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German Pages 704 [722] Year 1913
Geschichte der
neueren Philosoph von Nikolaus von Kues bis zur Gegenwart I m G r u n d r i s s dargestellt von
Dr. Richard Falckenberg ord. Professor zu Erlangen
Siebente v e r b e s s e r t e und ergänzte
Leipzig V e r l a g von V e i t & Comp.
1913
Auflage
Das Recht der Herausgabe von Übersetzungen vorbehalten.
D r u c k von A u g u s t P r i e s in Leipzig.
Den Herren Professoren
Geh. Rat Dr.
Rudolf Eucken
in Jena
und
Geh. Hofrat Dr.
Johannes Volkelt
in a u f r i c h t i g e r V e r e h r u n g u n d h e r z l i c h e r
gewidmet
in Leipzig
Dankbarkeit
Vorrede zur ersten Auflage. Seit dem Erscheinen von E d u a r d Z e l l e r s Grundriß der Geschichte der griechischen Philosophie (1883) 1 ist das Bedürfnis nach einer entsprechend knappen und zu Lehrzwecken verwendbaren Darstellung der Geschichte
der
Seitenstück
zu dem
neueren Philosophie Kompendium
noch fühlbarer geworden.
des gefeierten Gelehrten,
das
Ein die
Resultate seines hochgeschätzten sechsbändigen Werkes über die Philosophie
der Griechen mit schlichter Klarheit zusammenfaßt,
geben zu
wollen, wäre ein vermessenes Beginnen gewesen; nur nach Seiten praktischer Brauchbarkeit und sorgfältiger Berücksichtigung der Bedürfnisse der Lernenden, über die wir uns in regelmäßig an hiesiger Universität abgehaltenen Repetitorien
genauer zu informieren Gelegenheit hatten,
durften wir hoffen, dem Vorbilde nicht allzufern zu bleiben. Der vorliegende Grundriß soll zur Einführung, zur Repetition und zum Ersätze für Diktate bei akademischen Vorlesungen, desgleichen zur Orientierung für den weiteren Kreis der Gebildeten dienen.
Dieser vor-
wiegend praktische Zweck des Buches gebot Zurückhaltung in der Geltendmachung persönlicher Überzeugungen und Einschränkung der beurteilenden Reflexion zugunsten objektiver Darstellung; nur gelegentlich wurde ein kritischer Wink gegeben.
Bei den minder bedeutenden Er-
scheinungen war die Oratio obliqua des Referates nicht zu vermeiden; aber wo es irgend anging, haben wir die Philosophen selbst ihre Lehren und Gründe entwickeln lassen, nicht sowohl in wörtlichen Auszügen aus ihren Schriften, als in freier verdichtender Reproduktion der Grundgedanken.
Wenn die in der Einleitung und dem Rückblick am Schluß
•) D i e n e u e s t e n
A u f l a g e n bearbeitet von FRANZ
LORTZING.
VI
ausgesprochene prinzipielle Auffassung von den die Philosophiegeschichte lenkenden Mächten und dem Entwickelungsgange der neueren Philosophie nicht überall an den historischen Tatsachen zur Einzelbewährung gebracht worden ist, so erklärt sich das aus der Rücksichtnahrae teils auf den Umfang, teils auf den instruktiven Zweck des Buches. So wurde insbesondere der „psychologischen" Erklärung der Systeme, als der eingänglicheren, aus pädagogischen Gründen ein breiterer Raum gegönnt, als nach unserer Meinung ihrer Bedeutung und Berechtigung entspricht. Mit Auswahl und Ausführlichkeit der Behandlung es jedem recht zu machen, ist unmöglich; möchten es nicht zu viele sein, die sich einen Leitfaden dieser Art g a n z anders gedacht hätten. In der Gruppierung der Richtungen und Schulen und der Anordnung des Inhalts der Systeme um jeden Preis von den vorhandenen Darstellungen abzuweichen, lag nicht in unserer Absicht, ebensowenig, die Vorteile ungenutzt zu lassen, die dem Späterkommenden daraus erwachsen, daß ihm die hervorragenden Leistungen früherer Bearbeiter vorliegen. Insbesondere bekennen wir dankbar die Förderung, welche uns die erneute Beschäftigung mit den einschlägigen Werken von K u n o F i s c h e r , J . Ed. E r d m a n n , Zeller, Windelband, Überweg-Heinze, Harms, Lange, Franz V o r l ä n d e r , J o d l und P ü n j e r gebracht hat. Was uns bewog, die vorliegende Arbeit in Angriff zu nehmen, war die Wahrnehmung, daß ein Lehrbuch der Geschichte der neueren Philosophie fehle, das, reichhaltiger, gründlicher und präziser als die kleinen Abrisse von Schwegler und Genossen, etwa die Mitte hielte zwischen der eleganten, jedoch ausführlicheren Darstellung W i n d e l b a n d s und dem soliden, aber mit seiner Spaltung des Textes in Paragraphen und Noten und der Unterbrechung desselben durch seitenlange Aufzählungen von Büchertiteln etwas trockenen Grundriß U b e r w e g s . Während der erstere auf Literaturangaben gänzlich verzichtet, der letztere ihrer, wenigstens für Unterrichtszwe.cke, gar zu viele bringt und J . B. M e y e r s Leitfaden (1882) sich überhaupt auf bio- und bibliographische Notizen beschränkt, haben wir, mit möglichster Schonung der fortlaufenden Darstellung, im Text oder in den Anmerkungen außer den Hauptwerken der Philosophen einige von den Schriften über sie angeführt. Die leitenden Gesichtspunkte bei der Auswahl der Literatur, daß nur die wertvolleren und die als Lektüre für den Studierenden geeigneten Arbeiten aufzunehmen, außerdem aber die neuesten Erscheinungen tunlichst zu berücksichtigen seien, werden kaum T a d e zu befürchten haben. Daß manche uns unbekannte Schrift der Erwähnung würdig gewesen wäre, soll nicht bestritten werden.
VII
VORWORT
Die auf Anregung der Verlagsbuchhandlung im Anhang beigefügte Erläuterung
einer
Anzahl
philosophischer
Termini,
die
sich
fast ganz auf fremdsprachliche Ausdrücke beschränkt und die Bezeichnungen
für
die
durchgehenden
Möglichkeit so eingerichtet,
Richtungen
bevorzugt,
wurde
nach
daß sie zugleich als Sachregister benutzt
werden kann. J e n a , 23. Dezember
1885.
Vorwort zur zweiten Auflage. V o n den Veränderungen und Zusätzen der neuen A u f l a g e entfällt die Mehrzahl auf das erste und die beiden letzten Kapitel; von der allgemeinen
Haltung
lassung. sowohl
der Darstellung
abzugehen,
fand ich keine Veran-
Mit aufrichtigem Danke gedenke ich der Anregungen, die mir die
Wünsche
öffentlichen Besprechungen
ewährten.
Gelegentlich
Forderungen sich begegneten —
als auch
traf es sich,
privatim
daß
geäußerte
widersprechende
so wurde auf der einen Seite Erwei-
terung, auf der anderen Kürzung der Abschnitte über den deutschen Idealismus, insbesondere über Hegel, befürwortet — ; da war ich denn freilich außerstande, beiden
zu entsprechen.
Unter
den
Rezensionen
war mir die von B. Erdmann im ersten Bande des AGPli., unter
den
brieflichen Verbesserungsvorschlägen die von H . Heußler von besonderem Werte.
D a fremde Augen gewöhnlich schärfer sehen, so wäre es mir
sehr willkommen, wenn mein Wunsch, diesen Grundriß immer nützlicher zu gestalten, auch ferner durch Ratschläge aus dem Leserkreise unterstützt würde.
Sie werden, falls dem Buche die Gunst der Lehrer und
der Lernenden erhalten bleibt, gewissenhaft berücksichtigt werden. Für diejenigen, die über zu große Fülle des Stoffes klagen, bemerke ich, daß
sich durch Überspringung
von
Kap. 1, 5 (Abschnitt
6, 8, i z , 15 und 16 leicht Abhilfe schaffen läßt. Erlangen,
ir.Juni
1892.
I—3),
VII
VORWORT
Die auf Anregung der Verlagsbuchhandlung im Anhang beigefügte Erläuterung
einer
Anzahl
philosophischer
Termini,
die
sich
fast ganz auf fremdsprachliche Ausdrücke beschränkt und die Bezeichnungen
für
die
durchgehenden
Möglichkeit so eingerichtet,
Richtungen
bevorzugt,
wurde
nach
daß sie zugleich als Sachregister benutzt
werden kann. J e n a , 23. Dezember
1885.
Vorwort zur zweiten Auflage. V o n den Veränderungen und Zusätzen der neuen A u f l a g e entfällt die Mehrzahl auf das erste und die beiden letzten Kapitel; von der allgemeinen
Haltung
lassung. sowohl
der Darstellung
abzugehen,
fand ich keine Veran-
Mit aufrichtigem Danke gedenke ich der Anregungen, die mir die
Wünsche
öffentlichen Besprechungen
ewährten.
Gelegentlich
Forderungen sich begegneten —
als auch
traf es sich,
privatim
daß
geäußerte
widersprechende
so wurde auf der einen Seite Erwei-
terung, auf der anderen Kürzung der Abschnitte über den deutschen Idealismus, insbesondere über Hegel, befürwortet — ; da war ich denn freilich außerstande, beiden
zu entsprechen.
Unter
den
Rezensionen
war mir die von B. Erdmann im ersten Bande des AGPli., unter
den
brieflichen Verbesserungsvorschlägen die von H . Heußler von besonderem Werte.
D a fremde Augen gewöhnlich schärfer sehen, so wäre es mir
sehr willkommen, wenn mein Wunsch, diesen Grundriß immer nützlicher zu gestalten, auch ferner durch Ratschläge aus dem Leserkreise unterstützt würde.
Sie werden, falls dem Buche die Gunst der Lehrer und
der Lernenden erhalten bleibt, gewissenhaft berücksichtigt werden. Für diejenigen, die über zu große Fülle des Stoffes klagen, bemerke ich, daß
sich durch Überspringung
von
Kap. 1, 5 (Abschnitt
6, 8, i z , 15 und 16 leicht Abhilfe schaffen läßt. Erlangen,
ir.Juni
1892.
I—3),
VIII
Vorwort zur dritten Auflage. Die neue Auflage unterscheidet sich von den früheren durch zahlreiche Vermehrungen und Änderungen, die, wie ich hoffe, die Brauchbarkeit des Grundrisses zu erhöhen dienen, wenn ich auch nicht erwarten darf, durch solche nachbessernde Arbeit das beseitigt zu haben, was etwa in der Grundanlage diesem oder jenem Beurteiler als mangelhaft erscheint. Ich muß daher wünschen, daß dem Buche die freundliche Nachsicht, die ihm bisher gewährt worden, auch ferner erhalten bleibe.
Es war
mir erfreulich, von der Erweiterung Nutzen ziehen zu dürfen, die der A b schnitt über englische und amerikanische Philosophie im 15. Kapitel in der von Herrn A . C. A r m s t r o n g ,
Professor an der Wesleyan University
in Middletown (Conn.), veranstalteten englischen Übersetzung des Grundrisses (New Y o r k 1893, Henry Holt and Comp.) erfahren hat. Die Widmung, die ich diesmal beizufügen wage, soll, der Ausdruck inniger Dankbarkeit sein für die reiche Förderung, die ich von jenen beiden teuren Lehrern und Freunden empfangen habe.
Sie führt mir
zu Gemüte, wie groß meine Dankesschuld gegen sie ist und wie klein der Teil, den ich damit abtrage. E r l a n g e n , 2. Februar 1898.
Vorwort zur siebenten Auflage. In den letzten Kapiteln haben aus- und inländische ziemlich gleichmäßige Erweiterungen erfahren.
Philosophie
Durch willkommene Rat-
schläge haben mich namentlich die Herren Armstrong, Eucken, K. Groos und Grotenfelt zu Dank verpflichtet.
Bei der Korrektur hatte ich mich
wieder der Unterstützung durch meine Söhne zu erfreuen; besonders aber muß ich der treuen Helferin herzlich danken, die mir, wie schon so manche andere Last und Sorge, so auch — nun bereits zum fünften Male —
die mühevolle Anfertigung der Register abgenommen hat.
Eine knappe Zusammenfassung der Hauptpunkte des zweiten Teiles, vielfach auch
eine Ergänzung desselben bietet mein „ H i l f s b u c h zur
Geschichte der Philosophie seit Kant"; 2. Aufl. 1907. E r l a n g e n , 30. November 1912.
R F.
VIII
Vorwort zur dritten Auflage. Die neue Auflage unterscheidet sich von den früheren durch zahlreiche Vermehrungen und Änderungen, die, wie ich hoffe, die Brauchbarkeit des Grundrisses zu erhöhen dienen, wenn ich auch nicht erwarten darf, durch solche nachbessernde Arbeit das beseitigt zu haben, was etwa in der Grundanlage diesem oder jenem Beurteiler als mangelhaft erscheint. Ich muß daher wünschen, daß dem Buche die freundliche Nachsicht, die ihm bisher gewährt worden, auch ferner erhalten bleibe.
Es war
mir erfreulich, von der Erweiterung Nutzen ziehen zu dürfen, die der A b schnitt über englische und amerikanische Philosophie im 15. Kapitel in der von Herrn A . C. A r m s t r o n g ,
Professor an der Wesleyan University
in Middletown (Conn.), veranstalteten englischen Übersetzung des Grundrisses (New Y o r k 1893, Henry Holt and Comp.) erfahren hat. Die Widmung, die ich diesmal beizufügen wage, soll, der Ausdruck inniger Dankbarkeit sein für die reiche Förderung, die ich von jenen beiden teuren Lehrern und Freunden empfangen habe.
Sie führt mir
zu Gemüte, wie groß meine Dankesschuld gegen sie ist und wie klein der Teil, den ich damit abtrage. E r l a n g e n , 2. Februar 1898.
Vorwort zur siebenten Auflage. In den letzten Kapiteln haben aus- und inländische ziemlich gleichmäßige Erweiterungen erfahren.
Philosophie
Durch willkommene Rat-
schläge haben mich namentlich die Herren Armstrong, Eucken, K. Groos und Grotenfelt zu Dank verpflichtet.
Bei der Korrektur hatte ich mich
wieder der Unterstützung durch meine Söhne zu erfreuen; besonders aber muß ich der treuen Helferin herzlich danken, die mir, wie schon so manche andere Last und Sorge, so auch — nun bereits zum fünften Male —
die mühevolle Anfertigung der Register abgenommen hat.
Eine knappe Zusammenfassung der Hauptpunkte des zweiten Teiles, vielfach auch
eine Ergänzung desselben bietet mein „ H i l f s b u c h zur
Geschichte der Philosophie seit Kant"; 2. Aufl. 1907. E r l a n g e n , 30. November 1912.
R F.
I n h a l t . Seite
Einleitung
I
Erstes
Kapitel.
Die Übergangszeit: Von Nikolaus Cusanus bis Descartes
.
.
1. Nikolaus Cusanus 2; Wiedererweckung
19 20
und Bestreitung der antiken Philosophie
26
3. Die italienische Naturphilosophie
32
4. Politik und Rechtsphilosophie
38
5. Die f r a n z ö s i s c h e Skepsis
46
6. Die deutsche Mystik
48
7. Die B e g r ü n d u n g der modernen Physik
53
8. Die englische Philosophie bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts . . . .
59
Bacons V o r g ä n g e r
59
Bacon
60
Hobbes
67
Herbert von Cherbury
74
Empirismus und Rationalismus
76
Der philosophische Charakter der Engländer, Franzosen und Deutschen . . .
77
Erster Teil. V o n D e s c a r t e s bis Zweites
Kant.
Kapitel.
Descartes
81
1. Die Prinzipien
84
2. D i e Natur
91
3. Der Mensch
94
Drittes
Kapitel.
Ergänzung und Umbildung der cartesianischen Philosophie in den Niederlanden und in Frankreich
100
Der Okkasionalismus: Geulincx
102
Spinoza
107
1. Substanz, Attribut, Modus 2. A n t h r o p o l o g i e : die Erkenntnis uud die Leidenschaften 3. Praktische Philosophie Pascal, Malebranche, Bayle
116 . . . . .
123 .
127 133
X Seit
Viertes
Kapitel.
J. Locke
143
1. Theoretische Philosophie oder Erkenntnislehre
145
2. Praktische Philosophie: Moral, Staat, Erziehung
163
Fünftes
Kapitel.
Die englische Philosophie des XVIII. Jahrhunderts
. . .
167
1. Naturphilosophie und Psychologie
168
2. Deismus
170
3. Moralphilosophie
179
4. Erkenntnislehre
197
Berkeley
197
Hume
203
Die schottische Schule
219
Sechstes
Kapitel.
Die französische Aufklärung
222
1. D i e Einwanderung der englischen Lehren
224
2. Theoretischer und praktischer Sensualismus
226
3. Skeptizismus und Materialismus
232
4. Rousseaus K a m p f gegen die A u f k l ä r u n g
239
Siebentes
Kapitel.
Leibniz 1. Die
245 Metaphysik:
Monade,
Vorstellung,
vorherbestimmte
Harmonie
Denk- und Weltgesetze
250
2. Das Organische
259
3. Der Mensch, sein Erkennen und Wollen
261
4. Theologie und T h e o d i z e e
265
Achtes
Kapitel.
Die deutsche Aufklärung
269
1. D i e Zeitgenossen des Leibniz
269
2. Chr. W o l f f
272
3. Die A u f k l ä r u n g als wissenschaftliche und als Popularphilosophie
.
.
277
4. Die Glaubensphilosophie
.
.
285
Zweiter Teil. Von K a n t bis zur Neuntes
Gegenwart.
Kapitel.
Kant
290
I. Erkenntnislehre
316
1. D i e reinen Anschauungen (transzendentale Ästhetik)
316
2. D i e Begriffe und Grundsätze des reinen Verstandes (transzendentale Analytik) 3. D i e Vernunftideen des Unbedingten (transzendentale Dialektik) .
328 .
343
XI
INHALT
Seite
I I . Sittenlehre III. Die Lehre vom Schönen und vom Zweck in der Natur 1. Die ästhetische Urteilskraft
353 367 368
2. Die teleologische Urteilskraft
374
Von Kant zu Fichte
378 Zehntes Kapitel.
Fichte
385
I. Die Wissenschaftslehre 1. Die Aufgabe 2. D i e drei Grundsätze 3. D a s theoretische Ich 4. Das praktische Ich II. Sitten- und Rechtslehre III. Fichtes zweite Periode: Geschichtsansicht und Religionslehre
.
.
390 39° 394 396 398 400 403
Elftes Kapitel. Schölling I a. Ib. II. III a. III b.
407 410 415 417 421 424
Naturphilosophie Transzendentalphilosophie Identitätssystem Freiheitslehre Philosophie der Mythologie und Offenbarung
Zwölftes Kapitel. Die Mitarbeiter Schöllings
426
1. Die Gruppe der Natur philosophen 2. Die Gruppe der Identitätsphilosophen (Fr. Krause) 3. Die Gruppe der Religionsphilosophen (Baader und Schleiermacher) .
427 428 431
Dreizehntes Kapitel. Hegel
444 44 451
I. Weltanschauung und Methode II. Das System
Vierzehntes Kapitel. Die Opposition gegen den konstruktiven Idealismus: Herbart, Schopenhauer I. D e r Psychologismus: Fries und Beneke II. Der Realismus: H e r b a r t III. Der Pessimismus: Schopenhauer
Fries, 459 460 468 487
XII
INHALT
Fünfzehntes
Seite
Kapitel.
Das Ausland
5oi
I. Italien
501
II. F r a n k r e i c h
507
III. E n g l a n d und A m e r i k a
529
I V . S c h w e d e n , N o r w e g e n , D ä n e m a r k , H o l l a n d usw
559
Sechzehntes
Kapitel.
Die deutsche Philosophie seit Hegels Tode I. V o n
der
S p a l t u n g der H e g e i s c h e n S c h u l e
II. N e u e Systembildurigen: T r e n d e l e n b u r g ,
567
bis zum Materialismusstreit
568
F e c h n e r , L o t z e und Hartmann
580
I I I . V o n d e r W i e d e r e r w e c k u n g der K a n t i s c h e n P h i l o s o p h i e bis zur G e g e n w a r t 1. Neukantianismus, Positivismus und verwandte Erscheinungen
.
.
.
599 599
2. I d e a l i s t i s c h e Reaktion g e g e n den naturwissenschaftlichen Geist
612
3. D i e p h i l o s o p h i s c h e n Einzelwissenschaften
625
Rückblick
643
Erläuterung der wichtigsten philosophischen Kunstausdrücke Namenregister.
1. Verzeichnis der b e h a n d e l t e n P h i l o s o p h e n II. Verzeichnis
Zusätze und
Berichtigungen
der zitierten Schriftsteller
647 666 680 691
Einleitung. W i r k l i c h e m p f i n d e ich, der Schopenhauerschen gegenüber,
ganz
die s i e g r e i c h e Z u v e r s i c h t ,
sinniges K u n s t w e r k zeugung
von
der
gibt:
g a r nicht eine l o g i s c h e
Unbestreitbarkeit,
d a ß solch ein K u n s t w e r k ich
Philosophie
d i e u n s ein t i e f -
sondern die
Über-
Gewißheit,
z u b e s t r e i t e n , so w ä r e , a l s w o l l t e
m i t e i n e m M e s s e r d a s W a s s e r in S t ü c k e s c h n e i d e n .
Einsicht,
daß
noch
Welt erzählend, weniger
gar viele Kunstwerke,
vom Wesen
w a h r sein k ö n n t e n , o h n e d a ß d i e s e s
w a h r wäre.
Die der
darum
K u r z , d i e s e W a h r h e i t ist e i n e f u n d a -
mental verschiedene von aller „ w i s s e n s c h a f t l i c h e n " Wahrheit. Erwin
Rohde,
A p h o r i s m u s 25 d e r
„Cogitata"
(bei O . CRUSIL-S 1902, S. 288).
Für keine Wissenschaft hat die gründliche Kenntnis ihrer Geschichte eine so große Bedeutung, wie für die Philosophie. Gleich der G e schichtswissenschaft beiührt sie sich auf der einen Seite mit der exakten Forschung und hat nach der anderen Seite eine gewisse Verwandtschaft mit der schönen Kunst; mit jener ist ihr die methodische Arbeit und die Absicht des Erkennens gemein, mit dieser die Intuition und das Streben, das Ganze der Wirklichkeit mit Einem Blick zu umspannen. Metaphysische Gedanken sind durch Erfahrung minder leicht zu erhärten, aber auch minder leicht durch sie zu widerlegen, als physikalische Hypothesen. Weniger abhängig also von unserer fortschreitenden Erkenntnis der Tatsachen, altern die Systeme der Philosophie nicht so schnell wie die Theorien der Naturwissenschaft, sie haben etwas von der ewigen Dauer klassischer Kunstwerke, sie behalten für alle Zeiten eine, wenn auch nur relative Gültigkeit — trotz der gegenseitigen Befehdung und trotz dem Gerede von überwundenen Standpunkten. Die Denkarbeit des Piaton, des Aristoteles und der Heroen der neueren Philosophie bewährt immer von neuem ihre befruchtende Kraft. Nirgends gibt es so lehrreiche Irrtümer, nirgends ist das Neue, mag es auch sich selbst als das Ganze erscheinen und sich feindlich gegen das Bestehende gebärden, so sehr nur eine Ergänzung und Fortbildung des Alten, nirgends die Forschung so viel wichtiger als das Endresultat, nirgends sind die Kategorien „richtig und falsch" so unzulänglich, wie auf dem Falckenberg,
Neuere Philos.
7. A u f l .
I
EINLEITUNG.
2
Gebiete der Philosophie. Zeitstimmung, Volksgeist und Individualität des Denkers, Gemüt, Wille und Phantasie sind von ungleich stärkerem Einfluß, förderndem und hemmendem, auf die Gestaltung der Philosophie, als auf die irgend einer anderen Wissenschaft. Wenn ein System den geistigen Gehalt einer Epoche, einer Nation, einer großen Persönlichkeit zu klassischem Ausdruck bringt, wenn es durch bedeutende und originelle Konzeptionen, verfeinernde oder vereinfachende Auffassung, weite Ausblicke, tiefe Einblicke der Lösung des Welträtsels näherfiihrt oder ihm von einer neuen Seite aus beizukommen sucht, so hat es mehr geleistet, als durch Aufstellung einer Anz.ahl unbestreitbar richtiger Sätze. Die Vielgestaltigkeit der Philosophie, bei der Voraussetzung einer einzigen Wahrheit für viele ein Stein des Anstoßes, erklärt sich einerseits aus der komplizierten Mannigfaltigkeit und zugleich Beschränktheit der Triebfedern, die das philosophische Denken regieren (denn es ist der ganze Mensch, der philosophiert, nicht bloß sein Verstand), andererseits aus der Unerschöpflichkeit ihres Gegenstandes. Hinter der logischen Arbeit des Begründens und Folgerns stehen als treibende, lenkende, hemmende Agentien psychische und historische Mächte, selbst zum großen Teile nicht logischer Natur, aber stärker als alle Logik; und ihr gegenüber, zur Bewältigung reizend und zugleich ihr widerstrebend, breitet sich das unermeßliche Reich des Wirklichen. Die großen und harten Gegensätze, die auf der subjektiven wie auf der objektiven Seite zahlreich bestehen, machen Einstimmigkeit in den höchsten Fragen zur Unmöglichkeit; erschweren sie es doch schon dem einzelnen Denker, seine Überzeugungen zu einem widerspruchslosen Lehrgebäude zusammenzufügen. Jeder Philosoph sieht nur begrenzte Ausschnitte der Welt und sieht sie mit seinen Augen, jedes System ist einseitig. Gerade durch die Vielheit und Verschiedenheit der Systeme allein kann daher der Absicht des Philosophierens genug geschehen, die auf ein allseitiges Bild des Geistes und der Welt gerichtet ist. 1 Die Geschichte der Philosophie ist die Philosophie der Menschheit, jenes großen Individuums, das, weitsichtiger als die Organe, mit denen es arbeitet, gleichzeitig Entgegengesetztes zu denken vermag, und, Widersprüche ausgleichend und neue entdeckend, in notwendiger und sicherer Entwickelung der Erkenntnis einer umfassenden Gesamtwahrheit entgegenreift, die man sich nicht reichhaltig und' gegliedert genug denken kann. Für die energische Mitarbeit an der Weiterbewegung der Philosophie ist freilich die Täuschung unentbehrlich, als werde eben jetzt die Göttin Wahrheit den Schleier lüften, der sie jahrhundertelang verhüllt; der Historiker dagegen sieht im neuen 1
Goethe
an
Schiller
am 25. Febr.
1798:
„ D i e Natur ist deswegen uner-
gründlich, weil sie nicht e i n Mensch begreifen kann, obgleich die ganze Menschheit sie w o h l begreifen könnte." Natur."
April
1798:
„ N u r sämtliche Menschen erkennen
die
EINLEITUNG.
3
Systeme nur einen neuen Stein, der, wohlbehauen und an seinem Ort zu den andern gefügt, die Pyramide des Wissens in die Höhe führen hilft. Hegels Lehre von der Notwendigkeit und der treibenden Kraft des Widerspruchs, von der relativen Berechtigung der Standpunkte und der planvollen Entwicklung der Spekulation ist als allgemeiner Gesichtspunkt eine große und unverlierbare Errungenschaft und braucht nur in der Anwendung vor engherziger Schulmeisterschablone bewahrt zu werden, um einen sicheren Kanon für die philosophiehistorische Betrachtung abzugeben. W e n n von einem der Zeit trotzenden und der Mustergültigkeit vollendeter Kunstprodukte vergleichbaren Werte der philosophischen Lehren der Vergangenheit die Rede war, so wurde dabei in erster Linie an diejenigen Bestandteile der Spekulation gedacht, die ihren Ursprung weniger im abstrakten Denken als in der Phantasie, dem Herzen, dem Charakter des Individuums, noch mehr in der Gemütsart des Volkes haben und sich bis zu einem gewissen Grade von der logischen Argumentation und der wissenschaftlichen Bearbeitung einzelner Fragen abtrennen lassen. Wir fassen sie unter dem Namen der W e l t a n s c h a u u n g zusammen. Für sie leuchtet die Notwendigkeit ihrer beständig erneuerten Durchdenkung ohne weiteres ein. Die griechische Weltanschauung ist so klassisch wie die Plastik des Phidias und die Epik Homers, die christliche so ewig gültig wie die Architektur des Mittelalters, die moderne so unwiderlegbar wie die Poesie Goethes und die Musik Beethovens. Die Weltanschauungen, die aus den Zeitstimmungen der Menschheit hervorwachsen als die Blüten des allgemeinen Kulturprozesses, sind nicht sowohl G e danken als Rhythmen des Denkens, nicht Theorien, sondern von Wertgefühlen durchtränkte Anschauungsweisen, über die man wohl streiten, die man durch Gründe empfehlen und bekämpfen, aber nicht durch zwingende Beweise befestigen und umstürzen kann. Nicht nur Optimismus und Pessimismus, Determinismus und Freiheitslehre, sondern auch Pantheismus und Individualismus, Idealismus und Materialismus, selbst Rationalismus und Sensualismus haben ihre letzten Wurzeln im Affekt und bleiben, wenn sie auch mit den Mitteln des Denkens arbeiten, in höchster Instanz Sache des Glaubens, des Gefühls, des Entschlusses. Die ästhetische Weltansicht der Griechen, die religiös-transzendente des Christentums, die intellektualistische des Leibniz und Hegel, die panthelistische Fichtes und Schopenhauers sind Lebensmächte, nicht Doktrinen, sind Voraussetzungen, nicht Ergebnisse des Denkens. Die eine Weltanschauung wird von der anderen, die sie selbst durch ihre Einseitigkeit erzeugen hilft, aus der Herrschaft verdrängt, um diese später, nachdem sie von ihrem Gegensatz gelernt, sich geläutert, bereichert, vertieft hat, zurückzuerobern; widerlegt aber wird sie durch die jüngere Nebenbuhlerin so wenig wie das sophokleische Drama durch das i*
4
EINLEITUNG.
shakespearische, die Jugend durch das Alter, der Frühling durch den Herbst. Steht es somit außer Zweifel, daß die Weltanschauungen früherer Zeiten im Gedächtnis der Menschheit fortzuleben verdienen und nicht bloß als Erinnerungen an etwas, was einmal war (die Geschichte der Philosophie ist kein Antiquitätenkabinett, sondern ein Museum typischer Geisteserzeugnisse), so ist für den exakt w i s s e n s c h a f t l i c h e n Teil der philosophischen Forschung der Wert und das Interesse der historischen Kenntnis ihrer Vergangenheit nicht minder ersichtlich. Für jede Wissenschaft ist es von Nutzen, dem Werden und Wachsen ihrer Probleme und Theorien nachzugehen; in doppeltem Maße für die Philosophie. Der Fortschritt zeigt sich da keineswegs immer in den Resultaten, oft ist die Stellung der Frage viel bedeutender als die Antwort. Das Problem spitzt sich in einer bestimmten Richtung zu, oder es wird umfassender, wird auseinandergelegt und verfeinert; wenn dann eine Zersplitterung in subtile Einzelheiten droht, erscheint wohl ein genialer Vereinfacher und zwingt die Blicke zur Grundfrage zurück. Solcher Fortschritt der Probleme, wie er überall unverkennbar und erfreulich hervortritt, ist in manchen von den Fragen, die das Menschenherz unabweislich bedrängen, der einzige sichere Gewinn einer durch Jahrhunderte fortgesetzten Anstrengung. Hier ist eben die Arbeit wertvoller als der Ertrag. Die Behandlung der Philosophiegeschichte hat sich vor zwei Extremen zu bewahren: vor einem gesetzlosen Individualismus und einem abstrakt logischen Schematismus. Die Geschichte der Philosophie ist weder eine zusammenhanglose Aufeinanderfolge willkürlicher Privatmeinungen und genialer Einfälle 1 , noch eine mechanische und stetige Abwickelung typischer und einander gerade in dieser Form und Reihenfolge fordernder Standpunkte und Probleme. Dort wird die Gesetzlichkeit, hier die Lebendigkeit der Entwickelung in ihrem Rechte verkürzt, dort der Zusammenhang zu lose, hier zu straff und zu einfach gefaßt, dort die Macht der logischen Idee unter-, hier überschätzt. Daß der Z u f a l l die Geschicke der Philosophie lenke, wird als Grundsatz nicht leicht behauptet werden; schwieriger ist es, die entgegengesetzte Überzeugung, daß sich der Fortschritt des Denkens g e s e t z l i c h vollziehe, von der Einseitigkeit formalistischer Konstruktion fernzuhalten und Art und Grenzen der Notwendigkeit zu bestimmen. Philosophie zu erzeugen ist vielleicht einer der höchsten Zwecke des Weltgeschehens, aber gewiß nicht der einzige; er ist ein Teil des Gesamtzweckes, und man darf sich nicht wundern, daß die Mittel, denen seine Verwirklichung anvertraut ist, nicht aus1 Mit Hegels Worten: „In der Bewegung des denkenden Geistes ist wesent lieh Zusammenhang und es geht darin vernünftig zu."
EINLEITUNG.
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schließlich in seinem Dienste arbeiten, daß ihre, Wirksamkeit neben den beabsichtigten Erfolgen auch solche zeitigt, die für den philosophischen Zweck nebensächlich oder störend erscheinen. Die Gedanken denken sich nicht selbst, sondern werden von lebendigen Geistern gedacht, die etwas anderes und besseres sind als bloße Denkmaschinen, Geistern, die jene Gedanken erleben, sie mit persönlicher Wärme erfüllen und mit Leidenschaft verfechten. Man hat ohne Zweifel häufig Gelegenheit zu der Klage, daß die Persönlichkeit, welche die Durchführung eines großen Gedankens auf ihre Schultern genommen hat, ihrer Aufgabe nicht gewachsen ist, ihre subjektiven Mängel in die Sache hineinträgt, zuwenig oder zuviel oder das Rechte nicht in der rechten Weise tut, so daß sich der Geist der Philosophie in der Wahl und Zubereitung seines Werkzeuges vergriffen zu haben scheint. Aber man darf die segensreiche Kehrseite nicht übersehen. Der denkende Geist ist wohl begrenzter, als es für die reinliche Durchführung einer bestimmten logischen Aufgabe wünschenswert wäre, aber andererseits ist er auch viel reicher. Der Sache wäre gewiß mit einem seelenlosen Spiel der Begriffe nicht gedient, u n d es ist kein Nachteil, daß es in der Geschichte der Philosophie nicht so geradschnurig und schulmäßig hergeht, wie etwa im System Hegels. Zwischen der logischen I d e e und dem philosophierenden I n d i v i d u u m vermitteln eine Reihe abgestufter und sich durchkreuzender a l l g e m e i n e r M ä c h t e : der Geist des Volkes, des Zeitalters, des Berufs, des Alters, die vom Einzelgeiste als Teile seiner selbst empfunden werden und deren Antrieben er unbewußt gehorcht. Hier wiederholt sich dann zwiefach das modifizierende, fördernde, h e m m e n d e Wechselverhältnis des Höheren und Niederen, des befehlenden Herrn und des mehr oder weniger willigen Dieners, noch kompliziert dadurch, d a ß das Objekt geschichtlicher Einwirkungen selbst mit Geschichte machen hilft. Der wichtigste Faktor der philosophischen Fortbewegung ist natürlich der augenblickliche Stand der Forschung, die Leistung der unmittelbaren Vorgänger, und im Verhältnis zum Vorgänger muß abermals eine logische und eine psychologische Seite unterschieden werden. Oft setzt der Nachfolger mit seiner Befestigung, Fortbildung, Widerlegung an einer ganz anderen Stelle ein als dort, wo es dem konstruierenden Historiker willkommen wäre. Jedenfalls kann man mit der Aufstellung formeller Gesetze der Gedankenentwickelung, nach den bisher zu sammelnden Erfahrungen, nicht vorsichtig genug sein. Nach der Regel des Widerspruchs und der Versöhnung hätte unmittelbar auf Leibniz, dem optimistischen Intellektualismus einen pessimistischen Ethelismus entgegenstellend, ein Schopenhauer folgen müssen, worauf sich dann ein den Gegensatz in eine konkrete Gefühlslehre harmonisch auflösender Schleiermacher vortrefflich ausgenommen haben würde. Es ist anders gekommen, man muß sich darein finden.
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EINLEITUNG.
Was eingangs von dem Werte der Geschichte der Philosophie überhaupt gesagt wurde, gilt um so mehr von der n e u e r e n Philosophie, als die von dieser eingeleitete Bewegung noch heute unvollendet fortdauert. Wir arbeiten fort an den Problemen, die von Descartes, Locke, Leibniz aufgeworfen und von Kant zu der kritischen oder transzendentalen Frage zusammengeschnürt wurden, die Gegenwart ist noch immer beherrscht von dem durch Fichte auf ein höheres Niveau erhobenen kulturideal des Baco, wir alle stehen noch unter dem ungeschwächten Banne jener Weltansicht, die sich im feindlichen Gegensatze zur Scholastik und unter dem nachhaltigen Eindrucke der gewaltigen, den Eintritt der Neuzeit bezeichnenden geographischen und naturwissenschaftlichen Entdeckungen und religiösen Reformen gebildet hat. Gewiß war die durch Kants erkenntnistheoretische und moralphilosophische Revolution herbeigeführte Wendung sehr bedeutend, bedeutender noch als die sokratische Epoche, die man gern mit ihr vergleicht; vieles Neue wurde angesponnen, vieles Alte gehemmt, gelähmt, zerstört. Dennoch ist der von Descartes ausgehende Faden durch die Kantische Philosophie, wenn wir auf ihre geschichtliche Nachwirkung blicken, nur geknotet und umgebogen, nicht durchschnitten worden. Von der fortwirkenden Macht der vorkantischen Denkart zeugt die Tatsache, daß Spinoza in Fichte und Schelling, Leibniz in Herbart und Hegel, der Sensualismus der französischen Aufklärer in Feuerbach, der Naturalismus der Renaissance in Nietzsche von neuem aufgelebt ist, und sogar der durch die Vernunftkritik (man hätte meinen sollen, für ewig) niedergestreckte Materialismus sein Haupt wieder erhoben hat. Selbst die schroffste Einseitigkeit der beginnenden Philosophie der Neuzeit, die Vergötterung des Wissens, ist — trotz der moralistischen Gegenbewegung Kants und Fichtes — nicht nur in dem letzten der großen idealistischen Systeme, dem hegelschen, die beherrschende Triebfeder, sondern übt auch fortdauernd auf die Überzeugungen der Gegenwart innerhalb und noch mehr außerhalb der Philosophie einen verwunderlich starken Einfluß aus. Bei so engen Bezügen zwischen der heutigen Forschung und der Gedankenbewegung seit dem Beginn der Neuzeit ist die Kenntnis der letzteren, der die folgende Darstellung zu dienen bestimmt ist, eine dringende Pflicht: die Geschichte der Philosophie seit Descartes studieren, heißt die Vorbedingungen der gegenwärtigen Philosophie studieren. Wir beginnen mit einer Skizzierung der Grundzüge des G e s a m t c h a r a k t e r s d e r n e u e r e n Philosophie, die sich am bequemsten an einer vergleichenden Gegenüberstellung mit dem Charakter der alten und der mittelalterlichen Philosophie entwickeln lassen. Die a n t i k e oder die g r i e c h i s c h e Philosophie — beides ist so gut wie gleichbedeutend — trägt einen vorwiegend ä s t h e t i s c h e n
EINLEITUNG.
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Charakter. Schönheit und Wahrheit gelten dem Griechen als eng verwandt und unzertrennlich, für Welt und Schmuck hat er den gemeinsamen Ausdruck „Kosmos". Eine Harmonie, ein Organismus, ein Kunstwerk ist ihm das Universum, dem er mit Bewunderung und andächtiger Scheu gegenübersteht. In ruhiger Betrachtung, wie mit dem Auge eines künstlerisch Genießenden, erfaßt er die Welt und das einzelne Objekt als ein schön gefügtes Ganze, mehr geneigt, sich an dem Aufbau und der Zusammcnstimmung der Teile zu freuet), als den letzten Elementen nachzuspüren. Er schaut lieber, als daß er zerlegt, sein Denken ist plastisch, nicht anatomisch. In der Form erkennt er das Wesen des Gegenslandes, im Zweck den Schlüssel zum Verständnis des Geschehens. Überall Menschliches wiederfindend ist er stets sogleich mit Werturteilen zur Hand: die Sterne bewegen sich im Kreise, weil dies die vollkommenste Bewegung; das Rechts ist besser als das Links, das Oben vornehmer als das Unten, das Vorn schöner als das Hinten. Denker, bei denen die ästhetische Pietät schwächer ist als der Trieb der Analyse, wie vor allen Demokrit, erscheinen als ungriechisch und halbmodem. Neben der im priesterlichen Festgewande einherschreitenden griechischen Philosophie präsentiert sich-die n e u e r e im profanen Werkeltagskleide, in der Arbeiterbluse, das schonungslose Brecheisen der Analyse in der Hand. Nicht die Schönheit sucht sie, sondern allein die nackte Wahrheit, mag diese ausfallen, wie sie will. Sie hält es nicht für möglich, Verstand und Geschmack gleichzeitig zu befriedigen; ja das Kahle, Häßliche, Beleidigende scheint ihr eher für als gegen die Unverfälschtheit der Wahrheit zu sprechen. Ängstlich darauf bedacht, nicht Menschliches in die Natur hineinzutragen, geht sie so weit, sie ganz zu entgeistigen. Die Welt ist kein lebendiges Ganze, sondern eine Maschine, kein Kunstwerk, das in seiner Totalität angeschaut und mit Ehrfurcht genossen, sondern ein Uhrwerk, das auseinandergenommen sein will, um verstanden zu werden. Nirgends Zwecke, überall nur mechanische Ursachen. Einem wiedererweckten Griechen würde die Art der modernen Wissenschaft recht nüchtern, unfestlich, unfromm und zudringlich erscheinen. Und wirklich, sie hat ein gut Stück Prosa in sich, läßt sich nicht leicht imponieren, sich durchs Gefühl keine Schranken setzen, kein Gegenstand ist ihr zu heilig, um ihm mit der Schneide des sondernden und auflösenden Denkens zu Leibe zu gehen. Doch hat sie zur Zudringlichkeit auch das Eindringende, zur Nüchternheit die klare Schärfe, Kaltblütigkeit und logische Tapferkeit. Mit gleichem Emst war die Forderung vorurteilslosen Erkennens und sicheren Wissens noch nicht erhoben worden. So plötzlich und gewaltig brach dieses rein w i s s e n s c h a f t l i c h e Interesse hervor, daß man in frohem Übermute meinte, kein früheres Zeitalter habe recht gewußt, was Wahrheit und Liebe zur Wahrheit sei. Eine begreifliche Folge solches starken Wissenstriebes war eine allgemeine Überschätzung
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EINLEITUNG.
des Erkennens auf Kosten aller übrigen geistigen Betätigungen. Auch von den griechischen Philosophen sahen viele im Denken das höchste, gottähnliche Tun. Doch wurde der I n t e l l e k t u a l i s m u s bei ihnen durch das ästhetische und das eudämonistische Element gemildert und vor deijenigen Einseitigkeit bewahrt, mit der er in der Neuzeit auftritt, da es hier an einem kräftigen Gegengewicht fehlte. Baco, so beredt er den Vorteil der Naturbeherrschung anpreist, kennt doch und feiert aus das Höchste die Forschung um der Forschung willen, und selbst die Willens philosophen Fichte und Schopenhauer zahlen dem intellektualistischen Vorurteil ihren Tribut. Wie sehr namentlich der künstlerische Trieb dem ausschließlich theoretischen das Feld räumt, ist schon aus dem äußerlichen Umstände ersichtlich, daß die Neuzeit, wiewohl sie in Fichte, Schelling, Schopenhauer, Lotze und Nietzsche, um Geringerer nicht zu gedenken, hervorragende Stilisten besitzt, einen philosophischen Schriftsteller von der Größe des 'Piaton nicht aufzuweisen hat. Wenden wir uns zur Denkungsart des M i t t e l a l t e r s , so tritt uns da, im Gegensatz zu der ästhetischen Anschauung des Altertums und der neuzeitlichen Tendenz des reinen Wissens, eine spezifisch r e l i g i ö s e Stimmung entgegen. Themata und Grenzen werden der -Erkenntnis vom Glauben vorgeschrieben, alles wird aufs Jenseits bezogen, das Denken wird zum Gebet. Man spekuliert über die Eigenschaften Gottes, über Zahl und Rangordnung der Engel, über die Unsterblichkeit des Menschen — lauter t r a n s z e n d e n t e Gegenstände. Daneben findet wohl auch das Weltliche liebevolle Beachtung, aber immer nur als unteres Stockwerk, 1 über dem sich unter eigenen Gesetzen das wahre Vaterland, das Reich der Gnade, erbaut. Der subtilste Scharfsinn arbeitet im Dienste des Dogmas, er soll das Wie und Warum ergründen für Dinge, deren Daß anderweitig feststeht. Daher eine formalistische Wissenschaft neben einer innigen und tiefsinnigen Mystik. Zweifel und Zuversicht schlingen sich wunderlich durcheinander, und ein Gefühl der Erwartung bebt durch die Geister. Hier der sündige irrende Mensch, der, so heiß er sich mühen mag, die Wahrheiten der Offenbarung nur halb enträtselt, dort der gnadige Gott, der sich uns nach dem Tode so entschleiert zeigen wird, wie ihn Adam vor dem Sündenfall geschaut. Begreifen aber kann nur Gott sich selbst, für den endlichen Geist ist auch die enthüllte Wahrheit Geheimnis, und die Entzückung, die willenlose Hingabe an das Unbegreifliche, der Gipfel der Erkenntnis. In der mittelalterlichen Philosophie blickt das Subjekt zu seinem Objekt, dem Unendlichen, sehnsüchtig hinauf, wartend, daß dieses sich zu ihm herabsenken oder es zu sich emporheben werde-; 1
Über die Trennung und Verbindung der drei Welten natura, gratia, gloria bei Thomas vgl. RUD. EUCKEN, Die Philosophie des Tbomis von Aquino und die Kultur der Neuzeit, 1886.
EINLEITUNG.
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in der griechischen steht der Geist seinem Gegenstande, der Welt, als gleichberechtigt gegenüber, in der modernen weiß sich das spekulierende Subjekt als das Höhere, der Natur überlegene. Für die Auffassung des Mittelalters sind Wahrheit und Mysterium identisch, für die des Altertums vertragen sich beide miteinander, für die der Neuzeit schließen sie sich aus, wie Licht und Dunkel. Das Geheimnis ist der Feind des Wissens, der aus dem letzten Schlupfwinkel verjagt werden muß. Begreiflicherweise stellte sich die Neuzeit in einen viel schrofferen Gegensatz zum Mittelalter als zur Antike; bot ihr doch die letztere so manches dar, was sich als Waffe gegen jenes verwenden ließ. Großeltern und Enkel halten gern zusammen. Wenn sich ein Neues vorbereitet, aber die schöpferische Kraft noch mangelt, es zu gestalten, so entsteht zunächst eine Zeit tumultuarischen Widerwillens gegen das Vorhandene. Man weiß noch nicht recht, was man will, aber man fühlt lebhaft, was man nicht will. Die Unzufriedenheit bereitet die Stätte für das Kommende, indem sie das Bestehende lockert und zum Sturze reif macht. Das Alte, Abgelebte, unbequem Gewordene war die Scholastik; die Philosophie der Neuzeit trägt durchweg, am sichtbarsten in ihrem Beginn, den Charakter des A n t i s c h o l a s tischen. Hatte bis dahin in geistlichen Dingen das kirchliche Dogma, in weltlichen die aristotelische Philosophie eine unbedingte Herrschaft geübt, so wird jetzt jeglicher Autorität der Krieg erklärt und Freiheit der Wissenschaft auf die Fahne geschrieben. 1 „Die neuere Philosophie ist Protestantismus in der Sphäre des denkenden Geistes" (ERDMANN). Nicht was jahrhundertelang für wahr gehalten worden, nicht was ein anderer, und sei es Aristoteles oder Thomas, sagt, nicht was dem Wunsche des Herzens schmeichelt, ist wahr, sondern nur, was sich dem eigenen Verstände mit überzeugender Evidenz als gewiß darstellt. Die Philosophie will nicht länger die Magd der Theologie spielen, sie will sich ihr selbständiges Hauswesen gründen. Sich freimachen von jeglichem Zwange, von der äußeren Gebundenheit durch die Satzungen der Kirche, wie von der inneren Knechtschaft der Vorurteile und Lieblingsmeinungen, Freisein und Selbstdenken ist die Losung. Wer den Zweck will, überlegt die Mittel, die ihn erreichen: der Durst nach Wissen weckt die Frage nach dem Wie, Wodurch und Wieweit des Wissens, das erkenntnistheoretische und methodologische Interesse regt sich mächtig, bleibt ein beständiger Faktor der neueren Forschung und gipfelt in Kant, um nie wieder einzuschlafen. 1
Man verwarf jetzt unwillig die Lehre von der z w i e f a c h e n W a h r h e i t , unter
deren Deckmantel sich bis dahin die freieren Regungen zu flüchten pflegten. FREUDENTHAL,
Vgl.
Zur Beurteilung der Scholastik, im dritten Bande des A G P h . 1890.
Ferner H. REUTER, Gesch. der relig. Aufklärung im Mittelalter 1875, 77 und DILTHEY, Einleitung in die Geisteswissenschaften 1883.
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EINLEITUNG.
Suchen wir zur negativen Seite der neuzeitlichen Tendenzen die positive Ergänzung. Die Denkrichtung des Mittelalters wird abgelehnt, die ersehnte neue ist noch nicht gefunden. Was konnte passender einen Anhalt, einen vorläufigen Ersatz bieten, als das Altertum? So lenkt auch die Philosophie in jenen großen Kulturstrom der Renaissance und des H u m a n i s m u s ein, der sich von Italien her über die ganze gebildete Welt ergoß. Der Scholastik werden Piaton und der Neuplatonismus, Epikur und die Stoa, dem kirchlich umgedeuteten und scholastisch entstellten Aristoteles der echte entgegengestellt. Zurück zu den Quellen! Mit der Sprache und den Schriftwerken der Alten wird auch ihr Geist wieder lebendig. Schulstaub und Kirchenzwang wird abgeschüttelt und das klassische Ideal freien und edlen Menschentums gewinnt begeisterte Anhänger. Man soll über dem Christen nicht den Menschen, über der Frömmigkeit nicht Kunst und Wissenschaft, Recht und Reichtum der Individualität, über der Arbeit fürs Jenseits nicht die irdische Aufgabe, die allseitige Ausbildung der natürlichen Anlagen des Geistes vergessen. Welt und Mensch werden nicht mehr mit den Augen des Christentums als ein Reich der Finsternis, als ein Gefäß der Schwäche und Verworfenheit angesehen, Natur und Leben erglänzen dem jungen Geschlechte in freudigem und hoffnungsvollem Lichte. Humanismus und Optimismus waren stets Verbündete. Zu diesem Wechsel der Stimmung ein entsprechender Wechsel des Objektes: die Theologie muß ihren Thron der Naturerkenntnis räumen. Der angelologischen, christologischen, soteriologischen Fragen müde, wünscht der denkende Geist in der liebgewordenen Welt sich heimisch zu machen, verlangt nach realem, auch praktisch nutzbarem Wissen und sucht Gott nicht mehr außer und über der Welt, sondern in ihr. Die Natur ist das Haus, der Leib Gottes. Die Transzendenz macht der Immanenz Platz, nicht bloß in der Gotteslehre. N a t u r a l i s t i s c h ist die Philosophie der Neuzeit gestimmt, indem sie nicht nur die Natur zu ihrem Lieblingsgegenstande macht, sondern auch die in der Naturwissenschaft erfolgreiche Methode, die mathematische, auf die übrigen Wissenszweige überträgt, alles sub raitone naturae betrachtet und auf „natürliche" Erklärung der Phänomene, auch der ethischen und politischen dringt. Kurz: die moderne Philosophie ist antischolastisch, humanistisch und naturalistisch gesinnt. Soviel mag zur vorläufigen Orientierung genügen, die weitere Verzweigung, Besonderung, Modifikation und Einschränkung jener allgemeinsten Züge muß der folgenden Darstellung überlassen bleiben. Auf zweierlei jedoch sei noch im voraus hingewiesen. Die Gleichgültigkeit und Feindseligkeit gegen die Kirche, die als einer der hervorstechendsten Züge der modernen Philosophie angeführt wurde, bedeutet
EINLEITUNG.
nicht ohne weiteres Feindschaft gegen die christliche Religion, geschweige gegen die Religion überhaupt. Teils hat die religiöse Empfindung, die in der Philosophie des 16. Jahrhunderts besonders stark und schwärmerisch aufflammt, nur das Objekt gewechselt, indem sie statt der transzendenten Gottheit dem beseelten Universum ihre Verehrung widmet; teils wendet sich die Opposition nur gegen die mittelalterliche, kirchliche Form des Christentums mit ihrer mönchischen Weltflucht. Es war häufig gerade ein sehr tiefes und strenges religiöses Gefühl, was die Denker in den Kampf gegen die Hierarchie hineintrieb. Indem so das dauernd Berechtigte an den Tendenzen, Lehren und Institutionen des Mittelalters von dem Verderblichen und hinfälligen losgeschält und in die neue Weltanschauung und Wissenschaft hinübergerettet wird, zugleich auch aus dem Altertum fruchtbare Elemente in sie eingehen, zeigt der Fortgang der Philosophie eine fortwährende Bereicherung der Gedanken, Anschauungen und Stimmungen. Das Alte wird nicht einfach zerstört und weggeworfen, sondern gereinigt, umgewandelt und assimiliert. Die gleiche Bemerkung drängt sich auf, wenn wir das Verhältnis von Philosophie und Nationalität in den drei großen Weltperioden ins Auge fassen. Die griechische Philosophie war nach Ursprung und Publikum durchaus n a t i o n a l ; sie wurzelt in der Eigenart des Volkes und wendet sich an Volksgenossen, erst gegen ihren Ausgang hin und nicht ohne christliche Einflüsse erwachen weltbürgerliche Neigungen. Das Mittelalter ist, wie für alles Weltliche, so auch für die nationalen Unterschiede gleichgültig; neben der transzendenten Bestimmung des Menschen hat nichts einen Wert. Seine Philosophie ist ihrer Absicht nach unnational, k o s m o p o l i t i s c h , katholisch, sie bedient sich der allgemeinen Schulsprache des Lateinischen, in aller Herren Ländern sucht sie ihre Anhänger und findet sie ihre produktiven Geister, ohne daß deren nationale Eigenart in wirksamer Weise zur Geltung käme. Die Neuzeit kehrt nun zu dem nationalen Charakter des Altertums zurück, gibt jedoch dabei den im Mittelalter gewonnenen Vorteil der Ausbreitung über den ganzen zivilisierten Erdkreis nicht auf. Der Baum der modernen Philosophie schickt seine Wurzeln tief in das fruchtbare Erdreich der Nationalität hinein, während sich die Zweige weit über deren Grenzen hinausbreiten. So ist sie volkstümlich und kosmopolitisch zugleich, sie ist i n t e r n a t i o n a l als Gemeingut der verschiedenen Völker, die in regem Wechsel verkehr ihre philosophischen Gaben austauschen. Für das Ausland wird vielfach das Latein als die Weltsprache der Gelehrten beibehalten, aber manches Werk ist vorher in der Muttersprache veröffentlicht und — in ihr gedacht worden. So wird es möglich, daß die Gedanken der Weisen, wie sie aus dem Geiste des Volkes geboren wurden, in das Volksbewußtsein eindringen und über die Kreise des gelehrten Publikums hinaus eine Macht werden. Philosophie als Aufklärung, als Element der allgemeinen Bildung, ist eine
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EINLEITUNG.
ausschließlich neuzeitliche Erscheinung. In dem spekulativen Völkerverkehr aber sind nach Produktion und Konsumtion die Franzosen, Engländer und Deutschen am stärksten beteiligt. Frankreich (Descartes) ergreift die Initiative, sodann geht die Hegemonie auf England (Locke) über, mit Leibniz und Kant übernimmt Deutschland die Führung, um sie neuerdings mit England, Amerika und Frankreich zu teilen. In der Zeit der Gärung vor Descartes und auch neuerdings wieder nimmt außer jenen Mächten Italien an der Erzeugung philosophischer Ideen eifrigen Anteil. Jede dieser Nationalitäten bringt zur Gesamtleistung Gaben mit, die schlechterdings nur sie zu liefern imstande ist, und wird durch Gegengaben belohnt, die sie aus eigenen Mitteln hervorzubringen unvermögend wäre. Dieser internationale Gedankenaustansch, bei dem jeder Teil schenkt und jeder gewinnt, dazu der Umstand, daß die bedeutenden Denker der Neuzeit, namentlich der vorkantischen Hälfte, zum großen Teile nicht Philosophen von Profession, sondern Militärs, Staatsmänner, Ärzte, auch wohl Naturforscher, Historiker, Juristen sind, gibt der modernen Philosophie einen unzünftigen, mehr weltmännischen Anstrich, der von dem klerikalen Charakter der mittelalterlichen und dem seherhaften der alten auffallend absticht. — Um den Ruhm, den e r s t e n modernen Philosophen hervorgebracht zu haben, streiten Deutschland, England und Frankreich: als Kandidaten für das Amt des ErÖffners der neueren Philosophie sind nämlich Nikolaus von Kues, Baco von Verulam und René Descartes aufgestellt worden; auf Hobbes, Bruno und Montaigne sind nur vereinzelte Stimmen gefallen. Am schwächsten ist es mit dem Ansprüche Englands bestellt, denn ohne die Bedeutung Bacos zu schmälern, darf man sagen, daß das Programm, das er entwickelt — und mehr ist seine Philosophie im Grunde nicht —, weder in seinen Hauptgedanken von ihm zuerst ausgesprochen, noch von ihm selbst mit hinreichender Konsequenz durchgeführt worden ist. Der Streit der beiden anderen Prätendenten aber ist leicht durch einen billigen Vergleich geschlichtet, wenn man sich nur über die Unterscheidung von Vorläufer und Anfänger oder von Anbahner und Begründer verständigen will. Der Eintritt einer neuen Geschichtsperiode ist nicht wie der eines neuen Stückes auf der Spieldose von einem hörbaren Ruck begleitet, sondern vollzieht sich allmählich. Von dem Punkte, wo das Neue zum erstenmal aufblitzt, unverstanden und seiner selbst nicht recht bewußt, bis dahin, wo es in voller Kraft und Reife auf der Bühne erscheint, sich selbst als ein Neues erkennend und von den anderen als solches anerkannt, kann eine geraume Weile verfließen: die Gärung zwischen Mittelalter und Neuzeit währt beinahe zwei Jahrhunderte. Ob nun diese Zeit des Ahnens und Wünschens, des Versuchens und halben Gelingens, in der das Neue mit dem Alten ringt, ohne es zu überwinden, und die entgegengesetzten Tendenzen der
EINLEITUNG.
kämpfenden Weltanschauungen
unklar
spielen,
des
ob
Künftigen
sie
als
anzusehen
Nachspiel sei —
13
und
im G r u n d e
noch
nicht
Nikolaus
Neuzeit Cusanus
sei,
hinzunehmen, hat
ziemlich
oder
durcheinander-
als V o r s p i e l
d o c h wohl als b e i d e s — ,
s c h l i e ß l i c h n i c h t viel m e h r als ein W o r t s t r e i t . als Ü b e r g a n g s p e r i o d e
wunderlich
Gewesenen
die
des ist
D i e e i n f a c h e L ö s u n g , sie nicht m e h r Mittelalter
allgemeinen
Beifall
(1401—64) hat zuerst g r u n d l e g e n d e
und
gefunden. Gedanken
d e r n e u e r e n P h i l o s o p h i e a u s g e s p r o c h e n •— e r ist d e r R e i g e n f ü h r e r j e n e s vorbereitenden
Zwischenzeitraums.
Descartes
(1596—1650)
hat
das
e r s t e m o d e r n e S y s t e m a u f g e s t e l l t —• e r ist d e r V a t e r d e r n e u e r e n P h i l o sophie.
Z u m Schluß eine kurze Übersicht der
Literatur:
HEINRICH KITTERS Geschichte der neueren Philosophie (Band 9 — 1 2 seiner Gesch.
® B ä n d e n v o n POMODORO 1 8 5 8 — 6 9 .
1 8 7 9 ; FLINT, L o n d .
Über
1 8 8 5 ; O . KLEMM, V . a l s G e s c h i c h t s -
p h i l o s o p h und V ö l k e r p s y c h o l o g (Leipziger Diss.) 1906; BEN. CROCE, La di G. Vico, Bari 1911.
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F ü n f z e h n t e s
K a p i t e l .
Das A a s l a n d . I. Gegen
die
in
Italien
Italien.
weitverbreitete,
noch
von
bis 1802) im S i n n e des M a l e b r a n c h e vertretene cartesianische Philosophie als eine ungeschichtliche Weltansicht e r h o b seine S t i m m e d e r k ü h n e tiefe
Schöpfer
bis 1 7 4 4 ;
seit
Die leitenden Richtschnur
der
Geschichtsphilosophie
1697
der
Rhetorik
sind diese:
an'der
Der Mensch
Vico
Universität
und (1668
1
Neapel).
m a c h t sich selbst
zur
des Universums, beurteilt das U n b e k a n n t e u n d F e r n l i e g e n d e
nach dem Bekannten lehnt
Lehrer
Gedanken
Giambattista
und Gegenwärtigen.
sich a n die aus
einem allgemein
D e r freie Wille des Einzelnen
menschlichen
Instinkte
unreflek-
1 V i c o : G r u n d s ä t z e einer neuen W i s s e n s c h a f t v o n der g e m e i n s a m e n N a t u r d e r Völker 1725, ins D e u t s c h e übersetzt von WEBER 1822; W e r k e in 6 Bänden heraus-
gegeben
v o n GIUS. F E R R A R I
i h n K . WERNER
1877 u n d
1835—37>
® B ä n d e n v o n POMODORO 1 8 5 8 — 6 9 .
1 8 7 9 ; FLINT, L o n d .
Über
1 8 8 5 ; O . KLEMM, V . a l s G e s c h i c h t s -
p h i l o s o p h und V ö l k e r p s y c h o l o g (Leipziger Diss.) 1906; BEN. CROCE, La di G. Vico, Bari 1911.
fhilosophia
ITALIEN.
tiert entstandenen Urteile, Sitten und Gewohnheiten des Volkes an. Gleichförmige Ideen bei einander unbekannten Nationen haben gemeinsame Motive des Wahren. Die Geschichte ist die Entwickelung des menschlichen Wesens; es herrscht in ihr weder der Zufall noch ein Fatum, sondern die gesetzgeberische Macht der Vorsehung, kraft deren die Menschen aus eigener Freiheit die Idee der Menschennatur fortschreitend verwirklichen. Der allgemeine Gang der Zivilisation ist der, daß die Bildung ihren Sitz aus den Wäldern und Hütten in die Dörfer, die Städte, endlich die Akademien verlegt; die Natur der Völker ist zuerst roh, dann streng, allmählich wird sie mild, ja weichlich, endlich ausgelassen; die Menschen empfinden zuerst nur das Notwendige, weiterhin beachten sie das Nützliche, das Bequeme, das Gefällige und Anmutige, bis der aus dem Sinn fürs Schöne entsprungene Luxus in törichten Mißbrauch der Dinge ausartet. Das Altertum zerlegt Vico in drei Zeitalter: die göttlichen (Theokratie), die heroischen (Aristokratie), die menschlichen (Demokratie und Monarchie) Zeiten. Derselbe Gang der Dinge wiederholt sich bei den Völkern der neueren Zeit: der patriarchalischen Herrschaft des phantasievollen, mythenschaffenden Orients entsprechen die geistlichen Staaten der Völkerwanderung, der altgriechischen Adelsherrschaft das Ritter- und Räubertum der Periode der Kreuzzüge, der Republik und der Monarchie des späteren Altertums die moderne Zeit, die auch den Bürger und Bauer an der allgemeinen Gleichheit teilnehmen läßt. Wäre nicht die europäische Bildung nach Amerika verpflanzt worden, so würde sich dort das gleiche dreiaktige Schauspiel der menschlichen Entwickelung abspielen. Die Dreiteilung führt Vico auch bei Betrachtung der Sitten, Rechte, Sprachen, Charaktere usw. durch. Wenn Vico die Hegeische Geschichtsbetrachtung antizipiert, zeigt sich A n t o n i o G e n o v e s i ( 1 7 1 2 — 6 g ) , der noch zu des ersteren L e b zeiten an der gleichen Universität Neapel lehrte, von einer Vorahnung der Kantischen Kritik beseelt. 1 Leibniz und Locke schätzend, von jenem sich den Begriff der Monade, von diesem die Unerkennbarkeit der Substanz aneignend, gelangt er — nach brieflichen Äußerungen — zu der Uberzeugung, daß die sinnlichen Körper nichts als Erscheinungen intelligibler Einheiten, jedes Wesen für uns eine Tätigkeit sei, deren 1 Für die folgende Darstellung wurde eine von Dr. J. Mainzer (f 1892) uns freundlichst zur Verfügung gestellte Übersetzung des Schlußabschnittes von FRANCESCO FIORENTINOS Handbuch der Geschichte der Philos. 1879—81 benutzt. V g l . von demselben Verfasser: Die zeitgenössische Philos. in Italien 1876. Ferner BONATELLI: Die Philos. in Italien seit 1815, ZPhKr. Bd. 54, 1869, S. 134f.; KARL WERNER: Die italienische Philos. des 19. Jahrh-, 5 Bände, 1884—86; G. GENTILE: Dal Genovesi al Galluppi 1903; LUIGI CREDARO in der 10. Auflage des ÜBERWEG-HEINZE, § 69—76; FR. P. FüLCI: Die Ethik des Positivismus in Italien, deutsch von N . C. WOLFF, Stuttg. 1911.
GALLUPPI,
ROSMINI.
Substrat und Grund uns unbekannt bleibe, Selbstbewußtsein und Kenntnis äußerer Eindrücke uns nur Phänomene darbieten, durch deren Bearbeitung wir die intellektuellen Welten der Wissenschaften hervorbringen. Im übrigen rät Genovesi seinen Freunden: studiert die Welt, pflegt Sprachen und Mathematik, denkt etwas mehr an die Menschen, als an die Dinge über uns und überlaßt die metaphysischen Grillen den Mönchen! Seine Landsleute verehren in ihm den Mann, der zuerst die Ethik und Politik in den philosophischen Unterricht einreihte und sich auf dem Katheder wie in seinen Schriften des Italienischen bediente: eine Nation, meinte er, deren wissenschaftliche Werke nicht in ihrer eigenen Sprache abgefaßt sind, sei barbarisch. Der Condillacsche Sensualismus gewann von Parma aus Einfluß auf M e l c h i o r e G i o i a ( 1 7 6 7 — 1 8 2 8 ; Statistische Logik 1803; Ideologie 1822) und G i a n d o m e n i c o R o m a g n o s i ( 1 7 6 1 — 1 8 3 5 : Was ist der gesunde Geist? 1827), jedoch nicht ohne von beiden erheblich modifiziert zu werden. Die Bedeutung dieser Männer liegt übrigens mehr auf sozialphilosophischem als erkenntnistheoretischem Gebiete. V o n den drei größten italienischen Philosophen des • 19. Jahrhunderts: G a l l u p p i , R o s m i n i , G i o b e r t i , steht der erstgenannte dem Kantischen Standpunkt näher, als er selbst es worthaben will. P a s q u a l e G a l l u p p i 1 (1770—1846, seit 1831 Professor in Neapel) bekennt sich zum Prinzip der Erfahrung, faßt diese jedoch nicht als das sinnlich Gegebene, sondern als die Verarbeitung desselben durch die auG der Tätigkeit des Geistes hervorgehenden synthetischen Beziehungen (rapporii) der Identität und des Unterschiedes. Der Ansicht Galluppis, daß einige Beziehungen objektiv, andere subjektiv seien, treten entgegen V i n c e n z o d e G r a z i a (Versuch über die Realität des menschlichen Wissens 1839 bis 1842), der alle Beziehungen für objektiv, und O t t a v i o C o l e c c h i (f 1847; Philosophische Untersuchungen 1843), der alle für subjektiv erklärt. Nach de Grazia ist das Urteil ein Beobachten, nicht ein Verknüpfen, es findet die in den Daten der Empfindung enthaltenen Beziehungen auf, entdeckt sie, aber produziert sie nicht. Colecchi führt die Kantischen Kategorien auf zwei, Substanz und Ursache, zurück. Alf. Testa (f 1860) war Kantianer, seine Propaganda für den Kritizismus blieb jedoch ohne Erfolg. A n t o n i o R o s m i n i - S e r b a t i 2 (geb. 1797 zu Roveredo, gest. 1855 1
Galluppi: Philosophischer Versuch über die Kritik der Erkenntnis
Elemente der Philos. 1820—27, Vorlesungen über
Logik
und
1819—32, 1832 fr.,
Metaphysik
Philosophie des Willens 1832 ff.; Über Fichtes System oder Betrachtungen über den transzendentalen Idealismus und den absoluten Rationalismus 1841.
Durch die Briefe
über die Geschichte der Philosophie von Descartes bis Kant 1827, in den
späteren
Ausgaben bis Cousin, wurde er für sein Vaterland der Schöpfer dieser Disziplin. 2
R o s m i n i : Neuer Versuch über den Ursprung der Ideen 1830; Prinzipien der
Moralphilosophie 1831 — 37; Rechtsphilosophie 1841.
Deutsch ist erschienen
,,Ros-
ITALIEN.
5°4
in Stresa) betrachtet die Erkenntnis als das gemeinschaftliche Produkt von Sinnlichkeit und Verstand, jene liefert die Materie, dieser die Form. Die Form ist eine einzige: die allem Urteilen vorangehende, nicht von mir stammende, angeborene, durch unmittelbare innere Wahrnehmung erfaßbare Idee des Seins überhaupt (essere ideale, ente universale). Die reinen Begriffe (Substanz, Ursache, Einheit, Notwendigkeit) entstehen dadurch, daß die reflektierende Vernunft jene generelle Seinsidee auseinanderlegt; die gemischten Ideen (Raum, Zeit, Bewegung; Körper, Geist) dadurch, daß der Verstand sie auf die sinnliche Erfahrung anwendet. Der allgemeine Seinsgedanke und die besonderen Existenzen sind dem Sein nach identisch, dem Modus des Seins nach aber verschieden. In der posthumen Theosophie 185g f. läßt Rosmini das allgemeine Wesen seine Bestimmungen nicht mehr von außen empfangen, sondern aus seinem eigenen Innern mittels einer apriorischen Entwickelung hervorbringen. V i n c e n z o G i o b e r t i 1 (geb. 1801 zu Turin, gest. 1852 zu Paris) wird als Patriot mit Fichte, nach seiner Denkrichtung mit Spinoza verglichen. Er will an die Stelle des von Descartes aufgebrachten, zum Skeptizismus führenden „Psychologismus" Rosminis den O n t o l o g i s m u s setzen, der allein Wissenschaft und katholische Religion wahrhaft zu versöhnen vermöge. Durch unmittelbare Anschauung (deren Inhalt Gioberti in die Formel faßt: „Das Sein schafft die Existenzen") erkennen wir das Absolute als den schöpferischen Grund zweier Reihen, der des Gedankens und der der Realität. Rosminis und Giobertis Bemühungen, die Vernunft mit dem kirchlichen Glauben in Einklang zu bringen, werden heftig bekämpft von Giuseppe Ferrari ( 1 8 1 2 — 7 6 ) und Ausonio Franchi 2 (1821—95), während sich Franc. Bonatelli (Gedanke und Erkenntnis 1864, Bewußtsein und innerer Mechanismus 1872) und T e r . M a m i a n i (1800—85; Professor in Turin und Unterrichtsminister in Rom; Bekenntnisse eines Metaphysikers 1865) in einer den platonisierenden Anschauungen der erstgenannten Denker verwandten Richtung bewegen. Die von Mamiani 1870 ins minis p h i l o s o p h i s c h e s S y s t e m " nach der italienischen Regensburg
1879.
Hier
werden
unterschieden
Ausgabe
von
Wissenschaften
1850
der
übersetzt,
Anschauung:
I d e o l o g i e und L o g i k , d e r W a h r n e h m u n g : P s y c h o l o g i e und K o s m o l o g i e , des S c h l u s s e s : Ontologie
(nebst
natürlicher
Theologie)
und
F R . PAOLIS L e b e n s b e s c h r e i b u n g des R o s m i n i Ü b e r Rosmini A D . D Y R O F F Philosophie
1840;
Die
1906. —
Deontologie.
1880—84
Gioberti:
Der
enthält
Einführung
zweite eine
in
das
Band
von
Bibliographie. Studium
der
Irrtümer R o s m i n i s 1 8 4 2 ; g l e i c h z e i t i g Ü b e r das S c h ö n e , Ü b e r
das G u t e ( G r u n d z ü g e eines S y s t e m s der E t h i k , deutsch v o n K . SUDHOFF, Mainz P r o t o l o g i e , h e r a u s g e g e b e n v o n seinem B i o g r a p h e n G . MASSARI 1857. u n d G i o b e r t i siehe R . SEYDBL in der Z P h K r . (Bd. 3 4 und 35)
1844);
Über R o s m i n i
1 8 5 9 u. G i o v .
GEN-
TILE, Pisa 1898. 1
S. v o r h e r g e h e n d e
2
F r a n c h i ( C h r i s t o f o r o B o n a v i n o ) b r a c h 1849
der er 1889 z u r ü c k k e h r t e .
Note. der k a t h o l i s c h e n
Kirche,
zu
5°5 Leben gerufene Zeitschrift Filosofia delle scuole italiane wurde seit 1886 von L u i g i F e r r i (1826—95, seit 1871 Professor in Rom, Dell' idea del vero 1887—88, lehrte einen von den französischen Spiritualisten beeinflußten „dynamischen Monismus") als Rivista italiana di filosofia fortgesetzt; sie ging sodann in den Besitz Cantonis über, wurde als Rivista filosofica von Erm. Juvalta geleitet und 1909 mit der von Varisco in Rom redigierten Rivista di filosofia e scienze affini verschmolzen. Die durch eine päpstliche Enzyklika 1879 empfohlene thomistische Lehre zählt in Italien, besonders bei den Jesuiten, viele Anhänger, von denen M. Liberatore, G. Ventura, P. Taparelli und Sanseverino genannt sein mögen. Von den fünfziger Jahren an hat die H e g e i s c h e Philosophie (namentlich in Neapel) Anklang gefunden. Ihr huldigen V e r a (t 1885), Spaventa (f 1883), P. Ceretti 1 , P. d'Ercole (Die Todesstrafe 1875, Der Theismus 1884), Fr. Fiorentino, Raf. Mariano und P. Ragnisco. D e m durch Ferrari angebahnten, seit 1870 sich ausbreitenden P o s i ti v i s m u s diente die von Enr. Morseiii gegründete Rivista di filosofia scientifica 1881 f., an deren Stelle II pensiero italiano trat; jetzt ist G i o v . MARCHESINI'S Rivista di filosofia e scienze affini das Organ der Positivisten. Eine verwandte Tendenz verfolgte E. Caporalis La nuova scienza 1884 t P i e t r o S i c i l i a n i (Sul rinnovamento della filosofia positiva in Italia 1871) läßt mit Vico die dritte, die kritische Periode der Philosophie anheben, durch welche die Scholastik gestürzt und die Vernunft zur Autorität gemacht wird, und gründet seine Lehre auf Vicos Formel: Konvertierung (Umsetzung) des verum mit dem factum und umgekehrt; später hat er sich dem vormals bekämpften Positivismus angenähert. Der hervorragendste in dieser Gruppe ist R o b e r t o A r d i g ò (geb. 1828, bis 1871 Priester, 1881 — 1 9 0 9 Prof. in Padua, schreibt im Auftrage des Unterrichtsministeriums eine Geschichte der italienischen Philosophie) : La psicologia come scienza positiva 1870, La morale dei positivisti 1885, L'unità della coscienza 1901, alle drei enthalten in den Opere filosofiche, 9 Bde., Padua 1882—1905. Er erklärt Stoff und Geist für zwei Erscheinungen desselben Wesens, der psychophysischen Wirklichkeit, die er auch als 1 Pietro Ceretti in Intra (1823—84, seit 1874 gelähmt) hatte unter dem Pseudonym Theoph. Eleutherus von seinem unvollendeten Hauptwerke Pasaeologices Specimen 1864—67 drei Bände in lateinischer Sprache veröffentlicht; es blieb jedoch unbeachtet. Nach seinem Tode wurde es in italienischer Übersetzung von C. BADINI mit Einleitungen und Anmerkungen von P. D'ERCOLE in 5 Bänden als Saggio circa la ragione logica di tutte le cose Turin 1888—1905 herausgegeben. Außerdem hat D'ERCOLE drei weitere Nachlaßbände besorgt : Conziderazioni sopra il sistema generale dello spirito 1885, Proposta di riforma sociale nebst zwei anderen Schriften 1885, Sinossi della enciclopedia speculativa 1890. Über ihn PASQUALE D'ERCOLE, Notizia degli scritti e del pensiero filosofico di P. C., Turin 1886, darin Cerettis Selbstbiographie La mia celebrità; ders., La filosofia della natura di P. C , 3 Bde. 1892—1904; ISAAK N'USSBAUM, Erlanger Diss. 1906.
ITALIEN.
5O6
das Indistinto bezeichnet. Das Weltgesetz der Entwicklung des Gesonderten aus dem Ungesonderten besagt: alle Verschiedenheiten bilden sich aus einem Ganzen, in welchem sie vor ihrer Sonderung zu speziellen Formen und Teilen als latente Kräfte oder tätige Möglichkeiten enthalten waren und von welchem sie auch nach der Sonderung umschlossen bleiben. Auch die seelischen Elemente setzen eine zusammenhaltende Totalität, eine ursprüngliche Einheit des Bewußtseins voraus. Da das Individuum seine ersten Vorstellungen und Urteile aus der umgebenden Gesellschaft empfängt und jeder Gedanke von Haus aus «ine Neigung hat, in Handlung überzugehen, so müssen in ihm nichtegoistische Gefühle entstehen, wie Familienliebe, Teilnahme, Ehrtrieb und heiliger Zorn über Rechtsverletzung („soziale Idealität"). Über Ardigö: H Ö F F D I N G , Mod. Phil. 1905, S. 38 ff.; J . B L U W S T E I N , Die Weltanschauung A.s 1911. A n t . L a b r i o l a (1843—1904, seit 1874 Prof. in Rom, wo sich seine Tochter Teresa habilitiert hat), im Hegelianismus aufgewachsen, hat sich, nach einem Herbartischen Zwischenstadium, dem Marxismus zugewandt: Del socialismo 1889, Socialisme et philosophie 1899, Del materialismo storico 2. Ausg. 1902; seine vermischten Schriften herausgeg. von B E N . C R O C E 1906. Von sonstigen Vertretern des Positivismus erwähnen wir Andrea Angiulli in Neapel (t 1890), den Historiker Pasqu. Villari in Florenz (geb. 1827), Gius. Sergi in Rom (geb. 1841) und den Turiner Psychiater Cesare Lombroso 1 (1835—1909), das Haupt der positivistischen Strafrechtsschule, der auch Enr. Ferri (Das Verbrechen als soziale Erscheinung, deutsch von K U R E L L A 1896) angehört. Dem Hegelianismus und dem Positivismus erwuchs ein lebhafter Gegner in der durch C a r l o C a n t o n i s 2 umfängliches Kantwerk eingeleiteten n e u k a n t i s c h e n Bewegung, die nicht so sehr zur Bildung einer eigentlichen Schule, als zu vielseitigen erkenntnistheoretischen Debatten über die Möglichkeit der Metaphysik, das Verhältnis von Wahrnehmen und Denken, ursprünglichen und erworbenen Vorstellungen, Philosophie und Naturwissenschaft, Wissen und Glauben führte. Wie der Positivismus Italiens in einen radikalnaturalistischen und einen fast als idealistisch zu bezeichnenden Flügel auseinandergeht (der letztere vertreten durch Ardigö und seinen Schüler G. Marchesini) 3 , so zeigt auch der 1
L o m b r o s o : G e n i e u n d Irrsinn
1864,
deutsch
bei
Reclam;
Der
Verbrecher
( 1 8 7 8 ) , deutsch 1 8 8 7 — 9 0 : D e r g e n i a l e M e n s c h (1889) 1890; D e r politische V e r b r e c h e r u n d die R e v o l u t i o n e n (1890) 1891 — 9 2 , Graphologie
1895,
KURELLA, H a m b . 2
Cantoni
B a n d e s 1907.
bei
Reclam;
Das
Entartung
Weib und
(1840—1906): V i e l benutzt w i r d
Marchesini:
aelT attima 1905.
Verbrecherin deutsch
(1893)
1904.
1894,
Über
ihn
1892. Em. sein
Kant,
3 Bde.
II simbolismo
1879—84,
Elementarkursus
T e i l , ein K o m p e n d i u m der G e s c h i c h t e d e r Philos., 3
als Genie,
1901,
1897
2. A u f l .
der
Philos,,
in
5. A u f l .
II dominio dello spirito
des
ersten
dessen
dritter
erschienen
1902,
ist.
Le finzwnt
FRANKREICH.
507
•dortige Neukritizismus verschiedene Schattierungen, zumal sich mit dem Einflüsse Kants der andrer deutscher Denker, wie Herbart, Wundt und Lotze verbindet. Giac. Barzellotti in Rom (geb. 1844), der über Schopenhauer und den deutschen Pessimismus geschrieben hat, Fei. Tocco in Florenz (geb. 1845; Kantstudien 1881), Fil. Masci in Neapel (Die Freiheit in Recht und Geschichte nach Kant und Hegel 1903, Kant 1904, Psychologie 1904), Aless. Chiapelli in Neapel (geb. 1857), Ad. Faggi in Pavia (hat über Hartmann und Lange geschrieben; Der psychophysische Materialismus 1901), Gius. Zuccante in Mailand (Schriften über Mill, Spencer und Comte), Luigi Credaro in Rom (geb. 1860, Arbeiten über Herbart, Wundt und griechische Philos.) gehören hierher; alle Genannten sind zugleich Philosophiehistoriker. Franc, de Sarlo ist von Lotze beeinflußt, Gius. Mantovani von Wundt, Giov. Cesca in Messina (geb. 1859; Philosophie des Lebens 1903) hat Aufsätze über Cohen, Lotze, Volkelt und Wundt veröffentlicht. Cosmo Guastella in Palermo (Versuche über Erkenntnistheorie: 1. Über Grenzen und Gegenstand der Erkenntnis apriori 1898; 2. Philosophie der Metaphysik, erster Teil: die wirkende Ursache 1905) lehrt einen radikalen Empirismus. Einen Neuidealismus vertreten der Herausgeber der Zeitschrift La critica (seit 1903) B e n e d e t t o C r o c e 1 und G i o v . G e n t i l e (La rinascita deiï idealismo 1903). Papini ist Pragmatist. Von psychologischen Arbeiten verzeichnen wir G. C e s c a , Über die Existenz von unbewußten psychischen Zuständen, V w P h . Bd. 9, 1885; Ders., Die Lehre vom Selbstbewußtsein, ebenda B. I i , 1887; A n g e l o M o s s o in Turin (f 1910), Die Ermüdung, deutsch 1892; G u i d o V i l l a , Einleitung in die Psychologie der Gegenwart 1899, übers, v. PFLAUM, 1902. — In Palermo 1911 sind zwei Bändchen aus Frommanns Klassikern der Philos, in ital. Übersetzung erschienen: GAUPPS Spencer und SIEBECKS Aristoteles.
II. Frankreich. Von den französischen Philosophen des 19. Jahrhunderts 2 kann sich keiner an weitreichendem Einfluß, auf das Inland wie das Ausland, 1
B. C r o c e : Ästhetik als Wissenschaft des Ausdrucks 1902,
deutsch von KARL FEDERN 1905.
nach
der 2. Aufl.
Sein Werk über Hegel siehe oben S. 446.
2 Darstellungen der französischen Philosophie des 19. Jahrhunderts haben TAINE (Les philosophes classiques 1857, 7. Aufl. 1895), JANET (La philosophie française
contemporaine (Études,
2. Aufl. 1879), A. FRANCK (Moralistes et philosophes
3 Bände,
1877—87),
FÉLIX
1872),
FERRAZ
R A V A I S S O N ( 1 8 6 8 u. ö., d e u t s c h v o n EDM. K Ö N I G
1889), J. BORELIUS (Blicke auf den gegenwärtigen Standpunkt der Philos, in Deutschland und Frankreich,
deutsch von
A D A M (La
en
philosophie
France
und LUCIEN LÉVY-BRUHL, History gegeben.
JONAS
1887), PLCAVET (Les
1894), T H .
of modern
RUYSSEN (ÜBERWEG
philosophy
idéologues IV10,
in France,
§
1891), 42—53)
Chicago 1903
508
FRANKREICH.
mit A u g u s t e C o m t e , dem Schöpfer des P o s i t i v i s m u s (geb. zu Montpellier am 19. Januar 1798, gest. zu Paris 5. Sept. 1857) messen, dessen sechsbändiges Hauptwerk: Kursus der positiven Philosophie 1830—42 erschien. Eine gute Einführung in den Cours (dessen Einleitung G. E. SCHNEIDER ins Deutsche übertragen hat, Leipzig 1880) gibt der Discours sur l'esprit posilif 1844. Über Comte: J. ST. MILL, Comte und GOMPERZ 1 8 7 4 .
der
Positivismus,
B . PÜNJER, J a h r b b . f. p r o t . T h e o l .
digung Comtes und des Positivismus, Aufsätze
zum
1878.
deutsch
von
R . EUCKEN,
Zellerjubiläum
ELISE
Zur
1887.
Wür-
MAXIM.
BRÜTT, Der Positivismus, Programm des Realgymnasiums des Johanneums, Hamburg 1889.
H . WÄNTIG, C. u. s. Bedeutung für die Entw. der Sozialwissenschaft,
v o n MIASKOWSKIS S t a a t s - u. s o z i a l w i s s . B e i t r ä g e n
der Geschichte als Soziologie I, 1897, ( V w P h . Bd. 122) 1898. 1905,
übers,
v.
H.
S. 2 3 — 6 1 ;
L. LEVY-BRUHL, Die
MOLENAAR
1902.
1895.
HERB.
Zum
PAUL
BARTH,
Die
100. Geburtstage
Philosophie KUHNERT,
Comtes Comtes
1900,
Bd. 2 Philos.
Comtes 2. Aufl.
Verhältnis
zur
Kunst 1910.
Comte ist der Schüler des Grafen S a i n t - S i m o n ( 1 7 6 0 — 1 8 2 5 , Ausgewählte Werke 1859; über ihn und seine Schule JANET 1879, WEILL 1894, 1896), aus dessen Lehre folgende sechs Punkte bei P. BARTH (a. a. O. S. 23) als wichtigste Neuerungen angeführt werden: „ 1 . Die Politik ist eine positive Wissenschaft, d. h. eine Wissenschaft der Beobachtung, so positiv wie etwa die Physik. 2. Nicht die Staatsverfassung, sondern der gesamte Zustand der Gesellschaft ist ihr Gegenstand. 3. Es herrscht im Gange der Entwickelung des menschlichen Geistes eine feste Richtung, die in bezug auf die Weltanschauung — von der Theologie durch die Metaphysik hindurch — immer mehr zur positiven Wissenschaft im praktischen Leben von kriegerischer Tätigkeit zu der friedlichen Arbeit führt. 4. Jede Stufe dieser geistigen Entwickelung, jedes philosophische System ist verbunden mit einem politischen System, das darauf gegründet ist. Daneben aber ruht jedes politische System auch auf einer bestimmten Ordnung des Eigentums und der Produktion, die eine bestimmte Klassenbildung zur Folge hat. 5. Er gibt zum erstenmal eine Skizze der Geschichte dieser Klassenbildung, wobei er sich auf Frankreich beschränkt, mit Seitenblicken auf England. 6. Er will so die Geschichte aus der Literatur in die Wissenschaft erheben." V o n solchen Gedanken hat C o m t e die (von ihm selbst freilich später verleugnete) Anregung zur Entwickelung eines bedeutenden sozialphilosophischen Systems empfangen. 1
Hierzu bemerkt BARTH: „Diese A b f o l g e der Zustände des menschlichen Geistes
ist eine Ansicht Turgots, die aber von
diesem
F o l g e zu geben, ausgesprochen worden ist. in France
and
Germany,
von 1894 S. 286 f.].
Edinb. u. London
nur gelegentlich,
V g l . R. FLINT, 1874,
Die Einfügung der Abfolge
scheinungen bleibt Saint-Simons W e r k . "
S. 1 1 3 f .
ohne
ihr
weitere
Philosophy
of
history
[in der
in das Ganze
der
Umarbeitung sozialen
Er-
A.
COMTE.
509
D i e positive Philosophie will dem tausendjährigen Irrtume ein E n d e machen, als sei unserer Erkenntnis irgend etwas anderes zugänglich als das Gegebene, die Tatsachen: die P h ä n o m e n e und deren Relationen. Wir erkennen nicht das Wesen der Erscheinungen, ebensowenig ihre ersten Ursachen und letzten Zwecke, wir erkennen nur — durch Beobachtung, Versuch u n d Vergleichung — die konstanten Beziehungen zwischen d e n Erscheinungen, die V e r h ä l t n i s s e der Aufeinanderfolge und der Ähnlichkeit der Tatsachen, deren Gleichförmigkeiten man ihre G e s e t z e nennt. Alles Wissen ist somit r e l a t i v , es gibt keine absolute Erkenntnis, denn das innerste Wesen der Tatsachen, desgleichen ihr Ursprung, die Art u n d Weise, w i e sie hervorgebracht werden, ist uns unerforschlich. Wir wissen nur, u n d zwar durch Erfahrung, d a ß die Erscheinung A mit der Erscheinung B unwandelbar verknüpft ist, d a ß die zweite stets auf die erste folgt, u n d nennen das beständige Antezedens einer Erscheinung deren Ursache. Wir erkennen nur solche Ursachen, die selbst P h ä n o m e n e sind, und haben uns darauf zu beschränken, die Bedingungen des Eintretens der Vorgänge exakt zu zergliedern. Vorgänge e r k l ä r e n bedeutet, verschiedene Einzelerscheinungen mit einigen allgemeinen Tatsachen vereinigen, „deren Zahl die fortschreitende Wissenschaft immer mehr zu vermindern strebt". Wir erklären die astronomischen Vorgänge durch das Gravitationsgesetz; die Frage, was Anziehung u n d Schwere selbst und welches ihre Ursachen seien, gehört zu den unlösbaren. D a ß unsere Erkenntnis auf die Sukzession und Koexistenz der Erscheinungen beschränkt ist, verdient nicht als Mangel beklagt zu werden: das einzige uns erreichbare Wissen ist zugleich das einzig nützliche, dasjenige, welches uns praktische Gewalt über die Erscheinungen verleiht. W e n n der Mensch der Ursache nachforscht, so will er die Wirkung sei es beschleunigen oder aufhalten oder nach seinen Wünschen ändern oder wenigstens sie v o r h e r w i s s e n , um dann seine Vorkehrungen darnach zu treffen. Solche Voraussicht und Beeinflussung der Ereignisse aber kann nur auf Grund der Kenntnis ihrer Gesetze, ihrer Folgeordnung, ihrer phänomenalen Ursachen erlangt werden. Savoir pour prévoir. Obwohl nun das Vorhersehen der Tatsachen das einzige Wissen ist, dessen wir bedürfen, so haben doch die Menschen von jeher noch einem andern, „absoluten" Wissen nachgejagt oder gar gemeint, ein solches zu besitzen, u n d selbst die Vorläufer der positiven Philosophie, ein Bacon u n d Descartes, waren noch in diesem Vorurteil befangen. Es bedurfte einer langen geistigen Entwickelung, um zu der Einsicht zu gelangen, daß unser Wissen nicht über die Kenntnis der Aufeinanderfolge und des Zusammenbestehens der Tatsachen hinausreiche u n d d a ß auf die abstrakten Spekulationen dasselbe Verfahren ausgedehnt werden müsse, welches der gewöhnliche Verstand von selbst
^IO
FRANKREICH.
bei seinen einzelnen Handlungen anwendet. Anderseits ist die positive Philosophie, so wenig sie Metaphysik sein will, weit entfernt, dem Empirismus das Wort zu reden. Jede isolierte empirische Beobachtung ist nutzlos und unsicher; Wert und Brauchbarkeit erhält sie erst dann,, wenn sie durch eine Theorie bestimmt und erläutert und mit anderen Beobachtungen zu einem Gesetz verknüpft wird: dies macht den Unterschied zwischen den Beobachtungen des Gelehrten und des Laien. 1 Dem positiven Stadium einer Wissenschaft, das da beginnt, wo man die Erscheinungen durch ihre G e s e t z e zu erklären lernt, gehen zwei andere Gedankensysteme voraus: ein theologisches, das ihnen fingierte p e r s ö n l i c h e M ä c h t e , und ein metaphysisches, das ihnen abstrakte N a t u r k r ä f t e unterlegt. Die drei Perioden bezeichnen die Kindheit, die Jugend und das Mannesalter der Wissenschaft. Jeder von uns durchlebt diese drei Arten der Philosophie: er ist als Kind gläubig,, als Jüngling Metaphysiker, als Mann Forscher. Die ursprüngliche Weltansicht ist die t h e o l o g i s c h e oder fiktive, welche die Ereignisse der Welt von Willensakten übernatürlicher intelligenter Wesen herleitet. Die rohe Naturauffassung sieht in jedem einzelnen Dinge ein menschenähnlich beseeltes Wesen; später gewöhnt man sich, eine ganze Klasse von Objekten von einem unsichtbaren Wesen, einer Gottheit, beherrscht zu denken; schließlich weichen die vielen Götter einem einzigen Gotte, der das Universum schafft, erhält, regiert und durch außerordentliche Akte, durch Wunder, in das Getriebe der Ereignisse eingreift. So sind Fetischismus (in seiner höchsten Form Gestirndienst), Polytheismus und Monotheismus die Entwickelungsstufen der theologischen Denkart. — In der zweiten, der m e t a p h y s i s c h e n oder abstrakten Periode des Erkennens treten an die Stelle der göttlichen Willensakte Entitäten, abstrakte Begriffe, die man für Realitäten, für das wahrhaft Wirkliche hinter den Erscheinungen hält. Man läßt den Dingen eine Kraft, ein Vermögen, eine verborgene Eigenschaft oder Wesenheit innewohnen, nennt das geheimnisvolle Wesen, das die Ereignisse lenkt, nicht mehr Gott, sondern „Natur" und stattet diese mit gewissen Neigungen aus, mit einer Furcht vor dem Leeren, einer Abneigung gegen Sprünge, einer Tendenz zum Besten, einer Heilkraft u. ä. m. Ebendahin gehören die Pflanzenseele des Aristoteles, die Lebenskraft und der 1 Über Comtes E r k e n n t n i s l e h r e siehe HÖFFDING II, S. 391—396. „Den Stachel des eigentlichen Erkenntnisproblems hat Comte nicht gefühlt. Er hat es versucht, die positive Erkenntnis zu systematisieren; er stellte sich aber nicht die Aufgabe, die letzte Grundlage dieser Erkenntnis zu erörtern." „Die verbindende Tätigkeit des Geistes verfolgt er nicht näher, obgleich er sie als fundamental betrachtet: tout se réduit toujours a lierV „In welcher Beziehung die Befriedigung des Dranges nach Einheitlichkeit und Einfachheit der Weltauffassung zur positiven Wirklichkeit steht, das untersucht er nicht."
A . COMTE.
SU
Bildungstrieb der neueren Forscher. — Endlich das p o s i t i v e oder wissenschaftliche Stadium wird erreicht, wenn man alle solche noch immer halb persönlich und willkürlich handelnd gedachten Abstraktionen verläßt, darauf verzichtet, Ursprung und Bestimmung des Alls sowie die inneren Ursachen des Gegebenen zu ergründen, und sich darauf beschränkt, durch Beobachtung und Experiment die unabänderlichen und ausnahmslos geltenden Gesetze der Erscheinungen festzustellen. Die Naturgesetze selbst aber zu erklären, übersteigt nach Comte die dem menschlichen Wissen gezogenen Grenzen. Der Anfang der Welt liegt jenseit des Wißbaren, der Atheismus ist nicht besser begründet als die theistische Hypothese, und wenn Comte einen blind wirkenden Mechanismus für minder wahrscheinlich erklärt als einen Weltplan, so ist er sich bewußt, eine bloße Vermutung auszusprechen, die sich nie zur wissenschaftlichen Theorie erheben lasse. Ursprung und Ende der Dinge sind unlösbare Fragen, in deren Beantwortung, solange Menschen denken, noch kein Fortschritt gemacht worden ist. Nur was in der Mitte liegt zwischen den beiden unerforschlichen Enden der Welt, ist Gegenstand des Wissens. Die positive „Philosophie" aber hat die von den positiven „Wissenschaften" eruierten Gesetze zu einer Weltanschauung zusammenzuordnen; für den Mangel einer einheitlichen Spitze entschädigt die Gleichheit der Methode auf allen Gebieten. Das Ideal wäre es freilich, alle Erscheinungen als besondere Fälle einer einzigen letzten Tatsache, beispielsweise der Schwerkraft, zu erweisen; die positive Philosophie strebt sich diesem Ziele immer mehr zu nähern, erreichen wird sie es schwerlich. Es ist nicht nur der menschliche Geist im allgemeinen, der den geschilderten Fortschritt von der theologischen durch die metaphysische zur positiven Denkart zeigt, sondern jede einzelne Wissenschaft durchläuft jene drei Perioden, nur daß sich die verschiedenen Disziplinen mit ungleicher Schnelligkeit entwickelt haben, und zwar um so schneller, je allgemeiner, einfacher und weniger voneinander abhängig die ihr zugehörigen Erscheinungen sind: die physikalischen Vorgänge sind später durch positive Theorien begriffen worden als die astronomischen, weil sie eigenartiger, zusammengesetzter und mehr von anderen beeinflußt sind, und ebenso verhalten sich die physiologischen Erscheinungen zu den chemischen. Während die eine Wissenschaft bereits den Gipfel der positiven Behandlungsart erklommen hat, stecken andere noch tief in der theologischen Anfangsperiode und noch andere befinden sich in dem metaphysischen Übergangsstadium. Noch jetzt bestehen alle drei Entwickelungsphasen nebeneinander und selbst unter den Gegenständen der entwickeltsten Wissenschaften gibt es solche, die wir fortfahren theologisch zu betrachten; es sind diejenigen, die wir noch nicht zu berechnen verstehen, wie der Wechsel der Witterung oder die Verbreitung von Epidemien. Welche Wissenschaft hat zuerst den positiven Zustand erreicht,
512
FRANKREICH.
und in welcher Reihenfolge sind ihr die übrigen gefolgt? Nach diesem Maßstabe entwirft Comte seine K l a s s i f i k a t i o n d e r W i s s e n s c h a f t e n , bei der er jedoch nur die von ihm sogenannten a b s t r a k t e n Wissenschaften berücksichtigt, diejenigen, welche „Vorgänge" im Unterschied von „Gegenständen" behandeln. Die abstrakten Wissenschaften (wie die Biologie) ergründen die für alle Erscheinungen geltenden allgemeinsten Naturgesetze, aus denen sich noch nicht die bestimmten Erscheinungen, die uns die Erfahrung zeigt, ableiten lassen, auf Grund deren vielmehr auch eine ganz andere Welt möglich sein würde, wogegen es die konkreten (z. B. Botanik und Zoologie) mit den in der Wirklichkeit gegebenen Verbindungen von Phänomenen zu tun haben. Jene verfolgen jedes einzelne von den allgemeinen Gesetzen durch alle seine möglichen Wirkungsweisen, diese betrachten nur die in einem Gegenstande gegebene Vereinigung der Gesetze. So sind Eiche und Eichhörnchen das Resultat sehr vieler Gesetze, sofern die Organismen nicht nur von biologischen, sondern auch von chemischen, physikalischen und mathematischen G e setzen abhängig sind. Der abstrakten Wissenschaften zählt Comte s e c h s und ordnet sie so, daß jede von den Wahrheiten der vorhergehenden abhängt und dazu noch ihre eigenen speziellen hinzufügt, während die erste (allgemeinste und einfachste) gar keine früheren Gesetze voraussetzt, aber von sämtlichen späteren vorausgesetzt wird. Nach diesem Prinzip zunehmender Besonderung und Verwickelung ergibt sich folgende Stufenleiter oder enzyklopädische H i e r a r c h i e d e r W i s s e n s c h a f t e n : i . Mathematik, innerhalb deren die Zahlenwissenschaft als die absolut voraussetzungslose der Geometrie und der Mechanik voraufgeht, 2. Astronomie, 3. Physik (mit fünf Unterabteilungen, von denen der Lehre von der Schwere die erste, der Elektrologie die letzte Stelle gebührt, während die Lehre von der Wärme nebst der Akustik und Optik in der Mitte stehen), 4. Chemie, 5. Biologie oder Physiologie, 6. Gesellschaftslehre oder (nach der von Comte herrührenden, übelgebildeten, aber nunmehr eingebürgerten Bezeichnung) „Soziologie". In dieser durch die wachsende Komplikation und Abhängigkeit ihrer Objekte bestimmten Reihenfolge haben sich die Wissenschaften historisch entwickelt, — ehe die Spezialgesetze der komplizierteren Wissenschaft erforscht werden können, müssen die allgemeinen Gesetze der einfacheren genau bekannt sein, — und zugleich ist es rätlich, im Studium derselben diese Ordnung zunehmender Zusammensetzung und Schwierigkeit einzuhalten, denn die Bekanntschaft mit den Methoden der elementaren Wissenschaften ist die beste Vorschule für die Bearbeitung der höheren. 1 In der Arithmetik und Geometrie studiert
1 Allerdings droht hierbei die Gefahr des Materialismus, d. h eines übermäßigen Einflusses der niederen Fächer auf die höheren. Der Biolog z B. muß sich gegen
A.
COMTE.
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man die Positivität an der Quelle, im soziologischen Geiste findet sie ihre Vollendung. — Die Mathematik ist ziemlich früh, die Chemie und die Biologie erst unlängst in das positive Stadium eingetreten, in der höchsten und kompliziertesten Wissenschaft aber kämpft noch immer die metaphysische (negative, liberale, demokratische, revolutionäre) Denkart gegen den Feudalismus der theologischen. Die Gesellschaftslehre positiv zu machen ist die Aufgabe der zweiten Hälfte des Comteschen Werkes, auf dieses Ziel hin war von Anfang an seine philosophische Tätigkeit gerichtet. Nachdem eine Physik des Himmels, der Erde und des organischen Reiches begründet worden, bleibt noch das System der Erfahrungswissenschaften abzuschließen durch eine „soziale Physik". Über die Bestrebungen der Nationalökonomie, mit Ausnahme derjenigen des A. Smith, urteilt Comte sehr abfällig und will sie, als auf falschen A b straktionen beruhend und unfruchtbar, nicht als Vorarbeit zur wissenschaftlichen Soziologie gelten lassen. Die Psychologie, die man in der obigen Aufzählung vermissen möchte, soll einen Zweig teils der Biologie, teils der Soziologie bilden und sich ausschließlich der Beobachtung anderer bedienen, vornehmlich der Phrenologie (den drei Seelenvermögen „Herz, Charakter, Verstand" entsprechen drei Regionen des Gehirns). Die Selbstbeobachtung, lehrt Comte, indem er aus einer Schwierigkeit eine Unmöglichkeit macht, kann uns höchstens über unsere Gefühle und Leidenschaften, aber gar nicht über unser eigenes Nachdenken belehren, da die Reflexion den Voigang, auf den sie sich richtet, zum Stillstehen bringt und so ihren Gegenstand vernichtet. Wie vermöchte sich der Geist in zwei Teile zu spalten, einen beobachtenden und einen zweiten, dessen Tätigkeit beobachtet wird? Die einzige Quelle der Erkenntnis ist somit die äußere sinnliche Wahrnehmung. — In seiner Politique positive hat Comte später noch eine siebente Grundwissenschaft, die Ethik oder Anthropologie, hinzugefügt. D i e S o z i o l o g i e 1 , deren Erhebung zum Range einer positiven Wissenschaft die Hauptabsicht unseres Philosophen ist, befolgt dieselbe Methode wie die Naturwissenschaften, Befragung und Auslegung der Erfahrung durch Induktion und Deduktion, nur daß sich hier das gewöhnliche Verhältnis der beiden Erkenntnismittel umkehrt. Zwischen der unorganischen und der organischen Philosophie, welche beide gleichermaßen den W e g vom Bekannten zum Unbekannten nehmen, besteht der Unterschied, daß bei der ersteren von den Elementen als dem allein
1 Vgl. KROHN : Beiträge zur Kenntnis und Würdigung der Soziologie, Jahrbb. f. Nationalökonomie und Statistik, N. F., Bd. 1 und 3, 1880 und 1881. BARTH macht auf die kurze Zusammenfassung der Comteschen Geschichtsansicht aufmerksam, die sich in der 57. Vorlesung des Cours Bd. 6, p. 409—434 der 3. u. 4. Aufl. (1877) der LlTTREschen Ausgabe findet. Bei RIG-KIRCHMANN II, S. 405—417.
F a l c k e n b e r g , Neuere Philos.
7. A u f l .
514
FRANKREICH.
unmittelbar Zugänglichen zu dem Ganzen, das aus ihnen zusammengesetzt ist, vorgeschritten wird, bei der letzteren hingegen umgekehrt, denn hier ist das Ganze bekannter als die einzelnen Teile, aus denen es besteht. Daher werden in der Wissenschaft vom Unorganischen die Gesetze der zusammengesetzten Phänomene durch Deduktion (aus den auf induktivem Wege entdeckten Gesetzen der einfachen Tatsachen) gewonnen und durch Beobachtung bestätigt; in der Gesellschaftslehre dagegen werden die Gesetze durch (geschichtliche) Erfahrung gefunden und durch Deduktion (aus der biologisch festgestellten Natur des Menschen) nur nachträglich bewahrheitet. Da die Erscheinungen der Gesellschaft nicht bloß durch die allgemeinen Gesetze der menschlichen Natur, sondern vor allem durch den wachsenden Einfluß der Vergangenheit bestimmt werden, so müssen historische Studien die Grundlage der soziologischen Forschung bilden. Von den beiden Teilen der Soziologie, der S t a t i k , welche das Gleichgewicht (die Bedingungen des dauernden Bestehens der gesellschaftlichen Zustände), und der D y n a m i k , welche die Bewegung (die Gesetze des Fortschritts) der sozialen Phänomene untersucht, ist die erftere im wesentlichen von Aristoteles bereits festgestellt. Der Grundbegriff der Statik ist der des K o n s e n s u s , der Übereinstimmung, Solidarität oder gegenseitigen Abhängigkeit der Glieder des sozialen Organismus. Alle seine Teile, Wissenschaft, Kunst, Religion, Politik, Industrie müssen gleichzeitig betrachtet werden; sie stehen in so inniger Harmonie und Wechselbeziehung, daß man sicher sein darf, zu jeder bedeutenden Zustandsänderung in einem dieser Teile entsprechende in sämtlichen übrigen als deren Ursachen und Folgen hinzuzufinden; auch wird es dem Gesetzgeber nie gelingen, eine dem allgemeinen Kulturstande widersprechende Änderung zu erzwingen. — Neben den selbstischen Neigungen wohnt dem Menschen gleich ursprünglich, aber von Haus aus schwächer ein Trieb zur Gemeinschaft inne, der ihn instinktiv, ohne Reflexion auf zu erwartenden Nutzen, die Gesellschaft der Mitmenschen aufsuchen läßt, und ein mäßiger Grad von Wohlwollen. Wie der Altruismus mit dem Egoismus, so liegt die Vernunft nebst dem nur durch Arbeit zu befriedigenden Drange vorwärtszukommen mit der angeborenen Abneigung gegen geregelte Tätigkeit (zumal geistige Anstrengung) in beständigem Kampfe. Der Charakter der Gesellschaft hängt von der Kräftigkeit der edleren Antriebe ab, nämlich der sozialen Neigungen und der geistigen Lebendigkeit gegenüber den egoistischen Trieben und der natürlichen Trägheit. Die ersteren nähren den fortschrittlichen, die letzteren den konservativen Geist. Die Frauen sind den Männern durch eine stärkere Entwickelung des Mitgefühls und der Geselligkeit ebenso überlegen, wie sie ihnen hinsichtlich der Einsicht und Vernunft untergeordnet sind. Die Gesellschaft ist eine Gruppe von Familien, nicht von Einzelnen (das
A . COMTE.
515
Individuum ist eine Abstraktion!), u n d das häusliche Leben (Herrschaft des Mannes über das Weib, der Eltern über die Kinder) Grundlage, Vorbereitung und Muster für das soziale. Die Familie, das Mittelglied zwischen dem Einzelnen und seiner Gattung, preist Comte als eine Schule der Selbstlosigkeit und billigt die katholische Strenge hinsichtlich der Unlösbarkeit der Ehe. Er bemerkt die schlimmen Folgen der immer weitergehenden Arbeitsteilung, die den Menschen egoistisch und borniert macht, da sie die soziale Bedeutung der Beschäftigung des Einzelnen, deren Zusammenhang mit dem Wohle der Gesellschaft mehr verhüllt als aufdeckt, und sinnt auf Mittel, ihnen zu steuern. Außer einer universalen Jugendbildung verlangt er die Errichtung einer geistlichen Behörde, die den Mitgliedern aller Stände und Berufsarten unaufhörlich das Interesse des Ganzen zum Bewußtsein bringen, die Erziehung leiten und in moralischen und intellektuellen Dingen die gleiche Autorität genießen soll, wie sie in Angelegenheiten ihres Faches den Astronomen zugestanden wird. Sie würde die Stellung einzunehmen haben, die bisher der Klerus innehatte. 1 Comte denkt sie sich von den positiven Philosophen gebildet, ganz unabhängig von der weltlichen Obrigkeit, dafür jedoch ihrerseits von politischer Macht und Reichtum ausgeschlossen. Die weltliche Macht aber wünscht er in die H ä n d e einer Aristokratie von Kapitalisten gelegt und an die Spitze der herrschenden Großindustriellen die Bankiers gestellt zu sehen. Die D y n a m i k , die Lehre von der zeitlichen Folge der sozialen Vorgänge, operiert mit dem Prinzip der E n t w i c k e l u n g . Der Fortschritt der Gesellschaft, die als ein großes Individuum zu betrachten ist, besteht in dem wachsenden Übergewicht der höheren, humanen Tätigkeiten (Intelligenz und Sympathie) über die niederen, animalischen. Das Menschentum wird zwar die Herrschaft über die Tierheit in uns niemals vollständig erreichen, aber wir können uns dem Ideal mehr und mehr annähern und haben die Pflicht, diesen Gang der Zivilisation zu unterstützen. Obwohl das Gesetz des Fortschritts für alle Seiten des geistigen Lebens gilt, für Kunst, Politik und Moral, wie für die Wissenschaft, so ist doch der wichtigste Faktor in der Entwickelung des Menschengeschlechts die Ausbildung des Verstandes als der — nicht an sich stärksten (denn ihm gehört kaum ein Viertel des Gehirns), aber — 1
Mit S a i n t - S i m o n teilt C o m t e die h o h e S c h ä t z u n g d e r k a t h o l i s c h e n H i e r a r c h i e
des Mittelalters, d i e i h m sichtlich Zukunftsstaates vorschwebt.
bei
der
Zeichnung
der
geistlichen
D e r Protestantismus und d e r D e i s m u s
Gewalt
s i n d ihm
des
sitten-
g e f ä h r l i c h e H a l b h e i t e n , w i d e r s p r u c h s v o l l e V e r m i t t e l u n g s s t a u d p u n k t e ohne L e b e n s k r a f t . D i e gleiche Mißbilligung erfährt der Koustitutionalismus.
Nicht
es bei HUXLEY ( D e r w i s s e n s c h a f t l i c h e G e h a l t d e s P o s i i i v i s m u s v. FRITZ SCHULTZE, S . 1 4 6 , v g l . S . 1 3 2 ) : C o m t e s M e i l
unzutreffend
ist die k a t h o l i s c h e
sation ohne die k a t h o l i s c h e L e h r e o d e r m . a. W . K a t h o l i z i s m u s
heißt
1 8 6 9 ; R e d e n , deutsch minus
33*
Organi-
Christentum.
FRANKREICH.
leitenden Kraft in uns. Geweckt zuerst durch die niederen Bedürfnisse, übernimmt die Intelligenz in zunehmendem Grade die Führung der menschlichen Verrichtungen und gibt den Gefühlen eine bestimmte Richtung. Die Leidenschaften trennen die Menschen und würden, ohne die Leitung der spekulativen Fähigkeit, sich gegenseitig lähmen; was sie zu einer Gesamtkraft vereinigt, ist allein ein gemeinsamer Glaube, eine Idee. Die Idee verhält sich zum Gefühl — um ein Gleichnis aus der von uns vielfach benutzten schätzenswerten Abhandlung über Comte von JOHN S T U A R T M I L L
1865
anzuführen —
wie der Steuermann,
der
das
Schiff lenkt, zu dem Dampf, der es vorwärts treibt. So ist denn die Geschichte der Menschheit durch die Geschichte der intellektuellen Überzeugungen und diese wiederum durch die bekannten drei Stadien der Theorien vom Universum bestimmt worden. Mit der Entwickelung von der theologischen zur positiven Denkweise hängt dann weiter der Übergang von der kriegerischen Lebensweise zur industriellen aufs engste zusammen. Wie der religiöse Geist den wissenschaftlichen vorbereitet hat, so hätte sich ohne die Herrschaft des militärischen Geistes die Industrie nicht entwickeln können. Nur in der Schule des Krieges konnten die ersten Gesellschaften lernen, Ordnung einzuhalten; die Sklaverei hatte das Heilsame, daß durch sie dem größeren Teile der Menschheit, trotz ihres Widerwillens, die Arbeit auferlegt wurde. D e m metaphysischen Mittelzustande entspricht hier die politische Herrschaft der Rechtskundigen, während deren sich der kriegerische Geist mehr und mehr auf die Verteidigung beschränkt und dem produktiven Geiste Platz zu machen anfängt, bis dieser endlich zum vollen Siege gelangen und die soziale Forderung des Rechtes aller auf Arbeit und auf geistige Entwickelung erfüllt werden wird. Dies die soziologische Anwendung des Gesetzes der drei Zustände, das Comte im Jahre 1822 entdeckt zu haben behauptet, während er es von Saint-Simon und dieser es von Turgot empfangen hat (s. oben S. 508'.) In seiner Geschichtsphilosophie gibt Comte die weitere Ausführung dieser Grundsätze und hat selbst von seinen Gegnern das Lob eines ächtungswerten Gerechtigkeitssinnes und eines umfassenden Blickes geerntet. Die hier gelegentlich eingestreuten Aussichten und Vorschläge für die Zukunft sind in späteren Schriften (Positivistischer Katechismus 1852, deutsch von E. ROSCHLAU 1891; System der positiven Politik 2 , vier 1 V o n ihnen allein empfangt die geschichtliche Bewegung ihre R i c h t u n g , während der Wettbewerb und die äußeren Verhältnisse, wie die Naturumgebung, nur ihre G e s c h w i n d i g k e i t beeinflussen. Die Abhängigkeit des sozialen Lebens von der W e l t a n s c h a u u n g soll allerdings nur für die theologische und die positive Periode gelten, in der Neuzeit (1300—1789) dagegen umgekehrt die unterste Entwickelungsreihe, die i n d u s t r i e l l e , die Vorherrschaft über die höheren geübt haben. 1 In dieses Werk sind ältere Abhandlungen Comtes aufgenommen worden, so
A. COMTE.
517
Bände 1 8 5 1 — 5 4 . Vgl. PÜNJER: A. Comtes „Religion der Menschheit" in den Jahrbüchern f. prot. Theologie 1882) zu einer umfassenden Theorie der Wiedergeburt der Gesellschaft ausgearbeitet worden, deren schwärmerische Haltung seine Kritiker veranlaßt hat, die z w e i t e „subjektive oder sentimentale" P e r i o d e seines Denkens, in der sich der Philosoph in den Hohenpriester einer neuen Religion verwandle, von der ersten objektiven, wissenschaftlichen, gänzlich abzutrennen, obwohl die meisten der als charakteristisch für sie bezeichneten Eigenschaften nur Steigerungen von solchen sind, die sich bereits an der ersten nachweisen lassen. Unter der Kruste der nüchternsten Forschung pulsieren von Anfang an mystische und diktatorische Neigungen, und die Wissenschaft galt ihm stets nur als ein Mittel der Menschenbeglückung. Jetzt aber verlangt er zur Erreichung dieses Zieles nicht mehr den selbständigen Betrieb der Wissenschaft, sondern allein die gläubige Annahme ihrer Resultate. Der Intellekt soll unter die Botmäßigkeit des Herzens gestellt und nur ein solcher Gebrauch von ihm gemacht werden, der einen direkten Nutzen für die Menschheit verspricht; die Bestimmung des jeweilig dringendsten Problems steht der Priesterschaft zu. Die systematische Einheit oder Harmonie des Geistes fordert jene Herrschaft des Fühlens über das Denken und das Handeln. Die positivistische R e l i g i o n der H u m a n i t ä t , welche „die Liebe zum Prinzip, die Ordnung zur Grundlage und den Fortschritt zum Ziele" hat, ist eine Religion ohne Gott und ohne eine andere Unsterblichkeit als die Fortdauer im dankbaren Gedächtnis der Nachwelt. Die Dogmen der positiven Religion sind wissenschaftliche Sätze. Ihr öffentlicher Kultus, mit neun Sakramenten und einer großen Zahl jährlicher Feste, gilt dem erhabenen (nicht etwa allmächtigen, sondern wegen seiner Zusammengesetztheit höchst abhängigen, dennoch jedem seiner Teile unendlich überlegenen) Wesen „Menschheit", daneben sind Gegenstände der Verehrung der Raum, die Erde, das Universum und hervorragende Menschen der Vorzeit, deren jedem ein Tag, eine Woche oder ein Monat im positivistischen Kalender geweiht ist. Die Privatandacht besteht in der Anbetung lebender oder verstorbener Frauen als unserer Schutzengel. Die M o r a l der Zukunft erklärt für das einzig sittliche Motiv der Handlungen das Wohl des Anderen (Altruismus). Comtes letztes Werk, die „Philosophie der Mathematik" 1856, ergeht sich in seltsamster Zahlenmystik. Die geschichtliche Wirkung, die Comte durch die späteren Schriften geübt hat, ist verschwindend gering neben derjenigen seines Hauptwerkes. Ein Auszug der Plan des travaux scientifiques nécessaires four réorganiser la société 1822 (1824 wiedergedruckt als Politique positive), die Considérations philosophiques sur les sciences et les savants 1825 und der Discours préliminaire sur l'ensemble du positivisme 1848, der letzte deutsch von ROSCHLAU unter dem Titel: Der Positivismus in seinem Wesen und seiner Bedeutung, Leipzig 1894.
FRANKREICH.
a u s d e m s e l b e n v o n JULES R I G ( P s e u d o n y m f ü r EMILE RIGOLAGE,
1881,
der zweite Band, die Soziologie, in neuer A u f l a g e 1897) ist in einer deutschen Übersetzung von KIRCHMANN (zwei Bände 1883—84) erschienen. Außer Bligniéres und Robinet hat der bekannte Verfasser des Wörterbuchs der französischen Sprache (1863 f.) E m i l e L i t t r é , der hervorragendste seiner Anhänger und Herausgeber seiner sämtlichen Werke (1867 fr.; auch der Werke des Hippokrates, 10 Bände 1 8 3 9 — 6 1 ) , über Leben und Leistung des Meisters geschrieben (Comte und die positive Philosophie 1863, 3. Aufl. 1877, u. a.). Comtes Schule hat sich in zwei Gruppen gespalten: die Abtrünnigen, welche die subjektive Wendung verwerfen und an der älteren Lehre festhalten, an ihrer Spitze L i t t r é (1801—81), und die Treuen, die sich bis 1877, wo innerhalb dieser Gruppe abermals eine Trennung von freieren und strengeren Comtianern eintrat, um P i e r r e L a f f i t e (1823—1903) scharten. 1 Die Häupter des englischen Positivismus sind Fred. Harrison (geb. 1831) und R. Congreve (1818—>99); auch in Schweden, Brasilien, Chile und anderwärts bestehen positivistische Vereine. Mit selbständigem Geiste ist der Positivismus durch St. Mill und H . Spencer fortgebildet worden. Nicht das System, aber der Geist des Positivismus lebt in dem von Mill beeinflußten Historiker H i p p o l y t e T a i n e 2 , dem Schöpfer der Lehre vom „Milieu", der an der Schule der schönen Künste als Professor der Kunstgeschichte und Ästhetik wirkte. Er versteht es, durch ein Mosaik von Einzelzügen eine geschichtliche Gesamtanschauung zu geben, und erklärt die menschlichen Werke, seien es künstlerische oder politische, aus einer vorherrschenden Fähigkeit ihres Schöpfers, diese aber aus den äußeren Umständen, der Umgebung und der Lage, aus „Milieu, Moment und Rasse". E r n e s t R e n a n 3 ist skeptischer Eklektiker. In den Philosophischen Dialogen und Fragmenten (deutsch von 1 Uber jene Spaltung vgl. E. CARO, Littré und der Positivismus 1883 und HERM. GRUBER (S. J.), Der Positivismus vom T o d e Comtes bis auf unsere T a g e 1891. 2 Taine (1828—93): Philosophie der Kunst 1863 (3. Ausg. 1881), deutsch 1866 (die unter gleichem Titel erschienene Übersetzung von ERNST HARDT, 2 Bände 1902—03, bringt einen andern, viel ausführlicheren Lehrgang); Der Verstand 1872, 11. Aufl. 1906, deutsch von SIEGFRIED 1880; Les origines de la France contemporaine 1875—94. Über ihn BARZELLOTTI 1895, ins Französische übersetzt von AUG. DIETRICH 1900; über Taines Kunstphilosophie JUL. ZEITLER 1901; Kritik seiner Kunsttheorie von JOH. SCHLAF 1906; über seine Erkenntnistheorie Erl. Diss. von WILLY HENTSCHSL 1910, Sein Leben in Briefen herausgeg. und erläutert von
G . MENDELSSOHN-BARTHOLDY, B e r l i n
1911.
Renan (1823—92): Leben Jesu 1863, 26. Aufl. 1899 \ Dialogues rt fragments philosophiques 1876; Drames philosophiques 1888; Examen de conscience philosophique August 1889, aufgenommen in die Feuilles détachées 1890; Vavenir des sciences (verfaßt 1848) 1890. Über ihn R. ALLIER 1895, 2. Aufl. 1903; ED. PLATZ3
HOFF
1900.
TAINE.
RENAN.
519
ZDEKAUER 1 8 7 7 ) setzt er d e n Z w e c k d e r G e s c h i c h t e in die G e n i e s u n d diejenigen, 1889
die
kommt
sie zu
h a u p t e n , aber
zu
verstehen
fähig
d e m Ergebnis,
letzte Schrift
von
solle nichts bestreiten n o c h
be-
A u s den erhabenen Autoritäten
der
man
m a n d ü r f e hoffen.
L i e b e , Religion, P o e s i e u n d T u g e n d
sind.
Seine
erklinge
die S t i m m e
lichen, die der M e n s c h h e i t d e n W e g z u m I d e a l weise. M o d . Philos. S. 6 7 — 7 7 . ) Uber
den
Cabanis, logen
sei
Destutt
de
fortgesetzten
Unend-
(Vgl. HÖFFDING,
—
Entwickelungsgang
19. Jahrhunderts
des
noch
kurz
Tracy
der
französischen
folgendes
(s. o b e n
Condillacschen
bemerkt.
S. 239)
und
Sensualismus
„ I d e o l o g i e " ) erhob sich eine d o p p e l t e R e a k t i o n .
Philosophie Gegen
den
mehreren (die
Physio-
sogenannte
D i e eine ging aus
d e r theologischen Schule, vertreten d u r c h d e n „ T r a d i t i o n a l i s t e n " de
Bonald
(Werke 1817f.), J o s e f d e M a i s t r e 1
(1753—1821;
b u r g e r A b e n d e 1 8 2 1 ) u n d H . F. R . d e L a m e n n a i s jedoch 1834) und
nach in
seinem
Bruche
dem
„Entwurf
deutschen
Mustern
mit
einer ein
der K i r c h e (Worte
Philosophie"
1841 f.
ontologistisches
System
nach
Peters-
(1766—1824)
und
P. R o y e r - C o l l a r d
der
Gläubigen italienischen
ausbildete.
a n d e r e v o n der spiritualistischen Schule, an d e r e n Spitze M a i n e Biran2
von
Louis
(1782 — 1 8 5 4 ) , eines
des von
(1763—1845),
Die de
d e r die
1 Über de Maistre, Ronald und C h a t e a u b r i a n d (Gènte du christianisme 1803) s. GEORG BRANDES, Die Literatur des 19. Jahrhunderts, 3. Band: Die Reaktion in Frankreich, Leipzig 1898. 2 Biran: Über die Grundlagen der Psychologie, etwa 1806 verfaßt; die Werke sind von COUSIN 1841, NAVILLE 1859 und AL. BERTRAND 1887 herausgegeben worden. Über ihn ERNEST NAVILLE in Genf 1857, 3. Aufl. 1874; E. KÖNIG in den Philos. Monatsh. Bd. 25, 1889, S. l6of. und in seiner Gesch. des Kausalproblems Bd. 2, S. 1 f. ; L. MARILLIER, Paris 1903; A. KÜHTMANN, Bremen 190I. Birans Lehre zeigt Berührungspunkte mit Fichte, Leibniz und Kant. Mit dem letzteren verbindet ihu der Gedanke der Spontaneität des Subjekts, der aktiven Einheit des Selbstbewußtseins, die jedoch bei Biran eine mehr psychologische als transzendentale Bedeutung hat. Das Ich unterscheidet sich selbst als ein tätiges Wesen sowohl von den äußeren Gegenständen als von seinen eigenen Zuständen. Die Grundtatsache der inneren Wahrnehmung ist die Willensanstrengung. Durch den Widerstand, den der eigene Leib der bewegenden Kraft des Ich bereitet, gewinnt es den Begriff der Ursache und wird sich gleichzeitig seiner selbst und eines Nichtich bewußt. — Auch Birans Freund, der große Physiker A n d r é - M a r i e A m p è r e (1775—1836) geht bei seinen assoziationspsychologischen Studien von dem unmittelbaren Bewußtsein der Willensenergie aus. Bruchstücke einer psychologischen Arbeit und seine Korrespondenz mit Biran sind erst 1866 von BARTH. SAINT-HILAIRE (Philosophie des deux Ampère) veröffentlicht worden ; sein Versuch einer Klassifikation der Wissenschaften (Philosophie des sciences, 2 Bände) erschien 1834—43. Ampère bestreitet Kants Lehre von der Unerkennbarkeit der Dinge an sich, sofern die beständigen V e r h ä l t n i s s e zwischen den Erscheinungen (Kausalität, Zahl, Raum, Zeit) auch für die Noumene gelten. Die Annahme einer materiellen, einer seelischen nnd einer göttlichen Substanz sind berechtigte Hypothesen.
FRANKREICH.
520 Philosophie Ihr
der schottischen Schule in Frankreich einbürgerte,
Schüler
Hegels — Haupt
Victor Cousin1
er war von 1817
der
eklektischen
den Schotten
leugnen,
sondern
Descartes
mit
(1792—1867),
zugleich
an viermal in Deutschland
Schule.
noch auf
Er
ein
stehen. Verehrer
— , wurde das
will die Metaphysik weder mit
mit den Deutschen
apriori
die Psychologie gründen.
konstruieren, Eine
Zeitlang
Idealist im Hegeischen Stil (die unpersönliche Vernunft erfaßt unmittelbar das Absolute, erst in der Reflexion wird sie subjektiv; und
Endliches, Gott
Geschichte,
den
und Welt
Völkern,
den
sind
voneinander
großen
Männern
Unendliches
untrennbar;
in der
offenbaren sich
die
Ideen), ist er allmählich auf den Standpunkt des gesunden Menschenverstandes
zurückgesunken.
Jouffroy
(1796—1842;
Seine A n h ä n g e r ,
Mélanges
unter denen
philosophiques
1833,
Théodore
Auswahl
von
E. DANNHEISSER, erstes H e f t der „Französischen Schriftsteller", Heidelb. 1907) der hervorragendste ist, haben sich namentlich auf dem Gebiete der
Geschichte
der Philosophie
Schule, die von P. L e r o u x
Verdienste
erworben.
(Die Menschheit 1840)
Aus
Cousins
und J. R e y n a u d
(Himmel und E r d e 1854) b e k ä m p f t wurde, sind hervorgegangen J. D a m i ron (f 1862), Revue
de
Felix
Ravaisson
métaphysique 8, 6 ) ,
Em.
(1813—1900; Saisset
über
(f 1863),
ihn BOUTROUX, Jules
Simon
(f 1896), C h a r l e s S e c r é t a n 2 in Lausanne, P a u l J a n e t 3 und E. C a r o ( 1 8 2 6 — 8 7 ; D i e Idee Gottes 1864, neueste Aufl. 1889; Die Philosophie Goethes 1866,
2. Aufl. 1880; D e r Materialismus
und die Wissenschaft
1868, 4. Aufl. 1883). V o n K a n t sind beeinflußt E t i e n n e
V a c h e r o t (1809—97;
Meta-
physik und Wissenschaft 1858, 2. A u f l . 1863; D e r neue Spiritualismus
1 Cousin: Philosophische Fragmente 1826 u. ö.; Vorlesungen über Geschichte der modernen Philosophie in zwei Serien: der erste Lehrgang von 1815—20 umfaßt 5 Bände 1841, 2. Aufl. 1846; den zweiten Band bildet das schon 1837 gedruckte Hauptwerk Vom Wahren, Schönen und Guten 1853, den dritten bis fünften füllen die sensualistische, die schottische und die Kantische Philosophie. Der zweite Lehrgang von 1828—29 erschien in 3 Bänden 1829, 2. Aufl. 1847. In den späteren Bearbeitungen beider Zyklen hat Cousin vieles, was ihm zu kühn erschien, abgeschwächt. Über ihn TUCHS 1847; J- B - MEYER (ZPhKr. Bd. 32) 1858; P. JANET, V. C. 1885; M. KRONENBERG, Moderne Philosophen, München 1899, S. 1 1 1 — 1 4 5 . 2 Secrétan (1815—95): Philosophie der Freiheit, 1849 u. ö.; Prinzip der Moral, 1883; Religion u. Theologie, deutsch 1895; Zivilisation und Glaube -1887, 3. Aufl. 1893; Soziale Schriften, in Auswahl übersetzt von ED. PLATZHOFF 1896 (aus Etudes sociales 1889, Mon Utopie 1892 u. a.) Über ihn F. PlLLON 1898. s Janet (1823—99): Geschichte der Moral und Politik 1858, 3. Aufl. 1887; Der Materialismus unserer Zeit 1864, deutsch 1866; Die Familie 1855; Philosophie des Glücks 1862; Gehirn und Gedanke 1867; Elemente der Moral 1869; Die Moral 1874; Die Finalursachen 1877; Prinzipien der Metaphysik und der Psychologie 1897. Über seine Philosophie BERGSON, Revue philos. Nov. 1897.
COUSIN.
1 8 8 4 ; ü b e r i h n SEAILLES, Revuephilos.
RENOUVIER.
521
1880, 9; L . OLLE-LAPRUNE 1898),
C h a r l e s R e n o u v i e r 1 (1818—1903), J u l e s L a c h e l i e r 2 (geb. 1832), der zu einer freilich nur skizzierten Willensmetaphysik gelangt, und sein Schüler E. B o u t r o u x . R e n o u v i e r s Kritizismus 3 unterscheidet sich nicht unerheblich vom Kantischen, mit dessen Apriorismus er den Humeschen Phänomenalismus verbindet. Er verwirft das aktuell Unendliche, das Ding an sich und die Substanz, gibt aber der Freiheit (d. h. der Möglichkeit neuer Anfänge, wie sich solche auch geschichtlich im Auftreten großer Männer von ursprünglicher Schöpferkraft erweisen), als Bedingung der Sittlichkeit, einen Platz in der empirischen Welt. Hierin schließt er sich seinem früh verstorbenen Jugendfreunde Jul. Lequier an. In der Antinomienfrage tritt er auf die Seite der Thesen (die Welt, ja selbst die Gottheit, ist endlich); in der Weltanschauungsfrage, die uns vor die Wahl zwischen Ding und Person stellt, entscheidet er sich für die Persönlichkeit: das Universum ist eine von einem göttlichen Allbewußtsein umschlossene Gemeinde freier, tätiger, unsterblicher Kräfte. — Gegeben sind uns allein die Vorstellungen unseres Bewußtseins, die den Charakter des Relativen tragen. Wir erkennen nur Verhältnisse zwischen Dingen, alle Gegenstände sind Erscheinungen. Die Formen, unter denen wir sie auffassen, sind unser Werk. Das Vorgestellte und das Vorstellende oder Objekt und Subjekt hat man als zwei untrennbare Seiten derselben Tatsache, ihre Verbindung als das wahrhaft Wirkliche anzusehen. Die Gesetze der Relationen oder die Bedingungen der Erfahrung sind die Kategorien: Relation, Zahl, Lage oder Raum, Reihenfolge oder Zeit, 1
Renouvier gab 1872—89 die Zeitschrift Critique philosophique heraus; an ihre Stelle ist seit 1890 die von seinem Schüler F . P i l l o n geleitete Vannée philosophique getreten. 2 Lachelier: Psychologie und Metaphysik (1885) und die Grundlagen der Induktion ( 1 8 7 1 , 4. Aufl. 1902), nach der 5. Aufl. deutsch von R. EISLER (Klinkh. Bd. 1 1 ) 1908; ÉXude sur la théorie du syllogisme im ersten Bande der Revue philos. 1876 ; Vobservation de Pla'ner in Revue de mitaph. 1903. Über ihn L. DAURIAC, La doctrine et la méthode de L. {Année philos. für 1896, S. 6 3 — 1 1 9 ) 1897. s Renouvier: Essais de critique générale, 4 Teile 1854—64, 2. Aufl. 1875—96 ; Uchronie, l'utopie dans l'histoire 1876, 2. Aufl. 1901 ; Esquisse d'une classification systématique des doctrines philosophiques 1885—86; La philosophie analytique de r histoire 1896—97; La nouvelle monadologie (mit L. Prat) 1899; Les dilemmes de métaphysique pure 1900; Histoire et solution des problèmes métaphysiques 1901 ; 1903; Critique de la doctrine de Kant, aus dem Nachlaß verLe personnalisme öffentlicht von Louis PRAT 1906. Über R. vgl. M. ASCHER, Renouvier und der französische Neukritizismus (Berner Studien, Nr. 22) 1900; FR. FEIGEL, R.S Philosophie der praktischen Vernunft (Leipziger Diss.) 1905; GABR. SEAILLES 1905; Louis PRAT, La fin du sage, les derniers entretiens de Ch. R. 1905; HÖFFDING, Mod. Phil. S. 8 3 - 9 2 .
522
FRANKREICH.
Qualität, Werden, Ursache, Zweck, Persönlichkeit. Jeder der neun Kategorien entspricht eine Seelentätigkeit. Das Bewußtsein ist die Urbeziehung. Kausalität wird uns nur durch unseren Willen verständlich. E m i l e B o u t r o u x 1 tritt für eine (nach Art der Kantischen Postulate auf die Idee der Pflicht, also) praktisch fundierte Metaphysik der Freiheit ein und stützt sie auf die Gedanken der „Diskontinuität" und der „Kontingenz", die bereits Renouvier — jenen nach Comtes, diesen nach Lotzes Vorgang — vertreten hatte. Jede Wissenschaft steht mit den andern in Zusammenhang, hat aber ihren eigentümlichen Charakter. Schon die Logik enthält Elemente, die sich auf das reine Denken nicht zurückführen lassen; ebenso verhält sich zu ihr die Mathematik und zu dieser die Mechanik. Und je mehr wir von der Untersuchung der Bewegungen der Himmelskörper zu dem Studium des Lebens und des Geistes aufsteigen, um so zahlreicher und unergründlicher werden die erforderten Voraussetzungen: wir stehen einer Hierarchie von Gesetzen gegenüber, die wir zwar einander näher bringen, aber nicht zu einem einzigen Gesetze verschmelzen können. Wer sich in der Biologie auf das Meß- und Zählbare beschränkt, verzichtet auf die Erforschung der besten und charakteristischsten Teile der Erscheinungen; das Reale ist dem Mathematischen inkommensurabel; das Bewußtsein ist gegenüber den physiologischen Funktionen etwas schlechthin Neues, eine Schöpfung. Boutroux begnügt sich jedoch nicht damit, bei den großen Schritten vom Möglichen zum Wirklichen, von der Materie zum Leben und von da zum Bewußtsein das Auftreten neuer, nicht aus dem Vorhergehenden ableitbarer, nicht vorausbestimmbarer, also k o n t i n g e n t e r (zufälliger d. h. auch anders sein könnender) Prinzipien zu erweisen, sondern er 1 Boutroux (geb. 1845, ist mit der Schwester H. Poincarés vermählt; er studierte 1868—70 in Heidelberg bei Zeller, dessen Hauptwerk er 1877 f. übersetzte, wurde 1877 Fouillées Nachfolger an der Ecole normale, 1888 P. Janets Nachfolger au der Faculté des lettres und ist seit 1902 Direktor der Thiersschen Stiftung): Éiudes d'histoire de philosophie 1897, 2. Aufl. 1901 (darin Abhandlungen über Sokiates, Aristoteles, J. Böhme, Descartes, Kant, den Einfluß der schottischen Philos, auf die französische); Die K o n t i n g e n z der N a t u r g e s e t z e 1874, 4. Aufl. 1902, deutsch von J . BENRUBI, Jena 1 9 1 1 ; Über den B e g r i f f des N a t u r g e s e t z e s 1893, deutsch von dems. 1907; Questions de morale et d'éducation 1896 ; Wissenschaft und Religion in der Philos, unsrer Zeit 1909, deutsch von EMILIE WEBER (WH. 10) 1 9 1 0 ; Euckens Kampf um einen neuen Idealismus, deutsch von BENRUBI 1911; W. James, deutsch (mit zwei Abhandlungen über Bedeutung, Gegenstand und Methode der Geschichte der Philos.) von BR. JORDAN 1912. Über Boutroux: FOUILLÉE, Le mouvement idéaliste 1896, p. 181 f.; AD. LEVI, L'indeterminismo nella filosofia francese contemp. 1905; G. VILLA, LHdealismo moderno 1905; HÖFFDING, Mod. Phil. S. 92—96; G. DWELSHAUWERS, Raison et intuition 1906; OTTO BOELITZ, Die Lehre vom Zufall bei E. B., Falckenbergs Abhh. zur Philos., Heft 3, 1907; BEN RUBI (Religion u. Geisteskultur 5, 1) 1 9 1 1 .
523 geht sachkundig und mit strenger Kritik der Begriffe genauer ins Einzelne der verschiedenen Naturgebiete ein und scheidet durch scharfe Grenzen acht Hauptstufen des Daseins oder Gruppen von Naturgesetzen : logische (in denen er den vollendetsten Typus absoluter Notwendigkeit sieht) und mathematische; mechanische; physikalische und chemische; biologische; psychologische und soziologische Gesetze. Jede dieser Stufen bereitet die höhere vor, vermag sie aber nicht, ohne Hinzutritt einer schöpferischen Kraft, hervorzubringen. Da also jede Gruppe irreduzible Bestandteile enthält, ist die mechanistische Weltanschauung (die sich anheischig macht, alles zu erklären) undurchführbar; die Wissenschaft kann den strengen Determinismus nicht aufrecht erhalten und es wird Platz für eine Metaphysik, welche die von der Wissenschaft gelassenen Lücken ausfüllt, indem sie den S i n n der Erscheinungen, das W e s e n der Dinge, die f r e i e n Ursachen ergründet. Das wahre Sein ist freischöpferisches Wirken. — Von Kant weicht Boutroux darin ab, daß er mit Hume und Mill die Apriorität des Kausalsatzes bestreitet. H e n r i B e r g s o n s 1 feiner und origineller Neuspiritualismus vertritt die Ursprünglichkeit des Geistes und die Möglichkeit der Metaphysik, die er auf einem Dualismus von Stoffmechanismus und reinem Denken aufbauen will. Er schreibt den Bewußtseinsvorgängen die intuitiv zu erfassenden Merkmale der „Dauer", Einmaligkeit, gegenseitigen Durchdringung und Freiheit zu. Sprache, Notwendigkeit des Handelns in der Körperwelt und naturwissenschaftliche Denkgewohnheiten der Analyse (die wir anwenden, um uns das Gegebene verständlich und die Materie unsrem Willen dienstbar zu machen) lassen uns die unräumliche und freitätige Natur des Psychischen verkennen, verwandeln alles Qualitative in ein Quantitatives, vertauschen den stetigen Strom des inneren Geschehens gegen ein mechanisches Geschiebe von Atomaggregaten und verstricken uns in die Irrtümer einer psychophysischen, assoziationistischen und deterministischen Auffassung. Bergson verwirft den Parallelismus,
1 Bergson (geb. 1859): Z e i t u n d F r e i h e i t , eine Abhandlung über die unmittelbaren Bewußtseinstatsachen (Lachelier gewidmet) 1889, 4. Aufl. 1904, deutsch Jena 1911; M a t e r i e u n d G e d ä c h t n i s 1896, 2. Aufl. 1900, deutsch (mit Einführung von WINDELBAND) Jena 1908; Das Lachen 1901, 3. Aufl. 1904, deutsch 1 9 1 1 ; Einführung in die Mr.taphysik 1903, deutsch 1909; Le paralogisme psycho-physiologique, Genfer Vortrag {Revue de Mitaph) 1904; D i e s c h ö p f e r i s c h e E n t w i c k l u n g 1907, deutsch von BENRUBI 191 I (vgl. L. WEBER, Devolution créatrice, Revue de Mitaph. Sept. 1907); La percepitoti du changement, Oxforder Vorträge 1911. Über ihn V. DELBOS (Revue de Métaph. 5, 3, p. 353—389, Mai) 1897; A. GUREWITSCH, (AsPh. 9, 4, S. 463—490) 1903; ALB. STEENBERGEN, B.S intuitive Philos., Jena 1909; K . BORNHAUSEN, Die Philos. B.s und ihre Bedeutung für den Religionsbegriff (ZThK. 20, 1) 1910; RICH. KRONER im ersten Hefte des Logos.
FRANKREICH.
524
der das Verhältnis von Gehirn und Vorstellung verkehrt deute. Einer physiologischen Unterlage bedürfen nicht alle seelischen Erlebnisse, sondern nur die Empfindungen, speziell ihre praktische Seite: dasjenige an ihnen, was Bewegungen zur Folge hat. Die reine Erinnerung hat kein leibliches Korrelat. Der Geist wirkt mittels des Gehirns als eines Werkzeuges zum Handeln freischöpferisch auf den Mechanismus des Materiellen. Das Geistesleben wird durch das leibliche „beschränkt' 1 . — In der „Einfuhrung in die Metaphysik" formuliert Bergson seine Prinzipien in knappen Sätzen, i. Es gibt eine äußere und dennoch unsrem Geiste unmittelbar gegebene Realität. 2. Sie ist B e w e g l i c h k e i t : es gibt (keine entstandenen) nur entstehende Dinge und (keine sich erhaltenden) nur wechselnde Zustände. Das Bewußtsein unsrer e i g e n e n P e r s o n in ihrem kontinuierlichen Verlauf führt uns ins Innere einer Realität, nach deren Muster wir uns die übrigen vorstellen müssen. Alle Realität ist S t r e b u n g (Tendenz), d. h. eine immer von neuem — wie etwa in einer Kurve —einsetzende Richtungsänderung. 3. Im gewöhnlichen Laufe des Lebens hat unser Geist die Aufgabe, sich Zustände und Dinge vorzustellen. Indem er von der ungeteilten Beweglichkeit des Wirklichen dann und wann gleichsam Momentaufnahmen nimmt: feste Wahrnehmungen und beharrende Begriffe (Gesichtspunkte, Schemata, Ansichten), durch die sie immobilisiert wird, läßt er sich vom Wirklichen entschlüpfen, was dessen eigentliches Wesen ist: die stetige Beweglichkeit; dem Werdenden substituiert er das Diskontinuierliche und Stabile, um davon praktischen Gebrauch zu machen. 4. Es ist möglich, durch das Denken aus der beweglichen Realität feste Begriffe zu ziehen, aber durchaus unmöglich, aus diesen jene zu rekonstruieren. 5. Der Dogmatismus muß daran scheitern, die lebendige Wirklichkeit mit starren und fertigen Begriffen aufzubauen. 6. Philosophieren besteht darin, die gewohnte Richtung der Denkarbeit, die vom Unbeweglichen ausgeht, umzukehren. Unser Intellekt kann die zerfließende Wirklichkeit auf andere Weise ergreifen: vermittels jenes intellektuellen Mitlebens, das man Intuition nennt. 7. R e l a t i v ist die s y m b o l i s c h e Erkenntnis durch vorher bestehende Begriffe, die vom Festen zum sich Bewegenden geht und die Stationen des Weges, die Abreisen und Ankünfte verzeichnet; die i n t u i t i v e dagegen, die sich in das sich Bewegende versetzt und sich das innere Leben der Dinge selbst zu eigen macht, erreicht das A b s o l u t e . Die Metaphysik will ohne Symbole auskommen und zu „flüssigen" Begriffen gelangen, die fähig sind, der Wirklichkeit in all ihren Windungen zu folgen. — bis
Als idealistische Evolutionisten sind neben Durand de Gros (1826 1900) zu nennen A l f r e d F o u i l l e e 1 (geb. 1838, lebt seit 1879 1
In dem Werke La scitnce sociale contemporaine 1883, 3. Aufl. 1896 bemüht
FOUILLÉE.
in Mentone) 1854-88).
und
sein
Stiefsohn J e a n
525 Marie
Guyau
(spr.
Gio;
F o u i l l e e 1 hat, von Piaton ausgehend, dessen Ideenlehre mit der englischen E n t w i c k l u n g s l e h r e verschmolzen mit Hilfe einer Methode der „Versöhnung", die nicht nach Cousinschem Muster zwischen vorhandnen Philosophien der Vergangenheit (das vermeintlich Richtige aus ihnen wählend) vermitteln, sondern im Glauben an die lebendige Einheit, innere Verwandtschaft und Kontinuität in der unendlichen Mannigfaltigkeit der Dinge nach Leibnizschem Vorbilde auf dem positiven Grunde neutraler, unabhängiger, gemeinsamer Sätze die entgegengesetzten Systeme verbessernd, vervollständigend und planvoll rekonstruierend auf ihre wesentliche, t y p i s c h e Form, ihre wahren Prinzipien zurückführen will, um durch Einschaltung von — hypothetischen, aber aus Wirklichkeitselementen geschöpften und darum kontrollierbaren — Zwischengliedern (gleichsam durch Modulation einen Übergang zwischen leiterfremden Akkorden herstellend) den Abstand zwischen ihnen zu verringern und sie einer umfassenden Synthese einzuordnen. So schiebt F. zwischen Determinismus und Freiheitslehre als Zwischenstufe den G e d a n k e n der Freiheit d. h. der größtmöglichen Unabhängigkeit des Ich ein, der sich, da er zugleich Bewegungstendenz oder Trieb ist, fortschreitend verwirklicht: wer die Freiheit denkt, wünscht, liebt, ist tatsächlich frei; was F. mit geistreicher Wandlung des kartesianischen Wortes so formuliert: „ich denke, also w e r d ' ich." Und so sind überhaupt die Ideale, wie Gerechtigkeit, Vollkommenheit, Humanität, nicht luftige Phantasiebilder, sondern tätige Faktoren des Geschehens von einer für den Einzelnen, die Menschheit und die Welt fördernden Wirkung. Die I d e e n sind zugleich K r ä f t e . Das Bewußtsein
sich Fouillée um eine Weiterbildung der biologischen Gesellschaftslehre Spencers; denselben Standpunkt teilt R. W o r m s (Organisme et société 1896; Philosophie des sciences sociales 1904; rief 1893 eine Revue internationale de sociologie und 1894 eine Année sociologique ins Leben), während d e G r e e f (Introduction à la sociologie 1886—89, Les lois sociologiques 1893, Le transformisme social 1895, 2. Aufl. 1901, La sociologie économique 1904) sich an Comte anschließt. Vgl. P. BARTH, Die Philos, der Geschichte, I. 1897. 1
Vavenir de la métaphysique fondée sur l'expérience 1889; La morale, rart et la religion d'après Guyau 1889, 4. Aufl. 1903; Der Evolutionismus der Kraftideen 1890 (deutsch von R. EISLER, Dr. W . Klinkhardts Philosophisch-soziologische Bücherei Bd. 3, 1908); La psychologie des idées-forces 1893; Le mouvement positiviste, Le mouvement idéaliste 1896, 2. Aufl. 1903—04; Psychologie du peuple français 1898; Esquisse psychologique des peuples européens 2. Aufl. 1903; Le moralisme de Kant et tamoralisme contemporain 1905 ; La morale des idées-forces, 2. Aufl. 1908. Über seine Theorie der Ideenkräfte STEPH. PAWLICKI, Wien 1893; über seinen psychischen Monismus DOR. PASMANIK (Berner Studien Nr. 16) 1899.
526
FRANKREICH.
ist nicht ein Nebeneffekt der Bewegung, sondern das wirkende Wirkliche selbst, die mechanische Entwicklung nur die Außenseite, zu der die Begehrung die innere Realität bildet. F. ist Voluntarist (unser Wille sind wir selbst; Unterscheiden ist Vorziehen) und Monist (Denken, Fühlen, Begehren sind voneinander unzertrennlich und von der mitvorgestellten Bewegung nur allmählich trennbar), seine den Naturalismus mit dem Idealismus versöhnende, auf Erfahrung (und zwar innere, denn unmittelbar gegeben ist uns nur das seelische Dasein) gegründete Metaphysik eine Theorie der „Ideenkräfte", in der entschieden das idealistische Moment vorwiegt. Wer trotz unsicheren Erfolges nach Ideen handelt, hegt eine theoretische und praktische Überzeugung idealistischer Art über den Sinn der Welt und des Lebens. Das Universum ein Ganzes strebender, vorwiegend geistiger Kräfte, deren innerster Grund die Gottheit ist. G u y a u 1 verwirft Fr. Schillers und Spencers Spieltheorie (deren Sinn ei übrigens mißdeutet), da sie die Kunst nicht über Leben, Tätigkeit und Begierde erhebe, sondern sie darunter erniedrige; sie überschätze Gesicht und Gehör, deren Empfindungen vielfach erst durch Ideenassoziationen ästhetisch wertvoll werden. Die niederen Sinne sind von ästhetischer Wirkung nicht ausgeschlossen; das tiefe Aufatmen beim Übertritt aus schlechter Luft in reine ist ein ästhetischer Genuß, der Geruch der Rose ein ganzes Gedicht. Kant hatte unrecht, das Schöne vom Nützlichen und vom Wirklichen so streng zu trennen; Scheinhaftigkeit ist Beschränkung, nicht Bedingung der Kunst. Das Schöne erwächst aus dem Angenehmen und unterscheidet sich von ihm nur durch Grad und Ausdehnung. J e d e s Vergnügen strebt ästhetisch zu werden und vermag dies, wenn die angenehme Empfindung nicht lokalisiert bleibt, sondern durch assoziative Erweckung von Gefühlen und Gedanken einen Nachhall im Bewußtsein hervorruft: dieser Timbre der Empfindung ist der Sitz des Schönen. Schließlich wird es bei 1
Guyau: Les problèmes de r esthétique 1884, jetzt 6. Aufl. Die Kunst als soziologisches Phänomen 1889, jetzt 8. Aufl., deutsch von P. PRINA (Klinkh. 24) 1 9 1 1 ; Sittlichkeit ohne Pflicht 1885, jetzt 6. Aufl., deutsch von ELIS SCHWARZ (mit Einleitung von FOUILLÉE und Randbemerkungen von Nietzsche, Klinkh. 13) 1909; Die Irreligion der Zukunft 1887, 13. Aufl. 1909, deutsch von KETTE (Klinkh. 20) 1 9 1 0 ; Éducation et hérédité 1889, 10 Aufl. 1908; La genese de l'idée de temps 1890, 2. Aufl. 1898. Über ihn E. CARLEBACH, Guyaus metaphysische Anschauungen, Würzb. 1896; HEINR. WILLENBÜCHER, Guyaus Prinzip des Schönen und der Kunst (Erlanger Diss.) 1899; ders., Guyaus soziologische Ästhetik I, Mainz 1900; E. FOURNIÈRE, La mora'e d'après G. in Questions de morale par Belot etc. 1900, S. 252—285; CHARLES CHRISTOPHE, Le principe de la vie comme mobile morale selon G. (aus der Revue de Métaph., Mai und Juli) 1901 ; KURT LÖWENSTEIN, Guyaus pädagogische Anschauungen (Erl. Diss.) 1910.
GUYAU.
weiterer Höherentwicklung Lust
der Menschheit
ästhetischen Charakter gewinnt.
stärkeren
Lebens.
Und
wie
das
dahin
kommen,
daß
alle
Schönheit also ist Gefühl
Schöne
weder Z w e c k n o c h
eines
Nutzen
ausschließt, so ist es auch identisch mit dem G u t e n , d e m Begehrenswerten,
denn
beiden
kommen
die
Qualitäten
der
Bewegung:
Kraft,
R h y t h m u s und A n m u t zu, und obwohl Kunst etwas ganz andres ist als Moral, so ist doch die moralische Bewunderung die höchste ästhetische Erregung, und der höchste Z w e c k der K u n s t die sittliche V e r e d l u n g der Menschheit: hoben:
indem wir bewundern,
man wünscht
zu
werden,
sind wir besser, sind über uns erwas man schaut, und wird es auch
bis zu einem gewissen Grade. D i e spätere ästhetische Schrift „ D i e K u n s t in Beziehung zum sozialen L e b e n "
(deutsch 1 9 1 1 )
betont den Zusammenhang des Schönen
mit der Gesellschaft und gründet den ästhetischen G e n u ß auf das G e f ü h l des Verbundenseins Nicht
minder
mit den D i n g e n , den Personen und d e m Weltall.
glaubt G u y a u
begriff des L e b e n s
(als
die e t h i s c h e n
der Zukunft) herleiten zu können. den Mitteln,
durch
Werte
des Z u s a m m e n h a n g e s
welche
der
aus dem
Zentral-
der Vergangenheit
und
D i e Moral ist die Wissenschaft v o n
von
der N a t u r bestimmte
Erhaltung, Erweiterung und Bereicherung
Zweck
der
des L e b e n s zu erreichen ist.
Sie bedarf keiner Verpflichtung und keiner Sanktion: der Z u s a m m e n h a n g der M e n s c h e n untereinander ist eine T a t s a c h e , kein Soll; das stärkste L e b e n (für sich) ist zugleich das ausgebreitetste (für andre).
Selbstsucht
vereinzelt und verengt, die H i n g a b e des Hochsinnigen ist ein Uberströmen von K r a f t , Ausdruck Instinktes.
Der
des gesunden nach Lebensentfaltung
Trieb
zur
Tätigkeit, zum
als Egoismus und S y m p a t h i e :
man
Wirken
m u ß leben,
ist
drängenden
ursprünglicher
um zu wollen und zu
handeln. Zur R e l i g i o n
gehört
mythologische Naturerklärung,
Dogma
und
Kultus; ihr innerster K e r n und Ursprung aber ist die A u s d e h n u n g der Lebensgemeinschaft der Religion —
auf
das
Weltganze.
Dieses
Gute
und E w i g e
an
die L i e b e und der W a g e m u t der Idealität — wird sich
nach der bei dem Fortschreiten des selbständigen D e n k e n s unvermeidlichen Zerstörung d e s D o g m a s in der „Irreligion der Zukunft' 1 nicht nur erhalten,
sondern
durch
Freigabe
der theoretischen
Überzeugungen um so kräftiger entfalten.
und
praktischen
A u c h hier ist die Solidarität
der Menschen, j a alles D a s e i n s das erste u n d das letzte W o r t des edlen Denkers.
—
V o n sonstigen namhaften Forschern seien erwähnt der als Methodolog b e d e u t e n d e Mathematiker A n t . C o u r n o t (f 1 8 7 7 ; über ihn das Maiheft der Revue
de Métaph.
1905), nach welchem die Geschichte der
Übergang von der H e r r s c h a f t des Instinkts zu der der V e r n u n f t ist; der Physiolog C l a u d e B e r n a r d
(1813—78;
La science expérimentale
1878;
FRANKREICH.
528
über
ihn
als P s y c h o l o g e n DURAND DE GROS in seinen
Variétés
philo-
sophiques 1900); die Psychologen T h é o d u l e R i b o t 1 , Herausgeber der Revue philosophique de la France et de l'Etranger (seit 1876) und A l f r e d B i n e t (La suggestibilité 1900, La psychologie du raisonnement, 3. Aufl.), der sich mit H. Beaunis zur Herausgabe eines Bulletin des travaux du laboratoire de psychologie physiologique de la Sorbonne (seit 1892) und einer Année psychologique (seit 1895) vereinigt hat 2 ; die Psychophysiker Jos. D e l b o e u f ( 1 8 3 1 — 9 6 ; Elements de psychophysique 1883) und F o u c a u l t (La psychophysique 1901). Ferner die Religionsphilosophen A u g . S a b a t i e r (protestantischer Theolog, steht unter dem Einfluß von Kant, Schleiermacher und Ritsehl, f 1901 in Paris, verfaßte: Theologische Erkenntnislehre 1893, deutsch v o n D. A . BAUR 1896, Religionsphilosophie
1897,
deutsch
1884,
von BAUR 1898)
und J e a n
Réville
(Religiöse R e d e n
deutsch 1902); der Philosophiehistoriker L u c i e n L é v y - B r u h l (L'Allemagne depuis Leibniz 1890) und C h a l l e m e l - L a c o u r (")" 1900), aus dessen Nachlaß Studien und Betrachtungen eines Pessimisten, deutsch 1902, herausgegeben worden sind. Seit 1893 erscheint zweimonatlich unter X a v i e r L é o n s Redaktion die Revue de métaphysique et de morale, seit Ende 1900 die von E. P e i l l a u b e geleitete Revue de philosophie, seit 1901 ein jährliches Bulletin de la Société française de philosophie. In Klinkhardts Philosophisch-soziologische Bücherei sind aufgenommen: Gustave L e B o n , Die Psychologie der Massen (The crowd 1896), deutsch von R. EISLER, 2. Aufl. 1912; Gabriel T a r d e (1843—1904; über ihn Ev. WROBLESKA, A G P h . Bd. 9, S. 492—516, 1896), Die sozialen Gesetze 1898, deutsch von HANS HAMMER 1908; Emile D ü r k h e i m (begründete 1894 die Année sociologique), Die soziologische Methode (1895) 1908; C o u t u r a t , Die Prinzipien der Mathematik, deutsch von CARL SIEGEL; Louis L i a r d , Wissenschaft und Metaphysik 1911 (im Anhang BOUTROUX: Die Philos, in Frankreich seit 1867). Ferner sind durch Übersetzungen zugänglicher gemacht worden Graf G o b i n e a u (1816—82), Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen 1853—55, deutsch von SCHEMANN, 3. Aufl. 1907 (vgl. L. SCHEMANN, Gobineaus Rassenwerk, Stuttg. 1910; ders., G. und die deutsche Kultur, Werdandi-Bücherei 3, 1910); Gabriel
1 Ribot (geb. 1839): Die englische Philosophie der Gegenwart 1870; Die Erblichkeit 1873, deutsch von HOLZEN 1876; Die deutsche Psychologie der Gegenwart 1879, deutsch 1881; Das Gedächtnis und seine Störungen 1881, deutsch 1882; Der Wille 1883, deutsch nach der 8. Aufl. von PABST 1893; Die Krankheiten der Persönlichkeit 1885; Die Psychologie der Aufmerksamkeit 1889, deutsch nach der 9. Aufl. von DIETZE 1908; Psychologie der Gefühle 1896, deutsch von CHR. UFER 1903; Die Schöpferkraft der Phantasie 1900, deutsch von W. MECKLENBURG 1902; L o g i k der Gefühle 1905; Die Leidenschaften 1907; Proilemes de Psychologie affective 1909. Über ihn S. KRAÜSS, Ribots Psychologie, I, Jena 1905. 2 Daneben bestehen von Dariex redigierte Annales des sciences psychiques (l89of.), ein Journal de Psychologie (1905 f.), herausgegeben von Pierre Janet (L'automatisme psychologique 1889) und G. Dumas (La tristesse et la joie 1900), und Archives de Psychologie (Genf 1 9 0 4 ^ unter Leitung von Flournoy und Claparede.
529 S é a i l l e s , Das künstlerische Genie, deutsch von MARIE BORST 1904; Henri P o i n c a r é (f 1912), Wissenschaft und Hypothese, deutsch von L. und . F. LINDEMANN 1904, 2. Aufl. iqo6, Der Wert der Wissenschaft, deutsch v. E. WEBER 1907, 2. Aufl. 1 9 1 1 ; Abbé C. P i a t , Aristoteles, deutsch von E. Prinz zu OETTINGEN-SPIELBERG 1907; P. D u h e m , Ziel und Struktur der physikalischen Theorien, übers, v. FR. ADLER 1908; G. L e B o n , Die Entwicklung der Materie, nach der 12. französ. Aufl. übers, v.
MAX IKLÉ
1909.
V o n schweizerischen Philosophen seien genannt Ernest N a v i l l e (1816—1909) und Jean-Jacques G o u r d (1850—1909) in Genf. Über letzteren HANS BOCKWITZ, Gourds philosophisches System (Falckenbergs Abhh. Heft 18) 1911; darin konnte noch nicht berücksichtigt werden die posthume Philosophie de religion 1911.
III. England. Von
den englischen Philosophen des
s c h ä t z t m a n b e i uns in
Aberdeen
seit
langem
(1818—1903),
19. J a h r h u n d e r t s 1
den Psychologen
dessen
Willenslehre
kennt
Alexander in
Deutschland
m e h r e r e n Seiten Z u s t i m m u n g g e f u n d e n hat, J e r . B e n t h a m
Ethiker
als
und
Theoretiker H. S p e n c e r
der
Induktion
(1820—1903)
fassenden philosophischen Systems.
und als
gleichfalls
den Begründer
1878) fordern eine
(1806
utilitarischen eines
D i e beiden letztgenannten
BERNH. PÜNJER, J a h r b b . f. p r o t . T h e o l .
von
(1748—1832)
a l s V e r f e c h t e r d e s N ü t z l i c h k e i t s p r i n z i p s in d e r M o r a l , J. S t . M i l l bis 1873)
und
Bain2
um-
( ü b e r sie
eingehendere
Betrachtung; Die James
schottische Philosophie Mackintosh
setzt
s i c h ins
19
J a h r h u n d e r t fort mit
( Ü b e r den Fortschritt der Moralphilosophie
1830,
1 Vgl. HARALD HÖFFDING, Einleitung in die englische Philos. unserer Zeit (dänisch 1874), deutsch (mit Änderungen und Zusätzen des Verfasser-) von H. KURELLA 1889. DAV. MASSON, Recent british philosophy 1865, 3. Aufl. 1877. RIBOT. La Psychologie anglaise contemporaine 1870, 3. Aufl. 1900. GUYAU, La morale anglaise contemporaine 1879, 6. Aufl. 1902. D. HLCKS bei ÜBERWEG10 § 54—62. N. H. MARSHALL, Die gegenwärtigen Richtungen der ReligioDsphilos. in England 1901; Ders., Kant und der Neukantianismus in Englaid (VKSt. 7, 4) 1902. J. S. MACKENZIE, La philosophie contemporaine en Gramie-Bretagne (Revue de mitaph. Sept.) 1908, vom idealistischen Standpunkt aus. PAUL HENSEL, Die englische l'hilos. im 19. Jahrh. (Jahrbuch des Freien Deutschen Hochstifts zu Frankfurt a. M., S. 81—146) 1910, behandelt Hume und Bentham, St. Mill, Carlyle, Darwin, Spencer.
2 Bain: Die Sinne und der Verstand 1855,4 Aufl. 1894; Die Gemütsbewegungen und der Wille 1859, 4. Aufl. 1899; Geistes-und Sittenlehre 1868, 3. Aufl. 1872; Geist und Körper (das letzte Kapitel eine Geschichte der Seelentheorien) 1873, deutsch 1874 als Band 3 der Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek, 2. Aufl. 1881; den 45. Band derselben (1880) bildet die zuerst 1878 erschienene Erziehung als Wissenschaft. Die von Bain 1876 begründete Vierteljahrsschrift Mind wuide bis 1891 von GEORGE CROOM ROBERTSON und wird seitdem von G. F. STOUT redigiert. Robertson (1842—92) studierte in Heidelberg, Berlin und Göttingen; Philosophical remains 1895; über ihn Nekrolog von TÖNNIES (ZPhKr. Bd. 101, S. 321) 1893. Falckenberg,
Neuere Pbilos.
7. A u f l .
34
ENGLAND.
53°
4. Aufl. 1872) und W i l l i a m W h e w e l l in Cambridge (sprich Juel; History of the inductive sciences 1837, 3. Aufl. 1857, deutsch von LITTROW 1839 f., Philosophy of the inductive sciences 1840, 3. Aufl. 1858—60). Ihr bedeutendster Vertreter, der wie Whewell zugleich unter Kantischem Einfluß steht, ist Sir W i l l i a m H a m i l t o n 1 in Edinburg (1788—1856). Er gründet die Philosophie auf die ursprünglichen Tatsachen des Bewußtseins, legt aber der Assoziationspsychologie gegenüber auf die geistige T ä t i g k e i t des Unterscheidens und Urteilens Gewicht. Unsere Erkenntnis ist relativ und hat nur Relationen zum Gegenstand. Das Bewußtsein kann nicht sich selbst überfliegen, es ist an den Gegensatz von Subjekt und Objekt gebunden und faßt das Existierende in räumlich-zeitlichen Verhältnissen auf; nur die Eigenschaften oder Erscheinungen der Wesen sind wahrnehmbar. Daher ist das Unbedingte — das einerseits das Absolute oder Vollständige, andrerseits das Unendliche oder Unvollendbare bedeutet — dem Wissen verschlossen und nur dem Glauben erreichbar. Zu Hamiltons Schülern gehören H e n r y L. M a n s e l 2 ( 1 8 2 0 — 7 1 ) und J. V e i t c h (f 1894). J. M c C o s h ( 1 8 1 1 — 9 4 , lebte seit 1868 in Amerika; The intuitions of the mind 1860; The laws of discursive thought 1879; First and fundamental truths 1889) kehrte zu Reid zurück. H. C a l d e r w o o d (f 1897) kritisierte Hamilton in seiner Philosophie des Unendlichen (1854, 2. Aufl. 1861). Demselben Kreise darf beigerechnet werden A r t u r J a m e s B a l f o u r , der Neffe Lord Salisburys, 1902—05 Premierminister (geb. 1848; Rechtfertigung des philosophischen Zweifels 1879; Die Grundlagen des Glaubens 1895, 8. Aufl. 1901, deutsch von R. KÖNIG 1896). In seinem Cambridger Vortrag „Unsere heutige Weltanschauung" (übersetzt von M. ERNST) 1904 behandelt Balfour das Wesen der Materie. Die sie zusammensetzenden Monaden oder Subatome sind in den Äther wie in ein Bad getauchte elektrische Einheiten. Das Atom ist ein System von Monaden, das sich von anderen lediglich durch Zahl, Gruppierung und Bewegung der Bestandteile unterscheidet; es bedeutet den relativ weiten Raum, in welchem die Monaden ihren Kreislauf vollziehen. — J. F. F e r r i e r (Institutes of metaphysics 1854, Werke 1875), ein Gegner der Philosophie des common sense, entwickelte eine idealistische Theorie. J e r e m y B e n t h a m 3 ist merkwürdig durch den Versuch, den Epi1 Hamilton: Philosophie des Unbedingten (in der Edinburgh Review) 1829. Erörterungen über Philosophie 1852, 3. Aufl. 1866. Vorlesungen über Metaphysik und Logik, herausgegeben von seinen Schülern MANSEL und VEITCH, 4 B i n d e 1859—60, 2. Aufl. 1861—66, 2 Bände. Über ihn ULRICI (ZPhKr. Bd. 27, S. 59)
1855; VEITCH
1869,
1882 u n d
1 8 8 4 ; MONK
1881.
Mansel: Metaphysik oder Philosophie des Bewußtseins 1860; Die Grenzen des religiösen Gedankens 1858; Philosophie des Bedingten 1866. 2
* Bentham: Einleitung in die Prinzipien
der Moral
und
Gesetzgebung
1789,
53i
kureismus in moderner Form wiederherzustellen. Die Tugend ist das sicherste Mittel zur Lust, als dem einzigen Werte, der durch sich selbst einleuchtet. Jeder strebt nach dem Glücke, aber nicht jeder auf dem rechten Wege. Der Brave rechnet richtig, der Verbrecher falsch; daher eine kluge Berechnung des Wertes der verschiedenen Vergnügen und eine besonnene Verwaltung der Lustmittel die erste Bedingung der T u g e n d ; dabei dürfen die leicht erreichbaren kleinen Freuden, deren Addition eine beträchtliche Größe ergibt, nicht vernachlässigt werden. Der Wert der Lust bemißt sich nach ihrer Stärke, Dauer, Gewißheit, Nähe, Fruchtbarkeit in Erzeugung weiterer Lust, Reinheit oder Freiheit von beigemischter Unlust, und Ausdehnung auf die möglichst große Anzahl von Personen. J e d e tugendhafte Handlung hat ein Übergewicht von Lust zur Folge. Füge dir und anderen kein Übel zu, aus dem nicht ein überwiegendes Gut resultiert. Der Zweck der Sittlichkeit ist die Erzeugung der größtmöglichen Quantität von Glück in der Gesellschaft, wobei jeder zunächst für das eigene Wohl zu sorgen hat: wer sich selbst mehr schadet, als er anderen nützt, handelt nicht sittlich, denn er verringert die Summe des Glücks in der Welt; das individuelle Interesse fällt mit dem sozialen zusammen. Die beiden Klassen der Tugend sind Klugheit und Wohlwollen. Das letztere ist eine natürliche, doch nicht uninteressierte Neigung: die von anderen mitempfundene Freude ist größer als die einsam genossene, Liebe ist eine genußreiche Erweiterung des Ich, man leistet Dienste* um Dienste zu empfangen. Der in England eingewurzelten empiristischen und nominalistischen Anschauungsweise getreu und auf Humes Phänomenalismus sowie der (in einigen Punkten verbesserten) Assoziationspsychologie seines Vaters James Mill ( 1 7 7 3 — 1 8 3 6 ; über ihn B A I N 1882, 2. Aufl. 1887) fußend, erklärt J o h n S t u a r t M i l l 1 die E r f a h r u n g für die einzige Quelle aller
verbesserte Ausgabe 1823. Die Deontologie 1834 und die Werke in elf Bänden 1 8 3 8 — 4 3 herausgegeben von JOHN BOWRING. Die Grundsätze der Zivil- und Kriminalgesetzgebung, aus Benthams Handschriften französisch bearbeitet von dessen Schüler Et. Dumont ( 1 8 0 1 , 2. Aufl. 1820), hat F . E. BENEKE ins Deutsche übertragen 1830. Die Analyse des Einflusses der natürlichen Religion auf das zeitliche Glück der Menschheit hat nach einem Benthamschen Manuskript unter dem Pseudonym PHIL. BEAUCHAMP d e r H i s t o r i k e r
GEORGE
GROTE
1822
herausgegeben;
vgl. L .
STEPHEN,
English utilitarians Bd. 2, S. 3 3 8 f . , und SAENGER, Mill, Vorwort. Eine gute Darstellung und Kritik des Utilitarismus bei P. HENSEL, Hauptprobleme der Ethik 1903. OSKAR KRAUS, Zur Theorie des Wertes, eine Bentham-Studie 1902. E . ALBEE, A history of English utilitarianism 1902. • J . St. Mill ist am 20. Mai 1806 in London geboren, war 1 8 2 3 — 5 8 Beamter im India House, 1865—68 Parlamentsmitglied und lebte seit dem T o d e seiner Gattin abwechselnd in Blackheath und in Avignon, wo er am 8. Mai 1873 starb. System der L o g i k 1843, Volksausgabe 1884, deutsch von J . SCHIEL, 4. Aufl. 1877, V O N TH. GOMPERZ 1 8 8 4 — 8 7 ; Prinzipien der Nationalökonomie 1848, 7. Aufl. 1 8 7 1 ; Über 34*
53 2
ENGLAND.
Erkenntnis, hauptete
auch
der mathematischen, —
eigentümliche Gewißheit
u n d die I n d u k t i o n
die v o n d e n K a n t i a n e r n
letzteren
ist e i n e E i n b i l d u n g
be—
f ü r d i e e i n z i g e r f o l g r e i c h e M e t h o d e aller ( a u c h d e r
Geistes-)Wissenschaften. duktion.
der
D e r Syllogismus
W e n n ich die obere Prämisse
ist selbst ausspreche,
eine v e r s t e c k t e ist d i e
In-
eigentliche
F o l g e r u n g b e r e i t s g e s c h e h e n , im S c h l u ß s a t z e wird nur d i e in d e r P r ä m i s s e g e g e b e n e z u s a m m e n f a s s e n d e F o r m e l für v i e l e E i n z e l w a h r h e i t e n entziffert, interpretiert.
Weil
ihm
das allgemeine Urteil
nur d e r k u r z e
Ausdruck
für e i n e S u m m e v o n ( d u r c h B e o b a c h t u n g g e w o n n e n e n ) e i n z e l n e n W a h r h e i t e n ist, zugleich
d a r f Mill sagen,
behaupten,
Besondere. wendig,
aber
alles E r k e n n e n
alles F o l g e r n
Der Durchgang nützlich
durch
sei ein G e n e r a l i s i e r e n ,
geschehe den
vom
Besonderen
der Induktion,
die
als V o r s i c h t s m a ß r e g e l , Gleichmäßigkeit
das
a l l g e m e i n e n S a t z ist nicht n o t sofern die
syllogistischen
F o r m e n u n s leichter d i e b e g a n g e n e n F e h l e r e r k e n n e n lassen. lage
und
auf
der
Natur
d e r G l e i c h z e i t i g k e i t als d e r F o l g e d e r E r s c h e i n u n g e n ,
Die Grund-
sowohl ist,
da
hinsichtlich sie
selbst
a u f I n d u k t i o n beruht, n i c h t u n b e d i n g t sicher, d a r f a b e r so l a n g e als h ö c h s t -
Freiheit 1859, deutsch bei Reclam 1896; Dissertationen und Diskussionen, 4 Bände 1859—74; Utilitarianismus 1863; Eine P r ü f u n g der Philosophie Hamiltons 1865, 5. Aufl. 1878, deutsch von HILMAR W'ILMANNS, Halle 1908; Comte und der Positivismus 1865, 4. Aufl. 1890, deutsch 1874; beachtenswert sind auch die Anmerkungen zu seines Vaters „Analyse der Erscheinungen des menschlichen Geistes" (1829) in der neuen Ausgabe dieses Buches 1869, 2. Aufl. 1878; Hörigkeit der Frau 1869; Autobiographie 1873, deutsch von KOLB 1874; Drei Essays über Religion: Natur, Nutzen der Religion, Theismus 1874, deutsch 1875. Gesammelte Werke, deutsch von TH. GOMPERZ, II Bände, 1869—75, 12. Band 1880. L. I.EVY-BRUHL hat Briefe Mills an Comte nebst dessen Antworten herausgegeben, Paris 1899. The letters of J. St. Mill, ed. by H. S. R. Elliot, 2 Bde. 1910. Ein unlängst entdecktes uud veröffebtlichtes Fragment ethischen Inhalts bespricht CARVETH READ ( M i n d , Januar 1908, p. 74—78): A posthumous chapter by J. St Mill. Über Mill die Studien von H. TAINE, Le positivisme anglais 1864, AL. BAIN 1882 und CH. DOUGLAS 1895, deutsch 1897, zwei Weike von COURTNEY über Mills Metaphysik 1879 und sein Leben 1889, LESLIE STEPHEN, The english utilitarians Bd. 3, 1900 und SAMUEL SAENGER, J. St. M i l l (Frommanns Klassiker der Philos. Bd. 14) 1901. SIEGFR. BECHER, Erkenntnistheor. Untersuchungen zu St. Mills Theorie der Kausalität (Erdm. Abhh. 25) 1906. MAX. LEWELS behandelt in seiner Münsterer Dissert. 1902 Mills Stellung zur Religion, ALBR. STEGLICH in der ZPhKr. Bd. 137 (S. I I I — 1 4 7 ) 1910 seine Logik der Daten. HANS REICHEL gibt ebenda Bd. 122 u. 123 eine Darstellung und Kritik von Mills Theorie der induktiven Methode 1903—04. In den Philos. Monatsheften, Bd. 15, 1879 S. I29F. berichtet IMELMANN über die Einwürfe, die W. STANLEY JEVONS (Contemporary Review Dez. 1877 ff) gegen Mills Lehre von dem induktiven Charakter der Geometrie, seine Behandlung der Ähnlichkeitsbeziehung und seiue Darlegung der vier Methoden der Experimentalforschung in ihrem Verhältnis zum Kau^alitätsgesetz erhoben hat. Vgl. ferner die feinsinnige Abhandlung über den Utilitarismus von C. HEBLER (1821—98), Philos. Aufsätze 1869, S. 35—66, und den dritten Vortrag in TH. LIPPS, Die ethischen Grundfragen 1899.
533 wahrscheinlich gelten, bis ein (an sich denkbares) gesetzloses Geschehen tatsächlich nachgewiesen worden. Wie das Kausalgesetz, so sind auch die logischen Grundsätze nicht apriori, sondern nur die höchsten Verallgemeinerungen aus der ganzen bisherigen Erfahrung, nur Erzeugnisse sehr fester Assoziationen. Mills glänzendste Leistung ist die Theorie der experimentellen Forschung, für die er v i e r M e t h o d e n aufstellt, i. Methode der Ü b e r e i n s t i m m u n g : wenn mehrere Fälle, in denen eine in ihren kausalen Beziehungen zu erforschende Naturerscheinung vorkommt, nur einen einzigen Umstand gemeinsam haben, so ist dieser die Ursache resp. die Wirkung derselben. (Z. B. die Verbindung eines Öls mit einem Alkali erzeugt Seife.) 2. Methode der D i f f e r e n z : wenn ein Fall, bei dem die zu erforschende Naturerscheinung eintritt, und ein Fall, worin sie nicht eintritt, alle Umstände außer dem einzigen gemein haben, der nur im ersten Falle vorhanden ist, so ist dieser die Ursache oder Wirkung derselben. Die beiden Methoden (die des Beobachtens und die des künstlichen Experimentierens, bei welch letzterer wir absichtlich in die vorhergehenden Vorgänge ein neues Antezedens einführen) können auch kombiniert zur Anwendung gebracht werden; das Prinzip der v e r e i n i g t e n Methode der Übereinstimmung und des Unterschiedes lautet: wenn mehrere Fälle, in denen eine Naturerscheinung stattfindet, nur einen Umstand, mehrere andere aber, in denen sie nicht stattfindet, nur die Abwesenheit dieses Umstandes gemein haben, so ist eben dieser Umstand, durch den allein sich die beiden Reihen unterscheiden, die Ursache oder Wirkung jener Erscheinung. 3. Methode der Rückstände oder R e s t e : man ziehe von einer Naturerscheinung denjenigen Teil ab, der durch frühere Induktionen als die Folge gewisser Antezedentien bekannt ist; der Rest ist dann die Wirkung der übrig bleibenden Bedingungen. 4. Methode der s i c h b e g l e i t e n d e n V e r ä n d e r u n g e n Eine Erscheinung, die sich immer bei einer bestimmten Veränderung einer anderen verändert, ist mit der letzteren kausal verknüpft. — Bei verwickeiteren Erscheinungen muß zur Ergänzung die d e d u k t i v e Methode hinzutreten: sie erschließt aus den induktiv ermittelten Gesetzen der Wirksamkeit einzelner Ursachen die Gesetze ihrer vereinigten Wirksamkeit; doch bedürfen die Ergebnisse solcher Folgerung der Verifikation durch den Nachweis ihrer Übereinstimmung mit empirischen Tatsachen. Erklärung einer Erscheinung bedeutet Angabe ihrer Ursache; Erklärung eines Gesetzes Zurückführung desselben auf andere, bekannte Gesetze. Dabei bleiben wir immer im Umkreis der Erscheinungen; das Wesen der Natur entzieht sich unserer Erkenntnis. Äußere Gegenstände sind p e r m a n e n t e W a h r n e h m u n g s m ö g l i c h k e i t e n ; diesen als beständigen Objekten oder Substanzen legen wir die wechselnden wirklichen Wahrnehmungen als Eigenschaften bei. Soll Entsprechendes auch vom Geiste
534
ENGLAND.
gelten? Ist auch er nur eine beständige Möglichkeit von Empfindungen und nichts Reales neben seinen Zuständen? Mill möchte den Kreis der Assoziationspsychologie 1 nicht überschreiten; aber er ist zu scharfblickend, um die ihr aus der Einheit der Person erwachsende Schwierigkeit zu übersehen, und zu gewissenhaft, sie zu verschweigen. Darum fügt er mit geringerer Zuversicht hinzu: das Ich ist eine Reihe wirklicher und möglicher Bewußtseinszustände (Gefühle), die — wenn man sich zu dieser Paradoxie entschließen mag! — sich ihrer selbst als einer Reihe bewußt wird. In dem Kapitel über die Freiheit (VI, 2) hebt Mill hervor, daß die Notwendigkeit, der die menschlichen Handlungen unterliegen, nicht, wie es gewöhnlich geschieht, als unwiderstehlicher Zwang gefaßt werden dürfe, sondern nichts weiter bedeute, als die gleichförmige Ordnung derselben und ihre Fähigkeit, vorausgesagt zu werden. W a s praktisch wertvoll und berechtigt ist an der Idee der Freiheit, wird hierdurch nicht verkümmert: wir haben die Macht, unseren Charakter zu ändern, er wird d u r c h uns, nicht f ü r uns gebildet; der Wunsch, ihn zu ändern, ist einer der einflußreichsten Umstände, die ihn bilden. Mill verwirft die transzendente und die aprioristische Moralbegründung und will sie durch die e m p i r i s c h - u t i l i t a r i s c h e ersetzen. Das Prinzip der Sittlichkeit ist die Beförderung des größtmöglichen Glückes aller Menschen, ja aller empfindenden Wesen. Es liegt in der Menschennatur, nichts zu wünschen, was nicht ein Teil der Glückseligkeit oder ein Mittel zu ihr ist: begehren heißt lustbringend finden; und so begrüßen und empfehlen wir ein solches Handeln anderer, das unserem Wohle dient. Manches anfänglich Gleichgültige erlangt jedoch durch Assoziation mit der Lust des dadurch Erreichten selbst den Charakter eines Zweckes. Die Gründe, die irgendein andres Moralsystem vorbringen kann, hat auch das Nützlichkeitsprinzip für sich, sowohl die ä u ß e r e n Motive des Gehorsams (Hoffnung auf Gunst, Furcht vor Mißbilligung der Mitmenschen und Gottes, verbunden mit Neigung für jene und Ehrfurcht vor diesem), als auch die i n n e r e n der Gewissensgefühle, aus deren großer Kompliziertheit sich der eigentümlich mystische Charakter der moralischen Verpflichtung hinlänglich erklärt. Die von der Gewohnheit mit dem Heiligenschein absoluter Verbindlichkeit umkleideten Moralvorschriften, welche Mord, Diebstahl und Betrug verbieten, sind für den Utilitarier Bloße Anwendungssätze, Folgerungen aus dem — freilich noch nicht allgemein anerkannten — obersten Grundsatze der Beförderung der a l l g e m e i n e n G l ü c k s e l i g k e i t . Fortschreitende Kultur und verbesserte Erziehung werden die sozialen Gefühle, den Wunsch nach Ein1
die er durch den Satz ergänzt: untrennbar ist eine Assoziation, wenn sie sich
o f t vollzogen und niemals Widerspruch gefunden hat.
J . ST. MILL.
SPENCER.
535
heit mit unseren Mitmenschen mit der Zeit zu einem ebenso natürlichen Gefühle machen, wie es heute bei normal erzogenen jungen Leuten der Abscheu vor dem Verbrechen ist.
J e d e für das Bestehen eines gesell-
schaftlichen Verbandes wesentliche Bedingung (Rücksicht auf die Wohlfahrt anderer) wird mehr und mehr ein unabtrennbarer Bestandteil der Vorstellung eines jeden von der Bestimmung des Menschen werden: wer mit anderen zusammenwirkt, den
ihrigen.
denkt
seine Interessen
als identisch mit
Die geselligen Neigungen erfahren durch das Leben
der Gemeinschaft eine stetige Verstärkung.
in
Endlich bestehen auch q u a -
l i t a t i v e Unterschiede der Gefühle: die eine Art der Lust erscheint als höherwertig,
mehr unserer Würde
entsprechend,
und wird von
edleren Menschen einer anderen viel stärkeren vorgezogen.
dem
Von Ben-
tham, dem Mill den Grundsatz des Utilismus entlehnt, unterscheidet er sich
durch
diese
Anerkennung von Artunterschieden
der Lust, sowie
durch jene Betonung der sympathetischen Gefühle und des Triebes nach sittlicher
Selbsterziehung
(HÖFFDING,
Einleitung
S. 68).
Unter
den
Gegnern der Nützlichkeitsmoral ist erwähnenswert J o h n G r o t e , mination
of the utilitarian
Exa-
ed. by J . B . MAYOR 1 8 7 0 . — Iii den
philosophy,
posthumen drei Abhandlungen über Religion spricht Mill mit einer seinen positivistischen Anhängern befremdlichen W ä r m e
von
den
Segnungen
des Glaubens an einen überweltlichen Geist von höchster sittlicher Vollkommenheit, aber nicht unbegrenzter Macht, als dessen Mitarbeiter sich der vom Leid des Lebens ergriffene, nach Erlösung verlangende, moralisch strebende Mensch fühlen dürfe. Herbert
S p e n c e r ist im April
1 8 2 0 als Lehrerssohn in Derby
geboren,
wurde sehr jung Eisenbahningenieur, wandte sich
London,
wo er fünf Jahre
tätig war, lebte
daselbst
8. Dez. 1 9 0 3 in Brighton.
hindurch in der Redaktion als Privatgelehrter
1853—98
1 8 4 3 nach
des
Economist
und starb
I m Jahre 1 8 6 0 gab Spencer den
am
Prospekt
eines umfassenden Systems der synthetischen Philosophie aus, und 1 8 9 6 hatte
er die Genugtuung,
nach Überwindung
sowohl
der
pekuniären
Schwierigkeiten als auch der aus seinem Gesundheitszustande erwachsenden Hemmnisse, das große Werk vollendet zu sehen. zehn Bänden ( 1 8 6 2 — 9 6 ) fünf T e i l e : (6. Aufl. 1900),
E s umfaßt in
die Grundlagen der Philosophie
die Prinzipien der Biologie (neue Ausgabe
1898—99),
der Psychologie (die bereits 1 8 5 5 erschienen waren, 4. Aufl. 1899), der Soziologie (1892—93,
(3 Bände, darin
der erste in
als erster Teil
dritter Aufl. 1 8 8 5 ) The
data
of ethics
und
von
der
Ethik
1879).
Eine
gute deutsche Übersetzung hat B. VETTER geliefert, Stuttgart 1 8 7 5 — 9 7 > fortgesetzt von V. CARUS.
Eine knappe Darstellung des Ganzen gibt
F . H. COLLINS, An epitome
of the synthetic philosophy
ständige) Aufl. 1 9 0 1 , introdudion
to
deutsch
the philosophy
1900.
of H.
Sp.
1889, fünfte (voll-
Über ihn: W . H . HUDSON, 1895,
2. Aufl. 1 9 0 4 ;
An
HECTOR
536
ENGLAND.
MACPHERSON, H. Spencer, 2. Aufl. 1901. Deutschen Lesern ist der Überblick über Spencers System und die treffliche „Entstehungsgeschichte der Entwickelungsphilosophie" bei OTTO GAUPP (5. Band von Frommanns Klassikern der Philosophie, 1897, 3. Aufl. 1906) zu empfehlen. KARL SCHWARZE (NG. 245) 1909. Die Essays (in 2 Bänden 1 8 5 8 ^ in 3 Bänden 1885, wiederum vermehrt 1891, darin jetzt auch die Klassifikation der Wissenschaften von 1865) haben leider noch keinen Übersetzer gefunden; besonders wichtig sind die Abhandlungen über die Entwickelungshypothese 1852 und über das Gesetz und die Ursachen des Fortschritts 1857. Das Werk The study of sociology 1873 ist unter dem Titel Einleitung in das Studium der Soziologie dem deutschen Publikum durch H. MARQUARDSEN (Bd. 14 und 15 der Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek 1875, 2 • Aufl. 1896), ein Aufsatz über Kants Ethik durch VETTER (ZPhKr. Bd. 95, 1889) zugänglich gemacht wordenDie sehr interessante Erziehungslehre 1861 hat in deutscher Übersetzung von
R.
FALCKENBERG
FRITZ
SCHULTZE
1874
(5. A u f l .
1905)
heraus-
gegeben. Spencers letzte Veröffentlichungen Variousfragments 1901 und Facts and comments 1902 sind unter dem Titel „Erfahrungen und Betrachtungen aus der Zeit" 1903 verdeutscht worden; seine Selbstbiographie 1 9 0 4 h a b e n LUDWIG u n d HELENE STEIN übersetzt, 2 B d e . , Stuttg.
1905.
Die Autobiographie wird ergänzt durch DAVID DUNCAN, The life and letters of H. Sp. 1908, worin eine Abhandlung The filiation of ideas vom Jahre 1899. Die First principles (Grundsätze einer synthetischen Philosophie, nach der 6. Aufl. neu übersetzt von CARUS, 1900) beginnen mit dem „Unerkennbaren". D a die menschlichen Ansichten, so falsch sie erscheinen mögen, aus wirklichen Erfahrungen entsprungen sind, und wenn sie weiteren Anklang finden und hartnäckig festgehalten werden, irgend etwas haben müssen, wodurch sie sich dem Geiste der Menschen empfehlen, so ist anzunehmen, daß in jedem Irrtum ein wenn auch nur kleiner Kern von Wahrheit enthalten sei. Von entgegengesetzten Meinungen darf man keine als vollständig wahr und keine als vollständig irrig ansehen. U m die ihnen zugrunde liegende unbestreitbare Tatsache zu finden, muß man die mannigfaltigen konkreten Elemente, in denen sie einander widersprechen, beiseite schaffen und für den übrig bleibenden Faktor einen abstrakten, für alle Modifikationen gültigen Ausdruck suchen. Kein G e g e n s a t z aber ist älter, verbreiteter, tiefer und wich* tiger als der zwischen R e l i g i o n und W i s s e n s c h a f t . Der Streit wird so lange währen, als jede von beiden sich an Aufgaben wagt, denen nur die andere gewachsen ist. Er ist jedoch schlichtbar, denn auch hier muß irgendeine allgemeinste Wahrheit, eine letzte Tatsache zugrunde liegen. Die r e l i g i ö s e n Grundbegriffe sind in sich widersprechend und unvollziehbar. Keine von den möglichen Hypothesen über das Was und
537
SPENCER.
W o h e r der D i n g e — j e d e Religion läßt sich definieren als eine aprioristische T h e o r i e des Weltalls, der begleitende K o d e x v o n Sittengesetzen ist ein späterer Auswuchs — atheistisch
als
ist logisch zu verteidigen: ob m a n die W e l t
selbstexistierend
oder
pantheistisch
als
selbsterschaffen
o d e r (fetischistisch, poly-, mono-) theistisch als durch ein äußeres A g e n s erschaffen ansehe, überall stößt man auf Undenkbarkeiten. der
ersten
Ursache
Hamilton, bewiesen)
Mansei voller
oder
des
in seinen
Absoluten
ist
(wie,
im
D e r Begriff Anschluß
„ G r e n z e n d e s religiösen D e n k e n s "
Widersprüche.
Gleichwohl
glimmt
unter
an 1858
der
Asche
auch der unvollkommensten religiösen Vorstellungen ein Wahrheitsfunke. Soweit auch die Bekenntnisse auseinandergehen, gröbsten A b e r g l a u b e n
darüber herrscht
bis zu den entwickeltsten
Theorien
des
vom
Mono-
theismus vollkommene Einstimmigkeit, d a ß die Existenz der W e l t ein stets nach A u f k l ä r u n g verlangendes, heimnis sei.
aber niemals ganz aufzuklärendes
Ge-
Darin eben besteht das Verdienst der Religion, d a ß sie das
Bewußtsein eines Jenseitigen, U n e r k e n n b a r e n wacherhält, dessen Offenbarungen alle Dinge sind, und uns so davor schützt, das Relative, Erkennbare für die ganze Wirklichkeit zu halten.
Und
in der
Entwicklung
der Religion v o m rohen Fetischismus bis zur ausgebildeten T h e o l o g i e unserer T a g e
tritt die anfangs bloß geahnte Wahrheit, daß es ein all-
gegenwärtiges Unerforschliches gebe, dessen K u n d g e b u n g e n alle Erscheinungen seien, immer deutlicher hervor.
D i e s e r fundamentalen W a h r h e i t
der Religionen kommt die W i s s e n s c h a f t
mit der von Protagoras bis
K a n t mit steigender Klarheit erfaßten Erkenntnis entgegen, daß die hinter allen Erscheinungen verborgene Realität stets unbekannt bleiben unser Wissen^ nie
absolut
sein
kann.
Sie
ist
sowohl
muß,
induktiv
aus
der Unrealisierbarkeit der wissenschaftlichen Grundbegriffe, als deduktiv aus
der
Beschaffenheit
des
Erkenntnisvermögens
Denkprodukts und des Denkprozesses zu erhärten.
durch
Analyse
des
1. D i e Begriffe R a u m ,
Zeit, Materie, Bewegung, Kraft, desgleichen die ersten Zustände des B e wußtseins, die Empfindungen, sowie die bewußte Substanz,
das I c h als
Einheit von Subjekt u n d Objekt, repräsentieren sämtlich Realitäten, in ihrem W e s e n und ihrer Entstehung völlig unbegreiflich sind. nur „ S y m b o l e " des Wirklichen.
die
Sie sind
2. D i e Subsumtion einzelner T a t s a c h e n
unter allgemeinere führt letzthin auf eine allgemeinste oberste T a t s a c h e , die nicht auf noch höhere zurückgeführt, folglich nicht erklärt und b e griffen werden
kann.
3. Alles
Denken
ist (wie H a m i l t o n
in
seiner
„Philosophie des U n b e d i n g t e n " u n d sein A n h ä n g e r Mansel gezeigt) ein Setzen von Verhältnissen, nämlich von Beziehung, Verschiedenheit u n d (wie Spencer hinzufügt) Gleichartigkeit.
Somit ist das Absolute,
dessen
Begriff j e d e Relation ausschließt, für ein D e n k e n , das sich nur in R e l a tionen bewegt und stets in einem Unterscheiden, Begrenzen und G l e i c h setzen besteht,
schlechthin unzugänglich,
es ist dreifach
unerkennbar.
538 — Also: Religion und Wissenschaft stimmen in der höchsten Wahrheit überein, daß der menschliche Verstand nur einer relativen Erkenntnis oder einer Erkenntnis des Relativen fähig ist (Relativismus). Dennoch, meint Spencer, ist es zu weit gegangen, wenn die ebengenannten Männer die Vorstellung des Absoluten für rein negativ, für einen bloßen Ausdruck der Unvorstellbarkeit und das Dasein desselben für problematisch erklären. Das W e s e n des Absoluten ist unerkennbar, nicht jedoch die E x i s t e n z eines Trägers des Relativen und Phänomenalen. Die Erwägungen, die für die Relativität der Erkenntnis und ihre Beschränkung auf Erscheinungen sprechen, sprechen zugleich für das Vorhandensein eines Nichtrelativen, d e s s e n E r s c h e i n u n g das Relative ist; mit dem Begriffe des Relativen und der Erscheinung ist eo ipso, als Korrelat desselben, der des A b s o l u t e n , das sich darin manifestiert, gesetzt. Wir haben zwar kein bestimmtes, aber wenigstens ein u n b e s t i m m t e s Bewußtsein von dem U n e r k e n n b a r e n als der unbekannten Ursache, der universellen K r a f t , und auf dieses gründet sich unser unzerstörbarer Glaube an objektive Realität. Wer sich der Grenzen der menschlichen Erkenntnis bewußt ist, wird willig das Dasein eines geheimnisvollen, unergründlichen Weltgrandes anerkennen, über Gottes Persönlichkeit aber sich weder im positiven noch im negativen Sinne entscheiden. Alles Wissen beschränkt sich auf das Relative und besteht in zunehmender Verallgemeinerung, die Spitze dieser Pyramide bildet die Philosophie. Das gemeine Wissen ist n o c h n i c h t vereinheitlichte, die Einzelwissenschaft t e i l w e i s e vereinheitlichte, die Philosophie, welche die obersten Generalisationen der übrigen Wissenschaften in einer höchsten verknüpft, v o l l k o m m e n v e r e i n h e i t l i c h t e Erkenntnis. Die allgemeinste Tatsache ist der (sich in unendlichem Wechsel wiederholende) Doppelprozeß der Andersverteilung von Materie und Bewegung: E n t w i c k e l u n g und A u f l ö s u n g (evolution and dissolution)', jene besteht in Zerstreuung (Abgabe) von Bewegung und Zusammenschluß [Integration) des Stoffs diese in Aufnahme (Absorption, Ansammlung) von Bewegung und Lockerung (disintegration) des Stoffs. Die allgemeinste Wahrheit ist das F o r t b e s t e h e n d e r K r a f t , aus der sich außer den Axiomen von der U n zerstörbarkeit des Stoffs und der Fortdauer der (aktuellen und potentiellen) Bewegung noch weitere Wahrheiten von der Gleichförmigkeit der Natur (gleichen Kundgebungen der Kraft müssen unter gleichen Formen und Umständen gleiche Kundgebungen vorausgehen resp. folgen), der .Umsetzbarkeit der Kräfte ineinander, nebst Gesetzen über Richtung und Rhythmus der Bewegung ableiten lassen. Auf die näheren Bestimmungen
1
D a s Wachstum des Organismus
Stoffen; vgl. das Zusammentreten von
ist
ein
nomadisch
Stämmen, von Staaten zu einem Staatenbund.
Ansammeln lebenden
von
früher
Familien
zu
getrennten seßhaften
SPENCER.
539
des Begriffs der Entwickelung — z. B. mit der wachsenden Integration des Stoffes (dem Übergang von Zerstreuung zur Konzentration) geht zun e h m e n d e Ungleichartigkeit (Differenzierung, Artikulation und Bestimmtheit (Individuation) H a n d in H a n d — , für die Spencer aus allen Gebieten der Natur wie des geistigen und sozialen Lebens Beispiele beibringt, kann hier nicht eingegangen werden. W e n n selbst von Hegel gesagt werden durfte, daß er sich vergeblich abmühe, mit formalen Begriffen die konkrete Fülle der Wirklichkeit zu bemeistern, so findet dieser Vorwurf in erhöhtem Maße auf Spencer Anwendung. Die dürren, der Naturwissenschaft entnommenen Schemata der Konzentration, des Übergangs zur Mannigfaltigkeit, der Anpassung usw., unzulänglich schon auf eigenem Gebiete, erweisen sich als vollständig ohnmächtig zur Bewältigung der verwickelten und eigenartigen Erscheinungen geistigen Lebens. Spencers „spezielle" Philosophie will, mit Überspringung der unorganischen Natur, die organischen, geistigen und sozialen Erscheinungen in Ausdrücken von Materie, Bewegung und Kraft interpretieren; man darf das nicht Materialismus nennen, denn jene Symbole erheben keineswegs den Anspruch, das Wesen des Unerkennbaren wiederzugeben. Sie zerfällt in vier Teile, bei denen wir uns mit der Hervorhebung einiger Grundgedanken begnügen. Die B i o l o g i e definiert das Leben (als Phänomenon, nicht als Noumenon) als beständige Anpassung innerer Verhältnisse an äußere. Die Angleichung, auf der die Höherentwickelung der Organismen und die Entstehung neuer Arten beruht, ist teils eine indirekte, teils eine direkte. Bei den niederen Organismen überwiegt die erstere, die natürliche Zuchtwahl oder das Überleben des Tüchtigsten, Passendsten (survival of the fittesi)\ bei den höheren aber, wo den verwickeiteren äußeren Bedingungen gegenüber viele Tätigkeiten zur Erhaltung des Lebens zusammenwirken müssen, tritt unmittelbare Anpassung ein: Veränderung der Funktion bewirkt Veränderung der Struktur, die sich vererbt. Spencer tadelt die Forscher, die, — wie Weismann —, Darwin übertrumpfend, Vererbung erworbener Eigenschaften leugnen und alle Wandlungen auf die natürliche Auslese allein zurückführen wollen. — Vermag sich die Pflanze ihrem Standorte anzupassen, das bewegliche Tier günstige Verhältnisse aufzusuchen, so ist dem geselligen und sich Werkzeuge schaffenden Menschen 1 Auch hier werden Beispiele aus den verschiedensten Gebieten angezogen: bei der Erde die Bildung des Gegensatzes von warmer und kalter Zone, Festland und Wasser, Berg und Tal; beim Lebewesen der Fortschritt vom homogenen Keim zu den mannigfachsten Organen; beim Menschengeschlecht die Spaltung in Rassen und weiter in Volksstämme; im sozialen Lebeu gewahren wir infolge der Arbeitsteilung eine Gliederung in Stände; auf ästhetischem Gebiet die ursprüngliche Einheit und spätere Sonderung von Dicht-, Ton- und Tanzkunst usw.
54Q die Fähigkeit gegeben, günstige Bedingungen selbst herzustellen und sich in der Kulturarbeit die Umwelt zu unterwerfen. D i e Lehre von den seelischen Erscheinungen zerfällt in zwei Teile, die o b j e k t i v e und die s u b j e k t i v e P s y c h o l o g i e . J e n e bedient sich der äußeren Beobachtung, betrachtet d a s Seelenleben in seinem Zusammenhange mit den Tätigkeiten des L e i b e s als eine S u m m e von Lebensfunktionen, und ist ein Zweig der Biologie. D i e s e dagegen gründet sich auf innere Beobachtung und Analyse, hat zum G e g e n s t a n d e d a s Bewußtsein und ist eine Wissenschaft sui generis, die allen übrigen Wissenschaften gegenübersteht wie d a s Subjekt d e m Objekt. D i e wechselnden Zustände des Bewußtseins sind Erscheinungsweisen einer einheitlichen geistigen Substanz, die sich j e d o c h niemals als solche kundgibt, also unerkennbar ist. D i e seelischen Tätigkeiten unterscheiden sich von den niederen L e b e n s funktionen durch ihre Anordnung in Reihenform. In gradweisem Fortschritt erhebt sich d a s psychische L e b e n von der Reflexbewegung und dem Instinkt durch Gefühl und Gedächtnis zu Vernunft und Wille. An diese synthetische Betrachtung schließt sich die analytische, die von den höchsten Bewußtseinserscheinungen zu den einfachsten Elementen hinabsteigt. D a s Denken wird als ein Auffassen von Ähnlichkeit und Unterschied erwiesen. Überall herrscht dasselbe Gesetz: das höchste Schließen ist im Wesen nichts anderes wie die niedrigste Instinkthandlung: Denken ist auch nur ein Assimilieren von Eindrücken, und d a s Unterscheidende der Verstandestätigkeiten beruht lediglich auf der größeren Verwickeltheit der Eindrücke. Der Denkinhalt entsteht d e m Bewußtsein durch „Differenzierung" seiner Zustände; soll der neue Zustand erkannt, soll er ein G e d a n k e werden, muß er mit früheren „integriert" werden. Die E r k e n n t n i s t h e o r i e sucht den „höheren" ( t r a n s f i g u r e d ) R e a l i s m u s — die A n n a h m e einer wirklichen aber unerkennbaren Außenwelt, die unseren „lebhaften" Bewußtseinszuständen korrespondiert — positiv und negativ zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhange erhebt Spencer die F r a g e nach d e m K r i t e r i u m der Wahrheit, als welches er die Undenkbarkeit des kontradiktorischen Gegenteils (also die D e n k notwendigkeit, die Unauflösbarkeit gewisser Gedankenverbindungen) aufstellt, und erörtert die Streitfrage zwischen Empirismus und Apriorismus, die er im vermittelnden Sinne zu lösen unternimmt. G e g e n die E m p i risten bemerkt Spencer, d a s Beweisen setze unbeweisbare, ursprüngliche, 1 In den seelischen Erscheinungen sieht Spencer die innere Seite derselben Vorgänge, als deren äußere Seite sich die Nerven- und Gehirnprozesse darstellen. O b wohl nicht beweisbar, empfiehlt sich ihm diese identitätsphilosophische oder parallelistische Ansicht, die er folgerichtig durchführt, durch ihre Übereinstimmung mit allem, was uns die Erfahrung lehrt. Übrigens betont er die Unvergleichbarkeit des Geistigen und Körperlichen: Bewußtsein ist nicht Bewegung.
54i aus der Erfahrung nicht ableitbare W a h r h e i t e n voraus, die anzuerkennen das d e n k e n d e Individuum durch seine N a t u r genötigt wird.
G e g e n die
Aprioristen macht er geltend, d a ß jener ursprüngliche Besitz des Einzelnen ein Erbteil aus den Erfahrungen der vorangegangenen Generationen sei. Er erkennt ein Apriori zwar für das Individuum an, aber nicht für die Gattung, sofern die für den Einzelnen ursprünglichen Erkenntnisformen v o n den V o r f a h r e n mittels A n p a s s u n g empirisch erworben worden seien. Demgemäß
verteidigt
er gegen W e i s m a n n
die Erblichkeit
erworbener
Eigenschaften. D i e Soziologie betrachtet die Gesellschaft nicht als etwas Gemachtes, sondern als etwas natürlich Gewordenes, als einen O r g a n i s m u s .
Denn
sie zeigt gleich dem Lebewesen Z u n a h m e an Masse, an Verwickelung der Struktur, an Solidarität der T e i l e u n d Unabhängigkeit des G a n z e n v o n dem Leben
der Elemente.
Freilich dürfen über diesen A n a l o g i e n
Unterschiede zwischen dem sozialen und dem physischen
die
Organismus
nicht übersehen werden, insbesondere der, daß im Tierkörper nicht die einzelnen Teile, sondern nur die Zentralorgane mit (einem Gesamt-)Bewußtsein ausgestattet sind, in der Gesellschaft d a g e g e n nicht das G a n z e , sondern jede der sie zusammensetzenden Einheiten Bewußtsein
besitzt;
woraus folgt, daß der Einzelne nicht d e m W o h l e des G a n z e n geopfert werden d a r f : der Staat ist um der Einzelnen willen da. das Prinzip des individualistischen Liberalismus.
Spencer vertritt
D e r Staat soll nur die
B e d i n g u n g e n des L e b e n s schützen und sich nicht b e v o r m u n d e n d in A n gelegenheiten
des
Lebens
selbst
einmischen,
da
solche
Einmischung
schlimmere Ü b e l herbeiführt als die sind, die sie zu beseitigen wünscht. W i e die Religion (der Glaube an Götter) aus dem Animismus, der T o t e n verehrung, so ist die politische Gewalt aus d e m militärischen Oberbefehl entsprungen. schritt.
Zwang, Bevormundung,
Zentralisation h e m m e n den Fort-
Sie paßten f ü r den p r i m i t i v e n und den k r i e g e r i s c h e n T y p u s
der Gesellschaft; der i n d u s t r i e l l e n Periode, in die wir eingetreten sind, entspricht es, wenn die Regierung auf die Sicherung des Friedens und der R e c h t e eingeschränkt wird und die darüber gaben teils d e m spontanen Zusammenwirken V e r b ä n d e n überlassen bleiben.
hinausgehenden
Auf-
der Einzelnen, teils freien
D i e Möglichkeit einer höheren Zivilisation
ist ausschließlich dadurch bedingt, d a ß d e m Militarismus Einhalt geboten wird und der Industrialismus zu größerer Entfaltung gelangt. hofft, d a ß auf die industrielle Ä r a —
Spencer
u n d das unvermeidliche Zwischen-
stadium d e s Sozialismus (vgl. Brief a n G a u p p , bei GAUPP S. 146) —
in
der Zukunft ein neuer L e b e n s t y p u s folgen wird, der neben der Arbeit um des Erwerbes willen den höheren geistigen Tätigkeiten einen breiteren Spielraum gewährt (vgl. HÖFFDING, I I S. 542). D e n A b s c h l u ß bildet die E t h i k des individuellen und des sozialen Lebens.
D a s Prinzip der Entwickelung gilt wie für die Natur, so auch für
542 die sittliche Welt: das Sittengesetz ist die Fortsetzung des Naturgesetzes. Das sittliche Handeln zeichnet sich vor dem unsittlichen durch größere Konzentration, Differenzierung und Bestimmtheit aus. Wir nennen eine Handlungsweise gut, wenn sie Lebenserhaltung und -erhöhung für den Einzelnen, seine Nachkommen und die Mitmenschen zur Folge hat. Der Maßstab der Güte sind die lustbringenden Wirkungen der Handlung, denn alles, was Freude macht, ist lebensfördernd; das letzte Ziel des Handelns ist die größtmögliche Summe von Glück. Aber Spencer bestreitet nicht, wie der empiristische Utilitarismus, jegliches moralische Apriori: für das Individuum ist das Gewissen in der Tat ursprünglich, unmittelbar, intuitiv, während es evolutionistisch betrachtet allerdings das verdichtete Ergebnis der Erfahrung der Gattung vom Nützlichen ist. Das autoritative „Soll", welches das moralische Gefühl begleitet, erklärt sich aus seinem Ursprünge aus der Furcht vor Strafe. Das Pflichtbewußtsein wird dereinst, wenn die Sittlichkeit organisch geworden, in Wegfall kommen, wie auch der Gegensatz von Egoismus und Altruismus kein ewiger ist, denn sie setzen einander voraus und sind gleich wesentlich die egoistischen Gefühle und Handlungen sind ebenso unentbehrlich, wie die altruistischen natürlich und ursprünglich sind; die persönliche Wohlfahrt hängt in weitem Umfange von der der Gesellschaft ab und die letztere wiederum kann nicht bestehen, wenn nicht jeder zunächst für sich selbst sorgt. Von der Zukunft dürfen wir eine vollkommene Harmonie zwischen beiden erhoffen; solange die fortschreitende Anpassung des Einzelnen an den gesellschaftlichen Zustand noch nicht vollendet ist, muß man sich mit einem vorläufigen Vertrage zwischen den streitenden Antrieben begnügen. Spencer hofft sicher auf eine Zeit, wo die Freude am Glücke anderer als der höchste Genuß geschätzt werden und die Fürsorge für das Wohl der Mitmenschen ein tägliches Bedürfnis geworden sein wird. Er schließt sein System ab mit der Erörterung der sozialen Tugenden der G e r e c h t i g k e i t (jeder darf tun, was er will, sofern er damit nicht die gleiche Freiheit jedes anderen verletzt) und des negativen und positiven W o h l t u n s (Verzicht auf egoistischen Gewinn, Opferung eines Besitzes zugunsten anderer). In seiner treffenden Kritik der biologischen Gesellschaftslehre Spencers tadelt P. BARTH (S. 1 2 2 — 127) m i t Recht ihren Naturalismus; er habe den Dualismus der Wirklichkeit, den Gegensatz von Natur und Geist nicht erkannt (S. 126). „ E r überträgt gern räumlich-physikalische Verhältnisse auf das seelische Geschehen Aber die organische und erst recht die seelische Welt hat höhere Gesetze als die der bloßen mechanischen Ausgleichung" (S. 125). Vgl. ferner K. BUSSE, Sp.s Philosophie der Geschichte, Halle 1894; ALBERT HESSE, Der Begriff der Gesellschaft in Sp.s Soziologie (Jahrbb. f. Nationalök. 3. Folge Bd. 21) 1901;
PAUL HENSEL,
H . Sp. (Sonntagsbeilage
Nr. 5 1
zur
Vossischen
543
HUXLEY.
Z e i t u n g N r . 595 v o m 20. Dez.)
1903.
Spencers Ethik u n d
b e h a n d e l t S. P. STAMULIS (Gibt es k e i n N a t u r r e c h t ?
Rechtslehre
J e n a e r Diss.)
1906.
P . HÄBERLINS B a s e l e r Habilitationsschrift 1908 ist eine kritische S t u d i e ü b e r S p e n c e r s G r u n d l a g e n der Wenn
J. St. Mill u n d
Philosophie.
Spencer
(der übrigens
schon vor
Darwins1
A u f t r e t e n d i e E n t w i c k e l u n g als W e l t g e s e t z proklamiert hatte) sich in einer d e m Positivismus v e r w a n d t e n R i c h t u n g b e w e g e n , so sind a u ß e r H a r r i s o n u n d C o n g r e v e (S. 5 1 8 ) als A n h ä n g e r d e r positivistischen G r u n d l e h r e n z u nennen H a r r i e t M a r t i n e a u ,
d i e d a s C o m t e s c h e H a u p t w e r k frei ü b e r -
setzt hat ( 1 8 5 3 , n e u e A u s g a b e mit E i n l e i t u n g v o n F R . HARRISON 1896), Atkinson
und
schriftstellerin
der
1 8 1 7 — 7 8 ; Problems Unter
Goethe-Biograph
George
Eliot2
of life and mind
den A n h ä n g e r n
und
George
Gatte
Henry
der
großen
Lewes
Roman-
(sprich
Ljuis,
1872—79).
und Fortbildnern
der
Darwin-Spencerschen
Entwickelungslehre ist eine m e t a p h y s i k f e i n d l i c h e u n d eine m e t a p h y s i s c h e R i c h t u n g z u unterscheiden. Th.H. Huxley3 hat zuerst
(1869)
J e n e wird vertreten d u r c h die „ A g n o s t i z i s t e n "
( 1 8 2 5 — 95) u n d J o h n T y n d a l l 4 den
Namen
Agnostizismus
(1820—93). gebraucht.
Huxley Von
der
M a t e r i e u n d d e m G e i s t e wissen wir nichts, a u ß e r d a ß sie die u n b e k a n n t e u n d h y p o t h e t i s c h e U r s a c h e d e r Z u s t ä n d e unseres B e w u ß t s e i n s b e z e i c h n e n : sie sind nur N a m e n für d a s vorgestellte Substrat v o n G r u p p e n natürlicher Phänomene.
U n d die e h e r n e „ N o t w e n d i g k e i t " d e s N a t u r g e s e t z e s ist eine
leere A u s g e b u r t m e i n e s D e n k e n s .
Bisher sind n a c h m e n s c h l i c h e r E r f a h -
1 Über Charles D a r w i n (1809 — 82, lebte seit 1842 auf seinem Landsitze in Down) vgl. HÖFFDING, Gesch. d. n. Ph. II. S. 490—506; WERNICKE in der VwPh. 1882; BRUNO WILLE, Darwins Weltanschauung von ihm selbst dargestellt, Heilbronn 1906. Zur fünfzigjährigen Feier des Erscheinens des Hauptwerkes über den Ursprung der Arten (1859) hat FRANCIS DARWIN, Darwins Sohn und Verfasser seiner Biographie (Leben und Briefe 1887, deutsch von CARUS 1887), zwei frühe Entwürfe seines Vaters von 1842 und 44 (The foundations of the origin of species 1909) und SEWARD eine Sammlung von Essays namhafter Fachgelehrten herausgegeben: Darwin and modern science 1909, darin ein Beitrag von HÖFFDING über den philos. Einfluß der Entwickelungslehre. Vgl. ferner BALDWIN, Darwin and the humanities 1909, und DEWEY, The influence of Darwin on philosophy 1910.
2 Eine Reihe schöner Aussprüche aus den Romanen der George E l i o t (Mary-Ann Evans, 1819—80; über sie M. HEINZE 1897) haben A. PASSOW und C. V. KESSINGER gesammelt unter dem Titel „Das Menschenherz", Bremen 1889. 3 Huxley: Reden und Aufsätze, deutsch nach der 5. Aufl. von FRITZ ScHULTZE 1877; Hume 1879; Evolution and ethics 1893; Collected essays, 9 Bände 1893—94. Life and letters, von seinem Sohne LEONARD HUXLEY, 2 Bände 1900. THOMAS WILSON LINGLE, Die Bedeutung der Entwickelungsgeschichte für die Ethik m. bes. Rücksicht auf Huxley (Leipz. Diss.) 1899. 4 Tyndall: Fragmente aus den Naturwissenschaften (Vorlesungen und Aufsätze) 1871, deutsch nach der 8. Aufl. des Originals von A. V. HELMHOLTZ und E. DU BoiSREYMOND
1899,
ENGLAND.
544
rung überall nichtunterstützte Steine zu Boden gefallen, und wir haben allen Grund zu glauben, daß sich dies stets so verhalten werde. Verwandeln wir aber das F a l l e n w e r d e n in ein F a l l e n m ü s s e n , so schieben wir die Idee der Notwendigkeit unter, die ganz sicherlich in den beobachteten Tatsachen nicht liegt. Wenn wir also von dem Wesen weder der Materie noch des Geistes jemals etwas wissen können und der Begriff der Notwendigkeit illegitimerweise in die legitime Vorstellung des Gesetzes eingeschoben wird, so ist die materialistische Behauptung, daß es in der Welt nichts gebe als Stoff, Kraft und Notwendigkeit, vollständig unbegründet: der Materialismus ist ein schwerer philosophischer Irrtum. Seine Grundlehren wie die des Spiritualismus liegen ebenso außerhalb der Grenzen der philosophischen Forschung wie die unter den Mondbewohnern herrschende Politik. Hume hat gezeigt, daß diese Fragen ihrer Natur nach u n b e a n t w o r t b a r sind. Für die wissenschaftliche Arbeit ist jedoch die materialistische Terminologie der unfruchtbaren spiritualistischen unbedingt vorzuziehen; ein Schaden kann daraus nicht erwachsen, solange wir uns erinnern, daß wir es einzig und allein mit Ausdrücken und Symbolen zu tun haben. In dem Fortschritt der modernen Wissenschaft springt klar der Hang hervor, alle wissenschaftlichen Probleme, mit Ausnahme der rein mathematischen, in Aufgaben der Molekularphysik umzuwandeln, d. h. sie auf die Anziehungen, Abstoßungen, Bewegungen und die Anordnung der kleinsten Teile der Materie zurückzuführen. Im Laufe der Zeit dehnen sich die Grenzen des Physizismus immer weiter aus. „ D e r Anthropomorphismus hat sich in seine letzte Burg, den Menschen selbst, zurückgezogen. Aber die Wissenschaft berennt heftig die Mauern und Philosophen rüsten sich zum Kampf um das letzte und größte aller spekulativen Probleme: besitzt die menschliche Natur irgendein freies, willkürliches, also wahrhaft anthropomorphistisches Element, oder ist sie nur der feinste aller natürlichen Mechanismen? Manche, zu denen ich mich selbst zähle, glauben, daß die Schlacht auf immer u n e n t s c h i e d e n bleiben wird" (Reden S. 1 5 6 ; vgl. S. 135 f.). Die sittliche Tätigkeit soll nach Huxley nicht den kosmischen Prozeß fortsetzen, sich ihm anschließen, sondern wider ihn ankämpfen. Einen kühneren, metaphysikfreundlichen Evolutionismus treffen wir dagegen an bei W i l l i a m K i n g d o n C l i f f o r d 1 (1845—79), der die 1 Clifford: Über die Natur der Dinge an sich, im dritten Bande der Mind 1878, wieder abgedruckt in den posthumen Lectures and essays, herausgeg. von L. STEPHEN uud F. POLLOCK, 2 Bände 1879, 3. Aufl. 1901; jene Abhandlung deutsch von HANS KLEINPETER 1903. Rede über die Ziele und Werkzeuge des wissenschaftlichen Denkens 1 8 7 d e u t s c h von SCHMIDT u. SILBERSTEIN 1896. Seeing and thinking 1879. Mathematical paptrs 1882. The common sense of the exact sciences, herausgeg. von PEARSON 1885, 4. Aufl. 1898. Wahrhaftigkeit (The ethics'of belief), Ubers, von
L I L Y V. G I Z Y C K I , 2. A u f l .
1905.
GREEN.
545
Empfindung aus „Geistesstoff'', seelischen Atomen bestehen läßt, G. J; R o m a n e s (f 1894; The world as an eject 1886, aufgenommen in das Werk Mind and motion, and monism 1895; Gedanken über Religion, übersetzt von EB. DENNERT 1899) und F. C. S. S c h i l l e r (Riddles of the sphinx 1891, neue Aufl. 1910; über Schiller siehe auch S. 548, 553). R o m a n e s , ein namhafter Schriftsteller auf dem Gebiete der vergleichenden und genetischen Psychologie (Die geistige Entwicklung im Tierreich 1883, deutsch 1885, Die geistige Entwicklung beim Menschen 1889, deutsch 1893) und der Entwickelungslehre (Darwin and after Darwin 1892—97, An examination of Weismannism 1894), war in dem Werke A candid examination of theism by Physicus 1878 als Gegner des Theismus aufgetreten, kehrte jedoch, nachdem er eine „monistische" Phase durchgemacht, kurz vor seinem T o d e zum christlichen Glauben zurück, wie die hinterlassenen „Gedanken über Religion" beweisen, die von seinem Freunde CANON GORE 1895 herausgegeben und nach der 7. englischen Auflage von EB. DENNERT (Göttingen 1899) verdeutscht worden sind. — Als Ethiker des Evolutionismus seien genannt L e s l i e S t e p h e n (sprich Stihwn, 1 8 3 2 — 1 9 0 4 , The science of ethics 1882; über ihn MAITLAND 1906) und B e n j . K i d d (Soziale Evolution 1894, neue Aufl. mit Zusätzen 1898, deutsch von E. PFLEIDERER 1895, Principles of Western civilisation 1902, neue Aufl. 1908). Nach Kidd ist die gesellschaftliche Entwickelung von einer übervernünftigen, religiösen Sanktion abhängig. Außer diesen konstruktiven Versuchen der Evolutionisten selbst hat sich während der letzten Jahre in weiteren Kreisen eine Reaktion gegen den Naturalismus und Agnostizismus fühlbar gemacht, begünstigt nicht nur durch den Einspruch von orthodoxer und neuhegelscher Seite, sondern auch durch den Einfluß von Vertretern ganz verschiedener Anschauungsweisen wie Balfour (S. 530), J a m e s W a r d (Naturalism and agnosticism 1899, 3. Aufl. 1906, The realm of ends 1 9 1 1 ; siehe auch S. 550), dem Physiker O l i v e r L o d g e (Leben und Materie 1905, 4. Aufl. 1906, deutsch 1908, gegen Haeckel) in England und James (S. 5 5 5 — 5 8 ) in Nordamerika; vgl. auch Martineau (S. 549). — lyle1
S a m u e l T a y l o r C o l e r i d g e ( 1 7 7 2 — 1 8 3 4 ) und T h o m a s C a r ( 1 7 9 5 — 1 8 8 1 ) hatten sich bemüht, dem deutschen Idealismus in 1 C a r l y l e : Sartor Resartus 1834, deutsch v o n T H . A . FISCHER
1903; H e l d e n und H e l d e n v e r e h r u n g 1 8 4 1 , deutsch
1882,
2. A u f l .
1 8 5 3 ; Einst und Jetzt 1843, übers,
von P. HENSEL, als dritter B a n d v o n : Sozialpolitische Schriften, deutsch v o n PFANNKUCHE mit E i n l e i t u n g v o n P . HENSEL, I 1895, I I 1 8 9 6 ; Lebenserinnerungen, von P. JAEGER, 1 8 9 7 — 1 9 0 0 .
Über C a r l y l e DILTHEY i m A G P h .
HENSEL ( F r o m m a n n s K l a s s i k e r der P h i l o s . B d .
deutsch
4. Bd. 1891, PAUL
1 1 ) 1 9 0 1 , 2. A u f l . 1902, und O T T O
BAUMGARTEN, C a r l y l e und G o e t h e , T ü b . 1906. — D e r E i n f l u ß C a r l y l e s wurde durchkreuzt durch den eines ä h n l i c h unsystematischen K o p f e s , des K u n s t p h i l o s o p h e n und Sozialreformers J o h n
Ruskin
F a l c k e n b e r g , Neuere Philos.
( 1 8 1 9 — 1 9 0 0 , Professor 7. Aufl.
in
Oxford;
Moderne
Maler
ENGLAND.
546
England Eingang zu verschaffen, wobei jener an Schelling, dieser an Fichte anknüpfte. Aber erst den Bemühungen von J. H u t c h i s o n S t i r l i n g (1820—1909, The secret of Hegel 1865, neue Aufl. 1897), G r e e n 1 in Oxford (1836—82; Einleitung zu Hume 1874) und E d w . C a i r d mit zwei Werken über Kant (1877, 1889) ist es gelungen, das englische Denken mit den Ideen Kants und Hegels zu befruchten und zur Ausbildung selbständiger Systeme auf dem Boden des kritischen oder des spekulativen Idealismus anzuregen. Diese idealistische Bewegung in England (und Amerika) ist „neukantisch" nicht sowohl im negativen, metaphysikfeindlichen, als im positiven, konstruktiven, antiempiristischen Sinne und führt vielfach zu einem Neufichteanismus und Neuhegelianismus. Ihr Führer war T h o m a s H i l l G r e e n . Im Gegensatz zum Empirismus behauptet er, alle Erfahrung bestehe aus B e z i e h u n g e n zwischen Tatsachen. Daher ist Erkenntnis nur möglich für ein Selbstbewußtsein; ebenso hängt die Natur, als ein System von Beziehungen, von einem geistigen Prinzip ab, dessen Ausdruck sie ist. Das System der Erfahrung setzt eine verbindende Kraft voraus: der absolute Geist macht die Welt zu einer Einheit. Der Kerngedanke seiner Philosophie lautet demnach: das Universum ist eine einzige ewige Tätigkeit oder Kraft, deren Wesen es ist, selbstbewußt d. h. selbst und nichtselbst zugleich zu sein. Wir sind Manifestationen oder „Kommunikationen" dieses zeitlosen a l l g e m e i n e n B e w u ß t s e i n s unter den Begrenzungen unserer physischen Organisation. Als solche sind wir frei d. h. durch uns selbst, durch nichts Äußeres bestimmt. Das sittliche Ideal ist Selbstrealisation, Vervollkommnung, fortschreitende Reproduktion des göttlichen Selbstbewußtseins. Als selbstbewußte Persönlichkeit aber kann sich der göttliche Geist nur in Personen reproduzieren; und da „soziales L e b e n für die Persönlichkeit ist, was die Sprache für das Denken", so fordert die Verwirklichung der sittlichen Aufgabe das Leben in Gemeinschaft. Ihre 1843—60, Steine von Venedig, 1851—53); eine deutsche Ausgabe der Gesammelten W e r k e in 15 Bänden erscheint bei Diederichs, sie ist mit den sieben Leuchtern der Baukunst und „Sesam u. Lilien" eröffnet worden. Über ihn PAUL CLEMEN 1900, CHARLOTTE BROICHER, R. und sein W e r k , 3 Reihen Essays, Jena 1902—07, und S. SAENGER, Straßburg bei Heitz; ebendort sind seit 1896 erschienen 7 Hefte Aphorismen zur Lebensweisheit, eine Gedankenlese aus R.s Werken, zusammengestellt und übersetzt v o n JAKOB
FEIS.
Green: Prolegomena to ethics ed. by A. C. BRADLEY 1883, 5. Aufl. 1906; Works, 3 Bände 1885—88. Über ihn NETTLESHIP im dritten Bande der W e r k e ; G. F . JAMES, Green und der Utilitarismus, Hall. Diss. 1894; AL. GRIEVE, Das geistige Prinzip in der Philos. Greens, Leipziger Diss. 1895; W . H . FAIRBROTHER 1896; H . SIDGWICK ( M i n d Nr. 37) 1901 und in den Vorlesungen von 1902 und 1905. Die Skizze der Grundgedanken seiner Lehre entnehme ich den Zusätzen, mit denen Prof. ARMSTRONG in seiner Übersetzung dieses Grundrisses (New Y o r k 1893) den Abschnitt über die englische Philosophie bereichert hat. 1
BRADLEY.
547
nähere Bestimmung ist in den Offenbarungen des ewigen Geistes in der sittlichen
Geschichte
der
Einzelnen
und
der V ö l k e r
zu
suchen.
Sie
zeigt, was bereits in der B e z i e h u n g der Sittlichkeit auf Persönlichkeit und Gesellschaft eingeschlossen lag, d a ß das sittlich G u t e vor allem ein gemeinschaftlich Gutes sein muß, ein solches, worin das dauernde
Wohl-
sein des Einzelnen auch das Wohlsein A n d e r e r umfaßt. W i e L o t z e lehrt F r a n c i s uns versagt,
Herbert
Bradley1
in O x f o r d , es
die Mannigfaltigkeit der Dinge aus einer letzten
sei
Einheit
herzuleiten, versucht aber den Aufstieg vom Endlichen zum Weltgrande. Am
wohlsten
fühlt
aus er rückblickend
er
sich an den G r e n z e n des D e n k e n s ,
zum Skeptiker, vorausblickend
von denen
zum Mystiker wird.
Metaphysik befriedigt die mystische Seite unseres W e s e n s ; sie entspringt aus der sich selbst rechtfertigenden Ü b e r z e u g u n g des Geistes, mit einem H ö h e r e n jenseit der sichtbaren W e l t eng verbunden zu sein, und d e m leidenschaftlichen W u n s c h e , das
Denken
kenntnis
den K e r n
dem Wirklichen
des Daseins zu verstehen.
inkongruent
bleibt,
Da
ist vollständige
des Absoluten unmöglich, möglich aber eine A n n ä h e r u n g
Eran
sie, denn wir besitzen ein Kriterium für die Scheidung von Ansich und Erscheinung.
W i e unser sittliches Streben auf eine Selbstverwirklichung
des Ich zu einer reichen u n d ausgeglichenen Totalität geht, so der theoretische T r i e b auf Erkenntnis des Daseins als eines z u s a m m e n h ä n g e n d e n Ganzen.
D e r Widerspruch täte uns nicht weh, w e n n wir uns nicht als
ein Ganzes fühlten.
So liefert uns unser W e s e n einen M a ß s t a b für die
G r a d e der Wahrheit und der Wirklichkeit.
D i e naturwissenschaftlichen
Grundbegriffe wie R a u m und Zeit, M a t e r i e , V e r ä n d e r u n g und Tätigkeit sind Fiktionen, „Arbeitsideen", die, auf begrenztem G e b i e t e nützlich, uns nicht das W e s e n
der Dinge
erschließen; wer solche Erscheinungen als
Wirklichkeiten anspricht, hypostasiert Abstraktionen und gerät in unauflösliche
Widersprüche.
Und
wenngleich
die
innere
Erfahrung
höher
steht als die physikalische, so führt uns doch a u c h der Begriff der Seele nicht in das Innerste der Wirklichkeit.
D i e s leistet allein jener
stab" für echte Wirklichkeit: der Begriff der „vollständigen D a s Absolute m u ß schlechthin mit
sich
selbst
übereinstimmen,
spruchsfrei und darum unendlich sein, denn mit
der
„Maß-
Erfahrung". wider-
Begrenzung
ver-
schwinden die Widersprüche, es m u ß unbeschadet j e n e s Einklangs
alle
P h ä n o m e n e in sich schließen und unveränderlich sein. heitliche
allumfassende
Erfahrung,
Erscheinung in H a r m o n i e enthält. HÖFFDING, M o d .
1
reality
Fr. Bradley
Phil., S.
alle
Verschiedenheiten
der
(Vgl. ÜBERWEG-HEINDE I V 1 0 S. 5 2 5 ;
55—66.)
(geb. 1846):
1893, 2. Aufl. 1897.
die
Es ist eine ein-
The
Principles
of
logic
1883;
Afpearence
Über seine Metaphysik H. EVANS, Leipz. 1902. 35*
and
ENGLAND.
54Ö
Zu dieser Gruppe gehören die Brüder C a i r d 1 , W i l l i a m W a l l a c e (1843—9Ii Greens Nachfolger in Oxford; Lectures and essays on natural theology and ethics, ed. by E. CAIRD 1898), R. B. H a l d a n e , B e r n a r d B o s a n q u e t (Logic or the morphology of knowledge 1888, 2. Aufl. 1911, A history of aesthetic 1892, 2. Aufl. 1904), H. Jones (The philosophy of Lotze 1895), M c T a g g a r t (Studies in the Hegelian dialectic 1896, Studies in Hegelian cosmology 1901, A commentary on Hegels logic 1910), Mackenzie, Joachim [The nature of truth 1906) u. a. Der Schotte A n d r e w S e t h (The development from Kant to Hegel 1882; Hegelianism and personality 1887, 2. Aufl. 1893; Man's place in the cosmos 2. Aufl. 1902) hat seinen früheren hegelschen Standpunkt modifiziert und nimmt jetzt eine mittlere Stellung ein; er will zwischen Psychologie, Erkenntnistheorie und Metaphysik streng unterschieden wissen. Infolge einer Erbschaft hat er seinen Namen geändert, er heißt jetzt A. S. P r i n g l e - P a t t i s o n . Sein Bruder J a m e s S e t h (A study of ethical principles 1894, 10. Aufl. 1908) studierte und lehrte einige Jahre in den Vereinigten Staaten, seit 1898 wirkt er in Edinburg. A. E. Taylor (Elements of metaphysics 1903) ist ebenfalls Idealist. In einem weiteren Sinne dürften wohl auch, obwohl sie mehr Realisten sind, hierher gerechnet werden R o b e r t A d a m s o n (f 1902 in Glasgow; The development of modern philosophy, ed. by SORLEY 1903) und S h a d w o r t h H. H o d g s o n , der erste Vorsitzende der Aristotelian Society 1880—94 (Philososphy of reflection 1878, The metaphysic of experience, 4 Bände 1898), dem auf dem Präsidentenstuhl jener Gesellschaft Bosanquet, Stout, Hastings Rashdall und Haidane gefolgt sind. Ferner denken realistisch B. Rüssel (The philosophy of mathematics Bd. 1, 1903) und G. E. Moore (Principia ethica 1903). Eine Gruppe jüngerer Denker in Oxford, Stout (jetzt in St. Andrews), Schiller, H. Rashdall (The universities of Europe during the middle ages, 3 Bde., 1895, The theory of good and evil, 2 Bde. 1907) u. a. kombinieren Idealismus und Pragmatismus zu dem sogenannten Personal Idealism; ein von H. Sturt (dem Verfasser von Idola theatri 1906) redigiertes Sammelwerk erschien unter diesem Titel 1902.
1
J o h n C a i r d in G l a s g o w (•)• 1898): E i n l e i t u n g
1880, 2. Aufl. Christianity religion
1891,
1899.
of Comtt
deutsch
von
A. RITTER
1893;
in
die
Religionsphilosophie
The fundamental
ideas
E d w a r d C a i r d in O x f o r d (f 1908): The social philosophy 1885, 2. Aufl. 1893, H e g e l in Blackwood's
1888, E s s a y s 1892, 2. Aufl. 1909, The evolution
of religion,
Philosophical
of and
Classics
2 B ä n d e 1893, 4. Aufl.
1907, D i e E n t w i c k l u n g der T h e o l o g i e in d e r g r i e c h i s c h e n Philos. 1904, d e u t s c h von HILMAR WILMANNS H a l l e 1909 ( b e i d e Gifford nat. Journal züge
der
of Ethics
Philos.
von
E . Caird
(Jenaer
W . O . LEWIS ( F a l c k e n b e r g s A b h h . niscence (Queens 1909, J.
S.
Quarterly)
MACKENZIE
lectures').
Über i h n ADAMSON (Inter-
B d . 4, N r . 1, Okt.) 1893, JOHN JEFFREY JOHNSTONE, G r u n d -
(Mind,
Diss.)
H e f t 8)
1905;
1909, WATSON (Philos. Okt.)
1909.
über
seine
Religiousphilos.
1909; JAMES CAPPON, E. C., a remiReview
18, 2 — 3 , März u. Mai)
MARTINEAU.
D I E PHILOS.
EINZELWISSENSCHAFTEN.
549
Ebenfalls antiempiristisch und dem Agnostizismus abgeneigt ist die theistische Schule, die sich um J a m e s M a r t i n e a u ( 1 8 0 5 — 1 9 0 0 ; Types of ethical theoiy 1882, 3. Aufl. 1891; A study of religion 1888, 2. Aufl. 1889; The seat of authority in religion 1890, 5. Aufl. 1905; über ihn JACKSON, Boston 1901 und W. JACK, Einige Hauptfragen in M.s Ethik, Leipziger Dissert. 1900) schart. Martineau ist von Trendelenburg beeinflußt, während sein Anhänger U p t o n an Lotze anknüpft. In ähnlicher Richtung bewegen sich AI. C. F r ä s e r (sprich Frehser, geb. 1819; Philosophy of theism 1894—96, zweite A. 1899) in Edinburg und J a m e s L i n d s a y in Kilmarnock (Recent advances in theistic philosophy of religio7i 1897; Die Entwicklung der Ethik, ZPhKr. Bd. 117, 1900—01). Hier mag auch M a x M ü l l e r 1 angereiht werden, der, 1823 als Sohn des Dichters Wilhelm M. und Urenkel Basedows in Dessau geboren, 1900 in Oxford, wo er bis 1876 gelehrt hat, gestorben ist. Eine konservativere Gesinnung zeigen R. F l i n t (f 1910) in Edinburg, der über Geschichtsphilosophie und über den Theismus geschrieben (Theism 10. Aufl. 1902, Anti-theistic theories 5. Aufl. 1894, Agnosticism 1903), und A. M. F a i r b a i r n (The philosophy of the Christian religion 1902). W. R. I n g e (Christian mysticism 1899) untersucht die Beziehungen zwischen Glauben und Wissen. — Wir wenden uns zu den Bearbeitungen der Einzelwissenschaften. Unter den Logikern Englands 2 ragen hervor Hamilton, der auf die Lehre von der Qualifikation des Prädikats 3 eine neue Analysis gründet, nach der das Urteil eine Gleichung zwischen Subjekt und Prädikat darstellt und die von Th. Sp. Baynes (The new analytic of logical forms 1850) und A. De Morgan (1847, i 8 6 0 ) ausgearbeitet wurde; der Begründer einer algebraischen Logik, G e o r g e B o o l e (The laws of thought 1854), W i l l i a m S t a n l e y J e v o n s (Pure logic 1864, mit The substitution of similars 1869 und anderen kleineren Werken herausgeg. von ADAMSON und A. H. JEVONS 1890; The principles of science 1874, 2. Aufl. 1877; Leit1 Max Müller: Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache 1861, neu bearbeitet 1891, deutsch 1892—93; Beiträge zur vergleichenden Religionswissenschaft, erster Band der Essays, deutsch 1869. 2. Aufl. 1879; Einleitung in die vergleich. Religionswiss., Straßb. 1874; Natural, Physicat, Anthrofological, Psychological religion 1889—92, deutsch von W I N T E R N I T Z 1890—95 ; Ausgewählte Werke, deutsch 1897—1901, 12 Bde.; Lebenserinnerungen, Gotha 1900; Aus meinem Leben, Gotha 1901; Religion und Leben, Gedanken aus den Werken, Briefen und hinterlassenen Schriften, Stuttg. 1906. Kritik seiner Theorie der Religion von W. SCHMIDT, Leipziger Diss. 1896. 2 V g l . L. NEDICH, Die Lehre von der Qualifikation des Prädikats, im dritten Bande von WPhSt. ; L. LJARD, Les logiciens anglais contemporains 1878, deutsch von IMELMANN, 2. Aufl. 1883; AL. RIEHL im ersten Bande der V w P h . 1877. 3 Diese ist übrigens bereits bei G e o r g e B e n t h a m (Umriß eines neuen Systems der L o g i k 1827), einem Neffen des Utilitaristen, nachweisbar. Vgl. H. Spencers Studium der Soziologie, deutsche Ausgabe Bd. 2., S. 2 5 8 — 2 6 1 , Anm. 14 zu Kap. 9.
55°
ENGLAND.
faden der Logik, deutsch von HANS KLEINPETER ,1906), J o h n V e n n (Symbolic logic 1881, 2. Aufl. 1894; Empirical or inductive logic 1889, 2. Aufl. 1907), Whateley, D e Morgan, W . Thomson, Joseph (An introduction to logic 1906). A u f dem Gebiete der Psychologie seien noch erwähnt J a m e s S u l l y in London (Handbuch der Psych, für Lehrer 1886, neue Aufl. 1909, deutsch von J. STIMPFL 1898; The human mind, 2 Bde. 1892; Untersuchungen über die Kindheit 1895, deutsch von STIMPFL 1897, 3. Aufl. 1909), J a m e s W a r d in Cambridge (oben S. 545), mit Rivers Herausgeber des British Journal of Psychology 1904 (Psychology in der Encyclopaedia Britannica, g.—10. ed., Bd. 20, 32), Carpenter, Henry Maudsley (Physiol, u. Pathol, der Seele 1867, deutsch von RUD. BOEHM 1870 u. a.), Francis Galton (f 1 9 1 1 ; Genie und Vererbung 1869, deutsch von NEURATH, Klinkh. 19, 1909), G. F. S t o u t (Analytic psychology 1896, 3. Aufl. 1909), Mc Dougall, Ross, Shand, C. L l o y d M o r g a n (Animal life and intelligence 1890, Instinkt und Gewohnheit 1896, deutsch von MARIA SEMON 1909, Animal behaviour 1900, 2. Aufl. 1908, Comparative psychology 1894, 2. Aufl. 1903), sowie die Anthropologen Tylor, Lubbock und J. G. Fräser. Unter den Ethikern steht neben Spencer, Green und S. S. L a u r i e 1 (On the philosophy of ethics 1866) H e n r y S i d g w i c k 2 in Cambridge (1835 —1900) in erster Reihe. W. R. Sorley (On the ethics of naturalism, 2. Aufl. 1904) bekämpft den ethischen Naturalismus. Stanton Coit (Die ethische Bewegung in der Religion, deutsch von GIZYCKI I 890) ist Vorkämpfer der „ethischen Kultur". Des Dichters O s k a r W i l d e (1856 bis 1900) Essaisammlung „Ästhetisches und Polemisches" hat MAX MEYERFELD Berlin 1910 herausgegeben; die „Betrachtungen" und „Ziele" füllen den 5. und 6. Band der Sämtl. Werke. V o n philosophiegeschichtlichen Arbeiten heben wir A . W. B e n n s Werke über die griechischen Denker 1882 und die Geschichte des englischen Rationalismus im 19. Jahrhundert 1906 (darüber ARMSTRONG in der Philos. Review Nov. 1907), G e o r g e G r o t e s Plato 1865, neue Aufl. 1 Unter dem Pseudonym Scotus Novanticus hat S. S. Laurie (f 1909), Professor in Edinburg, veröffentlicht Metaphysial nova et vetusta, a return to dualism 1884,
2. Aufl. 1889, französisch von G. REMACLE 1901; Ethica or ihe ethics of 1885, 2. Aufl. 1891, und unter eigenem Namen Synthetica, 2 Bde., 1906.
reason
5 H. Sidgwick: Die Methoden der Ethik 1875, nach der 7. Aufl. (1907) deutsch von CONST. BAUER (Klinkh. 17 u. 18) 1909, erläutert und kritisiert die drei Hauptsysteme des egoistischen Hedonismus, Intuitionismus und Utilitarismus; Lectures on the ethics of Green, Spencer and Marlineau 1902 ; Philosophy, its scope and relations 1902; Lectures on the philosophy of Kant 1905. Über ihn das Memoir von A. und E . S. SIDGWICK 1906; A. G. SINCLAIR, Der Utilitarismus bei Sidgwick und Spencer, Heidelb. 1907.
AMERIKA.
55'
1888, die Piatonübersetzung von B. J o w e t t und die Piatonstudien von L. C a m p b e l l hervor, von welchen letzteren die wichtigsten in deutscher Ü b e r s e t z u n g v o n GOLLING u n d M E K L E R i n d e r Z P h K r . B d . I I I
und
112
( 1 8 9 7 — 9 8 ) erschienen sind. Vgl. ebenda Bd. 109 S. 161 f. (1896) den Artikel von TH. GOMPERZ über die Jowett-Campbellsche Ausgabe des „Staates" und die platonische Chronologie. Endlich J. T. M e r z , A histoty of European thought in the nineteenth Century, Band I — 2 : Scientific thought 1896, 1903. Der englischen Sprache bedienen sich die Finnländer Y r j o H i r n , Der Ursprung der Kunst 1900, deutsch von M. BARTH 1904, und E d u a r d W e s t e r m a r c k (geb. 1862, Professor in Helsingsfors und London), Ursprung und Entwicklung der Moralbegriffe, deutsch von LEOP. K A T S C H E R
1907—09.
Nach NOAH PORTER 1 war der erste und vielleicht größte philosophische Denker Amerikas der Calvinist J o n a t h a n E d w a r d s 2 ( 1 7 0 3 — 5 8 ) , der außer seinem gleichnamigen Sohne (f 1801) zahlreiche Anhänger, aber auch viele Gegner seiner deterministischen Lehre (u. a. Hazard) fand. Lange Zeit hindurch leuchteten über dem amerikanischen Denken die Sterne Lockes und Reids. Neben Mc Cosh (oben S. 530) war N o a h P o r t e r (f 1892; The human intellect 1868 u. ö.; The elements of moral science 1885; über seine Erkenntnislehre Jenaer Diss, von JUDD 1897), zugleich von Hamilton und Trendelenburg beeinflußt, Vertreter der schottischen Philosophie. Dann aber begann die Einwirkung der deutschen Spekulation, auf welche James Marsh 1829 durch seine mit einer Einleitung versehene amerikanische Ausgabe von Coleridges Aids to reflection aufmerksam machte; zu ihr trug bei die Beschäftigung mit Cousin sowie das beginnende Studium jüngerer Gelehrten auf deutschen Universitäten. Um W i l l . Ell. C h a n n i n g (t 1842), das Haupt der 1 Die Philosophie in Nordamerika, deutsch in den Philos. Monatsh. Bd. 11, '875. V g l . ARMSTRONG, Die Philos, in den Vereinigten Staaten, ZPhKr. Bd. 105, 1894; L. VAN BECELAERE, La philosophie en Amérique, New York 1904; M. CURTIS bei ÜBERWEG1» § 63—68; J. W. RILEY, American philosophy: the early schools 1907. Über neuere Erscheinungen der aDglo-amerikanischen Literatur siehe JODLS Jahresberichte in der ZPhKr. (seit Bd. 99, 1891), fortgesetzt von L . BUSSE (seit Bd. I I I ,
1898); CALDWELL, Recent tendencies in American philosophy (Critical Review Bd. 14) 1904; FRANK THILLY, La philosophie Américaine contemp. (Revue de metaph. Sept.) 1908. 2 Edwards Hauptwerk: Über die Freiheit des Willens 1754; Werke, herausgegeben von DWIGHT 1829 und 1852, sodann Lond. 1840; über ihn ALLEN 1889, MAC CRACKEN, Hallenser Diss. 1899, GARDINER in der Philos. Review Nr. 54, Nov. 1900, WOODBRIDGE ebenda Nr. 76, Juli 1904 und CURTIS in den M. Heinze gewidmeten Abhandlungen 1906.
552
AMERIKA.
Unitarier, sammelte sich ein Kreis von jungen Talenten, unter denen das berühmteste, der Essayist R a l p h W a l d o E m e r s o n 1 (1803—82), der Führer der neuenglischen Transzendentalisten wurde. (Vgl. F R O T H I N G HAM, History of tramcendentalism in New England, New York 1876.) Emersons Methode ist die des Mystikers, der alles Beweisen verschmäht, seine Metaphysik eine Vereinigung von stark ausgeprägtem Individualismus und optimistischem Pantheismus, sein vorwiegendes Pathos ethischer Natur. Er tritt als Prophet auf, der das Leben erneuern will. Der Stoff ist Geist, Ich und Ding sind substantiell identisch, die Menschen Erscheinungen und Organe des Weltgeistes. Alles Unsittliche geht zugrunde. Unser Schicksal ist das Echo unsres Geistes: unsere Taten sind unser Engel. Gleich Nietzsche kämpft Emerson gegen die Philisterseelen, eiert die großen Männer, warnt vor Überschätzung der Geschichte und predigt individuelle sittliche Autonomie. Vertraue auf dich selbstl Keine Lehre, kein Buch, kein Heiland kann uns sagen, was gut und böse ist; nur in uns selbst können wir die Entscheidung fällen. Kein Gesetz kann mir heilig sein, als das meiner eigenen Natur; jeder Mensch hat seine eigene Sittlichkeit. Recht ist allein, was meinem Wesen entspricht; aus unsrer tiefsten Überzeugung spricht Gott selbst. Aus dem inneren Ozean sollst du schöpfen und nicht um einen Trunk aus den Krügen anderer betteln. In jede Seele führt eine Tür, die niemals geschlossen werden kann; hier tritt der Schöpfer ein. Selbst der Unglaube ist vielleicht nur die Folge eines tieferen Glaubens. — Ein Schüler Emersons ist der auch bei uns vielgelesene Ralph Waldo Trine 2 . 1 Auf Emerson hat bei uns HERMANN GRIMM in seinen Neuen Essays 1865 aufmerksam gemacht. Außer zwei Bänden Gedichte 1846 und 1S67 und der mit MARGARET FULLER herausgegebenen Vierteljahrsschrift für Literatur, Philosophie und Religion The Dial 1840—44 hat Emerson veröffentlicht: Natur 1836; zwei Serien E s s a y s 1841 und 1844; English traits 1856; V e r t r e t e r d e r M e n s c h h e i t (Plato, Swedenborg, Montaigne, Shakespeare, Napoleon, Goethe) 1850; L e b e n s f ü h r u n g 1860, deutsch von E. S. v. MDHLBERG (E. SARTORIUS) bei A. Unflad; G e s e l l s c h a f t u n d E i n s a m k e i t 1870, deutsch von JULIAN SCHMIDT; Lettres and social aims 1876. Billige Gesamtausgabe der Essays London, G. Routledge 1886. Gesammelte Werke, deutsch 6 Bände, bei Diederichs. Auswahl bei Hendel und Reclam. Emersons Gedanken über die Kunst, übertragen von A. HINGST, Bayr. Bl., 13. Jahrg. I860. Über E. siehe das Memoir von J. E. CABOT 1887; eine Darstellung seiner Philosophie geben SANBORN, Genius and character of Emerson, Boston 1885, BAKEWELL (Philas. Review, Sept.) 1903, WOODBERRY, Emerson 1907. K . FRANCKE, Emerson and German personality, The International Quarterly Bd. 8 , 1 ; G. RÜNZE, Emerson, und Kant (VKSt. Bd. 9) 1904; ALMA VON HARTMANN (Preuß. Jahrbb. 116, 2 , Mai) 1904; FRIEDR. LINZ, Emerson als Religionsphilosoph (Erlanger Diss.) 1911. 1 Trine: Was alle Welt sucht 1896, übersetzt von MAX CHRISTLIEB, Stuttg. 1905; Das Größte was wir kennen 1898, deutsch 1906; In Harmonie mit dem Unendlichen 1899, deutsch 1904 u. a.; über seine Weltanschauung und seine Stellung zu den Übeln in der Welt RUD. EWALD, Erl. Diss. 1910.
EMERSON.
IDEALISTEN.
Der metaphysische Idealismus faßte bald festen Fuß in Amerika. Kant, Fichte und Hegel wurden eifrig studiert, daneben auch die griechischen Denker, denen schon Emerson gehuldigt hatte. In seinem Journal of Speculative Philosophy (1867—88, letzter Band 1893) schuf William T. Harris (1835 —1909) einen Sammelpunkt für idealistische Interessen. Später haben die englischen Neo-Idealisten die amerikanischen stark beeinflußt. Hier sind zu nennen G. S. Morris (f 1889), der Herausgeber von Griggs Philosophical classics, Everett (f 1900), Davidson (f 1900), John Watson in Canada (An outline of philosophy 1898, 4. Aufl. 1908, The philosophical basis of religion 1907), Sterret, J o s i a h R o y c e (The religiotis aspect of philosophy 1885, The spirit of modern philosophy 1892, Conception of God 1897, The world and the individual 1900—01, The philosophy of loyalty 1908), Alex. Th. Ormond (The foundations of knozvledge 1900, Concepts of philosophy 1906), Howison (The limits of evolution 1901, 2. Aufl. 1905), Münsterberg, Garman (f 1907), Bakewell u. a. George Stuart Fullerton 1 neigt mehr einem empirischen Idealismus, neuerlich einem Ideal-Realismus, zu. Daneben haben Lotze und Spencer Einfluß geübt, jener auf B. P. B o w n e 2 in Boston (f 1910), dieser auf J o h n F i s k e 3 (1842—1901), der in Verbindung mit seiner Entwickelungsphilosophie eine theistische Weltansicht ausgebaut hat. Seit dem Erscheinen von J a m e s ' Will to believe 1897 und seiner „Kalifornienrede" Philosophical conceptions and practical results 1898 (siehe unten) zählt der „Pragmatismus" viele Anhänger in den Vereinigten Staaten und auch in England, wo F. C. S. S c h i l l e r 4 (S. 545, 548) die Doktrin eifrig verficht. J o h n D e w e y (sprich Dui), früher in Chicago, jetzt in New York, der Führer der sogenannten „Chicago-Schule", und deren Mitglieder haben sich bemüht, die erkenntnistheoretischen Prinzipien und die psychologischen Resultate („funktionelle Psychologie") des Pragmatismus zu entwickeln (Studies in logical theory 1903; Chicago decennial publications, Serie I, 1 Fullerton: On spinozistic immortality 1899; A system of metaphysics 1904; Introduction to philosophy 1906. 2 Bowne: Theory of thought and knowledge 1897; Metaphysics 1882, verbesserte Aufl. 1898; Theism 1903. 3 Fiske: Outlines of cosmic philosophy 1874, neue Aufl. mit Einleitung von ROYCE 1903, The destiny of man 1884, The idea of God as affected by modern knowledge 1885, Through nature to God 1899, Life everlasting 1901. Über ihn ARMSTRONG, Herder and Fiske on the prolongation of infancy, (Philos. Review 15, Jan.) 1906; GUSTAV REESE, Evolutionismus und Theismus bei J. Fiske (Falckenbergs Abhh. Heft 9) 1909. 4 Schiller: Axioms as postulates (in STURTS Personal Idealism) 1912; Humanismus 1903, deutsch von RUD. EISLER (Klinkh. 25) 1911; Studies in humanism 1907; Formal logic 1912; von ihm stammt der Name „Humanismus", während die durch James seit 1898 populär gewordene Bezeichnung „Pragmatismus" auf Charles Sanders P e i r c e zurückgeht; vgl. Popular Science Monthly Jan. 1878, Monist 15, 161 ff.
554
AMERIKA.
Bd. 3, 1903; The influence of Darwin on philosophy and other essays 1910). Diesem Kreise gehören auch H. H. Bawden (Theprincipia of pragmatism 1910) und A . W. Moore (Pragmatism and its critics 1910) an. V o n selten der Idealisten wird der Pragmatismus als relativistischer Individualismus, als eine „Erneuerung der Sophistik" stark angefochten. 1 Eine maßvollere Kritik gibt J. B. Pratt (What is pragmatism? 1909); Schinz' Anti-pragmatism (französisch 1909, englisch 1910) dagegen wurde von James eine romantische Novelle genannt. Die Essays in honor of W. fames 1908 „von seinen Kollegen auf der Columbia University" (Dewey, Fullerton, Woodbridge u. a.) sind realistisch und pragmatisch gefärbt. In ähnlicher Richtung bewegt sich der Ästhetiker G. Santayana (The life of reason 1905—06). Einen „neuen wissenschaftlichen Realismus" empfiehlt neuestens eine Gruppe jüngerer Gelehrten: Perry, Montague, Pitkin u. a. (The new realism 1912). In Deutschland begegnet die seit anderthalb Dezennien stark angewachsene, auf dem Heidelberger Philosophenkongreß 1908 (Kongreßbericht von ELSENHANS 1909) lebhaft diskutierte pragmatistische Richtung vorwiegend einer gegnerischen Stimmung, obwohl James nicht nur in Avenarius, Mach, Ostwald und Simmel, sondern auch in Lotze (Ursprung kann nie über Wert entscheiden) und Eucken (wie auch in Boutroux und Bergson) Gesinnungsgenossen sieht. Ihre Tendenzen seien kurz charakterisiert. V g l . ROBERT R. RUSK, Die pragmatische und humanistische Strömung in der modernen englischen Philos., Jenaer Diss. 1906. W. JERUSALEM vor seiner Übersetzung des J a m e s s c h e n Werkes D e r P r a g m a t i s m u s 1908 und in der Deutschen Literaturzeitung Nr. 4 vom 25. Januar 1908. ARMSTRONG, The evolution of pragmatism ( Journal of Philos. 5, 24; 19. Nov.) 1908. THEOD. LORENZ, Das Verhältnis des Pragm. zu Kant (VKSt. 14, S. 8—44) 1909. GÜNTHER JACOBY, Der Pragm., neue Bahnen in der Wissenschaftslehre des Auslandes 1909. WINDELBAND, Rede Der Wille zur Wahrheit 1909. JOHN M. MAC EACHRAN, Pragm. 1910. VON DER PFORDTEN, K o n f o r m i s m u s
Bd. I S.
1 4 8 f.,
1910.
D e r Pragmatismus resp. Humanismus, auch persönlicher Idealismus und Pluralismus genannt, ist 1. ein radikaler E m p i r i s m u s , der das Apriori und die reine Logik verwirft; er ist 2. v o l u n t a r i s t i s c h gesinnt gegenüber dem Intellektualismus, mit dem er sich übrigens im Kampfe g e g e n den Naturalismus einig weiß; dem hegelschen Absolutismus gegenüber ist er 3. a n t h r o p o z e n t r i s c h : um Gott und Sittlichkeit zu retten, wendet er sich dem wirklichen Leben und der Zukunft, speziell der menschlichen P e r s ö n l i c h k e i t zu; im Selbst ist die wahre Wirklichkeit 1 V g l . verschiedene Artikel seit 1902 in den Zeitschriften Mind, Philosophical Review, Journal of Philosophy, Psychology and Scientific Methods und Psychological Review von James, Schiller, Dewey, H. H. Bawden u. a., und auf der anderen Seite von Bradley, Royce, Taylor, Baldwin, J. E. Russell u. a.
DER
PRAGMATISMUS.
JAMES.
555
zu finden, der Mensch gibt uns das Wertmaß. Man darf das einheitliche Bewußtsein nicht in einen praktischen und einen theoretischen Teil auseinanderreißen, denn auch die Erkenntnis wird von Interessen und Zielen geleitet. „Das persönliche Handeln des Menschen", schreibt Pringle-Pattison, „in gewissem Sinne unerklärlich, j a ein ewiges Wunder, ist doch unser sicherstes Datum und unser einziger Schlüssel zum Geheimnis des Lebens." Erkennen ist nur einer von tausend menschlichen Zwecken und ist der Diener höherer geistiger Kräfte, es wird vom Wollen beherrscht. Der vereinfachende und klassifizierende Intellekt gibt eine Karikatur des Lebens. Der Verstand bringt weder Tatsachen hervor noch vermag er ihre Eigenart wiederzugeben, er ordnet und deutet sie nur; dabei bleibt immer ein Rest, ein Plus, auf das nur das Gefühl antworten kann. Ein abstrakter Begriff ist nie ein voller Ersatz für eine konkrete Wirklichkeit; das Allgemeine ist nur Symbol, das Persönliche allein volle Realität. Das Leben ist mehr wert als die Logik, das Gefühl regiert die Welt und eröffnet in seiner Besonderheit und Innerlichkeit den Zugang zum Überirdischen. Unsere Urteile und Überzeugungen sind nichts als Regeln für unsre Handlungsweise; der Maßstab für die Beurteilung der Gedanken, j a sogar ihr Sinn und Inhalt liegt in ihren p r a k t i s c h e n K o n s e q u e n z e n , ihrer Bedeutung für die Lebensführung, die sittlichen Ideale und die Hoffnungen der Menschen: sie sind wahr, weil sie l e b e n s f ö r d e r n d sind. Wahrheit bedeutet Verifizierbarkeit, d. h. aber die Fähigkeit, uns glücklich durch die Erfahrung zu führen. Die Wahrheit der Abstrakta, Ideen, Hypothesen und Theorien liegt in ihrem A r b e i t s w e r t . Wahr ist, was sich bewährt, was sich mit der Gesamtheit der Erfahrungen am besten vereinigen läßt. (Werden aber darüber die Ansichten nicht oft weit auseinandergehen? James selbst erklärt Konflikte nicht für ausgeschlossen!) Dies der Kern der pragmatischen Methode: sie prüft die Urteile an ihren W i r k u n g e n . Sie scheidet nun kraft ihrer neuen biologisch - aktivistischen Theorie der Wahrheit manche viel behandelte Probleme als unwichtig aus; so erweist sich z. B. die Frage nach der bewußtseinsimmanenten oder extramentalen Existenz der Welt als gleichgültig für das Benehmen der Menschen, da der Idealist wie der Realist einräumt, daß Individuum und Welt voneinander abhängig sind; wogegen die Entscheidung für eine materialistische oder eine spiritualistische Weltansicht von eminenter Tragweite für das Handeln ist, sofern die Nichtanerkennung andrer als blind mechanischer Kräfte (der Molekularismus) Tatkraft und Kulturarbeit lähmen muß, der Glaube an eine ewige sittliche Weltordnung sie beflügelt. Der wirkungsvollste Vertreter des Pragmatismus, W i l l i a m i James: Principles
of fsychology,
2 Bände 1890;
James1,
kürzerer Kursus
(Texi-
556 ist als S o h n eines für S w e d e n b o r g b e g e i s t e r t e n T h e o l o g e n a m n . Januar 1842
in N e w Y o r k
Medizin,
geboren,
der H a r v a r d - U n i v e r s i t ä t , Philosophie
und
ist
in
1889
in
Genf,
Romanschriftsteller
Harvard
und
Berlin
w u r d e P r o f e s s o r d e r Philosophie
der Psychologie,
seiner V i l l a C h o c o r u a
26. A u g u s t 1 9 1 0 gestorben. haften
studierte
lehrte zuerst Physiologie,
seit 1892
wieder
in N e w H a m p s h i r e
G l e i c h seinem j ü n g e r e n B r u d e r , d e m H e n r y J.
(geb. 1843,
lebt
an der am
nam-
in L o n d o n ) ,
ein
Meister d e s Stils, hat er durch die p a c k e n d e K r a f t u n d geistvolle Frische seiner D a r s t e l l u n g H ö r e r u n d L e s e r hinzureißen, die J u g e n d u n d weitere K r e i s e z u fesseln und
hat
und
für
als P s y c h o l o g ,
weitreichende
philosophische F r a g e n
Pragmatist
Bewegungen
und
entfesselt.
zu
erwärmen
Religionsphilosoph Als
Beispiel
gewußt
starke
seiner
und
Methode
w ä h l e n wir d i e B e h a n d l u n g des P r o b l e m s d e r Willensfreiheit. Gleichförmigkeit des Naturlaufs und W i l l e n s f r e i h e i t
sind, wie alle
u n s e r e I d e a l e , A l t ä r e f ü r u n b e k a n n t e G ö t t e r ; b e i d e P o s t u l a t e entspringen aus e i n e m V e r l a n g e n
n a c h Rationalität, d a s
logische B e d ü r f n i s a b e r ist
e b e n s o subjektiv u n d g e f ü h l s m ä ß i g w i e d a s moralische.
D e r Determinis-
m u s b e h a u p t e t , d a ß d i e bereits f e s t g e l e g t e n T e i l e d e s U n i v e r s u m s d u r c h aus festsetzen,
worin
die
anderen Teile bestehen werden.
Im
Schöße
d e r Z u k u n f t liegen keine z w i e f a c h e n M ö g l i c h k e i t e n v e r b o r g e n : j e d e a n d e r e zukünftige E r g ä n z u n g der G e g e n w a r t , als die v o n E w i g k e i t h e r f e s t b e -
book of ps.) 1892, deutsch als „Psychologie" von MARIE DÜRR mit begrüßenswerten Anmerkungen von E. DÜRR 1909; D e r W i l l e zum G l a u b e n 1897, fünf von diesen zehn Essays deutsch von TH. LORENZ, Stuttg. 1899; Human immortality 1898; Philosophical conceptions and practical results 1898, wiedergedruckt unter dem Titel The pragmatic method im Journal of philos., psychol. and scient. methods 8, Dez. 1904; Talks to teachers on psychology 1899, deutsch v. FRIEDR. KIESOW: Psychologie und Erziehung 1900 (nicht mit übersetzt sind die diesem Ferienkurse für Lehrer angehängten drei Ansprachen an Studenten on some life's ideals); D i e r e l i g i ö s e E r f a h r u n g in ihrer Mannigfaltigkeit (Gifford-Vorlesungen in Edinburgh) 1902, deutsch von G. WOBBERMIN 1907; Der P r a g m a t i s m u s , ein neuer Name für alte Denkmethoden 1907, deutsch von W. JERUSALEM 1908 als erster Band von Dr. Klinkhardts Philos.-soziol. Bücherei; The meaning of truth, a sequel to pragmatism 1909; A pluralistic universe, Hibbert-Vorlesungen im Manchester College (enthält die Metaphysik des Denkers) 1909, wird 1913 in Übersetzung von J. GOLDSTEIN erscheinen. Memoirs and studies 1911; (12) Essays in radical empiricism 1912. Eine Bibliographie seiner Schriften in der Psychol. Review 18. 2, März 1911. Über ihn: W. PAETZ, Die erkenntnistheoretischen Grundlagen in James' The varieties of religious experience, Eilenburg 1907; BOUTROUX, W. James (Nov. 1910), deutsch von BR. JORDAN (mit Bildnis) 1912; AUG. BUSCH, Nachruf (Zeitschr. f. Religionspsych. 4, 9) 1910; ders., J. als Religionsphilosoph (Erl. Diss., ein Teil daraus in Rel. und Geisteskultur Bd. 4 und 5), Gott. 1911; D. S. MILLER (Journal of Philos. 7, 24); PERRY (Philos. Review Jan.) 1911; LOVEJOY (Internat. Journal of Ethics Jan.) 1911; J. B. PRATT (Hibbert Journal 10, 1, Okt.) 1911; ROYCE in W. James and other essays on the philosophy of life 1911.
DER
PRAGMATISMUS.
JAMES.
557
stimmte, ist unmöglich. Möglichkeiten, deren Verwirklichung ausbleibt, sind bloße Illusionen: alles, was in unsrer Welt wirklich war oder ist oder sein wird, und nur dieses ist virtuell von Ewigkeit her vorhanden gewesen. Der Indeterminismus dagegen bestreitet, daß die Welt eine einzige unbiegsame Einheit von Tatsachen ist, und bestätigt unsere gewöhnliche naive Anschauung, wonach die Wirklichkeiten in einem ausgedehnteren Meere von Möglichkeiten schwimmen, aus denen sie ausgesucht werden. Der Streitpunkt betrifft also die Existenz von M ö g l i c h k e i t e n , d. h. von Dingen, welche sein können, aber nicht müssen. Dort wird geleugnet, hier behauptet, daß an Stelle eines vollzogenen Willerlsaktes ein andrer habe eintreten können. Rein theoretisch ist die Frage unlösbar; aus p r a k t i s c h e n Gründen entscheidet sich James für den Indeterminismus. „Wie kann es ein Interesse, einen Reiz, etwas Erhebendes an sich haben, auf dem rechten Wege zu wandeln,' wenn wir nicht fühlen können, daß der verkehrte Weg ebenfalls möglich ist, ja eine unmittelbar drohende Gefahr bildet? U n d wie kann es einen Sinn haben, daß wir beim Einschlagen des verkehrten Weges uns selbst verurteilen, wenn wir nicht etwas anderes tun konnten, der rechte Weg uns nicht gleichfalls offen stand?" Die M i ß b i l l i g u n g der schlechten Handlung ist unverständlich ohne das Zugeständnis, daß es wirkliche, echte Möglichkeiten in der Welt gibt. Die lebendige Wirklichkeit wird von allen Deterministen, den „harten" wie den „weichen", unterdrückt, indem sie leugnen, daß irgend etwas hier u n d jetzt entschieden wird, und behaupten, alle Dinge seien längst vorausbestimmt und abgemacht. Freier Wille bedeutet Neuheit; wir prägen der Vergangenheit etwas auf, das nicht in ihr enthalten war. Die Luft, die der Welt zum Leben nötig ist, das Salz, das sie frisch erhält, ist die Möglichkeit, d a ß die Z u k u n f t besser sein kann, als die Vergangenheit es war. Wir müssen die Lehre von der Willensfreiheit willkommen heißen als eine melioristische Theorie der Verheißung: handle so, als wäre sie wahr! Auch die Idee Gott bedeutet nach ihrem empirischen Barwert Verheißung, nämlich die Möglichkeit einer besseren Welt, als sie jetzt ist. Noch einige Andeutungen über die Anwendung jener Grundsätze auf die R e l i g i o n bei J a m e s . Im Unterschied von der sekundären, auf Tradition beruhenden „institutionellen" Religion ist die (durch Veränderung und Wegfall jener geschichtlichen Formen ungefährdete) „persönliche" Religion das Fühlen, H a n d e l n und Erfahren des einzelnen Menschen, sofern er sich eines inneren Zusammenhanges mit dem wie immer gedachten Göttlichen bewußt ist; kürzer die Totalreaktion des Menschen auf das Leben, und damit ein Weg, — sei es durch plötzliche Krisis oder stetige Entwicklung — unsrem Leben (aus höheren Quellen) eine beglückende Harmonie, .Energiesteigerung und Erhebung zuzuführen. Kranke Seelen, in denen das Gefühl der Leere, Furcht
558
AMERIKA: HALL,
BALDWIN.
und Sündhaftigkeit herrscht, bedürfen, um Einheit und Frieden zu erlangen, einer B e k e h r u n g , einer Wiedergeburt, die einen Einbruch aus dem unterbewußten Gebiet darstellt; gesunde Naturen mit überquellendem Lebensgefühl erreichen das Ziel durch ruhige Entfaltung und vertrauensvolle Hingabe. Die religiöse Erfahrung stützt sich auf die Voraussetzung, daß unsere Ideale vor gänzlichem Untergange geschützt sind. Für den Glauben des Theisten „ist die Tragödie nur partiell und vorübergehend, sind Schiffbruch und Vernichtung nicht die unbedingt letzten Dinge". (Vgl. HÖFFDING, Mod. Phil., S. 187—204.) — In den letzten Jahrzehnten hat die philosophische Forschung sehr an Umfang und Tiefe gewonnen; insbesondere herrscht auf den verschiedenen Gebieten der Psychologie — der physiologischen und experimentellen, genetischen, sozialen und neuerdings der religiösen Psychologie — lebhafte Tätigkeit. Im Interesse des sich rasch entwickelnden, aber noch mangelhaften Erziehungs- und Unterrichtswesens wird auch die Pädagogik, sowohl die philosophische als die psychologische und praktische, eifrig betrieben. Von den Psychologen der Gegenwart nennen wir G. S t a n l e y H a l l 1 in Worcester (.Adolescence, 2 Bde. 1904; Ausgewählte Beiträge zur Kinderpsychologie und Pädagogik, übers, von Jos. STIMPFL 1902), seit 1887 Herausgeber der Zeitschrift The American Journal of Psychology, vom 7. Bande an sind Mitherausgeber Sanford und Eduard Titchener (A textbook of psychology 1910), mit dem 22. Bande ist J.W. Baird hinzugetreten; J. Mark B a l d w i n 2 , bis 1903 mit J. McKeen Cattell, 1904—10 mit H. C. Warren Herausgeber der Psychological Review (New York und London 1884 f., ein Ergänzungsband gibt jedes Jahr eine ausführliche Übersicht der psychologischen Literatur, seit 1904 kommt noch ein monatliches Psychological Bulletin hinzu), 1910 hat J. B. Watson, unter Mitwirkung von Warren, J R. Angell [Psychology, 4. Aufl. 1908) und A. H. Pierce, die Redaktion übernommen; G. T. L a d d 3 , W i l l i a m J a m e s (1842—1910), H. Münsterberg, Mary W. Calkins, H. R. 1 Zu Halls Schule gehören E. D . Starbuck (Religionspsychologie 1899, deutsch von F. BETA, Klinkh. 14. u. 15, 1909) und J. H. Leuba ( T h e psychological origin and the nature of religion) 1909. 2 Baldwin: Handbook of psychology 1889—91; Die Entwickelung des Geistes beim Kinde und bei der Rasse 1895, 3- Aufl. 1905, deutsch von A. ORTMANN 1898; Social and ethical interpretations in mental developement 1897, 4. Aufl. 1906, deutsch von E. RUEDEMANN 1900; Dictionary of philosophy and psychology Bd. 1 — 2 , 1901—02, neue Ausgabe 1911, redigiert von BALDWIN (Bd. 3 von BENJ. RAND 1905 gibt eine ausführliche Bibliographie der philosophischen Wissenschaften); Development and evolution 1902; Das Denken und die Dinge oder Genetische L o g i k Bd. I — I I I , 1, 1906-—11, erster (Funktionelle Logik) und zweiter Band (Experimentelle Logik) deutsch von GEISSE 1908—10; Darwin and the humanities 1909. 3 L a d d : Elements of physiological psychology 1887; Psychology, descriptive and explanatory 1894; Philosophy of mind 1895; Philosophy of knowledge 1897; A theory of reality 1899; Philosophy of religion 1905.
SCHWEDEN.
559
Marshall, C. H. Judd, Stratton, Morton Prince, Jastrow, Thorndike, Yerkes, Dodge und Frank Chapman Sharp (A study of the influence of custom on the motal judgment, Bulletin of the Univ. of Wisconsin Nr. 236, 1908). Von Ethikern erwähnen wir G. H. Palmer, Felix Adler, den amerikanischen Führer der „ethischen Kultur", und deren Anhänger W. M a c k i n t y r e S a l t e r (Die Religion der Moral, deutsch von G. v. GIZICKI 1885; Moralische Reden, übers, von dems. 1889; Vorträge über die ethische Lebensansicht, übers, von dems. 1894) und W a r n e r F i t e (An introductory study of ethics 1903), der eine höhere Mitte von Hedonismus und Idealismus anstrebt. Frank Thillys Einführung in die Ethik hat RUD. EISLER 1907, F. H. Giddings' Prinzipien der Soziologie (1896; Klinkh. 26) SELIGER 191 I übersetzt. An philosophie-historischen Erscheinungen seien angeführt A. C. Armstrong, Transitional eras in thought 1904; W. A. Heidel, Qualitative change in pre-socratic philosophy (AGPh. Bd. 19, S. 333) 1906; Arthur Kenyon Rogers, A students history of philosophy 1901, neueste Aufl. 1908; J. G. Hibben, The philosophy of the Enlightenment 1910 in der von HIBBEN herausgegebenen Serie The Epochs of Philosophy. Die in Chicago erscheinende populärphilosophische Wochenschrift The Open Court ist der Versöhnung von Religion und Wissenschaft, die von derselben Gesellschaft unter Leitung von Paul Carus ( T h e soul of man 1891, 3. Aufl. 1905; Fundamental problems 1894, 3. Aufl. 1903; Philosophy as a science 1909) herausgegebene Vierteljahrsschrift The Monist (Chicago 1890 f.) der Begründung einer einheitlichen Weltanschauung, das von BURNS WESTON redigierte International Journal of Ethics (Philadelphia 1890 f., seit 1910 ist F. THILLY Mitherausgeber) dem Fortschritt der ethischen Theorie und Praxis gewidmet. Hierzu kommen noch The Philosophical Review (seit 1892), gegründet von J. G. S c h u r m a n (The ethical import of Darwinism 1887), jetzt herausgegeben von J. E. Creighton, The Journal of Philosophy, Psychology and Scientific Methods (1904), herausgegeben von Woodbridge (Metaphysics 1908), und mehrere pädagogische Zeitschriften, darunter N. M. BUTLERS Educational Review und G. S. HALLS Pedagogical Seminary, beide seit 1891.
IV.
Schweden, Norwegen, Dänemark, Holland usw.
A u f die durch Leopold (f 1829) und Th. Thorild (f 1808) repräsentierte Periode eines sich an Locke und Rousseau anlehnenden Empirismus folgte in Schweden 1 , nachdem durch Daniel Boethius 1794 dort Kant eingeführt worden, eine idealistische Strömung, in extremer Form 1
V g l . HÖFFDJNG,
Die
Philosophie
in
Schweden,
in
den
Philos.
Monatsh.
Bd. 15, 1879, S . I 9 3 f . , R . GEIJER bei Ü b e r w e g 1 0 § 77 und ALLEN VANNERUS, Kantianismus in S c h w e d e n ( V K S t . B d . 6, S. 2 4 4 — 2 6 9 )
1901.
Der
560
SCHWEDEN.
durch den das Recht der philosophischen Konstruktion verteidigenden Benj. Höijer (f 1812), einen Zeit- und Gesinnungsgenossen Fichtes, in milderer Form durch C h r i s t o ' f e r J a c o b B o s t r ö m (1797—1866), den bedeutendsten Systematiker seines Landes, vertreten. Als Vorgänger Boströms Sind Biberg (f 1827), der Dichter, Historiker und Geschichtsphilosoph Erik Gustav Geijer (f 1847) u n d Samuel Grubbe (f 1853), gleich ihm Professoren in Upsala, als seine Schüler der früh verstorbene Kr. Claeson ( 1 8 2 7 — 5 9 , Gesammelte Schriften 1860), der durch seine eigenartige Auffassung der platonischen Ideenlehre (deutsch 1863—64; Sokratische Studien 1870) in Deutschland bekannt gewordene Sigurd Ribbing (f 1899), der Historiker der schwedischen Philosophie (1873 f.) Axel Nyblaeus (f 1899) ' n Lund, der Ethiker Sahlin (1869, 1877), der Herausgeber der W e r k e 1 Boströms Hans Edfeldt in Upsala und Wikner (t 1888) zu nennen. Aus der Boströmschen Schule sind ferner Reinh. Geijer (geb. 1849) Burman (Die Transzendentalphilosophie Fichtes und Schellings 1891) in Upsala hervorgegangen; unter seinem Einfluß stand auch der 1895 verstorbene Victor Rydberg, dessen Schrift „Leibniz' Theodizee und der Schopenhauer-Hartmannsche Pessimismus" 1903 deutsch erschienen ist. B o s t r ö m s Philosophie ist ein an Piaton, Leibniz und Krause erinnerndes System der Selbsttätigkeit und des Personalismus. Das Absolute oder das Sein wird charakterisiert als eine konkrete, systematisch gegliederte, selbstbewußte, mit ihrem gesamten Inhalt jedem ihrer Momente einwohnende Einheit, deren Glieder sowohl den Charakter des Ganzen tragen als auch sich gegenseitig immanent sind, untereinander in organischer Wechselbestimmung stehen. Ein Gegensatz zwischen Einheit und Vielheit ist nur scheinbar, nur für die trennende Auffassung des endlichen Bewußtseins, vorhanden. G o t t ist u n e n d l i c h e , vollbestimmte P e r s ö n l i c h k e i t (denn Bestimmtsein heißt nicht Begrenztsein), e i n S y s t e m graduell verschiedener, selbständiger l e b e n d i g e r W e s e n , worin wir unserem wahren Wesen nach ewig und unveränderlich enthalten sind. Jedes Wesen ist ein bestimmter, ewiger und lebendiger Gedanke Gottes, es gibt nur vorstellende Wesen und deren Zustände und Tätigkeiten, alles Wirkliche ist geistig, persönlich. Neben dieser wahren, übersinnlichen, über Raum, Zeit, Bewegung, Veränderung und Entwickelung erhabenen, nicht durch Schöpfung oder einen Prozeß der Erzeugung entstandenen W e l t d e r I d e e n existiert für den zwar formaliter vollkommenen, aber materialiter (weil er das Wirkliche von einem beschränkten Standpunkte aus vorstellt) u n v o l l k o m m e n e n Menschen, aber auch nur für ihn, als Sphäre seiner Wirksamkeit eine endliche, sinnliche E r s c h e i n u n g s w e l t , zu der er selbst gehört und in der er 1
Zwei Teile, Upsala 1883, wozu Stockholm 1901 noch ein dritter
ist, der Streitschriften und Ungedrucktes bringt.
gekommen
SCHWEDEN.
NORWEGEN.
561
den ihm ewig gegebenen übersinnlichen Inhalt (d. h. sein wahres Wesen) spontan entwickeln, nämlich aus dem bloß potentiellen Zustand dunklen Ahnens zu klar bewußter Wirklichkeit erheben soll. Freiheit ist die Macht, unsere Unvollkommenheit durch unser wahres Wesen zu überwinden, unsere übersinnlichen Anlagen zu verwirklichen, auch für uns zu werden, was wir an uns —• in Gott — sind. Von der kantischen Ethik unterscheidet sich die ihr verwandte Boströms hauptsächlich dadurch, daß sie die Sinnlichkeit nicht bloß in ein negatives Verhältnis zur Vernunft gesetzt wissen will. Die Gesellschaft ist eine ewige, auch persönliche Idee in Gott. Die vollkommenste Staatsverfassung ist die konstitutionelle Monarchie, das ideale Ziel der Geschichte die Herstellung eines die ganze Menschheit umschließenden Staatensystems. Über Boström E D . M A T Z N E R (Philos. Monatsh. Bd. 3) 1 8 6 9 und H Ö F F D I N G (das. Bd. 15) S. 210—216. Der hervorragendste schwedische Philosoph der Gegenwart ist Vitalis N o r s t r ö m , Professor in Gothenburg. Anfänglich der Boströmschen Schule in ihrer von Sahlin modifizierten Form angehörig, brach er mit ihr in seinem Buche „Was bedeutet ein moderner Standpunkt in der Philosophie?" 1899 und stellte sich näher zur Erkenntnisphilosophie Kants und Fichtes, bestrebt, das transzendentale Verfahren auch auf das Gebiet des Wollens und Fühlens auszudehnen. Die Religion gilt ihm als das höchste und endgültige erkenntnistheoretische Apriori. In einer Reihe mehr populär gehaltener Schriften, namentlich den „Gedankenlinien" 1905, hat er sich als einen hervorragenden Kulturdiagnostiker und als einen ebenso energischen wie scharfsinnigen Vorkämpfer einer Kulturemeuerung im Sinne eines universal angelegten ethischen Idealismus erwiesen. Zu den meist gelesenen Autoren gehört bei uns die durch ihr Buch „Das Jahrhundert des Kindes" und ihre Vorträge beliebt gewordene Frauen- und Kinderrechtlerin E l l e n K e y (geb. 1849). In deutscher Übertragung liegen vor: Essays, Die Wenigen und die Vielen (darin: Ibsens Individualismus), Über Liebe und Ehe, Der Lebensglaube, Seelen und Werke (1911). Ein leider noch nicht übersetzter Münchener Vortrag über Sittlichkeitswert der Schönheit steht im dritten Teil von „Lifslinjer" 1906. Der Astronom Hugo Gylden (f 1896) bekennt sich zu Kant. J. Borelius in Lund ist Hegelianer, weicht aber in der Lehre vom Widerspruch vom Meister ab. Auch in Norwegen zählte die Hegeische Philosophie Anhänger: so G. V. Lyng (f 1884; System der Grundgedanken), M. J. M o n r a d (1816—97; Denkrichtungen der neueren Zeit 1874, deutsch 1879; Die Mysterien des Christentums vom Gesichtspunkte der Vernunft, deutsch 1896; Die menschliche Willensfreiheit und das Böse, deutsch 1898), beide Professoren in Christiania, und Monrads F a l c k e n b e r g . N e u e r e Philos.
7. A u f l .
36
DÄNEMARK: KIERKEGAARD.
562
Schüler G . K e n t (f 1892; Die Lehre Hegels vom Wesen der Erfahrung 1891).
Über
die Weltanschauung
des Dichters Henrik I b s e n
bis 1906) handeln OSSIP-LOURIÉ, La philosophie d'Ibsen
(1828
sociale dans le théâtre
1900; RUD. SOKOLOWSKY, Ein neuer tragischer Held (ZPhKr.
Bd. 123,
S. 4 7 t )
1903;
EMIL MAUERHOF, I b s e n , d e r
Romantiker
des
Verstandes (aus: Götzendämmerung), Halle 1907; E. H. SCHMITT, Ibsen als P r o p h e t
Über
1 9 0 8 ; PAUL SICKEL, H a m b .
die
dänische
Philosophie
1912.
des
19. Jahrhunderts
berichtet
HÖFFDING im zweiten Bande des A G P h . 1888 und in seinem Buche über Kierkegaard S. 17 f. S. 290 f.)
1891.
(s. oben
S. 427),
Oersted
(1777—1851,
1850—51),
Vgl. auch KNUD IPSEN (Phil. Monatsh. Bd. 26,
Vertreter Niels
Fr. C h r i s t .
der
spekulativen
Treschow Der
Geist in der
Sibbem
Richtung
(1751—1833), Natur,
(1785—1872),
waren
Hans deutsch der
Steffens
Christian München
Dichter J.
L.
H e i b e r g ( 1 7 9 1 — 1 8 6 0 ) , der als Apostel Hegels auftrat, und der Religionsphilosoph Bischof H a n s M a r t e n s e n (1808—84).
Eine Wendung
wurde herbeigeführt durch den Individualisten S ö r e n
Kierkegaard1
( 1 8 1 3 — 5 5 ) und R a s m u s N i e l s e n 2 (1809—84), die dem spekulativen Idealismus einen strengen Dualismus des Wissens gegenstellten.
und Glaubens ent-
Für Kierkegaards zweite Periode sind folgende Äußerungen
charakteristisch : Das Christentum ist abgeschafft worden, indem es bloß als Religion der Milde und des Trostes aufgefaßt wurde. gesichts
Mag es an-
der Schwachen und Einfältigen grausam erscheinen, den Preis
der Seligkeit so hoch hinaufzuschrauben: vom Einzelnen wie von der 1 Kierkegaard: Begriff der Ironie 1841; E n t w e d e r - O d e r 1843, deutsch 1885, 4. Aufl. 1909; Furcht und Zittern 1843, deutsch 1882; Die Wiederholung 1843; Zur Philosophie der Sünde, der Bekehrung und des Glaubens (enthält Begriff der Angst 1844 und Philosophische Bissen), deutsch von SCHREMPF 1890; Stadien auf dem Lebenswege 1845, deutsch von BÄRTHOLD 1886, 2. Aufl. 1910 (ästhetische, moralische, religiöse Lebensführung nebst den Zwischenformen Ironie und Humor); Abschließende, unwissenschaftliche Nachschrift 1846; Leben und Walten der Liebe 1847. — Einübung im Christentum 1850, deutsch von BÄRTHOLD 1 8 7 8 ; 2. Aufl. 1 8 9 4 ; Zur SelbstprüfuDg 1851, deutsch 4. Aufl. 1895; Der Augenblick 1855. Angriff auf die Christenheit, deutsch von SCHREMPF und A. DORNER 1896. Werke, Kopenh. 1901 f. S. K., Buch des Richters, seine Tagebücher im Auszug, Jena 1905. K. und sein Verhältnis zu „ihr", aus dem Nachlaß verdeutscht von RAFH. MEYER, Stuttg. 1905. Von den Gesammelten Werken bei Diederichs sind bis jetzt sechs Bände erschienen. Über ihn: A. BÄRTHOLD in verschiedenen Schriften 1 8 7 6 — 9 0 ; HÖFFDING, S . K. als P h i l o s o p h IFrommanns Klassiker der Philos. Bd. 3), Stuttg. 1896, 2. Aufl. 1902; P H . MÜNCH 1902 ; GERH. NIEDERMEYER, K. und die Romantik (Falckenbergs Abhh. Heft 11) 1909 ; CHR. NIELSEN, Der Standpunkt K.s innerh. der Religionspsychol. (Erl. Diss.) 1 9 1 1 . Eine Auswahl von BÄRTHOLD (E. Dennerts Ewigkeitsfragen 2), Hamb. 1906. s R. Nielsen: Grundideemts Logik 1 8 6 4 — 6 6 , veranlaßte einen Streit mit G. Brandes. Über ihn P. A . ROSENBERG, Nordens Filosof 1903, wird auch deutsch erscheinen ; ED. ASMUSSEN, Entwicklungsgang und Grundprobleme der Pliilos. N.s, Flensburg 1911.
HOLLAND.
^63
Kirche muß der große Abstand vom Ideale aufrichtig eingestanden werden. Das Christentum war den Menschen zu hoch und zu streng: Luther hat über dem Versöhner das Vorbild Christi vergessen. Der Protestantismus ist eine Reaktion des Menschlichen gegen das Christliche, ist eine plebejische Nivellierung, er zehrt von der Heldenzeit der ersten christlichen Jahrhunderte, ohne neue Helden hervorzubringen. Das Christentum ist zu einem Idyll, einem Weihnachtsspaß, Gott aus einem strengen Vater ein nachsichtiger Großvater geworden. Das Weib macht es dem Manne unmöglich, für den Geist, für ein Unbedingtes zu leben. Das Christliche kann mit der humanen Bildung keinen Bund schließen; im Sinne des Neuen Testamentes ist es der tiefste, unheilbarste Bruch mit dieser Welt. „Luther hatte 95 Thesen; ich hätte nur eine: das Christentum ist nicht da." Kierkegaard erfuhr Widerspruch von Georg Brandes (geb. 1842) und H a n s B r ö c h n e r (1820—75). Unter den Forschern der Gegenwart stehen in erster Reihe die Kopenhagener Professoren H a r a l d H ö f f d i n g 1 (geb. 1843) und K r i s t i a n K r o m a n 2 (geb. 1846). Das Werk des Mediziners K a r l L a n g e Über Gemütsbewegungen ist deutsch 1887 erschienen; desgl. A l f r e d L e h m a n n : Die Hypnose 1890, Die Hauptgesetze des Gefühlslebens 1892, Die körperlichen Äußerungen psychischer Zustände 1905, Lehrbuch der psychol. Methodik 1906, Aberglaube und Zauberei. Des Religionsforschers Edw. Lehmann „Mystik im
Heidentum
und
Christentum"
hat
BAUM übersetzt (NG. 217) 1908. zu nennen. —
ANNA
GRUNDTVIG geb.
QUITTEN-
Als Sprachphilosoph ist Otto Jespersen
Uber die holländische Philosophie im 19. Jahrhundert hat G. v. ANTAL eine Studie (Utrecht und Wittenberg 1888) veröffentlicht, womit zu vergl. die Artikel von LAND in „Mind" 1878, von ROORDA im 10. Bande der ZPhKr. 1843 und von VAN DER WYCK „Kant in Holland, I I " in V K S t . Bd. 8, 1903. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts behauptet ein sich an die Alten, namentlich Piaton, zum Teil auch an Hegel, Krause und besonders Kant anlehnender Idealismus das Feld, 1
H ö f f d i n g : D i e G r u n d l a g e n der humanen E t h i k 1876, deutsch 1880; P s y c h o -
l o g i e in U m r i s s e n Ethik
1882, 4. A u f l . 1898, d e u t s c h von BENDIXEN 1887, 3. Aufl.
1887, deutsch
(VwPh.
von
B d . 13 u. 14)
(ebenda B d .
15)
1891;
demselben
1889—90; Ethische
1888,
Die
2. Aufl.
Gesetzmäßigkeit
Prinzipienlehre,
Bern
1 9 0 1 ; die aus G a s t v o r l e s u n g e n in U p s a l a entstandenen 1903 b e h a n d e l n das B e w u ß t s e i n s - , E r k e n n t n i s - , der
erweiterten A u s g a b e
1911
sind
sie
betitelt
Der
2
Über
der
Probleme"
Wertungsproblem,
menschliche
1905.
Aktivität
Religionsphilosophie
„Philosophischen und
1901;
Wiedererkennen
psychischen
1896;
Daseins-
F o r m e n u n d seine A u f g a b e n ; M o d e r n e P h i l o s o p h e n 240 1 u n d
1901;
Siehe
Gedanke,
auch
in
seine
o b e n S . 14,
5621.
Kroman:
Psychologie
1882,
Unsere
Naturerkenntnis,
3. A . 1899,
deutsch
von
deutsch
1883;
BENDIXEN
Kurzgefaßte
1899;
Die
Logik
allgem.
deutsch v. dems. 1904; Ü b e r W e s e n u. B e d e u t u n g der P h i l o s . ( V w P h . 9) 1885. 36*
und
Ethik,
HOLLAND: OPZOOMER.
5 1862), speziell der Umsetzung der Wärme in Bewegung, das die quantitative Unveränderlichkeit erweiternd vom Stoff auf die Kraft, aus der Chemie in die Physik übertrug und dazu aufforderte, alle in der Welt wirksamen Kräfte auf ihre Umwandelbarkeit ineinander zu prüfen; die durch H e i n r i c h H e r t z ' 3 epochemachende Untersuchungen eröffnete Einsicht in
1 Ober Joh. Müllers philosophische Anschauungen handelt KARL POST (B. Erdmanns Abhh. Heft 21) 1905. 1 Rob. (von) Mayer, Arzt in Heilbronn (1814—78): Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur (Annalen der Chemie, Bd. 42) 1842; Die organische Bewegung 1845; Bern. Uber das mechanische Äquivalent der Wärme 1851; Die Mechanik der Wärme 1867, 3. A. 1893. Über die Erhaltung der Kraft, 4 Abhh. (Voigtländers Quellenbücher 12) 1912. Über ihn E. DÜHRING 1879, 2. A. 1904, zweiter Teil 1895; JAK. V. WEYRAUCH 1890 (ders. hat auch Mayers Kleinere Schriften und Briefe herausgeg. 1893); AL. RIEHL in der Sigwartfestschrift 1900; S. FRIEDLÄNDER (Klass. der Naturwiss. 1) 1905. Vorangegangen waren Lavoisier mit der Erhaltung der Materie und Dalton mit der Konstanz der Atomgewichte. S H. Hertz (1857—94; Die Prinzipien der Mechanik 1894, 2. A. 1910, dritter Band der gesammelten Werke) bekennt sich zum Kantischen Apriori: was aus Erfahrung stammt, kann durch Erfahrung wieder vernichtet werden. Es ist die höchste und wichtigste Aufgabe der Naturerkenntnis, daß sie uns befähige, zukünftige Erfahrungen vorauszusehen, um nach dieser Voraussicht unser Handeln einrichten zu können. Die inneren Bilder äußerer Gegenstände, die wir uns machen, müssen zulässig, richtig und zweckmäßig sein. Ein System will nur die konsequente Durchfuhrung eines möglichen Gesichtspunktes sein. Über ihn KLEINPETER und HACKS
F a l c k e n b e r g , Neuere PhUos. 7. Aufl.
39
EINFLUSS DER NATURWISSENSCHAFT AUF DIE PHILOSOPHIE.
6io
die Wesensverwandtschaft der Elektrizität und des Lichtes (1889), die auch von Lotze (1843) befürwortete Ausdehnung der mechanischen Erklärung auf die Lebensvorgänge, sodann die D a r w i n s c h e Theorie 1 (1859), die durch natürliche Zuchtwahl im Kampf ums Dasein mittels Vererbung und Anpassung die organischen Arten sich auseinander entwickeln läßt; der erneute Kampf um die Berechtigung der Atomistik 2 , Fortschritte der Hirnanatomie und Versuche einer verbesserten Phrenologie 3 , dazu die metageometrischen Spekulationen 4 von Gauß (1828), B e r n h a r d R i e m a n n (Über die Hypothesen, welche der Geometrie zugrunde liegen 1854, veröffentlicht 1867), Helmholtz (1868), B. Erdmann (Die Axiome der Geometrie 1877), G. Cantor u. a., die unseren euklidischen, dreidimensionalen Raum als einen Spezialfall des unanschaulichen aber denkbaren analytischen Begriffs eines Raumes von n Dimensionen im A s P h . Bd. 5, H e f t 2, 1899; R . MANNO, H . Hertz für die Willensfreiheit? WALTER POLLACK,
Über
die
philosophischen
Grundlagen
der
1900;
wissenschaftlichen
Forschung 1907 (S. 7of.). * Eine kritische Darstellung klärungsursachen 1892.
gibt
der
modernen
OTTO HAMANN,
Entwicklungslehre
Entwicklungslehre
und
und
ihrer
Darwinismus,
ErJena
Vgl. auch O . LIEBMANN, Anal. d. W i r k l . ; ED. V. HARTMANN (oben S. 594);
GIZYCKI, Philosoph. Konsequenzen der Entwicklungstheorie Darwinsche
Theorie
1876;
R . H . FRANCE,
Der
heutige
I876; Stand
R. SCHMID, D i e der
Darwinschen
F r a g e n 1906; LUDWIG PLATE, Selektionsprinzip und P r o b l e m e der Artbildung 1900, 3. A . 1908, Der gegenwärtige Stand der Abstammungslehre, zugleich ein W o r t gegen Reinke
1909;
JUL. W I E N E R ,
Licht- und Schattenseiten
des Darwinismus
(Oesterr.
Rundschau 1. Febr.) 1909. 2
Wilh. O s t w a l d in L e i p z i g tritt
für eine
D i e Energie und ihre Wandlungen 1888;
Die
energetische
Überwindung
des
Weltansicht
ein:
wissenschaftlichen
Materialismus, Rede auf der Naturforscherversammlung zu L ü b e c k 1895; Vorlesungen über N a t u r p h i l o s o p h i e
1901, 3. Aufl. 1905; Naturphilos. in „Systemat. Philos."
1907; Grundriß der Naturphilos., bei Reclam 1908; D i e Energie, (Wissen und Können, Bd. 1) 1908; G r o ß e Männer 1909; Energetische Grundlagen (Klinkh. 16) 1909; A b h a n d l u n g e n u. Vorträge 1904. Zeitschrift
„Annalen
der Naturphilosophie" heraus.
der Kulturwissenschaft
Seit 1902 gibt OSTWALD die Über ihn FR. WOLFG. ADLER,
Bemerkungen über die Metaphysik in der Ostwaldschen Energetik (aus V w P h . ) 1905 ; W . v . SCHNEHEN, Energetische Weltanschauung f 1908; trag:
Die
bleme
Einheit
des physikalischen
der Atomistik, Vortrag,
Weltbildes
2. Aufl.
1896.
M. PLANCK, L e i d e n e r Vor-
1909. —
A . RIEHL,
Viktor Philos.
Meyer, der
S. 1 4 6 — 1 5 0 . DIFPE, Atomismus, Dynamismus und Energetik, Soest 1904. 3 Paul F l e c h s i g in L e i p z i g (Gehirn und Seele, Rektoratsrede 1894, Aufl. 1896; vgl. ZIEHEN in der Z P s . Bd. 1 3 , S. 350) und Assoziationszentren. 4
Pro-
Gegenwart, 2. verb.
trennt mehrere Sinnessphären
Eine Zusammenstellung der Hauptresultate in Anm. 29.
V g l . LIEBMANN, Anal, der Wirkl., 2. Aufl. S. 5 3 — 5 9 .
Auch
G. F r e g e
Jena (BegrifTsschrift 1879; D i e Grundlagen der Arithmetik 1884; Funktion griff 1891; Über Sinn und Bedeutung, in der Z P h K r . , Bd. 100,
1892;
und
in Be-
Grundgesetze
der Arithmetik, I. Bd. 1893) hat das Zwischengebiet zwischen Mathematik und Philosophie zu seinem Arbeitsfelde gewählt.
W i r notieren noch
Göttingen, Philos. der Arithmetik, Bd. I 1891.
Edmund
Husserl
in
Òli b e t r a c h t e n , d a s alles g a b a u c h aussehende Probleme.
d e r Philosophie b e d e u t e n d e u n d
weit-
D e r U m s t a n d , daß j e n e T h e o r i e n auf d e m e i g e n e n
G e b i e t e n o c h tief im H y p o t h e t i s c h e n stecken, scheint d e n E i f e r , sie auf f r e m d e G e b i e t e u n d auf d a s W e l t g a n z e zu übertragen, e h e r geschürt als gemäßigt zu h a b e n . Hypothese
S o h a b e n namentlich die D a r w i n i s t e n die biologische
des Meisters
unverzagt
als
philosophisches Weltprinzip
fruktifizieren u n d d e n Gesichtspunkten d e r m e c h a n i s c h e n
lehre a u c h die G e i s t e s w i s s e n s c h a f t e n zu u n t e r w e r f e n versucht. Spitze steht E r n s t H a e c k e l 1
zu
EntwicklungsA n ihrer
in J e n a (geb. 1 8 3 4 , trat 1 9 0 9 v o n d e r L e h r -
tätigkeit zurück), d e s s e n „ W e l t r ä t s e l " eine F l u t v o n G e g e n s c h r i f t e n
2
hervor-
gerufen h a b e n . Neben Haeckel nennen wir G. Jäger, A. Schleicher (Die darwinsche Theorie und die Sprachwissenschaft 1865), Emst Krause (Carus Sterne, f 1903, der Herausgeber des „Kosmos" 1877—86; Werden und Vergehen 1876), O. Caspari, Barthol. Carneri ("j" 1909; Sittlichkeit und Darwinismus 1871, Der moderne Mensch 1890), O. Schmidt (Deszendenzlehre und Darwinismus 1873), du Prel, Paul Rèe (Psychologische Beobachtungen 1875, Der Ursprung der moral. Empfindungen 1877, Die Entstehung des Gewissens 1885, Die Illusion der Willensfreiheit 1885, aus dem Nachlaß: Philosophie 1903), G. H. Schneider (Der tierische Wille 1880, Der menschliche Wille 1882, Freud und Leid des Menschengeschlechts 1883), Rolph (Biologische Probleme 1882), Aug. W e i s m a n n in Freiburg i. B. (geb. 1834; Studien zur Deszendenztheorie 1875—76, Aufsätze über Vererbung 1892, Äußere Einflüsse als Ent1 Haeckel: Generelle Morphologie 1866 (daraus neugedruckt: Prinzipien der Gen. Morph, der Organismen 1906); Natürliche Schöpfungsgeschichte 1868, I I . Aufl. 1909; Anthropogenie 1874, 6. Aufl. 1 9 1 0 ; Ziele und Wege der heut. Entwicklungsgeschichte 1875; Freie Wissenschaft und freie Lehre (Entgegnung auf Virchows Münchner Rede „Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staat" 1877) mit Einleitung von HEINR. SCHMIDT 1908; Der Monismus 1893, 15. Aufl. 1 9 1 1 ; Die W e l t r ä t s e l 1899, Volksausgabe 1903; Die Lebenswunder 1904, Volksausg. 1906; Der Kampf um den Entwicklungsgedariken, Berliner Vorträge 1905; Das Menschenproblem und die Herrentiere von I.inni, Vortrag 1907; Das Weltbild von Darwin und Lamarck 1909; Zellseelen und Seelenzellen 1909; Gemeinverständl. Vorträge u. Abhh., 2. A. 1902. 2
PAULSEN, H . als Philosoph, in der „ P h . militans", 3 . Aufl. 1 9 0 8 ; J . BAUMANN,
Häckels Welträtsel, 3. Aufl. 1905; E. ADICKES, Kant kontra Haeckel 1901, 2. Aufl. 1906; FRANK THILLY, The world view of a scientist: Haeckels fhilosophy in der Populär Science Monthly Sept. 1902; M. APEL, Kritische Anmeikungen zu H.s Welträtseln 1903, 4. Aufl. 1905; OLIVER LODGE, Leben und Materie 1905, deutsch 1908; AD. HANSEN , Haeckels Welträtsel und Herders Weltanschauung 1907; WlLH. V. SCHNEHEN, Haeckels „reiner" und „konsequenter" Monismus (Der Monismus, Band 2, S. 103—149) 1908; O. D. CHWOLSON, Physiker in Petersburg: Hegel, Haeckel, Kossuth und das zwölfte Gebot 1906, 2. A. 1908; ders., Zwei Fragen an die Mitglieder des deutschen Monistenbundes 1908; ED. HITZIG, Welt und Gehirn 1905; JOH. REINKE, Haeckels Monismus 1907, Neues vom Haeckelismus 1908. Gegen den Monismus spricht sich ferner aus der Berliner Paläontolog Wll.H. BRANCA in den Schlußbetrachtungen seiner Schrift: Der Stand unsrer Kenntnisse vom fossilen Menschen 1910. 39*
6l2
IDEALISTISCHE
GEGENSTRÖMUNG.
wicklungsreize 1894, Vorträge über Deszendenztheorie 1902, 2. Aufl. 1904, Die Selektionstheorie 1909), Heinrich Ernst Ziegler in Jena, Herausgeber des Sammelwerks Natur und Staat, Beiträge zur naturwissenschaftlichen Gesellschaftslehre 1903, Wilh. Kleinsorgen, Zellular-Ethik 1912.
Außer der Erkenntnistheorie, an deren Bearbeitung sich die hervorragendsten Naturforscher 1 mit Scharfsinn und Glück beteiligen, verraten auch die Psychologie und die praktischen Fächer den Einfluß des naturwissenschaftlichen Geistes. Während Gesellschaftslehre und Ethik nach englischem Muster eine empirische (oft eine biologische) Grundlage suchen und die Resultate der Statistik philosophisch zu verarbeiten begonnen haben 2 , bemüht sich die Psychologie — neben Fechner und den Herbartianern ist hier vor allem W. Wundt und seine Schule zu nennen — um Gewinnung exakter Ergebnisse hinsichtlich des Seelenlebens und seines Verhältnisses zur leiblichen Unterlage. Wundt und Haeckel greifen beide auf die spinozistische Parallelität der materiellen und der geistigen Existenz zurück, nur daß dieser bloß das Nichtohneeinander beider Seiten (des Zellkörpers und der Zellseele) bei realer Differenz und metaphysischem Übergewicht .der körperlichen Seite, jener aber die wesentliche Einheit von Leib und Seele und die höhere Realität der geistigen Seite betont. 2. I d e a l i s t i s c h e R e a k t i o n g e g e n d e n Geist.
naturwissenschaftlichen
Gegen die Präponderanz der Naturwissenschaft und die durch sie bedingte empiristisch-skeptische Tendenz der Philosophie hat sich mit den Jahren wachsend eine idealistische Gegenströmung geltend gemacht. 1 Helmholtz, Virchow (1821—1902), Zöllner (1834—82, Ober die Natur der Kometen 1872, 3. Aufl. 1883), Ludwig Boltzmann in Wien (1844—1906; Populäre Schriften 1905) und E m i l du B o i s - R e y m o n d (1818—96), der in den Vorträgen Ober die Grenzen der Naturerkenntnis 1872 und Die sieben Welträtsel 1880 (beide zusammen 1882, 9. resp. 5. Aufl. 1903, auch in der ersten Folge der Reden 1886, 2. A . 1912) die Entstehung des Organischen, die zweckmäßige Natureinrichtung und das Denken fiir in der Zukunft lösbare Probleme, dagegen das Wesen der Materie (Atome) und der Kraft (Fernewirkung), den Ursprung der Bewegung, das Zustandekommen des Bewußtseins (der Empfindung nebst Lust und Schmerz) aus den erkennbaren Bedingungen des geistigen Lebens und die Freiheit des Willens für unbedingte Grenzen des Naturerkennens erklärt. Über Mach siehe oben S. 606. — B . S t a l l e , Die Begriffe und Theorien der modernen Physik, deutsch von KLEINPETER, 1901, 2. A . 1911. F e l i x A u e r b a c h , Die Grundbegriffe der modernen Naturlehre (NG. 40) 1902, 3. Aufl. 1910; ders., Kanon der Physik 1899. 2 Albert E. Fr. S c h ä f f l e in Stuttgart (1831—1903): Die Quintessenz des Sozialismus 1874, 15. A . 1911; Bau und Leben des sozialen Körpers 1 8 7 5 — neue Aufl. in 2 Bänden 1896; Abriß der Soziologie 1906; Alex. v. Ö t t i n g e n in Dorpat (1827—1905): Die Moralstatistik in ihrer Bedeutung für eine Sozialethik, 1869—74, 3. A. 1882; A . H e u e r m a n n : Die Bedeutung der Statistik fiir die
W.
DILTHEY.
W i l h e l m D i l t h e y 1 ( 1 8 3 3 — 1 9 1 1 , seit 1882 Prof. in Berlin) gibt zwar die Metaphysik als Grundlegung preis, aber er erklärt sich (unter Zustimmung Gierkes, Preuß. Jahrbücher, Bd. 53, 1884) g e g e n d i e Übertragung der naturwissenschaftlichen Methode auf die Geisteswissenschaften, die eines eigenen Fundamentes bedürfen. U m ihnen eine zuverlässige Grundlage zu bieten, muß die Psychologie auf „Erklärung" der Erscheinungen des Seelenlebens durch Hypothesen, die sie an den T a t sachen nicht zu erproben vermag, verzichten, sich Beschreibung und Zergliederung derselben zum Ziel setzen und vom lebendig gegebenen Zusammenhang des Ganzen aus die einzelnen Vorgänge zu „verstehen" suchen. Die erklärende Psychologie will die psychischen Erscheinungen einem Kausalzusammenhang vermittels einer begrenzten Zahl eindeutig bestimmter Elemente unterordnen (etwa sie sämtlich bloß aus Empfindungen und Gefühlen konstruieren). Nun sind aber die Tatsachen in den Naturwissenschaften von außen, durch die Sinne, als Phänomene und einzeln, in den Geisteswissenschaften dagegen von innen, als Realität und als ein lebendiger Zusammenhang gegeben. Die Natur e r k l ä r e n wir, das Seelenleben v e r s t e h e n wir. In der Psychologie ist der Z u s a m m e n h a n g ursprünglich und beständig im Erleben gegeben, im Naturerkennen muß er erst durch ergänzende Schlüsse den Tatsachen untergelegt, durch Hypothesenbildung hergestellt werden. Deshalb spielen Hypothesen auf psychologischem Gebiet weder dieselbe Rolle noch besitzen sie die gleiche Leistungsfähigkeit wie innerhalb des Naturerkennens; sie haben keine Aussicht, je zu dem Range von Theorien erhoben zu werden, und ihr Kampf wird nie endigen. Die Aufgabe der Psychologie ffcr die Geisteswissenschaften — die volle Wirklichkeit des Seelenlebens zu einer Darstellung und tunlichst Analysis von höchsterreichbarem Sicherheitsgrade zu bringen — kann durch eine Konstruktion aus hypoE t h i k 1879.
Über
die
verschiedenen
Formen der
Soziologie vgl. P. BARTH,
Philos. der Geschichte I, 1897. 1) Dilthey (vgl. oben S. 15, 16, 443, 445):
Einleitung
schaften, erster (einziger) T e i l
Einbildungskraft und
1883;
Dichteiische
R e d e 1886; D a s SchafTen des Dichters, in den
Zelleraufsätzen
LösuDg der F r a g e vom Ursprung unseres Glaubens an und seinem R e c h t ,
in die
die
Sitzungsber. der Berl. A k a d . d. Wiss.
1890;
Geisteswissen-
>887;
Realität
Die
Wahnsinn,
Beiträge
der
zur
Außenwelt
Ideen
über
beschreibende und zergliedernde Psychol., ebenda 1894; Beiträge zum Studium
eine der
Individualität, A k a d . 1896; D i e Entstehung der Hermeneutik, in der Sigwartfestschrift 1900; Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften, Sitz. d. Akad. 1905; Erlebnis und die Dichtung (Lessing, Goethe, Novalis, Hölderlin)
1906,
3. A.
Das 1910;
D a s Wesen der Philos. (in K d G . , „Syst. Philos.") 1907; D e r A u f b a u der geschichtlichen W e l t
in den Geisteswissenschaften, erste Hälfte, A b h h . d. A k a d .
T y p e n der Weltanschauung (in dem Sammelband „Weltanschauung") 1911.
1910;
Die
Über ihn
MAX FRISCHEISEN-KÖHLER, D . als Philosoph (Logos 3, S. 2 9 — 5 8 ) 1 9 1 2 ; ders., Nachruf ( V K S t . 17 S. 161) 1 9 1 2 ; ED. SPRANGER, Gedächtnisrede 1 9 1 2 ; B . ERDMANN, desgl. ( A b h h . der A k a d . )
1912.
614
IDEALISTISCHE GEGENSTRÖMUNG.
thetischen Erklärungselementen nicht aufgelöst werden. Sie muß vom entwickelten Seelenleben ausgehen, nicht aus elementaren Vorgängen es ableiten. Wir „erklären" durch rein intellektuelle Prozesse, aber wir „verstehen" (einen Satz, eine Gebärde, eine Handlung) durch das Zusammenwirken aller Gemütskräfte in der Auffassung und machen uns aus dem lebendig gegebenen Zusammenhang des Ganzen das Einzelne faßbar: das Auffassen des Ganzen ermöglicht und bestimmt die Interpretation des Einzelnen. Als Eigentümlichkeiten der inneren Wahrnehmung ergeben sich: I. daß man an ihr besonders deutlich erkennt, wie die elementaren logischen Vorgänge (unterscheiden, gleichfinden, Grade der Verschiedenheit bestimmen, verbinden, trennen, abstrahieren, mehrere Zusammenhänge zu Einem verknüpfen) von der Auffassung der Bestandteile selber unabtrennbar sind; 2. daß der einzelne Vorgang von der Totalität des Seelenlebens im Erlebnis getragen ist; (auf der vollen Realität jedes Objektes, auf dem unmittelbaren Gegebensein des inneren Zusammenhangs in demselben, beruht die Sicherheit in dem psychologischen Verfahren, die verstärkt wird dadurch,) 3. daß die seelischen Tatsachen und ihre Verbände mit einem verschiedenen Bewußtsein des Wertes der einzelnen Funktionen für das Ganze in uns auftreten, welches das Wesentliche vom Unwesentlichen scheidet und der psychologischen Abstraktion für ihr Herausheben des Lebenszusammenhanges einen Leitfaden darbietet, den das Naturerkennen nicht besitzt; 4. daß, wie die Auffassung innerer Zustände, so die psychologische Forschung, in die sie übergeht, aus dem Erleben selber herauswächst und in diesem stets ihre Wurzeln behalten muß, wenn sie gesund und lebenskundig bleiben soll. — Die Aufeinanderfolge der psychischen Vorgänge wird von zwei Arten von Regelmäßigkeiten bestimmt. Die einen, die ä u ß e r l i c h e n G l e i c h f ö r m i g k e i t e n werden — analog den Gesetzen der äußeren Natur — an einzelnen ausgesonderten Prozessen (wie Assoziation, Reproduktion, Apperzeption) induktiv e r s c h l o s s e n ; dabei können verschiedenartige Faktoren, auch wenn sie zusammenhangslos wie Schichten in dem seelischen Bestände übereinander gelagert sind, (etwa ein äußerer Eindruck) die gegenwärtige seelische Lage ändern. Die andre Art von Regelmäßigkeit ist als „psychische Struktur" zu bezeichnen. Die S t r u k t u r ist eine Anordnung, in der psychische Tatsachen durch eine i n n e r e e r l e b b a r e Beziehung miteinander verknüpft sind; die Beziehung kann zeitlich auseinanderliegende Erlebnisse oder in solchen enthaltene V e r haltungsweisen als Teile des psychischen Zusammenhanges miteinander verbinden. Solche inneren Beziehungen sind die einer Wahrnehmung auf einen Gegenstand, der Schmerz über ein Ereignis, das Streben nach einem Gute; ferner das Verhältnis des Begründenden zum Begründeten, oder das von Zweck und Mittel. Diese Tatsache der inneren Beziehung ist dem psychischen Leben ausschließlich eigen.
DILTHEY.
Eine nachteilige Wirkung der erklärenden Psychologie auf die Geisteswissenschaften zeigt sich in der d e t e r m i n i s t i s c h e n Richtung des Kriminalrechts. Manche Formen des Erwirkens (z. B. die, welche von Prämissen zu einem Schlußsatz, von einem Unlustgefühl zu einem Streben führen,) sind von dem Innewerden von Notwendigkeit, andre (wie die Überwindung eines Triebes durch eine pflichtmäßige Willenshandlung) von dem Gefühl der Freiheit begleitet. Freiheit als Anderskönnen einer einzelnen H a n d l u n g ist nur der vorstellungsmäßige Ausdruck für die Spontaneität und Lebendigkeit im Einwirken, die sich auf den ganzen Zusammenhang meines Handelns in meinem C h a r a k t e r bezieht. (Dies ist die Wahrheit der Lehren von der intelligiblen Freiheit.) Die in dem Verhältnis der letzten Handlung zu ihren Bedingungen enthaltene Erzeugung neuer Werte, die aus den Beziehungen der Motive für sich nicht errechnet werden können, ist keine Anomalie im Reiche des Geistes, vielmehr liegen hierfür in allen schöpferischen (ästhetischen oder intellektuellen) Handlungen Analogien vor. Daher ist das moderne Strafrecht nicht berechtigt, die langweilige, unbewiesene Vorstellung einer psychischen Maschine an die Stelle der Lebensbegriffe zu setzen, welche die klassische Jurisprudenz aus dem Bewußtsein von Verantwortlichkeit in den Willenshandlungen mustergültig entwickelt hat. (Die entscheidenden Stellen in F R I S C H E I S E N - K Ö H L E R S Lesebuch, S. 181—202 und 376—8.) In den Geisteswissenschaften sind Wirklichkeitserkenntnis, Wertbestimmungen, Normen und Zwecksetzungen verbunden, welche die für jene grundlegende „Selbstbesinnung" zu analysieren hat. Unter den Zweckzusammenhängen der Gesellschaft — den „Kultursystemen" Kunst, Religion und Philosophie •— fällt der letzteren als der „Weltanschauungslehre" die Aufgabe zu, das Welt- und Lebensrätsel aufzulösen, Wert und Bedeutung der Welt in der Form allgemeiner Begriffe zu erfassen. Die Metaphysik vermag jedoch den Zusammenhang von Wirklichkeitserkennen, Wertgebung und Zweckhandlung im Weltgrunde nicht widerspruchsfrei zu denken: das Ideal eines logischen Weltzusammenhangs ist undurchführbar. A b e r nicht bloß die Konzeption transzendenter Begriffe führt zu Antinomien, sondern es gibt, da sich Erfahrungen letztlich nicht ganz in Begriffe auflösen lassen, immanente Antinomien im Erfahrungsgebiete selber. Es ist unmöglich, Erlebnisse überall zu Begriffen zu erheben. Der
Kritizist
Wilhelm
1 W i n d e l b a n d (geb. 1848):
Windelband'
in Heidelberg
P r ä l u d i e n , T ü b . 1884, 4. A . 1 9 1 1 ;
G e s c h i c h t e und N a t u r w i s s e n s c h a f t , S t r a ß b u r g 1 8 9 4 ,
3. A .
1904;
T r a d i t i o n im K u l t u r l e b e n , V o r t r a g , W i e n Pragmatismus)
1909; Über die E r n e u e r u n g
Rektoratsrede:
Vom
K a t e g o r i e n , Sigwartfestschrift 1900; Über W i l l e n s f r e i h e i t 1904; . W e s e n
scheidet
System
der
u. W e r t
der
1908; D e r W i l l e zur W a h r h e i t (gegen den des Hegelianismus, A k a d e m i e r e d e
1910
6i6
W I N D E L B A N D UND
RICKERT.
streng von den Naturwissenschaften die geschichtlichen ab. Im Anschluß an seine Rede von 1894 trennt H e i n r i c h R i c k e r t 1 in Freiburg i. B. von der N a t u r w i s s e n s c h a f t , welche die unendliche Mannigfaltigkeit des Gegebenen (der Gestalten und Vorgänge), vom Einzelnen abstrahierend, durch Begriffe und- Gesetze überwindet, die G e s c h i c h t e , die es mit dem Individuellen, also mit der vollen Wirklichkeit zu tun hat. Dort wird die Wirklichkeit mit Rücksicht auf das A l l g e m e i n e erfaßt, hier mit Rücksicht auf das B e s o n d e r e dargestellt. Unter den Begriff der Natur-, d. h. der Begriffs- und Gesetzeswissenschaft (im Gegensatz zur historischen Wiiklichkeitswissenschaft) fallen auch erklärende Psychologie und Soziologie. Von der Cohenschen Schule, den Neukantianern im engeren Sinne, die in Kant den- Theoretiker der mathematischen Naturwissenschaft sehen, unterscheidet sich der Windelbandsche Kreis, der an die dritte Kritik und an Fichte-Hegel anknüpft, dadurch, daß er das Hauptgewicht auf die G e s c h i c h t e legt, auf eine W e r t lehre ausgeht (Kritizismus ist ihm die Lehre von den allgemeinen und notwendigen Wertungen) und in seiner freieren Haltung mit verwandten Richtungen, wie denen Lotzes und Euckens, Fühlung gewinnt. — In der Urteilslehre vertritt Rickert eine Werttheorie. Das kritische Lustgefühl ist — anders als das sinnliche — unabhängig von der Stimmung des Augenblicks; das Eigentümliche der „logischen" Beurteilung ist der Glaube an die zeitlose Geltung des im Urteil Anerkannten. Dem Individualismus der Positivisten gegenüber verfechten die V ö l k e r p s y c h o l o g e n — an ihrer Spitze S t e i n t h a l und L a z a r u s (S. 486), zu der gleichen Richtung bekennt sich G u s t a v G l o g a u 2 in Über Gleichheit u. Identität (Sitz. Heidelb. Akad., 14. Abh., Jahrg.) 1910; Kulturphilos. u. transz. Idealismus (Logos 1 , S. 186) 1911; Über Sinn u. Wert des Phänomenalismus (Heid. A k . ) 1912. Für die von WINDELBAND herausgegebene F e s t s c h r i f t für K . Fischer „Die Philosophie im Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts", 2 Bände, 1904—05 hat W. selbst die Logik und die Geschichte der Philos. geliefert. Mitarbeiter sind Wundt (Psychologie), Bauch (Ethik), Tröltsch (Religionsphilos.), Groos (Ästhetik), Rickert (Geschichtsphilos.), Lask (Rechtsphilos.) nnd in der 2. Aufl. 1907 Th. Lipps (Naturphilos.). Seit 1912 gibt WINDELBAND mit A. RÜGE eine Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften heraus, von der als erster Teil die Logik vorliegt. 1 Rickert (geb. 1863): Der Gegenstand der Erkenntnis 1892, 2. A. 1904; Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung 1896—1902; Rede: Kulturwissenschaft und Naturwissenschaft 1899, 2. A. 1910; Über die Aufgaben einer L o g i k der Geschichte (gegen Tönnies, AsPh. 8) 1902; Zwei Wege der Erkenntnistheorie (VKSt. 14, S. 169—228) 1909; Das Eine, die Einheit und die Eins (Logos 2, S. 26) 1911. Über ihn O. SCHLUNKE, Rickerts Lehre vom Bewußtsein 1912. 2 G l o g a u : (Zwei wissenschaftl. Vorträge über die) Grundprobleme der Psychol. 1877; Abriß der philosophischen Grundwissenschaften, erster Teil: Die Form und die Bewegungsgesetze des Geistes 1880, zweiter Teil: Das Wesen und die Grundformen des bewußten Geistes 1888. Grundriß der Psychologie 1884. Die Hauptlehren der Logik und Wissenschaftslehre 1894. Vorstadium und Anfange der Philos., aus dem Nachlaß herausgeg. von H. SIEBECK 1895. Glogaus Vorlesung über Religionsphilos.,
6i 7 Kiel ( 1 8 4 4 — 9 5 ) —
die Macht des Allgemeinen über die Einzelgeister.
D e r Volksgeist sei nicht eine Redensart, ein leerer Name, sondern eine reale Kraft, nicht die Summe der zum Volke gehörenden sondern
Individuen,
eine übergreifende und beherrschende Macht, welche in der
Gesamtheit Prozesse (z. B. die Sprache) erzeugt, die in den Einzelnen als solchen nicht vorkommen würden. nur
als Glied
der Gesellschaft,
Wahrhaft Mensch werde jeder
die Gemeinschaft sei das Subjekt
des
höheren Geisteslebens. Wenn
die Völkerpsychologie, deren N a m e nur sehr unvollkommen
die umfassende Absicht einer Psychologie der Gesellschaft oder des allgemeinen
Geistes ausdrückt,
gleichsam auf empirischem W e g e
Hegels
Ansicht vom objektiven Geiste bestätigt, so will R u d o l f E u c k e n 1
in
herausgeg. von HANS CLASEN 1898. Über Gl. die Gedächtnisrede von DEUSSEN, SIEBECKS Nachruf (ZPhKr. Bd. 107) 1895, H. CLASEN, Glogaus System der Philos. (ebenda Bd. 1 1 8 u. 1 1 9 ) 1901, L. WEIS, Gedanken zu Glogaus Philos., Kiel 1905. Gl., sein Leben und sein Briefwechsel mit Steinthal, herausgeg. von seiner Witwe, das. 1906. Die Glogau-Gesellschaft hat seit 1899 bereits ihr dreizehntes Jahrbüchlein herausgegeben. 1 Eucken: D i e E i n h e i t des G e i s t e s l e b e n s in Bewußtsein und Tat der Menschheit 1888, Prolegomena dazu 1885 (eine ausführliche Analyse der letzteren von FALCKENBERG in der ZPhKr. Bd. 90, 1887); Die G r u n d b e g r i f f e der Gegenwart 1878, 2. A. 1903, seit der 3. Aufl. betitelt Geistige S t r ö m u n g e n der Gegenwart, 4. A. 1909; Der K a m p f um einen geistigen Lebensinhalt 1896, 2. A. 1907; Die Stellung der Philos. zur religiösen Bewegung der Gegenwart (ZPhKr. Bd. 1 1 2 ) 1898; Der Wahrheitsgehalt der R e l i g i o n 1901, 3. Aufl. 1 9 1 2 ; Vortrag Das Wesen der Religion 1 9 0 1 ; Gesammelte Aufsätze zur Philosophie und Lebensanschauung 1903; Beiträge zur Einführung in die Geschichte der Philos., 2. Aufl. 1906; Wissenschaft und Religion (Beitr. zur Weiterentw. der christl. Rel., Heft 7) 1906; G r u n d l i n i e n einer neuen Lebensanschauung 1907, 2. A. 1909; Hauptprobleme der Religionsphilos. der Gegenwart, drei Vorlesungen 1907, 4. A. 1 9 1 2 ; Der S i n n und W e r t des L e b e n s 1908, 4. Aufl. 1912; E i n f ü h r u n g in eine Philos. des Geisteslebens 1908; Können wir noch Christen sein? 1 9 1 1 . Andere Schriften Euckens siehe oben S. iö und 508. Über ihn FALCKBNBKRG, Euckens Kampf gegen den Naturalismus, aus der Erlanger Luitpoldfestschrift, Leipz. 1901. Seine Religionsphilosophie hat P. KALWEIT (Archiv für Religionswissenschaft) 1902, seine Theologie HANS PÖHLMANN, Berlin 1903, seine Welt- und Lebensanschauung O. SLEBERT, Langensalza 1904, 2. A . 1 9 1 1 dargestellt; AUG. MESSER behandelt ihn als Vorkämpfer des Idealismus (Deutsche Monatsschrift, Januar) 1904. Ferner RICHTER, Die Aufgabe der Gegenwart nach Eucken (Monatsschrift für christl. Pr., N. F., Jahrg. 2) 1902; OTTO TRÜBE, Euckens Stellung zum religiösen Problem (Erl. Diss.) 1904; VAN DER WYCK, Een fleidooi voor geestesleven (aus Onze Eeuw, 5. Jahrg. S. 97—150) 1905; HEINR. WALTER, Eine neue Begründung der Religion (Erl. Diss.) 1906; P. KALWEIT, R. Eucken (Christliche Welt, 20. Jahrg. Nr. 8—13) 1906; HERM. LESER, Der Grundcharakter der Euckenschen Philos. (aus HUGO RENNERS Philos. Wochenschrift Bd. 1—2, März bis Mai 1906), Enzyklopädie der Philos., Serie 2, Nr. 2—3, Charlottenburg 1907; W. R. BOYCE-GIBSON, Euckens philosophy of life, 2. A. 1907; O. BRAUN, Euckens Monismus (Der Monismus Bd. 2, S. 149) 1908; ders., Euckens Philos. und das
EUCKEN.
6i 8
Jena (geb. 1846) der Frage nach einem Gesamtgeschehen, einer durchgehenden Kraft, einer tragenden Einheit („Inbegriff") des Geisteslebens, in Fichtescher Art von dem sekundären Tatbestande des Bewußtseins zu einem ursprünglichen Realleben vordringend, auf (weder rein erkenntnistheoretischem noch metaphysischem noch psychologischem, sondern) noologischem W e g e beikommen und fordert, daß sich die Grundwissenschaft oder Prinzipienlehre nicht auf das Erkennen für sich, sondern auf das Gesamttun des Geisteslebens richte. D e m antiken (ästhetischen) Lebenssystem der Formgebung wie den beiden modernen (dynamischen) Syntagmen oder Tatsystemen des Naturalismus und des Intellektualismus wird das neue der „Personalwelt" entgegengestellt. Das Prinzip desselben ist die W e s e n s b i l d u n g — das Aufsteigen zum Wesen durch eigene T a t — , welche „Werk" und „Selbst" in das richtige Verhältnis zueinander setzt und ihren Höhepunkt (nicht im plastischen Gestalten, in der Kraftentfaltung oder dem Denkprozesse, sondern) im ethischen Handeln findet. In der Volltat ist der Gegensatz von Subjekt und Objekt, psychischer Funktion und Sache überwunden. — R e l i g i o n ist Überzeugung von der Überwelt. Für die „universale" Religion bedeutet Gottheit das absolute zugleich w e l t ü b e r l e g e n e und in der Welt w i r k s a m e Geistesleben. In der „charakteristischen" Religion tritt hinzu die Lebendigkeit Gottes mit den Eigenschaften der Macht und der Liebe. Alle positiven Religionen arbeiten an dem großen Werke, dem Menschen' eine neue Stufe der Wirklichkeit zu eröffnen und gegenwärtig zu halten, durch eine Umkehrung des nächsten Daseins ein wesenhaftes und ursprüngliches Leben zu erringen. Eine besondere Offenbarung wird abgelehnt, aber in dem Ganzen der Geschichte eine Bekundung und Entfaltung übergeschichtlichen Lebens erkannt. Gegen Versuche, die Religionspsychologie zur Grundlage der Religionsphilosophie zu machen, betont Eucken (Hauptprobleme der Rel. 4 am Schluß): „Anerkennung einer Bilduagsproblem
1909;
1909; T H . KAPPSTEIN, R . E „ der Erneuerer des d e u t s c h e n Idealismus
JOH. M I D D E N D O R F F
(f 1912), D a r s t e l l u n g
und krit. Erörterung der P h i l o s . E u c k e n s
unter v e r g l e i c h e n d e r H e r a n z i e h u n g T r e n d e l e n b u r g s (Erl. Diss.) 1 9 1 1 ; K O R T KESSELER. E u c k e n s W e r k , Bunzlau 1 9 1 1 ; ders., E u c k e n s B e d e u t u n g
für d a s m o d e r n e
Christen-
tum, e b e n d a 1 9 1 2 ; E. BOÜTROUX, E u c k e n s K a m p f u m einen neuen Idealismus, übers, v o n J. BENRUBI
191 I ;
H . HEGENWALD,
Euckens Lebensphilos. (ZPhKr.
Wesen
und
Begriff
des
Geisteslebens
in
142, S . 6) 1 9 1 1 ; BENRUBI ( D e u t s c h e R u n d ^ h a u , D e z . )
1 9 1 1 ; R . KADE, E . S n o o l o g i s c h e M e t h o d e in ihrer B e d e u t u n g für d i e R e l i g i o n s p h i l o s . 1912.
V o n E u c k e n und Class ist a u s g e g a n g e n P a u l K a i w e i t , D . e B e g r ü a d u n g d e r
R e l i g i o n (Jenaer Lizentiatenarbeit) 1902; D i e S t e l l u n g der R e l i g i o n ( N G . 225) 1908.
Ferner
erfuhren
im
Geistesleben
Einflüsse von E u c k e n : C. L i i l m i n o , E m i l F u c h s ,
O t t o Braun in Münster (Studien zur B e d e u t u n g s f o r s c h u n g 1 9 1 1 , G r u n d r i ß einer P h i l o s . d e s S c h a f f e n s 1 9 1 2 ) , O . K ä s t n e r ( S o z i a l p ä d a g o g i k u n d N e u i d e a l i s m u i 1 9 J 7 ) , H. L e s e r in E r l a n g e n
( D a s K u l t u r p r o b l e m unter kulturphilos. G e s i c h t s p u n k t
1901;
Pestalozzi
1 9 0 S ; In F r . F r ö b e l s B a h n e n 1909) und P a u l Oldendorf!, H ö h e r e S c h u l e und G e i s t e s kultur ( P ä d i g . M a g a z i n 463) 1 9 1 1 und G e i s t e s k u l t u r ( e b e n d a 4 8 1 )
1912.
G.
CLASS.
übermenschlichen, zugleich aber im Menschen gegenwärtigen Welt und Ehrfurcht vor dieser Welt, das ist die Grundbedingung aller Religion". Sie muß „grundsätzlich darauf bestehen, daß sie nicht nur gegenüber der Natur, sondern auch gegenüber der Kultur eine neue Welt bei sich selbst befindlicher Geistigkeit einführt; die deutliche Aufrechterhaltung dieses Kontrastes ist ihr wesentlich". Zu einem objektiven Idealismus verwandter Art gelangt auf eigenem Wege, von Schleiermacher und Hegel ausgehend, G u s t a v C l a s s 1 (1836 bis 1908) in seinem Hauptwerke 1896. Der phänomenologische Teil betrachtet das empirisch gegebene Verhältnis der Einzelgeister zu den allgemeinen geistigen Mächten, nämlich die Wechselwirkung zwischen den historischen I n h a l t e n (bestimmten Gestalten des religiösen, rechtlichmoralischen oder kulturlichen Lebens) und den I n d i v i d u e n , die sich ihrer in intellektueller Anschauung bemächtigen und sich konservativ oder kritisch, umbildend oder schöpferisch zu ihnen verhalten. Der onto(oder pneumato-)logische Teil will zu dem wahrhaft Realen, dem tiefsten Grunde jenes Geschehens vordringen. Er trennt von dem personalistischen seelisch-natürlichen Leben, das vom Gefühl bestimmt wird, das geistige oder sachliche, vom Gedanken regierte. Die wahre Wirklichkeit ist der Geist, d. h. das Zusammen fordernder Gedankensysteme und des sich frei entscheidenden und in Glaube und Liebe von dem idealen Inhalt durchdrungenen Ich. Wenn zum Schluß das Postulat der Unsterblichkeit aufgestellt wird, so ist nicht die der natürlichen Seele, sondern die des persönlichen Geistes gemeint. Da aber die Seele potentiell geistig ist, so kann sie durch den bezeichneten Prozeß zu aktuellem Geist werden. — In seinem letzten Werke 1904 sieht Class die Realität der Gottesidee verbürgt durch die „Zusage" oder den „kategorischen Indikativ", worin der absolute Geist dem sich für das Gebot entscheidenden, aber seines Könnens nicht gewissen Ich seinen Beistand, d. h. den Sieg des Geistes über die Natur verheißt, sowie historisch durch die göttliche Sendung providentieller Persönlichkeiten. Über mannigfache Versuche zur Begründung einer empirisch wohlfundierten, von den Tatsachen behutsam aufsteigenden M e t a p h y s i k haben wir an anderer Stelle 2 gehandelt. In der Frage über die Möglich1 Class (geb. in Niesky, gest. in München, war 1 8 7 8 — 1 9 0 1 Prof. in Erlangen): Ideale und Güter 1886; U n t e r s u c h u n g e n zur P h ä n o m e n o l o g i e u n d O n t o l o g i e d e s m e n s c h l i c h e n G e i s t e s 1896; Die Realität der Gottesidee 1904.; vgl. oben S. 259. Eine Schrift Elemente der göttlichen Weltordnung ist unvollendet geblieben. Über ihn HERM. BECHMANN, Der Entwicklungsgedanke in der Philos. von G . Class (Erlanger Diss.) 1906; HANS RUST, Class' Philos. in systemat. Darstellung (Falckenbergs Abhh. Heft 10) 1909. 2 R . FALCKENBERG: Über die gegenwärtige Lage der deutschen Philos., Erlanger Antrittsrede, Leipzig 1890.
METAPHYSIKER :
SPICKER.
keit der Metaphysik sind drei Richtungen zu unterscheiden. Links die Positivisten, die Neukantianer, die Bewußtseinsmonisten, die sie rundweg leugnen. Rechts eine freilich sehr zusammengeschmolzene Anzahl von Philosophen — z. B. Anhänger von Hegel, Herbart, Schopenhauer — , die, ohne sich zu Konzessionen an die moderne Erkenntnistheorie zu verstehen, an der Möglichkeit einer spekulativen Metaphysik im alten Stil festhalten. In der Mitte eine Gruppe von Denkern, die weder auf ein solides erkenntnistheoretisches Fundament, noch auf Gewinnung metaphysischer Überzeugungen zu verzichten gewillt sind. So Brentano, Ed. v. Hartmann, Wundt, J. Bergmann 1 in Marburg, Eucken, Liebmann, Volkelt (S. 5 7 0 , 601), Franz Erhardt 2 in Rostock, L. Busse (oben S. 592). Auch G i d e o n S p i c k e r 3 in Münster ( 1 8 4 0 — 1 9 1 2 ) darf hierher gestellt werden. Spicker ist teleologischer Metaphysiker. Gegner sowohl des mechanistischen Materialismus als des konfessionellen „Mythologismus", hält er an der Einheit Gottes und der Welt fest, unterscheidet aber scharf zwischen dem E w i g e n und dem Z e i t l i c h e n . Die Welt als Inbegriff alles Gewordenen hat einen Anfang genommen; ihm steht das Ewige selbständig gegenüber und ist nach Analogie des Menschen als ein Vernünftiges zu denken. In der Materie sieht Spicker in unendlichen Stufen und Graden beseelte aktuelle Kraftpunkte, aber nicht Willenseinheiten noch auch Monaden. Diese Summe endlicher Wesen war ursprünglich pontentiell im Absoluten enthalten; außer diesen potentiellen Kräften aber muß in der Substanz, als selbständigem Wesen, eine absolut aktuelle Kraft angenommen werden. U n d zwar kommt Gott nicht nur Verstand und Wille zu, sondern auch „Allmacht", d. h. Aseität und das Vermögen, eine Welt (non ex nihilo) aus sich hervorzubringen. D a s Universum ist nicht der adäquate Ausdruck des Absoluten, da sich im Endlichen ein Unendliches nie erschöpfen kann;
1
Bergmann (1840—1904): Grundlinien
Reine L o g i k 1879; Sein und Erkennen
einer T h e o r i e
des
Bewußtseins
1870;
1880; D i e Grundprobleme der L o g i k
1882,
2. Bearbeitung 1895; Über das Richtige 1883; Vorlesungen über M e t a p h y s i k
1886;
Über das Schöne 1887;
1900;
System des
objektiven
Untersuchungen Idealismus
1903.
über Hauptpunkte V g l . oben S. 14.
der
Philosophie
Über
ihn
G. THIELE
(Philos. Streifzüge, H e f t 1) 1904. 2
Erhardt (geb. 1864): Mechanismus und T e l e o l o g i e 1890; D e r Satz vom Grunde
1 8 9 1 ; Metaphysik, Bd. 1 : Erkenntnistheorie 1894; Kausalität und Naturgesetzlichkeit ( Z P h K r . Bd. 109) 1896; Ein Vertreter der T e l e o l o g i e unter den modernen B i o l o g e n (Reinke) in Hoensbroechs Monatsschrift „ D e u t s c h l a n d " , 1904; R e d e : Tatsachen, Gesetze, Ursachen 1912. s
H e f t 26,
S. 2 9 — 2 0 2 , NOT.
V g l . oben S. 109 und 593.
S p i c k e r : Über das Verhältnis der Naturwissenschaft
zur
Philos.
1874;
Ursachen des Verfalls der Philos. 1892; Der K a m p f zweier Weltanschauungen Versuch eines neuen Gottesbegriffs 1902; V o m
Kloster
ins
akademische
Die 1898;
Lehramt,
Schicksale eines ehemaligen Kapuziners 1908; A m Wendepunkt der christlichen Weltperiode 19,11.
BRENTANO.
LIEBMANN.
621
unter Unendlichkeit aber ist i n t e n s i v e Fülle von Macht und Gedanken zu verstehen. Raum ist die Summe der expandierenden Kräfte, Zeit deren Bewegung und Veränderung. F r a n z B r e n t a n o 1 (geb. 1838) habilitierte sich 1866 in Würzburg, wo er zum Professor befördert wurde, legte die 1874 in W i e n angetretene Professur 1880 nieder, setzte jedoch als Privatdozent seine Lehrtätigkeit eine Zeitlang dort fort, lebt in Florenz. Sein auf streng empiristischer Grundlage aufgebautes, in einer theistischen Weltanschauung gipfelndes System fußt auf einer deskriptiven Seelenlehre (Beschreibung und Analyse des Bewußtseins, Aufdeckung des Ursprungs unserer Begriffe, einer Mikroskopie oder Anatomie des Bewußtseins, die einer genetischen Psychologie ebenso vorausgehen muß, wie die Anatomie der Physiologie). In der „Psychologie" 1874 begründet er an Stelle der herrschenden Klassifikation der psychischen Phänomene in Denken, Fühlen und Wollen die Scheidung in V o r s t e l l u n g e n , Urteile (Bejahen und Leugnen = Anerkennen und Verwerfen) und G e m ü t s b e z i e h u n g e n (Lieben und Hassen bezw. Vorziehen und Nachsetzen). Eine Fortbildung dieser Lehren enthält die Schrift „ V o m Ursprung sittlicher Erkenntnis" 1886 (englisch 1902). Wie man das W a h r e an der Evidenz des Urteils erkennt, so das G u t e und Vorzügliche (das Wertvolle) daran, daß sich die darauf gerichtete Bevorzugung als richtig kundgibt (werterfassende, als richtig charakterisierte Liebe, Quasievidenz); so ist z. B. die Bevorzugung der Lust vor dem Schmerz, der Erkenntnis vor dem Irrtum, des größeren Reichtums von psychischem Leben vor dem geringeren usw. a l s r i c h t i g c h a r a k t e r i s i e r t . Bei seiner geringen Neigung zu Publikationen dürfte erst die Zukunft, der das ganze reichhaltige unedierte Lebenswerk vorliegen wird, zu seiner vollen Würdigung gelangen. Als nahezu druckreife K o l l e g i e n h e f t e existieren seine Logik, Metaphysik, Ethik und Ästhetik. V o n Brentano sind ausgegangen Stumpf und Husserl. Zu seiner Schule gehören Marty, der die Konsequenzen aus seiner Urteilslehre für eine Reform der Sprachphilosophie zieht, Hillebrand, der auf sie eine Reform der Syllogistik gründet, O. Kraus, der auf Brentanos ethischer Prinzipienlehre weiterbaut, Emil Arleth (f 1909) und Kastil. Unter seinem Einfluß stehen Meinong, v. Ehrenfels, Höfler, ferner v. Hertling und Schell. O t t o L i e b m a n n 2 in Jena ( 1 8 4 0 — 1 9 1 2 ) verlangt scharfe Trennung 1 Außer den oben und weiter unten angeführten Schriften hat Brentano veröffentlicht: Das Schlechte als Gegenstand dichterischer Darstellung 1892, Vortrag Das Genie 1892 (zugleich für die Assoziationslehre wichtig), Über die Zukunft der Philos. 1893, Die vier Phasen der Philos. 1895. 2 Liebmann: Über den objektiven Anblick 1869. Hauptwerk: Zur A n a l y s i s der Wirklichkeit, Straßb. 1876, 4. Aufl. 1911. Dazu als Ergänzung: G e d a n k e n und T a t s a c h e n , erster Band (1882—) 1899 in drei Heften; zweiter Band 1901—4
622
des Gewissen vom Ungewissen und genaue Abschätzung des Wahrscheinlichkeitsgrades der Theorien, stellt die Prinzipien der Metaphysik unter die Rubrik logischer Hypothesen und vertritt gegen die Atomistik den Dynamismus, gegen die nicht restlos gelingenden Versuche einer mechanisch-chemischen Erklärung des Lebens die Teleologie. In seiner „Klimax der Theorien" 1884 gibt er eine eigenartige Begründung des Apriorismus. Die Erfahrungswissen Schaft bedarf außer notwendig oder apodiktisch gewissen Axiomen und tatsächlich oder assertorisch gewissen Empeiremen noch einer Anzahl von überempirischen „Interpolationsmaximen" (d. h. Grundsätzen, nach Maßgabe deren wir die fragmentarische und diskrete Reihe singulärer Wahrnehmungen und isolierter Beobachtungen durch Einschaltung der fehlenden Zwischenglieder zu einem zusammenhängenden Erfahrungstatbestand ergänzen), die ein Attribut unseres intellektuellen Organisationstypus bilden. Die wichtigsten dieser Maximen sind die Prinzipien der realen Identität, der Kontinuität der Existenz, der Kausalität und der Kontinuität des Geschehens. Die Erfahrung ist ein Geschenk des Verstandes; die dem gewöhnlichen Bewußtsein in der Regel latent bleibenden Prämissen, auf deren antizipierender Anwendung unsere Empirie durchgängig beruht, behaupten etwas schlechthin Unerfahrbares. Wenn man behufs Herstellung einer „reinen Erfahrung" sämtliche in der Empirie enthaltenen subjektiven Verstandeszutaten (alles, was nicht momentan gegenwärtig, lokal anwesend, kurz, was nicht direkter Gegenstand und Inhalt der aktuellen Beobachtung sein kann) eliminiert, so fällt dieselbe in ein ungeordnetes, zusammenhangloses Aggregat diskontinuierlicher Wahmehmungsfragmente auseinander; damit ein vollständiger und artikulierter Erfahrungssachverhalt zustande komme, müssen jene Bruchstücke (der rein faktische Beobachtungsgehalt, der inkohärente Wahrnehmungsstoff) durch sehr viel Nichtbeobachtetes ergänzt und verbunden werden. Der zweite Band der „Gedanken und Tatsachen" 1901 bringt einen Grundriß der „kritischen Metaphysik" als hypothetischer Erörterung menschlicher Vorstellungen über Wesen und Zusammenhang der Dinge und über den Weltgrund. W i l h e l m W u n d t 1 in Leipzig (geb. 1832) setzt an die Stelle des
in vier
Heften.
Vier
Monate
W e l t w a n d e i u n g , Gedichte Liebmannheft der V K S t .
1899.
vor
Patis,
Zum
70.
Belagerungstagebuch Geburtstage
des
1871,
Denkers
2. A . 1895. erschien
ein
1910.
1 W u n d t : D i e physikalischen A x i o m e 1866, in der 2. Aufl. 1910 Prinzipien der mechanischen Naturlehre.
Handbuch der medizinischen Physik 1867.
Antrittsreden
Über die A u f g a b e der Philos. in der Gegenwart 1874, Über den Einfluß der Philos. auf die Erfahrungswissenschaften 1 8 7 6 ; Rektoratsrede Über den Zusammenhang Philos. 4. A.
mit 1912,
der
Zeitgeschichte
darin
„Philosophie
(Deutsche Rundschau 16, 4) 1890. und
Wissenschaft"
und
„die
Essays
Entwicklung
der
1885, des
WUNDT
substantiellen Seelenbegriffs den aktualistischen und faßt die Apperzeption als Willenstätigkeit. Für das geistige L e b e n stellt er die Prinzipien der schöpferischen Synthese (deren Wirkung sich aus den Elementen, die sie verbindet, und ihrer bloßen Summierung nicht erklären läßt), der Heterogonie der Zwecke (vermöge deren ein Mittel, das ursprünglich um eines bestimmten Zweckes willen begehrt wurde, hinterher unabhängig von jenem Zwecke einen unmittelbaren Eigenwert erlangt) und das sich aus ihnen ergebende des Wachstums der Energie — im Gegensatz zur Äquivalenz bei der Naturkausalität — auf. Weiteres siehe bei E . K Ö N I G , W. Wundt (Frommanns Klassiker der Philos. 1 3 ) 1 9 0 1 , 3 . A. 1909. Auch auf dem Gebiete der N a t u r p h i l o s o p h i e ist in den letzten Jahrzehnten eine idealistische Richtung aufgekommen. Die alle physischen Ereignisse auf Bewegungsvorgänge zurückführende m e c h a n i s t i s c h e Naturauffassung, die sich durch ihre Erfolge als heilsam empfohlen und schließlich den Rang eines unanfechtbaren Grundsatzes erobert hatte, ist von kritischen Forschern ihres axiomatischen Nimbus entkleidet und auf die Stufe einer (unzulänglichen) Hypothese herabgesetzt worden. Die B e s o n d e r h e i t der Gegenstände und folgeweise der Methoden der verschiedenen Naturwissenschaften wird nicht mehr ignoriert. (Vgl. oben Boutroux S. 5 2 2 — 5 2 3 . ) U n d wie sich ein neuer, nicht mehr materialistischer, sondern energetischer und neuerdings elektrischer Begriff der M a t e r i e durchzusetzen begonnen hat, so weicht auf biologischem G e biete die mechanistische Theorie der Anerkennung einer EigengesetzWillens". S y s t e m der Philos. 1889, 3. A. in 2 Bänden 1907 (Über das letztere vergl. VoLKELTs Aufsatz in den Philos. Monatsh. Bd. 27, 1 8 9 1 , über die Essays Desselben Anzeige ebenda Bd. 23, 1887.) Über psychische Kausalität, in WPhSt. Bd. 10. E i n l e i t u n g in die Philos. 1 9 0 1 , 5. A. 1909. Metaphysik in „Systemat. Philos.", K d G . 1907. Kleine Schriften 1 9 1 0 — 1 1 . Mit der von JUL. A. WENTZEL herausgegebenen Auswahl „Zur Psychologie und Ethik" hat Wundt seinen Einzug in Reclams Universalbibliothek gehalten. Die mit dem 20. Bande abgeschlossene Zeitschrift „Philosophische Studien" ( 1 8 8 1 — 1 9 0 2 , Register von HANS LINDAU 1904, die beiden letzten Bände eine Festschrift zu Wundts siebzigstem Geburtstage) wird seit 1903 von E . MEUMANN als „Archiv für die gesamte Psychologie" fortgesetzt, neben dem jedoch die erstere unter dem Titel „Psychologische Studien" 1905 wieder erstanden ist. Über Wundt handeln, außer KÖNIG (siehe oben), LACHKLIER, BAUMANN, v . H A R T M A N N U. a.: F R I E D R . R E I N H . L I P S I U S , D i e V o r f r a g e n
der
systemati-
schen Theologie, mit bes. Rücksicht auf die Philos. Wundts, Freib. i. B. 1899; A. LICHTENSTEIN, Lotze und Wundt (Berner Studien 24) 19QO, J . MOHILEWER, Wundts Stellung zum psychophys. Parallelismus, Kön. 1 9 0 1 , RUD. EISLER, Wundts Philos. und Psychol. 1 9 0 2 ; GEORG DAXER, Wundts Philos. und die Religion (in den Theol. Studien und Kritiken S. 246—301) 1905; TH. SKRIBANOWITZ, Wundts Vohmtarismus, Greifswald 1906, ALFRED WIESENHÜTTER, Die Prinzipien der evolutionist. Ethik nach Spencer und Wundt (Falckenbergs Abhh. 16) 1 9 1 0 ; RlCH. H. STEIN, Die psychol. Grundlagen der Wundtschen Ethik (Erl. Diss.) 1 9 1 1 , WILH. EW. SCHMIDT, Das Realitätsproblem bei Wundt (Erl. Diss.) 1 9 1 1 ; O. PASSKÖNIG, Die (Individual-, Tier- u. Völker-)Psycliologie W. Wundts 1 9 1 2 .
624
IDEALISTISCHE GEGENSTRÖMUNG:
NEOVITALISMUS.
lichkeit der Lebenserscheinungen. Aber an Stelle der alten „Lebenskraft" sind feinere Begriffe getreten. Die N e o v i t a l i s t e n , wie der Botaniker J o h a n n e s R e i n k e 1 in Kiel und der Zoolog H a n s D r i e s c h 2 in Heidelberg, zu denen sich Ed. v. Hartmann und K. Camillo Schneider (Vitalismus 1903) gesellen, haben unter dem Namen von Entelechien (Konstanten) oder Dominanten organisierende Kräfte eingeführt, die — jedoch ohne Störung des Energiebetriebes — ihre lenkende (hemmende und freigebende) Tätigkeit üben. Sie unterscheiden sich voneinander dadurch, daß die einen in der psychischen Deutung jener überenergetischen Kräfte zuversichtlicher, die andern zurückhaltender sind. Driesch behauptet die Autonomie des Lebens und setzt der Substantialität und Kausalität als gleichberechtigte, auch konstitutive dritte Kategorie die Individualität (einschließlich Finalität) zur Seite, ohne die es unmöglich wäre, über aus Teilen zusammengesetzte Ganzheiten Erfahrung zu machen. Laßwitz will nicht mit Cohen den Zweck unter die Kategorien aufnehmen,, sondern glaubt mit dem Begriff des Systems auszukommen. Siegel erklärt restlose Zurückführung der organischen Erscheinungen auf physikalisch-chemische Gesetze (ohne Hinzunahme der Konstellation) für unmöglich, aber es bedürfe dieser auch bei den anorganischen. Vgl. O s t w a l d (oben S. 6 1 0 1 ) ; Alois H ö f l e r , Zur gegenwärtigen Naturphilos. (Abhh. zur Didaktik und Philos. der Naturwiss. Heft 2) 1904; Aug. F a u l y , Darwinismus u. Lamarckismus 1905; Rad. G o l d s c h e i d , Der Richtungsbegriff 1906; Alfred D i p p e , Naturphilos., Manchen 1907; Sir Oliver L o d g e , Leben und Materie, Berlin 1908; Phil. F r a n c k , Mechanismus oder Vitalismus? (OAN. 7, S. 393); Ad. W a g n e r , Neovitalismus (ZPhKr. Ergänz. S. III und Bd. 136 S.132) 1909; K a r l S i e g e l , Die Voraussetzungen des Mechanismus, Versuch einer exakten Begründung des Vitalismus (ZPhKr. 136, S. 162) 1909; V i c t o r W e i z s ä c k e r , Neovitalismus (Logos 2, S. 113) 1911; H e i n r . M i c h e l i s , Richtlinien zur Entwicklungsgeschichte der Naturphilos. im 19. Jahrh., Frankf. 1912. Ferner ist auf p r a k t i s c h e m Gebiete eine Reaktion gegen den rohen Naturalismus bemerkbar, an der sich auch Nationalökonomen (Roscher) und Juristen rege beteiligen. Persönlich steht auch R u d o l f v. I h e r i n g in Göttingen (1818—92, Der Zweck im Recht, 2 Bände 1877—83> 2 - Aufl. 1884—86) auf idealistischem Boden, obwohl er sich grundsätzlich, mit Verwerfung der nativistischen und formalistischen » Reinke (geb. 1 8 4 9 ) : Die Welt als Tat 1 8 9 9 , 5- Aufl. 1 9 0 8 ; Die Entwicklung der Biologie im 19. Jahrh. 1900; Einleitung in die theoretische Biologie 1901, 2. A. 1911; Philosophie der Botanik (Nat. u. kult. Bibl. 1) 1905; Die Natur und Wir 1907, 2. A. 1908; Naturwiss. Vorträge 1908; Kritische Abstammungslehre (Wiesner-Festschrift S . I I — 1 8 ) 1 9 0 8 . Ober ihn E R H A R D T (oben S . 620»), A . D R E W S (Preuß. Jahrbb. Bd. 97), J. WIESNER (Oesterr. Rundschau 4. Mai) 1905. 1 Driesch (geb. 1867): Die Biologie als selbständige Grundwissenschaft 1893, Die organischen Regulationen 1901, Naturbegriffe und Natururteile 1904, D e r V i t a l i s m u s als Geschichte und als Lehre (Natur- u. kulturphilos. Bibl. 3) 1905, Die Philos. des Organischen (Gifford-Vöries.) 1909, Ordnungslehre 1912.
IDEALISTISCHE
GEGENSTRÖMUNG.
Theorie, zum „Realismus", zum Prinzip des Interesses und der sozialen Utilität (das Sittliche ist da» für die Gesellschaft dauernd Nützliche) bekennt. Dem stark anwachsenden Interesse für die G e s c h i c h t e d e r P h i l o s o p h i e liegen zum Teil verwandte Motive zugrunde. Der idealistische Trieb suchte die Nahrung, welche ihm die noch immer etwas metaphysikscheue Stimmung der Zeit versagte, bei den Größen der Vergangenheit und hoffte, durch Lebendighaltung der klassischen Leistungen der Vorzeit das Bewußtsein der Dringlichkeit und Unabweisbarkeit der höchsten Fragen zu verschärfen und den Mut zu erneuten Lösungsversuchen zu wecken. So tritt das historische Studium in den Dienst der systematischen Philosophie. Mit dem neuen Jahrhundert ist das Verlangen nach Gewinnung einer höheren Welt- und Lebensanschauung zuversichtlicher geworden. Hat uns die Kantrenaissance eine eifrige und tiefgrabende, in verschiedenen Richtungen tätige Arbeit in der Erkenntnistheorie beschert, so bereitet sich — als sollten sich die Wetterprophezeiungen aus dem hundertjährigen Kalender für die Philosophie bewähren — in der Wiederbelebung der großen nachkantischen Gedankenschöpfungen eine Neugeburt des Idealismus vor. Die Wärme, mit der man bei uns den Sukkurs aus der französischen Philosophie Bergsons willkommen heißt, beweist die Stärke des metaphysischen Bedürfnisses, das die Gegenwart beherrscht. Uber die philosophische Produktion in Deutschland referiert in zusammenfassenden Jahresberichten seit 1907 (in Creightons Philosophical Review und deutsch) in V K S t . OSCAR EWALD.
3, D i e p h i l o s o p h i s c h e n
Einzelwissenschaften.
Je mehr durch die neukantische Erkenntnistheorie und das Eindringen des positivistischen Geistes der Mut zur Inangriffnahme der zentralen Aufgaben der Philosophie gelähmt worden war, um so lebhafter hat sich die Arbeit auf die Spezialfächer geworfen: die Verlegung des Schwerpunktes aus der Metaphysik in die Einzelwissenschaften ist das hervortretendste Merkmal der Philosophie der letzten Dezennien. Die Logik sieht Jahrhunderte alte Überzeugungen erschüttert und neue Grundmauern im Entstehen; speziell die Methodenlehre wird ausgebaut. Die Psychologie ist, meist unter Zurückschiebung der metaphysischen Fragen, mit wachsendem Mißtrauen gegen die Zuverlässigkeit der inneren Beobachtung, in einen Wetteifer mit der Physiologie um Ermittelung der Gesetze der von leiblichen Vorgängen abhängigen Seelenfunktionen eingetreten; doch scheint eine Gegenbewegung im Anzüge: man wagt wieder — was lange Zeit als dilettantisch verpönt war — von seelischen „Tätigkeiten" zu reden; man gewinnt die Unbefangenheit zurück (im Gegen Falckenberg,
Neuere Philos.
7. A u f l .
40
626 satz zu dem Sensualismus der vermeintlich exakten Behandlungsart) dem unmittelbaren Erleben von Zusammenhängen seine Ansprüche einzuräumen. Die Religionsphilosophie erfreut sich unverminderter, die Ästhetik nach längerer Vernachlässigung erneuter Teilnahme; die Philosophie der Geschichte ist im Begriff, in neuer Form alte Rechte wieder zu erobern. Ein besonders lebhaftes Interesse aber wird, zum Teil unter dem Druck sozialer Strömungen, der Ethik gewidmet. Ferner nimmt die Erforschung der Geschichte der Philosophie einen breiteren Raum ein als je zuvor. Wir schließen unsere Skizze mit einem kurzen Rundblick über die einzelnen Disziplinen und verweisen auf den reichhaltigen Studienführer von R I C H . H E R B E R T Z : Die philos. Literatur, Stuttg. 1 9 1 2 Auf dem Gebiete der Logik sind als klassische Leistungen anzuführen die Werke von C h r i s t o p h v. S i g w a r t 1 in Tübingen, L o t z e (S. 587), W u n d t (2 Bde. 1880—83, 3. Aufl. in 3 Bänden 1906—08), B e n n o E r d m a n n . i n Berlin (Logik, I. Bd. 1892, 2. Aufl. 1907, Über Inhalt und Geltung des Kausalgesetzes 1905), der in der Urteilslehre die Immanenztheorie verficht. Außerdem verdienen Erwähnung Ernst S c h r ö d e r (Die Algebra der Logik 1890—95), J. B e r g m a n n (S. 620), S c h u p p e (S. 608), C o h e n (S. 602), Joh. v. K r i e s (Die Prinzipien der Wahrscheinlichkeitsrechnung 1886; Über den Begriff der objektiven Möglichkeit 1888), Th. L i p p s (Grundzüge der Logik 1893), Fr. H i l l e b r a n d in Innsbruck (Die neuen Theorien der kategor. Schlüsse 1891, Zur Lehre von der Hypothesenbildung 1896), A n t o n M a r t y 2 in Prag, AI. R i e h l (Beiträge zur Logik 1892, 2. A. 1912; Logik und Erkenntnistheorie, in Hinnebergs „Kultur der Gegenwart" I 6, 1907), H a n s C o r n e l i u s (Versuch einer Theorie der Existentialurteile 1894), H. R i c k e r t (oben S. 616), E d m u n d H u s s e r l in Göttingen (geb. 1859; Logische Untersuchungen 1900—01; Philos. als strenge Wissenschaft, Logos 1, S. 289, 1911), der gegen den Psychologismus und das biologische Prinzip der Denkökonomie für eine reine Logik apriorischen Charakters eintritt, W. W i n d e l b a n d („Logik" in der K. Fischer-Festschrift I, 1904), F r i e d r . K u n t z e (Die kritische Lehre von der Objektivität 1906) und J o n a s C o h n (Voraussetzungen und Ziele des Erkennens 1908). Fritz M a u t h n e r (geb. 1849; Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 3 Bde. 1901—02, 2. A. 1906^; Philos. Wörterbuch I 1910) setzt Begriff und Wort identisch und vertritt einen sensualistischen Skeptizismus. 1
S i g w a r t ( 1 8 3 0 — 1 9 0 4 ) ' L o g i k , 2 B d e . 1 8 7 3 — 7 8 , 4. A . b e s o r g t v o n H . MAIER
1911; Beiträge zur Lehre vom hypothetischen Urteil 1879, Die Impersonalien 1888. Über Sigwarts Theorie der Induktion vgl. H. LACHKLIER in der Rivue philos. Bd. 20, 1895; aber seine Theorie der Kausalität WARTENBERG (VKSt. Bd. 5) 1900; über S.s Lehre vom Wesen des Erkennens Jos. ENGEL (Erl. Diss.) 1908. J Marty (geb. 1847): Über subjektlose Sätze, im 8., 18. u. 19. Bande der VwPh , Über das Verhältnis von Grammatik u. Logik, in Symbolae Pragenses 1893; Über die Scheidung von grammatischem, logischem und psychol. Subjekt resp. Prädikat
627 Vgl. auch W. ENOCH, Brentanos Reform der Logik, in den Philos. Monatsh. lid. 29 (1893). MELCHIOR PALÄGYI, Der Streit der Psychologisten und Formalisten in der modernen Logik 1902. K . M a r b e , Wahrscheinlichkeitslehre 1899; Beiträge zur Logik (VwPh. 30, 34, 36) 1906—12. W. F r e y t a g , Der Realismus und das Transzendenzproblem 1902 (darüber ELSE WENTSCHER, Phänomenalismus und Realismus, AsPh. Bd. 9 S.
Agn08tizl8miis: Weltgrund,
der Prinzipien
die
Lehre,
daß
kennbar sei. Huxley S. 543, Spencer S. 536f. Akzidens:
Eigenschaft.
Vgl.
Sub-
nach
einer Vermittelung
des
Entgegen-
gesetzten in einem höheren Dritten sucht. Jener erklärt das Vorliegende durch K o m -
staDz und Attribut. A l t r u i s m u s , s. Tuismus.
position
A n a l o g i e : Ähnlichkeit, vergleichbares
dieser
aus
verschiedenen
Elementen,
durch
Determination
aus
einem
Verhältnis. Analogieschluß: der Schluß, daß
einheitlichen, aber der Gliederung fähigen
zwei erwiesenermaßen in mehreren Prädi-
Prinzip. Jener neigt zur qualitativen Welt-
katen übereinstimmende Dinge resp. Be-
auffassung (s. Qualität) und operiert gern
griffe auch in einem weiteren Prädikate
mit Zweiteilungen, dieser bekennt sich zur
übereinstimmen. Z . B . die Erde ist bewohnt,
organischen
der Mars ist in mehrfacher Hinsicht der Erde
das triadische Schema. —
ähnlich, also wird auch er bewohnt sein.
lytischen resp. synthetischen Methode der
A n a l y s e : A u f l ö s u n g eines Zusammen-
F o r s c h u n g ist die gleichnamige Methode
gesetzten
in seine Bestandteile (z. B. des
Weltansicht
und
bevorzugt
V o n der ana-
der D a r s t e l l u n g w o h l zu unterscheiden.
Körpers in Atome, der Erkenntnis in Form
D e r analytische L e h r g a n g läßt den Leser
und Stoff) und Erklärung der Beschaffen-
auf
heit und Leistung des Ganzen aus der der
langen, auf welchem der F o r s c h e r es g e -
Elemente. Gegenteil S y n t h e s e :
funden,
Einigung
demselben W e g e zum Resultate geder synthetische
dagegen
stellt
648
Annahmen — Autonomie.
das Resultat als These an die Spitze und läßt die Beweise folgen. Da das mitzuteilende Resultat in den meisten Fällen der Erklärungsgrund für eine Gruppe von Gegenständen ist, so läßt sich der Gegensatz auch so ausdrücken: die analytische Darstellung dringt vom Erklärungsobjekt zum Erklärungsprinzip oder Gesetz vor, die synthetische schreitet, den Gang der Sache selbst wiederholend, vom Prinzip zu den daraus zu erklärenden Erscheinungen hinab. — Anal, und synth. U r t e i l , Kant s. 293. 309—310. Annahmen nennt Meinong eine eigne mittlere Klasse von Erlebnissen oder Funktionen zwischen passivem Vorstellen und von Überzeugtheit begleitetem Urteilen, ein urteilsähnliches (am Gegensatz von Ja und Nein teilnehmendes) Verhalten ohne Glauben. Vgl. Witasek, Psychol. S. 306—312. Anschauung — Begriff. Jene ist eine Einzelvorstellung (mit unendlich vielen Merkmalen), die sich direkt, dieser eine Allgemeinvorstellung (mit wenigen angebbaren Merkmalen), die sich nur vermittels anderer Vorstellungen (Anschauungen oder ebenfalls Begriffe) auf den Gegenstand bezieht, Kant S. 313. Antinomie: Widerstreit zwischen zwei kontradiktorisch entgegengesetzten, mit gleicher Stringenz beweisbaren Urteilen. Kant S. 346. 372. 376. Anthropologismus: der Standpunkt, der alle Erkenntnis in Anthropologie (Lehre vom Menschen) auflösen oder auf sie basieren will, sofern der Mensch unwillkürlich alles nach sich selbst beurteile, seine Selbsterkenntnis den Ausgangspunkt seines gesamten Wissens bilde. Jacobi S. 289, Troxler und Suabedissen S. 429, Schopenhauer S. 490—491. Feuerbach S. 573 f. Vgl. Psychologismus. Apperzeption, s. bei Perzeption. Apriori: aus reiner Vernunft stammend (e Anschauungen, Begriffe und Urteile). Gegenteil Aposteriori oder Empirisch: aus der Erfahrung stammend (Kant S. 310—311. 314). Die frühere scholastische Bedeutung S. 3092. Ebenda absolut und relativ apriori. S. 314 1 rein und gemischt apriori. Das Kennzeichen der Apriorität bei Kant:
strenge Allgemeinheit und Notwendigkeit. Ob die Einsicht, daß einiges an der Erkenntnis apriori sei, selbst eine apriorische Erkenntnis, S. 316. 460—461. — A p r i o r i s m u s : die Theorie, daß gewisse Elemente oder Faktoren der Erkenntnis (bei Kant: ihre Formen) apriori, nicht aus der Erfahrung geschöpft seien. — Schelling: „die Natur ist apriori" S. 316. Assoziation, s. Ideenassoz. Ästhetik: (wörtlich) Lehre von der Sinnlichkeit oder dem Vermögen der Empfindungen resp. Anschauungen (so bei Kant S. 311. 316); jetzt allgemein (seit Baumgarten S. 275) Lehre vom Schönen. Piaton hat zuerst das Schöne in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen, Baumgarten die Lehre vom Schönen als selbständige Disziplin begründet, Kant (S. 368) sie durch Abgrenzung ihres Gegenstandes gegen die verwandten Werte des Angenehmen, des Guten, des Nützlichen, des Vollkommenen zum Range einer Wissenschaft erhoben. Vgl. noch Home und Burke S. 221—222, Schiller S. 383, Schelling S. 417, Hegel S. 456, Herbart S. 483, Zimmermann S. 487, Schopenhauer S. 493, Vischer S. 570, Fechner S. 586, Lotze S. 591, Hartmann S. 593, Volkelt 637.—Ästhetische Weltanschauung der Griechen S. 6— 7; vgl. Shaftesbury S. 184 f. und Leibniz S. 255. Atomismus, Atomistik: die — im Altertum von Leukipp, Demokrit, Epikur und Lukrez vertretene, auf der Schwelle der Neuzeit von Gassendi (S. 57) erneuerte, in der modernen Naturwissenschaft weit verbreitete — Lehre, daß die Körper aus letzten, nicht weiter teilbaren (körperlichen) Elementen bestehen. Gegensätze Dynamismus (der Körper besteht aus Kräften), Energetik S. 610 2 und Monadologie (der Körper besteht aus immateriellen Einheiten); vergl. Leibniz S. 250. Attribut: die wesentliche, konstituierende, bleibende Eigenschaft eines Dinges (Spinoza S. 119—120) im Unterschied von den unwesentlichen und wechselnden Eigenschaften und Zuständen (Akzidentien, Modi). Autonomie: Selbstgesetzgebung (poli-
CHARAKTER —
649
EMANATION.
tisch) des Volkes, (moralisch, Kant S. 353 bis 356) der Vernunft. Gegensatz H e t e r o n o m i e , das Stehen unter einem fremden Gesetz.
andere (die gute wie die böse) zu wählen vermöge. — Locke S. 163—164 und Kant S. 347 suchen Notwendigkeit und Freiheit zu vereinigen.
c
D i a l e k t i k : wörtlich die Kunst der (wissenschaftlichen) Gesprächsführung; übertragen I. Erkenntnislehre oder Logik, Schleiermacher S.435—437 ; II. Gedankenbewegung, Übergehen der Begriffe ineinander, Hegel S. 449. Dialektische Methode, Hegel ebenda und S. 396. III. Logik des Scheins, Kant S. 343 f. Dialektischer, vernünftelnder (täuschender) Schluß, S. 345. Ding a n 8ich s. Noumenon. Diskursiv s. bei Intuitiv.
(Siehe auch K.) C h a r a k t e r : die beharrliche Art des Wollens und Handelns. Vergl. Intelligibel.
D D e d u k t i o n : Ableitung des Besonderen aus dem Allgemeinen; Gegensatz Induktion. Vgl. Fichte S. 402. Definition: Begriffsbestimmung, Angabe der wesentlichen Merkmale eines Begriffs, gewöhnlich der nächsthöheren Gattung und der spezifischen Differenz. D e i s m u s : I.Behauptung der E x i s t e n z der G o t t h e i t unter Abweisung einer Erkenntnis ihres Wesens und ihres Verhältnisses zur Welt (S. 350): Gott ist zwar Schöpfer, aber nicht Regent der Welt; Gegensatz Theismus, Pantheismus, Atheismus; 2. Vertretung einer natürlichen oder V e r n u n f t r e l i g i o n mit Abweisung einer übernatürlichen geschichtlichen Offenbarung (S. 170 f.), Gegensatz Positivismus II. Vgl. S. 44. 75. 176—179, 212—214. 222. 225. 243—245. 274—275, 280—285. 35°Dependenz: (Abhängigkeits-) Verhältnis der Wirkung zur Ursache; Korrelat Kausalität. S. 329. Determinismus: die Lehre, daß die Entschlüsse und Handlungen der Menschen n o t w e n d i g erfolgen, der Wille durch die Motive, resp. das stärkste unter ihnen unweigerlich bestimmt, „determiniert" werde. Vergl. Hobbes S. 71. Spinoza S. i n . 115. 124. 127. 129, Leibniz S. 263, Schleierm. S. 438, Herbart S. 481, Schopenh. S. 490. Gegensatz Indetermlni8mu|, Freiheitslehre, die Ansicht, daß der Wille f r e i sei, durch das Gewicht der Motive nicht zum Entschluß und zur Tat genötigt werde (z. B. sich auch für das an sich schwächere Motiv entscheiden könne) und von zwei entgegengesetzten Handlungen ebensowohl die eine wie die
D o g m a t i s m u s : der Versuch und das Vorgeben einer Vernunfterkenntnis der Dinge, ohne zuvor die Möglichkeit (die Quellen und Grenzen) der Erkenntnis untersucht zu haben. Kant S. 296. Vgl. Kritizismus, Skeptizismus. Duali8mu8 : Annahme zweier entgegengesetzter Prinzipien, S. 90. 295. D y n a m l s m u s : Erklärung der Erscheinungen aus Kräften. Nach Kant (S. 298. 338 1 ) ist die Materie ein Produkt aus Anziehungs- und Abstoßungskraft. Ebenso verficht Schelling (S. 412) gegen die atomistische und mechanistische Theorie die dynami(sti)sche Naturauffassung. Ostwalds Energetik S. 610 2 .
E
| ' | !
E k l e k t i k e r : ein Philosoph, der durch Verbindung dessen, was ihm an verschiedenen Systemen richtig scheint, die Wahrheit zu finden hofft. Ein unmethodisches und kritikloses Zusammenschweißen heterogener Gedanken heißt Synkretismus. Hiervon unterscheidet A . F o u i l l é e (S.525 bis 526) seine Methode der Vermittlung als eine produktive Synthese nicht zwischen Systemen, sondern ihren wahren Prinzipien. E m a n a t i o n : Hervorfließen. 1. Hervorgang der Welt aus dem Absoluten auf dem Wege der Abschwächung (Neuplatoniker), Gegensatz Schöpfung. 2. Hervorgang des Niederen aus dem Höheren (das Ursprüngliche ist das Vollkommene), Ge-
650
Empirie — Genetisch.
geusatz „Entwickelung" des Höheren aus dem
Niederen.
Vgl. S. 2 2 — 2 5 .
645.
S. auch Evolution. Empirie: Erfahrung; im laxen und im strengen Sinne Kant S. 332. Empirismus: Erfahrungsphilosophie, die Ansicht, welche in der Erfahrung das Fundament und die einzige (oder die Haupt-) Quelle der Erkenntnis erblickt. Ihr Begründer Bacon S. 60 f. Vgl. S. 76. 290 f. „Empiriokritizismus" nennt R. Avenarius (S. 606) seinen Standpunkt der reinen Erfahrung. Energetik S. Dynamismus. Entelechie, aristotelischer Terminus: was den Zweck als realisierten in sich hat, Zweckverwirkl : chung, Zweck Vollendung. Etheiismus oder Thelematismus = Voluntarismus: die Ansicht, daß der Wille (¿&£Xw, (HXi](ia) die Grundkraft der Seele sei. Crusius S. 277. Fichte vertritt einen ethischen ( = Moralismus), Schopenhauer einen naturalistischen Etheiismus ( = Orektizismus). Gegensätze Intellektualismus und Sensualismus. Vgl. Panthelismus. Ethik: Sittenlehre. Beschreibende (Spinoza S. 139) und Imperativische (Kant S. 353 f.)Von den vorkantischen Denkern wird die Moralphilosophie vorzugsweise als T u g e n d l e h r e , von Kant und Fichte als P f l i c h t e n l e h r e , von Schleiermacher (S. 442) als Giiterlehre behandelt. Bei H e r b a r t S. 483—485 bildet die Ethik einen Teil der Ästhetik als der Lehre von den absolut gefallenden Verhältnissen. Vergl. Moralprinzip. EudimonUmi»: Glückseligkeitslehre, die Ansicht, das Ziel des sittlichen Strebens sei die Erlangung der Glückseligkeit, bekämpft von Kant S. 357—359. Evidenz: einleuchtende Klarheit und Gewißheit. Die Evidenz das Wahrheitskriterium bei Descartes S. 85 und S. 141 bis 1 4 2 . Evolution: Entfaltung, Auswickelung (Gegensatz Involution, Einwickelung), E n t w i c k e l u n g (meist: des Höheren aus dem Niederen, Gegensatz Emanation; beim Cusaner S. 25 gehen die Gesichtspunkte der Vervollkommnung und der Abschwächung noch ungeschieden durcheinander).
Eine teleologische Entwicklungstheorie bei Schelling, Hegel, Krause, Hartmann u. a.; eine mechanistische bei Darwin und Spencer S. 538. 543. Der Evolutionsbegriff des Leibniz S. 260 u. ö. ist gleichfalls vorwiegend mechanistisch. Exakt* genau, zahlenmäßig bestimmt. Existenz: Dasein; Gegensatz E s s e n z , Wesen, Inbegriff der (möglichen) Eigenschaften eines Dinges; Leibniz S. 256. Die Existenz kein logisches Prädikat, sondern bloße P o s i t i o n , Kant S. 298 bis 299, 350, Herbart S. 485. Explikation: Auseinanderfaltung, Gegensatz Komplikation, Einfaltung, Zusammenfaltung; Nikolaus Cusanus S. 22—25. Vgl. Evolution.
F Fatalismus; die Ansicht, daß alle Ereignisse durch ein Schicksal unabwendbar vorausbestimmt (mithin alle Bemühungen, ihr Eintreten zu verhindern, vergeblich) seien. Formalismus: 1. die Ansicht, daß nicht der Inhalt, sondern die Form das Wesentliche an einer Sache sei. Kants (S. 353. 357) ethischer, Herbarts (S. 483) und Zimmermanns (S. 487) ästhetischer Formalismus. Gegensatz Realismus. Schelling und Hegel sind ästhetische Realisten ( = Idealisten), sofern sie im I n h a l t , in der dargestellten I d e e das sehen, worauf die Schönheit der Erscheinung beruhe. 2. ein Verfahren, das sich in bloßen Formen bewegt, einen Stoff für begriffen hält, wenn er in vorher feststehende Schemata eingefugt worden ist. Freidenker S. 1 7 1 . 174- Vgl. Deismus. Freiheit, das Wesen des Geistes bei Fichte (S. 393, 400—401) und Hegel (S. 453. 455). Freiheit des Willens siehe, unter Determinismus. Fundierte Inhalte siehe Gestaltqualitäten.
6 Genetisch: die Entstehung einer Sache betreffend, sie erkennen lassend; genetische
GESTALTQUALITÄTEN
Definition, Methode, Religionsbetrachtung (Hume S. 212—214. Feuerbach S. 574). Ge8taltqualitäten, ein von v. E h r e n f e l s (obeö S. 629) geprägter Terminus, oder, wie M e i n o n g in der ebendort angeführten Abhandlung von 1890 sie nennt, f u n d i e r t e Inhalte bezeichnen die Eigenschaften eines Komplexes, die nur ihm als Ganzem, aber nicht seinen einzelnen Bestandteilen zukommen. Eine räumliche Gestalt, ein Akkord, eine Melodie (die beim Transponieren in eine andere Tonart als die gleiche wiedererkannt wird) zeigt Merkmale, die, da sie durch die R e l a t i o n e n zwischen ihren Teilinhalten bedingt sind, zu den Merkmalen dieser ihrer Elemente (der „fundierenden" Inhalte, der Grundlagen oder Glieder der Beziehungen) als etwas Neues hinzukommen und von der bloßen Summe derselben verschieden sind. Vgl. H. Cornelius, Psychol. S. 70 f. und S. 164 f., Einl. in die Philos. § 26; Höfler, Psych. S. 152 f. T h . L i p p s dagegen faßt die „Einheiten und Relationen" (1902, bes. Schlußbemer- j kungen S. 102) als Apperzeptionserlebnisse. ¡
H Harmonie: wohlgefälliges Verhältnis, Einklang zwischen Verschiedenen. Einheit in der Mannigfaltigkeit ein beliebtes Prinzip der Ästhetik, sittliche Harmonie der Triebe bei Shaftesbury S. 186. Harmonía pracstabilita (Leibniz S. 254): die von Gott bei der Schöpfung eingesetzte Übereinstimmung zwischen den Vorstellungsreihen oder Weltbildern der verschiedenen Monaden, resp. zwischen Körper und Geist, vermöge deren die beiderseitigen Vorgänge einander genau korrespondieren, so wie zwei gleich gut gearbeitete Uhren stets die gleiche Zeit anzeigen. Durch das System der vorherbestimmten Harmonie will Leibniz die Schwierigkeiten der beiden anderen Erklärungsversuche des Verhältnisses von Körper und Geist vermeiden, nämlich der Theorie vom inßuxus physicus (gegenseitige, direkte, natürliche [nicht übernatürlich vermittelte] Beeinflussung beider Substanzen) und der von den Ok-
—
HYLOZOISMUS.
651
kasionalursachen (die körperlichen Ereignisse sind nicht die bewirkenden Ursachen, sondern nur die Veranlassungen für die entsprechenden seelischen und umgekehrt, in beiden Fällen ist Gott die eigentliche, die wirkende Ursache). Vgl. Okkasionalismus. Als vierte Ansicht kommt die des Spinoza hinzu, daß Seele und Leib dasselbe Ding seien, nur von zwei Seiten gesehen, s. Identitätssystem II. Hedoni8nilS: Lustlehre, die Ansicht, daß die Lust das allein Erstrebenswerte, das höchste Gut sei. Heteronomie: das Stehen des Willens unter einem andern Gesetze, als demjenigen, das er (die Vernunft) sich selbst gibt. Die Moralprinzipien der Selbstsucht, des Wohlwollens, der Furcht und Hoffnung (Erwartung jenseitiger Vergeltung) , überhaupt alle, die dem Willen einen inhaltlichen Zweck setzen, sind nach Kant (S. 357) heteronomisch, machen den Willen von einem fremden Gesetz, dem Naturgesetz, dem Naturtriebe abhängig. Gegensatz Autonomie. Hi8tori8mU8: die Tendenz, alles geschichtlich, als Geschichte zu begreifen. 1. Die Ansicht, daß die Welt nicht von der Natur, sondern vom Geistesleben aus, wie es sich in der Menschheitsgeschichte manifestiert, zu verstehen sei (Hegel S. 645); Gegensatz Physizismus, Naturalismus. 2. Die Ansicht, daß die geistigen Erscheinungen, z. B. die Begriffe und Institutionen des Rechts, nicht aus einer ursprünglichen,beständigen,überallgleichen Konstitution der menschlichen Vernunft, sondern als Produkte der Entwickelung zu erklären, daß alles Geistige geworden^ nichts apriori sei; Gegensatz Rationalismus II, s. d. Humanismus: diejenige Kulturströmung, welche dem Menschen die Ausbildung aller seiner Kräfte zur Pflicht macht, speziell im Gegensatz gegen die religiöse Eiuseitigkeit die Entwickelung der weltlichen (z. B. intellektuellen und künstlerischen) Anlagen der menschlichen Natur betont und empfiehlt; S. 10. 287. 441. Hyl0Z0ismU8: naiver (oder auch gemäßigter) Materialismus, welcher, der
652 scharfen Unterscheidung von Körper und Geist oder Stoff und Kraft noch unkund (oder jene Trennung mißbilligend), der Materie unmittelbar Leben und Geistigkeit innewohnen läßt. Z. B. Holbach S. 237, Strauß S. 572. Vgl. Kant S. 375.
I Ich: Selbstbewußtsein; von Fichte S. 394 definiert als Identität von Subjekt und Objekt. Die Existenz des denkenden Ich bei Campanella S. 36 und Descartes S. 85 die ursprünglichste Gewißheit; Identität der Person, Locke S. 153; das Ich, das Prinzip der Fichteschen Philosophie, gilt den Meisten als der tätige Grund der Vorstellungen, Herbart S. 476—477 erklärt es vielmehr für das letzte Resultat des psychischen Prozesses. Ideal: Ein erstrebtes oder erstrebenswertes Vollkommenes, dessen Geltung unabhängig ist von seiner Verwirklichung, ein Seinsollendes. So bei den Neukantianern die praktischen Ideale, S. 600 f. Kant S. 348 nennt die Gottesidee das Ideal der reinen Vernunft und definiert, Ideal sei Idee als Individuum vorgestellt. Ähnlich in der Ästhetik: vollkommene Verkörperung einer Idee in einer einzelnen Erscheinung. Idealismus, einer der vieldeutigsten Termini. I. derjenige trkenntnistheorctische Standpunkt, der einiges oder alles an der Erkenntnis für subjektiven Ursprungs, für abhängig von der Konstitution des Geistes, für bloße Vorstellung (Idee) in uns erklärt. So lehrt Kants kritischer oder formaler Idealismus, daß die F o r m e n der Erkenntnis (die der Anschauung und des Denkens) aus dem Geiste stammen, im GemQte a priori bereit liegen, nicht gleich der Empfindung und mit ihr von außen aufgenommen werden, = Apriorismus: es g i b t apriorische, nichtempirische, subjektive Bestandteile in der Erkenntnis.
Der absolute Idealismus Fichtes erklärt s ä m t l i c h e Erkenntniselemente für apriori, auch die Empfindung ist ihm eine Setzung, Selbstbeschräukung des Ich. II. in metaphysischer Bedeutung I. A n e r k e n n u n g eines Geistigen (Ideellen), Nichtmateriellen überhaupt, Gegensatz Materialismus (es gibt kein von der Materie unterschiedenes Geistiges). 2. Ü b e r o r d n u n g des Geistes über die Materie oder die Natur, E r k l ä r u n g des materiellen Daseins aus dem Geiste (des Seins aus dem Denken S. 392), Annahme eines geistigen W e l t g r u n d e s , ohne daß die Existenz der Körperwelt zu bloßem Schein herabgesetzt würde; in diesem Sinne — die Materie ein Produkt des (Welt-)Geistes — faßt man Fichte, Schelling, Hegel und ihre Genossen unter dem Namen der idealistischen Schule zusammen. 1 3. Leugnung der materiellen Welt = Immaterialismus, Spiritualismus, die Lehre, daß es n u r Geister gebe, die Körper aber nichts seien als Erscheinungen, Vorstellungen (Ideen) in den Geistern, S. 203, Berkeley S. I98f., Leibniz S. 251, Fichte S. 392. III. In den Einselwissinscha/tcn modifiziert sich der Sinn des Wortes erheblich: I. in der N a t u r p h i l o s o p h i e und Psychologie bedeutet Idealismus Erklärung der Erscheinungen aus der Idee, dem Begriffe, dem Wesen, der Bestimmung oder Aufgabe des Gegenstandes = teleologische Erklärung im Unterschied von der mechanischen (aus dem naturgesetzlichen Zusammenwirken der Elemente) und der dynamischen (aus Kräften oder Vermögen); vgl. konstruktives Verfahren. 2. In der E t h i k alle die Standpunkte, welche die Aufgabe des Menschen in etwas Höheres als die Befriedigung sinnlicher Lust und egoistischer Bedürfnisse setzen. 3. In der Ä s t h e t i k bezeichnet Idealist den Vertreter der Ansicht, daß das Schöne schön sei durch die Idee, welche (den Inhalt, welcher) sich in
l ) G e w ö h n l i c h w i r d d e r S t a n d p u n k t F i c h t e s als s u b j e k t i v e r , d e r S c h e l l i n g s als o b j e k t i v e r , d e r Hegels als absoluter Idealismus bezeichnet. B e s s e r c h a r a k t e r i s i e r t man die drei S t a n d p u n k t e als ethischen, p h y s i s c h e n u n d l o g i s c h e n Idealismus. J e d e n f a l l s ist d e r F i c h t e s c h e I d e a l i s m u s e b e n s o absolut, wie d e r H e g e i s c h e , d e n n d a s Ich ist nicht d e r Einzelgeist, s o n d e r n die W e l t v e r n u n f t ; S. 395».
IDEALITÄT —
der Erscheinung (Form) darstellt, = lismus H e g e l S. 456,
Rea-
Gegensatz Forma-
IDENTITÄT.
653
S. 87 und Leibniz S. 263, geleugnet von Locke
S. 1 4 5 — 1 4 7 ,
lismus (Herbart und seine Schule), welcher
294- 3 1 3 — 3 1 4 .
die Schönheit ausschließlich auf der Form
bloße
und formalen Verhältnissen beruhen
Begriff)
Vgl.
Kant
S. 370:
das
Schöne
durch seine b l o ß e Form. tischen
Leben:
die
läßt. gefällt
IV. Im
Gesinnung,
prakwelche
vergl. S . 290. 292.
III. bei Hume S. 205:
Vorstellung im
(Gedächtnisbild
Gegensatz
zum
und
sinnlichen
Eindruck oder zur Wahrnehmung. I V . bei Kant
S.
342:
Unbedingten,
Vernunftbegriff im
Gegensatz
eines
zum
Ver-
sich hohe und uneigennützige Ziele setzt;
standesbegriff;
oft heißt mit tadelnder
kosmologische und die theologische Idee
Nebenbedeutung
die
psychologische,
die
derjenige ein Idealist, der bei V e r f o l g u n g
S. 343—344.
seiner Ideale
Subjekt des Weltprozesses, namentlich im
zu wenig
die
realen
Um-
V . bei H e g e l : das geistige
stände und die entgegenstehenden Schwie-
Stadium seiner Vollendung, als sich selbst
rigkeiten
denkender
für
im
Auge
ausführbar
hat,
hält,
Unausführbares
ein
unpraktischer
Schwärmer.
V I . bei
Schopen-
Objektivations-
stufen desWillens,die ewigen Gattungstypen,
Idealität
des Raumes
Kant S. 3 1 6 — 3 2 1 .
und
der Zeit,
Raum und Zeit sind
nicht Wirklichkeiten außer uns,
sondern
Anschauungsformen, bloße Vorstellungen (Ideen)
Begriff.
hauer (S. 4 9 1 — 4 9 2 ) : die
in uns.
Trotz ihrer
in die sich der einheitliche Weltwille auseinanderlegt und die den Gegenstand künstlerischer
Darstellung
bilden.
—
Vergl.
Vorstellung.
transzen-
Ideenassoziation:
Vergesellschaftung
d e n t a l e n (vom Standpunkt der Erkennt-
der Vorstellungen, gesetzliche Verknüpfung
nistheorie aus zu behauptenden) Idealität
der
psychischen
Elemente,
kommt ihnen jedoch, da äußere und innere
die
verknüpften
Vorstellungen
Erscheinung nur durch sie möglich, aber
ins Bewußtsein zurückrufen oder reprodu-
alle Erfahrungswirklichkeit bereits in jene
zieren.
Formen
Hauses a hebt
eingegliedert
(nur diese,
nicht
(S. 3 1 9 - 3 2 0 ) .
ist,
empirische
absolute) In
der
ihren Gegenständen,
Realität
Erfahrung
deren
zu und
Bedingungen
Z. B.
die
kraft
deren
einander
Wahrnehmung
mit
der
eines
Gedächtnisvor-
stellung desselben Hauses et die mit ihr assoziierte seines jetzigen oder
einstigen
Bewohners ß über die Schwelle des Be-
Raum und Zeit sind, stecken eben diese
wußtseins empor.
Bedingungen
Hartley und Priestley S . 169, Hume S. 205,
sind
ebenso
als
Bestandteile
wirklich
wie
drin,
das,
was
sie in
Vergl. L o c k e S. 167,
Herbart S. 477 f. I d e n t i t ä t : Selbigkeit,Gleichheit; L o c k e
ihnen erscheint. Idee: I. bei Piaton: Form, Gattungs-
S. 153.
157. Principium
begriff, das den wechselnden Erscheinungen
der Identität:
zugrunde
jeder Denkinhalt
liegende,
durch
die
Vernunft
erfaßbare übersinnliche, wahre, beharrende
das
identitatis,
Satz
logische Gesetz, sich
selbst gleich
Identität der Gegensätze,
daß sei.
H e g e l S. 448 f.
W e s e n der Dinge, das Urbild, an welchem
Identitätsphilosophie oder - s y s t e m : i . er-
teilhabend die Individuen jeder
kenntnistheoretisch
das
sind,
was
sie
Gattung
sind, z. B. Idee
des
Denken
und
die
Ansicht,
daß
S e i n identisch, die logi-
Pferdes (die Pferdheit, das Pferd an sich),
schen Formen zugleich Gesetze der Wirk-
Idee
lichkeit seien, H e g e l S. 447. 4 5 1 . II. meta-
des Gerechten.
und L o c k e :
II.
bei
Vorstellung
Descartes überhaupt,
allgemeiner Ausdruck für alle psychischen Vorgäuge,
gleichviel
welcher
Art,
für
alles, was unmittelbarer Gegenstand
des
Bewußtseins ist, vorzugsweise j e d o c h für die Produkte schen
und Objekte
Verhaltens
(Bild
des theoreti-
S. 87);
ange-
b o r e n e Ideen, behauptet von Descartes
physisch
die Lehrmeinung, daß die
gei-
stige und die körperliche W e l t (also auch Seele und Leib) i m W e s e n u n d G r u n d e identisch,
zwei
Seiten
derselben
Sache
(Fechner S. 586, Spencer S . 540I), daß das A b s o l u t e die Identität des Ideellen und Reellen, d. h. weder Geist noch Körper sei, sondern einDrittes, das in diesen beiden
654
IDOL —
INTELLEKTUELL«
Existenzformen erscheint; S. 89—90, Spinoza S. 1 1 9 — I 2 i , Schelling S. 4 i 7 f , Schopenhauer S. 490, Fechner S. 586. Vergl. Fries S. 462. Siehe auch Parallelismus. Idol: Trugbild (Bacon S. 63), falsches Ideal. Imaginatio: Einbildungskraft, das Vermögen der sinnlichen Vorstellung, die uns die Welt als ein System einzelner und veränderlicher Wesen darstellt, während das reine Denken der Vernunft erkennt, daß alles seinem Grunde und Wesen nach Eines und ewig ist. Spinoza S. 124 f., Schelling S. 418. 421. Immanenz — Transzendenz: i. tafh. und religionsfh. Inner- — Außerweltlichkeit G o t t e s ; 2. erkenntnistheor. (Kant) imm. und transz. G e b r a u c h d e r V e r n u n f t : Einhaltung — Überschreitung derErfahrungsgrenze; vergl.Transzendental. Imperativ, k a t e g o r i s c h e r : unbedingtes Pflichtgebot, Kant S. 353 f. Indeterminismus: Lehre von der Wahlfreiheit des Willens. S. Determ. Individualismus: Verteidigung der Rechte der Individualität. I. metaph.: die Ansicht, daß dem Einzelwesen nicht bloß scheinbare, sondern wahrhafte Realität zukomme(und jedes Individuum ein Spiegel des Absoluten sei, Cusanus S. 23, Bruno S. 35) = Pluralismus, Leibniz S. 245. 252—253, Herbart S. 459. 475, resp. daß nicht das Allgemeine, sondern nur das Einzelne wirklich sei (Locke S. 150) = Nominalismus, s. d.; Gegensatz Pantheismus, vergl. S. 286. II. ethisch: die Ansicht, daß dasjenige, wodurch sich die menschlichen Individuen voneinander unterscheiden, auch für die Sittlichkeit von hoher Bedeutung sei: Jacobi S. 290, Fichte S.400 bis 401, Schleiermacher S. 441; resp. daß der Staat um der Einzelnen willen dasei: Spencer S. 541. Ebenso III. ästhetisch: gerade das dem einzelnen (Künstler und dem einzelnen) Gegenstande Eigentümliche sei wertvoll, das Individuum nicht ein gleichgültiges und ersetzbares Exemplar, sondern ein in dieser Weise nicht noch einmal vorhandener charakteristischer Aus-
ANSCHAUUNG.
druck des Gattungstypus (oder des Absoluten). S. auch Mikrokosmos. Indlviduatlon: Vereinzelung. Prittcipium individuationis: das, was macht, daß es (überhaupt oder von einerbestimmten Gattung) viele Wesen gibt; nach Locke S. 153 und Schopenhauer S. 490 sind dies Raum und Zeit. Induktion: Gewinnung eines allgemeinen Satzes (Gesetzes) aus Beobachtung mehrerer Einzelfälle; Gegensatz Deduktion. Induktionsschluß: Folgerung von vielen Fällen auf alle der gleichen Gattung, z. B. bei vielen Tieren zeigt ein bestimmtes Agens (ein Gift) eine bestimmte Wirkung,- vermutlich wirkt es in allen tierischen Organismen gleichartig. Bacon S. 64—65, Mill S. 529. 532—533. Influxu8 phyeicus: natürlicher unmittelbarer Einfluß des Körpers auf die Seele und dieser auf jenen, vergl. Harm, -fraest. Inhärenz: Verhältnis der Eigenschaften zum Dinge als Träger derselben, dem sie anhaften, „inhärieren". Intellektualismus: i . Bevorzugung des D e n k e n s vor dem Fühlen und Wollen, die Ansicht, daß das E r k e n n e n die wesentliche Kraft und Aufgabe der Seele sei. Solche Hoch- und Überschätzung des Erkennens, die einen allgemeinen Charakterzug der modernen Denkweise ausmacht (S. 8. 25. 643), tritt besonders ausgeprägt bei L e i b n i z S. 263 und H e g e l S. 446 hervor; die Weltanschauung des letzteren (alles Wirkliche ist Vernunft, verkörperter Gedanke, Darstellung einer bestimmten Stufe in der Entwickelung des Begriffs) wird häufig als Panlogismus bezeichnet. Gegensatz Ethelismns, Moralismus, Überordnung des (sittlichen) Wollens über das Wissen. 2. Die Ansicht, daß die sinnliche Empfindung eine niedere Art oder Stufe des Denkens und aus diesem zu erklären sei, vergl. S. 262. 295; Gegensatz Sensualismus. Intellektuelle Anschauung - Intuitiver Verstand: denkendes Anschauen, anschauendes (schöpferisches, die Gegenstände erzeugendes) Denken; s. Kant S. 341. 375, Fichte S. 391. 394 und Schelling
INTELLIGIBEL —
378.415. 417. 345.
Vergl. Anschauung,
Intuitiv. Intelligibel: übersinnlich, nur denkbar, nicht anschaubar oder erfahrbar. Vergl. Noumenon. I n t e l l i g i b l e r C h a r a k t e r : das Jenseitige, Außerzeitliche, was dem empirischen Charakter zugrunde liegt. Kant S. 348, Schelling S. 423, Schopenhauer S. 494. Intuitiv heißt die anschauliche, unmittelbare Erkenntnis im Gegensatz zur d i s k u r s i v e n , begriff liehen, vermittelten; vergl. Anschauung — Begriff. Meist wird unter Intuition nicht die sinnliche, sondern die g e i s t i g e Anschauung verstanden, und zwar I. die reine, a p r i o r i s c h e Anschauung (Raum und Zeit) bei Kant S. 316 f. ; II. die S e 1 b s t anschauung bei Locke S. 156; III. die V e r n u n f t anschauung, auch Glaube (Gefühl, Empfindung, Erfahrung, Offenbarung) genannt, die unmittelbare Erkenntnis der eines Beweises weder fähigen noch bedürftigen, durch sich selbst evidenten Prinzipien im Gegensatz zur Verstandeserkenntnis durch Beweise; so bei Jacobi S. 289 (vergl. Spinoza S. 124—125, Pascal S. ¡35, Reid S. 219 bis 220, Rousseau S. 242—243) und Fries S. 461; IV. die m y s t i s c h e Anschauung des Absoluten, s. Mystik. Intuitiver V e r s t a n d s. Intellektuelle Anschauung.
K Kategorie: allgemeinste Aussage, oberster Begriff, reiner (nicht empirischer) Begriff. Die aristotelische Kategorientafel zählt zehn, die stoische vier, die kantische zwölf solcher Stammbegriffe des reinen Verstandes auf. S. 328. Kategorischer Imperativ: s. Imperativ. K a u s a l i t ä t : Ursächlichkeit, s. Mechanismus und Teleologie; Verhältnis der Ursache zur Wirkung, Korrelat Dependenz. K a u s a l n e x u s : Verknüpfung oder Kette der Ursachen und Wirkungen. Koinzidenz: Zusammenfallen sc. der Gegensätze: Cusanus S. 21—23, Hegel S. 449. KOnkret: das Anschauliche, Besondere, Einzelne, Wirkliche oder dem Einzelnen
KRITIZISMUS.
655
und Wirklichen Nahebleibende (Einzelvorstellung) ; Gegensatz A b s t r a k t (abstrahiert, abgezogen): das Begriffliche, Allgemeine (Allgemeinvorstellung). — Der k o n k r e t e B e g r i f f ist nach Hegel (S. 449) ein Allgemeines, welches das Besondere nicht sich gegenüber, sondern in sich hat, sich selbst besondert. Konstitutives Prinzip : ein Grundsatz, der etwas über den Gegenstand aussagt, ihn bestimmt; Regulatives P r . : eine Regel für den Verstand, den Gegenstand zu suchen. Kant S. 344. 351 2 . 376. 3772Konstruktion: I. mathematisch: Darstellung, Realisierung eines Begriffs in der Anschauung (das Ziehen, Erzeugen einer Linie), Kant S. 318, vgl. S. 299. \\. philosophisch : Synthetischer Gedankenaufbau, Ableitung der Erscheinungen aus Begriffen, z. B. der Geschichtsperioden aus einem abstrakt begrifflichen Schema (Fichte S. 404, Hegel S. 455). Konstruktive S c h u l e : Fichte, Schelling (S. 412), Hegel und Genossen. Vgl. Idealismus, Psychologie. Kontemplation: ¡. theoretisches Verhalten; das kontemplative (beschauliche, der Erkenntnis gewidmete) Leben von Aristoteles, den Scholastikern und Schopenhauer höher geschätzt als das aktive (tätige, handelnde). 2. ästhetisch: reine, ruhige, uninteressierte Betrachtung im Gegensatz zur begehrlichen, Kant, S. 368 f. Herbart S. 483, Schopenhauer S. 492—493. Kosmologie: (der allgemeine Teil der) Naturphilosophie. Kosmol. G o t t e s b e w e i s : Schluß von der (zufalligen) Existenz der Welt (und der Bewegung) auf ein notwendiges Wesen als Ursache derselben, Locke S. 156—157, Rousseau S. 243, Leibniz S. 265 ; Kants Kritik desselben S. 349Kritik der Vernunft: Untersuchung des menschlichen Erkenntnisvermögens (Kant). Kritizismus: der Standpunkt, welcher der Erkenntnis der Dinge eine Prüfung der Möglichkeit (der Quellen und Grenzen) der E r k e n n t n i s vorauszuschicken für nötig hält. Gegensätze D o g m a t i s -
LEGALITÄT —
METHODE.
mus: der blinde ungeprüfte Glaube an ist ein Nervenprozeß, eine Gehirnbewedie Erkenntnisfähigkeit der menschlichen gung. So lehren Hobbes S. 69, Priestley Vernunft, — und S k e p t i z i s m u s : der S. 169, Lamettrie S. 232, Diderot S. 233 ebenso ungeprüfte Zweifel an derselben, bis 234, Holbach S. 236, Cabanis S. 239, der sich mit der Bestreitung der dogma- ! K. Vogt, Büchner, Moleschott S. 579 bis tischen Lehrsätze begnügt, ohne zu der 580 u . a . Vgl. S. 492. 643. Gegensätze: kritischen Grundfrage nach der Möglich- Dualismus, Spiritualismus, Dynamismus. keit, dem Ursprung und der Tragweite — Berkeley S. 200 bezeichnet schon die der Erkenntnis vorzudringen. Kant S. bloße Annahme einer außer den Geistern 295—296. existierenden Körperweit als materialistisch. I Maxime: subjektiver Grundsatz im L | Gegensatz zum objektiven Gesetz, theoder Forschung, Kant Legalität: bloße Gesetzlichkeit, äußere retisch: Regeln 2 3 Gesetzmäßigkeit des Handelns, Überein- S. 343- 35' - 351 - 376; praktisch: Grundstimmung der H a n d l u n g mit dem Sitten- sätze des Handelns, Kant S. 353. Ungesetz. Gegensatz Moralität: wahrhafte sittlich sind nach Kant die eudämonistische Sittlichkeit, Übereinstimmung des W i l - und egoistische Maxime der Lust und l e n s , der Gesinnung, der Maxime, der des Vorteils, sittlich allein der Grundsatz Motive mit dem Sittengesetz, Pflichterfül- der Pflicht, des Gehorsams gegen das lung aus Pflichtgefühl oder um der Pflicht Sittengesetz um des Gesetzes willen, willen. Kant S. 355. Etwas anderes be- S. 355. (Vgl. Legalität und Moralität, deutet „Sittlichkeit" bei Hegel, S. 454. Moralprinzip.) Mechanismus: (objektiv) ein System Logik: Lehre vom Denken, vom Erkennen. I. subjektive oder formale Logik: wirkender oder bewegender Ursachen und Lehre von den Formen und formalen Ge- deren Wirkungsweise, (subjektiv) die Lehre, setzen des Denkens (Begriff, Urteil, Schluß) daß alles Geschehen (überhaupt oder dasund den Methoden der Forschung. 2. ob- jenige eines bestimmten Gebietes) nicht jektive (transzendentale) Logik = Wissen- aufFinalursachen oder Zwecke noch durch schaftslehre, Erkenntnistheorie: Lehre von Freiheit, sondern lediglich auf effiziente den Kategorien, den reinen, nichtempi- Ursachen, durch (oder nach Analogie von) rischen Grundbegriffen (und Grundsätzen) Druck und Stoß erfolge. Mechanisch: des Denkens und ihrem Erkenntniswerte, durch natürliche Kräfte, ohne Mitwirkung ihrer Geltung für das objektive Sein. Da einer Absicht. Gegensatz: Teleologie, s. d. Metaphysik: prinzipieller Teil der Hegel die Denkformen mit den Seinsformen für identisch erklärt, fällt ihm Philosophie, Lehre vom wahren Sein und Logik und Metaphysik zusammen, S. 451 von den letzten Gründen der Dinge, wissenbis 4 5 2 . schaftliche Weltanschauung. Bei Kant (S. 312) I. transzendente Wissenschaft vom Übersinnlichen; II. Inbegriff aller apriorischen Erkenntnis mit Abzug der Materialismus: die Lehre, daß alles mathematischen, also 1. Vernunftkritik, Seiende körperlich, alles Geschehen Be- Transzendentalphilosophie oder Erkenntwegung materieller Teile, der Geist nichts nislehre, 2. reine Naturwissenschaft = imvon der Materie wesentlich Verschiedenes manente Metaphysik der Erscheinungen. sei. Den Geist betrachten die Materia- — Einteilung bei Wolff (Ontol., Kosmol., listen entweder selbst als einen Körper Psychol. und Theol.) S. 274. 344 und bei (gewöhnlich = Gehirn) oder eine be- Herbart S. 471. sondere Art körperlicher Vorgänge oder Methode: wissenschaftliches Verfahren. als ein Resultat von solchen, als Eigen- Vgl. Analyse und Synthese, Deduktion und schaft oder Wirkung der organisierten Induktion, progressiv und regressiv, transMaterie. Bewußtsein, Empfinden, Denken szendental und psychologisch, dialektisch.
MIKROKOSMOS —
Mikrokosmos: (der Mensch, jedes Einzelwesen) eine Welt im kleinen, ein zusammengezogener, abgekürzter Ausdruck des Alls. Gegensatz: Makrokosmos, die Cusanus große Welt, das Universum. S. 24, Paracelsus S. 28, Taurellus S. 32, Bruno S. 34—35, Weigel S. 50, Böhme S. 53, Leibniz S. 252, Vgl. Individualismus. • Modus: Art und Weise, bei Spinoza ! S. 1 2 1 und Locke S. 1 5 1 so viel wie Akzidens, (vorübergehender) Zustand (eines Beharrlichen und Wesentlichen).
MYSTIK.
657
von der Welteinrichtung oder a n t h r o p o l o g i s c h von den Grund trieben der menschlichen Natur, oder (von einem Seinsollenden, und zwar) t e l e o l o g i s c h von einem zu erreichenden Zwecke oder i m p e r a t i v i s c h von einem Gesetze aus bestimmt werden, z. B. I. (Beförderung der) Weltharmonie S . 1 8 4 — 1 8 5 . 264 bis 265. Wesensidentität aller Handelnden und Weltelend S. 493—494. II. Naturtrieb (s. Naturalismus II), sozialer Trieb des Wohlwollens (S. 180) oder Mitleids (Sympathie S . 192), Trieb der Selbst-
Monadologie: Monadenlehre: die Theorie, daß ewige, individuelle, seelenartige kraftbegabte (vorstellende) Einheiten das wahrhaft Wirkliche, die Körper aus unkörperlichen Elementen zusammengesetzt seien; ein ins Spirituelle übersetzter Atomismus. Cusanus S. 24, Bruno S. 34, Leibniz S. 2 5 0 — 2 5 1 ; vgl. Herbart S. 475 und Lotze S. 591.
: | j | j
beurteilung (S. 180). III. Vollkommenheit (S. 264. 274), Lust (Hedonismus), Glückseligkeit (Eudämonismus), Nutzen (Utilitätsprinzip) des Handelnden (Egoismus) oder (und) der Gesellschaft (S. 180. 188. 5 3 1 . 624—5), d a s Wohl des anderen (Altruismus S. 514, 5 1 7 , Tuismus S. 574), Übereinstimmung mit sich selbst, Seelen; ruhe, Selbständigkeit der Vernunft S. IV. Die Gebote des Gewissens MonismU8: Annahme eines einzigen 401. Prinzips. Gegensatz: Dualismus und Plu- S. 1 4 2 — 1 4 3 . 1 9 0 — 1 9 1 . 400—401, des ralismus. Der Materialismus und der moralischen Sinnes S. 185. 1 8 9 — 1 9 0 , der Spiritualismus sind ebensosehr monistische logischen Vernunft S. 180, 182, des Theorien wie die Identitätsphilosophie Staates S. 7 1 — 7 3 . 180, der göttlichen (Spinoza, Schelling, Hegel, Schopenhauer, Autorität (des in der christlichen OffenHartmann). Heutzutage versteht man jedoch barung kundgegebenen Willens Gottes unter Monismus vorzugsweise die u. a. von mit Verheißung von Lohn und Strafe) H a e c k e l und N o i r e vertretene, dem Spi- S. 164 f., das unbedingte Soll des selbstSittengesetzes (Autonomie, nozismus verwandte Ansicht, daß den Ele- ! gegebenen menten des Wirklichen neben der Körper- Kant S . 353 f.). lichkeit eine gewisse psychische Tätigkeit Motiv: Beweggrund, Triebfeder. M o (Empfindung) beiwohne, daß sie E i n h e i t i t i v a t i o n : Kausalität in der Sphäre des von Materiellem und Geistigem seien, alles ' Wollens und Handelns. Schopenhauer Körperliche mithin von einem Geistigen S. 490. und umgekehrt begleitet sei. Mystik: diejenige Richtung in der PhiMoralismus: die Ansicht, daß die Sittlichkeit als das einzige absolut Wertvolle die wesentlichste Aufgabe des Menschen und der letzte Zweck der Welt sei. Kant S. 354. 358. 383. 644. Fichte S. 399. Vgl. Ethelismus. Gegensätze: Intellektualismus, Ästhetizismus, Hedonismus.
losophie, die nicht durch methodische j Begriffsvermittlung, sondern auf dem Wege ; der unmittelbaren Anschauung (Intuition), j der Versenkung in die Tiefe des Gemüts, 1 der Einigung (unio mystica) mit dem J Weltgrunde, der Eingebung, Erleuchtung und Verzückung (Ekstase) der Wahrheit
• habhaft zu werden sucht (S. 21). Mystische Elemente finden sich bei fast allen großen Moralität s. bei Legalität. Moralprinzip: oberster Begriff der Philosophen, jede geniale, nicht durch Sittenlehre. Vgl. Ethik. Das Prinzip der Begriffsarbeit vermittelte Konzeption fällt Ethik kann entweder (vom Seienden aus, l unter die Rubrik des Mystischen im und zwar) m e t a p h y s i s c h (kosmologisch) | weiteren Sinne. 42 F a l c k e n b e r g , Neuere Philos. 7. A u f l .
658 N Natur: I. das u r s p r ü n g l i c h e Wesen eines Dinges (die Natur des Metalls, des Menschen, des Geistes). Gegensatz: Kultur, Kunst, das Gewordene, das durch Konvention und Herkommen Entstandene (S. 43), das Gekünstelte und Verkünstelte; N a t u r z u s t a n d : Grotius S. 43, Hobbes S. 71 f., Spinoza S. 132, Rousseau S. 240 bis 241; N a t u r r e c h t S. 38f., Kant S. 366, Fichte S. 402; natürliche Religion s. Deismus. II. der Inbegriff (und der Grund) des m a t e r i e l l e n D a s e i n s ; natura naturata (und naturans, S. 32 bis 33.116 —117.410—412); Gegensatz: Geist, Geschichte. Naturalismus: I. die Tendenz, das geistige Geschehen nach Analogie, unter dem Gesichtspunkt, nur als Fortsetzung des p h y s i s c h e n zu betrachten, = Physizismus; Gegensatz Idealismus, Historismus. S. 10. 608—609. 643. Montesquieu S. 224, Herder S. 286—287. 410—412. II. der Versuch, die Sittlichkeit auf den Naturtrieb (der Selbsterhaltung) zu gründen, Hobbes S. 72 f., Spinoza S. 129 bis 130, Mandeville, Bolingbroke S. 188, Condillac, Helvetius, Lamettrie S. 232 bis 233, Holbach, Cabanis 239, vgl. Sensualismus II. III. die Richtung, welche die Aufgabe der Kunst darein setzt, die Gegenstände unverschönert, so wie sie wirklich sind, in voller Treue und in ungeschmälerter Häßlichkeit darzustellen. IV. ungeschultes, der Methode und Technik nicht mächtiges Verfahren. Nominallsmus:mittelalterlicheBezeichnung für die Theorie, daß die U n i Vers a l i e n (die Gattungen, das Allgemeipe) keine Realität haben, bloße Vorstellungen (Begriffe, Konzeptualismus), ja b l o ß e N a m e n (nomina) seien. Hobbes S. 70 bis 71, Locke S. 1 5 0 — 1 5 1 , Berkeley S. 199 f. Gegensatz Realismus, s. d. Nootogle nennt E u c k e n seine Prinzipienlehre, die, den Begriff des Transzendentalen über das Gebiet der Erkenntnis erweiternd und erhöhend, zum einheitlichen Wesensgrunde des Geistes vorzudringen trachtet. S. 618.
Noumenon, Ding an sich, I. in negativer Bedeutung: das, was den Erscheinungen zugrunde liegt, aber nur gedacht, n i c h t sinnlich angeschaut, folglich auch nicht erkannt werden kann. 2. in positiver Bedeutung: das jenseit der Erfahrung Liegende, Übersinnliche, Unbedingte, was Gegenstand — zwar nicht unserer sinnlichen, vielleicht aber — einer intellektuellen Anschauung ist. Kant S. 319—328. 340—343. 352. Gegensatz Phänomenon. Vgl. Intelligibel.
0 Objekt: (der seiende, der wahrgenommene, der gedachte) Gegenstand, S u b j e k t: das denkende (fühlende, wollende) Ich. O b j e k t i v nennen wir 1. was dem Gegenstande ( s u b j e k t i v , was dem auffassenden Geiste) angehört; 2. was für alle Geister (subjektiv, was nur für den einzelnen Geist) da ist und gilt. Diese beiden Bedeutungen „äußerlich oder gegenständlich — innerlich oder geistig" und „allgemeingültig — individuell", zwischen denen der heutige Sprachgebrauch schwankt (und die man durch die Unterscheidung von allgemeinsubjektiv und einzelsubjektiv, also in der Dreiteilung „gegenständlich — allgemeingeistig — einzelgeistig" vereinigen könnte), sind bei Kant nicht genügend geschieden. — Im Mittelalter (Duns Scotus) und weiterhin (Berkeley) bis ungefähr zur Mitte des XVIII. Jahrhunderts (EUCKBN, Terminol. S. 68. 134. 203—204) hatten jene Ausdrücke die u m g e k e h r t e Bedeutung: objektiv = (bloß) vorgestellt, subjektiv oder formal = wirklich, dem Gegenstande (dem, was dem Urteil „unterliegt") angehörig. — Subjektivität der Empfindungen (Demokrit, Descartes u. a.), der reinen Anschauungen und reinen Begriffe (Kant S. 321), vgl. Primär und sekundär. Okkasionallsfflus: Lehre von den Gelegenheitsursachen : Körper und Geist wirken nicht unmittelbar aufeinander, sondern Gott bewirkt bei Gelegenheit des körperlichen Reizes in der Seele die Empfindung, auf Anlaß des psychischen Willensaktes
ONTOLOGIE —
PERSON.
659
die entsprechende Leibesbewegung, S. 101 I Gott, Gott das All sei, Toland S. 174, Holbach S. 236, Strauß S. 572'; 2. auch V g l . Präst. Harm.
bis 105.
Ontologie: erster Teil der Metaphysik,
wohl in weiterem Sinne: die Behauptung,
handelnd von den allgemeinsten Bestim-
daß das Endliche (insbesondere diemensch-
mungen
liche Vernunft) dem Unendlichen wesens-
des
Seienden,
abgesehen
von
Gemeinsam ist beiden Be-
den Unterschieden der Körperlichkeit und
verwandt sei.
Geistigkeit usw., Wolff S. 274. —
Onto-
deutungen die Ablehnung der Außerwelt-
fürs Dasein Gottes:
lichkeit Gottes, der dualistischen Fassung
logischer Beweis
„Gottes Existenz folgt aus dem B e g r i f f e
des
Gottes,
(S.23—24). Im Gegensatz zu dem immanen-
zu
dessen Merkmalen
das
Sein
Verhältnisses
von
Gott
und
Welt
gehört, Gott kann nicht als nichtexistierend
ten Pantheismus Hegels
gedacht
Anselm, Descartes S.
hegelianer (Gott gelangt erst im Menschen-
88, Spinoza S . 117, Leibniz S. 266 (nicht
geiste zum Selbstbewußtsein, wird erst in
zu verwechseln mit dem Argumente, daß
ihm wirklich Gott) vertritt Fortlage S. 468
wir
den „transzendenten Pantheismus".
werden",
die
Vorstellung
Gottes
haben,
resp. der Jung-
3. im
aber nicht aus uns, sondern nur von Gott
Gegensatz zum Individualismus: die I.ehre,
selbst haben können, Campanella S. 36,
daß die Vielheit der veränderlichen und
Descartes S. 87); Kants Kritik desselben
vergänglichen Einzeldinge nur Schein sei und allein dem einheitlichen Weltgrunde
S. 350. 0ntol0gi8mU8:
der
Standpunkt,
der
nicht,wie der,,Psychologismus" (Rosmini), Tatsachen
der
inneren
Erfahrung (z. B.
das „Ich denke, also bin ich" des Descartes), sondern metaphysische Prinzipien, speziell
den
Gedanken
des
(absoluten)
volle
Wirklichkeit
zukomme;
so
die
Eleaten, Schopenhauer S. 490 f., ähnlich Spinoza und Schelling in seiner Identitätsperiode. Panthelismu8 oderThelematismus: die Ansicht, daß alles im Grunde W i l l e sei.
S e i n s zum Ausgaogspunkte der Philosophie
Fichte, Schelling, Schopenhauer.
wählt. Gioberti S. 504, Lamennais S. 519,
Ethelismus,
Vergl.
Optimismus: die Ansicht, daß diese | Parallelismu8, p s y c h o p h y s i s c h e r : Welt (als) die beste unter allen möglichen | die Annahme, daß zwischen leiblichen (ausgewählt worden) sei. Leibniz S. 255 f. : und seelischen Prozessen keine Wechselwirkung stattfinde, sondern daß die psychi267 f., vergl. S . 10. 25. 447. ! sehen Erscheinungen den gewöhnlich als 0rektizismu8 s. Ethelismus. ihre Ursachen resp. Wirkungen betrachO r g a n i s m u s : ein lebendiges Wesen, teten physiologischen Vorgängen n u r p a ein System von Teilen, die sich gegenr a l l e l l a u f e n , ohne durch sie bewirkt seitig wie Ursache und Wirkung, Mittel zu werden oder sie zu bewirken. Siehe und Zweck verhalten. Kant S. 375. Eine S. 572. Vergl. Identitätssystem. o r g a n i s c h e W e l t a n s c h a u u n g — so bezeichnen Krause und Trendelenburg die ihrige — versum
ist wie
diejenige, ein
die
Lebewesen,
das somit
Unials
zweckvoll eingerichtet und die Teile als durch das Ganze bestimmt und einander zugeordnet betrachtet.
P Panenthei8mU8: Allingottlehre, Krause S. 430. Panlogismns s. Intellektualismus, Pantheismus: engstem Sinne:
i. in wörtlichem
und
die Lehre, daß das A l l
PaS8i0n: leidentlicher Zustand der Seele, Leidenschaft, Affekt. Über die Passionen handeln Descartes S. 98, Spinoza S. 1 2 5 — 1 2 7 , Shaftesbury S. 185, Hutcheson S. 190, Hume S. 2 1 4 — 2 1 5 . P e r z e p t i o n : (bloße) Vorstellung, Wahrnehmung,; Apperzeption: I- b e w u ß t e V., W . Leibniz S. 2 5 1 — 2 5 2 , Herbart S. 476. II. Bewußtsein|; transzendentale Apperz. = reines (Selbst-)Bewußtsein („Ich denke"), Kant S. 332. Per80n: mit Vernunft und Selbstbewußtsein begabtes, der Selbstbestimmung fähiges Wesen. Personali8ntU8: die An42*
66o
PESSIMISMUS —
POTENZ.
siebt, d a ß alles wahrhaft Wirkliche per- derselben Gegenstände, welche die Spezialsönlich (geistig, selbstbewußt) sei; Boström wissenschaften empirisch und reflektierend bearbeiten, z. B. neben der Geschichte die S. 560. Personalwelt, Eucken S. 618. Pessimismus: die Überzeugung, daß Geschichtsphilosophie, die von den alldie Welt (die) schlechtfeste unter allen gemeinsten Grundsätzen und Gesichtspunktmöglichen)sei. Der e u d ä m o n o l o g i s c h e ten, den treibenden Mächten der Geschichte, Pessimismus behauptet, daß die Summe der Periodisierung usw. handelt. So bilder Unlust die der Lust überwiege, der det die Philosophie teils die Grundlage, e t h i s c h e , daß die Menschen und ihre teils die krönende, abschließende Spitze, Handlungen der Mehrzahl nach schlecht teils das spekulative Seitenstück der Einseien. Schopenhauer S. 493 f., Hartmann zelwissenschaften. S. 595f. Vergl. S. 47- H2Phy8ik: I.Naturlehre überhaupt; 2. die Phänomenon: Erscheinung, Gegensatz empirische Naturwissenschaft; 3. spekulaNoumenon (s. d.). PhSnomenalismus: die tive Ph. = Naturphilosophie. PhysizisAnsicht, d a ß nur die Erscheinungen, nicht mus (Gegensatz Moralismus und Historisdas wahre Wesen der Dinge, erkennbar mus) s. Naturalismus I. Physikotheologisch seien. s. Theologie. Philosophie: wörtlich Weisheitsliebe. Position: Setzung. Das Sein ist kein Zur Zeit der Griechen umfaßte die Ph. alle logisches Prädikat, sondern die Setzung Wissenszweige. Die Mathematik zweigte des Begriffs samt allen seinen Merkmalen ; sich zuerst ab, im Beginn der Neuzeit wurde Existenz bezeichnet nicht eine Eigenschaft die Naturwissenschaft eine selbständige des Dinges, sondern ein Verhältnis desDisziplin, auch die Pädagogik h a t sich selben zu unserem Verstände, S. 350. 474. abgesondert, jetzt schickt sich die empirische 485. Selbstbewußtsein ist Selbstsetzung, Psychologie an, aus dem philosophischen S- 3 9 4 - 3 9 5 Verbände auszuscheiden. Wölfls Definition Positivismus: I. erkcnntnislhcoretisck der Philos. S. 273—274. D e r positivisti(Gegensatz Idealismus): die Ansicht, daß schen Absetzung und Herabsetzung der Philos. zu einem Durchgangsstadium zwi- empirische Tatsachen der einzige Ausschen der theologischen und der positiven gangspunkt, Erscheinungen (das durch die oder wahrhaft wissenschaftlichen Behand- Empfindung Gegebene) und ihre gesetzlichen Verbindungen der einzige Gegenlung (Comte S. 510 f.) und einer bloßen stand der Erkenntnis seien und der PhiloZusammenstellung der letzten Resultate sophie nur die Aufgabe bleibe, die Resultate der Einzelwissenschaften ist zu erwidern: der positiven Wissenschaften zu einem Philos. ist unentbehrlich 1. als E r k e n n t Gesamtbilde zu verknüpfen. Comte S. 5o8f.; n i s l e h r e (Wissenschaft vom Wissen), deutsche Positivisten S. 603—605. II. in 2. als P r i n z i p i e n l e h r e , welche das, was rtligionsphilosophischcr Bedeutung heißt für die Einzelwissenschaften Voraussetzung, Positivist derjenige, der auf dem Standununtersuchtes Erklärungs m i t t e l ist (z. B. punkt der positiven (geoffenbarten) Relidie Begriffe Kraft, Ursache, Gesetz), zum gion steht, sich an das Positive (GeProblem, zum E r k l ä r u n g s o b j e k t macht; schichtliche, Statutarische S. 362—363) 3. als Wissenschaft vom Seinsollendeä, der Religion hält, im Gegensatz zur Vervon den N o r m e n des Erkennens, des nunftreligion der Rationalisten. Vgl. künstlerischen Schaffens und des sittlichen Deismus. Handelns oder den I d e a l e n des Wahren, P 0 8 t u l a t : theoretisch nicht beweisbare, Schönen und Guten (Logik, Ästhetik, E t h i k ) ; 4. als W e l t a n s c h a u u n g , welche aber aus praktischen Motiven geförderte A tinicht die einzelnen Teile, sondern das nahme. Kants moralische Postulate S. 360. Potenz: I. Zustand der bloßen MögG a n z e der Wirklichkeit zum Gegenstande des Nachdenkens macht; 5. als lichkeit = Latenz, Gegensatz Akt(ualität), rationale oder s p e k u l a t i v e Behandlung Leibniz S. 262. —; II. in einer der mathe-
PRAGMATISMUS —
mätischen
analogen
Bedeutung:
Stufe,
Schellings Potenzenlehre S. 4 l 4 f . 419. 425. P r a g m a t i s m u s siehe James, S. 554. P r a k t i s c h e Philosophie: der Teil der Philosophie,
der
sich
auf
Die erstere ist
sowohl in p l u r a l i s t i s c h e r (mehrere aufeinander nicht reduzierbare Kräfte; Wolff: Erkenntnis- und Begehrungsvermögen, Tetens: Vorstellen, Fühlen, Wollen S. 279)
desselben
als in m o n i s t i s c h e r Form (eine einzige
und
Grundkraft, deren Modifikationen die ver-
Gegensatz Theoretische Philoso-
schiedenen Tätigkeiten sind) ausgebildet
bezieht: Politik.
einzelnen Vorstellungen).
Wollen
das
und Handeln und die Gesetze
PSYCHOLOGISMUS.
Ethik,
Rechtsphilosophie
phie : Wissenschaft vom Wirklichen. Glaube eine praktische Erkenntnis,
Der
worden. Die monistische Vermögenstheorie
Kant
wiederum erklärt entweder (sensualistisch, Condillac S. 226—229) das Höhere, Gei-
S. 360. Prttotabiliert s. Harmonie.
stige aus dem Niederen, Sinnlichen, oder
Primäre und S e k u n d ä r e
(intellektualistisch,
jene
sind
diejenigen,
die
Qualitäten: dem
Gegen-
Leibniz S.
261—262)
dieses aus jenem; dort wird das Denken
stände wirklich zukommen, abgesehen von
und Wollen
seiner Beziehung zu einem empfindenden
Empfinden, hier
Subjekt, diese diejenigen, die wir ihm in-
unvollkommenes, undeutliches Denken ge-
folge
faßt.
seiner Wirkung auf uns beilegen.
als ein höher
entwickeltes
das Empfinden als ein
Zu der dynamistischen und mecha-
Zur ersten Klasse gehören die quantitativen
nistischen Behandlungsart kommt als dritte,
Bestimmungen
sachlich vielfach
Größe,
Gestalt,
Dichtig-
keit, Bewegung, zur zweiten die qualitativen
mit der zweiten Form
der monistischen Vermögenstheorie über-
oder sinnlichen Eigenschaften Farbe, Ton,
einstimmend, die k o n s t r u k t i v e (S. 398.
Geruch usw.
416.
cartes
S. 54, Galilei S. 57, Des-
S. 9 1 — 9 2 ,
Boyle
S. 59,
Hobbes
453)
hinzu,
die,
vom
Begriff,
Wesen oder Zweck der Seele ausgehend,
S. 70, Locke S. 148—149. Durch Kants
die einzelnen psychischen Funktionen als
Lehre von der Subjektivität des Raumes
stufenweise
Realisierung
und der Zeit werden auch die quantita-
Bestimmung
der Seele
der
Idee
betrachtet,
oder diese
tiven Beschaffenheiten zu sekundären oder
Aufgabe der Seele aber teils intellektua-
subjektiven degradiert (S. 149), und wenn
listisch (Hegel), teils moralistisch (Fichte)
bei ihm
die Existenz eines unsre
bestimmt, während eine ästhetische oder
Sinnlichkeit affizierenden Dinges an sich als
affektualistische Fassung des Wesens der
noch
primär oder objektiv übrig bleibt, so fallt
Seele (Schleiermacher) nur in der milderen
bei Fichte, der die vermeintliche Einwir-
Gestalt versucht worden ist, daß das Ge-
kung des Gegenstandes als eine Selbst-
fühl als einheitlicher Kern und Mittelpunkt
beschränkung des Ich erklärt, auch dieser
der psychischen Existenz,
letzte Rest hinweg. Vgl. Berkeley S. 198.
Wille aber als gleichfalls ursprünglich an-
Prinzip:
höchster
Begriff,
oberster
Verstand und
gesehen werden. — Der „psychologischen"
Grundsatz, Gesetz, Erklärungsgrund, Aus-
Behandlung
gangspunkt; z. B . Identitätsprinzip, Moral-
Kant (S. 315) die „transzendentale" ent-
prinzip.
gegengestellt. —
Proprinzipien S. 36.
Progressiv-regressiv:
vom
Grunde
zu den Folgen vorschreitend — vom Bedingten zur Bedingung z u r ü c k schreitend. P s y c h o l o g i e : Seelenlehre.
Empirische
der
486. 6 1 6 — 6 1 7 .
Erkenntnistheorie Völkerpsychologie:
hat S.
627—628.
P8yeh0l0gi8mu8: die Ansicht, daß die innere
Erfahrung unserer seelischen Zu-
stände der einzige Ausgangspunkt
alles
und rationale Seelenkunde, W o l f f S. 274.
Erkennens, Psychologie die Grundwissen-
— Die V e r m ö g e n s t h e o r i e (Locke, Kant)
schaft,
erklärt
Anwendungen oder Teile derselben seien.
die
Erscheinungen
des
Seelen-
die
übrigen
Wissenschaften
nur
lebens aus Kräften, die m e c h a n i s t i s c h e
Fries S. 461, Beneke S. 464. 487.
(die
Assoziationspsychologen
die psychologistische Behandlung der L o g i k
S. 477 f.) aus dem Zu-
wendet sich E. Husserl S. .581 A n m . 626. V g l .
englischen
S. 169, Herbart sammenwirken
einfacher
Elemente
(der
Gegen
Anthropologismus. S. auch Ontologismus.
662
PSYCHOPHYSIK
—
Psychophyslk: exakte Lehre von den Beziehungen zwischen Leib und Seele. Fechner S. 585—586. Purismu8: (übertriebenes) Dringen auf Reinheit, z. B der sittlichen Motive, Kant b 356, der Sprache, Krause S. 429.
Q Qualität: Beschaffenheit, A r t (z. B. qualitatcs occultae, die verborgenen Eigenschaften der Dinge, aus denen das Mittelalter die empirischen Eigenschaften und Wirkungen derselben zu erklären pflegte, S. 510), Quantität: Menge, G r ö ß e . Qualitativer Unterschied = spezifischer, quantitativer = gradueller. „Quantitative Differenz": Unterschied des Mehr oder Weniger, Überwiegen des einen von zwei Uberall vorhandenen Faktoren (5 a 2 1 , 2 a 5 b) Schelling S. 418—419. Diejenige Weltanschauung, die bei gewissen Artunterschieden (Neigung und Pflicht, Gut und Böse, Empfindung und Denken) als letzten, nicht auf eine Einheit zurückfahrbaren | Gegensätzen stehen bleibt, kann man die | q u a l i t a t i v e (Kant S. 309), diejenige, welche die Gegensätze zu bloßen Gradunterschieden herabzusetzen (Spinoza S. 131, Leibniz S. 263. 269) oder (wie die moderne Naturwissenschaft S. 53—57) alles Qualitative quantitativ zu erklären, z. B. die Empfindungsqualitäten der Farbe, des Tones auf Bewegungen zurückzufuhren sucht, die q u a n t i t a t i v e nennen. — Siehe auph Primäre Qualitäten. j
R Rationalismus: I. in der Erkenntnistheorie: die Überzeugung, daß Wahrheit erreichbar und daß sie nicht in der Erfahrung, der sinnlichen Wahrnehmung und Vorstellung, sondern allein im reinen Denken der V e r n u n f t zu finden sei (Gegensätze Skeptizismus und Empirismus); S. 69—70. 76. 86. 114. 158. 161 bis 162. 210.'263. 271. 274, 29of. u. ö. II. in der praktischen und Rtligions-
I
RELIGION.
philotophie: die Annahme einer natürlichen oder V e rn un ft religion, eines N a t u r rechtes als Kern der positiven geschichtlichen Religionen und Rechtssysteme und als Norm für die Beurteilung derselben (Gegensatz Positivismus II, Historismus 2) S. 44. 171. 284. Vgl. Deismus. Realismus: I. Im Mittelalter ( = Idealismus nach dem heutigen Sprachgebrauch) die Annahme, daß die umversalta wirklich (real) seien, Gegensatz Nominalismus. 2. metaphysisch: die Ansicht, daß das Erkennen aus dem Sein abzuleiten sei, S 392, desgleichen die Annahme, daß ungeistige Wesen den Grund und die Elemente der Wirklichkeit bilden: Materialismus, Atomismus; Herbarts Realen S. 473—474, 477, Gegensatz Idealismus. 3. ästhetisch: die Ansicht, daß die Schönheit nicht (bloß) auf der Form, sondern (auch) auf dem Inhalt (der Idee = Idealismus) beruhe, Gegensatz Formalismus. Reflektierende Urteilskraft, Kant s. 367Reflexion s. bei Spekulation. RegreS8iV S. bei Progressiv. Regulativ S. bei Konstitutiv. Relation: Verhältnis,Beziehung, Locke S. 152. Relativ verhältnismäßig, Gegensatz Absolut. R e l a t i v i s m u s : die Lehre, daß alle Erkenntnis relativ sei (sich in lauter Relationen bewege) und sich nur auf Relationen (diegesetzlichenBeziehungen zwischen den in ihrem Ansich unerkennbaren Dingen, also nur auf Erscheinungen) erstrecke. Kant S. 322, Comte S. 509, Spencer S. 538, vgl. Opzoomer S. 564. Religion: Verhältnis des Menschen zum Unendlichen, zu Gott. Siehe die Definitionen bei Kant S. 361, der die Religion auf die S i t t l i c h k e i t gründet, Hegel S. 457, der sie als ein D e n k e n in Form der Vorstellung, als Vorstufe der Philosophie (ähnlich Schopenhauer S. 495 als populäre Metaphysik) betrachtet, und Schleiermacher S. 438—441, der sie als ein zuständliches Bewußtsein, als Frömmigkeit, als G e f ü h l der Abhängigkeit faßt; also eine moralistische, intellektualistische und affektualistische (oder, in wörtlichem, nicht historischem Sinne
—
SPEKULATIV.
pietistische) Auffassung, Uber deren Ver-
inhalt
hältnis S. 365. L o c k e S. 162 und Leibniz
stamme (Locke S . 145— 147), das Denken
S.
(ebenso das Wollen) nur ein
265—266
unterscheiden
vernunftge-
mäße und übervernünftige Glaubenslehren, Bayle für
erklärt die
christlichen
widervernünftig
und
Dogmen
gründet
hier-
aus
663
der
sinnlichen
Empfindung umgewan-
deltes Empfinden sei (Condillac S. 226 f., Bonnet S. 230, Helvetius S. 230—231). Gegensatz Intellektualismus. chologie.
Die religiöse Weltanschauung des Mittel-
sinnliche Gefühle und Triebe die einzigen
alters S. 8. — kann
objektiv
Die
Religionsphilosophie
(als
und Tuns
bilden,
ihre Befriedigung das letzte Ziel auch der
die Gegenstände
sittlichen Tätigkeit, das höchste Gut sei. Vergl. Naturalismus II.
der Verehrung
oder
Frömmigkeitslehre)
den
S k e p s i s , S k e p t i z i s m u s : Zweifelslehre,
frommen Zustand und das religiöse Ver-
die Ansicht, daß ein sicheres Wissen dem
subjektiv halten
(als
und
alles Strebens
die Lehre, daß
Dogmatik,
philos.
spekulative Theologie) des Glaubens
Motive
II. moralisch:
Vergl. Psy-
auf seinen Zweifel an der Vernunft S. 141.
betrachten,
oder
kritisch
(Kant
S . 361—363) an die Glaubenslehren den
Menschen
unerreichbar
sei.
(Bei
Kant
S . 295: derjenige Betrieb der Philosophie,
Maßstab des aus bloßer Vernunft Erkenn-
der
baren anlegen.
Dogmatiker anzugreifen, ohne die Mög-
Vgl. Positivismus II, Ra-
sich
begnügt,
die
Lehren
der
tionalismus II, Deismus, Theismus.
lichkeit des Erkennens selbst zu prüfen;
R e t e p t i v i t ä t — S p o n t a n e i t ä t : Empfänglichkeit für äußere Eindrücke — Kraft des Hervorbringens von innen. Nach Kant ist die Sinnlichkeit das r e z e p t i v e Vermögen, durch Affektion von außen zu Vorstellungen (Empfindungen, Anschauungen) angeregt zu werden, der Verstand das s p o n t a n e Vermögen, Vurstelluügea (Begriffe) selbst zu erzeugen. S. 293—295. 313. 328. Vergl. Anschauung und Begriff.
vergl.
Kritizismus.)
S.
46—48,
Bayle
S . i4of., Hume S. 2o6f., Diderot S. 234, Hirnhaym S.269—270. Skeptische Elemente finden sich fast bei jedem scharfsinnigen Philosophen. Descartes benutzt den Zweifel nur (als Ausgangspunkt),
um zu
einem
Unbezweifelbaren zu gelangen, S. 84—86. Solipsismus, theoretischer Egoismus: der
erkenutnistheoretische
Standpunkt,
daß, da mir unmittelbar nur meine Vorstellungen gegeben sind, ich nichts weiter
s
gewiß weiß, als daß ich selbst und meine
S c h e m a t i s m u s , Kant S. 333. 341.
stieren, während die Körper und die frem-
S c h o l a s t i k : die Philosophie des Mittelalters seit dem IX. Jahrhundert (vorher: Patristik), welche, christliche Kirchenlehre und aristotelische Philosophie verbindend, Glauben und Wissen für vereinbar hält und wissenschaftliche Vertretung eines autoritativ gegebenen Lehrinhalts der Philosophie (als der Magd der Theologie) zur Aufgabe setzt, S. 9. 431. Scholastisch heißt dasjenige Verfahren, das sachliche Schwierigkeiten mit schulmäßigem Formalismus durch abstraktes Raisonnement und spitzfindige Distinktionen zu erledigen meint. S e k u n d ä r e Eigenschaften s. P r i m ä r e Qualitäten. Sensualismus: I. erkenntnistheoretisch: die Lehre, daß aller Vorstellungs-
psychischen Zustände (ego ipse solus) exiden Geister, die ich wahrzunehmen und mit denen ich zu verkehren glaube, vielleicht nur meine Vorstellung sind, ohne außer ihr wirklich zu existieren, S. 87. S p e k u l a t i v , S p e k u l a t i o n : i . bei Kant sehr oft = tisch.
theoretisch, Gegensatz p r a k -
2. Erkenntnis des wahren Wesens
und Grundes der Dinge aus bloßer Vernunft,
aus
reinen
empirisch. geistige
3.
Begriffen, wörtlich:
Anschauung,
im
Gegensatz zur
mittelbaren Erkenntnis durch vergl. Intuitiv, Mystik.
Gegensatz
unmittelbare Begriffe;
4. Hegel charak-
terisiert das spekulative Verfahren als Erkenntnis
durch
„konkrete"
Begriffe im
Gegensatz zu der mit bloß „abstrakten" Begriffen arbeitenden R e f l e x i o n , S. 449, vergl. Konkret.
664 Spiritualismus s. Idealismus II 3. Spontan s. bei Rezeptiv. Subjekt s. bei Objekt. Substanz: Ding. Descartes S. 89 definiert Substanz als ein Ding, das zu seiner Existenz keines anderen Dinges bedarf (Körper und Geist verhalten sich gegeneinander als Substanzen, als selbständige und unabhängige Wesen), Spinoza S. 116 als dasjenige, was in sich ist und durch sich begriffen wird (das Unendliche, Gott), Leibniz S. 250 als ein der Tätigkeit fähiges Wesen, Kant S. 334 als das Beharrliche im Raum. Im Wechsel der Akzidentien (Eigenschaften, Zustände) beharrt die Substanz und erfahrt in ihrer Quantität weder eine Vermehrung noch eine Verminderung. Lotze S. 590 1 . Syllogismus, logischer Schluß: Ableitung eines Urteils aus zwei anderen Urteilen, die einen Begriff (Mittelbegriff) gemeinsam haben. Folgerung vom Allgemeinen auf das Besondere. Synkretismus S. Eklektiker. Synthese, Synthetisch s. bei Analyse. System: ein zusammenhängendes Ganze I. von Dingen, 2. von Erkenntnissen.
Theologie: Gotteswissenschaft, ein Teil der Metaphysik oder der Religionsphilosophie. Moraltheologie oder E t h i k o theologie: Begründung des Daseins und der Eigenschaften Gottes auf die Sittlichkeit (Kants moralischer Beweis S. 361), im Gegensatz zur Physikotheologie, die aus der zweckmäßigen Einrichtung der Natur oder einzelner Naturerscheinungen die Existenz, Allmacht, Weisheit und Güte Gottes demonstrieren will. P h y s i k o t h e o l . B e w e i s , NewtonS. 169, Voltaire S. 226, Rousseau S. 243, Leibniz S. 266; Kants Kritik desselben S. 348 bis 350. Im Aufklärungszeitalter waren bei Engländern und Deutschen die physikotheologischen Betrachtungen sehr beliebt, man schuf u. a. eine Bronto-(Gewitter), Ichthyo-(Fische), Melitto-(Bienen)Theologie. Theoretisch: die Wahrheit, die Erkenntnis und das Seiende betreffend. Gegensatz P r a k t i s c h : das Gute, das Wollen und Handeln und das Seinsollende betreffend. Transzendent: die Grenze der Erfahrung überschreitend, j en s e i t derselben liegend; Gegensatz Immanent S.
311—312.
T Teleologle: Zwecklehre, die Theorie, daß nicht alles mechanisch (s. Mechanismus), durch causae efficientes, sondern einiges durch Zwecke, vorgestellte Wirkungen, causae finales geschehe. Versuche, den Gegensatz der mechani(sti)schen und der teleologischen Erklärung resp. Beurteilung zu versöhnen, bei Leibniz (S.257), Kant (S. 3512. 374—377) u - a - Ver g>- 1 Idealismus III 1. Teleol. oder physiko- | theol. Beweis s. Theologie. \ Theismus: I. Anerkennung einer G o t t - I h e i t überhaupt, Gegensatz Atheismus; 2. Behauptung eines außerweltlichen p e r s ö n l i c h e n Gottes, Gegensatz Deismus, Pantheismus. Theistenschule S. 577—579. Thelematismus: s. Ethelismus. Theodizee: Rechtfertigung Gottes wegen der Übel in der Welt, Leibniz j
S. 265—269.
Transzendental: die formalen apriorischen Bedingungen der (Erfahrungs-) Erkenntnis betreffend, welche d i e s s e i t der Erfahrung liegen. Kant S. 315. Vgl. Immanenz, Psychologie (gegen Ende). Tulsmus oder A l t r u i s m u s : für den andern leben, sich das Wohl des Mitmenschen zum obersten Zwecke setzen; Gegensatz Egoismus. Siehe Moralprinzip.
ü Unbewußt: Unbewußte Vorstellungen, verneint von Locke S. 145—146, behauptet von Leibniz S. 253—254. Das Unbewußte, Hartmann S. 595. Utilitarlsmus: der ethische Standpunkt, der das Gute dem Nützlichen gleichsetzt, den Nutzen (des Handelnden oder aller oder der größten Anzahl) für
665 das Ziel des sittlichen Handelns erklärt. Vergl. Moralprinzip.
V
Wahrheit (einer Vorstellung oder) eines Urteils in der Übereinstimmung mit einem Sein bestehe; sie ist ihm nur ein Verhältnis von Vorstellungen untereinander. Über den p r a g m a t i s t i s c h e n Wahrheitsbegriff (Wahrheit ist eine Art des Guten; wahr ist, was für uns zu glauben besser wäre; was fähig ist, uns angenehm vorwärts zu bringen) siehe S. 555.
Vitalismus: Annahme einer „Lebenskraft" zur Erklärung der organischen Erscheinungen im Gegensatz zur mechanischen Lebensauffassung. S. 4 1 2 — 4 1 3 . Neovitalismus S. 624. Willensfreiheit siehe unter DetermiVoluntarismus s. Ethelismus. nismus. Vorstellung: I. alles, was in der Seele vorkommt; 2. alle psychischen Ereignisse oder Akte nach Abzug des Fuhlens und Wollens; 3. dasjenige theoretische Gebilde, das zwischen Wahrnehmung und Zwiefache Wahrheit: theologische Begriff in der Mitte steht, = Erinnerungs- | und philosophische Wahrheit seien derart und Phantasiebild. Vergl. Idee. 1 zweierlei, daß eine und dieselbe Lehre 1 ' für die Philosophie wahr und für die Theologie falsch sein könne und umgeWahrheit. Locke (S. 155) bestreitet kehrt. S. 91. 3 1 .
z
w
die
populäre
Auffassung, wonach
die
Namenregister. Die Ziffern bezeichnen die Seitenzahlen des Textes; in zweifelhaften Fällen sind die Hauptstellen durch fette Schrift ausgezeichnet. Diejenigen Namen, die in b e i d e n Registern vorkommen, sind mit einem Sternchen versehen.
I. Verzeichnis der behandelten Philosophen. Aall, Anathon 634. 640. *Aars, Kr. Birch-Reichenwald 631. Abbt, Thomas 278. Ach, N. 631. Achillmus 30. *Adamson, Rob. 548. *Adickes, Erich 633. Adler, Felix 559. Agnostizisten 543. 545. Agricola, R. 29. Agrippa von Nettesheim 27. 28. Ahrens 430. 431. Albert d. Gr. 642. Alembert, d' 612. 223. 232. 233. 234. Alexander, Bernhard 567. Alexander v. Aphrodisias 30. Alexandristen 30. Al-Gazäll 207 Allihn 486. Alt, Theod. 636. Althegelianer 569. Althusius 381. 39. 39 1 . 42. 432. 44. Ainent, W. 631. Ameseder, R. 627. Ampère, André-Marie 5192. Amyntor 37g2. Anaxagoras 24. 644. Anesidem-Schulze, siehe Schulze, G. E. Angell, I. R. 558. Angiulli, And. 506. Annet 176 Anm. Anschütz, Georg 631. Anselm v. Canterbury 88. Antiaristoteliker 30—32. *Apelt, E. F. 463. Apelt, Otto 640. Ardigò, Rob. 505—506. Aristoteles 1. 9. 10. 17. 27. 30. 31. 34. 35. 36. 45. 48. 55. 56. 62. 65. 72. 96. 168. 246. 274. 278. 279. 305. 307. 328. 385. 409. 410. 507. 510. 514. 5221. 529.
578. 582. 583. 603. 633. 641. 642. 643. 644. Aristoteliker 27. 30. Arleth 621. * Armstrong, A . C. 559. Amauld 82. 134. Arnim, Hans v. 641. *Amoldt 304. 589. Arouet le jeune (siehe Voltaire Ast 427. Atkinson 543. Atomisten 57 f. 6 5 2 5 0 . 475. Auerbach, Felix 612 1 . Augustin 36. 83. 101. 135. 431. 641. 642. *Avenarius 554, 606. Averroes 30. 31. 207 Averroisten 30. Avicenna 28. *Baader 53. 410. 422. 428. 431—433. Bacon von Verulam 6. 8. 12. 13. 14. 16. 19. 292. 46. 56. 57'. 59. 60—67. 68. 69. 74. 76. 86. 143. 145. 162. 168. 170. 178. 180. 222. 245. 269. 293. 310. 509. 564. 569. 644. Baco, Roger 53. Baer, K. Ernst von 427 *Bäumker, Kl. 641. Bahnsen 495. *Bain 221. 529. Baird 558. Bakewell 553. *Baldwin 5541. 558. Balfour 530. 545. 692. Baiguy 183—184. Bänöczy, D. 567. Barclay 42. Bardiii 380. Barge 635. »Barth, P. 633. *Barzellotti 507.
Verzeichnis der Philosophen. Basedow 279. 549. Batz, Philipp (Mainländer) 496. ''Bauch 602. 616Anm. 627. 633. 641. Bauer, Br. 569. 576. Bauer, Edgar 576. »Baumann 5 8 3 . 633. 639. Baumeister 275. Baumgarten, Alex. 15. 2 7 5 . 302. 36S. Baumgarten, Sig. 275. »Baumgartner, M. 641. Baur, F . 576. Bawden, H. H. 554. 554 1 . Bayle 14. 48. 140—143. 223. 2 3 ; . 266. 5731Baynes 549. Beattie, James 220—221. Beaunis, H. 528. Beausobre 280. »Becher, K. 627. 629. 633. »Beck 2881. 380. 381. 390. 394. Beeckmann 81. Bekker, Balth. 103. Bellarm in 45. Belot 526Anm. Below, v. 635 >. Bender, Wilh. 639. *Beneke 221. 459. 460. 463—466. 487. 599Benn, A . W. 550. Bentham 197. 529. 529'. 5 3 0 — 5 3 1 . 535. 5493- 6 33Bentley, R. 175. Bergbohm 634. Berger, E. v. 427. 428. »Bergmann, H. 6 3 1 . 635. '"Bergmann, J . 620. 626. »Bergson, H. 523—524. 554. 625. 645". Berkeley 15. 76. 1 0 1 . 145. 148. 167. 1 8 7 1 . t97—203.204. 205. 2 1 1 Anm. 219. 220. 227. 2971. 307. 3 1 4 . 3142. 320. Bernard, Claude 527. Bemheim, Ernst 634. Bernoulli 585. Berolzheimer, Fr. 634. Bessarion 26. 27. Beta, F. 558 1 . Betz 565. Biberg 560. Biedermann, A . E. 365. 638. 638 Bilfinger 273. Binet, Alfred 528. Biran, Maine de 519. Blanc, Louis 577. Blignieres 518. Bluett 187 1 . Boccaccio 16. 26. Bodinus 38. 39. 41. 42. 224. Boer, T. J . de 565. Boerhave 232 s . Boethius 559. Böhme, Jac. 49. 51 — 53. 79. 409. 410. 422. 4 3 1 . 522'. 'Bohringer, A d . 603.
667
Boileau 83. »Bois-Reymond, du 612 Bolingbroke 178. 180. 188. 223. »Bolland 565. Boltzmann, L . 6 1 2 ' . Bolzano, Bern. 581 Anm. Bonald, Louis de 519. *Bonatelli, Fr. 504. Bonavino siehe Franchi. »Bonhöffer, Ad. 641. Bonitz, H. 641. Bonnet 223. 230. 279. 28S. Boole, G. 549. »Borelius 561. Boruttau, H. 631. *Bosanquet 548. Bosses, des 259. Boström, Chr. J . 560—561. Bouillé s. Bovillus. Bourdin 82. Bourignon, Antoinette 139. 139'. Bousset, Wilh. 640. *Boutroux, E. 521. 522 — 523. 554. 623. Bovillus (Ch. Bouillé) 26. Bovvne 553. 589. Boyle 58. 168. 175. Bradley 14. 547. 554«. Bramhall 69. »Brandes, G. 5Ó22. 563. »Brandis 443. Braniß, J . 578. * Braun, Otto 6 l 8 A n m . 6 3 5 . Brentano 620. 621. 627. 028. 641. Breysig, K . 635. Bröchner, H. 563. Brooke, Lord 202 Anm. Brown, Peter 227. Brown, Thomas 221. 463. Browne, Tb. 76. Bmcker, J . J . 277 1 . Brücke, E m s t 636. Bruno, Giord. 12. 20 1 . 2 1 . 24. 26. 3 3 — 3 6 . 76. 102. i n . 1 1 3 . 1 1 8 . 409. 410. 418. Brunswig, Alfr. 6 3 1 . Bruyère 23iAnm. Buchanan, G. 60. Bücher, K . 637. Büchner, L . 580. Budde I i o 1 . 277. Buddha 642. Buffon 234. Bunge, G. v. 632. »Burckhardt, Jac. 497. 635. Burdach 427. Burgersdijck 1 1 0 . Buridan 263. Burke 2 2 1 . 368. Burmann 560. Burthogge, R . 106. »Busse, Ludwig 592. 620. Butler, J . 178—179. 189. 1 9 0 — 1 9 1 .
668 Cabanis 239. 519. Cäsalpin 30. *Caird, Edw. 546. 548. Caird, John 548. *Calderwood 530. Calker 463. Calkins, M. W . 558. Calov i io 4 . Campanella 33. 3 3 3 6 — 3 8 . 102. Campbell, L. 551. Campe 279. 280. "Cantoni 505. 506. Cantor, G. 610. Caporali, E . 505. Cardanus, Hieron. 32. 33 1 . 34. Carlyle, Th. 17. 384. 5291- 545—546. Carneri 6 1 1 . *Caro, E. 520. Carpenter 550. "Carriere 578. Cartesianer 57. 103.108. 148. 162. 250. 254. Cartesius, siehe Descartes. Carus, F. A. 4282. Carus, K. G. 427. 428. Carus, P. 559. "Caspari, O. 611. "Cassirer 603. Caterus 82. Cathrein 58lAnm. Cattell, T. McKeen 558. Ceretti, P. 505. Cesca, Giov. 507. Challemel-Lacour ¡28. "Chalybaeus 578. Chandler 178. Channing, W. 551. Chantepie de la Saussaye 565. Charron, P. 47—48. Chasseboeuf siehe Volney. Chateaubriand 519 1 . Cherbury, H. Graf von, siehe Herbert. Chiapelli, Alex. 507. Christiansen, Broder 638. Chubb 173. 176 — 177. Cicero 29. 277. 278. 642. Ciceronianer 30. Cieszkowski, v. 566. Claèson 560. Claparède 528'. Clarke, S. 59Anm. 174I. 175. 180. 182. 183. 247. "Class, G. 6l8Anm. 619. Classen, A. 601. Classen, J . 627. Clauberg 103'. Clerc, le 144. Clifford 544—545. "Cohen, H. 16. 507. 602. 603. 616. 624 626. 633. "Cohn, J. 626. 633. 636. Coit, Stanton 550. Colecchi, O. 503. Coleridge, S. T. 545—546. 551.
Collard, R, 519. Collier 201 Collins, A. 173. 174—175. 226. Combachius n o . Comenius, Amos 29'. "Commer, E. jSlAnm. Comte, A. 17. 233 1 . 507. 508—518. 522. 525A1H11. 53 2Anm. 543. 5481. 564. Condillac 78. 148. 223. 2 2 6 - 2 3 0 . 231. 2 8 3 - 5°3- 5'9- 6 44Condorcet 238. Congreve 518. 543. Cony beare 178. Coornhert 75 Cordemoy 103. Cornelius, H. 608. 626. 629. 638. 651a. Cotes 168. Coumot, Ant. 527. "Cousin 4083. 503 1 . 520. 525. 551. "Couturat 304. 528. Credaro 507. Creighton 559. Cremonini 30. Crescas, Ch. n o 5 , i n . Creuz, v. 276. 279. "Croce, Ben. 507. Crousaz, 277. Crusius 276—277. 298. 300. Cudworth 144. 146 1 . 180. 181. Culverwel 181 Cumberland, Rich. 180. 180—181. Cusanus, s. Nikolaus von Kues. Cyon, E . v. 631. Czolbe, H. 580. Dahn, F. 634. Dalton 609 "Damiron 520. Dante 26. 388. Darjes 277. Dariex 528^ Darwin, Erasmus 170. Darwin, Charles 17. 170'. 415 1 . 500. 529 1 . 539. 543. 545- 554- SS»2- 5 6 8 - 603«. 610. 611. Daub 569. Daumer 575. Davidson 553. JDeisten 45. 75. 141. 170. 1 7 0 - 1 7 9 . 212. 213. 222. 280. 281. 284. Dekker 565. Delboeuf, Jos. 528. Delbrück, B. 628. "Delff, H . 639. Delitsch, Fr. 640. Demokrit 7. 54. 642. De Morgan 550. "Denifle 583. 641. Dennis, J. 1871. De Sarlo 507. Des Bosses 259. Descartes, René 6. 12. 13. 15. 17. 19. 36.
Verzeichnis der Philosophen. 46. 53. 54. 56. 57. 572. 58. 59. 68. 76. 77. 78. 78. 80. 81—100. 101. 102. 104. 105. 108. 109. 110. 113. 114. 115. 116. 118. 119. 125. 136. 140. 142. 143. 145. 1461. 147. 148. 149. 168. 170. 178. 180. 197, 227. 233. 245. 258. 261. 263. 266. 269. 295. 297. 310. 340. 431. 464. 503». 504. 509. 520. 522 1 . 582. 644. *Dessoir, M. 629. 631. 637. Destutt de Tracy 239. 519. *Deußen 496. 641. Deutinger 58iAnm. *Dewey 553. 554. 554'. Diderot 224 1 . 232—233. 234. 235. *Diels 64 r. Dieterich, Alb. 641. Digbeus 59. Digby 59. 60. 6o l . *Dilthey, W. 613—615. Dinger, H. 638. Diogenes, (Laèrtius) 497. *Dippe, A. 624. Dodge 559. 629. Döllinger 427 Döring, A. 641. *Dorner, A. 632. 633. 640. Dräseke, J . 641. *Drews, A. 598. Driesch, H. 624. *Drobisch 483. 486. Droysen, Joh. G. 634. du Bois-Reymond, s. Bois-Reymond. *Dühring 577. 583. 594. Duhem, P. 529. Dumas, G. 5282. Dümmler, Ferd. 641. Dumont, E. 53iAnm. Dürr, E . 629. 631. 632. Durkheim, Emile 528. Dyck, van 54 Dyroff, Ad. 631. 641. Ebbinghaus, H . 593. 629. Eberhard 278. 279. 302. 379. Ebert 631. Echtermeyer 569. Eckhart 49. 51. 431. Edfeldt 560. Edwards, Jonathan 551. Edwards, Sohn 551. Ehrenfels, v. 621. 629. 633. 651. *Eisler, Rud. 593. 632. Eklektiker 27. 276. 277. 280. 285. 434. 518. 520. Eleutherus, Theoph. siehe Ceretti. Eliot, George 543. Elsas 586'. * Elsenhans 631. 633. Emerson, R. W. 552, 553. Empiriokritizismus 606. Empiristen 76. 143. 214. 280. 290 ff. 313. 315. 540. 566. 608.
669
Enzyklopädisten 223. 233 ff. Enden, van den 107. Endres, Jos. 641. Engel 1991. 278. *Engels 577. Ennemoser 428. Epiktet 134. 641. Epikur 10. 571. 59. 153. 641. 642. Erasmus, Desid. 30. 75'. *Ercole, d' 505. *Erdmann, Benno 304. 593. 602. 610. 626. 629. *Erdmann, J . Ed. 569. 640. 643 1 . *Erhardt 593. 620. Eschenmayer 410. 421. 422. Esenbeck, Nees von, s. Nees. *Eucken, Rudolf 14. 445. 522'. 554. 582. 616. 617—619. 620. 635. 640. 641.658a. Euklid 115. 158. 173. 291. 310. 610. Euler 413. 585. Euripides 583. 642. Everett 553. Exner, Fr. 486. Exner, S. 630. F a b e r , Stapulensis (Lefèvre d'Étaplesj 26. 30. Faggi 507. Fairbairn, A. 549. Fardella 250 1 . Fechner, Th. 17. 269. 298 1 . 583. 5 8 4 bis 586. 587. 588. 589. 592. 600 3 . 601. 612. *Feder 278. 379. Feldner 58lAnm. Ferguson 197. 278. * Ferrari 504. 505. Ferri, E . 506. *Ferri, L . 505. Ferrier 530. Feuerbach, Anselm 307. 379 1 . 573. 573'. Feuerbach, L. 6. 17. 466.496. 569. 5 7 3 bis 575. 576. 577- 604. Fichte, J . G. 3. 6. 8. 14. 17. 44. 79. 90. 203. 227. 245. 288. 289. 308. 316. 3291. 365. 378. 379. 380. 381. 382. 3 8 5 bis 407. 408. 409. 410. 411. 412. 416. 416 1 . 417. 418'. 421. 4272. 428. 430. 431. 43t' 444- 447- 448. 453- 454-459- 4°°404. 467. 468- 469- 476. 485- 487- 5°3'504. 5192. 546. 553. 560. 561. 579. 591. 593. 616. 618. 645. 646. 652 1 . *Fichte, I. H. (der Sohn) 389. 405. 468. 578. 579- 5 8 7Ficinus 26. 27. Fick, Ad. 599 1 . Fiddes, R. 187«. Fiedler, Konr. 636. Filmer 144. 165. •Fiorentino, Fr. 505. Fischer, A. 641. Fischer, E . L. 632. Fischer, K. Ph. 468 ». 578.
670
Namenregister.
»Fischer, Kuno 2 9 7 3 0 2 570. 599. 6i6Anm. 640. Fiske, John 553. Fite, W. 559. Flechsig, Paul 610 3 . * Flint, R. 549. Flournoy 52SS 2 . Fludd, R. 29. * Flügel 483. 486.
3 0 3 ' .
306.
F o r b e r g 3 8 7 . 3872. 388.
*Forge, de la 103. 105. Formey 280. »Fortlage 4 6 6 — 4 6 8 . 578. 579. 599. Foucault 528. »Fouillée, Alfred 5 2 2 ' . 5 2 4 — 5 2 6 . 6 4 9 b . Franchi 504. Franck, Phil. 624. Franck, Seb. 49. 50. Francke 272. Frank 634. Frankenstein 496. Franklin 413. »Fräser 549. 550. *Frauenstädt 495. Frege 6 i o 4 . *Freudenthal 641. »Freytag 627. 635. 641. Friedrich der Große 225 2 . 226. 232. 2322. 272.
298.
Fries 308. 316. 333 s . 429. 459. 4 6 0 — 4 6 3 . 477- 487. Fröbel 6i8Anm. Frohschammer 583. »Fuchs, E . 618 Anm. Fullerton, G. 553. 554. Gabler 569. Galen 28. Galilei, G. 76. 82.
17. 32. 149. 162.
53. 54. 168.
56—57.
Gali 587. Galluppi 502 1 . 503. Galton 550. *Garve 278. 306. 382 1 . Garman 553. Gassend(ij, P. 2 9 . 5 4 . 5 7 — 5 8 . 6 8 . 8 2 . Gataker, T h . 29. *Gaupp 541. Gauß 610. Gay 1 6 9 . Gaza 27 2 . Geiger, M. 631. Geijer, E . 560. »Geijei, Reinh. 560. 629. Geilnhausen, Joh. y. 21 1 . Gennadios s. Georgios Scholarios. Genovesi, A .
»Gentile, Gentiiis, »George Georgii, Georgios Georgios
502—503.
Giov. 507. A . 4 1 . 42. 43. 443. L. 571'. von Trapezunt 27. Scholarios (Gennadios) 26
68.
153.
Gerard, Alex. 3 7 1 ' . Gerdil 501. Gerson 38. Gersonides 110. Geulincx, A . 102. 103—107. 133. 201. Gichtel 51. Gidding, F. H. 559. »Gierke 613. Gilbert 60. Gioberti 503. 504. Gioia 503. Glanvill 207'. Glisson, F r . 2502.
»Glogau 6 1 6 — 6 1 7 . Gnostiker 409. 410. Gobineau 528. Goedeckemeyer, Alb. 641. Goethe 2 1 . 3. 16. 17. 28. 245. 281 2 . 378. 379- 383—384. 3 9 5 4 4 1 - 4491- 488. 489- 520. 543. 5 4 5 1 . 6 1 3 1 . 6 3 2 . 640.
552'.
587.
604'.
Goldt'riedrich, J . 635. Goldscheid 624. 633.
»Goldschmidt, L. 3032. 601.
Goldziher, Tgnaz 641. Gomperz, Heinrich 607 631. 641. »Gomperz, Th. 631. 641. Göring, Karl 6 0 3 7 . »Görland, Alb. 603. Görres 17. Göschel 569. »Gothein 634. Gottsched 275. Gourd, Jean-Jacques 529. Grabmann, Martin 641. Gracian, Balth. 276. 488. Grassi 57 Grazia, V. de 503. Greef, de 525Anm. »Green, Th. H. 5 4 6 - 5 4 7 - 548. 5 5 0 . 5 5 0 - ' . Greguß, A . 567. Greville 202Anm. Grillparzer 570 3 . Grimm, E d . 640. Grimm, M. 235. »Groos, K. 6i6Anm. 631. 636. 641. »Gros, Durand de 524. Grot, Nie. v. 566. »Grote, G. 550. Grote, John 535. Grotenfelt VIII. 635. Grotius 38. 39.41. 43. 44. 45. 72. 170. 270. Grubbe, Sam. 560. Günther 14. 581. 582. Guastella, Cosmo 507. Gumplovicz, L. 634. »Gutberiet 581 Anm. Gutke n o 4 . Gutzkow, K. 634. Gutzmer 16. »Guyau, Jean Marie 501. 525. 525 1 . 526 bis 527.
Gyldén, Hugo 561.
671 Haeckel 545. 611. 612. 657a. Hagemann i;8i A n m. Halbhegelianer 569. 577. Halbkantianer 459. Haidane, R. B. 548. •Hall, G. St. 558. Hallier 463. Hamann, J. G. 17. 285—286. *Hamberger 431 2 . Hamerling 14, 496A1H11. •Hamilton, W. 530. 532Anm. 537, 549. 551. "Harms 578. *Harnack, A d . 639. Harris, W. T. 553. •Harrison, Fred. 518. 543. •Hartenstein 486. Hartley 167. 169—170. •Hartmann, Ed. v. 15. 17. 327 1 . 495. 496. 507. 565. 566'. 568. 570. 5 9 3 — 5 9 8 . 620. 624. 636. Hartmann, Nie. 603. Hartsen, v. 565. Harvey 94. Hase 408. Hastings 548. Hazard 551. Heereboord 110. •Hegel VII. 3. 4 1 . 5. 6. 13. 14. 15. 17. 45. 79. 263. 269. 281. 284. 307. 329 1 . 365. 396. 398. 404. 407. 4082. 409. 416 1 . 417- 425- 427- 429- 43°- 43«- 434439. 4 4 4 — 4 5 8 . 459. 460. 463. 468. 473. 486. 487. 495. 502. 505. 506. 507. 520. 539. 546. 548. 548 1 . 553- 562. 5 6 3' 565. 566. 567. 568. 569. 569t. 570. 573. 574- 577. 577 1 - 578- 579- 5 8 °- 5*2. 582 1 . 583. 587. 593. 599. 611 2 . 616. 617. 619. 620. 645. 646. 652 1 . Hegelianer 14. 495. 561. 567. 568. 569. „ 5 7 1 - 576. Heiberg, J. L . 562. Heidel, W. A . 559. Heim, Karl 606. Heinrich, W. 630. *Heinze, M. 551 5 . 641. Heinze, Rich. 641. Hellpach, W. 629. 630. •Helmholtz 226'. 586 1 . 599. 606. 609. 610. 612«. Helmont, van (Vater) 29. 33 1 . — (Sohn) 29. 250'. Helvetius 223. 230—231. 232. 234. 235. Hemert, van 564. Hemming 45. Hemsterhuis, Fr. 564. Hennings 230. 301 s . Henri, V. 631. •Hensel, Paul 633. Heraklit 385. 577. 641. 642. •Herbart 6. 13. 279*. 306. 326. 459.461. 461'. 463. 464. 466. 467. 4 6 8 — 4 8 6 . 487. 488. 506. 507. 582. 583. 587. 593. 620. 645.
Herbert, Graf von Cherbury 19. 44. 7 4 — 7 6 . 146 1 . 173. 220. •Herbertz, R. 627. Herder 17. 45. 239. 279'. 281 2 . 284. 285. 2 8 6 - 2 8 8 . 290. 302. 305. 409. 410. 411. 412. 421. 441. 611 2 . Hering 586 1 . Hermann, C. 634. 635. Hermes 463. Herrmann, W. 638. •Hertling, v. 621. 641. 642. Hertz, Heinrich 609—610. Herz, M. 280. 301. Herzberg-Fränkel, S. 635. Hettner 637. Heusde, van 564. Heydenreich 280. •Heyder 578. •Heymans 565. 629. •Hibben, J. G. 559. Hildebrand, Adolf v. 636. Hillebrand 62r. 626. Hinneberg 626. 634. Hinrichs 569. Hintze 635. Hippokrates 518. Hirn, Y. 551. Himliaym 269. Hirzel, R. 642. Hißmann 230. 280. •Hoadley 183. Hobbes 12. 15. 17. 19. 38. 39. 54. 59. 67 — 74. 76. 82. 101. 126, 131. i 3 i J . 162. 165. 168. 170. 179. 179 1 . 180. 189. 218. 222. 270. Hodgson, Shadw. 548. Hoekstra 565. Hoene-Wronski 566. Hoffbauer 280. •Höffding, H . 563. 593. •Hoffmann, Franz 431. •Höfler 621. 624. 629. 651a. Hohenheim, Th. v., siehe Paracelsus. Höijer, B. 560. Holbach, von 170. 223. 232. 234. 234 1 . 235—238. Hölderlin 407, 613 1 . Hollatz 110 4 . Home 221. Homer 3. 148. •Hönigswald, Rieh. 627. Horvicz 630. Horváth, Cyrill 567. •Hotho 570. Howison 553. •Huber, Joh. 578. Huber, U . 39 1 . Huét(ius), P. D . 48. 140. Hufeland 379. Humboldt, Wilh. v. 17. 383. Hume 15. 16. 17. 76. 89. 136. 167. 178. 179. 180. 184. 189. 190. 191. 197 203—219. 220. 221. 222. 223. 288. 291.
672
Namenregister.
396. 305. 306. 308. 330. 331. 380. 523. 529«. 531. 544. 546. 601. 603. 644. Hungar 280. Husserl 58iAnm. 605.608 2 .6io 1 . 621. Hutcheson 183. 184. 189—190. 220. * Huxley, Th. H. 543-544Huygens 247.
521. 642. 626. 221.
Ibbot 175. Ibsen, Henrik 561. 562. Inge, W. R. 549. Irwing 230. 279. 280.
*Jacobi 2081. 220. 239. 278 1 . 281. 285. 286. 288—290. 380. 390. 394. 4011. 408. 421. 434. 444. 459. 460. 463. 639. Jäger, G. 6 : 1 . Jakob, L . H. 280. James, Henry 556. James, W. 14. 522'. 553. 553«. 554. 5541. 555—55 8 - 559- 628. *Janet, P. 520. 5221. 5282. Jansenisten 133. Jastrow 559. Jean Paul 285 1 . 378. 445. *}erusalem, W. 632. Jespersen 563. Jesuiten 45. 133. 135. 505. 578*. 581 Anm. •Jevons, St. 549. Jhering, R. v. 624. Joachim 548. *Jodl 604—605. 629. 642. "Joel, Karl 631. 635. 642. Johannes v. Salisbury 642. Jones, H. 548. Joseph 550. Jouffroy 18. 520. Joule 609. Jowett 551. Judd, C. H. 551. 559. Junghegelianer 569. 5 7 1 - 5 7 7 - 579Jungius 269. Juvalta 505.
Kaerst 642. Kaestner 6i8Anm. •Kaftan 638. *Kalthoff, A . 640. "Kaiweit 618 Anm. Kames, Lord 221. Kant VIII 6. 9. 12. 13. 14. 15. Ib. 17. 44. 65«. 76. 77. 79. 89. 104. 105. 107. 131. 140 1 . 144. 149. 161. 192. 197. 2072. 218. 227. 245. 249. 263. 272'. 273. 274. 275. 276. 278*. 279. 284. 285. 286. 286 1 .
287. 288. 289. 2 9 0 - 3 7 8 . 379. 380. 381.
382. 383. 384. 385. 386. 390. 391. 392. 394. 399. 400». 401». 402. 403. 409. 410.
412. 416'. 417. 422. 423. 431. 434. 435. 439- 442- 444- 44 6 - 448- 449- 455- 459460. 463. 464. 467». 468. 469. 470. 471. 474- 477- 478. 485. 488. 489. 501. 502. 503. 503'. 5062. 507. 5192. 520. 521. 5213. 522. 5221. 523. 525«. 526. 528. 529'. 536. 537. 546. 548. 5502. 552'. 553- 554- 559- 5 6 ' - 5 6 3- 564. 565*- 566. 570. 5703. 581 Anm. 583. 5881. 589. 5901. 59 1 - 593- 594- 599- 5991- 6 o ° - 600t. 601. 602. 603. 6031. 6041. 6093. 6 n 2 . 616. 625. 633. 635. 6381. 638«. 641. 644. 645. 646. Kapp, Ernst 575. Kameades 211 *Kastil 621. Kauffmann 608. "Kehrbach 313. 314. Keibel 639. Kent, G. 562. Kepler 15. 32.35. 53. 54—56. 168.269. 444. Key, Ellen 561. Kidd 545. Kielmeyer 410. 413. Kierkegaard 17. 562—563. Kieser 427. "Kinkel 603. 642. Kinker 564. Kirchljoff 606. "Kirchmann, J. H. v. 583. Klein, G. M. 427. *Kleinpeter, Hans 627, Kleinsorgen 6(2. Klinger, Max 635. »Knauer, V. 582. "Knoodt 582. Knutzen 275. Köhler 634. Koigen, D. 635. Komensky 29'. "König, Edm. 593. 603. "Köstlin, K . 570. ^y "Koppelmann 603. 633. Koppemikus 34. 35. 55. 58. 94. 340. Kossuth 611 2 . "Kowalewski 631. Kozlow 567. Kozlowski, Wlad. M. 566. Kraepelin 632. "Kraus, O. 621. 634. "Krause, Albrecht 601. "Krause, É. 6 n . Krause, Friedr. 427. 429—431. 468. 560. S 6 3"Kreibig 630. 634. Kremer, Joh. 566. Kressner 639. Kries, v. 626. 630. "Krohn, A . 642. Kroman, K . 563. Krüger 280. Krüger, F. 630. 633. Krug 469.
Verzeichnis der Philosophen. *Kühnemann, E . 642. *Külpe 586 1 . 62g. 630. 636. Kues, Nik. v., siehe Nikolaus von Kues. Kulke, Ed. 638. Kuntze, Fr. 626. Kußmaul, A d . 630. *Kym 583. "Laas 603 — 604. Labriola 506. Labriola, Teresa 506. L a B r u y è r e 2 3 1 Anm.
"Lachelier, J . 521. 523 1 . Ladd, G. 558. Laërtius 57 1 . 497. Laffitte, P. 518. Lagrange 235. Lamarck 6 1 1 L a m b e r t 2 7 6 . 280. 3092.
Lamennais, H. F . R. de 519. L a m e t t r i e 2 2 3 . 2 3 1 Anm.
232—233.234.
Lami 105. L a Mothe le Vayer 48. Lamprecht 635. "Land 565. Lange, Carl 563. "Lange, Fr. Alb. VI 507. 594.599.600.602. Lange, J . J . 272. Lange, Konrad 637. Langer, P. 5861. Laplace 298. L a Roche r oucauld 231 Anm. *Lask 616Anm, 627. "Lassalle 577. "Lasson 569. 635. 642. "Laßwitz 603. 624. Latitudinarier 181 Laurie, S. 550. *Lavater 386. 642. Lavoisier
6092.
Law, W. 187 1 . Lawrow 567. Lazarus 486. 616. L e Bon 5 2 8 . 5 2 9 . Leclair 608. Leeuwenhoek 260. Lefèvre d'Etaples s. Faber. Lehmann, A . 563. 631. Lehmann, E d w . 563. Leibniz, Friedr. (der Vater) 246. Leibniz, G . W . 3. 5. 6. 12. 13. 14. 15. 17. 20». 2 4 . 2 5 . 2 9 . 3 2 . 3 4 . 4 5 . 5 5 . 76. 80. 90. 1 0 1 . 1 0 4 . 1 0 5 . 1 0 5 1 . 1 1 3 . 1 1 4 . 1 3 1 . 144. 1 4 7 . 1 6 8 1 . 182. 1 8 2 ' . 203. 227.
245—269. 271. 272. 273. 274. 275. 276. 277. 2 8 1 . 2 9 1 . 297. 298. 3 0 1 . 308. 309. 3092. 3 4 0 . 4 0 9 . 4 1 6 ' . 4 2 1 . 4 3 4 . 4 3 8 . 4 4 1 . 445. 446. 459. 4 7 5 . 476. 4761. 502. 5192. 5 2 5 . 5 2 8 . 560. 5 9 0 1 . 5 9 I . 6 4 3 1 . 644.
*Léon 528. *Leonhardi, v. 4 3 1 . Leopold, K . G. 559.
F a l c k e n b e r g , Neuere Philos.
673
Lequier, J u l . 5 2 1 . Leroux, P . 520. *Leser, H. 618 Anm. 627. *Lessing 17. 45. 266. 278'. 280'. 281 bis
284. 2 8 6 . 2 9 7 . 4 1 9 . 4 2 1 . 5 8 3 . L e u b a , J . H . 558«.
6131.
L e Vayer 48. 140. "Lévy-Bruhl 528. *Lewes, G. H. 543. Liard, Louis 528. Liberatore, M. 505. Liber tiner 751. Lichtenberg 278. 501. Lichtwark, AI. 637. *Liebig 62. 580. "Liebmann, O. 393'. 586 1 . 599. 600. 620. 621-622. Lindemann 4 3 1 . Lindner, Th. 635. Lindsay, J. 549. Linné 6 1 1 ' . Lionardo da Vinci 53. ''Lipps, G. Fr. 630. "Lipps, Th. 616 Anm. 626. 628. 633. 636. 651a.
Lipsius, J . 29. *Lipsius, R. A d . 365. 638. "Littré, E. 518. Livius 39 J . Locke 6. 12. 17. 39. 59. 68. 76. 78. 80. 89 178. 205. 226.
106. 180. 218. 227.
1 3 9 M 4 3 — 1 6 7 . 168. 1 7 3 . 1 7 5 . 1 8 1 1 . 184. 189. 197. 198. 204. 2 1 9 . 222. 223. 224. 225. 2 2 5 ' . 242. 245. 247. 2 6 1 . 263. 276.
277- 3° 8 - 34°- 464- 5 ° 2 - 547- 55 1 - 559-
644.
*Lodge, Oliver 545. 624. Löning, R. 642. Loisy, Alfr. 639. Lombroso, Ces. 506. Lopatin 567. Lorenz, Ottokar 634. Lossius 230. 279. 280. Losskij 567. "Lotze, H. 8. 17. 105. 249. 298 1 . 305. 326. 443. 469. 474. 507. 5 2 2 . 548. 549. 553. 5 5 4 . 5 6 8 . 5 7 8 t . 5802. 5 8 3 . 5 8 4 . 5 8 4 ' . 5852. 587—592. 5 9 3 . 5 9 4 . 6 0 2 . 6 1 0 . 6 1 6 . 6 2 3 Anm. 6 2 6 . 6 3 8 1 . 6 4 6 .
Lubbock 550. "Lucka, Emil 631. Lucrez 34. 57. 641.
"Lülmann, C. 6i8Anm.
Lullus 34. Luther 17. 45. 49. 304. 563. 583. Lutoslawski, W. 566. Lütterbeck 4 3 1 2 . Lyng, G. V. 561. Maaß 280. Mach, E. 14. 308. 554. 579. 606. 6 1 2 ' . Machiavelli 37. 39—41. 45.
7. Aufl.
43
674
Namenregister.
'Mackenzie 548. Mackintosh, J. 529, Maeterlinck 565. •Maier, H. 629. 642. Maimon 2881. 380. Maimonides n o . i n . Maine de Biran 519. Mainländer 496. *Mainzer 502 Maistre, de 519. Malebranche, Nie. 78. 102. 135 —139. 162. 201. 204. 501. Mally, Emst 627. Mamiani 504. Mandeville 180. 187. 188. 197 •Mansel 530. 537. Manteuifel 272. Mantovani, Gius. 507. Marbe, K. 627. 631. •Marchesini, G. 506. Marcus 408 2 . 'Marcus, E. 601. •Marheineke 569. Mariana, Juan 45. 46. Mariano 505. Marsh, James 551. Marshall, H. R. 559. Marsilius von Padua 38. *Martensen 562. Martin 629. St. Martin, L. CI. 53. 431. •Martinak, E. 631. Martineau, H. 543. Martineau, James 545. 549. 550'2. Martini, Jacob n o . •Martius 593. 630. Marty, A. 620. 626. 628. Marx, Karl 307. 506. 577. Masci 507. Masham 144. Maudsley 550. Maupertuis 223. 232. Mauthner 22b1. 626. Mayer, Fr. 488. Mayer, R. 17. 609, Mayer, Emil W. 640. •McCosh, J . 530. 551. McDougall 550. McKeen Cattell 558. McTaggart 548. •Medicus, F. 635. Meier, G. Fr. 275. Meiners 278. 379. *Meinong 605. 621. 627. 629. 633. 648a. 651a. Melanchthon 45. 4s 1 . 642. Melville, A. 60. »Melzer 582. Mendelssohn, M. 278. 279. 292 1 . 299. 378. Mérian 280. Merkel, A. 634. Mersenne 58. 68. 82. •Merz 551.
•Messer, Aug. 631. 633. •Meumann, E. 629. 631. 636. Meyer, Ed. 635. 642. *Meyer, J . B. 580. 599. Meyer, Victor 6io J . Meynert, Th. H. 630. *Meysenbug, M. v. 496. 'Michelet, C. L. 569. Michelis 581 Anm. •Michelis, Heinr. 624. Mildapettus 60 Mill, James (der Vater) 169'. 170. 531. 532 Anm. •Mill, J . St. 17. 652. 179I. 221. 507. 518. 523. 529. 5291. 531—535. 543. 564603. Milton 165. Mirabaud 235. Mises 584 1 . •Misch, Georg 642. •Möbius 587. Moleschott 580. Monrad 561, Montague 554. Montaigne, de 12. 46—47. 61. 134. 552 1 . Montesquieu 166. 222. 223. 224—225. 242. Monzambano 270 1 . Moore, A. W. 554. Moore, G. E. 548. •Moos, P. 637. More 146'. 181 ». Morelly 224. Morgan, de 549. 55p. Morgan, C. Lloyd 550. Morgan, Th. 177—178. Moritz, Karl Philipp 279. •Morris, G. 553. Morselli 505. Morteira 107. Morus, Th. 41. Mosheim n o 4 . Mosso, A. 507. Müller, Ed. 642. Müller, F . A . 586». 594. Müller, G. E . 5 86». 593. 629. Müller, Joh. v. 609. •Müller, Josef 637. •Müller, Max 549. Müller, Wilh. 549. Münsterberg, H . 553. 558. 586». 593. 629. 630. Multatuli (E. D. Dekker) 565. Nagel 632. Nahlowsky 486. Naigeon 235. Napoleon 5521. •Natorp, P. 603. 627. 639. 642. •Naville, Ernest 529. Nees von Esenbeck 427. Neovitalisten 624. Nestle, W. 642.
Verzeichnis der Philosophen. Nettesheim siehe A g r i p p a von Nettesheim. Neudecker 58iAnm. Neukantianer 316. 332 1 . 506. 529 1 . 565. 567. 568. 594. 599—603. 608. 616. 620. 637. 638. Neumark, D a v . 642. Neuplatoniker 10. 25. 26. 27, 2 0 2 A n m . 409. 419. 431. Neuscholastiker oder Neuthomisten 464. Newton 15. 16. 32. 55. 162. 1 6 8 - 1 6 9 . 182. 222. 223. 225. 247. 297. 299. 304. 308. 413. Nicolai 278. 379. Nikolaus von Kues (Cusanus) 12. 13. 19. 20—26. 34. 36. 38. 55. 76'. Nikolaus Treverensis 20'. Nicole 134. Nielsen, Rasmus 562. Niethammer 387. 407. 409. »Nietzsche 6. 8. 17. 395'. 489. 496 - 501. 526 1 . 552. 566 1 . 576. 587. 632. Niphus 30. Nizolius, M. 29. Nohl, H. 638. 642. Noiré, L . 583. 657a. Norström, Vitalis 561. Novalis 395 1 . 441. 6 1 3 ' . Novanticus s. Laurie. Nvblaeus, A x e l 560. Occam 38. 226-. Occasionalisten 101 — 1 0 6 . 107. 113. 138, 143. 589. 644. Ochorowicz 566. Oechslein, N i k . (Taurellus) 30 —32. Oersted, H. Chr. 562. Oesterreich, Konst. 631. "Offner, M. 631. Oischinger 58lAnm. Oken 419. 427—428. Oldenbarneveldt 43 Oldenberg, H. 642. Oldendorff, Paul 6i8Anm. Oldendorp 45. Opzoomer, C. W . 564. 565. Oratorianer 135. Ormond 553. Orth, Joh. 631. Osiander 34 3 . •Ostwald, W . 554. 6 i o 5 . 624. Oswald, J. 221. Öttingen, A l . v. 612 2 . Overbeck 497. 501. *Pabst, J . H. 582. Paley 197. Palmer, G. H . 559. Papini 507. •Paracelsus 2 7 — 2 9 . 3 3 5 0 . Parmenides 641. Pascal 79. 133 - 1 3 5 . Patritius, Franc. 33. 33 1 .
431.
115.
675
*Pattison, A . S. Pringle 548. 555. Paul, J. 587. Paul, M. 639. *Paulsen 303 2 . 593. 600—601. 633. Pauly 624. Peillaube 528. *Peipers 642. Peirce, Charles 553*. 605. Perry 554. Pesch, Tilm. 58lAnra. Pestalozzi 279. 386. 469. 470. 6i8Anm. •Peters 496. Petrarca 16. 26. Pfänder, A l e x . 630. *Pfleiderer, E . 642. •Pfleiderer, O. 365. 638. Pfordten, Otto v. d. 627. Pfungst, Otto 631. Phidias 3. I'hilanthropus (Locke) 163. Philaretus 103. Piat, C. 529. Pico, Joh. Franz 27. Pico, Joh. 27. Pierson, A I . 565. Pierce, A . H. 558. •Pillon 521 Pilzecker 629. Pitkin 554. Planck, K . Chr. 5812. Platen 408. Platner 2 7 8 . 280. 521 2 . Piaton 1. 8. i o . 17. 25. 26. 27. 29. 34. 130. 180. 385. 434. 435- 444. 5 2 5- 55°5 5 2 5 6 3 . 566. 603. 640. 641. 642. 643. 645. Platoniker 26—30. 146 1 . 181 1 . Plethon, G . G . 26. 27. Piotin 16. 598. Ploucquet 275. 279. Plutarch 642. Pöhlmann, R. v. 642. Poincaré, H. 529. 607. Poiret 139—140. l68 2 . Polybios 4 1 . 642. Pomponatius, Petrus 30. Pope, A l e x . 188. •Porter, Noah 551. Portig, G . 578'. Positivisten 498. 504. 506. 508. 518. 543. 570. 603—605. 608. 616. 620. •Pianti, K . v. 642. •Prat, L . 521 2 . •Pratt, J. B. 554. •Prel, du 6 1 1 . Preobrajensky 566. Price 169 2 . 197. Priestley 1 6 9 — 1 7 0 . 219. Prince, Morton 559. •Pringle-Pattison 548. 555. Proast 163. Protagoras 161. 537. 603. Proudhon 577 43*
6;6 Puchta 408. Pufendorf, S. 39. 145. 270. »Piinjer 639. Pythagoras 25. 34.
Quesnay 224. Quintilian 29.
Räder, Hans 642. Ragnisco, P. 505. Ramus (Pierre de la Ramée) 30. 60. 60 Ranke 306. 634. 635'. 635. Rappaport 635, Rashdall 548. Rationalisten 76. 78. 86. 143. 162. 245. 279. 290—299. 313. 495. Ratzenhofer, G. 634. Rauwenhoff 565. »Ravaisson 520. Raymund v. Sabunde 34. 46. Rèe 611. Regius 82. 103. *Rehmke 593. 608. 628. »Reichlin-Meldegg, v. 599. Reid 219—220. 530. 551. Reiff 5812. Reimarus 279. 2 8 0 . »Rein 486. »Reinhold, Ernst (der Sohn) 599.
Reinhold, K. L. 227. 288". 308. 379—
380. 381. 387. 388. 391. 392. 394. 460. Reinke 610 1 . 6202. 624. Reischle, Max 639. Remond 247. *Renan 518—519. Renery 103. »Renouvier, Ch. 521—522. 588. Reuchlin, Joh. 27. 59. Réville, Jean 528. Rey, A b e l 627. Reynaud, J. 520. Ribbing 560. »Ribot, Th. 528. 628. Richter, J. P. Friedrich, siehe Jean Paul. *Richter, Raoul 640. 642. *Rickert 593. 605. 6082. 616. 6l6Anm. 626. 6 35Riedel, Justus 277. "Riehl, A l . 306. 579. 593. 603. 6037. 604. 626. 636. Riemann 610. Rieß, L. 635. Rio, J. S. del 430. Ritsehl, A . 638. 638'. Ritsehl, Fr. 497. »Ritsehl, O. 528. 633. Ritter, Constantin 642. * Ritter, H. 443. Rivers 550. »Rixner 427.
»Robertson, George Croom 529 s . Robinet, J. B. 235. Robinet 518. »Rocholl 634. Röder 431. Rogers, Arthur Kenyon 559. Rohde I. 498Anm. 501. 642. Rohmer, Fr. 581 2 . Rokitansky 599. Rolph 611. Romagnosi 503. Romanes 545. Romantiker 395 A n m - 434. Roscher 624. Rose 5812. Rosenkrantz, W. 581 Anm. »Rosenkranz, K. 569. Rosenthal, Is. 627. Rosmini 503 — 504. Ross 550. Rothe, R. 443. Rousseau 13. 15. 17. 38. 39. 45. 78. 79. 86. 135. 166. 167. 203. 223.224. 224'. 2252. 231. 233. 239. 240—245. 285. 304. 308. 365. 403. 559. 587. 601. Roy, van (siehe Regius) 103. »Royce, J. 553. 554'. Rüdiger 276—277. Rüstow 642. »Rüge, A . 569. Ruskin 545 Russell, J. E . 304. 548. 554 1 . Ruysbroek 49. Rydberg 560.
Sabatier, A u g . 528. 638A1HT1. Sachs, H. 632. Sahlin 560. 561. Saint-Simon, H. 233 508. 5 0 8 5 1 5 1 . Salisbury 530. Salter, W. M. 559. Sanchez, Frz. 48. Sanford 558. Sanseveiino 505. Santayana, G. 554. Sarisberiensis, Joh. 642. Saussaye, Chantepie de la 565. Savonarola 392. 40. Scala, R. v. 642. »Schaarschmidt, K . 642. Schaefer, Dietr. 634. Schaffle, A . E . Fr. 6122. Schaller 569. 580. »Scharer 5812. »Schasler 570. Scheffler, Joh. 270. Schegk, J. n o 4 . Scheibler 110. Schell 621. Schelling 6. 8. 15. 17. 53. 79. 90. 2S7
Verzeichnis der Philosophen. 288.
316.
3391.
3 7
8 . 384. 388. 389. 398.
4 0 7 — 4 2 6 . 427. 428. 429. 434. 444. 4 4 4 I . 4 4 7 - 4 4 8 . 4 4 9 - 4 5 3 - 459^ 4 6 0 . 4 6 9 . 546. 560. 578. 579. 5 8 l A n m . 593. 645. 6521.
Schelling, Karoline 407. Schelver 427. Schiller, Fr. 2 1 . 15. 17. 281 2 . 290. 305. 308. 356. 374. 378. 379. ' 3 8 2 - 3 8 3 . 4 1 6 1 . 501. 526.
384.
365.
460.
Schiller, F. C. S. 545. 548. 5 5 3 . 554'. Schinkel 431. Schinz 554. Schlegel, Aug. Wilh. 388. 407. Schlegel, Friedr. 17. 388. 395An. 4 3 3 . Schleicher, A . 6 1 1 . Schleiden 463. Schleiermacher 5. 17. 109. 1 1 2 2 . 133'. 304. 463.
388.
528.
4 2 7 . 4272. 4 3 3 - 4 4 4 .
570.
619.
Schmarsow, A. 637. Schmekel, A. 642. *Schmid, Leop. 578. Schmidt, K. (Stirner) 576—577. Schmidt, L. 642. Schmidt, O. 6 1 1 . Schmied-Kowarzik 631. 638. *Schmitt, Eugen Heinrich 567. Schneider, C. M. 581 Anm. Schneider, G. 642. Schneider, G. H . 6 1 1 . Schneider, K. Camillo 624. Scholastiker 432. 1 1 0 . i n . 249.
310 2 .
Schölten, J. H. 565. »Schopenhauer 1. 3. 5. 8. 17. 307. 4 1 6 1 . 440. 459. 485. 4 8 7 - 4 9 6 . 49 7 2. 498. 500. 620.
507. 570. 587. 593. 6003. 601. 602. 645.
Schöppa 631. Schoppe, Kaspar (Scioppius) 29. Schottische Schule 197. 219. 221. 239. 520. 529.
*Séailles, G. 529. Search, Edward 170. Sécondat, Charles de (siehe Montesquieu). Secrétan 520. *Seeberg 640. 642. Seidl, Arthur 637. Seiden 43 Seil, Karl 640. Semler 281. Semper, G. 635. Seneca 44. Sengler 468 1 . 578. Sennert, P . 54. Sergi, Gius. 506. Seth, A . 548. Seth, J . 548. *Seydel, R. 5781. 5 g 9 . 639. Shaftesbury 17. 144. 167. 175. 180. 183. 1 8 4 - 1 8 8 . 189. 1891. 190. 217. 220. 308. Shaftesbury, der Großvater 143. Shakespeare 4. 35. 46 1 . 60. 221. 225. 234. 552'.
581A11.
Schräder, E. 6 3 1 . Schröder, Ernst 626. Schubert, G. H . 427. 428. Schubert-Soldern, v. 608. Schultz, Joh. (Schulze) 329 1 . 378. Schultz, Jul. 632. *Schultze, Fritz 603. Schulze, G. E. (Änesidem-Schulze) 288'. 3 0 8 . 380. 3 8 1 . 3 9 4 . 4 6 9 . 4 8 7 . Schumann 629. Schumann, Rob. 587. Schuppe 6 0 8 . 626. 633. *Schurmann, J. G. 559. Schütz 379. Schütze 634. Schwab 280. *Schwarz, H. 631. 632. 633. 635. *Schwegler 570. Schwenckfeld 49. 50'. Scotus, P u n s 83. 642.
6 77
570'.
5791.
Shand 550. Sharp 559. Sherlock i76Anm. 183. Shute 15. Sibbern, F. Chr. 562. Siciliani, P. 505. *Sidgwick, H . 550. Sidney 165. *Siebeck, H. 635. 640. 642. »Siegel, K. 624. 632. "Sigwart, Chr. 593. 6 2 6 . 633. 642. Silesius 270. Silvius 183. »Simmel, G. 554. 633. 634. 640. »Simon, Jules 520. Simon, Saint s. Saint-Simon. Skeptiker 19. 46. 77. 135. 207 210. 2 1 1 214.
218.
295. 296. 330.
5 0 1 . 547. 566.
Smith, A d . 18. 180. 191 —197. 513. Smith, J o h n 1 8 1 1 . *Snell, Karl 580. Sokrates
6.
130.
175.
583. 641. 642. 643.
245. 3 7 9 2 .
522'.
644.
S o l g e r 4 2 7 . 428—-429.
Solowjew siehe Ssolowjew. »Sommer, H . 588. Sophokles 3. Sorley, W. R. 550. Spaulding, E d w . G. 593. Spaventa 505. S p e n c e r 1 7 . 18. 2 1 8 . 2 2 1 . 507. 5 1 8 . 525Anm. 526. 553.
5 2 9 1 . 5 3 5 — 5 4 3 . 549 567. 623Anm. 628.
3
.
550.
5502.
»Spicker 620. Spinoza'6. 14. 15. 34. 36. 76. 83. 89. 90. 98. 1 0 2 . 1 0 7 — 1 3 3 . 139. 1 3 9 1 . 143. 162. 174. 197. 245. 248. 264. 2 7 1 . 2 8 1 . 286. 288. 289. 383. 392. 409. 4 1 0 . 418. 4 2 1 .
140. 250. 291. 422.
434- 4 3 8 - 489- 5°4- 5 8 6 - 5 9 ° ' - 5 9 1 6 0 7 6 1 2 . 644.
141'. 253. 305. 433. 6
°4!-
678
Namenregister.
Spir 583. "Spitzer, Hugo 637. •Spranger, E. 635. Sprayt 565. Ssolowiew 566. •Stadler 603. Stahl, Fr. 427. Stallo, B. 6i2. * Wendland 643. Wentscher, Else 631. *Wentscher, Max 592. 633. Werder, Karl 570. Werner, Rieh. Maria 6362. Wernick, G. 637. Wernicke, K. 630. Westermarck, Eduard 551. Wette, de 463. Whateley 550. Whewell, W. 530. Whichcote 181 1 . Whiston 1751. Wieland 3 7 9 . 3 7 9 3 . Wikner 560. Wilbrandt, K. 630. Wildauer, Tob. 643. Wilde, Oskar 550. Wilhelmine, Markgräfin von Bayreuth 2641. * Windelband 6 1 5 — 6 1 6 . 6 2 6 . 6 3 0 . 6 3 5 6 4 0 . 6 43Winkelmann 17. Winkler, B. 45. *Wirth, W. 630. Witasek 629. 637. 648. •Wobbermin, Georg 640. Wölfflin, H. 637. Wolff, Chr. 1 3 . 1 5 . 7 6 . 2 6 9 » . 272—275. 276. 277. 279. 280. 2 8 1 . 297. 302. 308. 3 1 2 . 344. 345. 368. 468. 601.
W o l l a s t o n 180.
182—183.
* Woodbridge 554. 559. Woolston 175 176 Anm. Worms, R. 525 Anm. Worringer 638. *Wreschner, Arth. 630. Wundt, Max 643. *Wundt, W. 17. 507. 586'. 589. 593. 612. 6 1 6 Anm. 6 2 0 . 6 2 2 — 6 2 3 . 626. 6 2 7 — 6 2 8 .
633. Wwiedienskij 567. 567 *Wyck, van der 565. Wyttenbach, D. 564.
Xenokrates 641. Xenophanes 641. Xenophon 642.
68o
Namenregister.
Yerkes
¡59.
Z a b a r e l l a 30. Z e i s i n g 570. • Z e l l e r V 508. 522 1 . 570. 589. 599. 640. Z i e g l e r , H . E . 612. • Z i e g l e r , L e o p . 598.
• Z i e g l e r , T h . 630. 639. 643. • Z i e h e n 586». 608. 629. 630. Z i l l e r 486. •"Zimmermann, R . 474. 4 8 6 — 4 8 7 . 643. •Zöllner 612'. Zoroaster 226. Zuccante, G i u s . 507. Z w a a r d e m a k e r 631.
n. Verzeichnis der zitierten Schriftsteller. (Philosophiehistoriker,
Kritiker, Kommentatoren, Biographen,
Herausgeber,
Ü b e r s e t z e r etc.)
*AARS,
KRISTIAN
B.
R.
304. ABBOT, A . H . 69. ABBOTT, E . A . 61. 611. 62. A B B O T T , T . K . 303. A B E N D R O T H 168 1 . A D A M , M A X 83. 409. 507 2 . " A D A M S O N 308. 389. 548 1 . 549* A D I C K E S 17. 3 0 1 3 0 3 . 304. 307. 308. 309 Anm. 6ll2. A D L E R , F R . W . 529. 610 2 . A D L E R , GEORC 5 7 6 ' . A I C H E R , SEV. 307. A L B E E , E . 531 A n m . A L B E R T , H . 4G8ANM. A L L E N 5512 ALLIER, R . 518'. A M R H E I N , H . 307. A N e o N A , A L . D' 36 1 . ANDREAS-SALOMÉ, LOU 500. A N T A L , G . v . 563. ANTONIADES, BAS. 46. A P E L , MAX 304. 308. 61 i s . * A P E L T 652. ARMBRUSTER, JOH. 2641. •ARMSTRONG V I I I 240'. 5 4 6 j . 5 5 ° - 5 5 1 ? - 554A R N D , W . 230. A R N O L D , EBERHARD 501. ARNOLD, G . 139'. A R N O L D , O T T O 489. • A R N O L D T , E . 301 3 . 304. 35.
567.
JOH.
SUTER, J.
•SPRANGER, ED. 240'.
83.
K.
TWESTEN 584 .
G.
5991-
2
G.
109.307.
1
•STRAUSS,
STUMPF,
246
SPIESS
TWARDOWSKI,
566.
STRAUCH,
•STUMPF,
584'.
H.
*SPICKER,
5292.
STRYCK,
230'.
SPECK
F.
•STRUVE
1801.
SPAULDING
•STOUT,
STRUNZ,
496.
548.
SORLEY
279'.
^STRÜMPELL,
146'.
489.
SOMMERLAD
G.
•STRÜMPELL,
SOKOLOVVSKY,
181 .
368 2 .
225 . 280 . 1
SOEDERBLOM
1
TUMARKIN, A N N A
•STÖRRING, G.
589.
E.
TULLOCH 427
R.
617'.
OTTO
TUCH,
14.
•STÖCKL,
2
38g.
KARL
TRÜBE,
308.
•STIRLING
409.
TROST 558.
5S9-
TH.
WILL.
*SNELL,
249. 550.
STRATII.ESCU, 550-.
G.
SKRIBANOVVITZ, 623A1HT1. SMITH,
J.
•STRASZEWSKY
58g.
TH.
SINCLAIR,
A.
STIMPI'I,,
STÖLZLE,
306.
G.
STICKER,
6 8 9
•VORLÄNDER,
K.
14.
629. 15. 301.
3 0 1 3 0 3 . 307. 308. 384.
44
Namenregister.
690 WADDINGTON 30. W A G N E R 34. WAHL, R. 273 W A H N , J. 589. WAITZ, G. 4073. WALDEN, R. 611. • W A L L A C E 308. WALTER, H. 617 • W A L T E R , J. 307. WALZEL, O. F . 395 WANKE, G . 249. W Ä N T I G , H . 508. WAPLER, PAUL 489. WARMUTH, K . 135. WARREN, H . C. 632. WARTENBERG, M. 307.589.
WERYHO, L A D . 566. 5 7 7 1 . WESSELY 38. WESTON, B . 559. WETTLEY, EMIL 429S. WEYRAUCH, J A K . V. 6092. WIEGAND, FR. 307. WIEGERSHAUSEN, H . 308. WIELAND, RUD. 286 WIENER, A D . 286. WIESE, H . 578. WIESENHÜTTER, ALFR. 623ANM.
6261. WASIANSKI 308. W A T S O N 308. 548 WEBER, EMIL IIO4. WEBER, EMILIE 5 2 2 ' . 529. WEBER 501
WILLENBÜCHER, H .
WEBER, HEINRICH 286. WEBER, L . 523 WEGENER, RICH. 308. WEHRUNG, GEORG 443. WEICHELT, HANS 501. W E I L L 508. WEINHOLD, M . 389. 486. WEIS, L . 6I7ANM. W E I S E , JOH. 602 WEISS, BR. 4 3 5 1 . WEISS, O T T O 408. 489. ••WEISSE, C H R . H . 308. *WENDLAND, J. 638'. WENDT, E . 248. WENTSCHER, ELSE 589. 627. *WENTSCHER, M . 307.589. W E N T Z E L . J U L . A . 623ANM. WENZEL, A . 109. 122. WERCKMEISTER , W . 249. WERNER, K . IIO3. 501'. 5021. WERNICKE
543
WIESNER, JUL. 6IO'. WIGET, T.
470.
WILKE,
167.
G.
WILLE, BRUNO
5431.
WILLMANN, O . WILMANNS,
5261.
14.
H.
532ANM.
6241.
469.
144.
5481.
*WINDELBAND, W . V I . 13. 14.
17.
in.
511.
122..
225.242. 278. 3 0 1 . 3 0 3 307. 309ANM. 3821. 384. 389.
446.
523'.
568Anm. j y o .
554.
6l6Anm.
645'. WLNTFCRNITZ
549 5731.
WLNTZER, W . •WLRTH, W .
627.
WITTE, J. H .
2812.
2861.
381'. WLZE
277.
*WOBBERMIN, G. 556Anm. WOHLGEMUTH 22 I 1 . WOHLWILL, EMIL W O L F , JOH. WOLFERS
561.
3012
1681.
WOLFF, E .
103'.
W O L F F , JAMES
53S.
WOLFF, N . C.
502
WOLLF, K A R L
1841. 3821.
WOLTMANN, LUDW. WOODBERRY
577.
552'.
*WOODBRIDGE
5512.
559-
WORMS, M . 207 *WRESCHNER, A . 2782. W R I G H T 6I