Die Fotomontage im faschistischen Italien: Aspekte der Propaganda unter Mussolini 9783050094953, 9783050060989

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German Pages 332 Year 2015

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Table of contents :
Einleitung
Fotogeschichtsschreibung
Die italienische Fotomontage als terra inc ogni ta
I Bild und Fotomontage: Geschichte, Propagand a und Begriff lichkeit
Das Bild in der Geschichtswissenschaft
Das Bild im Faschismus: der Propagand aapp arat
Propaganda
Die Entdeckung der Fotografie für die faschistische Propaganda
Die Kontrolle über das Bild und das Istituto Luce
Zur Geschichte der Fotomontage
Geschichte und Rezeption der Fotomontage in Italien
Fotomontage in der Propaganda
Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage
Versuch einer Begriffsdefinition
Die Verwendung eines erweiterten Begriffs in dieser Arbeit
Merkmale der Fotomontage
II Italien in den 1930er Jahren: Die Fotomontage in Ausstellungen, Publikationen und in der Architektur
Fotomontagen in Ausstellungen
Zum Auftakt: der tavolo degli orrori
Die Mostra della Rivoluzione Fascista: Massentriumph und Fotomontage
Fotomontagen in Publikationen
Der Ausstellungskatalog der Mostra della Rivoluzione Fascista: Gesicht und gestreckte Hand
Fotomontagen im Prachtband: Ein akribischer Bericht über die Besucher der Mostra della Rivoluzione Fascista
Fotomontage und Architektur
Die begehbare Fotomontage: Gitterausstellungen
Das Castello pubblicitario in den Mailänder Galerien
Die Esposizione dell’Aeronautica Italiana im Mailänder Palazzo dell’Arte
Die Fotomontage als Kunst am Bau: Terragnis Casa del Fascio und die Fassadendekoration von Terragni und Nizzoli
III Der Duce im Wettstreit mit Papst und An tike
Die Sakralisierung des Faschismus
Eine Licht-Foto-Montage auf dem Mailänder Dom
Der „faschistische Glaube“
Antike und Faschismus
Terza Roma und die Spitzhacke: Eine Dokumentation zu Zerstörung und Aufbau
„Dall’Impero all’Impero“: Die Ankunft Kaiser Augustus’ im Faschismus
Die Mostra Augustea della Romanità und die Reedition der Mostra della Rivoluzione Fascista: Die Antike im Faschismus und die Revolution im Korsett der Tradition1
Anmerkungen
Anhang
Bibliografie
Bildnachweise
Namensregister
Dank
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Die Fotomontage im faschistischen Italien: Aspekte der Propaganda unter Mussolini
 9783050094953, 9783050060989

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Nanni Baltzer Die Fotomontage im faschistischen Italien

Studies in Theory and History of Photography Vol. 3 Publication Series of the Center for the Study in Theory and History of Photography (TGF) at the Institute of Art History at the University of Zurich Edited by Bettina Gockel

International Advisory Board Michel Frizot Emeritus Director of Research at the National Center for Scientific Research (CNRS), School for Advanced Studies in the Social Sciences (EHESS), Paris Robin Kelsey Shirley Carter Burden Professor of Photography, Department of History of Art & Architecture, Harvard University Wolfgang Kemp Emeritus Professor of Art History, Institute of Art History, University of Hamburg Charlotte Klonk Professor of Art and New Media, Institute of Art History and Visual Studies, Humboldt University, Berlin Shelley Rice Arts Professor, Department of Photography and Imaging and Department  of Art History, New York University Kelley Wilder Reader in Photographic History, De Montfort University, Leicester Herta Wolf Professor of History and Theory of Photography, Institute of Art History, University of Cologne

Nanni Baltzer

Die Fotomontage im faschistischen Italien Aspekte der Propaganda unter Mussolini

Gedruckt mit großzügiger finanzieller Unterstützung durch die Dr. Carlo Fleischmann-Stiftung (http://www.dcff.org) in Zürich und durch das Kaspar M. Fleischmann-Projekt zur Förderung der Fotografieforschung am Lehrstuhl für Geschichte der bildenden Kunst, Kunsthistorisches Institut der Universität Zürich. Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung.

ISBN 978-3-05-006098-9 e-ISBN (PDF) 978-3-05-009495-3 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-038073-6 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 Walter De Gruyter GmbH Berlin/Boston Die Rechte sämtlicher Werke bleiben bei den Urhebern. Sollte das Copyright in Einzelfällen nicht geklärt sein, bitten Verlag und Autorin um Benachrichtigung. Diese Arbeit wurde 2009 an der Universität Zürich als Dissertation angenommen. Die Übersetzungen stammen, wenn nicht anders vermerkt, von der Autorin. Cover: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivolutione Fascista, Rom, 1932, Montage (siehe Abb. 45-49); ACS, scatola 202 (MRF 1932). Redaktion der Schriftenreihe: Martin Steinbrück Reihengestaltung und Satz: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhaltsverzeichnis

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Einleitung

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Fotogeschichtsschreibung

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Die italienische Fotomontage als terra incognita

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 13

Das Bild in der Geschichtswissenschaft

15

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

15 Propaganda 16 Die Entdeckung der Fotografie für die faschistische Propaganda 19 Die Kontrolle über das Bild und das Istituto Luce 22

Zur Geschichte der Fotomontage

24

Geschichte und Rezeption der Fotomontage in Italien

29

Fotomontage in der Propaganda

32

Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage

32

Versuch einer Begriffsdefinition

34

Die Verwendung eines erweiterten Begriffs in dieser Arbeit

36 Merkmale der Fotomontage

II Italien in den 1930er Jahren: Die Fotomontage in Ausstellungen, Publikationen und in der Architektur   41 Fotomontagen in Ausstellungen   41 Zum Auftakt: der tavolo degli orrori   51 Die Mostra della Rivoluzione Fascista: Massentriumph und Fotomontage   91 Fotomontagen in Publikationen   92 Der Ausstellungskatalog der Mostra della Rivoluzione Fascista: Gesicht und gestreckte Hand 113 Fotomontagen im Prachtband: Ein akribischer Bericht über die Besucher der Mostra della Rivoluzione Fascista 126

Fotomontage und Architektur

126

Die begehbare Fotomontage: Gitterausstellungen

133

Das Castello pubblicitario in den Mailänder Galerien

140

Die Esposizione dell’Aeronautica Italiana im Mailänder Palazzo dell’Arte

160 Die Fotomontage als Kunst am Bau: Terragnis Casa del Fascio

und die Fassadendekoration von Terragni und Nizzoli

III  Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike 171 Die Sakralisierung des Faschismus 171 Eine Licht-Foto-Montage auf dem Mailänder Dom 178 Der „faschistische Glaube“ 182 Antike und Faschismus 182 Terza Roma und die Spitzhacke: Eine Dokumentation zu Zerstörung und Aufbau 196 „Dall’Impero all’Impero“: Die Ankunft Kaiser Augustus’ im Faschismus 202 Die Mostra Augustea della Romanità und die Reedition der Mostra della Rivoluzione Fascista: Die Antike im Faschismus und die Revolution im Korsett der Tradition 225 Anmerkungen



Anhang 293 Bibliografie 323 Bildnachweise 326 Namensregister 331 Dank

Einleitung

„Die Bedeutung [der Fotomontage] ist folglich sehr groß, auch wenn sie nur im Dienst der Reportage oder der Propaganda steht, ohne künstlerische Absicht.“1 (Luigi Veronesi, 1941) Während im Italien der 1930er Jahre der Faschismus revolutionär vorwärts stürmte, erwuchs der Kunst eine neue Persönlichkeit: „Der Fotomonteur ist ein neuer Typus des Künstlers, eben wie der moderne Typograf und Filmregisseur. Er ist nicht ein ­Virtuose, sondern ein höchst qualifizierter Arbeiter-Ingenieur, der die Fotografie einwandfrei versteht und der die Komposition […] gemäß den neuen Anforderungen und Aufgaben meistert, im Unterschied zur Komposition des malerischen Bildes.“2 Der Fotomonteur wurde von den totalitären3 Regimes begeistert aufgenommen: Stalins Sowjetunion, Nazideutschland und Mussolinis Italien – alle benützten sie in breitem Stil die (relativ) neue Technik der Fotomontage.4 Aber nicht nur Diktaturen bedienten sich der Fotomontage, sondern auch die demokratische Regierung der USA und, am besten bekannt, die antitotalitäre Propaganda. Der Grund dieser Verbreitung ungeachtet ideologischer Hintergründe liegt nicht zuletzt in der Verständlichkeit des Mediums. Zwar muss, gerade im politischen Kontext, die Aussage der Montage häufig „entziffert“ werden, sie liest sich aber, als BildGeschichte, ohne Kenntnis des Alphabets. Die Fotomontagen des Faschismus, von denen in dieser Arbeit die Rede ist, wurden mit Sinn aufgeladen, das heißt, die Montagen sollten eine eindeutige Aussage machen und – besonders wichtig – diese sollte für die Masse einfach verständlich sein. In der doktrinär geführten italienischen Gesellschaft des ventennio fascista5 erlebte das Bild einen Stellenwert, der dem Wort den Rang ablief – nicht nur im neuen Medium Film, von dem Mussolini sagte, es sei „l’arma più efficace“, sondern auch in der Fotografie und mit ihr in der Fotomontage. Hier geht es darum, die Aussagen der gewählten Montagen zu erkennen, ihre Ge­ schichten aufzublättern, zu entziffern und in den Kontext kultureller und politischer Ereignisse zu stellen. Dies impliziert eine fächerüberspannende Untersuchung. Versteht man Kunst- und Bildwissenschaft als ein Instrument, das Bild in seiner ganzen

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Einleitung

vielfältigen Erscheinung zu analysieren, also auch populäre und rein zweckorientierte bildliche Äußerungen – was rund ein Jahrhundert nach Aby Warburgs Forschungen als selbstverständlich erscheint –, so muss das „Grenzwächtertum“ einer Verschränkung mehrerer methodischer Instrumente weichen.6 Lektüre eines Bildes heißt also, die politische Ikonografie, „welche den Bildern eine aktive Rolle im politischen Raum zutraut“,7 mit der Ikonologie als historisch-hermeneutischer Methode zu verbinden und auf die Rezeptionsästhetik auszudehnen. Das Bild ist in seiner historischen Bedingtheit zu erfassen, denn eine „Entkoppelung von Bild und Geschichte verhindert prinzipiell ein kritisches Verständnis von Bildern.“8 Diese Untersuchung von Fotomontagen aus dem Faschismus folgt also nicht dem (in Folge von Willibald Sauerländer so genannten) introvertierten Verständnis des Bildbegriffs, wie ihn Gottfried Boehm 1994 einführte, sondern einem extravertierten gemäß Sauerländer: „[Ich] verabschiede […] mich bewusst von der Einengung des Begriffes Bild auf das üblicherweise als Kunstwerk angesehene Bild und stelle stattdessen die Frage nach der Rolle und der Suggestivkraft von Bildern in der öffentlichen Verständigung.“9 Dabei wird hier davon ausgegangen, dass der heute Bildwissenschaft genannte Bereich der Kunstgeschichte seit jeher Teil der Disziplin war, auch wenn heute mehr denn je von Bilderflut, Massenmedien und, als Reflex darauf, vom iconic turn, pictorial turn oder visual turn die Rede ist.10 Das Kriterium für die Auswahl der untersuchten Beispiele war der Stellenwert der einzelnen Fotomontagen in ihrem Kontext respektive deren Inhalt; Stil und Qualität der Montagen hingegen waren nicht ausschlaggebend. Informationen zu den genauen Umständen und Daten der Entstehung fast aller Bilder fehlen, auch da viele der Autoren heute unbekannt sind, genauso wie ihre Rezeption kaum rekonstruierbar ist, obwohl die Adressaten „zumindest einen Anteil an der Bildwirklichkeit haben müssen“;11 dies erschwert die Einordnung in ein künstlerisches Gesamtwerk genauso wie in den soziokulturellen Kontext.

Fotogeschichtsschreibung Zur allgemeinen Fotografiegeschichte Italiens gibt es zahlreiche Publikationen, insbesondere aus Italien selbst, etwa von Carlo Bertelli,12 Paolo Costantini,13 Giovanni Lista,14 Maria Antonella Pelizzari,15 Antonella Russo,16 Roberta Valtorta,17 Italo Zannier.18 Doch ungeachtet der vitalen Fotografieszene und des Archivio Alinari mit seinem eigenem Museum und umtriebiger Publikationstätigkeit19 finden sich umfassendere systematische Erforschungen der Fotografiegeschichte Italiens nur ansatzweise. Allerdings erscheinen in letzter Zeit vermehrt Publikationen über das Thema Fotografie und Faschismus, nachdem der Fotograf, Sammler und Autor Italo Zannier bereits vor Dezennien und damit als einer der Ersten in seinen Veröffentlichungen zur italienischen Fotografie das Thema Faschismus aufgenommen hat.20 Seit einigen Jahren

Einleitung

widmen sich u. a. folgende Autorinnen und Autoren systematisch und mit wissenschaftlichem Ansatz einzelnen Fragestellungen zu Fotografie und Faschismus, nebst der Herausgabe mehrerer „Fotografiegeschichten des Faschismus“: Carlo Bertelli, Luca Crescenti, Gabriele D’Autilia, Giovanni De Luna, Luigi Goglia – unter anderem mit Renzo De Felice – sowie Antonella Russo und Liliana Lanzardo.21 Doch Bertelli etwa blendet in seinem Abriss über die italienische Fotografiegeschichte im gewichtigen Katalog zur großen venezianischen Überblicksschau Arte Italiana die Fotografie unter dem Faschismus fast völlig aus, so dass man den Eindruck gewinnen könnte, sie habe bis auf ein paar avantgardistische Autoren nicht existiert.22 Gleichzeitig streifen einzelne benachbarte Forschungsbereiche wie jener zur Propaganda23 die Frage nach Rolle und Form der Fotografie, anderseits behandeln Arbeiten zur Architektur während des Ventennio die Fotografie immer noch mehrheitlich als illustratives Medium, ohne ihre damalige Funktion zu hinterfragen.24 Gleichzeitig ist zu bemerken, dass auf sprachlicher Ebene häufig nicht unterschieden wird zwischen faschistisch und nationalsozialistisch, obwohl historisch gesehen eine differenzierte Verwendung der beiden Begriffe zwingend wäre.25

Die italienische Fotomontage als terra incognita Publikationen zur Geschichte der Fotomontage behandeln Italiens Beitrag stiefmütterlich.26 Ausführliche wissenschaftliche Untersuchungen zum spezifischen Thema der Fotomontage im Kontext der faschistischen Propaganda in den 1930er Jahren fehlen bislang;27 für die Erforschung des Themas ist es notwendig, sich auf publizierte und unpublizierte Quellen sowie auf Nachbardisziplinen oder verwandte Gebiete zu stützen (wie die eben genannten Forschungen zur Architekturgeschichte, aber auch zu Grafik oder Propaganda). Gegenstand dieser Arbeit sind nun – aufgrund der erwähnten Literaturlage hauptsächlich auf Basis von Quellenforschung – Fotomontagen, die in den dreißiger Jahren in Italien von offizieller, aber auch von privater und kommerzieller Seite zur Anwendung kamen. Mit zahlreichen und zum Teil ausführlichen Quellenzitaten wird versucht, das Forschungsgebiet auch im deutschsprachigen Raum zugänglicher zu machen. Darüber hinaus verweisen zahlreiche Tentakel über das Gebiet der Fotografie hinaus in Nachbardisziplinen wie Architektur, Grafik, Malerei, Installation und in die Bereiche der Politik, Werbung und Propaganda.

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I Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

„[…] von der Reklame bis zum politischen Plakat schlägt das Bild zu, boxt, pfeift, schießt in die Herzen und sagt, wenn’s gut ausgewählt ist, eine neue Wahrheit und immer nur eine.“1 (Peter Panter [alias Kurt Tucholsky], 1926)

Das Bild in der Geschichtswissenschaft Das Bild als Dokument ist Zeuge der vergangenen Zeit. Wenn Historiker sich des Bildes als Quelle bedienen, scheint das vorerst ein selbstverständlicher Vorgang zu sein.2 Historiker sind sich des Problems bewusst, dass ihre (Aus-)Wahl des Bildes bereits eine Interpretation beinhaltet, die keineswegs objektiv ist. Womöglich war die Wahl des Bilddokumentes durch ein emotionales punctum (Roland Barthes3) bestimmt statt vom allgemeingültigen studium der Fotografie geleitet. Jacques Le Goff, der französische Mediävist, beschrieb diesen Vorgang der Wahl eines Dokuments und dessen Konsequenzen detailliert: „Der Eingriff des Historikers, der das Dokument auswählt, es aus einer Ansammlung von Daten der vergangenen Zeit herausfischt, es anderen vorzieht, indem er ihm den Status eines Zeugnisses verleiht, das, zumindest teilweise, von der eigenen Position in der Gesellschaft seiner Zeit und von seiner persönlichen Einstellung abhängt, be­ruht auf einer Ausgangslage, die noch weniger ‚neutral‘ ist als sein Eingriff. Das Dokument ist nicht harmlos. In erster Linie ist es eine Montage, bewusst oder unbewusst, der Geschichte, der Eopche, der Gesellschaft, die es hervorgebracht haben, aber auch der folgenden Epochen, während denen es – womöglich vergessen – weiterhin existierte, während denen es – womöglich durch Stillschweigen – weiterhin manipuliert wurde.“4 Auch wenn Le Goff hier in Bezug auf das Dokument generell spricht (und primär das schriftliche meint), ist derselbe Vorgang mit denselben Konsequenzen auf den Forscher

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I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 

und die Fotografie als Quelle zu übertragen. Nach Le Goff ist bereits die Quelle an sich eine Montage verschiedener Faktoren wie der Gesellschaft und der Epoche, aus welcher sie stammt. Umstände späterer Epochen kommen dazu; sie verändern den Zustand oder den Stellenwert der Quelle und wirken sich auf deren Erhaltung respektive Verschwinden aus, sei es temporär – aus dem kollektiven Gedächtnis –, sei es definitiv durch ihre Zerstörung. Eine Quelle, die nicht mehr existiert, ist in ihrer negativen Existenz womöglich ebenso aufschlussreich wie eine vorhandene. Der Forscher, der seinen sozialen Stand, seine Ausbildung und seine mentale Disposition einbringt, trägt außerdem zur Subjektivierung der Quelle bei. Die Verbindung all dieser Faktoren bewirkt, dass nie von einem „harmlosen“ Dokument ausgegangen werden kann. Das Dokument ist, so Le Goff, durch das Wirken dieser Umstände nicht mehr neutral, unsere Sicht darauf unmöglich objektiv.5 Liliana Lanzardo geht in ihrer Untersuchung zum Immagine del fascismo der Frage nach, wie Forscher, speziell Historiker, die sich mit dem Faschismus beschäftigen, mit der Fotografie als Quelle respektive Dokument umgehen.6 Nachdem die Fotografie über Jahrzehnte nur als Illustration einer beschriebenen Begebenheit eingesetzt worden war, erschien 1981, genau zehn Jahre vor Lanzardos Untersuchung, die erste Storia fotografica del fascismo, die, so die Herausgeber Renzo De Felice und Luigi Goglia, auf der Fotografie als „vero documento“ basiere. Doch auch dieser Band verstand, so Lanzardo, die Bilder primär als Illustration für den Text, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass Angaben zu den Fotos häufig fehlen.7 De Felice und Goglia selbst beschreiben ihren Umgang mit Bildern im Hinblick auf ihre „Fotogeschichte“ folgendermaßen: Wir müssen „die Leerstellen, die sonst verblieben, mit wenn auch kurzen Textpassagen füllen, die den Inhalt der Bilder ergänzen, sie vor allem präzisieren in Bezug auf den Zusammenhang der Ereignisse, die Ursachen, gewisse zurückliegende Entwicklungen, und ihnen so jene Bedeutung verleihen, die jegliches Dokument – auch das aussagekräftigste – nur dank dem kritischen und interpretierenden Eingriff durch die Persönlichkeit des Historikers haben kann.“8 De Felice und Goglia bestätigen damit, was Le Goff formulierte, dass der Historiker über das Dokument entscheidet und dessen Bedeutung damit, mehr oder weniger bewusst, beeinflusst. Im Faschismus ist die Fotografie in vielen Fällen ein Ort der Manipulation. Sie kann mit einfachen Mitteln gezielt verändert und so die Rezeption durch den Be­ trachter ge­steuert werden. Wenn man also Fotografien als Quellen benützen will, muss man sich der möglichen gewollten und/oder ungewollten Bearbeitung bewusst sein: zur Zeit ihrer Entstehung durch die Autoren und ebenso durch die Rezipienten (in den nachfolgenden Dezennien durch letztere9) bis hin zur Forscherin von heute, die über Auswahl, Kontex­tualisierung und Interpretation der Quelle entscheidet. Im Bewusstsein dieser vielfältigen Manipulation von Quellen sollen hier Fotomontagen entschlüsselt werden. Der faschistische Staat vermittelte seinem Volk die Geschichte durch Bilder, denn „Geschichte wird im Zeitalter der technischen Repro-

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

duzierbarkeit zum Bildgedächtnis.“10 Diese Arbeit ist der Versuch, das „musée imaginaire“11 der Fotomontagen zu ergründen und ihre Geschichten einem heutigen Publikum zugänglich zu machen. Was Walter Benjamin über Fotografien Eugène Atgets aus Paris schrieb, gilt für jede Fotografie: „Die photographischen Aufnahmen beginnen bei Atget, Beweisstücke im historischen Prozess zu werden. Das macht ihre verborgene politische Bedeutung aus. Sie fordern schon eine Rezeption in bestimmtem Sinne. Ihnen ist die freischwebende Kontemplation nicht mehr angemessen.“12

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

„Der moderne Begriff der bezeichnet den gezielten Versuch von Personen oder Institutionen, einen bestimmten Adressatenkreis durch Informationslenkung für eigennützige Zwecke zu gewinnen und diese Zwecke zugleich zu verschleiern.“13 (Lemma Propaganda, Historisches Wörterbuch der Rhetorik, 2005)

Propaganda Staaten generell, totalitäre im Besonderen, nutzen Propaganda zur Lenkung der Bevölkerung. Der Begriff stammt ursprünglich aus dem religiösen Kontext (der 1622 gegründeten congregatio de propaganda fide, der Gesellschaft zur Verbreitung des Glaubens), wurde dann aber im 18. und 19. Jahrhundert vornehmlich zur Bezeichnung der politischen Beeinflussung von Volksmassen verwendet. Nichtsdestotrotz wurde der Begriff bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts auch als Synonym für Werbung verwendet, bis er durch die in totalitären Systemen angewandte Propaganda – flächendeckend, kontrolliert und monopolisiert – eine stark negative Konnotation erhielt. Gabriele D’Autilia führt die moderne Propaganda, die im Faschismus mit neuen Techniken wie Film und Fotografie und dem Medium der Illustriertenpresse operierte, auf den Ersten Weltkrieg und die Russische Revolution zurück: „Auch der Faschis­ mus entwickelt sich aus dem Krieg und setzt eine Revolution und eine permanente Mobilisierung in Gang: Er richtet seine einfachen Botschaften an ein breites Publikum, von dem er einen emotionalen Konsens zu erhalten hofft.“14 Seit der Propaganda im Ersten Weltkrieg habe man, so D’Autilia, die Bedeutung der Psychologie verstanden, und vom revolutionären Russland habe man gelernt, wie eine schlagkräftige Propaganda zu führen sei. Man habe aber auch gelernt, Propaganda so zu gestalten, dass sie das Gefühl anspreche. Damit wurde die Masse mobilisiert und der Dialog zwischen Masse und Partei gefördert.15 Reinhart Koselleck begründet ganz ähnlich, wenn er auch den Ausdruck der Emotion durch den der Sinnlichkeit ersetzt. Diese, als Gegenstück zur politischen Ästhetik, sei das verbindende Minimum, welches für gemein-

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I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 

sames (Re-)Agieren vonnöten sei.16 Spricht ein Bild die Emotion an, wird die Botschaft nicht nur unmittelbarer, sondern auch positiver rezipiert.17 Wie Martin Warnke skizzenhaft darlegt, ist die Erkenntnis, dass Bilder sich zur Vermittlung von Informationen besser eignen als Worte, der Kirche schon seit Jahrhunderten bekannt – Bilder sind eingängiger und nachhaltiger wirksam.18 Die von der katholischen Kirche perfektionierten, nota bene mit Sinnlichkeit und Emotion aufgeladenen Rituale und Liturgien werden seit Jahrhunderten von säkularen Obrigkeiten übernommen. Für jede Art erfolgreicher Propaganda ist es wichtig, dass die Botschaft schnell und einfach aufgenommen wird; der Wahrheitsgehalt der Information hingegen spielt für die Massenmanipulation zur Herrschaftssicherung eine sekundäre Rolle, wie schon Gustave Le Bon in seiner auch von Mussolini gelesenen Psychologie des foules bemerkt hat: „Nie haben die Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern, wenn er sie zu verführen vermag. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer.“19 Es ist ein Grundzug der Propaganda und eine Herausforderung an die Propagandisten in der Handhabung der Techniken, dass sich der manipulierte Mensch nicht als solcher fühlen soll; die erfolgreiche Propaganda erreicht, dass der Rezipient zwar im Sinne des oder der Propagandisten handelt, sich der Sinnesbeeinflussung aber nicht bewusst ist, „so dass [Botschaften und Handlungsaufforderungen] als selbstverständliche und nahe liegende […] Schlussfolgerungen erscheinen.“20

Die Entdeckung der Fotografie für die faschistische Propaganda Propaganda mittels Bildern ist keine Erfindung der Neuzeit, und sie ist auch nicht an neue Techniken gebunden: „Durch die Bilder konnte sich ein Kaiser- und Staatsmythos etablieren, der sich mit seinen einfachen Begründungszusammenhängen mehr und mehr verselbständigte und vor die tatsächlichen Ereignisse und Lebensbedingungen schob, der die Wirklichkeit in einer bestimmten Weise gefiltert erleben ließ und so über Generationen hin das Gefühl vermittelte, man lebe im bestmöglichen Staat und auf der Höhe der Zeiten.“21 Was Paul Zanker über die Bildpropaganda unter Kaiser Augustus festhält, lässt sich – ersetzt man Kaiser etwa durch Dux – ohne Weiteres auf den Faschismus übertragen. Dazu kam im frühen 20. Jahrhundert der technische Fortschritt,22 der die moderne Propaganda revolutionierte. Der faschistischen Propaganda spricht D’Autilia eine Vorreiterrolle im Umgang mit den Medien zu: „Der Faschismus experimentiert auf bahnbrechende Weise mit den neuen Informationsmitteln des 20. Jahrhunderts durch ein avantgardistisches Medium wie das Luce [Istituto Nazionale L.U.C.E., staatliches Institut für Bildproduktion]. Es nimmt die ent-

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

scheidenden Informationsmittel voraus, die schon vor dem Krieg, v. a. aber danach, die Illustrierte und das Fernsehen sein werden (es ist ein ‚Fernseh‘programm, welches das Luce wöchentlich in der Villa Torlonia für die Familie Mussolini organisiert […].“23 Eine spezielle Rolle in der Massenpropaganda des 20. Jahrhunderts spielt die Fotografie. Betrachtet man das Ventennio des Faschismus, kann die Fotografie, nach Rundfunk und Wochenschau, als wichtigstes Kommunikationsmittel zwischen Regime24 und Bevölkerung bezeichnet werden. Fotografien fanden ihre Verbreitung in Form von Schokoladenpapierchen und Schulheftumschlägen, Postkarten und Plakaten, in Ausstellungen und Printmedien. Die Technik eignete sich dafür, wie in dieser Arbeit zu zeigen sein wird, aus verschiedenen Gründen, und nicht nur wegen der – seit Walter Benjamin schon fast sprichwörtlichen – theoretisch unendlich möglichen Reproduzierbarkeit von Informationen für die Massen.25 Bevor die Faschisten an die Macht kamen, bahnte sich der Siegeszug der Fotografie in Italien nur langsam an, besonders Amateure und gescheiterte Maler interesserten sich für die Technik, außerdem einige Künstler aus dem avantgardistischen Umfeld des Futurismus wie die Brüder Anton Giulio und Arturo Bragaglia, Fortunato Depero, Vinicio Paladini, Ivo Pannaggi oder Tato (Guglielmo Sansoni). Mit der Machtübernahme durch das faschistische Regime änderte sich der Stellenwert der Fotografie; nicht zuletzt der ehemalige Journalist Mussolini war sich der Bedeutung der fotografischen Dokumentation sehr wohl bewusst und ihrer Verwertbarkeit als aktuelle, beliebig multiplizierbare Notiz, die sich in alle Welt streuen ließ, aber auch ihres Wertes als bleibende Erinnerung und Nachweis für Geschehenes. Die erste Manifestation der gesteigerten Bedeutung der Fotografie war 1925 die Gründung des Istituto Nazionale L.U.C.E. (mehr dazu S. 19 ff.). Einer der Gründe für die Eignung der Fotografie als propagandistisches Massenkommunikationsmittel liegt in der Möglichkeit der perfekten und detailgetreuen Wiedergabe der Realität, eine Qualität, die dem Medium seit seiner Erfindung exemplarisch zugesprochen wird. Dessen ungeachtet sind seit den Anfängen der Fotografie die Grenzen zwischen Abbild (der Wirklichkeit) und manipuliertem Bild unscharf. Seit der Erfindung des Lichtbildes wird mehr oder weniger offensichtlich montiert und retouchiert, man denke an die politischen Fotomontagen der Pariser Kommune 1871 oder an die Kompositionsfotografien eines Gustave Le Gray oder André AdolpheEugène Disdéri – doch die theoretisch existierende Möglichkeit, mit diesem das Gegenüber bis ins kleinste Detail und perspektivisch exakt wiederzugeben, genügt, damit der Betrachter an die Realität des fotografischen Bildes glaubt. Ja, gerade die „Fotografie war zur Täuschung besonders geeignet, weil gerade sie auf Wahrheit verpflichtet schien.“26 Tatsächlich besteht der Glaube an die Fotografie als Inbegriff des Abbildes der Realität unvermindert weiter; er ist fundamental im totalitären System, um die Bevölkerung scheinbar an propagandistischen Aktivitäten teilhaben zu lassen. Die

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I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 

realistische Wiedergabe als potenzielle Qualität der Fotografie bildet die Voraussetzung für die durch visuelle Teilhabe erzeugte Mitverantwortung27 und damit Mehrheitsfähigkeit eines Geschehens, das von einer Minderheit bestimmt wird. Dabei wurde die dokumentarische Qualität der Fotografie für Propagandazwecke instrumentalisiert: „Bilder, die lügen!“28 sind nicht ausschließlich ein Spezifikum totalitärer Propaganda, doch nutzte gerade sie die Möglichkeit, Fotografien zu manipulieren, sei es bereits während der Belichtung, sei es anschließend in der Dunkelkammer oder im Studio.29 Ein bekanntes frühes Beispiel für eine Aufnahme, die einen bestimmten Sachverhalt suggeriert, zeigt Mussolini mit zwei der Quadrumviri (De Bono, Balbo), die im Staatsarchiv in Rom unter dem Titel „Marcia su Roma“ abgelegt ist (Abb. 1).30 Ohne exakte Datumsangabe muss offen bleiben, an welchem Tag vermutlich im Oktober 1922 die Aufnahme gemacht wurde, doch die Bildlegende schließt durch die ungenaue Formulierung zumindest nicht aus, an den finalen Tag, den 28. Oktober 1922, zu denken, an dem die marschierenden Gruppen die Hauptstadt erreichten. Das Foto wäre entsprechend auch geeignet, Mussolinis Teilnahme an der Marcia su Roma zu belegen, ein für die Promotion des Führers der Revolution zweifelsohne wichtiges Bild. Dessen ungeachtet ist unbestritten, dass Mussolini erst, als die Hauptschar der Schwarzhemden bereits in Rom und der König so stark unter Druck war, dass er Mussolini mit der Regierungsbildung beauftragte, den Liegewagen Mailand-Rom bestieg, um zur Audienz mit dem König in die Hauptstadt zu fahren.

1: „Marcia su Roma“, Mussolini mit Emilio de Bono und Italo Balbo, zwei der vier Quadrumviri, Oktober 1922.

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

Auf die Ausrichtung der ersten „rassegna fotografica“ an der Terza Mostra internazionale delle arti decorative in Monza 1927 hatte die Gründung des Istituto Luce zwei Jahre davor und der veränderte Stellenwert der Fotografie keine spürbare ­Auswirkung. In Monza waren bisherige Gattungen und Stile präsent wie die künstlerische Fotografie im Umfeld avantgardistischer Kunstrichtungen wie Dadaismus, Surrealismus und Konstruktivismus sowie das Berufsfeld des Fotojournalismus, dominiert wurde die Ausstellung jedoch noch von den Epigonen der Piktorialisten: „Landschaften und Portraits, die größtenteils der herkömmlichen arkadischen Romantik verpflichtet waren“.31 Entsprechend war die Diskussion rund um die Ausstellung beherrscht von der Frage nach dem Verhältnis der Malerei zur Fotografie;32 die Frage nach dem Bild des Regimes wurde nicht ge­stellt.33 Die Initialzündung in Bezug auf Fotografie und Ausstellung erlebte das faschistische Italien mit der Mostra della Rivoluzione Fascista (vgl. S. 41 ff.). Nach dieser erfolgreichen, von Millionen besuchten Schau kam keine der zahlreichen populären Ausstellungen mehr ohne den Einsatz der Fotografie (und meistens der Fotomontage) aus.34

Die Kontrolle über das Bild und das Istituto Luce Seit 1923 oblag die Steuerung der Bilder sowie generell die Kontrolle der Medien dem Ufficio Stampa Mussolinis, doch waren dies nicht die einzigen Aufgaben des Amtes: es war ein „mächtiges Kontrollzentrum der Stimmung im Lande, vor allem aber ein Zentrum, in dem propagandistische Themen, Slogans und Parolen ausgearbeitet und lanciert wurden, um den Geist des neuen Italien Mussolinis zu schmieden.“35 Bereits in diesen frühen Jahren handelte es sich also nicht nur um die Kontrolle der Medien, sondern auch um ihre Steuerung: Zur Lenkung der Bildpropaganda wurden sogenannte veline (kurze prägnante Richtlinien und Verbote) an die Presse geschickt, und weit über eine reine Kontrolle hinaus ging die Entwicklung eingängiger Motti und die Lancierung aktueller Themen. Im September 1924, als die Regierung Mussolini nach der Ermordung des Opposi­ tionspolitikers Giacomo Matteotti durch faschistische Schwarzhemden in einem Popularitätstief steckte, wurde das Sindacato Istruzione Cinematografica von Mussolini in die Aktiengesellschaft La Unione Cinematografica Educativa umgewandelt. Im November 1925 wurde die AG verstaatlicht und in Mussolinis Pressebüro integriert – und damit seiner direkten, persönlichen Kontrolle unterstellt. Fortan hieß es Istituto Nazionale L.U.C.E. (La Unione Cinematografica Educativa),36 kurz Luce genannt. Das staatliche Institut für Bildproduktion war aus dem Bedürfnis nach lückenloser Dokumentation des faschistischen Staates und seiner Ereignisse erwachsen; darüber hinaus hatte das Luce, wie Italo Zannier festhält, „die Aufgabe, die Erscheinung des Regimes zu kontrollieren und gleichzeitig zu fördern.“37 Dabei war die Erziehung und

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I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 

Belehrung des Volkes eines der erklärten Ziele, wie schon aus den Grußworten Mussolinis zur Eröffnung des Instituts zu hören war: „Dem ‚Luce‘, auf dass es erleuchte.“ („Al ,Luce‘ perchè illumini“).38 Das Luce erlebte ein explosives Wachstum: Während 1927 noch 1.590 Negative entwickelt und davon 10.000 Abzüge verschickt worden waren, hatten sich die Zahlen 1935 multipliziert: von 10.000 Negativen wurden 290.000 Kopien gezogen;39 1942, im Krieg, sollten es sogar 25.000 Negative werden.40 Zu den 270 Angestellten im Jahr 1933 kamen Dutzende weitere, so dass 1937 350 Personen für das Luce arbeiteten. Das Institut beschäftigte professionelle Fotografen, deren Namen man heute nur noch zum Teil kennt; meist verschwanden ihre Arbeiten anonym im Archiv.41 Zu den Aufgaben des Luce gehörten auch die fotografischen Portraits des Duce, eine Monopolstellung, die zu einer gewissen Monotonie in der Darstellung Mussolinis führte – selbst dem Duce stach diese ins Auge, nachdem er sämtliche Portraits zu Gesicht bekam, um sie abzusegnen respektive zu refüsieren.42 Um durch Konkurrenz spannendere Bilder zu erhalten, machte Dino Alfieri, Leiter des Ministero della Cultura Popolare, 1938 den erstaunlichen (jedoch abgelehnten) Vorschlag, auch freie Fotografen zuzulassen. Für den Aufbau des propagandistisch wirksamen Führerkults, der seinen Höhepunkt in den dreißiger Jahren erlebte, waren verschiedene Stellen und Personen zuständig: das Pressebüro Mussolinis sowie (besonders für Massenchoreografien) Achille Starace, der umtriebige Sekretär des Partito Nazionale Fascista (PNF), und das Ufficio Propaganda des PNF unter Leitung von Luigi Freddi. Wie Christoph Kivelitz hervorhebt, zeigte sich in der Aufgabenteilung der Dualismus von Staat und Partei: „Während der PNF den übergeordneten Begriff der Propaganda besetzte, schien sich der ,Ufficio Stampa‘ auf die Bevormundung der Printmedien zu konzentrieren.“43 Doch bei dieser klaren Aufteilung blieb es nicht lange, und mit der Gründung weiterer Institutionen wie der (staatlichen) Reale Accademia d’Italia und dem Istituto Nazionale Fascista di Cultura unter den Auspizien des PNF wurden die Verästelungen feiner; die sich überkreuzenden Aktivitäten konkurrierender Stellen waren programmiert. Der Einflussbereich des Ufficio Stampa sollte nicht auf die Presse beschränkt bleiben, so dass es elf Jahre nach der Gründung durch Mussolini 1934 zum Sottosegretariato per la Stampa e la Propaganda aufgewertet und fortan von Mussolinis Schwiegersohn, dem späteren Außenminister Galeazzo Ciano, geführt wurde. Täglich, später zwei mal wöchentlich schickte Ciano Anweisungen an die Presse, welche Informationen welchen Stellenwert bekommen sollten, daneben organisierte er Massenanlässe und theatralische Spektakel. 1935 wurde aus dem Unterstaatssekretariat ein eigenständiges Ministerium, das Ministero della Stampa e Propaganda, in welchem Dino Alfieri 1936 Galeazzo Ciano ablöste. Unter Alfieris Leitung (bis 1939) wurde 1937 das Ministerium nochmals umbenannt; das Wort Propaganda wurde nun bewusst vermieden,44 es hieß neu Ministero della Cultura Popolare (Minculpop);45 das Luce unterstand jetzt dem Ministe­rium.

Das Bild im Faschismus: der Propagandaapparat

Da das Luce ein nach den Vorstellungen des Duce gebildetes, staatliches Institut war, wurde bereits am Ort der Entstehung der Bilder Zensur geübt, das heißt, die Zensur war bereits Bestandteil der Produktion. Dazu gehörten Regeln, die die Fotografen beim Aufnehmen der Bilder zu beachten hatten, aber auch hausinterne Kontrollen, bevor die Bilder zur Publikation und Vervielfältigung frei gegeben wurden. Die Zensur wurde von speziell ausgebildetem Personal, vom Leiter des Luce oder von Mussolini selbst vorgenommen. Doch trotz der Existenz des staatlichen Bildproduktionsinstituts kam es vor, dass die Presse freie Fotografen anstellte und damit Bilder in Umlauf kamen, die ohne vorgängige Kontrolle gedruckt wurden.46 Bei Bildern, die nicht vom Luce stammten, schritt die Zensur ein, genauso wie sie durch Richtlinien, Anweisungen und Verbote in die Meinungs- und Publikationsfreiheit eingriff. Eine Kontrollfunktion übte – nebst Schwiegersohn Ciano, der aus dem Außenministerium weiterhin seine Hand im Spiel hatte – auch der Sekretär des PNF aus, Achille Starace: Nicht nur durch die oben erwähnten Mas­sen­choreografien, sondern auch mittels Parolen, „Katechismen“ und eigentlichen Benimm­brevieren, die den Führerkult zelebrierten.47 Zu den verschiedenen Rädchen der Propagandamaschinerie gehörten auch das Comitato per la diffusione del libro tra le masse, welches von Arnaldo Mussolini zusammen mit der Vertrauten Benito Mussolinis, Margherita Sarfatti, und Enrico Corradini seit 1926 geleitet wurde, und das Ministero dell’Educazione Nazionale unter Führung von Giuseppe Bottai. Gerade das Erziehungsministerium spielte eine wichtige Rolle in der ­Propaganda, speziell in Bezug auf Ausstellungen, einem dank der „kommunikativen Wirkung“48 zentralen Medium: Aufforderungen des Ministeriums zum Ausstellungsbesuch an Schulen, Universitäten und Verbände wie die dopolavoristi (Angehörige der Freizeitorganisation Dopolavoro) konnten die Besucherströme maßgeblich beeinflussen.

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Zur Geschichte der Fotomontage Timm Starl thematisiert einleitend in seinem Essay „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“ den Umstand, dass nicht nur Fotomonteure wie der Prager Karel Teige, sondern selbst zahlreiche Historiker die Geschichte der Fotomontage jeweils erst mit den Arbeiten der italienischen Futuristen und russischen Konstruktivisten, den Dadaisten und Surrealisten einsetzen lassen, das 19. Jahrhundert hingegen ignorieren.49 Bis heute liegt der Fokus der Geschichtsschreibung der Fotomontage hauptsächlich auf dem 20. Jahrhundert, doch weitet sich der Blickwinkel in jüngster Zeit langsam aus.50 In der Tat wurde die Technik bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts angewandt, nicht zuletzt auch aus Gründen der unzulänglichen fotografischen Ausrüstung. So entstand in England um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Composite Photography mit den Vertretern Martin M. Lawrence, William Lake Price, Oscar Gustav Rejlander und Henry Peach Robinson. Rejlanders „The Two Ways of Life“ von 1857 bestand aus nicht weniger als dreißig Negativen, Robinsons „Fading Away“ (1858) aus fünf. Gustave Le Gray kombinierte zwischen 1855 und 1860 für seine Meerstücke aus der Normandie und vom Mittelmeer zwei Negative, da eine einzige Aufnahme die große Belichtungsspanne zwischen Meer und Himmel nicht meistern konnte. Im Unterschied zu den Werken Rejlanders und Robinsons ist bei Le Gray die Zusammensetzung nicht zu erkennen; seine Motivation lag nicht im Erzeugen einer fantastischen, bisher nur von der Malerei erzeugten, womöglich un­wirklichen Situation, sondern Le Grays Anspruch war, sowohl Himmel als auch Meer ideal belichtet zu zeigen. Der Versuch, mit Kompositbildern allegorische, literarische und historisierende Szenen aus der Malerei nachzustellen, entfachte eine Diskussion über den Wert und das Recht einer montierten Darstellung. Beim breiten Publikum hingegen waren die kombinierten Genreszenen der verhinderten Maler beliebt, und Henry Peach Robinsons Buch Picture Making by Photography (1884) erschien in deutscher Übersetzung bis 1916.51 Ebenfalls äußerst populär waren André Adolphe-Eugène Disdéris sogenannte Mosaikkarten, Visitenkarten mit Portraits von Staatsmännern, Gelehrten, Künstlern oder den „Beine[n] der Oper“ (1864). Für die Mosaikkarte arbeitete Disdéri mit Ausschnitten aus Abzügen, die er zusammenklebte. Das montierte Unikat wurde im folgenden abfotografiert; das neue Negativ bildete die Ausgangslage für beliebig viele Kopien. 52 Als wichtigen Vorläufer der modernen Fotomontagen des 20. Jahrhunderts, insbesondere der surrealistischen und der dadaistischen, könnte man den Wandschirm (1873/74) des dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen bezeichnen; ab ca. 1850 kombinierte er Fotografien, Stiche, Scherenschnitte und Abbildungen aus Publikationen.53 Da über die Fotomontage des 19. Jahrhunderts noch verhältnismäßig wenig

Zur Geschichte der Fotomontage

geforscht worden ist, kann man die Frage nach der Einzigartigkeit von Andersens Wandschirm nicht abschließend beurteilen. Prekär ist auch das Wissen um italienische Fotomontagen des 19. Jahrhunderts; Italo Zannier erwähnt nur einen Namen, den Neapolitaner Giacomo Arena, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts „fotomontaggi“ gemacht habe.54 Im 20. Jahrhundert bildeten die kubistischen Collagen Picassos und Bracques, die neben Malerei auch Tapeten- oder Zeitungsfetzen beinhalten, ästhetisch, aber auch in der Bezeichnung, unzweifelhaft einen Vorläufer der immer wieder Fotocollagen genannten Fotomontagen. Wenige Jahre nach diesen ersten papiers collés nahmen italienische Futuristen die Idee der Simultaneität, der verschiedenen Blickwinkel und der Zerstückelung der Objekte auf, sowohl in der Malerei (Carrà, Balla, Severini, Boccioni) als auch in der Fotografie (die Gebrüder Bragaglia ab 1913, später Castagneri, Depero, Pannaggi, Paladini, Tato).55 Folgt man Zannier,56 setzten die Fotomontagen der Futuristen etwas später ein als die der Dadaisten, doch gemeinhin wird die Entstehung der ersten Fotomontagen des 20. Jahrhunderts dem Umfeld der Futuristen zugeschrieben, gleichzeitig mit den Dadaisten, russischen Konstruktivisten und Surrealisten. So ortet Benjamin Buchloh57 den Ursprung des Aufschwungs der Fotomontage in der Sowjetunion und in Deutschland; er bezeichnet Gustav Klutsis58 als den vermutlich ersten Fotomonteur, gleichzeitig mit John Heartfield, George Grosz, Raoul Hausmann und Hannah Höch; El Lissitzky und Rodtschenko hingegen seien später zur Fotomontage gekommen. Im Detail unterscheiden sich auch die Datierungen der Ursprünge der modernen Fotomontage geringfügig; dies mag damit zusammenhängen, dass jeweils nicht näher bestimmt wird, was unter Fotomontage zu verstehen ist, weder in ästhetischer noch in technischer Hinsicht. So datiert Hanno Möbius die erste Fotomontage – von Heartfield und Grosz – auf 1916, gleichzeitig mit dem „russischen und italienischen Futurismus“,59 während Michel Frizot in dem von ihm herausgegebenen Standardwerk Neue Geschichte der Fotografie den Eckpfahl zwei Jahre später einschlägt: „Um 1918 wurde das destrukturierte Bild zur Protestäußerung des Da­ daismus gegen die bürgerliche Kunst.“60 Die Künstler selbst reklamieren verschiedentlich die „Erfindung“ der Fotomontage für sich, wobei beachtet werden muss, dass Einzelne von ihnen wie Sergej Senkin oder italienische Fotomonteure aufgrund der Rezeptionslage bis heute nur am Rand in die Betrachtung miteinbezogen werden. Gustav Klutsis beansprucht für sich, die erste Fotomontage der Sowjetunion gemacht zu haben,61 Lissitzky reklamiert die Entstehung der Fotomontage pauschal für das Land.62 Rodtschenko, der meist nicht zu den ersten Fotomonteuren gezählt wird, sieht sich am Ursprung der russischen Fotomontage, wenn auch spät: „1921–1922. Fotomontage, als deren Begründer in der UdSSR ich mich ansehen kann. Arbeite zusammen mit Majakowski in der Werbung.“63 Raoul Hausmann meint hingegen: „Sie [die Dadaisten] waren die Ersten, die das Material der Fotografie benutzen [sic], um aus Strukturteilen besonderer, einander oft-

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mals entgegengesetzter dinglicher und räumlicher Art, eine neue Einheit zu schaffen, die dem Chaos der Kriegs- und Revolutionszeit ein optisch und gedanklich neues Spiegelbild entriß.“64 Einige der Künstler beurteilten den Streit um die Erfindung der Fotomontage schon damals als „unwesentlich.“65 Vermutlich gab es in der Tat keinen einzelnen Erfinder oder Entdecker,66 wie auch Hannah Höch schreibt: „Die Photomontage hat sich auf und aus der Photographie entwickelt. Die Photographie besteht seit etwa hundert Jahren. Die Photomontage ist zwar nicht ganz so alt, aber immerhin ist sie auch nicht erst das Produkt der Nachkriegszeit [des Ersten Weltkriegs], wie vielfach angenommen wird.“67 Tatsächlich scheint der Streit der Autoren insbesondere eine Diskussion um die Erfindung der Fotomontage von Künstlern zu sein; ignoriert wird der Umstand, dass die Fotomontage in der Werbung bereits Ende des 19. Jahrhunderts angewandt wurde. Diese Aufspaltung wird auch in der Forschungsliteratur durchgezogen – bis auf wenige Ausnahmen widmet sie sich den künstlerischen oder agitatorischen Seiten der Fotomontage, wie Sally A. Stein, die gerade diesen Umstand untersucht, festhält: „In neither of these revisionist histories of photomontage [of Dawn Ades and Robert Sobieszek]68 is advertising’s more conventional and consistent use of photography in combination with other materials given more than passing note.“69 Zeitgenössische Autoren (Curt Glaser, César Domela, Heinz und Bodo Rasch)70 sehen zwar die Chance, die von Künstler-Fotografen geschaffene Fotomontage in die Werbung zu übertragen, die Herkunft der Technik aus der Werbung aber sieht einzig Gustav Klutsis, und dies auch nur für die von ihm abgelehnte „formalistische Fotomontage“: „es existieren in der welt zwei hauptrichtungen der entwicklung der fotomontage: die eine rührt von der amerikanischen reklame her, wurde von den dadaisten und expressionisten ausgenutzt, das ist die sogenannte formalistische fotomontage; die zweite richtung, die der agitierenden und politischen fotomontage, ist auf dem boden des sozial-politischen lebens des sowjetlandes entstanden.“71

Geschichte und Rezeption der Fotomontage in Italien Im Hinblick auf die Fotomontage in Italien ist interessant, dass, ungeachtet der pauschal den italienischen Futuristen zugesprochenen Bedeutung, in der Quellenliteratur selten auf einzelne italienische Arbeiten oder Protagonisten eingegangen wird. Otto Croy, László Moholy-Nagy oder Werner Gräff etwa irgnorieren Arbeiten aus Italien.72 Dies gilt auch für die Ausstellung Fotomontage 1931 in Berlin, wo kein einziges Werk eines Italieners ausgestellt wurde. In der Forschungsliteratur ist ein wachsendes Interesse festzustellen; während bis vor kurzem italienische Fotomontagen meist nur am Rand erwähnt wurden – ausgenommen einige Texte von Giovanni Lista –, sind in den letzten Jahren in Zusammenhang mit gewissen Themen (Wandbild; Ausstel-

Zur Geschichte der Fotomontage

lungsgeschichte) oder monografischen Untersuchungen (etwa zu Bruno Munari) auch Fotomontagen in den Brennpunkt des Interesses gerückt.73 Dabei hat Italien eine Vielzahl von Fotomonteuren hervorgebracht. Das Land war – auch in den dreißiger Jahren unter dem Faschismus – ein fruchtbarer Boden für Fotografie. Wichtige Ausstellungen wie die Mostra Internazionale della Fotografia an der V. Triennale in Mailand (1933), die Prima Biennale Internazionale d’Arte Fotografica (Rom 1932) oder der seit 1925 in unregelmäßigen Abständen in Turin stattfindende ‚Salon‘ italiano d’arte fotografica internazionale fanden mit internationaler Beteiligung statt,74 Zeitschriften für Fotografie publizierten moderne und avantgardistische Fotografie (etwa Il Progresso Fotografico, Luci ed Ombre, Il Corriere fotografico), aber auch Periodika für Grafik (Campo Grafico) respektive für Architektur (zum Beispiel Quadrante, Domus, Casabella), ganz abgesehen von Wochen- und Tageszeitungen wie La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ oder, ab 1939 und unter der grafischen Leitung von Bruno Munari, ­Tempo. Viele der Künstler, Fotografen und Grafiker, die sich der Fotomontage bedienten, bewegten sich im Umkreis der Futuristen oder der rationalistischen Architekten; viele Gestalter blickten über die Grenze Richtung Bauhaus, wie das Mailänder Studio Boggeri, das mit Xanti Schawinsky und Max Huber Bauhäusler angestellt hatte. Der Umstand, dass über die Fotomontage in Italien bisher nur wenig publizierte Informationen vorliegen, und dass die meisten der Fotomonteure auch auf anderen Gebieten tätig waren, zum Beispiel in der Malerei oder der Grafik, hat dazu beigetragen, dass ihre Fotomontagen nicht oder höchstens am Rand registriert werden. Ausschließlich Fotomonteure waren vermutlich die wenigsten, am ehesten Ivo Pannaggi und Vinicio Paladini, die ab 1924 respektive 1927 Fotomontagen herstellten. Paladini, der eine Formensprache zwischen Max Ernst und Jan Tschichold entwickelte, schrieb für Fiera Letteraria gar einen kurzen Text zur Fotomontage (1929), in welchem er deren Geburt in Deutschland lokalisiert, mit Moholy-Nagy und Hannah Höch als Hauptfiguren – denkbar ist, dass er dazu durch die im selben Jahr in Stuttgart stattfindende Ausstellung Film und Foto (FiFo, Stuttgart 1929) angeregt worden war. Speziell Fotomontagen, die in Zusammenhang stehen mit dem politischen Umfeld im Italien der dreißiger Jahre, werden nach wie vor nur selten fundiert untersucht. Giovanni Lista erwähnt zwar als einer der wenigen Autoren die zu Propagandazwecken gefertigten Montagen, doch auch nur knapp und zum Teil relativierend.75 Die in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts erschienenen Monografien etwa zu Erberto Carboni, Bruno Munari oder dem Studio Boggeri, welches die Fotomontage breit anwendete, behandeln die politisch motivierten Arbeiten nicht oder nur am Rand.76 Die Fotomontagen Bruno Munaris und seine Frühzeit als Futurist, aber auch als Partner von Riccardo Ricas, so kann festgestellt werden, rücken hingegen gerade in letzter Zeit vermehrt in den Fokus der Forschergemeinschaft. So scheint bemerkenswert, dass Maria Antonella Pelizzari in ihrer knappen Übersichtsdarstellung zur italienischen Fotografie das Studio Ricas + Munari erwähnt und Foto-

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2: Xanti Schawinsky, Si, Plakat, 90 × 70 cm, 1934.

montagen dazu abbildet; außerdem erschienen kürzlich eine Publikation, die sich den Arbeiten Munaris von den futuristischen Anfängen bis in die Nachkriegszeit widmet, sowie bereits vor einigen Jahren ein längerer Artikel zu Munari als Illustrator (1927–1933) als auch zu seinen Fotomontagen für die Zeitschrift L’Ala d’Italia.77 Immer noch kaum erforscht sind hingegen Munaris sechs große Fotomontage-Paneele in der Ausstellung Urbanistica an der VI. Triennale (Mailand 1936) von u. a. Piero Bottoni sowie einzelne Arbeiten, die in verschiedenen Printmedien erschienen.78 Die Monografie zu Xanti Schawinsky aus dem Bauhaus-Archiv erwähnt dessen politischen Einsatz, wenn auch knapp und insbesondere anhand eines Textes von Schawinsky selbst zur „Pubblicità funzionale“.79 Von Xanti Schawinsky können außerdem einige Arbeiten in zeitgenössischen Printmedien identifiziert werden; Schawinskys Portrait Mussolinis ist, dank seiner optischen Schlagkraft, bis heute in der Literatur präsent (Abb. 2). Ähnlich stellt sich die Situation für andere bekannte Künstler, Fotografen und Ge­stalter dar; bei keinem weiß man mit Sicherheit, ob er (oder sie: Wanda Wulz) nicht

Zur Geschichte der Fotomontage

3: Anonymer Gestalter, I tessuti dell’Impero, Reklame aus Rivista ­Illustrata del „Popolo d’Italia“, April 1937.

mehr Fotomontagen gemacht hat, als bisher bekannt sind. Von Tato,80 Giulio Parisio und Fortunato Depero sind nur wenige Fotomontagen publiziert, von Pier Maria Bardi und Marcello Nizzoli sind nur vereinzelte, dafür umso häufiger abgebildete Werke bekannt.81 Luigi Veronesi schließlich ist zwar heute noch breit rezipiert – primär als Maler, aber auch als Autor abstrakter Fotografie –, doch seine Fotomontagen sind von der Rezeption vernachlässigt und dies, obwohl er sich, wie Paladini, schriftlich zur Technik geäußert hat: 1934 in Campo Grafico und 1941 in Note fotografiche.82 Stilistisch bewegte sich Veronesi wie Munari und Schawinsky auf den Spuren von Moholy-Nagys Fotoplastik, aber auch in der Nähe des Surrealismus. Veronesi war von der Wichtigkeit der universell einsetzbaren Fotomontage überzeugt: „In den wenigen Jahren seit ihrer Erfindung (in Deutschland durch Heartfield um 1920) wurde die Sprache [der Fotomontage] universell: von der Zeitung zum Manifest, vom Buch zum Katalog, vom Wandbild bis zum Kino leiten sich heute alle Kulturträger […] von der Fotomontage als sicherstes Hilfsmittel her; wo immer sie präsent ist, wird sie verstanden. Ihre Bedeu-

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4: Anonymer Gestalter, Silurificio Whitehead, Reklame aus Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1937. 5: Xanti Schawinsky, Champion, Reklame aus Natura, 1933.

tung ist folglich sehr groß, auch wenn sie nur im Dienst der Reportage oder der Propaganda steht, ohne künstlerische Absicht.“83 Ein wichtiger Teil der italienischen Fotomontage in den dreißiger Jahren ist die (meist anonyme) Werbung. Oft kann sie nicht völlig losgelöst von politischen Aussagen verstanden werden. So zeigen Reklamen, die sich des Mediums bedienen, etwa „tessile autarco“ (autark produziertes Textil) oder „tessuti dell’Impero“ (Stoff des Imperiums; Abb. 3).84 Die Autarkie-Politik Italiens war eine Reaktion auf die Einschränkungen des Welthandels nach der Finanzkrise 1931; als besonders betroffene Branche setzten die Textilunternehmen auf eine möglichst große Unabhängigkeit vom Ausland. Die Wirtschaftssanktionen des Völkerbundes nach der Annexion Äthiopiens zwangen Italien definitiv zu möglichst weitreichender Autonomie. Diese unfreiwillige Besinnung auf die eigenen Ressourcen und Kapazitäten wird in den Reklamen umgedreht in ein stolzes Bewusstsein für die eigene Vergangenheit. Der Faschimus ist in den Reklamen ebenfalls präsent – etwa als Stoffstücke in Form von fasci (Abb. 3) –, doch das Schwergewicht liegt klar auf der antiken Vergangenheit: Fotografien antiker Skulpturen verweisen im Jahr der Mostra Augustea della Romanità auf die Größe des römischen Reichs, vor allem aber ziehen sie unmissverständlich die Parallele zwischen der römischen und der faschistischen Epoche (vgl. S. 196 ff.).

Zur Geschichte der Fotomontage

Immer wieder sind Massenszenen, aber auch das Bauwesen (Bau- und Materialfirmen) oder Industrieprodukte (Öl, vor allem aber auch technische Produkte) Themen der Fotomontage. Insbesondere für die Bewerbung von Objekten bietet sich die Fotomontage an, da sie erlaubt, Nahaufnahmen der Produkte mit ihrem Kontext zu verbinden. So werden der Torpedo Silurificio Whitehead (Abb. 4) oder die Zündkerze Champion in Xanti Schawinskys Werbung (Abb. 5) im Vordergrund als freigestellte Objekte detailgenau und materialgerecht präsentiert, während ihnen unterlegt im Hintergrund ihr Einsatzbereich ge­­zeigt wird. Diese Kombination von Aufnahmen unterschiedlicher Sujets, Situationen, Einstellungsgrößen und vermutlich meist auch unterschiedlicher Autoren zu einer zu­sam­men­hängenden Aussage ist nicht nur, aber auch in der italienischen Werbung typisch.

Fotomontage in der Propaganda „The photomontage is an agitation-propaganda form of art.“85 (Gustav Klutsis, 1932) Die Renaissance, die die Fotomontage zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte, verdankte sich den Arbeiten von Dadaisten, Surrealisten und Konstruktivisten; zahlreiche Publika­tionen stellen die Arbeit des Fotomonteurs El Lissitzky vor, und John Heartfields politische Fotomontagen gehören heute zu den Klassikern der modernen Kunst. Heartfields Kampf gegen die Nationalsozialisten und El Lissitzkys, Sergej Senkins oder Gustav Klutsis’ Einsatz für den russischen Kommunismus sowie die Qualifizierung der Fotomontage als avantgardistische Technik tragen dazu bei, dass die Fotomontage nach wie vor als „linke“ Kunst be­trachtet wird. So erkennt der Fotohistoriker Ulrich Pohlmann im Gebrauch der „,linken‘ Technik […] der Fotomontage“ „für die propagandistische Visualisierung des Führerkults“ ein „widersprüchliches Erscheinungsbild aus modernistischer Ästhetik und politisch reaktionären Inhalten“.86 Diese noch heute verbreitete Sichtweise bedingt eine Gleichsetzung der künstlerischen Moderne mit der politisch Linken, was, wie im Lauf der vorliegenden Arbeit immer wieder gezeigt wird, nicht zutrifft. Im faschistischen Italien stellte die Tatsache, dass die Fotomontage zu Beginn des 20. Jahrhunderts in avantgardistischen und politisch linken Kreisen wiederentdeckt worden war, bis in die späten 1930er Jahre kein Problem dar. Die italienischen Künstler waren über ihre russischen Kollegen gut informiert und scheuten sich nicht, Einzelne von ihnen stilistisch zu paraphrasieren (vgl. S. 71 ff.). Überraschend ist hingegen, dass in Deutschland, wo die Nationalsozialisten die Moderne und das Neue Sehen als „entartet“ und „bolschewistisch“ diffamierten, die Fotomontage ebenfalls bis in die späten 1930er Jahre immer wieder eingesetzt wurde, insbesondere in wich-

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tigen propagandistischen Ausstellungen. Der Grund liegt in gewissen Eigen­schaf­ten der Fotomontage, welche sie als Massenkommunikationsmittel für totalitäre Regimes wertvoll macht.87 Doch nicht nur die Fotomontage wurde trotz durchaus vorhandenen Vorbehalten gegenüber ihrer Ästhetik übernommen, wie Willi Münzenberg schrieb: Man kopierte „skrupellos Einrichtungen der Sowjetunion und Werbemethoden wie organisatorische Einrichtungen der KPD, sobald man sah, daß sie eine große Anziehungskraft für die Massen besaßen, dabei handelte es sich für die Hitlerpropaganda immer nur um die bloße Übernahme der Form, während man den Inhalt frech fälschte.“88 Die Wahrnahme der Fotomontage als neue, revolutionäre Technik, die im Faschismus ein wichtiger Faktor für ihre Akzeptanz war, spielte vermutlich auch in Deutschland eine Rolle, als Joseph Goebbels die Fotomontage parallel setzte zum Neuanfang: „Die Art der Darstellung in gewaltigen Photomontagen ist aus dem Geist des neuen Deutschland geboren.“89 Wenn man die Fotomontage als Technik und nicht als Kunst betrachtete, konnte man sie aus dem verfemten avantgardistischen Umfeld herauslösen: „Niemand hat die Fotomontage erfunden. Sie wurde aus sich selbst. Sie ist nichts Modernes und nichts Altes und sie ist eigentlich auch kaum etwas Selbständiges, sondern Mittel zum Zweck […]“90 Die „Widersprüchlichkeit der Montage“91 machte es möglich, Fotomontagen ebenso in rechten wie in linken Diktaturen, aber auch in Demokratien als staatliches Propagandamittel einzusetzen. Folgerichtig bezeichnet Hanno Möbius deshalb die seit Adorno verbreitete Annahme, dass die „Montage implizit ein Instrument der Kritik sei“, als „grundsätzlich falsch“, da sie auch im Faschismus einen „prominenten Rang“ einnahm.92 Generell ist festzuhalten, dass es zwar eine negativ kritisierende, destruktive und ironisch-karikierende Fotomontage gibt, aber ebenso eine affirmative, aufbauende, die nah an der Realität ist. Während die erste Form paradigmatisch repräsentiert wird durch die antinationalsozialistische Propaganda Heartfields, in der Gegensätze sowohl inhaltlicher als auch formaler Art aufeinanderprallen, steht die zweite Form von Fotomontage für eine bejahende, positive Propaganda, die seit der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre nicht nur im Faschismus, sondern auch im Nationalsozialismus, im Stalinismus und in den demokratischen USA unter Franklin D. Roosevelt sowie, seit dem 19. Jahrhundert, in der kommerziellen Werbung verwendet wurde. Beide Formen der Fotomontage sind aber nicht fest gebunden an das eine oder andere System,93 und beide können weder als politisch links noch als politisch rechts situiert bezeichnet werden. Es gilt also nicht automatisch die Verallgemeinerung, dass eine ironisch-karikierende Fotomontage von einem politisch linksstehenden Autor stammen muss, genauso wenig wie affirmative Fotomontagen zwingend das Werk rechtsnationaler Künstler sind. Besonders deutlich wird die Unmöglichkeit, aufgrund der Form auf die politische Gesinnung des Autors zu schließen, bei Fotomontagen in der Produktwerbung.

Zur Geschichte der Fotomontage

Karel Teige verglich die Funktion der Fotomontage für die Internationale mit der Rolle der Altarbilder in der katholischen Kirche.94 In dieser Arbeit sei die Rede von der Fotomontage als säkularer Biblia pauperum für Politik und Alltag erlaubt.95 Denn die Fotomontage als spezifische Form der Fotografie diente im Faschismus sowohl in der Reklame als auch in redaktionellen Beiträgen von Printmedien und in populären Ausstellungen mit aufklärerischem Impetus (u. a. zu Kind und Familie, Arbeit, Sport, kolonialen Eroberungen oder Städtebau), die zum Teil Millionen Besucher anzogen, der Verbreitung faschistischen Gedankenguts, der Information, aber auch der Vereinnahmung des Volkes. Eine einfache Erklärung für die Popularität der Fotomontage im Italien der dreißiger Jahre gibt es nicht. Hanno Möbius sieht den Grund darin, dass die Montage „vom systemkonformen Teil der Futuristen in das faschistische Italien eingebracht“96 worden war. Dies mag nicht der einzige Grund gewesen sein. Dazu kam wohl auch die unentschiedene Haltung Mussolinis gegenüber der Moderne, die sich deutlich von der klar ablehnenden Hitlers unterschied, außerdem konnte man den Charakterzug des Neuen und die Merkmale der Fotomontage propagandistisch nutzen. Zum hohen Stellenwert der Fotomontage in der Kommunikation im Ventennio trug also der Umstand bei, dass die Fotografie als noch junges Medium galt und damit dem Faschismus als dynamischer und zukunftsgerichteter Bewegung entsprach. Fundamental sind dabei die Charakteristika der Fotografie: „keine Zeichnung hat die unmittelbaren und allgemeingültigen kommunikativen Möglichkeiten der Fotografie.“97 Die Qualität des Lichtbilds als schnelles und sachliches Abbild der Welt bleibt der Fotomontage erhalten, ja sie vermag erstere durch die Kombination von mehreren Fotografien gar zu steigern, sodass sie in Luigi Veronesis Augen als einziges modernes Ausdrucksmittel gilt.98 Dies mag, in Verbindung mit der Freiheit des Fotomonteurs, mit Realitätsschnipseln aus unterschiedlichen Kontexten eine neue, unter Umständen auch fiktive Situation zu schaffen, nicht nur für Luigi Veronesi zur Attraktivität der Fotomontage beigetragen haben. Ein entscheidendes Charakteristikum der politischen Fotomontage ist die ihr inhärente Botschaft. Diese muss vom Betrachter verstanden werden, entsprechend muss der Fotomonteur verstehen, sich auszudrücken, wie Karel Teige schreibt: „In der Fotomontage […] stehen uns heute eine neue Art von Schrift und bildlicher Sprache zur Verfügung. Wir sind erst beim ABC. Wie so viele Experimente, lehren uns beide, dieses neue Ausdrucksmittel zu beherrschen, dieses neue Schriftsystem: es wird möglich sein, neue Wahrheiten, neue Appelle und neue Gedichte mit ihnen zu schreiben.“99 In Italien, das 1931 noch 21% AnalphabetInnen100 aufwies, war die textlose Kommunikation ein wichtiger Beweggrund, die Fotomontage einzusetzen, denn „die Fotomontage kann erzählen, beschreiben, die ver­­schiedenartigsten und tiefsten Empfindungen hervorrufen […]“101

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Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage „[…] unter diesem Wort verbirgt sich eine Flut wirrer Begriffe.“102 (Otto Croy, 1937)

Versuch einer Begriffsdefinition Im Deutschen existieren verschiedene Begriffe, um die Kombination von zwei oder mehr Fotografien oder Fotofragmenten zu bezeichnen: Fotocollage, Fotomontage, Kombinationsbild, Kompositionsfotografie, Aufbaufoto.103 Während in der Verwendung der Begriffe Fotocollage und Fotomontage die Kunst, ihre Geschichte, Technik und ihre Geschichtsschreibung mitspielt, beziehen sich die Begriffe Kombinationsbild und Kompositionsfotografie auf fotografische Verfahren vornehmlich des 19. Jahrhunderts. Der Begriff Aufbaufoto schließ­lich beinhaltet eine politisch-ideologische Kompo­nente, wurde er doch von den Nationalsozialisten gebraucht, um dem Begriff Fotomontage auszuweichen, der mit den als entartet gebrandmarkten künstlerischen Avantgarden (Dada, Bauhaus) und durch die „russischen Bolschewisten“ (El Lissitzki, Klutsis, Rodtschenko) mit der linken Ideologie behaftet war.104 Hanno Möbius geht der Etymologie des Begriffs Fotomontage nach, der von John Heartfield und George Grosz geschaffen worden sei, indem sie sich als Monteure bezeichneten.105 Der Begriff macht die Nähe ihrer Produktion zur Technik deutlich,106 was von Heartfield durch das Tragen des blauen Arbeiter-Overalls unterstrichen und von Karel Teige schriftlich formuliert wurde: „Schon das Wort Fotomontage drückt den konstruktivistischen, montageartigen Charakter aus, im Unterschied zum handgefertigten oder hand­­geschriebenem [sic] Charakter der Ölmalerei und Grafik.“107 Doch nach wie vor wird sowohl von Fotomontage als auch von Fotocollage gesprochen, was wohl mit der noch immer fehlenden eindeutigen Unterscheidung zwischen den Be­ zeichnungen zusammenhängt.108 Während die Collage ihren Ursprung in der (kubistischen) Kunst hat und etymologisch eindeutig auf Geklebtes verweist, fehlt eine ebenso simple Erklärung für den Begriff der Montage.109 Erschwerend kommt hinzu, dass das Kriterium des Geklebten in vielen Fällen auch für die Montage zutrifft, als Unterscheidungsmerkmal also nicht taugt. Was die Montage in den Augen vieler von der Collage abhebt, ist nebst der bereits erwähnten Affinität zur Technik der Zusammenhang mit dem Medium Fotografie, aber auch mit den Druckmedien. Entsprechend argumentiert Möbius: „In Collagen werden generell Materialien eingeklebt, die verschiedenartigen Wirklichkeitsbereichen angehören. Stoff- und Tapetenfetzen gehören zu den Produkten des Alltags, Zeitungen und Fotografien dagegen sind Medien, in denen über den Alltag nachge­ dacht wird. Die Zwischenformen zur Fotomontage verstärken mit Hilfe von Fotogra-

Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage

fien die Bedeutung der Medien und sie stärken ihren bildhaften Charakter.“110 Möbius hebt den abbildenden Charakter der Fotografie, aber auch ihre Reproduzierbarkeit hervor, zwei Aspekte, die typisch für die „technischen“ Fotomontagen sind.111 Es mag diese Vorstellung des Technischen sein, die im Folgenden auch Möbius dazu bringt, zwischen künstlerischer und politischer Fotomontage zu unterscheiden. Zwar leuchtet dies auf den ersten Blick ein, spätestens aber wenn man politische von künstlerischen Arbeiten eines Alexander Rodtschenko, Gustav Klutsis, Bruno Munari, Luigi Veronesi oder John Heartfield unterscheiden will, merkt man, dass dies kaum möglich ist. Die Unterteilung in künstlerische und politische Fotomontagen sowie der häufig auf ein Land, eine künstlerische Bewegung, eine Epoche oder eine Monografie begrenzte Blick führen auch zu einseitigen Definitionsversuchen. So ist innerhalb der politischen Fotomontagen – so diese von den künstlerischen Werken überhaupt sinnvoll kategorisch abgetrennt werden können – John Heartfields Werk eines der besterforschten. Doch der Fokus auf seine Fotomontagen gegen die nationalsozialistische Diktatur verstellt nicht selten den Blick auf andere Fotomontagen aus der politischen Propaganda. So schreibt zum Beispiel Michael Diers, für die politische Fotomontage gelte seit Heartfield als „traditionelles Prinzip der (politische) Widerspruch“, das heißt: „Die Gegensätze werden herausgestellt, in der Karikatur kenntlich und eindeutig gemacht, die politischen und ideologischen Positionen trennscharf bezeichnet“.112 Diers reduziert die politische Fotomontage stark auf einen spezifischen Stil, eine politische Ausrichtung und eine Form der Agitation, die Gegenpropaganda.113 Dabei lässt er die im Namen des Regimes – auch in Deutschland – in Auftrag gegebenen und zu Propagandazwecken verwendeten Fotomontagen völlig außer acht. Diese offiziellen Fotomontagen widerlegen seine These von den Gegensätzen und der karikaturhaften Darstellung. Wie im Deutschen wird auch im Italienischen zwischen fotocollaggio und fotomontaggio unterschieden, wobei die Unterscheidung ebenfalls unklar ist und die beiden Begriffe entsprechend inkonsequent angewandt werden. Giovanni Lista, der sich in Bezug auf futuristische Fotomontagen wiederholt mit dem Phänomen und dem Problem der sprachlichen Ungenauigkeit auseinandergesetzt hat, bleibt selbst vage. Während er einmal fotocollaggio als „forma intermedia“114 zwischen Fotografie und fotomontaggio bezeichnet, ohne genau zu erklären, was er damit meint, definiert er an anderem Ort fotocollaggio als Ensemble von Foto(s) und Schrift, fotomontaggio hingegen als Werk, welches einzig aus Bildmaterial besteht.115 Letzteres ist eine oft vorgebrachte Argumentation, die aber auf den Sprachgebrauch kaum Auswirkung hat. Über den fotomosaico schreibt Lista hingegen: „Die Technik des fotomosaico wird bestimmt durch reliefartige plastische Elemente, die in den physischen Raum des Betrachters übergreifen und so die emotionale Wirkung der Komposition verstärken.“116 Dieser Gebrauch des Wortes bestätigt sich in der zeitgenössischen Literatur

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nicht; vielmehr wird bei dreidimensionalen Anordnungen nicht selten von fotoplastico gesprochen. Das Wort fotomosaico hingegen ist, wie Guglielmo Usellini 1933 anlässlich einer Besprechung von Arbeiten Mario Sironis in der MRF 1932 schreibt, eine Sprachschöpfung unter dem Fa­schismus: „[…] in großen fotomosaici (Sironis keineswegs exotische Art, mit der Fotografie zu komponieren, verdient den Ausdruck neuer Prägung)“.117 Libero Andreotti hebt hervor, der neu geprägte Ausdruck („vocabolo di nuovo conio“) erlaube, eine Verbindung zur linken Ideologie zu vermeiden. Er führt also dasselbe Argument ins Feld, welches auch in Deutschland zur Schaffung des Wortes Aufbaufoto geführt hat.118 Der Umstand, dass die Vokabel fotomosaico eine Allusion an die (römisch) antiken Mosaike beinhaltet, ist dabei aber sicher mindestens ebenso wichtig. Diese Verknüpfung zwischen Vergangenheit und Gegenwart war, wie ab S. 171 ff. dargelegt werden wird, ein wesentliches Element innerhalb der faschistischen Propaganda. Erstaunlicherweise scheint diese erwünschte und durch den Sprachgebrauch manifestierte Verbindung zur Tradition keine Rolle im Katalog der Mostra Augustea della Romanità gespielt zu haben, wo von fotomontaggi, nicht von fotomosaici die Rede ist.119

Die Verwendung eines erweiterten Begriffs in dieser Arbeit Da die in der Literatur verwendeten Bezeichnungen Fotocollage und Fotomontage, wie bereits ausgeführt, keineswegs eindeutig definiert sind, müssen eigene Kriterien gebildet werden, um die hier ausgewählten Arbeiten mit einem der Begriffe kennzeichnen zu können. Dazu gehört in jedem Fall zentral, dass a) aus der Gruppierung einzelner Elemente unterschiedlicher Herkunft eine neue Einheit entsteht, welche b) als solche zu erkennen ist, und in welcher c) das Medium Fotografie überwiegt. Eine Kategorisierung aufgrund des Stils hingegen kann nicht vorgenommen werden; dies gilt auch für die italienische Fotografie der dreißiger Jahre, selbst wenn Italo Zannier einen faschistischen Fotostil erkennen will: „Der Erfolg der Fotosektion an der Ausstellung zum 10. Jahrestag der faschistischen Revolution von 1932 regte jedenfalls dazu an, auch für dieses Genre von Bildern einen kohärenten Stil festzulegen, der im Übrigen bereits im Plakat der Ausstellung symbolisiert war, ausgeführt vom Grafiker Paulucci mit einer Fotografie von Achille Bologna, die einen Milizsoldaten aus der Froschperspektive und in der Diagonalen zeigt, während er einen Karabiner über den Kopf hielt wie beim faschistischen Gruß.“120 Auch wenn in der Tat extreme Untersichten nach dem Vorbild der russischen Fotografie häufig waren, taugen sie nicht zum Stilmerkmal der faschistischen Fotografie. In der vorliegenden Arbeit wird durchgehend der Begriff Fotomontage verwendet. Dazu haben verschiedene Überlegungen geführt:

Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage

Erstens stützt sich die Arbeit auf Reproduktionen, da Fotografien von Arbeiten, die in Ausstellungen gezeigt wurden und Gedrucktes (Bücher, Zeitschriften / Zeitungen, Werbung) untersucht werden. Generell ist es in der Mehrzahl der Fälle so, dass nur die Reproduktionen von Fotomontagen bekannt sind; auch Hanno Möbius weist auf diesen Umstand hin.121 Diese Reproduktionen lassen keinen definitiven Rückschluss zu, ob das Original geklebt war oder nicht; nur diesbezügliche Gewissheit ließe die Bezeichnung Collage zu.122 Als zweites Argument mag hier gelten, dass im Italienischen das Wort fotomontaggio stärker verbreitet ist als jegliche andere Bezeichnung. Die Monteure Luigi ­Veronesi123 und Vinicio Paladini124 benützen das Wort Montage, letzterer in der französisierten Schreibweise „Fotomontage(s)“, genauso dir Historiker Arturo Carlo Quin­­ tavalle125 und Italo Zannier.126 Da die italienischen Fotomontagen in der deutschsprachigen Literatur nur am Rand behandelt werden, kann keine Regel in der Verwendung des einen oder andern Begriffs festgestellt werden.

6: Achille Bologna, Plakat für die Mostra della Rivoluzione Fascista, 1932. 7: Achille Bolognas Fotografie des Milizsoldaten ist immer wieder verwendet ­worden, so etwa freigestellt in einem Beitrag zur Mostra della Rivoluzione Fascista in der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, „Dieci anni di Fascismo“, 30. Oktober 1932.

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Ein drittes Argument für die Verwendung des Wortes Fotomontage besteht in der sprachlichen Implikation der manuellen Tätigkeit des Zusammenfügens von zwei oder mehreren, ursprünglich voneinander unabhängigen Objekten. Schon im Begleitheft der ersten Ausstellung zur Fotomontage, 1931 in Berlin, hieß es, man habe die „gänzlich aus fotografien zusammengesetzten klebebilder […]“127 Fotomontagen genannt, um ihren maschinell-technischen Charakter zu betonen. Und ganz im Sinne von Hausmann, Heartfield oder Grosz – die ersten zwei waren in der Ausstellung vertreten – folgte der Satz: „der handwerker weicht dem montör.“128 Der Begriff Fotomontage wird für die vorliegende Arbeit auf Basis der oben formulierten Überlegungen ausgeweitet zu juxtaposé-Fotomontagen und zur involvierten Medienvielfalt. Auch Beispiele aus der (Innen-)Architektur werden untersucht; einmal mehr kommt in letzterer der Aspekt der technischen Montage zum Tragen wie in den dreidimensionalen ephemeren Bauten von Persico und Nizzoli in der Mailänder Galleria Vittorio Emanuele respektive in der Esposizione dell’Aeronautica Italiana.129 Es sind Gerüste, wie man sie von Fassadenverkleidungen her kennt, in welche in bestimmten Abständen (Schrift-)Bilder gehängt wurden. Beim Betrachten der Gitterwände, die Durchblicke in hintere Schichten erlauben, überlagern sich die verschiedenen Ebenen und entsprechend die Fotografien und Typografiken, wodurch eine vom Betrachter und seinem Standpunkt abhängige Fotomontage entsteht aus Bildelementen unterschiedlicher Ebenen des Gitters.

Merkmale der Fotomontage Generell wird unterschieden zwischen der Positivmontage und der Negativmontage. Erstere ist eine „[…] Montage aus Ausschnitten aus Fotos, Reproduktionen in Illustrierten, Büchern, Katalogen“,130 die auf einem Untergrund vereint werden. Die Negativmontage hingegen findet vor oder während der Vergrößerung einer Aufnahme statt, zum Beispiel in Form einer Doppelbelichtung. Otto Croy, der unter den Nationalsozialisten Fotofibeln verfasste, so auch eine sehr erfolgreiche Schrift zur Fotomontage, differenziert etwas anders; er subsumiert unter dem Begriff Fotomontage eine Vielzahl technischer Möglichkeiten, die es erlauben, zwei und mehr Bilder zu einem zusammenzufügen, und unterscheidet grundsätzlich drei verschiedene Arten von Fotomontagen: solche, die im Negativprozess (beim Fotografieren), im Positivprozess (beim Vergrößern und Entwickeln) sowie durch die Schnitt- und Klebetechnik entstehen.131 Diese Kategorisierungen sagen aber noch nichts aus über die Merkmale einer Fotomontage, was sie beinhaltet und auf welche Weise sie komponiert sein soll oder darf. Was, so stellt sich also die Frage, soll und darf (noch) als Fotomontage bezeichnet werden? Antworten darauf lassen sich in den Texten einiger der Fotomonteure finden,

Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage

die sich selbst über die Fotomontage und deren Eigenschaften geäußert haben; dazu gehören der Russe Gustav Klutsis, der Tscheche Karel Teige und die Italiener Luigi Veronesi und Vinicio Paladini, wobei der Text von Paladini früh, nämlich bereits 1929, erschienen ist.132 Dabei kommen die Künstler-Autoren immer wieder auf bestimmte Eigenschaften zu sprechen. Grundlegend ist der dokumentarische Charakter der Fotomontage, der dank der Verwendung des abbildenden Mediums Fotografie gegeben ist, wie Klutsis schreibt: „In replacing the hand drawing with a photograph, the artist depicts a particular moment in a manner more truthful, more lifelike, more comprehensible to the masses. The point of this replacement is that the photograph does not just capture a visual fact but fixes it precisely. This precision, this documentary nature of the photograph allows it to have a much more powerful effect on the reader than a graphic image ever can.“133 Die Fotomontage muss aber die Realität – das ist ihre Freiheit – nicht eins zu eins wiedergeben,134 sondern nur eine mögliche Realität evozieren, wobei das Auge auch unrealistische Kombinationen als „illusionistische[n] zusammenhang“135 akzeptiert, oder, wie es Matthew Teitelbaum ausdrückt: Die Montage will nicht nur das Reale repräsentieren, sondern die Idee von „real“ ausdehnen auf das noch nicht Gesehene.136 Es war ein gängiges Argument für den breiten Einsatz der Fotografie, sowohl bei den Faschisten, den Nationalsozialisten als auch bei den Künstlern selbst, dass das Bild generell schneller zu erfassen sei als ein Text.137 Die Kombination mehrerer Bilder in einer Fotomontage kann einen Satz oder Text ersetzen, wie Otto Croy festhält: „Das Bild tritt an die Stelle des Wortes, und die Einzelbilder in ihrer Summe ergeben den Satz.“138 Folgerichtig ist in der Fotomontage ein (nicht zwingend linearer) Ablauf zu erkennen, die Bildfragmente erzeugen eine kaleidoskopische, Poly- oder Pluriperspektive, die es erlaubt, ein Objekt oder eine Information aus verschiedenen Winkeln zu betrachten.139 Auf diese Weise entsteht eine (neue) räumliche und zeitliche Dimension, die, so Matthew Teitelbaum, „reflect[s] a fast-paced, multifaceted reality“.140 Immer wieder wird deshalb die Nähe der Fotomontage zum Film betont.141 Einige Fotomonteure kombinieren Realitätsausschnitte so, dass der Eindruck einer dem Film verwandten Montagetechnik aufkommt: Wechsel der Perspektiven und der Einstellungsgrößen sowie der Bewegungsrichtung, Wiederholung und Überblendung einzelner Bilder. Dadurch entsteht der Eindruck eines Ablaufs in Raum und Zeit.142 Klutsis: „The photo fixates a frozen, static MOMENT. The photomontage shows the dynamic of life, developing the thematic of a given subject.“143 Noch deutlicher wird Karel Teige: „Wenn die (Reportage)Fotografie als ein Dokument fungiert, ein Faktum und einen Gegenstand zeigt, so sind es die Folgen der Fotografie, ihre Zusammensetzung, Montage, die eine Handlung und eine Idee ausdrücken kann. Deswegen steht die Fotomontage dem Film eigentlich näher als der Fotografie. Der Film ist eine stroboskopische Fotomontage, die sich kontinuierlich in der Zeit entwickelt. Die Fotomontage ist eine simultane optische Synthese auf einer Fläche. Sie ist, wenn man so sagen darf,

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ein statischer Film.“144 Die Idee einer simultan, schnell zu erfassenden Fotomontage (wie der Film ein Äquivalent zur immer schneller werdenden Zeit) durchzieht die Publikation Gefesselter Blick.145 Hier werden die beiden modernen Kommunikationsmittel gar gleichgesetzt: „Fotomontagen sind kleine Filme in der Fläche. Das Auge muss spazieren laufen.“146 Während der Beschäftigung im Hinblick auf diese Arbeit mit Fotomontagen im Allgemeinen und mit einzelnen Werken im Besonderen (Ausstellungsinstallationen, Fassadendekorationen, Rastermontagen; auch Arbeiten, die nicht ausschließlich aus Fotografie bestehen) ergab sich die Frage, in welcher Art und Weise Bildfragmente kombiniert werden sollen respektive müssen, um noch als Fotomontage zu gelten. Konkret war zu klären, ob die berührungslose Kombination von Bildern ( juxtaposé), etwa innerhalb eines Rasters, als Fotomontage gilt, oder ob der Begriff bedingt, dass die einzelnen Komponenten sich überlagern. Der Maler und Gestalter Veronesi gibt darauf eine klare Antwort: „die Fotografien werden aufgeklebt, neben- oder übereinander“.147 Weiter musste entschieden werden, ob Fotomontagen ausschließlich aus Fotografien bestehen müssen, oder ob auch andere Komponenten wie Schrift oder Grafik zugelassen sind. Die meisten Autoren und Monteure vertreten keine exklusive Verarbeitung von Fotografie.148 Bereits 1931 heißt es im Vorwort der Begleitpublikation zur maßgeblichen Ausstellung Fotomontage in Berlin: „von der eigentlichen fotomontage lässt sich die nur mit mitteln der typografie zur werbegrafik gestaltete fotografie nicht abtrennen. auch sie war in die ausstellung einzubeziehen. wird endlich versucht, das aneinanderkleben von ausschnitten durch übereinanderkopieren verschiedener negative und einkopieren von buchstabenzeichen nach art der fotogramme zu ersetzen, so gehört auch diese jüngste und wohl auch zukunftsreichste form fotografischer werbegestaltung in den weiteren bezirk dessen, was unter fotomontage verstanden werden muss.“149 Gustav Klutsis betont ein Jahr später, 1932, die Fotomontage müsse keineswegs ausschließlich aus fotografischen Abzügen zusammengesetzt sein,150 und Karel Teige äußert sich im selben Jahr wie Klutsis in seinem programmatischen Text radikal über die Fotomontage als neue Kunstform. Nachdem er die Fotomontage als „Ergebnis der Notwendigkeit moderner Werbung und politischer Agitation“ bezeichnet hat, „die die bildliche Mitteilung mit der des Wortes“,151 also Fotografie und Text, miteinander verbindet, spricht er an anderer Stelle des Textes gar davon, die Fotomontage könne auch, falls technische Bedingungen dies verlangten, „durch eine objektive Zeichnung, mit Feder nachgezeichnet, ersetzt werden“.152 Entscheidend ist, so könnte man zusammenfassen, was César Domela 1931 formulierte: „fotomontage ist die künstlerische verarbeitung von einer oder mehreren fotografien in einer bildfläche (mit typografie oder farbe) zur einheitlichen komposition.“153 Bedingung ist also, dass aus mehrheitlich fotografischem Material (auch in seiner Reproduktion) eine neue Einheit entsteht, die als solche aufgefasst wird (auch

Begrifflichkeit und Charakteristik der Fotomontage

juxtaposé-Kombinationen aus nicht überlappenden Elementen sind erlaubt, mit oder ohne Raster), und die durch die Nachbarschaft der Partikel unterschiedlicher Herkunft eine neue Bedeutung erzeugt – frei nach Aby Warburgs „Gesetz der guten Nachbarschaft“.

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II Italien in den 1930er Jahren: Die Fotomontage in Ausstellungen, Publikationen und in der Architektur

Fotomontagen in Ausstellungen „Anhand der Illustrationen sehen und beurteilen wir die Fakten. Lesen bedingt die Bemühung von Gelehrten, das Bild vermittelt sofort den Eindruck des Ereignisses.“1 (Arnaldo Mussolini)

Zum Auftakt: Der tavolo degli orrori Unter den italienischen Fotomontagen springt eine ins Auge: der sogenannte tavolo degli orrori (Tisch des Grauens). Der Grund für die unübersehbare Präsenz dieser Fotomontage bis in die heutige Literatur ist weniger ihrer ästhetischen Qualität zuzuschreiben als ihrer polemischen Sprengkraft, die auf die Politik zielte: „Jede Polemik für die Kunst gehört heute zum üblichen politischen Niveau.“2 Der Autor der Montage, Pier Maria Bardi, war Galerist, Architekturkritiker, Publizist und einer der aktivsten Bildarrangeure und -monteure. Die Montage gab Bardi die Möglichkeit, auf kleinem Raum einen zugespitzten Kommentar zu aktuellen Ereignissen abzugeben; „sie erspart uns damit“, bemerkte er in Zusammenhang mit dem tavolo degli orrori, „einen langen Artikel“.3 Die ungebrochene Präsenz des tavolo degli orrori gründet im Kontext seiner damaligen Präsentation und in seiner Wirkung, die er in der zeitgenössischen Diskussion um die Staatsarchitektur entfaltete.4 Der tavolo degli orrori kondensiert in einer dichten Assemblage von Schrift- und Bildschnipseln die Debatte, in der Bardi einer der zentralen Akteure war. Am 28. März 1931 wurde in Pier Maria Bardis Galleria di Roma an der Via Veneto die zweite Ausstellung des MIAR, des Movimento Italiano per l’Architettura Razio­ nale, eröffnet, eine der internationalen Moderne verpflichtete Gruppierung. Die Ausstellung stand unter dem Patronat des Sindacato Nazionale Architetti und war von Mussolini persönlich bewilligt worden.5 Die Auswahl der Arbeiten und die Organisation bewerkstelligte, nebst Bardi, die Direktion des MIAR (Pagano, Pollini, Puppo, Libera). Fotografien, Pläne und Modelle zeigten die jüngsten Projekte einiger Dutzend

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II Italien in den 1930er Jahren 

Architekten, darunter Terragni, Libera, Baldessari, Figini, Pollini, Lingeri; auf einer Tischplatte war der tavolo degli orrori von Bardi ausgestellt. Der MIAR war noch jung: Im August 1930 erst war er gegründet worden, nachdem auf internationalem Parkett bereits zwei Congrès Internationaux d’Architecture Moderne (CIAM), auf Schloss La Sarraz in der Schweiz (Juni 1928) und in Frankfurt (Oktober 1929), stattgefunden hatten; der dritte stand vor der Tür (Brüssel, November 1930). Die stilistische Ausrichtung des MIAR ist am ehesten zu verstehen, betrachtet man die realisierten Bauten; eine Programmschrift mit konkreten Punkten bot die Gruppierung nicht. Auch in den „4 note“ (1926/27) des Gruppo 7, einer Art Geburtsurkunde des Razionalismo avant la lettre, finden sich keine konkreten Hinweise auf typische Stilmerkmale, vielmehr grundlegende Regeln: „Der Stil [des spätern Rationalismus] wird […] durch Selektion aus dem konstanten Gebrauch der Rationalität und der vollkommenen Entsprechung zwischen Struktur und Zweck des Bauwerks entstehen. Das muss gelingen: Die schlichte Konstruktion, die als solche nicht Schönheit wäre, durch die undefinierbare und abstrakte Perfektion des reinen Rhythmus zu adeln.“6 Sicher war die Ausrichtung der Rationalisten nach Europa bestimmend, speziell nach Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Indes, sie waren auch vom Primat der italienischen Architektur überzeugt. Anlässlich der ersten MIAR-Ausstellung, 1928, schildern Adalberto Libera und Gaetano Minnucci Motivation, Entstehung und Ziel des modernen corrente unter Verwendung des zu definierenden Wortes: „Heute sind aus vielen Landesteilen […] durch die natürliche Entwicklung des Zeitgeistes Energien und regionale Gruppen hervorgegangen, die sich zu einer einzigen fundamentalen Strömung entwickeln, basierend auf realistischen Prinzipien und dem innersten Wesen der traditionellen lateinischen und italieni­ schen Kunst. Diese Strömung will ihre Kraft aus der wahren Tradition schöpfen und wieder an den Geist und die unbändige Leistungsfähigkeit des Volkes des römischen Kaiserreichs anknüpfen, das in der ganzen zivilisierten Welt seine beständigen archi­­ tektonischen Werke von zutiefst nutzbringendem und rationalem Geist errich­ tete. Das tief im italienischen Volk verwurzelte kreative Wesen, das sich unter dem Emblem des Littorio erneuert hat, muss die rein äußerlichen Dekorationen aufgeben und zurückkehren zu den Eigenschaften, die das römische Volk zum Herrscher über die Welt gemacht hat: Das konstruktive Schaffen“.7

Fotomontagen in Ausstellungen

Prägnant kommt in diesem Text ein zentrales Anliegen des Rationalismus zum Ausdruck: Das in diesen Jahren stetig wiederkehrende, bestimmende Moment des Rückgriffs auf Tradition und Ursprung (Imperium). Ein Topos, der weit über die Architektur hinauszielte und als Ausdruck des Primats der italienischen Kultur von fun­­da­ mentaler Bedeutung für das Selbstverständnis des Faschismus war. Libera und Minnucci sagten es deutlich: Die Architekten müssen zurückkehren zu den Anfängen, um weiterzuführen, was die antiken Römer zur Weltherrschaft geführt hat: die „creazione costruttiva“. Selbstredend mangelt es an einer näheren Erklärung, was unter einer konstruktiven Schöpfung zu verstehen sei, sieht man ab vom Vermerk, auf äußerliche Dekoration sei zu verzichten. Ab 1930 führten die Rationalisten nationalistisch konnotierte Schlagwörter ein wie „classicismo“, „tradizione“, „ordine“ und „gerarchia“ oder das substantivierte Adjektiv „mediterraneità“.8 Dies war ein weiterer, diesmal linguistischer Brückenschlag zurück in die Vergangenheit, um ihre Bauten als logische Konsequenz der italienischen Architekturgeschichte darzustellen. Die Staatskünstler in spe suchten eine Verbindung zwischen Architektur und Vaterland aufzubauen, die ihren Anspruch auf die Vertretung der Staatskunst legitimieren sollte. Dabei stand viel auf dem Spiel: Die Bedeutung der Architektur als Ideologieträger lässt sich aufgrund ihres hohen Grades an Öffentlichkeit, ihrer Inszenier- und Abbildbarkeit und ihrer firmitas ermessen. Die Rationalisten betonten den dauerhaften Wert der Architektur schon 1928, als sie Mussolini die „Ia esposizione italiana d’architettura razionale“ vorstellten: „[…] im neuen faschistischen Italien bleibt die Architektur die fundamentale Kunst und Wissenschaft, dazu bestimmt, den Charakter und die Geschichte einer Epoche zu definieren und in der Zeit zu verankern.“9 Einen Schritt in Richtung Staatskünstler schienen die Rationalisten 1931 zu machen. Als in diesem Jahr Bardi und die Architekten in der Galleria di Roma die 2. MIAR-Ausstellung eröffneten, um die ersten realisierten Bauten ihrer jungen Mitglieder einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen, hofften sie, auch den Duce unter den Gästen begrüßen zu dürfen. Im Rahmen einer rührigen Werbung für die Ausstellung wandte sich Bardi mit dem „Rapporto sull’architettura (per Mussolini)“ (Bericht über die Architektur [für Mussolini]) an den Duce: „Wir haben den Führer gesehen und gehört […], wie er die Künstler zur Ordnung gerufen und dazu eingeladen hat, zur Größe der Epoche beizutragen. […] Mussolini zeigte sich als Ordner und Wegweiser eines Stils.“10 Die „architettura tradizionalista“, so Bardi, sei Ausdruck der alten bürgerlichen Welt, die „architettura moderna“ hingegen fähig, den revolutionären Idealen des Faschismus dauerhaften und greifbaren Ausdruck zu verleihen. Im Streit um die Staatskunst wurde Bardi durch ein blindes Vertrauen in den Duce geführt; er erwartete eine Antwort von Mussolini: „Was immer Mussolini antworten wird, ist gut. Denn Mussolini hat immer recht.“11 Natürlich hofften die Rationalisten rund um Bardi, der Duce würde sich, nicht zuletzt dank der Wirkung der Ausstellung, für ihre Architektur entscheiden.

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8: Eingang in die 2. Ausstellung des ­Movimento Italiano per l’Architettura Razionale, Rom, 1931.

Tatsächlich besuchte Mussolini Bardis Galleria di Roma zwar nicht zur Eröffnung, doch einen Tag später. Und der Besuch zeitigte Folgen. Im Eingang traf der Duce auf einen Ausspruch seiner selbst, wandhoch auf die Mauer appliziert (Abb. 8): „Wir müssen eine neue Kultur schaffen und sie neben die antike stellen, wir müssen uns eine neue Kunst erschaffen, eine Kunst unserer Zeit, eine faschistische Kunst. M.“ „Noi dobbiamo creare / un nuovo patrimonio / da porre accanto / a quello antico, / dobbiamo crearci / un’arte nuova / un’arte dei nostri / tempi, un’arte fascista / M.“12 Mussolini ließ sich samt Gefolge von Bardi und einem Trupp Architekten durch die Ausstellung führen. Er kommentierte kaum. Überschäumender Enthusiasmus über

Fotomontagen in Ausstellungen

den Besuch des Duce bewog Giuseppe Pagano, dessen Zurückhaltung positiv zu interpretieren: „Nicht die geringste Überraschung zeigt sich auf seinem männlichen Antlitz, sondern man liest darauf die herzlichste und innigste Zustimmung zu unserer Sicht zu sehen und zu fühlen. Vor einigen bedeutenderen Arbeiten tritt er etwas zurück, beobachtet […] und kommentiert in unmissverständlicher Weise: ‚Schön, sehr schön ! Das gefällt mir!‘“13 Und Pagano fährt fort: „Als Mann von überragendem Vorstellungsvermögen und großer Willensstärke, ‚sah‘ er mit den Augen des Architekten und jenen des Neu­gestalters von Italien. In einem bestimmten Mo­­ ment schienen wir seine Schüler zu sein, die dem so sehr ersehnten Lob aus seinem Munde lauschten.“14 Schließlich kommt der Tross mit Mussolini zum tavolo degli orrori, den Cesare De Seta qualifiziert als „schonungslose Collage, in der sich die mehr oder weniger anerkannten Scheußlichkeiten des umbertinischen Provinzialismus mit den feierlichen eklektischklassizistischen Bauten von Piacentini und Genossen vereinten.“15 Nicht nur solche von Marcello Piacentini, auch Versatzstücke der Architektur von Gustavo Giovannoni, Armando Brasini und Cesare Bazzani finden sich im tavolo.16

9: Mussolini, Bardi und Begleiter am tavolo degli orrori, Galleria di Roma, Rom, 30. März 1931.

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10: Pier Maria Bardi, tavolo degli orrori, Montage, ­Galleria di Roma, Rom, 1931.

Dabei bleibt einiges in der Montage undeutlich und schwierig zu identifizieren. Überwältigend wirkt die Dichte, ja Überfülle der Montage. Eine Struktur oder Dynamik fehlt; man gewinnt den Eindruck, die einzelnen Bestandteile seien zufällig auf den Tisch gefallen und ohne näheres Hinsehen aufgeklebt worden. Bardi selbst erklärt die Entstehung des tavolo mit der symbolisch aufgeladenen Anekdote über einen Architekten des 19. Jahrhunderts, welchem aufgrund seiner geistigen Herkunft nichts anderes übriggeblieben sei, als bruchstückhaftes Wissen zu neuen Bauten zusammenzusetzen.17 Schließlich hätten sie, Bardi und Konsorten, den „architetto culturalista“ (Bildungsprotzer) umgebracht und ihm die Schädeldecke geöffnet. Das „paradiso mentale“ (geistiges Paradies) hätten sie aus seinem Kopf geschüttelt und fein säußerlich arrangiert, um den Besucher über den Zustand der Architektur zu informieren (Abb. 10). Den Schnipseln in Bardis Montage ist gemeinsam, dass jeder auf seine Art in die Vergangenheit weist: Blumenhüte, Häubchen und gestickte Bordüren, Säulen, Rundbögen und Rosetten zeugen nicht eben von avantgardistischer Ausrichtung. Die eingestreuten Wortfragmente kommentieren polemisch bis zynisch: floral verzierte

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„Saluti da Assisi“ (Grüße aus Assisi), „gloria“ (Ruhm), „miracoli“ (Wunder) oder „sventure ed avventure d’ogni giorno“ (alltägliche Missgeschicke und Abenteuer). Deutlich steht Bardis Assemblage in der Tradition der Collagen des 19. Jahrhunderts,18 aber auch der futuristischen Collagen: Bereits in den frühen zehner Jahren integrierten Gino Severini, Carlo Carrà, Ardengo Soffici oder Ottone Rosai Papierschnipsel in ihre Bilder, Filippo Tommaso Marinetti schuf den Begriff „parole in libertà“ für collagierte Wortbilder, die die „Befreiung der Worte“ aus dem Korsett der Syntax zur erweiterten Vorstellungskraft nutzen.19 Insbesondere aber Carràs „Manifest für die Intervention“ von 1914 zeigt Ähnlichkeiten mit dem viel späteren tavolo, wobei prägnante Kreisformen und Diagonalen Carràs Manifest eine für den Futurismus typische Dynamik verleihen, welche in Bardis betont schwerem, da überladenem tavolo fehlt. Auch Leben und Treiben in Universal City, 12 Uhr 5 mittags (1920) von John Heartfield und George Grosz sowie Paul Citroens Metropolis20 (1923) oder Moholy-Nagys Bühnenbild für Der Kaufmann von Berlin (Walter Mehring, Berlin 1929), je eine dichte Montage

11: John Heartfield, George Grosz, Leben und Treiben in Universal City, 12 Uhr 5 mittags, Montage, 1919.

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unzähliger Architekturschnipsel und weniger Wortfetzen, gleichen auf den ersten Blick formal dem tavolo. Bald erkennt man aber den grundlegenden Unterschied: sowohl Heartfields und Grosz’, als auch Citroens und Moholy-Nagys Montagen zeigen das moderne Stadtleben: Hochhäuser, Hochbahnen und Boulevards, Verkehrschaos und Vergnügen, Reklamen, Elektrizität und Funk. Das Bild der dichtgedrängten Großstadt weist trotz chaotischem Treiben eine klare Struktur auf, indem Heartfield und Grosz etwa den Blick des Betrachters in den mittigen Strudel ziehen (Abb. 11), von welchem aus die Stadt zu den Rändern hin ausreißt, während Citroen (Abb. 12) wie auch Moholy-Nagy (Abb. 13) des Betrachters Auge in die zentrale Schlucht lenken, mitten durch das Gewühl der Stadt. Ganz anders der tavolo degli orrori. Hier ging es nicht um den zu Beginn des Jahrhunderts künstlerisch vielfältig umgesetzten Topos der chaotischen, mechanisierten Großstadt. Bardis Ziel war nicht, dem Betrachter Orientierungspunkte zu bieten, die ein Eintauchen des Blicks erlauben würden. Vielmehr wollte er des Betrachters Entsetzen wecken angesichts der enzyklopädischen Überfülle des gezeigten Grauens. Die Bardis Montage implizite Polemik leuchtet dem Leser unmittelbar ein. Mussolini wusste offenbar keine Antwort auf Bardis Parodie; er blieb stumm. Pagano: „Doch vor dem ‚Tisch des Grauens‘ wird er nachdenklich. Was spielte sich im Kopf des Condottiere ab, als er die jüngsten Zeugnisse dieser erhabenen Architektur sah?“21 So direkt, ja fast schon plump Bardis Collage den „pompierismo classicheggiante“ (Klassiker nachahmende Effekthascherei)22 diffamierte, so wenig subtil schlachteten die Rationalisten Mussolinis Interesse an ihrer Architektur aus, in der voreiligen Annahme, die Frage nach der Staatsarchitektur sei nun entschieden. Doch die Moderne italienischer Ausprägung erhielt trotz des Besuchs des Duce in der Galerie, von Foto- und Filmkameras des Luce dokumentiert,23 keine definitive Legitimation als „architettura dello stato“ (Staatsarchitektur). Der propagandistische Wirbel um die 2. MIAR-Ausstellung provozierte die Gründung des RAMI (Raggruppamento Architetti Moderni Italiani), ein Zusammenschluss der angegriffenen Architekten rund um Piacentini. Carlo Fabrizio Carli meint, Bardis „Rapporto“ (Bericht), und mit diesem einhergehend die Diffamierung klassizistischer Architektur in der Ausstellung, sei sogar kontraproduktiv gewesen. Die Berufsverbände und die Akademie hätten darauf­ hin eine Gegenoffensive gestartet, die um 1938 zu einem vorläufigen „Sieg“ der Traditionalisten geführt habe (man denke z. B. an die Planung der E’42 [Esposizione Universale 1942], das heutige EUR-Quartier, unter Federführung Piacentinis).24 1933 holte Bardi seinen tavolo degli orrori nochmals hervor und publizierte ihn in leicht veränderter Form in Quadrante anstelle, wie er sagt, eines langen Artikels über die nach wie vor ungeklärte Situation der Staatsarchitektur.25 Zwei Jahre nach der Ausstellung schien die Situation unverändert. Die erhoffte positive Wirkung der 2. MIARAusstellung war ausgeblieben, die italienische Moderne hatte den Durchbruch nicht erreicht. 1934 keimte nochmals Hoffnung unter den jungen Modernen: Mussolini

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reagierte auf die Sitzung in der Abgeordnetenkammer vom 26. Mai 1934, in welcher die Architekten von Sabaudia und des Bahnhofs von Florenz hart kritisiert worden waren, mit einer Einladung an die Architekten in den Palazzo Venezia. Dessen nicht genug: War die Einladung per se schon ein deutliches Zeichen, ließ Mussolini außerdem eine Medienmitteilung zusammen mit der Abschrift seiner Ansprache an die Presse schicken. Die Notiz der Agentur Stefani macht Mussolinis Unterstützung deutlich, vermeidet aber eine exakte Umschreibung des erwünschten Architekturstils, um sich in leeren Worten zu verlieren: „[…] Das Staatsoberhaupt hat seine Zustimmung ausgedrückt und seinen Beifall geäußert, in den er alle jungen Leute einschließen wollte, die in der Architektur wie auf anderen Gebieten eine Kunst zu verwirklichen

12: Paul Citroen, Metropolis, Montage, 76,1 × 58,4 cm, 1923.

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suchen, welche dem Empfinden und den Bedürfnissen unseres faschistischen Jahrhunderts entspricht.“26 Dabei war Mussolinis Rede an die Rationalisten prononcierter als in der Pressemitteilung zum Ausdruck kam, sowohl in der Wortwahl als auch bezüglich der zitierten Bauwerke, die kaum Zweifel am gewählten Stil ließen: „Es liegt mir daran, un­­ missverständlich klar zu stellen, dass ich für die moderne Architektur bin, für die Architektur unserer Zeit, und ich würde es überaus bedauern, solltet ihr gedacht haben, eure Werke hätten mir nicht gefallen. Es wäre absurd […], für unsere Zeit nicht eine rationale und funktionale Architektur zu wünschen. Sabaudia gefällt mir sehr, es ist schön. So muss man eine Stadt im Jahr XII bauen und man durfte und darf es nicht anders machen. Zwei- und dreibogige Fenster, gewundene Säulchen und kleine Kapitelle wären absurd gewesen.“27 Retrospektiv kann man feststellen, dass auch Mussolinis nochmalige deutliche Stellungnahme für die Moderne wohl half, dass diese nicht völlig marginalisiert oder gar tabuisiert wurde, doch verhinderte dies nicht, dass das Regime gegen Ende der dreißiger Jahre für die großen, prestigeträchtigen Bauten wie die der E’42 immer mehr eine klassizistische, pompöse, „sprechende“ Architektur bevorzugte. Pagano

13: László Moholy-Nagy, Bühnenbild zu Der Kaufmann von Berlin im Theater am Nollendorfplatz, Berlin, 1929.

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lag definitiv falsch, wenn er 1934 meinte feststellen zu dürfen: „Nun ist die moderne Architektur Staatskunst.“28 Nach jahrelanger Diskussion um die Staatsarchitektur wurde um 1939 in Zusammenhang mit der Planung der Weltausstellung E’42 deutlich, was gefragt war: eine Architektur, die mit einem verkürzten, einfach zu verstehenden Vokabular – wie zum Beispiel Monumentalität und Symmetrien, Bogen und Säulen, Travertin und Marmor – die Schlagworte des Regimes verkörperte: italianità, mediterraneità, romanità. Anders gesagt: das Regime wünschte eine ikonografische Referenz an die römisch-antike Tradition, die eingängiger und deutlicher war als das, was die Rationalisten – trotz ihrer betonten Verbindung mit der Tradition – erreichen konnten und wollten. Piacentini übernahm immer mehr die Rolle eines Staatsarchitekten, ohne dass sich eine eigentliche Staatsarchitektur herauszubilden vermochte, und dies trotz (oder dank?) der Diffamierung seiner Archi­tektur in Bardis Montage, der „Collage von Schund, Gemeinplätzen und Werken von schlechtem Geschmack“.29 Der tavolo degli orrori aber ist bis heute Inbegriff einer politisch motivierten Bildpolemik mit einer Wirkung, die, so darf man vermuten, weit über das erwartete Maß hinausging.

Die Mostra della Rivoluzione Fascista: Massentriumph und Fotomontage „Le Duce a appelé de grands artistes, les meilleurs artistes d’avantgarde de l’Italie pour la mettre en oeuvre. Ces artistes ont fait de l’histoire dramatisée par l’architecture, la sculpture, la peinture, sous la forme de l’allégorie et du symbole.“30 (Margherita Sarfatti, 1933) Ursprung, Konzept und Inhalt

Am 29. Oktober 1932,31 zehn Jahre und einen Tag nach dem Marsch auf Rom, der Machtübernahme durch die Faschisten, eröffnete Benito Mussolini die Mostra della Rivoluzione Fascista (im folgenden MRF genannt) im Palazzo delle Esposizioni an der Via Nazionale im Zentrum Roms. Dino (Edoardo) Alfieri, Unterstaatssekretär im Ministero delle corporazioni, hatte die Propagandaausstellung zum zehnjährigen Jubiläum des Marsches auf Rom vorbereitet.32 Ihm zur Seite standen Luigi Freddi, Redakteur von Il Popolo d’Italia und Chef des Pressebüros der faschistischen Partei,33 sowie Cipriano Efisio Oppo, Theatermann, Künstler, Kunstkritiker und Organisator zahlreicher wichtiger Ausstellungen wie Kunstbiennalen und -quadriennalen. Im Vorwort des Ausstellungskatalogs beschreibt Dino Alfieri Ziel und Charakter der MRF: „Auf Wunsch des Duce und der Partei wurde zur Begehung der Zehnjahrfeier die Ausstellung der Faschistischen Revolution veranstaltet. Sie soll keine Rast oder

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Ruhe in den alltäglichen Mühen der Regierung bedeuten, sondern eine Kundgebung darstellen: die vollständigste und wirksamste des Willens und der Kraft. Da der Faschismus nicht gewohnt ist, auf sich selbst zurückzukommen, kann diese Ausstellung – von ihrem äusseren Aufbau und ihrer Ausschmückung abgesehen – nur die sachliche, wahrheitsgetreue und chronologische Darstellung der Faschistischen Revolution wiedergeben, ihre Quellen, ihre Entwicklung darlegen, ihre Ziele und ihre Leistungen zeigen. Sie wird in hohem Masse dazu beitragen, dem Faschismus eine tiefere Kenntnis seiner Geschichte zu vermitteln; dem Italiener bietet sie eine Art klare, plastische Rechnungsablegung über das, was der Faschismus in den mühseligen, bangen Jahren seines Werdens vollbracht hat; dem wahrheitsliebenden Fremden aber wird Gelegenheit geboten, sich über unsere Bewegung ein sachlicheres Urteil zu bilden, als es bisher in doktrinärer Voreingenommenheit befangene Gegner und von Eigennutz, Groll und Verbitterung getriebene Journalisten getan haben.“34 Dino Alfieri war bereits der Initiant des ursprünglichen Ausstellungsprojekts gewesen. Als Gründungspräsident des Istituto Fascista di Cultura von Mailand hatte er für 1929 zum zehnjährigen Jubiläum der faschistischen Kampfverbände eine Ausstellung unter dem Namen Mostra del Fascismo geplant.35 Aus diesem Anlass veröffentlichte Alfieri einen ersten schriftlichen Vorschlag, der vorsah, in einem ersten Ausstellungskapitel „Interventionismus und Neutralität“ (1914–1915) zu dokumentieren, in einem zweiten Kapitel den Ersten Weltkrieg (1915–1918) und in einem dritten die „Anfänge des Faschismus und dessen Kampf zur Rettung der Nation in den Jahren 1918–1922“. Ein viertes Kapitel sollte dem Marsch auf Rom (1922) gewidmet sein und ein abschließendes fünftes Kapitel „Italiens Wiedergeburt dank dem Faschismus“ (1922–1929).36 Auf Wunsch des „Partito Nazionale Fascista“ (PNF) und Mussolinis selbst erhielt das Projekt im letzten Moment, Ende 1928, einen ganz neuen Stellenwert.37 Die Ausstellung sollte nicht zum zehnjährigen Jubiläum der faschistischen Kampfverbände, sondern zum zehnten Jahrestag der „faschistischen Revolution“ stattfinden: „[…] es ist außerordentlich nützlich, dass der Faschismus zum 10. Jahrestag seines Aufstiegs zur Macht einen Moment innehält, um Italien und der Welt zu zeigen, wieviel er auf materiellem wie geistigem Gebiet erreicht hat.“38 Entsprechend der neuen nationalen und, wie immer wieder betont wurde, internationalen Relevanz des Projektes sollte die Ausstellung massiv ausgebaut und nicht in Mailand, sondern in Rom gezeigt werden. Einzelnen historischen Momenten räumte man mehr Platz ein, für spezielle Themen wie die Zeitung Il Popolo d’Italia, die Mussolini gegründet und als Chefredakteur geleitet hatte, für die Märtyrer und, vor allem, für die Person Mussolinis waren zusätzliche Säle vorgesehen. Am 9. Juni 1932 schließlich verfügte Mussolini auch einen Namenwechsel: fortan hieß die Ausstellung Mostra della Rivoluzione Fascista.39

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Im Gegensatz zum urspünglichen Plan Dino Alfieris, der die Geschichte ab 1914 bis in die Gegenwart (1929) zu präsentieren gedachte, wurden nun die Jahre vom Beginn der faschistischen Herrschaft (1922) bis zum Zeitpunkt der Ausstellungseröffnung (1932) ausgeblendet. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass die Ausstellung eine Art Rechenschaftsbericht für die ersten zehn Jahre Faschismus hätte sein sollen. Nun also stand die faschistische Revolution im Zentrum, das heißt die aus faschistischer Sicht revolutionären Zeiten von 1914 bis zur Konsolidierung der faschistischen Macht 1922, als Mussolini seine erste Regierung auf Anordnung von König Vittorio Emanuele III. bildete.40 Der Faschismus wusste die sogenannt revolutionären Anfänge zu instrumentalisieren, wie das Grußwort Mussolinis im Katalog der MRF zeigt (Abb. 15). 41 Auch Alfieri betont den Nutzen, den man aus Vergangenem für die Zukunft ziehen werde, spricht aber in seinem Notat zum neuen Konzept noch von der Darstellung der „ersten zehn Jahre“, welche man zeigen wolle: „Also keine ‚Ausstellung‘ im üblichen Sinn, sondern eine Übersicht über Leistungen und Stärken, eine Bilanz der

14: Mussolini mit Entourage beim Verlassen der Mostra della Rivoluzione Fascista; er hatte der sich noch im Aufbau befindlichen Ausstellung einen Besuch abgestattet, Rom, 1932.

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15: „Die Mostra della Rivoluzione Fascista, lebendige und brennend aktuelle Synthese aus Kämpfen, Opfern und Siegen, ist der Treueeid, welchen die alten Kameraden an die Jungen weitergeben, auf dass diese, geleitet vom Licht unserer Märtyrer und unserer Helden, sich stolzen Sinnes darauf vorbereiten, die großen Anstrengungen fortzusetzen. Mussolini, Rom, 21. Oktober 1932–X“, Grußwort Musso­ linis im Katalog der Mostra della Rivoluzione Fascista, 1932.

ersten zehn Jahre an der Macht, aus welcher unausgesprochen das Programm für die Zukunft erwächst.“42 Der politische Umbruch und Neuanfang von 1922, auf den die Ausstellung fokussierte, sollte durch eine entsprechende Gestaltung markiert werden, wie Mussolini forderte: „Schafft ein Werk von heute, also ganz modern und kühn, ohne pietätvolle Anlehnung an dekorative Stile der Vergangenheit.“43 Zu diesem Zweck erhielt die MRF ein modernes Gesicht: dank der Fassade von Adalberto Libera und Mario De Renzi (vgl. S. 64 ff.) sowie den beteiligten Künstlern, aber auch dank dem dominierenden Medium Fotografie: zirka 7000 Fotografien in den Formaten 18 × 24 bis 50 × 65 und über 2000 m2 „colossi“ (Vergrößerungen über einem Quadratmeter) wurden vor der Eröffnung angekündigt, tatsächlich waren es schließlich noch weitaus mehr.44 Die

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MRF wurde zur spektakulären Inszenierung der politischen Ereignisse. Dass sie von der Fassade bis zum letzten Raum eine genau geplante, gigantische propagandistische Inszenierung dieser Fakten war, wurde immer wieder betont. Gleichzeitig wurden die Kommentatoren nicht müde, die dank unzähliger Dokumente „sachliche, wahrheitsgetreue und chronologische Darstellung“45 hervorzuheben. Propaganda wurde negiert: „Für sie [die Besucher] macht die Propaganda in Worten oder Zahlen keinen Sinn mehr. Nur die Fakten können sie noch überzeugen, und diese müssen stichhaltig und genau sein, mit Händen zu greifen.“46 Für die scheinbar objektive, neutrale Vermittlung von Fakten eignete sich die Fotografie ganz besonders, gilt die fotografische Aufnahme doch seit ihrer Erfindung als exaktes, unverfälschtes Abbild der Wirklichkeit. Diese ihr zugeschriebene Eigenschaft, neutral, ja unbestechlich zu sein, prädestiniert die Fotografie genuin als Propagandainstrument, ungeachtet des tatsäch­lichen Realitätsgehalts des Abbildes. Erfolg

Seit der Eröffnung der Ausstellung am 29. Oktober 1932 durch Mussolini bis zu ihrer Schließung zwei Jahre später am 28.Oktober 1934 reisten fast vier Millionen Besucher47 nach Rom: „Kaum hatte sich der Duce nach der Eröffnung der Ausstellung unter den Be­­geisterungsstürmen des Volkes und der Schwarzhemden entfernt, öffneten sich die Tore der Mostra für die offiziellen Besucher und die Wallfahrt des Volkes. Und wir schicken uns an, hier diese eindrückliche Pilgerreise zu dokumentieren, die zwei Jahre lang anhielt.“48 Die Besucherzahlen lassen auf einen ansehnlichen Erfolg schließen, doch man sollte sie richtig gewichten, kamen doch nicht alle Besucher aus freien Stücken.49 Einerseits bestand für gewisse Gesellschaftsgruppen ein Druck, die Ausstellung zu besuchen, zum Beispiel für dopolavoristi, für Arbeiter und Schüler. Anderseits relativiert die hohe Besucherzahl der Umstand, dass 1933 ein Heiliges Jahr war. Entsprechend pilgerten zahlreiche Gläubige nach Rom, die die Reise mit einem Besuch in der MRF verbanden. Zusätzlich verlockten spezielle Arrangements zu einer Reise nach Rom und dem Besuch der Ausstellung.50 So erhielten Italiener wie Ausländer, die mit dem Zug an die Ausstellung reisten, eine Bahnbillettreduktion von 70%.51 Simone de Beauvoir gesteht in ihren Memoiren freimütig, von diesem Angebot ohne Zögern Gebrauch gemacht zu haben: „In diesem Jahr hatte Mussolini in Rom eine ‚Faschistische Ausstellung‘ organisiert, und um ausländische Touristen anzuziehen, ermäßigte die italienische Eisenbahn die Preise um siebzig Prozent. Wir benutzten diese Gelegenheit unbedenklich. […] Um in den Genuß der Fahrpreisermäßigung zu kommen, mussten wir auf der ‚Faschistischen Ausstellung‘ erscheinen. Wir warfen einen Blick auf die Glaskästen, in denen Revolver und Gummiknüppel der ‚faschistischen Märtyrer‘ ausgestellt waren.“52

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16: L’Illustrazione Italiana, 17. September 1933, Titelblatt.

Promotion und Rezeption

Die MRF wurde in der Presse ausführlich begleitet.53 Die Ausstellung war seit 1928 in den Medien, damals noch für Mailand geplant; vor der Eröffnung schließlich wurde die Be­richterstattung intensiviert, die Leserschaft wurde dem künftigen Ereignis durch zahlreiche Artikel und Informationen Schritt für Schritt näher gebracht. So war das Publikum lange vor der Eröffnung auf die große und komplexe Ausstellung vorbereitet. Am 30. April 1932 erklärte Dino Alfieri in Il Popolo d’Italia den Aufbau der Ausstellung. Er listete die verschiedenen Sektionen auf und erläuterte deren Inhalt, wobei der Artikel durch jeweils deutlich größere und verzierte Versalien, ähnlich einer mittelalterlichen Handschrift, nobilitiert wurde.54 Am 27. Oktober 1932, zwei Tage vor der Eröffnung, druckte Il Corriere della Sera einen Auszug aus Dino Alfieris Einführung in

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die MRF aus der Guida della Mostra della Rivoluzione Fascista.55 Am Tag der Eröffnung publizierten die Zeitungen unter dem groß und fett gedruckten Titel „La Mostra della Rivoluzione Fascista sarà inaugurata stamane“ einmal mehr bekannte Fakten.56 Sie beschrieben den Aufbau der Ausstellung, Highlights wie die Säle zu Mussolini oder den ephemeren Fassadenschmuck mit den vier großen fasci, und berichteten von den 18.000 ausgestellten Dokumenten. Bilder und Berichte zur Eröffnung folgten tags darauf.

17: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista von der Seite, Rom, 1932.

Über die Eröffnung der MRF wurde auf der Frontseite berichtet. Zum Spektakel waren knapp 24.000 Gäste geladen, darunter die Regierung und die Königsfamilie, Militär, Justiz, Presse und überlebende Sansepolkristen,57 wie auch die Reale Accademia d’Italia mit Marinetti, Bontempelli, Pirandello und Piacentini. Die Zeitungen interessierten sich aber vor allem für die Präsenz Mussolinis. Die Monatszeitschrift La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ widmete ihre Oktoberausgabe dem Decennale (Jubiläum zum zehnten Jahrestag). Das Heft ist aufgeteilt in verschiedene Kapitel zu den Themen faschistisches Leben, Heer, Italiener im Ausland, Schule, Wissenschaft, Kunst, Stadt, Landwirtschaft, Straßen, Schiffe, Sozialversicherung, Industrie. Propagandistisch wichtige Einzelmomente wie die Rede Mussolinis vom 16. Oktober 1932 in Rom wurde anhand von Bildern der Volksmenge vor dem Palazzo Venezia auf zwei grafisch großzügig gestalteten Doppelseiten illustriert.

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Zu jedem der Themen wurden großformatige, nicht selten anderthalb Seiten beanspruchende, sachlich-moderne Fotografien reproduziert,58 Gruppierungen wie die Miliz und die Balilla wurden in doppelseitigen Fotomontagen vorgestellt.59 Die Oktobernummer wurde so zu einem großzügig aufgemachten Bildband mit kurzen propagandistischen Begleittexten. Die Zeitschrift übernahm die Methoden der Ausstellung: durch Bilder den Betrachter einnehmen und überzeugen. Der vertieften und textlastigeren Vermittlung der Informationen und der Geschichte widmete sich in den folgenden Monaten Ottavio Dinale, der in der Rivista Illustrata ausgewählte Themen der Ausstellung besprach.60 Auch nach der Eröffnung berichteten Tageszeitungen und Zeitschriften weiterhin über die Ausstellung oder über einzelne Aspekte. Nicht zuletzt blieb das Thema aktuell, da schon gleich nach der Eröffnung diskutiert wurde, ob sie dauerhaft gezeigt werden solle; im Zuge der Diskussion wurde sie mehrmals verlängert.61 Hatte es sich besonders zur Zeit der Eröffnung häufig um Agenturmeldungen gehandelt, publizierte nun manches Organ ausführliche Berichte über einzelne Säle oder Themata, nicht selten illustriert durch reichhaltiges Fotomaterial. Den Reigen begann La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ mit einem Artikel der Kunstkritikerin Margherita Sarfatti. Der Bericht der Geliebten Mussolinis ist pathetisch, getragen von blinder Begeisterung für den Faschismus.62 Sarfatti sieht Italien und die italienischen Künste auferstanden und bescheinigt dem faschistischen Italien seinen Platz an vorderster Front: „Heute können wir jedem in die Augen sehen und sagen: In Sachen bahnbrechender, moderner Realisierungen sind wir in Italien nicht auf demselben Stand: Wir machen es besser.“63 Die Verantwortlichkeit dafür ist klar: „Das Verdienst dieser wieder erreichten Parität und dieses überragenden Stolzes gebührt natürlich dem Duce, immer jung und treibende Kraft jeder Avantgarde.“64 Das Resultat geht weit über weltliche Dimensionen hinaus: „Zum ersten Mal zeigt [eine Ausstellung] ein Ereignis der zeitgenössischen Geschichte im künstlerischen Klima der religiösen Aussagen und Bezeigungen. Sie ist konzipiert wie eine Kathedrale, in der die Mauern sprechen.“65 Sarfatti führt die ihrer Meinung nach sakrale, gleichzeitig moderne Wirkung der Ausstellung auf die völlig neue Art der Inszenierung zurück. Sie hebt hervor, dass es, um den Inhalt der Ausstellung zu verstehen, nicht nötig sei zu lesen; vielmehr gehe es um die Ergriffenheit, die durch das „künstlerische Klima“ erzeugt werde. Dieses Klima führt sie zurück auf vollkommen neue und unerwartete Kunstformen, dem Geist des Faschismus entsprechend. Sarfatti lässt keine konkreten Beispiele folgen, sie geht nur flüchtig auf einzelne künstlerische Beiträge ein. Auf alle Fälle haben auch bauliche Eigenarten der MRF das Bild einer religiösen Stätte hervorgerufen. Bereits die Eingangszone besaß mit dem mehrstufigen Gewände des Rundbogens, den beidseitigen Spiegelungen, die eine Dreischiffigkeit andeuten, und dem erhöhten, leuchtenden „X“ sakralen Charakter, der durchaus an den Eingang einer Kathedrale erinnern mochte (Abb. 18).66

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Dass die Kunst teil hatte am Erfolg der MRF von 1932, haben fast alle Rezensenten betont, so auch Edoardo Persico, der in einem Artikel kurz nach der Eröffnung der MRF den Triumph der modernen Künste feiert, „ein Triumph, wie man ihn sich moderner und lebhafter auf dem Gebiet der Architektur und Dekoration nicht ersinnen könnte.“67 Persico unterstreicht, dass jede andere Regierung in einer ähnlichen Situation sich für eine bürgerliche, ja rückständige Kunst entschieden hätte, das faschistische Regime hingegen habe die modernsten Künstler und Architekten verpflichtet. Diesem Umstand sei es zu verdanken, dass die Neugierde des Besuchers von

18: Der Eingang in die Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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Saal zu Saal neu geweckt werde.68 Ebenso ist Roberto Papini, seit 1933 Direktor der Galleria nazionale d’arte moderna in Rom, begeistert von der künstlerischen Umsetzung der MRF und sieht darin das Rezept zum Erfolg: „Kunst von heute, vor allem“69. Gleichzeitig betont Papini im Vorwort der der MRF gewidmeten Nummer von Emporium die Funktion der Kunst als Propagandamittel, wenn er schreibt: „Die andere wichtige Aussage dieser Ausstellung ist, dass die Kunst auch ein Mittel ist, sie ist und kann nicht bloß Zweck sein. Ein Mittel, um Ideen zu verbreiten, Tatsachen aufzuzeigen, Ereignisse mittels Emotionen zu erzählen, welche nur die Kunst bieten kann.“70 Abschließend stellt Papini die Frage, ob denn nun mit der MRF der „stile fascista“ gefunden worden sei. Er verwahrt sich sogleich gegen diese Bezeichnung, denn: „Ein Stil, kaum gefunden, ist bereits tot.“71 Unter dem Vorzeichen der Revolution wird damit gegen das Erstarrte Position bezogen. Was sich nicht wandelt, ist bedeutungslos. Wichtig – so Papini – sei die ständige Entwicklung und der richtige Geist, der faschistische Kunst hervorbringe. Damit dementiert er das Bedürfnis nach einem faschistischen Stil. Doch dessen ungeachtet wurde auch in Italien, wie in Nazi-Deutschland, von gewissen Kulturvertretern die Definition einer „arte fascista“ als identitätsstiftende Massnahme angestrebt.72 Trotzdem – oder vielleicht gerade im Hinblick auf eine gültige „arte fascista“ – vermochten in Italien verschiedene Kunststile, auch moderne, nebeneinander zu existieren: „Unterschiedliche künstlerische und intellektuelle Strömungen wurden mit Mitteln einer äußerst geschickten, die bestehenden Polarisierungen sorgfältig nutzenden, integrativen Konsensstrategie für die Schaffung einer faschistischen Kultur gewonnen.“73 In der Januarausgabe 1933 der Architettura. Rivista del Sindacato nazionale fascista architetti legt Margherita Sarfatti nach. Wie schon ihr Bericht vom Oktober 1932 in der Rivista illustrata ist auch der in der Architettura reichhaltig mit Fotografien und Plänen illustriert. Doch auch wenn der Titel ihres Aufsatzes – „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“ – vorgibt, die Autorin beschäftige sich nun mit Kunst und Symbol in der Propagandaausstellung, sind einige der besprochenen Aspekte fast deckungsgleich. So beginnt Sarfatti den Artikel in der Architettura mit folgenden Worten: „Was in Rom eröffnet wurde, ist nicht bloß eine ,Ausstellung‘; vielmehr ist es ,die Demonstration‘ der Rivoluzione Fascista. […] Der Faschismus musste Italien tiefgreifend revolutioniert haben, auf dass man eine so italienisch und so faschistisch revolutionäre künstlerische Idee auch nur ersinnen konnte.“74 Sarfatti betont also nochmals den Aspekt des Revolutionären.75 Dieser war für den Faschismus deshalb so wichtig, da eine Revolution als Reaktion auf die Wirtschafts- und Regierungskrise nach dem Ersten Weltkrieg die Entstehung des Faschismus legitimieren konnte. Gleichzeitig unterstrich der Begriff der Revolution das Bild des Neuanfangs und propagierte den Faschismus als völlig neue, von der Geschichte losgelöste Epoche. Dem deutschen Schriftsteller und Journalisten Emil Ludwig fiel der Anachronismus in der Wortwahl auf, und er fragte Mussolini, „warum der Faschismus noch nach zehn Jahren des Auf-

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baus von seiner dauernden Revolution“ spreche. Mussolini erklärte: „Wir brauchen das Wort, weil es auf die Masse einen mystischen Eindruck macht. Auch auf höhere Geister wirkt es anfeuernd. Es statuiert eine Ausnahme in der Zeit und gibt dem gemeinen Manne das Gefühl, an einer außerordentlichen Bewegung teilzuhaben.“76 Rhetorisch geschickt legt Sarfatti dar, inwiefern die MRF außergewöhnlich und so erfolgreich ist, indem die Autorin eine frühere, in den gleichen Räumen durchgeführte Ausstellung über Garibaldi, die sie als staubtrocken beschreibt, mit der MRF vergleicht.77 Sarfatti bricht eine Lanze für die Künstler, dank derer die MRF unvergleichlich viel anschaulicher geraten sei. Den Hauptgrund für das Gelingen der MRF sieht Sarfatti allerdings darin, dass der Faschismus ähnlich wie die Religion funktioniere – hatte sie nicht schon in La Rivista Illustrata geschrieben „[Die Ausstellung] ist wie eine Kathedrale konzipiert“?78 Rhetorisch fragt sie nun: „Aber worüber verfügt denn die Kirche, um das Allerheiligste und darum herum das Haus Gottes zu bauen?“79 Und antwortet: „Über einige erhabene Wahrheiten des Geistes und über die wun­der­ bare, alltägliche Einfachheit von Brot und Wein. Im seltensten und besten Fall über Reliquienfragmente, die nicht sichtbar ausgestellt sind, deren unsichtbare Gegenwart aber vom Nimbus des Raums, der sie beher­bergt, in sichtbarerem Glanz offenbart wird. Der Faschismus – bei aller Distanz, die den Menschen, selbst den heroischen, vom Göttlichen und Ewigen trennt – ist zu diesen großen Beispielen zurückgekehrt. Wie die Kirche, so hat auch er der Kunst die Aufgabe übertragen, Themen des Geistes in physische und doch spirituelle Bilder zu übersetzen und jene zu verherrlichen.“80 Sarfatti setzt die Methoden der Kommunikation von Kirche und Faschismus gleich: beide benützen Kunst, sei es Malerei, Skulptur oder Fotografie, für die Vermittlung ihrer Botschaft. Bilder also sind der entscheidende Faktor für die nachhaltige Wirkung der (propagandistischen) Aussage. Sarfatti schafft es aber auch, durch die Parallelen, die sie zieht, eine Annäherung, ja faktisch eine Gleichsetzung der Kirche (als Vertreterin Gottes) mit dem Faschismus (als Vertreter des Duce) zu erreichen, obgleich sie ausdrücklich den direkten Vergleich des Göttlichen mit dem profanen, unter Umständen durchaus heroischen Herrscher als unmöglich deklariert. Die Reaktion der Besucher auf die Ausstellung ist, im Gegensatz zu derjenigen der Presse, bis auf vereinzelte Berichte im Nachhinein kaum mehr festzustellen.81 Die Frage, ob ein Großteil der Besucher die Informationen, die die Schau vermitteln will, verstanden hat, und wie sie auf außergewöhnliche Inszenierungen wie die Sala O oder das Sacrario dei Martiri reagiert haben, ist nicht mehr auszumachen. Dass Säle wie die Sala O aus dem Gesamtbild herausstachen und verblüfften, darf man vermuten und wird zumindest von Aussagen einzelner Kritiker bestätigt.82 Bestimmt ist davon auszugehen, dass die ausführliche Vorbereitung, Begleitung und Nachbereitung der Ausstellung in den Printmedien, attraktiv ausgestattet mit großzügigen Bildberichten, das Verständnis der Bevölkerung gefördert und deren Einstellung positiv beeinflusst haben.

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1941 spielte die MRF nochmals eine Rolle in Giuseppe Paganos Zeitschrift Costruzioni-Casabella, einer monografischen Doppelnummer über Ausstellungen.83 Aus zeitlicher Distanz wird der MRF ein homogenes Gesicht, eine „unità di gusto“ (Einheit des Stils) attestiert.84 Danach verschwand die MRF praktisch, wie schon Libero Andreotti in seiner Dis­sertation über die MRF 1932 schreibt, und mit ihr generell Unternehmungen, die im Ruch des Faschismus stehen, für ein paar Jahrzehnte aus der Literatur: Selbst Autoren von Standardwerken wie Leonardo Benevolo, Renato De Fusco und auch Cesare De Seta, so Andreotti, erwähnten die MRF nicht, wobei das in Bezug auf De Seta nicht ganz stimmt.85 Sieht man ab von einzelnen Kommentaren wie dem von Bruno Zevi von 1950 (siehe unten) sowie Hinweisen auf die MRF anlässlich einer Tagung zu Giuseppe Terragni 1968/69, setzt die Rezeption der MRF erst gegen Ende der 1970er, Anfang der 1980er Jahre wieder ein; Carlo Bertelli erwähnt sie in Bezug auf die Fotografiegeschichte, die andern Autoren nennen sie gewöhnlich in Zusammenhang mit der Architekturgeschichte.86 Erst 1989 wurde die erste umfangreiche, bis heute maßstabsetzende, historisch-kritische Untersuchung zur MRF veröffentlicht, die Dissertation von Libero Andreotti.87 Andreotti erklärt in einem Vorwort die ausgebliebene Rezeption mit den Schwierigkeiten der Historiker, nach dem Krieg über die Beziehung italienischer Künstler und Architekten zum Faschismus zu schreiben. Wurde die Propagandaschau erst lange Zeit totgeschwiegen, so habe, schreibt Andreotti, die kritische Betrachtung der MRF in den 1960er Jahren eingesetzt, welche in der Zusammenarbeit einzelner Künstler und Architekten mit dem Regime einen Akt der Subversion gegen das Regime sehen wollte.88 Wenn Andreotti die scheinbar subversiv agierenden Künstler erwähnt, verweist er unter anderem auf Bruno Zevi und zitiert dessen Kommentar zu Terragnis Sala O: „[…] Terragni verschärft den Aussagewert [der Sala O], indem er faschistischen Symbolen ausschließlich dekorative Funktionen zuweist. Er behandelt sie als eigentliche ‚objets trouvés‘, er entleert sie ihres Bedeutungsinhaltes durch beharrliches Wiederholen, durch Einschnitte, Überlagerungen und Zerschneiden in entheiligte Substanzen. Vielleicht stellt er gegen seine Überzeugung eine Anhäufung lärmiger Trümmer dar“.89 Ausschlaggebend für die Diskussion um die modernen Architekten war wohl Zevis Kommentar von 1950 über die, wie er schrieb, futuristisch inspirierten Säle von Terragni, Nizzoli und Sironi an der MRF: „Grafik, Bühnenbild, häufig Werbegrafik im Dienst der Diktatur, im Grunde aber geeignet, deren militärisches, sich selber gegenüber nachsichtiges, fälschlicherweise uner­­schütterliches Bild zu untergraben, bewirkt durch eine herausfordernde wie auch zweideutige ‚Linke‘ innerhalb des Regimes.“90 Diese Bemerkung führte wiederum zu Giorgio Ciuccis Kommentar von 1989: „Für die Historiker der Nachkriegszeit […] wird die formale Wahl, die der Architekt während des Faschismus trifft, zu einer politischen Wahl, auch wenn die Protagonisten erklärtermaßen Faschisten sind. So dass diese Wahl, wenn sie nicht schönrednerisch sondern ‚modern‘, das heißt moralisch richtig ist, implizit antifaschistisch und demokra-

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19: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

tisch wird. Umgekehrt wird das Monumentale und der der Effekthascherei dienende Klassizismus mit der faschistischen Architektur gleichgesetzt.“91 Im folgenden kommt Ciucci namentlich auf Zevi zu sprechen, dem er zwar eine weniger plakative Sichtweise als die eben gebotene zuspricht, über den er aber trotzdem schreibt: „[…] gemäß einer Wendung, die großen Anhang findet in spätern Arbeiten anderer Historiker, verbindet Zevi den Futurismus direkt mit den Ideen der Gruppe 7 und der italienischen Bewegung für die rationale Architektur, aus welcher er drei umstürzlerische Protagonisten herausragen sieht: Terragni, Persico und Pagano.“92 Diese plakativ kondensierte Sichtweise zur politischen Haltung einiger moderner Architekten, die je sehr unterschiedliche Meinungen und, in der Folge, ebenso unterschiedlich verlaufende Biografien hatten, mag über Jahrzehnte die Sicht auf die Architektur verstellt haben. Cesare De Setas Kommentare zu Terragni in den verschiedenen Auflagen seines Standardwerks La cultura architettonica in Italia tra le due guerre spiegelt gut die Entwicklung wider, die Anfang der siebziger Jahre einsetzte: Im Vorwort der ersten Auflage 1972 bezeichnet er Terragni als „inserito nel sistema“ (Teil des Systems),93 wobei er die Worte selbst, als wollte er sie relativieren, in Anführungszeichen setzt. Zehn Jahre später, 1982, im Geleitwort zur zweiten Auflage schreibt De Seta: „Den Faschismus

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hat es gegeben, und natürlich macht man ihn nicht ungeschehen durch Selbstzensur: Wichtig ist, genau hinzuschauen und zu unterscheiden. Aber um dies zu tun, muss man Terragni neben Piacentini stellen. Das bedeutet selbstverständlich nicht, beide über einen Kamm zu scheren; im Gegenteil, es trägt dazu bei, dass die Leute verstehen, welcher Abgrund sie trennt. Dies zu verschweigen, bedeutet ein Gerippe im Schrank zu haben und den Schlüssel zwei Mal umzudrehen.“94 Diese Sätze De Setas können als paradigmatisch für die nun einsetzende Forschung gelten: Ein mehrheitlich differenzierter Blick auf die Kultur im Faschismus führte dazu, dass die Qualität und der Stellenwert der Arbeiten anerkannt wurde, ohne die politische Implikation mindern zu wollen oder gar zu verneinen. Gerade die Vielfalt künstlerischen Ausdrucks im politischen und kulturellen Kontext des totalitären Systems begann eine jüngere Generation, insbesondere auch im Ausland, zu interessieren. Von den zahlreichen, die Ausstellung aus historisch-kritischer Distanz untersuchenden Beiträgen, die in den letzten zirka zwei Jahrzehnten erschienen sind und in dieser Arbeit im folgenden Eingang finden, seien hier nebst den bereits genannten nur zwei weitere speziell erwähnt: Diane Ghirardo publizierte zur oben thematisierten Position der modernen Architekten innerhalb des faschistischen Propagandaapparats,95 Jeffrey T. Schnapp untersuchte die Rolle der MRF 1932 innerhalb des faschistischen sowie des internationalen Kontextes.96 Architekten und Künstler

Aufsehen erregte bereits die ephemere Fassade, nicht zuletzt wohl der Grund für Le Corbusiers Urteil über die MRF als „manifestation capitale“.97 Das fotogene Kleid von Adalberto Libera und Mario De Renzi, zwei dem rationalistischen Zweig der Moderne verpflichtete Architekten, verkündete den zukunftsorientierten Anspruch der Ausstellung: „Die jungen Architekten Libera und De Renzi hatten den Auftrag, das Gesicht des Palazzo delle Esposizioni zu verändern, eines Gebäudes, das 1882 nach Plänen von Pio Piacentini, Vater von Marcello [Staatsbaumeister Mussolinis] gebaut worden war. Die ursprüngliche Fassade des Palastes, typisch für das 19. Jahrhundert, war der Mostra della Rivoluzione Fascista unangemessen. Eine ganz neue Sache war gefragt, etwas, das sofort den Blick auf sich zieht. Einzig der Umbau sollte nicht dauerhaft sein, sondern provisorisch. Der alte Palast lieferte den grundsätzlichen Maßstab, das Volumen, die Eingangsbereiche, es ging also nur noch darum, das Ganze zu überdecken, zu verstecken. […] Eine Revolution, die den Beginn einer neuen Aera bedeutet und auf jeden Fall die schroffe Abkehr von einer ganzen endgültig begrabenen Vergangenheit mit sich bringt, muss folgerichtig mit neuen, originellen Formen und Mitteln dargestellt werden, die sich bewusst von den vergangenen Stilarten und Tendenzen abkehren.“98 „Allen

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20: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

Miessmachern [sic] zum Trotz können wir jetz[t] behaupten, dass Zeichnungen und Photographien dieser Fassade in Bauzeitschriften aller Welt zu finden sind, dass sie überall lange und schmeichelhafte Dis­­kussionen hervorgerufen haben, dass sie in der ganzen Welt wegen ihrer Kühnheit und als Beispiel für Anwendung modernster ästhetischer Grundsätze und für neuzeitlichen Ge­schmack bewundert wird. […] So wird zum ersten Male im Herzen Roms ein Beispiel neuzeitlicher ästhetischer Ausdrucksform geliefert, die dem dynamischen, hastigen, fiebrigen Tempo unserer Zeit entspricht. Rom bedurfte wahrhaftig solch einer gesunden Ge­­walt­tätigkeit. […] Die neue Front der Ausstellung hat das grosse Verdienst, einen Schritt – sie beansprucht nicht, die Grundlagen einer erst im Werden begriffenen Kunst zu geben – auf dem Weg zu neuen Kunstformen getan zu haben, die deutlicher das Wahrzeichen der fa­schistischen Periode tragen und noch mehr ihren zielbewussten Geist zum Ausdruck bringen. Und mit Recht bezeichnete der Duce die Fassade als ‚stolz und typisch faschistisch‘ und fügte hinzu, dass der ständige Sitz des künftigen Museums der faschistischen Revolution in der Via dell’Impero ein ‚neuzeitlich-monumentaler Bau‘ sein müsse.“99

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Die martialische Erscheinung der vier fünfundzwanzig Meter hohen Liktorenbündel aus braun oxidierten Kupferplatten demonstrierte nicht nur die Fortschrittlichkeit des Regimes, sondern insbesondere auch dessen Entschlossenheit und Bereitschaft zum Kampf; demonstrativ kampfbereit bewachten Camicie Nere, Amtsträger, Künstler, Jungfaschisten und andere die Ausstellung.100 Zweiundzwanzig Künstler und Architekten waren an der Gestaltung der MRF beteiligt, die modernen unter ihnen bestätigten Mussolinis Anspruch auf Avantgarde auch im künstlerischen Bereich.101 Doch die Erfüllung von Mussolinis Wunsch nach einer einheitlichen faschistischen Kunst war nicht erkennbar, im Gegenteil, die Künstler und Architekten entstammten stilistisch vollkommen unterschiedlichen Gefilden: Rationalismus, Novecento, Futurismus. Jeffrey Schnapp schreibt dazu, der Faschismus habe die „erste modern(istisch)e Politik des Spektakels“102 gefördert; „Fascism may thus be said to have ushered in a new dispensation in which all oppositions between aesthetics and politics are swept up into a new image-politics.“103 Schnapp meint, der Faschismus habe bewusst mittels Bildern eine Widersprüchlichkeit in der Kultur aufrechterhalten und aus diesem Paradox ein produktives Prinzip gemacht. Er kommt zum Schluss, die Ausstellungsmacher hätten es geschafft, aus dem wechselhaften Parcours durch die MRF ein „unified and artfully constructed whole“104 zu machen: „Through the careful modulation of spaces, visual effects,

21: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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22: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932: Im Schattenwurf sieht man die 25 Meter hohen fasci auf der Fassade deutlicher als in den Objekten selbst. 23: Der Eingang und die fasci der Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista: Kombination dreier Fotografien, Seite aus Pier Maria Bardi, Belvedere dell’architettura italiana d’oggi, 1933.

24: Adalberto Libera und Mario De Renzi, Die Fassade der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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lighting, and sounds, they transformed the narrative of Fascim’s triumph into an allegory of the (national) will to form: an allegory in which the emotions of awe and terror associated with the revolutionary violence of Fascism-as-movement are transmuted into feelings of order and solemn elation, associated with Fascism-as-regime.“105 In Zusammenhang mit dem Thema der Fotomontage stechen zwei Namen hervor: Marcello Nizzoli und Giuseppe Terragni. Nizzoli, in den 1910er Jahren futuristischer Maler und seit den 1930er Jahren als Grafiker für Olivetti tätig, und Terragni, rationalistischer Architekt, werden später die Gelegenheit haben, für die Casa del Fascio in Como zusammenzuarbeiten (vgl. S. 160 ff.). In der MRF zeichnen sie unabhängig voneinander für die Räume F und G (Nizzoli) respektive O (Terragni) verantwortlich. Beide verwenden die Technik der Fotomontage, doch verbindet sie auch die plastische, architektonische Gestaltung ihrer Räume. Weder Symmetrie noch Vitrinen dominieren wie in den übrigen Sälen, sondern architektonische Elemente, die in den Raum greifen, Nischen bilden und als Träger für Schrift und Dokumente dienen. Die Säle F + G von Marcello Nizzoli

Die beiden Säle F und G von Marcello Nizzoli, zusammen mit dem „Sansepolkristen“106 Dante Dini geplant, umrissen die Periode von der Gründung der Fasci (23. März 1919) bis Mitte 1919 (Sala F) respektive bis Dezember 1919 (Sala G). 107 Das Programm des Saales F umfasste nebst der Gründung der Fasci die Kämpfe um Fiume und Dalmatien sowie den „Kampf gegen den Bolschewismus“. Der Ausstellungskatalog formuliert die Aufgaben der Sala F wie folgt: „[…] Gründung neuer Fasci, besonders in den Bezirken, in denen der Kommunismus am stärksten auftrat […], Kampf gegen den Bolschewismus […] Die Hauptpunkte des […] Saals sind: 1) das bolschewistische Chaos; 2) das Entstehen der Fasci; 3) der erste Zusammenstoss, in dem unter energischem Eingreifen einer Schar Faschisten mit den Bolschewisten ernstlich abgerechnet wird […].“108 Zwei in Umrissen angedeutete, lebensgroße Figuren befanden sich in der Sala F, denen vier ganz ähnliche in Saal G entsprachen.109 Die eckigen Umrisse der Figuren passten bestens in das stark geometrisch-konstruktivistische Erscheinungsbild der beiden Säle. Der Katalog identifiziert die zwei Figuren der Sala F als Soldaten der Sturmtruppen und be­schreibt sie: „Die folgenden wuchtigen Arditi-Gestalten sind mit Ausschnitten aus dem ‚Popolo d’Italia‘ verkleidet, in denen die ganze Leidenschaft für Fiume erscheint. Sie werden ergänzt durch Ausschnitte aus anderen Zeitungen und durch Bilder von begeisterten Massenversammlungen vor dem Kapitol und vor dem Quirinal. Die Zusammenstellung der Bilder und die Sprache der Zeitungsausschnitte vergegenwärtigen lebendig das Ringen jener Tage und ihre leidenschaftliche Atmosphäre.“110 (Abb. 26) Die vier schemenhaften Figuren in der Sala G waren, genauso wie die beiden in der Sala F, mit Montagen aus Zeitungsschnitzeln, Schriftzügen und Bildern beklebt.

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25–27: Marcello Nizzoli, Sala F auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932 ( 26: zwei Soldaten der Sturmtruppe, sogenannte Arditi 27: die vier Gestalten).

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28: Marcello Nizzoli, Sala G auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932 (Infanterist). Abbildung aus dem Katalog der Mostra della Rivoluzione Fascista.

Über diese vier Gestalten klärt uns der Ausstellungskatalog ebenfalls auf: Ein riesenhafter Infanterist („Auf der Brust neben den Kriegsauszeichnungen das Bild vom ‚König-Soldat‘“), ein Soldat der Sturmtruppen („Vom Gürtel abwärts trägt er die Liste der reaktionären Anschläge gegen Offiziere: nur vom Gürtel abwärts, denn diese feigen Angriffe dürfen die Brust jener Helden nicht berühren.“), ein Invalider („An der Krücke und an den verstümmelten Gliedern sind Beschwerden gegen die Regierung Nitti zu lesen“111), und schließlich als vierte Figur „die Gestalt eines von oben bis unten in weiß gehaltenen Soldaten, als hätte die Geschichte ihn ganz und gar in Licht gehüllt: er stellt den ‚Mann vom Schützengraben‘ dar“.112 Diese stark abstrahierten menschlichen Figuren lassen einen deutlichen Bezug zum Sowjetpavillon an der internationalen Presseausstellung, Pressa ge­nannt, erkennen, die 1928 in Köln stattgefunden hatte.113 Auch die dortige „Sowjetfrau“, wie sie ge­ nannt wurde, war über und über mit Slogans („Jede Köchin muss lernen, den Staat zu regieren“, Lenin), Statistiken und Informationen sowie Abbildungen bedeckt (Abb. 30).114

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29: Marcello Nizzoli, Sala G auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932: Ardito, Invalider, Soldat. Abbildung aus dem Katalog der Mostra della Rivoluzione Fascista.

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30: Pavillon der UdSSR auf der Pressa, Köln, 1928: Die Frau und die Presse.

Exkurs: Der sowjetische Pavillon auf der Pressa (Köln 1928)

Nizzoli war, vermutlich unabhängig vom Inhalt, angetan von der Sowjetfrau, sonst hätte er sie kaum als Vorlage beigezogen. Eine vom Inhalt losgelöste Begeisterung für den sowjetischen Pavillon war verbreitet.115 Fasziniert waren selbst bürgerliche Besucher, die für die sowjetische Propaganda nicht viel übrig hatten, wie die Zeitung der Kommunistischen Partei der Schweiz bemerkte: „Die Ausstellung der Sowjetunion machte schon auf den ersten Blick einen gewaltigen, alle Erwartungen übertreffenden Eindruck. Selbst die anwesenden bürgerlichen Besucher konnten ihre Bewunderung über die künstlerische Vollkommenheit des Sowjetpavillons nicht unterdrücken.“116 Unter Leitung von El Lissitzky hatten 37 Künstler (u.a. Sergej Senkin und Gustav Klutsis)116a die zwanzig Räume zu Themen des sowjetischen Pressewesens gestaltet. Der Pavillon war unterteilt in die Themen Entwicklung, Industrialisierung, Elektrifizierung, Lebensbedingungen des Proletariats, Gewerkschaften, Landwirtschaft, gesellschaftliches Leben innerhalb des neuen politischen Systems. Grund für die Begeisterung war El Lissitzkys neuartige Inszenierung der Räume (Abb. 31–32).

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31–32: Pavillon der UdSSR auf der Pressa, Köln, 1928 ( Stern; 32: Der leuchtende Stern und die Rollbänder).

31: Der leuchtende

Die Exponate wurden nicht wie in herkömmlichen Ausstellungsgestaltungen in Vitrinen gezeigt, sondern regelrecht in Szene gesetzt. Für die verschiedenen Themen war eine adäquate Form gesucht worden mit Filmen, Fotomontagen, Leuchtschriften; einzelne Objekte wie der raumhohe plastische Stern oder die Rollbänder leuchteten respektive bewegten sich. Insbesondere die Verwendung von Fotografie und Fotomontage ist im Zusammenhang mit der MRF von Interesse. Pohlmann meint sogar: „Fotografie und Fotomontage erlebten auf der ,Pressa‘ ihren entscheidenden Durchbruch als Gestaltungsmittel, auch wenn sie inmitten des multimedialen Zusammenspiels von kinetischen Objekten, Statistiken, Modellen, Leuchtreklamen und Illustrationen nur eines von zahlreichen Medien darstellten.“117 Besonders prominent wurde die Technik der Fotomontage für einen 3,80 Meter hohen und 23,50 Meter langen Fries verwendet, der sich auf drei Metern Höhe an der Stirnwand des Hauptsaales gegenüber dem Haupteingang erstreckte. Der Fries zum Thema „Die Erziehung der Massen ist die Hauptaufgabe der Presse in der Übergangszeit vom Kapitalismus zum Kommunismus“ war von El Lissitzky und Sergej Senkin gestaltet (Abb. 33–34).118 Die Form des Großfotopanoramas hatte, wie Ulrich Pohlmann bemerkt, Tradi­ tion.119 Insbesondere auf Welt- und Industrieausstellungen war diese Präsentationsform äußerst beliebt, und das von Pohlmann zitierte Panorama des Golfs von Neapel war berühmt.

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33: Pavillon der UdSSR auf der Pressa, Köln, 1928: Der Fries (links oben und rechts unten) als Teil des Leporellos im Ausstellungskatalog (Ausschnitt). 34: Pavillon der UdSSR auf der Pressa, Köln, 1928: Der Fries (Ausschnitt).

Im Unterschied zu den Fotopanoramen, die der klassischen Bilddarstellung folgten, war der Fotomontagefries von Lissitzky und Senkin keine einfach zu lesende Darstellung, sondern musste, in drei Metern Höhe und unterteilt durch rote Stoffwimpel, mühsam entziffert werden. Die Juxtaposition der einzelnen Aufnahmen unter Ver-

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zicht auf die Zentralperspektive war keineswegs leicht verständlich und musste (ideologisch) richtig interpretiert werden. Neu und für den sowjetischen Pavillon wichtig zu betonen ist, dass die hier verwendeten Bildfetzen Ausschnitte aus der realen Welt waren: „Aus authentischem Photomaterial, das die Arbeiter und Bauern vereint mit ihren Führern zeigt, wurde eine große Photographie zusammenmontiert“.120 El Lissitzky und Senkin stellten Aufnahmen einzelner Arbeiter und Bauern denjenigen von Massen gegenüber; als Einzelfigur und übergroß sticht Lenin hervor: Lenin, der zum Volk spricht, Lenin, der die Zeitung liest, daneben lachende Arbeiter, Fabriken und Landwirtschaftsbetriebe, Versammlungen, Frauen und Männer, ethnische Minderheiten – die Presse, so die Botschaft, erreicht alle, unbesehen der Herkunft, des Wohnorts und der Bildung. Das Wissen und die Aufklärung durch die Presse führen vom Kapitalismus zum Kommunismus (so der Titel des Frieses), aber auch – und dies ist die unmissverständliche Botschaft – zu zufriedeneren Menschen. Lachende Gesichter Werktätiger untermauern diese Botschaft. Überlagerungen der einzelnen Fotos und eklatante Größenunterschiede der abgebildeten Menschen suggerieren Verbindungen und Hierarchien. Bewegung entsteht im Fries durch die Ablösung formal ähnlicher durch gegensätzliche Aufnahmen. So führt eine Spirale von unten nach oben, den Anfang macht ein Raupenfahrzeug (vgl. Abb. 34); von diesem ausgehend schrauben sich zahlreiche Portraits in die Höhe, wo wiederum ein Raupenfahrzeug den Abschluss der Spirale bildet. Die fast abstrakte, diagonale Form des schwarzen Fahrzeugs weist auf Lenins ausgestreckten schwarzen Arm. Durch die Kombination der Fotos, die in losem Bezug zueinander stehen, ergibt sich die Leserichtung und der Betrachter erkennt Zusammenhänge. Lenin, aus der erhöhten Position am Ende der Spirale, hält eine Rede – an wen er sich richtet sehen wir nicht, doch wir ahnen aufgrund des Kontextes, dass unterhalb von ihm eine (Arbeiter-)Masse stehen muss, heißt doch das Fragment des Frieses Die Aufgabe der Presse ist die Erziehung der Massen.121 Selbst stehen auch wir hier unten, zu ihm aufschauend, als hörten wir seiner Rede zu und wären Teil der Massen. Die Fotomontage wurde im sowjetischen Pavillon zum ersten Mal in einer Ausstellung in großem Stil verwendet. Igor W. Rjasanzew sieht unter anderem in der Verwendung dieser Technik die entscheidende Neuerung durch El Lissitzky,122 und Ulrich Pohlmann vermerkt den weitreichenden „[…] Einfluss von Lissitzkys ,Design‘ unter besonderer Berücksichtigung der Fotografie und Fotomontage auf Ausstellungen politisch-propagandistischen Inhalts, die im nationalsozialistischen Deutschland und im faschistischen Italien zwischen 1932 und 1937 stattgefunden haben.“123 Schon damals wurde der formal-stilistische Bezug der italienischen zur europäischen avantgardistischen Kunst und im besonderen zum russischen Konstruktivismus gesehen, und dies nicht nur in einem positiven Sinn. Roberto Papini, der in der Zeitschrift Emporium die Suche nach einem faschistischen Kunststil beschreibt, kommt auf den Vorwurf zu sprechen, die MRF sei vom „bolschewistischen Stil“ beeinflusst: „Ich habe

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schon mehrmals eine oberflächliche Kritik gehört, sie ist das letzte Bollwerk unverbesserlicher Nostalgiker, die nicht aufgeben wollen: Die Ausstellung der faschistischen Revolution lehnt sich an einen moskovitischen und bolschewistischen Stil an.“124 Selbstredend bestreitet Papini als Redakteur einer regimetreuen Zeitschrift diese Verdächtigung vehement; er versucht zu erklären, wie ein Besucher der MRF auf eine solche – aus faschistischer Sicht abstruse – Idee kommen kann: „Drei Berührungspunkte können tatsächlich eine solche Annäherung sugge­ rieren: Erstens handelt es sich um zwei nicht vergleichbare Revolutionen, die aber gleichzeitig stattgefunden haben; zweitens steht die Kunst im Dienst einer bei­ derseitig notwendigen Propaganda, welche dieselben Ziele verfolgt, nämlich die Verbreitung von Gefühlen und Ideen; drittens wurden in der Kunst in Rom wie auch in Moskau die für unsere Zeit typischen Elemente eingeführt: die Presse und die Fotografie.“125 Zwar haftet der Fotografie auch im Faschismus wiederholt das Stigma des linken Mediums an, doch gleichzeitig wird sie zu Propagandazwecken breit und gekonnt eingesetzt,126 Papini ortet denn auch Unterschiede im Charakter der Revolutionen und grenzt die Künste der beiden Länder voneinander ab: „[…] sie gehen entgegengesetzte Wege: Während die Moskauer Kunst immer mehr in Richtung Abstraktion und Rationalität geht, besinnt sich die italienische Kunst immer stärker auf ihre Quellen des Anschaulichen und des Menschlichen, die in der römischen Epoche, in der ursprünglichen christlichen Kunst, in der romanischen Periode, in der Renaissance und im Barock immer wieder die italienischen Künstler und das Volk erfüllt haben. Bolschevistische Einflüsse zu befürchten, ist lächerlich und dumm.“127 Doch bis die Ausstellungsgestaltung tatsächlich auf die von Papini erwähnten Kunststile respektive die Vergangenheit Italiens Bezug nehmen sollte, vergingen noch einige Jahre: die 1937 wieder eröffnete MRF bezieht sich – aus politischen Gründen – in der Tat stilistisch und inhaltlich auf den Ursprung der italienischen Kulturgeschichte (vgl. a. S. 196 f.). In der MRF von 1932 hingegen sind die Parallelen zur Kunst aus der Sowjetunion offensichtlich und beschränken sich keineswegs, wie Papini schreibt, auf das Medium Fotografie. Freimütig kommentiert die Redaktion von Costruzioni-Casabella auch noch 1941 die nicht zu übersehende stilistische Verbindung, gleichzeitig hebt sie den Gebrauch der Fotomontage hervor – und zwar grundsätzlich begrüßend: „[Die MRF] wollte durch und durch antiakademisch sein und wandte gewisse grafische und bühnenbildnerische, eindeutig aus der russischen Kunst stammende Kunstgriffe an, die auf den Stil Melnikoffs hinweisen; die Fotomontage wurde von da an das meistangewandte, ja gar missbrauchte ­de­korative Mittel der italienischen Ausstellungen.“128 Ganz klar sieht der Kritiker die stilistische Anleihe als Akt, sich von der Vergangenheit und der akademischen Tradition zu lösen – die MRF zeigt

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nicht nur die „revolutionäre“ Vergangenheit des Faschismus, sie ist selbst revolutionär: „Die Ausstellung wollte ein revolutionärer Akt sein, ein Zeichen der Ab­wendung der neuen Generationen von jenen der Vergangenheit.“129 Nicht nur die Schemenhaftigkeit der Figur im Sowjetpavillon und die Idee, den abstrahierten Körper als Träger einer Wort- und Bildmontage zu benutzen, lassen den Schluss zu, dass Nizzoli von der Sowjetfrau in El Lissitzkys Pavillon wusste. Als bräuchte es noch ein Indiz für Nizzolis Kenntnis, ordnet er seinen Figuren abstrahierte Instrumente zu, die sie als Vertreter repräsentativer Gruppen in der Gesellschaft identifizieren: das Gewehr dem Infanteristen, die Krücke dem Kriegsinvaliden, so wie Hammer und Sichel die schemenhafte Figur auf der Pressa eindeutig als sowjetisches Individuum erkennen lassen. Nizzolis Zitat der Sowjetfrau wird immer wieder erwähnt, ohne dass auf die Beziehung des Künstlers zu seinen sowjetischen Kollegen eingegangen würde. 130 Im Falle Nizzolis gibt es verschiedene mögliche Quellen für sein Wissen: den Ausstellungskatalog der Pressa; seine Landsleute Sironi und Muzio, die den italienischen Pavillon an der Pressa verantworteten; Xanti Schawinsky, der „Bauhäusler“ (1924–29), mit dem Nizzoli befreundet war und der Nizzoli 1929 auch über die Film und Foto (FiFo) in Stuttgart informiert haben wird.131 Der Gedanke, dass Nizzoli die Idee für seine Figuren vom Sowjet-Pavillon übernommen haben könnte, erstaunt nicht, wenn man das große Echo der sowjetischen Inszenierung bedenkt. Doch dass Nizzolis Figuren, die formal so eindeutig auf die Sowjetfrau zurückgehen, in einer Umgebung platziert sind, die prominent den Kampf gegen den Kommunismus zum Thema hat, ist brisant: „Ueber der Eingangstür trägt die graue Wand folgenden Ausspruch Mussolinis, der ständiger Leitsatz des ganzen faschistischen Handelns werden sollte: ,Nicht gegen das Proletariat, sondern gegen den Bolschewismus.‘“132 Dass es für Nizzoli dennoch möglich war, El Lissitzkis Sowjetfrau zu zitieren, zeigt, dass man mit dem Vorwurf des Bolschewismus nicht gerechnet hatte oder diesen bewusst in Kauf nahm – sofern den Organisatoren der MRF El Lis­ sitzkys Figur überhaupt bekannt war. Von dieser Annahme darf man aber wohl ausgehen, war doch die Pressa auch für das faschistische Regime ein wichtiger Anlass,133 und Informationen und Bilder zirkulierten dank Katalogen und Artikeln. Insbesondere Bilder des Sowjet-Pavillons waren verbreitet, machte doch nicht nur der Pavillon selbst Furore, sondern auch der Katalog dazu. Dieser zitiert die Form des Frieses in Gestalt eines von El Lissitzky und Sergej Senkin gestalteten Leporellos, das den ­Sowjetpavillon als Fotomontage vorführt. Die Gestalten konnten wohl trotz sowjetischer Herkunft für die MRF übernommen werden, da die Wirkung des menschlichen Umrisses, so ist zu vermuten, als universal betrachtet wurden, als ein für die Masse, über Sprachgrenzen hinweg verständliches Piktogramm. Erst die applizierten Texte und Attribute machten die Figuren zum Aushängeschild so unterschiedlicher politischer Systeme wie Faschismus oder Sowjet-Kommunismus.

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Die Sala O von Giuseppe Terragni

Einer der herausragenden Räume an der MRF war die Sala O, die in der chronologisch aufgebauten Ausstellung die ersten zehn Monate des Jahres 1922 bis zum Marsch auf Rom zum Thema hatte. Der historische Teil der Ausstellung wurde von Arrigo Arrigotti betreut, der künstlerische vom rationalistischen Architekten Giuseppe Terragni.134 Innerhalb der breiten Literatur zur MRF von 1932 – es ist die mit Abstand am besten untersuchte Ausstellung der faschistischen Periode – ist die Sala O von Terragni eine der am häufigsten abgebildeten und besprochenen.135 Jeffrey Schnapp etwa analysiert in seiner Publikation Anno X. La Mostra della Rivoluzione Fascista del 1932 sowie in verschiedenen Artikeln die Ausstellung und speziell die Sala O, um sie in der faschistischen Propaganda zu verorten. Ziel seiner Forschung, unter anderem in Epic Demonstrations, ist es, den Mechanismus der Propaganda und die Rolle der Künste herauszufiltern. Ulrich Pohlmann dagegen konzentriert sich auf die Geschichte der Fotografie in der nationalsozialistischen Diktatur und zieht für seinen Vergleich von Ausstellungen in Diktaturen die Sala O als eminentes Beispiel für den Faschismus heran, wobei sich kleinere Ungenauigkeiten einschleichen.136 Im Centro Studi Giuseppe Terragni in Como existieren noch wenige Skizzen Terragnis zur Sala O.137 Eine Idee Terragnis war symbolischer Art: immer kleiner werdende Kristalle sollten den untergehenden alten Staat symbolisieren, während konträr dazu die stetig wachsende faschistische Bewegung darzustellen war. Die Überschrift der Skizze lautet: „Von zwei Staaten ist einer zuviel“.138 Terragni spricht von einer „Synthese der Koexistenz zweier Staaten“,139 wobei die Bezeichnung „Staat“ für die faschistische Bewegung in den Monaten vor dem Marsch auf Rom im Widerspruch zur Propagandaterminologie steht, die von einer faschistischen Revolution sprach. Ein Grund für den Terminuswechsel dürfte gewesen sein, dass die Bezeichnung „Staat“ der faschistischen Bewegung den Anschein legitimer (Staats-)Macht zuschrieb, die die Faschisten vor dem Marsch nota bene noch nicht hatten. Als die MRF 1932 nach zehn Jahren faschistischer Herrschaft eröffnet wurde, war die (bereits weiter oben er­wähn­­ te) Mythenbildung des Faschismus als revolutionäre Bewegung bereits so erfolgreich, dass man getrost zu einem Vokabular übergehen durfte, das den status quo (1932) miteinbezog, auch für die Zeit vor der Regierungsübernahme durch die Faschisten am 31. Oktober 1922. Eine andere Skizze Terragnis zeigt uns ein riesiges Zifferblatt, dessen einer Zeiger auf kurz vor zwölf steht – kurz vor der Marcia su Roma: „1922 IST DAS JAHR, IN DEM MAN AUF DEM ZIFFERBLATT DER GESCHICHTE NOCHMALS DIE GROSSE STUNDE BEMERKT SPÜRT AB­LAUFEN SIEHT“.140 Weitere handschriftliche Anmerkungen Terragnis beschreiben das Ensemble der geplanten Wand: „Kreis aus Stahl, von der Wand abgehoben, auf welcher eine Masse erhobener Hände und Arme zu sehen ist – Licht, auf das Schwert projiziert, das als Zeiger dient“.141 Zeit, Ton – in Form von Musiknoten – und Raum sollten dargestellt werden. Alle drei Elemente wird Terragni in die

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35: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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definitive Version der Wand der Hände übernehmen. Die Reduktion der Menschenmasse auf gestreckte Arme und Hände wird sich nicht mehr verändern, der Ton und die Zeit erhalten eine je andere Darstellungsform. Die Idee der Kristalle wie auch die des Zifferblattes ließ Terragni schließlich fallen. Eine weitere, von der ausgeführten Version stark abweichende Skizze zeigt einen Riesen, der das Volk bei der Hand nimmt und mit ihm nach Rom marschiert: „Il popolo in cammino“ (Das Volk marschiert). Ebenso unausgeführt blieb folgende Idee: Mittels eines Trichters „kondensiert“ Terragni das Volk zu einem faschistischen. Oben marschieren von links Blau-, von rechts Schwarzhemden hinein, unten kommen „tutte camicie nere“ (lauter Schwarzhemden) heraus.142 Die endgültige Sala O war eine spektakuläre Inszenierung der Ereignisse von Januar bis Oktober 1922, die den Besucher das Chaos auf den Straßen und die turbulenten, sich überstürzenden Ereignisse in den Monaten vor dem Marsch auf Rom nachvollziehen ließ. Terragni hatte den ursprünglichen Raum vollkommen umgestaltet: stürzende Linien, eine eingezogene, den Saal durchschneidende Wand, eine mehr als zehn Meter lange Fotomontage sowie Vitrinen, wobei selbst letztere darauf verzichteten, den chronologischen Ablauf nur mittels trockener Fakten und Daten festzuhalten. Der Besucher sollte in der Sala O, so betont Jeffrey Schnapp, die Unsicherheit

36: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione ­Fascista, Rom, 1932: Eingezogene, diagonal durch den Saal verlaufende Wand.

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37–38: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, 1932 ( 37: Grundriss).

der schwankenden Stimmung der italienischen Politik vor dem Marsch auf Rom am eigenen Körper erleben, bevor er den nächsten Saal (P) betrat, wo ihm der politische Triumph des Faschismus auch physisch Sicherheit vermittelte.143 Dass Terragnis Saal auf gewisse Besucher äußerst lebendig wirken konnte, beschreibt Cipriano E. Oppo, einer der MRF-Organisatoren: „Im Saal von 1922 vor dem Marsch auf Rom bewies der Architekt Terragni, wie manchmal für ein Sam­mel­surium an künstlerischen Ideen und die Vielzahl wie die Verschiedenheit der revolutionären Ereignisse eine plastische Realisierung gefunden werden kann, die überhaupt nicht konfus, wenn auch äußerst lebendig ist. Gewiss hörte man hier den ohrenbetäubenden Schlachtenlärm, man spürte das nahe Ende, den Sieg. Die Wände des Saals ,bewegten‘ sich auf den Besucher zu und schufen neue Gliederungen, Abteile, Flächen und Volu­ men.“144 Die theatralische Inszenierung der Sala O wurde durch skulpturale, in den Raum ausgreifende Konstruktionen aus zwei- und dreidimensionalen Objekten und die Lichtinszenierung, die die Plastizität der Installation noch betonte, hervorgerufen.145 Dass sich der in die Sala O eintretende Besucher weniger wie in einer Ausstellung denn wie in einem Bühnenbild vorgekommen sein mag, ist der räumlichen und atmosphärischen Einheit des Saals zuzuschreiben.146 Die Architekturelemente griffen in

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den Raum aus und erinnern an Bühnenbilder von Friedrich Kiesler für Eugene O’Neills Kaiser Jones, die 1924 in Berlin als abstraktes Bühnenbild aus Holzlatten und Tüchern für Verwirrung sorgte. Für die Sala O und speziell für das an die Decke gepinnte X scheint ebenso Konstantin Melnikovs Pavillon der UdSSR an der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels modernes 1925 in Paris mit den spitzwinklig verschränkten Balken als Verdachung des Treppenaufgangs Pate gestanden zu haben, wie auch Virgilio Marchis expressionistische Büh­­nenbilder für den Ballo del 2000 (1922) oder für Massimo Bontempellis Theaterstück Nostra Dea (1925). Unweigerlich aber denkt man auch an Schwitters’ Merz-Bühne, an der der Dadaist noch Ende der 1910er Jahre arbeitete: „Die Merz-Bühne strebt fort von der Kunstgattung zur Verschmelzung im Gesamtkunstwerk. Mein letztes Streben ist die Vereinigung von Kunst und Nichtkunst zum Merz-Gesamtweltbilde.“147 Die Bühne erwies sich als zu eng für Schwitters’ Idee eines Gesamtkunstwerks, so dass er ab 1923 den Merzbau in Angriff nahm, eine über zehn Jahre wuchernde Innenarchitektur. Dem

39: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932. 40: Virgilio Marchi, Bühnenbild zu Ballo del 2000, Tempera und Tusche auf Karton, 24 × 23 cm, 1922.

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begehbaren Merzbau ist der rechtwinklige Raum völlig fremd; spitze Winkel, Nischen, Treppchen und Absätze suggerieren eine Mannigfaltigkeit an Betrachtungsweisen. Die Zentralperspektive hat einer unendlich vielfältigen Wahrnehmung Platz gemacht: Öffnungen erlauben Durch- und Einblicke in den Außenraum, aber auch hinein in den Merzbau. Wie in der expressionistischen Filmarchitektur des zeitgenössischen Cabinet des Dr. Caligari (Regisseur Robert Wiene, 1919/20) werden Perspektiven gebrochen und fallen zusammen, Maßstäbe sind relativ. Doch es ist nicht nur die Architektur des Merzbaus, die auf eine Verwandtschaft zur Sala O hinweist, sondern auch seine

41: Hygieneausstellung, Dresden, 1930, von El Lissitzky gestalteter Eingangsbereich des Pavillons der UdSSR.

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Dekoration: er war „voller Zeugnisse des Alltags, voller Bilder und Fotografien sowie Ge­brauchstexte. Er war auch voller Assemblagen, Collagen und Gedichte auf Papier.“148 In der Sala O wird, wie erwähnt, die Decke als weitere Ausstellungsfläche in Beschlag genommen, durch das riesige, mit Dolchen an die Decke gepinnte X, welches das zehnjährige faschistische Jubiläum symbolisiert. Nebst den erwähnten ephemeren Bauten von Melnikov und Marchi hatte auch El Lissitzky bereits 1928 im von ihm gestalterisch verantworteten Sowjetpavillon auf der Pressa die Decke teilweise miteinbezogen.149 Und nur zwei Jahre vor der MRF hatte ebenfalls Lissitzky auf der Inter-

42: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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nationalen Pelzausstellung (Leipzig 1930) und an der Hygieneausstellung (Dresden 1930) die Decke als fünfte Wand benutzt. Als handelte es sich um eine Brandmauer, ließ er in der Hygieneausstellung die Decke mit Plakaten zupflastern (Abb. 41). Eventuell wusste Lissitzky von der zeitgleich entstandenen Skizze Herbert Bayers für die Werkbundausstellung in Paris 1930. Bayer hatte das Diagramm, das die Positionierung der Fototafeln in der von ihm gestalteten Architektur-Fotoschau verdeutlicht, gemacht, um aufzuzeigen, dass das Auge des Besuchers nicht nur frontal platzierte Objekte wahrnehmen kann, sondern ebenso schräg unter die Decke oder

43: Herbert Bayer, Sehfeld, Skizze in Zusammenhang mit der Werkbundausstellung, Paris, 1930. 44: Cesare Fiori, Paolo Maria Terzago, Die Galleria Settala, Mailand, Radierung, 1666.

Fotomontagen in Ausstellungen

über den Boden gehängte Bilder.150 Neu war die Skizze Bayers insofern, als sie das Phänomen der Wahrnehmung eines über mehrere Flächen gehängten Ensembles abstrahierte. Das Phänomen an sich aber war nicht neu; bereits im Barock pflegten die naturkundlichen Museen unter Einbezug aller Raumflächen eine nicht selten spektakuläre Inszenierung der Objekte, die den ganzen Raum miteinbezog (Abb. 43).151 In der Sala O, auf der Wand, die den Raum diagonal durchschnitt, bildeten Metallbänder ein mehrere Meter hohes Profil Mussolinis, während dahinter ein zweites, ganz ähnliches Profil die personifizierte Italia versinnbildlichte; ein drittes Profil schließlich, aus den schwarzen Wimpeln der Sturmtruppen geformt, stand für den Faschismus: „Das Zusammenrücken der drei Elemente zeigt klar die geistige Verschmelzung: Duce-Italien-Faschismus, die in diesem qualvollen Jahr der Ungewissheit über das Schicksal der Nation den einzigen Damm zum Schutz von Volk und Rasse bildet.“152 Auf der gegenüberliegenden Wand erwartete den Besucher eine verblüffend schlichte Komposition: eine riesige plastische Fotomontage153 aus nur fünf verschiedenen Bildelementen. Im Gegensatz zu den andern Wänden ist die Anzahl der Motive minimal, doch die Wirkung der Wand ist – bis in die heutige Literatur hinein – die mit Abstand größte: „Über die ganze Wand oberhalb der großen Vitrine entwickelt sich eine durch ihre Großartigkeit und Ausdruckskraft beeindruckende Fotomontage, zu­­ sammengesetzt aus dicht gedrängten Volksmassen, den Worten des Duce lau­schend.“154 (Abb. 45) Ein Zwischenstadium auf dem Weg zur finalen Version stellen zwei kleine, den Notizen Enrico Arrigottis beigefügte Skizzen dar.155 Beide zeigen die Wand, beide konzentrieren sich auf zwei formale Elemente: diagonale Striche (die gestreckten Hände?) und konzentrische Kreise (die Turbinen?), ebenfalls in einer Diagonalen dargestellt. Es wird deutlich, dass es sich bei den zwei Versionen um Bewegungsstudien für die Fotomontage handelt. Fragen nach der Wirkung der Diagonalen (Turbinen respektive Hände) werden dank den Darstellungen klarer. In der oberen Skizze sind sowohl die Turbinen als auch die diagonalen Balken (Hände) gegenläufig zur ausgeführten Version. Die untere Zeichnung zeigt hingegen deutlich die definitive Anordnung: die Hände streben nach links oben, die Turbinen nach rechts oben. Den rechten unteren Teil der Wand überfluten Menschenmassen, aus ganz un­ terschiedlichen Aufnahmen zu einer Einheit montiert: große und kleine Köpfe, Bataillone, Aufmärsche. Die Fotos sind bis über die plastischen Turbinen geklebt, welche die Schwarzhemden in die Höhe schrauben. Im Katalog hieß es zu den Turbinen: „[sie] schwingen in unaufhaltsamer Rotation, fast als wollten sie die Kraft und den Willen des Volkes, beide von einem einzigen großen Glauben zusammengehalten, auf dem Weg zur Eroberung der Macht vorwärtstreiben.“156 Oberhalb der Turbinen strecken sich unterschiedlich große plastische Hände diagonal himmelwärts. Die Hände, vereint zum Saluto romano, erscheinen als das entscheidende Kondensat der Menschenmasse – der Masse, die durch die Turbinen wie durch eine Mangel gedreht und

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45: Giuseppe Terragni, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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46–47: Giuseppe Terragni, Wand der Hände („adunate“), Montage, Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932.

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hochgetrieben wurde. Die Hände sind das Element, das die Masse als eine faschistische identifiziert. Die dynamische Inszenierung zieht die Besucher in ihren Bann, sie lässt sie teilhaben an der Versammlung und den Duce mit dem römischen Gruß willkommen heißen – für die meisten Besucher eine aus dem Alltag vertraute Situation. Auf den ersten Blick scheint der Duce zu fehlen, tatsächlich jedoch ist er prominent anwesend: Das von Mussolini handgeschriebene Schriftstück (und als solches wurde es von den Italienern wohl erkannt) sticht durch Größe, Form und Farbe hervor und bestätigt damit seine inhaltlich zentrale Rolle, die Margherita Sarfatti wie folgt umschreibt: „[…] Gedanken und Taten Mussolinis ziehen das italienische Volk wie eine Turbine an und machen es zu Faschisten.“157 Sarfatti übernimmt aus der Montage das Bild der Turbine. Gedanken und Taten Mussolinis, so schreibt die Kunsthistorikerin, ziehen das italienische Volk hinein wie eine Turbine und bekehren das Volk zu einem faschistischen. Mussolini selbst spricht in seinem der Montage eingefügten Text von einem Rad: „Den Feiglingen, den Verleumdern und den Niederträchtigen, allen, die durch hinterlistige und verbrecherische Mittel den Faschismus aufzuhalten versuchen, können wir antworten, dass, wenn man ‚mit Blut das Rad in Bewegung hält‘, das höchste Ziel erreicht wird: Die Größe des Vaterlandes.“158 Das Rad darf wohl als Äquivalent zu Terragnis Turbinen gesehen werden, wo­ durch die anfänglich merkwürdig fremd erscheinenden Schiffsschrauben eine Erklärung finden. Als Motor, die einen Organismus in Fahrt bringen und in Schwung halten können, versinnbildlichen sie die unsichtbare Energie, die 1922 – so die Aussage der Montage – aus dem italienischen Volk ein faschistisches machte. Allerdings hatte Mussolini den Satz in vollkommen anderem Zusammenhang geäußert, nämlich in Erinnerung an einen faschistischen Gefallenen in Verklärung des faschistischen Märtyrertums.159 Es ist typisch für eine Montage, dass sich die ursprüngliche Aussage eines Versatzstücks verliert, um im Verband mit andern Schnipseln einen ganz neuen Sinn zu gewinnen, ohne dass diese Sinnverkehrung an den montierten Fragmenten selbst abzulesen wäre. Das fünfte Bildmotiv der Montage, der mit seinem Wirbel die Menge aufpeitschende Trommler, repräsentiert gemäß dem Katalogkommentar die „heroische, ro­ mantische und traditionelle Gestalt aus den Freiheitskämpfen des Risorgimento“.160 So wird die für den Faschismus fundamentale Beziehung zur Vergangenheit Italiens hergestellt, obwohl der anführende Trommler keineswegs eine spezifisch italienische Figur ist.161 Die ganze Inszenierung der Wand zielt darauf, den eintretenden Besucher mitzureißen. Er sollte in den Sog der Masse geraten, mit ihr die Hand zum Gruß emporstrecken und die pathetischen Worte des Duce vernehmen. Wie schon auf dem Katalogumschlag (vgl. S. 96 f.), so werden auch in dieser Montage die Bewegung (der

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48–49: Giuseppe Terragni, Wand der Hände („adunate“), Montage, Sala O auf der Mostra della Rivolutione Fascista, Rom, 1932.

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zeitliche Ablauf) und der Ton (die Sprache und der Rhythmus) durch einfachste Mittel evoziert.162 Terragnis Wand ist auch eine Huldigung an das Volk, das sich im Jahr vor dem Marsch auf Rom auf den Plätzen Italiens versammelte, um die „Eroberung der Macht“163 vorzubereiten. Die Wand wirkt dramatisch und suggestiv; der eigentliche Held ist das Volk, ohne welches die faschistische Diktatur, bei gleichzeitiger Unterdrückung desselben, macht- und sinnlos wäre. Funktion der Bilder – die Wirkung der Sala O

„Es ist eine authentische Kunst der Revolution […] sie ist ein Instrument der ideologischen Propaganda“164 (Karel Teige, 1932)

Im Ausstellungskatalog wurde den Besuchern vom Herausgeber und späteren Propagandaminister Dino Alfieri ein „Wechselbad der Gefühle“ beim Besuch der Ausstellung prophezeit.165 Mitverantwortlich für diese emotionalen Turbulenzen waren die Bilder, ihre suggestive, häufig irrationale und schwer kontrollierbare Wirkung. Bilder können dem Unsichtbaren Gestalt verleihen und so Emotionen auslösen. Margherita Sarfatti schrieb über die Funktion der Bilder: „Wie die Kirche hat er [der Fa­­ schismus] der Kunst die Aufgabe übertragen, die Dinge des Geistes in wirkliche und doch auch geistige Bilder zu übersetzen und sie zu verherrlichen. Die Aufgabe, dieses Symbol des Mythos in die Realität zu über­setzen, gebührte zu Recht der Architektur als der konkretesten und gleichzeitig sym­bolischsten Kunst.“166 Die Verwendung der Fotomontage in der MRF 1932 war Zeichen der Modernität und des Fortschritts. Revolutionär sollte die Darstellung der faschistischen Revolution sein: Die Fotomontage als „authentische Kunst der Revolution“167 eignete sich bestens dafür, als ein Manifest, das von der Masse verstanden werden konnte: „Der Wert einer Fotomontage ist an dem Grad der sozialen Mitteilbarkeit, der Verständlichkeit für die Massen […] zu bewerten.“168 Teige sieht den Tod der Ölmalerei voraus, aber nicht wie Benjamin, weil an „die Stelle ihrer Fundierung aufs Ritual“ „ihre Fundierung auf eine andere Praxis zu treten“ hat, „nämlich ihre Fundierung auf Politik“169 – diese Prämisse ist bei Teige, obwohl sein Text drei Jahre früher entstanden ist, bereits gegeben –, sondern weil eine Fotomontage weder Geist noch Fertigkeiten eines Malers benötige. Vielmehr sei sie so einfach herzustellen, dass, so Teige auf Lessings Emilia Galotti rekurrierend, auch „handamputierte […] Raffaels“ dazu fähig seien.170 Die massenhafte (Re-)Produktion – von der Masse für die Masse – werde die Fotomontage so erfolgreich machen, dass die Malerei verdrängt werde: „Die Fotomontage ist die ,Malerei‘ des Maschinenzeitalters, der Rotationsschnellpresse und des Tiefdrucks; sie ist die ,Malerei‘ der Klasse, die die gigantische Industrie, die en masse produziert, aufbaut.“171 Das Potenzial, das Walter Benjamin der Fotografie (und noch stärker dem Film) zuschrieb, die Vervielfältigung der Botschaft für die Masse, sieht Teige durch die Fotomontage erfüllt.

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Obwohl die Fotomontage in der faschistischen Propaganda immer wieder und mit der Sala O prominent und erfolgreich eingesetzt wurde, versuchte man sich zu distanzieren von einer Technik, die mit der UdSSR und kommunistischer Massenpropaganda in Verbindung gebracht wurde. Zu diesem Zweck vermied man nach Möglichkeit das international gängige Wort fotomontaggio und bevorzugte die Bezeichnung fotomosaico, welche einen Bezug zur Tradition implizierte.

Fotomontagen in Publikationen Die 1920er und 1930er Jahre in Italien waren nicht nur eine Zeit reich an Ausstellungen, sondern auch an kulturhistorischen Publikationen. Kulturzeitschriften tauchten auf und verschwanden bald wieder (u.a. Quadrante, „900“. Cahiers d’Italie et d’Europe, Campo Grafico, Fotografia, Valori Plastici, Valori Primordiali, Omnibus), anderen war eine längere Lebensdauer beschieden (Tempo zum Beispiel, vor allem aber den noch heute existierenden Domus und Casabella). Viele der Publikationen waren modern gestaltet; als Illustrationen wurden meist Fotografien verwendet, und der Satzspiegel war großzügig und klar. In diesem Zusammenhang fallen auch drei Veröffentlichungen auf, die 1932 zum 10. Jahrestag des Faschismus respektive der Propagandaschau des Decennale, der MRF, erschienen. Ein eigentliches Bilderbuch ist L’Italia fascista in cammino,172 „ein prächtiges Buch […], das ausschließlich aus Fotogafien besteht – 516 –, die das große aufbauende Werk des faschistischen Regimes auf jedem Gebiet dokumentieren.“173 Tatsächlich ist die Hymne auf zehn Jahre Faschismus eine Bilderzählung quer durchs öffentliche Leben, deren durchgehend fünfsprachige Legenden auf die propagandistische Wirkung im Ausland ausgerichtet sind. In Italien voran!, so der deutsche Titel, wurden Projekte und Errungenschaften des Faschismus aus den Jahren 1922 bis 1932 aufgenommen, also genau aus den Jahren, die in der MRF 1932 fehlten. Doch bei all dem, so Mussolini, gehe es nicht nur um die „große Umgestaltung der Dinge“, so „notwendig und bedeutsam“ diese auch sei, sondern „das letzte Ziel der faschistischen Revolution ist die ­Um­wandlung des Temperaments, des Charakters, der Intelligenz der Italiener.“174 Die Namen der Fotografen für L’Italia fascista in cammino sind unbekannt, es sind anonyme Angestellte des Istituto Luce, aus dessen Archiv die Bilder stammen. Mit der MRF direkter verbunden sind die zwei folgenden Publikationen. Es handelt sich dabei einerseits um die nachträglich – 1933 – erschienene Guida storica zur Ausstellung, anderseits um eine Dokumentation der Besucher der MRF. Die Informationen über die Publikationen sind von unterschiedlicher Qualität und Quantität, so dass wichtige Fragen wie die nach dem Zielpublikum und der Rezeption, der Auflage und der Autorschaft nicht immer beantwortet werden können. Das Interesse der Untersuchung liegt im Einsatz der Fotomontage als Gestaltungsmittel, welcher in Form

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und Qualität völlig unterschiedlich ist. Nicht die Frage, ob die Fotomontagen ein professionelles Werk oder die Arbeit eines Amateurs sind, steht im Zentrum der Analyse, sondern die Aussagen einzelner Montagen und deren Zusammenhang mit der zeitgenössischen Kulturpolitik. Gewisse Topoi (z. B. das Verhältnis zwischen Führer und Masse) im Gebrauch der Fotomontage sollen im Folgenden besprochen werden. Nachdem zur Eröffnung der Mostra della Rivoluzione Fascista nur eine rund siebzig Seiten umfassende Guida della Mostra della Rivoluzione Fascista175 erschienen war, in welcher zwar jeder Saal knapp beschrieben war, Abbildungen – bis auf zwei Grundrisse – jedoch gänzlich fehlten, erschien nur ein Jahr später, 1933, der umfangreiche Band Mostra della Rivoluzione Fascista.176 Der eigentliche Katalog integrierte eine stattliche Anzahl Fotografien aus der fertiggestellten Ausstellung und übernahm so die erweiterte Funktion der Geschichtsschreibung gegenüber der früher erschienenen Guida. Der im Untertitel als Guida storica bezeichnete Katalog konnte und sollte ein Leitfaden nicht nur durch die Ausstellung, sondern auch durch die jüngste Geschichte Italiens sein. Während die Erfüllung der Forderung, die MRF in eine Dauerausstellung umzuwandeln, immer wieder auf die lange Bank geschoben wurde, nahm der Katalog in seiner Ausführlichkeit eine Stellvertreterfunktion ein. Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista hingegen ist das Produkt eines Gardisten der MRF 1932. Man darf annehmen, dass die Publikation durch die Partei in Auftrag gegeben, vor allem aber (mit)finanziert wurde. Dafür sprechen die monumentale Größe und der Umfang, vor allem aber die unzähligen Abbildungen. Der Inhalt – die Dokumentation der Anlässe und der Besucher der MRF – muss dem Interesse des PNF entsprochen haben. Vom in mehrere Sprachen übersetzten, grenzüberschreitend verbreiteten Katalog der MRF wurde circa eine viertel Million Exemplare verkauft (zu 12 Lire).177 Nicht zuletzt auf diese bemerkenswerte Stückzahl ist wohl zurückzuführen, dass er noch heute in der Literatur ab und an erwähnt wird, wobei über die zeitgenössische Wirkung des Katalogs nur spekuliert werden kann. Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista hingegen,178 die Dokumentation über die MRF-Besucher, erlebte eine bedeutend bescheidenere Distribution; in der Forschung wird der Band als Informa­ tionsquelle beigezogen, Form und Ästhetik hingegen waren bisher kein Thema.179

Der Ausstellungskatalog der Mostra della Rivoluzione Fascista: Gesicht und gestreckte Hand Auf dem Schmutztitel des zur Eröffnung der MRF, der maßstabsetzenden Jubiläumsausstellung, erschienenen kleinen Bändchens Guida della Mostra della Rivoluzione Fascista findet sich die Erklärung für dessen auffällig bescheidene Erscheinung: „In Erwartung der Publikation eines kompletten, detaillierten Katalogs hat das Präsidium der

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Mostra den vorliegenden illustrierten Führer zusammengestellt.“180 Ein „richtiger“ Katalog war also geplant und erschien schließlich, wie erwähnt, 1933. Zu Aufbau und Organisation konnte man einen Text und Bilder finden, dazu die beiden Grundrisse der Ausstellungsetagen als auch Material zum Inhalt der Schau: Jedem Saal war ein eigenes Kapitel gewidmet mit ausführlichem Text und Fotografien aus der Ausstellung.181 Der Autor der grafischen Aufmachung wird im Katalog nicht genannt.182 Die Gestaltung der Katalogseiten erinnert an illustrierte Wochen- und Monatszeitschriften aus dem frühen 20. Jahrhundert, in welchen Text und Bild zu einem Ensemble arrangiert wurden. Die typische Seitengestaltung eines Blattes wie die der Arbeiter Illustrierte Zeitung, die die Fotografie bereits sehr früh und prominent integriert hatte, bestand noch Ende der 1920er, Anfang der 1930er Jahre aus einer Kombination von Bildern unterschiedlichen Formats (rechteckig, quadratisch, rund, polygonal oder freigestellte Objekte), die sich überlappen, so dass innerhalb der Seite eine Verbindung zwischen ihnen entsteht; Lauftext und Legenden werden eng darum herum gruppiert, ja den Bildern eigentlich angeschmiegt (Abb. 50). Typisch für diese Art der Gestaltung ist das völlige Fehlen eines durchgehenden Satzspiegels, so dass für jede Seite eine individuelle Form gefunden wurde. In den

50: Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ), Nr. 18, 1930: „Blohm u Voss“. 51: Katalog zur Mostra della Rivoluzione Fascista, 1933, Seite 151.

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52: Katalog zur Mostra della Rivoluzione Fascista, 1933, Seiten 64–65.

dreißiger Jahren unterliegt bei Zeitschriften wie Casabella (ab Januar 1933, vgl. S. 135 ff.) oder Quadrante jeder Seite ein Raster. Dieses bewirkt, bei aller Freiheit, die ein Gestalter nach wie vor hat, einen sich durch das ganze Heft ziehenden regelmäßigen Rhythmus. Die Seitenränder beispielsweise sind in diesem Fall vorgegeben, während der Katalog der MRF einmal randlos, dann aber wieder mit breitem weißem Rand gedruckt ist (Abb. 52). Beim Betrachten der Doppelseiten 64–65 wird ersichtlich, wie das Textbild der Bildvorlage eingepasst wurde. So ist das enge Zusammenspiel von Bild und Text ein augenfälliges Charakteristikum des Kataloges; die beiden Elemente verzahnen sich ineinander wie Schlüssel und Schloss. Die Bilder werden in formal unzähligen Varianten abgebildet, vom üblichen Rechteck über Polygone bis zum gerade oder schräg beschnittenen Bild. Innerhalb der Seite werden die Fotografien neben- oder untereinander, schräg oder – selten – sich überlappend gesetzt. Fotomontagen sind rar, und ästhetisch interessante Fotomontagen, wie wir sie aus zeitgenössischen russischen Publikationen kennen (man denke zum Beispiel an den Katalog mit FotomontageLeporello des Sowjetpavillons auf der Pressa oder an die Zeitschrift USSR im Bau), ­werden keine gezeigt. Wenn dennoch die Wirkung einer montierten Einheit entsteht,

Fotomontagen in Publikationen

53: Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1932: Fassade mit aus dem Bild kippenden fasci.

dann deshalb, weil auch der Text als Bild behandelt und auf die Fotografien abgestimmt wird. Die rund zehn für den Katalog verwendeten Aufnahmen der Fassade sind aufsehenerregende Bilder. Aus extremer Untersicht, mit stürzenden Linien, Diagonalen und fokussiert auf Details bis zur Abstraktion folgen sie modernen Grundsätzen, wie sie der zeitgenössische Konstruktivismus verfolgte, vor allem Alexander Rodtschenko oder Fotografen am Bauhaus wie Lucia Moholy-Nagy, aber auch Umbo oder Werner Gräff mit „Es kommt der neue Fotograf!“ Was mag der Grund gewesen sein, Fotografien zu produzieren, die eine neue Sicht herausfordern und die der massiven Monumentalität kippende fasci und spitze Winkel entgegensetzen? Die Fassade von Adalberto Libera und Antonio Valente galt als ein Werk moderner, dem italienischen Rationalismus verpflichteter Architekten, und die Fotografie, in ihrer modernen Form, war das entsprechende fortschrittliche Medium. Es scheint, dass man zugunsten dieses Gedankens auf eine klassische Wiedergabe der symmetrischen und monumentalen Gebäudehülle verzichtet hat.183 Die 25 Meter hohen fasci, aus der Froschperspektive fotografiert, weisen in jedem Fall eine ihnen eigene überragende Monumentalität auf, auch wenn sie aus dem Bild zu kippen scheinen (Abb. 53).

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Das Gesicht des Duce

In Zusammenhang mit dem Thema der Fotomontage ist der Einband des Ausstellungskatalogs von besonderem Interesse. Sieht man von Titel und Preisangabe ab, besteht das Bild aus nur drei Elementen. Umso verblüffender ist seine Wirkung. Auf der vorderen Umschlagseite ragt, bündig mit dem Buchrücken, der in Stein gehauene Kopf Mussolinis ins Bild,184 das markant vorgeschobene Kinn ist im Profil gut sichtbar. Zusammen mit dem stechenden Blick ist das Kinn als Zeichen der Männlichkeit und Entschlossenheit zum Markenzeichen stilisiert worden.185 Zentriert auf der hinteren Umschlagseite prangt ein rotes X, das Symbol des Decennale. Die römische Ziffer steht für das zehnte Jahr des Faschismus, der 1922 mit dem Marsch auf Rom die neue Zählweise beginnt. Unterlegt sind Portrait und X mit dem sich vielfach wiederholenden DU-CE. Das kurze Wort, an sich schon prägnant in seiner Form, erscheint durch die Trennung noch eingängiger, noch schärfer. Der Bindestrich signalisiert die kurz innehaltende Artikulation und zeigt an, dass das Wort rhythmisch gesprochen wird. Die Vervielfältigung der Parole steht für die skandierende Masse: „DU–CE, DU–CE, DU–CE …“ Die Größe der Schrift macht deutlich, dass die Schallwellen – grafisch als solche kenntlich gemacht, indem die Worte Kreissegmente bilden – sich von unten nach oben respektive, räumlich gesprochen, sich vom Betrachter weg bewegen. Auf diese Weise wird die Person des Lesers, den Umschlag vor sich in Händen haltend, in eins gesetzt mit dem Rufenden. Die zwei Elemente, die Fotos vom gemeißelten Kopf und das vielfach reprodu­ zierte Wort, genügen, um das im Faschismus gängige Bild der den Führer anrufenden Volksmasse zu suggerieren. Beide Pole bedingen einander, der eine würde ohne den andern nicht existieren: „Die Masse ist eine Herde, die sich ohne Hirten nicht zu helfen weiß.“186 Dabei gilt aber auch das Umgekehrte: Der Führer ohne Masse ist wirkungslos. Wo immer Mussolini öffentlich auftrat, wurde er von seinen Anhängern begrüßt. Der Duce im Dialog mit dem Volk war ein wiederkehrendes Ritual bei öffentlichen Auftritten, ein säkularisierter Katechismus aus kurzen Frage- und AntwortSpielen, zum Beispiel durch die von Mussolini formulierte Frage: „A chi l’Italia?“ (Wem gehört Italien?) und der Masse, die erwidert: „A noi!“ (Uns!)187 Die Darstellung auf dem Einband zeigt einige für Montagen typische Eigenschaften (vgl. auch Terragnis Fotomontage in der Sala O, S. 77 ff.): Sie besitzt eine zeitliche und eine räumliche Dimension. Erstere ergibt sich aus dem Ruf des Volkes nach dem Duce, der eine Zeitspanne umschreibt, letztere durch die Vorstellung des Betrachters einer Volksmasse auf der Piazza. Dazu kommt als drittes Element der Ton, die Stimmen der Rufenden, die ein zeitgenössischer Betrachter beim Lesen des „Du-ce“ automatisch mithörte oder, in diesem Fall, miteinbezog, suggerieren doch die Schallwellen, dass der Leser gleichzeitig der Rufende ist. Fotomontagen müssen nicht zwingend diese drei Elemente aufweisen, doch wirkt ihr Zusammenspiel mitreißend auf den Betrachter, der es lesen kann.

Fotomontagen in Publikationen

54: Katalog zur Mostra della Rivoluzione Fascista, 1933, Umschlag.

Vom anonymen Gestalter des Katalogumschlags wurden Grundsätze der Darstellung von Führer und Geführten befolgt, die, wie die Lektüre von Willy Stiewes Das Bild als Nachricht (1933) zeigt, in den Jahren des aufkommenden Bildjournalismus verbreitet waren. Der gleichgeschaltete Publizist, der in seinen Leitfäden das „Pressephoto als publizistisches Mittel“188 für die NS-Diktatur besprach, empfahl die Wahl „eine[s] publizistisch sehr wirksamen Augenblick[s]“, die „Begrüßung des Führers“ durch das Volk.189 Weiter führt Stiewe aus, für die Wirkung eines Führerbildes sei folgendes entscheidend: „Der Bildbericht [darf] keine Grenzen der Massendemonstration [zeigen]. Die Aufnahme wird dadurch besonders wirkungsvoll“.190 Da die Anhängerschaft als proportionaler Indikator der Macht des Herrschenden gelten darf, bedeutet eine potenziell unbegrenzte Masse ebensolche Macht, entsprechend sind Aufnahmen von Volksmassen oder im Fall des Katalogumschlags das Wort Du-ce als Repräsentant der Massenglieder angeschnitten: die Masse ist über den Buchrand hinaus zu denken.191 Wolfgang Kemp weist auf die dadurch erreichte Implikation des Betrachters hin: „Der vordere Bildrand überschneidet die kontinuierlich heranwachsende Menge. Der Betrachter steht in ihr. Er ist Bestandteil der Menge, nicht mehr ihr registrierender Widerpart, er wird, wie Benjamin das in anderem Zusammenhang genannt hat, zum ,Komplizen der Menge‘.“192

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55: Enrico Prampolini, Mussolini architettonico (sintesi plastica), 1924/25. 56: Renato Bertelli, Profilo continuo del Duce, Briefbeschwerer, Messing, 1933.

Der charismatische Führer

Baut ein Regime auf dem Charisma eines Führers auf, ist die Konzentration auf seine Figur unverzichtbar, die Personalisierung der Politik die unausweichliche Konsequenz.193 Von dieser einen Person und ihrem Charisma hängt das System ab, entsprechend muss sie omnipräsent sein. Im Faschismus bedeutete dies aufgrund der Gleichsetzung von Duce und Faschismus, das Abstraktum Politik als Person darzu­ stellen. Hinter dem Bild Mussolinis traten die Fakten der Politik in den Hintergrund.194 Zur Untermauerung einer charismatischen Herrschaft ist die scheinbare Nähe desjenigen, der „als gottgesandt oder als vorbildlich und deshalb als ,Führer‘ gewertet wird“, unabdingbar. 195 Dies hebt Thomas Macho hervor, der mit Verweis auf Heidegger argumentiert, dass im Zeitalter der Geschwindigkeit alles darauf dränge, Distanz zu überwinden.196 Auf den Faschismus scheint dies besonders zuzutreffen. Die frühe Verbindung des Faschismus mit der Kunstrichtung des Futurismus, welcher Bewegung, Schnelligkeit und Technik als Eintrittskarte für die Zukunft propagierte, prägten das Ventennio. Synthetisch zeigen z. B. Enrico Prampolinis Mussolini architettonico (1924–25) und Renato Bertellis Profilo continuo del Duce (1933) Futurismus und Faschismus, Moderne und Technik, Schnelligkeit und Bewegung197 (Abb. 55–56). Zur von Macho beschriebenen Tendenz, dass im Zeitalter der Geschwindigkeit alles auf das Überwinden von Distanz dränge, trug die Fotografie entscheidend bei. Dank ihrer wurde Nähe suggeriert, meist in Form von Postkarten, und die Popularität der Führer konnte gezielt gesteigert werden, denn diese besitzen Eigenschaften, die erlauben, dem Führer – mindestens scheinbar – nahe zu sein. Er ist ständig verfügbar,

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kann berührt und geküsst werden.198 Keinen Abbruch tut dieser Popularität der Umstand, dass Fotografien von Gesichtern „blind“199 sind (Thomas Macho) und, naheliegenderweise, auch reaktions-, geruch- und gehörlos. Folgt man der Idee des „charismatischen Führers“, wird klar, dass dieser aufgrund von Attributen oder herausragender physiognomischer Charakteristika (im Fall Mussolinis sein markantes Kinn und sein stechender Blick) identifizierbar bleiben muss.200 Für die propagandistische Wirkung eines Bildes ist die Identifikation des Führers unabdingbar – auf dem MRF-Umschlag ist sie gegeben durch die naturalistische Steinskulptur. Eine Masse hingegen mag als kompakte, kaum in ihre Einzelteile zerlegbare Einheit erscheinen, trotzdem weist sie einen hohen propagandistischen Wert auf. Bereits die Betrachtung einer solch amorphen Masse201 bewirkte, dass sich die Bürger als Teil von ihr erkannten – und Teil von ihr sein wollten.202 Um diesen Wunsch hervorzurufen, „zwingt [man] die Masse dazu, sich überall selbst zu erblicken (Massenversammlungen, Massenaufzüge usw.). Die Masse ist sich somit immer gegenwärtig […]“.203 Dies mag ein Motiv gewesen sein, warum in zeitgenössischen Printmedien immer wieder ganzseitige Aufnahmen von Massen abgedruckt wurden.204 Die (propagandistische) Wirkung liegt im Anblick der schieren Masse. Die Fotografie

57: Palazzo Braschi, Rom, 1934: Wahlpropaganda für das Plebiszit.

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einer Masse weist bereits einen gewissen Grad an Abstraktion auf, erkennt man doch normalerweise nicht viel mehr als gewisse Formen und Grauschattierungen. Der hohe Grad an Abstraktion, den die Montage auf dem MRF-Umschlag bietet, erstaunt dennoch.205 Die Aussage der Montage scheint weniger unmittelbar verständlich als solche mit fotografierten Massendarstellungen. Nichtsdestotrotz lassen sich weitere, vergleichbare Beispiele finden, die, so muss man annehmen, von der Bevölkerung verstanden wurden: Einerseits das Castello pubblicitario von Nizzoli und Persico, für welches als Wahlslogan ebenfalls das affirmativ verstandene „Duce!“ gewählt worden war (vgl. dazu S. 133 ff.), andrerseits der Palazzo Braschi, dessen Hauptfassade, ebenfalls für das Plebiszit 1934, durch ein monumentales Wahlplakat verhängt war. Der unbekannte Gestalter ersetzte das „Duce“ durch „SI“, das holzschnittartige, plastische Konterfei Mussolinis ist der Parole vorgehängt. Indem das Volk Ja sagte zum Plebiszit, sagte es Ja zum Duce und Ja zum Regime (Abb. 57). Die Position des Führers

„Alles hängt davon ab, die Masse wie ein Künstler zu beherrschen.“206 (Mussolini, Rom 1932)

Normalerweise unterstellt sich, wie Le Bon schreibt, „eine Herde Tiere oder eine Menschenmenge […] unwillkürlich einem Oberhaupt, d. h. einem Führer.“207 In Fotomontagen wird dies entsprechend umgesetzt: Die anonyme Masse bildet die Basis, auf welcher der Führer steht. Dieser ist der Masse aufoktroyiert, respektive aufgeklebt, er spielt, nicht nur bildlich, in „den menschlichen Massen […] eine hervorragende Rolle.“208 Der Führer ist dominant, oder: „Über allem steht der Führer.“209 Die Aussage ist eindeutig: „Hierarchie bildet ein System zur Organisation von Aufmerksamkeiten […] Wer Macht ausübt, nimmt eine […] olympische Perspektive ein; je höher die Stellung, desto weitere Räume können angeschaut und – in des Wortes doppelter Bedeutung – übersehen werden.“210 Mussolini übersah die Masse normalerweise vom Balkon des Palazzo Venezia aus. Die Fotomontagen geben die Situation wieder: Mussolini hält eine Rede, auf dem Balkon stehend, der Blick gleitet über das Volk zu seinen Füßen, hält es unter Kontrolle: „Nichts diszipliniert die […] Masse stärker als der Blick, der auf ihr ruht. Es kann dies der Blick der Vielen sein [etwa des Publikums an Festumzüge], aber auch der Blick des Einen, des Führers.“211 Die Aufgabe, Mussolini und, weit unter ihm, gleichzeitig das Volk ins Visier zu bekommen, bietet dem Fotografen unter Umständen einige Schwierigkeiten. Eine Fotomontage kann die beiden Elemente spielend miteinander verbinden und eignet sich aus diesem Grund für die Darstellung der beiden Parteien (Abb. 58–59). Sobald und solange die Masse formbar ist, ist sie der Triumph der Diktatur, eine Vorstellung, auf die Bruno Munari, zusammen mit seinem Atelierpartner Riccardo Ricas, anzuspielen scheint. Der Bogen als antikes Zeichen des Triumphes – Sieges – dient dabei als symbolische Bühne (Abb. 60).

Fotomontagen in Publikationen

58: Duce und Masse, ohne Datum. in cammino, 1932, Umschlag.

59: Italia fascista

Das Titelblatt der Gazzetta del Popolo212 (Abb. 63) zeigt Mussolini hoch zu Pferd, den rechten Arm staatsmännisch zum Gruß erhoben; hinter ihm sammelt sich eine ausufernde Masse. Die Fotomontage wirkt dilettantisch, die Masse setzt sich aus zwei verschiedenen, mehrfach kopierten und aneinandergefügten Aufnahmen zusammen, das Reiterbild Mussolinis wurde recht plump darüber geklebt.213 Die Umrisse des Fragments hat man nicht zu kaschieren versucht und sich nicht die Mühe genommen, zwischen Duce und Volk eine Verbindung herzustellen. Die Aussage war für die Zeitgenossen so klar wie die Montage banal: Pünktlich zum Decennale, am 28. Oktober 1932, eröffnete Mussolini hoch zu Ross die Via Imperiale, die von ihm georderte dreißig Meter breite Paradestrasse quer durch die Foren. Der Fondatore dell’Impero stellt sich in die Ahnenreihe der römischen Kaiser.214 Seltener bildeten Führer und Masse ein Bildpaar, dessen Elemente, ohne sich zu überlagern oder zu berühren wie in einer klassischen Fotomontage, aufgrund ihrer unmittelbaren Nachbarschaft eine den eben besprochenen Fotomontagen vergleichbare Wirkung entfalteten. Auch beim Bildpaar gilt: Wie in der Realität steht das Bild des Führers oben, die Masse unten. Wie die Fragmente einer Fotomontage stammen auch die einzelnen Fotografien der Bildpaare meist aus verschiedenen Kontexten. Diese werden, im Gegensatz zu den Schnipseln der Fotomontage, unter Umständen in

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60: Ricas + Munari, Arco di Trionfo, 1936.

Legenden sogar offengelegt. Doch auch wenn die Bildunterschriften unterschiedliche Kontexte der Bilder aufzeigen, der Betrachter liest die Aufnahmen zusammen. Er stellt eine Verbindung her zwischen den Bildern, auch wenn es eine solche nicht oder nicht in dieser unmittelbaren Form gegeben hat. So bringt der Betrachter die Aufnahme der nächtlichen Illumination von Mussolinis Portrait auf dem Mailänder Dom von Vincenzo Carrese (Abb. 61, 146) automatisch zusammen mit der Fotografie der Versammlung der dopolavoristi auf der Piazza del Duomo und versteht die Masse als dem Führer huldigend. Auch die Interpretation einer Aufnahme ist eindeutig, auf der Mussolini bei der Ernte zu sehen ist, darunter ein Foto mit lachenden Männern, die Beifall klatschen (Abb. 64). Das Volk applaudiert Mussolini für seine aktive Unterstützung. Der manifesten Begeisterung wird ein hoher Stellenwert eingeräumt, das zeigt das identische Format der beiden Fotografien. Die Legende – „August XI – Mussolini drischt den ersten Weizen in seinem Littoria“ – hilft, den Zusammenhang zu verstehen, unabdingbar war sie in den dreißiger Jahren in Italien vermutlich nicht.215 Ob die Aufnahmen tatsächlich derselben Gelegenheit entstammen, wird nicht deutlich, es spielt für die Aussage des Bildpaares auch keine Rolle. In dieser Hinsicht kommt die nachbarschaft-

Fotomontagen in Publikationen

61: Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933, Seite 13. Nr. 5, September 1933, Seite 3.

62: Quadrante,

liche Kombination von Bildern an die Fotomontage heran: Sie ist das perfekte Propagandamittel, weil sie durch Kombination eine Realität suggerieren kann, ohne den Beweis der Wahrhaftigkeit antreten zu müssen. Exkurs: Die gestreckte Hand als ikonologisches Motiv

Die Hand und ihre Gesten waren immer wieder Gegenstand von Untersuchungen. Die schützende, befehlende, strafende oder verbindende Handbewegung, die ankündigende, abwehrende oder grüßende. Erforscht wurden Handdarstellungen von der Steinzeit bis ins 21. Jahrhundert, im religiösen wie im profanen Kontext. Seit Aby Warburg beziehen sich die meisten ikonologischen Forschungen zur gestischen Rhetorik direkt oder indirekt auf den Hamburger Kulturwissenschafter, war er es doch, der eine Renaissance des Interesses an Gesten und Gebärden durch seine Überzeugung einleitete, Pa­thosformeln der Antike bis in die Gegenwart hinein verfolgen zu können.216 Speziell die Geste der zweiseitig ausgestreckten, zum Handschlag vereinten Hände als Zeichen des Grußes und noch mehr als Symbol der Einigkeit beziehungsweise Einigung, wenn nicht Vereinigung, ist immer wieder Thema von Forschungen zu

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63: Gazzetta del Popolo, 23. Oktober 1932, Titelblatt.

Bildstrategien. Auch die Geste der Faust war immer wieder Untersuchungsgegenstand; die diagonal in die Höhe gestreckte offene Hand hingegen, ihre Herkunft und Symbolhaftigkeit, war erst vereinzelt Gegenstand der Forschung.217 Im vorliegenden Exkurs versuche ich, die für meine Arbeit relevante fa­schistische Gebärde in den historischen Bildkontext zu setzen. Dabei ist anzumerken, dass es sich in einzelnen Fällen bei der Geste um den fa­schis­tischen Schwur handelt; dieses Treuebekennt­nis ist nicht immer mit Bestimmtheit vom Saluto ro­mano zu unterscheiden. Die Essenz aber, das heißt die ausgestreckte Hand als Symbol für die Zugehörigkeit zur faschistischen Gemeinschaft, bleibt sich in beiden Fällen gleich. In der Ausgabe vom 20. Februar 1933 der Zeitschrift Gioventù Fascista, deren Direktor Achille Starace der Sekretär des Partito Nazionale Fascista (PNF) war, findet sich folgende Notiz: „RÖMISCHER GRUSS. JAHR XI – Der römische Gruß muss den Händedruck ersetzen. Es ist der Gruß der lateinischen Rasse, der Gruß der Legionäre, der eine mächtige Geschichte und eine glorreiche Tradition hat. Der Händedruck – abgesehen davon, dass er aus hygienischen Gründen abzulehnen ist – erinnert uns an nichts anderes als ein überlebtes Symbol demokratischer Brüderschaft.“218 Der Saluto romano wird von Starace als neue Form des Grußes (wieder) eingeführt: als hygienische Maßnahme, da er ohne Berührung zwischen den zwei sich grüßenden Menschen auskommt, und als Sinnbild der selbstbewussten römischen Eleganz („Il saluto romano ha lo stile di Roma“). Anlässlich der Feierlichkeiten zum

Fotomontagen in Publikationen

64: Fiat-Werbung in der Zeitschrift Italia Imperiale, März 1937.

Bimillenario und der Reinstitutionalisierung des Impero galt es, die Reichweite der symbolischen Bedeutung der Hände auszudehnen: Der Bogen ist bis zur Antike zu schlagen, der Epoche, die nicht nur staatsgründend, sondern auch legitimierend wirken soll. In der Briefmarke, die zum Bimillenario di Augusto 1937 erschien, wird die Herkunft des Saluto romano aus dem alten Rom mit seiner Aktualität im Faschismus verbunden.219 Die Marke aus der Serie der Spezialdrucke zeigt den Augustus von Prima Porta, die Statue ist eines der Hauptexponate der Mostra Augustea della Romanità (vgl. Abb. 65 und S. 198–201); der Kaiser grüßt, scheinbar, das Volk, die Masse erwidert mit dem Saluto romano. Die zeitliche Distanz, die zwischen den beiden Bildelementen liegt, wird durch deren Zusammenführung aufgehoben. Wieder eingeführt hatte den römischen Gruß der Schriftsteller Gabriele D’Annunzio während der Besetzung von Fiume 1919/20. Bereits 1922 wurde der römische Gruß von den Faschisten als Identifikationszeichen unter ihresgleichen übernommen, seit dem Marsch auf Rom war er eines der offiziellen politischen Symbole des faschistischen Staates.220 Starace stilisierte die Geste zum Ausdruck für Ras65: Augustus von Prima Porta, se, Macht und Ruhm. Schrittweise wurde der römische Briefmarke, 1937.

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Gruß zur Pflicht, in den Schulen, in der staatlichen Verwaltung und schließlich fürs ganze Volk, wie Starace festhält: „RÖMISCHER GRUSS. Der römische Gruß ist inzwischen allgemein üblich, weil das ganze italienische Volk ihn angenommen hat. Der Händedruck muss, vor allem in den offiziellen Zeremonien, unbedingt abgeschafft werden. Er soll auch abgeschafft werden anlässlich der Präsentationen bei der Ankunft eines Parteileiters wie auch am Ende der Reden, einschließlich jener in der Abgeordnetenkammer. Abgesehen von allen faschistischen Gesichtspunkten ist er unästhetisch, lässt einen nur Zeit verlieren oder ist Quelle von Missbehagen, wenn, was unvermeidlich ist, einer übergangen wird.“221 Die Reduktion des Individuums auf die symbolisch aufgeladene Geste – sei es der Gruß oder der Schwur – wurde oft und prominent in grafischen Darstellungen, in Printmedien und Ausstellungen, aber auch für politische wie kommerzielle Werbung verwendet. Dabei ist das Zeichen nicht spezifisch italienisch; die gestreckte Hand als ikonologisches Motiv ist an keine bestimmte Zeit oder Ideologie gebunden. Gerade Terragnis Dutzende, parallel ausgerichtete, dicht gedrängte, schematische Hände in der Sala O der MRF, die die uniforme Masse so knapp wie präzis darstellten, kann ikonografisch auf bedeutende Vorläufer zurückgeführt werden.

66: Mario Gros (Gros Monti), „Duce a noi!“, ohne Datum. „Sottoscrivete!“, ohne Datum.

67: Luigi Martinati,

Fotomontagen in Publikationen

1930, also zwei Jahre vor Terragnis Sala O in der MRF, entwarf Gustav Klutsis zum 13. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution das Propagandaplakat „Lasst uns den Plan der Großen Projekte erfüllen“ und parallel dazu ein zweites, formal ganz ähnliches Poster „Male and female workers all to the election of the Soviets“. Klutsis ist in den 1920er Jahren in der Sowjetunion neben Sergej Senkin und El Lissitzky der führende Fotomonteur.222 Während El Lissitzky häufiger Aufnahmen überblendete, bevorzugte Klutsis die Klebemontage. Und obwohl Klutsis nicht erwähnt ist, war er, zusammen mit Sergej Senkin, Mitautor des Fotofrieses an der Pressa 1928.223 Beide Plakate von Klutsis zeigen auf orangem Hintergrund eine große, diagonal ausgerichtete Handinnenfläche. Kleinere Kopien derselben Aufnahmen sind, zusammen mit individuell erkennbaren Köpfen und Aufnahmen einer Masse, in den Unterarm und den Handansatz der größten Hand hineingeklebt. Zwei Vorstudien (Abb. 70–71) weichen von diesen definitiven Versionen deutlich ab: Zwar ist die zentrale große Hand bereits diagonal ins Bild eingepasst, doch die Köpfe, die Bilder der Massen und die kleineren Hände finden sich auch rund um die zentrale Hand. Damit figuriert die große Hand nicht mehr als allaufnehmende Figur, sondern nur als eine (wenngleich dominierende) Hand unter vielen. In seinen definitiven Plakatversionen hebt Klutsis

68: Gustav Klutsis, „Lasst uns den Plan der Großen Projekte erfüllen“, Plakat (Lithografie), 1930. 69: Gustav Klutsis, Entwurf zu „Male and female workers all to the election of the Soviets“, 1930.

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die „Mutterhand“ stärker hervor. Die große Hand weist den Weg, vereinigt in sich die Masse, kann umgekehrt aber auch durch die Masse geformt werden. Als Symbol für den Führer eignet sie sich allerdings nicht. Eine Hand ist zu wenig spezifisch, um für ein Individuum zu stehen; eher stellt die gefüllte Mutterhand das Schlagwort Masse oder, je nach ideologischer Ausrichtung, das Volk dar. So lassen Klutsis’ Plakate in ihrer ausgeführten Version die Idee aufkommen, das Volk sei der Entscheidungsapparat und handle als Einheit (eine frühere Fassung des „Male and Female“-Plakats trug den bezeichnenden Slogan „All 100% of workers for the elections of the Soviets“224). Dieses Verständnis gemahnt an Abraham Bosses Leviathan auf dem Frontispiz von Thomas Hobbes’ gleichnamigem Werk, ein bis auf den Kopf aus unzähligen Einzelmenschen gebildeter Riese, der Hobbes’ Vorstellung eines Staatsgebildes verbildlicht, in welchem der einheitliche Wille aller sich zu einem einzigen verdichtet.225 Diese grundlegende Idee liegt auch einer Illustration Erberto Carbonis zugrunde (Abb. 72). Carboni ist der Autor der Fotomontage einer circa 45 Zentimeter großen stilisierten Hand in Italia Imperiale, einer 1937 publizierten, großformatigen, dickleibigen Sondernummer der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“.226 Die wichtigsten Persönlichkeiten aus dem wissenschaftlichen wie dem künstlerischen Umfeld wurden für

70–71: Gustav Klutsis, Entwürfe zu „Lasst uns den Plan der Großen Projekte erfüllen“ und „Male and femals workers all to the election oft he Soviets“, 1930.

Fotomontagen in Publikationen

diesen Band verpflichtet: Giulio Quirino Giglioli, Manlio Morgagni, Mario Sironi, Marcello Nizzoli, Erberto Carboni. Bereiche des faschistischen Lebens wie die Partei, der korporative Staat, Industrie, Handel und Landwirtschaft, insbesondere auch das erweiterte Imperium, wurden in Text- und Bildbeiträgen erläutert. Carboni steuerte mehrere Illustrationen bei, unter anderem diese seitenfüllende, grafisch schematisierte Hand. In seiner Fotomontage verfolgte er eine Idee, die dem Plakat Klutsis’ verwandt ist: In die stilisierte Hand montierte er Fotoausschnitte unterschiedlicher Menschengruppierungen: Balilla in den Fingerspitzen, Militär- und Zivilpersonen auf der Handfläche und dem Daumen, Militärkaravanen im Handansatz. Diese „Forze del Partito“ (Parteikräfte) umfassen „Fasci di combattimento“ (Kampfverbände), „Fasci femminili“ (Frauenverbände), „massaie rurali“ (ländliche Haus­­frauen), „scuole“ (Schulen), „ferrovieri“ (Eisenbahner), „opera nazionale dopolavoro“ (den nationalen Freizeitverband), „lega navale italiana“ (den italienischen Marineverband) etc. – zusammen formen sie die Hand und meinen den Staat (Abb. 72).227 Dagegen ist Sandro Biazzis Spiel mit den Händen aus der Sala O (Abb. 73), 1935 in der Dokumentation über die Besucherinnen und Besucher auf der MRF erschienen,228 eine recht schlichte Version des Themas. Den Dutzenden Händen fehlt es nicht an

72: Erberto Carboni, Le forze del partito, aus Italia Imperiale, 1937. 73: Sandro Biazzi, Monatstitelblatt für Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, März 1933.

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aufstrebender Dynamik. Ihre Einbettung in der stark vergrößerten, kantig beschnittenen, seitenfüllenden Hand ist, wie bei Klutsis, grafisch eingängig und vermittelt klar die Hauptinformation: die vorwärtsstrebende Präsenz der faschistischen Masse. Doch Terragnis Clou, der zeitliche und räumliche Ablauf, geht in der verkürzten Version verloren. Die bisherigen Beispiele waren Darstellungen der Masse, geformt aus sich selbst. Sobald ein Gegenpart auftritt, im Normalfall der Führer, der außerhalb der Masse

74–75: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1937, ( seiten ohne Seitenzahlen; 75: S. 48–49).

74: Doppel-

Fotomontagen in Publikationen

steht, kommt eine Kommunikation ins Bild, die bei der Darstellung der Masse allein fehlt. In Terragnis Montagewand der Sala O figurierte der Führer in verschlüsselter Gestalt, in Form des handschriftlichen Satzes, der auch von den Besucherinnen und Besuchern als von Mussolini eigenhändig geschrieben erkannt wurde. Die Substitu­ tion des Führers durch ein ihm persönlich zugeordnetes Objekt wie ein Schriftstück ist höchst selten; etwas geläufiger, wenn auch immer noch relativ selten, ist die Repräsentation des Staates durch ein Symbol, namentlich durch die Flagge oder, im Fall der

76: Erberto Carboni, Saal des faschistischen Schwurs, Turm des Partito Nazionale Fascista, Prima Mostra Triennale delle Terre d’Oltremare, Neapel, 1940.

italienischen Diktatur, den Fascio (Abb. 74).229 Staat und/oder Faschismus treten hier an die Stelle des Führers und stehen der Masse gegenüber, doch kann diese Kombination in einer Diktatur, die von der Stilisierung des Führers und des Kults um diesen lebt, keine wirkliche Alternative sein.230 Montagen mit dem Portrait des Führers werden eindeutig favorisiert. Eine der späten Fotomontagen während des Ventennio, die Anführer und Masse in affirmativer Haltung zeigen, ist Erberto Carbonis ‚Handtafel‘ (Abb. 76) in der Prima Mostra Triennale delle Terre d’Oltremare in Neapel 1940.231 Die Komposition scheint auf den ersten Blick von schlichter Einfachheit: Ungefähr sechs Dutzend Handinnenflächen, frontal fotografiert, verteilen sich recht gleichmäßig von oben bis unten lose

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über die Tafel, einzelne Hände sind durch den Bildrand angeschnitten. Alle Hände sind, wenn der Eindruck der Reproduktion nicht täuscht, Kopien einer einzigen Aufnahme.232 Die Anschnitte und eine leichte Kurve in der Anordnung der Hände – ein sanfter Bogen von rechts unten nach rechts oben ist zu erkennen – erwecken den Eindruck von Bewegung. Hände, so scheint es, kommen ins Bild und entschwinden wieder. Diese Idee vermittelt die Tafel insbesondere dadurch, dass die Hände – obwohl Kopien einer Aufnahme – völlig unterschiedlich ausgeleuchtet sind. Zum Teil wirkt es, als klebten sie unmittelbar hinter der Bildoberfläche, hell beleuchtet vom Licht des Ausstellungssaals, zum Teil verharren sie im schummrigen Mittelgrund, andere versinken fast völlig im schwarzen Hintergrund der Tafel. Flankiert werden die Hände von einem überdimensionierten Portrait Mussolinis mit Stahlhelm. Weder berührt die Aufnahme des Duce die Handtafel noch richtet sich der Blick des Duce auf die Masse. Die beiden Pole bilden ein Bildpaar, doch eine enge Beziehung, wie sie 1933 in Quadrante durch Mussolinis Blick über den Bildrand hinaus auf die Masse unter ihm suggeriert wurde (Abb. 64), fehlt in Carbonis Montage. Da nicht davon auszugehen ist, dass Carboni ein Abtauchen der Getreuen des Regimes darstellen wollte, auch wenn 1940 als Jahr des Kriegseintritts für Italien fatal war, könnten die aus der Bildtiefe auftauchenden Hände im Gegenteil verstanden werden als die noch immer zahlreich sich versammelnde, Präsenz demonstrierende Masse; ein „lo giuro!“ (ich schwöre!) auf Duce und Faschismus. Die gestreckte Hand wird zur Faust

Vier Jahre nach Klutsis’ Plakaten und zwei Jahre nach Terragnis Montagewand in der MRF entstand das heute wohl berühmteste Beispiel einer abstrakten Darstellung der Volksmenge, nämlich das Titelblatt von John Heartfield für die Arbeiter Illustrierte Zeitung (AIZ, Abb. 77). Die Montage zeigt Dutzende von Fäusten, die Faust steht als Gegenstück zur gestreckten Hand und als Symbol für den Antinationalsozialismus. Die gezeigten zentralen Beispiele von Klutsis, Terragni, Carboni und Heartfield sprechen eine motivisch und grafisch ähnliche Sprache. Man darf vermuten, dass sie voneinander gewusst haben. Die grafische und motivische Filiation bedeutet aber nicht, dass sich die Montagen in ihren Aussagen nahe stehen. Zwar beinhalten alle drei Arbeiten eine politische Botschaft, doch ist diese je sehr unterschiedlich, entsprechend ihrem politisch vollkommen unterschiedlichen Umfeld: Klutsis machte Propaganda für das sowjetische Regime des Kommunismus, Terragni und Carboni standen in Diensten der faschistischen Propaganda, Heartfield engagierte sich gegen den Nationalsozialismus. Dies zeigt, dass die Methode – in diesem Fall die Montage – und die Grafik, die in diesen vier Fällen der konstruktivistischen Moderne verpflichtet war, nicht mit einer politisch determinierten Aussage einhergehen muss. Der Umstand, dass Form und Inhalt nicht zwingend aufeinander abgestimmt sein müssen, wird von Diederich und

Fotomontagen in Publikationen

77: John Heartfield, „Alle Fäuste zu einer geballt, Zeigt dem Faschismus eure Gewalt! Was sie in Frankreich, im Saarland gekonnt: Antifaschisten in einer Front, Überall muss es so ­werden!“, Arbeiter Illustrierte Zeitung, Sondernummer: Antifaschistische Aktionseinheit, Nr. 40, 4. 10. 1934, Titelblatt.

Grübling ignoriert, wenn sie „die Differenz zwischen rechter und linker Fotomontage“ feststellen, indem sie Fotomontagen Heartfields solchen der nationalsozialistischen Propaganda gegenüberstellen, gleichzeitig aber eine „innere Verwandtschaft“ zwischen „kapitalistischer Reklame und faschistischer Bildpropaganda“ sehen möchten.233 Die eben diskutierten Beispiele zeigen, dass formal ähnliche Montagen politisch entgegengesetzte Botschaften aussenden können, Bedingung dafür ist „die formelhafte Verfügbarkeit einer kompositorischen Figur“,234 in diesem Fall die vielfach gestreckte Hand, sei sie offen oder geschlossen.

Fotomontagen im Prachtband: Ein akribischer Bericht über die Besucher der Mostra della Rivoluzione Fascista Der großformatige Prachtband Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista erschien 1935 in einer Auflage von mindestens fünftausend Exemplaren.235 Die dickleibige Dokumentation erstattet Bericht über Besucher der MRF, die dem Autor Francesco Gargano in irgendeiner Weise wichtig erschienen, sei es aufgrund des privaten oder beruflichen respektive politischen Status, sei es aufgrund der geografischen Herkunft oder sonstiger Spezifitäten. So wurden Besucher in die Liste aufgenommen, die von besonders weit her angereist waren, genauso wie der Besucher, der zu Fuß,

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78: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, Turin 1935, Umschlag.

per Rad oder „Roll-Ski“ das Land durchquert hatte, um die MRF zu sehen.236 Ebenfalls listete Gargano größere oder für die Propaganda des Regimes wichtige Gruppen auf. Die Publikation wurde wie eine Grafikedition behandelt: 25 Exemplare „hors commerce“, numeriert und signiert vom Autor, auf edlem Papier und mit Holz-LederBindung; 475 Luxuskopien, ebenfalls auf edlem Papier, numeriert und signiert, sowie die „normalen“ Ausgaben auf normalem weißem Papier, wenn auch immer noch von Gargano signiert. Gargano war Kommandant im Dienste der faschistischen Miliz und beauftragt mit der Organisation der Wachposten der MRF. Er hatte offensichtlich die Aufgabe erhalten, Bericht zu erstatten über die guardie und die Besucherströme der MRF während der zweijährigen Öffnungszeit. Insgesamt, so ist einem offenen Brief des PNF-Sekretärs Achille Starace an Mussolini zu entnehmen, kamen 3.854.927 Besucher in die MRF, durchschnittlich also circa 5.000 pro Tag.237 Die Bedeutung des Gardedienstes rechtfertigte wohl einen solchen Prachtband. Der symbolische Akt des Wachestehens war ein Gradmesser für die Verankerung des Faschismus im Volk: „Keinem entgeht die große moralische Bedeutung des Wachestehens an der Ausstellung der faschistischen Revolution. Diese Ehre machen sich alle Kategorien von Menschen streitig. Durch einen tief sympbolischen Akt wird die engs-

Fotomontagen in Publikationen

te geistige Bindung zwischen dem Bürger und dem Faschismus, zwischen dem Bürger und seiner Regierung, zwischen dem Italiener und dem Bewusstsein seines Wohls und desjenigen des Vaterlandes ausgedrückt. So auch die Einheit und die Festigkeit der Nation, bereit, sich zu verteidigen und sich selbst vollkommen aufzuopfern, für den siegreichen Marsch der Sache.“238 Von wem die Publikation gestaltet wurde, ist nicht restlos klar. Einzelne, stilistisch herausragende Seiten sind mit Biazzi239 signiert, einem Zeichner, grafischen Gestalter und Illustrator, der offensichtlich den „Einband, fotografische Kompositionen und Zeichnungen“ verantwortete.240 Trotzdem bleibt unklar, ob er auch die Gestaltung der rund siebenhundert Seiten (mit) verantwortete, die sich von den signierten Blättern stark unterscheiden. Das Umschlagbild von Biazzi (Abb. 78) bringt den martialischen Charakter des Fa­schismus zum Ausdruck: Einem zentralen, stark abstrahierten, massiven silbernen Fascio sind Mussolinis steinernes Portrait241 sowie ein mit ausgebreiteten Schwingen alles überragender und umfassender Adler unterlegt. Sowohl Greifvogel wie Duce schauen mit bohrendem Blick nach rechts, in die Zukunft. Der Vorsatz des Bandes

79: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, Vorsatz.

(Abb. 79), vermutlich eine „composizione fotografica“ Biazzis, erinnert an die erste berühmte italienische Montage, Bardis tavolo degli orrori. Die Doppelseite scheint eine Momentaufnahme aus der Entstehungsphase der Publikation zu zeigen: Wie bei Bar-

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dis tavolo sehen wir einen scheinbar ungeordneten Haufen Schnipsel, in diesem Fall hauptsächlich Zeitungsausschnitte, wie sie in der Gestaltungsphase des Bandes auf dem Tisch Biazzis gelegen haben mögen.242 Der Band ist in 24 Teile gegliedert, das heißt in die Anzahl Monate, während derer die Ausstellung geöffnet war. Die Monatskapitel sind wie in einer Agenda in die einzelnen Tage unterteilt. Unter jedem Datum werden herausragende Besuchergruppen, wichtige Persönlichkeiten und spezielle Ereignisse aufgelistet. Dazu kommt der Rapport über die guardie, mit jeweils peinlich genauem Vermerk der Uhrzeit der Wachablösung. Nach einem kurzen Auftakt zu Beginn des Monats (Abb. 80) – meist in Form einer Fotografie oder einer Montage verschiedener Aufnahmen aus der MRF, einer typografisch prominent gestalteten Initiale, sowie eines kurzen Texts oder Leitspruchs Mussolinis – folgt die stereotype Auflistung: Gesamtzahl der Besucher pro Kalendertag, kurze Charakterisierung der Besucher und/oder ihres Besuchs, buchhalterisch genaue Registrierung der Namen und Funktionen respektive von Motiv und Art des Besuchs, die nicht zuletzt über den propagandistischen Wert des Besuches Auskunft geben. „28. September – 4376 Be­sucher. Die Herren Philippe Henriot, Abgesandter von Reims, René Dammange, Abgeordneter des VII. Arrondissement von Paris und Fran­ çois Le Grix, Direktor der ,Revue Hebdomadaire‘, begleitet von Herrn Giambattista Cazzaroli, besuchen die Ausstellung der faschistischen Revolution. […] Die jungen Faschisten Mario Turati, Lorenzo Battistelli und Danilo Lana, die zu Fuß aus Venedig gekommen sind, besuchen die Ausstellung um 10:30.“243 Unterbrochen wird die chronologische Berichterstattung auf jeder Seite durch Fotos von Wachposten und Besuchern, Aufnahmen aus der MRF und reproduzierten Zeitungsschnipseln. Wie in einem privaten Erinnerungsalbum werden Portraits und Ausrisse aus der Tageszeitung eingeklebt (Abb. 81–84). Publikum und Rezeption

Es ist schwierig zu sagen, wer das Zielpublikum dieses ambitiösen, in der Ausstattung teuren, in der Gestaltung aber zum Teil recht amateurhaften Rechenschaftsberichts war. Bestimmt kann man davon ausgehen, dass Kader in der Regierung, der Partei und im Militär sowie Personen, die eine wichtige Stellung in Zusammenhang mit der Ausstellung und der Wache innehatten, Adressaten der Publikation waren. Darüberhinaus lässt sich vermuten, dass der Band zu Propagandazwecken an Gemeinden, Städte und Botschaften sowie gezielt an Ämter und ausgesuchte Personen im Ausland geschickt wurde. Der Band sollte, tout court, das Interesse Italiens und der Welt am Faschismus und seiner Geschichte beweisen. Die in der Chronologie minutiös zitierten Lobeshymnen der Besucher über die Ausstellung im Speziellen und den Faschismus im Allgemeinen bestätigen den Faschismus in seiner Präsenz. Diese wird untermauert durch die Teilnahme höchster gerarchi an der Wache; die Beteiligung hoher

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Funktionäre verleiht nicht nur dem Wachdienst, sondern dem ganzen Unternehmen und folglich der causa, dem Faschismus, höchste Bedeutung: „Die Schließung der Ausstellung der Faschistischen Revolution ist nicht deren Ende, sondern deren Apotheose. Die letzte Wachablösung übernehmen die Mitglieder der Regierung, des Großen Rats und der Parteileitung. Ihre Präsenz als Wachposten bekräftigt die tiefe

80–81: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Fascista Rivoluzione, ohne Seitenzahl (links) und Doppelseite 92/93 (die Besucherangabe ist der Zwischenstand im März 1933).

82–84: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alle Mostra Rivoluzione Fascista, Seiten 62, 85 und 147 ( 84 mit ornamentalen Mustern und Aufnahmen respektive Reproduktionen aus der Ausstellung und von Menschenansammlungen).

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moralische Bedeutung, die diese Ausstellung angenommen hat, seit das Besetzen dieser Schwelle gleichbedeutend wurde mit dem höchsten Ausdruck von Hommage und Hingabe an die Sache.“244 Die Zweck-Fotomontagen

Die vielen Fotomontagen zum Tagesgeschehen sind meist unspektakulär. So werden Wachmänner ungeachtet ihrer Größe und Blickrichtung kombiniert, Totale mit Detailaufnahmen oder verschiedene Perspektiven zusammengebracht; die Aufnahmen werden rechtwinklig, aber auch schräg neben- und übereinander geklebt (Abb. 82–84). In den dichten Montagen entstehen nur selten ästhetisch auffälligere Momente dank der Kombination von Nahaufnahmen und Totalen oder der Gegenüberstellung konträrer Pole wie eine freigestellte Personenaufnahme neben Massenfotografien; im Allgemeinen jedoch nützt der Gestalter den zur Verfügung stehenden Platz auf den Seiten maximal aus; immer wieder randloser Druck prägt die Erscheinung. Sogar das umfangreiche Insert Cambio di Guardia (Wachablösung; Abb. 85), welches in der Mitte der Publikation in ganzseitigen dichtgedrängten Fotomontagen die verschiedenen Ehrengarden zeigt, ist eine Materialakkumulation, die den Platz bis aufs Äußerste ausreizt. Keinerlei Großzügigkeit im Umgang mit dem Platz, keine Eleganz in der Kombination der zahlreichen Erinnerungsschnipsel prägen das Insert.

85: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra Rivoluzione Fascista, Insert, Doppelseite.

Fotomontagen in Publikationen

Der Not gehorchend, platziert der Gestalter die Aufnahmen der Gardisten möglichst platzsparend. Entstehende Zwischen- und Randräume, die nicht durch informative Fotofragmente genutzt werden können, füllt er mit ornamentalen Mustern – mit dickem Stift gemalte Rauten, mit Carrés oder ornamentalen Massenaufnahmen. Die Monatstitelblätter

Interessanter sind die Montagen zum Auftakt der einzelnen Monate. Die im Allgemeinen qualitativ ungleich höher zu wertenden farbigen Monatsdeckblätter haben mit der reinen Dokumentation des Bandes wenig zu tun, was darauf hindeutet, dass zwei oder gar mehrere Gestalter mit dem Layout des Buches betraut waren. Die kartondicken Seiten der Monatsdeckblätter – diese sind meistens mit Biazzi signiert – haben die Funktion eines Trennblatts und damit einer Kapitelüberschrift. In ihrer Mehrheit visualisieren die monochrom sepiabraun, blau oder rot eingefärbten Monatstitelblätter allgemeingültige Themen wie die faschistische Masse, die Balilla, Sieg oder Tradition. Häufig sind es Montagen aus einigen wenigen Bildfragmenten, unter Umständen kombiniert mit Farbstiftzeichnung oder Malerei; in Einzelfällen handelt es sich nicht um Fotomontagen. Bei einigen Titelblättern beschränkt sich Biazzi auf das Nötigste und erreichte eine starke Wirkung. Biazzi spielt immer wieder mit Schrägen, Spitzen und konkaven Zuschnitten. Die Besucherströme sind mehrfach Thema von Monatstitelblättern. So das zum Monat Ok­­tober 1934 (Abb. 88), welches durch die seitenfüllende Fotografie einer anonymen Masse auf die enorme Anzahl Besucher verweist. Dazu werden weitere wichtige Aspekte hervorgehoben: die Anteilnahme der Kleinsten an der MRF durch die Fotos von zwei Kinder-Balilla-Wachposten, die Verschiedenartigkeit der Besucher durch das Einblenden zweier einfach gekleideter alter Frauen, den Heroismus des Faschismus im Portrait eines Soldaten mit forschem Blick, aber auch den Stellenwert der Unternehmung MRF, letzteres durch den Fotoschnipsel hochrangiger Militärs, die die MRF besucht haben. Das Titelblatt für den Monat September 1934 (Abb. 89), welches Serialität und Schräge der gegenüberliegenden, letzten Seite des Monats August wiederaufnimmt, zeigt eine kunterbunt zusammengewürfelte Masse von Besuchern. Biazzi hat ganz offenbar die exotischsten, strahlendsten, am auffälligsten gekleideten Besucherinnen und Besucher ausgewählt. Nun ergießt sich dieser bunte Besucherstrom, aus der MRF kommend, diagonal von rechts oben nach links unten übers Blatt. Biazzi illustriert auf diese Weise den Besuch der MRF durch Menschen aus aller Welt und unterstreicht die bereits im Bild gut erkennbare Internationalität der Besucherinnen und Besucher durch scheinbar beliebig hingeworfene Visitenkarten, nicht wenige mit asiatischen Schriftzeichen. Einige der Monatstitelblätter enthalten Bildfragmente, die zwar verständlich sind, doch einen Moment der Überlegung erfordern. Der Leser muss eventuell kom-

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binieren (Faschismus und Augustus [Antike]), ergänzen (Männer, Schaufel, Rad, Weizen: Urbarmachung der pontinischen Sümpfe) oder aber hinter der Verfremdung das Sujet erkennen (neu zusammengesetzte Fragmente aus der MRF). Ein Monatsauftakt (Abb. 90), der nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Thema des Bandes steht und vom Leser im weiteren Kontext gelesen werden muss, ist die Montage der Aufnahme eines römischen Cäsaren mit dem schematisierten Negativ einer römisch-faschistischen Standarte. Die Statue des hochaufragenden, aus steiler Untersicht aufgenommenen Politikers aus der römischen Antike verleiht dem Faschismus Legitimation und Würde. Der Zusammenhang zwischen Antike und Faschismus sollte schließlich zwei Jahre später, 1937, anlässlich des Bimillenario di Augusto, noch deutlicher werden (vgl. S. 198 ff.). In starkem Kontrast zum Dokumentationsteil der Publikation leistet sich Biazzi immer wieder mal den Luxus, Fläche auch leer zu lassen. So bilden beispielsweise Dutzende Spitzen von Wimpeln, die am unteren Rand ins Bild vorstoßen, den Auftakt zum Februar 1933 (Abb. 91). Die obere Hälfte des Blattes lässt Biazzi weiß. Das Motiv der Wimpel, zusammen mit dem Schlachtruf „alalà!“, genügt, um den Aufmarsch einer faschistischen Masse eindrücklich zu suggerieren.

86: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra Rivoluzione Fascista, Monatstitelblatt Mai 1934.

Fotomontagen in Publikationen

87–89: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, Monatstitelblätter August und Oktober 1934 sowie letzte Seite zum August 1934 und Monatstitelblatt September 1934.

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90–93: Franceso Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra Rivoluzione Fascista, Monatstitelblätter Juni 1934, Februar 1933, Juni 1933, Juli 1933.

Fotomontagen in Publikationen

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Ganz ähnlich funktioniert das Titelbild zum Juni 1933 (Abb. 92): Eine einzige Fotografie marschierender Menschen – einzelne unter ihnen tragen wiederum Wimpel – unter dem Titel Italia thematisiert den Zulauf der Massen zum Faschismus. Eine Manipulation der Fotografie macht sie zu einer generell gültigen Aussage: die Menschen und Fähnchen wurden monochrom blau eingefärbt, jedes individuelle Zeichen damit ausradiert. Biazzi nutzt zur Veranschaulichung dieser Aussage gerade mal einen Drittel der Seite. Auch auf den Blättern zu den Sommermonaten Juli und August 1933 (die Illustration sole [Abb. 93] oder Mädchenriege vor dem Stadio dei Marmi [Abb. 94]) geht Biazzi generös mit dem Platz um. Beide Blätter korrespondieren wenig mit dem Inhalt des Rechenschaftsberichts. Sie zeigen vielmehr weitere Aspekte des Faschismus, der längst auch die Freizeit der Menschen vereinnahmt hatte. Sie stehen für Licht, Luft, Sonne und Gesundheit, Kraft, Leistung, Aufbruch, Schnelligkeit. Der – auch – im Faschismus zelebrierte Körperkult findet hier seinen Widerhall, die Jugend symbolisiert die Zukunft, oder in den Worten Mussolinis: „Ihr seid die Morgenröte des Le­ bens, ihr seid die Hoffnung des Vaterlandes, vor allem seid ihr die Streitmacht von morgen.“245 Im neu erstellten Stadio dei Marmi im Foro Mussolini (heute Foro Italico) wird die Balilla-Jugend ins rechte Licht gerückt.

94–95: Franceso Gargano, Italiani stranieri alla Mostra Rivoluzione Fascista, Monatsblätter August 1933, November 1933.

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Andere Monatstitelblätter nehmen Aspekte aus der MRF auf, so die bereits erwähnte Paraphrasierung von Terragnis Sala O (vgl. Abschnitt zur gestreckten Hand) oder das sepiabraune Titelblatt zum November 1933 (Abb. 95). Fünf der Leuchtschriftbänder aus der Gedächtnishalle der Märtyrer (Architekten Adalberto Libera und Antonio Valente), in der den Gefallenen des Faschismus gehuldigt wurde, bilden eine Hand. Die komplexe Dramaturgie der Ehrenhalle, in welcher durch die Architektur, das gedämmte Licht und die abgespielte Hymne Giovinezza246 eine mystische Stimmung geschaffen wurde, geht nicht in die Montage ein. Deren Gestalt wie deren Aussage ist im Gegenteil simpel: die Volksmasse sagt ja zum Faschismus, „Presente!“, „Per la Patria immortale“ (Hier!, Für das unsterbliche Vaterland). Die Funktion der Fotomontage in Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista

Die Erscheinung der Publikation in erlesener Aufmachung untermauert die Bedeutung, die ihr zugemessen wurde. Diese Rolle hätte, so glaubt man, nach einer künstlerisch durchweg hochstehenden Gestaltung des Bandes verlangt, und doch besteht der Band hauptsächlich aus ästhetisch-stilistisch weniger elaborierten Fotomontagen. Doch gerade diese auffällige, ja irritierende Mischung der dichtgedrängten Montagen mit den wenigen, exquisiten „Typofotos“ weckt das Interesse am Band. Letztere sind in ihrer Gestaltung und in ihrer Aussage, die meistens über den eigentlichen Inhalt der Publikation hinausweist, von Bedeutung, während für den Inhalt des Buchs die Montagen auf den rund siebenhundert Seiten des Besucherrapports entscheidend waren, und diese mögen den Gestalter aus rein pragmatischen, das heißt platzökonomischen Gründen dazu bewogen haben, die Technik der Fotomontage zu verwenden. Wo der Text atemlos aufzählt, vermag die Fotomontage die Aussage zu verdichten, indem sie Bilder übereinanderlegt und überlappt, wiederholt, zitiert oder aber paradigmatisch herausfiltert und neu kombiniert. Die Material akkumulierende und den Platz maximal ausnützende Montage bietet sich für die verdichtete Dokumentation an. Die Fotomontage erfüllte also primär eine konkret pragmatische Rolle, indem sie der einfacheren und, da visuellen, auch schnelleren Verständigung diente; in Form der Monatstitelblätter nobilitierte sie die ästhetische Erscheinung der Publikation.

Fotomontagen in Publikationen

96: Francesco Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra Rivoluzione Fascista, Monatstitelblatt März 1933.

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Fotomontage und Architektur Häufig sehen wir die Reproduktion einer Montage, das heißt ein zweidimensionales Produkt, welches in der Mehrheit ein handliches Format besitzt, etwa die Größe eines Buchs oder einer Zeitschrift. Die Dimensionen der Vorlagen hingegen variieren stark, von der Miniatur mit privatem Inhalt bis zum wandfüllenden, für die Öffentlichkeit bestimmten Werk, und in vielen Fällen ist die Fotomontage dreidimensional aufgrund ihrer Entstehung: Fragmente unterschiedlicher Herkunft und verschiedener Materialität, meistens papierne Schnipsel, werden auf einem Träger montiert. Dreidimensionale Fotomontagen sind Objekte, die in mehr oder weniger starkem Bezug zum umliegenden Raum stehen. Dieser Umstand ist Teil ihrer Wirkung wie bei der fotoplastica von Giuseppe Terragni für die Sala O. Die in diesem Kapitel besprochenen Werke sind Teil einer (Innen-)Architektur, raumgreifende Installationen sowie eine Fotomontage am Bau. Die Form beziehungsweise die Funktion der (Innen-)Architektur ist in diesen raren, historisch aber wichtigen Fällen entscheidend. Damit ist schon angedeutet, dass es sich nicht um die gemeinhin als Fotomontagen bezeichneten Arbeiten handelt, doch meine ich, dass die behandelten Beispiele Eigenschaften aufweisen, die sie mit Fotomontagen teilen; unter diesem Gesichtspunkt sollen sie untersucht werden.

Die begehbare Fotomontage: Gitterausstellungen Die Gitterausstellung ist eine spezifische Form der Ausstellungsarchitektur, die in den 1920er Jahren aufkam und in den 1930er Jahren auch in Italien eingesetzt wurde. Obwohl Sergio Polano dem Gittertypus eine Vorbildrolle zugesteht: „Eines der ‚absoluten‘ Modelle der italienischen Kunst des Ausstellens“,247 wurde die Gitterausstellung nie als spezifischer Typus innerhalb des Ausstellungsdesigns wahrgenommen. Folglich existiert keine Untersuchung über die Technik und ihre unterschiedliche Prägung. Auch Mary Anne Staniszewski widmet der Gitterausstellung keine eingehendere Untersuchung, obwohl sie die verschiedenen Ausprägungen des Typus als wegweisende avantgardistische Beiträge in ihre Geschichte des MoMA-Ausstellungsdesigns aufnimmt.248 Einer fehlenden generellen Untersuchung ungeachtet wurden einzelne Ausstellungen, die dem Typus zuzurechnen sind, breit rezipiert. Über Friedrich Kieslers Ausstellungen zum Beispiel, welche die von ihm anfangs der 1920er Jahre entwickelte Ausstellungstechnik Leger- und Trägersystem auf die Probe stellten, und die als Ursprung der Gitterausstellung gelten dürfen, existiert weiterführende Literatur.249 Seine Raumbühne, das Leger- und Trägersystem (beide Wien 1924) und die Raumstadt (Paris 1925) wurden außerdem mittels Computer rekonstruiert, so dass die ephemeren Werke als Ensemble erfasst und Perspektiven imaginiert werden können.

Fotomontage und Architektur

Die Gitterausstellung wird hier besprochen, da sie als Form einer dreidimensionalen Fotomontage betrachtet werden kann: Der Besucher bewegt sich durch die im Raum aufgestellten Gitter, die in (un)regelmäßigem Abstand durchbrochen sind. Dank der dadurch ermöglichten Durchblicke werden zwei und mehr Gitterwände, respektive die darauf angebrachten Exponate gleichzeitig wahrgenommen. Auf diese Weise sieht der Betrachter eine eigentliche Montage – in unserem Fall von Fotografien –, die, seinen Bewegungen folgend, ständig die Zusammensetzung wechseln. Die Ursprünge: Friedrich Kieslers und El Lissitzkys Raumgestaltungen

Friedrich Kiesler führte 1924 in Wien an der Internationalen Ausstellung neuer Theatertechnik sein Leger- und Trägersystem ein (Abb. 99). Dabei handelte es sich nicht um einen Beitrag zur Theatertechnik sondern zur Ausstellungsgestaltung. Kieslers Legerund Trägersystem meinte Exponatständer aus horizontalen, vertikalen und, vereinzelt, diagonalen Holzleisten und -rosten, deren Ausmaße, Anzahl, Ausrichtung, Bestückung sowie Position untereinander Kiesler genau vorgab. Die Konstruktionen waren in sich funktionierende Einheiten, das heißt sie waren selbsttragend und -stehend und be­nötigten keine Fixierung an der gegebenen Architektur. Im von Kiesler selbst gestalteten Katalogheft zur Internationalen Ausstellung neuer Theatertechnik sind den neuartigen, aufsehenerregenden russischen Theaterinszenierungen und Bühneninstallationen einige Seiten gewidmet.250 Kai-Uwe Hemken suggeriert eine besondere Nähe von Kieslers Exponatständern von 1924 zu der im Wiener Katalogheft abgebildeten Arbeit Ljubow Popowas für Wsewolod Meyerholds Der großmütige Hahnreih (Moskau, 1921/22).251 In der Tat ist eine formale Ähnlichkeit der in Wien von Kiesler erstellten Raumbühne (Abb. 97) mit der Popowas (Abb. 98) zu erkennen; interessant scheint aber vor allem auch Kieslers Einbezug der Zeit in seine architektonischen Arbeiten. Während bei Popowa das Bühnenbild zum dreidimensionalen, bespielten Raumgefüge wird, drehte Kiesler den Spieß um: Er entwickelte eine Ausstellungsarchitektur, die, wie ein Bühnenbild, im Ablauf der Zeit erlebt werden sollte. „Die moderne Ausstellungsgestaltung entwickelte eine Raumdramaturgie, die letztlich sogar mit einem Theaterstück vergleichbar ist. Die Ausstellung wurde quasi zu einer großen Bühne, die vom Publikum zu begehen war.“252 Höhepunkt dieser Idee ist die automatische Verwandlung eines Bühnenbilds in 45 Minuten, aufgeführt als Theaterstück (vgl. Abb. 100). Kieslers Raumstadt, ein Jahr nach der Ausstellung für neue Theatertechnik entstanden, war in der Gestaltung radikaler: der Exponateständer für die Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes (Paris 1925) glich einer eigenständigen Plastik (Abb. 101).253 Alfred H. Barr Jr. nannte die „Stadt im Raum“, durch die der Besucher hindurchgehen konnte, „technically and imaginatively the boldest creation in the De Stijl tradition.“254 Ohne direkt auf Barrs Aussage einzugehen, stellt Hemken diese Zuschreibung indirekt in Frage, indem er schreibt, die De

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97: Friedrich Kiesler, Die Raumbühne, Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik, Wien, 1924. 98: Ljubow Popowa, Bühnenbild für Wsewolod Meyerholds Der großmütige Hahnreih, Moskau 1921/22.

Fotomontage und Architektur

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99: Friedrich Kiesler, Leger- und Trägersystem, Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik, Wien, 1924. 100: Friedrich Kiesler, „6 Moment­ aufnahmen vom Spielablauf einer mechanischen Raumszenerie“.

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101: Friedrich Kiesler, Raumstadt, Paris, 1925.

Stijl Künstler hätten „ihre Arbeiten auf einen klar definierten, realen Raum“255 ausgerichtet, während Kieslers Bestreben auch in Paris gegenteilig gewesen sei, nämlich Installationen zu entwickeln, die formal und technisch von der umgebenden Architektur unabhängig sind. Tatsächlich ließ Kiesler in Paris Decke und Wände des Raums im Grand Palais mit schwarzem Tuch bespannen, was die umgebende Architektur vollends zur Hülle werden ließ. Entscheidend ist Kieslers Feststellung von 1924, der Besucher müsse dank seinem Leger- und Trägersystem die Exponate gehend, Schritt für Schritt, erkunden; die Architektur wird in der Zeit erlebt. Kiesler spricht sich gegen das simultane Wahrnehmen der Exponate aus, welches mit einem Rundumblick in einem herkömmlichen Ausstellungsdispositiv (ein Saal, vier Wände) möglich ist. Den Fall, dass Besucher auf einen Blick mehrere Exponate aus unterschiedlichen Kontexten erfassen, eventuell gar solche unterschiedlicher Exponateständer, spricht Kiesler nicht an, doch die Möglichkeit ist in dieser Art Ausstellungsinstallation gegeben (vgl. S. 133 ff. zu Beispielen in Italien).

Fotomontage und Architektur

El Lissitzky und die FiFo

Sophie Lissitzky-Küppers beanspruchte für den russischen Raum auf der Internationalen Ausstellung des Werkbundes Film und Foto (FiFo, Stuttgart 1929)256 „die Auswahl der Filme und Fotos“ für sich, während El Lissitzky den „Entwurf der Innenaufteilung des Raumes“ besorgt habe.257 Auf den ersten Blick scheint es bemerkenswert, dass im russischen Raum kaum Fotomontagen gezeigt wurden, in anderen Pavillons der FiFo hingegen schon (u. a. von Bayer, Höch, Heartfield, Baumeister, Burchartz, Grosz). Doch Lissitzky-Küppers’ Idee war eine andere. Sie war angeregt von Dsiga Wertows im gleichen Jahr fertiggestellten Film Der Mann mit der Kamera (1929) und dessen Ziel, in seinen Filmen die Gleichzeitigkeit der Bewegung von Kamera und gefilmtem Objekt in einem Bild darzustellen: „Dies Werk wirkt wie die Verfilmung eines wertowschen Manifestes. Protagonist ist nicht mehr nur ein Mensch, sondern der Kameramann und das ,Filmauge‘ selbst. Kurbelnd eilt der Operateur mit seinem Gestell durch alle Bilder, rast auf Autos daher, erklettert schwindelnde Schornsteine, klebt an der Außenseite eines fahrenden Zuges. Lokomotiven fahren über die Kamera hinweg […], Straßenbahnen überkreuzen sich“.258 Lissitzky-Küppers versuchte, diesem Prinzip durch das Aneinanderreihen von Fotos in Form von Filmstreifen nahezukommen. Durch diese Anordnung und dank der „Expositionsständer“ (Sophie Lissitzky-Küppers) konnten Besucher mehrere Bilder auf einen Blick wahrnehmen. Ja mehr noch, in der Ausstellung war es den Besuchern möglich, durch die Bewegung des Auges und des Körpers in Eigenregie ununterbrochen neue Mehrfachbilder zu kreieren.259 Kiesler hatte in Wien 1924 Arbeiten von El Lissitzky gezeigt; der russische Raum an der FiFo wiederum war eine Reaktion des Russen auf die ausstellungstechnische Erfindung des Österreichers. Im Unterschied zu Kieslers Installationen war El Lissitzkys Gitter relativ klassisch: Es zog sich den Raumwänden entlang, bezog die Saalwände als Ausstellungsfläche mit ein und besaß, im Unterschied zu Kieslers Leger- und Trägersystem, keine völlig neuartige skulpturale Gestalt. Die auf Tafeln gepinnten Fotografien waren zwischen die Holzstäbe gehängt und rhythmisierten so die Gitter, uniformisierten sie aber auch und trugen zusätzlich zu einer recht herkömmlichen Erscheinung der Ausstellung bei. Es war ein durchlässiges System. Dadurch, dass die Tafeln das Gitter nur unvollständig ausfüllten, ergaben sich leere Zwischenräume. Durch diese Leerstellen blickte der Besucher von der einen Ausstellungskoje in die nächste und übernächste. Man sah also nicht nur die von Sophie Lissitzky-Küppers festgelegten Bildpaare und Filmsequenzen, der um sich blickende und sich bewegende Besucher stellte wohl automa­ tisch eigene Beziehungen her zwischen mitunter entlegenen Exponaten. Das Resultat könnte man „überlappende Präsentation“ nennen: Schichten, in der Raumtiefe gestapelt wie die Gitterwände, überlappen sich visuell zu einer Fläche und bilden so eine neue Kombination von Bildern.260 Diese Montagen sind abhängig von der Blickachse des umhergehenden Besuchers und entsprechend zeitlich beschränkt.

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102 und 103: Russischer Raum von El Lissitzky und Sophie LissitzkyKüppers auf der Film und Foto (FiFo), Stuttgart, 1929.

Fotomontage und Architektur

Das Castello pubblicitario in den Mailänder Galerien Die Idee der überlappenden Präsentation der Exponate aufgrund der autonomen Wahrnehmung durch den Besucher prägt auch zwei Werke von Marcello Nizzoli und Edoardo Persico. 1934 übernahmen sie die Idee der Gitterausstellung gleich zweimal hintereinander: für die temporäre Struktur Castello pubblicitario in der Galleria Vittorio Emanuele in Mailand und, ebenfalls in Mailand, für die Sala delle Medaglie d’Oro an der Mostra dell’Aeronautica in Giovanni Muzios Palazzo dell’Arte. 261 Historische Situation

Im Januar 1934 war die Camera dei deputati aufgelöst und am 18. März die seconda assemblea quinquennale del regime mit einer Rede Mussolinis eröffnet worden.262 Für die Woche darauf, am 25. März 1934, stand ein Plebiszit zur Regierung an. Grund für die Volksbefragung war der Wille, den italienischen Staat nach der großen Wirtschaftskrise von 1930/31 als starke und stabile Einheit zu präsentieren. „Gli anni del consenso“ (Renzo De Felice) hatten mit den Lateranverträgen 1929 ihren Anfang genommen, erlebten ihren Höhepunkt in den Feiern des Decennale und wurden besiegelt durch das fulminante Resultat des Plebiszits: Bei einer Stimmbeteiligung von 96,25 % stimmten 10.025.513 für die Regierung, 15.265 dagegen – trotz des Aufrufs von Kommunisten, Teilen der Sozialisten und Giustizia e Libertà, mit Nein zu stimmen.263 Die Propaganda für das Plebiszit, so Renzo De Felice, habe bereits mit den Zehnjahresfeiern 1932 begonnen. Diese waren die geeignete Plattform, um Errungenschaften und Erfolge des Regimes kundzutun. Mit den modernsten Instrumenten der Massenpropaganda – und mit Achille Starace, der in seiner Funktion als Vorsitzender des PNF als Organisator und Choreograf der Masse auftrat – sollte mit Eröffnungen von Autobahnabschnitten, einem Aquädukt oder dem Foro Mussolini in Rom dem italienischen Volk und aller Welt demonstriert werden, dass trotz des Vertrags von Versailles und der Wirtschaftskrise Italien blendend dastand.264 Zielgerichtete Propaganda

Kurz vor dem Plebiszit vom 25. März 1934 wurde die zielgerichtete Propaganda intensiviert. Der keineswegs als überzeugter Anhänger des Faschismus bekannte Edoardo Persico wurde mit der Inszenierung der Propaganda betraut. Der Architekt Giovanni Romano meinte rückblickend: „Der Direktor der Umanitaria-Stiftung, der zwar Faschist war, aber ein anständiger Mensch, hatte die Partei überredet, Persico mit der Gestaltung der Wahlplakate zu beauftragen.“265 Vermutlich handelte es sich beim „Direktor der Umanitaria-Stiftung“266 um Guido Marangoni, der zu dieser Zeit Leiter der von der Società Umanitaria geführten Kunstschule und zwischen 1928 und 1930 Direktor von La Casa bella war. Auch wenn Persico von Romano oder von Guido Modiano als Hauptverantwortlicher für den Entwurf der Wahlplakate bezeichnet wurde,

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104–105: BNPZ (Bramante Buffoni, Marcello Nizzoli, Edoardo Persico, Umberto Zimelli), Wahlplakate, Mailand, 1934.

war er nicht alleiniger Autor der Wahlpropaganda.267 Für die von Romano angesprochenen Plakate der Region Mailand zeichnete eine Vierergruppe verantwortlich, wie das Siegel am Blattrand, BNPZ, zeigt, die Abkürzung für Buffoni, Nizzoli, Persico, Zimelli.268 Für das parallel dazu entstandene, ephemere Castello pubblicitario in der Galleria Vittorio Emanuele arbeitete Persico zusammen mit Marcello Nizzoli.269 Edoardo Persico hatte sich als Herausgeber, Innenarchitekt, Galerieleiter und in den letzten Jahren seines kurzen Lebens (1900–1936) vornehmlich als polemisierender Architekturkritiker und Redakteur einen Namen gemacht, letzteres, seit 1930 zusammen mit Giuseppe Pagano und als Nachfolger von Guido Marangoni, bei La Casa bella.270 Für Persico war die wiederholte Zusammenarbeit mit dem deutlich älteren Nizzoli von Bedeutung. Dies darf man zumindest vermuten, wenn man liest, in welchen künstlerischen Kontext Persico seinen Kollegen stellt: „Die Teilnahme von Nizzoli an der Ausstellung der faschistischen Revolution, seine Mitarbeit an der Sala delle Medaglie d’Oro in der Luftfahrtausstellung, ohne die Arbeiten von größerer

Fotomontage und Architektur

Bedeutung mitzuzählen wie die beiden Projekte für den Palazzo del Littorio mit der Gruppe Carminati, haben diesen Maler als einen der originellsten Schöpfer vergänglicher Architekturen ausgewiesen. Auf diesem Gebiet halten seine Werke durchaus den Vergleich aus mit manchen Arbeiten von Herbert Bayer an der Ausstellung des deutschen Werkbunds in Paris und selbst mit Werken von Gropius an der Ausstellung ‚Deutsche Arbeit‘ im vergangenen Jahr.“271 Die zwei Säle an der MRF (Sale F+G, zusammenfassend „Sala del 1919“ genannt) waren Nizzolis bislang prestigeträchtigstes Werk. Eine Skizze, die im Vorfeld dazu entstanden ist, zeigt Nizzolis geistige Herkunft und weist bereits in Richtung Castello: In bester konstruktivistischer Manier plante er eine raumfüllende Installation aus Vertikalen und Horizontalen, die faschistische Symbole, Schriften und Bilder tragen sollte. In der Ausführung freilich schrumpfte diese monumentale Raumkonstruk­ tion, die stark an Kieslers Raumstadt erinnert, auf weit weniger spektakuläre Gliede­ rungen der Saalwände, die nur unwesentlich in den Raum ragten, während Vorsprün­ ge und Nischen die Wände rhythmisierten und ihnen eine gewisse Tiefe verliehen. Die ausgeführte Version der Sala del 1919 enthielt nur noch eine prominente Anleihe an die russische Avantgarde: die Schattenrissfiguren, deren Körper mit Montagen überklebt waren (vgl. S. 71 ff.). Die ephemere Konstruktion und die Leere

Das Castello pubblicitario stand unter der Kuppel der mit Stuck und Mosaik reich dekorierten, neben dem Dom gelegenen Galleria Vittorio Emanuele an bester Passantenlage, im Zentrum von Wirtschaft und Kultur. Die Galleria, ein eklektizistischer Bau des 19. Jahrhunderts, verbindet mit ihren beiden Armen den Dom mit der Scala und die Via Ugo Foscolo mit der Via Silvio Pellico, bildet also ein eigentliches Straßenkreuz. Das Castello versperrte mit seinen ausladenden Dimensionen (ca. 30 auf 15 Meter) diese Verbindungsgänge und zwang die Passanten, es zu umrunden. Der starke Kontrast der technischen Konstruktion, die man vom Gerüstbau her kennt, mit der reichen Dekoration der Galerie und die Polarität zwischen den steinernen Galeriewänden und der Luftigkeit des Castello musste unweigerlich auffallen. Entscheidend für das Castello als potenzielle dreidimensionale Fotomontage sind die zahlreich gesetzten Leerstellen, auch wenn Antonio Pasquali, der die Konstruk­ tion von Persico und Nizzoli im Alllgemeinen als Ausdruck des neuen Italien lobt („wie die Muskeln unserer Athleten und den Bug unserer Schiffe“), vielleicht nicht unrecht hat, wenn er die Verteilung der Fotografien innerhalb der Konstruktion kritisiert: „eine klügere Verteilung der Fotografien, zum Beispiel, wäre einem besseren Verständnis des Spiels mit den Volumen zuträglich gewesen“.272 Der leere Zwischenraum (il vuoto, il bianco) gewann in der typografischen Gestaltung Persicos, zum Beispiel für Casabella, einen besonderen Stellenwert.273 Seit 1930 in der Redaktion von La Casa bella, verpasste er der ab sofort Casabella genannten Zeitschrift zum Januar 1933

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106: Marcello Nizzoli, Skizze für die Sala del 1919, Mostra della Rivoluzione Fascista, 1932.

hin ein völlig neues Erscheinungsbild: drei Spalten und fünf Zeilen bilden einen Raster, welcher auf zwei Seiten von einem weißen Steg eingefasst wird. Dadurch werden Text und Bild klar getrennt: Innerhalb des Netzrasters finden fünfzehn Illustrationen Platz, wobei einzelne Quadrate regelmäßig leer bleiben; im Weiß, links außen und oben, lassen sich Titel, Impressum und Inhalt unterbringen. Ermöglicht wurde die visuelle Veränderung des Heftes durch ein neues, fast quadratisches Format (28 × 30 cm). Dieses bestimmte auch die prägendste Neuerung nebst dem Titelblatt: die Doppelseite als grafische Einheit. Persico reduzierte die Ränder der Doppelseiten auf ein Minimum, dafür übernahm das Weiß innerhalb der Seite eine eigenständige Rolle. Verdrängt von der traditionellen Stelle, spielte das Weiß den Gegenspieler zur Druckerschwärze innerhalb der Seite. So parierte Persico jede Zeile schwarzer Buchstaben mit einer breiten, weißen Leerzeile. Das leere Weiß – bisher gestaltlose Randerscheinung – erhielt von Persico einen Körper innerhalb der grafischen Konstruktion. Persico band die grafische Gestaltung nicht an den Inhalt des Dargestellten, sondern an die Ästhetik: „[…] die typografische Komposition muss sich auf Gleichgewichte und Rhythmen ausrichten, die unabhängig vom Inhalt des Textes bestehen, um zu verstehen, wie dieser grafische Expressionismus in Übereinstimmung ist mit dem

Fotomontage und Architektur

107–110: Marcello Nizzoli und Edoardo Persico, Castello pubblicitario, Mailand, 1934 ( 110: Axonometrie).

lebendigsten Stil der modernen Kunst.“274 Was aber in der Kunst für jedes einzelne Bild austariert wird, unterliegt in der grafischen Gestaltung von Medien und Werbung Regeln, unter anderem dem Raster. Die grafisch einfache Gestaltung mittels Raster entsprach einer zeitgemäß schnellen visuellen Kommunikation. Auch die zeitgenössische Architekturzeitschrift Domus, unter der Ägide Giò Pontis, bediente sich eines Rasters. Im Unterschied zu Casabella, wo Persico den Raster als Teil der Ästhetik einführte, welchem sich Bild und Schrift unterzuordnen hatten, ist der kleinteiligere Raster von Domus dem Millimeterpapier des Architekten sehr nahe, das heißt der

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111: Edoardo Persico, Titelblatt von Casabella, Januar 1933. 112: ­Edoardo Persico, Seiten 2–3 aus Casabella, Mai 1933.

Folie, auf der Bild und Schrift sich frei bewegen. So zieht sich der Schriftzug des Titels – Domus – in einer Art Schreibschrift völlig losgelöst vom gerasterten Grund über das Blatt. Persico hingegen benutzt den von ihm definierten Raster genau wie die Rasterstruktur des Castello pubblicitario: als hilfreiches Regelsystem, in welches alle Elemente eingepasst werden. Die fortschrittliche Zeitschrift für moderne Gestaltung, Campo Grafico, betont die architektonischen Aspekte der zweidimensionalen Arbeiten Persicos: „[…] die typogra-

Fotomontage und Architektur

fische Materie ordnet sich wie ein Gebäude in den Raum ein.“275 Giulia Veronesi, in der Funktion von Persicos Nachlassverwalterin und damit prägend, bestätigt: „[…] seine Architektur wirkt wie eine Projektion in die dritte Dimension bildlich-grafischer ‚Ebenen‘, die umgekehrt den ganzen architektonischen ‚Raum‘ in sich verdichten.“276 Der (leere) Zwischenraum, vertikale und horizontale Überlagerungen und das Ineinandergreifen der einzelnen Elemente spielen eine große Rolle in Persicos Werk, sowohl in der Grafik als auch in den Raumgestaltungen. Skizzen Persicos für Möbel und ephemere Architektur wie das Castello oder die Sala delle Medaglie d’Oro auf der Esposizione dell’Aeronautica Italiana (1934, vgl. S. 149 ff.) bauen auf Überschneidungen und vollen wie leeren Flächen auf, die je nach Erfordernis in die dritte Dimension ausgedehnt werden können.277 Die dritte Dimension ist aber mehr als nur eine zusätz­liche Ebene: Gerade in den Ausstellungsinstallationen ist die Bewegung des Besu­chers zwischen Leerstelle und besetztem Raum wie auch seine visuelle Wahrnehmung der räumlichen Verhältnisse – sein montierender Blick – die entscheidende Schlüsselstelle. Auch wenn offensichtlich ein formaler Zusammenhang besteht zwischen Persicos grafischer Gestaltung, Nizzolis Malerei sowie dessen Projekt für die Sala del 1919 (MRF 1932) und dem Castello – dessen moderne, konkrete Gestalt erstaunt im politischen Kontext. Die Ausführung des Castello pubblicitario ist aufsehenerregend, da das Aushängeschild des PNF, eine aus technischer Sicht simple Konstruktion mit eingehängten Bildern, ohne Monumentalität, ohne Symmetrie, ohne gut sichtbare faschistische Symbole (wie monumentale fasci) und ohne theatrale Inszenierung (wie Lichteffekte) auskam. Die Konstruktion als solche konnte nicht als Zeichen gelesen werden. Dies akzeptierte der PNF, obwohl er Zeichen erwiesenermaßen nicht abgeneigt war, wie die Fassade der MRF 1932 beweist. Persico hoffte dank moderner Architektur und Gestaltung auf eine, wie Bruno Zevi es nennt, „Überwindung der Krise“;278 trotz dieser Haltung war Persico, wie auch Nizzoli, im faschistischen Kulturbetrieb gut verankert, ja die beiden standen mit an vorderster Stelle. Heteroglossie oder Plakative Monotonie?

Im Sinne des Philosophen und Literaturwissenschafters Michail Bachtin (1895–1975) könnte man beim Castello pubblicitario von einer intentionalen Hybridität (von Seiten Persicos und Nizzolis) ausgehen.279 Die Präsenz des modern-funktionalen Castello als Teil der faschistischen Propaganda (ohne Betonung von deren Insignien) könnte nach Bachtin Beweis einer Vielstimmigkeit (Heteroglossie) sein, wobei die verschiedenen Stimmen gleichzeitig artikuliert werden – ohne sich jedoch zu vereinen –, aufeinander Bezug nehmen, sich herausfordern oder gegenseitig demaskieren. Die Unterdrückung der politischen Vielstimmigkeit im autoritären Regime erlebte Bachtin selbst als Verbannter unter Stalin, entsprechend interessierte ihn der politische Aspekt seiner Hybriditätstheorie. Autoritäre Regimes wie der Faschismus verhindern normalerweise Mehrstimmigkeit: Das Risiko, dass die Autorität durch eine andere Stim-

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me in Frage gestellt, entlarvt oder womöglich negiert würde, wäre zu groß. Im Fall des Castello wendet sich die Vielstimmigkeit in eine plakative Monotonie: Zwar bildet die Metallkonstruktion eine Parallelstimme zur gewohnten faschistischen Inszenierung, doch die Bilder reduzieren sich bei näherem Hinsehen schnell auf eines: Alle verkünden sie die eine Botschaft, die faschistische; viele die immer gleiche: Duce. Persico scheint seine ganze Energie auf die Findung der modernen Form, einer funktionalen Architektur mit sozialer Komponente gelegt zu haben. Als sich die Rationalisten in den Dienst der Faschisten stellten, die Moderne italianisiert und Schlagworte wie „mediterraneità“ und „romanità“ ins Vokabular aufgenommen wurden, er­ klärte Persico den Tod des italienischen Rationalismus.280 Man kommt nicht umhin, Persicos Einsatz für das Regime, insbesondere im Castello pubblicitario, als sein persönliches Manifest zu lesen: eine moderne, sachliche Form ohne jede Anpassung an die italienische Kultur, in seiner Funktionalität Werbeträger für eine Wahlfarce der Diktatur.

Die Esposizione dell’Aeronautica Italiana im Mailänder Palazzo dell’Arte Die Esposizione dell’Aeronautica Italiana (im folgenden EAI genannt) wurde am 16. Juni 1934 in Mailand im Palazzo dell’Arte von Giovanni Muzio eröffnet und dauerte bis zum 31. Oktober desselben Jahres.281 Nach dem erfolgreichen Vorbild der „großen Schwester“282 MRF von 1932 („Diese Ausstellung wurde nach dem großen Vorbild der ‚Revolutionsausstellung‘ gestaltet“283), und um einer „chaotischen Schau“ vorzubeugen, beschloss das Organisationskomitee, die Gestaltung der Ausstellung Fachleuten, das heißt Künstlern und Architekten, zu übergeben. Als erste Maßnahme hatte man den Architekten Giuseppe Pagano ins Organisationskomitee einberufen, denn: „[…] Ausstellungen, die keinen ausschließlich künstlerischen Zweck und keinen entsprechenden Inhalt haben, enden oft im Chaos, was umso schlimmer und umso mehr zu verurteilen ist, als keine Absicht dahinter steckt, sondern das Bemühen vieler Personen, die, aus welchem Grund auch immer, ganz naiv, etwas Gutes machen wollten.“284 So begründet Pagano selbst seine Präsenz im ansonsten aus Aviatikspezialisten zu­sammengesetzten Organisationskomitee unter dem Präsidium des Militärpiloten Duca Marcello Visconti di Modrone, Bürgermeister von Mailand. Architekturkritiker Ferdinando Reggiori stimmte in den Lobgesang ein; speziell betonte er, wie wohltuend die völlige Umgestaltung des Palazzo dell’Arte sei: „[…] nichts würdet ihr von der vergangenen [V. Triennale] wieder finden. Die meisten Besucher haben sich augenblicklich gefreut, dass sie anstelle der berühmten Fresken sogar einen Mythos in Form von Fotografien gefunden haben: die Atlantiküberquerung zum zehnjährigen Jubiläum des Faschismus. Und niemand hat seinen Besuch im geringsten bereut.“285

Fotomontage und Architektur

Nebel zur Eröffnung

Dass die EAI innerhalb der propagandistischen Ausstellungen des faschistischen Regimes einen besonders hohen Stellenwert besaß, unterstreicht auch die Tatsache, dass zur Eröffnung am 16. Juni 1934 auf der Piazza del Duomo in Mailand ein Lichtspektakel mit künstlichen Wolken veranstaltet wurde. In einem abgesperrten Geviert stießen Maschinen, von leuchtenden Fasci kaschiert, beleuchtete Nebelwolken in den Nachthimmel. Diese spektakuläre Inszenierung sollte wohl die Atmosphäre der teils

113–114: Domplatz, Mailand: illuminierte Nebelschwaden anlässlich der Eröffnung der Esposizione dell’Aeronautica Italiana, 16. Juni 1934.

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wortwörtlich grenzensprengenden Flüge suggerieren. Denn im Unterschied zu Ausstellungsinszenierungen waren diese Nebel zwar künstlich produziert, aber doch real, und konnten also nicht nur gesehen, sondern auch physisch erlebt werden. Das Schauspiel auf dem Domplatz muss phänomenal gewesen sein, und manch einer wähnte sich wohl eher in stratosphärischen Höhen denn im Zentrum Mailands. Das Projekt erinnert sowohl an heutige Naturinszenierungen wie Olafur Eliassons künstliche Abendsonne im Nebeldunst in der Tate Modern, wohin sich die Besucher aus dem Londoner Winter in die „Wärme“ retten konnten, als auch an barocke Spektakel.286 Mythos Fliegen

Wenn der Patron der Ausstellung, Pilot Duca Marcello Visconti di Modrone, den Mythos des Ikarus zitiert, steht dieser für das Fliegen per se: „Ein nach der mythischen Figur des Ikarus benannter Saal verweist symbolisch auf den Aufstieg: Übereinstimmung zwischen dem Herz des Menschen und dem Bau der Flugapparate, Fähigkeit zum Heldentum wie zum Martyrium.“287

115: Bruno Munari und Riccardo Ricas, Titelblatt von L’Ala d’Italia, April 1934.

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Die Fliegerei besaß im Faschismus – und darin unterschied er sich nicht von Demokratien, man denke etwa an die Popularität Walter Mittelholzers in der Schweiz – einen hohen Stellenwert.288 Die Mischung in der Aviatik zwischen Technik und menschlicher Bravour, zwischen Leichtigkeit und der Kraft der Maschinen, der Paarung von Schnelligkeit mit Eleganz, vermag zu begeistern. „Die hauptsächliche Aufgabe der Mailänder Aus­stellung [der EAI] ist in der Tat, die italienische Luftfahrt zu verherrlichen, diesen wun­derbaren Organsimus, in den das Genie, das Heldentum und der Wille zum Primat eines Stammes eingeflossen sind“.289 Dieses Primat wurde unter Mussolini bestätigt, der Stel­lenwert der Aviatik für das Land war klar: „[…] die Ausstellung konnte Gestalt annehmen, als sich die ganze Welt dank unvergleichlicher Heldentaten von der klaren qualitativen Überlegenheit der italienischen Luftfahrt überzeugen konnte, dieser Synthese der Kraft von Mussolinis Italien.“290 Bei einer der unvergleichlichen Heldentaten handelte es sich um die Crociera del Decennale, der Überquerung des Atlantiks durch Italo Balbo und sein Ge­schwader zum zehnjährigen Jubiläum des Faschismus (1932); die Geschichte füllte die Titelseiten der Printmedien. Dass Mussolini selbst Pilot war, unterstützte den Mythos der Fliegerei. Die Fliegerei

116: Luciano Baldessari, Sala Aviazione e Fascismo, Esposizione dell’Aeronautica Italiana, 1934.

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blieb so, wie George Mosse darlegt, ein für die Bevölkerung unerreichbares, nichtsdestotrotz – oder gerade deshalb – faszinierendes Unternehmen: „The pilot exemplifies the proper will, power and soul, a book about Mussolini aviatore [Guido Mattioli, Mussolini aviatore, Rom (1936) ] tells us, but above all he must understand the fullest meaning of the word ,control‘. The pilot appropriates a piece of eternity, of the sky, and it is this appropriation of immutability that enables him to keep control. The analogy to a political élite is obvious here.“291 Beide, Pilot wie Duce, wurden je als allein verantwortlich für das Gelingen einer (riskanten) Sache verstanden. Dem Thema Faschismus und Fliegerei war denn auch ein Saal gewidmet (Sala Aviazione e Fascismo), gestaltet von Luciano Baldessari (Abb. 116). Den Raum dominierten parabelförmige Bogen, die den Umriss eines Hangars skizzierten, darunter stand ein stilisierter Fascio, so stark abstrahiert, dass er als solcher erst auf den zweiten Blick erkennbar ist.292 Die Installation war gänzlich überzogen mit Fotografien und Texten, was eine „wahre Reklamebesessenheit“ auslöste, wie der Autor des Kata-

117: Marcello Nizzoli und Edoardo Persico, Castello pubblicitario, Mailand, 1934. 118: Tim Gidal, Mit Mussolini-Portraits plakatierte Hauswand, Florenz, 1934.

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logs bemerkt, ja die Wände seien „tapeziert mit einer dynamischen Fülle bunter Plakate“.293 Bei den collagierten Texten handelte es sich vornehmlich um Aussagen Mussolinis zur Fliegerei: „I fascisti sono in terra, in mare, in cielo e in ogni luogo“ (Die Faschisten sind auf dem Land, auf dem Meer, am Himmel und an jeglichem Ort“). Sie waren typografisch unterschiedlich gesetzt, die mehrfache Wiederholung der je identischen Schriftbilder erzeugte ein regelmäßiges Muster. Dutzendfach stach der in Majuskeln gehaltene Name Mussolini hervor. Eingestreut hatte Baldessari einzelne Fotografien, von weitem sichtbar war das dreifach repetierte Portrait Mussolinis auf der Stirnseite gegenüber dem Saaleingang. Im Ausstellungskatalog wird die Nähe der „avantgardistischen Szenografie“ („scenografia d’avanguardia“) zur „Propagandakonstruktion“ („costruzione di propagan­da“) betont.294 Die Schriftbilder erinnern an zeitgenössische Brandmauern, die mit Wahlplakaten regelrecht tapeziert waren. Die Plakate konnten rein typographische Gestaltungen sein – z. B. ein massives M – oder aber Mussolinis Konterfei zeigen. Es ist wohl nicht zu weit hergeholt, referiert man nicht nur auf Tim Gidals zeitgenössische Aufnahme, sondern auch auf die zeitgleiche Fassadenverkleidung des Palazzo Braschi sowie das Castello pubblicitario, das nur wenige Monate zuvor noch prominent im Zentrum Mailands aufgestellt war (vgl. Abb. 57, 107–110 und S. 133 ff.). Diese Formen der Straße übertrug Baldessari ins Museumsambiente. Erberto Carbonis Fassade als Manifest

Wie schon der Palazzo delle Esposizioni für die MRF 1932 wurde auch der Palazzo dell’Arte als Gefäß betrachtet, als volumendefinierende Hülle, auf welche die Ausstellungsinszenierung nicht näher einging. Das Innere war mit himmelblauem Stoff ausgeschlagen, der den Bezug zu Himmel, Luft und Atmosphäre herstellte, so wie Kiesler 1925 in Paris seinen Raum mit schwarzem Tuch auskleiden ließ, um seine Raumstadt als unabhängige Einheit hervortreten zu lassen. Zur Verkleidung der Fassade des Palazzo dell’Arte berief man Erberto Carboni, den Plakatgestalter und „Werbearchitekten“.295 Carbonis Fassade wurde zum ikonischen Zeichen der Ausstellung und ist als Manifest zu lesen: Vor blauem Grund fliegt eine Flugzeugstaffel gen Himmel (Italo Balbos Atlantiküberquerungen von 1930 und 1933 waren eine Sensation), flankiert vom mehrere Meter hohen, leuchtenden Fascio, dessen Basis auf der Relief-Weltkarte bis hinunter nach Afrika reicht. Das Primat der „ala italiana“ steht außer Frage, die Kolonialmacht zeigt sich als Zen­trum der Welt, in welche die Flieger die Botschaft des Faschismus tragen.296 Kolonialistische Ideen in Carbonis Fassadenbild zu sehen, mag weithergeholt erscheinen, doch versteht man es als Manifest, darf nicht außer acht gelassen werden, dass bereits sechzehn Monate später, am 3. Oktober 1935, italienische Truppen in Nordafrika einfallen sollten. So mag die Flugzeugstaffel nicht nur

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119–120: Eberto Carboni, Fassade der Esposizione dell’Aeronautica Italiana bei Tag und bei Nacht, Rom, 1934.

als Trägerin einer Botschaft gelesen (wie der des Primats der „stirpe“), sondern auch als Zeichen der Expansion verstanden werden. Die einfache Zusammenstellung weniger Elemente fasst Inhalt und Zweck der Luftfahrtschau zusammen und scheut sich nicht, mit Italien als Nabel innerhalb der Weltkarte die zentrale Position der Nation in der Welt zu propagieren. Goldprägung und himmelblaue Schmutzseiten: Der Katalog

Der Umschlag des Ausstellungskatalogs der Esposizione dell´Aeronautica Italiana ist lapidarer als die Fassade: drei Flugzeuge umschwärmen einen Fascio. In der Aussage verknappt – Faschismus und Luftfahrt –, darf er in Schlichtheit, Eleganz und Motiven dennoch mit der Fassadengestaltung verglichen werden. Der blaue Hintergrund der Fassade und die blau ausgekleideten Ausstellungssäle werden im Katalog von den blauen Vorsatzblättern aufgenommen, der goldgeprägte Fascio der Publikation erinnert an den silbernen am Palazzo dell’Arte; die Materialien und die Farben betonen gleichzeitig den Stellenwert des Katalogs. Nach unzähligen Seiten Werbung beginnt der eigentliche Katalogteil, mit Inhaltsverzeichnis und Plänen zur Ausstellung. Jedem Bereich der Ausstellung, inklusive Fassade und Atrium, sind mehrere Seiten gewidmet, genauso jedem Saal. In die einzelnen Säle führt

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121: Katalog zur Esposizione dell’Aeronautica Italiana, 1934, Umschlag. 122: Erberto Carboni, Nike mit einem Schwarm Flugzeuge, Tafel aus La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1935. 123 : Xanti Schawinsky, Plakat zur Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Mailand, 1934.

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124: Giuseppe Pagano, Salone del Decennale, Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Mailand, 1934.

ein eröffnendes Blatt ein, mit Titel und Namen der ausführenden Künstler und Architekten sowie kurzen beschreibenden Sätzen, anschließend folgen Fotografien aus den Ausstellungsräumen, unter Umständen auf mehreren der großformatigen Seiten. Der Band schließt ab mit einem fotografischen Résumé von Ferdinando Pasta,297 ganzseitigen Aufnahmen der Säle, als sollte der Stellenwert der Ausstellung durch diese letzte großzügige Geste nochmals betont werden. Der Gestalter des Katalogs bleibt ungenannt. Im Vergleich mit der Fassade von Erberto Carboni könnte man vermuten, dass der Katalogumschlag und eventuell auch die Publikation gleichfalls sein Werk sein könnten. Auch weitere Montagen Carbonis, wie die einer antiken Nike mit einem Schwarm Flugzeuge, erinnern an den

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Katalog.298 Ebenso naheliegend ist aber die Idee, dass der künstlerische Leiter der EAI die Gestaltung des Katalogs verantwortet, besteht doch große Ähnlichkeit mit einer Wand von Giuseppe Pagano aus dem Salone del Decennale der EAI, welche die Umrisse dreier Flugzeuge in Kombination mit drei Fasci zeigt. Doch auch das Plakat zur EAI von Xanti Schawinsky (Abb. 123) zeigt Ähnlichkeiten mit dem Katalogumschlag: Im Vordergrund dominiert ein Flugzeugschwanz in den italienischen Farben, während im Hintergrund drei weitere Flugzeuge zu sehen sind. Der große Unterschied von Xanti Schawinskys Plakat zum Katalogumschlag sowie zu Carbonis Fassade und Paganos Wand ist aber die Perspektive und könnte damit gegen die Autorschaft des Bauhäuslers für den Katalog sprechen: Bei Schawinsky steht der Betrachter auf Augenhöhe mit der Staffel.299 Die Sala delle Medaglie d’oro von Marcello Nizzoli und Edoardo Persico

Die 28 Säle plus Pavillon mit Luftbildern wurden von rund dreißig Künstlern und Architekten gestaltet, wobei einzelne wie Giuseppe Pagano oder BBPR (Banfi, Belgioioso, Peressutti, Rogers) deren mehrere verantworteten. Darunter waren der Staatskünstler Mario Sironi sowie auch heute nahezu in Vergessenheit geratene Architekten wie Paolo Clausetti und Giovanni Romano (zusammen waren sie die Architekten der Libreria Hoepli in Mailand, letzterer auch der L’Umanitaria, Mailand 1948–1956300), vor allem jedoch fällt die große Präsenz der Rationalisten auf.301 Giuseppe Pagano, der einzige Vertreter der Künstler- und Architektenzunft im Organisationskomitee der Ausstellung, begründete die Auswahl so: „Es handelt sich in Wirklichkeit um eine ephemere Schau, in welcher der Faktor ‚Schnelligkeit der Ausführung‘ vorrangig ist und welche eine Technik des Not­ behelfs, der provisorischen Materialien und der Bühnenmontagen bedingt. In dieser Technik der malerischen und phantasievollen Architektur haben die sogenannten ,Ratio­nalisten‘, frei von stilistischen Schemen und begeistert von einem neuen ästhetischen Credo, sich als äußerst geschickt erwiesen.“302 Aus inszenatorischer Sicht gehörten die Säle von Luciano Baldessari (Sala Fascismo e Aviazione) und von Persico und Nizzoli (Sala delle Medaglie d’Oro) zu den interessantesten und innovativsten: „Aber das bedeutendste Werk von Persico war das [sic] Saal der Goldmedaillen in der Luftfahrt-Ausstellung. Das war eine große Idee, diese Stahlrohr-Struktur, und am Eingang stand die Plastik von Lucio Fontana mit ihrem blauen Gewand und dem goldenen Gesicht und den goldenen Händen.“303 Die Sala delle Medaglie d’Oro war nicht nur das bedeutendste Werk von Persico, sondern, wie man aus der Retrospektive beurteilen kann, einer der wichtigsten Säle der ganzen Ausstellung. Notabene war der Saal nicht von Persico allein, sondern – wie bereits erwähnt – in Gemeinschaft mit Nizzoli projektiert worden. Über die jeweili-

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125: Marcello Nizzoli und Edoardo Persico, Sala delle Medaglie d’Oro auf der Esposizione dell’ Aeronautica Italiana, Mailand, 1934. 126: Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Plan der Sala delle Medaglie d’Oro, Mailand, 1934.

gen Anteile am Projekt herrscht Unklarheit; Bruno Zevi hat sich wiederholt dazu geäußert. Er sprach dem „intellettuale“ Persico die Idee zu, während der „artigiano“ Nizzoli für die Ausführung verantwortlich gewesen sei.304 Nizzoli erhielt im Oktober 1934 eine Postkarte von Walter Gropius, aus Deutschland angereist, und Xanti Schawinsky, aus Mailand dazugekommen, wo letzterer als Grafiker arbeitete, mit Duceportrait und Dankesgruß für die „merveilleux travaux à l’exposition aéronautique.“305 Die Eröffnung der EAI am 16. Juni 1934 war praktisch

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mit dem Ende der Berliner Ausstellung Deutsches Volk – Deutsche Arbeit am 3. Juni zusammengefallen. An dieser Propagandaschau – der ersten, die die Nazis von Beginn an geplant hatten (Die Kamera, Berlin 1933, war von den Nazis noch vom Werkbund übernommen worden) – war Gropius, zusammen mit Joost Schmidt, als Gestalter der Abteilung Nichteisen-Metalle beteiligt, zusammen mit weiteren Bauhäuslern wie Mies van der Rohe, Herbert Bayer, Lilly Reich und Hans Haffenrichter.306 Es hatte Gropius vermutlich interessiert zu sehen, wie seine (vornehmlich rationalistischen) italienischen Kollegen die aus propagandistischer Sicht ebenso wichtige EAI inszenierten. Die Sala delle Medaglie d’Oro, zu Ehren der 26 mit einer Goldmedaille ausgezeichneten Piloten des Ersten Weltkriegs, ist vermutlich das bekannteste Beispiel einer italienischen Gitterausstellung.307 Einige Jahre später, 1941, wurde dem neuen Ausstellungsdesign in Costruzioni-Casabella eine große Tragweite zugesprochen; Jahrzehnte später unterstrich Zevi nochmals die Modernität dieser Raumgestaltung: „Sie bleibt immer noch der wichtigste italienische Beitrag zur Geschichte der modernen Raumkonzepte.“308 Die Erinnerung an die Heroen und ihre Taten sollte in einer Installation geehrt werden, „welche die Erinnerung […] über die Rhetorik einer Gedenkstätte erheben würde.“309 Eine geometrische Gitterstruktur aus zwischen Boden und Decke geklemmten Stahlrohren trug die Fotografien und Bilder, aber auch rein grafische Elemente (farbige Flächen).310 „Die Gestalter [Nizzoli und Persico] haben jegliche

127: Marcello Nizzoli und Edoardo Persico, Sala delle Medaglie d’Oro auf der Esposizione dell’ Aeronautica Italiana, Mailand, 1934: im Vordergrund die Liste der Namen der 26 Geehrten.

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128–129: Marcello Nizzoli und Edoardo Persico, Sala delle Medaglie d’Oro auf der Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Mailand, 1934.

beschönigende Darstellung der Personen und der Fakten vermieden und zogen es vor, dass sich diese in ihrer objektiven Wirklichkeit ausdrückten.“311 Abgesehen von einigen erklärenden Texten wurde Bildern anstelle von mühsam zu entziffernden Dokumenten der Vorzug gegeben. „[…] für jede Goldmedaille wurde eine hinreichende fotografische Dokumentation bereitgestellt: der Betrachter wurde damit zum unparteiischen Zeugen der heroischen Taten.“312 Die Präsentation von Bildern mit nur wenig Text förderte die rasche Auffassung; so kam man, wie schon in früheren Ausstellungen, den vielen Besuchern entgegen, die gar nicht oder nur mühsam Texte entziffern konnten. Die Saalwände wurden nicht als Bildträger verwendet, sondern waren Teil der Lichtinszenierung: Das auf die weißen Wände geworfene Licht reflektierte und tauchte den ganzen Saal in ein diffuses Licht, stark kontrastierend mit dem schwarzen Boden und der ebenfalls schwarzen Decke. Die weißen Gitterstäbe hoben sich ab von der dunklen Decke und dem schwarzen Boden, verschwanden hingegen nahezu vor den weißen, illuminierten Saalwänden. Der Raum evozierte so „die Unendlichkeit des Raumes, wo die Helden den Krieg erlebt haben“;313 die Exponate schienen dadurch zu fliegen, oder wie Mary Anne Staniszewski schreibt: „[they] seemed to float in space, an appropriate formulation for an exhibit celebrating the accomplishments of the Italian air force.“314 Durch die Lichtinszenierung wurde nicht nur Leichtigkeit – die Überwindung der Schwerkraft – evoziert, sondern auch Mystik und Transzendenz. Doch trotz „fast transzendentalem Licht“ und einer „mystischen Atmosphäre“:315 In seiner Gesamtheit entsprach die Stimmung in der Sala delle Medaglie d’Oro kaum der eines Andachts-

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raums wie Christoph Kivelitz meint, war doch Aktivität des Besuchers anstelle von Kontemplation gefragt.316 Im Gegensatz zu einem Andachtsraum konnte die Sala delle Medaglie d’Oro nur verstehen, wer sich durch die kleinteiligen Gitterräume bewegte. Keine Zentralperspektive wurde geboten, sondern eine Pluriperspektive, die erst dank der Bewegung des Eintretenden zustande kam.317 Betrat der Besucher die Sala delle Medaglie d’Oro, stieß er als erstes auf eine kommentarlose Auflistung der 26 Namen der geehrten Piloten. Zwischen welchen Gitterscheiben der Besucher die Ausstellung beginnen würde, war ihm freigestellt, ein Anfang war nicht markiert. Der Besucher musste, wollte er die Exponate sehen, in die Gitterstruktur eintreten. Was 1952 in Domus über Franco Albini zu lesen war, der das Gitterkonzept für zahlreiche eigene Ausstellungsarchitekturen übernommen hatte, gilt uneingeschränkt für Persico/Nizzoli: „[…] die Ausstellung ist nicht mehr zu verstehen als eine Auswahl von Objekten, die man auf neutralem Hintergrund betrachtet, sondern als ein zu durchdringender Raum, der so geschaffen ist, dass er mit dem Besucher eine direkte und tatsächliche Beziehung eingeht.“318 Um dieses Eindringen in die dreidimensionale Ausstellungsstruktur, das Inbesitznehmen des Raumes, und zwar des leeren wie des möblierten, ging es auch bei Persico/Nizzoli. Einmal in der Struktur drin, taten sich dem Besucher ganz neue Blickwinkel auf: In der Tiefe des Raumes überlagerten sich die Raster. Bis auf wenige „cimeli“ (Erinnerungsstücke) in Vitrinen – „Abzeichen von Staffeln, Wimpel, Splitter von Propellern, Briefe […], die Maske von Salomon, ein Fetzen des Draken, von Ancillottos Flügel durchbohrt“319 – waren die Exponate, mehrheitlich Fotografien, auf Tafeln zwischen die Gitterstäbe ge­k lemmt. Doch die durch die Latten entstehenden, verschieden großen rechtwinkligen Felder waren nicht einfach mit Bildern und Texten verhängt, sondern diese wurden, wie in der konkreten Malerei, gezielt und in bestimmten Verhältnissen zueinander gesetzt. Tatsächlich entstand der Eindruck einer abstrakten Komposition, sobald sich mehrere Tiefenschichten im Auge des Betrachters überlagerten. Die Aufnahmen des Raums ähneln formal stark Wandbildern, wie wir sie aus der abstrakten italienischen Malerei kennen, notabene von Nizzoli selbst oder von Manlio Rhò (1901–1957), Virginio Ghiringhelli (1898–1964), Mauro Reggiani (1897– 1980) und Atanasio Soldati (1896–1953).320 Beim Blick durch die Gitterwände verschoben sich einzelne Gegenstände und Flächen kaleidoskopartig, Exponate verschwanden, andere traten plötzlich ins Ge­sichtsfeld. Die farbigen Paneele, Portraits, Aufnahmen von Landschaften und Flugzeugen sowie einzelne ins Gitter eingespannte Objekte, Artefakte der Flieger, arrangierten sich zu einer ephemeren, für einen Moment gültigen dreidimensionalen Montage. In der Sala delle Medaglie d’Oro wurde nicht wie in einer herkömmlichen Ausstellung eine Biografie an die andere gereiht, da der Besucher den Saal nicht nur in einer einzigen vorgegebenen Richtung wahrnahm. Zudem spielte beim Betrachten der Gitterwand mit Fotos und Dokumenten zu einem der 26 Heroen immer schon die

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Wand zu einem der nächsten Flieger mit hinein. Auf diese Weise wurde wohl kaum je eine Biografie isoliert betrachtet, sondern es passierte zum Beispiel, dass der Besucher vor der Wand zu Ehren des Piloten Graf Piccio unter dem Schild mit dessen Namen nicht sein Portrait sah, sondern – eine Ebene dahinter – (vermutlich) das des Piloten Ercole. Umgekehrt überlagerten sich die Luftaufnahmen von Ercoles Flug(zeug) mit der Vogelperspektive zu Piccios Abenteuern. Die Totenmaske des Flugkapitäns Oreste Salomone, schwebend montiert vor der weißen Wand, war plötzlich konfrontiert mit dem Portrait Antonio Locatellis, aber auch dem Stück einer Helix. Auf ganz ähnliche Phänomene wie die sich überlappenden Ebenen und die Rolle des Betrachters in der Ausstellung verwies Jahre nach der EAI Edward Steichen, als er seine eigenen, mit der EAI in verschiedener Hinsicht vergleichbaren Ausstellungen im Museum of Modern Art in New York wie folgt beschrieb: „Unterschiedliche Bildmaßstäbe, Verschiebung von Brennpunkten, fesselnde Perspektiven, wie sie sich aus der Beziehung nahe und entfernt hängender Bilder ergeben – all das erlaubt dem Betrachter eine aktive Teilnahme wie keine andere Form visueller Kommunika­tion.“321 Diese Form der Ausstellung erlaubt nicht nur die aktive Teilnahme des Besuchers, sie verlangt sie auch, wenn sie in der vom Macher konzipierten Form begriffen werden sollte. Immer aber wurde in der EAI der Blick auf das Ganze – Italiens Fliegerhelden – gewahrt. Für das Verständnis der Sala bedeutete dies, dass der italienische Fliegerheld zwar singulär in seinem Verdienst, nicht aber in seiner Erscheinung war. Italien präsentierte sich als Land einer reichen, außergewöhnlichen und außergewöhnlich erfolgreichen Fliegertradition: „Welch andere Nation kann sich so tapferer Soldaten rühmen?“322 Exkurs: Paganos fotomosaico und BBPRs Stile

Nicht nur in der Sala delle Medaglie d’oro war der Raster das formgebende Element, sondern auch im Salone del Decennale von Giuseppe Pagano. Doch hier bestimmte der Raster keine dreidimensionale Struktur, stattdessen ließ Pagano das über zwei Wände hinweg applizierte, raumhohe photomural dem Rhythmus eines regelmäßigen Rasters folgen. Kivelitz bezeichnete das wohlkomponierte Juxtaposé unzähliger, rechtwinklig aneinandergefügter fotografischer Bilder denn auch als „fotomosaico“.323 Es ist wohl kein Zufall, dass die Bilddisposition auf den Wänden unter Verwendung des Rasters an das seit Januar 1933 neue Titelblatt von Casabella erinnert – immerhin war Pagano, zusammen mit Persico, Redakteur der Zeitschrift.324 Für die EAI kombinierte Pagano Fotografien aus verschiedenen Kontexten, wobei sich ein einheitlicher Raster über die Wände zieht. Wie auf dem Titelblatt von Casabella breiten sich die einzelnen Fotografien über je unterschiedlich viele Rasterflächen aus, ebenso variieren Blickwinkel und Größen erheblich; eine Nahaufnahme kann neben einer Luftaufnahme der Erde stehen. Diese Art der Verwendung des Rasters ist vergleichbar mit der von den Architekten BBPR (Banfi, Belgioioso, Peressutti, Rogers) für

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130: Giuseppe Pagano, Salone del Decennale auf der Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Mailand, 1934.

die Domus-Sondernummer Stile: Hier wie dort scheint der Raster eine Art Zoomwirkung entwickeln zu können, dank welchem das Eindringen in Fernliegendes genauso wie das Hinausfahren in die Totale möglich wird. Als BBPR im Dezember 1936 für Domus das großformatige Heft Stile gestalteten, machten sie das Millimeterpapier – damals neben dem Zeichenstift das Grundhilfsmittel in jedem Architekturbüro – zum Leitmotiv der Publikation. Das Millimeterpapier, Serialität und Gesetzmäßigkeit der Natur widerspiegelnd, setzt Objekte ins Verhältnis zueinander und steht für die proportionale Maßstabsveränderung, wie sie Architekten täglich mit dessen Hilfe vornehmen. So gleicht das Blättern im Schlussteil der Zeitschrift einem Be­trachten mit Vergrößerungsglas, denn das in regelmäßigen Abständen in Stile eingefügte Millimeterpapier führt den Leser immer tiefer ins Detail des Lebens: „Nach und nach ins Innerste des modernen Lebens vordringend, finden wir deutlich die Fragen der moralischen, politischen, ästhetischen, wirt­schaft­­ lichen Probleme, die sich die Kunst bewusst zu eigen machen muss, um eine funk­ tionale und stilistisch einheitliche Lösung darauf zu finden.“325 Die Parallelen zwischen der Gesellschaft und serieller, funktionaler Gestaltung wird mittels Raster und Millimeterpapier deutlich gemacht: So stehen 8 × 8 identische

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131–132: BBPR, Doppelseiten aus Stile, Dezember 1936: 8 × 8 Aufnahmen einer Volksmasse, auf der Gegenseite Millimeterpapier mit der Fotografie eines Waldstücks; folgende Doppelseite: Millimeterpapier mit Waldstück von hinten, Luftaufnahme von Sabaudia.

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133–134: BBPR, Doppelseiten aus Stile, Dezember 1936: 1 × 1 Aufnahme einer Volksmasse, auf der Gegenseite Millimeterpapier mit der Fotografie eines einzelnen Blattes; folgende Doppelseite: Millimeterpapier mit Blatt von hinten, Freischwinger.

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Aufnahmen einer Volksmasse der Fotografie eines Waldstücks, aufgedruckt auf semitransparentes Millimeterpapier, und der Vogelperspektive auf Sabaudia gegenüber; 4 × 4 Aufnahmen der Masse stehen parallel zur Fotografie einiger weniger Bäume – wiederum auf Millimeterpapier – und zur Fassade von Terragnis Casa del Fascio; 2 × 2 Aufnahmen derselben Masse setzen BBPR in Verhältnis zur Fotografie eines Astes und der Terrasse der Villa al Villaggio dei Giornalisti von Luigi Figini; eine einzige Aufnahme der Volksmasse schließlich entspricht der Fotografie eines einzelnen Blattes (auf Millimeterpapier) beziehungsweise eines Stuhls von Walter Gropius.326 Es wird deutlich, dass das Millimeterpapier für die unendlich mögliche Repetition der funktionalen und stilistischen Einheit steht. Nachdem der Leser nun in den Makrobereich des alltäglichen Lebens eingetaucht ist, kehren BBPR nochmals um und zeigen die Totale: eine Fotografie des Himmels und ein leeres Millimeterpapier. Der Semitransparente Durchblick

Bei der Gitterstruktur der EAI in Persicos und Nizzolis Raum geht es nicht um die Zerstörung des „immagine cubica dello spazio“327 – dieses „kubische Bild des Raumes“ wird gerade durch die rechtwinklige Gitterkonstruktion, die den gegebenen Raum ausnützt, ohne ihn zu verstellen, betont. Es geht also nicht um eine Beseitigung eventueller überlieferter Regeln, sondern um die Schaffung einer neuen Perzeption des Raums durch den Ausstellungsbesucher. So wie bei Nizzoli und Persico konnte ein Ausstellungsbesucher noch kaum je eine Ausstellung lesen. Kieslers Leger- und Trägersystem war die Gestalt gewordene Umsetzung einer konkret-kubistischen Idee und kurz darauf des Credos der De-Stijl-Bewegung; die Exponate scheinen bei Kiesler denn auch eher sekundär und sind entsprechend spärlich in das Leger- und Trägersystem gesetzt. Bei Nizzoli und Persico ist das Gitter raumbildendes Mittel zum Zweck. Die regelmäßigen, quadratischen Rechtecke des Rasters verlangen, dass die Bilder auf wenige, definierte Formate vergrößert sind; das einzelne Rechteck im Raster ist dabei die Maßeinheit. Persico arbeitete auch in den Printmedien mit (halben) Durchblicken und Überlagerungen. Für einen Katalogumschlag existiert folgender Entwurf: „Er besteht aus einem Cellophanblatt mit geometrischen Formen, das auf einen weissen Karton gelegt wird, auf dem in der Art einer Collage eine Scheibe violetten Papiers und das aus einer früheren Publikation ausgeschnittene Wort ,Omus‘ appliziert sind. Mit der Überlagerung des Cel­lophans wird die Marke ,Domus‘ gebildet.“328 Dieses Vorgehen erinnert stark an den Um­schlag der ersten und einzigen Nummer von Valori Primordiali (Nr. 1, 1936). Es ist durchaus vorstellbar, dass der raffinierte halbtransparente Durchblick von Valori Primo­rdiali ein letztes Werk Persicos ist:329 „In den quadratischen Ausschnitt im oberen rechten Viertel des Umschlags ist mittig von hinten ein vertikaler Streifen aus farbigem Seidenpapier geklebt. Liegt nun der Umschlag auf dem Schmutztitel, überdeckt das gelbe Streifchen die auf den Schmutztitel gedruckte ‚1‘– der Leser von Valori

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­ rimordiali wird gleich auf den ersten Blick P durch die Schichten des ‚Gehäuses‘ [– den Um­ schlag des Buches –] in die Tiefe verwiesen“.330 Das Zellophan in den Printmedien – der semitransparente Durchblick – ist das diaframma in der Ausstellungsgestaltung: In der EAI übernahmen diese Rolle die durchbrochenen Rasterwände und die Leuchtkörper hinter Milchglas, während Nizzoli und Persico den Salone d’Onore an der VI. Triennale (Mailand 1936) mit einer semitransparenten Membran auskleideten, die den Saal in weiches Licht tauchte.331 Daraus entstand eine be­sondere Atmosphäre, wie Casabella zum Salone d’Onore an der VI. Triennale bemerkte: „[…] ein Werk von seltener, großartiger Poesie. Eine Reihe 135: Valori Primordiali, 1936, Titelseite. weißer Trennwände erhob sich vom Boden, um im selben Weiß der Decke zu verschwinden, wand sich dann, etwas abgerückt von den ebenfalls weißen Wänden, rund um den Saal: Der Raum wurde skandiert von einem sozusagen geheimen Rhyth­mus, der jedes Zusam­men­treffen im Weiß aufhob und sich im Weiß verlor. “332 Das Wegblenden mittels semitransparenten Folien, das Überblenden von gestalterischen Elementen, insbesondere das Versperren des freien Blicks ist ein Erkennungsmerkmal von Persico; in Werbungen überlagern sich Rechtecke,333 in Ausstellungen wird Besuchern der Ein-Blick in den nächsten Ausstellungsraum versperrt. Was Peter Meyer während seines Besuchs an der VI. Triennale (Mailand 1936) vielleicht am meisten frappierte, war, dass der von Persico zusammen mit Marcello Nizzoli und Giancarlo Palanti gestaltete Salone d’Onore (vgl. Abb. 144–145) keine wie gewohnt mo­ numentale Öffnung besaß – dies wäre der Stil von Sironi gewesen –, sondern im Gegenteil der Eingang den Raum beinahe abschloss: „Und das Raffinierteste: Dieser Monumentalraum hat keinen Eingang, oder doch ‚fast keinen‘. Die eine der Wandkulissen ist als bloßer Rahmen gebildet […], im übrigen infiltrieren die Besucher durch die Zwischenräume, und dadurch erhält dieser Saal eine wirklich weltentrückte Geschlossenheit, wie sie durch kein anderes Mittel erreichbar wäre. Auch dies ein Raumgedanke, den man sich merken muss und der in bescheidener Form mehrmals wiederkehrt: Statt durch ein betontes Portal sofort den Einblick zu einem Raum zu öffnen, wird mehrfach dieser Einblick durch eine frontale Kulisse gesperrt. Man erreicht dadurch, dass der dahinterliegende Raum geschlossen und überraschend neu wirkt, während dieser Effekt sonst dadurch verlorengeht, dass Teile des Raumes schon von angrenzenden Räumen her eingesehen werden.“334

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In der Persico gewidmeten Doppelnummer von Campo Grafico wird der Rhythmus seiner grafischen Arbeiten mit seiner Architektur parallel gesetzt. Der Rhythmus seiner grafischen Gestaltung, so heißt es, beziehe sich auf Struktur und Masse des Materials; um­gekehrt sei seine Architektur – speziell die Sala delle Medaglie d’Oro und der Salone d’Onore der VI. Triennale – und deren Rhythmus eine Spiegelung typografischer Muster.335 Was aber die Arbeiten, seien sie zwei- oder dreidimensional, auch miteinander verbindet, ist die Form der überlappenden Präsentation. Dies macht sie zu einer spezifischen Ausprägung der (Foto-)Montage.

Die Fotomontage als Kunst am Bau: Terragnis Casa del Fascio und die Fassadendekoration von Terragni und Nizzoli Im November 1934 fand in Genua unter Leitung des Futuristen Filippo Tommaso Marinetti und der Künstlerkollegen Enrico Prampolini, Fillia (Luigi Colombo) und Federico De Filippis die Prima Mostra Nazionale di Plastica Murale per l’Edilizia Fascista statt, die zweite Ausstellung zum gleichen Thema folgte 1936.336 Plastischer Wandschmuck, so die Veranstalter, solle die Case del Fascio und andere Gebäude der öffentlichen Hand als faschistische Institutionen auszeichnen. Die Ausführung sollte dabei eingeschriebenen Künstlern obliegen, „ausgewählt unter jenen, die fähig waren, die Themen und die vorgegebenen Ideologien geistig und anschaulich zu interpretieren“.337 Die Ausstellung der Fu­­­­turisten machte es sich zur Aufgabe, „die Welt der Dinge als direkte Projektion der geistigen Welt wiederzugeben.“338 Der Künstler müsse vom Tafelbild „befreit“ werden, welches dem zeitgenössischen Leben nicht mehr angemessen sei. Folgerichtig zeigten die Futuristen in den Ausstellungen keine herkömmliche Wandmalerei, sondern plädierten für eine Verbindung von Architektur und Plastik.339 Auch wenn die Initiative der Futuristen kaum Folgen zeitigte, fällt auf, dass im Fall der Casa del Fascio in Como die Planung für eine Fassadendekoration nach der Genueser Ausstellung einsetzte, zu einem Zeitpunkt, als die mehrfach hinausgezögerte Fertigstellung des Baus endlich in Sichtweite war. Es handelte sich in Como genau um den von den Futuristen anvisierten Fall. Die Casa del Fascio war so untypisch, dass die faschistischen Funktionäre sie gern mit einer eindeutig lesbaren Ikone versehen hätten.340 Zeitlich, aber auch argumentativ steht also die Initiative, die Fassade der Casa del Fascio in Como mit einem Kunstwerk zu versehen, in der Folge der futuristischen Prima Mostra Nazionale di Plastica Murale per l’Edilizia Fascista. Eine Casa del Fascio hatte zentrale Funktionen der Propaganda zu erfüllen. Sie war Sitz des lokalen Vertreters der faschistischen Partei, von hier aus wurde die Propaganda in den Bezirk hinausgetragen, sie war Dreh- und Angelpunkt der lokalen Zwei-

Fotomontage und Architektur

ge der faschistischen Organisationen (ONMI, OND, ONB, ONC).341 Die komaskische Casa del Fascio war nach jahrelangen Bauarbeiten, diversen Verzögerungen und mehr als einer Verdoppelung des Budgets 1936 eröffnet worden; der rationalistische Bau des einheimischen Architekten Giuseppe Terragni löste eine polemische Debatte aus.342 1935 wurde erstmals ein Entwurf für die Fassadengestaltung eingereicht; über mehrere Jahre, bis 1942, wurde immer wieder über die am Ende nie ausgeführte Dekora­ tion diskutiert.343 Diane Ghirardo beschreibt die Geschichte der Fassadendekoration, die Entwürfe Terragnis und Nizzolis (zum Teil zusammen mit Enrico Arrigotti, der den historischen Part in der Sala O an der MRF 1932 verantwortete) sowie das Hin und Her zwischen den involvierten Interessengemeinschaften in ihrem Artikel „Politics of a Masterpiece: The Vicenda of the Decoration of the Façade of the Casa del Fascio, Como, 1936–1939“, der

136–137: Marcello Nizzoli und Giuseppe Terragni, Fassadentwurf zur Casa del Fascio, Como, 1935/1937.

bisher einzigen Publikation, die sich in dieser Ausführlichkeit dem Thema widmet.344 Anfang September 1936, so Ghirardo, wurde ein erster Entwurf eingereicht, ein zweiter 1937; die bekannten Fotomontagen, die Terragni und Nizzoli wohl zur Veranschaulichung des Projekts dienten, werden dabei den beiden Entwürfen zugeordnet.345 Im Centro Studi Giuseppe Terragni in Como finden sich zwei Pläne mit Maßangaben, die je sehr nahe an die Anordnung der Paneele auf den Fotomontagen kommen.346Beim genauen Betrachten fällt auf, dass der Plan, der beinahe dem – gemäß Ghirardo zweiten, 1937 eingereichten – Entwurf entspricht, die Datierung „4.5.35“ aufweist. Kann es sein, dass Terragni und Nizzoli im Mai 1935 einen Entwurf machten, den sie dann zirka zwei Jahre beiseite legten, um 1936 eine abgespeckte Variante zu präsentieren, bevor sie ihn 1937, leicht variiert, wieder hervorholten? Oder könnte es sein, dass Ghirardos so genannter „zweiter Entwurf“ von 1937 eine erste Variante von 1935 ist und die in Quadrante 1936 publizierte Version bereits der zweite Entwurf ?347

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Bei beiden Versionen handelt es sich um eine Zusammenstellung von knapp zwei Dutzend Bildern faschistischer Gruppierungen unter einem Bildnis Mussolinis. Ghirardo legt dar, wie der erste Entwurf aufgrund von Animositäten zwischen den Parteibüros in Como und Rom, und nicht etwa aus inhaltlichen oder technischen Gründen, abgelehnt wurde.348 Auf Aufforderung der faschistischen Partei von Como reichten Terragni und Nizzoli einen zweiten Entwurf ein. Wiederum ein Ensemble von Paneelen faschistischer Themen wie Anbauschlacht, Familie (Mutter und Kind) und Bevölkerungswachstum, stand es nach wie vor unter der (bildlichen) Herrschaft Mussolinis: Die Casa del Fascio sollte dank der entsprechenden Ikonografie als das, was sie war – das Parteihaus von Como – wahr­­genommen werden. Die Approbation des Entwurfs zögerte sich so weit hinaus, dass er schließlich wegen des ausgebrochenen Krieges nicht mehr ausgeführt werden konnte. Ein drittes und letztes Mal wurde das Traktandum 1942 aufgenommen, da war die Zeit für die Ausführung eines Fassadenschmucks aber definitiv vorbei. Für beide hier diskutierten Entwürfe wählten Terragni und Nizzoli ein hochmodernes grafisches Verfahren der Zeit, die Fotogravüre auf Emailtafeln, die auch Mario Radice für einzelne Teile seiner Wanddekorationen in den Sale per adunate respektive del direttorio im Innern der Casa del Fascio gewählt hatte. Die Fotografie eignete sich insofern gut, als sie (wie schon oben besprochen) der Inbegriff einer immer noch als neu geltenden Technik war und folglich als dem zukunftsgerichteten faschistischen Staat angemessen galt. Außerdem sei die Fotografie, schreibt der Maler und Fotomonteur Luigi Veronesi, ausgestattet mit „kommunikativen, sofort wirksamen und vielseitigen Möglichkeiten“.349 In eine ähnliche Richtung zielten Terragni und Nizzoli, als sie forderten: „Die revolutionäre und propagandistische Idee muss im Inneren wie am Äußern des Gebäudes klar ausgedrückt werden mit einer DEKORATION, die gleichzeitig – DOKUMENTARISCH – SUKZESSIV – PÄDAGOGISCH ist –“.350 Und für eine solcherart beschaffene Dekoration schien nur ein Mittel geeignet, die Fotografie: „Warum vergesst ihr absichtlich diese wunderbare Erfindung – ein kulturelles Element –, die gleichzeitig ein mächtiges Dokumentations- und Propagandamittel ist und die, in bestimmten Fällen, die wirkungsvollste Kunstform darstellen kann?“351 Die Zusammenstellung verschiedener fotografischer Ausschnitte zu einer Montage war ein in Ausstellungen und Printmedien bereits vielfach bewährtes Mittel. Auch die Umsetzung des faschistischen Programms in eine Fotomontage oder die Darstellung des Duce im Rahmen einer solchen war nicht neu. Neu war hingegen die Anwendung der Fotomontage als nicht temporäre Dekoration einer Außenfassade.352 Für die Entwürfe der Fassadendekoration hatten Terragni und Nizzoli Ausschnitte aus Aufnahmen von Massenaufmärschen, Soldaten und Balilla-Kindern herausgelöst und stark vergrößert. Diesen der Fotomontage genuinen Akt der Fragmentierung machten Terragni und Nizzoli deutlich sicht- und erkennbar: Die Anschnitte an

Fotomontage und Architektur

138–139: Marcello Nizzoli und Giuseppe Terragni, Fassadenentwürfe zur Casa del Fascio, Como (Ausschnitte), 1935 (links) und 1937 (rechts).

den Rändern der Fotos lassen das größere Ganze mitdenken und die Botschaft, dass die gewählten Portraits als pars pro toto stehen, wird damit klar lesbar. Umgekehrt funktioniert die Botschaft ebenfalls, wurde doch jede Abgrenzung, sei es durch Bildrand oder Inszenierung, vermieden: Der unten auf dem Platz vor der Fassade stehende Betrachter sollte sich als Teil des Ganzen, der Masse fühlen. Im Gegensatz zum verhüllenden Charakter des Gebäudes, dem Kurt W. Forster nachgeht,353 präsentierten sich die Fotomontage-Entwürfe von Terragni und Nizzoli demnach als offene, einfach und schnell lesbare Werbetafeln, deren Massenbilder explizit einnehmend wirkten. Sogar das die Assemblage krönende Fotoportrait Mussolinis, wie es in den Fotomontagen erscheint, stand mit dem stechenden Blick in Kontakt mit dem Passanten. Dies war ganz im Sinne der Auftraggeber, die die Casa del Fascio den Bürgern näherbringen wollten. Vom Prinzip der Vereinnahmung wichen nur wenige Elemente ab wie das Motiv libro e moschetto (Buch und Karabiner) und das Motto credere – obbedire – combattere (glauben – gehorchen – kämpfen). Bei alledem war die Wand nicht als billboard354 konzipiert (zum Vergleich sei auf die zeitgenössische Aufnahme von Tim Gidal einer Hauswand in Florenz verwiesen, vgl. Abb. 118), sondern die Fotomontage folgte einer konstruierten, der konkreten Malerei Comos nahestehenden Logik. Denn Fotomontage soll nicht einfach ein Miteinander von Fotografien sein, wie schon Luigi Veronesi schreibt, „mit mehr oder weniger

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140: Mario Radice, Skizze für das Wandgemälde der Sala del Direttorio, Casa del Fascio, Como, Kohlezeichnung, 1932–1934.

dokumentarischem Anspruch, wie man es häufig sieht“, sondern: „es ist vor allem eine malerische Komposi­tion“.355 Die beiden Entwürfe der Casa del Fascio basieren, ähnlich den Rasterausstellungen, die Nizzoli zusammen mit Persico gestaltet hatte (Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Sala delle Medaglie d’Oro, Mailand 1934 und Castello pubblicitario in der Galleria Vittorio Emanuele, Mailand 1934, vgl. S. 148 ff. und S. 133 ff.), auf rechtwinkligen geometrischen Formen.356 Der Bezug zur konkreten italienischen Malerei (man denke an Mario Radices Malerei, aber auch an Manlio Rhò, Virginio Ghiringhelli, Atanasio Soldati, ja anfangs der dreißiger Jahre sogar noch an Bruno Munari) liegt zwar weniger deutlich auf der Hand als bei Radices Wandgemälde für die Sala del direttorio in der Casa del Fascio, doch kommt er in der grafischen Aufteilung der Fläche klar zum Ausdruck. David Rifkind weist auf die Verbindung von Terragni mit Radice und dessen Frau, einer Mathematiklehrerin, hin und ihrer Diskussion von Matila Ghykas Buch Le nombre d’or (1931). Terragni selbst schreibt in der monografischen Ausgabe von Quadrante über den Goldenen Schnitt: „[Die grundlegenden Linien] zielen auf eine Perfektion der Beziehungen ab, durch ein ‚Kalibrieren‘ der verschiedenen ‚Stücke‘, aus denen sich eine Fassade zusammensetzt.“357 Während der früher zu datierende Entwurf von Terragni und Nizzoli vielfältiger ist, aber auch überladen wirkt, folgt der spätere, klar gegliederte Vorschlag einzelnen tracés régulateurs der Hauptfassade.358

Fotomontage und Architektur

Der Punktraster als Fingerabdruck reproduzierter Fotografie

So offensichtlich das Verhältnis der Entwürfe für die Casa del Fascio zur zeitgenössischen konkreten Malerei scheint, so deutlich springt die Beziehung der Emailtafeln zur Technik der Fotografie und ihrer fotomechanischen Reproduktion ins Auge.359 Die vergrößerten Ansichten bestanden aus großen und gut sichtbaren Rasterpunkten, dem Publikum vom Zeitungsdruck her bekannt.360 Zeitgleich und in unmittelbarer Nachbarschaft bediente sich auch Max Bill dem Motiv der Rasterpunkte. Er zeigte an der VI. Triennale in Mailand eine Wand mit Rasterpunkten als Sinnbild des Drucks und gab damit, wie Stanislaus von Moos ausführt, Max Huber die Idee zu einer ganzen Reihe von Arbeiten, deren Thema die Reproduktion mittels Raster war.361 Einige Beispiele aus der Werbung zeigen, dass man noch weiter gehen und den Punktraster in den 1930er Jahren als eine Art Fingerabdruck der reproduzierten Fotografie verstehen könnte. Bald dienten Rasterpunkte in Artikeln und Reklamen sogar zur schnellen Identifikation der fotografischen Technik per se. In einer Reklame wirbt das Studio Boggeri mit den Utensilien des Gestalters: Winkelmaß, Pinsel, Palette, ein abstrahiertes Auge, dazu ein Rechteck aus Punktrastern. Letzteres repräsentiert die Fotografie und ihre Reproduktion als Arbeitsmittel des Grafikers. Eine Werbung von Dradi + Rossi (Mitgründer des Campo Grafico) für das Geschäft La Fotomeccanica zeigt einen antiken Frauenkopf, dessen steinerne Oberfläche sich graduell in Punkte auflöst: Die fotomechanische Reproduktion schafft es, auch die Antike zu vervielfältigen. Die Druckerei De Pedrini schließlich warb mit einem Punktraster für die neue Errungenschaft des Offsetdrucks: „Der Raster […] hat sich als ein sehr modernes Ausdrucksmittel erwiesen“.362 Hier wird der Punktraster selbst, anstelle eines Bildes, zum Ausdrucksmittel. Parallel zum Entwurf für die Casa del Fascio trieb Marcello Nizzoli die Erfahrung von Como ad absurdum: mosaico und fotomontaggio kombinierte er für den Salone d’Onore an der VI. Triennale zum fotomosaico (Mailand 1936, zusammen mit Lucio Fontana, Giancarlo Palanti, Edoardo Persico363). Bereits in der Relazione hatte Nizzoli zusammen mit Terragni und Arrigotti formuliert: „Anderseits ist die Fotografie eine sehr moderne Kunstform, und wenn die Römer die Geheimnisse eines Fotoobjektivs gekannt hätten, hätten sie uns Caesar nicht nur in Form von Skulpturen überliefert, sondern hätten auch seine Kriege, seine Erobe­rungen und seine Triumphe doku­ mentiert.“364 Dieser Idee folgend, ist die Fotografie für Nizzoli ein den antiken Künsten durchaus angemessenes Medium. Im Ehrensaal der VI. Triennale präsentierte Nizzoli fünf Portraits römischer Herrscher (Scipio, Cäsar, Augustus, Trajan, Konstantin), eines über dem andern, so dass sich ein breites Band von der Decke bis zum Boden zog, „wie ein Filmstreifen“.365 Den Eindruck einer Filmsequenz unterstützte der große Punktraster, welcher die Portraits unmittelbar als fotomechanische Reproduktionen erkennen lässt. Das heißt: scheinbar erkennen lässt, denn Nizzolis Coup besteht darin, dass er diese foto-

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141: Studio Boggeri (Imre Reiner), Anzeige für das Studio Boggeri, 1933. 142: Dradi + Rossi, Werbung, vor 1936. 143: De Pedrini, Werbung, vor 1935.

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mechanische Reproduktion durch die antike Technik des Mosaiks täuschend ähnlich imitiert.366 Was Nizzoli dazu geführt haben mag, wurde bislang nicht diskutiert. Klar ist sein Wille zur Allusion an die Antike, auch durch die Anspielung auf Säulen mittels „schmal-hohen Wandstreifen mit noch schmäleren Zwischenräumen“.367 Vorstellbar wäre, dass Nizzoli durch den „Fingerabdruck“ der modernen Technik die Personen aus vergangenen Zeiten in die Gegenwart holen wollte, die fotomechanische Reproduktion aber gleichzeitig als dem Thema nicht angemessen empfand. Das Argument, eine moderne Technik wie die fotomechanische Reproduktion sei der Aufgabe nicht angemessen, scheint auch im Fall der Casa del Fascio in Como zumindest partiell Grund für die Ablehnung gewesen zu sein. Zu Beginn scheinen zwar innerparteiliche Spannungen vielmehr als Kritik an der Technik oder am Inhalt zur Ablehnung der Entwürfe geführt zu haben.368 Denn noch im März 1936 bestätigt der Parteisekretär Giovanni Marinelli aus Rom, von der Art der Ausführung Kenntnis zu haben, ohne die Fotomontage als Technik zu kritisieren. Ernesto Carugati, Parteisekretär Comos, der seine Schwierigkeiten mit Terragni, den Kosten und den Bauver-

144–145: Marcello Nizzoli, Salone d’Onore auf der VI. Trienale, Mailand, 1936 ( 144: Portraits römischer Herrscher).

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zögerungen hatte, wies wenig später sogar darauf hin, dass der (einzige) Vorteil des Entwurfs die neuen Materialien seien, er strich also die Fotomontage als Technik positiv heraus. Doch die zwar spät aber doch noch einsetzende Parteikritik an der Technik der Fotomontage lässt ebenso den Schluss zu, dass mindestens der zweite Entwurf aufgrund der dem Thema nicht angemessen erscheinenden Ausführung endgültig gescheitert war. Denn trotz der unzweifelhaft modernen Ausstrahlung der Fotomontage, die mit dem zukunftsgerichteten Bild des Faschismus übereinstimmte, war für die Verantwortlichen absehbar, dass die Technik in die Kritik geraten würde. Zum Teil war dies schon der Fall: Der beigezogene Römer Ingenieur Tullio Nicoli hatte die Ansicht geäußert, eine Fotogravüre sei dem Bildnis des Duce nicht angemessen. Der Kritik Nicolis folgend, änderte auch Marinelli seine Meinung und gestand den „fotomechanischen Bildern“ zwar zu, technischen Fortschritt zu zeigen, „aber nicht die künstlerische, schöpferische Fähigkeit, an der es in Italien gewiss nicht fehlt“.369 Tatsächlich enthält der spätere Plan an der Stelle von Mussolinis Konterfei den Vermerk „Duce marmo“ (Duce in Marmor). Die hochrechteckige Fotografie als Platzhalter könnte ein Hinweis darauf sein, dass dabei nicht an eine plastische Büste, sondern vielmehr an eine Ausführung als Marmormosaik gedacht wurde.370 Die Fotomontage: doch zu armseelig für Kunst am Bau

Auch wenn Giuseppe Terragni ungeachtet der offiziellen, definitiven und ohne Be­ gründung erfolgten Ablehnung im November 1936 am (zweiten) Entwurf weiterarbeitete und auch der Bürgermeister, Terragnis Bruder, weiterhin am Projekt festhielt, kam es nie zur Ausführung. Als das Projekt einer Fassadendekoration im Herbst 1938 nochmals aufgenommen wurde, wurde Tullio Nicoli beauftragt, einen Vorschlag zu liefern. Doch auch dieser wurde abgelehnt – Terragni hatte erfolgreich gegen die Veränderung der Erscheinung seiner Casa del Fascio interveniert. Notgedrungen beauftragte die faschistische Partei also ein letztes Mal Terragni und Nizzoli, die im Mai 1939 nunmehr eine gegenüber den ersten beiden Entwürfen vollkommen verschiedene Idee präsentierten: eine übergroße Plastik – Pferd und Pferdeführer – auf einem der blinden Wand vorangestellten Podium, eine Gruppe, die stark an Lucio Fontanas Skulptur in Nizzolis und Persicos breit rezipiertem Salone d’Onore auf der Triennale 1936 erinnerte. Wie wir wissen, wurde auch dieser Vorschlag (aus Kostengründen) genauso wenig ausgeführt wie der allerletzte, von der Partei quasi diktierte Versuch Nicolis: ein stilisierter Adler mit faschistischem Leitspruch. Die Fotomontage war ein Instrument des architektonischen Entwurfs, wie Beispiele aus dem Studio Terragni für die Sala O (MRF 1932), den Palazzo del Littorio (mit Carminati, Lingeri, Saliva, Vietti, Nizzoli, Sironi, ab 1934) oder auch das Danteum (mit Pietro Lingeri, 1938) zeigen, sie war aber auch, so betonen Terragni und Nizzoli selbst, ein politisches Instrument.371 Im Unterschied zur MRF wenige Jahre zuvor (1932; vgl. S. 71 ff.) wurde im Fall der Casa del Fascio die Fotomontage nicht mit dem Vorwurf des

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Bolschewismus konfrontiert, und es wurden auch keine Parallelen zu propagandistisch eingesetzten Fotomontagen in der Sowjetunion gezogen. Als recht spät die Kritik an der Technik in Bezug auf den zweiten Entwurf aufkam, beschränkte sich der Vorwurf auf das für die Aufgabe zu armselige Material. Die Möglichkeit der Fotomontage als propagandistisches Werbepaneel einer Casa del Fascio war also bis in die zweite Hälfte der 1930er Jahre denkbar, immerhin wurde sie über Jahre ernsthaft diskutiert.

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III Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike

Die Sakralisierung des Faschismus Eine Licht-Foto-Montage auf dem Mailänder Dom Mussolini stellte sich, sein Regime und die Stadt Rom in eine Reihe mit dem Impero der antiken Kaiser und der Roma restaurata der Päpste. Um das Bild der nahtlos fortlaufenden Tradition nachhaltig im Gedächtnis der Bevölkerung zu verankern, bediente sich der Propagandaapparat des Faschismus zum Teil ganz konkret im Repertoire der mächtigen Vorgänger. Man scheute sich nicht vor Rückgriffen auf die Antike, aber auch nicht vor der Übernahme von Formen, Ritualen und Symbolen des Katholizismus.1 Erwähnt sei hier nur die Befana, der Dreikönigstag, an dem den Kindern Geschenke überreicht werden und die 1928 in Befana fascista umbenannt wurde; 1931 verlegte man die Befana fascista vom 6. Januar auf den Weihnachtstag, worauf das Fest Natale del Duce genannt wurde. Indem sich der Faschismus religiöser Versatzstücke bediente, die er in die weltliche Propaganda integrierte, baute er auf positiv besetzten Handlungen und Bildern auf, die seit Jahrhunderten im kollektiven Gedächtnis des Volkes verankert waren. Dadurch entwickelt sich in totalitären Regimes wie dem Faschismus, so schreibt Matthias Behrens, „[…] ein Mythos und ein kultisches Leben (Ritus, Liturgie, Sakralsprache, Musik); beide sollen bei der Verwirklichung der ideologischen, zur Aktion aufrufenden Moral helfen und eine Intensität der Erfahrung bewirken, um dem totalitären Anspruch zu entsprechen.“2 Das Phänomen der Sakralisierung der Politik beschränkt sich keineswegs auf Mussolinis Italien, doch die in diesem und dem folgenden Kapitel beschriebene direkte Konkurrenz zwischen Mussolini und dem Papst führte zu einigen Spezifika. Im katholischen Italien, besonders aber im päpstlichen Rom, war die Rivalität omnipräsent und heftig, ungeachtet des geflügelten Wortes „Der Duce hat immer recht“.3 Der Machtanspruch Mussolinis machte nicht an den Grenzen der weltlichen Führung halt, gleichwohl kann trotz Mussolinis Diktum von 1926, „Der Faschismus ist

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nicht nur eine Partei, […] sondern auch eine Religion“,4 kaum vom Faschismus als einer Religion gesprochen werden, wie dies Emilio Gentile vertritt. Vielmehr scheint es sich, wie Alexander Nützenadel schreibt, bei der Übernahme von religiösen Ritualen und Symbolen um eine „oberflächliche Adaption“ ohne eigentliche „Ausbildung eigenständiger religiöser Glaubensinhalte“ gehandelt zu haben.5 Und doch, so soll in den folgenden Abschnitten gezeigt werden, war das Duceportrait auf der Fassade des Mailänder Doms immerhin der Versuch, durch eine im wahrsten Sinne des Wortes „oberflächliche Adaption“ einen neuen Glaubensinhalt zu generieren.

Montage mit Licht – zur Beziehung zwischen staatlicher und religiöser Herrschaft

„Die mystische und die politische Seite bedingen einander. Das eine ohne das andere ist trocken, das andere ohne das eine zerblättert im Winde der Fahnen.“6 (Benito Mussolini, 1932) Am Abend des 28. Oktober 1933 wurde auf der Fassade des Mailänder Doms ein zirka dreißig Meter hohes, kantig geschnittenes, schwarzweißes Portrait Mussolinis zur Schau gestellt (vgl. Abb. 146–148). Weder vor 1933 noch danach wurde je wieder ein Portrait Mussolinis auf einer Kirchenfassade gezeigt, es blieb bei diesem einmaligen Unternehmen.7 Wenig staatsmännisch, doch mit gewohnt stechendem Blick schaute der Duce dem Volk in die Augen. Das Konterfei fällt innerhalb der stilistisch breitgefächerten Palette an Duceportraits aus dem Rahmen.8 Man findet es allerdings in den frühen zwanziger Jahren vereinzelt als Illustration in Zeitschriften, bei Massenveranstaltungen, etwa als Karton, bis in die dreißiger Jahre und zirka 1926 auf einem Keramikteller, der in seiner Randinschrift das auffällige, völlige Fehlen der sfumature (Zwischentöne) thematisiert und auf den Portraitierten selbst überträgt, heißt es doch auf dem Tellerrand: „Der Mann, der keine Zwischentöne zulässt / entweder weiß oder schwarz / mit uns oder gegen uns.“9 Seinen Ursprung könnte das schwarzweiße Portrait im Schablonendruck haben, wie er für Straßengraffiti verwendet wurde.10 Die überlieferten Abbildungen des Portraits auf der Domfassade lassen vermuten, dass es sich dabei um einen gemalten Karton handelte, der beim Eindunkeln am Abend des 28. Oktobers 1933 von Scheinwerfern angestrahlt wurde. Leider erfährt man aus den zeitgenössischen Berichterstattungen nichts Näheres; sie erwähnen keine technischen Details, sondern sprechen pauschal von illuminazioni (Beleuchtungen), da gleichzeitig mit Mussolinis Portrait die Fassade des Doms, aber auch die umliegenden Palazzi hell erstrahlten; Leuchtschriften, kolossale Kandelaber und Blumen ( die Rede war von einem giardino luminoso – einem leuchtenden Garten) verwandelten den Platz in ein Lichttheater.11

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Obwohl diese Lichtinszenierungen populär, optisch auffällig und ein wichtiges Propagandainstrument des faschistischen Regimes waren, wurde bisher dem Phänomen – im Unterschied zu ganz ähnlichen zeitgenössischen Inszenierungen in der Sowjetunion12 – in der Literatur wenig Beachtung geschenkt; falls doch, so nur als kurze Erwähnung im größeren Rahmen breiterer Forschungsgebiete wie der Sakralisierung des Faschismus oder des Mediums Licht im Kontext von Kultur oder Krieg.13 Lichtinszenierungen zum 28. Oktober

Anlass für das nach Einbruch der Dunkelheit hell erstrahlte Portrait Mussolinis war die Feier des Jahrestags der Marcia su Roma (Marsch auf Rom) vom 28. Oktober 1922.14 Zu diesem anniversario wurden regelmässig illuminazioni organisiert; seit 1926 bot der Feiertag jedes Jahr Anlass zu einem Fest der Bevölkerung:15 Faschistische Verbände wie die Miliz, Gewerkschaften, Jugendorganisationen sowie die Vereinigung der Witwen und Waisen, der Dekorierten und der Verwundeten übernahmen ihren Part im straff organisierten Tagesablauf. Der Feier wurde eine militärische Note verliehen,

146: Vincenzo Carrese, Milano saluta il Duce, 28. Oktober 1933.

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um allen, wie es im Foglio d’ordini (Tagesbefehl) der faschistischen Partei hieß, „‚das Bild zu vermitteln, dass an der Basis der faschistischen Revolution der großartige Zusammenhalt von Mannschaften steht, die jedem Bürger das Leben und den Fortschritt garantieren‘.“16 Eine strenge Struktur gliederte den Festanlass: Der Morgen galt der religiös inspirierten Feier mit faschistischem Ritus, dem Gedenken an die Gefallenen, den Paraden und der Rede des Duce, die via Radio in alle Winkel Italiens übertragen wurde. Der Nachmittag gehörte dem Volksfest mit Tanz und Musik sowie Ausflügen aufs Land. In Rom fand im Beisein Mussolinis eine Militärparade samt Flugzeugstaffeln und Aufmärschen der faschistischen Verbände statt.17 In ganz Italien versammelten sich abends die Faschisten, um ihrer gefallenen Kollegen zu gedenken, für die Bevölkerung stand son et lumière auf dem Programm: In allen größeren Städten Italiens wurden Filme zu Ehren Mussolinis vorgeführt und faschistische Parolen, etwa „W il Duce“, projiziert; Straßen und Plätze waren hell erleuchtet, öffentliche Gebäude illuminiert und beflaggt, in der Stadt hingen leuchtende Symbole des Faschismus wie der Fascio, Gruppen von Fackelträgern zogen durch die Straßen und Höhenfeuer wurden entzündet.18 Stadtzentren wurden mit ephemeren leuchtenden Konstruktionen in ein Lichttheater verwandelt. Auch am Abend des 28. Oktober 193319 strömte das Volk, trotz widriger Umstände, in Scharen auf den Mailänder Domplatz, wie L’Illustrazione italiana schrieb: „Die Menge […] ist am Abend des 28. Oktober herbeigeeilt, um trotz strömendem Regens die Beleuchtung des Domplatzes zu bewundern“.20 Das lokale Elektrizitätswerk, die Azienda Elettrica Municipale (AEM), hatte den Domplatz mit kolossalen Kandelabern und Blumen in einen giardino luminoso verwandelt. Die Licht-Foto-Montage auf dem Mailänder Dom war Teil dieser abendlichen Lichtinstallation zum Jahrestag des Marsches auf Rom. Der Domplatz bot sich für eine solche Massenversammlung an, bildet er doch von alters her den Dreh- und Angelpunkt Mailands, und zwar nicht nur als geografisches Zentrum der in konzentrischen Kreisen aufgebauten Stadt, sondern auch in wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht, wie der in unmittelbarer Nähe zum Domplatz befindliche mittelalterliche Broletto, Sitz weltlicher Macht und Justiz, und die ebenfalls benachbarte Oper, das Teatro alla Scala, zeigen. Begrenzt wird der Platz hauptsächlich durch den Palazzo Carminati, die Portici Meridionali und die Portici Settentrionali mit dem Rundbogen der Gallerie Vittorio Emanuele II. Gegenüber stand 1933 noch die manica lunga des Palazzo Reale, die später durch das Arengario ersetzt wurde, den an ein Stadttor gemahnenden Bau von Enrico Agostino Griffini, Pier Giulio Magistretti, Giovanni Muzio und Piero Portaluppi. Mit seiner klaren Begrenzung auf allen vier Seiten erfüllt der Domplatz eine fundamentale Bedingung zur Aufnahme einer kompakten Volksmasse, er begrenzt „die Masse, die nicht zerfließen darf.“21 In der Tat ist in Mailand die Piazza del Duomo für Massenveranstaltungen nicht nur ideal, sondern einzigartig: „Das Scheitern des

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147: Unbekannter Fotograf, Mailänder Domplatz, Nächtliche Illumination zum Jahrestag der faschistischen Revolution, 28. Oktober 1933.

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148: Mario Stroppa, La piazza del Duomo allestita per la visita del Duce, Bleistift auf Papier, 36 × 78 cm, 1932.

jakobinischen Projekts, das Bonaparte-Forum zu erschaffen […], hat zur Folge, dass der Domplatz seine Bedeutung als einziger städtischer Raum, der Menschenansammlungen zu fassen vermag, beibehalten hat. Seit der Einigung Italiens bis zur Verbreitung der neuen Kommunikationsmittel während der letzten Jahrzehnte bleibt der Domplatz der einzige Raum, der große politische und religiöse Kundgebungen auf­ nehmen kann. In den Jahren der faschistischen Herrschaft ist er der geeignete Ort für deren Massenriten.“22 Genauso wichtig wie der Zusammenschluss der Masse ist deren gemeinsame Ausrichtung. Die Masse, so Elias Canetti, besteht, solange sie sich geschlossen in eine bestimmte Richtung bewegt: „Die Richtung, die allen Angehörigen gemeinsam ist, stärkt das Gefühl von Gleichheit. […] Für [den] Bestand [der Masse] ist die Richtung unentbehrlich. Die Furcht vor Zerfall, die immer in ihr rege ist, macht es möglich, sie auf irgendwelche Ziele zu lenken. Die Masse besteht, solange sie ein unerreichtes Ziel hat.“23 Im vorliegenden Fall beherrschte das unerreichte Ziel die Fassade des Doms: das Bild des abgehobenen Mussolini, die Personifizierung des Faschismus, nach jahrelanger zielgerichteter Propaganda gottgleich verehrt. Lichtinstallationen

Aus dem nationalsozialistischen Deutschland sind die Lichtinstallationen zur effektvollen Inszenierung von Massenaufmärschen bekannt, wenn auch Albert Speers Lichtdom erst ab 1936 zur Dramaturgie der Reichsparteitage auf dem Nürnberger Zeppelinfeld beitrug, während Licht in Italien bereits seit einigen Jahren als wesentli-

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ches Element von Propagandaanlässen eingesetzt wurde. Doch Wirkung und Macht des Lichtdoms waren – dies bestätigt sich bis in die heutige Literatur – unvergleichlich stärker als die Illuminationen der Italiener.24 Der wesentliche Unterschied zwischen den Flakscheinwerfern auf dem Nürnberger Zeppelinfeld und dem Lichttheater auf dem Mailänder Domplatz bestand darin, dass Speer mit den Flakscheinwerfern, die mehrere Kilometer weit in den Nachthimmel strahlten, nicht bestehende Baukörper beleuchtete, sondern einen neuen, virtuellen Raum schuf. „Die 130 scharf umrissenen Strahlen, in Abständen von nur zwölf Metern um das Feld gestellt, waren bis in sechs bis acht Kilometer Höhe sichtbar und verschwammen dort zu einer leuchtenden Fläche. So entstand der Eindruck eines riesigen Raumes, bei dem die einzelnen Strahlen wie gewaltige Pfeiler unendlich hoher Außenwände erschienen.“25 Speers Lichtdom bündelte die Menschen, hielt sie in Gruppen zusammen und verhinderte das Ausfransen und den Zerfall der Masse.26 Was in Mailand die Architektur des Domplatzes gewährleistete, übernahm auf dem Zeppelinfeld der Lichtdom: Die Materie Licht, anstelle des Materials Stein, formte immaterielle Wände. Doch nicht nur das Material war substituiert, sondern auch die Bautypologie Kirche; der Baustoff Licht erzeugte eine parareligiöse Stimmung. Die schiere Größe des Lichtdoms bewirkte eine „Entpersönlichung des Menschen“,27 wie Albert Speer feststellt: „[…] die Schaffung des sogenannten ,Lichtdomes‘ in Nürnberg war für ihn [Hitler] – und für mich [Speer] – ein Höhepunkt der Beeindruckung von Menschen, gerade in politischer Hinsicht, mit dem Ziel, den Menschen einzuordnen, unterzuordnen, seine Persönlichkeit zu eliminieren.“28 Die Fialen der Kathedrale des Lichts wiesen in den göttlichen Nachthim-

149: Unbekannter Fotograf, Nürnberger Zeppelinfeld im Flutlicht, 1937.

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mel, und die mystische Stimmung trug dazu bei, die Massen für die nationalsozialistische Botschaft empfänglich zu machen. Gemeinsam ist den beiden Diktaturen Nationalsozialismus und Faschismus der Einsatz des Lichts zu propagandistischen Zwecken. In beiden Regimen trägt Licht als Symbol des Göttlichen zur Sakralisierung weltlicher Ereignisse bei.29 Während auf dem Zeppelinfeld „sakrale“ Architektur aus Licht „gebaut“ wurde, benützte der Fa­ schismus die Kirchenfassade – so scheint es zumindest anfänglich – bloß als gegebenes Trägerelement für das gigantische Duceportrait. Doch hinter der temporären Besetzung des kirchlichen Terrains durch den faschistischen Staat steckte mehr als Pragmatismus; die Absicht ist derjenigen von Speers Lichtdom vergleichbar.

Der „faschistische Glaube“ Gustave Le Bon, dessen Schrift Psychologie der Massen (1911) als eine Art Gebrauchsanleitung zur Beherrschung der Massen betrachtet werden kann, meinte, der Einzelne in der Masse könne nur dann beeindruckt werden, wenn man sich auf die Religion berufe.30 Und weiter: „Für die Massen muss man entweder Gott sein oder man ist nichts.“31 Mussolini scheint diese Weisungen umzusetzen, wenn er 1926 die Apotheose des Faschismus und seiner eigenen Person mit folgendem Leitspruch vorbereitet: „Der Faschismus ist nicht nur eine Partei, sondern ein Regime, er ist nicht nur ein Regime, sondern ein Glaube, er ist nicht nur ein Glaube, sondern eine Religion, die dabei ist, die arbeitenden Massen des italienischen Volkes zu erobern.“32 Teil des faschistischen, quasireligiösen Ritus waren zum Beispiel Gebotssammlungen in Form von Dekalogen und Gebete an den Führer. 33 Mussolini galt durch seine ihm attestierten übernatürlichen Fähigkeiten als Ansprechperson für Probleme jeglicher Art. Einer der Autoren zahlreicher faschistischer Gebete, Alessandro Melchiori, empfiehlt: „Und dann, oh Kamerad, wenn dich […] aufgrund geringer beklagenswerter irdischer Umstände Mo­mente der Bitterkeit überkommen, stärke Deinen Geist und erhebe Dein Gebet“34 – nicht zu Gott, sondern zum Duce, wie Melchiori im „Gebet an den Duce“ darlegt: „Gebet an den Duce Für Dich, oh Duce, der Du bist das Leben, die Hoffnung, die Gewissheit des neuen Italien; Für Dich, oh Duce, der Du die Mühsal leicht machst und jeden noch so bescheidenen Dienst zur Ehre; Für Dich, oh Duce, der Du alles siehst und hörst als Führer dank Deinem Geist, als Vater dank Deinem Herzen;

Die Sakralisierung des Faschismus

Für Dich, den ich mehr liebe als alles in der Welt; Dir, der Du mir ein starkes, gefürchtetes und großes Vaterland gegeben hast; Dir, für die Freude eines Augenblicks, für ein Lächeln aus der Ferne, für die Gewissheit, dass Du mich erhörst, biete ich in Demut mein Leben dar, oh Duce!“35 Mussolini wurde in diesen Gebeten Gott nicht nur gleichgestellt, sondern an dessen Stelle gesetzt, wie auch in der Skulptur L’Impero balza dalla mente del Duce (Das Imperium entspringt dem Geist des Duce, 1939–1940) von Ferruccio Vecchi, die 1940 auf der Biennale in Venedig gezeigt wurde: ein gigantischer Kopf, unschwer als Portrait Mussolinis erkennbar, dem eine nackte, muskulös-martialische Figur entsteigt, die, mit Schwert und Fascio, wiederum unverkennbar Mussolinis Ge­ sichtszüge trägt. Der creator als Schöpfer seiner selbst, Gestaltwerdung des Faschismus und des Imperiums.36 Lutz Klinkhammer verneint in seiner Untersuchung über das Verhältnis der faschistischen Liturgie zur katholischen Religion die Existenz eines dem katholischen Glauben vergleichbaren „fede fascista“ (faschistischen Glaubens).37 Ohne dies hier zu diskutieren, kann Klinkhammers weitere Bemerkung, Mussolini würden denn auch keine überirdischen Fähigkeiten zugeschrieben, widerlegt werden. Seiner Feststellung 150: Ferruccio Vecchi, L’Impero balza steht nicht nur das „Gebet an den Duce“ entgegen, son- dalla mente del Duce, 1939–1940. dern auch zahlreiche Äußerungen von Zeitgenossen, die Mussolini Gott gleichsetzen, wie der „Glaubenssatz“ von Massimo Bontempelli.38 Der Accademico Bontempelli (1878–1960), Schriftsteller, Theaterautor und Kritiker sowie 1926 zusammen mit Curzio Malaparte Gründer der Literaturzeitschrift „900“, war in der italienischen Kultur der 1930er Jahre eine zentrale, einflussreiche Persönlichkeit. Unter dem Titel Literarische Politik veröffentlichte Bontempelli persönliche, an den maschinistischen Fortschrittsglauben der Futuristen gemahnende Glaubenssätze: „Meinen faschistischen Glauben habe ich für mich so festgehalten : 1. – Ich glaube an den Faschismus als tägliche Revolution: 2. – Ich glaube an Rom-Italien als Motor und Gegengewicht zu Europa; 3. – Ich glaube an die Leidenschaft, die Improvisation und den Krieg; 4. – Ich glaube an Mussolini, den Gott ohne Propheten. “39

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Mussolini braucht weder Verkünder noch Vermittler, ist doch der Duce – so besagt Bontempellis Glaubensbekenntnis – selbst Gott auf Erden, womit Le Bons Aussage, „Für die Massen muss man […] Gott sein […]“, erfüllt ist.40 Das Duceportrait auf der Kirchenfassade – Faschismus kontra Katholizismus

Vom Kirchenvorplatz über den Eingangsbereich bis zum Altar in der Vierung der Kirche gewinnt der Raum kontinuierlich an sakraler Bedeutung. Diese üblicherweise von Kirchgängern abgeschrittene promenade architecturale – vom Vorplatz durch die Tür ins Innere der Kirche, durchs Langschiff bis zur Vierung – wird in unserem Beispiel reduziert auf die Beziehung zwischen dem Domplatz und dem auf die Fassade applizierten Portrait. Die Ausrichtung der promenade wird unterstrichen durch die als Begrenzung gesetzte Allee kolossaler Blumenkandelaber (Abb. 151). Damit wird sowohl die sakrale Botschaft des Kircheninnern als auch die der Fassade bedeutungslos; der Höhepunkt in der sakralen Hierarchie des Raums verlagert sich vom Altar auf den Vorplatz. Hier, auf dem Parvis, Ausdruck für das Paradies wie für den Vorplatz des Doms, steht die Masse dem Führer gegenüber – und erkennt sich im Führer selbst, wie

151: Unbekannter Fotograf, Mailänder Domplatz, Nächtliche Illumination zum Jahrestag der faschistischen Revolution, 28. Oktober 1933.

Die Sakralisierung des Faschismus

man in Abwandlung von Dröges und Müllers Statement „Die Architektur ist das Gegenüber der Masse, in dem sie sich spiegelt und erkennt“, formulieren könnte.41 Die Identifikation der Masse mit dem Duce wird durch die hier abgebildete mediale Vermittlung noch deutlicher: In der Aufnahme von Butignol schauen die Menschen auf dem Domplatz in dieselbe Richtung wie ihr Führer, beide schauen frontal in die Kamera.42 Damit stehen sie sich nicht mehr gegenüber, sondern ihre visuelle Ausrichtung überlagert sich. Die Domfassade ist zur bloßen Hintergrundkulisse degradiert. Das sakrale Bildprogramm eines Teils der Domfassade sowie die Mitteltür wurden vom Duceportrait, der Verkörperung des Faschismus, überlagert. Damit tritt die weltliche Ikonografie in unmittelbare Nachbarschaft zur religiösen. Diese temporäre Parallelsetzung von Diktatur und Religion43 steht bildhaft für den wiederholten Versuch des Faschismus, geistige Orte der katholischen Kirche zu besetzen. Übernommene Bilder, Symbole und Riten dienten als Basis, aber auch als Legitimation für das noch junge Regime.44 In der Besetzung religiöser Bilder45 durch weltlichen Inhalt – hier der Domfassade durch das Portrait des Duce – liegt die Bedeutung des in dieser Form einmaligen faschistischen Akts.

152: Butignol [?], Mailänder Domplatz mit Licht-Foto-Montage zum Jahrestag der faschistischen Revolution, 28. Oktober 1933. In der unteren Hälfte des Bildes ist die Menschenmasse zu erkennen.

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Der Faschismus konnte die katholische Religion nicht verdrängen.46 Dem Duce war vermutlich klar, dass in Italien ein direkter Angriff auf die Kirche fruchtlos wenn nicht gar kontraproduktiv sein musste. Die erfolgserprobten Bilder der katholischen Religion sollten jedoch eine Annäherung des faschistischen an den katholischen Glauben bewirken. Im besprochenen Fall hieß dies, eng verbunden mit einer Ikone der katholischen Kirche, dem Mailänder Dom, aufzutreten, so dass die beiden Mächte für einen Moment in der Tat als gleichwertig, ja wörtlich auf einer Ebene erschienen.47 Betrachtet man diese äußerst enge Verknüpfung von Regime und Kirche, scheint sich eine „Theorie der Verschmelzung“ der beiden Machtpole zugunsten einer Stärkung der Politik aufzudrängen.48 Wie die Mailänder Licht-Foto-Montage deutlich zeigt, war Mussolini trotz der Lateranverträge von 1929, die dem Katholizismus den Status der einzigen Staatsreligion zusicherte und dem Vatikan Souveränität und Unabhängigkeit zusprach, nicht bereit, der Kirche ihr (geistiges) Terrain zu überlassen, sondern versuchte, deren ideellen Wert abzuschöpfen und auf die weltliche Macht zu übertragen.

Antike und Faschismus Terza Roma und die Spitzhacke: Eine Dokumentation zu Zerstörung und Aufbau „…ohne die Kapitel aus der Geschichte Roms wäre die ganze Weltgeschichte schrecklich verstümmelt und ein großer Teil der heutigen Welt wäre unverständlich.“49 (M[ussolini], Quadrante, Juli 1933) Kurz nachdem Mussolini an die Macht gekommen war, äußerte er sich zur künftigen Rolle und Gestalt Roms: „Man muss das ganze antike Rom von den mittelmäßigen Entstellungen befreien, doch neben dem antiken und dem mittelalterlichen Rom muss man das monumentale Rom des 20. Jahrhunderts erschaffen.“50 Mussolini wollte, wie Richard Etlin es ausdrückt, „transform the city of Rome into a physical setting to show that the Fascist state was the lineal descendant of the ancient Roman empire.“51 Um diese Kulisse erstehen zu lassen, musste Rom, erst seit 1871 Hauptstadt des vereinigten Italien, tiefgreifend umgestaltet werden: ein lohnendes Projekt, eignet sich doch Architektur besonders gut als Manifest.52 Als bleibende Ikone, öffentlich sichtbar, fotogen und ikonografisch aufladbar, bietet sie sich geradezu an, Bezüge zur Vergangenheit deutlich zu machen, aber auch eine eigene Identität zu begründen. Diese unter Mussolini neu geformte römische Identität ist heute, aus der Retrospek­ tive, für ein geübtes Auge erkennbar, trotz des Umstands, dass für lange Zeit nicht von einem faschistischen Architekturstil die Rede sein kann.53

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Sventramenti waren die Folge von Mussolinis Vorstellung der Terza Roma,54 das heißt Kahlschlag statt diradamento, der behutsamen Lichtung zu dicht überbauter Quartiere, wie es Gustavo Giovannoni in den 1920er Jahren vorgesehen hatte. Die meisten Ideen von Mussolini und der Städtebaukommission unter Marcello Piacentini für die einzelnen Neugestaltungen waren nicht neu. Die Idee einer Achse von San Pietro an den Tiber beispielsweise war schon zur Zeit Berninis aufgetaucht.55 Das Entscheidende ist, dass es Mussolini war, der seit langem virulente Projekte verwirklichte, und zwar ungeachtet jeglicher menschlicher oder kultureller Verluste. Um einzelne ausgewählte Monumente und antike Ruinen freizulegen, aber auch um monumentale Neubauten und Achsen zu erstellen, wurden Wohnhäuser – meist kleine, verschachtelte Hütten – abgerissen und Kirchen, Palazzi, Villen sowie Relikte aus der Antike wie die Meta Sudans zerstört. Zwischen 1927 und 1931 wurden in Rom 50.000 Räume demoliert und zwischen 1922 und 1937 ein Gebäudevolumen von zwei Millionen Kubikmetern vernichtet; die Bewohner wurden in die Peripherie Roms umgesiedelt.56 Schon nach Mussolinis erster Rede über die zukünftige Größe Roms am 21. April 1924 präsentierte Marcello Piacentini einen Plan für „Grande Roma“ (1925).57 Der entscheidende Plan aber stammt von 1930; Piacentini übergab ihn Mussolini am 28. Oktober 1930, dem Jahrestag des Marsches auf Rom.58 Die Arbeiten, die an die Eingriffe Baron Haussmanns in Paris unter Napoleon III. erinnern, begannen mit dem Abriss

153: Unbekannter Fotograf, Via della Conciliazione, 6. März 1937.

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von Wohnhäusern auf dem Largo Argentina und archäologischen Ausgrabungen auf dem Platz. Herzstück des Plans war aber die Freilegung des Kapitols, Ausgangspunkt der neuen Achsen Via dell’Impero (heute Via dei Fori Imperiali) und Via del Mare. ­Erstere führt von der Piazza Venezia an den unter Mussolini freigelegten Fori Imperiali entlang zum Kolosseum, letztere, mit Fernziel Ostia, von der Piazza Venezia am freigestellten Marcellotheater vorbei zur Piazza della Bocca della Verità. Auf dem Marsfeld wurde das Pantheon von umliegenden Bauten befreit und im Hinblick auf den sich noch verstärkenden Kult des Augustus (vgl. S. 198 ff.) auch dessen Mausoleum. Noch nicht Teil des Plans war die Achse St. Peter-Tiber; dabei stellte die gegen Ende der dreißiger Jahre begonnene Via della Conciliazione ein kaum zu übertreffendes Symbol für den Abschluss der Lateranverträge dar, so wie die Via dell’Impero die wichtigste Paradestraße war, Zeichen der Re-Imperialisierung Italiens und Propagandafeld für Mussolinis Auftritte.59 Wie Spiro Kostof in The Third Rome hervorhebt, sind dabei im Masterplan für Rom Regeln zur Erhaltung respektive Zerstörung nicht immer offensichtlich: „Monument, to the authorities of the Third Rome, did not imply only the high-style; and, at the same time, not every high-style building enjoyed the immunity of a monument.“60 Nicht nur wurden knapp drei Viertel der bereits ausgegrabenen antiken Spolien auf dem Forum Romanum wieder zugeschüttet, um die dreißig Meter breite Via dell’Impero bauen zu können, auch Kirchen und insbesondere barocke Bauten wurden zerstört, während eher unbedeutende Gebäude wie ein Wohnhaus zwischen dem Vittoriano und den Treppen zur Santa Maria Aracoeli überlebten.61 Als Begründung für den Abriss der Wohnhäuser wurde immer wieder die Verbesserung der Hygiene ins Feld geführt, oder, wie Mussolini es nannte, die „hygienische Organisation zum Schutze der Volksgesundheit“.62 Die Hygiene im Wohnungsbau war, wie im übrigen Europa, ein virulentes Thema. Überbevölkerte Stadtkerne, beengte und in Folge davon unhygienische Verhältnisse sollten durch (städte)bauliche Maßnahmen saniert und beseitigt werden. Zur Schilderung der Lage in Rom anfangs der 1920er Jahre gebrauchte Mussolini drastische Worte: „[…] ich habe ein unbeschreibliches Viertel vorgefunden! Schauderhafte Straßen und verseuchte Gässchen, steil abfallende Straßen flankiert von dunklen Löchern, schlüpfrige Hausflure, bevölkert von menschlichem Ungeziefer, alte Frauen, gelb und fahl, welche die Passanten mit ihren Hexenaugen durchbohren.“63 Die Reinigungsfrenesie stand auf ­Mus­­solinis sozialer Agenda; sie war, genau wie der ästhetische Aspekt der Stadter­ neuerung, Teil der Repräsentation. Gefragt war also eine hygienische, licht- und luft­ ­durchflutete Architektur anstelle von düsteren, feuchten und engen Bauten, die die Gesundheit der Bewohner schädigten. Was moderne Architekten und Architekturhistoriker wie Sigfried Giedion propagierten, forderte auch der Duce in fast identischen Worten: „diamo del sole, della luce, dell’aria, al popolo“ („geben wir dem Volk Sonne, Licht, Luft“).64

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154: Quadrante, Nr. 3, 1933, Seite 3. 155: Pier Maria Bardi, Questo non lo permetteremo, aus Quadrante, Nr. 18, Oktober 1934, Seite 7. Auf der Fotografie erkennt man gut die noch neue Achse Vittoriano (Piazza Venezia) – Kolosseum. Die Fotomontage ist ein Kommentar zu den Projekten für den Palazzo del Littorio, der auf dem Grundstück geplant war, welches im Bild hauptsächlich durch die Hand verdeckt wird. Bardi und sein Quadrante traten ein für die beiden Projekte des Gruppo Quadrante (Figini, Pollini, BBPR) und Gruppo Milanese (Terragni, Lingeri, Nizzoli, Carminati, Saliva, Vietti, Sironi).

Schon unter Kaiser Augustus war die umfassende Neugestaltung Roms mit dessen neuer Rolle als politisches und wirtschaftliches Zentrum des römischen Reiches sowie der Abriss und Neubau ganzer Wohnquartiere mit den besseren sanitären Einrichtungen begründet worden. Gleichzeitig inszenierte der Kaiser, so Tonio Hölscher, „das Stadtbild in plakativer Weise als Ausdruck seiner politischen Ansprüche und Machtmittel“.65 Diese Aussage ist ohne Abstriche auf Mussolini und sein Ziel übertragbar, Rom ein neues, ein faschistisches Gesicht zu verleihen. Dies erklärt auch Form und Ausmaß der sventramenti. Passten sich die vorangehenden Gestaltungspläne der städtischen Struktur so gut es ging an, galt unter den Faschisten nur ein Gesetz: Die Straßen sollten breit und gerade sein, auf dass die Macht des Faschismus zur Geltung komme: „There were, in sum, three principal laws that informed Fascist design, architecture, and urban planning included: the law of health, the law of speed (prompt and fast execution), and the Roman law. This last was the insistence on the grandiose, not in the sense of the spectacular but of the imposing and powerful“.66

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Nachdem der neue Stadtbebauungsplan im Juli 1931 per königlichem Dekret gebilligt worden war, meinte Arturo Bianchi in Emporium, dieser „Schlachtplan“ sei unabdingbar gewesen, um die Stadt Rom dergestalt zu erneuern, dass die neue Stadt derjenigen der Cäsaren wie auch Papst Sixtus’ V. nicht nur ebenbürtig sei, sondern diese zu überragen vermöge.67 Italien, in der Nachfolge des römischen Imperiums, sollte das Imperium des 20. Jahrhunderts werden. Unterstrichen wurde die Verbundenheit des faschistischen Regimes mit dem römischen Imperium durch symbolische Gesten. Nachdem diverse Zeichen aus der Antike wie etwa der Fascio bereits in den Alltag übernommen worden waren, erhob Mussolini 1924 den Tag der Gründung Roms, den 21. April, zum Nationalfeiertag und zum Tag der Arbeit (anstelle des 1. Mai). Als ihm am 21. April 1924 das Römer Bürgerrecht verliehen wurde, konnte er in seiner Rede auf dem Kapitol sagen: „Heute darf ich sagen civis romanus sum.“68 Symbolisch mindestens ebenso wirksam aber waren Aktionen wie die Freilegung des Grabmals von Kaiser Augustus. Der erste römische Kaiser hatte sich den mächtigen Tumulus mit knapp dreißig Jahren errichten lassen,

156: „Roma deve apparire meravigliosa …“, aus Italia Imperiale, März 1937, ohne Seitenzahl. 157: „Il Duce dà il primo colpo di piccone per la demolizione della ,Spina di Borgo‘“, aus Italia Imperiale, März 1937, ohne Seitenzahl.

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vermutlich als Manifest seiner Verbundenheit mit Rom.69 In der Folge des Sieges von Aktium (31. v. Chr.) und der Einnahme von Alexandria (30 v. Chr.) ließ der dux Italiae70 das Forum Romanum umgestalten sowie Bauten weihen und mit (teils vermeintlich) ägyptischen Trophäen dekorieren.71 „Das Forum bekam durch diese von Octavian [Augustus] errichteten Denkmäler ein neues Gesicht. Wohin man auch schaute, überall wurde an den Sieger erinnert.“72 Rom, mittlerweile zirka zwei Millionen Einwohner zählend, wurde durch die Arbeiten unter Augustus ein nie gesehener Glanz verliehen. Der römische Schriftsteller und Beamte Sueton bemerkte: „Die Hauptstadt [Rom], die nicht so ausgestattet war, wie es der Würde des Reiches entsprochen hätte und Überschwemmungen und Feuersbrünsten ausgesetzt war, hat er in einem solchen Ausmaß verschönert, dass er sich mit Recht rühmen durfte, er hinterlasse eine Stadt aus Marmor, die er als Ziegelstadt übernommen habe.“73 Mussolini bezog sich auf Augustus’ Leistung, als er in der Rede vom 31. Dezember 1925 forderte: „In fünf Jahren [1930] muss Rom allen Völkern der Welt in alter Pracht erscheinen: groß, geordnet, mächtig, wie es zur Zeit des ersten Imperiums von Augustus war.“74 (vgl. Abb. 156) Doch nicht nur im Stadtbild sollte Maß an Augustus’ Werk genommen werden, seiner Herrschaft wurde auch in der Mostra della Romanità Augustea gedacht (siehe S. 198 ff.). Als Mussolini am 23. September 1937 die zu Ehren Augustus’ eingerichtete Schau eröffnete, schallte ihm der Marsch der Legionen (1926) entgegen: „Roma rivendica l’impero / L’ora dell’Aquile sonò“ (Rom beansprucht das Imperium für sich / Die Stunde der Adler hat geschlagen). Ein gutes Jahr vor dieser imperialen Manifestation und nur vier Tage nach der Eroberung von Addis Abeba, am 9. Mai 1936, hatte Mussolini das Impero proklamiert. Der Titel Imperatore wurde dem König verliehen, doch Mussolini sah sich als creator urbis. Die archäologischen Freilegungen legitimierten den Anspruch des Duce auf die Nachfolge der weltlichen und religiösen Herrscher oder, wie Tim Benton schreibt, sie waren unentbehrlich für die „Darstellung des Faschismus als eine das Imperium wiederbelebende Kraft“75 (vgl. Abb. 156–157). Mussolinis Inszenierung als absoluter Herrscher im päpstlichen Rom

Prosperierendes Wachstum – der Stadt, damit verbunden aber auch der Familien und der Wirtschaft – war ein zentrales Anliegen des Faschismus. Bereits Papst Sixtus V. hatte verstanden, dass er seine urbanistischen Pläne nur durchführen konnte, wenn die Bevölkerung wirtschaftlich abgesichert war. Als Sixtus V. sein Pontifikat (1585– 1590) antrat, wurde Rom mit ähnlichen Worten geschildert wie später zu Mussolinis Zeit: Es war die Rede von der keineswegs grandiosen, sondern vielmehr ruinösen Stadt. Sixtus V. nahm sich umgehend des „Kadavers“ an.76 Er war bei weitem nicht der einzige Papst, der Rom nachhaltig veränderte, doch gehören seine Eingriffe zu den umfassendsten. Dabei konnte er sich durchaus auf Ideen seiner Vorgänger stützen.77 Er erkor S. Maria Maggiore zum Mittelpunkt seiner Stadtgestaltung und ließ, sternförmig von der Kirche wegführend, fünf Achsen schlagen, u. a. die nach ihm benannte

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158–159: Zwei Doppelseiten aus der Publikation von 1938 über die sventramenti in der zukünftigen Via della Conciliazione: erst noch mit spina, dann die bis auf einen Palazzo leergeräumte Straße.

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160–161: Via della Conciliazione, links aus der Publika­ tion über die sventramenti von 1938, rechts Postkarte von 2003.

Via Sistina zwischen S. Maria Maggiore und der Trinità dei Monti oberhalb der Spanischen Treppe. Mussolini stellte sich in die Nachfolge der Achsen schlagenden Päpste, der Umbau der Stadt Rom ist das bleibende Bild davon. Die Übersetzung dieser Filiation in eine Fotomontage ist Thema der folgenden Ausführungen. Die dabei zu untersuchende Geste zeigt, dass es nicht bei der Suggestion einer genealogischen Linie blieb, sondern der Anspruch auf Macht impliziert war. Die Publikation der sventramenti

1938 zeigte das Titelblatt einer Publikation über die sventramenti, wie die Schleifungen genannt wurden, eine Montage von Fotografien, wobei Mussolini als einziger Handelnder in der architektonischen Kulisse auftrat.78 Es liegen keine Angaben über Auflage, Vertrieb oder Zielpublikum der bislang in der Literatur völlig unbekannten, vom Propagandabüro des Statthalters von Rom herausgegebenen Publikation vor; es lässt sich also nichts Definitives über den beabsichtigten beziehungsweise erreichten Wirkungskreis aussagen. Denkbar ist, dass die Dokumentation an Regierungsstellen aller Stufen, das heißt von Rom aus an die Städte, Gemeinden, Provinzen und Regionen geschickt wurde, vordergründig, um über die Neustrukturierung Roms zu informieren, tatsächlich aber, um den Anspruch Mussolinis auf uneingeschränkte Macht zu zementieren. Eventuell ist die Publikation ein Resultat der großen Alben, die Mussolini in Auftrag gab, bestückt mit „sehr vielen Fotografien der zu zerstörenden Fassa-

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den und Innenräume“, und von denen Spiro Kostof schreibt, er habe nie ein solches finden können.79 In großformatigen Bildern dokumentiert die edel gestaltete Publikation die sventramenti in der Stadt Rom, indem sie das Vorher und Nachher zeigt. Die Fotografien, großzügig platziert (1–2 pro Seite), zeigen Baustelle für Baustelle die Veränderungen auf. So sieht man die spina (Dorn) vor Berninis Kolonnaden, eng verschachtelte Häuser, in ihrer ursprünglichen Ausbreitung. Schritt für Schritt sehen wir, wie der Dorn demoliert wird, bis nur noch ein großer Palazzo den Blick auf die Kolonnaden und St. Peter versperrt. Schließlich ist auch dieser letzte Palazzo eliminiert, und an den Seiten der zukünftigen Via della Conciliazione sind bereits die ersten neuen Gebäude zu erkennen.

162: Publikation über die sventramenti in Rom, 1938, Titelblatt.

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Das Titelblatt der Publikation zeigt in Form einer Fotomontage einen chronologischen Ablauf, der wie Text von links oben nach rechts unten gelesen werden muss: In der oberen Hälfte sehen wir Mussolini, wie er „Ihre Majestät die Spitzhacke“80 auf baufällige und dicht ineinandergeschachtelte Bauten, auf antike Spolien und gepflasterte Straßen niedersausen lässt (Abb. 157). Konträr dazu findet auf der unteren Hälfte des Titelblattes die Grundsteinlegung statt. Mussolini tritt als Vertreter des Staates und damit als Auftraggeber der Aktion auf. Vor allem aber ist er der tatkräftige Duce, der Führer, der, auf der Tradition als Ausgangspunkt, Basis und Stütze des italienischen Staates aufbauend, – die korinthischen Säulen in Mussolinis Rücken auf der oberen Bildhälfte stehen dafür – die Stadt neu gestaltet.81 Getragen vom Volk (der Duce ragt aus der Masse empor, das Volk unter-stützt ihn) legt er nicht nur den Grundstein zum Bau neuer Häuser, Straßenzüge, Quartiere und Städte, er ist zugleich der Schöpfer eines Staates und einer Ära – des Faschismus. Der Schlusspunkt – oder das Ausrufezeichen – des Titelblattes ist der dem Dux gewidmete und zusätzlich mit „Mussolini“ unter-schriebene Obelisk rechts unten, der mit den antiken Säulen links oben die zeitliche und ideologische Klammer bildet. Es ist der Obelisk, der noch heute auf dem Foro Italico in Rom steht. Das damals Foro Mussolini genannte Sportzentrum mit Stadien, Schwimmhalle, Sportakademie und privater Turnhalle des Duce war eines der frühen, prestigeträchtigen städtebaulichen Projekte des Faschismus. Der Obelisk

Der knapp achtzehn Meter hohe Obelisk von Costantino Costantini, den Mussolini vor dem Foro Mussolini aufstellen ließ, wurde aus einem einzigen Stück Marmor gemeißelt. Dieses stammte aus den unter Augustus entdeckten Steinbrüchen von Carrara, die den weißen Marmor für die Tempelfassaden geliefert hatten. Der Transport des rund dreihundert Tonnen schweren Monolithen aus den Marmorbrüchen Carraras nach Rom war lang und kompliziert. Zirka zwei Dutzend Ochsengespanne zogen den Wagen zum Meer hinab und ein eigens gebautes Lastschiff brachte den Stein anschließend von Carrara nach Rom. Die Aufrichtung beanspruchte Ingenieure und benötigte besondere Vorrichtungen – ähnlich denjenigen, die schon im 17. Jahrhundert gebraucht worden waren: ein turmartiges Holzgerüst, in welchem der Stein mittels Seilen aufgerichtet wurde. Transport und Aufstellung am 4. November 1932 wurden vom Istituto Luce dokumentiert. Wie Borden Painter schreibt, verpasste das Regime „no opportunity to publicize the creation of this great monument, soon dubbed ,the Monolith,‘ il Monolito. It offered a dramatic demonstration of Mussolini’s determination to make the city over in his own image.“82 Dazu trugen nicht unwesentlich die eingravierte Schrift bei – Mussolini Dux –, der Ort und die Ausschlachtung seiner Aufstellung. Hinzu kommt, dass der Obelisk an sich eine für das 20. Jahrhundert ungewöhnliche, auffällige Monumentgattung ist – wenn auch der hier besprochene

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von moderner Gestalt ist: Tim Benton nennt ihn „an abstract formal configuration reminiscent of de Stijl“.83 Wird in Rom ein Obelisk aufgestellt, drängt sich die Vermutung auf, bestimmte Verbindungen seien gesucht worden. Papst Sixtus V., wie erwähnt einer der Hauptverantwortlichen für das heutige Bild der Stadt Rom, ließ mehrere Obelisken, die umgekippt oder gar verschüttet und auseinandergebrochen waren, ausgraben und aufstellen (den sogenannt vatikanischen [1586, vor St. Peter], den obelisco esquilino [1587, Piazza dell’Esquilino], den obelisco flaminio [1589, Piazza del Popolo] und den obelisco lateranense [1588, vor S. Giovanni in Laterano]. Der erste Obelisk, dem sich Papst Sixtus V. zuwandte, war der vatikanische. Dieser 25 Meter hohe Obelisk, der einzige, der zu Zeiten Sixtus V. noch stand, war von Caligula auf dem Circus maximus aufgestellt worden, Sixtus V. jedoch wünschte ihn sich vor San Pietro. Zur Bewerkstelligung der aufwendigen und riskanten Verschiebung wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben; der Umzug wurde schließlich nach Plänen von Domenico Fontana ausgeführt und nahm mehrere Monate in Anspruch. Am 10. September 1586 stand der Obelisk vor St. Peter, am 1. Oktober 1586 wurde er durch den Papst Gott geweiht.84

163: Seite mit Dux-Obelisk aus Italia Fascista in cammino, Seite 86. 164: Der DuxObelisk (ganz links) und die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichenden Hilfskonstruktionen zur Aufrichtung von Obelisken, unter anderem von Domenico Fontana für den vatikanischen Obelisken (mittlere und rechte Spalte).

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Die Parallele zwischen dem ungeheuren Unternehmen Sixtus V. und dem Projekt des Monolithen liegt auf der Hand. Nicht nur das Ausmaß der Aktion, auch die symbolische Bedeutung des Obelisken und der Ort seiner jeweiligen Aufstellung lassen sich vergleichen. Ließ der Papst den Obelisken vor seine Stadt, den Vatikan, stellen, beorderte Mussolini sein Monument vor seine Stadt, das Foro Mussolini: eine „Sportstadt“ ähnlich der Città universitaria (Eröffnung 31.10.1935) oder Cinecittà (Eröffnung 28.4.1937). In der Tat stellt das Foro Mussolini mit seinen diversen Gebäuden, den zwei Stadien, dem Hauptplatz und den Verkehrswegen eine stadtähnliche Anlage dar. Die Machtgeste Mussolinis, in geografischer Nähe zum Vatikan, kann kaum übersehen werden. „Und jetzt möge die Spitzhacke sprechen!“85

Die das Lesen der Fotomontage unterstützende Schrift auf dem Titelblatt der zitierten Publikation soll weniger die einzelnen Bilder erklären als die Aktion der Schleifungen be­gründen, so wie es Mussolini in seiner Rede vor dem Senat tat, aus welcher die Sätze stammen: „Alles, was an Großem, Schönem, Ehrwürdigem geblieben ist, das erhalten wir nicht nur, wir vergrößern es. … wir reißen alle verseuchten Hütten nieder, lichten, wo es nötig ist, geben dem Volk Sonne, Licht und Luft.“ 86 Der Topos der Grundsteinlegung durch Gemeinderäte, Regierungsvertreter oder Staatsoberhäupter ist vertraut, auch Aufnahmen, die Adolf Hitler beim ersten Spatenstich zeigen, etwa für die Reichsautobahn, sind bekannt; Aufnahmen hingegen, welche dieselben beim Zerstören von Altbauten zeigen, werden kaum gezeigt, denn im Gegensatz zum Ritual des Aufbaus ist das Ritual des Zerstörens im Allgemeinen negativ konnotiert. Aus diesem Grund existiert kein kollektives Gedächtnis für den Akt der Zerstörung von Seiten staatstragender Perönlichkeiten. Nicht so im faschistischen Italien. Mussolini zelebrierte den ersten Schlag der Spitzhacke genau wie die Grundsteinlegung (Abb. 157, 162). Das Bild Mussolinis mit Spitzhacke in der Hand, den Akt des Zuschlagens zeigend, wurde zu einem Signum des Faschismus oder, um mit Aby Warburg zu sprechen, zu einem Schlagbild.87 Nicht nur bedeutete es Reinigung und Neuanfang, es betonte auch die Virilität Mussolinis.88 Tim Benton beschreibt das Spitzhacken-Ritual Mussolinis während den sventramenti: „Am 22. Oktober 1934 hielt Mussolini eine Rede, in der er das Projekt [der Freilegung des Augusteums] skizzierte, bis er schließlich nach einer Spitzhacke griff und rief: ,Und jetzt möge die Spitzhacke sprechen!‘ Das in Film, Photographie und Malerei festgehaltene Bild des kraftvoll die Spitzhacke schwingenden Mussolini erwies sich als effektives Mittel, um die Zerstörung des alten Roms als

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einen ,revolutionären‘ faschistischen Akt erscheinen zu lassen. Der Ikonografie der Spitzhacke und des Pressluftbohrers wuchs in der Monumentalkunst der Epoche eine fast ebenso beherrschende Rolle zu wie der von Dolch und Maschinengewehr.“89 Dieses ungewohnte Bild des zerstörenden Führers war wohl nicht per Zufall entstanden. Bisher war in der reichen Literatur zu den sventramenti, in der auch das Bild Mussolinis mit der Spitzhacke regelmäßig seinen Platz findet, nicht die Rede von dessen tieferer symbolischer Bedeutung. Obwohl Vergleiche zwischen Mussolinis Rom und dem der Kaiser und Päpste immer wieder angestellt werden, blieb die Herkunft des Bildes bisher unbesprochen. Doch die Geste ist im kollektiven Gedächtnis der italienischen Katholiken bestens verankert: Es ist das Bild des Papstes, der in den Heiligen Jahren die Porta Santa öffnet.90 165: Unbekannter Fotograf, Mussolini Auf den zwei Medaillen von 1500 (vgl. Abb. 166– mit der Spitzhacke bei der Freilegung des Augusteums, 22. Oktober 1934. 167) sieht man den Borgia-Papst Alexander VI., wie er die zugemauerte Heilige Pforte im Vatikan mit einer kleinen Spitzhacke aufschlägt beziehungsweise wie er den Grundstein zur neuerlichen Schließung am Ende des Jahres legt. Alexander VI. war der erste Papst, der das Ritual der Porta Santa ausgiebig zelebrierte. Auch im Anno Santo 1925 wird dieses Bild wieder aktuell: Die Poste Italiane drucken zum Jubiläumsjahr eine kleine Serie

166–167: Zwei Medaillen, die den Papst Alexander VI. beim Öffnen respktive Schließen der Porta Santa zum Heiligen Jahr 1500 zeigen, Kopien aus dem 19. Jahrhundert nach Originalen von 1500.

Antike und Faschismus

168–169: Zwei Briefmarken der Poste Italiane zum Heiligen Jahr 1925.

von sechs Briefmarken, wovon zwei den Papst beim Öffnen respektive beim Schließen der Heiligen Pforte zeigen. Briefmarken sind, wie Federico Zeri schreibt, die konzentrierteste Form von Propaganda: „In Wirklichkeit ist die Briefmarke heute die knappste, konzentrierteste Form von Propaganda, ein sozusagen auf eine minimale Fläche reduziertes Plakat, auf dem sich das gesellschaftliche und politische Substrat mit äußerster Klarheit und Prägnanz zeigt. Und es ist auch das engmaschigst verbrei­ tete Propagandamittel, sei es lokal, das heißt in den verschiedenen Gesellschafts­ schichten, sei es horizontal, da die Empfänger einem System angeschlossen sind, das weder Entfernungen noch Grenzen kennt.“91 Man darf davon ausgehen, dass das Bild des Papstes, der die Porta Santa öffnet respektive schließt, durch die Briefmarken im Bewusstsein der ita­lie­nischen Bevölkerung gespeichert war. Die positive Konnotierung des Akts der Zerstörung

Nachdem die seit der Vereinigung Italiens 1870 schwelende Römische Frage vier Jahre nach dem Anno Santo, am 11. Februar 1929, durch die Lateranverträge gelöst und damit der Katholizismus als Staatsreligion anerkannt worden war, kam es bereits im Laufe des Jahres 1931 zu einer Krise.92 Mussolini versuchte, gegen die aufgrund der Verträge erstarkte Azione Cattolica und die Gioventù cattolica italiana einzuschreiten, die in Konkurrenz zum faschistischen Kinder- und Jugendverband Opera Nazionale Balilla standen.93 Mussolini sah in der Kirche und dem Papst einen potenten Gegner, dessen Macht es trotz formeller Autonomie durch die Lateranverträge in Bezug auf Lehre und Verkündigung einzudämmen oder zumindest zu kontrollieren galt.94 So kann es kein Zufall sein, dass Mussolini, nachdem er sich bereits durch das Schlagen der Achsen und den großräumigen Umbau Roms in die Reihe der Päpste gestellt hatte, vor den Toren des Vatikans genau die Geste wählte, die das Volk vom Papst kannte, um die Filiation mit den Kirchenvätern deutlich zu machen. Indem sich der Duce direkt vor dem Vatikan die Geste mit der Spitzhacke aneignete, setzte er sich in einen direkten Vergleich und auf eine Ebene mit dem Papst; außerhalb des

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direkten Blickfelds des Vatikans wäre das Bild mit der Spitzhacke bedeutend weniger wirkungsvoll gewesen.95 Die Parallele mag erklären, warum das Bild des Zerstörens während des Faschismus positiv konnotiert war – vermutlich ein nahezu einmaliges Phänomen. Unter Napoleon III. gab es zwar Karikaturen, die ihn oder Baron Haussmann mit der Spitzhacke zeigen, doch waren diese als kritisch-bissige Kommentare zu den großflächigen Zerstörungen gemeint. Darstellungen, in welchen der französische Kaiser oder der Präfekt als „positive Zerstörer“ gezeigt würden, sind keine auszumachen.96 Mussolini hingegen schaffte die Umkehrung der negativen Konnotation des destruktiven Akts ins Positive. Das Argument der dank Spitzhacke einkehrenden Hygiene genügte allein nicht, den Akt der Zerstörung affirmativ zu interpretieren, das zeigte Paris. Entscheidend kam in Rom dazu, dass das Bild mit der Spitzhacke für den zeitgenössischen Italiener bereits positiv besetzt war – schließlich bedeutet die durch den Papst geöffnete Heilige Pforte für den Gläubigen die Möglichkeit, durch das Überschreiten der Türschwelle symbolisch ins Himmelsreich einzutreten.97

„Dall’Impero all’Impero“: 98 Die Ankunft Kaiser Augustus’ im Faschismus Warum eine Doppeleröffnung? Eine historische Besonderheit

Am 23. September 1937 eröffnete Mussolini zwei Ausstellungen in Rom: die Mostra Augustea della Romanità (im folgenden MAR genannt) und, eine Stunde später, die Reedition der Mostra della Rivoluzione Fascista von 1932 (im folgenden MRF 1937 genannt). Nachdem es dem Regime in den vergangenen zehn Jahren erfolgreich gelungen war, den Faschismus als revolutionär zu etablieren, sollte dieser nun in der Geschichte verankert werden. Dazu boten sich der Geburtstag Augustus’, der sich 1937 zum 2000sten Mal jährte, und die damit verbundenen Feierlichkeiten, mit der MAR im Zentrum, geradezu an. Nicht mehr revolutionäres Vorwärtsstürmen war gefragt, sondern nationales Bewusstsein im Besinnen auf die eigene Geschichte und die eigenen Werte. Um zu verstehen, weshalb dieser Rückgriff in die Vergangenheit so wichtig war, bieten sich Eric Hobsbawms Kriterien zur Bildung eines Nationalstaats am Ende des 19. Jahrhunderts an.99 Sie können auf die Bildung des faschistischen Italien übertragen werden, hegte doch Mussolini eine ähnliche Absicht, welche vergleichbare Schritte erforderte. Wenn nun Hobsbawm zu den Kriterien, wann ein Volk als Nation zu klassifizieren sei, die Verbindung zu einem Staat mit Vergangenheit zählt, liegt die Parallele zum Faschismus in dessen Rückgriff auf die römische Antike. Das Nachwirken der römischen Antike im Bewusstsein der Italiener diente dem Faschismus als Legitimation und Basis, ein neues imperium romanum aufzubauen. Als weiteres Kriterium für die Bildung einer Nation nennt Hobsbawm die Fähigkeit

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zur Eroberung, vom faschistischen Italien 1937 bereits unter Beweis gestellt. Das letzte Kriterium, die gemeinsame Sprache mindestens einer kleinen Elite als Grundstock der Nation, war Anfang des 20. Jahrhunderts bereits erfüllt (zum Zeitpunkt der Einigung Italiens hingegen sprachen erst 2,5 % der Bevölkerung Italienisch). Das neue Gebilde – die Nation, respektive der faschistische Staat – musste nun etabliert und in der Bevölkerung als Idee nachhaltig verankert werden: „Aus naheliegenden Gründen bedienten sich die Staaten eines immer leistungsfähigeren Apparats zur Kommunikation mit den Einwohnern […], um das Bild und Erbe der ,Nation‘ zu verbreiten, die Liebe zu ihr einzuimpfen und alle auf das Land und die Fahne einzuschwören; zu diesem Zweck wurden häufig Traditionen oder selbst Nationen ,erfunden.‘“100 Die MAR, nicht zuletzt in der Kombination mit der MRF, war Teil dieser Einschwörung auf die Einheit der Nation. Der Wille, das Bewusstsein für die antike Basis und deren Verbindung zur Gegenwart zu fördern, führte zur Präsentation beider Epochen auf demselben Niveau, der in den Medien breit rezipierten Doppeleröffnung von 1937. Um diese Annäherung, ja nachgerade Verschmelzung der beiden Zeitabschnitte möglichst augenfällig zu gestalten, durfte die MRF nicht mehr avantgardistisch auftreten wie 1932, sondern musste ihr Kleid der Antike anpassen. Die Grundsteinlegung des Faschismus in der Antike wurde nicht zuletzt durch die Zeitungsberichte über die Eröffnungen der beiden Ausstellungen suggeriert. Sie wurden in einem Atemzug genannt und so die Parallelen Faschismus und Antike oder Dux Mussolini und Casesar Augustus wie erwünscht gezogen: „Da Augusto a Mussolini“ fingiert ohne Umschweife eine direkte Linie.101 Die römische Presse jubelte: „Ausdruck und Synthese zweier Imperien“.102 Zur Doppeleröffnung erschien eigens ein Büchlein, das die Kontinuität zwischen Antike und Faschismus beleuchtete: „Das ewige Rom: Die Augusteische Ausstellung der Romanità und die Ausstellung der faschistischen Revolution“.103 Es konnte keinem Bürger verborgen bleiben, was mit dieser Paralleleröffnung gemeint war: „Die große Bedeutung der beiden Ausstellungen und der Gleichzeitigkeit der beiden Ze­­rimonien ist klar. Die eine Ausstellung zeigt, dass die ganze westliche Zivilisation aus dem Reich hervorgeht, das Rom erschaffen konnte […] Die andere Ausstellung zeigt, dass die Söhne Roms […] unter der Führung eines römischen Condottiere neue Heldentaten voll­bracht haben, würdig der größten Taten ihrer Alma Mater“.104

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Die Mostra Augustea della Romanità – Geschichte, Ziel und Resultat





„[…] Entwicklung und Tendenzen der archäologischen Forschung in Bezug auf die historischen und nationalen Ziele des Faschismus.“105 (Giulio Quirino Giglioli, 1925) „Das größte Interesse der historischen Forschung besteht […] in der Möglichkeit, in den Ereignissen und Persönlichkeiten der Vergangenheit Vorboten, Anzeichen, Vorahnungen unserer Zeit zu finden.“106 (Giuseppe Bottai, 1937)

Um den Faschismus langfristig zu verankern, wurde eine tragfähige Basis gesucht und in der Geschichte des römischen Reichs gefunden. Der Faschismus sollte zwar als zukunftsgerichtete, moderne Bewegung verstanden werden, er würde aber auf Dauer, so glaubte man, nur durch das Erbe der jahrtausendealten Geschichte und Kultur legitimiert werden können. Die Antike und ihre Versatzstücke gehörten zwar seit Beginn zum Repertoire des Faschismus, doch nun ging es um konkrete, sichtbare Vergleiche. Italien und insbesondere Rom als Nabel der Welt(geschichte) und der Kultur sollten wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung dringen. Nachdem Italien in einem Kolonialkrieg zwischen Oktober 1935 und Mai 1936 Äthiopien (damals teilweise Abessinien genannt) erobert hatte und am 9. Mai 1936 Vittorio Emanuele III. zum Re Imperatore erklärt worden war, hatte Italien den ideell lange vorbereiteten Schritt zum Impero auch geografisch vollzogen. Die Verknüpfung der Reiche von Kaiser Augustus und Mussolini wurde immer deutlicher. Wenige Tage nach dem Akt von weltpolitischer Bedeutung, der Ausrufung des Impero, begann man, das Augusteum freizulegen: „Das letzte Konzert [im Augusteum] fand am 13. Mai 1936 statt. Mussolinis politische Statur hatte sich inzwischen soweit gefestigt, dass er es wagen konnte, sein Regime mit dem augusteischen Kaiserreich direkt zu verschränken. […] Die Schaffung der Piazza Augusto Imperatore um das freigelegte Mausoleum war das städtebauliche Siegel auf die Beförderung Vittorio Emanueles zum ‚Re-Imperatore‘.“107 Nach dem kolonialistischen Erfolg drängte sich das Bimillenario des ersten antiken Kaisers geradezu auf, propagandistisch ausgeschlachtet zu werden. Der Archäologe Giulio Quirino Giglioli, Direktor des Museo dell’Impero Romano, hatte Mussolini die Idee präsentiert, zum 2000. Geburtstag des Kaisers Augustus eine Mostra augustea della Romanità zu veranstalten. In der Folge wurde er von Mussolini beauftragt, die umfassende Ausstellung zu konzipieren, und der Duce blieb bis zum Ende des Projekts Gigliolis direkte Ansprechperson für jegliche Entscheidung. Giglioli versprach „eine Ausstellung […] als mächtige umfassende Übersicht“, „[…] nicht nur die Illus-

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tration des Zeitalters von Augustus, sondern eine vollständige Rückschau auf das römische Leben“.108 Zeitgleich mit den sventramenti, die einhergingen mit archäologischen Ausgrabungen, welche die Bürger back to the roots bringen sollten, zelebrierte der Faschismus die zwei Be-Gründer: den des antiken römischen Imperiums und den des aktuellen römischen Impero. „[Die MAR] erinnert daran, wie die Idee des imperialen Rom durch die großen Geister überliefert wurde, bis zur Auferstehung Italiens als geeinte und unabhängige Nation und bis zur Auferstehung, nach des römischen Imperiums selbst, durch Euer Werk, oh Duce.“109 Die in 84 Säle unterteilte Ausstellung sollte mittels Reproduktionen und Repliken – „über 3000 Abgüsse, etwa 200 Modelle, unzählige Photographieen [sic], Zeichnungen, Kopien von Gemälden und Mosaiken, galvanoplastische Nachbildungen“110 – ein „vollständiges Bild“ der antiken römischen Zivilisation bieten, vom Leben des Augustus über den Urbanismus und die freien Künste zu den Eroberungen und dem augusteischen Imperium samt der antiken Armee. Abschließend wurde dem Nachleben der imperialen Idee im Mittelalter nachgegangen und, im letzten Saal, der Verbindung von Faschismus und Romanità.111 Obwohl Mussolini die persönliche Verantwortung für alle Aspekte wie Konzept, Finanzierung, Dauer und Ort, Fassadengestaltung, Eröffnungszeremonie etc. übernahm, besaß die MAR lange Zeit nicht oberste Priorität. Die Potenz ihrer Wirkung erfasste man erstaunlicherweise erst kurz vor der Eröffnung, wie auch der Umstand zeigt, dass bis wenige Wochen vor Eröffnung von der Teilnahme Mussolinis an dieser keineswegs ausgegangen werden konnte: Am 2. September 1937, also nur 21 Tage vor der Eröffnung, fragte Giglioli an, ob Mussolini an der Eröffnung teilnehmen werde (vgl. Abb. 170). Mussolini antwortete mit dem für ihn typischen handschriftlichen Vermerk „Si / M“. Aus der Retrospektive und im Wissen um den hohen Propaganda­ wert, den die MAR schließlich erlangte, erstaunt die für eine solche Propagandaschau doch recht kurzfristige Planung von Mussolinis Teilnahme.112 Giglioli war die Bedeutung der Ausstellung für Italien spätestens seit 1932 bewusst, was Anfang 1937 zur Einrichtung eines Propagandabüros eigens für die MAR führte. Giglioli wusste die zahlreichen Treffen mit Mussolini, die ihm eine gewisse Unabhängigkeit von subalternen Stellen garantierten, geschickt auszunützen.113 Zusammenfassende Berichte der Treffen leitete er jeweils umgehend an die Presse weiter, die selbige bereitwillig publizierte. So erreichte Giglioli eine stete Präsenz des Themas in der Öffentlichkeit. Zum Zeitpunkt der Eröffnung der MAR hatte sich die Bedeutung des AugustusKults für die Etablierung des Faschismus durchgesetzt. Dass die Expansion nach Nordafrika in dem Jahr ihren formalen Höhepunkt erreichte – die Deklaration Italiens als Imperium –, in welchem Kaiser Augustus gefeiert werden sollte, war ein Zufall, der sich aus propagandistischer Sicht glücklicher nicht hätte ergeben können. Die via Radio übertragene Zeremonie entwickelte sich zu einem ausgedehnten Fest-

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170: „NOTIZ FÜR DEN DUCE / In seiner Eigenschaft als Generaldirektor der Mostra augustea della romanità möchte der Abgeordnete Giglioli angesichts der Eröffnung dieser Ausstellung gerne wissen, ob […], / – der DUCE gedenke, die Ausstellung vor der eigentlichen Eröffnung mit seinem privaten Besuch zu beehren / oder / der Eröffnungszeremonie beizuwohnen […]“, 2. September 1937; „Si / M“ in blauem Farbstift.

akt mit Mussolini an der Spitze zahlreicher in- und ausländischer Staatsvertreter. Mussolinis Visite wurde umrahmt von Reden und Gesängen, Gewehrsalven und Trommelwirbeln. Die Presse berichtete auf den Frontseiten. Wie Friedemann Scriba darlegt, wurde Massenkommunikation betrieben, ohne dass sich neue Methoden der Propaganda entwickelten.114 Vielmehr konzentrierte man sich auf eine möglichst flächendeckende Werbung via Printmedien, Radio und, nach Anlaufschwierigkeiten, Film sowie über Plakate und Broschüren. Das Echo auf die Ausstellung war sowohl im In- wie im Ausland durchwegs positiv. Wie Scriba festhält, gilt dies selbst für Berichte aus demokratisch geführten Ländern, welche die propagandistische Komponente der Ausstellung durchschauten. Zur Ausstellung erschien ein handlicher Führer im Taschenbuchformat; zahlreiche Abbildungen und Texte zu jedem der Säle führten durch die Ausstellung.115 Im September 1939, ein Jahr nach der vorgesehenen Schließung der Ausstellung (23. 9. 38), erschien der sogenannte catalogo, ein kleinformatiger, dickleibiger Band, in Text und Abbildungen gegenüber dem zur Eröffnung erschienenen Führer um ein Mehrfaches erweitert.

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Mehrere Aktionen wie zum Beispiel Grabungen und Restaurationen antiker Stätten und Statuen wurden durchgeführt, um den augusteischen Gedanken in der Bevölkerung zu etablieren; Sonderbriefmarken und eine Gedenkmünze garantierten Aufmerksamkeit.116 Verschiedene Städte erhielten die Statue eines römischen Kaisers, wodurch der Augustuskult in die Provinz getragen wurde. Die Idee wurde evaluiert, in- und ausländische Schriftsteller zum Jubiläumsjahr nach Rom einzuladen, auf dass sie ihre Eindrücke anschließend in Form eines Buches publizierten. Auf die geplante Schließung der MAR hin, am 23. September 1938, wurde ein viertägiger internationaler Kongress zu Augustus veranstaltet.117 Beim Convegno mondiale augusteo handelte es sich freilich keineswegs um einen wissenschaftlichen Kongress, sondern vielmehr um eine Art Studienreise unter den Auspizien hoher und höchster Regierungsmitglieder zu den antiken Ausgrabungsstätten von Rom bis Capri, eingerahmt von feierlichen Veranstaltungen wie der Einweihung der Ara Pacis im neu erstellten Beton-Glas-Gehäuse Vittorio Morpurgos,118 einer Rede Mussolinis, der Führung durch die MAR und, zum Abschluss, einer Feier auf dem Kapitol. Die Feierlichkeiten waren Chefsache. Rezeption – Besucherschwund

Ein Wermutstropfen war die Besucherbilanz zum Ende der MAR. Trotz des ungeheuren Werbeaufwands blieben die Besucherzahlen unter den Erwartungen. Nachdem in den ersten zwei Monaten nach Eröffnung durchschnittlich täglich rund 2.500 Besucher die Ausstellung gesehen hatten (insgesamt 156.439), sank danach die Zahl auf 950. Diese rapide Abnahme hatte mit dem Umstand zu tun, dass Besucher, die mit dem Zug gekommen waren, anfänglich in der Ausstellung ihr Zugbillet abstempeln lassen konnten, um so eine Reduktion auf Fahrt und Eintritt zu erhalten, doch nach den ersten zwei Monaten war das „Stempelbüro“ aus der MAR in die Mostra del tessile nazionale verlegt worden, worauf die Besucherzahl einbrach. Die Episode zeigt, wie relativ Besucherzahlen zu werten sind (vgl. S. 55). Um die Besucherzahlen wieder anzukurbeln und die Einnahmen zu steigern, wurde Anfang 1938 das Ministero della Educazione Nazionale angewiesen, Schulen und Universitäten zu einem „bagno di Ro­ manità“ aufzurufen. Desgleichen wurden dopolavoristi sowie Angehörige des Kriegsministeriums, der Luftwaffe und der Marine aufgefordert, die MAR zu besuchen.119 Im April 1938 zählte man eine halbe Million Besucher und hoffte auf eine Million bis zum Ende der Ausstellung, doch dieses Ziel blieb unerreicht.120 Die MAR hätte, trotz nicht erreichter Besucherzahl, als Dauerausstellung in die Esposizione Universale di Roma (E.U.R.) integriert werden sollen. Um die Propagandawirkung zu verstärken, wäre jedoch nur ein Teil der MAR übernommen und der Fokus ganz auf Italien gerichtet worden, das heißt andere Staaten mit römisch-antiker Vergangenheit sollten völlig ausgeblendet werden. Giglioli riet von dieser Einschränkung ab mit der Begründung, eine solche Beschränkung der Geschichte könn-

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te andere Nationen verärgern. Er warnte vor der Provokation, da sonst die Gegenseite die lange schon gehegte Absicht verwirklichen könnte, die römische Zivilisation als bloße Nachahmung der griechischen zu deklarieren. Aufgrund des Krieges kam die Weltausstellung schließlich nicht zustande; nach dem Krieg erst fand ein Teil der MAR Aufnahme ins Museo della Civiltà di Roma im heute so genannten EUR-Quartier. Die Reedition der MRF von 1937 war, von der Zahl der Eintritte her, ein noch viel verheerenderer Misserfolg als die MAR. Täglich fanden kaum ein Dutzend Besucher den Weg in die Valle Giulia, 1940 wurde ein „vollständiges Ausbleiben der Besucher“ konstatiert.121 Und doch: Wie die MAR bewegte sich auch die MRF auf dem Weg von der ephemeren Fassade zur fixen Institution, die Pläne zu einer Institutionalisierung im künftigen Palazzo Littorio an der Via Imperiale (heute Via dei Fori Imperiali) gingen weiter. Dass man an der Idee einer fixen Einrichtung für die beiden Ausstellungen festhielt, zeugt vom Stellenwert, den man ihnen ungeachtet ihrer bescheidenen bis desaströsen Billettverkäufe mittlerweile beimaß. Die Frage stellt sich, warum an den Veranstaltungen festgehalten wurde, obwohl man bei diesen mageren Besucherzahlen nicht mehr auf die direkte propagandistische Wirkung zählen konnte. Der Grund für das Festhalten an MAR und MRF liegt vermutlich in deren symbolischer Bedeutung. Für die langfristige ideologische Verankerung der national(istisch)en Idee waren sowohl die MAR als auch die MRF unverzichtbar. Dazu kommt, dass die erfolgte propagandistische Ausschlachtung der beiden Ausstellungen eine stillschweigende Schließung unmöglich machte. Ihre (Bild-)Präsenz – in den Medien wie auf Plakaten – trug dazu bei, sie vor dem Untergang zu retten.

Die Mostra Augustea della Romanità und die Reedition der Mostra della Rivoluzione Fascista: die Antike im Faschismus und Die Revolution im Korsett der Tradition 122 Die Fassaden

Nachdem für die MRF von 1932 noch immer kein permanenter Ausstellungssitz ge­ funden war, beschloss man, sie in der Galleria d’Arte Moderna im Valle Giulia außerhalb des Stadtzentrums von Rom wenigstens temporär nochmals zugänglich zu machen mit dem Ziel, sie dauerhaft zu zeigen. 123 Wie schon der Palazzo delle Esposizioni an der Via Nazionale erhielt nun auch die Galleria d’Arte Moderna eine ephemere Fassade vorgehängt. Obwohl sich die Fassade von 1932 mit ihrer klar modernen Architektursprache bewährt hatte – sie erfuhr noch mehrere Abwandlungen124 – wählte man jetzt, 1937, für die Konfrontation mit der Augustusschau einen gänzlich anderen Stil. Bereits die Fassade sollte vom Weg zurück in die Tradition künden. Für

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die Neupositionierung der MRF entwarf der Eklektiker und „Accademico d’Italia“ Cesare Bazzani eine Fassade, die sich am römischen Triumphbogen orientierte. Lisenen, Architrav und Rundbogenöffnungen gliedern die Fassade, „gefärbt von der Farbe des Tibers und der römischen Erde“125; zwei Reliefs126 und zwei Leitsätze bilden die applizierte Fassadendekoration, über dem mittleren Rundbogen prangt das Wort DUCE und auf dem Architrav die Schrift „Mostra della Rivoluzione Fascista“. Bazzani verzichtet auf faschistische Insignien, wie sie Libera und De Renzi 1932 als tragende Motive integriert hatten. Bazzani legte das ganze Gewicht auf die imponierende imperiale Geste. Zusätzlich romanisiert wird die Verkleidung durch die Verwendung serifenloser Majuskeln nach dem Vorbild römischer Inschriften. Alfredo Scalpelli, der Architekt der MAR-Fassade, entschied sich ebenfalls für einen abstrahierten Triumphbogen. Ausmaß und Material ließen die schätzungsweise gut 35 Meter hohe ephemere Fassade vor dem Palazzo delle Esposizioni an der Via Nazionale noch imperialer erscheinen als die der zweiten MRF. Ein zentraler Rund-

171: Mostra della Rivoluzione Fascista, Eröffnung, Valle Giulia, 23. September 1937, Fassade.

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172 Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Fassade.

bogen – auf dem Schlussstein die Victoria von Metz – wurde seitlich flankiert von je zwei architektonischen Zwitterelementen: aus technischer Sicht als überdimensionierte Postamente zu bezeichnen für die Statuen gefangener Barbaren,127 wirken sie durch ihre Höhe über zwei Drittel der Fassade gleichzeitig wie strukturierende Pilaster. Schrifttafeln auf den Seitenflügeln geben Auszüge aus Texten klassischer Autoren wieder (Livius, Cicero, Plinius etc.), die, so der Katalog, von der Vaterlandsliebe der Römer zeugen.128 Den Fries der Seitenflügel rhythmisiert die Wiederholung des Wortes DUX, einmal mehr im Schrifttypus der serifenlosen Capitalis monumentalis. Innenarchitektur

Die zweite MRF wurde von Dino Alfieri und Alessandro Melchiori unter Wahrung ihres Ablaufs und unter Beibehaltung des Großteils der Exponate neu eingerichtet. Die Inneneinrichtung wurde teils völlig verändert, symmetrisiert und in die Form des klassischen Museums eingepasst. Inhaltlich wurde die Ausstellung didaktischer, indem kommemorative Objekte zugunsten schriftlicher Dokumente entfernt wurden. Mehr Platz wurde dem Führerkult eingeräumt, vor allem aber auch einzelnen Ereignissen aus der Zeit nach dem Marsch auf Rom. Fotomontagen wurden immer noch gezeigt, wenn auch zum Teil in grob verstümmelter Form – von der Wand mit den ausgestreckten Händen in der Sala O blieb nur gerade ein Bruchstück übrig.

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Die ganze Sala O hatte in der Fassung von 1937 ihren spezifischen Charakter vollkommen eingebüßt. Die theatralische, raumgreifende Inszenierung, die Terragni 1932 durch Licht, räumliche Veränderungen und Bespielung aller weißen Flächen inklusive der Decke erreicht hatte, wurde restlos aufgegeben. Zurechtgestutzt auf die vier Wände und eingepasst in Vitrinen, wurden primär Dokumente (Schriften und Fotos) präsentiert. Einzelne Montagen wurden zwar übernommen und durften auch die Höhe der Vitrinen überragen, doch waren sie zum Teil so so sehr reduziert, dass die ursprüngliche Bedeutung nicht leicht ersichtlich war. Die Fotomontage, die sich in der Version von 1932 über eine ganze Wand hinzog, war nun in einer Ecke über den Vitrinen platziert. Sie bestand nur noch aus den Elementen Trommler, Turbine mit Menschenmasse und Schriftstück Mussolinis. Die Aussage konnte in dieser amputierten Gestalt nur noch schwer verständlich sein. Vor allem aber war die Montage ihres wesentlichen Effekts beraubt: der Vereinnahmung des Besuchers. Was 1932 durch deren enorme Größe und den Ablauf der Bildelemente innerhalb des Parcours, den der Besucher der Ausstellung durchlief, gegeben war, nämlich das schrittweise Eintauchen in das Gezeigte, konnte jetzt, in dieser Form und dieser Höhe – über den Vitrinen – nicht mehr vollzogen werden.

173: Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1937.

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174: Sala O auf der Mostra della Rivoluzione Fascista, Rom, 1937, im Hintergrund, über den Vitrinen, der Rumpf von Terragnis Wand der Hände: Trommler, Schriftstück, Turbine. 175: Franco Petrucci und Vincenzo Monaco, La Sala dell’espansione dello Stato Romano durante le guerre civili auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937. 176: Mario Paniconi und Giulio Pediconi, La Sala di Augusto auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937.

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177: Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Plan des Erdgeschosses mit Legende.

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Die Ausstellungsarchitektur der MAR – die künstlerische Verantwortung lag bei Ludovico Quaroni, Vincenzo Monaco und Francesco Fariello – war klassizistischstreng; die Räume erweckten den Eindruck monumentaler Größe, untermauert nicht zuletzt durch zahlreiche steinerne Schrifttafeln. Die Blickrichtung in den einzelnen Sälen war auf die Stirnwand fokussiert, den inszenatorischen Höhepunkt der symmetrisch aufgebauten Räume (vgl. Abb. 174–176). Die Schwere der Innenarchitektur wurde konterkariert von der Lichtführung, die eine feierliche, überhöhte Stimmung erzeugte. Die Inszenierung einer suggestiven Atmosphäre war auch in dieser Ausstellung eine Maßnahme, die Emotionen weckte (s. a. S. 140 ff.). Die Exponate der Mostra Augustea wurden spektakulär präsentiert, denn die pathetisch entwickelte Geschichte sollte die Besucher emotional gefangennehmen, wie Giglioli bereits Jahre vor der Eröffnung und im Vergleich mit der MRF geschrieben hatte: „Der Befehl des Duce und unsere Absicht ist es, EINE ÜBERSICHTSSCHAU ZU MACHEN, NICHT EINE AUSSTELLUNG; das heißt […] nicht eine Anhäufung möglichst vieler Objekte, um so eines jener gewaltigen Gebilde zu schaffen, […] sondern eben eine Schau wie jene der Faschistischen Revolution, die ihr wohl alle besucht, und die ihr voller Bewunderung und – sagen wir es laut – tief bewegt verlassen habt; eine Schau […], die so einzigartig war, dass sie unsere Seele und unser Herz tief berührt hat.“129 Die präsentierte Geschichte sollte nicht nur als Grundlage des zeitgenössischen Italiens, sondern ganz Europas verstanden werden. Die Ausstellung forderte das Primat der italienischen Kultur ein und sollte anhand der Plastiken, Abgüsse, Fotografien und Inschriften darlegen, dass die West- und Nordeuropäer nichts weniger als ihre Zivilisation der römischen Kultur verdanken.130 „Die Unsterblichkeit der römischen Idee – Die Wiedergeburt des Kaiserreichs im faschistischen Italien“

In der MAR wurde die enge Verbindung zwischen Augustus – dem ersten römischen Kaiser, Eroberer und, innerhalb des Imperiums, Friedensstifter („augusteischer Frieden“), unter dem das Land prosperierte – und Mussolini, der parallele Absichten und Taten für sich beanspruchte, immer wieder suggeriert.131 Im letzten Raum des Hauptgeschosses fand unter dem Titel „Die Unsterblichkeit der römischen Idee – Die Wiedergeburt des Kaiserreiches im faschistischen Italien“ (verantwortlicher Architekt: Bruno Maria Apolloni, Bildhauer: Attilio Selva) explizit die finale Vermählung des augusteischen mit dem faschistischen Reich statt. Der einzige Saal in der Ausstellung mit ovalem Grundriss bestand aus einem rundum laufenden, gut mannshohen Fries aus Fotomontagen und darüber einem bis unter die hohe Kuppeldecke reichenden Band

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178: Sala XXVI, „Immortalità dell’idea di Roma. La rinascita dell’Impero nell’Italia fascista“ auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937.

mit Zitaten unter anderem von Dante, Petrarca, Macchiavelli, D’Annunzio und Mussolini: „die Worte unserer Dichter erzählen allen Völkern vom Genius, von der Beständigkeit, der Arbeit, der Kraft unseres Ge­schlechts“.132 Höhepunkt des Saals war das Figurenensemble, welches die Bedeutung der ganzen Ausstellung im Sinne der Faschisten triumphal zusammenfasste: Eine Viktoria mit Schwert und Schild in wehendem Gewand, auf hohem Postament mit einer Inschrift zur Eroberung Äthiopiens, flankiert von Büsten des Re Imperatore, Vittorio Emanuele III., und des Duce auf deutlich niedrigeren Sockeln.133 Der Besucher liest den Fotomontage-Fries wie einen fotoromanzo avant la lettre. Er folgt den Bildmotiven, die „durch die Jahrhunderte hindurch und von Generation zu Generation, wie eine Fackel die immer fortgepflanzte Imperiumsidee verdeutlichen.“134 Die einzelnen Bildelemente greifen ineinander und leiten über zum nächsten Thema, inhaltliche oder zeitliche Distanzen werden – das sprachliche Bild der Fackel deutet es an – durch Überlagerung der einzelnen Fotoschnipsel überbrückt. Der über die ganze Fotomontage eingehaltene Rhythmus demonstriert Einheit und vermittelt den Anschein einer kontinuierlich sich abwickelnden Geschichte, ungeachtet der verschiedenen Epochen und Zusammenhänge, aus denen die abgebildeten

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179: Sala XXVI, „Immortalità dell’idea di Roma. La rinascita dell’Impero nell‘Italia fascista“ auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Fotomontage-Fries, linke Wand (Ausschnitt).

Objekte stammen. Ein geübtes Auge erkennt zwar, dass die einzelnen Elemente aus verschiedenen Zeiten stammen, doch die Fotografie abstrahiert von der Materialität und der Patina, die Montage hebt alle Objekte auf die gleiche Bedeutungsstufe. Das Potenzial der Fotomontage, zeitlich und örtlich voneinander unabhängige Komponenten nahtlos miteinander zu verknüpfen, wird hier genützt, um 2000 Jahre als Einheit zu präsentieren. So stehen sich im Fries links des Saaleingangs der Konstantinsbogen (315 n. Chr.), das Bozener Siegesmonument (1928) und der Bogen am Philänen-Altar in der Kyrenaika (1937) gegenüber. Der erstgenannte erinnert an Konstantins Sieg über Maxen­ tius an der Milvischen Brücke. Auch die Faschisten überschritten während des Marsches auf Rom im Oktober 1922 den Ponte Milvio, um kurz darauf mit der Ernennung Mussolinis zum Ministerpräsidenten gleichfalls zu triumphieren. Die Legende, Konstantin habe in der Nacht vor dem Sieg beim Ponte Milvio eine göttliche Eingebung gehabt, verweist zudem auf den Stellenwert der Religion im Reich Konstantins und zugleich auf die von Mussolini erreichte Einigung der weltlichen mit der christlichen Macht – die Lateranverträge von 1929 werden in der Fotomontage mittels einer Fotografie St. Peters mit italienischer als auch vatikanischer Flagge dargestellt.135 Marcello Piacentinis Triumphbogen in Bozen von 1928 hingegen steht für die Annexion österreichischen Territoriums im Ersten Weltkrieg, respektive für die „befreite Stadt“ Bozen und die „Befreiung Venetiens“. Mussolini hatte die Erstellung

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180: Sala XXVI, „Immortalità dell’idea di Roma. La rinascita dell’Impero nell’Italia fascista“, auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Fotomontage-Fries, rechte Wand (Ausschnitt). Die hier abgebildete rechte Seite des Saales vereinte Bilder der neuen Städte in den pontinischen Sümpfen; der Urbarmachung setzte man ähnliche Unternehmungen und vergleichbare ­Siedlungen aus der Antike – wie Florentia, Placentia, Concordia – gegenüber. Den Schlusspunkt bildete das Foro Mussolini, ein im wahrsten Sinn klassischrömisches „Zentrum der Körpererziehung“. 181: Sala XXVI, „Immortalità dell’idea di Roma. La rinascita dell’Impero nell’Italia fascista“ auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Fotomontage-Fries (Ausschnitt): Die drei Triumphbogen.

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182: Ein weiteres Montageensemble, wie es auf einer Seite im Katalog der Mostra Augustea della Romanità gezeigt wird, veranschaulicht das Zweigespann Kaiser und Duce, Augustus und ­Mussolini: auf der einen Seite der Obelisk, den Augustus nach der Eroberung Ägyptens auf dem Circus Maximus aufstellen ließ, auf der andern der sogenannte Obelisk von Axum, den Mussolini nach der Eroberung Äthiopiens nach Rom bringen ließ.

des Monuments verfügt, um die neuen Machtverhältnisse darzulegen. Das dritte Monument, der „Bogen der Philänen“ von Florestano Di Fausto, 1937 in der Kyrenaika (Libyen) erstellt, stand für die Expansionspolitik der Faschisten in Nordafrika respektive erinnerte „an die Triumphfahrt des Duce in Libyen“ und „an die Einweihung der Küstenstraße, ein Werk römischer Größe.“136 Die drei Bogen, antike wie faschistische Marksteine (respektive, im Fall Bozen, ein von den Faschisten annektierter irredentistischer „Triumph“), waren verbunden durch die Worte „La serie è ricominciata“ (die Serie wurde wieder aufgenommen). In einem nächsten Bildensemble sehen wir drei (Ehe-)Ringe und eine weibliche Figur. Auch hier untermauert ein Ereignis aus der Antike ein ganz ähnliches in der Gegenwart: Die Erinnerung an das Goldopfer während der punischen Kriege sollte den Appell des faschistischen Regimes 1935 an die italienischen Frauen unterstützen, dem Staat ihren Ehering zu überlassen. Dies war nötig geworden, nachdem der Völkerbund als Reaktion auf die Annexion Äthiopiens ein Embargo gegen Italien verhängt hatte und dadurch die Devisen knapp wurden. Bildmächtig ging Königin Elena auf dem Altar des Vaterlandes, dem Vittoriano, mit gutem Beispiel voran, Millionen

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183: Ruggero Michahelles (Micaelles), Doppelseite zur Goldspende 1935 aus Italia Imperiale, März 1937.

184: Sala XXVI, „Immortalità dell’idea di Roma. La rinascita dell’Impero nell’Italia fascista“ auf der Mostra Augustea della Romanità, Rom, 1937, Fotomontage-Fries mit (Ehe-)Ringen (Ausschnitt).

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Frauen folgten ihr. Der Vorgang wurde noch gestützt durch ein Wortspiel, heißt doch der Ehering auf italienisch la fede, was auch Glaube und Vertrauen bedeutet: „fede fascista“ war eines der Schlagworte, welches mit der „fede cattolica“ konkurrierte.137 Auch ein Bildpaar in Italia Imperiale138 zeigt die Szene des 18. Dezember 1935, als Königin Elena als erste ihren Ehering gegen ein Eisenimitat eintauschte. Daneben spielt die Illustration von Ruggero Michahelles139 deutlich auf Michelangelos Erschaffung Adams in der Sixtinischen Kapelle (1508–1512) an. Die dank starkem Licht-Schatten-Kontrast auffallend plastisch dargestellten Hände sind im Begriff, den Ehering vom Finger zu ziehen; getrennt von jeder irdischen Verbindung, erscheinen sie fast schwebend leicht vor dem flachen, von himmlischen Strahlen in goldenes Licht getauchten Hintergrund. Einmal mehr wird ein profaner Akt vom Faschismus mit dem Sakralen in Zusammenhang gebracht, in diesem Fall durch die Paraphrase (Michelangelo) respektive das Zitat (Strahlen) christlicher Malerei. Die Verbindung von göttlichem Glauben, Gold, Ehering und Vaterlandsliebe blendet den wahren Grund der Szenerie – den Kolonialkrieg Italiens – völlig aus. Die Antike im Alltag

Die Punkte, an welchen die Gegenwart in der Antike anknüpfen konnte, zogen sich quer durchs Leben der Italiener, so wie sich die Via Nazionale, wo 1932 die MRF und nun, fünf Jahre später, die MAR gezeigt wurde, von den Diokletiansthermen zum Hauptsitz des Faschismus, dem Palazzo Venezia zog. Immer wieder wurde die Bevölkerung, mehr oder weniger offensichtlich, mit der epochenübergreifenden Verbindung konfrontiert. Die beiden Ausstellungen, aufgeklappten Geschichtsbüchern gleich, bewirkten eine Zusammenführung auseinanderliegender Geschichtsepochen, die bis weit in den Alltag hinein sichtbar wurde. Bilder aus der Antike wurden inflationär verwendet, nicht zuletzt für profane Produktreklamen. Dabei galt – analog zum antiken (Frauen-)Kopf bei Herbert Bayer, Xanti Schawinsky oder Edoardo Persico – die antike Statue oder Büste als Maßstab für den beworbenen Gegenstand. Bilder der Antike in den Alltag einfließen zu lassen, war zwar nicht neu, erlebte durch den konkreten Anlass des Bimillenario und der Ausstellung aber einen starken Schub. Der Vergleich mit der Antike lag bereits seit der „Wiedererlangung des Imperiums“, also seit Mai 1936, auf der Hand. Man darf man annehmen, dass die bekanntesten Statuen wie die des Augustus von Prima Porta im Vatikan oder jene des kapitolinischen Cäsars einer breiteren Bevölkerungsschicht bekannt und als Ikonen im Gedächtnis bereits verankert waren, was für die Verständlichkeit der Bildpropaganda Bedingung ist. Schließlich mag bei einigen Verantwortlichen das – im Bimillenario thematisierte – Wissen um Augustus’ Bildprogramme, nicht zuletzt seine politische Propaganda mittels Feldherrenstatuen, eine Rolle gespielt haben. Für die Verbindung von Antike und modernem Alltag oder, anders gesagt, der Einführung von Bildern aus dem antiken Kontext in den Alltag bot sich die Technik

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185: Werbung für die Mostra Augustea della Romanità, aus L’Illustrazione Italiana, Numero speciale „Berlino Roma“, Oktober 1936. 186: Unbekannter Gestalter, Lanital-Werbung, aus Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1937.

der Fotomontage an. So erschien zur MAR eine Werbe-Montage, in welcher jeweils das Bild zur Antike sein faschistisches Gegenstück findet, wobei die zeitliche Distanz durch die Überlagerungen und Abstraktionen aufgehoben wird. Dem (von Wissenschaftlern vermuteten) pyramidalen Abschluss des Tropaeum Augusti – des Siegesmonuments, das Augustus zirka 7 v. Chr. in Südfrankreich (im heutigen La Tourbie) anlässlich der errungenen Herrschaft über die Alpenstämme errichten ließ – ist das Bild des italienischen Heeres eingeschrieben (vgl. Abb. 185). In Parallele zu Augustus’ militärischem Triumph kann es als Symbol für Mussolinis Sieg in Äthiopien gelesen werden: Rom auf dem Marsch zum Imperium.140 Die Pyramide wird von einer Kugel mit Statue gekrönt; Archäologen vermuteten, dass es sich um die Statue des Augustus handelte, der Schattenriss der Montage hingegen zeigt eine geflügelte Siegesgöttin. Mittig eingepasst, dem Heer überlagert und in direkter Linie zur Viktoria, steht die Panzerstatue des Augustus aus dem Vatikan. Unüblich, aus dem Profil aufgenommen, scheint der gestreckte Arm den Saluto romano zu zeigen. Flankiert wird die Statue vom Kolosseum, linker Hand vom Foro Mussolini mit dem Stadio dei Marmi.

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187: Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Mai/Juni 1937, Doppelseite.

Die Figur des Augustus in der Produktewerbung entsprach einem Gütesiegel und garantierte für die Qualität autochthoner Produkte wie zum Beispiel Lanital / I tessuti dell’Impero (vgl. Abb. 186).141 Doch musste es nicht immer Augustus sein – auch andere römische Heerführer boten sich für die Rolle an, sofern sie denn als Feldherren erkennbar waren.142 Die Reklame der Banca Commerciale Italiana feiert den Sieg des italienischen Heeres in Äthiopien mit einer Referenz an (den kapitolinischen) Cäsar, um auf die wiedererlangte Größe des italienischen Imperiums (und damit auf ihre eigene Bedeutung und Tradition) zu verweisen.143 Auch Ruggero Michahelles’ Titelblatt von La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ entspricht ikonografisch dem bisher Gezeigten. Das gemalte Blatt stammt bereits vom November 1933, funktioniert aber ähnlich wie die gezeigten Beispiele von 1937 (Abb. 187). Die Statue (vermutlich des Titus) beherrscht das Zentrum, hinterleuchtet vom blendend weißen Triumphbogen Konstantins und dem Kolosseum im Hintergrund; ihm gegenüber, am linken Rand im Vordergrund, salutiert stramm ein Schwarzhemd, dessen Saluto romano die Titusstatue zu erwidern scheint – tatsächlich war die Geste des römischen Kaisers nicht die des Grußes, in der erhobenen Hand hielt er ursprünglich wohl eine Schriftrolle. Die Architektur bot sich für Vergleiche mit der Antike bevorzugt an, schließlich sind Bauruinen die sichtbarsten Relikte aus der Vergangenheit. Levi-Montalcini,

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188: Ruggero Michahelles, Titelblatt der La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933. 189: Gino Levi-Montalcini, Carlo Mollino, Emilio Pifferi, „Roma 754 A.C. – 1935 D.C.“, aus Domus, Februar 1936.

­Mollino und Pifferi demonstrieren ihre These der Abstammung der zeitgenössischen italienischen Architektur von der römischen Antike mit einer Montage aus Fotografien und Grundrissen, die keinen Zweifel an der Parallele zwischen augusteischem und faschistischem Reich lässt. Die am Boden sitzenden „barbari“ und ihre Häuser bilden, so wird klar beim Betrachten der kreisförmigen Grundrisse, die „Antithese“.144 Ein bemerkenswerter Spezialfall innerhalb der mit antiken Referenzen versetzten Propaganda ist die Werbung für Erberto Carbonis Studio (Abb. 190). Der Grafiker und Gestalter der EAI-Fassade sowie zahlreicher Ausstellungen (u. a. der Sektion Grafik an der Weltausstellung in Paris, 1937) arbeitete wiederholt mit Fotomontage. Dabei ist, gerade in Ausstellungen, wo die klare Darstellung verdichteter Informationen und komplexer Abläufe gefragt ist, eine stilistische Ähnlichkeit mit den diagrammartigen Arbeiten Herbert Bayers, etwa für Wunder des Lebens,145 zu erkennen. Von Bayer wurde Carboni denn auch geschätzt, die Einleitung Bayers zur Monografie Carbonis zeugt ausführlich davon;146 vermutlich war Carboni, ganz im Gegensatz zu heute, bei vielen seiner Zeitgenossen bis über die Landesgrenzen hinaus bekannt, wobei gerade die engere Verbindung mit Deutschland und dem Bauhaus durch den gemeinsamen Kollegen Xanti Schawinsky gut nachvollziehbar ist. In seinen Montagen kombinierte Carboni grafische Elemente (geometrische Zeichnung), sachliche Fotografie und Auf-

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190: Erberto Carboni, Werbung für sein Studio, aus Guida Ricciardi, 1936.

nahmen antiker Referenzbilder (z. B. die Nike). In der Anzeige für sein eigenes Studio misst sich das Wahrzeichen der Industrialisierung, ein Industriekamin, an der Perfektion korinthischer Säulen – eine Anspielung an Le Corbusier, „ein Maximum an Präzision und Ausdruckskraft“?147 Auch wenn der Zusammenhang mit Carboni und seiner Arbeit als Gestalter nicht ins Auge springt, die Perfektion der antiken Säulen, gepaart mit grafischer Raffinesse und dem Überraschungseffekt der Montage, wird auf Carbonis Arbeit übertragen und der Industriekamin, das moderne Element, als Ausdruck seiner beruflichen Ausrichtung verstanden.

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191: Marcello Nizzoli, Seite aus Italia Imperiale, März 1937.

Italia Imperiale: Geistige Landesverteidigung und Aufbruch in die Moderne

Im März 1937 erschien der großformatige, dickleibige Bildband Italia Imperiale.148 Als Sonderedition der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, der von Mussolini gegründeten und von seinem Bruder Arnaldo bis zu dessen Tod (1931) geführten Zeitschrift, konnte der Band als Garant für Regimetreue gelten und leistete somit einen gewichtigen Beitrag zur „Geistigen Landesverteidigung“ Italiens.149 Auf über sechshundert Seiten erklärt er in Schrift und Bild die Entwicklung des römischen Reichs von der Antike bis zur faschistischen Gegenwart und leitet damit zur großen Parallelschau von MAR und zweiter MRF über. Marcello Nizzoli, Mario Sironi, Bramante Buffoni, Erberto ­Carboni, Paolo Garretto und Ruggero Michahelles verantworteten die zahlreichen Illustrationen, von Mitarbeitern des Istituto Luce – zum Teil noch heute bekannte Namen wie Federico Patellani und Bruno Stefani – stammen die Fotografien und einige

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192: Unbekannter Fotograf, FIAT-Reklame aus Italia Imperiale, März 1937.

Fotomontagen. Nizzoli steuerte eine Serie ganzseitiger Montagen bei, die Kombinationen aus Fotografien und Zeichnungen sind, wobei er auch die fotografischen Aufnahmen derart bearbeitete, dass sie auf den ersten Blick als abstraktes Grisaille-Muster erscheinen.150 Eine der Montagen Nizzolis ist dem Thema Frau und Mutterschaft gewidmet (vgl. Abb. 191). Die einzelnen Montageelemente besitzen Ähnlichkeit mit den zeitlich parallelen Montagen für die Casa del Fascio in Como, die Aussage in Italia Imperiale aber ist pathetisch, die Mutterrolle sakral überhöht; eine Madonna mit Kind thront über den versammelten Frauenbildern. Diese Montage Nizzolis, wie auch die Michahelles’ zur Goldspendeaktion, könnte als Hinweis gedeutet werden, dass Fotomontagen 1937 klassisch in der Gestalt, nationalistisch in der Aussage und symbolisch aufgeladen waren. Doch beim Betrachten von Italia Imperiale wird schnell klar, dass dies eine zu einseitige Sichtweise wäre. Auch in Italia Imperiale fand die Moderne in Fotografie und Montage Einzug; erwähnt sei die Nahaufnahme der FIAT-Kühlerhaube (mit Fascio) im Stil der Neuen Sachlichkeit (vgl. Abb. 192) oder die 45 × 35 cm große und damit ganzseitige Fotomontage, die Fritz Langs Metropolis zu paraphrasieren scheint: eine verschlungene Industrielandschaft, dicht bepackt mit Tanks, Industrierohren und Zahnrädern, während ganz unten am Blattrand die Akteure, eine winzige graue Arbeiterkolonne, knapp zu erkennen sind (vgl. Abb. 193).

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193: Unbekannter Gestalter, Seite aus Italia Imperiale, März 1937.

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194: Studio Boggeri, zwei von sechs Seiten des Reklame-Inserts für die Banca Commerciale Italiana aus Italia Imperiale, März 1937. 195: Unbekannter Gestalter, Seite aus Italia Imperiale, März 1937. 196: Bruno Munari, Forze dell’Impero, Fotomontage, 65,5 × 47 cm, 1936.

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Aber auch das sich über sechs Seiten erstreckende Reklame-Insert des Studio Boggeri für die Banca commerciale italiana (vgl. Abb. 194), welches unter Verwendung eines Duce-Portraits keinen Zweifel an der Stoßrichtung lässt (der Sieg des Impero Italiano ist der Erfolg des Bankimperiums), verfolgt nach wie vor formale Spielregeln, die aus der modernen Gestaltung bekannt sind. Nicht zuletzt die Verwendung desselben Portraits von Mussolini, nun allerdings als Tondo, wie für die von Erberto Carboni gestaltete Presseabteilung an der Weltausstellung in Paris im selben Jahr (1937), deutet darauf hin, dass Carboni, in Diensten des Studio Boggeri, auch verantwortlich war für das Bank-Insert. Der Fortschritt in Industrie und Infrastruktur der Stadt Rom wurde ebenfalls durch Fotomontage visualisiert. Künstlerische Absichten standen dabei nicht im Vordergrund, vielmehr handelte es sich darum, die neue Form und Rolle Roms (vgl. S. 182 ff.) beziehungsweise die entstehende Infrastruktur unter dem Titel „S.P.Q.R. acquedotti scuole strade parchi“ (S.P.Q.R. Wasserleitungen Schulen Straßen Parks) zu zeigen (vgl. Abb. 195). Interessanterweise dominieren dabei die technischen Wasserkraftanlagen im Vordergrund mit Rädern, Motoren und unterirdischen Gängen, während die eben fertiggestellten weißen Schulgebäude in den Hintergrund treten. Das Verständnis des Motors als Antrieb der Nation und des Imperiums ist der Fotomontage implizit und mag dazu beigetragen haben, sie in den Vordergrund zu rücken. Diese doppelte Lesart, das heißt die rein technische – Motoren als Zeichen der Infrastruktur – wie die symbolische – der Motor als Antrieb der Nation –, wie sie auch in Terragnis Fotomontage in der MRF 1932 suggeriert wird, findet sich in diversen Werbeanzeigen, sehr deutlich etwa in einer von Bruno Munari (Abb. 196). Die Rolle der Fotomontage 1937

Während die Fotomontagen in der zweiten Version der MRF von 1937 gegenüber 1932 bis auf ein Minimum amputiert sind – eine dritte Version (1942) lässt vom avantgardistischen Ursprung nichts mehr erahnen –, wird in der MAR die Fotomontage breit eingesetzt, da sie sich besonders gut eignet, räumliche und zeitliche Distanzen zu nivellieren. Größenverhältnisse und Materialität werden ebenso aufgehoben, genauso wie der ursprüngliche Kontext durch Fragmentierung in der Montage verloren geht. Die Aufhebung der Zeit-Dimension durch den Verzicht auf eine klare Unterteilung der Objekte nach antiker respektive zeitgenössischer Provenienz, ja deren Vermengung, führte zu einer scheinbar einzigen Zeitachse in der MAR: den rundum laufenden Fries, welchem der Besucher folgte, um die Montage von Anfang bis Ende als eine einzige Geschichte zu lesen. Die Fotomontage als Biblia pauperum erreichte damit 1937 einen weiteren Höhepunkt in der faschistischen Propaganda. Am 30. April 1937, einige Monate vor der Doppeleröffnung in Rom, hatte Adolf Hitler in Berlin die Ausstellung Gebt mir vier Jahre Zeit! eröffnet, die nach Ulrich Pohlmann „wohl komplexeste Leistungsschau des nationalsozialistischen Regimes, auf

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der die Fotografie, das großformatige Fotopanorama und die Fotomontage ein letztes Mal propagandistisch eingesetzt wurden.“151 Bei der Ausstellung handelte es sich um einen eigentlichen Rechenschaftsbericht, der – aus Sicht der Nationalsozialisten – Errungenschaften der ersten vier Jahre (1933–1937) unter nationalsozialistischer Herrschaft zeigte. Pohlmann bezeichnet die deutsche Propagandaschau, für die Egon Eiermann Fotomontagen und Installationen entworfen hat, als Wendepunkt im offiziellen Gebrauch von Fotomontagen in Deutschland. Ist Pohlmanns Beobachtung, Gebt mir vier Jahre Zeit! sei als Wende- respektive Schlusspunkt im offiziellen Gebrauch von Fotomontagen in Deutschland zu bezeichnen, auf Italien übertragbar?152 Wurde die Fotomontage in der MAR das letzte Mal als Kommunikationsmedium eingesetzt? Im Unterschied zu Eiermanns modern gestalteten Fotomontagen leiten die beiden Römer Ausstellungen von 1937 eine Abkehr von der Moderne ein und eine Wendung hin zum Klassizismus – eine Absage an die Technik, womöglich deren Aufgabe schlechthin im offiziellen Gebrauch bedeutete dies aber nicht. Die Achsenmacht Italien besaß wohl in Bezug auf Stil und Anwendung der Fotomontage, vermutlich gar generell für die Kunst, kein konkretes Konzept, so dass Änderungen je nach Situation ad hoc vorgenommen wurden. 1937, auf dem Höhepunkt der konsolidierten Macht und im Moment der Rückbesinnung auf die Antike, entstanden Fotomontagen, die in ihrer Gestalt vermehrt traditionellen Regeln der bildenden Kunst folgten. Einzelne Charakteristika lassen sich herausfiltern, wobei sich nicht unbedingt alle in einer einzelnen Fotomontage finden: Eine überschaubare Anzahl Bildelemente beschränkte sich auf ein vorgegebenes Feld (kein Ausufern über die Ränder); der Bildaufbau folgte in gewissen Fällen den Regeln der Malerei (Vordergrund, Hintergrund, eventuell Perspektive und Symmetrie), auf jeden Fall wurden „chaotische Ansammlungen“ von Schnipseln vermieden; der Aufbau der Montage war ausgewogen, unter Umständen statisch; die Bildelemente waren inhaltlich traditionell und formal eher Einzelfotos oder freigestellte Objekte als beschnittene oder ausgerissene Fragmente. Außerhalb der Augustusikonografie konnte die Fotomontage aber – auch unter der Ägide des Regimes – weiterhin in einer an das Bauhaus erinnernden Ästhetik eingesetzt werden, zum Beispiel durch Erberto Carboni am IX Salone dell’auto in Mailand (1936), an der Weltausstellung in Paris (1937) und der Prima Mostra Triennale delle Terre d’Oltremare in Neapel (1940), aber auch an der Mostra autarchica del Minerale italiano (Rom 1938) und an der VII. Triennale (Mailand 1939).153 Als Illustrationsmedium fand die Fotomontage in Publikationen und in der Werbung nach wie vor in verschiedenen Stilrichtungen ihre Verwendung. Die Fotomontage spielte in Italien auch nach 1937 ihre Rolle, sowohl wenn durch die Ästhetik ein politischer Aufbruch angezeigt werden sollte, als auch wenn es sich um die Demonstration überlieferter Traditionen handelte.

Anmerkungen

Einleitung   1 „L’ […] importanza [del fotomontaggio] è dunque grandissima anche quando esso sia soltanto al servizio della cronaca o della propaganda, senza intenzioni artistiche.“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, 94.   2 Teige, „Über die Fotomontage“, 66 (Hervorhebungen im Original).   3 Ursprünglich wurde der Begriff „totalitär“ 1923 von Giovanni Amendola und antifaschistischer Oppositionsgruppen zur Charakterisierung des faschistischen Systems geprägt. Der Ausdruck wurde 1925 von den Faschisten übernommen und im Folgenden sowohl von ihnen als auch der Opposition für das Regime Mussolinis benutzt; seit Anfang der 1930er Jahre wird der Begriff in Zusammenhang mit den Staatsführungen von Italien, Deutschland und Sowjetrussland verwendet im Gegensatz zu demokratischen Staaten. Vgl. dazu Petersen, „Die Geschichte des Totalitarismusbegriffs in Italien“, 15–35; aber auch Werckmeister, „Totalitäre Kunstpolitik im Jahrzehnt der Wirtschaftskrise 1929 bis 1939“, 32.   4 Gustav Klutsis bezeichnet die Fotomontage 1931 als „new method of visual art“, vgl. Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 237. Tatsächlich kam die Technik bereits Mitte des 19. Jahrhunderts auf, wurde aber sowohl für die Werbung als auch die Massenpropaganda in den 1920er bis 1930er Jahren wiederentdeckt.   5 Bezeichnung für die zwei Jahrzehnte faschistischer Herrschaft.   6 Warburg, Ausgewählte Schriften und Würdigungen, 170. Zu Aby Warburg und der Entwicklung von der Kunstgeschichte zur Bildwissenschaft vgl. auch Hensel, Wie aus der Kunstgeschichte eine Bildwissenschaft wurde.   7 Warnke, Bildindex zur politischen Ikonographie, 9.   8 Helas, Polte, Rückert, Uppenkamp (Hgg.), Bild/Geschichte, XI.   9 Sauerländer, „Iconic turn?“, 408. Sauerländers Bezeichnung des „introvertierten Verständnis[ses] des Bildbegriffs“ bezieht sich auf Gottfried Boehm, „Die Wiederkehr der Bilder“, 12. 10 Bilderflut und Massenmedien sowie die verstärkte Beschäftigung damit in verschiedenen Fächern der Geisteswissenschaft bewirken auch einen Wandel in der Bedeutung von Fotografie. Dies zeigt der Umstand, dass, nach dem Einzug des Mediums ins Kunstmuseum in den 1990er Jahren, in den nuller Jahren immer stärker auch das gedruckte

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Anmerkungen

Bild – in Massenmedien, aber auch im Fotobuch – in den Fokus der Amateure und Forscherinnen gelangte. Dazu vgl. Pfrunder, „Fragen an das Fotobuch“, 42–49 (insbes. 42). 11 Warnke, Bildindex zur politischen Ikonographie, 9. 12 Bertelli, „La fedeltà incostante“, 56–129. Ein ähnliches Unternehmen ist: Firpo, Zunino (Hgg.), La storia e le sue immagini. 13 Hier seien aus der langen Literaturliste Costantinis zwei repräsentative Titel genannt: Der erste spiegelt Costantinis Beschäftigung mit den Anfängen seiner eigenen Disziplin wider, der zweite den Versuch, Einblick in ein noch unbekanntes Gebiet zu geben: Costantini, „Lamberto Vitali“, 19–26; Costantini, Zannier, Cultura fotografica in Italia. 14 Von Giovanni Lista existieren zahlreiche Publikationen zu Fotografie und Futurismus, die auch Fotomontagen einschließen; u. a. vgl. Lista (Hg.), Futurism & photography; idem, Futurismo e fotografia. 15 Pelizzari, Photography and Italy und Peripheral Visions. Zwar ist Pelizzari Italienerin, doch aufgrund ihrer jahrelangen beruflichen Tätigkeit in Nordamerika verfügt sie mittlerweile über einen Blick von außen auf Italien und die italienische Fotografie. 16 Russo, Storia culturale della fotografia italiana. 17 Valtorta, Pagine di fotografia italiana 1900–1998. 18 Aus seinen zahlreichen Publikationen sei hier hervorgehoben: Zannier, Storia della fotografia italiana. 19 Die Publikationen behandeln bevorzugt die eigene Geschichte; stellvertretend sei hier genannt: Quintavalle, Maffioli (Hgg.), Fratelli Alinari, Fotografi in Firenze. 20 Zannier, Fascismo 1922–1943, o. S.; idem, 70 anni di fotografia in Italia, 62–71. 21 De Luna, D’Autilia, Crescenti (Hgg.), L’Italia del Novecento, Bd. 1 (alle Herausgeber sind auch als Autoren maßgeblich am Band beteiligt). Außerdem Goglia, Storia fotografica dell’impero fascista, 1935–1941; Goglia, De Felice, Storia fotografica del fascismo. Antonella Russo hat in der Reihe „Storia fotografica della Società italiana“, verantwortet von ­Giovanni De Luna und Diego Mormorio, einen Abriss zur Fotografie in ausgewählten Publikationen und Ausstellungen herausgegeben, der kurz, aber in der Zusammenstellung des Inhalts erstmalig ist: Russo, Il fascismo in mostra. Ebenfalls von Antonella Russo stammt die detailreiche Storia culturale della fotografia italiana. Dal Neorealismo al Postmoderno. Zum Bild im und des Faschismus: Lanzardo, Immagine del fascismo. 22 Vgl. dazu Bertelli, „Iter Italico fotografico“, 51–58. 23 Vgl. S. 15 ff., Das Bild im Faschismus und die Abschnitte über Propaganda. 24 In folgenden ausgewählten Titeln wird der propagandistische Eigenwert der Architektur-Fotografie behandelt: De Seta (Hg.), Giuseppe Pagano fotografo; Tobia, „Salve o popolo d’eroi …“; Zannier, Fotografia e immagine dell’architettura. 25 Wilhelm Reich sprach von der Massenpsychologie des Faschismus, ohne dass Italien im Zentrum seiner Untersuchung gestanden hätte, Reich, Massenpsychologie des Faschismus. Ernst Nolte untersucht in seiner zum Standardwerk gewordenen Habilitation den „Früh-, Normal- und Radikalfaschismus“ (vgl. dazu auch den „Historikerstreit“ Mitte der 1980er Jahre), Nolte, Der Faschismus in seiner Epoche. Die länderunspezifische und damit im eigentlichen Sinne unhistorische Verwendung des Begriffs Faschismus setzt sich bis heute fort, vgl. etwa Schieder, Faschistische Diktaturen. Ebensowenig differenziert wird in benachbarten Forschungsgebieten wie der Kunst- und Fotografiegeschichte der Begriff Faschismus verwendet: Diederich, Grübling, „Sozialismus als Reklame“,

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

123–136, ist ein Artikel zur Fotomontage im Nationalsozialismus; bei Heft 28 der Zeitschrift Fotogeschichte (1988) mit dem Titel „Fotografie und Faschismus“ handelt es sich um eine Nummer zum Medium im Nationalsozialismus.  26 So auch Patti, Sacconi, Ziliani, Fotomontaggio: Im kurzen Kapitel zur Fotomontage in Italien zwischen den Kriegen (93–97) sprechen die Autoren der Technik zwar eine Rolle in der Massenkommunikation zu, doch eine marginale. Es wird unterschieden zwischen künstlerischer, experimenteller Fotomontage und politischer, wobei beide Typen nur en passant abgehandelt werden. Des weitern sei hier stellvertretend verwiesen auf Ades, Photomontage, sowie Photomontages: Publiziert sind drei italienische Beispiele (von Wanda Wulz, Vinicio Paladini, Ferruccio Demains, Abb. 48–50), ohne dass Michel Frizot in seiner Einführung darauf eingeht. 27 Hingegen existieren kürzere Texte zum Einsatz der Fotomontage im Faschismus, etwa in der oben genannten Publikation von Patti, Sacconi, Ziliani, Fotomontaggio, 93–97, oder in Jaubert, Fotos, die lügen, speziell das Kap. „Mussolini, Herr der Bilder“, 53–62: Jaubert publiziert einige manipulierte Fotos, vornehmlich des Duce, unter ihnen auch einige Fotomontagen.

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit 1 Panter [Kurt Tucholsky], „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“, 83. 2 Eine Art Leitfaden zum medienspezifisch adäquaten Umgang mit Fotografie als Quelle in der Geschichtsdisziplin bietet folgender, hier stellvertretend für eine ganze Reihe an Publikationen zum Thema genannter Titel: Jäger, Fotografie und Geschichte. 3 Zu studium und punctum vgl. Barthes, Die helle Kammer, 35–37. 4 „L’intervento dello storico che sceglie il documento, pescandolo dal mucchio dei dati del passato, preferendolo ad altri, attribuendogli un valore di testimonianza che dipende almeno in parte dalla propria posizione nella società della sua epoca e dalla sua organizzazione mentale, si innesta su una condizione iniziale che è ancora meno ‚neutra‘ del suo intervento. Il documento non è innocuo. È il risultato prima di tutto di un montaggio, conscio o inconscio, della storia, dell’epoca, della società che lo hanno prodotto, ma anche delle epoche successive durante le quali ha continuato a vivere, magari dimenticato, durante le quali ha continuato a essere manipolato, magari dal silenzio. […]“, Le Goff, Storia e memoria, 454 (Hervorhebungen NB). Ich zitiere hier nach der italienischen Originalausgabe, einer Kompilation von Artikeln Le Goffs (ursprünglich in der Enciclopedia Einaudi erschienen), und nicht nach der gut zehn Jahre später erschienenen französischen Ausgabe Histoire et mémoire (Paris: Gallimard 1988) noch nach der 1992 erschienenen deutschen Ausgabe Geschichte und Gedächtnis, da diese beiden Ausgaben den von mir zitierten Artikel Documento/monumento nicht enthalten. 5 In diesem Zusammenhang sei einmal mehr auch auf Roland Barthes hingewiesen. Im Unterschied zu Le Goff, so könnte man mit dessen Worten sagen, erkennt Barthes in der Fotografie in einem ersten Schritt die „harmlose Quelle“, das „So-ist-es-gewesen“ („alles, was ich feststellen kann, ist, daß es so gewesen ist“ [Barthes, Die helle Kammer, 117, Hervorhebung im Original] ). Das indexikalische Zeichen aber, so auch Susan Sontag,

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Anmerkungen

steht und fällt mit dem Kontext: „Eine Fotografie ändert sich mit dem Zusammenhang, in dem sie gesehen wird“, Sontag, Über Fotografie, 104.   6 Lanzardo, Immagine del fascismo; vgl. zum Thema auch Mignemi, Lo sguardo e l’immagine.   7 Lanzardo, Immagine del fascismo, 29.   8 „colmare i vuoti che altrimenti rimarrebbero nella narrazione con sia pur brevi parti scritte che integrano il discorso delle immagini e, soprattutto, le precisano meglio rispetto al contesto degli avvenimenti, alle cause, a certi sviluppi più riposti dandogli così quel significato che qualsiasi documento – anche il più eloquente – può avere solo grazie all’intervento critico ed interpretativo della personalità dello storico.“, De Felice, Goglia, Storia fotografica del fascismo, VIII; vgl. dazu auch Berger, „Erscheinungen“, 81–129.   9 Vgl. Bilder wie das des Duce mit ausgestochenen Augen (abgebildet in: Sturani, „Mussolini auf Postkarten – Symbol oder Dokument?“, 110), vgl. aber auch zerstörte oder, umgekehrt, bewahrte Archive. 10 Stiegler, Theoriegeschichte der Photographie, 285. 11 André Malraux entwickelt in Le Musée imaginaire Ideen, die auf die Fotomontage übertragbar sind: die Publikation macht einmalige Kunstgegenstände dem breiten Publikum zugänglich; durch die Reproduktion werden die Bilder in Format und Material nivelliert; ja sogar ihr Alter und ihre Qualität erfahren bis zu einem gewissen Grad eine Einebnung, wodurch ihr kulturhistorischer Kontext in den Hintergrund tritt. Dazu kommt im Buch das Format der Doppelseite, welche durch die gezeigten Gegenüberstellungen „zur Infragestellung des traditionelen [sic] Stilbegriffs beitragen kann“, Thürlemann, „Famose Gegenklänge“, 221. 12 Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, 21. 13 Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hg. von Gert Ueding, Bd. 7, 267 (Lemma Propaganda). Für eine Erweiterung des Begriffsverständnisses und Aspekte der Begriffsgeschichte vgl. Gries, Schmale (Hgg.), Kultur der Propaganda; für eine vertiefte Analyse des Begriffs Propaganda vgl. Bussemer, Propaganda. 14 „Anche il fascismo nasce dalla guerra e attua una rivoluzione e una mobilitazione permanente: indirizza i suoi messaggi semplici a un pubblico vasto da cui cerca di ottenere un consenso emozionale.“, D’Autilia, „Il fascismo senza passione“, 101. 15 Ibid. 16 Koselleck, „Politische Sinnlichkeit und mancherlei Künste“, 25–34. 17 „Sinnliche Präsenz, so scheint es, hat positiven Einfluss auf die Überzeugungs- oder Überredungskraft der politischen Botschaft.“, Arnold, Fuhrmeister, Schiller, „Hüllen und Masken der Politik“, 20. 18 Warnke, Bildindex zur politischen Ikonographie, 5. 19 Le Bon, Psychologie der Massen, 78. 20 Bussemer, Propaganda, 33. 21 Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, 14. 22 Die Fotoillustrierte setzte sich in den Zwischenkriegsjahren durch, das Radio war um die Jahrhundertwende aufgekommen und Film als Massenkommunikationsmedium ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts (Luce projizierte 1927 die ersten cinegiornali). 23 „Il fascismo sperimenta in modo pionieristico i nuovi mezzi di informazione del Novecento attraverso un medium all’avanguardia come il Luce, una sorta di anticipatore di

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

quegli strumenti decisivi che saranno già prima della guerra, ma soprattutto dopo, il rotocalco illustrativo e la televisione (è un programma ‚televisivo‘ quello organizzato settimanalmente dal Luce a Villa Torlonia per la famiglia Mussolini […].“, De Luna, D’Autilia, Crescenti (Hgg.), L’Italia del Novecento, 95. 24 Hier sei diese plakative Polarität erlaubt, da sie eine grundsätzliche Richtung von oben nach unten, vom Regime zur Bevölkerung aufzeigt; dass die Propaganda durchaus kontrovers gehandhabt wurde und nicht ausschließlich vom Regime bestimmt war, sondern auch von der Partei, zeigt mit besonderem Blick auf die Kultur Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 61–66. 25 Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Die Bedeutung der Fotografie für die Massenpropaganda verstanden auch die Nationalsozialisten; für Propagandaschauen wurde die Technik noch bis in die späten 1930er Jahre prominent verwendet. Willy Stiewe (1900–1971), Chefredaktor der Neuen Illustrierten Zeitung, konservativer Analyst der nationalsozialistischen Pressefotografie und im Dritten Reich Verfasser von Fotografie-Ratgebern, die auf die Bedürfnisse der Propaganda eingingen, betonte 1933 den Wert fotografischer Bilder, die „jeder verstehen und leicht verstehen“ kann: Stiewe, Das Bild als Nachricht, 58. Weiteres zu Stiewe und seiner Rolle als „theoretischer Stichwortgeber der NS-Bildpresse“ in: Sachsse, Die Erziehung zum Wegsehen, 28. 26 Möbius, Montage und Collage, 99; Möbius bezeichnet „verdeckte Fotomontagen“ als „Fälschungen von Fotografien“ (ibid.). 27 „L’idea di avvicinare il popolo alle multiformi manifestazioni dell’attività pubblica, elevandolo al sentimento e all’orgoglio della effettiva partecipazione al cammino e al destino del Paese, e consociandolo alla verità e alla responsabilità dell’azione; e tra le più salde del Capo.“, Paulucci Di Calboli, „L’Istituto Nazionale Luce“, o. S. 28 Vgl. dazu Stiewe, „Bilder, die lügen!“, 2–4, hier zit. n. Lugon, La Photographie en Allemagne, 254–256. Stiewe zählt in diesem Artikel die vielfältigen Möglichkeiten der Manipulation auf, die eine Fotografie keineswegs automatisch zum Abbild der Realität prädestinieren. Vgl. auch Jaubert, Fotos, die lügen, speziell das Kap. „Mussolini, Herr der Bilder“, 53–62 (Jaubert bezeichnet die Fotografie des Forums und der neuen Via dell’Impero (61) fälschlicherweise als Fotomontage); Liebert, Metten (Hgg.), Mit Bildern lügen. Frühe Beispiele politischer Propaganda mittels Fotomontagen stammen aus der Zeit der Einigung Italiens (vgl. von Dewitz, „Visuelle Anarchien“, 11) und aus der Pariser Kommune von 1871, dazu Möbius, Montage und Collage, 99–101; Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 153–159: Weise geht kurz auf einige Beispiele aus dem Nationalsozialismus ein, u. a. auf eine Fotomontage von Heinrich Hoffmann, die dem Beispiel „Marcia su Roma“ sehr ähnlich ist: Die Montage zeigt Hitler mit General Ludendorff im August 1924, eine Unmöglichkeit, saß doch Hitler zu dieser Zeit in Festungshaft, Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 158. Zannier hingegen verortet die erste politische Fotomontage im Jahr 1862, ein in Rom entstandenes Bild der ein Jahr zuvor vertriebenen Königin Maria Sofia von Neapel, vgl. Zannier, Storia della fotografia italiana, 225–227. 29 Die Manipulation durfte nicht sichtbar sein; was Rolf Sachsse für die dreißiger Jahre in Deutschland formuliert, gilt auch für Italien: „Versatzstücke einzelner Bilder, die zumeist in riesigen Formaten und in der Art von collagierten Fotomontagen zusammengesetzt wurden, hatten jedoch exakt auf Reales zu rekurrieren, um jeden Anschein einer Augentäuschung zu vermeiden.“, Sachsse, „Fotografie als NS-Staatsdesign“, 120.

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Anmerkungen

30 Archivio Centrale di Stato (EUR), Rom, u. a. publiziert unter dem Titel „Marcia su Roma, 24 ottobre 1922“ in: Holten, Celant (Hgg.), Arte Italiana, 124. 31 „Paesaggi e ritratti che conservavano per lo più il solito romanticismo d’Arcadia“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 247. 32 Vgl. dazu den aufschlussreichen Text des Gestalters, Architekten und Gründers der stilbildenden modernen Zeitschrift für Design, Domus, Giò Ponti, „Discorso sull’arte fotografica“, 285–288. 33 Auch der Artikel von Guido Modiano, „Fotografia 1931“, in: Industria della Stampa (1931), drei Jahre später wiederabgedruckt in Campo Grafico, Dez. 1934, 276–277, zeigt ausschließlich unverfängliche Aufnahmen, etwa Stillleben, u. a. von Moholy-Nagy, Persico, Bayer, aber auch eine „photomontage“ eines unbekannten Autors, das Titelblatt einer Publikation des Reale Automobile Club d’Italia: „Copertina di gusto attuale. Il photomontage esprime la sensazione di tumultuoso, di imbottigliato, caratteristica del traffico di Milano prima che fossero attuate le riforme trattate nel volume cui la copertina è destinata.“ 34 Man vgl. dazu die Mostra Nazionale delle Bonifiche, Rom 1932; Esposizione dell’Aeronautica Italiana, Mailand 1934; Mostra Nazionale dello Sport, Mailand 1935; Mostra Coloniale Celebrativa della Vittoria Imperiale, Como 1937; Mostra Nazionale delle Colonie Estive e dell’Assistenza all’Infanzia, Rom 1937; Mostra Augustea della Romanità, Rom 1937–1938; Mostra del Tessile Nazionale, Rom 1938; Prima Mostra del Dopolavoro, Rom 1938; Mostra della Vittoria, Padua 1938; Mostra Autarchica del Minerale Italiano, Rom 1938–1939; Prima Mostra Triennale delle Terre d’Oltremare, Neapel 1940. 35 „potente centro di controllo della temperatura media nazionale, ma soprattutto un centro di elaborazione e di lancio di temi propagandistici, slogan e parole d’ordine, atti a forgiare lo spirito della nuova Italia mussoliniana.“, Malvano, Fascismo e politica dell’immagine, 31. 36 Literatur zum Luce und zur Propaganda im faschistischen Regime: De Luna, D’Autilia, Crescenti (Hgg.), L’Italia del Novecento; Pettena, Architettura e propaganda fascista nei filmati dell’Istituto Luce; Franzinelli, Marino, Il Duce proibito; Loiperdinger, Herz, Pohlmann (Hgg.), Führerbilder; Zannier, Storia della fotografia fascista, 254–256; Bertelli, „Iter Italico fotografico“, 51–58; Waibl, „Faschistische und nationalsozialistische Fotografie im Vergleich“, 150–161; Sachsse, „Kontinuitäten, Brüche und Missverständnisse“, 64–83. Bildbände (Quellen), die hauptsächlich aus Fotos des Luce bestehen: Istituto Nazionale L.U.C.E. (Hg.), L’Italia fascista in cammino; Italia Imperiale, Spezialnummer der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ (mit kurzem Text zum Istituto Luce, s. u.). 37 „la funzione di controllare e promuovere al tempo stesso l’immagine del regime.“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 246. 38 Paulucci Di Calboli, „L’Istituto Nazionale Luce“, o. S. 39 Ibid.; seit 1927 produzierte das Istituto Luce auch das Giornale Cinematografico, die Wochenschau mit Aktualitäten, die vor jedem Film und auf öffentlichen Plätzen projiziert wurde. Zu den Filmen des Luce vgl. Pettena, Architettura e propaganda fascista nei filmati dell’Istituto Luce. 40 D’Autilia, „Il fascismo senza passione“, 94. Dabei ist zu bemerken, dass seit 1929 die Abzüge gegen ein kostenpflichtiges Abonnement an die Presse verschickt wurden,

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trotz Finanzierung des Luce durch den Staat und ungeachtet des Propagandagehalts der Bilder. 41 Paulucci Di Calboli, „L’Istituto“, o. S. 42 ACS, Carte Morgagni, scatola 70, fasc. 9, hier zit. n. Franzinelli, „Immagini“, XXII. 43 Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 61. 44 Zur schleichenden Verfemung des Wortes im Faschismus vgl. ibid., 62. 45 Dass anstelle der Propaganda die Volkskultur betont wurde, hat mit der erwähnten negativen Besetzung des Wortes Propaganda zu tun, außerdem war zu Zeiten der Kolonialkriege eine bodenständige, volksnahe Propaganda gefragt. 46 D’Autilia, „Il fascismo senza passione“, 94–95. 47 Vgl. dazu die „fogli di disposizioni“, eine Erfindung von Staraces Kollege Augusto Turati; sie informierten über Veranstaltungen, aber auch über den stile di vita eines rechten Faschisten. Vgl. auch das Vademecum für die G.I.L. [Gioventù Italiana del Littorio], P.N.F. [Partito Nazionale Fascista], Il primo libro del fascista mit „riassunti in brevi capitoli, sotto forma di domande e risposte formulate con tutta praticità e chiarezza, gli aspetti morali, politici, sociali, organizzativi del Fascismo“, o. S. 48 „Der große Vorteil von Ausstellungen gegenüber Zeitschriften lag nicht nur in der billigeren Herstellung und der unaktuellen Terminierung, sondern vor allem in der kommunikativen Wirkung – deswegen wurde dieses Medium auch von allen kriegsführenden Staaten extensiv genutzt.“, Sachsse, Die Erziehung zum Wegsehen, 200; der Vorteil der „unaktuellen Terminierung“ spielt nur eine beschränkte Rolle. 49 Starl, „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“, 12. 50 Zur Fotomontage im 19. Jh. vgl. etwa: Siegel (Hg.), Playing with Pictures; Bernasconi, „Der ‚Collagen-Paravent‘“, 373–390; von Dewitz, „Visuelle Anarchien. Zur Geschichte der Fotomontage“, 9–19; Hiepe, Die Fotomontage; Starl, „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“, 12–20; Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 153–160; Baier, Quellendarstellungen zur Geschichte der Fotografie, 522–524: Baier steht dabei der „künstlerische[n] Kompositionslehre“, wie sie in England betrieben wurde, kritisch gegenüber: „Daß [die Engländer] damit dem eigentlichen Wesen der Fotografie Zwang antaten, weil sie ja ganz naturgetreu abbildet und Eingriffe jeder Art schlecht verträgt, war ihnen dabei kaum bewußt.“ (524). In älteren Werken wird häufig nicht oder nur kurz aufs 19. Jahrhundert verwiesen, etwa in Hiepe, Die Fotomontage; Ades, Photomontage; Möbius, Montage und Collage. Brandon Taylor lässt die Geschichte der Fotomontage erst mit den Kubisten und Futuristen einsetzen (vgl. idem, Collage), John Szarkowski hebt die „vitality of photomontage in Russia and Germany“ hervor (idem, Photography Until Now). Auch in Geschichten zur künstlerischen Collage wird nur kurz auf die Vorläufer eingegangen, vgl. dazu Waldman, Collage und Objektkunst vom Kubismus bis heute, oder Wescher, die zwar kurz die „Vorläufer“ verfolgt – bis zurück ins 12. Jahrhundert –, aber gleichzeitig biologistisch argumentierend auf die nicht vorhandene stete Entwicklung verweist: „Zusammenfassend ist festzustellen, daß Collage, Montage und Materialbild unzählige Vorläufer in den vergangenen Jahrhunderten besitzen, von denen jedoch nur das Allerwenigste mit dem, was heute geschaffen wird, in Zusammenhang gebracht werden kann. Als Produkte von Kunsthandwerk, Volks- und Liebhaberkunst bleiben all diese Vorarbeiten auf den Seitenlinien der künstlerischen Entwicklung und üben auf sie keinen Einfluß aus.“, Wescher, Die Geschichte der Collage, 16.

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Anmerkungen

51 Vgl. Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 154–155. 52 Die erste Mosaikkarte Disdéris soll an einem Tag 70.000 Mal bestellt worden sein; vgl. Starl, „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“, 15. 53 Vgl. Müller-Wille (Hg.), Hans Christian Andersen und die Heterogenität der Moderne (insbes. Einleitung); Wandschirme waren ein im 19. Jahrhundert beliebtes Möbel, Andersen hatte mehrere in seiner Wohnung, nicht nur mit eigenen Collagen versehene. Zum Objekt des collagierten Wandschirms vgl. Bernasconi, „Der ‚Collagen-Paravent‘“, 373– 390. 54 Zannier, Storia della fotografia italiana, 63; leider ohne Abbildungen. 55 Lista, Cinema e fotografia futurista, 210. Lista nennt als früheste futuristische Fotomontagen die Negativmontagen von Anton Giulio Bragaglia (sogenannte Sandwichkopien mittels Negativen). 56 „Questo procedimento [il fotomontaggio] ebbe molta fortuna anche tra i futuristi, sebbene con un certo ritardo rispetto ai dadaisti tedeschi. Furono in molti a sbizzarrirsi nell’inventare nuovi spazi visivi, con assemblaggi di immagini, che godevano della oggettività fotografica, ma nelle quali era possibile strutturare caricaturalmente un cosmo improbabile, creando connessioni, spesso ambigue, dense di riferimenti retorici, di simbolismi onirici.“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 251. 57 Buchloh, „Von der Faktur zur Faktografie“, 12. 58 Dies übereinstimmend mit der Einschätzung des Künstlers selbst, siehe weiter unten. 59 „Wer von ihnen [Grosz oder Heartfield] erstmals eine Montage komponiert hat, lässt sich nicht mehr mit Gewissheit feststellen. Etwa zur gleichen Zeit montierte, unabhängig von ihnen, auch Willi Baumeister und gleichzeitig wurde auch in den Collagen des russischen und des italienischen Futurismus mit fotografischen Bestandteilen experimentiert.“ Möbius betont, es sei wichtig, dass „Grosz und Heartfield die künstlerische Fotomontage vom Illusionismus und vom Vorbild der traditionellen Malerei [befreiten], dem die frühen Fotomonteure [des 19. Jahrhunderts] noch angehangen hatten.“ Möbius, Montage und Collage, 210. Vinicio Paladini schreibt pauschal: „Il Fotomontage è nato in Germania“, Paladini, „Fotomontage“, hier zit. n. Lista, Futurismo e fotografia, 314–315. 60 Frizot (Hg.), Neue Geschichte der Fotografie, 431–455. 61 Tupitsyn, „From the Politics of Montage to the Montage of Politics“, 83. 62 Tupitsyn, „Zurück nach Moskau“, 30. 63 Alexander Rodtschenko, 13; selbst gibt Rodtschenko an, erst durch die Fotomontage zur Fotografie gefunden zu haben: „1923–1924. Die Fotomontage stieß mich auf die Beschäftigung mit der Fotografie. Die ersten Aufnahmen: Rückwendung ins Abstrakte. Fotos – fast gegenstandslos. Im Vordergrund standen Aufgaben der Komposition.“ Zu Rodtschenko und der Fotomontage vgl. auch Galassi, „Rodchenko and Photography’s Revolution“, 100–137. 64 Hausmann, „Fotomontage“, 130. 65 César Domela, Fotomonteur und 1931 an der Berliner Ausstellung Fotomontage maßgeblich beteiligt, ist der Meinung, die Fotomontage habe niemand erfunden, sie sei aus einem Bedürfnis entstanden, und „der streit darum unwesentlich“, Domela, fotomon­ tage, o. S., Minuskeln im Original. 66 „Niemand hat die Fotomontage erfunden. Sie wurde aus sich selbst.“, Croy, Fotomontage, 6.

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67 Höch, „Die ersten Fotomontagen“, unveröffentlichtes Manuskript aus dem Nachlass, 1.11.1933, hier zit. n. Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 153. 68 Ades, Photomontage; Sobieszek, „Composite Imagery and the Origins of Photomontage“, Teil I und II, 58–65 und 40–45. 69 Stein, „The Composite Photographic Image and the Composition of Consumer Ideology“, 40. Vereinzelte weitere Publikationen untersuchen die Fotomontage als kommerzielles Propagandamittel, etwa Buchloh, „Von der Faktur zur Faktografie“, 3–35, oder Teitelbaum (Hg.), Montage And Modern Life, darin speziell Lavin, „Photomontage, Mass Culture, and Modernity“, 36–59. 70 Glaser und Domela in: fotomontage, o. S.; Rasch (Hgg.), Gefesselter Blick. 71 Kluzis, „fotomontage in der ussr.“, o. S. 72 Croy, Fotomontage; Moholy–Nagy, Malerei, Fotografie, Film, 37; Gräff, Es kommt der neue ­Fotograf! 73 Die ältere Forschungsliteratur sei hier stellvertretend mit folgenden zwei Publikationen vertreten: Ades, Photomontage; Ades bildet gerade mal Pier Maria Bardis tavolo degli orrori und Xanti Schawinskys Mussolini-Portrait (1934) ab. Photomontages: drei Arbeiten aus Italien werden publiziert, Frizots Kommentar geht aber nicht darauf ein, obwohl auch er italienischen Künstlern im Umkreis der Futuristen eine hohe Produktivität von Fotomontagen zuspricht (o. S.; Abb. 48–50: je ein Werk von Wanda Wulz, Vinicio Paladini, Ferruccio Demains). Giovanni Lista geht in seinen Forschungen zum Futurismus recht ausführlich auf die Zeit der Entstehung der futuristischen Fotomontagen und ihrer Autoren ein, doch einzelne Werke werden nur flüchtig behandelt, und aufgrund der nur spärlichen Fußnoten ist gerade sein ausführlicher Beitrag Cinema e fotografia futurista (2001) für weiterführendes wissenschaftliches Arbeiten nur eingeschränkt hilfreich. Neuere Forschungsliteratur integriert italienische Fotomontagen im Zusammenhang mit dem wieder stark beachteten Thema des Wandbildes (Golan, Muralnomad), der Ausstellungsgeschichte (hier sei stellvertretend verwiesen auf Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen; hingegen Lugon (Hg.), Exposition et médias widmet Italien leider keine besondere Aufmerksamkeit), resp. monografischen Themen, vgl. etwa Hájek, Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari. 74 Zu den Ausstellungen vgl. Lista, Cinema e fotografie futurista, 233; eine nützliche Ausstellungschronologie findet sich in Russo, Il fascismo in mostra, 186–189. 75 Lista, Cinema e fotografia futurista, 220. 76 Erberto Carboni (1899–1984), Architekt, Künstler, Illustrator und Werbegestalter, u. a. Werbungen für Pavesini, Barilla, Rai. Generell ist zur Forschungslage zu sagen, dass Erberto Carboni außerhalb der italienischsprachigen Literatur – trotz der viersprachigen Monografie Exhibitions and Displays mit einer Einleitung von Herbert Bayer, die bereits in den 1950er Jahren erschien – kaum zur Kenntnis genommen wird. In den 1980er/1990er Jahren erschienen weiter: Anonym, Mostra antologica di Erberto Carboni; Anonym, Erberto Carboni; Bianchino (Hg.), Erberto Carboni: zahlreiche Abb. von Arbeiten Carbonis für die faschistische Propaganda, jedoch keinerlei Bezugnahme im Text. In Zusammenhang mit der (italienischen) Werbegeschichte wird der Name Carbonis immer wieder genannt, eine dieser Publikationen sei hier erwähnt: Falabrino, Effimera & Bella, 180–184. Zu Bruno Munari sei hier stellvertretend die vom Museum für Gestal-

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Anmerkungen

tung (Zürich) herausgegebene Monografie genannt: Lichtenstein, Häberli, Far vedere l’aria, außerdem Meneguzzo, Bruno Munari. Zum Studio Boggeri: Fossati und Sambonet, Lo Studio Boggeri 1933–1973; Monguzzi, Lo Studio Boggeri 1933–1981. 77 Pelizzari, Photography and Italy, 88–90; Hájek, Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari; Di Corato, „Bruno Munari illustratore e grafico futurista: 1927–1933“, 209–226; Silk, „Fascist Modernism and the Photo-Collages of Bruno Munari“, 41–76. 78 Die Paneele waren ausgestellt in der von Piero Bottoni, Fausto Natoli und Mario Pucci verantworteten „Sala introduttiva“ der „Sezione Internazionale di Urbanistica“ an der VI. Triennale (Mailand 1936) unter den Titeln l’Abitazione, la Produzione, la Distribuzione, la Vita collettiva, lo Svago e Riposo, il Traffico e i Trasporti. Vgl. dazu Piero Bottonis Einleitung in idem, Urbanistica, 9: Bottoni nennt hier Bruno Munari als Autor dieser Paneele. Alle sechs Paneele sind auch abgebildet in Architettura. Rivista del Sindacato nazionale fascista architetti, Nov. 1937, 654–655, inkl. Situationsaufnahme, die Rückschlüsse auf ihre ungefähre Größe zulassen. Außerdem vgl. Zannier, 70 anni di fotografia in Italia, 62; Zannier, Storia della fotografia italiana, Abb. 109. Als Vergleich drängen sich die von den Architekten Libera und De Renzi für die Weltausstellung 1933/34 in Chicago gefertigten vier Panorama-„fotomosaici“ geradezu auf, vgl. Quadrante, Nr. 7, Nov. 1933, 27. Fotomontagen von Munari allein oder von Munari und seinem Studiopartner Riccardo Ricas finden sich in verschiedenen zeitgenössischen Printmedien; auf eine dieser bislang unbekannten Fotomontage von Munari und Ricas wird in dieser Arbeit eingegangen. 79 Hahn (Hg.), Xanti Schawinsky, insbes. 203–206, außerdem einige Abb. 80 Tato bewegte sich im Kreis der Futuristen – er unterschrieb zusammen mit Tommaso Marinetti das Manifesto della fotografia futurista (1930) –, doch er war, so Zannier, ohne enge Verbindung zum Faschismus: „non adeguò quasi mai alla retorica fascista“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 251. 81 Zu Bardi: siehe S. 41 ff.; sicher hat Bardi einige Fotomontagen für Quadrante gemacht, die aber noch immer wenig diskutiert sind; dazu vgl. Tentori, P. M. Bardi, insbes. Kap. 4. Nizzoli: siehe insbesondere S. 41 ff. und S. 126 ff.; Nizzoli, „che ne tentava l’applicazione [del fotomontaggio] anche nella decorazione di alcune architetture, come in un progetto, non realizzato, per una facciata della Casa del Fascio di Como di Giuseppe Terragni“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 251. 82 Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 278–281 (mit drei ganzseitigen Fotomontagen); Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94–95. Campo Grafico, Zeitschrift für moderne Typografie, 1933 vom Maler Attilio Rossi gegründet, der sie bis 1935 leitete, anschließend wurden Luigi Minardi und Carlo Dradi Chefredakteure. Rossi gestaltete, häufig zusammen mit dem Grafiker Carlo Dradi, zahlreiche Titelblätter; das erste war eine Fotomontage. Der Fotografie wurde in der Zeitschrift viel Platz eingeräumt, Zeichen für den Stellenwert der Technik innerhalb der modernen Typografie ist nicht zuletzt ein offener Brief Antonio Boggeris (Campo ­Grafico, Dezember 1934, 271, mit Abb. aus dem Studio Boggeri, 272–275), der die Fotografie als zentral für die moderne Gestaltung bezeichnet. 83 „In pochi anni dall’epoca della sua invenzione (avvenuta in Germania per opera di Heartfield verso il 1920) il […] linguaggio [del fotomontaggio] è diventato universale: dal giornale al manifesto, dal libro al catalogo, dalla decorazione murale fino al cinema

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

tutti i veicoli della cultura, tutti i mezzi di comunicazione del pensiero si valgono oggi del fotomontaggio come dell’ausilio più sicuro; dovunque esso è presente è intelligibile. La sua importanza è dunque grandissima anche quando esso sia soltanto al servizio della cronaca o della propaganda, senza intenzioni artistiche.“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94. 84 Zu „autarchia tessile“ vgl. Falabrino, Effimera & Bella, 145, zu „tessuti dell’Impero“ vgl. La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, April 1937, o. S. 85 Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 237. 86 Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in Deutschland“, 59. Aus dezidiert linkspolitischer Sicht analysiert Annegret Jürgens-Kirchhoff Fotomontagen von Kurt Schwitters und John Heartfield: Jürgens-Kirchhoff, Technik und Tendenz der Montage in der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts. 87 Dies zeigt nicht zuletzt der wiederholte Gebrauch der Fotomontage in wichtigen nationalsozialistischen Propagandaausstellungen (s. folgende Anm.) Es trifft entsprechend nicht ganz zu, wenn Möbius feststellt, dass die Fotomontage in der nationalsozialistischen Propaganda nach 1933 nur mehr vereinzelt weiterhin angewandt wurde (Möbius, Montage und Collage, 459). Es ist aber in der Tat nicht zu übersehen, dass parallel dazu, und verstärkt gegen Ende der dreißiger Jahre, das Fresko und die zeichnerische Darstellung in den Ausstellungen dominieren, vor allem aber die Fotomontage parallel für Anti-Propaganda eingesetzt wird, z.B. in der antibolschewistischen Ausstellung (Wanderausstellung mit erster Station in München 1936/37, mit ital. Abteilung; 360.000 Besucher) sowie in „Das Sowjet-Paradies“, Eröffnung am 9. Mai 1942 in Berlin durch Joseph Goebbels. Zu Massenmedien im Faschismus vgl. Cannistraro, La fabbrica del consenso, doch leider geht der Autor nicht auf die Fotografie ein. Gunther Waibl beleuchtet die Propagandasysteme Italiens und Deutschlands, doch erkennt er eine meines Erachtens zu starke Polarität und behauptet einen totalen Bruch der Nationalsozialisten mit der Moderne, was gerade in Bezug auf die Fotografie nicht zutrifft, vgl. Waibl, „Faschistische und nationalsozialistische Fotografie im Vergleich“, 150–161. 88 Münzenberg, Propaganda als Waffe, 262. Fotomontagen wurden etwa eingesetzt in: Deutsches Volk – Deutsche Arbeit (Berlin, 21.4.–3.6.1934), Wunder des Lebens (Berlin, 23.3.– 5.5.1935), Deutschland (Berlin, 18.7.–16.8.1936), Gebt mir vier Jahre Zeit! (Berlin, 30.4.– 20.6.1937), Ewiges Volk (München etc., 1937–1939), Gesundes Leben – Frohes Schaffen (Berlin, 24.9.–6.11.1938). Möbius spricht davon, dass Künstler in Deutschland, die Fotomontagen machten, nach 1933 verfolgt wurden, da die „künstlerische Montage […] zum Komplex der entarteten Kunst geschlagen“ wurde: Möbius, Montage und Collage, 21. Die Frage stellt sich hier, was genau mit „künstlerischer Montage“ gemeint ist, machten doch Künstler häufig auch moderne Werbemontagen, wie zum Beispiel Umbo (Otto Umbehr) und ­Herbert Bayer; diese Arbeiten konnten sie, zumindest unter bestimmten Bedingungen und bis gegen Ende der 1930er Jahre, auch nach der Machtergreifung Hitlers weiterführen. Bayer nimmt dabei eine besonders prominente Stellung ein, wird er doch in den drei­ßiger Jahren zu einem der wichtigsten Grafiker und führt auch propagandistisch zentrale Arbeiten aus (z.B. für Deutschland, Ausstellung zur Olympiade in Berlin, 1936), bis er 1938 emigrierte. Vgl. dazu Meißner, „Quand l’art moderne devient commercial“, 27–48; Rössler, „Exil daheim. die neue linie und der braune Geist“, 261–281; Nerdinger (Hg.), Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus, 1993.

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Anmerkungen

  89 Berliner Tagblatt, 18.7.1936, hier zit. n. Weissler, „Bauhaus-Gestaltung in NS-PropagandaAusstellungen“, 62. Auch in der Sowjetunion galt die Fotomontage als ein der Revolution angemessenes Instrument: „The proletarian revolution has posed a number of entirely new and complex tasks before the spatial arts: to design socialists cities, commune-houses, parks of culture and recreation, green cities, agrarian settlements, workers’ clubs, workers’ domestic life, clothes, mass spectacles, workers’ rooms. New tasks called for new types and new forms of art. Among them is the photomontage.“, Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation“, 237.   90 Croy, Fotomontage, 1948 (1937), 6.   91 Bürger, Theorie der Avantgarde, 68.   92 Möbius, Montage und Collage, 22–23.   93 „Im Unterschied zu Lissitzkys vielteiligem Kölner Fotofries setzten die nationalsozialistischen Gestalter auf einen zentralperspektivischen Illusionismus, der den Betrachter in die Allgegenwart faschistischer Massenrituale einbezog und zu jenem ‚Ornament der Masse‘ werden ließ, in dem sich gesellschaftliche Antagonismen scheinbar aufhoben.“, Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellung in Deutschland“, 61. Bereits dieser Vergleich Pohlmanns macht klar, dass eine affirmative, ein totalitäres System vertretende Fotomontage sowohl pluriperspektivisch und zerstückelt sein als auch die Regeln der traditionellen Malerei aufnehmen kann (Zentralperspektive, Illusionsimus).   94 „[…] die Fotomontage verhält sich zu der kommunistischen Internationale wie die kirchliche Malerei und die Altarbilder zur katholischen Kirche.“, Teige, „Über die Fotomontage“, 68. Zum Verhältnis Bild und Kirche vgl. Warnke, Bildindex zur politischen Ikonographie, 5.   95 Aus mehreren Gründen vertrete ich den Ausdruck Biblia pauperum: erstens handelt es sich um fast reine Bilddarstellungen, was dem Teil der italienischen Bevölkerung, der kaum oder nicht des Lesens mächtig war, entgegen kam; zweitens verkündet die Biblia pauperum im Durchschnitt längere und komplexere Handlungen als das Altarretabel, die Armenbibel liegt somit den erzählenden Fotomontagen, wie sie in dieser Arbeit besprochen werden, näher; drittens bestand die Biblia pauperum aus Gegenüberstellungen aus dem Alten und Neuen Testament und ist insofern ebenfalls eine Montage.   96 Möbius, Montage und Collage, insbes. 459. Möbius meint, insbesondere die Teilnahme der Futuristen an der Mostra della Rivoluzione Fascista, wo zahlreiche Fotomontagen präsentiert wurden, habe zur Nobilitierung der Fotomontage beigetragen.   97 „Il fotomontaggio è l’unica espressione dell’illustrazione moderna.“, Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 278–281 (mit drei ganzseitigen Fotomontagen).   98 „nessun disegno ha le possibilità comunicative, immediate e universali di una fotografia.“, ibid.   99 Teige, „Über die Fotomontage“, 70. 100 Vgl. Lorenzetto, Alfabeto e analfabetismo, 31. 101 „il fotomontaggio può narrare, descrivere, suscitare le più varie e profonde sensazioni […]“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94. Der Anfang des Satzes lautet: „Attraverso associazioni di immagini ottenute dalla visione simultanea di più soggetti (cose o persone composte secondo un ordine ed un ritmo precisi) il fotomontaggio può narrare, descrivere, suscitare le più varie e profonde sensazioni […]“. Ganz ähnlich beschreibt Karel Teige diese Charakteristika der Foto-

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

montage: „[…] sie erzählt, überzeugt, dokumentiert; aktiv, intellektuell und emotional beeinflusst sie die Psyche der Zuschauer […]“, Teige, „Über die Fotomontage“, 66; und auch Gustav Klutsis’ Aussage deckt sich praktisch mit der Veronesis und Teiges, wie letzterer münzt er sie auf den Kommunismus: Die Fotomontage könne man „den aufgaben des klassenkampfes des proletariats dienstbar machen“, da „das foto erzählen, agitieren, erklären“ kann, Kluzis [Klutsis], „fotomontage in der ussr.“, o. S. 102 „Wer ein Buch über Fotomontage schreibt, geht ein Wagnis ein; denn unter diesem Wort verbirgt sich eine Flut wirrer Begriffe. Nur zu gerechtfertigt erscheint die Frage: ‚Was ist denn eigentlich Fotomontage?‘ Es erweist sich in diesem Buch, dass Fotomontage sehr vieles sein kann.“, Otto Croy im Vorwort zu seinem erfolgreichen Lehrbuch zur Fotomontage: Croy, Fotomontage, 5. Das Handbuch wurde unter dem Titel Fotomontage. Zweck und Technik bis in die siebziger Jahre in nur leicht veränderter Form und mit bedeutend erweitertem Abbildungsteil publiziert. 103 Eine ausführliche Herleitung und Umschreibung der Begriffe Fotocollage und Fotomontage findet sich in: Möbius, Montage und Collage, insbes. 15–30. Kombinationsbilder: Mit dem Fotoapparat gemachte Doppelbelichtungen; vgl. Croy, Fotomontage. Aber auch das Verfahren von Gustave Le Gray ­– die Negative zweier Aufnahmen an der Schnittstelle zusammenzufügen – wird mitunter als Kombinationsbild bezeichnet. Vgl. Le Grays Meerstücke, 1855–1860, beschrieben in: Starl, „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“, 13. Kompositionsfotografie: Fotografien, die aus mehreren Negativen zusammengesetzt sind, u. a. von Oscar Gustav Rejlanders und Henry Peach Robinsons, vgl. Starl, „… dem Unmöglichen ein sehr weites Feld …“. Aufbaufoto: von den Nationalsozialisten gebrauchter Ausdruck für Fotomontage, vgl. Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 159. 104 Vgl. Weise, „Stationen der Photo-Montage“, 159. 105 Möbius, Montage und Collage, 17. Doch auch Möbius scheint Mühe mit der Diversifizierung zu haben, wenn er dem Haupttitel „Montagen mit Fotografien“ unmittelbar das Unterkapitel „Collagen mit fotografischen Bestandteilen“ folgen lässt. Zur Bezeichung „Monteure“: Ende der 1910er Jahre unterzeichneten Heartfield und Grosz ihre gemeinsam gefertigten Montagen mit „Grosz-Heartfield mont.“ (mont. = montierte[n] anstelle von z.B. pinx. [pinxit, malte] oder fec. [fecit, machte]). 106 Vgl. etwa Honnef, „Die Montage als ästhetisches Prinzip und als Modell der Alltagserfahrung“, 13–17, sowie Jürgens-Kirchhoff, „Zur Kenntlichkeit montiert – die Kunst John Heartfields“, 23. 107 Teige, „Über die Fotomontage“, 66. 108 Wescher, Die Geschichte der Collage. 109 Es existieren auch biologistische Erklärungen zur Entstehung des Begriffs Fotomon­ tage: Richard Hiepe, einer der meistzitierten Autoren, ortet den Ursprung der Fotomontage im Futurismus, Konstruktivismus und Dadaismus, um anschließend eine entwicklungsgeschichtlich geradlinige Fortsetzung zu sehen: Fotocollagen bilden den „zweiten entwicklungsgeschichtlichen Schritt“, worauf sich die Fotomontage dann „als eigene bildhafte Gattung technisch und ästhetisch von den fragmentarischen Formen der Fotocollage“ absetzt. Hiepe sieht in der Fotomontage, im Gegensatz zur „fragmentierten, bruchstückhaften, freien Kompositionsform der Fotocollagen“, „eine geschlossene bildhafte Komposition mit darstellender Absicht“, Hiepe, Die Fotomontage, o. S.

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Anmerkungen

Auch Hanno Möbius argumentiert wie Hiepe biologistisch. Er versteht die Fotomontage als Weiterentwicklung: „Die reine Fotomontage wird zwar eine Weiterentwicklung der malerischen Collage sein, sie wird aber keine Weiterentwicklung im Sinn einer Höherwertigkeit darstellen. […] Die Andersartigkeit der Fotomontagen […] besteht vor allem in der Eigenständigkeit der fotografischen Technik. Die Fotomonteure werden sich nicht mehr als Maler verstehen, die fragmentarisierte Fotografien in ihre Collagen integrieren, sondern als Monteure“, Möbius, Montage und Collage, 205–206. 110 Ibid., 205, kursiv im Original. 111 Auch die Fotomontagen John Heartfields gegen das nationalsozialistische Regime bezogen ihre momentane Wirkung und ihre nachhaltige Existenz aus der Reproduktion. Heartfield klebte Fotografien unterschiedlicher Herkunft auf einen Untergrund und fügte unter Umständen Schrift bei, worauf die Vorlage abfotografiert wurde. Nun wurde die Fotografie retuschiert – evtl. auch Schrift beigefügt –, dann wurde das Ganze zur Druckvorlage vorbereitet, klischiert und anschließend gedruckt. „Was schließlich als ganz fertige Fotomontage in Erscheinung tritt, ist die Reproduktion in theoretisch unendlich hoher Auflage.“, Schneede-Sczesny, Schneede, „Über die Fotomontage“, 134. 112 Diers, Schlagbilder, 152. Auch Georges Didi-Huberman, Bertolt Brechts Arbeitsjournal speziell im Fokus, betont das Charakteristikum der Montage, „heterogene Formen zum Vorschein und miteinander in Verbindung“ zu bringen, „wobei sie alle Größenordnung und jedwede Hierarchie ignoriert beziehungsweise auf dieselbe Ebene des Nahen […] projiziert.“, Didi-Huberman, Wenn die Bilder Position beziehen, 103. 113 Dabei schrieb schon Gustav Klutsis: „Durch verteilung, hervorhebung von verschiedenen fotogrößen und details vermittels kontrastes von farbenverbindungen kann ein beliebiges thema ausgedrückt werden“, Kluzis [Klutsis], „fotomontage in der ussr.“, o. S. Hanno Möbius meint, dass der Einsatz der Fotomontage in der nationalsozialistischen Propaganda „die prinzipielle Verfügbarkeit von Montagen für zielgerichtete Botschaften jeglicher Art“ bestätige, Möbius, Montage und Collage, 459. 114 Lista, Futurismo e fotografia, 179. 115 Lista, Cinema e fotografia futurista, 200 und 205–213. 116 „La tecnica del fotomosaico vi è articolata con elementi plastici in rilievo che invadono lo spazio fisico dello spettatore, ampliando l’impatto emotivo della composizione.“, ibid., 221. Lista äußert sich nicht über die Quellen seiner scheinbar scharf definierten Termini. 117 „[…] in grandi fotomosaici (il modo sironiano per nulla esotico di comporre con la fotografia, merita la parola italiana di nuovo conio)“, Usellini, „La Mostra“, 238. 118 Andreotti, Art and Politics in Fascist Italy, 160: „to avoid the leftist connotations of the word in common use.“ 119 Mostra Augustea della Romanità (2. Aufl. 1939 [?]), XIX. 120 „Il successo della sezione fotografica alla mostra per il decennale della rivoluzione fascista del 1932, sollecitò, comunque, l’idea di codificare uno stile coerente, anche in questo genere di immagini, che, d’altronde, era già simboleggiato nel manifesto dell’esposizione, realizzato dal grafico Paulucci con una fotografia di Achille Bologna, che riprendeva un soldato della Milizia, ‚dal basso verso l’alto e in diagonale‘, mentre alzava un moschetto sopra la testa, come in un saluto fascista.“, Zannier, Storia della fotografia italiana, 255. Die Mostra della Rivoluzione Fascista setzte zwar in breitem Maß

I  Bild und Fotomontage: Geschichte, Propaganda und Begrifflichkeit

die Fotografie ein, besaß jedoch keine separate Abteilung für Fotografie. Zannier verweist an anderer Stelle auch auf den Fotografen Mario Bellavista, welcher Ansätze zu einem faschistischen Fotografiestil entwickelt habe; vgl. Costantini, Zannier, Cultura fotografica in Italia, 293. 121 „Nur angesichts des fast nie gezeigten, handwerklichen Originals einer Fotomontage können die Betrachter ihre materielle Ausgangslage erkennen. Die Fotografie einer Fotomontage darf daher nicht mit einer Fotomontage schlechthin verwechselt werden; sie reproduziert nur deren bereits angeglichenes Schlussfoto.“, Möbius, Montage und Collage, 66. 122 Brandon Taylor ignoriert das Problem durch radikale Vereinfachung, indem er die Collage als das Original, die Montage als die Reproduktion bezeichnet: „we can distinguish […] between photo-collage (the actual maquette) and photomontage (the printed reproduction).“, Taylor, Collage, 35. 123 Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 270. 124 Paladini, „Fotomontage“, 314–315. 125 Quintavalle, Pubblicità, 56–58. 126 Zannier, Storia della fotografia italiana, 1986. 127 [Curt] Glaser, Vorwort, in: Fotomontage, Berlin 1931, o. S., Minuskeln im Original. 128 Ibid. 129 Interessanterweise wird die Dreidimensionalität in Bezug auf Fotomontagen kaum je thematisiert, es sei denn, sie bestimme die Wirkung der Arbeit (z.B. in der Sala O von Giuseppe Terragni, MRF, Rom 1932). Durch die Rezeption der Arbeiten anhand von Reproduktionen rückt der Umstand, dass die Vorlagen von Positivmontagen dreidimensional sind, in den Hintergrund. Das im Italienischen gebräuchliche Wort foto­ plastico für dreidimensionale Fotomontagen hat sich nicht durchsetzen können, darüber hinaus ist es in der deutschen Übersetzung verwirrend, da László MoholyNagy die Bezeichnung Fotoplastik für die Kombination von Fotografie mit Schrift und grafisch-linearen Systemen einführte, vgl. Moholy–Nagy, Malerei, Fotografie, Film, 37. 130 Hiepe, Die Fotomontage, 8. 131 Croy, Fotomontage, 5. 132 Paladini, „Fotomontage“, hier zit. n. Lista, Futurismo e fotografia, 314–315; Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 237–240; Kluzis [Klutsis], „fotomontage in der ussr.“, o. S.; Teige, „Über die Fotomontage“, 61–70; Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 270; Veronesi, „Il Fotomontaggio“, 15–17, hier zit. n. Luigi Veronesi, „Il Fotomontaggio“, 94. 133 Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 237. Otto Croy formuliert ganz ähnlich: „Das Dokumentarische der Fotografie gibt ihr Zuverlässigkeit und schafft Vertrauen.“ Die Fotomontage ist für ihn die verdichtete, in ihrer Wirkung gesteigerte Version eines die Realität abbildenden Dokuments: „[Wird die Fotografie durch] Fotomontage konzentriert und verstärkt, entsteht dann die suggestive Kraft der Propaganda.“ Interessanterweise geht Croy in seinem 1937 in Halle a. d. Saale erschienenen Büchlein nicht auf politische Propaganda ein: „Die Fotomontage hat sich in unserer Zeit grosse Gebiete erobert. Vom Buchumschlag bis zum Plakat, vom Inserat bis zur Werbebroschüre ist sie ein wichtiger Faktor auf dem Gebiet der Reklame.“, Croy, Fotomontage, 12.

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Anmerkungen

134 „[…] non è vincolata alla riproduzione veristica delle cose.“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, 94. 135 Legende zu einem Werk von Max Burchartz, in: Rasch (Hgg.), Gefesselter Blick, 29. 136 Teitelbaum in: idem (Hg.), Montage And Modern Life, 6–19. 137 Arnaldo Mussolini, Bruder des Duce und Chefredaktor des von Benito Mussolini gegründeten Popolo d’Italia: „Attraverso le illustrazioni vediamo e giudichiamo i fatti. Il leggere diventa una fatica da studiosi, l’immagine dà subito la sensazione dell’avvenimento.“, zit. n. D’Autilia, „Il fascismo senza passione“, 97. Luigi Veronesi formuliert ganz ähnlich: „il fotomontaggio può narrare, descrivere, suscitare le più varie e profonde sensazioni […]“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94. 138 „Die Grundlage für diese selbständige Ausdrucksform ist vielleicht im Film zu suchen. Der hat Handlung. Der zeitliche Ablauf der Ereignisse vermittelt an Hand einzelner Teilbilder einen geschlossenen Eindruck. Das Kombinationsbild versucht in ähnlicher Weise auf einer Fläche aus mehreren Teilbildern einen einzigen Komplex zu gestalten. Da ihm der zeitliche Ablauf versagt ist, muss es das, was der Film nacheinander zeigt, nebeneinander zeigen. Auf diese Weise wird ein Gedanke bildhaft ausgedrückt. Das Bild tritt an die Stelle des Wortes, und die Einzelbilder in ihrer Summe ergeben den Satz.“, Croy, Fotomontage, 12. Es sei hier auch verwiesen auf das Typofoto, die Kombination von Fotografie und Wort, vgl. dazu „Was ist Typofoto? Typografie ist in Druck gestaltete Mitteilung. Fotografie ist visuelle Darstellung des optisch Fassbaren. Das Typofoto ist die visuell exaktest dargestellte Mitteilung.“, Moholy–Nagy, Malerei, Fotografie, Film, 37. 139 Zur Pluriperspektive vgl. Teitelbaum in: idem (Hg.), Montage And Modern Life, 8; Rasch (Hgg.), Gefesselter Blick, 22. 140 Teitelbaum in: idem (Hg.), Montage And Modern Life, 8. 141 Der Film hingegen ist, dank Bewegung und Ton, noch näher an der Realität. 1927 kommt mit The Jazz Singer der erste abendfüllende Tonfilm in die Kinos; bis 1936 ersetzt der Tonfilm den Stummfilm. 142 Die Fotomontage besitzt gegenüber dem Film den Vorteil, ohne technischen Aufwand zu jeder Zeit und ununterbrochen betrachtet werden zu können. Dies ist der Grund, warum sie, abgesehen von den Printmedien oder als eigenständig zirkulierendes Objekt (Postkarte u.ä.), vor allem in (didaktisch-pädagogischen) Ausstellungen eingesetzt wird. 143 Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 238. 144 Teige, „Über die Fotomontage“, 67; kursiv in der deutschen Vorlage. 145 „In unserer Zeit der Rationalisierung, wo man […] auf größtmöglichste Kürze der Mitteilung bedacht sein muß […]“; Walter Dexel, 41: „Der Mensch von heute hat das Recht zu fordern, dass ihm die Mitteilungen, die er braucht, knapp und klar dargeboten werden und vor allem kann er verlangen, dass ihm die Fülle nicht gewünschter Mitteilung, worunter die Reklame in fast allen ihren Spielarten fallen dürfte, nur ein Mindestmaß von Zeitverlust verursache.“, Rasch (Hgg.), Gefesselter Blick, 5. 146 Ibid., 8–9. 147 „si incollano le fotografie le une accanto o sopra le altre“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94.

II Italien in den 1930er Jahren

148 Luigi Veronesi gewährt dem Monteur eine weitreichende Freiheit: „La sovrapposizione [von zwei oder mehr Negativen (Negativmontage)] si può combinare anche col fotogramma, e, specialemente per fotografie pubblicitarie, con lettere, scritte o disegni.“, Veronesi, „Il Fotomontaggio“, hier zit. n. Zannier, Leggere la fotografia, 94. 149 Fotomontage, o. S., Minuskeln im Original; zahlreiche der abgebildeten Fotomontagen enthalten auch nicht fotografische Elemente wie Malerei, farbiges Papier, Schrift. 150 „The photomontage possesses a wealth of technical means of expression. The techniques of multiple exposition, photogram, fotopis’ – all these varieties of the photomontage in its formal, laboratory dimension.“ Dazu zählt Klutsis weitere technische Möglichkeiten auf, mit der Fotolinse, der lichtempfindlichen Emulsion, dem Licht, den Chemikalien, den Farben oder grafischen Eingriffen, vgl. Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 238. 151 Teige, „Über die Fotomontage“, 66. 152 Ibid. 153 Domela-Nieuwenhuis, „fotomontage“, o. S., Minuskeln im Original. Genauso Luigi Veronesi: „Il fotomontaggio è dunque una composizione nella quale si creano dei rapporti di sensibilità fra la fotografia, colori e forme, per un risultato di contenuto unico.“, Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 278. Ebenso Gustav Klutsis: „das wesen der fotomontage ist, eine anzahl von elementen – eine losung oder aufschrift, foto, farbe – als einheitlichen komplex zu gestalten.“, Kluzis [Klutsis], „fotomontage in der ussr.“, o. S.

II Italien in den 1930er Jahren: Die Fotomontage in Ausstellungen, in Publikationen und in der Architektur 1

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„Attraverso le illustrazioni vediamo e giudichiamo i fatti. Il leggere diventa una fatica da studiosi, l’immagine dà subito la sensazione dell’avvenimento.“, Arnaldo Mussolini, Bruder des Duce und Chefredaktor des von Benito Mussolini gegründeten Popolo d’Italia, zit. n. D’Autilia, „Il fascismo senza passione“, 97. „Ogni polemica per l’arte è, oggi, un fatto di naturale livello politico.“, Pier Maria Bardi, „Rapporto sull’architettura (per Mussolini)“, hier zit. n. Cennamo (Hg.), Materiali per l’analisi dell’architettura moderna, 120. „ci serve per risparmiarci un lungo articolo“, Quadrante, Nr. 2, Juni 1933, 10. In der von Bardi und Bontempelli geleiteten Zeitschrift Quadrante erschienen regelmäßig Montagen Bardis. Es sei hier nur auf eine weitere bekannte Fotomontage Bardis hingewiesen, die zupackende Hand, unter ihr das künftige Areal des Palazzo del Littorio, neben Colosseum, Via Imperiale und den Foren. Bardi, „Non lo permetteremo“, in: Quadrante, Nr. 18, Oktober 1934, 7 (Abb. 155). Zwar bemerkt Bardi in einem Brief an Terragni und Ghiringhelli, „Io e Bontempelli non abbiamo interessi d’architettura“, doch setzte er sich als Theoretiker immer wieder mit Ausstellungen, Kritiken und Publikationen für die moderne Tendenz innerhalb der italienischen Baukunst ein, denn: „[…] vediamo chiaro nella facenda: se non si reagisce, cambia l’etichetta della bottega [accademica] e la sostanza resta quella.“, Brief von Bardi an Terragni und Ghiringhelli, 27.11.1932, in:

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Anmerkungen

Tentori, P. M. Bardi, 367. In Bezug auf Bardis Stellungnahmen zur zeitgenössischen Architektur sei hier speziell auf Bardis Belvedere hingewiesen und seine redaktionelle Beteiligung an Quadrante. Zu Quadrante vgl. Rifkind, „Quadrante“ and the Politicization of Architectural Discourse in Fascist Italy. Vgl. auch, speziell zum Direktorium Bardis und Bontempellis von Quadrante, Tentori, P. M. Bardi, Appendice 2.   4 Der Streit zwischen MIAR und RAMI (Raggruppamento Architetti Moderni Italiani), zwischen Rationalisten und Traditionalisten, um das Etikett „Staatskunst“ – das heißt konkret auch um offizielle Aufträge – ist gut dokumentiert in: Cennamo (Hg.), Materiali per l’analisi dell’architettura moderna, und Ciucci, Gli architetti e il fascismo, insbes. 108–128.   5 ACS, PCM, 14.1.nnn (1934).   6 Gruppo 7 (Giuseppe Terragni, Guido Frette, Sebastiano Larco, Luigi Figini, Gino Pollini, Carlo Enrico Rava und Ubaldo Castagnoli, kurz darauf durch Adalberto Libera ersetzt), „4 note“, in: La Rassegna Italiana („Architettura I“, Dezember 1926; „Architettura II. Gli stranieri“, Februar 1927; „Architettura III. Impreparazione, incomprensione, pregiudizi“, März 1927; „Architettura IV. Una nuova epoca arcaica“, Mai 1927), hier zit. n. Pfammatter, Moderne und Macht, 167–168 (Hervorhebung im Original). Ein anderer Definitionsversuch des Gruppo 7 hilft auch nicht weiter, da, wie schon oben, das zu definierende Wort für die Definition verwendet wird: „Die neue, die wahre Architektur muss sich aus einer engen Anlehnung an die Logik und die Rationalität ergeben. Eine strenge Befolgung der Konstruktionsprinzipien muss ihr die Regeln vorschreiben.“ Ein Versuch zu verstehen, was genau mit Rationalismus gemeint ist, findet sich auch in meiner Lizentiatsarbeit, Lo spirito nuovo: Virginio Ghiringhellis Galleria del Milione und die 5 case von Giuseppe Terragni und Pietro Lingeri in Mailand, Universität Zürich, 1999, 34–48.   7 „Oggi da molte parti del nostro Paese […] sono sorte per naturale sviluppo dello spirito e del tempo, energie e gruppi regionali che si sviluppano in una unica corrente fondamentale di principi realistici e rispondenti all’essenza intrinseca dell’arte tradizionale Latina e Italiana. Questa corrente vuole trarre la sua forza dalla vera tradizione riallacciandosi allo spirito ed alla indomabile potenza del popolo imperiale Romano, che piantò ed eresse incrollabili in tutto il mondo civile, le sue opere architettoniche di spirito profondamente utilitario e razionale. L’intima essenza creativa del popolo italiano rinnovato sotto l’emblema Littorio deve ritornare, abbandonando l’esteriore decorativismo, alle qualità che resero il popolo romano padrone del mondo: Creazione costruttiva, Minnucci und Libera, „Ia esposizione italiana d’architettura razionale in Roma, Programma“, o. S.   8 Vgl. dazu auch Lejeune, Sabatino (Hgg.), Modern Architecture and the Mediterranean.   9 „[…] nella nuova Italia Fascista, l’Architettura resta l’arte e la scienza fondamentale designata a definire e fermare nel tempo il carattere e la storia di un’epoca.“, Minnucci, Libera, „Ia esposizione italiana d’architettura razionale in Roma, Programma“, o. S. 10 „Abbiamo visto e udito il Capo […] richiamare all’ordine gli artisti, e invitarli a collaborare alla grandezza dell’epoca […] Mussolini appariva come l’ordinatore e l’indicatore d’uno stile.“, Bardi, „Rapporto sull’architettura (per Mussolini)“, hier zit. n. Cennamo (Hg.), Materiali per l’analisi dell’architettura moderna, 152. Hatte sich nicht schon Vitruv in der Vorrede des ersten seiner zehn Bücher über Architektur an Augustus gewandt, den ersten römischen Kaiser, dem Mussolini pari zu bieten versuchte (vgl. S. 196 ff.)?

II Italien in den 1930er Jahren

11 „Quello che risponderà Mussolini andrà bene. Perché Mussolini ha sempre ragione.“, Bardi, „Rapporto sull’architettura (per Mussolini)“, hier zit. n. Cennamo (Hg.), Materiali per l’analisi dell’architettura moderna, 159. 12 Das Zitat stammt, in leicht abgewandelter Form, aus Mussolinis Rede „Arte e civiltà“ vom 5.10.1926 an der Accademia di Belle Arti in Perugia: „Quando l’Italia era ancora divisa la sua unità era espressa dalla rinascenza dell’arte. L’Italia era nel mondo con questa gloria: il Rinascimento. Oggi l’Italia è un popolo dalle grandi possibilità e si è realizzata quella condizione che tutti i grandi aspettavano, da Machiavelli a Mazzini. Oggi vi è di più: siamo anche per essere uniti moralmente. / Ora sopra un terreno così preparato può rinascere una grande arte che può essere tradizionalista ed al tempo stesso moderna. Bisogna creare, altrimenti saremo gli sfruttatori di un vecchio patrimonio; bisogna creare l’arte nuova dei nostri tempi, l’arte fascista.“, Susmel (Hgg.), Opera Omnia di Benito Mussolini, Bd. XXII, 230. 13 „Non una espressione di sorpresa traspare dal suo maschio volto, ma vi si può leggere la più cordiale ed intima adesione alla nostra maniera di vedere e di sentire. Davanti a certi lavori più significativi si allontana un pò, osserva, […] e commenta in modo inequivocabile: ‚Bello, molto bello! Mi piace!‘“, Pagano, Architettura e città durante il fascismo, 6. 14 „Uomo dotato di fantasia prepotente e di volontà netta e concreta, egli ‚vedeva‘ con gli occhi dell’architetto e con quelli dell’ordinatore dell’Italia nuova. Sembrava a un dato momento di essere suoi discepoli e di ascoltare dalla sua bocca il tanto sospirato verdetto di lode.“, ibid. 15 „spietato collage in cui si accomunarono le brutture più o meno riconosciute del provincialismo umbertino con la paludata edilizia eclettico-classicista prodotta da Piacentini e soci.“, De Seta, La cultura architettonica in Italia tra le due guerre, 229. 16 „Il super-garage di Roma con le sue meschine appiccicature classicheggianti, […] l’inutile ampollosità di certi sanatori, la nauseante scimmiottatura classica di un cosidetto grattacielo romano ormai tristemente famoso: tutto egli ha potuto con­ templare nello storico capolavoro di Bardi.“, Pagano, „Mussolini e l’architettura“, hier zit. n. Carli, Architettura e fascismo, 73. Interessant ist das Verhältnis Paganos zu Piacentini, über den sich Pagano durchaus auch positiv geäußert hat, und von dem er sich als einer der ersten einspannen ließ, vgl. dazu Carli (Hg.), Architettura e Fascismo, 50–52. 17 Quadrante, Nr. 2, Juni 1933, 10: „A un certo momento del secolo scorso, quando dell’idea architettonica si era perduto persino l’odore, nacque l’architetto culturalista […] nel botteghino d’un rivendugliolo di stampe antiche da padre eclettico e da madre accomodatutto. […] il ragazzo doveva immagazzinare nella sua zucca un’enciclopedia di nozioni architettoniche. […] Comporre, fu questo l’impegno che [il giovanotto] si assunse di fronte al prossimo. Erigere case, fu questo l’incarico che l’attonita borghesia, fiduciosa di lui, affidò al nuovo leone.“ 18 Man denke z.B. an die viktorianischen Collagen, dazu Siegel (Hg.), Playing with Pictures. 19 Vgl. Filippo Tommaso Marinettis Manifest „L’IMMAGINAZIONE SENZA FILI E LE PAROLE IN LIBERTÀ. MANIFESTO FUTURISTÀ“, erschienen in Mailand im März 1913. Marinettis „Zang Tumb Tuum“ (1914), welches von der Belagerung der Stadt Adrianopolis berichtet, ist das erste Buch, welches die Forderungen, die in den Manifesten zu den „Parole in libertà“ formuliert waren, umsetzt.

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Anmerkungen

20 Moholy-Nagy bildete Paul Citroens Metropolis in seinem Bauhausbuch Malerei, Photographie, Film (1925) ab. 21 „Ma davanti alla ‚tavola [sic] degli orrori‘ egli si fa pensoso. Che cosa è passato nel cervello del condottiere quando ha visto i documenti recenti dell’architettura aulica?“, Pagano, „Mussolini e l’architettura“, hier zit. n. Carli (Hg.), Architettura e fascismo, 73. 22 Carli (Hg.), Architettura e fascismo, 56. 23 Vgl. Giornale Luce, A 0756: „A Roma, Mussolini visita la mostra di architettura razionalista: All’entrata della mostra il manifesto che esprime i criteri ispiratori della nuova ‚arte fascista‘; Il Duce visita le sale espositive; Plastici e disegni di edifici abitativi; Le forme architettoniche considerate anche in rapporto ai loro fini sociali; Al termine della visita Mussolini lascia la mostra; Il gruppo delle autorità lo accompagna all’automobile.“ 24 Carli (Hg.), Architettura e fascismo, 56. Auch Cesare De Seta ist dieser Meinung: „In conseguenza alla pubblica e violenta condanna del sindacato nazionale fascista nei confronti degli organizzatori della mostra, Libera scioglie il Miar che era succeduto alla prima formazione con ben altre ambizioni.“ Um den Prozess der Auflösung des MIAR zu beschleunigen, unterstützt Calza-Bini, Präsident des sindacato fascista, die Gründung des RAMI, vgl. De Seta, La cultura architettonica in Italia tra le due guerre, 229. Die Kommission für den piano regolatore für die E’42 setzte sich nach der Vorgabe Oppos zusammen aus Piacentini, Pagano, Piccinato, Vietti und Rossi. Die E’42 sollte ein großer Kompromiss der Stile werden; anfänglich war Pagano sehr enthusiastisch, bis er Ende 1938 gegen Piacentini polemisierte und diesem vorwarf, nur an einem „Klassizismus der Formen“ interessiert zu sein. Obwohl viele moderne Architekten im Wettbewerb gewannen oder direkte Aufträge erhielten, wurden die Projekte nach und nach in Richtung „classicità“ verändert. 25 Bardi, „Tavolo degli orrori“, 10. 26 „[…] il Capo del Governo ha espresso il Suo compiacimento e il Suo plauso, che ha voluto estendere a tutti i giovani che cercano nell’architettura e negli altri campi di realizzare un’arte rispondente alla sensibilità e alla necessità del nostro secolo fascista.“, Carli (Hg.), Architettura e fascismo, 78, Anm. 1; die staatspolitische und propagandistische Bedeutung des Treffens wird unterstrichen durch die Präsenz des Unterstaatssekretärs des Innenministers, Buffarini-Guidi, und des Verantwortlichen für Massenkommunikation, Achille Starace, Sekretär des PNF. 27 „Tengo a precisare in modo inequivocabile che io sono per l’architettura moderna, per quella del nostro tempo e mi sarebbe immensamente dispiaciuto se voi aveste pensato che le vostre opere non mi fossero piaciute. Sarebbe assurdo […] non voler un’architettura razionale e funzionale per il nostro tempo. […] Sabaudia mi va benissimo ed è bella. Ed è così che si deve fare una città dell’anno XII e non si doveva né si deve fare diversamente. Sarebbero state assurde le bifore, le trifore, le colonnine a torciglione e i capitellucci.“, Mussolini, Rede an die Architekten, 10.6.1934, hier zit. n. Carli (Hg.), Architettura e fascismo, 95–96. 28 „Ora l’architettura moderna è arte di Stato.“, Pagano, „Mussolini salva l’architettura italiana“, hier zit. n. Pagano, Architettura e città durante il fascismo, 21. Paganos Artikel war die Reaktion auf Mussolinis Einladung an die Rationalisten und auf das anschließende comunicato Stefani (10.6.1934). Ironie des Schicksals: Die offiziellen, vom Istituto Luce gemachten Fotografien des Besuchs von Mussolini in der Ausstellung der Rationa-

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listen sind archiviert unter dem Titel Mostra nazionale [sic] alla Galleria di Roma – als wäre die rationalistische Architektur tatsächlich zur nationalen geworden. 29 „[…] collage di paccottiglie, luoghi comuni e opere di cattivo gusto“, in: Ciucci, Gli architetti e il fascismo, 109–110. 30 Sarfatti, „Lettre d’Italie“, 355. 31 Vgl. Pressemitteilungen; trotzdem heißt es in der Literatur immer wieder, die Eröffnung habe am 28. Oktober 1932 stattgefunden, z.B. bei Stone, The Politics of Cultural Production, 236. 32 Vgl. Il Popolo d’Italia, 15.7.1931, „Per la grande Mostra del Fascismo nel 1932“: Mussolini beauftragt Alfieri offiziell, die Organisation der MRF zu übernehmen. Zusammen mit Luigi Freddi war Alfieri auch Herausgeber des MRF-Katalogs. Die wichtigsten Ämter und Karriereschritte von Dino Alfieri nach der MRF waren: ab 1935 Unterstaatssekretär im Ministerium für Volksbildung; ab 1936 Leiter des Propagandaministeriums, welches nun Ministerium für Volkskultur hieß (Ministero della Cultura popolare, „Minculpop“), Minister; 1939 Botschafter Italiens beim Heiligen Stuhl, 1940–1943 Botschafter in Berlin (ACS, Carteggio personalità, Carte D. Alfieri, B. 9, fasc. 47–51). 33 Luigi Freddi, Journalist bei Il Popolo d’Italia und Anhänger des Futurismus, war 1923– 1924 Chef des Pressebüros des PNF; 1934–1939 war er verantwortlich für Kino im Ministerium für Presse und Propaganda (ab 1937 Ministerium für Volkskultur [Ministero della Cultura popolare]). 1940–1943 war er Präsident von Cinecittà. 34 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 7. 35 Die Eröffnung der Mostra del Fascismo war für den 23. März 1929 vorgesehen. 36 Istituto Fascista di Cultura, Prima bozza del piano generale per la Mostra del Fascismo, b. 9 (fasc. 47–51). 37 Meldung der Agentur Stefani, in: Il Corriere della Sera, 24.11.1928, 2: „Le grandi Mostre a Roma. Agricoltura, Fascismo, Cooperazione. L’Ufficio Stampa del Partito nazionale fascista comunica: La Mostra del Fascismo, che il Duce ha voluto si svolgesse a Roma, dal 23 marzo al 21 aprile anno VII, avrà sua degna sede in Palazzo Regina Margherita, che è stato messo a disposizione con gesto di simpatico cameratismo, dalla Confederazione dei Sindacati agricoli fascisti. Il Segretario del Partito, dopo alcuni colloqui con l’on. Alfieri, ha stabilito il passaggio dell’attività organizzativa da Milano a Roma, a Palazzo Littorio, dove è già stato costituito l’ufficio del Comitato. Pertanto, privati, segretari federali, sezioni del Partito nazionale fascista, enti, associazioni ed istituti che hanno avuto lettere o richieste di materiale per la Mostra stessa, debbono inviare tutti le risposte al ‚Comitato per la Mostra del Fascismo‘, presso la Direzione del Partito nazionale fascista, Palazzo Vidoni, non dovendo il lavoro d’organizzazione subire il minimo ritardo.“ Vgl. dazu auch Kap. V (134–136) in Stone, The Patron State. 38 „[…] è sommamente utile che il Fascismo, nel 10° anniversario della sua assunzione al potere, sosti un momento per dimostrare all’Italia e al mondo quanto esso ha saputo compiere nel campo materiale e spirituale.“, Appunti sul programma della mostra del Fascismo, discusso ed approvato nella seduta di Direttorio tenuta a Palazzo Venezia il giorno 14 luglio 1931 IX° sotto la Presidenza del Duce, ACS, PNF, DN, serv. vari, b.332, 1. 39 ACS, Carteggio personalità, Carte D. Alfieri, b. 9, fasc. 47–51; vgl. auch: Anonym, „Il Duce impartisce le direttive per la Mostra della Rivoluzione Fascista“, in: Il Popolo d’Italia, 10. Juni 1932, Titelblatt.

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Anmerkungen

40 Zur Frage nach dem revolutionären Aspekt der Machtübernahme durch die Faschisten vgl. u. a. Falasca-Zamponi, Fascist Spectacle, 2; Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 67. 41 Auch in der deutschen Ausgabe des Ausstellungskatalogs wird dieses Grußwort Mussolinis auf Italienisch wiedergegeben, da es sich um den Abdruck eines handschriftlichen Briefes von Mussolini handelt; vgl. Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, o. S. 42 „Non quindi ‚esposizione‘ o ‚mostra‘, nel senso abituale della parola, ma rassegna di attività e di forze, bilancio dei primi dieci anni al potere, dal quale bilancio nasce implicitamente il programma avvenire.“, Appunti sul programma della mostra del Fascismo, discusso ed approvato nella seduta di Direttorio tenuta a Palazzo Venezia il giorno 14 luglio 1931 IX° sotto la Presidenza del Duce, ACS, PNF, DN, serv. vari, b.332, 1. 43 Ibid., 8. 44 Anonym, „La Mostra della Rivoluzione. Settemila fotografie e duemila metri quadrati di ingrandimenti“, in: Il Popolo d’Italia, 23.10.1932, 3. Die genauen Zahlen zu den schließlich reproduzierten, vergrößerten und gezeigten Fotografien finden sich in: Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 63. 45 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 7. 46 „Per essi [visitatori] la propaganda delle parole o delle cifre non ha più valore. Ormai soltanto i fatti li convincono, e hanno da essere fatti solidi e precisi, di quelli che si toccano con le mani.“, Ojetti, „L’Italia in mostra“, in: Pegaso, Juni 1933, 742. 47 Vgl. dazu Achille Starace, Generalsekretär des PNF, der von 3.854.927 Besuchern schreibt, in: Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, 1. Stone nennt einmal dieselbe Zahl (vgl. Stone, „Staging Fascism“, 233), ein andermal spricht sie ohne Quellenangaben von 2,8 Mio Besuchern (ibid., 215), was aber vermutlich ein Tippfehler ist. Immer wieder werden leicht variierende Besucherzahlen genannt, was auch Jeffrey Schnapp bemerkt: „There is some dispute about total attendance figures.“ Er zitiert ebenfalls Staraces Zahl aus Gargano, bemerkt aber gleichzeitig, dass „Most Archivio Centrale dello Stato (ACS) records, however, mention figures of either 3.701.818 or 3.708.214.“, vgl. Schnapp, „Epic Demonstrations“, 244–245, Anm. 5. 48 „Appena il Duce, compiuta l’inaugurazione si è allontanto [sic] fra il delirante entusiasmo del popolo e delle camicie nere, le porte della Mostra si sono aperte alle visite ufficiali e al pellegrinaggio del popolo. / E di tale impressionante pellegrinaggio che seguì ininterrottamente per un periodo di due anni, noi ci accingiamo a dare qui, [sic] la documentazione cronologica.“, Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, 29. 49 Zum Vergleich die Besucherzahlen der Pressa: In einem Zeitraum von nur gerade Mai bis Oktober 1928 wurden rund fünf Millionen Besucher gezählt; zur Pressa vgl. Exkurs später in diesem Kap. 50 Vgl. Brief von Dino Alfieri an Achille Starace, 12.1.1933 (PNF, DN, servizi vari, b.332), in welchem Alfieri Starace auffordert, durch das Propagandabüro des PNF Parteigruppen oder dopolavoristi zum Besuch der MRF aufzufordern sowie in Radio und Presse regelmäßig auf die MRF hinzuweisen. Zu den Ermäßigungen und den verschiedenen Gruppen vgl. auch Stone, The Politics of Cultural Production, 306–310, sowie Schnapp, „Epic

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Demonstrations“, 5. Vgl. auch das Plakat Riduzione Ferroviaria del 70 % (Gestaltung ­ aulucci, Foto Bologna). P 51 ACS, PCM, 14.1.242 (34–36). Wie man dem Dokument entnehmen kann, wurden Bahn­ billettvergünstigungen für Triennalen und Fiere immer wieder initiiert, wobei 70 % abgesehen von der MRF nur für die Triennale von Mailand von August bis September 1933 gewährt wurden. 52 De Beauvoir, In den besten Jahren, 134. 53 Zur Popularisierung der MRF trugen auch 100.000 große Plakate und 1,33 Mio. kleinformatige cartelli bei, außerdem Postkarten (200.000) und Briefmarken, vgl. dazu Schnapp, „Epic Demonstrations“, und ACS, Alto commissariato per le sanzioni contro il fascismo, Tit. XVII, Nr.10, Vol. 1 + 2, die die Dokumente zur Nachbestellung von Postkarten beinhalten, sowie der Auftrag an Mario Sironi, den Entwurf für die Decennale-Briefmarke zu liefern. Weitere Briefmarken stammten von Carlo Mezzana, vgl. Zeri, „I francobolli italiani“, 287–319, Abb. 409–410. 1935 wird nochmals ein Motiv der MRF, das „Sacrario dei martiri“ von Valente und Libera, für eine Briefmarke übernommen, vgl. dazu Zeri, „I francobolli italiani“, 287–319, insbes. 306, Abb. 419. Vgl. auch Schnapp, „Fascism’s Museum in Motion“, 91: „hundreds of thousands of postcards, photographs, posters, and baggage stickers had transformed [the facade] into the hallmark of the ten-year anniversary of the March on Rome.“ 54 Dino Alfieri, „Per la Mostra del Fascismo che sarà inaugurata a Roma nel 1° decennale della storica Marcia“, in: Il Popolo d’Italia, 30.4.1932, aus: ACS, Carteggio personalità, Carte D. Alfieri, b. 9, fasc. 47–51. 55 Il Corriere della Sera, 27.10.1932, aus: ACS, Carteggio personalità, Carte D. Alfieri, b. 9, fasc. 47–51. 56 „La Mostra della Rivoluzione Fascista sarà inaugurata stamane“, in: Il Popolo d’Italia, 29.10.1932, 2. 57 Sansepolcrista = Mitglied der ersten Stunde der Fasci italiani di combattimento, aus denen 1921 der PNF entstand, benannt nach der Gründungsversammlung der Fasci am 23. März 1919 auf der Piazza San Sepolcro in Mailand. 58 Die Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ publizierte in den 1930er Jahren immer wieder ganzseitige Fotografien, sowohl solche, die der piktorialistischen Tendenz zugeordnet werden können als auch sachlich-moderne, die eine Ästhetik der Maschine vertreten. Autoren der Fotografien sind u. a. Bruno Stefani, Paul Wolff, Giulio Parisio, Aenne Biermann, Achille Bologna, László Moholy-Nagy, Hans Finsler. Gemalte Illustrationen, ­insbesondere auch Titelblätter, stammen von u. a. Mario Sironi, Marcello Nizzoli, Damiano Damiani, Atanasio Soldati und Paolo Garretto, Reklamen auch von Manzoni oder ­Depero. 59 La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Oktober 1932, 22–25; auf S. 25 rechts unten steht der Name Mondaini, wobei nicht ganz klar ist, ob dies der Name des Grafikers ist. In ihrem kruden Stil erinnern die Fotomontagen stark an die Sandro Biazzis für Francesco Garganos Italiani e stranieri alla MRF (vgl. S. 113–125). 60 Vgl. Dinale, „La Mostra della Rivoluzione Fascista. Il Sacrario dei Martiri“, 29–31; idem, „La Mostra della Rivoluzione Fascista. La Piazza“, 25–31; idem, „La Mostra della Rivoluzione Fascista“, 16–21; idem, „La Mostra della Rivoluzione Fascista. Visioni d’arte“, 40–43; idem, „La Mostra della Rivoluzione Fascista: Milano“, 47–49.

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Anmerkungen

61 Sarfatti, „La Mostra della Rivoluzione“, 53; Il Corriere della Sera, 23.3.1933, 1 (Agen­ turnotiz). 62 Sarfatti, „La Mostra della Rivoluzione“, 38–53. Begleitet wird Sarfattis Bericht von Fotografien Stefano Bricarellis (Turin 1889–1989). Größe und Anzahl, vor allem aber ihr Stil sind bemerkenswert. Bricarelli geht nah an das gewählte Sujet heran, wählt enge Ausschnitte und zögert nicht, Motive anzuschneiden. Den Anker etwa, der in der Sala Fiume ausgestellt ist, wie auch die Glocke von Fiume, beschneidet er, ohne dass ganz klar würde, mit welcher Absicht der Fotograf diese Anschnitte wählt. Auffällig ist diese Bildgestaltung deshalb, weil zentrale Ausstellungsobjekte – wie die Statue Mussolinis im Salone d’Onore – wortwörtlich an den Rand gedrängt werden. Wenn Bricarelli in der „Sala della Marcia su Roma“ die gemeißelte Inschrift anschneidet, wird der Inhalt unverständlich und die den Saal prägende Symmetrie gerät aus dem Lot und die Aufnahme der MRF-Fassade zu einem abstrakt-modernen Bild aus starker Untersicht. 63 „Oggi, possiamo guardare negli occhi chiunque, e dire: in fatto di audaci realizzazioni moderne, da noi in Italia non si fa altrettanto: si fa meglio.“, Sarfatti, „La Mostra della Rivoluzione“, 44. 64 „Il merito di questa parità riconquistata e di questo orgoglio superato è naturalmente del Duce, sempre giovanissimo e primo animatore di ogni avanguardia.“, ibid. 65 „Per la prima volta, [una mostra] porta un fatto della storia contemporanea nel clima artistico delle affermazioni e manifestazioni religiose. È concepita come una cattedrale, dove le mura parlano.“, ibid., 45–46. 66 „the X’s also affiliate the fascist revolution with Christian sacrifice“: mehr dazu und zu weiteren religiösen Aspekten der MRF in: Schnapp, „Epic Demonstrations“, 26. 67 „[…] il trionfo di quanto più moderno e vivo si possa concepire nel campo dell’architettura e della decorazione.“, Leader [Edoardo Persico], „La Mostra della Rivoluzione Fascista“, 28. 68 Ibid., 28–31. 69 „Arte d’oggi, sopra tutto“, Papini, „Arte della Rivoluzione“, 198. 70 „L’altra affermazione importante in questa Mostra è che l’arte è anche un mezzo, non è e non può essere soltanto un fine. Un mezzo cioè per divulgare idee, esporre fatti, narrare eventi attraverso la forza emotiva che solo l’arte può dare.“, ibid., 196. 71 „Uno stile appena è trovato è già morto.“, Ibid., 198. 72 Italien: vgl. dazu von Falkenhausen, „Die Moderne in Italien. Avantgarde – Faschismus – Rezeption“, 21–38; vgl. auch von Falkenhausens Dissertation, Der zweite Futurismus und die Kunstpolitik des Faschismus in Italien 1922–43, insbes. 78–98. Außerdem Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, insbes. Kap. 1.2.2 und 2.1.2. Weiterführende Literaturangaben zur Konsensstrategie in der faschistischen Kunstpolitik finden sich in: Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 35, Anm. 152. – Deutschland: „Einheitlicher Kulturwille“ war das Bestreben der Nationalsozialisten, doch bis zuletzt entstand keine genuine Nazi-Kunst; heute herrscht Konsens darüber, dass die unter Hitler produzierten Werke Verschnitte bereits bestehender Stile sind, insbesondere des traditionalistischen Stils der Kunstakademien des 19. Jahrhunderts und eines der Folklore und Tradition verhafteten Heimatstils. Diesem Stilverschnitt wurde 1936 Vorschub geleistet durch das Verbot der modernen Kunst, die in der am 19.7.1937 in München eröffneten Ausstellung Entartete Kunst gipfelte, vgl. Bavaj, Die

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Ambivalenz der Moderne im Nationalsozialismus), sowie Mosse, The Fascist Revolution. In Bezug auf die Fotografie vgl. Sachsse, „Kontinuitäten, Brüche und Missverständnisse“, 64–83. 73 Von Falkenhausen, „Die Moderne in Italien“, 26. Jeffrey Schnapp äußerte sich ähnlich zur Konsenspolitik: vgl. Schnapp, „Fascism’s Museum in Motion“, 91. Claudia Lazzaro und Roger J. Crum verweisen, wie schon Ruth Ben-Ghiat in Fascist Modernities, vielmehr auf je individuelle, auch regional verantwortete Initiativen resp. ein komplexes „patronage“-System anstelle einer einheitlichen, von zentraler Stelle geleiteten Kulturpolitik, vgl. Lazzaro, Crum (Hgg.), Donatello among the Blackshirts, 5. Dass die italienische Kulturpolitik keinem einheitlichen Dogma unterlag, zeigt auch die polare Konstellation zweier zentraler, aktiver Persönlichkeiten: Roberto Farinacci, Präsident des PNF und Begründer des Premio Cremona für gegenständliche, traditionelle Kunst, und Giuseppe ­Bottai, u. a. Erziehungsminister und – in Reaktion auf Farinacci – Begründer des Premio Bergamo; dieser Preis sollte die Pluralität der Kunststile fördern. 74 „Quella che si aprì a Roma non è solo ‚la mostra‘; molto di più, è ‚la dimostrazione‘ della Rivoluzione Fascista. […] Bisognava che il Fascismo avesse profondamente rivoluzionato l’Italia, perché si potesse anche solo concepire una idea artistica così italianamente e fascisticamente rivoluzionaria.“, Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“, 1; der Artikel wird ergänzt durch P. Ma., „L’organizzazione e l’ordinamento della mostra“, 18–22. 75 Zum Begriff Revolution und seiner Bedeutung im Faschismus vgl. Nützenadel, „Faschismus als Revolution?“, 21–40; Koselleck, Begriffsgeschichten, Abschnitt „Revolution als Begriff und Metapher. Zur Semantik eines einst emphatischen Worts“, 240–251; Estermann-Juchler, Faschistische Staatsbaukunst, 27–28. Parallel zur Betonung des Neuanfangs griff der Faschismus – nota bene wiederum, um sich zu legitimieren – vielfach explizit auf die Geschichte zurück, einer der scheinbaren Widersprüche im Bild des Faschismus, vgl. insbes. S. 171–178 sowie S. 182–196. Dieser Widerspruch könnte eventuell aufgelöst werden, folgte man der Idee Estermann-Juchlers, die den Umgang des Faschismus mit der Traditon und Vergangenheit als ahistorisch beschreibt: Estermann-Juchler, Faschistische Staatsbaukunst, 31–32 und 216–223. 76 Ludwig, Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig, 108–109. 77 Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alle mostra des Fascismo“, 4: „l’esposizione garibaldina dava un’impressione di stordimento e di malinconia; non spiegava e non illuminava nulla“. 78 Vgl. S. 248, Anm. 65. 79 „Ma di che cosa dispone la Chiesa, per formare il Santo dei Santi e intorno ad esso la Casa di Dio?“, Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“. 80 „Di alcune sublimi verità dello Spirito, e della divina semplicità quotidiana del pane e del vino. Nel caso più raro e più prezioso, di qualche frammento di reliquia, che non è esposta visibilmente, ma la cui presenza invisibile è rivelata da un alone di più visibile gloria, disposto intorno al luogo che la custodisce. Il fascismo – con tutta la distanza che separa l’umano, anche eroico, dal Divino ed eterno – è risalito a questi grandi esempi. Come la Chiesa, esso ha affidato all’arte il cómpito di tradurre e glorificare in imagini [sic] fisiche, e pur spirituali, i fatti dello spirito.“, ibid.

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Anmerkungen

81 Auch Jeffrey Schnapp führt nur einzelne Stimmen auf, die erwartungsgemäß positiv, ja enthusiastisch sind, nicht selten mit Parallelen zu religiöser Euphorie, vgl. Schnapp, „Epic Demonstrations“, 20–21. Auch Marla Susan Stone betont die Wichtigkeit, die Reaktion der Besucher auf die Ausstellung zu kennen, doch: „[…] the nature of the sources makes it difficult to read audience reactions.“, Stone, The Politics of Cultural Productions, 24. An anderer Stelle beschreibt sie bis auf eine Reklamation wegen fehlender Toiletten wie Schnapp nur positive Reaktionen, vgl. Stone, The Patron State, Kap. V, insbes. 164–176. 82 Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“, 7; Usellini, „La Mostra“, 236. 83 Costruzioni-Casabella, März–April 1941. 84 „[…] la prima Mostra della Rivoluzione Fascista, per la quale si impegnò per la prima volta un gruppo omogeneo di artisti, aderenti al Novecento o venuti dal futurismo.“, in: Costruzioni-Casabella, März–April 1941, 40. 85 Vgl. Andreotti, Art and Politics in Fascist Italy, 5; De Seta, La cultura architettonica in Italia tra le due guerre, 133, 139. In den neuen, teils erweiterten Ausgaben der von Andreotti angesprochenen folgenden Standardwerke sind weiterhin keine Hinweis auf die MRF zu finden: Benevolo, Storia dell’architettura moderna, Bd. 3; De Fusco, Storia dell’achitettura contemporanea. Ebenfalls keine Erwähnung findet sie bei Ciucci, Gli architetti e il fascismo, hingegen erwähnt er sie in seinem unten zit. Artikel „L’autorappresentazione del fascismo“. 86 Dabei handelt es sich zum Teil nach wie vor nur um kurze Verweise auf die Sala O: L’Architettura – cronache e storia, Nr. 153, Juli 1968, 42–43; L’Architettura – cronache e storia, Nr. 163, Mai 1969, 180; Tafuri, „Il soggetto e la maschera“, 5–31; Bertelli, Bollati, Storia d’Italia, 141–146; Zevi, Giuseppe Terragni, 56–59; Ciucci, „L’autorappresentazione del fascismo“, 48–55; Fosso, Mantero (Hgg.), Giuseppe Terragni 1904–1943, 95; Crespi, Giuseppe Terragni designer, 70–71; De Seta, La cultura architettonico in Italia tra le due guerre, 133; Marcianò, Giuseppe Terragni opera completa 1925–1943, 74–77, 304. 87 Andreotti, Art and Politics in Fascist Italy. Kurz darauf (1990) erscheint ein detaillierter Überblick über Geschichte und Aufbau der Ausstellung und über die Archivierung der Materialien: Archivio Centrale dello Stato, Partito Nazionale Fascista. Mostra della Rivoluzione Fascista, Inventar von Gigliola Fioravanti, Rom 1990. 88 Andreotti, Art and Politics in Fascist Italy, 8–9. Persönlich setze ich den Zeitpunkt der kritischen Auseinandersetzung mit der MRF etwas später an, vgl. dazu den Text oben. Zevis Kommentar von 1950 bildet dabei eine Art Vorläufer, der Jahre später wieder aufgenommen und diskutiert wurde. 89 Hier zit. n. Zevi, Giuseppe Terragni, 56. 90 „Grafica, scenografia, spesso cartellonistica a servizio della dittatura ma, nel fondo, tali da scalzarne l’effigie militaresca, autoindulgente e falsamente granitica, per opera di una ‚sinistra‘ interna al regime, provocatoria quanto equivoca.“, Zevi, Storia dell’architettura moderna, Bd. 1, Kommentar zu den Bildseiten 336–337; in der Tat gehörte auch Sironi bis zirka 1918 zu den Futuristen, doch seine Säle in der MRF erinnern nicht mehr an diese frühere Verbindung. 91 „Per gli storici del dopoguerra […] le scelte formali che l’architetto opera durante il fascismo divengono scelte politiche, anche quando i protagonisti sono dichiaratamente fascisti. Così, quando queste scelte sono antiretoriche e ‚moderne‘, e cioè moralmente

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giuste, esse divengono implicitamente antifasciste e democratiche. Per converso, monumentalismo e classicismo pompier sono connotati proprii dell’architettura fascista.“, Ciucci, Gli architetti e il fascismo, XIX. Zur Diskussion über die Moderne in den totalitären Systemen Deutschlands und Italiens vgl. die Ausführung S. 248, Anm. 72 und S. 282, Anm. 53.   92 „[…] Zevi, secondo una formula che avrà molto seguito in successivi lavori di altri storici, collega direttamente il futurismo alle idee del Gruppo 7 e del Movimento italiano per l’architettura razionale, dal quale fa emergere tre protagonisti ‚eversivi‘: Terragni, Persico e Pagano.“, ibid., XX.   93 De Seta, „Introduzione alla prima edizione“, hier zit. n. idem, La cultura architettonica in Italia tra le due guerre, 8.   94 „Il fascismo c’è stato e non si distrugge certo con l’autocensura: l’importante è saper guardare e discernere. Ma per far questo Terragni va posto accanto a Piacentini. Questo non vuol dire certo ridurrli alla stessa stregua; al contrario, contribuisce a che la gente capisca quale abisso li separi. Tacere su questi argomenti equivale a tenere uno scheletro nell’armadio e serrare a doppia mandata le ante.“, De Seta, La cultura architettonica in Italia tra le due guerre, 12.   95 Ghirardo, „Italian Architects and Fascist Politics“.   96 Schnapp, „Epic Demonstrations“, 1–37; idem, „Fascism’s Museum in Motion“, 87–97; idem, Anno X.   97 Le Corbusier an Paul Otlet, Brief vom 29.6.1934, Archiv Fondation Le Corbusier, Paris.   98 Oppo, „L’arte“, 605–608.   99 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 65. Ephemere Architektur hat in Italien insbesondere seit dem Barock Tradition, sei es für Festumzüge (Sassoli, Apparati architettonici per fuochi d’artificio a Roma nel Settecento) oder als Festarchitektur (vgl. die sehr aufschlussreiche, detaillierte Publikation von Lydia Kessel, Festarchitektur in Turin zwischen 1713 und 1773). 100 Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, o. S. 101 Die Ausstellung zu den historischen Ereignissen 1914–1922 befand sich in fünfzehn Räumen im Parterre; daran schlossen sich der „Ehrensaal“ an, die „Gallerie der Fasci“, der „Saal des Duce“ sowie, als Schlusspunkt, die „Gedächtnishalle der Märtyrer“. Fünf weitere Säle im 1. Obergeschoss zeigten: „Die italienischen Fasci im Ausland“, „Der Geist des Faschismus – Faschistische Literatur“, „Die faschistischen Sindakatsverbände [sic] – Das Sparwesen“, „Landwirtschaft und Verkehr“, „Charta Magna der Arbeit“. 102 Schnapp, „Fascism’s Museum in Motion“, 88: „first Modern(ist) politics of spectacle“. 103 Ibid. 104 Ibid., 91. 105 Ibid., 91. 106 Vgl. S. 247, Anm. 57. 107 In der Literatur werden die beiden Säle F (erstes Halbjahr 1919) und G (zweites Halbjahr 1919) meistens zusammengefasst und als „Sala del 1919“ bezeichnet. Vgl. auch Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Hg.), Marcello Nizzoli, 33–34, 250–251. 108 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 121. 109 In der Sala G stand noch eine weitere sagoma, der Gigant, doch war sein Körper nicht von Montagen bedeckt.

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Anmerkungen

110 Vgl. Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 125– 126. 111 Francesco Saverio Nitti, Ministerpräsident Italiens von 1919–1920. 112 Vgl. Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 127– 128. 113 Internationale Presseausstellung Pressa, Köln, 12.5.1928 – 14.10.1928; rund 5 Millionen Besucher. Zu Terragnis und Sironis Interesse am Sowjetpavillon auf der Pressa vgl. Fabio Benzi in mehreren kleinen Artikeln in Pontiggia (Hg.), Mario Sironi, speziell 119–120 und 143. Benzi schreibt, ohne konkret zu werden, dass Sironi und Terragni ein gemeinsames Interesse an den sowjetischen Konstruktivisten verbunden habe, deren Stil/ Formensprache beide in ihre eigenen Werke übernommen hätten. Zum Vergleich von MRF 1932 und Pressa vgl. Buchloh, „Von der Faktur zur Faktografie“, 26. Zur Verbindung von Mario Sironis Beitrag an der MRF 1932 und dem Sowjetpavillon auf der Pressa vgl. Andreotti, „The Aesthetics of War“, 79–80 und Anm. 9: Sironi hat das Werk Lissitzkys vermutlich gesehen, da er, zusammen mit Giovanni Muzio, verantwortlich war für den italienischen Pavillon auf der Pressa. Andreotti verweist auf Mario Sironi, in: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, August 1928, wiederabgedruckt in Camesasca (Hg.), Mario Sironi, 25–27. 114 Vgl. das Bulletin (nicht zu verwechseln mit dem Katalog) für die UdSSR an der Pressa, Köln 1928, wiederabgedruckt in Lissitzky-Küppers (Hg.), El Lissitzky, Abb. 144–148. Abb. 148 zeigt eine Seite aus dem Bulletin mit zwei ganz ähnlichen dreidimensionalen Frauenfiguren, wobei in der übrigen Literatur normalerweise nur die eine, mit Sichel und Hammer in Händen, abgebildet wird. Auch Sergej Senkin hat eine ähnliche, wenn auch zweidimensionale Figur geschaffen. 1925 entstand für die Zeitschrift Herold der Arbeit eine in groben Umrissen angedeutete Arbeiterfigur, deren Körperoberfläche mit dicht aneinandergereihten Portraits belegt ist. Vgl. Tupitsyn, The Soviet Photograph, 1924–1937, 18. 115 Vergleich zwischen dem „Sacrario dei martiri“ von Libera und Valente und dem rötlich illuminierten Sowjetstern auf der Pressa (Entwurf El Lissitzky) bei Pohlmann, „El ­Lissitzkys Ausstellungsgestaltung in Deutschland“, 59–60. 116 Basler Vorwärts, Basel, 31.5.1928, hier zit. n. Komitee des Sowjet-Pavillons auf der Internationalen Pressa-Ausstellung (Hg.), Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, 110. 116a Margarita Tupitsyn: „Obwohl die meisten der im ‚Pressa‘-Katalog genannten Mitglieder der großen Vorbereitungsgruppe relativ unbekannte Künstler waren, gibt es doch ­einige Namen, bei denen es sich um anerkannte Konstruktivisten und Wegbereiter der politischen und dokumentarischen Fotomontage handelte. Vor diesem Hintergrund sind zwei Künstler […] von besonderer Bedeutung: Senkin, bekannt als Ko-Autor des ‚Pressa‘-Frieses, und Kluzis, anerkannter Begründer der Fotomontage in der Sowjetunion.“, Tupitsyn, „Zurück nach Moskau“, 34. 117 Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltung in Deutschland“, 53. 118 Über die genauen Anteile von El Lissitzky, Sergej Senkin und auch Gustav Klutsis an der Autorschaft des Frieses herrscht Unklarheit. Vgl. dazu Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 51, insbes. auch Anm. 7. Weiteres zur Autorschaft des Pressa-Frieses auch in Tupitsyn, „Zurück nach Moskau“, 36; auf S. 45 erwähnt Tupitsyn auch den Umstand, dass Sophie Küppers, Ehefrau von El Lissitzky, als dessen Assistentin für die

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FiFo (Ausstellung Film und Foto, Stuttgart 1928) eigene Fotomontagen gemacht habe. Margarita Tupitsyn: „Der ‚Pressa‘-Fries, der später zum Ausstellungsemblem und zentralen Bild des Katalogs wurde, wurde erst in Köln zusammengesetzt. Bestehend aus einer Fülle von Bildern des alltäglichen und politischen Lebens von erstaunlicher visueller Unmittelbarkeit, besitzt er jedoch keine erkennbare Verbindung zu Thema oder optischer Komplexität von Lissitzkys Fries mit Läufern. Statt dessen weist er deutliche Ähnlichkeiten mit zur gleichen Zeit entstandenen Fotomontagen Senkins und Kluzis’ auf, die aufgrund radikaler Wechsel der Fotoformate und durch den Aufbau von Schichten verschiedener Juxtapositionen ähnlich strukturiert sind. Seine filmischen Qualitäten, die sich in der ununterbrochenenen Folge seiner Bilder manifestierten, rückten ihn zudem in die Nähe zeitgenössischer dokumentarischer Wochenschauen.“, Tupitsyn, „Zurück nach Moskau“, 36. 119 „Mit dem Einsatz von friesartigen Großfotopanoramen wandte Lissitzky eine Technik an, die seit 1900 auf den Welt- und Industrieausstellungen erprobt worden war. Für eine Städteausstellung in Dresden 1903 hatte beispielsweise die Neue Photographische Gesellschaft in Berlin ein Fotopanorama des Golfs von Neapel in der Länge von 12 m und 1,5 m Höhe errichtet, und in der Ehrenhalle der ‚Internationalen Photographischen Ausstellung zu Dresden‘ 1909 befanden sich vier großformatige fotografische Gebirgspanoramen.“, Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltung in Deutschland“, 53. 120 Komitee des Sowjet-Pavillons auf der Internationalen Pressa-Ausstellung (Hg.), Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, 26. 121 Lissitzky-Küppers (Hg.), El Lissitzky, Abb. 212. 122 Rjasanzew, „El Lissitzky und die ‚Pressa‘ in Köln 1928“, in: El Lissitzky. Maler, Architekt, Typograf, Fotograf, 80–81. 123 Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltung in Deutschland“, 52. In diesem Artikel auch allgemeine Informationen zur Pressa. 124 „Ho sentito già varie volte ripetere una critica superficiale, ultimo baluardo degli ostinati nostalgici che non vogliono arrendersi: la Mostra della rivoluzione fascista è intonata ad uno stile moscovita e bolscevico.“, Papini, „Arte della Rivoluzione“, 197. 125 „Tre sono infatti i punti di contatto che possono suggerire un tale avvicinamento: il primo è che si tratta di due rivoluzioni non paragonabili ma effettive e contemporanee; il secondo è che l’arte è posta a servigio di una propaganda altrettanto necessaria, quanto diretta ai medesimi scopi della diffusione di sentimenti e di idee; il terzo è che nell’arte si sono introdotti a Roma come a Mosca gli elementi tipici della vita contemporanea: la stampa e la fotografia.“, ibid. 126 Vgl. dazu auch Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, insbes. 476: „The repeated references in Italian architectural publications and projects to Russian projects of the 1920’s, particularly those of Lissitzky, reinforce the association Italian artists found between revolutionary political movements and revolutionary art forms. Hostility toward the Soviet experiment gave way, by the 1930’s, to a feeling of superiority on the part of Italian architects that the revolutionary banner had passed to them, while Moscow represented ‚the Mecca for an architecture of a new formalism that by now must be denounced as one of the gravest dangers for architecture of this era.‘“ (Zitat im Zitat: Edoardo Persico, „Architetti a Mosca“, in: La Casa bella, September 1932 [o. S.].) Vgl. zur Beziehung Italien-Sowjetunion auch S. 254, Anm. 130.

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Anmerkungen

127 „[…] le vie sono opposte: mentre l’arte moscovita […] va sempre più verso l’astrazione e il raziocinio, l’arte italiana va sempre meglio ricollegandosi alle proprie fonti di concretezza e di umanità che nell’età romana, nella primitiva arte cristiana, nel periodo romanico, nel Rinascimento e nel barocco hanno dissetato perennemente gli artisti ed il popolo d’Italia. Paventare influenze bolsceviche è ridicolo ed è sciocco.“, Papini, „Arte della Rivoluzione“, 197. 128 „[La MRF] volle essere violentemente antiaccademica, e usò di certi accorgimenti grafici e scenografici chiaramente derivati dall’arte russa, con particolari riferimenti al gusto di Melnikoff; il fotomontaggio diventò da quel momento la maggiore risorsa ­decorativa degli allestimenti italiani, fino all’abuso.“, Costruzioni, „1925–1940“, in: Costruzioni-Casabella, März–April 1941, 40. 129 „La mostra intese di essere un atto rivoluzionario, un segno del distacco delle nuove generazioni da quelle del passato.“, ibid. 130 So zum Beispiel Pohlmann: „Beispielsweise übernahmen Marcello Nizzoli und Dante Dini für die Gestaltung der Figur ‚Movimento dei Combattenti‘ im Saal G den von Michail Plaksin auf der ‚Pressa‘ 1928 kreierten Typus ‚Die Presse und die Sowjetfrau‘. Beide Figuren bestanden aus aufgeklebten Fotografien, Wort- und Bildcollagen sowie Presseberichten.“, Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltung in Deutschland“, 59, Anm. 35. Zwischen der italienischen und der sowjetischen Kultur gab es immer wieder Berührungspunkte; paradigmatisch für das Interesse der Italiener an der sowjetischen Kultur bei gleichzeitig vorauseilender Distanznahme in ideologischen Belangen ist die Mitarbeit Ilja Ehrenburgs an „900“. Cahiers d’Italie et d’Europe ab Nummer 3 (1927), der von Massimo Bontempelli und Curzio Malaparte gegründeten und von ersterem geführten literarischen Zeitschrift, wobei betont wird, Ehrenburg betreue die Auswahl der russischen Literaten, habe aber mit Bontempellis Einführungen und politischen Stellungnahmen nichts zu tun. Ruth Ben-Ghiat weist in ihrem Buch Fascist Modernities darauf hin, dass der italienische Staat das weit verbreitete Interesse am sowjetischen Staat, welches sich, so Ben-Ghiat, u. a. in 50, zwischen 1928–35 erschienenen Publikationen zur Sowjetunion äußerte, bewusst tolerierte, siehe Ben-Ghiat, Fascist Modernities, 38. Zur Beziehung Italien-Sowjetunion vgl. auch Petracchi, La Russia rivoluzionaria nella politica italiana; idem, „Bolshevism in the Fascist Mirror“, 45–74. Außerdem Schnapp, 18BL. Als Quellen vgl. man Bardi, Un fascista al paese dei soviet, eine Reisebeschreibung mit versucht objektiv-kritischem Kommentar zur russischen Kultur im Vergleich zur faschistischen, sowie Margherita Sarfattis Haltung zu „bolschewistischer“ Kunst; diese ist exemplarisch nachvollziehbar anhand ihrer widersprüchlichen Kommentare über Melnikovs russischen Pavillon an der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels modernes in Paris 1925, im Vergleich dazu ist ihre Einstellung gegenüber Le Corbusiers Pavillon de l’Esprit Nouveau zu lesen, in: Cannistraro, Sullivan, Il Duce’s Other Woman, 318–319. 131 p.b. [Paolo Barbaro], „Marcello Nizzoli e la fotografia“, 373 und 375. Lista, Cinema e fotografia futurista, 225: „Marcello Nizzoli stringe amicizia con Xanti Schawinsky compiendo ricerche comuni.“, leider ohne Quellenangabe. Internationale Ausstellung des deutschen Werkbunds Film und Foto, Stuttgart, 18. 5.–7. 7. 1929; die Gestaltung von Raum 4 (UdSSR) wurde durch El Lissitzky verantwortet, ausgestellt wurden u. a. Arbei-

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ten von El Lissitzky, Gustav Klutsis, Sergej Senkin, Alexander Rodtschenko. Zum russischen Raum an der Film und Foto vgl. S. 131 f. 132 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 121–122. Ein Teil der MRF wurde – ungeachtet ihrer stilistischen Anleihen an die sowjetischen ­Kultur – in der „Antibolschewistischen Ausstellung“ gezeigt (München, Haus der Kunst, 7.11.1936 – 31.1.1937, später in Düsseldorf, Stuttgart, Nürnberg; vgl. dazu auch Il Messaggero, 23.9.1937, 3. 133 Zum italienischen Pavillon auf der Pressa (Köln 1928) siehe: Esposizione internazionale della Stampa. Colonia 1928, offizieller Katalog des italienischen Pavillons, Florenz 1928 (ital. + dt.); Architekt des Pavillons: Giovanni Muzio; Konzept der Ausstellung: Giulio Barella. S.a. S., „Il Padiglione Italiano alla ‚Pressa‘ di Colonia“, in: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, August 1928, 12–16. Schnapp, „Fascism’s Museum in Motion“, 88: „the [MRF] exhibition was the dazzling Fascist rival to revolutionary Soviet exhibitions such as El Lissitzky’s kinetic pavilion at the Cologne International Pressa Exhibition (1928).“ 134 Terragni wird offiziell per Brief vom 20.5.1932 eingeladen, den Saal zum Jahr 1922 zu gestalten (CSGT, 3/8/30, Brief von A. Melchiori an Terragni), es bleiben ihm also noch vier Monate für die Vorbereitung. Empfohlen wurde Terragni durch Adalberto Libera (CSGT, 7/7/12, Brief von Libera an Terragni, ohne Datum, sowie CSGT, 7/7/13, Brief von Libera an Terragni, 25.5.1932). 135 Vgl. „Rezeption“ in diesem Kapitel. 136 Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in Deutschland“, 59. Pohlmann beschreibt zum Beispiel die Sala O als „Eingangsraum“, da er den Buchstaben O als Ziffer (Null) liest. Der großen Fotomontage in der Sala O ordnet Pohlmann den Titel zu „‚Wie die zündenden Worte Mussolinis mit der Gewalt von Turbinen das italienische Volk anziehen und zum Faschismus bekehren‘“, wobei es sich nicht um den Titel der Sala O handelt, sondern um eine Bildlegende in einem Artikel Margherita Sarfattis (Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“, 14). Im weiteren behauptet Pohlmann, im von Mussolini handgeschriebenen Schriftstück sei „das Datum für den Marsch auf Rom“ festgesetzt und der „Befehl ‚Adunate‘ (Sammeln!)“ ausgegeben, was, wie eine Lektüre der Zeilen zeigt, sich als unrichtig erweist. Zum Inhalt des Schriftstücks vgl. S. 88. 137 Die Skizzen von Giuseppe Terragni konnten aus rechtlichen Gründen nicht reproduziert werden. 138 „QUANDO VI SONO DUE STATI UNO E DI TROPPO“: vgl. handschriftlich notierter Titel in der Entwurfsskizze von Giuseppe Terragni für die Sala O der Mostra della Rivoluzione Fascista (1932), „Vetrina con scritta“, 34 × 23 cm, Bleistift auf gelbem Papier, CSGT, 19/001/C8/S/G. Der Titel Terragnis bezieht sich auf einen Satz Mussolinis, „Quando vi sono due Governi, uno è di troppo“; vgl. Minuta, Mostra della Rivoluzione Fascista, 1922: Cronologia Storica, CSGT, 4/5/4, Typoskript, o. S. („Mussoliniana“). 139 Handschriftliches Notat in der Entwurfsskizze von Giuseppe Terragni für die Sala O der Mostra della Rivoluzione Fascista (1932), „Vetrina con scritta“, CSGT, 19/001/C8/S/G. 140 „1922 È L’ANNO IN CUI SI AVVERTE SI SENTE SI VEDE PASSARE / ANCORA UNA VOLTA SUL QUADRANTE DELLA STORIA LA GRANDE ORA“, handschriftliches Notat in der Entwurfsskizze von Giuseppe Terragni für die Sala O der Mostra della Rivoluzione Fascista (1932), „Bozzetto orologio e allestimento parete“, CSGT, 19/011/D1/S/G.

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Anmerkungen

141 „cerchio di acciaio, staccato dalla parete sulla quale è la folla di mani e braccia alzate – luce proiettata sulla spada che fa da lancetta“, ibid. 142 Bozzetto popolo in cammino, 34,5 × 23,5, Bleistift auf gelbem Papier, CSGT, 19/012/G4/S/G; Bozzetto di studio congresso camicie nere, 30,1 × 29,1, Bleistift auf gelbem Papier, CSGT, 19/020/G4/S/G. 143 Schnapp, „Fascism’s Museum in Motion“, 93–94. Eigentlich müsste man die zwei Terragnis Sala O folgenden Säle P und Q als Einheit betrachten: beide sind sie von Mario Sironi gestaltet, beide behandeln sie den Marsch auf Rom; die Sala P thematisiert außerdem den Parteikongress von Neapel vom 24. Oktober 1922, auf welchem der Marsch vorbereitet worden war. 144 „Nella sala del 1922 prima della Marcia su Roma, l’architetto Terragni dimostrò come, talvolta, le faraggini delle idee artistiche e le quantità e varietà degli avvenimenti rivoluzionari possano trovare una realizzazione plastica niente affatto confusa, se anche movimentata all’eccesso. Certo qui si sentiva il massimo rumore della battaglia, si sentivano prossimi lo scioglimento, la vittoria. Le pareti della sala ‚muovevano‘ incontro al visitatore creando divisioni, scomparti, superfici, volumi nuovi.“, Oppo, „L’arte“, 608. 145 Zu Rauminszenierung und -dramaturgie in Ausstellungen und den Zusammenhang mit dem Theater vgl. auch Hemken, El Lissitzkys Raumgestaltungen in Deutschland, 23–24. 146 Wie Kai-Uwe Hemken schreibt, ist die Geschichte der Raumkunst bis 1945 begrifflich „keineswegs erfasst“. Einzelne dadaistische (Erste Internationale Dada-Messe, Berlin 1920) und surrealistische Rauminstallationen (Exposition internationale du surréalisme, Paris 1938) genau wie die Sala O (Rom 1932) könnten als Environment avant la lettre bezeichnet werden. Vgl. Hemken, El Lissitzkys Raumgestaltungen in Deutschland, 4. 147 Schwitters, „Herkunft, Werden und Entfaltung“, 84. 148 Möbius, Montage und Collage, 192. 149 El Lissitzky hatte bereits 1923 im Prounen-Raum die Decke als Ausstellungsfläche miteinbezogen, wenn auch noch sehr „klassisch“, durch ein einziges Bild im Unterschied zur flächendeckenden Montage in Dresden. In den 1920er Jahren gehörten zu Raumgestaltungen wie sie von De-Stijl-Künstlern wie Gerrit Rietveld gemacht wurden ebenfalls der Einbezug von Decke und Boden (vgl. Rietveld und Vilmos Huszar, Raumgestaltung für die juryfreie Kunstausstellung, Berlin 1923). In diesem Zusammenhang wäre auch die anticamera (1925–26) von Ivo Pannaggi für die Casa Zampini zu untersuchen, eine stark an De Stijl gemahnende, alle Flächen einbeziehende Inneneinrichtung. 150 Dieses Sehfeld erweiterte Bayer später im Hinblick auf die Ausstellung Bauhaus 1919–1928 im MoMA 1938, in welcher der Besucher über Rampen ging und die Bilder und Fotografien auf Schlaufenwänden hingen, die sich von der Decke bis auf den Boden zogen und die der Besucher, im Gehen, das Sehfeld stetig ändernd, wahrnahm. Vgl. dazu auch weiter unten Road to Victory (MoMA, 1942) sowie Airways to Peace (MoMA, 1943). In der Nachkriegszeit erlebte das Prinzip des erweiterten Sehfelds im Ausstellungswesen ein gewisses Revival, etwa 1951 mit Architettura, misura dell’uomo von Ernesto N. Rogers, ­Vittorio Gregotti und Giotto Stoppino in der Triennale in Mailand oder 1953 mit Parallel of Life and Art, eine Ausstellung von Alison und Peter Smithson, Nigel Henderson und Eduardo Paolozzi, im Institute of Contemporary Arts in London.

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151 Vgl. zum Beispiel Athanasius Kirchers Kuriositätensammlung im Collegium Romanum in Rom oder das Museum Septalanum des Mailänders Manfredo Settala, 1664. Gabriele d’Annunzios Vittoriale degli Italiani kann ebenfalls in die Nachfolge der Wunderkammer gestellt werden; eventuell von Bedeutung für die Sala O ist d’Annunzios Zusammenarbeit mit Léon Bakst; der Russe gestaltete das Bühnenbild für d’Annunzios Stück La Pisanelle, welches 1913 im Théâtre du Châtelet in Paris aufgeführt wurde; der Entwurf für das Szenenbild des Prologs, eine Mischung aus russischer Volkskunst, Arts and Crafts und dominierendem Kreuzgewölbe, wurde im März 1926 in Architettura e Arti Decorative abgebildet. D’Annunzios Einfluss war in politischen und kulturellen Belangen beachtlich; ob einzelne seiner Werke und die Wahl des Russen Bakst sowie dessen Umgang mit dem Raum auch für Terragni eine Rolle spielten, entzieht sich meiner Kenntnis. Zu d’Annunzio sei hier speziell hingewiesen auf Cresti, Gabriele d’Annunzio, insbes. 57–60; Abb. S. 60. 152 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 178. Zum Profil Mussolinis vgl. Giuseppe Terragni, Bozzetto per il profilo del Duce, 30,1 × 29,1 cm, Bleistift auf gelbem Papier, CSGT, 19/005/C8/S/G. 153 Zur Verdeutlichung der Dreidimensionalität der Wand sei hier explizit das Adjektiv plastisch beigefügt, insbesondere, um den Unterschied zu den nicht zuletzt aufgrund der Reproduktion zweidimensionalen Montagen hervorzuheben, um die es in dieser Arbeit auch immer wieder geht (vgl. S. 32–39). In der Literatur wird die Wand immer wieder als Fotoplastik bezeichnet; ich vermeide in diesem Zusammenhang den Begriff, da er zumindest im Deutschen eine Konfusion mit Moholy-Nagys Terminus Fotoplastik auslösen könnte, welcher eine Fotomontage mit grafischen Elementen meint. Enrico Arrigotti bezeichnet die Wand bereits als „fotomontaggio“ in seiner detaillierten Beschreibung der Sala O in den „Appunti per il Catalogo“: vgl. Arrigotti, „Mostra della Rivoluzione Fascista“, 13. 154 „Su tutta la parete soprastante [la] grande vetrina si svolge un fotomontaggio impressionante per la grandiosità e per la forza espressiva, di fitte masse di popolo in atteggiamento di ascoltare le parole del Duce.“, ibid., 12–13. 155 Ibid. 156 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 188. Fotografische Vorlagen zu den in der MRF gezeigten Turbinen sind bisher keine bekannt, es existieren auch keine im Centro Studi Giuseppe Terragni, Como, doch finden sich verschiedene Hinweise darauf: a) handschriftliche Notiz zu „sofort benötigten Fotografien“, u. a. „Gruppo di fotografie di […] navi, particolari di navi […]“ (CSGT, Giuseppe Terragni [?], 1.9.1932, foglio appunti, verso); b) der Zeitungsausschnitt einer Fotografie im „Album di schizzi della Mostra della Sala O“ (CSGT, ohne Signatur): diese zeigt eine Maschinenhalle, vermutlich mit Rädern zur Stromerzeugung. Der neben den Rädern stehende Arbeiter ist so winzig, dass er auf den ersten Blick kaum wahrzunehmen ist. Die imposante Wucht, Synonym des Industriezeitalters, faszinierte die Menschen, jagte ihnen aber auch einen Schrecken ein und das Gefühl von Hilflosigkeit, wie Charlie Chaplin – gefangen in den gigantischen Zahnrädern – in Modern Times (1936) eindrücklich zeigte. Ungebremste Faszination übten auch die aufkommenden Überseedampfer und deren Schiffsschrauben aus. Ein Abbild dieser Faszination ist in zeitgenössischen Zeitschriften zu finden, vgl. z.B. die Aufnahme einer dreißig Tonnen schweren, teils

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noch im Gussmantel steckenden, eben fertig gegossenen Schiffsschraube, und das Foto eines eleganten, leicht durchs Wasser gleitenden Ozeandampfers, in: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, August 1928, 82; La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Oktober 1932, 70–73; ein auf dem Trockenen liegenden Rumpf mit prominenter Schiffsschraube zeigt die ganzseitig publizierte Fotografie von Hans Finsler: idem, „L’uomo e le sue opere“, 88. Libero Andreotti hat außerdem auf eine Seite in Le Corbusiers L’Art Décoratif d’aujourd’hui von 1925 hingewiesen, die drei Schrauben zeigt, als Artefakte isoliert und der Größe nach aufgereiht wie Muscheln im Naturkundemuseum. Vgl. Andreotti, „The Aesthetics of War“, 82. Diese zeitgenössische Faszination für Dampfer und ihre aus formalästhetischen Gründen populären Schrauben mögen ein Grund gewesen sein, dass Terragni die ursprünglich von ihm vorgesehenen Zahnräder durch Turbinen ersetzte (vgl. CSGT, 19/006/D1/S/G und 19/003/G4/S/G). 157 „[…] il pensiero-azione di Mussolini attrae come una turbina il popolo italiano e lo rende fascista.“, Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“, 14. Der Diktator als „Motor des Getriebes“ findet eine Wiederaufnahme in der Fotomontage auf dem Smolensker Platz in Moskau zum Jahrestag der Oktoberrevolution 1934, wo das Portrait Stalins in ein Zahnrad hineinmontiert war. Vgl. Sartori, „‚Großer Führer, Lehrer, Freund und Vater‘“, 202. 158 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 188. 159 Vgl. dazu Arrigotti, „Mostra della Rivoluzione Fascista“, 13. Siehe ebenfalls Gentile, Il culto del Littorio, 198. 160 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 188. 161 Siehe auch die Verbindung von Trommler und Führer im Nationalsozialismus, dazu etwa Kershaw, Hitler 1889–1936, 215–276. Der Führer als Trommler findet sich auch im populären Liedgut der NS-Zeit, vgl. etwa Der Führer (1934, von Herbert Böhme, vertont von Reinhold Heyden): „Eine Trommel geht in Deutschland um, und der sie schlägt, der führt. / Und die ihm folgen, folgen stumm, sie sind von ihm gekürt […].“, aus: Frommann, Die Lieder der NS-Zeit, 40. 162 Zum Teil war in der MRF auch tatsächlich Ton (Radio) zu hören; vgl. Andreotti, „The Aesthetics of War“, 85. Auch wenn der Philips-Pavillon (Weltausstellung, Brüssel 1958), den Le Corbusier Jahrzehnte später zusammen mit Edgar Varèse und Iannis Xenakis gestalten konnte, als multimediales Gesamtkunstwerk weit über die Sala O hinausging, erscheint es richtig, hier auf diese Weiterführung hinzuweisen, insbesondere da Le Corbusier die MRF besucht hatte. 163 Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, 188. 164 Teige, „Über die Fotomontage“, 65. 165 Alfieri, „La Mostra della Rivoluzione Fascista“, 22. 166 „Come la Chiesa, esso [il fascismo] ha affidato all’arte il compito di tradurre e glorificare in immagini fisiche, e pur spirituali, i fatti dello spirito. Il compito di concretare nella realtà questo simbolo del mito, toccò come era giusto, all’architettura, la più concreta e insieme la più simbolica delle arti.“, Sarfatti, „Architettura, arte e simbolo alla mostra del Fascismo“, 4. 167 Teige, „Über die Fotomontage“, 65. Natürlich versteht der Prager Künstler und Autor Teige unter Revolution eine politisch anders gelagerte, er präzisiert denn auch: „Es ist eine authentische Kunst der Revolution und des ,socstrojitel’stvo‘ [sozialističeskoje

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strojitel’stvo – sozialistischer Aufbau]“, ibid. Raoul Hausmann schreibt, rückblickend auf die dadaistischen Fotomontagen: „Aber genau so revolutionär wie der Inhalt, der Gedanke der Fotomontage, so umstürzlerisch war auch die Form, Anwendung der Fotografie in Verbindung mit Schrifttexten, umgewandelt zum statischen Film.“, vgl. Hausmann, „Fotomontage“, 130. 168 Teige, „Über die Fotomontage“, 66. 169 Benjamin, Gesammelte Schriften, Bd. VII/1, 357. 170 Teige, „Über die Fotomontage“, 66. Teige widerspricht seiner Aussage im selben Abschnitt: „Aber auch hier ist die Meisterhand nötig […]“, ibid. Gustav Klutsis betont, dass die traditionellen Utensilien der darstellenden Kunst der Revolution nicht angemessen seien: „The old kinds of visual art (drawing, painting, engraving), with the backward technique and methods of work, turned out to be inadequate to the mass agitation needs of the Revolution.“, Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 237. 171 Teige, „Über die Fotomontage“, 66. 172 Istituto Nazionale L.U.C.E. (Hg.), L’Italia fascista in cammino. 1927 bereits erschien unter demselben Titel ein Buch des einflussreichen faschistischen Historikers Gioacchino Volpe, das die Geschichte Italiens vom Risorgimento bis zum Ersten Weltkrieg zum Gegenstand hatte. Inhaltlich besteht kein Zusammenhang zwischen den beiden Publikationen, der identische Titel ist vielmehr durch die beiden Büchern gemeinsame Stoßrichtung zu erklären. Vgl. Volpe, L’Italia fascista in cammino; Baltzer, Architekturfotografie im Faschismus, 21–38. 173 „un magnifico volume […] composto esclusivamente di fotografie, – 516 – che documentano la grande opera costruttiva del Regime fascista in ogni campo.“, Anonym, „‚L’Italia fascista in cammino‘“, 3. 174 Istituto Nazionale L.U.C.E. (Hg.), L’Italia fascista in cammino, XV. 175 Guida della Mostra della Rivoluzione Fascista. Das Bändchen, 1932 erschienen, wurde wohl von Dino Alfieri und Luigi Freddi zusammengestellt, welche auch die Texte beisteuerten. 176 Partito Nazionale Fascista (Hg.), Mostra della Rivoluzione Fascista. Ebenfalls 1933 erscheint die deutsche Ausgabe, aus welcher in der vorliegenden Publikation zitiert wird (Nationale Faschistische Partei, Ausstellung der faschistischen Revolution). 177 Schnapp, „Epic Demonstrations“, 15. Gewisse Informationen finden sich in der Reklame für den MRF-Katalog, z.B. in: Emporium, Oktober 1933, III. 178 Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista. 179 Schnapp, „Epic Demonstrations“, 244, Anm. 5. Informationen zu den hier erwähnten und einigen weiteren Publikationen bietet Russo, Il fascismo in mostra. In den letzten Jahren wurde L’Italia fascista in cammino (hg. vom Istituto Nazionale L.U.C.E., 1932) immer mal wieder in der Forschungsliteratur erwähnt, während der Band über lange Jahre völlig ignoriert wurde, bis auf Zannier, 70 anni di fotografia in Italia, 62–64. 180 „In attesa di provvedere alla pubblicazione di un completo particolareggiato catalogo analitico, la Presidenza della Mostra ha compilato la presente guida illustrata.“, ibid., Schmutz­titel. 181 Partito Nazionale Fascista (Hg.), Mostra della Rivoluzione Fascista.

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Anmerkungen

182 Sowohl Genova (Hg.), L’uomo della provvidenza, 22–23, als auch Schnapp, „Mostre“, 79, schreiben den Umschlag Mario Sironi zu. Zu Sironi und seinen Ausstellungsbeteiligungen vgl. Schnapp, „Flash Memories. (Sironi on Exhibit)“, 223–240. 183 Freilich wäre eine solche nicht ganz einfach zu verwirklichen gewesen ohne starke optische Verzerrungen durch Weitwinkelobjektive, ist doch die Via Nazionale für die Aufnahme einer Architektur solchen Ausmaßes recht schmal. 184 Skulptur von Domenico Rambelli, auch in der MRF präsentiert. Für den Umschlag des im Jahr 2000 erschienenen Buches Mussolini ha sempre ragione. I decaloghi del fascismo von Carlo Galeotti wird ein Ausschnitt dieses Umschlags nochmals verwendet, doch durch die Beschneidung des Originals geht die eigentliche Idee des MRF-Umschlags, die im Folgenden erläutert wird, verloren. 185 Männlichkeit, gepaart mit Stärke, Durchhaltewillen und Zielorientiertheit waren gut durch Fotografie vermittelbare Charakteristika Mussolinis. Vgl. dazu Zimmermann, „Das Bild Mussolinis“, 229 und Anm. 18. Die Virilität Mussolinis schaffte es auch in die Schweizer Presse, vgl. etwa Anonym, „Zweimal Mussolini“, 895. Dazu Baltzer, „Das Land, wo die Zitronen blühen. Paul Senn und Italien“, 151–163. 186 Le Bon, Psychologie der Massen, 83. Zur ideologischen Herkunft der faschistischen Doktrin vgl. Sternhell, La droite révolutionnaire 1885–1914. 187 Vgl. Gentile, Il culto del Littorio, 254. 188 Stiewe, Das Pressephoto als publizistisches Mittel. 189 Stiewe, Das Bild als Nachricht, 178–179. 190 Ibid., 179. 191 Rolf Sachsse weist darauf hin, dass das „Prinzip der Reihung“ eines der Grundmuster des Neuen Sehens war, welches von den Nationalsozialisten übernommen wurde. „Im Bild findet sich die Wiederholung eines (kleinteiligen) Elements, das am Bildrand zur Evokation der unendlichen Wiederholbarkeit prinzipiell angeschnitten wird. […] es liegt auf der Hand, dass dieses Grundmuster im NS-Staat weiterverwendet, vor allem aber auf Menschen transponiert wird“, Sachsse, „Kontinuitäten, Brüche und Missverständnisse“, 72. 192 Kemp, „Das Bild der Menge (1789–1830)“, 265. 193 „‚Charisma‘ soll eine als außeralltäglich (ursprünglich, sowohl bei Propheten wie bei […] Kriegshelden: als magisch bedingt) geltende Qualität einer Persönlichkeit heißen, um derentwillen sie als mit übernatürlichen oder übermenschlichen oder mindestens spezifisch außeralltäglichen, nicht jedem andern zugänglichen Kräften oder Eigenschaften oder als gottgesendet oder als vorbildlich und deshalb als ‚Führer‘ gewertet wird. […] darauf […], wie sie tatsächlich von den charismatisch Beherrschten, den ‚Anhängern‘, bewertet wird, kommt es an.“, Die Typen der Herrschaft, §10. Charismatische Herrschaft, in: Weber, Grundriss der Sozialökonomik, 1. Halbbd., 140. 194 Dies gilt bis Ende der dreißiger Jahre. Im Hinblick auf den Krieg und während des Kriegs wurden immer weniger Portraits von Mussolini publiziert, die Turiner Tageszeitung La Stampa zum Beispiel druckte 1941 noch 68 Aufnahmen des Duce, 1943 noch 8. Vgl. Zimmermann, „Das Bild Mussolinis“, 239. 195 Weber, Grundriss der Sozialökonomik, 1. Halbbd., 140. 196 Macho, „Das prominente Gesicht“, 171.

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197 Bertellis Skulptur, von Mussolini abgesegnet, konnte beim Bildhauer in verschiedenen Größen und materiellen Ausführungen bestellt werden; die oben abgebildete Variante ist die eines Briefbeschwerers. 198 Die breiteste Streuung erfuhren gedruckte Fotoportraits Mussolinis via die Printmedien (Tageszeitungen, Wochen- und Monatszeitschriften) und Postkarten, dann auch in Ausstellungen, auf Plakaten, Nippes, Umschlagbildern für Schulhefte etc. Wie Zimmermann schreibt, ging die Verwendung der Postkarten um 1938 drastisch zurück, evtl. aufgrund der attraktiver werdenden Wochenschauen. Dass der Film, in der Kombination des bewegten Bildes mit dem Ton, größeren Eindruck als die Fotografie machte, ist kaum bestritten; Zimmermann formuliert darüber hinaus die unbelegte Feststellung, die Stimme sei, direkt oder via Radio, eindrücklicher gewesen als die Fotografie. Vgl. Zimmermann, „Das Bild Mussolinis“, 238–239. Zu Fotografien des Duce vgl. Franzinelli, Marino, Il Duce proibito; hier (XII) findet sich z.B. das Zitat eines Priesters, der dem Duce schreibt: „Ho baciato quell’ombra del Suo volto pensoso“. Einmal mehr ist darin eine Parallele zur Gewohnheit zahlreicher Katholiken zu sehen, handtellergroße Heiligenbildchen zu küssen. Ein Vergleich von Fotografien des Duce mit solchen von Hitler findet sich etwa in: Schieder, Faschistische Diktaturen, 6. 199 Macho, „Das prominente Gesicht“, 172. 200 Über die völlige Abstraktion des Gesichts der Masse ist in der Literatur nichts zu finden, hingegen weist Susanne von Falkenhausen auf Portraits Mussolinis hin, die einen Grad der Abstraktion erreicht haben, die, so von Falkenhausen, „weit vom Porträthaften wegführt“. Anderseits unterstreichen die beiden von ihr angeführten Werke (Enrico Prampolini, Mussolini architettonico, 1924–25, und Ernesto Thayaht, Dux, 1929) gerade auch das kantige, harte Portrait Mussolinis, das dieser gern betont sah. Die bei von Falkenhausen erwähnte formale Verbindung zum Futurismus und, mindestens im Fall der Plastik von Thayaht, zum Militär und zur Antike, spielte für die Akzeptanz der erwähnten Portraits durch Mussolini wohl ebenfalls eine Rolle. Die Schlussfolgerung von Falkenhausens, dass die beiden Werke durch das Oszillieren zwischen Erkennbarkeit und Abstraktion die beiden Elemente Staat und Person verschmelzen, da im Fall des Faschismus Staat und Führerpersönlichkeit „in eins gesetzt“ sind, ist ein wichtiges Argument für die Abstraktion der Plastiken. Das von ihr zum Schluss aufgeführte Beispiel des monumentalen M als vollständig abstrahiertes Symbol für Mussolini würde für Christus ich darüberhinaus in der Tradition christlicher Symbole wie dem sehen wollen. Vgl. von Falkenhausen, „Mussolini architettonico“, 249–251. 201 Hier sind die üblichen adunate angesprochen; von ihnen zu unterscheiden ist das Massenornament (Kracauer, „Das Ornament der Masse“, in: Frankfurter Zeitung, 9. und 10. Juni 1927). Massenornamente, aus Menschen geformt, in Form eines M oder DUX, eines Fascio oder eines Hakenkreuzes (etwa anlässlich des Besuchs Hitlers in Rom 1938) gab es auch in Italien. Während die Massenornamente in Deutschland meistens militärischer Natur sind, beinhalten die tableaux vivants (Kracauer) in Italien hollywoodsche Elemente, die an die Massenchoreografien Busby Berkeleys während des New Deal erinnern. Vgl. Thomas, Terry, Berkeley, The Busby Berkeley Book. Es stimmt folglich in dieser Absolutheit nicht, wenn Dröge, Müller über die „ornamentierten Massen“ im Nationalsozialismus schreiben: „Man findet ihn [den spezifisch nationalsozialistischen Mechanismus] selbst im italienischen Faschismus nicht einmal ansatzweise. Für dessen

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Anmerkungen

Massenveranstaltungen sind spontane, ‚wimmelnde‘ Massen charakteristisch. Darin zeigt sich, dass der faschistische Führer-Kult und sein Führer-Masse-Verhältnis weniger auratisch als der nationalsozialistische ist, er weist viel stärker populistische Elemente auf.“, Dröge, Müller, Macht der Schönheit, 321. 202 Adolf Hitler erwähnt in Mein Kampf, dass die Bedeutung einer Massenversammlung in ihrem Bild liege, denn dieses wirke anziehend auf denjenigen, der noch nicht dazugehöre. Er fühle sich ausgeschlossen und empfinde deshalb den Wunsch, miteinbezogen zu sein. „Die Massenversammlung ist auch schon deshalb notwendig, weil in ihr der einzelne, der sich zunächst als werdender Anhänger einer jungen Bewegung vereinsamt fühlt und leicht der Angst verfällt, allein zu sein, zum ersten mal das Bild einer grösseren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und ermutigend wirkt.“, Hitler, Mein Kampf, 535–536. 203 Kracauer, „Masse und Propaganda“, hier zit. n. Witte, „Nachwort“, 340. 204 Vgl. z.B. Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Juni 1933, 10; Legende: „Il popolo dell’Urbe adunato in Piazza Venezia acclama il Duce e saluta il Labaro del Partito di ritorno da Palermo.“ Labaro ist die Standarte, nach der Kaiserstandarte mit Christusmonogramm, die Konstantin der Große nach seinem Sieg über Maxentius (312) eingeführt hat. Außerdem Italia Imperiale, März 1937, o. S. 205 Die ovale Decke des von Ico Parisi, zusammen mit Cappelletti, Galfetti und Longhi gestalteten Saales an der Mostra Coloniale Celebrativa della Vittoria Imperiale in Como, 1937, nimmt das Motiv des Rufes Du-ce in unzähliger Wiederholung auf. Der Saal, die in Bändern rundum laufenden Fotomontagen, die fast raumhohe menschliche sagoma (an Leviathan wie auch an die Umrissfiguren in der MRF [1932] erinnernd), beklebt mit der Fotomontage einer Volksmasse, und die Verwendung der Fotografie des Duce, die schon für das Castello in Mailand (1934) wie auch, zeitgleich zu Como, auf der Weltausstellung in Paris (1937) verwendet wurde, ist ein dringendes Forschungs­ desiderat. 206 Ludwig, Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig, 129. 207 Le Bon, Psychologie der Massen, 83. 208 Ibid. 209 Legende zu einem Portrait Hitlers, aus: Deutschland. Olympia-Jahr 1936, o. S. 210 Macho, „Das prominente Gesicht“, 175. 211 Kemp, „Das Bild der Menge (1789–1830)“, 262. Kemp bezieht sich hier auf Umzüge an der Fête de la Fédération in Paris am 14.7.1790. 212 Gazzetta del Popolo, 23.10.1932, Titelblatt. 213 Die Fotomontage einer Masse, die durch das Zusammenkleben einzelner Masse-Teile zu einem Gesamten entstanden ist, widerspiegelt auf eindrückliche Art und Weise die aus einzelnen Personen zusammengesetzte Volksmasse. 214 Von Mussolini hoch zu Pferd waren verschiedene Fotos im Umlauf, auch Postkarten, und in Rom wurden, in Parallele zu Marc Aurel auf dem Kapitol, Skulpturen von Mussolini zu Pferd aufgestellt. Doch viel mehr Aufnahmen des reitenden Mussolini wurden zensiert, da sie seine Unsportlichkeit und Unfähigkeit im Umgang mit Pferden zeigten. Vgl. Franzinelli, Marino, Il Duce proibito. 215 „Agosto XI – Mussolini trebbia il primo grano della sua Littoria“, Quadrante, Nr. 5, September XI (1933), 3.

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216 Gerade in der Geste der ausgestreckten Hand bestätigt sich auch Warburgs Überzeugung, dass die Aussage der Geste sich in ihr Gegenteil verkehren kann: eine grüßende Hand kann zur abwehrenden werden. Eine dritte Bedeutung der ausgestreckten Hand ist die empfangende: Seien es die Hände auf dem NSDAP-Plakat, die Werkzeuge, von oben ins Bild gereicht, in Empfang nehmen (vgl. Diederich, Grübling, „Sozialismus als Reklame“, 129), seien es die Hände in Fritz Langs Film Metropolis (1927), die sich zu Maria hin strecken. Eine kleine Auswahl an Forschungsliteratur zur Hand sei hier erwähnt, wobei der Artikel „Handdarstellungen“ im Lexikon der Kunst weiterführende Literatur enthält. Außerdem Neumann, Gesten und Gebärden in der griechischen Kunst; Demisch, Erhobene Hände. Zum Zeigegestus und der Rolle des Bildbetrachters: Gandelman, „Der Gestus des Zeigers“, 71–93. Der Handschlag ist Gegenstand verschiedener Untersuchungen: Roodenburg, „The ‚hand of friendship‘“, 152–189; Ahbe, Gibas, Gries, „Der Handschlag“, 305–337; Wenger-Deilmann, Kämpfer, „Handschlag – Zeigegestus – Kniefall“, 188–205. Zur Hand als Zeichen und dem Handabdruck als Zeichen (Spur) vgl. Macho, „Lektüre der Hände“, 38–53. 217 Vgl. etwa Hille, „Macht der Bilder – Bilder der Macht“, 23–32, und als monografisches Beispiel Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 52–53. 218 „SALUTO ROMANO. ANNO XI – Il saluto romano deve sostituire la stretta di mano. È il saluto della razza latina, il saluto dei legionari che ha una storia di potenza e una tradizione di gloria. La stretta di mano – a parte le ragioni igieniche che la sconsigliano – non ci può ricordare altro che un simbolo superato di fratellanza democratica. Il saluto romano ha lo stile di Roma.“, Gioventù Fascista, 20.2.1933, Nr. 5, 5. 219 d.c.c., „L’Albo del Filatelico. Per il Bimillenario di Augusto“, 3. 220 Vgl. Dizionario del fascismo, Bd. 2. 221 „SALUTO ROMANO. Il saluto romano è ormai di uso comune perchè tutto il popolo italiano l’ha adottato. La stretta di mano, specie nelle cerimonie ufficiali, deve essere assolutamente abolita. Sia abolita anche nelle presentazioni che vengono fatte all’atto dell’arrivo di un gerarca, nonchè al termine dei discorsi, compresi quelli pronunciati alla Camera. A parte ogni altra considerazione di carattere fascista, è antiestetico, serve a far perdere del tempo, oppure è causa di disagio per le inevitabili esclusioni che ne derivano.“, „Dalle disposizioni dell’on. Starace ai Segretari Federali“, 4. 222 Vgl. Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 51 und Abb. 105. 1927 erhielt Klutsis von der Polygrafischen Allunions-Ausstellung eine Auszeichnung für seine Fotomontagen, 1930 entwarf er die oben besprochenen Plakate. Am 17.1.1938 wurde Gustav Klutsis verhaftet; erst 1989 stellte sich heraus, dass er wenige Wochen danach, am 26.2.1938, umgebracht worden war. Vgl. ibid., 230, 234. 223 Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 51, insbes. auch Anm. 7. Weiteres zur Autorschaft des Pressa-Frieses auch in Tupitsyn, „Zurück nach Moskau“, 36. 224 Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 53. 225 Vgl. dazu Bredekamp, Thomas Hobbes. Der Leviathan. Bredekamp legt dar, wie Hobbes’ Theorie im Titelblatt von Bosse visualisiert wird. Auf entscheidende Unterschiede zwischen der Theorie Hobbes’ und den oben beschriebenen Darstellungen (z.B. in Bezug auf Freiwilligkeit der Staatsbildung durch die Bürger oder das Verhältnis zwischen dem politischen Körper und dem Souverän) kann hier nicht eingegangen werden. 226 Italia Imperiale, Spezialnummer der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, März 1937.

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Anmerkungen

227 Auch hier sei nochmals auf den Leviathan verwiesen, vor allem aber auch auf die übergroße Figur in der Mostra coloniale 1937 in der Villa Olmo in Como (I. Parisi, F. Cappelletti, G. Galfetti, S. Longhi): Deren Körper und auch Kopf setzt sich aus einer Aufnahme einer fotografierten Volksmasse zusammen, wobei sich bestimmte Ausschnitte der Fotografie mehrfach wiederholen. 228 Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, o. S. 229 Zur Symbolik des Fascio und seinem repräsentativen Gehalt in der italienischen Diktatur vgl. Nitz, „Die symbolische Repräsentation der faschistischen Diktaturen in Fotografien“, 1–17. 230 Vgl. dazu die Abb. 74 und 75 aus La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1937, 48–49; die Nummer ist dem Besuch Mussolinis in Berlin im September 1937 gewidmet und zeigt nebst Dokumentaraufnahmen dieses historischen Moments auch Fotografien aus der MRF 1932, deren zweite Version im September 1937 von Mussolini wieder eröffnet wurde. 231 Die Fotomontage befand sich im Saal des faschistischen Schwurs im Turm des PNF; ­Prima Mostra Triennale delle Terre d’Oltremare Neapel, Campi Flegrei, 9.5.–15.10.1940, Organisation Alberto Calza Bini, Konzeption Bruno La Padula. Aufgrund der politischen Lage – am 10. Juni 1940 erklärte Italien Frankreich und Großbritannien den Krieg – wurde die Ausstellung am 13. Juni 1940 vorzeitig geschlossen. 232 In Zusammenhang mit den Händen vgl. man Erberto Carbonis Ausstellungsgestaltung für die Mostra delle bonifiche e dell’agricoltura, Sofia (Bulgarien), 1942. 233 Diederich, Grübling, „Sozialismus als Reklame“, 123. 234 Janser, „Typografie als architektonische Bilderwelt“, 17. Andres Janser bezieht sich dabei auf zwei inhaltlich verschiedene, formal ähnliche Plakate: das eine zeigt Lenin, der sich, eine Rede haltend, auf eine Brüstung aus Buchstaben („Pravda“) stützt, das andere zeigt eine Hausfrau, die sich auf das Wort „Gas“ stützt. Benjamin Buchloh sieht zwischen dem Plakat von Klutsis und dem von Terragnis Wand der Hände eine formale Ähnlichkeit, doch Terragnis Montage zeige, „dass die Unterordnung der Massen unter den Staatsapparat im Dienste einer weiteren Herrschaft der politischen und ökonomischen Interessen der herrschenden industriellen Klasse mit dem Bild von technologischer Fortschrittlichkeit und Überlegenheit kaschiert werden soll.“ Buchloh interpretiert Terragnis Wand „eher als Bild der Anonymität und Unterwerfung denn der individuellen Partizipation am Aufbau eines neuen Kollektivs.“, Buchloh, „Von der ­Faktur zur Faktografie“, 26. 235 Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, Format 34 × 24 cm, erschienen 1935. 236 „[…] il giovane austriaco Karl Pitscheider, appartenente allo ‚Sci Club Tirolo‘, ha percorso il viaggio sino a Roma in roll-sci.“, ibid., 278. 237 Gargano erstattet regelmäßig Bericht über die Besucher an der MRF, zu finden u. a. in: ACS, PNF, DN, serv. vari, b. 332. 238 „A nessuno sfugge l’alto significato morale di montare la guardia alla Mostra della Rivoluzione Fascista. Questo onore sarà ambito e disputato da ogni categoria di persone. Esso esprime, attraverso un atto profondamente simbolico, la più stretta aderenza spirituale fra il cittadino e il fascismo, fra il cittadino e il suo governo, fra l’italiano e la coscienza del suo bene e di quello della Patria. Esprime l’unità e la saldezza della

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Nazione, pronta alla difesa e all’offerta totalitaria di sè, per la marcia vittoriosa della Causa.“, ibid., 265–266. 239 Sandro Biazzi, Mailand 1898 – Rom 1947, vgl. Giolli, Sandro Biazzi. Virginio Ghiringhelli widmete Sandro Biazzi eine Ausstellung in seiner Galleria del Milione in Mailand (Eröffnung 3.3.1931). Biazzi war eventuell auch der Grafiker der Oktobernummer von La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, 1932: Die monografische Ausgabe zum Decennale mit Bezügen zur MRF, v.a. aber über die Resultate der vergangenen zehn Jahre faschistischer Herrschaft, ist ähnlich wie die Publikation zum Decennale, Italia fascista in cammino, aufgeteilt in verschiedene Themen wie: Miliz, Balilla, physische Ertüchtigung, Kunst, die Stadt, Schiffe. Zahlreiche, seitenfüllende Fotomontagen illustrieren die verschiedenen Aspekte faschistischen Lebens. Die Art und Weise, wie die Fotomontagen verdichten und wie schräge Anschnitte gegeneinander gesetzt werden, erinnert stark an Biazzis Arbeit im Band von Gargano. 240 „Copertina, composizioni fotografiche e disegni“, Anmerkung am Ende des Inhaltverzeichnisses in: Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, o. S. 241 Steinskulptur von Domenico Rambelli, in der MRF ausgestellt und bereits für das Titelblatt des Ausstellungskatalogs der MRF verwendet (s. S. 92–113). 242 Die Montage erinnert auch an Paul Citroens Montage Wilsons 14 Punkte, 1920, vgl.: Uhu, Heft 5, 3.2.1927. 243 „28 settembre – 4376 visitatori. I signori Philippe Henriot, deputato di Reims, René Dammange, deputato del VII Circondario di Parigi e François Le Grix, direttore della ‚Revue Hebdomadaire‘, accompagnati dal Signor Giambattista Cazzaroli, visitano la Mostra della Rivoluzione Fascista. [….] I giovani fascisti Mario Turati, Lorenzo Battistelli e Danilo Lana, provenienti a piedi da Venezia, compiono la loro visita alle ore 10,30.“, Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, 644. 244 „La chiusura della Mostra della Rivoluzione Fascista non è la sua fine, è la sua apoteosi. All’ultimo cambio della guardia salgono i membri del Governo, del Gran Consiglio e del Direttorio del Partito. La loro presenza ai posti di guardia sancisce il profondo significato morale che ha assunto la Mostra da quando il presidiare queste soglie è divenuto la più alta espressione di omaggio e di devozione alla Causa.“, Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, 719. 245 „Voi siete l’aurora della vita, voi siete la speranza della patria, voi siete soprattutto l’esercito di domani“, Gargano, Italiani e stranieri alla Mostra della Rivoluzione Fascista, 238. 246 P. Ma. [Paolo Marconi], „L’organizzazione e l’ordinamento della mostra“, 18. 247 „Uno dei modelli ‚assoluti‘ dell’arte italiana del mostrare“, Polano, Mostrare, 169. 248 Staniszewski, The Power of Display. 249 Kiesler, „Ausstellungssystem Leger und Trager [sic]“, 137–147. Vgl. auch Bogner (Hg.), Friedrich Kiesler; Lasák, Die Kulisse explodiert; Phillips (Hg.), Frederick Kiesler; Frederick Kiesler. Artiste-Architecte. Literatur zu El Lissitzkys Verwendung von Gittern im Sowjetischen Raum an der FiFo und italienische Beispiele siehe weiter unten in den entsprechenden Abschnitten. 250 Entsprechend wird auch in der Sekundärliteratur immer wieder die Nähe von Kieslers Leger- und Trägersystem zum Konstruktivismus hervorgehoben; es sei hier stellvertretend verwiesen auf Hemken, El Lissitzkys Raumgestaltungen in Deutschland; Phillips, ­Frederick Kiesler; Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in Deutschland“,

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Anmerkungen

56. Gleichzeitig soll betont werden, dass Kiesler im Katalogheft auch Theaterexperimente aus anderen Ländern, die nicht dem Konstruktivismus zugeordnet werden, zeigt, u. a. ein Szenenbild aus einem jüdischen Kammertheater, Beispiele futuristischer Bühnenwerke (Prampolini, Paladini) und Aufnahmen aus Stücken mit Bühnenbildern Fernand Légers. 251 Hemken, El Lissitzkys Raumgestaltungen in Deutschland, 24. 252 Ibid., 23–24. 253 Kiesler, „Ausstellungssystem Leger und Trager [sic]“, 142. 254 Barr, Jr., Cubism and Abstract Art, 144. 255 Hemken, El Lissitzkys Raumgestaltungen in Deutschland, 25. 256 Die FiFo war eine Wanderausstellung (u. a. machte sie Station in Stuttgart, Zürich, Danzig und Wien), wobei Inhalt und Form der sowjetischen Abteilung variierten; in der ursprünglichen Fassung von Stuttgart war die Gitterausstellung zu sehen. MoholyNagy war der künstlerische Leiter der FiFo, außerdem gestaltete er den Prospekt, den Raum 1 („Wohin geht die fotografische Entwicklung?“) und konnte 97 eigene Arbeiten ausstellen. Vgl. dazu Lusk, Montagen ins Blaue, 156. 257 Lissitzky-Küppers (Hg.), El Lissitzky, 84. Pohlmann weist darauf hin, dass im Katalog (Stuttgart 1929) Sophie Lissitzky-Küppers’ Name nicht erwähnt ist: Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in Deutschland“, 55. 258 Gregor, Patalas, Geschichte des Films, Bd. 1, 100. 259 El Lissitzky selbst übertrug Raum-Zeit-Erfahrungen aus dem Theater und Kino auch auf das Betrachten von Fotomontagen. Als „Leseanleitung“ zum Leporello des sowjetischen Pavillons an der Pressa 1928 schrieb er: „Hier sehen Sie in einer typographischen Kinoschau den Inhalt des Sowjetpavillons vorüberziehen.“, Komitee des Sowjet-Pavillons auf der Internationalen Pressa-Ausstellung (Hg.), Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, 16. Gustav Klutsis zieht ebenfalls die Parallele zwischen Fotomontage und Film, wenn auch auf formaler Ebene: „The only other art to which the photomontage can be compared is cinema, which combines a multitude of frames into an integrated work.“, Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 238. 260 César Domela schreibt, was der Film in „laufender reihenfolge zeigt“, fasse die „fotomontage flächenhaft“ zusammen, Domela, „fotomontage“, o. S. (Minuskeln im Original). In der FiFo konnte man das gleichzeitig erleben, durch Sophie Lissitzky-Küppers’ Filmsequenzen und die Montage in Form der überlappenden Präsentation. 261 Beispiele weiterer Gitterausstellungen in Italien: Eine erste Reaktion auf die Sala delle Medaglie d’Oro und als Hommage zu verstehen an den kurz zuvor verstorbenen Persico war Franco Albinis zusammen mit Giovanni Romano in denselben Räumen eingerichtete Mostra dell’antica oreficeria italiana (VI. Triennale, Mailand 1936), mit weißen Metallrohren und schwarzen Decken und Böden. Ein prominentes Beispiel einer Gitterausstellung ist schließlich an der VII. Triennale die Sektion Standard von Pagano, Ravasi, Diotallevi u. a., Mailand 1940. In Ansätzen übernimmt Nizzoli das System nochmals für die Präsentation der Produkte von Montecatini an der Fiera von Padua 1937 und, zusammen mit Persico, für die Gestaltung der Parker-Geschäfte (Mailand 1934 und 1935). Einen ähnlichen Effekt erreichen auch die Gitterkonstruktionen von Gnecchi Ruscone und Marzoli für die Ausstellung über Studien zur Proportion, IX. Triennale,

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Mailand 1951, und von Leonardo Mosso, Sala della Resistenza, Museo nazionale del Risorgimento, Turin 1974. 262 Vgl. De Felice, Mussolini, 304. 263 Ibid., 313. 264 Ibid., 305. 265 Interview mit Giovanni Romano, in: Polo (Hg.), Edoardo Persico, 43. 266 Zur Società Umanitaria: „Fondata a Milano alla fine del XIX secolo […] la Società umanitaria diventa presto un laboratorio di studi che raccoglie le forze impegnate nelle iniziative di progresso sociale, civile e culturale. […] l’organizzazione fu impegnata a risolvere i problemi legati alle novità del mondo contemporaneo, creando una serie di scuole […], istituendo il Teatro del popolo e ospitando l’Unione femminile per l’emancipazione della donna. La Società umanitaria costruì, inoltre, nuovi quartieri operai a Milano […] e promosse, nel contempo, il risanamento dei vecchi quartieri popolari insalubri.“, http://www.educational.rai.it/medita/scheda.asp?VID_ ID=4159, abgerufen am 31.7.2008, 16:49. Vgl. auch Persico, „L’Umanitaria“, 33–37 (der Artikel erschien 1932 unfirmiert in La Casa bella, 1968 druckte ihn Giulia Veronesi in der Anthologie ausgewählter Schriften Persicos wieder ab, Veronesi, Edoardo Persico). 267 Modiano, „Manifesti“, 245. 268 Einige der Wahlplakate waren ins Castello integriert. Ihre funktionale Autonomie als Werbeträger ging dadurch vergessen, und heute werden sie in der Fachliteratur meist als Teil des Castello wahrgenommen. Das Centro Studi e Archivio della Comunicazione in Parma zum Beispiel, welches einen Teil des Archivs von Nizzoli verwaltet und u. a. zeitgenössische Fotografien des Castello besitzt, bildete in der Nizzoli-Monografie (1989) unter dem Stichwort Castello pubblicitario eines der integrierten Werbeplakate ab, ohne dass auf die erweiterte Autorschaft der Plakate hingewiesen würde; Bramante Buffoni und Umberto Zimelli sind als Protagonisten aus der heutigen Forschungsliteratur verschwunden. 269 Quellen zum Castello pubblicitario: Pasquali, o.T., 36–37; Campo Grafico, November–Dezember 1935, 244–245. Sekundärliteratur zum Castello pubblicitario: Santini, „Marcello Nizzoli, designer“, 38–52, insbes. 40–41; Celant, Marcello Nizzoli, 36–37; Tafuri, „Architettura italiana 1944–1981“, 427; Zevi, Cronache di architettura, Vol. 10, nn. 519–581, n. 562, 474– 477; Polano, Mostrare, 76; De Seta (Hg.), Edoardo Persico, 133. 270 Vgl. De Seta (Hg.), Edoardo Persico, 131, 135; Di Puolo nennt fälschlicherweise 1933 als Eintrittsdatum Persicos in die Casabella-Redaktion und 1935 als Zeitpunkt der Umgestaltung des Titelblattes; vgl. Di Puolo (Hg.), Edoardo Persico, 60–61. Zu Persicos Rolle als (Neu-)Gestalter von Casabella vgl. D’Auria, „Persico architetto e grafico“, 131–144, und nochmals Di Puolo (Hg.), Edoardo Persico, 4: hier wird Persicos grafische Arbeit für Casabella auf 1930–1932 (Werbung etc.) und 1933–1935 (Paginierung und Titelblatt) datiert. 271 „La partecipazione di Nizzoli alla Mostra della Rivoluzione, la sua collaborazione alla Sala delle Medaglie d’Oro all’Esposizione dell’Aeronautica, senza contare lavori di maggior mole come i due progetti per il Palazzo del Littorio con il gruppo Carminati, hanno segnalato questo pittore fra i più originali creatori di architetture effimere. In questo campo, le sue opere reggono il paragone con talune di Herbert Bayer alla Mostra del Werkbund tedesco a Parigi e dello stesso Gropius alla esposizione ‚Deutsche Arbeit‘ dell’anno scorso.“, Persico, „Alla Fiera: tre sale e un padiglione“, 177. Bei den erwähnten

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Anmerkungen

Ausstellungen handelt es sich um den Architekturraum von Herbert Bayer an der Werkbundausstellung in Paris 1930 und um die Ausstellung Deutsches Volk – Deutsche Arbeit in Berlin (21.4.­–3.6.1934, Plakat Herbert Bayer), die u. a. von Herbert Bayer, Walter Gropius und weiteren Bauhäuslern gestaltet worden war. Bekannt wurde insbesondere die Halle II (Nichteisen-Metalle) von Gropius und Schmidt. Zu Paris 1930 vgl. den kleinen, aber sehr nützlichen Prospekt, der die legendäre Ausstellung dokumentiert: Jaeggi (Hg.), Werkbund-Ausstellung Paris 1930; außerdem Salmon, „Exposition du Werkbund“, 13–32. Ewig, Gaehtgens, Noell (Hgg.), Das Bauhaus und Frankreich 1919–1940. Zu Berlin 1934 vgl. Weissler, „Bauhaus-Gestaltung“, 48–63. 272 „come i muscoli dei nostri atleti e le prue delle nostre navi“; „una più accorta distribuzione delle fotografie, per esempio, avrebbe giovato ad una migliore comprensione del gioco dei volumi“, Pasquali, o.T., 36–37. 273 Mazzucchelli, „Tipografie di Edoardo Persico“, 235. 274 „[…] la composizione tipografica si vada orientando verso equilibri e ritmi che esistono indipendentemente dal contenuto dello scritto, per capire come questo espressionismo grafico si accordi al gusto più vivo dell’arte moderna.“, Persico, „Espressionismo grafico“, 132 (Hervorhebung im Original). 275 „[…] la materia tipografica si dispone proprio come un edificio nell’atmosfera.“, „Tipografie“, in: Campo Grafico, November–Dezember 1935, 230. 276 „[…] le sue architetture appaiono come una proiezione nella terza dimensione di ‚piani‘ figurativi grafici che, viceversa, addensano in sé tutto lo ‚spazio‘ architettonico“, Veronesi, Edoardo Persico, Bd. 1, 283, Anm. 1. 277 Vgl. auch D’Auria, „Persico“, in: De Seta (Hg.), Edoardo Persico, 131. 278 Zevi, Cronache di architettura, Vol. 10, nn. 519–581, n. 562, 475. 279 Bachtin, Die Ästhetik des Wortes, insbes. 244–251, sowie Holquist, The Dialogic Imagination. Ich danke Stephanie Hering für den Hinweis. 280 Persico, „Gli architetti italiani“, 171. 281 Auf Antrag des Bürgermeisters von Mailand wurde eine Verlängerung um zwei Wochen bis zum 31.10.1934 von Mussolini genehmigt. Vgl. ACS, PCM, 14.1.860 (1934–36). 282 In Abwandlung eines Ausdrucks von Ferdinando Reggiori, der die EAI als „sorella minore“ der MRF bezeichnet: Reggiori, „L’esposizione dell’aeronautica italiana nel palazzo dell’arte di Milano“, 532. 283 „Il grande esempio della ‚Mostra della Rivoluzione‘ è stato portato in questa mostra“, Di Modrone, „Presentazione“, 21. 284 „[…] esposizioni che non abbiano un fine e un contenuto esclusivamente artistico, sono molto spesso una dimostrazione di caos, tanto più grave e condannabile in quanto esso non è intenzionale ma è anzi il risultato dell’attività di molte persone che, ognuna per un verso, ingenuamente desideravano di far bene.“, G. P. P. [Giuseppe Pagano Pogatschnig], „La mostra azzurra“, 4. 285 „[…] niente della passata [V Triennale] riuscireste a rintracciarvi. Si è subito rallegrata la maggior parte dei visitatori ché, in luogo dei famosi affreschi, ha trovato, in fotografie, addirittura un mito: la Crociera del Decennale. E nessuno ha avuto il benché minimo rimpianto.“, Reggiori, „L’esposizione dell’aeronautica italiana del palazzo dell’arte di Milano“, 532.

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286 1794 fand ein solches Spektakel beispielsweise auf der Felseninsel in Fürst Leopolds III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau Wörlitzer Park statt, als der von Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff erschaffene Vulkan qualmte, glühte und spie. Vgl. dazu Vorstand der Kulturstiftung DessauWörlitz (Hg.), Der Vulkan im Wörlitzer Park; zur Feier der Wiedereröffnung der restaurierten Insel Stein wurden mehrere Ausbrüche inszeniert (September 2005). 287 „Una sala, intitolata alla mitica figura di Icaro, contiene la simbolica espressione dell’ascesa: convenienza tra il cuore dell’uomo, e la struttura degli apparecchi, capacità di eroismo e di martirio.“, Di Modrone, „Presentazione“, 21. 288 Man vergleiche in diesem Zusammenhang auch den Stellenwert der Fliegerei im Futurismus; nicht zufällig wurde die futuristische Aeropittura mit Manifesten und Ausstellungen propagiert, auch Arte Sacra Futurista genannt. Als Quelle zum Thema sei verwiesen auf die Zeitschrift L’Ala d’Italia. Periodico nazionale dell’aviazione fascista mit u. a. Fotomontagen von Bruno Munari und Riccardo Ricas, dazu Gerald Silks Forschung: Silk, „Fascist Modernism and the Photo-Collages of Bruno Munari“, 41–76. Zu Bruno Munari und Aviatik vgl. man außerdem Salaris, aero… futurismo e mito del volo, insbes. S. 36, als auch Hájek, Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari. Aus der breiten Forschung zu Aeronautik und Faschismus seien hier nur ein paar Titel zu einzelnen Stichworten herausgehoben: Zu Aviatik im Faschismus vgl. Esposito, Mythische Moderne. Aviatik, Faschismus und die Sehnsucht nach Ordnung in Deutschland und Italien; zu Mussolini und der Aviatik als faschistisches Propagandainstrument vgl. Silk, „‚Il Primo Pilota‘. Mussolini, Fascist Aeronautical Symbolism, and Imperial Rome“, 67–81 (mit weiterführenden Literaturangaben); eine Fotomontage zum Thema Duce und Pilot sei hier noch besonders erwähnt: die Arbeit von Marcello Nizzoli in La Rivista Illustrata del „Popola d’Italia“, November 1935, 32 (der Duce als Pilot). Zu Aviatik, Faschismus und Futurismus sei speziell hingewiesen auf Wohl, A Passion for Wings. Aviation and the Western Imagination 1908– 1918, speziell S. 138–289. Die Faszination des Fliegens war, wie gesagt, nicht auf Italien beschränkt. 1935 lud das englische Verlagshaus The Studio Ltd. Le Corbusier zur Publikation eines Buches über die Fliegerei ein, was zu Aircraft (1935) führte. Zu Le Corbusiers Verbindung mit der Fliegerei – 1934 hatte Le Corbusier die EAI in Mailand gesehen –, der zeitgenössischen Begeisterung und der Interpretation von Aircraft finden sich detaillierte Informationen in: Boyer, „Le Corbusier’s Spatial Transformations in the 1930s and 1940s“, 93–116. Zum Propagandawert des Fliegermythos im Nationalsozialismus vgl. Felbinger, Scherl, „‚Flieger sind Sieger!‘ Konstruierte Erlebniswelten in der Populärkultur des Nationalsozialismus“, 119–165. Zum Spektakel der Flugkunst in den betreffenden Jahren im Allgemeinen sei hier genannt: Wohl, The Spectacle of Flight. Aviation and the Western Imagination 1920–1950. 289 „La Mostra di Milano [la EAI] ha infatti una sua generica funzione esaltatoria dell’Aeronautica italiana, meraviglioso organismo nel quale sono trasfusi il genio, l’eroismo e la volontà di primato di una stirpe“, Fondazione Bernocchi, Palazzo dell’Arte (Hgg.), Esposizione dell’aeronautica italiana, 173. 290 „[…] la Mostra ha potuto concretarsi quando, grazie a una gesta incomparabile, tutto il mondo ha dovuto rendersi conto della netta superiorità qualitativa dell’ala tricolore, sintesi della virtù dell’Italia mussoliniana.“, ibid. 291 Mosse, The Fascist Revolution, 139.

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Anmerkungen

292 So eindeutig waren die Bogen nicht zu interpretieren; Reggiori fragt: „[…] una suggestiva fuga d’archi (ma perché tanto decisamente medioevali?)“, aus: Reggiori, „L’esposizione dell’aeronautica italiana nel palazzo dell’arte di Milano“, 540. In der Tat lassen die Bogen auch die Idee einer Kathedrale aufkommen, was dem Thema – Fliegerei und Faschismus – einmal mehr einen sakralen Einschlag verleiht. 293 „efficace ossessione reclamistica“; „tappezzate da una dinamica folla di manifesti multicolori“, Redaktion, „L’ordinamento delle sale alla mostra dell’Aeronautica“, 15. 294 Fondazione Bernocchi, Palazzo dell’Arte (Hgg.), Esposizione dell’aeronotica italiana, 127. 295 „Werbearchitekt“ in Anspielung an Carbonis Reklame für sein Werbestudio, in welcher er seine „architettura pubblicitaria“ anpreist; vgl. Guida Ricciardi. Pubblicità e Propaganda in Italia, o. S. 296 In der Botschaft ähnlich ist Herbert Bayers Titelblatt für die deutsche Illustrierte die neue linie vom Januar 1938. Das Titelblatt, in den Nationalfarben Italiens, zeigt Mussolinis in Stein gemeißelten Kopf im Profil und den Stiefel Italiens, auf welchem eine korinthische Säule steht. Die drei Elemente scheinen ineinander zu verschmelzen, das eine wächst aus dem andern, das Primat Italiens und die expansive Macht des Duce kommen zum Ausdruck. Vgl. zum Stellenwert des Titelblattes innerhalb der Arbeit Bayers und dessen Rezeption Rössler, „Exil daheim“, 273–274. 297 Zu Ferdinando Pasta ist nur wenig zu finden, etwa, dass er 1887 in Mailand geboren wurde und Alinari einen Teil seines Nachlasses besitzt. Pasta wird zusammen mit Giulio Parisi genannt und im Umfeld des Neorealismo von Lattuada situiert. Unklar bleibt, ob von Pasta nur die ganzseitigen Aufnahmen im Anhang stammen oder auch die restlichen Fotografien im Ausstellungskatalog; vgl. Fondazione Bernocchi, Palazzo dell’Arte (Hgg.), Esposizione dell’aeronotica italiana, 248. 298 Es sei in diesem Zusammenhang auch hingewiesen auf eine Fotomontage Burno Munaris, die rund zwei Dutzend Flugzeug-Propeller einer Siegesgöttin überblendet, vgl. Hájek, Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari, 120. 299 Dieses Bild der Staffel in Kombination mit einem nationalen Symbol (Fascio oder Flagge) wurde mehrfach wieder aufgegriffen. Schawinsky selbst geht so weit, dasselbe Motiv 1941 für die demokratischen USA zu übernehmen. Die Flugzeuge sind jetzt moderner, die italienischen Farben wurden gegen die amerikanischen ausgetauscht, ansonsten blieb sich das Plakat bis auf Details gleich. Die Geschichte des Motivs der Flugzeugstaffel für Werbezwecke in unterschiedlichen Kontexten ließe sich fortsetzen. Hier sei nur noch auf Leo Lionnis „Keep ’em rolling!“ (1941) hingewiesen, da das Plakat nicht nur motivisch, sondern auch inhaltlich und kontextuell sehr nahe an Schawinskys Plakat kommt. 300 Etwas beleuchtet wurde die Figur des Giovanni Romano vor wenigen Jahren im Zusammenhang mit dem Centro Svizzero di Milano: vgl. Gimmi, Burckhardt, Meili, Mailand und das Hochhaus, 16–18. Zur L’Umanitaria siehe weiter oben. 301 Umso mehr fällt das Fehlen Giuseppe Terragnis in diesem Kreis auf. 302 „Si tratta in realtà di una parata effimera dove il fattore ‚rapidità di esecuzione‘ è preponderante e vincola ad un tecnicismo di surrogati, di materiali provvisori, di montaggi teatrali. In questa tecnica di architettura pittorica e fantasiosa i cosidetti ‚razionalisti‘, liberi da schemi stilistici ed entusiasti di un nuovo credo estetico, si sono dimostrati abilissimi, anche per il fatto che l’occasione dell’esposizione permettette

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loro di esprimere opinioni ed insegnamenti estetici che difficilmente si potrebbero realizzare altrimenti in sede sperimentale.“, G.P.P. [Giuseppe Pagano Pogatschnig], „La mostra azzurra“, 4. 303 Interview mit Giovanni Romano, in: Polo (Hg.), Edoardo Persico, 43. 304 „La poetica sala delle medaglie d’oro alla Mostra dell’aeronautica del 1934 fu inventata probabilmente da Persico, ma Nizzoli seppe realizzarla.“, Zevi, „La scomparsa di Marcello Nizzoli“, n. 777, 353. 305 Der Name des Adressaten, Nizzoli, ist durchgestrichen und mit Persico überschrieben, siehe Di Puolo (Hg.), Edoardo Persico, 10, 28. 306 Vgl. Nerdinger (Hg.), Bauhaus-Moderne. 307 Für die Rezeption vgl. Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Hg.), Marcello Nizzoli, 275–277. 308 „Resta tuttora il principale contributo italiano alla storia delle moderne concezioni spaziali.“, Zevi, „La scomparsa“, n. 777, 353. In Costruzioni-Casabella wird die Sala delle Medaglie d’Oro als „fondamento di una nuova, originale tendenza negli allestimenti“ bezeichnet, vgl. Costruzioni, „1925–1940“, in: Costruzioni-Casabella, März–April 1941, 40. 309 „in modo da elevare il ricordo […] al disopra della rettorica di un sacrario.“, „L’ordinamento“, in: Casabella, August 1934, 13. Ein Autorenname fehlt, doch ähnelt der Text stark demjenigen im offiziellen Ausstellungskatalog, welcher ebenfalls anonym ist. Folgt man der Aussage Riccardo Marianis, der einen Ausschnitt aus dem Katalog EAI als Text von Edoardo Persico abdruckt, darf man vermuten, dass auch der Text in Persicos eigener Zeitschrift Casabella von ihm selbst geschrieben wurde, vgl. Persico, Oltre l’architettura, 177–182. Dieser Ansicht folgt der Kommentar in Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Hg.), Marcello Nizzoli, 256. 310 „[…] un’ampia documentazione fotografica e testi esplicativi, relativi alle gesta degli aviatori, si susseguono a nastro su una griglia tridimensionale, agganciata al pavimento e al soffitto della sala. La griglia, di tubi Innocenti bianchi, crea con l’intreccio di pannelli-diaframma una maglia di chiari e scuri, di pieni e vuoti che indica il percorso di lettura.“, Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Hg.), Marcello Nizzoli, 255–256. 311 „Gli ordinatori [Nizzoli e Persico] hanno evitato ogni rappresentazione rettorica dei personaggi e dei fatti, preferendo che questi si esprimessero nella loro obiettiva realtà.“, Fondazione Bernocchi, Palazzo dell’Arte (Hgg.), Esposizione dell’aeronautica italiana, 89. Der kurze einleitende Text stammt wahrscheinlich von Persico (vgl. Anm. 476). 312 „[…] per ogni medaglia d’oro è stata disposta una sufficiente documentazione fotografica: considerando l’osservatore come un testimonio imparziale degli episodi eroici.“, ibid. 313 „immensità dello spazio dove gli eroi hanno vissuto la guerra“, Monti, „Medaglie d’oro“, 91. 314 Staniszewski, The Power of Display, 57. 315 „luce quasi trascendentale“, „atmosfera mistica“, Monti, „Medaglie d’oro“, 91, und: „La luce è diffusa sulle bianche pareti dalla fascia luminosa che corre tutto attorno, creando un singolare effetto […] Tutto ciò induce certamente il visitatore a pensare ai supremi valori dello spirito e crea un ambiente suggestivo. La stessa sospensione dei quadri […] sembra richiamare l’immensità dello spazio dove gli eroi hanno vissuto la

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guerra, staccati da ogni cosa terrena, pronti ad ogni istante a trasumanarsi nella gloria dei cieli fra gli innumerevoli eroi d’Italia.“ Vgl. außerdem Redaktion, „L’ordinamento“, in: Casabella, August 1934, 13. 316 Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 177. In der EAI ersetzte die Sala d’Icaro von Pagano und Munari das „sacrario“ und beanspruchte symbolischen Charakter, besaß aber eine bei weitem weniger kontemplative Atmosphäre als das „sacrario“ der MRF 1932. 317 László Moholy-Nagy spricht dem Wechsel von der Zentral- zur aufgebrochenen Perspektive in Bildern des Kubismus und später von abstrakten Malern grundsätzliche Bedeutung zu: „[The] development of the visual arts from fixed perspective to ‚vision in motion‘ is vision in relationships. The fixed viewpoint, the isolated handling of problems as a norm is rejected and replaced by a flexible approach, by seeing matters in a constantly changing moving field of mutual relationships. This may start a new phase in the history of mankind, based upon the universal principle of relationships. It is the clue to all the changes which took or will take place in the sciences as well as in philosophy, including education and all other fields, in fact, in our whole civilization.“, Moholy-Nagy, Vision in Motion, 114. 318 „[…] l’esposizione non va più intesa come una rassegna di oggetti da osservare su un fondo neutro, ma come un ambiente da penetrare, e tale da stabilire […] col visitatore […] il rapporto diretto e concreto della presenza.“, „Due allestimenti“, in: Domus, Nrn. 276–277, Dezember 1952, 20. 319 „insegne di squadriglie, guidoni, scheggie d’elica, lettere […], la maschera di Salomone, un brandello del draken attraversato dall’ala di Ancillotto“, Redaktion, „L’ordinamento“, in: Casabella, August 1934, 13: „Lo spazio è diviso da profili bianchi e sottili che reggono i diaframmi entro cui sono impaginati i ritratti degli eroi, i documenti, le fotografie dei luoghi resi celebri dalle loro gesta, i cimeli, le cose che furono a loro tanto vicine nei giorni della gloria.“ 320 Vgl. auch den Hinweis von Vincenzo Costantini in „L’arte celebrativa alla Mostra Aeronautica di Milano“, in: Emporium, 1934, Nr. 476, 119–121. Umgekehrt wirken Räume wie die Sala del canottaggio (Mario Radice mit Pietro Lingeri und Cesare Cattaneo) im Palazzo dell’Arte (Mailand 1935) oder die Sala delle Medaglie d’Oro von Mario Radice und Manlio Rhò für die Prima Mostra coloniale (Como 1937) wie dreidimensional gewordene konkrete Malerei. 321 Steichen, Ein Leben für die Fotografie, o. S. (Kap. 13). Steichens Beitrag zur Ausstellungsgestaltung war also nicht neu, wie Olivier Lugon schreibt, ist jedoch viel besser dokumentiert und folglich bekannter als die italienischen Beispiele, Lugon, „Edward Steichen“, 217. 322 „Quale altre nazione può vantare soldati sì valorosi?“, Monti, „Medaglie d’oro“, 93. 323 Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 181. 324 Es sei hier aber auch auf Le Corbusiers fotografisches Wandgemälde im Pavillon Suisse in Paris von 1934 verwiesen. Dazu und zu weiteren Foto-Wandbildern Le Corbusiers vgl. Rüegg, „Die monumentalen Fotografien von Le Corbusier“, 80–111, speziell 82–86. 325 „[…] Penetrando gradualmente nell’intimo della vita moderna troviamo espliciti i quesiti dei problemi morali, politici, estetici, economici, di cui l’arte deve coscientemente impossessarsi per dare ad essi una soluzione funzionale,

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stilisticamente unitaria.“, BBPR (Banfi, Belgioioso, Peressutti, Rogers), Stile, Beilage zu Domus, Nr. 108, Dezember 1936, o. S. Exakt diese Idee – das Herauszoomen eines Details per Raster – ist auch das Leitmotiv einer Montage Xanti Schawinskys für La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933, 41. 326 Vergleichbar ist eine Wand an der Expo in Lausanne (1964) von Max Bill (zusammen mit Müggler, Litz, Neuburg), die vielfache Repetition einer Massenaufnahme innerhalb eines Rasters. 327 Di Puolo, in: idem (Hg.), Edoardo Persico, 42. 328 „Consiste di un foglio di cellophan con forme geometriche sovrapposto a un cartoncino bianco sul quale, a collage, è applicato un disco di carta violetta e la parola ‚Omus‘ ritagliata da precedente pubblicazione. Con la sovrapposizione del cellophan viene a formarsi il marchio ‚Domus‘.“, ibid., 25. 329 In einer früheren Arbeit folgte ich Sartoris’ Erinnerung, der Umschlagentwurf stamme von Terragni, da er an seinen „Umgang mit übereinandergelagerten, durchbrochenen Schichten, oder anders gesagt [an sein] Spiel mit (dank Trägern, Pfeilern oder Mattglas) nur halbwegs gewährten Durchblicken“ erinnere, Baltzer, „Lo spirito nuovo“, 62. 330 Baltzer, „Lo spirito nuovo“, 50. 331 Zum Salone d’Onore der VI. Triennale vgl. den Text von Persico, Palanti, Nizzoli und Fontana wie auch den von Meyer, „Notizen von der VI. Triennale Mailand“, 312–315 (314). 332 „[…] un’opera di rara, altissima poesia. Una serie di diaframmi bianchi si alzava da terra fino a scomparire nell’uguale bianco del soffitto, svolgendosi, spostata alquanto dalle pareti pure bianche, lungo il perimetro della sala: spazio scandito da un metro quasi segreto, annullandosi ogni incontro nel bianco che vaniva nel bianco.“, Costruzioni, „1925–1940“, in: Costruzioni-Casabella, März–April 1941, 50. 333 Ob zeitgenössisch übliche Reklamen, in denen sich Textblöcke im Sinne von Gestaltungsobjekten überlagern, zum Teil von Persico sind, wird in der einschlägigen Literatur nicht diskutiert, obwohl Persicos Werbearbeiten verschiedentlich Thema sind: Di Puolo schreibt die Werbung (z.B. Fitmit-Reklame) in der von Persico gestalteten DomusSondernummer Arte Romana ebenfalls ihm zu, wenn auch die Werbungen, auf Persicos Wunsch hin, von Carnelutti signiert wurden, vgl. Di Puolo (Hg.), Edoardo Persico, 4. Zu Werbegestaltungen von Persico vgl. auch Guida Ricciardi. 334 Meyer, „Notizen von der VI. Triennale Mailand“, 314. 335 „Tipografie“, in: Campo Grafico, November­–Dezember 1935, 230. 336 ACS, PCM, 14.1.nnn (1934). Die Daten zur Ausstellung variieren, mal figuriert der 14.11.1934 als Eröffnungstag, mal heißt es, die Ausstellung sei vom 1.11.–30.11.1934 geöffnet gewesen. Die Ausstellung stand zwar unter dem Patronat Mussolinis, die Bitte Marinettis aber, ein Repräsentant der Regierung möge an der Eröffnung ein Grußwort sprechen, wurde von Mussolini abgelehnt, vgl. Appunto per S.E. il capo del Governo, 7.11.1934, handschriftliches „no“ Mussolinis (ACS, PCM, 14.1.nnn [1934]). Verschiedentlich wurde ephemerer Fassadenschmuck bei Großanlässen montiert, z.B. auf die Fassade des Palazzo Venezia, des Palazzo Wedekind (Piazza Colonna) oder auf die Palazzi, die die Piazza del Duomo in Mailand säumen; Fassaden wurden so zu (leuchtenden) Werbeflächen mit Bildern des Duce und Slogans. Wandmalerei oder, genereller ausgedrückt, großflächiger Wandschmuck war in den 1930er Jahren sehr populär, wie ein

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Anmerkungen

Blick in Ausstellungen und Printmedien zeigt, vgl. dazu Lugon (Hg.), Exposition et médias. Hier sei einzig auf drei wichtige Ereignisse außerhalb Italiens verwiesen: die Ausstellung 1932 im MoMA, „Murals by American Painters and Photographers“, mit u. a. photomurals von Edward Steichen und Charles Sheeler, die Weltausstellung in Paris 1937, mit unzähligen Wandbildern in verschiedenen Länderpavillons, sowie das „Landibild“ von Hans Erni (1938/39), welches bis heute in der Schweiz als zentrales Werk der Geistigen Landesverteidigung im Fokus der Forschung steht, vgl. von Moos, „Das Landibild zwischen Produktion und Rezeption“, 88–123. In Italien führte die 1933 von Mario Sironi – selbst Verfasser zweier programmatischer Schriften zur Wandmalerei – organisierte Ausstellung zur pittura murale während der V. Triennale im eben eröffneten Palazzo dell’Arte von Giovanni Muzio in Mailand zu einer großen Polemik, insbesondere zwischen Sironi, Ugo Ojetti, Virgiglio Ghiringhelli und Corrado Cagli. Dazu auch Sarfatti, „Triennale e pittura murale a Milano“, 31–39. „Mauerbilder“ aus Deutschland wurden in Italien etwa vorgestellt in: i. p. [Ivo Pannaggi ?], „La pittura murale in Germania“, 23–36. Zu Wandbildern in den 1930er Jahren (mit weiterführender Literatur), insbesondere auch in Italien, siehe Golan, Muralnomad. 337 „[…] scelti fra i capaci d’interpretare spiritualmente e plasticamente i soggetti e le ideologie fissate.“, Prampolini, Fillia, De Filippis, Marinetti, „Regolamento della prima Mostra Nazionale di Plastica Murale per l’edilizia Fascista“, ACS, PCM, 14.1.nnn (1934). 338 „[…] [di] rendere […] il mondo delle cose una proiezione diretta del mondo dello spirito.“, ibid. 339 „La plastica murale supera e abolisce la vecchia pittura murale e gli affreschi, per spaziare nelle numerose possibilità espressive e illustrative offerte dai polimaterici e dalle simultaneità plastiche-documentarie-parolibere, mediante l’uso di tutti i materiali e di tutte le tecniche.“, ibid. 340 Vgl. dazu Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, Anm. 33 sowie ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994, hier insbesondere der ab 1939 erwogene Vorschlag des Adlers als symbolstarke Fassadendekoration. 341 Opera Nazionale Maternità e Infanzia, Opera Nazionale Dopolavoro, Opera Nazionale Balilla, Opera Nazionale Combattenti. 342 Vgl. Pagano, „Tre anni di architettura in Italia“; Somella Grossi, „Sartoris e Terragni: la polemica sulla Casa del Fascio di Como“, 173–193. Allgemein zur Casa del Fascio vgl. ­Quadrante, monografische Doppelnummer zur Casa del Fascio, Nrn. 35/36, 1936; Forster, „BAUgedanken und GEDANKENgebäude – Terragnis Casa del Fascio in Como“, 253–271; ­Poretti, „Casa del fascio di Como“, 391–407 (mit ausführlicher Bibliografie bis zum Erscheinungsdatum); Poretti, La Casa del Fascio di Como; Forster, „Gebäude als Archive und Verliese des Wissens“, 241–263. Ein Aperçu zum Verhältnis von Fotografie und Architektur am Beispiel der Casa del Fascio stammt von Frampton, „A Note on Photography and Its Influence on Architecture“, 38–41. 343 Vgl. dazu ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994. 344 Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 466–478. 345 Die Fotomontagen entsprechen in ihrer Funktion den heutigen Computerrenderings. 346 Die Skizzen von Giuseppe Terragni konnten aus rechtlichen Gründen nicht reproduziert werden.

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347 In der vorliegenden Arbeit wird der Plan mit der Inventarnummer CSGT 23/103/C1/D/L als erster Entwurf (1935), derjenige mit der Inventarnummer CSGT 23/104/C1/D/L als zweiter Entwurf (1937) behandelt, analog die entsprechenden Fotomontagen. ­Quadrante, monografische Doppelnummer zur Casa del Fascio, Nrn. 35/36, 1936, 33. 348 Aufgrund der Annahme, dass die Entwürfe in umgekehrter chronologischer Reihenfolge stehen als bei Ghirardo, stellt sich hier das Problem, dass die Autorin jeweils vom „ersten Entwurf“ spricht, wenn der vermutlich zweite gemeint ist. Doch ihre Rekonstruktion der Geschichte der Fassadengestaltung, die auf Archivmaterialien beruht, steht in keinem direkten Zusammenhang zur Form der Entwürfe und kann also unabhängig von der Datierung der Entwürfe bestehen. 349 „[delle] possibilità comunicative, immediate e universali“, Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 278. 350 „L’idea rivoluzionaria e propagandistica deve essere chiaramente manifestata all’esterno ed all’interno del fabbricato con una DECORAZIONE che sia ad un tempo – DOCUMENTARIA – SUCCESSIVA – PEDAGOGICA –“, Enrico Arrigotti, Marcello Nizzoli, Giuseppe Terragni an Giovanni Marinelli, 9.9.1936, ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994, Hervorhebung im Original. 351 „Perchè dunque dimenticare volutamente questa prodigiosa invenzione – fattore di civiltà – che è in pari tempo un potente mezzo di documentazione e di propaganda e che, in determinati casi, può rappresentare la più efficace forma d’arte?“, ibid. 352 Gustav Klutsis, der in der Fotomontage das geeignete Mittel sah, auf Volksmassen Wirkung auszuüben und eine politische Botschaft zu verkünden, beschrieb 1931 auch die Applikation der Fotomontage auf die Architektur: „The method of photomontage goes far beyond polygraphy. There is ongoing intensive work on applying photomontage in architecture. In the near future we will see photomontage panels and frescoes of colossal size. Similarly, the photomontage is being applied to textiles and ceramics.“, Klutsis, „The Photomontage as a New Kind of Agitation Art“, 239. 353 „Die Verhülltheit seines Charakters liegt weniger in den jeweiligen äusseren Umständen als in den Ideen, die Terragni in seinem Lieblingsgebäude förmlich unter Verschluss gelegt hat. Die eigentümliche Unzugänglichkeit der Casa del Fascio erfasste auch ein freundlich gesonnener Kritiker wie Giuseppe Pagano […]“, Forster, „Gebäude als Archive und Verliese des Wissens“, 242–243. 354 Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 469. 355 „con pretese più o meno documentarie come spesso si vede“; „è anzitutto una composizione pittorica“, Veronesi-Pallavera, „Del fotomontaggio“, 278. 356 Terragni und Nizzoli gestalteten die Wand auch auf der Basis der Erfahrung, die sie auf der MRF 1932 gemacht hatten. Vgl. dazu Terragnis und Nizzolis „Relazione“, ACS, PNF, Direttorio, Federazioni Federali, b. 168, in: Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 471. Wenn auch die grafische Gestaltung der Montage für die Casa del Fascio in ihrer klar strukturierten, orthogonalen Form keinen offensichtlichen Zusammenhang mit den Fotomontagen in den Sale F, G und O zeigt, hatten Terragni und Nizzoli dank der MRF 1932 bereits Erfahrung sammeln können bezüglich der Wirkung von Fotografie und Fotomontage auf die Masse, vgl. dazu Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 471.

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Anmerkungen

357 „[Le linee fondamentali] mirano a stabilire una perfezione di rapporti attraverso una ‚calibratura‘ dei vari ‚pezzi‘ che compongono una facciata.“, Quadrante, monografische Doppelnummer zur Casa del Fascio, Nrn. 35/36, 1936, 38. 358 Rifkind, „Furnishing the Fascist interior: Giuseppe Terragni, Mario Radice and the Casa del Fascio“, 162. Zu den Massen der einzelnen Paneele und ihrer Platzierung auf der Fassade vgl. die beiden Darstellungen aus Terragnis Studio, die eine Variante des 1. Entwurfs sowie den 2. Entwurf wiedergeben: 23/103/C1/D/L und 23/104/C1/D/L. 359 Zur Technik vgl. ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994. 360 Zum Punktraster s.a. Forster, „Gebäude als Archive und Verliese des Wissens“, 261; Croy, Schritt um Schritt zur Fotografik. Zur Technik der Autotypie vgl. Van der Linden, Handbuch der grafischen Techniken, 70 ff. Der Punktraster als ‚Fingerabdruck‘ in Printmedien: Modiano, „Fotografia 1931“, 276–277. Die unteren Seitenränder ziert ein breites Punktraster-Band. 361 Von Moos, „Work Aesthetic and Mass Consumption: The Art of Max Huber“, 32. 362 „Il retino […] si è rivelato un mezzo d’espressione modernissimo“, De Pedrini, Werbung, vor 1936. 363 Eine Rolle bei der Gestaltung des Salone d’Onore könnte die von Persico gestaltete Domus-Sondernummer Arte Romana von 1935 gespielt haben, ein Großformat mit randlos gedruckten Detailvergrößerungen von Alinari-Fotos sowie von James Anderson. Die Nummer, deren Firmenwerbungen ebenfalls von Persico stammen, gilt bis heute als eines der grafischen Hauptwerke Persicos und als Beispiel der Neuen Typografie, dazu vgl. Anonym, „Arte Romana“, 186–187. 364 „D’altra parte la fotografia è una forma modernissima di arte ; tanto è vero che se i romani avessero conosciuto i segreti di un obiettivo fotografico ci avrebbero tramandato di Cesare, non solo le interpretazioni di scultura, ma le documentate immagini delle sue guerre, delle sue conquiste, dei suoi trionfi.“, Enrico Arrigotti, Marcello Nizzoli, Giuseppe Terragni an Giovanni Marinelli, 9.9.1936, ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994 (Hervorhebung im Original). 365 „a guisa pellicola“, Zitat und alle folgenden Informationen zur Technik von Nizzolis Portraits an der VI. Triennale (Mailand 1936) aus: Redaktion, „Le arti grafiche alla VI Triennale di Milano 1936“, 93. 366 Es ist die Rede von einer durch Nizzoli verfeinerten Technik aus schwarzweißem Zementmosaik, vgl. Projektvorschlag von Nizzoli, Galanti, Persico, Fontana, abgedruckt in: Persico, Oltre l’architettura, Abb. 21. 367 Meyer, „Notizen von der VI. Triennale Mailand“, 314. 368 Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 466–478 sowie ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994. 369 „Immagini fotomeccaniche, per quanto belle e rispondenti al vero,manifestano il pro­ gres­so meccanico, ma non la capacità artistica creativa, che in Italia certo non manca.“, Marinelli an Carugati, 22.6.1936, ACS, PNF, Direttorio Nazionale, servizi vari, serie II, B. 994. 370 In der Fotomontage von 1935 hingegen fällt sofort das freigestellte Portrait Mussolinis auf, man denkt unmittelbar an eine skulpturale Ausführung. Auch der dazugehörige Plan lässt an einen skulptural gestalteten Kopf denken, doch leider fehlen Angaben, die auf eine Umsetzung in Stein oder als Relief schließen lassen würden. 371 Ghirardo, „Politics of a Masterpiece“, 471.

III  Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike

III  Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike 1 Giuseppe Bottai: „E un equivoco fu il ‚mussolinismo‘, con gli anni. Capo e popolo s’intesero di prim’acchìto, ma rimasero a questo. Il regìme, che non volle essere ‚rappresentativo‘, si fermò alla ‚rappresentazione‘. Cessò di essere un regìme, per divenire una regìa. La mimica spontanea dell’uomo si fissò nei gesti, che la folla amava. Si sono viste folle chiederglieli, questi gesti; e estasiarsene. Il ‚mussolinismo‘ era divenuto un rito, una liturgìa.“, Bottai, Tagebucheintrag zum 15.3.1946, in: idem, Diario 1944–1948, 317. Literatur zur Sakralisierung des Faschismus (Auswahl): Gentile, Il culto del Littorio; primär zu Deutschland, am Rand aber auch zu Italien, äußert sich Mosse, Die Nationalisierung der Masse; Le Bon, Psychologie der Massen; Klinkhammer, „Mussolinis Italien zwischen Staat, Kirche und Religion“, 73–90. 2 Behrens, „‚Politische Religion‘ – eine Religion? Bemerkungen zum Religionsbegriff“, 260. 3 Der Satz findet sich ursprünglich im „Endecalogo“ von Leo Longanesi von 1926 und wurde in den folgenden Jahren zum am meisten verbreiteten Satz aller Merksprüche (Dekaloge) des Faschismus. 4 „Il Fascismo non è soltanto un partito […] ma una religione“, Ufficio Propaganda del Partito Nazionale Fascista (Hg.), Il Fascismo, 7. Der Satz geht zurück auf Mussolinis Rede in Pesaro, in welcher er sagte: „Il Fascismo non è soltanto un partito […] ma una fede, non è soltanto una fede ma una religione“, Benito Mussolini, Rede in Pesaro, 18.8.1926, in: PNF [Partito Nazionale Fascista], Il secondo libro del fascista, 35. 5 Nützenadel, „Staats- und Parteifeiern im faschistischen Italien“, 128. Weitere Literaturangaben zur Frage nach der politischen Religion totalitärer Regimes in: ibid., Anm. 8 und 9. 6 Ludwig, Mussolinis Gespräche mit Emil Ludwig, 123–124. 7 Zumindest konnte ich weder in Quellen noch Sekundärliteratur einen weiteren Fall einer Montage des Portraits Mussolinis auf einer Kirchenfassade ausmachen. Hingegen kam es häufiger vor, dass Mussolinis Konterfei auf säkularer Architektur prangte, etwa auf dem Palazzo Wedekind in Rom anlässlich der Feier des Transatlantikflugs Italo Balbos zum 10. Jahrestag des Faschismus oder etwa im November 1933 in Ascoli Piena. Im Barock wurden Kirchen(fassaden) zwar unter Umständen als Träger von nicht kirchlichen Veranstaltungen, wie z.B. aus Anlass einer Geburt, Hochzeit oder eines Todesfalls, in den Ablauf von Fest(umzüg)en einbezogen. Doch Elisabeth Kieven verweist darauf, dass bei weltlichen Herrschern eher Wappen und Embleme als Portraits Teil der Festverkleidung von Fassaden waren, bei Heiligsprechungen die Fassaden mit Darstellungen aus dem Leben des Heiligen geschmückt waren (Email an die Autorin, 23.11.2008). Zur Geburt des französischen Dauphin schmückte Gian Lorenzo Bernini, zusammen mit Jean Paul Schor, den Hang von der Piazza di Spagna bis hinauf zur Fassade von Trinità dei Monti mit einem ephemeren Aufbau, dessen zentrales Stück ein großer Delphin als Sinnbild des Thronfolgers war. Doch der Unterschied zum von mir geschilderten Fall besteht darin, dass im Faschismus die Kirchenfassade für eine von der Kirche völlig unabhängige Veranstaltung usurpiert wurde, was im Barock nicht der Fall war; die Kirche war integraler Bestandteil der Festanlässe. Zu ephemerer Festarchitektur vgl. Kessel, Festarchitektur in Turin zwischen 1713 und 1773 (zur Verkleidung der Turiner Domfasssade vgl. ibid., 33; Abb. 102, 267); Fagiolo, Madonna (Hgg.), Il barocco romano e

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Anmerkungen

l’Europa; zum Einbezug der Fassade an Festanlässen vgl. u. a. die Beiträge von Boiteux, „Fêtes et traditions espagnoles à Rome au XVIIe siècle“ (117–134) und Moli Frigola, „Donne, candele, lacrime e morte: funerali di regine spagnole nell’Italia del Seicento“, 135–158. Weiter zur Festarchitektur im Barock vgl. auch Fagiolo, Spagnesi (Hgg.), ­Immagini del barocco; Fagiolo dell’Arco, Bernini. In diesem Zusammenhang leider unergiebig ist Bonnemaison, Macy (Hgg.), Festival Architecture.   8 Soll man Mussolinis eindringlichen Blick als „sehendes Auge“ verstehen oder vielmehr als leeres Versprechen, ja Betrug? Zu Letzterem vgl. Macho, „Kopf an Kopf: Esse est percipi“, 56. Zu Ersterem vgl. die Interpretation von General Moshe Dayans Blick auf das Schlachtfeld – in Richtung des Betrachters der Fotografie – durch Werckmeister, Der Medusa-Effekt, 26. Zum Herausblick vgl. Neumeyer, Der Blick aus dem Bilde.   9 „L’uomo che non ammette sfumature / o bianco o nero / con noi o contro di noi“; Giorgio Di Genova weist das Portrait für 1922 respektive 1923 als Illustration in „Numero“ respektive „420“ nach, etwas später findet sich dasselbe Portrait als Dekoration eines Keramiktellers (ca. 1926, anonym), Genova (Hg.), L’uomo della provvidenza, 15, 84. 10 Bardi, „Origini“, 5. 11 Vgl. dazu die zeitgenössische Rezeption in Tages- und Wochenprintmedien: L’Illustrazione italiana, 5.11.1933, 704; L’Illustrazione italiana, 12.11.1933, 765; La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933, 13. 12 Anfang der 1930er Jahre wurden in Moskau mehrmals – etwa in der Nacht zum 1. Mai – monumentale, ca. 25 Meter hohe Portraits Lenins und Stalins, z.T. auch von Marx und Engels, durch Scheinwerfer illuminiert. Brandon Taylor setzt diese Kolossalfotografien in die Tradition der russischen Ikonen und geht ihrer Wirkung und Herkunft nach: vgl. Taylor, „Geballte photographische Wirkung“, 249–252. Taylors Rückbezug der Fotografien auf die Ikonen und sein Vergleich der kommunistischen Führer mit den Heiligen­ figuren ist nur knapp begründet, doch lässt er, meine ich, Parallelen zum Vergleich Mussolinis mit einem Heiligen aufscheinen. Der Grund des Rückbezugs auf die Ikonen (und damit die Parallele zum Faschismus) liegt, so Taylor, offensichtlich im Potenzial dieser Darstellungen als Fundament für ein noch junges und noch zu konstruierendes Regime. Die neuen Bilder bauen auf auf den im kollektiven Gedächtnis verankerten, positiv besetzten Bildern. Die Paraphrasierung der Form führt automatisch zur Übertragung des damit verbundenen Rituals, d.h. der Kommunismus hatte sich der bewährten und bei der Bevölkerung wohlvertrauten Formensprache der orthodoxen Kirche bedient, auf dass sich die Wirkung – Verehrung und Glauben – auf die Politik übertrage. Für Bildmaterial zum 1.5.1934, vor allem aber für Gustav Klutsis, „A Worldwide Achievement“, ein Text zu seinen illuminierten Kolossalfotos von Lenin und Stalin auf dem Hotel Mossovet in Moskau am 1. Mai 1934, vgl. Tupitsyn, Gustav Klutsis and Valentina Kulagina, 208, 241–243 (engl. Übersetzung). 13 Randone, „Architettura ed illuminazione“, 41–45. In Gentiles Standardwerk über die Sakralisierung des Faschismus kommt auch die Lichtinszenierung auf dem Mailänder Domplatz zur Sprache: Gentile, Il culto del Littorio, 153–155. Zum Zusammenhang von Licht, Stadt und Krieg vgl. Zanella, „Luce guerra dominio“, 135–163. 14 Vgl. L’Illustrazione italiana, 5.11.1933, 704; La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933, 13.

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15 Ab 1926 fanden die Feiern nach immer ähnlichem Muster statt; sie wurden von der faschistischen Partei organisiert und unter Kontrolle der Polizei durchgeführt, vgl. Gentile, Il culto del Littorio, 152ff. 16 PNF, „Foglio d’ordini“, Nr. 10, 9.10.1926, hier zit. n. Gentile, Il culto del Littorio, 152–153: „[…] per dare a tutti ‚l’idea della formidabile compagine di forze che stanno alla base della Rivoluzione Fascista e ne garantiscono contro chiunque la vita e lo sviluppo‘.“ 17 „parate militari nello scenario dei monumenti romani“, „adunate nel Colosseo“, außerdem wurde auf dem Altare della Patria ein Gedenkmoment mit Mussolini eingeschaltet u.ä. mehr; ibid., 154. 18 Ibid., 152–155. Das „W“ steht für zwei ineinander verschlungene V, was wiederum für VIVA steht. 19 Die Angabe des Jahres 1932 für die Zeichnung von Mario Stoppa ist vermutlich ein Druckfehler; nirgends lässt sich ein Hinweis finden, dass je vor oder nach 1933 das Portrait Mussolinis auf der Domfassade gezeigt worden wäre. 20 „La folla […] è accorsa la sera del 28 ottobre, sfidando l’acqua torrenziale, ad ammirare l’illuminazione della Piazza del Duomo“, L’Illustrazione italiana, 12.11.1933, 765. 21 Dröge, Müller, Macht der Schönheit, 321. 22 „Il fallimento del progetto giacobino di creare il Foro Bonaparte […], fa sì che la piazza del Duomo conservi il significato di unico luogo urbano deputato ad accogliere la riunione di massa. Dall’Unità d’Italia sino alla diffusione dei nuovi strumenti di comunicazione degli ultimi decenni, la piazza del Duomo resta il solo contenitore capace di ospitare le grandi manifestazioni politiche e religiose. Durante gli anni del fascismo al potere è il luogo deputato per i suoi riti di massa.“, Vercelloni, La storia del paesaggio urbano di Milano, 55. 23 Canetti, Masse und Macht, 26–27. Schon Gustave Le Bon formulierte im 19. Jahrhundert: „Unter bestimmten Umständen, und nur unter diesen Umständen, besitzt eine Versammlung von Menschen neue, von den Eigenschaften der einzelnen, die diese Gesellschaft bilden, ganz verschiedene Eigentümlichkeiten. Die bewusste Persönlichkeit schwindet, die Gefühle und Gedanken aller einzelnen sind nach derselben Richtung orientiert.“, Le Bon, Psychologie der Massen, 10. 24 Zu Idee, Planung und Ausführung des Lichtdoms vgl. Krauter, Die Schriften Paul Scheerbarts und der Lichtdom von Albert Speer – „Das große Licht“. Die Arbeit umfasst auch einen guten Überblick über die Rezeption von Speers Lichtarchitektur vor bzw. nach 1945. Zur Verbindung von Licht und Kunst und im Speziellen zu Speers Lichtdom vgl. auch Hoormann, Lichtspiele. 25 Speer, Erinnerungen, 71. 26 Dröge, Müller, Macht der Schönheit, 321: „[Die Begrenzung der Masse] ist neben der Erzeugung der mystischen Stimmung auch die Aufgabe des Lichtdoms.“ 27 Speer, Technik und Macht, 42. 28 Ibid., 30–31; Hervorhebung NB. Speers Lichtarchitektur fand in Italien keine direkte Nachahmung. Doch ein Bau scheint eine Reminiszenz an die Lichtarchitektur Speers zu sein: Der italienische Pavillon des Römer Architekten Marcello Piacentini an der Weltausstellung in Paris 1937, direkt an der Seine gelegen, wurde nachts so illuminiert, dass sich die durch Loggien gegliederte, fast kubische Fassade durch die Spiegelung im Fluss zu einem Leuchtturm verdoppelte.

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Anmerkungen

29 Virgilio Marchi, der etwas in Vergessenheit geratene futuristische Architekt, fragt sich in seinem 1931 erschienen Buch Italia nuova Architettura nuova („Architetture pirotechniche“, 71–79), weshalb die festliche Beleuchtung von Kirchenfassaden nicht auf die profane Architektur übertragen werde, mit Strahlern, die das Licht zur Sonne, den Sternen, zu Gott schicken würden. Marchis Vorschläge, profane Architektur durch Licht zu inszenieren, erinnern an die „Zürcher Lichtwoche“ von 1932, die u. a. Hans Finsler fotografisch dokumentierte. Besonders interessant in unserem Zusammenhang ist Finslers Aufnahme zweier Strahler, welche in Italien publiziert wurde, Finsler, „Giuoco di riflettori“, 88. In einem ersten Teil von Marchis Text handelt es sich um ein Loblied auf die Elektrizität. In einem zweiten Teil legt Marchi ein ausführliches Programm für ein pyrotechnisch-futuristisches Spektakel vor. Neu waren diese Gedanken nicht, schon gar nicht im Kreis der Futuristen, vor allem aber können das Lichtspektakel Marchis wie auch die „Illuminazioni“ während des Faschismus als Fortführung einer langen Tradition verstanden werden, die ihre Blüte im Barock erlebte, vgl. S. 140– 160. In der Zeit vor dem Faschismus erlebte Mailand ein spektakuläres Lichterfest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu Ehren der Krönung Ferdinands I., Kaiser von Österreich, zum König der Lombardei. Am 6.9.1838 stieg in den „Giardini pubblici“ ein nächtliches Volksfest, mit Feuerwerk und zwei erleuchteten chinesischen Pagoden. 1925, aus Anlass des Anno Santo, wurde der Petersdom mit Scheinwerfern und Hunderten von Fackeln illuminiert; vgl. Marra, Anni Santi 1300–2000, 159. 30 Le Bon, Psychologie der Massen, 36. 31 Ibid., 48. 32 „Il Fascismo non è soltanto un partito, è un regime, non è soltanto un regime ma una fede, non è soltanto una fede ma una religione che sta conquistando le masse lavoratrici del popolo italiano“, Mussolini in Pesaro, 18.8.1926, in: PNF, Il secondo libro del fascista, 35. 33 Abgesehen von der weiter unten besprochenen Aneignung eines typischen Papstbildes (Geste mit der Spitzhacke) seien hier nur weiter genannt: die neue faschistische Zeitrechnung anstelle der christlichen, die mit dem Marsch auf Rom am 28.10.1922 beginnt, und die Befana (s. S. 171), vgl. Gentile, Il culto del Littorio, 156. 34 „E allora, o camerata, quando tu hai […] degli istanti di amarezza per piccole e miserevoli cose terrene, esalta il tuo spirito ed eleva la tua preghiera“, Melchiori, Elementi di cultura fascista, 182, hier zit. nach Galeotti, Mussolini ha sempre ragione, 30. 35 Ibid., 30: „Preghiera al Duce / Per Te, o Duce, che sei la vita, la speranza, la certezza dell’Italia nuova; / per Te, o Duce, che rendi lieve la fatica, e nobile ogni più umile servizio; / per Te, o Duce, che tutto vedi e tutto senti col Tuo genio di Capo e col Tuo cuore di Padre; / a Te che io amo più di ogni altra cosa al mondo; / a Te che m’hai dato una Patria forte, temuta e grande; / a Te, per la gioia di un istante, per un sorriso intravisto di lontano, per la certezza che Tu m’odi, / io offro in umiltà la mia vita, o Duce!“ 36 Immer wieder war Mussolini die Verkörperung des Faschismus schlechthin, man denke etwa an das Gesichtsprofil in der Sala O. Die oben genannte Skulptur von Ferruccio Vecchi ist nicht zu verwechseln mit der Skulptur Il Fascismo von Aroldo Bellini, einem Mussolini von Ferne ähnelnden gigantischen Portrait auf einem Sockel. Diese ca. 100 Meter hohe Skulptur hätte hinter dem Foro Mussolini, auf dem Monte Mario, aufgestellt werden sollen, vgl. dazu Benton, „Das römische Reich ersteht wieder“, 126–127.

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37 Klinkhammer, „Mussolinis Italien zwischen Staat, Kirche und Religion“, 73–90. Auch wenn ich meine, dass ein „faschistischer Glaube“ vorhanden war, kann kaum vom Faschismus als einer Religion gesprochen werden, vgl. dazu Gentile, Il culto del Littorio. 38 Galeotti, Mussolini ha sempre ragione, 19–26. 39 „La mia fede fascista io per mio conto me la sono tradotta così: / 1. – Credo nel Fascismo come rivoluzione quotidiana; / 2. – Credo in Roma-Italia motrice ed equilibratrice d’Europa; / 3. – Credo nella passione, nella improvvisazione e nella guerra; / 4. – Credo in Mussolini Dio senza profeti“, Massimo Bontempelli, „Politica letteraria“, Il credo (1927), 28. Zu Bontempellis Verhältnis zum Faschismus und zum Duce vgl. Tentori, P. M. Bardi, 101–103. 40 In Biondi, La fabbrica del Duce, 217, existiert zwar Gott noch neben Mussolini, doch heißt es dann über den Duce: „[…] Discese a Roma: il terzo giorno ristabilì lo Stato, […]“ – das Bild des Schöpfers könnte zwingender nicht sein. 41 Dröge, Müller, Macht der Schönheit, 321. 42 Der Blick des Führers, aber auch der Volksmasse, hinaus aus dem Bild widerspricht der von Kemp postulierten Darstellung der Masse von hinten als „zwingende Optik des Teilnehmers“ (Rückenfiguren; vgl. Kemp, „Das Bild der Menge“, 265). Die Masse von vorne zu zeigen, als ginge sie auf den Bildbetrachter zu, ist im Faschismus ein geläufiges Bild. Durch den Blickkontakt zwischen Masse und Betrachter wird dieser involviert. 43 Nützenadel, „Staats- und Parteifeiern im faschistischen Italien“, 128. 44 Vgl. Mosse: „Christliche liturgische Formen, die den ganzen weltlichen Kult bestimmten, waren ausschlaggebend für […] die Gestaltung des Raums.“, Mosse, Die Nationalisierung der Massen, 241. 45 Das Portrait, zentral eingepasst in der mit Fialen reich geschmückten Domfront, ­evoziert zugleich das Bild einer im Schrein präsentierten Kopfreliquie. 46 Vgl. dazu auch nochmals Nützenadel, „Staats- und Parteifeiern im faschistischen ­Italien“, 128. 47 Taylor, „Geballte photographische Wirkung“, 249–252. 48 Vgl. dazu auch Klinkhammer „Mussolinis Italien zwischen Staat, Kirche und Religion“, 85. 49 „… senza le pagine della storia di Roma, tutta la storia universale sarebbe terribilmente mutilata e gran parte del mondo contemporaneo sarebbe incomprensibile.“, Quadrante, Nr. 3, Juli 1933, 3. 50 „Bisogna liberare dalle deturpazioni mediocri tutta la Roma antica, ma accanto all’antica e alla medievale, bisogna creare la monumentale Roma del ventesimo secolo.“, Mussolini, „Per la cittadinanza di Roma“ (21.4.1924), 235. Mussolini spricht bereits in zwei frühen Reden über seine Vorstellungen des zukünftigen Rom, in der eben genannten (234–236) sowie in: „La nuova Roma“ (31.12.1925), 47–49. Nicht nur Mussolini plante, sein Rom in die Nachfolge des römischen Imperiums zu stellen, in der Vergangenheit gab es vergleichbare Unternehmungen, z.B. Julius II. und seine tiefgreifenden Veränderungen Roms und des Vatikans, vgl. dazu von Moos, „Der Palast als Festung“, insbes. 10. Zur Forschungslage zum Urbanismus im Faschismus: Insolera, Roma moderna, ist eine frühe, umfassende Publikation aus kritischer Warte. In der Folge, in den 1970er / frühen 1980er Jahren, vollzog sich der Wechsel hin zu einer kritischen

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Anmerkungen

Beleuchtung des faschistischen Urbanismus; gleichzeitig erfuhren Bauten und urbanistische Anlagen aus dem Faschismus neue Wertschätzung: Benevolo, Roma da ieri a domani; Kostof, The Third Rome; Cederna, Mussolini urbanista; Gli Annitrenta; EstermannJuchler, Faschistische Staatsbaukunst; Ciucci, Gli architetti; Carreri (Hg.), Architettura ­Quaderni 11 (ArQ11), „Architettura italiana 1920–1939“, Dezember 1993; Carreri (Hg.), Architettura Quaderni 11 (ArQ11), „Architettura italiana 1920–1939“, Juni 1994; Painter, Mussolini’s Rome. Dem Städtebau unter Mussolini widmen sich auch neuere Publikationen: Gentile, Fascismo di pietra; Nicoloso, Mussolini architetto; Mattioli, Steinacher (Hgg.), Für den Faschismus bauen. Diese neueren Titel widmen sich auch ausführlich dem Thema Architektur als Propagandamedium, genauso wie Pettena, Architettura e propaganda fascista nei filmati dell’Istituto Luce. 51 Etlin, Modernism in Italian Architecture, 1890–1940, 391. 52 Vgl. dazu Warnke (Hg.), Politische Architektur in Europa vom Mittelalter bis heute – Repräsentation und Gemeinschaft. 53 Literatur zur Diskussion um einen faschistischen Architekturstil findet sich in (Auswahl): Carli (Hg.), Architettura e Fascismo (eine Anthologie mit wichtigen Quellentexten); Cederna, Mussolini urbanista, insbes. 8–23; Ciucci, Gli architetti e il fascismo, insbes. Kap. VI; Painter, Mussolini’s Rom, insbes. 59–60; Stone, The Patron State, 5–6; Pfammatter, Moderne und Macht; Estermann-Juchler, Faschistische Staatsbaukunst, v.a. Kap. 2. In Bezug auf Deutschland kann spätestens seit Winfried Nerdingers bahnbrechender Publikation Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus (1993) modern (in Kunst und Architektur) nicht mehr automatisch mit politisch links gleich gesetzt werden. Gleichzeitig kann nicht von einem nationalsozialistischen Architekturstil gesprochen werden. In der Forschung der letzten Jahre wird diskutiert, inwiefern die Moderne – mindestens in der ersten Hälfte der 1930er Jahre – nicht mehr als Antithese zur nationalsozialistischen Kulturpolitik betrachtet werden kann, sondern ob sie im Gegenteil Teil der nationalsozialisischen Architektur, ja Kultur generell, war; vgl. dazu Bavaj, Die Ambivalenz der Moderne im Nationalsozialismus, speziell Kap. II. 4 a. George Mosse geht soweit zu sagen, dass „Bauhaus influence could easily be confused with the neo-classicism of Hitler’s taste“, da, so Mosse, beide einem Funktionalismus und einer strengen Ordnung verpflichtet gewesen seien, Mosse, The Fascist Revolution, 142. Ansätze zu diesen Gedanken sind bereits zu finden in: Miller Lane, Architecture and Politics in Germany 1918–1945. Nichtsdestotrotz kann zwischen der Akzeptanz einer Stilvielfalt in Italien respektive in Deutschland ein deutlicher Unterschied erkannt werden: So erscheint es als paradigmatisch, dass in Deutschland 1934 an der Eröffnung der Ausstellung Aeropittura (Berlin, Eröffnung 28.3.1934) trotz der Schirmherrschaft von Göring, Goebbels und Rust und trotz ihrer angekündigten Teilnahme die politische Elite nicht präsent war, Mussolini hingegen noch 1934 der modernen Architektur Rückendeckung gab, als er die Architekten des Bahnhofs von Florenz (den Gruppo Toscano unter Leitung Giovanni Micheluccis) und der Stadt Sabaudia (Cancelotti, Montuori, Piccinato, Scalpelli) nach einer hitzigen Debatte unter den Abgeordneten demonstrativ in den Palazzo Venezia einlud und dies durch eine Pressemitteilung öffentlich machte: „Comunicato Stefani“, 10.6.1934, und Stenogramm von Mussolinis Rede an die Architekten, „Non aver paura di aver coraggio“, 10.6.1934, je wiederabgedruckt in Carli (Hg.), Architettura e Fascismo, 77–78, Anm. 1, und 95–96. Vgl. auch Antonio Muñoz’ Kommentar dazu in idem, Roma di

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Mussolini, 444–447. 1937 ist ein weiteres Stichdatum: Im Oktober wurden die Sieger des zweiten Wettbewerbs für den Palazzo Littorio verkündet. Zwar werden unter den Modernen nur noch Moretti und Ridolfi lobend erwähnt (Terragnis Gruppe nicht), doch von einer ausschließlichen Bevorzugung der Traditionalisten kann man nicht sprechen. Die Zeichen zugunsten der modernen Architekten werden aber selten, eines der letzten ist der Empfang von Terragni und Lingeri 1938 durch Mussolini, um das Projekt für das Danteum vorzustellen. Ebenso sind Beispiele anzuführen, die Mussolinis Vorliebe für traditionelle Architektur zeigen, zum Beispiel sein Auftrag an Piacentini, den Masterplan für die Città universitaria auszuarbeiten (1932) oder Projekte mit imperialem Gestus wie die Piazza Augusto Imperatore (Mitte 1930er Jahre), doch erst in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre und im Hinblick auf die E’42 sollte sich Mussolini eindeutig für Piacentini als führenden Architekten und damit für einen am Klassizismus orientierten Architekturstil entscheiden. Bestimmt mangelt es jedoch an Beweisen für die Feststellung Bruno Zevis, „Der Zusammenbruch der M.I.A.R. kommt einer Niederlage der Moderne in Italien gleich.“, Zevi, Giuseppe Terragni, 56. 54 sventramenti = Schleifung, Kahlschlagsanierung. Vgl. dazu v.a. Cederna, Mussolini urbanista; Insolera, Roma fascista nelle fotografie dell’Istituto Luce. In seiner Rede vom 31.12.1925 spricht Mussolini von der Terza Roma und zitiert damit Mazzini, der den Begriff seinerseits 1849 formte. Nach dem Rom der Kaiser und dem der Päpste sollte gemäß Mazzini nun ein Rom des Volkes folgen und Zentrum des (in Zukunft) wiedervereinigten Italiens werden, was 1871 durch die Verlegung der Hauptstadt von Florenz nach Rom auch geschah. Sventramenti beschränkten sich nicht auf Rom; über den Städtebau Mailands in den 1930er Jahren vgl. etwa Baltzer, „Lo spirito nuovo“, 58–63. 55 Zur Geschichte der Via della Conciliazione vgl. Piacentini, Spacarelli, „Dal Ponte Elio a S. Pietro“, 5–26. 56 Vgl. Cederna, Mussolini urbanista, XI. 57 Marcello Piacentini, „Grande Roma“ (1925), hier zit. nach Etlin, Modernism in Italian Architecture, 1890–1940, 392. 58 Der Plan wurde unter dem Titel Piano regolatore di Roma 1931 publiziert (Governatorato [Hg.], Mailand; Rom: Treves, Treccani, Tumminelli 1931) sowie in Capitolium (Virgilio Testa, „L’urbanistica e il Piano regolatore di Roma“, März 1932, 173–185), und in Emporium (Arturo Bianchi, „Il nuovo Piano Regolatore di Roma“, Oktober 1933, 223–235). Ab April 1930 arbeitet eine urbanistische Kommission mit u. a. Armando Brasini, Cesare Bazzani, Gustavo Giovannoni, Alberto Calza-Bini, Antonio Muñoz am neuen Städte­ bauplan, der denjenigen von 1909 ersetzen sollte. Insolera bezeichnet Muñoz als einen der Hauptverantwortlichen, Insolera, Roma moderna, 127. Der Auftrag von Mussolini war, sechs Monate später den Plan vorzulegen, was am 28.10.1930 geschah. Am 6.7.1931 wurde der Plan per Dekret angenommen, vgl. ibid. 59 Zu den wichtigen Demolierungen und Freilegungen während des Faschismus gehörten (mit jeweiligem Eröffnungsdatum): Via del Mare, 28.10.1928; Largo Argentina, 21.4.1929; Kapitol, 28.10.1930; Fori Imperiali, 28.10.1932; Via dell’Impero, 28.10.1932; Marcellustheater, 28.10.1932; Via dei Trionfi, 28.10.1933; Foro Mussolini: die offizielle Einweihung fand am 4.11.1932 statt, bis 1934 waren auch die meisten übrigen Bauten fertiggestellt; Augustusmausoleum: Abbrucharbeiten begannen am 22.10.1934 und dauerten drei Jahre, die das Mausoleum umgebenden neuen Bauten waren 1940 fertiggestellt; Via della

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Anmerkungen

Conciliazione: Die Beseitigung der spina, die zum freien Blick vom Tiber bis zu St. Peter führte, brauchte nur ein Jahr (23.10.1936 bis 8.10.1937); einen definitiven Abschluss fanden die Arbeiten aber erst 1950. 60 Kostof, The Third Rome, 24. 61 Für einen Überblick über die zerstörten Objekte zwischen 1870–1950 siehe ibid., 78–79. 62 „organizzazione igienica in difesa della salute del popolo.“, Mussolini, „La nuova Roma“ (31.12.1925), 47. In dieser Rede verkündete Mussolini auf dem Kapitol die Gründung des Governatorato und ernannte Filippo Cremonesi zum ersten Statthalter Roms. Aus diesem Grund wandte sich Mussolini in seiner Rede explizit an den Statthalter und sprach über Rom als Stadt der Tradition, dem Fundus der Zukunft. Der Statthalter ersetzte zusammen mit seinem Stab den Bürgermeister und dessen Mitarbeiter; alle, d.h. der Statthalter wie auch sein Stab, waren von Mussolini direkt per Dekret eingesetzt und nicht wie die bisherigen Beamten gewählt, unterstanden direkt dem Innenminister und dadurch implizit dem Duce, Mussolini. Der Statthalter besaß fast uneingeschränkte Macht: „Il governatorato significò […] la totale fascistizzazione dell’amministrazione capitolina, ai cui reggitori erano conferiti poteri speciali e assoluti.“, Insolera, Roma moderna, 119. 63 „[…] ho trovato un quartiere indescrivibile! orride strade e viuzze infette, discese ripide fiancheggiate da stambugi, corridoi viscidi popolati da bruchi umani, vecchie gialle e livide che inchiodano sui passanti i loro occhi di strega“, Mussolini, Rede vor dem Senat über den piano regolatore del 1931, Februar 1932, in: Muñoz, „La Roma di Mussolini“, 220. 64 Ibid., 221. Man denke an die Losung „Licht, Luft und Sonne“, die vor dem Hintergrund medizinischer Erkenntnisse wie etwa der Entdeckung des Tuberkelbazillus 1882 für das Neue Bauen verwendet wurde. Vgl. dazu auch Sigfried Giedions Büchlein Befreites Wohnen (1929, Orell Füssli, Zürich), Umschlag. 65 Hölscher, „Historische Reliefs“, 351. 66 Kostof, The Third Rome, 18. 67 Bianchi, „Il nuovo piano“, 223. Der Vergleich zwischen Mussolinis Rom und dem der Cäsaren und der Päpste wurde immer wieder angestellt. Auch Muñoz zieht den Vergleich, der tonangebend ist für seine umfangreiche Bilddokumentation, die zugleich Propagandaschrift von einem der Hauptverantwortlichen der sventramenti ist: „È giusto […] nella storia delle vicende edilizie dell’Urbe, registrare a grandi lettere l’epoca di Mussolini, come sono ricordate nei secoli quelle di Augusto, di Leone X, di Sisto V. Solo l’energia di un grande reggitore poteva attuare in così breve tempo un rinnovamento così profondo.“, Muñoz, Roma moderna, Vorwort, o. S. 68 „Mi è consentito di dire civis romanus sum oggi.“, Mussolini, „Per la cittadinanza di Roma“ (21.4.1924), 234. 69 Vgl. Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, 80. Octavian wurde erst ab 27 v. Chr. nach seinem von ihm gewählten Zunamen Augustus genannt; da im Faschismus aber generell von Augustus die Rede ist, verwende ich hier ausschließlich diesen Namen. 70 Zanker, Augustus und die Macht der Bilder, 110. 71 Vgl. ibid., 85. 72 Vgl. ibid., 87. 73 Sueton, Das Leben der römischen Kaiser, 100.

III  Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike

74 „Tra cinque anni Roma deve apparire meravigliosa a tutte le genti del mondo: vasta, ordinata, potente, come fu ai tempi del primo impero di Augusto.“, Mussolini, „La nuova Roma“ (31.12.1925), 48. Auch wenn Rom, was die Einwohnerzahl anbelangt, nicht die antike Größe erreichte, so verdoppelte sich die Zahl der Bewohner doch von knapp 700.000 im Jahr 1921 auf zirka 1.400.000 im Jahr 1941, vgl. Muñoz, Roma di Mussolini, 122, und Insolera, Roma moderna, 143. 75 Benton, „Das römische Reich entsteht wieder“, 120. 76 Simoncini, „Roma restaurata“, 1–2. Weiterführende Literatur zu den tiefgreifenden Veränderungen Roms unter Sixtus V.: Fagiolo, Madonna (Hgg.), Sisto V, Bd. 1: Roma e il Lazio; Sette (Hg.), Architetture per la città; Schiffmann, Roma felix. 77 Simoncini, „Roma restauratà“, 5. 78 Governatorato (Hg.), Documentazione fotografica delle più importanti opere di trasformazione edilizia e di sistemazione archeologica volute dal Duce per il maggiore splendore di Roma. Aktueller Statthalter (governatore) war Principe Piero Colonna, Initiator der Publikation hingegen mag Giuseppe Bottai gewesen sein, Statthalter Roms in den Jahren davor (1935–1937) und damit Verantwortlicher der Bauarbeiten dieser Jahre, u. a. der Via della Conciliazione. Zur Rolle des Statthalters vgl. S. 284, Anm. 62. 79 „moltissime fotografie degli esterni ed interni da demolire“, Kostof, „The Emperor and the Duce“, Anm. 2. 80 „Sua Maestà il piccone“, Emporium, „Numero dedicato alla Roma di Mussolini“, Oktober 1933, 221. 81 Beat Wyss zum Verhältnis des Faschismus zur Vergangenheit: „In der Ära Mussolinis vollzog sich Roms Ewige Wiederkehr. Auszulöschen war dabei die Geschichte zwischen Antike und Jetzt.“, Wyss, Der Wille zur Kunst, 201. 82 Painter, Mussolini’s Rome, 16. 83 Benton, „Humanism and fascism“, 97. 84 Zur Geschichte der Verschiebung des Obelisken und seiner Bedeutung vgl. Simoncini, „Roma restaurata“, 46, Anm. 56. Die ägyptischen Obelisken waren Kultsymbole des Sonnengottes. 85 Benton, „Das römische Reich ersteht wieder“, 121. 86 „Tutto quello che di grande, di bello, di venerabile è rimasto, noi lo conserviamo non solo, ma lo aumentiamo / … demoliamo tutte le casupole infette, facciamo i diradamenti necessari a tutti i fini / diamo del sole, della luce e dell’aria al popolo“, Mussolini, Rede vor dem Senat, Februar 1932, in: Emporium, Oktober 1933, 221. 87 Diers, Schlagbilder, 9. 88 Die Männlichkeit war Mussolini ein wichtiges Anliegen. Er war darauf bedacht, dass er auf Fotos möglichst maskulin in Erscheinung trat, unter Umständen zog er dafür auch seine Oberkleider aus, wie zum Beispiel auf der Foto, die ihn während einer Schaueinlage als Bauer zeigt. 89 Benton, „Das römische Reich entsteht wieder“, 121. 90 Seit 1475 findet alle 25 Jahre ein Anno Santo statt, außerdem wurde 1929 (Patti Lateranensi) und 1933 (1900 Jahre seit der Wiederauferstehung) ebenfalls ein Heiliges Jahr gefeiert, vgl. Fagiolo, Madonna (Hgg.), Roma 1300–1875. 91 „In realtà, il francobollo è oggi il mezzo figurativo piú stringato e concentrato di propaganda, quasi un manifesto murale ridotto ai minimi termini, dal quale il substrato

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Anmerkungen

sociale e politico si rivela con estrema chiarezza e pregnanza. Ed è anche il mezzo figurativo di propaganda piú capillarmente diffuso, sia nei diversi strati della società, cioè a livello locale, sia, in senso orizzontale, per i suoi destinari situati in un sistema terminale che ignora distanze e frontiere.“, Zeri, „I francobolli italiani“, 290. Zur Rolle der Briefmarke in der Propaganda generell (mit weiterführender Bibliografie) vgl. Hanisch-Wolfram, Postalische Identitätskonstruktionen; speziell zur Briefmarke als Propagandamittel in Zusammenhang mit der Antikenrezeption vgl. Schumacher, „Augusteische Propaganda und faschistische Rezeption“, 307–333; vgl. Scriba, Augustus als Schwarzhemd?, 188–191. Zu einem „Briefmarkenprojekt“ Aby Warburgs vgl. Charlotte Schoell-Glass, „Idea vincit? Das humanistische Projekt Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (1926–1929)“, 57–74. 92 Vgl. dazu Maron, Die römisch-katholische Kirche von 1870 bis 1970, N220, N245. Mussolini erreichte 1928 die Auflösung fast aller katholischer Jugendvereine, Pius XI. konnte aber durchsetzen, dass die Azione Cattolica bestehen blieb, wenn auch unter der Bedingung, dass sie sich aus politischen Aktivitäten heraushielt, vgl. auch Klinkhammer, „Mussolinis Italien zwischen Staat, Kirche und Religion“, 73–90. 93 Vgl. Felice, Mussolini il Duce, 248. Seit 1926 bestand die Freizeitorganisation unter dem Namen „Opera Nazionale Balilla“ und umfasste sowohl die 8–14jährigen („Balilla“) als auch die 14–18jährigen („Avanguardisti“). 94 Interessant ist in diesem Zusammenhang, was Ernst Gombrich in seiner Warburg-Biografie schreibt: „Den Gegensatz zwischen den brutalen Machtsymbolen der Faschisten und dem Rückzug des Papstes auf eine rein symbolische Domäne betrachtete er [Warburg] als ein weiteres Glied in der langen Kette des menschlichen Weges zur Aufklärung.“, Gombrich, Aby Warburg, 371. Gombrich führt Warburgs Interesse an der Kirchengeschichte auf den starken Eindruck zurück, den die Piazza San Pietro auf Warburg ausübte, als er erlebte, wie Papst Pius XI. nach Unterzeichung der Lateran­ verträge das Volk segnete. Tatsächlich scheint es, wie Georges Didi-Huberman gezeigt hat, als würde Warburg in der Tafel 78 des Mnemosyne-Atlas u. a. durch die Gegenüberstellung des Konkordats zwischen Vatikan und Staat einerseits und Raffaels „Messe von Bolsena“ andrerseits auf „den erschreckenden Tenor eines Paktes, den ein faschistischer Diktator mit dem harmlosen ‚Hirten‘ der Katholiken schließt“, verweisen, Didi-Huberman, „Ästhetik und Ethik – Das Bild brennt“, 293. 95 Ein anderer Akt, welcher Mussolini auf eine Stufe mit dem Papst hebt und in zahlreichen Bildern festgehalten wurde, ist Mussolinis Auftreten auf dem mit faschistischen Insignien geschmückten Balkon des Palazzo Venezia, die Auftritte des Papstes auf dem mit den päpstlichen Insignien geschmückten Balkon der zentralen Loggia von St. Peter paraphrasierend. 96 Vgl. dazu Cars, Pinon, Paris Haussmann; Jordan, Die Neuerschaffung von Paris; Moncan, Mahout, Le Paris du Baron Haussmann; Sagave, „Die Metropole Paris vom Zweiten Kaiserreich zur Fünften Republik“, 89–92. 97 Die Reaktion der italienischen Bevölkerung auf die sventramenti herauszufinden, erweist sich als fast unmöglich; im Gegensatz zu Paris unter Napoléon III. existieren keine Karikaturen oder Berichte, die einen Aufschrei der Empörung zeigen. In einem Artikel, vom Statthalteramt Rom publiziert, wird immerhin auf mögliche Gedanken der Bewohner Bezug genommen, vgl. Cecchi, „Psicologia delle demolizioni“, 31–38.

III  Der Duce im Wettstreit mit Papst und Antike

  98 „Dall’Impero all’Impero. Idea e realizzazione della Mostra Augustea (Nostra intervista col prof. Giglioli)“, in: Il Popolo d’Italia, 22.9.1937, 3.   99 Hobsbawm, Nationen und Nationalismus, 50. 100 Ibid., 110. 101 „Da Augusto a Mussolini. Le Mostre imperiali inaugurate dal Duce“, in: Il Regime Fascista, 24.9.1937, 1. Neu war 1937 die Bezugnahme auf die Antike nicht, der Faschismus bediente sich von Beginn weg symbolischer Anleihen aus der römischen Antike (vgl. „fascismo“ von „fascies“), neu war hingegen die Form: Ausstellungen, die wie aufgeklappte Geschichtsbücher nebeneinander liegen. 102 „Espressione e sintesi di due imperi“, Il Messaggero, 24.9.1937, 1. 103 „Perpetuità di Roma: La Mostra Augustea della Romanità e la Mostra della Rivoluzione Fascista“, Galassi Paluzzi, Perpetuità di Roma. 104 „L’alto significato delle due mostre, e quello della contemporaneità delle due cerimonie è chiaro. L’una mostra attesta che tutta la civiltà occidentale dipende dall’Impero che Roma seppe creare […] L’altra mostra attesta che i figli di Roma […] hanno iniziato, sotto la guida di un Condottiere romano, una nuova eroica gesta degna delle maggiori compiute dall’Alma Madre“, ibid., 3. 105 „[…] sviluppo e tendenze della ricerca archeologica in relazione alle finalità storiche e nazionali del fascismo.“, Giulio Quirino Giglioli, Direktor des Istituto di Studi Romani, auf dem Kongress „per le Istituzioni fasciste di Cultura“ in Bologna. Über die Person Giglioli vgl. Manacorda, „Per un’indagine sull’archeologia italiana durante il ventennio fascista“, 443–470. Die Beziehungen italienischer Altertumswissenschaftler – untereinander und zu den deutschen Kollegen – und die Verflechtung ihrer Forschung mit der Ideologie des faschistischen Regimes skizziert Canfora, Politische Philologie, 206–210. 106 „L’interesse maggiore dell’indagine storica consiste […] nella possibilità di ritrovare negli avvenimenti e nei personaggi del passato prodromi, annunci, presentimenti del tempo nostro.“, Bottai, L’Italia di Augusto e l’Italia di oggi, 1. 107 Wyss, Der Wille zur Kunst, 205. Zum Augusteum, seiner Funktion als Tonhalle, der Freilegung und Rückführung in ein „monumento funerario“ vgl. Capitolium, März 1937, 145– 180. 108 „una Mostra […] che sia un quadro sintetico possente“, „[…] non solo l’illustrazione dell’età di Augusto, ma una rievocazione completa della vita romana“, Giglioli, „La Mostra Augustea della Romanità“, 135–143, speziell 141 und 129. Zur MAR sei außerdem auf folgendes Übersichtswerk hingewiesen: Museo della Civiltà Romana (Hg.), Dalla mostra al museo. 109 „[La MAR] ricorda il tramandarsi dell’idea imperiale romana attraverso gli spiriti magni, fino alla risurrezione dell’Italia come Nazione unita e indipendente e alla risurrezione, dopo quindici secoli, dell’impero stesso di Roma, per opera Vostra, o Duce.“, Mostra Augustea della Romanità, Bimillenario, o.D. [1939?], VII. 110 Giulio Quirino Giglioli, in: Mostra Augustea della Romanità, Augustus-Ausstellung, o.D. [1937], 6. Giglioli begründet die ausschließliche Verwendung von Kopien mit technischen, konservatorischen und finanziellen Problemen beim Ausstellen von Originalen und hebt die daraus entstehende „opportuna omogeneità“ hervor (Giglioli, „Mostra Augestea della Romanità“, XIV). Kivelitz knüpft daran an, wenn er darauf hinweist, dass das Zeigen von Kopien dazu beitrug, „von den verschiedenen Materialien und

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Anmerkungen

Erhaltungszuständen zu abstrahieren und die Exponate in einer imaginären Ort- und Zeitlosigkeit zu einen.“, Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 185. Völlig aufgehoben wird die Zeitdistanz von 2000 Jahren, so meine ich, erst in der Fotomontage der Sala XXVI (s. dazu weiter unten). 111 Zur Bedeutung von romanità im Faschismus vgl. verschiedene Publikationen von Canfora, u. a. „Classicismo e facismo“, 85–112; Cagnetta, Antichisti e Impero fascista; Gentile, „Fascism as a political religion“, 229–251; Visser, „Fascist Doctrine and the Cult of the Romanità“, 5–22; Nelis, „Constructing Fascist Identity“, 391–415. Friedemann Scriba widmet sich dem Aspekt der romanità im Kontext der MAR, idem, Augustus im Schwarzhemd, 234–249, speziell 240. 112 Ob der Grund dafür im geringen Interesse Mussolinis an der Figur von Augustus liegt, bleibe hier dahingestellt; vgl. dazu Nelis, „Constructing Fascist Identity“, 391–415, speziell 405–406. 113 Vgl. Scriba, Augustus im Schwarzhemd, u. a. 101, 138, 140. 114 Ibid., 158–175. 115 Der Führer erschien u. a. auch auf deutsch: Mostra Augustea della Romanità, Augustus-Ausstellung zur Verherrlichung des römischen Weltreiches, Zweitausendjahrfeier der Geburt des Kaisers Augustus, Rom: Colombo, o.D. [1937]. Bereits im April 1938 kündigt Giglioli die dritte Auflage des kleinen Führers an, der in mehreren Sprachen erschien. Gleichzeitig wurden 300.000 Faltblätter in 24 (!) Sprachen verteilt, vgl. ACS, PCM 14.1.918 (1937– 1939): ms [o.T.] von Giglioli, [15.?] April 1938, 2. 116 Diese und folgende Angaben zu den Aktivitäten während des anno augusteo aus ACS, PCM (1934–1936), Fasc. 5.2.2552 (Mostra Augustea). 117 Geplant war die Schließung der Ausstellung auf den 23.9.1938, exakt ein Jahr nach der Eröffnung, zum Geburtstag Augustus’. Tatsächlich wurde die MAR zweimal verlängert und schließlich am 6.11.1938 geschlossen, Istituto di studi romani, Museo dell’Impero (Hgg.), Convegno augusteo. 118 Ara Pacis Augustae, Altar des augusteischen Friedens, dem Kaiser vom Senat 13 v. Chr. geweiht aus Anlass der Siege über Spanien und Gallien. Der Altar mit seinen Fresken ist eines der ganz frühen Beispiele öffentlicher Selbstdarstellung eines römischen Herrschers, vgl. Rossini, Ara Pacis. 119 ACS, PCM 14.1.918 (1937–1939). 120 Scriba, Augustus im Schwarzhemd, 197–198. 121 „completo assenteismo dei visitatori“, Antonio Pinca, „Organizzazione del servizio della Mostra“, 11.12.1940, ACS, PNF, Carteggio del Direttorio, b. 274, fasc. Mostra Anno XX. 122 Gazzetta del Popolo, 24.9.1937, 1: „Tra i segni dell’antica e della risorta grandezza. Il fondatore dell’impero ha inaugurato le Mostre di Augusto e della Rivoluzione Fascista“. 123 Vgl. z.B. den Brief von Salvatore Floris vom 11.10.1933, Delegato della Confederazione Nazionale Fascista della Gente del Mare e dell’Aria, an Achille Starace, in dem er u. a. schreibt: „La notizia del rinvio della data di chiusura della Mostra della Rivoluzione ha comunicato a tutti gli italiani una gioia grandiosa e veramente sincera perchè contenuta in silenzio nel cuore. […] Perchè, Eccellenza, non lasciare perenne, inamovibile, come un monumento di grandezza il nostro Altare della Rivoluzione? […] Perchè non lasciare come una basilica la Mostra della nostra Vittoria?“, ACS, PNF,

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DN, serv. vari, b. 331. Am 30.10.1933 antwortet Giovanni Marinelli, kaufmännischer Leiter der MRF 1932, Salvatore Floris: „Per volontà del DUCE la MOSTRA DELLA RIVOLUZIONE FASCISTA è diventata permanente.“, ACS, PNF, DN, serv. vari, b. 331. Vgl. etwa: Mailand, V. Triennale, 1933, Pressepavillon, Architekt Luciano Baldessari; Chicago, Weltausstellung, 1933, italienischer Pavillon, Architekten Adalberto Libera und Mario De Renzi; Brüssel, Weltausstellung, 1935, italienischer Pavillon, Architekten Adalberto Libera und Mario De Renzi. Eine ausländische Referenz ist ohne Zweifel auch Benno von Arents „Haus der Deutschen Arbeit“ (Berlin 1934), dessen Portikus vier monumentale Hämmer bilden, analog zu Liberas und De Renzis fasci (MRF 1932). „tinta del colore del Tevere e della terra di Roma“, Gazzetta del Popolo, 24.9.1937, 1. La Rivolta und La Vittoria von Publio Morbiducci. Die vier Statuen sind je zwei Kopien der beiden gefangenen Barbaren, die sich heute in den Musei Capitolini, Rom, befinden. Mostra Augustea della Romanità, Bimillenario, 3. „[…] l’ordine del Duce e la nostra intenzione È DI FARE UNA MOSTRA NON UN’ESPOSIZIONE; quindi […] non una raccolta del maggior numero di oggetti creando così uno di quegli insieme elefantiaci, […] ma appunto una Mostra come fu quella della Rivoluzione Fascista che tutti avrete visitato, uscendone tutti pieni di ammirazione e – diciamolo altamente – di profonda commozione; una Mostra […] tanto singolare da colpire profondamente il nostro animo e il nostro cuore“, Giglioli, „La Mostra Augustea della Romanità“, 141. „Duecento plastici, più di tremila calchi, innumerevoli fotografie, piante, iscrizioni, sono perfettamente sufficienti a documentare l’altissimo grado di civiltà raggiunto da Roma, a provarci come fin nelle più lontane regioni del mondo allora conosciuto giungesse il suo benefico impulso, come tutto l’Occidente e il Settentrione europeo debbano a lei l’origine del loro viver civile.“, Mostra Augustea della Romanità, Bimillenario, V–VI. Als Beitrag zum Primat der italienischen Kultur (respektive zum Revisionismus) wurde auch Edoardo Persicos Sonderbeilage zu Domus gesehen, Arte Romana (1935), wie der Herausgeber von Gebrauchsgraphik schreibt: „Ein Buch mit wunderbaren Bildern römischer Plastiken […]. Der Text versucht nachzuweisen, dass die römische Kunst frei von hellenistisch-mykenischen Einflüssen sei. Es ist also ein Angriff gegen die bisherige Anschauung der gesamten Kunstwissenschaft.“, Frenzel, Gebrauchsgraphik, 34. Vgl. Mostra Augustea della Romanità, Bimillenario, XII und 370: „Un grande evento si compie. L’Italia ha finalmente il suo impero. Impero di pace perchè l’Italia vuole la pace per sè e per tutti […]“; „L’Italia è stata romana per la prima volta, dopo quindici secoli, nella guerra e nella vittoria, deve essere ora romana nella pace […]“ (Inschriften in der Sala XXVI – Immortalità dell’idea di Roma e rinascita dell’impero fascista). Im Umfeld der Feierlichkeiten erschien eine ganze Serie von Publikationen, die sich mit dem Wirken von Augustus und dessen Auswirkungen bis in die Zeit des Faschismus beschäftigen. Verschiedene Zeitschriften widmeten dem Thema eine ganze Nummer. Zwei davon sind aufgrund ihres Stellenwertes innerhalb der Presse, aber auch wegen ihrer besonders reichen Ausstattung mit Bildmaterial zu nennen: Italia Imperiale, März 1937; Emporium, September 1937. Weiter sei verwiesen auf zwei Publikationen prominenter Vertreter der Kultur und Ideologie im faschistischen Staat: Bottai, L’Italia di Augusto e

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Anmerkungen

l’Italia di oggi, 1937, und De Francisci, Augusto e l’Impero, 1937. De Francisci war Professor für römisches Recht und einer der Hauptideologen der romanità im Faschismus. 132 „la parola dei nostri poeti narra a tutte le genti il genio, la costanza, il lavoro, la forza della nostra stirpe“, Bartolozzi, „La Mostra Augustea della Romanità“, 2. 133 Die beiden Büsten und die Viktoria sind Werke des Bildhauers Attilio Selva. Die Viktoria ist die Kopie der Viktoria des Monuments für Nazario Sauro, eines irredentistischen Helden, vgl. dazu Scriba, Augustus im Schwarzhemd, 91. Einen Vorläufer des Saals kann man erkennen im „Gründungssaal“ des italienischen Pavillons an der Weltausstellung 1935 in Brüssel von Adalberto Libera und Mario De Renzi, der, als Teil raumhoher Fotomontagen, unter anderem eine Viktoria und einen Fries italienischer Baudenkmäler zeigte. 134 Ibid., 67. 135 Vgl. Scriba, Augustus im Schwarzhemd, 92. 136 Mostra Augustea della Romanità, 69, 71. Der Name des Bogens der Philänen nimmt Bezug auf die Geschichte zweier Brüder aus Karthago, „welche durch edelmütige Selbstaufopferung für ihr Vaterland die Grenzen desselben erweitert haben“ (Meyers Konversations-Lexikon, 1888, 995): Im Streit um die Grenzlinie zwischen Karthago und Kyrene schickten beide Seiten Gesandte aus. Da, wo sie aufeinandertreffen würden, sollte die neue Grenze verlaufen. Die von Karthago ausgeschickten Philänen kamen viel weiter und drangen weit ins Gebiet von Kyrene vor, worauf sie beschuldigt wurden, zu früh gestartet zu sein. Um ihre Unschuld zu beweisen, ließen sie sich auf der neuen Grenzlinie lebendig begraben. 137 Scriba verkürzt den dargestellten Sachverhalt folgendermaßen: „Daneben ein Bild Sciutis, das die Goldspende der Frauen während des Punischen Krieges darstellt und vergleicht mit dem Glauben der italienischen Königin und jeder italienischen Frau.“, Scriba, Augustus im Schwarzhemd, 92. Eine neuere Untersuchung zur Goldspende ist: Terhoeven, Liebespfand fürs Vaterland. 138 Italia Imperiale, Spezialnummer der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, März 1937. 139 Ruggero Michahelles, Künstlernamen Ram und Micaelles (z.B. in Italia Imperiale, März 1937), Maler und Illustrator, im Umfeld des Futurismus aktiv wie sein Bruder Ernesto Michahelles, genannt Thayaht (Künstler, Entwerfer, Gestalter und Bildhauer [Dux, 1929]). 140 Mostra Augustea della Romanità, 103–104, Tav. XXXIII. 141 Reklame Lanital, in: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1937, o. S. 142 Auch als antike Skulpturen erkennbare Büsten, Köpfe, Tiere, gesichtslose Statuen oder Schilder wurden immer wieder als Verweis auf die Vergangenheit in die Produktewerbung montiert. Vgl. dazu auch Arbeiten von Bruno Munari, etwa für Snia Viscosa, in: Hájek, Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari. My futurist past, 124–125. 143 Reklame der Banca Commerciale Italiana, in: La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Mai– Juni 1937, o. S. 144 Levi-Montalcini, Mollino, Pifferi, „Civiltà“, 1–3. 145 Wunder des Lebens, Berlin, 23.3.–5.5.1935. 146 Carboni, Exhibitions and Displays. 147 Le Corbusier, Ausblick auf eine Architektur, 111.

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148 Italia Imperiale, Spezialnummer der Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Mailand: März 1937; Fotos des Istituto Nazionale Luce (Stefano Bricarelli, Federico Patellani, Lucio Ridenti, Bruno Stefani); Illustrationen von Bramante Buffoni, Erberto Carboni, Paolo Garretto, Ruggero Michahelles (Micaelles), Marcello Nizzoli, Mario Sironi. 624 Seiten, 45 × 38 cm, zahlreiche Illustrationen, u. a. Fotomontagen und Fotografien; der Text ist Italienisch. Stilistische und thematische Parallelen zu den Fotomontagen in Italia fascista in cammino (1932) sind nicht zu übersehen. 149 Jorio, „Geistige Landesverteidigung“, in: Historisches Lexikon der Schweiz. 150 Nizzolis Montagen sind jeweils gepaart mit einer ganzseitigen Fotografie von auffallender Ästhetik, z.B. einer Gruppe von Kindern, aus der Vogelperspektive aufgenommen. Es ist jedoch unklar, ob die Doppelseite die Arbeit Nizzolis ist oder ob die Redaktion des Buches diese verantwortete. 151 Pohlmann, „El Lissitzkys Ausstellungsgestaltungen in Deutschland“, 63. 152 Ibid. Dabei muss festgehalten werden, dass Pohlmanns supponierter Schlusspunkt im Gebrauch der Fotomontage in der Ausstellung Gebt mir vier Jahre Zeit! nicht ganz stimmt; mindestens in den Ausstellungen Ewiges Volk (München etc., 1937–1939) und Gesundes Leben – Frohes Schaffen (Berlin, 24.9.–6.11.1938) kam das Medium Fotografie, auch in der Form der Fotomontage, nochmals zum Einsatz. 153 Jeffrey Schnapp schreibt über die zwischen 1937 und 1939 unverändert modern und mit häufig großen Fotomontagepaneelen gestalteten Ausstellungen im Circus Maximus (Mostra Nazionale delle Colonie Estive e dell’Assistenza all’Infanzia, Mostra del Tessile Nazionale, Prima Mostra del Dopolavoro, Mostra Autarchica del Minerale Italiano): „[there is] nothing passéist about either themes of the shows […] or the ways in which architects […] carried out their work.“ Einzig eine Rückbesinnung auf autochthone Themen und Materialien sei zu erkennen, doch, wie auch die Fassade der MAMI zeige, bei gleichzeitiger Modernität: Der Adler auf der Fassade ist mit Aluminium verkleidet, dem modernen Material par excellence: „the material is the message and massage“, vgl. Schnapp, „Mostre“, 83 und 86, Anm. 26.

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Bibliografie

Dokumente in folgenden Archiven wurden konsultiert: Como: Centro Studi Giuseppe Terragni (CSGT), Archiv Giuseppe Terragni Mailand: Azienda Elettrica Municipale (AEM), Archivio fotografico Mailand: Biblioteca Trivulziana, Archiv Pier Maria Bardi Paris: Fondation Le Corbusier Parma: Università degli Studi di Parma, Centro Studi e Archivio della Comunicazione (CSAC), Archiv Marcello Nizzoli Rom: Archivio Centrale dello Stato (ACS); Bibliothek Rom: Archivio Storico Istituto Luce c/o Fratelli Alinari Rom: Biblioteca di Archeologia e Storia dell’Arte (BiASA) Rom: Biblioteca di storia moderna e contemporanea (BSMC) Rom: Biblioteca Nazionale Centrale di Roma (BNCRM) Rom: Biblioteca Romana Sarti Rom: Privatbibliothek Giorgio Ciucci, Accademia di San Luca Rovereto: Museo di Arte Moderna e Contemporanea di Trento e Rovereto (MART) www.archivioluce.it Vatikanstadt: Biblioteca Apostolica Vaticana

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Bibliografie

Folgende Zeitungen und Zeitschriften wurden im Hinblick auf das Forschungsthema konsultiert: „900“. Quaderni d’Italia e d’Europa / Cahiers d’Italie et d’Europe Architettura e Arti Decorative Architettura. Rivista del Sindacato nazionale fascista architetti Campo Grafico. Rivista di Estetica e di Tecnica Grafica Capitolium. Rassegna mensile del Governatorato Casabella (zweitweise auch Casabella-Costruzioni, Costruzioni-Casabella, La Casa bella) Civiltà Fascista Corriere della Sera Critica Fascista. Rivista quindicinale del Fascismo Dedalo. Rassegna d’Arte La Difesa della Razza. Scienza, documentazione, polemica, questionario Domus Emporium. Rivista mensile illustrata d’arte e di cultura Formes. Revue internationale des arts plastiques Gazzetta del Popolo Gioventù Fascista Graphicus. Rivista mensile delle arti della stampa L’architettura. Cronache e storia L’Illustrazione Italiana L’Illustrazione Italiana. Supplemento Illustrazione del Popolo. Supplemento della „Gazzetta del Popolo“ Il Messaggero L’Occhio quadrato Oggi L’Ordine Fascista. Polemica. Rassegna mensile di cultura, politica, finanza Pègaso. Rassegna di lettere e arti Il Popolo d’Italia Quadrante Rassegna di architettura. Rivista mensile di architettura e decorazione Rassegna Italiana politica, letteraria & artistica Il Regime Fascista La Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“ Roma fascista. Settimanale del G.U.F. dell’Urbe Il Selvaggio (battagliero fascista) Valori Primordiali Valori Plastici. Rivista d’Arte

Quellen

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Bildnachweise

Abb. 1, 14: ACS, PNF, Ufficio Prop., Attività del Duce: ohne Nr.; CD 7, busta 9, fasc. 11 (1932), Nr. 041686. Abb. 2, 150: Silva, Kunst und Ideologie, 32, Abb. 44; Abb. 25. Abb. 3, 4, 7, 122, 146, 186, 187–188: Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, April 1937, o.S.; November 1937, o.S.; 30.10.1932, 7; November 1935; November 1933, 13, Ausschnitt; November 1937, o.S.; November 1933, Titelblatt ; Mai/Juni 1937. Abb. 5: Monguzzi, Studio Boggeri, 20, Abb. 2. Abb. 6, 21, 26, 28–29, 35, 37, 39, 45, 51, 52, 54, 57: Nationale Faschistische Partei (Hg.), Ausstellung der faschistischen Revolution, farbiges Insert, o. S.; 68+69; 126; 129+130; farbiges Insert, o. S.; 38; 25; o. S.; 64–65; 151; Umschlag; Umschlag. Abb. 8–10, 153, 171: Istituto Luce, Mostra di architettura n[sic]azionale alla Galleria di Roma: 29. 03. 1931, Fiche 150, A28045; A 28067; A 28033; o. A.; Fiche 428, A 76180. Abb. 11, 12: Adkins, Erwin Blumenfeld, 129; 136. Abb. 13: Bajac, Ottinger, Dreamlands, 98. Abb. 15, 17: ACS, Album 6 (MRF 1932), fasc. 175: ohne Nr; 2. Abb. 16, 76, 185: L’Illustrazione Italiana, 17. September 1933, Titelblatt; o. S.; Numero speciale „Berlino Roma“, 1161. Abb. 18–20, 22, 36, 42, 47–48, 53: ACS, scatola 202 (MRF 1932): 15; ohne Nr.; 2; 7; 174; 178; 175; 164; 4. Abb. 23: ACS (MRF 1932), AS0001-0003706. Abb. 24, 164: Bardi, Belvedere dell’architettura italiana d’oggi, 1933, o.S. Abb. 25, 27: ACS, scatola 202bis (MRF 1932), 96; 107. Abb. 30–32, 34, 41: Lissitzky-Küppers (Hg.), El Lissitzky, Abb. 209; Abb. 206 + 208; Abb. 212; Abb. 223. Abb. 33: Komitee des Sowjet-Pavillons auf der Internationalen Pressa-Ausstellung (Hg.), Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, Leporello. Abb. 39, 46: ACS, scatola 203 (MRF 1932), 172; 168. Abb. 40: Crispolti (Hg.), Futurismo 1909–1944, 461. Abb. 43: Werkbund-Ausstellung Paris 1930, hg. von Annemarie Jaeggi, o.S. Abb. 44: Cauman, Das lebende Museum, 83. Abb. 49, 131–134, 149: Archiv Autorin. Abb. 50: Willmann, Geschichte der Arbeiter-Illustrierten Zeitung 1921–1938, 170, Abb. 158.

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Bildnachweise

Abb. 55: Falkenhausen, „Mussolini architettonico“, 248, Abb. 8. Abb. 56, 116: Czech, Doll (Hgg.), Kunst und Propaganda im Streit der Nationen 1930–1945, 75; 94. Abb. 57, 117: Criscenti, D’Autilia (Hgg.), Autobiografia di una nazione, 235. Abb. 58: Russo, Il fascismo in mostra, 122. Abb. 59, 163: Istituto Nazionale L.U.C.E., Italia fascista in cammino, 1932, Umschlag; 86. Abb. 60, 66, 67, 190: Guida Ricciardi, 1936: 342, o. S., o. S., 312. Abb. 61: Gazzetta del Popolo, 23. Oktober 1932, Titelblatt. Abb. 62, 72, 156–157, 183, 191-195: Italia Imperiale. Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, Mailand: März 1937, o.S. Abb. 63, 74, 75: Rivista Illustrata del „Popolo d’Italia“, November 1933, 13; 48–49; November 1937, o.S. Abb. 64, 128, 154, 155: Quadrante, Nr. 5, September 1933, 3; 3; Nr. 14/15, Juni/Juli 1934, 37 (Ausschnitt); Nr. 3, Juli 1933, 3; Nr. 18, Oktober 1934, 7. Abb. 65: Zeri, „I francobolli italiani“, Abb. 423. Abb. 68–71: Tupitsyn, Klutsis und Kulagina, 127; 126; 53; 125. Abb. 73, 78, 79, 85–96: Gargano, Italiani e stranieri alla MRF, Turin 1935: alle o.S. Abb. 77: Arbeiter Illustrierte Zeitung, Sondernummer: Antifaschistische Aktionseinheit, Nr. 40, 4. Oktober 1934, Titelblatt. Abb. 80, 81, 82–84: Gargano, Italiani e stranieri alla MRF, Turin 1935, [S. 27]; 92–93; 62 + 85; 147. Abb. 97, 99, 101: Frederick Kiesler. Artiste-architecte, 14; 29; 46. Abb. 98, 100: Internationale Ausstellung neuer Theatertechnik, 75; 24–25. Abb. 102–103: Lissitzky-Küppers (Hg.), El Lissitzky. Maler, Architekt, Typograf, Fotograf, Abb. 216; Abb. 215. Abb. 104, 106, 108, 129, 145: Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Hg.), Marcello Nizzoli, 254; 251; 254; 256; 264. Abb. 105, 110, 118: CSAC Parma, Marcello Nizzoli, Collab. Edoardo Persico, Castello Pubblicitario, 1934, 15 (115-3); 6 (115-3); 10 (115-3). Abb. 107, 109, 125, 144: Veronesi, Edoardo Persico. Tutte le opere (1923–1935), Bd. 2 (architettura), 2 + 4; 7; 9. Abb. 111, 112, 127: Casabella, Januar 1933, Titelblatt; Mai 1933, 2–3; August 1934, 7. Abb. 113, 114, 147, 151–152: AEM, Archivio Fotografico, „Illuminazione speciale, Piazza del Duomo“, Inaugurazione Esposizione dell’aeronautica italiana, 16.6.1934, 112–113; Anniversario della rivoluzione fascista, 28. 10. 1933, 143; 144; 148. Abb 115: L’Ala d’Italia, April 1934, Titelblatt. Abb. 116: Fagone, Baldessari, 72. Abb. 119, 121, 124, 126, 130: Fondazione Bernocchi, Palazzo dell’Arte (Hgg.), Esposizione dell‘aeronautica italiana, 22; Umschlag; 172; 88; 170. Abb. 120: Carboni, Exhibitions and Displays – Ausstellungen und Vorführungen – expositions et présentations – esposizioni e mostre, 29; 15, Abb. 7. Abb. 123: Peter Hahn, Xanti Schawinsky, 120. Abb. 135: Valori Primordiali (Mailand, Rom: Edizioni Augustea 1938), Titelseite. Abb. 136, 137, 138–139: Caramel (Hg.), L’Europa die razionalisti, 83. Abb. 140: Caramel (Hg.), L’Europa die razionalisti, 87 Abb. 141: Monguzzi, Studio Boggeri, 30, Abb. 2. Abb. 142–143: Campo Grafico, November/Dezember 1935, 248; November 1934, 244.

Bildnachweise

Abb. 148: Vercelloni, La Storia del paesaggio urbano, 55, Abb. 138. Abb. 158–162: Governatorato (Hg.), Documentazione fotografica delle più importanti opere di trasformazione edilizia. Abb 165: Insolera, Roma fascista nelle fotografie dell’Istituto Luce, 167. Abb. 166–167: Alfano, Garìn Llombart (Hgg.), I Borgia, 176–177. Abb. 168–169: Marra, Anni Santi 1300–2000, o. S. Abb. 170: ACS, PCM, 14. 1. 918 (1937–1939). Abb. 172, 177: Architettura, November 1938, 657. Abb. 173–174: ACS, CD 29, Mostra Album 007-035 (MRF 1937), 91; 92. Abb. 175–176, 178: Kivelitz, Die Propagandaausstellung in europäischen Diktaturen, 530; 530; 530. Abb. 179–180, 181, 184: ACS, Rom, Mostra Augustea, Serie Fotografica, Misc., Album 86. Abb. 182: Mostra Augustea della Romanità, Tafel LXXV. Abb. 189: Levi-Montalcini, Mollino, Pifferi, „Civiltà“, in Domus, Februar 1936, 1–3. Abb. 196: Hájek und Zaffarano (Hgg.), Bruno Munari, 115.

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Namensregister

Ades, Dawn 24 Adorno, Theodor W. 30 Albini, Franco 153 Alexander VI., Papst 194 Alfieri, Dino, eigentlich Alfieri, Edoardo 20, 51–53, 56, 90, 204 Ancillotto, Giovanni 153 Andersen, Hans Christian 22–23 Andreotti, Libero 34, 62 Apolloni, Bruno Maria 208 Arena, Giacomo 23 Arrigotti, Enrico, auch Arrigo genannt 77, 85, 161, 165 Atget, Eugène 15 Augustus, römischer Kaiser, auch Augusto oder Octavian 16, 105, 120, 165, 184–187, 191, 196–199, 201–202, 206, 208, 212, 214–216, 224 Bachtin, Michail 139 Balbo, Italo 18, 143, 145 Baldessari, Luciano 42, 143–145, 149 Balla, Giacomo 23 Banfi, Gian Luigi 149, 154 Bardi, Pier Maria 27, 41–48, 51, 67, 115, 185 Barr, Alfred H. Jr. 127 Barthes, Roland 13 Battistelli, Lorenzo 116 Baumeister, Willy 131 Bayer, Herbert 84–85, 131, 135, 151, 214, 217 Bazzani, Cesare 45, 203 BBPR 149, 154–158, 185 Behrens, Matthias 171

Belgioioso, Lodovico Barbiano di 149, 154 Benevolo, Leonardo 62 Benjamin, Walter 15, 17, 23, 90, 97 Benton, Tim 187, 192–193 Bernini, Gian Lorenzo 183, 190 Bertelli, Carlo 10–11, 62 Bertelli, Renato 98 Bianchi, Arturo 186 Bill, Max 165 Boccioni, Umberto 23 Boehm, Gottfried 10 Boggeri, Studio 25, 165–166, 222–223 Bologna, Achille 34–35 Bontempelli, Massimo 57, 81, 178–180 Bosse, Abraham 108 Bottai, Giuseppe 21, 198 Bottoni, Piero 26 Bracque, Georges 23 Bragaglia, Anton Giulio 23 Bragaglia, Arturo 17, 23 Brasini, Armando 45 Buchloh, Benjamin 23 Buffoni, Bramante 134, 219 Burchartz, Max 131 Butignol (Vorname unbekannt) 181 Caligula, römischer Kaiser 192 Canetti, Elias 176 Carboni, Erberto 25, 108–109, 11–112, 145–149, 217–218, 223–224 Carli, Carlo Fabrizio 48 Carminati, Antonio 135, 168, 185 Carrà, Carlo 23, 47

Namensregister

Carrese, Vincenzo 102, 173 Carugati, Ernesto 167 Cäsar, römischer Kaiser 165 Castagneri, Mario 23 Cazzaroli, Giambattista 116 Ciano, Galeazzo 20–21 Cicero, Marcus Tullius 204 Citroen, Paul 47–49 Ciucci, Giorgio 62–63 Clausetti, Paolo 149 Colombo, Luigi, siehe Fillìa Corradini, Enrico 21 Costantini, Costantino 191 Costantini, Paolo 10 Crescenti, Luca 11 Croy, Otto 24, 32, 36–37 D’Annunzio, Gabriele 105, 209 D’Autilia, Gabriele 11, 15–16 Dammange, René 116 Dante Alighieri 209 de Beauvoir, Simone 55 De Bono, Emilio 18 De Felice, Renzo 11, 14, 133 De Filippis, Federico 160 De Fusco, Renato 62 De Luna, Giovanni 11 De Renzi, Mario 54, 57, 63–67, 203 De Seta, Cesare 45, 62–64 Depero, Fortunato 17, 23, 27 Di Fausto, Florestano 212 di Modrone, Herzog Marcello Visconti 140, 142 Diers, Michael 33 Dinale, Ottavio 58 Dini, Dante 68 Disdéri, André Adolphe-Eugène 17, 22 Domela, César 24, 38 Dradi + Rossi 165, 166 Dröge, Franz 181 Duce (auch Dux), siehe Mussolini, Benito Eiermann, Egon 224 Elena, italienische Königin 212, 214 Eliasson, Olafur 142

Ercole, Pilot 154 Ernst, Max 25 Etlin, Richard 182 Fariello, Francesco 208 Figini, Luigi 42, 158, 185 Fillia, eigentlich Colombo, Luigi 160 Fiori, Cesare 84 Fontana, Domenico 192 Fontana, Lucio 159, 165, 168, 192 Forster, Kurt W. 163 Freddi, Luigi 20, 51 Frizot, Michel 163 Gargano, Francesco 113–115, 117–118, 120– 123, 125 Garibaldi, Giuseppe 61 Garretto, Paolo 219 Gentile, Emilio 172 Ghirardo, Diane 64, 161–162 Ghiringhelli, Virginio 153, 164 Ghyka, Matila 164 Gidal, Tim 144–145, 163 Giedion, Sigfried 184 Giglioli, Giulio Quirino 109, 198–201, 208 Giovannoni, Gustavo 45, 183 Glaser, Curt 24 Goebbels, Joseph 30 Goglia, Luigi 11, 14 Gräff, Werner 24 Griffini, Enrico Agostino 174 Gropius, Walter 135, 150–151, 158 Grosz, Georg 23, 32, 36, 47–48, 131 Gruppo 7 42 Gruppo Carminati 135 Gruppo Milanese 185 Gruppo Quadrante 185 Haffenrichter, Hans 151 Hausmann, Raoul 23, 36 Haussmann, Georges-Eugène Baron 183, 196 Heartfield, John 23, 27, 29–30, 32–33, 36, 47–48, 112–113, 131 Hemken, Kai-Uwe 127

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Namensregister

Henriot, Philippe 116 Hitler, Adolf 30–31, 177, 193, 223 Hobbes, Thomas 108 Hobsbawm, Eric 196 Höch, Hannah 23–25, 131 Hölscher, Tonio 185 Huber, Max 25, 165 Kemp, Wolfgang 97 Kiesler, Friedrich 81, 126–131, 135, 145, 158 Kivelitz, Christoph 20, 153, 154 Klinkhammer, Lutz 179 Klutsis, Gustav 23–24, 29, 32–33, 37–38, 71, 107–112 Konstantin, römischer Kaiser 165, 210, 214, 216 Koselleck, Reinhart 15 Kostof, Spiro 184, 190 Lana, Danilo 116 Lang, Fritz 220 Lanzardo, Liliana 11, 14 Lawrence, Martin M. 22 Le Bon, Gustave 16, 100, 178, 180 Le Corbusier 64, 218 Le Goff, Jacques 13–14 Le Gray, Gustave 17, 22 Le Grix, François 116 Lenin, Wladimir Iljitsch 70, 74 Lessing, Gotthold Ephraim 90 Levi-Montalcini, Gino 216–217 Libera, Adalberto 41–43, 54, 57, 63–67, 95, 124, 203 Lingeri, Pietro 42, 168, 185 Lissitzky-Küppers, Sophie 131–132 Lissitzky, El 23, 29, 71–74, 76, 82–84, 107, 127, 131–132 Lista, Giovanni 10, 24–25, 33 Livius, Titus 204 Locatelli, Antonio 154 Luce, auch L.U.C.E. oder Istituto Luce 16–17, 19–21, 48, 91, 191, 219 Ludwig, Emil 60

Macchiavelli, Niccolò 209 Macho, Thomas 98–99 Magistretti, Pier Giulio 174 Majakowski, Wladimir 23 Malaparte, Curzio 179 Marangoni, Guido 133–134 Marchi, Virglio 81, 83 Marinelli, Giovanni 167–168 Marinetti, Filippo Tommaso 47, 57, 160 Martinati, Luigi 106 Matteotti, Giacomo 19 Mattioli, Guido 144 Mehring, Walter 47 Melchiori, Alessandro 178, 204 Melnikov, Konstantin, auch Melnikoff 75, 81, 83 Meyer, Peter 159 Meyerhold, Wsewolod 127–128 Micaelles, siehe Michahelles Michahelles, Rugero Alfredo, auch Micaelles oder Ram 213–214, 216–217, 219–220 Mies van der Rohe, Ludwig 151 Minnucci, Gaetano 42–42 Mittelholzer, Walter 143 Möbius, Hanno 23, 30–33, 35 Modiano, Guido 133 Moholy-Nagy, László 24–25, 27, 47–48, 50 Mollino, Carlo 217 Monaco, Vincenzo 206, 208 Morgagni, Manlio 109 Morpurgo, Vittorio 201 Mosse, Georg 144 Müller, Michael 181 Munari, Bruno 25–27, 33, 100, 102, 142, 164, 222–223 Münzenberg, Willi 30 Mussolini, Arnaldo 21, 41 Mussolini, Benito, auch Duce und Dux 9, 16–21, 26, 31, 41, 43–45, 48–55, 57–58, 60–61, 64–66, 76, 85, 88, 91, 96, 98–102, 106, 111–112, 114–116, 123, 133, 140, 143– 145, 162–163, 168, 171–174, 176, 178–187, 186–187, 189, 191–19, 197–205, 208–210, 212, 215, 219, 223 Muzio, Giovanni 76, 133, 140, 174

Namensregister

Napoleon III., französischer Kaiser 183, 196 Nicoli, Tullio 168 Nizzoli, Marcello 27, 36, 62, 68–71, 76, 100, 109, 133–137, 139, 144, 149–153, 158–159, 161, 163–168, 185, 219–220 Nützenadel, Alexander 172 O’Neill, Eugene 81 Olivetti 68 Oppo, Cipriano Efisio 51, 80 Pagano, Giuseppe 41, 45, 48, 50, 62–63, 134, 140, 148–149, 154, 155 Painter, Borden 191 Paladini, Vinicio 159, 165 Palanti, Giancarlo 206 Paniconi, Mario 206 Pannaggi, Ivo 17, 23, 25 Panter, Peter, siehe Tucholsky, Kurt Papini, Roberto 60, 74–75 Parisio, Giulio 27 Pasquali, Antonio 135 Pasta, Ferdinando 148 Patellani, Federico 219 Pediconi, Giulio 206 Pelizzari, Maria Antonella 10, 25 Peressutti, Enrico 149, 154 Persico, Edoardo 36, 59, 63, 100, 133–140, 144, 149–154, 158–160, 164–165, 168, 214 Petrarca, Francesco 209 Petrucci, Franco 206 Piacentini, Marcello 45, 48, 51, 57, 183, 210 Piacentini, Pio 64 Picasso, Pablo 23 Piccio, Pier Ruggero Graf 154 Pifferi, Emilio 217 Pirandello, Luigi 57 Plinius, Gaius Caecilius Secundus 204 Pohlmann, Ulrich 29, 72, 74, 77, 223–224 Polano, Sergio 126 Pollini, Gino 41–42, 185 Ponti, Giò 137 Popowa, Ljubow 127–128 Portaluppi, Piero 174 Prampolini, Enrico 98, 160

Price, William Lake 22 Puppo, Ernesto 41 Quaroni, Ludovico 208 Quintavalle, Arturo Carlo 35 Radice, Mario 162, 164 Ram, siehe Michahelles Rasch, Bodo 24 Rasch, Heinz 24 Reggiani, Mauro 153 Reggiori, Ferdinando 140 Reich, Lilly 151 Rejlander, Oscar Gustav 22 Rhò, Manlio 153, 164 Ricas, Riccardo 25, 101–102, 142 Rifkind, David 164 Rjasanzew, Igor W. 74 Robinson, Henry Peach 22 Rodtschenko, Alexander 23, 32–33, 95 Rogers, Ernesto Nathan 149, 154 Romano, Giovanni 133–134, 149 Roosevelt, Franklin D. 30 Rosai, Ottone 47 Russo, Antonella 10–11 Saliva, Ernesto 168, 185 Salomone, Oreste 153–154 Sansoni, Gugliemo, siehe Tato Sarfatti, Margherita 21, 51, 58, 60–61, 88, 90 Sauerländer, Willibald 10 Scalpelli, Alfredo 203 Schawinsky, Xanti 25–29, 76, 147, 149–150, 214, 217 Schmidt, Joost 151 Schnapp, Jeffrey T. 64, 66, 77, 79 Schwitters, Kurt 81 Scipio, Publius Cornelius Africanus 165 Scriba, Friedemann 200 Selva, Attilio 208 Senkin, Sergej 23, 29, 71–74, 76, 107 Severini, Gino 23, 47 Sironi, Mario 34, 62, 76, 109, 149, 159, 168, 185, 219 Sixtus V., Papst 186–187, 192

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Namensregister

Sobieszek, Robert 24 Soffici, Ardengo 47 Soldati, Atanasio 153, 164 Speer, Albert 176–178 Stalin, Josef 9, 139 Staniszewski, Mary Anne 126, 152 Starace, Achille 20, 21, 104–106, 114, 133 Starl, Timm 22 Stefani, Agentur 49 Stefani, Bruno 219 Steichen, Edward 154 Stein, Sally A. 24 Stiewe, Willy 97, 229 Stroppa, Mario 176 Sueton, Gaius Tranquillus 187 Tato, eigentlich Sansoni, Guglielmo 17, 23, 27 Teige, Karel 22, 31–32, 37–38, 90 Teitelbaum, Matthew 37 Terragni, Giuseppe 42, 62–64, 68, 77–81, 83, 86–90, 96, 106–107, 110–112, 124, 126, 158, 161–168, 185, 205–206, 223 Terzago, Paolo Maria 84 Trajan, römischer Kaiser 165 Tschichold, Jan 25 Tucholsky, Kurt, auch Peter Panter 13 Turati, Mario 116

Umbehr, Otto, siehe Umbo Umbo, eigentlich Umbehr, Otto 95 Usellini, Guglielmo 34 Valente, Antonio 95, 124 Valtorta, Roberta 10 Vecchi, Ferruccio 179 Veronesi, Giulia 139 Veronesi, Luigi 9, 27, 31, 33, 35, 37–38, 162–163 Vietti, Luigi 168, 185 Vittorio Emanuele III., italienischer König 18, 53, 57, 187, 197, 209 von Moos, Stanislaus 165 Warburg, Aby 10, 39, 103, 193 Warnke, Martin 16 Wertow, Dsiga 131 Wiene, Robert 82 Wulz, Wanda 26 Zanker, Paul 16 Zannier, Italo 10, 19, 23, 34–35 Zevi, Bruno 62–63, 139, 150–151 Zimelli, Umberto 134

Dank

Mein inniger Dank geht an Stanislaus von Moos und an Kurt W. Forster, die mich über die Jahre loyal unterstützten; unzählige Gespräche und gemeinsame Projekte führten mich dahin, wo ich heute stehe. Für ihr konstantes Interesse an meiner Tätigkeit und ihren begeisternden Enthusiasmus, der weit über das Feld der Wissenschaft hinausreicht, bin ich ihnen dankbar. Als Membro am Istituto Svizzero di Roma konnte ich fernab vom Alltagsgeschehen den konzentrierten Einstieg in die Recherche vor Ort finden; das zweijährige Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds ermöglichte mir den Aufenthalt im Land meines Forschungsthemas. Dank den Stipendien der David Salomon Steinberg Stiftung und des Forschungskredits der Universität Zürich konnte ich, zurück in der Schweiz, die Arbeit in Ruhe zu Ende führen. Eine nicht zu unterschätzende Hilfestellung war der Arbeitsplatz, den mir das Peer Mentoring Programm der Universität Zürich während der Schreibphase zur Verfügung stellte. Vorträge und Kolloquien bildeten im Laufe der Jahre eine willkommene Gelegenheit, vorläufige Forschungsergebnisse zur Diskussion zu stellen. Ich danke besonders Thomas W. Gaehtgens, Uwe Fleckner und Gregor Wedekind für die Gespräche und Anregungen während des Studienkurses Heldenbilder. Protagonisten der Geschichte in Kunstwerken von der Aufklärung bis zur Gegenwart 2004 am Warburg-Haus in Hamburg, der mir nach einem Jahr intensiver Arbeit für die Architekturbiennale Venedig den Wiedereinstieg erleichterte. Fruchtbar waren auch die Begegnungen und Gespräche im Anschluss an meinen Vortrag am 9. Internationalen Bauhaus-Kolloquium in Weimar (2003), an der Tagung Revolutionsmedien-Medienrevolutionen sowie Totalitarian Communication: Hierarchies, Codes and Messages in Konstanz (2005 resp. 2009), am 10. Nachwuchskolloquium für Kunstgeschichte in der Schweiz (2006) sowie an der Bibliotheca Hertziana in Rom (2009); hier danke ich speziell Elisabeth Kieven für die Einladung sowie für fachspezifische Auskünfte. Über die Jahre haben mich viele Personen gefördert, sei es intellektuell, sei es praktisch. Ich danke an dieser Stelle besonders Wolfgang F. Kersten, der mich seit dem Studium immer wieder unterstützt hat. Herzlich danke ich auch Philip Ursprung, von dessen Anregungen ich insbesondere während der Zeit am gta (ETH) profitierte. Die Begegnung

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Dank

mit Horst Bredekamp an der Humboldt Universität zu Berlin noch während des Studiums war prägend. Peter von Matt hat mich mit seiner ansteckenden Begeisterung für Silben, Worte und Satzkonstruktionen das „Feilen am Text“ gelehrt und einen entscheidenden Hinweis zum Titel gegeben. Walter Binder hat mich großzügig mit Wissen und mit Schätzen aus seiner Bibliothek versorgt. Manon Gosselin (1960–2008) überraschte mich während meiner Zeit am Centre Canadien d›Architecture in Montréal (Canada) nicht nur mit mehrgängigen lunches aus dem unerschöpflichen Fotoarchiv des CCA, sie hat mich vor allem immer wieder mit ihrer Begeisterung angesteckt. Guido Comis, Thilo Koenig und Gisela Kurz danke ich für zahlreiche Hilfestellungen, Hinweise zu einzelnen Kapiteln respektive Durchsicht von Teilen des Manuskripts, Nicoletta Leonardi für ihr Engagement, das Buch in Italien herauszubringen, Carlo Vinti für seinen großzügigen Umgang mit seinen Forschungsergebnissen zur italienischen Designgeschichte, meinen Tutorinnen, speziell Stefanie Dufhues und Sarah Lili Frey, für Unterstützung in der Fertigstellung des Manuskripts. Bettina Gockel bin ich dankbar für ihre Zuversicht und unermüdliche Ermutigung im Hinblick auf dieses Publikationsprojekt sowie für vielfältige Hinweise zum Text. In Como waren Elisabetta Terragni und Kurt W. Forster immer wieder äußerst generöse Gastgeber; Grégoire Extermann bot mir in seiner Römer Wohnung wiederholt großzügig Gastrecht. Die Mitarbeiterinnnen und Mitarbeiter zahlreicher Bibliotheken und Archive haben mich mit ihrem Sachverstand in meiner Recherchearbeit bereitwillig unterstützt. Speziell erwähnt seien die Mitarbeitenden des Archivio centrale dello Stato (Rom), der Biblioteca Sarti (Accademia di San Luca, Rom), des Archivio Fratelli Alinari (Rom), des Centro Studi e Archivio della Comunicazione (Parma) und der Biblioteca Trivulziana (Mailand). Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Giorgio Ciucci, der mir seine Privat­ bibliothek geöffnet hat, vor allem aber auch bei Elisabetta Terragni, auf deren Hilfsbereit­ schaft ich bei meinen Recherchen zu Giuseppe Terragni zählen durfte; Laura Bianchi war mir im Centro Studi Giuseppe Terragni eine große Stütze; Maurizio Introini vom Archivio Fotografico der Azienda Elettrica Municipale (AEM) war immer äußerst hilfreich. Im Akademie Verlag hat mein Projekt Martin Steinbrück von Beginn an mit viel Engagement und ebenso viel Geduld begleitet; Petra Florath hat als Gestalterin der Reihe auch diesem Buch sein Kleid gegeben. Ohne meine Familie wäre das Manuskript nie abgeschlossen worden: Thomas Gasser hat in verschiedener Hinsicht und mit unerschöpflicher Geduld geholfen, schwierige Perioden zu überbrücken. Dazu gehörte nicht zuletzt die Übernahme der Mutterrolle, wenn ich einmal mehr abwesend war. Annelies Baltzer hat mit kritischer Intelligenz und bewundernswerter Ausdauer das Manuskript gelesen, inhaltliche und sprachliche Stolpersteine konnten dank ihr beseitigt werden. Beide, Annelies Baltzer und Thomas Gasser, begleiten meine Tätigkeit seit jeher mit motivierender Unterstützung und mit großem Interesse, wofür ich zutiefst dankbar bin.