Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis: Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise 9783161512292, 9783161503290

Hinter der Überschrift negotiorum gestio (Geschäftsführung ohne Auftrag) verbergen sich drei Rechtsinstitute, die in ihr

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German Pages 527 [528] Year 2010

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Widmung
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
§ 1. Einführung
1. Teil Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag
§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag
I. Der Vorwurf der Denaturierung der Geschäftsführungsregeln und gegenläufige Tendenzen
II. Theorie der Menschenhilfe
1. Das Leitbild der Menschenhilfe: Selbstlosigkeit als Tatbestandsmerkmal
2. Selbstlose Motivation und Subordination
3. Die Theorie der Menschenhilfe, das BGB und der DCFR
III. Quasivertragstheorie
1. Die negotiorum gestio als Quasikontrakt
2. Quasikontraktstheorie und das BGB
IV. Objektive Theorie
1. Das objektiv fremde Geschäft als Anknüpfungspunkt
2. Die objektive Theorie und das BGB
3. Die objektive Theorie in der modernen Wissenschaft und Rechtsprechung
4. Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit
V. Die Quasideliktstheorie: Das Naturrecht und der anglo-amerikanische Rechtskreis
1. Das Naturrecht
2. Der angelsächsische Individualismus
3. Bewertung
VI. Die Geschäftsführung ohne Aufrag als Subordinations verhältnis
1. Die Interessenwahrnehmung (Subordination)
2. Die normative Geschäftsführungsabsicht als tragendes Element der realgeschäftlichen Interessenwahrnehmung
3. Bedeutungslosigkeit des „fremden Geschäfts“
4. Der präsumtive Wille und das Interesse des Geschäftsherrn
5. Geschäftsführer und Geschäftsherr
6. Konfligierende Interessen
7. Motivation und Reflexvorteile
8. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Instrument der Lückenfüllung
9. Absentia vel ignorantia
§ 3. Die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag
I. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als juristische Handlung
1. Tradierte Einordnungsversuche
2. Das fehlende subjektive Element
II. Die persönlichen Entstehungsvoraussetzungen der Gestion
1. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsführers
a. Geschäftsfähigkeit
b. Gestionsfähigkeit
c. Geschäftsführungsrechtliche Auswirkung
aa. Actio directa
bb. Actio contraria
2. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsherrn
§ 4. Das Verhältnis zu Mandat und Realvertrag
I. Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag
1. Geschäftsführung ohne Auftrag, ratihabitio und Vertrag
2. Abgrenzungsschwierigkeiten
II. Realvertrag
§ 5. Die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung
§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag
I. Das actionenrechtliche Verständnis des römischen Rechts
II. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag
1. Inhalt der Lehre
2. Die Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips: Die Theorie der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag als Quasikontraktstheorie
3. Legitimationsfunktion
III. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in nationalen Rechtsordnungen und dem Book V des DCFR
IV. Insbesondere: Die Systematik der §§ 677 bis 686 BGB
1. Der actionenrechtliche Systematik der §§ 677 bis 686 BGB
a. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn (actio directa)
b. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsführers (actio con traria)
2. Die tradierte Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag
a. Die Systematisierung des deutschen Geschäftsführungsrechts auf Grundlage der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag
b. Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Regelung
2. Teil Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag
1. Abschnitt. Der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag
§ 7. Geschäftsbesorgung
I. Der Begriff des Geschäfts
II. Handlungen tatsächlicher Art
III. Nichtvermögensbezogene Handlungen
IV. Dulden oder Unterlassen
V. Geschäftsführung aus Gefälligkeit
VI. Verbotene und sittenwidrige Geschäfte; anfängliche Unmöglichkeit
§ 8. Die Subordination
I. Die Entwicklung des Geschäftsführungsbegriffs
1. Von der Glosse bis zum Beginn der historischen Schule
2. Älteres gemeines Recht und Pandektistik
3. Die Gesetzgebung zum BGB
a. Der Vorentwurf v. Kübels
b. Die Beratungen der Ersten und Zweiten Kommission
II. Geschäftsführungsbegriff des § 677 BGB
III. Rechtsvergleichung; Europäische Rechtsvereinheitlichung
IV. Kritik des fremden Geschäfts
1. Das objektiv fremde Geschäft (negotium re ipsa alienum)
a. Begriff des objektiv fremden Geschäfts
b. Das objektiv eigene Geschäft
c. Reflexvorteile
2. Das subjektiv fremde Geschäft (negotiorum gerentisvoluntate alienum)
3. Das auch-fremde Geschäft (Auch-Gestion)
a. Die Rechtsprechung des BGH
b. Kritik der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit
c. Das fremde Geschäft als relativer Begriff
d. Das gemeinschaftliche Geschäft
e. Verhältnis zur Lehre von der Geschäftsanmaßung
V. Die Geschäftsführungsabsicht
1. Die tradierte Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen
a. Begriff und Inhalt des Fremdgeschäftsführungswillens
b. Empirisches Verständnis und Nachweis des Fremdgeschäftsführungswillens
c. Kritik an der Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen
2. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmalder Subordination
a. Interessenwahrnehmung (Subordination)
b. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmal
c. Verhältnis Geschäftsführungsabsicht – Nützlichkeit
d. Geschäftsführungsabsicht und Reflexvorteil
e. Geschäftsführungsabsicht und Motivation
f. Spontanität
g. Freiwilligkeit und gegenläufige Interessen
h. Bestimmung des Geschäftsherrn nach der Zuweisungsrichtung der Geschäftsführungsabsicht
i. Geschäftsführer und Geschäftsführungsgehilfe
j. Der privilegierte Rückgriffsanspruch
§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag
I. Vertragliche Regelung der Geschäftsführung
1. Abschließende Regelung der Geschäftsbesorgung
2. Überschreitung vertraglicher und organschaftlicher Befugnisse
3. Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses
4. Der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer
II. Gesetzliche Regelung der Geschäftsführung
1. Abschließende gesetzliche Regelung
2. Nicht abschließende gesetzliche Regelungen
3. Öffentlich-rechtliche Geschäftsführungspflichten im Interesse der Allgemeinheit
III. Bewusstsein der Auftragslosigkeit
IV. Geschäftsführung für mehrere Personen
V. Gescheiterte Vertragsanbahnung und unbestellte Leistungen (§ 241a BGB)
1. Gescheiterte Vertragsanbahnung
2. Unbestellte Leistungen (§ 241a BGB)
2. Abschnitt. Das gesetzliche Schuldverhältnis
§ 10. Allgemeiner Teil
I. Überblick
1. Das unvollkommene zweiseitige Rechtsverhältnis
2. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten
a. Rechte und Pflichten des Geschäftsführers
b. Rechte und Pflichten des Geschäftsherrn
aa. Herausgabeanspruch und Verpflichtung zum Aufwendungsersatz
bb. Haftung wegen Verletzung von Aufklärungs- und Hinweispflichten
II. Die sachliche Reichweite des übernommenen Geschäfts
III. Beschränkung auf das Innenverhältnis
1. Keine Vertretungsmacht
2. Keine allgemeine Versionsklage
IV. Beginn und Ende des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag
1. Beginn des gesetzlichen Schuldverhältnisses
2. Beendigung des gesetzlichen Schuldverhältnisses
a. Erledigung, Abstandnahme, Unmöglichkeit, Einigung
b. Beendigung durch den Geschäftsherrn
c. Tod und Geschäftsunfähigkeit
d. Rechtsfolgen der Beendigung
V. Mehrheit von Geschäftsherren und Geschäftsführern
1. Mehrere Geschäftsführer
a. Actio directa
b. actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch)
2. Mehrere Geschäftsherren
a. Actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch)
b. Actio directa: Herausgabeanspruch
VI. Konkurrenzen zu anderen Rechtsinstituten
1. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis
2. Bereicherungsrecht
3. Recht der unerlaubten Handlung
VII. Verjährung
§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung
I. Die Subordination als tragender Gedanke
II. Inhalt der Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung
1. Der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn als Maßstab der Geschäftsführung ohne Auftrag
2. Anzeige- und Wartepflichten als Annex des subjektiven Prinzips
a. Anzeige- und Benachrichtigungspflicht
b. Wartepflicht
c. Verletzung der Anzeige- und Benachrichtigungspflichten
3. Besondere Fälle
a. Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung
b. Verpflichtung zur Vollendung des begonnenen Geschäfts
c. Unterlassenspflicht
d. Unerwünschte Geschäftsführung
III. Das sog. Ausführungsverschulden
IV. Das sog. Übernahmeverschulden
1. Inhalt und Haftungsgrund
2. Anspruchsvoraussetzungen
a. Übernahme der Geschäftsführung
b. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen
aa. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen
bb. nachträglicher Genehmigung
c. Quasideliktslehre
d. Keine Exkulpation
3. Schaden und Vorteilsausgleichung
V. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei der Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr
1. Rechtfertigung
2. Die Voraussetzungen der Herabsetzung der Diligenzpflicht
a. Qualifizierte Geschäftsführungsabsicht
b. Eine dem Geschäftsherrn drohende dringende Gefahr
aa. Drohende dringende Gefahr
bb. Vermögen und Person des Geschäftsherrn
cc. Verhältnismäßigkeitsprüfung
dd. Irrtümliche Annahme einer Gefahrenlage
ee. Institutionelle Beschränkung
3. Rechtsfolgen
a. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei objektiven Verhaltensstandards
b. Die Notgeschäftsführung und die actio contraria des Geschäftsführers
§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa
I. Die Abwicklungspflichten
II. Das Verhältnis von Herausgabeanspruch und Ratihabition
§ 13. Die fehlende Geschäftsfähigkeit des Gestors
I. Ein kaiserliches Reskript
II. Die umstrittene Dogmatik des § 682 BGB
§ 14. Die actio contraria
I. Utilitas gestionis
1. Die objektive Theorie des utiliter gestum
2. Das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB
a. Das strenge subjektive Prinzip des E I
b. Die redaktionelle Fassung des § 683 S. 1 BGB
c. Zweifel am subjektiven und objektiven Prinzip
d. Der schuldlose Irrtum über den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn
e. Lockerung des strengen subjektiven Prinzips
f. Durchbrechung des subjektiven Prinzips: Unbeachtlichkeit des Willens
aa. Unechte Durchbrechung
bb. Echte Durchbrechung
g. Das Interesse
3. Institutionelle Beschränkung der actio con traria: Die besondere Dringlichkeit
II. Inhalt der actio contraria
1. Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen
2. Kostenteilung
3. Vergütung
a. Patrizische Honorität und der Grundsatz der Reziprozität
b. Deutschland
aa. Die übersehene Teilkodifikation
bb. Die wissenschaftliche Diskussion
c. Der Gedanke der Reziprozität
aa. Der nichtkaufmännische Bereich
bb. Der Lapsus des deutschen Gesetzgebers
cc. Beschränkung auf berufliche und gewerbliche Tätigkeiten
4. Ersatz unfreiwilliger Vermögenseinbußen
a. Der Grundsatz
b. Konstellationen
c. Zu ersetzende Schäden
d. Umfang des zu ersetzenden Schadens
aa. Durchbrechung des Grundsatzes der Totalreparation
bb. Immaterieller Schaden
III. Inutilitas gestionis
1. Ausschluss oder Beschränkung der actio contraria
2. Beschränkung der actio negotiorum gestorum contraria auf die tatsächlichen Vorteile
IV. Die Genehmigung im Recht der Geschäftsführung (ratihabitio)
1. Gegenstand der Genehmigung
2. Die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung
a. Rechtsnatur, Gegenstand und Reichweite
b. Die Genehmigungserklärung
V. Animus donandi
1. Ex pietate et animo donandi
2. Animus donandi
a. Das normative Verständnis der Geschäftsführungsabsicht
b. Die Vermutung des animus donandi
c. Beurteilungszeitpunkt und Widerruf
3. Animus donandi, Schenkungsrecht und Erlass
4. Animus donandi und die actio directa
§ 15. Besonderer Teil des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag
I. Erfüllung fremder Verbindlichkeiten
1. Grundlagen
a. Der tradierte Ansatz
b. Der subordinationsrechtliche Geschäftsführungsbegriff
c. Utiliter gestum
d. Die Verjährungsproblematik
e. Schuldentilgung durch ablöseberechtigten Dritten
2. Tätigwerden aufgrund eigener Rechtspflicht (sog. Auch-Gestion)
a. Die Lösung der objektiven Theorie (hM)
b. Auch-Gestion und Subordination
c. Einzelfälle
aa. Interzessionsfälle: Bürgschaftsfälle und Schuldübernahme
bb. Ausgleich unter mehreren Sicherungsgebern
cc. Die echte Gesamtschuld
dd. unechte Gesamtschuld
ee. Die Erfüllung fremder Unterhaltspflichten
3. Private Geschäftsführung durch einen öffentlich-rechtlich verpflichteten Hoheitsträger
4. Rückgriff wegen Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten unter Privaten
a. Rückgriff wegen der Erfüllung einer fremden öffentlichrechtlichen Pflicht
b. Der Ausgleich unter mehreren Polizeipflichtigen
5. Selbsthilfeaufwendungen
a. Begriff der Selbstvornahme
b. Fallgruppen
aa. Selbsthilfe des gestörten Eigentümers oder Besitzers
bb. Selbstvornahme im vertraglichen Bereich
c. Geschäftsführungsrechtliche Beurteilung
aa. Echte Geschäftsführung „für einen anderen“
bb. Geschäftsführung „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“
d. Kostenersatz bei negatorischen Ansprüchen und Selbsthilferechten
e. Der allgemeine Kostenerstattungsanspruch und die Kosten der Abmahnung im Wettbewerbsrecht
II. Die Förderung fremden Nutzens
1. Grundlagen
2. Aufwendungen, insbesondere Verwendungen auf fremde Sachen
a. Übergang der Preisgefahr
b. Verwendungen auf Sicherungsgut
c. Fremde Verwendungspflicht
d. Utiliter gestum
3. Versicherungsfälle
a. Aufwendungen eines Dritten zugunsten einer versicherten Sache oder Person
b. Versicherung für fremde Rechnung (§ 43 VVG)
c. Eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers
4. Der Empfang von Unterhaltsleistungen
III. Der gegenüber einem Dritten vertraglich verpflichtete Geschäftsführer (der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer)
1. Konstellationen
2. Die Interpretation der römischen Quellen
3. Die tradierten Lösungsansätze
a. Der Ansatz des BGH
b. Ansätze in der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit
4. Neubewertung
a. Förderung fremden Nutzens
aa. Die Geschäftsführungsabsicht
bb. Der Drittauftrag
cc. Utilität der Geschäftsführung
dd. Unwirksamkeit der Beauftragung des Geschäftsführers durch den Dritten (fehlerhaftes Deckungsverhältnis)
b. Erfüllung fremder Pflichten
IV. Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf nichtige Subordinationsverträge
1. Diskussionsstand
a. Die Anwendung der §§ 677 ff. BGB durch den BGH
b. Römisches Recht und Gesetzesgeschichte
c. Abweichende Positionen in Lehre und Instanzgerichtsbarkeit; Reformvorschläge, rechtsvergleichende Hinweise
2. Die §§ 677 ff. BGB als das gesetzliche Schuldverhältnis unwirksam begründeter Interessenwahrnehmungsverhältnisse
3. Teil Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung
§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch
I. Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag und der privilegierte Rückgriff
II. Ersetzung des Interesses durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip
III. Rechtfertigung des privilegierten Rückgriffsanspruchs
1. Die materielle Kostenzuweisung
2. Die vollstreckungsähnliche Ersatzvornahme
3. Das vorrangige öffentliche Interesse
IV. Das gesetzliche Schuldverhältnis
1. Grundtatbestand des privilegierten Rückgriffsanspruchs
2. Gesetzliches Schuldverhältnis
3. Der privilegierte Rückgriffsanspruch ie S
4. Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung
5. Rücksichtnahme- und Duldungspflichten
6. Beschränkung auf das Innenverhältnis
§ 17. Die Eigengeschäftsführung
I. Die unechte Geschäftsführung ohne Auftrag
II. Die irrtümliche Eigengeschäftsführung
III. Die Theorie der angemaßten Eigengeschäftsführung
1. Die Geschäftsanmaßung als fiktiver Vertrauensbruch
2. Keine Ausstrahlungswirkung auf das Recht der Gewinnherausgabe
IV. Der Tatbestand der Geschäftsanmaßung
1. Das fremde Geschäft
2. Beispiele
a. Absolute Rechte
aa. Allgemeines Persönlichkeitsrecht
bb. Untervermietung und Doppelvermietung
b. Forderungen
c. Gesetzliche Schutzvorschriften; unlauterer Wettbewerb
d. Relativ geschützte Interessenbereiche
3. Die Anmaßung eines fremden Geschäfts
a. Eigennützige Absicht
b. Die Geschäftsführung
4. Ohne Berechtigung
5. Wissen
6. Fehlen einer rechtsgeschäftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsordnung
7. Teilnahme und angemaßte Drittgeschäftsführung
V. Die Rechtsfolgen der angemaßten Eigengeschäftsführung
1. Das Wahlrecht des Geschäftsherrn
2. Ansprüche aus der Geschäftsanmaßung
a. Rechtsfolgenverweisung
b. Rechte des Geschäftsherrn (actio directa)
aa. Anspruchsinhalt
bb. Genehmigungswirkung
c. Rechte des Geschäftsanmaßers
3. Vorgehen nach den allgemeinen Vorschriften
VI. Anspruchskonkurrenzen
Literaturverzeichnis
Gesetzesmaterialien; Principles; Restatements
Sachregister
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Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis: Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise
 9783161512292, 9783161503290

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I

JUS PRIVATUM Beiträge zum Privatrecht Band 152

II

III

Andreas Bergmann

Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis Die Rechtsinstitute der negotiorum gestio in subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise

Mohr Siebeck

IV Andreas Bergmann, geboren 1973; Abitur 1993; Wehrdienst von Oktober 1993 bis September 1994; 1994–1999 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität des Saarlandes; Erstes Juristisches Staatsexamen: 1999; Promotion: 2002; Zweites Juristisches Staatsexamen 2003; von 2003 bis 2009 Wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Martinek (Saarbrücken); Habilitation Juli 2009; Lehrbefugnis für die Fächer Bürgerliches Recht und Wirtschaftsrecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung sowie Neuere Privatrechtsgeschichte; seit Juli 2010 Professor an der Universität Bayreuth.

e-ISBN PDF 978-3-16-151229-2 ISBN 978-3-16-150329-0 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2010 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Computersatz Staiger in Rottenburg/N. aus der Stempel-Garamond gesetzt, von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

V

Meinem lieben Vater, dem PräsVG a.D. Dr. iur. Karl Walter Bergmann * 24.10.1940 Schwerte (Preußische Provinz Westfalen) † 6. 3. 2008 Saarbrücken (Saarland)

VI

VII

Vorwort Folgende Arbeit wurde im Sommersemester 2009 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes als Habilitationsschrift angenommen; Literatur und Rechtsprechung sind bis April 2009 berücksichtigt. Mein Dank geht an meine akademischen Lehrer, Prof. Michael Martinek und Prof. Helmut Rüßmann, denen ich mich freundschaftlich eng verbunden fühle. Wohl nur in wenigen Werken kommt die Zugehörigkeit zu einer bestimmten „Schule“ deutlicher zum Ausdruck. Folgender Versuch einer wissenschaftlichen Neuerfassung und Deutung der klassischen Rechtsinstitute der negotiorum gestio (Geschäftsführung ohne Auftrag) knüpft unmittelbar an den großen Linien der subordinationsrechtlichen Forschungen von Prof. Martinek für den Bereich der entgeltlichen und unentgeltlichen Geschäftsbesorgungsverträge an. Auch Prof. Rüßmann, der mich immer wieder zu größerer methodischer Disziplin angehalten hat, kann sich hoffentlich in diesem Werk wiedererkennen. Dank geht auch an Prof. Tiziana Chiusi, die das Gelingen dieser Arbeit stets wohlwollend beobachtet, begleitet und unterstützt hat. Mein Dank geht an meine Mutter Helga Bergmann (geb. Thamm) und meine Schwester RiAG Susanne Kohler-Bergmann, die mit gutem Rat und großer Tat das Werden dieser Arbeit, teilweise bis hin zur körperlichen Erschöpfung, unterstützt haben. Weite Teile dieser Arbeit hat noch mein Vater PräsVG Dr. Karl Walter Bergmann mit großem Engagement begleitet; leider war es ihm nicht mehr vergönnt, ihre Fertigstellung zu erleben. Die Arbeit sei seinem Gedächtnis angedient. Erwähnen will ich auch den engen Freund meiner Eltern Reginald Riebling, der oft unter großem Zeitdruck die vielfältigen Manuskripte dieser Arbeit immer und immer wieder unermüdlich durchgesehen hat. Nur räumlich an letzter Stelle steht mein Dank an meine Freunde, von denen jeder der besonderen Hervorhebung verdienen würde, aus deren Kreis ich aber stellvertretend nur den Doktoranden der historischen Theologie Andreas Merl gesondert nennen will. Saarbrücken, im Herbst 2009

Andreas Bergmann

VIII

IX

Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI

§ 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Teil

Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag § 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . 13 § 3. Die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . 66 § 4. Das Verhältnis zu Mandat und Realvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 § 5. Die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 § 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . 89

2. Teil

Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Abschnitt. Der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag . . 111 § 7. Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 § 8. Die Subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 § 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . 169

X

Inhaltsübersicht

2. Abschnitt. Das gesetzliche Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 § 10. Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 § 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 § 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 § 13. Die fehlende Geschäftsfähigkeit des Gestors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 § 14. Die actio contraria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 § 15. Besonderer Teil des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

3. Teil

Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung § 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 § 17. Die Eigengeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Gesetzesmaterialien; Principles; Restatements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503

XI

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

§ 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Teil

Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag § 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . 13 I. Der Vorwurf der Denaturierung der Geschäftsführungsregeln und gegenläufige Tendenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 II. Theorie der Menschenhilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. Das Leitbild der Menschenhilfe: Selbstlosigkeit als Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 2. Selbstlose Motivation und Subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3. Die Theorie der Menschenhilfe, das BGB und der DCFR . . . 23 III. Quasivertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Die negotiorum gestio als Quasikontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Quasikontraktstheorie und das BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 IV. Objektive Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Das objektiv fremde Geschäft als Anknüpfungspunkt . . . . . . . 2. Die objektive Theorie und das BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die objektive Theorie in der modernen Wissenschaft und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30 32 33 33

V. Die Quasideliktstheorie: Das Naturrecht und der anglo-amerikanische Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

XII

Inhaltsverzeichnis

1. Das Naturrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 2. Der angelsächsische Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 VI. Die Geschäftsführung ohne Aufrag als Subordinationsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 1. Die Interessenwahrnehmung (Subordination) . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die normative Geschäftsführungsabsicht als tragendes Element der realgeschäftlichen Interessenwahrnehmung . . . . 3. Bedeutungslosigkeit des „fremden Geschäfts“ . . . . . . . . . . . . . . 4. Der präsumtive Wille und das Interesse des Geschäftsherrn . 5. Geschäftsführer und Geschäftsherr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Konfligierende Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Motivation und Reflexvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Instrument der Lückenfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Absentia vel ignorantia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47 49 56 57 58 60 61 63 64

§ 3. Die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als juristische Handlung . . 66 1. Tradierte Einordnungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Das fehlende subjektive Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 II. Die persönlichen Entstehungsvoraussetzungen der Gestion . . . . 71 1. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsführers . . . . . . . . 71 a. Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Gestionsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Geschäftsführungsrechtliche Auswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Actio directa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Actio contraria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71 72 74 74 74

2. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . 75 § 4. Das Verhältnis zu Mandat und Realvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 I. Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Geschäftsführung ohne Auftrag, ratihabitio und Vertrag . . . . 77 2. Abgrenzungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 II. Realvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 § 5. Die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Inhaltsverzeichnis

XIII

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . 89 I. Das actionenrechtliche Verständnis des römischen Rechts . . . . . . 89 II. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 1. Inhalt der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 2. Die Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips: Die Theorie der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag als Quasikontraktstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 3. Legitimationsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 III. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in nationalen Rechtsordnungen und dem Book V des DCFR . . . 95 IV. Insbesondere: Die Systematik der §§ 677 bis 686 BGB . . . . . . . . . . 98 1. Der actionenrechtliche Systematik der §§ 677 bis 686 BGB . . 98 a. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn (actio directa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsführers (actio contraria) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

2. Die tradierte Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 a. Die Systematisierung des deutschen Geschäftsführungsrechts auf Grundlage der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b. Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . 105

2. Teil

Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Abschnitt. Der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag . . 111 § 7. Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Der Begriff des Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Handlungen tatsächlicher Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Nichtvermögensbezogene Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 IV. Dulden oder Unterlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 V. Geschäftsführung aus Gefälligkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 VI. Verbotene und sittenwidrige Geschäfte; anfängliche Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

XIV

Inhaltsverzeichnis

§ 8. Die Subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Die Entwicklung des Geschäftsführungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . 122 1. Von der Glosse bis zum Beginn der historischen Schule . . . . 122 2. Älteres gemeines Recht und Pandektistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Die Gesetzgebung zum BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 a. Der Vorentwurf v. Kübels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 b. Die Beratungen der Ersten und Zweiten Kommission . . . . . . . . 126

II. Geschäftsführungsbegriff des § 677 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 III. Rechtsvergleichung; Europäische Rechtsvereinheitlichung . . . . 131 IV. Kritik des fremden Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 1. Das objektiv fremde Geschäft (negotium re ipsa alienum) . . . 134 a. Begriff des objektiv fremden Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b. Das objektiv eigene Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 c. Reflexvorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

2. Das subjektiv fremde Geschäft (negotiorum gerentis voluntate alienum) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 3. Das auch-fremde Geschäft (Auch-Gestion) . . . . . . . . . . . . . . . . 143 a. b. c. d. e.

Die Rechtsprechung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kritik der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . Das fremde Geschäft als relativer Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das gemeinschaftliche Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zur Lehre von der Geschäftsanmaßung . . . . . . . . . . .

143 144 147 148 149

V. Die Geschäftsführungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. Die tradierte Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen . . . 150 a. Begriff und Inhalt des Fremdgeschäftsführungswillens . . . . . . . 150 b. Empirisches Verständnis und Nachweis des Fremdgeschäftsführungswillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 c. Kritik an der Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen . . . . . . 154

2. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmal der Subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 a. Interessenwahrnehmung (Subordination) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Verhältnis Geschäftsführungsabsicht – Nützlichkeit . . . . . . . . . d. Geschäftsführungsabsicht und Reflexvorteil . . . . . . . . . . . . . . . . e. Geschäftsführungsabsicht und Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . f. Spontanität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g. Freiwilligkeit und gegenläufige Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h. Bestimmung des Geschäftsherrn nach der Zuweisungsrichtung der Geschäftsführungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i. Geschäftsführer und Geschäftsführungsgehilfe . . . . . . . . . . . . . . j. Der privilegierte Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

155 156 157 158 159 160 160 162 165 167

Inhaltsverzeichnis

XV

§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . 169 I. Vertragliche Regelung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Abschließende Regelung der Geschäftsbesorgung . . . . . . . . . . 2. Überschreitung vertraglicher und organschaftlicher Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer . . . . . . . . . . .

170 172 174 175

II. Gesetzliche Regelung der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Abschließende gesetzliche Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Nicht abschließende gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . 177 3. Öffentlich-rechtliche Geschäftsführungspflichten im Interesse der Allgemeinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 III. Bewusstsein der Auftragslosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV. Geschäftsführung für mehrere Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 V. Gescheiterte Vertragsanbahnung und unbestellte Leistungen (§ 241a BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 1. Gescheiterte Vertragsanbahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Unbestellte Leistungen (§ 241a BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Abschnitt. Das gesetzliche Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 § 10. Allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Das unvollkommene zweiseitige Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . 187 2. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a. Rechte und Pflichten des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Rechte und Pflichten des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Herausgabeanspruch und Verpflichtung zum Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Haftung wegen Verletzung von Aufklärungs- und Hinweispflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

188 188 188 189

II. Die sachliche Reichweite des übernommenen Geschäfts . . . . . . . 189 III. Beschränkung auf das Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 1. Keine Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 2. Keine allgemeine Versionsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 IV. Beginn und Ende des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

XVI

Inhaltsverzeichnis

1. Beginn des gesetzlichen Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . 197 2. Beendigung des gesetzlichen Schuldverhältnisses . . . . . . . . . . 198 a. b. c. d.

Erledigung, Abstandnahme, Unmöglichkeit, Einigung . . . . . . . 198 Beendigung durch den Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Tod und Geschäftsunfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Rechtsfolgen der Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

V. Mehrheit von Geschäftsherren und Geschäftsführern . . . . . . . . . 202 1. Mehrere Geschäftsführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a. Actio directa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b. actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch) . . . . . . . . . . . . . . . 204

2. Mehrere Geschäftsherren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a. Actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch) . . . . . . . . . . . . . . 205 b. Actio directa: Herausgabeanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

VI. Konkurrenzen zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Bereicherungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 3. Recht der unerlaubten Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 VII. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 § 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Die Subordination als tragender Gedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 II. Inhalt der Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung . . . . . . . . . 222 1. Der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn als Maßstab der Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 2. Anzeige- und Wartepflichten als Annex des subjektiven Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a. Anzeige- und Benachrichtigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 b. Wartepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 c. Verletzung der Anzeige- und Benachrichtigungspflichten . . . . . 229

3. Besondere Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 a. b. c. d.

Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . 231 Verpflichtung zur Vollendung des begonnenen Geschäfts . . . . . 231 Unterlassenspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Unerwünschte Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

III. Das sog. Ausführungsverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 IV. Das sog. Übernahmeverschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Inhalt und Haftungsgrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 a. Übernahme der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 b. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen . . . . . 240

Inhaltsverzeichnis

XVII

aa. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen . . bb. nachträglicher Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Quasideliktslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Keine Exkulpation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240 241 242 243

3. Schaden und Vorteilsausgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 V. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei der Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 1. Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 2. Die Voraussetzungen der Herabsetzung der Diligenzpflicht 248 a. Qualifizierte Geschäftsführungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Eine dem Geschäftsherrn drohende dringende Gefahr . . . . . . . . aa. Drohende dringende Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Vermögen und Person des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . cc. Verhältnismäßigkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Irrtümliche Annahme einer Gefahrenlage . . . . . . . . . . . . . . . ee. Institutionelle Beschränkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

249 250 250 250 251 252 255

3. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 a. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei objektiven Verhaltensstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 b. Die Notgeschäftsführung und die actio contraria des Geschäftsführers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257

§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 I. Die Abwicklungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 II. Das Verhältnis von Herausgabeanspruch und Ratihabition . . . . 265 § 13. Die fehlende Geschäftsfähigkeit des Gestors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 I. Ein kaiserliches Reskript . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 II. Die umstrittene Dogmatik des § 682 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 § 14. Die actio contraria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 I. Utilitas gestionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 1. Die objektive Theorie des utiliter gestum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 2. Das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB . . . . . . . . . . 277 a. b. c. d.

Das strenge subjektive Prinzip des E I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die redaktionelle Fassung des § 683 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . Zweifel am subjektiven und objektiven Prinzip . . . . . . . . . . . . . . Der schuldlose Irrtum über den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Lockerung des strengen subjektiven Prinzips . . . . . . . . . . . . . . . . f. Durchbrechung des subjektiven Prinzips: Unbeachtlichkeit des Willens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

277 279 280 281 285 286

XVIII

Inhaltsverzeichnis

aa. Unechte Durchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 bb. Echte Durchbrechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 g. Das Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290

3. Institutionelle Beschränkung der actio contraria: Die besondere Dringlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 II. Inhalt der actio contraria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 1. Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 2. Kostenteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 3. Vergütung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 a. Patrizische Honorität und der Grundsatz der Reziprozität . . . . b. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Die übersehene Teilkodifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Die wissenschaftliche Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Der Gedanke der Reziprozität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Der nichtkaufmännische Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Der Lapsus des deutschen Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Beschränkung auf berufliche und gewerbliche Tätigkeiten .

301 303 303 304 306 306 308 309

4. Ersatz unfreiwilliger Vermögenseinbußen . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 a. b. c. d.

Der Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu ersetzende Schäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umfang des zu ersetzenden Schadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Durchbrechung des Grundsatzes der Totalreparation . . . . . bb. Immaterieller Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

310 312 313 315 315 318

III. Inutilitas gestionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 1. Ausschluss oder Beschränkung der actio contraria . . . . . . . . . 319 2. Beschränkung der actio negotiorum gestorum contraria auf die tatsächlichen Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 IV. Die Genehmigung im Recht der Geschäftsführung (ratihabitio) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 1. Gegenstand der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 2. Die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung . . 327 a. Rechtsnatur, Gegenstand und Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Genehmigungserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

327 330

V. Animus donandi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 1. Ex pietate et animo donandi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 2. Animus donandi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 a. Das normative Verständnis der Geschäftsführungsabsicht . . . . b. Die Vermutung des animus donandi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Beurteilungszeitpunkt und Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 339 341

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XIX

3. Animus donandi, Schenkungsrecht und Erlass . . . . . . . . . . . . . 342 4. Animus donandi und die actio directa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 § 15. Besonderer Teil des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 I. Erfüllung fremder Verbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 a. b. c. d. e.

Der tradierte Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Der subordinationsrechtliche Geschäftsführungsbegriff . . . . . . 346 Utiliter gestum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 Die Verjährungsproblematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 Schuldentilgung durch ablöseberechtigten Dritten . . . . . . . . . . . 351

2. Tätigwerden aufgrund eigener Rechtspflicht (sog. Auch-Gestion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 a. Die Lösung der objektiven Theorie (hM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 b. Auch-Gestion und Subordination . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 c. Einzelfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 aa. Interzessionsfälle: Bürgschaftsfälle und Schuldübernahme . 355 bb. Ausgleich unter mehreren Sicherungsgebern . . . . . . . . . . . . . 356 cc. Die echte Gesamtschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 dd. unechte Gesamtschuld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358 ee. Die Erfüllung fremder Unterhaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . 360

3. Private Geschäftsführung durch einen öffentlich-rechtlich verpflichteten Hoheitsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 4. Rückgriff wegen Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten unter Privaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 a. Rückgriff wegen der Erfüllung einer fremden öffentlichrechtlichen Pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 b. Der Ausgleich unter mehreren Polizeipflichtigen . . . . . . . . . . . . . 366

5. Selbsthilfeaufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 a. Begriff der Selbstvornahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Selbsthilfe des gestörten Eigentümers oder Besitzers . . . . . . bb. Selbstvornahme im vertraglichen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . c. Geschäftsführungsrechtliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Echte Geschäftsführung „für einen anderen“ . . . . . . . . . . . . bb. Geschäftsführung „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d. Kostenersatz bei negatorischen Ansprüchen und Selbsthilferechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e. Der allgemeine Kostenerstattungsanspruch und die Kosten der Abmahnung im Wettbewerbsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

369 369 369 370 372 372 373 373 374

XX

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II. Die Förderung fremden Nutzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 2. Aufwendungen, insbesondere Verwendungen auf fremde Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 a. b. c. d.

Übergang der Preisgefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Verwendungen auf Sicherungsgut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380 Fremde Verwendungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 Utiliter gestum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381

3. Versicherungsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 a. Aufwendungen eines Dritten zugunsten einer versicherten Sache oder Person . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 b. Versicherung für fremde Rechnung (§ 43 VVG) . . . . . . . . . . . . . . 383 c. Eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers . . . . . . . . . . . 384

4. Der Empfang von Unterhaltsleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 III. Der gegenüber einem Dritten vertraglich verpflichtete Geschäftsführer (der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 1. Konstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 2. Die Interpretation der römischen Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 388 3. Die tradierten Lösungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 a. Der Ansatz des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391 b. Ansätze in der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit . . . . . . . . . 392

4. Neubewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395 a. Förderung fremden Nutzens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Die Geschäftsführungsabsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Der Drittauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc. Utilität der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd. Unwirksamkeit der Beauftragung des Geschäftsführers durch den Dritten (fehlerhaftes Deckungsverhältnis) . . . . . . b. Erfüllung fremder Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396 396 397 400 400 401

IV. Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf nichtige Subordinationsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 1. Diskussionsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 a. Die Anwendung der §§ 677 ff. BGB durch den BGH . . . . . . . . . 402 b. Römisches Recht und Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 c. Abweichende Positionen in Lehre und Instanzgerichtsbarkeit; Reformvorschläge, rechtsvergleichende Hinweise . . . . . 404

2. Die §§ 677 ff. BGB als das gesetzliche Schuldverhältnis unwirksam begründeter Interessenwahrnehmungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 408

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3. Teil

Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung § 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 I. Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag und der privilegierte Rückgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415 II. Ersetzung des Interesses durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 III. Rechtfertigung des privilegierten Rückgriffsanspruchs . . . . . . . 420 1. Die materielle Kostenzuweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 2. Die vollstreckungsähnliche Ersatzvornahme . . . . . . . . . . . . . . . 421 3. Das vorrangige öffentliche Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 IV. Das gesetzliche Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Grundtatbestand des privilegierten Rückgriffsanspruchs . . . Gesetzliches Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der privilegierte Rückgriffsanspruch ieS . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung . . . . Rücksichtnahme- und Duldungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschränkung auf das Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

426 426 427 428 429 429

§ 17. Die Eigengeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 I. Die unechte Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 II. Die irrtümliche Eigengeschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 III. Die Theorie der angemaßten Eigengeschäftsführung . . . . . . . . . . 435 1. Die Geschäftsanmaßung als fiktiver Vertrauensbruch . . . . . . 435 2. Keine Ausstrahlungswirkung auf das Recht der Gewinnherausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 IV. Der Tatbestand der Geschäftsanmaßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 1. Das fremde Geschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 454 2. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 459 a. Absolute Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa. Allgemeines Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb. Untervermietung und Doppelvermietung . . . . . . . . . . . . . . . b. Forderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c. Gesetzliche Schutzvorschriften; unlauterer Wettbewerb . . . . . . d. Relativ geschützte Interessenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

459 460 463 464 465 467

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3. Die Anmaßung eines fremden Geschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 471 a. Eigennützige Absicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b. Die Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

471 471

4. Ohne Berechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Fehlen einer rechtsgeschäftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Teilnahme und angemaßte Drittgeschäftsführung . . . . . . . . . .

472 472 474 475

V. Die Rechtsfolgen der angemaßten Eigengeschäftsführung . . . . . 476 1. Das Wahlrecht des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 2. Ansprüche aus der Geschäftsanmaßung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 a. Rechtsfolgenverweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477 b. Rechte des Geschäftsherrn (actio directa) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 aa. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 478 bb. Genehmigungswirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481 c. Rechte des Geschäftsanmaßers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 482

3. Vorgehen nach den allgemeinen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . 484 VI. Anspruchskonkurrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 Gesetzesmaterialien; Principles; Restatements . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 501 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503

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§ 1. Einführung Das deutsche BGB überschreibt den Regelungskomplex der §§ 677 bis 687 BGB mit der Überschrift „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Das Gesetz ordnet unter dieser einheitlichen Überschrift drei Rechtsinstitute, die von ihrer immanenten, das Rechtsinstitut tragenden und ausformenden Interessenstruktur unterschiedlicher kaum gedacht werden können. Die zentrale – das meint in diesem Zusammenhang zunächst: die raumgreifendste – Stellung nimmt (1) mit den §§ 677 bis 686 BGB1 die sog. echte Geschäftsführung ohne Auftrag ein, mit der ich im Folgenden die fremdnützige Geschäftsführung für und im Interesse des Geschäftsherrn bezeichnen will. Als Kontrapunkt hierzu setzt (2) § 687 Abs. 2 BGB die Geschäftsanmaßung als die eigennützige Führung eines fremden Geschäfts trotz Wissens um die fehlende Berechtigung im eigenen Interesse des Geschäftsanmaßers an das Ende des Regelungskomplexes der §§ 677 ff. BGB. Bei dem dritten Rechtsinstitut handelt es sich (3) um den von mir im Folgenden als privilegierten Rückgriffsanspruch bezeichneten Erstattungsanspruch des Geschäftsführers bei der im öffentlichen Interesse liegenden Erfüllung einer Pflicht des Geschäftsherrn. Die gesetzliche Regelung des privilegierten Rückgriffsanspruchs ist innerhalb des Normkomplexes der echten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 bis 686 BGB) – genau: in den §§ 679, 683 S. 2 BGB – versteckt2. Schon eine erste vorsichtige Analyse der Interessenstruktur des privilegierten Rückgriffsanspruchs zeigt seine eigentümliche Stellung: bei der echten Geschäftsführung werde ich für den Geschäftsherrn tätig (§ 677 BGB: „für einen anderen“); bei der Geschäftsanmaßung werde ich für mich tätig (§ 687 Abs. 2 S. 1 BGB: „als sein eigenes“). Im Rahmen des privilegierten Rückgriffs aber erfülle ich eine Verpflichtung des Geschäftsherrn, die dieser einem Dritten oder auch der Allgemeinheit gegenüber hat. Transportiere ich anstelle der nicht leistungswilligen Fluggesellschaft im Ausland gestrandete Urlauber nach Hause3 oder erfülle ich die Unterhaltspflicht der leistungsunwilligen Mutter gegenüber seinem Kind, so werde ich gerade für diesen Urlauber oder dieses Kind, also für einen Dritten, aber je-

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Exklusive der §§ 679, 683 S. 2 BGB. Deshalb privilegierter Rückgriffsanspruch, weil der Anspruch aus §§ 683 S. 2, 679 BGB im Vergleich zur Rückgriffskondiktion von der Idee her erhebliche Vorteile aufweist. 3 LG Frankfurt, NJW 1983, 52, Urt. v. 1.9.1982 – 2/22 O 155/82. 2

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§ 1. Einführung

denfalls gerade nicht mehr für den Geschäftsherrn tätig4. Maßstab meines Tätigwerdens ist das Interesse des Dritten (Urlauber, Kind), und nicht das Interesse des Primärschuldners. Diesem kommt es allenfalls als Rechtsreflex zugute, dass ich ihn von einer Verbindlichkeit befreie. Dennoch gibt mir das Gesetz in diesen Fällen unter weiteren, einengenden Voraussetzungen (öffentliches Interesse an der Erfüllung) einen – im Vergleich zur grundsätzlich einschlägigen Rückgriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) – privilegierten Rückgriffsanspruch gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB. Dieser Zusammenhang wurde bisher nicht gesehen5; allein die auffällige Sonderstellung der eigennützigen Geschäftsanmaßung wurde bereits von den Römern betont6 und führte im späten Pandektismus unter der wissenschaftlichen Vorarbeit von Ernst Zimmermann zur noch heute gültigen Unterscheidung von „ächter und unächter“ negotiorum gestio7. Dies hat seine Ursache darin, dass die Theorie der negotiorum gestio vom einheitlichen Begriff des objektiv fremden Geschäfts dominiert wird8, der den Blick auf die gerade beschriebenen, unterschiedlichen Interessenstrukturen (Subordinationsverhältnisse) verstellt9. Al4 Mit Blick auf den Dritten liegt dagegen eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Vgl. insoweit die deutlichere Regelung in Art. V. – 1:102 DCFR und dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 97 (p. 97). 5 Immerhin anerkennt Art. V. – 1:102 DCFR, dass die Leistung auf eine fremde Schuld nicht per se eine Geschäftsführung für den Schuldner darstellen muss. Tatsächlich wird der Geschäftsführer häufig für den Dritten tätig werden, wenn seine Leistung nicht überhaupt „geschäftsführungsrechtlich neutral“ ist. Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 97 (p. 97), L 99 (p. 98), Art. 1:102, Comment. A 1 (p. 173). Um dem Leistenden dennoch einen geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch einzuräumen, ordnet Art. V. – 1:102 DCFR an: „Where an intervener acts to perform another person’s duty, the performance of which is due and urgently required as a matter of overriding public interest, and the intervener acts with the predominant intention of benefiting the recipient of the performance, the person whose duty the intervener acts to perform is a principal to whom this Book applies“. 6 Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 pr. (de negotiis gestis). 7 Zimmermann, Aechte und unächte negotiorum gestio, 1872; Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277 (278, 280 ff.). Vgl. auch die amtliche Überschrift zu § 687 BGB. 8 Vgl. nur die dogmengeschichtliche Abhandlung von Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, die sich auf annähernd 300 Seiten ausschließlich mit dem negotium alienum auseinandersetzt. 9 Zur Terminologie: Mit Einführung des BGB hat sich in Deutschland die Bezeichnung „Geschäftsführung ohne Auftrag“ eingebürgert; vgl. auch § 89 ZPO. Vor Erlass des BGB war die Terminologie nicht einheitlich. Allerdings wurde schon damals im deutschsprachigen Schrifttum, sofern man nicht überhaupt bei der Terminologie des römischen Rechts verblieb, überwiegend von „Geschäftsführung“ oder „Geschäftsbesorgung ohne Auftrag“ gesprochen. Windscheid behandelte in seinem Pandektenlehrbuch die auftragslose Geschäftsführung unter der Überschrift „Freiwillige Besorgung fremder Angelegenheiten“ (Windscheid/ Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, §§ 430, 431). Noch heute ist gerade im rechtsvergleichenden Schrifttum die Verwendung des dem römischen Recht entstammenden technischen Ausdrucks „negotiorum gestio“ weit verbreitet (vgl. Stoljar, Negotiorum Gestio [International Encyclopedia of Comparative Law Vol. X Ch. 17]). Der Draft Common Frame of Re-

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les wird unterschiedslos unter den Begriff des fremden Geschäfts gepackt. Die heute allgemein beklagte Denaturierung der Geschäftsführung ohne Auftrag und die vielbeschworene Unmöglichkeit, eine tragfähige theoretische Basis der Geschäftsführungsregeln zu finden, haben ihren Grund darin, dass der Begriff des fremden Geschäfts Verhältnisse erfassen muss, die von ihrer geschäftsführungsrechtlichen Struktur in völlig verschiedene Richtungen abzielen und rechtlich eine jeweils selbständige Regelung auf der Rechtsfolgenseite verlangen. Ihren Anfang nimmt die Fixierung der negotiorum gestio auf den Begriff des fremden Geschäfts (negotium alterius) bereits im römischen Recht10. Als wesentliches Tatbestandsmerkmal verlangte das prätorische Edikt11, dass die geführten Geschäfte negotia alterius sind12. Hinter diesem, in seiner Abstraktion für das klassische römische Recht durchaus ungewöhnlichen Begriff versammelte sich eine Vielzahl von mehr oder weniger typisierbaren Fallgestaltungen13. Ordnet man die berichteten Sachverhalte in einem ersten Zugriff grob nach der Interessenrichtung (Subordination), so fällt auf, dass der Bereich der echten Geschäftsference (DCFR) behandelt die Geschäftsführung ohne Auftrag im Book V unter der Überschrift „Benevolent intervention in another’s affairs“ (vgl. zur englischsprachigen Nomenklatura: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction A 2 seqq. [p. 53 seq.]). 10 Überhaupt ist die Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) eine Schöpfung des römischen Rechts. Nach römischer Auffassung konnte ein Rechtsverhältnis eigener Art entstehen, wenn jemand außerhalb der gesondert geregelten Fälle des mandatum (Auftrag) oder der tutela (Vormundschaft) ein fremdes Geschäfts führte (de negotiis gestis: Dig. 3, 5; C 2, 18). Eingehend zur negotiorum gestio im römischen Recht: Finazzi, Ricerche in tema di negotiorum gestio I (1999), II (2003), III (2006); Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968. Das deutsche BGB wollte die Geschäftsführung ohne Auftrag in engster Anlehnung an die römische Quellenlage regeln und glaubte hauptsächlich nur eine Reihe von Kontroversen der gemeinrechtlichen Doktrin zu entscheiden. Auch im älteren germanischen Recht finden sich Anzeichen dafür, dass sowohl hinsichtlich der Verantwortlichkeit dessen, der sich eines fremden Geschäfts annahm, als auch hinsichtlich seiner Ersatzansprüche, ganz ähnliche Grundsätze galten wie im römischen Recht. Von Bedeutung für das heutige Recht wurde die besondere germanische Ausprägung der auftraglosen Geschäftsführung bei der Ausbildung der sog. Rettungslöhne, allen voran der Finderlohn und der Bergelohn (§§ 965 ff. BGB, §§ 740 ff. HGB); eingehend zu freiwilligen Diensten und Geschäftsführung im germanischen Recht: v. Amira, Nordgermanisches Obligationenrecht I (1882), § 95 = S. 746 ff.; II (1895), § 90 = S. 901 ff. 11 Wiedergegeben bei Ulpian, Dig. 3, 5, 3 pr. (de negotiis gestis): Ait praetor: „Si quis negotia alterius, sive quis negotia, quae cuiusque cum is moritur fuerint, gesserit: iudicium eo nomine dabo“. Vgl. Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 16 ff.; Rabel, Negotium alienum und animus, in: Gesammelte Aufsätze IV, 1971, S. 441 (443 ff.); Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (572 ff.). 12 Umgekehrt ist ein negotium suum von der negotiorum gestio ausgeschlossen (vgl. Ulpian, Dig 3, 5, 5, 6 [de negotiis gestis]: „Si quis ita simpliciter versatus est, ut suum negotium in suis bonis quasi meum gesserit, nulla ex utroque latere nascitur actio, quia nec fides bona hoc patitur“.). Das entspricht der Rechtslage im römischen Auftragsrecht (Gaius 3, 156). 13 Vgl. auch Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (963 ff.).

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führung prominent vertreten ist. In den Quellen besonders hervorgehoben wird die (freiwillige) Hilfe für einen abwesenden Freund, um eine unmittelbare Gefahr für sein Vermögen abzuwenden14. Hierher gehört etwa die Vertretung des abwesenden (verklagten) Geschäftsherrn im Prozess oder das Stellen einer Bürgschaft. Ulpian begründet das Rechtsinstitut sogar mit der utilitas absentium: ohne den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers (actio contraria) bestünde die Gefahr, dass sich niemand um die Belange des Abwesenden kümmere15. Allerdings darf man daraus nicht den Schluss ziehen, dass die besondere Dringlichkeit der Geschäftsbesorgung Tatbestandsvoraussetzung der negotiorum gestio war. Denn es wird in den Quellen von Fällen berichtet, in denen der Gestor Forderungen des Geschäftsherrn einzieht oder gar Sklaven und Grundstücke für einen anderen kauft. Hier kann von einer notwendigen Geschäftsführung nicht gesprochen werden; es geht nicht mehr um bloße Substanzerhaltung, sondern um eine wirtschaftlich sinnvolle Vermögensverwaltung (Interessenwahrnehmung) für einen anderen. Dieser Subordinationscharakter wird eindrucksvoll unterlegt, wenn man sich den dogmengeschichtlichen Hintergrund der negotiorum gestio vor Augen hält. Hier hatte die negotiorum gestio zunächst die Funktion eines vertragslosen Treuhandverhältnisses. Denn die negotiorum gestio hat ältere Wurzeln als die erst in der jüngeren Republik stärker hervortretenden Fälle der freiwilligen Hilfe (in der Not) für einen anderen: die cura furiosi und die procuratio omnium rerum16. Die Geschäftsführung des curator für seinen Pflegling ließ sich nicht unter das private Mandat fassen, weil der curator vom Gesetz berufen oder vom Magistrat bestellt wurde. Für die Ansprüche zwischen Kurator und Pflegling galt daher die actio negotiorum gestorum. Ähnlich waren die Verhältnisse beim procurator, den wohlhabende Römer für ihre Vermögensverwaltung bestellten. Der procurator übernahm zu Anfang nicht die Geschäftsführung aufgrund eines Mandats. Vielmehr wählte man sich einen Freigelassenen, der aber weiterhin der unmittelbaren Befehlsgewalt seines Patrons unterstand. Später wurde die Abhängigkeit gelockert und der procurator verselbständigt. Die wechselseitigen Ansprüche ordnete man zunächst der negotiorum gestio zu, weil der procurator einseitig eingesetzt und eben nicht aufgrund eines Mandats tätig wurde. 14 Ulpian, Dig 3, 5, 1 (de negotiis gestis); Inst 3, 27, 1 (de obligationibus quasi ex contractu); Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. I; vgl. Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (374 f., 378 f.), der auf die Verbindung des officium amici zur römischen Kriegswirtschaft hinweist. 15 Ulpian, Dig 3, 5, 1: „Hoc edictum necessarium est, quoniam magna utilitas absentium versatur, ne indefensi rerum possessionem aut venditionem patiantur vel pignoris distractionem vel poena committendae actionem, vel iniuria rem suam amittant“. 16 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 314 mwN.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 437, Kaser, Das Römische Privatrecht I 2, 1971, § 137 II = 587; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht18, 2005, § 44 Rn. 13 f.

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Das ist aber nur die eine Seite der römischen negotiorum gestio, die wir heute unter den Begriff der echten Geschäftsführung ohne Auftrag subsumieren. Dann gibt es auch die Fälle, in denen der Geschäftsführer auf eine fremde Schuld leistet und nunmehr mit der Geschäftsführungsklage Regress fordert17; insbesondere gehört hierhin die Konstellation, dass der Geschäftsführer für ein Mündel tätig wird und anschließend Regress vom (untätigen) Vormund fordert18. Den Römern konnte das Institut der negotiorum gestio hier gute Dienste leisten, weil sie über einen allgemeinen Bereicherungsanspruch nicht verfügten19. Und doch unterscheiden sich diese Fälle deutlich von den eben genannten (echten) Geschäftsbesorgungen für den Geschäftsherrn. Die Leistung auf fremde Schuld ist grundsätzlich keine Geschäftsführung im Sinne einer Interessenwahrnehmung (Subordination) für den Schuldner. Das wird unten noch eingehend dargelegt werden (siehe § 15 I, § 16 I). Wir bewegen uns im modernen Recht an dieser Stelle im Bereich der heutigen Rückgriffskondiktion (§ 812 BGB) bzw. des privilegierten Rückgriffsanspruchs (§§ 683 S. 2, 679 BGB). – Schließlich berichten die Quellen von Fällen, in denen der Geschäftsführer wissentlich oder unbewusst ein fremdes Geschäft als eigenes führt, also Fälle der Geschäftsanmaßung oder irrtümlichen Eigengeschäftsführung20. Auch diese Gruppe hat seine moderne Entsprechung im Recht der unechten Geschäftsführung (§ 687 Abs. 2 BGB) gefunden. Angesichts dieser höchst verschieden strukturierten Sachverhalte der iustinianischen Quellen gelangten die Glossatoren in ihrem Harmonisierungs- und Systematisierungsbestreben zu einer bemerkenswert ausdifferenzierten Lehre der negotia aliena. Im Anschluss an Azo und Accursius unterschied man im Wesentlichen vier Arten des fremden Geschäfts: „Aliena autem dicuntur negotia quatuor modis: cura, & solicitudine, re ipsa, ratihabitione, ipso gestu“21. Mit (1) cura & solicitudine umschreiben die Glossatoren die Fälle, in denen der Geschäftsherr (dominus) als Vormund (tutor), Pfleger (curator) oder Vermögensverwalter (procurator) für einen anderen tätig ist 22. Nimmt der Geschäftsführer Handlungen im Pflichtenkreis des dominus vor, so erfüllt er damit ein fremdes 17

Vgl. Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis). Vgl. Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 5 2 (de negotiis gestis). 19 Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (965). Eingehend: Schrage, Qui in fundo alieno aedificavit, RIDA 36 (1989), 401. 20 Geschäftsanmaßung: Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis); irrtümliche Eigengeschäftsführung: Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis). 21 Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). Bei manchen Autoren hielten sich diese Modi des fremden Geschäfts bis hinein in den usus modernus (Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IX). Bartolus, Comment § 4 ad l. Item si cum § si titii (Dig. 3, 5, 6 10 [3, 5, 5 10]) fügte diesem Schema später drei weitere Fälle des fremden Geschäfts hinzu. 22 Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 1 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 18

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Geschäft des Geschäftsherrn (zB ein Geschäft des Vormunds). Wie bereits gesehen, gewährten die römischen Juristen dem Gestor die actio negotiorum gestorum contraria gegen den Vormund. In die gleiche Richtung zielt das (2) allgemeine negotium ipso gestu alienum: hier erfüllt der Geschäftsführer überhaupt eine Pflicht und damit ein Geschäft des Geschäftsherrn; insbesondere zählten die Glossatoren hierhin die Zahlung auf eine Geldschuld des Geschäftsherrn23. Da der Geschäftsführer bei der Leistung an das Mündel nicht, und bei der Zahlung auf fremde Geldschulden grundsätzlich nicht für den Geschäftsherrn, sondern im Vormundschaftsfall für das Mündel wird, bewegen wir uns hier nicht im angestammten Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag; wir finden hier die Interessenstruktur vor, die heute im privilegierten Rückgriffsanspruch der §§ 679, 683 S. 2 BGB (und natürlich der Rückgriffskondiktion) ihren Platz gefunden hat24. Bei dem (3) negotium ipsa re alienum hatten die Glossatoren primär den Fall im Blick, dass der Geschäftsführer Verwendungen auf fremde Sachen vornimmt25. Auch hier liegt ein fremdes Geschäft vor: eine Verwendung auf eine fremde Sache ist grundsätzlich das Geschäft des Eigentümers. Da in diesen Fällen der Geschäftsführer auch bei subordinationsrechtlicher Betrachtung für den Eigentümer als Geschäftsherrn tätig wird, haben wir es hier mit einem Fall der echten Geschäftsführung ohne Auftrag zu tun. Ebenfalls in den Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag gehören (4) die negotia ratihabitione aliena. Hier will der Geschäftsführer offenkundig für den Geschäftsherrn tätig werden. Die Schwierigkeit für die Glossatoren lag darin, diese Fälle unter den Begriff des fremden Geschäfts zu bringen. Denn objektiv weisen diese Geschäfte keinerlei Beziehung zum Geschäftsherrn auf; es liegt mithin also nicht schon ein negotium ipsa re alienum vor. Den negotia ratihabitione aliena liegt der von Pedius gebildete Fall zugrunde, dass der Geschäftsführer namens des Geschäftsherrn einen vermeintlichen Schuldner zur Zahlung anmahnt 26. Leistet der Dritte an den Geschäftsführer, obwohl in Wirklichkeit eine Verbindlichkeit gegenüber dem Geschäftsherrn gar nicht bestanden hat, so liegt objektiv kein Geschäft des Geschäftsherrn vor; und doch kann der Geschäftsherr nach Vorstellung der Glossatoren durch Genehmigung der Geschäftsführung das

23 Accursius, gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 4 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]) zählt hierhin insbesondere den Fall, dass der Geschäftsführer eine fremde Schuld bezahlt. Sicherlich ist die Zahlung der geschuldeten Summe das Geschäft des Schuldners, tätig wird der Geschäftsführer aber auch hier grundsätzlich für den Gläubiger, dem seine Zahlung letztlich zugute kommt. 24 Vgl. insoweit Art. V. – 1:102 DCFR und dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 97 (p. 97). 25 Gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 2 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 26 Ulpian/Pedius, Dig, 3, 5, 5, 11 (de negotiis gestis).

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Geschäft zu seinem Geschäft – aus der Sicht des Geschäftsführers: zu einem fremden Geschäft – machen27. Die Schematisierung der Glossatoren verdient Anerkennung, als es ihnen unterhalb des Oberbegriffs der negotia alterius gelungen ist, die Fälle der heutigen echten Geschäftsführung ohne Auftrag (negotium ipsa re alienum, negotia ratihabitione aliena) zu trennen von Sachverhalten, die heute im Bereich des privilegierten Rückgriffsanspruchs oder der Rückgriffskondiktion (cura & solicitudine, negotium ipso gestu alienum) einzuordnen sind. Trotz aller Vorbehalte gegen den Begriff des fremden Geschäfts hätte ihr ausdifferenzierter Begriff der Fremdheit vielleicht auf Dauer eine den jeweiligen Subordinationsverhältnissen angemessene Anwendung der Geschäftsführungsregeln ermöglicht. Denn schon diese erste Annäherung an die Interessenstruktur hat deutlich gemacht, dass die Fälle der echten Geschäftsführung ohne Auftrag anders zu behandeln sind, als die der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten (bei denen es sich unter Umständen sogar um eine echte Geschäftsführung zugunsten des Gläubigers handelt): so ist etwa bei der echten Geschäftsführung der Maßstab der Durchführung der Geschäftsführung getreu dem Subordinationsgedanken das Interesse des Geschäftsherrn; beim privilegierten Rückgriffsanspruch ist der Geschäftsführer im Verhältnis zum Geschäftsherrn dagegen nicht an dessen Interesse gebunden (die Geschäftsführung erfolgt ja im Interesse eines Dritten). Hier gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit28. Ein Zusammenhang, den auch die gesetzliche Regelung der §§ 683 S. 2, 679 BGB nicht deutlich zum Ausdruck bringt29. Doch die Entwicklung ging in die andere Richtung und sollte zu jenem, die Interessenverhältnisse verschüttenden Begriff der negotia alterius führen, der bis heute die wissenschaftliche Diskussion beherrscht. Denn von den nachfolgenden Juristen – allen voran Cujas und Donellus – wurden das negotium ipsa re alienum und das negotium ipso gestu alienum zur (erweiterten) Gruppe des negotium re ipsa alienum zusammengefasst, der man sodann das negotium ratihabitione alienum gegenüber stellte30. In der neuen Gruppe der negotium re ipsa 27 Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 5; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 3 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 28 Darauf wird weiter unten ausführlich eingegangen werden. 29 Deutlicher ist insoweit Artt. V. – 1:102, 2:101 (1)(b) DCFR (vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 97 [p. 97]). 30 So tadelte Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48 die Glosse, dass sie aus dem negotium alienum „Re ipsa, & ipso gestu, quae sunt idem, facerent diversa“, um zu wiederholen: „igitur re ipsa, & gestu ipso sunt idem non orationis sensu tantùm, sed etiam effectu juris, ut nec ea seperandi ulla fuerit causa“; Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II: „Negotium cujusque fit aut re ipsa, aut gerentis contemplatione cum voluntate ejus cujus nomie agitur, conjuncta“; allerdings entwickelt Donellus Unterkategorien. So unterteilt Donellus, aaO §§ III seqq. das negotium re ipsa alienum einmal nach dem Zeitpunkt seiner Zuordnung zum Geschäftsherrn (re ipsa sit aut gestu ipso, aut eventu), zum anderen nach dem Grund seiner Zuordnung (negotium principaliter oder per consequentiam ad alie-

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alienum versammelten sich, ausgehend von der Interessenstruktur, zwei grundverschiedene Institute. Damit wurde aus zwei inkongruenten Gruppen der noch heute übliche einheitliche Begriff des fremden Geschäfts geschaffen. Die Wurzeln der heute beklagten Denaturierung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag waren gelegt; gleichzeitig ging der Schlüssel zum Verständnis dieses Rechtsinstituts verloren. Aus dem negotium re ipsa alienum hat sich im weiteren Verlauf der Rechtsentwicklung das uns geläufige, die heutige Diskussion beherrschende objektiv fremde Geschäft entwickelt; aus dem negotium ratihabitione alienum wurde das sog. subjektiv fremde Geschäft31. Die negative Bedeutung der Fixierung auf das fremde Geschäft kann nicht unterschätzt werden. Zusammen mit der unseligen, zunehmend nicht mehr ernstgenommenen Theorie der Menschenhilfe bildet sie den Grund dafür, dass die dogmatische Existenzberechtigung der Geschäftsführung ohne Auftrag als eigenständiges Rechtsinstitut zunehmend in Zweifel gezogen wird32. Die Forderung scheint konsequent. Denn beim Begriff des negotium alterius handelt es sich am Maßstab der heutigen Dogmatik gemessen um einen bereicherungsrechtlichen und (quasi-)deliktischen wie (quasi-)negatorischen Begriff. In seiner bereicherungsrechtlichen Dimension gibt der Begriff der Fremdheit letzte Auskunft über die Zuordnung von Nutzungen, Kosten, Lasten und Risiken. Für die Zuweisung dieser Kosten und Nutzen an den Letztzuständigen bedarf es aber heute des Rechtsinstituts der negotiorum gestio nicht mehr33. Die Tatbestände der Aufwendungs- (Verwendungs-), Eingriffs- oder Rückgriffskondiktion erscheinen vollkommen ausreichend. Die Geschäftsführung ohne Auftrag muss wie nutzloses dogmatisches Spielzeug erscheinen34. Ihre Aufgaben scheinen durch das Vertrags-, Bereicherungs- und Deliktsrecht übernommen werden zu können. Diese Frontalangriffe sind so richtig wie falsch. Berechtigt sind sie sicherlich als in der Tat viele Ergebnisse, die unmittelbar aus dem Geschäftsführungsrecht abgeleitet werden können, sich auch mit den Mittel des Bereicherungsrechts und vertraglichen Hilfskonstruktionen erreichen lassen35. Aber zum einen lasnum). Innerhalb der zweiten Unterkategorie kommen die verschiedenen Interessenwahrungsverhältnisse wieder zum Vorschein: so ist ein Geschäft des Pupillen für diesen ein negotium principaliter, dagegen für den Tutor ein negotium per consequentiam. – Vgl. auch zum „Entwicklungsschub“ der Theorie der negotiorum gestio in der eleganten Jurisprudenz: Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 54 ff. 31 ZB: Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 9 f.; auch: Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, passim, insb. S. 149 ff. 32 So zuletzt: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (980 ff., 990 f.). 33 Bei den Römern kann dies anders gewesen sein, da dort die negotiorum gestio auch das Fehlen eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs ersetzen musste. 34 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff., 72 ff. 35 Ich denke zB an die sog. contrats d’assisstance, die von der französischen Rechtsprechung zwischen einem freiwilligen Helfer und einer hilfsbedürftigen Person konstruiert wer-

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sen sich auch bei Rückgriff auf dieses Instrumentarium nicht alle Gestionsfolgen begründen36, zum anderen wird dieser Weg mit der dogmatischen Überdehnung anderer Rechtsinstitute, insbesondere des Vertragsrechts erkauft. Mein Haupteinwand ist aber: was wäre gewonnen, wenn man die Geschäftsführung ohne Auftrag aus unseren Gesetzbüchern tilgte? Die (echte) negotiorum gestio ist der Kumulierungspunkt der auftraglosen und fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen. Zukünftige Juristengenerationen würden sicherlich den umgekehrten Weg gehen und in einer großen Systematisierungsleistung ein eigenständiges Rechtsinstitut der fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen von neuem erschaffen. Um die eigenständige Bedeutung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag zu erkennen, ist es unbedingt erforderlich, das Geschäftsführungsrecht vom Begriff des fremden Geschäfts zu befreien. Tragendes Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag ist nicht das Führen des Geschäfts eines anderen, sondern das Führen des Geschäfts für einen anderen. Den tradierten Erklärungsmustern der Geschäftsführung ohne Auftrag ist ein neues Modell entgegenzustellen: die Geschäftsführung ohne Auftrag ist die nicht durch Vertrag oder Gesetz anderweitig oder abschließend geregelte, tatsächlich übernommene Interessenwahrnehmung (Subordination) für einen anderen. Wenige Rechtsordnungen in Europa sind für diesen Erkenntnisschritt in gleicher Weise prädestiniert wie das deutsche Bürgerliche Recht. Denn der deutsche Gesetzgeber hat bewusst bei Schaffung des § 677 BGB als dem Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag auf den Begriff des fremden Geschäfts verzichtet und als entscheidendes Tatbestandsmerkmal die Worte „für einen anderen“ gewählt37. Zentraler Begriff dieses neuen Gestionsverständnisses ist ein normativ, subordinationsrechtlich geprägter Begriff der Geschäftsführungsabsicht. Erst dieses subordinationsrechtliche Verständnis erschließt die eigenständige Bedeutung des Gestionsrechts neben Bereicherungs- und Deliktsrecht. Erst der Blick auf die zugrundeliegenden Interessenstrukturen der fremdnützigen Interessenwahrnehmung kann beispielsweise erklären, warum auf unwirksame Geschäftsbesorgungsverträge nicht das unpassende Recht der §§ 812 ff. BGB Anwendung findet, sondern die §§ 677 ff. BGB, warum der Geschäftsführer den für einen anderen erwirtschafteten Gewinn herauszugeben hat und warum der Geschäftsführer auch vergebliche Aufwendungen an den Geschäftsherrn weiterreichen kann. den, um einen (vertraglichen) Anspruch des Helfers auf Ersatz derjenigen Schäden zu begründen, die er bei seiner Hilfeleistung erlitten hat: Cour de Cassation (Cass.civ. 1re 27.5.1959), JCP 1959 II 11187; Cour de Cassation (Cass.civ. 1re 1.12.1969), JCP 1970 II 16445 36 Was auch Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (980 ff., 990 f.) zugesteht. 37 Motive, bei: Mugdan II, S. 478; vgl. auch Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 80 ff.

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§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag Die Versuche einer theoretischen Fundierung der Geschäftsführung ohne Auftrag und Systematisierung der vom typischen Fallrecht geprägten Quellen des römischen Rechts1, die über die Jahrhunderte hinweg von den Glossatoren über die Pandektistik bis hinein in unsere Tage andauern, sind in ihrer Anzahl kaum mehr zu überblicken und haben bisher zu keinem tragfähigen Konsens geführt2. Neben der grundlegenden Fixierung auf den einheitlichen Begriff des fremden Geschäfts hat die sog. Theorie der Menschenhilfe, die man als unbewusste Gegenbewegung zum „konturenlosen“ Begriff des fremden Geschäfts verstehen kann, am nachdrücklichsten das heutige Verständnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag geprägt. Dabei hat sich aber die Orientierung am Leitbild des freundlichen und nicht minder selbstlosen Nachbarn, der in meiner Urlaubsabwesenheit mein vom Sturm abgedecktes Dach repariert, ebenso wenig segensreich ausgewirkt, wie der Begriff des fremden Geschäfts. Zahlreiche zusätzliche Schwierigkeiten bei Handhabung der Geschäftsführungsregeln rühren daher, dass das Leitbild der selbstlosen Menschenhilfe das Vorstellungsbild der modernen Juristen weitgehend determiniert hat. Auch die Quasikontraktstheorie, die man in verschiedener Weise in § 683 S. 1 BGB oder auch in den Artt. V. – 1:101 (1)(a) und (b) DCFR wiedererkennen kann, hat – von der sinnvollen Betonung einer individualistischen Grundtendenz abgesehen – der Anwendung der negotiorum gestio wenig genützt. Die gesamte Theorienvielfalt wird heute als wenig hilfreich empfunden3, oder es wird sogar für unmöglich erachtet, einen aussagekräftigen, die Existenz und Ausgestaltung der §§ 677 ff. BGB tragenden Grundgedanken zu benennen4. Windscheid selbst, der großen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der §§ 677 ff. BGB genommen hat, hielt eine Zurückführung der negotiorum gestio auf ein höheres Prinzip überhaupt für 1

De negotiis gestis: Dig 3, 5; C 2, 18. Vgl. nur: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 24 ff., 41 ff., 52 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 39 ff.; Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 ff. 3 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 2 Rn. 4. 4 MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 1. 2

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

überflüssig5. Insgesamt kann man von einem Zustand der Ernüchterung, ja vielleicht sogar von einer existentiellen Krise der geschäftsführungsrechtlichen Doktrin sprechen, als zunehmend überhaupt die Existenzberechtigung der Geschäftsführung ohne Auftrag vermehrt in Zweifel gezogen wird6.

I. Der Vorwurf der Denaturierung der Geschäftsführungsregeln und gegenläufige Tendenzen Viele der Schwierigkeiten bei der theoretischen Bewältigung der Geschäftsführung ohne Auftrag rühren daher, dass die unterschiedlichen Interessenstrukturen, die sich im reichen Fallmaterial der römischen Quellen zur negotiorum gestio finden, nicht mehr wahrgenommen werden. Seit den Lehren der Humanisten Cujas und Donellus werden sie allesamt unterschiedslos unter den Begriff des fremden Geschäfts gepackt7. Die beklagte Konturenlosigkeit des Begriffs des fremden Geschäfts ist die Folge. Da ohne innere Struktur, lässt sich annähernd jeder Sachverhalt, der irgendwie eines vermögensrechtlichen Ausgleichs bedarf, unter den Begriff des fremden Geschäfts subsumieren. Mit dem Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts hat die Lehre ein Ungetüm geschaffen, das sich nicht mehr bändigen lässt. Die Lehre reagiert hilflos auf den Scherbenhaufen, den sie selbst angerichtet hat. Sie sucht Zuflucht bei der Theorie der Menschenhilfe, der sie ein geschäftsführungsrechtliches Gegenprogramm entnehmen zu können glaubt. Ganz im Gegensatz zur Unsicherheit der Lehre und Wissenschaft im Umgang mit den Geschäftsführungsregeln, steht die offenherzige Anwendung der §§ 677 ff. BGB durch die Rechtsprechung. Die Rechtsprechung wusste sich seit jeher den Begriff des fremden Geschäfts zu Nutze zu machen. Dies hat die wütende Kritik zahlreicher Schriftsteller provoziert. Hinter weiten Teilen dieser Kritik steht meist – ausgesprochen oder unausgesprochen – die Theorie der Menschenhilfe. Diese offene oder verdeckte Orientierung am Leitbild des selbstlos handelnden Geschäftsführers kann etwa erklären, warum kein geringerer als Rabel dem Reichsgericht, das dem Vater eines verletzten Kindes wegen der von ihm getragenen Heilungskosten einen geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch (§§ 683, 684 BGB) gegen den Schädiger gewährte (und dem Kind zugleich den deliktischen Anspruch 5

Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn 17, S. 920. So zuletzt: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (980 ff., 990 f.). 7 Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48; Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II. Und die anschließende Rezeption der Lehre in Deutschland: Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 9 f.; auch: Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, passim, insb. S. 149 ff. 6

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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gegen den Schädiger erhielt), Denaturierung des Geschäftsführungs- und Bereicherungsrechts vorwarf 8, warum Larenz und Wittmann davor warnten, die Geschäftsführung ohne Auftrag vermittels der Figur der Auch-Gestion in einen konturenlosen Auffangtatbestand umzuformen9 oder warum allgemein der „instrumentelle Einsatz“ der Geschäftsführungsregeln als gezielt ergebnisorientierte Billigkeitsrechtsprechung gescholten wird10. In der Tat haben die §§ 677 ff. BGB seit jeher auf die Rechtsprechung eine „geradezu magische Anziehungskraft“ ausgeübt11, die in jahrhundertelanger Tradition – unbeeindruckt aller schriftstellerischen Anwürfe – die Geschäftsführungsregeln als „handliches Instrument der objektiven Zurechnung“ von Kosten, Risiken und Schäden für sich entdeckt hat12. Der BGH verwendet die Geschäftsführungsregeln, um den in erster Linie für die Tragung der Kosten Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen13, was in der Lehre als ein rechtsdogmatisch substanzloses „Näher-Dran-Prinzip“ bezeichnet wird14. Die Herangehensweise der Rechtsprechung ist aber nicht durchweg auf Ablehnung gestoßen. Gerade Wollschläger hat sich bemüht, die Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag als Ausgleichsinstrument zur Korrektur unrechtmäßiger Vermögenslagen und der richtigen Zuweisung von Gütern, Lasten und Risiken theoretisch zu fundieren15. Dies gelingt ihm dadurch, dass er unter Verwerfung der Theorie der Menschenhilfe den Begriff des objektiven Geschäfts und dessen Funktion als Folgenzurechnung auf den letztlich Zuständigen in den Mittelpunkt seines Begriffs der Geschäftsführung ohne Auftrag stellt. Das

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Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (91 ff.). Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 37; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 436; vgl. auch Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833(835). 10 Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883 (887). 11 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13. 12 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 I 1 = S. 3; Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (377): „die Mobilisierung der GoA als Anspruchsgrundlage [bedeutet] die Umfunktionierung dieses Rechtsinstituts in politisches Umverteilungsrecht mit dem Ziel der Verlagerung von Verantwortlichkeiten, Kosten und Risiken“; vgl. eingehend zur Handhabung der Geschäftsführung in der Rechtsprechung: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, passim, insbesondere S. 75 ff. 13 Deutlich: BGHZ 65, 354, 358, Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff. 14 Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (376); Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (835); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 c = S. 3. 15 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff.: sog. Zuständigkeitstheorie. 9

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

„Näher-Dran-Prinzip“ wird für ihn tragender Bestandteil seines „relativen“ Begriffs der Fremdheit des besorgten Geschäfts. An vielen Stellen ist die Kritik an der Rechtsprechung deutlich überzogen. In ihrer Begründung kommt sie häufig nicht weniger begriffsjuristisch daher als die von ihr angefeindete Argumentation der Rechtsprechung selbst und kann mit ihrem Abstellen auf den falsch verstandenen Gedanken der „Menschenhilfe“ nicht überzeugen. Der Kardinalfehler der Kritik liegt darin, dass sie nicht deutlich artikuliert, dass die falsche Weichenstellung nicht bei der inhaltlichen Präzisierung des – notwendig ausfüllungsbedürftigen – normativen Begriffs des fremden Geschäfts ansetzt, sondern schon eine Stufe vorher16. Stellt man den Begriff des fremden Geschäfts in den Mittelpunkt der geschäftsführungsrechtlichen Betrachtung und begibt sich damit zwangsläufig auf das Parkett des Bereicherungsrechts, lässt sich Wollschlägers Lehre der Lasten- und Nutzenzuweisung, die sich letztlich bei bereicherungsrechtlichen Kategorien bedient, als materielles Kriterium der Fremdheit kaum widerlegen. Eine überzeugende Neubewertung des Geschäftsführungsrechts kann nur gelingen, wenn man die dem Rechtsinstitut zugrunde liegenden Interessenverhältnisse in den Blick nimmt und auf Grundlage der dadurch gewonnenen Erkenntnisse versteht, dass der Begriff des fremden Geschäfts nicht Tatbestandsmerkmal der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist. Weiß die gängige Kritik auch nicht zu überzeugen, so zeigt sie doch erste Wirkungen. Handhabt die Rechtsprechung die Geschäftsführungsregeln nominell nach wie vor in großzügiger Weise, so sind mittlerweile doch verstärkt gegenläufige Tendenzen zu beobachten17. Den Anfang machte unter dem Eindruck der Kritik der Lehre die Instanzgerichtsbarkeit, vor allem bei den strittigen Fragen der Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf nichtige Verträge18 und dem großen Problemkomplex des vertraglich drittgebundenen Geschäftsführers19. Aber auch der BGH, der in seinen Entscheidungen auf die Kritik der Lehre an seinen Entscheidungen grundsätzlich mit keinem Wort einzugehen pflegt20, scheint nunmehr – zumindest partiell – eine zurückhaltendere Tendenz zu verfolgen 21. Hervorgehoben seien nur die Umkehr in der Rechtspre-

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Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13

(26). 17 Vgl. dazu etwa: Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (837 ff.); mwN.; so auch die Bewertung von Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 c = S. 3. 18 OLG Koblenz, NJW 1999, 2904, Urt. v 16.12.1998 – 7 U 124/98. 19 OLG Stuttgart, Rp 2002, 26, Urt. v. 9. 5. 2001 – 3 U 22/01; OLG Oldenburg, Rp 2000, 263, Urt. v. 5.7.2000 – 2 U 104/00; OLG Hamm, MDR 1999, 1230, Urt. v. 22. 1. 1999 – 29 U 42/98; OLG Saarbrücken, NJW 1998, 828, Urt. v. 7. 5. 1997 – 1 U 771/96 – 127. 20 Ausnahme: BGH, NJW 2004, 513, Urt. v. 13.11.2003 – III ZR 70/03. 21 Siehe aber auch: BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26.11.1998 – III ZR 223/97.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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chung zum pflichtengebundenen Geschäftsführer22, die sich verstärkenden restriktiven Tendenzen bei der geschäftsführungsrechtlichen Beurteilung des in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig werdenden Hoheitsträgers23 und die Rechtsprechung zur Geschäftsanbahnung24. Zunehmend findet sich auch der Hinweis, dass ein Rückgriff auf die Grundsätze der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, wenn eine Rückgriffs- oder Ausgleichlage bereits im Gesetz geordnet ist25. Allerdings hat der BGH jüngst allgemein klargestellt, dass angesichts der Vielzahl der vorstellbaren Konstellationen kein Anlass bestehe, von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB in Fällen des auch fremden Geschäfts abzugehen 26. Der Bedeutungszuwachs der Theorie der Menschenhilfe ist kein deutsches Phänomen. In Frankreich entnimmt man der Entscheidung Cass. com, 15 déc. 1992, Bull. civ. 1992 IV 415 eine restriktive Wende bei der Frage, ob der gérant eine Vergütung für seine Mühewaltung verlangen darf27. Wie ich noch unten aufzeigen werde, habe ich Zweifel, ob sich diese Entscheidung verallgemeinern lässt (siehe § 14 II 3 c aa). Dennoch wurde der Ball vom Avant-projet de réforme du droit des obligations aufgegriffen: Aufwendungsersatz soll der Geschäftsführer nur noch bekommen unter „l’exclusion de toute rémunération“28. Im besten Sinne der Theorie der Menschenhilfe lässt sich dies mit dem (vermeintlich) altruistischen Gedanken der Geschäftsführung ohne Auftrag begründen: „Le gérant ne peut tirer profit de sa gestion“.

22 BGH, NZBau 2004, 34, Urt. v. 21.10.2003 – X ZR 66/01; BGH, NJW-RR 2004, 956, Urt. v. 15.4.2004 – VII ZR 212/03. 23 BGH, NJW 2004, 513, Urt. v. 13.11.2003 – III ZR 70/03. 24 BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGH, NJW-RR 2006, 656, Beschl. v 23. 2. 2006 – III ZR 209/05. 25 BGHZ 145, 342 (350), Urt. v. 8.7.2003 – VI ZR 274/02; BGH, JZ 2005, 949 (951), Urt. v. 28. 4. 2005 – III ZR 351/04 für § 1357 BGB. 26 BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26.11.1998 – III ZR 223/97. 27 Siehe aber auch Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1033; in not. 30 mit weiteren Nachweisen. 28 Vgl. Art. 1328–3 Avant-projet: „Celui dont l’affaire a été utilement gérée doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom, l’indemniser de tous les engagements personnels qu’il a pris, lui rembourser toutes les dépenses utiles ou nécessaires qu’il a faites et, à l’exclusion de toute rémunération, lui tenir compte des pertes qu’il a subies“.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

II. Theorie der Menschenhilfe 1. Das Leitbild der Menschenhilfe: Selbstlosigkeit als Tatbestandsmerkmal In der Lehre dominiert das Leitbild der Menschenhilfe29; ein Ansatz der sich bis in das Natur- und Vernunftrecht zurückverfolgen lässt30. Insbesondere in den Lehrbüchern findet sich ein nie versiegendes Reservoir von Fällen tätiger Menschenhilfe. Das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag wird insgesamt altruistisch angelegt und auf den sozialen Verhaltenstypus der freiwilligen, uneigennützigen und nicht aufdringlichen Hilfeleistung zugunsten eines Dritten reduziert31. Das Ziel der Rechtsordnung wird darin gesehen, das freiwillige uneigennützige Eingreifen zugunsten eines Dritten aus Nächstenliebe zu begünstigen und im Gegenzug vor der ungebetenen – und aus eigensüchtigen Beweggründen erfolgenden – Einmischung ausreichend Schutz zu gewähren 32. Neben Anleihen bei der römischen amicitia ist die christlich-jüdische Verwurzelung der Menschenhilfe unverkennbar33. In Dtn 22, 1 f. heißt es: „Wenn du deines Bruders Ochsen oder Schaf siehst irregehen, so sollst du dich nicht ent29 Die Bezeichnung dieser Lehre hat sich im Anschluss an den berühmten Aufsatz von Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (42 ff.) herausgebildet. Allerdings zu Unrecht, da nach Kohler die altruistische Motivation des Handelnden gerade keine Voraussetzung der negotiorum gestio ist (Kohler, aaO (115) Fn. 2). 30 Glafey, Recht der Vernunft 3, 1746, Buch III Kap. V § 99 = S. 1072 f. 31 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 12; Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971, S. 3 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 66 spricht von der Hilfeleistung als dem „normadäquatesten Bereich“ der Geschäftsführung ohne Auftrag; Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (97); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S 436 f.; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 = S. 696; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 927; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 984; Planck/Lobe4 (1928) Anm. II vor § 677; Staudinger/ Nipperdey11 § 677 Rn. 4; de lege ferenda: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (385 f.); wesentlich reservierter: Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II 3, 1906, § 300 I = S. 432; vgl. auch: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 = S. 1 ff.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (428 ff.). 32 Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 436 f.; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 1; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 3 v § 677; Planck/Lobe4 (1928) Anm. II vor § 677; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 2; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 1 ff. spricht von einer Legitimations- und Schadloshaltungsfunktion einerseits und einer Abwehrfunktion andererseits. Vgl. dazu und insbesondere zu den Rettungsfällen: Smits, The Good Samaritan in European Private Law, 2002, p. 12 seqq. 33 Vgl. Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 444.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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ziehen von ihnen, sondern sollst sie wieder zu deinem Bruder führen. Wenn aber dein Bruder dir nicht nahe ist und du kennst ihn nicht, so sollst du sie in dein Haus nehmen, daß sie bei dir seien, bis sie dein Bruder suche, und sollst sie ihm dann wiedergeben“34. Hieraus hat die jüdische Jurisprudenz den Satz entwickelt, dass es die Rechtspflicht eines jeden sei, den anderen vor drohendem Schaden möglichst zu bewahren35. Dies geht deutlich über den Regelungsgehalt der Geschäftsführung ohne Auftrag hinaus, da sogar eine Rechtspflicht zum Tätigwerden statuiert wird. Der letztendlich sozialistische Gemeinschaftsgedanke, der hinter der Theorie der Menschenhilfe steht, ist nicht ohne faden Beigeschmack, wie die Wiederentdeckung und Rezeption des „Eintretens des einen für den anderen“ durch die nationalsozialistische Rechtserneuerung zeigt 36. Auch das Zivilgesetzbuch der DDR führte den Gedanken der gegenseitigen Hilfe weiter37. Dort war die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 276 ZGB-DDR) mit dem Auftrag und anderen unentgeltlichen Geschäften zusammengefasst, die auf den Grundsätzen kameradschaftlicher Hilfe und Zusammenarbeit sozialistische Verhaltensweisen fördern sollten (§ 274 S 2 ZGB-DDR). Als kontradiktorisches Gegenteil dieses kollektivistischen Verständnisses lässt sich der ablehnend individualistische Standpunkt des common law zur Geschäftsführung ohne Auftrag umschreiben38. Nichtsdestotrotz wurde jüngst auch auf der Ebene der europäischen Rechtsvereinheitlichung der Gedanke der Solidarität wieder aufgegriffen, um das Rechtsinstitut der „Benevolent Intervention in another’s affairs“, das als Book V Aufnahme in den DCFR gefunden hat, zu rechtfertigen39. 34 Vgl. auch Ex 23, 4. Vgl. dazu auch die Kommentierung bei: Wuppertaler Studienbibel/ Schneider 1994 zu 5. Mose 22, 1 (S. 211). 35 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 f.; vgl. auch zur Geschäftsführung ohne Auftrag im jüdischen Recht: Elon, The Principles of Jewish Law, 1975, p. 335 seqq. 36 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 12: „Gerade die nationalsozialistische Auffassung, die ja das Schwergewicht auf die Gesinnung des Menschen und Volksgenossen legt, wird diese freiwillige Hilfe als Ausdruck von Kameradschaftlichkeit und Gemeinschaftsgeist nicht missen wollen und von der Rechtsordnung verlangen, daß sie durch ihre Regeln solches Handeln nicht erschwert, sondern fördert. Auch im Recht muß es heißen: ‚Hoch klingt das Lied vom braven Mann‘“; vgl. dazu auch: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 39; auch Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, 2005, S. 16 ff. zur Idee des Kollektivismus. 37 Vgl. die §§ 274 ff. ZGB-DDR. 38 Vgl. auch: Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, 2005, S. 12 ff. Hingewiesen sei auch auf die „geschäftsführungsunfreundlichen“ Regelungen der naturrechtlichen Kodifikationen des Pr. ALR (I 13 § 228) und des österreichischen ABGB (§ 1035). Vgl. auch zur individualistischen oder solidarischen Ausrichtung: Malaurie/Aynès/StoffelMunck, Les Obligations2, 2005, n°1025. 39 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 83 (p. 90), L 94 (p. 95 seq.), Art. 1:101, Comment. D 36 (p. 116). Kritisch gegenüber der übermäßigen Ausrichtung des Book V des DCFR am Leitbild der Menschenhilfe: Sirena, Restitution, unjust enrichment und related issues,

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Die Theorie der Menschenhilfe wird – wie bereits erwähnt – häufig aktiviert zur Kritisierung der Rechtsprechung und ihrer weitreichenden Heranziehung der Geschäftsführungsregeln. Vor dem Hintergrund der Theorie der Menschenhilfe muss die Handhabung der Rechtsprechung in der Tat als denaturiert und ausgeufert, ja geradezu als freizügig erscheinen40. In den kritisierten Entscheidungen geht es nicht um den lehrbuchmäßigen Helfer, der das Haus seines Nachbarn vor den Flammen bewahrt. Hier dominieren Gestaltungen, in denen die Interessen der Beteiligten auf das engste miteinander verflochten sind. Im Mittelpunkt stehen vermögensrechtliche Ausgleichsprobleme: Regressfragen, Haftpflicht, Unterhaltsrecht, Privat- und Sozialversicherungsrecht, Gefahrenabwehr, Verwendungsersatz, Prozesskostenerstattung. Wenn Bedarf besteht, bemüht aber auch die Rechtsprechung den Gedanken der Menschenhilfe, um das richtige Ergebnis angemessen zu begründen41. Die Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag als Menschenhilfe wurde von Wollschläger eingehender empirischer und normativer Kritik unterzogen42. In Auswertung von über 1.100 Entscheidungen aus nahezu 150 Jahren Rechtsanwendung hat Wollschläger nachgewiesen, dass höchstens ein Zehntel der veröffentlichten Judikatur Fälle selbstlosen Handelns bietet43. Uneigennütziges und freiwilliges Handeln bildet einen lediglich untergeordneten Anwendungsfall. Der statistische Normalfall der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Rechtswirklichkeit wird vom Handeln aufgrund eigener Interessen und eigener Pflichten geprägt, also gerade dem Anwendungsbereich, den die Theorie der Menschenhilfe als Denaturierung be4 ERCL (2008) 445, 453. Vgl. allgemein zum DCFR und dem Gedanken der „sozialen Gerechtigkeit“: Hesselink, Common Frame of Reference & Social Justice, 4 ERCL (2008) 248. 40 Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (93 ff.): „Damit scheinen mir noch heute grundlegende Merkmale der ‚Menschenhülfe‘ gegeben zu sein, und alle Erstreckung über die gezogenen Grenzen des mitleidigen und aufopfernden Handelns ist von Uebel und nur zeitweise als juristische Verlegenheitsauskunft entschuldbar“; vgl. auch Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 b = S. 1 f.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (431) weist der Theorie der Menschenhilfe noch heute eine gewisse Leitbildfunktion zu, um dem Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag Konturen zu geben und die Auflösung zu einer allgemeinen Ausgleichsklage zu verhindern. 41 BGHZ 38, 270, 275, Urt. v. 27.11.1962 – VI ZR 217/61: Selbstaufopferung im Straßenverkehr als Akt der Menschenhilfe, auf den die §§ 677 ff. BGB ihrem Zweck nach anzuwenden sind. 42 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 24 ff.; ebenfalls krit. MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 12, § 677 Rn. 17; vgl. auch Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (426 ff.). Krit. zu der Methode Wollschlägers: Rehbinder, Rechtssoziologie5, 2003, Rn. 63; auch: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction G 50 (p. 73). 43 ZB uneigennützige Hilfe: RGZ 167, 85, Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; OLG Tübingen MDR 1950, 160, Urt. v. 13.10.1949 – U 130/49; Selbstaufopferung: BGHZ 38, 270, Urt. v. 25.10.1962 – II ZR 39/61; insgesamt relativierend: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 28 ff.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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kämpft44. In der Rechtsprechung dominiert seit jeher die Geschäftsführung ohne Auftrag als Regressformel. Statt um selbstlose Menschenhilfe geht es um die Kostenzurechnung. Vor diesem Hintergrund hält Wollschläger die Verabsolutierung der Theorie der Menschenhilfe für verfehlt, da sie die vermögenszuordnende und vermögenstransferierende Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Praxis vernachlässige; sie könne die gerichtliche Praxis nicht erklären, sondern allenfalls als verfälschte Gesetzesanwendung hinstellen45. Auch wenn der Argumentation Wollschlägers mit Vorsicht zu begegnen ist, als er letztlich mit seiner Fixierung und materiellen Auffüllung des Begriffs des fremden Geschäfts mit bereicherungsrechtlichen Wertungen seinerseits die Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag überdehnt, so ist doch bereits jetzt abzusehen, dass das Leitbild des selbstlosen Helfers dem Phänomen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht gerecht werden kann. Die Theorie der Menschenhilfe trägt das große Manko in sich, dass sie die Rechtswirklichkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag falsch beschreibt. Die Menschenhilfe ist ein Anwendungsfall der Geschäftsführung ohne Auftrag; aber so, wie diese historisch allein in den letzten 150 Jahren in Deutschland gewachsen ist, kennt sie keine Beschränkung auf Fälle der selbstlosen Menschenhilfe. Insoweit hat sich die Theorie der Menschenhilfe als missverständlich und dem Verständnis wenig förderlich erwiesen, wenn sie eine in Einzelfällen vorliegende Motivationslage der selbstlosen und freiwilligen Hilfe zum essentiellen Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag erhebt. Schon dem römischen Recht war eine tatbestandliche Beschränkung der negotiorum gestio auf Fälle der amicitia unbekannt. Es ist sicherlich nicht zu leugnen, dass die freiwillige Freundeshilfe eine der Wurzeln der negotiorum gestio ist46. Entsprechend erwähnen die Quellen gelegentlich die Freiwilligkeit der Geschäftsführung und nennen die amicitia als deren Motiv47. Doch setzte der Tatbestand der römischen negotiorum gestio die Freiwilligkeit nicht voraus. Bei Ulpian, Dig 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis) heißt es: „Hac actione tenetur non solum is qui sponte et nulla necessitate cogente immiscuit se ne negotiis alienis et ea gessit, verum et is qui aliqua necessitate urguente vel necessitatis suspicione gessit“. In den Quellen finden sich zahlreiche Fragmente, in denen die negotiorum gestio bejaht wird, obwohl nicht sponte gehandelt wurde48. Eindrucksvollstes Beispiel ist die Gewährung von actiones negotio44

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 31. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 40 f. 46 Inst. 3, 27, 1 (de obligationibus quasi ex contractu); Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 42 ff.; Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (428 f.). 47 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 39. 48 ZB Ulpian, Dig 3, 5, 5 pr. (de negotiis gestis): „Item si, cum putavi a te mihi mandatum, negotia gessi, et hic nascitur negotiorum gestorum actio cessante mandati actione, idem est etiam, si pro te fideiussero, dum puto mihi a te mandatum esse“. Zur Geschäftsführung bei 45

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

rum gestorum zwischen homo liber bona fides serviens (Scheinsklave) und Scheindominus49. Für die heutige Rechtsanwendung noch von Bedeutung ist der Rückgriff auf die negotiorum gestio für den Fall, dass der Geschäftsführer in der irrtümlichen Annahme eines Mandats tätig wurde50. Und überdies: die amicitia war nicht nur kein Tatbestandsmerkmal der negotiorum gestio, in bestimmten Fällen konnte die amicitia paterna, die affectio oder pietas die actio negotiorum gestorum contraria auf Ersatz von Aufwendungen sogar ausschließen51. Dieser Gedanke, dass die amicitia zum Ausschluss der actio contraria führt, findet sich noch heute in § 685 BGB und nunmehr auch Art. V. – 3:104 (1) DCFR 52. Ein letzter Hinweis bzgl. Unvereinbarkeit der Theorie der Menschenhilfe mit der vorgefundenen negotiorum gestio sei erlaubt: der römischen negotiorum gestio ging es alleine um Vermögenssorge; Hilfeleistungen zur Erhaltung von Leben und Gesundheit des Geschäftsherrn kennen die Quellen nicht53.

2. Selbstlose Motivation und Subordination Wenn im Vorstehenden zum Ausdruck gebracht wurde, dass eine selbstlose Motivation nicht Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag ist, so darf dies nicht dahin missverstanden werden, dass damit die Idee der subordinationsrechtlichen Erklärung der Geschäftsführung ohne Auftrag gescheitert ist. Interessenwahrnehmung für einen anderen (Subordination) – mitsamt der dazugehörigen Unterordnung des gesamten Tuns unter die Interessen des Geschäftsherrn – und eigensüchtige Motivation passen sehr wohl zusammen. Man denke nur an den zur Geschäftsbesorgung vertraglich bestellten Unternehmer (etwa einen Rechtsanwalt), der alleine des Geldes wegen für einen anderen tätig wird (keine selbstlose Gesinnung), oder an den Helfer, der durch Gesetz (§§ 13, 323c StGB) zur Hilfeleistung verpflichtet ist (keine Freiwilligkeit). Der grundlegende Fehler der hL von der Menschenhilfe ist, dass sie Subordination und Motivation nicht auseinander hält54. Hieraus erklärt sich, wie die hM den noch heute grundnicht wirksam bestehendem Auftrag: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 42 mwN. 49 Paulus/Labeo, Dig. 3, 5, 18, 2 (de negotiis gestis); Paulus, Dig. 3, 5, 35 (de negotiis gestis); Ulpian, Dig. 3, 5, 5, 7 (de negotiis gestis); Eingehend: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 38 ff., 94 ff.; zur Problematik des Scheinsklaven: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 43 ff. 50 ZB Ulpian, Dig 3, 5, 5 pr. (de negotiis gestis). 51 Paulus, Dig 3, 5, 33 (de negotiis gestis); Severus/Antoninus, C. 2, 18, 1 (de negotiis gestis). 52 Vgl. dazu: Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. A 1 seqq (p. 284 seqq.). 53 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 6, 20 f. 54 Auch heute werden Motivationslage und Geschäftsführungsabsicht nicht deutlich ge-

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legenden, wenn auch in seiner Terminologie teilweise unscharfen Beitrag von Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 falsch interpretieren konnte. Denn letztlich fußt bereits die Lehre Kohlers auf dem Kern der hier zu entwickelnden subordinationsrechtlichen Lehre der Geschäftsbesorgung: dem Gedanken des Tätigwerden im fremden Interesse. Kohler definiert die negotiorum gestio als das altruistische Verhalten des Gestors55; egoistisches Verhalten schließt die negotiorum gestio dagegen aus56. Tragendes Element ist damit die Interessensubordination; andere Umstände, insbesondere die Motivationslage des Geschäftsführers, haben keine Rückwirkung auf den Tatbestand. Eine Handlung bleibt auch dann im Kohlerschen Sinne altruistisch, wenn die Motivation nicht selbstlos ist: altruistisches Handeln muss kein karitatives Handeln sein57. – Überhaupt ist der Ansatz Kohlers vom heutigen Leitbild der Menschenhilfe weit entfernt. Nach der – wie sich im weiteren Verlauf der Arbeit herausstellen wird – zutreffenden Auffassung Kohlers wird die „Hilfeleistung“ nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gestor aufgrund eines Zwanges, eines Gebotes oder einer Pflicht handelt. Auch wer kraft Verpflichtung handelt, kann im fremden Interesse handeln. Daher steht demjenigen die actio contraria gegen den Geschäftsherrn zu, der aufgrund eines nichtigen oder sonst unwirksamen Auftrags für den Geschäftsherrn tätig wird58; die Theorie der Menschenhilfe sieht dies anders59.

3. Die Theorie der Menschenhilfe, das BGB und der DCFR Die Regelung der §§ 677 ff. BGB kennt kein – ungeschriebenes – Tatbestandsmerkmal der uneigennützigen Hilfeleistungen aus Nächstenliebe. Schon die in §§ 677, 280, 276 BGB festgelegte strenge Haftung für jede Fahrlässigkeit wird freiwillige Hilfe eher hemmen als fördern. Zwar findet sich in den Gesetzesmaterialien an zahlreichen Stellen der Hinweis, dass das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag der Menschenhilfe diene, und gerade die Herabsetzung der Diligenzpflicht durch § 680 BGB bei dringender Gefahr wurde in das Gesetzestrennt: vgl. nur: Rademacher, Lukas, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im europäischen Privatrecht, Jura 2008, 87 (93); Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (983 ff.). Daher ist die Polemik gegen Art. V. 1:101 DCFR letztlich unangemessen: die Klausel „predominant intention of benefiting another“ muss keinesfalls als Wiederbelebung der Theorie der Menschenhilfe angesehen werden: fremdnütziges Tun muss nicht zwangsläufig aus karitativen Motiven heraus erfolgen. 55 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (42 ff.) passim. 56 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (95): „Darum ist es ein Grundprincip der Lehre, daß die Negot. Gestio ausgeschlossen ist, wenn ein Handeln im eigenen Interesse vorliegt“. 57 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (115) Fn. 2. 58 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (75 ff.). 59 Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (93 ff.).

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

werk aufgenommen, um Dritte zum Eingreifen im Interesse des Gefährdeten zu ermutigen60. Insgesamt aber war den Vätern des BGB, was eine rechtsethische Absicherung des Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag angeht, eine Fokussierung auf den selbstlosen Menschenfreund fremd. In der Ersten Kommission wurde etwa der Gedanke verworfen, der Geschäftsanmaßung (heute § 687 Abs. 2 BGB) den Fall gleichzustellen und damit aus dem Bereich der (echten) Geschäftsführung ohne Auftrag auszuscheiden, dass der Geschäftsführer zwar für einen Dritten tätig wird, dabei aber aus eigennütziger Motivationslage heraus handelt61. Die Erste Kommission hielt ihre Entscheidung in § 759 E I fest: „Die Anwendung der Vorschriften der §§ 749–758 wird dadurch nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer durch ein eigenes Interesse oder durch das Interesse eines Dritten bestimmt worden ist“. Im Verlaufe der Verhandlungen der Zweiten Kommission wurde § 759 E I mit der zutreffenden Begründung gestrichen, dass das „Interesse“, das der Geschäftsführer an der Ausführung des Geschäfts habe, nur einen Beweggrund seines Handelns darstelle, der schon aus allgemeinen Gründen keine Beachtung zu finden habe62. Auch das subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB, das dem Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers vorgeschaltet ist, steht mit dem Leitbild der selbstlosen Menschenhilfe im Widerspruch. Nach dem subjektiven Prinzip ist der individuelle Wille des Geschäftsherrn – selbst Eigensinn und Schrulligkeit – und nicht sein wohlverstandenes Interesse oberstes Prinzip der auftraglosen Geschäftsführung. Trifft der Geschäftsführer die Intentionen des Geschäftsherrn nicht, geht er seines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 683 S 1. BGB verlustig. Ob er den abweichenden Willen des Geschäftsherrn überhaupt erkennen konnte, spielt keine Rolle63. Das subjektive Prinzip macht die unberufene Geschäftsführung für den Helfenden zu einem gefährlichen Geschäft, als es das Risiko unerkennbarer subjektiver Sonderlichkeiten des Geschäftsherrn dem freiwilligen Helfer zuweist und ihn auf den Kosten der Hilfe60 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 929, 933, 934; Motive, in: Mugdan II, S. 479; vgl. zu den Gesetzesmaterialien und der Theorie der Menschenhilfe: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 34 ff.; auch: Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (429 ff.). 61 Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 160 f.; Motive, bei Mugdan II, S. 485. Terminologisch sind die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien missglückt, weil sie begrifflich nicht deutlich zwischen der Interessenwahrnehmung im Sinne einer Interessensubordination und der zugrunde liegenden Motivationslage unterscheiden. 62 Protokolle, bei Mugdan II, S. 1202; dazu: Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 431 2 = S. 926 f.; krit: Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (431). 63 Vgl. Mugdan II, S. 1195: „die Ansprüche des Geschäftsführers sollen davon abhängig sein, daß das Eingreifen in die Geschäfte eines Anderen, sowie die Art und Weise der Geschäftsbesorgung den wirklichen, nicht blos bei Anwendung der gebührenden Sorgfalt erkennbaren Absichten des Geschäftsherrn entsprochen hat“.

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leistung sitzen lässt (zwar wird das subjektive Prinzip durch § 684 S. 1 BGB gemildert, der Gestor bleibt aber gem. § 818 Abs. 3 BGB mit dem Be- und Entreicherungsrisiko belastet). § 683 S. 1 BGB provoziert Widerspruch, wenn man in der Geschäftsführung ohne Auftrag das kollektivistische Leitbild der Menschenhilfe sucht. Von daher verwundert es nicht, dass sich unter der Federführung v. Gierkes Widerstand gegen die strenge Durchführung des subjektiven Prinzips formierte64. Die Zweite Kommission beschäftigte sich mit den vorgebrachten Einwänden. Es wurde darüber debattiert, ob das Institut der negotiorum gestio in den Dienst gemeinnütziger Zwecke zu stellen und damit das subjektive Prinzip aufzuweichen sei, oder ob man sich weiterhin von dem Gedanken leiten lasse solle, dass die Einmischung in fremde Angelegenheiten nicht noch weiter begünstigt werden dürfe65. Der gemeinschaftsfreundliche Gedanke konnte sich gegen die individualistische Tendenz des subjektiven Prinzips nicht durchsetzen. Aus Praktikabilitätserwägungen wurde zwar ein Abstrich vom strengen subjektiven Prinzip vorgenommen: dem Geschäftsführer wurde für die Durchführung der Geschäftsführung ein gewisser Ermessensspielraum zugestanden. Für die Übernahme der Geschäftsführung und damit für den Aufwendungsersatz gilt aber nach wie vor das subjektive Prinzip. Dieser Unterschied ist Grund der unterschiedlichen Formeln des § 677 BGB einerseits und des § 683 S. 1 BGB andererseits zur Ordnungsmäßigkeit und Nützlichkeit der Geschäftsführung. Davon wird weiter unten noch ausführlich zu handeln sein (siehe § 11 II 1, § 14 I 2). Folgt das deutsche Recht damit dem individualistischen, streng subjektiven Prinzip, geht der DCFR allerdings im Anschluss an Art. 6:198 BW66 einen anderen Weg. Unter starker Betonung des Gedankens der mitmenschlichen Solidarität wird hier der „reasonable ground for acting“ in den Mittelpunkt gestellt; 64

v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, 1889, S. 274 f.; ebenso die Gutachten aus dem Anwaltsstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 339: „In der Mehrheit der Fälle ist die Geschäftsführung der Ausdruck menschlicher Hilfsbereitschaft. Diesen Regungen der Humanität, der werkthätigen Menschenhilfe, darf die Rechtsordnung nicht entgegenwirken. Gewiß sind dieselben von einer Gesetzgebung, die sich nicht den Forderungen der Ethik vollständig verschließen will, nach Möglichkeit zu fördern … Es könnte kaum als ein kultureller Fortschritt genannt werden, wenn eine Gesetzgebung dem Eigenwillen des Einzelnen einen derartigen Einfluß einräumt, welcher ihm gestattet, unter Verletzung vielleicht seiner und seiner Familie vitalsten Interessen seinen Rechtskreis hermetisch von jedem Eingriffe eines Dritten zu verschließen. Der Gesichtspunkt, daß Niemand eine fremde Bevormundung sich gefallen zu lassen brauche, ist nicht durchgreifend“. Angemerkt sei, dass der vermeintliche Schöpfer der Lehre von der Menschenhilfe Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (48, 50, 52 ff.) der subjektiven Lehre nahestand. 65 So der Antragsteller zu 3: Protokolle, bei Mugdan II, S. 1196; Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 147. 66 Art: 6:198 BW: „Zaakwaarneming is het zich willens en wetens en op redelijke grond inlaten met de behartiging van eens anders belang, zonder de bevoegdheid daartoe aan een rechtshandeling of een elders in de wet geregelde rechtsverhouding te ontlenen“.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

nicht erkennbare Schrulligkeiten des Geschäftsherrn stehen dem Aufwendungsanspruchs des Geschäftsführers (intervener) dann nicht mehr entgegen67. Die Comments zu den Principles of European Law on Benevolent Intervention in Another’s Affairs (PEL Ben. Int.) heben ausdrücklich hervor, dass die Principles „should therefore promote interventions in favour of helpless or absent persons if such intervention would be considered reasonable, according to the judgement of an objective observer at the material time, and, considering all information available to the intervener at the time, the intervener has accorded to the (presumed) wishes of the principal. A misinterpretation of the principal’s presumed wishes in any particular case admittedly remains possible and in such a case the principal suffers the consequences under the distribution of risks made by these principals“68.

III. Quasivertragstheorie 1. Die negotiorum gestio als Quasikontrakt Der augenfällige Unterschied zwischen Auftrag (mandatum) und Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) ist, dass der Auftrag auf einem Vertrag beruht, die negotiorum gestio dagegen ein gesetzliches Schuldverhältnis ist. Das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr basiert nicht auf irgendeinem vertraglichen oder zumindest vertragsähnlichen Konsens der Parteien, sondern erwächst schlicht aus der Tatsache der fremdnützigen Interessenwahrnehmung. Ebenso wie das Bereicherungsrecht lässt sich auch die Geschäftsführung ohne Auftrag weder in die Gruppe der Schuldverhältnisse aus Vertrag (ex contractu) noch der Schuldverhältnisse aus Delikt (ex delicto) einordnen. Man hat es hier mit einer Gruppe von Obligationen zu tun, die irgendwo zwischen diesen beiden Kategorien anzusiedeln ist69. Iustinian fasste in seinen Institutionen die Schuldverhältnisse der Geschäftsführung ohne Auf67 Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR. Dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. D 34 (p. 115): „Wether a party intervening in the affairs of another act with reasonalble grounds must be assessed objectively – from the point of view of a reasonable intervener“. Art. I. – 1:103 (1), Annex I: „resonable“ DCFR definiert: „What is „reasonable“ is to be objectively ascertained, having regard to the nature and purpose of what is being done, to the circumstances of the case and to any relevant usages and practices“ (vgl. v. Bar [aaO], Comment D. 37 [p. 116 seq.]). 68 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 94 (p. 95 seq.), Art. 1:101, Comment. D 34 (p. 115), E 53 (p. 122). 69 Vgl. Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 434; Arndts, Lehrbuch der Pandekten8, 1874, § 242 = S. 411; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 41 f.; vgl. auch aus der Sicht des Schweizer Rechts: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 31 ff.; aus der Sicht des französischen Rechts: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1016 et suiv.; vgl. auch: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction A 1 (p. 53).

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trag und der ungerechtfertigten Bereicherung zu einer besonderen Gruppe zusammen: den sog. Quasikontrakten. Inst 3, 27 pr.: „Post genera contractuum enumerata dispiciamus etiam de his obligationibus, quae non proprie quidem ex contractu nasci intelleguntur, sed tamen, quia non ex maleficio substantiam capiunt, quasi ex contractu nasci videntur“.

Man spricht hier deshalb von Quasikontrakten, weil die erfassten Schuldverhältnisse – obwohl sie (ersichtlich) nicht auf einer Einigung beruhen – sich nicht aus unerlaubter Handlung herleiten, ja (teilweise) sogar aus einem rechtmäßigen Tun erwachsen, und Ansprüche hervorbringen, die dem Vertragsrecht näher stehen als dem Deliktsrecht. In diesem Zusammenhang steht auch die (viel gescholtene) Legaldefinition des Art. 1371 CC des französischen CC, die im Anschluss an Domat in besonderer Weise das (vertragsähnliche) Willensmoment auf Seiten des Handelnden hervorhebt70: Art. 1371 CC. Les quasi-contrats sont les faits purement volontaires de l’homme, dont il résulte un engagement quelconque envers un tiers, et quelquefois un engagement réciproque des deux parties.

Seit jeher hat die Rechtslehre versucht, die unbeliebte und sich Systematisierungsbestrebungen widersetzende Kategorie der Quasikontrakte aufzulösen und jedenfalls die Geschäftsführung ohne Auftrag den obligationes ex contractu zuzuweisen71. Dies schien nicht unmöglich, denn bereits Domat hat die Ähnlichkeit der Quasikontrakte mit den eigentlichen Verträgen betont: „Les engagements qui se forment par la volonté de la personne seule qui s’engage, ont cela de commun avec les engagements qui se font par les conventions, que les uns et les autres ayant pour cause la volonté des personnes“72. Aus diesem Grunde war man schon früh in der Theorie der negotiorum gestio versucht, ein Einigungsmoment zu finden bzw. zu konstruieren, um das Schuldverhältnis so über dem Fundament eines – fiktiven oder unterstellten – Konsenses errichten zu kön70 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, supra Tit. I, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 400. Vgl. zur Behandlung der nicht unumstrittenen Gruppe der Quasikontrakte in der französischen Zivilrechtswissenschaft: Malaurie/ Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1017 et suiv., die von einer „crise“ am Anfang des 20. Jahrhunderts und nunmehr von einer „rennaissance du quasi-contrat“ sprechen. Im Rahmen eines französischen Reformprojekts war (u.a.) eine Neufassung der Vorschriften über die Quasikontrakte geplant. Ein neuer Art. 1327 sollte lauten: „Les quasi-contrats sont des faits purement volontaires, comme la gestion sans titre de l’affaire d’autrui, le paiement de l’indu ou l’enrichissement sans cause dont il résulte, un engagement de celui qui en profite sans y avoir droit, et parfois un engagement de leur auteur envers autrui“. Dazu: Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, p. 152. 71 ZB: Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen6 , 1798, § 934 Not. 1; vgl. zu den Systematisierungsbestrebungen im 19. Jahrhundert: Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 20, 434. 72 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, supra Tit. I, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 400.

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nen73. Eine solche Konstruktion konnte gelingen, wenn man es schaffte, dem auf der Seite des Geschäftsführers überwiegend angenommenen Erfordernis eines irgendwie gearteten subjektiven Geschäftsführungswillens ein subjektives Gegengewicht auf der Seite des Geschäftsführers gegenüberzustellen. Im römischen Recht stand die actio negotiorum gestorum contraria (Gegenanspruch des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Auslagen, vgl. § 683 S. 1 BGB) unter der Bedingung, dass die Geschäftsführung im Interesse des Geschäftsherrn lag, bzw. dass – wie es die Quellen ausdrücken – ein utiliter gestum vorgelegen hat. In Teilen der Literatur wurde nun der Begriff des utiliter gestum in einem ersten Schritt versubjektiviert, als die entscheidende Instanz zur Beurteilung der Nützlichkeit der Geschäftsführung der Wille des Geschäftsherrn wurde. In einem zweiten Schritt wird das versubjektivierte utiliter gestum, letztlich also der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn, zum entscheidenden Prinzip hochstilisiert. Dabei gab es gerade in der pandektistischen Literatur wahre Auswüchse darüber, wie der präsumtive Wille des Geschäftsherrn für die Konstruktion des Rechtsverhältnisses zu verwerten sei. Die gemäßigten Stimmen wie Kritz, Dankwardt oder Chambon beschränkten sich auf die Annahme eines fingierten Mandats oder einer fingierten Genehmigung. Doch der Weg zum Konsens ist offen, wenn man den Willen des Geschäftsherrn nunmehr mit der Geschäftsführungsabsicht des Geschäftsführers kombiniert. So sprachen Leist und v. Monroy bereits vorsichtig von einer „Willensgemeinschaft“, Ruhstrat konnte bereits das Substrat eines Vertrages spüren, und Ogonowski endlich nahm einen echten Vertrag an74. – An dieser Stelle soll nicht mit leiser Zustimmung verhehlt werden, dass die vorzüglichsten Juristen aller Generationen solche Konstruktionen ablehnten. Windscheid etwa kommentierte die pandektistischen Auswüchse mit der Bemerkung: „Meiner Ansicht nach sind alle diese Konstruktionen verfehlt, …“75. Bereits Vinnius verwarf die alte Lehre, die die quasivertraglichen Rechtsverhältnisse auf einem stillschweigenden Konsens errichten wollte, mit dem Hinweis, dass (im römischen Recht) aus der Geschäftsführung ohne 73 Schon in der Glosse lassen sich Anfänge dieser Lehre nachweisen (siehe etwa: gl. haberi ad l. Pomponius scribit (Dig. 3, 5, 8 [3, 5, 9])). Zur pandektistischen Lehre: vgl. die Nachweise bei: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 942 f.; ablehnend gegenüber den Quasivertragstheorien etwa: Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (43, 122); eine Wiederbelebung einer Art Quasivertragstheorie versucht Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (382 ff.) mit einer (rechtsökonomischen) Theorie des hypothetischen Vertrages zur Korrektur von Marktversagen; vgl. dazu auch: Landes/Posner, Salvors, Finders, Good Samaritans and Other Rescuers, 7 J.Leg.Stud. (1978) 83; vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution A 9 seq. (p. 55 seq.). 74 Ogonowski, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1877, S. 16 ff. Mit eingehenden Nachweisen: Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 17 = S. 920; v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 942 f.; Ruhstrat, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio, AcP 32 (1849) 173 (187, 188). 75 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 17 = S. 920.

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Auftrag letztlich auch Geschäftsunfähige verpflichtet werden können: „Sed nec posse hic vel tacitam conventionem interveniere, intelligi ex eo pater, quod omnis conventio plurium est, hic autem ex facto unius fere obligatio oritur. Adde, quod quasi ex contractu inviti quoque & ignorantes obligamur, adeo ut ea obligatione etiam furiosi & pupilli teneantur“76. Mag die (quasi-)vertragliche Konstruktion der Geschäftsführung auch dogmatisch wenig sympathisch wirken, so stellt sie doch andererseits ein rechtspolitisches Politikum dar. Wegen der großen Bedeutung, die die Quasivertragstheorien dem Willen des Geschäftsherrn zuweisen, kann sie als individualistischer Gegensatz zur kollektivistischen Theorie der Menschenhilfe verstanden werden77. Die starke Betonung subjektiver Elemente im deutschen Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 S. 1 BGB) ist letztlich eine Fortwirkung der Konzeption der Quasikontraktstheorie78.

2. Quasikontraktstheorie und das BGB Die Quasikontraktstheorie hat das Geschäftsführungsrecht des BGB an mehreren Stellen beeinflusst79. Einmal sicherlich insoweit, als nur die von Geschäftsführungsabsicht getragene echte Geschäftsführung ohne Auftrag anerkannt ist und die Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB) ursprünglich von der Ersten Kommission ganz verworfen und später lediglich als Sondertatbestand akzeptiert wurde. Zum anderen wirkt sie in Gestalt des subjektiven Prinzips in § 683 S. 1 BGB fort, wenn sie den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers (actio negotiorum gestorum contraria) unter die zusätzliche Voraussetzung vollständiger Willensübereinstimmung stellt und so einen vollständigen Schutz des Geschäftsherrn vor aufgedrängter Bereicherung zu bieten versucht. Dagegen ist das BGB der Quasikontraktstheorie nicht in der Konsequenz gefolgt, das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt von der (fiktiven) Willensübereinstimmung von Geschäftsherr und Geschäftsführer abhängig zu machen. Obligationsbegründend ist ausschließlich das Handeln des Gestors in Geschäftsführungsabsicht. Die Entstehungsvoraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag sind in § 677 BGB abschließend umschrieben. Entgegen der weit verbreiteten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ist es für die 76 Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, Continuatio, Comment. § 3 (Zitate wurden ausgelassen). Allerdings wollen auch Vinnius und im Anschluss Heineccius von einem fiktiven Konsens sprechen (aaO § 4). 77 Vgl. Auer, Materialisierung, Flexibilisierung, Richterfreiheit, 2005, S. 12 ff. zum Prinzip des Individualismus. 78 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 44 ff. 79 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 45.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht notwendig, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn entspricht, § 683 S. 1 BGB80. Die Geschäftsführungsabsicht des Geschäftsführers ist notwendige, aber auch ausreichende Voraussetzung für die Entstehung der Obligation (iwS). Einzelne Ansprüche (Schuldverhältnis ieS) hieraus können dagegen an weitere Voraussetzungen gebunden sein. Die actio negotiorum gestorum directa, also die Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer (§§ 677– 682 BGB), entsteht allein aufgrund des Handelns des Geschäftsführers in Geschäftsführungsabsicht. Nur die actio contraria, also der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers (§ 683 S 1 BGB), verlangt als zusätzliches Tatbestandsmerkmal die für die Quasikontraktstheorie unerlässliche Übereinstimmung mit dem Willen des Geschäftsherrn. Die §§ 677 ff. BGB folgen in ihrer Systematik dieser Konzeption. Die Erste Kommission hat ausdrücklich hervorgehoben, dass Herausgabe- und Aufwendungsersatzansprüche verschiedenen Anwendungsvoraussetzungen unterliegen81. Sofern seitens der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag geltend gemacht wird, dass der Aufbau der §§ 677 ff. BGB gesetzestechnisch misslungen sei und von daher gerade dem studentischen Betrachter unübersichtlich und dem Verständnis hinderlich erscheine, weil die gesetzliche Regelung die Unterscheidung von berechtigter und nicht berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag nicht erkennen lässt82, so liegt dies daran, dass diese Lehre versucht, auf die §§ 677 ff. BGB eine Konzeption der Geschäftsführung ohne Auftrag zu projizieren, die das deutsche Recht gerade nicht mehr kennt83. Nicht die §§ 677 ff. BGB sind falsch aufgebaut, die Konzeption der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung kann das geltende deutsche Recht nicht korrekt erfassen.

IV. Objektive Theorie 1. Das objektiv fremde Geschäft als Anknüpfungspunkt Die objektive Theorie geht zurück auf das berühmte, aus dem Rahmen fallende, in seiner Klassizität allerdings auch bestrittene Fragment des Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis)84. 80 So aber: Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 II 2 = S. 698; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437. 81 Motive, in Mugdan II, S. 481. 82 ZB: Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437; Isele, Geschäftsbesorgung, 1935, S. 171. 83 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 46 f. 84 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 26 f. hält diese Stelle für interpoliert; aA: Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (427).

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Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis): „Si rem, quam servus venditus subripuisset a me venditore, emptor vendiderit eaque in rerum natura esse desierit, de pretio negotiorum gestorum actio mihi danda sit, ut dari deberet, si negotium, quod tuum esse existimares, cum esset meum, gessisses: sicut ex contrario in me tibi daretur, si, cum hereditatem quae ad me pertinet tuam putares, res tuas proprias legatas solvisses, quandoque de ea solutione liberarer“.

Danach löst allein die Führung eines fremden Geschäfts – auch bei fehlendem Bewusstsein seiner Fremdheit – geschäftsführungsrechtliche Ansprüche aus. Ausschließliches Tatbestandsmerkmal der negotiorum gestio ist danach die Führung eines fremden Geschäfts; darauf, ob der Gestor in Geschäftsführungsabsicht handelt, kommt es nicht mehr an. Africanus nennt den Fall des gutgläubigen Verkaufs einer fremden Sache oder der Tilgung einer Schuld durch den gutgläubigen Erbschaftsbesitzer. In der Pandektenwissenschaft wurde im Anschluss an Donellus der Gedanke aufgegriffen und zu einer der Quasikontraktslehre entgegengesetzten objektiven Theorie fortentwickelt85. Danach wird die Haftung des Geschäftsführers (actio directa) ausschließlich dadurch begründet, dass der Gestor ein fremdes Geschäft ohne Auftrag besorgt hat, gleichviel, ob er wusste, dass es sich dabei um ein fremdes Geschäft handelt oder nicht86. Zur materiellen Unterlegung bediente man sich der auffällig quasideliktisch und bereicherungsrechtlich eingefärbten Argumentation, dass jeder in seinem ihm von der Rechtsordnung zugewiesenen Bereich zu verbleiben und dessen Grenzen zu kennen habe, bzw. dass der Eingreifende durch den Übergriff in eine fremde Interessensphäre keinen Vorteil und umgekehrt der vom Eingriff passiv Betroffene keinen Nachteil erleiden solle. In der Konsequenz kann die Theorie gerade in den Fällen der irrtümlichen Eigengeschäftsführung (vgl. § 687 Abs. 1 BGB) zu empfindlichen Härten für den gutgläubigen, an ein eigenes Geschäft glaubenden Geschäftsführer führen: die isolierte Begründung der actio directa allein aus der Führung eines objektiven Geschäfts heraus läuft entgegen den deliktsrechtlichen Wertungen des § 823 Abs. 1 BGB beim gutgläubigen Eigengeschäftsführer auf eine schadensrechtliche Haftung – und zwar auch für primäre Vermögensschäden – ohne Verschulden hinaus. Der Gerechtigkeitsge85 Die objektive Theorie wurde wohl am einflussreichsten zunächst von Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq. vertreten. Donellus hat nicht nur die von den Glossatoren und Kommentatoren (Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]); für die Kommentatoren: Bartolus, Comment. § 4 ad l. Item si cum § si titii (Dig. 3, 5, 6 10 [3, 5, 5 10])) entwickelten Kategorien der negotium ipso gestu alienum und negotium ipsa re alienum zur Gruppe der negotium re ipsa alienum – unserem heutigen objektiv fremden Geschäft – zusammengefasst; er hat auch – unter Negierung der Bedeutung der Geschäftsführungsabsicht – die Lehre vorangetrieben, dass alleine die Führung eines objektiv fremden Geschäfts das Rechtsverhältnis der negotiorum gestio auslöst. 86 Nachweise bei: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 942, 945; dazu Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 43 f.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

halt der objektiven Lehre erscheint daher nicht über jeden Zweifel erhaben, als der schuldlos irrende Geschäftsführer im gleichen Maße der actio directa ausgesetzt wird, wie derjenige, der sich mit Wissen in ein fremdes Geschäft eingemischt hat. Nichtsdestotrotz lässt sich die objektive Lehre in der deutschen Kodifikationsgeschichte nachweisen. Der Dresdner Entwurf von 1866 etwa folgte ihr87. Art. 759 Dresdner Entwurf. Hat der Geschäftsführer in dem Glauben, sein eigenes Geschäft zu führen, ein fremdes besorgt, oder hat er sich bei Führung des fremden Geschäftes in der Person des Geschäftsführers getäuscht, oder bei dem Vorhandensein mehrerer Geschäftsherren nicht für Alle zu handeln beabsichtigt, so haftet er gleichwohl demjenigen, dessen Geschäft besorgt worden ist, als Geschäftsführer ohne Auftrag…

Legt man den heutigen Erkenntnisstand an, geht es in den von Africanus, Dig 3, 5, 48 (de negotiis gestis) geschilderten Fällen um bereicherungsrechtliche Ausgleichsprobleme. Die (gutgläubige) Veräußerung einer fremden Sache ist ein Fall der Eingriffskondiktion, zudem heute speziell geregelt in § 816 Abs. 1 BGB. Entsprechendes gilt für die Tilgung einer Nachlassschuld durch den gutgläubigen Erbschaftsbesitzer. Dieser Fall wäre zu lösen über die Rückgriffskondiktion, wenn das Gesetz nicht in § 2022 Abs. 2 BGB eine entsprechende Spezialregelung bereithielte. So gewährte übrigens selbst Africanus in einem vergleichbaren Fall die Bereicherungsklage gegen den gutgläubigen Veräußerer88.

2. Die objektive Theorie und das BGB Eingang in das BGB fand die objektive Theorie nicht. Wie bereits der Vorentwurf v. Kübels89, so verwarf auch die Erste Kommission die objektive Theorie und löste die Fälle des fehlenden animus negotia aliena gerendi nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen90. § 761 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 E I ordnete aus87 Dagegen hätte der Geschäftsherr für die Verwendungen des Geschäftsführers nur nach Bereicherungsrecht gehaftet (Art. 761 Dresdner Entwurf). 88 Africanus, Dig. 12, 1, 23 (de rebus creditis si certum petetur et de condictione): „Si eum servum, qui tibi legatus sit, quasi mihi legatum possederim et vendiderim, mortuo eo posse te mihi pretium condicere Iulianus ait, quasi ex re tua locupletior factus sim“. 89 Nach § 236 des Vorentwurfs hätte derjenige, der ein fremdes Geschäft irrtümlich als eigenes besorgt hätte, zwar auf Herausgabe, jedoch beschränkt auf die Bereicherung gehaftet; gleichzeitig hätten dem Geschäftsführer, soweit der Geschäftsherr bereichert gewesen wäre, ein Aufwendungsersatzanspruch zugestanden (§§ 243, 242 Vorentwurf); v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 945, 960 f., 987. 90 So im Sinne der Lehre Windscheids: vgl. Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 155 ff., insb. der Antrag Windscheids (Nr. 268); Motive, bei Mugdan II, S. 486, Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 431 4 d = S. 930 mit Fn. 18.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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drücklich an, dass im Falle der irrtümlichen Eigengeschäftsführung die geschäftsführungsrechtlichen Vorschriften keine Anwendung fänden, sondern vielmehr Geschäftsführer und Geschäftsherr – unbeschadet einer deliktischen Haftung des Gestors bei schuldhafter Rechtsverletzung – einander zur Herausgabe des jeweils aus der Geschäftsführung Erlangten nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen verpflichtet seien. Dies entspricht im Wesentlichen der heutigen Rechtslage im Rahmen des § 687 Abs. 1 BGB. Hiervon und von den Besonderheiten der Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB) wird unten noch ausführlich zu handeln sein (siehe § 17).

3. Die objektive Theorie in der modernen Wissenschaft und Rechtsprechung Trotz ihrer bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Ausrichtung wird objektive Lehre noch heute in mehr oder weniger reiner Form in der deutschen Lehre vertreten. Großen Einfluss hat Wollschläger genommen, der in seiner Habilitationsschrift den Begriff des objektiv fremden Geschäfts zum Kernelement der Geschäftsführung ohne Auftrag erhoben und der Geschäftsführungsabsicht eine lediglich untergeordnete, allein rechtstechnische Funktion der Abgrenzung zum Bereicherungsrecht zugewiesen hat91. Auch die tägliche praktische Handhabe der Geschäftsführungsregeln durch die Gerichte ist faktisch von der objektiven Theorie nicht weit entfernt, als sie bei Vorliegen eines fremden oder eines sog. „auch fremden“ Geschäfts den Fremdgeschäftsführungswillen vermutet. Damit wird der Prüfungsschwerpunkt auf das Vorliegen eines fremden Geschäfts gelegt. Die Geschäftsführungsabsicht spielt letztlich keine selbständige Rolle. Sie wird lediglich zur Eigenständigkeit reanimiert, um in seltenen Einzelfällen unbillig erscheinende Ergebnisse, die sich nicht bereits auf der Ebene des fremden Geschäfts korrigieren lassen, zu vermeiden.

4. Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit Einen besonderen Akzent hat die objektive Theorie durch das Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit bekommen. Die Rechtsprechung hat unbeeindruckt von der literarischen Diskussion die §§ 677 ff. BGB zu einem handlichen Instrument der objektiven Zurechnung von Kosten entwickelt, was ihr – wie wir schon gesehen haben – die massive Kritik der Lehre eingebracht hat. Hinter ihrer Anknüpfung am Begriff des fremden Geschäfts und ihren teilweise als Leerformeln kritisierten Begründungen steht das oft als Billigkeitsjurisprudenz de91

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff., 72 ff.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

nunzierte Näher-Dran-Prinzip92. Die Fremdheit eines Geschäfts bestimmt sich nach der höherrangigen Zuständigkeit am Gegenstand der Tätigkeit. Die Zurechnung folgt der Beantwortung der Frage, wer näher dran ist, Nutzen und Kosten der Geschäftsführung zu übernehmen. Das Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit steht auch hinter dem Begriff der relativen Fremdheit Wollschlägers, demzufolge sich die Fremdheit im Verhältnis zweier Personen danach bestimmt, wer von ihnen näher daran ist, einen Erwerb zu behalten oder eine Aufwendung zu bezahlen93. So wertvoll diese Gedanken der „Zuständigkeitstheorie“ auch sind, sie vermögen das Rechtsinstitut der echten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu erklären. Dieses knüpft nicht am Begriff des „fremden Geschäfts“ an. Tragendes Element der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist der im Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführungsabsicht zum Ausdruck kommende Gedanke der fremdnützigen Interessenwahrnehmung (Subordination) für einen anderen. Ihren rechtmäßigen Platz findet die „Zuständigkeitstheorie“ im Bereicherungsrecht im Rahmen von Aufwendungs- und Rückgriffs- und Eingriffskondiktion. – Und doch gibt es einen letzten „geschäftsführungsrechtlichen“ Anwendungsbereich für die objektive Theorie und Wollschlägers Gedanken der höherrangigen Zuständigkeit: nämlich im Rahmen des – systemwidrig innerhalb der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB, soweit dort (relativ) im Verhältnis von Geschäftsführer und Geschäftsherr über die Kostenlast zu entscheiden. Insoweit kann man von einem halben Begriff der Fremdheit sprechen, als das zweite Element der Zuweisung von Nutzungen dort keine Rolle spielt. Eine andere Funktion erfüllt der Begriff der Fremdheit bei der Geschäftsanmaßung.

V. Die Quasideliktstheorie: Das Naturrecht und der anglo-amerikanische Rechtskreis Obwohl im eigentlichen Sinne keine Theorie der negotiorum gestio, so soll doch im vorliegenden Zusammenhang kurz auf Rechtslehren und Rechtsordnungen eingegangen werden, die sich grundsätzlich abwehrend bis ablehnend gegenüber dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag verhalten. Ich möchte hierfür in deutlicher Überspitzung und in Abgrenzung zu den anderen Lehren den Terminus der quasideliktischen Deutung der Geschäftsführung 92 Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (376); Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (835); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 c = S. 3. 93 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff.; vgl. auch BGHZ 65, 354 (358), Urt. v. 4.12.1975 – VII ZR 218/73.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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ohne Auftrag einführen. Dennoch ist zuzugeben, dass der Begriff in mehrfacher Hinsicht problematisch, missverständlich, wenn nicht sogar unzutreffend ist. Denn einmal wird sich zeigen, dass keinesfalls jede Bewegung, die man typischerweise in Opposition zur negotiorum gestio sieht, hier zur Gänze zu verorten ist, zum anderen, dass nicht jede dieser Lehren sich auf Erwägungen beruft, die als quasideliktische Argumentation begriffen werden können. Gemeinsam ist ihnen nur, dass sie aus einer grundsätzlich individualistischen Haltung heraus geboren sind; eine Tendenz aber, die auch der Quasivertragstheorie innewohnt, die doch als kontradiktorisches Gegenteil der Quasideliktstheorie erscheint. Hinzukommt, dass die aufgestellten Gegenpositionen vielfach – jedenfalls im rechtspraktischen Ergebnis – im Sinne einer restriktiven Anerkennung der Geschäftsführung ohne Auftrag objektiv (und nicht subjektiv: wie es der individualistischen Grundposition entsprechen würde) durchbrochen werden.

1. Das Naturrecht Häufig wird darauf hingewiesen, dass gerade das Naturrecht der negotiorum gestio gegenüber eine im Grundsatz abwehrende Haltung einnehme94. Bei Grotius etwa heißt es in der Tat: „Nam negotiorum gestorum actio ex lege civili nascitur: nullum enim habet eorum fundamentorum ex quibus natura obligationem inducit“95. Und doch wird man entgegen dieser weit verbreiteten Deutung keine grundsätzliche Opposition der Naturrechtslehre gegen die negotiorum gestio annehmen dürfen. So verankert etwa Christian Wolff die klassischen Quasikontrakte im Allgemeinen und die negotiorum gestio im Besonderen im Naturrecht: „quasi contractus utique juris etiam naturalis est; ac ideo quoque naturaliter consensus praesumtus tunc idem operatur, quod expresses“96. In seinem Bemühen, die Quasikontrakte auf die Grundlage eines (vermuteten) Konsenses zu stellen, kann man Wolff sogar als naturrechtlichen Ausleger der hier der Üblichkeit halber als Quasikontraktstheorie bezeichneten Lehren nennen97. Die naturrechtliche Unterfütterung der negotiorum gestio war sogar im 94 Dazu: Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 66 ff.; Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (421 Fn. 21); Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 435. Vgl. dazu: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (967). 95 Grotius, De jure belli ac pacis libri tres, Ausgabe von 1689, Lib. II Cap. X § IX nro. 1. 96 Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 689 (die teilweise kursive Formatierung des Originals wurde nicht übernommen). Vgl. auch: ders., Jus naturae methodo scientifica pertractatum V, 1745, § 511: „Quasicontractus sunt juris naturalis“ und eingehend zur negotiorum gestio in den §§ 512 seqq. 97 Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 686 seqq. Dagegen wendete sich noch v. Pufendorf, De Jure Naturae et Gentium Libri Octo I, Ausgabe von 1688,

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Schrifttum des ius civile verbreitet. Wolffs Zeitgenosse, der Zivilrechtler Leyser, der in seinem Werk durchaus den usus modernus pandectarum mit naturrechtlichen Einflüssen verband, betont etwa, dass man dem jus naturale zuwider handele, wenn man die Geschäfte eines abwesenden Freundes nicht aufgreife, wenn auch die Verletzung dieser natürlichen Pflichten foro externo keine Klage begründe98. Sogar die Auseinandersetzung zwischen der Quasikontraktstheorie und der Ausrichtung am Leitbild der (selbstlosen) Menschenhilfe wurde im Naturrecht vorweggenommen. So meinte etwa Glafey, dass Grotius mit seiner Kritik durchaus Rechte habe, als für Quasikontrakte im Allgemeinen kein Platz im Naturrecht sei, doch habe die negotiorum gestio ein anderes Fundament: ohne Kostenerstattung würde sich niemand um die Angelegenheiten seines Nächsten kümmern99. Letztlich war die Situation im Naturrecht umstritten. Dies manifestiert sich im spektakulären Fall der sequestratio sedinensi aus dem großen Nordischen Krieg (1700 bis 1721), der in seiner juristischen Aufarbeitung von Glafey berichtet wird100. Nach der Niederlage der Schweden in der Schlacht bei Poltawa (Juli 1709) versuchten die Alliierten, Pommern in ihre Gewalt zu bringen. Die Schweden zogen sich nach Stettin und Stralsund zurück. Im August 1713 belagerten russische Truppen Stettin. Letztlich war die Stellung für die Schweden nicht mehr zu halten. Man beschloss als das kleinere Übel, die Stadt lieber den Preußen in Sequestration zu geben. Die Alliierten waren damit einverstanden und überließen den Preußen gegen eine Zahlung von vier Tonnen Gold die Stadt zur Verwaltung. Als sich das Kriegsglück noch einmal kurz für die Schweden zum positiven wendete, forderten sie Stettin ohne Leistung einer Entschädigung zurück. Die Schweden machten geltend, dass das Naturrecht Quasikontrakte im Allgemeinen und die negotiorum gestio im Besonderen nicht kenne. Preußen hingegen berief sich im Anschluss an die gerade vorgestellte Argumentation darauf, dass das Naturrecht zwar die negotiorum gestio als Quasikontrakt nicht kenne, sie aber doch als eigenständiges, höchstbilliges Rechtsinstitut im jus naturali ihren Grund habe.

Und auch innerhalb der naturrechtlich geprägten Kodifikationen lässt sich keine durchgehende Opposition zur negotiorum gestio nachweisen. Der französische Code Civil101 oder der bayerische Codex Maximilianeus Bavaricus CiLib. V Cap. VII § IV gegen eine (stillschweigende) Vertragskonstruktion der Quasikontrakte. Ebenso später Glafey, Recht der Vernunft 3, 1746, Buch III Kap. V § 99 = S. 1072 f. und v. Zeiller, Das natürliche Privatrecht 3, 1819, § 138 = S. 197: „Die Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) ist kein Vertrag“. 98 Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) corollaria nro. 1 (Heckenberg). 99 Glafey, Recht der Vernunft 3, 1746, Buch III Kap. V § 99 = 1072 f. Daneben verweist Glafey auf das Bereicherungsverbot. 100 Glafey, Recht der Vernunft 3, 1746, Buch III Kap. V §§ 102 ff. = S. 1075 f. Ebenfalls kann in diesem Zusammenhang von auf die Kontroverse zwischen Memmingen und einigen schwäbischen Ständen in den Jahren 1703/1704 hingewiesen werden (Glafey, aaO, §§ 68 ff. = S. 1060 ff.) 101 Artt. 1372 CC et suiv.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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vilis102 bekennen sich vollumfänglich und in einem positiven Sinne zur negotiorum gestio. Anders als es bei anderen auch naturrechtlichen Kodifikationen zu beobachten ist, bestimmten die jeweiligen Spitzenvorschriften nicht die grundsätzliche Unzulässigkeit der Geschäftsführung ohne Auftrag als Einmischung in fremde Angelegenheiten, sondern stellen ähnlich wie § 677 BGB103 die aus der Übernahme der Geschäftsführung erwachsende Pflicht zur ordentlichen Durchführung der Gestion in den Vordergrund104. Domat, einer der geistigen Väter des Code Civil, fundierte die gestion d’affaires in tiefen Gefühlen einer gelebten Humanität und Religiosität105 und auch v. Kreittmayr, der Verfasser des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis, begründete die negotiorum gestio „immediatè ex Lege & Aequitate naturali“106. Die besonders enge Verknüpfung vom römischen Zivilrecht und naturrechtlichen Einflüssen im Bereich der negotiorum gestio gipfelt in beiden Kodifikationen darin, dass insoweit sogar die iustinianische Anordnung der Schuldverhältnisse beibehalten wurde und die Geschäftsführung ohne Auftrag unter der Überschrift „Quasikontrakte“ ihre Aufnahme in den Code Civil und den Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis fanden. So ist die gestion d’affaires im Code Civil zusammen mit der condictio indebiti unter der Überschrift „Des quasi-contrats“ geregelt; im Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis fand sich die negotiorum gestio im Kapitel „Von Quasi-Contractibus überhaupt, insbesondere von der Negotiorum Gestione, …“. Dagegen wurde von den anderen beiden Naturrechtskodifikationen, dem Preußischen Allgemeinen Landrecht und dem österreichischen ABGB nicht nur die quasivertragliche Einordnung der Geschäftsführung ohne Auftrag gelöst107, beide Kodifikationen stehen der Geschäftsführung ohne Auftrag dem Grundsatz nach misstrauisch und ablehnend gegenüber. In den Spitzenparagraphen der jeweiligen Gesetzeskapitel wird – in bewusster Umkehrung zum rö102

IV 13 § 2 CMBC. Vgl. auch Art. V. – 2 :101 (1)(a) DCFR. 104 Art. 1372 Abs. 1 CC: „Lorsque volontairement on gère l’affaire d’autrui, soit que le propriétaire connaisse la gestion, soit qu’il l’ignore, celui qui gère contracte l’engagement tacite de continuer la gestion qu’il a commencée, et de l’achever jusqu’à ce que le propriétaire soit en état d’y pourvoir lui-même ; il doit se charger également de toutes les dépendances de cette même affaire“. Durch Art. 1328 des Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription hätte sich insoweit nichts geändert. – Gleiches gilt für den IV 13 § 2 Nr. 1 CMBC. 105 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 444. 106 v. Kreittmayr, Anmerkungen über den Codicem Maximlianeum Bavaricum Civilem, Theil IV Kap. 13 § 2 Nr. 4 d. 107 Vgl. zu ABGB und Pr. ALR: Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 72 ff.; zur Entstehungsgeschichte der §§ 1035 ff. ABGB: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 16 ff.; auch: Rademacher, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im europäischen Privatrecht, Jura 2008, 87 (90). 103

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

mischen Recht – die grundsätzliche Unzulässigkeit der Einmischung in fremde Angelegenheiten betont108. Pr. ALR I 13 § 228. In der Regel ist niemand befugt, sich in die Geschäfte eines Anderen ohne dessen Auftrag oder ein anderes besonderes durch ausdrückliche Gesetze ihm beigelegtes Recht zu mischen. § 1035 ABGB. Wer weder durch ausdrücklichen noch stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetze die Befugnis erhalten hat, darf der Regel nach sich in die Geschäfte eines anderen nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt, so ist er für alle Folgen verantwortlich.

In der Tat legen die Formulierungen beider Vorschriften eine quasideliktische Deutung nahe. Dies folgt schon aus der tatbestandlichen Anknüpfung am Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts. Der Begriff des fremden Geschäfts wurde hier bereits als ausschließlich bereicherungsrechtlicher und deliktsrechtlicher Begriff vorgestellt. Hier begegnet er in seiner deliktischen Ausformung: der unerwünschte Übergriff in einen fremden Rechts- und Interessenbereich wird als grundsätzlich rechtswidrig dargestellt. Doch ist das Gesamtbild der preußischen und der nachfolgenden Österreichischen Regelung differenzierter, als man auf den ersten Blick vermuten mag109. Entgegen dem ersten Eindruck kann man nicht ohne weiteres von einer „quasideliktischen“ Fundamentalopposition des Pr. ALR und des ABGB gegenüber der „quasivertraglichen“ negotiorum gestio des römischen Rechts sprechen. Überwiegend bewegt man sich – im Vergleich zu den §§ 677 ff. BGB – in bekannten Fahrwassern, auch wenn im Bereich der notwendigen und (lediglich) nützlichen Geschäftsführung eine deutliche Schwerpunktverschiebung zu Ungunsten des Geschäftsführers erfolgt, als der Aufwendungsersatzanspruch im Bereich der nützlichen Geschäftsführung auf eine tatsächliche Bereicherung des Geschäftsherrn beschränkt ist. Von einer quasideliktischen Ausprägung kann man nur im Bereich der unnützen Geschäftsführung sprechen. Die insgesamt sehr ähnlichen Regelungen des preußischen und des österreichischen Zivilrechts differenzieren zwischen der auftragslosen Geschäftsführung im Notfalle110 und der lediglich nützlichen Geschäftsführung111. Bei der von beiden Rechtsordnungen trotz ihrer abwehrenden Grundausrichtung als willkommen anerkannten Geschäftsführung „zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens“ ist die Rechtsposition des Geschäftsführers ähnlich dem 108 Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts III 2 , 1843, § 221 1b = S. 266. 109 Vgl. eingehend zur Geschäftsführung ohne Auftrag im preußischen und österreichischen Recht: Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht II7, 1896, § 149 = S. 463 ff.; Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts II4, 1889, §§ 283, 285 = S. 879 ff.; Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993. 110 Pr. ALR I 13 §§ 234 ff.; § 1036 ABGB. 111 Pr. ALR I 13 §§ 238 ff.; §§ 1036 f. ABGB.

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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Auftragsrecht ausgestaltet; insbesondere steht dem Gestor ein – dem § 683 BGB vergleichbarer – erfolgsunabhängiger Aufwendungsersatzanspruch zu112; wegen der Anlehnung an das Auftragsrecht wird in der österreichischen Rechtswissenschaft heute insoweit von einer „quasivertraglichen Ausgestaltung“ des Geschäftsführungsrechts gesprochen. Dem wird ein mehr „bereicherungsrechtliches Prinzip“ bei der Abwicklung der bloß vorteilhaften Geschäftsführung gegenüber gestellt113: Zwar kann der Geschäftsführer – wie schon früher im preußischen Recht114 – für die nützliche Geschäftsführung Aufwendungsersatz verlangen, aber nur bis zur Grenze der eingetretenen Bereicherung auf Seiten des Geschäftsherrn; d.h. nützliche Aufwendungen werden nur insoweit ersetzt, wie sie erfolgreich waren. Der „nützliche“ Geschäftsführer ist mithin schlechter gestellt als der notwendige Geschäftsführer; er wird auf eigene Gefahr tätig115. Glücklich ist diese Terminologie („bereicherungsrechtliches Prinzip“) in der österreichischen Lehre nicht, da es sich – wie noch zu zeigen sein wird – auch bei diesem „limitierten“ Ersatzanspruch um einen echten Aufwendungsersatzanspruch handelt, der eben nur auf eine noch vorhandene Bereicherung des Geschäftsherrn beschränkt ist. Die Rechtslage entspricht der Regelung des deutschen § 684 S. 1 BGB. Der „quasideliktische Bereich“ wird nun berührt, wenn der Geschäftsführer nicht zum klaren, überwiegenden Vorteil des Geschäftsherrn (unnütze Geschäftsführung), oder sogar gegen dessen ausdrücklichen Willen (verbotene Geschäftsführung116) handelt. Hier besteht überhaupt kein Anspruch auf Aufwendungsersatz in Geld, selbst wenn auf Seiten des Geschäftsherrn ein objektiver Vorteil eingetreten sein sollte. Der Geschäftsführer kann lediglich seinen Aufwand in Natur zurücknehmen, wenn dies ohne Schaden der Substanz möglich ist; zudem hat er jeden Nachteil zu ersetzen, der ohne seine Einmischung nicht entstanden wäre117. Im Bereich der inutilitas besteht in der Tat ein gravierender Unterschied etwa zur deutschen Rechtsordnung (§ 684 S. 1 BGB) oder dem französischen Entwurf des Art. 1329-1 durch das Avantprojet de réforme du droit des obligations, die dem Geschäftsführer auch in diesen Fällen einen auf die vorhandene Bereicherung des Geschäftsführers beschränkten (Aufwendungs-)Ersatzanspruch zubilligen118. Kann man auch im Bereich der inutilitas von einer quasideliktischen Regelung sprechen, als hier letztlich die ungebetene Einmischung in einen fremden 112

Pr. ALR I 13 §§ 234, 235; § 1036 ABGB. Vgl. Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 14. 114 Pr. ALR I 13 § 241. 115 Koziol/Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts I10 , 1995, S. 506; Praxiskommentar zum ABGB2/Apathy (1997) § 1040 Rn. 12. 116 § 1040 ABGB. 117 § 1311 ABGB. 118 Art. 1329–1 des Avant-projet: „Si l’action du gérant ne répond pas aux conditions de la gestion d’affaires mais tourne néanmoins au profit du maître de cette affaire, celui-ci doit indemniser le gérant selon les règles de l’enrichissement sans cause“. 113

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Rechtskreis „bestraft“ wird, so ist aber zu bemerken, dass hierin keine Fundamentalopposition des preußischen und des österreichischen Rechts zum römischen Recht liegt; es wurden nur „jüngere“ Entwicklungen nicht aufgegriffen. Unter den klassischen römischen Juristen war es sehr umstritten, ob der Gestor, der gegen das ausdrückliche Verbot des dominus handelte, Ersatz seiner nützlichen Aufwendungen verlangen konnte. Obwohl Iustinian den Streit zugunsten der restriktiven Lehre des Iulian entschied, der eine Erstattungsklage des Gestors in diesen Fällen grundsätzlich verwarf119, brach der Streit unter späteren Juristengenerationen wieder aus und langsam begann sich die der iustinianischen Überlieferung entgegengesetzte Lehre durchzusetzen, die es als unbillig empfand, dem Geschäftsführer den Ersatz seiner tatsächlich nützlichen Aufwendungen zu versagen, soweit der Geschäftsherr darum tatsächlich bereichert sei120. Während sich das deutsche BGB (§ 684 BGB) oder auch der Art. 1329-1 des französischen Entwurfs des Avant-projet damit letztlich aus Billigkeitsgründen von den römischen Wurzeln entfernt hat121, ist umgekehrt gerade das österreichische Recht dem römischen Recht treu geblieben. Und bei der im Vergleich zur verbotenen Geschäftsführung dem Geschäftsführer weniger vorwerfbaren inutilitas folgt das österreichische Recht der herrschenden zivilrechtlichen Lehre der älteren Juristen, die dem Gestor für den Fall der inutilitas überhaupt jeden Ersatzanspruch (actio contraria) versagte: „Si modo utiliter negotium gessit: nam qui gessit inutiliter, actionem non habet“122. Sucht man nach dem tieferen Grund für die ehemals preußische und heute noch fortbestehende österreichische Regelung der Geschäftsführung ohne Auftrag mit ihrem teilweise quasideliktischen und überhaupt restriktiven Einschlag, so wird man als rechtfertigenden Faktor den Gedanken eines ausgeprägten Individualismus zu nennen haben. Dies wird deutlich, wenn man einen weiteren Blick auf die angloamerikanische Haltung gegenüber der Idee der negotiorum gestio wirft.

119

Iustinian, C. 2, 19, 24 (de negotiis gestis) mit Beschreibung des Streitstandes. So vor allem: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 11 m.w.N. AA: Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IV; Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 690. 121 Art. 1329–1 des Avant-projet: „Si l’action du gérant ne répond pas aux conditions de la gestion d’affaires mais tourne néanmoins au profit du maître de cette affaire, celui-ci doit indemniser le gérant selon les règles de l’enrichissement sans cause“. 122 Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, de negotiorum gestione, Comment. § 3 ad negotiorum gestori contraria; auch: Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI. 120

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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2. Der angelsächsische Individualismus Dem angloamerikanischen Recht ist ein selbständiges Rechtsinstitut der negotiorum gestio im Grundsatz fremd123. Die Besorgung fremder Angelegenheiten wird zuvorderst als eine weitgehende Beschneidung fremder Autonomie betrachtet und der auftragslose Geschäftsführer oft abfällig als „officious meddler“ bezeichnet. Man deutet dies als Folge des traditionellen angelsächsischen Individualismus; dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen kommt nach den allgemeinen Prinzipien des common law überragende Bedeutung zu. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass der Akzent des Common Law bei Begründung einer grundsätzlichen Ablehnung der negotiorum gestio anders ausfällt als bei der „quasideliktischen“ Argumentation des preußischen und österreichischen Rechts. Hier wird eben nicht mehr primär und ausschließlich der Gedanke des Übergriffs in eine fremde Rechtssphäre in den Mittelpunkt gestellt. Sondern man macht geltend, dass sich niemand (aktiv) durch sein Handeln zum Gläubiger eines anderen machen dürfe und niemandem (passiv) eine Wohltat gegen seinen Willen aufdrängen lassen müsse. Dementsprechend weigern sich die Gerichte im Grundsatz, ein auch noch so gut gemeintes, aber doch unbestelltes Handeln des officious meddler zu honorieren. Grundlegend ist die Entscheidung Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co.124. In Falcke ging es um eine verpfändete Versicherungspolice. In der irrigen Annahme, seine Versicherung ausgelöst zu haben, zahlte der Verpfänder weiterhin seine Prämien. Nachdem der Gläubiger auf die Versicherung zugegriffen hatte, verlangte der Kläger Erstattung der geleisteten Zahlungen, denn ohne diese Zahlungen hätte der Gläubiger seine Sicherheit verloren125. Der Court of Appeal wies die Klage ab: „The general principle is, beyond all question, that work and labour done or money expended by one man to preserve or benefit the property of another do not according to English law … create any obligation to repay the expenditure. Liabilities are not to be forced upon people behind their backs any more than you can

123 Vgl. Aitken, Negotiorum Gestio and the Common Law, 11 Sydney LR (1988) 566; v. Bar, Die Äquivalente des Common Law für das kontinentaleuropäische Konzept der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in: FS Lorenz, 2001, S. 441; Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (375); Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 24 ff.; Sheehan, Negotiorum Gestio, 55 ICLQ (2006) 253; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 435, 448 seqq.; Restatement of the Law of Restitution §§ 2, 112– 117. Auch PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution J 58 seqq. (p. 77 seqq.). 124 Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. (1887) 34 ChD 234 (CA); in re Cleadon Trust, Limited (1938) 4 All ER 518 (CA); Crantrave Ltd. v. Lloyds Bank plc. (2000) 3 WLR 877 (CA). 125 Vgl. v. Bar, Die Äquivalente des Common Law für das kontinentaleuropäische Konzept der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in: FS Lorenz, 2001, S. 441 (442).

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

confer a benefit upon a man against his will“126. Natürlich ist dies nur der Grundsatz, der zahlreiche Durchbrechungen erfährt. Aber die Weichenstellung ist doch eine andere: während etwa im deutschen Recht die nützliche (interessenwahrende) Geschäftsführung (§ 683 S. 1 BGB) grundsätzlich zu einem vollwertigen Aufwendungsersatz für den Gestor führt, und es umgekehrt am Geschäftsherrn ist, darzulegen und zu beweisen, dass die Geschäftsführung seinem präsumtiven Willen widerspricht, ist dies im common law die begründungsbedürftige Ausnahme (s.u.). Jedenfalls konnte sich bisher ein eigenständiges Recht der negotiorum gestio in England nicht etablieren. Anstrengungen der Rechtswissenschaft, diese Hindernisse zu überwinden, war bisher kein durchgreifender Erfolg beschert127. Eine rechtliche Sonderbehandlung hat seit jeher lediglich die Hilfe in Seenot erfahren. In Abweichung zu den allgemeinen Grundsätzen gewährt das angloamerikanische Seerecht bei der Rettung fremden Eigentums aus Seenot dem Helfer grundsätzlich Ersatzansprüche für seine Aufwendungen und eine angemessene Belohnung. Die seerechtlichen Ausnahmen scheinen neben ökonomischen Erwägungen daher zu rühren, dass sie dem Court of Admiralty zugewiesen waren, deren Richter im Wesentlichen im kontinentaleuropäischen Recht ausgebildet waren. In Falcke v. Scottish Insurance Co. wurde es gerade abgelehnt, die Besonderheiten des Seerechts auf dem Land anzuwenden128.

Auch wenn das common law kein besonderes Rechtsinstitut der negotiorum gestio kennt, so haben sich doch für verschiedene Situationen andere Lösungswege herausgebildet, um zu befriedigenden Ergebnissen zu gelangen. Unseren Vorstellung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag sicherlich am nächsten kommt die Lehre der agency of necessity, der zufolge in bestimmten Notsituationen eine Person unbeauftragt einem anderen notwendige Leistungen erbringen kann und hierfür Aufwendungsersatz erwarten darf129. Diese Lehre findet ihre Ursprünge in den maritimen Bräuchen, denen zufolge der Kapitän in Notsituationen über seine normale Berechtigung hinaus die Befugnis hatte, Schiff und Fracht zu verkaufen. Von hier aus wurden die Grundsätze auf andere Fälle ausgedehnt, in denen jemand, um in einem Notfall zugunsten eines anderen einzuschreiten, den Bereich einer bestehenden Berechtigung überschreitet. Man spricht von einer implied authority. Als weiteres Rechtsinstitut des common law ist bailment zu nennen, das im weiteren Sinne dem Besitzmittlungsverhältnis des deutschen Rechts ähnelt130. Neben dem Deliktsrecht – allerdings hier unter 126

Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. (1887) 34 ChD 234, 248 (CA). Vgl. etwa Sheehan, Negotiorum Gestio, 55 ICLQ (2006) 253. 128 Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. (1887) 34 ChD 234, 248 seq. (CA). 129 Dazu: Aitken, Negotiorum Gestio and the Common Law, 11 Sydney LR (1988) 566, 591 seqq.; v. Bar, Die Äquivalente des Common Law für das kontinentaleuropäische Konzept der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in: FS Lorenz, 2001, S. 441 (446 ff.); Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 449. 130 Eingehend: v. Bar, Die Äquivalente des Common Law für das kontinentaleuropäische 127

§ 2. Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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umgekehrten Zeichen zugunsten des Geschäftsführers unter dem Gesichtspunkt der Herausforderungsfälle131 – kommen schließlich einigen Rechtsinstituten des sog. law of restitution Bedeutung zu, wobei gerade im deutschen rechtsvergleichenden Schrifttum die Klagegründe quantum meruit und money paid to the defandant’s use allgemein besonders hervorgehoben werden132. Bei beiden Instituten überwiegt auf der Begründungsebene das bereicherungsrechtliche Element. Das common law gewährt einen Anspruch auf Vergütung von Leistungen, die nicht in Erfüllung einer Vertragspflicht erbracht wurden, wenn der Geschäftsherr sie freiwillig akzeptiert hat und er wusste oder wissen musste, dass der Geschäftsführer für seine Leistung eine Vergütung erwartet (Quantum meruit). Eine Dienstleistung, die der Geschäftsherr zu seinen Gunsten geschehen lässt, obwohl ein vernünftiger Mensch ihr widersprochen hätte, wenn er sie nicht hat haben wollen, wird als Bereicherung des Geschäftsherrn betrachtet. Da in der Dienstleistung aber auch eine Tätigkeit für den Geschäftsherrn liegt, ist eine Nähe zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag spürbar133. Neben leichten Affinitäten zur Genehmigung des § 684 S. 2 BGB oder der ratification im französischen Recht (Art. 1998 Abs. 2 CC) kommt diese Lehre dem Pr. ALR I 13 § 241 sehr nahe, wonach auch die Entgegennahme des Vorteils in Kenntnis der auftragslosen Geschäftsbesorgung einen (auf die Bereicherung beschränkten) Aufwendungsersatz zur Entstehung brachte. Auch der rechtstatsächliche Anwendungsbereich zeigt Verwandtschaft zur heutigen Handhabung der Geschäftsführung ohne Auftrag im deutschen Recht: viele Klagen stehen im Zusammenhang mit unwirksamen, nichtigen oder nicht bis zum Abschluss gelangten Werkverträgen. Nach zutreffender Lehre greift in diesen Fällen auch im kontinentaleuropäischen Recht – wie bereits die Römer lehrten – die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag ein134. Zunehmend wird in der angelsächsischen Wissenschaft die Frage diskutiert, ob der Anspruch aus quantum meruit auf Fälle ausgedehnt werden soll, in denen der Kläger in einer Notfallsituation tätig geworden ist. Auch hier könne der GeKonzept der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in: FS Lorenz, 2001, S. 441 (455 ff.). 131 Wagner v. International Railway Co. (1921) 232 NY 176: Rettung eines Selbstmörders. 132 v. Bar, Die Äquivalente des Common Law für das kontinentaleuropäische Konzept der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in: FS Lorenz, 2001, S. 441 (458 ff.). 133 Auch wenn die Geschäftsführung ohne Auftrag auf keinen Fall als rechtsgeschäftliches Schuldverhältnis betrachtet werden darf, so ist hier doch auch die Nähe zur Lehre vom stillschweigenden Vertrag (vgl. §§ 612, 632 BGB) frappierend. Ein weiteres Eingehen hierauf ist an dieser Stelle unmöglich und muss einer separaten Untersuchung vorbehalten werden. Allerdings ist bereits eine Tendenz zu vermelden: die Lehre vom stillschweigenden Vertrag zieht nicht ihrerseits –wie früher geglaubt – die Geschäftsführung ohne Auftrag in den rechtsgeschäftlichen Bereich, sondern umgekehrt kann das Institut der negotiorum gestio zu einer Neubewertung der Idee der stillschweigenden Willenserklärung führen. 134 Ulpian, Dig. 3, 5, 5, pr. (de negotiis gestis); ders., Dig. 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis).

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

schäftsherr als bereichert angesehen werden, obwohl er die Leistung des Geschäftsführers gerade nicht frei akzeptiert habe, und das sogar dann, wenn die Leistung des Geschäftsführers am Ende erfolglos blieb, solange sie nur vernünftig war. Zwar solle ein Anspruch grundsätzlich nur auf Aufwendungsersatz gehen; für Helfer aber, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eingriffen, soll aber auch ein Vergütungsanspruch möglich sein135. Bei dem Klagegrund Money paid to the defendant’s use geht es um Fälle, in denen der Geschäftsführer Aufwendungen tätigt, die letztlich der Geschäftsherr zu tragen hat. In der Entscheidung Waters v. Weigall aus dem Jahre 1795 war einem Mieter gestattet worden, seine aus Anlass von Sturmschäden am Mietobjekt, zur Vermeidung von Schlimmerem, verauslagten Reparaturkosten gegen den Mietzinsanspruch des – zur Reparatur verpflichteten – Vermieters aufzurechnen136. Macdonald CB führte aus: „If the landlord is bound in law or equity to repair in consequence of the accident that has happened, and you were right in expending this sum in repairs for him, it is money paid to his use; and may be set off against the demand for tent“. Auch hier lässt sich – nach der hier vertretenen subordinationsrechtlichen Lehre – ohne weiteres eine Geschäftsführung für den Vermieter begründen. Denn nach dem sozialen Sinn wird der Mieter durch seine Aufwendungen für den Vermieter tätig, dessen Eigentum er verbessert. Dass er dadurch (mittelbar) auch seine eigene tatsächliche Stellung verbessert (wieder ein trockenes Dach über dem Kopf) kann nur ein unbeachtliches Motiv und Reflexvorteil sein. Schaut man auf die rechtspraktischen Ergebnisse, reduzieren sich die Unterschiede von common law und kontinentaleuropäischer negotiorum gestio137. Dies gilt insbesondere, wenn man dem common law – trotz der unterschiedlichen Akzentuierung in der Begründung der Ablehnung der Geschäftsführung ohne Auftrag – das restriktive österreichische und preußische Gestionsrecht beiseite stellt. Grundsätzlich ist die unbeauftragte Geschäftsführung für einen anderen unerwünscht, aber unter bestimmten rechtfertigenden Umständen kann sie doch für den Gestor einen Anspruch begründen. Scarman LJ fasst die Rechtslage im common law so zusammen138: „If without an antecedent request a person assumes an obligation or makes a payment for the benefit of ano135 Vgl. jeweils m.w.N.: Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (375); Sheehan, Negotiorum Gestio, 55 ICLQ (2006) 253. 136 Waters v. Weigall (1795) 145 ER 971 (2 Anst 575); Gebhardt v. Saunders (1892) 2 QB 452. 137 Sheehan, Negotiorum Gestio, 55 ICLQ (2006) 253. 138 Owen v. Tate and another (1975) 2 All ER 129, 135: der Kläger hatte eine Bürgschaft übernommen, weil diese – wie er vortrug – die einzige Möglichkeit gewesen war, den Beklagten vor großem Schaden zu bewahren. Der Kläger wurde in Anspruch genommen und klagte nun auf Ersatz. Der Kläger drang aus tatsächlichen Gründen mit seinem Anspruch nicht durch.

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ther, the law will, as general rule, refuse him a right of indemnity. But if he can show that in the particular circumstances of the case there was some necessity for the obligation to be assumed, then the law will grant him a right of reimbursement if in all the circumstances it is just and reasonable to do so“. Dies entspricht weitgehend der Privilegierung der Notgeschäftsführung und der Deprivilegierung der lediglich nütztlichen oder sogar unnützen Geschäftsführung im österreichischen und preußischen Recht. Von hieraus lässt sich nun eine Brücke schlagen zu Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR und Art. 6:198 BW (Holland), die für Begründung des Rechtsverhältnisses der negotiorum gestio einen reasonable ground bzw. einen redelijke grond verlangen. Dieser Eindruck gewinnt an Kontur, wenn man einen abschließenden Blick auf das amerikanische Restatement of the law of restitution wirft. Das Restatement ist kein (Muster-)Gesetz, sondern eine zur Sekundärliteratur des Case Law zählende private Darstellung mit dem Ziel, die Normen des gemein-amerikanischen common law in systematischer Form darzustellen, und zwar so, wie amerikanische Gerichte im Allgemeinen bestimmte Streitigkeiten entscheiden würden. § 2 des Restatement of the Law of Restitution stellt den bekannten Grundsatz des common law auf: § 2. Restatement of the law of restitution. A person who officiously confers a benefit upon another is not entitled to restitution therefor.

Der dahinter stehende Grund ist bekannt: „A person is not required to deal with another unless he so desires and, ordinarily, a person should not to be required to become an obligor unless he so desires“. Aber bereits im comment dazu heißt es erläuternd: „Officiousness means interference in the affairs of others not justified by the circumstances under which the interference takes place“. Dementsprechend hält das Restatement zahlreiche Durchbrechungen des in § 2 aufgestellten Grundsatzes vor. § 112 des Restatement fasst diese Durchbrechungen zusammen139, wobei allerdings auch dem Restatement der auch in Kontinentaleuropa weit verbreitete Fehler passiert, die echte Geschäftsführung ohne Auftrag (zugunsten des Geschäftsherrn) mit der Geschäftsführung für einen Dritten zu vermischen. Lassen wir diese Ungenauigkeit beiseite, so wird dem Geschäftsführer also dann ein Anspruch zugestanden, wenn die Geschäftsführung notwendig war140: § 112. Restatement of the law of restitution. A person who without mistake, coercion or request has unconditionally conferred a benefit upon another is not entitled to restitution, except where the benefit was conferred under circumstances making such action necessary for the protection of the interest of the other or third persons. 139 Die Grundregel des § 112 wird in den folgenden §§ 113–117 konkretisiert, wobei allerdings die dringende Notwendigkeit und Subsidiarität der Geschäftsführung im Vordergrund steht. 140 Und er mit – regelmäßig vermuteter – Wiedererlangungsabsicht gehandelt hat: vgl. die Wendung „acted … with the intent to charge therefor“ in den §§ 113–117 des Restatement.

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3. Bewertung Die Bewertung kann an dieser Stelle kurz ausfallen. Aus dem anglo-amerikanischen Recht könnte man die Lehre ziehen, dass man das Geschäftsführungsrecht nicht wirklich braucht und vergleichbare Ergebnisse – trotz der im Grundsatz eigenen Wertungen des Gestionsrechts (Subordination) – mit anderen Rechtsinstituten, insbesondere mit dem Bereicherungsrecht oder auch einer Überdehnung des Vertragsrechts (wobei man dann wahrlich bei einer Kategorie der Quasikontrakte wäre) erreichen kann. Dieser Einwand ist, wie noch zu zeigen sein wird, insoweit berechtigt, als sich in der Tat viele Ergebnisse, die mit Hilfe des Geschäftsführungsrechts gewonnen werden, auch mit Hilfe des Bereicherungsrechts gewonnen werden können, und man etwa in der französischen Jurisprudenz gerne zu vertraglichen Hilfskonstruktionen greift. Aber zum einen lassen sich auch bei Rückgriff auf dieses Instrumentarium nicht alle Gestionsfolgen begründen, zum anderen ist auch das, was man mit anderen Rechtsinstituten erreichen kann, nur mit erheblichen dogmatischen Anstrengungen und Verrenkungen möglich. Zudem ist zu beachten, dass mit der Auflösung der Geschäftsführung ohne Auftrag in den Rechtsordnungen, die dieses Institut kennen, letztlich wenig gewonnen wäre. Die (echte) negotiorum gestio ist der Kumulierungspunkt der auftragslosen und fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen. Zukünftige Juristengenerationen würden sicherlich in einer großen Systematisierungsleistung den umgekehrten Weg gehen und ein eigenständiges Rechtsinstitut der fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen von neuem erschaffen. Man denke nur an die auch im angloamerikanischen Rechtsraum vorhandene Bewegung, die versucht, von den einzelnen unterschiedlichen Klagegründen zu einem einheitlichen Rechtsinstitut der negotiorum gestio zu kommen. Als bedeutsamer erscheint daher die von der Quasideliktstheorie übriggebliebene Lehre, den Individualismus nicht allzu leichtfertig auf dem Altar des Gutmenschentums aufzuopfern. Doch um die Sicherung der individuellen Freiheitsrechte zu erreichen, erscheint mir der Weg des deutschen BGB mit seinem streng subjektiven Utilitätsprinzip des § 683 S. 1 BGB, auch wenn es sich hierbei um eine Altlast der Quasikontraktstheorie handelt, vorzugswürdig vor dem rein objektiven Maßstab der Notwendigkeit (necessity) der Geschäftsführung oder gar eines lediglich reasonable ground for acting (Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR).

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VI. Die Geschäftsführung ohne Aufrag als Subordinationsverhältnis Die bisherigen Deutungsversuche der echten Geschäftsführung ohne Auftrag sind ernüchternd verlaufen. Eine Rückführung der Geschäftsführung ohne Auftrag auf höhere ethisch-moralische Prinzipien durch die Theorie der Menschenhilfe kann das Rechtsinstitut in seiner Faktizität nicht erklären. Die Quasivertragstheorie interpretiert rechtsgeschäftliche Elemente in die Geschäftsführung ohne Auftrag hinein, die diese gerade nicht kennt. Die objektive Theorie ist in Wahrheit eine Theorie der ungerechtfertigten Bereicherung. Die folgende Arbeit will einen anderen Weg gehen: die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das Rechtsinstitut der realgeschäftlichen Interessenwahrnehmung für einen anderen; sie ist das spezielle gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch wirksamen Vertrag oder Gesetz – anderweitig und abschließend – geregelten Interessensubordination. Insoweit repräsentiert die Geschäftsführung einen eigenständigen Rechtssatz, dessen besonderer Gerechtigkeitsgehalt aus der faktischen Interessenunterordnung (Subordination) folgt.

1. Die Interessenwahrnehmung (Subordination) Der Geschäftsführung ohne Auftrag und ihrer Stellung im System der gesetzlichen Schuldverhältnisse kann man sich nur über eine Analyse der dem Rechtsinstitut zugrundeliegenden Interessenstruktur annähern. Im Wesentlichen vorangetrieben wurde die Interessenstrukturlehre im Vertragsrecht von Martinek141. Aus dem Vertragsrecht sind drei grundlegende Interessenstrukturtypen bekannt: Interessengegensatz (Koordinationsverträge), Interessengleichrichtung (Koalitions- oder Konföderationsverträge) und Interessenwahrung (Subordinationsverträge). Beim Interessengegensatz verfolgt jede Partei ausschließlich ihre eigenen, den Interessen des Vertragspartners gegenläufige Interessen. Die gegensätzlichen Interessen werden lediglich im Rahmen des Leistungsaustauschgeschäfts (Kauf, Tausch, Miete) koordiniert. Um einen solchen Interessengegensatz geht es bei der negotiorum gestio erkennbar nicht. Den Austauschverhältnissen steht der Fall der Interessengleichrichtung gegenüber. Die Vertragsparteien verfolgen einen gemeinsamen Zweck. Hierher gehört die Gesellschaft (§ 705 BGB). Auch darum geht es der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht. Als eigenständige dritte Grundstrukturform steht zwischen Interessengegensatz und Interessengleichrichtung die Interessenwahrung. Der Typus der Interessenwahrung ist durch die Unterordnung (Subordination) der Interessen der einen Partei (Geschäftsführer) unter die der anderen Seite (Geschäfts141

Grundlegend: Staudinger/Martinek (2006) Vorbem 23 ff. zu §§ 662 ff. mwN.

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herr) gekennzeichnet. Hierhin gehören Auftrag und Geschäftsbesorgung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Entsprechung der rechtsgeschäftlichen Interessenwahrnehmungs- oder Subordinationsverhältnisse im Bereich der gesetzlichen (nicht rechtsgeschäftlichen) Schuldverhältnisse142. Die negotiorum gestio in der Gestalt, die sie insbesondere in den §§ 677 bis 686 BGB gefunden hat143, ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht auf Rechtsgeschäft beruhenden Interessenswahrnehmung. Die aus dem Bereich der vertraglichen Subordination bekannten Elemente finden sich auch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag144. Der Geschäftsführer wird im Bereich der übernommenen Geschäftsführung in einer Art und Weise tätig, in der es der Geschäftsherr im Falle des Selbsthandelns sein müsste. Wille und Interessen des Geschäftsherrn sind Richtschnur für das Handeln des Geschäftsführers (§ 677 BGB); seine eigenen Belange hat er dahinter zurückzustellen und den Weisungen des Geschäftsherrn als Aktualisierungen dessen Willens zu gehorchen. Zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr besteht eine Treuhandbeziehung: § 677 BGB bestimmt den Maßstab der ordnungsgemäßen Geschäftsführung dahin, dass der Geschäftsführer das Geschäft so zu führen hat, „wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert“; § 681 S. 1 BGB regelt die Anzeige- und Wartepflicht des Gestors gleich einem rechtsgeschäftlich Beauftragten, der von den Weisungen des Auftraggebers abweichen will (vgl. § 665 BGB) und setzt damit ein Weisungsrecht des Geschäftsherrn voraus. Der Subordination entspricht, dass der Geschäftsführer – anders als bei Austauschverhältnissen, in denen jede Partei das Gewinn- und Verlustrisiko ihrer Aufwendungen trägt – am wirtschaftlichen Erfolg seines Handelns nicht unmittelbar beteiligt ist. Ein etwaiger Gewinn ist nicht sein Gewinn, sondern der Gewinn des Geschäftsherrn (§§ 681 S. 2, 667 BGB); entsprechend ist ein Verlust nicht sein Verlust, sondern er fällt letztlich dem Geschäftsherrn zur Last: der Gestor kann gem. § 683 S. 1 BGB Ersatz seiner notwendigen Aufwendungen verlangen, unabhängig davon, ob sie vom Erfolg gekrönt waren oder nicht145. 142 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (26 f.); bereits in diese Richtung zielte Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 7 ff.; dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 48 ff.; siehe auch Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 42, der betont, dass Auftrag und Geschäftsführung auf dem gleichen sozialen Phänomen der fremdnützigen Tätigkeit beruhen. 143 Natürlich mit Ausnahme der §§ 679, 683 S. 2 BGB (privilegierter Rückgriffsanspruch). 144 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1022. Auf die große Ähnlichkeit zwischen Auftrag und der gestion d’affaires hat schon Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 444 et suiv. hingewiesen. 145 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1033; vgl. auch die Schadloshaltungsfunktion der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag bei Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 1.

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Ist der Maßstab der Geschäftsführung auch das Interesse des Geschäftsherrn, so bestehen doch verschiedene Möglichkeiten, wie das rechtlich relevante Interesse zu definieren ist: möglich ist ein objektiver oder ein subjektiver Maßstab. Das BGB hat sich im Grundsatz – wenn dies auch in den gesetzlichen Formulierungen vielleicht nicht immer deutlich wird (vgl. § 683 S. 1 BGB) – für das strenge subjektive Prinzip entschieden; entscheidend ist der wirkliche oder der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn. Aus dem streng subjektiven Prinzip folgt eine Einschränkung der geschäftsführungsrechtlichen Verlustzuweisung an den Geschäftsherrn: hat die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Willen des Geschäftsherrn entsprochen, kommt eine Verlustweiterleitung nur in Betracht, soweit der Geschäftsherr durch die Geschäftsführung überhaupt bereichert ist (§§ 683, 684 S. 1 BGB). Doch besteht das Prinzip der Verlustzuweisung an den Geschäftsherrn auch hier; es wird nur durch die vorhandene Bereicherung des Geschäftsherrn begrenzt. – Zwingend (in einem übergeordneten naturrechtlichen Sinne) ist das subjektive Prinzip nicht: andere Ordnungen wie das Recht der holländischen Zaakwaarneming oder der DCFR folgen dagegen einem objektiven Maßstab146.

2. Die normative Geschäftsführungsabsicht als tragendes Element der realgeschäftlichen Interessenwahrnehmung Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Interessenwahrnehmung für einen anderen. Tragendes und obligationsbegründendes Element der Geschäftsführung ohne Auftrag ist damit die – normativ zu verstehende – Geschäftsführungsabsicht, also die Absicht, ein Geschäft für einen anderen, nämlich den Geschäftsherrn, zu führen147. Entgegen verbreiteten Missverständnissen beschreibt die Geschäftsführungsabsicht kein empirisch ermittelbares Internum der Psyche des Geschäftsführers. Über das Vorhandensein der Geschäftsführungsabsicht gibt keine psychologisch-empirische Willenserforschung Auskunft. Den Ausschlag gibt der soziale Sinn der Tätigkeit des Geschäftsführers148. Es entscheidet die durch materiell-wertende Betrachtung gewonnene Erkenntnis über die Zweckrichtung (Finalität) seines Handelns. Die Geschäfts146 Art. 6:198 BW; Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR. Vgl. dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. D 34 (p. 115). 147 So schon Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 26. 148 Ebenso Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 75 f.; krit. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (27 f.); vgl. auch Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (397).

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führungsabsicht ist in erster Linie ein normatives, Wertungen bedürftiges und Wertungen zugängliches, und weniger ein subjektives Tatbestandsmerkmal. Stellt sich das Tun des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn nach als fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen dar, ist der Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag eröffnet. Nur – und dies ist mit Blick auf abweichende tradierte Vorstellungen noch einmal besonders zu betonen – entscheidet über das Vorliegen der Geschäftsführungsabsicht und damit über die Eröffnung des Anwendungsbereichs der §§ 677 ff. BGB nicht eine naturalistische Betrachtung des subjektiven Bewusstseins des Geschäftsführers, sondern eine normative Betrachtung, die nach dem sozialen Sinn fragt. Erscheint dagegen der tatsächliche Vorgang nicht als fremdnützige Geschäftsbesorgung, ist der Anwendungsbereich der §§ 677 ff. BGB nicht eröffnet (vgl. § 687 Abs. 1 BGB). Ein echtes subjektives Tatbestandsmerkmal gibt es im Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht. Die Normativierung der Geschäftsführungsabsicht ist im Gesetz selbst angelegt und findet ihren sinnfälligen Ausdruck in der Irrtumsregel des § 686 BGB: entscheidend ist nicht die reale Willensrichtung des Geschäftsführers, sondern die objektive Zweckrichtung der Geschäftsführung. Erst diese Normativierung der Geschäftsführungsabsicht macht die Geschäftsführungsregeln zu einem für die Praxis handhabbaren Tatbestand. Der empirische Nachweis eines subjektiv existenten natürlichen Geschäftsführungswillens würde – sofern man nicht gleich der hM auf materiell sinnentleerte Vermutungen ausweichen möchte – stets auf eine probatio diabolica hinauslaufen. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein durch und durch normatives Tatbestandsmerkmal. Der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag kennt kein subjektiv-empirisches Tatbestandsmerkmal. Insbesondere ist ein Fremdgeschäftsführungsbewusstsein oder ein Geschäftsführungsbewusstsein nicht erforderlich149. Auf ein Fremdgeschäftsführungsbewusstsein, also das Bewusstsein, im fremden Rechtskreis tätig zu werden, kommt es schon deswegen nicht an, weil der objektive Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag den Begriff des fremden Geschäfts nicht kennt; für ein korrespondierendes subjektives Tatbestandselement ist daher von vorneherein kein Raum150. Aber auch ein Geschäftsführungsbewusstsein im Sinne eines empirisch nachzuweisenden Bewusstseins des Geschäftsführers, bei seinem Handeln das Interesse des Geschäftsherrn zu wahren, ist nicht anzuerkennen151. Die Obligation wird einzig dadurch ausgelöst, dass sich das Tun des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn 149

AA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981,

S. 23. 150

Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13

(29). 151 So aber: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 23; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29).

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entsprechend als fremdnützige Interessenwahrnehmung darstellt. Anderes folgt für das deutsche Recht auch nicht aus § 687 Abs. 1 BGB. Diese Vorschrift besagt nur, dass im Falle der (ebenfalls normativ zu beurteilenden) eigennützigen Geschäftsführung – mangels Geschäftsführungsabsicht fehlt es bereits am Vorliegen des Tatbestandes der Geschäftsführung – die Geschäftsführungsregeln auch dann nicht eingreifen, wenn das besorgte Geschäft ein objektiv fremdes war. Damit wurde vom Gesetzgeber nicht ein (Fremd-)Geschäftsführungsbewusstsein zum Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung erhoben, sondern der objektiven Theorie eine klare Absage erteilt. § 687 Abs. 1 BGB will den Geschäftsführer bei der eigennützigen, am eigenen Interesse orientierten Geschäftsführung vor den unangemessenen Rechtsfolgen der §§ 677 ff. BGB schützen, solange nicht umgekehrt der Geschäftsherr nachweist, dass der eigennützig handelnde Geschäftsführer die Fremdheit des Geschäfts kannte und er Rechte aus Geschäftsanmaßung geltend machen kann (§ 687 Abs. 2 BGB). Nur im Rahmen des Tatbestandes der Geschäftsanmaßung des § 687 Abs. 2 BGB gibt es – neben der auch hier normativ festzustellenden eigennützigen Geschäftsführung – ein echtes subjektives Tatbestandsmerkmal. Der hier vertretene Verzicht auf ein subjektives Element mag sicherlich ungewöhnlich, wenn nicht sogar „radikal“ erscheinen, ist aber dem Geschäftsführungsrecht als solchem nicht unbekannt: auch die tradierte Lehre verzichtet letztlich auf ein subjektives Element, wenn sie die Geschäftsführungsabsicht bei Vorliegen eines (auch-)fremden Geschäfts de facto unwiderlegbar vermutet152. Allerdings wählt sie mit dem Begriff des fremden Geschäfts den falschen Anknüpfungspunkt: das fremde Geschäft gibt Auskunft über die Kosten- und Lastenzuordnung eines Geschäfts, aber nicht darüber, ob der Geschäftsführer im Sinne einer fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen tätig wird. Letzte Bedenken gegen den vollständigen Verzicht auf ein echtes, empirisches subjektives Moment entfallen, wenn man die Parallele zu einem im Zusammenhang mit der negotiorum gestio immer wieder genannten Rechtsinstitut zieht: der Theorie der stillschweigenden Willenserklärung153. In der Jurisprudenz kam es seit jeher zu einer Gleichstellung von konkludenten Willenserklärungen und ausdrücklichen Willenserklärungen154. § 72 des Ersten Entwurfs 152 So zB: zB BGH NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26.2.2005 – VIII ZR 66/04; BGH NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21.10.2003 – X ZR 66/01; BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26.11.1998 – III ZR 223/97; BGHZ 98, 235 (240), Urt. v. 18.9.1986 – III ZR 227/84; BGH NJW 1979, 598, Urt. v. 21.12.1978 – VII ZR 91/77; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 4. 153 Vgl. dazu etwa schon Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic, tomus secundus der Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, continuatio, Comment. § 3. 154 Von den älteren Juristen seien nur Lauterbach, Collegium pandectarum theoreticopracticum I, Ausgabe von 1714, L. II Tit. XIV § XXXV und Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic, tomus secundus der Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII continuatio § 3 genannt: „Utique enim tacita conven-

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zum BGB (E I) sah dementsprechend noch die besondere Bestimmung vor: „Die Willenserklärung kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen“155. Bei der Gleichstellung handelt es sich keineswegs um eine Besonderheit des ius civile. Die Gleichsetzung wurde ohne weiteres von der Naturrechtslehre übernommen156 und fand so auch Eingang in die Naturrechtskodifikationen157. Den heutigen Juristengenerationen ist der tragende Unterschied zwischen ausdrücklicher Willenserklärung und konkludenter Willenserklärung nicht mehr bekannt. Bei der ausdrücklichen Willenserklärung ist der empirische Wille des Erklärenden auf die Äußerung seines Willens, also auf die Setzung von Erklärungszeichen und damit gleichzeitig auf die Setzung von privatautonom gewollten Rechtsfolgen gerichtet. So etwa, wenn ich das Wort bewusst an meinen Gegenüber richte, um mit ihm einen Vertrag zu schließen, oder wenn ich mit der Hand dem Ober zur Bestellung winke158. Eine stillschweigende (konkludente) Willenserklärung dagegen liegt vor, wenn der Zweck der menschlichen Handlung eben nicht auf die Kundgabe eines bestimmten Willens (und damit auf das Setzen bestimmter Rechtsfolgen gerichtet ist), sondern auf die Vornahme einer anderen Handlung, so etwa, wenn ich um an meinen Arbeitsplatz zu gelangen, die Straßenbahn besteige oder einen Baum fälle159. Die heute bekannten, klassischen subjektiven Merkmale der (ausdrücklichen) Willenserklärung wie Erklärungsbewusstsein (Rechtsbindungswille) und Geschäfts-

tio non minus vera conventio est, atque ad actionem ex contractu producendam non minus efficax, quam verbis nuncapata. Quippe in omnibus contractibus, quod tacite inter contrahentes agitur, pro expresso habetur“ (Anm.: Zitierungen wurden ausgelassen). Soweit ersichtlich war anderer Auffassung nur der Pandektist Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II, 1889, § 93 Beil. I = S. 74. 155 Schließlich wurde die Vorschrift im Rahmen der Beratungen der Zweiten Kommission gestrichen (Mugdan I, S. 685). 156 Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 27: „Cum modus declarandi volantatis ipsum actum non variet; Consensus tacitus non minus verus Consensus est, quam expressis“. Vgl. auch Ferguson, Institutes of Moral Philosophy2, 1773, Part. V Chap. VIII Sect. II nro. 4. 157 So ordnete etwa Pr. ALR I 4 § 58 an: „Stillschweigende Willensäußerungen haben mit den ausdrücklichen gleiche Kraft“. Noch heute heißt es im österreichischen § 863 Abs. 1 ABGB: „Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen“. 158 Entgegen einem heute verbreiteten Missverständnis sind auch Gebärden wie etwa das Heranwinken ausdrückliche Willenserklärungen, denn auch hier ist der Wille unmittelbar auf die Willenskundgabe gerichtet (v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts III, 1840, S. 243). 159 v. Burckhard, Die civilistischen Präsumtionen, 1866, S. 270 f.; Puchta, Pandekten7, Leipzig, 1853, § 64 = S. 97; v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts III, 1840, S. 242 ff.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts I9, 1906, § 72 = S. 336 f. mit Fn. 7; auch Flume, Das Rechtsgeschäft4, 1992, § 5 4 = S. 72 f.

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wille (Rechtsfolgewille) geht der konkludenten Willenserklärung per se ab160. Will der Handelnde einen Baum fällen oder Straßenbahn fahren, so hat er kein Erklärungsbewusstsein oder Geschäftswillen. Ein irgendwie geartetes Mitbewusstsein einer der Handlung unterliegenden Willenserklärung ist reine Fiktion. Und so war der Lehre von der stillschweigenden Willenserklärung letztlich auch immer bewusst, dass sie nicht an einen wirklichen, empirisch nachweisbaren, aber eben nur stillschweigend geäußerten Willen anknüpft, sondern letztlich aus der tatsächlichen Handlung im Wege eines normativen Schlusses auf den (rechtsgeschäftlichen) Willen schließt, den der Handelnde bei Anlegung des Maßstabs von Treu und Glauben als vir probus gehabt haben müsste161. Eine Beziehung des natürlichen Willens zur Rechtsfolge ist bei der stillschweigenden Willenserklärung anders als bei der ausdrücklichen Willenserklärung als dem Herzstück der Privatautonomie kaum ausgeprägt. Tatsächlich wird nur die Handlung (in einem empirischen Sinne) willentlich gesetzt, aus der sodann in einem normativen Verfahren auf den „rechtsgeschäftlichen“ Willen geschlossen wird, der im konkreten Fall die „rechtsgeschäftliche“ Konstruktion ermöglicht, um die im konkreten Fall angemessenen Rechtsfolgen herbeizuführen162. Letztlich kann man sogar mit Blick auf die stillschweigende Willenserklärung von einer zweitausend Jahre alten objektiven Rechtsregel sprechen163, nach der ausgeführtes, nicht rechtswidriges menschliches Handeln (die konkludente Handlung) für den Einzelfall angemessene billige Rechtsfolgen (Inhalt der konkludenten Willenserklärung) nach sich zieht. Seiner logischen Struktur nach handelt es 160

Vgl. Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II, 1889, § 93 = S. 68. So der „objektive“ Ansatz von Hartmann, Werk und Wille bei dem sogenannten stillschweigenden Konsens, AcP 72 (1888), 161 (213 ff.). Die überwiegende, willenstheoretisch geprägte Lehre des Pandektismus stand dem ersten Anschein nach auf einem mehr „subjektiven“ Standpunkt, als eine konkludente Handlung nur dann als Willenserklärung angesehen wurde, wenn sie den sicheren Schluss auf das Vorhandensein eines entsprechenden Willens ermöglichte: Puchta, Pandekten7, Leipzig, 1853, § 64 = S. 97; v. Savigny, System des heutigen Römischen Rechts III, 1840, S. 245 f.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts I9, 1906, § 72 = S. 336 f. Doch ist der subjektive Ansatz in zwei Richtungen zu relativieren. Letztlich kann es auch diesem Ansatz nur um die Ermittlung eines fiktiven Willens gegangen sei, da ein unmittelbarer, empirisch auf eine Rechtsfolge ausgerichteter Wille ja nicht vorliegt. Soweit es um die Ermittlung des fiktiven Willens geht, sei aber anerkannt, dass die Theorie „subjektiver“ ist, als sie weniger objektive Gesichtspunkte als den präsumtiven Willen des Handelnden in den Mittelpunkt rückt. Aber auch hier ist eine zweite Einschränkung zu machen. Ohne normative Gesichtspunkte kam auch die herrschende Lehre nicht aus, als die das Institut der Unbeachtlichkeit der protestatio facto contraria allgemein anerkannte (zB: Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts I9, 1906, § 72 = S. 338 Fn. 11). Diese Lehre besagt, dass die Protestation unwirksam ist, wenn die tatsächliche Handlung mit der Protestation dergestalt in Widerspruch steht, dass beide nebeneinander nicht bestehen können, mithin die tatsächlich vorgenommene Handlung eine Aufhebung der Protestation notwendig in sich schließt. 162 Vgl. Bekker, System des heutigen Pandektenrechts II, 1889, § 93 Beil. I = S. 74. 163 ZB: Neratius, Dig. 20, 2, 4 pr. (in quibus causis pignus vel hypotheca tacite contrahitur). 161

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sich um einen – zwar sowohl auf Tatbestandsseite wie Rechtsfolgenseiten weitgehend offenen – Rechtssatz: ein willentliches, rechtmäßiges Handeln zieht ex iure nicht mehr gewollte Rechtsfolgen nach sich; lediglich rechtsdogmatisch bedient sich dieser Rechtssatz des Vehikels der Rechtsgeschäftslehre. Erkennt man, dass bereits die Rechtsgeschäftslehre an zentraler Stelle alleine an menschlichen Handlungen anknüpft und hieraus unabhängig vom empirischen Willen Rechtsfolgen ableitet, so schwinden die Bedenken, im Bereich der (echten) Geschäftsführung ohne Auftrag auf ein empirisches Willensmoment seitens des Gestors zu verzichten. Durch den Vergleich mit der Theorie der stillschweigenden Willenserklärung soll die negotiorum gestio übrigens nicht an die Rechtsgeschäftslehre angelehnt werden, wie dies ältere Autoren um die Quasikontraktstheorie immer wollten. Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag ist ein ausschließlich gesetzliches Schuldverhältnis, das alleine aufgrund der realen, der normativen Zweckrichtung des Handelns zu entnehmenden Interessenwahrnehmung des Geschäftsführers für den Geschäftsherrn zustande kommt. Der Entstehungstatbestand der Obligation kennt kein rechtsgeschäftliches Moment. Daher wird hier von der Geschäftsführung ohne Auftrag als realgeschäftlicher oder faktischer Interessenwahrnehmung gesprochen. – Es ist eher sogar umgekehrt: die Einsicht in das Wesen der Geschäftsführung ohne Auftrag kann bewirken, die tradierte Lehre von der stillschweigenden Willenserklärung aus dem Bereich der Rechtsgeschäftslehre herauszulösen. Die Befreiung des geschäftsführungsrechtlichen Denkens von der Suche nach einem echten empirischen subjektiven Moment seitens des Geschäftsführers bedeutet natürlich nicht, dass damit subjektive Umstände bedeutungslos sind. Bei der normativen Bestimmung der fremdnützigen Geschäftsführungsabsicht können sie durchaus eine Rolle spielen. So kann etwa der Eigenbesitz an einer Sache die Fremdnützigkeit einer Geschäftsführung ausschließen. Das Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis rechtfertigt trotz der immer wieder geäußerten Kritik den Regelungsstandort der Geschäftsführung ohne Auftrag im BGB im unmittelbaren Anschluss an den Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag als die gesetzlichen Regeltypen der vertraglichen Subordination164. Der E I ordnete die Geschäftsführung ohne Auftrag noch unmittelbar im Anschluss an das Bereicherungsrecht als zweiten Titel des vierten Abschnitts „Schuldverhältnisse aus anderen Gründen“ ein. Diese Systematik findet sich noch heute im französischen Code Civil, wo Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht gemeinschaftlich unter der Überschrift „Des quasi-contrats“ geregelt sind (Art. 1371 et suiv. CC)165. Eine Einteilung mit durchaus römisch-rechtlicher Tradition, da schon Iustinian in seinen Institutionen die Schuldverhältnisse aus Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht zu einer Gruppe zusammen fasste, den sog. 164

ZB: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 d = S. 3 f. Vgl. allgemein zu den unterschiedlichen Regelungsstandorten der negotiorum gestio in den kontinentaleuropäischen Kodifikationen: PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction A 12 (p. 56 seq.). 165

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Quasikontrakten166. Und doch wurde im Verlauf der Verhandlungen der Zweiten Kommission die Geschäftsführung ohne Auftrag – gerade auch, weil das Geschäftsführungsrecht an mancher Stelle auf das Auftragsrecht verweist – im Anschluss an das Auftragsrecht geregelt. Dies entsprach im Ergebnis den älteren Bemühungen, die in sich nicht homogene Gruppe der Quasikontrakte aufzulösen, und insbesondere die negotiorum gestio dem Vertragstypen zuzuordnen, zu denen sie die größte Affinität aufwies167. Im Ergebnis zu Recht. Zwar fehlt der Geschäftsführung ohne Auftrag jedes rechtsgeschäftliche Element. Aber Auftrag und Geschäftsführung ohne Auftrag gehören demselben grundlegenden Interessenstrukturtypus der Subordinationsverhältnisse an. Der Auftrag ist das Grundverhältnis der auf Rechtsgeschäft beruhenden, die Geschäftsführung ohne Auftrag das Grundverhältnis der auf tatsächlicher Übernahme beruhenden fremdnützigen Geschäftsbesorgung. Der Charakter der fremdnützigen Geschäftsbesorgung erklärt die weitgehende Parallelität der gesetzlichen Regelung von Auftrag und Geschäftsführung ohne Auftrag, die die gemeinsame systematische Erfassung durchaus rechtfertigt.

Für die hier entwickelte Lehre von der Geschäftsführungsabsicht als rein normatives Tatbestandsmerkmal des fremdnützigen Tätigwerdens für einen anderen lässt sich eine erstaunliche Parallele im römischen Recht der negotiorum gestio nachweisen. Dies gilt natürlich nur mit Einschränkungen, als die iustinianischen Quellen wenig konsistent sind und sich unter dem Titel de negotiis gestis, wie bereits vorangestellt, äußerst verschiedene Rechtsinstitute befinden. Lässt man aber die Fälle der irrtümlichen wie angemaßten eigennützigen Geschäftsführung außer Betracht, ebenso wie die hochproblematische Gruppe der Leistung auf fremde Schuld, die sich meist nicht als fremdnützige Geschäftsführung für den Schuldner darstellt, so lässt sich in der Tat von einer erheblichen Übereinstimmung zwischen den römischen Quellen und der Lehre von der realgeschäftlichen Interessenwahrung sprechen. Die Frage, ob der Tatbestand der negotiorum gestio im klassischen römischen Recht voraussetzte, dass der Geschäftsführer empirisch-subjektiv mit dem Willen handelte, die Geschäfte eines anderen zu führen, wird seit jeher kontrovers diskutiert168. Je nach Standpunkt wurden bisher streng objektive (am Begriff des fremden Geschäfts anknüpfende) oder subjektiv-empirische Theorien in die römischen Quellen hineingelesen, um die Autorität der römischen Juristen für die eigene Sache zu aktivieren. Noch heute grundlegend sind die Untersuchun166

Inst 3, 27 (de obligationibus quasi ex contractu). Grundlegend: Seiler, Die Systematik der einzelnen Schuldverhältnisse, 1957. 168 Grundlegend: Partsch, Studien zur Negotiorum Gestio II, in: Aus nachgelassenen und kleineren verstreuten Schriften, 1931, S. 88; Riccobono, L’animus aliena negotia gerendi, Scritti di diritto Romano II, 1964, S. 73; vgl. Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 19 ff.; Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (426 ff.); Rabel, Negotium alienum und animus, in: Gesammelte Aufsätze IV, 1971, S. 441 (448 ff.); Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 21 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 39 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 440 ff. 167

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gen von Partsch und Riccobono. Partsch war der Auffassung, dass das klassische römische Recht einem objektiven Konzept folgte und erst die byzantinischen Juristen die Notwendigkeit des animus negotia aliena gerendi implementierten; Riccobono dagegen versuchte aufzuzeigen, dass es genau umgekehrt war: der Wille des Geschäftsführers sei die Basis des klassischen Geschäftsführungsrechts und erst Iustinian habe ihn entfernt. Bereits diese Herangehensweise erscheint problematisch, weil letztlich versucht wird, einen zugespitzten Gegensatz zwischen objektiven und subjektiv-empirischen Lehren, der die geschäftsführungsrechtlichen Diskussion der letzten Jahrhunderte dominiert, in die Quellen des römischen Rechts hineinzulesen. Überschaut man den überlieferten Quellenbestand, so scheint der empirische Wille, für einen anderen ein Geschäft zu besorgen, kein selbständiges, gesondert zu prüfendes Tatbestandsmerkmal gewesen zu sein169. Dies spielt der hier vertretenen Konzeption durchaus in die Hände und man darf dies nicht als Bestätigung der objektiven Theorie verstehen, der zufolge alleine die Führung eines fremden Geschäfts den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag auslöst. In den überlieferten, und hier allein betrachteten Fragmenten ist – bei normativer Betrachtung, die auf den sozialen Sinn der Handlung abstellt – der fremdnützige Charakter der Geschäftsführung evident. Stelle ich einem Freund eine Bürgschaft, ziehe ich Forderungen für ihn ein, kaufe ihm einen neuen Sklaven oder stütze sein Haus – um einige Beispiele aus den Quellen zu nennen – so werde ich aufgrund des sozialen Sinnes als Geschäftsführer für ihn tätig. Eines zusätzlichen, empirisch nachweisbaren und ggf. zu beweisenden inneren Bewusstseins, für ihn tätig werden zu wollen, braucht es nicht. Und auch die Römer verzichteten bereits hierauf.

3. Bedeutungslosigkeit des „fremden Geschäfts“ Nicht zum Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag gehört, dass ein fremdes Geschäft vorliegt. Der Begriff des fremden Geschäfts und der dahinter stehende Gedanke der richtigen Zuordnung von Nutzen und Lasten gehören in das Bereicherungsrecht, insoweit der Geschäftsherr oder der Geschäftsführer durch die Führung des fremden Geschäfts ungerechtfertigt bereichert ist. Ein Ausgleich erfolgt sodann nach den Grundsätzen der Rückgriffs-, Aufwandsoder Eingriffskondiktion. Für das Eingreifen der Geschäftsführungsregeln ist dagegen der Begriff des fremden Geschäfts oder das Vorliegen einer Bereiche169 Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 441; vgl. auch: Rabel, Negotium alienum und animus, in: Gesammelte Aufsätze IV, 1971, S. 441 (448 f., 453); anders: Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (426): die Geschäftsführungsabsicht war eine typische Anwendungsvoraussetzung; wo sie fehlte, bediente man sich der negotiorum gestio, um für atypische Situationen befriedigende Lösungen zu finden.

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rung ohne Bedeutung170. Nur im Bereich des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff . BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB und der Geschäftsanmaßung des § 687 Abs. 2 BGB spielen der Begriff des fremden Geschäfts und die richtige Zuordnung von Nutzen und Lasten eine Rolle.

4. Der präsumtive Wille und das Interesse des Geschäftsherrn Für das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag ist es keine Voraussetzung, dass die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn oder dessem konkreten, unmittelbaren Interesse entspricht, also eine nützliche Geschäftsführung vorliegt; mit der abweichenden und gerade im deutschen Recht besonders einflussreichen Lehre von der berechtigten Geschäftsführung werden wir uns alsbald weiter unten auseinandersetzen (siehe § 6)171. Entstehungsvoraussetzung des Gestionsverhältnisses ist alleine, dass sich das Tun des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn nach als fremdnützige Interessenwahrnehmung darstellt, also bei abstrakter Betrachtung dem Interesse des Geschäftsherrn überhaupt zugute kommt. Die Frage der Willensentsprechung, d.h. die Frage danach, ob die Geschäftsführung auch im konkreten Interesse des Geschäftsherrn liegt, hat nur Bedeutung für die Frage, ob der Geschäftsführer seine Aufwendungen in voller Höhe an den Geschäftsherrn weiterreichen kann, oder ob sein Anspruch durch die Bereicherung des Geschäftsherrn begrenzt wird (vgl. §§ 683, 684 S. 1 BGB). Darin liegt kein innerer Widerspruch. Ein Handeln des Geschäftsführers kann sich sehr wohl als Interessenwahrnehmung darstellen, obwohl die Geschäftsführung nicht dem Willen und „Interesse“ des Geschäftsherrn entspricht: der Gestor löscht den Brand eines Hauses, das der Eigentümer am folgenden Tag abreißen will. Zwar fördert das Handeln des Geschäftsführers bei abstrakter Sicht das Interesse des Geschäftsherrn, weil er sein Eigentum vor Schaden bewahrt. Dem sozialen Sinn nach liegt eine fremdnützige Geschäftsführung vor; der Anwendungsbereich der §§ 677 ff. BGB ist eröffnet. Die Übernahme der Geschäftsführung widerspricht aber dem konkreten Interesse (präsumtiver Wille); dem Geschäftsführer steht lediglich ein begrenzter Aufwendungsersatzanspruch (§ 684 S. 1 BGB) zu. Das abstrakte Interesse des Geschäftsherrn entscheidet mithin über das Vorliegen einer fremdnützigen Ge170 Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 72 ff. 171 Hauptvertreter der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in Deutschland ist Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 123 ff.: erst die Nützlichkeit schafft die für die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht deliktischer Art notwendige besondere Beziehung zum Geschäftsherrn.

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schäftsführung als solcher und begründet die Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer (actio directa: §§ 677– 682 BGB); das konkrete Interesse des Geschäftsherrn bestimmt die actio contraria (§§ 683, 684 BGB). Bereits die fremdnützige Interessenwahrnehmung begründet für den Geschäftsführer die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung oder zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung erlangten. Dass die Geschäftsführung dem konkreten Interesse des Geschäftsherrn entsprochen hat, ist nicht erforderlich.

5. Geschäftsführer und Geschäftsherr Durch die Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn ein gesetzliches Schuldverhältnis. Geschäftsführer ist, wer nach dem sozialen Sinn seines Handelns fremdnützig tätig wird. Ausgehend von der Person des Geschäftsführers ist die Person des Geschäftsherrn zu bestimmen. Die Person des Geschäftsherrn folgt aus der normativ zu bestimmenden Zielrichtung der Interessenwahrnehmung des Geschäftsführers: Geschäftsherr ist, ansetzend am Geschäftsführer, diejenige Person, deren Interessen das Handeln des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn nach dient172. Die Person des Geschäftsherrn bestimmt sich nach der Finalität des Handelns des Geschäftsführers (Geschäftsführungsabsicht), wobei es nicht auf den Willen in naturalistischer Anschauung ankommt, sondern auf den sozialen Sinn der Handlung in normativer Betrachtung173. Geschäftsherr ist, wessen Interesse der Geschäftsführer wahrnimmt. Keine Rolle spielt auch hier der Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts. Neben semantisch-begrifflichen Unterschieden – hier die Betonung der Geschäftsführungsabsicht als obligationsbegründendes Element, dort die Hervorhebung des objektiv fremden Geschäfts – ist es gerade der materielle Inhalt des Begriffs der Geschäftsführungsabsicht (fremdnützige Interessenwahrnehmung und Interessensubordination), der den hier vertretenen Ansatz von der objektiven Lehre Wollschlägers unterscheidet, der sich ausschließlich von der Zuordnung eines Geschäfts nach dem Kriterium der Letztzuständigkeit leiten lässt. Leiste ich an ein fremdes Kind Unterhalt, so erledige ich sicherlich auch ein Geschäft des unterhaltspflichtigen Vaters; dennoch werde ich von der Richtung der Interessenwahrnehmung ausschließlich für das Kind tätig. Die Bestimmung der Person des Geschäftsherrn kann mit praktischen Schwierigkeiten verbunden sein und im Einzelfall Wertungsfragen diffiziler Art aufwerfen174. Insoweit ist die Geschäftsführung ohne Auftrag ein offenes 172

Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 28 (p. 112). So ausdrücklich § 686 BGB; vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 72 ff. 174 Kritisch wegen mangelnder Bestimmbarkeit etwa Helm, Welche Funktion erfüllt das 173

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Rechtsinstitut, das im Einzelfall auf Wertungen zurückgreifen muss, die außerhalb der §§ 677 ff. BGB liegen. Haben mehrere Personen gleichgerichtete Interessen, kommen auch mehrere Geschäftsherren in Betracht, wenn die Geschäftsführung ihrer objektiven Finalität nach den Interessen aller Betroffenen dient; so ist zB Löschen eines im Miteigentum stehenden Hauses Geschäftsführung für alle Miteigentümer. Haben Geschäftsführer und Geschäftsherr gleichgerichtete Interessen und dient die Geschäftsführung ihrem sozialen Sinn nach den Interessen beider, liegt mit Blick auf den Geschäftsherrn eine Geschäftsführung ohne Auftrag vor; als Beispiel kann man den Fall nennen, dass der Miteigentümer Aufwendungen macht, die der Gesamtsache zugute kommen175. Der Geschäftsherr schuldet aber dann entsprechend § 426 Abs. 1 BGB nur anteiligen Aufwendungsersatz. Ein Gedanke übrigens, der vom französischen Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription aufgegriffen wurde. Denn für den Fall, dass die Geschäftsführung im „intérêt commun d’autrui et du gérant“ liegt, sollte ein Art. 1129 (2) anordnen: „… la charge des engagements, des dépenses et des pertes se répartit à proportion des intérêts de chacun“176. – Aber auch hier ist wieder zu betonen: die gleichzeitige Zuordnung des Geschäfts zur Rechtssphäre von Geschäftsherr und Geschäftsführer genügt alleine nicht, den Tatbestand des § 677 BGB auszulösen. Für die subordinationsrechtliche Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag muss hinzukommen, dass die Geschäftsführung ihrem sozialen Sinn nach den unmittelbaren Interessen sowohl des Geschäftsherrn als auch des Geschäftsführers dient. Das ist in den typischen Fällen des „auch-fremden-Geschäfts“, wie sie in der Rechtsprechung gehandhabt werden, eben nicht gegeben; hier schließen die regelmäßig widerstreitenden Interessen der Parteien einander aus. Ein Beispiel: schleppe ich das Auto eines dreisten Verkehrsteilnehmers ab, der meine Ausfahrt zuparkt, so nehme ich sowohl mein als auch dessen Geschäft wahr177. Die Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (397). 175 Zu prüfen ist natürlich, ob die §§ 740 ff. BGB, 20 ff. WEG nicht vorrangig eingreifen. Ein anderes Beispiel: der Bauer räumt einen vom Sturm umgerissenen Baum weg, der die Zufahrt zu seinem Hof und einigen Nachbarhöfen versperrt. Hier wird der Bauer für sich und gleichzeitig für die anderen betroffenen Bauern tätig. Keine echte Geschäftsführung liegt für die zuständige Behörde, die den Baum aus ihrer Amtspflicht zu beseitigen hat, vor. Insoweit liegt keine Interessenwahrnehmung vor. Allenfalls kann privilegierter Rückgriffsanspruch gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB vorliegen; sonst kommt hier nur ein Anspruch aus Rückgriffskondiktion in Betracht (vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 21 [Illustration 14] [p. 109]]). 176 Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, Paris, 2006, p. 153. 177 ZB: LG Stuttgart, VersR 1973, 517, Urt. v. 7.1.1972 – 6 S 263/71; LG Braunschweig, NJW 1966, 1820, Urt. v. 9.11.1965 – 6 S 40/65; LG Limburg, MDR 1965, 742, Urt. v. 14.4.1965 – 3 S 7/65. Mit umfangreichen Nachweisen zur instanzgerichtlichen Rechtsprechung: Baldringer/Jordans, Beurteilung des „Abschleppfalles“ nach bürgerlichem Recht, NZV 2005, 75 (76 ff.); Janssen, Abschleppen im bürgerlichen Recht, NJW 1995, 624.

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Rechtsprechung würde diesen Fall unter Zuhilfenahme der Geschäftsführungsregeln (Auch-Gestion) lösen. Zu Unrecht. Da meine Handlung ihrem sozialen Sinn nach nur meinen eigenen Interessen dienen soll, werde ich nicht – wie es § 677 BGB verlangt – „für“ den Falschparker tätig178.

6. Konfligierende Interessen Schwierigkeiten können die Fälle bereiten, in denen der Geschäftsführer aufgrund einer eigenen Rechtspflicht handelt179. Schubert will die Anwendung der Geschäftsführungsregeln überhaupt ausschließen, wenn der Geschäftsführer mit der Geschäftsführung zugleich eigene Pflichten wahrnehme180. Er begründet dies mit dem Interessenwiderstreit, in dem sich der Geschäftsführer befinde, wenn er mit der Erfüllung eigener Pflichten zugleich ein fremdes Geschäft wahrnehme: „Wer eigene oder gesetzliche oder vertragliche Pflichten erfüllt und dabei die Interessen eines Dritten wahrnehmen wollte, befindet sich in einer grundsätzlichen Pflichtenkollision, die dazu führen kann, daß er entweder gegenüber seinem Auftraggeber oder gegenüber dem Geschäftsherrn pflichtwidrig handelt“181. Schuberts Bedenken haben angesichts der Interessenstruktur der Geschäftsführung ohne Auftrag als realgeschäftliche Interessenwahrnehmung und Subordination Gewicht. Es ist aber zu differenzieren. Gem. § 677 BGB hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung am Interesse des Geschäftsherrn auszurichten, dieses also zum Maßstab seines Tuns zu erheben. In der Tat kommt zwischen zwei Personen kein Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zustande, wenn der Geschäftsführer ihm obliegenden Pflichten nachzukommen hat, die nicht dem Interesse des „vermeintlichen“ Geschäftsherrn dienen. Der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist nicht erfüllt, da der Geschäftsführer nicht im Interesse des Geschäftsherrn tätig wird, sondern sich anderen Interessen unterzuordnen hat; dass er zugleich auch ein Geschäft des vermeintlichen Geschäftsherrn „mitbesorgt“ hat, vermag ein Geschäftsführungsverhältnis nicht zu begründen (allerdings kann ein echtes Geschäftsführungsverhältnis zu der Person entstehen, in deren Interessen die Pflicht besteht). Die Geschäftsführung für den einen Geschäftsführer schließt die Geschäftsführung für einen anderen grundsätzlich aus. 178 Vgl. LG München I, NJW 1978, 48, Urt. v. 28.9.1977 – 15 S 2733/77; OLG Karlsruhe, DAR 1966, 20, Urt. v. 25.6.1965 – 10 U 103/65; dazu: Schubert, Grenzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1978, 687 (688 f.). 179 Nach der tradierten Lehre geht es hier um Fälle des sog. „auch fremden“ Geschäfts. 180 Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (435 ff.). 181 Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (438).

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Schon im Matth. 6, 24 heißt es darum zutreffend: „Niemand kann zwei Herren dienen“182. Auch der Ansatz des Art. V. – 1:101 DCFR, der wie manche nationale Lehre auf die „predominant intention to benefit another“ abstellt183, wird dem nicht gerecht. Eine Interessenwahrnehmung kann immer nur ausschließlich in eine Richtung gehen; der Gestor würde seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung verletzen, wenn er auch – sei est auch nur untergeordnet – fremde Interessen mitberücksichtigen würde. Aber ein „Interessenkonflikt“ bei Tätigwerden in Erfüllung eigener Pflichten muss nicht bestehen. Entscheidend ist, welche Richtung die vom Geschäftsführer wahrgenommene Pflicht hat. Ist diese auf Wahrnehmung der Interessen des Geschäftsherrn angelegt, besteht der von Schubert herausgestellte Interessenkonflikt nicht. Das Vorliegen einer Pflicht des Geschäftsführers muss die Geschäftsführung ohne Auftrag also nicht ausschließen. So fällt insbesondere die Fallgruppe der Tätigkeit aufgrund unwirksamen Auftrags oder Geschäftsbesorgungsvertrages in den Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag: denn der – wenn auch unwirksame Vertrag – verpflichtete ja gerade den Geschäftsführer zum Tätigwerden für den Geschäftsherrn184.

7. Motivation und Reflexvorteile Geschäftsführung ohne Auftrag ist die fremdnützige Wahrnehmung fremder Interessen. Damit ist die Geschäftsführung abschließend umschrieben. Keinesfalls verlangt der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, dass der Gestor – wie es der Theorie der Menschenhilfe entsprechen würde – selbstlos oder ohne Zwang gehandelt haben muss; anders als die Theorie der Menschenhilfe erhebt die Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung Motive nicht zu Tatbestandselementen des Geschäftsführungstatbestandes. Insbesondere ist die Freiwilligkeit der Geschäftsbesorgung keine Voraussetzung der Geschäfts182 Matth. 6, 24. Vgl. auch Thomas von Aquin, Summa Theologiae, Prima Secundae, q. 1 a. 5 § Respondeo: „Respondeo dicendum quod impossibile est quod voluntas unius hominis simul se habeat ad diversa, sicut ad ultimos fines“. 183 ZB Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1028: „Il n’est nécessaire que l’intention altruiste soit excclusiv“; zu Art. V. – 1:101 DCFR: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 21 (p. 108 seqq.). 184 Insoweit zutreffend die ständige Rechtsprechung des BGH; genannt seien: BGHZ 143, 9 (15 f.), Urt. v. 21.10.1999 – III ZR 319/98; BGHZ 101, 393 (399), Urt. v. 24.9.1987 – VII ZR 306/86; BGHZ 37, 258 (262 f.), Urt. v. 25.6.1962 – VII ZR 120/61; BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26.2.2005 – VIII ZR 66/04; BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4.11.2004 – III ZR 172/02; BGH, WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4.12.200 – III ZR 30/02; BGH, ZIP 1996, 2113 (2114), Urt. v. 10.10.1996 – III ZR 205/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30.9.1993 – VII ZR 178/91; BGH, NJW-RR 1989, 970, Urt. v. 7.3.1989 – XI ZR 25/88: Aus der Lehre: Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 3 = S. 699 f.; vgl. schon § 235 Abs. 1 des Vorentwurfs.

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führung ohne Auftrag185; selbst das Tätigwerden aufgrund gesetzlicher Pflicht schließt die Geschäftsführung für einen anderen nicht aus. Selbst eigensüchtige Motive sind geschäftsführungsrechtlich ohne Belang, solange sich das Verhalten des Gestors weiterhin als Interessensubordination darstellt186. Beides passt ohne weiteres zusammen, wie etwa der Bereich der entgeltlichen rechtsgeschäftlichen Geschäftsbesorgung zeigt, wo der Geschäftsbesorger nur der Vergütung wegen, also aus Selbstnutz, tätig wird. Es ist daher zu unterscheiden zwischen dem inneren Antrieb, der Motivationslage, die den Geschäftsführer zur Tätigkeit bestimmt, und der Tätigkeit der fremdnützigen Geschäftsführung als solcher187. Ebenfalls geschäftsführungsrechtlich neutral verhalten sich Reflexvorteile, also mittelbare Vorteile, die dem Geschäftsführer aus der Geschäftsführung im Interesse eines anderen zugute kommen. Sie berühren lediglich die Motivationslage des Gestors. Terminologisch ist es mithin schwierig, diesen Sachverhalt mit klaren Begriffen zu bezeichnen188. So legen die Worte „fremdnützig“ oder „uneigennützig“ eine selbstlose Gesinnung und ein Handeln aus freiem Antrieb nahe; umgekehrt scheint der Begriff des „Interesses“ die Motivationslage mit zu umschreiben. Verwenden wir im weiteren Ablauf der Arbeit den Terminus der fremdnützigen (uneigennützigen) Geschäftsbesorgung, so wollen wir damit die Interessensubordination im Rahmen des Geschäftsführungstatbestandes bezeichnen. Die Motivationslage wird dagegen mit den Begriffen eigensüchtig oder selbstlos umschrieben.

185 AA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 77 ff.; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (31 ff.). 186 Vgl. § 759 E I; Protokolle, bei Mugdan II, S. 1202; vgl. auch schon Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (115 Fn. 2); Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 121; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 74. 187 Bis heute werden Motivationslage und Geschäftsführungsabsicht nicht deutlich getrennt: vgl. nur: Rademacher, Lukas, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im europäischen Privatrecht, Jura 2008, 87 (93); Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (983 ff.). Daher ist die Polemik gegen Art. V. 1:101 DCFR letztlich unangemessen: die Klausel „predominant intention of benefiting another“ muss keinesfalls als Wiederbelebung der Theorie der Menschenhilfe angesehen werden: fremdnütziges Tun muss nicht zwangsläufig aus karitativen Motiven heraus erfolgen. 188 Vgl. insoweit die missglückte Terminologie in den Beratungen der Ersten Kommission und in § 759 E I, wo nicht deutlich zwischen der Interessenwahrnehmung im Sinne einer Interessensubordination und der zugrunde liegenden Motivationslage unterschieden wird: Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 160 f.; Mugdan II, S. 485.

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8. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Instrument der Lückenfüllung Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist der spezielle gesetzliche Tatbestand der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend geregelten Interessenwahrnehmung. Sie ist damit Auffangtatbestand, dessen Regelungen dann eingreifen, wenn die Geschäftsführung nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder vom Regelungsmuster der §§ 677 ff. BGB abweichend geregelt ist189. Damit unterlegt diese Arbeit den Geschäftsführungsregeln ein von der hM abweichendes Verständnis insoweit, als nicht bereits das isolierte Vorliegen einer vertraglichen oder gesetzlichen Pflicht gegenüber dem Geschäftsherrn den Tatbestand ausschließt. Vielmehr kann auch und gerade in Fällen nicht abschließend geregelter gesetzlicher Subordinationsverhältnisse zur Lückenfüllung auf die §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden. Dass dieser Weg notwendig ist, mag folgendes Beispiel illustrieren. Wer einen anderen rettet, wird als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig. Nach hM steht der § 323c StGB dem nicht entgegen, da diese Vorschrift – nach allerdings unzutreffender Meinung – im Interesse der Allgemeinheit stehe und keine unmittelbare Rechtspflicht im Verhältnis Retter und Gerettetem eröffnet. Was aber nun, wenn der Retter zugleich gem. § 13 StGB als Beschützergarant verpflichtet ist, Unheil von der Person des Geretteten abzuwenden? Diese Rechtspflicht besteht gerade gegenüber dem Geretteten. Hier den Ausgleich gem. § 683 S. 1 BGB zu versagen, mit der Begründung, der Geschäftsführer sei dem Geschäftsherrn gegenüber zum Eingreifen verpflichtet gewesen, handele also nicht „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“, ist erkennbar sinnwidrig. Vielmehr greifen die §§ 677 ff. BGB in ihrer Funktion als Auffangtatbestand. Da das Gesetz zwar eine Rechtspflicht zum Handeln im Interesse des Geretteten aufstellt, aber die Frage des Ausgleichs nicht – auch nicht negativ190 – ordnet, kann auf § 683 S. 1 BGB zurückgegriffen werden. Der Beschützergarant kann Ersatz seiner Aufwendungen fordern. In den meisten Fällen gesetzlicher Subordinationsverhältnisse wird allerdings ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB nicht in Betracht kommen, da das Gesetz abschließende Regelungen enthält. So können etwa die Eltern für ihre im Rahmen ihrer Personen- und Vermögenssorge im Interesse des Kindes getätigten Aufwendungen keinen Ersatz nach § 683 S. 1 BGB verlangen; die Frage ist in § 1640 BGB vorrangig entschieden. 189 Vgl. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 51; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 21. 190 Insbesondere liegt in Fällen einer echten Beschützergarantenpflicht keine den Aufwendungsersatz abschließend ordnende Regelung in §§ 2 Abs. 2 Nr. 13, 13 SGB VII vor. Dagegen wird sich in Fällen der Überwachungsgaranten ein Rückgriff auf § 683 S. 1 BGB verbieten: bzgl. des Überwachten fehlt es an der Interessenwahrnehmung, bzgl. des Dritten muss die vorrangige Wertung greifen, dass der Überwachungsgarant die Kosten zu tragen hat.

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Greifen die §§ 677 ff. BGB als Auffangtatbestand in Fällen gesetzlicher Geschäftsbesorgung, können unter Umständen Modifizierungen der §§ 677 ff. BGB vorzunehmen sein. Besteht eine gesetzliche Pflicht gem. § 13 StGB und handelt der Retter entsprechend, so kann sich der Gerettete nicht gegen den Anspruch aus § 683 S. 1 BGB mit der Behauptung wehren, er habe gar nicht gerettet werden wollen. Das subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB wird insoweit kraft gesetzlicher Anordnung durch einen objektiven Maßstab ersetzt.

9. Absentia vel ignorantia Keine Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die absentia oder die ignorantia des Geschäftsherrn, obwohl diese Forderung immer wieder von den älteren Juristen erhoben wurde und sich teilweise auch heute noch in der französischen Rechtswissenschaft findet191. Die Geschäftsführung ohne Auftrag konstituiert sich alleine aus der faktischen Interessenwahrnehmung ohne vertragliche Grundlage. Nicht notwendig ist, dass ein Vertrag wegen der Unerreichbarkeit des Geschäftsherrn auch nicht hypothetisch hätte geschlossen werden können192. Es geht daher zu weit, wenn etwa Art. V. – 1:101 (1)(a) und (2)(b) DCFR den Tatbestand der Geschäftsführung – von der Möglichkeit der Genehmigung durch den Geschäftsherrn abgesehen – entfallen lässt, wenn der Geschäftsführer die Gelegenheit nicht genutzt hat, den Willen des Geschäftsherrn zu ermitteln193. Es lässt sich auch die Gegenfrage stellen, wie man die erfolgte Geschäftsführung ordnen will, wenn nicht mit den Mitteln der Geschäftsführung ohne Auftrag. Diese ist nun mal auf das fremdnützige Tätigwerden zugeschnitten; das Bereicherungsrecht passt – wie unten noch zu zeigen sein wird – auf Subordinationsverhältnisse nicht (siehe § 15 IV). Zudem bedeutet die Anwendung der Geschäftsführungsregeln auf Subordinationsverhältnisse nicht, dass die fehlende absentia folgenlos bleiben muss: der richtige Ort ihrer Berücksichtigung ist der Umfang der actio contraria des Gestors auf Aufwendungser191 ZB: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1027 ; Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 44 ff. Bei den älteren Juristen (zB Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VIII; Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, De negotiorumm gestione, Not. § 1) hatte diese Vorstellung ihren Grund darin, dass man allgemein ein mandatum expressum vel saltem tacitum annahm, wenn der Geschäftsherr anwesend war: „Qui praesens patitur negotia geri, mandare intelligetur“ (Vinnius, aaO). Dagegen sollte das Wissen des abwesenden Geschäftsherrn nicht schaden (Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 9 seqq). 192 Dagegen spricht PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 82 (p. 90) von der absentia als der „basic situation“ der Geschäftsführung ohne Auftrag. 193 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 98 (p. 97), Art. 1:101, Comment. E 39 (p. 117), E 43 (p. 119 seq.).

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satz (§§ 683, 684 BGB). Allerdings verbaut sich etwa der DCFR diese elegante Lösung von selbst, wenn er der tradierten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag anhängt. Entsprechendes gilt übrigens auch für das teilweise geltend gemachte Erfordernis einer incapacité seitens des Geschäftsführers. Zwar macht man geltend, dass die Fähigkeit zur Selbstvornahme der Geschäftsführung grundsätzlich den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn oder den rechtfertigenden vernünftigen Grund ausschließt194, so gilt aber hier: die Gestion wird alleine durch die tatsächliche Geschäftsführung begründet. Die incapacité ist alleine bei Bestimmung der actio contraria von Bedeutung. Und so stellt etwa auch die Begründung zu Art. 6:198 BW klar, dass die Fähigkeit des Dominus, selbst zu handeln, eine negotiorum gestio nicht ausschließt195.

194 195

p. 490.

Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1027. The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977,

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§ 3. Die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag I. Die Geschäftsführung ohne Auftrag als juristische Handlung 1. Tradierte Einordnungsversuche Eine Fortsetzung findet der Streit um die theoretische Fundierung der Geschäftsführung ohne Auftrag auf dogmatischer Ebene. Man tut sich schwer damit, das Rechtsinstitut in den Kanon der juristischen Handlungen (Rechtsgeschäft, geschäftsähnliche Handlung, Realakt) zu integrieren1. Immerhin ist seit Überwindung der echten Vertragskonstruktionen heute weitgehender Konsens, dass es sich bei der Geschäftsführung ohne Auftrag modernen Zuschnitts um kein Rechtsgeschäft handelt2. Dies begründet man heute mit dem im Kern wenig hilfreichen Hinweis, dass die Rechtsfolgen der negotiorum gestio ex lege und nicht ex voluntate eintreten; denn letztlich beruhen auch die verbindlichen Rechtsfolgen eines Rechtsgeschäfts alleine auf hoheitlichem Befehl (nullum negotium sine lege)3 und stehen – deutlich was die naturalia negotii angeht – auf keiner weiterreichenden willenstheoretischen Grundlage, als dass die Parteien einen bestimmten Tatbestand gesetzt haben, an dem Recht aus Zweckmäßigkeitserwägungen heraus bestimmte Rechtsfolgen anknüpft4. Allerdings hat sich die Diskussion noch nicht vollständig von ihrer willenstheoretischen Grundausrichtung befreien können. Denn eine bis in die heutige Zeit weit verbreitete Auffassung will in der Geschäftsführung ohne Auftrag

1

Grundlegend zur Lehre von den juristischen Handlungen: Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II15, 1960, § 136 = S. 860 ff.; aus dem modernen Schrifttum: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts9, 2004, § 22 Rn. 14 ff. 2 Heute wohl annähernd allgM: Planck/Lobe4 (1928) Anm. IV vor § 677; Oertmann 2 (1929) Vorbem 1 zu § 677; Motive, bei Mugdan II, S. 480; aA: Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 Fn. 3. 3 Vgl. Brinz, Lehrbuch der Pandekten IV2 , 1895, § 522 = S. 10 Fn. 12; Flume, Das Rechtsgeschäft4, 1992, § 2 1 = S. 24. 4 Ehrlich, Die stillschweigende Willenserklärung, 1893, S. 4; Thon, Rechtsnorm und subjectives Recht, 1878, S. 358 f.; vgl. Dernburg, Pandekten I, 1884, § 91 Fn. 7 = S. 209.

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eine geschäftsähnliche Handlung des Gestors erkennen 5. Allerdings glaube ich, dass die modernen Vertreter dieser willenstheoretischen Lehre den Begriff der „geschäftsähnlichen Handlung“ an dieser Stelle ungenau verwenden. Gemeinhin versteht man heute unter einer geschäftsähnlichen Handlung die willentliche Vornahme einer Handlung, bei denen die Rechtsfolgen unabhängig von einem darauf gerichteten Rechtsfolgewillen eintreten 6. Darum scheint es mir nicht zu gehen. Vielmehr geht diese Lehre davon aus, dass sich das Schuldverhältnis der negotiorum gestio aufgrund der naturalistisch verstandenen, aber dennoch final ausgestalteten Geschäftsführungsabsicht konstituiert; sie nähert gerade wegen dieser finalen Verknüpfung den Geschäftsführungswillen den „rechtsgeschäftsähnlichen“ Handlungen an. Hier flammt – meist unreflektiert – die quasivertragliche Grundeinordnung der negotiorum gestio wieder auf7: sie ist kein Vertrag (daher keine rechtsgeschäftliche Handlung), sie ist kein Delikt (daher keine rechtswidrige Handlung), sondern sie steht irgendwo dazwischen – aber doch eben näher am Rechtsgeschäft (daher „rechts-“geschäftsähnliche Handlung). Als Entstehungsgrund der Obligation wird damit wie bereits bei Domat ganz die kognitive und volutive Handlung, also der (vertragsähnliche) Wille des Geschäftsführers, in den Mittelpunkt gestellt8. Besser als Art. 1371 CC kann man dies nicht ausdrücken: „Les quasi-contrats sont les faits purement volontaires de l’homme, dont il résulte un engagement quelconque envers un tiers, et quelquefois un engagement réciproque des deux parties“. Das italienische Recht zieht daraus die einzige Konsequenz und verlangt in Art. 2029 CC vom Geschäftsführer capacità del gestore 9. In Deutschland blies noch die Erste Kommission in das gleiche Horn: sei die negotiorum gestio auch kein Rechtsgeschäft, so gehöre sie doch „zu den sog Rechtshandlungen im weiteren Sinne oder zu den unmittelbar eine Rechtsänderung nach sich ziehenden vorsätzlichen Handlungen, die kein Delikt sind“, auf die, „anlangend ihre(r) verbindliche(n) Kraft für den Handelnden in Rücksicht auf Handlungsfähigkeit, die für 5 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10 , 2006, Rn. 1269; LG Aachen, NJW 1963, 1252, Urt. v. 25.4.1963 – 6 S 17/63; unklar Palandt/Sprau 68 (2009) Einf v § 677 Rn. 2; aA: Soergel/ Beuthien12 (1999) § 682 Rn. 2; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 5; vgl. zum Ganzen: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 51 ff. 6 Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts9, 2004, § 22 Rn. 14. Enneccerus/ Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts II15, 1960, § 136 IV 2 a = S. 865 ff. betonen mehr den Kundgabezweck der Handlung. 7 Inst. 3, 27 pr. (de obligationibus quasi ex contractu). 8 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, supra Tit. I, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 400. 9 Allerdings ist die italienische Lehre um eine Einschränkung der Vorschrift bemüht, etwa in dem Sinne, dass sich die Vorschrift nur auf Geschäftsführungen beziehe, die in der Vornahme von Rechtshandlungen besteht, oder einige Autoren wollen gleich dem deutschen § 682 BGB den Art. 2029 CC nur auf die actio directa anwenden; vgl. dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102 Not. 39 (p. 241); aus dem deutschsprachigen Schrifttum: Kindler, Einführung in das italienische Recht, 1993, § 16 Rn. 8.

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Rechtsgeschäfte im engeren Sinne maßgebenden Regeln Anwendung“ fänden10. Mit Blick auf diese Einordnung wurde die Vorschrift des § 682 BGB in das Gesetz aufgenommen, der (scheinbar) geschäftsführungsrechtliche Ansprüche des Geschäftsherrn (actio negotiorum gestorum directa) gegen den nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsführer ausschließt und den Prinzipal auf das Recht der unerlaubten Handlung und der ungerechtfertigten Bereicherung verweist11. Eine rechtsgeschäftliche oder (rechts-)geschäftsähnliche Einordnung der Gestion wäre nicht ohne Folgen. Da das Recht der geschäftsähnlichen Handlungen weitgehend dem Recht der Willenserklärungen folgt, müssten auf den Entstehungstatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechend der Vorschrift des Art. 2029 CC (Italien) die Regelungen der §§ 104 ff. BGB über die Geschäftsfähigkeit (entsprechend) angewandt werden12. Der nicht voll geschäftsfähige Gestor würde nicht geschäftsführungsrechtlich haften, wie dies § 682 BGB oder die Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR sogar ausdrücklich bestimmen; im Gegenzug bliebe ihm aber auch der Aufwendungsersatzanspruch nach § 683 BGB verwehrt13. Das wird nicht zu Unrecht ganz überwiegend als grob unbillig empfunden14. Man denke nur an den geisteskranken Heimbewohner, der unter schwersten Verletzungen vor dem Eintreffen der Feuerwehr in letzter Sekunde einen Mitbewohner aus dem brennenden Sanatorium befreit. Bestünde beim beschränkt Geschäftsfähigen noch die konstruktive Möglichkeit, dass sein gesetzlicher Vertreter die Geschäftsführung genehmigt und damit Schuldverhältnis und Aufwendungsersatzanspruch zur Entstehung bringt (vgl. § 108 BGB), bliebe einem Geschäftsunfähigen diese Möglichkeit mangels Zustimmungsfähigkeit versperrt. – Nur am Rande sei vollständigkeitshalber erwähnt, dass die objektive Theorie entsprechende Probleme nicht hat. Nicht ein „quasivertraglicher“ Geschäftsführungswille, irgendwelche faits purement volontaires, sondern das tatsächliche Führen eines fremden Geschäfts löst die Obligation aus. Da es weder auf kognitive wie volitive Elemente ankommt, ist selbst eine Anbindung an die Deliktsfähigkeit nicht zwingend notwendig.

10 Mugdan II, S. 480. Die Frage war in der Ersten Kommission sehr umstritten: vgl. Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 138 ff. 11 Vgl. Art. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR. 12 So: Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 Fn 3; zum Ganzen: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 68 ff.; Knoche, Minderjährige als Geschäftsführer ohne Auftrag, MDR 1964, 193; Diederichsen, Auftraglose Geschäftsführung des Minderjährigen als Problem der juristischen Methode, MDR 1964, 889. 13 So in der Tat das LG Aachen, NJW 1963, 1252, Urt. v. 25. 4. 1963 – 6 S 17/63. 14 Schulien, Anmerkung zu LG Aachen, Urt. v. 25–4.1963 – 6 S 17/63, NJW 1963, 1878 (1379); Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1269; Soergel/Beuthien12 (1999) § 682 Rn. 12.

§ 3. Die Rechtsnatur der Geschäftsführung ohne Auftrag

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2. Das fehlende subjektive Element Glücklich war das quasivertragliche Verständnis der negotiorum gestio nicht. Soweit sie die interessenstrukturelle Ähnlichkeit von mandatum und echter negotiorum gestio aufmerksam macht, hat sie einen berechtigten Kern. Zu falschen Ufern führt sie aber, wenn sie das Geschäftsführungsrecht zu rechtsgeschäftlichen Ufern führen will. Daher ist es für das Gestionsrecht uneingeschränkt zu begrüßen, dass die Kategorie des Quasikontrakts zunehmend an Einfluss verliert. Auch auf der Ebene der europäischen Rechtsvereinheitlichung hat sich unlängst die Study Group on a European Civil Code gegen eine geschäftsführungsrechtliche Wiederbelebung des Quasikontraktsgedankens ausgesprochen15. In Deutschland ist schon die Zweite Kommission von diesem Ansatz abgerückt. § 756 E I, der klarstellen sollte, dass die fehlende Geschäftsfähigkeit des Geschäftsherrn der Begründung einer Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entgegensteht, wurde als überflüssig gestrichen mit der Begründung: „Der Entw. kenne keine Quasikontrakte, die als Rechtsgeschäfte anzusehen wären …“16. Der hier entwickelten subordinationsrechtlichen Lehre gelingt es, den berechtigten Gedanken der Quasikontraktstheorie aufzugreifen (die besondere, mandatsgleiche Interessenstruktur), ohne den Fehler der rechtsgeschäftsähnlichen Aufladung der negotiorum gestio machen zu müssen. Bei der Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich um den gesetzlichen Tatbestand der „faktischen oder realgeschäftlichen“ Interessenwahrnehmung für einen anderen. Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung kommt allein aufgrund der tatsächlichen Geschäftsführung „für einen anderen“ zustande; ein rechtsgeschäftliches oder ein geschäftsähnliches Element kennt der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht. Ob eine Geschäftsführung für einen anderen vorliegt, ist allein der Zweckrichtung des Handelns zu entnehmen. Die Geschäftsführungsabsicht als die tatbestandliche Verankerung des das gesamte Rechtsinstitut tragenden Strukturtypus der Interessenwahrnehmung (Subordination) ist ein ausschließlich normatives Tatbestandsmerkmal, das sich – unabhängig von einem natürlichen oder rechtsgeschäftlichen Willen des Geschäftsführers – alleine nach dem sozialen Sinn seiner Handlung bestimmt. Der Akt der Gestion ist so betrachtet ein „Realakt“ ohne ein empirisch zu bestimmendes subjektives Element17. Dies bleibt sie auch dann, wenn die Geschäftsführung im Einzelfall in der Vornahme rechtsgeschäftlicher Handlungen besteht: das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag 15

PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 85 (p. 91). Mugdan II, S. 1201; vgl. auch § 237 des Vorentwurfs und dazu v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 961 f. mit der Begründung, dass es sich bei der Geschäftsführung ohne Auftrag um kein Rechtsgeschäft handele. 17 Vgl. Manigk, Das rechtswirksame Verhalten, Systematischer Aufbau und Behandlung der Rechtsakte des Bürgerlichen und Handelsrechts, 1939, S. 489 ff. 16

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

kommt auch dann zustande, wenn der geisteskranke Nachbar (Geschäftsführer) den Schreinermeister im eigenen Namen bestellt, um das vom Sturm abgedeckte Dach des Nachbarn (Geschäftsherr) zu reparieren18. Der Umstand, dass mein geistesschwacher Nachbar den Vertrag nicht wirksam schließen kann, ist für das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der negotiorum gestio ohne Belang, sondern alleine auf Rechtsfolgenebene zu berücksichtigen. Die verbliebene Vorschrift des § 682 BGB auf nationaler Ebene – oder auf europäischer Ebene die Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR – stehen diesem Verständnis der Geschäftsführung nicht entgegen19. Diese Vorschriften dienen ausschließlich dem Schutz des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsführers20 und bringen dogmengeschichtlich eine willkommene Klarstellung, da es den älteren Juristen nicht gelungen war, in der Frage der Haftungsbeschränkung des Minderjährigen auf einen Konsens zu kommen. Zwar durfte nach einem viel rezipierten Reskript des Kaisers Antoninus Pius – von dem Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 4 (de negotiis gestis) berichtet – ein Mündel, das (fremde) Geschäfte geführt hatte, auf das verklagt werden, um was es bereichert war21: „Pupillus sane si negotia gesserit, post rescriptum divi Pii etiam conveniri potest in id quod factus est locupletior…“; aber diese Auffassung kam in Kritik, als Cujas in textkritischer Manier statt „pupillus“ (Nominativ) vielmehr „pupilli“ (Genitiv) lesen wollte 22. Bei diesem Verständnis handelt das kaiserliche Reskript nämlich nicht mehr von einem Unmündigen, der ein (fremdes) Geschäft führt, sondern umgekehrt werden nunmehr die negotia des Unmündigen geführt. – Dass einem nicht vollgeschäftsfähigen Gestor, der für einen anderen tätig geworden war, nach den Quellen ein Aufwendungsersatz (actio negotiorum gestorum contraria) zusteht, ist dagegen unstreitig23.

18 AA: Erman/Ehmann12 (2008) § 682 Rn. 2, der es bei Geschäftsbesorgungen rechtsgeschäftlicher Art für sachgerecht erachtet, die §§ 105 ff. BGB entsprechend anzuwenden. 19 Für das deutsche Recht: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 68 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 1 b = S. 7 f. Auf der Ebene der europäischen Rechtsvereinheitlichung: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102, Comment. D 10 (p. 232). 20 Bereits aufgrund ihrer systematischen Stellung beziehen sich der § 682 BGB bzw. die Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR ausschließlich auf die gegen den Gestor gerichteten geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn auf Herausgabe und Schadensersatz (actio directa). 21 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 2. 22 Cujas, Observationes et Emendationes, Liber XIII Cap. VII (F), in: in: Iurisconsulti opera IV, Ausgabe von 1623. Diese Deutung fand zahlreiche Anhänger: Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V, Prima Pars, Art. II, nro. XXIII not. 5; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 16 seqq. 23 Vgl. Ulpian, Dig 3, 5, 3, 4 (de negotiis gestis).

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II. Die persönlichen Entstehungsvoraussetzungen der Gestion Die Geschäftsführung ohne Auftrag kennt kein echtes subjektives Element. Das gesetzliche Schuldverhältnis entsteht allein aufgrund der nach normativen Maßstäben zu beurteilenden Geschäftsbesorgung „für einen anderen“. Für das Vorliegen des Grundtatbestands spielt weder auf Seiten des Geschäftsführers noch auf Seiten des Geschäftsherrn ein rechtsgeschäftlicher oder auch nur natürlicher Wille eine Rolle. Allerdings können die fehlende Geschäftsfähigkeit oder sonstige intellektuelle Defizite auf Seiten des Geschäftsführers Auswirkungen auf die Frage der Nützlichkeit der Geschäftsführung (§ 683 BGB) oder der Haftung des Gestors (§ 682 BGB) haben. Auf die haftungsrechtlichen Fragen soll erst später weiter unten eingegangen werden (siehe § 13).

1. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsführers a. Geschäftsfähigkeit Anders als etwa die gesetzliche Regelung des italienischen Rechts (Art. 2029 CC)24 ist die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers keine Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag. Das ist für das deutsche Recht fast allgemein anerkannt25; die Comments zu den PEL Ben. Int., die die Grundlage des Book V des DCFR bilden, setzen die Gestionsfähigkeit des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsführers als selbstverständlich voraus26. Beschränkte oder fehlende 24 Allerdings ist die italienische Lehre um eine Einschränkung der Vorschrift bemüht, etwa in dem Sinne, dass sich die Vorschrift nur auf Geschäftsführungen beziehe, die in der Vornahme von Rechtshandlungen besteht; andere Autoren wollen gleich dem deutschen § 682 BGB den Art. 2029 CC nur auf die actio directa anwenden; vgl. dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102 Not. 39 (p. 241); aus dem deutschsprachigen Schrifttum: Kindler, Einführung in das italienische Recht, 1993, § 16 Rn. 8. Zur Frage der Geschäftsfähigkeit des gérant im französischen Recht: Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1970, S. 89 ff. 25 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 68 ff.; Knoche, Minderjährige als Geschäftsführer ohne Auftrag, MDR 1964, 193; Diederichsen, Auftraglose Geschäftsführung des Minderjährigen als Problem der juristischen Methode, MDR 1964, 889; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 1 b = S. 7 f.; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 446; vgl. auch § 237 des Vorentwurfs v. Kübels, wonach fehlende Geschäftsfähigkeit keinen Einfluss auf die geschäftsführungsrechtliche Haftung des Gestors hatte: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 961 f aA: LG Aachen, NJW 1963, 1252, Urt. v. 25.4.1963 – 6 S 17/63; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 Fn 3; differenzierend: Erman/Ehmann12 (2008) § 682 Rn. 2, der es bei Geschäftsbesorgungen rechtsgeschäftlicher Art für sachgerecht hält, die §§ 105 ff. BGB entsprechend anzuwenden. 26 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 25 (p. 111), Art. 2:102, Comment. D 10 (p. 232).

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Geschäftsfähigkeit des Gestors steht dem Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht entgegen. Beim Akt der Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich um einen „Realakt“ und um kein Rechtsgeschäft oder eine geschäftsähnliche Handlung. Unzutreffend ist auch die differenzierende, für das deutsche Recht von Ehmann formulierte, aber auch in Italien mit Blick auf Art. 2029 CC vertretende Auffassung, die es bei Geschäftsbesorgungen rechtsgeschäftlicher Art für sachgerecht hält, die Vorschriften der Geschäftsfähigkeit entsprechend auf den Entstehungstatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwenden, es aber ansonsten bei der Nichtanwendung der rechtsgeschäftlichen Vorschriften belassen will27. Die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag ist zu trennen von ihrer konkreten Durchführung durch den Gestor28. – Und doch bleibt zu beachten: ist die Frage der Geschäftsfähigkeit des Gestors auch für das Entstehen der Geschäftsführung ohne Auftrag ohne Bedeutung, so kann sie doch Auswirkungen auf die konkrete Ausgestaltung des Schuldverhältnisses (utilitas gestionis, Haftung) haben.

b. Gestionsfähigkeit Besteht auch heute weitgehend Einigkeit darüber, dass beschränkte oder fehlende Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers der Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entgegensteht, so fordert man vom Geschäftsführer aber doch Gestionsfähigkeit. Gestionsfähigkeit soll die natürliche, von einer gewissen Einsichtsfähigkeit getragene Fähigkeit des Geschäftsführers bezeichnen, in Geschäftsführungsabsicht für einen anderen zu handeln 29; ganz ähnlich nimmt die Study Group on a European Civil Code die Gestionsfähigkeit von nicht voll geschäftsfähigen Personen erst dann an, „if they can command sufficient capacity in fact to form the intention to look after the interest of another“30. Die Voraussetzung der Gestionsfähigkeit ist missverständlich. Der Tatbestand der Geschäftsführung kennt kein echtes, in einem empirischen Verständnis subjektives Element. Es kommt weder auf einen rechtsgeschäftlichen noch auf einen natürlichen Willen des Geschäftsführers an, für einen anderen handeln zu wollen. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein rein normatives Tatbestandselement. Ob der Geschäftsführer für einen anderen handelt, bestimmt sich nicht nach seinem natürlichen Willen, sondern allein danach, ob sein Verhalten seinem sozialen Sinn nach einen fremdnützigen Zweck setzt. Auf einen tatsächlichen, 27

Erman/Ehmann12 (2008) § 682 Rn. 2. Soergel/Beuthien12 (1999) § 682 Rn. 2. 29 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 4 Rn. 4; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1269; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 2 v § 677; vgl. auch Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 69. 30 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102, Comment. D 10 (p. 232). 28

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von einer natürlichen Einsichtsfähigkeit getragenen Willen kommt es mangels subjektiven Merkmals gar nicht an. Der Gestionsfähigkeit verbliebe damit nur die Funktion, nach der abstrakten Fähigkeit des Geschäftsführers zu fragen, den sozialen Sinn seines Tuns überhaupt intellektuell erfassen zu können. Nicht ganz klar ist, nach welchem Maßstab die geforderte Einsichtsfähigkeit zu beurteilen ist. Wittmann plädiert dafür, die Frage der Gestionsfähigkeit entsprechend der Deliktsfähigkeit zu entscheiden31. Der Hinweis auf die Vorschriften über die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit erscheint mir aber wenig hilfreich, weil er den komplexen Vorgang der fremdnützigen Geschäftsbesorgung ausschließlich unter dem Aspekt der unerlaubten Handlung und der Geschäftsführerhaftung (actio directa) beurteilt. Die Haftung des Gestors ist aber nur eine Seite der Geschäftsführung ohne Auftrag; der Aufwendungsersatzanspruch des § 683 BGB oder des Art. V. – 3:101 DCFR (actio contraria) die andere. Daher kann dieser Ansatz in den Fällen etwa der Rettung eines Spielkameraden durch seinen sechsjährigen Freund (§ 828 Abs. 1 BGB) oder im oben angeführten Sanatoriumsfall (§ 827 BGB) wegen Versagung der actio contraria zu unangemessenen Ergebnissen führen. Man muss sich überhaupt fragen, ob ein besonders zu prüfendes Merkmal der Gestionsfähigkeit als Anspruchsvoraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht entbehrlich ist. Das Gestionsrecht kennt hinreichende Selbstregulierungsmechanismen, um unangemessene Ergebnisse zu vermeiden. Eine haftungsrechtliche Schlechterstellung des Geschäftsführers wird dadurch vermieden, dass sich seine Haftung gem. § 682 BGB oder Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR nach den allgemeinen bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Vorschriften richtet. Etwa über §§ 827 f. BGB wird ein hinreichender Schutz des Gestors erreicht. Eine dem fremdnützigen Charakter geschuldete Besserstellung des Gestors gegenüber den allgemeinen Vorschriften erfolgt durch den privilegierten Aufwendungsersatzanspruch, sofern die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB (vgl. Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR 32) vorliegen. Das Nützlichkeitsprinzip eben dieses § 683 S. 1 BGB garantiert zugleich den Schutz des Geschäftsherrn; er ist zum bereicherungs- und erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatz nur dann verpflichtet, wenn die Übernahme der Geschäftsführung durch den konkreten Gestor seinem (präsumtiven) Willen entsprochen hat; ist dies aber der Fall, so ist

31 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 71. Die intellektuelle Einsichtsfähigkeit ist etwa nach § 828 Abs. 3 BGB zu bejahen, wenn der Jugendliche diejenige geistige Entwicklung erreicht hat, die ihn befähigt, das Unrechtmäßige seiner Handlung und zugleich die Verpflichtung zu erkennen, in irgendeiner Weise für die Folgen seines Tuns einzustehen (BGH, LM BGB § 828 Nr. 3, Urt. v. 17. 5. 1957 – VI ZR 93/56). 32 Da Book V DCFR der überholten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag anhängt, kommt auf der Ebene des DCFR das Gestionsverhältnis gar nicht erst zustande, wenn die Handlung des Minderjährigen aus objektiver Sicht nicht „reasonable“ ist.

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kein Grund zu sehen, dem Geschäftsführer mit Hinweis auf eine fehlende Gestionsfähigkeit den Anspruch zu versagen.

c. Geschäftsführungsrechtliche Auswirkung aa. Actio directa Hat es auf das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag keine Auswirkung, dass der Geschäftsführer nicht oder nur beschränkt geschäftsfähig ist, so können persönliche Defizite durchaus geschäftsführungsrechtliche Folgen haben. Für die actio directa bestimmen § 682 BGB, Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR ausdrücklich, dass der nicht voll geschäftsfähige Gestor nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich ist. Darauf wird weiter unten noch einzugehen sein (siehe § 13).

bb. Actio contraria Durch die Möglichkeit einer Gestion auch durch den geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Geschäftsführer wird der Geschäftsherr nicht übermäßig belastet, da er zum Aufwendungsersatz gem. § 683 S. 1 BGB (actio contraria) nur dann verpflichtet ist, wenn die Geschäftsführung seinem präsumtiven Willen entsprochen hat (bzw. wenn die Geschäftsführung reasonable iSd Art. V. – 1:101 DCFR ist)33. Gerade die Nützlichkeit der Geschäftsführung wird aber bei der Geschäftsführung durch einen nicht voll Geschäftsfähigen regelmäßig zweifelhaft sein. Ist die Geschäftsbesorgung auf ein rechtsgeschäftliches Handeln gerichtet, entspricht die Geschäftsführung durch einen Geschäftsunfähigen grundsätzlich nicht dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn. Dies wird auch bei der Geschäftsführung durch einen beschränkt Geschäftsfähigen gelten. Zwar können Rechtsgeschäfte, die der Gestor im Namen des Geschäftsherrn abschließt, gem. § 165 BGB wirksam sein oder bei einem Handeln im eigenen Namen durch Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Gestors wirksam werden (§§ 107, 108 BGB); das Handeln gerade des jungen Minderjährigen dürfte wegen seiner typischerweise herabgesetzten intellektuellen Fähigkeiten aber in der Regel nicht dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprechen; letztlich sind stets die Umstände des Einzelfalles maßgebend. Ist die Geschäftsbesorgung auf ein tatsächliches Handeln gerichtet, ist anhand der konkreten34 geistigen und körperlichen Fähigkeiten zu beur-

33 Vgl. Schulien, Anmerkung zu LG Aachen, Urt. v. 25.–4.1963 – 6 S 17/63, NJW 1963, 1878 (1379). 34 Eine abstrakte Überprüfung einer Gestionsfähigkeit erübrigt sich.

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teilen, ob die Übernahme der Geschäftsführung durch den nicht voll Geschäftsfähigen dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht. Aber auch hier wird die Faustregel gelten, dass dies grundsätzlich nicht der Fall ist. So entspricht – um einen Fall aus der deutschen Rechtsprechung aufzugreifen – die Rettung aus Bergnot durch einen im Bergsteigen nicht versierten Elfjährigen sicherlich nicht dem Willen des Geschäftsherrn 35.

2. Voraussetzungen in der Person des Geschäftsherrn Für die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses ist die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsherrn unerheblich36. Geschäftsherr kann jede auch geschäftsunfähige oder beschränkt geschäftsfähige Person sein 37. Liegen die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB (Art. V. – 1:101, 3:101 DCFR) vor, schuldet auch der nicht voll geschäftsfähige Geschäftsherr bereicherungsunabhängigen Aufwendungsersatz; allerdings eröffnet Art. V. – 3:104 (2) DCFR im Rahmen der geschäftsführungsrechtlichen Modellregelung des DCFR, worauf die Comments ausdrücklich hinweisen, in diesen Fällen die Möglichkeit, aus Gründen der Billigkeit, die Ansprüche des Geschäftsführers herabzusetzen 38. Ist auch den meisten europäischen Kodifikationen – jedenfalls als allgemeiner geschäftsführungsrechtlicher Grundsatz – eine solche Regel unbekannt39, so steht sie doch in gewisser Tradition: so haftete im römischen Recht der geschäftsunfähige Geschäftsherr nur für eine noch bestehende Bereicherung40; ein Gedanke, der auch von naturrechtlichen Kodifikationen aufgegriffen wurde41. Allerdings wurde der Gedanke allmählich überwunden, je mehr sich die Überzeugung durch-

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BGH VersR 1981, 233, Urt. v. 20.11.1980 – III ZR 31/78. So noch ausdrücklich § 756 E I; Schon § 241 des Vorentwurfs v. Kübels bestimmte in Übereinstimmung mit anderen Gesetzen der damaligen Zeit, dass die Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsherrn seine Ersatzpflicht nicht beeinträchtige. Letztlich wurde die Vorschrift von der Zweiten Kommission als überflüssige Klarstellung gestrichen: Mugdan II, S. 1201; für das Book V des DCFR: PEL Ben. Int./v. Bar, Art.1:101, Comment. C 25 (p. 111); zum französischen Recht: Jost, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1970, S. 93 f. 37 Allerdings lässt sich dieses vom Standpunkt der objektiven Theorie durchaus anzweifeln mit dem Argument, dass der Gestor letztlich doch ein Geschäft des Sorgeberechtigten geführt habe und dieser daher der eigentliche Geschäftsführer sei (so etwa Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8, wenn dieser auch sogleich seine Aussage wieder relativiert). 38 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 25 (p. 111), Art. 3:104, Comment. B 9 (p. 286). 39 Vgl. nur die Umschau bei PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Not. 11 seqq. (p. 292 seq.). 40 Severus/Antoninus, C. 2, 18, 2 (de negotiis gestis); Paulus, Dig 3, 5, 36, pr. (de negotiis gestis). 41 Pr. ALR I 13 § 274. 36

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setzte, dass die Obligation des Geschäftsherrn nicht auf dessen Willen gründet, sondern aus dem Gesetz herrührt42. Zusätzliche und recht spezielle Probleme können sich bei der fehlenden Geschäftsfähigkeit des Geschäftsherrn stellen, wenn im Rahmen der Anspruchsprüfung auf den Willen des Geschäftsherrn abzustellen ist. Soweit es bei der Nützlichkeitsprüfung (§ 683 S. 1 BGB, Art. V. – 1:101 (1)(a), (2)(b) DCFR) auf den (präsumtiven) Willen des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsherrn ankommt, wird man bei (länger) dauernder Geschäftsunfähigkeit auf den Willen des gesetzlichen Vertreters abstellen können43; fehlt ein gesetzlicher Vertreter, wird man das mit Rücksicht auf die konkreten Verhältnisse zu ermittelnde objektive Interesse des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsherrn zugrundelegen dürfen. Sind dagegen höchstpersönliche Angelegenheiten des Geschäftsunfähigen betroffen, so befiehlt die Achtung vor seinen Persönlichkeitsrechten, unmittelbar auf seinen Willen selbst abzustellen, sofern eine hinreichende Einsichtsfähigkeit besteht – in Deutschland kann man sich insoweit an den Voraussetzungen des § 828 Abs. 3 BGB orientieren44. Ist die Geschäftsunfähigkeit des Geschäftsherrn nur von vorübergehender Dauer (zB Bewusstlosigkeit), so bleibt sein präsumtiver Wille maßgebend. Für die Genehmigung einer nicht nützlichen Geschäftsführung gem. § 684 S. 2 BGB (Art. V. 1:101 (1)(b) DCFR) oder die Genehmigung einer unsachgemäß ausgeführten Geschäftsführung (§ 677 BGB, Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR) ist Geschäftsfähigkeit notwendig. Gleiches gilt für die Genehmigung vollmachtlosen Vertreterhandelns oder die Genehmigung einer unwirksamen Verfügung (§§ 177, 185 BGB, Art. V. – 3:106 (1) DCFR). Insoweit kann also nur der gesetzliche Vertreter des Geschäftsherrn die Gestion genehmigen. Geht es um den Zugang von Erklärungen an den Geschäftsherrn (zB Anzeige gem. § 681 S. 1 BGB), kommt es ebenso auf den Zugang beim gesetzlichen Vertreter an (vgl. § 131 BGB).

42 Vgl. Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VII. 43 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 1 b = S. 8; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 682 Rn. 8; Erman/Ehmann12 (2008) § 682 Rn. 2; Oertmann § 682 Anm. 2; Palandt/Sprau 68 (2009) § 682 Rn. 3. 44 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 682 Rn. 8 unter Hinweis auf BGHZ 29, 33, Urt. v. 5.12.1958 – VI ZR 266/57: Einwilligung eines Minderjährigen in einen ärztlichen Heileingriff.

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§ 4. Das Verhältnis zu Mandat und Realvertrag I. Auftrag und Geschäftsbesorgungsvertrag 1. Geschäftsführung ohne Auftrag, ratihabitio und Vertrag Dem gesetzlichen Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag und den vertraglichen Schuldverhältnissen von Auftrag (§ 662 BGB) und Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) liegt allesamt der Interessenstrukturtypus der fremdnützigen Interessenwahrnehmung zugrunde. Anders als Auftrag und Geschäftsbesorgung ist die Geschäftsführung ohne Auftrag aber kein Rechtsgeschäft; sie ist auch keine (rechts-)geschäftsähnliche Handlung. Erst recht ist sie kein Vertrag und sie wird auch nicht durch die nachträgliche Genehmigung (§ 684 S. 2 BGB) zu einem Vertrag1. Der weitergehenden, im älteren zivilrechtlichen und naturrechtlichen Schrifttum weit verbreitete aber wegen der unklaren Quellenlage auch sehr bestrittenen Auffassung, dass durch die Genehmigung die negotiorum gestio sich in ein mandatum verwandle2, ist das deutsche BGB zu Recht nicht gefolgt3. Die Genehmigung des Geschäftsherrn (ratihabitio) macht eine Geschäftsführung, deren Übernahme zunächst im Widerspruch zum Interesse und Willen des Geschäftsherrn stand, rückwirkend zu einer nützlichen Geschäftsführung (§§ 684 S. 2, 683 BGB), begründet aber kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien4. Auch die geschäftsführungsrechtliche 1 v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 983 f. So schon v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 983 f. 2 Vgl. zum Streitstand: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VI; Cujas, Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex LX (mandati); Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 87 seqq.; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. 5 § 14; Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 690. 3 Vgl. zum Verhältnis der ratihabitio zum Mandat im römischen Recht: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 69 ff. 4 Für die älteren Juristen: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VI; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § X. Anders allerdings, wenn die Geschäftsführung noch nicht abgeschlossen war und die laufende Geschäftsführung genehmigt wurde.

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Regelung des Book V des DCFR geht davon aus, dass die nachträgliche Genehmigung der Geschäftsführung (grundsätzlich) keinen Vertrag begründet (vgl. Art. – 1:101 (1)(b) DCFR)5. Letztlich folgt die Richtigkeit dieser Lehre schon – worauf bereits Vinnius hingewiesen hat – aus der praktischen Erwägung, dass auch Geschäftsunfähige auf beiden Seiten an der Geschäftsführung ohne Auftrag beteiligt sein können6. In anderen Rechtsordnungen ist die Lage nicht ganz so eindeutig. In der französischen Rechtswissenschaft wird die Meinung vertreten, dass sich als Folge einer wirksamen Genehmigung die gestion d’affaires rückwirkend in ein Auftragsverhältnis umwandelt7. In Italien ordnet Art. 2032 CC sogar ausdrücklich für die ratifica dell’interessato an, dass die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung kommen, wenn der Geschäftsherr die Geschäftsführung genehmigt8. Dem entspricht die Gesetzeslage in der Schweiz gem. Art. 424 OR9; allerdings geht die Schweizer Lehre heute doch überwiegend davon aus, dass die Anwendung der auftragsrechtlichen Vorschriften nicht auf übereinstimmenden Willenserklärungen fußt10. – Und doch – und dies sei der gegenläufigen Lehre zugestanden – ist der Satz, dass durch Genehmigung der Geschäftsführung ohne Auftrag kein Vertrag entsteht, genauer zu fassen: aufgrund der Vertragsfreiheit können die Parteien über eine noch laufende oder auch bereits beendete faktische Geschäftsführung einen Vertrag schließen und die Rechtsfolgen der bisherigen Geschäftsführung abweichend vom Gestionsrecht regeln und die weitere Geschäftsführung dem Vertragsrecht unterstellen11. Insbesondere die Genehmigung der bisherigen auftraglosen Geschäftsführung kann mit einem rechtsgeschäftlichen Auftrag für den noch folgenden Teil des Geschäfts verbunden werden. In der tatsächlichen Fortsetzung der Geschäftsführung kann eine Annahme des Vertragsangebots liegen12. Beides ist quaestio facti; allein in der Genehmigung einer noch nicht abgeschlossenen Geschäftsführung oder der Fortsetzung der Geschäftsführung liegt entgegen der Lehre der älteren Juristen kein Vertragsschluss13. Denn der Dominus läuft Ge5

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:191, Comment. F 56 seq. (p. 123 seq.). Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, Continuatio, Comment. § 3. 7 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1022, 1026. 8 Art. 2032 CC: „La ratifica (1399, 1711) dell’interessato produce, relativamente alla gestione, gli effetti che sarebbero derivati da un mandato (1703)“. 9 Art. 424 OR: „Wenn die Geschäftsbesorgung nachträglich vom Geschäftsherrn gebilligt wird, so kommen die Vorschriften über den Auftrag zur Anwendung.“. 10 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 703. 11 Siber, Die schuldrechtliche Vertragsfreiheit, JherJb 70 (1921), 223 (258). 12 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. D 16 (p. 215) will die Begründung eines Vertrages bereits darin sehen, dass der Gestor die Geschäftsführung nach einer entsprechenden Aufforderung des Geschäftsherrn fortsetzt. 13 So aber: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VI; Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen 6 , 1798, § 925; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III 6

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fahr, sich durch eine „Auftragserteilung“ zur Leistung einer Vergütung zu verpflichten (vgl. §§ 612, 632 BGB), die ihn bei der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht ohne weiteres trifft14; auch die Position des Gestors kann sich verschlechtern, da er bei Bestehen eines (entgeltlichen) Vertrages unter Umständen die Fortsetzung der Geschäftsführung schuldet, während er im deutschen Recht die Geschäftsführung ohne Auftrag grundsätzlich jederzeit aufgeben kann. Das Bedürfnis der älteren Juristen, die Geschäftsführung ohne Auftrag auf vertragliche Grundlage zu stellen, erklärt auch die bereits vorgestellte, von uns aber zurückgewiesene Lehre, dass der Tatbestand der negotiorum gestio die Abwesenheit oder Unwissenheit des Prinzipals voraussetzt: sei nämlich der Geschäftsherr anwesend, so komme ein mandatum expressum vel saltem tacitum zustande15. Ein modernes Beispiel für den Rückgriff auf eine Vertragskonstruktion sind die sog. contrats d’assisstance, die von der französischen Rechtsprechung zwischen einem freiwilligen Helfer und einer hilfsbedürftigen Person konstruiert werden, um einen (vertraglichen) Anspruch des Helfers auf Ersatz derjenigen Schäden zu begründen, die er bei seiner Hilfeleistung erlitten hat16. Schwierig ist die Beantwortung der sich in diesem Zusammenhang stellenden Frage, ob seitens des Gestors die tatsächliche Übernahme einer fremdnützigen Geschäftsbesorgung mit einem Angebot auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages verbunden werden kann. Und in der Tat neigte man früher ganz überwiegend dieser Auffassung zu, wie gerade die Lehrmeinungen bestätigen, die bei ratihabitio der Geschäftsführung ein rechtsgeschäftliches mandatum annehmen wollten. Man muss die Fragestellung modifizieren, um die richtige Antwort zu erhalten: kann eine (nicht angenommene) Realofferte nach Geschäftsbesorgungsrecht behandelt werden? Dies scheint man im ersten Zugriff annehmen zu wollen. Denn tatsächlich wird ja der Gestor „faktisch“ für den Geschäftsherrn tätig. Allerdings greift an dieser Stelle eine unten noch genauer darzustellende institutionelle Beschränkung des Geschäftsführungsrechts in der Phase der Vertragsanbahnung (siehe § 9 V). Entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie begründen die Privatrechtssubjekte gegenseitige Ansprüche (LeisTit. V § X. Richtig erscheint mir dagegen die Lehre von Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. 5 § 14, der sich gegen jede schematische Entscheidung der Frage, ob die Genehmigung der Geschäftsführung zu einem Mandat führt, entschied, sondern vielmehr auf den Willen der beteiligten Parteien abstellte. 14 Für weitere Einzelheiten zur institutionellen Beschränkung des Vergütungsanspruchs bei der nicht notwendigen Gestion verweise ich auf meine Ausführungen weiter unten. 15 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VIII; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 9 seqq.; Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, de negotiorum gestione, Not. § 1. 16 Vgl. Cour de Cassation (Cass.civ. 1re 27.5.1959), JCP 1959 II 11187; Cour de Cassation (Cass.civ. 1re 1.12.1969), JCP 1970 II 16445.

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tungs- und Vergütungsansprüche) und Pflichten grundsätzlich durch Vertrag. Dabei trägt jede Partei das Risiko eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen und damit des Ausfalls von Leistung und ggf. Vergütung. Eigene Aufwendungen im Vorfeld eines Vertrages bleiben, wenn es nicht zum Abschluss des Vertrages kommt, unvergütet. Diese im Prinzip der Privatautonomie angelegte Risikoverteilung kann nicht mittels des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag beiseite geschoben werden17. Daher steht bei Scheitern der Vertragsverhandlungen weder dem Geschäftsführer ein Aufwendungsersatzanspruch (Vergütungsanspruch) gem. § 683 S. 1 BGB noch dem Geschäftsherrn ein Herausgabeanspruch gem. §§ 681 S 2, 667 BGB auf das Ergebnis der fremdnützigen Geschäftsführung zu, sofern in dem Herausgabeverlangen eine Genehmigung der Geschäftsführung zu sehen wäre. Ansonsten sollte man dem Geschäftsherrn die actio directa belassen18. Dieses Ergebnis folgt im Verhältnis Unternehmer – Verbraucher unmittelbar aus § 241a Abs. 1 BGB19. Es ist daher genau zu untersuchen, ob sich eine Handlung als Realofferte oder als Geschäftsführungsmaßnahme darstellt. Nicht hierher gehören Leistungen, die aufgrund eines unwirksamen Subordinationsvertrages oder im erkennbaren Vertrauen auf das Bestehen eines Vertrages erbracht werden (vgl. § 241a Abs. 2 BGB); hier bestimmt sich die Abwicklung nach den §§ 677 ff. BGB. Da der Geschäftsführung ohne Auftrag und den rechtsgeschäftlichen Geschäftsbesorgungsverhältnissen der gleiche Interessenstrukturtypus zugrunde liegt, weisen beide Institute weitgehende Parallelen auf20. Und doch gibt es über die Erkenntnis, dass es sich bei dem einen um ein gesetzliches, bei dem anderen um ein vertragliches Schuldverhältnis handelt, hinaus weitere bemerkenswerte Unterschiede21. Ungenau ist der Hinweis als solcher, dass beim rechtsgeschäftlichen Mandat das „Ob“ der Übernahme und die Fortsetzung der Geschäftsführung eine Rechtspflicht ist 22. Die Freiwilligkeit der Geschäftsführung ist keine Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Gestor kann im Einzelfall aufgrund außerhalb des Geschäftsführungsrechts stehender Normen dem Geschäftsherrn gegenüber zur Übernahme der Geschäftsführung verpflichtet sein. So trifft die Feuerwehr, die zum Schutze des Eigentums tätig 17 BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 3 Rn. 5. 18 Zur der im Einzelall schwierigen Frage, wann im Herausgabeverlangen eine Genehmigung der Gestio liegt, ist auf die Ausführungen weiter unten zu verweisen. 19 Hau, Geschäftsführung ohne Verbraucherauftrag, NJW 2001, 2863 (2864). 20 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1022. Auf die große Ähnlichkeit zwischen Auftrag und der gestion d’affaires hat schon Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 444 et suiv. hingewiesen. 21 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1022 et suiv. 22 So zB Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 42.

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wird, eine Rechtspflicht zum Eingreifen und damit zur Übernahme der Geschäftsführung, und doch kann sie sich – sofern das Gesetz keine abschließende Regelung bereithält – auf die Geschäftsführung ohne Auftrag berufen. Genauer muss der Hinweis dahin gehen, dass das „negotium“ (aus)geführt sein muss (gerere). Die rechtliche Relevanz der Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) wird anders als beim rechtsgeschäftlichen Mandat nicht schon im Vorfeld durch den Konsens der Parteien begründet, sondern erst durch den Beginn der tatsächlichen Ausführung23. Hier hat der heute allgemein gebrauchte Satz seinen Ursprung, dass Dulden oder Unterlassen den Tatbestand der negotiorum gestio nicht erfüllen können24. Hat der Geschäftsführer aber erst einmal mit der Ausführung des Geschäfts begonnen, kann es – wie schon die Römer wussten – unter Umständen zu einer Haftung des Gestors kommen, wenn er das begonnene Geschäft nicht zu Ende führt 25. Hieraus wurde von den älteren Juristen die grundsätzliche Pflicht entwickelt, das einmal begonnene Geschäft auch zu Ende zu führen 26. Zahlreiche Kodifikationen haben eine solche Fortsetzungspflicht in ihre Regelungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag aufgenommen 27. Auch Art. V. – 2:101 (1) DCFR hat dem Geschäftsführer die Fortsetzung der Geschäftsführung zur grundsätzlichen Pflicht gemacht, soweit er nicht einen guten Grund hat, die weitere Besorgung der Angelegenheiten abzubrechen28. Als Ausnahme mag insoweit das deutsche BGB gelten, dass eine grundsätzliche Fortsetzungspflicht gerade nicht statuieren wollte.

2. Abgrenzungsschwierigkeiten Erfolgt die fremdnützige Interessenwahrnehmung aufgrund eines Vertrages, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach Vertragsrecht (Auftrag, §§ 662 ff. BGB; Geschäftsbesorgungsvertrag, § 675 BGB). Im Einzelfall kann die Feststellung des Zustandekommens einer vertraglichen Bindung zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr Schwierigkeiten bereiten; insbesondere dann, wenn die Möglichkeit eines konkludenten Vertragsschlusses in Frage steht: da der Tatbe23 Vgl. schon Ulpian, Dig 17, 1, 6, 1 (mandati vel contra): „Si cui fuerit mandatum, ut negotia administraret, hac actione erit conveniendus nec recte negotiorum gestorum cum eo agetur: nec enim ideo est obligatus, quod negotia gessit, verum idcirco quod mandatum susceperit: denique tenetur et si non gessisset“. 24 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 13. 25 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 14. 26 Vgl. nur Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Set. I § 1 in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI. 27 So etwa die obbligo di continuare la gestione im italienischen Recht: Art. 2028 CC; für das französische Recht: Art. 1372 CC. 28 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. E 17 seqq. (p. 215 seqq.).

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stand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Geschäftsherr vom Tun des Geschäftsführers Kenntnis hat, kann sowohl ein Auftrag als auch eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen. Zwar schließt das Vorliegen eines Auftrags oder Geschäftsbesorgungsvertrages das Entstehen einer Geschäftsführung ohne Auftrag aus, da die Rechtsbeziehungen der Parteien abschließend durch den Vertrag geordnet werden; aber solange und soweit die Rechtsfolgen beider Rechtsinstitute parallel laufen, kann ein Klagebegehren alternativ auf Auftragsrecht oder Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden, ohne dass über die Frage des Vertragsschlusses weiter Beweis erhoben werden müsste29. Allerdings ist die Feststellung eines Vertragsschlusses dann wieder notwendig, wenn der Geschäftsführer den Ersatz von Aufwendungen schuldet, die er als Realofferte zum Abschluss des Vertrages auf eigenes Risiko vorgeleistet hat.

II. Realvertrag Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung entsteht erst dann, wenn der Geschäftsführer mit der Ausführung begonnen hat30. Daher verwundert es nicht, dass die Geschäftsführung ohne Auftrag immer wieder in die Nähe der Realkontrakte gerückt wird31; ein Zusammenhang der jüngst auch von der Study Group aufgegriffen wurde32. Deutet man die negotiorum gestio im Sinne der Quasikontraktstheorie, nähert sich das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag tatsächlich dem Realvertrag immer deutlicher an, je mehr man mit der „Willensübereinstimmung“ zwischen Gestor und Geschäftsherrn ernst macht. Doch diese Lehre ist verfehlt. Das offenkundig zwischen Rechtsgeschäftslehre und negotiorum gestio Trennende ist eben das fehlende Element der rechtsgeschäftlichen Einigung im gesetzlichen Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag. Und so konnte bereits Iustinian in seinen Institutionen feststellen: „… quas ex nullo contractu proprie nasci manifestum est: quippe ita nascuntur istae actiones, si sine mandato quisque alienis negotiis gerendis se obtulerit …“33.

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ZB: BGHZ 67, 368 (369), Urt. v. 25.11.1976 – II ZR 201/74. Ulpian, Dig 17, 1, 6, 1 (mandati vel contra); dazu: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 13. 31 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 37 f.; zum Realvertrag überhaupt: Kunkel/Honsell, Römisches Recht4, 1987, § 98 III 3 = S. 252 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 153 ff. 32 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction A 9 (p. 55). 33 Inst. 3, 27, 1 (de obligationibus quasi ex contractu). 30

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§ 5. Die Geschäftsführung ohne Auftrag und das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung Weitgehend ungeklärt ist die Frage, ob sich das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag auf das Prinzip der unberechtigten Bereicherung zurückführen lässt1. Das römische Recht tat dies jedenfalls nicht2; umgekehrt leistete die negotiorum dort wegen des Fehlens eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs sogar Schützenhilfe3. Andererseits verweist man etwa im französischen Schrifttum auf deutliche Ähnlichkeiten zwischen beiden Rechtsinstituten4 und im angloamerikanische Rechtskreis, dem das Institut einer Geschäftsführung ohne Auftrag als solches im Grundsatz unbekannt ist, werden zahlreiche Fallgestaltungen, die im deutschen Recht typischerweise nach Geschäftsführungsregeln beurteilt werden, mit dem Instrumentarium des sog. law of restitution gelöst. In zahlreichen ihrer Entscheidungen stützt die deutsche Rechtsprechung ihre Entscheidungen alternativ auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht5 oder verweigert im Gegenzug Klagen sowohl unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigter Bereicherung als auch der Geschäftsführung ohne Auftrag den Erfolg, wobei sie sich zur Begründung in beiden Fällen auf dieselben materiellen Erwägungen beruft6. Wollschläger, der wichtigste Vertreter der objektiven Lehre, hat sich bemüht nachzuweisen, dass die Geschäftsführungsregeln hinsichtlich der Herausgabe- (actio directa) und der Aufwendungsersatz1 Vgl. dazu schon Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 17 = S. 920 f.; auch Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 d = S. 4; Malaurie/Aynès/StoffelMunck, Les Obligations2, 2005, n°1024 (Frankreich); Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992 (Schweiz), Rn. 1292 ff. Im österreichischen Recht verortet Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 10 ff. die Geschäftsführung ohne Auftrag zwischen den Extrempunkten Quasikontraktsprinzip und Bereicherungsprinzip; vgl. zum römischen Recht Seiler, Bereicherung und negotiorum gestio, in: FG-Kaser, 1986, S. 245. 2 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn 17 = S. 920 f. 3 Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (965). 4 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1024. 5 ZB: BGH NJW 2005, 1366 (1367), Urt. v. 4.2.2005 – V ZR 142/04; RGZ 82, 206 (214 f.), Urt. v. 26.4.1913 – VI 572/12 – Dombrandfall. 6 ZB: BGHZ 54, 157 (160 f.), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ansprüche (actio contraria) regelmäßig zu den gleichen Ergebnissen gelangen, wie die Eingriffs-, Rückgriffs- und Verwendungskondiktion7: gäbe es § 683 S. 1 BGB nicht, wäre der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers aus § 812 BGB (Rückgriffskondiktion, Verwendungskondiktion) begründet, weil der Geschäftsherr etwas erlangt hat und durch die Ersparnis bereichert sei8. Entsprechendes gelte für den Herausgabeanspruch des Geschäftsherrn. Die §§ 681, 667 BGB könnten ohne weiteres durch die Eingriffskondiktion ersetzt werden: die Haftung des redlichen Geschäftsführers entspreche letztlich der Haftung des bösgläubigen Eingreifers9. Seine Konsequenz: eine eigenständige, materielle Rechtfertigung für das Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag gibt es nicht mehr10; ein Gedanke, der heute verstärkt Gefolgschaft findet11. Noch überwiegen in der Lehre wohl die Bedenken, den Ansatz von Wollschläger aufzunehmen und die Geschäftsführung ohne Auftrag auf einen kleinen verselbständigten Ausschnitt des Rechts der ungerechtfertigten Bereicherung zu reduzieren. So verweisen etwa Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck in einem ersten Atemzug auf die erstaunlichen Ähnlichkeiten zwischen der gestion d’affaires und der enrichissement sans cause, betonen in einem zweiten Schritt dann aber doch die „différences essentielles“12. Im common law greift man zwar in Fällen, die in Deutschland typischerweise unter Rückgriff die §§ 677 ff. BGB löst, verstärkt auf den Bereich des law of restitution zurück. Aber der genauere Blick zeigt, dass der häufig genannte Klagegrund des quantum meruit eher eine Nähe zum Vertragsrecht (vgl. §§ 612, 632 BGB) als zum Bereicherungsrecht unseres Verständnisses aufweist13. Und in der Tat verbietet es sich, die Geschäftsführung ohne Auftrag als Bestandteil des Bereicherungsrechts aufzufassen. Bereicherungsrecht und Gestionsrecht fußen auf vollkommen verschiedenen Grundgedanken. Allerdings wird der tragende Gesichtspunkt kaum benannt. Der in der kontinentaleuropäischen Diskussion zentrale Hinweis auf den besonderen erfolgsunabhängigen – und damit bereicherungsunabhängigen – Aufwendungsersatzanspruch bei der nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag trägt alleine nicht14: charakteristisch ist der in Fragment Ulpian, Dig 3, 5, 9, 1 wiedergegebene Fall, dass der

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Zusammenfassend: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 324. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 225 f. 9 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 253 f. 10 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff., 72 ff. 11 Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (980 ff., 990 f.). 12 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1024. 13 Den Klagegrund des money paid to the defandant’s use wird man dagegen – auf deutsche Verhältnisse hochgerechnet – als Aufwendungs- (Verwendungs-) oder auch Rückgriffskondiktion einordnen. 14 Vgl. etwa: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1024. 8

§ 5. Die Geschäftsführung ohne Auftrag

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Geschäftsführer ein Mietshaus abstützt oder einen kranken Sklaven pflegt, das Mietshaus aber später abbrennt oder der Sklave verstirbt. Ulpian, Dig 3, 5, 9, 1: „Is autem qui negotiorum gestorum agit non solum si effectum habuit negotium quod gessit, actione ista utetur, sed sufficit, si utiliter gessit, etsi effectum non habuit negotium.“

Ulpian spricht aus, dass bei Utilität der Geschäftsführung der Geschäftsführer auch dann Ersatz seiner Aufwendungen fordern kann, wenn sie letztlich keinen Erfolg haben. Das ist auch heute noch weitgehend unangefochtener Grundbestand (common core) des Geschäftsführungsrechts15: entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn (§ 683 S. 1 BGB) oder war die Übernahme der Geschäftsführung „reasonable“ (Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR), so verlagert sich das Verwendungsrisiko auf den Geschäftsherrn (Art. V. – 3:101 DCFR)16. Der Geschäftsherr muss für nützliche Verwendungen also auch dann zahlen, wenn der Erfolg nicht eingetreten ist. Nun hat Wollschläger nachgewiesen, dass das Ergebnis nicht anders ausfallen würde, wenn es die Vorschrift des § 683 S. 1 BGB nicht gäbe und der Anspruch alleine auf § 812 BGB gestützt werden müsste17. Grund dafür, dass auch nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen die Utilität (Interessen- und Willensübereinstimmung) der Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung zu beachten ist: der Geschäftsherr hätte die Maßnahmen letztlich selbst vorgenommen, so dass er die entsprechenden Aufwendungen erspart hat, selbst wenn sie letztlich nicht erfolgreich waren18. Der Grund, warum es der hL so schwer fällt, den entscheidenden Unterschied zwischen Gestionsrecht und Bereicherungsrecht herauszuarbeiten, ist, dass sie unverdrossen ihr gesamtes Theoriegebäude am Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts ausrichtet. Denn mit dem Begriff des objektiv fremden Geschäfts verwendet sie selbst einen bereicherungsrechtlichen (und deliktsrechtlichen) Begriff und begibt sich damit zwangsläufig in Kondiktionsnähe. Denn es ist die Führung eines objektiv fremden Geschäfts (konkret: die Zahlung auf fremde Schuld, die Aufwendungen auf fremde Sachen oder der Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines fremden Rechts), die zu rechtsgrundlosen Vermögenszuwächsen auf Seiten des Geschäftsherrn oder des Gestors führt (konkret: 15

Vgl. Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. 16 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:101 Comment. D 6 (p. 258); ebenso ist die Rechtslage in Frankreich: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1024. 17 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 215 ff.; Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (972 f.). 18 Darauf weisen zB ausdrücklich hin: Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 7 in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 448; PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:101, Comment. D 6 (p. 258).

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Schuldbefreiung oder Ersparnis von eigenen Aufwendungen auf Seiten des Geschäftsherrn, bzw. Nutzziehung entgegen dem Zuweisungsgehalt auf Seiten des Geschäftsführers andererseits). Im Mittelpunkt der geschäftsführungsrechtlichen Diskussion stehen damit diese (ungerechtfertigten) Vermögensverschiebungen; Wollschläger spricht dies offen aus, wenn er sagt, dass der Begriff der Fremdheit darüber entscheidet, wer die Nutzen oder die Kosten einer Geschäftsführung zu tragen hat19. Stellt man den Ausgleich von rechtsgrundlosen Vermögensverschiebungen in den Vordergrund der Überlegung, so lassen sich die geschäftsführungsrechtlichen Ausgleichsvorschriften (§§ 681 S. 2, 667 und §§ 683, 684 BGB) und das Bereicherungsrecht in der Tat auf einen gemeinsamen Grundgedanken zurückführen 20. Die gestionsrechtlichen actiones (actio contraria und actio directa) werden damit zu zwar gesetzlich besonders geregelten aber doch überflüssigen Anwendungsfällen der allgemeinen Rückgriffs- und Aufwendungskondiktion einerseits und der Eingriffskondiktion andererseits. Rechtspraktische Folge dieser bereicherungsrechtlichen Deutung ist der von Wollschläger prognostizierte vollständige und namentlich in Deutschland auch vorfindbare Bedeutungsverlust der Geschäftsführungsabsicht, die wegen der Fixierung auf das objektiv fremde Geschäft und den Gleichlauf von Bereicherungsrecht und Geschäftsführung ohne Auftrag nicht mehr gebraucht wird. Löst man sich dagegen vom Begriff des fremden Geschäfts, so wird der eigenständige Charakter der Geschäftsführung ohne Auftrag sichtbar. Auslöser der geschäftsführungsrechtlichen Ausgleichsvorschriften ist dann nicht mehr die vermögensrechtliche Abschöpfung eines dem anderen nicht zustehenden Vorteils, sondern die besondere Interessenstruktur der Subordinationsverhältnisse21. In Abgrenzung zur Lehre Wollschlägers formuliert: das subordinationsrechtliche Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag ist kondiktionsfern. Die subordinationsrechtliche Betrachtungsweise macht die eigentliche Grundlage der geschäftsführungsrechtlichen Ausgleichsansprüche sichtbar. Entsprechend dem Gedanken der Interessenwahrnehmung für einen anderen ist der Geschäftsführer – wie der vertragliche Mandatar – am Erfolg seines Handelns weder im Positiven noch im Negativen unmittelbar beteiligt. Ein Gewinn ist nicht sein Gewinn, sondern stets der Gewinn des Geschäftsherrn; ein Verlust ist nicht sein Verlust, sondern der Verlust des Geschäftsherrn. Auslöser der Ausgleichsansprüche ist nicht die Abschöpfung unrechtmäßiger Vermögensvorteile, sondern die im Subordinationsgedanken liegende ausschließliche Zuweisung von Gewinn und Verlust an die Person des Geschäftsherrn22. Die subordi19

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff. Vgl. Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 d = S. 4. 21 Vgl. schon Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 b = S. 1120. Siehe auch: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1024. 22 Vgl. auch die Schadloshaltungsfunktion der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag bei Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 1. 20

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nationsrechtliche Sichtweise auf die Geschäftsführung ohne Auftrag löst sich damit – im Gegensatz zur objektiven Lehre – aus dem Haftungsgleichlauf mit den bereicherungsrechtlichen Vorschriften. Denn nicht mehr der Begriff des fremden Geschäfts und die daran anknüpfenden Vermögensverschiebungen bestimmen den Ausgleich, sondern die Zweckrichtung des Handelns. Zur Erläuterung soll ein Fragment von Ulpian/Iulian dienen: Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 5 2 (de negotiis gestis): „Iulianus libro tertio digestorum scribit, si pupilli tui negotia gessero non mandato tuo, sed ne tutelae iudicio tenearis, negotiorum gestorum te habebo obligatum: sed et pupillum, modo si locupletior fuerit factus“.

Besorge ich die Geschäfte eines Mündels, so besorge ich auch die Geschäfte seines nachlässigen Vormunds, dem die Besorgung der Geschäfte des Mündels in erster Linie obliegt. Nach der objektiven Lehre kann ich – wie Iulian lehrt – gegen beide vorgehen; auch wenn ich mich auf dem Boden des klassischen römischen Rechts besser an den Vormund halte, da der Mündel als Geschäftsherr nur in Höhe einer noch vorhandenen Bereicherung haftete. Zu welchen gefährlichen Folgen ein rein objektives Verständnis führen kann, zeigt das Beispiel von Voet, der später anknüpfend an diesem Fragment die Lehre entwickelt, dass in diesen Fällen grundsätzlich (nur) der Vormund hafte, da die Sorge um das Mündel ja primär seine Aufgabe sei: „& si quidem pupilli sint gesta negotia, non in pupillum sed potius tutorem: nam cum tutor ipse ex officii necessitate debuerit gerere, gestum censetur tutoris negotium, dum curatur id, quod pupilli est“23. Anders die hier vertretende Sichtweise. Nach dem subordinationsrechtlichen Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag werde ich ausschließlich für das Mündel tätig und nicht zugunsten des Vormunds. Dass ich zugleich ein objektives Geschäft des Vormunds erledige, ist für die subordinationsrechtliche Deutung ohne Belang. Lösche ich einen Brand, führe ich sowohl ein Geschäft des Brandstifters als auch des Hauseigentümers. Bei bereicherungsrechtlicher (objektiver) Deutung kann ich sowohl vom Brandstifter wie vom Eigentümer Ersatz meiner Aufwendungen verlangen. Anders die Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung. Nach dem sozialen Sinn meines Handelns führe ich ausschließlich ein Geschäft für den Eigentümer. Dessen Interesse bestimmt ihr Tun, und nicht das (gegenläufige) Interesse des (vielleicht vorsätzlichen) Brandstifters. – Auf einem anderen Blatt mag stehen, ob ich in diesen Fällen einen sog. privilegierten Erstattungsanspruch gegen den Brandstifter oder nachlässigen Vormund habe. Auch wenn dieser Anspruch historisch gewachsen im Anschluss an die iustinianischen Quellen auch noch in modernen Kodifikationen oder Entwürfen systemwidrig im Zusammenhang der echten Geschäftsführung ohne Auftrag behandelt wird (§§ 683 S. 2, 679 BGB, Art. V. – 1:102 DCFR), 23 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8. Allerdings macht Voet hiervon eine Ausnahme, wenn das Mündel noch bereichert ist.

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so ist er doch auf das strengste von der echten Geschäftsführung ohne Auftrag zu unterscheiden. Schließlich sei an dieser Stelle noch auf eine gravierende Schwäche der objektiven, kondiktionsnahen Lehre hingewiesen: die objektive Lehre kommt in Verlegenheit, wenn– obwohl eindeutig für einen anderen gehandelt wird – es im Einzelfall an der Führung eines objektiven fremden Geschäfts fehlt. Das Schulbeispiel ist der Kauf der begehrten Briefmarke für den von Sammelleidenschaft gepackten Freund. Hier liegt kein begründbares objektives Geschäft des Freundes vor. Teilweise versucht man sich im Lager der hM mit der wenig überzeugenden und nicht allgemein anerkannten Kategorie des subjektiv fremden Geschäfts zu helfen 24. Nicht zu Unrecht spricht Wollschläger mit Blick auf das subjektiv fremde Geschäfte von totem Recht 25. Für die subordinationsrechtliche Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag stellen diese Fälle kein Problem dar. Im Einzelfall entscheidet die Utilität, die man je nach Rechtsordnung mehr objektiv (reasonable ground) oder subjektiv (präsumtiver Wille des Geschäftsherrn) bestimmt, darüber, ob dem Geschäftsführer ein Erstattungsanspruch zusteht. Kurz bemerkt sei nur, dass § 684 S. 1 BGB keine Ausnahme vom Grundsatz der Kondiktionsferne des Gestionsrechts darstellt. Denn tragender Grund des Ausgleichs ist auch für den Fall der inutilitas der subordinationsrechtliche Gedanke, einen Verlust des Geschäftsführers an den Geschäftsherrn weiterzugeben; nur wird der Ausgleichsanspruch durch die tatsächlich erlangten Vorteile des Geschäftsherrn aus der Geschäftsführung begrenzt.

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Überhaupt ablehnend: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 191. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 73.

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§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag I. Das actionenrechtliche Verständnis des römischen Rechts Nach überkommenem Verständnis entstehen aus der Geschäftsführung zwei Klagen: „Ex gestione autem oriuntur actiones duae, directa quae datur domino: & contraria, quae datur gestori“1. Diese Lehre reicht zurück bis in das römische Recht. In den iustinianischen Institutionen heißt es: Inst. 3, 27, 1 (de obligationibus quasi ex contractu): „Igitur cum quis absentis negotia gesserit, ultro citroque inter eos nascuntur actiones, quae appellantur negotiorum gestorum: sed domino quidem rei gestae adversus eum qui gessit directa competit actio, negotiorum autem gestori contraria…“.

Wenn jemand die Geschäfte eines anderen führte, entstanden zwischen den Parteien gegenseitige Klagen, die Geschäftsführungsklagen. Dem Geschäftsherrn stand gegen den Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum directa zu, dem Geschäftsführer die actio negotiorum gestorum contraria. Die Klage des Geschäftsherrn ging auf Rechnungslegung sowie auf Herausgabe dessen, was der Gestor durch die Geschäftsführung erlangt hat; bei schuldhaft verursachtem Schaden kam ein Anspruch auf Schadensersatz hinzu. Die Klage des Geschäftsführers ging auf Aufwendungsersatz. Die Tatbestandsvoraussetzungen beider Klagen waren nicht identisch. Ohne die an dieser Stelle bedeutungslosen Fragen nach dem subjektiven Moment (animus negotia aliena gerendi) und nach der Bedeutung des fremden Geschäfts (negotium alterius) erneut aufwerfen zu wollen, genügte es zur Begründung der actio directa alleine, dass der Geschäftsherr ein fremdes Geschäft führte2. Der Gegenanspruch des Gestors gegen den Geschäftsherrn, die actio contraria, stand dagegen unter einer weiteren Voraussetzung, nämlich der utilitas gestionis3. Dieses Merkmal diente dazu, 1

Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 11. Vgl. das von Ulpian, Dig. 3, 5, 3 pr. (de negotiis gestis) prätorischen Edikt: „Si quis negotia alterius … gesserit“. 3 Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, De negotiorum gestione, Com2

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den mit der Zulassung der negotiorum gestio verbundenen Eingriff in die Privatautonomie des Einzelnen wieder etwas einzufangen und zu begrenzen. Das Erfordernis eines utiliter gestum ist die Sicherung, die das römische Recht eingebaut hat, um eine unangemessene Belastung des Geschäftsherrn zu verhindern4. Dieser von mir im Folgenden als „actionenrechtlicher Aufbau“ bezeichnete Lehre beherrschte lange Zeit die geschäftsführungsrechtliche Systematik5. Zu Recht. Der römischrechtlich geprägte Ansatz entspricht der hier vertretenen subordinationsrechtlichen Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Grundtatbestand der Geschäftsführung ist erfüllt, wenn der Geschäftsherr ohne Auftrag für einen anderen tätig wird. Mehr bedarf es dazu nicht. Insbesondere ist die konkrete utilitas gestionis – wie oben bereits eingehend dargelegt – keine Voraussetzung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag (siehe § 2 VI 4). Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung und zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten folgt allein aus dem (abstrakten) Tätigwerden im fremden Interesse, unabhängig von der Frage, ob die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung dem konkreten Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Die zusätzliche Voraussetzung der utilitas hat nur Bedeutung für den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers6. – Mache ich Aufwendungen auf ein baufälliges Haus, dass vom Eigentümer aufgegeben wurde, weil es die Reparaturkosten nicht wert war, so fehlt es an der utilitas gestionis. Das gesetzliche Schuldverhältnis der negotiorum gestio ist entstanden, da ich für einen anderen tätig war; nur der Aufwendungsersatzanspruch steht mir nicht zu7.

ment. § 2 ad „negotiorum gestori contraria“. Vgl. Ulpian, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis): „is enim negotiorum gestorum, inquit [Anm: Celsus], habet actionem, qui utiliter negotia gessit.“ 4 Allerdings gingen die Meinungen der römischen Juristen weit darüber auseinander, was unter dem Begriff der utilitas zu verstehen war. Darauf wird unten einzugehen sein. 5 ZB: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V §§ 2, 8 seqq. Vgl. nur aus dem älteren deutschen gemeinen Recht: Schmidt, Ernst Gottfried Schmidts theoretisch-practischer Commentar über seines Vaters, Johann Ludwig Schmidts practisches Lehrbuch IV2, 1802, §§ 1070 ff. = S. 434 ff. 6 Vgl. Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 b, S 638; Oertmann2 (1929) Vorbem vor §§ 677 ff, Anm. 3 d; Planck/Lobe4 (1928) Vor § 677 Anm. IV; vgl. auch: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 21 ff. 7 Ulpian/Celsus, Dig. 3, 5, 10, 1 (de negotiis gestis).

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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II. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Inhalt der Lehre Die vorangestellte actionenrechtliche Systematik folgt unmittelbar aus dem Gedanken der Interessenwahrnehmung für einen anderen (Subordination). Dennoch befindet sich diese Lehre mehr und mehr auf dem Rückzug. Sie wurde weitgehend verdrängt durch die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag8. Nach dieser Lehre entsteht das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung nicht schon dann, wenn der Geschäftsführer unbeauftragt für einen anderen tätig wird, sondern als weitere zwingende Voraussetzung muss die utilitas gestionis hinzutreten. War im klassischen römischen Recht die utilitas nur Voraussetzung der actio contraria, wird sie von der berechtigten Geschäftsführung überhaupt zum obligationsbegründenden Moment. Ist die Geschäftsführung inutil, so soll das gesamte Verhältnis zwischen den Parteien ausschließlich nach Bereicherungs- und Deliktsrecht beurteilt werden9. Will man die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag verstehen, muss man sich die Beeinflussung der allgemeinen geschäftsführungsrechtlichen Diskussion durch die Quasikontraktstheorie aber auch die starke Prägung durch den (quasideliktischen) Begriff des fremden Geschäfts vor Augen führen.

2. Die Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips: Die Theorie der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag als Quasikontraktstheorie Ihren Ursprung findet die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in der gemeinrechtlichen Quasikontraktstheorie10. Diese Lehre versuchte – wie bereits oben dargestellt – zur Auflösung der Gruppe der obligationes ex contractu und zur Eingliederung der negotiorum gestio in das Vertragsrecht das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag mal mehr, mal weniger aus einem – fiktiven oder unterstellten – Konsens heraus zu erklären (siehe § 2 III). Das Element für die erforderliche Willensübereinstimmung auf 8 ZB Schlechtriem, Schuldrecht, Besonderer Teil 6 , 2003, Rn. 691. Vgl. hierzu Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (971 f.). 9 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction C 26 seq. (p. 61 seq.); The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 489 seq. 10 Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, S. 9 ff. glaubt die Anfänge der von ihm bekämpften Theorie der berechtigten Geschäftsführung bereits in der Glosse nachweisen zu können.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Seiten des Geschäftsführers wurde in der Geschäftsführungsabsicht (animus negotia aliena gerendi) gefunden; auf Seiten des Geschäftsherrn wurde die zusätzliche Voraussetzung der actio contraria, das Vorliegen eines utiliter gestum, zunächst versubjektiviert und zum obligationsbegründenden Element verallgemeinert: erst der Gleichlauf von Geschäftsführungsabsicht und präsumtivem Willen des Geschäftsherrn (als subjektivierter Maßstab des utiliter gerere) konnte das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zur Entstehung bringen. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Fortsetzung der Quasikontraktstheorie: erst Geschäftsführungsabsicht auf Seiten des Geschäftsherrn und die (versubjektivierte) utilitas auf Seiten des Geschäftsherrn können das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag begründen11. Quasikontraktstheorie und Lehre von der berechtigten Geschäftsführung bedienen sich seit Jahrhunderten desselben dogmatischen Mittels: sie stützen ihre Konstruktion auf eine Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips der actio contraria.

3. Legitimationsfunktion Mit der eigentümlichen Fixierung auf den bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Begriff des fremden Geschäfts wurde die geschäftsführungsrechtliche Diskussion immer auch in eine „quasideliktische“ Richtung gelenkt. Selbst die Theorie der Menschenhilfe betont den Schutz des Geschäftsherrn vor dem allzu aufdringlichen Geschäftsführer. Im Mittelpunkt des Interesses steht damit der Eingriff in einen fremden Rechts- und Interessenbereich. In der Lehre betont man daher die Abwehrfunktion der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, der man die Legitimationswirkung der berechtigten Geschäftsführung gegenüber stellt12. Die sog. Legitimationsfunktion der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag belastet heute weitgehend das Konkurrenzverständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zu anderen Rechtsinstituten. Die berechtigte, nicht aber die unberechtigte, Geschäftsführung ohne Auftrag soll Rechtsgrund für die mit ihr verbundenen Vermögensverschiebungen (§ 812 BGB; Art. VII. – 1:101 DCFR) sein und als Recht zum Besitz (§ 986 BGB) das 11

Deutlich Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 123 f.: die Tätigkeit in Geschäftsführungsabsicht schaffe die in der Person des Geschäftsführers liegende Voraussetzung dafür, dass er in die Rechtsstellung eines Beauftragten einrücken kann; als Beauftragter behandelt werden könne er jedoch nur, wenn die Nützlichkeit der Übernahme der Geschäftsführung gleichsam als dasjenige Erfordernis hinzutritt, das die Willenserklärung des Auftraggebers ersetzt. Wittmann will darin allerdings keine Rückkehr zur Lehre vom Quasikontrakt erkennen können. 12 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 1 ff. spricht von der Legitimationsfunktion der berechtigten und der Abwehrfunktion der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Eigentümer-Besitzer-Verhältnis der §§ 987 ff. BGB ausschließen; darüber hinaus soll sie im Deliktsrecht die Widerrechtlichkeit verhindern und einen strafrechtlichen Rechtfertigungsgrund bilden13. Art. VI. – 5:502 (2) DCFR schreibt die Legitimationsfunktion ausdrücklich fest. Nach dieser Vorschrift kann sich der Geschäftsführer gegenüber einem deliktischen Anspruch des geschädigten Geschäftsherrn darauf berufen, dass er als berechtigter Geschäftsführer gehandelt hat. VI. – 5:202 DCFR. Self-defence, benevolent intervention and necessity. (1) A person has a defence if that person causes legally relevant damage … (2) The same applies to legally relevant damage caused by a benevolent intervener to a principal without breach of the intervener’s duties. (3) …

Die Gedanken von der Abwehrfunktion der unberechtigten und der Legitimationsfunktion der berechtigten Gestion verwirren mehr, als sie zur Klärung der Verhältnisse bei inutiler Geschäftsführung beitragen. Denn ohne Zweifel ist der Geschäftsherr nun vor einer inutilitas gestionis zu schützen. Zentrales Mittel dazu ist es, dem Geschäftsherrn entsprechend dem römischen Vorbild die actio contraria entweder ganz zu versagen14 oder doch zumindest auf die tatsächlich erlangten Vorteile des Geschäftsherrn zu beschränken (so § 684 S. 1 BGB)15. Auf der Negativseite wird ein vollkommener Schutz des Geschäftsherrn (erst) durch das Instrumentarium der actio directa erreicht (Schadensersatzansprüche, Herausgabeansprüche, Weisungsrechte). Hiermit soll nicht gesagt werden, dass vergleichbare Ergebnisse nicht auch durch den Rückgriff auf das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und die allgemeinen Vorschriften oder Rechtsanalogien mehr oder weniger befriedigend gelöst werden können. Hierauf soll sogleich eingegangen werden. Doch hier gilt das gleiche, was mit Blick auf die andersartigen Instrumente des common law im Bereich der negotiorum gestio gesagt wurde: sicherlich ist ein solches dogmatisches Vorgehen möglich, aber es wird letztlich nichts damit gewonnen. Das tradierte Recht der negotiorum gestio bietet ein interessengerechtes Sonderrecht der unbeauftragten Geschäftsführung ohne Auftrag, die auf die (in)utilitas gestionis angemessen reagieren kann. 13

PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 91 (p. 94 seq.); Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 3. Vgl. dagegen die österreichische Diskussion zur Widerrechtlichkeit der Geschäftsführung: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 110 ff.: die Betonung der „Negativseite“ der Geschäftsführung hängt mit der ablehnenden Haltung der ABGB-Redaktoren gegenüber der negotiorum gestio zusammen. 14 Ulpian/Celsus/Proculus, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis); Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 15 So explizit: Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I § 4, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445 et suiv.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag macht dem Rechtsanwender das Leben unnötig schwer, als sie Sachverhalte der fremdnützigen Interessenwahrnehmung mit ihren ganz eigentümlichen Strukturen ohne triftigen Grund aus dem dazu maßgeschneiderten Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag herausreißt und in das für diese Sachverhalte per se unpassende Recht der ungerechtfertigten Bereicherung oder gar des Eigentümer-Besitzerverhältnisses abdrängt. Als Beleg sei nur darauf verwiesen, dass trotz Proteste der Lehre die deutsche Rechtsprechung bis heute gut daran tut, auf unwirksame Verträge mit subordinationsrechtlichen Komponenten nicht etwa das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung der §§ 812 ff. BGB anzuwenden, sondern auf das Geschäftsführungsrecht der §§ 677 ff. BGB zurückgreift16. Die geschäftsführungsrechtliche Behandlung nichtiger Geschäftsbesorgungsverträge ist nicht das Ergebnis undurchsichtiger Billigkeitserwägungen, wie immer wieder polemisiert wird17, sondern der vom einfachen Austauschvertrag (Koordinationsvertrag) verschiedenen Struktur der Interessenwahrnehmungsverträge (Subordinationsverträge) geschuldet18. Die §§ 812 ff. BGB enthalten zusammen mit der Saldotheorie bzw. der Theorie der Gegenleistungskondiktion das gesetzliche Programm zur Rückabwicklung gescheiterter Koordinationsverhältnisse. Nicht wirksam geregelte Subordinationsverhältnisse sind aber per se Sache der §§ 677 ff. BGB, mit deren Hilfe sich diese Sachverhalte ohne weitere Schwierigkeiten abwickeln lassen. Darauf wird weiter unten ausführlich einzugehen sein (siehe § 15 IV). Nach der hier vertretenen Lehre schließt eine fremdnützige unbeauftragte Geschäftsführung unabhängig von der utilitas gestionis einen Rückgriff auf die Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung per se aus. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das spezielle gesetzliche „Ausgleichsverhältnis“ der nicht durch wirksamen Vertrag oder Gesetz anderweitig und abschließend geregelten Subordinationsverhältnisse. Liegt eine fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen vor, sind Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder dem Eigentümer-Besitzerverhältnis per se ausgeschlossen; der Ausgleich zwischen den Parteien bestimmt sich nunmehr ausschließlich nach Geschäftsführungsrecht, unabhängig davon, ob eine „berechtigte oder unberechtigte“ Geschäftsführung vorliegt. Nur für den Aufwendungsersatzanspruch des Gestors spielt die utilitas eine Rolle. Eine Besonderheit gilt im deliktischen Bereich (§§ 823 ff. BGB, Book VI DCFR) und im Strafrecht. Hier liegt die Problematik letztlich weniger in der behaupteten Legitimationsfunktion der utilitas (Art. VI. – 5:202 (2) DCFR): die 16

BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30.9.1993 – VII ZR 178/91. Vgl. aber Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883 (885). 18 BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4.11.2004 – III ZR 172/02; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1175: Anwendung der Geschäftsführungsregeln für den gutgläubigen Geschäftsführer durchaus sachgerecht. 17

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Durchbrechung der bei Fremdschädigung typischerweise indizierten Rechtswidrigkeit lässt sich bei gegebener Nützlichkeit der Geschäftsführung bereits ohne weiteres aus dem anerkannten Rechtsfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung stützen. Des Rückgriffs auf eine Legitimationsfunktion bedarf es an dieser Stelle nicht. Problematisch ist der naheliegende Gegenschluss der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung, dass im Falle „unberechtigter Geschäftsführung“ die Widerrechtlichkeit als feststehend zu betrachten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie im deutschen Recht die utilitas gem. § 683 S. 1 BGB einem streng subjektiven Prinzip folgt. Man wird vielmehr einen Gedanken von Wollschläger aufgreifen müssen, außerhalb der unter Umständen sehr engen Voraussetzungen der utilitas die Rechtswidrigkeit entsprechend den allgemeinen Notstandsprinzipien der Güter- und Pflichtenabwägung zu bestimmen haben. Der für die actio contraria von der deutschen Rechtsordnung durchaus mit Recht und Bedacht gewählte Maßstab des § 683 S. 1 BGB kann im deliktischen und strafrechtlichen Rahmen zu eng sein19.

III. Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in nationalen Rechtsordnungen und dem Book V des DCFR Die Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips entspricht nicht dem klassischen römischen Recht; auch vor dem Hintergrund des Gedankens der Subordination stellt sie sich als höchst problematisch dar. Und doch muss man ihr für die jüngere Vergangenheit eine erhebliche Sogwirkung attestieren. Das actionenrechtliche Modell ist in die Defensive geraten. Dies ist zu bedauern, da das actionenrechtliche Modell dem subordinationsrechtlichen Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag als dem besonderen gesetzlichen Schuldverhältnis der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen entspricht. Dem Bedeutungsverlust des actionenrechtlichen Gestionsmodells muss rechtspolitisch auf der Ebene der europäischen Rechtsvereinheitlichung wie auch de lege lata auf den nationalen Ebenen entgegen gewirkt werden. Die Rückkehr zum actionenrechtlichen Modell ist keinesfalls ein rechtsdogmatischer Rückschritt, wie gelegentlich polemisiert wird 20. Insgesamt stehen für eine solche Rückbesinnung die Chancen nicht schlecht. Der große Reiz der seit dem 19. Jahrhundert verstärkt propagierten Lehre der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag scheint trotz ihres mittlerweile auch betagten Alters primär im ungebrochenen Schein ihrer Modernität zu liegen. Versucht man, die tatsächliche Verankerung 19 20

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 274 ff. So aber Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 a = S. 5.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag in Europa zu beurteilen, fällt zweierlei auf. Einmal gibt es sicherlich (moderne) Kodifikationen und Principles, die unzweifelhaft der Systematik und Dogmatik der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag folgen. Wirft man aber den Blick auf das Gros der nationalen Rechtsordnungen, so folgt deren zugrundeliegende Kodifikation weiterhin nicht weniger eindeutig der actionenrechtlichen Systematik des Gestionsrechts; erst die mehr oder weniger starke Strömung innerhalb der jeweiligen nationalen Rechtswissenschaft und Praxis hat – contra legem! – zu einer Uminterpretation des vorgefundenen Normbestandes geführt. Zur sehr kleinen ersten Gruppe, die bereits auf „positivierter“ Ebene der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag folgt, gehören das Nieuw Burgerlijk Wetboek der Niederlande und das Book V des DCFR. Die Vorreiterrolle kommt dabei dem niederländischen Recht zu. Hier heißt es in Art. 6:198 BW: Art: 6:198 BW. Zaakwaarneming is het zich willens en wetens en op redelijke grond inlaten met de behartiging van eens anders belang, zonder de bevoegdheid daartoe aan een rechtshandeling of een elders in de wet geregelde rechtsverhouding te ontlenen.

Danach verlangt der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag zweierlei: (a) die Wahrung eines fremdes Interesses und (b) das Vorliegen eines vernünftigen, die Übernahme der Geschäftsführung rechtfertigendes vernünftigen Grundes (redelijke grond). Art. 6:198 BW wurde von Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR adaptiert21: V. – 1:101 DCFR. Intervention to benefit another. (1) This Book applies where a person (the intervener) acts with the predominant intention of benefiting another (the principal) and: (a) the intervener has a reasonable ground for acting; or (b) …

Gleich dem Nieuw Burgerlijk Wetboek gibt sich der DCFR nicht alleine mit der fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen zufrieden. Die justified intervention in another’s affairs setzt vielmehr voraus, dass „the intervener has reasonable ground for acting“. Entsprechend der Lehre der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag verweisen die Comments die unlawful intervention in das Bereicherungs- und Deliktsrecht 22. Beispiele für die wesentlich größere Gruppe (b) sind nicht schwer zu finden. Einen dezidiert actionenrechtlichen Aufbau der Geschäftsführung ohne Auf21

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Not. 72 (p. 152). PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 89 (p. 94). Ebenso die Materialien zu Art. 1:198 BW: The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 489 seq. 22

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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trag weisen etwa das Schweizer Obligationenrecht (Artt. 419 ff. OR), der italienische Codice Civile (Artt. 2028 ff. CC) oder der französischen Code Civil (Artt. 1372 ff. CC) auf23. Trotz der eindeutigen Haltung der Kodifikation wird hier in Verallgemeinerung des auf den Aufwendungsersatzanspruchs des Geschäftsführers bezogenen Utilitätserfordernisses (Art. 422 OR, Art. 2031 CC, Art. 1375 CC)24 die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vertreten 25. Hierher gehört auch das deutsche BGB (§§ 677 ff., 683 BGB), auf das sogleich ausführlich einzugehen sein wird. Die moderne Rechtslehre ist sich häufig gar nicht (mehr) bewusst, dass sie mit der Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips den Willen des Gesetzgebers konterkariert. Man zeigt sich stattdessen – wie etwa in Deutschland – verwundert darüber, dass der gesetzliche Normenapparat die als einzige Möglichkeit angesehene Theorie der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht widerspiegelt und kommt zu dem überraschenden Urteil, dass die gesetzliche Regelung gesetzestechnisch misslungen sei26. Auf der Ebene der nationalen Rechtsordnungen wird anzusetzen sein, um eine Wiederbelebung des actionenrechtlichen Modells zu erreichen. Dies wird hier im Folgenden für das deutsche Recht der §§ 677 ff. BGB zu versuchen sein. Nicht weiter eingegangen werden soll an dieser Stelle auf den Maßstab der Utilitätsprüfung. Vordergründig stehen sich als Extreme der objektive Maßstab etwa der Artt. 6:198 BW, V. – 1:101 (1)(a) DCFR und der subjektive Maßstab des § 683 S. 1 BGB gegenüber. Es handelt sich letztlich um eine – vom jeweiligen Zeitgeist abhängige – nationale 23 Auch der französischen Entwurf des Art. 1328 et suiv. durch das Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription hat am actionenrechtlichen Aufbau festgehalten. Und dennoch betont die Entwurfsbegründung: „L’utilité de la gestion est une condition de ces obligations qui est marquée à leur propos, ce qui suffit“ (Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, Paris, 2006, p. 153). Allerdings glaubt Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (971 f.) eine Rückkehr des Avant-projet zum klassischen actionenrechtlichen Aufbau zu erkennen. 24 Art. 422 Abs. 1 OR: „Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet,…“; Art. 2031 Abs. 1 CC (Italien): „Qualora la gestione sia stata utilmente iniziata …“; Art. 1375 CC (Frankreich): „La Maître dont l’affaire a été bien administrée …“. 25 Schweiz: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 163 ff.; 616 ff.; Frankreich: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, supra n°1026, 1030 (wobei aber zugleich angemerkt wird, dass l’utilité die Grundlage der Obligation des Geschäftsherrn zum Aufwendungsersatz ist; siehe auch: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, aaO, n° 1033). Vgl. auch Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125 (133 ff.). 26 Für Deutschland: Isele, Geschäftsbesorgung, 1935, S. 171; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1260; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 a, S 5; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 4; Staudinger/ Nipperdey11 Vorbem 13 ff. vor §§ 677 ff.; dazu: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (365 f.).

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

(bzw. europäische) „Geschmacksfrage“, ob mehr der Solidaritätsgedanke oder mehr das Individualitätsprinzip bedient werde soll. Zudem werden die Antipoden dadurch aufgeweicht, dass auch beim objektiven Ansatz nach dem wahren Willen des Geschäftsherrn zu forschen ist (Art. V. – 1:101 (2) DCFR)27, wie umgekehrt auch beim streng subjektiven Prinzip das objektive Interesse des Geschäftsherrn maßgebend ist, wenn es letzterem nicht gelingt, seinen abweichenden (präsumtiven) Willen zum Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung darzulegen und zu beweisen.

IV. Insbesondere: Die Systematik der §§ 677 bis 686 BGB Der subordinationsrechtlichen Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag als dem gesetzlichen Schuldverhältnis der auftraglosen Interessenwahrnehmung für einen anderen entspricht allein das actionenrechtliche Modell des römischen Rechts. Die Regelung der §§ 677 bis § 686 BGB folgen aufgrund der Weichenstellung der Ersten Kommission gesetzestechnisch diesem System. Allerdings ist die originäre Systematik der §§ 677 ff. BGB mittlerweile in den Hintergrund getreten. Die hL in Deutschland versucht contra legem in Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips des § 683 S. 1 BGB die §§ 677 ff. BGB in das nicht passende Korsett der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung zu pressen 28. Dem treten die folgenden Ausführungen entgegen. In einem ersten Schritt (1) plädieren sie für eine Rückbesinnung auf den actionenrechtlichen Aufbau der §§ 677 ff. BGB, um sich anschließend (2) mit den gegenläufigen Argumenten der hL in Deutschland auseinander zu setzen.

1. Der actionenrechtliche Systematik der §§ 677 bis 686 BGB Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag ist in den §§ 677 bis 686 BGB geregelt. Der Entstehungstatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist abschließend in der Spitzenvorschrift des § 677 BGB festgelegt 29. Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht allein aufgrund der fremdnützigen Geschäftsbesorgung für einen anderen; darauf, ob die Übernahme der Geschäftsführung im konkreten Interesse des Geschäftsherrn liegt (§ 683 S. 1 BGB), kommt es nicht an. Eine Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag ist dem BGB unbekannt. Die §§ 677 bis 686 BGB folgen dem römischrechtlich orientierten 27

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. E 39 seqq. So etwa jüngst: Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 152 ff. 29 So ausdrücklich: Motive, bei Mugdan II, S. 477. 28

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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actionenrechtlichen Aufbau30. Die §§ 677 bis 682 BGB regeln die Herausgabeund Schadensersatzansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer (actio negotiorum gestorum directa), die §§ 683 bis 685 BGB regeln den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn (actio negotiorum gestorum contraria)31. Nur und ausschließlich für den bereicherungsund erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers aus § 683 S. 1 BGB im Rahmen der actio contraria ist es erforderlich, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem konkreten Interesse des Geschäftsherrn entspricht, also eine sog. nützliche Geschäftsführung (utiliter gestum) vorliegt32; umgekehrt kann die mangelnde Nützlichkeit den Geschäftsführer nicht von der bei jeder fremdnützigen Geschäftsführung zu beachtenden Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung (§ 677 BGB) und den zahlreichen geschäftsführungsrechtlichen Nebenpflichten (Rechnungslegung, Herausgabe, Gehorsamspflicht) entbinden33. Die für die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag typische Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips wurde vom deutschen Gesetzgeber ausdrücklich verworfen. Die Erste Kommission hat ausdrücklich hervorgehoben, dass die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn auf Herausgabe und Schadensersatz (actio directa) einerseits und der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gem. § 683 BGB (actio contraria) andererseits unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen unterliegen34: der deutsche Gesetzgeber sah den Grundtatbestand des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag als abschließend in § 677 formuliert an35; die Nützlichkeit der fremdnützigen Geschäftsführung sollte nur zusätzliche Voraussetzung des in § 683 S. 1 BGB geregelten erfolgs- und bereicherungsunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs des Geschäftsführers sein. Den Vertretern der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ist entgegenzuhalten: die Besinnung auf den actionenrechtlichen Aufbau des Gesetzes ist keinesfalls ein rechtsdogmatischer

30 So heute wieder: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 45 f.; Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125 (126 ff.); Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 2 Rn. 12 f.; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 7 ff.; Soergel/ Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 3; dies müssen sogar Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 = S. 5 f. einräumen. 31 Motive, bei Mugdan II, S. 477; vgl. Inst 3, 27, 1 (de obligationibus quasi ex contractu). 32 Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 b = S. 638; Oertmann2 (1929) Vorbem. 3 d vor §§ 677 ff.; Planck/Lobe4 (1928) Anm. IV vor § 677; vgl auch: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 21 ff. 33 Vgl. Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 5. 34 Motive, bei: Mugdan II, S. 481; schon v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 929, 936, 942, 943 hatte im Vorentwurf die gegenteilige Auffassungen – beide Ansprüche folgten den gleichen Voraussetzungen – verworfen. 35 Motive, Mugdan II, S. 477.

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Rückschritt36. Alleine die (Rück-)Besinnung auf den actionenrechtlichen Aufbau vermag dem besonderen subordinationsrechtlichen Charakter der fremdnützigen Interessenwahrnehmung gerecht zu werden. Das deutsche Recht der §§ 677 ff. BGB wird dem mit seiner bewussten Orientierung am römischen Vorbild in besonderem Maße gerecht. Im Folgenden soll der actionenrechtliche Aufbau der deutschen Regeln kurz vorgestellt werden. Dies geschieht, um zu zeigen, wie „rund“ die gesetzliche Regelung läuft, wenn sie entsprechend dem Willen des historischen Gesetzgebers gelesen wird. Von dem oft beklagten unzulänglichen Aufbau der §§ 677 ff. BGB ist keine Spur.

a. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn (actio directa) Entsprechend dem actionenrechtlichen Schema orientiert sich der gesetzestechnische Aufbau der §§ 677 ff. BGB nach den gegenseitigen Ansprüchen 37. Die §§ 677– 682 BGB regeln die Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer, die sog. actio directa38. Der Grundtatbestand des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag ist abschließend in § 677 BGB formuliert. Er setzt lediglich voraus, dass der Geschäftsführer für einen anderen, d.h. in Geschäftsführungsabsicht, ein Geschäft besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein. Ist diese Voraussetzung erfüllt, so entsteht das gesetzliche Schuldverhältnis. Die §§ 677 bis 682 kommen zur Anwendung. Weitere Entstehungsvoraussetzungen kennt das Gesetz nicht. Insbesondere spielt es keine Rolle, ob die fremdnützige Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem Willen des Geschäftsführers entspricht. Die Spitzenvorschrift des § 677 BGB regelt die gesetzliche Hauptpflicht des Gestors zur ordentlichen Geschäftsführung. Der Geschäftsführer ist auch dann zur ordentlichen Geschäftsführung verpflichtet, wenn die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Willen des Geschäftsherrn entsprach. § 681 regelt ergänzend bestimmte Neben- und Abwicklungspflichten, hierunter insbesondere die Pflicht, alles aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben. Verletzt der Geschäftsführer die ihn nach §§ 677, 681 BGB treffende Pflicht, kann er gem. § 280 BGB auf Schadensersatz haften (sog. Ausführungsverschulden). § 678 BGB stellt überdies klar, dass der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens verpflichtet ist, wenn bereits die Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum 36

So aber Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 a = S. 5. Vgl. Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125 (126 ff.). 38 Motive, Mugdan II, S. 477. 37

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Willen des Geschäftsherrn stand und der Geschäftsführer dies erkennen musste (sog. Übernahmeverschulden), auch wenn ihm ein weiteres Verschulden bei Ausführung der Geschäftsführung nicht zur Last fällt. Der Verschuldensmaßstab bestimmt sich im Grundsatz nach § 276 BGB. § 680 BGB enthält für Geschäftsführungen zur Gefahrenabwehr eine Herabsetzung der Diligenzpflicht auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. § 682 BGB beinhaltet eine Haftungsbegrenzung bei fehlender Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers. § 686 BGB schließlich, der sowohl für die actio directa wie die actio contraria gilt, stellt klar, dass bei einem Irrtum des Geschäftsführers über die Person des Geschäftsherrn der wirkliche Geschäftsherr berechtigt wird. Obwohl vom Gesetzgeber im Rahmen der §§ 677 bis 682 BGB geregelt, gehören die §§ 683 S. 2, 679 BGB hier nicht hin. Diese Vorschriften sind lediglich der gesetzestechnische Anknüpfungspunkt des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB mitgeregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs (§§ 683 S. 2, 679 BGB).

b. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsführers (actio contraria) Die §§ 683– 685 BGB regeln den Anspruch des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn auf Aufwendungsersatz, die sog. actio contraria39. Grundvoraussetzung des geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs ist zunächst, dass der in § 677 BGB formulierte Grundtatbestand der Geschäftsführung vorliegt. Als zusätzliches Tatbestandsmerkmal verlangt der bereicherungs- und erfolgsunabhängige Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gem. § 683 S. 1 BGB, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat; die Geschäftsführung muss utiliter gestum sein (nützliche Geschäftsführung). Die Voraussetzungen der actio directa und der actio contraria sind nicht identisch40. Die Nützlichkeit der Geschäftsführung ist ausschließliche Voraussetzung des Aufwendungsersatzanspruchs des Gestors. Die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche des Geschäftsherrn und die korrespondierenden Pflichten des Geschäftsführers entstehen unabhängig von der Frage, ob die Geschäftsführung utiliter gestum ist. § 683 BGB regelt den bereicherungs- und erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers; d.h. der Gestor kann auch dann Aufwendungsersatz verlangen, wenn die Aufwendungen letztlich keinen Erfolg gehabt haben41. Dieser Anspruch steht dem Geschäftsführer gem. § 683 S 1 39

Motive, Mugdan II, S. 477. Motive, bei: Mugdan II, S. 481. 41 Als Beispiel sei auf den in Fragment Ulpian, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) wiedergegebenen Fall hingewiesen, dass der Geschäftsführer ein Mietshaus abstützt oder einen kranken Sklaven pflegt, das Mietshaus aber später abbrennt oder der Sklave verstirbt. 40

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

BGB zu, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat. Liegen die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB nicht vor, so steht dem Gestor der in § 683 BGB bestimmte Anspruch nur zu, wenn der Geschäftsherr die Übernahme der Geschäftsführung genehmigt (§ 684 S. 2 BGB). Liegt auch keine Genehmigung vor, so steht dem Geschäftsführer nur ein auf die tatsächlich erlangten Vorteile des Geschäftsherrn begrenzter Aufwendungsersatzanspruch gem. § 684 S. 1 BGB zu. Gem. § 685 BGB ist der geschäftsführungsrechtliche Aufwendungsersatzanspruch ausgeschlossen, wenn der Geschäftsführer in Schenkungsabsicht gehandelt hat. § 686 BGB schließlich stellt klar, dass bei einem Irrtum des Gestors über die Person des Geschäftsherrn der wahre Geschäftsherr verpflichtet wird. Obwohl vom Gesetzgeber im Rahmen der §§ 683 bis 685 BGB geregelt, gehört § 683 S. 2 iVm § 679 BGB nicht hierher. Hierbei handelt es sich lediglich um den gesetzestechnischen Anknüpfungspunkt des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs bei im öffentlichen Interesse liegender Erfüllung einer fremden Schuld.

2. Die tradierte Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag Die vorangestellte actionenrechtliche Systematik ist bestritten. Das heutige Verständnis der §§ 677 ff. BGB wird von der Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips des § 683 S. 1 BGB und der damit begründeten Unterscheidung zwischen der berechtigten und unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt (Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag)42. Da dies entgegen der Intention des Gesetzgebers und der Systematik des Gesetzes geschieht, wird die klare und eindeutige gesetzliche Regelung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag in den §§ 677 ff. BGB heute als unübersichtlich und unverständlich gescholten43. Doch zu Unrecht. Nicht die gesetzliche Regelung der §§ 677 bis 686 BGB ist misslungen. Trotz kleinerer Ungereimtheiten ist die Positivierung der gemeinrechtlichen negotiorum gestio einer der gelungenen Akte deutscher Gesetzgebungskunst. Verfehlt ist der Ansatz der Lehre von der be42

ZB Schlechtriem, Schuldrecht, Besonderer Teil6 , 2003, Rn. 691. ZB Isele, Geschäftsbesorgung, 1935, S. 171; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1260; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 a, S 5; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 4; Staudinger/Nipperdey11 Vorbem 13 ff. vor §§ 677 ff.; zu Recht aA: Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125 (127); MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 12; dazu: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (365 f.). 43

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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rechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, in die §§ 677 ff. BGB hineinzulesen, was dort nicht enthalten ist44.

a. Die Systematisierung des deutschen Geschäftsführungsrechts auf Grundlage der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag Die Verallgemeinerung des subjektiven Utilitätsprinzips des § 683 S. 1 BGB und die damit einhergehende Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag im modernen deutschen Recht geht zurück auf Nipperdey45. Im Kern folgt auch die deutsche Ausprägung der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag dem oben beschriebenen Schema (siehe § 6 II 1): eine berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag46 soll nur dann vorliegen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht bzw. der wirkliche Wille des Geschäftsherrn unbeachtlich ist (§§ 683 S. 2, 679 BGB) oder der Geschäftsherr die Geschäftsführung nachträglich gem. § 684 S. 1 BGB genehmigt47. An dieser Stelle verspürt man deutlich die bereits oben angedeutete Folge der Ausrichtung des bisherigen geschäftsführungsrechtlichen Denkens auf den bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts: erst die utilitas der Geschäftsführung schafft die notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht deliktischer Art mit Legitimationsfunktion48. Fehle es an diesen Voraussetzungen, liege also eine sog. unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag vor. Entsprechend den Grundsätzen der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag 44

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 46 f. Staudinger/Nipperdey11, Vorbem 13 ff. vor §§ 677 ff.; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437; vgl. dazu: Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125. 46 Teilweise wird die berechtigte Geschäftsführung auch als „eigentliche Geschäftsführung“ ohne Auftrag bezeichnet (BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 3). 47 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 4. 48 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 7 f.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 123 ff.; Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (42 f.); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (617); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 II = S. 698; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 b = S. 5; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III = S. 982; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1260; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 II a = S. 451; BGBRGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 1, 3 und § 684, Rn. 1; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 6 ff.; Staudinger/Nipperdey11 Vorbem 13 zu §§ 677; so auch noch: Staudinger/Wittmann (1995) Vorbem 1 zu §§ 677 ff.; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 43; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 12. 45

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

soll das gesetzliche Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag gar nicht entstehen; das Verhältnis der Beteiligten bestimme sich nicht mehr nach Geschäftsführungsrecht. In quasideliktischer Manier stellt man darauf ab, dass die in der unberufenen auftraglosen Geschäftsführung ggf. liegende Einwirkung auf den Rechtskreis eines anderen objektiv rechtswidrig sei, so dass sich die weiteren Rechtsbeziehungen der Parteien aus den allgemeinen Vorschriften für widerrechtliches Handeln ergäben (§§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB)49. Dabei bereitet es der hL allerdings argumentative Schwierigkeiten, dass das deutsche Geschäftsführungsrecht in den §§ 678 und 684 S. 1 BGB geschäftsführungsrechtliche Vorschriften bereit hält, die ausschließlich den Fall der unnützen (also unberechtigten) Geschäftsführung abdecken. Für die hL sind diese Vorschriften systemwidrig im Bereich der §§ 677 ff. BGB geregelt50. Überhaupt spielt – wie bereits mehrfach angedeutet – die Behauptung der vermeintlichen Systemwidrigkeit der gesetzlichen Regelung der §§ 677 ff. BGB eine besondere Rolle in der Argumentation der deutschen Fassung der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn die vorgenommene Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips hat zur Folge, dass sich der Entstehungstatbestand des gesetzlichen Schuldverhältnisses der berechtigten Geschäftsführung abweichend von der gesetzlichen Konzeption der echten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht mehr auf den in § 677 BGB geregelten Grundbegriff der Führung eines Geschäfts „für einen anderen“ zurückführen lässt, sondern als zusätzliches Erfordernis die Nützlichkeit der Geschäftsführung (§ 683 S. 1 BGB) verlangt. Für die hL ist damit der gesetzliche Aufbau der §§ 677 ff. BGB misslungen51: das Gesetz hätte zwar mit den Sorgfaltspflichten des berechtigten Geschäftsführers ohne Auftrag beginnen können, dabei aber die Entstehungsvoraussetzungen für das besondere gesetzliche Schuldverhältnis sogleich vollständig angeben müssen. Wohl in dem Bewusstsein der fehlenden Verankerung im positiven deutschen Recht versucht man die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag weiter abzusichern. Im Wesentlichen stützt man sich auf zwei Gesichtspunkte52. Materiell macht man geltend, dass die Pflicht des § 677 BGB zur ordentlichen Geschäftsführung bei der unberechtigten Geschäftsführung ohne

49

Vgl. §§ 812 ff., 823 ff. BGB; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 2 spricht von einer Abwehrfunktion der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag; vgl. zu den Rechtsfolgen der unberechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag aus der Sicht der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag: BGBRGRK/Steffen12 (1978) § 684, Rn. 2 ff. 50 Vgl. dazu auch: Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 344 (345 f.) 51 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 3 spricht von einer systemwidrigen Systematik. 52 Vgl. nur: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (43); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 437.

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Auftrag nicht passe: der Gestor habe das Geschäft nicht so zu führen, wie es das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen präsumtiven Willen erfordere; vielmehr habe er die dem Geschäftsherrn unerwünschte Geschäftsführung ganz zu unterlassen53. Auf gesetzessystematischer Ebene wird hervorgehoben, dass die Genehmigungsmöglichkeit des § 684 S. 2 BGB überflüssig wäre, wenn der Geschäftsherr das vom Geschäftsführer Erlangte auch ohne Genehmigung gem. §§ 681 S. 2, 667 BGB an sich ziehen könne54. Zutreffend sind beide Erwägungen nicht. Sicherlich verdichtet sich bei der inutilen Geschäftsführung die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung dahin, die Geschäftsführung einzustellen. Doch folgt diese Pflicht nicht entgegen § 677 BGB, sondern gerade auch aus § 677 BGB. Und auch aus dem behaupteten Zusammenhang der §§ 681 S. 2, 667 BGB mit § 684 S. 2 BGB folgt nicht per se ein anderes. Es wird weiter unten noch eingehend zu zeigen sein, dass nicht in jeder Geltendmachung des Herausgabeanspruchs eine Genehmigung der Geschäftsführung liegt (siehe § 12 II, § 14 IV 2 a).

b. Unvereinbarkeit mit der gesetzlichen Regelung Bereits oben wurde die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag aus allgemeinen Gründen verworfen. Dies lässt sich für das deutsche Recht weiter konkretisieren. Die Ergebnisse, zu denen die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung gelangt, sind mit der gesetzlichen Regelung der §§ 677 ff. BGB nicht vereinbar und teilweise auch wenig gereimt. Die Grundannahme, dass die für den Geschäftsführer spezifischen Pflichten des § 677 BGB zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung und des § 681 (iVm §§ 666, 667 BGB) zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten und Auskunftserteilung (actio directa) im Falle der unberechtigten Geschäftsführung nicht zur Anwendung gelangen können, steht im deutlichen Widerspruch zur klaren gesetzlichen Systematik der §§ 677 ff. BGB und der dahinter stehenden Absicht des Gesetzgebers. Es wurde im Gesetzgebungsverfahren bewusst davon abgesehen, die Ansprüche des Geschäftsherrn (§§ 677 bis 682 BGB) an dieselben Voraussetzungen zu binden wie die des Geschäftsführers55. Dies mit gutem Grund. Die Pflicht zur ordentlichen 53 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 123 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 b = S. 5 f. 54 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10 , 2006, Rn. 1260; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 2 b = S. 5 f.; dem hält Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 4 Fn. 4 entgegen, das sich das Recht der Geschäftsführung ohne nicht vom Sonderfall des § 684 S. 2 BGB aus systematisieren lasse. Lent, Die Gesetzeskonkurrenz im bürgerlichen Recht und im Zivilprozeß I, 1912, S. 307 f. und ders, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 7 f. folgert die Unanwendbarkeit des § 681 S. 2 daraus, dass es unsinnig sei, wenn erst der Geschäftsführer nach §§ 681, 667 dem Geschäftsherrn das Erlangte und dann der Geschäftsherr dem Geschäftsführer dasselbe nach § 684 S. 1 herausgeben müsse; dagegen: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 46. 55 Motive, bei: Mugdan II, S. 481. Schon der Vorentwurf v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.),

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1. Teil: Die Theorie der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Geschäftsführung und zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten folgt allein aus dem Tätigwerden im fremden Interesse, unabhängig von der Frage, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und Willen des Geschäftsherrn entsprach. Die zusätzliche Voraussetzung des § 683 S. 1 BGB hat nur Bedeutung für den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers56. Es leuchtet auch wenig ein, den „berechtigten“ Geschäftsführer strenger zu behandeln als den unberechtigten, als diesen die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung nicht trifft. Bei einigen Vertretern der Lehre der berechtigten Geschäftsführung57 versucht man sich pragmatisch aus der selbstgelegten Schlinge zu befreien: man wendet auch auf den unberechtigten Geschäftsführer die §§ 677 und 681 BGB entsprechend an und gewährt dem Geschäftsherrn, dem man im ersten Schritt den Auskunfts- und Rechenschaftsanspruch nach §§ 681 S 2, 666 BGB versagt hat, in einem zweiten Schritt einen allgemeinen Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben58. Auch ansonsten kann man durch Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze die Versagung geschäftsführungsrechtlicher Ansprüche teilweise ausgleichen; allerdings bleiben diese Ersatzansprüche hinter den geschäftsführungsrechtlichen Ansprüchen, was inhaltliche Qualität und prozessuale Durchsetzbarkeit (Darlegungs- und Beweislast) angeht, zurück 59. Seinen Herausgabeanspruch wird der Geschäftsherr im Regelfall auf Eingriffskondiktion gem. § 812 BGB stützen können (zwar erfasst § 812 nicht den gezogenen Gewinn; doch verlangt der Geschäftsherr den Gewinn aus der Geschäftsführung, so liegt darin eine Genehmigung gem. § 684 S. 2 BGB). Im Falle schlechter Geschäftsführung (Ausführungsverschulden) wird ihm regelmäßig ein Schadensersatzanspruch gem. § 678 BGB wegen Übernahmeverschulden (wobei allerdings § 678 BGB nach hM eine systemwidrige Vorschrift im Rahmen der §§ 677 ff. BGB ist) – flankiert von der allgemeinen deliktischen Haftung gem. § 823 Abs. 1 BGB des unberechtigten Geschäftsführers – zustehen. Doch liegt hierin kein gleichwertiges Äquivalent. Denn nach der Fassung des § 678 BGB trägt der Geschäftsherr wie bei § 823 BGB die Beweislast für das Verschulden des Geschäftsführers; anders wäre dies bei Anwendbarkeit der geschäftsführungsrechtlichen Regeln gem. § 677 iVm § 280 Abs. 1 BGB60. Gar nicht mehr helfen kann man Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 929, 936, 942, 943 hat die gegenteilige Auffassungen – beide Ansprüche folgen den gleichen Voraussetzungen – verworfen. 56 Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 b, S 638; Oertmann2 (1929) Vorbem vor §§ 677 ff, Anm. 3 d; Planck/Lobe4 (1928) Vor § 677 Anm. IV; vgl. auch: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 21 ff. 57 ZB Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 3; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 5 v § 677; vgl. Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 5 Rn. 5. 58 ZB: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 7. 59 Vgl. hierzu: Beuthien, Die unberechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag im bürgerlichrechtlichen Anspruchssystem, FS-Söllner, 2000, S. 125 f. 60 Dagegen vertritt diese Arbeit die Auffassung, dass auch im Falle des § 678 BGB den Geschäftsführer die Last trifft, sich zu exkulpieren, wenn der Geschäftsherr bewiesen hat, dass

§ 6. Die Systematik der Geschäftsführung ohne Auftrag

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dem Geschäftsherrn durch Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften für den Fall, dass der Geschäftsführer nicht erkennen konnte, dass die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht (kein § 678 BGB), er aber schuldhaft durch die schlechte Geschäftsführung einen primären Vermögensschaden (kein § 823 Abs. 1 BGB) des Geschäftsherrn verursacht. Der Gerechtigkeitsgehalt dieser Lösung erscheint mehr als zweifelhaft, steht doch der unberechtigte Geschäftsführer bei unwillkommener Einmischung in fremde Angelegenheiten auf einmal besser da als der berechtigte Geschäftsführer. Überwinden lässt sich dieser Widerspruch, wenn man sich auf die gesetzliche Ordnung der §§ 677 ff. BGB zurückbesinnt. Die mangelnde Nützlichkeit der Geschäftsführung kann den Geschäftsführer nicht von der bei jeder Geschäftsführung zu beachtenden Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung befreien; der Geschäftsführer haftet unmittelbar gem. §§ 677, 280 BGB61. – Insgesamt ist daher als Ergebnis festzuhalten, dass die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung im deutschen Recht keinen Platz hat. Es ist am actionenrechtlichen Aufbau der §§ 677 ff. BGB festzuhalten.

die Übernahme der Geschäftsführung seinem Willen widerspricht; dies lässt sich mit Blick auf § 280 Abs. 1 BGB allerdings nur vertreten, wenn man auch im Falle unberechtigter Geschäftsführung das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag als begründet annimmt; dagegen muss die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag § 678 BGB deliktisch deuten. 61 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 5.

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2. Teil

Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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1. Abschnitt

Der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag § 7. Geschäftsbesorgung I. Der Begriff des Geschäfts Das gesetzliche Schuldverhältnis der negotiorum gestio kommt nicht durch einen im Vorfeld der Geschäftsführung liegenden Konsens der Parteien, sondern durch den Akt der Geschäftsführung selbst zustande. Der gesetzliche Entstehungstatbestand setzt mithin voraus, dass der Gestor überhaupt ein relevantes „Geschäft“ besorgt. Der Bereich tatbestandlich relevanter Geschäfte wurde bereits in den römischen Quellen in einem sehr weiten Sinne verstanden1; selbst gerichtliche Handlungen konnte unter den Begriff der negotia gefasst werden 2. „Geschäft“ konnte mithin grundsätzlich jede Tätigkeit sein, gleichgültig ob sie rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Art ist. Diese Grundsätze wurden in der Folge allgemein rezipiert, wenn man auch in einzelnen Rechtsordnungen an der einen oder anderen Stelle – insbesondere im Bereich der gerichtlichen Handlungen – etwas restriktiver vorging3. Im Anwendungsbereich des BGB besteht das weitestmögliche Verständnis des Bereichs gestionsrechtlich relevanter Geschäfte überhaupt. Der Begriff der Geschäftsbesorgung soll alle Handlungen rechtlicher oder tatsächlicher Art, wirtschaftlicher oder nichtwirtschaftlicher Art umfassen. Auch soll es unerheblich sein, ob der Geschäftsführer Vermögensangelegenheiten oder persönliche Interessen des Geschäftsherrn wahrnimmt4. Der 1 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 10 ff.; MayerMaly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (425 f.). 2 Vgl. Ulpian, Dig. 3, 5, 1 (de negotiis gestis); Papinian, Dig. 3, 5, 30, 7 (de negotiis gestis). 3 IV 13 § 2 des Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (CMBC) schloss gerichtliche Handlungen überhaupt aus dem Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag aus („Wer ein außergerichtliches fremdes Geschäft …“). Für Frankreich fassen Malaurie/Aynès/StoffelMunck, Les Obligations2, 2005, n°1030 zusammen: „La jurisprudence n’admet pas que la gestion d’affaires s’applique à l’action en justice si le défendeur ne l’accepte pas“. Dagegen geht die Study Group davon aus, dass sich gerichtliche Handlungen grundsätzlich unter den Begriff der Benevolent Intervention fassen lassen (PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 16 (p. 106 seq.). 4 BGHZ 38, 270 (275), Urt. v. 27.11.1962 – VI ZR 217/61; BGH, LM BGB § 677 Nr. 2, Urt. v. 24.10.1951 – II ZR 48/50. Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 18; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 1 b = S. 7; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 438; Oertmann2 (1929) Vorbem 2 vor §§ 677 ff.; Palandt/Sprau 68

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Geschäftsführungsbegriff des § 677 BGB stimmt daher letztlich mit dem des Auftrags (§ 662 BGB) überein und unterscheidet sich von demjenigen des Geschäftsbesorgungsvertrages nach § 675 BGB, für den eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art verlangt wird5. Plakativ formuliert: für die §§ 677 ff. BGB gilt die Einheitstheorie. Auch wenn dem Verständnis der hM im Ergebnis zuzustimmen ist6, so bedarf die hM in zwei Richtungen der Überprüfung: fallen auch tatsächliche Handlungen in den Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag (II) und lassen sich auch nichtvermögensbezogene Handlungen (III) unter den Begriff des Geschäfts subsumieren.

II. Handlungen tatsächlicher Art In der Tat: die Geschäftsführungsregeln der §§ 677 ff. BGB können auch auf Handlungen rein tatsächlicher Art anwendbar sein. Dies versteht sich für die subordinationsrechtliche Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag von selbst, da eine Interessenwahrnehmung für einen anderen nicht unbedingt in der Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder einer geschäftsähnlichen Handlung bestehen muss. Man denke nur an den Fall der Verwendungen auf fremde Sache. Dass dies die Position des deutschen Rechts ist, folgt bereits aus dem Haftungsprivileg des § 680 BGB, der weitgehend auf Handlungen tatsächlicher Art zugeschnitten ist. Man steht dabei in langer Tradition. Auch wenn in den römischen Quellen zur negotiorum gestio rechtlicher Verrichtungen quantitativ überwiegen, so werden doch auch rein tatsächliche Tätigkeiten genannt. Genannt sei nur die Pflege eines kranken Sklaven (als Geschäftsführung für den dominus) oder die Reparatur eines Hauses7. Sicherlich gibt es in anderen Rechtsordnungen oder im DCFR Vorschriften, die ersichtlich nur Sinn geben, wenn die Geschäftsführung in der Vornahme rechtlicher Handlung besteht; als Beispiel lassen sich etwa Art. 1375 CC oder Art. V. – 3:106 DCFR nennen: Art. 1375 CC. Le maître dont l’affaire a été bien administrée doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom, l’indemniser de tous les engagements personnels qu’il a pris, et lui rembourser toutes les dépenses utiles ou nécessaires qu’il a faites.

(2009) § 677 Rn. 2; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 231 f. will die Förderung ideeller Interessen ausnehmen. 5 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 19. 6 Insbesondere ist es auch gleichgültig, ob es sich um eine einzelne Angelegenheit oder um eine Reihe von Tätigkeiten über einen gewissen Zeitraum handelt (Mugdan II, S. 478 (Motive), 1193 (Protokolle); Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 25; Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 299 I = S. 430; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 a). 7 Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis).

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V. – 3:106: Authority of intervener to act as representative of the principal. (1) The intervener may conclude legal transactions or perform other juridical acts as a representative of the principal in so far as this may reasonably be expected to benefit the principal. (2) However, a unilateral juridical act by the intervener as a representative of the principal has no effect if the person to whom it is addressed rejects the act without undue delay.

Aber diesen Vorschriften soll ersichtlich keine Ausschlusswirkung zukommen8. So ist im französischen Recht anerkannt, dass der acte de gestion sowohl in actes juridiques oder auch in actes matériels bestehen kann9. Und im Book V des DCFR finden sich ebenfalls Vorschriften, die den Fall der rein tatsächlichen Geschäftsführung geradezu voraussetzen10: V. – 3:103: Right to reparation. An intervener who acts to protect the principal, or the principal’s property or interests, against danger has a right against the principal for reparation for loss caused as a result of personal injury or property damage suffered in acting, if: (a) the intervention created or significantly increased the risk of such injury or damage; and (b) that risk, so far as foreseeable, was in reasonable proportion to the risk to the principal.

III. Nichtvermögensbezogene Handlungen Letztlich lässt sich die allgemein anerkannte Anwendbarkeit der Geschäftsführungsregeln auf Handlungen tatsächlicher Art aus der Erwägung heraus begründen, dass die Interessenwahrnehmung für einen anderen nicht per se in rechtsgeschäftlicher Form zu erfolgen braucht11, so muss daraus keineswegs der Gegenschluss gezogen werden, dass die §§ 677 ff. BGB auch dann zur (unmittelbaren) Anwendung kommen, wenn die (tatsächliche) Geschäftsführung nicht zugunsten des Vermögens, sondern zugunsten höchstpersönlicher Rechtsgüter des Geschäftsherrn erfolgt. Diese Einschränkung mag auf den ersten Blick erstaunen. Sie findet ihren Ursprung im römischen Recht. Der negotiorum gestio der iustinianischen Überlieferung ging es um Vermögenssorge; Hilfeleistungen zur Erhaltung von Leben und Gesundheit des Geschäftsherrn kennen die Quellen 8

Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 8 (p. 104). Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1030. 10 Vgl. eingehend zu den „activities coverd“: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 8 seqq. (p. 104 seqq.). 11 Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 65 f. 9

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

nicht12. Teilweise wollte man daher den Begriff der auftraglosen Geschäftsführung überhaupt auf vermögensrechtliche Einwirkungen beschränken. Nach einer anderen Auffassung sollten etwa bei ärztlichen Hilfeleistungen an einem Bewusstlosen und in ähnlichen Fällen ohne geschäftlichen Charakter die Geschäftsführungsregeln nur entsprechend anwendbar sein13. Heute wird die Auffassung, dass eine Tätigkeit an der Person eines anderen nicht als Besorgung eines Geschäfts angesehen werden könne, allgemein abgelehnt14. Angesichts der gesetzlichen Ausformung, die das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag in den §§ 677 ff. BGB gefunden hat, zu Recht. Aus § 680 BGB lässt sich ableiten, dass die Geschäftsführung nicht auf die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen beschränkt ist. Die Haftungserleichterung zugunsten des Geschäftsführers, der zur Abwehr einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr tätig wird, bezieht sich gerade auch auf Gefahrenlagen, in denen es um die Person des Geschäftsführers geht. Entsprechend hat der BGH keinen Zweifel daran gelassen, dass Hilfeleistungen im Falle einer Gefahr für Leben oder Gesundheit eines anderen hierher gehören15. Insoweit dürfte heute ein weitreichender Konsens bestehen. In den Comments der Study Group zu Art. 1:101 PEL Ben. Int., der die Grundlage des Art. V – 1:101 DCFR bildet, heißt es: „Furthermore, it is unmistakeable that the concept of benevolent intervention in another’s affairs …is in no way limited just to acts for the protection of another’s patrimonial interests. Instead it includes within its compass acts for the protection of another’s person and hence such as bandaging the wounded, bringing the injured to hospital and saving someone from an ill-boding predicament…“16.

IV. Dulden oder Unterlassen Ein auf theoretischer Ebene schwieriges Problem ist die Frage, ob ein relevantes Geschäft auch in einem Dulden oder Unterlassen liegen kann. Nach nahezu einhelliger Ansicht setzt das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag voraus, dass der Geschäftsführer in irgendeiner Weise aktiv geworden ist. Ein bloßes Dulden oder Unterlassen soll nicht genügen17. Anderer Auffassung ist, soweit ersichtlich, nur Schmid (für das Schwei12

Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 6, 20 f. Siehe dazu: Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 254 1 = S. 629 f.; Oertmann2 (1929) Vorbem 2 vor §§ 677 ff. 14 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 19, 65 f.; Staudinger/Nipperdey11 § 677 Rn. 4; anders aber zB Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 43 ff. 15 BGHZ 38, 270 (275), Urt. v. 27.11.1962 – VI ZR 217/61. 16 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 9 (p. 104). 17 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 54; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, 165 III 1 = S. 698; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 2. 13

§ 7. Geschäftsbesorgung

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zer Recht) und neuerdings Schmidt18; auch die Study Group will ein Unterlassen nicht per se aus dem Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen: „It is theoretically conceivable that a benevolent intervention might even consist in an omission“19. Die Frage ist mangels Anschauungsmaterial aus der Rechtspraxis oder überhaupt einer weiteren Konkretisierung der abstrakten Rechtsfrage in den einschlägigen Abhandlungen kaum definitiv zu entscheiden. Die Illustrations der Study Group helfen nicht weiter: sie behandeln allesamt wohlverstandene Abweichungen des Mandatars, die man richtigerweise allesamt über Vertragsrecht zu lösen hat (vgl. § 665 BGB). Für die hM spricht immerhin die schon den Römern bekannte geschäftsführungsrechtliche Besonderheit, dass die rechtliche Relevanz der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht – wie beim Auftrag – durch einen im Vorfeld liegenden Konsens der Parteien, sondern überhaupt erst durch ihre tatsächliche Ausführung begründet wird 20. Zudem kann man auf die weitgehende Parallele zum Auftragsrecht verweisen, wo als Gegenstand der Geschäftsbesorgung von der hM ebenfalls nur aktives Verhalten in Betracht gezogen wird21. Begründet wird dies dort unter Hinweis darauf, dass die Rechtsfolgen der §§ 662 ff. BGB auf reines Unterlassen nicht passten; im Einzelfall behilft man sich damit, jede auch noch so geringe Aktivität ausreichen zu lassen. Insgesamt darf die geschäftsführungsrechtliche Bedeutung dieser Frage nicht überschätzt werden. Selbst wenn man im Ansatz gewillt ist, aufgrund der Umstände des Einzelfalles ein Dulden oder Unterlassen wegen seines sozialen Sinngehalt einer aktiv ausgeführten Geschäftsführung gleichzustellen; so sind damit noch keinesfalls die Würfel gefallen, ob auch der restliche Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag (insbesondere Geschäftsführungsabsicht) letztlich erfüllt ist. Schmidt nennt als Beispiel für ein relevantes Unterlassen den bewussten Verzicht auf die Durchsetzung eines dem Gestor zustehenden Rechts zum Vorteile eines anderen22. Der Fall ist um die Klarstellung zu ergänzen, dass es sich bei dem „Verzicht“ um keinen rechtsgeschäftlichen Erlass iSd § 397 BGB handeln darf. Hierfür bedarf es eines Vertrages, also einer (zumindest stillschweigenden) Willenserklärung und damit letztlich einer positiven Handlung23. Schmidt kann es nur um Fälle des tatsächlichen Absehens von der weite18 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 173; Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 26. 19 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 11 (p. 104). 20 Vgl. schon Ulpian, Dig 17, 1, 6, 1 (mandati vel contra): „Si cui fuerit mandatum, ut negotia administraret, hac actione erit conveniendus nec recte negotiorum gestorum cum eo agetur: nec enim ideo est obligatus, quod negotia gessit, verum idcirco quod mandatum susceperit: denique tenetur et si non gessisset“. 21 RGZ 65, 17 (18), Urt. v. 13.12.1906 – VI 130/06; Isele, Geschäftsbesorgung, 1935, S. 120 f. 22 Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 26. 23 Die Frage der Verwirkung (§ 242 BGB) soll hier nicht behandelt werden.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ren Rechtsdurchsetzung gehen. Es ist schon nicht ganz einfach, hier das Unterlassen einem positiven Tun gleich zu erachten, da das Unterlassen der Rechtsdurchsetzung wegen ihrer jederzeitigen Wiederaufgreifbarkeit eben kein Erlass (§ 397 BGB) ist24. Aber selbst wenn man Schmidt die Gleichstellung zugesteht und von einer Geschäftsführung spricht, so ist damit noch keineswegs gesagt, ob auch eine Geschäftsführung „für einen anderen“ (Geschäftsführungsabsicht) vorliegt. Um beim Beispiel von Schmidt zu bleiben: im Verzicht auf die Durchsetzung eines Rechts wird ebenso wenig wie bei der mangelhaften Durchsetzung eines eigenen Rechts im Allgemeinen eine Geschäftsführung „für einen anderen“ liegen. Von einer Geschäftsführung für einen anderen sprechen wir, wenn sich die Handlung (Unterlassen) nach ihrem sozialen Sinn als Subordination unter die Interessen eines anderen, als die fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen darstellt. Von einer solchen Unterwerfung kann aber alleine bei der fehlenden Durchsetzung oder einer mangelhaften Durchsetzung wegen der jederzeitigen Wiederaufgreifbarkeit nicht gesprochen werden. Dies ändert sich im Zeitpunkt des vertraglichen Erlasses; aber der Erlass iSd § 397 BGB stellt eine positive Handlung dar. So wird man für Schmidts Beispiel abschließend konstatieren müssen, dass im Unterlassen der Durchsetzung eines eigenen Rechts jedenfalls keine Geschäftsführung für einen anderen liegt. Die tatsächlichen Vorteile der mangelhaften Geschäftsführung oder eines Verzichts auf die Durchsetzung kommen dem Schuldner nur als Reflex zugute; selbst ein noch so wohlmeinender Verzicht seitens des Gläubigers kann dieses Ergebnis ändern: Motive sind bei der Bestimmung der Geschäftsführungsabsicht unbeachtlich.

V. Geschäftsführung aus Gefälligkeit Wenig geklärt ist die Frage, ob es eine außerrechtliche – den Gefälligkeitsverhältnissen vergleichbare – „Gefälligkeitsgeschäftsführung“ gibt. Gemeint ist damit nicht der Fall des § 685 BGB (Art. v. – 3:104 (1)DCFR), in dem der Geschäftsführer lediglich ohne die Absicht handelt, vom Geschäftsherrn Ersatz seiner Aufwendungen zu verlangen; denn das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag als solches mit der in den §§ 677 bis 682 BGB umschriebenen Pflichtenstellung des Geschäftsführers (actio directa) entsteht auch hier. Bezeichnet werden soll der „einschneidende“ Fall, dass das gesetzliche Schuldverhältnis wegen des Gefälligkeitscharakters der Geschäftsführung, im Sinne einer Handlung außerhalb des Rechts, von vorneherein gar nicht 24 Zudem stellt sich die Frage, in welchem Zeitpunkt die „Übernahme“ erfolgt: aber insoweit wird man sich an den strafrechtlichen Theorien zum Versuchsbeginn beim (unechten) Unterlassungsdelikt orientieren dürfen.

§ 7. Geschäftsbesorgung

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erst begründet wird, die Geschäftsführung vielmehr im Bereich der „NichtRechtsverhältnisse“ bleibt 25. Die Frage scheint nicht ohne jede Relevanz: lässt sich nämlich im Einzelfall ein rechtsgeschäftliches Vertragsverhältnis zwischen den Parteien mangels Rechtsbindungswillen nicht begründen, so verbleibt– da es an einem vorrangigen Rechtsverhältnis fehlt – die Möglichkeit eines Rückgriffs auf die §§ 677 ff. BGB. Monographische Ausführungen fehlen fast vollständig; die kurzen Stellungnahmen in der Kommentarliteratur sind wenig einheitlich. Während einige – unter Hinweis darauf, dass die §§ 677 ff. BGB ein gesetzliches Schuldverhältnis statuierten, das eben nicht auf einer Willenserklärung beruhe – auch bei Gefälligkeiten den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag als erfüllt ansehen und den Gefälligkeitscharakter allenfalls im Rahmen des § 685 BGB berücksichtigen 26, verneinen andere den Tatbestand der Geschäftsführung, wenn es um Handlungen der Sitte und des gesellschaftlichen Lebens geht27. Ganz allgemein versucht Schmid, die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien der Abgrenzung von Rechtsgeschäft und Gefälligkeit auf das Geschäftsführungsrecht zu übertragen und die Grenzziehung zwischen Gefälligkeit und Geschäftsführung letztlich nach der Interessenlage vorzunehmen 28. Auf diese Weise erreicht er einen Gleichlauf zwischen Vertrags- und Gestionsrechts. Die Problematik der „Geschäftsführung aus Gefälligkeit“ ist vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Grundlagendiskussion um die Abgrenzung zwischen (rechtsgeschäftlichem) Schuldverhältnis und Gefälligkeitsverhältnis im Sinne eines Nicht-Schuldverhältnisses zu sehen29. Im Grundsatz bestehen zwei Herangehensweisen. Nach der objektiven Theorie erfolgt die Abgrenzung objektiv nach Art und Inhalt der entsprechenden Sozialverhältnisse: es gibt bestimmte Sozialverhältnisse, die von vorneherein nicht für die Regelung durch ein Rechtsverhältnis in Frage kommen. Dogmatischer Ansatzpunkt im Geschäftsführungsrecht wäre ein normatives Verständnis des Begriffs des „Geschäfts“ iSd § 677 BGB, in dem Sinne, dass er von vorneherein bestimmte Sozialbeziehungen (zB den gesellschaftlich-sittlichen Bereich) nicht erfasst30. Die heute herrschende subjektive Lehre zieht die Grenze zwischen Rechtsgeschäft und Gefälligkeit anhand des Vorliegens oder Nichtvorliegens eines Verpflichtungs- oder Rechtsbindungswillens (Willenserklärung). Die Übertragung auf das Geschäftsführungsrecht ist auf den ersten Blick kaum möglich, da es sich bei 25 Allgemein zum Gefälligkeitsverhältnis: Staudinger/Schmidt (1995) Einl 214 ff. zu §§ 241 ff. 26 Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 2 v § 677; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 8. 27 Planck/Lobe4 (1928) Anm. IV vor § 677 für Handlungen der Sitte und des gesellschaftlichen Lebens, da diese nicht vom Gesetz geregelt werden; Staudinger/Nipperdey11 Vorbem 22 zu §§ 677 ff.; § 662 Rn. 6 aE. 28 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1144 ff. 29 Dazu eingehend: Staudinger/Schmidt (1995) Einl 226 ff. zu §§ 241 ff. 30 So etwa: Planck/Lobe4 (1928) Anm. IV vor § 677.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

der Geschäftsführung ohne Auftrag – wie oben bereits dargestellt wurde – weder um ein Rechtsgeschäft noch eine Willenserklärung, sondern um einen Realakt handelt (siehe § 3 I). Nach heutigem Erkenntnisstand haben sich die Unterschiede zwischen objektiver und subjektiver Lehre weitgehend verflüchtigt, insbesondere da der Rechtsbindungswille kein empirisches, sondern ein normatives Merkmal ist31. Letztlich entscheidet ein normatives Verständnis über die Einordnung eines konkreten Lebenssachverhaltes. Möglicher geschäftsführungsrechtlicher Anknüpfungspunkt für eine Transformation der subjektiven Lehre wäre das Merkmal der Geschäftsführungsabsicht 32. Es ist letztlich eine Frage des individuellen Geschmacks des Rechtsanwenders, ob er die Wertungen, die über das Vorliegen des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag oder des Nichtschuldverhältnisses der Geschäftsführung aus Gefälligkeit bestimmen, im Rahmen eines normativen Verständnisses des Begriffs des „Geschäfts“ iSd § 677 BGB oder der Geschäftsführungsabsicht berücksichtigt. Für die hier vertretende Lehre, die ein normatives Verständnis der Geschäftsführungsabsicht hat, ist letzteres kein Problem. Anders ist dies für die hL, die – wie noch zu zeigen sein wird – ein ausgesprochen empirisch-naturalistisches Verständnis der Geschäftsführungsabsicht hat. – Die maßgebenden materiellen Kriterien, die über die Einordnung entscheiden, lassen sich weitgehend in Anlehnung an die Grundsatzentscheidung BGHZ 21, 102 zur Abgrenzung von Rechtsgeschäft und Gefälligkeit entnehmen33: die Art der Gefälligkeit, ihr Grund und Zweck, ihre wirtschaftliche und rechtliche Bedeutung für den Geschäftsherrn, die Umstände, unter denen sie erwiesen wird, und die dabei entstehende Interessenlage der Parteien. Gefälligkeiten des täglichen Lebens werden daher in der Regel ebenso wenig den Tatbestand der §§ 677 ff. BGB begründen können, wie Gefälligkeiten, die im rein Gesellschaftlichen wurzeln. Wenn ich einem Freund die Telefonnummer einer Bekannten gebe, die schon lange von ihm schwärmt, so werde ich weder die Kosten des aufgewandten Blattes Papier noch die verbrauchte Tinte verlangen können (actio contraria); andersherum besteht kein Anspruch gegen mich, wenn ich ihre Telefonnummer falsch aufschreibe (actio directa). Anders können die Verhältnisse liegen, wenn es um die Besetzung eines gut dotierten und wichtigen Postens in einem Unternehmen geht. Ist bei der Geschäftsführung aus Gefälligkeit der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag auch nicht erfüllt, so mag man im Einzelfall versucht sein, eine über die deliktische Haftung der §§ 823 ff. BGB hinausgehende Einstandspflicht des Geschäftsführers aus einer Anwendung der §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 31 Der Rechtsbindungswille wird normativ, ausgehend Empfängerhorizont aus bestimmt. 32 Vgl. insbesondere Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 144 ff.; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 2 v § 677. 33 BGHZ 21, 102 (106 f.), Urt. v. 22.6.1956 – I ZR 198/54; Staudinger/Schmidt (1995) Einl 230 ff. zu §§ 241 ff.

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Abs. 2 BGB iVm § 280 BGB heraus zu begründen. Allerdings wird es im Falle der Geschäftsführung aus Gefälligkeit häufig an dem von § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorausgesetzen „geschäftlichen Kontakt“ fehlen, soll doch mithilfe dieses Merkmals klargestellt werden, dass ein einfacher sozialer Kontakt für die Begründung des „rechtsgeschäftsähnlichen“ Schuldverhältnisses des § 311 Abs. 2 BGB nicht ausreicht34. Inwieweit in Ausnahmefällen aber „nichtgeschäftliche“ Näheverhältnisse bei einem gesteigerten sozialen Kontakt, den eine fremdnützige Interessenwahrung mit sich bringen kann, ebenfalls besondere Schutzpflichten begründen und damit eine entsprechende Anwendung des § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB rechtfertigen können, ist noch nicht abschließend geklärt 35, aber letztlich doch wohl nicht ausgeschlossen36. Sollte sich im Ausnahmefall einmal eine Haftung entsprechend §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2, 280 BGB begründen lassen, so darf daraus nicht geschlossen werden, dass damit über einen Umweg die Unterscheidung zwischen dem gesetzlichen Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag und dem Nicht-Schuldverhältnis der Geschäftsführung aus Gefälligkeit eingeebnet würde. Im Rahmen des § 241 Abs. 2 BGB treffen den Geschäftsführer nur Schutz- und Obhutspflichten hinsichtlich (bereits bestehender) Rechts- und Interessenpositionen des Geschäftsherrn; nicht dagegen ist der Geschäftsführer zur ordentlichen Geschäftsführung gem. § 677 BGB verpflichtet; auch wird er nicht von der Haftung des § 678 BGB bedroht.

VI. Verbotene und sittenwidrige Geschäfte; anfängliche Unmöglichkeit Für den Begriff der Geschäftsbesorgung ist die Bewertung als verboten (§ 134 BGB) oder sittenwidrig (§ 138 BGB) gleichgültig. Auch verbotene oder sittenwidrige Geschäfte können Gegenstand einer Geschäftsbesorgung sein37. Eine Position, die sich auch die Study Group im Rahmen der PEL Ben. Int. zu Eigen gemacht hat38. Allerdings reagiert das Recht der §§ 677 ff. BGB recht differenziert auf verbotene oder sittenwidrige Geschäftsbesorgungen. Zwar wird der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag und damit die actio directa des Geschäftsherrn (§§ 677– 682 BGB) ohne weiteres begründet, so dass er 34 Canaris, Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen, JZ 2001, 499 (520); Erman/ Kindl11 (2002) § 311 Rn. 19; Jauernig/Stadler 11 (2004) § 311 Rn. 45. 35 Hk-BGB/Schulze4 (2005) Vor §§ 241–853 Rn. 24, § 311 Rn. 17. 36 Vgl. etwa Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 27 6 = S. 120; Esser/Schmidt, Schuldrecht I/18, 1995, § 10 I 3 = S. 159. 37 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 9. 38 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. B 12 (p.105): „Acts of an intervener which are unlawful or contrary to public policy are not per se excluded by the Articles from their scope of application“.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

etwa den Geschäftsführer wegen schlechter Geschäftsführung oder (bei der Ausführung eines nichtigen Vertrages) auf die Rückzahlung noch nicht verbrauchter Geldmittel in Anspruch nehmen kann. Dagegen wird die actio contraria (§ 683 S. 1 BGB) wegen der fehlenden Utilität nur in ihrer beschränkten Variante des § 684 S. 1 BGB zum Zuge kommen: verbotswidrige Aufwendungen darf der Geschäftsherr grundsätzlich nicht für erforderlich halten (§§ 683 S. 1, 670 BGB). Aber auch hier sind Ausnahmen denkbar: so etwa, wenn der Geschäftsführer – vorbehaltlich der Anwendbarkeit deutschen Rechts (Artt. 39, 41 EGBGB) – einen Geldbetrag zur Bestechung von fremden Sicherheitsbehörden aufwendet, um den Geschäftsherrn aus ausländischer Haft zu befreien 39. Sicher steht es dem Tatbestand der Geschäftsführung auch nicht entgegen, dass die Geschäftsführung auf eine von Anfang an unmögliche Leistung gerichtet ist. Der Subordinationscharakter einer Handlung geht nicht verloren, auch wenn das Ziel nicht erreichbar ist. Dies folgt schon aus den römischen Quellen. Helfe ich einem kranken Sklaven, so wird das Rechtsverhältnis der negotiorum gestio zum dominus begründet, auch wenn es keine Rettung mehr gibt40. Dies lässt sich auf heutige Zeiten übertragen: leiste ich einem Passanten auf der Straße Hilfe, der einen Herzinfarkt erlitten hat, so werde ich als Geschäftsführer ohne Auftrag für ihn tätig, auch wenn ihm letztlich niemand mehr helfen kann41.

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Vgl. insoweit die Wertung des Art. 16 Abs. 2 S. 1 GG. Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis). Vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1996, 1337, Urt. v. 10.1.1995 – 22 U 198/93.

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§ 8. Die Subordination Auf der theoretischen Ebene wurde in Abweichung zur tradierten Lehre, die den Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts in den Mittelpunkt ihrer gestionsrechtlichen Überlegungen stellt, die Geschäftsführungsabsicht als tragendes Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag herausgestellt. Nur diesem Begriff gelingt die Loslösung der negotiorum gestio aus der ihrer Fixierung auf das fremde Geschäft begründeten bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Umarmung. Dabei wurde hier ein ausschließlich normativer Begriff der Geschäftsführungsabsicht entwickelt. Entscheidend ist, ob sich das Handeln des Geschäftsführers nach seinem sozialen Sinn als Subordination, d.h. als fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen darstellt. Im Folgenden ist zu prüfen, ob sich diese aus der Idee der negotiorum gestio folgende subordinationsrechtliche Lehre der Geschäftsführung ohne Auftrag auf das deutsche Recht der §§ 677 ff. BGB übertragen lässt. Das Ergebnis sei vorweggenommen: der deutsche Gesetzgeber hat bewusst auf den Begriff des fremden Geschäfts verzichtet: es heißt in § 677 BGB nicht „Wer das Geschäft eines anderen besorgt“, sondern „Wer ein Geschäft für einen anderen besorgt“. Damit ist der Weg zur subordinationsrechtlichen Theorie des deutschen Geschäftsführungsrechts der §§ 677 ff. BGB eröffnet. Im Folgenden sei das weitere Arbeitsprogramm vorgestellt. In einem ersten Schritt (1.) wird ein kurzer dogmengeschichtlicher Blick auf das Geschäftsführungsrecht und die Regelung des deutschen Gesetzgebers geworfen. Anschließend wird (2.) die Vereinbarkeit der deutschen Regelung der §§ 677 ff. BGB mit der subordinationsrechtlichen Theorie der Geschäftsführung ohne Auftrag gezeigt und (3.) in den europäischen Zusammenhang gestellt. Als „Beilage“ (4.) erfolgt eine subordinationsrechtlich motivierte Kritik an der herrschenden Lehre vom fremden Geschäft. Abgeschlossen wird die Überschrift (5.) mit einer Kritik der herrschenden Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen und einer Entfaltung der Theorie von der Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandselement.

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I. Die Entwicklung des Geschäftsführungsbegriffs Nach der Fassung des § 677 BGB muss der Geschäftsführer das Geschäft „für einen anderen“ führen. Dass BGB löst sich damit aus der Umklammerung des (bereicherungsrechtlichen) Begriffs des fremden Geschäfts und öffnet sich der subordinationsrechtlichen Lehre. Dabei verlief die Entwicklung keinesfalls geradlinig. Wenn man einen Blick auf die geschäftsführungsrechtliche Dogmengeschichte blickt, kam die Wende „auf den letzten Metern“.

1. Von der Glosse bis zum Beginn der historischen Schule Die Entwicklung des Geschäftsführungsbegriffs mit seiner bereits im römischen Recht begründeten Fixierung auf den Begriff des fremden Geschäfts seit der Glosse wurde bereits in den einleitenden Einführungen dargestellt. Darauf sei an dieser Stelle verwiesen. Als unselig hat sich dabei aus subordinationsrechtlicher Sicht das Wirken von Cujas und Donellus ausgewirkt, die die klassische Vierteilung der Glosse, die die unterschiedlichen Richtungen der Interessenwahrnehmung noch widerspiegelte, durch eine egalisierende Zweiteilung in das negotium re ipsa alienum und das negotiorum gerentis voluntate alienum ersetzten1. Donellus hat größten Einfluss auf die deutsche Rechtswissenschaft genommen, wie seine umfangreiche Rezeption durch deutsche Schriftsteller zeigt2. Im Groben entsprechen seine Kategorien des negotium re ipsa alienum und des negotiorum gerentis voluntate alienum den noch heute von der hM verwandten Begriff des objektiv fremden und des subjektiv fremden Geschäfts. Ein Unterschied freilich besteht: bei der negotiorum gerentis voluntate alienum musste neben der Willensrichtung des Geschäftsführers noch die Genehmigung des Geschäftsherrn hinzukommen. Wie bei der negotia ratihabitione aliena der Glosse machte erst die Genehmigung des Geschäftsherrn das neutrale Geschäft zu einem Geschäft des Geschäftsherrn.

1 Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48; Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq. 2 Vgl. nur Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, S. 140 ff.; Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 9 ff.

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2. Älteres gemeines Recht und Pandektistik In die Folge fällt die Geburtsstunde der pandektistischen und gemeinrechtlichen objektiven Theorie3. Es kam zu einer deutlichen Trennung der subjektiven Voraussetzung der actio directa des Geschäftsherrn und der actio contraria des Geschäftsführers. Wie in der Sache auch schon Cujas und Donellus versuchte man einen irgendwie gearteten Geschäftsführerwillen soweit wie möglich aus dem Tatbestand der actio directa zu entfernen4. Die Willensrichtung des Geschäftsführers sollte grundsätzlich nur für die actio contraria Bedeutung haben5. Wer „ein an sich“ (objektiv) fremdes Geschäft führe, brauche, um als Gestor in Anspruch genommen zu werden (actio directa), nicht in der Absicht zu handeln, das Geschäft für den zu führen, den es angeht; ein zusätzliches subjektives Moment auf Seiten des Gestors (contemplatio) sei nur notwendig, wenn das Geschäft „nicht schon an sich“ ein Geschäft des Geschäftsherrn war, wenn also in unserer heutigen Terminologie ein subjektiv fremdes Geschäfts vorlag6. Nur für die Klage des Geschäftsführers auf Aufwendungsersatz (actio contraria) wurde eine subjektive Geschäftsführung gefordert, wobei die einen Autoren auf einen animus obligandi, andere Schriftsteller auf den animus negotia aliena gerendi abstellten7. Je mehr die Autoren auf Seiten der actio directa das objektive Geschäft, über dessen Zuordnung die vermögensrechtliche Zuordnung Auskunft geben sollte, in den Vordergrund stellten und das (subjektive) geschäftsführungsrecht3 Vgl. zur pandektistischen Entwicklung: Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 75 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 49 ff. 4 Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48. Die objektive Theorie wurde wohl am einflussreichsten zunächst von Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq. vertreten. Donellus hat nicht nur die von den Glossatoren entwickelten Kategorien des negotium ipso gestu alienum und des negotium ipsa re alienum zur Gruppe der negotium re ipsa alienum – unserem heutigen objektiv fremden Geschäft – zusammengefasst (und damit – wie oben dargestellt – eine bisher nicht aufgelöste Verwirrung im Geschäftsführungsrecht angerichtet), er hat auch – unter Negierung der Bedeutung der Geschäftsführungsabsicht – die Lehre vorangetrieben, dass alleine die Führung eines objektiv fremden Geschäfts das Rechtsverhältnis der negotiorum gestio auslöst (siehe § 1, § 8 I). 5 Vgl. dazu: Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277 f. 6 v. Jhering, In wie weit muß der, welcher eine Sache zu leisten hat, den mit ihr gemachten Gewinn herausgeben?, in: Abhandlungen aus dem römischen Recht, 1844, S. 1 (46 mit Fn. 1): „Denn wenn das negotium ein alienum war, braucht der neg. gestor, um als solcher in Anspruch genommen zu werden, nicht die Absicht gehabt zu haben, jenes negotium für den zu gerieren, den es anging“; Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I 2, 1868, § 75 = S. 743 Fn. 29 aE. 7 Vgl. Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 42; v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. I; Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I 2, 1868, § 75 = S. 743 Fn. 29 aE; Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen6 , 1798, § 937 Not. 5; Puchta, Pandekten7, 1853, § 327 = S. 478 f.; Thibaut, System des Pandekten-Rechts9, 1848, §§ 567 f. = S. 467 ff.; siehe auch: Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 65 seqq.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

liche Element in die zweite Reihe stellten, desto deutlicher trat der Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag in den Hintergrund und der bereicherungsrechtliche (weniger der quasideliktsrechtliche) Charakter des fremden Geschäfts trat in den Vordergrund. Die negotiorum gestio wurde zu einem probaten Mittel, zur Abschöpfung von Vermögenswerten (inklusive gezogener Gewinne), die objektiv dem Geschäftsherrn zugewiesen waren, mittels des Herausgabeanspruchs der actio directa 8. Allerdings gewann zunehmend die gegenläufige Auffassung an Anhängern, dass auch auf der Ebene der actio directa nicht auf ein subjektives Element seitens des Geschäftsführers verzichtet werden könne. Die Idee des einheitlichen subjektiven Geschäftsführungsbegriffs, der gleichermaßen actio directa und actio contraria betrifft, war geboren und sollte von nun an in der wissenschaftlichen Diskussion, die Einfluss auf die anstehenden Kodifikationsvorhaben, allen voran das BGB nehmen sollte, an Bedeutung gewinnen9. Ein erhebliches Hindernis bestand aber noch auf dem Weg zum einheitlichen Geschäftsführungsbegriff, das man vielleicht als Spätwirkung der Kategorie der negotia ratihabitione aliena der Glosse bzw. der negotiorum gerentis voluntate alienum des Donellus bezeichnen darf: allein die Absicht des Geschäftsführers konnte ein an sich nicht fremdes Geschäft nicht zum Geschäft eines anderen machen. Hinzu kommen musste stets die Genehmigung des Geschäftsherrn. So hieß es etwa in Art. 768 des Dresdner Entwurfs: Art. 768 Dresdener Entwurf. Hat Jemand ohne Auftrag ein Geschäft für einen anderen besorgt, welches an sich nicht ein Geschäft desselben ist, so gilt der andere nur dann als Geschäftsherr, wenn er dieses Geschäft genehmigt, und nur unter dieser Voraussetzung hat der Geschäftsführer gegen ihn einen Anspruch auf Erstattung der Verwendungen.

Hinter dieser Lehre stand der Gedanke, dass bei Geschäften, die nicht schon an sich fremd sind, es nicht allein dem Willen des Gestors überlassen werden könne, das Geschäft zu einem fremden Geschäft zu machen. Zum Schutze des Geschäftsherrn müsse vielmehr dessen Genehmigung hinzukommen. Je mehr sich allerdings in der Folgezeit die Erkenntnis durchsetzte, dass der Geschäftsherr durch das Erfordernis des utiliter gestum vor den Ersatzansprüchen des Geschäftsführers hinreichend geschützt ist, wurde von dem Genehmigungserfordernis abgelassen.

8 Vgl. nur v. Jhering, In wie weit muß der, welcher eine Sache zu leisten hat, den mit ihr gemachten Gewinn herausgeben? in: Abhandlungen aus dem römischen Recht, Leipzig, 1844, S. 1 (45 f.). 9 Dernburg, Pandekten 3, 1892, § 122 1 c = S. 326; Köllner, Die Grundzüge der Obligatio Negotiorum Gestio, 1856, S. 29: „Der Entschluß, fremde Geschäfte zu besorgen, ist ein wesentliches Requisit der obligatio n. g., nicht blos der actio contraria, sondern auch der actio directa“.

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3. Die Gesetzgebung zum BGB a. Der Vorentwurf v. Kübels Der Teilentwurf für das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag v. Kübels folgte in weiten Teilen der älteren gemeinrechtlichen und pandektistischen Lehre. Zentrales Tatbestandsmerkmal der negotiorum gestio war die Führung des „Geschäfts eines anderen“10. Grundbegriff der Geschäftsführung ohne Auftrag war damit in Anknüpfung an die Jahrhunderte alte Tradition die Besorgung eines objektiv oder subjektiv fremden Geschäfts. Der Entwurf betrat aber insoweit Neuland, als in Abweichung von der tradierten Theorie das Vorliegen des subjektiv fremden Geschäfts ausschließlich an den Willen des Geschäftsführers angebunden wurde. Die insbesondere noch in Art. 768 des Dresdener Entwurfs zu findende, bis in das römische Recht und Glosse zurückverfolgbare Lehre11, das subjektiv fremde Geschäft an den Willen des Geschäftsherrn zu binden, fand keine Aufnahme in den Vorentwurf12. Ansonsten folgte der Vorentwurf der allgegenwärtigen Fixierung auf den Begriff des fremden Geschäfts. Eine Anerkennung des dem Rechtsinstitut der negotiorum gestio unterliegenden Gedankens der Subordination als der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen fand nicht statt. Die Geschäftsführungsabsicht als das tragende Element der echten Geschäftsführung ohne Auftrag war dem Vorentwurf unbekannt. Der Vorentwurf kannte im Grundsatz keine Unterscheidung zwischen echter und unechter Geschäftsführung ohne Auftrag. Obligationsbegründend war für den Vorentwurf ausschließlich das Bewusstsein, dass das geführte Geschäft ein fremdes ist. Daher konnte die Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB) als echte Geschäftsführung betrachtet werden13. Entsprechend der älteren gemeinrechtlichen Doktrin war die Geschäftsführungsabsicht nur Voraussetzung für die auf vollen Ausgleich gehende actio contraria14.

10 § 233 des Vorentwurfs; dazu: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 938. 11 Ulpian/Pedius, Dig, 3, 5, 5, 11 (de negotiis gestis); Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). Vgl. auch die Kategorie negotiorum gerentis voluntate alienum bei Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § X. 12 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 981 f. 13 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 943, 956 f.; der Wille, für den Geschäftsherrn tätig werden zu wollen, war nur im Falle des subjektiv fremden Geschäfts notwendig. 14 § 238 Vorentwurf; v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 966.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

b. Die Beratungen der Ersten und Zweiten Kommission Die entscheidende Weichenstellung weg von der objektiven Theorie des (älteren) gemeinen Rechts hin zum modernen Geschäftsführungsbegriff erfolgte erst in der Ersten Kommission15. Man entschied sich in bewusster Abkehr von der tradierten Formel („das Geschäft eines anderen“) für die noch heutige gültige Fassung des § 677 BGB („für einen anderen“). Der Begriff des fremden Geschäfts wurde – durchaus überraschend und ohne theoretische Vorarbeiten – aus dem Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag getilgt16. Die Geschäftsführungsabsicht wurde damit zum tragenden Element des Rechtsinstituts. Ausschlaggebend für diesen Schritt war dabei allerdings weniger die Einsicht in das Wesen der Geschäftsführung als Tatbestand der nicht anderweitig durch Gesetz oder Vertrag geregelten Subordinationsverhältnisse. Die Erste Kommission wurde vielmehr von einer sehr praktischen Überlegung angetrieben. Man wollte die Notwendigkeit einer Unterscheidung zwischen objektiv und subjektiv fremdem Geschäft, die erhebliche Schwierigkeiten bereitete und ein nicht mehr überschaubares gemeinrechtliches Schrifttum hervorgebracht hatte, überwinden17. Zugleich wurde aber die Geschäftsführungsabsicht im Vergleich zur älteren gemeinrechtlichen Doktrin deutlich aufgewertet. In Abweichung noch zum Vorentwurf und in Nachfolge der späten pandektistischen Lehre wurde die Anwendbarkeit der Geschäftsführungsregeln nunmehr überhaupt an das Bestehen einer subjektiven Geschäftsführungsabsicht gebunden. Damit fiel auch zunächst die Geschäftsanmaßung als eigenständiges Rechtsinstitut aus dem Regelungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag heraus18. Erst in den Verhandlungen der Zweiten Kommission wurde sie wieder als Regelungsannex – gewahr ihrer Sonderstellung – aufgenommen. Im Rahmen der Verhandlungen der Zweiten Kommission fand eine Überprüfung der Fassung „für einen anderen“ statt. Der Redaktionskommission wurde der Auftrag erteilt, ob durch die Worte „für einen anderen“ die Unterscheidung zwischen echter und 15

Vgl. auch Harke, Geschäftsführung und Bereicherung, 2007, S. 80 ff. Krit. gegenüber der Annahme, auf den Begriff des fremden Geschäfts verzichten zu können: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 52. 17 Motive, bei: Mugdan II, S. 478: „Die Feststellung des Begriffs des objektiv fremden Geschäfts würde ohnehin auf große und kaum zu besiegende Schwierigkeiten stoßen“; vgl. die eingehenden Nachweise zu den Bemühungen der gemeinrechtlichen Wissenschaft zur Bestimmung des objektiv fremden Geschäfts: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 939 ff.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 1 = S. 913. Die Auffassung, (bestimmte) subjektiv fremde Geschäfte an die Genehmigung des Geschäftsherrn zu binden, was eine Abgrenzung zwischen objektiv und subjektiv fremdem Geschäft notwendig machen würde, wurde in der Ersten Kommission endgültig verworfen: Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 123 f.; 18 Motive, bei: Mugdan II, S. 478. 16

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unechter Geschäftsführung zum Ausdruck gebracht werden solle oder ob einer aus der Kommission geäußerten – aber wenig hilfreichen – Anregung gefolgt werden solle, wieder zu formulieren „Wer das Geschäft eines anderen besorge“19. Letztlich hielt die Redaktionskommission zu Recht an der Fassung „für einen anderen“ fest. Die Notwendigkeit der Geschäftsführungsabsicht lässt sich ohne weiteres aus der Fassung „für einen anderen“ herleiten; dagegen wäre dies bei „Geschäft eines anderen“ nicht mehr der Fall gewesen. Als Klarstellung der Ablehnung der objektiven Theorie ist aber § 687 Abs. 1 BGB, dessen Streichung erwogen war, beibehalten worden.

II. Geschäftsführungsbegriff des § 677 BGB Das BGB hat mit der Formulierung des § 677 BGB („für einen anderen“) von der tradierten, auf den bereicherungsrechtlichen Begriff des fremden Geschäfts zugeschnittenen Geschäftsführungslehre Abschied genommen. Im Mittelpunkt des deutschen Geschäftsführungsrechts steht damit nicht mehr der Gedanke der Zuweisung von Lasten, Kosten und Risiken an den letztlich dafür Zuständigen. Die sich damit auftuende Lücke in der Rechtstheorie, die der Gesetzgeber mit seinem bewussten Abschied vom Begriff des fremden Geschäfts aufgerissen hat, muss geschlossen werden. Das dafür geeignetste Instrument ist – wie oben bereits dargelegt – die subordinationsrechtliche Geschäftsführungslehre (siehe § 2 VI). In der bisherigen Lehre hingegen wird die Formulierung des § 677 BGB als wenig klar empfunden 20. Zu Unrecht. Die Schwierigkeiten weiter Teile der Jurisprudenz mit dieser Vorschrift rühren daher, dass der bewusste Schritt des deutschen Gesetzgebers, auf den Begriff des fremden Geschäfts zu verzichten und an seine Stelle die fremdnützige Geschäftsführungsabsicht in den Mittelpunkt des Geschäftsführungsrecht zu stellen, von weiten Teilen der Lehre nicht mitvollzogen wurde21. Man ist weiterhin in der tradierten Denkkategorie des fremden Geschäfts gefangen, was den Zugang zu dem Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag im Allgemeinen und der §§ 677 ff. BGB im Besonderen hindert, versperrt doch der schillernde und wegen seiner bereicherungsrechtlichen und deliktsrechtlichen Ausrichtung falsch akzentuierte Begriff des fremden Geschäfts den Blick auf den obligationsbegründenden fremdnützigen 19

Protokolle, bei: Mugdan II, S. 1193, 1202. Vgl. dazu eingehend: Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 26 ff.; dazu aus der Sicht de lege ferenda: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (397 ff.). 21 Vgl. nur Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 52: die Annahme, auf den Begriff des objektiv fremden Geschäfts verzichten zu können, sei irrig; vgl. dazu Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 35. 20

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Charakter der Geschäftsführung ohne Auftrag22. Besinnt man sich auf die theoretische Fundierung der Geschäftsführung ohne Auftrag als gesetzlichen Tatbestand der nicht durch Vertrag oder Gesetz abweichend und abschließend geregelten Interessenwahrnehmung (Subordination), erschließt sich die Bedeutung der Formulierung, dass die Geschäftsbesorgung „für einen anderen“ erfolgen muss, von selbst. Dahinter verbirgt sich die Geschäftsführungsabsicht, also die Absicht des Geschäftsführers – gleich dem vertraglich oder gesetzlich bestellten Geschäftsbesorger (Vormund, Mandatar, Treuhänder) – im Interesse eines anderen, also „für einen anderen“ zu handeln. Auf die Frage, ob das besorgte Geschäft ein fremdes oder ein eigenes ist, kommt es nicht an. Maßgebend ist allein die Fremdnützigkeit der Geschäftsführung, also das Tätigwerden im Interesse des Geschäftsherrn. Das Meinungsspektrum innerhalb der deutschen Lehre über das richtige Verständnis des Tatbestandsmerkmals „für einen anderen“ im Rahmen des § 677 BGB ist weit gespreizt. Grob lassen sich drei verschiedene Auffassungen unterscheiden, wobei teilweise innerhalb der einzelnen Auffassungen weitere Meinungsverschiedenheiten und Differenzierungen bestehen. Noch heute weit verbreitet ist (1) die in ihren theoretischen Grundlagen bereits vorgestellte sog. objektive Theorie. Entscheidender Grundbegriff dieser Lehre ist das objektiv fremde Geschäft23. Der objektiven Theorie entgegengesetzt ist (2) der subjektive Ansatz: nicht die gegenständliche Fremdheit des besorgten Geschäfts, sondern die „Geschäftsführungsabsicht“ löst den gesetzlichen Tatbestand der §§ 677 ff. BGB aus24. Ein Geschäft „für einen anderen“ besorgt daher, wer ein Geschäft in Geschäftsführungsabsicht für einen anderen führt. Die Fremdheit des Geschäfts ist damit kein Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 677 BGB. Innerhalb der subjektiven Lehre ist umstritten, ob (a) die Geschäftsführungsabsicht ein normatives Tatbestandsmerkmal ist, das sich nach dem sozialen Sinn der Tätigkeit des Geschäftsführers bestimmt (Wittmann)25, oder ob sich (b) die Geschäftsführungsabsicht als empirisches Merkmal nach dem natürlichen realen Willen des Geschäftsführers bestimmt26. Auch wenn diese Lehre, soweit sie dem normativen Ansatz folgt, dem hier vertretenen Ansatz „methodisch“ nahe kommt, so bestehen doch nicht nur Unterschiede im Detail sondern auch in der grundlegenden Deutung: Wittmann verfolgt eine strenge Fixierung auf die Theorie der Menschenhilfe; damit erhebt er ein vielleicht vorliegendes altruis22

Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13

(26 f.). 23

Grundlegend: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 21 f.; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (16 ff.); Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (568 f.). 25 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 75 f. 26 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (27 f., 28 ff.). 24

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tisches Motiv zum Tatbestandsmerkmal, entfernt sich aber umgekehrt von der subordinationsrechtlichen Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag. Letztlich befindet er sich aufgrund seiner Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips (Lehre von der berechtigten Geschäftsführung) sogar in gefährlicher Nähe zum quasideliktischen Ansatz, als er bei der inutilen Geschäftsführung ausschließlich den Eingriffscharakter betont und dabei die auch hier bestehende subordinationsrechtliche Unterwerfung unter die Person des Geschäftsherrn übersieht. Die heute herrschende Lehre vertritt (3) ein Kombinationsmodell 27. Der Tatbestand des § 677 BGB wird gelesen als „Wer das Geschäft eines anderen für diesen besorgt … „. Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag setzt demnach voraus, dass (a) das vom Geschäftsführer besorgte Geschäft ein objektiv oder subjektiv fremdes ist und (b) der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen (Geschäftsführungsabsicht) handelt. Insoweit die Geschäftsführungsabsicht oder der Fremdgeschäftsführungswille als Teil des obligationsbegründenden Tatbestandes anerkannt wird, ist schließlich umstritten, ob die Geschäftsführung freiwillig erfolgen muss, also das Bestehen einer Rechtspflicht den Tatbestand der Geschäftsführung ausschließt 28. Das Tatbestandsverständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag durch die Rechtsprechung ist nicht eindeutig. In zahlreichen Entscheidungen scheint sie den Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Führung eines (objektiv oder subjektiv) fremden Geschäfts in Geschäftsführungsabsicht zu verstehen 29, während in zahlreichen anderen, gerade neueren Entscheidungen, die Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag nur (noch) voraussetzt, dass der Geschäftsführer ein Geschäft für einen anderen besorgt, wobei es ausreicht, dass der Geschäftsführer das Geschäft nicht nur als eigenes, sondern auch als fremdes führen will, also in dem Bewusstsein, zumindest auch im Interesse eines anderen zu handeln 30. Der Unterscheidung zwischen objektiv und subjektiv fremdem Geschäft käme dann – rechtsdogmatisch – wegen der daran geknüpften Vermutungswirkung nur mittelbar Bedeutung für die Frage des 27 ZB Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (227); Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II 3, 1906, § 299 I 2 = S. 430; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 a = S. 1119; Esser/ Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 = S. 8; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 438; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 4 Rn. 6 aE; BGB-RGRK/ Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 5. 28 So: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 77 ff.; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (31 ff.). 29 ZB: BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20.6.1963 – VII ZR 263/61; BGHZ 28, 359 (361), Urt. v. 20.11.1958 – VII ZR 47/58; RG, JW 1926, 2920 (2921), Urt. v. 17.6.1926 – IV 150/26; RGZ 97, 61 (65 f.), Urt. v. 29.10.1919 –I 125/19. 30 ZB BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21.10.2003 – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23.9.1999 – III ZR 322/98.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Vorliegens des Fremdgeschäftsführungswillens zu. Da aber letztlich der vermutete Fremdgeschäftsführungswille – wegen der faktischen Unbeweisbarkeit des wirklichen Willens des Geschäftsführers – über das Eingreifen des Rechtsinstituts entscheidet, verbleibt als tatsächlich tragendes Element der Geschäftsführung ohne Auftrag auch für die Rechtsprechung der Begriff des fremden Geschäfts. Rechtsdogmatisch hat die hM den klaren Wortlaut des Gesetzes und den Willen des Gesetzgebers gegen sich. Es heißt eben in § 677 BGB, wer ein Geschäft „für“ einen anderen besorgt, und nicht, wer das Geschäft „eines anderen“ besorgt. Wollschlägers Zuständigkeitstheorie, die die Fremdheit eines Geschäfts nach der höherrangigen Zuständigkeit am Gegenstand der Tätigkeit – wer ist im Verhältnis zweier Personen näher dran, die Kosten oder Nutzen zu übernehmen – bestimmt, ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung31. Doch ist der richtige Platz für Wollschlägers Theorie der Zuständigkeits- und Folgenzurechnung das Bereicherungsrecht32. Der Blick auf das fremde Geschäft verdeckt das tragende Element der Geschäftsführung für einen anderen, nämlich den Subordinationscharakter des Schuldverhältnisses, die fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen 33. Der Gestor handelt gleich einem beauftragten Treuhänder (§§ 662 ff. BGB), einzig mit dem Unterschied, dass er ohne Auftrag handelt. Tragendes Element ist die Geschäftsführungsabsicht und zwar verstanden als normatives, nicht als empirisches Merkmal. Der (gesetzessystematische) Versuch aus § 687 Abs. 1 BGB die Notwendigkeit des fremden Geschäfts herzuleiten, trägt nicht. § 687 Abs. 1 BGB enthält nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine letztlich überflüssige Klarstellung, nämlich die Ablehnung der objektiven Theorie: allein durch die (eigennützige) Führung eines objektiv fremden Geschäfts werden geschäftsführungsrechtliche Ansprüche nicht begründet. Daraus zu schließen, dass § 677 BGB am Begriff des fremden Geschäfts anknüpft, ist nicht möglich; zumal selbst nach hM – wie im weiteren Verlauf noch zu zeigen sein wird – der Begriff des fremden Geschäfts in § 677 BGB und § 687 BGB nicht übereinstimmt. Bliebe einzig der Gedanke, die Besorgung eigener Angelegenheiten – als eben eigenes und nicht fremdes Geschäft – von vorneherein aus dem Bereich der §§ 677 ff. BGB auszusondern. Doch muss dazu der Begriff des fremden bzw. eigenen Geschäfts nicht reaktiviert werden. Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag kennt hinreichende Restriktionen, um zu verhindern, dass Kostenlasten unberechtigt 31

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff. Nach Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 324 führen die geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatz- und Herausgabeansprüche immer zum gleichen Ergebnis wie bereicherungsrechtliche Ansprüche aus Eingriffs-, Rückgriffs- und Aufwendungskondiktion. 33 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (26 f.). 32

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auf den Geschäftsherrn abgewälzt werden. Genauer: (a) Als Rechtsinstitut der Interessensubordination verlangt die Geschäftsführung ohne Auftrag ein fremdnütziges Handeln für einen anderen; eigennütziges Handeln scheidet von vorneherein aus dem Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag aus. Der eigennützige Charakter eines Handelns geht nicht dadurch verloren, dass ein Dritter mittelbare Vorteile (Reflexvorteile) erlangt34, wie aber umgekehrt auch der fremdnützige Charakter nicht dadurch beseitigt wird, dass der Geschäftsführer seinerseits einen mittelbaren Reflexvorteil erlangt 35. (b) Selbst wenn eine Tätigkeit fremdnützig im Interesse eines anderen liegt, heißt das nicht, dass der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt. Als Tatbestand der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend und anderweitig geregelten Subordination scheidet eine Anwendung der §§ 677 ff. BGB – jedenfalls aber der actio contraria (§§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB) – von vorneherein aus, wenn das Gesetz dem Geschäftsführer die Kosten abschließend zuweist. So ist etwa die Pflicht des Gebäudebesitzers gem. § 908 BGB, einen nachbarbeeinträchtigenden Gebäudeeinsturz zu verhindern, ohne weiteres fremdnützig, doch weist das Gesetz die Kosten für die zur Abwendung der Gefahr notwendigen Maßnahmen ausschließlich dem Gebäudebesitzer zu. Auf die Frage, ob in der Geschäftsführung zugleich ein eigenes Geschäft liegt, kommt es nicht an36.

III. Rechtsvergleichung; Europäische Rechtsvereinheitlichung Die subordinationsrechtliche Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag steht keineswegs isoliert in Europa dar. Die Entwicklung geht deutlich in die Richtung eines immer weiter versubjektivierten Geschäftsführungsbegriffs. Der Weg vom subjektiven Geschäftsführungsbegriff zum hier vertretenen Begriff der normativen Geschäftsführungsabsicht ist nicht mehr weit. Die quasideliktisch geprägte österreichische Rechtsordnung knüpft in den §§ 1036 ff. ABGB am Begriff des fremden Geschäfts an. Aber allein das fremde Geschäft begründet das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht; hinzutreten muss der Fremdgeschäftsführungswille37. Nach der gesetzlichen Regelung des Art. 1372 Abs. 1 CC ist auch im französischen Recht das fremde Geschäft (l’affaire d’autrui) primärer Anknüpfungspunkt des Geschäftsführungs34

BGHZ 61, 359 (362), Urt. v. 8.11.1973 – VII ZR 246/72. Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (19 f.); auch Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (570 f.). 36 Vgl. auch Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (20 Fn. 33). 37 Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 79. 35

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

rechts. Doch tritt bei modernen französischen Autoren der Begriff des fremden Geschäfts zugunsten der volonté du gérant immer mehr in den Hintergrund. Das Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag wird aus der intention d’accomplir un acte pour autrui heraus begründet38. Einen ausschließlich subjektiven Geschäftsführungsbegriff legt in Verwerfung des tradierten Geschäftsführungsmodells auch Book V des DCFR seiner Adaption der negotiorum gestio zugrunde39. In Art. V – 1:101 (1) DCFR heißt es: „This Book applies where a person (the intervener) acts with the predominant intention of benefiting another (the principal)…“. Eine kleine juristische Kuriosität ist vor diesem Hintergrund der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag im Schweizer Obligationenrecht. Der geschäftsführungsrechtliche Grundtatbestand des Art. 419 OR40 knüpft in der deutschsprachigen Textfassung gleich dem § 677 BGB daran an, dass der Gestor das Geschäft „für einen anderen“ besorgt. Die italienische und die französische Fassung sprechen demgegenüber abweichend von der Führung des „Geschäfts eines anderen“ („celui qui, sans mandat, gère l’affaire d’autrui“; bzw.: „chi, senza averne mandato, assume l’affare d’un altro“). Insgesamt hält die Schweizer Rechtswissenschaft bisher am Tatbestandsmerkmal der Fremdheit fest41; damit das Rechtsverhältnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht, muss aber auch nach überwiegender Auffassung ein korrespondierender Fremdgeschäftsführungswille hinzukommen. In der Schweizer Lehre kann man auch heute noch Nachwehen der objektiven Geschäftsführungsdoktrin des älteren gemeinen Rechts wiederfinden. Teilweise wird das subjektive Element der Geschäftsführungsabsicht überhaupt für entbehrlich gehalten, teilweise wird wie in der frühen Pandektistik der Fremdgeschäftsführungswille nur als Voraussetzung des Ersatzanspruchs des Geschäftsführers, nicht aber als Bedingung des Herausgabeanspruchs des Geschäftsherrn betrachtet42. Die „objektive Theorie“ hat überhaupt im Schweizer Recht eine starke Verankerung. Denn während im deutschen Recht bei eigennütziger Geschäftsführung das Recht der Geschäftsanmaßung erst bei vorsätzlicher Führung eines fremden Geschäfts ausgelöst wird, knüpft Art. 423 Abs. 1 OR an kein Verschulden an43.

38

Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1028. PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution L 99 (p. 97), Art. 1:101, Comment. C 17 (p. 107). 40 Art. 419 OR. Wer für einen anderen ein Geschäft besorgt, ohne von ihm beauftragt zu sein, ist verpflichtet, das unternommene Geschäft so zu führen, wie es dem Vorteile und der mutmasslichen Absicht des anderen entspricht. 41 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 205. 42 Dazu Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 206 f. 43 Vgl. Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 771 ff. zur sehr umstrittenen Behandlung des Art. 423 OR. 39

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IV. Kritik des fremden Geschäfts Die hL in Deutschland hält bisher am Begriff des fremden Geschäfts fest44. Dies rechtfertigt es, die sich daran anknüpfende Lehre einer kritischen Durchsicht zu unterziehen. Hierfür besteht bei subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise sogar eine besondere Dringlichkeit. Denn dem fremden Geschäft soll eine Rückwirkung auf den „subjektiven“ Tatbestand der Geschäftsführung zukommen: die hM vermutet bei Vorliegen eines objektiven (auch-)fremden Geschäfts den sog. Fremdgeschäftsführungswillen. Im Anschluss an die Unterscheidung zwischen negotium re ipsa alienum und das negotiorum gerentis voluntate alienum durch Donellus45, unterscheidet man zwei Arten des fremden Geschäfts46: (1) das objektiv fremde Geschäft und (2) das subjektiv fremde Geschäft47. Einen Sonderfall stellt (3) die hochproblematische Gruppe der sog. „auch fremden“ Geschäfte dar. Nach hM spielt es für den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag keine Rolle, ob das zu führende Geschäft bereits seiner Art nach ein fremdes Geschäft ist (objektiv fremdes Geschäft) oder erst durch die Willensrichtung des Gestors zu einem fremden Geschäft gemacht wird (subjektiv fremdes Geschäft). Beide Arten sind grundsätzlich gleichgestellt48. Bedeutungslos ist die Unterscheidung aber nicht, da sich die Anforderungen an die Darlegung und ggf. den Beweis des Geschäftsführungswillens, der nach hM neben dem Vorliegen eines fremden Geschäfts erforderlich ist, danach bestimmen soll, ob ein objektiv oder ein subjektiv fremdes Geschäft vorliegt.

44 ZB Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (227); Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II 3, 1906, § 299 I 2 = S. 430; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 a = S. 1119; Esser/ Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 = S. 8; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 438; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 4 Rn. 6 aE; BGB-RGRK/ Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 5. 45 Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq. 46 Donellus hat größten Einfluss auf die deutsche Rechtswissenschaft genommen, wie seine umfangreiche Rezeption zeigt (vgl. nur Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, S. 140 ff.; Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 9 ff.). 47 ZB: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10. 48 Oertmann 2 (1929) Vorbem 3 b vor §§ 677 ff.; vgl. aber auch: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 34 ff.; auch Ulpian, Dig. 3, 5, 5, 11 (de negotiis gestis) und ders., Dig. 3, 5, 5, 13 (de negotiis gestis); aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 73: das subjektiv fremde Geschäft sei totes Recht.

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1. Das objektiv fremde Geschäft (negotium re ipsa alienum) a. Begriff des objektiv fremden Geschäfts In der gemeinrechtlichen Wissenschaft bestand eine verwirrende Vielzahl von Ansätzen und Theorien zur Bestimmung des objektiv fremden Geschäfts49. Der praktische Ertrag der Diskussion war gering. Letztlich herrschte Ernüchterung. Windscheid fasste sie ihn Worte50: „Ich zweifele, ob diese oder ähnliche Formeln dem Richter für die Entscheidung des einzelnen Falles Hilfe gewähren wird“. Auch über 100 Jahre später scheint abschließende Klarheit über den Begriff noch immer nicht erreicht; es wird sogar konstatiert, dass die theoretische Bewältigung des objektiv fremden Geschäfts seit Inkrafttreten des BGB kaum Fortschritte gemacht hat51. Zutreffend erscheint mir diese Bewertung der Rechtsentwicklung der letzten Dekaden nicht. Wollschläger hat Mitte der 1970er Jahre eine überzeugende Deutung des Begriffs des fremden Geschäfts vorgelegt52. Das Problem liegt woanders: der Begriff des fremden Geschäfts ist ein Begriff des Bereicherungsrechts. Es geht um die Zuweisung von Kosten, Lasten, Nutzen und Risiken. Aber gerade darum geht es bei der echten Geschäftsführung nicht. Nach der gängigen Formel der deutschen Rechtsprechung und der ihr folgenden hM ist ein Geschäft objektiv fremd, wenn es schon nach seinem Inhalt in einen fremden Rechts- und Interessenkreis eingreift53, bzw. nach einer anderen Formulierung, wenn es an und für sich der Sorge des anderen obliegt 54. Das Schweizer Bundesgericht spricht von der „Zuordnung“ oder „Beziehung“ zum Geschäftskreis des Geschäftsherrn55. In der deutschen Lehre wird noch die Formel angeboten, dass ein Geschäft objektiv fremd ist, wenn dafür schon die Rechtsordnung die Zuständigkeit eines anderen begründet hat 56. All diesen Versuchen, den Begriff des objektiv fremden Geschäfts genauer zu fassen, wird 49 Vgl. die eingehenden Nachweise bei v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 939 ff. 50 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 1 = S. 913. 51 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (16); Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (431). 52 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976. 53 ZB: BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21.10.2003 – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23.9.1999 – III ZR 322/98; BSG, NJW-RR 2001, 1282 (1284), Urt. v. 2. 3. 2000 – B 7 AL 36/99; bzgl. § 687 BGB: RGZ 138, 45 (48), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32; vgl. Ulpian/ Pedius, Dig. 3, 5, 5, 13 (de negotiis gestis); krit.: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (368 f.). 54 RGZ 97, 61 (65 f.), Urt. v. 29. 10. 1919 – I 125/19; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (228); Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 7. 55 Vgl. dazu Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 177 m.w.N. 56 Medicus, Bürgerliches Recht 21, 2007, Rn. 408; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10.

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vorgeworfen, letztlich doch unpräzise zu bleiben. Es handele sich um Leerformeln; damit sei aber das tatbestandliche Vorliegen der Fremdheit letztlich argumentationsoffen. Im Einzelfall sei kaum vorhersagbar, welche Argumente und Wertungen der zur Entscheidung berufenen Instanz letztlich als gewichtiger erscheinen und darüber entscheiden, wem das Geschäft mit seinen Vorteilen, gerade aber auch seinen Kostenlasten zuzuordnen ist. Letztlich wird damit die Rechtsprechung dem Vorwurf ausgesetzt, die objektive Zuweisung eines besorgten Geschäfts ohne erkennbare Abgrenzungskriterien und damit letztlich willkürlich vorzunehmen57. Rechtsdogmatisch ist die Kritik überzogen: man kann es der Rechtsprechung kaum zum Vorwurf machen, dass sie einen unbestimmten und für Wertungen offenen Rechtsbegriff ausfüllt. Das Problem ist nicht die methodische Handhabung des Begriffs des fremden Geschäfts, sondern der Begriff des fremden Geschäfts selbst. Denn damit werden die falschen Wertungen in das Geschäftsführungsrecht hineingetragen. Dem Begriff des fremden Geschäfts geht es nicht um den Gedanken der Subordination, der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen. Welche Wertungen hinter dem Begriff des fremden Geschäft stehen, verdeutlichen die Überlegungen Wollschlägers58. Für ihn ist der Begriff des fremden Geschäfts Mittel zur Korrektur unrechtmäßiger Vermögenslagen mit dem Ziel der richtigen Zuweisung von Gütern, Lasten und Risiken. Der Begriff des fremden Geschäfts bekommt damit die Funktion einer Folgenzurechnung auf den letztlich Zuständigen59. Die Fremdheit des Geschäfts drückt eine höherrangige Zuständigkeit am Gegenstand der Tätigkeit aus: ein anderer ist näher daran, die Kosten, ggf. aber auch den Nutzen zu übernehmen. Vermittels des Begriffs des fremden Geschäfts werden Kosten als vermögensmindernde Handlungsfolgen auf denjenigen übergewälzt, der dafür endgültig zuständig ist, und ein Vermögenszuwachs demjenigen ausgekehrt, dem er letztendlich zusteht60. Die Frage 57 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (16); Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (368 f.); Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 488; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 1 b = S. 10 f. 58 Zur „Zuständigkeitstheorie“ Wollschlägers: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (364 f.); Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (376 f.); Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (431 ff.). 59 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff.; vgl. auch auf dem Boden des österreichischen Rechts: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 62 ff.; aA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 37. 60 Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (376 f.) spricht von einem allgemeinen und konturenlosen „Näher-dran-Prinzip“.

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der Zuständigkeit am Geschäft bestimmt sich nach der Gesamtrechtsordnung, insbesondere aus dem Gesamtzusammenhang aller Normen, welche Güter und Lasten mit den zugehörigen Risiken und Gütern zuweisen61. – Und es muss wieder hervorgehoben werden: so beeindruckend diese Überlegungen sind, so wenig gehören sie doch in das Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Geschäftsführung ohne Auftrag wird getragen vom Gedanken der fremdnützigen Interessenwahrnehmung (Subordination) für einen anderen; dieser Zusammenhang kommt im Tatbestandsmerkmal der normativ zu verstehenden Geschäftsführungsabsicht zum Ausdruck. Das fremde Geschäft ist kein Begriff des Geschäftsführungsrechts. Sein richtiger Standort ist das Bereicherungsrecht; einen letzten – im dogmengeschichtlichen Sinne – geschäftsführungsrechtlichen Anwendungsbereich hat die Lehre Wollschlägers im Rahmen des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB. Die Rechtsprechung hat eine Vermutung bzgl. des inneren Tatbestandes der Geschäftsführung ohne Auftrag entwickelt. Handele es sich ganz – oder wenigstens auch – um ein objektiv fremdes Geschäft, spreche eine Vermutung für das Vorliegen des Geschäftsführungswillens62; es ist gerade die Vermutung des Fremdgeschäftsführungswillens, die das objektiv fremde Geschäft auch im Rahmen der tradierten subjektiven Geschäftsführungsmodelle zum Schlüsselbegriff des Geschäftsführungsrechts macht. Führt jemand ein objektiv fremdes Geschäft, so kann die Anwendung der §§ 677 ff. BGB nur noch am Fehlen des Fremdgeschäftsführungswillens scheitern, für dessen Bestehen aber eine kaum zu widerlegende tatsächliche Vermutung besteht. Damit wird die Frage, ob der Geschäftsführer für einen anderen gehandelt hat, im Ergebnis weitgehend auf die objektive Zurechnung verschoben63. Die Vermutung des Fremdgeschäfts61 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 57 ff.; vgl. auch Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (228); Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 4 Rn. 8. 62 BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, NJW-RR 2003, 1192 (1195 f.), Urt. v. 4. 6. 2003 – VIII ZR 91/02; BGHZ 143, 9 (14 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98; BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGHZ 98, 235 (240), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84; BGHZ 70, 389 (396), Urt. v. 23. 2. 1978 -VII ZR 11/76; BGHZ 65, 354 (357), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73; BGHZ 40, 28 (31), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; BGHZ 38, 270 (276), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 4; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 7; vgl. auch schon die Motive, bei Mugdan II, S. 478: „Dieser Wille (Anm: Fremdgeschäftsführungswille ieS) wird in der Regel sich schon durch das bewusste Eingreifen in fremde Angelegenheiten manifestieren“. 63 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (368); Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (15 f.).

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führungswillens bei objektiv fremdem Geschäft ist in der Lehre weitgehend akzeptiert64. Sie wird damit gerechtfertigt, dass der Bürger, der grundsätzlich nur eigene Geschäfte auf eigene Rechnung tätigt, bei Tätigwerden im fremden Rechtskreis auch auf fremde Rechnung handeln will und sich das Geschäft nicht anmaßt65. Anders soll die Sache bei objektiv eigenen oder neutralen Geschäften liegen. Diese Geschäfte bekommen ihren Fremdcharakter erst durch den Willen des Geschäftsführers auch zu einer Fremdgeschäftsführung. Hierfür soll nach tradierter Lehre aber grundsätzlich keine tatsächliche Vermutung bestehen; der Wille, ein solches Geschäft zugleich auch für einen anderen zu führen, muss vielmehr hinreichend nach außen in Erscheinung getreten sein66. Zutreffend ist die Idee einer Vermutungswirkung des objektiv fremden Geschäfts nicht. Die Geschäftsführungsabsicht ist das tatbestandliche Korrelat des dem Institut der Geschäftsführung ohne Auftrag zugrundeliegenden Subordinationsgedankens. In ihr manifestiert sich die fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen. Über deren Vorliegen kann alleine anhand einer normativen Bewertung des sozialen Sinnzusammenhangs des Geschäftsführungsgeschehens entschieden werden. Von dem Subordinationsgedanken ist der Begriff des fremden Geschäfts weit entfernt. Ihm geht es alleine um die Zuweisung von Kosten, Lasten, Nutzen und Risiken. Eine irgendwie geartete Vermutungswirkung zugunsten einer fremdnützigen Interessenwahrung kann diesem Begriff per se nicht zukommen. Hinzuweisen ist zudem auf Folgendes. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein (ausschließlich) normatives Tatbestandsmerkmal. Für die von der hM intendierte tatsächliche Vermutung eines empirisch nachweisbaren, natürlichen Willens ist hier von vorneherein kein Raum. Allenfalls könnte es um eine sog. „Rechtsvermutung“ gehen. Aber dafür ist – wie dargelegt – der Begriff des fremden Geschäfts der denkbar falscheste Aufhänger.

b. Das objektiv eigene Geschäft Dem objektiv fremden Geschäft steht das objektiv eigene Geschäft gegenüber. Die Führung eines eigenen Geschäfts löst weder geschäftsführungsrechtliche noch bereicherungsrechtliche Ansprüche aus. Schon im römischen Recht war das negotium suum von der negotiorum gestio ausgeschlossen67. Allenfalls wenn der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen agiere, soll sich nach 64

Immerhin abweichend: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 c = S. 12. Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (229); Schwark, Der Fremdgeschäftsführungswille bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1984, 321 (324); Soergel/ Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 7; Motive, bei Mugdan II, S. 478. 66 BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98. 67 Dazu: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 16 ff. 65

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teilweise vertretener Ansicht das objektiv eigene Geschäft zu einem (subjektiv) fremden Geschäft verwandeln können68. Überwiegend aber geht man davon aus, dass bei ausschließlich eigenen Geschäften eine Fremdgeschäftsführung überhaupt nicht in Betracht kommt69. Sei der Geschäftsführer irrtümlich der Auffassung, ein fremdes Geschäft zu führen, greife § 686 BGB in entsprechender Anwendung; wegen der fehlenden Verschiedenheit von Geschäftsherr und Geschäftsführer sei der Anwendungsbereich der §§ 677 ff. BGB überhaupt nicht eröffnet70. Wisse der Handelnde dagegen, dass er eine objektiv ausschließlich eigene Angelegenheit wahrnehme, fehle ihm notwendigerweise die Absicht, für einen Dritten tätig zu werden (Fremdgeschäftsführungswille); die eventuell vorhandene Intention, einem Dritten zu nützen, sei lediglich unbeachtliches Motiv seines Handelns, begründe aber keinen Fremdgeschäftsführungswillen71. Auch gilt die Abgrenzung zum unbeachtlichen Reflexvorteil: ein an sich eigenes Geschäft wird auch nicht dadurch zu einem fremden, dass damit mittelbar fremder Nutzen gefördert wird72. Aus subordinationsrechtlicher Sicht ist die herrschende Auffassung, dass ein objektiv eigenes Geschäfts per se aus dem Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Aufrag ausgeschlossen ist, zu weitgehend. Ich kann ein eigenes Geschäft erledigen, und doch fremdnützig tätig werden. Im Ergebnis wird der hM freilich in vielen Fällen zuzustimmen sein, weil in der Tat in solchen Fällen ein (stillschweigender) Normbefehl die Kostenlast ausschließlich dem Geschäftsführer zuweist: für die Geschäftsführung ohne Auftrag als das Schuldverhältnis der durch Gesetz oder Vertrag nicht abschließend oder abweichend geregelten fremdnützigen Geschäftsbesorgung ist dann insoweit, als die actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch, §§ 683, 684 BGB) betroffen ist, wegen der abweichenden Kostenzuweisung durch das Gesetz kein Raum73. Als Bei68 In diese Richtung wohl: RG, JW 1926, 2920 (2921), Urt. v. 17. 6. 1926 – IV 150/26; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (227). 69 BSG, NJW-RR 2001, 1282 (1284), Urt. v. 2. 3. 2000 – B 7 AL 36/99; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 2 c = S. 699; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 a = S. 8: Fremdgeschäftsführung bei ausschließlich eigenem Geschäft schwer vorstellbar; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 3 v § 677. 70 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (19); Oertmann2 (1929) Vorbem 3 a vor §§ 677 ff.; dazu auch Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 58 f.; vgl. auch schon: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 960; vgl. schon Ulpian, Dig 3, 5, 5, 6 (de negotiis gestis): „Si quis ita simpliciter versatus est, ut suum negotium in suis bonis quasi meum gesserit, nulla ex utroque latere nascitur actio, quia nec fides bona hoc patitur“. 71 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (19 f.). 72 RG, JW 1926, 2920, Urt. v. 17. 6. 1926 – IV 150/26; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 a = S. 1119 f. Fn. 6; Oertmann2 (1929) Vorbem 3 a, e vor §§ 677 ff. 73 Die Vorschriften der actio directa (§§ 677–682 BGB) können aber sehr wohl zur Anwendung kommen.

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spiel habe ich oben den Fall des drohenden Gebäudeeinsturzes genannt (§ 908 BGB). Aber dem muss nicht immer so sein. Stelle ich eine Gefahr ab, die von meinem Grundstück ausgeht, für die ich aber nicht gem. § 1004 BGB verantwortlich bin, so werde ich – obwohl ich auch hier ein eigenes Geschäft führe – für einen anderen (den Bedrohten) fremdnützig tätig. Für diesen Fall aber kann ich meine Aufwendungen gem. §§ 683, 684 BGB beim Nachbarn liquidieren, denn die Rechtsordnung hat mir nicht abweichend vom Regelungsmodell der §§ 677 ff. BGB die Kostenlast zugewiesen74.

c. Reflexvorteile Ein Reflexvorteil auf Seiten eines Dritten macht ein eigenes Geschäft nicht zu einem fremden, wie umgekehrt ein Reflexvorteil auf Seiten des Geschäftsführers ein fremdes Geschäfts nicht zu einem eigenen des Geschäftsführers macht75. Das (haftungsbegründende) fremde oder das (bereicherungsrechtliche und geschäftsführungsrechtliche Ansprüche ausschließende) eigene Geschäft ist daher abzugrenzen von einer Interessenförderung, die als Reflexvorteil auf Seiten des Geschäftsherrn unbezahlt empfangen werden darf, bzw. auf Seiten des Geschäftsführers einen Erstattungsanspruch nicht hindert76. Die Notwendigkeit der Abgrenzung zwischen objektiv fremdem Geschäft und Reflexvorteil stellt sich auch, wenn mehrere Personen als Geschäftsherren in Betracht kommen, so zB, wenn der Geschäftsführer auf eine versicherte Sache eine Aufwendung macht, und sich nunmehr fragt, ob auch der Versicherer Geschäftsherr ist77, oder ob bei Hilfeleistung bei einem Verkehrsunfall neben einer Geschäftsführung ohne Auftrag für das Unfallopfer zugleich eine solche für den haftungsrechtlich Verantwortlichen vorliegt78. In der Terminologie der Rechtsprechung liegt nur dann ein objektives Geschäft des Dritten vor, wenn die besorgte Angelegenheit unmittelbar in seinen Rechts- und Interessenbereich hineinfällt. Eine nur mittelbare Beziehung des Dritten zum besorgten Geschäft ist dagegen nicht ausreichend79. So ist zB die Erschließung von Baugelände das Geschäft der Ge74 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (20 Fn. 33). 75 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 4 Rn. 17; BGHZ 72, 151 (153), Urt. v. 4. 7. 1978 – VI ZR 95/77; BGHZ 54, 157 (160 f.), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; vgl. dazu auch: v. Jhering, Die Reflexwirkungen oder die Rückwirkung rechtlicher Thatsachen auf dritte Personen, JherJb 10 [1871] 245 (331 ff.). 76 Hierzu Beispiele aus der österreichischen Rechtsprechung: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 61 f. 77 Vgl. dazu auch: Laufs, Mehrere Geschäftsherrn bei der negotiorum gestio, NJW 1967, 2294. 78 Dagegen: Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 4. 79 BGHZ 72, 151, 153 (155), Urt. v. 4. 7. 1978 – VI ZR 95/77; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46; ausführlich: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 189 ff.; vgl. schon: Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht,

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meinde, und nicht das der anliegenden Grundstückseigentümer, die lediglich ein mittelbares Interesse haben80. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Wer einen Sumpf austrocknet, nützt nicht nur dem Eigentümer, sondern auch den Umwohnern; wer ein hässliches Mauerwerk abreißt, verschafft vielleicht einem Nachbarn eine längst erwünschte Aussicht. Oder ältere Entscheidungen aus der französischen Rechtsprechung: der Müller, der um seiner Mühle willen einen geschlossenen Mühlgraben wieder öffnet, nützt dadurch auch den unterhalb liegenden Mühlen; der Strandbewohner, der einen Deich errichtet, um sich vor Überschwemmungen zu schützen, sichert damit auch die Nachbarn81. Und doch führt in all diesen Fällen der Geschäftsführer ausschließlich ein eigenes Geschäft. Nur aus der Konsequenz seines eigenen Vorteils kommt dem Nachbarn ein eigener Vorteil zugute. Aus der neueren Rechtsprechung sei nur auf den Fall des Löscheinsatzes der Feuerwehr hingewiesen. Als Geschäftsherrn sah hier der BGH – neben dem Brandstifter – alle Personen an, die durch die ungehinderte Fortdauer und Ausbreitung des Feuers Schaden hätten erleiden können82. Viel gewonnen ist mit dem Begriff der Unmittelbarkeit nicht. Letztlich muss die Unmittelbarkeit mit Wertungen außerhalb des Geschäftsführungsrechts aus dem Zusammenhang der Gesamtrechtsordnung heraus ausgefüllt werden. In der neueren Praxis wird die Abgrenzung des fremden Geschäfts vom lediglich mittelbaren Interesse insbesondere in den sog. Versicherungsfällen relevant. Der Geschäftsführer tätigt Verwendungen oder Aufwendungen auf eine versicherte Sache oder Person zur Schadensminderung oder Schadensbeseitigung und verlangt anschließend vom Versicherer Ersatz seiner Aufwendungen oder Verwendungen. Rechtsprechung und Lehre differenzieren: trifft den Versicherer im Verhältnis zum Versicherungsnehmer nur eine interne Kostentragungspflicht, so kommt ihm eine schadensmindernde Maßnahme eines Dritten nur mittelbar zugute. Das mittelbare Interesse des Versicherers an der Geringhaltung des Schadens macht die Maßnahmen nicht zu seinem Geschäft83. AnJherJb 25 (1887), 1 (113 f.). 80 BGHZ 61, 359 (362), Urt. v. 8. 11. 1973 – VII ZR 246/72; aber auch: BGH WM 2002, 97, Urt. v. 8. 11. 2001 – III ZR 293/00: eine andere Beurteilung kommt in Betracht, wenn bestimmte Grundstückseigentümer als zukünftige Nutznießer der Erschließung konkret auf das Erschließungsvorhaben Einfluss nehmen und einzelne es lediglich aus Zweckmäßigkeitserwägungen übernehmen, den maßgeblichen Erschließungsvertrag mit der Gemeinde abzuschließen; insoweit kann ein subjektiv fremdes Geschäft der Anlieger vorliegen; vgl. zur Befreiung von Erschließungslasten: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 162 f. 81 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (113 f.). 82 BGHZ 40, 28 (31), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; einschränkend: Rietschel, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61, LM BGB § 683 Nr. 15. 83 BGHZ 72, 151 (153 ff.), Urt. v. 4. 7. 1978 – VI ZR 95/77; BGHZ 54, 157 (160 f.), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 13; siehe aber auch: Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 2 a = S. 699.

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ders soll die Sache liegen, wenn insbesondere der Krankenversicherer nicht Kostenersatz, sondern die Heilbehandlung als solche schuldet. Hier führe der Geschäftsführer ein unmittelbares Geschäft des Krankenversicherers84. Weitere Beispiele: Es soll keine Geschäftsführung für den schlecht planenden Architekten vorliegen, wenn in Ausführung der Planung durch den Bauherren ein Nachbargrundstück bedroht und der Träger der öffentlichen Verwaltung zur Abwehr weiterer Gefahren Sicherungsmaßnahmen durchführt. Dem Architekten kommen diese den Umfang seiner Haftung gegenüber dem Bauherrn beschränkenden Maßnahmen nur mittelbar zugute85. Ebenfalls nur ein mittelbarerer Vorteil liegt im folgenden Fall vor: wird eine Verordnung oder Satzung erlassen, die mehrere Personen mit Nachteilen belegt und klagt einer der Betroffenen erfolgreich dagegen (§ 47 VwGO), so führt er doch kein Geschäft der Mitbegünstigten86. Nach der hier vertretenen Lehre der subordinationsrechtlichen Betrachtung der Geschäftsbesorgung gehört das Vorliegen eines fremden Geschäfts nicht zum Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag. Allerdings treten vergleichbare Abgrenzungsprobleme auf, wenn anhand normativer Betrachtung darüber zu entscheiden ist, ob sich das Tun des Geschäftsführers nach seinem sozialen Sinn als fremdnütziges Tätigwerden im fremden Interesse (Geschäftsführungsabsicht), oder als eigennützige Handlung im eigenen Interesse darstellt. Insoweit gilt es die fremdnützige Geschäftsführung „für einen anderen“ von unbeachtlichen eigensüchtigen Motiven bzw. die eigennützige Wahrnehmung eigener Interessen von unbeachtlichen Reflexvorteilen auf dritter Seite abzugrenzen. Geht diese Abgrenzung auch faktisch ähnliche Wege wie die tradierte Lehre vom fremden Geschäft, so darf doch nicht verkannt werden, dass die Ausgangspunkte verschiedene sind. Für die tradierte Anschauung entscheidet der Gedanke der Letztzuständigkeit von Kosten und Lasten über die Zuweisung eines Geschäfts zur Person des Geschäftsführers oder des Geschäftsherrn; nach der Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung, die an der Interessenstruktur des Geschäftsführungsrechts anknüpft, entscheidet die materiell zu bestimmende Richtung der Interessenwahrnehmung.

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BGHZ 33, 251 (254 f.), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59. OLG Frankfurt, VersR 1997, 360, Urt. v. 20. 12. 1995 – 17 U 49/95. 86 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 a = S. 1119 f. Fn. 6: anders, wenn gemeinsames Vorgehen verabredet war. 85

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2. Das subjektiv fremde Geschäft (negotiorum gerentis voluntate alienum) Die Idee des subjektiv fremden Geschäfts geht zurück auf die Kategorie der negotia ratihabitione aliena der Glosse87 bzw. des negotiorum gerentis voluntate alienum des Donellus88. Nach der heutigen Lehre können objektiv eigene oder objektiv neutrale Geschäfte durch den Willen des Geschäftsführers zur Fremdgeschäftsführung zu einem fremden Geschäft werden89; man spricht insoweit vom subjektiv fremden Geschäft. Ob bei objektiv ausschließlich eigenen Geschäften eine Fremdgeschäftsführung überhaupt möglich ist, ist allerdings – wie gerade gesehen – sehr umstritten. Anders als beim objektiv fremden Geschäft besteht für das Vorliegen einer Fremdgeschäftsführung in den Fällen des subjektiv fremden Geschäfts grundsätzlich keine tatsächliche Vermutung; der Wille ein solches Geschäft (auch) für einen anderen zu führen, muss vielmehr hinreichend nach außen in Erscheinung getreten sein90. Nach hM ist für das Vorliegen eines subjektiv fremden Geschäfts daher erforderlich, dass der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt und er diesen Willen erkennbar nach außen verlautbart; der bloß innere Wille ist unbeachtlich91. Das ist etwa der Fall, beim Abschluss eines Geschäfts im Namen des Geschäftsherrn oder bei Anzeige der Geschäftsführung an den Geschäftsherrn92. Die Kategorie des subjektiv fremden Geschäfts ist nicht unumstritten93. Überhaupt ablehnend äußert sich jüngst (für das Schweizer Recht) Schmid 94. In der Tat erscheint die Möglichkeit eines subjektiv fremden Geschäfts inkonsistent, wenn man den – freilich nicht immer offen artikulierten – tragenden Ge87

Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 88 Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § X. 89 BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (227); BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 8; ablehnend gegen die Kategorie des subjektiv fremden Geschäfts: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 187 ff.; krit: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 73. 90 BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGHZ 82, 323 (330 f.), Urt. v. 25. 11. 1981 – VIII ZR 299/80: Umbau einer Mietsache durch den Vermieter zum Zwecke der Weitervermietung; BGHZ 62, 186 (189), Urt. v. 1. 3. 1974 – V ZR 82/72: Änderung der Straßenbeschichtung; BGHZ 40, 28 (31), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; BSG, NJW-RR 2001, 1282 (1284), Urt. v. 2. 3. 2000 – B 7 AL 36/99. 91 BGHZ 138, 281 (286), Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 251/96. 92 ZB Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 9. Der Kategorie der negotia ratihabitione aliena der Glosse lag der von Pedius gebildete Fall zugrunde, dass der Geschäftsführer namens des Geschäftsherrn einen vermeintlichen Schuldner zu Zahlung anmahnt (Ulpian/Pedius, Dig, 3, 5, 5, 11 [de negotiis gestis]). 93 Vgl. schon Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, S. 15 ff. 94 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 191.

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danken der tradierten Lehre vom (objektiv) fremden Geschäfts in der richtigen Zuweisung von Nutzen und Kosten erblickt. Nach Wollschläger ist das subjektiv fremde Geschäft zwar vom Gesetz gedeckt, doch handele es sich hierbei um totes Recht, das zudem im Widerspruch zu den Wertungen des § 177 BGB stehe95. Es entsprach – wie oben bereits dargestellt – langer, bis auf das klassische römische Recht und die Glosse zurückführbarer Tradition im Recht der negotiorum gestio, dass das subjektiv fremde Geschäft neben der subjektiven Willensrichtung des Gestors – vergleichbar dem § 177 BGB – die Genehmigung des Geschäftsherrn voraussetzte (siehe § 1, § 8 I)96. Dahinter stand der Gedanke, dass es nicht allein der Willkür des Geschäftsführers überlassen bleiben könne, ein Geschäft, das nicht schon an sich Geschäft des Geschäftsherrn war, zu dessen Geschäft zu machen. Erst allmählich setzt sich die Überlegung durch, dass die Utilitätsprüfung (als Voraussetzung der actio contraria) dem Geschäftsherrn einen ausreichenden Schutz garantiert, der in Deutschland mit dem streng subjektiven Prinzip des § 683 S. 1 BGB sogar auf die individualistische Spitze getrieben ist97.

3. Das auch-fremde Geschäft (Auch-Gestion) a. Die Rechtsprechung des BGH Die kritische Fallgruppe der Geschäftsführung ohne Auftrag ist das sog. „auch-fremde“ Geschäft98. Ein (objektiv) auch-fremdes Geschäft – auch als Auch-Gestion bezeichnet – liegt vor, wenn sich der Gegenstand der Geschäftsbesorgung nicht ausschließlich dem Rechts- und Interessenkreis des Geschäftsherrn zuordnen lässt, sondern ebenso in den Rechtskreis des Geschäftsführers hinübergreift99. Der Geschäftsführer nimmt mithin gleichzeitig ein eigenes als auch ein fremdes Geschäft wahr. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH genügt für die Anwendung der §§ 677 ff. BGB ein solches auch-fremdes Geschäft100. Wie beim objektiv fremden Geschäft, so wird auch 95 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 73; vgl. zum österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 66. 96 Vgl. etwa noch Art. 768 des Dresdener Entwurfs. 97 Bereits der Vorentwurf und anschließend die Erste Kommission hatten den Gedanken eines Genehmigungserfordernisses beim subjektiv fremden Geschäft aufgegeben. 98 Vgl. Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (434 ff.); Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, in: FS Großfeld, 1999, S. 583 (593 ff.). 99 Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (229); Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 9. 100 BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97; BGHZ 110, 313 (314 f.), Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88; BGHZ 63, 167 (169 f.), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72; BGHZ 54, 157 (160), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; BGHZ 16, 12 (16), Urt. v. 15. 12. 1954 – II ZR

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

beim objektiv auch-fremden Geschäft der Fremdgeschäftsführungswille (der Wille, ein fremdes Geschäft mitzubesorgen) von der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre vermutet101.

b. Kritik der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit Die Rechtsprechung hat dadurch, dass sie den Begriff des fremden Geschäfts sehr weit auslegt und den Fremdgeschäftsführungswillen selbst beim „auchfremden“ Geschäft vermutet, den Anwendungsbereich der §§ 677 ff. BGB sehr weit ausgedehnt und das Geschäftsbesorgungsrecht so in ein Institut relativer Zuweisung von Nutzen, Lasten und Risiken umfunktioniert. Unter dem ungebrochenen Einfluss der Theorie von der Menschenhilfe, die am Typus des selbstlos und freiwillig handelnden Geschäftsführers ansetzt, wird die Rechtsprechung des BGH von weiten Teilen der Lehre als mehr oder minder notmäßige oder gar unzulässige, jedenfalls bedenkliche Anwendung von Normen verstanden, die eigentlich ganz anderen Zwecken dienten, und dem BGH insgesamt Denaturierung des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne Auftrag vorgeworfen102. In der Lehre und zunehmend in der Instanzgerichtsbarkeit besteht daher Widerstand gegen den Grundsatz, den Fremdgeschäftsführungswillen beim „auch-fremden Geschäft“ selbst dann zu vermuten, wenn der Geschäftsführer dadurch eine eigene gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung gegenüber einem Dritten erfüllt103. In diesen Fällen sei der Fremdgeschäftsführungswille nicht zu vermuten, vielmehr müssten besondere Anhaltspunkte vorliegen, aus denen heraus dann erst auf das Vorliegen des Fremdgeschäftsführungswil277/53; auch: BGH, NZBau 2004, 34 (35) Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 2 a = S. 698 f.; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 4 Rn. 13; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 10; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 10; dazu: Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 439 ff., 442 f.; kritisch: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (369 ff.); zur pragmatischen Herangehensweise der Schweizer Praxis: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 17 ff.; zum österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 66 ff. 101 ZB BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97; BGHZ 98, 235 (240), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84; BGH, NJW 1979, 598, Urt. v. 21. 12. 1978 – VII ZR 91/77; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 4; aA: LG Frankfurt NJW 1977, 1924 (1925), Urt. v. 12. 7. 1977 – 2/24 S 47/77; Schubert, Grenzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1978, 687 (688). 102 ZB Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (97); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 439; dagegen treu an der Seite des BGH: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff. 103 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 c = S. 12; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 10; ebenfalls kritisch, aber mit Verständnis: Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (230).

§ 8. Die Subordination

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lens geschlossen werden könne104. Am weitesten geht Schubert, der für die Fälle der Wahrnehmung eigener Pflichten durch den Geschäftsführer eine Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt ablehnt: die gesetzliche Regelung der §§ 677 ff. BGB setzten ein für den Geschäftsführer ausschließlich objektives fremdes Geschäft voraus; auf den Fall der Auch-Gestion seien sie nicht zugeschnitten. Schubert begründet dies mit dem Interessenkonflikt, in dem sich der Geschäftsführer befinde, wenn er neben der Erfüllung der eigenen Pflicht zugleich die Interessen des Geschäftsherrn wahrzunehmen habe105. Die Kritik Schuberts beinhaltet viel Wahres, sie muss aber letztlich innerhalb eines geschäftsführungsrechtlichen Systemverständnisses scheitern, das nicht den Gedanken der Interessenwahrnehmung (Subordination), sondern den Begriff des fremden Geschäfts und seinen Zuweisungsgehalt in den Mittelpunkt seines Erkenntnisinteresses stellt. Von daher zeigt sich der BGH im Allgemeinen unbeeindruckt von der Kritik. Erst jüngst hat er seine Linie bekräftigt und klargestellt, dass angesichts der Vielzahl der vorstellbaren Konstellationen kein Anlass bestehe, von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB in Fällen des auch-fremden Geschäfts abzugehen106. Im Besonderen hat der BGH aber gerade in den besonders umstrittenen Fällen der geschäftsführungsrechtlichen Beurteilung des vertraglich drittgebundenen Geschäftsführers107 und des in Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten tätig werdenden Hoheitsträgers108 eine restriktivere Linie eingeschlagen109. Ob damit die Einleitung einer Abkehr von der großzügigen Heranziehung der Geschäftsführungsregeln im Ganzen verbunden ist, ist kaum absehbar, aber letztlich kaum zu vermuten110. Denn gerade die Zurückhaltung in Fällen des in Erfüllung hoheitlicher Pflichten tätig werdenden Hoheitsträgers ist dem (auch) vom BGH anerkannten Grundsatz geschuldet, dass ein Rückgriff auf die

104 OLG Stuttgart, Rp 2002, 26 (27), Urt. v. 9. 5. 2001 -3 U 22/01; OLG Oldenburg, Rp 2000, 263, Urt. v. 5. 7. 2000 – 2 U 104/00; OLG Hamm, MDR 1999, 1230, Urt. v. 22. 1. 1999 – 29 U 42/98; OLG Saarbrücken, NJW 1998, 828, Urt. v. 7. 5. 1997 – 1 U 771/96–127; OLG Koblenz, NJW 1992, 2367 f., Urt. v. 20. 6. 1991 – 5 U 75/91; LG München I, NJW 1978, 48, Urt. v, 28. 9. 1977 – 15 S 2733/77; Schwark, Der Fremdgeschäftsführungswille bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1984, 321 (325 ff.); Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 10, § 677 Rn. 7; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 21. 105 Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (435 ff.); zB ablehnend: Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 10. 106 BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97. 107 BGH, NZBau 2004, 34, Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, NJW-RR 2004, 956, Urt. v. 15. 4. 2004 – VII ZR 212/03. 108 BGHZ 156, 394, Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03. 109 Vgl. dazu etwa: Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (837 ff.), Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 I 1 c = S. 3. 110 Vgl. BGH NZM 2005, 536, Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04: Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf einen nicht zustande gekommenen Stromlieferungsvertrag.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Grundsätze der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, wenn die Rückgriffslage bereits im Gesetz (abschließend) geordnet ist111. Nach dem subordinationsrechtlichen Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt sich die Person des Geschäftsherrn nach der normativ zu verstehenden Geschäftsführungsabsicht. Maßgebend ist, ob sich das Handeln des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn nach als fremdnützige Geschäftsbesorgung für einen anderen, nämlich den Geschäftsherrn, darstellt. Die Frage, ob der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft erledigt, ist für die Beurteilung im Grundsatz ebenso irrelevant wie die Frage, ob der Geschäftsführer durch die Geschäftsführung zugleich ein eigenes Geschäft wahrnimmt. Entscheidend ist nicht die Güter- und Lastenzuständigkeit, sondern die Fremdnützigkeit der Geschäftsführung im Sinne der Interessenwahrnehmung (Subordination) für einen anderen. Schwierigkeiten können allerdings die Fälle bereiten, in denen der Geschäftsführer aufgrund einer eigenen Rechtspflicht handelt. Schubert will in diesen Fällen die Anwendung der Geschäftsführungsregeln überhaupt ausschließen112. Er begründet dies mit dem Interessenwiderstreit, in dem sich der Geschäftsführer befinde, wenn er mit der Erfüllung eigener Pflichten zugleich ein fremdes Geschäft wahrnehme.113 Schuberts Bedenken haben angesichts der Interessenstruktur der Geschäftsführung ohne Auftrag als realgeschäftliche Interessenwahrnehmung und Subordination Gewicht. Es ist aber zu differenzieren. Gem. § 677 BGB hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung am Interesse des Geschäftsherrn auszurichten, dieses also zum Maßstab seines Tuns zu erheben. In der Tat kommt kein Rechtsverhältnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag zustande, wenn der Geschäftsführer ihm obliegenden Pflichten nachzukommen hat, die nicht dem Interesse des „vermeintlichen“ Geschäftsherrn dienen. Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag ist nicht erfüllt, da der Geschäftsführer nicht im Interesse des Geschäftsherrn tätig wird, sondern sich anderen Interessen unterzuordnen hat; dass er zugleich auch ein Geschäft des vermeintlichen Geschäftsherrn „mitbesorgt“ hat, vermag ein Geschäftsführungsverhältnis nicht zu begründen (allerdings kann ein echtes Geschäftsführungsverhältnis zu der Person entstehen, in deren Interesse die Pflicht besteht; auch können zu demjenigen, dessen Geschäft besorgt wurde, Bereicherungsansprüche entstehen). Aber ein „Interessenkonflikt“ bei Tätigwerden in Erfüllung eigener Pflichten muss nicht bestehen. Entscheidend ist, welche Richtung die vom Geschäftsführer wahrgenommene Pflicht hat. Ist diese auf Wahrnehmung der Interessen des Geschäftsherrn angelegt, besteht der von Schubert herausgestellte Interessenkonflikt nicht. Das Vorliegen einer Pflicht des Geschäftsführers muss eine Interessenwahrnehmung und Subordination nicht ausschließen; wäre dies anders, wäre kein Auftrag, keine entgeltliche Geschäftsbesorgung 111 BGHZ 145, 342 (350), Urt. v. 8. 7. 2003 – VI ZR 274/02; BGHZ 33, 243 (245 f.), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 168/59; BGHZ 30, 162 (169 ff.), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58; BGH, FamRZ 1963, 352, Urt. v. 19. 3. 1963 -VI ZR 66/62; BGH, LM BGB § 683 Nr. 11, Urt. v 13. 6. 1960 – VII ZR 114/59. 112 Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (435 ff.). 113 Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (438): „Wer eigene oder gesetzliche oder vertragliche Pflichten erfüllt und dabei die Interessen eines Dritten wahrnehmen wollte, befindet sich in einer grundsätzlichen Pflichtenkollision, die dazu führen kann, daß er entweder gegenüber seinem Auftraggeber oder gegenüber dem Geschäftsherrn pflichtwidrig handelt“.

§ 8. Die Subordination

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als Subordinationsvertrag denkbar, denn in all diesen Fällen ist der Geschäftsbesorger zur Interessenwahrnehmung verpflichtet; ebenso in Fällen der gesetzlichen Geschäftsführung wie elterliche Sorge, Vormundschaft, Pflegschaft. Besteht also die Pflicht des Geschäftsführers gerade in der Wahrnehmung der Interessen des Geschäftsherrn, so kommen geschäftsführungsrechtliche Ausgleichansprüche in Betracht, wenn nicht spezielle Vorschriften vorgehen. Das soll an einem umstrittenen Beispiel erläutert werden: Die Feuerwehr, die einen Brand löscht, wird im Interesse des Geschäftsherrn (Hauseigentümers) tätig, sofern man nicht sagt, dass die Löschpflicht dem Interesse der Allgemeinheit dient. Ihr steht ein geschäftsführungsrechtlicher Ausgleichsanspruch zu, falls keine abschließende gesetzliche Regelung (Feuerwehrgesetz) besteht. Vielleicht besorgt die Feuerwehr auch ein Geschäft des Brandstifters, aber sie besorgt es doch nicht – wie es § 677 BGB verlangt – „für“ ihn. Nach dem sozialen Sinn nimmt sie die Interessen des Eigentümers, aber nicht des Brandstifters war. Dies muss nicht bedeuten, dass die Feuerwehr keinen Anspruch gegen den Brandstifter hat: regelmäßig wird ihr der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 683 S 1, 679 BGB zustehen wegen des öffentlichen Interesses an der Brandbekämpfung; allerdings sei an dieser Stelle betont, dass es sich hierbei um keinen echten geschäftsführungsrechtlichen Anspruch handelt.

c. Das fremde Geschäft als relativer Begriff Selbst auf dem Boden der herrschenden Zuweisungslehre ist der Begriff des auch-fremden Geschäfts nicht glücklich, wenn nicht sogar offen verfehlt. Denn Rechtsfolge der Wahrnehmung eines auch-fremden Geschäfts wäre typischerweise Kostenteilung nach Verantwortungsteilen114. Doch darum geht es im typischen Fall des auch-fremden Geschäfts gerade nicht. Vielmehr soll einer Partei die gesamte Kostenlast zugewiesen werden. Als wegweisend hat sich vor diesem Hintergrund die Untersuchung von Wollschläger erwiesen. Er versteht – vor dem Hintergrund des Verständnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag als eines Rechtsinstituts der richtigen Zuweisung von Gütern, Lasten und Risiken an denjenigen, dem die Kosten oder Nutzen letztlich zugewiesenen sind – den Begriff der Fremdheit als einen relativen Begriff. Der Begriff der Fremdheit besage im Verhältnis zweier Personen, dass der eine näher daran ist als der andere, eine Aufwendung zu bezahlen oder einen Erwerb zu behalten. Wer eine eigene Pflicht erfülle, führe demnach ein fremdes Geschäft, wenn ein anderer Verpflichteter nach dem Rang- oder Stufenverhältnis beider Verpflichtungen die Last endgültig zu tragen habe115. Letztlich kann der unglückliche Begriff der Auch-Gestion in einem relativen Begriffsverständnis von „Fremdheit“ aufgehen. Nur im Falle der gleichrangigen Güter- und Lastenzuständigkeit kann ein Geschäft vorliegen, das für den Geschäftsführer gleichzeitig ein eigenes und ein fremdes Geschäft ist. Um Verwechslungen mit dem tradierten Begriff des auch114 Vgl. insoweit Art. 1329 al. 2 des französischen Avant-projet de réforme du droit des obligations. 115 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

fremden Geschäfts zu vermeiden, sollte hier von einem gemeinschaftlichen Geschäft gesprochen werden.

d. Das gemeinschaftliche Geschäft Neben der typischen Konstellation der Auch-Gestion, die dadurch gekennzeichnet ist, dass eine Partei nach dem Stufen- und Rangverhältnis die Verbindlichkeit endgültig zu tragen hat, gibt es auch den Fall der gleichrangigen – und nur quotenmäßig geteilten – Güter- und Lastenzuständigkeit. Wollschläger spricht hier treffend von einem gemeinschaftlichen Geschäft116. Eine gleichrangige Güter- und Lastenzuständigkeit kommt insbesondere bei Gemeinschaften, echten Gesamtschuldnern und Gesamtgläubigern in Betracht. Da diese Rechtsverhältnisse aber bereits weitgehend durch die §§ 420 ff., 744 ff., 2038 BGB, 20 ff. WEG eine abschließende Sonderregelung erfahren haben, kommt der Geschäftsführung ohne Auftrag hier nur eine Ergänzungsfunktion zu. Trifft etwa die Miteigentümer einer Giebelmauer die gleichrangige (ordnungsrechtliche) Pflicht, eine einsturzgefährdete Giebelmauer zu beseitigen, und beseitigt der eine Miteigentümer die Giebelmauer, so führt er ein die Miteigentümer gemeinschaftlich treffendes Geschäft. Da zugleich ein Geschäft des Geschäftsführers als auch des Geschäftsherrn vorliegt, findet eine Kostenverteilung nach dem Umfang des jeweiligen Miteigentums statt117. Sind die aufgrund einer Ordnungsverfügung vom Geschäftsführer beseitigten Brandfolgen Geschäftsführer und Geschäftsherrn in der Weise zuzurechnen, dass keiner von beiden als Letztzuständiger die Kosten alleine zu tragen hat, so nimmt der Geschäftsführer ein gemeinschaftliches Geschäft wahr, deren Kosten nach Verantwortungsteilen aufgeteilt werden118. Sind zwei Unternehmen dem Bauherrn gegenüber gleichrangig zur Nachbesserung verpflichtet, so führt das die Mangelbeseitigung ausführende Unternehmen ein gemeinschaftliches Geschäft119. Beseitigt der Geschäftsführer durch eine Maßnahme zwei verschiedene Gefahren, deren Beseitigung einmal seine, einmal die Angelegenheit des Geschäftsherrn ist, nimmt er sowohl ein eigenes als auch ein fremdes Geschäft wahr. In einem solchen Fall sind die Kosten nach dem Verhältnis beider Gefahren zu verteilen120. Ein gemeinsames Geschäft kommt nicht nur bei der Erfüllung eigener

116

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 67 f. BGHZ 16, 12 (16 f.), Urt. v. 15. 12. 1954 – II ZR 277/53; vgl. auch RGZ 149, 205 (209), Urt. v. 13. 11. 1935- V 99/35; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 190; auf dem Boden des subjektiven Geschäftsführungsbegriffs: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 98. 118 BGHZ 110, 313 (317), Urt. v. 8. 3. 1990 -III ZR 81/88: Milchpulver-Fall. 119 OLG Hamm, NJW-RR 1992, 849, Urt. v. 10. 1. 1992 – 26 U 82/91; OLG Hamm, NJWRR 1991, 730, Urt. v. 9. 11. 1990 – 26 U 23/90. 120 RGZ 149, 205 (209), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35. 117

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und gleichrangiger fremder Pflichten vor, sondern kann auch bei Verwendungen vorliegen, die beiden Teilen gleichrangige Nutzungsvorteile bringen121.

e. Verhältnis zur Lehre von der Geschäftsanmaßung Das Verhältnis der tradierten Lehre vom fremden Geschäft zur Geschäftsanmaßungslehre wird uns weiter unten beschäftigen (§ 17 IV 1).

V. Die Geschäftsführungsabsicht Der Geschäftsführer muss für einen anderen, also in Geschäftsführungsabsicht handeln. Die Geschäftsführungsabsicht ist die tatbestandliche Verkörperung des Interessenstrukturtyps der fremdnützigen Interessenwahrnehmung (Subordinationsverhältnis); sie – und nicht etwa der Begriff des fremden Geschäfts – ist das obligationsbegründende Element der Geschäftsführung ohne Auftrag122. Fehlt es an der Fremdnützigkeit der Geschäftsbesorgung, bleibt der Anwendungsbereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag verschlossen. Ein Rückgriff auf die §§ 677 bis 686 BGB ist nicht möglich. Das Rechtsverhältnis bestimmt sich vielmehr und ausschließlich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 985 ff., 812 ff., 823 ff. BGB. Die objektive Theorie, nach der allein die Führung eines fremden Geschäfts geschäftsführungsrechtliche Rechtsfolgen hervorruft, wurde vom deutschen Gesetzgeber ausdrücklich verworfen. § 687 Abs. 1 BGB stellt klar, dass die eigennützige Führung eines fremden Geschäfts dem Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht genügt. Nur für den Fall, dass sich der Geschäftsführer vorsätzlich und rechtswidrig ein fremdes Geschäft in eigennütziger Weise anmaßt, stellt es der Gesetzgeber gem. § 687 Abs. 2 BGB in das Ermessen des Geschäftsherrn, geschäftsführungsrechtliche Ansprüche geltend zu machen; eine (grob) fahrlässige und gar schuldlose Geschäftsanmaßung kennt das Gesetz aber nicht. Obwohl die Geschäftsführungsabsicht das tragende Element des Geschäftsführungsbegriffs ist und von daher im Mittelpunkt des Interesses stehen müsste123, wird ihrem Inhalt und Wesen doch wenig Beachtung geschenkt. Der schillernde Begriff des fremden Geschäfts – obwohl als Überbleibsel der kondiktionsnahen objektiven Theorie dem deutschen Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag unbekannt – versperrt den Blick. Faktisch ist an die Stelle 121

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 191 f. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (28); vgl. auch BGHZ 65, 354 (357), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73: die Geschäftsführungsabsicht gehört „zum Wesen der Geschäftsführung ohne Auftrag“; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 72. 123 Vgl. Schwark, Der Fremdgeschäftsführungswille bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1984, 321. 122

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

der Geschäftsführungsabsicht eine am Begriff des objektive fremden Geschäfts – und den dahinter stehenden Wertungen – anknüpfende formelle Vermutungspraxis getreten, die den materiellen Gehalt der Subordination aus dem Begriff der Geschäftsführungsabsicht allmählich ausgewaschen hat124. Der Vermutungspraxis korrespondiert die Beziehung der Geschäftsführungsabsicht auf den Begriff des fremden Geschäfts, die sinnfällig in der herrschenden Terminologie vom Fremdgeschäftsführungswillen zum Ausdruck kommt125. Einfallstor der objektiven Theorie in den Kernbereich des Geschäftsführungsrechts ist die Missdeutung der Geschäftsführungsabsicht als ein empirisches Tatbestandsmerkmal126. Im Folgenden soll es darum gehen, den zentralen Begriff der Geschäftsführungsabsicht endgültig aus der Umklammerung der objektiven Theorie zu befreien. Dem tradierten Begriff eines empirisch verstandenen, aber materiell entleerten Fremdgeschäftsführungswillens der hM wird ein normativer, materiell am Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag orientierter Begriff der Geschäftsführungsabsicht entgegengesetzt.

1. Die tradierte Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen a. Begriff und Inhalt des Fremdgeschäftsführungswillens Die hM spricht nicht von der Geschäftsführungsabsicht, sondern vom Fremdgeschäftsführungswillen (animus aliena negotia gerendi). Der Fremdgeschäftsführungswille sei der Wille, zumindest auch ein fremdes Geschäft zu führen127; der Geschäftsführer müsse mit dem Bewusstsein und dem Willen handeln, zumindest auch im Interesse eines anderen tätig zu werden128, wobei es als völlig 124

Vgl. Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 c = S. 12 f. ZB BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04. 126 So Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (27 f., 28 ff.); zu Recht anders: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 75 f. 127 BGH NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGHZ 47, 370 (371), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61. 128 BGHZ 114, 248 (249 f.), Urt. v. 25. 4. 1991 – III ZR 74/90; BGH NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003, – X ZR 66/01; BGH, LM BGB § 677 Nr. 2, Urt. v. 24. 10. 1951 – II ZR 48/50; RGZ 84, 390, Urt. v. 20. 4. 1914 – VI ZR 42/14; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 438; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (613); Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 6; Wolf, Die Verwendungsansprüche des Besitzers im Anspruchssystem, AcP 166 (1966), 188 (217) hält die Fixierung auf das Interesse des Geschäftsherrn für unzureichend. Der Geschäftsführerwille verlange mehr. Der Geschäftsführer müsse nicht nur dem Interesse, sondern auch dem Willen des Geschäftsherrn genügen wollen; dagegen: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (30 f.). 125

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ausreichend angesehen wird, dass er eine Angelegenheit, die auch seine eigene sein könne, zugleich, und sei es auch nur nebenbei, für den anderen mitbesorgen will129. Will der Geschäftsführer dagegen eine (fremde) Angelegenheit ausschließlich als eigene wahrnehmen, gehe ihm der Fremdgeschäftsführungswille ab130. Der Fremdgeschäftsführungswille, verstanden als das Bewusstsein und der Wille, zumindest auch ein fremdes Geschäft zu führen, setzt sich im Verständnis der hM aus einem kognitiven und einem volitiven Element zusammen131. Das kognitive Element, das sog. Fremdgeschäftsführungsbewusstsein, wird im Gegenschluss zu § 687 Abs. 1 BGB hergeleitet132. Der Geschäftsführer muss wissen, dass das besorgte Geschäft ein fremdes ist. Besorgt jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung, es sei sein eigenes, so fehle ihm das Fremdgeschäftsführungsbewusstsein. Die §§ 677– 686 BGB sind für diesen Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung nicht anwendbar (§ 687 Abs. 1 BGB). Die Rechtsfolgen bestimmen sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 985 ff., 812 ff., 823 ff. BGB133. Mangels positiver Kenntnis der Fremdheit des besorgten Geschäfts kommt auch eine Geschäftsanmaßung, d.h. die wissentliche Führung eines fremden Geschäfts als eigenes (§ 687 Abs. 2 BGB), nicht in Betracht. Eine (grob) fahrlässige und gar eine schuldlose Geschäftsanmaßung kennt das deutsche Recht grundsätzlich nicht. Als volitives oder finales Element tritt der Fremdgeschäftsführungswille i.e.S. hinzu. Darunter versteht die hM den Willen des Geschäftsführers, das Geschäft zumindest auch als fremdes führen zu wollen, d.h. auch im Interesse eines anderen tätig zu werden, wobei es auch möglich sein soll, dass der Geschäftsführer eine Angelegenheit gleichzeitig für mehrere Dritte besorgt, wie umgekehrt, wenn es sich objektiv um ein Geschäft mehrerer Dritter handelt, dass der Geschäftsführer nur für einen von diesen handelt134. Letztlich soll die reale Willensrichtung des Geschäftsführers entscheiden135. Dogmatisch herge129

BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 38. RGZ 130, 310 (311), Urt. v. 13. 10. 1930 – IV 688/29, BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 38. 131 Vgl dazu: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29 ff.); Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 68 ff. 132 Ablehnend: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29). 133 So noch ausdrücklich: § 761 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 E I. 134 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 40. 135 Ob der Geschäftsführer den Geschäftsherrn kennt, ist nach hM beim objektiv fremden Geschäft gleichgültig. Erforderlich und ausreichend ist, wie aus § 686 BGB hergeleitet wird, der abstrakte Geschäftsführungswille, für irgendeinen anderen zu handeln. Möglich ist daher eine Geschäftsführung für den, den es angeht, sofern der Geschäftsführer überhaupt nur ein fremdes Geschäft führen will. ZB: BGHZ 43, 188 (191 f.), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64; BGHZ 1, 57 (62), Urt. v. 12. 1. 1951 – V ZR 14/50; RG, DR 1944, 287 (288), Urt. v. 12. 11. 1943 – V 65/43; Motive, bei Mugdan II, S. 478; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht 130

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

leitet wird der Fremdgeschäftsführungswille i.e.S. alternativ oder kumulativ aus § 677 BGB („für einen anderen“) oder als argumentum e contrario aus § 687 Abs. 2 BGB. Aus subordinationsrechtlicher Sicht weist die „gängige“ Theorie des Fremdgeschäftsführungswillens (ieS) evidente Fehler auf. Die zur Stützung der sog. Auch-Gestion immer wieder vorgebrachte Wendung, der Geschäftsführer habe ein Geschäft sowohl für sich als auch für einen oder vielleicht sogar mehrere Dritte geführt, ist – für den Regelfall – ein Widerspruch in sich136. Ich kann mein Tun dem Interesse einer Person unterordnen; nicht möglich ist es aber, dass ich mein Tun den gegenläufigen Interessen mehrerer Personen unterordne. So kann ich beim Löschen nicht zugleich im Interesse des bedrohten Eigentümers und im gegenläufigen, nicht identischen Interesse des Brandstifters tätig werden; auch wenn dem Brandstifter letztlich das Löschen als allerdings unbeachtlicher Reflexvorteil zugute kommt. In Matth. 6, 24 heißt es darum zutreffend: „Niemand kann zwei Herren dienen“137. Das ich nichtsdestotrotz auf der Ebene des (nicht geschäftsführungsrechtlichen) Begriffs des objektiv fremden Geschäfts vielleicht ein Geschäft des Eigentümers als auch ein Geschäft des Brandstifters wahrnehme, ändert nichts am subordinationsrechtlichen Befund und zeigt nur in deutlichen Lettern die Ungeeignetheit der gängigen Vermutung auf, die aus der Führung eines fremde Geschäfts zugleich auf den „Fremdgeschäftsführungswillen“ schließen will.

b. Empirisches Verständnis und Nachweis des Fremdgeschäftsführungswillens Die hM versteht den Fremdgeschäftsführungswillen als empirisches Tatbestandsmerkmal. Letztlich entscheide der reale, natürliche Wille des Geschäftsführers darüber, ob der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag eröffnet ist138. Der gerichtliche Nachweis des inneren Willens bringt naturgemäß erhebliche Schwierigkeiten mit sich139. Deswegen wird – so die typische Formulierung – der Wille, ein fremdes Geschäft zu führen, nur dann als beachtlich der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (613); v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 II 1 = S. 980; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 39; Oertmann2 (1929) Vorbem 3 c vor §§ 677 ff.; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 b; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 4; aber auch Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 73. 136 Vgl. Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 83 ff. 137 Thomas von Aquin, Summa Theologiae, Prima Secundae, q. 1 a. 5 § Respondeo: „Respondeo dicendum quod impossibile est quod voluntas unius hominis simul se habeat ad diversa, sicut ad ultimos fines“. 138 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (27 f.; 28 ff.). 139 Vgl. zum Nachweis des „Fremdgeschäftsführungswillens“ im Prozess: Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 112 ff.

§ 8. Die Subordination

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angesehen, wenn er in irgendeiner Form nach außen in Erscheinung tritt140. Selbst aus Sicht der hM ist diese Formel nicht unproblematisch. Indem auf die Erkennbarkeit des Fremdgeschäftsführungswillens abgestellt wird, werden prozess- und beweisrechtliche Erfordernisse mit materiellrechtlichen Fragen vermischt141. Unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten wäre die Erkennbarkeit des Geschäftsführungswillens jedenfalls nicht erforderlich142. Prozessrechtlich ist es anders: ist der Fremdgeschäftsführungswille nicht in irgendeiner Weise nach außen erkennbar geworden, so kann er nicht bewiesen werden. Die Unterscheidung zwischen materiellrechtlicher und beweisrechtlicher Ebene kann Bedeutung erlangen: ist das Vorliegen des realen Fremdgeschäftsführungswillens unstreitig, kommt es auf einen Beweis nicht an. Im Rahmen der rechtlichen Würdigung ist von seinem Vorliegen auszugehen, unabhängig davon, ob er nach außen sichtbar geworden ist oder nicht. Nur wenn die Parteien darüber streiten, ob der Geschäftsführer mit Fremdgeschäftsführungswillen gehandelt hat, kommt es auf Beweis und Erkennbarkeit an. Fehlt es daran, so bleibt die Fremdgeschäftsführung außer Betracht. Zur Überwindung der darlegungs- und beweisrechtlichen Schwierigkeiten hat sich in der Praxis das bereits erwähnte ungeschriebene System gesetzlicher Vermutungen herausgebildet, das an der Natur (Zuordnung) des besorgten Geschäfts anknüpft143. Beim objektiv fremden und beim auch-fremden Geschäft wird der Fremdgeschäftsführungswille vermutet oder es werden an seinen Nachweis nur minimale Anforderungen gestellt144. Die Vermutung greift selbst dann, wenn der Geschäftsführer überhaupt nicht intellektuell agiert, sondern reflexartig reagiert, so etwa, wenn der Fahrer eines Kfz zur Vermeidung eines 140

BGHZ 138, 281 (286), Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 251/96; BGHZ 114, 248 (249 f.), Urt. v. 25. 4. 1991 – III ZR 74/90; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; RGZ 167, 55 (59), Urt. v. 29. 4. 1941 – VI ZR 129/40; Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 254 2 b = S. 631; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 45; anders: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 135 f.; Oertmann2 (1929) Vorbem 3 c vor §§ 677 ff.; dazu: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (33 ff.); Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 79 f. 141 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 c = S. 12; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (34 f.). 142 Oertmann 2 (1929) Vorbem 3 c vor §§ 677 ff. 143 Dagegen Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 202, der auf unterschiedliche natürliche Vermutungen zurückgreifen will. 144 ZB BGH, NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04; BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 -VIII ZR 66/04; BGH, NJW 1979, 598, Urt. v. 21. 12. 1978 – VII RZ 91/77; BSG, NJW-RR 2001, 1282 (1284), Urt. v. 2. 3. 2000 – B 7 AL 36/99; vgl. auch schon die Motive, bei: Mugdan II, S. 478: „Dieser Wille (Anm.: Fremdgeschäftsführungswille i.e.S.) wird in der Regel sich schon durch das bewusste Eingreifen in fremde Angelegenheiten manifestieren“; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 439; BGB-RGRK/ Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 46; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 6; aA: LG Frankfurt NJW 1977, 1924 (1925), Urt. v. 12. 7. 1977 – 2/24 S 47/77; Schubert, Grenzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1978, 687 (688); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 c = S. 12.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Unfalls das Steuer herumreißt145. Spontanität steht der Geschäftsführungsabsicht nicht entgegen146. Da es sich nur um eine Vermutung handelt, hat der Prozessgegner die Möglichkeit, die Vermutung der Fremdgeschäftsführungsabsicht durch vollen Beweis des Gegenteils zu widerlegen (§ 292 S 1 ZPO), was ihm aber in aller Regel nicht gelingen kann. Anders liegt es bei äußerlich neutralen Handlungen, die für sich keinen Schluss darauf zulassen, ob sie der Ausführende nur für sich oder für einen anderen vornehmen will (subjektiv fremdes Geschäft). Bei ihnen ist der Geschäftsführungswille und seine Erkennbarkeit von demjenigen darzutun und voll zu beweisen, der sie behauptet147. Zugunsten einer Fremdgeschäftsführung streitet hier keine Vermutung. Der Fremdgeschäftsführungswille muss daher, soll er im Bestreitensfalle im Prozess Bedeutung erlangen, nach außen erkennbar geworden sein; der bloß intern gebliebene Wille reicht nicht aus148; allerdings wird gefordert, die Anforderungen an den Nachweis des Fremdgeschäftsführungswillens nicht zu überspannen, da ansonsten eine probatio diabolica drohe149. – Dass diese Vermutungspraxis, die das Geschäftsführungsrecht beherrscht, neben der Sache liegt, wurde bereits dargelegt. Indem die Vermutungspraxis am letztlich bereicherungsrechtlichen Begriff des fremden Geschäfts anknüpft, werden die originären subordinationsrechtlichen Zusammenhänge des Gestionsrechts zugeschüttet und durch fremde Erwägungen überlagert. Gut war dies für das Verständnis der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht.

c. Kritik an der Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen Zur Kritik gibt die Lehre vom Fremdgeschäftsführungswillen mannigfachen Anlass. Die formale Vermutungspraxis, bei Vorliegen eines fremden Geschäfts die Geschäftsführungsabsicht zu vermuten, hat der Geschäftsführung ohne Auftrag als dem Rechtsinstitut der fremdnützigen Interessenwahrnehmung (Subordination) weitestgehend ihren materiellen Gehalt genommen150. Hinter dem tradierten Begriff des fremden Geschäfts stehen materielle Kriterien, die nicht solche des Geschäftsführungsrechts sind: beim fremden Geschäft geht es um die richtige Zuweisung von Nutzen und Kosten an denjenigen, der sie letzt145 BGHZ 38, 270 (276), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; Schmidt, Die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 81 f.; vgl. auch Lange, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61, JZ 1963, 550 f. 146 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 67 f. 147 BGHZ 65, 354 (357), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73; BGHZ 40, 28 (31), Urt. v. 20. 6. 1963 -VII ZR 263/61; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 4 Rn. 30 ff. 148 BGHZ 114, 248 (249 f.), Urt. v. 25. 4. 1991 – III ZR 74/90; BGHZ 82, 323 (330 f.), Urt. v. 25. 11. 1981 – VIII ZR 299/80. 149 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (35). 150 Vgl. Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 c = S. 12 f.

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lich zu tragen hat. Über das Vorliegen einer fremdnützigen Wahrnehmung fremder Interessen (Interessensubordination) gibt das Vorliegen eines fremden Geschäfts weder Auskunft noch ist es Indiz hierfür. Richtiger systematischer Platz des fremden Geschäfts ist das Recht der ungerechtfertigten Bereicherung, hier namentlich die Aufwendungs- und Rückgriffskondiktion, in seltenen Fällen auch die Eingriffskondiktion. Von daher verwundert es nicht, dass eine Analyse des Geschäftsführungsbegriffs ergeben hat, dass das deutsche Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag der §§ 677 bis 686 BGB den Begriff des fremden Geschäfts nicht kennt. Die Krux der tradierten Lehre liegt darin, dass sie die Geschäftsführungsabsicht als empirisches Tatbestandsmerkmal begreift und sich von daher gesetzlicher Vermutungen, die an formalen Umständen ansetzen, bedienen muss. Folge ist eine falsche, an den Wertungen des fremden Geschäfts ausgerichtete Materialisierung des gesamten Rechtsinstituts. Der Gedanke der Subordination, verstanden als die Unterordnung der Interessen des Geschäftsführers unter die Interessen des Geschäftsherrn, geht verloren. Nicht zu akzeptieren ist die Formel der hM, dass der Geschäftsführer zumindest auch im fremden Interesse gehandelt haben muss. Der Gestor kann ausschließlich einem Interesse dienen; eine Geschäftsführung für mehrere, in Konflikt stehende Interessen ist nicht möglich. Nur für den Fall des Interessengleichlaufs kann der Geschäftsführer im eigenen und fremden Interesse tätig werden, denn letztlich dient er hier nur einem Interesse. Es ist auch unmöglich, den Fremdgeschäftsführungswillen mit der Absicht zu begründen, bei demjenigen Rückgriff zu nehmen, der als Primärschuldner die Kostenlast letztlich zu tragen hat (sog. animus recipiendi)151. Um das Gestionsrecht zu eröffnen, bedarf es nicht des Willens zum Regress, sondern der Interessensubordination.

2. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmal der Subordination a. Interessenwahrnehmung (Subordination) Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz geordneten fremdnützigen Interessenwahrnehmung. Das Schuldverhältnis wird durch die Unterordnung der Interessen des Geschäftsführers unter die Interessen des Geschäftsherrn (Subordination) ausgelöst. Ob der Geschäftsführer in Geschäftsführungsabsicht handelt, be151 ZB RGZ 167, 55 (59), Urt. v. 29. 4. 1941 – VI 129/40; RGZ 82, 206 (214), Urt. v. 26. 4. 1913 – VI 572/12; RGZ 75, 276 (283), Urt. v. 30. 1. 1911 – VI 591/09; RG, JW 1915, 325 (326), Urt. v. 4. 1. 1915 – IV 376/14; RG, SeuffA 65 (1910) Nr. 188, Urt. v. 24. 2. 1910 – VI 122/09; vgl. dazu: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 108; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 441.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

stimmt sich danach, ob er den Interessen des Geschäftsherrn dienen „will“152. Im Gegensatz zur fremdnützigen Geschäftsführung, die den Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag der §§ 677 bis 686 BGB auslöst, steht die eigennützige Geschäftsführung. Eine Geschäftsführung zum Eigennutz liegt vor, wenn der Geschäftsführer ausschließlich seine eigenen Interessen wahrnimmt153. Nicht zu verwechseln mit der Frage nach Interessensubordination und eigennütziger Geschäftsführung ist die Motivationslage des Geschäftsführers. Ob der Geschäftsführer aus bloßer Menschenliebe (Selbstlosigkeit) oder umgekehrt aus purem Egoismus (Eigensucht) oder (vermeintlicher) Verpflichtung handelt, ist für das Vorliegen der Geschäftsführung gleichgültig154. Ausnahmsweise kann auch bei eigennützigem Handeln, also einer Wahrnehmung eigener Interessen, eine Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht kommen; nämlich dann, wenn eine gleiche Ausrichtung des eigenen Interesses des Geschäftsführers und des Interesses des Geschäftsherrn vorliegt und die Geschäftsführung ihrem sozialen Sinn nach beiden zugute kommt: mit anderen Worten, wenn die Gestion einem Interesse dient. Als Beispiel sei auf das Fragment Papinian, Dig. 3, 5, 30, 7 (de negotiis gestis) hingewiesen. Hier heißt es: „Uno defendente causam communis aquae sententia praedio datur: sed qui sumptus necessarios ac probabiles in communi lite fecit, negotiorum gestorum actionem habet“. Mehrere Personen sind Miteigentümer eines gemeinsamen Grundstücks, dem ein gemeinschaftliches Wasserleitungsrecht zusteht. Es entsteht Streit über das Recht und einer der Miteigentümer verteidigt dieses Recht ohne Beitritt der Übrigen. Der Prozess wird gewonnen, das Urteil wirkt zugunsten des gesamten Grundstücks155. Der klagende Miteigentümer kann von den Übrigen ihren Kostenbeitrag mittels der Geschäftsführungsklage fordern, wobei an dieser Stelle offen bleiben kann, warum hier keine Klage aus dem Gemeinschaftsverhältnis einschlägig ist156.

b. Die Geschäftsführungsabsicht als normatives Tatbestandsmerkmal Bei der Geschäftsführungsabsicht handelt es sich, wie bereits oben entwickelt wurde, um ein ausschließlich normatives Tatbestandsmerkmal (siehe § 2 VI 2). Über das Vorliegen der Geschäftsführungsabsicht gibt nicht die reale (nach-

152 Vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 121, 124; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29). 153 Vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 123 f. 154 Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 121. 155 Vgl. Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. III mit not. 2. 156 Vgl. dazu: Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. III mit not. 3.

§ 8. Die Subordination

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weisbare) Willensrichtung des Geschäftsführers157, sondern der soziale Sinn der Handlung des Geschäftsführers Antwort158. Es entscheidet die durch materielle Betrachtung zu gewinnende Erkenntnis über die Zweckrichtung des Handelns. Die Geschäftsführungsabsicht ist damit ein ausschließlich normatives, Wertungen bedürftiges und Wertungen zugängliches Tatbestandsmerkmal. Stellt sich die Handlung des Geschäftsführers ihrem sozialen Sinn nach als fremdnützige Interessenwahrnehmung dar, ist der Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag eröffnet. Stellt sie sich ihrem sozialen Sinn nach als die eigennützige Interessenverfolgung des Geschäftsführers dar, bleibt die Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf den Sachverhalt ausgeschlossen. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein durch und durch normatives Kriterium. Von daher bedarf es auch nicht der positiven Feststellung eines Geschäftsführungsbewusstseins im Sinne eines kognitiv-empirischen Tatbestandselements159; erst recht kennt der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag kein Fremdgeschäftsführungsbewusstsein160. Dies versteht sich von selbst: da die Besorgung eines fremden Geschäfts keine objektive Tatbestandsvoraussetzung der Geschäftsführung sei, kommt auch ein korrespondierendes subjektives Element nicht in Betracht. Im Prozess wird daher keine Partei damit gehört, der Geschäftsführer habe tatsächlich nicht erkannt (bzw. die rechtliche Wertung nicht nachvollzogen), dass er für einen anderen tätig werde. Da die Zweckrichtung der Geschäftsführung angesichts der Gesamtumstände wertend zu bestimmen ist, bedarf es keiner Vermutungsregeln. Dies schließt allerdings nicht aus, dass bei der materiellen Betrachtung auch subjektive Elemente eine Rolle spielen können; so kann etwa die Tatsache eines Eigenbesitzes der Annahme einer fremdnützigen Geschäftsführung entgegenstehen. Keine Rolle bei der normativen Beurteilung der Geschäftsführungsabsicht spielt die Frage, ob das besorgte Geschäft ein fremdes war. Der Nachbar, der einen Brand löscht, wird nach dem sozialen Sinn der Handlung ausschließlich für den Hauseigentümer tätig. Sicherlich besorgt er auch ein Geschäft des Brandstifters. Aber er wird nicht im geschäftsführungsrechtlichen Sinne für ihn tätig. Auch eine entsprechende Vermutung besteht nicht. – All dies wurde bereits eingehend theoretisch hergeleitet und begründet.

c. Verhältnis Geschäftsführungsabsicht – Nützlichkeit Kein Element der Geschäftsführungsabsicht ist, dass die Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht, oder dass der Geschäftsführungsabsicht ein auf den präsumtiven Willen des Geschäftsherrn gerichte157 So aber Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (27 f.; 28 ff.). 158 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 75 f. 159 AA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 23; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29). 160 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

tes finales Moment innewohnt161. Die Frage, ob eine nützliche Geschäftsführung iSd § 683 S. 1 BGB vorliegt, ist einzig für die actio contraria, also den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers, bedeutsam. Das Verhältnis von Geschäftsführungsabsicht und Nützlichkeit der Geschäftsführung (§ 683 S. 1 BGB) lässt sich dahin umschreiben: stellt sich die Geschäftsführung bei abstrakter Betrachtung als fremdnützige Interessenwahrnehmung für den Geschäftsherrn dar, handelt der Geschäftsführer mit Geschäftsführungsabsicht. Der Anwendungsbereich der §§ 677 bis 686 BGB ist eröffnet. Entspricht die Geschäftsführung dem präsumtiven Willen, also dem subjektiv bestimmten konkreten Interesse des Geschäftsherrn, steht dem Geschäftsführer der Aufwendungsersatzanspruch des § 683 S. 1 BGB zu.

d. Geschäftsführungsabsicht und Reflexvorteil Der Geschäftsführer handelt in Geschäftsführungsabsicht, wenn sich die Geschäftsführung als die Wahrnehmung fremder Interessen darstellt. Aber nicht jede irgendwie geartete Interessenförderung löst den Tatbestand der Geschäftsführung aus. Reflexvorteile aus der Geschäftsbesorgung begründen weder mit Blick auf den mittelbar Begünstigten eine fremdnützige Geschäftsbesorgung, noch führen mittelbare Vorteile auf Seiten des Geschäftsführers dazu, dass die fremdnützige Interessenwahrnehmung in eine eigennützige Interessenwahrung „kippt“. Reflexvorteile der Geschäftsführung – sowohl auf Seiten des Geschäftsführers als auch des Geschäftsherrn – tangieren den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht. Bereits Kohler sah in seinem grundlegenden Beitrag „Die Menschenhülfe im Privatrecht“ das Problem, dass durch eine Geschäftsbesorgung die Sphäre mehrerer Personen tangiert wird, „wo aber das eine Interesse das prävalirende ist, indem das zweite Interesse nur per consequentiam aus der Erhaltung des ersten hervorgeht“. Wer einen Sumpf austrocknet, nützt nicht nur dem Eigentümer, sondern auch den Umwohnern; wer ein hässliches Mauerwerk abreißt, verschafft auch seinem Nachbarn die längst erwünschte Aussicht. Oder ältere Entscheidungen aus der französischen Rechtsprechung: der Müller, der um seiner Mühle willen einen geschlossenen Mühlgraben wieder öffnet, nützt dadurch auch den unterhalb liegenden Mühlen; der Strandbewohner, der einen Deich errichtet, um sich vor Überschwemmungen zu schützen, sichert damit auch die Nachbarn. In all diesen Fällen kommt aber nur das prävalierende Interesse zum Tragen. Nur aus der Konsequenz dieses ersten Vorteils kommt dem anderen ein eigener Vorteil zugute162. In den genannten Beispielsfällen nimmt 161 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (30 f.); aA: Wolf, Die Verwendungsansprüche des Besitzers im Anspruchssystem, AcP 166 (1966), 188 (217). 162 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (113 f.). Vgl. auch die Illustrations bei PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C. 32 (p. 114).

§ 8. Die Subordination

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der Geschäftsführer lediglich eigene Interessen wahr, an denen er sein Handeln ausrichtet. Eine fremdnützige Geschäftsführung für den Nachbarn liegt darin nicht. Die mittelbaren Vorteile des Nachbarn sind lediglich Reflex des eigennützigen Verhaltens, die er kostenlos behalten darf. Bereicherungsansprüche werden in diesen Fällen ebenfalls regelmäßig – aber nicht zwangsläufig (siehe sogleich) – ausgeschlossen sein, da sich auch kein fremdes Geschäft begründen lässt163. Sähe man dies anders, käme man zu den irrwitzigsten Konsequenzen: „wer wäre dann einen Augenblick von Bereicherungsansprüchen frei?“. Umgekehrt nimmt ein Reflexvorteil auf Seiten des Geschäftsführers einer fremdnützigen Interessenwahrnehmung nicht den Charakter ihrer Fremdnützigkeit. Reißt der Geschäftsführer eine das Nachbarhaus bedrohende Giebelmauer ein, wird er fremdnützig tätig, auch wenn wegen der schönen Aussicht nunmehr der Wert des eigenen Grundstücks steigt. Die Beurteilung, ob geschäftsführungsrechtlich irrelevante Reflexvorteile vorliegen, kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Letztlich handelt es sich um eine offene Wertungsfrage, die auf Grundlage der Gesamtrechtsordnung zu beantworten ist. Da das Geschäftsführungsrecht den Begriff des fremden Geschäfts nicht kennt, verläuft die Abgrenzung einer fremdnützigen Geschäftsführung von geschäftsführungsrechtlich unbeachtlichen Reflexvorteilen nicht unbedingt gleich der Abgrenzung zwischen objektiv fremdem Geschäft und Reflexvorteil. Dies wird deutlich in der bereits angesprochenen Fallgruppe der Versicherungsfälle. Die Rettung eines gesetzlich Versicherten kann ein Geschäft der Krankenkasse sein. Doch liegt darin keinesfalls eine fremdnützige Geschäftsführung für die Krankenkassen. Nach dem sozialen Sinn der Rettungshandlung wird der Geschäftsführer ausschließlich für den Verletzten tätig; das Interesse des Versicherten, nicht das Interesse der Versicherung ist Leitschnur seines Handelns. Geschäftsführungsrechtlich kommt die schadensmindernde Handlung der Versicherung als Reflexvorteil zugute.

e. Geschäftsführungsabsicht und Motivation Reflexvorteile auf Seiten des Geschäftsführers aus der Geschäftsführung schließen die fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen nicht aus. Die fremdnützige Geschäftsführung wird selbst dadurch nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer letztlich um eines Reflexvorteils willen zur Geschäftsführung angetrieben wird. Die Frage, ob Geschäftsführungsabsicht vorliegt, ist von der Frage nach der Motivation zur und der Gesinnung bei der Geschäftsführung scharf zu trennen. Dass der Geschäftsführer aus eigensüchtigen Motiven oder einer (vermeintlichen) Verpflichtung heraus zur Tat schreitet, schließt die Geschäftsführungsabsicht nicht aus, solange doch nur die Tätigkeit ihrem sozialen Sinn nach eine fremdnützige bleibt164. Man denke an den Fall, dass ich 163 164

Vgl. nur BGHZ 72, 15 (153, 155), Urt. v. 4. 7. 1978 – VI ZR 95/77. So noch ausdrücklich § 759 E I und Motive, bei: Mugdan II, S. 485; Schmidt, Die be-

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

für meine Mitgefangenen Lösegeld bezahle, weil mich der Entführer ansonsten selbst nicht freilässt165. Das war schon im gemeinen und römischen Recht so166. Auf die Gesinnung des Geschäftsführers kommt es nicht an167. Nachteile für den Geschäftsherrn entstehen dadurch nicht: er ist durch § 683 BGB hinreichend geschützt.

f. Spontanität Spontaneität steht der Geschäftsführungsabsicht nicht entgegen168; in einem gewissen Maße ist jede Geschäftsführung, die nicht aufgrund von Vertrag oder gesetzlicher Verpflichtung erfolgt, spontan169. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein normatives Tatbestandselement. Entscheidend ist, dass sich das Verhalten des Geschäftsführers nach seinem sozialen Sinn als fremdnützige Tätigkeit für einen anderen darstellt. Eine besondere Reflexion des Geschäftsführers, ein animus obligandi ist nicht erforderlich. Von daher kann ein Kraftfahrer, der, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, das Lenkrad herumreißt, in Geschäftsführungsabsicht für den anderen handeln170. Entgegen der Ansicht der französischen Cour de Cassation handelt auch mit Geschäftsführungsabsicht, wer aufgrund einer spontanen Eingebung einen fliehenden Straftäter verfolgt und stellt171.

g. Freiwilligkeit und gegenläufige Interessen Nach weit verbreiteter Auffassung soll Geschäftsführung in fremdnütziger Absicht nur möglich sein, wenn der Geschäftsführer freiwillig, d.h. nicht in Erfüllung einer bestehenden oder vermeintlichen, privatrechtlichen wie öffentlichrechtlichen Rechtspflicht handelt: das Bestehen oder die irrtümliche Annahme des Bestehens einer Rechtspflicht zur Handlung schließe eine auftraglose Ge-

rechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag, 2008, S. 77 f.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 26; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (29 f.); Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 I = S. 632; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 438; Oertmann2 (1929) Vorbem 4 vor §§ 677 ff.; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 b. 165 Vgl. Paulus/Servius, Dig. 3, 5, 20 pr. (de negotiis gestis). 166 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9 , 1906, § 431 4 Fn. 17 = S. 927 f. 167 Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 121; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 984. 168 BGHZ 38, 270 (276), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 67 f. 169 Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 = S. 436. 170 BGHZ 38, 270 (276), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; aA: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 d 4 = S. 15 f. 171 Cour de Cassation (Cass.civ. 1ère 7.1.1971), JClP 1971 II Nr. 16670; aber auch: Cour de Cassation (Cass.civ 1ère 26.2.1988), Bull. civ. 1988 U Nr. 25 (p. 16).

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schäftsführung grundsätzlich aus172. Der Geschäftsführer wolle – so wird argumentiert – in diesen Fällen seinen eigenen Pflichten nachkommen und nicht für einen anderen handeln173. Durchsetzen konnte sich diese Auffassung bisher nicht. Zu Recht geht der BGH davon aus, dass die Geschäftsführungsabsicht nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sich der Geschäftsführer – zB aufgrund eines nichtigen Vertrages – dem Geschäftsherrn gegenüber zur Geschäftsführung verpflichtet hielt174 oder in Erfüllung tatsächlich bestehender eigener öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Pflichten tätig wird175. Das Bewusstsein, ohne Auftrag oder sonstige Rechtspflicht zu handeln, ist keine Voraussetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag176. Schon im römischen Recht wurde die Geschäftsführung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gestor unter dem Rechtszwang irgendeiner Rechtspflicht oder im Glauben an eine solche handelte. So bemerkt etwa Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis) zutreffend: Ulpian, Dig 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis): „Hanc actione tenetur non solum is qui sponte et nulla necessitate cogente immiscuit se negotiis alienis et ea gessit,verum et is qui aliqua necessitate urguente vel necessitatis suspicione gessit.“

Die Fremdnützigkeit einer Geschäftsführung geht nicht durch das Bestehen einer gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtung zur Subordination verloren. Ansonsten wäre kein Geschäftsbesorgungsvertrag, kein gesetzliches Interessenwahrnehmungsverhältnis – wie etwa Pflegschaft oder Vormundschaft – 172 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 77 ff., 119; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (31 ff.); vgl zur Erfordernis der Freiwilligkeit im Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 249 ff. 173 ZB OLG Koblenz, NJW 1999, 2904 (2905), Urt. v. 16. 12. 1998 – 7 U 124/98; Einsele, Geschäftsführung ohne Auftrag bei nichtigen Verträgen, JuS 1998, 401 (403 f.); Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (834); Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (230 f.); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 16. 174 BGHZ 143, 9 (15 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98; BGHZ 37, 258 (262 f.), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4. 11. 2004 – III ZR 172/02; BGH, WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR 30/02; BGH, ZIP 1996, 2113 (2114), Urt. v. 10. 10. 1996 – III ZR 205/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; BGH, NJW-RR 1989, 970, Urt. v. 7. 3. 1989 – XI ZR 25/88; BGHZ 101, 393 (399), Urt. v. 24. 9. 1987 – VII ZR 306/86; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 3 = S. 699 f.; vgl. schon § 235 Abs. 1 des Vorentwurfs; differenzierend: Oertmann2 (1929) Vorbem 5 e vor §§ 677 ff. 175 BGHZ 110, 313 (314 f.), Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88; BGHZ 65, 384 (387), Urt. v. 15. 12. 1975 – II ZR 54/74; BGHZ 54, 157 (160), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; BGHZ 30, 162 (167), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58; RGZ 167, 55 (59), Urt. v. 29. 4. 1941 – VI 129/40; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 41. 176 BGHZ 1, 57 (62), Urt. v. 12. 1. 1951 – V ZR 14/50; BGHZ 143, 9 (15 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98; BGH NZM 2005, 536 (538), Urt. v 26. 2. 2005 -VIII ZR 66/04.

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denkbar. Das Problem bei der Tätigkeit aufgrund (vermeintlich) bestehender Rechtspflicht liegt nicht in der fehlenden Freiwilligkeit, sondern in der Gefahr konfligierender Interessen. Die Lösung ergibt sich aus dem Wesen der Geschäftsführung ohne Auftrag als Subordinationsverhältnis. Kommt der Geschäftsführer einer ihm obliegenden Pflicht nach, die nicht den Interessen des Geschäftsherrn dient, ist der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht erfüllt. Der Geschäftsführer wird nicht „für“ den Geschäftsherrn tätig, sondern richtet seine Tätigkeit an anderen Interessen aus. Dass er vielleicht ein Geschäft des „Geschäftsherrn“ mitbesorgt, vermag das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu begründen. Die Feuerwehr, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtung einen Brand löscht, hat ihr Tun am Interesse der bedrohten Eigentümer (oder der Allgemeinheit) auszurichten; keinesfalls ist Maßstab ihres Handelns das Interesse des Brandstifters an einer möglichen Schadensminimierung. Die Feuerwehr wird damit nicht als echter Geschäftsführer ohne Auftrag für den Brandstifter tätig177. Aber der Interessenkonflikt muss nicht bestehen. Entscheidend ist die Richtung der vom Geschäftsführer wahrgenommenen Pflicht. Besteht die Pflicht gerade im Interesse des Geschäftsherrn, so schließt das Tätigwerden aufgrund dieser Pflicht eine Geschäftsführung ohne Auftrag nicht aus. So kann – um beim Beispiel der Brandbekämpfung zu bleiben – die Feuerwehr durchaus als Geschäftsführer ohne Auftrag für den Eigentümer tätig werden, wenn die gesetzliche Brandbekämpfungspflicht im Interesse der Eigentümer und nicht im Interesse der Allgemeinheit besteht. Ebenso wird der Geschäftsführer, der aufgrund eines nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrages für seinen Auftraggeber tätig wird, als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig, da die vermeintliche Pflicht ja gerade die Wahrnehmung der Interessen des Auftraggebers zum Inhalt hatte.

h. Bestimmung des Geschäftsherrn nach der Zuweisungsrichtung der Geschäftsführungsabsicht Die Person des Geschäftsherrn bestimmt sich nach der normativen Finalität des Handelns des Geschäftsführers (Geschäftsführungsabsicht), wobei es nicht auf den Willen in naturalistischer Anschauung ankommt, sondern auf den sozialen Sinn der Handlung in normativer Betrachtung. Geschäftsherr ist, für wen der Geschäftsführer nach der objektiven Zweckrichtung seines Handelns fremdnützig tätig wird; ob der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft besorgt, ist für die Begründung der Geschäftsherrneigenschaft irrelevant. Allerdings begründet nicht jede irgendwie geartete, mittelbare Interessenförderung die Geschäftsherrneigenschaft. Reflexvorteile bleiben, wie bereits gesehen, bei der Beurtei177 AA: BGHZ 40, 28 (31), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; allerdings greift hier der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB.

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lung außen vor. Entscheidend ist der soziale Sinn der Geschäftsführung, wobei auch auf materiellrechtliche Wertungen außerhalb des Geschäftsführungsrechts zurückzugreifen ist178. Der Helfer, der einem gesetzlich versicherten Verletzten zur Hilfe eilt, wird in Geschäftsführungsabsicht für den Versicherten, aber nicht für die Versicherung tätig; ob die Hilfeleistung auch ein Geschäft der Versicherung ist, bleibt für die geschäftsführungsrechtliche Betrachtung außen vor179. Saugt jemand nach einem Verkehrsunfall auslaufendes Öl ab, handelt er in Geschäftsführungsabsicht ausschließlich zugunsten des betroffenen Fahrzeughalters, aber nicht zugunsten dessen Haftpflichtversicherers; diesem kommt die Geschäftsführung lediglich mittelbar als (kostenloser) Reflexvorteil zugute180. Eine Ausdehnung des Kreises der Geschäftsherren kommt auch dann nicht in Betracht, wenn jemand einer verheirateten Person oder einem Kind zur Hilfe kommt: auch in diesen Fällen liegt ausschließlich eine echte Geschäftsführung für den unmittelbar Betroffenen, nicht aber für dessen Angehörigen vor181; allenfalls mag im Einzelfall Raum für den – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruch gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB sein; aber um einen Anspruch aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag handelt es sich nicht. An keiner zweiten Stelle wird der normative Charakter der Geschäftsführungsabsicht und sein Vorrang vor dem empirisch vorgefundenen natürlichen Willen des Geschäftsführers deutlicher als beim sog. Irrtum über die Person des Geschäftsführers. Im Anschluss an die römischen Quellen war es seit jeher allgemeine Auffassung, dass der wahre Geschäftsherr und nicht der subjektiv vom Geschäftsführer ins Auge gefasste Geschäftsherr aus der Geschäftsführung be178

Der Rückgriff von Wertungen auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts ist keine Besonderheit. So beurteilt sich etwa im Recht der Eingriffskondiktion die Frage des Eingriffs nach dem Zuweisungsgehalt einer Rechtsperson. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Rechtsposition aber Zuweisungsgehalt hat, ist aber selbstverständlich auch auf Wertungen außerhalb des Bereicherungsrechts zurückzugreifen. Die Zuweisungslehre gibt nur den Prüfungsmaßstab vor. Entsprechendes gilt bei Prüfung der Geschäftsführungsabsicht. Der Gedanke der Subordination gibt den Prüfungsmaßstab, zur Ausfüllung muss auf weitere Kriterien zurückgegriffen werden. Oben wurde das Beispiel des tatsächlichen Verzichts auf die Durchsetzung einer Forderung genannt (siehe § 7 IV). Aufgrund der Wertung des § 397 BGB wird allenfalls im rechtsgeschäftlichen Erlass der Forderung eine Geschäftsführung für den anderen liegen können; alleine der tatsächliche Verzicht genügt nicht. 179 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 74 f.; aA: Geschäftsführung (auch) für die Krankenkasse BGHZ 33, 251 (254 f.), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59. 180 BGHZ 54, 157 (160 f.), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 76 f. 181 Auf eine solche verengende Sicht zielen wohl auch Äußerungen der Zweiten Kommission (Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194 zu § 679). AA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 77; für das Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 231 ff.; für die PECL Ben. Int.: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 33 (p.115).

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rechtigt und verpflichtet wird182; der natürliche Wille ist unbeachtlich. Zusammenfassend schreibt etwa Domat: „Si quelqu’un, par erreur, a géré une affaire qu’il croyait être celle d’un de ses amis, et qui était l’affaire d’un autre, il ne se forme aucun engagement entre lui et cet ami de qui il croyait que c’était l’affaire, mais seulement entre le maître de l’affaire et lui, de même que si la vérité lui eût été connue“183. Dies soll am Fragment Ulpian/Pedius, Dig. 3, 5, 5, 13 (de negotiis gestis) erläutert werden: Ulpian/Pedius, Dig. 3, 5, 5, 13 (de negotiis gestis): „Quid ergo, inquit pedius, si, cum te heredem putarem, insulam fulsero hereditariam tuque ratum habueris, an sit mihi adversus te actio? Sed non fore ait, cum hoc facto meo alter sit locupletatus et alterius re ipsa gestum negotium sit, nec possit, quod alii adquisitum est ipso gestu, hoc tuum negotium videri“.

Der Geschäftsführer hatte für einen Dritten, den er unzutreffend für den Erben hielt (Scheinerbe), ein Mietshaus abgestützt. Pedius verwehrte dem Geschäftsführer eine Klage gegen den Scheinerben: durch das Handeln des Geschäftsführers sei ein anderer bereichert und daher eben das Geschäft dieses anderen geführt worden. Das Ergebnis überzeugt; die Begründung bedarf der Klarstellung. Tragendes Element des Geschäftsführungsrechts ist, wie wir nunmehr wissen, die fremdnützige Interessenwahrnehmung (Subordination). Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht zwischen dem Geschäftsführer und dem wahren Geschäftsherrn nicht deswegen, weil der Geschäftsführer ein Geschäft des wahren Dominus besorgt hat (und dieser nunmehr bereichert ist), sondern weil nach der normativen Finalität der Geschäftsführung der Eigentümer der wahre Geschäftsherr ist. Entsprechend der Abwendung des deutschen Geschäftsführungsrechts vom Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts gelingt es § 686 BGB diesen Zusammenhang, anders als etwa bei Domat oder auch Voet, ohne Rückgriff auf den Begriff des fremden Geschäfts zu beschreiben. § 686 BGB. Irrtum über Person des Geschäftsherrn. Ist der Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn im Irrtum, so wird der wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.

182 ZB: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 12 mit Nachweisen zu den Quellen. Dieser Grundsatz ist heute allgemein anerkannt, auch dort, wo er nicht wie in § 686 BGB ausdrücklich kodifiziert ist; so für die Schweiz: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 595 ff. Gleiches gilt für Book V des DCFR, der ebenfalls von einer Regelung abgesehen hat: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 31 (p. 113 seq.). 183 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 9, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446.

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In einem besonderen Maße unzutreffend ist die Lehre von Voet, der letztlich unter Rekurs auf die überholte Kategorie der negotia ratihabitione aliena184 dem vermeintlichen Geschäftsherrn die Möglichkeit geben will, die Geschäftsführung (für den wirklichen Geschäftsherrn) zu genehmigen und sich damit auch zum Geschäftsherrn aufzuschwingen185. Will man die Idee von Voet in die herrschende geschäftsführungsrechtliche Doktrin übertragen, so wird man formulieren können: hat der Geschäftsführer den unbedingten natürlichen Willen, für den vorgestellten Geschäftsführer tätig zu werden, so liegt insoweit ein subjektiv fremdes Geschäft vor; das alte Genehmigungserfordernis bei subjektiv fremden Geschäften ist – wie oben dargestellt – im Laufe des 19. Jahrhunderts weggefallen (siehe § 8 I). Für die entwickelte subordinationsrechtliche Betrachtungsweise ist die Zurückweisung dieser Lehre einfach, während die hL, soweit sie das subjektiv fremde Geschäft anerkennt, hier wohl tatsächlich an ihre argumentativen Grenzen stößt. Auf dogmatischer Ebene können wir den Ansatz von Voet ablehnen, weil der natürliche Wille neben der normativ zu bestimmenden Geschäftsführungsabsicht eben keine Rolle spielt. Materiell folgt aus dem Prinzip der Subordination, dass der Geschäftsführer grundsätzlich nur für einen Geschäftsherrn, nämlich den wirklichen Geschäftsherrn, tätig werden kann. Er kann nicht zwei Herren mit unterschiedlichen Interessen gleichzeitig dienen186. Auch die Idee der ratihabitio führt nicht weiter. Durch die Genehmigung kann die normativ bestimmte Finalität der Geschäftsführung nicht umgeleitet werden. So ist zutreffend allgemein anerkannt, dass der (wirkliche) Geschäftsherr eine eigennützige Geschäftsführung des Gestors nicht durch Genehmigung in eine echte fremdnützige Geschäftsführung ohne Auftrag zu seinen Gunsten verwandeln kann187. Ebenso wenig kann der vermeintliche Geschäftsherr durch Genehmigung die Geschäftsführung zugunsten des wirklichen Geschäftsherrn in eine Geschäftsführung für sich umwandeln.

i. Geschäftsführer und Geschäftsführungsgehilfe Die normativ verstandene Geschäftsführungsabsicht gibt nicht nur Auskunft über die Person des Geschäftsherrn, sondern auch über die Person des Geschäftsführers. Geschäftsführer muss nicht derjenige sein, der die konkreten Geschäftsbesorgungshandlungen tatsächlich in Person ausgeführt hat. Wie sich der vertragliche Geschäftsbesorger eines Erfüllungsgehilfen bedienen kann, so 184 Vgl. Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 5; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 3(Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 185 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 12. 186 Matth. 6, 24. Vgl. auch Thomas von Aquin, Summa Theologiae, Prima Secundae, q. 1 a. 5 § Respondeo. 187 Vgl. nur RGZ 105, 84 (92), Urt. v. 26.6.1922 – VI 788/21; Staudinger/Bergmann (2006) § 684 Rn. 21.

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kann sich auch der Geschäftsführer zur Durchführung der Geschäftsführung eines sog. Geschäftsführungsgehilfen bedienen188. Das gesetzliche Schuldverhältnis der negotiorum gestio kommt in diesem Falle ausschließlich zwischen dem Geschäftsführer und dem Geschäftsherrn zustande; daneben entsteht kein zweites Geschäftsführungsverhältnis zwischen dem Geschäftsführungsgehilfen und dem Geschäftsherrn. Der Geschäftsführungsgehilfe steht nur in einem Schuldverhältnis zum Geschäftsführer, der sich das Verhalten seines Geschäftsführungsgehilfen im Verhältnis zum Geschäftsherrn entsprechend den allgemeinen Vorschriften (§ 278 BGB) zurechnen lassen muss189. So ist zB nicht der angestellte (Rettungs-)Arzt, der einem Bewusstlosen hilft, sondern der den Arzt beschäftigende Krankenhausträger Geschäftsführer ohne Auftrag; der angestellte Arzt ist lediglich Geschäftsführungsgehilfe190. Nach dem sozialen Sinn wird nur der Krankenhausträger fremdnützig für den Verletzten tätig; er bedient sich lediglich zur Durchführung der Geschäftsführung seiner angestellten Ärzte, die ihrerseits – aufgrund Vertrages – für den Krankenhausträger tätig werden. Auf den natürlichen Willen der Handelnden kommt es nicht an; die Geschäftsführungsabsicht ist ein normatives Tatbestandsmerkmal. Bei der Brandbekämpfung als fremdnütziger Tätigkeit wird die Gemeinde durch die von ihr unterhaltene und eingegliederte Feuerwehr als Geschäftsführerin tätig; der einzelne Feuerwehrmann ist nur Geschäftsführungsgehilfe191. Unter Umständen kann die Frage, ob der unmittelbar Handelnde als Geschäftsführungsgehilfe eines anderen (des eigentlichen Geschäftsführers) oder als selbständiger Geschäftsführer agiert, Probleme bereiten. Die Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen in zwei Richtungen hin. (a) Der Gedanke der Substitution (§ 664 Abs. 1 BGB) kommt wegen der vergleichbaren Interessenlage auch im Geschäftsführungsrecht zur Anwendung. Im Einzelfall kann die Beantwortung der Frage schwierig sein, ob der Handelnde als unselbständiger Geschäftsführungsgehilfe oder als selbständiger Geschäftsführer (Substitut) agiert. Maßgebend sind die zur Abgrenzung des Erfüllungsgehilfen vom Substituten im Rahmen des § 664 Abs. 1 BGB entwickelten Kriterien. Entscheidend wird sein, inwieweit der Handelnde Weisungen seines Dienstherren unterworfen ist und welche Einwirkungsmöglichkeiten der Dienstherr auf seinen Gehilfen hat. So wird der angestellte Rettungsarzt als Geschäftsführungsgehilfe des Krankenhauses tätig. Anders wenn ein Passant, der einen Bewusstlosen entdeckt, das 188

BGHZ 67, 368 (371), Urt. v. 25. 11. 1976 – II ZR 201/74. Für Polizeibeamte: BGH NJW 2004, 513 (515), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03; Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 155 ff.; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 677 Rn. 9. 190 BGH NJW 2004, 513 (515), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03: Ein Polizeibeamter, der in dienstlicher Eigenschaft hoheitlich tätig wird, kann nicht zugleich in seiner Person (privatrechtlicher) Geschäftsführer ohne Auftrag für den Geschäftsherrn sein. 191 BGHZ 40, 28, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61. 189

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Krankenhaus benachrichtigt und im eigenen Namen einen Behandlungsvertrag abschließt192. In diesem Fall wird das Krankenhaus nicht als Geschäftsführungsgehilfe des Passanten, sondern als selbständiger Geschäftsführer für den Bewusstlosen tätig; es gelten die Besonderheiten des sog. vertraglich drittgebundenen Geschäftsführers, auf die weiter unten einzugehen sein wird (siehe § 15 III). Selbst wenn der Handelnde (b) grundsätzlich von einem Dienstherrn als Gehilfe eingeschaltet wird, kann der Fall eintreten, dass die konkrete Geschäftsführungstätigkeit nicht mehr dem Dienstherrn zugerechnet werden kann, sondern ihrem sozialen Sinn nach als selbständige Geschäftsführung des Handelnden erscheint. Das ist der Fall, wenn die Geschäftsführung in keinem Zusammenhang mehr zur selbständigen, beruflichen Tätigkeit des Dienstherrn steht. Grenzfälle ergeben sich insbesondere, wenn fremdnützige Tätigkeiten nicht den Schwerpunkt des Gewerbes des Dienstherrn bilden, sondern allenfalls am Rande vorkommen. Fällt die konkrete Handlung noch in die berufliche Tätigkeit hinein, so wird der Handelnde als Gehilfe, der Dienstherr als Geschäftsführer tätig. So ist bei einer Rettungsaktion auf hoher See der Kapitän des Schiffes Geschäftsführungsgehilfe und der Reeder Geschäftsführer193; ebenso ist das Frachtunternehmen Geschäftsführer und der Lastwagenfahrer Geschäftsführungsgehilfe, wenn dieser im Rahmen eines Unfalls Erste-Hilfe-Maßnahmen ergreift. Dagegen besteht der notwendige Zusammenhang nicht mehr, wenn der Ladenangestellte eines Schreibwarengeschäfts bei einem Verkehrsunfall, der sich auf der Straße vor dem Ladenlokal ereignet hat, den Verletzten zu Hilfe eilt. Hier wird der Ladenangestellte als Geschäftsführer tätig; der Ladeninhaber steht in keiner geschäftsführungsrechtlichen Beziehung zum Geschäftsherrn.

j. Der privilegierte Rückgriffsanspruch Kein Fall der echten Geschäftsführung ohne Auftrag liegt unmittelbar dem – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruch der §§ 683 S. 2, 679 BGB zugrunde. Erfüllt der Geschäftsführer die einem anderen obliegende Pflicht (Unterhaltspflicht), so handelt er nach dem sozialen Sinn und der Zweckrichtung seines Tuns fremdnützig. Geschäftsherr ist in der Regel der durch die Pflicht Begünstigte, insbesondere der Unterhaltsberechtigte, nicht aber der Verpflichtete: der Geschäftsführer wird für und im Interesse des Begünstigten tätig und nicht – im vielleicht gegenläufigen – In192 Regelmäßig will der Passant aber keine Willenserklärung abgeben: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 154 f.; Neuffer, Der pflichtengebundene Geschäftsführer ohne Auftrag. 1970, S. 80; vgl. eingehend zur sog. gestuften Nothilfe: Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (993 ff.); Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2003, § 8 Rn. 7 ff. 193 BGHZ 67, 368 (371), Urt. v. 25. 11. 1976 – II ZR 201/74.

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teresse des Verpflichteten. Das echte Geschäftsführungsverhältnis entsteht grundsätzlich nur zwischen Begünstigtem und dem Geschäftsführer. Echte geschäftsführungsrechtliche Ansprüche gegen den Verpflichteten hat der Geschäftsführer nicht. Für bestimmte Fälle eröffnet § 679 BGB iVm § 683 S. 2 BGB einen unmittelbaren Rückgriff gegen den Verpflichteten. Stand die Erfüllung der Verpflichtung im öffentlichen Interesse oder handelt es sich um eine gesetzliche Unterhaltspflicht, so kann der Geschäftsführer ausnahmsweise Rückgriff beim Letztverantwortlichen nehmen, der schließlich die Kosten zu tragen hat. Hierauf wird weiter unten noch einzugehen sein (siehe § 16).

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§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag Der Geschäftsführer muss ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung gehandelt haben1. § 677 BGB spricht zwar nur vom Fehlen einer Berechtigung zur Geschäftsbesorgung, erfasst wird selbstverständlich aber auch das Fehlen einer Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung2; in einer Verpflichtung zur Geschäftsführung liegt immer auch das Recht hierzu. Art. V. – 1:103 (a) DCFR formuliert daher insoweit deutlicher: V. – 1:103: Exclusions. This Book does not apply where the intervener: (a) is authorised to act under a contractual or other obligation to the principal; (b) …

Insgesamt ist die gesetzliche Formulierung „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“ missverständlich. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abweichend und abschließend geregelten Interessensubordination. Die §§ 677 ff. BGB greifen damit nicht nur dann ein, wenn jemand vollständig ohne vertragliche oder gesetzliche Grundlage für einen anderen tätig wird, sondern auch schon dann, wenn die Interessenwahrnehmung für einen anderen nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend vom Regelungsmuster der §§ 677 ff. BGB geregelt ist. Insoweit ist die Geschäftsführung ohne Auftrag ein Auffangtatbestand, dessen Regelung subsidiär zur Anwendung kommt, solange und soweit Vertrag oder Gesetz als speziellere Regelung nichts anderes bestimmen. Allein das Bestehen einer gesetzlichen oder vertraglichen Regelung schließt von daher den Tatbestand der Geschäftsführung nicht aus, soweit das Gesetz oder der Vertrag keine abschließende Regelung enthält. Das heißt negativ formuliert: auf Geschäftsführungsrecht kann nicht zurückgegriffen werden, sofern eine privatautonome vertragliche Ordnung oder gesetzliche Bestimmungen des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts eine abweichende oder abschließende Rege1 Vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 160 ff.; zum österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 72 ff. 2 Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 443; Motive, bei Mugdan II, S. 478; Oertmann2 (1929) Vorbem 5 vor §§ 677 ff.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

lung vorsehen3. Verpflichtet das Gesetz zB den Handelnden zum unentgeltlichen Tätigwerden, scheidet ein geschäftsführungsrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch gem. §§ 683, 684 BGB aus: der Geschäftsführer hat kraft besonderen Normbefehls seine Aufwendungen selbst zu tragen. Ob eine solche Norm besteht, ist Frage des Einzelfalles. Der BGH hatte etwa seinerzeit in § 558 BGB aF (= § 548 BGB nF) eine solche Vorschrift ausgemacht. Der Pächter des Veräußerers hatte ein Grundstück kontaminiert. Der Erwerber wurde ordnungsbehördlich auf Beseitigung der Verunreinigung in Anspruch genommen. Nach § 558 BGB aF waren nicht nur die vertraglichen, deliktischen und dinglichen Ansprüche des Veräußerers (als Rechtsvorgänger des Erwerbers) verjährt, sondern die Einrede stand auch den deliktischen und dinglichen Ansprüchen des Erwerbers gegen den Pächter entgegen. Der BGH versagte dem Erwerber einen Ersatzanspruch gem. §§ 683, 684 BGB. Zwar hätte der BGH dieses Ergebnis nach der hier vertretenen Lehre bereits darauf stützen können, dass der Erwerber gegenüber dem ehemaligen Pächter bereits ohnehin ohne Geschäftsführungsabsicht handelte; doch sein tragendes Argument war nicht weniger zutreffend: hat das Gesetz bestimmt, dass der Erwerber vom Pächter die Beseitigung der Kontaminierung nicht mehr verlangen kann, so ist wegen der damit intendierten abschließenden Regelung auch ein Anspruch gem. §§ 683, 684 BGB auf die Beseitigungskosten ausgeschlossen4. Mittlerweile ist die Frage des Rückgriffs unter Polizeipflichtigen bei Bodenkontaminierung spezialgesetzlich in § 24 Abs. 2 BBodSchG geregelt.

I. Vertragliche Regelung der Geschäftsführung 1. Abschließende Regelung der Geschäftsbesorgung Eine Anwendung der §§ 677 ff. BGB scheidet aus, wenn zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr ein vertragliches Rechtsverhältnis besteht, das die Geschäftsbesorgung abschließend regelt. § 677 BGB nennt beispielhaft den Auftrag iSd § 662 BGB. Der Vertrag schließt die Geschäftsführung ohne Auftrag aber nur insoweit aus, als er überhaupt reicht und Regelungen enthält 5. Damit sind für die Rechtsanwendung folgende Arbeitsschritte vorgegeben. Zu3 Vgl. BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGHZ 140, 102 (109 f.), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97; BGHZ 98, 235 (242 f.), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84; BGHZ 40, 28 (32), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; BGHZ 30, 162 (169 f.), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58. 4 BGHZ 98, 235 (240 ff.), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84; Peters, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84, JZ 1987, 198. 5 Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 76; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1191.

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nächst ist (a) zu prüfen, ob der Vertrag eine abschließende Regelung enthält6. Ist das der Fall, ist ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausgeschlossen. Ist das nicht der Fall, so sind in einem zweiten Schritt (b) die Bereiche zu ermitteln, die der Vertrag vorrangig ordnet, und von den Bereichen abzugrenzen, für die der Vertrag – auch mittels ergänzender Vertragsauslegung – keine Handhabe mehr bietet. Nur wenn eine Handlung in den ungeregelten Raum hineinfällt, ist ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB statthaft. Die Abgrenzung vertraglicher abschließender Reglungen zu lückenhaften Vertragsordnungen wird in der Praxis zB dann relevant, wenn der Gläubiger einer vertraglichen Leistung sich diese – ohne dem Schuldner eine Nachfrist gem. § 281 Abs. 1 BGB zur Erfüllung bzw. Nacherfüllung zu setzen – selbst beschafft und nunmehr Ersatz seiner Selbstvornahmekosten gem. §§ 683, 684 BGB verlangt. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass die besonderen vertraglichen Gewährleistungsrechte des Kauf-, Miet- und Werkvertragsrechts wie auch die Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts eine abschließende Regelung enthalten, die einen Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB überhaupt ausschließen7. Daher kann weder der Käufer, der ohne Nachfristsetzung den Mangel selbst beseitigt8, noch der Vermieter, der ohne Nachfristsetzung die geschuldeten Schönheitsreparaturen selbst vornimmt9, den Ersatz seiner Selbstvornahmekosten auf §§ 683, 684 BGB stützen. Andererseits schließen die Bestimmungen über den Selbsthilfeverkauf des Verkäufers bei Annahmeverzug des Käufers (§ 373 HGB) nicht aus, dass der Verkäufer, der die Ware ohne Beachtung dieser Bestimmungen verkauft, im Rahmen einer nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag für den Geschäftsherrn handelt10, wie umgekehrt der Notverkauf durch den rücktrittsberechtigten Käufer auch dann eine nützliche Geschäftsführung für den Verkäufer sein kann, wenn die Bestimmungen des § 379 HGB nicht beachtet werden11. Das Bestehen eines gesetzlichen Kontrahierungszwanges begründet für sich genommen noch keine vorrangige Regelung, die einen Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausschließt12. Der Kontrahierungszwang begründet lediglich die 6 Die Frage, ob eine abschließende Regelung vorliegt, ist ausschließlich nach Vertragsrecht zu beurteilen (vgl. auch PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:103, Comment. B 6 [p. 188]). 7 Vgl. BGHZ 162, 219, Urt. v. 23. 2. 2005 – VIII ZR 100/04: Kaufvertrag; BGHZ 92, 123 (125), Urt. v. 12. 7. 1984 – VII ZR 268/83: Werkvertrag; BGH, NJW 1968, 43, Urt. v. 28. 9. 1967 – VII ZR 81/65; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 12 8 BGHZ 162, 219, Urt. v. 23. 2. 2005 – VIII ZR 100/04. 9 OLG Hamburg, NJW 1973, 2211, Urt. v. 8. 2. 1973 – 4 U 93/72; Ricker, Anmerkung zu OLG Koblenz, Urt. v. 29.7.1999 – 5 U 1787/98, MDR 2000, 446; aA: OLG Koblenz MDR 1999, 1496, Urt. v. 29. 7. 1999 – 5 U 1787/98; Lützenkirchen, Unterlassene Schönheitsreparaturen durch den Mieter, MDR 2001, 9 (11 ff.). 10 BGH, MDR 1958, 93, Urt. v. 18. 6. 1957 – VIII ZR 218/56; vgl. Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 94 f. 11 RGZ 66, 186 (197 f.), Urt. v. 7. 6. 1907 – II 39/07; RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20. 12 BGH, NZM 2005, 356 (358), Urt. v. 26. 1. 2005 – VIII ZR 66/04.

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Pflicht, einen Vertrag, wenn auch zu bestimmten Bedingungen, abzuschließen. Soweit ein solcher Vertrag aber noch nicht geschlossen ist, fehlt es an einer vorrangigen und abweichenden Regelung, so dass die §§ 677 ff. BGB grundsätzlich anwendbar sind. Die Vorrangwirkung einer (abschließenden) vertraglichen Regelung ist sachlich nicht nur auf den Vertragsgegenstand sondern auch zeitlich begrenzt. Mit Auslaufen des Vertrages endet der Vorrang der vertraglichen Regelung, so dass wieder auf die §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden kann. Bleibt ein vertraglich beauftragter Geschäftsbesorger über die Zeit seiner Bestellung hinaus tätig, so agiert er mit Auslaufen des Vertrages als Geschäftsführer ohne Auftrag13. Dies gilt natürlich nicht, wenn und soweit der Vertrag besondere Abwicklungsvorschriften bereithält oder eventuell die Grundsätze eines faktischen Vertragsverhältnisses eingreifen. Nicht nur das Bestehen eines Vertragsverhältnisses hat Einfluss auf die Geschäftsführung ohne Auftrag. In bestimmten Fällen kann auch das Fehlen einer vertraglichen Regelung Einfluss auf die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche gewinnen. Unterlässt es der Geschäftsführer trotz bestehender Möglichkeit, einen Vertragsschluss mit dem Geschäftsherrn herbeizuführen, so ist es ihm verwehrt, gem. § 683 S. 1 BGB die normale Vergütung zu verlangen. Darauf wird weiter unten eingegangen werden (siehe § 14 I 3). Versucht dagegen der Geschäftsführer zur Sicherung seines Entgeltanspruchs einen Vertrag herbeizuführen, scheitert aber der anvisierte Vertragsschluss, so kann der Geschäftsführer keinesfalls Ersatz seiner Aufwendungen nach Geschäftsführungsrecht verlangen. Hiervon wird gleich näher zu handeln sein.

2. Überschreitung vertraglicher und organschaftlicher Befugnisse Grundsätzlich ordnet das Vertrags- und Gesellschaftsrecht die Befugnisse des Geschäftsführers abschließend. Überschreitet er seine Kompetenzen, ist er seinem Auftraggeber bzw. der Gesellschaft wegen Pflichtverletzung gem. § 280 BGB verantwortlich. Auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag kann wegen der abschließenden Natur der Regelung nicht zurückgegriffen werden14; dies gilt natürlich nicht für solche Handlungen, die zwar für jemanden, mit dem der Geschäftsführer in vertraglichen Beziehungen steht, vorgenommen werden, die jedoch nicht unter den Vertragsgegenstand fallen (so etwa, wenn der für den Fall A bestellte Prozessvertreter seinen im Fall B nicht vertre-

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BayObLG, NJW-RR 2000, 155, Urt. v. 26. 8. 1999 – 2Z BR 53/99. Sog. Lehre vom Vertragsverstoß: BGH NJW 1997, 314, Urt. v. 4. 11. 1996 – II ZR 48/95; BGH, WM 1988, 968, Urt. v. 11. 1. 1988 – II ZR 192/97; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 56; Oertmann2 (1929) Vorbem 5 a vor §§ 677 ff.; aA noch: RGZ 158, 302 (311 ff.), Urt. v. 22. 10. 1938 – II 58/38; v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 937. 14

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tenen Mandanten vor Gericht vertritt, vgl. § 89 ZPO)15. Andere Rechtsordnungen gehen in der Behandlung von Überschreitungen der Geschäftsführungsbefugnisse teilweise andere Wege. Das Schweizer Obligationenrecht ordnet zB im Recht der einfachen Gesellschaft bei Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse den Rückgriff auf das Recht der auftraglosen Geschäftsführung an16. Art. 540 OR. (1) … (2) Wenn ein Gesellschafter, der nicht zur Geschäftsführung befugt ist, Gesellschaftsangelegenheiten besorgt, oder wenn ein zur Geschäftsführung befugter Gesellschafter seine Befugnisse überschreitet, so finden die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung.

Dabei kann der Rückgriff auf die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag bei Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse auch in Deutschland auf eine gewisse Tradition zurückblicken; erst relativ spät hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass hier für einen Rückgriff wegen der abschließenden Regelung des Auftrags- und Gesellschaftsrechts kein Raum ist. Schwerpunkt der Diskussion in Deutschland war immer das Gesellschaftsrecht17. Nachdem die Rechtsprechung bei Kompetenzverstößen anfangs den Weg einer verschuldensunabhängigen Risikohaftung ging18, griff sie später in der Tat auf die Geschäftsführung ohne Auftrag zurück19. Der Geschäftsführer, der objektiv außerhalb seiner Geschäftsführungsbefugnisse handelte, wurde – unabhängig von einem Verschulden – als auftragloser Geschäftsführer angesehen (erste Ebene). Erst auf der zweiten Ebene der Anwendung der §§ 677 ff. BGB (actio directa) wurde die Verschuldensfrage relevant, wenn es darum ging, ob sich bei fehlender utilitas der Geschäftsführung eine Haftung nach § 678 BGB (Übernahmeverschulden) oder nach § 677 BGB (Ausführungsverschulden) begründen ließ20. Durchsetzen sollte sich schließlich zu Recht die von Fischer begründete Lehre vom Vertragsverstoß21. Fischer erkannte in der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnisse die Verletzung der gesellschaftsvertraglichen Pflicht, unbefugte Geschäftsführungshandlungen zu unterlassen. Für diese Pflichtverletzung haftet der Geschäftsführer nach allgemeinen Grundsätzen (pFV, heute § 280 BGB) auf Schadensersatz22. Der Bundesgerichtshof, der erst 1988 Ge15

Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1191. Vgl. Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1183 ff. 17 Vgl. Häuser, Zur Haftungsordnung bei kompetenzwidriger Geschäftsführung eines Gesellschafters einer Personalgesellschaft, in: FS-Kraft, 1998, S. 147; Müller-Graff, Haftungsrecht und Gesellschaftsrecht, AcP 191 (1991) 475 (486 ff.). 18 RG, LZ 1914, 580, Urt. v. 12. 6. 1913 – II 130/13; auch: RGZ 109, 56 (60 f.), Urt. v. 10. 10. 1924 – II 456/23; RG, JW 1930, 705 (706), Urt. v. 22. 11. 1929 – II 129/29. 19 RGZ 158, 302 (311 ff.), Urt. v. 22. 10. 1938 – II 58/38. 20 In der Lehre wurde alsbald die Zwei-Ebenen-Rechtsprechung des Reichsgerichts auf der ersten Ebene um ein Verschuldenselement angereichert (Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft4, 1971, 10 VI 5 = S. 141 ff.). 21 HGB-Großkomm/Fischer3 (1973) § 116 Anm. 29. 22 Daneben existierten zahlreiche Kombinationsansätze, die die von Hueck und Fischer entwickelten Ansätze im Wege der Anspruchskonkurrenz kombinierten (dazu: Häuser, Zur 16

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legenheit hatte, sich zu dieser Problematik zu äußern, schloss sich unter Aufgabe der reichsgerichtlichen Rechtsprechung der Lehre von Fischer an und entschied, dass der Geschäftsführer, der seine Geschäftsführungsbefugnisse (schuldhaft) überschreitet, gegen seine gesellschaftsvertraglichen Pflichten verstößt und deswegen aus positiver Vertragsverletzung (heute § 280 BGB) haftet 23. Auf ein weiteres Ausführungsverschulden bei der Durchführung der kompetenzwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme kommt es daher nicht an 24. Das (schuldhaft) jenseits seiner Kompetenzen handelnde Organ kann also nicht einwenden, dass ihn kein weiteres Verschulden trifft.

Handelt der Geschäftsführer bei Überschreitung seiner Geschäftsführungsbefugnisse eigennützig im eigenen Interesse, sind die §§ 677 bis 686 BGB von vorneherein nicht anwendbar. Es fehlt an der fremdnützigen Geschäftsführung „für einen anderen“. Allenfalls kann § 687 Abs. 2 BGB eingreifen. Darauf wird weiter unten zurückzukommen sein (siehe § 17).

3. Wirksamkeit des Vertragsverhältnisses Die vertraglichen Regelungen gehen nur vor, soweit sie wirksam sind; ist der Vertrag unwirksam, so sind, ein Subordinationsverhältnis vorausgesetzt, die §§ 677 ff. BGB anwendbar; darauf wird weiter unten ausführlich eingegangen werden (siehe § 15 IV). Soweit die Grundsätze eines fehlerhaften aber wirksamen Vertragsverhältnisses eingreifen, ist die Anwendung der Geschäftsführungsregeln der §§ 677 ff. BGB aber selbstverständlich ausgeschlossen. Das fehlerhafte aber wirksame Vertragsverhältnis stellt dann eine gegenüber den §§ 677 ff. BGB vorrangige rechtliche Ordnung der gegenseitigen Verhältnisse dar25. Hierhin gehören etwa das faktische Arbeitsverhältnis oder der fehlerhafte Anstellungsvertrag. Ist das Vertragsverhältnis dagegen nicht nur fehlerhaft, sondern überhaupt nichtig oder sonst unwirksam, kann nach der grundsätzlich zutreffenden Auffassung des BGH uneingeschränkt auf die Grundsätze der §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden 26. Der Grund für das Fehlen der vertraglichen Berechtigung Haftungsordnung bei kompetenzwidriger Geschäftsführung eines Gesellschafters einer Personalgesellschaft, in: FS-Kraft, 1998, S. 147 [162 f.]). 23 BGH WM 1988, 968, Urt. v. 11. 1. 1988 – II ZR 192/97; OLG Köln, NJW-RR 1995, 547 (548 f.), Urt. v. 16. 2. 1994 – 2 U 186/92. 24 BGH, NJW 1997, 314, Urt. v. 4. 11. 1996 – II ZR 48/95. 25 Vgl. Erman, Faktische Vertragsverhältnisse oder Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1965, 421; Dorn, Strukturgleichheit zwischen faktischen Vertragsverhältnissen und Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1964, 799; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 52; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 11; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 15 26 BGHZ 101, 393 (399), Urt. v. 24. 9. 1987 – VII ZR 306/86; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGH, ZIP 1996, 2113 (2114), Urt. v. 10. 10. 1996 – III ZR 205/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; vgl. dazu: Hader, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Anspruchsgrundlage bei gescheiterten Verträgen, 2006, S. 103 ff.

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ist auf der Ebene des Grundtatbestandes der Geschäftsführung ohne Auftrag – vorbehaltlich der sogleich anzusprechenden institutionellen Beschränkung des Gestionsrechts im Stadium der Vertragsanbahnung – grundsätzlich ohne Bedeutung27. Im Rahmen der Durchführung der Geschäftsführung ohne Auftrag und für die actio contraria kann der Unwirksamkeitsgrund durchaus geschäftsführungsrechtliche Bedeutung erlangen. Ist etwa der zugrunde liegende Vertrag gem. § 134 BGB oder § 138 BGB nichtig, so wird der Geschäftsführer häufig keinen Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 683 S. 1 BGB verlangen können, da er Aufwendungen, die gerade in der von der Rechtsordnung missbilligten Tätigkeit liegen, im Rahmen der §§ 683 S. 1, 670 BGB nicht für erforderlich halten durfte28. Es kann vorkommen, dass von der Nichtigkeit oder sonstigen Unwirksamkeit nicht das gesamte der Geschäftsführung zugrunde liegende Rechtsverhältnis erfasst wird (Teilnichtigkeit), § 139 BGB. Soweit Vertragsrecht fortbesteht, richtet sich das Rechtsverhältnis danach. Für den unwirksamen Teil bestimmen sich aber die gegenseitigen Rechte und Pflichten, sofern darin eine Geschäftsbesorgung und damit eine Subordination des Geschäftsführers zu sehen ist, nach den §§ 677 ff. BGB. Fehlt es an der Subordination, ist der Anwendungsbereich der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht begründet. Es verbleibt dann bei der Anwendung der §§ 812 ff. BGB29.

4. Der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer Auf die komplizierten Verhältnisse, die entstehen, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines Vertrages mit einem Dritten zur Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsherrn verpflichtet ist (vertraglich drittgebundener Geschäftsführer), wird weiter unten eingegangen (siehe § 15 III). Art. V. – 1:103 (c) DCFR schließt in diesen Fällen den Rückgriff auf die Vorschriften der benevolent intervention jedenfalls grundsätzlich aus. V. – 1:103: Exclusions. This Book does not apply where the intervener: (a) … (c) is under an obligation to a third party to act.

27 Vgl. BGHZ 37, 258 (263), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGH, ZIP 1996, 2113 (2114), Urt. v. 10. 10. 1996 – III ZR 205/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; BGHZ 101, 393 (399), Urt. v. 24. 9. 1987 – VII ZR 306/86; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98. 28 BGHZ 37, 258 (63 f.), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGH, VersR 1970, 422, Urt. v. 12. 2. 1970 – VII ZR 103/68. 29 Vgl. BGHZ 37, 258 (263), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 57.

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II. Gesetzliche Regelung der Geschäftsführung 1. Abschließende gesetzliche Regelung Es gibt zahlreiche gesetzlich besonders ausgestaltete Geschäftsbesorgungsverhältnisse, die wegen ihres abschließenden Regelungscharakters einen Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausschließen. Die Frage, ob eine gesetzliche Regelung abschließend ist, ist alleine aus der in Frage stehenden Regelung heraus zu entscheiden und kann nicht allgemein beantwortet werden. Hier können nur einige Beispiele gegeben werden. Abschließend sind insbesondere die Insolvenzund Nachlassverwaltung, die Testamentsvollstreckung sowie familienrechtliche Rechtsinstitute wie Pflegschaft, Vormundschaft oder die elterliche Sorge30. Auch § 1357 Abs. 1 BGB will eine abschließende Regelung treffen. Lässt sich eine Inanspruchnahme des Ehegatten nicht nach § 1357 BGB begründen, so kann diese auch nicht aus den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag hergeleitet werden31. Zwar ließe sich diese Aufzählung beliebig fortsetzen. Doch ist damit für unsere Zwecke kein weiterer Erkenntnisgewinn verbunden. Insoweit ist auf meine Kommentierung zu verweisen32. Die Frage, ob eine gesetzliche Regelung (partiell) abschließend ist, muss aus der fraglichen Regelung heraus beantwortet werden. Allgemeine Grundsätze sind kaum möglich. Ein Ausschluss der actio negotiorum gestorum contraria wird aber meist dort naheliegen, wo eine Rückgriffslage bereits spezialgesetzlich geordnet ist 33; insbesondere die Anordnung einer cessio legis intendiert regelmäßige – jedenfalls im Rahmen ihres Tatbestandes – eine abschließende Regelung und damit einen Ausschluss des Rückgriffs auf die §§ 683, 684 BGB34.

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Auch sonst gibt es zahlreiche Vorschriften, die einen Rückgriff auf die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließen (BGH NZBau 2004, 34 [35], Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGHZ 140, 102 (110), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97: Gewährt die Krankenkasse ihrem Mitglied mit Hilfe eines Leistungserbringers Leistungen nach dem Sachleistungsprinzip [hier: Krankentransportleistung], ist der Leistungserbringer auf Vergütungsansprüche gegen die Krankenkasse beschränkt; eine Vergütungspflicht des Versicherten besteht auch nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht; BGHZ 30, 162 (169 f.), Urt. v. 4. 6. 1959 – 217/58; BGH, LM BGB § 683 Nr. 11, Urt. v. 13. 6. 1960 – VII ZR 114/59. 31 BGH JZ 2005, 949 (951), Urt. v. 28. 4. 2005 – III ZR 351/04. 32 Staudinger/Bergmann (2006) Vorbem 196 ff., 247 ff. zu §§ 677 ff. 33 BGHZ 155, 342 (350), Urt. v. 8. 7. 2003 – VI ZR 274/02: Leistungen, die ein unzuständiger Leistungsträger erbracht hat, sind ihm vom zuständigen Leistungsträger gem. § 105 SGB X zu ersetzen, gem. § 116 SGB X geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf den zuständigen Leistungsträger über. Diese Regelung ist abschließend: ein Anspruch des unzuständigen Leistungsträgers gegen den Schädiger ist daher auch nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu begründen 34 BGHZ 30, 162 (169 ff.), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58; BGH, LM BGB § 683 Nr. 11, Urt. v. 13. 6. 1960 – VII ZR 114/59; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 11.

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Der Ausschluss des Rückgriffs auf die §§ 677 ff. BGB gilt aber nur, wenn und soweit eine abschließende Regelung vorhanden ist. Dies gilt in gegenständlicher wie in zeitlicher Hinsicht. Setzt ein Amtswalter (Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker) ungeachtet der Beendigung seines Amtes seine Amtstätigkeit fort, so finden – sofern besondere Abreden nicht getroffen wurden – die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag Anwendung35.

2. Nicht abschließende gesetzliche Regelungen Es gibt zahlreiche gesetzliche Vorschriften, in denen das Gesetz zwar eine gesetzliche Pflicht zur Geschäftsführung für einen anderen „als solche“ fixiert, aber von einer weiteren Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Geschäftsherrn und Geschäftsführer absieht. Hier kann grundsätzlich auf die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zurückgegriffen werden, soweit sich aus dem Gesetz keine abweichenden Wertungen oder Entscheidungen – zB für eine Kostentragungspflicht des Geschäftsführers – ergeben. Wird die gemeindliche Feuerwehr aufgrund einer bestehenden gesetzlichen Verpflichtung zur Brandbekämpfung zugunsten des Eigentümers tätig, kann sie gem. § 683 S. 1 BGB Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen, soweit die Frage nach Kostenersatz nicht abschließend oder abweichend in den einschlägigen Vorschriften geregelt ist36. Die prominenteste Vorschrift obligatorischer, aber nicht gesetzlich abschließend geregelter Geschäftsführung ist § 323c StGB. Nach zutreffender Auffassung dient die Norm nicht nur dem Interesse der Allgemeinheit an solidarischer Schadensabwehr in Notlagen37, sondern verpflichtet den Helfer gerade auch gegenüber dem Gefährdeten zur Hilfeleistung38. Ebenso ist der Beschützergarant iSd § 13 StGB gerade gegenüber der begünstigten Person zur Schadensabwehr verpflichtet. Das Bestehen der gesetzlichen Verpflichtung zum Tätigwerden schließt den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag in diesen Fällen nicht aus, da das Gesetz keine abschließende oder abweichende Regelung der Interessenwahrnehmung trifft39. Der Retter kann demnach gem. § 683 S. 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Anders ist im Fall des Überwachungsgaranten iSd § 13 StGB zu entscheiden: bzgl. der überwachten Person fehlt es 35

BGH, VIZ 2002, 408, Urt. v. 21. 2. 2002 – III ZR 107/01. BGHZ 40, 28, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71. Dies ist etwa der Fall bei Art. 28 BayFwG (BayObLGZ 2002, 35, Urt. v. 25. 2. 2002 – 1Z RR 331/99). 37 So aber: OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1989, 794 (795), Urt. v. 27. 10. 1998 – 1 U 171/87; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 11; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 15. 38 OLG Düsseldorf NJW 2004, 3640 f., Urt. v. 27. 7. 2004 – I-14 U 24/04. Vgl. auch: Smits, The Good Samaritan in European Private Law, 2002, p. 3 seqq. 39 Insbesondere in den §§ 2 Abs. 2 Nr. 13, 13 SGB VII liegt keine abweichende Regelung. 36

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an der Subordination, bzgl. des Dritten greift die vorrangige Wertung, dass der Überwachungsgarant die Kosten zu tragen hat: wegen der gesetzlichen Wertung der §§ 823 ff. BGB kann der Verkehrssicherungspflichtige seine Aufwendungen nicht auf den Geschützten abwälzen. Aus dem gleichen Grund kann – um ein bereits oben genanntes Beispiel aufzugreifen – der Sicherungspflichtige des § 908 BGB seine Kosten nicht auf den Nachbarn schieben. Soweit die gesetzliche Regelung der Geschäftsführungspflicht aber reicht, werden die Vorschriften der §§ 677 ff. BGB verdrängt oder doch jedenfalls modifiziert. Ist der Retter gem. § 323c StGB verpflichtet, einen Suizidenten zu retten, so kann sich dieser nicht darauf berufen, dass die Geschäftsführung nicht seinem Willen entsprochen hat. Soweit die gesetzliche Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung reicht, kommt es auf den entgegenstehenden Willen des Geschäftsherrn nicht an. Wenn man so will, modifiziert § 323c StGB das subjektive Utilitätsprinzip der §§ 677, 683 S. 1 BGB, weil Maßstab der Geschäftsführung nunmehr ausschließlich das – gesetzlich definierte – Interesse des Geschäftsherrn, nicht aber gegenläufiger Wille ist. Mit einer entsprechenden Anwendung des § 679 BGB hat dies entgegen der hM nichts zu tun. Notwehr-, Notstands- und Selbsthilferechte (§§ 227, 228, 229, 858, 904 BGB, 32, 34, 35 StGB) berechtigen zwar zum Handeln, sollen aber nach verbreiteter Ansicht keine „sonstige Berechtigung“ zur Geschäftsführung iSd § 677 BGB darstellen40. Dahinter steht der Wunsch, dem Handelnden einen Erstattungsanspruch gem. §§ 683, 684 BGB gegen den Störer zu geben. Der Rekurs in diesen Fällen auf die Vorschriften der §§ 677 ff. BGB ist evident unzutreffend. In den Fällen der Notwehr, des Notstandes oder der Selbsthilfe wird der „Geschäftsführer“ ausschließlich für sich und zum Schutze seiner eigenen Interessen (bzw. bei der Nothilfe zugunsten eines bedrohten Dritten) tätig, aber keinesfalls für den Störer. Dass er zugleich ein Geschäft des Störers führt, ist geschäftsführungsrechtlich ohne Bedeutung. Zudem ist für einen Rückgriff auf §§ 683, 684 BGB auch kein Raum. Es besteht eine vorrangige Regelung: Die Kostentragungspflicht des Störers folgt als ungeschriebener Annex aus den Selbsthilferechten. Darauf ist unten noch genauer einzugehen (siehe § 15 I 5).

3. Öffentlich-rechtliche Geschäftsführungspflichten im Interesse der Allgemeinheit In vielen Fällen werden öffentlich-rechtliche Pflichten, die den „Geschäftsführer“ treffen, nur der Allgemeinheit nicht aber einer konkreten Person (Geschäftsherr) gegenüber bestehen. In diesen Fällen scheidet ein Rückgriff auf die Vorschriften der §§ 677 ff. BGB schon mangels einer Geschäftsführung für ei40 Vgl. MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 43; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 15; aA: v. Venrooy, Zivilrechtliche Folgen des Parkens vor Grundstückszufahrten, JuS 1979, 102 (104).

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nen anderen aus, da der Geschäftsführer nach dem sozialen Sinn seines Tuns nicht für einen Geschäftsherrn tätig wird, sondern dem Interesse der Allgemeinheit dient. Etwaige Vorteile dritter Personen sind Reflexvorteile, die den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht begründen.

III. Bewusstsein der Auftragslosigkeit Die §§ 677 ff. BGB greifen ein, sobald keine vorrangige abschließende oder abweichende gesetzliche oder vertragliche Regelung der Geschäftsführung besteht. Keine Rolle spielt es dagegen, ob der Geschäftsführer sich irrtümlich aufgrund eines vermeidlichen Vertrages oder einer gesetzlichen Vorschrift zur Geschäftsführung verpflichtet sieht41. Alleine die tatsächliche Subordination und das objektive Fehlen einer vorrangigen Regelung lösen das Gestionsrecht aus. Die abweichende Position der bundesgerichtlichen Praxis in der Schweiz, die für die Anwendung der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag verlangt, dass dem Geschäftsführer das Fehlen eines Auftrags oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses bewusst war, verfehlt das Wesen der negotiorum gestio als des gesetzlichen Schuldverhältnisses der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessenwahrnehmung für einen anderen. Zutreffend wird daher das Erfordernis des Bewusstseins der Auftragslosigkeit von der Schweizer Lehre fast einhellig abgelehnt42. Und schon im römischen Recht wurde auf die negotiorum gestio zurückgegriffen, wenn der Gestor in der irrtümlichen Annahme eines Vertrages tätig wurde: „…, cum putavi a te mihi mandatum, negotia gessi, et hic nascitur negotiorum gestorum actio cessante mandati actione. Idem est etiam, si pro te fideiussero, dum puto mihi a te mandatum esse“43. Spektakulär ist das Beispiel des Paulus, Dig. 3, 5, 18, 2 (de negotiis gestis). Paulus, Dig. 3, 5, 18, 2 (de negotiis gestis): „Si libero homini, qui bona fide mihi serviebat, mandem, ut aliquid agat, non fore cum eo mandati actionem Labeo ait, quia non libera voluntate exsequitur rem sibi mandatam, sed quasi ex necessitate servili: erit igitur negotiorum gestorum actio, quia et gerendi negotii mei habuerit affectionem et is fuit, quem obligare possem“. Ich besitze einen freien Menschen bone fides als Sklaven. Gebe ich ihm die Weisung, ein Geschäft für mich zu erledigen, kommt ein actio mandati nicht in Betracht, „quia non libera voluntate exsequitur rem sibi mandatam, sed quasi ex 41 BGH NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04; BGH, NZM 2005, 356 (358), Urt. v. 26. 1. 2005 – VIII ZR 66/04; BGHZ 1, 57 (62), Urt. v. 12. 1. 1951 – V ZR 14/50; BGHZ 37, 258 (262 f.), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; aA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 25, 119. 42 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 250 ff. 43 Ulpian, Dig, 3, 5, 5 pr. (de negotiis gestis).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

necessitate servili“. Doch die Geschäftsführungsklage ist möglich, weil er für mich tätig werden wollte („quia et gerendi negotii mei habuerit affectionem“). Obligationsbegründend und positiv festzustellendes Tatbestandsmerkmal der negotiorum gestio ist alleine die Geschäftsführung für einen anderen. Mehr bedarf es nicht. Das objektive Bestehen einer vorrangigen Regelung schließt als negatives Tatbestandsmerkmal den Rückgriff auf negotiorum gestio aus. Für ein Bewusstsein der Auftragslosigkeit ist kein Raum, insbesondere schließt – wie bereits oben dargelegt – der Glaube an eine Rechtspflicht die Geschäftsführungsabsicht nicht aus (siehe § 8 V 2 g).

IV. Geschäftsführung für mehrere Personen Wie bereits oben dargelegt wurde, kann der seltene Fall eintreten, dass der Geschäftsführer gleichzeitig fremdnützig für mehrere Geschäftsherrn tätig wird, so zB, wenn er den Brand eines im Miteigentum stehenden Hauses löscht (siehe § 2 VI 5, § 8 V 2 g). Fehlt es an einer vertraglichen oder gesetzlichen Bindung jedem der Eigentümer gegenüber, so entsteht gegenüber jedem von ihnen das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag. Liegt der Fall so, dass nur bzgl. eines der Eigentümer eine vertragliche Berechtigung zur Geschäftsführung vorliegt, wird der Geschäftsführer aufgrund des Vertrages nur für diesen tätig; insoweit ist ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausgeschlossen. Bzgl. der anderen Eigentümer besteht im Prinzip ein vorrangiges vertragliches Verhältnis nicht. Ob ihnen gegenüber auf die §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden kann, bestimmt sich nach den Grundsätzen über die pflichtengebundenen Geschäftsführer, auf die unten näher eingegangen werden soll (siehe § 15 III). Das Ergebnis sei vorweggenommen: hat der vertragsschließende Miteigentümer nur für seinen (ideellen) Teil eine vertragliche Regelung begründet, so kann auf die §§ 677 ff. BGB bzgl. der anderen Miteigentümer zurückgegriffen werden; sollte der Vertrag hingegen eine Regelung enthalten, dass den beauftragenden Eigentümer die volle Vergütungspflicht für die gesamte Arbeit treffen soll, ist insoweit ein geschäftsführungsrechtlicher Rückgriff gegen die anderen Eigentümer ausgeschlossen44.

44

(41 f.).

Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13

§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag

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V. Gescheiterte Vertragsanbahnung und unbestellte Leistungen (§ 241a BGB) 1. Gescheiterte Vertragsanbahnung Eine echte institutionelle Beschränkung findet das Geschäftsführungsrecht in der Phase der Vertragsanbahnung. Entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie begründen die Privatrechtssubjekte gegenseitige Ansprüche (Leistungs- und Vergütungsansprüche) und Pflichten durch Vertrag. Dabei trägt jede Partei grundsätzlich das Risiko eines Scheiterns der Vertragsverhandlungen und damit des Ausfalls von Leistung bzw. Vergütung. Eigene Aufwendungen im Vorfeld eines Vertrages bleiben, sofern es nicht zum Abschluss des Vertrages kommt, unvergütet. Diese im Prinzip der Privatautonomie angelegte und rechtsökonomischer Einsicht geschuldete Risikoverteilung kann nicht mittels des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag beiseite geschoben werden45. Daher steht weder dem Geschäftsführer ein Aufwendungsersatzanspruch (Vergütungsanspruch) gem. § 683 S. 1 BGB noch dem Geschäftsherrn ein Herausgabeanspruch gem. §§ 681 S 2, 667 BGB auf das Ergebnis der fremdnützigen Geschäftsführung zu, wenn die Vertragsverhandlungen scheitern; (Ersatz-)Ansprüche können sich allenfalls bei Verschulden aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB iVm § 280 BGB ergeben. Diese Grundsätze können auch nicht dadurch umgangen werden, dass der am Vertragsschluss Interessierte dem in Aussicht genommenen Vertragspartner ungefragt seine Leistung erbringt. Die Privatrechtsordnung anerkennt grundsätzlich keine Pflicht zur Vergütung unbestellter Leistungen. Ein Entgelt ist lediglich auf vertraglicher Grundlage zu zahlen. Dieses Ergebnis folgt im Verhältnis Unternehmer – Verbraucher nunmehr unmittelbar aus § 241a Abs. 1 BGB46. Zutreffend hat daher der BGH im mittlerweile berühmten Erbensucherfall dem Geschäftsführer, der seinem potentiellen Vertragspartner ungefragt Informationen hat zukommen lassen, nach Scheitern einer Honorarvereinbarung weder einen Vergütungsanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag noch aus ungerechtfertigter Bereicherung zugestanden47. Anders wurden 45

BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 3 Rn. 5. 46 Hau, Geschäftsführung ohne Verbraucherauftrag, NJW 2001, 2863 (2864). 47 BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; dazu auch: Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833(837 ff.); Schulze, Anmerkung zu Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98, JZ 2000, 523; vgl auch: BGH, NJW-RR 2006, 656, Beschl. v. 23. 2. 2006 – III ZR 209/05; BGHR BGB § 677 Erbensucher 1, Beschl. v. 26. 4. 1990 – III ZR 294/88; OLG Frankfurt Rp 1998, 375 (376), Beschl. v. 11. 9. 1998 – 13 W 38/98; OLG Celle, ZEV 1998, 449, Urt. v. 11. 2. 1998 – 21 U 49/97; OLG Nürnberg, NJW-RR 1987, 405, Urt. v. 13. 11. 1985 -9 U 856/85: Der Initiator eines Bauherrenmodells erhält für seine auf die Gründung einer Bau-

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

vergleichbare Sachverhalte von französischen Gerichten entschieden: ein Genealoge fand im Rahmen von Nachforschungen heraus, dass einer bestimmten Person, die davon nichts wusste, eine Erbschaft zustand. Er versuchte erfolglos, sein Material an den Erben zu verkaufen. Der Erbe weigerte sich, das vom Genealogen geforderte Honorar zu bezahlen, setzte aber seinerseits aufgrund der erlangten Informationen seine Rechte erfolgreich durch. Das Gericht sprach dem Genealogen einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu48. Richtig erscheint mir das nicht.

2. Unbestellte Leistungen (§ 241a BGB) § 241a Abs. 1 BGB bestimmt in Umsetzung des Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie49, dass durch die Erbringung unbestellter Leistungen durch einen Unternehmer an einen Verbraucher ein Anspruch nicht begründet wird. Die Vorschrift wird umfassend verstanden und erfasst sowohl vertragliche wie gesetzliche Ansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher50. Da der Geschäftsführer ohne Auftrag per definitionem ohne Auftrag agiert, wären – wenn man die Vorschrift wörtlich nimmt – im Anwendungsbereich des § 241a BGB (B2C) nunmehr alle Aufwendungsersatzansprüche des professionellen Geschäftsführers gem. §§ 683, 684 BGB (actio contraria) ausgeschlossen51; eine Konsequenz, die der deutsche Gesetzgeber ebenso wenig wie der europäische Richtliniengeber bedacht hat. Die

herrengemeinschaft zielende und in der Vorbereitung und Förderung des Bauvorhabens bestehende Tätigkeit vom Bauherren weder unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag noch unter dem der ungerechtfertigten Bereicherung eine Vergütung, wenn er entgegen seiner Erwartung nicht zu einem Funktionsträger im Rahmen des Bauherrenmodells bestellt wird. AG Schöneberg, NJW-RR 1998, 412, Urt. v. 4. 2. 1997 – 105 C 458/96: ebenso wenig kann ein Makler, der die Eigentümer eines Grundstücks ausfindig macht, für das er einen Kaufinteressenten hat, für seine Aufwendungen bei der Eigentumssuche von den Eigentümern Aufwendungsersatz fordern. 48 Cour Dijon 1re , Urt. v. 9. 7. 1929, GazPal 1929. 2.620; Trib. civ. Seine 1re , Urt. v. 23. 4. 1952, GazPal 1952. 2.227. 49 Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144 v. 4. 6. 1997, S. 19. Vgl. dazu auch: Acquis Group, Contract I, 2007, Art. 4:104, Comment. 1 seqq. (p. 136 seqq.). 50 Vgl. Begründung zum RegE eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, BT-Drucks 14/2658, S. 23 f., 46; vgl. im österreichischen Recht: § 864 Abs. 1 ABGB; für die Schweiz: Art. 6a OR; dazu: Geist, Die Rechtslage bei Zusendung unbestellter Waren nach Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie, 2002. 51 Vgl. Hau, Geschäftsführung ohne Verbraucherauftrag, NJW 2001, 2863; Schwarz/ Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 3 Rn. 10 ff.; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 7.

§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Folgen sind durchaus frappant. Im berühmten Flugreisefall52 verfrachtete eine Fluggesellschaft (Unternehmer) einen aufgegriffenen minderjährigen blinden Passagier (Verbraucher), dem die Einreise in New York verweigert wurde, kurzerhand zurück nach Deutschland und ersparte ihm auf diese Weise weitere Scherereien mit den amerikanischen Behörden. Der BGH sprach der Fluggesellschaft einen Aufwendungsersatzanspruch gem. § 683 BGB zu. Das Ergebnis scheint vor § 241a Abs. 1 BGB keinen Bestand haben zu können, handelte doch die Fluggesellschaft ohne „Bestellung“ der Eltern. Es lassen sich weitere Beispiele bilden. Dem Arzt (Unternehmer), der einen bewusstlosen Verletzten (Verbraucher) nach einem Unfall behandelt und das Leben rettet, oder dem Tierarzt, der das angefahrene Haustier versorgt und fürsorglich aufnimmt, bis der Halter ausfindig gemacht wird, stünde ein Anspruch gem. § 683 S. 1 BGB nicht mehr zu. Es wird sogar befürchtet, dass selbst im rechtspolitisch hochsensiblen Bereich der §§ 683 S. 2, 679 BGB, in dem der Geschäftsführer eine Pflicht des Geschäftsherrn erfüllt, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers ausgeschlossen sein könnte. Jedenfalls diese Angst ist unbegründet, selbst wenn man § 241a BGB beim Wort nimmt. An dieser Stelle rächt es sich wieder, dass die hM mit ihrer Fixierung auf den Begriff des fremden Geschäfts den Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag bisher vernachlässigt hat. Denn im Falle des § 679 BGB wird der Geschäftsführer nicht für den „Geschäftsherrn“ tätig, sondern für einen Dritten oder die Allgemeinheit. Leiste ich Unterhalt an ein Kind, weil die treulose Mutter (Geschäftsherr) ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommt, werde ich ausschließlich für das Kind tätig. Die Mutter erlangt allenfalls einen Reflexvorteil. Aus besonderen Gründen gibt das Gesetz dem Geschäftsführer einen privilegierten Erstattungsanspruch gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB. Nimmt man nun die Richtung der Geschäftsführung des Geschäftsherrn in den Blick, der für das Kind tätig wird, so sieht man sofort, dass § 241a Abs. 1 BGB diesen Fall nicht erfassen kann. Denn in der Erlangung eines Reflexvorteils liegt keine „unbestellte sonstige Leistung“ iSd § 241a BGB; die Leistung erhält das Kind. Die Vorschrift ist also in den Fällen der privilegierten Rückgriffs gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB per se nicht einschlägig.

Das Ergebnis eines grundsätzlichen Ausschlusses der echten Geschäftsführung im B2C-Bereich kann nicht überzeugen. Die Lehre bemüht sich daher, zu einer teleologischen Reduktion des § 241a BGB zu gelangen53. Mehrere Wege scheinen gangbar. Einige wollen § 241a BGB in den Fällen des § 680 BGB (Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr) oder des § 679 BGB (öffentliches Interesse an der Erfüllung einer fremden Pflicht) überhaupt nicht anwenden54. Andere reanimieren den Gedanken der Menschenhilfe und schließen den Rückgriff auf 52 BGH NJW 1971, 609 (612), Urt. v. 7. 1. 1971 – VII ZR 9/70, insoweit in BGHZ 55, 128 nicht abgedruckt. 53 Vgl. die Übersicht bei: Tachau, Berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag als unbestellte Leistung?, Jura 2006, 889 (890 f.). 54 In diese Richtung: Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 3 Rn. 11 f.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

§ 241a BGB bei karitativer Motivation des Geschäftsherrn aus55. Ob sich mit diesem Instrumentarium allerdings der Flugreisefall lösen lässt, erscheint zweifelhaft, wie sich auch sonst Beispiele unter der Schwelle insbesondere des § 680 BGB bilden lassen, in denen die Verweigerung eines Aufwendungsersatzanspruchs aber grob unbillig ist. Man denke nur an den Taxifahrer, der einen bis zum Verlust der Muttersprache volltrunkenen (§ 105 Abs. 2 BGB), aber nicht ernsthaft gefährdeten Trunkenbold nach Hause fährt. Das entscheidende Kriterium zur Eingrenzung des § 241a BGB findet man in der soeben vorgestellten institutionellen Beschränkung des Geschäftsführungsrechts in der Phase der Vertragsanbahnung. Die dort niedergelegten Grundsätze sollen von § 241a Abs. 1 BGB kodifiziert werden. Keinesfalls geht es der Vorschrift darum, die actio negotiorum gestorum contraria im Verhältnis von Unternehmern und Verbrauchern überhaupt zu eliminieren. Erreichen lässt sich dieses Ergebnis, wenn man sich daran erinnert, dass § 241a BGB in seiner ursprünglichen Entwurfsfassung des RegE noch das zusätzliche Tatbestandsmerkmal „zum Zwecke der Anbahnung eines Vertrages“ hatte56 und dass Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie, deren Umsetzung § 241a BGB dient, ausweislich der Erwägungsgründe 5 und 16 der Richtlinie die als unzulässig und aggressiv empfundene Absatzmethode (Verkaufsmethode) der unbestellten Warenzusendung bekämpfen wollte57. Zwar wurde innerhalb der Beratungen des Rechtsausschusses das Tatbestandsmerkmal „zur Anbahnung eines Vertrages“ eliminiert58, um dem Unternehmer die Möglichkeit zu nehmen, sich darauf zu berufen, er habe die Ware nicht zur Anbahnung eines Vertrages versandt. Doch liegt diese Erwägung erkennbar neben der Sache: dem Unternehmer wird in einschlägigen Fällen, die der Richtliniengeber vor Augen hatte, die Berufung auf einen solchen geheimen Vorbehalt (entsprechend) § 116 S. 1 BGB versagt sein. § 241a Abs. 1 BGB ist vielmehr (weiterhin) dahin auszulegen, dass die Vorschrift nur für das Stadium der Vertragsanbahnung gilt. Liegt in der unbestellten Leistung ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages59, so schließt § 241a Abs. 1 BGB alle Ansprüche des Unternehmers aus. Insoweit stellt § 241a BGB nur klar, was auch ohne die Vorschrift gelten würde, und kodifiziert so die privatrechtliche Reaktion auf die grundsätzliche Wettbewerbswidrigkeit der Zusendung unbestellter Waren60. Stellt sich die Geschäftsführungshandlung dagegen nicht als

55 Casper, Die Zusendung unbestellter Waren nach § 241a BGB, ZIP 2000, 1602 (1605 Fn. 26). 56 Begründung zum RegE eines Gesetzes über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro, BT-Drs.14/2658, S. 6. 57 Hau, Geschäftsführung ohne Verbraucherauftrag, NJW 2001, 2863 (2865). 58 Beratungen des Rechtsausschusses, BT-Drucks 14/3195, S. 32. 59 Sog. Realofferte; dazu: Staudinger/Bork [2003] § 145 Rn. 6. 60 § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb7, 2004, § 15 III 3 c = S. 249 f.

§ 9. Die Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag

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Vertragsanbahnung dar, ist § 241a BGB nicht anwendbar. Es kann uneingeschränkt auf die §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden. Damit liegt die hier vertretene Auffassung weitestgehend auf der Linie des Art. II. – 3:401 (2)(a) DCFR: Art. II. – 3:401 DCFR. No obligation arising from failure to respond. (1) If a business delivers unsolicited goods to, or performs unsolicited services for, a consumer: (a) no contract arises from the consumer’s failure to respond or from any other action or inaction by the consumer in relation to the goods and services; and (b) no non-contractual obligation arises from the consumer’s acquisition, retention, rejection or use of the goods or receipt of benefit from the services. (2) Sub-paragraph (b) of the preceding paragraph does not apply if the goods or services were supplied: (a) by way of benevolent intervention in another’s affairs; or (b) in error or in such other circumstances that there is a right to reversal of an unjustified enrichment. (3) ….

Nach Art. II. – 3:401 (2)(a) DCFR findet der Anspruchsausschluss bei Erbringung unbestellter Leistung keine Anwendung im Falle der Geschäftsführung ohne Auftrag (benevolent intervention). Dabei scheint die von der Study Group und der Acquis Group in Art. II. – 3:401 DCFR präsentierte Lösung sogar stringenter zu sein, als sie letztlich einen unbedingten Anwendungsvorrang (lex specialis) des Gestionsrechts anordnet: „The better view, therefor, is that art. 9 of the Distance Selling Directive does not, as a general rule, affect the law of benevolent intervention“61. Doch dieser Eindruck besteht nur auf den ersten Blick. Denn auch auf Grundlage des DCFR muss abgegrenzt werden zwischen der rechtsgeschäftlichen Realofferte, die in den Anwendungsbereich des § 241a BGB bzw. des Art. II. – 3:401 (1) DCFR gehört und keine Ansprüche auslöst, und den „außerrechtsgeschäftlichen“62 Geschäftsführungshandlungen; denn aufgrund der institutionellen Beschränkung des Gestionsrechts kann in einer (nicht angenommenen) Realofferte keine Geschäftsführungshandlung liegen. Realofferte zur Anbahnung eines Vertrages und Gestion schließen sich gegenseitig zwingend aus. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dass die Bereichsausnahme des Art. II. – 3:401 (2)(a) DCFR für die Geschäftsführung ohne Auftrag den Gedanken des Anspruchsausschlusses bei unbestellten Leistungen durch die Hintertür aushebeln würde. Die Abgrenzung bestimmt sich dabei, 61

PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 80 (p. 89). Natürlich kann die Geschäftsführungshandlung in der Eingehung eines Rechtsgeschäfts liegen, so etwa, wenn ich namens des Geschäftsherrn einen Vertrag mit einem Dritten schließe; die Willenserklärung darf nur nicht an den Geschäftsherrn gerichtet sein. 62

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

entsprechend den Grundsätzen der objektiven Auslegung nach dem Empfängerhorizont, nach einem normativen Maßstab. Es entscheidet nicht der natürliche, empirische nachweisbare Wille, sondern der soziale Sinn der Handlung. – Legt man dieses restriktive Verständnis bei § 241a BGB an, so enthält die Norm letztlich nur einen Ausschnitt der institutionellen Selbstbeschränkung der negotiorum gestio.

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2. Abschnitt

Das gesetzliche Schuldverhältnis § 10. Allgemeiner Teil I. Überblick 1. Das unvollkommene zweiseitige Rechtsverhältnis Besorgt der Geschäftsführer für einen anderen ein Geschäft, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu berechtigt zu sein (§ 677 BGB), gelangt zwischen den Parteien ein auftragsähnliches Schuldverhältnis zur Entstehung, das für beide Seiten Rechte und Pflichten begründet. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist ein unvollkommenes zweiseitiges Rechtsverhältnis. Es besteht kein synallagmatisches Gegenseitigkeitsverhältnis. Der Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen ist nicht das Entgelt für seine Verpflichtung, das Geschäft ordnungsgemäß zu erledigen und das durch seine Geschäftsführung Erlangte an den Auftraggeber oder den Geschäftsherrn herauszugeben1. Die Durchführungs- und Abwicklungspflichten der Parteien sind dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung geschuldet. Das Fehlen des synallagmatischen Austauschverhältnisses kommt zudem deutlich in dem Begriffspaar actio directa (§§ 677 bis 682 BGB) und actio contraria (§§ 683 bis 686 BGB) zum Ausdruck: es stehen sich eben keine zwei actiones directae gegenüber2. Das Gesetz ordnet – wie bereits oben dargestellt – die wechselseitigen Rechte und Pflichten der Parteien entsprechend der römischrechtlich fundierten actionrechtlichen Systematik (siehe § 6 I). Die Regelung der §§ 677 ff. BGB ist zwar ein abgeschlossener Regelungskomplex; dennoch ist die Regelung keineswegs abschließend. Soweit die §§ 677 ff. BGB keine Regelung bereithalten, kann teilweise ergänzend auf die Auftragsregeln der §§ 662 ff. BGB zurückgegriffen werden3. Der Rückgriff rechtfertigt sich bereits aus der im Kern identischen Interessenstruktur beider Rechtsinstitute. Die grundsätzliche subsidiäre Anwendbarkeit des Auftragsrechts findet aber seine Grenze dort, wo die Besonderheit, 1 BGHZ 15, 102 (105), Urt. v. 21. 10. 1954 – IV ZR 128/54; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1275; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 2 v § 677; Planck/Lobe4 (1928) Vor § 677 Anm. IV. 2 Vgl. Adler, Realcontract und Vorvertrag, JherJb 31 (1892), 190 (235). 3 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1031. Vgl. auch art. 1772 al. 2 CC.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

dass die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht auf einem Konsens sondern auf tatsächlicher Übernahme beruht, eine abweichende Regelung verlangt.

2. Die wechselseitigen Rechte und Pflichten a. Rechte und Pflichten des Geschäftsführers Die „Hauptpflicht“ des Geschäftsführers normiert § 677 BGB. Der Geschäftsführer hat das übernommene Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert. Die Übernahme der Geschäftsführung hat der Geschäftsführer sobald es tunlich ist dem Geschäftsherrn anzuzeigen und dessen Entschließung abzuwarten, § 681 S. 1 BGB. Auch wenn dies nicht ausdrücklich normiert ist, so folgt doch aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag, dass der Geschäftsführer den Weisungen des Geschäftsherrn zu gehorchen hat4. Auf Verlangen hat der Geschäftsführer während der Geschäftsführung Auskunft über den Stand des Geschäfts zu geben und nach der Ausführung Rechenschaft abzulegen (§§ 681 S. 2, 666 BGB). Das aus der Geschäftsführung Erlangte hat er an den Geschäftsherrn herauszugeben (§§ 681 S. 2, 667 BGB) und unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 681 S. 2, 668 BGB zu verzinsen. Die Ansprüche des Geschäftsführers sind auf Aufwendungsersatz gerichtet. Entspricht die Übernahme dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (sog. nützliche Geschäftsführung), so kann der Geschäftsführer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, soweit er sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte (§§ 683 S 1, 670 BGB). Liegen die Voraussetzungen einer nützlichen Geschäftsführung dagegen nicht vor, so kann der Geschäftsführer seine Aufwendungen nur insoweit geltend machen, als ihnen Vorteile auf Seiten des Geschäftsherrn gegenüber stehen (§ 684 S. 1 BGB).

b. Rechte und Pflichten des Geschäftsherrn aa. Herausgabeanspruch und Verpflichtung zum Aufwendungsersatz Der Geschäftsherr kann gem. §§ 681 S. 2, 667 BGB Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verlangen; andererseits schuldet er dem Geschäftsführer Ersatz für dessen Aufwendungen (§§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB).

4

Vgl. schon § 681 S. 1 BGB aE: „…dessen Entschließung abzuwarten“.

§ 10. Allgemeiner Teil

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bb. Haftung wegen Verletzung von Aufklärungs- und Hinweispflichten Nicht ganz eindeutig ist, ob den Geschäftsherrn unter Umständen Nebenpflichten treffen können. In der Kommentarliteratur wird es in Ausnahmefällen für möglich gehalten, dass den Geschäftsherrn entsprechend dem Grundgedanken der culpa in contrahendo gem. §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB eine Haftung trifft, wenn er den Geschäftsführer nicht von der Übernahme oder Fortführung einer unerwünschten Geschäftsführung abhält5. Doch eine solche Pflicht ist grundsätzlich nicht anzuerkennen. Denn es darf – ohne dabei in quasideliktische Reflexe zu verfallen – nicht verkannt werden, dass der Geschäftsführer seine Dienste dem Geschäftsherrn „aufdrängt“. Dem Geschäftsherrn dürfen nicht ohne sein Zutun durch das Handeln des letztlich unbestellten Geschäftsführers besondere Sorgfaltspflichten erwachsen. Es kann auch nicht angehen, durch die Hintertür der Konstruktion von Hinweispflichten das streng subjektive Prinzip der §§ 683, 677 BGB auszuhebeln. Das Unterlassen eines Hinweises auf die Interessenwidrigkeit der Geschäftsführung kann allenfalls gem. § 254 BGB als Verschulden gegen sich selbst einen etwaigen Ersatzanspruch gem. §§ 677, 280 BGB oder § 678 BGB kürzen. Allenfalls dann, wenn der Geschäftsherr durch positives Tun einen Vertrauenstatbestand erweckt hat, kann eine Haftung seinerseits entsprechend §§ 280, 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB in Betracht kommen, so etwa, wenn er – unterhalb der Schwelle zur Genehmigung der inutilen Geschäftsführung – durch positives Handeln den Eindruck erweckt, dass die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung seinem Interesse entspricht. Außerhalb dieses engen Bereichs muss es aber bei dem Grundsatz verbleiben, dass den Geschäftsherrn keine über die deliktische Haftung6 hinausreichenden besonderen Pflichten treffen, den Geschäftsführer auf die Inutilität oder die besondere Gefährlichkeit der übernommenen Geschäftsführung hinzuweisen.

II. Die sachliche Reichweite des übernommenen Geschäfts Im Einzelfall kann die Entscheidung schwer fallen, ob das Verhalten des Geschäftsführers als eine einheitliche Geschäftsbesorgung zu werten ist oder als mehrere aufeinander folgende Geschäftsführungen für einen oder auch für mehrere Geschäftsführer. Die Frage kann durchaus praktische Relevanz erlangen, auch wenn sich die Situation im deutschen Recht dadurch entspannt, dass 5

BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 81, 86. Im deliktischen Bereich kommen in Betracht: Verstoß gegenVerkehrssicherungspflichten und Veranlasserkonstellationen (Wagner v. International Railway Co. (1921) 232 NY 176). 6

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

das BGB grundsätzlich keine Fortsetzungspflicht kennt, der Geschäftsführer also im Regelfall jederzeit die Geschäftsführung einstellen kann: Ein Fahrzeugpark mit mehreren Fahrzeugen ist von einem Feuer bedroht. Ich bewahre aber nur zwei Fahrzeuge vor der Zerstörung, obwohl mir genug Zeit zur Verfügung gestanden hätte, auch die weiteren Autos wegzufahren. Liegt eine (bzw. zwei) Geschäftsführung(en) bzgl. der geretteten Autos vor, so habe ich – wenn man die Vorschrift des § 323c StGB außer Acht lässt – nichts zu befürchten; muss man aber eine einheitliche Geschäftsführung bzgl. des Fahrzeugparkes annehmen, so habe ich – eine Fortsetzungspflicht unterstellt – das Geschäft schlecht geführt und hafte deshalb gem. §§ 280, 677, 680 BGB auf Schadensersatz. Oder: eine Wohnung steht in Flammen, ich lösche aber nur das Wohnzimmer und lasse ohne zwingende Notwendigkeit das Feuer die Küche und das Schlafzimmer verwüsten. Nach Lent bestimmt und begrenzt der Geschäftsführungswille den Umfang der Geschäftsführung7: bei der gängigen empirisch-naturalistischen Deutung der Geschäftsführung dürfte ich wenig zu befürchten haben: ich habe meinen Willen zur Begrenzung des Umfangs der Geschäftsführung durch meinen begrenzten Einsatz mehr als nur deutlich gemacht. Weniger klar ist die Situation schon bei Schmid. Nach ihm soll eine objektiv-subjektive Betrachtung über den gegenständlichen Umfang des übernommenen Geschäfts entscheiden8: einerseits danach, was bei objektiver Betrachtung noch als einzelnes Geschäft anzusehen ist, andererseits danach, was nach dem Willen des Geschäftsführers noch Bestandteil des zu besorgenden Geschäfts sein soll. Die Frage nach dem gegenständlichen Umfang des übernommenen Geschäfts greift in einen von den älteren Juristen viel diskutierten, in der heutigen Diskussion aber nicht mehr beachteten Teilbereich des Geschäftsführungsrechts über: gibt es eine – mit der Fortsetzungspflicht nicht identische – Pflicht, zur gegenständlichen Ausdehnung der übernommenen Geschäftsführung. Ausgangspunkt ist das vielbeachtete Fragment Ulpian, Dig. 3, 5, 5, 14 (de negotiis gestis). Der mitgeteilte Fall weist dabei die zusätzliche Besonderheit auf, dass die Geschäftsführung des konkreten Gestors andere Personen von der Übernahme der Geschäftsführung zugunsten des Dominus abgehalten hat. Ulpian, Dig. 3, 5, 5, 14 (de negotiis gestis). „Videamus in persona eius, qui negotia administrat, si quaedam gessit quaedam non, contemplatione tamen eius alius ad haec non accessit, et si vir diligens (quod ab eo exigimus) etiam ea gesturus fuit: an dici debeat negotiorum gestorum eum teneri et propter ea quae non gessit? Quod puto verius …“.

Im Anschluss an dieses Fragment anerkannten die älteren Juristen eine grundsätzliche Pflicht zur Ausdehnung der eigenen Geschäftsführung: der Gestor habe nichts zu unterlassen, was mit der Geschäftsführung im „Zusammen7 Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 133; Oertmann 2 (1929) Vorbem 7 vor §§ 677 ff: Einheit des mit den Handlungen verbundenen Zwecks. 8 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 213.

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hang“ stehe9. Als Beispiel wurde folgender Fall genannt: wer die Bestellung eines Landgutes übernimmt, und einige Acker ohne Grund brach liegen lässt, muss den Schaden ersetzen10. Ließ sich hingegen keine Konnexität herstellen, haftete der Gestor bei Unterlassen der Geschäftsführung nicht. Auf Versuche einer weiteren begrifflichen Konkretisierung, was unter Zusammenhang zu verstehen ist, haben die älteren Juristen verzichtet. Um das Problem der gegenständlichen Reichweite des übernommenen Geschäfts in den Griff zu bekommen, kann man sich im Ansatz den Lösungsversuch von Lent zu Eigen machen, der auf die Geschäftsführungsabsicht des Gestors abstellt, um die Grenzen der Geschäftsführung zu bestimmen11. Bei gesetzlichen Subordinationsverhältnissen wie Vormundschaft und Pflegschaft legt das Gesetz die gegenständliche Reichweite der Geschäftsführung fest; beim Mandat ist es die vertragliche Abrede. Also muss bei der negotiorum gestio letztlich die Geschäftsführungsabsicht den Ausschlag geben. Genau dies will ein Reskript der Kaiser Diocletianus und Maximianus aussprechen: „Tutori vel curatori similis non habetur, qui citra mandatum negotium alienum sponte gerit, quippe superioribus quidem muneris necessitas administrationis finem, huic autem propria voluntas facit ac satis abunde sufficit, si cui vel in paucis amici labore consulatur“12. Nur bestimmt sich die Geschäftsführungsabsicht nicht nach dem natürlichen, empirisch nachweisbaren Willen des Geschäftsherrn. Die Geschäftsführungsabsicht ist ein normatives – in der Terminologie von Schmid: objektives – Tatbestandsmerkmal. Dabei bewährt sich an dieser Stelle auch wieder die Erkenntnis, dass die Geschäftsführungsabsicht auch von Wertungen außerhalb des Geschäftsführungsrechts beeinflusst wird: und schon v. Tuhr wusste, dass die Frage nach der Identität und Einheit rechtlicher Gebilde nicht frei von jeder Willkür zu beantworten ist13. So lässt sich im Beispiel der von einer Feuersbrunst bedrohten Fahrzeugflotte darauf abstellen, dass ein Fuhrpark im rechtlichen Sinne keine eigentliche Sachgesamtheit darstellt, es sich also letztlich um mehrere Geschäftsführungsgegenstände handelt. Zu einer gegenteiligen Wertung wird man im Falle des Wohnungsbrandes kommen. Die älteren Juristen haben auch den Fall der unbestellt gebliebenen Äcker richtig 9 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XVI; Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. XLI seqq.; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 96 seq. 10 Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen 6 , 1798, § 938. 11 Es ist letztlich wohl nur eine sprachliche Nuance, wenn Art. 1328 des französischen Avant-projet den Geschäftsführer verpflichtet „à toutes les obligations d’un mandat exprès qu’il en aurait reçu“. 12 Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 20 pr. (de negotiis gestis). 13 v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts II/1, 1914, § 52 I = S. 191.

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entschieden: handelt es sich bei dem Bauernhof um einen einheitlichen Gewerbebetrieb, so gehört auch die Bestellung des gesamten Landes, soweit es im Rahmen einer ordentlichen Wirtschaft geboten ist, zum Gegenstand der übernommenen Geschäftsführung. – Noch einmal sei darauf hingewiesen, dass sich die Situation im deutschen Recht weniger dramatisch darstellt, da hier eine Fortsetzungspflicht grundsätzlich nicht besteht. Im Falle des Ulpian, Dig. 3, 5, 5, 14 (de negotiis gestis) würde ein Geschäftsführer allerdings auch nach §§ 280, 677 BGB haften, da der Geschäftsführer zur Fortsetzung verpflichtet ist, wenn er einen willigen und geeigneten potentiellen Geschäftsführer von der Übernahme der Geschäfte abgehalten hat.

III. Beschränkung auf das Innenverhältnis Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Ausformung, die es in den §§ 677 ff. BGB gefunden hat, betrifft nur das Innenverhältnis von Geschäftsführer und Geschäftsherr. Eine darüber hinausgehende Außenwirkung im Sinne einer Vertretungsmacht oder einer Verfügungsbefugnis des Geschäftsführers ist damit nicht verbunden14. Die Frage nach einer Außenwirkung der Geschäftsführung ohne Auftrag kann sich in zwei Fällen stellen: (1.) der Geschäftsführer handelt im Namen des Geschäftsherrn oder er verfügt im eigenen Namen über einen dem Geschäftsherrn gehörenden Gegenstand. Zum anderen ist (2.) der Fall zu nennen, dass der Geschäftsführer im eigenen Namen aber im Interesse des Geschäftsherrn ein Geschäft abschließt. Hier kann sich insbesondere bei Insolvenz des Geschäftsführers die Frage stellen, ob sich der Dritte auch an den Geschäftsherrn halten kann (Versionsklage).

1. Keine Vertretungsmacht Nach heute fast einhelliger Meinung gibt die Geschäftsführung ohne Auftrag der §§ 677 ff. BGB – selbst bei gegebener utilitas, also wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht – dem Geschäftsführer keine Vertretungsmacht zum unmittelbaren Handeln im Namen des Geschäftsherrn15. Dies folgt für das deutsche Recht aus der typi14 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 2 = S. 1121; MünchKomm/ Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 6; Planck/Lobe4 (1928) Vor § 677 Anm. II; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 83; vgl. auch: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 164 ff.; für die gleiche Lage im schweizerischen Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 406 ff. 15 BGHZ 17, 181 (187 f.), Urt. v. 4. 5. 1955 – IV ZR 185/54; BGH, LM BGB § 683 Nr. 2, Urt.

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schen Trennung zwischen der Vertretungsmacht und dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis16. Nimmt der Geschäftsführer für den Geschäftsherrn ein Rechtsgeschäft vor und handelt er dabei im Namen des Geschäftsherrn, so liegt eine Vertretung ohne Vertretungsmacht iSd §§ 177 ff. BGB vor. Die Wirksamkeit des Vertrages hängt von der Genehmigung des Geschäftsherrn ab. Ob dieser die Genehmigung erteilt, steht in seinem Belieben. Einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung hat der Geschäftsführer nicht. Der Geschäftsführer bleibt vielmehr darauf angewiesen, von dem Geschäftsherrn Ersatz seiner Verwendungen (§ 683 S. 1 BGB) und damit ggf. die Freistellung (§ 257 BGB) von den Folgen des von ihm geschlossenen Vertrages zu verlangen17. Dem korrespondierend hat der Geschäftsherr nur die Möglichkeit der Genehmigung, um in die in seinem Namen begründeten Rechte und Pflichten einzutreten. Eine unentziehbare Anwartschaft erwirbt der Geschäftsherr durch die Möglichkeit der Genehmigung nicht. Dem Geschäftsführer verbleibt die Möglichkeit, das Vertragsverhältnis durch Einigung mit dem Dritten wieder aufzuheben; doch kann dies eine Haftung nach §§ 677, 681, 280 BGB nach sich ziehen18. Mit der überwiegenden Meinung ist auch für den Fall der Notgeschäftsführung – entgegen einigen anderen Stimmen in Wissenschaft und Praxis19 – eine Vertretungsmacht des auftraglosen Geschäftsführers oder wenigstens ein Anspruch

v. 8. 7. 1953 – VI ZR 241/52; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 3, 145 ff.; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 448; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 3, 5 v § 677; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 83; aA: Baur, Zur „dinglichen“ Seite der Geschäftsführung ohne Auftrag, JZ 1952, 328; Erman/Ehmann12 (2008) § 683 Rn. 6: in Ausnahmefällen kann es richtig sein, dem Geschäftsführer auch eine Vollmacht zuzubilligen. Sehr kritisch gegenüber dem restriktiven Standpunkt des deutschen Rechts: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (979). – Ebenso hat der Geschäftsführer – selbst im Falle des utiliter gestum (§ 683 BGB) – im deutschen Recht keine Verfügungsbefugnis. Verfügt der Geschäftsführer im Rahmen seiner Tätigkeit über einen dem Geschäftsherrn gehörenden Gegenstand, so hängt die Wirksamkeit der Verfügung, sofern der Dritte nicht gutgläubig erwirbt, von der Genehmigung des Geschäftsherrn ab, die durch das Vorliegen einer nützlichen Geschäftsführung nicht ersetzt wird (Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 148; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 448). 16 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 145; auf S. 147 folgert er zudem das Fehlen von Vertretungsmacht aus dem Verzicht des Gesetzgebers auf eine allgemeine Versionsklage. 17 BGH, LM BGB § 683 Nr. 2, Urt. v. 8. 7. 1953 – VI ZR 241/52; BGH, NJW 1951, 398, Urt. v. 9. 2. 1951 – V ZR 1/59; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 = S. 705; BGBRGRK/Steffen12 (1978) § 683 Rn. 5; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 8 18 Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 2 = S. 1121. 19 So der BGH obiter dicta in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung: BGH, NJW 1951, 398, Urt. v. 9. 2. 1951, – V ZR 1/59; LG Saarbrücken, NJW 1971, 1894, Urt. v. 16. 4. 1971 – 11 S 252/70; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 1; Palandt/Sprau 68 (2009) § 177 Rn. 4; grundlegend: Bertzel, Der Notgeschäftsführer als Repräsentant des Geschäftsherrn, NJW 1962, 2280; ders, Der Notgeschäftsführer als Repräsentant des Geschäftsherrn2, 2000.

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auf Genehmigung des Vertrages gem. § 177 BGB nicht anzuerkennen 20. Die von Bertzel herangezogenen Vorschriften über das Recht des Finders und der Behörde zur Versteigerung der gefundenen Sache (§§ 966 Abs. 2, 979, 983 BGB), die Wirksamkeit unaufschiebbarer Verfügungen des vorläufigen Erben nach § 1959 Abs. 2 BGB, die Vorschriften der §§ 744 Abs. 2, 2038 Abs. 1 BGB sowie das Notverkaufsrecht des § 388 Abs. 2 HGB und das Selbsthilfeverkaufsrecht des § 373 HGB tragen, wie Wittmann gezeigt hat, eine Rechtsanalogie für das deutsche Recht nicht. Die deutsche Regelung ist zwar eindeutig und gerade auch von einem individualistischen wie auch rechtspraktischen Standpunkt geboten; aber sie ist weder verfassungsrechtlich noch rechtspolitisch zwingend vorgegeben. Jedenfalls wird man kaum sagen können, dass eine gesetzliche Vertretungsmacht des Gestors – gebunden an die utilitas der Geschäftsführung – per se gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstößt21. So kann etwa im französischen Recht die gestion d’affaires unmittelbare Rechtswirkungen zwischen dem Geschäftsherrn und dem Dritten begründen22. Es ist also im Einzelfall zu unterscheiden, ob der gérant unmittelbar den Geschäftsherrn (maître) verpflichtet, weil er die Verbindlichkeit mit dem Dritten im Namen des Geschäftsherrn begründet hat (représentation parfaite), oder ob der gérant lediglich als „mittelbarerer“ Stellvertreter im eigenen Namen handelt (représentation imparfaite)23 und sich damit ausschließlich selbst verpflichtet24. Auch Art. V. – 3:106 (1) DCFR gewährt dem Geschäftsführer eine gesetzliche Vertretungsmacht25. Art. V. – 3:106 DCFR. Authority of intervener to act as representative of the principal. (1) The intervener may conclude legal transactions or perform other juridical acts as a representative of the principal in so far as this may reasonably be expected to benefit the principal. (2) …

20 RGZ 106, 350 (354), Urt. v. 6. 3. 1923 – III 308/22; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 147 f., 149; Berg, Notgeschäftsführung und Vertretungsmacht bei ärztlicher Heilbehandlung eines Kindes, NJW 1972, 1117; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 683 Rn. 5; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 6; Oertmann § 679 Anm. 5; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 8. 21 Ebenso: Flume, Rechtsgeschäft und Privatautonomie, FS-100 Jahre DJT I, 1960, S. 134 (138); ders., Das Rechtsgeschäft4, 1992, § 1 10 a = S. 18 Fn. 20. 22 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1032. Auch Art. 6:201 BW berechtigt den Geschäftsführer, „rechtshandelingen te verrichten in naam van de belanghebbende“. Dazu: The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 494 seq. 23 Siehe zur repésentation im französischen Recht: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°802 et suiv. 24 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1032. 25 PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution L 93 (p. 95), Art. 3:106, Comment. B 5 seqq. (p. 298 seq.).

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Allerdings versucht Art. V. – 3:106 DCFR mit der Wendung „in so far as this may reasonably be expected to benefit the principal“ die Vertretungsmacht des Geschäftsführers auf enge Notsituationen zu begrenzen 26. Insgesamt sollte man den, wenn auch mit allerhand dogmatischem Aufwand geführten 27, rechtspolitischen Streit um eine gesetzliche Vertretungsmacht des Geschäftsführers nicht überbewerten. Gerade am Beispiel des deutschen Rechts lässt sich zeigen, dass die rechtspraktischen Unterschiede sehr gering sind 28. Schließt der Geschäftsführer als Vertreter ohne Vertretungsmacht im Namen des Geschäftsherrn mit einem Dritten einen Geschäftsbesorgungsvertrag, verweigert der Geschäftsherr aber anschließend die Genehmigung, scheiden wegen § 177 BGB vertragliche Ansprüche zwischen Drittem und Geschäftsherrn aus. Kommt es aber zur tatsächlichen Durchführung der Geschäftsführung, bestimmen sich die Verhältnisse zwischen Geschäftsherrn und Drittem nach den §§ 677 ff. BGB: denn nach zutreffender Auffassung finden auf nichtige Verträge die §§ 677 ff. BGB Anwendung. Dem steht § 179 BGB nicht entgegen 29. Darauf wird unten noch einzugehen sein (siehe § 15 IV).

2. Keine allgemeine Versionsklage Die allgemeine Versionsklage ging als Verallgemeinerung aus der actio de in rem verso des römischen Rechts hervor. Im römischen Recht war die Versionsklage für die Geschäfte gewaltunterworfener Personen aufgestellt (ex contractu cum filio vel servo in utilitatem patris vel domino inito): demjenigen, der mit einem Gewaltunterworfenen (Sklaven oder Hauskind) ein Geschäft geschlossen hatte, stand gegen dessen Gewalthaber die Versionsklage insoweit zu, als durch das Geschäft in dessen Vermögen etwas verwendet worden war30. Später wurde die Versionsklage auf die Rechtsgeschäfte Gewaltunabhängiger ausgedehnt und die Klage auch demjenigen, der mit dem auftraglosen Geschäftsführer eines Dritten kontrahierte, gegen den Geschäftsherrn (Dritter) zugestanden, soweit 26

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:106, Comment. B 8 (p. 299). Zuletzt: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (979). 28 Vgl. auf Grundlage des schweizerischen Rechts: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 424. 29 BGH, NZBau 2004, 34 (36), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, NJW-RR 1989, 970, Urt. v. 7. 3. 1989 – XI ZR 25/88. 30 Dig. 15, 3 (de in rem verso); C. 4, 26 (quod cum eo qui in aliena est potestate negotium gestum esse dicitur, vel de peculio seu quod iussu aut de in rem verso). Dazu grundlegend: Chiusi, Die actio de in rem verso im römischen Recht, 2001; auch: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 144; Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 483 = S. 1116 ff.; v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 988 ff. 27

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der Dritte aus dem Geschäft bereichert war31. Die ältere gemeinrechtliche Theorie ging dann aufgrund des Prinzips, dass niemand aus dem Schaden eines anderen einen Gewinn erzielen dürfe, noch weiter und gewährte die Klage gegen jeden, der aus dem Geschäft eines anderen mit einem Dritten bereichert war32. Das Pr. ALR I 13 §§ 262 ff. folgte der älteren gemeinrechtlichen Praxis. Die spätere gemeinrechtliche Praxis zog dagegen der Versionsklage wieder engere Grenzen. Als Voraussetzung der Versionsklage wurde angesehen, dass die Verwendungen aus dem Vermögen des Versionsklägers in dasjenige des Versionsbeklagten durch ein Rechtsgeschäft eines Dritten vermittelt worden sei, welches dieser als Geschäftsführer des Versionsbeklagten mit dem Versionskläger geschlossen hat33. Aufnahme in das BGB hat die Versionsklage nicht mehr gefunden. Bereits der Vorentwurf v. Kübels hat den Anwendungsbereich der Versionsklage stark eingeengt34. Im Anschluss an Art. 767 des Dresdener Entwurfs und die spätere gemeinrechtliche Theorie sollte die Versionsklage auf Fälle beschränkt werden, in welchen die Bereicherung des Versionsbeklagten (C) aus dem Vermögen des Versionsklägers (A) durch ein Rechtsgeschäft vermittelt wurde, welches ein Dritter (B) als auftragloser Geschäftsführer des Beklagten in dessen Namen (direkte Stellvertretung) aber ohne Vollmacht und Genehmigung mit dem Kläger geschlossen hat. Da der Kläger in diesem Falle aufgrund des vollmachtslosen Handelns des Geschäftsführers keinen vertraglichen Anspruch gegen den Beklagten hatte, sollte ihm die Versionsklage gewährt werden. Handelte der Geschäftsführer dagegen im eigenen Namen (mittelbare Stellvertretung), gewährte der Vorentwurf keine Versionsklage; denn in diesem Falle konnte der Versionskläger mit der Verpflichtung eines Dritten nicht rechnen. Im E I taucht die Versionsklage gar nicht mehr auf. Die Erste Kommission verzichtete darauf, dem Dritten gegen den Geschäftsherrn eine von den Voraussetzungen des (allgemeinen) Kondiktionsrechts unabhängigen besonderen Bereicherungsanspruch einzuräumen35. Die actio de in rem verso war in ihren Ursprüngen Folge des Umstandes, dass dem römischen Recht eine direkte Stellvertretung unbekannt war. Die mittelbare Stellvertretung durch den Gewaltunterworfenen bedurfte, um im Rechtsverkehr überhaupt funktionsfähig zu sein, der Ergänzung durch die actio de in 31 Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen 6 , 1798, § 1156; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. XV Tit. III § IX. 32 Die ältere gemeinrechtliche Praxis gewährte vielfach die Versionsklage überhaupt in allen Fällen, in denen etwas aus dem Vermögen des einen in das Vermögen eines anderen ohne gerechten Grund gelangt war. 33 ZB: OAG Dresden SeuffA 16 (1863) Nr. 44, Erk. v. 27. 2. 1862 m.w.N. 34 § 245 Vorentwurf. 35 Motive, bei Mugdan II, S. 487 f.

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rem verso. Mit der Zulassung direkter Stellvertretung fiel das Bedürfnis für eine allgemeine Versionsklage weg36. Von daher gilt heute: schließt der Geschäftsführer im eigenen Namen mit einem Dritten ein im Interesse des Geschäftsherrn liegendes Verpflichtungsgeschäft ab, so kann sich der Dritte – entsprechend dem Grundsatz, dass der Gläubiger das Insolvenzrisiko seines Vertragspartners trägt – hinsichtlich seiner Ansprüche aus seinem Vertrag mit dem Geschäftsführer nur an diesen halten; eine actio de in rem verso gegen den Geschäftsherrn steht dem Dritten nicht zu.

IV. Beginn und Ende des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Beginn des gesetzlichen Schuldverhältnisses Die rechtliche Relevanz der Geschäftsführung ohne Auftrag wird anders als beim Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag nicht schon im Vorfeld durch einen Konsens der Parteien oder sonst etwa durch eine einseitige Willenserklärung des Geschäftsführers, sondern erst durch den Beginn der tatsächlichen Ausführungshandlung begründet37. Das gesetzliche Schuldverhältnis beginnt mit der ersten von Geschäftsführungsabsicht getragenen Ausführungshandlung. Die tatsächliche Übernahme der Geschäftsführung ohne Geschäftsführungsabsicht bringt die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zur Entstehung38. Tritt erst später die Geschäftsführungsabsicht hinzu, beginnt das gesetzliche Schuldverhältnis in diesem Moment39. – Korrespondierend endet die Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn der Geschäftsführer während der Ausführung die Geschäftsführungsabsicht aufgibt40. Allerdings kann darin eine die Haftung gem. § 280 BGB auslösende Verletzung der Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung nach § 677 BGB liegen. Darauf wird unten noch einzugehen sein (siehe § 11 II).

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Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 144. Ulpian, Dig 17, 1, 6, 1 (mandati vel contra); dazu: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 13. 38 Ist das gesetzliche Schuldverhältnis aber entstanden, können auch vorbereitende Aufwendungen zu ersetzen sein. 39 Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 128 f. 40 AA: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 129 f. 37

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2. Beendigung des gesetzlichen Schuldverhältnisses a. Erledigung, Abstandnahme, Unmöglichkeit, Einigung Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag endet idealtypisch mit der Erledigung der Geschäftsbesorgung. Überhaupt endet die Geschäftsführung ohne Auftrag in dem Moment, in dem eine ihrer gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen entfällt. Dies liegt darin begründet, dass die Verbindlichkeit der negotiorum gestio nicht auf vertraglichem Konsens, sondern auf der tatsächlichen Durchführung in Geschäftsführungsabsicht beruht. So findet das gesetzliche Schuldverhältnis sein Ende, wenn der Geschäftsführer von der weiteren Geschäftsbesorgung für den Geschäftsherrn Abstand nimmt (vgl. § 671 Abs. 1 Alt. 2 BGB), sei es, weil er die Geschäftsbesorgung tatsächlich einstellt, sei es, dass er nicht mehr fremdnützig für den bisherigen Geschäftsherrn in Geschäftsführungsabsicht tätig wird41. Selbst wenn den Geschäftsführer gem. § 677 BGB (ausnahmsweise) eine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung trifft, hindert die Abstandnahme nicht die Beendigung des gesetzlichen Schuldverhältnisses. Die Pflichtverletzung mag allenfalls eine Verpflichtung zum Schadensersatz gem. §§ 280, 677 BGB begründen; zudem kann bei eigennützigem Handeln § 687 Abs. 2 BGB eingreifen. Ebenso endet das gesetzliche Schuldverhältnis ex nunc, wenn die Parteien die weitere Fortführung der Geschäftsbesorgung auf eine vertragliche Grundlage stellen42. Dagegen führt die Unmöglichkeit der Fortführung der Geschäftsbesorgung für sich genommen ebenso wenig zur Beendigung der Geschäftsführung ohne Auftrag wie die anfängliche Unmöglichkeit ihre Entstehung hindert43. Das gesetzliche Schuldverhältnis wird allein durch die Geschäftsführung in Geschäftsführungsabsicht begründet (vgl. § 311a Abs. 1 BGB). Allerdings wird die Übernahme einer Geschäftsbesorgung, die von Anfang an keine Aussicht auf Erfolg hat, kaum dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprechen (§ 683 BGB); ebenso wird die weitere Durchführung einer (nachträglich) unmöglich gewordenen Geschäftsführung kaum mit dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn zu vereinen sein (§ 677 BGB). Doch hat dies keine Auswirkung auf den Bestand des Schuldverhältnisses, sondern begründet allenfalls Schadensersatzansprüche gem. § 678 BGB oder §§ 280, 677 BGB bzw. kürzt den Aufwendungsersatzanspruch (§§ 683, 684 BGB).

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Insoweit aA: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 129 f. Die Parteien haben aufgrund ihrer Vertragsfreiheit sogar die Möglichkeit, die bisherige Geschäftsführung rückwirkend dem Vertragsrecht zu unterstellen (Siber, Die schuldrechtliche Vertragsfreiheit, JherJb 70 (1921), 223 [258]). 43 Vgl. aber Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 IV = S. 639; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 85. 42

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b. Beendigung durch den Geschäftsherrn In der Lehre wird die Auffassung vertreten, der Geschäftsherr könne durch Verbot der weiteren Durchführung der Geschäftsbesorgung das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag beenden44; hierfür scheint in der Tat § 671 Abs. 1 Alt. 1 BGB (jederzeitige Widerruf des Auftraggebers) und die oben vorgestellte allgemeine Regel zu sprechen, dass wegen der vergleichbaren Interessenstruktur des Auftragsrechts die §§ 662 ff. BGB zur Ergänzung des Gestionsrechts herangezogen werden können (siehe § 10 I 1). Dem wird man an dieser Stelle nicht folgen können. Auch die grundsätzlich anzuerkennende subsidiäre Anwendbarkeit der §§ 662 ff. BGB kennt Grenzen: die negotiorum gestio beruht anders als das mandatum nicht auf Konsens. Zwar ist der Geschäftsherr auch bei der Geschäftsführung ohne Auftrag der Herr der Geschäftsbesorgung. Sein Interesse ist Maßstab der Geschäftsbesorgung, der Geschäftsführer hat seinen Weisungen zu gehorchen und bei entsprechender Weisung die Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. nur § 681 S. 1 BGB) zu beenden. Setzt der Gestor gegen das Verbot des Geschäftsherrn die Geschäftsführung ohne Auftrag fort, haftet er entsprechend § 678 BGB auf Schadensersatz. Aber zur Beendigung des gesetzlichen Schuldverhältnisses führt die weisungswidrige Fortsetzung der Geschäftsführung nicht. Dies folgt daraus: der Geschäftsführer könnte unmittelbar wieder zur Gestion ansetzen; dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn widerspricht, hindert das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses nicht. Das gesetzliche Schuldverhältnis gründet sich allein aus der fremdnützigen Geschäftsbesorgung und nicht auf einem (fiktiven) Konsens. Nachteile erfährt der Geschäftsherr dadurch nicht; verbotswidrige Aufwendungen darf der Geschäftsführer nicht für erforderlich halten (§§ 683 S. 1, 670 BGB).

c. Tod und Geschäftsunfähigkeit Weitgehend werden die auftragsrechtlichen Vorschriften der §§ 672, 673 BGB für entsprechend anwendbar gehalten45. Die Erste Kommission ging – insoweit übereinstimmend zu § 672 S. 1 BGB – davon aus, dass der Tod des Geschäftsherrn nichts an der Verpflichtung des Geschäftsführers ändere; für den Fall des Todes des Geschäftsführers war man allerdings – in Abweichung zu § 673 S. 1 BGB – der Auffassung, dass die Verbindlichkeit zur Geschäftsführung, soweit eine solche bestehe, auf den Erben übergehe. Eine besondere Vorschrift wurde

44 Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 IV = S. 639; BGBRGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 86. 45 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 I 5 = S. 702; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 IV 1 = S. 987 Fn. 39; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 19.

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für entbehrlich gehalten46. – Zu folgen ist wohl der Lehrmeinung, die die §§ 672, 673 BGB entsprechend heranziehen will. In der Tat spricht alles für eine entsprechende Anwendung des § 672 S. 1 BGB: die Geschäftsführung ohne Auftrag endet grundsätzlich nicht durch den Tod des Geschäftsherrn; vielmehr tritt dessen Erbe an dessen Stelle47. Die Lehre hat eine lange Tradition48. Sie folgt letztlich schon aus dem Prinzip der Subordination und der normativen Bestimmung Geschäftsführungsabsicht49: mit dem Tod des Erblassers wird der Geschäftsführer nach dem sozialen Sinn seiner Handlung selbstverständlich für den Erben tätig (vgl. auch § 686 BGB). Dass er vielleicht aus persönlicher Sympathie nur für den Erblasser tätig werden wollte, ist ein unbeachtliches Motiv. Dies ist im Anschluss an Domat etwa in Art. 1373 CC ausdrücklich kodifiziert, wobei aber im französischen Recht – in Abweichung zum deutschen Recht – die Besonderheit dazu kommt, dass der Geschäftsführer per se zur Fortsetzung der Geschäftsführung verpflichtet ist50. Art. 1373 CC. Il est obligé de continuer sa gestion, encore que le maître vienne à mourir avant que l’affaire soit consommée, jusqu’à ce que l’héritier ait pu en prendre la direction.

Nach deutschem Recht steht es dem Geschäftsführer dagegen grundsätzlich frei, den Tod des Geschäftsherrn jederzeit zum Anlass zu nehmen, die Geschäftsführung zu beenden. Nur ausnahmsweise kann den Geschäftsführer eine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung treffen, wenn durch Beendigung der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn bzw. dessen Erben ein Schaden droht. Davon wird unten noch genauer zu handeln sein (siehe § 11 II 3 b). Insoweit kommt es auch zu einer entsprechenden Anwendung der §§ 672 S. 2, 671 Abs. 2 BGB. Entgegen den Vorstellungen der Ersten Kommission findet aber auf den Tod des Gestors der § 673 S. 1 BGB entsprechende Anwendung. Hinter § 673 S. 1 BGB steht der Gedanke des besonderen persönlichen Vertrauens zur Person des Geschäftsführers. Dies lässt sich auf die negotiorum gestio übertragen, weil die 46 Mugdan II, S. 480; vgl. auch schon den Vorentwurf: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 951. 47 Vgl. Paulus, Dig 3, 5, 20, 2 (de negotiis gestis). 48 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI. Das römische Recht gewährte auch dann eine actio negotiorum gestio, wenn jemand die Geschäfte eines Verstorbenen geführt hatte, bevor der Erbe die Erbschaft angetreten hatte. Diesem Fall wurde sogar ausdrücklich im prätorischen Edikt gedacht: „Si quis negotia alterius, sive quis negotia, quae cuiusque cum is moritur fuerint, gesserit: iudicium eo nomine dabo“ (Ulpian, Dig. 3, 5, 3 pr. [de negotiis gestis]); vgl. auch Ulpian, Dig, 3, 5, 3, 6 (de negotiis gestis). 49 Vgl. bereits Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I § 7, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446. 50 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I § 7, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446.

§ 10. Allgemeiner Teil

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Nützlichkeitsprüfung des § 683 S. 1 BGB gerade auch an der Person des Geschäftsführers ansetzt: die Übernahme durch den konkreten Geschäftsführer muss dem präsumtiven Willen entsprechen. Erlischt das Geschäftsführungsverhältnis entsprechend § 673 S. 1 BGB mit dem Tod des Geschäftsführers, übernehmen aber die Erben die Fortsetzung der Geschäftsführung, so kommt ein neues Geschäftsführungsverhältnis zustande51. Für die Erben des Geschäftsführers können sich allerdings im Einzelfall eigene Verpflichtungen aus dem Rechtsgedanken des § 673 S. 2 BGB ergeben52. Beuthien steht dem kritisch gegenüber mit dem (als solchen zutreffenden) Hinweis darauf, dass aus § 677 BGB grundsätzlich keine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung folge53. Doch zu Unrecht. Denn das deutsche Geschäftsführungsrecht kennt sehr wohl dann eine Fortsetzungspflicht, wenn aus der Beendigung der Geschäftsführung dem Geschäftsherrn ein Schaden droht. Auch eine Pflicht, den Geschäftsherrn von der Beendigung der Geschäftsführung zu informieren, ist dem Geschäftsführungsrecht nicht unbekannt. In diesem Rahmen ist auch eine Verpflichtung der Erben entsprechend § 673 S. 2 BGB anzuerkennen. Verstoßen die Erben gegen ihre Pflicht aus § 673 S. 2 BGB, haften sie gem. § 280 BGB. Der Haftungsmaßstab scheint sich nach § 276 BGB zu bestimmen; allerdings sollte man an dieser Stelle nicht zögern und den – freilich nicht unumstrittenen – Lehren einiger älterer Juristen folgen, und die Haftung des Erben im Grundsatz auf culpa lata beschränkten54.

d. Rechtsfolgen der Beendigung Das Ende der Geschäftsführung ohne Auftrag lässt die aus ihr entstandenen Rechte und Verpflichtungen nicht etwa rückwirkend entfallen 55. Vielmehr entstehen auf beiden Seiten Abwicklungspflichten. Der Geschäftsführer kann gem. §§ 683, 684 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, umgekehrt schuldet er dem Geschäftsherrn gem. §§ 681 S. 2, 666, 667 BGB Rechenschaft und Herausgabe des Erlangten. Unter Umständen können den Geschäftsführer auch nach Beendigung der Geschäftsführung weitere Nebenpflichten, insbesondere 51

BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 87. Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 301 VI = S. 436; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 I 5 = S. 702; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 IV 1 = S. 987 Fn. 39; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 19; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 54; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 3 a; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 87. 53 Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 11. 54 Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 27 seq. m.w.N. Vgl. Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 17 (de negotiis gestis): „Curatoris etiam successores negotiorum gestorum utili conventos actione tam dolum quam latam culpam praestare debere nec ad eos officium administrationis transire ideoque nullam alienandi eos res adultae potestatem habere convenit“. 55 RGZ 63, 280 (284), Urt. v. 10. 5. 1908 – 344/05. 52

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Informations- und Hinweispflichten treffen56. So kann der Geschäftsführer verpflichtet sein, den Geschäftsherrn auf die tatsächliche Beendigung der Geschäftsführung hinzuweisen. Dazu unten mehr (siehe § 11 II 2 c). Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag ist ein der Feststellung fähiges Rechtsverhältnis iSd § 256 ZPO bzgl. in der Vergangenheit liegender Geschäftsbesorgungshandlungen. Dagegen ist ein zukünftiges Geschäftsführungsverhältnis nicht feststellungsfähig. Denn ob in der Zukunft weiterhin eine Geschäftsführung vorliegt, bestimmt sich danach, ob der Geschäftsführer weiterhin in Geschäftsführungsabsicht für den Geschäftsherrn tätig wird. Ehe diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, was sich aber erst bei tatsächlicher Ausführung des Geschäfts zeigt, besteht zwischen den Parteien kein Rechtsverhältnis, auch kein bedingtes. Das gilt selbst dann, wenn der Geschäftsführer seinerseits zur der Tätigkeit verpflichtet ist 57.

V. Mehrheit von Geschäftsherren und Geschäftsführern Schwierige und weitgehend ungeklärte Fragen des Rechts der Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern (§§ 420 ff. BGB) werden aufgeworfen, wenn bei einer einheitlichen Geschäftsführung auf Seiten des Geschäftsführers oder des Geschäftsherrn mehrere rechtlich selbständige Personen stehen. In der Lehre findet sich meist die Antwort, dass die Umstände des Einzelfalles entscheidend sind58. Eine gesetzliche Regelung fehlt. Auch Book V des DCFR hat von einer entsprechenden Regelung abgesehen59. Beispielsfälle sind etwa das Auftreten von mehreren Helfern bei einem Brand (Mehrheit von Geschäftsführern) oder die Rettung einer im Miteigentum stehenden Sache (Mehrheit von Geschäftsherren). Allenfalls eines scheint sicher zu sein: bei einer Mehrheit von Geschäftsführern steht der Geschäftsherr mit jedem einzelnen Geschäftsführer, bei einer Mehrheit von Geschäftsherrn, der Geschäftsführer mit jedem einzelnen Geschäftsherrn in einem Geschäftsführungsverhältnis. Im Grundsatz sind für jedes einzelne Geschäftsführungsverhältnis die weiteren Voraussetzungen der actio directa und auch der actio contraria zu prüfen. Ob im Einzelnen aber Teiloder Gesamtschuldnerschaft, bzw. Teil-, Gesamt- oder Mitgläubigerschaft vorliegt, ist damit noch nicht entschieden.

56 57 58 59

Vgl. RGZ 63, 280 (284 f.), Urt. v. 10. 5. 1908 – 344/05. RGZ 84, 390, Urt. v. 20. 4. 1914 – VI ZR 42/14; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 a. ZB: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 26 (p. 111.) Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution B 15 (p. 58).

§ 10. Allgemeiner Teil

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1. Mehrere Geschäftsführer a. Actio directa Art. 758 des Dresdener Entwurfs kannte noch eine Vorschrift, die sich ausdrücklich mit der Problematik mehrerer Personen auf Geschäftsführerseite auseinandersetzt. Art. 758 Dresdener Entwurf. Haben mehrere Personen gemeinschaftlich die Führung eines fremden Geschäfts unternommen, so haften sie als Gesamtschuldner.

Die Erste Kommission hatte aber bereits bewusst davon abgesehen, die Geschäftsbesorgung durch mehrere Geschäftsführer gesetzlich zu regeln: maßgebend sollen die allgemeinen Vorschriften sein60. Zu Recht. Denn bei genauerer Betrachtung ergibt sich ein differenziertes Bild; die Gesamtschuld ist keinesfalls die Regel. Ein deutliches Maß an Verwirrung hat die Rechtsprechung des BGH angerichtet. Nach einer im Raum stehenden allgemeinen Äußerungen des BGH sollen für den Herausgabeanspruch (§§ 681 S. 2, 667 BGB), soweit er auf eine unteilbare Leistung gerichtet, beide Geschäftsführer gem. § 421 BGB als Gesamtschuldner einzustehen haben61, wobei das Gericht bereit zu sein scheint, bei der Annahme einer unteilbaren Leistung äußerst großzügig zu verfahren62. Doch bei der Verallgemeinerung dieser Rechtsprechung des BGH ist mit Vorsicht zu verfahren. In den (beiden) einschlägigen Entscheidungen geht es nicht um Fälle der echten Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern um eine von mehreren begangene Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB). Im Bereich der Geschäftsanmaßung hätte es aber keiner aufwendigen dogmatischen Begründung bedurft, um eine Gesamtschuld der Geschäftsanmaßer zu begründen. Wegen des vielfach angenommenen deliktischen Charakters der Geschäftsanmaßung hätte sich eine Gesamtschuld bequem über § 840 BGB begründen lassen. So hat sich die bisherige Rechtsprechung des BGB – oder genauer: ihre ungenaue Deutung – für das Verständnis der Mehrheit von Geschäftsführern im Rahmen der ech60 Motive, bei Mugdan II, S. 479 f.; vgl. BGH, LM LitUrhG § 41 Nr. 2, Urt. v. 30. 1. 1959 – I ZR 82/57. 61 Vgl. BGH, Urt. v. 13. 7. 1955 – IV ZR 39/55, S. 11 – nicht veröffentlich; BGH, LM LitUrhG § 41 Nr. 2, Urt. v. 30. 1. 1959 – I ZR 82/57. 62 In der unveröffentlichten Entscheidung BGH, Urt. v. 13. 7. 1955 – IV ZR 39/55 hat das Gericht ausgesprochen, dass nach den allgemeinen Regeln eine Gesamtschuld nicht ohne weiteres bestehe; wenn allerdings eine mehrseitige Geschäftsführung so eng gestaltet und der gemeinsam erzielte Erlös einer veräußerten Sache von den Geschäftsführern zusammen derart eingenommen worden sei, dass die Herausgabepflicht eine unteilbare Leistung iSd § 431 BGB zum Gegenstand habe, so sei von einer Gesamtschuld auszugehen. Relativierend: BGH, LM LitUrhG § 41 Nr. 2, Urt. v. 30. 1. 1959 – I ZR 82/57. In dieser Entscheidung hat der BGH auf den „inneren Zusammenhang“ im Sinne einer Zweckgemeinschaft der Geschäftsführer zur Befriedigung des Geschäftsherrn abgestellt, um eine Gesamtschuld zu begründen.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ten Geschäftsführung ohne Auftrag eher schädlich ausgewirkt. Die „Gegenposition“ zum BGH nimmt Steffen ein, der die Herausgabepflicht der Geschäftsführer in Anwendung des § 420 BGB grundsätzlich nur auf das erstreckt, was jeder von ihnen tatsächlich erlangt hat63. So engherzig wird man indessen auch nicht sein dürfen. Es ist vielmehr zu differenzieren: wirken beide Geschäftsführer gemeinschaftlich zusammen, ist § 427 BGB entsprechend heranzuziehen; ansonsten hat es allerdings in der Tat bei § 420 BGB sein Bewenden. Ob ein Fall des gemeinschaftlichen Zusammenwirkens besteht, ist auf Grundlage der Geschäftsführungsabsicht, also letztlich nach dem sozialen Sinn des Handelns der Geschäftsführer bei normativer Betrachtung zu beurteilen. Dagegen ist im Falle der Schadensersatzpflicht eines Geschäftsführers grundsätzlich von einer „Teilschuld“ auszugehen. Verletzt ein Geschäftsführer die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, so haftet er selbst bei gemeinschaftlichem Zusammenwirken der Geschäftsführer alleine für den aus seiner Pflichtverletzung entstandenen Schaden (§§ 677, 280 BGB); dies folgt aus dem Grundsatz der Einzelwirkung (vgl. § 425 BGB). Entsprechendes gilt im Falle des Übernahmeverschuldens durch einen der Geschäftsführer (§ 678 BGB).

b. actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch) Die Anwendung der allgemeinen Vorschriften führt, da der Aufwendungsersatzanspruch regelmäßig in einer teilbaren Leistung (Geld) liegt, zur Anwendung des § 420 BGB: die einzelnen Geschäftsführer sind Teilgläubiger; nur im Ausnahmefall der (rechtlichen) Unteilbarkeit wäre § 432 BGB anzuwenden64. Eine Anwendung des § 428 BGB ist nicht angesagt. Ein Vorgehen nach § 428 BGB wäre angebracht, wenn wie im Recht der Bergung in Seenot (§§ 740 ff. HGB) ein Gesamtbergelohn zu ermitteln ist, der dann auf die einzelnen Berger zu verteilen ist65. Das ist aber bei der Geschäftsführung ohne Auftrag, wo jeder Geschäftsführer nur seine tatsächlichen Aufwendungen verlangen kann, nicht der Fall.

63

BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 104. Vgl. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 105. 65 Aber auch hier ist es nicht nur möglich, dass die Berger ihre Ansprüche gemeinsam geltend machen und dabei Aufteilung begehren, sondern dass auch nur ein Retter seinen Lohnanspruch geltend macht unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er die Rettung nicht alleine herbeigeführt hat. Vgl. dazu: Rabe, Seehandelsrecht4, 2000, HGB § 744 Rn. 9. Durch die Neuregelung des § 748 HGB nF hat sich an der Rechtslage nichts geändert (vgl. Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Bergungsrechts in der See- und Binnenschifffahrt (Drittes Seerechtsänderungsgesetz), BT-Drs. 14/4672, S. 20). 64

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2. Mehrere Geschäftsherren a. Actio contraria (Aufwendungsersatzanspruch) Die Konstellation, dass eine einheitliche Geschäftsführung mehreren Geschäftsherren zugute kommt, ist in der veröffentlichten Gerichtspraxis häufiger anzutreffen66. Im Mittelpunkt stehen Geschäftsführungen für Miteigentümerund Erbengemeinschaften67. Nichtsdestotrotz bereitet der Aufwendungsersatzanspruch bei einheitlicher Geschäftsführung erhebliche Schwierigkeiten. Möglich ist einmal, (a) die einzelnen Geschäftsherren gem. § 420 BGB als Teilschuldner anzusehen: jeder Geschäftsherr schuldet nur insoweit Aufwendungsersatz, als ihm die Geschäftsführung tatsächlich zugute kommt. Möglich ist aber auch (b), die Geschäftsherren, denen ja die einheitliche Geschäftsführung als solche zugute kam, gem. § 421 BGB als Gesamtschuldner haften zu lassen. Der BGH lässt bei Aufwendungen auf eine gemeinschaftliche Sache die Miteigentümer, bei denen die Voraussetzungen des § 683 BGB vorliegen, in entsprechender Anwendung des § 427 BGB als Gesamtschuldner haften68. Dem ist im Ergebnis zu folgen, da ja dem einzelnen Geschäftsherrn nur die ganze Geschäftsführungsmaßnahme nützt. Fehlt es dagegen bei einzelnen Geschäftsherren an den Voraussetzungen des § 683 BGB, weil die Übernahme der Geschäftsführung nicht ihrem präsumtiven Willen entsprochen hat, so haften diese nur anteilig gem. §§ 684, 420 BGB69. Grundsätzlich wird die Gesamtgeschäftsführung dem Interesse des einzelnen Geschäftsherrn entsprechen, weil nur durch die einheitliche Geschäftsführung das Interesse des einzelnen an seinem Anteil gewahrt wird. Die Frage, inwieweit der einzelne Geschäftsherr an Willen und Interesse der anderen Geschäftsherren gebunden ist, betrifft grundsätzlich – jedenfalls dann, wenn die Gemeinschaft nicht rechtsfähig ist – nur das Innenverhältnis der Geschäftsherren untereinander70. Einen Widerspruch zur seerechtlichen Regelung der gesamtschuldnerischen bzw. anteiligen Haftung für den Bergelohn bei Rettung aus Seenot in § 750

66

Vgl. auch Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7, 3 (de negotiis gestis). Geschäftsführung für Miteigentümer: BGH, LM BGB § 426 Nr. 26, Urt. v. 10. 10. 1966 – II ZR 196/63; Geschäftsführung für eine Wohnungseigentümergemeinschaft: BayObLG, NJW-RR 1987, 1038, Beschl. v. 16. 4. 1987 – BReg. 2 Z 133/86. 68 BGH, LM BGB § 426 Nr. 26, Urt. v. 10. 10. 1966 – II ZR 196/63; BayObLG, NJW-RR 1987, 1038 (1039), Beschl. v. 16. 4. 1987 – BReg 2 Z 133/86; vgl. RGZ 167, 85 (87), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 99; aA: Staudinger/Noack (1999) § 421 Rn. 8; unklar: RG Recht 23 (1919) Nr. 249, Urt. v. 6. 12. 1918 – VII 211/18. 69 Vgl. insoweit auch Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7, 3 (de negotiis gestis): „… Et puto secundum Iulianum debere dici superesse contra eum qui non prohibuit negotiorum gestorum actionem, ita tamen ut is qui prohibuit ex nulla parte neque per socium neque per ipsum aliquid damni sentiat“. 70 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 98. 67

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Abs. 1 HGB aF bzw. zu § 742 Abs. 2 HGB nF sollte man darin nicht erblicken. § 750 Abs. 1 HGB aF ordnete noch an: § 750 HGB aF. (1) Zur Zahlung der Bergungs- und Hilfskosten, insbesondere auch des Berge- und Hilfslohns, sind die Eigentümer der geborgenen oder geretteten Gegenstände als Gesamtschuldner verpflichtet. Jeder von ihnen haftet jedoch nur bis zur Höhe des Wertes der für ihn geborgenen oder geretteten Gegenstände. (2) ….

Nach § 750 Abs. 1 S. 1 HGB hafteten die Eigentümer der geretteten Gegenstände als Gesamtschuldner für den Bergelohn. Zum Schutz der Eigentümer von relativ geringwertigem Gut sah allerdings § 750 Abs. 1 S. 2 HGB aF vor, dass jeder Gesamtschuldner nur bis zur Höhe des Wertes der für ihn geborgenen Sache haftet71. Eine Übertragung dieses Grundsatzes auf die negotiorum gestio erscheint mir nicht notwendig. Hier verwirklicht sich ein anderes, nicht minder effektives Schutzprinzip zugunsten des Geschäftsherrn: die Verknüpfung des Aufwendungsersatzanspruchs des Geschäftsführers mit der utilitas gestionis. Hohe Aufwendungen, die zu seinem Anteil am gemeinschaftlichen Gegenstand außer Verhältnis stehen, entsprechen nicht dem Interesse und damit dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn (§ 683 S. 1 BGB). Bei einem inutiliter gestum haftet der Geschäftsherr aber gem. §§ 684 S. 1, 420 BGB nur anteilig für die Aufwendungen bis zur Höhe seines tatsächlich erlangten Vorteils. Der Gedanke der pro-rata-Haftung hat nunmehr sogar Eingang in das Seerecht gefunden. In Umsetzung des Art. 13 Abs. 2 Internationalen Übereinkommens von 1989 über Bergung (IÜB) ordnet § 742 Abs. 3 HGB nF an: § 742 HGB nF. Bergelohnanspruch. (1) … (3) Zur Zahlung des Bergelohns und der Bergungskosten sind der Schiffseigentümer sowie die Eigentümer der sonstigen geborgenen Vermögensgegenstände im Verhältnis des Wertes dieser Gegenstände zueinander anteilig verpflichtet.

Die Eigentümer der geretteten Gegenstände haften nur noch pro rata im Verhältnis der geretteten Gegenstände und nicht mehr als Gesamtschuldner. Die Möglichkeit einer gesamtschuldnerischen Haftung bis zur Höhe des Wertes des geretteten Gegenstandes schließt das IÜB aus72.

71 Rabe, Seehandelsrecht4, 2000, HGB § 750 Rn. 3; Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Bergungsrechts in der See- und Binnenschifffahrt (Drittes Seerechtsänderungsgesetz), BT-Drs. 14/4672, S. 17. 72 Denkschrift zum Internationalen Übereinkommen von 1989 über Bergung, BT-Drs. 14/4673, S. 26; Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Bergungsrechts in der See- und Binnenschifffahrt (Drittes Seerechtsänderungsgesetz), BT-Drs. 14/4672, S. 17.

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b. Actio directa: Herausgabeanspruch Ist bei einer einheitlichen Geschäftsführung der Herausgabeanspruch auf eine (natürlich-wirtschaftlich und rechtlich) teilbare Leistung iSd § 420 BGB gerichtet, so haftet der Geschäftsführer den Geschäftsherren anteilig entsprechend dem Grad ihrer Berechtigung am Erlangten gem. § 420 BGB. Die Annahme einer Gesamtgläubigerschaft iSd § 428 BGB ist nicht gerechtfertigt73. Handelt es sich um eine (natürlich-wirtschaftlich oder rechtlich) unteilbare Leistung iSd § 432 BGB, was insbesondere bei Bruchteilsgemeinschaften der Fall ist, so kann der Geschäftsführer nur an alle Gläubiger gemeinsam leisten (Mitgläubigerschaft). Bei der Erbengemeinschaft gilt § 2039 BGB.

VI. Konkurrenzen zu anderen Rechtsinstituten Häufig stellt sich die Frage des Verhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag zu anderen Rechtsinstituten74. Das Verständnis des Konkurrenzverhältnisses zu anderen Rechtsinstituten ist weithin durch die tradierte Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag belastet. Entgegen weitläufiger Auffassung ist die tradierte Unterscheidung zwischen sog. berechtigter und sog. unberechtigter Geschäftsführung ohne Bedeutung. Eine besondere Legitimationswirkung kommt, wie oben bereits eingehend dargelegt wurde, der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu (siehe § 6 II 3). Als oberstes Prinzip einer geschäftsführungsrechtlichen Konkurrenzlehre gilt vielmehr der Grundsatz der Spezialität. Das gesetzliche Schuldverhältnis der negotiorum gestio entsteht allein aufgrund der fremdnützigen Geschäftsführung. Die Frage, ob die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat, ist nur für die Frage des Aufwendungsersatzes bedeutend. Konkurrenzrechtlich enthalten die §§ 677 ff. BGB eine spezielle gesetzliche Ordnung der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessensubordination, die anderen Rechtsinstituten (Bereicherungsrecht, §§ 987 ff. BGB) grundsätzlich vorgeht. Dagegen entfalten die §§ 677 ff. BGB keine Legitimationswirkung: deliktsrechtliche Tatbestände sind neben dem Geschäftsführungsrecht grundsätzlich anwendbar. Auch dies ist keine Besonderheit, findet das Deliktsrecht auch neben dem Vertragsrecht Anwendung.

73

AA BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 100. Dazu: Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (379 ff.). 74

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1. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Das Verhältnis der Geschäftsführungsregeln der §§ 677 ff. BGB zum sog. Eigentümer-Besitzer-Verhältnis der §§ 985 ff. BGB wird in der Lehre als noch nicht abschließend geklärt bezeichnet75. Unmittelbare höchstrichterliche Stellungnahmen fehlen fast vollständig. Einschlägig ist nur eine ältere Entscheidung aus dem Jahre 195976. Der BGH entschied seinerzeit, dass der berechtigte Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigter Fremdbesitzer sei, mithin die §§ 987 ff. BGB schon tatbestandlich nicht einschlägig seien; verwandele der zunächst berechtigte Fremdbesitzer später seinen Fremdbesitz in Eigenbesitz, werde er zum unrechtmäßigen Eigenbesitzer, so dass nunmehr auf die §§ 987 ff. BGB zurückgegriffen werden könne77. Dem folgt die hM im Grundsatz, wenn sie anknüpfend an die Legitimationswirkung der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ein Recht zum Besitz iSd § 986 BGB sieht78; in Konsequenz dieses Ansatzes soll die unberechtigte Geschäftsführung kein Recht zum Besitz begründen. Das dann entstehende Konkurrenzverhältnis zwischen den §§ 987 ff. BGB und geschäftsführungsrechtlichen Ansprüchen (insbesondere § 678 BGB und § 684 S. 1 BGB) wird im Anschluss an die allgemeine Rechtsprechung des BGH, derzufolge die §§ 987 ff. BGB das Rechtsverhältnis des nichtberechtigten Besitzers zum Eigentümer abschließend regeln, dahin gelöst, dass die Vorschriften über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis eine die Vorschriften über Geschäftsführung ohne Auftrag verdrängende Sonderregelung darstellen79. Zu folgen ist dieser weit verbreiteten, an der tradierten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag anknüpfenden Auffassung indes nicht. Liegen die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag vor, für die 75

MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 18; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 10; vgl. dazu Köbl, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis im Anspruchssystem des BGB, zugleich ein Beitrag zur Konkurrenzlehre, 1971, S. 181 ff.; Wolf, Die Verwendungsansprüche des Besitzers im Anspruchssystem, AcP 166 (1966), 188 (214 ff.). 76 BGHZ 31, 129 (132), Urt. v. 29. 10. 1959 – VII ZR 197/58; offen gelassen in: BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61. 77 BGHZ 31, 129 (132 ff.), Urt. v. 29. 10. 1959 – VII ZR 197/58: Besitzerwerb iSd § 990 BGB durch Umwandlung des berechtigten Fremdbesitz in unberechtigten Eigenbesitz. 78 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 141; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (292); Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 12 v § 677; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 10. 79 Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 10; wohl auch: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 V = S. 26; differenzierend Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 141: der Grund der verschärften Haftung des § 678 BGB liege in der schuldhaften Missachtung des Willens des Geschäftsherrn. Daher wird regelmäßig bei der Geschäftsführung durch Besitzergreifung ein Fall der verbotenen Eigenmacht vorliegen und damit ein Konkurrenzproblem zu § 678 BGB wegen § 992 BGB gar nicht auftreten; § 678 BGB gehöre der Sache nach zu den Vorschriften über unerlaubte Handlungen, die § 992 BGB bei Besitzverschaffung durch verbotene Eigenmacht ausdrücklich für anwendbar erklärt.

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die Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung keine Bedeutung hat, so gehen die §§ 677 ff. BGB als das spezielle gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten fremdnützigen Interessenwahrnehmung den Vorschriften der §§ 987 ff. BGB vor, unabhängig davon, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entsprach80. Fallen die Voraussetzungen und damit das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag weg, weil der Geschäftsführer nicht mehr in fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht für einen anderen (Eigentümer), sondern eigennützig für sich selber tätig wird (Eigenbesitz), greifen die §§ 987 ff. BGB ein81; auf den Sonderfall, dass der Geschäftsführer nunmehr zusätzlich die Voraussetzung des § 687 Abs. 2 BGB (Geschäftsanmaßung) erfüllt, soll unten eingegangen werden (siehe § 17 VI). – Die Konstellation kann auch unter umgekehrten Vorzeichen auftreten: liegen die Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag erst nachfolgend vor, weil der ehemals gutgläubige Eigenbesitzer, über die wahren Verhältnisse aufgeklärt, nunmehr für den wahren Eigentümer die Sache in Geschäftsführungsabsicht (Fremdbesitz) verwahrt, sind die §§ 677 ff. BGB mit dem Zeitpunkt der Begründung des Fremdbesitzes das speziellere Rechtsverhältnis; ein Rückgriff auf die §§ 987 ff. BGB scheidet von nun an aus82. Diese Auslösung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den Vorschriften der fremdnützigen Geschäftsführung ohne Auftrag und dem sog. EigentümerBesitzer-Verhältnis entspricht auch den römischen Quellen. Hierfür sei das kaiserliche Reskript Gordianus, C. 3, 32, 5, 1 (de rei vindicatione) betrachtet. Gordianus, C. 3, 32, 5, 1 (de rei vindicatione): „Eius autem quod impendit rationem haberi non posse merito rescriptum est, cum malae fidei possessores eius quod in rem alienam impendunt, non eorum negotium gerentes quorum res est, nullam habeant repetitionem, nisi necessarios sumptus fecerint: sin autem utiles, licentia eis permittitur sine laesione prioris status rei eos auferre“.

In dem Reskript stellt Gordianus klar, dass der bösgläubige Besitzer, der nicht fremdnützig für den Eigentümer, sondern eigennützig für sich tätig wird, nur Ersatz seiner notwendigen Verwendungen verlangen darf (vgl. § 994 BGB). Der „bösgläubige“ Besitzer aber, der fremdnützig für den Eigentümer tätig wird, kann unmittelbar aufgrund der actio negotiorum gestorum contraria vollen Aufwendungsersatz verlangen (§ 683 S. 1 BGB)83. 80 Ebenso: Wolf, Die Verwendungsansprüche des Besitzers im Anspruchssystem, AcP 166 (1966), 188 (214 ff.); Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 7 Rn. 5 (deutlicher in der Vorauflage); MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 18; Staudinger/Gursky (2006) Vorbem 70 zu §§ 987–993. Vgl. auch schon Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 81 BGHZ 31, 129 (132 ff.), Urt. v. 29. 10. 1959 – VII ZR 197/58. 82 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 206. 83 Vgl. Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

2. Bereicherungsrecht Auch das Konkurrenzverhältnis zum Bereicherungsrecht wird von der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag überschattet. Nach der gängigen Formulierung der hM stellt die berechtigte Geschäftsführung einen Rechtsgrund im Sinne des Bereicherungsrechts dar, so dass die §§ 812 ff. BGB bereits tatbestandlich ausgeschlossen seien84; eine Formulierung, die mittlerweile auch Eingang in Comments zu den PEL Ben. Int. gefunden hat85. Die unberechtigte Geschäftsführung soll dagegen nach hL kein Rechtsgrund im bereicherungsrechtlichen Sinne sein86; Ansprüche aus den §§ 812 ff. BGB seien daher gerade nicht ausgeschlossen, wie der Verweis des § 684 S. 1 BGB zeige. Dem ist aber nicht zu folgen. Liegen die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag vor, für die die Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigten Geschäftsführung keine Bedeutung hat, so gehen die §§ 677 ff. BGB als das speziellere gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten fremdnützigen Interessenwahrnehmung den Vorschriften der §§ 812 ff. vor, unabhängig davon, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen und Interesse des Geschäftsherrn entsprach87. Abweichendes folgt auch nicht aus § 684 S. 1 BGB. Hierbei handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht: der aus dem Rechtsverhältnis der auftraglosen Geschäftsführung erwachsende Aufwendungsersatz wird nur auf die Vorteile beschränkt, die der Geschäftsherr aus der Geschäftsführung erhalten hat.

84 BGH, LM DDR-ZGB § 68 Nr. 8, Urt. v. 11. 7. 1996 – III ZR 7/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; BGH NJW 1969, 1205 (1207), Urt. v. 10. 4. 1969 – II ZR 239/67; eingehend: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 139 f.; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (292); Schwarz/ Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 7 Rn. 6; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 82; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 2. 85 PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution L 91 (p. 94): „…benefits which one party renders to another on the basis of a benevolent intervention, are, as a general rule, justified within the meaning of unjustified enrichment law“. 86 Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 5 v § 677. Auch die Comments zu den PEL Ben. Int. stellen klar, dass die aufgestellten Grundsätze nur für „justified“ intervention gelten (PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution L 89 [p. 94]). 87 Ebenso: Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 7 Rn. 7 (deutlicher in der Vorauflage); MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 15.

§ 10. Allgemeiner Teil

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3. Recht der unerlaubten Handlung Die fremdnützige Geschäftsführung ohne Auftrag kann – was gerade im Arztrecht Bedeutung erlangt – den Tatbestand einer unerlaubten Handlung erfüllen; man denke an den Arzt, der am bewusstlosen Patienten eine Notoperation durchführt. Die damit aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis von Geschäftsführungsrecht und dem Recht der unerlaubten Handlung ist sehr umstritten. Hier liegt der Hauptanwendungsfall der tradierten Lehre von der Legitimationswirkung der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag, die mittlerweile auch in Art. VI. – 5:502 (2) DCFR Aufnahme gefunden hat. Nach dieser Vorschrift kann sich der Geschäftsführer gegenüber einem deliktischen Anspruch des geschädigten Geschäftsherrn darauf berufen, dass er als berechtigter Geschäftsführer gehandelt hat88. VI. – 5:202 DCFR. Self-defence, benevolent intervention and necessity. (1) A person has a defence if that person causes legally relevant damage … (2) The same applies to legally relevant damage caused by a benevolent intervener to a principal without breach of the intervener’s duties. (3) …

In Deutschland geht die herrschende Auffassung im Anschluss an Zitelmanns berühmten Beitrag „Ausschluß der Widerrechtlichkeit“89 davon aus, dass die berechtigte Geschäftsführung ohne Auftrag Rechtfertigungsgrund iSd des Delikts- und Strafrechts ist90. Zitelmann hatte seinerzeit hervorgehoben, dass die nützliche Geschäftsführung ohne Auftrag vom Gesetz nicht verboten, sondern vom Gesetz sogar begünstigt sei; sie könne daher nicht ohne Widerspruch als rechtswidrig angesehen werden. Der Geschäftsführer sei nach § 677 BGB dazu verpflichtet, das übernommene Geschäft den Interessen und dem Willen des Geschäftsherrn gemäß auszuführen; sei er dazu verpflichtet, so könne sein Handeln nicht rechtswidrig sein. Liegen die Voraussetzungen einer berechtigen Geschäftsführung ohne Auftrag vor, so handelt nach hM der Geschäftsführer,

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PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. A 5 (p. 103). Zitelmann, Ausschluß der Widerrechtlichkeit, AcP 99 (1906) 1 (104 ff.). 90 BGH, LM BGB § 683 Nr. 2, Urt. v. 8. 7. 1953 – VI ZR 241/52 (obiter dicta); Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 24 ff.; ders., Gesetzeskonkurrenz I 293 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 141 ff.; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (292); v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 983; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 448; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 5 v § 677; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 82; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 9; für das Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1262 ff.; vgl. dazu: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 366 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 271 ff. 89

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

der im Rahmen des gesetzlichen Schuldverhältnisses tätig wird, rechtmäßig. Dagegen soll die unberechtigte Geschäftsführung keinen Rechtfertigungsgrund darstellen91. Zwischen den Ansprüchen aus §§ 823 ff. BGB und § 678 BGB bestehe Anspruchskonkurrenz. Dies soll selbst dann gelten, wenn sich der Geschäftsführer schuldlos in einem Irrtum über den Willen des Geschäftsherrn befindet; allerdings wird es in diesem letzten Fall des schuldlosen Irrtums am Verschulden fehlen, so dass weder eine Haftung nach § 678 BGB noch nach den §§ 823 ff. BGB in Betracht kommt; dabei ist zu beachten, dass die Herabsetzung der Diligenzpflicht des § 680 BGB auch für deliktische Ansprüche gilt. Selbstverständlich ist auch nach hM die Legitimationswirkung der berechtigten Geschäftsführung nicht grenzenlos: verletzt der Geschäftsführer seine Pflichten zur ordentlichen Geschäftsführung (§ 677 BGB), so kann der geschädigte Geschäftsherr Ersatzansprüche auch auf die §§ 823 ff. BGB stützen. Entspricht zwar der Abriss einer einsturzgefährdeten Mauer dem Willen des Geschäftsherrn (§ 683 BGB), so haftet der Geschäftsführer dennoch, wenn er aus Unachtsamkeit einen angrenzenden Zaun niederwalzt92. Es ist also genauer zu formulieren: Ausschlusswirkung soll nur der berechtigten und ordentlich ausgeführten Geschäftsführung ohne Auftrag zukommen. Und natürlich besteht die Legitimationswirkung zugunsten des Geschäftsführers nur relativ zum Geschäftsherrn93. Im Verhältnis zu Dritten lässt sich den §§ 677, 683 BGB kein Rechtfertigungsgrund entnehmen; hier kommt nur eine Rechtfertigung nach den Notstandsregeln der §§ 228, 904 BGB, 34 StGB in Betracht94.

Auf ungeteilte Zustimmung ist die herrschende Lehre allerdings zu keinem Zeitpunkt gestoßen95. Zu Recht, stellt sich doch die tradierte Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag im Allgemeinen als eine gefährliche Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips dar, die zudem im Besonderen dem gesetz91

Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 24; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 5 v § 677; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 9. 92 Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (224); Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (292), Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 7 Rn. 8. 93 Die berechtigte Geschäftsführung soll nur zugunsten des Geschäftsführers deliktsrechtliche Ansprüche ausschließen (Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 [292]; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 11 v § 677). Keinesfalls sollen durch die §§ 683, 684 BGB weitergehende Schadensersatzansprüche des Geschäftsführers aus unerlaubter Handlung oder Gefährdungshaftung ausgeschlossen werden. So hat der BGH dem Eigentümer eines über das Grundwasser mit Öl verschmutzten Grundstücks (Geschäftsführer) gegen den Verunreiniger (Geschäftsherr) neben geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzansprüchen gem. §§ 683, 684 BGB Ansprüche aus § 823 BGB und § 22 WHG zugesprochen (BGHZ 142, 227 [237], Urt. v. 22. 7. 1999 – III ZR 198/98). 94 Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 7. 95 So vor allem: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 274 ff.; Planck/ Lobe4 (1928) Anm. V vor § 677; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 17; ebenfalls kritisch: Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (223 ff.).

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lichen Konzept der §§ 677 ff. BGB gerade zuwiderläuft. Dem deutschen Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Unterscheidung zwischen berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung unbekannt. Eine besondere Legitimationswirkung aber kommt dem Rechtsinstitut der echten Geschäftsführung ohne Auftrag als solchem nicht zu. Daher ist im Grundsatz festzuhalten, dass zwischen den §§ 823 ff. BGB und den §§ 677 ff. BGB eine Anspruchskonkurrenz besteht96. Dennoch ist der hM im Ergebnis insoweit zuzustimmen, dass im Falle der utilitas gestionis deliktische Ansprüche in der Tat regelmäßig ausscheiden. Doch muss dies keinesfalls mit einer dunklen Legitimationswirkung der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag begründet werden, sondern folgt schlicht daraus, dass bei Nützlichkeit der Geschäftsführung auch der allgemein anerkannte Rechtfertigungsgrund der mutmaßlichen Einwilligung vorliegt. Im Übrigen lassen sich schon in den Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte für das von der hM behauptete Prinzip nachweisen, dass eine nützliche (berechtigte) Geschäftsführung den Eingriff in eine fremde Rechtssphäre rechtfertigen könne. Die Vorschrift des § 682 BGB, wonach der Geschäftsführer bei fehlender oder beschränkter Geschäftsfähigkeit nur nach den Vorschriften über die unerlaubte Handlung haftet, deutet sogar in die andere Richtung. Auch aus dem Gesamtzusammenhang der §§ 677 ff. BGB lässt sich der behauptete Grundsatz nicht entnehmen. § 677 BGB verpflichtet jeden Geschäftsführer, das übernommene Geschäft so zu führen, wie es dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht. Die Frage, ob der Eingriff in fremdes Eigentum damit objektiv rechtswidrig ist oder nicht, wird damit noch nicht entschieden. Aber auch die negative Seite der hM – die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der unberechtigten Geschäftsführung – erscheint etwa im Bereich des Medizinrechts als geradezu kontraproduktiv. Das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB stellt zu hohe Anforderungen. Der Arzt, der einem bewusstlosen Patienten hilft, wäre nur allzu leicht dem Vorwurf rechtswidrigen Handelns ausgesetzt, falls der Patient aus nicht nachvollziehbarer und erkennbarer Motivation heraus den Heileingriff untersagt hätte97. Ein Nothilfeeingriff muss vielmehr – so wird zu Recht gefordert – bereits dann als rechtmäßig gebilligt werden, wenn er nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben geeignet und notwendig ist. Wollschläger will darum das Verhältnis von Geschäftsführung und deliktischer Haftung dahin auflösen, dass er die Rechtswidrigkeit entsprechend den allgemeinen Notstandsprinzipien der Güter- und Pflichtenabwägung in Analogie zu § 34 StGB bestimmt98. Nach die96

MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 16. Allerdings ist zu beachten, dass nach hM der Arzt im Falle der unberechtigten Geschäftsführung zwar rechtswidrig, letztlich aber doch schuldlos handelt, wenn er den entgegenstehenden Willen nicht erkennen konnte (vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 142 f.). 98 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 274 ff.; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 17. 97

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

sen Grundsätzen kann also in der Tat der Fall eintreten, dass eine Gestion zwar wegen fehlender Utilitas den Geschäftsführer nicht zum Aufwendungsersatz gem. § 683 S. 1 BGB berechtigt, der Eingriff in die Sphäre des Geschäftsführers aber dennoch gerechtfertigt ist. Für die hier vertretene Lehre ist das kein Problem: Fragen der negotiorum gestio und des Deliktsrechts sind jeweils für sich zu betrachten und stehen beziehungslos nebeneinander. Die hM hingegen muss hier scheitern: die Konstellation, dass eine unberechtigte Geschäftsführung vorliegt, der Eingriff in die Sphäre des Geschäftsherrn dennoch nicht rechtswidrig ist, kann sie nicht erklären.

VII. Verjährung Für Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gilt die Regelverjährung von drei Jahren gem. §§ 195, 199 BGB99; natürlich handelt es sich hierbei nur um den Grundsatz, der durch besondere gesetzliche Bestimmungen (lex specialis) in die eine oder andere Richtung modifiziert werden kann100. Die hM erstreckt die Regelverjährung auch auf den Fall, dass der Geschäftsführer den Geschäftsherrn von einer Verbindlichkeit befreit, die ihrerseits einer kürzeren Verjährungsfrist unterliegt101. Diese Lehre bedarf mancher Klarstellungen. Zunächst ist zu beachten, dass in Fällen der Erfüllung fremder Schulden nicht ohne weiteres eine Geschäftsführung für den Schuldner gesehen werden kann. Erbringt der Geschäftsführer etwa Unterhaltsleistungen an einen Dritten (Unterhaltsberechtigter), so wird er nicht für den Geschäftsherrn (Unterhaltsverpflichteter), sondern für den Dritten tätig. Hier greift das Rechtsinstitut der echten Geschäftsführung ohne Auftrag im Verhältnis zum Geschäftsherrn per se nicht ein. Allenfalls in einem sehr engen Bereich ist bei der Zahlung auf fremde Schuld Raum für Annahme einer echten Geschäftsführung ohne Auftrag. Sollte dies tatsächlich einmal der Fall sein, so ist weiter zu differenzieren. Ist die Zahlung auf die Verbindlichkeit des Geschäftsherrn eine nützliche Geschäftsführung, so 99 Vgl. BGHZ 47, 370 (376), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; Motive, bei Mugdan II, S. 483; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 15; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 21. 100 BGHZ 115, 210, Urt. v. 26. 9. 1991 – I ZR 149/89; BGH NJW 1969, 1205 (1206), Urt. v. 10. 4. 1969 – II ZR 239/67; BGH, MDR 1980, 123 (124), Urt. v. 9. 7. 1979 – II ZR 192/78 MDR 1980, 123, 124 jeweils zu § 117 BinnSchG (einjährige Verjährungsfrist); BGH, NJW 1974, 743 (744), Urt. v. 13. 2. 1974 – VIII ZR 233/72 zu § 558 aF = § 548 nF (sechsmonatige Verjährungsfrist). 101 Motive, bei Mugdan II, S. 483; BGHZ 115, 210 (211), Urt. v. 26. 9. 1991 – I ZR 149/89; BGHZ 47, 370 (374 ff.), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; RGZ 86, 96, Urt. v. 4. 1. 1915 – VI ZR 376/14; bereits: RGZ 69, 422 (429), Urt. v. 16. 11. 1908 – VI 607/07; Planck/Lobe4 (1928) § 683 Anm. 3 c; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 22 und § 683 Rn. 18; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 82 ff.: zwischen § 683 als Rückgriffsnorm und dem Verjährungsrecht gebe es einen Wertungswiderspruch, der zugunsten eines Vorrangs des Verjährungsrechts zu lösen sei; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 28.

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steht dem Geschäftsführer die actio contraria (§ 683 S. 1 BGB) zu. Hierbei handelt es sich um einen aus dem Subordinationscharakter der negotiorum gestio abgeleiteten Aufwendungsersatzanspruch, der grundsätzlich seiner eigenen, selbständigen Verjährung folgt. Die Gegenauffassung, die die kürzere Verjährung auch auf den Anspruch aus § 683 S. 1 BGB anwenden will, ist letztlich zu sehr auf den – dem Gestionsrecht unbekannten, bereicherungsrechtlichen – Begriff des fremden Geschäfts fixiert und deutet § 683 S. 1 BGB zwar konsequent, aber unzutreffend „gegenstandsorientiert“. Eine Benachteiligung des Geschäftsherrn liegt in einer solchen Anwendung des § 683 S. 1 BGB nicht. Denn der Anwendungsbereich des § 683 S. 1 BGB ist nur eröffnet, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht102. Selbst wenn mangels genauer Anhaltspunkte letztlich das objektive Interesse des Geschäftsherrn den Ausschlag gibt, ist über die Frage der Interessengemäßheit im Rahmen einer umfassenden Kosten-Nutzen-Rechnung zu entscheiden. Entgegen einer weit verbreiteten Unsitte reicht dafür die einfache Feststellung, dass der Geschäftsherr von einer Forderung befreit wurde, nicht. Die Annahme der eigenständigen Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs ist nur im Falle des § 683 S. 1 BGB (utiliter gestum) gerechtfertigt und dogmatisch zu rechtfertigen. Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, wird der Aufwendungsersatzanspruch gem. § 684 S. 1 BGB durch die erlangten Vorteile des Geschäftsherrn beschränkt. Da diese aber in der Tat „nur“ in der Befreiung von einer in kurzer Frist verjährenden Forderung besteht, kann sich der Geschäftsherr gegenüber dem Geschäftsführer gem. § 684 S. 1 BGB ab dem Zeitpunkt auf Verjährung berufen, in dem ihm die Verjährungseinrede gegen die ursprüngliche Schuld zugestanden hätte103. Wenn die Leistung auf fremde Schuld auch meist keinen Fall der echten Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt, so können doch die Voraussetzungen des privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB vorliegen. Wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Erfüllung auch durch einen Dritten ist es hier gerechtfertigt, in einem vom Gesetzgeber mit § 683 S. 2 BGB faktisch selbst vorgenommenen Analogieschluss die selbständige Verjährung auf den privilegierten Rückgriffsanspruch zu übertragen.

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Motive, bei Mugdan II, S. 483. Vgl. BGHZ 47, 370 (375 f.), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 11; vgl. aber auch BGHZ 32, 13 (15 f.), Urt. v. 14. 1. 1960 – II ZR 146/58; RGZ 86, 96, Urt. v. 4. 1. 1915 – VI 376/14. 103

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§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung I. Die Subordination als tragender Gedanke Der Geschäftsführer hat das übernommene Geschäft ordentlich durchzuführen. Den Inhalt der Geschäftsführungspflicht normiert § 677 BGB. Das Geschäft ist so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder vermuteten Willen es erfordert. Verletzt der Gestor die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, haftet er dem Geschäftsführer gegenüber – sofern er nicht darlegen kann, dass er seine Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat – gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz (actio directa). Diese tradiert als Ausführungsverschulden1 bezeichnete Haftung steht neben der deliktischen Haftung der §§ 823 ff. BGB, der gegenüber sie deutliche Vorteile aufweist: (a) sie ist nicht auf die Verletzung bestimmter Rechtsgüter beschränkt, sondern erfasst auch primäre Vermögensschäden; (b) das Verschulden des Geschäftsführers wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB); (c) das Verschulden seiner Geschäftsführungsgehilfen muss sich der Geschäftsführer gem. § 278 BGB unmittelbar ohne Exkulpationsmöglichkeit zurechnen lassen. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung folgt aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Treuhandgedanke bestimmt auch den Verschuldensmaßstab: grundsätzlich hat der Geschäftsführer für jedes Verschulden einzustehen (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB). Dies erscheint auf den ersten Blick nicht selbstverständlich, handelte doch der Geschäftsführer regelmäßig unentgeltlich im Interesse des Geschäftsherrn und dies grundsätzlich freiwillig: nach dem sog. Utilitätsprinzip, wonach allgemein die an einem Schuldverhältnis nicht in-

1 Die tradierte Bezeichnung der Haftung gem. §§ 280, 677 BGB als Ausführungsverschulden ist terminologisch missverständlich. Angesichts des gegenwärtigen Standes der Dogmatik (vgl. § 280 Abs. 1 BGB) ist zwischen der Pflichtverletzung und der Frage des Verschuldens genau zu unterscheiden. Haftungsgrund der §§ 280 Abs. 1 S. 1, 677 BGB ist die Pflichtverletzung, die in der unsachgemäßen Durchführung der Geschäftsführung liegt. Das Gesetz räumt umgekehrt dem Geschäftsführer im Sinne eines negativen Tatbestandes die Möglichkeit ein, sich zu exkulpieren, also geltend zu machen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB).

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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teressierte Partei nur für dolus, die interessierte auch für culpa haftet2, also der Haftungsmaßstab vom Nutzen und Interesse mitbestimmt wird, scheint einiges dafür zu sprechen, dem Geschäftsführer eine mildere Haftung zuzusprechen. Und doch hatte der Gestor schon im römischen Recht – ebenso wie der Tutor und der Mandatar – im Grundsatz für dolus und culpa einzustehen3. Im Ergebnis zu Recht. Der Treuhandcharakter überlagert das Utilitätsprinzip. Die „selbständige“ Interessenwahrnehmung für und in „Vertretung“ eines anderen duldet keine Herabsetzung der Diligenzpflicht. Deutlicher wird dies, wenn man den klassischen fremdnützigen Geschäftsbesorgungsverhältnissen (Mandat, Negotiorum Gestio, Vormundschaft) die auch im römischen Recht verwurzelte Haftungserleichterung der Gesellschafter auf die diligentia quam in suis bei der gemeinschaftlichen Geschäftsführung gegenüberstellt (§ 708 BGB). Hier werden Gesellschafter idealtypisch gemeinschaftlich tätig (§ 709 BGB); jeder kann dem anderen notfalls in den Arm fallen und so Schlimmeres verhindern. Dies ist bei der Geschäftsführung anders. Der Geschäftsherr mag zwar Weisungen erteilen, aber bei der eigentlichen Ausführung ist er nicht dabei4. Das kumulative Zusammentreffen von Subordination und Selbstverantwortung (Selbständigkeit) begründet den scharfen Haftungsmaßstab des fremdnützigen Geschäftsbesorgers. Allerdings darf man aus der – scheinbar – klaren und wertungsmäßig zutreffenden Positionierung des römischen Rechts nicht den Schluss ziehen, dass der Utilitätsgedanke in der geschäftsführungsrechtlichen Diskussion keine Rolle mehr gespielt hätte. Auf einer subtilen Ebene wirkte er weiter im Hintergrund. Denn seit der Glosse war der genaue Maßstab der culpa-Haftung des Gestors auf das heftigste umstritten5; ihren Abschluss fand die teilweise mit erheblichem Aufwand geführte Diskussion erst im frühen Pandektismus. Es ging um die Frage, ob der Gestor regulariter für culpa levis oder für culpa levissima einzustehen habe. Den Hintergrund bildete die von den Glossatoren und Kommentatoren begründete Lehre, dass auf der Ebene des Haftungsmaßstabs zwischen culpa lata, culpa levis und culpa levissima zu unterscheiden sei6. Diese Lehre 2 Kaser, Das Römische Privatrecht I 2 , 1971, § 119 III 4 b = S. 587; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 198 seq. 3 Vgl. zur Haftung des Gestors im römischen Recht: Seiler, Zur Haftung des auftraglosen Geschäftsführers im römischen Recht, in: Medicus/Seiler, Studien im römischen Recht, 1973, S. 195; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 445 seqq.; Ulpian, Dig. 50, 17, 23 (de diversis regulis iuris antiqui); Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 20, 1 (de negotiis gestis). 4 Vgl. hierzu eingehend: Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, 2002, S. 204 ff. 5 Vgl. die Übersicht bei Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XVI; Molina, De justitia et jure II, 1659, disp. 553 § 4 seq.; eingehend: Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 29 seqq. 6 Gl. contractus ad l. contractus (Dig. 50, 17, 23 [de diversis regulis iuris antiqui]). Bartolus, Comment. § 8 ad l. quod nerva (Dig. 16, 3, 32 [depositi vel contra]) unterscheidet sogar

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

konnte sich bis zum Anfang des 19. Jahrhundert behaupten7. Die überwiegende, auch schon in der Glosse vertretene Meinung ging dahin, den Geschäftsführer grundsätzlich nur für culpa levis haftbar zu machen. Hiervon machte man im Anschluss an zwei Sonderkonstellationen in den iustinianischen Quellen drei Ausnahmen: hatte der Geschäftsführer (A) durch seine Übernahme der Geschäfte einen anderen, fleißigeren und geschickteren (potentiellen) Geschäftsführer (B) von der Übernahme der Geschäfte abgehalten, so hatte A auch für culpa levissima zu prästieren; handelte der Geschäftsführer sogar gegen das ausdrückliche Gebot des Geschäftsherrn, musste er selbst für casus einstehen; umgekehrt musste der Geschäftsführer sich nur für dolus und culpa lata verantworten, wenn er zur Gefahrenabwehr tätig wurde8. Die mit Cujas und Voet ebenfalls sehr prominent vertretene Gegenauffassung wollte den Gestor dagegen im Regelfall auch für culpa levissima einstehen lassen9. Tatsächlich einflussreich ist – wie noch zu zeigen sein wird – eine damals nur wenig vertretene Lehre geworden, die für einen beweglichen Haftungsmaßstab plädierte10. Der Gelehrtenstreit darf durchaus als selbständige geschäftsführungsrechtliche Diskussion wahrgenommen werden. Zwar war mit Blick auf den genauen Haftungsmaßstab (culpa levis oder levissima) die Rechtlage beim mandatum nicht weniger umstritten, nur waren hier die Gewichtsverhältnisse anders: die überwiegende Lehre sah den Mandatar zur culpa levissima verpflichtet11. Auch wenn der Streit angesichts der wechselnden Begrifflichkeit der Quellen vorwiefünf Formen der culpa: culpa latissima, culpa latior, culpa lata, culpa levis und culpa levissima, wobei Bartolus (aaO. §9) den dolus mit der culpa latissima gleichsetzt. Eine Gruppe der culpa levior anerkennt Bartolus nicht, da er zwischen beiden keinen relevanten Unterschied erkennen will (aaO. § 28) ; Cujas, Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex XXIII (de dolo, culpa, diligentia, & casu). 7 ZB: Cujas, Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex XXIII (de dolo, culpa, diligentia, & casu); Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. XIII Tit. VI § 30 XVI. Natürlich gab es mit Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XVI Cap. VII § XV seqq. auch prominente Gegenstimmen, die sich aber zunächst nicht durchsetzen konnten. 8 Gl. negotiis te meis ad l.ait praetor § interdum (Dig. 3, 5, 3, 9 [de negotiis gestis]); Bartolus, Comment. § 34 ad l. quod nerva (Dig, 16, 3, 32 [depositi vel contra]); Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XVI; ders., Compendium Juris, Lib. III Tit. V Not. E(ffectus); Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 29 seqq. 9 Cujas, Julii Pauli Receptarum sententiarum libros quinque, Lib. I Tit. IV (de negotiis gestis): „Negotiorum gestor omnem diligentiam praestat“; auch: ders., Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex XXIII (de dolo, culpa, diligentia, & casu). Eingehend: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VII; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 4. 10 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I §§ 2, 12, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445, 447; vgl. auch: Brunnemann, Commentarius in Codicem Justinianeum, Ausgabe von 1778, Lib. II Tit. XIX L. 20 § 14; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 4 in fin. 11 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714,

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gend mit formalen Argumenten geführt wurde, so wurden mehr oder weniger deutlich auch dem Utiltitätsgedanken verpflichtende Billigkeitsargumente zugunsten der Haftung culpa levis ins Feld geführt. Im 19. Jahrhundert verlor der Streit seine Bedeutung. Bereits Donellus hatte sich gegen die Unterscheidung zwischen culpa levis und culpa levissima gestellt: beides sei ein und dasselbe12. Zwar konnte sich sein Ansatz zunächst nicht durchsetzen13, doch der Pandektismus griff die Lehre von Donellus wieder auf. Seit Thibaut werden culpa levis und levissima gleichgesetzt: „Der Ausdruck culpa bezeichnet schlechthin alles, und es gibt keine von culpa levis verschiedene culpa levissima, vielmehr ist das, was Viele unter dieser verstehen, mit unter der culpa levis der Römer begriffen“14. Es sei zwar richtig, dass die Quellen an zahlreichen Stellen Begriffe wie culpa levissima oder diligentia exactissima verwendeten, doch sei es den römischen Juristen an diesen Stellen immer nur darum gegangen, aus Klarstellungsgründen den Begriff der culpa levis schärfer zu fassen; keineswegs wollten sie damit einen schärferer Sorgfaltsmaßstab als denjenigen des tüchtigen Hausvaters festschreiben. Als Grundsatz kann daher festgehalten werden, dass der Geschäftsführer im Grundsatz für dolus und culpa (levis) haftet15. Dabei kann man den Maßstab der culpa levis mit dem berühmten tüchtigen und umsichtigen Hausvater (diligens et studiosus paterfamilias) näher bezeichnen. Wie bereits angedeutet, fand diese Regel in den römischen Quellen zwei wichtige Durchbrechungen, die für unser heutiges Gestionsverständnis weiterhin von zentraler Bedeutung sind16: Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis): „Si negotia absentis et ignorantis geras, et culpam et dolum praestare debes. Sed Proculus interdum etiam casum praestare debere, veluti si novum negotium, quod non sit solitus absens facere, tu nomine eius geras: veluti venales novicios coemendo vel aliquam negotiationem ineundo.

L. XVII Tit. I § XXVIII; Leyser, Meditationes ad Pandectas III/IV, Ausgabe von 1778, sp. CLXXIX (de obligatione mandatarii) §V: „mandatarius culpam levissam praestat“. 12 Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XVI Cap. VII § XV seqq. 13 Vgl. nur: Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. XIII Tit. VI § XXX. 14 Thibaut, System des Pandekten-Rechts9, 1846., § 143 = S. 114, der in Fn. d ausdrücklich auf Donellus verweist; v. Wächter, Pandekten I, 1880. § 87 I 2 = S. 446 f., ebenfalls mit Hinweis auf Donellus. 15 Zum gleichen Ergebnis – grundsätzliche Haftung des Gestors für dolus und culpa (levis) – kommen, wenn auch auf anderem Begründungsweg, die objektive und die quasideliktische Theorie der negotiorum gestio. Nicht der Subordinationsgedanke trägt hier die Haftung für dolus und culpa levis, sondern die Einmischung in fremde Angelegenheiten: wer sich (ungerufen) in fremde Geschäfte einmischt, muss dies sorgfältig tun (Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 262 f.). 16 Hingewiesen sei noch auf die – bereits oben behandelte (siehe § 10 IV 2 c) – von den älteren Juristen diskutierte Möglichkeit der Herabsetzung der Diligenzpflicht bei den Erben des Geschäftsführers (Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 27 seq.).

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Nam si quid damnum ex ea re secutum fuerit, te sequetur, lucrum vero absentem: quod si in quibusdam lucrum factum fuerit, in quibusdam damnum, absens pensare lucrum cum damno debet“. Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 3, 9 (de negotiis gestis): „Interdum in negotiorum gestorum actione Labeo scribit dolum solummodo versari: nam si affectione coactus, ne bona mea distrahantur, negotiis te meis optuleris, aequissimum esse dolum dumtaxat te praestare: quae sententia habet aequitatem“.

Im Fragment Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) hatte der Geschäftsführer ungewöhnliche Geschäfte vorgenommen, die der abwesende Geschäftsherr nicht zu tätigen pflegte. In diesem Fall sollte der Gestor nicht nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit, sondern auch für Zufall haften. Im Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 3, 9 (de negotiis gestis) wurde der wohlmeinende Geschäftsführer zur Abwendung der Gesamtvollstreckung in das Vermögen des abwesenden Freundes tätig. Bei solchen Umständen sollte der Gestor ausnahmsweise nur für Arglist einstehen müssen. Der Gerechtigkeitsgehalt beider Stellen ist offensichtlich (vgl. „quae sententia habet aequitatem“): Die Haftung wird gemildert bei Hilfeleistung in Notsituationen, dagegen verschärft bei Vermögensdispositionen, die den Rahmen des beim Geschäftsherrn Üblichen überschreiten. § 680 BGB generalisiert den rationalen Kern von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 3, 9 (de negotiis gestis), wenn er kodifiziert, dass für den Fall, dass die Geschäftsführung der Abwehr einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr dient, der Geschäftsführer nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet. § 678 BGB ist die subjektive Verallgemeinerung von Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis), wenn nach dieser Vorschrift der Geschäftsführer auch für Zufall haftet, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn widerspricht und der Geschäftsführer dies erkennen konnte. Denn Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) wurde immer im Zusammenhang gelesen mit Ulpian/ Iulian, Dig. 3, 5, 7 3 (de negotiis gestis): Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7 3 (de negotiis gestis): „Iulianus libro tertio tractat, si ex duobus sociis alter me prohibuerit administrare, alter non: an adversus eum qui non prohibuit habebam negotiorum gestorum actionem? Movetur eo, quod, si data fuerit adversus eum actio, necesse erit et eum pertingi qui vetuit: sed et illud esse iniquum eum qui non prohibuit alieno facto liberari, cum et si mutuam pecuniam alteri ex sociis prohibente socio dedissem, utique eum obligarem. Et puto secundum Iulianum debere dici superesse contra eum qui non prohibuit negotiorum gestorum actionem, ita tamen ut is qui prohibuit ex nulla parte neque per socium neque per ipsum aliquid damni sentiat“.

Für den hier interessierenden Zusammenhang kurz zusammengefasst, behandelt das Fragment Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7 3 (de negotiis gestis) den Fall, dass der Geschäftsführer gegen das ausdrückliche Verbot des Geschäftsherrn tätig wird. Ulpian und Iulian versagen dem Geschäftsführer die Klage auf Aufwendungsersatz: „qui prohibuit ex nulla parte …aliquid damni sentiat“. In der frü-

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hen Spruchpraxis wurden beide Fragmente herangezogen, um eine Verurteilung des Geschäftsführers bei zufälliger Schadenszufügung zu erreichen. Leyser berichtet von einem Gutachten der Helmstedter Juristenfakultät aus dem Oktober des Jahres 1715. Der Beklagte hatte das Pferd des Klägers in cura genommen. Nachdem das Pferd zu Tode gekommen war, nahm der Kläger den Beklagten auf Schadensersatz in Anspruch. Er machte geltend, der Beklagte habe das Pferd verwahrlosen lassen, weswegen es an einer Infektionskrankheit (kalter Brand) verendet sei. Die Verteidigung des Beklagten brach zusammen, als die von ihm benannten Zeugen aussagten, dass er das Pferd gegen den Willen des Klägers in cura genommen hatte17. In anderen Ländern hat sich die bereits oben vorgestellte, insbesondere von Domat vertretene, flexible Lehre durchgesetzt (siehe § 11 I). In Frankreich hat der Gestor bei Besorgung des Geschäfts alle Sorgfalt eines guten Hausvaters aufzuwenden (tous les soins d’un bon père de famille). Schon hier kommt man dem Geschäftsführer teilweise entgegen, als man auf die culpa in concreto abstellt18. Zugleich gestattet es art. 1374 al. 2 CC dem Richter, bei der Bemessung des Schadensersatzes alle Umstände des Einzelfalles zu beachten19. Der flexible Maßstab bei der Bemessung des Schadensersatzes scheint Charme zu haben. Art. 1328–2 des französischen Avant-projet de réforme du droit des obligations wollte die Vorschrift beibehalten 20. Eine dem französischen Recht weitgehend vergleichbare Regelung hält Book V des DCFR bereit. Bereits der allgemeine Handlungs- und Sorgfaltsmaßstab wird in Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR bewusst offen formuliert, um bereits damit den geringeren Sorgfaltsanforderungen in Notfallsituationen gerecht werden zu können 21; zusätzlich erlaubt Art. V. – 2:102 (2) DCFR eine im Einzelfall angemessene umfängliche Reduzierung der Haftung. Natürlich tragen solche offene Regelungen ein großes Maß von Unsicherheit in den Haftungstatbestand. Aus gutem Grund hat daher der neue Art. 199 BW auf einen solchen Zusatz verzichtet 22. 17 Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) § 6 (Heckenberg). 18 Vgl. zum Verschuldensmaßstab: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n° 1031. 19 Art. 1374 CC. (1) Il est tenu d’apporter à la gestion de l’affaire tous les soins d’un bon père de famille. (2) Néanmoins les circonstances qui l’ont conduit à se charger de l’affaire peuvent autoriser le juge à modérer les dommages et intérêts qui résulteraient des fautes ou de la négligence du gérant. 20 Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, Paris, 2006, p. 153. 21 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. B 7 (p. 213), Art. 2:103, Comment. D 12 (p. 245). 22 In einem früheren Entwurf war noch eine art. 1374 al. 2 CC bzw. Art. V. – 2:102 (2) DCFR entsprechende Vorschrift vorgesehen (vgl. zu Art. 6.4.1.2 Draft Civil Code of The Netherlands: The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 50, 492).

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II. Inhalt der Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung 1. Der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn als Maßstab der Geschäftsführung ohne Auftrag Alleine aufgrund der tatsächlichen Übernahme in Geschäftsführungsabsicht entsteht gem. § 677 BGB die Verpflichtung zur ordentlichen Geschäftsführung. Entgegen der tradierten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag spielt es für das Entstehen des gesetzlichen Schuldverhältnisses nach deutschem Recht keine Rolle, ob ein utiliter gestum (§ 683 S. 1 BGB) vorliegt. Unmittelbare tatbestandliche Bedeutung hat die utilitas gestionis nur für den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers (actio contraria). Natürlich spielt die utilitas, auch im Rahmen der actio directa eine bedeutende Rolle, da sie den Maßstab der Durchführung der Geschäftsführung bestimmt. Der Geschäftsführer ist zur ordentlichen, d.h. nützlichen Geschäftsführung verpflichtet. Der Maßstab der Geschäftsführung kann im Grundsatz auf zwei Arten bestimmt werden. Einmal ist ein rein objektiver Maßstab denkbar, der die Geschäftsführung alleine am objektiven Interesse des Geschäftsherrn ausrichtet. Je mehr in einer Rechtsordnung der Gedanke der Solidargemeinschaft (Theorie der Menschenhilfe) ausgeprägt ist, desto deutlicher wird sie sich am objektiven Prinzip orientieren. Hilfsbereitschaft wird ein Stück weit risikoloser möglich, da dem Gestor ein Stück weit die Gefahr genommen wird, individuelle Eigenheiten des Dominus zu verkennen. Das kontradiktorische Gegenteil ist das subjektive Prinzip, das den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn zum alleinigen Maßstab der Geschäftsführung bestimmt. Dieses Prinzip sichert der Individualität des Geschäftsherrn weitgehende Beachtung, da die ordentliche Geschäftsführung sich alleine am Willen und damit auch an den Schrulligkeiten des Geschäftsherrn auszurichten hat. Dies bedeutet für den Geschäftsführer ein erhöhtes Haftungsrisiko, wenn er bei der Geschäftsführung den wahren Willen des Dominus verfehlt. Unter starker Betonung des Solidaritätsgedankens gehen gerade modernere Kodifikationen oder Principles von einem objektiven Ansatz aus23, reichern ihn aber auf einer zweiten Stufe mit subjektiven Momenten an. Genannt seien hier Art. 6:199 BW und Art. V. – 2:101 (1) DCFR. 23 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 83 (p. 90), L 94 (p. 95 seq.), Art. 1:101, Comment. D 36 (p. 116). Kritisch gegenüber der übermäßigen Ausrichtung des Book V des DCFR am Leitbild der Menschenhilfe: Sirena, Restitution, unjust enrichment und related issues, 4 ERCL (2008) 445, 453. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das BW und Book V des DCFR überhaupt ein objektives Konzept verfolgen, weil das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt nur entsteht, wenn für die Übernahme der Geschäfte ein redelijke grond bzw. ein reasonable ground besteht (Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag).

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Art. 199 BW. (1) De zaakwaarnemer is verplicht bij de waarneming de nodige zorg te betrachten en, voor zover dit redelijkerwijze van hem kan worden verlangd, de begonnen waarneming voort te zetten. (2) … V. – 2:101 DCFR. Duties during intervention. (1) During the intervention, the intervener must: (a) act with reasonable care; (b) except in relation to a principal within V. – 1:102 (Intervention to perform another’s duty), act in a manner which the intervener knows or can reasonably be expected to assume accords with the principal’s wishes; and (c) so far as possible and reasonable, inform the principal about the intervention and seek the principal’s consent to further acts. (2) …

So spricht Art. 199 BW von der erforderlichen Sorgfalt (nodige zorg). Ähnlich stellt auch Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR einen objektiven Maßstab an die Spitze. Der Gestor hat mit reasonable care zu handeln. Dabei bezeichnet der Verweis auf die erforderliche oder angemessene Sorgfalt nicht nur den Verschuldensmaßstab. Diese Normen erfüllen eine Doppelfunktion, als sie einerseits den Verschuldensmaßstab, andererseits aber auch die objektiven Verhaltenspflichten in Form einer Generalklausel bezeichnen 24. Allerdings wird der objektive Verhaltensmaßstab in einem Folgeschritt wieder aufgegeben. So weist etwa die holländische Entwurfsbegründung zu Art. 199 BW unter Bezugnahme auf den deutschen § 677 BGB darauf hin, dass der Gestor sich um den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn zu bemühen hat25. Und Art. V. – 2:101 (1)(b) DCFR verpflichtet den Geschäftsführer auf den präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, soweit dieser erkennbar ist, und gibt korrespondierend in paragraph (1) (c) dem Gestor eine für das subjektive Prinzip typische Pflicht zur Erforschung des Willens des Geschäftsherrn auf26. Die Regelung des § 677 BGB des deutschen Rechts erschließt sich nicht ohne weiteres. § 677 BGB will durch seine – sprachlich missverständliche – Kombination von subjektiven und objektiven Merkmalen den Maßstab der Geschäftsführung bestimmen: der Geschäftsführer hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn (objektives Merkmal) mit Rücksicht auf des24 Vergleichbares findet sich auch im deutschen Recht. So hat etwa § 93 Abs. 1 S. 1 AktG mit seinem Verweis auf die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers eine vergleichbare Doppelfunktion (vgl. Hüffer, AktG5 (2002) § 93 Rn. 3). 25 The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 492. 26 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. B 5 seqq., C 8 seqq., D 11 seqq. (p212 seqq.).

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sen präsumtiven Willen (subjektives Element) es erfordert. Dieses Zusammentreffen von objektiven und subjektiven Maßstäben und die textlich von § 683 BGB abweichende Fassung der Vorschrift hat so zu vielen Missverständnissen und großem Streit über das Verhältnis von Interesse und Wille Anlass gegeben 27. Während in § 683 BGB Interesse und Wille gleichberechtigt nebeneinander zu stehen scheinen, ist nach dem Wortlaut des § 677 BGB vorrangig das Interesse zu berücksichtigen. Diesem Unterschied misst eine Literaturmeinung keine weitere Bedeutung zu und legt § 677 BGB entsprechend dem überwiegenden (und zutreffenden) Verständnis des § 683 BGB aus: vorrangig komme es auf den Willen an, selbst wenn das Interesse entgegenstehe28. Anders wohl die hM, die bei einem Widerspruch von Willen und Interesse dem Interesse den Vorrang einräumt29. Die bisherige Formulierung der Fragestellung nach dem Verhältnis von Wille und Interesse im Rahmen des § 677 BGB hat das Verständnis der Vorschrift nicht unwesentlich erschwert. Das richtige Verständnis des § 677 BGB ergibt sich aus seinem funktionellen Zusammenspiel mit dem in § 683 S. 1 BGB verwirklichten strengen subjektiven Prinzip; wobei einzuräumen ist, dass § 683 S. 1 BGB selber aufgrund einer Fehlleistung der Redaktionskommission unglücklich gefasst ist und das subjektive Prinzip nicht mit aller Deutlichkeit zum Ausdruck kommt. § 677 BGB enthält mit Blick auf die Durchführung der Geschäftsführung eine pragmatische Lockerung der strengen Anbindung des Geschäftsführers an den präsumtiven Willen des Geschäftsherrn. § 753 E I unterschied noch nicht zwischen der Übernahme und der Durchführung der Geschäftsführung. Der Geschäftsführer konnte nur dann Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn sowohl die Übernahme als auch die Ausführung der Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprochen hatte. In der Zweiten Kommission wurde die Frage kontrovers behandelt. Die eingebrachten Änderungsvorschläge reichten von einer Beibehaltung des im E I verwirklichten strengen subjektiven Prinzips bis hin zu einer weitgehenden Objektivierung, die den Horizont des Geschäftsführers in den Mittelpunkt rückte. Es setzte sich ein vermittelnder Vorschlag durch: der Geschäftsführer sollte schon dann Aufwendungsersatz verlangen dürfen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn entsprach; ansonsten sollte es genügen, wenn der Geschäftsführer bei der Durchführung des Ge27 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 61; MünchKomm/ Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 52 28 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 4 b = S. 21; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 17; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 19. 29 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 I 1 = S. 702; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 IV 1 = S. 986 Fn. 34; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (291); vgl. Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1274; siehe aber auch: Oertmann2 (1929) § 677 Anm. 1 b b.

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schäfts mit pflichtgemäßer Sorgfalt handele. Entspreche nämlich die Übernahme der Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, so sei die Lage mit dem Fall identisch, dass der Geschäftsherr einen allgemeinen Auftrag erteilt habe, ohne aber nähere Weisungen zu geben: die fehlenden Weisungen seien dann durch das pflichtgemäße Ermessen des Geschäftsführers zu ersetzen30. Durch die Formulierung des § 677 BGB, dass der Geschäftsführer das Geschäft so zu führen hat, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf seinen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert, will das Gesetz dem Geschäftsführer lediglich das zur Ausführung der Geschäftsführung notwendige Maß an Freiheit lassen. Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung als solche dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, so verletzt der Geschäftsführer seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung nicht allein dadurch, dass er zwar ein geeignetes Mittel zu ihrer Durchführung ergreift, aber gerade dieses Mittel dem Geschäftsherrn vielleicht nicht recht ist31. Allerdings führt diese dem Pragmatismus geschuldete Aufweichung des subjektiven Prinzips nicht zu einer Auflockerung der Gehorsamspflicht und Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers, die ihrerseits aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag herrühren. Weisungen des Geschäftsherrn schuldet der Geschäftsführer unbedingten Gehorsam; und vor allem: der Geschäftsführer hat sich – soweit damit keine Gefahr verbunden ist – um Weisungen des Geschäftsherrn zu bemühen (vgl. § 681 S. 1 BGB). Demnach ist festzuhalten: Maßstab der Geschäftsführung ist der präsumtive Wille des Geschäftsherrn, nur hat der Geschäftsführer – gleich einem Beauftragten, dem keine konkrete Weisung erteilt wurde – einen Ermessensspielraum zur konkreten Ausführung. Um konkrete Weisungen hat sich der Geschäftsführer zu bemühen und diese dann zu befolgen. Wenn man die Vorschrift des § 677 BGB im europäischen Kontext einordnen will, wird man von der Regelungstechnik her einen ähnlichen Weg wie etwa bei Art. V: – 2:101 (1) DCFR oder Art. 6:198 BW feststellen können. Nur sind die Vorzeichen anders: das deutsche Recht geht von einer streng subjektiven Konzeption des utiliter gestum aus (vgl. § 683 S. 1 BGB) und kommt seinerseits aus Zweckmäßigkeitserwägungen zu objektiven Einschränkungen. Maßstab der Geschäftsführung des § 677 BGB ist damit im Grundsatz entsprechend dem subjektiven Prinzip der präsumtive Wille des Geschäftsherrn. Allerdings kann dieser Grundsatz Durchbrechungen erfahren. In bestimmten Fällen ordnet das Gesetz eine Pflicht zur Geschäftsführung für einen anderen an, überlässt aber die nähere Ausgestaltung des Geschäftsführungsverhältnisses den §§ 677 ff. BGB. Häufig wird das Gesetz dann auch den Maßstab der Ge30

Protokolle, bei Mugdan II, S. 1195 ff. Protokolle, bei Mugdan II, S. 1197; vgl. Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 61. 31

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schäftsführung definieren. Geschieht dies, so hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung nicht mehr am präsumtiven Willen des Geschäftsherrn auszurichten, sondern ist allein auf das gesetzlich fixierte (objektive) Interesse festgelegt. So hat etwa der gem. § 323c StGB oder §§ 212, 13 StGB verpflichtete Geschäftsführer sein Handeln am gesetzlichen Normbefehl zur Lebenserhaltung auszurichten, selbst dann, wenn der Geschäftsherr den Tod ernstlich wünscht. Auch sonstige gesetzliche Wertungen können einer Berücksichtigung des tatsächlichen Willens entgegenstehen. So kann sich die Unbeachtlichkeit des wirklichen Willens aus der Wertung der §§ 104, 105 BGB ergeben. Maßstab bei der Geschäftsführung zugunsten eines hoffnungslos Betrunkenen, der zu einer vernünftigen Willensäußerung nicht mehr in der Lage ist, ist nicht mehr sein tatsächlich geäußerter Wille (§ 105 Abs. 2 BGB analog), sondern sein mutmaßlicher Wille32.

2. Anzeige- und Wartepflichten als Annex des subjektiven Prinzips Das deutsche Recht folgt einem weitgehend streng durchgeführten subjektiven Prinzip. Maßstab der ordentlichen Geschäftsführung ist das subjektive Interesse, d.h. der präsumtive Wille des Geschäftsherrn mit all seinen individuellen Schrulligkeiten. Einer so verstandenen Pflicht zur Geschäftsführung im subjektiven Interesse des Geschäftsherrn folgen als Annex bestimmte Nebenpflichten: der Geschäftsführer hat sich um die Ermittlung des Willens des Geschäftsherrn zu bemühen und diesem Willen vorbehaltslos Folge zu leisten. Das deutsche Recht normiert daher vor dem Hintergrund des streng subjektiven Prinzips in § 681 S. 1 BGB besondere Anzeige- und Abwartepflichten des Gestors, mit dem Ziel, eine Entschließung des Gestors herbeizuführen33. Nicht besonders normiert ist die von §§ 677, 681 S. 1 BGB allgemeine vorausgesetzte Gehorsamspflicht, die aber auch bei fehlender gesetzlicher Fixierung unmittelbar aus dem am subjektiven Interesse des Geschäftsherrn ausgerichteten Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag folgt. Eine vergleichbare Informationspflicht findet sich auch in anderen Rechtsordnungen, selbst wenn diese im Grundsatz zum objektiven System tendieren, also den Inhalt der Geschäftsführungspflicht mehr nach objektiven Kriterien ausrichtet. So verlangt etwa – auch ohne ausdrückliche Regelung – das holländische Recht, dass der Gestor sich um 32 BGH JZ 1972, 163 (164), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Palandt/Sprau 68 (2009) § 678 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 2. 33 Die besonders normierte Anzeige- und Wartepflicht des Geschäftsführers (§ 681 S. 1 BGB) entspricht der eines Beauftragten, dem keine konkreten Weisungen zur Durchführung des Mandats erteilt wurden (§ 665 S. 2 BGB; vgl. Oertmann2 (1929) § 681 Anm. 1; Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194).

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den Willen des Geschäftsherrn zu bemühen hat34, und Art. V. – 2:101 (1)(c) DCFR ordnet weitgehend identisch mit § 681 S. 1 BGB an, dass „the intervener must so far as possible and reasonable, inform the principal about the intervention and seek the principal’s consent to further acts“. Letztlich verschwimmen so die Unterschiede zwischen subjektivem und objektivem Prinzip.

Das deutsche streng subjektive Prinzip lässt die „Herrschaftsverhältnisse“ und Subordinationsstrukturen bei der Geschäftsführung ohne Auftrag klar zum Vorschein kommen. Nach der inneren Ordnung der echten negotiorum gestio ist der Geschäftsherr der weisungsberechtigte Herr der Geschäftsführung. Die Ausübung seiner Herrschaftsrechte wird mit den Informationspflichten des Gestors gesichert. Die Informationspflichten der §§ 681 S. 1, S. 2, 666 Alt. 1 BGB verfolgen daher primär den Zweck, den Geschäftsherrn von der Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung in Kenntnis zu setzen. Auf dieser Wissensbasis entscheidet dann der Geschäftsherr nach freier Willkür, wie weiter zu verfahren ist: er kann dem Geschäftsführer Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Durchführung geben (§ 677 BGB), er kann die weitere Durchführung der Geschäftsführung selbst übernehmen, aber auch dem Geschäftsführer befehlen, die Geschäftsführung einzustellen. Den Informationspflichten wohnt aber auch – quasi als passive Seite des Subordinationsgedankens und des subjektiven Prinzips – ein Entlastungseffekt zugunsten des Gestors inne. Kommt der Geschäftsherr seiner Verpflichtung zur Information nach und richtet er die Geschäftsführung nach den subjektiven Vorstellungen des Geschäftsherrn aus, geht ein möglicher Nichterfolg der Gestio und jeder Verlust ausschließlich zu Lasten des Geschäftsherrn. Denn entsprechend dem Gedanken der fremdnützigen Interessenwahrnehmung ist ein Verlust nicht sein Verlust, sondern der Verlust des Geschäftsherrn, für den er entsprechend dessen Willen tätig wurde.

a. Anzeige- und Benachrichtigungspflicht Nach § 681 S. 1 Halbs. 1 BGB (Art. V. – 2:101 (1)(c) DCFR) hat der Geschäftsführer die Übernahme der Geschäftsführung, sobald es tunlich ist, dem Geschäftsführer anzuzeigen35. Die Anzeigepflicht beginnt frühestens mit der erfolgten Übernahme der Geschäftsführung. Denn erst die Übernahme der GeschäftsführungbegründetdasgesetzlicheSchuldverhältnisderGeschäftsführung ohne Auftrag und damit die Pflicht zur Anzeige; für den Zeitraum vor der 34 The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 492. 35 BGH, NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04; BGH, NZM 2005, 536 (539), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04: übernimmt der Netzbetreiber die Notversorgung, weil ein Drittlieferant seiner Lieferpflicht nicht mehr nachkommen kann, so ist der Netzbetreiber, der vorher nur für die Durchleitung zuständig war, verpflichtet, die Aufnahme der Stromlieferung für eigene Rechnung anzuzeigen.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Übernahme lässt sich eine Anzeigepflicht daher nicht begründen36. Den genauen Zeitpunkt umschreibt § 681 S. 1 BGB mit dem normativen Begriff der Tunlichkeit. Tunlich ist die Anzeige, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, der Bedeutung der Sache und des Sinns und Zwecks der Anzeigepflicht, dem Geschäftsherrn die Entscheidung über das Ob und Wie der Geschäftsführung zu ermöglichen, geboten ist37. Dem entspricht es, wenn Art. V. – 2:101 (1)(c) DCFR den Gestor zur Informationspflicht verpflichtet, „so far as possible and reasonable“38. Ist der Geschäftsführer auch nicht verpflichtet, die geplante Übernahme im Vorfeld der Geschäftsführung anzuzeigen und die tatsächliche Aufnahme der Geschäftsführung von der Entschließung des Geschäftsherrn abhängig zu machen, so ist er doch dazu berechtigt; ein solches Vorgehen wird faktisch mit Blick auf seine Haftung gem. § 678 BGB bei Übernahmeverschulden und der Verknüpfung seines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 683 S. 1 BGB mit dem Willen des Geschäftsherrn geboten sein. Eine gesetzliche Pflicht für den Geschäftsführer zur Übernahme und Durchführung der Geschäftsbesorgung folgt aus der Anzeige im Regelfall nicht39. Denn die Besonderheit der negotiorum gestio besteht gerade darin, dass das gesetzliche Schuldverhältnis erst mit der tatsächlichen Übernahme der Geschäftsführung begründet wird40; dieser Grundsatz darf nicht dadurch ausgehebelt werden, dass man in der Information des Dominus den Beginn der tatsächlichen Ausführung sieht. Allerdings mag im Enzelfall zu prüfen sein, ob (nur) eine unverbindliche antizipierte Anzeige iSd § 681 S. 1 BGB vorliegt oder ein bindendes Angebot auf Abschluss eines Auftrags oder Geschäftsbesorgungsvertrags. Doch wird man gerade ein Angebot auf Abschluss eines unentgeltlichen Auftrags nicht allzu leicht unterstellen dürfen, da sich dadurch die Position des Geschäftsführers wegen der entstandenen Bindung verschlechtert. Die missliche Situation für den Geschäftsherrn, der sich vielleicht schon freudig auf die Geschäftsführung eingestellt hat, wird dadurch abgemildert, dass sich aus §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, 241 Abs. 2 BGB eine Pflicht des Gestors herleitet, den Geschäftsherrn darüber zu informieren, dass er von der Übernahme der Gestion abgesehen hat. Ein Mehr an Schutz bedarf der Dominus nicht, denn er hätte sich ja die Dienste des Gestors durch Vertrag sichern können.

36 AA: Erman/Ehmann12 (2008) § 681 Rn. 1: unter Umständen bestehe Anzeigepflicht bereits vor Übernahme. 37 BGH NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04: tunlich ist die Anzeige, sobald es die Verhältnisse erlauben, die Anzeige im Interesse des Geschäftsherrn geboten und dem Geschäftsführer zumutbar ist; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 681 Rn. 4. 38 Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. D 11 seqq (p. 214 seq.). 39 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 681 Rn. 3. 40 Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. D 16 (p. 215).

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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In einem Schweigen des Geschäftsherrn auf die Anzeige des Geschäftsführers gem. § 681 S. 1 BGB wird regelmäßig keine Billigung oder gar Genehmigung der Geschäftsführung iSd § 684 S. 2 liegen41. Da die geschäftsführungsrechtliche Sonderverbindung vom Geschäftsführer ausgeht, trifft den Geschäftsherrn weder eine Obliegenheit noch eine Rechtspflicht, auf die Anzeige zu reagieren. Die Informationspflicht des Gestors erschöpft sich selbstverständlich nicht darin, dem Dominus die Übernahme der Geschäftsführung anzuzeigen. Während der gesamten Durchführung der Gestion trifft ihn die Pflicht, dem Geschäftsherrn – von sich aus und nicht nur auf Nachfrage – die erforderlichen Nachrichten zu geben, damit dieser Weisung erteilen kann (vgl. §§ 681 S. 2, 666 Alt. 1 BGB).

b. Wartepflicht Der Informationspflicht korrespondiert eine Abwartepflicht: der Geschäftsführer hat mit der (weiteren) Durchführung der Geschäftsführung zuzuwarten bis zur Entschließung des Geschäftsherrn42; eine Ausnahme gilt nur dann, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist43. Dabei ist etwa der Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung in § 681 S. 1 BGB zu eng geraten, als sich die Wartepflicht dort nur auf die (erste) Anzeige von der Übernahme der Geschäftsführung bezieht. Auch bei allen späteren Benachrichtigungen ist der Geschäftsführer grundsätzlich gehalten, diese abzuwarten, sofern nicht Gefahr im Verzuge ist. Die Wartepflicht dient damit unmittelbar der Umsetzung der Gehorsamspflicht. Der Geschäftsführer hat Entschließungen des Geschäftsherrn herbeizuführen, diese abzuwarten und ihnen bedingungslos zu gehorchen, und zwar selbst dann, wenn der Wille des Geschäftsherrn an objektiven Maßstäben gemessen nur schwer nachvollziehbar ist.

c. Verletzung der Anzeige- und Benachrichtigungspflichten Die Verletzung der Informationspflichten kann für den Geschäftsführer aus zwei Gesichtspunkten zu einer Haftung führen. Einmal kann wegen der unterlassenen Aufklärung des Willens des Geschäftsherrn die Art und Weise der Durchführung der Geschäftsführung den Willen des Geschäftsherrn verfehlen. In diesem Fall haftet der Gestor unmittelbar gem. §§ 280, 677 BGB wegen nichtordentlicher Geschäftsführung, da die Geschäftsführung nicht dem Willen des Geschäftsherrn entspricht. Allerdings ist zu beachten, dass alleine die Nichterforschung oder Nichtbeachtung des Geschäftsherrnwillens noch kei41 AA: Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 b = S. 636 Fn. 33. 42 § 681 S. 1 Halbs. 2 BGB ; Art. V. – 2:101 (1)(c) DCFR: „…seek the principal’s consent to further acts“. 43 BGH, ZIP 1983, 839 (840), Urt. v. 25. 5. 1983 – IVa ZR 199/81.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

nen Schaden begründet. Die Verletzung gerade der Auskunftspflicht (§§ 661 S. 2, 666 BGB) kann aber auch eine selbständige Bedeutung bekommen. Denn wenn auch in Deutschland keine grundsätzliche Pflicht zur Fortsetzung der einmal begonnenen Geschäftsführung besteht, so bleiben davon doch die Anzeige- und Benachrichtigungspflicht unberührt. Der Geschäftsführer ist also auch dann noch zur Anzeige und Benachrichtigung verpflichtet, wenn er ansonsten von der weiteren fremdnützigen Geschäftsführung abgelassen hat44. Bei Verletzung dieser Pflichten haftet er gem. §§ 280, 681 BGB auf Schadensersatz45. Der zu ersetzende Schaden ist nicht auf das negative Interesse des Geschäftsherrn beschränkt. Es gelten vielmehr die allgemeinen Grundsätze der §§ 249 ff. BGB. Der Geschäftsherr ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht oder nicht zu spät von der Übernahme bzw. Aufgabe der Geschäftsführung erfahren hätte. Nach § 252 BGB erfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn46. So haftet der Geschäftsführer zB auf Ersatz des Gewinns, der dem Geschäftsherrn dadurch entgangen ist, dass der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn von einem ihm von Seiten eines Dritten zugekommenen Vertragsangebot keine Nachricht gibt47. Unmittelbare Auswirkungen auf die actio contraria hat eine Verletzung der Anzeigeund Benachrichtigungspflichten nicht. Insbesondere schließt ein Unterlassen, sofern die Übernahme dem Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat, für sich den Aufwendungsersatz gem. § 683 BGB nicht aus48. Allerdings sind hier auch wieder die mittelbaren Wirkungen zu beachten. Die im Rahmen einer ordentlichen Geschäftsführung gem. § 677 BGB überflüssigen Aufwendungen darf der Gestor nicht gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB für erforderlich halten.

44

RGZ 63, 280 (284), Urt. v. 10. 5. 1906 – VI 344/05. BGH NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04; BGH, NZM 2005, 536 Lt. 3, Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04. 46 RGZ 63, 280 (287), Urt. v. 10. 5. 1906 – VI 344/05. 47 RGZ 63, 280 (287 f.), Urt. v. 10. 5. 1906 – VI 344/05; BGHZ 65, 354 (357), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46; LAG Düsseldorf, MDR 1989, 1027 (1028), Urt. v. 25. 1. 1989 – 12 Sa 1433/88; LG Stuttgart, VersR 1973, 517, Urt. v. 7. 1. 1972 – 6 S 263/71: schleppt ein Abschleppunternehmen einen von Dieben abgestellten Wagen ab und verwahrt es diesen über ein Jahr auf seinem Betriebshof im Freien, ohne sich um die Ermittlung des Eigentümers zu kümmern und kommt es dadurch zu einem Wertverlust des Kfz, so haftet der Unternehmer für den infolge der Pflichtverletzung entstandenen Schaden gem. §§ 280, 681 S. 1 BGB. 48 BGHZ 65, 354 (357), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 218/73; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 15, Urt. v. 4. 11. 1993 – 5 U 1714/92. 45

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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3. Besondere Fälle Der Geschäftsführer ist ausschließlich zur ordentlichen Durchführung der Geschäftsführung verpflichtet. Nachteile aufgrund sachgerechter, aber erfolgloser Geschäftsführung werden nach §§ 677, 280 BGB nicht ersetzt. Dem Geschäftsführungsrecht ist der Garantiegedanke fremd49. Brennt etwa trotz sachgerechter Löscharbeit das Haus des Geschäftsherrn ab, so kann der Geschäftsherr aus der ordentlichen aber letztlich erfolglosen Geschäftsführung keine Ansprüche herleiten.

a. Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung Aus dem Recht der §§ 677 ff. BGB folgt keine Verpflichtung des Geschäftsführers zur Übernahme der Geschäftsführung für einen anderen 50; und zwar selbst dann nicht, wenn die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB vorliegen, die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn also dem Willen des Geschäftsherrn entsprechen würde51. Allerdings kann eine Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung für einen anderen aus sonstigen bürgerlichrechtlichen wie auch öffentlichrechtlichen Vorschriften herrühren. Die vielleicht prominenteste Vorschrift ist § 323c StGB. Allerdings ist in diesen Fällen zu prüfen, inwieweit auf die Vorschriften der §§ 677 ff. BGB überhaupt noch zurückgegriffen werden kann. Soweit die gesetzlichen Vorschriften keine abschließende Regelung enthalten, sind aber die §§ 677 ff. BGB heranzuziehen. Die gesetzlichen Vorschriften können, wie gerade gesehen, auch zu einer Verschiebung des Maßstabs der Geschäftsführung führen. So verpflichten § 323c StGB oder §§ 212, 13 StGB auch dann zur Rettung eines Selbstmörders, wenn dieser den ernstlichen Willen hat, aus dem Leben zu scheiden.

b. Verpflichtung zur Vollendung des begonnenen Geschäfts Dem römischen Recht waren Fälle bekannt, in denen der Abbruch des einmal begonnen Geschäfts zur Haftung des Gestors führte52. Diese Regel wurde später verallgemeinert53. Insbesondere von Domat wurde die Lehre entwickelt, dass der Geschäftsführer grundsätzlich nicht berechtigt ist, das einmal übernommene Geschäft wieder aufzugeben, sondern es sorgfältig zu Ende zu füh49 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I § 6, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446. 50 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I § 5, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446. 51 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 677 Rn. 2; Oertmann 2 (1929) § 677 Anm. 1 a. 52 Paulus, Dig. 3, 5, 20, 2 (de negotiis gestis); Papinian/Ulpian, Dig. 3, 5, 30, 2 (de negotiis gestis); vgl. Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 14 ff. 53 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ren hat. Zwar werde niemand vom Gesetz verpflichtet, für einen anderen tätig zu werden, „(m)ais celui qui s’engage volontairement à prendre le soin de l’affaire d’un autre, n’est plus libre de l’abandonner“54. Dementsprechend bestimmt noch heute Art. 1372 al. 1CC55: Art. 1372 CC. (1) Lorsque volontairement on gère l’affaire d’autrui, soit que le propriétaire connaisse la gestion, soit qu’il l’ignore, celui qui gère contracte l’engagement tacite de continuer la gestion qu’il a commencée, et de l’achever jusqu’à ce que le propriétaire soit en état d’y pourvoir lui-même ; il doit se charger également de toutes les dépendances de cette même affaire. (2) …

Auch Art. V. – 2:101 (2) DCFR kennt eine grundsätzliche Fortsetzungspflicht. Im Anschluss an Art. 6:199 (1) BW darf der Geschäftsführer die Geschäftsführung nicht ohne guten Grund einstellen, wobei die Comments klarstellen, dass alleine der Wegfall der Motivation seitens des Geschäftsführers keinen vernünftigen Grund darstellt56. Das deutsche Recht geht den umgekehrten Weg. Der Geschäftsführer darf grundsätzlich jederzeit die Geschäftsführung abbrechen57. Das BGB hat bewusst von der Fixierung einer Fortsetzungspflicht abgesehen58. Allerdings ist dies nur die Regel. Denn eine Pflicht zur Fortsetzung der einmal begonnenen Geschäftsführung kann sich aus der allgemeinen Pflicht des § 677 BGB zur ordentlichen Ausführung der Geschäftsführung ergeben: droht aus dem Abstandnehmen von der weiteren Durchführung der Geschäftsführung ein Schaden, der ohne das Einmischen des Geschäftsführers nicht entstanden wäre, so ist der Geschäftsführer zur Fortsetzung der Geschäftsführung verpflichtet; außerhalb dieses Bereiches ist eine besondere Verpflichtung zur Fortsetzung

54 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Set. I § 1 in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445. 55 Vgl. zur Fortsetzungspflicht im französischen Recht: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1031. Auch Art. 1328–1 des französischen Avant-projet de réforme du droit des obligations kannte eine Fortsetzungspflicht. Siehe auch § 1039 ABGB, dazu: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 153 ff.; früher: Pr ALR I 13 § 257; auch § 234 des Vorentwurfs sah noch eine Fortsetzungspflicht vor; im Schweizerischen Recht ist die Lage umstritten: dazu: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 437 ff. 56 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. E 24 (p. 215); vgl. The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 492. 57 RGZ 63, 280, Urt. v. 10. 5. 1908 – VI 344/05; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 131 f.; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 I 4 = S. 702; Planck/Lobe4 (1928) Zu § 677 Anm. IV, § 677 Anm. 3 a; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 677 Rn. 3 f.; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 14; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 20; Oertmann2 (1929) § 677 Anm. 1 a; aA: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 123 ff.; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 IV 1, S 986 Fn. 35 unter Hinweis auf die fehlende Entsprechung zu § 671 BGB. 58 Vgl. Motive, bei Mugdan II, S. 480.

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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der Geschäftsbesorgung aber nicht anzuerkennen59. Selbst wenn sich regelmäßig eine Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung nicht ohne weiteres begründen lassen wird, besteht für den Geschäftsführer grundsätzlich die Verpflichtung, den Geschäftsherrn über die Beendigung und den Stand der Geschäftsführung zu informieren. Diese Pflicht folgt unmittelbar aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag, vgl. §§ 681 S. 1, S. 2, 666 BGB. Auch durch die schuldhafte Nichterfüllung dieser Pflichten macht sich der Geschäftsführer schadensersatzpflichtig60. Auch wenn der Geschäftsführer im Einzelfall zur Fortsetzung der Geschäftsführung angehalten ist, so ist doch zu beachten, dass dieser Pflicht kein Anspruch des Geschäftsherrn auf die „Primärleistung“ korrespondiert. Die Verletzung der Rechtspflicht begründet nur auf Sekundärebene eine Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers gem. § 280 Abs. 1 BGB (actio directa)61. Damit entspricht die Rechtslage im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag weitgehend dem § 671 Abs. 2 BGB. Auch hier ist die Kündigung zur Unzeit wirksam, verpflichtet aber den Beauftragten zum Schadensersatz62. Sehr eng verknüpft ist die Fortsetzungspflicht des Gestors mit der bereits oben behandelten Frage nach der gegenständlichen Reichweite des übernommenen Geschäfts (siehe § 10 II). Denn der Geschäftsführer ist auch beim Bestehen einer Fortsetzungspflicht nur gehalten, das übernommene Geschäft zu vollenden, keinesfalls aber – auch wenn es noch so sehr im Interesse des Geschäftsherrn liegen mag – neue Geschäfte zu übernehmen. So heißt es bei Ulpian, Dig. 3, 5, 20, 2 (de negotiis gestis): „nova tamen inchoare necesse mihi non est, vetera explicare ac conservare necessarium est“.

c. Unterlassenspflicht Aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag folgt die Gehorsamspflicht des Geschäftsführers. Verbietet der Geschäftsherr dem Geschäftsführer die weitere Fortsetzung der Geschäftsführung ohne Auftrag, so ist dieser zur Einstellung der Geschäftsführung verpflichtet. Deutlich wird dies im systematischen Zusammenhang mit § 681 S. 1 BGB und der dort normierten Anzeigepflicht und der Pflicht, die Entschließung des Geschäftsherrn

59 RGZ 63, 280 (283 f.), Urt. v. 10. 5. 1908 – 344/05; RG, WarnRspr 15 (1922) Nr. 12, Urt. v. 21. 11. 1921 – VI 279/21: für die weitere Aufbewahrung eines einmal in Verwahrung genommenen, vom Geschäftsherrn aus Versehen zurückgelassenen Pelzmantels ist zu sorgen; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 20; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1275: der Geschäftsführer darf die Geschäftsbesorgung nicht zur Unzeit abbrechen: § 671 Abs. 2 BGB analog. 60 RGZ 63, 280 (284 f.), Urt. v. 10. 5. 1908 – 344/05. 61 Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 20. 62 Staudinger/Martinek (2006) § 671 Rn. 17.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

abzuwarten63. Dies gilt selbst dann, wenn die Übernahme der Geschäftsführung zunächst dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat. Unabhängig von einer ausdrücklichen Weisung hat der Geschäftsführer die Geschäftsführung einzustellen, wenn es der Vorteil des Geschäftsherrn erfordert, zB weil das Ziel der Geschäftsführung nicht mehr erreichbar ist. Erst recht ist die Geschäftsführung zu beenden, wenn dem Geschäftsführer nachträglich die Unvereinbarkeit der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn bewusst wird. Bei alledem handelt es sich aber nur um eine Rechtspflicht, deren Verletzung den Geschäftsherrn gem. §§ 280, 677 BGB berechtigt. Keineswegs führt ein Verstoß gegen das Unterlassensgebot als solches – wie bereits oben dargelegt wurde – zum Erlöschen des gesetzlichen Schuldverhältnisses (siehe § 10 IV 2 a). Ist der Geschäftsführer zur Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsherrn gesetzlich verpflichtet, so kann unter Umständen auch eine Fortsetzung gegen den Willen des Geschäftsherrn notwendig sein. So hat der Geschäftsführer, der einen Selbstmörder rettet, die Geschäftsführung auch dann fortzusetzen, wenn ihm der Geschäftsherr die Fortsetzung ausdrücklich verbietet. Maßstab der Geschäftsführung ist in diesem Fall allein das gesetzlich definierte Interesse des Geschäftsherrn (Leben) und nicht dessen subjektiver Wille.

d. Unerwünschte Geschäftsführung Die Pflicht des § 677 BGB trifft den Geschäftsführer auch dann, wenn die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem präsumtiven Willen entsprochen hat (§ 683 S. 1 BGB). Zwar ist der Geschäftsführer in erster Linie zum Unterlassen der weiteren Geschäftsführung verpflichtet; führt er aber das Geschäft – etwa weil er (schuldlos) von einer Übereinstimmung mit dem Willen des Geschäftsherrn ausgeht – so hat er das Geschäft doch zumindest sachgemäß zu führen. Diese Pflicht kann – trotz der speziellen Normierung der Unterlassenspflicht in § 678 BGB (sog. Übernahmeverschulden) – durchaus praktische Relevanz erlangen64. War der Geschäftsführer in einem schuldlosen Irrtum über den Willen des Geschäftsherrn oder lassen sich die Voraussetzungen des § 678 BGB vom beweispflichtigen Geschäftsherrn nicht beweisen, so kann bei unsachgemäßer Geschäftsführung immer noch eine Haftung gem. §§ 280 Abs. 1, 677 BGB in Betracht kommen. Diese Haftung hat gegenüber einer deliktischen Haftung die oben beschriebenen Vorteile (siehe § 11 I): (a) die §§ 677, 280 BGB kennen eine Haftung wegen primärer Vermögensschäden, (b) der Geschäftsherr muss nicht

63 v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 IV 1 = S. 986 Fn. 34; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 447; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 19; aA: Planck/Lobe4 (1928) Zu § 677 Anm. IV. 64 AA: Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 62.

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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das Verschulden des Geschäftsführers beweisen (§ 280 Abs. 1 S 2 BGB), (c) der Geschäftsführer haftet für seine Geschäftsführungsgehilfen (§ 278 BGB)65.

III. Das sog. Ausführungsverschulden Verletzt der Geschäftsführer seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, so haftet er gem. § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz, soweit er nicht darlegen und ggf. beweisen kann, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat66. Diese Haftung gem. §§ 280, 677 BGB nennt man gemeinhin die Haftung aus Ausführungsverschulden. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung ist im jeweiligen Einzelfall anhand der oben vorgestellten Kriterien zu konkretisieren (siehe § 11 II). Dabei ist die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung handlungs- und nicht erfolgsbezogen. Das Ausbleiben des mit der Geschäftsführung angestrebten Erfolges rechtfertigt für sich allein keinen zwingenden Schluss auf eine sachwidrige und damit pflichtwidrige Geschäftsführung. Es ist vielmehr am Geschäftsherrn, der die actio directa geltend macht, die handlungsbezogene Pflichtverletzung darzulegen und ggf. zu beweisen. Dabei ist eine Pflichtverletzung in zwei Richtungen möglich: (a) der Geschäftsführer handelt – in Überschreitung des ihm zustehenden Ermessenspielraums – entgegen dem maßgebenden Willen des Geschäftsherrn, oder (b) der Geschäftsführer hält sich zwar im Rahmen des Ermessens, führt aber das Geschäft schlecht aus. Der Verschuldensmaßstab bestimmt sich, wie bereits oben dargelegt, grundsätzlich nach § 276 BGB (siehe § 11 I). Der Geschäftsherr haftet damit für jedes Verschulden67. Das ergibt sich materiell bereits aus dem unterliegenden Subordinations- und Treuhandgedanken, lässt sich gesetzessystematisch aber auch im Umkehrschluss aus § 680 BGB herleiten. Schon im römischen Recht hatte der Gestor die Sorgfalt eines guten Hausvaters anzuwenden. Die in der Pandektenwissenschaft vertretene Auffassung, der Geschäftsführer habe nur diejenige Sorgfalt anzuwenden, die der Geschäftsherr vermutlich angewandt hätte, wurde 65 Der Geschäftsführer kann sich Geschäftsführungsgehilfen bedienen. Das wurde bereits oben beschrieben (siehe § 8 V 2 i). Für das Verschulden von Geschäftsführungsgehilfen haftet der Geschäftsführer gem. § 278 BGB. Eine Substitution ist grundsätzlich zulässig, weil im Allgemeinen keine Pflicht zur Übernahme der Geschäftsführung besteht; sofern im Einzelfall eine gesetzliche Pflicht besteht, beurteilt sich hiernach, ob eine Substitution zulässig ist. Für ein Auswahlverschulden hat der Geschäftsführer stets – nicht nur im Falle der Fortsetzungspflicht – einzustehen: wenn der Geschäftsführer die weitere Durchführung der Geschäftsführung einem Dritten überträgt, so hat er diesen ordentlich auszuwählen (§ 677 BGB). 66 BGH, ZIP 2005, 1599 (1604), Urt. v. 28. 7. 2005 – III ZR 290/04. 67 Krit. gegen den Haftungsmaßstab der §§ 677 ff. BGB aus dem Gesichtspunkt der Rechtsökonomie: Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (392 f.).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

während der Vorarbeiten zum BGB – zu Recht – verworfen68. Nach römischem Vorbild tritt nur bei der Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr eine Herabsetzung der Diligenzpflicht ein. Die Exkulpationsmöglichkeiten des Gestors folgen der geltend gemachten Pflichtverletzung. Bei (a) Handeln gegen den Willen des Geschäftsherrn muss der Geschäftsführer geltend machen, den Willen des Geschäftsherrn schuldlos falsch gedeutet zu haben (Geschäftsführer erkennt bestimmte Umstände nicht). Für ein Verschulden wird sprechen, wenn der Geschäftsführer entgegen § 681 S. 1 BGB nicht versucht hat, nach Anzeige der Geschäftsführung eine Entschließung des Geschäftsherrn herbeizuführen. Bei (b) sonst schlechter Durchführung der Geschäftsführung muss der Geschäftsführer geltend machen, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt gewahrt zu haben. Der Umfang der Schadensersatzpflicht bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB. Der Geschäftsherr ist so zu stellen, wie er bei sachgemäßer Geschäftsführung stehen würde. Da der Geschäftsführer grundsätzlich nicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung verpflichtet ist, wird der Geschäftsherr sein Interesse an der vollständigen Erfüllung der Geschäftsführung in aller Regel nicht geltend machen können. Nur im Einzelfall trifft den Geschäftsführer eine Fortsetzungspflicht. Aber selbst hier ist zu beachten, dass eine solche Pflicht nicht ohne weiteres auf Vollendung der Geschäftsführung gerichtet ist; es wird – wie bereits Domat gelehrt hat – ausreichen, dass der Geschäftsführer so lange fortfährt, bis der Geschäftsherr das Geschäft selbst übernehmen kann (vgl. § 671 Abs. 2 S. 1; Art. 1372 al. 1 CC)69. Überdies findet grundsätzlich eine Vorteilsausgleichung statt. Etwaige erwirtschaftete Vorteile sind mit entstandenen Nachteilen zu verrechnen70.

IV. Das sog. Übernahmeverschulden 1. Inhalt und Haftungsgrund Nach §§ 280 Abs. 1, 677 BGB haftet der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn wegen sog. Ausführungsverschuldens, wenn er das Geschäft – ohne sich exkulpieren zu können – nicht so führt, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen es erfordert. Anknüpfungspunkt der Pflichtverletzung ist die unsachgemäße Durchführung der 68 Vgl v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 946. 69 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 1, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445. 70 Pomponius, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis): „…quod si in quibusdam lucrum factum fuerit, in quibusdam damnum, absens pensare lucrum cum damno debet“.

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Geschäftsführung. Mit § 678 BGB hat das deutsche Gestionsrecht eine Sondervorschrift für das sog. Übernahmeverschulden.71 Steht bereits die Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen und musste der Geschäftsführer dies erkennen, so ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstehenden Schadens selbst dann verpflichtet, wenn ihm bei der Ausführung der Geschäftsführung ein weiteres Verschulden nicht zur Last fällt. Die den Tatbestand des Übernahmeverschuldens konstituierende Pflichtverletzung liegt in der Übernahme der Geschäftsführung entgegen dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn. Der besondere Haftungsgrund des § 678 BGB folgt aus dem Subordinationsund Treuhandcharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag einerseits72 und dem streng subjektiven Prinzip des deutschen Gestionsrechts andererseits. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der fremdnützigen Interessenwahrung für einen anderen. Maßstab der Geschäftsführung ist aber nicht das objektiv zu ermittelnde, vernünftige Interesse des Geschäftsherrn, sondern – subjektiv – dessen wirklicher oder mutmaßlicher Wille. Jede Übernahme der Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn ist eine Verletzung dieser Grundsätze73. Steht die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch, so haftet der Geschäftsführer wegen unerwünschter Übernahme der Geschäftsführung selbst dann, wenn die Geschäftsführung im objektiv verstandenen, vernünftigen Interesse des Geschäftsherrn gelegen hat74. Entsprach die Übernahme dagegen dem Willen des Geschäftsherrn, so ist der Tatbestand des § 678 BGB selbst dann nicht eröffnet, wenn die Geschäftsführung noch so sehr dem Interesse des Geschäftsherrn zuwiderläuft. In diesem Fall kommt eine Haftung gem. § 678 BGB selbst dann nicht mehr in Betracht, wenn die Durchführung der Geschäftsführung im 71 Die tradierte Bezeichnung des Haftungstatbestandes des § 678 BGB als Übernahmeverschulden ist terminologisch missverständlich. Angesichts des gegenwärtigen Standes der Dogmatik (vgl. § 280 Abs. 1 BGB) ist zwischen der Pflichtverletzung und der Frage des Verschuldens zu unterscheiden. Allgemeiner Haftungsgrund ist die Pflichtverletzung, die insbesondere in der unerwünschten Übernahme der Geschäftsführung liegt. Die Verschuldensfrage ist hiervon zu trennen. 72 Der Tatbestand des § 678 BGB setzt voraus, dass überhaupt eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt, der Geschäftsführer also in fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht tätig wird. Fehlt es daran, weil der Geschäftsführer in eigennütziger Weise für sich handelt, findet § 678 BGB keine Anwendung. Dies stellt § 687 Abs. 1 BGB für den Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung ausdrücklich klar. Führt der Geschäftsführer aber ein fremdes Geschäft als eigenes, obwohl er weiß, dass er dazu nicht berechtigt ist (Geschäftsanmaßung), so verweist die Rechtsfolgenverweisung des § 687 Abs. 2 BGB aus Billigkeitsgründen wieder auf § 678 BGB. 73 Anders die Akzentuierung der hM, zB Erman/Ehmann12 (2008) § 678 Rn. 1, die den Haftungsgrund in dem schuldhaften Einbruch in einen fremden Rechtskreis sieht. 74 RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 28. 11.1920 – III 239/20; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 678 Rn. 9.

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höchsten Maße unsachgemäß ist; der Geschäftsführer kann dem Geschäftsherrn aber natürlich im Einzelfall wegen Ausführungsverschuldens nach §§ 677, 280 BGB verantwortlich sein. – Der Geschäftsführer haftet nicht nur dann, wenn er sich wissentlich über den Willen des Geschäftsherrn hinwegsetzt, sondern schon dann, wenn er fahrlässig den wahren Willen des Geschäftsherrn nicht erkennt. Dieser strenge Verschuldensmaßstab (§ 276 Abs. 1 S. 1 BGB), der auch culpa levis mit einschließt, folgt unmittelbar dem Subordinations- und Treuhandcharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag, ist aber letztlich doch eine Erleichterung gegenüber den römischen Grundsätzen, die die Zufallshaftung bei inutilen Geschäften alleine an die Übernahme der Geschäfte knüpfte, ohne dass es auf ein Verschulden des Gestors angekommen wäre75. Nimmt das Übernahmeverschulden mit seiner Sonderregelung in § 678 BGB im deutschen Recht auch eine prominente Stellung ein, so ist doch auf dogmatischer Ebene seine Bedeutung deutlich zu relativieren. Entgegen verbreiteter Lehre ist § 678 BGB keine selbständige Anspruchsgrundlage76. § 678 BGB kommt nur klarstellender Charakter zu. Der Inhalt der Vorschrift lässt sich bereits unmittelbar aus § 677 BGB iVm § 280 Abs. 1 BGB herleiten77. Nach dem den §§ 677 ff. BGB zugrundeliegenden subjektiven Prinzip ist alleiniger Maßstab der Geschäftsführung der Wille des Geschäftsherrn. Überschreitet der Geschäftsführer seine Geschäftsführungsbefugnisse, haftet er gem. §§ 677, 280 BGB auf Schadensersatz. Das gilt erst recht, wenn schon die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn widerspricht. Überschreitet der Geschäftsführer aber den Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnisse, so haftet er – wie jeder Geschäftsbesorger, der den Rahmen seiner Befugnisse überschreitet – schon nach den allgemeinen Grundsätzen auf Schadensersatz, ohne dass es noch auf ein weiteres Ausführungsverschulden ankäme: versari in re illicitia. Von daher kann man sagen, dass das Übernahmeverschulden ein besonderer Anwendungsfall des Ausführungsverschuldens ist. Der Sache nach handelt es sich bei § 678 BGB um die bereits oben beschriebene Verallgemeinerung der Fragmente Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) und Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7 3 (de negotiis gestis) (siehe § 11 I). Wer entgegen dem ausdrücklichen Verbot des Geschäftsherrn handelt oder für den abwesenden Geschäftsherrn ungewöhnliche Geschäfte vornimmt, hat nicht nur für levis culpa, sondern auch für casus einzustehen78. Ähnliche Regelungen 75

Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis). So etwa: Soergel/Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 1. 77 MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 678 Rn. 1; Planck/Lobe4 (1928) § 678 Anm. 1; vgl. schon Protokolle, bei Mugdan II, S. 1193. 78 Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) § 5 seq. (Heckenberg); vgl. zur Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn im römischen Recht: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 86 ff. 76

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lassen sich schon in vielen älteren Gesetzen und Gesetzentwürfen nachweisen; zB enthielten die Pr. ALR I 13 §§ 249 ff. für verbotswidrige Einmischungen in die Geschäfte des Geschäftsherrn eine Zufallshaftung79. § 678 BGB knüpft an diese Vorbilder an, ist aber insoweit strenger, als er auf den Fall ausgeweitet wird, dass der Geschäftsführer gegen den bei ordentlicher Sorgfalt erkennbaren Willen des Geschäftsherrn gehandelt hat80. Umgekehrt enthält er aber auch eine Haftungserleichterung zum römischen Recht (Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 [de negotiis gestis]), als nicht bereits die Übernahme ungewöhnlicher Geschäfte die casus-Haftung auslöst, sondern dem Geschäftsführer auch hier die Möglichkeit zur Exkulpation gegeben wird. Vergleichbare Vorschriften finden sich in Art. 420 Abs. 3 OR81 und in § 1040 ABGB82. Auf der anderen Seite ist eine solche Vorschrift für Rechtsordnungen, die (zumindest auf dem Papier) der actionenrechtlichen Lehre folgen und die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnis der negotiorum gestio nicht an die Utilität der Geschäftsführung binden, entbehrlich, da sich die Haftung für ein Übernahmeverschulden ohne weiteres aus dem allgemeine Haftungstatbestand wegen Verletzung der Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung begründen lässt. Konsequenterweise auf eine § 678 BGB vergleichbare Vorschrift verzichtet hat das Book V des DCFR. Da Art. V. – 1:101 (1) DCFR die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses überhaupt an die utilitas gestionis knüpft, ist für ein Eingreifen geschäftsführungsrechtlicher Vorschriften von vorneherein kein Raum, wenn mangels Utilität das gesetzliche Schuldverhältnis gar nicht erst zur Entstehung gelangt83.

2. Anspruchsvoraussetzungen a. Übernahme der Geschäftsführung Die Haftung gem. § 678 BGB setzt voraus, dass die Übernahme der Geschäftsführung, also der Gegenstand der Geschäftsführung und seine (zu erwartende) Durchführung gerade durch diesen Geschäftsführer im Widerspruch zum Willen des Geschäftsherrn stehen. Dass die spätere tatsächliche Durchführung der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn widerspricht, kann allein die Haftung nach § 678 BGB wegen Übernahmeverschuldens nicht begründen. Allerdings kann eine unsachgemäße Durchführung ein Indiz dafür sein, dass die Übernahme der Geschäftsführung gerade durch diesen Geschäftsführer dem 79 Dazu: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 947 f. m.w.N. 80 Vgl. Motive, bei Mugdan II, S. 479. 81 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 320 ff. 82 Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 46 ff. 83 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2 :101, Comment. A 4 (p. 212).

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Willen des Geschäftsherrn widersprochen hat. Entscheidender Zeitpunkt für die zu treffende Feststellung, ob die Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum Willen des Geschäftsherrn steht, ist der Zeitpunkt des Beginns der ersten Ausführungshandlung84. Nicht zu vereinbaren mit den Grundlagen des Geschäftsführungsrechts ist die Auffassung, dass auf den Zeitpunkt des (äußerlich erkennbar gewordenen) Entschlusses des Geschäftsführers, die Geschäftsführung übernehmen zu wollen, abzustellen ist85. Die rechtliche Relevanz der Geschäftsführung ohne Auftrag (negotiorum gestio) wird anders als beim rechtsgeschäftlichen Mandat nicht schon im Vorfeld durch den Konsens der Parteien begründet, sondern erst durch den Beginn der tatsächlichen Ausführung86. Auch das einseitige Äußern der Geschäftsführungsabsicht reicht nicht aus. Das „negotium“ muss (aus)geführt (gerere) sein.

b. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen aa. Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen § 678 BGB ist der gesetzestechnisch vielleicht deutlichste Ausfluss des subjektiven Prinzips. Die utilitas gestionis bestimmt sich im deutschen Recht ausschließlich nach dem individuellen Willen des Geschäftsherrn. Die objektiven Umstände spielen keine Rolle. Dementsprechend wird die Haftung des Gestors ausgelöst, wenn die Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn steht. Auf eine – alternative oder zusätzliche – Diskrepanz zum objektiv verstandenen Interesse des Geschäftsherrn kommt es nicht an. Der Geschäftsführer haftet selbst dann wegen Übernahmeverschuldens, wenn zwar die Übernahme evident im Interesse des Geschäftsherrn stand, sie aber seinem Willen zuwiderläuft87. Umgekehrt haftet der Geschäftsführer selbst dann nicht wegen Übernahmeverschuldens, wenn die Übernahme zwar evident dem wohl verstandenen Interesse des Geschäftsherrn widerstreitet, solange sie nur dem Willen des Geschäftsherrn entspricht88. Entscheidend ist alleine der Wille des Geschäftsherrn. Aus welchem Grund die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn 84

MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 678 Rn. 3. So aber: Soergel/Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 2. 86 Vgl. schon Ulpian, Dig 17, 1, 6, 1 (mandati vel contra): „Si cui fuerit mandatum, ut negotia administraret, hac actione erit conveniendus nec recte negotiorum gestorum cum eo agetur: nec enim ideo est obligatus, quod negotia gessit, verum idcirco quod mandatum susceperit: denique tenetur et si non gessisset“. 87 RGZ 101, 18, Urt. v. 28. 11. 1920 – III 239/20: Versteigerung verderblicher Ware trotz Widerspruchs des Geschäftsherrn; Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (229). 88 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 678 Rn. 9; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 678 Rn. 5; Oertmann2 (1929) § 678 Anm. 5. 85

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widerspricht, ist unerheblich; selbst sachwidrige Erwägungen und persönliche Schrulligkeiten schaden nicht89. Der Widerspruch kann sich etwa auf den Gegenstand der Geschäftsbesorgung, deren voraussichtlichen Umfang, die Art und Weise der Durchführung, den Zeitpunkt oder auf die Person des Geschäftsführers beziehen90. Ist materiell auch alleine der subjektive Wille des Geschäftsherrn entscheidend, so ist doch das objektive Interesse des Geschäftsherrn für die praktische Anwendung der Vorschrift nicht ohne Bedeutung. Denn soweit abweichende Anhaltspunkte fehlen, bestimmt sich der präsumtive Willen des Geschäftsherrn nach seinem objektiven Interesse. Die bereits oben für das Ausführungsverschulden vorgestellten Durchbrechungen des subjektiven Prinzips gelten selbstverständlich auch im Rahmen des § 678 BGB. Der entgegenstehende Wille löst dann keine Haftung wegen Übernahmeverschuldens aus, wenn er ausnahmsweise aufgrund vorrangiger gesetzlicher Anordnung oder Wertungen unbeachtlich ist (siehe § 11 II 1).

bb. nachträglicher Genehmigung Zu Recht geht die überwiegende Auffassung davon aus, dass die Haftung nach § 678 BGB entfällt, wenn der Geschäftsherr die Übernahme der Geschäftsführung nachträglich gem. § 684 S. 2 BGB genehmigt91. Dies kam in § 758 E I noch deutlich zum Ausdruck. Wenn eine Gegenauffassung geltend macht, dass eine Genehmigung nach § 684 S. 2 BGB die Haftung für ein Übernahme- und ein Ausführungsverschulden nicht generell entfallen lasse92, so steckt ihr berechtigter Kern darin, dass in jedem Einzelfall genau zu untersuchen ist, ob sich eine Genehmigung nur auf ein Ausführungsverschulden (§§ 677, 280 BGB) oder auf die Übernahme der Geschäftsführung (§ 678 BGB) als solche bezieht. Nicht in jeder Genehmigung steckt per se eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung. Schon die Erste Kommission sah die Reichweite einer Genehmigung im Hinblick auf die Befreiung des Geschäftsführers von einer Schadensersatzhaftung als Tatfrage an; sie könne sich auf ein Einschreiten (also die Übernahme), aber auch auf die Art und Weise der Ausführung oder beides beziehen. Die Zweite Kommission hat daher den Wortlaut der Vorschrift geändert und damit zum Ausdruck bringen wollen, dass die Genehmigung den Geschäftsherrn nicht per se von Schadensersatzansprüchen (wegen Übernahmeoder Ausführungsverschulden) befreit. Es sei vielmehr eine Auslegungsfrage 89

BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 678 Rn. 5. MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 678 Rn. 4; Palandt/Sprau 68 (2009) § 678 Rn. 2; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 2. 91 BGHZ 128, 210 (213), Urt. v. 16. 12. 1994 – V ZR 177/93; OLG München, WM 1999, 1878, Urt. v. 19. 5. 1998 – 5 U 6051/97; Erman/Ehmann12 (2008) § 678 Rn. 2; Palandt/Sprau 68 (2009) § 678 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 2; Planck/Lobe4 (1928) § 678 Anm. 2; vgl. Oertmann2 (1929) § 678 Anm. 2 c. 92 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 80. 90

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des jeweiligen Einzelfalles, ob und inwieweit der Geschäftsführer hinsichtlich eines Übernahme- oder Ausführungsverschuldens freigestellt werden soll. Darauf soll weiter unten noch vertieft eingegangen werden (siehe § 14 IV 2 a). Schadensersatz gem. § 678 BGB kann der Geschäftsherr jedenfalls nur fordern, wenn er die Geschäftsführung als solche ablehnt. Daran fehlt es insbesondere dann, wenn er sie sich als für seine Rechnung erfolgt aneignet, also einen eventuellen Gewinn aus der Geschäftsführung gem. §§ 681 S. 2, 667 BGB vereinnahmt93. In der Gewinnvereinnahmung liegt eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung.

c. Quasideliktslehre Die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag und die Quasideliktslehre haben eine gemeinsame Schnittmenge. Die inutile (unberechtigte) Geschäftsführung wird per se dem Bereich des Deliktsrechts und des Bereicherungsrechts zugewiesen94. Man kann sich mithin § 678 BGB nur als deliktsrechtliche Vorschrift erklären, die überdies im Bereich der §§ 677 ff. BGB einen falschen Regelungsstandort gefunden hat. Weist man § 678 BGB erst einmal dem Deliktsrecht zu, ist der Weg nicht mehr weit dahin, die Haftung wegen Übernahmeverschuldens gegenständlich auf solche Geschäftsbesorgungen zu beschränken, die sich unmittelbar auf deliktisch geschützte Rechtspositionen des Geschäftsherrn (§ 823 BGB) beziehen95. Dies lässt sich wertungsmäßig konsequent mit der Beschränkung des deutschen Deliktsrechts auf den Schutz von bestimmten Rechtsgütern und der grundsätzlichen Nichtersatzfähigkeit von primären Vermögensschäden begründen. So faszinierend diese Argumentation auch ist, zutreffend ist sie nicht. Denn sie verfehlt den eigentlichen Haftungsgrund des § 678 BGB. Materiell folgt die Haftung wegen Übernahmeverschuldens aus dem Subordinations- und Treuhandgedanken der echten Geschäftsführung ohne Auftrag und dem im deutschen Recht verwirklichten streng subjektiven Prinzip. § 678 BGB ist eben keine deliktsrechtliche Vorschrift, eine Einsicht, die sich die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag mit ihrer Verallgemeinerung des Utilitätsprinzips und die Quasideliktstheorie mit ihrer Fixierung auf den Begriff des Fremden Geschäfts selbst versperrt. Nur am Rande sei erwähnt, dass sich die abweichende Lehre kaum mit 93

Vgl. v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 VII = S. 990 Fn. 51. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 2; PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction C 26 seq., L 89 (p. 61 seq., 94), Art. 2:101, Comment. A 4 (p. 212). 95 Vgl. Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (230); ähnlich Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (22 Fn. 42), der eine Restriktion des Tatbestandes des § 678 BGB auf objektiv fremde Geschäfte iSd § 687 BGB befürwortet. 94

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den römischen Wurzeln des § 678 BGB, allen voran dem Fragmente Pomponius/ Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis), vereinbaren lässt. Zur Erinnerung: Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis): „Si negotia absentis et ignorantis geras, et culpam et dolum praestare debes. Sed Proculus interdum etiam casum praestare debere, veluti si novum negotium, quod non sit solitus absens facere, tu nomine eius geras: veluti venales novicios coemendo vel aliquam negotiationem ineundo. Nam si quid damnum ex ea re secutum fuerit, te sequetur, lucrum vero absentem: quod si in quibusdam lucrum factum fuerit, in quibusdam damnum, absens pensare lucrum cum damno debet“.

Hier geht es nicht um eine typische deliktische Schädigung (jedenfalls im deutschen Verständnis), sondern um die schlechte Führung von Geschäften für einen anderen: der Geschäftsführer kauft (zu) junge Sklaven und kann sie nur mit Verlust weiterverkaufen. Schließlich noch ein formaljuristischer Hinweis. Selbst wenn man bereit ist, sich einen Moment auf die abweichende Lehre einzulassen, so steht der Versuch einer Restriktion des Übernahmeverschuldens gesetzessystematisch auf wackeligen Füßen. Denn bei § 678 BGB handelt es sich nur um eine verzichtbare Klarstellung zur Haftung wegen Ausführungsverschuldens gem. §§ 280, 677 BGB: mit einer Beschränkung des Tatbestandes des § 678 BGB wäre wenig gewonnen, da nunmehr unmittelbar auf §§ 280, 677 BGB zurückgegriffen werden könnte. Dem ließe sich nun entgegenhalten, dass die Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag § 677 BGB auf die unberechtigte Geschäftsführung im Grundsatz nicht anwendet. Doch würde ein solcher Hinweis übersehen, dass viele Vertreter der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung – wovon bereits oben berichtet wurde – gezwungen sind, § 677 BGB auf die unberechtigte Geschäftsführung analog anzuwenden, um Wertungswidersprüche zu vermeiden (siehe § 6 IV 2)96.

d. Keine Exkulpation Die Erkenntnis, dass es sich bei § 678 BGB nur um einen Sonderfall des allgemeinen „Ausführungsverschuldens“ gem. §§ 280 Abs. 1, 677 BGB handelt, hilft, eine im Gefolge der Schuldrechtsreform entstandene Inkonsequenz im Tatbestand des § 678 BGB zu berichtigen. Der positive Tatbestand des Ausführungsverschuldens verlangt nur noch das Vorliegen einer Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 S. 1 BGB). Es ist Sache des Schuldners (Geschäftsführers), sich im Einzelfall zu exkulpieren und geltend zu machen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§§ 280 Abs. 1 S 2, 276 BGB). Dies wirkt auf den Haftungstatbestand des § 678 BGB zurück97. Zum Tatbestand des § 678 BGB gehört damit 96 ZB Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 3; vgl. Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 5. 97 Anders noch die Motive, bei Mugdan II, S. 479: negative Beweislastregel nicht gerechtfertigt.

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ausschließlich, dass die Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum präsumtiven Willen des Geschäftsherrn steht. Es ist Sache des Geschäftsführers darzulegen und zu beweisen, dass er den Widerspruch zum Willen des Geschäftsherrn nicht erkennen konnte und damit die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Der Tatbestand des § 678 BGB bedarf insoweit der korrigierenden Auslegung. Exkulpieren kann sich der Geschäftsführer, wenn er darlegt und ggf. beweist, dass er weder wusste noch infolge von Fahrlässigkeit nicht erkannt hat („erkennen musste“, vgl. § 122 Abs. 2 BGB), dass die Übernahme mit dem Willen des Geschäftsherrn im Widerspruch steht 98. Der Verschuldensmaßstab folgt der Regel des § 276 BGB. Der Geschäftsführer hat grundsätzlich auch für einfache Fahrlässigkeit einzustehen.

Gegenstand des Verschuldensvorwurfs ist ausschließlich die Pflichtverletzung, die in Übernahme der Geschäftsführung im Widerspruch zum wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn liegt. Aus welcher Motivation heraus der Geschäftsführer gehandelt hat, ist unbeachtlich99. Keinesfalls also kann der Geschäftsführer sich darauf berufen, dass er in karitativer Gesinnung doch nur habe helfen wollen, wie umgekehrt selbst eigensüchtige Motive den Tatbestand des § 678 BGB nicht auslösen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung nur dem Willen des Geschäftsherrn entsprach.

3. Schaden und Vorteilsausgleichung Der Geschäftsführer ist dem Geschäftsherrn zum Ersatz des aus der Geschäftsführung entstandenen Schadens verpflichtet. Erfasst sind alle Schäden, die adäquat kausal und zurechenbar durch die Geschäftsführung verursacht werden100. Auf ein weiteres Ausführungsverschulden kommt es nicht an. § 678 BGB aE stellt dieses aus den allgemeinen Grundsätzen folgende Ergebnis noch einmal ausdrücklich fest: hat ein Geschäftsbesorger (ohne sich exkulpieren zu können) den Rahmen seiner Geschäftsführungsbefugnisse überschritten, so haftet er auf Schadensersatz, ohne dass es noch auf ein weiteres Ausführungsverschulden ankäme: versari in re illicitia. Dies entspricht der aus den Fragment Pompo98 Obwohl im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt, erfüllt erst recht ein vorsätzliches Zuwiderhandeln den Tatbestand, vgl. Motive, bei Mugdan II, S. 479. 99 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 678 Rn. 6. 100 Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (231); Erman/Ehmann12 (2008) § 678 Rn. 1; Palandt/Sprau 68 (2009) § 678 Rn. 4; BGBRGRK/Steffen12 (1978) § 678 Rn. 7; siehe auch Oertmann2 (1929) § 678 Anm. 2 a: der Geschäftsführer haftet nicht für einen Schaden, der dem Geschäftsherrn nicht gerade durch das Eingreifen, sondern nur gelegentlich desselben entstanden ist; aA: Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2003, § 5 Rn. 78: Adäquanz ist nicht erforderlich (anders nunmehr in Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 5 Rn. 68).

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nius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) und Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 7 3 (de negotiis gestis) abgeleiteten casus-Haftung bei der Übernahme ungewöhnlicher Geschäfte oder einer Geschäftsführung gegen den Willen des Geschäftsherrn. Für einen Schaden, der auch ohne sein Eingreifen entstanden wäre, haftet der Geschäftsführer nicht; Pr. ALR I 13 § 249 sah dies ebenso wie § 233 Abs. 2 des Vorentwurfs noch ausdrücklich vor. Daraus, dass das BGB auf vergleichbare, letztlich selbstverständliche Vorschriften verzichtet hat, folgt nichts anderes. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung finden Anwendung. Der Geschäftsherr kann also im Rahmen einer einheitlichen Geschäftsführung nicht den gelungenen Teil von dem misslungenen Teil der Geschäftsführung trennen und sich die Vorteile des einen zu eigen machen, während er den anderen zurückweist101. Der Gedanke der Vorteilsausgleichung lässt sich der Sache nach bereits aus dem Fragment Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 in fin. (de negotiis gestis) herauslesen: „quod si in quibusdam lucrum factum fuerit, in quibusdam damnum, absens pensare lucrum cum damno debet“. Erwirtschaftet der Geschäftsführer, der sich auf dem Markt für (zu) junge Sklaven bewegt, teilweise einen Gewinn, teilweise einen Verlust, so sind beide miteinander zu verrechnen. Allerdings ist für das moderne deutsche Gestionsrecht zu beachten: beansprucht der Geschäftsherr einen aus der Geschäftsbesorgung gezogenen Gewinn für sich, so liegt darin eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung102. Eine Haftung aus § 678 BGB scheidet dann aus. Damit ist für den Geschäftsherrn nicht alles verloren, bzw. für den Geschäftsführer viel gewonnen. Denn aus der Genehmigung der Übernahme folgt keineswegs die Genehmigung der Durchführung der Geschäftsführung, so dass der Geschäftsherr den Gestor immer noch wegen eines ggf. vorliegenden Ausführungsverschuldens gem. §§ 280 Abs. 1, 677 BGB in Anspruch nehmen kann; allerdings ohne die Vorzüge der casus-Haftung.

V. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei der Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr 1. Rechtfertigung Die Diligenzpflicht des Geschäftsführers bemisst sich im Grundsatz nach § 276 BGB. Entsprechend dem Subordinations- und Treuhandgedanken hat der Geschäftsführer grundsätzlich für dolus und culpa levis einzustehen. Allerdings findet dieser Grundsatz im Anschluss an das Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 101 Soergel/Beuthien12 (1999) § 678 Rn. 3; Oertmann 2 (1929) § 678 Anm. 2 d, der dies allerdings nicht auf den Gedanken der Vorteilsausgleichung stützt. 102 Planck/Lobe4 (1928) § 678 Anm. 3.

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3, 9 (de negotiis gestis)103 im Falle der sog. Notgeschäftsführung gem. § 680 BGB eine (weitere) Durchbrechung: bezweckt die Geschäftsführung die Abwehr einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur dolus und culpa lata zu vertreten. Die hM führt die Vorschrift auf den Gedanken zurück, dass in Augenblicken dringender Gefahr die Hilfe Dritter im allgemeinen Interesse liegt, dass aber gleichzeitig wegen der besonderen Gefahrensituation, in der häufig nicht genügend Zeit zum ruhigen Überlegen bleibt, die Sorgfaltsanforderungen an den Helfer nicht überspannt werden dürfen104. Diese Erklärung allein kann aber nicht befriedigen. Sie bezeichnet letztlich nur die Besonderheiten der Gefahrenlage und damit den Anlass der Privilegierung des Notgeschäftsführers. Doch warum der Notgeschäftsführer zu privilegieren ist, warum seine Hilfeleistung im allgemeinen Interesse steht, wird nicht ausgesagt. Tragfähig ist insoweit der bereits von Wollschläger herausgearbeitete Gedanke der überholenden Kausalität105: in gesetzlicher Typisierung gestatte es § 680 BGB dem Geschäftsführer, sich bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit darauf zu berufen, dass ohne sein Eingreifen ein noch größerer Schaden entstanden wäre. Trotz seiner historischen Wurzeln ist § 680 BGB in die Kritik geraten. Ehmann hält es rechtspolitisch für vorzugswürdiger, entsprechend den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung die Haftung nur bei leichter Fahrlässigkeit voll auszuschließen, bei mittlerer Fahrlässigkeit entsprechend § 254 BGB zu quoteln und bei grober Fahrlässigkeit volle Haftung des Geschäftsführers anzunehmen106. Ob dies allerdings ein Gewinn wäre, erscheint mir fraglich. Für das Arbeitsrecht ist hier zu schweigen, jedoch für das zentrale Zivilrecht ist eine entsprechende „Neuorientierung“107 mit ihrem Zurück zu den mittelalterlichen Haftungsmäßstäben (culpa lata = grobe Fahrlässigkeit, culpa levis = mittlere Fahrlässigkeit, culpa levissima = leichte Fahrlässigkeit108) kein Gewinn. Sie führt nur in die altbekannte und seit dem Pandektismus überwun103

Vgl. dazu auch: OLG Hamburg, SeuffA 47 (1892) Nr. 269, Urt. v. 6. 10. 1891. BGHZ 63, 167 (174), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72; BGHZ 43, 188 (194), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64; BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 17. 2. 1972 – II ZR 46/70; BGH, JZ 1972, 163 (164 f.), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 134; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 2; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 1; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 1; vgl. auch v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 947, wo auf den Gedanken der moralischen Pflicht zur Hilfeleistung abgestellt wird. 105 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 278 ff.; aA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 134 f. 106 Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 2. 107 Vgl. zu den rechtsdogmatischen Begründungsversuchen der arbeitsrechtlichen Neuorientierung im Rahmen des Fahrlässigkeitsbegriffs: Staudinger/Richardi (2005) § 611 Rn. 588 ff. 108 In diesem Sinne: Cujas, Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex XXIII (de dolo, culpa, diligentia, & casu). 104

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dene Sackgasse: culpa levis wird allgemein gleichgesetzt mit der Sorgfalt eines umsichtigen Hausvaters. Culpa levissima handelte man also dann, wenn man zwar alles das beachtet hat, was auch ein ordentlicher paterfamilias beobachtet hätte, aber doch nicht so sorgfältig war, wie es ein allersorgfältigster Hausvater gewesen wäre; letztlich würde man so einen Sorgfaltsmaßstab institutionalisieren, der dem unabwendbaren Ereignis iSd § 17 Abs. 3 StVG entspricht. Ein solcher Sorgfaltsmaßstab ist als echter Verschuldensmaßstab unserer Rechtsordnung jedoch grundsätzlich unbekannt. Es wird niemals eine größere Sorgfalt als die eines ordentlichen paterfamilias verlangt109. In anderen europäischen Ländern und auch innerhalb des Book V des DCFR hat sich im Unterschied zur „starren“ Regelung des deutschen Rechts im Anschluss an Domat ein bewegliches (teilweise mehrgliedriges) Haftungssystem herausgebildet110. Die zentralen Reglungen sind für Frankreich: Art. 1374 CC. (1) Il est tenu d’apporter à la gestion de l’affaire tous les soins d’un bon père de famille. (2) Néanmoins les circonstances qui l’ont conduit à se charger de l’affaire peuvent autoriser le juge à modérer les dommages et intérêts qui résulteraient des fautes ou de la négligence du gérant.

Und im Book V des DCFR heißt es: V. – 2:101 DCFR. Duties during intervention. (1) During the intervention, the intervener must: (a) act with reasonable care; … V. – 2:102 DCFR. Reparation for damage caused by breach of duty. (1) The intervener is liable to make reparation to the principal for damage caused by breach of a duty set out in this Chapter if the damage resulted from a risk which the intervener created, increased or intentionally perpetuated. (2) The intervener’s liability is reduced or excluded in so far as this is fair and reasonable, having regard to, among other things, the intervener’s reasons for acting. (3) …

Das erste bewegliche Glied ist der Sorgfaltsmaßstab. Im französischen Recht greift man teilweise auf einen subjektiven Sorgfaltsmaßstab zurück (culpa in concreto)111. Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR formuliert den allgemeinen Handlungs109

Vgl. v. Wächter, Pandekten I, 1880. § 87 I 2 = S. 447 f. Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV Sect. I §§ 2, 12, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 445, 447; vgl. auch: Brunnemann, Commentarius in Codicem Justinianeum, Ausgabe von 1778, Lib. II Tit. XIX L. 20 § 14; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 4 in fin. 111 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1031. 110

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und Sorgfaltsmaßstab bewusst so offen (reasonable care), um bereits damit den geringeren Sorgfaltsanforderungen in Notfallsituationen gerecht werden zu können112. In einem zweiten Schritt schließlich erlauben es Art. 1374 al. 2 CC113 bzw. Art. V. – 2:102 (2) DCFR dem Richter, nach billigem Ermessen den Umfang des Schadensersatzanspruchs zu mindern oder ein Haftung des Geschäftsführers sogar ganz auszuschließen. – Ob dieses „geschmeidige“ System dem „starren“ römischrechtlichen Ansatz, dem insbesondere die deutsche Regelung folgt114, überlegen ist, ist letztlich eine Frage des individuellen bzw. des nationalen Geschmacks. Das starre römischrechtliche System hat allerdings den großen Vorzug, dass es besser gegen die Berücksichtigung geschäftsbesorgungsfremder Elemente, wie etwa den Utilitätsgedanken oder besonders selbstlose Motive seitens des Geschäftsführers, die allerdings subordinationsrechtlich unbedeutsam sind, gefeit ist115.

2. Die Voraussetzungen der Herabsetzung der Diligenzpflicht Alleine der Subordinationsgedanke kann die Herabsetzung der Diligenzpflicht nicht rechtfertigen. Eine Haftungserleichterung ist nur unter zwei Bedingungen denkbar. Objektiv muss eine tatsächliche Gefahrensituation für den Geschäftsherrn bestehen; auf normativer Ebene muss die Geschäftsführung die 112 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. B 7 (p. 213), Art. 2:103, Comment. D 12 (p. 245). 113 Art. 1328–2 des französischen Avant-projet hatte die Vorschrift beibehalten (Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, Paris, 2006, p. 153). 114 Mittelbar hat der BGH aber eine weitere Differenzierungsstufe in die deutsche Regelung des § 680 BGB eingebaut. Nach der Auffassung des BGH ist nämlich im Grundsatz bei der Beurteilung, ob sich das Verhalten des Geschäftsführers noch als einfache Fahrlässigkeit darstellt oder schon als grob fahrlässig einzustufen ist, die Gefahrenlage nicht ein weiteres Mal zu Gunsten des Geschäftsführers zu berücksichtigen, da sie bereits die ihm günstige Herabsetzung der Diligenzpflicht nach § 680 begründet (BGH, JZ 1972, 163 [164 f.], Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Schwarz, Gesetzliche Schuldverhältnisse, 2003, § 5 Rn. 71; Palandt/Sprau 68 (2009) § 680 Rn. 3; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 282; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, §57 I b = S. 447). Die besondere Situation überstürzten Handelns in Momenten dringender Gefahr sei in der Haftungsmilderung des § 680 BGB abschließend erfasst und müsse deshalb bei Beantwortung der Frage, ob das Handeln des Geschäftsführers grob fahrlässig war, außer Betracht bleiben. Das Verhalten des Geschäftsführers könne also nicht schon deswegen als „nicht grob fahrlässig“ bewertet werden, weil er in einer Situation dringender Gefahr gehandelt habe. Allerdings ist abweichend von diesem Grundsatz nach Auffassung des BGH die Gefahrenlage dann wieder zugunsten des Geschäftsführers heranzuziehen, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, der über den Fall, den das Gesetz in § 680 BGB vor Augen hat, hinausgeht (BGH, JZ 1972, 163 [165], Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70). Dies kann zB aus einer besonderen Dringlichkeit der Gefahr, der Bedeutung der bedrohten Rechtsgüter und auch dem Verhalten des Geschäftsherrn folgen. Letztlich nähert sich das deutsche Recht so im dogmatischen Ansatz dem variablen Haftungsmaßstab des Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR an. 115 Vgl. nur PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:103 Comment. D 13 (Illustration 5) (p. 246).

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Abwendung der Gefahr bezwecken (qualifizierte Geschäftsführungsabsicht). Nur beim kumulativen Zusammentreffen beider Elemente kann sich der Geschäftsführer – im Rahmen der gesetzlichen Typisierung des § 680 BGB– bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit darauf berufen, dass ohne sein Eingreifen ein noch größerer Schaden entstanden wäre116. Gleichzeitig folgt hieraus eine weitere Grenze: ist absehbar, dass durch das Eingreifen dem Geschäftsherrn noch größere Nachteile drohen als ohne das Eingreifen, ist für eine Herabsetzung der Diligenzpflicht kein Raum (Verhältnismäßigkeit).

a. Qualifizierte Geschäftsführungsabsicht Die Privilegierung des § 680 BGB setzt eine Geschäftsführung in qualifizierter Geschäftsführungsabsicht voraus: neben der fremdnützigen Tätigkeit für einen anderen muss hinzukommen, dass die Geschäftsführung im Sinne einer Finalität bezweckt, eine dem Geschäftsherrn drohende dringende Gefahr abzuwenden117. Eine nur bei Gelegenheit einer fremdnützigen Geschäftsbesorgung für den Geschäftsherrn erfolgende Gefahrenabwehr genügt nicht118. Auf § 680 BGB kann in diesen Fällen nicht zurückgegriffen werden, und zwar selbst dann nicht, wenn die Gefahr letztlich erfolgreich gebannt wurde. Wie beim Merkmal der Geschäftsführungsabsicht überhaupt, handelt es sich auch bei der qualifizierten Geschäftsführungsabsicht um kein naturalistisches, empirisch feststellbares, sondern um ein normatives Merkmal. Entscheidend ist, dass die Geschäftsführung ihrem sozialen Sinn nach auf die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden Gefahr abzielt. Regelmäßig wird die Feststellung des qualifizierten Geschäftsführungswillens keine Schwierigkeiten bereiten. Seiner materiellen Zielrichtung nach wird ein Handeln in Gefahrensituationen grundsätzlich die Abwehr der Gefahr bezwecken. Handelt der Geschäftsführer in qualifizierter Geschäftsführungsabsicht, so kommt es für die Anwendbarkeit des § 680 BGB nicht darauf weiter an, ob der Geschäftsführer den bezweckten Erfolg tatsächlich erreicht119. Es steht der Anwendung des § 680 BGB nicht einmal prinzipiell entgegen, dass sich die (bestehende) Gefahrensituation gerade durch das Eingreifen des Geschäftsführers verwirklicht120. Allerdings 116 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 278 ff.; aA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 134 f. 117 Zur Frage des qualifizierten Geschäftsführungswillens im österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 32 ff. 118 Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 7. 119 BGHZ 43, 188 (192), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64; BGH, VersR 1970, 620, Urt. v. 7. 4. 1970 – VI ZR 217/68; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4, 8; Palandt/Sprau 68 (2009) § 680 Rn. 2. 120 BGHZ 43, 188 (192), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64: Anhalten eines Fahrzeugs, um auf fehlende Beleuchtung hinzuweisen, mit der Folge, dass in der Dunkelheit ein anderes Fahrzeug auffährt.

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wird es in diesen Fällen regelmäßig an der Verhältnismäßigkeit der Notgeschäftsführung fehlen.

b. Eine dem Geschäftsherrn drohende dringende Gefahr aa. Drohende dringende Gefahr Die Geschäftsführung muss der Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden Gefahr dienen. Eine dringende Gefahr liegt vor, wenn der Eintritt eines Schadens mit großer Wahrscheinlichkeit unmittelbar bevorsteht und die Hilfeleistung keinen weiteren Aufschub duldet121. Angesichts des subsidiären Charakters der Gestion als Ersatzordnung bei fehlender vertraglicher oder gesetzlicher Primärregelung und der partiellen Schutzlosstellung des Geschäftsherrn durch Herabsetzung der Diligenzpflicht wird man davon frühestens erst dann ausgehen können, wenn es dem Geschäftsführer nicht möglich ist, rechtzeitig die Zustimmung des Geschäftsherrn einzuholen122.

bb. Vermögen und Person des Geschäftsherrn Die Gefahr muss der Person des Geschäftsherrn, ihm zuzuordnenden Gegenständen oder seinem Vermögen als solchem drohen123. Der Normbereich des § 680 BGB erfasst daher nicht wie § 823 Abs. 1 BGB nur bestimmte enumerativ aufgezählte Rechtsgüter, sondern auch das Vermögen des Geschäftsherrn als solches. So kann sich ein Geschäftsführer im Verhältnis zum Geschäftsherrn auf § 680 BGB berufen, der es unternimmt, das Vermögen des Geschäftsherrn vor einer Belastung durch Schadensersatzansprüche Dritter zu schützen124. Der schädliche Einfluss der tradierten Fixierung der Geschäftsführungslehre auf den Begriff des fremden Geschäfts zeigt sich auch im Rahmen des § 680 BGB. Die hM will § 680 BGB nämlich auch anwenden, wenn die Gefahr nicht dem Geschäftsherrn selbst, sondern solchen Personen droht, denen gegenüber der Geschäftsherr rechtlich zur Gefahrenabwehr verpflichtet ist125. Im Einzelnen ist die Abgrenzung des Personenbereichs lebhaft umstritten. Ein näheres Eingehen verbietet sich darauf, denn diese Lehre ist schon im Ansatz ver121 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 3; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 6. 122 Zur restriktiven Handhabung der Notgeschäftsführung in Österreich: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 30 f. 123 Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4; Planck/Lobe4 (1928) § 680; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 6; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 6. 124 BGH, VersR 1970, 620, Urt. v. 7. 4. 1970 – VI ZR 217/86: Anhalten auf der Autobahn zu dem Zweck, ein von einem vorausfahrenden Fahrzeug verlorenes Reserverad von der Fahrbahn zu räumen, als Geschäftsführung zugunsten des Vorausfahrenden zur Abwehr einer dringenden Gefahr, die seinem Vermögen durch Schadensersatzansprüche etwaiger nachfolgender Verkehrsteilnehmer droht. 125 Palandt/Sprau 68 (2009) § 680 Rn. 1; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 4.

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fehlt126. Die Ausdehnung des § 680 BGB auf nahe stehende Personen widerspricht nicht nur dem Willen des Gesetzgebers127, sie kommt auch der Sache nach überhaupt nicht in Betracht. Sicherlich: wird der Geschäftsführer für eine Person tätig, dem der Geschäftsherr Hilfe schuldet, so führt er auch das Geschäft des Verantwortlichen. Aber subordinationsrechtlich kommt die Geschäftsführung in ihrer normativen Finalität ausschließlich dem Gefährdeten zugute; nur der Gefährdete ist Geschäftsherr, an dessen Interesse der Geschäftsführer seine Hilfeleistung auszurichten hat. Dem für seine Rettung Verantwortlichen kommt die Geschäftsführung nur mittelbar als Reflexvorteil zugute, wodurch ein gesetzliches Schuldverhältnis aber gerade nicht begründet wird. Rettet der Geschäftsführer eine verheiratete Frau vor dem Ertrinken, so ist Geschäftsherr ausschließlich die Frau, keinesfalls aber der Ehemann128. Dies wurde oben bereits eingehend ausgeführt (siehe § 8 V 2). Dementsprechend bemerkte die Zweite Kommission hinsichtlich eines Antrages, in dem es darum ging, auch Angehörige in den Schutzbereich der Vorschrift zu ziehen, vollkommen zutreffend, dass „es aber auch nicht wohl angehen werde, auch solche Gefahren, die den Geschäftsherrn nur mittelbar beträfen, in den Bereich der Vorschrift zu ziehen“129.

cc. Verhältnismäßigkeitsprüfung Das Eingreifen des § 680 BGB ist an eine auf den Zeitpunkt der Vornahme der Geschäftsführung auszurichtende objektive Kosten-Nutzen-Analyse gebunden130. Denn tragender Grund der Privilegierung des Geschäftsführers ist der Gedanke der überholenden Kausalität: bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit darf sich Gestor darauf berufen, dass ohne sein Eingreifen ein noch größerer Schaden entstanden wäre. Risiken und Aufwand der Notgeschäftsführung haben in einem angemessenen Verhältnis zum drohenden Schaden zu stehen. § 680 BGB privilegiert keine mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbundene oder mit einem übermäßigen Schadensrisiko behaftete Rettungsaktion131. Extrembeispiele lassen sich leicht finden. So ist es nicht gerechtfertigt, 126

Vgl. zu den Einzelheiten: Staudinger/Bergmann (2006) § 680 Rn. 19. Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194. 128 Anders die allgemeine Lehre: MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 680 Rn. 3; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 6; vgl. auch Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4. 129 Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194; krit. Oertmann 2 (1929) § 680 Anm. 1. 130 Anders ist der Bezugspunkt der Angemessenheitsprüfung im österreichischen Recht. Hier ist das Ausmaß des drohenden Schadens abzuwägen gegen den Eingriff in die fremde Rechtssphäre des Geschäftsherrn. Dies erklärt sich daraus, dass das österreichische Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag als Eingriff in eine fremde Rechtssphäre grundsätzlich ablehnend gegenüber steht (Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 32). 131 Vgl. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 6; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 4; für eine subjektive Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt der groben Fahrlässigkeit: Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 10. 127

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einen Autofahrer auf der Autobahn anzuhalten und der Gefahr eines (lebensgefährlichen) Auffahrunfalls auszusetzen, weil am helllichten Tage eine seiner beiden Rückleuchten nicht funktioniert. Schwierig ist die Entscheidung im Sachverhalt BGHZ 43, 188. A stoppte auf einer dunklen Straße das Fahrzeug des B, um ihn auf das Fehlen einer Rückbeleuchtung und die Gefahr eines Auffahrunfalls aufmerksam zu machen. Während der Belehrung fuhr ein nachfolgender Wagen in das Fahrzeug. Nicht geklärt werden soll an dieser Stelle, für wen hier eine Geschäftsführung des A vorlag: möglich erscheint sowohl eine Geschäftsführung für den Fahrer, als auch für den nachfolgenden Verkehrsteilnehmer; vielleicht liegt hier sogar eine der seltenen Konstellationen vor, in denen eine Geschäftsführung aufgrund der gleichen Interessenrichtung für zwei Geschäftsherren gleichzeitig erfolgt. Der BGH nahm, allerdings mit dem Begriff des objektiv fremden Geschäfts argumentierend, eine Geschäftsführung zugunsten beider an. Im Verhältnis zu beiden hielt er auch § 680 BGB für anwendbar. Zutreffend ist seine Argumentation insoweit, als es der Anwendung des § 680 BGB nicht entgegensteht, dass die Notgeschäftsführung den bezweckten Erfolg nicht erreicht hat; selbst der Gesichtspunkt, dass sich die Gefahr ohne das Eingreifen nicht verwirklicht hätte, steht der Anwendung des § 680 BGB nicht per se entgegen132. Nicht geprüft wurde allerdings vom BGH die Frage, ob § 680 BGB hier wegen Unverhältnismäßigkeit des eingegangenen Risikos unanwendbar ist. Entscheidend ist eine Kosten-Nutzen-Analyse: die Wahrscheinlichkeit, dass es ohne das Eingreifen des Geschäftsführers zu einem (größeren) Schaden gekommen wäre, hätte in Bezug gesetzt werden müssen zum Risiko (Wahrscheinlichkeit), dass es gerade aufgrund der übernommenen Geschäftsführung zu einem Schaden kommt. Nur wenn das erste Risiko (ggf. auch bei normativer Betrachtung) größer ist, kann sich A auf § 680 BGB berufen.

dd. Irrtümliche Annahme einer Gefahrenlage Lebhaft umstritten ist die Frage, ob die Herabsetzung der Diligenzpflicht durch § 680 BGB auch dann zum Zuge kommt, wenn der Geschäftsführer irrtümlich zur Annahme einer tatsächlich nicht gegebenen – und wie zu ergänzen sein wird: unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ein Eingreifen rechtfertigende – Gefahrenlage gelangt133. Der Wortlaut des § 680 BGB wird als 132

BGHZ 43, 188 (192), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64. Vgl. dazu mit differenzierender Lösung, je nachdem, ob berechtigte oder unberechtigte Geschäftsführung vorliegt: Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (618); vgl. zum österreichischen Recht (§ 1036 ABGB): Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 101 ff.: der Aufwandsersatzanspruch nach § 1036 ABGB steht nach österreichischer Lehre dem Geschäftsführer zu, wenn aus der Sicht eines objektiven Beobachters dem Geschäftsherrn ein Schaden droht; einschränkend will Meissel dem vermeintlichen Nothelfer nur dann einen Anspruch zuerkennen, wenn die Anscheinsgefahr auf einem zurechenbaren verkehrswidrigen Verhalten des Anscheinsopfers be133

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mehrdeutig empfunden134. Eine höchstrichterliche Klärung der Frage durch den BGH steht noch aus. BGHZ 43, 188 konnte offen lassen, ob § 680 BGB das Vorliegen einer tatsächlich bestehenden Gefahr verlangt135. Das Meinungsbild ist breit gefächert. Eine weit verbreitete Lehre will § 680 BGB auch bei irrtümlicher Annahme einer Gefahrensituation anwenden, wobei allerdings im Einzelnen keine Einigkeit darüber besteht, ob § 680 BGB nur dann eingreift, wenn der Geschäftsführer die tatsächliche Lage unverschuldet verkennt, also bereits eine leicht fahrlässige Fehlbeurteilung der Situation die Anwendung des § 680 BGB ausschließt136, oder ob dem Geschäftsherrn erst grobe Fahrlässigkeit schadet, er sich also selbst bei leichtfahrlässiger Verkennung der Lage noch auf § 680 BGB berufen darf137. Zur Begründung verweist man auf den (vermeintlichen) Zweck des § 680 BGB, rasche, aber eben auch fehlergeneigte, mitmenschliche Hilfe zu mobilisieren; dem liefe es zuwider, wenn man dem Hilfswilligen das volle, durch § 678 BGB sogar noch verschärfte, Irrtumsrisiko aufbürde; zumal es nicht nur um das Erkennen der Gefahr, sondern auch um die oft unsichere Beurteilung der Dringlichkeit der Gefahr gehe138. Ehmann will jedenfalls dann § 680 BGB anwenden, wenn der Geschäftsherr den Schein einer Gefahr schuldhaft veranlasst hat139. Die Gegenauffassung will § 680 BGB nur anwenden, wenn die Gefahrenlage auch tatsächlich besteht140: aus der von § 680 BGB vorausgesetzten Finalität der Hilfeleistung folge nichts anderes; damit solle nur klargestellt werden, dass die Haftungsbeschränkung ruht; im Schweizer Recht wird die Vorschrift des § 420 Abs. 2 OR so ausgelegt, dass das Vorliegen einer objektiven Gefahrenlage nicht erforderlich ist; vgl. dazu: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 468 ff. 134 Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (618); Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 8. 135 BGHZ 43, 188 (191), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64. 136 BAG NJW 1976, 1229 (1230), Urt. v. 11. 9. 1975 – 3 AZR 561/74; Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 112; Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 c = S. 637 Fn. 41; Enneccerus/ Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 II 2 = S. 704; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1276; Oertmann2 (1929) § 680 Anm. 1; Planck/Lobe4 (1928) § 680; Dietrich, Auftraglose Hilfeleistung in gefährlichen Situationen, JZ 1974, 535 (539). 137 OLG München, WM 1999, 1878, Urt. v. 19. 5. 1998 – 5 U 6051/97; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 134; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (291); Palandt/Sprau 68 (2009) § 680 Rn. 2, BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 7. 138 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 134; Fricke, Anmerkung zu OLG Frankfurt, Urt. v. 6.4.1976 – 8 U 195/75, MDR 1977, 315; BGBRGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 7; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 8. 139 Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 5: in dem Fall der schuldhaften Veranlassung der Scheingefahr nimmt er auch das Vorliegen einer nützlichen Geschäftsführung iSd § 683 BGB an; vgl. auch Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 101 ff. 140 Vgl. OLG Frankfurt MDR 1976, 1021, Urt. v. 6. 4. 1976 – 8 U 195/75; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 278 ff., 282; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 680 Rn. 5.

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auch bei erfolgloser Geschäftsführung zum Zuge komme. Mehr gebe der Wortlaut des § 680 BGB nicht her. Zu folgen ist der letztgenannten Ansicht. Die Herabsetzung der Diligenzpflicht bedarf angesichts des Subordinations- und Treuhandcharakters der echten Geschäftsführung der besonderen materiellen Rechtfertigung. Getragen wird die Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs vom Gedanken der überholenden Kausalität141. Es wird dem Geschäftsführer gestattet, sich bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit darauf zu berufen, dass ohne sein Eingreifen ein noch größerer Schaden entstanden wäre. Damit ist aber die objektive Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts eine wesentliche und notwendige Tatbestandsvoraussetzung, zu der die qualifizierte Geschäftsführungsabsicht kumulativ hinzutreten muss, um die Privilegierung des Geschäftsherrn zu begründen. Fehlt aber eines der tragenden Elemente, ist für § 680 BGB kein Raum. Von daher nimmt es kein Wunder, dass schon die Beratungen der Ersten Kommission dahin deuten, dass eine Gefahrenlage tatsächlich vorgelegen haben muss. So heißt es mit Blick auf Bedenken gegen die Begrenzung der Diligenzpflicht, dass ein dem Geschäftsherrn drohender Nachteil nicht genüge, „sondern dass vielmehr eine dringende Gefahr vorgelegen haben müsse“142. Ganz auf dieser Linie liegt auch der Reformvorschlag zum Geschäftsführungsrecht, den Helm im Rahmen der Gutachten und Vorschläge zur Reform des Schuldrechts erstattet hat: eine Ausdehnung der Haftungsmilderung auf den Fall einer vermeidlich dringenden Gefahr wurde von ihm als nicht gerechtfertigt verworfen143. Diese Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 680 BGB ist auch nicht unbillig. Denn es darf nicht vergessen werden, dass der Privilegierung des Geschäftsführers eine weitgehende Schutzlosstellung des Geschäftsherrn korrespondiert. Diese ist aber nicht mehr zu rechtfertigen, wenn die Gefahrenlage nicht besteht. Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn der Geschäftsherr den Anschein der Gefahrenlage zurechenbar gesetzt hat. Auch der von Ehmann herangezogene Veranlassungsgedanke trägt nicht, da so letztlich eine über die culpa in contrahendo (§§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) hinausgehende Einstandspflicht des Geschäftsherrn konstruiert wird, obwohl vor der Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer eine Sonderverbindung iSd § 311 Abs. 2 BGB gar nicht besteht. Zu ungerechten Ergebnissen führt dies nicht: der Ersatzanspruch (actio directa) des Geschäftsherrn bei leichtfahrlässigen Ausführungs- (§§ 280, 677 BGB) oder Übernahmeverschuldens (§ 678 BGB) ist gem. § 254 BGB um die Mitverschuldensquote zu kürzen; seinerseits 141

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 278 ff., 282. Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 118; vgl. auch Mugdan II, S. 479. 143 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (403). 142

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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haftet der Geschäftsherr – wie der Blick auf das angloamerikanische Recht zeigt – dem Geschäftsführer nach § 823 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der psychisch vermittelten Kausalität (Verfolgerfälle)144. Zudem greifen zugunsten des Helfers die Vorschriften der gesetzlichen Unfallversicherung der §§ 2 Abs. 1 Nr. 13 lit. a, 13 SGB VII, da ein Unglücksfall im Sinne dieser Vorschriften auch dann angenommen wird, wenn der Geschäftsführer aufgrund der Umstände des Einzelfalles von einer entsprechenden Notfalllage ausgehen durfte145. Diese Abwälzung des Risikos des Irrtums über eine bestehende Gefahrenlage auf die Allgemeinheit scheint mir – angesichts der kollektivistischen Richtung der Hilfspflicht in Notfällen – die angemessenste Lösung. Auf die Verlagerung der Kosten auf die Allgemeinheit überhaupt in Fällen der Nothilfe wird unten zurückzukommen sein (siehe § 14 II 4 d aa).

ee. Institutionelle Beschränkung Eine institutionelle Beschränkung erfährt die Herabsetzung der Diligenzpflicht auf dolus und culpa lata bei Personen, die sich beruflich der Gefahrenabwehr widmen; das Gleiche gilt für Gefahrenabwehrbehörden146. Dies lässt sich zwanglos begründen: da der berufliche Nothelfer – gleich einem Vertragsgläubiger – vergütungsgleich vollen Aufwendungsersatz für seine Arbeitsleistung verlangen darf, muss er sich im Gegenzug für diesen Vorteil der strengen Verschuldenshaftung für culpa levis des § 276 BGB unterwerfen. Hinzu kommt, dass der berufliche Helfer durch eine Berufshaftpflichtversicherung abgesichert ist, deren Kosten er anteilig über das Entgelt auf den Vertragspartner bzw. den Geschäftsherrn abwälzt. Diese institutionelle Beschränkung des § 680 BGB kann heute im Ergebnis als gesichert gelten. So will etwa auch der eben erwähnte Reformvorschlag von Helm kommerzielle Helfer überhaupt vom Bereich der Haftungsmilderung ausnehmen147. Gleiche Ergebnisse lassen sich übrigens innerhalb der oben vorgestellten beweglichen Haftungssysteme wie dem Book V des DCFR erreichen (siehe § 11 I, V 1). Hier ist es der variable Sorgfaltsmaßstab des Art. V. – 2:101 (1)(a) DCFR (reasonable care), der es im Rahmen der

144

Vgl. Wagner v. International Railway Co. (1921) 232 NY 176: Rettung eines Selbstmörders. 145 Kater/Leube, SGB VII (1997) § 2 Rn. 304; Schmidt, SGB VII 2 (2004) § 2 Rn. 87. 146 OLG München, NJW 2006, 1883 (1885), Urt. v. 6.4.2006 – 1 U 4142/05; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 283 f.; Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 5; Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (393). 147 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (403).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Verschuldensprüfung ermöglicht, den standart of care of professionals zu berücksichtigen148.

3. Rechtsfolgen a. Herabsetzung der Diligenzpflicht bei objektiven Verhaltensstandards Liegen die Voraussetzungen des § 680 BGB vor, so hat der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn gegenüber nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten. Anders als die Haftungsmilderungen der §§ 708, 1359 BGB soll § 680 BGB auch bei Schädigungen im Straßenverkehr greifen149. Dies mag auf den ersten Blick verwundern. Die Rechtsprechung hat die Herabsetzung der Diligenzpflicht auf die diligentia quam in suis durch §§ 708, 1359 BGB im Wege der teleologischen Reduktion insoweit für unanwendbar erklärt, soweit Schadenszufügungen im Straßenverkehr betroffen sind. Begründet wird dies damit, dass angesichts der Verobjektivierung des Straßenverkehrsrechts hier für persönliche Eigenheiten kein Raum sei150. Diese Argumentation ist auf § 680 BGB nicht übertragbar. Zwar beinhaltet § 680 BGB, gleich den §§ 708, 1359, 1664 BGB, eine Privilegierung zugunsten des Geschäftsführers, doch die damit verfolgte causa finalis ist eine vollkommen andere. Die §§ 708, 1359, 1664 BGB wollen den unsorgfältigen Gesellschafter, bzw. die Institution der Ehe und der Familie schützen. Dieser Schutz, der zwangsläufig zu Lasten der anderen Gesellschafter, dem anderen Ehegatten oder dem Kind geht, findet seine Grenze, wo der andere auf die Einhaltung objektiver Sorgfaltsmaßstäbe vertrauen darf, weil in bestimmten Situationen für eine individuelle Sorglosigkeit kein Platz mehr ist. Schon der Zweck der Norm ist bei § 680 BGB ein anderer: letztlich soll zugunsten des Geschäftsherrn die Diligenzpflicht des Geschäftsführers herabgesetzt werden. Zu befürchten hat er dabei im Prinzip nicht viel, weil die Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des § 680 BGB verlangt, dass das vom Gestor eingegangene Risiko nicht größer sein darf als die Gefahr, die dem Geschäftsherrn droht. Zum anderen ist die faktische Normsituation bei § 680 BGB eine andere als bei §§ 708, 1359, 1664 BGB. § 680 BGB will gerade der Tatsache Rechnung tragen, dass in der Eile von 148 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:101, Comment. B 6 (p. 212). Einen ähnlichen Weg gehen im deutschen Recht MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 680 Rn. 6 und Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 2, die über eine abstufende Fahrlässigkeitsprüfung nach Berufs- und Tätigkeitsfeldern zu angemessenen Ergebnissen kommen wollen. 149 Gursky, Die Haftung des Notgeschäftsführers, JuS 1972, 637 (639); BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 9. BGH, JZ 1972, 163 (164 f.), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70 hat – anders als bei Thematisierung der §§ 708, 1359 BGB – die Möglichkeit einer teleologischen Reduktion des § 680 BGB bei Schadenszufügungen im Straßenverkehr gar nicht erörtert. 150 ZB BGHZ 46, 313, Urt. v. 20. 12. 1966 – VI ZR 53/65.

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Notsituationen ein Fehlverhalten nur zu leicht möglich ist, ein unbedingtes Einhalten von objektiven Standards, und seien es solche des Straßenverkehrs, im Interesse des Geschäftsherrn nicht erwartet werden kann.

b. Die Notgeschäftsführung und die actio contraria des Geschäftsführers Nach seiner systematischen Stellung bezieht sich die Privilegierung des § 680 BGB unmittelbar nur auf die geschäftsführungsrechtliche Haftung des Geschäftsführers wegen Übernahme- (§ 678 BGB) oder Ausführungsverschuldens (§§ 280, 677 BGB)151. Der Geschäftsführer kann also geltend machen, dass er schuldlos oder doch nur leicht fahrlässig verkannt hat, dass die Übernahme der Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn im Widerspruch stand bzw. dass er schuldlos oder allenfalls leicht fahrlässig das Geschäft nicht so geführt hat, wie es dem Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen Willen entsprach152. Damit die Haftungsprivilegierung des § 680 BGB nicht leer läuft, ist sie nicht nur auf die Haftung des Geschäftsführers aus §§ 280, 677 BGB und § 678 BGB, sondern auch auf korrespondierende Ansprüche des Geschäftsherrn aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) anzuwenden153. Die Beschränkung der Folgen der Notgeschäftsführung auf die actio directa des Geschäftsherrn greift aber zu kurz. Denn der Gedanke der Notgeschäftsführung als besonderer Form der Subordination und Treuhand hat auch Wirkungen auf die Voraussetzungen der Ansprüche des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn gem. § 683 BGB (actio contraria)154. Das ergibt sich aus der folgenden Überlegung. Hinter der Privilegierung der Notgeschäftsführung steht der Gedanke der überholenden Kausalität. Bis zur Grenze der culpa lata darf sich der Geschäftsführer darauf berufen, dass ohne seine Geschäftsfüh151

§ 680 BGB bewirkt aber auch im Rahmen der actio directa nur eine Herabsetzung der Diligenzpflicht solange und soweit die Geschäftsführung die Abwehr einer dringenden Gefahr bezweckt. Ist die Gefahr abgewandt oder nicht mehr dringend, setzt aber der Geschäftsführer die Geschäftsführung fort, haftet er für jedes Verschulden. Insbesondere auf die Durchführung der Abwicklungspflichten der §§ 681 S 2, 667 BGB (Herausgabe des Erlangten) findet § 680 BGB keine Anwendung. 152 BGH, JZ 1972, 163 f., Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; BGHZ 43, 188 (193), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64. 153 BGH, JZ 1972, 163, Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Gursky, Die Haftung des Notgeschäftsführers, JuS 1972, 637 (641). 154 Überhaupt gilt die Privilegierung des Notgeschäftsführers (§ 680 BGB) unmittelbar nur im Verhältnis des Geschäftsführers zum Geschäftsherrn, nicht dagegen im Verhältnis zu Dritten (BGHZ 63, 167 (176), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72; BGH, JZ 1972, 163 (164), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 3). Allerdings kann der Geschäftsführer auch in diesen Fällen mittelbaren Schutz erlangen. Er hat gem. §§ 683, 670, 257 BGB gegen den Geschäftsherrn einen Anspruch auf Freistellung von einer Schadensersatzverbindlichkeit gegenüber Dritten, wenn im Verhältnis zum Geschäftsherrn die Voraussetzungen des § 680 – und des § 683 S. 1 BGB – vorgelegen haben (Soergel/Beuthien12 (1999) § 680 Rn. 4).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

rung ein höherer Schaden eingetreten wäre. Dabei verlangt dieser Gedanke, der sich gerade auf der Tatbestandsseite in der Verhältnismäßigkeitsprüfung aktualisiert, nicht nur, dass dem drohenden Schaden des Geschäftsherrn die besondere (zusätzliche) Gefährdung des Geschäftsherrn durch die Ausführung der Gestion gegenübergestellt wird, sondern auch, dass die notwendigen Aufwendungen des Gestors zur Durchführung der Geschäftsführung in die KostenNutzen-Analyse miteingestellt werden. Dies bedeutet aber umgekehrt auch, dass sich der Geschäftsführer bis zur Grenze der culpa lata darauf berufen kann, dass ohne seine Aufwendungen dem Geschäftsherrn ein höherer Verlust (Schaden) entstanden wäre. § 680 BGB bedarf also insoweit der erweiternden Auslegung155. Allerdings ist zu beachten, dass – aufgrund der Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers zugunsten des streng subjektiven Prinzips – der Gedanke der Notgeschäftsführung (§ 680 BGB) nicht von den Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB dispensiert156. Die Individualität als Maßstab der utilitas gestionis wird nicht zugunsten des objektiven Verhältnismäßigkeitsgedankens der Notgeschäftsführung sozialisiert. Der erfolgsunabhängige Aufwendungsersatzanspruch (actio contraria) bleibt auch bei der Notgeschäftsführung daran gebunden, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn entspricht. Eine Auslegung des § 683 BGB dahin, dass in Gefahrensituationen der Wille des Geschäftsherrn unbeachtlich ist, ist mit der Regelung des BGB unvereinbar157. Mit anderen Worten: Die Entscheidung darüber, ob er (der Geschäftsherr) bereit ist, dem Geschäftsführer bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit die Berufung darauf zu ermöglichen, dass ihm (dem Geschäftsherrn) ansonsten ein größerer Schaden entstanden wäre, liegt alleine bei der Person des Geschäftsherrn. Widerspricht die Geschäftsführung dem (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn (als des Entscheidungsbefugten), so kann der Geschäftsführer nicht gem. § 683 S. 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, gestützt auf die Behauptung, dass er zur Abwehr einer dringenden Gefahr tätig geworden ist. Weiß daher der Geschäftsführer, dass seine Rettungshandlung dem Willen des Geschäftsherrn widerspricht, oder ist er grob fahrlässig (§ 680 BGB) in Unkenntnis, haftet er sogar gem. § 678 BGB158. Aus dem streng subjektiven Prinzip des deutschen Geschäftsführungsrechts heraus ist dies zwingend und folgerichtig.

155 Vgl. BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 17. 2. 1972 – II ZR 46/70; BGHZ 43, 188 (194 f.), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64. 156 Motive, Mugdan II, S. 482; Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (226). 157 RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20. 158 RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20.

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Unangefochten ist diese Lehre indes nicht. Insbesondere von Dietrich wird geltend gemacht, dass demjenigen, der in der Absicht handele, einen anderen aus einer dringenden Gefahrenlage zu retten, aufgrund des in § 680 BGB enthaltenen allgemeinen Rechtsgedankens grundsätzlich – und unabhängig von den weiteren Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB – ein Anspruch auf Aufwendungsersatz einzuräumen ist, und zwar selbst dann, wenn die Gefahrenlage nicht bestand, er aber ohne Verschulden von deren Vorliegen ausgehen durfte159. In die gleiche Richtung tendiert Ehmann, allerdings mit der zusätzlichen Einschränkung, dass die Gefahrensituation dem Geschäftsherrn zuzurechnen sein muss160. Zu folgen ist alledem nicht. Das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB ist vielleicht die grundlegende Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers. Eine Zwangssolidarisierung des individuellen Willens als Maßstab der utilitas gestionis zugunsten des objektiven Verhältnismäßigkeitsgedankens der Notgeschäftsführung ist auf dem Boden des BGB nicht möglich. Dann bleibt es aber dabei, dass der Geschäftsherr die Kosten der Geschäftsführung, zu denen bei der Notgeschäftsführung ja auch solche Aufwendungen zählen, die der Geschäftsführer leicht fahrlässig für notwendig und dem Willen des Geschäftsherrn entsprechend betrachtete, nur zu tragen hat, wenn die Übernahme der Geschäftsführung seinem Willen entspricht. An diesem Grundsatz ändert sich nichts dadurch, dass die Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr erfolgt. Auch der Veranlassungsgedanke Ehmanns trägt nicht, da so letztlich eine über die culpa in contrahendo (§§ 280, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) hinausgehende Einstandspflicht des Geschäftsherrn konstruiert wird, obwohl vor der Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer eine Sonderverbindung iSd § 311 Abs. 2 BGB gar nicht besteht. Dass darin keine unbillige Benachteiligung des Gestors liegt, wurde oben bereits ausgeführt (siehe § 8 I 2 b bb). Zudem ist noch zu bemerken, dass sich die rechtspraktischen Auswirkungen des subjektiven Prinzips in Grenzen halten. Fehlen besondere Anhaltspunkte für einen abweichenden präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, so richtet sich dieser nach dem objektiven Interesse, über das wiederum eine Kosten-Nutzen-Analyse entscheidet. Ist eine Notgeschäftsführung verhältnismäßig, so wird sie regelmäßig, sofern sich ein abweichender Wille nicht feststellen lässt, auch die Übernahme der Geschäftsführung gem. § 683 S. 1 BGB dem Interesse und damit dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entsprechen. Wie bereits oben bei den Ausführungen zur Anbindung der Durchführung der Geschäftsführung ausgeführt, ist die dann nachfolgende Bindung des Geschäftsführers an das subjektive Prinzip etwas gelockert (§ 677 BGB), was selbstverständlich, da Teil der Durchführung der Geschäftsführung, auch für die konkret getätigten Aufwendungen des Gestors gilt (siehe § 11 II 1). – Und es ist immer noch darauf

159

Dietrich, Auftraglose Hilfeleistung in gefährlichen Situationen, JZ 1974, 535 (537 ff.). Erman/Ehmann12 (2008) § 680 Rn. 5, 6, § 683 Rn. 2; ebenso: OLG Karlsruhe, VersR 1981, 774, Urt. v. 3. 7. 1980 – 12 U 121/78. 160

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

hinzuweisen: selbst wenn die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB nicht vorliegen, steht dem Gestor weiterhin ein Aufwendungsersatzanspruch zu, d.h. der Geschäftsführer ist nicht per se schutzlos; nur ist der Aufwendungsersatzanspruch gem. § 684 S. 1 BGB auf die erlangten Vorteile des Geschäftsherrn beschränkt.

Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung dem präsumtiven Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, §§ 683 S. 1, 670 BGB. Ersetzt bekommt der Geschäftsführer aber nur Aufwendungen, die er für erforderlich halten darf (§ 670 BGB). Aufwendungen, die Folge einer im Sinne des § 677 BGB nicht sorgfältigen Geschäftsführung (Ausführungsverschulden) sind, darf der Geschäftsführer grundsätzlich nicht für erforderlich halten; sie fallen damit aus dem durch § 670 BGB gesteckten Rahmen heraus. Dies ist der dogmatische Anknüpfungspunkt der Privilegierung des Notgeschäftsführers im Rahmen der actio contraria. Liegen die Voraussetzungen der Notgeschäftsführung vor, so hat der Geschäftsführer einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur sorgfältigen Geschäftsführung bis zur Grenze der culpa lata nicht zu vertreten. Der Geschäftsführer kann letztlich entsprechend § 680 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die er bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit für erforderlich halten durfte161. Liegen die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB vor, so kann der Geschäftsführer auch, wie noch zu zeigen sein wird, Ersatz sog. risikotypischer Begleitschäden verlangen. Darunter versteht man Zufallsschäden, also weder vom Geschäftsherrn noch vom Geschäftsführer zu vertretende Schäden, die aus einer mit der konkreten Geschäftsbesorgung verbundenen typischen Gefahr entstanden sind. Liegen die Voraussetzungen der privilegierten Notgeschäftsführung vor, so kann der Geschäftsführer auch Ersatz solcher Schäden verlangen, die er sich im Rahmen seiner der Gefahrenabwehr dienenden Tätigkeit selbst leichtfahrlässig zugefügt hat162. Auch eine Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens gem. § 254 BGB kommt bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit nicht in Betracht163. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit von Zufallsschäden des Gestors bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Geschäftsführung zu berücksichtigen. Keinesfalls dürfen „Kosten“ bei der Prüfung außer Acht gelassen werden, weil sie –soweit Körperschäden betroffen sind – dem Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zur Last fallen und im Wege der Vorteilsanrechnung 161

Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 135. BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 17. 2. 1972 – II ZR 46/70: Schiffsschaden infolge leicht fahrlässigen Ablegemanövers. 163 Auf den Mitverschuldenseinwand ist § 680 BGB unabhängig davon anwendbar, ob der Geschäftsführer seinen Ersatzanspruch gegen den Geschäftsherrn auf §§ 683, 670 BGB oder – insbesondere wenn die Voraussetzungen des § 683 BGB nicht vorliegen – auf deliktische Anspruchsgrundlage wie § 7 StVG oder § 823 BGB stützt (BGHZ 43, 188 (193 ff.), Urt. v. 16. 3. 1965 – VI ZR 210/64; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 680 Rn. 15). 162

§ 11. Die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung

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nicht vom Geschäftsherrn zu ersetzen sind (vgl. §§ 2 Abs. 1 Nr. 13, 13, 26 ff. SGB VII)164. Denn auf diese Weise würde man letztlich makroökonomisch unverhältnismäßige und damit ineffiziente Rettungsaktionen provozieren.

164

Gitter, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 10.10.1984 – IVa ZR 167/182, JZ 1985, 392.

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§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa I. Die Abwicklungspflichten Die Verpflichtungen des Geschäftsführers erschöpfen sich nicht alleine darin, dass übernommene Geschäft mit Sorgfalt eines ordentlichen paterfamilias zu führen. Dem Gestor werden seit jeher im Anschluss an die römischen Quellen drei weitere Pflichten auferlegt. In einem ersten Schritt (a) hat der Geschäftsführer nach Abschluss des Geschäfts Rechnung zu legen1. Dann hat er (b) alles, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat, an den Geschäftsherrn herauszugeben; dabei beschränkte sich der Herausgabeanspruch nicht nur auf Gegenstände, die „objektiv“ dem dominus zugeordnet sind. Selbst ein indebitum, dass der Gestor von einem vermeintlichen Schuldner zugunsten des Geschäftsherrn eingetrieben hat, ist dem Geschäftsherrn herauszugeben2. Für die hier vertretene Lehre ist das eine Selbstverständlichkeit3; für die objektive Lehre ist das nicht zu erklären. Schließlich (c) hat der Gestor eingenommene Gelder, soweit er sie für sich verwendet hat, mit dem höchsten Zinssatz zu verzinsen; bis in den usus modernus hinein wurde der Zinssatz im Anschluss an Tryphoninus, Dig. 3, 5, 37 (de negotiis gestis) mit 12% bestimmt4. Die Verpflichtungen (a) und (b) folgen unmittelbar als Abwicklungspflichten aus dem Treuhand- und Subordinationsgedanken der echten Geschäftsführung ohne Auftrag. Der „Gewinn“, den der Geschäftsführer aus der Geschäftsbesorgung zieht, ist nicht sein Gewinn; wirtschaftlich steht er dem Geschäftsherrn 1 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI; Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) §§ IV, VII seq. (Heckenberg); Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3. 2 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V §§ XI, XX; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3. 3 So ausdrücklich Artt. 1372 al. 2, 1993 CC. 4 v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. IX; Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 8, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446 ; Lauterbach, Collegium pandectarum theoreticopracticum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XX; Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) corollaria nro. 2 (Heckenberg); Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3.

§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa

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zu, an den der Gestor ihn abzuführen hat. Verletzt er seine Pflichten zur ordentlichen Interessenwahrnehmung, haftet er auf Schadensersatz. Die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung wollen als Hilfsanspruch dem Geschäftsherrn die Feststellung der (typischerweise in der Sphäre des Geschäftsführers liegenden) Tatsachen ermöglichen, die erforderlich sind, um seine Ansprüche gegen den Geschäftsführer durchzusetzen. Einen anderen, wie von den älteren Autoren betont: repressiven und kompensativen, Charakter, hat die Verzinsungspflicht (c). Der Gestor, der Geld, das dem Dominus auszukehren ist, für sich verwendet, verletzt seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung: ein ordentlicher Gestor hätte damit Schulden des Geschäftsherrn getilgt oder das Geld gewinnbringend angelegt 5. Materiellrechtlich folgen das deutsche BGB und der französische Code Civil den römischen Quellen und den daran anknüpfenden Lehren der älteren Juristen: Rechnungslegungs-, Herausgabe- und auch die Verzinsungspflicht wurden in das moderne Recht übernommen6. Beide Kodifikationen bedienen sich sogar derselben Regelungstechnik: man verweist auf die Vorschriften des Mandats7. Da dem Mandat und der Geschäftsführung ohne Auftrag dieselbe subordinationsrechtliche Interessenstruktur zugrundeliegt, d.h. die Abwicklungsvorschriften inhaltsgleich sind, ist ein solches Vorgehen nur naheliegend; wenn vielleicht auch nicht besonders übersichtlich, wie die Regelung des § 681 S. 2 BGB beweist. Einen anderen Weg geht Book V des DCFR8. Wohl schon angesichts des Fehlens einer adäquaten Zielregelung, auf die verwiesen werden könnte, regelt Art. V. – 2:103 DCFR unmittelbar selbst die Abwicklungspflichten. V. – 2:103 DCFR. Obligations after intervention. (1) After intervening the intervener must without undue delay report and account to the principal and hand over anything obtained as a result of the intervention. (2)… 5 Vgl. Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 8, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446 ; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3. 6 Die Verzinsungspflicht gem. §§ 681 S. 2, 668 BGB besteht entsprechend den Lehren der älteren Juristen nur bei Verwendung im eigenen Interesse. Die weitergehende pandektistische Anschauung einer allgemeinen Verzinsungspflicht, wonach der Geschäftsführer im Grundsatz eingenommenes Geld schlechthin zu verzinsen hat (dazu Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 8 = S. 916; vgl. auch noch § 234 Abs. 1 S. 2 des Vorentwurfs und v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 955), ist in dieser Allgemeinheit und Schärfe vom BGB nicht übernommen worden (Oertmann2 (1929) § 681 Anm. 2). 7 Vgl. art. 1372 al. 2 CC: „Il se soumet à toutes les obligations qui résulteraient d’un mandat exprès que lui aurait donné le propriétaire“. Dazu: Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2, 2005, n°1031. Für Deutschland: § 681 S. 2 BGB. 8 Vgl. zu den geschäftsführungsrechtlichen Nebenpflichten im Schweizer Recht, wo eine ausdrückliche Normierung fehlt: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 444 ff.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Die einzige materiellrechtliche Besonderheit besteht darin, dass der DCFR eine geschäftsführungsrechtliche Verzinsungspflicht des Gestors bei eigennütziger Verwendung auszukehrenden Geldes nicht kennt. Dahinter steht die Auffassung, dass in Fällen der eigennützigen Verwendung des empfangenen Geldes der Gestor nicht mehr für den Prinzipal tätig werde, der richtige Klagegrund also im Bereicherungsrecht oder Deliktsrecht zu suchen sei9. Zutreffend ist dies freilich nicht. Denn die Verzinsungspflicht hat eben nicht nur repressiven Charakter (Strafnorm), sondern auch einen auf die Verletzung der Interessenwahrnehmungspflicht bezogenen kompensativen Inhalt. Ein ordentlicher Geschäftsführer hätte das Geld gewinnbringend angelegt, nicht aber für sich verwendet. Letztlich wird der Dominus nur gestellt, wie er bei ordentlicher Geschäftsführung stünde. Die Höhe des Zinses ist nur ein unwiderleglich vermuteter Mindestschaden. Gerade im deutschen Recht ist wegen des grundsätzlichen Fehlens einer Pflicht zur Fortsetzung der Geschäftsführung die Trennung zwischen der allgemeinen Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung und den Abwicklungspflichten durchaus bedeutsam: zwar kann sich der Geschäftsführer grundsätzlich durch Aufgabe der Geschäftsführung der weiteren Fortführung der Gestion entziehen; dies gilt aber nicht für die Nebenpflichten. Diese bleiben auch dann bestehen, wenn der Geschäftsführer die Geschäftsführung einstellt und Geschäftsführungsabsicht aufgibt10. Auch sonst können aufgrund der Besonderheiten einer konkreten Geschäftsbesorgung über die Beendigung und Abwicklung der Geschäftsführung hinaus Pflichten bestehen bleiben. Wurde etwa ein Arzt oder Rechtsanwalt ohne (wirksame) vertragliche Grundlage für einen tätig, so ist er in gleicher Weise zur Verschwiegenheit verpflichtet, wie bei Bestehen einer vertraglichen Bindung11. Noch aus einem weiteren Grund erscheint die Unterscheidung zwischen der Pflicht zur ordentlichen Durchführung der Gestion in § 677 BGB und den Abwicklungspflichten bedeutsam. Denn für eine Herabsetzung der Diligenzpflicht im Falle der Notgeschäftsführung (§ 680 BGB) ist bei den Abwicklungspflichten kein Raum12; hier spielt die besondere Gefahrensituation ersichtlich keine Rolle mehr. Lässt der Geschäftsführer nach erfolgreicher Rettung die kostbare Vase, die er zwischenzeitlich bei sich eingelagert hat, bei der Rückgabe an den Eigentümer aus Versehen fallen, haftet er gem. §§ 280, 283 BGB. Keinesfalls kann er sich darauf berufen, dass er während der Durchführung der Gestion gem. § 680 BGB nur für culpa lata gehaftet hat. Die Richtigkeit dieser Auffassung wird für das deutsche Recht bereits durch die Gesetzessystematik bekräftigt, wonach sich § 680 BGB alleine auf die Tatbestände des Ausführungs- und 9 10 11 12

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102, Comment. C 9 (p. 232). RGZ 63, 280 (284), Urt. v. 10. 5. 1906 – VI 344/05. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 681 Rn. 1. AA: Soergel/Beuthien12 (1999) § 681 Rn. 4.

§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa

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Übernahmeverschuldens (§§ 677, 678 BGB) bezieht und nicht auf die Nebenpflichten des § 681 BGB. Hätte der Gesetzgeber auch die Nebenpflichten erfassen wollen, hätte er – wie bei der Privilegierung des nicht geschäftsfähigen Gestors in § 682 BGB, die sich sowohl auf das Ausführungs- und Übernahmeverschulden als auf die Herausgabepflicht bezieht – die Vorschrift hinter § 681 BGB platziert. Wertungsmäßig unzutreffend ist es daher, dass Artt. V. – 2:103 (3), 2:102 (2) DCFR die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung aus Billigkeitsgründen, die bei der Durchführung der Notgeschäftsführung ihre Berechtigung hat, auf die Abwicklungspflichten des Gestors überträgt.

II. Das Verhältnis von Herausgabeanspruch und Ratihabition Aufgrund des geschäftsführungsrechtlichen Herausgabeanspruchs kann der Geschäftsherr alles, was der Geschäftsführer aus der Geschäftsführung erlangt hat, herausverlangen13. Nicht geklärt ist bisher die Frage, inwieweit in der Geltendmachung des geschäftsführungsrechtlichen Herausgabeanspruchs eine Genehmigung der Geschäftsführung liegt. Dazu sei folgendes Beispiel gebildet: ein Bauer will seine Hofbewirtschaftung aufgeben. Der Gestor führt unbestellt den Hof als Schweinezucht lege artis fort. Dafür macht er Aufwendungen von 1000 für den Ankauf und die Zucht von zehn Schweinen (pro Schwein 100). Durch die notwendige Abnutzung der Stallgebäude kommt es zu einer unvermeidbaren Wertminderung von 100. Bei dem notwendigen und sorgfältig durchgeführten Tiertransport kommen zwei Schweine um. Die verbleibenden Schweine verkauft er für 150 pro Stück, also insgesamt 1200. Der Bauer (Geschäftsherr) verlangt nun 1200 heraus. Hier stellt sich nun die Frage, ob er gem. § 678 BGB zugleich Schadensersatz für die Beschädigung der Stallgebäude verlangen kann, und ob er dem Aufwendungsersatzanspruch des Gestors entgegenhalten kann, dass zwei Schweine gestorben sind, seine Aufwendungen als insoweit nutzlos waren (§ 684 S. 1 BGB). Liegt in der Geltendmachung des Gewinns eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung, ist der Anspruch aus § 678 BGB ausgeschlossen. Auch kann er sich gem. § 683 S. 1 BGB nicht auf die Nutzlosigkeit der Aufwendungen für die zwei verendeten Schweine berufen.

Sicher kann man nur davon ausgehen, dass allein im vorgelagerten Auskunftsund Rechenschaftsverlangen des Geschäftsherrn noch keine Genehmigung der Übernahme oder der Durchführung der Geschäftsführung liegt. Denn letztlich handelt es sich hierbei um reine Hilfsansprüche, die den Geschäftsherrn erst in den Stand versetzen sollen, darüber zu entscheiden, welche Ansprüche er geltend 13 §§ 681 S. 2, 667 BGB; Artt. 1372 al. 2, 1993 CC; Art. V. – 2:103 (1) DCFR. Vgl. nur Gaius, Dig. 3, 5, 2 (de negotiis gestis).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

machen will14. Aber auch alleine in der Geltendmachung des geschäftsführungsrechtlichen Herausgabeanspruchs als solcher kann noch keine Genehmigung der willenswidrigen Übernahme einer Geschäftsführung gesehen werden. Dies folgt in einem ersten Gedankenschritt schon daraus, dass sich der Herausgabeanspruch unmittelbar aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag herleitet, die Entstehung des gesetzlichen Schuldverhältnisses der Geschäftsführung ohne Auftrag aber unabhängig von der Frage ist, ob die Geschäftsführung utiliter ist oder der Geschäftsherr die Gestion genehmigt. Alleine das Tätigwerden für einen anderen (Subordination) ohne Auftrag begründet das gesetzliche Schuldverhältnis und damit auch die actio directa mit ihrem Anspruch auf Schadensersatz und Herausgabe. Man wird also differenzieren müssen. Alleine aufgrund der Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs wird man dabei eine sichere Entscheidung nicht treffen können. Bei dem geschäftsführungsrechtlichen Herausgabeanspruch handelt es sich – wie oben bereits dargestellt wurde – um keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch (siehe § 2 VI 1). Der Herausgabeanspruch folgt wie der Aufwendungsersatzanspruch des Gestors (§§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB) aus dem Subordinationscharakter der fremdnützigen Geschäftsbesorgung. Der Geschäftsführer ist am wirtschaftlichen Ergebnis der Geschäftsführung nicht beteiligt. Ein etwaiger Gewinn ist nicht sein Gewinn, sondern der Gewinn des Geschäftsherrn (§§ 681, 667 BGB); die Kosten treffen nicht ihn, sondern letztlich den Geschäftsherrn (§ 683 BGB). Der Geschäftsführer haftet daher gem. §§ 681, 667 BGB nicht nur (bereicherungsrechtlich) auf Herausgabe einer auf Kosten des Geschäftsherrn erlangten Bereicherung, sondern schlechthin auf alles aus der Geschäftsführung Erlangte, inklusive eines auf eigenem Einsatz beruhenden Gewinns. Da es sich bei dem Herausgabeanspruch um keinen bereicherungsrechtlichen Anspruch handelt, kann sich der Geschäftsführer nicht auf den Entreicherungseinwand des § 818 Abs. 3 BGB berufen15. Erfüllt der Geschäftsführer seine Pflicht zur Herausgabe nicht, haftet er nach den §§ 280 ff. BGB16. Eine Antwort auf die Frage, wann im Herausgabeverlangen eine Genehmigung liegt, lässt sich also im Rekurs auf die Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs nicht gewinnen. Man wird also auf andere Kriterien zurückgreifen müssen. Dies ist legitim, da es sich letztlich um die Auslegung einer Willenserklärung handelt. Im vorangestellten Beispielsfall kommt man zu einer angemessenen Lösung, wenn man auf schadensrechtliche Überlegungen zurückgreift. Dann aber erscheint die Lösung eindeutig: verlangt der Geschäftsherr 14

Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194. Dies folgt für das deutsche Recht schon aus dem Gegenschluss zu § 682 Alt. 2 BGB. Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 133. 16 Zur Sicherung seiner Gegenansprüche auf Aufwendungsersatz steht dem Geschäftsführer ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 BGB am Erlangten zu (Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 3 d). 15

§ 12. Die übrigen Verbindlichkeiten der actio directa

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einen vom Geschäftsführer erzielten Gewinn heraus, so liegt darin eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung17. Dies lässt sich am obigen Beispiel der willenswidrigen Fortführung des Bauernhofes verdeutlichen. Der Gewinn der Geschäftsführung (durch den Verkauf der gemästeten Schweine) kann nur um den Preis der getätigten Aufwendungen (§ 683 S. 1 BGB) und den entstandenen Gebäudeschäden (§ 678 BGB) erzielt werden. Will der Geschäftsherr den Gewinn, so muss er im Wege der Verrechnung auch die Verluste tragen. Dies wird man auch für die letztlich vergeblichen Aufwendungen zugunsten der beiden umgekommenen Schweine sagen müssen: einen Ausschluss von bestimmten erfolgversprechenden (und nicht unnötig aufgewandten), aber letztlich nutzlosen Aufwendungen innerhalb einer als einheitlich zu bewertenden Geschäftsführung ist nicht geboten18. Daher wird man sagen können, dass in der Geltendmachung eines erzielten Gewinns die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung (wie man wohl allgemein sagen würde: konkludent) enthalten ist. Soweit der Dominus auf die Herausgabe eines gezogenen Gewinns verzichtet, liegt in der sonstigen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs keine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung. Auch wenn der deutsche Gesetzgeber letztlich auf eine Regelung dieser Frage verzichtet hat, wird man mit dieser Lehre wohl ziemlich genau die Vorstellungswelt treffen, die der deutschen Gesetzgebung der §§ 681 S. 2, 667 und § 684 S. 2 BGB zugrundeliegt19. In anderen Fällen kann auch der Rückgriff auf weitere Kriterien angebracht sein. Eine abschließende Umschreibung der in Betracht kommenden Wertungsgesichtspunkte ist nicht möglich. Hilfreich, wenn auch selbstverständlich, ist 17

Protokolle, bei Mugdan II, S. 1194. Im Fragment Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) hatte der Geschäftsführer ungewöhnliche Geschäfte (Kauf junger Sklaven) vorgenommen, die der abwesende Geschäftsherr nicht zu tätigen pflegte. In diesem Fall sollte der Gestor nicht nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit, sondern auch für Zufall haften: Der Gewinn steht ausschließlich dem Dominus zu, ein Verlust trägt der Gestor: aber es findet eine Verrechnung statt: wurde in dem einen Geschäft ein Gewinn, in dem anderen ein Verlust erzielt, so hatte der Dominus den Gewinn mit dem Verlust zu verrechnen. Anders, allerdings bezogen auf den bereicherungsrechtlich beschränkten Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsanmaßers: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 197. 19 Insgesamt deuten die Gesetzesmaterialien deutlich in die Richtung, in der Herausgabe des Gewinns die Genehmigung der Übernahme der Gestion zu sehen. Zwar hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, in das BGB den Satz aufzunehmen, dass der Geschäftsherr einen aus Geschäftsführung gewonnenen, rechtsgeschäftlichen Gewinn nur herausverlangen kann, wenn er die erforderliche Genehmigung des Rechtsgeschäfts (d.h. der Geschäftsführung) erteilt (Motive, Mugdan II, S. 480; vgl. den Antrag Nr. 256 von Planck für folgenden Zusatz: „Den durch ein Rechtsgeschäft gemachten Erwerb ist der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn nur dann herauszugeben verpflichtet, wenn dieser das Rechtsgeschäft genehmigt“ und den vergleichbaren Antrag Nr. 262 v. Webers, in: Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 116, 119, 121), doch war ein solcher Satz für die Erste Kommission im Anschluss an Windscheid wohl selbstverständlich (vgl. Windscheid/ Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 1 = S. 916). 18

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

die Kontrolle des Verhaltens des Dominus am Maßstab von Treu und Glauben: man wird letztlich zu fragen haben, ob ein vir bonus, der den Herausgabeanspruch in eine bestimmte Richtung geltend macht, die Übernahme der Geschäftsführung billigt. Kauft der Geschäftsführer für einen ihm bekannten Sammler eine bestimmte Marke im eigenen Namen, die dieser in Wirklichkeit gar nicht sucht, so liegt nur eine inutile Gestion vor. Auf den ersten Blick scheint der Dominus den Gestor für seine Aufwendungen allenfalls insoweit entschädigen zu müssen, als er durch die Briefmarke (subjektiv) bereichert ist. Doch wäre ein solches Ergebnis offensichtlich unbillig. Zu einer angemessenen Korrektur kommt man, wenn man sich auf die gemeinrechtliche Lehre zurückbesinnt, die es dem Gestor bei unnützen Verwendungen auf fremden Sachen erlaubt hat, die betreffenden Anlagen, soweit tunlich, wieder wegzunehmen. Der Anspruch des Geschäftsführers auf (beschränkten) Aufwendungsersatz verwandelte sich in diesem Fall zum ius tollendi 20. Das ist auf den Briefmarkenfall zu übertragen: der Gestor muss die Briefmarke nicht an den Dominus herausgeben, sondern kann sie anderweitig verwerten. Verlangt der Geschäftsherr nun die Briefmarke heraus, so liegt darin eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung.

20

Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 2 b = S. 923 mit Fn. 23.

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§ 13. Die fehlende Geschäftsfähigkeit des Gestors I. Ein kaiserliches Reskript Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht – wie oben bereits eingehend ausgeführt wurde – unabhängig davon, ob der Geschäftsführer geschäftsunfähig oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt ist; selbst die Frage nach einer dunklen Gestionsfähigkeit ist nach der hier vertretenen Lehre nicht zu stellen (siehe § 3 II). Dennoch ist nicht zu verkennen, dass der nicht geschäftsfähige Gestor Schutz braucht vor den scharfen geschäftsführungsrechtlichen Ansprüchen des Geschäftsherrn (actio directa) auf Schadensersatz wegen unerwünschter (§ 678 BGB) oder unsachgemäßer (§§ 280, 677 BGB) Geschäftsführung und auf Herausgabe von allem, was der Geschäftsführer aus der Geschäftsbesorgung erlangt (§§ 681 S. 2, 667 BGB). Lange Zeit orientierte man sich an einem Reskript des Kaisers Antoninus Pius, von dem Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 4 (de negotiis gestis) berichtet. Danach konnte ein Mündel, das (fremde) Geschäfte geführt hatte, auf das verklagt werden, um was es bereichert war1: „Pupillus sane si negotia gesserit, post rescriptum divi Pii etiam conveniri potest in id quod factus est locupletior…“. Später wurde diese Deutung aber vermehrt in Frage gestellt, als man in Anschluss an Cujas in textkritischer Manier statt „pupillus“ (Nominativ) vielmehr „pupilli“ (Genitiv) lesen wollte2. In dieser Lesart handelt das kaiserliche Reskript nämlich nicht mehr von einem Unmündigen, der ein (fremdes) Geschäfts führt, sondern umgekehrt werden nunmehr die negotia des Unmündigen geführt. Die Situation kann damit nur als verfahren angesehen werden, ließ sich doch nun auch vertreten, dass das geschäftsführende Mündel unbeschränkt haftet. Dementsprechend lassen sich in der Gesetzgebungsgeschichte auch beide Deutungen der Haftung des minderjährigen Mündels finden. Während sich aber doch die ganz 1 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 2. 2 Cujas, Observationes et Emendationes, Liber XIII Cap. VII (F), in: Iurisconsulti opera IV, Ausgabe von 1623; Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V, Prima Pars, Art. II, nro. XXIII not. 5; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 16 seqq.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

überwiegende Zahl der Kodifikationen für eine Haftungsbeschränkung aussprach3, verfolgte umgekehrt noch der § 237 des Vorentwurfs v. Kübels eine harte Linie, als die beschränkte oder fehlende Geschäftsfähigkeit ohne Einfluss auf die Haftpflicht des Geschäftsführers sein sollte 4. Insgesamt dominiert heute die Auffassung, dass der nicht geschäftsfähige Gestor zu schützen ist. So beschränkt für das deutsche § 682 BGB die actio directa des Geschäftsherrn insoweit, als der geschäftsunfähige oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkte Geschäftsführer nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich ist. Eine dem deutschen Recht weitgehend entsprechende Vorschrift findet sich für das Schweizer Recht in Art. 421 OR5; Book V des DCFR regelt die Problematik im gleichen Sinne in den Artt. V. – 2:102 (3), 2:103: Art. V. – 2:102 DCFR. Reparation for damage caused by breach of duty. (1) The intervener is liable to make reparation to the principal for damage caused by breach of a duty set out in this Chapter if the damage resulted from a risk which the intervener created, increased or intentionally perpetuated. (2) … (3) An intervener who at the time of intervening lacks full legal capacity is liable to make reparation only in so far as that intervener is also liable to make reparation under Book VI (Non-contractual Liability arising out of Damage caused to Another). Art. V. – 2:103 DCFR. Obligations after intervention. (1) After intervening the intervener must without undue delay report and account to the principal and hand over anything obtained as a result of the intervention. (2) If at the time of intervening the intervener lacks full legal capacity, the obligation to hand over is subject to the defence which would be available under VII. – 6:101 (Disenrichment). (3) …

Die tradierten dogmatischen Begründungsversuche der Haftungsbeschränkung aus der Quasivertragstheorie sind heute weitgehend überwunden. Man kann sich dem Problem des Schutzes des nicht (voll) Geschäftsfähigen vor den ihn belastenden Folgen einer fremdnützigen Geschäftsführung pragmatisch nähern. Man mag rechtspolitisch über den richtigen Weg und die notwendige 3

ZB Pr. ALR I 13 § 274. v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 961 f. 5 Art. 421 OR: „(1) War der Geschäftsführer unfähig, sich durch Vertrag zu verpflichten, so haftet er aus der Geschäftsführung nur, soweit er bereichert ist oder auf böswillige Weise sich der Bereicherung entäussert hat. (2) Vorbehalten bleibt eine weitergehende Haftung aus unerlaubter Handlung“. Vgl. dazu Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 286 ff. 4

§ 13. Die fehlende Geschäftsfähigkeit des Gestors

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Reichweite eines solchen Schutzes streiten, aber grundsätzlich in Zweifel zu ziehen ist er nicht. § 682 BGB und Artt. V. – 2:102 (3), 2:103 (2) DCFR gehen den Weg, die gegen den nicht geschäftsfähigen Gestor gerichtete actio directa grundsätzlich zu begrenzen. Dem ist sicherlich beizupflichten, doch erscheint es mir aber insoweit zu weitgehend, als die Begrenzung der actio directa unabhängig vom Aufwendungsersatzanspruch (actio contraria) angeordnet wird. Beides gehört zusammen. Deshalb sollte man auch das bereits genannte Fragment des Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 4 (de negotiis gestis) vollständig lesen: Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 4 (de negotiis gestis): „Pupillus sane si negotia gesserit, post rescriptum divi Pii etiam conveniri potest in id quod factus est locupletior: agendo autem compensationem eius quod gessit patitur“.

In diesem Fragment berichtet Ulpian von dem kaiserlichen Reskript, demzufolge ein Mündel auf das verklagt werden kann, um was es bereichert ist; aber hier endet das Fragment nicht: macht das Mündel seinerseits Aufwendungsersatz (actio contraria) geltend, so kommt es zu einer Verrechnung mit der vollen Forderung des Geschäftsherrn. Dieser Gedanke erscheint mir auch heute noch tragfähig.

II. Die umstrittene Dogmatik des § 682 BGB Die gesetzliche Regelung des § 682 BGB beschränkt sich unmittelbar auf die actio directa des Geschäftsherrn. Unterliegt der voll geschäftsfähige Geschäftsführer der scharfen geschäftsführungsrechtlichen Haftung wegen Übernahme(§ 678 BGB) oder Ausführungsverschuldens (§§ 280, 670 BGB) oder Verletzung von Informationspflichten (§§ 280, 681 BGB), so ist der geschäftsunfähige oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkte Geschäftsführer nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen verantwortlich; ebenso ist der nicht voll geschäftsfähige Gestor nur nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verantwortlich, kann sich also auf Entreicherung berufen, während der voll geschäftsfähige Geschäftsführer unabhängig von einer noch vorhandenen Bereicherung bei Unmöglichkeit der Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten zum Schadensersatz verpflichtet ist (§§ 280, 283 BGB iVm §§ 681 S. 2, 667 BGB). In der Lehre wird mit teilweise erheblichem Aufwand die Frage diskutiert, ob § 682 BGB eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung darstellt6. Die Frage verdunkelt mehr die Verhältnisse als sie weiterhilft. Der Ansatzpunkt 6 Rechtsfolgenverweisung: Schulien, Anmerkung zu LG Aachen, Urt. v. 25–4.1963 – 6 S 17/63, NJW 1963, 1878 (1879); obiter dicta: RGZ 81, 204 (205 f.), Urt. v. 16. 1. 1913 – IV 504/12; Rechtsgrundverweisung: Hassold, Die Verweisungen in § 682 BGB, JR 1989, 358; Erman/Ehmann12 (2008) 682 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 682 Rn. 1; differenzierend, je nachdem,

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

zum richtigen Verständnis der Vorschrift liegt in der heute gesicherten Erkenntnis, dass das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag auch dann zustande kommt, wenn der Geschäftsführer nicht voll geschäftsfähig ist, selbst dann, wenn die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Willen des Geschäftsherrn entspricht. Entsprechend der Interessenstruktur der Geschäftsführung ohne Auftrag ist dann aber auch der nicht voll geschäftsfähige Geschäftsführer zur fremdnützigen Geschäftsführung für den Geschäftsherrn verpflichtet, d.h. er hat bei entgegenstehendem Willen des Geschäftsherrn von der Übernahme der Geschäftsführung abzulassen (§ 678 BGB), ansonsten unter Berücksichtigung aller Nebenpflichten (§ 681 BGB) das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen Willen es erfordert (§ 677 BGB), und letztlich alles aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben. Von diesen Pflichten wird auch der geschäftsunfähige oder in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkte Geschäftsführer nicht dispensiert. Nur seine Haftung bei Pflichtverletzung (§ 280 BGB) wird angesichts der typischen Schutzwürdigkeit des nicht voll Geschäftsfähigen modifiziert. Daher ist zB die Klage des Geschäftsherrn auf Auskunftserteilung (§§ 681 S. 2, 666 BGB) selbst dann begründet, wenn der Geschäftsführer nicht voll geschäftsfähig ist7. Wenn § 682 BGB, soweit eine Haftung wegen Übernahme- oder Ausführungsverschulden bzw. wegen einer Verletzung von Nebenpflichten in Rede steht, auf die Vorschriften über die unerlaubte Handlung verweist, so heißt dies, dass der Geschäftsführer nur dann haftet, wenn seine geschäftsführungsrechtlich als pflichtwidrig einzustufende Handlung zugleich rechtswidrig und schuldhaft einen Haftungstatbestand der §§ 823 ff. BGB erfüllt. Im Ergebnis führt das dazu, dass der Geschäftsführer (im deutschen Recht) nicht wegen primärer Vermögensschäden haftet. Wenn man so will, handelt es sich insoweit um eine Rechtsgrundverweisung. Wenn § 682 BGB mit Blick auf den Herausgabeanspruch auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verweist, so ändert dies nichts daran, dass der Geschäftsführer alles Erlangte inklusive eines von ihm erzielten Gewinns herausgeben muss. § 682 BGB besagt nur, dass der Geschäftsführer sich gegenüber dem Herausgabeverlangen auf Entreicherung gem. § 818 Abs. 3 BGB berufen kann und bei Unmöglichkeit der Herausgabe nicht gem. §§ 280, 283 BGB haftet. Wenn man so will, kann man hier von einer Rechtsfolgenverweisung sprechen8.

ob eine berechtigte oder unberechtigte Geschäftsführung vorliegt: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 70. 7 Erman/Ehmann12 (2008) § 682 Rn. 2. 8 RGZ 81, 204 (205 f.), Urt. v. 16. 1. 1913 – IV 504/12.

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§ 14. Die actio contraria I. Utilitas gestionis Über Voraussetzungen und den Inhalt der actio contraria ist man sich seit jeher im Grundsatz einig gewesen1. Ist die Geschäftsführung nützlich (negotium utiliter gestum)2, so kann der Geschäftsführer vom Geschäftsherrn Ersatz getätigter Aufwendungen3 und Freistellung von eingegangenen Verbindlichkeiten4 verlangen. Domat wählte die Worte: „Celui de qui l’affaire a été bien conduite est obligé, envers celui qui en a pris le soin, de le dégager et désintéresser des suites de son administration“5. Getreu im Anschluss an Domat heißt es noch heute in Art. 1375 CC: Art. 1375 CC. Le maître dont l’affaire a été bien administrée doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom, l’indemniser de tous les engagements personnels qu’il a pris, et lui rembourser toutes les dépenses utiles ou nécessaires qu’il a faites.

Doch schaut man genauer hin, bestehen bereits auf Tatbestandsebene erhebliche Differenzen. Dabei geht es hier nicht lediglich um kleinere Unterschiede im Detail oder abweichende Akzentsetzungen. Hier treffen schon im Grundsatz unterschiedliche Grundanschauungen aufeinander. Dabei ist der Ausgangspunkt 1 Vielleicht abgesehen von der hier nicht weiter interessierenden Frage, ob der Gestor mit animus negotia aliena gerendi oder animus obligandi gehandelt haben muss. Nach der hier vertretenen Lehre eröffnet überhaupt nur das Handeln in Geschäftsführungsabsicht den Anwendungsbereich der negotiorum gestio (vgl. Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 55 ff.). 2 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 3 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II §§ 1 seq., in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI, XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8; Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 690. 4 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 3, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447 ; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 11. 5 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 2, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447. Vgl. die Vorschrift des art. 1375 CC.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

identisch. Der Aufwendungs- und Freistellungsanspruch des Gestors gegen den Geschäftsherrn, die actio contraria negotiorum gestio, steht unter der weiteren Voraussetzung utilitas gestionis6. Das Erfordernis eines utiliter gestum ist das Tatbestandsmerkmal der actio contraria, die das römische Recht eingebaut hat, um zu verhindern, dass sich allzu leicht ein jeder zum Gläubiger eines anderen aufschwingen kann7: denn auch wenn die Gestion ein fremdnütziges Rechtsinstitut ist, so darf doch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Aufwendungsersatzanspruch ohne Beteiligung des Geschäftsherrn begründet wird, es also letztlich um die Begründung einer (bereicherungsunabhängigen) Verbindlichkeit ohne privatautonome Beteiligung des Schuldners (Geschäftsherr) geht. Mit der grundsätzlichen Anerkennung der Notwenigkeit des utilitas gestionis ist aber noch nicht entschieden, welchem Maßstab ihre Feststellung folgen soll. An dieser Stelle trennen sich die Wege. Man kann objektiv im Sinne einer gesellschaftlichen Solidarisierung auf das nach außen erkennbare (objektive) Interesse des Gestors abstellen und damit die individuellen Interessen und den präsumtiven Willen des Dominus hintenanstellen; man kann aber auch – im Sinne einer Fragmentierung der Gesellschaft – alleine den subjektiven Willen des Geschäftsherrn für maßgeblich erachten und damit seiner Individualität samt unerkennbarer Schrulligkeiten den Vorrang vor dem Interesse der Allgemeinheit an gegenseitiger Hilfe einräumen. Bei der Beantwortung der Frage nach dem Wesen und dem Inhalt der utilitas gestionis zeigen sich die größten (nationalen) Unterschiede im Gestionsrecht. Dabei wurde die Uneinheitlichkeit, die weitreichende Wurzeln hat, sicherlich auch dadurch gefördert, dass den römischen Quellen keine eindeutige Position zu entnehmen ist8. Die Meinungen der römischen Juristen gingen weit darüber auseinander, was unter dem Begriff der utilitas zu verstehen war9. Neben einer restriktiven Tendenz, nur die notwendige Geschäftsführung als utiliter anzuerkennen, gab es auch das weitherzigere Bestreben, auch die lediglich nützliche Geschäftsführung in den Bereich der nego6 Vgl. Ulpian/Celsus, Dig 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis): „is enim negotiorum gestorum, inquit (Anm.: Celsus), habet actionem, qui utiliter negotia gessit.“ 7 Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 12 ff. Vgl. Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. (1887) 34 ChD 234, 248 (CA). Man sollte auf diesen Gedanken abstellen. Nicht weiterführend ist die allgemeine Lehre, die den Schutz des Gläubigers aus dem Übergriff in den Rechtsbereich des Dominus begründen will. Diese Auffassung ist all zu sehr auf den Begriff des fremden Geschäfts fixiert, der aber nun mal nicht Teil des Geschäftsführungsrechts ist. 8 Das römische Recht kannte einen Aufwendungsersatzanspruch ursprünglich wohl nur bei genehmigter Geschäftsführung. Gegenstand der Genehmigung war die Gesamtgeschäftsführung für einen Abwesenden durch einen Freigelassenen oder einen Dritten. Erst allmählich hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass eine dem Geschäftsherrn nützliche Geschäftsführung – ein sog. negotium utiliter gestum – der genehmigten Geschäftsführung gleichsteht (vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 126 f.). 9 Vgl. Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (429 ff.); Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 51 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1996, p. 442 seq.

§ 14. Die actio contraria

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tiorum gestio einzubeziehen. Einigkeit bestand aber immerhin insoweit, dass eine Geschäftsführung, bei der überflüssiger Aufwand betrieben wurde, eindeutig nicht utiliter war. Insgesamt zeigen die Quellen zur Frage des utiliter gestum ein kasuistisches Bild. Die römischen Juristen haben darauf verzichtet, abstrakte Merkmale herauszuarbeiten und sich so die Freiheit bewahrt, nach den Umständen des einzelnen Falles zu entscheiden. Der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn scheint für die klassischen römischen Juristen jedoch wohl kein wesentliches Kriterium bei der Bewertung utilitas gewesen zu sein10. In diesem Sinne ist das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB eine Erfindung des deutschen Pandektismus und der Willenstheorie.

1. Die objektive Theorie des utiliter gestum Mangels eindeutiger Vorgaben der iustinianischen Quellen war die Frage nach dem Maßstab des utiliter gestum in der Lehre sehr umstritten11. In der neueren Rechtsentwicklung lässt sich annähernd das gesamte Spektrum von streng objektiven bis zu subjektiven Ansätzen zur Konkretisierung des utiliter gestum nachweisen. Allerdings ist es nie zu einer hundertprozentigen Durchführung des objektiven Prinzips gekommen. Entweder wurde (a) das (strenge) objektive Prinzip nur für einen Ausschnitt des Anwendungsbereichs des Gestionsrechts umgesetzt, oder (b) es wurde bei der normativen Bestimmung der utilitas auch auf den präsumtiven Willen des Geschäftsherrn Rücksicht genommen. Zukunftsträchtig scheint die dritte Möglichkeit (c) an der Grenze zwischen subjektivem und objektivem Prinzip: der Wille des Geschäftsherrn ist Maßstab des utiliter gestum; aber der wirkliche Wille ist nur insoweit zu beachten, als er vom Gestor erkannt werden kann. Klassisches Beispiel für die Umsetzung des partiellen objektiven Prinzips (a) sind – was aufgrund der theoretischen Grundausrichtung nicht selbstverständlich ist – die quasideliktisch geprägten Naturrechtskodifikationen. Letztlich steht dahinter eine vom Gesetzgeber generell-abstrakt vorgenommene Abwägung, dass für einen engen Bereich das grundsätzlich als rechtswidrig eingestufte Einmengen in fremde Angelegenheiten aus dem Interesse der Allgemeinheit heraus geboten ist. Grundlegend war hier die Regelung der Pr. ALR I 13 §§ 234 ff., 238 ff.: diente die Geschäftsführung der Gefahrenabwehr, bekam der Geschäftsführer vollen Aufwendungsersatz; der Wille des Geschäftsherrn spielte keine 10 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 59 ff.; vgl. auch Iustinian, C. 2, 18, 24 (de negotiis gestis). 11 Eingehend zur Gesetzgebungs- und Literaturgeschichte: Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 84 ff., 104 ff.; vgl. auch: Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 17 = S.919 f.; v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 968 ff.; siehe auch: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 4 ff.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Rolle. War die Geschäftsführung dagegen lediglich vorteilhaft, so hing der Aufwendungsersatz von der Genehmigung des Geschäftsherrn ab12. Dem entspricht noch heute teilweise die Regelung der österreichischen §§ 1036, 1037 ABGB13. Die Mittelstellung des normativen, subjektiven Einflüssen offenen Prinzips (b) nimmt die Regelungen des niederländischen Burgerlijk Wetboek ein. Das holländische Recht knüpft entsprechend der Lehre von der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag den Aufwendungsersatzanspruch daran, dass für die Übernahme der Geschäftsführung ein redelijke grond (vernünftiger Grund) vorliegt (Art. 6:198 BW)14. Von einer weiteren Konkretisierung hat der holländische Gesetzgeber bewusst abgelassen. Was ein vernünftiger Grund ist, darüber sollen die Umstände des Einzelfalles entscheiden. Doch darf man keineswegs vom einem rein objektiv-normativen Maßstab sprechen. In den Gesetzesmaterialien finden sich deutliche Hinweise darauf, dass ein Handeln gegen den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn in der Regel selbst dann nicht vernünftig sein werde, wenn es objektiv dem Interesse des Geschäftsherrn diene; allerdings folgt sogleich der Hinweis, dass dies auch anders sein könne15. Die Methode (c) verwirklicht das Book V des DCFR. Zwar verlangt Art. V. – 1:101 (1)(a) DCFR im Ansatz gleich dem Art. 6:198 BW, dass der Geschäftsführer aus vernünftigem Grund (reasonable ground) zu handeln habe16. In paragraph (2) kommt es aber zu einer weitgehenden Anbindung an den Willen des Geschäftsherrn. Der Gestor handelt per se ohne vernünftigen Grund, wenn er trotz Möglichkeit den Willen des Geschäftsherrn nicht ermittelt oder wenn er weiß oder wissen muss, dass die Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn widerspricht17. V. – 1:101 DCFR. Intervention to benefit another. (1) … (2) The intervener does not have a reasonable ground for acting if the intervener:

12

Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht II7, 1896, § 149 = S. 473. Vgl. Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 29 ff., 101 ff. 14 Art. 6:198 BW: „Zaakwaarneming is het zich willens en wetens en op redelijke grond inlaten met de behartiging van eens anders belang, zonder de bevoegdheid daartoe aan een rechtshandeling of een elders in de wet geregelde rechtsverhouding te ontlenen“. Weitere Voraussetzung des Aufwendungsersatzes ist nach Art. 6:200 (1) BW, dass der Gestor die Interessen des Geschäftsherrn ordentlich wahrgenommen hat. 15 The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 490. Wo höchstpersönliche Entscheidungen des Dominus betroffen sind, soll es – allerdings wieder nur als Regel – nicht vernünftig sein, überhaupt für einen anderen zu handeln. 16 Der DCFR hält in Art. I. – 1:103 (1), Annex I „reasonable“ eine Definition des Begriffs „reasonable“ bereit: „What is „reasonable“ is to be objectively ascertained, having regard to the nature and purpose of what is being done, to the circumstances of the case and to any relevant usages and practices“. Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. D 37 (p. 116 seq.). 17 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. E 39 seqq. (p. 117 seqq.). 13

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(a) has a reasonable opportunity to discover the principal’s wishes but does not do so; or (b) knows or can reasonably be expected to know that the intervention is against the principal’s wishes.

Trotz dieser Anbindung an den Willen des Geschäftsherrn besteht zum streng subjektiven System, wie es in § 683 S. 1 BGB verwirklicht wird, ein bedeutender Unterschied. Nach dem streng subjektiven Prinzip ist der Wille des Geschäftsherrn alleiniger Maßstab, unabhängig von der Frage, ob der Gestor ihn überhaupt erkennen konnte. Nicht erkennbare Schrulligkeiten verhindern daher einer utiliter gestum. Soweit geht Art. V. – 1:101 DCFR nicht: „Where the intervener had no reasonable opportunity to inquire as to principle’s wishes, however, and neither knew nor ought to have known that the principal did not want the intervention, the intervener nevertheless acts lawfully if according to the standard of para (1) there was a reasonable ground for intervening. In those (infrequent) cases the principal’s wishes, though they are in fact contrary to the act undertaken, do not preclude a justified benevolent intervention in his or her affairs“18.

2. Das streng subjektive Prinzip des § 683 S. 1 BGB a. Das strenge subjektive Prinzip des E I Das streng subjektive Prinzip sollte sich in Deutschland durchsetzen. Materiell lässt sich dieser Ansatz auf die den deutschen Pandektismus überhaupt beherrschenden Willenstheorie zurückführen; dogmatisch wurde das subjektive Prinzip teilweise auch mit der Quasivertragstheorie verknüpft. Diese Lehre versuchte unter gleichzeitiger Hinzunahme eines subjektiven Verständnisses der Geschäftsführungsabsicht seitens des Gestors die Geschäftsführung ohne Auftrag an das Vertragsrecht anzuschließen; man erkannte in der Geschäftsführung ohne Auftrag das materielle Substrat eines Vertrages, Ogonowski wollte sogar einen wirklichen Vertrag sehen19. (Dogmatischen) Einfluss auf das BGB gewann die Quasivertragstheorie nicht. Man begründete während der Gesetzgebungsarbeiten die Adaption des subjektiven Prinzips ausschließlich mit dem Wunsch nach einer Maximierung der Willensfreiheit des Geschäftsherrn. Die noch heute weit verbreitete Variante der Quasivertragstheorie, die Lehre von 18 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. E 53 (p. 122). Sehr kritisch zu dieser Regelung: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (987 ff.). 19 Ogonowski, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1877, S. 16 ff. Vgl. v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 971 ff.; Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 17 = S.919 f.

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der berechtigten Geschäftsführung und die Idee einer Verallgemeinerung des Utilitätserfordernisses wurden ausdrücklich zurückgewiesen. Dazu wurde oben bereits alles Notwendige gesagt (siehe § 6). Entsprechend dem subjektiven Prinzip bestimmt sich das utiliter gestum ausschließlich nach dem wirklichen oder dem präsumtiven Willen (§ 683 S. 1 BGB). Folge ist, dass objektive oder normative Momente bei der Prüfung der utiltas gestionis unmittelbar keine Rolle spielen. D.h. allerdings nicht, dass objektive oder normative Elemente auch im Rahmen des subjektiven Prinzips keine Rolle spielen: das objektive Interesse kommt als Beweisgrund insofern in Betracht, als mangels besonderer Umstände davon ausgegangen werden kann, dass das objektiv Nützliche auch dem subjektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Das noch heute im deutschen wirksame (streng) subjektive Prinzip, wurde in § 238 des Vorentwurfs v. Kübels 20 und § 753 E I ohne Abstriche und redaktionell deutlich umgesetzt. In § 753 E I hieß es: § 753 E I. (1) Wenn und soweit der Geschäftsführer dergestalt gehandelt hat, daß anzunehmen ist, es würde sein Verhalten von dem Geschäftsherrn bei Kenntnis der wirklichen Sachlage gebilligt worden sein, so hat der Geschäftsführer wie ein Beauftragter des Geschäftsherrn gegen diesen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und auf Befreiung von eingegangenen Verbindlichkeiten, auch wenn der durch die Geschäftsführung beabsichtigte Erfolg nicht eingetreten ist. (2) Es wird vermuthet, daß der Geschäftsführer gebilligt haben würde, was ein ordentlicher Hausvater hätte für angemessen halten müssen.

Die actio contraria stand dem Geschäftsführer nur zu, wenn sowohl die Übernahme als auch die Art und Weise der Durchführung der Geschäftsführung – der E I unterschied nicht zwischen der Übernahme und der Art und Weise der Durchführung – dem wirklichen und nicht bloß dem bei Anwendung der gebührenden Sorgfalt erkennbaren Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat21. Den objektiven Umständen kam nur Indizwirkung zu (§ 753 Abs. 2 E I). Trotz der Kritik am strengen subjektiven Prinzip22 wurde von der Zweiten Kommission ein Systemwechsel hin zu einer „irgendwie gearteten“ Objektivierung ausdrücklich verworfen. Ein mit der Theorie der Menschenhilfe begründeter Antrag, die Utilität der Geschäftsführung aus der Perspektive des Geschäftsführers zu beurteilen, konnte sich in den Beratungen nicht durchsetzen 23.

20 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 974 f. 21 Motive, Mugdan II, S. 480 ff. 22 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, 1889, S. 274 f.; ebenso die Gutachten aus dem Anwaltsstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 339. 23 Protokolle, Mugdan II, S. 1195 ff. [Antrag 1]. Der Antrag wurde damit begründet, dass die Geschäftsführung als Menschenhilfe nur dann praktikabel sei, wenn sie durch Objekti-

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Nur auf der Ebene der Durchführung der Gestion kam es zu der bereits oben berichteten Lockerung des subjektiven Prinzips (§ 11 II 1). Im Anschluss an das alte Schweizer Obligationenrecht differenziert die gesetzliche Regelung zwischen der für die Beurteilung der Utilität der Geschäftsführung maßgebenden Übernahme der Geschäftsführung, die entsprechend dem streng subjektiven Prinzip weiterhin dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Geschäftsführers entsprechen muss (§ 683 S. 1 BGB), und der Durchführung der Geschäftsführung, bei der die streng subjektive Bindung aufgelockert wurde. Diese Lockerung ist – wie bereits gesehen – auf der Ebene der actio directa von Bedeutung, sie kommt dem Geschäftsführer aber auch im Rahmen seines Aufwendungsersatzanspruchs gem. § 683 S. 1 BGB zugute.

b. Die redaktionelle Fassung des § 683 S. 1 BGB Das deutsche Recht folgt also bei der Utilitätsprüfung konsequent dem streng subjektiven Prinzip. Aufgrund eines Lapsus der Redaktionskommission lässt die endgültige Fassung des § 683 S. 1 BGB dies aber nicht mehr klar erkennen. In der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Zweiten Kommission findet sich noch alternierend folgende, der Sache nach mit § 753 Abs. 1 E I übereinstimmende Eingangsformel: „Ist anzunehmen, daß der Geschäftsherr bei Kenntnis der Sachlage die Uebernahme der Geschäftsführung gebilligt haben würde, so kann …“24. Erst die Redaktionskommission formulierte, dass die Übernahme „dem Interesse und dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen“ entsprechen müsse, und kam damit zu der redaktionell unglückseligen Fassung, die den objektiven und subjektiven Maßstab kumulativ verbindet. Keinesfalls darf man aus dem verunglückten Wortlaut, wie dies bisweilen geschieht, folgern, dass die actio contraria gem. § 683 S. 1 BGB voraussetzt, dass die Übernahme der Geschäftsführung sowohl dem Interesse als auch dem Willen des Geschäftsherrn entsprechen muss25. Vielmehr bestätigt sich an dieser Stelle die Erkenntnis, dass es bisweilen kaum etwas Zufälligeres gibt als den Wortlaut des Gesetzes: denn dass die Redaktionskommission mit dieser Fassung von den Beschlüssen der Zweiten Kommission abweichen wollte, ist angesichts ihrer lediglich unterstützenden Funktion nicht anzunehmen. Letztlich handelt es sich bei § 683 S. 1 BGB um den verunglückten Versuch einer Zusammenfassung der beivierung erleichtert, und nicht von subjektiven Unwägbarkeiten auf Seiten des Geschäftsherrn erschwert würde. 24 Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 147 f. 25 So aber eine MM: Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (225); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 444; Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 1; auch MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 13. Dagegen ist für die hM ausschließlich der wirkliche oder mutmaßliche Wille Maßstab der Geschäftsführung: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 127; Fikentscher/ Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1267; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 288 (289); Erman/Ehmann12 (2008) § 683 Rn. 3; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 5.

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den Absätze des § 753 E I unter Beachtung der Beschlussfassung der Zweiten Kommission. § 683 S. 1 BGB ist daher zu lesen: über die utilitas gestionis entscheidet ausschließlich der wirkliche oder der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn; das (objektive) Interesse des Geschäftsherrn (§ 753 Abs. 2 E I) ist lediglich (widerlegbares) Indiz für den präsumtiven Willen (§ 753 Abs. 1 E I).

c. Zweifel am subjektiven und objektiven Prinzip Von einer Überlegenheit des objektiven oder des subjektiven Prinzips lässt sich auf rein rechtlicher Ebene nicht sprechen. Hinter beiden stehen anerkennenswerte Bestrebungen. Es hängt vom jeweiligen Zeitgeist ab, ob mal mehr der Gedanke der gegenseitigen Solidarität oder mal mehr der Gedanke der Individualität des einzelnen hervorgehoben wird. Man kann allerdings versuchen, sich dem Maßstab der utilitas gestionis über den Weg der ökonomischen Analyse des Rechts zu nähern. Die Abgrenzung zwischen utilitas und inutilitas folgt dann einem Kosten-Nutzen-Kalkül. Die Führung des Geschäfts für einen anderen ist nur dann erwünscht, wenn der Nutzen, den dieses abzuwerfen verspricht, höher ist als die dadurch verursachten Kosten. Zur Ermittlung der optimalen Lösung wird von der Rechtsökonomie empfohlen, überall dort, wo Vertragsverhandlungen wegen der hohen Transaktionskosten nicht zustande kommen, Regeln desjenigen Inhalts aufzustellen, wie sie von den Parteien im Falle gedachter Verhandlung vereinbart worden wären. In den Mittelpunkt des Interesses rückt so der „hypothetische Vertrag“. Einen solchen Vertrag hätte der Geschäftsherr aber nur geschlossen und sich zum Aufwandsersatz verpflichtet, wenn der Nutzen, den ihm die Geschäftsführung verspricht, höher liegt als ihre voraussichtlichen, von ihm zu erstattenden Kosten. Dies scheint für den hypothetischen Willen des Geschäftsherrn als den entscheidenden Maßstab der Beurteilung der utilitas gestionis zu sprechen 26. Doch dies ist vorschnell. Denn der hypothetische Wille des individuellen Geschäftsherrn ist eben nicht gleichzusetzen mit dem Willen eines homo oeconomicus, oder seinem objektiven Interesse27; der präsumtive Wille berücksich26 Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, FS-Großfeld, 1999, S. 583 (585 f.); vgl. auch Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (382 ff.): Geschäftsführung ohne Auftrag als hypothetischer Vertrag zur Korrektur von Marktversagen in Not- und Hilfesituationen. Vgl. grundlegend: Landes/Posner, Salvors, Finders, Good Samaritans and Other Rescuers, 7 J.Leg.Stud. (1978) 83. 27 Der mutmaßliche Wille ist danach zu bestimmen, ob der Geschäftsherr bei intellektueller Berücksichtigung aller Umstände der Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer zugestimmt hätte (BGH, JZ 1972, 163 (164), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 14). Maßstab ist damit die wahrscheinliche subjektive Entscheidung des Geschäftsherrn. Der mutmaßliche Wille ist mit der Frage zu ermitteln: „Würde der Geschäftsherr bei Kenntnis der Sachlage die Geschäftsführung gewollt haben?“. Die Entscheidung, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem

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tigt auch persönliche Eigenheiten, Neigungen und Liebhabereien bis hin zu Schrulligkeiten und sonstigen Irrationalitäten 28. Ein solcher hypothetischer Wille entspricht nicht dem wohlverstandenen Interesse und verspricht keinesfalls eine effiziente Nutzung von Ressourcen 29. Entscheidender Maßstab wird damit das konkrete Interesse der betroffenen Person: anknüpfend an der individuellen Stellung im Wirtschaftsleben ist alleine aus Effizienzgesichtspunkten heraus zu entscheiden, was im Interesse des Geschäftsherrn liegt. Aus ökonomischer Sicht liegt daher die „Wahrheit“ an der Schnittstelle zwischen objektivem und subjektivem Prinzip. Das objektive Prinzip muss, je mehr die Solidarisierung der Gesellschaft gelingen soll, das „abstrakte“ Interesse eines vernünftigen Menschen zum Maßstab der utilitas machen; das subjektive Prinzip verlangt, je mehr es die Individualität des Geschäftsherrn schützen will, die Berücksichtigung von nicht mehr nachvollziehbaren Eigenheiten. Das konkrete Interesse liegt in der Mitte: aus dem Blickwinkel einer objektiven Kosten-Nutzen-Analyse wird der konkrete Geschäftsherr in den Blick genommen. – Aufgrund der eindeutigen Wertentscheidung des deutschen Gesetzgebers zugunsten des subjektiven Prinzips, wird dieses bei den folgenden Betrachtungen in den Mittelpunkt gestellt. Die „große Stunde“ des konkreten Interesses schläft auf sekundärer Ebene: mangels abweichender Hinweise bestimmt sich der präsumtive Wille nach dem konkreten Interesse.

d. Der schuldlose Irrtum über den (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so geht der Gestor zwar nicht per se seines Aufwendungsersatzes verlustig, aber sein Ersatzanspruch wird gem. § 684 S. 1 BGB der Höhe nach durch die erlangten Vorteile des Geschäftsherrn begrenzt30: erfolglose oder unnütze Aufwendungen werden nicht ersetzt. mutmaßlichen Willen entspricht, erfolgt ausschließlich aus der Perspektive des Geschäftsherrn heraus. Keinesfalls kommt es – wie es früher teilweise vertreten wurde – für die Bestimmung des mutmaßlichen Willens darauf an, was der Geschäftsführer aus seiner Warte heraus als den mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn erachtet hat und nach den Umständen vielleicht erachten durfte (OLG München, NJW-RR 1988, 1013 [1015], Urt. v. 10. 12. 1987 – 19 U 6312/86; Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 14). Vgl. dazu: Staudinger/Bergmann (2006) § 684 Rn. 28 f. m.w.N. 28 Oertmann 2 (1929) § 677 Anm. 1 b b; anders Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 136; auch: Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, FS-Großfeld, 1999, S. 583 (589 f.). Vgl. Landes/ Posner, Salvors, Finders, Good Samaritans and Other Rescuers, 7 J.Leg.Stud. (1978) 83. 29 Ebenso wenig wie beim wirklichen Willen findet eine Kontrolle oder Korrektur des mutmaßlichen Willens statt. 30 Das BGB hat sich damit die früher von Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 11 für den Fall der Geschäftsführung gegen den ausdrücklichen

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Das subjektive Prinzip kann zu Härten führen. Man denke nur an den Wanderer, der ohne Verschulden erhebliche Aufwendungen tätigt, um einen scheinbar verschollenen „Wanderfreund“ aus Bergnot zu retten, während dieser in Wirklichkeit – ohne in Gefahr zu sein – in eine Berghütte zur Brotzeit eingekehrt ist. Da das Handeln des Gestors für den Geschäftsherrn in jeder Hinsicht unnütz war, bleibt er auf den Kosten etwaiger Aufwendungen sitzen; § 684 S. 1 BGB hilft hier nicht. Es wird daher immer wieder die Frage aufgeworfen, ob die Schlechterstellung des Geschäftsführers auch dann berechtigt ist, wenn er die Geschäftsführung in einem unverschuldeten Irrtum über den Willen des Geschäftsherrn übernommen hat31. – Nur bemerkt sei, dass sich diese Frage auch bei einem objektiven Verständnis der utilitas gestionis stellen kann, nämlich dann, wenn der Geschäftsführer schuldlos über die Tatsachengrundlage irrt, anhand derer sich (auf normativer Ebene) das objektive Interesse des Geschäftsherrn oder ein das Handeln legitimierender reasonable ground bestimmt. Die ganz hM geht zu Recht davon aus, dass der gute Glaube des Geschäftsführers, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn entspricht (gutgläubige nützliche Geschäftsführung) das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB nicht ersetzen kann. Der Geschäftsführer trägt das Risiko der Fehleinschätzung. Es gibt keine gutgläubige actio contraria32. Dem korrespondiert, wenn man den unterschiedlichen Maßstab der utilitas außen vor lässt, (wohl) die römische Quellenlage: dem Geschäftsführer hilft die irrige Annahme der Nützlichkeit seines Tuns nicht weiter33: Ulpian, Dig 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis): „…Ego quaero: quid si putavit se utiliter facere, sed patri familias non expediebat? dico hunc non habiturum negotiorum gestorum actionem: ut enim eventum non spectamus, debet utiliter esse coeptum“.

Willen des Geschäftsführers vertretene Lehre zu eigen gemacht. Die hM (zB Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IV) wollte dem Gestor für diesen Fall überhaupt keinen Anspruch einräumen. 31 Dazu: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136 f. 32 Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (225 f.); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (614) und JuS 1998, 27 (32); Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 a = S. 705; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 3 a = S. 18 f.; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 444; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 12; Palandt/Sprau 68 (2009) § 683 Rn. 3; Planck/Lobe4 (1928) § 683 Anm. 2 a; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 18; allerdings finden sich gerade im älteren Schrifttum auch abweichende Lösungen: zB Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 I = S. 633. 33 Dazu: Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 Fn. 21 = S. 922 mit Nachweisen auch zur gemeinrechtlichen Gegenmeinung.

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Entsprechend versagt auch schon der Vorentwurf v. Kübels die actio contraria bei (schuldlos) irrtümlicher Geschäftsführung34. Diese Auffassung wurde von der Ersten Kommission übernommen35. Zur Rechtfertigung kann darauf verwiesen werden, dass der Geschäftsführer aus freien Stücken tätig wird und damit das Risiko übernimmt, den Willen des Geschäftsherrn zu treffen. Dies gilt selbst bei der Geschäftsführung zur Abwehr einer dringenden Gefahr36. Die Notgeschäftsführung (§ 680 BGB) reduziert anhand des Gedankens der überholenden Kausalität den Haftungsmaßstab für das Übernahme- (§ 678 BGB) oder das Ausführungsverschulden (§§ 280, 677 BGB), kann aber nicht die fehlende utilitas der Geschäftsführung ersetzen37; die Frage, ob und welche Rechtsgüter gerettet werden sollen, entscheidet alleine der Geschäftsherr. In der Zweiten Kommission wurde sogar ein Antrag verworfen, wonach es genügen sollte, dass der Geschäftsführer nach den Umständen erwarten durfte, der Geschäftsherr werde sein Verhalten billigen, auch wenn die Geschäftsführung in Wirklichkeit nicht seinem Willen entsprochen hat38. Diese Grundsätze wurden auch von der Rechtsprechung rezipiert, die im Grundsatz davon ausgeht, dass ein Irrtum des Geschäftsführers über die Nützlichkeit der Geschäftsführung zu seinen Lasten geht39. Eine unangemessene Benachteiligung des Geschäftsführers liegt darin nicht. Ist sein Irrtum schuldlos, haftet er seinerseits dem Geschäftsherrn nicht aus Übernahmeverschulden (§ 678 BGB) oder Ausführungsverschulden (§§ 280, 677 BGB)40. Erfolgt die Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr, kommt dem Geschäftsherrn überdies die Senkung des Verschuldensmaßstabs des § 680 BGB zugute. Die ökonomische Analyse des Rechts bestätigt dieses Ergebnis. Die gutgläubige, aber letztlich nutzlose Geschäftsführung ist eine Verschwendung von Ressourcen41. Allerdings wird auch ein abweichender Ansatz vertreten42. Ein Ausschluss der actio contraria komme dann nicht in Betracht, wenn der Geschäftsherr in zurechenbarer 34 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 976. 35 Motive, Mugdan II, S. 480 f., 481. 36 Motive, Mugdan II, S. 482. 37 Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (226); Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 20. 38 Protokolle, Mugdan II, S. 1195 ff. (Antrag Nr. 1). 39 OLG Karlsruhe, VersR 1977, 936, Urt. v. 23. 3. 1977 – 7 U 269/75. 40 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 a = S. 705; Oertmann 2 (1929) § 683 Anm. 1 d. 41 Vgl. Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, FS-Großfeld, 1999, S. 583 (592). 42 Für das Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 394 ff.; für den Fall der Notgeschäftsführung: Dietrich, Auftraglose Hilfeleistung in gefährlichen Situationen, JZ 1974, 535 (537 ff.); Erman/Ehmann12 (2008) § 683 Rn. 2; ebenso: OLG Karlsruhe, VersR 1981, 774, Urt. v. 3. 7. 1980 – 12 U 121/78.

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Weise den Eindruck erweckt hat, dass die Geschäftsführung seinem Willen entspricht. In einem solchen Falle bestehe kein anzuerkennender Grund, die Interessen des Geschäftsherrn vor dem altruistischen Tun des Geschäftsführers zu schützen. Zu folgen ist diesem Ansatz – wie oben bereits eingehend für den Fall der irrtümlichen Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr dargelegt wurde – nicht (siehe § 11 V 2 b dd). Denn diese Auffassung legt dem Geschäftsherrn letztlich Sorgfaltspflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) auf, deren Entstehung aber eine Sonderbeziehung (§ 311 Abs. 2 BGB) zwischen den Beteiligten voraussetzt43. Vor der Übernahme der Geschäftsführung besteht aber eine solche Sonderbeziehung nicht. Vielmehr ist der Geschäftsführer auf die allgemeinen Vorschriften verwiesen. Kommt er bei der Geschäftsführung zu Schaden und ist dies entsprechend den Grundsätzen der psychisch vermittelten Kausalität (Verfolgerfälle) dem Geschäftsherrn zurechenbar, kann er gem. § 823 BGB Ersatz vom Geschäftsherrn fordern44. Seine sonstigen Aufwendungen kann er nur in den Grenzen des § 684 S. 1 BGB liquidieren.

Rechtspolitisch zwingend ist dieses Ergebnis natürlich nicht. Je mehr man, wie jetzt auf europäischer Ebene durch den DCFR geschehen, den Gedanke der Solidarität aufgreift, und auf das Rechtsinstitut der „Benevolent Intervention in another’s affairs“ (Book V des DCFR) projiziert, desto mehr tritt das individualistische Schutzkonzept des subjektiven Prinzips zugunsten des Geschäftsherrn zurück45. Und so sprechen sich die Comments zu den PEL Ben. Int., die dem Book V des DCFR zugrundeliegen, dahin aus, dem schuldlos „irrenden“ Geschäftsführer den vollen (erfolgsunabhängigen) Anspruch auf Aufwendungsersatz zuzusprechen (Art. V. – 3:101 DCFR)46. Es sind auch andere Lösungen auf dem Boden eines kollektivistischen Verständnisses denkbar: bereits die national-sozialistische Rechtserneuerung hatte in Deutschland die Idee des „Eintretens des einen für den anderen“ wiederentdeckt47. Auf der Grundlage einer völkischen Gesinnung wurde von Lent der Vorschlag de lege ferenda gemacht, im Falle des schuldlosen Irrtums des Geschäftsführers zur Vermeidung unbilliger Härten den Schaden zwischen Geschäftsherrn und Geschäftsführer zu teilen48. 43

Verräterisch daher: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 3. Wagner v. International Railway Co. (1921) 232 NY 176: Rettung eines Selbstmörders. 45 PEL Ben. Int./v. Bar, Introduction L 83 (p. 90), L 94 (p. 95 seq.), Art. 1:101, Comment. D 36 (p. 116). Kritisch gegenüber der übermäßigen Ausrichtung des Book V des DCFR am Leitbild der Menschenhilfe: Sirena, Restitution, unjust enrichment und related issues, 4 ERCL (2008) 445, 453. Vgl. allgemein zum DCFR und dem Gedanken der „sozialen Gerechtigkeit“: Hesselink, Common Frame of Reference & Social Justice, 4 ERCL (2008) 248. 46 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. E 53 (p. 122). 47 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 12: „Gerade die nationalsozialistische Auffassung, die ja das Schwergewicht auf die Gesinnung des Menschen und Volksgenossen legt, wird diese freiwillige Hilfe als Ausdruck von Kameradschaftlichkeit und Gemeinschaftsgeist nicht missen wollen und von der Rechtsordnung verlangen, daß sie durch ihre Regeln solches Handeln nicht erschwert, sondern fördert. Auch im Recht muß es heißen: ‚Hoch klingt das Lied vom braven Mann‘“. 48 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 21 f. 44

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e. Lockerung des strengen subjektiven Prinzips Die oben beschriebene Lockerung des subjektiven Prinzips bei Durchführung der Geschäftsführung kommt dem Gestor auch im Rahmen der actio contraria zugute (siehe § 11 II 1§, 14 I 2 e). Aufwendungsersatz kann der Geschäftsführer gem. §§ 683 S. 1, 670 BGB unter zwei Voraussetzungen erlangen: (1) Die Übernahme der Geschäftsführung muss dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprechen (§ 683 S. 1 BGB). Ist dies der Fall, so kann der Geschäftsführer alle zur Durchführung der Geschäftsführung getätigten Aufwendungen ersetzt verlangen, sofern er sie (2) nach den Umständen für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist auf der ersten Stufe die Sicht des Geschäftsherrn, auf der zweiten Stufe die Sicht des Geschäftsführers entscheidend. Die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer muss dem Interesse und dem Willen des Geschäftsherrn tatsächlich entsprochen haben. Ist das nicht der Fall, so hat der Geschäftsführer selbst dann keinen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen, wenn er schuldlos Willen und Interesse des Geschäftsherrn falsch beurteilt hat. Das Risiko liegt insoweit beim Geschäftsführer. Ist diese Hürde aber genommen, so ist der Geschäftsführer – auch wenn Maßstab der Geschäftsführung allein der Wille des Geschäftsherrn bleibt – gem. § 677 BGB in der Durchführung der Geschäftsführung und damit auch in der Wahl der einzusetzenden Mittel freier gestellt; zudem kann er sich von einer Haftung exkulpieren mit den Hinweis, dass er den Willen des Geschäftsherrn, der auf eine ganz bestimmte Durchführung der Gestion gerichtet ist, nicht erkennen konnte (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB): die Lockerung der Bindung an den subjektiven Willen des Geschäftsherrn und die parallele Inthronisierung des Verschuldensprinzips bei der Durchführung wirkt auf den Aufwendungsersatz zurück; genügt die Durchführung der Geschäftsführung den Grundsätzen einer ordentlichen Geschäftsführung oder handelt der Gestor doch zumindest nicht schuldhaft (§ 276 BGB) gegen seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, so darf der Gestor auch die im Rahmen der Durchführung getätigten Aufwendungen gem. § 670 BGB (auf den § 683 S. 1 BGB verweist) für erforderlich halten, und zwar nicht nur dann, wenn die Aufwendungen übermäßig sind, sondern auch dann, wenn sie im Ergebnis keinen Erfolg haben49. Insoweit wird bei der Durchführung der Gestion das Risiko eines schuldlosen Irrtums auf den Geschäftsherrn verlagert50. 49 BGH, LM BGB § 683 Nr. 3, Urt. v. 12. 1. 1955 – VI ZR 273/55; RGZ 149, 205 (206 f.), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35; vgl. auch BGH, LM BGB § 683 Nr. 17, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 85/62. 50 Das Gericht kann gem. § 304 ZPO durch Zwischenurteil über den Grund feststellen, dass die Übernahme der Geschäftsführung als solche den Voraussetzungen des § 683 BGB entsprochen hat. Die Frage, inwieweit der Geschäftsführer einzelne Maßnahmen iSd § 670 BGB für erforderlich halten durfte, kann dem Betragsverfahren vorbehalten bleiben (RGZ

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Der Geschäftsführer trägt also die Gefahr bzgl. des Gegenstandes der Gestion; denn die Frage ob die Übernahme der Geschäftsführung dem Willen des Geschäftsherrn entspricht, ist auf den Gegenstand der Gestion als solchen bezogen. Der Geschäftsherr andererseits trägt die Gefahr der Durchführung. Im Einzelfall kann die Unterscheidung zwischen dem Gegenstand des Geschäfts und den einzelnen Aufwendungen zu seiner Durchführung durchaus schwierig sein51. Zur Erläuterung ein Beispiel, wobei die Vorschrift des § 680 BGB keine Beachtung finden soll: aufgrund eines Hochwassers muss ein Tier von einer Weide evakuiert werden. Aufgrund eines dem Gestor nicht erkennbaren physischen Defekts kommt eine Rettung aus der Luft nicht in Betracht. Auf dem Helikopterflug verendet das Tier. Ist der Gegenstand der Gestion eine „Evakuierung durch die Luft“, dann fehlt es an den Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB, da der Lufttransport nicht dem am objektiven Interesse ausgerichteten präsumtiven Willen des Geschäftsherrn entspricht. Der Gestor kann keinen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Er trägt die Gefahr. War dagegen der Gegenstand der Gestio nur die „Evakuierung“, so liegen die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB vor. Der Gestor kann auch Aufwendungsersatz verlangen und haftet nicht gem. §§ 677, 280 BGB auf Schadensersatz; das Risiko der ordentlichen Durchführung der Gestion trägt der Geschäftsherr. Zur Auflösung dieser Abgrenzungsfrage verweise ich auf die oben gemachten Ausführungen zur gegenständlichen Reichweite des übernommenen Geschäfts (siehe § 10 II). Letztlich entscheidet über den Gegenstand der Gestion die Geschäftsführungsabsicht seitens des Geschäftsführers, wobei aber wieder daran zu erinnern ist, dass es sich hierbei um ein normatives, für Wertungen außerhalb des Geschäftsführungsrechts offenes Tatbestandsmerkmal handelt. Und auch die Mahnung v. Tuhrs findet wieder ihren Platz: die Frage nach der Identität und Einheit rechtlicher Gebilde lässt sich nicht frei von jeder Willkür beantworten 52.

f. Durchbrechung des subjektiven Prinzips: Unbeachtlichkeit des Willens Das deutsche Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag folgt im Grundsatz dem strengen subjektiven Prinzip (§§ 677, 683 S. 1 BGB). Grundanliegen des strengen subjektiven Prinzips ist der Schutz der (natürlichen) Willensfreiheit und der Privatautonomie; niemand soll gegen seinen Willen in die Schuldnerposition gedrängt werden können: alleiniger Maßstab der Geschäftsführung ist daher primär der wirkliche Wille des Geschäftsherrn, wenn ein wirklicher 167, 55 [60], Urt. v. 29. 4. 1941 – VI 129/40). Für die Entscheidungen über den Grund des Anspruchs genügt es, dass überhaupt Maßnahmen erforderlich waren und der Geschäftsführer solche ergriffen hat. 51 Vgl. RGZ 149, 205 (207 f.), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35. 52 v. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts II/1, 1914, § 52 I = S. 191.

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Wille nicht besteht oder sich nicht feststellen lässt, der mutmaßliche Wille53. Es besteht keinesfalls ein Alternativverhältnis zwischen mutmaßlichem und wirklichem Willen: der mutmaßliche Wille ist notwendig subsidiär54: „Das Wirkliche schließt das Mutmaßliche aus“. Der vorhandene und festgestellte wirkliche Wille ist unbedingt zu beachten. Schrulligkeiten sind ebenso hinzunehmen wie greifbare Unvernunft oder intellektuelle und charakterliche Defizite55. Eine Kontrolle an allgemeinen Gerechtigkeits- und Billigkeitsmaßstäben findet nicht statt. Insbesondere findet keine Korrektur des Willens gem. §§ 138, 242 BGB statt. Es gibt keine allgemeine Verpflichtung zu vernünftigem und moralisch wertvollem Verhalten. § 138 BGB bestimmt, dass sittenwidrige Verträge unwirksam sind, begründet aber keine Rechtspflicht, eine sittlich gebotene Geschäftsführung zu akzeptieren: sittenwidrige Handlung und Unterlassen moralischen Handelns ist eben nicht das gleiche. Allerdings kann es – wie bereits mehrfach gesehen – in Einzelfällen aufgrund gesetzlicher Anordnung zu (echten wie unechten) Durchbrechungen des subjektiven Prinzips kommen. Verpflichtet etwa ein Gesetz (zB § 323c StGB) den Geschäftsführer zur Geschäftsführung für einen anderen, so legt es häufig auch den Maßstab der Geschäftsführung fest: an die Stelle des individuellen Willens des Geschäftsherrn tritt dann kraft Normbefehls ein objektives, gesetzlich näher ausgestaltetes Interesse des Geschäftsherrn. Der Geschäftsherr kann sich dann nicht mehr gegenüber dem Geschäftsführer darauf berufen, dass die Übernahme oder die Durchführung der Geschäftsführung seinem Willen nicht entsprochen hat. Diese Konstellation der Ersetzung des subjektiven Interesses des Geschäftsherrn durch sein wohlverstandenes, gesetzlich definiertes Interesse bewegt sich im Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag; denn Maßstab der Geschäftsführung bleibt das – wenn auch gesetzlich definierte – Interesse des Geschäftsherrn. Diese letzte Feststellung ist bedeutsam. Denn nicht zu verwechseln mit der Durchbrechung des subjektiven Prinzips im Rahmen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch (§§ 683 S. 2, 679 BGB) bei im öffentlichen Interesse liegender Erfüllung fremder Pflichten. Im Rahmen dieses privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB wird nämlich nicht nur das subjektives Prinzip des § 683 S. 1 BGB durchbrochen in dem Sinne, dass an die Stelle des Willens des Geschäftsherrn zwar sein objektives Interesse tritt, aber das Interesse des Geschäftsherrn doch Maßstab einer echten Geschäfts53 Vgl. eingehend zur Ermittlung des wirklichen und Bestimmung des präsumtiven Willens: Staudinger/Bergmann (2006) § 683 Rn. 25 ff. 54 ZB Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (614); BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 67; Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 1 c; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 4; aA: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 136. 55 BGHZ 138, 281 (287), Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 251/96.

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führung ohne Auftrag zu seinen Gunsten bleibt, sondern das Interesse des Geschäftsherrn (Schuldners) wird als Maßstab der „Geschäftsführung“ ganz über Bord geworfen, weil die Zweckrichtung der gesamten Geschäftsführung (Erfüllung einer Verbindlichkeit des Geschäftsherrn zugunsten eines Dritten bzw. der Allgemeinheit) regelmäßig überhaupt nicht mehr am Interesse des Geschäftsherrn, sehr wohl aber am Interesse des von der Pflicht des Geschäftsherrn begünstigten Dritten (Allgemeinheit) ausgerichtet ist. Davon ist weiter unten noch genauer zu handeln (siehe § 16).

aa. Unechte Durchbrechung Keine echte Durchbrechung des subjektiven Prinzips liegt vor, wenn im Rahmen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag aufgrund der gesetzlichen Wertung der §§ 104 ff. BGB der wirkliche wie auch der mutmaßliche Wille des Geschäftsunfähigen oder des in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkten Geschäftsherrn im Regelfall unbeachtlich ist56; an seine Stelle tritt grundsätzlich der Wille des gesetzlichen Vertreters. Allerdings gilt hier das Prinzip, dem Willen des Geschäftsherrn soweit wie möglich zum Durchbruch zu verhelfen: ist die Bewusstseinsstörung des Geschäftsherrn entsprechend § 105 Abs. 2 BGB nur vorübergehend, so tritt an die Stelle des wirklichen Willens des Geschäftsherrn sein mutmaßlicher Wille. Sind überhaupt höchstpersönliche Geschäfte des nicht voll Geschäftsfähigen betroffen, wird der Maßstab der §§ 104 ff. BGB durch die persönliche Einsichtsfähigkeit des Geschäftsherrn ersetzt.

bb. Echte Durchbrechung In zahlreichen Fallkonstellationen versucht die allgemeine Lehre den „störenden“, aber vor dem Hintergrund der §§ 104 ff. BGB fehlerfreien Willen des Geschäftsherrn durch Rekurs auf die §§ 134, 138 BGB beiseite zu schieben und auf das objektive Interesse abzustellen57. Allerdings leidet der wissenschaftliche Diskurs darunter, dass nicht weiter danach differenziert wird, ob durch eine entsprechende Anwendung der §§ 138, 134 BGB der Anwendungsbereich des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs gegen den Geschäftsherrn gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB gegenständlich erweitert werden soll oder ob im Bereich der echten Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsherrn in bestimmten Fällen ein als unvernünftig angesehener Wille des Geschäftsherrn beiseite geschoben werden kann. Im Be56 BGH, JZ 1972, 163 (164), Urt. v. 30. 11. 1971 – VI ZR 100/70; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 72. 57 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 II 1 = S. 703 f.; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 983; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1272; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 71; differenzierend Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 15.

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reich der echten Geschäftsführung erlangt die Frage Bedeutung, wenn der Geschäftsführer versucht, den Geschäftsherrn vor Schaden zu bewahren, und trotz entgegenstehenden Willens des Geschäftsherrn ein Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gem. § 683 BGB angemessen erscheint. Im Grundsatz gilt auch hier das strenge subjektive Prinzip: der einer Schadensverhütung entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn ist unbedingt zu beachten; selbst im Fall des § 680 BGB kann sich der Geschäftsführer nicht über den Willen des Geschäftsherrn hinwegsetzen58. Etwas anderes soll aber nach weit verbreiteter Auffassung gelten, wenn der Geschäftsführer einer sittlichen Pflicht folgt. Praktische Relevanz erlangte das Problem bisher im Fall des Selbstmörders, der den rettenden Hilfseingriff des wohlmeinenden Geschäftsführers ablehnt. Einig ist man sich weitgehend, und insoweit auch vollkommen zu Recht, den Willen des Selbstmörders als unbeachtlich zur Seite zu schieben59. Nur der Weg dorthin ist wenig klar. Sofern man den Willen des Selbstmörders nicht einfach entsprechend §§ 104, 105 BGB für unbeachtlich erklärt60 oder zu wenig tragfähigen Analogien zu § 679 BGB greift, versucht man sich in mehr oder weniger gewagten Konstruktionen entsprechend § 138 BGB über den Willen des Suizidenten hinwegzusetzen61. Zutreffend sind diese Begründungsversuche allesamt nicht. Der richtige Weg zur Ersatzpflicht des Suizidenten ergibt sich aus Wesen und Natur der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das subsidiäre gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Gesetz oder Vertrag abschließend oder abweichend geregelten Interessenwahrnehmung für einen anderen. Das Gesetz kann sowohl eine Pflicht zur Geschäftsführung statuieren wie es auch das Interesse des Geschäftsherrn als Maßstab der Geschäftsführung objektiv umschreiben kann. Tut es dies, so tritt an die Stelle des individuellen Willens des Geschäftsherrn kraft Normbefehls ein objektives, gesetzlich näher ausgestaltetes Interesse des Geschäftsherrn. Der Geschäftsherr kann sich dann nicht gegenüber dem Geschäftsführer darauf berufen, die Übernahme oder die Durchführung der Geschäftsführung habe seinem Willen nicht entsprochen. Dies ist in § 323c StGB geschehen: die Strafnorm begründet eine Pflicht für jedermann zur Geschäftsführung (Lebensrettung) und umschreibt gleichzeitig den Maßstab der Geschäftsführung, wenn es den Geschäftsführer auf das objektive Interesse des Suizidenten am Erhalt seines Lebens verpflichtet und einen 58

RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20. BayObLGZ 1968, 200, Urt. v. 29. 7. 1968 – RReg 1a Z 229/67; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 311; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 3 = S. 20; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 445. 60 MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 679 Rn. 13; Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 15; vgl. auch Erman/Ehmann12 (2008) § 679 Rn. 5. 61 Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 129 f.; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1998, 27 (31); aA: Protokolle, Mugdan II, S. 1199, 1198. 59

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

entgegenstehenden Willen für unbeachtlich erklärt. Soweit das Gesetz selbst den Maßstab der Geschäftsführung bestimmt, ist der Rückgriff auf das subjektive Prinzip der §§ 683, 677 BGB ausgeschlossen. Mit einer entsprechenden Anwendung der §§ 134, 138 BGB hat dies nichts zu tun. Die Zweite Kommission stand noch auf dem Standpunkt, dass eine Rettung des Selbstmörders auf dessen Kosten nicht angängig sei, da es hier doch letztlich um die Umsetzung einer moralischen Pflicht des Geschäftsherrn gehe 62: diese Auffassung ist mittlerweile überholt, da aus §§ 13, 323c StGB nunmehr eine Rechtspflicht zur Rettung folgt. Zutreffend ist aber nach wie vor der Ausgangspunkt der Zweiten Kommission: eine lediglich sittliche Pflicht des Geschäftsführers zum Eingreifen kann das subjektive Prinzip und damit die Willensherrschaft des Geschäftsherrn nicht durchbrechen63.

g. Das Interesse Getreu der Adaption des streng subjektiven Prinzips durch § 683 S. 1 BGB kann der Geschäftsführer nur dann gleich einem Beauftragten Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung mit dem wirklichen Willen, und, sofern ein wirklicher Wille nicht besteht oder sich nicht feststellen lässt, sekundär mit dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn übereinstimmt. Es reicht nicht, dass die Geschäftsführung vielleicht dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht64. Eine unmittelbare Bedeutung kommt dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn nicht zu65. Tatsächlich aber spielt das konkrete, objektive Interesse des individuellen Geschäftsherrn eine herausgehobene Rolle. Es besteht eine widerlegbare Vermutung dahin, dass der mutmaßliche Wille des Geschäftsherrn seinem objektiven Interesse entspricht66. Wer im Einzelfall geltend macht, dass der (präsumtive) Wille des Geschäftsherrn vom Interesse abweicht, hat dies darzulegen und ggf. zu beweisen 67. Auch wenn zur Bestimmung des präsumtiven Willens auf das objektive Interesse zurückzugreifen ist, bleibt der individuelle Bezug zur Person des Geschäftsherrn erhalten: die Bestimmung des objektiven Interesses hat einen personalen Einschlag, weil auf die konkreten Verhältnisse des jeweiligen Geschäfts62

Protokolle, Mugdan II, S. 1199, 1198. Protokolle, Mugdan II, S. 1199; vgl. Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 15. 64 RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20; BGH, LM BGB § 683 Nr. 3, Urt. v. 12. 1. 1955 – VI ZR 273/55; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 50. 65 Oertmann 2 (1929) § 683 Anm. 1. 66 Vgl. § 753 E I; BGHZ 47, 370 (374), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; BGH NJW-RR 1989, 970, Urt. v. 7. 3. 1989 – XI ZR 25/88; BGH, LM UWG § 1 Nr. 403, Urt. v. 22. 9. 1983 – I ZR 166/81; OLG München, NJW-RR 1988, 1013 (1015), Urt. v. 10. 12. 1987 – 19 U 6312/86; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 b = S. 705 f.; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 75; Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 1 c; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 4. 67 RGZ 82, 206 (216), Urt. v. 26. 4. 1913 – VI 572/12; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 91. 63

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herrn abzustellen ist68. Insoweit folgt die deutsche Regelung den Forderungen der ökonomischen Analyse des Rechts. Maßgebend sind zudem allein die objektiven Umstände69; es kommt nicht darauf an, ob der Geschäftsführer die maßgebenden Umstände überhaupt erkennen konnte und wie er die Interessenlage des Geschäftsherrn deuten durfte. Der Geschäftsführer trägt damit das Risiko, das Interesse des Geschäftsherrn falsch zu beurteilen. Ein Irrtum – auch wenn er noch so unverschuldet sein mag – geht ausschließlich zu Lasten des Geschäftsführers70. Insgesamt ist aber – in Abweichung zur bisherigen allzu leichtfertigen Rechtspraxis in Deutschland – ein vorsichtiger, um nicht zu sagen restriktiver Umgang mit dem Interessenbegriff anzumahnen. In der Lehre wird vollkommen zutreffend darauf hingewiesen, dass dem Interessenbegriff kaum mehr eine Bedeutung zukommt, wenn fast jede Maßnahme, die auch nur im Entferntesten von Vorteil für den Geschäftsherrn sein kann, als seinem Interesse entsprechend betrachtet wird71. Die allzu schnelle Annahme, dass die Übernahme einer Geschäftsführung dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht, ist Folge davon, dass die allgemeine Theorie des Geschäftsführungsrechts immer noch am Begriff des objektiv fremden Geschäfts anknüpft. Die Erosion der Interessenprüfung lässt sich kaum deutlicher zeigen, als bei der Fallgruppe der Leistung auf eine fremde Schuld, wobei sich an dieser Stelle im Prüfungsaufbau deutlich zeigt, dass die Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit allenfalls in Ausnahmesituationen unter den Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag subsumiert werden kann. Von der hM wird im Ansatz jede Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit als interessengemäße Übernahme einer Gestion angesehen72, frei nach dem Motto „im Interesse des Geschäftsherrn liegt, was das Gesetz von ihm verlangt“. Eine Fehlentwicklung, die übrigens bereits im römischen Recht zu beobachten war. Schon hier bestand der Grundsatz, dass die Tilgung einer fremden Schuld eine nützliche Geschäftsführung ist73. Tat68 Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 443 f.; Erman/Ehmann12 (2008) § 683 Rn. 3; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 4; Planck/Lobe4 (1928) § 683 Anm. 2 a; vgl. zum weitergehenden subjektiven Interessenbegriff: Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 1 a. 69 BGH, LM UWG § 1 Nr. 403, Urt. v. 22. 9. 1983 – I ZR 166/81; RGZ 149, 205 (207), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35. 70 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 a = S. 705. 71 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (371 ff., 399 ff.); Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (43). 72 BGHZ 47, 370 (373), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; BGH, BB 1969, 194, Urt. v. 20. 6. 1968 – VII ZR 170/66; vgl. auch BGH, ZIP 1999, 1389 ( 1390), Urt. v. 8. 7. 1999 – III ZR 162/98; OLG Frankfurt, VersR 1976, 172, Urt. v. 28. 11. 1974 – 9 U 65/74; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 1 a = S. 705; ausführlich: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 77 ff. 73 Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

sächlich aber ist ein besonderes Interesse des Geschäftsherrn kaum zu begründen, denn ein zählbarer Vorteil ist für den Geschäftsherrn mit der Leistung an den Dritten kaum verbunden, da er nun dem sicheren Rückgriff des Gestors ausgesetzt wird, und mögliche Vorteile durch die Verzögerung der Zahlung gegenüber seinem Gläubiger verliert74. Letztlich führt die Geschäftsführung nur zu einem Gläubigerwechsel, der für den Geschäftsherrn bestenfalls als neutral zu bezeichnen ist, aber ein besonderes Interesse an der Geschäftsführung kaum begründen kann. Eine Neubewertung erlangt der Begriff des konkreten Interesses im Rahmen des subordinationsrechtlichen Verständnisses der echten Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das fremdnützige Tätigwerden für einen anderen; der Geschäftsführer unterwirft sich und dient dem Interesse des Geschäftsherrn (Subordination). Kann man den Akt des Tätigwerden für einen anderen als Tätigkeit im abstrakten Interesse eines anderen bezeichnen, kommt es für die Feststellung des utiliter gestum darauf an, dass die Geschäftsführung auch im konkreten Interesse des Geschäftsherrn liegt, was mehr meint, als dass aus der Geschäftsführung irgendein mehr oder weniger bestimmbarer Vorteil für den Geschäftsherrn folgt. Das konkrete objektive Interesse an der Übernahme der Geschäftsführung ist daher nicht schon dann anzunehmen, wenn die Geschäftsführung einen irgendwie gearteten, vielleicht weit entfernten, vielleicht nur bei abstrakter Betrachtung erkennbaren Vorteil für den Geschäftsherrn zu erbringen vermag. Maßgebend ist, ob die Geschäftsführung für den konkreten Geschäftsherrn in seiner konkreten Situation vorteilhaft ist. Letztlich ist eine materielle, auf den Geschäftsherrn bezogene, die Vor- und Nachteile der konkreten Geschäftsführung einstellende Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Man wird sich bei der Bestimmung der Interessenlage an den Erkenntnissen der ökonomischen Analyse des Rechts orientieren können. Danach ist die Übernahme der Geschäftsführung als interessengemäß anzusehen, wenn der voraussichtliche Nutzen, den die Geschäftsführung dem Geschäftsherrn verspricht, höher liegt, als ihre voraussichtlichen mittel- und unmittelbaren Kosten und sonstigen Nachteile75. Die Vor- und Nachteile der konkreten Geschäftsführung sind daher stets in die Bilanz einzustellen76. Allerdings ist, da das Geschäftsführungsrecht – wie oben gesehen – auch auf nichtvermögensmäßige Geschäfte bezogen sein kann, nicht ausschließlich eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen; auch nicht vermögensrechtliche Vorteile sind zu berücksichtigen (siehe § 7 III)77. Die Entscheidung, ob eine Maßnahme dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht, ist daher letztlich das 74

Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 128. Vgl. dazu: Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, FSGroßfeld, 1999, S. 583 (584 ff., 588 ff.). 76 OLG Hamm, MDR 1990, 152 (153), Urt. v. 11. 8. 1989 – 26 U 54/89. 77 BGH, NJW 1961, 359 (360), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59, insoweit in BGHZ 33, 251 75

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Ergebnis eines umfassenden Abwägungsvorgangs. Sicher interessenwidrig sind unsachgemäße oder überflüssige Maßnahmen, da diesen per se kein Gegenwert gegenübersteht78; ebenso Maßnahmen, denen gleichsam auf die Stirn geschrieben steht, dass sie außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen. So ist etwa die Übernahme einer Geschäftsführung, die den Einsatz von Leib und Leben für ein weniger bedeutendes Rechtsgut verlangt, niemals interessengerecht79.

3. Institutionelle Beschränkung der actio contraria: Die besondere Dringlichkeit Ein utiliter gestum setzt nicht per se eine besondere Dringlichkeit der Geschäftsführung voraus80. Hatte die deutsche Rechtsprechung früher auch ein derartiges Erfordernis zunächst aufgestellt81, so hat sie doch in späteren Entscheidungen diese Einschränkung zu Recht wieder relativiert82. Die (fehlende) Dringlichkeit ist für jeden Einzelfall als Posten im Rahmen der Gesamtabwägung zur Ermittlung des objektiven Interesses und damit des präsumtiven Willens des Geschäftsherrn zu berücksichtigen. Allerdings kommt der besonderen Dringlichkeit der Geschäftsführung auf Rechtsfolgenseite eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Denn die Kompensation des gewerblichen Geschäftsführers – die grundsätzlich auch einen Anspruch auf den angemessenen Lohn für die Mühewaltung beinhaltet (ausdrücklich: Art. V. – 3:102 DCFR, Art. 6.200 (2) BW) – ist auf reinen Kostenersatz zu beschränken, wenn für den Geschäftsführer vorher die Möglichkeit bestand, mit dem Geschäftsherrn einen entgeltlichen Vertrag zu schließen. Dies ist Folge der oben beschriebenen institutionellen Selbstbeschränkung der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Phase der Vertragsanbahnung (siehe § 9 V). Nach dieser auch in Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie83 (§ 241a BGB) manifest gewordenen Wertung gehen nützliche Aufwendunnicht abgedruckt; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 4; Palandt/Sprau 68 (2009) § 683 Rn. 4; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 4. 78 OLG Stuttgart, VersR 2003, 341, Urt. v. 20. 11. 2001 – 12 U 86/01; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 4. 79 OLG Stuttgart, VersR 2003, 341, Urt. v. 20. 11. 2001 – 12 U 86/01; OLG Düsseldorf, VersR 1973, 826, Urt. v. 15.6.1972 – 12 U 226/71: lebensgefährlicher Einsatz zur Bergung eines Modellflugzeugs aus einer Baumkrone; Kötz, Geschäftsführung ohne Auftrag aus rechtsökonomischer Sicht, FS-Großfeld, 1999, S. 583 (590 f.). 80 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (44); so aber: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 128; Erman/Ehmann12 (2008) § 683 Rn. 3. 81 BGH, LM BGB § 683 Nr. 17, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 85/62; auch: BGH, LM BGB § 683 Nr. 3, Urt. v. 12. 1. 1955 – VI ZR 273/53. 82 BGHZ 47, 370 (372), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64. 83 Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG Nr. L 144 v. 4. 6. 1997,

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

gen zur Anbahnung eines entgeltlichen Vertrages (Realofferte) ausschließlich zu Lasten des Geschäftsführers, begründen aber kein Geschäftsführungsverhältnis. Jede Partei trägt das Risiko des Scheiterns von Vertragsverhandlungen. Dies darf nicht dadurch umgangen werden, dass die interessierte Partei von vorneherein keinen Vertragsschluss intendiert, also den unmittelbaren Anwendungsbereich der institutionellen Selbstbestimmung verlässt, aber letztlich darauf spekuliert, im Rahmen der geschäftsführungsrechtlichen actio contraria des nunmehr wirksam begründeten Gestionsverhältnisses seinen Lohnanspruch geltend machen zu können. Mit anderen Worten: wird der Gestor – ohne einen entgeltlichen Vertrag schließen zu wollen – ohne besondere Dringlichkeit tätig, so entsteht das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag; dem steht die institutionelle Selbstbeschränkung der Geschäftsführung ohne Auftrag und Art. 9 der Fernabsatzrichtlinie (§ 241a BGB) nicht entgegen. Als Fortwirkung dieses Prinzips bleibt die actio contraria aber auf reinen Aufwendungsersatzanspruch beschränkt. Nur dort, wo eine Möglichkeit zum vorherigen Vertragsschluss nicht bestand, ist es gerechtfertigt, dem Geschäftsführer die typische Vergütung zu gewähren. Diese Beschränkung des Anspruchsumfangs des § 683 S. 1 BGB wird heilsame Sorge dafür tragen, dass der Geschäftsführer im eigenen Interesse versuchen wird, mit dem Geschäftsherrn einen entgeltlichen Vertrag abzuschließen84.

II. Inhalt der actio contraria 1. Der Ersatz vergeblicher Aufwendungen Ist die Geschäftsführung nützlich (negotium utiliter gestum)85, so kann der Geschäftsführer vom Geschäftsherrn Ersatz getätigter Aufwendungen86 und Freistellung von eingegangenen Verbindlichkeiten87 verlangen: „Celui de qui l’afS. 19. Vgl. dazu auch: Acquis Group, Contract I, 2007, Art. 4:104, Comment. 1 seqq. (p. 136 seqq.). 84 Vgl. Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (385 f.); Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (977 f.). 85 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 86 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II §§ 1 seq., in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XI, XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8; Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 690. 87 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 3, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447 ; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 11.

§ 14. Die actio contraria

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faire a été bien conduite est obligé, envers celui qui en a pris le soin, de le dégager et désintéresser des suites de son administration“88. Der Anspruch auf Freistellung und Aufwendungsersatz ist schon lange in den Schriften der Juristen und auch in den Kodifikationen allgemein anerkannt. Das gilt selbst für den „kritischen“ Punkt, dass der Aufwendungsersatzanspruch auch dann besteht, wenn die nützlichen Aufwendungen sich im Nachhinein als vergeblich erweisen, etwa weil das gepflegte Pferd trotz sachgemäßer Pflege dennoch verstirbt89. Manche Rechtsordnungen normieren diese Risikoverteilung ausdrücklich, so etwa Art. 422 Abs. 2 OR (Schweiz) oder § 1036 ABGB (Österreich)90; auch § 753 E I bestimmte noch ausdrücklich, dass es für den Aufwendungsersatzanspruch auf das Ausbleiben des mit der Geschäftsführung bezweckten Erfolges nicht ankommt: Art. 422 OR. (1) Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten. (2) Diesen Anspruch hat der Geschäftsführer, wenn er mit der gehörigen Sorgfalt handelte, auch in dem Falle, wo der beabsichtigte Erfolg nicht eintritt. (3) … § 1036 ABGB. Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist (§. 403).

Formaljuristisch wurde diese Lehre von den älteren Juristen auf das Fragment Ulpian/Labeo, Dig, 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) gestützt. Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis): „Is autem qui negotiorum gestorum agit non solum si effectum habuit negotium quod gessit, actione ista utetur, sed sufficit, si utiliter gessit, etsi effectum non habuit negotium. Et ideo si insulam fulsit vel servum aegrum curavit, etiamsi insula exusta est vel servus obit, aget negotiorum gestorum: idque et Labeo probat…“.

88 Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 2, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 447. Vgl. die Vorschrift des art. 1375 cc. 89 Heute: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:101, Comment. D 6 (p. 258) ; früher: Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 7, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 448; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. Vgl. dazu: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (972 ff.). 90 Zu Art. 422 Abs. 2 OR: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 543 ff.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Hier sprechen Ulpian und Labeo aus, dass dem Geschäftsführer die actio contraria auch dann zusteht, wenn das zunächst abgestützte Mietshaus abbrennt oder der gepflegte Sklave gestorben ist. Denn die actio directa sei überhaupt begründet, wenn die Geschäfte utiliter geführt worden sind; Erfolg müssten sie nicht haben. Ob die Adaption von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) durch die späteren Juristen angesichts der iustinianischen Quellen gerechtfertigt ist, erscheint zweifelhaft. Denn nach Auffassung moderner Romanisten war die Position der römischen Juristen insgesamt wohl nicht ganz so eindeutig. Sicherlich: der Grundsatz, dass Geschäftsführungsmaßnahmen nur utiliter angelegt, aber nicht unbedingt Erfolg gehabt haben müssen, sei dem römischen Recht bekannt. Aber ob dieser Grundsatz des erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatzes nur für den Fall der Notgeschäftsführung oder darüber hinaus auch bei der lediglich wirtschaftlich zweckmäßigen Geschäftsführung gegolten habe, sei von den römischen Juristen nicht einheitlich beantwortet91. Mögen die römischen Quellen insgesamt auch nicht eindeutig sein, so haben die nachfolgenden Juristengenerationen mit der Verallgemeinerung des Fragments Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) ihr natürliches Gespür für die theoretischen Grundlagen des Geschäftsführungsrechts bewiesen. Denn die Zuweisung des Risikos nützlicher Verwendungen an die Person des Dominus folgt unmittelbar aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wie ein Gewinn der Geschäftsführung nicht der Gewinn des Geschäftsführers sondern der Gewinn des Geschäftsherrn ist, so ist auch ein eventueller Verlust nicht der Verlust des Geschäftsführers sondern der Verlust des Geschäftsherrn92. Die Folgen treffen nicht den „Vertreter“, sondern den „Vertretenen“. Eine unbillige Benachteiligung des Geschäftsherrn durch die Zuweisung des Verlustrisikos liegt darin nicht: einmal korrespondiert dem Verlustrisiko auch die Gewinnchance, zum anderen ist der Dominus durch die Notwendigkeit eines utiliter gestum hinreichend geschützt. Ein letzter Zweifel am unbedingten Gerechtigkeitsgehalt von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) konnte bisher aber nicht ausgeräumt werden. Im internationalen wie im nationalen Recht der Bergung und Hilfeleistung in Seenot findet sich die dem europäischen „Landrecht“ entgegengesetzte Lehre: no cure – no pay. In konsequenter Durchführung dieses Grundsatzes hieß es im 91

Dazu: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 56 f.; aA: Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (430 f.). 92 Vgl. auch v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 935, 979: wäre die Risikoverteilung anders, würde also der Geschäftsführer das Risiko tragen, würde sich kaum noch jemand in fremden Angelegenheiten engagieren; Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 13; Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (219 f.); für Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 128 folgt dies aus der Schadloshaltungsfunktion der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag.

§ 14. Die actio contraria

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Anschluss an das Übereinkommen vom 23. September 1910 zur Einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot (IÜS) in § 741 HGB aF: § 741 HGB aF. (1) Sind die geleisteten Dienste ohne Erfolg geblieben, so kann kein Berge- oder Hilfslohn beansprucht werden. (2) Der zu zahlende Betrag darf in keinem Fall den Wert der geborgenen oder geretteten Gegenstände übersteigen. Art. 2 IÜS. (1) Jede erfolgreiche Hilfsleistung oder Bergung begründet einen Anspruch auf angemessene Vergütung. (2) Eine Vergütung kann nicht beansprucht werden, wenn die geleisteten Dienste ohne Erfolg geblieben sind. (3) …

Der sorgfältig durchgeführte, aber letztlich doch erfolglose Rettungsversuch begründet keinen Lohnanspruch. Auch Ersatz getätigter Aufwendungen kann bei Scheitern der Rettung nicht verlangt werden93; das gilt selbst für den Fall, dass das helfende Schiff beim Rettungsversuch Schaden erleidet94. Allerdings kann – was hier nicht weiter vertieft werden soll – im Einzelfall der Grundsatz des „no cure – no pay“ durch Rückgriff auf andere Rechtsinstitute gemildert werden: so wurde etwa in einem Fall, in dem lediglich die Lage eines notleidenden Schiffes verbessert werden konnte (was keine Rettung ist), dem helfenden Schiff wenigstens ein Schlepplohn zugebilligt95.

Gespeist wurde die seerechtliche Lehre des „no cure – no pay“ aus zwei Quellen: einmal aus dem Rechtsgrundsatz heraus, dass durch die Gewährung von Diensten, die in der Regel nur gegen Entgelt erbracht werden, ein Anspruch auf die angemessene Vergütung begründet wird; ein Gedanke der etwa auch dem § 354 HGB zugrundeliegt. Zum anderen wird auf das besondere Charakteristikum des Bergelohns hingewiesen: dieser stehe eben nicht nur unter der Bedingung der Leistung von Diensten, sondern verlange auch den Erfolg der geleisteten Dienste96. Dieses besondere Charakteristikum erklärt sich aus der Vorgeschichte des jüngeren Bergerechts. Nach dem alten Strandrecht fiel an den Strand gespültes Eigentum dem Strandherren zu, und zwar unabhängig davon, ob der vormalige Eigentümer anwesend war oder nicht: dahinter steht die frühzeitliche 93 Denkschrift zum Übereinkommen zur Einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfsleistung und Bergung in Seenot, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 280 (1911) Nr. 978, S. 41 f.; Rabe, Seehandelsrecht4, 2000, HGB § 741 Rn. 1. 94 Schaps/Abraham, Das deutsche Seerecht II 3, 1962, HGB § 741 Anm. 5. 95 OLG Hamburg, OLGRspr. 22 (1911), 72 (73), Urt. v. 15.2.1910 (2. Zivilsenat). 96 So die Motive zu Art. 595 des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten (Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten II (Motive), 1857, S. 323 f.).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Auffassung, dass ein Fremder per se als Feind anzusehen ist. Mit der Zunahme des Warenverkehrs auf hoher See und dem damit einhergehenden Interessenwandel der Küstenländer wurde das alte Strandrecht zunehmend zurückgedrängt. Der schiffbrüchige Eigentümer konnte nunmehr sein angeschwemmtes oder gerettetes Gut zurückfordern, musste aber für die Bergung und Verwahrung einen Lohn entrichten97. Als Endpunkt dieser (hier nur aus zivilrechtlichem Blickwinkel interessierenden) Entwicklung können im Bereich des deutschen Territoriums die Pr. ALR II 15 §§ 80 ff. genannt werden: schiffbrüchiges Gut ist dem Eigentümer nach Abzug des Bergelohns zurückzugeben. Hieraus erklärt sich nun die zwingende Verknüpfung von erfolgreicher Bergung und Bergelohn: der Berge- und Hilfslohn war (zunächst) keine persönliche Schuld, sondern aus dem geborgenen oder geretteten Gut zu bezahlen. Wo aber nichts gerettet werden konnte, entstand auch keine reale Verbindlichkeit. Die Lehre des „no cure – no pay“ ist damit letztlich seerechtlichen und dogmengeschichtlichen Besonderheiten geschuldet. Grundsätzliche Zweifel an der Berechtigung der landrechtlichen, auf Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) aufbauende Theorie kann sie nicht begründen. Am Rande ist noch zu vermelden, dass es im Rahmen des Internationalen Übereinkommens von 1989 über Bergung (IÜB) und der dadurch indizierten Neufassung des deutschen Bergungsrechts der §§ 740 ff. HGB zu einer partiellen Aufweichung des Grundsatzes von „no cure – no pay“ gekommen ist. Nach zahlreichen Tankerunfällen wurde die rigide Umsetzung des „no cure – no pay“ aus umweltschutzpolitischen Gründen zunehmend als bedenklich empfunden: ohne ökonomischen Anreiz werde ein Berger gerade davon abgehalten, die riskante Bergung eines havarierten Öltankers zu versuchen. Zwar soll es im Grundsatz dabei bleiben, dass ohne erfolgreiche Bergung ein Anspruch auf Bergelohn nicht besteht (§ 742 HGB nF98, Art. 12 IÜB99); jedoch macht man nunmehr aus ökologischen Motiven von diesem Prinzip der Erfolgsabhängigkeit der Vergütung eine wichtige Ausnahme: der Berger kann, auch wenn ihm wegen vollständigen oder teilweise Misslingens der Bergung ein Bergelohn nicht zusteht, eine sog. Sondervergü97

Eingehend zum sog. Strandrecht: Jacobsen, Seerecht, 1815, S. 746 ff. § 742 HGB. Bergelohnanspruch. (1) Waren die Bergungsmaßnahmen erfolgreich, hat der Berger einen Anspruch auf Zahlung eines Bergelohns. Der Anspruch besteht auch dann, wenn das geborgene Schiff und das Schiff, von dem aus die Bergungsmaßnahmen durchgeführt wurden, demselben Eigentümer gehören. (2) Der Bergelohn umfasst zugleich den Ersatz der Aufwendungen, die zum Zweck des Bergens gemacht wurden. Nicht im Bergelohn enthalten sind Kosten und Gebühren der Behörden, zu entrichtende Zölle und sonstige Abgaben, Kosten zum Zweck der Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung der geborgenen Gegenstände (Bergungskosten). (3) … 99 Art. 12 IÜB. Voraussetzungen für den Anspruch auf Bergelohn. (1) Erfolgreiche Bergungsmaßnahmen begründen einen Anspruch auf Bergelohn. (2) Für Bergungsmaßnahmen, die ohne Erfolg geblieben sind, wird eine Zahlung nach diesem Übereinkommen nicht geschuldet, sofern nicht etwas anderes bestimmt ist. (3) … 98

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tung verlangen, wenn von dem havarierten Schiff oder seiner Ladung die Gefahr eines Umweltschadens ausging (§ 744 HGB nF, Art. 14 IÜB). Man will so dem Berger einen finanziellen Anreiz schaffen, sich bei der Durchführung von Bergungsmaßnahmen für die Eindämmung von Umweltschäden verstärkt einzusetzen100.

2. Kostenteilung Für die tradierte Lehre, die am Begriff des fremden Geschäfts ansetzt, kommt es grundsätzlich in den Fällen des sog. auch-fremden Geschäfts (Auch-Gestion), obwohl dies der verunglückte Begriff nahe legt, nicht zu einer Kostenteilung zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn. Die Kosten der Geschäftsführung hat ausschließlich der Geschäftsherr zu tragen. Dies liegt daran, dass nach einer anhand von materiellen Kriterien zu bestimmenden Kosten- und Lastenzuständigkeit in diesen Fällen der Geschäftsherr im Verhältnis zum Geschäftsführer die Kosten zu tragen hat. In manchen Fällen können die Dinge aber so liegen, dass nach dem materiellen Stufen- und Rangverhältnis keine Partei die Verbindlichkeit endgültig zu tragen hat, sondern dass eine gleichrangige – und nur quotenmäßig geteilte – Güter- und Lastenzuständigkeit besteht. In dieser in Abgrenzung zur Auch-Gestion hier gemeinschaftliches Geschäft genannten Konstellation ist der Geschäftsführer nicht berechtigt, Ersatz seines gesamten Aufwands gem. § 683 BGB vom Geschäftsherrn zu verlangen. Es erfolgt vielmehr eine quotenmäßige Kostenteilung. Trifft etwa die Miteigentümer einer einsturzgefährdeten Giebelmauer die gleichrangige (ordnungsrechtliche) Pflicht, diese Mauer zu beseitigen, und beseitigt sie einer der Miteigentümer, so führt er ein die Miteigentümer gemeinschaftlich betreffendes Geschäft. Es erfolgt eine Kostenteilung entsprechend den Miteigentumsanteilen. Der Geschäftsführer kann nur insoweit Aufwendungsersatz verlangen, als seine Aufwendungen dem Miteigentumsanteil des anderen zugute kommen101. 100 Vgl. Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Neuregelung des Bergungsrechts in der See- und Binnenschifffahrt (Drittes Seerechtsänderungsgesetz), BT-Drs. 14/4672, S. 11, 18; Denkschrift zum Internationalen Übereinkommen von 1989 über Bergung, BT-Drs. 14/4673, S. 19. 101 BGHZ 16, 12 (16 f.), Urt. v. 15. 12. 1954 – II ZR 277/53; RGZ 149, 205 (209), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 190. Andere Beispiele: Sind die aufgrund einer Ordnungsverfügung vom Geschäftsführer beseitigten Brandfolgen dem Geschäftsführer und dem Geschäftsherrn in der Weise zuzurechnen, dass keiner von beiden als Letztzuständiger die Kosten allein zu tragen hat, so nimmt der Geschäftsführer ein gemeinschaftliches Geschäft wahr, dessen Kosten nach Verantwortungsteilen aufgeteilt werden (BGHZ 110, 313 [317], Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88: MilchpulverFall). Sind zwei Unternehmen dem Bauherrn gegenüber gleichrangig zur Nachbesserung verpflichtet, so führt das die Mangelbeseitigung ausführende Unternehmen ein gemeinschaftliches Geschäft (OLG Hamm NJW-RR 1992, 849, Urt. v. 10. 1. 1992 – 26 U 82/91; OLG Hamm,

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Nach der hier vertretenen subordinationsrechtlichen Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung spielt der Begriff des fremden Geschäfts für das Geschäftsführungsrecht keine Rolle. Entscheidend ist die im normativ zu verstehenden Merkmal der Geschäftsführungsabsicht zum Ausdruck kommende fremdnützige Interessenwahrnehmung für einen anderen. Wie oben bereits eingehend dargelegt, schließt die Geschäftsführung für den einen Geschäftsherrn eine Gestion für einen anderen grundsätzlich aus (siehe § 2 V 5 ff., § 8 V 2 d ff.): „Niemand kann zwei Herren dienen“102. Zu einer Kostenteilung im Rahmen des § 683 S. 1 BGB kann es in einem seltenen Fall kommen: ausnahmsweise kann bei eigennützigem Handeln, also einer Wahrnehmung eigener Interessen, zugleich eine Geschäftsführung ohne Auftrag für einen anderen in Betracht kommen, nämlich dann, wenn eine gleiche Ausrichtung des eigenen Interesses des Geschäftsführers und des Interesses des Geschäftsherrn vorliegt und die Geschäftsführung ihrem sozialen Sinn nach beiden gleichermaßen zugute kommt: so etwa, wenn ein Miteigentümer auf eine gemeinsame Sache Aufwendungen macht. Als Beispiel sei auf das Fragment Papinian, Dig. 3, 5, 30, 7 (de negotiis gestis) hingewiesen. Hier heißt es: „Uno defendente causam communis aquae sententia praedio datur: sed qui sumptus necessarios ac probabiles in communi lite fecit, negotiorum gestorum actionem habet“. Mehrere Personen sind Miteigentümer eines gemeinsamen Grundstücks, dem ein gemeinschaftliches Wasserleitungsrecht zusteht. Es entsteht Streit über das Recht und einer der Miteigentümer verteidigt dieses Recht ohne Beitritt der Übrigen. Der Prozess wird gewonnen, das Urteil wirkt zugunsten des gesamten Grundstücks103. Der klagende Miteigentümer kann von den Übrigen ihren anteiligen Kostenbeitrag mittels der Geschäftsführungsklage fordern104.

NJW-RR 1991, 730, Urt. v. 9. 11. 1990 – 26 U 23/90). Beseitigt der Geschäftsführer durch eine Maßnahme zwei verschiedene Gefahren, deren Beseitigung einmal seine, einmal Angelegenheit des Geschäftsherrn ist, nimmt er sowohl ein eigenes, als auch ein fremdes Geschäft wahr. In einem solchen Fall sind die Kosten nach dem Verhältnis beider Gefahren zu verteilen (RGZ 149, 205 (209), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35). 102 Matth. 6, 24. Vgl. auch Thomas von Aquin, Summa Theologiae, Prima Secundae, q. 1 a. 5 § Respondeo: „Respondeo dicendum quod impossibile est quod voluntas unius hominis simul se habeat ad diversa, sicut ad ultimos fines“. 103 Vgl. Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. III mit not. 2. 104 Zur Frage, warum hier keine Klage aus dem Gemeinschaftsverhältnis einschlägig war: Pothier, Pandectae Justinianae I, Ausgabe von 1818, Lib. III Tit. V nro. III mit not. 3.

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3. Vergütung a. Patrizische Honorität und der Grundsatz der Reziprozität Eine der im Geschäftsführungsrecht bis zum heutigen Tage de lege lata als auch de lege ferenda am ausgiebigsten diskutierten Fragen ist, ob der Gestor für seine Mühewaltung eine Entlohnung verlangen darf105. Im römischen Recht war die Geschäftsbesorgung – gleich ob sie auf mandatum oder negotiorum gestio beruhte – unentgeltlich. Die actio contraria des Geschäftsführers war auf den Ausgleich seiner Vermögenseinbußen beschränkt, einen Lohn für die Arbeit konnte der Geschäftsführer nicht verlangen106. Hieran anknüpfend war es lange Zeit allgemeine Lehre, dass der Gestor für seine Arbeit keinen Lohn verlangen darf107. Hintergrund der römischrechtlichen Unentgeltlichkeit war, dass die Angehörigen der Oberschicht auf Lohn für eigene Arbeit nicht angewiesen waren und solchen aus Standesgründen auch nicht fordern durften. In der weiteren Rechtsentwicklung wurde dieser Grundsatz aber immer weiter aufgeweicht: an die Stelle der patrizischen Honorität trat die Erkenntnis, dass niemand etwas umsonst tut in dieser Welt. Dieser Gedanke der Reziprozität wurde das materielle Fundament, der damals auch in naturrechtlichen Kreisen weit verbreiteten Lehre108, dass auch ohne vertragliche Grundlage alleine durch die (schlichte) Leistung von Diensten eine Verpflichtung zur Zahlung einer dem Wert der geleisteten Dienste entsprechenden Vergütung begründet werde109. In dieser Radikalität konnte sich die Lehre nicht durchsetzen: man verlangte unter dem wachsenden Eindruck zunehmender willenstheoretischer Beeinflussung zur Begründung der Zahlungspflicht grundsätzlich einen Ver105 Vgl. nur die eingehenden Abwägung: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:102, Comment. 1 seqq. (p. 268 seq.). Art. 6:200 (2) BW anerkennt heute ausdrücklich eine Vergütungspflicht. In früheren Entwürfen wurde eine Vergütungspflicht noch verworfen (The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 492). Vgl. auch Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 277 ff. aus dem Blickwinkel des Geschäftsanmaßungsrechts heraus. 106 Gaius, Dig. 3, 5, 2 (de negotiis gestis); ders., Dig. 3, 5, 21 (de negotiis gestis); Kaser, Römisches Privatrecht I 2, 1971, § 137 II 5 = S. 599. Der Anspruch war damit beschränkt auf das, was der Geschäftsführer zweckmäßig aufgewandt hatte, bzw. genauer auf die konkrete Vermögensminderung (Gaius Dig 3, 5, 2). Der Gestor konnte daher nur die Erstattung von Geld, mit dem er fremde Dienste beschafft, Material gekauft oder Schulden getilgt hatte bzw. die Bezahlung eigener verwendeter Sachen verlangen. Er wurde von wirklichen Vermögenseinbußen freigestellt, konnte aber keinen Erwerb aus der fremdnützigen Tätigkeit erzielen. Vgl. zum Aufwendungsersatz im römischen Recht: Chiusi, Der Ersatz von Aufwendungen des Geschäftsführers ohne Auftrag, FS-Ress, 2005, S. 1425. 107 Vgl. nur Höpfner, Theoretisch-practischer Commentar über die heineccischen Institutionen6 , 1798, § 938. 108 Vgl. Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 627. 109 Pfeiffer, Praktische Ausführungen aus allen Theilen der Rechtswissenschaft VII, 1844, S. 151 ff. insb. 163.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

trag, machte hiervon aber eine entscheidende Ausnahme für den Fall, dass die Tätigkeit in den ausgeübten Beruf der Leistenden hineinfällt110. Und so konnte bereits das vernunftrechtlich beeinflusste Pr. ALR anordnen, dass der Geschäftsbesorger Vergütung verlangen dürfe für Handlungen, für die er normalerweise entlohnt werde111. Allerdings darf man sich keinen zielstrebigen Prozess vorstellen und von einer naturrechtlichen Verwerfung des Unentgeltlichkeitspostulats (im Gestionsrechts) sprechen; der Einfluss der iustinianischen Quellen und der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit der negotiorum gestio blieb stark: so hielt etwa der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis unbeirrt an der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit fest112. Beinahe salomonisch wirkt die Position von Wolff: zwar sei die Geschäftsführung ohne Auftrag foro externo unentgeltlich: „(n)egotiorum gestor negotia gratis gerere tenetur“; aber foro interno bestehe eine entsprechende Verbindlichkeit: „etenim naturaliter ad dandum honorarium obligatur“113. Sicherlich steht dieser Reziprozitätsgedanke diametral zum römischen Geschäftsbesorgungsrecht. In einer gewissen, subtilen Weise kann man aber bereits in den römischen Quellen eine erste Tendenz zur Kommerzialisierung insbesondere der negotiorum gestio erkennen. Das römische Recht gewährte dem Gestor nämlich für seine Auslagen einen abstrakten Verzinsungsanspruch. Die älteren Juristen übernahmen diese Regelung kritiklos114 und noch das deutsche BGB adaptierte sie in § 256 BGB115. Eine Selbstverständlichkeit ist sie – gerade angesichts des Dogmas der Unentgeltlichkeit – nicht. Man ist vielleicht geneigt, die Verzinsungspflicht als Ausdruck eines pauschal zugesprochenen Verlustausgleichs anzusehen, weil der Gestor das Geld vielleicht hätte gewinnbringend verwenden können: nur bewegt man sich dann auf einem der argumentativen 110

v. Langenn/Kori, Erörterungen praktischer Rechtsfragen I 2, 1836, S. 1 ff., 11 f. Vgl. Pr. ALR I 13 § 232; Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts II4, 1889, § 286 1 = S. 884. Allerdings kann man keinesfalls von einer zielstrebigen Entwicklung oder einer eindeutigen naturrechtlichen Verwerfung des Unentgeltlichkeitspostulats sprechen; der Einfluss der iustinianischen Quellen und der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit insbesondere der negotiorum gestio blieb stark: so hielt etwa der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis unbeirrt an der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit fest (IV 13 § 2 Nr. 4 CMBC, dazu: v. Kreittmayr, Anmerkungen über den Codicem Maximlianeum Bavaricum Civilem, Theil IV Kap. 13 § 2 Nr. 4). Eine Mittelposition beim Entgeltanspruch des Gestors nimmt Wolff, Jus naturae methodo scientifica pertractatum V, 1745, § 539 seq. ein. 112 IV 13 § 2 Nr. 4 CMBC, dazu: v. Kreittmayr, Anmerkungen über den Codicem Maximlianeum Bavaricum Civilem, Theil IV Kap. 13 § 2 Nr. 4. 113 Wolff, Jus naturae methodo scientifica pertractatum V, 1745, § 539 seq. 114 So im Anschluss an Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 18 (de negotiis gestis) die allgemeine Lehre der älteren Juristen: Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 5; in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 448; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8. 115 IVm §§ 683 S. 1, 670 BGB. 111

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Pfade, den man heute beschreitet, um den Vergütungsanspruch des Gestors zu begründen116. Book V des DCFR will daher einen solchen Verzinsungsanspruch grundsätzlich nicht anerkennen und gibt dem Gestor auf, im Einzelfall darzutun, dass er aufgrund seiner Aufwendungen sein Geld nicht anderweitig gewinnbringend anlegen konnte117; allerdings kann man die Regelung des Book V des DCFR nunmehr in die andere Richtung inkonsequent nennen, da sie in Art. V. – 3:102 einen Vergütungsanspruch kennt.

b. Deutschland aa. Die übersehene Teilkodifikation Mit dem Reziprozitätsgedanken steht dem römischrechtlichen Unentgeltlichkeitsdogma, was die weitere Rezeption angeht, ein gleichgewichtiges Schema gegenüber. Von daher nimmt es nicht Wunder, dass es auch im modernen deutschen Recht eine der meistdiskutierten geschäftsführungsrechtlichen Fragen ist, ob der Gestor für seine Mühewaltung eine Vergütung verlangen kann118. Glücklich ist diese bisherige Diskussion in Deutschland nicht gelaufen. Denn es wurde übersehen, dass die Frage des Vergütungsanspruchs für ihren rechtspraktischen Kernbereich ausdrücklich geklärt ist. Damit meine ich nicht eine Analogie zu den seerechtlichen Sonderregelungen der §§ 740 ff. HGB, die bei Bergung und Hilfeleistung in Seenot dem Helfer einen Anspruch auf Berge- und Hilfslohn zusprechen. Denn die seerechtlichen Vorschriften sind weitgehend durch die historischen und dogmengeschichtlichen Besonderheiten des „no cure – no pay“ geprägt, die eine Übertragung auf die landrechtliche Gestion ausschließen. Der Grundsatz des „no cure – no pay“ besagt, dass geleistete Dienste nur dann zu vergüten sind, wenn sie Erfolg haben. Dies erklärt sich daraus, dass der Bergeund Hilfslohn (zunächst) keine persönliche Schuld war, sondern aus dem geborgenen oder geretteten Gut zu bezahlen. Wo aber nichts gerettet werden konnte, entstand auch keine reale Verbindlichkeit. In diesem Sinne ist der Rettungslohn immer auch Risikoprämie. Das Gestionsrecht folgt dagegen einem grundlegend anderen Ansatz: die actio contraria (§ 683 S. 1 BGB) gewährt erfolgsunabhängigen Aufwendungsersatz für nützliche Aufwendungen. Für eine Risikoprämie ist hier kein Platz.

116 So etwa: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 4 c = S. 22; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 448 f.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136, 28 f. 117 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:101, Comment. D 9 (p. 259 seq.). 118 Dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 311 ff.; Dorn, Arbeitsleistung und Aufwendungsersatz, JZ 1964, 93; Köhler, Arbeitsleistung als „Aufwendungen“?, JZ 1985, 359 (361 ff.); Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (388 ff.).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Eine ausdrückliche Regelung hat der Vergütungsanspruch des Kaufmanns in § 354 HGB gefunden. Nach § 354 Abs. 1 HGB kann derjenige, der in Ausübung seines Handelsgewerbes für einen anderen Geschäfte besorgt, auch ohne Verabredung Provision fordern: das ist der in Paragraphen gegossene, neuzeitliche Rechtsgrundsatz, dass niemand für einen anderen umsonst tätig wird. Für den Gesetzgeber der Vorschrift des Art. 290 ADHGB, der Parallelvorschrift zu § 354 HGB im alten deutschen Handelsrecht, war es selbstverständlich, dass die Vorschrift nicht nur Anwendung findet auf die rechtsgeschäftlich begründete Tätigkeit, sondern eben auch auf die außerrechtsgeschäftliche Tätigkeit des Geschäftsführers als negotiorum gestor 119. Eine Regelung der Vergütungspflicht fehlt also nur im außerkaufmännischen Bereich.

bb. Die wissenschaftliche Diskussion Da die Teilkodifikation des Reziprozitätsprinzips in § 354 HGB übersehen wird, nähert sich die deutsche Lehre der Vergütungsfrage über die gesetzliche Regelung der §§ 683 S. 1, 670 BGB. Die §§ 683 S. 1, 670 BGB ihrerseits scheinen eine Regelung der Entgeltfrage nicht nur unterlassen zu haben; der Verweis des § 683 S. 1 BGB auf den auftragsrechtlichen § 670 BGB scheint sogar eine negative Bescheidung der Vergütungsfrage entsprechend den römischen Quellen nahezulegen: ist der Beauftragte zur unentgeltlichen Tätigkeit verpflichtet, so wird dies auch für den Geschäftsführer ohne Auftrag gelten. Die ganz überwiegende Lehre geht daher dahin, dem Geschäftsführer über den Fall des Verdienstausfalles hinaus grundsätzlich keinen Aufwendungsersatz oder Vergütungsanspruch für aufgeopferte Zeit und Arbeitskraft zuzugestehen120. Materiell stützt man dieses Ergebnis mit Hinweis auf den (unterstellten) karitativen Charakter des Rechtsinstituts der Geschäftsführung ohne

119 Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches (XLVI-XCVIII), 1857, S. 426 f. Ebenso Oertmann, Rechtsordnung und Verkehrssitte, 1914, S. 274. 120 Unstreitig – und nicht zu verwechseln mit der Frage, ob der Geschäftsführer Entlohnung für seine Mühen verlangen kann – ist, dass der Geschäftsführer einen Verdienstausfall geltend machen kann, wenn er zur Durchführung der Geschäftsführung (freiwillig) anderen Erwerb aufgeopfert hat. So etwa, wenn der Arzt seine Sprechstunde ausfallen lässt, um einem bewusstlosen Passanten zu helfen. In dem entgangenen Gewinn liegt sein freiwilliges Vermögensopfer (Vgl. BGHZ 33, 251 [257], Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 4 c = S. 22; dazu: Dorn, Arbeitsleistung und Aufwendungsersatz, JZ 1964, 93; vgl. für das österreichische Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 196). Dabei ist es gleichgültig, ob die geschäftsführende Tätigkeit selbst der unterbrochenen beruflichen Tätigkeit gleichartig ist oder nicht. Die Ersatzfähigkeit des Verdienstausfalls beantwortet aber nicht die Frage, ob der Geschäftsführer auch dann Vergütung verlangen kann, wenn eine andere Verdienstmöglichkeit nicht aufgeopfert wird. So etwa, um beim Beispiel zu bleiben, wenn der Arzt nach Feierabend auf dem Weg nach Hause anhält und einen bewusstlosen Passanten behandelt.

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Auftrag (Theorie der Menschenhilfe)121, oder man verweist darauf, dass es nicht Sinn der Geschäftsführung ohne Auftrag sein könne, dem Geschäftsführer eine vertragsgleiche Gewinnchance zu eröffnen122. Für eine heute nur noch selten vertretene Auffassung hat es hierbei sein Bewenden. Sie versagt dem Geschäftsführer immer und stets einen Vergütungsanspruch und beschränkt seinen Aufwendungsersatzanspruch auf den Ersatz von Vermögenseinbußen123. Anders (zu Recht) die hM: stehe dem Geschäftsführer auch im Grundsatz kein Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit zu, so sei ihm doch die tarifmäßige oder sonst übliche Vergütung zuzubilligen, wenn die Geschäftsbesorgung in seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit fällt124. Da die unmittelbare Verankerung des Reziprozitätsprinzips in § 354 HGB übersehen wird, sind die Rechtfertigungsansätze zur Privilegierung beruflicher und gewerblicher Tätigkeiten recht mannigfaltig und vom Bemühen geprägt, die eigentliche Unentgeltlichkeit der Gestion unangetastet zu lassen125: teils wird die Vergütung als pauschalisierter Ausgleich von Verdienstausfall gekennzeichnet126, ein anderes Mal sind die Mühen des Geschäftsführers „mittelbare Vermögensaufwendung“, da die erbrachten Tätigkeiten normalerweise nicht ohne Vergütung vorgenommen würden127. Dogmatischer Ansatzpunkt dieser Lehre soll eine Analogie zu § 1835 Abs. 3 BGB sein128. Der seinerzeit

121

Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136,

28 f. 122

Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 11. Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971, S 10 ff.; Oertmann2 (1929) § 683 Anm. 3 b. 124 BGH, NJW-RR 2005, 1426 (1428), Urt. v. 27. 4. 2005 – VIII ZR 140/04; BGH, NZM 2005, 536 (539), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGHZ 143, 9 (16), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98; BGHZ 65, 384 (390), Urt. v. 15. 12. 1975, – II ZR 54/74; BGH, NJW-RR 1989, 970 (970 f.), Urt. v. 7. 3. 1989 – XI ZR 25/88; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46; vgl. auch: BGHZ 92, 34 (36), Urt. v. 29. 4. 1977 – V ZR 236/74; Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 148; ebenso Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136, 28 f.; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 683 Rn. 7; Palandt/Sprau 68 (2009) § 683 Rn. 8; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 11. 125 Vgl. die Nachweise bei Köhler, Arbeitsleistung als „Aufwendungen“?, JZ 1985, 359 (361 f.); Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 311 f. 126 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136, 28 f. 127 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 4 c = S. 22; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I b = S. 448 f.; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 11. 128 OLG Kiel OLGRspr 18 (1909), 22 (23), Urt. v. 9. 10. 1907; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 136, 28 f.; Brückmann, Die Rechte des Geschäftsführers ohne Auftrag, 1903, S. 184; Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 2 a = S. 638 f.; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 11; siehe auch RGZ 149, 121 (124), Urt. v. 25. 10. 1935 – III 37/35; aA: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 4 c = S. 22. 123

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von Helm im Rahmen der Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts vorgelegte Reformvorschlag zur Geschäftsführung ohne Auftrag sah vor, diese Grundsätze129 zu übernehmen130. Eine im Vordringen begriffene Gegenmeinung will diese (gewachsene) Begrenzung auf berufs- und gewerbeeinschlägige Tätigkeiten nicht gelten lassen. Vielmehr soll dem Geschäftsführer stets dann eine angemessene Vergütung zustehen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung nach den Umständen nur gegen eine Vergütung zu erwarten war131. Dies könne im Einzelfall auch bei berufsfremden Leistungen der Fall sein: eine Beschränkung auf berufsmäßige Arbeiten sei nicht gerechtfertigt: die Arbeitskraft sei Vermögensbestandteil eines jeden Bürgers, ihr Einsatz stets freiwilliges Vermögensopfer, dessen Wert sich nach der marktüblichen Verwertung für den erwiesenen Dienst richte.

c. Der Gedanke der Reziprozität aa. Der nichtkaufmännische Bereich Zutreffend ist der Weg der hM über eine Analogie zu § 1835 BGB und den Versuch einer Begründung der Entgeltlichkeit aus der Unentgeltlichkeit heraus mittels dialektischer Figuren wie dem „pauschalisierter Ausgleich von Verdienstausfall“ oder der „mittelbaren Vermögensaufwendung“ nicht. Vielmehr ist ehrlich und offensiv der mittlerweile auch in die Jahre gekommene Gedanke der Reziprozität als Ausgangspunkt zu nehmen: wer gewerbliche oder berufliche Leistungen empfängt, hat diese zu vergüten. § 354 HGB anerkennt diesen Gedanken und kodifiziert ihn für die Leistungen von Kaufleuten. Da § 354 HGB sich aber keinesfalls als abschließende Bestimmung des persönlichen Anwendungsbereichs des Reziprozitätsprinzips versteht, muss die Frage gestellt

129 BGH, NZM 2005, 536 (539), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46. 130 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (393 f.). In diese Richtung geht der Sache nach auch die Lehre von Köhler, Arbeitsleistung als „Aufwendungen“?, JZ 1985, 359 (361 ff.). Zwar anerkennt Köhler keine Präjudizierung in der Frage des Vergütungsanspruchs des Geschäftsführers; ob und in welchem Umfang der Geschäftsführer für seine Tätigkeit Vergütung verlangen könne, bestimmt er anhand des mutmaßlichen Parteiwillens: es sei jeweils zu fragen, mit welchem Inhalt Geschäftsherr und Geschäftsführer einen Vertrag geschlossen haben würden. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass bei professionellen und bei vermögenswirksamen Geschäftsführungen grundsätzlich von einer Entgeltlichkeit auszugehen sei. 131 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 315 f.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1273; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 4 c = S. 22; vgl. dazu: Köhler, Arbeitsleistung als „Aufwendungen“?, JZ 1985, 359 (362 ff.).

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werden, ob es Gründe gibt, das Reziprozitätsprinzip Nichtkaufleuten zu verschließen. Will man diese Diskussion in bekannten dogmatischen Fahrwassern führen, so ist zu fragen: ist § 354 HGB über seinen Wortlaut hinaus auszulegen auf die Leistung unbestellter Dienste durch Freiberufler und sonstige nichtkaufmännische Unternehmer. Die Antwort fällt eindeutig aus. Im Kern war die Anwendung des Reziprozitätsprinzips auf die Leistungen von Freiberufler (namentlich Ärzten und Advokaten) – wie schon ein Blick in die ältere praktische Rechtsliteratur zeigt – immer unstreitig132. Damit scheint mir der Weg zu einer grundsätzlichen Anerkennung eines Vergütungsanspruchs offen. Selbst in der grundsätzlich reservierten österreichischen Judikatur lässt sich eine zunehmende Bereitschaft erkennen, dem Geschäftsführer bei beruflichen Leistungen einen Entlohnungsanspruch zuzugestehen133. Das Reziprozitätsprinzip, das dem Geschäftsführer einen Vergütungsanspruch zuspricht, wenn die ausgeführte Tätigkeit gegenständlich in seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit fällt134, hat auch im Rahmen der europäischen Rechtsvereinheitlichung „die Nase“ vorn135. Art. V. – 3:102 DCFR formuliert: V. – 3:102 DCFR. Right to remuneration. (1) The intervener has a right to remuneration in so far as the intervention is reasonable and undertaken in the course of the intervener’s profession or trade. (2) The remuneration due is the amount, so far as reasonable, which is ordinarily paid at the time and place of intervention in order to obtain a performance of the kind undertaken. If there is no such amount a reasonable remuneration is due.

Allerdings soll nicht verschwiegen werden, dass es in Europa auch eine gegenteilige Entwicklung zu beobachten gibt. Die französische Rechtsprechung scheint zunehmend eine restriktive Linie zu fahren136. Genannt wird an erster Stelle die Entscheidung Cass. com, vom 15. Dezember 1992, Bull. civ. 1992, IV, n° 415137. Allerdings muss man vorsichtig sein, inwieweit sich die Entscheidung in der Tat tatsächlich verallgemeinern lässt: nach der Kündigung eines Vertrages erbrachte der Gestor weiterhin gewerbliche Leistungen. Das Gericht versagte ihm den Vergütungsanspruch. Zu Recht. Denn es wäre an den Parteien gewe-

132

Vgl. Leyser, Meditationes ad Pandectas VII, Ausgabe von 1778, sp. DXIX (de stipulatione) § XV. 133 Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 192 ff. 134 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:102, Comment. A 3 seqq. (p. 269 seq.). 135 Zur rechtspolitischen Rechtfertigung: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:102, Comment. A 1 seqq. (p. 268 seq.). 136 Vgl. aber auch Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1033; in not. 30 mit weiteren Nachweisen. 137 Cour de cassation (chambre commerciale et financière), 15.12.1992, Bull. civ. 1992, IV, n° 415.

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sen, einen Vertrag über die weiteren Leistungen zu schließen. Wenn dies der Gestor ohne triftigen Grund versäumt, hat er – wie oben dargelegt – keinen Entgeltanspruch (siehe § 14 I 3). Die Entscheidung hätte also auch bei grundsätzlicher Anerkennung des Vergütungsanspruchs nicht anders ausfallen können. Die französische Wissenschaft hat sich jedenfalls teilweise von diesen Bedenken nicht beeindrucken lassen und formulierte in Art. 1328 des Avant-projet de réforme du droit des obligations das Gegenstück zu Art. V. – 3:102 DCFR: Art. 1328–3 Avant-projet. Celui dont l’affaire a été utilement gérée doit remplir les engagements que le gérant a contractés en son nom, l’indemniser de tous les engagements personnels qu’il a pris, lui rembourser toutes les dépenses utiles ou nécessaires qu’il a faites et, à l’exclusion de toute rémunération, lui tenir compte des pertes qu’il a subies.

Nach dieser Vorschrift kann der gérant umfassenden Aufwendungsersatz verlangen, aber nur unter „l’exclusion de toute rémunération“. Betont wird der im besten Sinne der Theorie der Menschenhilfe der altruistische Gedanke Geschäftsführung ohne Auftrag: „Le gérant ne peut tirer profit de sa gestion“.

bb. Der Lapsus des deutschen Gesetzgebers Entgegen dem ersten Eindruck und der unglücklichen Fassung der §§ 683, 670 BGB ist das Reziprozitätsprinzip auch mit der Regelung des BGB zu vereinbaren. Die grundsätzliche Adaption des Reziprozitätsprinzips erfolgt durch § 238 des Vorentwurfs. v. Kübel gewährte dem Geschäftsführer einen Vergütungsanspruch „für Handlungen, wofür er sonst bezahlt zu werden pflegt“138. Daran änderte sich zunächst nichts. Zwar sprach § 753 E I die Vergütungsproblematik nicht mehr ausdrücklich an; der Entwurf verwies vielmehr wie der heutige § 683 S. 1 BGB auf das Auftragsrecht („… so hat der Geschäftsführer wie ein Beauftragter des Geschäftsherrn gegen diesen einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen“). Allerdings war der Auftrag im E I noch als entgeltliches Rechtsverhältnis ausgestaltet und in den Motiven zu § 753 E I findet sich eigens der Hinweis, dass unter Ersatz der Aufwendungen „geeignetenfalls auch Vergütung für Dienstleistungen, welche in oder bei der neg. gestio erfolgten, zu verstehen“ sei139. Doch die Intention des Vorentwurfs und des E I ging verloren, als im Verlaufe der Zweiten Kommission die Entgeltlichkeit des Auftrags beseitigt wurde. Zwar wurde das Auftragsrecht durch Einfügung des heutigen § 675 BGB angepasst, doch die Verweisung des § 683 BGB

138 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 978 f. 139 Motive, Mugdan II, S. 482.

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auf das nunmehr unentgeltliche Auftragsrecht wurde scheinbar übersehen. Man kann insoweit von einem ziemlich groben Redaktionsversehen bei Abfassung des BGB sprechen140. Da aber jedenfalls dem BGB keine Entscheidung gegen das Reziprozitätsprinzip zu entnehmen ist, kann man § 354 HGB über den kaufmännischen Bereich hinaus analog auf die Geschäftsführungen von Nichtkaufleuten anwenden. Eine besondere Gefahr ist mit der Vergütungspflicht für den Geschäftsherrn nicht verbunden. Die Vergütungspflicht des Geschäftsherrn ist bei der Beurteilung der Frage, ob die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprochen hat, zu berücksichtigen141: die Kosten der Geschäftsführung sind als Posten in die Bilanz einzustellen. Hingewiesen sei an dieser Stelle noch einmal auf die oben beschriebene institutionelle Selbstbeschränkung des Gestionsrechts: dem Geschäftsführer steht nur dann ein geschäftsführungsrechtlicher Vergütungsanspruch zu, wenn aufgrund der besonderen Dringlichkeit der Geschäftsführung ein Vertragsschluss nicht möglich war (siehe § 14 I 3).

cc. Beschränkung auf berufliche und gewerbliche Tätigkeiten. Entsprechend der tradierten Lehre ist das Prinzip der Reziprozität beschränkt. Der Vergütungsanspruch ist nur begründet, wenn der Gegenstand der Geschäftsbesorgung in den Bereich der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Gestors hineinfällt (zB Art. V. – 3:102 DCFR). Dies rechtfertigt sich nicht nur aus historischer Anhänglichkeit. Die Beschränkung auf selbständig oder gewerblich Tätige ist ein Gebot ökonomischer Vernunft. Die Gewährung des Vergütungsanspruchs kann nicht für sich alleine betrachtet werden: denn mit der Gewährung des Vergütungsanspruchs für professionelle Geschäftsführer geht einher, dass diesen einmal die Haftungsprivilegierung des § 680 BGB für Geschäftsführungen zur Gefahrenabwehr nicht zugute kommt und ihnen zum anderen die nicht-professionellen Geschäftsführern offenstehende Möglichkeit zu versagen ist, einen eventuellen Zufallsschaden im Rahmen des Aufwendungsersatzes zu liquidieren, wenn sich das professionell übernommene, der Geschäftsführung eigene Risiko verwirklicht. Mit dem Entgelt ist die Übernahme geschäftsführungsspezifischer Gefahren abgegolten.

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4. Ersatz unfreiwilliger Vermögenseinbußen a. Der Grundsatz Es gehört heute zum gesicherten Bestand des Gestionsrechts in Kontinentaleuropa, dass der Gestor Ersatz auch seiner unfreiwilligen Vermögenseinbußen verlangen kann142. Manche Länder wie die Schweiz143 oder Holland144 halten sogar ausdrückliche Vorschriften für diesen Fall parat. Art. V. – 3:103 DCFR fußt daher auf einem breiten Konsens, wenn er folgende Regel aufstellt145. V. – 3:103 DCFR. Right to reparation. An intervener who acts to protect the principal, or the principal’s property or interests, against danger has a right against the principal for reparation for loss caused as a result of personal injury or property damage suffered in acting, if: (a) the intervention created or significantly increased the risk of such injury or damage; and (b) that risk, so far as foreseeable, was in reasonable proportion to the risk to the principal.

In Deutschland ist es seit langem gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass der Geschäftsführer den Ersatz risikotypischer Begleitschäden entsprechend §§ 683 S. 1, 670 BGB verlangen kann, auch wenn sie sich als unfreiwillige Vermögenseinbußen nicht unmittelbar unter den Begriff der Aufwendungen (freiwillige Vermögensopfer146) subsumieren lassen,147. Die tradierten Begründungsver-

142 Sehr kritisch: Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (974 ff.). 143 Art. 422 Abs. 1 OR: „Wenn die Übernahme einer Geschäftsbesorgung durch das Interesse des Geschäftsherrn geboten war, so ist dieser verpflichtet, dem Geschäftsführer alle Verwendungen, die notwendig oder nützlich und den Verhältnissen angemessen waren, samt Zinsen zu ersetzen und ihn in demselben Masse von den übernommenen Verbindlichkeiten zu befreien sowie für andern Schaden ihm nach Ermessen des Richters Ersatz zu leisten“. Im Ansatz vergleichbar mit der Handhabung in Deutschland geht der Anspruch nicht auf Totalreparation, sondern sein Umfang bestimmt sich nach richterlichem Ermessen (Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 510 ff.). Zur Handhabung im österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 185 ff. 144 Art. 6:200 (1) BW: „De belanghebbende is, voor zover zijn belang naar behoren is behartigd, gehouden de zaakwaarnemer de schade te vergoeden, die deze als gevolg van de waarneming heeft geleden.“. 145 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:103, Comment. A 1 (p. 276); vgl. Ranieri, Europäisches Obligationenrecht 2, 2003, S. 637 ff. 146 BGHZ 65, 384 (389), Urt. v. 15. 12. 1975 – II ZR 54/74; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 4 c = S. 22; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 5 Rn. 32. 147 BGHZ 38, 270 (277), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; BGHZ 38, 302 (304), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; BGHZ 33, 251 (257), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 12. 2. 1972 – II ZR 46/70; RGZ 167, 85 (89), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; RGZ 98, 195 (199 f.), Urt. v. 26. 2. 1920 – VI 9/20; RG, DR 1944, 287 (288), Urt. v. 12. 11.

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suche sind allesamt wenig hilfreich148. Das gilt insbesondere für vertragliche Hilfskonstruktionen, wie etwa die sog. contrats d’assisstance, die von der französischen Rechtsprechung ersonnen wurden, um zwischen einem freiwilligen Helfer und einer hilfsbedürftigen Person einen Vertrag zu konstruieren, um hierauf gestützt dem Helfer einen (vertraglichen) Anspruch auf Ersatz derjenigen Schäden zuzubilligen, die er bei seiner Hilfeleistung erlitten hat. Für die hier vertretene subordinationsrechtliche Deutung der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Verlustübernahme des Geschäftsherrn auch für risikotypische Begleitschäden der Gestion selbstverständlich; erst zuletzt hat Martinek für das Auftragsrecht nachgewiesen, dass die Verlustzuweisung an den Mandanten dem Wesen des Auftrags als Interessenwahrungsverhältnis entspricht149. In der Sache vollkommen zutreffend ordnet daher art. 2000 CC für das Mandat an: Art. 2000 CC. Le mandant doit aussi indemniser le mandataire des pertes que celui-ci a essuyées à l’occasion de sa gestion, sans imprudence qui lui soit imputable.

Die Interessenlage ist bei der Gestion identisch, weswegen auch in der französischen Lehre gefordert wird, die mandatsrechtliche Vorschrift des art. 2000 CC auf die Gestion anzuwenden150. Zu Recht. Der Gestor wird für den Geschäftsherrn tätig. Wie ein Gewinn nicht sein Gewinn ist, so ist auch ein Verlust, mag er nun freiwillig oder unfreiwillig entstanden sein, der Verlust des Dominus. Kann eine Geschäftsführung nur um den Preis des Eingehens eines Risikos durchgeführt werden, so ist das Risiko dem Geschäftsherrn zugewiesen151. Von daher ist es nahezu eine Selbstverständlichkeit, dass auf nationaler Ebene Helm im Rahmen seines Gutachtens zur Überarbeitung des Geschäftsführungsrechts eine ausdrückliche Regelung von Rettungsschäden im hier beschriebenen Sinne vorschlug152. Eine institutionelle Ausnahme erfährt die Möglichkeit, einen risikotypischen Begleitschaden zu liquidieren, übrigens in den Fällen, in denen der Geschäftsführer eine Vergütung für seine Mühewaltung verlangen darf, weil die Geschäftsführung in den Bereich seiner gewerblichen oder selbständigen Tätig-

1943 – V 65/43; anders noch RG, SeuffA 65 (1910) Nr. 7, Urt. v. 5. 4. 1909 – VI 195/08; vgl. auch RGZ 75, 208 (212), Urt. v. 1. 2. 1911 – V 122/10. 148 Vgl. dazu aus geschäftsführungsrechtlicher Sicht: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 82 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 284 ff.; vgl. auch Gehrlein, Ansprüche eines Nothelfers in Rettungsfällen, VersR 1998, 1330. 149 Staudinger/Martinek (2006) § 670 Rn. 23. 150 Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1033. 151 Vgl. The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 493. 152 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (390 ff.).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

keit hineinfällt. In diesen Fällen ist das Schadensrisiko dem Gestor zugewiesen und die Zuweisung im Rahmen der üblichen Vergütung mit abgegolten.

b. Konstellationen Schuldner des Ersatzanspruchs ist ausschließlich der Geschäftsherr153. Dies ist mit Blick auf die teilweise abweichende Rechtspraxis noch einmal zu betonen. Die Person des Geschäftsherrn bestimmt sich nach den allgemeinen, oben eingehend entwickelten geschäftsführungsrechtlichen Regeln (siehe § 2 VI 5, § 8 V 2 i). Geschäftsherr ist derjenige, für den der Geschäftsführer bei normativer Betrachtung nach dem sozialen Sinn seines Tuns in Geschäftsführungsabsicht fremdnützig tätig wird; ob der Geschäftsführer ein fremdes Geschäft besorgt, spielt für die Begründung der Geschäftsherreneigenschaft keine Rolle. In der berühmten Grundsatzentscheidung RGZ 167, 85, in der ein Helfer eine Frau vor dem Ertrinken bewahrte, ist daher entgegen der Auffassung des Reichsgerichts Geschäftsherr ausschließlich die in höchster Not schwebende Frau und nicht ihr Ehemann. Dem Mann kommt die Rettung seiner Frau (allenfalls) als Reflexvorteil zugute. Entsprechendes gilt, wenn jemand bei Arbeitsunfällen Hilfe leistet oder einem gesetzlich Krankenversicherten zu Hilfe kommt. Hier liegt ausschließlich eine echte Geschäftsführung zugunsten des verunglückten Arbeitnehmers oder des Krankenversicherten, nicht aber zugunsten des Arbeitnehmers oder der Krankenversicherung vor154. Zutreffend hat daher der BGH in einem anderen Fall erkannt, dass bei einer Selbstaufopferung im Straßenverkehr, bei der ein Kfz-Führer seinen Wagen gegen einen Baum lenkt, um das Leben eines 16jährigen Mopedfahrers zu bewahren, ausschließlich der Jugendliche Geschäftsherr ist155. Allerdings muss dies nicht bedeuten, dass der Geschäftsführer gegen den Dritten (Unterhaltspflichtiger) keinen Ersatzanspruch hat. Es ist in jedem Fall zu prüfen, ob gegen den Dritten nicht der – systemwidrig im Bereich der §§ 677 ff. BGB mitgeregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 679, 683 S. 2 BGB tatbestandlich vorliegt. Nach dieser Vorschrift steht dem Geschäftsführer ein Rückgriffsanspruch im Umfang des geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzes zu, wenn der Geschäftsführer eine im öffentlichen Interesse liegende Pflicht, insbesondere eine gesetzliche Unterhaltspflicht des Geschäftsführers erledigt. Es ist daher stets zu prüfen, ob der Dritte – etwa der 153 Vgl. Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (346). 154 AA RG, DR 1944, 287 (288), Urt. v. 12. 11. 1943 – V 65/43; BGHZ 55, 207 (210), Urt. v. 21. 1. 1971 – VII ZR 97/69; BGHZ 33, 251 (254 f.), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59: dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 299 ff. 155 BGH, VersR 1958, 168 (169), Urt. v. 17. 12. 1957 – VI ZR 288/56; dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 300 f.

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Ehemann, der Arbeitgeber oder die Krankenkasse – nicht dem Geretteten gegenüber verpflichtet war und die Erfüllung dieser Pflicht im öffentlichen Interesse lag156.

c. Zu ersetzende Schäden Zwischen der Geschäftsführung und dem Schaden muss ein besonderer Zurechnungszusammenhang bestehen. Ein einfacher Kausalzusammenhang zwischen Geschäftsbesorgung und Schaden reicht nicht157. Im Schaden muss sich vielmehr eine mit der Geschäftsbesorgung verbundene typische Gefahr verwirklichen158. Es muss sich um einen sog. risikotypischen Begleitschaden handeln. Art. V. – 3:103 (a) DCFR versucht diesen Zusammenhang damit zu umschreiben, dass der Geschäftsführer nur dann Ersatz verlangen kann, wenn „the intervention created or significantly increased the risk of such injury or damage“. Das Reichsgericht sprach seinerzeit von Schäden, „deren Gefahr mit der Ausführung des Auftrags von selbst verbunden war“159; wobei der BGH nunmehr erläuternd hinzufügt, dass es sich – in Parallele zu den Herausforderungsfällen – um eine tätigkeitsspezifisch gesteigerte Gefahr handeln muss160. Letztlich ist es stets eine – Wertungen offene – Frage des Einzelfalles, ob sich im konkreten Schaden ein erhöhtes, der fremdnützigen Geschäftsbesorgung immanentes Risiko oder lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht161. Verstaucht sich der Geschäftsführer nach Abschluss der Brandbekämpfung beim Zusammenräumen des Löschgerätes den Fuß, kann er seinen Schaden nicht mehr gem. §§ 683, 670 BGB geltend machen: das gesteigerte Verletzungsrisiko ist mit Löschen des Brandes abgeklungen162. Auf der anderen Seite kann selbst einem normalerweise gefahrlosen Manöver – wie etwa das Ablegen eines Bootes – ein besonderes Risiko innewohnen, wenn es im Rahmen einer Geschäftsführung zur Gefahrenabwehr (§ 680 BGB) in höchster Eile ausgeführt werden muss163. 156 Der Reformvorschlag von Helms sah vor, dem Geschäftsführer einen Ersatzanspruch gegen den Gefährdeten und den zu seinem Unterhalt Verpflichteten zuzubilligen (Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ [Hrsg.], Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 [391 f.)]). 157 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 5 Rn. 38. 158 BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 12. 2. 1972 – II ZR 46/70. 159 RGZ 98, 195 (200), Urt. v. 26. 2. 1920 – VI 9/20; RGZ 167, 85 (89), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; BGH, NJW 1993, 2234 (2235), Urt. v. 4. 5. 1993 – VI ZR 283/92; vgl. auch: BGHZ 33, 251 (257), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; BGHZ 38, 270 (277), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61. 160 BGH NJW 1993, 2234 (2235), Urt. v. 4. 5. 1993 – VI ZR 283/92; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 38. 161 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 88. 162 BGH, NJW 1993, 2234, Urt. v. 4. 5. 1993 – VI ZR 283/92. 163 BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 12. 2. 1972 – II ZR 46/70.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Nicht zu folgen ist der Einschränkung des Art. V. – 3:103 DCFR, die primäre Vermögensschäden aus dem Anwendungsbereich des Ersatzanspruchs ausnimmt, sondern – vergleichbar dem Prinzip des § 823 Abs. 1 BGB „personal injury“ oder „property damage“ verlangt164. Der Ersatzanspruch des Gestors ist kein Billigkeitsgeschenk, sondern folgt aus der Natur des Subordinationsverhältnisses. Ein Verlust des Geschäftsführers ist eben – weil er für einen oder in „Vertretung“ eines anderen auftritt – eben nicht sein Verlust, sondern der Verlust des dominus. Für diese Verlustzuweisung ist es gleichgültig, ob es sich um einen primären Vermögensschaden handelt. Eine unangemessene Benachteiligung des Geschäftsherrn liegt darin nicht. Das geschäftsführungsspezifische Risiko wirkt auf den Tatbestand des § 683 S. 1 BGB zurück. Es ist für jeden Fall besonders zu prüfen, ob die Übernahme einer mit besonderen Risiken behafteten Geschäftsführung dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Die Übernahme einer Geschäftsführung, die mit übermäßigen Gefahren verbunden ist, denen der Geschäftsführer nicht gewachsen ist, entspricht ebenso nicht dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn165. Die Möglichkeit primärer und exorbitanter Vermögensschäden wird bei Prüfung der utilitas gestionis berücksichtigt. Das Bedenken der Comments, dass der Gestor einen Vermögensschaden schon mit dem bloßen aufgewandten Zeitaufwand begründet, trägt nicht. Hat der Gestor tatsächlich einen Verdienstausfall, weil er etwa während der Hilfeleistung für einen ohnmächtigen Passanten den Privatpatienten in seinem Wartezimmer nicht behandeln kann, so kann er diesen Vermögensausfall auch liquidieren166. Dagegen begründet allein die abstrakte Behauptung eines anderen Verdienstes keinen Schaden (vgl. § 252 BGB).

164

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:103, Comment. B 6 (p. 277). Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 88 f.; BGH, VersR 1981, 233; Urt. v. 20. 11. 1980 – III ZR 31/78. 166 In Deutschland ist unstreitig – und nicht zu verwechseln mit der Frage, ob der Geschäftsführer Entlohnung für seine Mühen verlangen kann –, dass der Geschäftsführer einen Verdienstausfall geltend machen kann, wenn er zur Durchführung der Geschäftsführung (freiwillig) anderen Erwerb aufgeopfert hat. So etwa, wenn der Arzt seine Sprechstunde ausfallen lässt, um einem bewusstlosen Passanten zu helfen. In dem entgangenen Gewinn liegt sein freiwilliges Vermögensopfer (vgl. BGHZ 33, 251 [257], Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 4 c = S. 22; dazu: Dorn, Arbeitsleistung und Aufwendungsersatz, JZ 1964, 93; vgl. für das österreichische Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 196). 165

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d. Umfang des zu ersetzenden Schadens aa. Durchbrechung des Grundsatzes der Totalreparation Nicht abschließend geklärt ist der Umfang des zu ersetzenden Schadens. Das Reichsgericht und auch heute noch ein Teil der Lehre gehen vom Grundsatz der Totalreparation aus167. Der BGH ist zurückhaltender. Soweit Schäden im Rahmen der §§ 683, 670 BGB liquidiert würden, sei zu bedenken, dass es sich hierbei nicht um einen echten Schadensersatzanspruch handele, sondern dass dem Geschäftsführer nur eine angemessene Entschädigung zu gewähren ist, bei deren Bemessung die verschiedenartigen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind. Dem Richter soll damit eine gewisse Freiheit bei der Bestimmung des zu ersetzenden Schadens eingeräumt werden, um zu verhindern, dass die Anwendung des sonst das Schadensrecht beherrschenden Prinzips der Totalreparation im Einzelfall zu unbilligen Ergebnissen führt168. Ich habe Zweifel, ob sich dieses Ergebnis in dieser Allgemeinheit begründen lässt. Dem Gedanken der Subordination entspricht eher der Grundsatz der Totalreparation. Dennoch finden sich etwa die Schweizer Norm des Art. 422 Abs. 1 OR oder die Regelung des Art. V. – 3:104 (2) DCFR, die den Ersatzanspruch des Gestors unter einen Billigkeitsvorbehalt stellen169: V. – 3:104: Reduction or exclusion of intervener’s rights. (1) … (2) These rights are also reduced or excluded in so far as this is fair and reasonable, having regard among other things to whether the intervener acted to protect the principal in a situation of joint danger, whether the liability of the principal would be excessive and whether the intervener could reasonably be expected to obtain appropriate redress from another.

Ich glaube, dass es sich hier um die (unzulässige) Verallgemeinerung von zwei Sonderfällen handelt, in denen tatsächlich einmal die Kürzung oder sogar der Ausschluss des Ersatzanspruchs gerechtfertigt ist. Allerdings handelt es sich in diesen beiden Fällen um keine Billigkeitsausnahmen zur Erreichung einer Einzelfallgerechtigkeit, sondern um die Anwendung allgemeiner Rechtsgrundsätze. An erster Stelle sind hier die Fälle der Selbstaufopferung zu nennen, die man in zahlreichen Rechtsordnungen über das Recht der Geschäftsführung 167

RGZ 167, 85 (89, 91), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 39. 168 BGHZ 92, 270 (271), Urt. v. 10. 10. 1984 – IVa ZR 167/82; BGHZ 38, 270 (279), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 12. 2. 1972 – II ZR 46/70; OLG Hamm, VersR 2002, 1254, Urt. v. 25. 9. 2000 – 13 U 45/00; OLG Celle, NJW 1965, 2348 (2350), Urt. v. 7. 7. 1965 – 9 U 106/63; Palandt/Sprau 68 (2009) § 683 Rn. 9; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 297 f.; iE ähnlich Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 89 f.; vgl. für das österreichische Recht: OGH, SZ 68/124, Urt. v. 24. 8. 1995 – 2 Ob 46/95; OGH, SZ 70/113, Urt. v. 18. 6. 1997 – 3 Ob 507/96. 169 In diesem Sinne: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. B 5 (p. 286).

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ohne Auftrag löst. Hier kommt es tatsächlich zu einer Schadensteilung. Dies ergibt sich aber aus dem Gedanken der Gefahrengemeinschaft170, der zurückgehend auf die sog. lex Rhodia de iactu (Dig. 14, 2) auch die Grundlage der Vorschriften der §§ 700 ff. HGB über die große Haverei bildet und besonderen Eingang in die österreichische Vorschrift des § 1043 ABGB gefunden hat171. § 1043 ABGB. Hat jemand in einem Notfall, um einen größeren Schaden von sich und anderen abzuwenden, sein Eigentum aufgeopfert; so müssen ihn alle, welche einen Vorteil zogen, verhältnismäßig entschädigen …

An zweiter Stelle kann eine Begrenzung aus Gründen des Sozialversicherungsrechts geboten sein172. In bestimmten Fällen erhält der Gestor einen Anspruch gegen die gesetzliche Unfallversicherung. Das nationale Recht kann nun anordnen, dass eine Anrechnung der Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung auf den Ersatzanspruch gegen den Dominus nicht stattfindet, der Ersatzanspruch gegen den Geschäftsherrn vielmehr in voller Höhe an den Träger der Sozialversicherung abzutreten ist. Hier bietet die Möglichkeit der richterlichen Anspruchsreduzierung einen Ansatz, einen Teil der Gefahrenabwehrkosten der Allgemeinheit aufzubürden. In Deutschland ist für eine solche Billigkeitskorrektur wegen der (nunmehr) ausgewogenen Regelung über die gesetzliche Unfallversicherung und ihrer Handhabung durch die Praxis kein Raum. Geschäftsführer, die in Fällen gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher Gefahr für seine Gesundheit retten (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 lit. a SGB VII) oder die bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einschreiten (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 lit. c SGB VII), genießen bzgl. ihrer Körper- und Sachschäden sowie der Aufwendungen, die sie nach den Umständen für erforderlich halten durften, kraft Gesetzes Unfallversicherungsschutz (§§ 13, 26 ff. SGB VII). Die Rechtsprechung ging tatsächlich früher davon aus, dass Leistungen des Sozialversicherungsträgers zur Behebung der Unfallfolgen nicht auf den Ersatzanspruch des Geschäftsführers nach § 683 BGB anzurechnen waren173. Der geschäftsführungsrechtliche Anspruch des Geschäftsführers aus § 683 BGB gegen den Geschäftsherrn ging, soweit er Leistungen der Unfallversicherung beanspruchen konnte, auf den Versicherungsträger nach § 1542 RVO aF über174. Später gab der BGH aber zu Recht seine Rechtsprechung zum gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 1542 RVO (= § 116 SGB X) auf, soweit § 683 BGB

170

BGHZ 38, 270 (278), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61. Wesener, Von der lex Rhodia de iactu zum § 1043 ABGB, FS-Bärmann, 1975, S. 31. 172 Hierauf weist PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. B 11 (p. 287 seq.) ausdrücklich hin. 173 BGHZ 38, 270 (281), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; RGZ 167, 85 (90 ff.), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40. 174 BGHZ 38, 270 (281), Urt. v. 27. 11. 1962 – VI ZR 217/61; BGHZ 33, 251 (258), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; RGZ 167, 85 (90 f.), Urt. v. 7. 5. 1941 – VI 72/40; dazu Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (392). 171

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Ersatz für Personenschäden gewährt175. Treffend ist die Begründung: eine Inanspruchnahme des Unfallopfers (Geschäftsherr) durch den Sozialversicherungsträger aus übergegangenem Recht aus § 683 BGB sei mit dem Zweck des Gesetzes nicht vereinbar; die Aufbringung der für den Schutz des Unfallhelfers (Geschäftsführer) erforderlichen Mittel sei Sache der Allgemeinheit176. Für den Geschäftsführer bedeutet dies nunmehr, dass er sich im Wege der Vorteilsausgleichung die Versicherungsleistungen (§§ 2 Abs. 1 Nr. 13, 13, 26 ff. SGB VII) auf seinen Ersatzanspruch aus § 683 BGB anrechnen lassen muss. Er kann also insoweit nur noch Ersatz bestimmter Schadensspitzen, die nicht durch Versicherungsleistungen gedeckt sind, vom Geschäftsherrn verlangen177. Der Ausschluss des gesetzlichen Übergangs des Anspruchs aus § 683 BGB gilt aber nur für Personenschäden. Im Falle des Ersatzes von Aufwendungen und Sachschäden bleibt es beim Forderungsübergang auf den Sozialversicherungsträger im Wege der cessio legis; insoweit scheidet eine Anrechnung auf den Ersatzanspruch aus178. Dies folgt unmittelbar aus § 13 S. 2 SGB VII, der § 116 SGB X für den Fall des Sachschadens- und Aufwendungsersatzes ausdrücklich für anwendbar erklärt.

Über diese anzuerkennenden, materiellrechtlichen Schranken des Ersatzanspruchs hinaus will Wollschläger in Anlehnung an § 829 BGB im Sinne eines Billigkeitsausgleichs die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Geschäftsherrn bei der Bestimmung der zu zahlenden Entschädigung berücksichtigen179. Der deutsche Reformvorschlag Helms wollte diesen Gedanken aufgreifen180 und auch Art. V. – 3:104 (2) DCFR erlaubt die Berücksichtigung der economic capacity des Prinzipals181. Wittmann hält diesen Ansatz für verfehlt182. Zu Recht. Denn bei der Verlustzuweisung an den Dominus handelt es sich um keinen Billigkeitsausgleich, sondern um eine unmittelbare Folge der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen. Ins Grübeln kommt man natürlich in Fällen, in denen der Ausgleichsanspruch eine für den Geschäftsherrn existenzbedrohende Höhe erreicht183. Wohl deswegen hat es der BGH bisher offen gelassen, ob es für die Ersatzpflicht von Schäden der Höhe nach eine Grenze gibt, über die hinaus einen Aufopferungsschaden zu ersetzen dem Ersatzpflichtigen nicht zugemutet werden kann184. Aber hier ist zweierlei zu bedenken: einmal ist für eine höhenmäßige Deckelung kein Raum, denn die Kehrseite dieser Milde gegenüber dem Dominus wäre, dem Gestor den Verlust 175

BGHZ 92, 270, Urt. v. 10. 10. 1984, – IVa ZR 167/82. BGHZ 92, 270 (272 f.), Urt. v. 10. 10. 1984 – IVa ZR 167/82. 177 Gitter, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 10.10.1984 – IVa ZR 167/182, JZ 1985, 392. 178 BGHZ 92, 270 (273 f.), Urt. v. 10. 10. 1984 – IVa ZR 167/82. 179 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 298 f. mwN. 180 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (391). 181 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. B 9 (p. 186 seq.). 182 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 89 f. 183 Vgl. BGHZ 92, 270 (272), Urt. v. 10. 10. 1984 – IVa ZR 167/82. 184 BGH, LM BGB § 677 Nr. 14, Urt. v. 12. 2. 1972 – II ZR 46/70. 176

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

zuzuweisen, wofür aber nun jede Rechtfertigung fehlt. Zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass die Gefahr des existenzbedrohenden Schadens bei der Prüfung der utilitas gestionis zu berücksichtigen ist (§ 683 S. 1 BGB). Fehlt die utilitas gestionis, so ist die Verlustzuweisung gem. § 684 S. 1 BGB auf das durch die Geschäftsführung Erlangte beschränkt.

bb. Immaterieller Schaden Noch ungeklärt ist, ob nach der Neufassung des § 253 BGB der Geschäftsführer im Rahmen seines Anspruchs aus § 683 BGB Ersatz auch seines immateriellen Schadens verlangen kann. Die Kommentar- und Lehrbuchliteratur ist gespalten. Während einige einen solchen Anspruch annehmen185, wird er von anderen verworfen186. Die letztgenannte Auffassung stützt sich auf das doch recht begriffliche Argument, dass § 683 S. 1 BGB – obwohl er dem Geschäftsführer die Option eröffne, auch unfreiwillige Vermögenseinbußen (Schäden) zu liquidieren – eben doch kein Schadensersatzanspruch sei, wie ihn § 253 Abs. 2 BGB voraussetze. Nach der vormaligen Rechtslage (§ 847 BGB aF) wurde dem Geschäftsführer allgemein ein Schmerzensgeldanspruch versagt. Dies wurde neben dem systematischen Hinweis, dass eine Anwendung des § 847 BGB aF auf andere Tatbestände als die der unerlaubten Handlung nicht angängig sei, materiell darauf gestützt, dass der Ersatzanspruch aus § 683 BGB kein Verschulden voraussetzt, eine Schmerzensgeldgewährung daher der Genugtuungsfunktion des § 847 BGB aF widerspräche187. Mit der Ausweitung der Ersatzfähigkeit immaterieller Schäden auf die Fälle der Gefährdungshaftung (§§ 253 Abs. 2 BGB, 11 S. 2 StVG) durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften v. 19. 7. 2002188 hat diese Argumentation an Überzeugungskraft verloren: Verschulden und Genugtuung sind nicht mehr zwingende Voraussetzung des „Schmerzensgeldes“; zumal der Ersatzanspruch der §§ 683, 670 BGB den Tatbeständen der verschuldensunabhängigen Gefährdungshaftung doch sehr nahe kommt. Allerdings wird man im deutschen Recht, wenn nun auch kein Verschulden mehr, so doch zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen immerhin noch ein gewisses Maß an Zurechenbarkeit der Körperverletzung verlangen müssen. Man sollte daher differenzieren: ist dem Geschäftsherrn die Herausforderungslage, aufgrund dessen es zur Schädigung des Geschäftsführers kommt, 185

Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 39. Jauernig/Mansel11 (2004) § 670 Rn. 10; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 683 Rn. 19. 187 BGHZ 52, 115 (117), Urt. v. 19. 5. 1969 – VII ZR 9/67; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 89. 188 BGBl. I 2674. In Deutschland war es in der wissenschaftlichen Diskussion schon eine lange Forderung, dem Geschädigten auch inneralb der Tatbestände der Gefährdungshaftung einen Anspruch auf Schmerzensgeld zuzugestehen (vgl. nur v. Caemmerer, Reform der Gefährdungshaftung, 1971, S. 22 f.). 186

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zurechenbar – ohne dass es auf eine Rechtswidrigkeit oder gar ein Verschulden ankommt –, so ist dem Geschäftsführer auch ein Ausgleich seiner immateriellen Schäden in entsprechender Anwendung des § 253 Abs. 2 BGB zu gewähren. Dies erscheint angemessen, steht doch der Anspruch überhaupt unter der Voraussetzung, dass die Übernahme der Geschäftsführung dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprochen haben muss. Mit dieser Deutung weiß ich mich in guter Gesellschaft: In der Schweizer Rechtswissenschaft hält man einen „Genugtuungsanspruch“ (Art. 47 OR) zugunsten des Geschäftsführers für möglich189; die Materialien zum neuen holländischen Art. 6:200 BW erwähnen sogar explizit die Möglichkeit, dass der Richter dem Geschäftsführer immateriellen Schadensersatz bei Körperverletzungen zusprechen kann190. Und auch die Comments zu PEL Ben. Int., die dem Book V des DCFR zugrunde liegen, wollen den Ersatzanspruch des Gestors nicht auf seinen materiellen Schaden beschränken191.

III. Inutilitas gestionis 1. Ausschluss oder Beschränkung der actio contraria Der Anspruch auf die actio contraria war nach der Auffassung der älteren Juristen in zwei Fällen ausgeschlossen. Zunächst stand dem Gestor im Anschluss an das Fragment Ulpian/Celsus/Proculus, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis) Ulpian/Celsus/Proculus, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis): „…Sed ut Celsus refert, Proculus apud eum (Anm.: Labeo) notat non semper debere dari. Quid enim si eam insulam fulsit, quam dominus quasi inpar sumptui deliquerit vel quam sibi necessariam non putavit? Oneravit, inquit, dominum secundum Labeonis sententiam, cum unicuique liceat et damni infecti nomine rem derelinquere. Sed istam sententiam celsus eleganter deridet: is enim negotiorum gestorum, inquit, habet actionem, qui utiliter negotia gessit: non autem utiliter negotia gerit, qui rem non necessariam vel quae oneratura est patrem familias adgreditur. Iuxta hoc est et, quod Iulianus scribit, eum qui insulam fulsit vel servum aegrotum curavit, habere negotiorum gestorum actionem, si utiliter hoc faceret, licet eventus non sit secutus. Ego quaero: quid si putavit se utiliter facere, sed patri familias non expediebat? Dico hunc non habiturum negotiorum gestorum actionem: ut enim eventum non spectamus, debet utiliter esse coeptum.“.

dann keine Geschäftsführungsklage zu, wenn die Geschäftsführung (von Anfang an) für den Geschäftsherrn ohne Nutzen war192. Nur wenn der Geschäfts189 190

Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 529. The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977,

p. 493. 191

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. B 6 (p. 277 seq.). Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 192

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

herr die Geschäftsführung oder doch zumindest einzelne Aufwendungen genehmigte, wurde insoweit die actio contraria gewährt193. Die Möglichkeit, dass auch bei einer insgesamt inutilen Geschäftsführung die eine oder andere Aufwendung die Position des Dominus verbessert und vielleicht doch zumindest in dieser Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch zu gewähren sei, wurde nicht diskutiert. Dies hat seinen Grund einmal darin, dass die Quellen und die älteren Juristen nicht wie das moderne Recht zwischen Übernahme und Durchführung der Gestion unterscheiden, zum anderen darin, dass in den überlieferten Fällen eine irgendwie geartete Bereicherung des Dominus bei anfänglich inutiler Geschäftsführung tatsächlich nicht vorhanden war. So ist eindeutig, dass in dem Fragment Ulpian/Celsus/Proculus, Dig. 3, 5, 9, 1 (de negotiis gestis), in dem der Gestor Aufwendungen auf ein aufgegebenes Haus macht, der Dominus (subjektiv) nicht bereichert ist; man könnte allenfalls fragen, ob dem Gestor zu gestatten ist, seine Verwendungen wegzunehmen (ius tollendi). In den sonst gegebenen Beispielen geht es meist um Leistung auf Nichtschulden oder Überzahlungen. Lässt man einmal außer Acht, dass wir uns im Bereich der Leistung auf fremde Schuld nicht mehr (ohne weiteres) im Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag befinden, so ist doch eindeutig, dass bei Zahlung auf eine Nichtschuld bzw. in der Höhe der Überzahlung keine Bereicherung des Dominus vorliegt. Anders würde man heute wohl nur den Fall entscheiden, dass der Gestor auf eine bestehende Schuld zahlt, die Zahlung aber dem konkreten Interesse des Geschäftsherrn widerspricht: hier gewähren die Quellen keinen geschäftsführungsrechtlichen Anspruch gegen den Dominus194; es ist wohl – wenn ich Voet recht verstehe – am Gestor, sich das Geld beim Forderungsgläubiger zurückzuholen195. Im modernen deutschen Recht würde man dagegen darauf verweisen, dass der Geschäftsherr tatsächlich um die Befreiung von der Schuld bereichert ist, und dem Gestor in Höhe dieser Bereicherung einen Anspruch gewähren (§§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB). Und letztlich fanden auch im römischen Recht in Fällen der inutilitas gestionis nützliche Aufwendungen doch zumindest mittelbare Berücksichtigung. Im Fragment Pomponius/Proculus, Dig. 3, 5, 10 (de negotiis gestis) hatte der Geschäftsführer ungewöhnliche Geschäfte (Kauf junger Sklaven) vorgenommen, die der abwesende Geschäftsherr nicht zu tätigen pflegte. In diesem Fall sollte der Gestor nicht nur für Vorsatz und Fahrlässigkeit, sondern auch für Zufall haften. Der Gewinn steht ausschließlich dem Dominus zu, ein Verlust trägt der Gestor: aber es findet eine Verrechnung statt: wurde in dem einen Geschäft ein Gewinn, in dem anderen ein Verlust erzielt, so hatte der Dominus den Gewinn mit dem Verlust zu verrechnen.

193 194 195

Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10 in fine. Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis). Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10.

§ 14. Die actio contraria

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Bedeutsamer gerade wegen der streng subjektiven Ausrichtung des deutschen Rechts ist der zweite, schon unter den römischen Juristen sehr umstritten Fall, dass der Gestor gegen den Willen und das ausdrückliche Verbot des Dominus handelt, es aber dennoch zu nützlichen Aufwendungen kommt. Iustinian, C. 2, 18, 24 (de negotiis gestis): „Si quis nolente et specialiter prohibente domino rerum administrationi earum sese immiscuit, apud magnos auctores dubitabatur, si pro expensis, quae circa res factae sunt, talis negotiorum gestor habeat aliquam adversus dominum actionem. Quam quibusdam pollicentibus directam vel utilem, aliis negantibus, in quibus et salvius iulianus fuit, haec decidentes sancimus, si contradixerit dominus et eum res suas administrare prohibuerit, secundum iuliani sententiam nullam esse adversus eum contrariam actionem, scilicet post denuntiationem, quam ei dominus transmiserit nec concedens ei res eius attingere, licet res bene ab eo gestae sint. Quid enim, si dominus adspexerit ab administratore multas expensas utiliter factas et tunc dolosa adsimulatione habita eum prohibuerit, ut neque anteriores expensas praestet? quod nullo patimur modo: sed ex quo die attestatio ad eum facta est vel in scriptis vel sine scriptis, sub testificatione tamen aliarum personarum, ex eo die pro faciendis meliorationibus nullam ei actionem competere, super anterioribus autem, si utiliter factae sunt, habere eum actionem contra dominum concedimus sua natura currentem“.

Einige römischen Juristen wollten dem Gestor hier mittels der actio negotiorum gestio (utilis) einen Anspruch auf Ersatz seiner nützlichen Verwendungen einräumen. Andere (unter ihnen Iulian) verwehrten dagegen dem Gestor jeden Anspruch. Iustinian entschied in seinem Reskript die Frage entsprechend der Lehre des Iulian: dem Gestor ist grundsätzlich jede Klage versagt. Jedoch machte Iustinian eine Einschränkung: die Kosten derjenigen (erfolgreichen) Aufwendungen, die der Gestor vor Kenntniserlangung vom Verbot des Dominus gemacht hatte, waren zu ersetzen. Trotz der eindeutigen Entscheidung Iustinians war auch bei den späteren Juristen die Frage weiterhin sehr umstritten. Während die überwiegende Meinung angesichts der eindeutigen Entscheidung der Quellen dem Gestor jeden Aufwendungsersatzanspruch versagten196, wollte ihm die insbesondere mit Voet sehr prominent vertretene Gegenauffassung mit Hinweis auf das Bereicherungsverbot einen Anspruch auf Erstattung der erfolgreichen Aufwendungen zugestehen197. In dieser Lehre von Voet kann man bereits den heutigen § 684 S. 1 BGB erkennen.

196 ZB Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IV. Vgl. Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 110 seq. 197 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 11. Vgl. dazu auch: Molina, De justitia et jure II, 1659, disp. 554 § 1 seq.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

2. Beschränkung der actio negotiorum gestorum contraria auf die tatsächlichen Vorteile In der deutschen Pandektistik kam es zu einer interessanten Vermischung der Theorien um die Fragmente Ulpian/Celsus/Proculus, Dig. 3, 5, 9, 1 und Iustinian, C. 2, 18, 24 (de negotiis gestis). Während nach der tradierten Lehre das (anfängliche) Fehlen eines Nutzens der Geschäftsführung zum Ausschluss der actio contraria führte, ohne das weiter unterschieden wurde, wurde nunmehr weiter differenziert: auch wenn die Geschäftsführung nicht utiliter gestum ist und auch keine ratihabitio vorliegt, so muss der Geschäftsherr dem Geschäftsführer dennoch wenigstens dasjenige herausgeben, was durch die Geschäftsführung tatsächlich in sein Vermögen gelangt war und sich noch darin befand198. Insoweit wurde der Sache nach die Lehre, die Voet für den Fall der willenswidrigen Gestion entwickelt hatte, auf die inutile Gestion übertragen. Dagegen setzte sich im Bereich der Geschäftsführung gegen den ausdrücklichen Willen des Geschäftsherrn endgültig die Position Iustinians durch: der Gestor ist mit seinen Ansprüchen vollkommen ausgeschlossen199. Zu einer weiteren Vermischung der Theorien kam es durch § 684 S. 1 BGB. Die Vorschrift positiviert nicht nur die pandektistische Lehre zum inutiliter gestum, sondern sie verhilft nunmehr auch der Lehre von Voet zu einem späten Sieg: denn nach dem Recht des BGB kann der Gestor seinen begrenzten Aufwendungsersatzanspruch auch dann geltend machen, wenn er gegen den ausdrücklichen Widerspruch des Geschäftsherrn gehandelt hat200. Über diesen letzten Punkt kann man (de lege ferenda) geteilter Meinung sein, jedenfalls scheint der Gerechtigkeitsgehalt der pandektistischen Lehre des begrenzten Aufwendungsersatzes beim inutiliter gestum zunehmend erkannt und akzeptiert zu werden. Jüngst versuchte sogar Art. 1329–1 des französischen Avant-projet de réforme du droit des obligations diese Theorie für das französische Recht zu adaptieren201. Art. 1329–1 Avant-projet. Si l’action du gérant ne répond pas aux conditions de la gestion d’affaires mais tourne néanmoins au profit du maître de cette affaire, celui-ci doit indemniser le gérant selon les règles de l’enrichissement sans cause.

198

Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 2 b = S. 923 mit Fn. 23. Bestanden die unnützen Aufwendungen in Verwendungen auf Sachen des Geschäftsherrn, hatte der Geschäftsführer nur das Recht, die betreffenden Anlagen, soweit überhaupt tunlich, wieder wegzunehmen. Sein Anspruch verwandelt sich in diesem Fall zum ius tollendi. 199 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430 2 b = S. 921 mit Fn. 19. 200 Der Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 130; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 10; Planck/Lobe4 (1928) § 684 Anm. 1; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 1. 201 Vgl. dazu: Catala, Avant-projet de réforme du droit des obligations et de la prescription, 2006, p. 76 (Cornu).

§ 14. Die actio contraria

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Entgegen weitläufiger Meinung handelt es sich bei § 684 S. 1 BGB (wie allgemein bei der begrenzten actio contraria) um keinen Bereicherungsanspruch 202, sondern um einen umfänglich begrenzten Aufwendungsersatzanspruch 203. Die bereicherungsrechtliche Deutung ist eine unglückselige Konsequenz der die geschäftsführungsrechtliche Diskussion weithin dominierenden tradierten Lehre von der berechtigten Geschäftsführung. Diese Lehre kommt über eine unzulässige Verallgemeinerung des Utilitätserfordernisses zu der Auffassung, dass das gesetzliche Schuldverhältnis der (berechtigten) Geschäftsführung nur im Falle des utiliter gestum entsteht. Im Fall der inutilitas gestionis entsteht das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag überhaupt nicht, die Abwicklung hat vielmehr notgedrungen nach Bereicherungsrecht und Deliktsrecht zu erfolgen. Die Vorschrift des § 684 S. 1 BGB bleibt für diese Lehre ein Fremdkörper im Geschäftsführungsrecht und kann nur bereicherungsrechtlich erklärt werden. Zutreffend ist das – wie oben bereits eingehend dargelegt – freilich nicht (siehe § 6). Denn das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag entsteht alleine aufgrund der Tatsache der fremdnützigen Geschäftsführung für einen anderen (Subordination). Aus dieser Erkenntnis heraus erschließt sich die Rechtsnatur des in § 684 S. 1 BGB umschriebenen Anspruchs von selbst. Dem Subordinationscharakter der Gestion entspricht es, dass der Geschäftsführer am wirtschaftlichen Erfolg seiner Handlungen nicht beteiligt ist. Ein etwaiger Gewinn ist nicht sein Gewinn, sondern der Gewinn des Geschäftsherrn; ein Verlust ist nicht sein Verlust, sondern fällt grundsätzlich dem Geschäftsherrn zur Last. Diesem Gedanken entspringt die actio negotiorum gestorum contraria: der Gestor kann Ersatz all seiner Aufwendungen verlangen, sofern er sie für erforderlich halten durfte und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob sie letztlich erfolgreich sind. Da natürlich dem Aufwendungsersatzanspruch korrespondierend der Dominus belastet wird, ist der vollständige Ersatz der Aufwendungen des Geschäftsführers nur insoweit gerechtfertigt, als die Übernahme der Geschäftsführung dem (präsumtiven) Willen des Geschäftsherrn entspricht. Fehlt diese Willensentsprechung, so kann der Geschäftsführer nur insoweit Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, als sie tatsächlich in das Vermögen des Geschäftsherrn gelangt sind und dort noch vorhanden sind. Das Erfolgsrisiko der Aufwendung wird auf den Gestor zurückverlagert. Der aus dem Subordinationsverhältnis folgende Aufwendungsersatz wird quasi in seinem Umfang beschränkt auf die tatsächliche

202 So aber zB Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (616); Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 2; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 9; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 2; siehe auch Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 55. 203 Vgl. schon: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Bereicherung des Geschäftsherrn 204. Er bleibt aber nach seiner Natur Aufwendungsersatzanspruch und ist kein Bereicherungsanspruch 205. Man sollte also mit Blick auf den in § 684 S. 1 BGB positivierten Anspruch von einem begrenzten oder dem kleinen Aufwendungsersatzanspruch sprechen. Dieses Verständnis des § 684 S. 1 BGB als echter Aufwendungsersatzanspruch erleichtert für die praktische Rechtsanwendung die Dogmatik. Die Verweisung auf die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung bezweckt lediglich im Sinne einer Schutzvorschrift zugunsten des Geschäftsherrn, den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers auf die noch in seinem Vermögen befindlichen Vorteile (§ 818 Abs. 3 BGB) zu begrenzen 206. Der Tatbestand des Aufwendungsersatzanspruchs ist aber abschließend in den §§ 677, 683 S. 1, 684 S. 1 BGB umschrieben; die weiteren Voraussetzungen der §§ 812 ff. BGB sind nicht zu prüfen. In diesem Sinne kann man § 684 S. 1 BGB als Rechtsfolgenverweisung ansehen207; entgegen abweichenden Stimmen in der Lehre ist daher auch für eine Anwendung der Kondiktionssperren der §§ 814, 815, 817 S. 2 BGB kein Raum 208. Bei der Bestimmung der Rechtsnatur des Anspruchs aus § 684 S. 1 BGB handelt es sich übrigens um kein dogmatisches Glasperlenspiel. Denn aus der Einordnung als echter Aufwendungsersatzanspruch folgt insbesondere, dass der Umfang der voll gewährten actio negotiorum gestorum contraria (§ 683 S. 1 BGB) die Obergrenze des Anspruchs nach § 684 S. 1 BGB markiert. Der Geschäftsführer kann also keinesfalls – wiewohl dies von der wohl hM behauptet wird – in dem seltenen Fall, dass die Bereicherung des Geschäftsherrn

204 Vgl. RGZ 81, 204 (206), Urt. v. 16. 1. 1913 – IV 504/12; OLG Karlsruhe, MDR 1992, 588 (589), Urt. v. 10. 12. 1991 – 18a U 230/90. 205 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 94; Wolf, Die aufgedrängte Bereicherung, JZ 1966, 467 (470); vgl. auch: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 206 RGZ 81, 204, (205 f.), Urt. v. 16. 1. 1913 – IV 504/12. 207 RGZ 81, 204 (205 f.), Urt. v. 16. 1. 1913 – IV 504/12; BGH, WM 1976, 1056 (1060); OLG Karlsruhe, MDR 1992, 588 (589), Urt. v. 10. 12. 1991 – 18a U 230/90; OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1303 (1304), Urt. v. 28. 5. 1991 – 26 U 162/90; OLG Hamm, NJW 1974, 951 (952), Urt. v. 9. 1. 1974 – 11 U 198/73; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (616); BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 8; Palandt/Sprau 68 (2009) § 684 Rn. 1; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 2; aA: Batsch, Aufwendungsersatzanspruch und Schadensersatzpflicht des Geschäftsführers im Falle berechtigter und unberechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 171 (1971), 218 (227); Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (40); vgl. auch Motive, Mugdan II, S. 484. 208 So aber: Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (616); Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 2; siehe aber auch: Schwarz/ Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 55; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 7.

§ 14. Die actio contraria

325

höher ist als die aufgewendeten Kosten, die vollständige Bereicherung herausverlangen 209. Die Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs auf die Bereicherung des Geschäftsherrn bedeutet eine einschneidende Modifikation der Gefahrtragungs- und Bewertungsgrundsätze im Vergleich zu § 683 S. 1 BGB210. Im Rahmen des § 683 S. 1 BGB kann der Geschäftsführer Ersatz aller Aufwendungen verlangen, die er aus seiner subjektiven Warte für erforderlich halten durfte, gleichgültig ob sie letztlich erfolgreich waren. § 684 S. 1 BGB gestaltet die Verhältnisse grundlegend um. Überhaupt kann der Geschäftsführer Ersatz seiner Aufwendungen nur noch insoweit verlangen, als sie dem Geschäftsherrn auch tatsächlich zugute kommen. Der Geschäftsführer trägt also auf einer ersten Ebene das Risiko des objektiven Fehlschlagens oder der Nutzlosigkeit seiner Aufwendungen. Damit nicht genug. Auf einer zweiten Ebene greifen zusätzlich die Grundsätze der aufgedrängten Bereicherung: der Wert der Bereicherung bestimmt sich nicht nach objektiven Maßstäben, sondern subjektiv aus der Perspektive des Geschäftsherrn 211.

IV. Die Genehmigung im Recht der Geschäftsführung (ratihabitio) 1. Gegenstand der Genehmigung Im klassischen römischen Recht hatte die ratihabitio mehrere Funktionen: in einigen Fällen hatte die Erklärung zur Folge, dass eine vom Geschäftsführer getroffene Verfügung über einen Gegenstand des Geschäftsherrn geheilt wurde, in anderen Fällen beschränkte sie auch die Haftung des Geschäftsherrn (actio directa)212. Die älteren Juristen fügten die Selbstverständlichkeit hinzu, dass die Genehmigung einer inutilen Geschäftsführung den Gestor zur actio negotiorum gestio contraria berechtigt, soweit die Genehmigung reicht213.

209 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 94; Wolf, Die aufgedrängte Bereicherung, JZ 1966, 467 (470); aA: Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (616); Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 2; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 9; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 2; siehe auch Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 5 Rn. 55. 210 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 94, 130. 211 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 130; Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 2. 212 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 61 ff. 213 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10 in fine.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Auch im heutigen Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag können sich an eine „Genehmigung der Geschäftsführung“ ganz unterschiedliche Rechtsfolgen knüpfen. Es ist streng zu differenzieren nach dem Gegenstand der Genehmigung214. Einmal kann sich die Genehmigung (1) unmittelbar auf die Übernahme der Geschäftsführung beziehen. Dieser Fall hat in § 684 S. 2 BGB seinen Niederschlag gefunden. Die Genehmigung ersetzt die Voraussetzungen des § 683 S. 1 (utiliter gestum) mit der Folge, dass der Geschäftsführer gem. § 683 S. 1 BGB – ohne Beschränkung auf eine noch vorhandene Bereicherung des Geschäftsherrn (§ 684 S. 1 BGB) – Ersatz aller Aufwendungen verlangen darf, die er für erforderlich halten durfte. Des Weiteren kann (2) – unabhängig von der Frage, ob die Übernahme dem Willen des Geschäftsherrn entspricht oder damit im Widerspruch steht – die unsachgemäße Art und Weise der konkreten Durchführung der Geschäftsführung (§ 677 BGB) genehmigt werden. Die Folge: eine Haftung wegen Ausführungsverschuldens gem. §§ 280 Abs. 1, 677 BGB entfällt. Schließlich kann (3) – und insoweit ist das Außenverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag betroffen – ein rechtsgeschäftliches Handeln des Geschäftsführers im Namen des Geschäftsherrn (a) gem. § 177 BGB oder (b) gem. § 185 BGB nachträglich genehmigt werden. Im Fall (a) bringt die Genehmigung unmittelbar einen Vertrag zwischen dem Geschäftsherrn und dem anderen Teil zustande mit der Folge, dass die Haftung des Geschäftsführers als falsus procurator gem. § 179 BGB entfällt; im Fall (b) wird eine Verfügung wirksam, die der Geschäftsführer als Nichtberechtigter getroffen hat. Die verschiedenen Genehmigungsgegenstände sind auseinander zu halten. Die Genehmigung des einen bedeutet nicht zugleich eine Genehmigung des anderen. So kann der Geschäftsherr der Übernahme der Geschäftsführung überhaupt seine nachträgliche Zustimmung erteilen, Durchführungsmängeln aber seine Genehmigung verweigern. „Genehmigt“ der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so ist durch Auslegung die Reichweite der Genehmigung zu ermitteln. Kauft etwa der Gestor für den Dominus eine seltene Briefmarke, die dieser aber gar nicht sammelt, so kann der Geshäftsherr durch das Herausgabeverlangen die Übernahme der Geschäftsführung (Kauf der Briefmarke) genehmigen. Dagegen ist nicht ohne weiteres ausgeschlossen, dass er sich auf die schlechte Durchführung der Gestion beruft (§§ 280, 677 BGB), weil der Geschäftsführer die Briefmarke zu teuer eingekauft oder vielleicht schlecht aufbewahrt hat.

214 Vgl. auch The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 495 seq.

§ 14. Die actio contraria

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2. Die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung a. Rechtsnatur, Gegenstand und Reichweite § 684 S. 2 BGB betrifft unmittelbar den Fall, dass sich der Geschäftsherr nachträglich mit der Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer einverstanden erklärt. Mit der Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung ersetzt der Geschäftsherr die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB; der Geschäftsführer kann nunmehr Ersatz aller Aufwendungen, die er für erforderlich halten durfte, ebenso verlangen (actio contraria), als wenn die Übernahme der Geschäftsführung von Anfang an dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entsprochen hätte215. Keinesfalls hat die Genehmigung zur Folge, dass sich die Geschäftsführung nachträglich in ein vertragliches Auftragsverhältnis verwandelt. Bereits oben wurde eingehend dargelegt, dass das deutsche BGB oder auch die geschäftsführungsrechtliche Regelung des Book V des DCFR der weitergehenden, im älteren zivilrechtlichen und naturrechtlichen Schrifttum weit verbreiteten Lehre, dass durch die Genehmigung die negotiorum gestio sich in ein mandatum verwandle216, zu Recht nicht gefolgt sind (siehe § 4). Die Genehmigung des Geschäftsherrn (ratihabitio) macht eine inutile Geschäftsführung entsprechend § 184 BGB rückwirkend zu einer nützlichen Geschäftsführung (§§ 684 S. 2, 683 BGB; Art. V. – 1:101 (1)(b) DCFR), begründet aber kein Vertragsverhältnis zwischen den Parteien 217. Zwar geht die Lehre in anderen Ländern teilweise andere Wege218; das Schweizer und das italienische Recht ordnen sogar ausdrücklich für den Fall der ratihabitio die Anwendung des Auftragsrechts an 219, doch führt das – auf dogmatischer Ebene – kaum zu überzeugenden Ergebnissen. Die Vertragskonstruktion muss als Erklärungsmodell schon versagen, worauf schon Vinnius hingewiesen hat, wenn auf der Seite des Geschäftsführers ein Geschäftsunfähi-

215

BGHZ 128, 210 (213), Urt. v. 16. 12. 1994 – V ZR 177/93. Vgl. zum Meinungsstand v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VI; Cujas, Praelectiones in Tit. D. de diversis regulis juris antiqui, Ausgabe von 1594, Lex LX (mandati); Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 87 seqq.; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. 5 § 14; Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 690. Zum Verhältnis der ratihabitio zum Mandat im römischen Recht: Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 69 ff. 217 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. F 56 seq. (p. 123 seq.); v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 983 f.; Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 4; Planck/Lobe4 (1928) § 684 Anm. 2. Für die älteren Juristen: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. VI; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § X. 218 Vgl. Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Les Obligations2 , 2005, n°1022, 1026. 219 Art. 2032 CC (Italien); Art. 424 OR (Schweiz). 216

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

ger agiert220. Allerdings – und dies sei der gegenläufigen Lehre zugestanden – ist es möglich, dass die Genehmigung der bisherigen auftraglosen Geschäftsführung mit einem rechtsgeschäftlichen Auftrag für den noch folgenden Teil des Geschäfts verbunden wird221. Aufgrund der Vertragsfreiheit können die Parteien auch über eine bereits beendete Geschäftsführung ohne Auftrag einen „nachträglichen Auftrag“ erteilen, in dem Sinne, dass sie vereinbaren, dass sich Rechtsfolgen abweichend vom Gestionsrecht nach Auftragsrecht richten sollen 222. All das ist quaestio facti223. Die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung setzt überhaupt voraus, dass eine echte fremdnützige Geschäftsführung für einen anderen vorgelegen hat 224. Fehlt es hieran, weil der Geschäftsführer, statt in Geschäftsführungsabsicht für einen anderen lediglich in eigennütziger Weise für sich selbst tätig geworden ist, so ist eine Genehmigung iSd § 684 S. 2 BGB nicht möglich. Insbesondere kann durch die Genehmigung eigennützigen Verhaltens nicht nachträglich eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag begründet werden 225. Die weiteren Rechtsfolgen bestimmen sich vielmehr nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB), ggf. nach dem Recht der Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB). Selbstverständlich sind die Parteien aber nicht gehindert, durch besonderen Vertrag die Anwendung der Vorschriften des Mandats oder der negotiorum gestio zu vereinbaren. In der „Genehmigungserklärung“ des Dominus kann ein Angebot auf Abschluss eines solchen Vertrages liegen. Allerdings wird ein solcher Vertragsschluss nicht ohne weiteres im Interesse des Gestors liegen: es wird zu differenzieren sein: war der Gestor in Wirklichkeit Geschäftsanmaßer (§ 687 Abs. 2 BGB), verbessert sich seine Rechtssituation, da sein Aufwendungsersatzanspruch nicht mehr auf die tatsächlichen Vorteile des Geschäftsherrn beschränkt ist (§§ 687 Abs. 2 220 Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, Continuatio, Comment. § 3. Daher geht die Schweizer Lehre heute überwiegend davon aus, dass die Anwendung der auftragsrechtlichen Vorschriften im Fall der ratihabitio nicht auf übereinstimmenden Willenserklärungen der Parteien fußt (Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 703). Allerdings ist nach der gesetzlichen Regelung des italienischen Recht (Art. 2029 CC) die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsführers Entstehungsvoraussetzung der Gestion. Die italienische Lehre ist jedoch um eine Einschränkung der Vorschrift bemüht, etwa in dem Sinne, dass sich die Vorschrift nur auf Geschäftsführungen beziehe, die in der Vornahme von Rechtshandlungen besteht, oder einige Autoren wollen gleich dem deutschen § 682 BGB den art. 2029 CC nur auf die actio directa anwenden; vgl. dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 2:102 Not. 39 (p. 241); Kindler, Einführung in das italienische Recht, 1993, § 16 Rn. 8. 221 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. F 59 (p. 123 seq.); Art. 2:101, Comment. D 16 (p. 215) will die Begründung eines Vertrages bereits darin sehen, dass der Gestor nach einer entsprechenden Aufforderung des Geschäftsherrn die Geschäftsführung fortsetzt. 222 Siber, Die schuldrechtliche Vertragsfreiheit, JherJb 70 (1921), 223 (258). 223 Dies kommt der Lehre von Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. 5 § 14 nahe, der sich gegen jede schematische Entscheidung der Frage, ob die Genehmigung der Geschäftsführung zu einem Mandat führt, entschied, sondern vielmehr auf den Willen der beteiligten Parteien abstellte. 224 BGHR BGB § 677 Erbensucher 1, Beschl. v. 26. 4. 1990 – III ZR 294/88; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 130. 225 RGZ 105, 84 (92), Urt. v. 26. 6. 1922 – VI 788/21.

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S. 2, 684 S. 1 BGB); hat der Gestor aber irrtümlich ein fremdes Geschäft geführt (§ 687 Abs. 1 BGB), kann sich seine Situation auch verschlechtern, da er nunmehr entgegen der grundsätzlichen Wertung der §§ 987 ff., 812 ff. 823 ff. BGB auch zur Herausgabe eines Gewinns verpflichtet ist.

Die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung hat Rückwirkungen auf die Ansprüche des Geschäftsherrn (actio directa). Mit der Genehmigung gem. § 684 S. 2 BGB entfällt der Anspruch aus § 678 BGB wegen Übernahmeverschuldens. Die – wenn auch nachträgliche – Zustimmung beseitigt (mit Rückwirkung) den Widerspruch der Geschäftsführung zum Willen des Geschäftsherrn 226. Der Geschäftsherr würde auch nicht wie ein vir bonus handeln (§ 242 BGB) und gegen die Grundwertungen des Schadensrechts verstoßen (§§ 249 ff. BGB), wenn er zB in dem oben genannten Beispielsfall der Fortführung der Schweinemast den Gewinn aus der Fortführung seines bäuerlichen Betriebs fordern würde, aber gleichzeitig den zwangsläufig aus der Übernahme der Schweinemast entstandenen Schaden liquidieren will (siehe § 12 II): anerkennt der Geschäftsherr, dass der wirtschaftliche Erfolg des Geschäftsführers sein Erfolg ist, so muss er auch anerkennen, dass ein damit zusammenhängender wirtschaftlicher Verlust sein Verlust ist. Die Schwierigkeit liegt also hier nicht auf der dogmatischen Ebene von der Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung im Einzelfall auf den Ausschluss des Tatbestandes des § 678 BGB wegen Übernahmeverschuldens zu schließen, sondern in der im Einzelfall schwer zu klärenden Frage, ob gerade im konkreten Herausgabeverlangen eine Genehmigung der Geschäftsführung als solcher liegt. Im Grundsatz ist die Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsherrn (§ 684 S. 2 BGB) als solche ohne Einfluss auf eine Haftung des Geschäftsführers nach §§ 677, 280 BGB wegen Ausführungsverschuldens227. Die Genehmigung der Übernahme hat nicht per se zur Folge, dass der Anspruch wegen Ausführungsverschuldens wegfällt. Selbstverständlich hat der Geschäftsherr es auch in der Hand, nicht nur die Übernahme, sondern auch die Durchführung der Geschäftsbesorgung zu genehmigen. Ob er das will, ist eine quaestio facti228. Keinesfalls lässt sich die Regel aufstellen, dass der Geschäftsherr bei einschränkungslos erteilter Genehmigung auch eine unsachgemäße Durchführung billigen will229. Anzunehmen ist eher das Gegenteil: es 226

BGHZ 128, 210 (213), Urt. v. 16. 12. 1994 – V ZR 177/93; OLG München WM 1999, 1878, Urt. v. 19. 5. 1998 – 5 U 6051/97; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 17; Oertmann2 (1929) § 684 Anm. 2; Palandt/Sprau 68 (2009) § 684 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 5; vgl. schon: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 983; krit: MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 15. 227 Oertmann 2 (1929) § 684 Anm. 2. 228 Mugdan II, S. 484 f. (Motive), 1202 (Protokolle); schon: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 983. 229 AA: Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 4: im Zweifel beziehe sich die Genehmigung der Übernahme auch auf die Genehmigung der Durchführung.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

muss schon ein triftiger Grund vorliegen, aus dem zu folgern ist, dass der Dominus auch auf seine Ansprüche aus Ausführungsverschulden „verzichten“ will. Niemand hat etwas zu verschenken. Eine Genehmigung der Übernahme, ja selbst der Durchführung der Geschäftsführung bedeutet nicht ohne weiteres die Genehmigung eines vom Geschäftsführer mit einem Dritten im Namen des Geschäftsherrn geschlossenen Vertrages iSd § 177 BGB oder einer im eigenen Namen getätigten Verfügung gem. § 185 BGB230. Ob Entsprechendes gewollt ist, ist Frage des Einzelfalls. Verlangt etwa der Geschäftsherr einen vom Geschäftsführer durch die Veräußerung einer Sache des Geschäftsherrn erzielten Gewinn heraus, so liegt darin natürlich zugleich die Genehmigung der nichtberechtigten Verfügung des Geschäftsführers gem. § 185 BGB.

b. Die Genehmigungserklärung Auf die Genehmigung als die nachträgliche Zustimmung zur Geschäftsführung finden die §§ 182 ff. BGB entsprechende Anwendung231. Eine unmittelbare Anwendung scheidet aus, weil es sich bei der Geschäftsführung ohne Auftrag weder um einen Vertrag noch um ein einseitiges Rechtsgeschäft handelt. Die Genehmigung kann ausdrücklich oder auch konkludent erfolgen232. Dies bereitet auf theoretischer Ebene angesichts der allgemein anerkannten und auch naturrechtlich unterfütterten Gleichwertigkeit von ausdrücklicher und stillschweigender Willenserklärung keine Schwierigkeiten: „Cum modus declarandi volantatis ipfum actum non variet; Consensus tacitus non minus verus Consensus est, quam expressis“233. Problematisch wird es dagegen, wenn im Einzelfall darüber zu entscheiden ist, ob in der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs eine Genehmigung der Geschäftsführung liegt. Dazu wurde oben das Notwendige gesagt (siehe § 12 II). Verwandt dazu – aber doch streng zu trennen vom Bereich der konkludenten (stillschweigenden) Willenserklärung – ist die Frage, ob im Schweigen des Dominus eine Genehmigung gesehen werden kann. Im Verlaufe dieser Arbeit wurde bereits mehrmals die ältere Lehre vorgestellt, dass der Tatbestand der negotiorum gestio die Abwesenheit oder Unwissenheit des Prinzipals voraussetze: sei der Geschäftsherr nämlich anwesend, so komme ein mandatum expressum 230 Vgl. RG, HRR 1935 Nr. 103, Urt. v. 17. 9. 1934 – VI 3/34; Palandt/Sprau 68 (2009) § 684 Rn. 2; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 19; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 4. 231 BGH LM BGB § 684 Nr. 5, Urt. v. 14. 2. 1989 – XI ZR 141/88; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 13; Oertmann2 (1929) § 684 Anm. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 4. Sie ist auch dann entsprechend § 182 Abs. 2 BGB formlos, wenn ein entsprechender Auftrag formgebunden wäre. 232 Motive, Mugdan II, S. 485; anders noch Pr. ALR I 13 § 239, wo eine ausdrückliche Genehmigung verlangt wurde. 233 Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Ausgabe von 1761, § 27.

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vel saltem tacitum zustande234. Diese Auffassung wurde bereits zurückgewiesen. Eine ähnliche Auffassung wird noch heute für die ratihabitio vertreten. Lässt der anwesende Geschäftsherr die auftragslose Geschäftsführung geschehen, ohne ihr zu widersprechen, so liege darin eine Genehmigung der Übernahme der Geschäfte durch den Gestor235; ebenso genehmige der Geschäftsherr, der auf eine Anzeige des Geschäftsführers gem. § 681 S. 1 BGB schweige236. Zutreffend ist das freilich nicht. Denn den Geschäftsherrn trifft grundsätzlich keine Sorgfalts- oder sonstige Rechtspflicht, den Geschäftsführer von einer unerwünschten – und von ihm (dem Geschäftsherrn) nicht veranlassten – Geschäftsführung abzuhalten 237. Daher kann sein Schweigen zur Geschäftsführung auch nicht als Zustimmung verstanden werden. Keinesfalls kann auf den Gedanken des § 151 S. 1 BGB abgestellt werden. Man sagt zwar, dass in Fällen, in denen der Empfänger lediglich einen rechtlichen Vorteil aus dem angebotenen Vertrag zieht, der Zugang seiner Annahmeerklärung entbehrlich ist. Das passt aber nicht auf die genehmigungsbedürftige, d.h. inutile Geschäftsführung. Hier ist gerade eine ausdrückliche Genehmigung zu erwarten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass das Schweigen des Geschäftsherrn (und damit das Nichterteilen einer Genehmigung) geschäftsführungsrechtlich irrelevant wäre. Der richtigen Einordnung des Schweigens des Dominus kann man sich nähern, wenn man sich die Vorschriften des Art. V. – 1:101 (1)(b) DCFR und des Art. 6:202 Satz 2 BW (Holland) vor Augen hält. V. – 1:101 DCFR. Intervention to benefit another. (1) This Book applies where a person (the intervener) acts with the predominant intention of benefiting another (the principal) and: (a) the intervener has a reasonable ground for acting; or (b) the principal approves the act without such undue delay as would adversely affect the intervener. (2) … Art. 6:202 BW. Heeft iemand die is opgetreden ter behartiging van eens anders belang, zich zonder redelijke grond daarmede ingelaten of dit belang niet naar behoren behartigd, dan kan de belanghebbende door goedkeuring van het optreden zijn bevoegd-

234

Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § VIII; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 9 seqq.; Vinnius/Heineccius, In quatuor libros institutionum imperialium commentarius academicus et forensic II, Ausgabe von 1704, Lib. III Tit. XXVIII, de negotiorum gestione, Not. § 1. 235 Motive, Mugdan II, S. 485; Soergel/Beuthien12 (1999) § 684 Rn. 4. 236 Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 1 b = S. 636 Fn. 33; OLG München, WM 1999, 1878, Urt. v. 19. 5. 1998 – 5 U 6051/97. 237 BGH NJW 1959, 2163 f., Urt. v. 13. 10. 1959 – VIII ZR 193/58; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 684 Rn. 16.

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heid prijsgeven jegens hem het gebrek in te roepen. Aan de belanghebbende kan door hem een redelijke termijn voor de goedkeuring worden gesteld.

Nach Art. V. – 1:101 (1)(b) DCFR wird – auf dem Boden der Lehre der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag – bei „unvernünftiger“ Geschäftsführung das Schuldverhältnis der benevolent intervention nur begründet, wenn der Geschäftsherr ohne vermeidbare Verzögerung, die den Gestor benachteiligt, die Geschäftsführung genehmigt. Nach Art. 6:202 Satz 2 BW kann der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn eine angemessene Frist zur Genehmigung setzen. Sowohl die Comments zu den PEL Ben. Int. als auch die Begründung zu Art. 6:202 BW verweisen zur Begründung dieser Regelungen auf den selben Fall: der Geschäftsführer hat für den Dominus im eigenen Namen (mittelbare Stellvertretung) einen Gegenstand gekauft; berühmt ist das bereits oben vorgestellte Lehrbuchbeispiel, dass der Geschäftsführer für seinen Freund eine von diesem vermeintlich seit langem gesuchte Briefmarke, die er zufällig in einem Geschäft sieht, kauft. Hier hat der Geschäftsführer in der Tat ein Interesse an einer schnellen Genehmigung: will der Geschäftsherr die Briefmarke nicht haben, also die Geschäftsführung nicht genehmigen, so muss der Gestor sie anderweitig absetzen können, ohne Gefahr zu gehen, später gem. §§ 280, 283 BGB wegen Unmöglichkeit der Erfüllung der Herausgabepflicht in Anspruch genommen zu werden 238. Dieser Gedanke ist auf das deutsche Recht zu übertragen. Gibt der informierte Geschäftsherr nicht innerhalb einer angemessenen Frist eine Genehmigungserklärung ab, kann er die Herausgabe solcher Gegenstände, in deren Herausgabeverlangen eine Genehmigung der Übernahme der Geschäftsführung liegen würde, nicht mehr fordern. Hier sieht man zudem, dass der alte Lehrsatz, dass die Genehmigung wie ihre Verweigerung unwiderruflich sind, auch im Gestionsrecht ihren Platz haben239.

V. Animus donandi 1. Ex pietate et animo donandi Schließlich ist die actio contraria ausgeschlossen, wenn der Gestor ex animo donandi handelte240. Die römischen Quellen kennen zahlreiche Fälle, in denen die amicitia paterna, die affectio oder pietas den Aufwendungsersatzanspruch des

238 Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. F 57 (p. 123); The Netherlands Ministry of Justice, The Netherlands Civil Code, Book 6, 1977, p. 496. 239 Vgl. BGH, LM BGB § 684 Nr. 5, Urt. v. 14. 2. 1989 – XI ZR 141/88; MünchKomm/ Seiler 5 (2009) § 684 Rn. 13. 240 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IV, X.

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Geschäftsführers ausschließen241. Als Einführung mag das etwas längere Fragment Paulus, Dig. 3, 5, 33 (de negotiis gestis) dienen: Paulus, Dig. 3, 5, 33 (de negotiis gestis): „…Avia nepotis sui negotia gessit: defunctis utrisque aviae heredes conveniebantur a nepotis heredibus negotiorum gestorum actione: reputabant heredes aviae alimenta praestita nepoti. Respondebatur aviam iure pietatis de suo praestitisse: nec enim aut desiderasse, ut decernerentur alimenta, aut decreta essententiarum praeterea constitutum esse dicebatur, ut si mater aluisset, non posset alimenta, quae pietate cogente de suo praestitisset, repetere. Ex contrario dicebatur tunc hoc recte dici, ut de suo aluisse mater probaretur: at in proposito aviam, quae negotia administrabat, verisimile esse de re ipsius nepotis eum aluisse. Tractatum est, numquid utroque patrimonio erogata videantur. Quaero quid tibi iustius videatur. Respondi: haec disceptatio in factum constitit: nam et illud, quod in matre constitutum est, non puto ita perpetuo observandum. Quid enim si etiam protestata est se filium ideo alere, ut aut ipsum aut tutores eius conveniret? Pone peregre patrem eius obisse et matrem, dum in patriam revertitur, tam filium quam familiam eius exhibuisse: in qua specie etiam in ipsum pupillum negotiorum gestorum dandam actionem divus Pius Antoninus constituit. Igitur in re facti facilius putabo aviam vel heredes eius audiendos, si reputare velint alimenta, maxime si etiam in ratione impensarum ea rettulisse aviam apparebit. Illud nequaquam admittendum puto, ut de utroque patrimonio erogata videantur“.

In dem von Paulus mitgeteilten Fall geht es (leicht vereinfacht) um folgenden Sachverhalt: eine Großmutter hatte umfassend Geschäfte für ihren Enkel besorgt und ihm auch Unterhalt gewährt. Beide sind mittlerweile verstorben. Die Erben des Enkels gehen nunmehr mittels der actio negotiorum gestio directa gegen die Erben der Großmutter vor. Die Erben der Großmutter berufen sich dagegen auf die Unterhaltszahlungen und verlangen deren „Vergütung“. Hierauf machen die Erben des Enkels geltend, es sei bereits (durch kaiserliches Reskript) geklärt, dass eine Mutter den Unterhalt nicht zurückfordern könne, da sie ihn aus verwandtschaftlichem Pflichtgefühl heraus geleistet habe. Die Enkel der Großmutter erwiderten, dass dies (Zahlung aus familiärer Liebe) erst bewiesen werden müsse, da die Großmutter auch die übrigen Geschäfte für ihren Enkel auf dessen Rechnung erledigt habe. Paulus entschied den Fall gutachtlich dahin, dass es auf die tatsächlichen Umstände ankomme, also ob die Großmutter ex pietate handeln wollte oder ob sie sich den Rückgriff vorbehalten wolle. Denn auch die (kaiserliche) Entscheidung stehe dem Anspruch einer Mutter nicht entgegen, wenn diese ausdrücklich erkläre, dass sie Unterhalt nur gewährt unter dem Vorbehalt, den Sohn deswegen später in Anspruch zu nehmen242. Zudem sei eine Großmutter nicht schlechthin verpflichtet, ihren Enkel „ohne Vergütung“ zu unterhalten, so etwa, wenn der Enkel eigenes Vermögen habe. Es ist also entscheidend, ob die Großmutter sich eine Vergütung ausdrücklich bedun241 Paulus, Dig 3, 5, 33 (de negotiis gestis); Ulpian, Dig. 3, 5, 43 (de negotiis gestis); Severus/ Antoninus, C. 2, 18, 1 (de negotiis gestis); Alexander Severus, C. 2, 18, 11 (de negotiis gestis). 242 Vgl. Alexander Severus, C. 2, 18, 11 (de negotiis gestis).

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gen hat oder – damit gleichbedeutend – über die Zahlungen förmlich Rechnung geführt hat. Die älteren Juristen haben aus diesem Reskript und den weiter einschlägigen Fragmenten hieraus die allgemeine Regel abgeleitet, dass die actio contraria ausgeschlossen ist, wenn der Gestor ex animo donandi handelte243. Allerdings sei im Allgemeinen ein animus donandi grundsätzlich nicht zu vermuten. Anders sei es nur, wenn nahe Verwandte, insbesondere die leiblichen Eltern für ihre Kinder, oder auch die Ehegatten untereinander etwas für den anderen verwenden. Aber auch diese Regelvermutung könne widerlegt werden, wenn der verwandtschaftliche Geschäftsführer zeige, dass er nicht ex pietate, sondern mit animus recipiendi handelte244. Dieses Verhältnis von Regelvermutung und Ausnahme liegt noch heute der Vorschrift des § 685 BGB zugrunde. Misslungen ist aber die Fassung der Vorschrift. In missverständlicher Formulierung heißt es im ersten Absatz, dass dem Geschäftsführer die actio contraria nicht zustehe, „wenn er nicht die Absicht hatte, von dem Geschäftsführer Ersatz zu verlangen“. Der Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsführers gem. §§ 683, 684 BGB (actio contraria) folgt aber unmittelbar aus dem Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag. Wie ein Gewinn nicht sein Gewinn ist, sondern dem Geschäftsherrn zusteht, hat dieser umgekehrt die korrespondierenden Kosten zu tragen. Der fremdnützige Charakter der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet den Aufwendungsersatzanspruch und steht ihm nicht entgegen245. Um es mit den klaren Worten von Kohler auszudrücken: altruistisches Handeln ist kein karitatives Handeln 246. Von daher ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die besondere Feststellung der Absicht, vom Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen (animus recipiendi), keine positive Anspruchsvoraussetzung der actio contraria des Gestors ist. Es ist genau umgekehrt: der animus donandi ist ein negatives, die actio contraria des Geschäftsführers ausschließendes Tatbestandsmerkmal 247. Richtig heißt es etwa bei Ulpian, Dig. 3, 5, 4 (de negotiis gestis): „et verum est negotiorum gestorum eum agere posse, nisi donandi animo fideiussit“. § 685 Abs. 1 BGB ist daher vom Kopf auf die Füße zu stellen und wie folgt zu lesen: der An243 Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § IV, X. 244 Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) § IX seq. (Heckenberg); Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 11. Vgl. auch Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 9, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 448. 245 Auch Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 29. 246 Kohler, Die Menschenhülfe im Privatrecht, JherJb 25 (1887), 1 (115 Fn. 2). 247 Motive, Mugdan II, S. 482; BGH, NJW 1985, 313 (314), Urt. v. 10. 10. 1984 – VIII ZR 152/83; BGHZ 38, 302 (304 f.), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; RGZ 88, 21 (29), Urt. v. 12. 1. 1916 – V 262/15; Wacke, Donatio non praesumitur, AcP 191 (1991), 1; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 167 3 = S. 706; Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 1; Planck/ Lobe4 (1928) § 685 Anm. 1.

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spruch des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn er die Absicht hatte, keinen Ersatz zu verlangen. Insoweit ist Art. V. – 3:104 (1) DCFR mustergültig formuliert. Art. V. – 3:104 DCFR. Reduction or exclusion of intervener’s rights. (1) The intervener’s rights are reduced or excluded in so far as the intervener at the time of acting did not want to demand indemnification, reimbursement, remuneration or reparation, as the case may be. (2) …

§ 685 Abs. 2 BGB greift nun den zweiten Teil der überkommenen Lehre auf und positiviert im Anschluss an die römischen Quellen eine Vermutungsregel für das Vorliegen einer Schenkungsabsicht für den Fall, dass Eltern oder Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt gewähren248.

2. Animus donandi a. Das normative Verständnis der Geschäftsführungsabsicht Man darf sich vom schillernden Begriff des animus donandi nicht verwirren lassen. Wie beim Begriff der Geschäftsführungsabsicht geht es auch der Schenkungsabsicht nicht um einen natürlichen, empirisch nachweisen Willen oder gar – wie heute behauptet wird – um einen rechtsgeschäftlichen oder geschäftsähnlichen Willen des Geschäftsherrn. Die herrschende Lehre ist allerdings von dieser Erkenntnis noch weit entfernt. Vielmehr versucht sie die Problematik – insoweit allerdings konsequent – entsprechend ihrem tradierten Verständnis des Fremdgeschäftsführungswillens zu behandeln. Kurzerhand zerlegt sie in psychologischer Manier den animus donandi in ein kognitives und ein volitives Element: einmal das Wissen des Geschäftsführers um seine möglichen Ansprüche, zum anderen sein Wille (Schenkungsabsicht i.e.S.), diese Ansprüche nicht geltend zu machen249. Hat sich der Geschäftsführer auf der kognitiven Ebene überhaupt keine Gedanken gemacht, so kommt nach hM eine Anwendung des § 685 BGB insoweit überhaupt nicht in Betracht250. Die eigentliche Schenkungsabsicht i.e.S. wird schließlich, wenn auch nicht sogar als Willenserklärung, so doch als rechtsgeschäftliche Willensbetätigung begriffen 251. Der dahinter stehende Gedanke ist klar. Man will zum Schutze des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsführers zu einer Anwendung der §§ 104 ff. BGB – insbesondere von 248

Vgl. schon: Pr. ALR I 11 § 1042. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 3. 250 Vgl. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 3. 251 MünchKomm/Seiler4 § 685 Rn. 5; Soergel/Beuthien12 (1999) § 685 Rn. 3; aA: Oertmann2 (1929) § 685 Anm. 1: kein Willensgeschäft, sondern tatsächlicher Vorgang. 249

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§ 111 BGB – kommen. Bei einem nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsführer tritt damit an die Stelle seiner Schenkungsabsicht die seines gesetzlichen Vertreters und zwar auch dann, wenn für die Geschäftsbesorgung selbst die Willensentschließung des nicht voll Geschäftsfähigen maßgebend ist252. Zutreffend ist die tradierte Lehre nicht. Die Schenkungsabsicht bestimmt sich nicht nach einem empirisch festzustellenden, natürlichen Willen des Geschäftsführers; mangels jeder willensmäßiger Verankerung geht es auch nicht um einen rechtsgeschäftlichen Willen. Beim animus donandi handelt es sich – ebenso wie bei der Geschäftsführungsabsicht – um ein ausschließlich normatives Tatbestandsmerkmal. Entscheidend ist, ob nach dem sozialen Sinn der Handlung unter umfassender Berücksichtigung materiellrechtlicher, auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts stehender Wertungen ein Verzicht des Geschäftsführers auf Liquidierung seiner Aufwendungen geboten ist. Im Einzelnen gilt für die normative Natur der Schenkungsabsicht alles das, was oben bereits für die normative Natur der Geschäftsführungsabsicht entwickelt wurde (siehe § 2 VI, § 8 V 2). Die normative Dimension des Anspruchsausschlusses wird bereits in den kaiserlichen Reskripten deutlich. So heißt es etwa in Severus/Antoninus, C. 2, 18, 1 (de negotiis gestis)253: Severus/Antoninus, C. 2, 18, 1 (de negotiis gestis): „Cum tutores filiorum tuorem suspectos faceres eisdemque tutores seu curatores peteres, munere pietatis fungebaris: quae causa non admittit negotiorum gestorum actionem, ut sumptus, quos in ea lite fecisti, repetere possis, cum etiam, si quis pro adfectione eos petere potest“.

Der Vater verklagte die in Verdacht geratenen Vormünder seines Sohnes und erwirkte die Bestellung eines neuen Tutors. Die Klage des Vaters auf Ersatz seiner Prozesskosten gegen seinen Sohn wurde abgewiesen, weil der Vater ex pietate gehandelt hatte. Tragendes Element der Entscheidung ist nicht ein – wohl kaum vorhandener – natürlicher Schenkungswille, sondern die Wertung, dass für Aufwendungen innerhalb engster verwandtschaftlicher Beziehungen kein Ersatz zu verlangen ist. Bei der Bestimmung des animus donandi ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis zu beachten: der Aufwendungsersatz ist die im Subordinationscharakter der Geschäftsführung ohne Auftrag angelegte Regel; der vollständige oder auch nur teilweise Ausschluss der actio contraria ist die im Einzelfall besonders zu begründende Ausnahme, denn donatio non praesumitur 254. Allerdings geht es hier nicht um die Zuweisung einer unmittelbaren Darlegungs- oder Beweislast: 252 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 6. Entsprechend der Einordnung der Schenkungsabsicht als Willensbetätigung fordert die hM zudem, dass der Geschäftsführer seine Geschäftsführungsabsicht auf irgendeine Weise nach außen zum Ausdruck gebracht hat (Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 1; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 685 Rn. 4; Planck/Lobe4 (1928) § 685 Anm. 1). 253 Vgl. auch Alexander Severus, C. 2, 18, 11 (de negotiis gestis). 254 Wacke, Donatio non praesumitur, AcP 191 (1991), 1.

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ein normatives Tatbestandsmerkmal lässt sich nicht unmittelbar beweisen. Es geht vielmehr um die Verteilung der Argumentationslast. Nur aus gutem Grund darf von der grundsätzlichen Kostenzuweisung an den Dominus abgewichen werden. Nur mittelbar ist die Darlegungs- und Beweislast von Bedeutung, wenn es darum geht, besondere Umstände vorzutragen, aus denen sich eine entsprechende Wertung herleiten lässt. Über den animus donandi entscheiden mithin materielle, auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts stehende Wertungen. Allerdings darf nicht allzu leicht auf einen Ausschluss des Aufwendungsersatzes geschlossen werden; alleine larmoyante Moralvorstellungen einer Gesellschaft ohne Selbstbewusstsein, kritischer „Zeitgeist“ oder diffuse Vorstellungen von sozialer Gerechtigkeit reichen nicht, den Grundsatz donatio non praesumitur beiseite zu schieben. Notwendig ist ein Überwiegen von in der Rechtsordnung nachweisbaren Wertvorstellungen. Es ist eine umfassende Abwägung vorzunehmen, in der auch die Bedeutung der Sache für Gestor und Dominus, die Vermögensverhältnisse und auch die Möglichkeit eines Rückgriffs gegen einen vielleicht primär verpflichteten Dritten miteinzustellen ist. Nicht notwendig sind überhaupt Alles-oder-Nichts-Lösungen. Der animus donandi kann sich auf alle erforderlichen Aufwendungen beziehen, er kann aber auch nur die zu erwartenden, gewöhnlichen Aufwendungen erfassen und Ersatzansprüche wegen risikotypischer Begleitschäden auslassen. Grundsätzlich nicht von der Schenkungsabsicht erfasst werden Ansprüche auf Rückgabe von Gegenständen des Gestors, die dieser dem Dominus zum Zwecke der Geschäftsführung überlassen hat: im „Verzicht“ auf den Aufwendungsersatzanspruch für eingetretene Verluste (§§ 256 f. BGB) liegt keine faktische Schenkung noch nicht verlorener Gegenstände des Geschäftsführers255. Naheliegend ist eine Schenkungsabsicht – auch außerhalb der auf Unterhaltsleistungen beschränkten Vermutung des animus donandi durch § 685 Abs. 2 BGB – vor allem im Eltern-Kind-Verhältnis256, wobei aber natürlich wegen des subsidiären Charakters der negotiorum gestio überhaupt zu prüfen ist, wie weit angesichts der familienrechtlichen Spezialregelungen ein Rückgriff auf §§ 677 ff. BGB möglich ist. Der besondere Charakter dieses Verhältnisses hat etwa in den Vorschriften der §§ 685 Abs. 2, 1620 BGB und allen voran Art. 6 GG eine besondere positiv- und verfassungsrechtliche Verankerung gefunden. Vollkommen zu Recht hat daher der BGH einen animus donandi angenommen in einem Fall, in dem ein Sohn seinen Vater vor einem tätlichen Angriff geschützt hat und

255 Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 159 f. Nicht erfasst von der Einwendung des § 685 BGB werden Ansprüche, die dem Geschäftsführer nur gelegentlich der Geschäftsführung entstanden sind (BGB-RGRK/ Steffen12 (1978) § 685 Rn. 1). 256 Vgl. BGHZ 38, 302 (305), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; aber auch RGZ 74, 139 (140 f.), Urt. v. 30. 6. 1910 – VI 400/09.

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dabei geringfügig verletzt wurde257. Entscheidend sind aber, wie auch der BGH zu Recht betont, die Umstände des Einzelfalles: je schwerer die zu erwartenden Verletzungen, desto schwerer wird die Begründung des animus donandi. Auf den ersten Blick scheint man aus § 685 BGB auch Honig für die schwierigen Abwicklungsprobleme im Recht der Abwicklung gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaften saugen zu können. Den Comments zu den PEL Ben. Int. scheint dies in der Tat auch vorzuschweben. Hier findet sich das Beispiel, dass die Partnerin, die während des gemeinsamen Zusammenlebens die Wohnung verschönert und deren Wert erhöht hat, nach Beendigung der Beziehung keinen Ausgleich (nach Geschäftsführungsregeln) fordern darf: letztlich habe sie aus Freundschaft, also mit animus donandi gehandelt258. In der Tat scheint die Möglichkeit des Rückgriffs auf § 685 BGB (Art. V. – 3:103 (1) DCFR) verlockend, eröffnet die Vorschrift dem Richter doch einen weiten Beurteilungsspielraum bei der Abwicklung gescheiterter nichtehelicher Lebensgemeinschaften und verhindert Alles-oder-Nichts-Lösungen. Und doch wird in den meisten Fällen ein Rückgriff auf Geschäftsführungsrecht zur Begründung (§ 683 BGB) oder Begrenzung (§ 685 BGB) von Ansprüchen zum Ausgleich von gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen nicht in Betracht kommen. Dies liegt freilich nicht darin, dass in der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung – wie das OLG Saarbrücken meint – ein eigenes Geschäft liegt 259. Für den Tatbestand der Geschäftsführung kommt es gar nicht darauf an, dass der Gestor ein fremdes Geschäft führt: entscheidend ist, dass er das Geschäft für einen anderen führt (Subordination). An einer Subordination fehlt es aber bei „gemeinschaftsbezogenen“ Zuwendungen. Vollkommen zutreffend betont der BGH (nunmehr) den kooperationsbezogenen Charakter dieser Leistungen260. Bei gemeinschaftsbezogenen Zuwendungen steht nicht der Gedanke der Subordination, sondern der Gedanke des gemeinsamen Zweckes im Vordergrund 261. Auf die Abwicklung von (gesellschaftsrechtlichen oder gesellschaftsähnlichen) Kooperationsverhältnissen sind die §§ 677 ff. BGB aber nicht zugeschnitten. Übertragen auf die geschäftsführungsrechtliche Dogmatik bedeutet das, dass der zuwendende Partner ohne Geschäftsführungsabsicht handelt. Zutreffend spricht der zuständige XII. Senat geschäftsführungsrechtliche Ausgleichsansprüche nicht mehr an, sondern sucht die Lösung im Gesellschaftsrecht, sowie im Recht der ungerechtfertigten Bereicherung und den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (bei gleichzeitiger Annahme eines stillschweigend geschlosse257 BGHZ 38, 302 (305 f.), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; krit: Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 1. 258 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. A 1 (Illustration 1) (p. 285). 259 OLG Saarbrücken, DAR 2002, 70, Urt. v. 27.6.2001 – 9 U 886/00. 260 Vgl. nur BGH, NJW 2008, 3277 (Rn. 42 f.), Urt. v. 9.7.2008 – XII ZR 179/05. 261 Vgl. Lipp, Ausgleichsansprüche zwischen den ehemaligen Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, JuS 1982, 17 (20 f.).

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nen Kooperationsvertrages)262. Allerdings können Geschäftsführungsleistungen, die an den Partner erbracht werden und nicht den Charakter einer gemeinschaftsbezogenen Zuwendung haben, sich im Einzelfall als vertraglicher Auftrag oder aber auch als Geschäftsführung ohne Auftrag darstellen. Keinesfalls lässt sich in diesen Fällen die Einschlägigkeit der §§ 677 ff. BGB mit dem pauschalen Argument verneinen, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine Berechtigung iSd § 677 BGB sei, der leistende Partner also nicht „ohne Auftrag“ handele263. Denn der Rückgriff auf die Geschäftsführungsregel bleibt, wie oben eingehend dargestellt, auch bei Ermächtigung zum Handeln möglich, solange die Parteien keine abweichende oder abschließende Regelung getroffen haben (siehe § 9). Hiervon kann aber bei einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft, soweit nicht gemeinschaftsbezogenen Aufwendungen betroffen sind, nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Allerdings bleibt hier in jedem Fall genau zu prüfen, ob der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vielleicht deswegen ausscheidet, weil das wahrgenommene Geschäft aufgrund seines „Gewichts“ überhaupt im außerrechtlichen, sozialen Bereich bleibt. Sind dann aber einmal in der Tat alle tatbestandlichen Hürden überwunden, so kann grundsätzlich § 685 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommen. Die Umstände werden entscheiden: wasche ich ungefragt das allzu schmutzige Auto meiner Freundin, werde ich die 10 € für die Waschstraße nicht zurückfordern dürfen. Ist dagegen meine Freundin leidenschaftliche Sammlerin und ich kaufe ihr das gesuchte Stück für viele hundert Euro, wird für § 685 Abs. 1 BGB kein Raum sein.

b. Die Vermutung des animus donandi Es gilt der Grundsatz, dass das Bestehen des Aufwendungsersatzanspruchs die Regel, der animus donandi die besonders und sorgfältig zu begründende Ausnahme ist: donatio non praesumitur. Im Anschluss an die bereits vorgestellten Fälle der Geschäftsführung ex pietate der römischen Quellen enthält § 685 Abs. 2 BGB für die Unterhaltsgewährung unter nahen Verwandten – ein typischer Fall der echten Geschäftsführung ohne Auftrag – eine Umkehrung der Vermutung. Dabei ist der Vermutungstatbestand des § 685 Abs. 2 BGB relativ eng geraten. Nur die Unterhaltsleistungen 264 zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, lösen die Rechtsvermutung des animus don262

Grundlegend: BGH, NJW 2008, 3277 (Rn. 42 f.), Urt. v. 9.7.2008 – XII ZR 179/05. So aber Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht5, 2006, § 44 Rn. 21. 264 Mit dem Begriff der Unterhaltsleistung sind Aufwendungen für den allgemeinen Lebensbedarf gemeint. Die Vermutungsregel des § 685 Abs. 2 BGB gilt aber nur für über das gesetzliche Maß hinausgehende Unterhaltsleistungen. Gesetzlich geschuldete Unterhaltsleistungen fallen etwa den Eltern gem. § 1648 BGB ohne Möglichkeit der Rückholung endgültig zur Last (BGH, LM BGB § 685 Nr. 2, Urt. v. 5. 11. 1997 – XII ZR 20/96; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 685 Rn. 8; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 12). 263

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andi aus265. Hierher gehören Unterhaltsleistungen der Eltern an die leiblichen Kinder und umgekehrt, nicht dagegen Leistungen an Stiefkinder oder die Schwiegermutter266. Das römische Recht scheint mir an dieser Stelle nicht so streng gewesen zu sein 267: Gordianus, C. 2, 18, 15 (de negotiis gestis): „Si paterna adfectu privignas tuas aluisti seu mercedes pro his aliquas magistris expendisti, eius erogationis tibi nulla repetitio est. Quod si ut repetiturus ea, quae in sumptum misisti, aliquid erogasti, negotiorum tibi gestorum intendenda actio est“.

Nach dem Reskript des Kaiser Gordianus sollte auch bei Leistungen zugunsten der Stiefkinder eine Rückforderung ausscheiden, sofern nicht (ausnahmsweise) in der (zu beweisenden) Absicht der Rückforderung gehandelt wurde. Da nicht in gerader Linie verwandt, fallen auch Leistungen unter Geschwistern nicht unter den Tatbestand des § 685 Abs. 2 BGB268. Auch hier war etwa das Preußische Allgemeine Landrecht weiter gefasst: Pr. ALR I 11 § 1042. Was also Verwandte in auf- und absteigender Linie, Geschwister, und Eheleute, einander ohne Vorbehalt geben, wird für geschenkt angesehen, so lange nicht ein Andres aus den Umständen erhellet, oder durch besondre Gesetze bestimmt ist…

Immerhin soll es auf die Länge der Generationenkette nicht weiter ankommen. Unter den Begriff der Voreltern sind alle Aszendenten zu subsumieren, nicht nur die Großeltern; danach würde auch die Unterhaltsleistung von Urgroßeltern an ihre Urenkel unter den Tatbestand des § 685 Abs. 2 BGB fallen 269. Ist der Vermutungstatbestand erfüllt, so ist grundsätzlich vom Vorliegen einer Schenkungsabsicht auszugehen, sofern nicht besondere Gesichtspunkte vorgetragen werden, die den Schluss zulassen, dass ausnahmsweise der Ausschluss der actio contraria doch nicht „angemessen“ ist. Auch hier gilt: der die Rechtsvermutung widerlegende animus recipiendi ist ein ausschließlich normatives Merkmal; der reale oder rechtsgeschäftliche Wille des Geschäftsführers spielt entgegen der tradierten Lehre keine Rolle. Dem Geschäftsführer ist also nicht geholfen, wenn er unter Beweisantritt vorträgt, er habe bei der Unter265 Bei § 685 Abs. 2 BGB handelt es sich um eine sog. Rechtsvermutung: BGHZ 38, 302 (305), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; BGH, LM BGB § 685 Nr. 2, Urt. v. 5. 11. 1997, – XII ZR 20/96; zum Begriff der Rechtsvermutung: Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht16 , 2004, § 111 Rn. 36; aA: MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 685 Rn. 3: gesetzliche Tatsachenvermutung; Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 2 und Soergel/Beuthien12 (1999) § 685 Rn. 2: Auslegungsregel; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 9: Auslegungsregel in Form einer Rechtsvermutung. 266 RG, WarnRspr. 5 (1912) Nr. 104, Urt. v. 14. 12. 1911 – VI 227/11. 267 Gordianus, C. 2, 18, 15 (de negotiis gestis); vgl. dazu: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. X. 268 Motive, Mugdan II, S. 483; vgl. RGZ 74, 139 (140 f.), Urt. v. 30. 6. 1910 – VI 400/09. 269 MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 685 Rn. 7; Oertmann 2 (1929) § 685 Anm. 3 a.

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haltsleistung an einen nahen Verwandten keinesfalls auf die Rückforderung verzichten wollen. Er muss vielmehr besondere Umstände vortragen, die es bei wertender Betrachtung als unangemessen erscheinen lassen, ihm einen Aufwendungsersatz zu versagen. Dies wird etwa der Fall sein, wenn der Vater sich darauf beruft, dass das familiäre Verhältnis in einem solchen Maße zerrüttet ist, dass dadurch die „natürliche“ Bindung zwischen Eltern und Kind vollkommen aufgelöst ist. Keinesfalls müssen die Gründe ein solches Gewicht haben, dass sie etwa zur Erbunwürdigkeit (§ 2339 BGB) führen würden. Insgesamt ist § 685 Abs. 2 BGB als Ausnahme vom Grundsatz donatio non praesumitur eher eng auszulegen 270. Eine über diesen personellen und sachlichen Rahmen hinausgehende Vermutung des animus donandi kommt nicht in Betracht. Liegen die Voraussetzungen des § 685 Abs. 2 BGB nicht vor, bleibt es bei dem Grundsatz: das Bestehen des Aufwendungsersatzanspruchs ist die Regel, das Vorliegen der Schenkungsabsicht die nach Maßgabe des § 685 Abs. 1 BGB besonders zu begründende Ausnahme. Keinesfalls schließt es aber § 685 Abs. 2 BGB im Sinne eines Umkehrschlusses aus, bei engen verwandtschaftlichen, schwägerschaftlichen oder sonst persönlichen Bindungen mit entsprechenden Erwägungen auch für außerhalb des tatbestandlichen Anwendungsbereichs des § 685 Abs. 2 BGB liegende Sachverhalte das Vorliegen einer Schenkungsabsicht zu begründen. Dabei wird man sich sogar ohne weiteres an den Wertungen des § 685 Abs. 2 BGB anlehnen dürfen. Sind etwa die Familienstrukturen intakt, so wird sich auch das Stiefkind darauf berufen dürfen, dass die Unterhaltsleistung der Stiefmutter mit Schenkungsabsicht erbracht wurde. Nur muss sich der Richter anders als im Anwendungsbereich des § 685 Abs. 2 BGB die Mühe machen, dies besonders zu begründen.

c. Beurteilungszeitpunkt und Widerruf Der maßgebende Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob der Gestor mit animus donandi gehandelt hat, ist die Übernahme der Geschäftsführung. Eine spätere Änderung der Umstände hat damit grundsätzlich außer Betracht zu bleiben 271. Nicht angängig ist die in der Kommentarliteratur vertretende Auffassung einer entsprechenden Anwendung der Grundsätze über die Rückforderung einer Schenkung wegen Verarmung des Schenkers (§§ 528 f. BGB) oder des Widerrufs einer Schenkung wegen groben Undanks (§§ 530 ff. BGB)272. Schon die Interessenlage ist nicht vergleichbar. Die normative Begründung des Vorliegens einer Schenkungsabsicht im konkreten Fall beruht auf einer an materiellen 270 RGZ 74, 139 (140 f.), Urt. v. 30. 6. 1910 – VI 400/09; Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 2; Soergel/Beuthien12 (1999) § 685 Rn. 2. 271 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 3:104, Comment. A 2 (p. 285). 272 So aber Erman/Ehmann12 (2008) § 685 Rn. 1; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 5.

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Wertungsgesichtspunkten orientierten, auf den Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung bezogenen Wertung. Von daher ähnelt die Normsituation des § 685 BGB den Fällen der Pflicht- und Anstandsschenkung, für die § 534 BGB die Rückforderung und den Widerruf aber gerade ausschließt. Schon die Zweite Kommission hat mit Mehrheit einen Antrag abgelehnt, in § 685 BGB durch einen Abs. 3 ein Widerrufsrecht wegen groben Undanks zu verankern 273. Auch eine nachträgliche Beseitigung des animus donandi im Wege der Anfechtung wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft (§ 119 Abs. 2 BGB) kommt nicht in Betracht274. Denn es handelt sich entgegen der tradierten Lehre bei der Schenkungsabsicht weder um die Betätigung eines rechtsgeschäftlichen Willens, noch beruht der animus donandi überhaupt auf einem natürlichen, empirisch nachweisbaren Willen; für einen Irrtum ist mangels psychologischer Rückbeziehung der „Schenkungsabsicht“ zur Person des Gestors kein Raum. Die Schenkungsabsicht ist – nicht anders als die Geschäftsführungsabsicht – ein durch und durch normatives Merkmal.

3. Animus donandi, Schenkungsrecht und Erlass Erhebliche Schwierigkeiten bereitet der tradierten Lehre das Verhältnis des § 685 Abs. 1 BGB zum Schenkungsrecht der §§ 516 ff. BGB275. Die rechtsgeschäftlich verstandene Absicht des Geschäftsführers, keinen Ersatz zu verlangen, scheint eine Schenkung iSd § 516 BGB zu begründen 276. Hier liegt das erste Problem: die Annahme einer Schenkung hängt am Einverständnis des Beschenkten. Das macht keine Schwierigkeiten, solange der beschenkte Geschäftsherr mit der Schenkung einverstanden ist. Schwierig wird es, wenn der Geschäftsherr dies nicht ist; grundsätzlich muss sich niemand etwas unentgeltlich aufdrängen lassen. Überdies ist der allgemeine Hinweis auf das Schenkungsrecht jedenfalls so nicht ganz zutreffend. Dienstleistungen können, weil sie nicht gegenständlich aus dem Vermögen des Zuwendenden stammen, nach einhelliger Ansicht nicht Gegenstand einer Schenkung sein277; als Schenkungsgegenstand bleibt nur der Erlass des Aufwendungsersatzanspruchs. Hier liegt das zweite Problem: auch der Erlass (§ 397 BGB) verlangt ein zweiseitiges Rechtsgeschäft. § 685 BGB scheint also in einem doppelten Widerspruch zu den Wertungen des Rechts des Schulderlasses und des Schenkungsrechts (als Rechtsgrund des Erlasses) zu stehen. 273

Protokolle, Mugdan II, S. 1199 f. So aber BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 4. 275 Planck/Lobe4 (1928) § 685 Anm. 3; Oertmann 2 (1929) § 685 Anm. 2. 276 RG, WarnRspr. 1912 Nr. 382, Urt. v. 27. 6. 1912 – IV 53/12; Protokolle, Mugdan II, S. 1200. 277 Vgl. Staudinger/Wimmer-Leonhardt (2005) § 516 Rn. 19. 274

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Diese Unstimmigkeiten im System sind Folge des unzutreffenden tradierten Verständnisses des animus donandi. Bei der Schenkungsabsicht handelt es sich um keinen rechtsgeschäftlichen, auf dem Willen des Geschäftsführers beruhenden Verzicht, sondern um ein an materiellen Wertungen anknüpfendes normatives Tatbestandsmerkmal, das den Anspruch auf Aufwendungsersatz gar nicht erst entstehen lässt278. Eine verfügungsähnliche Handlung (Erlass), die zudem des rechtfertigenden Rechtsgrundes (Schenkung) bedürfte, besteht überhaupt nicht. Die Rechtsfolge des § 685 BGB gilt aufgrund gesetzlichen Normbefehls, seine Rechtfertigung folgt aus den materiellen Umständen des Einzelfalles.

4. Animus donandi und die actio directa § 685 BGB bezieht sich unmittelbar auf die actio contraria des Geschäftsführers. Bei der Schenkungsabsicht handelt es sich um eine rechtshindernde Einwendung des Geschäftsherrn. Ist ein entsprechender Sachverhalt vorgetragen, ist der Anspruch des Geschäftsführers auf Ersatz seiner Aufwendungen soweit ausgeschlossen, wie die Schenkungsabsicht reicht 279. Die Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer – insbesondere der §§ 677, 280, § 678 oder § 681 BGB (actio directa) – bleiben von der Schenkungsabsicht des Geschäftsführers unberührt 280. Allerdings wird allgemein nach dem Vorbild des § 521 BGB eine Herabsetzung des für den Geschäftsführer geltenden Haftungsmaßstabs auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit befürwortet 281. Ich kann mich dieser Lehre nicht anschließen; selbst dann nicht, wenn man die schenkungsrechtliche Theorie zu § 521 BGB zugrunde legt, und den Schutz des Integritätsinteresses per se aus dem Anwendungsbereich des § 521 BGB ausnimmt 282. Die 278 In diese Richtung Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 255 III 2 = S. 638; Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 302 IV = S. 437; Soergel/Beuthien12 (1999) § 685 Rn. 4. 279 Der Ausschluss kann alle Arten von Aufwendungen erfassen; auch aus der Geschäftsführung resultierende Körper- und Sachschäden können von der Schenkungsabsicht umfasst sein (BGHZ 38, 302 (304 f.), Urt. v. 6. 12. 1962 – VII ZR 164/61; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 1). Ob der Anspruch auf § 683 BGB oder § 684 BGB gestützt wird, ist unbeachtlich, da es sich bei § 684 BGB um den – wenn auch inhaltlich begrenzten – geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch handelt. 280 Motive, Mugdan II, S. 483; Oertmann 2 (1929) § 685 Anm. 2; Planck/Lobe4 (1928) § 685 Anm. 4; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 685 Rn. 13. 281 BGHZ 32, 44 (52), Urt. v. 8. 2. 1960 – II ZR 136/58; BGHZ 64, 260 (264), Urt. v. 7. 5. 1975 – IV ZR 209/73. 282 Im Einzelnen ist hier sehr vieles streitig. Einen Überblick über den Meinungsstand zur Anwendung des § 521 BGB auf Schutzpflichtverletzungen gibt Staudinger/Wimmer-Leonhardt (2005) § 521 Rn. 9 ff.; BGHZ 93, 23 (27 ff.), Urt. v. 20.11.1984 – IVa ZR 104/83 wendet dagegen § 521 BGB auch auf Schutzpflichtverletzungen an, wenn sie in einem Zusammenhang mit der Leistung stehen.

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Lehre hat den falschen dogmatischen Aufhänger zur Begründung einer Herabsetzung der Diligenzpflicht gewählt. Die Geschäftsführung ohne Auftrag auch bei „Verzicht“ auf den Aufwendungsersatzanspruch und eine Schenkung von Vermögensgegenständen iSd §§ 516 ff. BGB sind weder das Gleiche noch überhaupt vergleichbar: die Leistung von Diensten kann, wie gerade gesehen, bereits typologisch keine Schenkung darstellen. „Geschenkt“ ist nur der Betrag der Aufwendungen283; dies rechtfertigt nun aber keinesfalls die Anwendung des § 521 BGB auf die Durchführung des Geschäftsführungsverhältnisses: Verzicht auf die Aufwendungen und Durchführung der Geschäftsführung stehen in keinem unmittelbaren Zusammenhang, die Haftungsmilderung im Rahmen des Ausführungsverschuldens ist keinesfalls das Korrelat des Verzichts auf die Aufwendungen. Auch ist daran zu erinnern, dass dem Subordinationsgedanken, der Idee der Interessenwahrnehmung für einen anderen – oder um es noch deutlicher zu vertreten: der Idee der wirtschaftlichen Vertretung eines anderen – im Grundsatz jeder dem Utilitätsprinzip geschuldeter Gedanke einer Haftungserleichterung fremd ist; dies wurde oben eingehend begründet (siehe § 11 I). Jede haftungsrechtliche Besserstellung des Gestors wird mit einer Schlechterstellung des Dominus verbunden, an der dieser nicht (weder rechtsgeschäftlich noch überhaupt willensmäßig) beteiligt ist. Für jeden Fall ist aber – und darin liegt das berechtigte Anliegen der hM – aufmerksam zu prüfen, ob vielleicht die besonderen Umstände, die den animus donandi begründen, auch eine Herabsetzung der Diligenzpflicht verlangen. Man kann hier etwa an die Wertungen der §§ 1664, 1359 BGB denken. Dies hat aber nichts mit der unpassenden Heranziehung des § 521 BGB zu tun. Abschließend ist noch folgendes zu bedenken: je größer das mit einer Geschäftsführung verbundene Risiko einer Schädigung des Dominus durch den Gestor ist, desto weniger wird sich wegen der haftungsrechtlichen Bedrohung des Gestors noch ein animus donandi begründen lassen.

283

Vgl. Staudinger/Wimmer-Leonhardt (2005) § 516 Rn. 19.

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§ 15. Besonderer Teil des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag I. Erfüllung fremder Verbindlichkeiten 1. Grundlagen a. Der tradierte Ansatz Die Erfüllung fremder Verbindlichkeiten (§ 267 BGB) gilt heute als typischer Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag1. Im gemeinen Recht war sie in Anknüpfung an das römische Recht geradezu der Modellfall der negotiorum gestio2, die Glossatoren hatten für sie die besondere Kategorie des negotium ipso gestu alienum entwickelt3. Leitbild ist insbesondere das Fragment Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis): Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis): „Cum pecuniam eius nomine solveres, qui tibi nihil mandaverat, negotiorum gestorum actio tibi competit, cum ea solutione debitor a creditore liberatus sit: nisi si quid debitoris interfuit eam pecuniam non solvi“.

Labeo gewährt demjenigen, der auf eine fremde Schuld zahlt und durch seine Leistung den Schuldner dem Gläubiger gegenüber befreit, die actio negotiorum gestio. Für die objektive Theorie, die am Begriff des objektiven fremden Geschäfts anknüpft, liegt der Zusammenhang auf der Hand: die Bezahlung fremder Schulden gem. § 267 BGB ist objektiv das Geschäft des Schuldners, dessen Sache schließlich die Erfüllung seiner Schuld ist4. Die Bestimmung des Fremdgeschäftsführungswillens macht der hM keine Mühe, setzt doch schon die Vorschrift des § 267 BGB die Äußerung des Fremdtilgungswillens voraus und wird zudem die Fremdgeschäftsführungsabsicht bei Vorliegen eines fremden Ge-

1 Vgl. nur Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 11; krit: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 99 ff. 2 Vgl. dazu mit umfassenden Nachweisen zur gemeinrechtlichen Rechtsprechung: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 76 ff. 3 Gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 4 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 4 BGH, NJW-RR 2003, 1192 (1195), Urt. v. 4. 6. 2003 – VIII ZR 91/02; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 89 ff., 92 ff.; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 8 Rn. 22.

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schäfts vermutet5. Auch die Prüfung des Aufwendungsersatzanspruchs des § 683 S. 1 BGB (actio contraria) bereitet der hM keine Schwierigkeiten, weil sie – wie oben bereits gezeigt wurde – im Grundsatz davon ausgeht, dass die Zahlung auf fremde Schuld dem Interesse des Schuldners entspricht (siehe § 14 I 2 g). Allerdings spielen in der modernen Gerichtspraxis weder die Prüfung der besonderen Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB) noch die Frage der Willens- und Interessensentsprechung des § 683 S. 1 BGB eine große Rolle, da sich der Erstattungsanspruch auch aus § 684 S. 1 BGB, jedenfalls aber aus Rückgriffskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) ergibt. Der Geschäftsherr hat durch die Zahlung gem. §§ 362, 267 Abs. 1 BGB ohne rechtlichen Grund die Befreiung von seiner Verbindlichkeit erlangt und ist insoweit bereichert6. Anders hätten diesen Fall wohl die älteren Juristen entschieden: erwies es sich nämlich, dass die Zahlung des Geschäftsführers dem konkreten Interesse des Schuldners widersprach, verwehrte Labeo dem Gestor die actio negotiorum gestio gegen den Schuldner („nisi si quid debitoris interfuit eam pecuniam non solvi“); es war am Gestor, sich das Geld beim Forderungsgläubiger zurückzuholen7.

b. Der subordinationsrechtliche Geschäftsführungsbegriff Im römischen Recht mag der Rückgriff auf die negotiorum gestio bei Leistung auf fremde Schuld wegen des Fehlens eines allgemeinen Bereicherungsanspruchs verständlich gewesen sein8. Angesichts unseres heutigen Kenntnisstandes (Rückgriffskondiktion) stehen der undifferenzierten geschäftsführungsrechtlichen Lösung der hM, die weiterhin fest auf dem Boden der objektiven Lehre steht, erhebliche Bedenken entgegen. Denn das Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag kennt den Begriff des fremden Geschäfts nicht. Der Begriff des fremden Geschäfts mitsamt den dahinter stehenden Wertungen der Zuweisung von Kosten und Lasten an den Letztverantwortlichen gehört nicht in die Lehre von der echten Geschäftsführung ohne Auftrag; sein richtiger systematischer Standort ist das Bereicherungsrecht (und teilweise auch das Deliktsrecht). Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das Recht der fremdnützigen Tätigkeit für einen anderen. Dahinter stehen subordinationsrechtliche und eben nicht bereicherungsrechtliche Wertungen. Tragendes Element der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Geschäftsführungsabsicht und nicht das (objektiv) fremde Geschäft. Entscheidend ist danach, ob sich die Geschäftsfüh5 BGH NJW-RR 2003, 1192 (1195 f.), Urt. v. 4. 6. 2003 – VIII ZR 91/02; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 99. 6 BGH NJW-RR 2003, 1192 (1196), Urt. v. 4. 6. 2003 – VIII ZR 91/02; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 86 ff. 7 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 8 Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (965). Eingehend: Schrage, Qui in fundo alieno aedificavit, RIDA 36 (1989), 401.

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rung nach ihrem sozialen Sinn als fremdnützige Interessenwahrnehmung (Subordination) für den Geschäftsherrn darstellt. Es kann nun aber nicht ohne weiteres gesagt werden, dass die Erfüllung einer Verbindlichkeit nach ihrer Zweckrichtung eine Geschäftsführung für den Schuldner ist. Bei einer ersten abstrakten Annäherung lässt sich kaum sagen, dass die Drittleistung die Situation des Gestors sonderlich verbessert. Bei materieller Betrachtung kommt eine Drittleistung gem. § 267 BGB auf eine Forderung weitgehend einer Forderungsabtretung (§ 398 BGB) durch den Gläubiger gleich; wegen des sicheren Regresses des Leistenden kommt es faktisch lediglich zu einem Gläubigerwechsel9. Man fühlt sich unwillkürlich an den Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. erinnert: niemand soll sich durch die Erfüllung einer fremden Schuld zum Gläubiger eines anderen machen können10. Zwar kann man von einer Benachteiligung des Schuldners durch den Gläubigerwechsel durch Zahlung auf fremde Schuld nicht sprechen, da die zessionsrechtliche Vorschrift des § 404 BGB eine wirtschaftliche Entsprechung findet: der Schuldner kann weitgehend seine Einreden und Einwendungen dem Dritten entgegenhalten, sei es zunächst, weil die Zahlung auf eine einredebehaftete Forderung nicht seinem Interesse und damit seinem mutmaßlichen Willen entspricht (§ 683 S. 1 BGB), sei es sekundär, weil er insoweit nicht bereichert ist (§ 684 S. 1 BGB). Doch eine Verbesserung der Situation des Schuldners findet auch nicht statt. Von daher lässt sich sagen, dass der bloße Akt der Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit für sich genommen grundsätzlich interessenneutral ist11 und alleine für sich betrachtet nicht geeignet ist, den Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag zu eröffnen. Man muss nun wohl nicht so weit gehen und die Leistung auf fremde Schuld per se aus dem Anwendungsbereich streichen12. Es scheint nicht für alle Fälle ausgeschlossen, dass sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles heraus der fremdnützige Charakter einer Zahlung auf fremde Schuld begründen 9 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 80 ff., der aus der Vorschrift des § 398 BGB gerade die fehlende Schutzwürdigkeit des Geschäftsherrn herleitet. 10 Falcke v. Scottish Imperial Insurance Co. (1887) 34 ChD 234 (CA); in re Cleadon Trust, Limited (1938) 4 All ER 518 (CA); Crantrave Ltd. v. Lloyds Bank plc. (2000) 3 WLR 877 (CA). 11 Von einer Benachteiligung des Schuldners kann man beim Gläubigerwechsel durch Zahlung auf fremde Schuld nicht sprechen, da die Vorschrift des § 404 BGB ihre wirtschaftliche Entsprechung findet. Denn der Schuldner kann weitgehend seine Einreden und Einwendungen dem Dritten entgegenhalten, sei es, weil er insoweit nicht bereichert ist (bereicherungsrechtliche Lösung), sei es, weil die Übernahme der Geschäftsführung deswegen nicht seinem Willen entsprochen hat (§ 683 BGB). 12 Zu weitgehend scheint mir da bei dogmatischer Betrachtung die österreichische Lösung, die den Ersatzanspruch bei Erfüllung fremder gesetzlicher Verpflichtungen (§ 1042 ABGB) im Anschluss an den Verwendungsersatzanspruch und damit per se außerhalb des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag regelt (Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 49 ff.).

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lässt. Allerdings wird es sich dabei um seltene Ausnahmefälle handeln und ist selbst bei greifbarer „karitativer“ Gesinnung des Leistenden nicht ohne weiteres anzunehmen: denn alleine die besondere altruistische Motivation seitens des Leistenden gegenüber dem Schuldner kann ebenso wenig wie Reflexvorteile auf Seiten des Schuldners (zB faktische Stundung) die subordinationsrechtliche Finalität der Geschäftsführung beeinflussen oder gar begründen. Daher kann man meines Erachtens keinesfalls sagen, dass der Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag berührt ist, wenn durch die Zahlung auf die Schuld objektiv über das Erlöschen der ursprünglichen Forderung hinaus überhaupt eine irgendwie geartete mittelbare Verbesserung für den Schuldners eintritt13; alleine das faktische Verschaffen einer Zahlungsfrist reicht nicht. Anders mag es sein, wenn die Zahlung bei normativer Betrachtung der Gesamtumstände unmittelbar bezweckt, dem in Zahlungsschwierigkeiten Geratenen – vergleichbar einer Bürgschaftsbestellung – zusätzlichen Kredit zu verschaffen und dessen Insolvenz zu verhindern. Ich gebe zu, dass das recht schwammig ist: aber das ist unvermeidbare Folge daraus, dass die (normative) Geschäftsführungsabsicht konkretisiert wird anhand der subordinationsrechtlichen Betrachtungen von Wertungen, die eben auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts liegen können; methodisch hat die hL – bei allen materiellrechtlichen Unterschieden – die gleichen Schwierigkeiten bei der Bestimmung, ob ein Geschäft objektiv fremd ist. Anhaltspunkte für die fremdnützige Absicht sind im Verhältnis des Zahlenden zum Schuldner zu suchen, während andererseits die Gründe für die Ablehnung der Fremdnützigkeit im Verhältnis des Zahlenden zum Gläubiger liegen14. Im Grundsatz aber bleibt festzuhalten, dass in der Leistung auf fremde Schuld keine Geschäftsführung für den Schuldner liegt. Die Leistung ist als solche grundsätzlich neutral. Lässt sich daher für den Regelfall eine Fremdnützigkeit nicht feststellen, kommt als Mittel des Ausgleichs nur die Rückgriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB in Betracht, sofern nicht in Ausnahmefällen der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 683 S. 2, 679 BGB bei im öffentlichen Interesse liegender Erfüllung einer fremden Schuld eingreift. Rechtspraktisch sind die Folgen der hier vertretenen engen Handhabung des Gestionstatbestandes nicht allzu weitreichend. Zwar bekommt der Leistende nicht mehr seine Aufwendungen ersetzt, die er zur Schuldentilgung tätigen musste (§§ 683, 670 BGB), sondern nur die Bereicherung des Schuldners. Für den Regelfall wird der 13 In diese Richtung aber: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 99 ff.; in diese Richtung auch: Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 805 (809 f.); für das Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 196 ff.; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 92 ff. 14 Vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 101.

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Schuldner aber seinerseits die gleichen Aufwendungen (zB Überweisungskosten) erspart haben, so dass auch der Bereicherungsausgleich zu weitgehend identischen Ergebnissen kommt. Ich verweise an dieser Stelle auf die Darstellung weiter oben, in der dargelegt wurde, dass Bereicherungsanspruch und geschäftsführungsrechtlicher Aufwendungsersatz einander weitgehend entsprechen (siehe § 5). Allenfalls wenn Leistender und Schuldner verschiedene Bankkonditionen haben, kann sich einmal ein nennenswerter Unterschied ergeben.

c. Utiliter gestum Sollte sich im seltenen Ausnahmefall tatsächlich einmal im Falle der Leistung auf fremde Schuld der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag feststellen lassen, so hängt die endgültige Beantwortung der Frage, ob der Geschäftsführer gleich einem Beauftragten Ersatz seiner Aufwendungen verlangen darf, weiter davon ab, ob ein utiliter gestum vorliegt, d.h. nach dem subjektiven Prinzip des deutschen Rechts, ob die Übernahme der Geschäftsführung, d.h. die Zahlung auf fremde Schuld, dem Willen des Schuldners (Geschäftsherrn) entsprochen hat. Da sich aber meist ein tatsächlicher Wille nicht feststellen lässt, entscheidet der mutmaßliche Wille, der grundsätzlich dem objektiven Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Wie bereits oben eingehend entwickelt wurde, entscheidet über die Frage der Interessenmäßigkeit im Allgemeinen eine KostenNutzen-Analyse, in die auch sonstige kaufmännische Erwägungen einzustellen sind (siehe § 14 I 2 g). Sie wird meist das Ergebnis haben, dass eine Zahlung auf fremde Schuld nicht im Interesse des Schuldners liegt. Denn im Regelfall – wenn man kaufmännische Erwägungen berücksichtigt: bestenfalls – ist die Drittleistung mit ihrer wirtschaftlichen Folge des Gläubigerwechsels für den Schuldner ein Nullsummenspiel. Dann kann man sagen, die Drittleistung ist dem Schuldner gleichgültig: Gleichgültigkeit bedeutet aber gerade nicht, dass die Leistung im positiven Interesse des Schuldners liegt. Wirft man einen Blick auf die Wissenschaft und Praxis, so muss man – wie bereits oben angesprochen – erkennen, dass das konkrete Interesse des Dominus an der Leistung allzu leichtfertig bejaht wird (siehe § 14 I 2 g). Unausgesprochen scheint man nach dem Motto zu verfahren: im Interesse des Geschäftsherrn liegt, was das Gesetz von ihm verlangt. Die Wurzeln für diesen Missstand lassen sich weit zurückverfolgen. Schon lange vor Inkrafttreten des BGB ging die gemeinrechtliche Rechtsprechung in Nachfolge der römischen Quellen15 davon aus, dass die Zahlung auf eine fremde Schuld grundsätzlich im Interesse des Schuldners liegt; ein Widerspruch zum Interesse sei die seltene Ausnahme16. Das begründet man – wenn überhaupt – damit, dass die Zahlung auf eine fremde Schuld trotz des sicher nachfolgenden Rückgriffs 15

Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis). Mit umfassenden Nachweisen Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 77 ff. 16

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des Zahlenden faktisch einer Stundung gleichkomme17. Als interessenwidrig wird allenfalls die Erfüllung einer nicht (mehr) bestehenden, einer durch Anfechtung oder Rücktritt vernichtbaren oder überhaupt einredebehafteten Verbindlichkeit angesehen; ebenso, wenn sich der Schuldner gegenüber dem Gläubiger bequem durch Aufrechnung hätte befreien können oder die für die Erfüllung vorgesehene Modalitäten nicht eingehalten werden18. Das Reichsgericht betrachtete auch in einem Fall die Tilgung einer Steuerschuld als interessenwidrig, weil diese dem Schuldner wegen dessen schlechter wirtschaftlicher Lage hätte erlassen oder gestundet werden können19. Der isolierte Hinweis auf die faktische Stundung kann kaum überzeugen: denn den faktischen Zahlungsaufschub durch den Gläubigerwechsel muss der Schuldner ebenfalls seit den Tagen des römischen Rechts bezahlen: die Auslagen des Gestors sind zu verzinsen (§ 256 BGB)20. Allenfalls wenn die geschäftsführungsrechtliche Verzinsungspflicht niedriger ist als die dem originären Gläubiger geschuldete, mag dies ein Indiz sein, ein konkretes Interesse des Schuldners an der Drittleistung anzunehmen. Hinzu kommt, dass die hL jegliche kaufmännische Betrachtungsweise konsequent ausblendet. Lässt man diese Erwägungen legitimerweise zu, so überwiegt bei weitem das Interesse des Schuldners, über seine liquiden Mittel selbst und frei von Einmischungen von dritter Seite disponieren zu können. Die Möglichkeit des Schuldners, den Gläubiger hinzuhalten, kann ein Wert an sich sein, ebenso die Tatsache, wen der Schuldner zum Gläubiger hat. Die relative Geringachtung des Interesses des Schuldners durch die Rechtsprechung will Wollschläger mit der Wertung der §§ 267, 398 BGB gerechtfertigt wissen: das Gesetz anerkenne ebenso wenig ein Interesse des Schuldners, in eigener Person zu leisten, wie ein Interesse des Schuldners, an einen bestimmten Gläubiger zu zahlen 21. Sicherlich hat Wollschläger Recht, dass der Schuldner grundsätzlich vor einem Gläubigerwechsel nicht geschützt ist, wie auch die Wertung des § 354a HGB im kaufmännischen Bereich eindrucksvoll belegt. Allerdings besteht auf theoretischer Ebene ein Unterschied zwischen Abtretung und Gestion: bei der Zession muss der Schuldner nicht die Kosten der Abtretung tragen, im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag als Folge des Aufwendungsersatzanspruchs der §§ 683 S. 1, 670 BGB schon. 17 BGHZ 47, 370 (373 f.), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; BGH, BB 1969, 194, Urt. v. 20. 6. 1968 – VII ZR 170/66; Soergel/Beuthien12 (1999) § 683 Rn. 14; aA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 128. 18 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 65. 19 RGZ 147, 228 (231), Urt. v. 1. 4. 1935 – VI 541/34. 20 So im Anschluss an Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 18 (de negotiis gestis) die allgemeine Lehre der älteren Juristen: Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. II § 5; in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 448; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XXI; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 8. 21 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 86.

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Sollten sich – was ich für den klar überwiegenden Regelfall halte – die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB (utiliter gestum) nicht dartun lassen, so haftet der Schuldner nach modernem deutschen Recht dennoch gem. § 684 S. 1 BGB, sofern er und soweit er durch die Ersparung des getilgten Betrages bereichert ist22; dies wird – muss aber nicht – den Aufwendungen des Gestors entsprechen. In früheren Zeiten waren die Verhältnisse für den Gestor weniger vorteilhaft. Hier war es an ihm, sich das Geld beim Forderungsgläubiger zurückzuholen23.

d. Die Verjährungsproblematik Für den bereicherungsrechtlichen Regressanspruch aus Rückgriffskondiktion gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist davon auszugehen, dass er in derselben Frist verjährt wie die getilgte Forderung. Der Bereicherungsanspruch knüpft ja gerade an dem Vorteil an, den der Schuldner durch die Zahlung erlangt hat. Der Schuldner darf daher nicht durch eine längere oder neu beginnende Verjährungsfrist des Regressanspruchs benachteiligt werden24. Anders fällt die Beurteilung des geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs aus. Schuldgrund ist hier nicht eine erlangte Bereicherung, sondern der Gedanke der Interessenwahrnehmung. Für den Aufwendungsersatzanspruch des § 683 S. 1 BGB beginnt eine neue und eigene, sich nach den allgemeinen Vorschriften bestimmende Verjährung25. Anders wieder, wenn die Voraussetzungen des § 683 S. 1 BGB nicht vorliegen und der Geschäftsführer nur Aufwendungsersatz verlangt, soweit der Geschäftsherr bereichert ist (§ 684 S. 1 BGB). All dies wurde oben bereits eingehend erörtert (siehe § 10 VII).

e. Schuldentilgung durch ablöseberechtigten Dritten Eine Sonderkonstellation ist die Schuldentilgung durch den ablöseberechtigten Dritten. Teilweise wird hier eine Geschäftsführung ohne Auftrag schon deswegen abgelehnt, weil der ablöseberechtigte Dritte letztlich im eigenen Interesse handle, etwa zur Rettung seines Eigentums. Man verweist den Dritten dann auf den in § 268 Abs. 3 BGB oder §§ 1142, 1143 BGB niedergelegten gesetzlichen Forderungsübergang26. Zutreffend ist das Ergebnis, wenn auch nicht die Begründung. Eine fremdnützige Geschäftsführung wird nicht durch eigensüchtige Mo22

BGH NJW-RR 2003, 1192 (1196), Urt. v. 4. 6. 2003 – VIII ZR 91/02; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 86 ff. 23 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 10. 24 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 102; wohlwollend offen gelassen: BGHZ 47, 370 (375 f.), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64. 25 BGHZ 47, 370 (375 f.), Urt. v. 20. 4. 1967 – VII ZR 326/64; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 102; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 82 ff. 26 Larenz, Schuldrecht II12 , 1981 ,§ 68 III c = S. 540; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 96 f.

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tive des Geschäftsführers ausgeschlossen. Sollte sich im – zugegebener Maßen seltenen – Einzelfall die Zahlung auf eine fremde Schuld überhaupt einmal als fremdnützige Geschäftsbesorgung darstellen, so entfällt der fremdnützige Charakter nicht dadurch, dass der Geschäftsführer aus der Motivation heraus handelt, sein Eigentum zu retten 27. Der Grund für das Nichteingreifen der §§ 677 ff. BGB ist in diesen Fällen vielmehr darin zu sehen, dass die Vorschriften über den Zessionsregress (zB § 268 Abs. 3 BGB) den Rückgriff abschließend regeln wollen; ein Rückgriff auf Geschäftsführungsrecht ist insoweit ausgeschlossen28. Auch dazu ist das Nötige bereits oben gesagt worden (siehe § 9 II 1).

2. Tätigwerden aufgrund eigener Rechtspflicht (sog. Auch-Gestion) Es kann die Konstellation auftreten, dass nicht allein der Geschäftsherr einem Dritten gegenüber zur Leistung verpflichtet ist, sondern ebenfalls den Geschäftsführer eine Rechtspflicht zum Tätigwerden trifft.

a. Die Lösung der objektiven Theorie (hM) Nach dem Ansatz der deutschen Rechtsprechung steht es der Anwendung der §§ 677 ff. BGB nicht entgegen, dass der Geschäftsführer gleichzeitig in Erfüllung eigener Pflichten oder überhaupt zur Wahrung eigener Belange tätig wird29. Insbesondere wird der „Fremdgeschäftsführungswille“ nach Auffassung der Rechtsprechung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Geschäftsführer gleichzeitig in Erfüllung eigener Pflichten handelt30. Konstruktives Mittel des Rückgriffs auf das Geschäftsführungsrecht ist die Rechtsfigur des sog. „auch-fremden-Geschäfts“ (Auch-Gestion); deshalb auch fremdes Geschäft, weil der Geschäftsführer mit seiner Handlung sowohl ein eigenes Geschäft als auch ein fremdes Geschäft erledigt. Alles Notwendige zur Auch-Gestion wurde bereits oben gesagt (siehe § 8 IV 3). Insgesamt ist diese Lehre wenig glücklich. Bereits der schillernde Begriff des auch-fremden Geschäfts hindert das Verständnis mehr als er nützt. Denn die bei Anlegung eines normalen Sprachverständnisses zu erwar27

Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 97. AA Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 93. 29 BGHZ 110, 313 (314 f.), Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88; BGHZ 65, 384 (387), Urt. v. 15. 12. 1975 – II ZR 54/74; BGHZ 63, 167 (170), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72; BGHZ 54, 157 (160), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/61; BGHZ 30, 162 (167), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58; BGH NJW 1969, 1205 (1206), Urt. v. 10. 4. 1969 – II ZR 239/67; BGH, LM BGB § 683 Nr. 3, Urt. v. 12. 1. 1955 – VI ZR 273/55; RGZ 167, 55 (59), Urt. v. 29. 4. 1941 – VI 129/40; RGZ 82, 206 (214 f.), Urt. v. 26. 4. 1913 – VI 572/12; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 3 = S. 700; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 7. 30 BGH NJW 1978, 1258, Urt. v. 15. 12. 1977 – III ZR 159/75. 28

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tende Rechtsfolge der Erledigung eines auch-fremden Geschäfts wäre typischerweise doch wohl Kostenteilung nach Verantwortungsanteilen. Doch darum geht es in den Fällen des auch-fremden Geschäfts regelmäßig nicht. Letztlich soll eine Partei, nämlich der Geschäftsherr, die gesamte Kostenlast tragen. Wollschläger hat versucht, den Ansatz der Rechtsprechung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Er deutet die Geschäftsführung ohne Auftrag als ein Rechtsinstitut der richtigen Zuweisung von Gütern, Lasten und Risiken an denjenigen, dem die Kosten oder der Nutzen letztlich zugeordnet sind. Tragender Begriff des Geschäftsführungsrechts ist für ihn der Begriff der Fremdheit, den er als relativen Begriff versteht. Er besage, wer im Verhältnis zweier Personen näher daran ist, die Kosten des Geschäfts letztlich zu tragen. Die wesentliche Wertung der objektiven Theorie ist daher: auch wer eine eigene Pflicht erfüllt, führt letztlich ein fremdes Geschäft, wenn ein anderer Verpflichteter nach dem Rang- oder Stufenverhältnis beider Verpflichtungen die Last endgültig zu tragen hat 31. Damit kann der unglückliche Begriff der Auch-Gestion in einem relativen Begriffsverständnis von „Fremdheit“ aufgehen. Nur im Falle der gleichrangigen Güter- und Lastenzuständigkeit kann ein Geschäft vorliegen, das für den Geschäftsführer gleichzeitig ein eigenes und ein fremdes Geschäft ist. Um Verwechslungen mit dem tradierten Begriff des auch-fremden-Geschäfts zu vermeiden, sollte hier von einem gemeinschaftlichen Geschäft gesprochen werden.

b. Auch-Gestion und Subordination Zutreffend ist der Ansatz der objektiven Theorie nicht. Er geht von einem falschen Geschäftsführungsbegriff aus. All das wurde oben bereits eingehend dargelegt (siehe § 8 IV 3). Die Frage, ob der Geschäftsführer zugleich ein fremdes Geschäft erledigt, ist für das Geschäftsführungsrecht nicht von Bedeutung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessenwahrnehmung für einen anderen (Subordination). Tragendes Element der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die normativ zu verstehende Geschäftsführungsabsicht. Diese bestimmt sich danach, ob sich das Handeln des Geschäftsführers nach seinem sozialen Sinn als fremdnützige Geschäftsführung für einen anderen darstellt. Freiwilligkeit ist dagegen kein Element des Geschäftsführungsbegriffs, ebenso wenig wie eine selbstlose Gesinnung. Daher schließt die Erfüllung eigener Pflichten den Rückgriff auf das Geschäftsführungsrecht nicht aus. Allerdings bestimmt das Schutzgut der Rechtspflicht die objektive Zweckrichtung des Handelns des Geschäftsführers und damit den sozialen Sinn seines Tuns. Wer einer ihm obliegenden Pflicht folgt, handelt als Geschäftsführer im Interesse des Gläubigers oder des Schutzobjekts der ihn treffenden Pflicht, 31

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 65 ff.

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nicht aber als Geschäftsführer für einen – im Sinne Wollschlägers – vorrangigen Schuldner. Zur Erläuterung bemühe ich den berühmten Funkenflug-Fall aus BGHZ 40, 28. Durch Funkenflug war es zu einem Brand gekommen, der von der Feuerwehr gelöscht wurde. Im Ausgangspunkt stimmen objektive Theorie und die Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung überein. Die gesetzliche Verpflichtung, die die Feuerwehr zum Löschen des Brandes verpflichtet, schließt die Anwendung der §§ 677 ff. BGB nicht aus. Nach der objektiven Theorie, anknüpfend am Begriff des (relativ) fremden Geschäfts, liegt ein Geschäft auch des Brandstifters als Primärverantwortlichem vor. Die Feuerwehr kann daher aus Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz ihrer Aufwendungen vom Brandstifter verlangen. Zu einem anderen Ergebnis muss die subordinationsrechtliche Betrachtung kommen. Zwar liegt ein Geschäftsführungsverhältnis vor, doch ist Geschäftsherr der Eigentümer des brennenden Grundstücks. Denn die Feuerwehr nimmt nach der objektiven Zweckrichtung (Finalität) ihres Handelns seine Interessen wahr. Maßstab ihres Tuns ist ausschließlich das Interesse des Eigentümers am Erhalt seines Grundstücks und nicht das gegenläufige auf Kostenminimierung gerichtete Interesse des Brandstifters. Dass sich der Umfang der deliktischen Haftung des Brandstifters gegenüber dem Eigentümer durch eine erfolgreiche Brandbekämpfung reduziert, kommt ihm als geschäftsführungsrechtlich irrelevanter Reflexvorteil zugute. Objektive Theorie und Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung müssen aber nicht stets zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen, wie der Tankwagen-Fall aus BGHZ 63, 167 zeigt. Die Feuerwehr barg ein verunglücktes Fahrzeug. Für die subordinationsrechtliche Geschäftsführungslehre liegt das richtige Ergebnis auf der Hand. Nach der normativen Zweckrichtung wird die Feuerwehr ausschließlich im Interesse des Halters tätig; dagegen scheidet eine Geschäftsführung für den Versicherer aus. Ihm kommt die Geschäftsführung allenfalls als Reflexvorteil zugute. Ebenso die objektive Theorie, die ein Geschäft des Versicherers verneint. Kommt auch etwa im Funkenflug-Fall ein Anspruch aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag gegen den Brandstifter als demjenigen, der letztlich nach materiellen Kriterien der Lastenzuordnung die Kosten zu tragen hat 32, nicht in Betracht, so ist doch für jeden Einzelfall zu prüfen, ob dem Geschäftsführer nicht vielleicht der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 683 S. 2, 679 BGB zusteht. Dies ist dann der Fall, wenn die Erfüllung der Verbindlichkeit des Schuldners (Brandstifter) im öffentlichen Interesse lag und er im Verhältnis zum Geschäftsführer (Feuer32 Um es noch einmal zu betonen: beim Geschäftsführungsrecht geht es um den Gedanken der Interessensubordination und nicht um die Zuweisung von Kosten an den – nach materiellen Kriterien zu ermittelenden – Letztverantwortlichen.

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wehr) letztlich die Kosten zu tragen hat. Der privilegierte Rückgriffsanspruch ist der legitime Anwendungsbereich der Lehre Wollschlägers von der richtigen Zuweisung von Kosten an den Letztverantwortlichen. Nur muss man sich immer vor Augen halten, dass es sich bei dem Anspruch aus §§ 683 S. 2, 679 BGB trotz seiner Regelung im Geschäftsführungsrecht um keinen echten geschäftsführungsrechtlichen Anspruch handelt.

c. Einzelfälle aa. Interzessionsfälle: Bürgschaftsfälle und Schuldübernahme Zahlt der Bürge auf die Bürgschaft, so kann sich die Frage stellen, ob ihm neben dem Zessionsregress gem. § 774 BGB bei Fehlen einer vertraglichen Verbindung zum Hauptschuldner ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zusteht (§ 683 S. 1 BGB). Der Bürgenrückgriff gehörte seit jeher zum eisernen Bestand des Geschäftsführungsrechts. Mangels spezieller Klagen oder wegen Fehlens einer rechtsgeschäftlichen Abtretung wurde der Rückgriff des Bürgen in früheren Zeiten regelmäßig aus Mandat oder negotiorum gestio begründet33. Für die objektive Theorie und Wollschläger bereitet die Begründung des geschäftsführungsrechtlichen Ausgleichs keine Probleme. Der Bürge erledigt mit seiner Zahlung zugleich ein fremdes Geschäft. Der Hauptschuldner ist näher an den Kosten dran, weil es sich materiell um seine Schuld handelt. Auf diese Art lässt sich auch zwanglos begründen, dass der Hauptschuldner keinen Rückgriff beim Bürgen nehmen kann, wenn er die Schuld selbst zum Erlöschen bringt 34. Bei subordinationsrechtlicher Betrachtungsweise fällt das Ergebnis gleich aus, unabhängig davon, ob der Bürge auf die Hauptschuld (§ 267 BGB) oder auf die Bürgschaft zahlt. Denn der eigentliche Akt der fremdnützigen Geschäftsbesorgung liegt bereits in der Eingehung der Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger. Die Befriedigung des Gläubigers ist daher letztlich nur Durchführungshandlung der übernommenen Geschäftsführung35. Allerdings bedarf es des scharfen Hinsehens. Denn man könnte durchaus erwägen, dass bei Eingehen der Bürgschaft statt einer Geschäftsführung für den Hauptschuldner in Wirklichkeit eine Geschäftsführung zugunsten des Gläubigers vorliegt, dessen wirtschaftliche Situation ja durch die Personalsicherheit auch gestärkt wird. Doch verfehlt eine solche Betrachtung die normative zu bestimmende Finalität der Geschäftsführung bei Abgabe der Bürgschaftserklärung: es geht darum, dem Kreditnehmer höheren Kredit zu verschaffen; die Verpflichtung gegenüber dem Gläubiger ist nur das Mittel zu Erreichung dieses Zweckes. Die abweichende Konstruktion wäre auch erkennbar sinnwidrig, da der Gläubiger im Wege des Aufwendungsersatzes an den Bürgen die erlangte Bürgschaftszahlung wieder 33 34 35

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 92 f. m.w.N. MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 26. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 105.

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herausgeben müsste. Ein weiteres Bedenken bleibt. Man könnte auch einen Widerspruch darin sehen, dass bei der Zahlung auf fremde Schuld grundsätzlich keine Geschäftsführung zugunsten des Schuldners vorliegt, bei der vorgelagerten Bürgschaftsbestellung aber schon. Doch besteht dieser Widerspruch nicht. Denn bereits oben wurde festgehalten, dass eine Zahlung auf fremde Schuld dann ausnahmsweise als Gestion zugunsten des Schuldners anzusehen ist, wenn sie bei normativer Betrachtung darauf zielt, den Kredit des Schuldners zu verbessern oder ihn vor der Insolvenz zu bewahren (siehe § 15 I 1 b). Im Innenverhältnis zwischen Schuldner und Bürgen bestimmt sich nach § 677 BGB, ob der Bürge den Gläubiger befriedigen darf. Insbesondere ist der Bürge verpflichtet, Einreden und Einwendungen gem. §§ 768, 770 BGB geltend zu machen. Verstößt der Bürge hiergegen, so darf er seine Aufwendungen nicht gem. §§ 683, 670 BGB für erforderlich halten. Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn der Geschäftsführer keine Bürgschaft zugunsten des Geschäftsherrn übernimmt, sondern einer Schuld beitritt. Dass der Beitretende beim Schuldbeitritt ein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, schließt Geschäftsführungsrecht nicht aus. Eine fremdnützige Geschäftsführung scheidet nicht allein deshalb aus, weil der Geschäftsführer damit eigensüchtige Motive verfolgt36. Ebenso finden diese Grundsätze Anwendung, wenn sich der Geschäftsführer aufgrund eines unwirksamen Vertrages mit dem Geschäftsherrn verbürgt 37.

bb. Ausgleich unter mehreren Sicherungsgebern Ist eine Forderung mehrfach gesichert (zB Bürgschaft, Schuldbeitritt, Hypothek), so stellt sich die Frage, ob der Zahlende neben dem selbstverständlichen Rückgriff gegen den Schuldner auch Ausgleich von seinen mithaftenden Sicherungsgebern verlangen kann38. In älteren Entscheidungen vor Inkrafttreten des BGB wurde der Rückgriff aus negotiorum gestio gegen einen anderen Sicherungsschuldner für möglich gehalten39. Wollschläger hält ausgehend von seiner objektiven Theorie auch für das heutige Recht einen Regress unter mehreren Sicherungsgebern gem. § 683 S. 1 BGB für möglich. Die Befriedigung des Gläubigers sei teilweise Geschäft des Mithaftenden, soweit dieser in Höhe der auf ihn entfallenden Quote von der Inanspruchnahme durch den Gläubiger freigestellt werde40. Unabhängig von der Frage, ob Wollschlägers Ansatz geeignet ist, einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich unter den Sicherungsgebern zu begründen 36 AA: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 106; im Ergebnis wie hier: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 99 f. 37 Differenzierend: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 106. 38 Dazu: Ehmann, Die Gesamtschuld, 1972, S. 322 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 104 ff. 39 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 105 ff. 40 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 110.

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– erlangt hat der Mithaftende die Befreiung von seiner Verbindlichkeit, bereichert ist er um die Ersparnis einer eigenen Zahlung – oder ob eine entsprechende Anwendung des § 426 BGB vorzuziehen ist, kommt bei subordinationsrechtlicher Betrachtung eine Anwendung geschäftsführungsrechtlicher Ausgleichsansprüche grundsätzlich nicht in Betracht. Der Sicherungsgeber wird zugunsten des Hauptschuldners tätig, nicht aber zugunsten der übrigen Sicherungsgeber. Diesen kommt ein zusätzlicher Sicherungsgeber allenfalls als mittelbarer geschäftsführungsrechtlicher Reflexvorteil zugute. Anders ist die Situation selbst dann nicht zu beurteilen, wenn die zusätzliche Sicherheit gegeben wird, um einen anderen Sicherungsgeber zu entlasten. Hier wird der Reflexvorteil eines anderen nur zum Motiv. Anders ist dies natürlich bei der Nachbürgschaft, bei der sich der Nachbürge für die Erfüllung durch den Hauptbürgen verbürgt41. Hier besteht ein Gestionsverhältnis zwischen Nachbürgen und Hauptbürgen. Keinesfalls ist hier auch ein Gestionsverhältnis zum Hauptschuldner (oder den anderen Bürgen) anzunehmen, auch wenn die Verbesserung des Kredits des Schuldners wohl immer Hauptmotiv der Nachbürgschaftsbestellung ist. Dass der Nachbürge letztlich auch für die Hauptschuld einzustehen hat und er bei Befriedigung des Gläubigers auch – bei umstrittener Konstruktion im Einzelnen42 – die Forderung gegen den Hauptschuldner erwirbt, ändert diese Beurteilung nicht. Es handelt sich hier lediglich um mittelbare Folgen der Nachbürgschaftsbestellung.

cc. Die echte Gesamtschuld Die Frage, ob unter Gesamtschuldnern geschäftsführungsrechtliche Beziehungen bestehen, wird seit Bestehen des BGB kaum thematisiert; nach gemeinem Recht gehörte die negotiorum gestio zu den einschlägigen Regressmitteln unter Korrealschuldnern. Wegen der durch eine cessio legis verstärkten Ausgleichsregel des § 426 BGB besteht hierfür heute kaum ein praktisches Bedürfnis mehr43. Der objektiven Theorie fällt es aber im Grundsatz nicht schwer, hier einen geschäftsführungsrechtlichen Ausgleich zu konstruieren, besorgt der Zahlende doch immer auch ein Geschäft der anderen Gesamtschuldner. Wollschläger geht dementsprechend im Verhältnis zwischen echter Gesamtschuld und Geschäftsführung ohne Auftrag von einer Anspruchskonkurrenz aus. Die Frage könne durchaus Bedeutung gewinnen, da im Rahmen des Anspruchs aus § 683 BGB auch Kosten umgelegt werden könnten, die dem Gläubiger nicht in Gestalt der Leistung zugute kämen44. Anders fällt die Beurteilung auf Grundlage der The41

Zur Figur der Nachbürgschaft: Staudinger/Horn (1997) Vorbem 57 f. zu §§ 765 ff. Dazu: Staudinger/Horn (1997) Vorbem 58 zu §§ 765 ff m.w.N. 43 Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10 , 2006, 1266. 44 Vgl Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 126 f.; aA: Oertmann 2 (1929) Vorbem 5 d a vor § 677. 42

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

orie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung aus. Der leistende Schuldner führt nach dem sozialen Sinn seines Handelns regelmäßig kein Geschäft für die übrigen Gesamtschuldner.

dd. unechte Gesamtschuld Seit Inkrafttreten des BGB erhitzt die dogmatische Begründung des Regresses des Unterhaltspflichtigen gegen den Schädiger die Gemüter. Der Sachverhalt ist mit wenigen Worten zu umschreiben: der Unterhaltspflichtige erbringt dem Geschädigten (Unterhaltsberechtigter) Leistungen zur Beseitigung des Schadens und verlangt nunmehr Ersatz vom Schadensersatzpflichtigen45. Ob der Unterhaltspflichtige seinen Rückgriffsanspruch auf echte Geschäftsführung ohne Auftrag stützen kann, ist eine der umstrittensten Fragen des Geschäftsführungsrechts. Wenig Zweifel besteht im Ergebnis: der Schädiger ist der primär Verantwortliche und hat deswegen die Lasten endgültig zu tragen46. Dieses Rangverhältnis ist schon in § 843 Abs. 4 BGB angelegt: der Schädiger soll durch die Unterhaltszahlung eines Dritten nicht profitieren47. Auf § 843 Abs. 4 BGB wird zurückzukommen sein. Die Rechtsprechung löst seit jeher diese Fälle unter wahlweisem Rückgriff auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung oder die Geschäftsführung ohne Auftrag. Im Mittelpunkt der Diskussion steht immer noch der berühmte Dombrandfall des Reichsgerichts48. Ausgangspunkt war die reichsgerichtliche Rechtsprechung zum Regress des familienrechtlich Unterhaltspflichtigen49. Wie der unterhaltspflichtige Vater, der Aufwendungen zur körperlichen Wiederherstellung seines durch unerlaubte Handlung eines Dritten verletzten Kindes gemacht hatte, gegen den Schädiger aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung vorgehen konnte, weil er mit seiner Leistung eine in erster Linie dem Schädiger obliegende Verpflichtung erfüllt habe, so konnte im Dombrandfall der baulastpflichtige Fiskus, der seiner Verpflichtung gemäß das von Dritten fahrlässig in Brand gesetzte Kirchengebäude wiederhergestellt hatte, gegen die Brandstifter auf Ersatz der ihm entstandenen Kosten klagen.

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Dazu: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 107 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 113 ff.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (447 ff.). 46 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 d 3 = S. 15. 47 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 115; RG, SeuffA 65 (1910) Nr. 188, Urt. v. 24. 2. 1910 – VI 122/09. 48 RGZ 82, 206 (212 ff.), Urt. v. 26. 4. 1913 – VI 572/12 und dazu aus jüngster Zeit: Wendlandt, Der Dombrandfall, Jura 2004, 325; RGZ 130, 1 ( 2 f.), Urt. v. 4. 7. 1932 – VI 137/32; LG, Köln MDR 1963, 677, Urt. v. 28. 6. 1962 – 8 O 299/60. 49 RG SeuffA 65 (1910) Nr. 188, Urt. v. 24. 2. 1910 – VI 122/09.

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Die Rechtsprechung hat, neben vereinzelter Zustimmung50, für den von ihr eingeschlagen Weg scharfe Kritik erfahren. Es war kein geringerer als Rabel, der dem Reichsgericht im Duktus der Theorie der Menschenhilfe Denaturierung der Geschäftsführung ohne Auftrag (und des Bereicherungsrechts) vorwarf 51. Zugleich legte er den Finger in die offene Wunde: der fortbestehende Deliktsanspruch des Geschädigten. Man wird einen geschäftsführungsrechtlichen oder bereicherungsrechtlichen Ausgleich wohl nur dann überhaupt annehmen dürfen, wenn der Schaden des Verletzten und damit die Verpflichtung des Schädigers durch die Unterhaltsleistung entfällt. Dem steht jedoch § 843 Abs. 4 BGB mit seiner Wertung entgegen, dass dem Schädiger der Rechtszufall der Unterhaltsverpflichtung eines Dritten nicht zugute kommen soll. Daher geht man davon aus, dass der Schaden trotz der Leistung des Unterhaltsverpflichteten fortbesteht52. Für die objektive Theorie ist es daher in der Tat schwierig, einen geschäftsführungsrechtlichen oder bereicherungsrechtlichen Ausgleich zu finden, da bei Fortbestehen der Verpflichtung des Schädigers kaum davon gesprochen werden kann, dass der Leistende ein Geschäft des Schädigers führt. Nach der hier vertretenen Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung kommt ein echter geschäftsführungsrechtlicher Ausgleich per se nicht in Betracht. Bei normativer Betrachtung des sozialen Sinns handelt der Unterhaltsberechtigte nicht für den Schädiger. Maßstab und Ziel seines Handelns ist das Interesse des Geschädigten, an dem er seine Leistung auszurichten hat, und gerade nicht das Interesse des Verletzers53. Dem Schädiger kommt allenfalls ein geschäftsführungsrechtlich nicht relevanter Reflexvorteil zugute insoweit, als er faktisch vom Geschädigten nicht in Anspruch genommen wird. Allein die Absicht, Regress zu nehmen, kann aus subordinationsrechtlicher Sicht eine Geschäftsführung für den Schädiger nicht begründen 54. Mangels Erfüllung einer fremden Schuld (Versagung der Vorteilsausgleichung gem. § 843 Abs. 4 BGB!) kann im Einzelfall auch der – systemwidrig im Zusammenhang der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 683 S. 2, 679 BGB nicht eingreifen.

50 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 120 f.; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 3 = S. 700 f.; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 11. 51 Rabel, Ausbau und Verwischung des Systems?, RheinZ 10 (1919/20), 89 (91 ff.). 52 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 107; OLG Frankfurt, MDR 1998, 1228 f., Urt. v. 22. 1. 1998 – 1 U 115/96; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 124 ff. 53 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 108 f.; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 805 (810 f.); vgl. Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (449); siehe auch die Wertung des § 685 Abs. 2: Unterhaltsleistung ist Geschäftsführung für den Unterhaltsberechtigten. 54 So aber: RGZ 82, 206 (214), Urt. v. 26. 4. 1913 – VI 572/12.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

In der Lehre werden zwei andere Wege aufgezeigt, um dem Unterhaltspflichtigen dennoch zu seinem Recht zu verhelfen: während einige dem Unterhaltspflichtigen einen Anspruch aus eigenem Recht in entsprechender Anwendung des § 426 BGB unter Verzicht auf das Merkmal der Gleichstufigkeit gewähren wollen, halten andere nur einen Anspruch aus abgetretenem Recht – teilweise unter entsprechender Anwendung des § 255 BGB – für möglich55. Doch auch hier determiniert die Versagung der schadensrechtlichen Vorteilsausgleichung durch § 843 Abs. 4 BGB die Lösung. Denn wegen Versagung der Vorteilsausgleichung – die Leistung des Unterhaltspflichtigen lässt die Schadensersatzpflicht des Schädigers unberührt – passen, wie § 422 BGB zeigt, die Gesamtschuldregeln nicht56. Bleibt daher nur – quasi als Kehrseite der Versagung der Vorteilsausgleichung – die Möglichkeit, dem Unterhaltsverpflichteten einen Anspruch aus abgetretenem Recht zu gewähren. Soweit man einen gesetzlichen Forderungsübergang etwa entsprechend § 86 VGG nicht in Betracht zieht, muss man den Unterhaltsverpflichteten gegenüber dem Unterhaltsberechtigten einen Anspruch auf Abtretung der Schadensersatzforderung geben, der sich entweder unmittelbar aus dem Rechtsverhältnis zwischen Unterhaltsverpflichtetem und Unterhaltsberechtigtem begründen lässt oder aus einer entsprechenden Anwendung des § 255 BGB.

ee. Die Erfüllung fremder Unterhaltspflichten Nach der objektiven Theorie kann die Erfüllung fremder Unterhaltspflichten ein Fall der Geschäftsführung ohne Auftrag sein; es handele sich hierbei lediglich um einen besonderen Anwendungsfall der Leistung auf fremde Schuld: § 679 Alt. 2 BGB erkenne ausdrücklich die Möglichkeit einer Geschäftsführung für den Unterhaltspflichtigen an57. Entsprechend den Grundsätzen der Auch-Gestion soll selbst eine eigene, aber lediglich subsidiäre Unterhaltspflicht des Leistenden nicht schaden58. Dementsprechend erkennt die Rechtsprechung in Fällen, in denen der Staat aufgrund eigener subsidiärer öffentlich-rechtlicher Versorgungspflichten auf eine primär fremde Unterhaltspflicht zahlt, im Grundsatz einen geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch gem. § 683 BGB an59. Doch 55 Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (232); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 d 3 = S. 15; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1266; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 8 Rn. 11. 56 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 111 ff. 57 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 128 ff. 58 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 133; siehe aber auch BVerfG, JZ 1965, 568 (569), Beschl. v. 31. 3. 1965 – 2 BvL 17/63. 59 Ausnahmen: BVerfG JZ 1965, 568 (569), Beschl. v. 31. 3. 1965 – 2 BvL 17/63: Verneinung des Geschäftsführungswillens wegen Zahlung aufgrund eigener Verpflichtung; BGHZ 28, 359 (364 f.), Urt. v. 20. 11. 1958 – VII ZR 47/58: Zahlung unter Vorbehalt der Rückforderung ist keine Leistung iSd § 267 BGB.

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wird (insoweit dogmatisch zutreffend) zugestanden, dass immer genau zu prüfen sei, ob die Rückgriffslage nicht im entsprechenden Gesetz abschließend geordnet ist und von daher ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausscheide60. Nach dem hier vertretenen Ansatz lässt sich eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag für den Unterhaltspflichtigen nicht begründen. Dies scheitert nicht schon allein daran, dass den Geschäftsführer teilweise eine eigene (subsidiäre) Rechtspflicht zur Unterhaltsgewährung trifft61. Der Grund liegt vielmehr darin, dass nach der normativen Finalität, d.h. dem sozialen Sinn der (subsidiären) Unterhaltsgewährung keine Geschäftsführung für den Unterhaltspflichtigen vorliegt. Maßstab der Unterhaltsgewährung ist ausschließlich das Interesse des Unterhaltsberechtigten: es liegt eine Geschäftsführung vor, aber eine für den Unterhaltsberechtigten. Ich verweise noch einmal ausdrücklich auf die Wertung des § 685 Abs. 2 BGB: die Zahlung von Unterhalt ist eine Geschäftsführung für den Unterhaltsberechtigten. Allerdings wird sich ein Erstattungsanspruch des Leistenden regelmäßig, selbst bei bestehender subsidiärer Verpflichtung, aufgrund des – systemwidrig innerhalb der §§ 677 BGB geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruch bei Zahlung auf fremde Unterhaltspflicht gem. §§ 679, 683 S. 2 BGB ergeben, sofern die Rückgriffslage nicht durch Spezialgesetz abschließend geregelt ist.

3. Private Geschäftsführung durch einen öffentlich-rechtlich verpflichteten Hoheitsträger Besondere geschäftsführungsrechtliche Probleme werfen Konstellationen auf, in denen die öffentliche Hand aufgrund öffentlichen Rechts tätig wird und nunmehr vom primärpflichtigen Störer Kostenerstattung für ihr Einschreiten aufgrund bürgerlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag verlangt62. Den 60 BGHZ 30, 162 (169 ff.), Urt. v. 4. 6. 1959 – VII ZR 217/58; BGH, LM BGB § 683 Nr. 11, Urt. v. 13. 6. 1960 – VII ZR 114/59. 61 So aber Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 114 ff. 62 Vgl. dazu: Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (234 f.); Martinek/ Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (997 f.); Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (444 ff.); Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 468 ff.; Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12, 2002, § 29 Rn. 8 ff.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 6 II 2 d 1 S. 13 f.; Erman/Ehmann12 (2008) Vor § 677 Rn. 19 f.; MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 31; zum österreichischen Recht: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 76 ff. Ist das besorgte Geschäft dagegen ausschließlich eines des öffentlichen Rechts, kommt ein unmittelbarer Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB nicht in Betracht. Allerdings kann in einem solchen Fall eine sog. öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12, 2002, § 29 Rn. 16; zB BGH, NJW 1975, 47 (49), Urt. v. 15. 10. 1974 – VI ZR 181/73).

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dogmatischen Ansatz für die hM liefert auch hier die Figur Auch-Gestion. Besorgt die öffentliche Hand aufgrund ihrer Tätigkeit zugleich ein Geschäft des Störers auf der Ebene des Privatrechts mit63, so steht nach dieser Lehre allein der Umstand, dass die öffentliche Hand einer eigenen öffentlich-rechtlichen Pflicht nachkommt, der Annahme einer privatrechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag für den Verursacher nicht entgegen64. Sogar die Vermutung, dass bei einem objektiven auch-fremden Geschäft der Fremdgeschäftsführungswille vermutet wird, soll auch im Bereich der Geschäftsführung durch einen öffentlichrechtlich verpflichteten Hoheitsträger zur Anwendung kommen65. Mit dieser Rechtsprechung hat sich der BGH deutlich vom Verständnis der Ersten Kommission abgesetzt. Diese wollte die Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf die Tätigkeit der öffentlichen Hand gerade ausgeschlossen wissen 66. Entsprechend wird die Rechtsprechung aus dem Lager der Wissenschaft scharf kritisiert. Schon die Grundannahme eines möglichen Nebeneinanders von der Wahrnehmung eigener öffentlich-rechtlicher Pflichten und privatrechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag wird in Zweifel gezogen: ein und dieselbe Maßnahme könne nicht zugleich öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Natur sein67. Zudem liege der Grundtatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag schon gar nicht vor: fehle es wegen der Handlungspflicht der Behörde nicht schon am fremden Geschäft, so doch jedenfalls am Fremdgeschäftsführungswillen 68. Sind diese Argumente bestenfalls begrenzt tragfähig, so hat doch der Hinweis mehr Gewicht, dass durch eine Anwendung der §§ 677 ff. BGB nicht die geltenden Verwaltungsvollstreckungsgesetze und Kostennormen unterlaufen werden 63 BGH, NJW 1975, 47 (49), Urt. v. 15. 10. 1974 – VI ZR 181/73; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71. Die Durchführung der Abgrenzung von privatrechtlicher zur öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ist umstritten. Die hM stellt darauf ab, welchen Charakter das Geschäft gehabt hätte, wenn es vom Geschäftsherrn ausgeführt worden wäre. Die Gegenansicht stellt auf die Rechtsnatur der vom Geschäftsführer ergriffenen Maßnahme ab; vgl. dazu: Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12, 2002, § 29 Rn. 16; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 479 f. 64 BayObLGZ 2002, 35, Urt. v. 25. 2. 2002 – 1Z RR 331/99; BGHZ 40, 28 (30), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71; BGHZ 54, 157 (160), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; BGHZ 63, 167 (170), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72; auch: BGHZ 65, 384 (387), Urt. v. 15. 12. 1975 – II ZR 54/74; BGH, NJW 1969, 1205 (1206), Urt. v. 10. 4. 1969 – II ZR 239/67; ablehnend: Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 470 ff. 65 BGHZ 40, 28 (30 f.), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71; BGHZ 65, 354 (357 f.), Urt. v. 4. 12. 1975 – VII ZR 217/73; aA: Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 471 f. 66 Motive, Mugdan II, S. 478. 67 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 474; Scherer, Realakte mit Doppelnatur, NJW 1989, 2724 (2728 f.). 68 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 471 f.; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (997); Scherer, Realakte mit Doppelnatur, NJW 1989, 2724 (2728); Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12, 2002, § 29 Rn. 17; Medicus, Gesetzliche Schuldverhältnisse 4, 2003, S. 177 f.; auch Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 b.

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dürfen; denn die §§ 677 ff. BGB könnten – so ist die Befürchtung – selbst dann zum Zuge kommen, wenn die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der polizeilichen Maßnahme nicht vorgelegen haben, das öffentliche Recht also keinen Kostenersatz vorsieht, oder der Umfang des geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs für die öffentliche Hand vorteilhafter ist69. Ob der BGH – im Anschluss an erkennbare restriktive Tendenzen in seiner jüngeren Rechtsprechung – die an seinem Vorgehen geäußerte Kritik zu einem grundlegenden Umdenken aufgreifen wird, ist noch nicht entschieden. In einem Urteil aus dem Jahre 2003 hat er die Frage dahinstehen lassen70. Jedenfalls ist aber auch nach der Rechtsprechung ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausgeschlossen, wenn die einschlägigen öffentlich-rechtlichen Normen, die die Verwaltung zum Handeln berechtigen oder verpflichten, eine abschließende Kostenregelung beinhalten71. Derartige erschöpfende Sonderregelungen finden sich insbesondere in den Polizei- und Feuerwehrgesetzen der einzelnen Länder72. Nach der hier vertretenen Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung stellen sich die Dinge differenziert dar. Probleme bereiten in der Tat die Geschäftsführungsabsicht und die Subsidiarität des Geschäftsführungsrechts. Über Vorliegen und Richtung der Geschäftsführungsabsicht entscheidet ein normatives Verständnis, nämlich ob sich das Tun des Geschäftsführers seinem sozialen Sinn nach als fremdnützige Geschäftsbesorgung am Maßstab des Interesses des Geschäftsherrn darstellt, wobei das Vorliegen einer gesetzlichen Pflicht eine Geschäftsführung nicht ausschließt. Legt man diesen Maßstab an, so scheidet eine Geschäftsführung zugunsten des Störers oder Verursachers regelmäßig aus. Dies sei am Beispiel eines Feuerwehreinsatzes zur Bekämpfung eines von einem Dritten zurechenbar verursachten Brandes erläutert73. Nicht das Interesse des Brandstifters, sondern das Interesse des Eigentümers an der Beseitigung der Störung ist Maßstab der Geschäftsführung. Eine Geschäftsführung zugunsten des Störers kommt nur dann in Betracht, wenn er mit der Person des Begünstigten zusammenfällt, etwa weil der Eigentümer selbst aus Versehen sein Anwesen in Brand gesetzt hat74. Im Einzelfall kann man sich nur fragen, ob, 69 Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12 , 2002, § 29, Rn. 14; Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, 1984, S. 472 f.; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (997 f.); vgl. insoweit den Fall BGH NJW 2004, 513, Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03. 70 BGH NJW 2004, 513 (514), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03; vgl. auch BGHZ 63, 167 (170), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72. 71 BGH NJW 2004, 513 (514), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03. 72 BGH NJW 2004, 513 (514), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03; BayObLGZ 2002, 35, Urt. v. 25. 2. 2002 – 1Z RR 331/99; BayObLGZ 1968, 200, Urt. v. 29. 7. 1968 – RReg 1a Z 229/67; vgl. auch: BGHZ 40, 28 (32), Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71 für eine Bestimmung des Hessischen Brandschutzgesetzes. 73 BGHZ 40, 28, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 263/71. 74 Ebenso, wenn die Polizei einen Selbstmörder rettet: BayObLGZ 1968, 200, Urt. v. 29. 7. 1968 – RReg 1a Z 229/67.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

etwa beim Einsatz der Feuerwehr, eine – gesetzlich weitgehend terminierte – Geschäftsführung für den bedrohten Eigentümer oder nur eine Handlung im Interesse der Allgemeinheit vorliegt. Dies bestimmt sich nach dem Schutzzweck der zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Normen. Bei einem Einsatz der Feuerwehr wird vieles dafür sprechen, dass sie regelmäßig im privaten Interesse des bedrohten Eigentümers tätig wird. Beim Einsatz der Polizei ist die Frage schwieriger zu beurteilen. Hier dominiert die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren; der Schutz privater Rechte obliegt der Polizei nur in Ausnahmefällen75. Von daher wird die Polizei häufig im Interesse der Allgemeinheit und nur selten zugunsten einer individualisierbaren Privatperson tätig76. Möglich ist es aber nach dem bisher Gesagten durchaus, dass die Behörde (zB Feuerwehr), etwa weil sie den primärpflichtigen Verursacher nicht greifen kann, sich gem. §§ 683, 677 BGB an den Geschäftsherrn hält. Allerdings wird ein solcher Anspruch regelmäßig durch abschließende sondergesetzliche Regelungen ausgeschlossen sein (Subsidiarität des Geschäftsführungsrechts); insoweit sind die Bedenken der Lehre, die mittlerweile aber auch weitgehend von der Rechtsprechung berücksichtigt werden, begründet. Gegen den Störer lässt sich dagegen aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag ein Rückgriff im Allgemeinen nicht begründen. Regelmäßig wird aber der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 679 Alt. 1, 683 S. 2 BGB vorliegen. Aber auch hier gilt der von der Rechtsprechung herausgestellte Gedanke der Subsidiarität: der Anspruch kommt nur insoweit in Betracht, als das Gesetz keine abschließende Regelung trifft77.

4. Rückgriff wegen Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten unter Privaten a. Rückgriff wegen der Erfüllung einer fremden öffentlich-rechtlichen Pflicht Erfüllt der Geschäftsführer die einem anderen obliegenden öffentlich-rechtlichen Pflichten, wird nach der hier vertretenen Theorie der realgeschäftlichen Geschäftsbesorgung ein Anspruch aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag 75

Vgl. nur § 1 saarl. PolG. BGHZ 63, 167 (170), Urt. v. 24. 10. 1974 – VII ZR 223/72 hat die Frage offen gelassen, ob bei unmittelbarem Eingreifen der Polizei oder einer anderen Ordnungsbehörde der für die bürgerlich-rechtliche Geschäftsführung ausschlaggebende Wille, ein fremdes Geschäft zumindest mitzubesorgen, angenommen werden könne; jedenfalls beim Einsatz der Feuerwehr sei dieser Wille in aller Regel vorhanden; auch BGH NJW 2004, 513 (514), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03. 77 Erichsen/Ehlers/Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht12 , 2002, § 29 Rn. 14. 76

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grundsätzlich nicht in Betracht kommen. Nach dem sozialen Sinn seines Tuns handelt er nicht in Geschäftsführungsabsicht für den Schuldner. Scheidet auch eine unmittelbare Anwendung des § 683 S. 1 BGB im Wege der echten Geschäftsführung aus, so kann dem Geschäftsführer doch der – systemwidrig im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag mitgeregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 679 Alt. 1, 683 S. 2 BGB zustehen78; denn Pflichten, „deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt“, können insbesondere solche sein, die auf öffentlichem Recht beruhen. Im Vergleich zur Erfüllung zivilrechtlicher Pflichten bestehen allerdings bei der Erfüllung (noch nicht bestandskräftig festgestellter) öffentlich-rechtlicher Pflichten Besonderheiten. Die Verwaltungsvollstreckung knüpft an das Vorliegen eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes an (§ 6 Abs. 1 VwVG). Ohne das Vorliegen eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes kann der zuständige Hoheitsträger eine öffentlich-rechtliche Pflicht – vom Sonderfall abgesehen, dass ein Rechtsbehelf gegen den noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung hat (§§ 6 Abs. 1 VwVG, 80 VwGO) – nur unter den besonderen Voraussetzungen des sofortigen Vollzugs (§ 6 Abs. 2 VwVG) auf Kosten des Pflichtigen durchsetzen. Liegen die Voraussetzungen des sofortigen Vollzugs nicht vor, kommt eine Inanspruchnahme des Pflichtigen wegen der Kosten der durchgeführten Maßnahme nicht in Betracht. Dies hat Auswirkungen auf den zivilrechtlichen Rückgriff aus Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten. Die Stellung des Schuldners darf sich nicht dadurch verschlechtern, dass ein anderer als die zuständige Behörde die geschuldete Handlung durchsetzt. Es ist daher zu differenzieren: fehlt es an einem bestandskräftigen Verwaltungsakt, so kommt ein Rückgriff des Geschäftsführers gegen den Pflichtigen gem. §§ 679, 683 BGB überhaupt nur in Betracht, wenn die Behörde ihrerseits berechtigt gewesen wäre, im Wege des Sofortvollzuges ohne bestandskräftigen Verwaltungsakt gegen den Pflichtigen vorzugehen79. Liegen die Voraussetzungen des Sofortvollzuges nicht vor, scheidet der privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 679, 683 S. 2 BGB wegen Verletzung des inhärenten Prinzips der Erforderlichkeit aus. Anders ist die Situation aber zu beurteilen, wenn ein bestandskräftiger Verwaltungsakt vorliegt oder ein Rechtsbehelf gegen den noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt keine aufschiebende Wirkung hat. Hier kann ein Dritter bei Erfüllung der fremden öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gem. §§ 679, 683 S. 2 BGB Rückgriff nehmen80.

78 Vgl. zum Rückgriff wegen Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 150 ff.; siehe auch Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 31. 79 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 155 ff. 80 Vgl. Brückmann, Die Rechte des Geschäftsführers ohne Auftrag, 1903, S. 156; Oertmann2 (1929) § 679 Anm. 2 a.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Allerdings ist selbst in Fällen, in denen die Behörde im Wege des Sofortvollzugs vorgehen oder einen bestandskräftigen bzw. nicht mit aufschiebender Wirkung angreifbaren Verwaltungsakt vollstrecken könnte, ein Rückgriff ausgeschlossen, wenn die Behörde Ermessen hat (§ 40 VwVfG), ob sie im Wege des Sofortvollzugs vorgehen oder den Verwaltungsakt tatsächlich durchsetzen will; mit anderen Worten: wenn die Behörde zwar auf Kosten des Pflichtigen vorgehen kann, es aber nicht muss. Das behördliche Ermessen kann nicht durch einen Privatmann ausgeübt werden, Art. 20 GG81. Nur dann, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert ist oder sie ihr Ermessen schon konkretisiert hat, kann der Geschäftsführer gem. §§ 679, 683 S. 2 BGB Rückgriff nehmen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist auch ein Anspruch aus Rückgriffskondiktion nicht begründet82.

b. Der Ausgleich unter mehreren Polizeipflichtigen Ein besonderes, die Praxis immer wieder beschäftigendes Ausgleichsproblem ergibt sich, wenn von mehreren polizeipflichtigen Personen eine durch ordnungsbehördliche Verfügung in Anspruch genommen wird und diese nunmehr Rückgriff bei einer anderen ordnungspflichtigen Person sucht. Dem Gesetzgeber des BGB schwebte die Möglichkeit eines geschäftsführungsrechtlichen Rückgriffs des in Anspruch genommenen Ordnungspflichtigen durchaus vor. § 679 Alt. 1 BGB wurde gerade der Fall zugedacht, dass eine Person aufgrund hoheitlicher Verfügung nach einer „nur vorläufigen Prüfung oder Anordnung“ zur Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung in Anspruch genommen wird, „während sie in der That einem Anderen oblegen hat“83. Paradebeispiel ist die Veräußerung eines kontaminierten Grundstücks84. Typisch ist folgender Sachverhalt: Der Pächter eines Grundstücks betrieb eine Tankstelle. Über Jahre hinweg verschmutzt er das Erdreich mit Öl. Nachdem das Pachtverhältnis endet, wird das Grundstück veräußert. Später erlässt die Polizei eine Ordnungsverfügung gegen den Erwerber als Zustandsstörer, der auch die Kontaminierung beseitigt. Nunmehr verlangt der Erwerber Ersatz vom Pächter als letztverantwortlichem Verhaltensstörer. Die Ausgleichsproblematik entzieht sich einer einfachen juristischen Würdigung; öffentlich-rechtliche Primärebene und zivilrechtliche Ausgleichsebene sind zu trennen. Auf der Stufe des Polizeirechts haftet der Pächter als Verhaltensstörer, der Erwerber als Zustandsstörer. Wen die Polizei ordnungsrechtlich in Anspruch nimmt, steht in ihrem pflicht81 Vgl. Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 31; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 157. 82 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 157 f. 83 Motive, Mugdan II. S. 483. 84 BGHZ 98, 23 (242 f.), Urt. v. 18. 9. 1986 III ZR 227/84; Harms, Die Erstattungsfähigkeit von Sanierungskosten für den Käufer eines kontaminierten Grundstücks, NJW 1999, 3668.

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gemäßen Ermessen. Zwar neigt man heute im Grundsatz dazu, den Verhaltensstörer – als Verursacher der Kontaminierung – in Anspruch zu nehmen, allerdings kann die Effektivität der Gefahrenabwehr die Inanspruchnahme des Zustandsstörers gebieten85. Hiervon zu trennen ist die umstrittene Frage, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage unter den Störern ein zivilrechtlicher Ausgleich stattfindet. Spezielle gesetzliche Regelungen gab es in diesem Bereich nur in Ausnahmefällen. Für den besonders häufigen Fall der Bodenkontaminierung wurde nunmehr eine besondere gesetzliche Ausgleichsvorschrift in § 24 Abs. 2 BBodSchG geschaffen. Nach dieser Vorschrift haben mehrere Polizeipflichtige unabhängig von ihrer Heranziehung untereinander einen Ausgleichanspruch, der sich danach richtet, ob die Gefahr vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht wurde86. § 24 BBodSchG. Kosten. (1) … (2) Mehrere Verpflichtete haben unabhängig von ihrer Heranziehung untereinander einen Ausgleichsanspruch. Soweit nichts anderes vereinbart ist, hängt die Verpflichtung davon ab, inwieweit die Gefahr oder der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist; § 426 Abs 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung, …

In den Bereichen, in denen eine solche Regelung fehlt, bestimmt sich der Ausgleich unter Polizeipflichtigen weiterhin nach dem Bürgerlichen Recht. Während in der Verwaltungsrechtswissenschaft eine analoge Anwendung des § 426 Abs. 2 BGB favorisiert wird87, hat es der BGH abgelehnt, einen Ausgleich zwischen mehreren Störern nach § 426 BGB vorzunehmen88. Lediglich ein Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 BGB) wird für möglich gehalten89. Tatsächlich gibt es für die hM im Grundsatz wenig Schwierigkeiten, mittels der dogmatischen Konstruktion der Auch-Gestion einen Ausgleichsanspruch gem. §§ 683, 677 BGB zu begründen90. Die Hürde, dass der Geschäftsführer auch ein Geschäft der übrigen Störer führen muss, lässt sich mit Hinweis auf deren Polizeipflicht leicht nehmen, zumal wenn man darauf verzichtet, dass die Ordnungspflicht der übrigen Störer durch Verfügung konkretisiert wird91; der Fremdgeschäftsführungswille bereitet wenig Mühe, wird 85

Schmidt-Assmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht12, 2003, 2. Kap Rn. 169 ff. Dazu: BGH NJW-RR 2004, 1596, Urt. v. 28. 7. 2004 – XII ZR 163/03; BGH, NJW-RR 2004, 1243, Urt. v 2. 4. 2004 – V ZR 267/03. 87 Schmidt-Assmann/Schoch, Besonderes Verwaltungsrecht12 , 2003, 2. Kap Rn. 176. 88 BGH NJW 1981, 2457 (2458), Urt. v. 11. 6. 1981 – III ZR 39/80; LG Trier, UPR 1994, 118, Urt. v. 18. 2. 1993 – 6 O 227/92. 89 BGHZ 110, 313 (315), Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88; BGHZ 98, 235 (239 f.), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84. 90 AA: Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 5. 91 Harms, Die Erstattungsfähigkeit von Sanierungskosten für den Käufer eines kontaminierten Grundstücks, NJW 1999, 3668 (3670); vgl: BGHZ 110, 313 (315, 318), Urt. v. 8. 3. 1990 86

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er doch auch beim auch-fremden Geschäft vermutet. Auch das Hindernis des § 683 BGB wäre zu nehmen: nach hM liegt die Erfüllung fremder Verbindlichkeiten grundsätzlich im Interesse des Geschäftsherrn; ein eventuell entgegenstehender Willen wäre gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB aus dem Weg zu räumen92. Auf der Rechtsfolgenseite wären dann – sofern keiner der Störer die Kosten alleine zu tragen hat und eine gegenständliche Teilung nicht möglich ist – entsprechend dem Rechtsgedanken des § 254 BGB die Kosten nach Verantwortungsteilen unter den Störern aufzuteilen93. Nach der hier vertretenen Lehre der realgeschäftlichen Geschäftsführung ist der Lösungsweg ein anderer. Um eine echte fremdnützige Geschäftsführung ohne Auftrag für die übrigen Störer wird es sich bei der Störungsbeseitigung durch den behördlich in Anspruch genommenen Polizeipflichtigen regelmäßig nicht handeln. Das Wesen der Geschäftsführung ohne Auftrag ist die fremdnützige Tätigkeit im Interesse eines anderen, ihr tragendes Merkmal die Geschäftsführungsabsicht (Interessensubordination). Die Geschäftsführungsabsicht ist normativ zu bestimmen nach dem sozialen Sinn des Tuns. Bei Erfüllung eigener Pflichten kann die Richtung der Pflicht Auskunft geben über die Finalität der Geschäftsführung. Kommt der Störer seiner konkretisierten Polizeipflicht nach, handelt er im Interesse der Allgemeinheit und nicht im gegenläufigen Interesse der übrigen Störer. Dass er mit der Geschäftsführung zugleich ein Geschäft auch der übrigen Störer erledigt, ist geschäftsführungsrechtlich irrelevant. Allerdings wird sich regelmäßig der – systemwidrig im Bereich der Geschäftsführung ohne Auftrag mitgeregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 679 Alt. 1, 683 S. 2 BGB begründen lassen. Dass der Geschäftsführer zugleich einer eigenen Pflicht nachkommt, steht dem auf Herstellung der gerechten Kosten- und Lastenzuordnung gerichteten Anspruch nicht entgegen, ebenso wenig wie ein gegenläufiges Interesse des Geschäftsherrn. Bei gleichstufigen Verpflichtungen kommt es zu einer Kostenteilung nach Verantwortungsteilen. Sowohl die Anspruchskonstruktion der hM als auch der hier angenommene privilegierte Rückgriffsanspruch stehen unter einer weiteren negativen Voraussetzung der Subsidiarität: im Einzelfall bleibt zu prüfen, ob aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen oder Wertungen außerhalb des Geschäftsführungsrechts der Anspruch im Einzelfall ausgeschlossen oder beschränkt ist.

– III ZR 81/88; BGHZ 98, 235 (242 f.), Urt. v. 18. 9. 1986 – III ZR 227/84; BGHZ 16, 12 (16), Urt. v. 15. 12. 1954 – II ZR 277/53. 92 Harms, Die Erstattungsfähigkeit von Sanierungskosten für den Käufer eines kontaminierten Grundstücks, NJW 1999, 3668 (3671). 93 BGHZ 110, 313 (316 f.), Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88.

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5. Selbsthilfeaufwendungen a. Begriff der Selbstvornahme Von Selbstvornahme wird gemeinhin gesprochen, wenn der Gläubiger (Geschäftsführer) sich eine vom Schuldner (Geschäftsherr) geschuldete Leistung selbst beschafft bzw. die geschuldete Handlung selbst vornimmt 94. Vom „Normalfall“ der Erfüllung fremder Pflichten, also der Bewirkung einer vom Geschäftsherrn (Schuldner) einem Dritten (Gläubiger) geschuldeten Leistung durch den Geschäftsführer, unterscheidet sich die Selbstvornahme dadurch, dass der Geschäftsführer selbst der Gläubiger der vom Geschäftsherrn geschuldeten Leistung ist. Die geschäftsführungsrechtliche Dimension der Selbsthilfeproblematik wird offenkundig, wenn der Gläubiger gem. §§ 683, 684 BGB nunmehr Ersatz seiner Selbsthilfeaufwendungen vom Schuldner verlangt. Neben oder an die Stelle des geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs können im Einzelfall auch bereicherungsrechtliche oder deliktsrechtliche Ansprüche, im vertraglichen Bereich auch vertragliche Ausgleichsansprüche treten. Die letztlich tragende Anspruchsgrundlage ist für den Gläubiger wegen des grundsätzlich unterschiedlichen Anspruchsinhalts von Bedeutung: während § 683 BGB und § 823 BGB – bzw. ein vertraglicher Schadensersatzanspruch – dem Gläubiger vollen Ersatz seiner Aufwendungen versprechen, sind die Ansprüche der §§ 684 S. 1, 812 BGB durch die ersparten Aufwendungen des Schuldners beschränkt; gerade im außervertraglichen Bereich werden sich aber häufig Aufwendungen des Gläubigers und ersparte Aufwendungen des Schuldners decken.

b. Fallgruppen aa. Selbsthilfe des gestörten Eigentümers oder Besitzers Prominentester Anwendungsfall sind die Selbsthilfeaufwendungen des gestörten Eigentümers oder Besitzers zur Beseitigung von Beeinträchtigungen des Eigentums oder Besitzes (Geschäftsführer), die von einem zur Beseitigung verpflichteten Störer iSd §§ 858, 862, 1004 BGB (Geschäftsherr) ausgehen95. Im 94 Dazu: Schünemann, Selbsthilfe im Rechtssystem, 1985, S. 127 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 163 ff.; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 805 (808 f.). 95 ZB BGHZ 142, 227 (237), Urt. v. 22. 7. 1999 – III ZR 198/98: Beseitigung einer vom Nachbargrundstück ausgehenden Ölverschmutzung; BGHZ 110, 313, Urt. v. 8. 3. 1990 – III ZR 81/88: Beseitigung einer Verunreinigung; BGH NJW 2005, 1366, Urt. v. 4. 2. 2005 – V ZR 142/04; BGH NJW 2004, 603, Urt. v. 28. 11. 2003 -V ZR 99/03: Beseitigung von Wurzelüberwuchs; BGH NJW-RR 2003, 953 (954), Urt. v. 24. 1. 2003 – V ZR 175/02: Beseitigung einer funktionslos gewordenen Fernwärmeleitung; BGH, LM BGB § 677 Nr. 10, Urt. v. 22. 3. 1966 – V ZR 126/33: Schutzmaßnahme für eine Brücke gegen aggressive Stoffe im Wasser; RGZ 149, 205, Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35: Schutzmaßnahmen gegen die vom Nachbargrundstück ausgehende Gefahr des Steinschlags; vgl. auch RGZ 167, 55 (58 f.), Urt. v. 29. 4. 1941 – VI

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Grundsatz erkennt die Rechtsprechung in diesen Fällen – trotz Kritik aus der Lehre96 – dem gestörten Eigentümer oder Besitzer Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 684 S 1) oder ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) zu. In diese Fallgruppe gehören auch die die untere Instanzgerichtsbarkeit immer wieder beschäftigenden Abschleppfälle, in denen ein Grundstücks- oder Kfz-Eigentümer ein die Zufahrt blockierendes oder einen Privatparkplatz zustellendes Fahrzeug abschleppen lässt und nunmehr Ersatz der verauslagten Kosten verlangt97. Für die hM, die den Begriff des fremden Geschäfts als das tragende Element der Geschäftsführung ohne Auftrag ansieht, sind geschäftsführungsrechtliche Ansprüche nahe liegend: der gestörte Eigentümer erfüllt eine Rechtspflicht des Störers und erledigt damit ein fremdes Geschäft. Sofern sich im Einzelfall die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht feststellen lassen, kann auf die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung zurückgegriffen werden, weil der Störer unter Ersparung eigener Aufwendungen von seiner Beseitigungspflicht frei geworden und deshalb ungerechtfertigt bereichert ist. Im Verschuldensfalle ist auch ein Rückgriff auf die §§ 823 Abs. 1 BGB oder 823 Abs. 2 BGB iVm einem Schutzgesetz (zB § 858 BGB) möglich.

bb. Selbstvornahme im vertraglichen Bereich Sehr umstritten ist, ob im vertraglichen Bereich außerhalb der bestehenden gesetzlichen Sondervorschriften für den Mieter (§ 536a Abs. 2 BGB) und den Besteller beim Werkvertrag (§§ 634 Nr. 2, 637 BGB) der Gläubiger bei Selbstvornahme der Mangelbeseitigung Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann, so insbesondere wenn der Käufer ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung den Mangel selbst beseitigt98. Hierher gehört auch die Frage, ob der Vermieter, 129/40: Gefahren von einem Steinbruch für Bahnanlage; vgl. dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 170 ff.; Bezzenberger, Der negatorische Beseitigungsanspruch und die Kosten der Ersatzvornahme, JZ 2005, 373. 96 Gursky, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 8.2.1991 – V ZR 346/89, JZ 1992, 312; ders., Bereicherungsausgleich bei Selbsterfüllung, NJW 1971, 782; Picker, Beseitigungsanspruch, nachbarrechtliche Selbsthilfe und Verjährung von Ansprüchen aus eingetragenen Rechten, JuS 1974, 357 (361 f.); siehe auch Bezzenberger, Der negatorische Beseitigungsanspruch und die Kosten der Ersatzvornahme, JZ 2005, 373 (374 f.). 97 ZB AG Frankfurt, NJW 1990, 917, Urt. v. 6. 10. 1989 – 30 C 1949/89– 81; dazu: Baldringer/Jordans, Beurteilung des „Abschleppfalles“ nach bürgerlichem Recht, insbesondere Ersatz der Abschleppkosten bei widerrechtlichem Parken, NZV 2005, 75 (76 ff.); Janssen, Abschleppen im bürgerlichen Recht, NJW 1995, 624; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 805 (808 f.); Schwarz/Ernst, Ansprüche des Grundstücksbesitzers gegen „Falschparker“, NJW 1997, 2550; v. Venrooy, Nochmals: Zivilrechtliche Folgen des Parkens vor Grundstückszufahrten, JuS 1979, 102. 98 Vgl. Arnold, Die eigenmächtige Mängelbeseitigung durch den Käufer, ZIP 2004, 2412; Gsell, Rechtlosigkeit des Käufers bei voreiliger Selbstvornahme der Mängelbeseitigung?, ZIP 2005, 922; Lorenz, Voreilige Selbstvornahme der Nacherfüllung im Kaufrecht, NJW 2005,

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der die vom Mieter geschuldeten, aber nicht vorgenommenen Schönheitsreparaturen selbst ausführt, Ersatz seiner Auslagen verlangen kann99. Manche Autoren wollen dem Gläubiger auch bei der Selbstvornahme im vertraglichen Bereich den Rückgriff gegen den Schuldner über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag eröffnen und ihm – da die Geschäftsführung die (Nach) Erfüllung durch den Schuldner selbst vereitelt und von daher kaum seinem Willen oder Interesse entspricht – immerhin den begrenzten Aufwendungsersatzanspruch des § 684 S. 1 BGB in Höhe der Ersparnisse des Schuldners zusprechen100; andere suchen eine Lösung im Rahmen des (vertraglichen) Leistungsstörungsrechts und greifen zu einer (analogen) Anwendung des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB, um dem Gläubiger einen Anspruch auf die vom Schuldner ersparten Aufwendungen zu gewähren101. Letztlich geht es in beiden Ansätzen weniger um den Ersatz der eigenen (Nach-)Erfüllungskosten des Gläubigers als um Herausgabe der ersparten Aufwendungen des Schuldners. Dahinter steht die Wertung, dass der Schuldner die Aufwendungen, die er dadurch erspart, dass der Gläubiger sich die Leistung selbst anderweitig beschafft, letztlich zu tragen habe; daran ändere die unterlassene Nachfristsetzung gem. § 281 Abs. 1 BGB nichts. Der BGH hat diese Vorstöße für das Kaufrecht mittlerweile zurückgewiesen. Die §§ 437 ff. BGB enthielten eine abschließende Regelung; ein Selbstvornahmerecht des Käufers sei gerade nicht vorgesehen. Die gesetzliche Regelung dürfe weder durch eine (analoge) Anwendung des § 326 Abs. 2 S. 2 BGB noch durch die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag oder die ungerechtfertigte Bereicherung umgangen werden102. Zur Selbsthilfe können auch die Selbsthilfeaufwendungen eines Schuldners bei Annahmeverzug des Gläubigers gezählt werden. Mehraufwendungen zur Erhaltung des Leistungsgegenstandes sind im deutschen Recht bereits nach § 304 BGB zu ersetzen; 1321; Katzenstein, Grund und Grenzen des Bereicherungsausgleichs bei eigenmächtiger Selbstvornahme der Nacherfüllung, ZGS 2005, 184; Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 96 f.; Oechsler, Praktische Anwendungsprobleme des Nacherfüllungsanspruchs, NJW 2004, 1825 (1826 f.); Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1193 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 167 ff.; nunmehr aber: BGHZ 162, 219, Urt. v. 23. 2. 2005 – VIII ZR 100/04; für das Werkvertragsrecht: BGHZ 92, 123 (125); Urt. v. 12. 7. 1984 – VII ZR 268/83. 99 Für Anwendung der §§ 677 ff. BGB: OLG Koblenz, MDR 1999, 1496, Urt. v. 29. 7. 1999 – 5 U 1787/98; Lützenkirchen, Unterlassene Schönheitsreparaturen durch den Mieter, MDR 2001, 9 (11 ff.); dagegen: OLG Hamburg NJW 1973, 2211, Urt. v. 8. 2. 1973 – 4 U 93/72; Ricker, Zum Ersatzanspruch des Vermieters bei Eigenvornahme von Schönheitsreparaturen ohne vorherige Fristsetzung, MDR 2000, 446. 100 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 168 f.; Oechsler, Praktische Anwendungsprobleme des Nacherfüllungsanspruchs, NJW 2004, 1825 (1826 f.); LG Bielefeld, ZGS 2005, 79, Urt. v. 14. 12. 2004 – 20 S 99/04. 101 Lorenz, Selbstvornahme der Mängelbeseitigung im Kaufrecht, NJW 2003, 1417 (1418 f.). 102 BGHZ 162, 219, Urt. v. 23. 2. 2005 – VIII ZR 100/04.

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im österreichischen Recht wird eine (sinngemäße) Anwendung der Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag erwogen103. Zudem kann der Verkäufer bei Annahmeverzug des Käufers etwa bei Verderblichkeit der Ware einen Selbsthilfeverkauf vornehmen. Die Bestimmungen über den Selbsthilfeverkauf des Verkäufers bei Annahmeverzug des Käufers bei Vorliegen eines Handelsgeschäfts (§ 373 HGB) schließen nicht aus, dass der Verkäufer, der die Ware ohne Beachtung dieser Bestimmungen verkauft, dadurch im Rahmen einer nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag für den Geschäftsherrn handelt104. Dies gilt insbesondere beim rein bürgerlich-rechtlich zu beurteilenden Vertrag. So hat etwa der österreichische OGH im Selbsthilfeverkauf von leicht verderblichem Obst eine Geschäftsführung ohne Auftrag für den Warengläubiger gesehen105.

c. Geschäftsführungsrechtliche Beurteilung aa. Echte Geschäftsführung „für einen anderen“ Im Regelfall wird sich die Selbstvornahme nicht als eine Geschäftsführung ohne Auftrag iSd § 677 BGB darstellen. Es fehlt schon an der Geschäftsführung „für einen anderen“. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der fremdnützigen Interessenwahrnehmung. Das Schuldverhältnis wird durch die Unterordnung der Interessen des Geschäftsführers unter die Interessen des Geschäftsherrn (Subordination) ausgelöst. Ob der Geschäftsführer für einen anderen handelt, bestimmt sich danach, ob er nach dem sozialen Sinn seines Handelns den Interessen des Geschäftsherrn dienen will. Vertritt der Geschäftsführer ausschließlich seine eigenen Interessen, fehlt es gerade an der Geschäftsführung für einen anderen. Nach der objektiven Zweckrichtung seines Handelns wird der Gläubiger (Geschäftsführer) bei der Selbstvornahme nicht im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses zur Interessenwahrnehmung für den Schuldner (Geschäftsherr) tätig, sondern es geht ihm darum, seine eigenen Interessen durchzusetzen106. Die Annahme, er wolle für fremde Interessen tätig werden, wird im Normalfall kaum zu begründen sein. Die Interessen sind gegenläufig: der Gläubiger (Geschäftsführer) will sein Recht schnell und sicher verwirklichen; dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht es, entweder überhaupt nicht oder allenfalls auf schonende Art und Weise in Anspruch genommen zu werden. Es ist daher letztlich nur eine Klarstellung der bestehenden Rechtslage, wenn Helm in seinem Reformvorschlag zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag vorsieht, dem § 677 BGB einen zweiten Absatz 103

Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 92 ff. BGH MDR 1958, 93, Urt. v. 18. 6. 1957 – VIII ZR 218/56; vgl. zum spiegelbildlichen Notverkauf durch den rücktrittsberechtigten Käufer als nützliche Geschäftsführung für den Verkäufer, wenn die Bestimmungen des § 379 HGB nicht beachtet werden: RGZ 66, 186, 197 f., Urt. v. 7. 6. 1907 – II 39/07; RGZ 101, 18 (19), Urt. v. 23. 11. 1920 – III 239/20. 105 Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 94. 106 Vgl. auch: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 d 5 = S. 17; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 1997, 805 (809). 104

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anzufügen: „Wer Rechte gegenüber einem anderen wahrnimmt, besorgt kein Geschäft für diesen“107. Ist daher auch ein Anspruch aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag nicht zu begründen, so mögen im Einzelfall die Voraussetzungen des – systemwidrig im Bereich der §§ 677 ff. BGB mitgeregelten – privilegierten Rückgriffsanspruch der §§ 679 Alt. 1, 683 S. 2 BGB vorliegen. Allerdings wird bei privater Selbstvornahme selten ein öffentliches Interesse an der Erfüllung der dem Schuldner obliegenden Pflicht bestehen; allenfalls wenn etwa der Betreiber eines Theaters ein die Feuerwehrzufahrt blockierendes Auto beseitigt, wird ein öffentliches Interesse an der Erfüllung (Beseitigung des Autos) bestehen.

bb. Geschäftsführung „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“ Bei der Selbstvornahme im vertraglichen Bereich kommt die Besonderheit hinzu, dass es regelmäßig am Merkmal der Geschäftsführung „ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung“ fehlt. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessensubordination. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das besondere vertragliche Gewährleistungsrecht etwa im Kauf-, Miet- oder Werkvertragsrecht und ansonsten das allgemeine Leistungsstörungsrecht, eine abschließende Regelung darstellen, die einen Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB (ebenso wie auf die §§ 812 ff. BGB) ausschließen108. Daher kann weder der Käufer, der ohne Nachfristsetzung den Mangel selbst beseitigt, noch der Vermieter, der ohne Nachfristsetzung die geschuldeten Schönheitsreparaturen selbst vornimmt, seinen Anspruch auf §§ 683, 684 BGB oder § 812 BGB stützen. Erst wenn er dem Schuldner erfolglos eine Nachfrist gem. § 281 Abs. 1 BGB gesetzt hat, sofern diese nicht ausnahmsweise entbehrlich ist (§§ 311a Abs. 2, 283 BGB), kann er seine Selbstvornahmekosten als Schadensersatz statt der Leistung (§ 281 BGB) liquidieren.

d. Kostenersatz bei negatorischen Ansprüchen und Selbsthilferechten Mit dem Rückgriff auf die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag oder die §§ 812 ff. BGB bei Selbstvornahme negatorischer Ansprüche (§§ 1004, 862 BGB) oder Selbsthilfe (§§ 229, 859, 910 BGB) schließt die hM eine rechtstechnische Regelungslücke des Sachenrechts, das nur die primäre Verhaltenspflicht des Störers zur Unterlassung oder Störungsbeseitigung aufstellt, aber die Kosten107 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (407). 108 Kaufvertrag: BGHZ 162, 219 (228 f.), Urt. v. 23. 2. 2005 – VIII ZR 100/04; Werkvertrag: BGHZ 92, 123 (125), Urt. v. 12. 7. 1984 VII ZR 268/83; BGH NJW 1968, 43, Urt. v. 28. 9. 1967 – VII ZR 81/65; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 12.

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frage bei Selbsthilfe nicht regelt. Eine Kostenerstattung im Grundsatz zu versagen, würde das Selbsthilferecht des § 859 BGB faktisch entwerten, aber auch sonst gegen die Lebenswirklichkeit verstoßen. Wenn Brände ausbrechen, Öltanks leer laufen oder Grundstückseinfahrten zugeparkt werden, ist das Interesse des Bedrohten an der sofortigen Gefahrenabwehr oder Beseitigung höher einzustufen, als das Interesse des Schuldners, solche Maßnahme selber und vielleicht kostengünstiger vorzunehmen. Wollschläger bejaht dementsprechend einen Anspruch auf Kostenerstattung bei unmittelbarer Gefahr, den er auf § 683 BGB stützt109. Auch die Rechtsprechung hält trotz Kritik aus der Lehre daran fest, dem Gestörten Ersatz der notwendigen Kosten doch zumindest aus § 812 BGB zuzusprechen. § 887 ZPO stehe dem nicht entgegen und schließlich folge schon aus § 267 BGB, dass grundsätzlich auch ein anderer für den Schuldner tätig werden könne110. Mir erscheint ein solcher Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB oder die §§ 812 ff. BGB unnötig. Eine sachgerechte Lösung ergibt sich, wenn man deutlich zwischen den Selbsthilferechten (§§ 229, 859, 910 BGB) einerseits und den Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen (§§ 862, 1004 BGB) andererseits unterscheidet. Um ein Leerlaufen des Selbsthilferechts zu verhindern, ist ein Kostenerstattungsanspruch als ungeschriebener Annex der Selbsthilferechte zu begreifen. Der Anspruch auf Kostenerstattung folgt unmittelbar aus dem Selbsthilferecht. Liegen die Voraussetzungen der Selbsthilfe vor, kann der Berechtigte die ihm angefallenen und notwendigen Kosten liquidieren. Dieser Weg ist vorzugswürdig: zum einen gewährleistet er eine Beschränkung der Abwälzung von Selbsthilfeaufwendungen auf den Störer auf Not- und Extremsituationen; zum anderen bietet er vom Anspruchsumfang her vollen Ersatz der dem Gestörten entstandenen Aufwendungen und ist nicht wie der Anspruch aus § 684 S. 1 BGB oder § 812 BGB auf die Bereicherung des Störers beschränkt111.

e. Der allgemeine Kostenerstattungsanspruch und die Kosten der Abmahnung im Wettbewerbsrecht Jüngst hat sich die Frage nach einem materiellrechtlichen (außerprozessualen) Kostenerstattungsanspruch gestellt: der spätere Kläger hatte eine (unberechtigte) Forderung des Beklagten mit anwaltlicher Hilfe außergerichtlich erfolgreich abgewehrt. Anstatt den sicheren Weg einer negativen Feststellungsklage und damit mittelbar des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs der §§ 91 ff. 109 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 170 ff.; aA: Gursky, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 8.2.1991 – V ZR 346/89, JZ 1992, 312 (315): unzureichende Würdigung der Interessenlage. 110 BGH, NJW 2004, 603 (604), Urt. v. 28. 11. 2003 – V ZR 99/03. 111 Vgl. BGH NJW 2004, 603 (604), Urt. v. 28. 11. 2003 – V ZR 99/03; siehe auch: Schünemann, Selbsthilfe im Rechtssystem, 1985, S. 130 ff.

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ZPO zu gehen, verlangte er gestützt auf einen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch Ersatz seiner aufgewendeten Anwaltskosten. Ein solcher materiellrechtlicher Erstattungsanspruch ist nicht per se durch die §§ 91 ff. ZPO ausgeschlossen; es kommt vielmehr darauf an, ob er sich aus materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen herleiten lässt112. In Betracht kommen namentlich Vertrag (§ 280 BGB), culpa in contrahendo (§§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB) und Delikt (§§ 823 ff. BGB). Auch genannt wird die Geschäftsführung ohne Auftrag. Begründet wird dies mit Hinweis auf den Kostenerstattungsanspruch des Abmahnenden im Wettbewerbsrecht. Der BGH hat dies zurückgewiesen113. Im Ergebnis zu Recht, aber mit falscher Begründung. Um zu zeigen, dass die „wettbewerbsrechtlichen“ Grundsätze nicht übertragbar sind, muss ich ein wenig ausholen. Das Abmahnverfahren ist eine im Wettbewerbsrecht und im Recht der gewerblichen Schutzrechte entstandene spezifische Form der außerprozessualen Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen114. Unter der Abmahnung versteht man die Aufforderung des unmittelbar Verletzten oder eines sonst gem. § 8 Abs. 3 UWG Klagebefugten an einen Verletzer, einen bereits begangenen oder drohenden Verstoß für die Zukunft zu unterlassen und eine entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Die Abmahnung hat sowohl prozessuale wie materielle Bezüge. Einmal kann eine wirksame Abmahnung verhindern, dass der Abmahnende nach Klageerhebung im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses die Kosten gem. § 93 ZPO tragen muss; zum anderen kann eine unterlassene Unterwerfungserklärung überhaupt erst die Wiederholungsgefahr für einen nachfolgenden Unterlassungsanspruch begründen, wie umgekehrt die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsoder Erstbegehungsgefahr ausschließt. Erhebliche – auch geschäftsführungsrechtliche – Probleme bereitete lange Zeit die Frage, ob und ggf. auf welcher Rechtsgrundlage der Abgemahnte die Kosten der Abmahnung zu tragen hat. Diese Probleme haben sich mittlerweile weitgehend durch die Regelung der Abmahnung in § 12 Abs. 1 UWG erledigt. In § 12 Abs. 1 S. 2 UWG wird nunmehr ausdrücklich die Kostentragungspflicht des Zuwiderhandelnden bei berechtigter Abmahnung geregelt115. – Nun soll der Blick auf die Begründung der Erstattungsanspruch des Abmahnendens vor Inkrafttreten des § 12 UWG nF geworfen werden.

Wenig Probleme bereitete im (alten) Wettbewerbsrecht – wie in unserer Konstellation der Abwehr eines unberechtigten Anspruchs – der Fall, dass die (außergerichtliche) Abmahnung erfolglos blieb und sich ein gerichtliches Verfahren anschließt: hier gehören die Abmahnkosten zu den Prozessvorberei112 Vgl. dazu eingehend: Hösl, Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung, 2004, S. 11 ff. 113 BGH, NJW 2007, 1458 (Rn. 16), Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05. 114 Dazu: Beater, Unlauterer Wettbewerb, 2002, § 30 Rn. 154 ff.; Emmerich, Unlauterer Wettbewerb7, 2004, § 25. 115 Dazu: Emmerich, Unlauterer Wettbewerb7, 2004, § 25 IV = S 510 ff. Vgl. auch den neuen § 97a UrhG zur Abmahnung im Urheberrecht: dazu: Kitz, Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum, NJW 2008, 2374 (2377).

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tungskosten, über die nach den §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden ist116. Schwierig wurde auch im Wettbewerbsrecht erst die Situation, wenn die Abmahnung „Erfolg“ hatte, es also nicht zum Prozess kam; mehrere Konstellationen waren (und sind) zu unterscheiden. Mahnt der Verletzte ab und hat der andere Teil schuldhaft gehandelt, so folgt die Kostentragungspflicht bereits aus § 249 BGB, da die Abmahnkosten Teil des zu ersetzenden Schadens sind117. Dieser Weg ließ sich aber nicht mehr beschreiten, wenn den anderen Teil überhaupt keine Schadensersatzpflicht traf, entweder weil er gar nicht schuldhaft gehandelt hatte oder weil die Abmahnung nicht vom allein ersatzberechtigten unmittelbar Verletzten, sondern von einem anderen Mitbewerber, von einem Verband oder einer Kammer iSd § 8 Abs. 3 UWG ausging. Die – in ihrer dogmatischen Herleitung nicht unproblematische – Lösung brachte die Fotowettbewerb-Entscheidung des BGH. Danach hatte das Unternehmen, das einen Wettbewerbsverstoß begangen hat, dem klagebefugten Abmahner die vorprozessualen Abmahnkosten nach § 683 BGB zu erstatten118. Der Begründungsansatz fügte sich weitgehend der höchstrichterlichen Dogmatik im Recht der allgemeinen Selbstvornahme an: der Abmahner nimmt die vom Störer entsprechend § 1004 BGB geschuldete Beseitigung des Wettbewerbsverbots selbst vor. § 683 S. 1 BGB bereitete der Rechtsprechung angesichts ihres überhaupt laxen Umgangs mit dem Erfordernis der Interessensentsprechung kein Problem: die Abmahnung liege letztlich im Interesse des Störers, da er dadurch Gelegenheit erhalte, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Bei subordinationsrechtlicher Betrachtung liegt – wie auch in den sonstigen Fällen der Selbstvornahme – eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag nicht vor119. Dennoch war die Rechtsprechung im Ergebnis zutreffend: liegt auch eine echte Geschäftsführung nicht vor, so konnte der Abmahnende seine Kosten doch im Rahmen des – systemwidrig im Zusammenhang der Geschäftsführung ohne Auftrag geregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 679

116 OLG Düsseldorf WM 1982, 914, Urt. v. 4. 5. 1982 – 10 W 3/82; Schulz, Kostenerstattung bei erfolgloser Abmahnung, WRP 1990, 658; siehe auch: LG Frankfurt, NJW-RR 2003, 547, Urt. v. 24. 5. 2002 – 3/12 O 31/02. 117 OLG Karlsruhe NJW-RR 1996, 748, Urt. v. 8. 11. 1995 – 6 U 57/95. 118 Grundlegend: BGHZ 52, 393 (399 f.), Urt. v. 15. 10. 1969 – I ZR 3/68 – Fotowettbewerb für die Klage eines Vereins zur Förderung gewerblicher Interessen iSd § 13 Abs. 1 UWG aF; BGH NJW 2004, 2448, Urt. v. 6. 5. 2004 – I ZR 2/03 – Selbstauftrag; BGHZ 149, 371 (374 f.), Urt. v. 17. 1. 2002 – I ZR 241/99 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung; BGH, LM UWG § 1 Nr. 403, Urt. v. 22. 9. 1983 – I ZR 166/81 – Shop in the shop I; BGH ZIP 1991, 55 (57 f.), Urt. v. 4. 10. 1990 – I ZR 39/89 – Zaunlasur; BGHZ 115, 210 (212), Urt. v. 26. 9. 1991 – I ZR 149/89 – Abmahnkostenverjährung; BGH NJW 1973, 901 (903), Urt. v. 2. 3. 1973 – I ZR 5/72; BFHE 201, 339, Urt. v. 16. 1. 2003 – V R 92/01; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003, 566 (568), Urt. v. 1. 2. 2002 – 17 U 1/01; LG Düsseldorf, NJW 1982, 239, Urt. v. 4. 9. 1981 – 22 S 107/81. 119 Vgl. Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 805 (811).

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Alt. 1, 683 S. 2 BGB liquidieren: denn die Beseitigung von Wettbewerbsverstößen liegt im öffentlichen Interesse120. Die Rechtsprechung des BGH war im Schrifttum auf weitgehende Kritik gestoßen121. Dies war insoweit berechtigt, als der Aufwendungsersatzanspruch nicht auf echte Geschäftsführung ohne Auftrag gestützt werden kann. Dagegen ist das Vorliegen des privilegierten Rückgriffsanspruchs gem. §§ 670, 683 S. 2 BGB evident. Vollkommen zu Recht hat daher der Aufwendungsersatzanspruch des Abmahnenden im Gefolge der UWG-Novelle des Jahres 1986 mit Einführung der Missbrauchsregelung des § 13 Abs. 5 UWG aF (= § 8 Abs. 4 UWG nF) mittelbare und nunmehr in § 12 Abs. 1 S. 2 UWG unmittelbare Anerkennung gefunden.

Es ist von äußerster Wichtigkeit zu erkennen, dass der Anspruch auf Aufwendungserstattung für berechtigte Abmahnungen Folge des privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB ist und dass es sich dabei eben nicht um den allgemeinen Aufwendungsersatzanspruchs der §§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB bei echter Geschäftsführung zugunsten eines anderen handelt. Hieraus ergibt sich ohne weiteres, dass die Regeln der §§ 677 ff. BGB nicht Grundlage eines allgemeinen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs bei außergerichtlicher Abwehr (unberechtigter) Geldforderungen sein können122. Unmittelbar auf die §§ 683 S. 1, 684 S. 1 BGB lässt sich ein solcher Anspruch nicht gründen, da es an der Geschäftsführung für einen anderen fehlt: der Abwehrende wird für sich, da in Bedrängnis geraten, tätig, und nicht für den (vermeintlichen) Anspruchssteller. Aber auch ein Rückgriff auf den privilegierten Rückgriffsanspruch der §§ 679, 683 S. 2 BGB kommt nicht in Betracht. Denn es fehlt an den strengen Voraussetzungen des § 679 BGB. Das Fallenlassen unberechtigter Forderungen mag vielleicht ein Geschäft des Anspruchstellers sein, aber die Erfüllung dieser Pflicht liegt keinesfalls – so wie es § 679 BGB verlangt – in einem besonderen öffentlichen Interesse123. Man könnte nun noch versucht sein, die Rechtsprechung zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung umzukehren: denn dem zu Unrecht Abgemahnten (dem man denjenigen gleichstellen kann, der zu Unrecht mit einer Forderung konfrontiert wird) steht im Grundsatz ein Schadensersatzanspruch entspre120 LG Düsseldorf, NJW 1982, 239 (240), Urt. v. 4. 9. 1981 – 22 S 107/81; vgl. auch: BGHZ 52, 393 (396), Urt. v. 15. 10. 1969 – I ZR 3/68 – Fotowettbewerb. 121 ZB Gaede/Meister, Kostenerstattung ohne Grenzen?, WRP 1984, 246; Kurbjuhn, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 15.10.1969 – I ZR 3/68, NJW 1970, 604; Oppermann, Konstruktion und Rechtspraxis der Geschäftsführung ohne Auftrag AcP 193 (1993) 497; Prelinger, Klagebefugnis der Abmahnvereine?, NJW 1982, 211; Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (396). 122 So aber: Hösl, Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung, 2004, S. 140 ff. 123 Nur im Ergebnis übereinstimmend: BGH, NJW 2007, 1458 (Rn. 16), Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05.

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chend § 678 BGB zu124, der auf den privilegierten Rückgriffsanspruch anzuwenden ist; aber auch dieser Weg ist nicht gangbar, da die Voraussetzungen des § 679 BGB (besonderes öffentliches Interesse) eben nicht vorliegen. Resümierend ist daher festzuhalten, dass sich – egal wie man es dreht und wendet – ein materiellrechtlicher Erstattungsanspruch bei außerprozessualer Abwehr vermeintlicher Ansprüche nicht auf § 683 S. 1 BGB bzw. §§ 683 S. 2, 679 BGB stützen lässt.

II. Die Förderung fremden Nutzens 1. Grundlagen Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist die nicht durch Vertrag oder Gesetz abweichend oder abschließend geregelte fremdnützige Wahrnehmung von Interessen für einen anderen (Subordination). Tragendes Element der Geschäftsführung ist die normativ zu bestimmende Absicht, ein Geschäft für einen anderen zu führen. Damit ist der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag abschließend umschrieben. Eine selbstlose Motivation gehört nicht zum Tatbestand; selbst eigennützige Motive schließen eine Geschäftsführung ohne Auftrag für einen anderen nicht aus. In der Fallgruppe der Förderung fremden Nutzens liegen die Rechtsanwendungsprobleme darin, zu bestimmen, wie sich im Einzelfall geschäftsführungsrechtlich auswirkt, wenn Dritte – oder auch der Geschäftsführer – mittelbar von der Geschäftsführung profitieren. Letztlich geht es darum, die rechtlich relevante Interessenwahrnehmung für einen anderen abzugrenzen von geschäftsführungsrechtlich irrelevanten mittelbaren Reflexvorteilen, die allenfalls Motivation des Geschäftsführers zur Geschäftsführung sind. Das Grundlegende wurde bereits oben entwickelt: insoweit sei auf diese Ausführungen verwiesen (siehe § 2 VI 7, § 8 V 2 d). Hier geht es nur noch darum, die Anwendung der allgemeinen Lehre auf den Einzelfall zu zeigen. Ein weiteres Problem ist die Feststellung eines utiliter gestum iSd § 683 S 1 BGB. Die Rechtsprechung zeigt sich hier – ganz anders als in der Gruppe „Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit“ – eher zurückhaltend.

124 OLG München, WRP 2008, 1384, Beschl. v. 8.1.2008 – 29 W 2738/07; OLG Hamburg, NJW-RR 2003, 857, Urt. v. 19.9.2003 – 3 U 54/99; OLG Frankfurt, GRUR 1989, 858, Urt. v. 26.5.1989 – 6 U 87/88; OLG Hamburg, WRP 1983, 422, Urt. v. 20.1.1983 – 3 U 146/82; LG Berlin, Magazindienst 2007, 868, Urt. v. 1.6.2007 – 103 O 246/06; Hösl, Kostenerstattung bei außerprozessualer Verteidigung gegen unberechtigte Rechtsverfolgung, 2004, S. 137 f.; Zur Frage des Verschuldensmaßstabs: Ahrens, Zum Ersatz der Verteidigungsaufwendungen bei unberechtigter Abmahnung, NJW 1982, 2477 (2479).

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2. Aufwendungen, insbesondere Verwendungen auf fremde Sachen In der Praxis stellen die Verwendungen auf fremde Sachen die wesentlichen Fälle der Förderung fremden Nutzens dar. Andere Gegenstände oder rein ideelle nicht vermögensrechtliche Positionen sind selten Objekt der Geschäftsführung125. Fälle, in denen es um Verwendungen auf unkörperliche Gegenstände oder überhaupt um eine Vermögenssorge geht, kommen in der Praxis vor allem in zwei Fallgruppen vor: einmal bei Tätigkeit aufgrund eines unwirksamen Vertrages mit dem Geschäftsherrn; zum anderen in der Fortsetzung einer fremdnützigen Tätigkeit aufgrund eines beendeten Amtes. Hierzu gehört zB der Fall, dass ein Vormund nach Beendigung seines Amtes die Wahrnehmung der Angelegenheiten des Mündels fortsetzt. Hier sind die §§ 677 ff. BGB ohne weiteres anzuwenden. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Vormund vielleicht zu Unrecht davon ausgeht, sein Amt dauere noch fort; denn dies betrifft nicht die Geschäftsführungsabsicht, sondern die Motivation126. Das Notwendige hierzu wurde bereits oben gesagt (siehe § 9 II, III). In die Untergruppe der Verwendung auf fremde Sachen gehören insbesondere Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung von Sachen, wie Reparaturen oder Bauten, Lagerung, Transport sowie Versicherung gegen Beschädigung und Verlust. Schon den Römern war die negotiorum gestio durch Verwendung auf fremde Sachen, zB das Abstützen eines fremden Mietshauses, bekannt127; die Glossatoren hatten hierfür die Kategorie des negotium ipsa re alienum entwickelt128. Allerdings ist der unmittelbare Anwendungsbereich der allgemeinen Geschäftsführung ohne Auftrag in diesem Bereich begrenzt. Häufig greifen vorrangige gesetzliche oder vertragliche Regeln ein (zB §§ 2124 ff. BGB für die Vorerbschaft), die allerdings teilweise – so etwa für die Verwendungen des Pfandgläubigers (§ 1216 BGB), des vorläufigen Erben (§ 1959 BGB) oder des Mieters (§ 539 BGB) – mehr oder weniger umfassend auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag zurückverweisen (sog. angewandten Geschäftsführung ohne Auftrag). Unmittelbar auf die §§ 677 ff. BGB kann nur zurückgegriffen werden, wenn und soweit ein besonderes vorrangiges Rechtsverhältnis nicht besteht. Ist der Geschäftsführer im Besitz der Sache, so schließen die §§ 677 ff. BGB die Vorschriften der §§ 987 ff. BGB aus. Geschäftsführer ist, wer nach dem sozialen Sinn seines Tuns uneigennützig tätig wird. Ausgehend von der Person des Geschäftsführers ist die Person des 125

Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 226 f. Siehe auch Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 118. 127 Ulpian/Pedius, Dig 3, 5, 5, 13 (de negotiis gestis). 128 Gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 2 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). 126

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Geschäftsherrn zu bestimmen. Die Person des Geschäftsherrn folgt aus der normativen Zielrichtung der Interessenwahrnehmung des Geschäftsführers: Geschäftsherr ist, ansetzend am Geschäftsführer, diejenige Person, deren Interessen das Tun seinem sozialen Sinn nach dient. Dies wird regelmäßig der sachenrechtliche Eigentümer einer Sache sein, dem der wirtschaftliche Genuss der Sache unmittelbar zugute kommt. Allerdings gibt es eine Reihe von Zweifelssituationen.

a. Übergang der Preisgefahr Macht der Geschäftsführer auf eine verkaufte Sache Aufwendungen, so ist zu differenzieren: vor Gefahrübergang liegt eine Geschäftsführung für den Eigentümer und Verkäufer der Sache vor. Die Beurteilung ändert sich mit Übergang der Preisgefahr (§§ 446 S. 1, S. 3, 447, 474 Abs. 2 BGB). Von nun an gebühren die Nutzungen und Lasten der Sache dem Käufer, so dass Verwendungen zugunsten der Sache nunmehr eine Geschäftsführung zugunsten des Käufers als des wirtschaftlichen Eigentümers darstellen129.

b. Verwendungen auf Sicherungsgut Verwendungen auf Sicherungsgut (Pfand, Sicherungseigentum, Vorbehaltseigentum, Insolvenzmasse) zur Sicherung von Forderungen kommen außer dem Eigentümer mittelbar auch dem Sicherungsnehmer (Gläubiger) zugute, der sich für den Fall, dass der gesicherte Kredit notleidend wird, aus dem Sicherungsgut befriedigen will. Die tradierte Lehre setzt ausgehend vom Begriff des fremden Geschäfts an der internen Kostentragungspflicht des Sicherungsgebers (Eigentümers) gegenüber dem Sicherungsnehmer an (vgl. §§ 1216 BGB, 10 Abs. 1 Nr. 1, 155 Abs. 3 ZVG) und zieht daraus den Schluss, dass der Eigentümer auch im Verhältnis zu Dritten letztlich für Verwendungen aufzukommen habe: Verwendungen auf die Sache seien daher stets sein Geschäft; das Verwertungsrecht des Gläubigers hebe seine Eigentümerstellung nicht auf. Auch die hier vertretene subordinationsrechtliche Betrachtungsweise wird eine Geschäftsführung für den Eigentümer annehmen müssen, da die Sache dem Sicherungsnehmer nur ein Verwertungsrecht im Krisenfall gibt, dessen Eintritt aber noch unsicher ist. Diese Beurteilung scheint sich jedoch grundsätzlich mit Eintritt des Sicherungsfalles zu ändern, und so wird angenommen, dass der Verwender ab diesem Zeitpunkt für den Sicherungsnehmer tätig wird130. Dem wird man zunächst zustimmen können. Zwar verpflichtet der Eintritt des Sicherungsfalls den Sicherungsgeber nicht dazu, das Sicherungsgut zu ver129

Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 179 ff. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 181 ff.; MünchKomm/ Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 37. 130

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werten: er kann es zunächst beim Schuldner belassen und darauf vertrauen, dass dieser – gerade mit Hilfe der wirtschaftlichen Nutzung des Sicherungsgutes – die Krise überwindet. Aber die abstrakte Befugnis, jederzeit zur Vollstreckung schreiten zu können, rechtfertigt es, den Sicherungsnehmer bei normativer Betrachtungsweise mit Eintritt des Sicherungsfalls als Geschäftsherrn anzusehen. Allerdings ist ein zweiter Punkt zu beachten: bei Sicherungsrechten – und beim Sicherungseigentum wird dies der Regelfall sein – sind mangels anderweitiger Absprache die wirtschaftlichen Nutzungen über den Eintritt des Sicherungsfalls hinaus weiterhin dem Sicherungsgeber zugewiesen: zwar kann der Sicherungsgeber die Sache nunmehr veräußern, aber die Nutzungen stehen ihm dennoch nicht zu131. Dies bedeutet, dass Substanzwert und Nutzungswert der Sache zu trennen sind. Wir haben hier einen der wenigen Fälle, in denen wegen der grundsätzlichen Interessenparallelität von Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer am Erhalt der Sache eine Geschäftsführung für zwei unterschiedliche Personen stattfindet, nämlich einmal für den Sicherungsgeber und zum anderen den Sicherungsnehmer: im Außenverhältnis haften beide – soweit gegenüber beiden ein utiliter gestum (§ 683 S. 1 BGB) vorliegt – als Gesamtschuldner (§ 421 BGB), ansonsten nur anteilig (§§ 684 S. 1, 420 BGB); ich verweise an dieser Stelle auf oben stehende Ausführungen zu Personenmehrheiten (siehe § 10 V). Im Innenverhältnis bestimmt sich das Verhältnis nach dem Gewicht von Substanzwert zum Nutzungswert. Entsprechendes gilt für den Verkauf unter Eigentumsvorbehalt132.

c. Fremde Verwendungspflicht Ist ein Dritter dem Eigentümer gegenüber lediglich zur Vornahme bestimmter Verwendungen vertraglich oder gesetzlich verpflichtet, so führt der Geschäftsführer mit seinen Verwendungen ausschließlich ein Geschäft für den Eigentümer. Dem Dritten kommt die Tätigkeit des Geschäftsführers allenfalls als mittelbarer Reflexvorteil zugute133.

d. Utiliter gestum Liegt auch eine Geschäftsführung für den Geschäftsherrn vor, so kann der Geschäftsführer doch nur dann gem. § 683 S. 1 BGB Ersatz seiner Aufwendungen gleich einem Beauftragten verlangen, wenn die Übernahme dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte kommt dem Interesse eine besondere Indizfunktion zu. Letztlich entscheidet eine auf die konkrete Person des Geschäftsherrn bezo131

Grundlegend: BGH, ZIP 2006, 2307 (Rn. 17 ff.), Urt. v. 26.9.2006 – XI ZR 156/05. Offengelassen in BGH, ZIP 1983, 839 f., Urt. v. 25. 5. 1983 – IVa ZR 199/81. 133 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 187 f.; siehe auch OLG Stettin, OLGRspr. 8, 77, Urt. v. 30. 6. 1903. 132

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gene Kosten-Nutzen-Rechnung. Maßnahmen, deren Kosten außer Verhältnis zum Nutzen der Maßnahme stehen, sind stets interessenwidrig. Zur dogmatischen Begründung verweise ich auf meine oben stehenden Ausführungen (siehe § 14 I 2 c, g). Anders als bei der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten ist man bei Annahme einer Interessengemäßheit der Übernahme der Geschäftsführung bei der Verwendung auf fremde Sachen deutlich zurückhaltender. Dahinter steht das Bemühen, den Eigentümer vor aufgedrängter Bereicherung zu schützen134. Für jeden Einzelfall ist daher zu untersuchen, ob (1) ein Interesse des konkreten Geschäftsherrn an der in Rede stehenden Verwendung besteht (Nutzen), und zum anderen, ob er (2) bereit ist, den dafür vom Geschäftsführer aufgewandten Betrag zu bezahlen (Kosten). Aus dem Bereich des § 683 BGB von vorneherein auszuscheiden sind daher unsachgemäße wie überflüssige Maßnahmen und aufgedrängte Verbesserungen, die der Zweckbestimmung der Sache durch den Eigentümer widersprechen. Dies lässt sich mit einem Beispiel aus dem Bereich der angewandten Geschäftsführung ohne Auftrag verdeutlichen (§ 539 Abs. 1 BGB): Verwendungen des Mieters sind etwa – sofern sie nicht allein in den Nutzungsbereich des Mieters gehören und damit ohnehin keine Geschäftsführung für einen anderen darstellen – überwiegend als interessenwidrig zu beurteilen, weil sie den Gebrauchsnutzen ohne Erhöhung des Mietzinses vergrößern und dadurch das vertraglich vereinbarte Äquivalenzverhältnis stören. Bei angespannter Finanzlage des Geschäftsherrn kann eine an sich willkommene Geschäftsführungsmaßnahme interessenwidrig sein.

3. Versicherungsfälle a. Aufwendungen eines Dritten zugunsten einer versicherten Sache oder Person Macht ein Dritter Aufwendungen zugunsten einer versicherten Sache oder Person, stellt sich die Frage, ob der Aufwendende von der Versicherung Ersatz seiner Aufwendungen gem. § 683 BGB verlangen kann135. Die überwiegende Auffassung differenziert: die Versicherung ist dann nicht Geschäftsherr, wenn sie kraft Versicherungsvertrages oder kraft Gesetzes nur zur Schadensregulierung, aber nicht zur Schadensvorsorge verpflichtet ist. Sie ist dann selbst nicht zur Vornahme von erhaltenden, wiederherstellenden oder schadensmindernden Maßnahmen verpflichtet, sondern ihr obliegt nur eine Pflicht zur Kostentragung; diese mittelbare Kostentragungspflicht begründet aber keine Geschäftsherren-

134

Zum Ganzen: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 210 ff. Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 8 Rn. 31 ff.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 184 ff. 135

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eigenschaft136. Anders soll es dagegen sein, wenn die Versicherung – wie etwa die gesetzlichen Krankenversicherungen aufgrund des Sachleistungsprinzips des § 2 SGB V – nicht lediglich eine Kostentragungspflicht, sondern eine Pflicht zur tatsächlichen Schadensvorsorge trifft137. Nach der hier vertretenen Lehre ist diese Differenzierung verfehlt. Nach dem sozialen Sinn seines Tuns wird der Dritte ausschließlich für den Geschädigten (Versicherten) tätig. Dessen Interesse bildet den Maßstab der Geschäftsführung. Der Versicherung kommt – unabhängig ob Sachleistungsprinzip oder nur Kostentragungspflicht – die Geschäftsführung allenfalls mittelbar zugute. Fallen Versicherungsnehmer und Versicherter auseinander, liegt in den Aufwendungen eines Dritten ausschließlich eine Geschäftsführung für den Versicherten, nicht aber für den Versicherungsnehmer.

b. Versicherung für fremde Rechnung (§ 43 VVG) Eine besondere Konstellation ist die sog. Versicherung für fremde Rechnung. Gemeint ist damit der Fall, dass der Versicherungsnehmer (Geschäftsführer) einen Versicherungsvertrag zugunsten eines anderen – des Versicherten (Geschäftsherr) – abschließt (vgl. § 43 VVG). Für den Fall des Eintritts des Versicherungsfalls stellt sich die Frage, ob der Versicherte vom Versicherungsnehmer nicht nur Auskehrung der erlangten Versicherungssumme, sondern überhaupt verlangen kann, dass der Versicherungsnehmer den Anspruch gegen den Versicherer geltend macht. In frühen Entscheidungen nahm der BGH genau dies gestützt auf das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag an138. Zutreffend war diese Rechtsprechung nicht; sie wurde daher zu Recht kritisiert139. Die Nichtanwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB liegt aber nicht daran, dass der Versicherungsnehmer ein eigenes Geschäft wahrgenommen hat (tradierte Lehre) bzw. nicht für einen anderen, sondern für sich selbst gehandelt hat. Denn bei normativer Bestimmung der Geschäftsführungsabsicht lässt sich kaum in Frage stellen, dass der Abschluss einer Versicherung für fremde Rechnung eine fremdnützige Tätigkeit für den Versicherten ist140. Dass es dem Versicherungsnehmer etwa im Bereich der Kfz-Insassenversicherung lediglich darum geht, über die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung hinaus zusätzlichen Versicherungs136 BGHZ 72, 151 (153 ff.), Urt. v. 4. 7. 1978 – VI ZR 95/77; BGHZ 54, 157 (160 f.), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68; Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse2, 2006, § 8 Rn. 31; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 186; siehe auch Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 2 a = S. 699. 137 BGHZ 33, 251 (254 f.), Urt. v. 7. 11. 1960 – VII ZR 82/59; BGHZ 54, 157 (161), Urt. v. 22. 5. 1970 – IV ZR 1008/68. 138 BGHZ 32, 44 (51 ff.), Urt. v. 8. 2. 1960 – II ZR 136/58; BGH, NJW 1973, 1368, Urt. v. 4. 4. 1973 – IV ZR 130/71. 139 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 226 f., 245 f.; vgl. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 120 f. 140 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 121 f.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

schutz zu erlangen, betrifft nur die Motivation zur Geschäftsführung. Der wahre Grund des Ausschlusses der §§ 677 ff. BGB folgt aus der Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag. Sie ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Gesetz (oder Vertrag) abschließend oder abweichend geregelten fremdnützigen Interessensubordination. Aber eine solche vorrangige Regelung sieht das VVG mit seiner eigentümlichen Regelung der Versicherung für fremde Rechnung vor (§§ 43 ff. VVG). § 45 Abs. 1 VVG legt es nämlich gerade und bewusst in die Hand des Versicherungsnehmers, ob er die Rechte des Versicherten aus dem Versicherungsvertrag (§ 44 Abs. 1 VVG) geltend machen will. Der Versicherungsnehmer kann durchaus ein legitimes Interesse – etwa die Vermeidung höherer Prämien – daran haben, die Rechte des Versicherten gegen den Versicherer nicht geltend zu machen. Zutreffend hat der BGH daher im Ergebnis unter ausdrücklicher Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung erkannt141, dass der Versicherungsnehmer bei Abschluss der Versicherung nicht als Geschäftsführer ohne Auftrag für die noch nicht feststehenden jeweiligen Fahrzeuginsassen tätig wird, und dementsprechend einen geschäftsführungsrechtlich begründeten Anspruch des Versicherten auf Geltendmachung der Rechte gegen den Versicherer abgelehnt.

c. Eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers Macht der Versicherungsnehmer selbst schadensabwehrende oder schadensmindernde Aufwendungen zugunsten einer versicherten Sache, scheitert ein Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB schon an der Subsidiarität der Geschäftsführung ohne Auftrag. Die Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers gegen die Versicherung sind in den §§ 82, 83 VVG spezialgesetzlich geregelt. Liegt in den sacherhaltenden Aufwendungen eines Dritten eine Geschäftsführung für den Versicherungsnehmer – was anzunehmen ist, wenn die Person des Versicherungsnehmers mit der des Versicherten übereinstimmt–, so kann der Dritte vom Versicherungsnehmer gem. §§ 683, 684 BGB Ersatz für seine Aufwendungen verlangen. Der Versicherungsnehmer seinerseits kann nunmehr aufgrund des Versicherungsvertrags beim Versicherer Rückgriff nehmen (§ 83 VVG). Seine ersatzfähigen Aufwendungen bestehen insoweit in der Erfüllung der gegen ihn gerichteten Geschäftsführungsansprüche des Dritten.

141 BGHZ 64, 260 (262), Urt. v. 7. 5. 1975 – IV ZR 209/73; BGHZ 80, 8 (10 f.), Urt. v. 13. 1. 1981 – VI ZR 180/79.

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4. Der Empfang von Unterhaltsleistungen Die Gewährung von Unterhalt ist stets eine Geschäftsführung für den Empfänger und geradezu der idealtypische Fall einer Interessenwahrnehmung, bildet doch das Interesse des Empfängers (Geschäftsherrn) den Maßstab der Geschäftsführung. Der Regelung des BGB liegt explizit die Auffassung zugrunde, dass die Gewährung von Unterhalt eine echte Geschäftsführung für den Empfänger sein kann, wie § 685 Abs. 2 BGB zeigt. Im Grundsatz sind Personen, die Unterhalt empfangen hatten, dem Geber zur Erstattung der diesem entstandenen Kosten aus negotiorum gestio verpflichtet142. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unterhaltsleistende mit animus donandi (§ 685 BGB) handelt, wozu bereits oben das Wesentliche gesagt ist (siehe § 14 V). Noch heute begegnet uns bei einzelnen zum Unterhalt gehörenden Leistungen ein unmittelbarer geschäftsführungsrechtlicher Ausgleich zwischen Leistendem und Empfänger. So etwa bei der auftraglosen Behandlung eines bewusstlosen Patienten143 oder auch im berühmten Flugreise-Fall, wo die Fluggesellschaft für die Rückbeförderung unmittelbaren geschäftsführungsrechtlichen Ausgleich beim blinden Passagier nehmen kann144. – Im Einzelfall kann dem Geschäftsführer der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriff der §§ 679 Alt. 2, 683 S. 2 BGB gegen den Unterhaltspflichtigen zustehen.

III. Der gegenüber einem Dritten vertraglich verpflichtete Geschäftsführer (der vertraglich drittgebundene Geschäftsführer) Beim vertraglich pflichtengebundenen Geschäftsführer (im Weiteren kurz: pflichtengebundener Geschäftsführers) handelt es sich um die schwierigste und umstrittenste Fallgruppe der Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Geschäftsführer besorgt für einen anderen (Geschäftsherrn) ein Geschäft, ist aber einem Dritten gegenüber zur Vornahme der Geschäftsführungsmaßnahmen vertraglich verpflichtet145. Neu ist dieses Phänomen nicht. Bereits in den iustiniani142 ZB OAG Cassel, SeuffA 2 (1848) Nr. 43; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 219 ff. mwN. 143 Vgl. LG Hamburg, MDR 1952, 356, Urt. v. 7. 2. 1952 – 9 S 355/51. 144 BGH NJW 1971, 609 (612), Urt. v. 7. 1. 1971 – VII ZR 9/70 (insoweit nicht in BGHZ 55, 128 abgedruckt). 145 Zu dieser Konstellation: Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 150 ff.; Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (36 ff.); Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833(836 f.); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (994 f.); Schubert,

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

schen Quellen tritt uns die Kategorie des pflichtengebundenen Geschäftsführers an vielen Stellen entgegen. Markant ist zB die Ulpian/Marcellus, Dig. 3, 5, 3, 11 (de negotiis gestis): Ulpian/Marcellus, Dig. 3, 5, 3, 11 (de negotiis gestis): „Apud Marcellum libro secundo digestorum quaeritur, si, cum proposuissem negotia Titii gerere, tu mihi mandaveris ut geram, an utraque actione uti possim? Et ego puto utramque locum habere. …“.

Marcellus hat sich entschlossen, Geschäfte des Titius zu führen. Zugleich wird er dazu von einem Dritten beauftragt. Marcellus fragt sich nun, ob er gegen beide Ansprüche hat, und meint damit die actio negotiorum gestio gegen den Titius und die actio mandati gegen seinen Auftraggeber. Vielleicht für den modernen und über den aktuellen Meinungsstand orientierten Leser überraschend: er bejaht die Frage: „Et ego puto utramque locum habere“. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Rechtspraxis bis in die ersten Jahre unseres neuen Jahrtausends grundsätzlich gewillt war, dem pflichtengebundenen Geschäftsführer trotz seiner vertraglichen Bindung auch Ansprüche gegen den Geschäftsherrn zuzusprechen. Erst in jüngerer Zeit setzt sich die Auffassung durch, den Geschäftsführer auf seine vertraglichen Ansprüche (actio mandati) gegen den Auftraggeber zu beschränken146.

1. Konstellationen Um die späteren Ausführungen verständlich zu machen, ist es angebracht, den Stoff zu sortieren. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass die Problematik des pflichtengebundenen Geschäftsführers in zwei Konstellationen erscheint: einmal (a) als gebundener Geschäftsführer in Erfüllung fremder Pflichten, zum anderen (b) als gebundener Geschäftsführer zur Förderung fremden Nutzens. In Fallgruppe (a) – Erfüllung fremder Pflichten – erledigt der aufgrund seines Vertrages mit dem Dritten gebundene Geschäftsführer durch seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zugleich eine Verpflichtung des Geschäftsherrn. PromiDer Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (440 ff.); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 441; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 d 2 = S. 14; Oertmann2 (1929) Vorbem 5 d vor §§ 677 ff.; vgl. zur rechtlichen Beurteilung des pflichtengebundenen Geschäftsführers im Schweizer Recht mit dem deutschen Recht gleichen Argumentationslinien: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 266 ff.; in der österreichischen Judikatur hat die Ablehnung eines direkten Rückgriffs über das Instrument der Geschäftsführung eine lange Tradition; so hat etwa der OGH bereits in GLU 3426 einen Anspruch eines Arztes, der vom Dienstherrn eines Minderjährigen zur Behandlung bestellt wurde, gegen den Unterhaltspflichtigen unter Hinweis auf das Vertragsverhältnis abgelehnt; dazu: Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 75; aus der Sicht der Rechtsökonomie: Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (386). 146 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 II 2 d 2 = S. 14.

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nentes Beispiel sind die Arzt- oder Krankenhausbehandlungsfälle, in denen der Leistende (Geschäftsführer) aufgrund eines Vertrages mit dem Unterhaltsberechtigten (Dritter) tätig wird und nunmehr aus Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz seiner Aufwendungen vom Unterhaltsverpflichteten (Geschäftsherr) verlangt, dessen Unterhaltspflicht er erfüllt hat147. In früher gängiger Praxis wurden insbesondere Ehemänner aus Geschäftsführung ohne Auftrag zur Bezahlung von Arzt- oder Krankenhauskosten getrennt lebender Ehefrauen verurteilt, die infolge des Wegfalls der Schlüsselgewalt nach § 1357 BGB alleinige Vertragspartei waren. Aus der Zeit vor Inkrafttreten des BGB finden sich Fälle, in denen der Vater für die Gasthausschulden seines studierenden Sohnes aus negotiorum gestio in Anspruch genommen wurde148. Faktisch wurde so der Unterhaltspflichtige zum gesetzlichen Zweitschuldner des vertraglich bedungenen Entgelts gemacht. Hierher gehören auch die Abschleppfälle, in denen der von der Polizei oder dem Grundstückseigentümer beauftragte Abschleppunternehmer (Geschäftsführer) nunmehr unmittelbar gegen den zur Entfernung seines Pkw verpflichteten Fahrzeughalter (Geschäftsherr) aus Geschäftsführung ohne Auftrag vorgeht149. In Fallgruppe (b) – Förderung fremden Nutzens – macht der in Vertragsbeziehungen zu einem Dritten stehende Geschäftsführer vertragsgemäße Verwendungen, die dem Eigentümer der Sache (Geschäftsherr) zugute kommen. Charakteristisch sind Fälle, in denen der mittlerweile mittellose Mieter (Dritter) einen Werkunternehmer (Geschäftsführer) mit einer Reparatur beauftragt und dieser sich nun aus Geschäftsführung ohne Auftrag unmittelbar an den Eigentümer (Geschäftsherrn) hält150, oder der im eigenen Namen handelnde und 147

Einen Anspruch aus negotiorum gestio bejahend: zB LG Bielefeld, MDR 1966, 234, Urt. v. 6. 10. 1965 – 1 S 219/65: der Arzt des einkommenslosen Mannes führt zugleich ein Geschäft der verdienenden Ehefrau; LG Stuttgart, NJW 1961, 972 (973), Urt. v. 8. 2. 1961 – 5 S 341/60: der die Ehefrau behandelnde Zahnarzt führt zugleich ein Geschäft des Ehegatten; LG Bonn, FamRZ 1970, 321, Urt. v. 28. 1. 1970 – 7 O 3312/69; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 165 III 3 = S. 700; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1265; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 II 2 = S. 980 Fn. 11; Oertmann2 (1929) Vorbem 5 d a vor §§ 677 ff.; ablehnend: zB OLG Saarbrücken, NJW 1998, 828 (829), Urt. v. 7. 5. 1997 – 1 U 771/96 – 127; OLG Koblenz, NJW 1992, 2367 f., Urt. v. 20. 6. 1991 – 5 U 75/91; LG Landau, NJW 2000, 1046, Urt. v. 26. 10. 1999 – 1 S 118/99; LG Köln, NJW 1991, 2354, Urt. v. 11. 7. 1990 – 19 S 551/89. 148 Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 143 mwN. 149 Anspruch aus negotiorum gestio bejahend: zB LG Stuttgart, VersR 1973, 517, Urt. v. 7. 1. 1972 – 6 S 263/71: der von der Polizei beauftragte Abschleppunternehmer tätigt zugleich ein Geschäft für den [zunächst] unbekannten Eigentümer; LG Braunschweig, NJW 1966, 1820, Urt. v. 9. 11. 1965 – 6 S 40/65; LG Limburg, MDR 1965, 742, Urt. v. 14. 4. 1965 – 3 S 7/65; ablehnend: LG München I, NJW 1978, 48, Urt. v. 28. 9. 1977 – 15 S 2733/77; dazu: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 160 f.; Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (231); Schubert, Grenzen der Geschäftsführung ohne Auftrag, NJW 1978, 687 (688 f.). 150 ZB AG Wiesbaden, NJW-RR 1988, 531, Urt. v. 10. 6. 1987 – 96 C 193/87.

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nunmehr insolvente Verwalter (Dritter) ein Unternehmen (Geschäftsführer) mit Arbeiten betraut und sich dieses nun an den Eigentümer (Geschäftsherrn) hält, oder der von einem Generalunternehmer (Dritter) mit Bauleistungen betraute Unternehmer (Geschäftsführer) nach der Insolvenz des Generalunternehmers an dessen Auftraggeber (Geschäftsherrn) hält, dem die Bauleistungen zugute gekommen sind151. Zwischen beiden Fallgruppen ist, was in der gegenwärtigen Diskussion nicht stattfindet, scharf zu unterscheiden. Denn nur die Gruppe der Förderung fremden Nutzens gehört in den Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag, da nur hier der fremdbeauftragte Gestor tatsächlich für den Dritten (Geschäftsherr) tätig wird. Anders ist dies bei der Erfüllung fremder Pflichten, insbesondere fremder Unterhaltspflichten. Hier bewegen wir uns außerhalb des Geschäftsführungsrechts, allerdings teilweise im Bereich des – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB mitgeregelten – privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB. Beide Rechtsinstitute sind im Problembereich des pflichtengebundenen Geschäftsführers unterschiedlich zu behandeln.

2. Die Interpretation der römischen Quellen In den Quellen findet sich, wie bereits bedeutet, mehrfach der Fall, dass ein Auftrag erteilt ist, die Geschäfte eines Dritten zu führen. Ein deutliches Bild, wie die römischen Juristen über den pflichtengebundenen Gestor dachten, lässt sich ihnen aber nicht entnehmen. Zahlreiche Stellen behandeln nur das Rechtsverhältnis zwischen Mandatar und Auftraggeber, und nicht das Verhältnis des Mandatar (Geschäftsführer) zum Dritten (Geschäftsherr)152, so dass man fast den Eindruck gewinnen möchte, dass die römischen Juristen einen Ausgleich zwischen beauftragtem Gestor und dem begünstigten Dritten (Dominus) grundsätzlich nicht anerkannt haben. Aber dieser Eindruck ist voreilig. Denn dann sind da doch die Fragmente, in denen der Mandatar (auch) als negotiorum gestor des Dritten (Geschäftsherr) behandelt wird. Hierhin gehört insbesondere das bereits oben wiedergegebene Fragment Ulpian/Marcellus, Dig. 3, 5, 3, 11 (de negotiis gestis)153. 151

BGH, NZBau 2004, 34, Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGH, NJW-RR 2004, 956, Urt. v. 15. 4. 2004 – VII ZR 212/03; auch: OLG Oldenburg, Rp 2000, 263, Urt. v. 5. 7. 2000 – 2 U 104/00; weitere Beispiele auch aus der Rechtsprechung vor 1900 bei Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 202 ff. 152 ZB Iavolenus, Dig. 3, 5, 27 (de negotiis gestis); Paulus, Dig. 3, 5, 20, 3 (de negotiis gestis); Paulus, Dig. 3, 5, 41 (de negotiis gestis); Paulus, Dig. 17, 1, 22, 10 (mandati vel contra); Papinian, Dig 17, 1, 53 (mandati vel contra). 153 Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 6 (de negotiis gestis); Severus/Antoninus, C. 2, 18, 4 (de negotiis gestis); Diocletianus/Maximianus, C. 2, 18, 14; vgl. auch Ulpian, Dig. 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis).

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Angesichts dieses Befundes verwundert es nicht, dass die Rechtslehre annähernd alles in die Quellen hineingelesen hat. Am einflussreichsten sollte sich zunächst die Lehre Windscheids erweisen, der mit einem subjektiven Ansatz alle Quellen in Übereinstimmung bringen konnte. Denn die Beantwortung der Frage, ob im Verhältnis zwischen vertraglich gebundenen Geschäftsführer und Drittem (Geschäftsherr) die actio negotiorum gestio eingreift, soll sich alleine nach der subjektiven (empirisch verstandenen) Absicht des Gestors richten, ob er lediglich auf den erteilten Auftrag oder zugleich auch in Hinblick auf den Dritten tätig werden will. Ist er auch für den Geschäftsherrn tätig geworden, so finden die Grundsätze über die Geschäftsführung ohne Auftrag in diesem Verhältnis Anwendung154. Die uneinheitliche Quellenlage lässt sich so bequem als Folge des im Einzelfall vorhandenen oder eben nicht vorhandenen Geschäftsführungswillens erklären. Wie wir noch sehen werden, hat die Lehre Windscheid einiges für sich. Denn die Frage der Geschäftsführungsabsicht spielt tatsächlich eine wichtige Rolle bei der Beurteilung des Handelns des Geschäftsführers, aber bei Weitem nicht die einzige; zumal direkt hinterherzuschieben ist, dass es nicht auf die natürliche, sondern eine normativ bestimmte Geschäftsführungsabsicht ankommt. Zunächst schien sich die subjektive Lehre Windscheids in den Beratungen zum BGB durchzusetzen. Die Erste Kommission adaptierte seinen Vorstoß in § 760 E I. § 760 E I. Wenn jemand ein fremdes Geschäft im Auftrag eines Dritten besorgt, so wird ihm der Geschäftsherr und er letzterem aus der Geschäftsbesorgung nicht verpflichtet, es sei denn, dass er zugleich in der Absicht gehandelt hat, als Geschäftsführer des Geschäftsherrn das Geschäft zu besorgen.

Es sei eben möglich, dass der Geschäftsführer nicht nur in der Absicht handele, den Vertrag mit dem Dritten zu erfüllen, sondern dass er zugleich zwischen sich und dem Geschäftsherrn das Rechtsverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag zur Entstehung bringen wolle; allerdings sei letzteres nicht zu vermuten, da der beauftragte Geschäftsführer für den Regelfall wohl nur seine vertraglichen Pflichten erfüllen wolle155. Auf ungeteilte Zustimmung ist das nicht gestoßen. Die Regelung des § 760 E I im Besonderen und die subjektive Herangehensweise Windscheids im Allgemeinen wurde in der Lehre teilweise – was angesichts der heutigen Meinungsverhältnisse den Leser eher verwundern mag – als zu restriktiv kritisiert, weil sie die Möglichkeit einer negotiorum gestio zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn nur dann zulasse, wenn der Handelnde in der Absicht handelt, als

154 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 431 2 = S. 925 f.; vgl. auch Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 115 f.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (440 f.). 155 Motive, Mugdan II, S. 486.

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Geschäftsführer für den Geschäftsherrn dessen Geschäft zu besorgen: aber darum mache sich im Leben doch niemand Gedanken156. Da man daher von einem Konsens in der Frage der Behandlung des pflichtengebundenen Geschäftsführers weit entfernt war, beschloss die Zweite Kommission, den § 760 E I zu streichen und die Frage der Wissenschaft zur Klärung zu überlassen157. Das BGB enthält also an dieser Stelle eine gewollte Regelungslücke. Diese Feststellung ist nicht unwichtig: alleine aus der bereits oben behandelten Absage des BGB an eine allgemeine Versionsklage kann man – wie es in der modernen Lehre gerne geschieht – eben nicht gegen die Zulassung der actio negotiorum gestio argumentieren (siehe § 10 III 2); zumal die Anspruchssituation teilweise eine andere ist: bei der Versionsklage will der Dritte, der mit dem Geschäftsführer einen Vertrag geschlossen hatte, unmittelbar gegen den Geschäftsherrn vorgehen. Darum geht es hier nicht: hier will der Geschäftsführer sich unmittelbar an den Geschäftsherrn halten. Wesentlich weiter als der E I ging noch § 235 Abs. 2 des Vorentwurfs v. Kübels. Der Entwurf ließ als subjektives Element der Geschäftsführung ohne Auftrag das kognitive Element, also die Kenntnis der Fremdheit des Geschäfts, ausreichen. Ein Fremdgeschäftsführungswille ieS war keine Voraussetzung. Welche Absicht der Gestor bei seiner Tätigkeit gehabt hatte, war unerheblich. Daher ging der Vorentwurf davon aus, dass der Gestor auch dem wahren dominus gegenüber aus Geschäftsführung ohne Auftrag verpflichtet wurde: das Vorliegen eines Vertragsverhältnisses zwischen Gestor und Drittem hindere nicht das Entstehen einer negotiorum gestio; der Vertrag sei lediglich ihr Veranlassungsgrund, ohne die Verpflichtung des Geschäftsführers dem Geschäftsherrn gegenüber zu alterieren158.

Für die heutige Lehre, die eine Anwendung der actio negotiorum gestio zugunsten des beauftragten Geschäftsführers im Grundsatz ablehnt, wäre es natürlich – trotz aller Unabhängigkeit der heutigen Rechtswissenschaft von den römischen Quellen – ein harter Schlag, wenn die römischen Juristen in dieser nur schwer zu lösenden Problematik anders entschieden hätten. Und so hat insbesondere Seiler versucht nachzuweisen, dass die römischen Klassiker bei der Geschäftsführung im Auftrage eines Dritten actiones negotiorum gestorum zwischen dem Beauftragten (Gestor) und dem Dominus grundsätzlich nicht anerkannt hätten; die Rechtsfolgen der Geschäftsführung seien vielmehr über den Auftraggeber abzuwickeln gewesen. Es habe zwar einzelne Ausnahmen von dieser Regel gegeben, doch erklärten sich diese nicht aus einer bestimmten Richtung der Geschäftsführungsabsicht, sondern aus objektiven Erwägungen des

156 Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 299 I 3 a = S. 431. 157 Protokolle, Mugdan II, S. 1202. 158 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 958.

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Einzelfalls159. Ich habe die Befürchtung, dass hier mehr eine vorgebildete Lehre in die Quellen hineingelesen wird, als dass sich eine solche Lehre umgekehrt aus den Quellen ergibt. Verdächtig ist es jedenfalls, wenn die von Seiler herausgearbeiteten (aber von den römischen Juristen nirgends ausgesprochenen) Beweggründe hinter der von ihm gefundenen klassischen Regel weitgehend dem Argumentationsmaterial der heutigen Diskussion um den pflichtengebundenen Geschäftsführer entsprechen: der Schutz des Gestors vor einer doppelten Beanspruchung durch Auftraggeber und die Sicherung der Stellung des Dominus gegen unerwartete Ansprüche des Gestors.

3. Die tradierten Lösungsansätze a. Der Ansatz des BGH Die Auffassung des BGH stand in der (unausgesprochenen) Tradition zu Windscheid und § 760 E I. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung wurde die Möglichkeit einer Geschäftsführung ohne Auftrag für einen anderen nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass sich der Geschäftsführer zur Geschäftsbesorgung gegenüber seinem Vertragspartner verpflichtet hatte160. Man ging sogar deutlich über den § 760 E I hinaus, als die dort verankerte Vermutung gegen die obligationsbegründende Geschäftsführungsabsicht der „allgemeinen“ Vermutung weichen musste, dass der Geschäftsführer bei Führung eines objektiv auch-fremden Geschäfts (des Geschäftsherrn) mit Fremdgeschäftsführungswillen handelt161. Allerdings hat der BGH die Wirkungen seiner Rechtsprechung mittlerweile deutlich zurückgenommen. Eine Inanspruchnahme des Geschäftsherrn komme nämlich dann nicht in Betracht, wenn der Geschäftsführer in Erfüllung eines mit einem Dritten wirksam geschlossenen Vertrages handele, der Rechte und Pflichten des Geschäftsführers und insbesondere die Entgeltfrage umfassend regelt162. Dies begründet er mit der Erwägung, dass eine umfassende Regelung der Entgeltfrage innerhalb einer wirksamen Vertragsbezie159 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 125 ff.; zustimmend: Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (431 f.). 160 BGH, NZBau 2004, 34 (35), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; BGHZ 61, 359 (363), Urt. v. 8. 11. 1973 – VII ZR 246/72; BGH, LM BGB § 677 Nr. 2, Urt. v. 24. 10. 1951 – II ZR 48/50; auch: BGHZ 143, 9 (13 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98; De Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 299 I 3 a = S. 431; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 II 2 = S. 980; Palandt/Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 7; Planck/Lobe4 (1928) § 677 Anm. 2 b. 161 BGHZ 143, 9 (14 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98. 162 BGH NJW-RR 2004, 956, Urt. v. 15. 4. 2004 – VII ZR 212/03; BGH, NZBau 2004, 34 (35 f.), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01; dazu: Wendtlandt, Ein bisschen über den Rubikon, NJW 2004, 985; noch offen gelassen in BGHZ 140, 102 (109), Urt. v. 26. 11. 1998 – III ZR 223/97; vgl. in diese Richtung bereits: Oertmann 2 (1929) Vorbem vor §§ 677 ff., Anm. 5 d.

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hung hinsichtlich des Ausgleichs für die jeweils erbrachten Leistungen auch im Verhältnis zu Dritten grundsätzlich abschließend ist. Dahinter stehe der Gedanke der Privatautonomie: vertraglichen Rechten gebühre der Vorrang gegenüber dem geschäftsführungsrechtlichen Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen. Selbst die spätere Insolvenz des Vertragspartners ändere hieran nichts; sie bietet keine Grundlage, entgegen der Regel Aufwendungsersatzansprüche gegenüber Dritten zu begründen. Zweck des Instituts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag sei es nicht, das Insolvenzrisiko der Parteien aufzufangen und auf Dritte zu verlagern. Damit entspricht die Rechtsprechung des BGH mittlerweile dem Reformvorschlag von Helm, der die actio negotiorum gestio seinerzeit gegen den Geschäftsherrn für den Fall ausschließen wollte, dass dem Geschäftsführer ein vertraglicher Vergütungsanspruch gegen eine andere Person (Auftraggeber) zusteht163.

b. Ansätze in der Lehre und der Instanzgerichtsbarkeit Hat in der Rechtsprechung des BGH auch eine bedeutende Kehrtwende stattgefunden, so hält er doch am Grundsatz als solchem fest, dass allein die vertragliche Verpflichtung zur Geschäftsbesorgung gegenüber einem Dritten die Möglichkeit einer Geschäftsführung für den Geschäftsherrn nicht ausschließt. Schon dieser Ausgangspunkt stößt in der Lehre und bei einer doch erheblichen Anzahl von Instanzgerichten auf Ablehnung. Die Argumente, die gegen einen Rückgriff auf das Geschäftsführungsrecht angeführt werden, sind mannigfaltig. Insgesamt leidet aber das gesamte Bemühen darunter, dass nicht differenziert wird zwischen den unterschiedlichen Erscheinungsformen des vertraglich gebundenen Geschäftsführers (Erfüllung fremder Verbindlichkeiten einerseits, Förderung fremden Nutzens andererseits), die eben in ihrer rechtlichen Behandlung nicht über einen Leisten geschlagen werden dürfen. Daher ist immer zu bedenken, dass das eine Argument vielleicht für die Gruppe der Förderung fremden Nutzens passt, aber nicht mehr für die Fälle der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten. Das wohl zentrale Argument der Lehre ist die (in dieser Reichweite sicherlich unzutreffende) Behauptung, dass der Geschäftsführer ausschließlich seinen Vertragspflichten nachkommen wolle, es von daher also schon an der Fremdheit des Geschäfts oder an der Geschäftsführungsabsicht fehle164; zumindest könne 163 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (394). 164 OLG Saarbrücken, NJW 1998, 828 (829), Urt. v. 7. 5. 1997 – 1 U 771/96 – 127; LG Landau, NJW 2000, 1046, Urt. v. 26. 10. 1999 – 1 S 118/99; AG Wiesbaden, NJW-RR 1988, 531, Urt. v. 10. 6. 1987 – 96 C 193/87; vgl. auch OLG Hamburg, SeuffA 69 (1914) Nr. 227, Urt. v. 5. 6. 1914 – Bf V 158/14 für den Zwangsverwalter; vgl. auch: OLG Oldenburg. MDR 2000,

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der Fremdgeschäftsführungswille bei einem Handeln aufgrund eines Vertrages mit einem Dritten nicht ohne weiteres vermutet werden, sondern müsse ggf. anhand nach außen erkennbarer Anhaltspunkte besonders bewiesen werden165. Gewichtiger ist da schon der Gedanke einer institutionellen Beschränkung des Geschäftsführungsrechts anhand der aus der Behandlung bereicherungsrechtlicher Dreiecksverhältnisse bekannten Wertungen: beim pflichtengebundenen Geschäftsführers gehe es wie bei der Behandlung der bereicherungsrechtlichen Dreiecksverhältnisse darum, dem Grundsatz Geltung zu verschaffen, dass jede Partei ausschließlich das Insolvenzrisiko ihres aufgrund eigener Risikoeinschätzung gewählten Vertragspartners zu tragen hat und dieses nicht auf einen Dritten (Geschäftsherr) verlagern kann. Habe der Geschäftsführer die Geschäftsbesorgung als Leistung an seinen Vertragspartner erbracht, könne er sich auch nur an diesen halten. Jede Partei habe grundsätzlich das Insolvenzrisiko ihres Vertragspartners, das sie freiwillig übernommen habe, zu tragen. Derjenige, der die Möglichkeit habe, sich einen Vertragspartner auszusuchen, müsse dort auch die Sicherheit gegenüber Risiken suchen, die das Korrelat seiner Wahlfreiheit seien. Dieses Prinzip der Vertragsrechtsordnung dürfe nicht anhand der Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag umgangen werden. Auch im Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag komme damit der Grundsatz der Ausschließlichkeit der Leistungsbeziehungen zum Zuge166. So überzeugend diese Argumentation auch scheint, sie trifft sie doch nur die halbe Wahrheit, als sie – wie die teilweise identischen Grundsätze der neuen BGH-Rechtsprechung – nur auf die Fälle der echten Geschäftsführung ohne Auftrag übertragen werden könne, aber im Bereich des privilegierten Rückgriffs der §§ 683 S. 2, 679 BGB in einem evidenten Maße nicht passen. Nichtsdestotrotz wurden diese Gedanken vom DCFR aufgegriffen, obwohl ihm in Art. V. – 1:102 DCFR ebenfalls ein privilegierter Rückgriffsanspruch bekannt ist. Art. V. – 1:103 (c) DCFR erklärt die Regeln über die benevolent intervention 1373, Urt. v. 5. 7. 2000 – 2 U 104/00; Weishaupt, Zur Geschäftsführung ohne Auftrag bei vertraglicher Pflichtenbindung des Geschäftsführers, NJW 2000, 1002 f.; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 10; vgl. zu den verschiedenen Begründungsansätzen: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 202 f.; siehe auch: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (38 f.). 165 OLG Stuttgart, Rp 2002, 26 ( 27), Urt. v. 9. 5. 2001 – 3 U 22/01; OLG Koblenz, NJW 1992, 2367 (2368), Urt. v. 20. 6. 1991 – 5 U 75/91; LG München I, NJW 1978, 48 f., Urt. v. 28. 9. 1977 – 15 S 2733/77; Palandt/Sprau 68 (2009) Rn. 7. 166 Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (994); Weishaupt, Zur Geschäftsführung ohne Auftrag bei vertraglicher Pflichtenbindung des Geschäftsführers, NJW 2000, 1002 f.; Wendtlandt, Ein bisschen über den Rubikon, NJW 2004, 985 (986); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 2 d 2 = S. 14; vgl. auch: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 204 f.; OLG Hamm, NJW 1974, 951 (952 f.), Urt. v. 9. 1. 1974 – 11 U 198/73; vgl. nunmehr auch für Verträge, die die Entgeltfrage umfassend klären: BGH NJW-RR 2004, 956, Urt. v. 15. 4. 2004 – VII ZR 212/03; BGH, NZBau 2004, 34 (35 f.), Urt. v. 21. 10. 2003 – X ZR 66/01.

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(Book V des DCFR) per se nicht für einschlägig, wenn der Geschäftsführer einer dritten Partei gegenüber zu handeln (vertraglich) verpflichtet ist167. Art. V. – 1:103 DCFR. Exclusions. This Book does not apply where the intervener: (a) is authorised to act under a contractual or other obligation to the principal; (b) is authorised, other than under this Book, to act independently of the principal’s consent or (c) is under an obligation to a third party to act.

Allerdings werden im nationalen Schrifttum – wie ich hinzufügen darf: für den Fall der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten – Ausnahmen von der Idee der institutionellen Selbstbeschränkung diskutiert. Sei etwa das tragende Prinzip der Vertragsrechtsordnung seinerseits gestört, so werde es schwer, an der dargestellten Beschränkung geschäftsführungsrechtlicher Durchgriffsansprüche festzuhalten. Dies zeigten besonders deutlich die bereits oben genannten Arztund Krankenhausfälle (siehe § 15 III 1). Der Arzt habe selten die Gelegenheit, sich seinen Patienten auszusuchen168. Von daher sei es gerechtfertigt, bei Mittellosigkeit des Patienten (Vertragspartner) auf das Vermögen des Unterhaltspflichtigen (Geschäftsherr) zuzugreifen. Doch die grundsätzliche Ablehnung der Rückgriffs auf die §§ 677 ff. BGB ist ungebrochen. So weist man teilweise zusätzlich noch darauf hin, dass die Rechtsfolgen, die eine Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf den pflichtengebundenen Geschäftsführer nach sich ziehen würde, weitestgehend unpassend und unangemessen seien. Der vertraglich an den Dritten gebundene (und weisungsabhängige) Geschäftsführer wäre grundsätzlich gem. § 681 S. 1 BGB gehalten, dem Geschäftsherrn die Übernahme der Geschäftsführung anzuzeigen und dessen Entschließung abzuwarten. Er wäre diesem auskunfts- und rechenschaftspflichtig (§§ 681 S. 2, 666 BGB) und würde ihm bei Pflichtverletzung (§§ 280, 677, 678 BGB) auf Schadensersatz haften169. Außerdem sei er verpflichtet, das aus der Geschäftsführung Erlangte herauszugeben, wozu insbesondere die Vertragsvergütung des Dritten zu rechnen sei170. Diese Erwägungen, durch167

Dazu: PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:103, Comment. D 17 seqq. (p. 192 seqq.). Vgl. Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 148 ff.; ebenso: MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 32; aA: Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (443 f.) und Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 10, die auch insoweit keine Ausnahme anerkennen wollen. 169 So in der Tat für eine Haftung aus §§ 280, 681 BGB: LG Stuttgart, VersR 1973, 517, Urt. v. 7. 1. 1972 – 6 S 263/71; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (994) weisen auf die Situation bei mangelhafter Werkleistung hin: der Vertragspartner kann verschuldensunabhängig mindern, während der Geschäftsherr nur im Falle des Verschuldens geltend machen kann, dass der Geschäftsführer im Rahmen des § 683 BGB die Aufwendungen nicht für erforderlich halten durfte bzw. gem. §§ 677, 280 BGB Schadensersatz verlangen kann. 170 Medicus, Bürgerliches Recht 21, 2007, Rn. 414; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 10. 168

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aus mit Gewicht, sind primär auf die echte Geschäftsführung ohne Auftrag, also die Fallgruppe der Mehrung fremden Nutzens zugeschnitten. Allerdings stößt die geschäftsführungsrechtliche Behandlung des vertraglich pflichtengebundenen Geschäftsführers nicht durchgehend auf Ablehnung. Einige Autoren verweisen darauf, dass die vertragliche Verpflichtung des Geschäftsführers dem Dritten gegenüber zur Geschäftsbesorgung eine Geschäftsführung ohne Auftrag im Verhältnis zum Geschäftsherrn nicht per se ausschließen müsse. Sei die Vertragspflicht gerade darauf gerichtet, als Geschäftsführer ohne Auftrag für einen anderen tätig zu werden, so komme trotz der vertraglichen Bindung des Geschäftsherrn ein Geschäftsführungsverhältnis mit dem Geschäftsherrn zustande171. Gursky nennt als Beispiel den Fall, dass eine Schifffahrtsgesellschaft einen Schiffsarzt bestellt, der im eigenen Namen mit den Passagieren Behandlungsverträge schließen und ggf. bei Bewusstlosigkeit des Passagiers als Geschäftsführer ohne Auftrag tätig werden soll172. Ebenfalls soll nach Gursky trotz Vertragsbindung eine Geschäftsführung ohne Auftrag zustande kommen, wenn die Geschäftsbesorgung unmittelbar zwei Geschäftsherren zugute kommen würde, aber nur mit einem ein Vertrag geschlossen wurde, zugleich jedoch auch für den anderen gehandelt werden soll (zB ohne dafür verantwortlich zu sein, bietet sich der Geschäftsführer an, eine Gefahr, die zwei Grundstücke bedroht, zu beseitigen; da nur ein Eigentümer erreichbar ist, wird insoweit ein Auftrag geschlossen, für den anderen soll er als negotiorum gestor handeln). Wir bewegen uns hier im Bereich der Förderung fremden Nutzens, also im Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag.

4. Neubewertung Der sog. (vertraglich) pflichtengebundene Geschäftsführer bedarf differenzierter Behandlung. Die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der fremdnützigen Interessenwahrnehmung (Subordination). Tatbestandlicher Ausdruck der Interessensubordination ist die Geschäftsführungsabsicht. Hierbei handelt es sich um ein normatives, kein empirisches Tatbestandsmerkmal. Der Geschäftsführer handelt in Geschäftsführungsabsicht, wenn er nach dem sozialen Sinn und der objektiven Zweckrichtung seines Handelns dem Interesse des Geschäftsherrn dienen will. Entgegen Schubert schließt das Bestehen einer vertraglichen Pflicht zur Geschäftsbesorgung eine Geschäfts171 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 31, 43, 77 f.; vgl. auch Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (38 ff.); Oertmann2 (1929) Vorbem 5 d vor §§ 677 ff.; aA: Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 103 f. 172 Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (41 f.).

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führung ohne Auftrag zugunsten des Geschäftsherrn dann nicht aus, wenn die vertraglich begründete Pflicht gerade die Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsherrn zum Gegenstand hat; in diesem Fall wird die Subordination unter die Interessen des Geschäftsherrn lediglich zur Rechtspflicht verstärkt173. Eindeutig ist dies bei gesetzlichen Pflichten, die zugunsten eines anderen bestehen – zB der Beschützergarant iSd § 13 StGB, der seinen Schützling rettet –, ist aber bei vertraglich begründeten Pflichten im Grundsatz nicht anders. Im Weiteren muss nach den Unterfallgruppen des pflichtengebundenen Geschäftsführers differenziert werden.

a. Förderung fremden Nutzens Erhebliche Schwierigkeiten bereitet der Unterfall der Förderung fremden Nutzens: der Geschäftsführer tätigt aufgrund vertraglicher Verpflichtung mit einem Dritten Aufwendungen zugunsten des Geschäftsherrn.

aa. Die Geschäftsführungsabsicht Obwohl der unmittelbar Handelnde subordinationstechnisch in eindeutiger Weise fremdnützig für den Geschäftsherrn tätig wird, bereitet doch schon die Frage, ob er dabei überhaupt in Geschäftsführungsabsicht für den Geschäftsherrn handelt, erhebliche Schwierigkeiten. Dies liegt an einer in der gesamten Diskussion um den pflichtengebundenen Geschäftsführer vernachlässigten Frage danach, ob der unmittelbar Handelnde als selbständiger Geschäftsführer auftritt oder lediglich „unselbständiger“ (Geschäftsführungs-)Gehilfe eines Dritten ist (§ 278 BGB). Dies bestimmt sich nach dem sozialen Sinn der Gesamtumstände. Ist der Handelnde Gehilfe des Dritten, der seinerseits dem Geschäftsherrn – sei es aufgrund eines Vertrages oder eines gesetzlichen Schuldverhältnisses (zB Geschäftsführung ohne Auftrag) – zur Geschäftsbesorgung verpflichtet ist, so werden geschäftsführungsrechtliche Beziehungen zwischen ihm und dem Geschäftsherrn per se nicht begründet. Löscht zB die Feuerwehr einen Brand, so ist die Gemeinde als Träger der Feuerwehr und nicht der einzelne Feuerwehrmann Geschäftsführer; retten Seeleute einen anderen Seemann vom Ertrinken, so ist Geschäftsherr der Reeder174. Der unmittelbar Handelnde steht als unselbständiger Gehilfe des Dritten zuordnungsrechtlich im Lager des Dritten, der für das Verschulden seines Erfüllungs- oder Geschäftsführungsgehilfen gem. § 278 BGB einzustehen hat.

173 AA: Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (441 f.); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (994). 174 BGH NJW 2004, 513 (515), Urt. v. 13. 11. 2003 – III ZR 70/03; vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 155 ff.

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Der Erfüllungs- oder Geschäftsführungsgehilfe, der ohne Geschäftsführungsabsicht handelt, ist vom selbständigen Geschäftsführer abzugrenzen, der vom Dritten gleich einem selbständigen Substituten (vgl. § 664 Abs. 1 BGB) eingeschaltet wird. Ist der Dritte dem Geschäftsherrn im Valutaverhältnis vertraglich zur Geschäftsbesorgung verpflichtet, so bestimmt es sich nach den zu § 664 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätzen, ob eine Substitution möglich und zulässig, sowie ob der unmittelbar Handelnde als Erfüllungsgehilfe oder Substitut einzuordnen ist. So wird der angestellte Krankenhausarzt als Erfüllungsgehilfe des Krankenhauses und nicht als selbständiger Geschäftsführer tätig. Anders aber in dem Beispielsfall von Gursky. Bestellt die Schiffslinie einen Arzt, der im eigenen Namen und auf eigene Rechnung kranke Passagiere behandeln und auch sonst weisungsfrei agieren soll, so wird hierin eine zulässige Substitution der Schiffslinie liegen. Behandelt der Arzt an Bord einen bewusstlosen Passagier, so wird er nicht als Erfüllungsgehilfe der Schiffslinie, sondern als selbständiger Geschäftsführer tätig. Weitgehend entsprechend läuft die Abgrenzung, wenn sich das Valutaverhältnis zwischen Drittem und Geschäftsherrn als Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt (zB der Passant ruft einen Arzt zur Hilfe). Ob hier der unmittelbar Handelnde selbständiger Gestor oder lediglich Geschäftsführungsgehilfe ist, bestimmt sich nach der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers und den Einwirkungsmöglichkeiten des Dritten. Ruft ein Passant einen Arzt herbei und schließt (was sehr selten ist) im eigenen Namen einen Behandlungsvertrag, so ist der Arzt nicht der Geschäftsführungsgehilfe des Passanten, sondern gleich einem Substituten selbständiger Gestor.

bb. Der Drittauftrag Nur für den selbständigen – d.h. mit Geschäftsführungsabsicht handelnden – Geschäftsführer (A), nicht für den Erfüllungs- oder Geschäftsführungsgehilfen, stellt sich die Frage, wie sich das Vorliegen einer vertraglichen Verpflichtung zur Geschäftsführung auswirkt. In der Tat erweist sich die neue Rechtsprechung des BGH im Ergebnis als zutreffend, als sie dem Gestor (A) einen Aufwendungsersatzanspruch, und damit auch einen Vergütungsanspruch gegenüber dem Geschäftsherrn (B) versagt, sofern im Vertragsverhältnis mit dem Dritten (C) ein Entgelt vereinbart ist. Allerdings bedarf es hierzu nicht einer mysteriösen und allzu starren institutionellen Beschränkung des Gestionsrechts nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen. Das Ergebnis folgt – mit dem Raum zur notwendigen Flexibilität – unmittelbar aus einer sauberen Anwendung des Geschäftsführungsrechts. Insbesondere der verfehlten Figur einer partiellen Aufhebung der Relativität der Schuldverhältnisse bedarf es nicht175. Es wäre auch kaum hinzunehmen, dass der Geschäftsherr (B) eine Mo175

auf.

Meine Auffassung in Staudinger/Bergmann (2006) Vorbem 324 zu §§ 677 ff. gebe ich

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

difikation seiner Rechte (actio directa), inklusive seiner Informations- und Weisungsrechte aufgrund der Beauftragung des Gestors durch einen Dritten hinnehmen muss. In der Tat bleibt das Gestionsverhältnis von Drittbeauftragung zunächst unberührt. Auch der drittbeauftragte Gestor (A) hat dem Geschäftsherrn (B) die Geschäftsführung anzuzeigen, Auskunft zu erteilen, den Weisungen des Geschäftsherrn (B) zu gehorchen und die Gestion überhaupt gemäß dem Willen und dem Interesse des Geschäftsherrn (B) auszuführen (§§ 677, 681 BGB). Selbst eine Verpflichtung des Gestors (A) gegenüber dem Dritten (C) auf eine bestimmte Art und Weise der Durchführung der Gestion hat keine Auswirkung im Verhältnis zum Geschäftsherrn (B). Will dieser (B) sein Häuschen rosarot angestrichen haben, so verletzt der Gestor (A) seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, wenn er entsprechend seinem Auftrag zur Entfernung dieses Schandmals aus der Nachbarschaft das Häuschen weiß anstreicht. Die Unabhängigkeit der Gestion vom Drittauftrag gilt in einem ersten Prüfungsschritt auch für die actio contraria. Der Gestor (A) kann grundsätzlich Ersatz seiner Aufwendungen und ggf. auch Vergütung fordern. Und doch wird die Vereinbarung eines Entgelts für das Tätigwerden des Gestors (A) nicht ohne Folgen bleiben. Wird nämlich zwischen Drittem (C) und Gestor (A) ein Entgelt vereinbart, so kann der Zweck dieser Übung darin liegen, den Dominus von der actio contraria freizustellen; dies gilt insbesondere dann, wenn der Dritte seinerseits in einem vertraglichen Verhältnis zum Geschäftsherrn steht. Das probate Mittel, um dies zu erreichen ist Erinnerung daran, dass die actio contraria ausgeschlossen ist, wenn der Gestor mit animus donandi handelt: ist Inhalt der vertraglichen Entgeltabrede zwischen Gestor (A) und dem Dritten (C), dass der Gestor ausschließlich von seinem Auftraggeber entlohnt werden soll, dann ist er gem. § 685 Abs. 1 BGB von seinem Aufwendungsersatzanspruch ausgeschlossen. Von Vorteil erweist es sich auch, dass der animus donandi nicht anders als die Geschäftsführungsabsicht ein ausschließlich normatives Tatbestandsmerkmal ist. Einmal ist ein solches Merkmal auch offen für gesetzliche Wertungen auch außerhalb des Gestionsrechts: auch der Gedanke der gerechten Verteilung des Insolvenzrisikos kann berücksichtigt werden. Zum anderen kann sich der Gestor nicht darauf berufen, tatsächlich einen (empirisch-natürlichen) Schenkungswillen gehabt zu haben. Nicht tragfähig gegen diese dogmatische Lösung ist das Bedenken, dass über den animus donandi – vielleicht für den Dominus nicht einmal erkennbare – Erwägungen aus Verhältnissen des Gestors zu Dritten in das Schuldverhältnis eingeführt werden. Zwar wird der animus donandi regelmäßig aufgrund von Wertungen anzunehmen sein, die ihren Grund im Verhältnis des Gestors zum Geschäftsherrn haben. Aber dies ist nicht notwendigerweise der Fall. Der animus donandi nimmt ausschließlich die Person des Geschäftsführers in den Blick und untersucht von hier aus – egal in welcher Richtung – ob Wertungen (in der Person des Gestors) einen Verzicht auf die actio contraria verlangen. Diese können, müssen aber nicht im Verhältnis zum Geschäftsherrn liegen oder diesem erkennbar sein: die Geschäftsführung ist kein zweiseitig geschlossener

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Vertrag. Es kommt alleine auf die Übernahme der Gestion durch genau diesen Geschäftsführer an: man erinnere sich an die Wurzeln der negotiorum gestio: die Geschäftsführung für den weit entfernten Geschäftsherrn.

Die Lösung über den animus donandi überlässt der Rechtspraxis auch die notwendige Bewegungsfreiheit, die eine institutionelle Beschränkung nicht aufweist: denn so können die Umstände des Einzelfalles durchaus ergeben, dass trotz Entgeltabrede ein Ausschluss des actio contraria nicht gewollt ist. Man stelle sich den Fall vor, dass ein Tierfreund ein angefahrenes Hündchen zum Tierarzt bringt. Er verspricht Zahlung des Lohns, bittet aber den Tierarzt, sich zuerst an den Halter des Tieres zu halten; nur für den Fall, dass dieser nicht ausfindig zu machen ist, will er für die Rechnung einstehen. Vorstellbar ist auch der Fall, dass der Auftraggeber (C) erkennbar in finanzieller Schieflage ist. Auch wenn dieser das Entgelt primär verspricht, scheint wegen des Ausfallsrisikos des Gestors (A) die Annahme eines animus donandi im Verhältnis zum Geschäftsherrn (B) kaum möglich: niemand läuft sehenden Auges in sein Unglück. Und dennoch wird sich im Falle der Insolvenz des Dritten (C) ein Entgeltanspruch gegen den Geschäftsherrn (B) kaum begründen lassen: denn eine wirkliche institutionelle Beschränkung, die wir bereits oben kennen gelernt haben, findet die actio contraria des Gestors in der Vergütungsfrage, wenn dieser – weil kein Notfall vorliegt – Möglichkeit eines Vertragsschlusses mit dem Geschäftsherrn nicht nutzt (siehe § 15 I 3): will sich der Gestor (A) die Möglichkeit eines Zugriffs auf das Vermögen seines Geschäftsherrn (B) offen halten, so muss er mit diesem einen Vertrag schließen. In dem oben aufgeführten Beispielsfall von Gursky, in dem ein Dritter zum Schiffsarzt bestellt wird, bestimmt sich daher das Verhältnis zwischen Arzt und Patienten ausschließlich nach den §§ 677 ff. BGB, insbesondere kann der Arzt gem. § 683 S. 1 BGB Aufwendungsersatz fordern. Dem steht nicht entgegen, dass der Arzt eine Vergütung dafür erhält, dass er die Seereise überhaupt antritt. Denn damit soll nicht die einzelne Geschäftsführung vergütet werden, sondern die Tatsache, dass sich der Arzt überhaupt bereithält. Der Arzt handelt also nicht animus donandi. Entsprechend dieser Grundsätze löst sich auch der zweite Beispielsfall von Gursky. Wollten die Parteien in dem Vertrag eine abschließende Regelung treffen, scheidet ein geschäftsführungsrechtlicher Rückgriff gegen die anderen aus (§ 685 Abs. 2 BGB). Wollte der beauftragende Eigentümer dagegen den Geschäftsführer nur überhaupt zur Geschäftsführung verpflichten, begründete aber sonst nur eine seinem ideellen Anteil entsprechende Vergütungspflicht, so steht dem Geschäftsführer, da der Vertrag insoweit nicht abschließend sein will, ein geschäftsführungsrechtlicher Aufwendungsersatzanspruch gegen den anderen Eigentümer zu.

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cc. Utilität der Geschäftsführung Soweit nach den genannten Grundsätzen eine Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt und auch der animus donandi der actio contraria nicht entgegensteht, kann aber weiterhin die Utilität der Geschäftsführung (§ 683 S. 1 BGB) zweifelhaft sein: steht der Geschäftsherr in einem Vertragsverhältnis zu dem Dritten, aufgrund dessen er die Leistung von diesem fordern kann176, wird er in der Regel kein Interesse daran haben, dass der Gestor als selbständiger Geschäftsführer für ihn tätig wird177; anders kann der Fall sein, wenn eine Substitution seitens des Dritten (§ 664 Abs. 1 BGB) zulässig ist. Fehlt es an der Utilität der Geschäftsführung, steht dem Geschäftsführer nur der auf eine vorhandene Bereicherung beschränkte Aufwendungsersatzanspruch des § 684 S. 1 BGB zu178.

dd. Unwirksamkeit der Beauftragung des Geschäftsführers durch den Dritten (fehlerhaftes Deckungsverhältnis) An diesen Grundsätzen ändert sich nichts, wenn das Vertragsverhältnis zwischen Drittem (Auftraggeber) und Geschäftsführer unwirksam ist179. Einzig das Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Drittem bestimmt sich nicht mehr nach Vertragsrecht, sondern nach dem Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag180. Ob der Gestor (a) im Verhältnis zum Geschäftsherrn als selbständiger Geschäftsführer oder als (Geschäftsführungs-)Gehilfe (§ 278 BGB) des Dritten auftritt181, bestimmt sich weiterhin danach, ob er vom Dritten als Gehilfe eingesetzt wird oder ob er mit Geschäftsführungsabsicht handelt. Ob (b) das Gestionsverhältnis zwischen Drittem und Geschäftsführer das Gestionsverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn als vorrangige 176 Dieser Gedanke kann, soweit für den Gestor erkennbar, auch schon bei der Prüfung des animus donandi eine Rolle spielen, wenn es darum geht zu bestimmen, ob der Vertrag zwischen Gestor und Dritten die Entgeltfrage abschließend regeln will. 177 Vgl. OLG Oldenburg, MDR 2000, 1373, Urt. v. 5. 7. 2000 – 2 U 104/00; vgl. auch Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (39); vgl. auch: Köndgen, Die Geschäftsführung ohne Auftrag im Wandel der Zeit, in: Zimmermann (Hrsg.), Rechtsgeschichte und Privatrechtsdogmatik, 1999, S. 371 (386). 178 Überhaupt anders: OLG Hamm NJW 1974, 951, Urt. v. 9. 1. 1974 – 11 U 198/73; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 99 (995 ff.); Erman/Ehmann12 (2008) § 684 Rn. 2: weder bei nützlicher noch unerwünschter Geschäftsführung kraft vertraglicher Verpflichtung mit einem Dritten sei der Rückgriff auf §§ 683, 684 BGB möglich. 179 Überhaupt anders: Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 157 f.; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 204 f.: kein Gestionsverhältnis zwischen Geschäftsherr und Geschäftsführer, auch wenn der Vertrag mit dem Dritten unwirksam ist. 180 Wie weiter unten noch zu zeigen ist, finden auf nichtige Verträge mit Subordinationskomponente die §§ 677 ff. BGB Anwendung. 181 Auch ein Geschäftsführer ohne Auftrag kann Erfüllungsgehilfe sein (Staudinger/Löwisch [2004] § 278 Rn. 24).

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und abweichende Regelung verdrängt, ist nach dem Inhalt des nichtigen Vertrags zu bestimmen.

b. Erfüllung fremder Pflichten In dieser Untergruppe erledigt der aufgrund seines Vertrages mit dem Dritten gebundene Geschäftsführer durch seine vertraglich geschuldete Tätigkeit zugleich eine Verpflichtung des Geschäftsherrn. In diesen Fällen wird es grundsätzlich schon an einer Interessensubordination und damit an einer Geschäftsführung für den Verpflichteten fehlen. Der Abschleppunternehmer, der das falsch parkende Auto entfernt, will nach dem sozialen Sinn der Geschäftsführung ausschließlich den Interessen seines Auftraggebers nachkommen. Ihm geht es nicht darum im – vielleicht gegenläufigen – Interesse des Halters zu handeln. Dass er mit der Beseitigung des Autos zugleich ein fremdes Geschäft erledigt, ist geschäftsführungsrechtlich ohne Bedeutung. Die Fremdheit des Geschäfts ist kein Begriff des Gestionsrechts. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes (Interessensubordination) beinhaltet der – systemwidrig im Rahmen der §§ 677 ff. BGB geregelte – privilegierte Rückgriffsanspruch der §§ 683 S. 2, 679 BGB. Erledigt der Geschäftsführer zugleich eine Pflicht des Geschäftsherrn, die im öffentlichen Interesse liegt, kommt er insbesondere einer gesetzlichen Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nach, gestattet ihm das Gesetz den unmittelbaren Durchgriff gegen den Verpflichteten (Geschäftsherrn). Hierher gehören insbesondere die Arzt- und Krankenhausfälle. In der Heilbehandlung liegt zugleich die Erledigung einer den Unterhaltspflichtigen treffenden Pflicht. Von daher ist aufgrund der Ausnahmevorschrift der §§ 683 S. 2, 679 BGB im Grundsatz der Durchgriff gegen den Unterhaltspflichtigen statthaft. Wegen des besonderen Ausnahmecharakters des § 679 BGB und des dahinter stehenden öffentlichen Interesses an der Vornahme der Handlung ist es gerechtfertigt, auch bei vertraglicher Bindung des Geschäftsführers an den Dritten, dem Geschäftsführer den unmittelbaren Durchgriff gegen den Letztverpflichteten (Geschäftsherrn) zu gestatten. Die Interessen des Unterhaltspflichtigen stehen einer direkten Inanspruchnahme nicht entgegen, da er letztlich sowieso die Kosten zu tragen hat. Der Gefahr doppelter Inanspruchnahme ist er nicht ausgeliefert, weil er durch Leistung an den Unterhaltsberechtigten gegenüber jedermann befreit wird. Die Privilegierung des Geschäftsführers – die sich insbesondere in der Insolvenz des Dritten realisiert – rechtfertigt sich aus dem besonderen öffentlichen Interesse an der Vornahme der Handlung; insoweit handelt es sich um eine materiellrechtliche Privilegierung des Geschäftsführers, vergleichbar dem Absonderungsrecht des § 51 InsO. – Bei Unwirksamkeit der vertraglichen Bindung zwischen Drittem und Geschäftsführer ändert sich die rechtliche Beurteilung nicht.

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IV. Anwendung der §§ 677 ff. BGB auf nichtige Subordinationsverträge 1. Diskussionsstand a. Die Anwendung der §§ 677 ff. BGB durch den BGH Nach ständiger – und wie ich bereits an dieser Stelle vorwegnehmen möchte: zutreffender – Rechtsprechung des BGH kann bei einer Geschäftsführung aufgrund eines nichtigen oder unwirksamen Vertrages uneingeschränkt auf die §§ 677 ff. BGB zurückgegriffen werden182. Dabei soll es auch dann bleiben, wenn die Nichtigkeit des Vertrages auf einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder die guten Sitten183 oder auf einem Formmangel beruht184. Eine Einschränkung bei der Anwendbarkeit der §§ 677 ff. BGB macht die Rechtsprechung dann allerdings doch beim Aufwendungsersatzanspruch des Gestors aus §§ 683 S. 1, 670 BGB, wenn der zugrunde liegende Vertrag wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz gem. § 134 BGB nichtig ist. Besteht die Handlung des Geschäftsführers nämlich gerade in der vom Gesetz verbotenen Tätigkeit, so darf er diese nicht „nach den Umständen für erforderlich halten“185. Subordinationsrechtlich ist diese Wertung nicht notwendig, aber letztlich doch gebotene wenn nicht sogar zwingende Folge der Wertung des Verbotsgesetzes, soweit sich dieses ge182 BGHZ 101, 393 (399), Urt. v. 24. 9. 1987 – VII ZR 306/86; BGH, NZM 2005, 356 (358), Urt. v. 26. 1. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4. 11. 2004 – III ZR 172/02; BGH, ZIP 1996, 2113 (2114), Urt. v. 10. 10. 1996 – III ZR 205/95; BGH, LM DDRZGB § 68 Nr. 8, Urt. v 11. 7. 1996 – III ZR 7/95; BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91; BGH, NJW-RR 1993, 200, Urt. v. 28. 10. 1992 – VIII ZR 210/91; BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v. 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; BGH, NJW 1984, 1161 f., Urt. v. 5. 12. 1983 – II ZR 56/82; OLG Stuttgart, NJW 1996, 665 (666), Urt. v. 15. 2. 1995 – 4 U 227/94; aus der Lehre: Benöhr, Anmerkung zu LG Karlsruhe, Urt. v. 9.4.1975 – 1 S 9/75, NJW 1975, 1970 (1971); Berg, Ansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, JuS 1972, 193 (195); v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 II 2 = S. 980 Fn. 13; differenzierend: Palandt/ Sprau 68 (2009) § 677 Rn. 11: zumindest seien die §§ 677 ff. BGB anwendbar, wenn der Geschäftsführer seine fehlende Berechtigung kenne; vgl. allerdings auch BGH NJW 1995, 727, Urt. v. 6. 12. 1994 – XI ZR 19/94: Stattgabe der Klage aus Bereicherungsrecht, ohne Geschäftsführung ohne Auftrag zu erwähnen. 183 BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4. 11. 2004 – III ZR 172/02; BGH, WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR 30/02; BGH, NJW-RR 1993, 200, Urt. v. 28. 10. 1992 – VIII ZR 210/91. 184 BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4. 11. 2004 – III ZR 172/02. Ebenso, wenn das Rechtsgeschäft infolge einer fehlenden behördlichen Genehmigung zunächst schwebend und nach Versagung der Genehmigung endgültig unwirksam ist: BGH WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR 30/02 zur Haftung einer Gemeinde nach den §§ 677 ff. BGB, wenn sie ein Rechtsgeschäft abschließt, das mangels der erforderlichen kommunalaufsichtlichen Genehmigung (schwebend) unwirksam ist. 185 BGHZ 37, 258 (263 f.), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGH, NJW-RR 1997, 564 f., Urt. v. 19. 12. 1996 – III ZR 9/95.

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gen die konkrete Geschäftsführungshandlung richtet. Dieses leuchtet sofort ein, wenn man sich die einschlägigen Entscheidungen des BGH vergegenwärtigt. Hier ging es jeweils um einen Geschäftsführer, der verbotswidrig (Art. 1 § 1 RBerG aF, § 134 BGB) Rechtsangelegenheiten für den Geschäftsherrn besorgt und nunmehr gem. § 683 S. 1 BGB Vergütung forderte186. Hier folgt es schon aus Sinn und Zweck des Art. 1 § 1 RBerG aF, dass der Geschäftsführer für seine verbotene Tätigkeit nicht auch noch ein Entgelt verlangen darf.

b. Römisches Recht und Gesetzesgeschichte Die Rechtsprechung des BGH steht in langer historischer Tradition. Im Römischen Recht war es für die Entstehung des Schuldverhältnisses der negotiorum gestio ohne Bedeutung, dass der Geschäftsführer irrigerweise annahm, vom Geschäftsherrn zur Interessenwahrnehmung beauftragt zu sein oder sich diesem sonst zur Geschäftsführung verpflichtet wähnte187. Die Römer hatten bereits die zutreffende Lehre entwickelt, dass die Anwendung des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der Gestor im Glauben an eine Rechtspflicht für den Dominus tätig wird188. Dieser Satz wurde dann von älteren Juristen ohne Widerspruch übernommen. So heißt es etwa bei Voet: „Denique, si existimem errore lapsus, mandatam mihi fuisse gestionem, cum mandatum deesset, etiam tunc ad hanc negotiorum gestorum actionem confugiendum esse, juris nostri auctores tradiderunt“189. § 235 Abs. 1 des Vorentwurfs schloss sich dieser Lehre noch ausdrücklich an: § 235 Vorentwurf. (1)Die irrige Meinung dessen, der die Besorgung eines fremden Geschäfts unternimmt, von dem Geschäftsherrn dazu beauftragt oder sonst rechtlich dazu verpflichtet zu sein, ist ohne Einfluß auf seine Haftpflicht als Geschäftsführer ohne Auftrag. (2) …

186 Vgl. auch: BGHZ 118, 142, Urt. v. 30.04.1992 – III ZR 151/91: kein Vergütungsanspruch des Abschlussprüfers, der verbotswidrig an der Aufstellung des zu prüfenden Jahresabschlusses mitgewirkt hat. 187 So heißt es etwa bei Ulpian, Dig. 3, 5, 5, pr: (de negotiis gestis) „Item si, cum putavi a te mihi mandatum, negotia gessi, et hic nascitur negotiorum gestorum actio cessante mandati actione. idem est etiam, si pro te fideiussero, dum puto mihi a te mandatum esse“. Überhaupt war die Geschäftsführung im römischen Recht nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Gestor unter dem Rechtszwang irgendeiner Rechtspflicht oder im Glauben an eine solche handelte (Ulpian, Dig 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis): „Hanc actione tenetur non solum is qui sponte et nulla necessitate cogente immiscuit se negotiis alienis et ea gessit, verum et is qui aliqua necessitate urguente vel necessitatis suspicione gessit“). 188 Ulpian, Dig 3, 5, 3, 10 (de negotiis gestis): „Hanc actione tenetur non solum is qui sponte et nulla necessitate cogente immiscuit se negotiis alienis et ea gessit, verum et is qui aliqua necessitate urguente vel necessitatis suspicione gessit“. 189 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 12 in fin.

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v. Kübel begründete das zutreffend damit, dass auch bei der irrigen Annahme einer Rechtspflicht die Voraussetzungen der negotiorum gestio vorliegen; die irrige Annahme einer Rechtspflicht betreffe nun mal allenfalls das Motiv190. Und in der Tat: wie oben bereits eingehend herausgearbeitet wurde, ist es für das Vorliegen eines tatsächlichen Subordinationsverhältnisses ohne Bedeutung, dass der Gestor im Glauben handelt, zur Tätigkeit verpflichtet zu sein: denn das Ziel seiner Tätigkeit bleibt mit oder ohne Rechtspflicht die Interessenwahrung für einen anderen (siehe § 8 V 2 g, § 9 III). Die Erste Kommission stand der Sache nach wie v. Kübel und der Vorentwurf auf dem Boden der römischen Lehre; und doch sah man von einer Übernahme des § 235 des Vorentwurfs in den E I ab: man wollte die künftigen Rechtsentwicklung nicht ohne Not einengen191.

c. Abweichende Positionen in Lehre und Instanzgerichtsbarkeit; Reformvorschläge, rechtsvergleichende Hinweise Weite Teile der Lehre192 und einige Instanzgerichte193 haben den Freiraum, der ihnen durch die Erste Kommission eingeräumt wurde, genutzt, um einen Gegenentwurf zur Rechtsprechung des BGH und der römischrechtlichen Lehre zu entwickeln. Man negiert das überkommene Lösungsmodell und will die §§ 677 ff. BGB beim Handeln aufgrund eines nichtigen Vertrages überhaupt nicht anwenden. Das akademische Gegenmodell wird aus drei Erwägungen he190 v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 957, aber auch S. 967. 191 Motive, Mugdan II, S. 484: „Wenn sich auch kaum in Zweifel ziehen lassen mag, daß solchenfalls eine neg. gestio vorliegt, so bleibt die Beurtheilung doch besser der Rechtswissenschaft überlassen“. 192 Canaris, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 20.12.1984 – VII ZR 388/83, NJW 1985, 2404 (2405); Einsele, Geschäftsführung ohne Auftrag bei nichtigen Verträgen, JuS 1998, 401 (403 f.); Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (230 f,); Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (31 ff.); Hader, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Anspruchsgrundlage bei gescheiterten Verträgen, 2006, S. 179 ff.; Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 21 = S. 705 ff.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (451 ff.); Wendtlandt, Ein bisschen über den Rubikon, NJW 2004, 985 (987); Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1265; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a = S. 441; Erman/Ehmann12 (2008) § 677 Rn. 9; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 16 aE; vgl. dazu: Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971, S. 143 ff., 167 ff.; Sippel, Geschäftsführung ohne Auftrag und die Abwicklung fehlgeschlagener Vertragsbeziehungen mit Geschäftsbesorgungscharakter, 2005, passim; insbesondere zur Rückabwicklung gescheiterter Titelkäufe: Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833; Hospach, Rückabwicklung gescheiterter Titelkäufe, NJW 1996, 643; Weiler, Gekaufte Doktortitel, NJW 1997, 1053. 193 Insbesondere OLG Koblenz, NJW 1999, 2904 (2905), Urt. v. 16. 12. 1998 – 7 U 124/98: Titelkauf; OLG Köln, NJW-RR 1994, 1540, 14.12.1993 – 9 U 242/92.

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raus begründet, von denen aber der erste Punkt (a) evident unzutreffend ist, der zweite Punkt (b) sich bei näherem Hinsehen als nicht durchschlagend erweist. Nur der dritte genannte Grund (c) bedarf eines näheren Eingehens. Als schon im Ansatz unzutreffend erweist sich die Behauptung, dass (a) schon der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag gar nicht vorliege: bei der tatsächlichen Durchführung nichtiger Verträge fehle es regelmäßig am Fremdgeschäftsführungswillen; der Geschäftsführer wolle seinen eigenen vermeintlichen Pflichten nachkommen, nicht aber ein fremdes Geschäft erledigen194. Als unselig erweist sich auch hier wieder einmal der Begriff des fremden Geschäfts, der den Blick auf das Wesen der Geschäftsführung ohne Auftrag versperrt. Entscheidend ist alleine, dass der Geschäftsführer ohne wirksamen Auftrag für einen anderen tätig wird. Alleine die Vorstellung, hierzu verpflichtet zu sein, ändert nichts an der obligationsbegründenden Tatsache der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen. Denn die Subordination muss nicht von karitativen Motiven getragen sein. Alle vertraglichen Geschäftsbesorger wie etwa Anwälte oder Vermögensberater verdienen ihren Lebensunterhalt damit, dass sie aus eigennützigen Motiven heraus alleine um des Entgelts willen für und im Interesse eines anderen tätig werden. Dadurch wird der Subordinationscharakter dieser (vertraglichen) Rechtsverhältnisse nicht tangiert. All das wurde oben bereits eingehend dargelegt (siehe § 2 VI). Schwieriger ist der Einwand (b), der auf Wertungswidersprüche zwischen Gestionsrecht und Vertragsrecht bei mangelhafter Leistung (zB mangelhafte Renovierungsarbeit) hinweist: gelänge es der bereicherungsrechtlichen Lösung diesen Widerspruch zu vermeiden, als der Geschäftsherr auch bei unverschuldeten Mangel nur zur Herausgabe des wahren „geminderten“ Wertes verpflichtet sei (§ 818 Abs. 2 BGB), gelänge dies dem geschäftsführungsrechtlichen Ansatz nicht: denn im Rahmen des § 683 BGB und der §§ 677, 280 BGB käme es darauf an, was der Geschäftsführer für erforderlich halten durfte, so dass bei unverschuldeter mangelhafter Leistung die volle Vergütung zu zahlen wäre und damit der Geschäftsherr schlechter stünde als bei wirksamem Vertrag (Minderung)195. So einleuchtend dieser auf den nichtigen Werkvertrag beschränkte Einwand auf den ersten Blick auch ist, so zeigt sich doch bei genauerem Hinschauen, dass ein Wertungswiderspruch zwischen wirksamen Werkvertrag und unwirksamen 194

Einsele, Geschäftsführung ohne Auftrag bei nichtigen Verträgen, JuS 1998, 401 (403 f.); Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (834); Giesen, Geschäftsführung ohne Auftrag, Jura 1996, 225 (230 f.); Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883 (885); Martinek/ Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992; PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 22 (p. 110); Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 16; insoweit aA: Hader, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Anspruchsgrundlage bei gescheiterten Verträgen, 2006, S. 103 ff. 195 Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 (993).

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Werkvertrag bei Anwendung der Geschäftsführungsregeln nicht redlicherweise behauptet werden darf. Denn dies hieße letztlich, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Rechtsverhältnisse zwischen einem wirksamen und einem unwirksamen Werkvertrag sind zu verschieden, als dass die jeweils abweichende Behandlung von Mängeln isoliert nebeneinander gestellt werden dürfte. Besteht ein wirksamer Werkvertrag, so kann der Dominus zwar gem. § 649 S. 1 BGB den Vertrag jederzeit kündigen, aber er schuldet dennoch trotz Kündigung mit Abschluss des Vertrages gem. § 649 S. 2 BGB im Grundsatz die gesamte vereinbarte Vergütung. Anders ist es, wenn es am wirksamen Werkvertrag fehlt. Hier fehlt es nicht nur an der Verpflichtung des Gestors zur Übernahme der Geschäftsführung196; auch der Dominus kann jederzeit die Aufgabe der übernommenen Geschäftsführung entsprechend § 671 Abs. 1 Alt. 1 BGB fordern, also mit anderen Worten: er kann jederzeit kündigen. Anders als beim wirksamen Vertrag kann der Geschäftsführer aber jetzt gem. § 683 S. 1 BGB nur die Vergütung bis zum „Kündigungszeitpunkt“ verlangen, die Vergütung für das vollständige Werk steht ihm mangels Vertrag nicht zu: dem Gestor ist die Berufung auf § 649 S. 2 BGB unmöglich. Wenn man so will: der Verlust des Recht zum verschuldensunabhängigen Rücktritt oder Minderung ist der Preis des Geschäftsherrn für die jederzeitige kostenlose „Kündigungsmöglichkeit“ und damit der Verlagerung des Vollendungsrisikos auf den Geschäftsführer. Wird der Gestor übrigens dennoch weiter gegen den (ausdrücklichen) Willen des Geschäftsherrn tätig, beschränkt sich seine Vergütung gem. § 684 S. 1 BGB – der hier, wie bereits oben erwähnt neben § 678 BGB entsprechend anzuwenden ist – auf den tatsächlichen Vermögensvorteil des Geschäftsherrn (siehe § 10 IV 2 b). Gewichtiger ist der dritte Einwand (c), die §§ 812 ff. BGB stellten für die Rückabwicklung rechtsgrundloser Leistungen die spezielleren Vorschriften dar, die einen Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB ausschlössen197. Hierauf wird gleich 196 Hiermit erledigt sich auch der Vorwurf von Falk, Von Titelhändlern und Erbensuchern, JuS 2003, 833 (836), dass durch die Anwendung der §§ 677 ff. BGB durch die Hintertür das unwirksame Vertragsverhältnis quasi doch zum Leben erweckt wird. Die §§ 677 ff. BGB begründen eben keinen Anspruch auf Durchführung der Geschäftsführung. Die §§ 677 ff. BGB erfassen erst die tatsächlich begonnene Geschäftsführung. Dass die Rechtsfolgen des §§ 677 ff. BGB dem Auftragsrecht ähnlich sind, ist nicht Folge der quasivertraglichen Natur des Rechtsverhältnisses, sondern der gleichen Interessenlage. 197 Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883 (884); Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 992 f.; Schubert, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 178 (1978) 425 (452); Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 1 a = S. 7; Soergel/Beuthien12 (1999) § 677 Rn. 16. Im Einzelnen macht man geltend, dass es nicht anginge, durch die Anwendung der §§ 677 ff. BGB wesentliche Regeln (§§ 814, 817 S. 2, 818 f. BGB) für die Abwicklung rechtsgrundloser Verträge einfach auszuhebeln (Canaris, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 20.12.1984 – VII ZR 388/83, NJW 1985, 2404 (2405); Hader, Die Geschäftsführung ohne Auftrag als Anspruchsgrundlage bei gescheiterten Verträgen, 2006, S. 205 ff.; auch: OLG Koblenz, NJW 1999, 2904 (2905), Urt. v. 16. 12.

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einzugehen sein. Der Vollständigkeit halber soll vorher noch erwähnt werden, dass sich in der Lehre auch vermittelnde Positionen finden. So lehnt zwar Seiler im Grundsatz eine Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag auf nichtige Geschäftsbesorgungsverträge ab; für die außerhalb des eigentlichen bereicherungsrechtlichen Bereichs der Rückabwicklung erbrachter Leistungen will er aber auf die §§ 677 ff. BGB zurückgreifen198. Von daher schulde etwa der Geschäftsführer gem. §§ 681 S. 2, 666 BGB Auskunft und Rechnungslegung und hafte bei Ausführungsverschulden gem. §§ 280, 677 BGB. Wittmann will danach differenzieren, ob der Geschäftsführer sich aufgrund eines entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrages oder aufgrund eines unentgeltlichen Auftrags (§ 662 BGB) zur Tätigkeit verpflichtet wähnt. Nur im Falle der Geschäftsbesorgung aufgrund eines nichtigen unentgeltlichen Auftrags sollen sich die Rechtsfolgen nach den §§ 677 ff. BGB bestimmen199. Dagegen gehöre die Abwicklung entgeltlicher Geschäftsbesorgungsverträge in das Bereicherungsrecht. Die Beeinflussung dieser Lehre durch die unzutreffende Theorie der Menschenhilfe, die ein mögliches karitatives Motiv zum notwendigen Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführung ohne Auftrag erhebt, liegt klar auf der Hand. Vielleicht kann man es als kleine rechtsvergleichende Kuriosität begreifen, dass in der Schweiz die Fronten im Streit um die Anwendung der Geschäftsführung ohne Auftrag auf nichtige Verträge übrigens genau entgegengesetzt verlaufen. Nach der bundesgerichtlichen Praxis muss das Fehlen eines Auftrags dem Geschäftsführer bewusst sein. Wird der Geschäftsführer in der irrtümlichen Meinung tätig, hierzu aufgrund eines Vertrages (oder eines anderen Rechtsverhältnisses) verpflichtet zu sein, wendet das Bundesgericht die Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag nicht an. Dagegen wird das Erfordernis des Bewusstseins von der Auftragslosigkeit in der schweizerischen Lehre fast einhellig abgelehnt 200.

Auf nationaler Ebene zeigt sich der BGH bisher von der Gegenposition der Lehre unbeeindruckt und hält zutreffend an seiner Rechtsprechung fest201. Und doch 1998 – 7 U 124/98); auch dürfe dem Geschäftsführer vermittels des Aufwendungsersatzanspruchs des § 683 S. 1 BGB nicht das Risiko der Nutzlosigkeit seiner Aufwendungen und des Wegfalls einer Bereicherung des Geschäftsherrn (§ 818 Abs. 3 BGB) abgenommen werden. 198 MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 677 Rn. 48; OLG Köln, Rp 2000, 81, Urt. v. 1. 10. 1999 – 19 U 219/98; vgl. auch Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 207 ff. 199 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 25 f., 118 ff.; Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971, S. 170 f.; OLG Köln, NJW 1993, 793 (794), Urt. v. 12. 6. 1992 – 19 U 154/91; aA: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (33). 200 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 250 ff. Auch in der österreichischen Judikatur werden Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag regelmäßig verneint, wenn der Geschäftsführer irrtümlich glaubt, vertraglich zum Handeln verpflichtet zu sein (Meissel, Geschäftsführung ohne Auftrag, 1993, S. 82 f.). 201 BGHZ 37, 258 (262 f.), Urt. v. 25. 6. 1962 – VII ZR 120/61; BGH, NZM 2005, 536 (538), Urt. v. 26. 2. 2005 – VIII ZR 66/04; BGH, WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR

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ist zu befürchten, dass der Mainstream auf Dauer in die andere Richtung geht. Bereits Helm hatte in seinem Gutachten und Vorschlag zur Überarbeitung des Rechts der Geschäftsführung ohne Auftrag in der Sache der Lehre Seilers folgend dafür plädiert, geschäftsführungsrechtliche Vergütungsansprüche (§ 683 BGB) des Gestors im Gesetz ausdrücklich auszuschließen und insoweit auf das Bereicherungsrecht zu verweisen202. Noch weitergehend steht die Study Group in ihren Comments zu den PEL Ben. Int. in Übereinstimmung mit der deutschen Lehre auf dem Standpunkt, dass die Grundsätze der benevolent intervention überhaupt nicht eingreifen, wenn der intervener im Glauben an eine bestehende Vertragspflicht handelt 203. Als unhaltbar erweist sich allerdings – wie gerade noch einmal gezeigt – die von der Study Group gegebene Begründung, wenn sie darauf verweist, dass bei Handeln im Glauben an das Bestehen einer vertraglichen Rechtspflicht die Geschäftsführungsabsicht fehlt204.

2. Die §§ 677 ff. BGB als das gesetzliche Schuldverhältnis unwirksam begründeter Interessenwahrnehmungsverhältnisse Verbleibt als letzter Einwand die Behauptung, die §§ 812 ff. BGB seien das speziellere Rechtsverhältnis zur Abwicklung unwirksamer Verträge. Zutreffend ist das freilich – in dieser Reichweite – nicht. Diese Betrachtung vernachlässigt das gerade von Martinek entwickelte Grundformenparadigma 205. Den unterschiedlichen Vertragstypen liegen verschiedene Interessenstrukturen zugrunde. Es bestehen drei Grundtypen, nämlich der die gegenläufigen Interessen der Parteien koordinierende Austauschverträge (Koordinationsverträge), die Interessenverbindung zur gemeinsamen Zweckverfolgung (Koalitions- bzw. Konföderationsverträge) und dazwischenliegend die Tatbestände der Interessenwahr30/02; BGH, WM 2000, 973, Urt. v. 17. 2. 2000 – IX ZR 344/98; BGH, NJW-RR 1989, 970, Urt. v. 7. 3. 1989 – XI ZR 25/88. Die abweichende Auffassung fände weder im Wortlaut noch im Sinn des Gesetzes eine Stütze; insbesondere entfalle der Fremdgeschäftsführungswille nicht deswegen, weil sich der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn gegenüber zur Leistung verpflichtet glaube (BGH, WM 2004, 182 (184), Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR 30/02; BGHZ 143, 9 (15 f.), Urt. v. 21. 10. 1999 – III ZR 319/98). 202 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (393, 408) und § 683 Abs. 2 S. 2 des Reformvorschlags. 203 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 22 (p. 110). 204 PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:101, Comment. C 22 (p. 110): „A special case… in which the intention predominantly to benefit another is missing is when a person undertakes an act the erroneous assumption that they are discharging a contractual duty which they belief they have incurred to the principal. Typical cases concern performances rendered on the basis of contracts which are void for illegality, want of required form, or because the parties are not truly ad idem“. 205 Staudinger/Martinek (2006) Vorbem 23 ff. zu §§ 662 ff.

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nehmung für einen anderen (Subordinationsverträge). Die Interessenstruktur ist nicht nur auf der Stufe der Durchführung des wirksamen Vertrages bedeutsam, sondern eben auch auf der Ebene der Behandlung des unwirksamen Vertrages. Wie sich das Vertragstypenrecht des wirksamen Vertrages unterscheidet, so unterscheidet sich auch die Behandlung des unwirksamen (fehlerhaften) Vertrages. Als „unstreitig“ lassen sich zwei Pfosten einhauen. Die §§ 812 ff. BGB enthalten zusammen mit der Saldotheorie bzw. der Theorie der Gegenleistungskondiktion das gesetzliche Programm zur Rückabwicklung unwirksamer Koordinationsverhältnisse (Austauschverträge). Gleichzeitig streitet man heute nicht mehr darüber, dass ein fehlerhafter Koordinationsvertrag, also insbesondere ein von einem Nichtigkeitsgrund betroffener Gesellschaftsvertrag iSd § 705 BGB ganz anders zu behandeln ist als ein unwirksamer Austauschvertrag, also insbesondere ein unwirksamer Kaufvertrag. Es ist evident, dass die Folgen der §§ 812 ff. BGB auf den fehlerhaften Gesellschaftsvertrag nicht passen. Es würde zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führen, eine Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungs- und Interessengemeinschaft, für die die Gesellschafter Beiträge erbracht und Werte geschaffen haben, ohne weiteres mit dem Versuch der Erreichung des status quo ante aus dem Rechtsleben zu streichen206. Wegen der über den einfachen Austauschvertrag deutlich hinausgehende Komplexität der Verhältnisse ist eine solche Gesellschaft nur für die Zukunft durch Kündigung aus wichtigem Grund vernichtbar und nach den besonderen gesellschaftsrechtlichen Abwicklungsvorschriften (§§ 730 ff. BGB) zu liquidieren. Vergleichbares gilt nun auch für unwirksam begründete, aber tatsächlich durchgeführte Subordinationsverhältnisse. Aufgrund der besonderen Interessenlage der fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen mit all ihren Besonderheiten – insbesondere des Einsatzes eigener und fremder Mittel – greifen hier nicht die §§ 812 ff. BGB, sondern die auf diese Fälle zugeschnittenen §§ 677 ff. BGB. Denn die Geschäftsführung ohne Auftrag ist das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch wirksamen Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten, aber tatsächlich ausgeführten Interessenwahrnehmung für einen anderen. Der Vorrang des Geschäftsführungsrechts der §§ 677 ff. BGB schließt einen Rückgriff auf das Bereicherungsrecht aus207. Die geschäftsführungsrechtliche Behandlung nichtiger Geschäftsbesorgungsverträge ist eben nicht das Ergebnis undurchsichtiger Billigkeitserwägungen 208, sondern Folge der vom reinen Austauschvertrag (Koordinationsvertrag) verschiedenen Struktur von Interessenwahrnehmungsverträgen (Subordinations206

Vgl. nur jurisPK-BGB/Bergmann 4 (2008) § 705 Rn. 14 ff. BGH, NJW 1993, 3196, Urt. v. 30. 9. 1993 – VII ZR 178/91. 208 Vgl. aber Lorenz, Gescheiterte Vertragsbeziehungen zwischen Geschäftsführung ohne Auftrag und Bereicherungsrecht, NJW 1996, 883 (885). 207

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verträge)209. Die Tätigkeit im fremden Interesse, die Weisungsabhängigkeit und Gehorsamspflicht des Gestors, die Verwendung eigener und vom Geschäftsherrn überlassener Mittel bei Durchführung der Geschäftsführung, die bestehende Anzeige, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten, die Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung, die auch die tatsächliche Durchführung eines unwirksamen Subordinationsvertrages mit sich bringt, lässt sich weder mit dem normalen bereicherungsrechtlichen Instrumentarium der §§ 812 ff. BGB erklären noch mit vertretbarem dogmatischen Aufwand in den Griff bekommen. Die §§ 812 ff. BGB gewähren – mit Hilfe der neuen bereicherungsrechtlichen Dogmatik von Saldotheorie und Gegenleistungskondiktion – ein probates Mittel, aufgrund eines unwirksamen Koordinationsvertrages ausgetauschte Leistungen zurückzuholen und korrespondierende, wegen der nicht beständigen Güterzuordnung letztlich zu Unrecht gezogene sekundäre Nutzungen herauszufordern. Die Vorschriften knüpfen am koordinierten Eigennutz an. Der Gedanke der tatsächlichen Subordination, dem tatsächlichen Tätigwerden des Geschäftsführers in „wirtschaftlicher Stellvertretung“ für einen anderen, ist ihnen fremd. Hier passt der Abschöpfungsgedanke des Bereicherungsrechts nicht. Der Abschöpfungsgedanke kann weder erklären, warum der Geschäftsführer auch beim unwirksamen Geschäftsbesorgungsvertrag verpflichtet ist, die Geschäfte ordentlich zu führen oder dessen Weisungen zu folgen 210, noch taugt er, um den vermögensrechtlichen Ausgleich der Parteien zu ordnen. Der vermögensrechtliche Ausgleich der tatsächlich ausgeführten Interessenwahrnehmung für einen anderen folgt – auch dann, wenn sie auf einem unwirksamen Vertrag beruht – den subordinationsrechtlichen Grundsätzen. Der Geschäftsführer nimmt am Gewinn und Verlust der Geschäftsführung und seines Geschäftsherrn nicht teil. Ein Gewinn ist nicht sein Gewinn, ein Verlust nicht sein Verlust. Der Zuweisung der Gewinnchance an den Geschäftsherrn korrespondiert die Zuweisung des Verlustrisikos bei ordentlicher und nützlicher Geschäftsführung (§§ 677, 683 BGB). Zur Durchführung der Geschäftsführung vom Geschäftsherrn überlassene Geldmittel (§ 669 BGB) sind wirtschaftlich stets dem Geschäftsherrn zugewiesen. Das Geschäftsführungsrecht vermag so ohne weiteres zu begründen, dass der Geschäftsführer für eine bereits erfolgte bestimmungsgemäße Verwendung von überlassenen Geldmitteln (unabhängig vom Erfolg) nicht auf Ersatz in Anspruch genommen werden kann, dass er überlassene (noch vorhandene) Geldmittel herauszugeben hat (§§ 681 S. 2, 667 Alt. 2 BGB) und dass er im Falle der bestimmungswidrigen und unsachgemäßen Verwendung überlassener Mittel haftet (§§ 677, 280 BGB oder §§ 681 S. 2, 667 Alt. 1, 280, 283 BGB); dabei beurteilt sich die Frage, ob eine zweckentsprechende Ver209 BGH, ZIP 2004, 2324 (2326), Urt. v. 4. 11. 2004 – III ZR 172/02; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1175: Anwendung der Geschäftsführungsregeln für den gutgläubigen Geschäftsführer durchaus sachgerecht. 210 Vgl. BGH, ZIP 2005, 1599 (1601), Urt. v. 28. 7. 2005 – III ZR 290/04.

§ 15. Besonderer Teil des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

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wendung der Gelder vorlag, entsprechend dem in Deutschland geltenden streng subjektiven Prinzip der §§ 683 S. 1, 670 BGB nach Gegenstand der Geschäftsführung, der sich aus dem nichtigen Vertrag ergibt. Allerdings greifen die bereits oben vorgestellten Einschränkungen des subjektiven Prinzips auch hier: ist die Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Vertrages Folge einer gesetzlichen Vorschrift, die an die Stelle des präsumtiven Willens des Geschäftsherrn ein objektives Interesse setzt, so ist auch dieses objektive Interesse bei der Prüfung der Voraussetzungen der §§ 683 S. 1, 677, 678 BGB maßgebend (siehe § 14 I 2 e). Ob der Geschäftsführer für sein Tun eine Vergütung verlangen kann, bestimmt sich nach den allgemeinen Grundsätzen zu § 683 S. 1 BGB. Die dort entwickelte institutionelle Beschränkung des Vergütungsanspruchs auf Fälle der besonderen Dringlichkeit, greift hier nicht. Denn die Beschränkung folgt aus dem Gedanken der Subsidiarität: der Geschäftsführer, der ein Entgelt will, soll grundsätzlich einen Vertrag mit dem Geschäftsherrn schließen. Dieser Gedanke greift aber dann nicht mehr, wenn die Parteien einen Vertrag geschlossen haben, dieser Vertrag aber unwirksam ist. Insoweit kann man sich auf die Wertung des § 241a BGB berufen: nach hM ist nämlich auch dort eine nichtige Bestellung eine die Rechtsfolgen des § 241a BGB ausschließende Bestellung211. Ich kann natürlich nicht behaupten, dass mit einer an den Subordinationscharakter tatsächlich durchgeführter, aber unwirksamer Geschäftsführungsverträge angepassten Anwendung der §§ 812 ff. BGB vergleichbare interessengerechte Resultate erzielt werden können, wie mit dem unmittelbaren Rückgriff auf die §§ 677 ff. BGB. Der Sachverhalt ist insoweit vergleichbar mit der Ausgangssituation des common law, das ohne das Rechtsinstitut der negotiorum gestio meist über andere rechtliche Konstruktionen zu gleichen Ergebnissen kommt. Natürlich kann man sich fragen, ob man dann überhaupt noch den Rückgriff auf das spezielle Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag braucht. Dem muss ich aber wie oben entgegenhalten, dass nichts gewonnen ist, wenn man auf besondere geschäftsführungsrechtliche Dogmatik als Kumulationspunkt der nicht durch wirksamen Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten tatsächlichen Interessenwahrnehmung für einen anderen verzichtet (siehe § 2 V 3). Die Einfachheit der gestionsrechtlichen Lösung soll abschließend an einem der Entscheidung BGH, WM 2004, 182 nachgebildeten Beispiel demonstriert werden 212: eine Gemeinde hat sich gegenüber dem Bauherren verpflichtet, Zahlungen des Bauherren entgegenzunehmen und entsprechend dem Baufortschritt an das Erschließungsunternehmen weiterzuleiten; der Vertrag war wegen Verweigerung der notwendigen kommunalaufsichtlichen Genehmigung endgültig unwirksam. Die Gemeinde führte (dennoch) ihr treuhänderisch überlassene 211 212

Staudinger/Olzen (2005) § 241a Rn. 27. BGH, WM 2004, 182, Urt. v. 4. 12. 2003 – III ZR 30/02.

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2. Teil: Tatbestand und Rechtsfolgen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag

Geldmittel (Orderschecks), ohne dass es der Baufortschritt gerechtfertigt hätte, an das später insolvente Erschließungsunternehmen ab. Ohne schwierige dogmatische Konstruktionen konnte der BGH zu Recht eine Haftung der Gemeinde aus Geschäftsführung ohne Auftrag annehmen. Zur Begründung verwies er auf die Unmöglichkeit der Herausgabe der ihr überlassenen Schecks; die Haftung hätte er besser auf §§ 677, 280 BGB gestützt, da in der vorzeitigen Weitergabe der Geldmittel ein krasses Ausführungsverschulden iSd § 677 BGB liegt213. Resümierend möchte ich daher festhalten, dass sich die rechtliche Behandlung unwirksamer, aber tatsächlich durchgeführter Subordinationsverträge (Auftrag, Dienst- und Werkverträge, klassische Geschäftsbesorgungsverträge) nach dem Recht der §§ 677 ff. BGB richtet. Danach ergibt sich für die Behandlung unwirksamer bzw. fehlerhafter Verträge folgende grobe Regel: die Abwicklung nichtiger Austauschverträge bestimmt sich nach den §§ 812 ff. BGB, die Behandlung unwirksamer aber tatsächlich durchgeführter „Geschäftsbesorgungsverträge“ (iwS) richtet sich nach den §§ 677 ff. BGB; fehlerhafte Koalitionsverträge sind mit Beginn der tatsächlichen Durchführung wirksam: das entstandene Gesellschaftsverhältnis ist nach den jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften nach Auflösung zu liquidieren (§§ 730 ff. BGB).

213 Vgl. ebenso BGH, ZIP 1996, 2113, Urt. v. 10. 10. 1996 – III ZR 205/95 zur Verwendung von zur Ausführung überlassener Gelder bei nichtigem Geschäftsbesorgungsvertrag zur Beschaffung eines Adelstitels.

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3. Teil

Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

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§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch I. Die echte Geschäftsführung ohne Auftrag und der privilegierte Rückgriff Die systematische Stellung des § 679 BGB im Zusammenhang der §§ 677 bis 686 BGB ist aus subordinationsrechtlicher Sicht wenig glücklich und erklärt sich nur dogmengeschichtlich als Folge der tradierten Geschäftsführungslehre, die den Begriff des fremden Geschäfts in den Mittelpunkt des Gestionsrechts gestellt hat. Ausgangspunkt ist das Fragment Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 5, 2 (de negotiis gestis): Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 5, 2 (de negotiis gestis): „Iulianus libro tertio digestorum scribit, si pupilli tui negotia gessero non mandato tuo, sed ne tutelae iudicio tenearis, negotiorum gestorum te habebo obligatum: sed et pupillum, modo si locupletior fuerit factus“.

Ich besorge, ohne vom Vormund dazu beauftragt zu sein, die Geschäfte eines Mündels. Sicherlich: ich handele für den Mündel, kann diesen also aus (echter) Geschäftsführung ohne Auftrag in Anspruch nehmen. Zudem gibt Iulian mir die actio negotiorum gestio gegen den nachlässigen Vormund, dem ja in erster Linie die Sorge für den Pupillen oblag. Die Grundsätze des Fragments Ulpian/ Iulian, Dig. 3, 5, 5, 2 (de negotiis gestis) werden von § 679 BGB verallgemeinert: erledigt der Gestor eine Pflicht (insbesondere eine Unterhaltspflicht) des Geschäftsherrn, so kann er gem. § 683 S. 2 BGB Aufwendungsersatz fordern. Für die überkommene Lehre gibt es wenig Besonderheiten. Bequemes rechtsdogmatisches Vehikel zur Subsumtion unter den Begriff der negotiorum gestio ist der Begriff des fremden Geschäfts. Die Glossatoren entwickelten für diese Fälle die Gruppe des negotium alienum cura & solicitudine1. Nimmt der Geschäftsführer Handlungen im Pflichtenkreis des Vormunds vor, so erfüllt er damit ein Geschäft des Vormunds (Geschäftsherr). Dies ist sicherlich zutreffend; allerdings ist der Begriff des fremden Geschäfts, der über die Zuordnung von Lasten und Kosten an den Letztzuständigen Auskunft gibt, kein geschäftsführungsrechtlicher Begriff. Es spielt für den Tatbestand der echten Geschäftsführung 1 Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo nro. 1 (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]).

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

ohne Auftrag keine Rolle, ob der Geschäftsführer zugleich ein fremdes Geschäft besorgt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: bei dem Anspruch aus §§ 683 S. 2, 679 BGB handelt es sich– was bisher allerdings kaum zur Kenntnis genommen wird – um keinen Anspruch aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag2. Das gesetzliche Schuldverhältnis der Geschäftsführung ohne Auftrag setzt entsprechend seinem Charakter als Tatbestand der Interessensubordination voraus, dass der Geschäftsführer bei normativer Betrachtung nach dem sozialen Sinn seiner Handlung im Interesse eines anderen fremdnützig tätig wird. Die Finalität der normativ zu bestimmenden Geschäftsführungsabsicht des Geschäftsführers bestimmt die Person des Geschäftsherrn, dessen subjektives Interesse und (präsumtiver) Wille den Maßstab der Geschäftsführung bilden (§§ 677, 683 S. 1 BGB). Erfüllt der Geschäftsführer nun eine einem anderen obliegende Pflicht, so handelt er nach dem sozialen Sinn seines Tuns fremdnützig. Aber Geschäftsherr ist regelmäßig, und dann ausschließlich, der durch die Pflicht Begünstigte oder die Allgemeinheit3. Deutlich wird dies am Fall der Unterhaltsleistung (§ 679 Alt. 2 BGB). Maßstab der Geschäftsführung sind allein das Interesse und der Wille des Begünstigten (Unterhaltsempfänger), und nicht das vielleicht gegenläufige Interesse des Verpflichteten; wegen der fehlenden Identität des Interesses von Unterhaltsberechtigtem und Unterhaltsempfänger wird der Geschäftsführer auch nicht zugleich für den Verpflichteten tätig. Von daher ist– was auch in § 685 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommt – die Unterhaltsleistung eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag für den Unterhaltsempfänger. Ein anderes Beispiel: löscht die Feuerwehr einen Brand, so erfüllt sie sicherlich eine Handlungspflicht des Brandstifters, fremdnützig tätig wird sie aber nur für den Eigentümer. Maßstab der Geschäftsführung durch die Feuerwehr ist das Interesse des Eigentümers an der Rettung seines Hauses; dem Brandstifter kommt – wenn er nicht sogar die Zerstörung will – die Rettung insoweit allenfalls als geschäftsführungsrechtlicher Reflexvorteil zugute. Das gesetzliche Schuldverhältnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag kommt daher nur zwischen Geschäftsführer und Begünstigtem (Unterhaltsempfänger, Eigentümer) zustande4. Echte geschäftsführungsrechtliche Ausgleichsansprüche gegen den Verpflichteten stünden dem Geschäftsführer hiernach eigentlich nicht zu, 2

Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (23 ff.). 3 Vgl. Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 83. In Art. V. – 1:102 DCFR (intervention to perform another’s duty) kommt dieser Zusammenhang (deutlicher) zum Ausdruck: „Where an intervener acts to perform another person’s duty, the performance of which is due and urgently required as a matter of overriding public interest, and the intervener acts with the predominant intention of benefiting the recipient of the performance, the person whose duty the intervener acts to perform is a principal to whom this Book applies“. Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:102, Comment. A 1 (p. 173). 4 Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:102, Comment. A 1 (p. 173).

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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auch wenn es letztlich sicherlich an diesem ist, die Kosten zu schultern. Regress nehmen könnte daher der Geschäftsführer – sofern andere Anspruchsgrundlagen nicht in Betracht kommen – immerhin noch gem. § 812 BGB. Aber der bereicherungsrechtliche Ausgleich wird als unzureichend empfunden: sein Umfang würde sich nämlich nicht nach dem Aufwand bestimmen, den der Geschäftsführer für erforderlich halten durfte, sondern nach dem Aufwand, den der Verpflichtete erspart hat5. Es ist deshalb auf den ersten Blick verständlich, dass der Gesetzgeber in Adaption des Fragments Ulpian/Iulian, Dig. 3, 5, 5, 2 (de negotiis gestis) dem Geschäftsführer einen geschäftsführungsrechtlichen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB einräumt. Für eine um Systematisierung bemühte Rechtsdogmatik bleibt es dennoch problematisch, dass dem Geschäftsführer gegen den Verpflichteten ein geschäftsführungsrechtlicher Anspruch begründet werden soll, obwohl die Voraussetzungen der (echten) Geschäftsführung ohne Auftrag wegen des Fehlens einer fremdnützigen Geschäftsführung für den Verpflichteten fehlen. Alleine der dogmengeschichtliche Hinweis auf die römischen Quellen trägt auch nicht, da den römischen Juristen eine befriedigende Systematisierung des klassischen Anwendungsbereichs der negotiorum gestio nicht gelungen war und sie sogar häufig auf die negotiorum gestio ausweichen mussten, weil sie über einen allgemeinen Bereicherungsanspruch nicht verfügten6. Den Glossatoren gelang es zwar, die subordinationsrechtlich bedenklichen Fälle der Erfüllung fremder Verbindlichkeiten zu separieren (cura & solicitudine, negotium ipso gestu alienum), doch wurden daran keine weiteren Folgerungen geknüpft. Das Ende der Entwicklung kennen wir: das problematische negotium ipso gestu alienum wurde mit dem negotium ipsa re alienum zusammengefasst zum negotium re ipsa alienum7, dem heutigen objektiv fremden Geschäft8. Auf diesen Befund der Interessenlage kann man auf zwei Arten reagieren: einmal kann man die systematische Stellung des § 679 BGB ernst nehmen und auch für die Anwendung des Anspruchs aus §§ 683, 679 BGB ein Handeln in Geschäftsführungsabsicht für den Verpflichteten verlangen9; die Folge wäre, dass der Anspruch aus §§ 679 Alt. 2, 683 S. 2 BGB faktisch keinen Anwendungsbereich mehr hätte, weil der Geschäftsführer entsprechend der Typik der Fallgestaltung regelmäßig ausschließlich für den Begünstigten und gerade nicht für 5

Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:102, Comment. A 3 (p. 173 seq.). Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (965). Eingehend: Schrage, Qui in fundo alieno aedificavit, RIDA 36 (1989), 401. 7 Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48; Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II. 8 Chambon, Die negotiorum gestio, 1848, S. 9 f.; auch: Aarons, Beiträge zur Lehre von der negotiorum gestio I, 1860, passim, insb. S. 149 ff. 9 So in der Tat Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 114. 6

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

den Verpflichteten handelt. Im Sinne des Gesetzes ist dies nicht, will doch § 679 BGB – als rechtspolitisch ernstzunehmendes Anliegen – erreichen, dass im öffentlichen Interesse liegende Pflichten, und sei es notfalls durch einen Dritten, erfüllt werden; dem gesetzlichen Anliegen wäre es nicht förderlich, bliebe der Geschäftsführer auf seinen Aufwendungen – und sei es nur zum Teil – sitzen10. Es bleibt daher letztlich nur die zweite Möglichkeit, dass es sich bei § 679 BGB um eine Sondervorschrift handelt11, die eben nur dogmatisch am falschen Platz steht. §§ 683 S. 2, 679 BGB eröffnen dem Geschäftsführer, der die Pflicht eines anderen – vom Gesetz in Fortsetzung der geschäftsführungsrechtlichen Terminologie Geschäftsherr genannt12 – erfüllt, einen privilegierten Rückgriffsanspruch nach Geschäftsführungsgrundsätzen unter der weiteren Voraussetzung, dass die Erfüllung der Pflicht im öffentlichen Interesse liegt, was insbesondere bei gesetzlichen Unterhaltspflichten anzunehmen ist. Anspruchsvoraussetzung ist ausschließlich die Erfüllung der fremden, im öffentlichen Interesse liegenden Pflicht; ein besonderes volitives Element – worin sollte dies auch bestehen? – ist nicht erforderlich13. Auch wenn nicht ausdrücklich im Gesetz angesprochen, so ist weiterhin im Anschluss an die Lehre Wollschlägers zu verlangen, dass Geschäftsherr im Verhältnis zum Geschäftsführer derjenige ist, der nach materiellen Gesichtspunkten letztlich die Kosten zu tragen hat. Insoweit findet die oben dargestellte Lehre vom relativ fremden Geschäft (bzw. der Lehre von der Auch-Gestion der hM) hier ihren berechtigten Anwendungsbereich (siehe § 2 IV 4, § 8 IV 3 c).

II. Ersetzung des Interesses durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip Die tatbestandlichen Voraussetzungen und weiteren Rechtsfolgen des privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB sind gesetzestechnisch weitgehend mit den §§ 677 ff. BGB verzahnt. Die in diesem Zusammenhang noch allgemein anzutreffende Behauptung, die tatbestandliche Modifikation des § 679 sei ausschließlich darauf beschränkt, dass ein entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn außer Betracht bleibe, während die Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung aber sehr wohl weiterhin dem Interesse des Ge10 Vgl. v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 949. 11 Vgl. schon: Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (24 f.). 12 Wenn im Folgenden vom Geschäftsherrn die Rede ist, dann wird damit, entsprechend der Terminologie des Gesetzes, ausschließlich der Verpflichtete bezeichnet, dessen Verbindlichkeit der Geschäftsführer erfüllt. 13 Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 83.

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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schäftsherrn dienen müsse14, ist allerdings unzutreffend. Denn dies ist – wie gerade gezeigt wurde – eben nicht der Fall. Maßstab der Geschäftsführung ist ausschließlich das Interesse des von der Verpflichtung des Geschäftsherrn Begünstigten. Leistet der Geschäftsführer Unterhalt, so ist das Interesse des Berechtigten und nicht das gegenläufige Interesse des Geschäftsherrn maßgebend: der Geschäftsführer handelt nicht nur im Interesse des Begünstigten, sondern er handelt geradezu gegen das Interesse des Geschäftsherrn15. Die Ursache dafür, dass der Gesetzgeber, aber auch die allgemeine Lehre und Wissenschaft, diesen Zusammenhang übersehen hat, lässt sich letztlich auf das römische Recht zurückführen. Das römische Recht stand allgemein auf dem Standpunkt, dass die Erfüllung einer fremden Forderung stets im Interesse des Schuldners (Geschäftsherr) liege16. Dass dies unzutreffend ist, wurde oben dargelegt: die Erfüllung einer Verpflichtung ist bestenfalls für den Schuldner neutral; durch die Zahlung erlangt er regelmäßig keinen (unmittelbaren) Vorteil, da er nunmehr einer zumindest gleichhohen – wenn der Geschäftsführer weitere Aufwendungen für erforderlich halten durfte: sogar höheren – Forderung des Geschäftsführers ausgesetzt ist (siehe § 15 I 1 b). Allerdings scheint sich in der Wissenschaft langsam die zutreffende Auffassung durchzusetzen, dass § 679 BGB auch von der Beachtung des Interesses dispensiert. Zutreffend hat Helm in seinem Gutachten und Vorschlag zur Überarbeitung der Geschäftsführung ohne Auftrag die Tatbestandsfassung des § 679 BGB dahin modifiziert, dass nunmehr ausdrücklich auch das entgegenstehende Interesse des Geschäftsherrn für unbeachtlich erklärt wird17. An die Stelle des objektiven Interesses des Geschäftsherrn (Verpflichteter) tritt ein anderes Prinzip: die Verhältnismäßigkeit. Der Geschäftsherr kann nur dann Ersatz seiner Aufwendungen gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB verlangen, wenn die Übernahme der Geschäftsführung im Sinne einer „Privatvollstreckung“ im öffentlichen Interesse lag und verhältnismäßig war; bei der Durchführung der Geschäftsführung hat der Geschäftsführer das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

14 So etwa RG, HRR 1937 Nr. 9, Urt. v. 8. 10. 1936 – IV 130/36; Motive, Mugdan II, S. 483; Oertmann2 (1929) § 679 Anm. 1; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 679 Rn. 1; Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 2. 15 Siehe BGH, LM BGB § 683 Nr. 17, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 85/62: der BGH hat im Rahmen der §§ 683 S. 2, 679 ausdrücklich dahingestellt, ob entsprechend dem Gedanken des § 679 BGB ein der Übernahme entgegenstehendes Interesse unbeachtlich ist. 16 Labeo, Dig. 3, 5, 42 (de negotiis gestis); Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 77 ff. 17 Helm, Welche Funktion erfüllt das Rechtsinstitut der Geschäftsführung ohne Auftrag?, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts III, 1983, S. 335 (399 f.).

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

III. Rechtfertigung des privilegierten Rückgriffsanspruchs Der privilegierte Rückgriffsanspruch wird von zwei Erwägungen getragen: einmal vom Gedanken der materiellen Kostenzuweisung, zum anderen vom Gedanken der vollstreckungsähnlichen Ersatzvornahme durch eine Privatperson.

1. Die materielle Kostenzuweisung Der privilegierte Rückgriff gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB ist ein besonderes gesetzliches Mittel der Zuweisung von Kosten und Risiken. Mittels dieses Rechtsinstituts sind Kosten als vermögensmindernde Handlungsfolgen auf denjenigen überzuwälzen, der dafür endgültig zuständig ist. Die Zuständigkeit zur Kostentragung – über die aufgrund materieller, auch außerhalb des Geschäftsführungsrechts stehender Normen zu entscheiden ist – bestimmt sich relativ im Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr, d.h. dem Rückgriff aus §§ 683 S. 2, 679 BGB steht es nicht entgegen, dass der Geschäftsführer seinerseits verpflichtet ist, die Handlung vorzunehmen; ein Sachverhalt, der tradiert als Auch-Gestion bezeichnet wird: letztlich hat derjenige die Aufwendungen zu tragen, der im Verhältnis Geschäftsführer– Geschäftsherr nach materiellen Kriterien die Kosten zu schultern hat. Der privilegierte Rückgriff des Geschäftsführers gegen den Letztverantwortlichen ist der legitime Anwendungsbereich der oben bereits eingehend behandelten Lehre Wollschlägers vom relativen Begriff des fremden Geschäfts (siehe § 2 IV 4, § 8 IV 3 c). Der Begriff des fremden Geschäfts, für den im Bereich der echten Geschäftsführung kein Raum ist, findet einen letzten Anwendungsbereich im Recht des privilegierten Rückgriffs. Mit dieser Anknüpfung am fremden Geschäft steht das Rechtsinstitut des privilegierten Rückgriffs in einer unmittelbaren Nähe zum Bereicherungsrecht (Rückgriffskondiktion). Allerdings besteht im Ansatz ein Unterschied zum klassischen Bereicherungsrecht: Maßstab des Ausgleichs ist nicht die Bereicherung des Geschäftsherrn, sondern der Aufwand des Geschäftsführers. Diese Besserstellung zum Bereicherungsrecht – die allerdings wie oben bereits gezeigt mehr theoretisch als praktisch ist – bedarf der Rechtfertigung und Begrenzung (siehe § 5). Diese liefert das Gesetz in den beiden Alternativen des § 679 BGB: der privilegierte Rückgriff ist nur dann zulässig, wenn an der Erfüllung der primär einen Dritten treffenden Verbindlichkeit ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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2. Die vollstreckungsähnliche Ersatzvornahme Die Durchsetzung von Ansprüchen im Wege der Zwangsvollstreckung ist in erster Linie Sache der hoheitlichen Gewalt und in einem besonderen, dafür vorgesehenen Verfahren, dem Vollstreckungsverfahren, geregelt. Von den Voraussetzungen – insbesondere dem rechtskräftigen Titel – und der förmlichen Durchführung macht § 679 BGB nun für bestimmte Fälle eine Ausnahme und ermöglicht so eine private Durchsetzung eines Anspruchs, sei es durch den Berechtigten selbst, sei es durch einen hilfsbereiten Dritten. Der Gedanke der Ersatzvornahme rechtfertigt einmal den Aufwendungsersatz; zum anderen begründet er aber auch eine Duldungspflicht des Geschäftsherrn, der die „Vollstreckungshandlung“ als ihm gegenüber rechtmäßig hinzunehmen hat. Diese vollstreckungsähnlichen Wirkungen bedürfen der Rechtfertigung und Begrenzung, die § 679 BGB liefert: die private Vollstreckung ist nur dann zulässig, wenn an der Erfüllung der Verbindlichkeit ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

3. Das vorrangige öffentliche Interesse § 679 BGB beinhaltet also eine doppelte Privilegierung. Einmal bemisst er den Ersatzanspruch des Geschäftsführers nach den vorteilhafteren Grundsätzen der actio negotiorum gestorum directa, zum anderen gestattet er dem Geschäftsführer eine Ersatzvornahme der geschuldeten Handlung außerhalb der allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (Titel, Klausel, Zustellung) gegen den Willen des Schuldners. Diese Privilegierung bedarf der besonderen Rechtfertigung. Bereits im römischen Recht gab es Fälle, in denen eine Geschäftsführung zugunsten eines Dritten oder der Allgemeinheit auch gegen den Willen des Schuldners erfolgen durfte, dem Handelnden aber gleichwohl ein Rückgriffsanspruch zugestanden wurde; dies war keine Selbstverständlichkeit, nach der (allerdings auch unter den klassischen Juristen umstrittenen) geschäftsführungsrechtlichen Lehre der römischen Juristen kam ein Aufwendungsersatzanspruch (actio contraria) nicht in Betracht, wenn die Geschäftsführung gegen den ausdrücklichen Willen des Geschäftsherrn erfolgte18. Der wichtigste Fall war vielleicht die actio funeraria, die dem Bestattenden auch dann gewährt wurde, wenn dieser entgegen dem Gebot des Erben den Erblasser beerdigte19. An verschiedenen Stellen sprechen die Quellen auch davon, dass der öffentliche

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Iustinian, C. 2, 18, 24 (de negotiis gestis). Vgl. Ulpian/Labeo, Dig. 11, 7, 14, 13 (de religiosis et sumptibus funerum et ut funus ducere liceat). Dazu: Sturm, Das negotium utiliter gestum, 1878, S. 81 ff. 19

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Raum nicht durch Ruinen gestört werden darf20. In späteren Zeiten wurden diese Grundsätze dann verallgemeinert 21. Wie dieses besondere, die Privilegierung rechtfertigende Element im Einzelnen beschaffen ist, ist Sache der konkreten Rechtsordnung. So kann man etwa wie in früheren Zeiten darauf abstellen, ob der rechtlichen Verpflichtung des Schuldners eine sittliche Schuldigkeit korrespondiert22. Art. V. – 1:102 DCFR spricht von einem „overriding public interest“23, § 679 Alt. 1 BGB von einem (besonderen) öffentlichen Interesse24. Der Sache nach meinen wohl beide dasselbe. Zur Begründung des öffentlichen Interesses genügt nicht das allgemeine Interesse der Rechtsgemeinschaft an der Erfüllung bestehender Rechtspflichten 25. Erforderlich ist vielmehr ein gesteigertes Interesse der Rechtsgemein20 Vgl. Ulpian, Dig. 43, 8, 2, 17 (ne quid in loco publico vel itinere fiat); Iulian, Dig. 43, 8, 7 (ne quid in loco publico vel itinere fiat). 21 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430= S. 921 f. Fn. 20. 22 Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 430= S. 921 f. Fn. 20. 23 Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:102, Comment. B 4 (p. 174). 24 § 679 Alt. 2 BGB ist hiervon keine Ausnahme: in Fällen der gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen wird das besondere öffentliche Interesse unwiderlegbar vermutet. Vgl. PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1:102, Comment. B 5 (p. 174). 25 Bemerkenswert ist, dass es für § 679 Alt. 1 BGB und Art. V. – 1:102 DCFR nicht darauf ankommt, dass die Pflicht als solche im öffentlichen Interesse liegt. Nicht nur die Erfüllung der fremden Rechtspflicht, sondern auch die Erfüllung der Pflicht durch eine andere Person als den Geschäftsherrn – sprich: die Geschäftsführung als solche – muss im öffentlichen Interesse liegen (Protokolle, Mugdan II, S. 1198 f.: ein entgegenstehender Antrag, der den Schwerpunkt auf die Pflicht legte, wurde von der Kommissionsmehrheit verworfen). Bezweckt ist damit eine Eingrenzung des Anwendungsbereichs des § 679 BGB: da öffentlichrechtliche Pflichten grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegen, soll durch diese Fassung des Gesetzes gerade verhindert werden, dass bereits das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Pflicht genügt, um die Rechtsfolgen des privilegierten Rückgriffsanspruch des § 679 BGB herbeizuführen. Allerdings sollte man die Bedeutung dieses Erfordernisses nicht überschätzen. Im Regelfall, insbesondere soweit die Pflicht auf die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges gerichtet ist, wird dem öffentlichen Interesse an der Pflicht zugleich ein öffentliches Interesse an der Erfüllung korrespondieren (BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 679 Rn. 7; Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 6; restriktiver Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 31 ff.); insoweit spielt es auch keine Rolle, ob eine Person des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts tätig wird. Nur in Ausnahmefällen ist die Anwendung des § 679 BGB ausgeschlossen, wenn einmal ein öffentliches Interesse eigens daran besteht, dass der Geschäftsherr seine Verpflichtung gerade in Person erfüllt. Eigentlicher Kernpunkt der Problematik ist die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten einer Behörde, sei es durch eine andere Behörde, sei es durch eine Privatperson. Ein Rückgriff auf § 679 BGB wird hier schon deshalb regelmäßig nicht in Betracht kommen, weil die Frage des „Ob“ und des „Wie“ behördlichen Handelns ausschließlich im Ermessen der zuständigen Behörde liegt (Art. 20 GG); die Ermessensentscheidung darf nicht in die Hand eines Dritten (Privatperson oder andere Behörde) gegeben werden, der dazu nach der staatlichen Kompetenzordnung nicht zuständig ist (BGHZ 138, 281 (288), Urt. v. 2. 4. 1998 – III ZR 251/96; BGH, NJW 1978, 1258 (1259), Urt. v. 15. 12. 1977 – III ZR 159/75; BVerwG, NJW 1989, 922 (923), Urt. v. 6. 9. 1988 – 4 C 5/86; BSG, NJW-RR 2001, 1282 (1284), Urt. v. 2. 3. 2000 – B 7 AL 36/99; OLG Naumburg, OLG-NL 1998, 246, Urt. v. 19. 5. 1998 – 9 U 249/97 – 46; Erman/Ehmann12 (2008)

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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schaft an der Erfüllung gerade der in Frage stehenden Verpflichtung26. Die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten liegt nicht etwa alleine wegen ihres öffentlich-rechtlichen Charakters im öffentlichen Interesse27. Das besondere öffentliche Interesse ist vielmehr in jedem Einzelfall besonders zu begründen. Dabei ist ein objektiv-normativer Maßstab anzulegen; nicht entscheidend sind die subjektiven Wertvorstellungen des konkreten Geschäftsführers28. Allerdings dürfen die Anforderungen an § 679 BGB auch nicht überspannt werden. § 679 BGB spricht von einem öffentlichen Interesse und nicht von einem dringenden öffentlichen Interesse29. Eine abstrakte Konkretisierung des Begriffs des besonderen öffentlichen Interesses ist nicht möglich. Es handelt sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der von Fall zu Fall mit Wertungen auszufüllen ist, die außerhalb des Geschäftsführungsrechts liegen. Letztlich geht es um eine Abwägung. Das öffentliche Interesse an der Erfüllung muss den Grundsatz überwiegen, dass ein Eingriff (Beugung) in die Willensfreiheit des Schuldners grundsätzlich nur innerhalb des dafür vorgesehenen staatlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens mit all seinen Sicherungen gerechtfertigt ist. Insoweit trifft Art. V. – 1:102 DCFR die Sache ziemlich genau, wenn er von einem overriding public interest , also einem vorrangigen öffentlichen Interesse spricht. Da die Zwangsvollstreckung der gesetzlich gewollte Weg ist, lässt sich jedenfalls als Grundsatz festhalten, dass an der Erfüllung privatrechtlicher Pflichten, soweit keine besonderen Gründe hinzukommen (vgl. § 679 Alt. 2 BGB), regelmäßig kein besonderes öffentliches Interesse besteht30. In der Rechtspraxis haben sich mittlerweile Fallgruppen herausgebildet, in denen das besondere öffentliche Interesse allgemein angenommen wird. Hierher gehören insbesondere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr anstelle des primär Polizeipflichtigen und die Wahrnehmung fremder Verkehrssicherungspflichten. Auch Handlungen der Kranken- und Sozialfürsorge sollen grundsätzlich im öffentlichen Interesse stehen. Von einer Darstellung der Einzelheiten kann hier abgesehen werden. Sie folgen ihren eigenen (außergeschäftsführungsrechtlichen) Wertungen, so dass sie keinen beson-

§ 679 Rn. 2; vgl. auch: RGZ 92, 197 (200), Urt. v. 11. 2. 1918 – VI 429/17). Eine Ausnahme ist nur dann möglich, wenn im Falle der Ermessensreduzierung auf Null einzig eine Maßnahme in Betracht kommt. Auf diese Fälle wurde oben bereits ausführlich eingegangen (siehe § 15 I 4 a). 26 Zitelmann, Ausschluß der Widerrechtlichkeit, AcP 99 (1906) 1 (114 f.). 27 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 29; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 II 1, S 703; aA: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 138: Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten liege stets im öffentlichen Interesse. 28 Oertmann 2 (1929) § 679 Anm. 2 a. 29 BSG, NJW 1991, 2373 (2374), Urt. v. 27. 6. 1990 – 3 RJ 39/89. 30 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 29.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

deren Erkenntnisgewinn für das Rechtsinstitut des privilegierten Rückgriffanspruchs als solchen bringen31. Eine selbstverständliche Beschränkung findet der privilegierte Rückgriffsanspruch darin, dass er überhaupt eine öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche, durch Gesetz, Hoheitsakt oder Vertrag begründete Rechtspflicht (duty) des Geschäftsherrn verlangt32: ausschließlich sittlich-moralische Pflichten scheiden von vorneherein aus dem Anwendungsbereich des § 679 Alt. 1 BGB aus, da andernfalls rechtlich nicht erzwingbare sittliche Pflichten über die Vorschriften der Geschäftsführung ohne Auftrag doch durchsetzbar und damit den Rechtspflichten gleichgesetzt würden. Was nicht im Wege des Zwangsvollstreckungsverfahrens durchsetzbar ist, kann auch nicht mittelbar über die Krücke des privilegierten Rückgriffs der §§ 683 S. 2, 679 BGB durchgesetzt werden. § 679 BGB dient nicht der Förderung eines moralisch oder politisch korrekten Verhaltens33. Ebenso wenig können reine Zweckmäßigkeitserwägungen das Bestehen einer Rechtspflicht ersetzen. Fehlt es an einer Rechtspflicht, so ist § 679 Alt. 1 BGB unanwendbar, selbst wenn die Geschäftsbesorgung noch so sehr – etwa weil sie karitativ oder gemeinnützig ist – im öffentlichen Interesse liegt34. So können etwa illegale Hausbesetzer keinen Ersatz ihrer Instandsetzungsaufwendungen gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB verlangen, weil den Eigentümer, der sein baufälliges Haus verfallen lässt, keine Rechtspflicht trifft, die Bewohnbarkeit wiederherzustellen35.

Nach allgemeiner Auffassung soll die Regelung des § 679 BGB nicht abschließend sein36. Der entgegenstehende Wille des Geschäftsherrn sei auch dann unbeachtlich, wenn er sittenwidrig (§ 138 BGB) sei oder gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) verstoße37. Auch die entsprechende Anwendung der §§ 104 ff. BGB 31

Für die Einzelheiten verweise ich auf: Staudinger/Bergmann (2006) § 697 Rn. 22 ff. RGZ 92, 197 (201), Urt. v. 11. 2. 1918 – VI 429/17; Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 I a, S 445; aA: Beschränkung auf privatrechtliche Verpflichtungen: Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 3 b = S 19 f. 33 RGZ 92, 197 (201), Urt. v. 11. 2. 1918 – VI 429/17; OLG Düsseldorf, NJW 1961, 608, Urt. v. 25. 10. 1960 – 4 U 114/60; Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 II 1 = S. 703; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 II 3 b, S. 20; offen gelassen: BGHZ 4, 153 (161), Urt. v. 10. 12. 1951 – GSZ 3/51; aA: Oertmann2 (1929) § 679 Anm. 2 c (mit Blick auf die Rettung des Selbstmörders; allerdings ist die Rettung eines Selbstmörders kein Fall des privilegierten Rückgriffs, sondern gehört in den Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag). 34 Lent, Wille und Interesse bei der Geschäftsbesorgung, 1938, S. 28. 35 Schröder, Zivilrechtliche Aspekte der „Instandbesetzung“, JuS 1981, 635 (636 f.). Auch der Eigentümer von an Straßen und Bahnanlagen grenzenden Weidegrundstücken, der einen Zaun errichtet, um sein Vieh vom Betreten des Straßen- oder Bahnkörpers abzuhalten, kann vom Wegeunterhaltspflichtigen keinen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, weil diesen keine Rechtspflicht trifft, Straßen und Bahnanlagen durch Zäune einzufrieden, um Weidetiere fernzuhalten (BGH MDR 1963, 922, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 85/62). 36 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 129; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1998, 27 (31). 37 Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 166 II 1 = S. 703 f.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht10, 2006, Rn. 1272; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 III 1 = S. 983; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 71; Soergel/Beuthien12 (1999) § 679 Rn. 15. 32

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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wird im Zusammenhang mit § 679 BGB genannt38. Allerdings leidet die wissenschaftliche Auseinandersetzung darunter, dass nicht weiter unterschieden wird, ob die diskutierten Konstellationen in den Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag gehören, oder ob man sich im Bereich des privilegierten Rückgriffsanspruchs der §§ 683 S. 2, 679 BGB befindet; auch im Bereich der echten Geschäftsführung kann – wie bereits oben gesehen – aufgrund gesetzlicher Festsetzung eines objektiven Interesses des Geschäftsherrn ein entgegenstehender subjektiver Wille unbeachtlich sein (siehe § 15 I 2 f). Zudem wird die Zuordnung einzelner Fälle dadurch erschwert, dass weitgehend übersehen wird, dass im Bereich des privilegierten Rückgriffsanspruchs nicht nur der Wille, sondern – entgegen der missverständlichen Fassung des Gesetzes – auch das objektive Interesse des Geschäftsherrn unbeachtlich ist: der Geschäftsführer wird originär im Interesse eines Dritten – und nicht im vielleicht gegenläufigen Interesse des Geschäftsherrn – tätig. Damit ist von vorneherein klar, dass die entsprechende Anwendung der §§ 104 ff. BGB – bei der es lediglich darum geht, den subjektiven Willen des geschäftsunfähigen Geschäftsherrn durch den Willen seines gesetzlichen Vertreters bzw. sein objektives Interesse zu ersetzen, aber das Interesse des Geschäftsherrn doch der Maßstab der Geschäftsführung bleibt – nicht in den Anwendungsbereich des privilegierten Rückgriffsanspruchs gehört. Deshalb gehört auch die Problematik der Rettung eines Selbstmörders, soweit das Rechtsverhältnis Retter– Suizident betroffen ist, nicht hierher: hierbei handelt es sich um einen Anwendungsfall der echten Geschäftsführung. Denn der Geschäftsführer wird fremdnützig für den Lebensmüden tätig. Schon die Zweite Kommission hat darauf hingewiesen, dass es hier letztlich nicht – wie es § 679 BGB voraussetzt – um die Erfüllung einer Pflicht des Geschäftsherrn, sondern um die Pflicht des Geschäftsführers geht, einen anderen zu retten 39. Für den Bereich des privilegierten Rückgriffsanspruchs ist daher das Problem neu zu formulieren. Sind über den engen Bereich des § 679 BGB hinaus Fälle anzuerkennen, in denen der Geschäftsführer bei einer Tätigkeit im Interesse eines Dritten wegen Erfüllung einer korrespondierenden Pflicht des Geschäftsherrn bei diesem nach Geschäftsführungsgrundsätzen Rückgriff nehmen kann? Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs des privilegierten Rückgriffsanspruchs ist in zwei Beziehungen denkbar: einmal wird (a) der Anwendungsbereich des § 679 Alt. 1 BGB über den Bereich der Rechtspflichten hinaus auf sittliche und moralische Pflichten erweitert, zum anderen (b) könnte das Kriterium des öffentlichen Interesses an der Erfüllung aufgeweicht werden. Sicherlich nicht in Betracht kommt eine Ausdehnung des § 679 BGB auf sittliche Pflichten. Dies wäre mit dem vollstreckungsrechtlichen Ansatz des privilegierten Rückgriffsanspruchs nicht zu vereinbaren: denn nur echte Rechtspflichten sind durchsetzbar; 38 39

ZB: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) Vor § 677 Rn. 71. Protokolle, Mugdan II, S. 1199.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

moralischen Pflichten dagegen wird von der Rechtsordnung bewusst die Durchsetzbarkeit versagt. Vollkommen zu Recht wurde daher in den Beratungen der Zweiten Kommission ein Antrag verworfen, § 679 BGB dahin zu erweitern, dass ein Verbot des Geschäftsherrn auch dann unbeachtlich sein soll, wenn es gegen die guten Sitten verstoße. Zur Begründung wurde treffend darauf hingewiesen, dass es nicht angehe, durch die Aufnahme eines solchen Verbotes alle sittlichen Pflichten mittelbar erzwingbar zu machen40. Aber auch eine Aufweichung des Merkmals des besonderen (vorrangigen) öffentlichen Erfüllungsinteresses ist nicht anzuerkennen, liegt doch überhaupt erst in dem gesteigerten öffentlichen Interesse an der Erfüllung die Rechtfertigung des Rechtsinstituts des privilegierten Rückgriffsanspruchs.

IV. Das gesetzliche Schuldverhältnis 1. Grundtatbestand des privilegierten Rückgriffsanspruchs Der Grundtatbestand des privilegierten Rückgriffsanspruchs ergibt sich aus § 679 BGB. Gegenstand der Geschäftsführung muss die Erfüllung einer Verpflichtung des Geschäftsherrn (fremdes Geschäft) sein, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt. Hinzu tritt ein besonderes normatives Tatbestandsmerkmal: entsprechend dem Zuweisungsgedanken ist zu verlangen, dass aufgrund materieller Erwägungen der Geschäftsherr im Verhältnis zum Geschäftsführer letztlich die Kosten zu tragen hat. Ein besonderes, empirisch festzustellendes, subjektives Element ist nicht zu verlangen.

2. Gesetzliches Schuldverhältnis Durch die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer entsteht ein besonderes gesetzliches Schuldverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Systematik und Inhalt der gegenseitigen Ansprüche sind an die Regelung der echten Geschäftsführung der §§ 677 ff. BGB angelehnt, so dass im Wesentlichen auf die obigen Ausführungen zur echten Geschäftsführung ohne Auftrag verwiesen werden kann, allerdings mit der Besonderheit, dass es sich bei dem im Rahmen des privilegierten Rückgriffsanspruchs entstehenden gesetzlichen Schuldverhältnis um kein Subordinationsverhältnis (echte Geschäftsführung ohne Auftrag) handelt; Maßstab der „Geschäftsführung“ sind nicht mehr der präsumtive Wille oder zumindest das objektive Interesse des Geschäftsherrn, sondern die Erfüllung der dem Geschäftsherrn obliegenden Pflicht unter Beach40

Protokolle, Mugdan II, S. 1198, 1199 (Antrag 1).

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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tung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit. Damit kommt der Tatbestand des § 679 BGB einer Durchsetzung von Forderungen im Wege der Ersatzvornahme durch private Vollstreckungsorgane sehr nahe.

3. Der privilegierte Rückgriffsanspruch ieS Der privilegierte Rückgriffsanspruch ieS ist in §§ 683 S. 2, 679 BGB geregelt. Er ist begründet, wenn der Geschäftsführer eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche Unterhaltspflicht erfüllt und die Übernahme durch den konkreten Geschäftsführer insgesamt verhältnismäßig – dh insbesondere geeignet und erforderlich – ist. An der Verhältnismäßigkeit fehlt es vor allem, wenn die Person des Geschäftsführers keine erfolgreiche Geschäftsführung verspricht (fehlende Eignung der Geschäftsführung: ein nicht ausgebildeter Arzt übernimmt eine schwierige Heilbehandlung) oder wenn die durch den konkreten Geschäftsführer zu erwartende Durchführung der Geschäftsführung mit übermäßigen Kosten verbunden zu sein scheint. Keine Voraussetzung des Anspruchs aus §§ 683 S. 2, 679 BGB ist, dass die Übernahme dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht41. Fehlt es an der Verhältnismäßigkeit, so kann der Geschäftsführer nur gem. § 684 S. 1 BGB nach Bereicherungsgrundsätzen Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Als Korrelat zu seinem Aufwendungsersatzanspruch ist der Geschäftsführer verpflichtet, bei Durchführung der Geschäftsführung das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Ersatz seiner Aufwendungen darf der Geschäftsführer nur insoweit verlangen, als er sie für erforderlich halten durfte, wobei ihn die Obliegenheit trifft, die Kosten niedrig zu halten. So war etwa auf dem Boden der geschäftsführungsrechtlichen Lösung vor Inkrafttreten des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nF der Abmahnende im Wettbewerbsrecht gehalten, seine Aufwendungen möglichst niedrig zu halten. Die Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts waren daher nur erstattungsfähig, wenn sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Bei typischen und durchschnittlich schwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen wurde das nicht angenommen42.

41 Vgl. auch BGH, LM BGB § 683 Nr. 17, Urt. v. 20. 6. 1963 – VII ZR 85/62: der BGH hat offen gelassen, ob entsprechend dem Gedanken des § 679 BGB ein der Übernahme entgegenstehendes Interesse unbeachtlich ist. 42 BGH, NJW 2004, 2448, Urt. v. 6.5.2004 – I ZR 2/02 – Selbstauftrag; BGH, NJW 1984, 2525, Urt. v. 12. 4. 1984 – I ZR 45/82; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2002, 122, Urt. v. 20.2.2001 – 20 U 194/00.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

4. Übernahme und Durchführung der Geschäftsführung Behauptet der Geschäftsführer, dass ein Sachverhalt vorliegt, bei dessen Vorliegen eine Pflicht besteht, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, so haftet er entsprechend gem. § 678 BGB auf Schadensersatz, sofern es ihm nicht gelingt, den behaupteten Sachverhalt darzulegen und ggf. zu beweisen. Ebenso haftet er entsprechend § 678 BGB, wenn er bei einem unstreitigen Sachverhalt aufgrund einer falscher Wertung einen Anspruch geltend macht, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder wenn die Übernahme der Privatvollstreckung durch ihn überhaupt unverhältnismäßig ist, sofern er sich nicht exkulpieren kann. Insoweit ist der Rechtssprechung zuzustimmen, die dem zu Unrecht wettbewerbsrechtlich Abgemahnten ein Schadensersatzanspruch entsprechend § 678 BGB einräumt43. Die „selbstherrliche“ private Zwangsvollstreckung ist daher durchaus mit Gefahren verbunden. Man kann sogar eine gewisse Schlechterstellung gegenüber demjenigen erkennen, der einen „einfachen“ Anspruch behauptet. Denn diesem gegenüber hat der vermeintliche Schuldner (Geschäftsherr) keinen materiellrechtlichen Erstattungsanspruch44. Allerdings ist diese unterschiedliche rechtliche Bewertung durchaus gerechtfertigt, da der bestehende privilegierte Erstattungsanspruch dem Geschäftsführer auch mehr Rechte gibt als zB die einfache Rückgriffskondiktion bei der Erfüllung einer fremden Verbindlichkeit: die Notwendigkeit des Schuldners, sich gegen einen vermeintlich privilegierten Anspruch zu verteidigen, ist dementsprechend auch höher. Auch bei der Durchführung der Geschäftsführung hat der Geschäftsführer gem. § 677 BGB das Prinzip der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Verstößt er im Rahmen der Durchführung dagegen, so haftet er gem. §§ 280 Abs. 1, 677 BGB auf Schadensersatz, soweit er sich nicht exkulpieren kann. Eine Haftung gem. §§ 280, 677 trifft den Geschäftsführer selbstverständlich auch, wenn bereits die Übernahme der Geschäftsführung nicht gerechtfertigt war. Entspricht die Übernahme der Geschäftsführung aber den Voraussetzungen des § 679 BGB und ist sie wie die konkrete Durchführung der Geschäftsführung insgesamt verhältnismäßig, so haftet der Geschäftsherr überhaupt nicht, vielmehr muss der Geschäftsherr die Privatvollstreckung durch den Geschäftsführer dulden45.

43 OLG München, WRP 2008, 1384, Beschl. v. 8.1.2008 – 29 W 2738/07; OLG Hamburg, NJW-RR 2003, 857 (858), Urt. v. 19.9.2002 – 3 U 54/99. 44 BGH, NJW 2007, 1458 (Rn. 16), Urt. v. 12.12.2006 – VI ZR 224/05. 45 Vgl. RGZ 149, 205 (207), Urt. v. 13. 11. 1935 – V 99/35; RGZ 106, 350 (354), Urt. v. 6. 3. 1923 – III 308/22; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 679 Rn. 1.

§ 16. Der privilegierte Rückgriffsanspruch

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5. Rücksichtnahme- und Duldungspflichten Die Übernahme der Geschäftsführung durch den Geschäftsführer kommt einer Privatvollstreckung gleich, daher treffen den Geschäftsführer neben der Pflicht zur verhältnismäßigen Durchführung die in § 681 BGB angelegten besonderen Rücksichtnahmepflichten. Sofern tunlich hat der Geschäftsführer dem Geschäftsherrn die (beabsichtigte) Übernahme anzuzeigen und ihm Gelegenheit zur Selbstvornahme zu geben. Entsprechend hat der Geschäftsführer den Prinzipal über den Fortgang in Kenntnis zu setzen und ihm jederzeit den Einstieg in eine Selbstvornahme zu ermöglichen. Umgekehrt folgt aus dem Charakter der Privatvollstreckung, dass der Geschäftsherr die Maßnahme insgesamt zu dulden hat und dass sie ihm gegenüber – sofern die Anforderungen des § 677 BGB an die verhältnismäßige Durchführung gewahrt bleiben – als rechtmäßig gilt46. Insbesondere hat der Geschäftsherr – anders als bei der berechtigten Geschäftsführung – keine Weisungsrechte; den Geschäftsführer trifft keine Gehorsamspflicht. Es handelt sich eben um kein Subordinationsverhältnis. Der Geschäftsherr kann daher keinesfalls deliktische Ansprüche oder Ansprüche aus den §§ 985 ff. BGB geltend machen oder Notwehr üben47.

6. Beschränkung auf das Innenverhältnis Die Wirkungen des im Gefolge des § 679 BGB entstehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses beschränken sich entsprechend der Eigenart des deutschen Rechts auf das Innenverhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherr48. Auch im Falle des § 679 BGB hat der Geschäftsführer keine besondere gesetzliche Vertretungs- und Verfügungsmacht. Ein unmittelbarer Anspruch eines Vertragspartners des Geschäftsführers gegen den Geschäftsherrn kommt nicht in Betracht. Schließt der Geschäftsführer im Namen des Geschäftsherrn ein Geschäft ab, so kann er vom Geschäftsherrn gem. §§ 683 S. 2, 679 BGB iVm § 257 BGB Freistellung von den ihn aus § 179 BGB treffenden Verpflichtungen beanspruchen; ein Anspruch gegen den Geschäftsherrn auf Genehmigung des gem. § 177 BGB schwebend unwirksamen Vertrages ist dagegen nicht anzuerkennen49. – Anders ist die Rechtslage aber – insoweit konsequent – nach Book V des DCFR. Auch dort wird die intervention to perform another’s duty den Vorschriften der Ge46

Oertmann2 (1929) § 679 Anm. 5. AA: Planck/Lobe4 (1928) § 679 Anm. 4. 48 Oertmann 2 (1929) § 679 Anm. 5. 49 RGZ 106, 350 (354), Urt. v. 6. 3. 1923 – III 308/22; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 147 f., 149; Berg, Notgeschäftsführung und Vertretungsmacht bei ärztlicher Heilbehandlung eines Kindes, NJW 1972, 1117; anders obiter dicta BGH NJW 1951, 398, Urt. v. 9. 2. 1951 – V ZR 1/59. 47

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

schäftsführung ohne Auftrag unterstellt (Art. V. – 1:102 DCFR). Über diese Verweisung greift dann auch die Vorschrift des Art. V. – 3:106 DCFR, die dem Geschäftsführer eine Vertretungsmacht zum Handeln im Namen des Geschäftsherrn einräumt50.

50

PEL Ben. Int./v. Bar, Art. 1 :102, Comment. A 1 (p. 173).

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§ 17. Die Eigengeschäftsführung I. Die unechte Geschäftsführung ohne Auftrag Das Rechtsinstitut der echten Geschäftsführung ohne Auftrag haben wir in den vorstehenden Ausführungen kennen gelernt als das das gesetzliche Schuldverhältnis der tatsächlich ausgeführten, nicht durch wirksamen Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessenwahrnehmung für einen anderen (Interessensubordination). Als das tragende Tatbestandsmerkmal des Rechts der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist die fremdnützige Geschäftsführungsabsicht, für einen anderen tätig zu werden. Keine Rolle spielt es für die echte Geschäftsführung, ob das besorgte Geschäft ein fremdes ist. Hinter dem bereicherungsrechtlich und deliktsrechtlich geprägten Begriff des fremden Geschäfts stehen Wertungen der Zuweisung von Nutzen und Kosten an den – zumindest relativ – Letztzuständigen. Für das Subordinationsrecht spielen solche Erwägungen keine Rolle. Handelt der Geschäftsführer dagegen in eigennütziger Absicht, also für sich, so bleibt der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag verschlossen. Nun ist es sicherlich das Normalste der Welt, dass in einer auf Eigennutz angelegten Wirtschaftsordnung eine Person im Regelfall für sich und nicht für einen anderen tätig wird. Beute ich in eigennütziger Gewinnerzielungsabsicht Bodenschätze aus, veräußere ich Gegenstände oder benutze ich Schutzrechte, so ist dies im ersten Zugriff sowohl geschäftsführungsrechtlich irrelevant, wie dies auch keine besonderen delikts-, bereicherungs- und eigentumsrechtlichen Fragen aufwirft. Dies ändert sich erst dann, wenn ich fremde Bodenschätze ausbeute, fremdes Eigentum veräußere oder in fremde Schutzrechte eingreife; also untechnisch gesprochen: wenn ich ein fremdes Geschäft führe. Geschäftsführungsrechtlich bleiben solche Fälle irrelevant. Trotz der Führung eines fremden Geschäfts bin ich kein echter negotiorum gestor. Dies folgt unmittelbar aus der Idee der echten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB). Denn es fehlt an der tatsächlichen Subordination, dem Handeln für einen anderen (in Geschäftsführungsabsicht). Das BGB stellt dies – in Abgrenzung zur tradierten objektiven Lehre1 – in § 687 Abs. 1 BGB ausdrücklich noch einmal klar: alleine 1 Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis); Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

die eigennützige Führung eines fremden Geschäfts (für mich), die in der irrigen Annahme geschieht, es sei das eigene Geschäft (sog. irrtümliche Eigengeschäftsführung), kann den Anwendungsbereich der §§ 677 bis 686 BGB nicht eröffnen. Mein fahrlässiger Übergriff in eine fremde Rechtsposition bleibt natürlich nicht folgenlos. Die Rechtsfolgen bestimmen sich nach den allgemeinen Regeln, also im deutschen Recht nach den §§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB. Ich bin also dem „Geschäftsherrn“ eigentumsrechtlich, bereicherungsrechtlich und deliktsrechtlich verantwortlich, aber ich bin kein negotiorum gestor. Der Grundsatz der geschäftsführungsrechtlichen Irrelevanz der eigennützigen Führung eines fremden Geschäfts erfährt eine Ausnahme. Eine – auch im europäischen Rechtsvergleich eigentümliche2 – Sonderrolle nimmt die in § 687 Abs. 2 BGB geregelte Geschäftsanmaßung ein: auch hier handelt der Geschäftsführer – besser: Geschäftsanmaßer – in eigennütziger Weise für sich und nicht in fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht für einen anderen. Der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag liegt mithin nicht vor. Und doch eröffnet das Gesetz in § 687 Abs. 2 BGB dem Geschäftsherrn die Option, den Geschäftsanmaßer wie einen Geschäftsführer zu behandeln: wer um seine Nichtberechtigung wissend in eigennütziger Absicht ein fremdes Geschäft führt, muss sich vom Geschäftsherrn so behandeln lassen, als habe er als echter Geschäftsführer für diesen gehandelt3. Für den in § 687 Abs. 1 BGB geregelten Fall der irrtümlichen Eigengeschäftsführung und für das in § 687 Abs. 2 BGB positivierte Rechtsinstitut der Geschäftsanmaßung hat sich der Oberbegriff der unechten Geschäftsführung eingebürgert, der nunmehr auch Eingang in die amtliche Überschrift des § 687 BGB gefunden hat. In der Lehre wird diese Terminologie kritisiert4; wie sich bald zeigen wird, zu Unrecht. Und dies nicht nur, weil das Begriffspaar echte und unechte Geschäftsführung historisch gewachsen ist. Es geht zurück auf die berühmte Schrift von Ernst Zimmermann, Aechte und unächte negotiorum gestio (1872)5.

II. Die irrtümliche Eigengeschäftsführung Schwierigkeiten bereitet also nicht die eigennützige Tätigkeit als solche. Sie wird erst dann in einem besonderen Maße rechtlich relevant und bedarf des rechtlich geordneten Ausgleichs unter den betroffenen Personen, wenn sie sich auf das 2 Stoljar, Negotiorum Gestio, 1982, n°291 seqq.; Helms, Grenzen der Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem Vertragsbruch, ZEuP 2008, 150 (157 ff.) m.w.N. 3 Vgl. Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 b = S. 1121 Fn. 12. 4 Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 1; Planck/Lobe4 (1928) § 687 Anm. 1. 5 Vgl. auch: Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277 (278, 280 ff.).

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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Geschäft eines anderen bezieht. Doch dieser Ausgleich hat sich grundsätzlich nach den Vorschriften des Eigentumsschutzes, des Bereicherungs- und Deliktsrechts zu vollziehen (§§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB)6. Die Vorschriften der echten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 bis § 686 BGB) versprechen hier keine Hilfe. Wegen der fehlenden tatsächlichen Subordination ist ein Eingreifen des auf die fremdnützige Geschäftsführung für einen anderen zugeschnittenen Gestionsrechts nicht interessengerecht. Dies folgt in seiner dogmatischen Umsetzung bereits daraus, dass der Grundtatbestand der Geschäftsführung mangels fremdnütziger Geschäftsführung (Geschäftsführungsabsicht) für einen anderen nicht vorliegt. § 687 Abs. 1 BGB greift diesen Zusammenhang nur auf und stellt klar, dass im Falle der eigennützigen Tätigkeit – § 687 Abs. 1 BGB spricht etwas umständlich von der Besorgung eines Geschäfts als eigenes – die geschäftsführungsrechtlichen Vorschriften selbst dann keine Anwendung finden, wenn das geführte Geschäft ein fremdes ist. Aus heutiger Sicht ist § 687 Abs. 1 BGB ein Tatbestand ohne eigenständigen Aussagegehalt. Und doch steht dahinter eine bedeutende Weichenstellung des BGB. Mit § 687 Abs. 1 BGB hat sich der deutsche Gesetzgeber bewusst gegen die sog. objektive Theorie entschieden. Die objektive Theorie wurde wohl am einflussreichsten zunächst von Donellus vertreten7. Donellus hat nicht nur die von den Glossatoren8 entwickelten Kategorien der negotium ipso gestu alienum und negotium ipsa re alienum zur Gruppe der negotium re ipsa alienum – unserem heutigen objektiv fremden Geschäft – zusammengefasst (und damit – wie oben dargestellt – eine bisher nicht aufgelöste Verwirrung im Geschäftsführungsrecht angerichtet), er hat auch – unter Negierung der Bedeutung der Geschäftsführungsabsicht – die Lehre vorangetrieben, dass alleine die Führung eines objektiv fremden Geschäfts das Rechtsverhältnis der negotiorum gestio auslöst (siehe § 1, § 8 I). Ein Teil des pandektistischen Schrifttums9 übernahm diese Lehre unter unmittelbaren Verweis auf das berühmte Fragment Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis)10.

6 OLG Hamburg, Rp 2002, 467, Beschl. v. 21. 3. 2002 – 2 Wx 103/99; Melullis, Das Verhältnis von Geschäftsführung ohne Auftrag und ungerechtfertigter Bereicherung, 1971, S. 141 f.; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 IV 1 = S. 24; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 15; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 1. 7 Donellus, Commentarium de jure civili, Lib. XV Cap. XVII § II seqq. 8 Azo, Summa aurea, Ausgabe von 1557, de negotiis gestis (C. 2, 18) § 2; gl. ipso gestu ad l. Si pupilli § Quid ergo (Dig. 3, 5, 6, 11 [3, 5, 5, 13]). Für die Kommentatoren: Bartolus, Comment. § 4 ad l. Item si cum § si titii (Dig. 3, 5, 6 10 [3, 5, 5 10]). 9 Vgl. Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277. Weitere Nachweise bei: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 942, 945; dazu Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 43 f.; König, Gewinnhaftung, FS-Caemmerer, 1978, S. 179 (186 f.). 10 Seiler, Der Tatbestand der negotiorum gestio im Römischen Recht, 1968, S. 26 f. hält diese Stelle für interpoliert; aA: Mayer-Maly, Probleme der negotiorum gestio, SZRA 86 (1969), 416 (427).

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis): „Si rem, quam servus venditus subripuisset a me venditore, emptor vendiderit eaque in rerum natura esse desierit, de pretio negotiorum gestorum actio mihi danda sit, ut dari deberet, si negotium, quod tuum esse existimares, cum esset meum, gessisses: sicut ex contrario in me tibi daretur, si, cum hereditatem quae ad me pertinet tuam putares, res tuas proprias legatas solvisses, quandoque de ea solutione liberarer“.

Höhepunkt der objektiven Theorie in Deutschland war sicherlich die Adaption dieser Lehre durch den Dresdner Entwurf von 186611. Art. 759 Dresdner Entwurf. Hat der Geschäftsführer in dem Glauben, sein eigenes Geschäft zu führen, ein fremdes besorgt, oder hat er sich bei Führung des fremden Geschäftes in der Person des Geschäftsführers getäuscht, oder bei dem Vorhandensein mehrerer Geschäftsherren nicht für Alle zu handeln beabsichtigt, so haftet er gleichwohl demjenigen, dessen Geschäft besorgt worden ist, als Geschäftsführer ohne Auftrag…

Die Überzeugungskraft der objektiven Theorie ließ aber spürbar nach, als man sich zunehmend die empfindlichen Härten (Haftung für primäre Vermögensschäden, Rechnungslegungspflicht, und vor allem: Gewinnherausgabe) bewusst machte, zu der die strenge objektive Theorie in den Fällen der irrtümlichen Eigengeschäftsführung durch einen gutgläubigen, an ein eigenes Geschäft glaubenden Geschäftsführer führte. Man empfand auch zunehmend einen Verstoß gegen die Grundlagen des Systems der deliktischen Haftung darin, dass sich die Haftung des Geschäftsführers (actio directa) allein aus der Führung eines objektiven Geschäfts heraus ohne jede Verschuldensprüfung ergeben sollte12. Das BGB schloss sich daher in § 687 Abs. 1 BGB der im späten gemeinen Recht dominierenden Gegenauffassung an, die es im Fall der irrtümlichen Anmaßung eines fremden Geschäfts – unbeschadet einer deliktischen Haftung des Geschäftsführers bei fahrlässigem Handeln – bei der Anwendung bereicherungsrechtlicher Regeln beließ13. Man kann heute von einer weit verbreiteten Ablehnung der objektiven Theorie sprechen. Auch die Study Group hat sich gegen die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift ausgesprochen14. Eine Ausnahme bildet nach einigen Stimmen innerhalb der Schweizer Jurisprudenz insoweit das Schweizer Obligationenrecht: 11 Dagegen hätte der Geschäftsherr für die Verwendungen des Geschäftsführers nur nach Bereicherungsrecht gehaftet (Art. 761 Dresdner Entwurf). 12 Vgl. Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277 (278 f.). 13 RGZ 13, 172 (184 f.), Urt. v. 6. 2. 1885 – III 248/84; Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 431 4 d = S. 930 mit Fn. 18. Vgl. schon § 236 des Vorentwurfs; noch weitergehend war § 761 E I: hier war selbst im Falle der vorsätzlichen Anmaßung eines fremden Geschäfts ein Rückgriff auf die Geschäftsführungsvorschriften ausgeschlossen. Dazu: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 945, 960 f., 987; Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Schuldverhältnisse III, S. 155 ff. 14 PEL Ben. Int./v. Bar, Introdution C. 29 (p. 63 seq.).

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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Art. 423 OR. (1) Wenn die Geschäftsführung nicht mit Rücksicht auf das Interesse des Geschäftsherrn unternommen wurde, so ist dieser gleichwohl berechtigt, die aus der Führung seiner Geschäfte entspringenden Vorteile sich anzueignen. (2) …

Der Wortlaut der Vorschrift macht die Gewinnherausgabe von keinem Verschulden abhängig. Die Bösgläubigkeit wurde daher auch vom Schweizer Bundesgericht zunächst nicht als Voraussetzung der Gewinnherausgabe bei Eigengeschäftsführung angesehen15. In neuen Entscheidungen will das Bundesgericht eine Gewinnherausgabe aber wohl nur noch im Falle der Bösgläubigkeit zulassen16. Setzt man die „Bösgläubigkeit“ mit Wissen um die fehlende Berechtigung gleich, entspricht dieses neuere bundesgerichtliche Verständnis des Art. 423 OR dem deutschen § 687 Abs. 2 BGB17. Im Einzelnen ist aber vieles umstritten18. Nachgegangen werden soll dem hier nicht.

III. Die Theorie der angemaßten Eigengeschäftsführung 1. Die Geschäftsanmaßung als fiktiver Vertrauensbruch Führt jemand ein fremdes Geschäft in eigennütziger Absicht für sich, obwohl er seine Nichtberechtigung positiv kennt, so kann der Geschäftsherr – er muss nicht! – den Geschäftsanmaßer gleich einem fremdnützigen Geschäftsführer ohne Auftrag behandeln: der Geschäftsherr kann daher die actio directa (§§ 677 bis 682 BGB) gegen den Geschäftsanmaßer geltend machen, schuldet dann aber seinerseits dem Geschäftsanmaßer – bis zur Grenze seiner Bereicherung – Ersatz für dessen Aufwendungen (§ 684 S. 1 BGB). So klar Tatbestand und Rechtsfolgen auch formuliert scheinen, so wenig gesicherte Erkenntnis hat man bisher über die eigentliche Rechtsnatur der verschärften Haftung des Geschäftsanmaßers gewonnen. Rechtstechnisch handelt es sich bei § 687 Abs. 2 BGB sicherlich um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag19; denn mangels Handelns in 15 BGE 97 II 169 (177 f.), Urt. v. 16.3.1971 (I. Zivilabteilung): „[…] Die Herausgabepflicht setzt zudem nach schweizerischem Recht kein Verschulden voraus und trifft den Gut- wie den Bösgläubigen in gleicher Weise“. 16 BG, sic! 2006, 774, Urt. v. 12.4.2006 (I. Zivilabteilung); BGE 129 III 422 (424 f.), Urt. v. 7.7.2003 (I. Zivilabteilung). 17 Der Maßstab der Bösgläubigkeit ist noch nicht endgültig geklärt (Pfeifer, Die dreifache Schadensberechnung im Lichte zivilrechtlicher Dogmatik, WRP 2008, 48 [49] mit Fn. 20). 18 Pfeifer, Die dreifache Schadensberechnung im Lichte zivilrechtlicher Dogmatik, WRP 2008, 48 (49); Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 771 ff. Vgl. König, Gewinnhaftung, FS-Caemmerer, 1978, S. 179 (187). 19 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 151.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht für einen anderen ist der Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag nicht erfüllt. Die Positionierung des § 687 Abs. 2 BGB innerhalb des materiellen Systems des Schutzes der Vermögensrechte ist noch nicht abschließend geklärt 20. Wittmann und Wenckstern verstehen § 687 Abs. 2 BGB als eine Norm des Deliktsrechts21, Reichard sieht – in bereicherungsrechtlicher Deutung – in § 687 Abs. 2 BGB eine (letztlich unnötige) Wiederholung des § 819 BGB am dogmengeschichtlich überholten Ort 22. Nipperdey schließlich steht zwischen beiden Stühlen und bezeichnet das Recht der Geschäftsanmaßung als eigenständige Ergänzung des Schadensersatz- und Bereicherungsrechts23. Eng mit diesen Fragen zusammen hängt die Bedeutung des § 687 Abs. 2 BGB für die Systematisierung des als ungereimt und widersprüchlich geltenden Systems der Gewinnhaftung 24. Man kann sich der Problematik annähern, wenn man sich zunächst die – zugegebener Maßen: recht formalistische – Frage vorlegt, ob es sich bei den Ansprüchen aus Geschäftsanmaßung denn letztlich um einen „geschäftsführungsrechtlichen“ Anspruch (actio negotiorum gestorum directa) handelt. Dies scheint man auf den ersten Blick sicher verneinen zu können. Das deutsche BGB hat die objektive Theorie verworfen. Ansprüche aus echter Geschäftsführung ohne Auftrag setzen eben voraus, dass der Gestor in fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht für einen anderen tätig wird. Die Erste Kommission hat in konsequenter Umsetzung der subjektiven bzw. subordinationsrechtlichen Geschäftsführungslehre dem Geschäftsherrn nicht nur alle geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche gegen den irrtümlichen Eigengeschäftsführer, sondern auch alle geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche gegen den vorsätzlichen Geschäftsanmaßer versagt; § 761 E I beschränkte den Geschäftsherrn auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung und ungerechtfertigter Bereicherung: für eine entsprechende Anwendung der Geschäftsführungsregeln sah die Erste Kommission keine Handhabe25. Erst im Rahmen der Verhandlungen der Zweiten Kommission sah man den Ausschluss geschäftsführungsrechtlicher Ansprüche bei vorsätzlicher 20 Dem mag die ungewisse Positionierung des constructive trust entsprechen: Birk, An Introduction to the Law of Restitution, 1989, p. 55 seqq. 21 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 151; Wenckstern, Die Geschäftsanmaßung als Delikt, AcP 200 (2000) 240; König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 (1558). 22 Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (581 ff.). 23 Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Böhm, 1965, S. 163 (165). 24 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 15 ff. Vgl. auch: Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (83 ff.). 25 Motive, Mugdan II, S. 486 f.; anders noch §§ 235, 233, 234 des Vorentwurfs; dazu: v. Kübel, in: Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren, Schuldverhältnisse II, S. 957.

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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Geschäftsanmaßung als den legitimen Interessen des Geschäftsherrn nicht genügend an und fand zur Regelung des heutigen § 687 Abs. 2 BGB26. Keinesfalls darf man diese als verdeckte Adaption der objektiven Theorie deuten; § 677 BGB und § 687 Abs. 1 BGB bleiben ja unberührt. Es handelt sich um eine Vorschrift, die aus reinen Zweckmäßigkeitserwägungen heraus geboren wurde27. Bereits dieser schwerfällige Gesetzgebungsprozess scheint den schwer systematisch einzuordnenden Sondercharakter des Geschäftsanmaßungsrechts im Allgemeinen und seine Entfernung zum Geschäftsführungsrecht im Besonderen zu verdeutlichen. Dogmengeschichtlich freilich findet das BGB mit § 687 Abs. 2 BGB und der Verortung des Geschäftsanmaßungsrechts im Anschluss an das Geschäftsführungsrecht zurück zum historisch gewachsenen Bestand des Geschäftsführungsrechts. War es zu allen Zeiten wegen des unklaren Fragments Africanus, Dig. 3, 5, 48 (de negotiis gestis) heftig umstritten gewesen, ob das überlieferte römische Recht auf dem Standpunkt der (strengen) objektiven, auf jedes subjektive Element verzichtenden Lehre stand28, so war man doch umgekehrt sicher, dass jedenfalls derjenige, der bewusst ein fremdes Geschäft in gewinnsüchtiger Absicht für sich führt, dem Geschäftsherrn auch aus der negotiorum gestio haftete, während ihm der Geschäftsherr seinerseits nur aus ungerechtfertigter Bereicherung verantwortlich war29. Diese Lehre wurzelt unmittelbar im Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis)30. Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis): „Sed et si quis negotia mea gessit non mei contemplatione, sed sui lucri causa, labeo scripsit suum eum potius quam meum negotium gessisse (qui enim depraedandi causa accedit, suo lucro, non meo commodo studet): sed nihilo minus, immo magis et is tenebitur negotiorum gestorum actione. ipse tamen si circa res meas aliquid impenderit, non in id quod ei abest, quia improbe ad negotia mea accessit, sed in quod ego locupletior factus sum habet contra me actionem“.

In diesem Fragment stellt Labeo klar, dass der bösgläubige Geschäftsführer (Geschäftsanmaßer)31, der ein fremdes Geschäfts als sein eigenes behandelt, aus der negotiorum gestio heraus in Anspruch genommen werden kann. Dies be26

Protokolle, Mugdan II, S. 1202 f.; Planck/Lobe4 (1928) § 687 Anm. 2. Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 150. 28 Vgl. nur Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 13. 29 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9; Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277 (280); vgl. auch zur Entwicklungsgeschichte der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag: Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (581 ff.). 30 Eingehend zu Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis): Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 27 ff.; Schmid, Dissertatio sistens leges quaedam potiores tituli digestorum de negotiis gestis expositas, 1787, p. 65 seqq. 31 Aus den Worten „depraedandi causa“ ergibt sich, dass sich das Fragment auf den bösgläubigen Geschäftsführer bezieht. So wurde dieses Fragment auch seit jeher verstanden (zB: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9). 27

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

gründet Labeo mit einem – recht problematischen – „erst-recht“-Schluss (argumentum a fortiori)32: zwar führe der eigennützig tätige Geschäftsanmaßer mehr sein eigenes als mein Geschäft (als er eben für sich und eben nicht für mich tätig wird), aber nichtsdestoweniger, sondern um so mehr („sed nihilo minus, immo magis et“) hafte er mir mittels der actio negotiorum gestorum. Zutreffend ist dieser Schluss, wie eine nähere Überprüfung zeigt, wohl nicht. Die eingehendste Darstellung hat das methodische Problem der juristischen Schlussformen bei Koch/Rüßmann gefunden33. Danach knüpft das argumentum a fortiori an einer (Ausgangs-)Prämisse an, in der einem Gegenstand x (konkret: tatsächliche Subordination) eine bestimmte Qualität V (Rechtsfolgen der §§ 677 ff. BGB) zugesprochen wird. Am Ende des Schlusses steht der Satz, in dem diese Qualität V einem weiteren Gegenstand y (Geschäftsanmaßung) zugesprochen wird. Dieser Schluss wird von zwei Sätzen getragen: der erste enthält ein komparatives Prädikat und behauptet eine transitive und asymmetrische Relation zwischen x und y. Der zweite Satz schreibt dieser Relation die Eigenschaft zu, die Qualität von x auf y zu übertragen34. Zur Verdeutlichung des argumentum a fortiori soll das Lehrbuchbeispiel von Koch/Rüßmann dienen: wenn es verboten ist, zu zweit auf einem Fahrrad zu fahren, dann ist es erst recht verboten, zu dritt auf einem Fahrrad zu fahren. Der Schluss läuft danach in vier Schritten ab: Es ist verboten, zu zweit auf einem Fahrrad zu fahren. Das Fahren zu dritt ist gefährlicher, als zu zweit. Wenn es verboten ist, zu zweit auf einem Fahrrad zu fahren, weil das Fahren zu zweit gefährlich ist, und wenn das Fahren zu dritt auf einem Fahrrad gefährlicher ist als das Fahren zu zweit, dann ist es (erst recht) verboten, zu dritt auf dem Fahrrad zu fahren. Es ist verboten, zu dritt auf dem Fahrrad zu fahren.

Essentiell für die Validität des argumentum a fortiori ist damit im Beispielfall von Koch/Rüßmann zweierlei: erstens muss dargelegt werden, dass das Fahren zu zweit gerade wegen seiner Gefährlichkeit verboten ist, und zweitens ist zu zeigen, dass das Fahren zu dritt gefährlicher ist als das Fahren zu zweit35. Auf dem Boden der objektiven (quasideliktischen) Theorie ist das argumentum a fortiori im Kern sicherlich zutreffend: kommt es zur Begründung der negotiorum gestio auf die (fremdnützige) Absicht des Gestors nicht an, sondern haftet dieser aufgrund einer delikts- bzw. bereicherungsrechtlich geprägten Abwehrhaltung des Gesetzes alleine wegen des Übergriffs in eine fremde Rechtsposition, so haftet dieser erst recht, wenn er sogar in eigennütziger und 32 33 34 35

Vgl. Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 482. Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 258 ff. Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 259. Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, S. 259.

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damit besonders vorwerfbarer (deliktischer) Weise daher kommt. Nun folgt allerdings das deutsche Geschäftsführungsrecht der §§ 677 ff. BGB der subordinationsrechtlichen Denkweise des Geschäftsführungsrechts und selbst dem Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) liegt in seinem Gesamtduktus eher ein subjektives als ein objektives Gesamtverständnis der negotiorum gestio zugrunde. Für die subjektive bzw. subordinationsrechtliche Theorie der negotiorum gestio erscheint mir aber der „erst-recht“-Schluss von Labeo unzutreffend: die §§ 677 ff. BGB sind Folge der fremdnützigen Tätigkeit, der Interessenvertretung für einen anderen. Die eigennützige Geschäftsanmaßung (für mich) steht aber mit der fremdnützigen Subordination (für einen anderen) in keiner komparativen, transitiven Relation. Sie ist vielmehr ihr kontradiktorisches Gegenteil36. Für ein argumentum a fortiori ist kein Raum. Es handelt sich vielmehr bei der „geschäftsführungsrechtlichen“ Behandlung der Geschäftsanmaßung um eine echte Rechtsfortbildung des Labeo. Es ist ein normatives und kein syllogistisches Argument, das den Gerechtigkeitsgehalt von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) sofort einleuchten lässt: die Wertung von Treu und Glauben verlangt, dass sich der vorsätzliche Geschäftsanmaßer so behandeln lassen muss, als ob er fremdnützig für den Geschäftsherrn gehandelt hat37. Mit anderen Worten: der vorsätzliche Geschäftsanmaßer darf sich gegenüber dem Geschäftsherrn nicht darauf berufen, dass er rechtswidrig für sich und nicht für den Geschäftsherrn tätig wurde. Betrachtet man insoweit § 687 Abs. 2 BGB als Abstrahierung des Verbots, sich auf die fehlende Geschäftsführungsabsicht zu berufen, so ist die Bezeichnung der Geschäftsanmaßung als „unächte negotiorum gestio“ bzw. – wie es jetzt in der gesetzlichen Überschrift heißt – als „unechte Geschäftsführung“ gar nicht schlecht 38. Geht man diesen Weg der normativen Begründung des § 687 Abs. 2 BGB, erhellt sich sogleich, warum der Tatbestand der Geschäftsanmaßung den vorsätzlichen Eingriff in eine fremde Rechtsposition verlangt: denn nur dem arglistig Handelnden kann man mittels Treu und Glauben die Berufung auf die fehlende Fremdnützigkeit und damit auf die fehlende Einschlägigkeit der §§ 677 ff. BGB aus der Hand schlagen. Da das Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) insoweit eindeutig ist, war für die älteren Juristen nicht weiter streitig, dass es sich bei der Klage des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsanmaßer um die actio negotiorum gestorum directa handelte („…is tenebitur negotiorum gestorum actione“). Lebhaft gestritten wurde unter den äl36

Weswegen auch für ein argumentum a simili kein Platz ist. Vgl. Köllner, Die Grundzüge der Obligatio Negotiorum Gestio, 1856, S. 24 ff.; AA: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 175 ff.; Helms, Grenzen der Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem Vertragsbruch, ZEuP 2008, 150 (159); ders., Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 131. 38 Vgl. Zimmermann, Aechte und unächte negotiorum gestio, 1872; Regelsberger, Ächte und Unächte negotiorum gestio, KritV 15 (1873), 277. 37

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teren Juristen aber über die Rechtsnatur des Gegenanspruchs des Geschäftsanmaßers, der ja seinerseits vom Geschäftsherrn Ersatz seiner Aufwendungen verlangen kann, soweit dieser bereichert ist. Cujas stand etwa auf dem Standpunkt, dass es sich beim Gegenanspruch des Geschäftsanmaßers keinesfalls um actio negotiorum gestorum contraria handeln könne, sondern um einen Bereicherungsanspruch (condictio indebiti) 39. Die Gegenauffassung war etwa mit Voet prominent vertreten, der den Gegenanspruch des Geschäftsanmaßers als actio negotiorum gestorum contraria begriff, die eben nur in ihrem Umfang begrenzt sei, weil das Tatbestandsmerkmal der Geschäftsführungsabsicht fehle40. Recht hat Voet. Muss sich der Geschäftsanmaßer aufgrund des normativen Verbots, sich auf seine fehlende Geschäftsführungsabsicht zu berufen, behandeln lassen wie ein fremdnütziger Gestor, so steht ihm eben auch der geschäftsführungsrechtliche Gegenanspruch zu.

Diesen unmittelbaren Rückbezug der Geschäftsanmaßung auf die echte Geschäftsführung muss man sich vergegenwärtigen. Denn sie trägt ein Merkmal in das Recht der Geschäftsanmaßung hinein, das diesem Tatbestand eine besondere Note gibt und damit als verallgemeinerungsfähige Grundnorm eines allgemeinen Rechts der (präventiven bzw. pönalen) Gewinnherausgabe ausschaltet. Denn durch den Bezug auf das Recht der fremdnützigen negotiorum gestio kommt ein besonderer Treuhandcharakter ins Spiel, der dieser Vorschrift eine eigentümliche Dimension verleiht41. Dass es der Vorschrift weniger um den Eingriff in (absolut) geschützte Rechtspositionen geht als um einen besonderen Treuebruch, zeigt bereits der Blick auf die meines Erachtens noch heute höchst bedeutsame Kommentierung von Voet zur negotiorum gestio. Voet stellt sich die – bis heute nicht abschließend geklärte42 – Frage nach dem Verhältnis des in Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) begründeten Geschäftsanmaßungsrechts zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, dessen Ausgestaltung im römischen Recht schon weitgehend der heutigen Regelung der §§ 987 ff. BGB entsprach. Er kommt zu dem Ergebnis, dass es Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) nicht um den Fall des Eingriffs in fremdes Eigentum gegangen sei: wegen des unterschiedlichen Umfangs des Verwendungsersatzanspruchs des bösgläubigen Besitzers, der nur Ersatz seiner notwendigen, aber nicht Ersatz seiner lediglich nützlichen Verwendungen verlangen kann (vgl. heute § 994 BGB), will Voet den bösgläubigen Besitzer aus dem Anwendungsbereichs von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) herausnehmen. Dies hält er zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen für erforderlich, denn der Umfang der nach Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de ne39

Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48. Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. 41 Wohl vollständig anders: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 127 ff., der für eine Überwindung der Idee einer unechten Geschäftsführung ohne Auftrag plädiert: § 687 Abs. 2 BGB habe mit den §§ 677 ff. BGB wenig zu tun; es geht um die Übertragung von Rechtsfolgen auf ein wesensmäßig vollkommen anderes Rechtsinstitut. 42 BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61. 40

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gotiis gestis) (heute: §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB) vom Geschäftsherrn zu ersetzenden Aufwendungen ist großzügiger, weil der Geschäftsherr alle, also auch nur nützliche Aufwendungen zu ersetzen hat, soweit er nur darum tatsächlich bereichert ist43. Sein Schluss: es gehe Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) vielmehr um denjenigen, der sich in betrügerischer Absicht in meine Angelegenheiten mische und meine Geschäfte nicht zu meinem, sondern zu seinem Vorteil führe: „Id saltem manifestum est, neque in d. § 3. neque in tota lege sexta, ullam fieri mentionem possessoris malae fidei sed ejus qui improbe sui lucri causâ ad negotia mea accessisse; negotia mea gessisse non mei contemplatione sed sui lucri causa probatur“44. Deutlicher kann man einen Treuebruch kaum umschreiben. Zur Rechtfertigung des Rechtsinstituts der Geschäftsanmaßung stellt Voet also nicht – in moderner Terminologie – den Eingriff in den Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition in den Vordergrund, sondern den Gedanken des Treuebruchs. Der besondere Treuebruchcharakter der Geschäftsanmaßung wird auch deutlich, wenn man einen Blick auf das – an dieser Stelle zugegebener Maßen durch common law and equity stark beeinflusste – rechtsvergleichende Schrifttum wirft. Denn hier ist die Geschäftsanmaßung des § 687 Abs. 2 BGB und des Art. 423 OR nicht wohlgelitten45. Man hält die gesamte Konstruktion einer unechten Geschäftsführung ohne Auftrag für ein dogmatisches Ungetüm und verweist auf die angloamerikanischen Institute des waiver of tort und des constructive trust46. Nicht weiter nachgegangen werden soll hier dem waiver of tort47. In einem allerweitesten Sinne kommt diese rechtliche Konstruktion der deutschen Eingriffskondiktion doch sehr nahe. Diese „bereicherungsrechtliche“ Haftung bei interference with rights of property wurde von Lord Nicholls of Birkenhead in Attorney-General v. Blake eingehend dargestellt48. Darauf sei hier verwiesen. Bedeutsamer ist der Hinweis auf den constructive trust und gerade auch die Möglichkeit der Gewinnhaftung beim breach of trust and fiduciary duty49. Der trust kann in einem weitesten Sinne als subordinationsrechtliches Treuhandverhältnis bezeichnet werden. Der trustee ist zwar (wie bei der deutschen Treu43

Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. Hervorhebung im Original. 45 Der DCFR hat auf eine Aufnahme einer § 687 Abs. 2 BGB entsprechende Vorschrift verzichtet (PEL Ben. Int./v. Bar, Introducation C 28 [p. 62 seq.], Art. 1:101, Comment. B 19 seq. [p. 107 seq.]). Kritisch dazu äußern sich Sirena, Restitution, unjust enrichment und related issues, 4 ERCL (2008) 445, 453 und Jansen, Negotiorum gestio und Benevolent Intervention in Another’s Affairs, ZEuP 2007, 958 (987). 46 Stoljar, Negotiorum Gestio, 1982, n°295, 296 seqq. 47 Dazu: Stoljar, Negotiorum Gestio, 1982, n°296 seqq. 48 Attorney-General v. Blake, (2000) 3 WLR 625, 632 seqq. (House of Lords). 49 Attorney-General v. Blake, (2000) 3 WLR 625, 634 (House of Lords). Umfassend zum breach of fiduciary relationships: Goff/Jones, The Law of Restitution 3, 1986, p.632 seqq. Vgl. auch: Rusch, Gewinnhaftung bei Verletzung von Treuepflichten, 2004. 44

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hand) formal Inhaber einer Rechtsposition, er hat aber dieses Recht zugunsten einer bestimmten Person (treuhänderisch) zu verwalten. Auch wenn über die „Rechtsnatur“ des trust bis heute wenig Klarheit herrscht, so kann doch als Regel aufgestellt werden, dass ein trust aufgrund eines Vertrages entsteht (express trust)50. Beim sog. constructive trust wird hingegen jemanden aufgrund objektiven Rechts die Stellung eines trustee zugewiesen. In den Mittelpunkt des Interesses rückt damit die Frage, wann ein constructive trust entsteht. In England nimmt man an dieser Stelle eine restriktive Stellung ein, und greift auf den constructive trust nur dann zurück, wenn zwischen den Parteien eine besondere Vertrauensbeziehung (fiduciary relationship) besteht: denn nur hier sei die Analogie zum vertraglichen trust berechtigt51. Trotz aller Unterschiede in der Sache kann man § 687 Abs. 2 BGB als die deutschrechtliche – oder wenn man so will: auch als die römischrechtliche –Variante eines constructive trust ansehen. Denn nur aus der Idee des Treuebruchs kann man eine besondere Rechtsfolge des (deutschen) Geschäftsanmaßungsrechts erklären, die über die Gewinnabschöpfung, die gemeinhin als die haftungsrechtliche ultima ratio gesehen wird, hinausgeht: der Geschäftsherr kann nämlich nicht nur den vom Geschäftsanmaßer tatsächlich gezogenen Gewinn geltend machen; er kann auch als Schadensersatz gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 677, 280 BGB den Gewinn verlangen, den der Geschäftsanmaßer „pflichtwidrig“ nicht gezogen hat, aber als ordentlicher Geschäftsführer hätte ziehen müssen. Das darf nicht mit einer Haftung auf den entgangenen Gewinn iSd § 252 BGB gleichgestellt werden: denn es kommt nicht darauf an, ob der Geschäftsherr diesen Gewinn hätte erzielen können. Teilweise wird versucht, diese Rechtsfolge zu leugnen52. Doch zu Unrecht. Die Haftung für einen pflichtwidrig nicht gezogenen Gewinn ist in der Rechtsnatur der unechten Geschäftsführung ohne Auftrag angelegt. Ich erinnere an die Verzinsungspflicht des Gestors, die wir bereits oben kennen gelernt haben: schon im römischen Recht hatte der Gestor (zunächst für den Geschäftsherrn) eingenommene Gelder, soweit er sie für sich verwendet hat, mit dem höchsten Zinssatz zu verzinsen (siehe § 12)53. Der treu50 Vgl. zum Verhältnis des Law of Trusts zum Law of Contract: Smith, Atiyah’s Introduction to the Law of Contract6 , 2005, p. 67. 51 Krit. dazu: Goff/Jones, The Law of Restitution 3, 1986, p. 77 seqq. 52 Anders zB Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 129, der den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf den tatsächlich erzielten Gewinn beschränken will; auf den erzielbaren Gewinn werde nicht gehaftet. 53 Bis in den usus modernus hinein wurde der Zinssatz im Anschluss an Tryphoninus, Dig. 3, 5, 37 (de negotiis gestis) mit 12% bestimmt: v. Cocceji, Jus civile controversum I, Ausgabe von 1740, Lib. III Tit. V Qu. IX; Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 8, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446 ; Lauterbach, Collegium pandectarum theoretico-practicum I, Ausgabe von 1714, L. III Tit. V § XX; Leyser, Meditationes ad Pandectas I, Ausgabe von 1778, sp. LV (de negotiis gestis) corollaria nro. 2 (Heckenberg); Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3.

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lose Gestor, der Geld, das dem Dominus auszukehren ist, für sich verwendet, verletzte seine Pflicht zur ordentlichen Geschäftsführung: ein ordentlicher Gestor hätte damit Schulden des Geschäftsherrn getilgt oder das Geld gewinnbringend angelegt 54. Dieser Argumentation ließe sich vielleicht auf den ersten Blick entgegenhalten, dass es sich hierbei um eine Überinterpretation des constructive trust handelt. Denn die fiduziarische Deutung des constructive trust erscheint als englische Eigenheit. Das amerikanische Recht hat sich von der Vorstellung eines Gleichlaufs von express trust und constructive trust weitgehend gelöst. Man lehnt eine zwangsläufige Ähnlichkeit zwischen express trust und constructive trust ausdrücklich ab: „A constructive trust, unlike an express trust, is not a fiduciary relationship, although the circumstances which give rise to a constructive trust may or may not involve a fiduciary relation“. Das Instrument des constructive trust ist bereits dann anwendbar, wenn der trustee Inhaber eines Gegenstandes ist, den er im Verhältnis zum Berechtigten herauszugeben hätte. Der constructive trust bekommt damit den ausschließlichen Inhalt „to prevent unjust enrichment“55. Er ähnelt damit sehr dem § 812 BGB. So heißt es in § 160 des Restatement of Law of Restitution unter der Überschrift constructive trust: § 160 Restatement of the Law of Restitution. Constructive Trust. Where a person holding title to property is subject to an equitable duty to convey it to another on the ground that he would be unjustly enriched if he were permitted to retain it, a constructive trust arise.

Das amerikanische Verständnis hat durchaus Fernwirkung. Auch in England diskutieren die Schriftsteller, ob man sich nicht unter Zurückfahren des fiduziarischen Moments dem amerikanischen Verständnis des constructive trust annähern soll56. Aus kontinentaleuropäischer, jedenfalls aus deutscher gestionsrechtlicher Sicht, scheint mir für den uns interessierenden Sachverhalt ein Widerspruch zwischen amerikanischer und englischer Auffassung nicht zu bestehen. Denn das Bindemittel ist die echte Geschäftsführung ohne Auftrag. Bin ich Inhaber eines Gegenstandes, den ich einem anderen schulde herauszugeben, so darf ich mich diesem Gegenstand nur als fremdnütziger negotiorum gestor oder vertraglicher Treuhänder nähern. Übereignet der ausliefernde Händler aus Versehen mir eine Sache, die für einen anderen bestimmt ist, so darf ich nach Entdeckung 54 Vgl. Domat, Les lois civiles dans leur ordre naturel, Part. I, Liv. II, Tit. IV, Sect. I § 8, in: Oeuvres complètes de J. Domat I, nouv. éd., 1835, p. 446 ; Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 3. 55 American Law Institute, Restatement of the law of restitution, § 160, Comment. a. 56 Vgl. Goff/Jones, The Law of Restitution 3, 1986, p. 78: „If a defandant receives a benefit in circumstances where he knew or ought to have known that it was conferred under mistake or compulsion, or where it was conferred because of his wrongful act, then he should be a constructive trustee, for the plantiff, of any identifiable asset which he tehreby acquired“.

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des Irrtums die Sache für den Berechtigten verwahren. Nutze ich die Sache eigennützig, so muss ich mich – die Frage nach dem Vorrang der §§ 987 ff. BGB außen vor gelassen – wie ein treuwidrig handelnder Geschäftsführer behandeln lassen. Die oben gewonnen Erkenntnisse über die echte Geschäftsführung ohne Auftrag geben auch Aufschluss für die Umstände des Beginns der Haftung als Geschäftsanmaßer (siehe § 4 II, § 7 IV, § 10 IV 1). Keinesfalls genügt alleine meine (vielleicht nachträgliche) Kenntnis von meiner Nichtberechtigung. Wie die echte Geschäftsführung ohne Auftrag wird auch die unechte Geschäftsführung erst mit ihrer faktischen Übernahme ausgelöst. Unabhängig von weiteren Zweifelsfragen: bekomme ich eine Fehlüberweisung auf mein Konto, und ich rühre das Geld nicht an, so bin ich weder echter noch unechter Geschäftsführer. Will man § 687 Abs. 2 BGB (subordinationsrechtlich) dogmatisch einordnen, so ist festzuhalten, dass die Geschäftsanmaßung eine Haftung für einen fiktiven Treuebruch darstellt. Damit passt die tradierte Bezeichnung der unechten Geschäftsführung ganz gut. Sie ist ein Rechtsinstitut sui generis der quasikontraktlichen Rechtsfolgen für einen quasideliktischen Sachverhalt. Der Tatbestand der Geschäftsanmaßungshaftung ist durch zwei Tatbestandsmerkmale umschrieben: (a) die Führung eines fremdes Geschäfts und (b) die Anmaßungshandlung im Wissen um die eigene Nichtberechtigung. Mit dem tradierten Instrumentarium der Zuweisungslehre (fremdes Geschäft) als auch der Rechtswidrigkeitstheorie (unberechtigte Anmaßung) lässt sich das Phänomen der Geschäftsanmaßung nicht einfangen57. Die Zuweisungslehre ist an manchen Stellen zu weit, an manchen Stellen zu eng, um die gegenständliche Reichweite der Geschäftsanmaßung als Tatbestand des fiktiven Treuebruchs zu beschreiben58. Sie ist einmal zu weit, weil nicht jeder Eingriff in den Zuweisungsgehalt eines Rechts den Tatbestand der Geschäftsanmaßung auslösen kann. Mit anderen Worten: nicht in jedem Eingriff in den Zuweisungsgehalt liegt ein fiktiver Treuebruch. Ein Treuebruch setzt voraus, dass in der konkreten, tatsächlichen Handlung bei redlicher fremdnütziger Geschäftsführung ein Treuetatbestand erblickt werden könnte. Zur näheren Konkretisierung wird man sich an der von 57 Vgl. Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 745 ff.; zu den im Recht der Eingriffskondiktion ausführlich diskutierten Zuweisungs- und Rechtswidrigkeitstheorien ausführlich: Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 1 = S. 168 ff.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 7 I, II = S. 234 ff.; Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 30 ff., 34 ff.; Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 41 ff., insb. 108 ff., der sich dagegen wendet, den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB anhand deliktsrechtlicher und bereicherungsrechtlicher Kriterien zu konkretisieren. Gegen den Ansatz von Ebert, die Ertragszuweisung unmittelbar dem § 687 Abs. 2 BGB zu entnehmen, hat sich zuletzt Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 509 ff. gewandt. 58 Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 512 ff. will eine strukturelle Übereinstimmung mir der Eingriffskondiktion. Vgl. Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 146 ff., 156 ff.

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Helms entwickelten Gewinnerzielungsbefugnis ausrichten dürfen, die einem anderen zugewiesen sei59. Die Gewinnerzielungsbefugnis – die man vielleicht auch als Möglichkeit der treuhänderischen Geschäftsführung verstehen kann – fehlt insbesondere dann, wenn sich der Zuweisungsgehalt des fremden Rechts auf die Zuweisung einer Lizenzgebühr beschränkt, ihr aber keine weitere Gewinnzuweisungsfunktion zukommt. Entscheidend ist letztlich der Gedanke, ob die Geschäftsanmaßung in einer Handlung besteht, die der Geschäftsherr abstrakt-theoretisch hätte selber vornehmen können (nicht entscheidend ist, ob er sie tatsächlich hätte vornehmen können). Wir haben die geschäftsführungsrechtliche Subordination als wirtschaftliche Vertretung des Geschäftsherrn kennen gelernt. Wo aber ultra-vires des Geschäftsherrn gehandelt wird, liegt keine Geschäftsführung (Geschäftsanmaßung) mehr vor. Auch bestimmte faktische Handlungen fallen per se aus dem Bereich der Geschäftsanmaßung heraus. Wie schon Oertmann wusste, muss die Handlung des Geschäftsanmaßers einen weit zu verstehenden geschäftlichen Charakter haben60. Eine sinnlose Zerstörung einer fremden Sache aus purem Übermut ist eine deliktische Sachbeschädigung, aber keine Geschäftsanmaßung61. Auf der anderen Seite greift die bereicherungsrechtliche Zuweisungslehre zu kurz, da – wie die Theorie des constructive trust verdeutlicht hat – der fiktive Treuebruch keinen Übergriff in eine formal fremde Rechtsposition voraussetzt. Es reicht aus, dass ein Rechtsgut trotz formaljuristischer Zuordnung zur Person des Geschäftsanmaßers materiell dem Geschäftsherrn zugewiesen bleibt62. Dies erinnert ein wenig an das herrschende Verständnis des § 285 BGB, das auch eine „materielle“ Zuweisung eines Gegenstandes im Schuldnervermögen an den Gläubiger verlangt63. Allerdings soll nicht verhehlt werden: die Zuweisungslehre gibt einen deutlichen Hinweis, ob sich eine vorsätzliche Einmengung in eine fremde Rechtsposition als Geschäftsanmaßung darstellt. Nicht nur die Zuweisungstheorie bedarf der Korrektur; auch die Rechtswidrigkeitstheorie greift zu kurz. Denn nicht jedes (vorsätzliche) rechtswidrige Tun lässt sich als fiktiver Treuebruch darstellen. Notwendig ist der (qualifiziert) schuldhafte und rechtswidrige Eingriff in die einem anderen zugewiesene Gewinnerzielungsbefugnis. Allerdings kann die Rechtswidrigkeitstheorie doch eine wichtige Einsicht vermitteln: denn sie erklärt ohne Schwierigkeiten die 59

Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 156 ff. Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 3 d b. 61 Vgl. dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 99 f. 62 AA: BGHZ 75, 203 (205), Urt. v. 11. 10. 1979 – VII ZR 285/78: ist der Veräußerer dagegen Eigentümer geworden, so führt er selbst dann kein fremdes, sondern ausschließlich sein eigenes Geschäft, wenn er die Sache gem. § 812 BGB herausgeben muss; in diesem Fall vereitelt er lediglich einen gegen ihn gerichteten schuldrechtlichen Anspruch; siehe aber auch: Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (77). 63 Rusch, Gewinnabschöpfung beim Vertragsbruch, ZEuP 2002, 122 (134). 60

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Unabhängigkeit des § 687 Abs. 2 BGB von der Erfolgsbezogenheit der Eingriffskondiktion. Bereicherungsanspruch und Ansprüche aus Geschäftsanmaßung können sich trotz identischer Rechtsverletzung gegen verschiedene Personen richten, wenn Handelnder und Begünstigter nicht dieselbe Person sind. Baut ein Dieb gestohlenes Baumaterial in ein fremdes Grundstück ein, so richtet sich die Eingriffskondiktion gegen den nicht rechtswidrig handelnden Grundstückseigentümer64; der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB trifft dagegen den vorsätzlich und rechtswidrig handelnden Dieb.

2. Keine Ausstrahlungswirkung auf das Recht der Gewinnherausgabe Aufgrund seiner normativen Begründung als Tatbestand des fiktiven Treuebruchs ist das Vorsatzerfordernis essentielles und unverzichtbares Tatbestandsmerkmal der Geschäftsanmaßungshaftung65. Ein Großteil der Lehre versucht nun § 687 Abs. 2 BGB einen allgemeinen systemkonstituierenden Charakter beizulegen: der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns als ultima ratio des Haftungsrechts sei nur bei vorsätzlichen Eingriffen in fremde Rechtspositionen zu gewähren66. Dahinter steht die von v. Caemmerer begründete Lehre, dass der Bereicherungsausgleich grundsätzlich nur auf den objektiven Wert der Sache geht, während die Gewinnhaftung als deliktische Sanktion dagegen nur bei einem vorsätzlichen Eingriff in Frage komme67. Nicht durchsetzen konnte sich dagegen die von Schulz begründete Lehre, nach der jeder, auch der schuldlose Eingriff in eine fremde Rechtsposition einen Anspruch auf den gezogenen Gewinn begründet68: Die bisherige Diskussion hat darunter gelitten, dass der Grund der Gewinnherausgabe nicht immer deutlich herausgestellt wird. In der modernen Diskussion um die Gewinnherausgabe steht häufig der Gedanke der Präven64

Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 3 = S. 177 ff. Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 499, 501 bemüht sich um eine eigenständige, vom Verschuldensprinzip abgekoppelte Erklärung des § 687 BGB. 66 Bollenberger, Gewinnabschöpfung bei Vertragsbruch, ZEuP 2000, 893 (900 f.) m.w.N; Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (83 ff.). Vgl. zum Diskussionsstand: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 68 ff.; Helms, Grenzen der Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem Vertragsbruch, ZEuP 2008, 150 (159 f.). 67 v. Caemmerer, Bereicherung und unerlaubte Handlung, FS-Rabel I, 1954, S. 333. 68 Grundlegend: Schulz, System des Rechts auf den Eingriffserwerb, AcP 105 (1909), 1; Jakobs, Eingriffserwerb und Vermögensverschiebung in der Lehre von der ungerechtfertigten Bereicherung, 1964; Kellermann, Grundsätze der Gewinnhaftung, 1969. Vgl. die eingehenden Darstellung des Streitstandes bei König, Gewinnhaftung, FS-v. Caemmerer, 1978, S. 179 ff. 65

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tion durch Gewinnabschöpfung im Vordergrund69. Doch stellt sich die Bedeutung des Verletzergewinns ganz unterschiedlich dar, je nachdem aus welchem Blickwinkel man ihn betrachtet. Einer bereicherungsrechtlichen Begründung eines Anspruchs auf Gewinnherausgabe wird es nicht in erster Linie um Prävention gehen: der Gewinnbegriff soll lediglich die vom Bereicherten erlangte Bereicherung genau erfassen70. Im Schadensrecht steht der Gedanke der Kompensation im Mittelpunkt des Interesses: hier wird der Verletzergewinn Indiz für den Schaden des Berechtigten sein. Steht fest, dass im konkreten Fall einem Schutzrechtsinhaber unter keinem Gesichtspunkt ein Schaden entstanden ist, kommt auch eine Gewinnherausgabe nicht in Betracht71. Der schadensrechtliche Blickwinkel mag auch sonst für eine Gewinnhaftung um der Prävention willen wenig attraktiv sein. Denn selbst bei grundsätzlicher Nichtabzugsfähigkeit von Gemeinkosten kann der Verletzergewinn schnell durch variable Kosten heruntergerechnet werden, so dass am Ende kaum mehr übrig bleibt als der Wert des Gutes. Eine gesteigerte Präventionswirkung komme dem nicht mehr zu72. Andererseits verlangt der Präventionsgedanke selber nicht zwangsläufig nach einer Abschöpfung des Gewinns. Es reicht, wenn der Täter wesentlich schlechter gestellt wird, als er bei ordentlich nachgesuchter Lizenz stehen würde73. Eine besondere Nutzbarmachung des § 687 Abs. 2 BGB in dieser Diskussion erscheint mir ausgeschlossen. Man kann versuchen, § 687 Abs. 2 BGB in einen größeren Zusammenhang zu stellen; aber keinesfalls kommt dieser Vorschrift und insbesondere die Notwendigkeit eines qualifizierten Verschuldens eine systembildende Qualität bei der Suche nach dem gemeinsamen Nenner eines Rechts der Gewinnherausgabe zu74. Sicherlich: der Gedanke der fiktiven Treuhand passt gut dazu, dass Helms jüngst nachgewiesen hat, dass die Gewinnabschöpfung quasi „natürliche“ Rechtsfolge der Verletzung von Treuepflichten ist75. Allerdings verlangt die den Gewinnherausgabeanspruch begründende Treuepflichtverletzung keinen Vorsatz (§§ 61, 112 f. HGB, 88 AktG). Aus § 687 Abs. 2 BGB kann man kaum auf etwas anderes schließen: denn hier kann überhaupt erst der 69 Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (83 ff.). 70 Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 15 II 3 b = S. 538 ff. 71 BGH, NJW 1995, 1420 (1421), Urt. v. 2.2.1995 – I ZR 16/93 – Objektive Schadensberechnung; Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (87). 72 Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (87). 73 Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (84 f., 88 ff.); Helms, Grenzen der Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem Vertragsbruch, ZEuP 2008, 150 (163 f.). 74 Anders aber: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 126. 75 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 369 ff., 472 ff.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Vorsatz des Geschäftsanmaßers den Gedanken einer fiktiven Treuhand begründen. – Und selbst für den Präventionsgedanken gibt § 687 Abs. 2 BGB nicht viel her. Denn alleine die Rechtswidrigkeit des Handelns genügt nicht, um den Tatbestand der Geschäftsanmaßung auszulösen76: notwendig ist der rechtswidrige Eingriff in eine fremde Gewinnerzielungsmöglichkeit. Wagner hat in seinem Gutachten für den 66. Deutschen Juristentag versucht, § 687 Abs. 2 BGB durch Loslösung vom Geschäftsführungsbegriff und der damit einhergehenden Fixierung auf Vermögensrechte in einen wirksamen Präventionstatbestand zu verwandeln77. Ein so verstandener § 687 Abs. 2 BGB soll in einem zu schaffenden § 253 Abs. 3 BGB aufgehen78: § 253 Abs. 3 BGB-Gutachten. Hat sich der Ersatzpflichtige vorsätzlich über die Bereicherung des Gläubigers [= des Geschädigten] hinweggesetzt, so kann dieser statt des Schadensersatzes die Herausgabe des Gewinns, den der Ersatzpflichtige erzielt hat, und Rechnungslegung verlangen.

Mit der klassischen unechten Geschäftsführung als Tatbestand des fiktiven Treuebruchs hat das nichts mehr tun. Auch sonderlich praktikabel scheint mir ein solcher Ansatz nicht zu sein. Zwar will Wagner eine Gewinnabschöpfung bei der lukrativer „Aneignung“ aller fremden Rechtsgüter zulassen und damit die klassische Beschränkung des § 687 Abs. 2 BGB auf verwertbare Vermögenspositionen aufgeben, doch ein angemessenes Kriterium, wo die Grenze zu ziehen ist, verrät er nicht. Denn grenzenlos soll die Gewinnabschöpfung nach § 253 Abs. 3 BGB nicht sein. So will Wagner unter Hinweis auf die Entscheidung Moore v. Regents of The University of California, 51 Cal. 3d 120 (1990), in der aus dem Blut eines Patienten eine wertvolle Erfindung gemacht und als Patent anmeldet wurde, eine angemessene Berücksichtigung der Eigenleistung des Forschers zulassen; auch im Wettbewerbsrecht soll ein Verstoß gegen Verhaltensnormen, denen kein subjektives fremdes Recht korrespondiert, keinen Anspruch auf Gewinnabschöpfung verursachen79. Dass das Ergebnis in beiden Fällen unter Zugrundelegung des § 687 Abs. 2 BGB kaum anders ausfallen würde, soll hier nur am Rande erwähnt werden. Auch der etwas ältere Vorschlag von König in seinem Gutachten zur ungerechtfertigten Bereicherung im Rahmen der Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts den § 687 Abs. 2 BGB in das Bereicherungsrecht der Eingriffskondiktion zu verlegen80, ist wenig glücklich. 76

Vgl. auch Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 134 ff. Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (95). 78 Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (97). 79 Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (88 ff.). 80 König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge 77

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§ 2.4. Gutachten (König). (1) Setzt sich der Eingreifer vorsätzlich oder grobfahrlässig über die Berechtigung des anderen hinweg, so kann dieser auch einen den gemeinen Wert übersteigenden Gewinn verlangen. (2) Der Eingreifende hat darüber Auskunft zu erteilen, welchen Gewinn ihm der Einsatz des fremden Guts gebracht hat.

Denn in der Tat ist die Geschäftsanmaßung zwar faktisch der Zuweisungslehre und damit dem Recht der Eingriffskondiktion angenähert: aber beide sind doch nicht identisch. Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass das Vorsatzerfordernis des § 687 Abs. 2 BGB keinesfalls unbesehen auf andere Tatbestände zu übertragen ist. Daher halte ich die Lehre, die § 285 BGB – sofern es um seine Funktion der Gewinnabschöpfung geht – auf Fälle des Vorsatzes beschränken will, für nicht unbedenklich81. Gerade im Bereich des Vertrags- und Kooperationsrechts ist eine solche Anbindung der Ansprüche auf Gewinnherausgabe an vorsätzliches Handeln kaum begründbar, anerkennt doch das kodifizierte Zivilrecht an zahlreichen Stellen vertragliche oder gesellschaftsrechtliche Ansprüche auf Gewinnherausgabe, die nicht an ein vorsätzliches Verhalten des Verletzers gebunden sind (§§ 61, 112 f. HGB, 88 AktG). Ähnlich schwer tut sich die englische Praxis mit dem Anspruch auf Gewinnherausgabe bei Vertragsverletzungen: Spektakulär ist die Entscheidung Attorney-General v. Blake82. Ein übergelaufener britischer Geheimagent hatte seine Memoiren veröffentlicht. Die englische Krone machte nunmehr einen Gewinnabschöpfungsanspruch in Höhe seines Autorenhonorars geltend. Das House of Lords stellte zwar fest, dass eine Gewinnhaftung quasi subsidiär in Betracht komme, wenn die Rechtsbehelfe Schadensersatz, Erfüllung und einstweilige Verfügung dem Gläubiger nicht weiterhülfen. Doch wann dies der Fall sein soll, ließ das House of Lords offen und verwies auf die Umstände des Einzelfalles: „An account of profits will be appropriate only in exceptional circumstances. Normally the remedies of damages, specific performance and injunction, coupled with the characterisation of some contractual obligations as fiduciary, will provide an adequate response to a breach of contract. It will be only in exceptional cases, where those remedies are inadequate, that any question of accounting for profits will arise. No fixed rules can be prescribed. The court will have regard to all the circumstances, including the subject matter of the contract, the purpose of the contractual provision which has been breached, the circumstances in which the breach occurred, zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 (1523 f., 1554 ff., 1563 f.). König (aaO, S. 1558) meint selbst etwas widersprüchlich, dass es sich bei § 687 Abs. 2 BGB letztlich um eine Ergänzung des Deliktsrechts handelt. 81 So aber: Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (92 f.).; Bollenberger, Gewinnabschöpfung bei Vertragsbruch, ZEuP 2000, 893 (900 f.) m.w.N. Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 342 ff. hat nachgewiesen, dass alle Bemühungen, § 285 BGB auf einen systematisch einleuchtenden Grundgedanken zu bringen, gescheitert sind. 82 Attorney-General v. Blake, (2000) 3 WLR 625 (House of Lords).

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

the consequences of the breach and the circumstances in which relief is being sought. A useful general guide, although not exhaustive, is whether the plaintiff had a legitimate interest in preventing the defendant’s profit-making activity and, hence, in depriving him of his profit“83.

Die Rechtslage in Deutschland und England stellt sich in einer gewissen Weise sehr ähnlich dar. Für den Anspruch auf einen rechtswidrig gezogenen Gewinn lassen sich jedenfalls nach dem momentanen Stand der Dogmatik nicht für alle Fälle abschließend die Tatbestandsvoraussetzungen festlegen. Daher hat der vereinzelte Ruf aus der Wissenschaft seine Berechtigung, dass man (vorerst) von der Schaffung eines einheitlichen Tatbestandes der Gewinnhaftung absehen sollte84. Auch im außervertraglichen Bereich ist eine Verknüpfung der Gewinnherausgabe mit einer vorsätzlichen Verletzungshandlung nicht zwingend85. Das Vorsatzerfordernis des § 687 Abs. 2 BGB ist Folge der gesetzlichen Konstruktion eines fiktiven Treuebruchtatbestandes. Damit ist es nicht ausgeschlossen, auch im Bereich des Eingriffserwerbs die Herausgabe des Verletzergewinns vom Erfordernis eines qualifizierten Verschuldens zu entkoppeln; und zwar selbst dann nicht, wenn die parallele Verwirklichung des Tatbestands des § 687 Abs. 2 BGB einzig am fehlenden Vorsatz scheitert. Man darf § 687 Abs. 2 BGB nicht so lesen, als ob eine Gewinnhaftung nur im Falle des vorsätzlichen Rechtsbruchs möglich ist. Auch außerhalb des Bereichs der vorsätzlichen Rechtsverletzung ist eine Gewinnhaftung denkbar; nur ist diese besonders zu begründen. Damit verschiebt sich lediglich die Begründungslast für den Rechtsanwender und den Gesetzgeber: kann im Bereich der Geschäftsanmaßung alleine auf Treuwidrigkeit der Berufung auf die fehlende Fremdnützigkeit des vorsätzlichen Geschäftsanmaßers hingewiesen werden, müssen nun andere Gesichtspunkte herangezogen werden: diese können reichen von rechtspolitischen und präventiven Erwägungen, bis hin zu Eigenarten der verletzten Rechtsposition. Eine solche Erweiterung der Gewinnhaftung hat vor allem im Bereich der Immaterialgüterrechte stattgefunden86. Dogmatisches Vehikel dazu ist die sog. dreifache Schadensberechnung. Bereits im 19. Jahrhundert haben die deutschen Gerichte dem Rechtsinhaber bei schuldhafter Verletzung von Patent- und Urheberrechten, später dann auch bei Verletzung von Gebrauchs- und Geschmacksmustern, einen „Schadensersatzanspruch“ 83

Attorney-General v. Blake, (2000) 3 WLR 625, 639 (House of Lords). König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 (1557). 85 AA: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 70 ff. unter Betonung des Verschuldensgrads. 86 Vgl. König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 (1554 f.); ders., Gewinnhaftung, FS-Caemmerer, 1978, S. 179 (188 ff.). 84

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mit dreifacher Möglichkeit der Schadensberechnung eingeräumt87: anstelle des (a) konkret berechneten Schadens (einschließlich eines entgangenen Gewinns), konnte der Verletzte (b) die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder (c) die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns verlangen. Letzteres selbst dann, wenn der Gewinn auf der besonderen Tüchtigkeit des Verletzers beruhte88. Wenig gelungen waren allerdings die Begründungsversuche der Rechtsprechung, die die Diskussion um die Gewinnhaftung bis heute negativ prägen. Denn anstatt eine Begründung für die Gewinnhaftung außerhalb des Geschäftsführungsrechts zu finden, griff man auf die negotiorum gestio zurück. Dies mag angehen, wenn man auf dem Boden der (letztlich bereicherungs- und deliktsrechtlichen) objektiven Theorie steht, also alleine die Führung eines objektiven Geschäfts die actio negotiorum gestorum auslöst. So konnte das ROHG noch dogmatisch stimmig im Fall einer Urheberrechtsverletzung den schuldlosen Eingreifer als negotiorum gestor behandeln und zur Rechnungslegung verurteilen89. Mit der Überwindung der objektiven Theorie und der Durchsetzung der subjektiven (bzw. subordinationsrechtlichen) Sichtweise auf die Geschäftsführung ohne Auftrag aber ist der Zugriff auf das Gestionsrecht für fahrlässige Rechtsverletzungen versperrt. Mit gutem Grund knüpfte das RG daher zunächst an der Schadensersatznorm des § 18 des UrhG von 1870 an90. Schief wurde aber die Begründung endgültig, als mit Inkrafttreten des BGB der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns bei fahrlässiger Rechtsverletzung auf eine (entsprechende) Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB gestützt wurde91. Dies ist der falsche Weg. Für das Recht der Geschäftsanmaßung als 87

Vgl. Däubler, Anspruch auf Lizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns, JuS 1969, 49 (52 f.); zum Eingriff in Immaterialgüterrechte im Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 948 ff. 88 RGZ 35, 63, Urt. v. 8. 6. 1895 – I 13/95: Urheberrecht; RGZ 43, 56, Urt. v. 31. 12. 1898 – I 360/98: Patentrecht; RGZ 50, 111; Urt. v. 11. 1. 1902 – I 303/01: Gebrauchsmuster; dazu: Beuthien/Wasmann, Zur Herausgabe des Verletzergewinns bei Verstößen gegen das Markengesetz, GRUR 1997, 255; Däubler, Anspruch auf Lizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns, JuS 1969, 49. 89 ROHG 22, 338 (340 f.), Urt. v. 13. 9. 1877 – III 788/77: „Wenn aber Jemand über fremdes Vermögen in der Meinung, daß dasselbe sein eigenes sei, wie über sein eigenes verfügt, so ist er sowohl nach Gemeinem wie Sächsischen Rechte als negotiorum gestor zu behandeln, wenigstens stehen in diesem Falle demjenigen, über dessen Vermögen verfügt wurde, die Rechte eines dominus negotii gegen den Verfügenden zu“. 90 RGZ 35, 63 (66 ff.), Urt. v. 8. 6. 1895 – I 13/95. 91 ZB: RGZ 156, 321 (326), Urt. v. 15. 11. 1937 – I 102/37; RGZ 156, 65 (67), Urt. v. 13. 10. 1937 – I 262/36; RGZ 70, 249 (251 f.), Urt. v. 3. 2. 1909 – I 99/08; BGHZ 145, 366 (372), Urt. v. 2.11.2000 – I ZR 246/98 – Gemeinkostenanteil; BGHZ 34, 320 (321 ff.), Urt. v. 24. 2. 1961 – I ZR 83/59; zu Recht kritisch: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S.149 ff.; vgl. zur Heranziehung des § 687 Abs. 2 BGB: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 328 ff.; Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (579 f.).

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

fiktiver Treuebruchtatbestand ist der vorsätzliche eigennützige Eingriff in die fremde Rechtsposition konstitutiv. Nur dem vorsätzlichen Geschäftsanmaßer kann Treu und Glauben entgegen gehalten werden. Die falsche Vorstellung einer Ableitung der Gewinnhaftung bei fahrlässiger Verletzung von Immaterialgüterrechten aus § 687 Abs. 2 BGB wurde dennoch im weiteren Verlauf verfestigt: der BGH übernahm diese Grundsätze unter Hinweis auf ihren gewohnheitsrechtlichen Rang92 und dehnte sie immer weiter aus93. In der Sache war der Rechtsprechung seit jeher zuzustimmen. Nur der Weg war falsch. Aus gutem Grund wurden daher aus der Lehre Bedenken gegen die Herleitung des Schadensersatzanspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns aus einer (entsprechenden) Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB bei nur fahrlässiger Rechtsverletzung geltend gemacht und über alternative Begründungswege nachgedacht94. Zunehmend ist es gelungen, die eigentlichen Gründe herauszuarbeiten: nämlich die besondere Verletzlichkeit von Immaterialgüterrechten und die notorische Beweisnot des Verletzten95. Das hat mit § 687 Abs. 2 BGB aber nichts zu tun. Und so hat sich zu Recht die Gewinnhaftung im Immaterialgüterrecht (als Teil der dreifachen Schadensberechnung) von § 687 Abs. 2 BGB entfernt. Bereits 92 Urheberrecht: BGHZ 20, 345 (353), Urt. v. 8. 5. 1956 – I ZR 63/54; BGH, LM LitUrhG § 41 Nr. 2 Lt. 2, Urt. v. 30. 1. 1959 – I ZR 82/57; Patentverletzung: BGH, NJW 1962, 1507, Urt. v. 29. 5. 1962 – I ZR 132/60; Geschmacksmuster: BGH, NJW 1973, 1837, Urt. v. 13. 7. 1973 – I ZR 101/72; weitere Nachweise: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 43; dazu: Däubler, Anspruch auf Lizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns, JuS 1969, 49 f. 93 So für Rechte an Warenzeichen: BGHZ 34, 320, Urt. v. 24. 2. 1961 – I ZR 83/59; BGHZ 44, 372 (374), Urt. v. 12. 1. 1966 – Ib ZR 5/64; anders noch: RGZ 47, 100, Urt. v. 30. 11. 1900 – II 241/00; RGZ 58, 321 (325 f.), Urt. v. 24. 6. 1904 – II 435/03; RGZ 108, 1 (5 ff.), Urt. v. 4. 5. 1923 – II 310/22. Die bisher geschützten Warenzeichen (§ 24 WZG aF) und Ausstattungen (§ 25 WZG aF) sind nunmehr als Marken dem Markenschutz durch das MarkenG unterstellt. Außer Marken schützt das MarkenG auch geschäftliche Bezeichnungen und geographische Herkunftsangaben, § 1 MarkenG. Weiterhin wurde die Rechtsprechung auf Namen- (§ 12 BGB) und Firmenrechte (§ 16 UWG aF, jetzt § 1 MarkenG) ausgedehnt: BGHZ 69, 206, Urt. v. 16. 2. 1973 – I ZR 74/71, wie auch auf bestimmte Wettbewerbsverstöße: zB BGHZ 57, 116, Urt. v. 8. 10. 1971 – I ZR 12/70 – Wandsteckdose II; BGHZ 119, 20, Urt. v. 17. 6. 1992 – I ZR 107/90 – Tchibo/Rolex II; BGHZ 122, 262, Urt. v. 22. 4. 1993 – I ZR 52/91 – Kollektion Holiday; BGH, NJW-RR 1992, 232, Urt. v. 23. 5. 1991 – I ZR 186/89 – Kastanienmuster; BGH, NJW 1977, 1062, Urt. v. 18. 2. 1977 – I ZR 112/75 – Prozeßrechner. 94 Beuthien/Wasmann, Zur Herausgabe des Verletzergewinns bei Verstößen gegen das Markengesetz, GRUR 1997, 255; Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 339 ff.; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 14, 16; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 16; aber auch: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 159 f., der in § 687 Abs. 2 BGB das allgemeine Prinzip findet, das bei erhöhter Schutzbedürftigkeit eines absolut geschützten Rechtsguts ein schuldhaft-rechtswidriger Eingriffs zur Gewinnhaftung des Eingreifers als besondere Form des Schadensersatzes führt. 95 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 159; Däubler, Anspruch auf Lizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns, JuS 1969, 49 (51).

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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seit geraumer Zeit war der deutsche Gesetzgeber aktiv und stellte zunehmend für einige der spezialgesetzlich geregelten Immaterialgüterrechte Regelungen zur Schadensbemessung auf. So konnte nach den §§ 97 Abs. 1 S. 2 UrhG aF96, 42 Abs. 2 S. 2 GeschmMG aF97 der Verletzte bei schuldhafter Verletzung seines geschützten Immaterialgüterrechts „an Stelle des Schadensersatzes“ auch die Auskehrung des Verletzergewinns verlangen. Zahlreiche Einzelregelungen gaben dem Richter auch die Möglichkeit, bei leichter Fahrlässigkeit anstelle des Schadensersatzes eine Entschädigung festzusetzen, die sich zwischen dem Schaden des Verletzten und dem Gewinn des Verletzers bewegen sollte98. Alleine das MarkenG vom 25. 10. 1994 verzichtet zunächst auf jede Regelung der Schadensberechnung (§§ 14 Abs. 6, 15 Abs. 5, 128 Abs. 2 MarkenG) und überließ die Ausfüllung weiterhin der Rechtsprechung99. Der große Durchbruch hin zu einer einheitlichen Regelung gelang jetzt mit dem Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (sog. Durchsetzungsgesetz) vom 7.7.2008100. Die Unterlassungs- und Schadensersatzregelungen des UrhG, des PatG, des MarkenG, des GebrMG und des GeschmMG sind nunmehr weitgehend übereinstimmend geregelt101. So heißt es pars pro toto in § 139 PatG: § 139 PatG. (1) Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann von dem Verletzten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht. (2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der 96 § 97 Abs. 1 UrhG (in der Fassung bis zum 31.8.2008): „Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung und, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last fällt, auch auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden. An Stelle des Schadenersatzes kann der Verletzte die Herausgabe des Gewinns, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, und Rechnungslegung über diesen Gewinn verlangen“. 97 § 42 Abs. 2 GeschmMG (in der Fassung bis zum 31.8.2008): „Handelt der Verletzer vorsätzlich oder fahrlässig, ist er zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. An Stelle des Schadenersatzes kann die Herausgabe des Gewinns, den der Verletzer durch die Benutzung des Geschmacksmusters erzielt hat, und Rechnungslegung über diesen Gewinn verlangt werden. Fällt dem Verletzer nur leichte Fahrlässigkeit zur Last, kann das Gericht statt des Schadenersatzes eine Entschädigung festsetzen, die in den Grenzen zwischen dem Schaden des Verletzten und dem Gewinn des Verletzers bleibt“. 98 §§ 42 Abs. 2 S. 3 GeschmMG aF, § 139 Abs. 2 S. 2 PatG aF, § 24 Abs. 2 S. 2 GebrMG aF. 99 Vgl. Beuthien/Wasmann, Zur Herausgabe des Verletzergewinns bei Verstößen gegen das Markengesetz, GRUR 1997, 255. 100 BGBl. I 1191. Vgl. dazu: Kitz, Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum, NJW 2008, 2374. 101 §§ 139 PatG, 24 GebrMG, 14, 15, 128, 135 MarkenG, 97 UrhG, 42 GeschmMG.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Benutzung der Erfindung eingeholt hätte. (3) …

Das Durchsetzungsgesetz dient der Umsetzung der Durchsetzungsrichtlinie102. Art. 13 Abs. 1 der Durchsetzungsrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bei verschuldeten Verletzungshandlungen Schadensersatzansprüche vorzusehen. Absatz 1 trifft darüber hinaus Aussagen über die Bemessung des Schadensersatzes. Danach sind bei der Festsetzung des Schadensersatzes (a) die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen einschließlich der Gewinneinbußen für die geschädigte Partei und (b) der zu Unrecht erzielte Gewinn des Verletzers zu berücksichtigen. Alternativ kann (c) auch ein Pauschalbetrag auf der Grundlage einer fiktiven Lizenzgebühr festgesetzt werden103. Letztlich liest sich Art. 13 der Durchsetzungsrichtlinie weitgehend wie eine Beschreibung der dreifachen Schadensberechnung der deutschen Rechtsprechung104; und der deutsche Gesetzgeber versteht sie auch so und betrachtet demgemäß die gesetzlichen Neuregelungen als Kodifizierung dieser Rechtsprechung, der die weitere Ausgestaltung des Anspruchsinhalts überlassen bleiben soll105.

IV. Der Tatbestand der Geschäftsanmaßung 1. Das fremde Geschäft Die allgemeine Lehre geht davon aus, dass der Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB die Anmaßung eines objektiv fremden Geschäfts voraussetzt; subjektive Fremdheit oder die Anmaßung eines neutralen Geschäfts genügen nicht106. Dies scheint 102 Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums (ABl. EG L 157 vom 30.4.2004, S. 45). 103 Art. 13 Abs. 2 der Durchsetzungsrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, die Gewinnherausgabe und den Schadensersatz bei unverschuldeten Verletzungshandlungen zu regeln. 104 Allenfalls ein Fragezeichen ist zu machen. Nach der deutschen Rechtsprechung stehen die drei Berechnungsmethoden nebeneinander (BGHZ 119, 20 [25]), Urt. v. 17.6.1992 – I ZR 107/90). Artikel 13 wird zu dieser Frage als mehrdeutig empfunden (Kitz, Rechtsdurchsetzung im geistigen Eigentum, NJW 2008, 2374 mit Fn. 18). 105 Begründung zum RegE eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (BT-Drs. 16/5048, S. 37). 106 BGHZ 75, 203 (205), Urt. v. 11. 10. 1979 – VII ZR 285/78; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 151; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 3; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 1; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 5; aA: Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 168 I 1 b = S. 708; Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 3 d a; ausführlich: Reichard, Negotium alienum und ungerechtfertigte Bereicherung, AcP 193 (1993), 567 (576 ff.).

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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sofort einzuleuchten: grundsätzlich ist das eigennützige Führen eines Geschäfts das Normalste auf der Welt. Erst die Anmaßung eines fremden Geschäfts löst besondere Rechtsfolgen aus. Nicht ohne weiteres verständlich ist der verbreitete Lehrsatz, dass es sich um ausschließlich fremde Geschäfte handeln müsse: die sog. auch-fremden Geschäfte sollen nicht unter § 687 Abs. 2 BGB subsumiert werden können107. Dies ist nur zum Teil zutreffend: für die Tatbestände der klassischen Auch-Gestion ist in der Tat im Recht der Geschäftsanmaßung kein Raum (dazu sogleich). Anders stellt sich die Sachlage dar, wenn man danach fragt, ob im Recht der Geschäftsanmaßung ein gemeinschaftliches Geschäft denkbar ist108. Veräußere ich einen mir mit anderen gemeinschaftlich zustehenden Gegenstand, so führe ich ein gemeinschaftliches Geschäft (vgl. § 747 S. 2 BGB)109. Sicherlich können die Mitberechtigten gegen mich aus § 687 Abs. 2 BGB vorgehen, obwohl ich kein vollständig fremdes Geschäft führe. Die Probleme liegen beim gemeinschaftlichen Geschäft110 – neben der allgemeinen Frage, inwieweit ich variable Kosten und Gemeinkosten als Aufwendungen geltend machen kann – im Bereich der Geschäftsanmaßung an ganz anderer Stelle: führe ich meinen Teil des Geschäfts auf fremde Rechnung oder findet bei der Gewinnherausgabe eine quotenmäßige Teilung statt?111 Ein Beispiel: ich verkaufe eine mir mit B zusammengehörende Sache, deren Wert 50 ist für 100. Der Anteil an der Sache beträgt jeweils 50%. Einmal kann der Gewinn so aufgeteilt werden, dass endlich jeder 50 erhält. Hier habe ich in der Tat ein gemeinschaftliches Geschäft geführt. Möglich ist aber auch, dass ich so gestellt werde, als ob ich vollkommen auf Rechnung des B gehandelt habe; d.h. B kann von mir die vollständigen 100 herausverlangen und ich kann nur im Wege des Aufwendungsersatzes den objektiven Wert meines Anteils in Höhe von 25 geltend machen. Helms schlägt vor, die Abgrenzung danach vorzunehmen, ob ich eine Rechtsposition einbringe, an der eine mir zugewiesene Gewinnerzielungschance besteht. Im Ausgangsfall wäre demnach der Gewinn zu teilen. Ich halte es für richtiger, sich an die Idee der Geschäftsanmaßung als fiktive Treuhand zu erinnern. Es ist danach zu entscheiden, wie sich die Verhältnisse darstellen würden, wenn ich als echter Geschäftsführer in fremdnütziger Absicht für den Geschäftsherrn tätig werden würde. Im Falle der Veräußerung von Miteigentums107 BGH, LM BGB § 677 Nr. 40, Urt. v 23. 9. 1999 – III ZR 322/98; Palandt/Sprau 68 (2009) § 687 Rn. 2; aA: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 133; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 3. 108 Darum geht es auch der Lehre, die auch im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB das auchfremde-Geschäft anerkennt (vgl. Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 133). 109 Vgl. Staudinger/Langhein (2008) § 741 Rn. 76. 110 Allgemein kann man von einem gemeinschaftlichen Geschäft iSd § 687 Abs. 2 BGB sprechen, wenn der Geschäftsanmaßer neben fremden Vermögensrechten auch eigene Rechtspositionen verwertet. 111 Vgl. auch: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 202 ff.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

anteilen wäre dann wohl in der Tat von einer Kostenteilung auszugehen, da bei gemeinschaftsbezogenem Handeln wegen des damit einhergehenden Interessengleichlaufs ein gleichzeitiges fremd- wie eigennütziges Tätigwerden möglich ist. Anders wird es aber schon sein, wenn ich auf einer anderen Herstellungsoder Vertriebsstufe tätig werde als der Geschäftsherr. Hier kann von einem Interessengleichlauf nicht mehr gesprochen werden. Diese schiefe Wertung der hM, gemeinschaftliche Geschäfte aus dem Bereich des § 687 Abs. 2 BGB auszuklammern, liegt daran, dass die tradierte Lehre im Rahmen der Theorie des fremden Geschäfts das sog. auch-fremde-Geschäft als Mittel der Zuweisung von Kosten und Lasten an einen Letztzuständigen nicht deutlich abgrenzt vom gemeinsamen Geschäft der gleichrangigen Zuständigkeit von Geschäftsführer und Geschäftsherr. Überhaupt ist es wenig glücklich, dass die hL zur Ausfüllung des Begriffs des objektiv fremden Geschäfts auf die überkommene, auch im Rahmen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag des § 677 BGB benutzte Formel zurückgreift: objektiv fremd sei ein Geschäft, das als solches nicht zum Rechtskreis des Geschäftsführers, sondern ausschließlich zum Rechtskreis des Geschäftsherrn gehört112. Dieses tradierte Begriffsverständnis, das einen allgemeinen Begriff des (objektiv) fremden Geschäfts in das Recht der §§ 677 bis 687 BGB hineinliest, ist bereits im Ausgangspunkt missverständlich. Denn selbst, wenn man der tradierten aber falschen Lehre folgt und das Vorliegen eines fremden Geschäfts auch für den Tatbestand der echten Geschäftsführung ohne Auftrag verlangt, so hat doch der Begriff des objektiven fremden Geschäfts im Rahmen des § 677 BGB einen wesentlich anderen (weiteren) Inhalt und Anwendungsbereich als der Begriff des fremden Geschäfts in § 687 Abs. 2 BGB113. Der Begriff des fremden Geschäfts in § 677 BGB dient der tradierten Lehre zum Zweck der richtigen Verteilung von Gütern, Lasten und Risiken im Sinne einer Folgenzurechnung an den Träger der höherrangigen Zuständigkeit114. Ganz überwiegend im Vordergrund stehen Fälle der Zuweisung von Kosten und Lasten (Regress) an den Letztverantwortlichen, die ihr bereicherungsrechtliches Pendant in der Rückgriffs- und Aufwendungskondiktion finden. Der Transfer eines Vermögenszuwachses aus dem (fremdnützigen) Eingriff in eine Rechtsposition (Gewinnerzielungschance), die dem Geschäftsherrn und nicht dem Geschäftsführer zusteht, spielt hier kaum eine Rolle. Vollkommen andere Erwägungen gelten für den Begriff des fremden Geschäfts im Geschäftsanmaßungsrecht. Ein fremdes Geschäft iSd § 687 Abs. 2 112 RGZ 138, 45 (48), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32; Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (76 f.); Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 4; Planck/Lobe4 (1928) § 687 Anm. 3. 113 Vgl. Gursky, Der Tatbestand der Geschäftsführung ohne Auftrag, AcP 185 (1985), 13 (18 f.). Eingehend: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 41 ff.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 512 ff. 114 Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 52 ff.

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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BGB maße ich mir an, wenn ich in eine Rechtsposition eingreife, die einer anderen Person zur Gewinnerzielung zugewiesen ist. Ein Beispiel: erfülle ich eine fremde Verbindlichkeit oder bewahre eine fremde Sache vor dem Untergang, so erledige ich in der Terminologie der tradierten Lehre ein fremdes Geschäft iSd § 677 BGB; denn die Kosten und Lasten meiner Geschäftsführung hat letztlich der Schuldner oder Eigentümer zu tragen. Mit § 687 Abs. 2 BGB hat dies ersichtlich nichts zu tun. Für die subordinationsrechtliche Lehre ist es einfacher, diesen Zusammenhang festzustellen. Nach ihr ist die echte Geschäftsführung das gesetzliche Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten Interessenwahrnehmung (Subordination) für einen anderen. Tragendes Tatbestandsmerkmal der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist das normativ zu verstehende Merkmal der Geschäftsführungsabsicht; dagegen kennt das echte Geschäftsführungsrecht keinen Begriff des fremden Geschäfts. Von daher ist die autonome, von den §§ 677 bis 686 BGB unbeeinflusste Auslegung des fremden Geschäfts als Tatbestandsmerkmal der Geschäftsanmaßung eine reine Selbstverständlichkeit. Verstärkt wird dieser Erkenntniseffekt noch dadurch, dass echte Geschäftsführung und Geschäftsanmaßung (zunächst) in keiner irgendwie gearteten komparativen, transitiven Relation stehen: die echte Geschäftsführung ohne Auftrag ist die fremdnützige Geschäftsführung für einen anderen, die Geschäftsanmaßung – quasi als Antipode – die eigennützige Anmaßung einer einem Dritten zugewiesenen Rechtsposition. Erst der Kunstgriff des Labeo schafft bei der vorsätzlichen Anmaßung eines fremden Geschäfts das Konstrukt einer fiktiven Treuhand. Ob das Geschäft, dessen Führung sich jemand als eigenes anmaßt, ein fremdes Geschäft ist, bestimmt sich danach, ob einem anderen die Gewinnerzielungsmöglichkeit für dieses Geschäft zugewiesen ist. Die Zuweisungslehre ist an diesem Maßstab gemessen teilweise zu eng, teilweise zu weit. Aber auch wenn der Begriff des fremden Geschäfts sich nicht sicher nach der Zuweisungslehre begründen lässt, so bietet es sich doch aus rechtspraktischen Erwägungen an, bei der Bestimmung einer Gewinnerzielungschance an der in Lehre und Praxis doch schon weitgehend ausgebildeten Zuweisungslehre anzusetzen115. Da der Zuweisung einer Rechtsposition in den meisten Fällen – mit Ausnahme namentlich der Lizenzfälle – die Gewinnerzielungsmöglichkeit korrespondiert, kann man sich auf (seltene) Korrekturen im Einzelfall beschränken. Fremd ist danach grundsätzlich ein Geschäft, wenn sich der Geschäftsführer eine Rechtsposition anmaßt, die nach dem Willen der Rechtsordnung einer anderen Person zur ausschließlichen Nutzung und Verwertung zugewiesen ist116. 115 Krit. gegenüber der Übernahme der Zuweisungslehre: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 112 ff. 116 BGHZ 107, 117 (120), Urt. v. 9. 3. 1989 – I ZR 189/86; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 1 b = S. 169 f.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 426 ff.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Natürlich verlagert der Rückgriff auf die Zuweisungslehre das Problem nur um eine Stufe. Die Zuweisungslehre steht vor der schwierigen Aufgabe, im Einzelfall zu bestimmen, welchen Positionen der erforderliche Zuweisungsgehalt zukommt und wie weit dieser reicht. Von einer abschließenden Klärung ist man, wenn auch schon viel erreicht wurde, weit entfernt117. In einer ersten Annäherung verdienen Larenz/Canaris Zustimmung, die den Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition im Kern durch ihren Deliktsschutz bestimmt sehen118, aber zutreffend eine gewichtige Ausnahme machen: Rechtspositionen ohne Entgeltsfähigkeit kommt kein Zuweisungsgehalt zu119. Die Entgeltsfähigkeit fehlt solchen Rechtspositionen, die per se dem Rechtsverkehr entzogen sind. So ist etwa der Kernbereich der Menschenwürde deliktisch geschützt, es fehlt ihr aber, da sie unverzichtbar ist, die Entgeltsfähigkeit. Um dem Begriff des fremden Geschäfts gerecht zu werden, muss man noch einen Schritt weiter gehen, und die Entgeltsfähigkeit um den ökonomischen Gedanken der Marktgängigkeit ergänzen120. Zusammenfassend kann man daher vom Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition sprechen, wenn eine Rechtsposition (a) deliktisch geschützt ist und (b) eine von der Rechts- und Wirtschaftsordnung anerkannte Verwertungsmöglichkeit besteht121. Der Begriff des fremden Geschäfts wird damit grundsätzlich durch drei Merkmale konstituiert, die kumulativ vorliegen müssen: aus der Lehre vom Zuweisungsgehalt ergeben sich die ersten beiden Positionen: es muss (a) eine deliktisch geschützte Rechtsposition vorliegen, für die (b) eine von der Rechts- und Wirtschaftsordnung anerkannte Verwertungsmöglichkeit besteht. Einschränkend ist (c) weiter zu fordern, dass die Verwertungsmöglichkeit nicht nur darin besteht, eine Lizenzgebühr verlangen zu dürfen, sondern dass ihr eine tatsächliche Gewinnerzielungschance korrespondiert. Hinzukommt der bereits oben erwähnte, von der Zuweisungslehre nicht erfasste Fall, dass dem Geschäftsanmaßer eine Position zwar formaljuristisch zugewiesen ist, er aber materiellrechtlich dem Geschäftsherrn die Herausgabe schuldet (siehe § 17 III 1)122. Kei117 Vgl. nur Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 7 III = S. 248 ff.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 429 ff., 437 ff. 118 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 1 c = S. 170 f.; krit.: Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 428 f. 119 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 1 d = S. 171 f. mit auf den bereicherungsrechtlichen Abschöpfungsgedanken bezogener Begründung. Vgl. Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 453 ff., 462 ff. 120 Vgl. dazu Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 7 III 2 c = S. 256 f.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 455 f., 460 ff. 121 AA: Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Böhm, 1965, S. 163 (165 ff.), für den es im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB nicht auf die Art des verletzten Rechts, sondern allein darauf ankommt, dass eine verbindliche Interessenregelung den Geschäftsanmaßer zugunsten des Geschäftsherrn aus dem entsprechenden Geschäftsbereich ausschließt. 122 AA: BGHZ 75, 203 (205), Urt. v. 11. 10. 1979 – VII ZR 285/78: ist der Veräußerer dage-

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nesfalls kann auf die Punkte (b) und (c) verzichtet werden mit Hinweis auf das gesteigerte Verschulden (Vorsatz) und die Rechtswidrigkeit der Handlung, frei nach dem Motto: tort must not pay. Rechtsdogmatisch würde man damit die gewollte Idee der Geschäftsanmaßung als fiktiver Treuebruch umgehen. § 687 Abs. 2 BGB verlangt eben nicht nur im Sinne der Rechtwidrigkeitslehre ein rechtswidriges Handeln, sondern eben auch, dass sich dieses auf ein fremdes Geschäft bezieht123, das Verhalten sich mithin als (fiktiver) Treuebruch darstellt. Auch mit Blick auf die Rechtsfolgen ist ein solcher Verzicht nicht empfehlenswert. So würde etwa im Wettbewerbsrecht der Verzicht auf den Zuweisungsgedanken jede vorsätzliche Verletzung der einen anderen Wettbewerber schützenden Verhaltensnormen (Behinderungswettbewerb) einen Anspruch aus Geschäftsanmaßung auslösen. Erst die Nutzbarmachung des Treuhandgedankens ermöglicht überzeugende Ergebnisse124.

2. Beispiele Die abstrakten Ausführungen im Vorstehenden sollen nunmehr an einigen Beispielen verdeutlicht werden.

a. Absolute Rechte Die klassischen fremden Geschäfte betreffen das fremde Eigentum125, die sonstigen absoluten dinglichen Rechte eines anderen, fremde Immaterialgüterrechte126 und, soweit der vermögensrechtliche Zuweisungsgehalt betroffen ist, das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines anderen127. Wer etwa vorsätzlich und in eigennütziger Weise eine fremde Sache veräußert, kann vom Eigentümer gem. § 687

gen Eigentümer geworden, so führt er selbst dann kein fremdes, sondern ausschließlich sein eigenes Geschäft, wenn er die Sache gem. § 812 BGB herausgeben muss; in diesem Fall vereitelt er lediglich einen gegen ihn gerichteten schuldrechtlichen Anspruch; siehe aber auch: Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (77). 123 Vgl. Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 514 f. 124 Vgl. Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Böhm, 1965, S. 163 (171 ff.). 125 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 364 ff. 126 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 376 ff. Allerdings bestehen bereits in den Sondergesetzen Schadensersatzansprüche, die bereits bei Fahrlässigkeit einen Zugriff auf den Verletzergewinn eröffnen. Von daher ist der – weiterhin mögliche – Rückgriff auf § 687 Abs. 2 BGB wenig interessant. 127 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 383 ff. Zum vermögensrechtlichen Zuweisungsgehalt: BGH, NJW 2008, 3782 (Rn. 11 ff.), Urt. v. 5.6.2008 – I ZR 96/07 – Zerknitterte Zigarettenschachtel; BGHZ 169, 193 (Rn. 12 ff.), Urt. v. 5.10.1006 – I ZR 277/03 – kinskiklaus.de.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Abs. 2 BGB in Anspruch genommen werden128. Die Anmaßung muss nicht in einer rechtsgeschäftlichen Verfügung über das fremde Recht liegen. Auch tatsächliche Nutzungs- oder Verwertungshandlungen können das fiktive Treuhandverhältnis der Geschäftsanmaßung auslösen. Wer etwa ein fremdes Grundstück zur Aufstellung einer Baubude benutzt, obwohl der Eigentümer auf Anfrage ausdrücklich die Genehmigung verweigert, maßt sich vorsätzlich ein fremdes Geschäft an129. Ebenso führt ein fremdes Geschäft, wer in fremden Flözen abbaut130 oder die einem anderen zustehende Erfindung anmeldet131. Auch die Gebrauchsüberlassung (Vermietung) von Sachen ist grundsätzlich ein Geschäft des Eigentümers132. Vermietet ein Dritter im Bewusstsein seiner fehlenden Berechtigung in eigennütziger Weise fremde Sachen, steht der Weg des § 687 Abs. 2 BGB offen. Allerdings ist zu beachten, dass der auf Übereignung oder Gebrauchsüberlassung gerichtete schuldrechtliche Verpflichtungsvertrag (Kaufvertrag, Mietvertrag) noch kein objektiv fremdes Geschäft darstellt, da hier lediglich eine eigene Verpflichtung des Geschäftsanmaßers begründet wird; objektiv fremd wird das Geschäft erst mit dem sachbezogenen Vollzug, also der Übereignung oder Überlassung133. Muss die Handlung des Geschäftsanmaßers auch keine rechtsgeschäftliche Handlung sein, so muss sie doch überhaupt einen geschäftlichen Charakter haben134, um Gegenstand einer fiktiven Treuhand sein zu können. Eine sinnlose Zerstörung einer fremden Sache aus purem Übermut ist eine deliktische Sachbeschädigung, aber keine Geschäftsanmaßung135. Auch der Akt des Diebstahl einer fremden Sache ist noch keine Geschäftsanmaßung, sondern reine unerlaubte Handlung. Erst die weitere Verwertung durch den Dieb kann sich als fiktive Treuhand darstellen.

aa. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Der deliktische Schutz, den das (allgemeine) Persönlichkeitsrecht über die §§ 823, 253 Abs. 2 BGB erfährt, wird allgemein als unzureichend empfunden. Medienunternehmen lassen sich von der deliktsrechtlichen Sanktion (Schmerzensgeld) kaum mehr beeindrucken. Auch die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) erweisen sich als wenig effektiv, sofern sie lediglich auf Herausgabe der angemessenen Lizenzgebühr gerichtet sind: die nachträgliche Vergütungspflicht ist längst einkalkuliert und häufig mühelos aus den eingestrichenen Gewinnen zu bezahlen. Solange die Ersatzansprüche niedriger 128 129 130 131 132 133 134 135

RGZ 138, 45 (48 f.), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32. BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61. RGZ 135, 94 (103), Urt. v. 27. 1. 1932 – V 97/31. RGZ 84, 49 (53), Urt. v. 14. 1. 1914 – I 181/13. RGZ 105, 408 (409 f.), Urt. v. 1. 12. 1922 – VII 64/22. BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 11; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 10. Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 3 d b. Vgl. dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 99 f.

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sind als die materiellen Vorteile des Geschäftsanmaßers, hat dieser wenig Anreiz, die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu achten. Daher hat sich nun weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass das einzig wirksame Mittel gegen die Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit durch Presse und Werbung die Verpflichtung zur Herausgabe des Gewinns ist. Als möglicher Anknüpfungspunkt ist § 687 Abs. 2 S. 1 BGB in den Mittelpunkt des Interesses gerückt136. Allerdings ist zu bedenken, dass § 687 Abs. 2 BGB und seine Idee der fiktiven Treuhand als „Präventionsmittel“ zur Abwehr von Persönlichkeitsverletzungen nur beschränkt tauglich ist137. Man sollte die Leistungsfähigkeit des § 687 Abs. 2 BGB in dieser Hinsicht nicht überschätzen. Der Tatbestand der Geschäftsanmaßung setzt voraus, dass sich jemand rechtswidrig ein fremdes Geschäft anmaßt. Von einem fremden Geschäft kann aber im ersten Zugriff nur dann gesprochen werden, wenn zumindest eine Rechtsposition des Geschäftsherrn im Sinne der Zuweisungslehre zugewiesen ist. Der Zuweisungsgehalt einer Rechtsposition setzt nun seinerseits zweierlei voraus: einmal muss die Rechtsposition (a) deliktisch geschützt sein; zum anderen (b) muss eine von der Rechtsund Wirtschaftsordnung anerkannte marktfähige Verwertungsmöglichkeit bestehen. Gerade die letztere Voraussetzung der wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeit und rechtlichen Verwertungsfähigkeit kann zu der – aus Perspektive des Rechtsgüterschutzes – ärgerlichen Konsequenz führen, dass besonders einschneidende Persönlichkeitsverletzungen mangels rechtlicher oder ökonomischer Verwertungsmöglichkeiten aus dem Bereich der Geschäftsanmaßung ausscheiden. Zur Erläuterung kann auf die Paul-Dahlke- und die Herrenreiter-Entscheidung des BGH hingewiesen werden. Grundsätzlich verpflichtet der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht (Recht am eigenen Bild) zur Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr138; allerdings scheidet ein Anspruch auf die Lizenzgebühr aus, „wenn eine Zustimmung des Verletzten zur Verwertung von vorneherein 136 Beuthien, Was ist Vermögenswert, die Persönlichkeit oder ihr Image?, NJW 2003, 1220 (1221 f.); v. Gerlach, Gewinnherausgabe bei Persönlichkeitsverletzungen nach schweizerischem Vorbild?, VersR 2002, 917; Schlechtriem, Anmerkung zu BGH, Urt. v. 15.11.1994 – VI ZR 56/94, JZ 1995, 362 (364); Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (88 ff.); ders., Geldersatz für Persönlichkeitsverletzungen, ZEuP 2000, 200 (220 ff.); Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 173 ff.; auch Canaris, Gewinnabschöpfung bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, FS-Deutsch, 1999, S. 85 (86); Hoppe, Gewinnorientierte Persönlichkeitsverletzung in der europäischen Regenbogenpresse, ZEuP 2000, 29; aA: Mestmäcker, Eingriffserwerb und Rechtsverletzung in der ungerechtfertigten Bereicherung, JZ 1958, 521 (525): „Der Inhalt des Rechts (Anm.: des Persönlichkeitsrechts) ist … der Anspruch auf Achtung gegen Dritte und zwar auf Achtung der Würde des Menschen als sittliche Person, nicht die Berechtigung an einem vermögensrechtlich nutzbaren Herrschaftsgegenstand“. 137 Soweit ersichtlich hat der BGH § 687 Abs. 2 BGB bei Persönlichkeitsverletzungen noch nicht herangezogen (Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 383). 138 BGHZ 20, 345 (353 f.), Urt. v. 8. 5. 1956 – I ZR 62/54 – Paul Dahlke.

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wegen der Schwere der Persönlichkeitsverletzung überhaupt nicht in Betracht kommt“139. So groß die Versuchung auch sein mag, sich aus dieser Schwierigkeit dadurch zu befreien, dass überhaupt jedes vorsätzliche, rechtswidrige Handeln unter § 687 Abs. 2 BGB subsumiert wird nach dem Motto „tort must not pay“, so ist dieser Weg doch angesichts der Fassung des § 687 Abs. 2 BGB nicht gangbar140. Das deutsche Geschäftsanmaßungsrecht knüpft eben nicht allein an der Rechtswidrigkeit eines Verhaltens an, sondern verlangt auch, dass ein fremdes „Geschäft“ geführt wird. Diese Regelungssituation mag unbefriedigend sein, ist aber de lege lata nicht zu überwinden. De lege ferenda besteht die Möglichkeit, sich am Schweizer Recht zu orientieren, das in Art. 28a ZGB ausdrücklich einen Gewinnherausgabeanspruch bei Persönlichkeitsverletzungen statuiert141: Art. 28a ZGB. (1)… (2) … (3) Vorbehalten bleiben die Klagen auf Schadenersatz und Genugtuung sowie auf Herausgabe eines Gewinns entsprechend den Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.

Man darf sich durch die Verweisung auf das Geschäftsführungsrecht (unechte Geschäftsführung) nicht täuschen lassen. Schmid lehnt in seiner gründlichen Arbeit über das Schweizer Geschäftsführungsrecht eine Beschränkung der Gewinnherausgabe auf vermögenswerte Nutzungsansprüche ab142. Zudem ist auf die Möglichkeit der (indirekten) Gewinnabschöpfung außerhalb des Geschäftsführungsrechts hinzuweisen. In der Caroline-von-Monaco-Entscheidung hat der BGH unter Hervorhebung des Genugtuungs- und Präventionsgedankens ausgesprochen, dass bei Bemessung des Entschädigungsanspruchs (§§ 823, 253 BGB) wegen Zwangskommerzialisierung der Persönlichkeit zur Auflagensteigerung der eingefahrene Gewinn zu berücksichtigen ist143. Dieser Weg ist 139 BGHZ 26, 349 (352 f.), Urt. v. 14. 2. 1958 – I ZR 151/56 – Herrenreiter; BGHZ 60, 206 (211), Urt. v. 16. 2. 1973 – I ZR 74/71; zustimmend: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 37 ff.; dazu: Wagner, Geldersatz für Persönlichkeitsverletzungen, ZEuP 2000, 200 (210 ff.). 140 Vgl. Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 173 ff. Dagegen will Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (88 ff.) die Gewinnabschöpfung nicht auf den Eingriff in den patrimonialen Schutzbereich des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts beschränken. 141 Dazu v. Gerlach, Gewinnherausgabe bei Persönlichkeitsverletzungen nach schweizerischem Vorbild?, VersR 2002, 917 (918 ff.). 142 Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 917 ff. 143 BGHZ 128, 1 (15 f.), Urt. v. 15. 11. 1994 – VI ZR 56/94 – Caroline von Monaco; krit. v. Gerlach, Gewinnherausgabe bei Persönlichkeitsverletzungen nach schweizerischem Vorbild?, VersR 2002, 917.

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durchaus möglich. Bereits oben wurde dargelegt, dass § 687 Abs. 2 BGB keinesfalls im Sinne einer Ausschlusswirkung einem Anspruch auf Gewinnherausgabe entgegensteht (siehe § 17 III 2). Auch wenn die Voraussetzungen einer Geschäftsanmaßung im Einzelfall etwa mangels marktfähiger Verwertungsmöglichkeit nicht vorliegen, kann sich doch auf andere Erwägungen gestützt ein Herausgabeanspruch begründen lassen.

bb. Untervermietung und Doppelvermietung Nach hM soll Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB des Vermieters gegen den Mieter bei unberechtigter Untervermietung nicht in Betracht kommen, da die Untervermietung kein Geschäft des Vermieters sei: die Untervermietung sei auch dann, wenn sie unberechtigt erfolgt, ein dem Mieter zugewiesenes Geschäft144. Im Ergebnis hat die hM Recht145. Insgesamt stellt sich die Rechtslage differenziert dar. Nähert man sich der Problematik von der Zuweisungslehre her, so wird man kaum um die Erkenntnis herum kommen, dass der Geschäftsanmaßer ein Geschäft führt, das ihm und dem Vermieter gemeinschaftlich zugewiesen ist. Denn die Untervermietung ist eben nicht ausschließlich dem Mieter zugewiesen (auch wenn dieser nach außen den Untermietvertrag unterzeichnet), sondern eben auch dem Vermieter. Nach § 540 Abs. 1 BGB ist der Mieter zur Untervermietung nur bei Erlaubnis des Vermieters berechtigt (Zustimmungsvorbehalt). Hierbei handelt es sich nicht um eine reine interne Pflicht des Mieters, die Einwilligung des Vermieters einzuholen, die aber auf das Untermietverhältnis ohne Einfluss bleibt. Das Untermietverhältnis hat nur dann gegenüber dem Vermieter „Bestandskraft“, wenn dieser auch zustimmt: andernfalls kann der Vermieter jederzeit die Mietsache vom Untermieter herausverlangen (§§ 985, 986 Abs. 1 S. 2 BGB)146. Zwar korrespondiert nicht jedem – auch gegen Dritten durchsetzbaren – Unterlassungsanspruch per se ein (vermögensrechtlicher) Zuweisungsgehalt. Ein Zuweisungsgehalt ist aber anzunehmen, wenn dem Unterlassungsanspruch die Rechtsmacht korrespondiert, den Unterlassungsanspruch durch entgeltliche Gestattung des Eingriffs wirtschaftlich zu 144 BGHZ 131, 297 (306 f.), Urt. v. 13. 12. 1995 – XII ZR 194/93; BGH, NJW 2002, 60 (61), Urt. v. 21. 9. 2001 – V ZR 228/00; BGH, NJW 1964, 1853, Urt. v. 20. 5. 1964 – VIII ZR 235/63; BGH, LM BGB § 535 Nr. 42, Urt. v. 8. 1. 1969 – VIII ZR 184/66; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 153 f.; Söllner, Herausgabe des Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung?, JuS 1967, 449 (451); aA: Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 a = S. 173; Theuffel, Herausgabe des Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung?, JuS 1997, 886; Herschel, Herausgabe des Untermietzinses bei unberechtigter Untervermietung?, JuS 1968, 562; Berg, Hauptprobleme der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1975, 681 (688 f.): Gebrauch der Sache stehe dem Eigentümer zu und sei dem Mieter nur in den Grenzen der vertraglichen Vereinbarung gestattet; ebenfalls für das schweizerische Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1247. 145 Vgl. aber auch Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 88 ff., 478 ff. 146 Vgl. Staudinger/Gursky (2006) § 986 Rn. 42.

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verwerten. Eine solche Lizenzbefugnis ist beim Zustimmungsvorbehalt des Vermieters sogar gesetzlich anerkannt (§ 553 Abs. 2 BGB)147. Ein Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf ein angemessenes Entgelt gem. § 812 BGB unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion wäre daher begründet. Keinesfalls aber kann der Vermieter einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB geltend machen148: denn die Gewinnerzielungsbefugnis bei der Untervermietung ist ausschließlich dem Mieter zugewiesen. Der Vermieter kann nur mittelbar über das Entgelt für die Zustimmung zur Untervermietung profitieren. Soweit der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB betroffen wird, ist daher auch die Doppelvermietungsentscheidung des BGH zutreffend149. Der Vermieter hatte dem A ein Grundstück zur ausschließlichen Nutzung x vermietet und überlassen. Später vermietete und überließ er einen Teil des Grundstücks an den B zu der (von x nicht erfassten) Nutzung y. Der BGH verneinte einen Anspruch des A aus § 687 Abs. 2 BGB: der Vermieter habe mit der Vermietung zur Nutzung kein Geschäft des Mieters A geführt, da dieser das Grundstück nicht zur Nutzung y hätte vermieten dürfen150. Auch hier ist wieder zu differenzieren: man wird dem Mieter wegen seines geldwerten, gegenüber dem Zweitmieter durchsetzbaren Unterlassungsanspruchs einen Bereicherungsanspruch gegen den Vermieter auf angemessene „Lizenzgebühr“ zugestehen müssen. Denn nach dem Zuweisungsgehalt ist das Geschäft Vermieter und Mieter gemeinschaftlich zugewiesen. Sicherlich kann der Vermieter das Grundstück obligatorisch an jeden beliebigen Dritten zu jeder beliebigen Nutzung vermieten. Eine „bestandskräftige“ Vermietung an den Zweitmieter B kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Erstmieter zustimmt. Ansonsten kann der Erstmieter A mit Hilfe der Besitzansprüche den B jederzeit aus einem Besitz wieder herausdrängen (§ 861 BGB). Diese absolut, gegenüber jedermann geschützte Position ist sicherlich nicht weniger marktfähig als das Zustimmungsrecht des Vermieters bei der Untervermietung. Weil der Mieter keine Gewinnerzielungsbefugnis bzgl. der Doppelvermietung hat, kommt ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB nicht in Frage.

b. Forderungen Auch Forderungen können Gegenstand einer Geschäftsanmaßung sein, nämlich dann, wenn in die Forderungszuständigkeit eingegriffen wird; das meint Fälle, in denen jemand mit Wirkung gegenüber dem Gläubiger eine Forderung einzieht oder in sonstiger Weise über sie verfügt, was Vorschriften wie §§ 407 f. 147 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 88 ff.; Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 57 ff. 148 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 163 ff. 149 BGHZ 167, 312, Urt. v. 10.5.2006 – XII ZR 124/02. 150 BGHZ 167, 312 (Rn. 35), Urt. v. 10.5.2006 – XII ZR 124/02; vgl. dazu: Helms, Grenzen der Gewinnabschöpfung bei vorsätzlichem Vertragsbruch, ZEuP 2008, 150 (156 f., 163 f.), der dem BGH wohl letztlich zustimmt.

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BGB ermöglichen151. Ein Zugriff auf den Leistungsgegenstand fällt dagegen nicht in den Anwendungsbereich des § 687 Abs. 2 BGB152. Es liegt daher keine Geschäftsanmaßung vor, wenn der Geschäftsanmaßer vom Schuldner eine Sache erwirbt, die dieser bereits dem Geschäftsherrn versprochen hat. Dies ist nur dann ausnahmsweise anders, wenn die Verleitung zum Vertragsbruch sittenwidrig ist und den Tatbestand des § 826 BGB erfüllt153: eine solche Forderung auf Übereignung der Kaufsache ist nicht mehr nur relativ im Verhältnis zum Vertragspartner geschützt, sondern im Rahmen des § 826 BGB auch gegenüber dem sittenwidrig handelnden Dritten. Außerhalb des Anwendungsbereichs ist aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt auf § 687 Abs. 2 BGB zurückzugreifen, dass es für den Begriff des fremden Geschäfts nicht nur auf die formaljuristische, sondern auch auf die materielle Zuordnung ankommt. Denn sicherlich mag der Forderungsgegenstand schuldrechtlich bereits dem Geschäftsherrn zugewiesen sein. Dieser kann sich gem. § 285 BGB auch an den Schuldner halten. Aber wegen der Relativität der Schuldverhältnisse wirkt diese Zuweisung nicht gegenüber dem Geschäftsanmaßer.

c. Gesetzliche Schutzvorschriften; unlauterer Wettbewerb Die Anmaßung eines fremden Geschäfts kann auch in dem Verstoß gegen Schutzgesetze iSd § 823 Abs. 2 BGB liegen154. Veröffentlicht etwa eine Zeitung ein Geschichte, deren Kenntnis sie sich unter Verstoß gegen § 201 Abs. 2 StGB verschafft hat, oder verwertet ein Patentanwalt unter Verletzung der §§ 203 f. StGB ein Geheimnis, das ihm der Mandant anvertraut hat, so löst dies bei vorsätzlichem Handeln den Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB aus155. Baut jemand seinen Supermarkt entgegen nachbarschützenden baurechtlichen Vorschriften zu nahe an die Grenze, so liegt auch darin die Anmaßung eines fremden Geschäfts156: der Zuweisungsgehalt des Eigentums wird durch die betreffenden Normen entsprechend erweitert. Aber auch hier ist wieder zu bedenken, dass nicht allein der deliktische Schutz einer Rechtsposition für das Vorliegen eines fremden Geschäfts konstitutiv ist, sondern weiterhin muss eine von der Rechtsund Wirtschaftsordnung anerkannte Verwertungsbefugnis (Entgeltsfähigkeit) und Gewinnerzielungschance hinzukommen. Anerkennt man etwa im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) ein Schutzgesetz zugunsten der Anwälte157, so 151 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 152; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 d, 76 II 4 g = S. 174 f., 397 f. 152 Vgl. aber auch: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 489 ff. Anders: v. Zeiller, Das natürliche Privatrecht 3, 1819, § 138 = S. 197. 153 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 g = S. 177. 154 AA Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 19. 155 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 g = S. 177. 156 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 g = S. 177. 157 Nach der Auffassung von Römermann, RDG – zwei Schritte vor, einen zurück, NJW

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handelt es sich bei der dadurch vermittelten Rechtsposition doch um keine wirtschaftlich verwertbare Rechtsposition des einzelnen Anwalts158. Hinsichtlich der Vorschriften gegen unlauteren Wettbewerb ist zu differenzieren159. Zwar sind die Vorschriften des UWG dogmatisch Teil des Deliktsrechts und seine Vorschriften teilweise Schutzgesetze iSd § 823 Abs. 2 BGB. Die dadurch vermittelten Rechtspositionen sind aber im Grundsatz entsprechend der Idee des Wettbewerbs (vgl. § 1 GWB) der Disposition des geschützten Wettbewerbers entzogen160. Etwas anderes gilt nur, wenn eine Wettbewerbsposition eine den Immaterialgüterrechten vergleichbare Grundlage hat und damit dem Berechtigten eine kommerzielle und entgeltsfähige Verwertungs- und Gewinnerzielungsmöglichkeit gewährt. Jeder Fall bedarf daher besonderer Betrachtung161: so fehlt es den wettbewerbsrechtlich geschützten Rechtspositionen beim Behinderungswettbewerb am erforderlichen Zuweisungsgehalt162; in den Fällen des Anschwärzens, der persönlichen Werbung, des Abwerbens von Mitarbeitern und Kunden, der Diskriminierung und des Boykotts mag der Verletzer zwar rechtswidrig handeln, aber er maßt sich doch kein Geschäft des Verletzten iSd § 687 Abs. 2 BGB an. Beutet dagegen der Verletzer fremde Geschäftsund Betriebsgeheimnisse (§§ 4 Nr. 9 lit. c, 17, 18 UWG)163 aus, oder bietet er Waren und Dienstleistungen an, die eine Nachahmung von Leistungen des Verletzten sind, so maßt er sich – sofern alternativ die weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 lit. a bis c UWG vorliegen – ein fremdes Geschäft an164. 2008, 1249 (1254) hat das RDG im Vergleich zum alten RBerG nur an wenigen Stellen eine Öffnung des Rechtsberatungsmarktes gebracht. 158 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 g = S. 177. 159 Zum bereicherungsrechtlichen Schutz von UWG-Positionen: Loewenheim, Bereicherungsansprüche im Wettbewerbsrecht, WRP 1997, 913; Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 52 ff.; Beater, Unlauterer Wettbewerb, 2005, § 30 Rn. 79 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 f = S. 175 f.; Reuter/Martinek, Ungerechtfertigte Bereicherung, 1983, § 7 IV 2 f = S. 279 ff.; Staudinger/Lorenz (2007) Vorbem 70 f zu §§ 812 ff. Die Frage der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Wettbewerbsverstöße hat bisher kaum Beachtung gefunden: eingehend dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 396 ff.; auch: Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 (91). 160 Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 f = S. 176. 161 Vgl. Beater, Unlauterer Wettbewerb, 2005, § 30 Rn. 84 ff.; Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 415 ff.; auch: Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 2 f = S. 176. 162 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 54 ff. Siehe aber auch: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 419 ff. 163 Vgl. BGH, NJW 1977, 1062, Urt. v. 18. 2. 1977 – I ZR 112/75 – Prozeßrechner. 164 AA: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 53.Vgl. BGHZ 57, 116, Urt. v. 8. 10. 1971 – I ZR 12/70 – Wandsteckdose II; BGHZ 119, 20, Urt. v. 17. 6. 1992 – I ZR 107/90 – Tchibo/Rolex II; BGHZ 122, 262, Urt. v. 22. 4. 1993 – I ZR 52/91 – Kollektion Holiday; BGH, NJW-RR 1992, 232, Urt. v. 23. 5. 1991 – I ZR 186/89 – Kastanienmuster; unredliche Verwertung fremder Betriebsgeheimnisse: BGH NJW 1977, 1062, Urt. v. 18. 2. 1977 – I ZR 112/75 – Prozeßrechner; Siehe auch Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 475 f.

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d. Relativ geschützte Interessenbereiche Sehr umstritten und noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob neben der Verletzung absolut geschützter Rechtspositionen auch der Übergriff in einen dem Geschäftsherrn nur vertraglich vorbehaltenen Interessenbereich die Anmaßung eines fremden Geschäfts sein kann165. Hinter dieser abstrakten Problemstellung steht die Frage, ob der Geschäftsherr bei Verletzung vertraglich begründeter Alleinvertriebsrechte oder ihn begünstigender Wettbewerbsverbote gegen seinen ungetreuen Vertragspartner – und nur um diesen geht es im Grundsatz, da ja auch nur ihm gegenüber der Interessenbereich geschützt ist166 – aus §§ 687 Abs. 2, 681 S. 2, 667 BGB vorgehen kann. Zwar liegt in diesen Fällen eine vorsätzliche Vertragsverletzung vor, die den Vertragspartner gem. § 280 BGB zum Schadensersatz verpflichtet; doch ist damit dem Berechtigten nicht gedient, wenn er den vom Vertragsbrüchigen vereinnahmten Gewinn herausverlangen will. In der Lehre sind es vor allem Nipperdey und neuerdings Helms, die die Fremdheit einer Rechtsposition nicht absolut, sondern relativ im Verhältnis zum jeweiligen Schädiger bestimmen wollen. So sei die Benutzung eines fremden Patents nicht etwa deshalb ein fremdes Geschäft, weil der Patentinhaber ein gegenüber jedermann geschütztes Recht habe, sondern weil er im konkreten Verhältnis zum unbefugten Nutzer allein berechtigt sei167. Auch ein durch Ver165 So: OLG Saarbrücken, NJW 1960, 2339, Urt. v. 15. 6. 1960 – 1 U 130/59; Mueser, Die praktische Bedeutung des § 687, Abs. 2 BGB, 1934, S. 18 ff.; Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 1235 ff.; Bollenberger, Gewinnabschöpfung bei Vertragsbruch, ZEuP 2000, 893 (904); Gass, Anmerkung zu OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.6.1960 – 1 U 130/59, NJW 1960, 2339; Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (77); Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS-Böhm, 1965, S. 163; Schwark, Vertragliche Wettbewerbsverbote bei Praxisübernahme, JuS 1989, 707 (708, 709 f.); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 II b = S. 452; aA: RG, HRR 1933 Nr. 1640, Urt. v. 24. 3. 1933 – II 366/32; OLG Hamburg, OLGRspr 22 (1911) 328 (329), Urt. v. 14. 7. 1910; Rosenkranz, Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten?, 1968, S. 76 ff.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, 2008, S. 520 ff.; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 152 f.; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 19; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 687 Rn. 24; Palandt/Sprau 68 (2009) § 687 Rn. 2, 5; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 12. Vgl. auch den eingehenden Überblick über den Meinungsstand bei Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 429 ff.; Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 179 ff. 166 Vgl. Fleck, Vertrag, unerlaubte Eigengeschäftsführung und Anspruchsverjährung, ZIP 1991, 1269 (1273); Schwark, Vertragliche Wettbewerbsverbote bei Praxisübernahme, JuS 1989, 707 (710). 167 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 179 ff., insb. 190 f.; Mueser, Die praktische Bedeutung des § 687, Abs. 2 BGB, 1934, S. 20; Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS-Böhm, 1965, S. 163 (165 ff., 170); Schwark, Vertragliche Wettbewerbsverbote bei Praxisübernahme, JuS 1989, 707 (709 f.); vgl. BAGE 11, 208, Urt. v. 14. 7. 1961 – 1 AZR 288/60.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

trag geschaffener Rechts- und Interessenbereich sei gegenüber Eingriffen des Vertragspartners relativ geschützt. Die überwiegende Lehre steht dem ablehnend gegenüber. Unzutreffend ist allerdings ihr Hinweis, das Recht der Geschäftsanmaßung habe eine die deliktische und die bereicherungsrechtliche Haftung ergänzende und verschärfende Funktion, woraus die Beschränkung auf absolut geschützte Rechtsgüter folge168. Der Gedanke der fiktiven Treuhand lässt sich weder dem Bereicherungsrecht noch dem Deliktsrecht zuweisen, sondern stellt ein Rechtsinstitut sui generis dar, indem quasivertraglich auf ein (quasi-)deliktisches Handeln reagiert wird. Da der Tatbestand der Geschäftsanmaßung sogar die treuwidrige Nutzung formaljuristischer eigener Rechtspositionen erfasst, lässt sich eine zwingende Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 687 Abs. 2 BGB auf absolute Rechte kaum begründen. Gewichtiger ist der Hinweis, dass es des Rückgriffs auf das Geschäftsanmaßungsrechts gar nicht bedürfe und man besser eine vertragliche Lösung versuchen solle169. In der Rechtsprechung fehlt eine klare Linie170. Nachdem das RG zunächst offen gelassen hat, ob bei Eingriffen in vertraglich geschützte Interessenbereiche § 687 Abs. 2 BGB zur Anwendung kommen kann171, ging es später davon aus, dass für die Anwendung der Geschäftsanmaßungsregeln kein Raum ist, wenn der ungetreue Vertragspartner seinen vertraglichen Handlungs- und Unterlassungspflichten zuwider handelt172. Das BAG sah dagegen einen Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB gegen einen Betriebsberater als begründet an, der als Angestellter eine ihm übertragene Beratung im Einvernehmen mit dem Kunden als eigenes Geschäft durchgeführt und dafür Honorare vereinnahmt hatte173; auch die Pflicht zur Herausgabe von Schmiergeldern wird vom BAG aus § 687 Abs. 2 BGB hergeleitet174. Eine eindeutige Stellungnahme des BGH steht noch aus175. In einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 hatte es der 1. Zivilsenat unter Hinweis auf den Vorrang der vertraglichen Regelung (§ 280 BGB) abgelehnt, im Fall eines Verstoßes gegen eine Alleinvertriebsabrede auf § 687 Abs. 2 BGB zurück-

168 So aber: Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 152 f. 169 Rosenkranz, Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten?, 1968, S. 76 ff.; MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 687 Rn. 24. 170 Vgl. auch die Darstellung bei Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 180 ff. 171 RGZ 92, 201 (203), Urt. v. 12. 2. 1918 – III 254/17; RGZ 89, 99 (103), Urt. v. 17. 11. 1916 – II 395/16. 172 RG, HRR 1933 Nr. 1640, Urt. v. 24. 3. 1933 – II 366/32. 173 BAG, DB 1967, 558, Urt. v. 22. 8. 1966 – 3 AZR 157/66. 174 BAGE 11, 208, Urt. v. 14. 7. 1961 – 1 AZR 288/60; AA: König, Gewinnhaftung, FSCaemmerer, 1978, S. 179 (200); vgl. auch Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (78 f.). 175 BGH, NJW 1988, 3018, Urt. v. 23. 3. 1988 – Iva ZR 41/87; vgl. BGH, NJW-RR 1989, 1255 (1257), Urt. v. 12. 6. 1989 – II ZR 334/87.

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zugreifen176. In einer früheren Entscheidung hatte es der 2. Zivilsenat noch für möglich gehalten, dass einer GmbH auf der Grundlage fortbestehender nachvertraglicher Treuepflichten gegen den ausgeschiedenen Geschäftsführer ein Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB zustehen könne, ohne sich allerdings mit der Problematik näher zu befassen177. Mittlerweile hat der 2. Zivilsenat allerdings die dogmatische Begründung seiner Rechtsprechung für den tätigen Geschäftsführer dahin umgestellt, dass der Geschäftsführer, der seinen Geschäftsführungspflichten zum eigenen Vorteil zuwiderhandelt, wegen Verletzung seiner Geschäftsführerpflichten und nicht wegen Geschäftsanmaßung nach § 687 Abs. 2 hafte178. Der 4. Senat scheint sich in einer Entscheidung aus dem Jahre 1988, auch wenn er sich einer abschließenden Stellungnahme enthalten konnte, für einen Mittelweg entschieden zu haben179: allein das vertragliche Wettbewerbsverbot oder die vertragliche Alleinvertriebsabrede, mit der sich der Berechtigte gegenüber dem Verpflichteten einen bestimmten Interessenbereich sichere, sei nicht ausreichend, dem Berechtigten auch die in diesen Bereich hineinfallenden Geschäfte als seine Geschäfte iSd § 687 Abs. 2 BGB zuzuordnen; solange nicht vertragliche Beziehungen zwischen dem Berechtigten und den Kunden zustande gekommen seien, blieben Geschäfte mit diesen eine bloße Chance, die das Wettbewerbsverbot oder die Alleinvertriebsabrede lediglich verstärke180. Schließe der Verpflichtete in solchen Fällen unter Verstoß gegen das übernommene Wettbewerbsverbot ein Geschäft ab, verletze er zwar seine vertragliche Verhaltenspflicht und beeinträchtige dadurch die dem Berechtigten vorbehaltenen Erwerbsaussichten. Es fehle aber an einem Eingriff in ein vom Berechtigten bereits erlangtes, ihm im Verhältnis zum Verpflichteten ausschließlich zugeordnetes Gut. Diese Gedanken wurden vom 2. Zivilsenat aufgegriffen; obiter dicta hat er ausgesprochen, dass die Vornahme eines Rechtsgeschäfts, das vertraglich abgesicherte Interessenbereiche verletzt, nur dann als Führung eines fremden Geschäfts iSd § 687 Abs. 2 BGB angesehen werden könne, wenn das Geschäft als fremdes äußerlich in Erscheinung trete. Diese Voraussetzung sei regelmäßig erst dann erfüllt, wenn in eine zwischen dem vertraglich Berechtigten und einem Dritten bestehende schuldrechtliche Vereinbarung eingegriffen werde181. 176 BGH, NJW 1984, 2411, Urt. v. 9. 2. 1984 – I ZR 226/81; vgl. Rosenkranz, Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten?, 1968, S. 76 ff. 177 BGH, LM BGB § 687 Nr. 12, Urt. v. 11. 10. 1976 – II ZR 104/75. 178 BGH, NJW-RR 1989, 1255 (1256 f.), Urt. v. 12. 6. 1989 – II ZR 334/87. 179 BGH, NJW 1988, 3018, Urt. v. 23. 3. 1988 – IVa ZR 41/87; dazu: Schwark, Vertragliche Wettbewerbsverbote bei Praxisübernahme, JuS 1989, 707. 180 Vgl. OLG Saarbrücken, NJW 1960, 2339, Urt. v. 15. 6. 1960 – 1 U 130/59; weitergehend: Fleck, Vertrag, unerlaubte Eigengeschäftsführung und Anspruchsverjährung, ZIP 1991, 1269 (1273 f.): begründete Aussicht auf Vertragsschluss reicht aus. 181 BGH, NJW-RR 1989, 1255 (1257), Urt. v. 12. 6. 1989 – II ZR 334/87.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Obwohl man eine Begrenzung des § 687 Abs. 2 BGB auf absolute Rechte meines Erachtens nicht begründen kann, bedarf es in den genannten Fällen der Verletzung vertraglich begründeter Ausschließlichkeitsrechte des Weges über § 687 Abs. 2 BGB nicht182. Ein Gewinnherausgabeanspruch folgt unmittelbar aus einer entsprechenden Anwendung vertragsrechtlicher Vorschriften183. Insbesondere ermöglicht dieser Weg dem Geschäftsherrn, vom ungetreuen Vertragspartner die Herausgabe des Gewinns zu verlangen, ohne dass weiter zu differenzieren wäre, ob sich die durch die Ausschließlichkeitsvereinbarung zugewiesenen Geschäftschancen bereits zu sicheren Rechtspositionen verstärkt haben. Die Vorschrift des § 285 BGB, die eine derartige Verfestigung zu verlangen scheint, steht dem nicht entgegen. Denn die Vereinbarungen, um die es hier geht: Wettbewerbsverbote und Alleinvertriebsrechte, sind durch eine besondere Interessenlage charakterisiert, die auch einfachen Geschäftschancen einen außerordentlichen Schutz zukommen lässt. Für Wettbewerbsverbote ist dies der besondere Subordinationscharakter, der insbesondere in den Vorschriften der §§ 61, 112, 113 HGB, 88 AktG Anerkennung gefunden hat184: der Geschäftsherr kann hier verlangen, dass die eigenmächtig getätigten Geschäfte als auf seine Rechnung eingegangen gelten185. Aber auch für Alleinvertretungsrechte begründet der etwa in § 87 Abs. 2 HGB zum Ausdruck kommende Exklusivitätsgedanke einen Anspruch auf Herausgabe des erzielten Gewinns. Lässt sich die Gewinnherausgabe vertraglich begründen, so braucht es des Rückgriffs auf § 687 Abs. 2 BGB nicht. Wo ohne Vertrag eine fiktive Treuhand vorliegt, liegt bei bestehendem Vertrag eine rechtsgeschäftliche Treuhand mit Gewinnherausgabeanspruch vor. Ich verweise noch einmal auf die Forschungsergebnisse von Helms, der nachgewiesen hat, dass insbesondere die im Mittelpunkt des Interesses stehende Gewinnabschöpfung die natürliche Rechtsfolge der Verletzung von Treuepflichten ist: das Handels- und Gesellschaftsrecht habe dies teilweise kodifiziert186.

182 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 454 ff. spricht von einer Systemwidrigkeit der Anwendung des § 687 Abs. 2 BGB auf Vertragsverletzungen. Die Rechtsfolgen der Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten seien abschließend im Vertragsrecht geordnet. 183 König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 (1558) ist für einen Rückgriff auf § 667 BGB. 184 Kritisch gegenüber der Heranziehung §§ 285 BGB, 61, 113 HGB. 88 AktG: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 185 f. 185 Überhaupt erfasst die Ablieferungspflicht des Beauftragten auch das treuwidrig Erlangte: der Geschäftsbesorger hat einen illoyalen Erwerb abzuliefern (König, Ungerechtfertigte Bereicherung, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts II, 1981, S. 1515 [1555 f.]). 186 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 369 ff., 472 ff.

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3. Die Anmaßung eines fremden Geschäfts a. Eigennützige Absicht Der Geschäftsanmaßer muss das Geschäft als eigenes geführt haben187. Das ist der Fall, wenn er das Geschäft nicht in fremdnütziger Absicht für den Geschäftsherrn (§ 677 BGB), sondern gerade umgekehrt in eigennütziger Weise für sich geführt hat. Wie die Geschäftsführungsabsicht, so ist auch die eigennützige Absicht, für sich selbst zu handeln, ein normativ zu bestimmendes, materieller Wertungen bedürftiges und zugängliches Tatbestandsmerkmal. Entscheidend ist, ob der Handelnde nach dem sozialen Sinn seines Tuns als Geschäftsführer im Sinne einer Interessenwahrnehmung fremdnützig für einen anderen tätig wird oder ob er als Geschäftsanmaßer eigennützig im eigenen Interesse handelt188. Entscheidend ist die normativ zu bestimmende Zweckrichtung der Geschäftsführung. Dagegen kommt es bei der Bestimmung, ob der Handelnde für einen anderen oder für sich handelt, auf einen empirisch zu bestimmenden, natürlichen Willen des Geschäftsherrn nicht an189. Im Einzelnen kann ich zum Phänomen der normativen Geschäftsführungsabsicht zur Vermeidung von Wiederholungen nach oben verweisen (siehe § 2 VI 2, § 8 V 2). Der Tatbestand der Geschäftsanmaßung ist nur dann eröffnet, wenn der Handelnde das Geschäft für sich führt. Die Motivationslage spielt keine Rolle190. Eigensüchtige Motive machen aus einer fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen keine Geschäftsanmaßung. Rette ich das Haus meines Vaters vor der Zerstörung durch ein Feuer, so handele ich auch dann fremdnützig, wenn ich alleine aus der Erwägung heraus handele, das Haus einmal zu erben.

b. Die Geschäftsführung Die Anmaßung des fremden Geschäfts kann – wie bereits gesehen – in einem tatsächlichen (durch Nutzung oder Benutzung) oder einem rechtsgeschäftlichen (Verfügung) Handeln liegen191. Allein der Abschluss eines rechtsge187

Vgl. dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 152 ff. Vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 123 f. Keine Rolle spielt es bei der normativen Bestimmung der Absicht zur Eigengeschäftsführung, ob der Geschäftsanmaßer im eigenen oder fremden Namen handelt (RGZ 138, 45 [49], Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32; Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 119 f.; Planck/Lobe4 (1928) § 687 Anm. 3). Handelt der Geschäftsanmaßer im fremden Namen – aber auf eigene Rechnung – so kann der Geschäftsherr gem. § 177 BGB das Geschäft genehmigen, den Geschäftsanmaßer aber weiterhin gem. § 687 Abs. 2 S. 1 BGB in Anspruch nehmen (Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 3 d a. 189 So aber die tradierte Lehre: BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 8. 190 Vgl. Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 763. 191 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 153. Vgl. dazu eingehend: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 95 ff. 188

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

schäftlichen Vertrages, der den Handelnden verpflichtet, eine fremde Sache zu übereignen oder dem Vertragspartner den Gebrauch der Sache zu überlassen, stellt noch keine Anmaßung dar192. Erst mit dem sachbezogenen Vollzug, also der Verfügung über die Sache oder der tatsächlichen Besitzüberlassung beginnt die Anmaßung. Unzutreffend ist übrigens, wenn man die Geschäftsanmaßung definiert als vorsätzliche Rechtsverletzung193. Oertmann weist zu Recht darauf hin, dass der Eingriff in den fremden Rechtskreis einen – im weitesten Sinne zu verstehenden – geschäftlichen Charakter haben muss194. Eine sinnlose Zerstörung einer fremden Sache aus purem Übermut ist eine deliktische Sachbeschädigung, aber keine Geschäftsanmaßung195.

4. Ohne Berechtigung Der Geschäftsanmaßer muss das fremde Geschäft ohne Berechtigung, d.h. rechtswidrig als eigenes führen. An der Rechtswidrigkeit fehlt es nur, wenn der Geschäftsanmaßer ein vom Geschäftsherrn abgeleitetes Recht (zB Einwilligung) zum eigennützigen Führen des fremden Geschäfts hat. Die Geschäftsanmaßung ist mithin nicht rechtswidrig, wenn sie vom Willen des Geschäftsherrn umfasst ist196; umgekehrt handelt der Geschäftsanmaßer unberechtigt, wenn er ohne oder sogar gegen den Willen des Geschäftsherrn handelt197. Der Eingriff in eine fremde Rechtsposition indiziert ihre Rechtswidrigkeit. Der Geschäftsanmaßer trägt die Darlegungs- und Beweislast für ihr Fehlen.

5. Wissen § 687 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass der Geschäftsanmaßer weiß, dass er zur eigennützigen Führung des fremden Geschäfts nicht berechtigt ist. Seine Kenntnis muss sich sowohl (a) auf die Fremdheit des besorgten Geschäfts als auch (b) auf die fehlende Berechtigung beziehen. Er muss zunächst einmal positiv wis-

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BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 11; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 10. MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 687 Rn. 8. 194 Oertmann 2 (1929) § 687 Anm. 3 d b. 195 Vgl. dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 99 f. 196 So fehlt es etwa am Tatbestand des § 687 Abs. 2 BGB, wenn der (wirtschaftliche) Alleingesellschafter einer GmbH in ein Recht der Gesellschaft eingreift: aufgrund der Stellung des Geschäftsanmaßers in der Gesellschaft ist sein Wille mit dem Willen der Gesellschaft identisch (BGHZ 119, 257 (259 f.), Urt. v. 28. 9. 1992 – II ZR 299/91; KG, NZG 2000, 1032, Urt. v. 23. 5. 2000 – 14 U 6481/98). 197 BGHZ 119, 257 (259), Urt. v. 28. 9. 1992 – II ZR 299/91; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 4. 193

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sen, dass es sich um ein fremdes Geschäft handelt198. Wegen der einschneidenden Rechtsfolgen des § 687 Abs. 2 BGB, die sich gerade aus der vorsätzlichen Anmaßung eines fremden Geschäfts ergeben, ist nicht nur die Kenntnis der die Fremdheit des Geschäfts begründenden Tatsachen, sondern auch der daraus folgende Schluss notwendig (Parallelwertung in der Laiensphäre)199. Allerdings spricht grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass aus der Kenntnis der die Fremdheit begründenden Umstände auf das Wissen um die Fremdheit geschlossen werden kann 200. Neben der Kenntnis der Fremdheit des angemaßten Geschäfts muss das Bewusstsein der fehlenden Berechtigung der Geschäftsanmaßung treten. Für das Bewusstsein der fehlenden Berechtigung reicht grundsätzlich die Kenntnis, dass es sich um ein fremdes Geschäft handelt, es sei denn, der Geschäftsanmaßer glaubt ausnahmsweise – was er dann darzulegen und zu beweisen hat – er dürfe das fremde Geschäft als eigenes führen201. Entscheidend ist die Kenntnis von Fremdheit und fehlender Berechtigung zum Zeitpunkt der Geschäftsbesorgung. Nachträgliche Kenntniserlangung kann den Tatbestand der Geschäftsanmaßung nicht rückwirkend begründen. Erfährt der Geschäftsanmaßer, der zunächst gutgläubig tätig geworden ist, zu einem späteren Zeitpunkt von seiner fehlenden Berechtigung und setzt er die Geschäftsanmaßung fort, kann er erst von diesem Zeitpunkt an gem. § 687 Abs. 2 BGB in Anspruch genommen werden. Fahrlässige Unkenntnis, selbst grob fahrlässige Unkenntnis steht dem positiven Wissen nicht gleich und kann den Tatbestand der Geschäftsanmaßung nicht begründen 202; für diesen Fall bestimmen sich die Rechtsfolgen gem. § 687 Abs. 1 nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB. Die zwingende Notwendigkeit des vorsätzlichen Eingriffs folgt aus der oben dargestellten normativen Begründung des § 687 Abs. 2 BGB: dem Geschäftsanmaßer ist nur dann aufgrund von Treu und Glauben die Berufung auf die fehlende Geschäftsführungsabsicht und damit auf das Nichteingreifen der §§ 677 ff. BGB versagt, wenn er vorsätzlich ein fremdes Geschäft geführt hat (siehe § 17 III 1). Will man auch außerhalb der vorsätzlichen Geschäftsanmaßung auf den Verletzergewinn zugreifen, so muss dies besonders begründet werden. Alleine der Hinweis auf die Führung eines objektiv fremden Geschäfts reicht nicht. Geschehen ist dies etwa im Bereich der Immaterialgüterrechte, wo auch die fahr198

Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 5. Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 165 f. 200 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 18 f. Vgl. zur beweisrechtlichen Situation: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 169 ff. 201 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 18 f. 202 Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 303 III = S. 438; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 VII = S. 990 Fn. 50; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 5; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 5; aA: für den Fall grober Fahrlässigkeit: Isay, Die Geschäftsführung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche für das Deutsche Reich, 1900, S. 104. 199

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

lässige Rechtsverletzung Ansprüche auf den Verletzergewinn begründen können. Grund ist die besondere Verletzlichkeit dieser Rechte. Dazu wurde oben schon alles gesagt (siehe § 17 III 2).

6. Fehlen einer rechtsgeschäftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsordnung In Rechtsprechung und Lehre ist die Auffassung weit verbreitet, dass ein Rückgriff auf § 687 Abs. 2 BGB grundsätzlich ausscheidet, wenn der Geschäftsanmaßer durch die Anmaßung des fremden Geschäfts zugleich gegen seine gegenüber dem Geschäftsherrn bestehenden vertraglichen oder organschaftlichen Pflichten verstößt: der eigennützig agierende Geschäftsanmaßer hafte wegen Vertragsverletzung (§ 280 BGB) bzw. wegen Verletzung seiner organschaftlichen Befugnisse (zB § 43 GmbHG), nicht aber aus Geschäftsanmaßung203. Diese Lehre versucht die Parallele zur oben dargestellten Behandlung der fremdnützigen Überschreitung organschaftlicher oder vertraglicher Befugnisse im Bereich der echten Geschäftsführung ohne Auftrag; hier hat sich nach langer Diskussion die sog. Lehre vom Vertragsverstoß durchgesetzt (siehe § 9 I 2). In deren Sinne begründet der BGH den Ausschluss des § 687 Abs. 2 BGB mit dem Hinweis darauf, dass ein Rückgriff auf die Geschäftsanmaßungsregeln nur bei Fehlen einer vorrangigen vertraglichen Regelung möglich sei 204. Die Übertragbarkeit der Lehre vom Vertragsverstoß auf das Recht der Geschäftsanmaßung rechtfertigt der BGH mit der Ähnlichkeit von Geschäftsanmaßung (§ 687 Abs. 2 BGB) und der echten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 677 BGB): beide Rechtsinstitute unterschieden sich nur durch die bei der Geschäftsanmaßung fehlende fremdnützige Geschäftsführungsabsicht, setzten aber im Übrigen das Fehlen eines Auftrags oder einer anderen vorrangigen Ausgleichsordnung voraus. Dies ist evident unrichtig und zutreffend in einem; von daher verwundert es nicht, dass die Rechtsprechung auf deutliche Kritik gestoßen ist205. Der Begründungsansatz ist evident unzutreffend, weil das Recht der Geschäftsanmaßung als die eigennützige (vorsätzliche und rechtswidrige) Einverleibung einer fremden Rechts203

BGH NJW-RR 1989, 1255 (1257), Urt. v. 12. 6. 1989 – II ZR 334/87; BGH, NJW 1984, 2411, Urt. v. 9. 2. 1984 – I ZR 226/81; RG, HRR 1933 Nr. 1640, Urt. v. 24. 3. 1933 – II 366/32; vgl. Rosenkranz, Gewinnherausgabeanspruch aus § 687 Abs. 2 BGB bei Verletzung vertraglicher Unterlassungspflichten?, 1968, S. 76 ff. 204 BGH, NJW-RR 1989, 1255 (1257), Urt. v. 12. 6. 1989 – II ZR 334/87. Dagegen hält Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 464 f. auch dann für anwendbar, wenn die Geschäftsanmaßung innerhalb einer Vertragsbeziehung erfolgt. 205 Fleck, Vertrag, unerlaubte Eigengeschäftsführung und Anspruchsverjährung, ZIP 1991, 1269 (1272 f.); auch: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 132 mit Fn. 509.

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position mit Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag, als dem gesetzlichen Schuldverhältnis der nicht durch Vertrag oder Gesetz abschließend oder abweichend geregelten fremdnützigen Interessenwahrnehmung für einen anderen, nichts zu schaffen hat. Auf der anderen Seite hat der BGH Recht, dass es eines Rückgriffs auf eine fiktive Treuhand nicht bedarf, wenn ein vertragliches Treuhandverhältnis besteht. In diesem Fall lassen sich alle Rechtsfolgen der fiktiven Treuhandverletzung des § 687 Abs. 2 BGB unmittelbar auf die Verletzung der echten Treuhand stützen. Ich verweise noch einmal auf die Forschungsergebnisse von Helms, der nachgewiesen hat, dass insbesondere die im Mittelpunkt des Interesses stehende Gewinnabschöpfung die natürliche Rechtsfolge der Verletzung von Treuepflichten ist: das Handels- und Gesellschaftsrecht habe dies teilweise kodifiziert206. Ohne Probleme kann daher zB auf § 687 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, wenn der zugrunde liegende Auftrag unwirksam ist und der untreue Verwahrer eingestellte Waren für sich verwendet207. Für eine Anwendung der §§ 677 ff. BGB ist kein Raum: zwar finden – wie oben gezeigt – auf unwirksame Geschäftsbesorgungsverträge die Geschäftsführungsregeln der §§ 677 bis 686 BGB Anwendung (siehe § 15 IV); dies gilt aber nur, wenn der Geschäftsführer tatsächlich in fremdnütziger Geschäftsführungsabsicht für den Geschäftsherrn tätig wird. Mit Aufgabe der fremdnützigen Absicht und Beginn der eigennützigen Anmaßung des Geschäfts endet, wie wir oben an anderer Stelle gesehen haben – die echte Geschäftsführung ohne Auftrag (siehe § 10 IV 2 a).

7. Teilnahme und angemaßte Drittgeschäftsführung Eine Geschäftsanmaßung iSd § 687 Abs. 2 BGB liegt nicht nur vor, wenn der Geschäftsanmaßer im Wissen um seine Nichtberechtigung ein fremdes Geschäft als eigenes behandelt, sondern auch dann, wenn er ein fremdes Geschäft für einen Dritten führt, obwohl er dessen Nichtberechtigung kennt 208. Von dem Rechtsverhältnis zwischen Geschäftsanmaßer und Geschäftsherr ist das Rechtsverhältnis des Geschäftsanmaßers zum Dritten zu trennen. Letzteres bestimmt sich, wenn vorrangige Regeln fehlen, nach den Grundsätzen der echten Geschäftsführung ohne Auftrag. Wird der Geschäftsanmaßer vom Geschäftsherrn in Anspruch genommen, so kann er keinesfalls gem. §§ 683, 684 BGB beim Dritten Ersatz seiner Aufwendungen verlangen; einen vorsätzlichen und rechtswidrigen Eingriff darf der Geschäftsanmaßer keinesfalls im Rahmen des § 670 BGB für erforderlich halten.

206

Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 369 ff., 472 ff. RGZ 96, 282 (283), Urt. v. 30. 9. 1919 – III 106/19. 208 BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 35; für das Schweizer Recht: Schmid, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1992, Rn. 765. 207

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

Aus dem Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag ist die Figur des sog. Geschäftsführungsgehilfen bekannt: das gesetzliche Schuldverhältnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag kommt nur zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschäftsführer zustande; das Handeln des Geschäftsführungsgehilfen, der ausschließlich in einem Rechtsverhältnis zum Geschäftsführer steht, wird entsprechend § 278 BGB dem Geschäftsführer zugerechnet. Als Beispiel sei der Reeder genannt, dessen Mannschaft Schiffbrüchigen aus Seenot hilft. Die Mannschaftsangehörigen sind lediglich Geschäftsführungsgehilfen des Reeders; das gesetzliche Schuldverhältnis der echten Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nur zwischen den Geretteten und dem Reeder. Dieser Gedanke ist auf das Recht der Geschäftsanmaßung als fiktives Treuhandverhältnis übertragbar209. Geschäftsanmaßer ist dann nur der Dritte und nicht der „Anmaßungsgehilfe“. Allerdings ist zu bemerken, dass dies dem Anmaßungsgehilfen nur partiell nutzt. Denn regelmäßig wird zugleich der Tatbestand einer Eingriffskondiktion und eines Delikts vorliegen: dann haftet der Anmaßungsgehilfe als Beteiligter gem. § 830 BGB210.

V. Die Rechtsfolgen der angemaßten Eigengeschäftsführung 1. Das Wahlrecht des Geschäftsherrn Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Geschäftsanmaßung vor, so gibt das Gesetz dem Geschäftsherrn in § 687 Abs. 2 S. 1 BGB eine Wahlmöglichkeit. Der Geschäftsherr kann sich auf Ansprüche aus den allgemeinen Vorschriften der §§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB beschränken, er kann gegen den Geschäftsanmaßer aber auch die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche der §§ 677, 678, 681, 682 BGB (actio directa) geltend machen, ist dann allerdings im Gegenzug dem Geschäftsanmaßer gem. §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB zum Aufwendungsersatz verpflichtet 211. Der Anspruch des Geschäftsanmaßers folgt (passiv) der Wahl des Geschäftsherrn. Interessant sind Ansprüche aus Geschäftsführung für den Geschäftsherrn einmal (a) dann, wenn der Geschäftsherr den Ersatz primärer Vermögensschäden (§§ 687 Abs. 2, 677, 678 BGB) begehrt, mangels Rechtsgutverletzung aber 209 Planck/Lobe4 (1928) § 687 Anm. 2; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 35. Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 158 ff., 162 ff.: wer das Geschäft im Auftrag eines Dritten führt, hafte nicht selbst aus § 687 Abs. 2 BGB: Geschäftsanmaßer iSd § 687 Abs. 2 BGB ist in diesem Falle alleine der Auftraggeber. 210 Vgl. Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 159 f. 211 Lent, Begriff der auftraglosen Geschäftsführung, 1909, S. 117; Endemann, Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts I9, 1903, § 178 1 b = S. 1121.

§ 17. Die Eigengeschäftsführung

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§ 823 Abs. 1 BGB und mangels Sittenwidrigkeit der Schädigung auch § 826 BGB nicht eingreifen und zudem kein Schutzgesetz iVm § 823 Abs. 2 BGB Hilfe verspricht; zum anderen (b) wird der Geschäftsherr an § 687 Abs. 2 BGB denken müssen, wenn er den Verletzergewinn fordert. An diesen wird er zwar regelmäßig auch über §§ 812, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4, 285 BGB gelangen 212; das muss aber nicht so sein, insbesondere wenn in den Fällen der sog. Dritteingriffskondiktion Bereicherungsschuldner und Geschäftsanmaßer auseinanderfallen 213: baut ein Dieb gestohlenes Baumaterial in ein fremdes Grundstück ein, so richtet sich die Eingriffskondiktion gegen den nicht rechtswidrig handelnden Grundstückseigentümer214; der Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB trifft dagegen den vorsätzlich und rechtswidrig handelnden Dieb215. Darüber hinaus hat § 687 Abs. 2 BGB einen weitergehenden Inhalt, als entsprechend der Idee der fiktiven Treuhand nicht nur der gezogene Gewinn, sondern auch der schuldhaft nicht gezogene Gewinn heraus verlangt werden kann.

2. Ansprüche aus der Geschäftsanmaßung a. Rechtsfolgenverweisung Bei § 687 Abs. 2 S. 1 BGB handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag216. Beide Seiten werden so gestellt, als ob eine echte Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegt; in Reaktion auf die vorsätzliche und rechtswidrige Einverleibung fremder Gewinnerzielungschancen muss sich der Geschäftsanmaßer allerdings so behandeln lassen, als ob die „fiktive“ fremdnützige Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Interesse des Geschäftsherrn entspricht. Dogmengeschichtlich steht dahinter das Fragment Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis), das den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsanmaßers auf die noch vorhandene Berei212 Zur Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners: Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 110 ff. Vgl. zum Verhältnis von § 687 Abs. 2 BGB zur Haftung des bösgläubigen Bereicherungsschuldners: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 312 ff. 213 Zur Dritteingriffskondiktion: Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 3 = S. 177 ff.; deutlich gegen die Annahme einer Dritteingriffskondiktion: Reuter, Gegenstand und Inhalt des Bereicherungsanspruchs im deutschen Recht, FS-Georgiades, 2006, S. 321 (338). 214 Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/213, 1994, § 69 I 3 = S. 177 ff. 215 Man kann also nicht sagen, dass es sich bei § 687 Abs. 2 BGB um totes Recht handelt (vgl. Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 38 ff.). 216 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 151; Nipperdey, Der Eingriff in schuldrechtlich festgelegte Interessensphären und § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Böhm, 1965, S. 163 (165); Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2, 2006, § 6 Rn. 8.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

cherung des Geschäftsherrn beschränkt; in allen Fällen erscheint mir die Beschränkung des Aufwendungsersatzes nicht glücklich. Der Geschäftsherr kann daher die (unechte) actio negotiorum gestorum directa geltend machen, d.h. er kann vom Geschäftsanmaßer Rechenschaft (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 666 BGB), Schadensersatz (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB) oder das aus der Geschäftsführung Erlangte mitsamt einem eventuellen Verletzergewinn (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB) fordern 217; zugunsten des nicht voll geschäftsfähigen Geschäftsanmaßers greift kraft der Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auch die Haftungsbeschränkung des § 682 BGB218. Im Gegenzug schuldet der Geschäftsherr dem Geschäftsanmaßer aufgrund der (unechten) actio negotiorum gestorum contraria Aufwendungsersatz; allerdings nur insoweit, als er durch die Aufwendungen des Geschäftsanmaßers bereichert ist (§§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB). Man darf sich durch die nicht unbedingt glückliche Fassung des § 684 S. 1 nicht wirr machen lassen. Der Gesetzgeber wollte damit den zur Abstrafung des Geschäftsanmaßers umfänglichen beschränkten (unechten) geschäftsführungsrechtlichen Aufwendungsersatzanspruch des Gestors normieren. Keinesfalls verbirgt sich dahinter – wie für das römische Recht von Cujas behauptet – ein Bereicherungsanspruch 219.

b. Rechte des Geschäftsherrn (actio directa) aa. Anspruchsinhalt Der Geschäftsherr kann vom Geschäftsanmaßer Auskunft und Rechnungslegung verlangen (§§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 666 BGB)220. Es handelt sich hierbei um einen vorbereitenden Anspruch, auf Grundlage dessen der Geschäftsherr sein weiteres Vorgehen gegen den Geschäftsführer bestimmen kann. Allein die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs löst entgegen der missverständlichen Fassung des § 687 Abs. 2 S. 2 noch nicht den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsanmaßers aus. Gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB kann der Geschäftsherr vom Geschäftsanmaßer – quasi unter dem Gesichtspunkt des in der vorsätzlichen Geschäftsanmaßung liegenden Übernahmeverschuldens – Ersatz aller Schäden verlangen, die ihm aufgrund der Geschäftsanmaßung in seinem Vermögen entstanden sind. Auf ein weiteres Verschulden während der Durchführung des angemaßten Geschäfts kommt es nicht an; § 678 BGB erfasst auch primäre Vermögens217

RGZ 138, 45 (49), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32. Da im Bereich der Geschäftsanmaßung evident unpassend und ohne Anwendungsbereich, hat der Gesetzgeber folgerichtig auf eine Bezugnahme auf § 679 BGB und § 680 BGB verzichtet. 219 So: Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48. Zutreffend dagegen: Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. 220 Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 245 ff. 218

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schäden. Kein zusätzlich zu prüfendes Tatbestandsmerkmal ist, ob die Geschäftsanmaßung dem Willen (oder dem Interesse) des Geschäftsherrn widerspricht: die Rechtsfolgenverweisung des § 687 Abs. 2 BGB verweist auf das Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag bei inutilitas gestionis. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 677 BGB wird in der neueren Lehre überwiegend als sinnwidrig bezeichnet: der bösgläubige Eigengeschäftsführer habe das angemaßte Geschäft zu unterlassen und nicht dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen gemäß zu führen221. Zutreffend ist diese Auffassung freilich nicht222. Das wird deutlich, wenn man das Verhältnis des in §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB enthaltenen Anspruchs auf Gewinnherausgabe zum Anspruch auf Schadensersatz gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 678 BGB in den Blick nimmt: macht der Geschäftsherr den Anspruch des § 678 BGB wegen des in der vorsätzlichen Geschäftsanmaßung liegenden Übernahmeverschuldens geltend, ist ihm der Anspruch auf Herausgabe des Verletzergewinns verwehrt: wie oben bereits dargelegt wurde, kann der Geschäftsherr nicht wegen der Geschäftsanmaßung als solcher Schadensersatz verlangen und gleichzeitig den daraus resultierenden Gewinn beanspruchen (siehe § 12 II)223. Das Verlangen auf Herausgabe des Gewinns wirkt quasi als Genehmigung der eigennützigen Übernahme der Geschäftsführung. Entwendet jemand meinen Sportwagen und gewinnt bei einem legalen Straßenrennen den Hauptpreis, so kann ich nicht den Hauptpreis herausverlangen und gleichzeitig die unvermeidlichen Schäden an der Karosserie meines Porsches geltend machen. Nicht ausgeschlossen durch die Quasigenehmigung wird aber die Möglichkeit, wegen eines weiteren „Ausführungsverschuldens“ gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 677, 280 Schadensersatz zu verlangen: verlangt der Geschäftsherr den Verletzergewinn gem. §§ 687, 681, 667 BGB heraus, so kann er zwar nicht mehr geltend machen, durch die Geschäftsführung als solche in seinen Rechten verletzt zu sein, er ist aber nicht gehindert, etwa geltend zu machen, dass der Geschäftsanmaßer einen wesentlich höheren Gewinn hätte erzielen können 224 oder dass ein zur Führung des Geschäfts verwandter körperlicher Gegenstand übermäßig abgenutzt wurde. Wie der Ge221 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 150; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 24; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 8; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 6. 222 Vgl. Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 236 ff.; Crome, System des Deutschen Bürgerlichen Rechts II 2, 1902, § 256 2 a = S. 641; Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 303 III = S. 438 f. 223 Daher besteht die vielbeschworene Gefahr der Kumulation von Schadensersatz und Gewinnherausgabe (so etwa: Wagner, Neue Perspektiven im Schadensrecht – Kommerzialisierung, Strafschadensersatz, Kollektivschaden, Verhandlungen des 66. DJT I, 2006, A 1 [95 f.]) nicht. 224 Anders zB Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 129, der den Anspruch aus § 687 Abs. 2 BGB auf den tatsächlich erzielten Gewinn beschränken will; auf den erzielbaren Gewinn werde nicht gehaftet.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

schäftsherr einem echten Geschäftsführer entgegenhalten kann, das Geschäft unsachgemäß geführt zu haben, so kann er dies auch dem Geschäftsanmaßer gegenüber. Im Beispielsfall des entwendeten Porsches kann ich also den Preis fordern und zugleich Ersatz derjenigen Schäden fordern, die durch nicht entschuldbare Fahrfehler während des Rennens an meinem Auto entstanden sind. Als Haftungsmaßstab gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 677, 280 BGB lässt sich entsprechend dem Gedanken der fiktiven Treuhand die Regel aufstellen: maßt sich der Geschäftsanmaßer schon ein fremdes Geschäft an, so hat er dies doch wenigstens sachgemäß durchzuführen. Der Verschuldensmaßstab bestimmt sich für das „Ausführungsverschulden“ nach § 276 BGB. Gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667, 668 BGB ist der Geschäftsanmaßer verpflichtet, dem Geschäftsherrn das durch die Geschäftsführung Erlangte herauszugeben. Neben gezogenen Nutzungen, Zinsen und Ersatzwerten aus Folgegeschäften gehört hierher vor allem ein besonderer vom Geschäftsanmaßer erzielter Gewinn 225. Herauszugeben ist der Bruttoerlös226. Den Verletzergewinn kann der Geschäftsherr auch dann verlangen, wenn er ihn selber – zB mangels Kapitals für aufwendige Werbemaßnahmen oder Instandsetzungsarbeiten – gar nicht hätte erzielen können 227. Die §§ 249, 252 BGB setzen dem Herausgabeverlangen keine Grenzen. Denn wie bereits mehrfach erwähnt: es handelt sich bei beim Anspruch auf den Verletzergewinn um den (unechten) geschäftsführungsrechtlichen (subordinationsrechtlichen) Herausgabeanspruch und um keinen Schadensersatzanspruch. Aufgrund der hinter § 687 Abs. 2 BGB stehenden Grundwertung muss sich der Geschäftsanmaßer so behandeln lassen, als ob er im Rahmen einer Interessenwahrnehmung für den Geschäftsherrn tätig geworden wäre: dann aber ist sein Gewinn der Gewinn des Geschäftsherrn. Wie der echte Geschäftsführer, so kann sich auch der Geschäftsanmaßer nicht auf einen Wegfall der Bereicherung berufen 228. In Einzelfällen kann die Reichweite der Gewinnherausgabe Schwierigkeiten bereiten. Berühmt ist das Beispiel von v. Monroy: muss der Dieb das mit einem fremden Gewehr erlegte Wild herausgeben 229? Hierher gehört auch der Fall, dass der Dieb von dem gestohlenen Geld ein Lotterielos kauft. Helms löst sich aus der Bedrängnis, indem er in diesen Fällen wegen des Fehlens einer bestimmten Gewinnerzielungsmöglichkeit bereits die Führung eines fremden Geschäfts 225 Eingehend zur Gewinnabschöpfungsfunktion des § 687 Abs. 2 BGB: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 184 ff. 226 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 193 f. 227 RGZ 138, 45 (49), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32; siehe auch Isele, Die Reichweite des Anspruchs auf Herausgabe des Eingriffserwerbs nach § 687 Abs. 2 BGB, in: FS Cohn, 1975, S. 75 (79 ff.). 228 BGH, NJW 1962, 1507 (1508), Urt. v. 29. 5. 1962 – I ZR 132/60; Däubler, Anspruch auf Lizenzgebühr und Herausgabe des Verletzergewinns, JuS 1969, 49 (54). 229 v. Monroy, Die vollmachtslose Ausübung fremder Vermögensrechte, 1878, S. 160.

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ablehnt230. v. Monroy will darauf abstellen, ob ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Ausübung der fremden Vermögensposition und dem erzielten Gewinn liegt: die erstere müsse causa efficiens und nicht bloß conditio sine qua non sein. In dem Wildererfall verneint v. Monroy den unmittelbaren Kausalzusammenhang, weil hier die Geschicklichkeit des Schützen im Vordergrund stehe231. Ich schlage vor, sich an den Gedanken der fiktiven Treuhand zu erinnern: weder im Loskauf noch in der Benutzung des gestohlenen Gewehrs kann man eine Geschäftsführung zugunsten des Geschäftsherrn erblicken. Anders aber, wenn der Dieb das Geld gewinnbringend anlegt. Allein das v. Monroy genannte Kriterium der besonderen Geschicklichkeit des Geschäftsanmaßers kann den Zurechnungszusammenhang nicht beseitigen. Denn regelmäßig wird ein Gewinn nur auf einer besonderen Tüchtigkeit des Geschäftsanmaßers beruhen. Die Verweisung des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB erfasst nach ihrem Wortlaut auch die Auskunfts- und Anzeigepflichten des § 681 BGB und der §§ 681 S. 1, 666 Alt. 1 BGB. Diese Verweisung wird heute allgemein – ebenso wie die Verweisung auf § 677 BGB – als unpassend empfunden 232. Aber auch hier scheint die hM nicht zutreffend. Zwar sind Konstellationen, in denen der Geschäftsherr einen Ersatzanspruch gegen den Geschäftsanmaßer auf eine fehlende Unterrichtung und Auskunft über die Geschäftsführung stützt, nicht ohne weiteres vorstellbar. Sie sind aber nicht per se ausgeschlossen. So kann der Geschäftsherr zB geltend machen, er hätte aufgrund besonderer Geschäftserfahrung einen Gegenstand, über den der Geschäftsanmaßer verfügt hat, zu einem höheren Preis veräußern können; dies mag Bedeutung haben, wenn der Geschäftsherr etwa mangels Verkaufsabsichten einen entgangenen Gewinn nicht geltend machen kann, der ungünstige Verkauf des Geschäftsanmaßers mangels Erkennbarkeit aber auch keine Haftung gem. §§ 687, 677, 280 BGB auslöst.

bb. Genehmigungswirkung Die ohne Berechtigung erfolgende Anmaßung eines fremden Geschäfts ist rechtswidrig. Daran soll sich aufgrund der Wertung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB auch nichts dadurch ändern, dass der Geschäftsherr von der Option des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB Gebrauch macht und gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB den Verletzergewinn fordert. Dies führt zu einer gewissen – aber vom Gesetzgeber wohl gewollten – Verwerfung innerhalb des geschäftsführungsrechtlichen Systems der §§ 677 ff. BGB. Denn im Recht der echten Geschäftsführung ohne Auftrag liegt im Verlangen nach Herausgabe eines vom Geschäftsführer erzielten Gewinns eine ratihabitio der Geschäftsführung als solcher: der Gestor kann 230

Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 169 ff. v. Monroy, Die vollmachtslose Ausübung fremder Vermögensrechte, 1878, S. 159 f. 232 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 150; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 25; Erman/Ehmann12 (2008) § 687 Rn. 8; Soergel/ Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 6; aA: Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht15, 1958, § 168 I 1 c g = S. 708. 231

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nunmehr Ersatz auch seiner vergeblichen Aufwendungen gem. § 684 S. 2 BGB (iVm § 683 S. 1 BGB) verlangen. In Umsetzung von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) durchbricht § 687 Abs. 2 BGB diesen Grundsatz aber für das Recht der Geschäftsanmaßung. Auch wenn der Geschäftsanmaßer den Gewinn herausgeben muss, kann er nur Ersatz seiner erfolgreichen Verwendungen, aber nicht seiner vergeblichen Verwendungen verlangen 233. Dies folgt eindeutig daraus, dass § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nicht auf §§ 684 S. 2, 683 BGB verweist. Allerdings lässt sich, wie oben gerade gesehen, die Durchbrechung der Genehmigungswirkung bei der Geschäftsanmaßung nicht durchhalten. Denn spätestens im Rahmen des § 678 BGB ist die Genehmigungswirkung der Geltendmachung des Gewinnanspruchs evident. Verlange ich den Gewinn heraus, so kann ich nicht zugleich Schadensersatz wegen der Geschäftsanmaßung als solcher (Übernahme der Geschäftsführung) verlangen. Glücklich ist diese vielleicht allzu unreflektierte gesetzgeberische Umsetzung von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) nicht. Da übertriebenes Mitleid mit dem vorsätzlichen Rechtsbrecher aber auch nicht angebracht ist, ist eine korrigierende Auslegung des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB nicht notwendig. Hat die Geltendmachung der Ansprüche des § 687 Abs. 2 S. 1 BGB auch im Innenverhältnis zwischen Geschäftsherrn und Geschäftsanmaßer aufgrund des Normbefehls allenfalls eine beschränkte Genehmigungswirkung, so ist die Situation im Außenverhältnis eine andere. Verlangt der Geschäftsherr gem. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 681 S. 2, 667 BGB den Verletzergewinn heraus, so liegt darin – sofern der Dritte nicht bereits aufgrund von Gutglaubensvorschriften (§§ 932 ff. BGB) erworben hat – eine Genehmigung der Verfügung des Geschäftsanmaßers gem. § 185 Abs. 2 BGB. Der Anspruch auf Gewinnherausgabe setzt die Wirksamkeit der Verfügung voraus: solange der Geschäftsanmaßer dem Erwerber gegenüber noch der Rechtsmängelgewährleistung (§§ 435, 437 BGB) ausgesetzt ist, hat er den Erlös noch nicht iSd § 667 BGB erlangt234.

c. Rechte des Geschäftsanmaßers Macht der Geschäftsherr die geschäftsführungsrechtlichen Ansprüche der §§ 677 ff. BGB geltend, so ist er dem Geschäftsanmaßer wie einem echten Geschäftsführer gegenüber zum Aufwendungsersatz verpflichtet, allerdings in Adaption von Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) nur insoweit, als er durch die Aufwendungen des Geschäftsanmaßers (noch) bereichert ist235; er 233 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 197. AA noch §§ 243, 242 des Vorentwurfs, in dem der Fremdgeschäftsführungswille ieS nicht Voraussetzung der negotiorum gestio war. 234 Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 156 ff. 235 RGZ 138, 45 (50), Urt. v. 11. 10. 1932 – II 58/32; Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Recht des Deutsches Reichs und Preußens II3, 1906, § 439 Fn. 5; Esser/Weyers, Schuldrecht II/28, 2000, § 46 IV 2 b = S. 26.

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hat den Geschäftsanmaßer so zu stellen, wie ein echter Geschäftsführer für den Fall stünde, dass die Übernahme der Geschäftsführung nicht dem Willen des Geschäftsherrn entspricht (§ 684 S. 1 BGB). Dies will § 687 Abs. 2 BGB mit seiner Verweisung auf § 684 S. 1 BGB ausdrücken. Keinesfalls geht die Verweisung dahin, dass der Geschäftsherr das durch die Geschäftsführung Erlangte, das er nach § 687 Abs. 1 S. 1 iVm §§ 681 S. 2, 667 BGB fordern kann, sofort wieder herauszugeben hätte236. Zugestanden wird dem Geschäftsanmaßer damit lediglich der auf die tatsächlichen Vorteile des Geschäftsherrn begrenzte Aufwendungsersatzanspruch aus § 684 S. 1 BGB237. Damit verbleibt – anders als bei § 683 BGB – das Aufwandserfolgsrisiko beim Geschäftsanmaßer. Nicht zu ersetzen hat der Geschäftsherr daher solche Aufwendungen, die sich als erfolglos erweisen oder den Gewinn übersteigen 238. Schwierigkeiten bereiten die Ersatzfähigkeit von Fixkosten und die Berücksichtigung der besonderen Tüchtigkeit des Geschäftsanmaßers, die vielleicht erst den besonders hohen Gewinn möglich gemacht hat. Im Anschluss an die Gemeinkostenentscheidung des BGH geht man heute davon aus, dass sog. Gemeinkosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind 239. Nur die variablen Kosten, die unmittelbar dem angemaßten Geschäft zugeordnet werden können, sollen als Aufwendungsersatz geltend gemacht werden können. Den allgemeinen Fixkosten stehe eben keine unmittelbare Bereicherung des Geschäftsherrn gegenüber (§§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB240). Deutlich ist der Präventionsgedanke: der grundsätzlich herauszugebende Bruttogewinn soll nicht kleingerechnet werden. Das Ergebnis stimmt, doch bedarf es dazu nicht des im Rahmen des § 687 Abs. 2 BGB problematischen Präventionsgedankens. Das Problem der Gemeinkosten kann ebenso wie das Problem der besonderen Tüchtigkeit des Geschäftsanmaßers, entsprechend der Theorie der Geschäftsanmaßung als fiktive Treuhand „geschäftsführungsrechtlich“ gelöst werden. Zunächst mag man versucht sein, dem Geschäftsanmaßer entgegen der tradierten Lehre241 für seine Mühewaltung ein Entgelt zuzusprechen, wie auch der echte Geschäftsführer ohne Auftrag einen Lohn fordern kann. Fällt die Anmaßungshandlung in seinen Geschäftsbetrieb, so scheint der Geschäftsanmaßer die normale Ver236 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 194; Wittmann, Begriff und Funktion der Geschäftsführung ohne Auftrag, 1981, S. 150; v. Gierke, Deutsches Privatrecht III, 1917, § 216 VII = S. 990 Fn. 52. 237 Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. 238 Macht der Geschäftsherr Ansprüche aus § 687 S. 1 BGB geltend, so ist der Geschäftsanmaßer nicht vorleistungspflichtig. Er kann mit seinem limitierten Aufwendungsersatzanspruch die Aufrechnung erklären oder das Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB geltend machen (BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 32). 239 Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 199 ff.; BGHZ 145, 366, Urt. v. 2.11.2000 – I ZR 246/98 – Gemeinkostenanteil. 240 BGHZ 145, 366 (374), Urt. v. 2.11.2000 – I ZR 246/98 – Gemeinkostenanteil. 241 ZB Helms, Gewinnherausgabe als haftungsrechtliches Problem, 2007, S. 198.

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3. Teil: Privilegierter Rückgriffsanspruch und die Eigengeschäftsführung

gütung fordern zu können, die seine Tüchtigkeit und seine Gemeinkosten abdeckt. Doch steht dem die allgemeine gestionsrechtliche Dogmatik, auf die § 687 Abs. 2 BGB verweist, entgegen. Es greift die oben beschriebene institutionelle Selbstbeschränkung des Gestionsrechts: der Gestor (Geschäftsanmaßer) kann keine Vergütung fordern, wenn er mit dem Geschäftsherrn einen Vertrag hätte abschließen können (siehe § 14 I 3). Für eine Berücksichtigung der Gemeinkosten und einer Entlohnung der besonderen Tüchtigkeit ist mithin schon aufgrund des Gedankens der fiktiven Treuhand kein Raum. Zum Aufwendungsersatz ist der Geschäftsherr gem. § 687 Abs. 2 S. 2 BGB erst dann verpflichtet, wenn er die ihm durch § 687 Abs. 2 S. 1 BGB eröffnete Option wählt und geschäftsführungsrechtliche Ansprüche geltend macht. Dabei ist der Begriff der Geltendmachung restriktiv dahin verstanden, dass erst die Geltendmachung von Schadensersatz (§§ 678, 677, 280 BGB) oder das Herausgabeverlangen (§§ 681 S. 2, 667 BGB) den Aufwendungsersatzanspruch des Geschäftsanmaßers auslöst. Das Verlangen nach Auskunft und Rechnungslegung (§§ 681 S 2, 666) reicht nicht 242; denn der Anspruch auf Rechnungslegung und Rechenschaft bereitet den eigentlichen Anspruch erst vor.

3. Vorgehen nach den allgemeinen Vorschriften Macht der Geschäftsherr seine Rechte aus § 687 Abs. 2 S. 1 BGB nicht geltend, sondern beschränkt sich auf seine allgemeinen Rechte (§§ 987 ff., 812 ff., 823 ff. BGB), steht dem Geschäftsanmaßer der Anspruch aus §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB nicht zu243. Die hM sieht den Regelungsgehalt des § 687 Abs. 2 an dieser Stelle aber als noch nicht erschöpft an. Ähnlich wie bei § 996 BGB wird der Vorschrift eine Ausschlusswirkung zugewiesen: ist dem Geschäftsanmaßer der Weg des § 687 Abs. 2 S. 2 BGB verschlossen, so kann er auch nicht aus § 812 BGB Ersatz seiner Aufwendungen fordern 244. Der Geschäftsanmaßer kann daher dem auf die allgemeinen Vorschriften gestützten Bereicherungsbegehren des Geschäftsherrn nicht seine eigenen Aufwendungen entgegenhalten; eine Ausnahme besteht insoweit allein für den Spezialfall des § 994 Abs. 2 BGB, der auch dem bösgläubigen Besitzer immerhin einen Verwendungsersatzanspruch einräumt. Zur Begründung dieser rigiden Auffassung verweist man auf den vorsätzlichen und rechtswidrigen Übergriff in einen fremden Rechtskreis. 242 MünchKomm/Seiler 5 (2009) § 687 Rn. 17; BGB-RGRK/Steffen12 (1978) § 687 Rn. 32; Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 8. 243 BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61. 244 BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61; BGHR BGB § 687 Abs. 2 Bereicherung 1, Beschl. v. 26. 4. 1990 – III ZR 294/88; Martinek/Theobald, Grundfälle zum Recht der Geschäftsführung ohne Auftrag, JuS 1997, 612 (616); Larenz, Schuldrecht II/113, 1986, § 57 II b = S. 453; aA: Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 3 c.

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Doch muss man sich fragen, ob diese Sanktion nicht von übertriebener Härte ist245. Im römischen und gemeinen Recht wurde dem Geschäftsanmaßer immerhin ein Gegenanspruch in Höhe der tatsächlichen Bereicherung des Geschäftsherrn zugestanden 246. Hat der Gestor wissentlich fremde Angelegenheiten als eigene behandelt, so ist zwar ein Grund, ihm gegenüber besondere Nachsicht walten zu lassen, nicht vorhanden. Ebenso wenig gibt aber seine unredliche Handlungsweise einen Grund dafür, dem dominus die erfolgreichen Aufwendungen des Gestors kostenlos zu belassen 247. Entsprechendes sah der Vorentwurf v. Kübels noch vor248.

VI. Anspruchskonkurrenzen Wenig Konsens besteht bei Beurteilung des Verhältnisses des Geschäftsanmaßungsrechts zu den verwandten Rechtsinstituten des Eigentümer-Besitzerverhältnisses (§§ 987 ff. BGB), dem Bereicherungs- (§§ 812 ff. BGB) und dem Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB). Überhaupt scheint es mir, dass die Frage nur unvollständig gestellt wird: denn es stellt sich ein doppeltes Konkurrenzproblem. Auf einer ersten Stufe (a) ist zu untersuchen, ob dem Geschäftsherrn überhaupt die Option zur Geltendmachung seiner Rechte gem. §687 Abs. 2 S. 1 BGB zusteht, oder ob diese etwa aufgrund eines Vorrangs der §§ 987 ff. BGB ausgeschlossen ist. Auf einer zweiten Stufe (b) ist dann zu schauen, wie sich die tatsächliche Geltendmachung der Rechte aus § 687 Abs. 2 BGB auf die konkurrierenden Ansprüche auswirkt. Die tradierte Lehre trennt beides nicht. Komplikationen auf der Stufe (a) ergeben sich nur im Verhältnis zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis249. Der BGH hat die Frage bisher offen gelassen 250. In der Lehre werden für das Verhältnis des § 687 Abs. 2 BGB zu den §§ 987 ff. BGB scheinbar zwei Antworten angeboten: die hL will § 687 Abs. 2 BGB neben den §§ 987 ff. BGB anwenden 251. Die Gegenauffassung meint dagegen, dass ein Rückgriff auf die §§ 987 ff., 994 ff. BGB nicht mehr in Betracht kommt, wenn

245

Vgl. Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 253 ff. Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis); Windscheid/Kipp, Lehrbuch der Pandekten II9, 1906, § 431 4 c = S. 929 f. 247 Vgl. Cujas, Ad Africanum, Tractatus VIII, ad Dig. 3, 5, 48, der den Anspruch des Geschäftsanmaßers sogar ausdrücklich als Bereicherungsanspruch (condictio indebiti) und nicht als actio negotiorum gestorum contraria begreift. 248 §§ 243, 242 des Vorentwurfs. 249 Dazu: Ebert, Die Geschäftsanmaßung, 2000, S. 263 ff. 250 BGHZ 39, 186 (188), Urt. v. 25. 3. 1963 – VII ZR 270/61. 251 Esser/Weyers, Schuldrecht II/28 , 2000, § 46 V = S. 26; Palandt/Sprau 68 (2009) Einf 12 v § 677; Soergel/Beuthien12 (1999) Vor § 677 Rn. 10, § 687 Rn. 19; aA: Oertmann2 (1929) § 687 Anm. 6; Wollschläger, Die Geschäftsführung ohne Auftrag, 1976, S. 206. 246

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der Geschäftsherr seine Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB geltend macht 252. Ich weiß nicht, ob zwischen beiden Ansätzen tatsächlich ein Widerspruch besteht. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: richtig und widerspruchsfrei zueinander stehen beide Auffassungen, wenn sich die hL nur auf der Ebene (a) und die MM nur auf die Ebene (b) beziehen. Ich will mich dem Problem der Anspruchskonkurrenz dadurch annähern, dass ich die Geschäftsanmaßungslehre von Voet in den Blick nehme. Wie bereits oben gesehen, wollte Voet den bösgläubigen (oder verklagten) Besitzer aus dem Anwendungsbereich des Fragments Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) herausnehmen, um Wertungswidersprüche zu den Eigentumsklagen, insbesondere zu den Verwendungsersatzansprüchen des bösgläubigen Besitzers zu verhindern (siehe § 17 III 1)253. Denn nicht anders als heute konnte der bösgläubige Besitzer Ersatz nur der notwendigen, nicht aber der lediglich nützlichen Verwendungen verlangen (§ 994 BGB). Ulpian/Labeo, Dig. 3, 5, 5, 5 (de negotiis gestis) und heute die §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB gewähren dem Geschäftsanmaßer aber auch Ersatz für nur nützliche Verwendungen. Doch der (scheinbare) Wertungswiderspruch lässt sich – angesichts der normativen Begründung der unechten Geschäftsführung mit der Lehre von der fiktiven Treuhand – auflösen. Hierfür sei das entscheidende von Voet herangezogene kaiserliche Reskript Gordianus, C. 3, 32, 5, 1 (de rei vindicatione) betrachtet. Gordianus, C. 3, 32, 5, 1 (de rei vindicatione): „Eius autem quod impendit rationem haberi non posse merito rescriptum est, cum malae fidei possessores eius quod in rem alienam impendunt, non eorum negotium gerentes quorum res est, nullam habeant repetitionem, nisi necessarios sumptus fecerint: sin autem utiles, licentia eis permittitur sine laesione prioris status rei eos auferre“.

In dem Reskript stellt Gordianus klar, dass der bösgläubige Besitzer, der nicht fremdnützig für den Eigentümer, sondern eigennützig für sich tätig wird, nur Ersatz seiner notwendigen Verwendungen verlangen darf (vgl. § 994 BGB). Der bösgläubige Besitzer aber, der fremdnützig für den Eigentümer tätig wird, kann unmittelbar aufgrund der actio negotiorum gestorum contraria vollen Aufwendungsersatz verlangen (§ 683 S. 1 BGB)254. Dies entspricht auch der oben beschriebenen heutigen Rechtslage (siehe § 10 VI 1). Denn im Falle des bösgläubigen aber fremdnützigen Gestors liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 677 BGB vor. Liegen aber die Voraussetzungen der fremdnützigen Geschäftsführung ohne Auftrag vor, ist ein Rückgriff auf die §§ 987 ff. BGB ausgeschlossen. Nimmt man nunmehr die normative Begründung des Rechts der Geschäftsanmaßung hinzu (fiktive Treuhand), löst sich – jedenfalls für das mo252 253 254

MünchKomm/Seiler 5 (2009) Vor § 677 Rn. 18. Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9. Voet, Commentarius ad Pandectas I, Ausgabe von 1707, Lib. III Tit. V § 9.

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derne Recht des BGB – der scheinbare Widerspruch zwischen § 687 Abs. 2 BGB und den §§ 987 ff. BGB auf. Aufgrund der Wertungen von Treu und Glauben ist es dem Geschäftsanmaßer versagt, sich darauf zu berufen, dass er nicht für den Dominus handeln wollte. Er muss sich so behandeln lassen, als ob er als fremdnütziger Geschäftsführer für den Geschäftsherrn (Eigentümer) handeln wollte. Das gilt aber – mit der Beschränkung der §§ 687 Abs. 2 S. 2, 684 S. 1 BGB – auch in die umgekehrte Richtung: der Eigentümer, der die Option des § 687 Abs. 2 BGB wählt, muss sich behandeln lassen, wie der Geschäftsherr einer fremdnützigen Gestion. Zwischen beiden entsteht kraft gesetzlicher Anordnung das gesetzliche Schuldverhältnis der negotiorum gestio. Dieses aber verdrängt nun nach den allgemeinen Konkurrenzregeln die §§ 987 ff. BGB. Die Frage nach dem Verhältnis von § 687 Abs. 2 BGB und §§ 987 ff. BGB ist also dahin zu beantworten: beide Rechtsverhältnisse stehen auf Ebene (a) in alternativer Konkurrenz255: der Eigentümer kann wahlweise die §§ 987 ff. BGB oder den § 687 Abs. 2 BGB geltend machen; aber er kann entweder nur die unechten Geschäftsführungsansprüche oder nur die Eigentumsansprüche geltend machen. Beide Ansprüche schließen sich auf Ebene (b) gegenseitig aus, können also, obwohl der Berechtigte zunächst die freie Wahl zwischen ihnen hat, nicht nebeneinander geltend gemacht werden. Der Dominus kann sich, wenn er seine Rechte aus § 687 Abs. 2 BGB geltend macht, gegenüber der (unechten) actio contraria nicht auf § 994 BGB berufen. Die hier entwickelten Grundlagen können ohne weiteres auf das Bereicherungsrecht übertragen werden. Die hM, nach der § 687 Abs. 2 BGB und Bereicherungsansprüche nebeneinander geltend gemacht werden können 256, ist also im Sinne der alternativen Konkurrenz dahin zu vervollständigen, dass der Dominus auf Stufe (a) sehr wohl ein Wahlrecht hat, aber auf Stufe (b) ein Rückgriff auf die §§ 812 ff. BGB nicht mehr in Betracht kommt, wenn er seine Ansprüche aus § 687 Abs. 2 BGB geltend gemacht hat. Eine Besonderheit gilt wie immer für das Deliktsrecht: § 687 Abs. 2 BGB und die §§ 823 ff. BGB sind überhaupt nebeneinander anwendbar257. D.h. auch wenn sich der Dominus für die Ansprüche aus Geschäftsanmaßung entscheidet, kann er trotzdem jederzeit auch deliktische Ansprüche geltend machen. An dieser Stelle folgt die unechte Geschäftsführung der echten Geschäftsführung ohne Auftrag: denn auch die §§ 677 ff. BGB schließen einen Rückgriff auf die §§ 823 ff. BGB nicht aus.

255 Zur alternativen Konkurrenz: Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts9, 2004, § 18 Rn. 22. 256 Soergel/Beuthien12 (1999) § 687 Rn. 19. 257 Schwarz/Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse 2 , 2006, § 7 Rn. 13.

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Sachregister Absentia 64 Absolute Rechte 459 ff., 468, 470 Abwicklungspflichten 100, 187, 201, 262 ff. Actio de in rem verso 192, 195ff., 390 Actio negotiorum gestio 345 ff., 386, 389, 390, 392, 415 – Actio negotiorum gestorum contraria 4, 6, 22 ff., 28, 30, 40, 58, 64 ff., 70, 73 ff., 83 f., 86, 89, 92 ff., 95, 99, 101, 118, 120, 123 ff., 131, 138, 143, 158, 175 f., 182, 184, 187, 202 ff., 209, 215, 222, 230, 257 ff., 271, 273 ff., 322 ff., 398 ff., 440, 478, 486 – Actio negotiorum gestorum directa 30 ff., 58, 67 f., 73 ff., 80, 83, 86, 89, 93, 99 ff., 105, 116, 118 ff., 123f., 138, 173, 187, 202 ff., 207, 216, 222, 233, 235, 254, 257, 262 ff., 269 ff., 279, 296, 325, 328 ff., 343, 398, 421, 434 ff., 439, 476, 478 Allgemeines Persönlichkeitsrecht 460 ff. Angemaßte Drittgeschäftsführung 475 ff. Animus donandi 332 ff., 385, 398, 399, 400 Animus negotia aliena gerendi 32 f., 56, 89, 92, 121, 123, 129 ff., 150 ff., 335, 345, 352, 362, 367, 390 ff., 405, 408 Animus recipiendi 155, 334, 340 Aufwendungen 294 ff., 369 ff., 379 ff.

– levis 217 ff., 238, 245 ff., 255 – levissima 217 ff., 246 ff. DCFR (Draft Common Frame of Reference) 23 ff., 95 ff. Donellus 7, 14, 31, 122, 123, 124, 133, 142, 219, 433 Eigengeschäftsführung – irrtümliche 5, 31, 33, 55, 151, 432 ff. – angemaßte 55, 435 ff., 473, 476 ff. Eingriffskondiktion 32, 34, 56, 84, 86, 106, 155, 441, 446, 448f., 464, 476f. Erfüllung 345 ff., 401 ff. Ersatzvornahme 420 ff. fremdes Geschäft – Negotia ratihabitione aliena 6f., 122, 124, 142 – Negotium ipsa re alienum 6f., 379, 417, 433 – Negotium ipso gestu alienum 6f., 345, 417, 433 – Objektive Theorie 30 ff., 47, 68, 128, 132, 149, 275, 345, 354 ff., 359, 433 ff., 436 Fremdgeschäftsführungswille: siehe Animus negotia aliena gerendi Fremdnützigkeit 54, 128, 146, 149, 159, 161, 348, 439

Bürgschaft 4, 56, 348, 355 ff. Cessio legis 176, 317, 357 Common Law 19, 41 ff., 84, 93, 411, 441 Cujas 7, 14, 70, 122, 123, 218, 269, 440, 478 Culpa 217, 219 – diligentia quam in suis 217, 256 – in concreto 221, 247 – in contrahendo 189, 254, 259, 375 – lata 201, 217 ff., 246, 255, 257 ff., 260, 264

Gegenleistungskondiktion 94, 409 ff. Genehmigung: siehe Ratihabition Gesamtschuld 148, 202, 203, 205, 206, 357 ff., 381 Geschäftsfähigkeit 68, 69, 71 ff., 101, 213, 269 ff., 288 Gestion – Auch-Gestion 15, 60, 143 ff., 299, 352 ff., 418, 420, 455

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Sachregister

– Gestionsfähigkeit 71 ff., 269 – utilitas gestionis: siehe Utilitas – inutilitas gestionis: siehe Utilitas Gewinnherausgabe: siehe Herausgabeanspruch Glosse 5 ff., 13, 122, 124 ff., 142 ff., 217, 345, 379, 415, 417, 433 Herausgabeanspruch – des Geschäftsherrn 80, 84, 93, 105, 106, 124, 132, 181, 188 ff., 203, 207, 262, 265 ff., 330, 480 – Gewinnherausgabeanspruch 447, 462, 463, 470 Hoheitsträger 17, 145, 361 ff. Ignorantia 64 Irrtum – über die Person des Geschäftsführers 163 – über die Person des Geschäftsherrn 101, 102, 164 – über den Willen des Geschäftsherrn 212, 234, 281 ff. – irrtümliche Annahme einer Gefahrenlage 252 ff. – über verkehrswesentliche Eigenschaft 342 Konkurrenzen 92, 207 ff., 357, 485 ff. Kostenersatz 20, 36, 141, 177, 293, 361, 363, 373, 374 ff. Kostenerstattung: siehe Kostenersatz Law of Restitution 43, 45, 83f., 443 Menschenhilfe 8, 13ff., 29, 36, 47, 61, 92, 128, 144, 183, 222 Naturrecht 34 ff., 52, 75, 77, 275, 301 ff., 327, 330 Nützlichkeitsprinzip: siehe Utilitas Objektive Theorie: siehe fremdes Geschäft Pflicht – öffentlich-rechtliche 17, 145, 161, 178 ff., 360, 361 ff., 364 ff., 423, 424

– Rücksichtnahme- und Duldungspflichten 421, 429 ff. Prinzip der höherrangigen Zuständigkeit 33 ff. Privatautonomie 53, 79f., 90, 181, 286, 392 Quasideliktstheorie 34 ff., 46, 242 Quasikontraktstheorie 13, 26 ff., 29 ff., 35 ff., 46 f., 54, 69, 82, 91 ff., 270, 277 Ratihabition 5 ff., 77, 79, 122, 124, 142, 165, 241 ff., 265 ff., 325 ff., 481 ff. Realvertrag 77, 82 Reasonable ground 25, 45 ff., 88, 96, 276f., 282, 331 Reflexvorteil 44, 61 ff., 131, 138 ff., 141, 152, 158 ff., 162 f., 179, 183, 251, 312, 348, 354, 357, 359, 378, 381, 416 Restatement 45, 443 Reziprozität 301 ff. Rückgriffsanspruch, privilegierter 1 ff., 34, 57, 101, 102, 136, 147, 163, 167 ff., 215, 287, 288, 312, 348, 354 ff., 361, 364 ff., 373, 376 ff., 388, 393, 401, 415 ff. Schaden 244 ff., 313 ff., 315 ff. – Schadensberechnung, dreifache 450 ff. Schuldübernahme 355 ff. Selbsthilfe 171, 178, 194, 369 ff. Selbstlosigkeit 18, 156 Spontaneität 154, 160 Subordination 3, 5 ff., 9, 22 ff., 34, 44, 46 ff., 54, 59f., 69, 86 ff., 90f., 94 ff., 98, 100, 112, 116, 121 ff., 127 ff., 133, 135f., 138, 141, 145 ff., 152 ff., 161, 164 ff., 175, 178 ff., 200, 216 ff., 248, 251, 257, 263, 292, 300, 311, 315, 323, 338, 346 ff., 353 ff., 372, 376, 378, 380, 395 ff., 402, 405, 410, 415 ff., 431, 433, 436, 438 ff., 444f., 451, 457, 480 – Interessensubordination 23, 58, 62, 131, 155f., 169, 207, 368, 373, 384, 395, 401, 416, 431 – Subordinationscharakter 4, 7, 86, 120, 124, 130, 137, 150, 183, 187 f., 215 f., 225 ff., 233, 237f., 245, 248, 254, 262, 266, 296, 323, 334, 336, 344, 405, 411, 470

Sachregister

– Subordinationsverhältnis 2, 7, 48, 54f., 63f., 86, 94, 126, 149, 162, 174, 191, 314, 323, 372, 404, 409, 426, 429 – Subordinationsvertrag 80, 94, 402, 409f., 412 Tilgung 31, 32, 291, 345, 348, 350, 351 ff. Treuhandgedanke 4, 48, 128, 130, 216, 217, 235, 237, 238, 242, 245, 254, 257, 262, 440, 441, 447, 448, 455, 457, 459, 460, 461, 468, 470, 475, 476, 477, 480, 481, 483, 484, 486 Unlauterer Wettbewerb 465 ff. Unterhaltspflicht 1, 58, 167, 168, 183, 312, 358, 360 ff., 385 ff., 394, 401, 415, 418, 427 Utilitas – Inutilitas gestionis 39 ff., 93, 280, 319 ff., 323, 479

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– Utilitas gestionis 28, 42, 64, 72, 89 ff., 93 ff., 101, 103, 124, 173, 192, 194, 206, 213 f., 222, 225, 239 ff., 258 f., 273 ff., 280 ff., 282, 292 ff. 314, 318 ff., 322 ff., 349, 351, 378, 381, 416 – Utilitätsprinzip 46, 91 ff., 95, 97 ff., 102 ff., 129, 178, 212, 216 ff., 242 Verhältnismäßigkeit 7, 249 ff., 418 ff., 427, 428 Verjährung 214 ff., 351 ff. Versionsklage: siehe Actio de in rem verso Verwendungen 140, 379 ff., 482, 486 Wille – Unbeachtlichkeit des Willens 103, 142, 164, 226, 241, 258, 286 ff., 424, 425, 426 – Willenstheorie 275, 277