Die Heiligen: Ein Beitrag zum geschichtlichen Verständniss der Offenbarung Johannis und der Altchristlichen Verfassung [Reprint 2022 ed.] 9783112677803, 9783112677797


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German Pages 86 [172] Year 1887

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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Ausgang der Untersuchung
A) Die Erklärungen der Offenbarung St. Johannis erweckenden Schein eines Unterschiedes zwischen Heiligen und anderen Christen
B) Vergleich dieser Aussagen mit der Lehre der zwölf Apostel und den Schriften der apostolischen Väter
C) Vergleich dieser Aussagen mit Schriften des Neuen Testamentes
D) Vergleich dieser Aussagen mit den Paulinischen Briefen
E) Zeugnisse über die Umwandlung der altchristlichen Verfassung im Hirten des Hermas
H) Die altchristliche Bruderschaft oder das Volk der Heiligen
G) Der Krieg der Römischen Staatsmacht gegen die Heiligen
H) Die neue Gestalt der Leitung der christlichen Gemeinschaft
I) Die dem Einen Bischof vorausgehende Form der Verfassung 96—115
K) Die Vorgeschichte dieser Entwicklungs form der Vera
L) Die Zeugnisse des Neuen Testamentes über diese frühere Stufe
M) Zusammen fassende Schlussbetrachtung
Anhang. Das Thierbild der Apokalypse
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Die Heiligen: Ein Beitrag zum geschichtlichen Verständniss der Offenbarung Johannis und der Altchristlichen Verfassung [Reprint 2022 ed.]
 9783112677803, 9783112677797

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DIE HEILIGEN. EIN BEITRAG ZUM GESCHICHTLICHKN YKRSTÄNDNISS DER OFFENIURUNG JOHANNIS UNI) DER ALTCHRISTLICHEN

VERFASSUNG.

VON

DR. CARL HERMANN MANCHOT, F A S T O B Z U ST. G E R T R U D IM H A M B U R G .

LEIPZIG, V E R L A G VON V E I T & COMP. 1887.

Das Kecht der Herausgabe von Uebersetzungen vorbehalten.

Druck von M e t z g e r & W i t t i g in Leipzig.

V o r w o r t .

D i e Einsicht, dass in dem antichristlichen Thiere der Apokalypse die römische Cäsarenmacht geschildert wird, ist seit vielen Jahren für die geschichtliche Erklärung des Buches von entscheidender Bedeutung geworden. Aber hinter dieser Einsicht steht eine zweite Frage und pocht mit ihr an: Woher diese grundsätzliche Verurtheilung der Cäsarenmacht, warum dieser volle Widerspruch gegen die paulinische Lehre von der Obrigkeit? Darauf steht die befriedigende Antwort noch aus. Man kann die Ursache dieser Feindschaft nach zwei verschiedenen Richtungen suchen. Die Verurtheilung der Cäsarenmacht kann aufgefasst werden als die Nachwirkung des religiösen Nationalgefühls des jüdischen Volkes, das im jüdischen Kriege so furchtbar verletzt wurde; und auf diesem Wege wird man schliesslich dazu gelangen, die Apokalypse für ein Denkmal jüdischen Nationalhasses zu halten, das ein Christ überarbeitet habe. In der entgegengesetzten Richtung muss man fragen: giebt es einen Zusammenstoss der christlichen Gemeinschaft mit dem römischen Staate, welcher den furchtbaren Gegensatz besser erklärt, als die zwar grausame, aber doch nicht principielle Verfolgung, die von Nero über die römische Gemeinde gebracht wurde? Diese Frage wird um so dringender, als protestantische wie katholische Forscher bei der Untersuchung der Christenverfolgungen neuerdings darin übereinkommen, dass sie dem römischen Staat und seinen Regenten den guten Glauben der Nothwehr zuerkennen. Langjährige Studien haben den Verfasser der nachfolgenden Arbeit in diese zweite Richtung



rv



gedrängt, wo neue Probleme mit grösseren Schwierigkeiten die Forschung, aufhalten.

Aus der Beschäftigung mit denselben bietet er denjenigen

Theil seiner Untersuchungen, der eine bisher kaum gestreifte Schwierigkeit in allen Verzweigungen aufzudecken sucht.

Könnte weitere For-

schung über den Hauptpunkt bald zu sachlicher Uebereinstimmung gelangen, so wäre die sichere Grundlage gewonnen für die Wiederherstellung des ursprünglichen, allerdings mannigfach verschobenen Textes der Apokalypse und eine der Willkür entnommene Deutung ihrer Bilder. H a m b u r g , am 28. Februar 1887. Carl Manchot.

Inhalt. Seite

A u s g a n g der U n t e r s u c h u n g A) D i e E r k l ä r u n g e n d e r O f f e n b a r u n g St. J o h a n n i s e r w e c k e n den Schein eines U n t e r s c h i e d e s z w i s c h e n H e i l i g e n und anderen Christen B) V e r g l e i c h d i e s e r A u s s a g e n m i t d e r L e h r e d e r z w ö l f A p o s t e l u n d den S c h r i f t e n der apostolischen Väter: Die Lehre der X I I Apostel und 1) die Apostel, S. 3. 4; und 2) die Propheten, S. 4. 5; und 3) die Lehrer und die Heiligen, S. 5. 6. Die H e i l i g e n : a) In der Lehre der X I I Apostel: «) X V I I I , 7 S. 6; (?) IV, 1. 2 S. 6. 7; r ) XVI, 2 S. 7. 8. b) Im Barnabasbrief-, a) XIX, 10 S. 8; ß) IV, 10 S. 8. 9. c) I m 1. Clemensbrief: XLV u. XLVI, 1 S. 9. 10. d) I m Hirten des H e r m a s : Vis III, 6, 2; VIII, 1; I, 3, 2; II, 5; III, 3, 3; I I I , 8, 8. 9—11 S. 10. 11. C) V e r g l e i c h d i e s e r A u s s a g e n m i t S c h r i f t e n d e s N e u e n T e s t a mentes e) I m Brief J u d ä S. 11; im Hebräerbrief S. 11; in den Johannesbriefen S. 11; im Brief Jakobi S. 11; im 2. P e t r u s brief S. 11. f) I m 1. Petrusbrief S. 11 ff. a) die Beisassen S. 13 f.; ß) die Bruderschaft S. 14 f. g) In der Apostelgeschichte S. 15 f. D) V e r g l e i c h d i e s e r A u s s a g e n m i t d e n P a u l i n i s c h e n B r i e f e n h) a) I m Brief an die Galater, 2. Timotheus, 1. Timotheus, Philemon S. 16; ß) im 1. Thessalonicher S. 17; y) die Adressen der Briefe S. 17 ff.; ö) im Römerbrief S. 20; e) im 2. Corintherbrief S. 20; £) im 1. Corintherbrief S. 20 ff.; >/) im Philipperbrief S. 23; fr) im Colosserbrief S. 23; () im Epheserbrief S. 24 ff. i) Ergebniss-. die altchristliche Bruderschaft der Heiligen S. 26 f. E) Z e u g n i s s e ü b e r d i e U m w a n d l u n g d e r a l t c h r i s t l i c h e n V e r f a s s u n g im H i r t e n des H e r m a s k) Propheten, Knechte Gottes u n d Ecclesia S. 27 f. 1) Das Bild vom T h u r m und seine U m ä n d e r u n g S. 29 f. m) Die Formel „den Heiligen a n h a f t e n " xalhiaihm TOI: (iyiois S. 38 ff.

1

1—3 3—11

11 — 16

16—27

27—40



VI Seite

P) D i e a l t c h r i s t l i c h e B r u d e r s c h a f t o d e r d a s V o l k d e r H e i l i g e n 40—47 a) Die Vorstellung beim Seher der Offenbarung und seinen Kirchengenossen S. 40 ff. b) Der griechisch heidnische und nicht jüdische Untergrund der Gedanken in der Apokalypse S. 42 ff. c) Die Einrichtung ist im Verfall durch den Krieg gegen die Heiligen S. 45. d) Die besondere Bedeutung dieses Krieges S. 46 f. G) D e r K r i e g d e r R ö m i s c h e n S t a a t s m a c h t g e g e n d i e H e i l i g e n 47—72 a) Die Zustände in Bithynien S. 47 f. (die Note S. 48 ff. bespricht die Textgestalt des Pliniusbriefes). b) Das römische Vereinsrecht in Bezug auf genehmigte, geduldete und unstatthafte Vereine S. 49—58. c) Die Handhabung des römischen Staatsrechts gegen die bithynischen Christen S. 58 ff. d) Der leitende Gedanke Trajan's S. 60 f. e) Die Einmischung der Lästerung Christi S. 61 — 64 fl Cor. XII, 2. 3). f) Die grundsätzliche Bedeutung des Zusammenstosses für die Staatsgewalt S. 65 f. g) Für die Christen S. 66 f. h) Die Rückwirkung auf den Stand der Propheten S. 70 f. i) In veränderter Organisation neue Lebenshoffnung S. 71 f. H) D i e n e u e G e s t a l t d e r L e i t u n g d e r c h r i s t l i c h e n G e m e i n schaft 72—95 a) Jüngere Personen und ein neuer Volksboden S. 72 f. b) Die Lehre vom Episkopat in den Ignatiusbriefen S. 73 ff. c) Der Verfasser steht auf dem Boden der römischen Kirche S. 76. d) Der Gefesselte ist in kirchlichen Pflichten gebunden S. 76. «) Die gottwohlgefälligsten Bande S. 74; ß) die geistlichen Perlen und die Perlenthore am himmlischen Jerusalem S. 77 bis 79; y) der Gebundene in Christo Jesu S. 79—81; %Qrjzai. fiovoq avrrjv 'Jrjirovc -X^IOTOJ BTiiaxonrjaei, xai rj sy® ciaxvvofiai avzäv ieyeoivrjfTLg) mit einer geordneten Darlegung (t'vzeviig) I, 1, deren wesentliche Stücke wir in Apologie I besitzen. Dazu hatten den Justin die empörenden Vorgänge unter Urbicus veranlasst, von welchen das Gemeinste in dem nur bei Eusebius bewahrten Text von II. Apol. c. 2 auf Kosten der Christin gewordenen Frau verwischt ist, aber nun dunkel bleibt, welcher Unterschied besteht zwischen der K l a g e gegen die Frau, gegen welche Vertheidigung möglich ist, trotz der überschiessenden Denunziation, dass sie Christin sei, und der einfachen, auf den Vorwurf des Christseins beschränkten, darum wirksameren Denunziation ihres Lehrers. Wegen dieser Vorgänge, die das Mass der schweigenden Geduld überlaufen, machten, war Justin „ohne Wissen und selbst wider Willen" (x&v ihyvoijTE xai ¡xt] fheXtjie II, 1) der römischen Gemeinde für den gemeinsamen Glauben bei der höchsten Obrigkeit schriftlich vorstellig geworden. Dem Rath der römischen Gemeinde legte er darauf seine Schrift mit einer persönlichen Rechtfertigung vor. Diese zweite an die römische Christengemeinde gerichtete Schrift ergänzte was er dem Kaiser über das Gemeinsame in griechischer Philosophie und Christenthum gesagt hatte dahin, dass die Philosophie gar keine eigene Wahrheit besitze, sondern alles Wahre, das sie habe, dem Logos verdanke II, 13; sie enthielt die ausführliche Polemik gegen Markion und wahrscheinlich auch das jetzt an das Ende von I, 26 2



115 — K.

a) Der Clemensbrief giebt uns zuletzt einige unschätzbare Winke über die Vorgeschichte der durch dieses bewegliche Aktenstück so eindringlich vertheidigten Einrichtung. Er legt nämlich den Corinthern gegenüber zwei Hauptpunkte dar: 1) dass Gott wolle, dass Bischöfe und Diakonen seien, und 2) dass die Apostel die ersten Bischöfe und Diakonen (in einer besonderen Weise) eingesetzt hätten. Man muss auf beides achten. Die starke Betonung der Notwendigkeit, diese Seite der Gemeindethätigkeit in einem bleibenden Amte zu sammeln, muss den Corinthern als eine Neuerung erschienen sein. Deshalb wird darauf hingewiesen, dass das Bestehen von Bischöfen und Diakonen schon in der Schrift verkündet und keine Neuerung der Apostel sei. 1 Diese Begründung ist sehr merkwürdig. Denn sie beruft sich auf ein Schriftwort, das wörtlich entsprechend nicht im A. T. gefunden wird, sondern wahrscheinlich im Gedächtniss des Schreibers für diesen Zweck zurecht geschoben ist. 2 Dieser Umstand beweist das dringende Verlangen, eine Rechtfertigung zu haben und die Schwierigkeit, eine biblischen Begründung zu entdecken. Noch merkwürdiger ist der zweite Nachweis, dass schon die Apostel dieses Amt eingerichtet hätten. Denn wie wird er geführt? „Die Apostel haben die Erstlinge ihrer Missionsthätigkeit zu Bischöfen und Diakonen der künftig Gläubigen eingesetzt. 3 Sie haben das gethan, weil sie den gegenwärtigen Streit mit vollkommener Einversetzte Anerbieten, die „Schrift gegen alle Ketzereien" vorzulegen; sie beantragte aber auch andererseits, dass „der heilige Rath und der Demos" der Christengemeinde zu Rom ihre Zustimmung zur Veröffentlichung seiner Schrift im Namen der römischen Christengemeinde geben, damit die trefflichen Heiden durch diese autoritative Darstellung von ihren Irrthümern befreit und vor besser belehrten Richtern der Wunsch nach anderen Richtern überflüssig werde; denn es sei jetzt Zeit zu handeln. Die Ordnung der I. Apologie ist herstellbar, wie ich demnächst an anderem Orte zeigen werde. Wir besitzen also in den Apologieen Justins den Beweis, dass die durchgreifende Aenderung, welche die Ignatiusbriefe so lebhaft befürworten, zu einer ruhig bestehenden Einrichtung geführt hat. Statt der Duovirn des Clemensbriefes hat der Senat der Presbyter nur noch Einen Vorsitzenden (I, 65), also gewiss den Bischof; aber man spricht offiziell noch immer nur von „ S e n a t u n d V o l k " der Christengemeinde. 1

A. a. O. XXII, 4. 5. Citat bei Clemens: xazuat^aia tovg ¿niaxonovg avxäv iv SixaiocrvvTj tovg Siaxovovg avrcSv iv niazei. Text der LXX, Jes. 60, 17: Sioaco rovg äg/ovrag aov iv eiqijvrj jovg imaxonovg uov iv dixaiouvi'r/. 3 A. a. 0 . XLII, 4. 2

8*

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116



sieht voraussahen. Sie haben deshalb auch angeordnet, dass wenn diese gestorben wären, der besondere Dienst derselben von anderen bewährten Männern aufgenommen werde. Die nun von diesen oder darauf von anderen angesehenen Männern unter Gutheissung der gesammten Gemeinde Eingesetzten, wenn sie tadellos der Herde Christi in Demuth, Sanftmuth und mit Ernst dienen und während langer Zeit von allen anerkannt sind, glauben wir, ist nicht recht von ihrem Dienste abzulehnen." 1 Das heisst also doch: die Apostel haben Episkopen und Diakonen eingesetzt und haben sie nicht eingesetzt; sie haben etwas eingerichtet, dessen rechtmässige Fortsetzung wir R ö m e r in den Episkopen und Diakonen erkennen; und weil wir solchen Zusammenhang annehmen, so halten wir dafür, dass euer Verfahren in Betreif der Episkope, durch welches ihr dieselbe der Gemeinde unterwerfen wollt, Unrecht sei. Eine apostolische Regel giebt es nicht dafür. Die erwählten Episkopen können ihre Pflicht unwürdig und mangelhaft erfüllen, dann mag man ihre Wiederwahl ablehnen; erfüllen sie dieselbe aber würdig, so soll man sie festhalten. b) Der Bericht über diese Sache ist sehr bestimmt und leidet doch für uns an einer hemmenden Unklarheit. Wir hören, dass von den Aposteln ein Dienst ('/.tiTovoyta) eingerichtet wurde; und dass dieser Dienst nachher von anderen (i-zeooi) aufgenommen wurde; und dass ferner theils diese zweiten Anderen, theils zuletzt [d. h. in der Gegenwart] wieder Andere erwählte Männer (vcp' iztowv kkloyi'fiaiv ccvSgciiv), [also im dritten und vierten Glied] die Bischöfe und Diakonen wählten, die Wahl jetzt aber an ein zustimmendes Votum der ganzen Gemeinde gebunden ist, bei dem natürlich auch ein Ablehnen {anoßaXkuv) der Wahl eintreten konnte. Zu wem geht dieses doppelte Glied „anderer" zurück? Man sagt zu Presbytern; man beruft sich auf Tit. I, 5, wo vom Einsetzen der Presbyter die Rede ist. Aber wir wissen nun, dass die eigentliche Institution der Apostel das Priestervolk der Heiligen mit Apostolat und Diakonie war. Diesen Heiligen war eine Aufsicht über die übrigen Christen anvertraut; ihre Apostel, Propheten und Lehrer hatten Worte Gottes zu verkünden, ihre regierenden und dienenden Kräfte hatten den übrigen Gemeindebedürfnissen Dienste zu leisten. Auf den Zusammenhang mit dem Dienst (XsiTovgyia) der Heiligen, insbesondere ihrer leitenden Aposteln und Propheten scheint der Clemensbrief die Pflicht und Würde der Episkopen zu stellen. Dem entspricht in merkwürdiger Weise die einzige gemeinsame Anführung von Bischöfen und Diakonen im Hirten des Hermas. Es werden nämlich 1

A. a. 0 . XLIV, 2 - 3 .

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dort zusammengestellt „Apostel und Bischöfe, Lehrer und Diakonen", 1 so dass man nicht fehlgeht, wenn man annimmt, der Verfasser des Hermasbuches habe Apostel und Lehrer ebenso angesehen wie die beiden Aemter, welche sie ersetzten, ihre Aufgabe und Thätigkeiten aufnahmen, nämlich die Bischöfe und Diakonen. Aus den Briefen des Ignatius erfahren wir, dass die Didaskalia eine Hauptthätigkeit der Diakonen war, und Philo, Ileus und Agathopus, welche dem Ignatius in das Wort Gottes nachgefolgt waren, in Smyrna zu Diakonen gewählt wurden (Smyrn. X, 1). Man beachte dabei, dass d u r c h a u s n i c h t von a p o s t o l i s c h e r S u c c e s s i o n die Rede ist; denn es sind im vierten G-liede andere hochangesehene Männer, welche die Episkopen unter Gutheissung der ganzen Gemeinde wählen; aber davon ist die Bede, dass die römische Episkope die verfallende Arbeit der Heiligen, insbesondere das Lehramt ihrer Apostel und Propheten unter ihre Obhut nahm, dass sie in den Reihen ihrer Diakonen den Lehrern einen neuen Verband und Halt schuf und durch die damit nothwendigerweise angeregte Sammlung und Bewahrung der apostolischen Schriften und Evangelien den festen Lehrgrund legen half. Der Hirte des Hermas zeigt uns das prophetische Amt in seinem Uebergang zur a u f g e s c h r i e b e n e n Vision und Lehre, die für die Vorsteher der Gemeinden bestimmt ist 2 . Hermas soll das Buch der Visionen zweimal schreiben, damit sie in einem Exemplar durch Clemens den auswärtigen Kirchen zugesandt werden, während das andere Exemplar von Hermas selbst mit den vorstehenden Presbytern der römischen Kirche gelesen wird. c) Wir müssen indes noch einen Schritt weiter gehen. Nach griechischer Auffassung wurden von den Thiasen die Priester durchs Loos bestimmt; 3 nach römischer • Auffassung scheint in den Vereinen, die keine Priestercollegien waren, das Opfer von den leitenden Vorstehern besorgt zu sein, wie der Hausvater es für sein Haus, der von der gens bestellte Opferpriester es für den Gentilkult vollzog.4 So lag gewiss in der römischen Auffassung des Vereinslebens der Gedanke begründet, dass die zur Episkope berufenen Presbyter als Priester anzusehen seien.6 Diese Anschauung wurde von der anderen Seite dadurch positiv begründet, dass die „Heiligen" mit ihren Aposteln, Propheten u. s. w. als das Priestervolk angesehen waren und die Vorsteher als deren Stellvertreter galten, so dass der Clemensbrief die israelitischen Priestervorschriften direkt auf die christliche Gemeinde anwendet. Wir hören 1 3 4 5

2 Vis III, 5, 1. Vis II, 4., ed. Hilgenfeld p. 12, 5 - 1 0 . F o u c a r t , Des Assoc. Relig. S. 50. M a r q u a r d t a. a. ü . III, 129 f. Vgl. dazu Just. Apol. I, 65 (97 D).



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(XL, 5) die besondere Stellung der leitenden Vorsteher dergestalt begründen: „dem Hohenpriester sind seine eigenen Dienstpflichten gegeben und den Priestern ist ein besonderer Ort zugetheilt, und den Leviten sind ihre Dienstleistungen auferlegt. Ein Laie ist durch die Laienvorschriften gebunden." Wie nämlich Christus von Gott als der Hohepriester eingesetzt ist, so sind die Apostel von Christus als seine Priester bestellt. Das Amt der Apostel bleibt; die Personen, welche hineintreten, wechseln. Wo die Apostel nicht selbst sein konnten, haben sie die nach Jes. LX, 17 nothwendigen Bischöfe und Diakonen = Priester und Leviten eingesetzt; und wo kein Zusammenhang mit den Aposteln besteht, da werden dieselben von den „angesehenen Männern", d. h. von den Presbytern nominiert und nach der Gemeinde Zustimmung in ihr Amt eingeführt. d) Wie deutlich bewusst dem römischen Verfasser des Clemensbriefes der Umstand ist, dass der Faden der apostolischen Succession abbricht und eine neue wesentlich veränderte Einrichtung besteht, zeigt die eigenthümliche Berufung auf das Vorherwissen der Apostel. Es sei nämlich, sagt er, bei den Aposteln ähnlich gewesen wie bei Moses in Bezug auf das Grünen des Stabes Aarons, als die Kinder Israel wider einander eiferten, welchem Stamme der Schmuck des Priesterthums gebühre. Damals habe Moses befohlen, dass für jeden Stamm ein Stab herbeigebracht werde; diese Stäbe habe er in ein Bündel zusammengebunden, nachdem er einen jeden mit dem Siegel des Stammesfürsten bezeichnet und habe das Bündel in der Stiftshütte auf dem Tisch Gottes niedergelegt. Die Stiftshütte ward darauf versiegelt und Moses erklärte, welches Stammes Stab grünen wird, den hat sich Gott zum Priesterthum und zu dienen erwählt. Am anderen Morgen, als man die Stiftshütte öffnete, fand sich, dass der Stab Aaarons nicht bloss grünte, sondern sogar Frucht gebracht hatte. „Was meinet ihr nun Geliebte", fügt der Clemensbrief hinzu, „hatte Moses nicht voraus gewusst, dass dies geschehen werde? Gewiss, er hatte es gewusst;. aber er verfuhr, wie er gethan, damit kein Aufstand in Israel entstehe und damit der Name des wahrhaften und ewigen Herrn verherrlicht werde". 1 „Auch unsere Apostel, heisst es darauf weiter, erkannten durch Jesum Christum, unseren Herrn, dass über das Amt der Episkope Streit sein werde. Mit vollkommenem Vorauswissen ausgerüstet, setzten sie wegen dieser Ursache die vorhergenannten (d. h. zu Bischöfen und Diakonen) ein und gaben Anweisung, dass wenn diese gestorben wären, andere bewährte Männer ihren Dienst aufnehmen sollten" 2 u. s. w. Nun sind die „vorhergenannten" 1

XLIII.

2

XLIV.



119



(zu Bischöfen und Diakonen gesetzten) niemand anders als die Erstlinge der Bekehrungsthätigkeit der Apostel, welche nach Clemens „als Bischöfe und Diakonen" der künftigen Gläubigen um deswillen eingesetzt wurden, damit der vorausgesehene Streit recht geschlichtet werde ( X L I I , 4). Also haben sie die Apostel nicht als Bischöfe und Diakonen gegründeter Gemeinden eingesetzt, sondern zu Bischöfen und Diakonen „künftiger" Gemeinden bestimmt, beziehungsweise festgesetzt, dass das ihnen verliehene, aber nach Ansicht des Verfassers zunächst ruhende Amt von ihnen auf andere übertragen werde. Man erkennt also deutlich, für ein unmittelbar vor ihnen liegendes Bedürfniss hätten die Apostel direkt und geradeaus gesagt wie es mit dem Bischofsamt solle gehalten werden. Dies haben sie nicht gethan, sondern, weil sie den k ü n f t i g e n Streit mit vollkommener Voraussicht erkannten, haben sie Einrichtungen getroffen, welche thatsächlich zur Ernennung bestimmter Verwalter der Episkope führten. Moses hätte sagen können: der Stamm Levi soll Priester und Leviten stellen; statt dessen liess er den thatsächlichen Erweis durch die Stäbe abwarten. Die ersten Apostel hätten sagen können: die von den späteren Aposteln und Propheten eingesetzten sollen Bischöfe und Diakonen sein. Statt dessen richteten sie es so ein, dass thatsächlich zuerst von diesen zur Aufsicht Vorsteher bestimmt wurden, woraus die weitere Einrichtung entstand, dass von den hochgeachteten Männern bestimmte Personen als Bischöfe der Gemeinde präsentiert und nach deren Zustimmung eingesetzt wurden. Damit ist gewiss so deutlich wie möglich gesagt, dass die von den Aposteln eingesetzten Erstlinge noch keine Bischöfe waren; dass erst im folgenden Glied die ersten Bischöfe eingesetzt wurden; und dass sie jetzt nach einer veränderten Einrichtung, aber mit dem Anspruch, das Amt der von den ersten Aposteln eingesetzten aufzunehmen, bestellt werden. Der Zusammenhang mit den Aposteln wird aus „dem Vorherwissen" der Apostel hergeleitet, die da wussten, um in dem alttestamentlichen Beispiele zu reden, welcher Stab für das Priesterthum blühen werde. Deswegen halten die r ö m i s c h e n C h r i s t e n dafür, diese Beamten sollten, wenn sie tüchtig gewesen, bei ihrer Wiederwahl von der Gemeinde nicht zurückgewiesen werden; aber diesem Dafürhalten der römischen Gemeinde fehlt die Stütze einer apostolischen Tradition, es kann keine biblische Begründung für sich anrufen; in Rom natürlich, weil es dem Leben anderer Vereine entsprechend war, berührt es die Griechen fremdartig und ist nur durch die Gewalt der praktischen Gründe durchgesetzt worden.



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L. Wie genau der Clemensbrief die frühere Stufe in der Geschichte des Episkopats andeutet, ist aus dem N e u e n T e s t a m e n t e darzulegen. Denn in den Pastoralbriefen und einigen verwandten Stellen ist eben diese frühere Stufe bezeugt, dass Presbyter von apostolischen Männern zu Bischöfen eingesetzt werden, ohne dass, wie es scheint, dabei die Zustimmung der Einzelgemeinde in Frage kömmt.

Der Nachweis, dass

die Bischöfe durch Männer apostolischen Berufs, durch jene wandernden Apostel des zweiten Gliedes eingesetzt wurden, ist sehr leicht zu erbringen.

Yon Timotheus wissen wir,

dass er als ein Gehilfe des

Paulus, und damals als selbständiger Besorger weiter Gebiete reiste. Ihm werden von seinem väterlichen Freunde und Lehrer 1 Tim. I I I , 1—13 Verhaltungsmassregeln gesandt, wie er im Hause Gottes, das ist in der Gemeinde, wandeln soll ( I I I , 15), so lange er als Stellvertreter des apostolischen Sendboten zu handeln hat.

Dieselben lauten: 1

a) I I I , 1—13: „ W e r nach einem Bischofsamt trachtet, der begehrt eine gute Sache.

So soll nun der Bischof sein ohne Tadel, Eines Weibes

Mann, nüchtern, massig, sittig, gastfrei, lehrsam, kein Trinker, kein Schläger, sondern sanft, nicht streitsüchtig, nicht geldgierig, seinem eigenen Hause wohl vorstehend, die Kinder im Gehorsam haltend in aller Ehrbarkeit (wenn einer seinem eigenen Hause nicht vorzustehen weiss, wie mag der für die Gemeinde Gottes sorgen?), kein Neuaufgenommener, damit er nicht aufgeblasen dem Urtheil des Teufels anheimfalle.

Auch von denen draussen muss

er

ein

gutes

Zeugniss

haben, auf dass er nicht falle in Schimpf und Strick des Teufels.

Des-

gleichen sollen die Diakonen ehrbar, nicht doppelzüngig, nicht Weinsäufer, nicht Wucherer sein und das Geheimniss des Glaubens in reinem Gewissen festhalten. wenn' sie ohne Tadel

Und diese sollen zuerst geprüft werden und dann, sind, in ihren Dienst

eintreten.

Die Weiber

ebenso ehrbar, nicht verläumderisch, nüchtern, zuverlässig in allem. Die Diakonen sollen Männer Einer Frau sein, ihren Kindern und eigenen Häusern wohl vorstehend.

Denn die den Dienst recht thun, er-

werben sich eine Stufe und grosse Zuversicht im Glauben an Christus Jesus.

Das schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen;

falls ich aber zögere, damit du wissest wie zu wandeln ist im Hause Gottes, das da ist die Gemeinde des lebendigen Gottes." Und Tit. I, 5 — 9 : „ U m deswillen habe ich dich in Kreta zurückgelassen, dass du, was noch übrig ist, vollends richtig machest und je 1

Nach C. W e i z s ä c k e r s trefflicher Uebersetzung.



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in den Städten A e l t e s t e bestellest, wie ich dich angewiesen habe: wenn einer ohne Klage ist Eines Weibes Mann, gläubige Kinder hat, denen man nicht leichtsinniges oder unordentliches Wesen vorwerfen kann. Denn der Bischof muss ohne Klage sein, als Haushalter G-ottes, nicht eigenmächtig, nicht jähzornig, kein Trinker, kein Schläger, kein Wucherer, sondern gastfrei, dem Guten zugethan, sittsam, gerecht, heilig, enthaltsam, festhaltend an dem bewährten Wort, das dem Unterricht gemäss ist, damit er im Stande sei, in der gesunden Lehre ebensowohl zu ermahnen, als auch die Widersprechenden zu überführen." a) Aus diesen beiden Haupterklärungen geht unzweifelhaft hervor, dass Timotheus Aelteste zu Bischöfen einsetzen soll. Im Briefe an die Philipper 1 schreiben beide, Paulus und Timotheus zusammen, an eine Gemeinde, welche mit „Bischöfen und Diakonen" versehen ist. Auch die angeführten Erklärungen sprechen nicht gegen mehrere Bischöfe in einer Gemeinde. Bei den „vorstehenden Aeltesten" (1 Tim. Y, 17 ff.) wird noch hervorgehoben, dass sie eine ganz besondere Ehre erwerben, wenn sie im Wort und in der Lehre arbeiten, also, wie die Lehre der X I I Apostel (XY, 1) in ihrer Weise sagt: „welche den Gemeinden den Dienst der Propheten und Lehrer leisten". 1 Tim. Y, 17—19: „Die A e l t e s t e n , die sich als Vorsteher tüchtig beweisen, soll man zwiefacher Ehre werth halten, namentlich die, welche mit Wort und Lehre arbeiten. Denn die Schrift sagt: dem Ochsen der drischt, sollst du das Maul nicht verstopfen, und der Arbeiter ist seines Lohnes werth. Gegen einen Aeltesten nimm keine Klagen an, es sei denn, dass zwei oder drei Zeugen gegen ihn auftreten." ß) In Betreff der D i a k o n e n ist sehr merkwürdig, dass für ihre Berufung ein Verfahren vorgeschrieben wird, welches demjenigen, das zur Zeit des Clemensbriefes für die Bischöfe in Rom und Corinth üblich war, sehr ähnlich ist. Während ein zum Bischofsamt bestimmter Aeltester nur von dem Apostel oder seinem Stellvertreter eingesetzt wird, soll der Diakon geprüft werden, und nur wenn kein Tadel gegen ihn vorhanden ist, darf er seinen Dienst antreten; er soll also augenscheinlich der Gemeinde vorgestellt werden, der ein Einspruchsrecht eingeräumt ist, wie es ähnlich 1. Clemens von den Bischöfen heisst, dass sie von angesehenen Männern eingesetzt würden, unter Zustimmung der Gemeinde. Der Ausdruck ist so völlig gleichartig, dass man ein Recht hat, auf den gleichen Vorgang zu schliessen; es sind beide Male Formen desselben Zeitwortes (Soxifiä^eaß-ai), welche 1 Tim. III, 10 von der Prüfung der Diakonen und 1. Cemens XLIV, 2 von der Prüfung 1

XLIV, 3.



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der Inhaber des bischöflichen Amtes gebraucht werden. 1 Es scheint also in dieser Richtung ein Zugeständniss an die Gemeinde gemacht zu sein: die Zustimmung der Gemeinde, welche noch die Apostel des zweiten Gliedes nur für die Wahl der Diakonen bewilligt hatten, wurde später von den Presbytern auch für die Wahl der Bischöfe eingeräumt. I n der Auffassung des Clemensbriefes wird dann dieses erweiterte Bestätigungsrecht als schon längst bestehend hingestellt. y) Freilich wird man einwenden, „die Aeltesten die wohl vorstehen" (1 Tim. V, 17), seien eben alle Aeltesten, welche ihr Aeltestenamt, das ein Vorsteheramt, recht bekleiden, wie die herrschende Erklärung will. Allein dagegen muss geltend gemacht werden, dass „die doppelte Ehre", welche den „wohl vorstehenden" zugedacht ist, auch ein doppeltes Amt voraussetzt: das Amt des Aeltesten und das Amt des Vorstehers; und, dass die Mitbetonung des Lehramts „am meisten die da arbeiten im Wort und in der Lehre" nur eine weitere Begründung der doppelten Ehre enthalten, nicht aber die einzige; und wenn dies zugestanden werden muss, so kann nicht jedem Aeltesten als solchen ein Vorsteheramt zugetheilt sein; ebensowenig wie in einem Senat alle Senatoren dem Vorstand des Senates angehören, erster und zweiter Vorsitzender, Rector, Bürgermeister u. s. w. sind. Dies wird durch den Umstand noch stärker empfohlen, dass in demselben Briefe schon von einer Behörde der Presbyter, nämlich vom „Presbyterium" l Tim. V, 14 die Rede ist. Werden aber die Presbyter zusammen als „ein Presbyterium" betrachtet, so kann man nicht sonst gleichberechtigten Einzelnen für grösseren Eifer „doppelte E h r e " zusprechen. Doppelte Ehre wird nur den Vorstehern dieser Behörde, die also ein doppeltes Amt führen, zugesichert sein. F ü r sich allein vielleicht nicht völlig entscheidend, bleibt es doch im Zusammenhang bemerkenswert!!, dass 1 Tim. III, 5 dasselbe Zeitwort (ngoaTrjvcci) vom Hausvater gebraucht ist, der seinem eigenen Hause recht vorzustehen weiss, und die Thätigkeit des Vorstehens dort durch ijiiuelüa&ai „die Aufsicht führen" bezeichnet wird. Wir wissen aber, dass in den verwandten städtischen Vertretungen dies eine der technischen Bezeichnungen für die Thätigkeit der Rathsherren war, wenn sie für eine besondere Verwaltung, die ihnen nicht schon als Rathsherren von selbst zufiel, in das Aufsichtsamt bestimmt waren. 2 Die Thätigkeit eines „Vorstehenden" scheint also die Aufsichtführung eines in ein besonde1

Tim. III, 10: ovioi doxifiaiea&oiuav ngüiov Sita Siaxoveiibjtjav. 1 Clem. XLIV, 2: dittSsl-oyviai tieqoi SeSoxifiaafiivoi nvSges ti/v i.enovQyiai' otvitSv. 2 Vgl. die von H a t c h angeführten Stellen aus Le Bas und Waddington a. a. 0 . S. 30 Note 28. — Inschrift Nr. 207 2 zu Philippopolis und Batanea: ¿ntfielov-

(itvav

. . . . ßovi&vihiv „die Rathsherren, die als inifielrjiai

fungierten.



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res Amt eingesetzten zu sein. Die Auffassung der schottischen Presbyterianer ist darin richtig, dass sie 1 Tim. V, 17 die Vorsitzer des Aeltestenraths erwähnt findet. Dies wird ferner dadurch empfohlen, dass das Zeitwort, mit welchem die Bestimmung der Aeltesten bezeichnet wird: „bestimmen", „einsetzen", xu&iari/Hi, wo es auf Aemter geht im ganzen N. T. stets von der durch eine höhere Autorität verfügten Bestimmung, niemals aber von dem Akte der Wahl gebraucht wird. 1 Dieses selbe Wort gebraucht 1 Clemens XLIY von der Einsetzung der Bischöfe; es bedeutet die Ernennung für die Einsetzung in ein Amt. Yon den Aeltesten der unter den Heiden gestifteten Gemeinde erfahren wir, dass sie von den Gemeinden e r w ä h l t (xeigorovico), und n u r durch die Sendboten aus Antiochia in ihr Amt unter Gebet eingesetzt wurden, Apg. XIV, 23. 2 Bei den B i s c h ö f e n aber tritt das umgekehrte Verfahren ein: sie waren zuerst n u r von den Aposteln oder von den ersten Bischöfen eingesetzt; sie wurden dann von den hochgeachteten Männern b e s t i m m t , aber vor der Einführung in ihr Amt der Gemeinde, die ein ablehnendes Votum abgeben konnte, vorgestellt und erst wenn die Gemeinde sie nicht verwarf (änoßdlXsiv), gelangten sie zum Amtsantritt. Hält man dies im Auge, so erkennt auch von dieser Seite, dass die Thätigkeit des Titus auf Kreta nicht im Einsetzen von Presbytern überhaupt bestanden haben kann, sondern im Ernennen schon vorhandener, von den Gemeinden erwählter Presbyter zu dem Vorsteheramt. Dieses Vorsteheramt übernimmt die ständige Aufsicht in den Gemeinden, welche eigentlich den Aposteln und Propheten zukam, aber mit der Ausdehnung der Bezirke und der Abnahme der charismatisch begabten Lehrer immer weniger regelmässig statt1 Die Stellen sind eine wie die andere bezeichnend Matth. XXIV, 45. 47; XXV, 21. 23, wo es von dem Herrn gesagt ist, der einen Knecht zum Verwalter einsetzt, ebenso Luc. XII, 42. 44; von der Obrigkeit, die einen Bichter einsetzt, steht es Luc. XII, 14; vom König, der einen Fürsten einsetzt, Apg. VII, 10. 27. Besonders lehrreich ist Apg. VI, 3—6, wo das Erwählen durch die Gemeinde (e'ieÄef«cioj, das Vorstellen vor den Aposteln in der Gemeindeversammlung (taiijaav), die mit Gebet und Handaufiegung erfolgende Einsetzung durch die Apostel (ngoaevl-afiEvoi tnitfr)xa» Hvioi; zug /tio(tg), als die drei Stücke der Diakonenwahl deutlich unterschieden werden. Um Apg. XVII, 15 bewegt sich eine gewisse unsichere Verschiedenheit der

Formen:

anoxa&ujiavovTeg



Änaxa&ioitavisg

— xa&ioi(ovieg



xa&iuiavov-

reg — xaiaaiavovieg. Darf man der eigenthümlichen Lesart des Cod. D einiges Vertrauen schenken, welcher xataaiavovieg liest, so möchte in dieser unmöglichen Form stecken: xazaaiavTHg die vorstehenden = vorstehenden Presbyter. 2 Man muss übersetzen: „und wenn sie je in einer Gemeinde sich Aelteste gewählt hatten, so übergaben sie (d. h. Paulus und Barnabas), nachdem sie unter Fasten gebetet, dieselben dem Herrn, in den sie geglaubt hatten".



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finden konnte, weshalb eine geordnete Stellvertretung der Propheten und Lehrer eingerichtet werden musste. S) Auch die Didache X V , 1 deutet darauf mit der Mahnung: „wählet euch des Herrn würdig Bischöfe und Diakonen . . . ., denn euch leisten auch sie den Dienst der Propheten und Lehrer". Wir haben in dieser Notiz wohl eine Nachricht aus jener Uebergangszeit, welche zwischen dem zweiten und dritten Glied der Nachricht im Clemensbrief liegt; die Schilderung einer Form der Einrichtung, welche von der in den Pastoralbriefen bezeugten darin abweicht, dass die Bestimmung {y.aruaTrjvui) der Bischöfe nicht von den wandernden Aposteln oder deren Stellvertretern geschehen soll, sondern durch Wahl (xeiQorovtjGars) der Gemeinden. Man erkennt an dieser Nachricht 1) noch sicherer, was auch durch Timotheus- und Titusbrief bezeugt wird, dass die Einsetzung der Bischöfe zur dauernden Aufsicht an Ort und Stelle eine jüngere Einrichtung ist; wie die Gemeinden auf Kreta haben auch die Gemeinden, an welche die Didache in dieser Form sich wendet, schon vorher bestanden, aber ohne Bischöfe und Diakonen. 2) Sieht man (da die die ältere Einrichtung schon in einem gewissen Zerfall ist) einen eigentliümlichen Weg, nämlich den, die Einsetzung der Bischöfe durch Gemeindewahl herbeizuführen, welcher Weg aber unter den gesteigerten Verfolgungen gegen die römische Methode, der Bestimmung durch die Presbyter unter Zustimmung der Gemeinde, zurückgestellt und aufgegeben wurde. Die Nichterwähnung der Presbyter in der Didache ist kein Beweis dafür, dass Bischöfe und Presbyter dort Wechselbegriffe seien, welche ein und dasselbe bedeuten. Dieser Umstand ist sehr wohl aus dem verhältnissmässig hohen Alter dieser Theile der Didache zu erklären. Man kann deutlich sehen, dass den ältesten Stücken nur durch die Heiligen sammt Lehrern, Propheten und Apoateln die religiöse Verbindung der Christen unter einander und mit Christus vorschwebt. Die im griechischen Leben selbstverständliche Ordnung des äusseren Vereins unter Aelteste kommt dafür noch gar nicht in Betracht. Das kennzeichnet Zustände, wie sie v o r der Zeit der Pastoralbriefe vorhanden waren. Die Vorschrift in Betreff der Bischöfe ist der neuere Zusatz, durch welchen für die Leser der Didache die Brücke von der religiösen nach der äusseren Organisation geschlagen wurde. Ueber diese Brücke sollte Würde und Auftrag der Träger der geistigen Organisation zu den Verwaltern der äusseren Einrichtung gebracht werden. Darum die Mahnung „seht sie nicht gering an", nämlich im Vergleich mit den älteren Geehrten, die nicht dauernd unter euch blieben; „sie sind eure Geehrten zusammen mit den Propheten und Lehrern" (XV, 2). Die Bischöfe rücken dort an die Seite der älteren Würde, die zuletzt ihr Erbe werden sollte.



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b) Noch eine besondere Besprechung erfordert Apg. XX, 17—37. Der Bericht über die Abschiedsrede Pauli an die ephesinischen Aeltesten zu Milet. So lange man diese Rede als an die Aeltesten einer einzigen Gemeinde gerichtet liest, liegen in ihr allerdings starke Hemmnisse gegen die vorgetragene Auffassung des Verhältnisses von Presbyter und Bischof; denn der einfache Vergleich von v. 17 mit v. 28 scheint zu ergeben, dass dieselben Personen, welche v. 17 „Aelteste zu Ephesus" sind, in v. 28 „Bischöfe zu weiden die Gemeine Gottes" genannt werden; und aus v. 36 u. 37 scheint weiter hervorzugehen, dass „alle" Presbyter aus Ephesus bei ihm waren, also auch alle Bischöfe waren. Der ganz unleugbare individuelle Ton dieser Rede giebt ihren Nachrichten erhöhte Bedeutung; das ist zuversichtlich ein aus wirklichem Leben kommendes Wort. Doch eben deshalb wird es vom höchsten Belang festzustellen, ob der Rahmen, in dem wir dieses AVort haben, oder die Auffassung, mit der wir es lesen, völlig genau ist. Nach v. 17. 18 soll es eine Anrede an die Aeltesten von Ephesus sein. In v. 25 aber sind es durchaus nicht bloss „Aelteste aus Ephesus", die zu Milet bei ihm sind, sondern Aelteste aus allen Gegenden Asiens v. 18, durch die der Apostel gezogen ist, das Reich verkündend. Das ist unwidersprechlich und bildet einen bestimmten Gegensatz gegen v. 17, wie er gewöhnlich verstanden wird. Der Redende spricht in einer eigenthümlichen Weise von der „ganzen Herde", so dass deutlich wird, wie hier unter dieser Herde noifiviov, n i c h t die Einzelgemeinde, sondern alle Gemeinden verstanden werden; und da nun auch in v. 36 u. 37 mit „allen" so nachdrücklich eine grössere Zahl angedeutet wird, so würde man aus dem Inhalt des Berichtes über die Rede, ohne den Rahmen v. 17, mit Nothwendigkeit schliessen, dass dies eine Rede sei, welche an eine die Kirche Asiens vertretende Körperschaft, nicht aber an die Aeltesten einer einzigen Gemeinde gerichtet sei. Zum Schaden geschichtlichen Verständnisses hat man den Eindruck des Irenäus, 1 dass ausser der ephesinischen Gemeinde auch andere Gemeinden vertreten gewesen seien, für einen Irrthum erklärt; man hätte denselben vielmehr genauer feststellen sollen. Denn lediglich darin irrt Irenäus, dass er an die Bischöfe der näher gelegenen Städte denkt; die „ganze Herde" deutet entschieden auf die zusammengefasste Christenheit eines grösseren Bezirkes. Man wird vielen treffenden Bemerkungen Z e l l e r s 2 über den späteren Eindruck der Rede unbedingt zustimmen müssen; man hat sogar Ursache, dieselben noch dadurch zu vermehren, dass der Apostel seine 1 Cont. Haeres, III, 14, 2. In Mileto enim convocatis episcopis et presbyteris, qui erant ab Epheso et a reliquis proximis civitatibus, etc. 2 Die Apostelgeschichte S. 273 ff.



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Wirksamkeit „unter diesen Aeltesten und der ihnen anvertrauten ganzen H e r d e " durchaus nicht als die Wirksamkeit des ersten Missionars, welcher diese Aelteste eingesetzt hat, sondern als den Dienst eines lehrenden Apostels, der unter ihnen umherzieht (Sgö/xog), sorgsam beschreibt, als welcher er gewiss ein Recht und vielleicht die Pflicht hat, seine Treue bei dem feierlichen Abschied von diesem ganzen Kirchengebiet zu bezeugen.

Aber, nach dem Nachgewiesenen gelangt man damit nicht zu

einer von Lucas componierten Rede, sondern zur Rede und dem Bericht eines Späteren, der mit dem Epheserbriefe gleichzeitig sein m a g ,

d. h.

man gewinnt ein Recht, auch ky.xli]6iu die Gemeinde v. 17 nicht auf die Einzelgemeinde, sondern nach Ephes. I V , 11. 12 ff. V , 22, wie dies oben nachgewiesen wurde, auf die ganze Heerde zu deuten, wenn man nicht annehmen will, Irenaus habe „ d e r K i r c h e n " txxhjaiwv

(2 Cor. V I I I , 19)

gelesen und diese ältere Lesart sei kein Missverstand der Stelle, sondern sie sei vielmehr, da sie auf die Presbyter der Stadt Ephesus bezogen wurde, später in den Singular kxv.h]