Die Folgen der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern: Ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Organ [1 ed.] 9783428546817, 9783428146819

Bei der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern besteht eine Vielzahl von Anfechtungs- und Nichtigkeitsrisiken. Das Bedürfnis

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Die Folgen der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern: Ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Organ [1 ed.]
 9783428546817, 9783428146819

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Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 93

Die Folgen der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern Ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Organ

Von

Janna Friedrichs

Duncker & Humblot · Berlin

JANNA FRIEDRICHS

Die Folgen der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern

Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen

Band 93

Die Folgen der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern Ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Organ

Von

Janna Friedrichs

Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Osnabrück hat diese Arbeit im Jahre 2014 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2016 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 1614-7626 ISBN 978-3-428-14681-9 (Print) ISBN 978-3-428-54681-7 (E-Book) ISBN 978-3-428-84681-8 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Universität Osnabrück im Jahr 2014 als Dissertation angenommen. Literatur- und Rechtsprechungsnachweise konnten überwiegend bis 2015 aktualisiert werden. Entstanden ist die Arbeit im Wesentlichen während meiner Zeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Lehrstühlen von Herrn Prof. Dr. Dirk A. Verse, M.Jur. (Oxford) in Osnabrück und Mainz von 2010 bis 2012. Ihm gebührt besonderer Dank für die Anregung des Themas und die Betreuung der Arbeit. Herrn Prof. Dr. Lars Leuschner bin ich für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens verbunden. Ganz herzlich danken möchte ich meiner Familie für die Unterstützung während meiner gesamten Ausbildung. Ebenso danke ich Martin Zimmermann für sein Verständnis und seinen Rückhalt. Hamburg, im Dezember 2015

Janna Friedrichs

Inhaltsverzeichnis Einleitung

11

§ 1 Einführung und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

11

§ 2 Gründe für eine fehlerhafte Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gründe für die Fehlerhaftigkeit eines Hauptversammlungswahlbeschlusses II. Beispiele für Nichtigkeits- und Anfechtungsrisiken aus der jüngeren Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 16

§ 3 Terminologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

18

1. Teil Entwicklung und Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung

21

§ 1 Entwicklung der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

§ 2 Das BGH-Urteil vom 19.02.2013 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

2. Teil Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl unter kritischer Würdigung des BGH-Urteils vom 19.02.2013

26

§ 1 Generelle Auswirkung auf die Beschlussfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Rechtsfolgen fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse im Allgemeinen . . . . . II. Mängel im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26 28

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Aufsichtsratsbeschlüsse als Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einberufung nach § 111 III AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschlussvorschlag nach § 124 III 1 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Handeln des Aufsichtsratsvorsitzenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Hauptversammlungsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitwirkung bei der Anmeldung von Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . IV. Vorstandswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 111 IV AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31 32 32 35 37 38 39 40 41 44 45

8

Inhaltsverzeichnis VII. Zustimmung des Aufsichtsrats bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals VIII. Sorgfalts- und Treuepflichten, Haftungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Sorgfalts- und Treuepflichten trotz rückwirkend bzw. anfänglich nichtiger Bestellung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einordnung als Rückabwicklungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 47 47 50

§ 3 Zwischenfazit und Bewertung der aktuellen Rechtsprechung des BGH . . . . . . . 50 3. Teil Alternative Lösungsansätze (mit Ausnahme der Lehre vom fehlerhaften Organ)

54

§ 1 Ausnahme von der rückwirkenden Nichtigkeit bei erfolgreicher Anfechtung von Wahlbeschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 § 2 Beschränkte rechtliche Anerkennung von Beschlüssen infolge der Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . 55 § 3 Lösung über (analoge) Anwendung des § 104 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Direkte Anwendung des § 104 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Analoge Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Planwidrige Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleichbare Interessenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56 56 59 59 60 61

§ 4 Bestätigung des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung nach § 244 AktG . . 61 § 5 Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4. Teil Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

63

§ 1 Meinungsstand in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . I. Obergerichtliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Entwicklung des Meinungsstands in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Differenzierung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit? . . . . . . . . . . . .

63 63 63 66

§ 2 Dogmatische Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einbeziehung in die Lehre vom fehlerhaften Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – Entwicklung und Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Abgrenzung zur Lehre von der faktischen Gesellschaft . . . . . . . . . . b) Rückabwicklungsschwierigkeiten als Anlass für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67 69 69 70 71 72

Inhaltsverzeichnis

II.

9

d) Dogmatische Begründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Lehre von der Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen . . . . . . . . 74 cc) Von der Lehre von der Doppelnatur zu einem verbandsrechtlichen Institut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 2. Geltung der Lehre vom fehlerhaften Verband für den Beitritt . . . . . . . 76 3. Ausdehnung auf verbandsrechtliche Organisationsakte . . . . . . . . . . . . . 77 a) Rückabwicklungsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 b) Dogmatische Begründung – Differenzierungskriterien für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf andere Vorgänge als Gründung und Beitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 aa) Statuskriterium der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Differenzierung nach schuldrechtlicher und organisationsrechtlicher Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 cc) Abstellen auf einschlägige Strukturelemente . . . . . . . . . . . . . . . 81 dd) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 c) Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf Strukturänderungen als Beispiel für Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4. Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf die fehlerhafte Organbestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 a) Organisationsspezifische Rückabwicklungsschwierigkeiten als Grundlage für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Ausschluss der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband insbesondere infolge mangelnden Vermögensbezugs bzw. fehlender Vergleichbarkeit zum Beitritt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Herleitung der Voraussetzungen für eine Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehlerhaften Verband aus dem Geltungsgrund der Lehre vom fehlerhaften Verband als verbandsrechtliches Institut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 d) Institutionenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Kein übergreifendes Prinzip hinsichtlich fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 5. Teil Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

101

§ 1 Anwendungsbereich von Rechtsscheinsgrundsätzen neben der Lehre vom fehlerhaften Organ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 § 2 Abweichung von und damit Verstoß gegen die gesetzlich angeordnete rückwirkende/anfängliche Nichtigkeit des fehlerhaften Wahlbeschlusses bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

10

Inhaltsverzeichnis I. II.

Auswirkungen bei Strukturänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 Entsprechende Geltung für fehlerhafte Organbestellung? . . . . . . . . . . . . . . 108

§ 3 Ergebnis: Kein Verstoß gegen die gesetzliche Nichtigkeitsanordnung . . . . . . . . 110

6. Teil Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung der fehlerhaften Bestellung 111 § 1 Invollzugsetzung als Voraussetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 § 2 Einschränkungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Einschränkung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft . . . . . . . . . . . . 1. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen der Allgemeinheit . . . 2. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen besonders schutzwürdiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Einschränkung der Lehre vom fehlerhaften Organ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen der Allgemeinheit . . . 2. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen besonders schutzwürdiger Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

113 114 114 115 116 116 119

§ 3 Beendigung der Amtsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122

7. Teil Schluss

123

§ 1 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 § 2 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

Einleitung § 1 Einführung und Gang der Untersuchung Ist ein Hauptversammlungsbeschluss über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern anfänglich, § 250 I AktG, oder infolge erfolgreicher Anfechtung rückwirkend nichtig, §§ 241 Nr. 5, 250 I AktG, so stellt sich die in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus gerückte Frage, welche Auswirkungen dies auf die Amtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds und insbesondere die durch das Aufsichtsratsmitglied vorgenommenen Handlungen hat. Dies ist noch nicht geklärt. Während die fehlerhafte Bestellung von Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern ausführlich diskutiert und ein Bedürfnis für die Einschränkung der Nichtigkeitsfolgen im Grundsatz anerkannt ist, ist „die fehlerhafte Organstellung als allgemeines verbandsrechtliches Institut noch keinesfalls abschließend ausgelotet“, insbesondere hinsichtlich der Einbeziehung weiterer Organe.1 Dies hängt auch damit zusammen, dass sich eine intensivere Diskussion dieser Fragestellung erst relativ spät entwickelt hat. Wie Schürnbrand zu Recht festgestellt hat, bestand für diese Problematik „in früheren Zeiten offensichtlich ein weniger stark ausgeprägtes Sensorium“.2 Zur Nichtigkeit der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern sind gesetzlich in §§ 250–252 AktG, die die Differenzierung zwischen anfänglich nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen auf die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern erstrecken, nur Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe, Voraussetzungen und Modalitäten für deren Geltendmachung sowie die Urteilswirkung geregelt. Dagegen besteht keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der anfangs gestellten Frage; die Rechtsfolgen eines nichtigen oder auf Anfechtungsklage hin für nichtig erklärten Hauptversammlungsbeschlusses über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern, also die Auswirkung auf die Rechtsstellung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds, sind nicht normiert.3 1

Schürnbrand, Organschaft, S. 282. Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482. 3 Vgl. auch die zutreffende Entgegnung Grunewalds in der Diskussion des Referats Rieckers im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung 2013, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, 154, zu dem Verweis von Bergmann, Vorsitzender des II. Zivilsenats, auf die bloße Anwendung des Gesetzes im Grundsatzurteil des BGH vom 19.02.13, BGH NJW 2013, 1535, zu fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern (dazu sogleich im Text), Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151. Vgl. 5. Teil Fn. 21. 2

12

Einleitung

Nimmt man an, dass das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist oder auf Anfechtungsklage für nichtig erklärt wird, wie ein Nichtmitglied zu behandeln ist, so ergeben sich gravierende Konsequenzen für alle Beteiligten, insbesondere für die Gesellschaft, die Gesellschafter und den Rechtsverkehr. Handeln fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder für die Gesellschaft, kann dies aufgrund von Nichtigkeit der Rechtshandlungen fehlerhaft bestellter Mitglieder zu erheblichen Rückabwicklungsschwierigkeiten führen, wenn man aufgrund der anfänglichen bzw. rückwirkenden Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses die Unwirksamkeit der Amtsstellung annimmt, insbesondere die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht umfassend anwendet und auch keine anderweitigen Korrekturen vornimmt.4 Dies ist insbesondere der Fall, wenn fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung mitwirken. Es kann zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft kommen. Zu Rückabwicklungsschwierigkeiten kommt es insbesondere dann, wenn das Aufsichtsratsmitglied handelt, solange die Gesellschaft noch keine Kenntnis von einer möglichen Fehlerhaftigkeit hat. Aber auch wenn Anfechtungs- oder Nichtigkeitsfeststellungsklagen erhoben werden, ist das Handeln von potentiell fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern für die Gesellschaft gerade auch deshalb mit erheblichen Unsicherheiten und unkalkulierbaren Folgen verbunden, weil über diese Klagen oft erst nach mehrjähriger Verfahrensdauer rechtskräftig entschieden wird.5 So hat schon Lowe6 auf das „Dilemma“ hingewiesen, dass einerseits der Fortgang der Geschäfte der Gesellschaft die Wahrnehmung der organschaftlichen Funktionen erfordere, es andererseits aber ungewiss sei, ob die ergriffenen Maßnahmen Bestand hätten. Es droht nicht nur die Nichtigkeit der unter Mitwirkung der fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieder gefassten Beschlüsse selbst, sondern gegebenenfalls auch die Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der nachfolgenden Hauptversammlungsbeschlüsse, etwa bei Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder an der Einberufung.7 Mithin greift der Einwand, dass sich die Gesellschaft im Falle der Anfechtungsklage des Risikos der Vernichtung des Wahlbeschlusses bewusst sei,8 Vorstand und Aufsichtsrat spätestens kurz nach Ablauf der Monatsfrist zur Klageerhebung in Kenntnis darüber

4 s. unten 2. Teil, eine a. A. nimmt bei Aufsichtsratsmitgliedern keine gravierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten an. 5 Drygala, in: Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 33. 6 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 82, der allerdings meint, dieses lasse sich weitgehend insbesondere durch einen mangelfreien Bestätigungsbeschluss gem. § 244 AktG, s. dazu noch unten 3. Teil § 4, sowie durch Verzicht oder Aufschiebung bestimmter Maßnahmen lösen. 7 Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329, 2351; s. dazu im Einzelnen noch 2. Teil § 2 I. 8 Vetter, ZIP 2012, 701, 704.

§ 1 Einführung und Gang der Untersuchung

13

wären, dass die gerichtliche Prüfung des Beschlusses anstehe, insoweit nicht durch. Für Berufskläger ist damit die Anfechtung von Wahlbeschlüssen attraktiv, auch weil dort das Freigabeverfahren (§ 246a AktG) nicht zur Verfügung steht.9 Aufsichtsratswahlen gehören zu den am häufigsten angegriffenen Hauptversammlungsbeschlüssen.10 Für Pflichten, Haftung und Vergütung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds ist, teilweise unter Berufung auf die Lehre vom fehlerhaften Organ, und zwar auch im Sinne einer „gespaltenen Sichtweise“ 11, oder auf Wertungsgesichtspunkte, anerkannt, dass diese auch ein fehlerhaft bestelltes Mitglied treffen. Für eine „gespaltene Sichtweise“ der Lehre vom fehlerhaften Organ, d. h. keine vollumfängliche Gleichstellung der Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds mit der eines fehlerfrei bestellten Aufsichtsratsmitglieds, hat sich jüngst der BGH entgegen starker Tendenzen in Literatur und obergerichtlicher Rechtsprechung in seinem Urteil vom 19.02.201312 – im Unterschied zu seiner Rechtsprechung zum fehlerhaft bestellten Vorstand und zum besonde9 von Falkenhausen, FAZ vom 24.04.2013, S. 19; Happ, in: FS Hüffer, S. 293; Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 721 f. (Es trüge die Annahme, mit der Neuregelung durch das ARUG sei das Potential für sog. räuberische Aktionäre ausgeschöpft; auch nichteintragungsfähige Beschlüsse eröffneten reichlich Gelegenheit, um durch die Erhebung von Beschlussmängelklagen infolge der drohenden Nichtigkeit oder der langwierigen Unsicherheit darüber einseitige Vorteile zu erzielen. Ein gewichtiges Beispiel für streitrelevante Beschlüsse sei die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern.); so auch Schäfer, in: Veil, S. 97, 101, 110; Decher, in: Veil, S. 115, 130; vgl. auch Priester, GWR 2013, 175; von der Linden, EWiR 2011, 201. 10 Die Studien von Bayer/Hoffmann, ZIP 2013, 1193, 1200 ff.; Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897, 899 ff. sowie von Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329, 2351 kommen – auch wenn sie auf konträren methodischen Ansätzen und Vorgehensweisen beruhen – jedenfalls insoweit zu gleichen Ergebnissen, dass insgesamt gesehen ein Rückgang der Beschlussmängelklagen seit Inkrafttreten des ARUG festzustellen ist. Hinsichtlich der Anfechtung von Aufsichtsratswahlen ist es nach der von Bayer/Hoffmann/Sawada, ZIP 2012, 897 („Beschlussmängelklagen, Freigabeverfahren und Berufskläger“), veröffentlichten Studie bei den Zahlen von Gesellschaften, bei denen es zu Klagen gegen Aufsichtsratswahlen kam, in den Jahren 2007–2011 zu einem Rückgang gekommen, S. 900. Setzt man jedoch diese Zahlen in Bezug zur Gesamtzahl der von Beschlussmängelklagen betroffenen Gesellschaften (S. 899), so ergibt sich, dass der prozentuale Anteil der von Klagen gegen Aufsichtsratswahlen betroffenen Gesellschaften seit dem Jahr 2008 angestiegen ist (von 21,3% im Jahr 2008 auf 27,5% im Jahr 2011). Auch nach der Studie von Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329, 2337, 2351 ist ein starker (prozentualer) Anstieg bei der Anfechtung von Aufsichtsratswahlen zu beobachten. Vgl. auch Veil, Diskussionsbericht, in: Veil, S. 135 („Hochinteressant war die Beobachtung einiger Rechtsanwälte und Unternehmensjuristen, dass die „bekannten“ Anfechtungskläger vermehrt Beschlüsse angreifen würden, bei denen eine Freigabe nicht erfolge bzw. vorgesehen sei.“ Als Beispiele dafür wurden u. a. Wahlbeschlüsse genannt.); von der Linden, EWiR 2011, 201. 11 Formulierung nach Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132. 12 BGH NJW 2013, 1535.

14

Einleitung

ren Vertreter13 – ausgesprochen. Gerade für die Mitwirkung an der Beschlussfassung hat der BGH entschieden, dass das fehlerhaft bestellte Mitglied wie ein Nichtmitglied zu behandeln ist. Mit der „gespaltenen“ Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ hat der BGH „dafür gesorgt, dass die Anfechtung der Aufsichtsratswahl unerfreuliche Folgen für das Unternehmen hat“,14 auch wenn diese in besonders relevanten Fällen zum Teil durch die vom BGH vorgegebene Betrachtung im Einzelfall abgeschwächt werden. Dies geschieht durch eine Ausblendung der Rückwirkung des Anfechtungsurteils, was zu einem Nichtbestehen der Rückabwicklungsschwierigkeiten führen soll, und andere Einzelfallannahmen. Die Entwicklung der Rechtsprechung des BGH und insbesondere das Urteil vom 19.02.2013 soll zunächst dargestellt (Teil 1) und sodann im Rahmen einer Folgenbetrachtung kritisch gewürdigt werden (Teil 2). Im Anschluss sollen alternative Lösungsansätze zur Verhinderung (Vermeidung oder Einschränkung) der drohenden Rückabwicklungsschwierigkeiten mit Ausnahme der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ untersucht werden (Teil 3). Anschließend soll die Entwicklung der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ,15 die sich zunächst im Hinblick auf fehlerhafte Geschäftsleiter herausgebildet hatte, hin zu einer vollständigen, insbesondere auch die Mitwirkung an der Beschlussfassung umfassenden Gleichstellung der Rechtsstellung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder mit der fehlerfrei bestellter Aufsichtsratsmitglieder in der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung dargestellt werden (Teil 4 § 1). Mit einer solchen Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ könnte eine umfassende Lösung für die eingangs dargestellte Problematik gefunden werden. Zur Begründung dieser Lehre wird allerdings meist nur allgemein und ohne vertiefte dogmatische Begründung16 auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis oder die Lehre von fehlerhaften Dauerschuldverhältnissen verwiesen. Insbesondere dem Anliegen einer Einordnung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehler13 Zu möglichen Konsequenzen aus dieser Entscheidung für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf die genannten anderen Organe s. noch 2. Teil Fn. 161. 14 von Falkenhausen, FAZ vom 24.04.2013, S. 19. 15 Oft werden synonym auch die Bezeichnungen „Lehre vom fehlerhaft bestellten Organ“ oder „Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis“ verwendet. Vorliegend wird wegen der hier vertretenen Eingliederung in die „Lehre vom fehlerhaften Verband“ (zu dieser Bezeichnung näher unten) die parallele Bezeichnung „Lehre vom fehlerhaften Organ“, wie sie u. a. auch von Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 69; Habersack, Gutachten E zum 69. DJT, S. E 66 verwendet wird, gebraucht. Auf die Abgrenzung zum „faktischen“ Organ wird in der Einleitung § 3 eingegangen. 16 In der Diskussion des Referats Rieckers im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung 2013, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, hat der Vorsitzende des II. Zivilsenats Bergmann konstatiert, die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis bedürfte einer ausreichenden Begründung, welche nicht ersichtlich sei.

§ 2 Gründe für eine fehlerhafte Bestellung

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haften Verband soll im Rahmen dieser Arbeit nachgegangen werden. Entscheidend für die Frage, ob die Lehre vom fehlerhaften Organ auch auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder Anwendung finden kann, ist die dogmatische Einordnung dieser Lehre, die in Teil 4 § 2 herausgearbeitet werden soll. Anschließend sollen die Auswirkungen der Lehre vom fehlerhaften Organ dargestellt, sowie untersucht werden, ob diese sich mit der gesetzlich angeordneten anfänglichen Nichtigkeit von Wahlbeschlüssen nach § 250 I AktG und mit der Verweisung in § 250 I AktG auf § 241 Nr. 5 AktG, wonach die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses ex tunc eintritt, vereinbaren lassen (Teil 5). Danach sollen die Anwendungsvoraussetzungen der Lehre vom fehlerhaften Organ dargestellt sowie mögliche Einschränkungen dieser Lehre erörtert werden (Teil 6). Den Abschluss der Untersuchung bildet nach einem Fazit und Ausblick die Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse (Teil 7).

§ 2 Gründe für eine fehlerhafte Bestellung Nach § 101 I 1 AktG erfolgt die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern grundsätzlich durch einen Wahlbeschluss der Hauptversammlung, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach Mitbestimmungsrecht zu wählen sind, also durch einen korporationsrechtlichen Akt, und bedarf der Annahme des Gewählten.17 Das Organmitglied ist fehlerhaft bestellt, wenn ein rechtsgeschäftlicher Bestellungsakt vorliegt, dieser aber anfänglich oder infolge erfolgreicher Anfechtung nichtig ist.18 Die Anfechtbarkeit allein ist nach allgemeiner Ansicht unbeachtlich, solange der Wahlbeschluss nicht erfolgreich angefochten ist.19 Nachfolgend sollen unter I. Gründe für die Fehlerhaftigkeit eines Wahlbeschlusses dargestellt werden. Eine fehlerhafte Bestellung liegt auch dann vor, wenn die Entsendung (§ 101 II AktG) oder die Wahl durch Arbeitnehmer oder Delegierte nach mitbestimmungsrechtlichen Vorschriften fehlerhaft ist.20 Im Rahmen dieser Arbeit soll für die Betrachtung der Folgen der fehlerhaften Bestellung wegen der Bedeutung der Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung nach § 101 I AktG auf diese abgestellt werden, auch wenn sich die Ergebnisse ebenso auf die anderen Bestellungsformen übertragen lassen. Bei der Anfechtung der Wahl von Arbeitnehmervertretern nach § 22 MitbestG, § 11 DrittelbG, § 10 I MitbestErgG ist für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ bzw. alternativer Lö-

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Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 1, 61. Schürnbrand, Organschaft, S. 267; Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 68; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 107. 19 s. nur Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 68. 20 Vgl. dazu Habersack, in: MüKo, § 101 Rn. 68. 18

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Einleitung

sungsansätze ohnehin kein Bedarf, weil nach h. M. in diesen Fällen die Ungültigerklärung nur ex nunc wirkt21.

I. Gründe für die Fehlerhaftigkeit eines Hauptversammlungswahlbeschlusses Die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung kann aus den in § 250 I Hs. 1 AktG i.V. m. § 241 Nr. 1, 2 und 5 AktG und § 250 I Hs. 2 AktG genannten Gründen nichtig sein. Dazu zählen nach § 250 I Hs. 2 AktG der Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 96 IV, 97 II 1, 98 IV AktG über die Zusammensetzung des Aufsichtsrats (Nr. 1), die Nichtbefolgung von bindenden Wahlvorschlägen (Nr. 2), die Überschreitung der gesetzlichen Höchstzahl der Aufsichtsratsmitglieder nach § 95 AktG (Nr. 3), das Fehlen der persönlichen Voraussetzungen gemäß § 100 I, II AktG bei Beginn der Amtszeit (Nr. 4) und der Verstoß der Wahl gegen § 96 II AktG (Nr. 5)22. In Analogie zu § 250 I AktG soll

21 Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, § 22 MitbestG Rn. 18, 25, § 11 DrittelbG Rn. 7; Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 70; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 304; Gach, in: MüKo AktG, § 22 MitbestG Rn. 16 f.; Oetker, in: Erfurter Komm ArbR, § 22 MitbestG Rn. 4 i.V. m. Koch, in: Erfurter Komm ArbR, § 19 BetrVG Rn. 7; a. A. Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 101 Rn. 45; Säcker, Wahlordnungen zum Mitbestimmungsgesetz, Rn. 267 ff.; Säcker, ZfA 2008, 51, 73 ff. 22 § 96 II AktG wurde durch das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst vom 24.04.2014, BGBl. I S. 642, neu gefasst. § 96 II 7 AktG regelt, dass zwischenzeitlich erfolgte Wahlen insoweit nicht gegen das Mindestanteilsgebot verstoßen, als eine Wahl aus anderen Gründen für nichtig erklärt ist. Damit wird die Folgewirkung der Nichtigkeit der Wahl eingeschränkt. Nach Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, BT-Drucks. 18/4227, S. 25, soll der neu eingefügte Satz 7 verhindern, dass sich eine quotenkonforme Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds, in der Regel eines weiblichen Mitglieds, im Nachhinein aufgrund einer Nichtigkeits- oder Anfechtungsklage, die sich auf andere Gründe stützt, als von Anfang an nichtig erweist. Dies könnte gem. der Begründung dazu führen, dass die folgenden Wahlen, mit denen im guten Glauben auf die erfolgte Quotenerfüllung Männer bestellt worden sind, als quotenwidrig angesehen werden. Eine solche Kettenreaktion sei unangemessen und werde durch die Regelung verhindert. Eine Regelung dazu, dass die Nichtigkeit einer Wahl wegen Quotenwidrigkeit keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Beschlüsse und Rechtshandlungen des Aufsichtsrats hat, erschien gem. der Begründung verzichtbar. Es handele sich um eine allgemeine Frage der Rechtsfolgen der Wahlnichtigkeit, die nicht für einen speziellen und voraussichtlich zudem sehr seltenen Fall geregelt werden solle. Ferner wird in der Begründung des RegE, BT-Drucks. 18/3784, S. 122, darauf verwiesen, dass die Wirksamkeit des Beschlusses nur in Frage gestellt sei, wenn es für einen Beschluss gerade auf die Stimme des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds ankomme – s. dazu noch 2. Teil § 1 –, und dass dann die allgemeinen, im Urteil des BGH vom 19.02.13 herausgearbeiteten Regeln über die Wirksamkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen im Falle der Wahlanfechtung gelten würden. Letztere helfen allerdings im hier vorliegenden Fall der Nichtigkeit nicht weiter, s. dazu noch 2. Teil.

§ 2 Gründe für eine fehlerhafte Bestellung

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zudem ein Verstoß gegen § 105 AktG, also insbesondere die Wahl eines Vorstandsmitglieds in den Aufsichtsrat, die Nichtigkeit begründen.23 Der Wahlbeschluss ist nach § 241 Nr. 5 AktG auch dann nichtig, wenn er auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt worden ist. Gemäß § 251 I 1 AktG kann die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung wegen nicht zur Nichtigkeit führender Verletzung von Gesetz oder Satzung angefochten werden. Als Anfechtungsgründe kommen damit wie auch im Rahmen des § 243 I AktG sowohl Inhalts- als auch Verfahrensfehler in Betracht.24 Anfechtungsgründe können mithin z. B. Einberufungsmängel, die Verletzung von Mitteilungs- und Informationspflichten, der unzulässige Ausschluss von Aktionären oder Fehler bei der Feststellung des Beschlussergebnisses, etwa aufgrund der Nichtbeachtung von Stimmverboten, sein. Spezifisch die Wahl von Aufsichtsräten betreffende Anfechtungsgründe sind etwa der Verstoß gegen die in den §§ 127, 126 AktG normierte Pflicht, Wahlvorschläge von Aktionären zugänglich zu machen, und die Nichteinhaltung der gemäß § 100 IV AktG in der Satzung festgelegten persönlichen Voraussetzungen für Aufsichtsratsmitglieder.25 Umstritten ist dagegen, ob ein Verstoß gegen § 100 V AktG zur Anfechtbarkeit der Aufsichtsratswahl führt.26 Schließlich sieht § 251 I 2 AktG als speziellen Anfechtungsgrund das gesetzeswidrige Zustandekommen eines Wahlvorschlages vor, wenn die Hauptversammlung mitbestimmungsrechtlich an Wahlvorschläge gebunden ist. Die Anfechtbarkeit von Wahlbeschlüssen wird aktuell vor allem auch vor dem Hintergrund der Entscheidungen des BGH zur Anfechtung von Entlastungsbeschlüssen wegen Verstoßes gegen § 161 AktG kontrovers diskutiert.27 Ob sich diese Rechtsprechung auch auf Wahlbeschlüsse übertragen lässt, was gesteigerte Anfechtungsrisiken mit sich bringen würde, ist höchst umstritten.28

23 Stilz, in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 16; Hüffer, in: MüKo AktG, § 250 Rn. 18; Austmann, in: MüHdb GesR, Band 4, § 42 Rn. 170; Habersack, AG 2008, 98, 106. 24 Hüffer, in: MüKo AktG, § 251 Rn. 4. 25 Koch, in: Hüffer, § 251 Rn. 2. 26 Für Anfechtbarkeit etwa Habersack, AG 2008, 98, 102, 106; Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132; davon ausgehend auch OLG München NZG 2010, 784; LG München I NZG 2010, 464; a. A. z. B. Koch, in: Hüffer, § 100 Rn. 28, § 251 Rn. 2; Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 100 Rn. 62; Gruber, NZG 2008, 12, 14. 27 BGHZ 180, 9, 19 ff. – Kirch/Deutsche Bank; bestätigt von BGHZ 182, 272, 280 – Umschreibungsstopp; BGH NJW 2012, 3235, 3237; zuvor bereits LG Hannover NZG 2010, 744 – Continental/Schaeffler. 28 Dafür Habersack, Gutachten E zum 69. DJT, S. E 46 f. m.w. N., auch für die Gegenansicht; Habersack, in: FS Goette, S. 121 ff.; dagegen Hüffer, ZIP 2010, 1979, 1980.

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Einleitung

II. Beispiele für Nichtigkeits- und Anfechtungsrisiken aus der jüngeren Rechtsprechung Als Beispiel für Nichtigkeits- und Anfechtungsrisiken aus der jüngeren Rechtsprechung lässt sich etwa die Entscheidung des OLG Frankfurt29, das die Aufsichtsratswahl durch die Hauptversammlung der Deutsche Bank AG wegen Einladungsmängeln, § 121 III 2 AktG a. F., für nichtig erachtete, nennen.30 Das OLG Köln hat die Nichtigkeit von Aufsichtsratswahlen wegen Verstoßes gegen die Formerfordernisse des § 130 I AktG angenommen.31 Jüngst hat mit Urteil vom 18.12.201232 das LG Frankfurt a. M. die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung der Deutsche Bank AG wegen Verletzung des Rederechts als Ausprägung des Teilnahmerechts für nichtig erklärt.33 Diese Beispiele mögen das praktische Bedürfnis für eine Vermeidung der gravierenden Folgen von fehlerhaften Aufsichtsratswahlen illustrieren, die in Teil 2 im Einzelnen dargestellt werden.

§ 3 Terminologie Von einem fehlerhaft bestellten Organ spricht man, wenn zwar ein rechtsgeschäftlicher Bestellungsakt vorliegt, dieser aber fehlerhaft ist.34 Unter den Begriff des fehlerhaften Organs kann auch der Fall gefasst werden, dass erst nach fehlerfreier Bestellung nach Amtsantritt ein Nichtigkeitsgrund in Gestalt des Wegfalls der persönlichen Voraussetzungen eintritt.35 Begrifflich und sachlich ist vom fehlerhaft bestellten Organ das „faktische Organ“ zu unterscheiden36. Der Begriff faktisches Organ „im weiteren Sinne“ 37 29

OLG Frankfurt AG 2010, 637. Als weiteres Beispiel für einen zur Nichtigkeit der Beschlussfassung nach § 241 Nr. 1 AktG führenden Einladungsmangel kann LG Frankfurt a. M. NZG 2008, 792 – Leica Camera AG, s. auch OLG Frankfurt AG 2008, 745, angeführt werden. Es gilt allerdings zu berücksichtigen, dass seit Inkrafttreten des ARUG Einberufungsmängel, die auf einem Verstoß gegen § 121 III 3 AktG n. F. beruhen, nicht mehr zur Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse führen, § 241 I Nr. 1 AktG, sondern gegebenenfalls zur Anfechtbarkeit. Siehe dazu nur Verse, NZG 2009, 1127, 1131. 31 OLG Köln NZG 2008, 635. – Jüngst hat das LG München I NZG 2012, 1310, entschieden, dass zur Angabe der Art der Abstimmung in der Niederschrift einer Hauptversammlung nach § 130 II 1 AktG auch Ausführungen gehörten, wie das Abstimmungsergebnis ermittelt werde. Werde hiergegen verstoßen, sei der Beschluss nichtig. 32 LG Frankfurt a. M. AG 2013, 178. 33 Zu dem daraufhin in der außerordentlichen Hauptversammlung vom 11.04.2013 gefassten Bestätigungsbeschluss s. noch unten 3. Teil § 4. 34 Vgl. oben Einleitung; Schürnbrand, Organschaft, S. 267. 35 s. dazu Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 27 SEAG Rn. 23, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 11; Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 38. 36 Schürnbrand, Organschaft, S. 267; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 2 f.; Habersack/Foerster, in: Großkomm AktG, § 92 Rn. 39 f.; Voigt, Haftung aus 30

§ 3 Terminologie

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wird gewissermaßen auch als Oberbegriff für das fehlerhaft bestellte und das faktische Organ „im engeren Sinne“ 38 verwendet.39 Letzteres meint (jedenfalls) den Fall, dass es an einem Bestellungsakt gänzlich fehlt, also überhaupt keine rechtsgeschäftliche Grundlage vorliegt, der Betreffende jedoch tatsächlich Organfunktionen wahrnimmt.40 Aufgrund dieser wesentlichen rechtlichen Unterschiede (fehlerhafte bzw. gänzlich fehlende rechtsgeschäftliche Grundlage) ist es angezeigt, eine deutliche Trennung vorzunehmen,41 entsprechend der Entwicklung der Differenzierung zwischen fehlerhafter und faktischer Gesellschaft.42 Des Öfteren ist allerdings in Literatur und Rechtsprechung von „faktischem“ Organ die Rede, wenn es in der Sache um das fehlerhaft bestellte Organ geht.43 Dementsprechend wird auch die Lehre vom fehlerhaften Organ, sachlich bezogen auf das fehlerhaft bestellte Organmitglied, oft als „Lehre vom faktischen Organ“ 44 bezeichnet. Ferner kann noch der Fall unterschieden werden, dass ein wirksam bestelltes Mitglied über die Amtszeit hinaus tätig wird45, der teilweise auch unter Einfluss, S. 198; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 181 ff.; Fleischer, AG 2004, 517 f.; Heßeler, Amtsunfähigkeit, S. 267. 37 Begriff nach Strohn, DB 2011, 158, der allerdings hierunter den fehlerhaft Bestellten, einen wirksam Bestellten, dessen Amt geendet hat, der aber dennoch seine Organfunktion weiter ausübt – dazu sogleich im Text –, eine Person, die weder zum Geschäftsführer bestellt ist, noch diese Funktion ausübt, aber nach außen den Eindruck erweckt, Geschäftsführer zu sein – zum Organmitglied kraft Rechtsscheins/Scheinorgan s. sogleich im Text – und die nicht zum Geschäftsführer bestellte Person, die das Amt des Geschäftsführers ganz oder teilweise ausübt (faktisches Organ i. e. S.), fasst. 38 Begriff nach Strohn, DB 2011, 158. 39 Karsten Schmidt, in: Scholz, 10. Aufl. 2010, Anh. § 64 Rn. 22; Karsten Schmidt, in: FS Rebmann, S. 419, 423 f., der sich aber schon dafür ausgesprochen hat, dass nur bei fehlendem Bestellungsakt von „faktischem Organ“ gesprochen werden sollte; Stein, Das faktische Organ, S. 118, die sich aber auch dafür ausgesprochen hat, für den Fall der fehlerhaften Bestellung die Bezeichnung „fehlerhafte Organstellung“ zu verwenden. 40 Habersack/Foerster, in: Großkomm AktG, § 92 Rn. 40; Fleischer, in: Spindler/ Stilz, § 84 Rn. 182; kritisch dazu, hier überhaupt von Organ (Geschäftsführer) zu sprechen u. a. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 2. Die Einordnung des faktischen Organs, insbesondere die umstrittene Frage der Pflichtenbindung und Haftung, soll nicht Gegenstand dieser Arbeit sein (ablehnend beispielsweise Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 93 Rn. 12 m.w. N.; bejahend etwa Strohn, DB 2011, 158, 165 m.w. N.). 41 Schürnbrand, Organschaft, S. 267; Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 156; Stein, Das faktische Organ, S. 118; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 2 f., § 35 Rn. 9; Fleischer, AG 2004, 517, 518. 42 s. dazu unten 4. Teil § 2 I. 1. a). 43 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 304, 481, der aber auch erwägt „sogar echte faktische, also gar nicht bestellte Organe [. . .] einzubeziehen, und hierfür eine einheitliche Grundlage zur Verfügung zu stellen“, S. 305; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 12; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder, § 49 Rn. 2; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Vor § 35 Rn. 11; Tebben, in: Michalski, § 6 Rn. 96. 44 BGH NJW 2013, 1535, 1537 (Rn. 18), 1538 (Rn. 24); Karsten Schmidt, in: Scholz, § 46 Rn. 78; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12. 45 Auch hierauf soll im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden; die Einordnung ist umstritten, insbesondere, ob ein der fehlerhaften Bestellung gleichzustel-

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Einleitung

den Begriff fehlerhaft bestelltes Organmitglied gefasst wird.46 Das fehlerhaft bestellte Organ kann schließlich noch von dem Organmitglied kraft Rechtsscheins abgegrenzt werden.47 Hier fehlt es an einem Bestellungsakt und an einem tatsächlichen Tätigwerden als Organmitglied, nach außen wird jedoch ein entsprechender Eindruck erweckt.48 In Betracht kommt hier nur eine Haftung der betreffenden Personen nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen.49

lender Fall vorliegt, ablehnend etwa Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72, mit der Begründung, in Ermangelung eines entsprechenden Bestellungsakts liege bloß faktisches Organhandeln vor, bejahend beispielsweise Spindler, in: MüKo AktG, § 84 Rn. 238. 46 Spindler, in: MüKo AktG, § 84 Rn. 238. 47 Fleischer, AG 2004, 517, 518; auch Strohn, DB 2011, 158, 159, der aber diesen Fall als Fall des faktischen Geschäftsführers im weiteren Sinne einordnet, s. oben Einleitung Fn. 37. 48 Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 199; Strohn, DB 2011, 158, 159. 49 Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 199; Strohn, DB 2011, 158, 159.

1. Teil

Entwicklung und Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung § 1 Entwicklung der Rechtsprechung Das Reichsgericht hatte im Jahr 19091 die Auffassung vertreten, ein fehlerhaft bestellter Geschäftsführer einer GmbH hafte schon aufgrund der tatsächlichen Bekleidung der Stelle eines Geschäftsführers für nachlässige Geschäftsbesorgung nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, §§ 677 ff. BGB. Schon im Jahr 1911 stellte das Reichsgericht fest, das Recht zur Einberufung der Generalversammlung stehe denjenigen zu, die tatsächlich zum Vorstand gewählt seien, unabhängig davon, ob ihre Wahl mangelbehaftet gewesen sei. Andernfalls würde es dazu kommen, dass eine ungültige Vorstandswahl niemals durch eine gültige ersetzt werden könne.2 Von der Entscheidung aus dem Jahr 1909 abweichend begründete das Reichsgericht in einer Entscheidung aus dem Jahr 19363 die Pflichtenstellung, die Haftung und den Vergütungsanspruch eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds einer Genossenschaft mit der Annahme, die Parteien hätten konkludent einen Vertrag geschlossen. Im Jahr 1964 hat der BGH zunächst die Grundsätze über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis herangezogen.4 Im zu entscheidenden Fall war der Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitglieds vom Aufsichtsratsvorsitzenden abgeschlossen worden, ohne dass dazu ein Beschluss des Aufsichtsrats gefasst oder der Aufsichtsratsvorsitzende zum Vertragsschluss ermächtigt worden war. Nach Ansicht des BGH waren die für das fehlerhafte Arbeitsverhältnis entwickelten Grundsätze 1

RG Warneyers Rechtsprechung des Reichsgerichts 1909, 485 f. Nr. 504. RG JW 1911, 330, 331; abweichend BGHZ 18, 334, 339 f. für die Genossenschaft, die fehlerhafte Wahl sei nur im Falle des – mit dem AktG 1937 neu eingefügten – § 105 I 2 AktG, nach dem Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als befugt gelten, die Hauptversammlungen einzuberufen, wirksam. 3 RGZ 152, 273, 277 f. 4 BGHZ 41, 282, 284 ff.; fortgeführt von BGHZ 47, 341, 343 ff. für den Fall des Tätigwerdens über das Ende des wirksamen Anstellungs- und Bestellungsverhältnisses hinaus („. . . hatte aber noch so lange die Rechte und Pflichten eines Vorstandsmitgliedes, als er unangefochten als Vorstandsmitglied tätig war. Denn wer zwar ohne wirksamen Anstellungsvertrag, aber mit Wissen des Aufsichtsrats als Vorstandsmitglied tätig wird, ist für die Dauer der Beschäftigung so zu behandeln, als sei der Vertrag wirksam (. . .).“). 2

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1. Teil: Entwicklung und Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung

auf den fehlerhaften Anstellungsvertrag anzuwenden. Wer aufgrund eines fehlerhaften Anstellungsvertrages als Vorstandsmitglied tätig werde, müsse verpflichtet sein, bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden und bei Verletzung seiner Obliegenheiten den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Zudem unterliege er der Verschwiegenheitspflicht, der Treuepflicht und dem Wettbewerbsverbot. Insoweit sei das fehlerhafte Anstellungsverhältnis so zu behandeln, als ob ein gültiger Anstellungsvertrag vorläge. Dies gelte auch hinsichtlich der Vergütung. In BGHZ 168, 188, 1975 hat der BGH auch hinsichtlich des organschaftlichen Bestellungsverhältnisses entschieden, dass es für die Organpflichten des Aufsichtsrats unter Einschluss der Regeln der §§ 113, 114 AktG auf die tatsächlich ausgeübte Funktion ankomme. Die Wirksamkeit der Stimmabgabe fehlerhaft bestellter Mitglieder des Aufsichtsrats einer GmbH im Rahmen der Beschlussfassung hat der BGH in einem Urteil aus dem Jahr 1953 nicht angenommen6 und in einem Urteil aus dem Jahr 1994 auch die gerichtliche Vertretungsbefugnis durch nicht wirksam berufene Aufsichtsratsmitglieder einer AG verneint7. Eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 20118, die einen fehlerhaft bestellten besonderen Vertreter (§ 147 II AktG) betraf, hatte aufgrund der allgemeinen Formulierung zu fehlerhaft bestellten Organmitgliedern Anlass zu der Vermutung gegeben, dass der BGH sich der in der Literatur vordringenden Ansicht der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung der Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten Mitglieds mit der eines wirksam bestellten Mitglieds anschließen würde.9 Der besondere Vertreter besitze „[i]m Rahmen seines Aufgabenkreises (. . .) Organqualität (. . .), so dass die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung (. . .) auch auf ihn anwendbar sind. Dies hat im Streitfall zur Folge, dass auch bei einer (vollständigen) Nichtigerklärung des angefochtenen Hauptversammlungsbeschlusses die bis zur Abberufung vollzogenen Rechtshandlungen des besonderen Vertreters für die Beklagte wirksam blieben und die bis dahin funktionsgerecht ausgeübte Tätigkeit des besonderen Vertreters zu vergüten wäre.“ 10 Allerdings hatte der BGH dabei ausdrücklich auf die bereits genannte Entscheidung BGHZ 168, 188 verwiesen, in der eine Gleich-

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Bezogen auf Tätigwerden über das Ende der Amtszeit hinaus. BGHZ 11, 231, 246; zur Entwicklung der Rechtsprechung bzgl. der Auswirkung der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder auf die Beschlussfassung s. noch 2. Teil § 1 II. 7 BGH NJW-RR 1994, 1250, 1251. 8 BGH NZG 2011, 1383, 1384 – HVB/UniCredit. 9 Dafür Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 7; Bayer, NZG 2013, 1, 14. 10 BGH NZG 2011, 1383, 1384 – HVB/UniCredit. 6

§ 2 Das BGH-Urteil vom 19.02.2013

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stellung nur hinsichtlich der Pflichten und Haftung erfolgte, und somit gerade keine Abweichung von dieser vorigen Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht.

§ 2 Das BGH-Urteil vom 19.02.2013 Der BGH hat die in der Entscheidung BGHZ 168, 188 für die fehlerhafte Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern vertretene Ansicht in seinem Urteil vom 19.02.2013 nun bestätigt: Für Pflichten, Haftung und Vergütung sollen die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung auf den Aufsichtsrat anwendbar sein, jedoch soll das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird, für die Stimmabgabe und Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln sein.11 Der BGH schließt sich damit der auch in der Literatur vertretenen „gespaltenen Sichtweise“ 12 an. Der Entscheidung lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Kläger Hauptversammlungswahlbeschlüsse angefochten hatte. Da die von den Anfechtungsklagen betroffenen Aufsichtsratsmitglieder in der Zwischenzeit ihre Ämter niedergelegt hatten, war zu entscheiden, ob noch ein Rechtsschutzinteresse des Klägers bestand. Dies wäre nach Ansicht des BGH zu verneinen, wenn die Nichtigerklärung keinen Einfluss auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft, der Aktionäre sowie der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats mehr haben kann.13 Solche Auswirkungen auf die Rechtsbeziehungen der Gesellschaft könne die Nichtigerklärung etwa haben, wenn die Mitwirkung der ausgeschiedenen Aufsichtsratsmitglieder für das Zustandekommen eines Aufsichtsratsbeschlusses oder die Beschlussfähigkeit des Aufsichtsrats ursächlich war.14 Ob dies der Fall ist, hängt davon ab, ob man mit der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dazu kommt, dass das fehlerhaft bestellte einem fehlerfrei bestellten Aufsichtsratsmitglied vollumfänglich gleichzustellen ist. Dies hat der BGH jedoch abgelehnt. Entgegen der inzwischen vorherrschenden Ansicht in der Literatur15 hat der BGH entschieden, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ auf das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied nur bezüglich seiner Pflichten, Haftung und Vergütung Anwendung findet.16 Das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird, sei für die Stimmabgabe und Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln.17 Sowohl das nichtig gewählte Aufsichtsratsmitglied als auch das Aufsichtsratsmitglied, dessen

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BGH NJW 2013, 1535 ff. LS 2, Rn. 19 f.; bestätigt in BGH NZG 2013, 792, 794. Dazu näher unten 4. Teil § 1 II.; so die Bezeichnung von Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132. 13 BGH NJW 2013, 1535 ff. LS 1, Rn. 10, 16. 14 BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 16 f. 15 s. dazu näher unten 4. Teil § 1 II. 16 BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 19; bereits BGHZ 168, 188 Rn. 14. 17 BGH NJW 2013, 1535 ff. LS 2, Rn. 20. 12

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1. Teil: Entwicklung und Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung

Wahl erfolgreich angefochten wird, sei nicht Mitglied des Aufsichtsrats.18 Der BGH argumentiert, würde der nichtig oder anfechtbar gewählte Aufsichtsrat in allen Fällen wie ein wirksam bestelltes Organ behandelt, wirkte eine erfolgreiche Wahlanfechtung insgesamt nur ex nunc. Die Nichtigkeit eines Wahlbeschlusses würde auch erst ab gerichtlicher Feststellung Wirkungen entfalten. Dies lasse sich mit § 250 I AktG, wonach Wahlbeschlüsse von Anfang an nichtig sein können, und mit der Verweisung in § 250 I AktG auf § 241 Nr. 5 AktG, wonach der Wahlbeschluss ex tunc nichtig ist, wenn er für nichtig erklärt wird, nicht vereinbaren.19 Mithin sei, sofern die Stimmen der als Nichtmitglieder zu behandelnden Aufsichtsräte für die Beschlussfassung ursächlich geworden seien, ein entsprechender Beschluss nicht gefasst.20 Der Beschluss müsse auch nicht so behandelt werden, als sei er wirksam gefasst worden. Der Zweck der Gleichbehandlung der fehlerhaften mit der ordnungsgemäßen Bestellung eines Organs, das Vertrauen unbeteiligter Dritter zu schützen und den Schwierigkeiten bei einer Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen zu begegnen, betreffe Aufsichtsratsbeschlüsse nicht in jedem Fall.21 Soweit eine Rückabwicklung den berechtigten Interessen der Beteiligten widersprechen würde, sei dem im Einzelfall zu begegnen.22 Der BGH hat in seinem Urteil sodann für einige Fälle aufgezeigt, wie diese zu handhaben seien. Soweit Aufsichtsratsbeschlüsse gegenüber außenstehenden Dritten vollzogen werden, seien diese bereits dadurch geschützt, dass sie auf die Handlungsbefugnis desjenigen, der die Aufsichtsratsbeschlüsse vollzieht, vertrauen dürften.23 Auch bei der Bestellung eines Vorstands führe die Behandlung des Aufsichtsratsmitglieds als Nichtmitglied zu interessengerechten Ergebnissen.24 Dieser sei hinsichtlich seiner Vergütung und seiner Befugnis zur Geschäftsführung durch die Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung geschützt. Der nach Aufdeckung der Nichtigkeit der Wahl rechtmäßig zusammengesetzte Aufsichtsrat könne die fehlerhafte Bestellung entweder bestätigen, oder sie beenden. Letzteres wäre bei vollständiger Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied nicht möglich, weil die Bestellung wirksam wäre und vom Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund widerrufen werden könnte, § 84 III 1 AktG. In Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist, wie bei den Vorschlägen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung, § 124 III 1 AktG, sei der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluss bei der ursächlichen Mitwirkung eines Mitglieds, dessen Wahl zum Aufsichtsrat angefochten, aber noch 18 19 20 21 22 23 24

BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 17. BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 20. Vgl. im Einzelnen unten 2. Teil § 1. BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 21. BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 21. BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 22. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 24.

§ 2 Das BGH-Urteil vom 19.02.2013

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nicht für nichtig erklärt ist, trotz einer späteren Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses für die Entscheidung der Hauptversammlung nicht relevant.25 Begründet wird dies damit, dass ein Aufsichtsrat mit einem anfechtbar gewählten Mitglied im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat ordnungsgemäß besetzt sei, weil der Wahlbeschluss bis zur Nichtigerklärung wirksam sei und erst rückwirkend unwirksam werde.26 Der Aufsichtsrat habe also zu diesem Zeitpunkt keinen Beschlussvorschlag in anderer, „richtiger“ Besetzung machen können.27 Eine Rückabwicklung nach der Nichtigerklärung sei nicht nur unmöglich, sondern stehe auch im Gegensatz zu dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, eine Hauptversammlung einberufen und dort wirksam Beschlüsse fassen zu können.28 Entsprechendes gelte dort, wo wie bei der satzungsmäßigen Bestimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter an die jeweils aktuelle Funktion als Aufsichtsratsmitglied angeknüpft werde.29 Für die Nichtigkeit des Jahresabschlusses bei einer fehlerhaften Mitwirkung des Aufsichtsrats bei der Feststellung des Jahresabschlusses (§ 256 II AktG) enthalte § 256 VI 1 AktG eigene Regeln zum Schutz der Gesellschaft, die nicht einfach übergangen werden dürften, sofern die Mitwirkung eines lediglich anfechtbar gewählten Mitglieds, dessen Wahl bis zur Nichtigerklärung als wirksam zu behandeln sei, überhaupt als fehlerhafte Mitwirkung des Aufsichtsrats anzusehen sei.30

25 26 27 28 29 30

BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn.

25. 25. 25. 25. 25. 26.

2. Teil

Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl unter kritischer Würdigung des BGH-Urteils vom 19.02.2013 Im Folgenden soll der Umfang der Rückabwicklungsschwierigkeiten (bei Nichtanwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung der Rechtsstellung) unter kritischer Würdigung der BGHRechtsprechung untersucht und hinterfragt werden, inwieweit diese Schwierigkeiten insbesondere nach dem Ansatz des BGH vermieden bzw. begrenzt werden können.

§ 1 Generelle Auswirkung auf die Beschlussfassung Nimmt man mit dem BGH an, dass das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln ist, weil die Lehre vom fehlerhaften Organ insoweit keine Anwendung findet, ergeben sich daraus Folgen für die Wirksamkeit der Beschlussfassung, die nachfolgend erörtert werden sollen. Dargestellt werden sollen zunächst die Folgen der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder für die Beschlussfassung des Aufsichtsrats im Allgemeinen. Hierbei ist insbesondere umstritten, ob es hinsichtlich der Wirksamkeit der Beschlussfassung auf die rechnerisch relevante Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder ankommen soll – wie es auch der BGH annimmt1 – oder ob die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder generell relevant ist.

I. Rechtsfolgen fehlerhafter Aufsichtsratsbeschlüsse im Allgemeinen Eine generelle gesetzliche Regelung zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Beschlüsse besteht nicht.2 § 107 II 3 AktG sieht lediglich vor, dass Protokollmängel den Beschluss nicht unwirksam machen. Sonstige aktienrechtliche Vorschriften, die unmittelbar die Fehlerhaftigkeit von Aufsichtsratsbeschlüssen im Allgemeinen regeln, existieren nicht. 1 2

BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 17. s. BGHZ 122, 342, 347 ff.; Fleischer, DB 2013, 160.

§ 1 Generelle Auswirkung auf die Beschlussfassung

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Im Ausgangspunkt ist anerkannt, dass ein Aufsichtsratsbeschluss fehlerhaft ist, wenn es im Beschlussverfahren zu Mängeln gekommen ist (Verstoß gegen eine gesetzliche oder satzungsmäßige Verfahrensvorschrift), oder ein inhaltlicher Verstoß des Beschlusses gegen Gesetz oder Satzung vorliegt.3 Voraussetzung dafür, dass ein Verfahrensmangel die Nichtigkeit des Beschlusses begründet, ist, dass durch ihn das Beschlussergebnis potentiell beeinflusst worden ist, er mithin für das Beschlussergebnis relevant geworden ist.4 Nach h. M. führt die Fehlerhaftigkeit, vorbehaltlich einer Bestätigung5, grundsätzlich zur Nichtigkeit des Beschlusses.6 So hat der BGH ausgeführt, dass das Handeln von Geschäftsleitung und Aufsichtsrat in Form von Beschlüssen nur entweder rechtmäßig und dann wirksam oder rechtswidrig und dann nichtig ist.7 Nach a. A. sollen die §§ 241 ff. AktG betreffend die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen analoge Anwendung finden,8 was bei minderschweren Mängeln zur Anfechtbarkeit führen soll. Hiergegen spricht, dass auch die analoge Anwendung der §§ 241 ff. AktG eine Abgrenzung zwischen nichtigen und anfechtbaren Beschlüssen nicht entbehrlich machen würde; bei der Abgrenzung müsste den Besonderheiten von Aufsichtsratsbeschlüssen Rechnung getragen werden, so dass ein Gewinn an Rechtssicherheit nicht erzielt wäre.9 Die zuerst dargestellte Ansicht mildert die Nichtigkeitsfolge zum Teil bei weniger schweren Mängeln durch die Begrenzung des zur Geltendmachung bestimmter Mängel berechtigten Personenkreises und durch die Grundsätze der Verwirkung ab.10 Uneingeschränkte Nichtigkeit ist aber dann anzunehmen, wenn es um Mängel geht, die dem Verzicht durch das einzelne Aufsichtsratsmitglied

3 Spindler, in: Spindler/Stilz, § 108 Rn. 68; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 73; Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 108 Rn. 36; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 20. 4 Vgl. BGH NJW 2002, 1128; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 77, 82; Hopt/ Roth, in: Großkomm AktG, § 108 Rn. 147. 5 Nach welcher Vorschrift sich diese richtet, ist umstritten, für § 141 BGB Habersack/Schürnbrand, in: FS Hadding, S. 391, 396 f.; für § 177 BGB Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1122; für § 244 analog Vetter, ZIP 2012, 701, 707. 6 BGHZ 122, 341, 346 ff.; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 108 Rn. 77 f.; Verse, in: SERecht, Art. 43 Anh. § 35 SEAG Rn. 18; Koch, in: Hüffer, § 108 Rn. 26, 28; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 81 f.; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 23. 7 BGH NJW 2006, 374, 375 – Mangusta/Commerzbank II. 8 OLG Hamburg AG 1992, 197, 198; OLG Celle NJW 1990, 582; Baums, ZGR 1983, 300, 305 ff., 337 ff.; Kindl, AG 1993, 153, 155. 9 BGHZ 122, 342, 349 f.; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 81; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 108 Rn. 77. 10 BGHZ 122, 342, 351 f.; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 23; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 82; Koch, in: Hüffer, § 108 Rn. 29.

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

entzogen sind, wozu das Fehlen der Beschlussfähigkeit und der für die Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit zählen.11

II. Mängel im Einzelnen Zu den schwerwiegenden und damit nach beiden Ansichten zur uneingeschränkten Nichtigkeit führenden Verfahrensmängeln zählen also u. a. auch die Beschlussunfähigkeit12, ebenso das Fehlen der zur Beschlussfassung erforderlichen Mehrheit.13 Die genannten Verfahrensmängel können insbesondere auch durch die Fehlerhaftigkeit einzelner Stimmabgaben verursacht werden; nichtig ist u. a. die Stimmabgabe eines nicht wirksam bestellten Mitglieds.14 Nichtige Stimmabgaben, also auch die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder, führen – wendet man die Lehre vom fehlerhaften Organ insoweit nicht an – mithin zur Nichtigkeit des Beschlusses, wenn sie für das Beschlussergebnis kausal, d. h. rechnerisch ausschlaggebend sind, also die erforderliche Mehrheit ohne die Mitwirkung der fehlerhaft bestellten Mitglieder nicht erreicht worden wäre.15 Wurde die nötige Mehrheit auch ohne ihre Stimmen erzielt, so ist der Beschluss gültig, weil er nicht auf der Stimmabgabe der fehlerhaft bestellten Mitglieder beruht. Stimmen beispielsweise in einem mit neun Mitgliedern besetzten Aufsichtsrat sechs Mitglieder für einen mit einfacher Mehrheit zu beschließenden Beschlussvorschlag und drei dagegen, so ist der Beschluss nicht nichtig, wenn zwei der dafür stimmenden Aufsichtsratsmitglieder fehlerhaft bestellt sind. Sieht die Geschäftsordnung dagegen Einstimmigkeit vor, führt schon die Mitwirkung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds zur Nichtigkeit des Beschlusses. Auch Beschlüsse eines dreiköpfigen Aufsichtsrats wären bei Mitwirkung eines fehlerhaft

11

Vgl. dazu näher Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 78, Rn. 81 ff. Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 78; Koch, in: Hüffer, § 108 Rn. 27 f.; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 108 Rn. 73; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 21; Hoffmann-Becking, in: MüHdb GesR, Band 4, § 31 Rn. 116; Baums, ZGR 1983, 300, 317 ff.; Fortun/Knies, DB 2007, 1451 ff. 13 Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 78; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 21. 14 s. nur Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 74, der darauf hinweist, dass hier allerdings gegebenenfalls die Grundsätze über das fehlerhafte Organ zu beachten sind, dazu unten. 15 BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 17, 21; BGHZ 168, 188 Rn. 14, bezogen auf Tätigwerden über das Ende der Amtszeit hinaus; BGHZ 47, 341, 346 für Mitwirkung eines Aufsichtsratsmitglieds, dessen Amtszeit abgelaufen war; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 12; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 114; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 75; Stilz, in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 21; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 101 Rn. 111; Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1123; Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1549; Baumbach/Hueck, AktG, § 108 Rn. 3. 12

§ 1 Generelle Auswirkung auf die Beschlussfassung

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bestellten Mitglieds stets nichtig, weil der Aufsichtsrat beschlussunfähig (§ 108 II 3 AktG) und damit auch „funktionsunfähig“ wäre.16 Gleiches gilt für einen mit drei Mitgliedern besetzten Ausschuss. Stets nichtig sind zudem Aufsichtsratsbeschlüsse, wenn der Aufsichtsrat insgesamt nichtig bestellt wurde.17 Nichtigkeit tritt immer auch dann ein, wenn der Aufsichtsrat ohne die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder beschlussunfähig wäre,18 was der Fall ist, wenn die nach § 108 II AktG erforderliche Zahl von Mitgliedern unterschritten wird. Es lässt sich festhalten, dass die Nichtigkeit eines Aufsichtsratsbeschlusses umso wahrscheinlicher ist, je kleiner der Aufsichtsrat ist und je mehr Wahlen angefochten sind.19 Anders zu beurteilen sind Ordnungsverstöße, wie die in § 107 II 3 AktG geregelten Protokollmängel, welche nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führen.20 Der Übergang von Ordnungsverstößen zu Verfahrensverstößen, denen es an der erforderlichen Relevanz fehlt, kann fließend sein.21 Von der wohl h. M. wird angenommen, dass es sich bei der Teilnahme nicht berechtigter Personen an der Sitzung um einen Verfahrensfehler handelt, der nur dann relevant ist, wenn durch ihn das Beschlussergebnis rechnerisch kausal beeinflusst worden ist.22 Nach a. A., die jedoch zum gleichen Ergebnis kommt, liegt nur ein Verstoß gegen eine bloße Ordnungsvorschrift vor, so dass die Teilnahme von Nichtberechtigten bei fehlender rechnerischer Relevanz nicht zur Nichtigkeit des Beschlusses führt.23 Nach § 109 I 1 AktG sollen Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, nicht an den Sitzungen teilnehmen. Die Regelungen in § 109 AktG sind vorbehaltlich des Abs. 3 zwingender Natur.24 Nach insbesondere von Heidel vertretener Ansicht soll die Mitwirkung auch dann in dem genannten Sinne relevant sein, wenn sie nicht rechnerisch für die 16

BGHZ 47, 341, 345. BGHZ 11, 231, 246; Stein, Das faktische Organ, S. 100; Stilz, in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 21; vgl. auch Jarzembowski, Fehlerhafte Organakte, S. 93. 18 BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 17; Stilz, in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 21. 19 von der Linden, EWiR 2011, 201 f. 20 Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 79; Henssler, in: Henssler/Strohn, § 108 AktG Rn. 21; Koch, in: Hüffer, § 107 Rn. 15; Hoffmann-Becking, in: MüHdb GesR, Band 4, § 31 Rn. 116. 21 Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 79; nicht klar differenzierend für Teilnahme Nichtberechtigter Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 108 Rn. 18; § 109 Rn. 4. 22 Vgl. oben 2. Teil § 1; BGHZ 47, 341, 346 unter Abweichung von BGHZ 12, 327, 330 f.; Habersack, in: MüKo AktG, § 108 Rn. 75 ff. 23 Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 740; Kindl, Aufsichtsratssitzung, S. 191 f. 24 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 109 Rn. 7; Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 3; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 36 SEAG Rn. 1; Kindl, Aufsichtsratssitzung, S. 15. 17

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

Beschlussfassung ausschlaggebend ist.25 Begründet wird dies damit, dass nie auszuschließen sei, dass ein nichtig gewähltes Aufsichtsratsmitglied Abstimmungsergebnisse durch sonstige Einflussnahme herbeigeführt habe.26 Nähme man dies tatsächlich an, so wäre die mit der Teilnahme fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder an Aufsichtsratssitzungen verbundene Problematik noch viel gravierender, da grundsätzlich jeder unter Teilnahme eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds gefasste Beschluss nichtig wäre. Dem ist jedoch nicht zu folgen.27 § 109 I AktG lässt die Teilnahme von Vorstandsmitgliedern, Sachverständigen und Auskunftspersonen an den Sitzungen des Aufsichtsrats zu. Gemäß § 109 III AktG kann die Satzung zulassen, dass an den Sitzungen Personen, die dem Aufsichtsrat nicht angehören, anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen können. Auch in diesen Fällen kann ein Aufsichtsratsbeschluss durch Dritte beeinflusst werden, die Beeinflussung durch Dritte führt deshalb nicht zwingend zur Nichtigkeit des Beschlusses.28 Zudem ist hinsichtlich der Teilnahme von fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern an den Sitzungen des Aufsichtsrats eine teleologische Reduktion des § 109 I 1 AktG in Betracht zu ziehen. Nach § 109 I 1 AktG sollen Personen, die weder dem Aufsichtsrat noch dem Vorstand angehören, an den Sitzungen des Aufsichtsrats nicht teilnehmen. Nach dem Wortlaut wären auch fehlerhaft bestellte Mitglieder des Aufsichtsrats erfasst, zumal diese – ohne Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ – nicht Mitglied des Aufsichtsrats sind. Zweck des § 109 AktG ist es, sicherzustellen, dass die von § 95 AktG festgelegte Zahl der Aufsichtsratsmitglieder nicht überschritten wird.29 Bei Mitwirkung von fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern besteht eine solche Gefahr nicht, da das vermeintliche Aufsichtsratsmitglied bei der Bestimmung der Gesamtzahl mitgezählt wurde. Zudem soll der Aufsichtsrat deutlich von möglichen anderen Gremien wie Beiräten abzugrenzen sein.30 Auch dieser Zweck wird bei der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder nicht tangiert. Insbesondere soll auch der Schutz der Vertraulichkeit der Beratungen des Aufsichtsrats ge25 Heidel, in: Heidel, 3. Aufl. 2011, § 250 Rn. 10; so auch noch BGHZ 12, 327, 330 f.; in diese Richtung gehend auch Priester, GWR 2013, 175, 177. 26 Heidel, in: Heidel, 3. Aufl. 2011, § 250 Rn. 10. 27 Stilz, in: Spindler/Stilz, § 250 Rn. 21; Hüffer, in: MüKo AktG, § 250 Rn. 21; Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 3, 8; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 36 SEAG Rn. 1 zur SE. 28 BGHZ 47, 341, 346, noch zu § 93 AktG 1937, unter Abweichung von BGHZ 12, 327, 330 f. 29 Amtliche Begründung zu § 93 AktG 1937 nach Klausing, S. 79; Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 2; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 109 Rn. 5; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 109 Rn. 1; Koch, in: Hüffer, § 109 Rn. 1; Kindl, Aufsichtsratssitzung, S. 12 f., 15. 30 Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 2; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 36 SEAG Rn. 1; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 109 Rn. 5; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 109 Rn. 1; Koch, in: Hüffer, § 109 Rn. 1.

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen

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währleistet werden.31 Zur Teilnahme berechtigt soll grundsätzlich nur sein, wer einer organschaftlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt.32 Nicht dem Aufsichtsrat angehörende Personen sollen nicht durch die Teilnahme an Aufsichtsratssitzungen einen den Aufsichtsratsmitgliedern vergleichbaren Einfluss ausüben können, ohne entsprechende Verantwortung und Pflichten zu tragen.33 Auch dieser Zweck ist nicht berührt, da nach allgemeiner Auffassung das fehlerhaft bestellte Mitglied die gleichen Pflichten wie ein fehlerfrei bestelltes Mitglied treffen34. Mithin ist die Nichtteilnahme von fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern an den Sitzungen nicht vom Zweck des § 109 I 1 AktG erfasst. Allein die Teilnahme eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds führt nach alledem nicht zur Nichtigkeit; relevant kann allein die Teilnahme an der Beschlussfassung durch Stimmabgabe sein. Es stellt sich noch die Frage, wie es sich auswirkt, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende, der fehlerhaft zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wurde, die Aufsichtsratssitzung einberuft. Hierin könnte ein zur Nichtigkeit führender Mangel zu sehen sein. Für Einberufungsmängel wird allerdings angenommen, dass sie als weniger schwerwiegende Mängel einzuordnen sind, bei denen nach der Ansicht, die eine analoge Anwendbarkeit der §§ 241 ff. AktG ablehnt, die Grundsätze der Verwirkung und die Begrenzung des zur Geltendmachung bestimmter Mängel berechtigten Personenkreises zu berücksichtigen sind. Fraglich ist jedoch, ob die erforderliche Relevanz gegeben ist. Bei fehlender Kausalität für die Nichtteilnahme kann dies zu verneinen sein.35 Wenn die Nichtigkeit der Wahl keinem der Beteiligten bekannt ist, ist die mangelhafte Einberufung demnach folgenlos.36

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen Im Folgenden sollen die Auswirkungen der Handlungen fehlerhaft bestellter Mitglieder, insbesondere der eben dargestellten Mitwirkung an der Beschlussfassung in besonders relevanten Fällen, unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des BGH untersucht und hinterfragt werden, inwieweit die Ein-

31 Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 2; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 36 SEAG Rn. 1; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 109 Rn. 6; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 109 Rn. 1; Koch, in: Hüffer, § 109 Rn. 1. 32 Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 2; Kindl, Aufsichtsratssitzung, S. 192. 33 Habersack, in: MüKo AktG, § 109 Rn. 2; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 109 Rn. 1; Koch, in: Hüffer, § 109 Rn. 1; Kindl, Aufsichtsratssitzung, S. 192. 34 Vgl. dazu unten 2. Teil § 2 VIII. 1. 35 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 56, der allerdings eine Heilung des Verfahrensfehlers annimmt; Kindl, Aufsichtsratssitzung, 175 f.; Lemke, Der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluß, S. 148; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 95. 36 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 56.

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

zelfallbetrachtung der Rechtsprechung eine konsequente und ausreichende Lösung der Problematik bietet.

I. Aufsichtsratsbeschlüsse als Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung Besondere Rückabwicklungsschwierigkeiten ergeben sich, insbesondere im Innenverhältnis, wenn Beschlüsse des Aufsichtsrats Grundlage für andere Rechtsakte sind, also das Gesetz an die Unwirksamkeit des Beschlusses weitere Rechtsfolgen knüpft, wie beispielsweise bei der Einberufung der Hauptversammlung (§ 111 III AktG) und Vorschlägen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (§ 124 III AktG) die Wirksamkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse, bei der Billigung des Jahresabschlusses die Feststellung nach § 172 AktG und die darauf beruhende Gewinnverwendung (§ 174 AktG).37 In den Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist, nimmt der BGH bei einer erfolgreichen Anfechtungsklage an, dass der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluss bei einer ursächlichen Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds, dessen Wahl im Zeitpunkt der Mitwirkung zwar angefochten, jedoch noch nicht für nichtig erklärt war, trotz einer späteren Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses für die Entscheidung der Hauptversammlung nicht relevant sei.38 Diese Betrachtungsweise ist insbesondere deshalb kritisch zu sehen, weil die Rückwirkungsfolgen einer erfolgreichen Anfechtungsklage damit ausgeblendet werden. Zudem kann dieser Ansatz freilich nicht bei Nichtigkeitsklagen, etwa wegen fehlerhafter Einberufung, weiterhelfen, bei denen aber die gleiche Problematik besteht. Hierauf ist nachfolgend im Einzelnen im Rahmen der jeweiligen Fallkonstellationen noch zurückzukommen. 1. Einberufung nach § 111 III AktG Hauptversammlungsbeschlüsse sind entsprechend § 241 Nr. 1 AktG nichtig, wenn die Einberufung der Hauptversammlung gegen § 111 III AktG verstößt.39 Zuständig für die Einberufung der Hauptversammlung ist grundsätzlich der Vorstand, § 121 II 1 AktG. Gemäß § 111 III 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Hauptversammlung einzuberufen, wenn das Wohl der Gesellschaft dies fordert, wobei für den Beschluss nach § 111 III 2 AktG zwingend die einfache Mehrheit genügt. 37 Stein, Das faktische Organ, S. 103; Schürnbrand, Organschaft, S. 269 ff., dort bezogen auf Geschäftsleiter. 38 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25. 39 Habersack, in: MüKo AktG, § 111 Rn. 94; Hüffer, in: MüKo AktG, § 241 Rn. 27.

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen

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Ein zur Nichtigkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse führender Verstoß gegen § 111 III AktG liegt anerkanntermaßen dann vor, wenn der Einberufungsbeschluss des Aufsichtsrats deshalb nichtig ist, weil alle Aufsichtsratsmitglieder nichtig bestellt waren, so dass (auch) Beschlussunfähigkeit vorlag.40 In dem Fall, dass nur einzelne Mitglieder nichtig bestellt sind, kommt es für die Wirksamkeit der Einberufung darauf an, ob die Mitwirkung der nichtig bestellten Mitglieder für die Beschlussfassung rechnerisch relevant ist, d. h., ob der Beschluss nur durch die Stimmen der wirksam bestellten Mitglieder mit der erforderlichen einfachen Mehrheit gefasst wurde, also auch ohne die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder.41 Ansonsten sind der Einberufungsbeschluss und infolgedessen auch die in der Hauptversammlung gefassten Beschlüsse nichtig. Nichtigkeit der Beschlüsse der fehlerhaft einberufenen Hauptversammlung nach § 241 Nr. 1 AktG tritt nur dann nicht ein, wenn gem. § 121 VI AktG eine Vollversammlung gegeben war und kein Aktionär der Beschlussfassung widersprochen hat. Ist ein Einberufungsbeschluss des Aufsichtsrats nach den soeben dargestellten Grundsätzen nichtig, scheidet eine Genehmigung durch den fehlerfrei besetzten Aufsichtsrat aus, stattdessen kommt allenfalls eine Neuvornahme der Beschlussfassung in Betracht.42 Eine Heilung ist nur im Hinblick auf den Hauptversammlungsbeschluss möglich, wenn dieser eintragungsbedürftig ist und die Voraussetzungen des § 242 II AktG vorliegen.43 In dem Fall, dass die Stimmen der fehlerhaft bestellten Mitglieder für die Beschlussfassung nicht ausschlaggebend waren, begründet die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder auch nicht die Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses.44 Nach Ansicht Hüffers führt dagegen auch der aufgrund der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder nichtige Einberufungsbeschluss nur zur Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, solange der Aufsichtsrat nicht insgesamt fehlerhaft bestellt war, denn der Zweck des 241 Nr. 1 AktG sei es, die Nichtigkeit nur in eindeutigen Ausnahmefällen eintreten zu lassen.45 Nach Schwab46 hingegen sind die Auswirkungen der Beteiligung fehlerhaft bestellter Mitglieder wesentlich weitgehender: Da die ordnungsgemäße Konstituierung der Hauptver40 Habersack, in: MüKo AktG, § 111 Rn. 94 (für den Fall, dass die Grundsätze über das fehlerhaft bestellte Organ keine Anwendung finden); Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 78; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 28, 30. 41 Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 101; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 28; Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 79; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 241 Rn. 44 zum Vorstand. Vgl. dazu auch oben 2. Teil § 1. 42 Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 103; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 31. 43 Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 103; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 31. 44 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 241 Rn. 44 zum Vorstand. 45 Hüffer, in: MüKo AktG, § 241 Rn. 28; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 241 Rn. 10. 46 Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 241 Rn. 7.

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

sammlung deren Einberufung durch legitimierte Personen erfordere, müsse die Einberufung von einem insgesamt wirksam bestellten Organ autorisiert sein. Die Mitwirkung eines nichtig bestellten Organmitglieds an der Einberufung mache den ihr zugrunde liegenden Organbeschluss folglich nichtig, so dass es an einer tauglichen Grundlage für die Einberufung fehle. Ein Grund für diese Abweichungen von den allgemeinen Anforderungen an die Wirksamkeit eines unter Beteiligung fehlerhaft bestellter Mitglieder gefassten Aufsichtsratsbeschlusses47 ist jedoch nicht ersichtlich. Für den Beschluss gelten die allgemeinen Vorschriften über Aufsichtsratsbeschlüsse, insbesondere § 108 AktG.48 Für den Fall, dass bei Fassung des Einberufungsbeschlusses die Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern nur angefochten war, wird vom BGH und einem Teil der Literatur vertreten, die rückwirkende Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses im Anfechtungsprozess, §§ 250 I, 241 Nr. 5 AktG, wirke sich nicht auf die Wirksamkeit des Einberufungsbeschlusses aus.49 Es komme insoweit auf den Zeitpunkt der Einberufung an, die Nichtigerklärung vermöge die im Zeitpunkt der Einberufung bestehende Einberufungsbefugnis und damit die ordnungsgemäße Einberufung nicht zu beseitigen.50 Wie Werner bereits 1993 selbst festgestellt hat, allerdings ohne von dieser Ansicht abzuweichen, liege darin zwar eine „gewisse Inkonsequenz“; dem Schutz des Vertrauens auf die Berechtigung des Einberufenden sei insoweit jedoch der Vorzug vor der ex-tunc-Wirkung des auf die Anfechtungsklage hin ergehenden Urteils zu geben. Dies gibt zwar die Interessenlage zutreffend wieder, stellt aber keine dogmatische Begründung dafür dar, inwiefern die Schutzbedürftigkeit dazu führt, dass die Rückwirkung nicht eingreift. Der BGH geht, wie eingangs dargestellt, sogar noch weiter und nimmt an, dass der unter Mitwirkung eines anfechtbar bestellten Aufsichtsratsmitglieds gefasste Beschluss von der Nichtigerklärung der Wahl des Aufsichtsratsmitglieds gar nicht berührt werde:51 In den Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung sei, sei ein Aufsichtsrat mit einem anfechtbar gewählten Mitglied im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Aufsichtsrat ordnungsgemäß besetzt, weil der Wahlbeschluss bis zur Nichtigerklärung wirksam sei und erst rückwirkend unwirksam werde. Der Aufsichtsrat habe zu diesem Zeitpunkt keinen Beschlussvorschlag in anderer, „richtiger“ Besetzung machen können. Eine Rückabwicklung nach der Nichtigerklärung sei nicht nur unmöglich, sondern stehe auch im Ge47 Vgl. oben 2. Teil § 1 zu den generellen Folgen der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder für die Beschlussfassung. 48 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 111 Rn. 15; Habersack, in: MüKo AktG, § 111 Rn. 93. 49 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25; Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 101; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 28; Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 78. 50 Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 78. 51 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25.

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen

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gensatz zu dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, eine Hauptversammlung einberufen und dort wirksam Beschlüsse fassen52 zu können.53 Gewiss steht eine Rückabwicklung im Gegensatz zu dem Interesse der Gesellschaft und ihrer Aktionäre, eine Hauptversammlung einberufen zu können. Man mag auch von einer Unmöglichkeit der Rückabwicklung ausgehen können. Der Ansatz des BGH – der zudem freilich nur bei Anfechtung, nicht bei Nichtigkeit des Bestellungsbeschlusses weiterhelfen kann, obwohl die Interessenlage in diesen Fällen die gleiche ist – ist getragen von dem Versuch, das Bestehen von gravierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten zu begrenzen, stellt für diese Problematik jedoch keine konsequente Lösung dar. Hält man, wie auch gerade der BGH, an der Rückwirkung der Nichtigerklärung, die sich aus § 250 I AktG i.V. m. § 241 Nr. 5 AktG ergibt, fest,54 so führt dies dazu, dass das Aufsichtsratsmitglied im Zeitpunkt der Beschlussfassung – ohne Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ55 – nicht wirksam bestellt war. Diese Folge kann nicht ausgeblendet werden. Der BGH stellt auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ab, lässt damit jedoch die Rückwirkung der Nichtigerklärung unberücksichtigt.56 Dies stellt im Ergebnis eine Negierung der Nichtigkeitsfolge dar, die der BGH gerade der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung entgegenhält,57 welche, wie in Teil 4 dargestellt wird, eine konsequente Lösung der Problematik bietet. Das Argument des BGH, der Aufsichtsrat habe zu diesem Zeitpunkt keinen Beschlussvorschlag in anderer, „richtiger“ Besetzung machen können, ist zwar zutreffend, aber keine Besonderheit der Beschlüsse, die Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung sind, auch wenn diese Konstellationen besonders gravierende Folgen haben.58 2. Beschlussvorschlag nach § 124 III 1 AktG Gem. § 124 III 1 AktG haben der Vorstand und der Aufsichtsrat zu jedem Gegenstand der Tagesordnung, über den die Hauptversammlung beschließen soll, 52

s. dazu noch unten 2. Teil § 2 I. 2. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25 unter Berufung auf Vetter, ZIP 2012, 701, 708, selbst dieser will für den Fall der fehlerhaften Einberufung aufgrund des „nahezu ausweglosen Dilemmas“ ausnahmsweise die Grundsätze des fehlerhaft bestellten Organmitglieds anwenden. 54 Vgl. unten 3. Teil § 1. 55 Zu ihrer Wirkung im Hinblick auf die rückwirkende Nichtigkeit des Beschlusses s. noch unten 5. Teil. 56 In diese Richtung gehende Kritik auch bei Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 584. 57 s. oben 1. Teil § 2. 58 So auch Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483; Rieckers, AG 2013, 383, 385; Kocher, BB 2013, 1170. 53

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern und Prüfern nur der Aufsichtsrat, in der Bekanntmachung Vorschläge zur Beschlussfassung zu machen. Bei Nichtigkeit des Aufsichtsratsbeschlusses aufgrund rechnerisch relevanter Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder oder Beschlussunfähigkeit59 fehlt der gem. § 124 III 1 AktG notwendige Beschlussvorschlag.60 Dies begründet einen relevanten und damit zur Anfechtbarkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen führenden Verfahrensfehler.61 Ist der Aufsichtsrat mit fehlerhaft bestellten Mitgliedern besetzt, würde dieser ggf. nicht in der Lage sein, wirksame Beschlussvorschläge zu machen, so dass die Hauptversammlung keine fehlerfreien Beschlüsse fassen kann. Letztlich würde dies zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen, der nur dadurch abgeholfen werden könnte, dass das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied, etwa wenn eine Anfechtungsklage anhängig ist, sein Amt niederlegt, um eine Ersatzbestellung durch das Gericht nach § 104 AktG62 zu ermöglichen. Eine Neubestellung durch die Hauptversammlung würde wiederum an dem Erfordernis der Mitwirkung des Aufsichtsrats scheitern. Eine andere Ansicht verneint die Anfechtbarkeit63 der Hauptversammlungsbeschlüsse bei nichtigen Aufsichtsratsbeschlüssen nach § 124 III AktG. Sie beruft sich auf § 251 I AktG, wonach die Anfechtung eines Wahlbeschlusses der Hauptversammlung auf die Gesetzeswidrigkeit des Wahlvorschlags nur dann gestützt werden könne, wenn die Hauptversammlung an einen Wahlvorschlag gebunden sei, was bei Wahlvorschlägen des Aufsichtsrats nicht der Fall sei. § 251 I 2 AktG regelt jedoch nur die Anfechtbarkeit der mitbestimmungsrechtlich gebundenen Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern wegen des Verstoßes gegen die gesetzlichen Vorgaben des Montanmitbestimmungsrechts.64 Daraus lässt sich nicht ableiten, dass generell Anfechtbarkeit nur dann gegeben ist, wenn die Hauptversammlung an Vorschläge des Aufsichtsrats gebunden ist. Es liegt vielmehr ein Bekanntmachungsmangel vor, der nach der gesetzlichen Wertung des § 124 IV 1 AktG, wonach über Gegenstände der Tagesordnung, die nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden sind, keine Beschlüsse gefasst werden dürfen, für das Teilhaberecht des Aktionärs grundsätzlich von Bedeutung ist, so dass der Mangel, der sich aus der ausschlaggebenden Mitwirkung fehler59

Vgl. dazu oben 2. Teil § 1. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25; Panetta, NJOZ 2008, 4294, 4296. 61 Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f., der aber die Lehre vom fehlerhaften Organ anwendet; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482 f.; vgl. auch Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 722; Vetter, ZIP 2012, 701, 708, der in diesem Punkt ausnahmsweise mit der Inanspruchnahme der Grundsätze des fehlerhaft bestellten Organmitglieds Abhilfe schaffen möchte. 62 s. dazu noch unten 3. Teil § 3. 63 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 109, § 101 Rn. 111; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 300. 64 Drescher, in: Henssler/Strohn, § 251 AktG Rn. 4; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 251 Rn. 9. 60

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen

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haft bestellter Aufsichtsratsmitglieder an dem Beschlussvorschlag ergibt,65 relevant ist.66 Der BGH nimmt wiederum an, dass in den Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses wie bei Vorschlägen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung nach § 124 III 1 AktG Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist, der Aufsichtsratsbeschluss bei der ursächlichen Mitwirkung eines Mitglieds, dessen Wahl zum Aufsichtsrat angefochten ist, trotz einer späteren Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses für die Entscheidung der Hauptversammlung nicht relevant sei.67 Folglich scheide ein Mangel, der für das Teilhaberecht eines Aktionärs von Bedeutung sei, aus.68 Dieser Argumentation kann, wie unter § 2 I 1 zur Mitwirkung von fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern an Einberufungsbeschlüssen dargestellt, nicht gefolgt werden, insbesondere weil dadurch die Rückwirkung der Nichtigerklärung im Ergebnis außer Acht gelassen wird.

II. Jahresabschluss An der Feststellung des Jahresabschlusses hat der Aufsichtsrat gem. §§ 172 S. 1, 171 II 4 AktG dergestalt mitzuwirken, dass er den Jahresabschluss billigt. Dabei entscheidet der Aufsichtsrat durch Beschluss, § 108 I AktG. Ist ein solcher unter Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder gefasst, kommt es also auf die Kausalität der Mitwirkung für das Beschlussergebnis an.69 Nach § 256 II AktG ist ein von Vorstand und Aufsichtsrat festgestellter Jahresabschluss nichtig, wenn der Vorstand oder der Aufsichtsrat bei seiner Feststellung nicht ordnungsgemäß mitgewirkt hat. Dies ist der Fall, wenn der Aufsichtsratsbeschluss infolge der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder unwirksam ist.70 Der BGH hat in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2013 in Erwägung gezogen, aber offen gelassen, ob die „Mitwirkung eines lediglich anfechtbar gewählten Mitglieds, dessen Wahl bis zur Nichtigerklärung als wirksam zu behandeln ist, überhaupt als fehlerhafte Mitwirkung des Aufsichtsrats anzusehen ist“. Hierbei 65

Vgl. dazu oben 2. Teil § 1. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25, allerdings abweichend zur Mitwirkung lediglich anfechtbar bestellter Mitglieder, deren Wahl erst später für nichtig erklärt wird, s. dazu sogleich; vgl. auch BGH NJW 2002, 1128, 1129 (Sachsenmilch III) zum Beschlussvorschlag des Vorstands. 67 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25, s. dazu schon die ebenfalls betroffene Konstellation der Mitwirkung am Einberufungsbeschluss 2. Teil § 2 I. 1. 68 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25. 69 Vgl. oben 2. Teil § 1. 70 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 42, 50; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 256 Rn. 19; Rölike, in: Spindler/Stilz, § 256 Rn. 51; Fortun/Knies, DB 2007, 1451, 1452; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 298. 66

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

hat er sich jedoch zumindest missverständlich auf Rölike71 und Hüffer72 als Vertreter einer dies verneinenden Literaturmeinung berufen. Denn diese beziehen sich auf den Fall der bloßen Anfechtbarkeit der Bestellung gem. § 251 AktG, welche für die Wirksamkeit des festgestellten Jahresabschlusses unschädlich sei, nicht aber auf den Fall, dass die Bestellung tatsächlich erfolgreich angefochten wurde.73 Die Folgen eines nichtigen Jahresabschlusses sind nicht nur aus dem Grund besonders weitreichend, weil die Gesellschaft damit ihre Rechnungslegungspflicht nicht erfüllt hat, sondern insbesondere auch deshalb, weil der Jahresabschluss die Grundlage für die Verwendung des Jahresüberschusses, für den Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung, der nach § 253 I 1 AktG bei nichtiger Feststellung des Jahresabschlusses ebenfalls nichtig ist, und das Dividendenrecht der Aktionäre bildet.74 Gem. § 256 VI 1 AktG kann die Nichtigkeit nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit der Bekanntmachung nach § 325 II HGB sechs Monate verstrichen sind. Nach Ansicht des BGH handelt es sich dabei um eigene Regeln zum Schutz der Gesellschaft für den Fall der Nichtigkeit des Jahresabschlusses bei einer fehlerhaften Mitwirkung des Aufsichtsrats an der Feststellung des Jahresabschlusses, die „nicht einfach übergangen werden dürfen“.75 § 256 VI AktG bezweckt jedoch nur generell einen Bestandsschutz des Jahresabschlusses, so dass mit Schürnbrand76 angenommen werden kann, dass die Vorschrift „den erst in jüngerer Zeit intensiv diskutierten Fragenkreis fehlerhaft bestellter Organmitglieder nicht hinreichend reflektiert“, und ihr damit „nach dem heutigen Stand der Rechtsentwicklung keine abschließende Wirkung zukommen“ kann.

III. Handeln des Aufsichtsratsvorsitzenden Zu Rückabwicklungsschwierigkeiten kann auch das in einigen Fällen vorgesehene Handeln des Aufsichtsratsvorsitzenden führen. Wenn das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrats ist, sind die Wirkungen einer erfolgreichen Anfechtungsklage besonders gravierend.77 Der BGH 71

Rölike, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 256 Rn. 51. Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 44. 73 Vgl. Rölike, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 256 Rn. 51; Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 44. 74 Schürnbrand, Organschaft, S. 271; Lutter, in: FS Semler, S. 835, 842 f.; Habersack, NZG 2003, 659, 661. 75 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 26; Vetter, ZIP 2012, 701, 710, der jedoch de lege ferenda einen Handlungsbedarf sieht, anlässlich der praktischen Bedeutung des Jahresabschlusses und der mindestens sechs Monate bestehenden Unsicherheit. 76 Schürnbrand, Organschaft, S. 272 bezogen auf Rückabwicklungsschwierigkeiten bei Beteiligung fehlerhaft bestellter Vorstandsmitglieder; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482; s. auch Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 298, 307. 72

§ 2 Auswirkungen in besonders relevanten Fällen

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will in Fällen, in denen an die jeweils aktuelle Funktion als Aufsichtsratsmitglied angeknüpft wird, genauso wie in den Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist,78 darauf abstellen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende, dessen Wahl zum Aufsichtsratsmitglied später erfolgreich angefochten wird, das Amt im Handlungszeitpunkt inne hat. Dies ist, wie oben dargestellt, insbesondere aufgrund der Ausblendung der Rückwirkung des erfolgreichen Anfechtungsurteils abzulehnen.79 1. Hauptversammlungsleitung Fraglich ist, welche Auswirkungen es für Hauptversammlungsbeschlüsse hat, wenn der satzungsgemäß als Versammlungsleiter tätige Aufsichtsratsvorsitzende fehlerhaft zum Aufsichtsratsmitglied bestellt wurde. Insoweit werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten dazu vertreten, ob dies zur Anfechtbarkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse führt. Das OLG Frankfurt, welches sich inzwischen auch für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung ausgesprochen hat,80 vertritt, die Anfechtbarkeit eines Beschlusses, welcher unter der Leitung eines unzuständigen Versammlungsleiters zustande gekommen ist, sei nur gegeben, wenn sich konkrete Maßnahmen des an sich unzuständigen Versammlungsleiters im Sinne der Relevanz auf den angefochtenen Beschluss inhaltlich ausgewirkt hätten.81 Die Bedeutung eines Verfahrensfehlers für die Anfechtbarkeit der Beschlussergebnisse hänge nämlich von einer am Zweck der verletzten Norm orientierten wertenden Betrachtung ab. Zweck einer Satzungsregelung zur Versammlungsleitung sei es, eine geordnete Verfahrensweise sicherzustellen. Dem diene im entschiedenen Fall die Satzungsbestimmung, indem mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden eine Person benannt werde, die bei der Hauptversammlung regelmäßig hohes Ansehen genieße und nach dem ihr übertragenen Amt auch regelmäßig ausreichend befähigt erscheinen müsse. Auch bei fehlerhafter Bestellung würden weder das Ansehen des fehlerhaft Bestellten noch seine Befähigung zur Wahrnehmung der Aufgaben des Versammlungsleiters in Frage stehen. Mit seiner Leitungstätigkeit als solcher, von deren Fehlerfreiheit auszugehen sei, seien Rechte der Aktionäre aber noch nicht berührt.82 Zudem wird argumentiert, 77

OLG Köln AG 2011, 465, 466. s. dazu oben 1. Teil § 2, 2. Teil § 2 I. 79 s. oben 2. Teil § 2 I. 80 OLG Frankfurt NZG 2012, 942; OLG Frankfurt AG 2011, 36, 39 f. Rn. 107 f.; (auf ersteres Bezug nehmend) OLG Frankfurt, Urt. vom 05.07.2011, Az. 5 U 104/10 Rn. 112 ff., BeckRS 2011, 17968. 81 OLG Frankfurt NZG 2012, 942; OLG Frankfurt AG 2010, 596, 598; OLG Frankfurt AG 2008, 417, 418; zustimmend Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 300 f. 82 OLG Frankfurt AG 2008, 417, 418. 78

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

hinsichtlich der Wirksamkeit der Tätigkeit bestehe auch ein Vertrauensschutz, der nur hinsichtlich der originären Tätigkeiten des Aufsichtsrats eine gewisse Einschränkung erfahre.83 Diese bestehe darin, dass die Rechtsprechung im Fall der rechtskräftigen Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl einzelner Mitglieder nur die Gültigkeit der Beschlüsse des Aufsichtsrats in Zweifel zieht, für deren Zustandekommen die nicht wirksam gewählten Mitglieder den Ausschlag gegeben haben. Die Leitung der Hauptversammlung sei jedoch keine dieser originären Aufgaben des Aufsichtsratsvorsitzenden, sondern ihm durch die Satzung übertragen worden.84 Nur, wenn es ausreichende Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Anfechtung der Aufsichtsratswahl Erfolg haben könnte, könne der Vertrauenstatbestand entfallen.85 Nach Auffassung des BGH gilt in Fällen, in denen, wie bei der satzungsgemäßen Bestimmung des Aufsichtsratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter, an die jeweils aktuelle Funktion als Aufsichtsratsmitglied angeknüpft wird, Entsprechendes wie in Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist,86 was aus den gleichen Gründen, die oben bereits dargestellt wurden,87 abzulehnen ist. Dagegen wird in der Literatur angenommen, die Leitung der Hauptversammlung durch den fehlerhaft als Aufsichtsratsmitglied bestellten Aufsichtsratsvorsitzenden führe zur Anfechtbarkeit der gefassten Hauptversammlungsbeschlüsse.88 Eine Relevanz dieses Verfahrensfehlers für die Beschlüsse lasse sich nur dadurch ausschließen, dass die Hauptversammlung den vermutlichen Aufsichtsratsvorsitzenden zum Versammlungsleiter wählt.89 Folgte man dieser Ansicht, so wäre die Wirksamkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen nicht nur bei – infolge Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung – fehlerhafter Einberufung und fehlerhaftem Beschlussvorschlag bedroht, sondern auch, wenn gerade der Aufsichtsratsvorsitzende fehlerhaft als Aufsichtsratsmitglied bestellt wurde. 2. Mitwirkung bei der Anmeldung von Kapitalmaßnahmen Der Aufsichtsratsvorsitzende hat zusammen mit dem Vorstand den Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals, § 184 I 1 AktG, die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals, § 188 I 1 AktG, und den Beschluss über die bedingte 83 84 85 86 87 88 89

OLG Frankfurt AG 2011, 36, 40 Rn. 108; OLG Frankfurt AG 2009, 549, 550. OLG Frankfurt AG 2011, 36, 40 Rn. 108; OLG Frankfurt AG 2009, 549, 550. OLG Frankfurt AG 2011, 36, 40 Rn. 108; OLG Frankfurt AG 2009, 549, 550. BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 25. 2. Teil § 2 I. 1., 2. Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1550. Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1550.

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Kapitalerhöhung, § 195 I 1 AktG, zur Eintragung in das Aktienregister anzumelden.90 Da die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung gem. § 189 AktG91 konstitutiv ist, stellt sich vor allem die Frage, wie sich die Mitwirkung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds, welches die Position des Aufsichtsratsvorsitzenden innehat, an der Anmeldung nach § 188 I 1 AktG auf die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung auswirkt.92 Anerkannt ist, dass die Eintragung der Durchführung unwirksam ist, wenn eine Anmeldung überhaupt fehlt.93 Umstritten ist dagegen, wie sonstige Mängel zu behandeln sind. Wohl überwiegend wird heute die Auffassung vertreten, dass andere Mängel die Wirksamkeit der Eintragung nicht berühren.94

IV. Vorstandswahl Hinsichtlich der Folgen eines unter Mitwirkung von Aufsichtsratsmitgliedern, deren Wahl nichtig ist oder erfolgreich angefochten wird, gefassten Aufsichtsratsbeschlusses über die Wahl von Vorstandsmitgliedern verweist der BGH, wie auch teilweise die Literatur, auf die Lehre vom fehlerhaften Organ.95 Nach Ansicht des BGH ist der Vorstand hinsichtlich seiner Vergütung und seiner Befugnis zur Geschäftsführung durch die Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung geschützt. Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf die fehlerhafte Vorstandsbestellung ist zwar im Grundsatz anerkannt, jedoch wird ihre Reichweite uneinheitlich beurteilt. Es wird in Folge der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht einheitlich eine vollständige Gleichstellung der Rechtsstellung von fehlerhaft und fehlerfrei bestelltem Vorstandsmitglied vorgenommen, vor allem was die Mitwirkung an der Beschlussfassung betrifft. Wohl überwiegend96 wird 90 Eine Anmeldung unter Beteiligung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats erfolgt auch bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, §§ 207 II 1, 184 I 1 AktG, und bei den Maßnahmen der Kapitalherabsetzung, §§ 223, 229 III, 237 II 1 AktG. 91 Die konstitutive Wirkung der Eintragung ordnen jeweils auch die §§ 211, 224, 229 III, 238 S. 1 AktG an. 92 Bei deklaratorischen Eintragungen ist dagegen fraglich, ob nach Registerrecht eine Löschung der Eintragung geboten ist, s. dazu etwa Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 58 ff. 93 Koch, in: Hüffer, § 189 Rn. 4; Peifer, in: MüKo AktG, § 189 Rn. 14; Servatius, in: Spindler/Stilz, § 189 Rn. 7; Lutter/Leinekugel, ZIP 2000, 1225, 1226. 94 Koch, in: Hüffer, § 189 Rn. 4; Peifer, in: MüKo AktG, § 189 Rn. 14; Lutter/Leinekugel, ZIP 2000, 1225, 1227 ff.; Wiedemann, in: Großkomm AktG, § 189 Rn. 24; Servatius, in: Spindler/Stilz, § 189 Rn. 7; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 58 ff. 95 Schürnbrand, Organschaft, S. 288; BGH NJW 2013, 1535, 1538. 96 Rölike, in: Spindler/Stilz, § 256 Rn. 48; Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 39; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 8 zum Geschäftsführer; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 46; Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 38 f.; Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 178; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 481 f.; Schürnbrand, Organschaft, S. 267 ff.; Stein, Das faktische Organ, S. 97 ff.

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

aber bezüglich der Vorstandsmitglieder eine vollständige Gleichstellung hinsichtlich der organschaftlichen Rechte und Pflichten (Innen- und Außenverhältnis) vertreten; das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied ist danach geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Einigkeit besteht jedenfalls dahingehend, dass das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied die Organpflichten und die entsprechende Haftung gem. § 93 AktG wie ein fehlerfrei bestelltes Mitglied treffen,97 auch wenn ansonsten keine Gleichstellung des fehlerhaft bestellten mit dem wirksam bestellten Organ vorgenommen wird. Nicht immer wird jedoch, jedenfalls nicht ausdrücklich, die Lehre vom fehlerhaften Organ als Begründung dafür genannt. Eine Ansicht will die Lehre vom fehlerhaften Organ jedenfalls für Handlungen im „innergesellschaftlichen Bereich“, insbesondere hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung, nicht uneingeschränkt anwenden. So wird die Auffassung vertreten, der von einem fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglied festgestellte Jahresabschluss sei nach § 256 II AktG nichtig.98 Auch für die Wirksamkeit der Einberufung der Hauptversammlung nach § 121 II 1 AktG wird z. T., wie beim Aufsichtsrat99, darauf abgestellt, ob der Beschluss ohne die Mitwirkung fehlerhaft bestellter Vorstandsmitglieder zustande gekommen wäre.100 Teilweise wird angenommen, im Außenverhältnis sei auf § 15 HGB und allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze101 statt auf die Lehre vom fehlerhaften Organ zurückzugreifen. So können etwa nach Karsten Schmidt102 Rechtshandlungen eines fehlerhaft bestellten Geschäftsführers nach § 15 III HGB oder nach allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätzen wirksam sein. Wendet man die Lehre vom fehlerhaften Organ im Innenverhältnis nicht an, wie dies auch bei der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zunächst vertreten 97 Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 22; Fleischer, in: Hdb VorstandsR, § 11 Rn. 16; Seibt, in: Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 22; Spindler, in: MüKo AktG, § 84 Rn. 238; Stein, Das faktische Organ, S. 129; Karsten Schmidt, in: Scholz, § 46 Rn. 78 zum Geschäftsführer; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 43 Rn. 2 zum Geschäftsführer. 98 Spindler, in: MüKo AktG, § 84 Rn. 244; Seibt, in: Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 22; a. A. Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 39; Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 178. 99 s. dazu oben 2. Teil § 2 I. 1. 100 Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 101; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 28. 101 Karsten Schmidt, in: Scholz, § 46 Rn. 78 für Geschäftsführer; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 6 Rn. 17; für das Außenverhältnis genauso Seibt, in: Schmidt/Lutter, § 84 Rn. 21, der jedoch auch im Innenverhältnis, insbesondere im Fall der Mitwirkung an der Beschlussfassung beim Jahresabschluss (§ 256 AktG) von der Nichtanwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ ausgeht (§ 84 Rn. 22); a. A. ausdrücklich etwa Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 39; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 46. 102 Karsten Schmidt, in: Scholz, § 46 Rn. 78 für Geschäftsführer, im Übrigen wird jedoch angenommen, dass die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des fehlerhaft bestellten Geschäftsführers der eines wirksam bestellten Geschäftsführers entsprechen kann.

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wurde,103 verbleiben erhebliche Rückabwicklungsschwierigkeiten. Bei Zugrundelegung dieser Ansicht hätte der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluss über die Bestellung der Vorstandsmitglieder gravierende Konsequenzen, da sich die Fehlerhaftigkeit der Vorstandsbestellung insbesondere auf die Wirksamkeit der Vorstandshandlungen, v. a. der unter Mitwirkung der fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieder gefassten Vorstandsbeschlüsse, bei rechnerischer Relevanz104, auswirken würde. Besonders schwerwiegend wäre dies in den Fällen, in denen das Vorliegen des Vorstandshandelns bzw. -beschlusses Anknüpfungspunkt für andere innergesellschaftliche Maßnahmen ist, wie die Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 I, II AktG), die Vorschläge zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (§ 124 AktG) und die Mitwirkung an der Aufstellung des Jahresabschlusses (§ 172 f. AktG).105 Bei der Einberufung wird allerdings durch § 121 II 2 AktG Abhilfe geschaffen, soweit eine Eintragung im Handelsregister erfolgt ist. Auch besteht kein Grund für eine abweichende Behandlung gerade der Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieds an der Feststellung des Jahresabschlusses.106 Es lässt sich insbesondere nicht einwenden, der Vorstand treffe bei der Wahrnehmung der bilanzpolitischen Ermessensspielräume eine eigene unternehmerische Entscheidung mit großer Tragweite,107 da dies auch auf weitere Bereiche der Vorstandstätigkeit im Übrigen zutrifft.108 Auch ist im Außenverhältnis der Verweis auf den Rechtsscheinsschutz nach § 15 HGB und allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze nur mit Einschränkungen zur Problemlösung geeignet. Denn die Rechtssicherheit ist insoweit beeinträchtigt, dass es auf die Frage der Gutgläubigkeit des Dritten ankommt und dieser auch die Möglichkeit hat, sich auf das tatsächliche Fehlen der Vertretungsmacht zu berufen.109 Zudem greift der Schutz des § 15 III HGB vor Eintragung nicht.110 Mithin führen die einschränkenden Ansichten nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung hinsichtlich der oben angesprochenen Rückabwicklungsproblematik. Zudem ist die Frage der Reichweite der Lehre vom fehlerhaften Organ vor dem Hintergrund ihrer dogmatischen Grundlage zu beantworten. Darauf soll im Rahmen der Erörterung zur Frage der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften 103

s. unten 4. Teil § 2 I. 1. Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 178. 105 Vgl. dazu Stein, Das faktische Organ, S. 103 ff.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 474 f.; Schürnbrand, Organschaft, S. 269 ff. 106 Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 178; Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 39. 107 So aber Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 76 f. 108 Schürnbrand, Organschaft, S. 272. 109 Schürnbrand, Organschaft, S. 270. 110 Vgl. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 474. 104

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Organ auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder noch näher eingegangen werden.111 Wie noch dargelegt wird, führt die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dazu, dass die Organstellung des fehlerhaft Bestellten vorläufig wirksam ist, mithin kein Raum für die Anwendung des § 15 HGB bleibt.112 Dem BGH ist – mit den eben dargestellten Einschränkungen – zuzustimmen, dass insoweit für die Zeit bis zur Nichtigerklärung bzw. Nichtigkeitsfeststellung mit der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied Rechtssicherheit geschaffen wird. Allerdings führt der Verweis auf die Lehre vom fehlerhaften Organ bezüglich des Vorstands dazu, dass es dem nach Aufdeckung der Nichtigkeit der Wahl rechtmäßig zusammengesetzten Aufsichtsrat freisteht, die – infolge der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder – fehlerhafte Bestellung zu bestätigen oder zu beenden.113 Der BGH hält dies für interessengerecht.114 Das Gericht kritisiert an der umfassenden Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, dass die Bestellung des Vorstands nicht fehlerhaft, sondern wirksam wäre und vom Aufsichtsrat nur aus wichtigem Grund widerrufen werden könnte, § 84 III 1 AktG. Es liege im Interesse der Gesellschaft, an einem Vorstand, der durch einen nicht rechtmäßig, beispielsweise lediglich von einer Minderheit gewählten Aufsichtsrat bestellt worden ist, nicht auch noch festhalten zu müssen. Ob es deshalb interessengerecht ist, dass das Vorstandsmitglied sein Amt verliert, wenn die Nichtigkeit der Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds feststeht, erscheint zweifelhaft. Vielmehr könnte im Fall eines gravierenden Mangels der Wahl der an der Bestellung des Vorstands mitwirkenden Aufsichtsratsmitglieder ein wichtiger Grund i. S. d. § 84 III 1 AktG vorliegen, der einen Widerruf der Bestellung rechtfertigt. Von Falkenhausen115 hat darauf hingewiesen, dass fraglich erscheint, ob bei dieser unsicheren Stellung die Bereitschaft gegeben ist, als Vorstand tätig zu werden, solange Anfechtungsprozesse gegen Aufsichtsratswahlen anhängig sind.

V. Vertretung Der Aufsichtsrat vertritt die Gesellschaft Vorstandsmitgliedern gegenüber gerichtlich und außergerichtlich, § 112 S. 1 AktG. Nach § 111 II 2, 3 AktG vertritt er die Gesellschaft gegenüber besonderen Sachverständigen und gegenüber dem

111

s. unten 4. Teil § 2. s. dazu noch unten 5. Teil § 1; s. auch Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 39. 113 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 24; zur Beendigung des fehlerhaften Organverhältnisses s. unten 6. Teil § 3. 114 BGH NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 24. 115 von Falkenhausen, FAZ vom 24.04.2013, S. 19; vgl. dazu jetzt auch Arnold/Gayk, DB 2013, 1830, 1835. 112

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Abschlussprüfer. Zudem ist anerkannt, dass der Aufsichtsrat bei der Hinzuziehung von Gehilfen und Beratern über Vertretungsmacht verfügt.116 Rechtsgeschäfte, die der Aufsichtsrat in Vertretung der Gesellschaft unter relevanter Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder abgeschlossen hat, sind (schwebend)117 unwirksam.118 Auch Prozesshandlungen sind unwirksam. Eine Abmilderung der sich daraus ergebenden Problematik tritt, wie insbesondere der BGH betont, dadurch ein, dass, soweit Aufsichtsratsbeschlüsse gegenüber Dritten vollzogen werden, diese, wenn sie die Nichtigkeit eines Beschlusses nicht kennen oder kennen müssen, dadurch geschützt sind, dass sie auf die Handlungsbefugnis desjenigen, der die Aufsichtsratsbeschlüsse vollzieht, vertrauen dürfen.119 Dieser Rechtsscheinsschutz kann sich z. B. daraus ergeben, dass Dritte auf die Liste der Mitglieder des Aufsichtsrats vertrauen, die gem. § 106 AktG zum Handelsregister einzureichen ist,120 mangels Eintragung der Aufsichtsratsmitglieder in das Handelsregister kommt ein Schutz über § 15 III HGB nicht in Betracht.121 Über die Rückabwicklungsschwierigkeiten im Innenverhältnis hilft dies freilich nicht hinweg.122

VI. Zustimmung des Aufsichtsrats gem. § 111 IVAktG Keine Rückabwicklungsschwierigkeiten folgen, ebenfalls nach der auch vom BGH vertretenen „gespaltenen Ansicht“, aus der Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung über die Zustimmung zu bestimmten Maßnahmen der Geschäftsführung gem. § 111 IV AktG. Dies beruht darauf, dass eine Verletzung des Zustimmungsvorbehalts nur für das Innenverhältnis von Bedeutung ist und die Wirksamkeit von Maßnahmen des Vorstands im Außenverhältnis wegen der Unbeschränkbarkeit seiner Vertretungsmacht gem. § 82 I AktG nicht beeinträchtigt wird.123 116

Siehe nur Habersack, in: MüKo AktG, § 111 Rn. 134 f. Fortun/Knies, DB 2007, 1451, 1454; Macht, MittBayNot 2004, 81, 89 ziehen eine Anwendung der §§ 177 ff. BGB in Erwägung. 118 s. nur Stein, Das faktische Organ, S. 100. 119 BGH NJW 2013, 1535, 1537 Rn. 22; Vetter, ZIP 2012, 701, 709 f.; zur Frage, welche Anforderungen an das Kennen oder Kennenmüssen zu stellen sind, vgl. jetzt Arnold/Gayk, DB 2013, 1830, 1832; Rieckers, VGR 19 (2013), 125, 134. 120 Vgl. Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 45 f.; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1539. 121 Fraglich ist allerdings, ob der Dritte sich auch auf die wahre Rechtslage berufen könnte, s. dazu Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1539; Arnold/Gayk, DB 2013, 1830, 1832; Rieckers, VGR 19 (2013), 125, 134. 122 Vgl. Cziupka, DNotZ 2013, 579, 583; Cziupka/Pitz, NJW 2013, 1539. 123 Spindler, in: Spindler/Stilz, § 111 Rn. 75; Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 111 Rn. 64; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 111 Rn. 112, § 108 Rn. 109; Hopt/Roth, in: 117

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VII. Zustimmung des Aufsichtsrats bei der Ausnutzung genehmigten Kapitals Die Entscheidung des Vorstands über den Inhalt der Aktienrechte und die Bedingungen der Aktienausgabe sowie über den Ausschluss des Bezugsrechts bedarf nach § 204 I 2 AktG der Zustimmung des Aufsichtsrats. Diese Zustimmung ist Wirksamkeitsvoraussetzung.124 Dies bedeutet zunächst, dass die Kapitalerhöhung bei fehlender oder fehlerhafter Zustimmung vom Vorstand nicht durchgeführt werden darf.125 Auch die Eintragung der Kapitalerhöhung in das Handelsregister hat nach h. M. zu unterbleiben.126 Wird die Eintragung dennoch vorgenommen, ist die Kapitalerhöhung gemäß der heute vorherrschenden Ansicht in vollem Umfang wirksam.127 Im Ergebnis nichts anderes gilt für die in § 202 III 2 AktG und § 205 II 2 AktG enthaltenen Zustimmungserfordernisse. Gemäß § 202 III 2 AktG sollen die neuen Aktien nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats ausgegeben werden. Auch ohne Zustimmung des Aufsichtsrats wird die Kapitalerhöhung nach den §§ 203 I 1, 189 AktG mit Eintragung ihrer Durchführung wirksam;128 § 202 III 2 AktG ist eine reine Sollvorschrift.129 Gleiches gilt für § 205 II AktG.130 § 205 II 1 AktG sieht vor, dass bei Ausgabe der Aktien gegen Sacheinlagen deren Gegenstand, die Person, von der die Gesellschaft den Gegenstand erwirbt, und der Nennbetrag, bei Stückaktien die Zahl der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien, vom Vorstand festzusetzen sind, wenn sie nicht in der Ermächtigung festgesetzt sind. Gemäß § 205 II 2 AktG soll der Vorstand diese Entscheidung nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats treffen.

Großkomm AktG, § 111 Rn. 702; Macht, MittBayNot 2004, 81, 91; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 51; zu den Haftungsrisiken für Vorstandsmitglieder bei Nichtanwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ s. jetzt aber Arnold/Gayk, DB 2013, 1830, 1834; Buckel/Vogel, ZIP 2014, 58, 62. 124 Bayer, in: MüKo AktG, § 204 Rn. 25; Koch, in: Hüffer, § 204 Rn. 6; Scholz, in: MüHdb GesR, Band 4, § 59 Rn. 48, 64. 125 Bayer, in: MüKo AktG, § 204 Rn. 27; Koch, in: Hüffer, § 204 Rn. 8; Veil, in: Schmidt/Lutter, § 204 Rn. 12. 126 Bayer, in: MüKo AktG, § 204 Rn. 28; Groß/Fischer, in: Heidel, § 204 AktG Rn. 22; Koch, in: Hüffer, § 204 Rn. 9; Scholz, in: MüHdb GesR, Band 4, § 59 Rn. 76; Veil, in: Schmidt/Lutter, § 204 Rn. 12; differenzierend Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 204 Rn. 9. 127 Bayer, in: MüKo AktG, § 203 Rn. 33; Scholz, in: MüHdb GesR, Band 4, § 59 Rn. 76; Veil, in: Schmidt/Lutter, § 202 Rn. 25 f.; Wamser, in: Spindler/Stilz, § 204 Rn. 46; so wohl auch Koch, in: Hüffer, § 204 Rn. 8 f.; anders noch Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 204 Rn. 9. s. auch BGH NJW 2006, 374, 376 (Mangusta/Commerzbank II). 128 Bayer, in: MüKo AktG, § 202 Rn. 93; Koch, in: Hüffer, § 202 Rn. 22; Veil, in: Schmidt/Lutter, § 202 Rn. 26. 129 Bayer, in: MüKo AktG, § 202 Rn. 93; Scholz, in: MüHdb GesR, Band 4, § 59 Rn. 44; Wamser, in: Spindler/Stilz, § 202 Rn. 91. 130 Bayer, in: MüKo AktG, § 205 Rn. 15; Koch, in: Hüffer, § 205 Rn. 5; Scholz, in: MüHdb GesR, Band 4, § 59 Rn. 54.

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VIII. Sorgfalts- und Treuepflichten, Haftungsfolgen Fraglich ist, welche Auswirkungen die fehlerhafte Bestellung auf die organschaftlichen Sorgfalts- und Treuepflichten (insbesondere §§ 116, 93 AktG), die sich aus der Organstellung ergeben,131 hat, und ob sich auch aus dem möglichen Entfallen von Sorgfalts- und Treuepflichten Rückabwicklungsschwierigkeiten ergeben. 1. Sorgfalts- und Treuepflichten trotz rückwirkend bzw. anfänglich nichtiger Bestellung? Im Ergebnis wird anerkannt, dass fehlerhaft bestellte Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder und Aufsichtsratsmitglieder organschaftliche Sorgfalts- und Treuepflichten treffen, und zwar auch von derjenigen Ansicht, die die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht (ausdrücklich) anwendet.132 Häufig wird festgestellt, dass auch fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder die organschaftlichen Pflichten treffen und sie nach §§ 116, 93 AktG haften, ohne dass die „darin liegende partielle Anerkennung der fehlerhaften Organstellung weiter problematisiert würde“,133 stattdessen wird oft allenfalls auf Wertungsgesichtspunkte abgestellt.134 Eine andere Ansicht begründet das Bestehen von Pflichten mit der Annahme der Wahl, mithin dem Einverständnis mit der Übernahme und Ausübung des Aufsichtsratsmandates durch den Gewählten, welches durch die Ungültigkeit der Wahl nicht berührt werde, so dass im Ergebnis die fehlerhafte Organstellung hinsichtlich ihrer pflichtenmäßigen Seite grundsätzlich anzuerkennen sei, und dementsprechend auch eine Haftung eintrete.135 Nach anderer Auffassung ist ausreichende Grundlage für eine Haftung, dass der Betreffende wie ein Aufsichtsratsmitglied agiert.136 Auch von der Ansicht, die eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ befürwortet, wird zum Teil angenommen, dass diese Pflichten auch ohne Anwendung dieser Grundsätze bestünden.137 131

s. Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 93 Rn. 15 ff. s. unten 4. Teil § 1, auch der BGH nimmt die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ hinsichtlich der Pflichten und Haftung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds an, vgl. oben 1. Teil; vgl. aber noch Zöllner, in: KölnKomm, 1. Aufl. 1985, § 250 Rn. 41. 133 So bereits Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 84. 134 Vgl. Hopt, in: Großkomm AktG, 4. Aufl. 2008, § 93 Rn. 44, dazu sogleich im Text; ausdrücklich bezüglich Pflichten und Haftung aber eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ annehmend u. a. BGH NJW 2013, 1535 im Sinne der „gespaltenen“ Sichtweise (Bezeichnung nach Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132). 135 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 85 f. 136 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 116 Rn. 12, s. zur Argumentation von Hopt, in: Großkomm AktG, 4. Aufl. 2008, § 93 Rn. 44 noch sogleich im Text. 137 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 273; differenzierend Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 475, 79; mit Einschränkungen wohl auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2 i.V. m. Fn. 15. 132

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Schäfer138 hält es für möglich, dass die Sorgfaltspflichten der Organmitglieder ähnlich den Schutzpflichten im gewöhnlichen Schuldverhältnis gegen die Unwirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts mindestens partiell immun sind und sich an die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht knüpfen; jedoch sei mindestens die organspezifische Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft jedenfalls ohne wirksame Organstellung nicht aufrecht zu erhalten.139 Schürnbrand140 verweist hinsichtlich des Bestehens von Sorgfalts- und Treuepflichten darauf, dass schon in gewöhnlichen Schuldverhältnissen die Parteien selbst bei Nichtigkeit des zugrundeliegenden Vertrages von der Wahrung der wechselseitig bestehenden Schutzpflichten nicht entbunden seien.141 Umso mehr bestehe Anlass, einen Organwalter an den mit der Annahme seiner Bestellung eingegangenen Verpflichtungen festzuhalten, da dieser dieselben Entscheidungs- und Machtbefugnisse und denselben vertieften Einblick in Geschäftsinterna habe wie ein wirksam bestellter Organwalter.142 Deshalb müsse selbst denjenigen Mitgliedern des Bestellungsorgans, deren Belange bei der fehlerhaften Bestellung rechtswidrig übergangen wurden und denen es folglich darauf ankomme, den Ernannten alsbald aus seinem Amt zu entfernen, daran gelegen sein, dass er während der Zeit der Tätigkeit für die Gesellschaft seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt.143 Damit wird die Interessenlage treffend beschrieben. Es erscheint wertungswidersprüchlich, wenn das fehlerhaft bestellte Organ nicht haftet, weil sich im Nachhinein herausstellt, dass die Bestellung nichtig war, oder diese erfolgreich angefochten wird. Das Bestehen von Sorgfalts- und Treuepflichten bei fehlerhaft bestellten Organen kann aber nicht mit einem Vergleich zu dem Bestehen schuldrechtlicher Schutzpflichten, die auch bei nichtigen Verträgen für die Vertragsparteien bestehen,144 begründet werden.

138

Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 475. Auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2 i.V. m. Fn. 15 führen an, die Bindung des fehlerhaft bestellten Geschäftsleiters an die organschaftlichen Sorgfalts- und Treuepflichten lasse sich ohne Rückgriff auf die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis schwerlich legitimieren, was uneingeschränkt zumindest für die Treuepflicht gelte. Aber auch die Anwendbarkeit der Sorgfaltspflichten werde, selbst wenn man deren Anwendbarkeit auch auf Grund allgemeiner Grundsätze rechtfertigen könne, durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis auf eine tragfähige Grundlage gestellt. 140 Schürnbrand, Organschaft, S. 273. 141 Schürnbrand, Organschaft, S. 273. 142 Schürnbrand, Organschaft, S. 273. 143 Schürnbrand, Organschaft, S. 273; vgl. auch Baums, Geschäftsleitervertrag, S. 174 f. 144 Kramer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2007, Einl. § 241 Rn. 82; Grüneberg, in: Palandt, Einl. § 241 Rn. 4. 139

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Insbesondere Canaris145 begründet das Bestehen von Schutzpflichten bei nichtigen Verträgen mit einem argumentum a fortiori. Vertragsparteien träfen vorvertragliche Schutzpflichten nach den Grundsätzen der c. i. c. und auch nachvertragliche Schutzpflichten, also müssten diese auch Schutzpflichten treffen, wenn der Vertrag nichtig ist. Diese Begründung trifft auf das Schuldverhältnis zu. Bei den vorliegend in Rede stehenden organschaftlichen Pflichten kann diese Argumentation jedoch nicht greifen. Die organschaftlichen Pflichten sind mit schuldrechtlichen Pflichten nicht gleichzusetzen, zwischen Organ und Gesellschaft besteht vielmehr ein durch den Bestellungsakt begründetes korporationsrechtliches Rechtsverhältnis.146 Bei Aufsichtsratsmitgliedern besteht nach h. M. ausschließlich ein korporationsrechtliches Rechtsverhältnis, bei Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern neben diesem Bestellungsverhältnis ein davon zu trennendes schuldrechtliches Anstellungsverhältnis.147 Selbst wenn man die Grundsätze des Bestehens von Schutzpflichten bei nichtigem Vertrag auf die Organstellung übertragen wollte, wäre dies aus einem weiteren Grund unzutreffend, denn Sorgfalts- und Treuepflichten nach §§ 93, 116 AktG wären als leistungsbezogene Pflichten zu qualifizieren. Derartige Pflichten würden bei nichtigen Verträgen nicht bestehen.148 Demgegenüber dienen Schutzpflichten im Sinne von § 241 II BGB dem Schutz des Integritätsinteresses der anderen Partei eines Vertragsverhältnisses.149 Das Bestehen von Sorgfalts- und Treuepflichten kann auch nicht damit begründet werden, dass für die organschaftlichen Pflichten und die Haftung nach §§ 93, 116 AktG keine wirksame Organstellung erforderlich sei, sondern eine fehlerhafte Bestellung ausreiche, weil der Zweck der Haftungsnorm dies erfordere. Nach Hopt150 wäre zwar auf den ersten Blick denkbar, einen wirksamen Bestellungsakt als Haftungsvoraussetzung anzusehen, da durch diesen die Organstellung entstehe. Dies führe aber dazu, dass in den Fällen eine Haftung ausschiede, in denen der Betreffende als Organmitglied tätig gewesen ist. Die Ablehnung einer Haftung widerspräche aber dem Zweck der Haftungsnorm. Es wäre mit dem Ziel, die Gesellschaft und Dritte, insbesondere Gesellschafter und Gläubiger 145

Canaris, JZ 1965, 475 ff.; s. auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 46. s. unten 4. Teil § 2 I. 4. c). 147 s. dazu unten 4. Teil § 2 I. 4. c); die Verletzung einer organschaftlichen Pflicht kann gleichzeitig die Verletzung einer davon zu trennenden vertraglichen Pflicht aus dem Anstellungsverhältnis begründen; nach ganz h. M. ist auch haftungsrechtlich zwischen dem korporationsrechtlichen und dem vertraglichen Verhältnis zu differenzieren, s. dazu nur Fleischer, in: Hdb VorstandsR, § 11 Rn. 3; Karsten Schmidt, GesR, § 36 II 4, S. 1077 zum Geschäftsführer. 148 s. auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 475, 79 bezogen auf Treuepflichten. 149 Vgl. dazu Kramer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2007, Einl. § 241 Rn. 82. 150 Hopt, in: Großkomm AktG, 4. Aufl. 2008, § 93 Rn. 44. 146

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zu schützen, unvereinbar, die Haftung zu verneinen. Wer wie ein Organmitglied handele und trotz Fehlerhaftigkeit der Bestellung als solches Rechte habe, wie den Anspruch auf Entlohnung, solle auch als solches haften. Dies entspricht zwar der Interessenlage, stellt jedoch allein ebenfalls keine tragfähige Begründung dar. Mithin bedarf es eines anderen Begründungsansatzes, um das interessengerechte Ergebnis, dass fehlerhaft bestellte Organmitglieder entsprechend fehlerfrei bestellten Organmitgliedern Pflichten unterliegen, und bei deren Verletzung haften, herzuleiten.151 2. Einordnung als Rückabwicklungsschwierigkeiten Es kann also festgehalten werden, dass bei fehlerhafter Organbestellung ohne die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ Sorgfalts- und Treuepflichten nicht bestehen würden. Sodann stellt sich die Frage, ob das Nichtbestehen von Organpflichten und -haftung als Rückabwicklungsschwierigkeit einzuordnen ist. Dies wird nicht einheitlich beurteilt. Im Ergebnis besteht jedoch aufgrund der dargestellten Interessenlage hinsichtlich der durch das Entfallen von Sorgfaltsund Treuepflichten begründeten Problematik Einigkeit. Nach Schürnbrand152 soll es bereits die ex-tunc-Unwirksamkeit des Rechtsverhältnisses selbst sein, die wegen des drohenden Verlusts von Sanktionsmöglichkeiten Korrekturbedarf hervorruft; es bestünden keine Rückabwicklungsschwierigkeiten im engeren Sinne. Dagegen ordnet Schäfer den drohenden Verlust von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung von Nebenpflichten als Rückabwicklungsschwierigkeit ein, die unmittelbar auf der ex-tunc-Unwirksamkeit des Rechtsverhältnisses beruht. Auch er merkt jedoch an, der Begriff Rückabwicklungsschwierigkeit passe hier nur im weitesten Sinne.153 Versteht man mit Schäfer unter Rückabwicklungsschwierigkeiten die Beschreibung einer als unbefriedigend empfundenen Diskrepanz zwischen den bei Wirksamkeit und Unwirksamkeit jeweils eintretenden Rechtsfolgen154, so liegen Rückabwicklungsschwierigkeiten in diesem Sinne vor.

§ 3 Zwischenfazit und Bewertung der aktuellen Rechtsprechung des BGH Die Untersuchung der Auswirkungen des Handelns fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder, insbesondere deren Mitwirkung an der Beschlussfassung, hat gezeigt, dass es zu vielfältigen Rückabwicklungsschwierigkeiten kommen kann, die mit der Einzelfallbetrachtung des BGH für Fälle von Anfechtungskla151 152 153 154

s. zur Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ unten 4. Teil. Schürnbrand, Organschaft, S. 273. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 25. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 25, vgl. dazu noch unten 4. Teil § 2 I. 4. a).

§ 3 Zwischenfazit und Bewertung der aktuellen Rechtsprechung des BGH

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gen inkonsequent, unter Ausblendung der Rückwirkung des Anfechtungsurteils, als nicht bestehend erachtet bzw. nicht behoben werden. Insbesondere hat die Erörterung gezeigt, dass die Feststellung des BGH, der Zweck der Gleichbehandlung der fehlerhaften mit der ordnungsgemäßen Bestellung eines Organs, das Vertrauen unbeteiligter Dritter zu schützen und den Schwierigkeiten bei einer Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen zu begegnen, betreffe Aufsichtsratsbeschlüsse nicht in jedem Fall, insoweit nicht zutrifft. Dies gilt gerade auch in Bezug auf die gravierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten im Innenverhältnis.155 Zudem ist es insoweit widersprüchlich, dass der BGH eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf das fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglied im Hinblick auf die ansonsten bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten auch hinsichtlich der Rechte annimmt. Denn dies hätte zur Folge, dass die Mitwirkung von Vorstand und Aufsichtsrat an den gleichen Maßnahmen im Falle fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse und zur Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit der daran anknüpfenden Maßnahmen führen könnte, die entsprechende Mitwirkung fehlerhaft bestellter Vorstandsmitglieder dagegen nicht. Dies gilt insbesondere hinsichtlich Beschlussvorschlägen, § 124 III 1 AktG, und der Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses, § 172 AktG156, sowie bei Beschlüssen, die sowohl von Aufsichtsrat als auch Vorstand gefasst werden können, wie die Einberufung der Hauptversammlung, die durch den Aufsichtsrat erfolgt, wenn das Wohl der Gesellschaft dies erfordert, § 111 III AktG, und durch den Vorstand im Regelfall, § 121 II 1 AktG157. Hierin zeigt sich eine Parallele, die einer unterschiedlichen Behandlung hinsichtlich des Umfangs der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsratsmitglieder und fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder entgegensteht.158 Zwar hat der BGH hinsichtlich der fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieder, deren Wahl angefochten wurde, angenommen, dass insofern keine Auswirkung auf die Beschlussfassung bestünde, dass in den Fällen, in denen das Vorliegen eines Aufsichtsratsbeschlusses Anknüpfungspunkt für eine Entscheidung der Hauptversammlung ist, der fehlerhafte Aufsichtsratsbeschluss bei der ursächlichen Mitwirkung eines Mitglieds, dessen Wahl angefochten ist, trotz einer späteren Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses für die Entscheidung der Hauptver155

s. 2. Teil oben; Schürnbrand, Organschaft, S. 288. Vgl. Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f.; vgl. zur Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses Rieckers, AG 2013, 383, 385. 157 Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f.; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; zu den Auswirkungen der fehlerhaften Beteiligung an den genannten Maßnahmen und der fehlerhaften Einberufung s. oben 2. Teil. 158 Vgl. dazu ausführlich noch unten 4. Teil § 2 I. 4. a). 156

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2. Teil: Folgen der fehlerhaften Aufsichtsratswahl

sammlung nicht relevant sei. Wie oben dargestellt159, ist dies jedoch inkonsequent, weil an der vom BGH betonten gesetzlich angeordneten Rückwirkung der Anfechtungsklage insoweit von diesem selbst nicht festgehalten wird. Bei einer erfolgreichen Nichtigkeitsklage bleibt es außerdem nach der Lösung des BGH für die eben genannten Maßnahmen generell bei den dargestellten Rückabwicklungsschwierigkeiten. Zudem vermag das Abstellen des BGH darauf, dass eine erfolgreiche Wahlanfechtung insgesamt nur ex nunc wirkte, wenn der nichtig oder anfechtbar gewählte Aufsichtsrat in allen Fällen wie ein wirksam bestelltes Organ behandelt würde, insoweit nicht zu überzeugen, dass hinsichtlich der Pflichten, Haftung und Vergütung eine Wahlanfechtung faktisch auch nur ex nunc wirkte. Auch bleibt die Frage offen, nach welchen Kriterien zu differenzieren sein soll, in welchem Fall die Nichtigkeit faktisch nicht nur ex nunc eintritt, um entsprechend der Argumentation des BGH zu vermeiden, dass eine erfolgreiche Wahlanfechtung insgesamt faktisch nur ex nunc wirkt.160 Schließlich hat zudem der BGH bezüglich fehlerhaft bestellter besonderer Vertreter, die ebenfalls durch die Hauptversammlung bestellt werden (§ 147 II AktG), entschieden, dass trotz der rückwirkenden Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschluses die Lehre vom fehlerhaften Organ hinsichtlich der Rechte des besonderen Vertreters Anwendung findet.161

159

§ 2 I. 1. Zu den Auswirkungen der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, insbesondere zu dem Verhältnis zur anfänglichen bzw. rückwirkenden Nichtigerklärung s. unten 5. Teil. 161 Vgl. oben 1. Teil § 1; zwar hat Schäfer in der Diskussion des Referats Rieckers im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung 2013, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, 152 f., die Frage aufgeworfen, ob nach dem Urteil des BGH vom 19.02.2013 künftig bei der fehlerhaften Bestellung von Vorstandsmitgliedern und besonderen Vertretern noch die Lehre vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis angewandt werden könne. Auch Grunewald, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, 154, hat die Entscheidung dergestalt kritisiert, nehme man die Entscheidung ernst, müsste der Gesetzgeber auch das fehlerhafte Organ und die fehlerhafte Gesellschaft regeln, was bei einer mehr als 100-jährigen Judikatur (s. dazu 1. Teil § 1) nicht ernsthaft angenommen werden könne. In der Tat ist eine vollständige Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder und besondere Vertreter, nicht aber auf Aufsichtsratsmitglieder, widersprüchlich, und bei konsequentem Befolgen der Argumentation des BGH eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ im Allgemeinen fraglich. Allerdings bringt der BGH, NJW 2013, 1535, 1538 Rn. 24, zum Ausdruck, dass er diesen Weg nicht beschreiten möchte, da er – so auch Rieckers, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, 155 – annimmt, bei der Bestellung eines Vorstands führe die Behandlung des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Wahl nichtig ist oder erfolgreich angefochten wird, als Nichtmitglied zu interessengerechten Ergebnissen, der Vorstand sei hinsichtlich seiner Vergütung und seiner Befugnis zur Geschäftsführung durch die Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung geschützt. Hinzu kommt, dass der BGH, NJW 2013, 1535, 1537 f., seiner Entscheidung auch zu Grunde gelegt hat, dass bezüglich fehlerhaft be160

§ 3 Zwischenfazit und Bewertung der aktuellen Rechtsprechung des BGH

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Im folgenden Teil 3 gilt es nun, verschiedene Lösungsansätze aufzuzeigen, welche z. T. statt einer Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ vorgeschlagen wurden, und die Rückabwicklungsschwierigkeiten abmildern oder beseitigen sollen.

stellter Aufsichtsratsmitglieder kein derartiges Bedürfnis für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ bestehe.

3. Teil

Alternative Lösungsansätze (mit Ausnahme der Lehre vom fehlerhaften Organ) § 1 Ausnahme von der rückwirkenden Nichtigkeit bei erfolgreicher Anfechtung von Wahlbeschlüssen Anerkannt ist, dass ein Hauptversammlungsbeschluss, der auf Anfechtungsklage durch Urteil rechtskräftig für nichtig erklärt wird, grundsätzlich rückwirkend nichtig ist. Hierbei wird zum Teil neben § 241 Nr. 5 AktG1 auch auf § 248 AktG abgestellt,2 die Gesetzesbegründung zu § 244 AktG zur Begründung herangezogen, in der für den Zeitraum vor einem Bestätigungsbeschluss von einem „Schwebezustand“ 3 die Rede ist,4 auf Zweck und Entwicklungsgeschichte der Anfechtungsklage verwiesen,5 oder dies aus der Natur der Gestaltungswirkung und dem allgemeinen Verständnis der Anfechtung gefolgert.6 Fraglich ist, ob für Wahlbeschlüsse aufgrund der dargestellten schwerwiegenden Folgen eine Ausnahme vom Grundsatz der rückwirkenden Nichtigkeit anzunehmen ist. Insbesondere in der älteren Literatur7 wurde zur Überwindung der dargestellten Problematik häufig die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses ex nunc vertreten. Begründet wurde dies damit, dass zwischen Hauptversammlungsbeschluss und Rechtskraft des Urteils in der Regel geraume Zeit vergehe, in der das Leben und Handeln der Gesellschaft nach innen und außen weitergehen müsse, wozu die Mitwirkung des Aufsichtsrats erforderlich sei, so dass vom Grundsatz der Rückwirkung eine Ausnahme zu machen sei.8 Dies beschreibt 1 BGH NJW 2013, 1535, 1536 Rn. 13; Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 241 Rn. 34 (ergibt sich mittelbar aus § 241 Nr. 5); Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 294; Happ, in: FS Hüffer, S. 293. 2 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 294. 3 Begr RegE zu § 244 bei Kropff, AktG, S. 331. 4 Vetter, ZIP 2012, 701, 702. 5 Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 14. 6 Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 7. 7 Schilling, in: Großkomm AktG, 3. Aufl. 1973, § 252 Anm. 5; Geßler, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 101 Rn. 124; Würdinger, § 26 V 3, S. 156; Mertens, in: KölnKomm, 2. Aufl. 1995, § 101 Rn. 97; offen gelassen von Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 101 Rn. 107. 8 Schilling, in: Großkomm AktG, 3. Aufl. 1973, § 252 Anm. 5.

§ 2 Beschränkte rechtliche Anerkennung von Beschlüssen

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zwar zutreffend die Problematik, jedoch verstieße eine solche Lösung gegen die gesetzlich angeordnete Rückwirkung, eine solche Ausnahme ist gesetzlich nicht vorgesehen.9 So ist diese Ansicht schon früher zum Teil10 und heute ganz überwiegend11 auf Ablehnung gestoßen. In der aktuelleren Literatur wird jedoch vereinzelt noch eine Beschränkung der generellen Rückwirkung angenommen,12 und zwar infolge der Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ. Hierauf soll in Teil 5 noch näher eingegangen werden.

§ 2 Beschränkte rechtliche Anerkennung von Beschlüssen infolge der Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Dauerschuldverhältnisse Es wird angenommen,13 dass durch eine entsprechende Anwendung der „Grundsätze über fehlerhafte Dauerschuldverhältnisse“ oder der „Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft“,14 dergestalt, dass die fehlerhaften Aufsichtsratsbeschlüsse vorübergehend wirksam sein sollen, auch die Auswirkungen des Handelns fehlerhaft bestellter Organmitglieder eingeschränkt werden. So wird angeführt, die durch einen nichtigen Aufsichtsratsbeschluss geschaffene Situation könne nicht immer rückwirkend vernichtet werden, gerechtfertigte Bestands- und Vertrauensinteressen könnten dazu führen, dass sie in Anlehnung an die arbeitsrechtlichen Grundsätze über das fehlerhafte Anstellungsverhältnis eine beschränkte rechtliche Anerkennung finde.15 Diese Einschränkung der Nichtigkeitsfolge solle bei Aufsichtsratsbeschlüssen grundsätzlich allerdings nur im Hinblick auf die in Vollzug gesetzte Bestellung des Aufsichtsratsvorsitzenden und die Bestellung und Anstellung eines Vorstandsmitglieds geboten sein.16 Andere Vertretungshandlungen des Aufsichtsrats, die auf nichtigen Aufsichtsratsbe9 Hüffer, in: MüKo AktG, § 252 Rn. 10; Zöllner, in: KölnKomm, 1. Aufl. 1985, § 252 Rn. 9. 10 Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 18 ff.; Rummel, Mangelhaftigkeit von Aufsichtsratswahlen, S. 75. 11 Schwab, in: Schmidt/Lutter, § 252 Rn. 3; Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 71; Hüffer, in: MüKo AktG, § 252 Rn. 10; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 228; Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1117. 12 s. dazu Teil 5. 13 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 108 Rn. 164; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 108 f.; Mertens, in: KölnKomm, 2. Aufl. 1995, § 108 Rn. 86; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 34 ff. 14 Zur Wirkung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft s. aber unten 5. Teil. 15 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 108 f.; Mertens, in: KölnKomm, 2. Aufl. 1995, § 108 Rn. 86. 16 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 108 f.; Mertens, in: KölnKomm, 2. Aufl. 1995, § 108 Rn. 86; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 108 Rn. 164; Lemke, Aufsichtsratsbeschluß, S. 34 ff.

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3. Teil: Alternative Lösungsansätze

schlüssen beruhen, seien einer beschränkten rechtlichen Anerkennung kraft Faktizität nur ausnahmsweise zugänglich.17 Gegen diesen Ansatz spricht, dass ohne tragfähige dogmatische Begründung unter Berufung auf die „Grundsätze fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse“ oder die „Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft“ an fehlerhaft gefasste Beschlüsse selbst angeknüpft wird, und diese dann je nach Bedürfnis für vorläufig wirksam erachtet werden. Mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft lässt sich eine partielle Beschlusswirksamkeit nicht begründen, da dies nicht der Wirkung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft entspricht.18

§ 3 Lösung über (analoge) Anwendung des § 104 AktG Von der obergerichtliche Rechtsprechung und Teilen der Literatur wird eine Lösung der Problematik zum Teil über eine (analoge) Anwendung der gerichtlichen Bestellung nach § 104 AktG – bis zur nächsten Hauptversammlung nach rechtskräftigem Abschluss des Anfechtungsverfahrens, oder bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsverfahrens – angestrebt.19 Vorläufiger Bestandsschutz könnte damit ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Bestellung erzielt werden. Nach § 104 I AktG hat das Gericht auf Antrag den Aufsichtsrat, wenn ihm die zur Beschlussfähigkeit nötige Zahl von Mitgliedern nicht angehört, auf diese Zahl zu ergänzen. Gehört dem Aufsichtsrat länger als drei Monate weniger als die durch Gesetz oder Satzung festgesetzte Zahl an, so hat ihn das Gericht auf Antrag nach § 104 II AktG auf diese Zahl zu ergänzen, in dringenden Fällen auch vor Ablauf dieser Frist. Generell kann eine Bestellung nach § 104 AktG zeitlich nur ab dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung weiterhelfen, nicht für den Zeitraum zwischen Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung und gerichtlicher Ersatzbestellung nach § 104 AktG.

I. Direkte Anwendung des § 104 AktG Unproblematisch ist eine solche gerichtliche Bestellung für den Fall, dass das Aufsichtsratsmitglied, gegen dessen Wahl Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhoben wurde, sein Amt niederlegt und somit den Weg für eine gerichtliche (Wieder-)Bestellung nach § 104 AktG eröffnet.20 17 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 108 Rn. 108 f.; Mertens, in: KölnKomm, 2. Aufl. 1995, § 108 Rn. 86. 18 s. dazu unten 5. Teil. 19 Dazu im Folgenden; vgl. auch Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 722. 20 Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483 f.; von der Linden, EWiR 2011, 201, 202; vgl. auch Schroeder/Pussar, BB 2011, 1930, 1932; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 302 f.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 104 Rn. 13.

§ 3 Lösung über (analoge) Anwendung des § 104 AktG

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Keine direkte Anwendung findet § 104 AktG aber, wenn über Anfechtungsund Nichtigkeitsklagen gegen den Hauptversammlungswahlbeschluss noch nicht entschieden ist.21 Voraussetzung für eine direkte Anwendung wäre eine Vakanz im oben genannten Sinne im Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses nach § 104 AktG.22 Schon dem Wortlaut nach ist eine bestehende, nicht eine möglicherweise in der Zukunft eintretende Vakanz vorauszusetzen.23 Ist die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds angefochten, allerdings über die Anfechtungsklage noch nicht entschieden, so liegt noch keine Vakanz vor.24 Das OLG Köln hat darauf abgestellt, dass die Erhebung einer Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage gegen die Wahl des Aufsichtsrats als solche zunächst nichts daran ändert, dass der Aufsichtsrat bestellt ist und für die AG handeln kann.25 Dies steht jedenfalls einer unbedingten gerichtlichen Bestellung entgegen. Im Fall einer Nichtigkeitsklage, über die noch nicht rechtskräftig entschieden ist, ist ebenfalls keine direkte Anwendung des § 104 AktG in Gestalt einer unbedingten Bestellung möglich,26 da durch das Urteil zwar die anfängliche Nichtigkeit festgestellt würde, die Nichtigkeit des Beschlusses in dem Zeitpunkt der gerichtlichen Bestellung aber noch nicht infolge Urteils feststünde; es bestünde die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.27 Folglich könnte bei Bestellung eines anderen als des durch die Hauptversammlung bestellten Mitglieds – zur Ermessensentscheidung s. sogleich – das Amt doppelt besetzt sein, wenn der Nichtigkeitsklage nicht stattgegeben wird. Denkbar könnte eine durch die Stattgabe der Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage aufschiebend bedingte, rückwirkende Bestellung sein. So wird teilweise in der Literatur angenommen, es sei in direkter Anwendung des § 104 AktG auch eine aufschiebend bedingte Bestellung des Aufsichtsratsmitglieds, dessen Wahl angefochten wurde, die auf den Zeitpunkt des Gerichtsbeschlusses nach § 104 AktG zurückwirkt, für den Fall eines der Anfechtungsklage stattgebenden Urteils möglich.28 Eine teleologische Auslegung des § 104 AktG ergibt jedoch, dass dies von § 104 AktG nicht mehr gedeckt ist.29 21 OLG Köln AG 2011, 465 f.; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 484; Kocher, NZG 2007, 372, 373; Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1121 f. 22 Vgl. OLG Köln AG 2011, 465 f. 23 Vgl. OLG Köln AG 2011, 465 f. 24 OLG Köln AG 2011, 465 f.; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 484; Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1809; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 104 Rn. 6, § 252 Rn. 8; Koch, in: Hüffer, § 104 Rn. 8; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 104 Rn. 13; Vetter, ZIP 2012, 701, 706. 25 OLG Köln AG 2007, 822, 823. 26 Im Ergebnis auch OLG Köln AG 2007, 822, 823. 27 Vgl. auch Kocher, NZG 2007, 372, 373; s. dazu näher noch unten 3. Teil § 3 II. 2. 28 Vetter, ZIP 2012, 701, 706 f.; Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1810 ff.; Fett/ Theusinger, AG 2010, 425, 429 ff.; Seidel, Die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats, S. 55 f., 162 ff.; Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 104 Rn. 13; Lutter/Krieger/Verse,

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3. Teil: Alternative Lösungsansätze

Es würde in unzulässiger Weise in das Auswahlermessen des Gerichts eingegriffen.30 Die aus der Rückwirkung der Anfechtungsklage resultierende Problematik rückwirkend unwirksamer Aufsichtsratsbeschlüsse ist nur dadurch auszuräumen, dass gerade die von der Anfechtungs- bzw. Nichtigkeitsklage betroffene Person gerichtlich bestellt wird, weil gerade der Sinn der Ersatzbestellung bei dieser Konstruktion darin liegen soll, dass der als Aufsichtsratsmitglied von der Hauptversammlung Bestellte für den Fall der Nichtigerklärung dieser Bestellung infolge der gerichtlichen Ersatzbestellung wirksam bestelltes Organmitglied war und damit seine Handlungen nicht unwirksam sind.31 Gegen das Vorliegen einer unzulässigen Beeinträchtigung des Auswahlermessens des über die Bestellung nach § 104 AktG entscheidenden Gerichts wird vorgebracht, dass eine Ermessensreduzierung auf Null dergestalt vorliege, dass zwingend das von der Mehrheit der Hauptversammlung gewählte Mitglied auch gerichtlich bestellt werden müsse.32 Wie das OLG Köln aber zu Recht betont hat, hat das Gericht bei der Ergänzung des Aufsichtsrats eine Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen, welche neben den gesetzlichen Kriterien des § 104 IV AktG vor allem an den Interessen des Unternehmens auszurichten ist.33 Dabei sei die Willensäußerung von Organen der Gesellschaft in Gestalt der Wahl durch die Hauptversammlung zwar ein gewichtiges Indiz, aber nicht das einzige Kriterium.34 Auch dann, wenn die Anfechtungsklage auf formelle Gründe gestützt wurde, könne eine Ermessensreduzierung auf Null folglich nicht angenommen werden.35 Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 19; ablehnend OLG Köln AG 2011, 465; OLG Köln AG 2007, 822, 823; Hüffer, in: MüKo AktG, § 252 Rn. 10; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 104 Rn. 9; Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1121; Habersack, in: MüKo AktG, § 104 Rn. 12; Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 22. 29 s. dazu unter II. 2. 30 OLG Köln AG 2011, 465, 466; vgl. jetzt auch Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 22; a. A. Vetter, ZIP 2012, 701, 706 f.; s. zudem sogleich. 31 OLG Köln AG 2011, 465, 466; H.-F. Müller, WuB II A. § 104 AktG 1.11. 32 Vetter, ZIP 2012, 701, 706 f.: Regelmäßige Ermessensreduzierung auf Null bei formellen Mängeln; ebenso Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1812; auch Fett/Theusinger, AG 2010, 425, 431, für den Fall, dass die Anfechtungsklage auf vermeintliche Verletzungen von Gesetz oder Satzung gestützt wird, die in keinem Bezug zum Aufsichtsratsmitglied stehen, anders wenn die Anfechtungsklage sich auf die fachliche oder persönliche Qualifikation des Aufsichtsratsmitglieds erstreckt; Seidel, Die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats, S. 162 f.: Reduzierung des Ermessens bei formellen Mängeln und wenn die Anfechtungsklage, gleich auf welche Gründe sie gestützt wird, offensichtlich unbegründet ist; ähnlich Kocher, NZG 2007, 372, 374: Verdichtetes Ermessen, wenn nicht die Eignung betroffen ist. 33 OLG Köln AG 2011, 465, 466 f.; vgl. OLG München AG 2006, 590, 592; Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 104 Rn. 9; Habersack, in: MüKo AktG, § 104 Rn. 31; Seidel, Die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats, S. 142 f. 34 OLG Köln AG 2011, 465, 466 f. 35 OLG Köln AG 2011, 465, 466 f.

§ 3 Lösung über (analoge) Anwendung des § 104 AktG

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Gerade aber dann, wenn die Klage auf Gründe gestützt ist, die auf eine mangelnde Eignung des Kandidaten schließen lassen, kann nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden.36 Im Ergebnis würde eine Ersatzbestellung dann auch nicht zum gewünschten Ziel führen: Würde die Prüfung des im unternehmensrechtlichen Verfahren nach § 375 FamFG zuständigen Gerichts zu mangelnder persönlicher Eignung kommen, würde – vorausgesetzt, beide Gerichte gelangen zu einer übereinstimmenden Beurteilung – eine Klage vor dem Prozessgericht Erfolg haben, eine Ersatzbestellung der betreffenden Person aber ausscheiden. Lägen solche Gründe nicht vor, hätte auch eine auf diese Gründe gestützte Klage keinen Erfolg.37 Nach alledem kommt auch eine direkte Anwendung des § 104 AktG in Gestalt einer aufschiebend bedingten rückwirkenden Bestellung nicht in Betracht.38

II. Analoge Anwendung Fraglich ist sodann allerdings, ob eine analoge Anwendung des § 104 AktG in Betracht kommt.39 1. Planwidrige Regelungslücke An einer Regelungslücke fehlt es im Ergebnis, da – wie später zu erörtern sein wird – die Lehre vom fehlerhaften Organ bereits de lege lata eingreift.40 Dem OLG Köln41 kann aber jedenfalls nicht darin gefolgt werden, die Schaffung des Freigabeverfahrens nach § 246a AktG lasse auf eine bewusste Unterlassung einer Regelung schließen.42 Die Zielsetzung der Neuregelung des § 246a AktG, 36 OLG Köln AG 2011, 465, 466 f.; so auch Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1812; s. auch Fn. 32. 37 Vgl. OLG Köln AG 2011, 465, 466 f. 38 Die aufschiebend bedingte Ersatzbestellung als „,zweitbeste‘ Lösung“ (nach der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, s. dazu unten 4. Teil) – bezogen auf eine Anfechtungsklage – ansehend Schürnbrand, NZG 2013, 481, 484, der zwar feststellt, dass Bedenken hiergegen bestehen, die aber nicht als schlechthin unüberwindbar erschienen: So werde in immerhin fragwürdiger Weise in das gerichtliche Auswahlermessen eingegriffen. Überdies lasse sich der Einwand erheben, auf diese Weise werde entgegen der Systematik des geltenden Rechts die Kassationswirkung des Anfechtungsurteils konterkariert. Er geht zudem selbst (bezüglich einer Anfechtungsklage) davon aus, dass es sich hierbei um eine Rechtsfortbildung handelt. 39 Dafür OLG München, Urteil vom 18.01.2006, Az. 7 U 3729/05, juris, Rn. 79 f.; LG München I DB 2005, 1617, 1618; LG Müchen I AG 2006, 762, 765 f.; Schroeder/ Pussar, BB 2011, 1930, 1933 f.; Kocher, NZG 2007, 372; Kocher, BB 2013, 1170; in diese Richtung gehend jetzt auch Brock, NZG 2014, 641, 643 ff. und Koch, in: Hüffer, § 104 Rn. 8, letzterer konstatiert allerdings, dass dogmatische Zweifel verblieben. 40 s. dazu unten 4. Teil. 41 OLG Köln AG 2011, 465, 466; OLG Köln AG 2007, 822, 823. 42 Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 302; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482; vgl. auch Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 714 f.

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3. Teil: Alternative Lösungsansätze

die auf die Beseitigung der Blockadewirkung der Anfechtungsklage für bestimmte Strukturmaßnahmen beschränkt ist, rechtfertigt keinen solchen Umkehrschluss.43 2. Vergleichbare Interessenlage Auch eine vergleichbare Interessenlage liegt nicht vor.44 Die in § 104 I, II AktG geregelte Möglichkeit einer gerichtlichen Aufsichtsratsbestellung soll die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der AG erhalten und sicherstellen;45 sie hat nicht den Sinn, die Rückwirkung einer Anfechtungsklage der Sache nach zu beseitigen, wie das OLG Köln betont hat.46 Auch die bereits zur direkten Anwendung genannten Argumente können entsprechend für die Frage der vergleichbaren Interessenlage herangezogen werden. Die unterschiedliche Interessenlage ist insbesondere damit zu begründen, dass die Entscheidung, wen das Gericht bestellt, in seinem Ermessen liegt.47 Nur eine Bestellung des durch die Hauptversammlung – möglicherweise fehlerhaft – bestellten Mitglieds wäre sinnvoll.48 Es bestünde die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.49 Diese ist nicht dadurch gebannt, dass das Prozessgericht entsprechend dem im unternehmensrechtlichen Verfahren nach § 375 FamFG zuständigen Gericht von der persönlichen Eignung des gerichtlich Bestellten ausgehen müsse, da nur der Tenor in Rechtskraft erwächst.50 Eine vergleichbare Interessenlage liegt mithin nicht vor.

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Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 302; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482. OLG Köln AG 2007, 822, 823 f.; OLG Köln AG 2011, 465, 466; Vetter, ZIP 2012, 701, 706 (für unbedingte Bestellung, für aufschiebend bedingte Bestellung nimmt er eine unmittelbare Anwendung des § 104 AktG an, vgl. Fn. 28); Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1809 (für unbedingte Bestellung); a. A., unter Berufung auf die bestehenden Rechtsunsicherheiten, OLG München, Urteil vom 18.01.2006, Az. 7 U 3729/05, juris, Rn. 79 f.; LG München I DB 2005, 1617, 1618; LG München I AG 2006, 762, 765 f.; Schroeder/Pussar, BB 2011, 1930, 1934; Kocher, NZG 2007, 372. 45 BGH AG 2002, 676, 677; OLG Köln AG 2007, 822, 823; LG München I DB 2005, 1617, 1618; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 104 Rn. 1; Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 104 Rn. 1; Vetter/van Laak, ZIP 2008, 1806, 1809; Schroeder/Pussar, BB 2011, 1930, 1934; Kocher, NZG 2007, 372, 373. 46 OLG Köln AG 2011, 465, 466; vgl. dazu auch oben 3. Teil § 3 I.; s. auch Ph. Schäfer, FD-HGR 2007, 238096; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 301 f. 47 OLG Köln AG 2007, 822, 823; vgl. dazu bereits oben 3. Teil § 3 I. 48 OLG Köln AG 2007, 822, 823; vgl. zudem bereits oben 3. Teil § 3 I.; s. auch Kocher, NZG 2007, 372, 373 f. 49 OLG Köln AG 2011, 465, 467; H.-F. Müller, WuB II A. § 104 AktG 1.11; vgl. auch oben 3. Teil § 3 I. 50 OLG Köln AG 2011, 465, 467 in Ablehnung von Fett/Theusinger, AG 2010, 425, 431, die annehmen, dass der Bestellungsbeschluss materielle Rechtskraft entfaltet, mit der Folge, dass auch das Prozessgericht von der persönlichen Eignung des gerichtlich Bestellten ausgehen müsse. 44

§ 4 Bestätigung des Wahlbeschlusses nach § 244 AktG

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III. Zwischenfazit Wenn gegen den Hauptversammlungswahlbeschluss eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage erhoben wird, besteht nicht die Möglichkeit einer gerichtlichen Bestellung nach § 104 AktG (analog). Es kann also festgehalten werden, dass es zwar wünschenswert ist, die oben dargestellte Problematik einer Lösung zuzuführen, die die Rückabwicklungsschwierigkeiten zumindest eingrenzt, was bei einer Anwendung des § 104 AktG immerhin für den Zeitraum ab der gerichtlichen Bestellung der Fall wäre. Eine derartige Korrektur kann jedoch aus den genannten Gründen nicht über eine gerichtliche Ersatzbestellung nach § 104 AktG erfolgen, da dies insbesondere nicht dem Zweck dieser Vorschrift entspricht. Eine derartige Ausweitung der Bestellungsmöglichkeiten gem. § 104 AktG wäre nicht der Rechtsprechung überlassen.51

§ 4 Bestätigung des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung nach § 244 AktG Nach §§ 251 I 3, 244 AktG kommt die Bestätigung eines anfechtbaren Hauptversammlungsbeschlusses in Betracht. Die Anfechtung kann danach nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat. Ein Bestätigungsbeschluss führte nach Stimmen in der Literatur in hohem Maße, wenn auch nicht durchgängig für alle denkbaren Situationen, zu endgültiger Rechtssicherheit über die vom Aufsichtsrat während des anhängigen Anfechtungsverfahrens gefassten Beschlüsse.52 Allerdings ist ein Bestätigungsbeschluss nur bei Verfahrensmängeln möglich.53 Auch aufgrund der ex-nunc-Wirkung der Heilung54 hilft der Bestätigungsbeschluss für die Zeit vor Fassung desselben nicht weiter.55 Nicht zu vernachlässigen ist auch der Aspekt, dass die Herbeiführung eines Bestätigungsbeschlusses mit hohem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist. So hat die außerordent51 Vgl. auch OLG Köln AG 2011, 465 (LS 1), OLG Köln AG 2007, 822 (LS), 824; zustimmend Petrovicki, GWR 2011, 112. 52 Vetter, ZIP 2012, 701, 705, der aber auch darauf hinweist, dass der rechtssichere Zustand ggf. erst nach längerer Zeit eintrete, wenn der Bestätigungsbeschluss wiederum angefochten wird. Zudem merkt er an, dass selbst ein Bestätigungsbeschluss nach § 244 AktG nicht weiterhilft, weil auch der Bestätigungsbeschluss eines Beschlussvorschlags des Aufsichtsrats bedarf, Vetter, ZIP 2012, 701, 708. s. zu den Folgen eines fehlerhaften Beschlussvorschlags 2. Teil § 2 II. 2. 53 BGH NJW-RR 2006, 472, 473; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483; Tielmann/ Struck, BB 2013, 1548, 1551; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 294. 54 BGHZ 157, 206, 210 f.; BGH NJW 1972, 1320; BGH NJW 2004, 1165, 1166; Koch, in: Hüffer, § 244 Rn. 6; Habersack/Schürnbrand, in: FS Hadding, S. 391, 393; Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1551. 55 Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1551; Seidel, Die gerichtliche Ergänzung des Aufsichtsrats, S. 50.

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3. Teil: Alternative Lösungsansätze

liche Hauptversammlung der Deutsche Bank AG am 11.04.2013 einen Bestätigungsbeschluss zu den in der Hauptversammlung vom 22.05.2012 durchgeführten Aufsichtsratswahlen gefasst, nachdem das LG Frankfurt a. M. mit Urteil vom 18.12.201256 die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung wegen Verletzung des Rederechts für nichtig erklärt hatte.57 Die Kosten hierfür sollen im oberen einstelligen Millionenbereich gelegen haben.58

§ 5 Zwischenergebnis Abschließend kann festgehalten werden, dass die dargestellten Lösungsansätze nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung der eingangs geschilderten Problematik führen. Aus diesem Grund kann auch nicht der Ansicht von Vetter59 gefolgt werden, nach dem mit bereits vorhandenen gesetzlichen Instrumenten, wie insbesondere § 104 AktG und § 244 AktG, vergleichbare Ergebnisse erreicht werden könnten, was nach seiner Auffassung die notwendige Legitimation für eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ im Wege der Rechtsfortbildung entfallen lasse. Im Folgenden soll eine Lösung durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ erörtert werden.

56

LG Frankfurt a. M. AG 2013, 178. Vgl. dazu oben Einleitung § 2 II. 58 FAZ vom 05.04.2013, abrufbar unter www.faz.net („Aktionäre werfen Kirch-Lager Missbrauch vor“), letzter Abruf am 29.09.2015. 59 Vetter, ZIP 2012, 701, 707. 57

4. Teil

Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung § 1 Meinungsstand in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur I. Obergerichtliche Rechtsprechung Die obergerichtliche Rechtsprechung hatte sich,1 wie insbesondere auch die Vorinstanz in dem zuletzt entschiedenen BGH-Fall2, der im Vordringen befindlichen Literaturansicht3 angeschlossen, und eine vollständige Gleichstellung der Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten mit der eines ordnungsgemäß bestellten Aufsichtsratsmitglieds im Grundsatz angenommen.

II. Entwicklung des Meinungsstands in der Literatur In der neueren Literatur ist im Anschluss insbesondere an Schürnbrand und Habersack4 – entsprechend der überwiegenden Auffassung bezüglich fehlerhaft bestellter Geschäftsleiter5, vorbehaltlich gewisser Einschränkungen6 – verbreitet 1 OLG Frankfurt AG 2011, 36, 39 f. Rn. 107 f.; dahin tendierend auch OLG Köln AG 2011, 465, 467. 2 OLG Düsseldorf Urt. vom 20.01.2012, Az. I-6 U 168/10, BeckRS 2012, 25021. 3 Dazu sogleich. 4 Schürnbrand, Organschaft, S. 286 ff.; Schürnbrand, NZG 2008, 609; Schürnbrand, NZG 2013, 481; Habersack, in: MüKo AktG, 3. Aufl. 2008, § 101 Rn. 70 (weiterhin in 4. Aufl. 2014, § 101 Rn. 70); Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132 ff.; Habersack, Gutachten E zum 69. DJT, S. E 66; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 305 ff.; Verse, in: SERecht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 12; Staake, ZIP 2010, 1013, 1020; Bayer, NZG 2013, 1, 15; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1 – mit ausführlicher Darstellung s. jetzt auch Lieder, ZHR 178 (2014), 282 ff.; Drygala, in: Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 35 ff., § 100 Rn. 63, jetzt einschränkend Drygala, in: Schmidt/Lutter, § 101 Rn. 37 ff.; Cziupka, DNotZ 2013, 579, 586; Priester, GWR 2013, 175 ff.; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 101 Rn. 33, § 104 Rn. 9; Rieckers, AG 2013, 383, 384 f., jüngst Rieckers, VGR 19 (2013), 125 ff., anders aber wohl Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 101; Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 189; Goette, in: MüKo AktG, § 161 Rn. 93; von der Linden, EWiR 2011, 201, 202; H.-F. Müller, WuB II A. § 104 AktG 1.11; Kiefner/Seibel, Der Konzern 2013, 310, 312; Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 25 ff. 5 Vgl. dazu oben 2. Teil § 2 IV.

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dergestalt vertreten worden, dass das fehlerhaft bestellte Mitglied einem fehlerfrei bestellten Mitglied vollumfänglich gleichzustellen ist, also nicht nur im Sinne einer „gespaltenen Sichtweise“ 7, d. h. nicht nur hinsichtlich Pflichten, Haftung und Vergütung. Letzteres wird aber auch immer noch – wenn auch teils nicht ausdrücklich auf die Lehre vom fehlerhaften Organ abstellend – vertreten und war früher die ganz h. M.8 Schon von Zöllner9 und Stein10 wurde aber etwa eine Gleichstellung auch hinsichtlich der Rechte vertreten. Ansätze zu einer vollständigen Gleichstellung der Rechtsstellung finden sich ferner bereits in der älteren Literatur, insbesondere bei W. Schmidt/Meyer-Landrut und Rummel11. Auch Karsten Schmidt hatte in seiner 1995 erschienen Kommentierung zu § 252 AktG12 ausgeführt, „[p]raktischen Bedenken, die sich für das Leben in der Gesellschaft aus der Rückwirkung ergeben könnten“, könne „zum einen durch das Institut des (sog) ,faktischen Organs‘, das die Wirksamkeit von Organhandlungen und die Verantwortlichkeit von Organen gemäß dem jeweils in Frage stehenden Normzweck bestehen läßt (. . .),“, was er bezüglich der Haftung annimmt, „zum anderen durch den Rechtsschein-

6 Zur Einschränkung der Lehre in Fällen höherrangiger Interessen Einzelner oder der Allgemeinheit s. unten 6. Teil § 2. 7 Bezeichnung nach Habersack, in: FS Goette, S. 121, 132; teilweise wird – insbesondere in der früheren Literatur – auch bei Annahme der Wirksamkeit nur einzelner Pflichten/Rechte von der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften bzw. faktischen Organ gesprochen, z. B. Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12. Im Folgenden wird unter der Lehre vom fehlerhaften Organ die vollständige Gleichbehandlung eines fehlerhaft bestellten mit einem wirksam bestellten Mitglied verstanden. 8 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 101 Rn. 108 f., 111, § 108 Rn. 93; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 220 (für anfängliche Nichtigkeit, s. dazu sogleich im Text); Simons, in: Hölters, § 101 Rn. 50 f.; Macht, MittBayNot 2004, 81, 85; Tielmann/ Struck, BB 2013, 1548, 1549; Breuer/Fraune, in: Heidel, § 101 Rn. 24; Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, § 101 Rn. 3; Vetter, ZIP 2012, 701, der jedoch in Einzelfällen die Lehre vom fehlerhaften Organ im Sinne einer Geltung auch hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung anwenden will, so im Fall der Einberufung der Hauptversammlung, ZIP 2012, 701, 708, und in dem Fall, dass das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied als satzungsmäßiger Versammlungsleiter fungiert, ZIP 2012, 701, 709; im Ergebnis wohl auch Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 28; zweifelnd auch Humrich, Der besondere Vertreter, S. 139, Fn. 580. 9 Zöllner, AG 2004, 397, 403; so auch jetzt noch Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, Anh. § 47 Rn. 178. 10 Stein, Das faktische Organ, S. 97 ff. mit einem eigenen Begründungsansatz, s. dazu unten 4. Teil § 2. 11 Rummel, Mangelhaftigkeit von Aufsichtsratswahlen, S. 84 f., der sich für eine analoge Anwendung der Regeln über die faktische Gesellschaft ausspricht; W. Schmidt/ Meyer-Landrut, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1961, § 105 Anm. 3, § 87 Anm. 27, die auf die für die sog. faktische Gesellschaft entwickelten Grundsätze abstellen, eine vollständige Gleichstellung aber wohl nicht annehmen, zumal sie die Beschlüsse der unter Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder einberufenen Hauptversammlung für anfechtbar halten. 12 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12.

§ 1 Meinungsstand in obergerichtlicher Rechtsprechung und Literatur

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schutz Dritter gegenüber unwirksamen Rechtshandlungen“ Rechnung getragen werden.13 Er stellt jedoch hinsichtlich der Frage der Auswirkungen auf die Beschlussfassung bei Teilnahme fehlerhaft bestellter Mitglieder darauf ab, ob diese rechnerisch relevant ist14, nimmt mithin keine wirksame Teilnahme an der Beschlussfassung in Folge der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ an. Es wurde und wird, wenn auch nur gelegentlich unter (ausdrücklicher) Berufung auf die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ15 insoweit allgemein16 vertreten, dass das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied die gleichen Pflichten, insbesondere aus den §§ 116, 93 AktG, treffen wie ein wirksam bestelltes Mitglied und es auch entsprechend haftet.17 Insbesondere die wirksame Mitwirkung an der Beschlussfassung nach den Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Organ wurde jedoch abgelehnt, während ein Vergütungsanspruch des fehlerhaft bestellten Mitglieds meist angenommen wurde18. Es entspricht aber, wie eingangs festgestellt, einer starken Tendenz in der Literatur, die Gleichstellung nicht dabei zu belassen, wenn auch nicht eine gänzliche Gleichstellung angenommen wird. So hat sich auch Hüffer19 unter Berufung auf Habersack und Schürnbrand für die grundsätzlich berechtigte Amtsausübung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds ausgesprochen, auch wenn er offen gelassen hat, ob insgesamt von einer vorläufig wirksamen Organmitgliedschaft auszugehen ist, wenn das Organverhältnis in Vollzug gesetzt worden ist20. Die Stimmabgabe des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds sei ebenso wirksam wie die eines fehlerfrei bestellten Aufsichtsratmitglieds, für die Ausübung anderer Organrechte dürfte dasselbe gelten.21 Die Gleichstellung der Wirksamkeit der Stimmabgabe eines fehlerhaft bestellten mit der eines wirksam bestellten Mitglieds ist nach Hüffer allerdings bezüglich der Feststellung des Jahresabschlusses, § 256 II AktG, einzuschränken.22 Zuvor vertrat auch er noch – unter Ablehnung der Übertragung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ auf den Aufsichtsrat – die gespal13

Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12. Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 250 Rn. 31. 15 Ausdrücklich aber z. B. Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 252 Rn. 12, § 250 Rn. 29. 16 Vgl. bereits oben 2. Teil § 2 VIII. 17 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 250 Rn. 29; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 216, 218, § 116 Rn. 12; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 111. 18 Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 111, als Korrelat der umfassenden Haftung; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 219. 19 Hüffer, ab 9. Aufl. 2010, § 101 Rn. 18, dafür auch § 252 Rn. 8, abweichend § 256 Rn. 19. 20 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 101 Rn. 18. 21 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 101 Rn. 18, § 250 Rn. 16. 22 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 256 Rn. 19. 14

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

tene Ansicht23, es sei jeweils im Einzelnen durch Auslegung der in Frage stehenden Vorschrift des AktG zu ermitteln, ob diese zur Anwendung komme.24 Die Teilnahme an der Beschlussfassung sah er als nicht wirksam an.25 Auch Spindler hat sich wohl der Ansicht von Schürnbrand und Habersack angeschlossen.26 Es sei in Anwendung der „Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft“ generell von der Wirksamkeit der Aufsichtsratsbeschlüsse unter Beteiligung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder auszugehen.27 Die Aufsichtsratsmitglieder seien „faktisch“ im Amt.28 Zuvor näherte er sich dieser Ansicht dergestalt an, dass er vertrat, für jede Norm des AktG sei zu beurteilen, ob sie auf das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied Anwendung finden könne, jedoch bestünden gute Gründe, auch in den Fällen der für das Abstimmungsergebnis relevanten Teilnahme des fehlerhaft bestellten Mitglieds an der Beschlussfassung29 „von einer Wirksamkeit der Beschlüsse bis zur endgültigen Feststellung der Nichtigkeit der Bestellung auszugehen, mithin eine Wirkung ex nunc und nicht ex tunc anzunehmen“.30 Das bestellte Aufsichtsratsmitglied werde schließlich auch im Hinblick auf seine Pflichten und Rechte ansonsten wie ein wirksam bestelltes Mitglied behandelt.31 Die Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds sei insofern der eines fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieds vergleichbar.32 Jüngst hat Spindler allerdings trotz geäußerter Zweifel an der Entscheidung des BGH vom 19.02.2013 auch Sympathie gegenüber dieser Rechtsprechung bekundet.33

III. Differenzierung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit? Hopt/Roth34 wollen die Lehre vom fehlerhaften Organ auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder anwenden, jedoch zwischen nichtigem und erfolgreich 23 Hüffer, in: MüKo AktG, § 250 Rn. 19 ff., § 252 Rn. 10; Hüffer, 8. Aufl. 2008, § 101 Rn. 17. 24 Hüffer, 8. Aufl. 2008, § 101 Rn. 17. 25 Hüffer, in: MüKo AktG, § 250 Rn. 21. 26 Spindler, NZG 2011, 1007, 1012 Fn. 90, 1013 Fn. 91, allerdings – im Rahmen der Untersuchung möglicher Sanktionen eines Verstoßes gegen § 161 AktG – bezogen auf „rechtlich unbeachtliche“ Hauptversammlungsbeschlüsse. 27 Spindler, NZG 2011, 1007, 1013 Fn. 91. 28 Spindler, NZG 2011, 1007, 1012, allerdings ist i.V. m. Fn. 90 nicht eindeutig, wie weit die „faktische“ Amtsstellung nach seiner Ansicht reichen soll. 29 Vgl. oben 2. Teil § 1. 30 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 110, 112. 31 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 112. 32 Spindler, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 112; bezüglich Vorstand aber abweichende Ansicht, in: MüKo AktG, 3. Aufl. 2008, § 84 Rn. 244 für Akte, die ein fehlerhaft bestelltes Vorstandsmitglied im innergesellschaftlichen Bereich vornimmt, insbesondere bezogen auf die Mitwirkung an der Beschlussfassung, vgl. oben 2. Teil § 2 IV. 33 Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 116.

§ 2 Dogmatische Grundlage

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angefochtenem Beschluss differenzieren; bei bloß anfechtbar bestellten Mitgliedern sei nach den Regeln über fehlerhafte Organverhältnisse nach erfolgreicher Anfechtung grundsätzlich von der Wirksamkeit ihrer Handlungen auszugehen. Fraglich ist, ob eine solche Differenzierung sachgerecht ist. Die gesetzliche Differenzierung nach Mängeln, die zur Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit führen, bezieht sich darauf, ob der Mangel grundsätzlich zeitlich unbeschränkt oder nur innerhalb kurzer Frist geltend gemacht werden kann.35 Dies ist nicht identisch mit der Einordnung hinsichtlich der Frage, ob aufgrund der Schwere des Mangels eine vorläufige Wirksamkeit der Organstellung auszuschließen ist, es sind jeweils unterschiedliche Ebenen betroffen.36 Bei den gesetzlich genannten Nichtigkeitsgründen ist nicht zwingend davon auszugehen, dass es „nicht ein noch viel schwerer wiegendes Interesse daran geben könnte, die vollzogene Maßnahme zu schützen.“ 37 Dies werde deutlich, wenn man sich vor Augen halte, dass ein kleiner Einberufungsmangel gem. § 241 Nr. 1 AktG zur Nichtigkeit führe.38 Nimmt man an, dass bei schwerwiegenden Mängeln die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht angewendet werden soll,39 so wäre es vorzugswürdig, unabhängig von der Einordnung als Anfechtungs- oder Nichtigkeitsgrund nach der Schwere der Mängel zu differenzieren, sofern tatsächlich ein Bedürfnis dafür bestehen sollte.

§ 2 Dogmatische Grundlage Ob die Lehre vom fehlerhaften Organ Anwendung auf fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglieder findet, und ob diese dazu führt, dass fehlerhaft bestellte Mitglieder fehlerfrei bestellten vollständig, hinsichtlich Rechten und Pflichten, also insbesondere auch hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung, gleichzustellen sind, mithin die Reichweite der Lehre vom fehlerhaften Organ, hängt von der dogmatischen Begründung dieser Lehre ab. Oft wird zu ihrer Begründung nur allgemein auf Grundsätze fehlerhafter Gesellschafts- und Dienstverhältnisse40 verwiesen oder auf Wertungsgesichtspunkte 34 Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 217, 220, 228; eine solche Differenzierung ablehnend etwa Schürnbrand, Organschaft, S. 290; Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 38 bezüglich Differenzierung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Strukturänderungen. 35 Schürnbrand, Organschaft, S. 290. 36 Schürnbrand, Organschaft, S. 290; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 611; vgl. auch Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 38 bezüglich Differenzierung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Strukturänderungen. 37 Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 38 bezüglich Differenzierung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Strukturänderungen. 38 Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 38 bezüglich Differenzierung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf Strukturänderungen. 39 Schürnbrand, Organschaft, S. 290; dazu noch unten 6. Teil § 2. 40 So etwa Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 84 Rn. 10; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 8; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 46; Oltmanns, in: Heidel, § 84 Rn. 9;

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

abgestellt.41 Es finden sich jedoch auch einige nähere Ausführungen in der Literatur zur Einordnung eines Zusammenhangs der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit der Lehre vom fehlerhaften Organ. Schon Schürnbrand hat festgestellt, dass Organmitglieder an einer Vielzahl von das Innen- und Außenverhältnis der Gesellschaft betreffenden Maßnahmen beteiligt sind, die sich im Nachhinein kaum noch sinnvoll rückgängig machen ließen, und dass es „im Kern“ die „Schwierigkeiten der Rückabwicklung einer womöglich unabsehbaren Vielzahl von Beschlüssen“ seien, die nahelegten, die dogmatische Fundierung in einer Anlehnung an die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die auch auf Strukturänderungen Anwendung findet, zu suchen, bzw. „die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft als dogmatische Grundlage der Rechtsfigur vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis ausweisen“.42 Nach Bayer/Lieder findet die Lehre vom fehlerhaften Organ „ihre rechtsdogmatische Grundlegung in den Wertungsgesichtspunkten, auf denen auch d[ie] Lehre vom fehlerhaften Verband beruht“.43 Diese Rechtsfigur ziele in erster Linie darauf ab, Rückabwicklungsschwierigkeiten zu vermeiden.44 Eine vertiefte Untersuchung, mit welcher dogmatischen Begründung anlässlich der bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten eine Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehlerhaften Verband erfolgen könnte, findet sich bisher nicht. Einen vertieften Begründungsansatz der Lehre vom fehlerhaften Organ hat Stein45 gegeben; sie vertritt jedoch eine von der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft unabhängige Konzeption: Die im Interesse der Gesellschaft und der Gesellschafter, Gläubiger und Allgemeinheit liegende Ausstattung der Gesellschaft mit jederzeit handlungsfähigen Organen und der Schutz der Gesellschaft vor nachteiligen Folgen der Tätigkeit der für sie als Organ handelnden Personen sollen es erforderlich machen, fehlerhaft bestellte46 Organe in vollem Umfang als Organe zu behandeln.47 Das Abstel-

schon Rummel, Mangelhaftigkeit von Aufsichtsratswahlen, S. 84 f., der sich für eine analoge Anwendung der Regeln über die faktische Gesellschaft ausgesprochen hat, ebenso W. Schmidt/Meyer-Landrut, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1961, § 105 Anm. 3. 41 Vgl. oben 4. Teil § 1. 42 Schürnbrand, Organschaft, S. 269, 273 f.; ähnlich auch Happ, in: FS Hüffer S. 293, 305 f., der jedoch zudem u. a. auch auf die Grundsätze eines fehlerhaften Dienstvertrags abstellt; Drygala, in: Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 35 („Konsequente Weiterentwicklung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft“, aufgrund des Dauercharakters der Organtätigkeit erscheine es geboten, diese Grundsätze auf die fehlerhafte Organbestellung auszudehnen.). 43 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2. 44 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2. 45 Von Drygala, in der Diskussion des Referats Rieckers im Rahmen der Jahrestagung der Gesellschaftsrechtlichen Vereinigung 2013, Cloppenburg, Diskussionsbericht, VGR 19 (2013), 151, 153, als „Mutter der fehlerhaften Organe“ bezeichnet. 46 Zu der von Stein verwendeten Bezeichnung „Faktisches Organ“ s. oben Einleitung § 3. 47 Stein, Das faktische Organ, S. 97 ff.

§ 2 Dogmatische Grundlage

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len auf die Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis oder Gesellschaftsvertrag lehnt sie gerade ab.48 Auf die Begründung hierfür wird im Folgenden noch zurückzukommen sein. Auch Schäfer nimmt letztlich keine Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft an, obwohl beide auch nach seiner Auffassung starke Parallelen aufweisen, worauf im Folgenden ebenfalls noch näher einzugehen ist.49 Er erwägt stattdessen sogar die Einbeziehung faktischer Organe in eine einheitliche Lehre vom faktischen Organ.50 Die autonom begründete Lehre vom faktischen bzw. fehlerhaften Organ sei im Kapitalgesellschaftsrecht gegenüber der Lehre vom fehlerhaften Verband das speziellere Institut, werde mithin durch diese verdrängt.51 Die dogmatische Herleitung der Lehre vom fehlerhaften Organ soll im Folgenden näher untersucht werden. Insbesondere soll erörtert werden, ob die dogmatische Grundlage der Lehre vom fehlerhaften Organ in einer Anlehnung bzw. Eingliederung in die Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband zu finden ist.

I. Einbeziehung in die Lehre vom fehlerhaften Verband Zunächst ist daher die dogmatische Begründung der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Beitritts als ursprüngliche Anwendungsfälle der Lehre vom fehlerhaften Verband festzustellen, um sodann von den anerkannten Erweiterungen des Anwendungsbereichs auf verbandsrechtliche Organisationsakte, wie etwa auf die Lehre von der fehlerhaften Verschmelzung, gegebenenfalls auch auf eine Ausdehnung auf die Lehre vom fehlerhaften Organ zu schließen. Die Darstellung erfolgt unter besonderer Fokussierung auf die für die Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ relevanten Bereiche. 1. Grundlagen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft – Entwicklung und Begründung Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft besagt, dass die Gesellschaft trotz fehlerhaften Gesellschaftsvertrags bzw. fehlerhafter Satzung regelmäßig nicht von Anfang an nichtig, sondern wegen des Nichtigkeits- und Anfechtungsgrundes nur mit Wirkung für die Zukunft vernichtbar ist.52 Der BGH hat die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bereits in BGHZ 55, 5, 8 als „gesicherten Bestandteil des Gesellschaftsrechts“ bezeichnet.53 Auch in 48

Stein, Das faktische Organ, S. 50 ff., 60 ff. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 305, 481 f. 50 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 305, 482. 51 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 477, 481 f. 52 BGHZ 55, 5, 8; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 229. 53 Auch Ulmer, in: Staub, 4. Aufl. 1988, § 105 Rn. 329; Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135. 49

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

der Literatur werden die Grundsätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft kaum noch unter Abstellen auf Rechtsscheinsgesichtspunkte bestritten.54 Allerdings besteht über die Geltungsgrenzen55 und Rechtsfolgen56 keine Einigkeit.57 Während die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zunächst im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelt wurde, wird heute auch auf ihre gewohnheitsrechtliche Geltung verwiesen58. Dennoch bedarf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft einer tragfähigen dogmatischen Grundlage, welche auch ermöglicht, Geltungsgrenzen und Rechtsfolgen klar zu bestimmen59. So betont Karsten Schmidt,60 auch Rechtsfortbildung müsse systematisch und rechtsdogmatisch gesteuert sein; das systematische „Zuendedenken“ des Rechts als Hauptaufgabe der Rechtsfortbildung trage auch rechtsdogmatische Züge, wobei die Aufgabe der Rechtswissenschaft in diesem Prozess Institutionenbildung heiße. Hierauf wird auch im Zusammenhang mit der Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ noch zurückzukommen sein. a) Abgrenzung zur Lehre von der faktischen Gesellschaft Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist rechtsdogmatisch zu der Lehre von der faktischen Gesellschaft, welche im Gegensatz zu erstgenannter keine rechtsgeschäftliche „Fundierung“ in Gestalt des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung aufweist, abzugrenzen.61 Voraussetzung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist ein fehlerhafter Gesellschaftsvertrag.62 Früher wurde oft, insbesondere in der Rechtsprechung, die Bezeichnung der Lehre von der faktischen Gesellschaft verwendet, auch wenn inhaltlich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft gemeint war, also ein fehlerhafter Gesellschaftsvertrag zugrunde lag und gerade nicht mehr auf die überholte Theorie der faktischen Vertragsverhältnisse abgestellt wurde.63 Seit der Entscheidung des BGH vom 05.03.196464 ist dieser Unterschied auch terminologisch deutlich gemacht.65 54

Canaris, Vertrauenshaftung, S. 167 ff.; Weber, Fehlerhafte Gesellschaft, S. 171 ff. s. unten 6. Teil § 2. 56 s. unten 5. Teil. 57 Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135. 58 Habermeier, in: Staudinger, § 705 Rn. 63. 59 So auch Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 317. 60 Karsten Schmidt, in: Rechtsdogmatik und Rechtspolitik, S. 9, 17. 61 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 230; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 17 f.: „Der sogenannte fehlerhafte Vertrag hebt sich mit Selbstverständlichkeit von dem Fall ab, dass überhaupt keine vertragliche Einigung über die Gründung der Gesellschaft vorliegt.“ 62 Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 2, S. 139. 63 s. dazu R. Fischer, in: Staub, 3. Aufl. 1973, § 105 Anm. 77; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 230; Goette, DStR 1996, 266 f. 64 BGH LM Nr. 19 zu § 105 HGB. 55

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b) Rückabwicklungsschwierigkeiten als Anlass für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft Anlass für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft geben die ansonsten bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten.66 Ins Werk gesetzte gesellschaftsrechtliche Beziehungen könnten nicht rückwirkend ausgelöscht werden.67 Wie der BGH ausgeführt hat,68 würde es zu unerträglichen Ergebnissen führen und mit dem recht verstandenen Zweck der bürgerlich-rechtlichen Nichtigkeitsund Anfechtungsvorschriften nicht vereinbar sein, eine derart auf Dauer angelegte und tatsächlich vollzogene Leistungsgemeinschaft, für die die Beteiligten Beiträge erbracht und Werte geschaffen, die Gewinnchancen genutzt und vor allem gemeinschaftlich das Risiko getragen haben, ohne weiteres mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streichen und damit so zu behandeln, als ob sie niemals bestanden hätte. Ein solches Rechtsverhältnis verdiene vielmehr vorläufig Bestandsschutz. Ansonsten käme es zu gesellschaftsrechtsspezifischen Rückabwicklungsschwierigkeiten,69 welche bei Personengesellschaft und Körperschaft weitestgehend parallel verlaufen.70 Diese besonderen Rückabwicklungsschwierigkeiten beruhen darauf, dass ein eigenes Rechtssubjekt entsteht, welches Rechtsbeziehungen zu den Gesellschaftern und Dritten hat.71 Sie ergeben sich aus der Nichtexistenz der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögens und wären nicht hinreichend über Rechtsscheinsgrundsätze zu lösen.72 Sämtliche Rechtsgeschäfte im Außen- und Innenverhältnis wären unwirksam.73 Im Innenverhältnis sind die organisationsrechtlichen Schwierigkeiten zu betonen, insbesondere der Umstand, dass für die Gesellschaft Organe gehandelt haben und Beschlüsse gefasst worden sind, welche unwirksam wären; zudem bestünden keine Nebenpflichten, insbesondere keine Treuepflichten74.

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Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 230; Goette, DStR 1996, 266 f. Zöllner, AG 1993, 68, 73. 67 Zöllner, AG 1993, 68, 73. 68 BGHZ 55, 5, 8. 69 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 75, 131, 142; s. beispielhaft die Beschreibung der Rückabwicklungsschwierigkeiten („die größten Schwierigkeiten“) bei einer etwa 28 Jahre bestehenden fehlerhaften Genossenschaft in RGZ 148, 225, 231. 70 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 142. 71 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 62 ff., 70, 75, 89 f., 131, 142, 496 f. 72 s. dazu im Einzelnen Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 62 ff. 73 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 496 f., näher S. 71 ff., insb. S. 76 ff. 74 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 496 f., 79. 66

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

c) Entwicklung Die Entwicklung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zu einem zentralen Institut des Gesellschaftsrechts verlief zunächst getrennt zwischen den Kapitalgesellschaften sowie Körperschaften und den Personengesellschaften, bevor beide Entwicklungsströme zusammengeflossen sind.75 Ansätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft finden sich bereits in der Rechtsprechung des ROHG zu Beitritts- und Übernahmeerklärungen zu Kapitalgesellschaften. 76 Sie ist zunächst für das Kapitalgesellschaftsrecht entwickelt worden.77 Für Kapitalgesellschaften wurden frühzeitig gesetzliche Regelungen geschaffen, nämlich die §§ 275 ff. AktG (Vorläuferbestimmungen §§ 216 ff. AktG 1937, §§ 309 ff. HGB 1897) und §§ 75 f. GmbHG, §§ 94 ff. GenG. Die Nichtigkeitsklage nach diesen Vorschriften gilt heute als gesetzliches Grundmuster des Rechts der fehlerhaften Gesellschaft, auch wenn sich der Gesetzgeber selbst dessen nicht bewusst war.78 Die aktienrechtliche Nichtigkeitsklage wurde mit dem HGB von 1897 in das Aktienrecht eingeführt. Die AG wurde infolge des Gründungsmangels zwar im Grunde noch als von Anfang an rechtlich nicht existent angesehen, es wurde jedoch ein Verkehrs- und Bestandsschutzbedürfnis erkannt, weshalb dennoch eine beschränkte Rechtsbeständigkeit angenommen wurde.79 Das Reichsgericht hat jedoch in einer im Jahr 1935 ergangenen Entscheidung eine fehlerhaft errichtete Genossenschaft auch im Innenverhältnis anerkannt, als zwar nicht „zu Recht“, aber doch „vor dem Recht“ bestehend.80 Dies wurde jedoch in dieser Konsequenz vom Gesetzgeber erst im AktG 1965 entsprechend geregelt (§§ 275 ff. AktG).81 Im Personengesellschaftsrecht existiert eine gesetzliche Regelung nicht. Seit der grundlegenden Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahr 194082 wurde die Wirksamkeit der fehlerhaften Gesellschaft nicht mehr auf das Außenverhältnis beschränkt, sondern aus Gründen des Bestandsschutzes auch im Innenverhältnis angenommen, anknüpfend an die für Kapitalgesellschaften und eingetragene Genossenschaften ergangene Rechtsprechung.83 Mit dieser Entscheidung war der 75

Wiedemann, GesR I, § 3 I 2 a), S. 148 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 62. Wiedemann, GesR I, § 3 I 2 a), S. 149; s. noch unten 4. Teil § 2 I. 2. 77 Vgl. dazu Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 62 ff. 78 Karsten Schmidt, GesR, § 6 II, S. 142; vgl. auch Hüffer, in: MüKo AktG, § 275 Rn. 6. 79 Hahn/Mugdan, S. 333; vgl. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 115; Hüffer, in: MüKo AktG, § 275 Rn. 6; Oechsler, NJW 2008, 2471, 2473. 80 RGZ 148, 225, 231 ff. 81 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 67 f., 115. 82 RGZ 165, 193, 203 ff. 83 Vgl. R. Fischer, in: Staub, 3. Aufl. 1973, § 105 Rn. 77; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 232 f.; Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 430; auch BGHZ 3, 285, 287 ff.; 10, 44, 51; 44, 235, 236. 76

§ 2 Dogmatische Grundlage

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„Grund gelegt für die heute die Personengesellschaften wie die Körperschaften umfassende Rechtsprechung zum Recht der fehlerhaften Verbände“ 84. Die Fortführung dieser Rechtsprechung hat nach zahlreichen Urteilen dazu geführt, dass in BGHZ 55, 5, 8 schließlich die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft als „gesicherte[r] Bestandteil des Gesellschaftsrechts“ bezeichnet wurden. d) Dogmatische Begründung aa) Rechtsprechung Die Rechtsprechung stellt anlässlich der Rückabwicklungsschwierigkeiten im Wesentlichen auf die Wertungskriterien des Bestandsschutzes und des Verkehrsschutzes ab, um im Ergebnis eine Abwicklung der Gesellschaft ex nunc zu rechtfertigen.85 Der Bestandsschutz stand dabei der Sache nach im Vordergrund.86 Dies gibt die tragenden Erwägungen treffend wieder87, jedoch bleibt damit, was Karsten Schmidt zu Recht betont hat, „die Grundsatzfrage, warum gerade im Gesellschaftsrecht Verkehrsschutz und Bestandsschutz eine so überragende, mit den Prinzipien des Schuldvertragsrechts so schwer vereinbare Bedeutung haben“, offen.88 Allein daraus, dass die erst nachträglich erkannte Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines Gesellschaftsverhältnisses zu Härten führe und Rückabwicklungsschwierigkeiten mit sich brächte, lasse sich Bestandsschutz nicht rechtfertigen.89 Es sei ein Anliegen des bürgerlichen Rechts, diese zu begrenzen, was etwa durch Anfechtungsfristen und Heilung von rechtlichen Mängeln zum Ausdruck komme.90 Es gibt aber gerade keinen allgemeinen Grundsatz, wonach alle Dauerschuldverhältnisse Bestandsschutz gegen Nichtigkeitsfolgen genössen;91 mithin bedarf es eines Kriteriums, das den Bestandsschutz bei fehlerhaften Gesellschaften rechtfertigt.

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Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 425. BGHZ 3, 285, 288; 13, 320, 324; 55, 5, 8; 62, 20, 26 f.; BGH NJW 1983, 748. 86 Wiesner, Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 43 ff.; vgl. dazu Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 230 Rn. 132. 87 Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 140; Karsten Schmidt, AcP 186 (1986) 421, 425. 88 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986) 421, 425; Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 140. 89 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 230 Rn. 132. 90 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 230 Rn. 132; Karsten Schmidt, GesR, § 6 II 3, S. 145. 91 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 230 Rn. 132. 85

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

bb) Lehre von der Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen Ähnliches gilt auch für die früher im Schrifttum überwiegend vertretene Lehre von der Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen92, die ebenfalls mit dem Erreichen von Bestandsschutz argumentiert. Hiernach wird, teilweise auch Bezug auf die Rechtsprechung nehmend, darauf abgestellt, dass die allgemeinen Vorschriften über Nichtigkeit von Rechtsgeschäften mit ihrer rückwirkenden Kraft bei fehlerhaften Gesellschaften nicht geeignet seien, zu sachgerechten Ergebnissen zu führen. Daraus folge, dass die allgemeinen Nichtigkeitsfolgen zu beschränken seien, so dass fehlerhafte Gesellschaften nicht nichtig, sondern nur für die Zukunft vernichtbar seien. Gegenüber einer teleologischen Reduktion wäre zudem ein allgemeines verbandsrechtliches Institut vorrangig. Nimmt man an, dass es sich bei der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft um ein verbandsrechtliches Institut handelt,93 was sogleich erörtert werden soll, geht dieses methodisch jedenfalls einer Analogie und einer teleologischen Reduktion von Einzelnormen, die die Nichtigkeitsfolgen anordnen, vor.94 cc) Von der Lehre von der Doppelnatur zu einem verbandsrechtlichen Institut Eine Antwort auf die anfangs mit Karsten Schmidt gestellte Grundsatzfrage gibt die auf der Doppelnatur der Gesellschaft als Schuldverhältnis und Organisation aufbauende Begründung, dass es sich um ein verbandsrechtliches Institut handelt. Schon Otto von Gierke hat in dem personenrechtlichen, d. h. organisationsrechtlichen Gehalt die Besonderheit der Satzungen und Gesellschaftsverträge gesehen, hieraus allerdings geschlossen, dass die Regeln über die Unwirksamkeit von Verträgen gar keine Anwendung finden könnten.95 Da dies mit der Nichtigkeitsanordnung der jeweiligen Norm nicht zu vereinbaren wäre, schränkt die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft diesen Ansatz dahingehend ein, dass die Regeln über unwirksame Verträge der „Modifikation“ bedürfen, „soweit sie auf 92 R. Fischer, in: Staub, 3. Aufl. 1973, § 105 Rn. 78; Geßler, in: Schlegelberger, 4. Aufl. 1965, § 105 Rn. 62a; Beitzke, Dauerrechtsverhältnisse, S. 61 f.; Hueck, oHG, § 7 III vor 1, S. 79 ff. 93 Vgl. dazu sogleich. 94 Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 324; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 130 ff., 142 unter Berufung auf Bydlinski, Methodenlehre, S. 481 ff., insb. S. 485. 95 von Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 470 ff.; vgl. dazu Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 425 f.; Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 140 f.; auch Flume, Personengesellschaft, § 2 II, S. 12, § 2 III, S. 17, hat in Anlehnung an von Gierke das personenrechtliche und das sozialrechtliche Element des Gesellschaftsvertrags herausgestellt, § 2 II, S. 12: „Ein personenrechtliches Element ist dem Gesellschaftsvertrag (. . .) zu eigen, soweit durch ihn über das schuldrechtliche Verhältnis der Gesellschafter zueinander hinaus die Gesellschaft als Personengemeinschaft konstituiert wird.“

§ 2 Dogmatische Grundlage

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mitgliedschaftliche Rechtsverhältnisse nicht passen“.96 Dies trifft nicht nur auf Personengesellschaften, sondern auch auf Kapitalgesellschaften zu.97 Auf die Doppelnatur der Gesellschaft als Schuldverhältnis und Organisation als Begründungsansatz stellt auch die inzwischen wohl h. M. ab.98 Es wird auf die organisationsbegründende bzw. „überindividuelle“, über reine Schuldverhältnisse hinausgehende, Qualität des Gesellschaftsvertrags bzw. der Satzung (Organisationscharakter) hingewiesen, dergestalt, dass durch diese eine durch ihre Organe handlungsfähige Wirkungseinheit mit Rechtsbeziehungen im Innen- und Außenverhältnis entsteht, mithin ein Verband begründet wird.99 Auch Flume100 hat schon die Begründung der Kapitalgesellschaft als Wirkungseinheit betont. Auf dieser Doppelnatur aufbauend ist mit der vorzugswürdigen Ansicht ein verbandsrechtliches Institut anzunehmen. Die einer Rückabwicklung entgegenstehende mitgliedschaftlich angelegte Verbandsverfassung fehlerhafter Gesellschaften, also der Organisationscharakter, ist das wesentliche Differenzierungskriterium zu fehlerhaften Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäften.101 Mit Karsten Schmidt ist dies als Grundlage für das in der Natur der Sache wurzelnde allgemeine Institut der fehlerhaften Verbände anzusehen.102 Die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines organisationsbegründenden (oder organisationsändernden103) Akts hindert die Anerkennung der in Vollzug gesetzten Organisation nicht.104 Ein solches verbandsrechtliches Prinzip ist schon aufgrund der weitge96 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 426; Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 141. 97 Hüffer, in: MüKo AktG, § 275 Rn. 7; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 13, 18; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 116, 147; Paschke, ZHR 155 (1991), 1, 5. 98 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 356; s. auch bereits Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 310 ff., allerdings dort noch keine Einordnung als verbandsrechtliches Institut; s. auch bereits Wiesner, Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 81 ff., 110 ff.; Ulmer/Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 356; Hüffer, in: MüKo AktG, § 275 Rn. 7, auch bereits in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, § 275 Rn. 6 f.; Paschke, ZHR 155 (1991), 1, 5; Schwintowski, NJW 1988, 937, 942 f. 99 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 116, 131, 147; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 139, 326; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 17 f.; Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 308 ff.; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 158 f.; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 114; Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 425. 100 Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 18. 101 Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 141; Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 426. 102 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 426; Karsten Schmidt, GesR, § 6 I 3, S. 141; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 232; so auch Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 356, anders noch (nicht verbandsrechtliches Institut) in: Staub, 4. Aufl. Stand 1988, § 105 Rn. 337 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 129 ff., 137 ff., 147 f.; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 326 f. 103 s. dazu noch unten 4. Teil § 2 I. 3. 104 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 229; Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 425 f.

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

henden Parallelen der Rückabwicklungsproblematik bei Personen- und Kapitalgesellschaften und auch von Strukturänderungen105 naheliegend.106 Dieses verbandsrechtliche Prinzip liegt auch den §§ 275 ff. AktG, §§ 75 ff. GmbHG zugrunde.107 Aufgrund ihres umfassenden Geltungsanspruchs für das Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht findet sich in der Literatur die Bezeichnung als „Lehre vom fehlerhaften Verband“.108 2. Geltung der Lehre vom fehlerhaften Verband für den Beitritt Vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten wie bei der Gründung bestehen auch beim Beitritt; es geht dementsprechend ebenfalls darum, Verkehrsund Bestandsschutz zu gewährleisten.109 Für den fehlerhaften Beitritt ist heute weitestgehend anerkannt110, dass für den Fall der fehlerhaften Beitrittsvereinbarung das mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis des neuen Gesellschafters besteht und nur noch mit Wirkung für die Zukunft durch Austritt oder Ausschließung wieder beseitigt werden kann.111 Die Schaffung einer neuen Mitgliedschaft ist eine partielle Umstrukturierung.112 Gründung und Beitritt liegt ein Rechtsgeschäft zugrunde, das unmittelbar die Organisation und das Vermögen der Gesellschaft betrifft.113 Die Rechtsprechung hierzu reicht noch deutlich weiter zurück als diejenige zur fehlerhaften Gesellschaftsgründung114, wenn auch mit anderer Begründung und nur für einen Teilbereich.115 Ansätze der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft finden sich insoweit bereits in der Rechtsprechung des ROHG zu Beitritts- und Übernahmeerklärungen zu Kapitalgesellschaften116; sie sind zunächst für das Ka105

Dazu sogleich. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 116, 137 f. 107 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 129 ff.; vgl. auch Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 323. 108 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421 ff.; im Anschluss daran Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 137 ff.; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 316. 109 Vgl. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 62, 353 ff. 110 Karsten Schmidt, AcP 186 (1986), 421, 435; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 248; Karsten Schmidt, GesR, § 6 V 1, S. 160; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 357; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 366; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 28. 111 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 248. 112 Karsten Schmidt, GesR, § 6 V 1, S. 160. 113 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 355. 114 Karsten Schmidt, GesR, § 6 V 1, S. 160. 115 s. dazu Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 306 ff. 116 Wiedemann, GesR I, § 3 I 2 a), S. 149; s. oben 4. Teil § 2 I. 1. 106

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pitalgesellschaftsrecht entwickelt worden.117 Das ROHG hatte entschieden, dass der Beitritt zu einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft nicht nach allgemeinen Regeln nichtig oder anfechtbar sein könne, wenn ein Willensmangel vorliege.118 Die volle Anerkennung des fehlerhaften Beitritts hat sich im Kapitalgesellschaftsrecht erst durchzusetzen begonnen, als in der ersten Hälfte der 1990er Jahre die Konsequenzen einer fehlerhaften Kapitalerhöhung vermehrt in der Wissenschaft diskutiert wurden.119 Jedenfalls seit BGHZ 44, 235, 236 wird im Personengesellschaftsrecht die volle Gleichstellung der fehlerhaften Mitgliedschaft bejaht. 3. Ausdehnung auf verbandsrechtliche Organisationsakte Bereits 1991 stellte Karsten Schmidt fest:120 „Die Lehre von der ,fehlerhaften Gesellschaft‘“ habe „längst die ihr zunächst gezogenen Anwendungsgrenzen im Bereich der fehlerhaften Gründungsgeschäfte gesprengt“. Als Gegenstand dieser Lehre hat sich, wie er betont, der gesamte Bereich der fehlerhaften verbandsgestaltenden Rechtsgeschäfte erwiesen,121 so werde neben dem fehlerhaften Beitritt eines Verbandsmitglieds u. a. sein fehlerhaftes Ausscheiden und ein fehlerhafter Unternehmensvertrag122 aus allgemeinen verbandsrechtlichen Erwägungen als jedenfalls vorläufig wirksam anerkannt.123 Auch für weitere Strukturänderungen bzw. organisationsrechtliche Akte ist die Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband inzwischen weitestgehend anerkannt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der fehlerhaften Kapitalerhöhung.124 Daneben unterfallen ihr auch fehlerhafte Umwandlungsvorgänge (Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel); nach zutreffender Ansicht stellen die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen in §§ 20 II, 131 II, 202 III UmwG einen Ausdruck der Lehre vom fehlerhaften Verband, insbesondere bezüglich der erweiterten Anwendung auch 117

Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 320. ROHG 5, 415, 417; 7, 412, 417. 119 Zur Entwicklung des fehlerhaften Beitritts betreffend Körperschaften s. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 306 ff. 120 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 378. 121 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7. 122 Vgl. BGHZ 103, 1, 4 f.; 116, 37, 39; Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 4, S. 156 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 297 ff., 455 ff. für Beherrschungsverträge; s. dazu zuletzt Mülbert, in: Großkomm AktG, § 293 Rn. 144 ff. 123 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 378 f.; Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135. 124 Zöllner, AG 1993, 68, 72 ff.; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), 59 ff.; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 363; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 355; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 422 ff.; Kort, ZGR 1994, 291, 306 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 193 ff.; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; Wiedemann, in: Großkomm AktG, § 189 Rn. 34 ff.; Krieger, ZHR 158 (1994), 35, 47 ff.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Anhang § 47 Rn. 178; MeyerPanhuysen, Die fehlerhafte Kapitalerhöhung, S. 54 ff. 118

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

auf Strukturänderungen, dar.125 Auch wenn diese Vorschriften nach wohl überwiegender Auffassung einen endgültigen Bestandsschutz auch für die Zukunft bewirken und etwa eine Entschmelzung bei § 20 II UmwG ausscheidet,126 spricht dies nicht dagegen, sie als Ausprägung der Lehre vom fehlerhaften Verband zu verstehen.127 Dies weicht zwar von der Annahme ab, die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft behebe Unwirksamkeitsgründe nur für die Vergangenheit und lasse Raum für eine Abwicklung ex nunc,128 wie es auch die §§ 275, 277 AktG vorsehen. Diese Abweichung würde jedoch nur die Rechtsfolgenseite betreffen, in dem Sinne, dass ein weiterreichender Bestandsschutz angenommen wird. Dies ändert nichts daran, dass die umwandlungsrechtlichen Regelungen auf demselben Prinzip basieren, auf dem auch die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft beruht129. Die Anwendung dieser Lehre wird z. B. auch bezüglich der Änderung der Organstruktur und der Organkompetenzen,130 des fehlerhaften Wechsels von der Kommanditisten- zur Komplementärstellung131, der Änderung der mit der Mit-

125 Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 133; Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 378; Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 5, S. 157 f.; Kiem, Die Eintragung der angefochtenen Verschmelzung, S. 160 ff.; Kreuznacht, Fehlerhafte Verschmelzungen, S. 52 ff.; Ch. Schmid, ZGR 1997, 493, 510 ff.; der Sache nach bereits auch Martens, AG 1986, 57, 63 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 182 ff. für 20 II UmwG; s. dazu auch noch unten 4. Teil § 2 I. 3. c). 126 Offengelassen von BGH NJW 1996, 659; für in Zukunft wirkenden Bestandsschutz – unabhängig von der Terminologie der „Heilung“ – (z. T. (ebenfalls) noch zur Vorgängernorm § 352a AktG a. F.) Grunewald, in: Lutter, UmwG, § 20 Rn. 77; Kübler, in: Semler/Stengel, § 20 Rn. 86; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 265 ff.; Sosnitza, NZG 1999, 965, 974; Mülbert, in: Großkomm AktG, § 293 Rn. 151; a. A. für Möglichkeit der Entschmelzung Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 133 ff.; Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 375 ff.; Karsten Schmidt, in: FS Ulmer, S. 557, 572 f.; Kiem, Die Eintragung der angefochtenen Verschmelzung, S. 149 ff.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 182 ff.; Martens, AG 1986, 57, 63 ff.; Kreuznacht, Fehlerhafte Verschmelzungen, S. 88 ff. 127 So wendet sich beispielsweise Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 265, wegen des von ihm angenommenen Bestandsschutzes für die Zukunft nur dagegen, dass § 352a AktG a. F. ausschließlich die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft für die aktienrechtliche Verschmelzung festschreibt, und § 352a a. F. nur Ausprägung des Rechtsinstituts der fehlerhaften Gesellschaft sei. 128 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 392; der zudem allerdings zusätzlich darauf abstellt, AG 1991, 131, 137, nach der Lehre vom fehlerhaften Verband sei Rückabwicklung neben der Heilung von Mängeln oder der Abfindung betroffener Gesellschafter nur eine unter mehreren elastischen Lösungsvarianten. 129 Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135, 137. 130 Ulmer/Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 363; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 355. 131 Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 2, S. 155; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 476; so wohl auch BGHZ 62, 20, 28; R. Fischer, in: Staub, 3. Aufl. 1973, § 105 Anm. 84; für den umgekehrten Fall strittig, für eine Anwendung Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 2, S. 155; ablehnend BGHZ 62, 20, 26 ff.

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gliedschaft verbundenen Verwaltungsrechte,132 darunter insbesondere der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis und des Stimmrechts, vertreten. Unter Letztgenanntem ist nach Schäfer die fehlerhafte „Bestellung“ von Organmitgliedern in Personengesellschaften zu verstehen, welche also den Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Verband unterliege.133 Gemeint ist, dass im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften, in denen der Grundsatz der Fremdorganschaft gilt und Organe ihr Amt durch Bestellung erlangen, in Personengesellschaften zwar jedem Gesellschafter kraft seiner Mitgliedschaft Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis zukommen, jedoch von dieser Regel im Gesellschaftsvertrag für die persönlich haftenden Gesellschafter abgewichen werden kann, § 114 II HGB.134 Damit können einem Gesellschafter, der von Geschäftsführung und Vertretung zunächst ausgeschlossen ist, diese Befugnisse auch nachträglich eingeräumt werden.135 Die Einbeziehung des fehlerhaften Unternehmensvertrags136 zeigt, dass für eine Ausdehnung der Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband nicht zwingend eine Änderung des Gesellschaftsvertrags erforderlich ist.137 Einigkeit besteht umgekehrt dahingehend, dass die Lehre vom fehlerhaften Verband keine Anwendung bezüglich Vereinbarungen der Änderungen der Gewinnverteilung findet.138 In diesem Fall greifen die allgemeinen Nichtigkeitsfolgen. a) Rückabwicklungsschwierigkeiten Der Hintergrund für die Einbeziehung der vorgenannten Maßnahmen in den Anwendungsbereich der Lehre vom fehlerhaften Verband ist genauso wie bei der Gründung und beim Beitritt in den bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten zu sehen. Es soll Verkehrs- und Bestandsschutz gewährleistet werden.

132 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 252; Ulmer/Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 363; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 ff.; Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 355. 133 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 f. 134 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 f. 135 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 f. 136 s. dazu zuletzt Mülbert, in: Großkomm AktG, § 293 Rn. 144: „Die Grundsätze des fehlerhaften Unternehmensvertrags bilden eine unternehmensvertragsrechtsspezifische Ausformung der Grundsätze der fehlerhaften (Kapital-)Gesellschaft“, Rn. 146 ff.: Anwendung auf Beherrschungsverträge (mit Differenzierungen). 137 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 289. 138 Zur Begründung nach den unterschiedlichen Ansätzen vgl. unten 4. Teil § 2 I. 3. b); Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 362; auch Ulmer/Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 362; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 18 f.; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 252.

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Die Problematik ist im Wesentlichen bei allen Gesellschaftsformen und bei allen Organisationsakten, auch im Aktienrecht, die gleiche.139 Die entstandenen und in Vollzug gesetzten gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zu Dritten und unter den Gesellschaftern können nicht rückwirkend aufgelöst werden.140 Sie ist also bezüglich des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags und bei Änderungen desselben vergleichbar.141 Gleiches gilt auch für fehlerhafte Unternehmensverträge,142 deren Nichtanerkennung gravierende Folgen hätte, auch wenn hier eine Änderung des Gesellschaftsvertrags nicht erfolgt. Auch etwa beim Formwechsel wären erhebliche Rückabwicklungsschwierigkeiten zu verzeichnen, insbesondere als Folge der Änderung zentraler Bestandteile des Organisationsgefüges bzw. der Organisationsstruktur.143 b) Dogmatische Begründung – Differenzierungskriterien für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf andere Vorgänge als Gründung und Beitritt Zur Abgrenzung, welche Maßnahmen neben Gründung und Beitritt von der Lehre vom fehlerhaften Verband erfasst sind, werden in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Kriterien herangezogen. aa) Statuskriterium der Rechtsprechung Die Rechtsprechung weitet die Lehre vom fehlerhaften Verband nur zurückhaltend aus; es soll darauf ankommen, ob die Maßnahme den „Status“ der Gesellschaft betrifft.144 Dies ist bereits deshalb nicht überzeugend, weil das schwer zu handhabende Differenzierungskriterium der Statusänderung in der Praxis zu Abgrenzungsschwierigkeiten führt145 und zudem als zu eng erscheint. Hinzu kommt, dass es sich nicht aus der dogmatischen Grundlage der Lehre vom fehlerhaften Verband146 ableiten lässt;147 hiernach ist an den organisationsrechtlichen Charakter anzuknüpfen.148 Es besteht kein Grund, für den Fall der Vertragsände139

Wiedemann, in: Großkomm AktG, § 189 Rn. 25. Wiedemann, in: Großkomm AktG, § 189 Rn. 25; Zöllner, AG 1993, 68, 73. 141 Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 28. 142 Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 4, S. 156 f. 143 Ausführlich dazu unten 4. Teil § 2 I. 4. a). 144 BGHZ 62, 20, 26 ff. (KG); BGH NJW 1969, 1483. 145 Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 354; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 252; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 362; vgl. auch schon die Kritik bei Hueck, oHG, § 7 III 7 c, S. 100. 146 s. oben 4. Teil § 2 I. 1. d) cc). 147 Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 354. 148 s. dazu auch noch unten 4. Teil § 2 I. 3. b) dd). 140

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rung von der Differenzierung zwischen Schuld- und Organisationsverhältnis abzuweichen.149 bb) Differenzierung nach schuldrechtlicher und organisationsrechtlicher Seite Nach einem in der Literatur verbreiteten Ansatz soll zwischen schuldrechtlichen und organisationsrechtlichen Maßnahmen zu differenzieren sein.150 Sei die jeweilige Maßnahme als organisationsrechtlich zu qualifizieren, finde die Lehre vom fehlerhaften Verband Anwendung; bei rein schuldrechtlichen Vereinbarungen, die keine organisationsrechtlichen Auswirkungen haben, bleibe es bei der Geltung der allgemeinen Regeln.151 Der in der Dogmatik zur Begründung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zunehmend betonte Organisationscharakter gelte mutatis mutandis auch für Strukturänderungen, weil von diesen erhebliche Wirkungen auf die Verbandsorganisation ausgingen.152 Insbesondere liegen auch Auswirkungen auf die Organisation vor, wenn die Geschäftsführung oder die Vertretung betroffen ist.153 Nicht erfasst werden hingegen etwa bloß schuldrechtliche Maßnahmen wie die Gewinnverteilung, da deren rückwirkende Korrektur problemlos möglich ist und die Organisation der Gesellschaft unberührt lässt.154 cc) Abstellen auf einschlägige Strukturelemente Dennoch lehnt Schäfer diese Differenzierung ab, da sie zwar im Prinzip das Richtige treffe, aber keinen unmittelbaren Inhalt vorzuweisen vermöge.155 Er hat demgegenüber ein „Baukastenmodell“ 156 vorgeschlagen: Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband komme nur in Betracht, wenn ganz bestimmte, im einzelnen extrahierte Strukturmerkmale berührt seien, deren Veränderung zu 149

So auch Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 319; s. dazu sogleich. Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 2, S. 155 f.: Vertragsänderungen in Personengesellschaften mit Verbandscharakter, im Gegensatz zu Regelungen, die ausschließlich schuldrechtliche Bedeutung haben, § 6 IV 4, S. 156 f.: verbandsrechtliche Organisationsakte; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 362: Auswirkung über den rein schuldrechtlichen Bereich hinaus auf die Gesellschaftsorganisation/Folgen für die Organisation; Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 319: anders bei rein schuldrechtlichen Elementen. 151 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 362; vgl. auch die Darstellung bei Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 301. 152 Zöllner, AG 1993, 68, 73. 153 Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 319; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 362. 154 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 363. 155 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 361. 156 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 490, 360. 150

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spezifischen, die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband legitimierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten führe. Vorzugswürdig sei es, ausgehend von Gründung und Beitritt als den „apriori ,verbandsrechtlichen‘ “ Rechtsgeschäften einen Katalog der Strukturmerkmale herauszuarbeiten, die bei einer Vertragsänderung betroffen sein müssen, um die Vergleichbarkeit zu Gründung bzw. Beitritt bejahen zu können.157 Auch Schäfer selbst hat jedoch festgestellt, dass es nicht zwingend einer Vergleichbarkeit zu Gründung oder Beitritt bedarf. Beim Formwechsel, welcher von der Lehre vom fehlerhaften Verband umfasst ist, fehlten die Elemente Gründung und Beitritt,158 ebenso das Element der Auflösung unter liquidationslosem Erlöschen – welches Schäfer ebenfalls als relevantes Strukturmerkmal einstuft –, „ja überhaupt jegliche Neuzuordnung des Gesellschaftsvermögens.“ 159 Mitgliederbestand und Vermögenszuordnung blieben vielmehr unverändert.160 Dies führe zu einer Erweiterung der relevanten Strukturmerkmale: Da der Gesetzgeber Bestandsschutz für den Formwechsel vorsehe, bliebe Raum für die Einbeziehung weiterer Elemente; es liege nahe, dass auch bestimmte Veränderungen der Organisationsstruktur und der Mitgliedschaft, namentlich des Geschäftsführungsrechts, grundsätzlich geeignet seien, die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband zu begründen, da die Rückabwicklungsschwierigkeiten sich partiell deckten.161 Insbesondere die drohende Unwirksamkeit von Beschlüssen, aber auch sonstige Handlungen des Organs oder einzelner Organmitglieder sprächen dafür, dass Fehler der rechtsgeschäftlichen Grundlage keine Rückwirkung zeitigten.162 dd) Stellungnahme Schäfer will damit, ausgehend etwa von der gesetzlichen Regelung zum Formwechsel, auf weitere Elemente schließen, bei deren Vorliegen die Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband eingreifen sollen.163 Weil der fehlerhafte Formwechsel der Lehre vom fehlerhaften Verband aber auch ohne die ausdrückliche gesetzliche Regelung des § 202 III UmwG unterfällt, zumal die organisationsrechtliche Seite berührt ist, ist diese Herangehensweise, um bestimmte Elemente zu extrahieren, bei deren Vorliegen die Lehre vom fehlerhaften Verband eingreifen soll, nicht überzeugend.

157 158 159 160 161 162 163

Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 354. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350, 509. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350 ff., 355 ff., 400, 490, 510. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 490. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 352 ff., 400.

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Mithin ist zur Differenzierung schon vor der Einbeziehung des Formwechsels anzusetzen. Es können zwar gerade aus geregelten Fällen164 Schlüsse für eine Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Verband gezogen werden, die grundsätzliche Entscheidung, wann eine Maßnahme erfasst ist, ist jedoch schon vorher angelegt. Dies geschieht, indem mit der zuerst dargestellten Ansicht danach differenziert wird, ob die organisationsrechtliche oder schuldrechtliche Seite betroffen ist. Dass die Abgrenzung nach organisationsrechtlichem oder schuldrechtlichem Charakter der Maßnahme165 keinen „subsumtionsfähigen Inhalt“ aufweise, trifft nicht zu. Sie ist vielmehr, da sie nach allgemeineren Prinzipien differenziert, zudem geeignet, auch eine Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf weitere Fälle zu ermöglichen. Unter diesem Blickwinkel könnte die Ansicht Schäfers zu eng sein, da das Vorliegen von bestimmten Elementen gefordert wird. Die Ausdehnung auf den Formwechsel hat gezeigt, dass es, was die Elemente betrifft, die einschlägig sein sollen, einer Erweiterungsmöglichkeit bedarf. Mithin ist es vorzugswürdig, an der Ansicht, die eine Unterscheidung nach schuldrechtlichem und organisationsrechtlichem Charakter durchführt, festzuhalten, und keine weitere Eingrenzung vorzunehmen. Diese Differenzierung stimmt zudem auch mit dem Anknüpfungspunkt der dogmatischen Grundlage der Lehre vom fehlerhaften Verband166 überein. Die zuvor dargestellte Literaturansicht und die Ansicht Schäfers kommen jedoch in der Regel zu gleichen Ergebnissen.167 c) Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf Strukturänderungen als Beispiel für Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Lehre vom fehlerhaften Verband auf Strukturänderungen stellt ein Beispiel der Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht, wie sie maßgeblich von Karsten Schmidt geprägt wurde, dar. Unter Institutionenbildung ist die Ausdehnung und Verallgemeinerung der zunächst für einen Teil des Gesellschaftsrechts entwickelten Regeln zu einem übergreifenden Prinzip – das sowohl andere Gesellschaftsformen als auch im Sinne einer inhaltlichen Ausweitung parallele Fallgestaltungen erfasst – aus der zum Teil unvollständigen gesetzlichen Regelung, sowie aus der Praxis und Lehre des Gesellschaftsrechts zu verstehen.168 Bei diesem Verständnis stellt die Institutio164 165 166 167 168

Vgl. 4. Teil § 2 I. 3. s. oben 4. Teil § 2 I. 3. b) bb). s. oben 4. Teil § 2 I. 1. d) cc). Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. a). Karsten Schmidt, GesR, § 3 III 2, S. 53.

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nenbildung als Aufgabe der Gesellschaftsrechtswissenschaften169 eine Verbindung von Rechtserkenntnis170 und Rechtsfortbildung dar. Nach Karsten Schmidt ist für die Institutionenbildung kennzeichnend, dass ein „zunächst nur für einen Teilbereich ausformuliertes Prinzip (. . .) erst nach längerer Bewährung in seiner viel grundsätzlicheren Bedeutung erkannt“ wird. So wurden, wie Karsten Schmidt dies formuliert hat, die Grundsätze über „fehlerhafte Gesellschaften“, die auf alle Gesellschaftsformen Anwendung finden,171 als zunächst nur für die Gründung eines Verbands entwickeltes Prinzip erst nach längerer Bewährung in der viel grundsätzlicheren Bedeutung erkannt und auch auf konstitutionelle Veränderungen des Verbandes ausgedehnt.172 Die damit einhergehende Rechtsentwicklung lässt sich als Beispiel für die Institutionenbildung im Gesellschaftsrecht ansehen.173 Bei der Institutionenbildung kann auf anerkannte Grundsätze, wie diejenigen über fehlerhafte Gesellschaften, zurückgegriffen werden, welche kritisch fortzubilden sind.174 Im Rahmen dieser Entwicklung erfolgte beispielsweise die Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf fehlerhafte Verschmelzung, fehlerhafte Spaltung und fehlerhaften Formwechsel.175 Nach § 352a AktG a. F. ließen Mängel der Verschmelzung von Aktiengesellschaften deren Wirksamkeit unberührt, wenn die Verschmelzung in das Handelsregister des Sitzes der übernehmenden Gesellschaft eingetragen war. Die Einführung des § 352a AktG stellte, wie Karsten Schmidt betont, der Sache nach die verbindliche Anordnung der längst überfälligen Anwendung der Grundsätze über fehlerhafte Gesellschaften auf fehlerhafte Verschmelzungen dar.176 Wie auch für andere Strukturänderungen anerkannt, lag es nahe, auch Umwandlungs- und Verschmelzungsvorgänge in die Lehre vom fehlerhaften Verband einzubeziehen.177 Aus der Vorschrift des § 352a AktG a. F. ist also das allgemeine Prinzip abzulesen, dass die Verschmelzungswirkungen unabhängig von der Rechtsform der beteiligten Gesellschaften trotz Mängeln des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts mit Eintragung eintreten.178 Die damalige Literatur hatte hingegen den „Anschluß an die Lehre von den fehlerhaften Ver169

Karsten Schmidt, GesR, § 3 III 2, S. 53. Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 383. 171 s. oben 4. Teil § 2 I. 1. 172 Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 1, S. 155. 173 Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 1, S. 155. 174 Karsten Schmidt, GesR, § 3 III 2, S. 53. 175 Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135 (zur Verschmelzung, § 352a AktG a. F.); Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 375. 176 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 375; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 323: § 352a AktG a. F. als Ausdruck der Rechtsfigur fehlerhafte Gesellschaft; vgl. auch oben 4. Teil § 2 I. 3. 177 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 379. 178 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 376. 170

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bänden im Verschmelzungsrecht“ nicht in den Blick genommen,179 so dass eine in sich stimmige Lehre von der fehlerhaften Verschmelzung nicht entwickelt worden war, trotz Ansätzen in der früheren Literatur und der früheren Rechtsprechung. Auch dem Gesetzgeber war die Bedeutung in diesem Sinne bei der Regelung dieses Einzelfalls nicht bewusst.180 Die Diskussion der analogen Anwendung des § 352a AktG a. F. im GmbH-Recht und Genossenschaftsrecht war daher, jedenfalls was den Zeitraum bis zur Geltendmachung des Mangels betrifft,181 verfehlt.182 Statt einer Einzelanalogie bedurfte es insoweit nur des Rückgriffs auf das hinter der Norm stehende allgemeine Prinzip183 bzw. der Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband. Demnach kam auch der späteren Regelung des § 20 II UmwG insoweit, zumindest hinsichtlich der Wirksamkeit bis zur Geltendmachung des Mangels, nur klarstellende Bedeutung zu und sie war entgegen der damaligen herrschenden Meinung insoweit bei Einführung bereits geltendes Recht.184 Ebenso sind die weiteren, Spaltung und Formwechsel betreffenden Regelungen des Umwandlungsrechts, §§ 131 II, 202 III UmwG, jedenfalls insoweit als positivrechtlich geregelte Fälle der Lehre vom fehlerhaften Verband zu verstehen.185 Dies gilt auch, wenn man der Ansicht folgt, die in diesen Regelungen die Anordnung einer endgültigen Bestandskraft für die Zukunft sieht, und die Wirkungen der umwandlungsgesetzlichen Regelungen damit auf der Rechtsfolgenseite über diejenigen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft hinausgingen.186 So lassen gem. § 202 III UmwG Mängel des Formwechsels die Wirkungen der Eintragung der neuen Rechtsform oder des Rechtsträgers neuer Rechtsform in das Register unberührt. Die Fälle der fehlerhaften Umwandlung wären nach vorzugswürdiger Ansicht187, da die organisationsrechtliche Seite betroffen ist,188 auch ohne gesetzliche Regelung als Strukturänderung von den Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Verband erfasst.189

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Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135. Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 375 f. 181 Vgl. oben bei Fn. 126. 182 Vgl. dazu Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 381 (GmbH-Verschmelzungen), 385 (Verschmelzung von Genossenschaften). 183 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 381 (GmbH-Verschmelzungen), 385 (Verschmelzung von Genossenschaften). 184 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 383; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 323: § 20 II UmwG als Ausdruck der Rechtsfigur fehlerhafte Gesellschaft. 185 Vgl. Karsten Schmidt, GesR, § 6 IV 5, S. 157 f. 186 Vgl. oben bei Fn. 126. 187 Ulmer, in: MüKo, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 323; Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 377 f.; Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 135. 188 s. Differenzierungskriterien oben 4. Teil § 2 I. 3. b) bb). 189 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 377; Karsten Schmidt, AG 1991, 131, 137. 180

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4. Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf die fehlerhafte Organbestellung Nachfolgend gilt es zu untersuchen, ob die Lehre vom fehlerhaften Verband auch auf die fehlerhafte Bestellung von Organen erstreckt werden kann. Insbesondere ist für die Begründung bei Vorliegen von Rückabwicklungsschwierigkeiten und daraus folgenden Verkehrs- und Bestandsschutzinteressen190 die Frage zu berücksichtigen – ebenso wie bezüglich des originären Anwendungsbereichs der Lehre vom fehlerhaften Verband –, warum auch gerade bei der Organbestellung und insbesondere bei der Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern Verkehrs- und Bestandsschutz eine solche Bedeutung haben, dass eine vorläufige Anerkennung der fehlerhaften Organstellung gerechtfertigt ist. Die Untersuchung, ob eine Eingliederung in die Lehre vom fehlerhaften Verband erfolgen kann, geht damit einher, ob diese Frage entsprechend zu beantworten und eine vergleichbare Begründung dafür zu geben ist, wie bei der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft.191 a) Organisationsspezifische Rückabwicklungsschwierigkeiten als Grundlage für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband Wie schon Schäfer festgestellt hat, verfolgt die Lehre vom fehlerhaften Organ im Ansatz die gleichen Ziele wie die Lehre vom fehlerhaften Verband, nämlich die mit einer rückwirkenden Vernichtung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eintretenden Schwierigkeiten für den Rechtsverkehr und vor allem für das Innenverhältnis der Gesellschaft zu vermeiden, mithin Verkehrs- und besonders Bestandsschutz zu gewährleisten.192 Auch etwa Schürnbrand und Ulmer193 betonen die Nähe der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft zu den Erscheinungsformen und Rechtsproblemen der fehlerhaften Bestellung von Organwaltern im Kapital- und Personengesellschaftsrecht.194 Diese zeigt sich insbesondere auch anhand der oben dargestellten195 Folgen der fehlerhaften Bestellung 190 So hat Karsten Schmidt, in: Scholz, 9. Aufl. 2002, § 49 Rn. 5, auch bezogen auf fehlerhafte Bestellung, unter Verweis insbesondere auf Stein, Das faktische Organ, 1984, bezüglich der Einberufung durch fehlerhafte Geschäftsführer konstatiert, Rechtssicherheit müsse den Vorrang haben, wenn der Bestellung Rechtsmängel anhaften, und betont, die Einberufung würde sonst „zur Nichtigkeit gefasster Beschlüsse führen!“. Die dogmatische Begründung dafür, die dort insoweit nicht gegeben ist, gilt es im Folgenden herzuleiten. 191 s. oben, insbesondere 4. Teil § 2 I. 1. d) cc); 4. Teil § 2 I. 3. b) bb). 192 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 481 f., der aber dennoch eine Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ ablehnt, vgl. 4. Teil § 2 oben. 193 Schürnbrand, Organschaft, S. 269; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 326a, vgl. auch Rn. 363; vgl. auch Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 83. 194 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 326a. 195 s. oben 2. Teil.

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von Aufsichtsratsmitgliedern. Die Organmitglieder sind in Vollzug des Organverhältnisses an einer Vielzahl von das Innen- wie das Außenverhältnis der Gesellschaft betreffenden Maßnahmen beteiligt, die sich im Nachhinein kaum sinnvoll rückgängig machen lassen.196 Dies ist die zwingende Konsequenz daraus, dass ein Verband nur durch seine Organe handlungsfähig ist. Zum Teil wird jedoch bezweifelt197 oder abgelehnt198, dass neben der fehlerhaften Vorstandsbestellung auch bei der fehlerhaften Aufsichtsratsbestellung Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen, die die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ erforderlich machen bzw. rechtfertigen. Auch der BGH hat festgestellt, der Zweck der Gleichbehandlung der fehlerhaften mit der ordnungsgemäßen Bestellung eines Organs, das Vertrauen unbeteiligter Dritter zu schützen und den Schwierigkeiten bei einer Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen zu begegnen, betreffe Aufsichtsratsbeschlüsse nicht in jedem Fall.199 Soweit eine Rückabwicklung den berechtigten Interessen der Beteiligten widersprechen würde, sei dem im Einzelfall zu begegnen.200 Bereits die oben dargestellten Folgen201, die sich bei einer rückwirkend entfallenden Aufsichtsratsstellung ergeben würden, haben erkennen lassen, dass dies nicht zutreffend ist.202 Eine Parallele, die einer unterschiedlichen Behandlung von fehlerhaftem Aufsichtsrat und Vorstand entgegenstünde, zeigt sich – gerade im Hinblick auf die Auswirkungen bezüglich des Innenverhältnisses203 – zudem vor allem in der Mitwirkung von Vorstand und Aufsichtsrat an den gleichen Maßnahmen, z. B. Beschlussvorschlägen, § 124 III 1 AktG, und der Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses, § 172 AktG204, sowie bei Beschlüssen, die sowohl von Aufsichtsrat als auch Vorstand getroffen werden können, wie die Einberufung der Hauptversammlung, die durch den Aufsichtsrat erfolgt, wenn das Wohl der Gesellschaft dies erfordert, § 111 III AktG, und durch den Vorstand 196 s. oben 2. Teil; Schürnbrand, Organschaft, S. 268 f.; Stein, Das faktische Organ, S. 60 ff. 197 Im Ergebnis offen gelassen von Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 474 i.V. m. Fn. 210, S. 482 f., der anführt, dass sich die Schwierigkeiten im Vergleich zum Vorstand in Grenzen halten dürften und das Bedürfnis in der Praxis noch nicht zu Tage getreten sei. 198 Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 78; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 74, 78. 199 BGH NJW 2013, 1535, 1537; s. oben 1. Teil. 200 BGH NJW 2013, 1535, 1537; zur Ablehnung der Möglichkeit, bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten im Einzelfall zu begegnen, s. bereits oben 2. Teil. 201 s. oben 2. Teil. 202 Vgl. oben 2. Teil. 203 s. oben 2. Teil § 2 I.; Schürnbrand, Organschaft, S. 288. 204 Vgl. Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f.; vgl. zur Mitwirkung an der Feststellung des Jahresabschlusses Rieckers, AG 2013, 383, 385.

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im Regelfall, § 121 II 1 AktG.205 So hat Schürnbrand festgehalten, bei diesen eigentlich kritischen Beschlüssen mit interner Folgewirkung dränge sich eine Parallele geradezu auf 206, so dass eine abweichende Behandlung wertungswidersprüchlich wäre.207 Die Rückabwicklungsschwierigkeiten, die sich bei fehlerhafter Aufsichtsratsbestellung ergeben, mögen zwar im Vergleich zum Vorstand bezüglich des Umfangs geringer sein, von der Art her208 sind diese jedoch vergleichbar209. Ein struktureller Unterschied zum Vorstand besteht nicht.210 Der Aufsichtsrat ist vergleichbar in das Verbandsleben eingebunden.211 Auch die Betrachtung des Außenverhältnisses rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, auch wenn dem Aufsichtsrat im Außenverhältnis nur eingeschränkte Kompetenzen zustehen. Im Außenverhältnis besteht ein Schutz bei Handlungen fehlerhaft bestellter Vorstandsmitglieder schon weitgehend über § 15 HGB und die auch für das Handeln des Aufsichtsrats im Außenverhältnis greifenden allgemeinen Rechtsscheinsgrundsätze.212 Somit greift die Begründung der Gegenauffassung,213 der Aufsichtsrat trete nur vereinzelt im Rechtsverkehr für die Gesellschaft auf, nicht durch.214 Gegen das Bestehen von Rückabwicklungsschwierigkeiten hat Stein in ihrer Arbeit „Das faktische Organ“ aus dem Jahr 1984, in der sie die Parallelen zwischen fehlerhafter Gesellschaft und fehlerhafter Organbestellung untersucht hat, allerdings argumentiert, dass das Argument für den Bestandsschutz der fehlerhaften Gesellschaft im Innenverhältnis, nämlich die Ungeeignetheit der bürgerlichrechtlichen Rückabwicklungsvorschriften für die Auseinandersetzung einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft, für das Bestellungsverhältnis des Organs ohne 205 Schürnbrand, Organschaft, S. 288 f.; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610; zu den Auswirkungen der fehlerhaften Beteiligung an den genannten Maßnahmen und der fehlerhaften Einberufung s. oben 2. Teil § 2. 206 Schürnbrand, Organschaft, S. 288; Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 256 Rn. 189; ablehnend aber Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 256 Rn. 19. 207 So im Ergebnis auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 6. 208 Schürnbrand, Organschaft, S. 289. 209 Vgl. auch Bayer/Lieder, NZG 2012 1, 6; zweifelnd Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 474 i.V. m. Fn. 210, 482 f., der aber auch darauf abgestellt hat, dass ein Bedürfnis nach Einbeziehung in der Praxis offenbar noch nicht hervorgetreten sei, s. jedoch zu dem jedenfalls inzwischen in der Praxis hervorgetretenen Bedürfnis oben Einleitung § 2 II. 210 Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610. 211 Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483. 212 s. dazu oben 2. Teil § 2 V.; vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 288; Schürnbrand, NZG 2008, 609, 610. 213 Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 78; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 78; Jarzembowski, Fehlerhafte Organakte, S. 105. 214 Schürnbrand, Organschaft, S. 288.

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Bedeutung sei. Grund dafür sei, dass im Bestellungsverhältnis kein Leistungsaustausch erfolge, der bei nichtiger Bestellung rückgängig zu machen wäre.215 Auch wenn man einen Leistungsaustausch verneint, ist dies allerdings eine zu eingeschränkte Betrachtung.216 Denn hierbei wird außer Acht gelassen, dass vielfältige anderweitige Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen. Wie bereits erörtert,217 gilt dies insbesondere hinsichtlich Rückabwicklungsschwierigkeiten bei gefassten Beschlüssen. Dies zeigt, dass nicht zwingend ein Leistungsaustausch erforderlich ist, sondern ein weiteres Verständnis218 des Begriffs Rückabwicklungsschwierigkeit vor dem gegebenen Hintergrund angezeigt ist. So stellt Schäfer219 heraus, dass jede Abweichung der Rechtsfolgen eines wirksamen von denjenigen eines unwirksamen Rechtsgeschäfts geeignet sei, als Rückabwicklungsschwierigkeit rubriziert zu werden, und in diesem Sinne sei der Begriff, wenngleich meist implizit, in der Diskussion um die Lehre vom fehlerhaften Verband auch verstanden worden. Bei einem solchen weiteren Verständnis von Rückabwicklungsschwierigkeiten ist hierin somit eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen der Lehre vom fehlerhaften Verband und der Lehre vom fehlerhaften Organ zu sehen.220 Vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen bei fehlerhafter Organbestellung nicht nur bezüglich der originären Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf die fehlerhafte Gesellschaftsgründung, sondern auch hinsichtlich des fehlerhaften Beitritts und hinsichtlich fehlerhafter Organisationsakte, insbesondere hinsichtlich des Formwechsels, des Wechsels von Kommanditisten- zu Komplementärstellung, sowie hinsichtlich der Änderung von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Personengesellschaften.221 Die Rückabwicklung eines fehlerhaften Formwechsels wäre in der Regel mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, v. a. als Folge der Änderung zentraler Bestandteile des Organisationsgefüges bzw. der Organisationsstruktur.222 Dies gilt insbesondere bezüglich im Rahmen des Umwandlungsvorgangs neu geschaffener Strukturelemente.223 Gem. § 202 I Nr. 1 UmwG bewirkt die Eintragung des Formwechsels in das Handelsregister, dass der formwechselnde Rechtsträger in der in dem Umwandlungsbeschluss bestimmten Rechtsform weiterbesteht. Wird eine GmbH in eine AG umgewandelt, ergibt sich mit dem Wirksamwerden des 215 216 217 218 219 220 221 222 223

Stein, Das faktische Organ, S. 62. So auch Schürnbrand, Organschaft, S. 269. s. oben 2. Teil. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 304. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 304. Vgl. auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 305. Vgl. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. s. oben 4. Teil § 2 I. 3., Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350 ff. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350, 477.

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Formwechsels eine Strukturänderung, wenn die GmbH keinen Aufsichtsrat gebildet hatte.224 Da die Organstellung der Mitglieder des Vertretungsorgans mit dem Wirksamwerden des Formwechsels endet,225 geht mit dem Formwechsel auch ein Wechsel der Organmitglieder einher.226 Bliebe es bei der Rückabwicklung eines fehlerhaften Formwechsels, so würden auch dann die neuen Organmitglieder für die Gesellschaft tätig werden, obwohl in Wirklichkeit noch die bisherigen Amtswalter die Rechtsstellung der Organmitglieder innegehabt hätten,227 was zu den gleichen Rückabwicklungsschwierigkeiten hinsichtlich der Handlungen der in diesem Sinne fehlerhaften Organe führen würde, wie bei fehlerhaft bestellten Organen, insbesondere hinsichtlich der Beschlussfassung. Es macht hinsichtlich der Rückabwicklungsschwierigkeiten insoweit keinen Unterschied, ob gleichsam das gesamte Organ wie beim fehlerhaften Formwechsel nicht existierte, oder ob die Mehrheit der Mitglieder228 des Organs nicht wirksam bestellt wurde. Auch die Rückabwicklungsschwierigkeiten beim fehlerhaften Beitritt zu einer Personengesellschaft229 entsprechen zum Teil denjenigen bei der fehlerhaften Organbestellung, zumal auch hier der Beitretende geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist. Vom Prinzip her vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten bestehen des Weiteren im Vergleich zu dem als fehlerhafter Organisationsakt unter die Lehre vom fehlerhaften Verband fallenden Wechsel von Kommanditisten- zu Komplementärstellung, zumal auch hier die Fehlerhaftigkeit dazu führte, dass die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Wirklichkeit nicht gegeben wäre. Zu einer im Grundsatz vergleichbaren Rückabwicklungskonstellation führt naturgemäß auch die fehlerhafte Einräumung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Personengesellschaften,230 die ebenfalls unter die Lehre vom fehlerhaften Verband fällt. Nach §§ 114 I, 125 I HGB sind grundsätzlich die persönlich haftenden Gesellschafter zu Geschäftsführung und Vertretung berufen. Davon kann nach §§ 114 II, 125 I HGB dergestalt abgewichen werden, dass persönlich haftende Gesellschafter von Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen werden. Nachträglich kann die Geschäftsführungs- und Vertretungs-

224

Zum umgekehrten Fall s. Veil, ZIP 1996, 1065, 1067 f. Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, § 202 UmwG Rn. 4. 226 Mitglieder des Aufsichtsrats des formwechselnden Rechtsträgers bleiben nur im Amt, wenn bei dem Rechtsträger neuer Rechtsform ein Aufsichtsrat in gleicher Weise gebildet und zusammengesetzt wird, § 203 S. 1 UmwG, s. dazu etwa Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, § 203 UmwG Rn. 1 ff. 227 Vgl. dazu auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 352. 228 Vgl. oben 2. Teil § 1. 229 Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 2. 230 Vgl. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3., fehlerhafte „Bestellung“ in Personengesellschaften, Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 ff. 225

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befugnis wieder eingeräumt werden; ist der entsprechende Beschluss fehlerhaft, würde auch hier ein in Wirklichkeit nicht geschäftsführungs- und vertretungsberechtigter Gesellschafter tätig. Die Schwierigkeiten, die eine rückwirkende Vernichtung der Organstellung mit sich brächte, unterscheiden sich somit kaum nach der Gesellschaftsform.231 b) Ausschluss der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband insbesondere infolge mangelnden Vermögensbezugs bzw. fehlender Vergleichbarkeit zum Beitritt? Nach Stein scheitert die Modellrolle der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft für die Rechtsfigur des fehlerhaften Bestellungsverhältnisses auch an einer fehlenden Vermögensbeteiligung des Organs.232 Es bestehe ein wesentlicher Unterschied zwischen fehlerhaftem Bestellungsverhältnis und fehlerhafter Gesellschaft darin, dass ersteres keine gemeinschaftliche Beteiligung an einem Vermögen vermittele.233 Damit fehle im Bestellungsverhältnis zumindest der vermögensrechtliche Aspekt, der die Interessenbindung zwischen den Gesellschaftern kennzeichne.234 Dabei wird jedoch außer Acht gelassen, dass die Lehre vom fehlerhaften Verband als allgemeines verbandsrechtliches Institut auch Beitritt und Strukturänderungen erfasst und ihre Anwendung nicht auf die Gesellschaftsgründung beschränkt ist.235 Insbesondere Schäfer hat in diesem Zusammenhang betont, dass eine Berechtigung am Gesellschaftsvermögen bei rechtsfähigen Personengesellschaften ohnehin nicht bestehe; eine unmittelbare Berechtigung am Gesellschaftsvermögen habe allein die Gesellschaft selbst.236 Auch der normalerweise bestehende Vermögensanteil eines Gesellschafters, verstanden als Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös, muss nicht zwingend vorhanden sein.237 Ein Vermögensbezug lasse sich also nicht einmal im Falle des Beitritts zu einer Personengesellschaft als Voraussetzung für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband rechtfertigen.238 Nichts anderes gilt im Übrigen für die GmbH, bei der es ebenfalls möglich ist, nach § 29 III 2 GmbHG einzelne Gesellschafter 231

Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 473 f. Stein, Das faktische Organ, S. 61 ff., dem folgend Dinkhoff, Der faktische Geschäftsführer in der GmbH, S. 137; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 70. 233 Stein, Das faktische Organ, S. 62. 234 Stein, Das faktische Organ, S. 62. 235 Schürnbrand, Organschaft, S. 269. 236 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 476 f. 237 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 476 f.; Karsten Schmidt, GesR, § 47 III 1 a, S. 1380 f. 238 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 476 f. 232

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vollständig von der Gewinnverteilung auszuschließen239. Auch für die fehlerhafte Gesellschaftsgründung ist das Erfordernis eines Vermögensbezugs insofern fraglich, als umstritten ist, ob die Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband auch auf stille Gesellschaften Anwendung finden, was Schäfer allerdings im Gegensatz zur h. M. ablehnt.240 Daraus, dass ein Vermögensbezug nicht einmal im Falle des Beitritts zu einer Personengesellschaft als Voraussetzung für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband erforderlich ist, folgert Schäfer, dass die Lehre vom fehlerhaften Verband für die Einräumung der Geschäftsführungsbefugnis in Personengesellschaften nicht mangels vermögensrechtlichem Aspekt unanwendbar sei. Zur Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband beruft er sich auch auf gewisse Parallelen der Rückabwicklungsschwierigkeiten zum Beitritt und zum Formwechsel im Hinblick auf die Veränderungen der Organstruktur. Die Lehre vom fehlerhaften Verband könne folglich zwar bezüglich der Einräumung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Personengesellschaften241 eine taugliche dogmatische Grundlage sein.242 Sie werde jedoch im Hinblick auf die fehlerhafte Organbestellung im Kapitalgesellschaftsrecht durch die Lehre vom „faktischen“ Organ verdrängt243; überall dort, wo Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nicht auf der Mitgliedschaft beruhten, sei die dogmatische Grundlage für die Lehre vom fehlerhaften Verband, namentlich die Vergleichbarkeit zum fehlerhaften Beitritt, aufgegeben, so dass aus Gründen der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit wenig dafür spreche, die Lehre vom fehlerhaften Verband auf die fehlerhafte Bestellung anzuwenden.244 Gegen diese Argumentation Schäfers spricht jedoch, dass – wie oben dargestellt – nicht nur Gründung und Beitritt von der Lehre vom fehlerhaften Verband 239 Roth, in: Roth/Altmeppen, § 29 Rn. 48; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, § 29 Rn. 52; Ekkenga, in: MüKo GmbHG, § 29 Rn. 68. 240 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 143 ff.; für eine Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auf stille Gesellschaften etwa BGHZ 55, 5, 8 f.; Grunewald, GesR, § 4 Rn. 31; Sprau, in: Palandt, § 705 Rn. 19a; ablehnend neben Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 145; Schäfer, ZHR 170 (2006), 373, 395 ff. etwa auch Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 358 ff.; Ulmer, in: FS Flume, S. 301, 318; Wiesner, Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, S. 162 ff.; für eine auf atypische stille Gesellschaften beschränkte Anwendung unter bestimmten Voraussetzungen Karsten Schmidt, GesR, § 6 II 3, S. 145 f., m.w. N. für zum Teil unterschiedlich differenzierende Ansichten, zustimmend Mülbert, in: Großkomm AktG, § 293 Rn. 171 ff. i.V. m. Fn. 428, zumal es nicht nur um den Verkehrsschutz, sondern auch um den verbandsrechtlichen Bestandsschutz gehe. Ausgehend von der dogmatischen Begründung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nimmt er keine Anwendung auf rein schuldrechtliche Innengesellschaften an. 241 s. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. 242 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 475 ff. 243 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 476 f. 244 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 482.

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umfasst sind, sondern, da es sich um ein verbandsrechtliches Institut handelt,245 auch andere Strukturänderungen246, wie u. a. der Formwechsel. Dies kann auch an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen werden, so dass es auf die Vergleichbarkeit zum fehlerhaften Beitritt – auch im Hinblick auf die Begründung der Nichterforderlichkeit eines Vermögensbezugs – gerade nicht ankommen kann. Strukturänderungen fallen nicht nur dann unter die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, wenn sie Beitritt oder Gründung vergleichbar sind, was auch Schäfer vertritt.247 Zwar weisen die meisten fehlerhaften Organisationsakte, die anerkanntermaßen in die Lehre vom fehlerhaften Verband einbezogenen sind, Parallelen zu Beitritt oder Gründung auf, jedoch ist dies nicht zwingend.248 Gerade der – sogar einen gesetzlichen Anwendungsfall der Lehre vom fehlerhaften Verband darstellende,249 § 202 III UmwG – Formwechsel, der zudem vergleichbare Rückabwicklungsschwierigkeiten mit denen des fehlerhaft bestellten Organs aufweist, enthält keine Elemente von Beitritt und Gründung.250 Vielmehr fehlen diese Elemente, da gem. § 202 I Nr. 1 UmwG kein neuer Rechtsträger entsteht251. Nicht nur der Beitritt, sondern auch der Formwechsel setzt keinen Vermögensbezug voraus, was auch gerade Schäfer selbst an anderer Stelle betont hat.252 So bleiben etwa bei der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft anderer Rechtsform gem. § 247 I UmwG Bestand und Zuordnung des Gesellschaftsvermögens unverändert.253 Beim Formwechsel wurde die Wirksamkeit gesetzlich auch mit Rücksicht auf Veränderungen der Organstruktur angeordnet.254 Mithin ist, anders als Schäfer im Unterschied zur „Organbestellung“ in Personengesellschaften annimmt255, auch nicht mit der mangelnden Vergleichbarkeit zum fehlerhaften Beitritt zu begründen, dass die Lehre vom fehlerhaften Verband keine Anwendung auf die fehlerhafte Organbestellung in Kapitalgesellschaften findet. Zudem nimmt Schäfer an, es sei denkbar, „die fehlerhafte Bestellung gleichwohl mit Hilfe der Lehre vom fehlerhaften Verband zu bewältigen, [. . .], wenn sie – aus der Perspektive des Prinzips der Fremdorganschaft zufällig – mit der Gesellschafterstellung des Bestellten zusammenfällt, wenn also ein Gesellschaf245

Zur dogmatischen Grundlage s. oben 4. Teil § 2 I. 1. d) cc). Schürnbrand, Organschaft, S. 286; auch nach Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 456, vgl. 4. Teil § 2 I. 3. a). 247 Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. b) cc). 248 So an anderer Stelle auch Schäfer, vgl. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. b) cc). 249 Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. 250 Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. b) cc). 251 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350. 252 Vgl. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. 253 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 350 f.; Veil, ZIP 1996, 1065, 1067 f. 254 Vgl. oben; s. dazu auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 477, 350. 255 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 491, 515. 246

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ter zum Organmitglied bestellt wird.“ 256 Legt man dies aber zugrunde, so zeigt sich, dass es auf dieses Differenzierungskriterium nicht ankommen kann, zumal auch in diesem Fall die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis nicht auf der Mitgliedschaft beruht, wie Schäfer es jedoch voraussetzt257. Es kann keinen relevanten Unterschied machen, ob zufällig ein Mitglied zum Organ bestellt wird, da die Organstellung auch dann nicht auf der Mitgliedschaft beruht. Insbesondere die Organpflichten ergeben sich bei Kapitalgesellschaften dennoch allein aufgrund der Bestellung, die Mitgliedschaft hat hierauf keinen Einfluss. Zwar geht aufgrund des Grundsatzes der Selbstorganschaft bei Personengesellschaften die Mitgliedschaft grundsätzlich mit der Organstellung einher, dies zwingt jedoch nicht zu einer Differenzierung.258 Schließlich scheitert eine Einbeziehung der Lehre vom fehlerhaften Organ auch nicht daran, dass für den Tatbestand der Lehre vom fehlerhaften Verband das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts unabdingbar wäre.259 Der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern liegt ein Hauptversammlungsbeschluss zu Grunde, was auch bei anderen in die Lehre vom fehlerhaften Verband einbezogenen fehlerhaften Strukturänderungen als ausreichend erachtet wird.260 Dass der Vorstand durch den – seinerseits von der Hauptversammlung bestellten – Aufsichtsrat bestellt wird, ändert nichts daran, dass auch insofern von einer hinreichenden rechtsgeschäftlichen Grundlage auszugehen ist. Die Wertungsgrundlage für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband ist die gleiche, die Organisationsstruktur ist in gleicher Weise betroffen. Es kann festgehalten werden, dass die Kriterien Vermögensbezug, Vergleichbarkeit zum Beitritt oder rechtsgeschäftliche Grundlage es nicht rechtfertigen, trotz bestehender Rückabwicklungsschwierigkeiten gleicher Art eine fehlerhafte „Bestellung“ von Organmitgliedern in Personengesellschaften und den fehlerhaften Wechsel von der Kommanditisten- in die Komplementärstellung der Lehre vom fehlerhaften Verband unterfallen zu lassen, nicht jedoch die fehlerhafte Organbestellung in Kapitalgesellschaften. c) Herleitung der Voraussetzungen für eine Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehlerhaften Verband aus dem Geltungsgrund der Lehre vom fehlerhaften Verband als verbandsrechtliches Institut Wie bereits oben dargestellt, ist die dogmatische Grundlage der Lehre vom fehlerhaften Verband in einem auf der Doppelnatur von schuldrechtlichem und 256 257 258 259 260

Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 482. Vgl. oben. s. dazu noch unten 4. Teil § 2 I. 4. b). Dahin tendierend aber Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 305. Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 291.

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organisationsrechtlichem Verhältnis beruhenden verbandsrechtlichen Institut zu sehen.261 Auch bezüglich der Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Verband im Hinblick auf Strukturänderungen besteht der maßgebliche Anknüpfungspunkt darin, dass die Organisationsstruktur der Gesellschaft betroffen ist.262 Eine Einbeziehung der Lehre vom fehlerhaften Organ liegt nahe, wenn dies auch für die Lehre vom fehlerhaften Organ zutrifft. Zwar ist die Organisationsstruktur nicht in dem Sinne betroffen, dass sich wie beim Formwechsel die Organstruktur an sich ändert, dergestalt, dass die Organe selbst oder die generelle Besetzung verändert werden, sondern die Zusammensetzung der Organwalter. Jedoch ist dadurch zumindest mittelbar auch die Organisationsstruktur betroffen, weshalb es auch zu den oben dargestellten gesellschaftsrechtsspezifischen Rückabwicklungsschwierigkeiten kommt, aus denen sich ein entsprechendes Verkehrs- und Bestandsschutzinteresse ergibt. So nimmt auch Schürnbrand, der die Differenzierung zwischen Organ und Organwalter besonders betont hat, an, dass bei der fehlerhaften Organbestellung die Organisationsstruktur der Gesellschaft in ihrem Kern betroffen ist.263 Damit geht der Begriff der Strukturänderung in dem auch hier verwendeten Sinne über die Begriffsverwendung von Wiedemann hinaus. Nach dessen Definition sind Strukturänderungen Maßnahmen, die die Identität (z. B. Aufspaltung und Verschmelzung), die Rechtsform (Formwechsel), den Gesellschaftszweck, die Kapitalstruktur oder die Organzuständigkeit ändern.264 Diese Definition hat auch Schäfer zugrunde gelegt und sie auch auf die Zuständigkeit oder Besetzung von Organen bezogen.265 Zudem besteht zwischen Organ und Gesellschaft durch den korporationsrechtlichen Bestellungsakt gerade kein schuldrechtliches, sondern ein korporationsrechtliches Verhältnis, dessen Inhalt sich aus den dem Aufsichtsratsmitglied in seiner Organeigenschaft zustehenden Rechten und obliegenden Pflichten, wie sie durch Gesetz, Satzung und Hauptversammlungsbeschluss begründet werden, ergibt.266 Neben diesem kann nach ganz h. M. zwar bezüglich der Geschäftsleiter, nicht aber bezüglich der Aufsichtsratsmitglieder,267 ein Anstellungsverhältnis bestehen. Um ein Anstellungsverhältnis zu begründen, bedürfte es jedenfalls eines

261

s. oben 4. Teil § 2 I. 1. d) cc). Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. b) bb), dd). 263 Schürnbrand, Organschaft, S. 269. 264 Wiedemann, in: Großkomm AktG, § 179 Rn. 45 f. 265 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 289 f. 266 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 67; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 8; Schilling, in: FS Rob. Fischer, S. 679, 691; abweichend Hüffer, § 101 Rn. 2, insoweit, als dass er von einem Verhältnis mit korporations- und schuldrechtlichem Inhalt ausgeht, so jetzt auch Koch, in: Hüffer, § 101 Rn. 2; ebenso Schürnbrand, Organschaft, S. 345 f. 267 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 67; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 101 Rn. 9; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 101 Rn. 92. 262

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Organs, das von Rechts wegen die Gesellschaft bei dem Abschluss eines solchen Anstellungsvertrags mit dem Aufsichtsratsmitglied vertreten kann, woran es aber fehlt,268 so dass die Annahme eines Anstellungsverhältnisses zwischen Aufsichtsrat und Gesellschaft abzulehnen ist. Das Organ handelt ausschließlich für die Gesellschaft und die Gesellschaft ist nur durch ihre Organe handlungsfähig, was aus dem Organisationscharakter folgt. Nach dem „institutionell-funktionellen“ Organbegriff sind Organe zwar organisatorisch, nicht aber im Außenverhältnis rechtlich verselbständigte Wirkungseinheiten innerhalb der Verbandsverfassung, denen aus funktionaler Sicht die Aufgabe zukommt, die Willens- und Handlungsfähigkeit des für sich genommen handlungsunfähigen Verbands herzustellen.269 Die Organe handeln nur für die Gesellschaft, verfolgen in ihrer Organfunktion keine eigenen Interessen,270 alle Organakte gelten als Verbandsakte, da die Organe nicht für sich selbst, sondern als Teile des Verbands nur für diesen tätig werden.271 Sie nehmen fremdnützig im Verbandsinteresse Organrechte wahr und haben die organschaftlichen Pflichten zu erfüllen.272 Das Pflichtenprogramm lässt sich in Sorgfalts- und Treuepflichten einteilen.273 Stellt man darauf ab, dass die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft auch durch die tatsächliche Einbindung der Gesellschafter in ein komplexes Gebilde gesetzlicher und vertraglicher Rechte und Pflichten begründet ist,274 zeigen sich insoweit keine wesentlichen Unterschiede zu dem Verhältnis von fehlerhaft bestelltem Organ und Gesellschaft, insbesondere bestehen in den jeweiligen Beziehungen vergleichbare Treuebindungen.275 Auch wenn das Gesetz keine entsprechende Regelung enthält, ist allgemein anerkannt, dass Aufsichtsratsmitglieder organschaftlichen Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft unterliegen.276 Zur Begründung wird zum einen darauf verwiesen, Aufsichtsratsmitglieder handelten vergleichbar einem Treuhänder für fremdes Vermögen277. Zum anderen stehe dem der Umstand, dass § 116 S. 1 AktG nach seinem Wortlaut nur für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit auf § 93 AktG verweise, nicht entgegen, da 268

Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 67. Schürnbrand, Organschaft, S. 30 ff., 94; die Lehre vom institutionell-funktionellen Organbegriff geht zurück auf Wolff, Organschaft, Bd. 2, S. 236. 270 Stein, Das faktische Organ, S. 61 f. 271 Schürnbrand, Organschaft, S. 375. 272 Schürnbrand, Organschaft, S. 398, 343, 355. 273 s. nur Schürnbrand, Organschaft, S. 343, 355. 274 Mit dieser Formulierung Stein, Das faktische Organ, S. 61. 275 Stein, Das faktische Organ, S. 61 f. 276 Habersack, in: MüKo AktG, § 116 Rn. 43; Hopt/Roth, in: Großkomm AktG, § 116 Rn. 173; Lutter/Krieger/Verse, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, Rn. 1005 f.; Spindler, in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 74. 277 Spindler, in: Spindler/Stilz, § 116 Rn. 74. 269

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dieser Verweis auf § 93 AktG alle Vorstandspflichten und somit auch die allgemeine organschaftliche Treupflicht umfasse.278 Die Pflichtenbindungen der Organwalter stellen einen Gleichlauf mit den Interessen der Gesellschaft sicher, dadurch wird eine Interesseneinheit von Organ und Gesellschaftern bewirkt, ähnlich wie zwischen den Gesellschaftern.279 Das Organmitglied wird mit der Bestellung integraler Bestandteil der Verbandsorganisation.280 d) Institutionenbildung Die Erweiterung des Anwendungsbereichs dergestalt, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehlerhaften Verband eingegliedert wird, kann als Weiterentwicklung im Sinne der Institutionenbildung281 verstanden werden, ähnlich der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf fehlerhafte Strukturänderungen. Hiermit wird die Lehre vom fehlerhaften Verband, welche für den Fall der fehlerhaften „Bestellung“ in Personengesellschaften282 gilt, auch auf die fehlerhafte Bestellung von Organen in Kapitalgesellschaften ausgedehnt, und somit einer verbandsübergreifenden Regelung zugeführt. Zudem entspricht es der Herleitung als verbandsrechtliches Institut, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ bzw. die Lehre vom fehlerhaften Verband für alle Organe von Personen- und Kapitalgesellschaften gilt, ihre Anwendung also nicht auf die Geschäftsleiter beschränkt wird. In diesem Sinne war der BGH mit seinem Urteil zum besonderen Vertreter283 bereits einen Schritt auf dem Weg der Institutionenbildung gegangen, indem er nach den Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Organ die Handlungen des besonderen Vertreters, welchem nach überwiegender Auffassung Organqualität284 zukommt, für bis zur Abberufung wirksam gehalten hatte; dieser Weg 278

Habersack, in: MüKo AktG, § 116 Rn. 43. Stein, Das faktische Organ, S. 61 f. 280 Stein, Das faktische Organ, S. 61; Schürnbrand, Organschaft, S. 49. 281 Einen Beitrag zur Institutionenbildung nehmen auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1 ff. an; s. oben 4. Teil § 2; im Ansatz auch Schürnbrand, Organschaft, S. 273 f., nach dem es im Kern die Rückabwicklungsschwierigkeiten einer womöglich unabsehbaren Vielzahl von Beschlüssen seien, die eine Einschränkung der Unwirksamkeitsfolgen rechtfertigten und zugleich die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft „als dogmatische Grundlage der Rechtsfigur vom fehlerhaften Bestellungsverhältnis ausweisen“. 282 s. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. 283 BGH NZG 2011, 1383 – HVB/UniCredit; vgl. dazu auch oben 1. Teil § 1. 284 BGH NZG 2011, 1383, 1384 – HVB/UniCredit; BGH NJW 1981, 1097, 1098; Mock, in: Spindler/Stilz, § 147 Rn. 46, 91; Spindler, in: Schmidt/Lutter, § 147 Rn. 23; Bezzenberger, in: Großkomm AktG, § 147 Rn. 52; Schürnbrand, Organschaft, S. 31, 294; Herrler, in: Grigoleit, § 147 Rn. 8; Kling, ZGR 2009, 190, 211 ff.; Humrich, Der besondere Vertreter, S. 112 ff.; a. A. Teichmann, in: FS Mühl, S. 663, 679; zumindest „organähnlich“ nach OLG München AG 2008, 864, 868; Wirth/Pospiech, DB 2008, 2471, 2473 ff. 279

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

wurde mit der aktuellen Entscheidung zur fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern285 nicht weiter fortgesetzt.286 In der Literatur wurde die Ansicht vertreten, dass die Anwendbarkeit der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht ausschließlich auf die Ausübung der Organfunktion gestützt werden könne, wie dies der BGH287 angenommen hat.288 Entscheidend für die Anwendbarkeit der Lehre sei nicht die Organqualität des besonderen Vertreters, sondern das „handfeste Bedürfnis nach Bestands- und Verkehrsschutz im Innen- und Außenverhältnis“.289 Nach der eben aufgezeigten dogmatischen Begründung kommt es vielmehr auf die Antwort auf die Frage an, warum gerade die Rückabwicklungsschwierigkeiten infolge der fehlerhaften Organbestellung zu einer vorläufigen Anerkennung der Organstellung führen. Wie dargelegt, ist diese darin zu finden, dass durch die Organstellung die organisationsrechtliche Seite betroffen ist, also dass die Rückabwicklungsschwierigkeiten in diesem Sinne organisationsspezifisch sind.290 Eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf den besonderen Vertreter abgelehnt hat allerdings auch Schürnbrand291 mit der Begründung, Voraussetzung für die Einbeziehung weiterer Organe sei stets, dass erhebliche Rückabwicklungsschwierigkeiten zu besorgen seien, was bei dem besonderen Vertreter nicht der Fall sei. Auch hier muss jedoch gelten, dass es nicht auf den Umfang der Rückabwicklungsschwierigkeiten ankommt, sondern darauf, ob diese im genannten Sinne auf der Organstellung beruhen. Mit der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband geht auch einher, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht im Sinne einer „gespaltenen“ Anwendung292 nur hinsichtlich der Pflichten, der Haftung und der Vergütung fehlerhaft bestellter Organe gilt, sondern auch für deren sonstige Rechte, insbesondere auch für deren Handlungen, wie die Mitwirkung an der Beschlussfassung, mithin eine umfassende Gleichstellung293 vorgenommen wird. Auch hinsichtlich etwai285

BGH NJW 2013, 1535. s. dazu oben 1. Teil § 2. 287 BGH NZG 2011, 1383, 1384 – HVB/UniCredit; so ausdrücklich auch Herrler, in: Grigoleit, § 147 Rn. 13. 288 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 2, 8, vgl. zu ihrer Begründung für die Lehre vom fehlerhaften Organ oben 4. Teil § 1; vgl. auch Lieder, GWR 2010, 552. 289 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 8. 290 Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 4. a), c). 291 Schürnbrand, Organschaft, S. 293; ähnlich auch Humrich, Der besondere Vertreter, S. 139 ff.; gegen eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auch Mock, in: Spindler/Stilz, § 147 Rn. 79; dafür Lieder, GWR 2010, 552; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 7 ff.; Verhoeven, ZIP 2008, 245, 252 ff. 292 s. zu dieser Rechtsprechung des BGH oben 1. Teil § 2. 293 Schon Zöllner, AG 2004, 397, 403 Fn. 31 hatte festgestellt, dass eine Differenzierung in Gestalt der Anwendung nur für bestimmte rechtliche Aspekte „nicht so recht mit modernen Grundsätzen der fehlerhaften Organstellung“ harmoniere. 286

§ 2 Dogmatische Grundlage

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ger Einschränkungen finden die generellen Regelungen der Lehre vom fehlerhaften Verband Anwendung.294 Als Ausdruck der Lehre vom fehlerhaften Verband, insbesondere in ihrer Ausdehnung auf die Lehre vom fehlerhaften Organ, kann § 121 II 2 AktG insoweit verstanden werden, dass fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder, wenn sie im Handelsregister eingetragen sind, befugt sind, die Hauptversammlung einzuberufen.295 Für fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder ergibt sich dies schon, ohne dass es der Regelung des § 121 II 2 AktG bedarf. Da eine gesetzliche Regelung für den Aufsichtsrat fehlt, würde bei Nichtanwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied die Einberufung durch den Aufsichtsrat dagegen stets dazu führen, dass die Hauptversammlungsbeschlüsse nichtig sind.296 Um dieses widersprüchliche Ergebnis zu vermeiden, ist nicht etwa eine analoge Anwendung des § 121 II 2 AktG zu prüfen, die mangels Eintragung der Aufsichtsratsmitglieder in dieser Form ohnehin nicht in Betracht kommt. Allenfalls könnte daran gedacht werden, an die Bekanntmachung nach § 106 AktG anzuknüpfen, der allerdings vergleichbare Publizitätswirkung nicht zukommt. Stattdessen ist insoweit auf das in der Norm zum Ausdruck kommende Prinzip zurückzugreifen, ähnlich zu der Konstellation bei § 352a AktG a. F.,297 auch wenn es sich bei § 121 II 2 AktG nur um eine Regelung für einen Teilbereich der fehlerhaften Organstellung handelt. So bedarf es insofern für fehlerhaft bestellte GmbH-Geschäftsführer auch nicht der Diskussion, ob eine analoge Anwendung des § 121 II 2 AktG im Sinne einer Einzelanalogie in Betracht kommt,298 wie dies zum Teil aber auch von Vertretern der Lehre vom fehlerhaften Organ angenommen wird,299 worin ein gewisser Widerspruch liegt. Es bedarf vielmehr wiederum des Rückgriffs auf die Lehre vom fehlerhaften Verband. So wird zutreffend auch von einer Literaturmeinung bei der Einberufung durch fehlerhaft bestellte Geschäftsführer nicht auf eine analoge Anwendung des § 121 II 2 AktG abgestellt, sondern unmittelbar die Lehre vom fehlerhaften Organ herangezogen.300 294 295

s. dazu noch unten 6. Teil § 2. Vgl. auch Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482; Habersack, in: FS Goette, S. 121,

133. 296

s. oben 2. Teil § 2 I. 1. Vgl. oben 4. Teil § 2 I. 3. oben, c). 298 Für eine analoge Anwendung des § 121 II 2 AktG im GmbH-Recht OLG Düsseldorf NZG 2004, 916, 921: Auch ein nicht rechtswirksam bestellter Geschäftsführer ist analog § 121 II 2 AktG zur Einberufung befugt, wenn und solange er im Handelsregister eingetragen ist; AG Syke GmbHR 1985, 26, 27, zum fehlerhaft bestellten Geschäftsführer; dies ablehnend Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 49 Rn. 3, der aber auf die Lehre vom fehlerhaften Organ abstellt; ebenso Hüffer, in: Großkomm GmbHG, 1. Aufl. 2006, § 49 Rn. 6 f., dazu sogleich im Text; für die eG auch BGHZ 18, 334, 340. 299 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, § 49 Rn. 2 (Einberufung durch einen nicht wirksam bestellten Geschäftsführer, § 121 II 2 AktG analog). 300 Zöllner, in: Baumbach/Hueck, § 49 Rn. 3, der eine analoge Anwendung ablehnt; ebenso Hüffer, in: Großkomm GmbHG, 1. Aufl. 2006, § 49 Rn. 6 f.; ebenso Schürn297

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4. Teil: Die Lehre vom fehlerhaften Organ als bevorzugte Lösung

Damit werden die Grundsätze über den fehlerhaften Verband, die auf alle Gesellschaftsformen Anwendung finden, zunächst für die Gründung eines Verbands sowie für den Beitritt entwickelt worden waren und deren Anwendungsbereich, nachdem die viel grundsätzlichere Bedeutung erkannt worden war, auch auf Strukturänderungen erweitert wurde,301 in Übereinstimmung mit den zugrundeliegenden Wertungen auch auf die fehlerhafte Organbestellung insgesamt ausgedehnt. In diesem Sinne lässt sich von einer Institutionenbildung in der oben geschilderten Bedeutung sprechen.

II. Kein übergreifendes Prinzip hinsichtlich fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse Die gesellschaftsspezifischen Rückabwicklungsschwierigkeiten, die auf dem Organisationscharakter der Gesellschaft beruhen, bilden die Grundlage für das verbandsrechtliche Institut der Lehre vom fehlerhaften Verband. Damit ist aber zugleich eine Ausweitung zu einem allgemeinen Prinzip fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse ausgeschlossen, bzw. ergibt sich daraus, dass die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auch nicht auf einem allgemeinen Prinzip fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse beruht.302 Auch die eingangs erwähnte Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ mit dem Abstellen auf die Grundsätze fehlerhafter Dienstverhältnisse scheidet somit aus.303 Umgekehrt muss im Übrigen auch die Heranziehung der Lehre vom fehlerhaften Organ anstatt der Lehre vom fehlerhaften Anstellungsverhältnis als Begründung dafür, dass das fehlerhafte Anstellungsverhältnis – freilich nur bei Vorstandsmitgliedern – nur ex nunc abzuwickeln ist, was im Ergebnis der einhelligen Ansicht entspricht, ausscheiden.304

brand, Organschaft, S. 278 f.; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder, § 49 Rn. 2; Eickhoff, Die Praxis der Gesellschafterversammlung, Rn. 67; im Ergebnis zu einer Einberufungsbefugnis kommend auch schon RG JW 1911, S. 330 f., vor Inkrafttreten der Vorgängervorschrift § 105 I 2 AktG 1937, vgl. 1. Teil § 1. 301 Vgl. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3. 302 Vgl. auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 75, 91, 131, 142, 497 f.; a. A. Schultz, NZG 1999, 89, 99 f., der vom einem allgemeinen Kontinuitätsprinzip ausgeht, das auch für die Organbestellung gelten solle; Schultz, Behebung einzelner Mängel von Organisationsakten, S. 151 ff.; s. dazu ablehnend Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 117 ff., Marsch-Barner, in: FS Karsten Schmidt, S. 1109, 1125 ff. 303 Vgl. auch Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 75, 91, 131, 142, 497 f. 304 So aber Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 305, trotz Verweises auf die Trennungstheorie; offen lassend Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 5 f.

5. Teil

Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ § 1 Anwendungsbereich von Rechtsscheinsgrundsätzen neben der Lehre vom fehlerhaften Organ? Infolge der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in der hier vertretenen Weise ist die Amtsstellung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds trotz des fehlerhaften Zustandekommens im Innen- und Außenverhältnis vorläufig wirksam, also insbesondere auch hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung, und kann nur ex nunc beendet werden.1 Mithin hat das fehlerhaft bestellte Aufsichtsratsmitglied hinsichtlich der Rechte und Pflichten vollständig die Rechtsstellung eines fehlerfrei bestellten Mitglieds inne. Es ist also tatsächlich und rechtlich Aufsichtsratsmitglied.2 Teilweise wird vertreten3, dass neben4 der Lehre vom fehlerhaften Organ im Außenverhältnis zusätzlich § 15 HGB und allgemeine Rechtsscheinsgrundsätze Anwendung finden – wobei eine Anwendung des § 15 HGB freilich bei fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitgliedern mangels Eintragung in das Handelsregister nicht in Betracht kommt. Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ führt jedoch dazu, dass die Organstellung – ebenso wie die Gesellschaft nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft5 – wirksam ist. Die Wirksamkeit ist auch gerade nicht begrenzt auf das Innenverhältnis. Damit bleibt kein Raum für eine Anwendung des § 15 HGB oder allgemeiner Rechtsscheinsgrundsätze. Somit liegt – beim Vorstand – auch keine unrichtige Bekanntmachung im Sinne von § 15 III HGB vor. Vergleichbar ist die Konstellation bei der fehlerhaften Gesellschaft, dass die Gesellschafter einer OHG trotz eines nichtigen Gesellschaftsvertrags der Haftung 1

Zur Beendigung s. unten 6. Teil § 3. Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 39 zum Vorstand. 3 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 70; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 252 Rn. 8; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, § 35 Rn. 8 zum fehlerhaft bestellten Geschäftsführer. 4 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob statt einer Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auch im Außenverhältnis auf eine Anwendung des § 15 HGB und allgemeiner Rechtsscheinsgrundsätze zurückgegriffen wird, vgl. dazu oben 2. Teil § 2 IV., was jedoch aus den gleichen Gründen abzulehnen ist. 5 Dazu Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 231; Karsten Schmidt, HandelsR, § 14 IV 1 d, S. 503 f.; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 343; Hüffer, in: Staub, 4. Aufl. 1995, § 15 Rn. 61. 2

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5. Teil: Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

nach § 128 HGB unterliegen, ohne dass sich die Gläubiger auf § 15 III HGB berufen müssten und könnten, da die Haftung nicht auf dem Anschein beruht, dass eine ordnungsgemäße Gesellschaft vorliegt, sondern auf der Tatsache, dass die Gesellschaft wirksam ist, mithin in diesem Sinne ein Vorrang des Instituts der fehlerhaften Gesellschaft gegeben ist.6 Die Rechtsscheinshaftung ist nur zu prüfen, wenn die Haftung nicht schon aus dem wahren Sachverhalt folgt.7 Insoweit hat die Lehre vom fehlerhaften Organ Vorrang vor dem reinen Rechtsscheinsschutz.8 Ein Dritter kann sich auch nicht auf die „wahre“ Rechtslage in dem Sinne berufen, dass der Eingetragene nicht wirklich Organmitglied gewesen sei; es bleibt dabei, dass die Amtsstellung wirksam ist, so dass die „wahre“ Rechtslage bedeutet, dass der fehlerhaft Bestellte Organmitglied ist. Eine andere Betrachtung würde zudem zu Rechtsunsicherheiten im Innenverhältnis der Gesellschaft führen. Es ist auch interessengerecht, dem Dritten nicht die Möglichkeit zu geben, sich auf die Fehlerhaftigkeit der Wahl in dem Sinne zu berufen. Möchte man dies etwa bei schwerwiegenden Mängeln anders beurteilen, wäre es vorzugswürdig, die Lehre vom fehlerhaften Organ insoweit in ihrem Anwendungsbereich einzuschränken.9

§ 2 Abweichung von und damit Verstoß gegen die gesetzlich angeordnete rückwirkende/anfängliche Nichtigkeit des fehlerhaften Wahlbeschlusses bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ Fraglich ist, wie sich die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, eingeordnet in das verbandsrechtliche Institut der Lehre vom fehlerhaften Verband, zur gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsfolge der rückwirkenden bzw. anfänglichen Nichtigkeit, §§ 250 I, 241 I Nr. 5 AktG, verhält und ob sie mit dieser vereinbar ist. Es ist umstritten, ob die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dazu führt, dass die Nichtigerklärung infolge einer erfolgreichen Anfechtungsklage nicht zurückwirkt bzw. das Nichtigkeitsfeststellungsurteil hinsichtlich des Wahlbeschlusses nur Wirkung für die Zukunft hat, so dass die Organstellung solange wirksam ist, oder ob es bei der gesetzlich für den Hauptversammlungswahl6 Vergleichbares Beispiel zur Haftung von Kommanditisten bei Karsten Schmidt, HandelsR, § 14 IV 1 d, S. 503 f. 7 Vgl. Karsten Schmidt, HandelsR, § 14 IV 1 d, S. 503 f. für die fehlerhafte Gesellschaft. 8 Zur vergleichbaren Frage bei der fehlerhaften Gesellschaft Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 231. 9 Dazu noch unten 6. Teil § 2.

§ 2 Verstoß gegen gesetzlich angeordnete Nichtigkeit des Wahlbeschlusses

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beschluss vorgeschriebenen (rückwirkenden) Nichtigkeit bleibt, die Amtsstellung des Organs jedoch unabhängig davon als wirksam zu erachten ist. Je nachdem, welcher Ansicht gefolgt wird, ergeben sich Änderungen bezüglich des Urteilstenors dergestalt, dass die Organbestellung nach der Ansicht, nach der die Nichtigkeit des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung einzuschränken ist, nur für die Zukunft für nichtig erklärt wird. Die Auswirkung der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ im eben dargestellten Sinne hat aber auch gerade Bedeutung für die Frage, ob die gesetzlich angeordnete Rückwirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ entgegensteht. Mit dieser Begründung hatte auch der BGH in seiner jüngst ergangenen Entscheidung die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ abgelehnt.10 Allerdings hält er an diesem Begründungsansatz für die Ablehnung nicht konsequent fest, da die Lehre vom fehlerhaften Organ auch hinsichtlich des Aufsichtsratsmitglieds bezüglich Pflichten, Haftung und Vergütung Anwendung finden soll. Mit welcher Begründung gerade diesbezüglich trotz der gesetzlich angeordneten Rückwirkung die Lehre vom fehlerhaften Organ Anwendung finden soll, wird nicht ersichtlich. Zudem hat der BGH auch in einer 2011 ergangenen Entscheidung11 die Lehre vom fehlerhaften Organ in der Form auf den fehlerhaft bestellten besonderen Vertreter (§ 147 AktG) angewendet, dass auch dessen Rechtshandlungen wirksam sind, worin ein gewisser Widerspruch liegt, zumal auch der seiner Bestellung zugrunde liegende Hauptversammlungsbeschluss rückwirkend nichtig ist.12 Ob eine Trennung in der eingangs dargestellten Weise zwischen der Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses und des „Durchführungsgeschäfts“ möglich ist, wurde vornehmlich für Strukturänderungen erörtert wie z. B. für den fehlerhaften Kapitalerhöhungsbeschluss13. Auch hier ist umstritten, ob es bei einer ex-tunc-Wirkung hinsichtlich des Beschlusses bleibt. Entsprechend stellt sich die Frage, ob die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ lediglich zu einer Wirksamkeit der Amtsstellung führt, oder auch zur Änderung der Rückwirkung des Urteils, also der Einschränkung der Nichtigkeitsfolge bezüglich des Beschlusses dergestalt, dass der Beschluss nur ex nunc nichtig ist. Nach der hier vertretenen Ansicht, nach der sowohl fehlerhafte Strukturänderungen als auch die fehlerhafte Organbestellung unter die Lehre vom fehlerhaften 10 BGH NJW 2013, 1535, 1537; zuvor wandte schon Rölike, in: Spindler/Stilz, 2. Aufl. 2010, § 256 Rn. 51, ein, bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf Aufsichtsratsmitglieder würden die differenzierten Regelungen aus §§ 250 f. AktG unterlaufen. 11 BGH NZG 2011, 1383, 1384 – HVB/UniCredit. 12 So auch Schatz/Schödel, EWiR 2013, 333, 334; vgl. auch Schürnbrand, NZG 2013, 481, 482. 13 Zur „Vergleichbarkeit“ mit dem fehlerhaft bestellten Organ noch unten II.

104

5. Teil: Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

Verband fallen, ist eine parallele Einordnung nur konsequent und die Argumentation muss entsprechend für die fehlerhafte Organbestellung gelten. Die durchgeführte Strukturänderung an sich ist insofern vergleichbar mit der erlangten Amtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds. Auch Schürnbrand nimmt diesbezüglich eine Parallele der fehlerhaften Organbestellung zur fehlerhaften Kapitalerhöhung an.14 Hüffer und Zöllner gehen ebenfalls von einer Vergleichbarkeit der rückwirkenden gesetzlichen Nichtigkeitsanordnung bei Anfechtung eines fehlerhaften Kapitalerhöhungsbeschlusses und eines fehlerhaften Wahlbeschlusses aus.15 Mithin soll zunächst die vor allem diskutierte Auswirkung fehlerhafter Strukturänderungsbeschlüsse untersucht werden, um dann die entsprechenden Folgen auch auf fehlerhafte Wahlbeschlüsse zu übertragen.

I. Auswirkungen bei Strukturänderungen Einigkeit besteht darüber, dass bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband im Ergebnis keine Rückabwicklung von Strukturänderungen wie Kapitalerhöhungsbeschlüssen ex tunc erfolgt.16 Die Strukturänderungen selbst können nicht als ex tunc nichtig angesehen werden.17 Die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft führt dazu, dass die Wirkung von Mängeln, gleichwohl, ob sie Nichtigkeits- oder Anfechtungsgründe darstellen, auf die Zeit nach rechtskräftiger Nichtigerklärung beschränkt wird.18 Umstritten ist jedoch, ob auch bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband daran festzuhalten ist, dass der Hauptversammlungsbeschluss infolge erfolgreicher Anfechtungsklage rückwirkend nichtig ist und ob es im Falle der Nichtigkeitsfeststellungsklage bei der anfänglichen Nichtigkeit des Hauptversammlungsbeschlusses bleibt. Diese Fragestellung ist damit verknüpft, ob die Wirksamkeit von Strukturänderungsbeschluss und Strukturänderung zwingend einheitlich zu betrachten ist bzw. ob zwischen der Strukturänderung und dem zugrundeliegenden Gesellschafterbeschluss differenziert werden kann. Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht sind die Strukturänderung und der auf diese Änderung abzielende Gesellschafterbeschluss als rechtliche Einheit zu begreifen.19 14

Schürnbrand, Organschaft, S. 289 f. Hüffer, in: MüKo AktG, § 252 Rn. 10, Fn. 9; Zöllner, AG 2004, 397, 403. 16 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; Dissars, in: Schüppen/ Schaub, Münch AnwaltsHdb Aktienrecht, § 37 Rn. 23, 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 8. 17 Zöllner, AG 1993, 68, 75; Zöllner/Winter, ZHR 158 (1994), 59; auch Huber, in: FS Claussen, S. 147 ff.; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 204 f.; Kort, ZGR 1994, 291, 306; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 248 Rn. 7a; vgl. jetzt auch Koch, in: Hüffer, § 248 Rn. 7a. 18 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 379 f. 15

§ 2 Verstoß gegen gesetzlich angeordnete Nichtigkeit des Wahlbeschlusses

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Die insbesondere von Hüffer und Karsten Schmidt vertretene Gegenauffassung20 nimmt an, dass der Beschluss und die durch ihn beschlossene Strukturänderung kein untrennbares Ganzes sind. Die Auswirkung, die die Vernichtung des Beschlusses mit rückwirkender Kraft auf Durchführungsgeschäfte hat, ist im Gesetz nicht allgemein geregelt.21 Der Gesetzgeber hielt die Problematik für zu vielschichtig für eine Einheitslösung.22 So lässt sich der allgemeinen Begründung zum Entwurf eines Gesetzes betreffend die KGaA und AG von 188423 entnehmen, dass sich keine allgemeine Bestimmung darüber aufstellen lasse, welche Wirkungen die Ungültigkeitserklärung des Beschlusses auf die infolge desselben etwa schon zur Ausführung gelangten Rechtshandlungen habe, ob sie auch die letzteren ungültig mache, und ob deren Ungültigkeit als von Anfang an eingetreten zu behandeln sei. Die Maßregeln, welche aufgrund eines solchen Beschlusses von den Gesellschaftsorganen ergriffen werden könnten, seien zu verschieden. Man könnte zwar im Allgemeinen davon ausgehen, dass, wie der Beschluss als nicht gefasst, so auch die auf ihm beruhende Maßregel als von Anfang an hinfällig zu betrachten sei. Die Entscheidung sei aber nur im einzelnen Fall nach Maßgabe des in Betracht kommenden Verhältnisses richtig zu finden. Die (Un-)wirksamkeit von Durchführungsgeschäften bestimmt sich dementsprechend nach allgemeinen Grundsätzen24, also nach der auch fehlerhafte Strukturänderungen umfassenden25 Lehre vom fehlerhaften Verband. Die Folgen der Nichtigkeit strukturändernder Beschlüsse sind teilweise im Gesetz geregelt, so bestimmt § 20 II UmwG, dass Mängel der Verschmelzung die Wirkungen der Eintragung unberührt lassen. Parallele Regelungen existieren in § 131 II UmwG für die Spaltung und in § 202 III UmwG für den Formwechsel. Die Umwand19 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380, 294; Hommelhoff, ZHR 158 (1994), 12 ff. mit Einschränkungen; Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 204 f.; s. auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anhang zu § 47 Rn. 178. 20 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 248 Rn. 7a; vgl. jetzt auch Koch, in: Hüffer, § 248 Rn. 7a; auch Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 8; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 20 f., der aber mit der Begründung, es würde an einem rechtfertigenden Bedürfnis für die Annahme einer trotz nichtigem Hauptversammlungsbeschluss wirksamen Organstellung fehlen und es bestünden entgegenstehende Interessen, die Annahme einer wirksamen Organstellung trotz nichtigem Hauptversammlungsbeschluss ablehnt, S. 67 ff., 74 ff., 81 ff. 21 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 294; Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 17; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 8; Lowe, Fehlerhaft gewählte Aufsichtsratsmitglieder, S. 17. 22 Vgl. Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 6; s. Fn. 23. 23 Abgedruckt in Schubert/Hommelhoff, Hundert Jahre modernes Aktienrecht, ZGR Sonderheft 4, 1985, S. 468 f. 24 Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 18; Koch, in: Hüffer, § 248 Rn. 7a; Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 6; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 8. 25 s. dazu oben 4. Teil § 2 I. 3.

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5. Teil: Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

lungswirkungen treten ungeachtet der Fehler des Verschmelzungs-, Spaltungsoder Umwandlungsbeschlusses ein.26 Ob hiermit aber einhergeht, dass auch der zugrundeliegende Beschluss wirksam sein soll, ist damit nicht gesagt und wird ebenfalls uneinheitlich beurteilt.27 § 20 II UmwG regelt nicht den Verschmelzungsvertrag oder den Verschmelzungsbeschluss, sondern den Eintritt der Verschmelzungswirkungen.28 Mithin kann aus diesen gesetzlichen Regelungen nicht per se darauf geschlossen werden, dass auch eine auf einem nichtigen Beschluss beruhende Strukturänderung wirksam sein kann. Fraglich ist, welche Auswirkungen nun die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband hat. Insbesondere nach Hüffer und Karsten Schmidt29 sollen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht dazu führen, dass fehlerhafte Beschlüsse nicht mit der in § 241 Nr. 5 AktG bezeichneten Wirkung für nichtig erklärt, also nach allgemeinen Grundsätzen angefochten werden können. An der umfassenden Rückwirkung, insbesondere des Anfechtungsurteils, sei festzuhalten.30 Dies bedeute indes nicht, dass die Rechtswirkungen der fehlerhaften Strukturänderung nicht eintreten können.31 Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband führe gerade dazu, dass die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit des organisationsändernden Akts die Anerkennung der Strukturänderung nicht hindere.32 Eine ex tunc eintretende Unwirksamkeit des Durchführungsgeschäfts „als Regelfolge“ der rückwirkenden Vernichtung des Hauptversammlungsbeschlusses werde vermieden, soweit das Durchführungsgeschäft nach den Grundsätzen der Lehre vom fehlerhaften Verband zu behandeln ist.33 Schäfer will aber daran festhalten, dass eine Strukturänderung und der auf diese Änderung abzielende Gesellschafterbeschluss als rechtliche Einheit zu begreifen sind und nimmt infolgedessen an, dass die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband dazu führt, dass das Urteil hinsichtlich des Beschlusses keine Rückwirkung entfaltet.34 Dies ist, wie dargestellt, nach der Intention des

26 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380, der aber auch hierfür annimmt, dass keine rückwirkende Nichtigkeit des Beschlusses anzunehmen ist. 27 Konsequent annehmend Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380. 28 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 376. 29 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; auch Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 248 Rn. 7a; jetzt auch Koch, in: Hüffer, § 248 Rn. 7a; auch Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 14. 30 Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 20; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 14. 31 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 248 Rn. 7; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 14. 32 Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 20 ff.; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 248 Rn. 7a; vgl. jetzt auch Koch, in: Hüffer, § 248 Rn. 7a; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 229; Dörr, in: Spindler/Stilz, § 248 Rn. 14. 33 Hüffer, in: MüKo AktG, § 248 Rn. 20.

§ 2 Verstoß gegen gesetzlich angeordnete Nichtigkeit des Wahlbeschlusses

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Gesetzgebers gerade nicht zwingend. Schäfer beruft sich darauf, dass die andere Ansicht von der Rechtslage bei fehlerhafter Gründung abweiche, wofür kein Grund ersichtlich sei.35 Es sei vielmehr als Folge der Lehre vom fehlerhaften Verband anzusehen, dass das Gestaltungsurteil nur für die Zukunft wirke, Entsprechendes gelte für die Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG, auch hier könne die Unwirksamkeit nur für die Zukunft „festgestellt“, also gestaltet werden.36 Hierbei legt er irrtümlich zugrunde, dass für die fehlerhafte Gründung wohl allgemein akzeptiert werde, dass der Gesellschaftsvertrag trotz seiner Mängel wirksam bleibe, bis diese Wirksamkeit durch Auflösung der Gesellschaft für die Zukunft beseitigt werde.37 Es ist jedoch keine Abweichung von der fehlerhaften Gründung gegeben. Vielmehr bleibt nicht der Gesellschaftsvertrag selbst, sondern die Gesellschaft trotz des nichtigen Gesellschaftsvertrags wirksam. Auch ist aus der Aussage Karsten Schmidts, dass entgegen dem Wortlaut der §§ 75, 77 GmbHG die fehlerhafte Gesellschaft keinesfalls „nichtig“, sondern wirksam aber auflösbar ist, nicht die Folgerung zu ziehen, dass sich die fehlerhafte Gesellschaft auf einen wirksamen Vertrag gründet38. Vielmehr ist dies so zu verstehen, dass die Gesellschaft trotz nichtigen Vertrags nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft bis zur Rechtskraft des Urteils als wirksam zu erachten ist. Somit ist der Schluss, den Schäfer aus dieser Aussage zieht, nämlich, dass sich die fehlerhafte Gesellschaft „mithin auf einen wirksamen Vertrag gründet“, nicht zutreffend. § 275 AktG regelt die Nichtigerklärung der Gesellschaft durch Urteil, enthält aber keine Regelung über die Wirksamkeit des Gesellschaftsvertrags. Hieran ändert auch der Verweis auf die §§ 246–248 AktG nichts, dieser dient der Bestimmung des von der Urteilswirkung betroffenen Personenkreises, § 248 I 1 AktG.39 Somit greift auch die Begründung Schäfers, dementsprechend führe wie bei der Gründung die Lehre vom fehlerhaften Verband auch bei fehlerhaften Beschlüssen zur Reduktion der Nichtigkeitsfolgen, hier also derjenigen aus §§ 241, 248 AktG, nicht. Nach Karsten Schmidt führt die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband gerade dazu, dass die Nichtigkeit oder Unwirksamkeit eines organisationsbegründenden oder -ändernden Akts nicht die Anerkennung der in Vollzug gesetzten Organisation hindert.40 Aus einer Unwirksamkeit des Vertrags werden

34 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380, 294; so auch Kort, Bestandsschutz fehlerhafter Strukturänderungen, S. 205. 35 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380 f. 36 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380. 37 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 381. 38 So aber Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 381. 39 Hüffer, in: MüKo AktG, § 275 Rn. 57 f. 40 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 229.

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5. Teil: Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

keine Folgen für die Vergangenheit gezogen.41 Es liegt also bei der Beibehaltung der gesetzlich angeordneten Rückwirkung der gerichtlichen Nichtigerklärung des Beschlusses auch keine Abweichung von der Rechtslage bzw. der Beurteilung bei fehlerhafter Gründung vor.42 Eine „Analogie“ zur Rechtslage bei fehlerhafter Gründung, wie sie Schäfer als Begründung annimmt,43 führte also auch nicht dazu, dass die Nichtigkeit des Beschlusses nur für die Zukunft eintritt bzw. festgestellt wird. Vielmehr kann umgekehrt argumentiert werden, was auch aus der einheitlichen Betrachtung im Sinne der Lehre vom fehlerhaften Verband folgt, dass entsprechend der Wirkung des Urteils bei § 275 AktG eine Parallele dahingehend gezogen werden kann, dass ebenso wie die Gesellschaft trotz nichtigen Vertrags wirksam ist, die Strukturänderung trotz nichtigen Beschlusses wirksam ist. Weiterhin wird eingewandt44, dass man sich bei getrennter Betrachtung von Wirksamkeit des Beschlusses und des Durchführungsgeschäfts zu Vertragsprinzip und Willensautonomie in Widerspruch setze; eine Einheit in diesem Sinne lasse sich ebenso gut für das Verhältnis zwischen Kaufvertrag und Kaufpreisanspruch feststellen. Mit dem Verhältnis zwischen Kaufvertrag und Kaufpreisanspruch ist das Verhältnis zwischen Beschluss und der auf dem Beschluss beruhenden Strukturänderung aber nicht zu vergleichen. Die Besonderheit, dass es sich um einen gesellschaftsrechtlichen Beschluss handelt, auf dem die durchgeführte Strukturänderung beruht, wird dabei nicht berücksichtigt. Die Wirkung der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf fehlerhafte Strukturänderungen kann gerade darin liegen, dass die Strukturänderung trotz des infolge der Fehlerhaftigkeit nichtigen Hauptversammlungsbeschlusses wirksam ist. Die Ansicht, dass das Gestaltungsurteil nur für die Zukunft wirkt, was schon im Tenor klarzustellen sei,45 ist folglich abzulehnen. Es ist mithin vorzugswürdig, der Lehre vom fehlerhaften Verband gerade die Wirkung zuzuschreiben, dass trotz nichtigen Beschlusses die Strukturänderung bis zur Rechtskraft des Urteils wirksam ist, und damit an der gesetzlichen Anordnung der rückwirkenden bzw. anfänglichen Nichtigkeit festzuhalten.

II. Entsprechende Geltung für fehlerhafte Organbestellung? Parallel dazu ist bei der vergleichbaren Konstellation46 der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern anzunehmen, dass die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dazu führt, dass es zwar bei der rückwirkenden bzw. an41

Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 230 Rn. 127. So aber Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380. 43 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380. 44 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380; vgl. auch Kort, Fehlerhafte Strukturänderungen, S. 205: der Strukturänderung muss ein Willensakt zugrundeliegen. 45 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 380. 46 s. § 2 oben. 42

§ 2 Verstoß gegen gesetzlich angeordnete Nichtigkeit des Wahlbeschlusses

109

fänglichen Nichtigkeit des Beschlusses verbleibt, die Organstellung aber bis zur Rechtskraft des Urteils wirksam ist. Einigkeit besteht auch diesbezüglich darüber, dass bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ im Ergebnis nur eine Rückabwicklung ex nunc erfolgt. Ob auch eine Abweichung von der rückwirkenden bzw. anfänglichen Nichtigkeit anzunehmen ist, ist auch hier, wie bereits dargestellt, umstritten, sofern diese Frage überhaupt diskutiert wird. Zöllner47 nimmt eine Abweichung von der rückwirkenden Nichtigkeit an. Gerade für den Rückwirkungszeitraum greifen seiner Ansicht nach die Grundsätze über die fehlerhafte Organstellung ein, die rückwirkende Nichtigkeit ausschließen. Auch er sieht es allerdings wohl nicht als zwingend an, die Wirksamkeit des Beschlusses und die Wirksamkeit der Amtsstellung einheitlich zu betrachten, zumal er es für eine „theoretisch-konstruktiv mögliche Position“ hält, dass zwar die Nichtigerklärung des Beschlusses zurückwirkt, nicht aber die daraus resultierende Unwirksamkeit der Amtsstellung.48 Er stellt allerdings dazu nur fest, dass dies am Fehlen eines rechtlichen Interesses für die rückwirkende Nichtigerklärung nichts ändern würde. Entscheidend ist jedoch nicht das rechtliche Interesse an einer rückwirkenden Nichtigerklärung. Stattdessen geht es um die zentrale Frage, ob die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ zu einem Verstoß gegen die gesetzlich angeordnete rückwirkende bzw. anfängliche Nichtigkeitsfolge führt.49 Nach anderer Ansicht50 folgt dagegen aus der Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses mit Rückwirkung nicht die Unwirksamkeit der gleichwohl übernommenen Amtsstellung. Trotz der rückwirkenden Kraft der gerichtlichen Entscheidung bleiben auch die Handlungen eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds wirksam.51 Es soll also zwar bei der Rückwirkung des Anfechtungsurteils bleiben, doch ändere die Vernichtung des Wahlbeschlusses nichts an der grundsätzlich berechtigten Amtsausübung des ungültig gewählten Aufsichtsratsmitglieds, es könne nur für die Zukunft abgelöst werden.52

47 Zöllner, AG 2004, 397, 403 i.V. m. Fn. 31; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, Anhang zu § 47 Rn. 178; jetzt wohl auch Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 30 f., allerdings unter unzutreffendem Verweis auf Quellen zur Gegenauffassung Hüffers, Kiefner spricht sich für eine teleologische Reduktion zum allgemeinen Beschlussmängelrecht aus, zum Verhältnis teleologische Reduktion – verbandsrechtliches Institut s. bereits oben 4. Teil § 2 I. 1. d) bb). 48 Zöllner, AG 2004, 397, 403 i.V. m. Fn. 31. 49 s. § 2 oben. 50 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 252 Rn. 8 (der aber, s. oben 4. Teil § 1 II., keine komplette Gleichstellung der Rechtsstellung von fehlerhaft und ordnungsgemäß bestelltem Aufsichtsratsmitglied annimmt); Schürnbrand, Organschaft, S. 289 f. 51 Schürnbrand, Organschaft, S. 289 f. 52 Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 252 Rn. 8.

110

5. Teil: Wirkung der Lehre vom fehlerhaften Organ

Dem ist mit der entsprechenden Argumentation zu Strukturänderungen53 zu folgen. Der Lehre vom fehlerhaften Organ bzw. der Lehre vom fehlerhaften Verband kommt gerade die Wirkung zu, dass die Amtsstellung des Organs bis zur Rechtskraft des Urteils als wirksam zu beurteilen ist, obwohl der zugrundeliegende Wahlbeschluss rückwirkend bzw. anfänglich nichtig ist.

§ 3 Ergebnis: Kein Verstoß gegen die gesetzliche Nichtigkeitsanordnung Folglich liegt in der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, anders als nach Annahme insbesondere des BGH,54 auch kein Verstoß gegen die gesetzlich angeordnete Rückwirkung des Anfechtungsurteils. Gleiches gilt für die anfängliche Nichtigkeit.

53 54

Vgl. oben I. s. dazu oben 1. Teil § 2.

6. Teil

Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung der fehlerhaften Bestellung § 1 Invollzugsetzung als Voraussetzung? Wie oben dargelegt, ist zunächst vorauszusetzen, dass ein fehlerhafter Bestellungsakt vorliegt und dass der zu Bestellende die Bestellung angenommen hat. Umstritten ist, ob zudem das Bestellungsverhältnis in Vollzug gesetzt worden sein muss, um die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ zu begründen. Dies wird von der überwiegenden Ansicht1 angenommen. Danach muss das fehlerhaft bestellte Organ nicht nur die Bestellung angenommen, sondern auch seine Organfunktion wahrgenommen haben. Begründet wird dies insbesondere damit, dass nur dann Rückabwicklungsschwierigkeiten zu besorgen seien, wenn das fehlerhafte Bestellungsverhältnis tatsächlich vollzogen worden ist.2 Fraglich ist also, wie der Fall hinsichtlich der Pflichtenstellung und der Haftung einzuordnen ist, dass das fehlerhaft bestellte Mitglied zwar die Bestellung annimmt, aber sein Amt nicht antritt. Wie bereits in Teil 2 § 2 VIII. dargelegt, kann auch das Nichtbestehen von Schadensersatzansprüchen als Rückabwicklungsschwierigkeit qualifiziert werden. Die Nichthaftung bei Nichtaufnahme der Tätigkeit trotz Annahme der Bestellung würde zu qualifizierten Rückabwicklungsschwierigkeiten in dem oben genannten Sinne führen, die die Grundlage für die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ bilden, so dass auch hier hinsichtlich der Frage, ab wann ihre Grundsätze eingreifen, anzusetzen ist. Der „richtige Hebel für die in vielen Fällen berechtigte Forderung nach einer Haftung des säumigen Amtswalters“ 3 ist auch nicht etwa stattdessen an der Stelle zu finden, dass den Bestellten eine von der Wirksamkeit des Organverhält-

1 Schürnbrand, Organschaft, S. 276 ff.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3; Hüffer, in: MüKo AktG, § 256 Rn. 39; Koch, in: Hüffer, § 93 Rn. 37, § 84 Rn. 13; Rölike, in: Spindler/Stilz, § 256 Rn. 48; Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, Vor § 35 Rn. 11, § 43 Rn. 2; Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 40; Fleischer, in: Spindler/Stilz, § 84 Rn. 20; a. A. Stein, Das faktische Organ, S. 123 f.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, § 43 Rn. 2; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 46; Paefgen, in: Großkomm GmbHG, § 43 Rn. 19; Klöhn, in: Bork/Schäfer, § 43 Rn. 6; Koppensteiner/Gruber, in: Rowedder, § 43 Rn. 51. 2 Schürnbrand, Organschaft, S. 276, 273; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3. 3 Schürnbrand, Organschaft, S. 276.

112 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

nisses unabhängige Schutzpflicht trifft, der Gesellschaft von der Absicht des Nichtantritts Mitteilung zu machen.4 Solche lassen sich nämlich, wie oben bereits dargelegt,5 bei nicht bestehendem Organverhältnis, was der Fall wäre, wendete man die Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ erst ab Tätigwerden des Organs an, nicht ableiten.6 Hierfür bedarf es des Eingreifens der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ. Auch das Argument, die Gesellschaft habe mangels wirksamer Bestellung keinen Anspruch auf ein Tätigwerden des vermeintlichen Organmitglieds,7 führt nicht zu einer anderen Bewertung. Das zeigt sich ebenfalls daran, dass das Organmitglied auch nach der Ansicht, die ein Tätigwerden für das Eingreifen der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ für erforderlich hält, den gleichen Pflichten und der Haftung wie ein wirksam bestelltes Organmitglied unterliegt, wenn es einmal tätig wird, und seine Tätigkeit dann nicht weiter ausführt. Hierin liegt eine Verletzung seiner organschaftlichen Pflichten nach §§ 116, 93 AktG, weil die Lehre vom fehlerhaften Organ unstreitig Anwendung findet. Aufgrund der Lehre vom fehlerhaften Organ kann vielmehr ein Anspruch auf Tätigwerden gerade auch des fehlerhaft bestellten Organmitglieds bestehen, ein Tätigwerden ist nicht vorauszusetzen. Mithin greifen bereits ab Annahme der Bestellung die Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Organ.8 Das fehlerhaft bestellte Mitglied wird dadurch auch nicht unangemessen benachteiligt, es kann die Haftung in Folge des Nichttätigwerdens dadurch vermeiden, dass es sein Amt niederlegt.9 Auch wenn die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf die Gründung nach allgemeiner Auffassung ein Invollzugsetzen erfordert – wenn auch mit Unterschieden in der Beurteilung, wann die Voraussetzungen des Invollzugsetzens gegeben sind – ist dies nicht ebenso für die fehlerhafte Organstellung zu fordern, gerade weil die Gesellschaft selbst in diesem Fall schon in Vollzug gesetzt ist. So nimmt denn auch die vorzugswürdige Ansicht beim fehlerhaften Beitritt als Anwendungsfall der Lehre vom fehlerhaften Verband an, dass für die Anwendung dieser Grundsätze anders als bei der fehlerhaften Gründung generell keine Vollzugshandlungen vorgenommen werden müssen, wenn nur die Gesellschaft als 4 So aber Schürnbrand, Organschaft, S. 276, unter Berufung auf Baums, Der Geschäftsleitervertrag, S. 162, der zu dieser Frage aber keine Stellung nimmt; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 3. 5 Vgl. oben 2. Teil § 2 VIII. 6 Vgl. dazu oben 2. Teil § 2 VIII. 7 Schürnbrand, Organschaft, S. 276. 8 So im Ergebnis auch Stein, Das faktische Organ, S. 123 f., mit abweichender Begründung, gestützt auf die Interessenlage. 9 s. unten 6. Teil § 3.

§ 2 Einschränkungen?

113

solche durch Geschäftsbeginn nach außen entstanden ist.10 Nach anderer Ansicht sollen diese Grundsätze dagegen nur anwendbar sein, wenn der fehlerhafte Beitritt vollzogen ist, wobei strittig ist, welche Vollzugshandlungen dann erforderlich sein sollen.11 Eine weitere Auffassung differenziert danach, ob die Beitrittserklärung nichtig oder anfechtbar ist und will nur im letztgenannten Fall auf ein Vollzugselement verzichten.12 Der Verzicht auf ein Vollzugselement bei der Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband auf den fehlerhaften Beitritt im Gegensatz zur Anwendung auf die fehlerhafte Gesellschaftsgründung ergibt sich daraus, dass der Vollzug bei der Gründung nur deshalb als Wirksamkeitsvoraussetzung anzuerkennen ist, weil es gerade der Vollzug ist, der den Verband als Rechtsträger entstehen lässt, und dies unabhängig davon, ob die Vertragsgrundlage mangelhaft ist13. So stellte in diesem Zusammenhang auch Schäfer fest, es sei ein Irrtum, dass der Vollzug ein allgemeines Tatbestandsmerkmal der Lehre vom fehlerhaften Verband ist.14

§ 2 Einschränkungen? Auch was die Einschränkungen der Lehre vom fehlerhaften Organ angeht, kann auf die betreffend die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in ihrem originären Anwendungsbereich angenommenen Grenzen, welche allerdings höchst umstritten sind, zurückgegriffen werden.15 In Rechtsprechung und Literatur findet sich hinsichtlich der Lehre vom fehlerhaften Verband, sowohl bezüglich der Anwendung auf die fehlerhafte Gesellschaft16 als auch auf das fehlerhafte Organ,17 weit überwiegend der Hinweis 10 Ulmer/Schäfer, in: MüKo BGB, § 705 Rn. 367; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 311, 331 f.; so wohl auch Karsten Schmidt, in: Schlegelberger, § 130 Rn. 6. 11 s. dazu BGH NJW 1992, 1501, 1502 f.; zustimmend etwa Röthel, in: Henssler/ Strohn, § 105 HGB Rn. 141. 12 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 367; Schöne, in: Bamberger/ Roth, § 705 Rn. 94. 13 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 157, 375. 14 Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 460. 15 So auch Schürnbrand, Organschaft, S. 274. 16 So der BGH in ständiger Rechtsprechung, BGHZ 3, 285, 288; 26, 330, 335; 62, 234, 241; 75, 214, 217 f.; 97, 243, 250; 153, 214, 222, s. insbesondere die zusammenfassende Darstellung in BGH NZG 2008, 460, 462 (Vorlagebeschluss zur Auslegung der Haustürgeschäfte-Richtlinie 85/577 EWG). Bejaht wurde ein Verstoß gegen höherrangige Interessen der Allgemeinheit in BGHZ 62, 234, 241 und BGHZ 75, 214, 217 f., betroffen waren insoweit reine Innengesellschaften, vgl. dazu Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 a, S. 150; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 83 ff. – Aus der Literatur siehe Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 19 f.; Hueck, oHG, § 7 III 4 a, S. 94; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 334; Schürnbrand, Organschaft, S. 280; Roth, in: Baumbach/Hopt, § 105 Rn. 83; Habermeier, in: Staudinger, § 705 Rn. 68; Goette, DStR 1996, 266, 270; ablehnend Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3, S. 149 ff.; Karsten Schmidt,

114 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

darauf, dass der Anwendung keine höherrangigen Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen dürfen. Was dies im Einzelnen bedeutet und wo die Grenzen einer Anwendung zu ziehen sind, ist noch ungeklärt. Zunächst sollen jeweils allgemeine, potentiell höherrangige Interessen hinterfragt werden, bevor auf die Interessen besonders schutzwürdiger Personen eingegangen wird.

I. Einschränkung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft 1. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen der Allgemeinheit Die h. M. nimmt eine Einschränkung der Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft wegen höherrangiger Interessen im Hinblick auf Personengesellschaften (bei Kapitalgesellschaften greifen §§ 275 ff. AktG bzw. § 75 ff. GmbHG) insbesondere dann an, wenn ein Verstoß gegen § 134 BGB, dergestalt, dass die Missbilligung des Verbotsgesetzes gerade den Gesellschaftszweck betrifft, vorliegt.18 Tatsächlich angenommen wurde ein solcher Verstoß in der Rechtsprechung des BGH allerdings wohl nur bei Innengesellschaften.19 Führt man sich vor Augen, was es bedeutet, wenn die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht angewandt wird, die Gesellschaft also anfänglich bzw. rückwirkend als nicht existent eingestuft wird,20 sollte es ein Anliegen sein, die Fälle der Nichtanwendung möglichst weit zu beschränken, und zu hinterfragen, ob der betreffende Mangel es tatsächlich rechtfertigt, eine Rückabwicklung mit ihren gravierenden Folgen durchzuführen. Zu Recht hat Karsten Schmidt die Frage aufgeworfen, ob in einem solchen Fall wirklich „eine Handelsgesellschaft ein nullum in: MüKo HGB, § 105 Rn. 237, 243; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 257 ff.; Schwintowski, NJW 1988, 937, 942 f.; Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 105 Rn. 255 f. 17 Stein, Das faktische Organ, S. 139 ff., auch wenn diese zur dogmatischen Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht auf die Lehre vom fehlerhaften Verband abstellt, vgl. oben 4. Teil § 2; Schürnbrand, Organschaft, S. 280 f., 290; Habersack, in: FS Goette, S. 121, 134; Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72; Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 87; Wiesner, in: MüHdb GesR, Band 4, § 20 Rn. 40; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 307 f.; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 47, der auch auf die Wertung des § 76 Abs. 3 AktG, die durch das Institut der fehlerhaften Organstellung nicht umgangen werden dürfe, abstellt. 18 BGHZ 62, 234, 241; 75, 214, 217 f.; Flume, Personengesellschaft, § 2 III, S. 19; Goette, DStR 1996, 266, 270; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 334; Habermeier, in: Staudinger, § 705 Rn. 68; a. A. Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 242 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 261 ff.; Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 105 Rn. 255 f.; Schwintowski, NJW 1988, 937, 942 f. 19 Vgl. die Nachweise dazu in Fn. 16; vgl. dazu ausführlich Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 a, S. 150; s. auch Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 345; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 84 ff. 20 s. dazu oben, 4. Teil § 2 I. 1.

§ 2 Einschränkungen?

115

sein“ solle.21 Die oben bereits geschilderten Bestands- und Verkehrsschutzinteressen stehen einer anfänglichen Nichtigkeit der Gesellschaft entgegen, so dass die durch das jeweilige Verbotsgesetz geschützten Interessen demgegenüber zurücktreten müssen.22 Des Weiteren sind auch in § 275 AktG und § 75 GmbHG als Ausprägung der Lehre vom fehlerhaften Verband23 keine Ausnahmen für bestimmte Unwirksamkeitsgründe vorgesehen, was zeigt, dass eine derartige Einschränkung nicht zwingend ist.24 Eine solche einheitliche Behandlung der Fälle der fehlerhaften Gründung im Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht ist im Sinne des übergreifenden verbandsrechtlichen Prinzips vorzugswürdig.25 2. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen besonders schutzwürdiger Personen Die überwiegende Auffassung nimmt den Vorrang des Minderjährigenschutzes bzw. des Schutzes nicht voll geschäftsfähiger Personen dergestalt an, dass der Beitritt des Minderjährigen bzw. der nicht voll geschäftsfähigen Person als unwirksam angesehen wird.26 Gegen diese Ansicht spricht, dass sie in Fällen, in denen nach Fortfall des Geschäftsunfähigen keine Mehrpersonengesellschaft mehr gegeben ist, keine zufriedenstellende Lösung bietet.27 Eine Lösung, die den „Minderjährigenschutz mit der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft versöhnt“, hat insbesondere Karsten Schmidt vorgeschlagen.28 Danach soll der fehlerhafte Beitritt des Minderjährigen wirksam sein, nur könne er keine Haftungsfolgen und keine sonstigen Rechtsnachteile für den Minderjährigen auslösen.29 21

Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 a, S. 150. Vgl. insbesondere Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 a, S. 150. 23 s. oben 4. Teil § 2 I. 1. 24 Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 337; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 86, 282 ff.; mit ähnlicher Argumentation eine Einschränkung der Anwendbarkeit der Grundsätze des fehlerhaften Unternehmensvertrags verneinend Mülbert, in: Großkomm AktG, § 293 Rn. 151. 25 Vgl. Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 337. Damit wird auch die Kritik entkräftet, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ „allenfalls den Anschein einer einlinigen Lösung“ habe, so Florstedt, NZG 2014, 681, 682, bzw. nicht „in vollem Umfang die erforderliche Rechtssicherheit“ schaffe, so Stilz, in: Spindler/Stilz, § 252 Rn. 6, weil auch hier erhebliche Ausnahmen vorzunehmen seien. 26 BGHZ 17, 160, 165 ff.; BGH NJW 1983, 748; BGH NJW 1992, 1503, 1504; Roth, in: Baumbach/Hopt, § 105 Rn. 84; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 335 ff.; Goette, DStR 1996, 266, 270. 27 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 238; Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 c) cc), S. 152 f. 28 Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 c) cc), S. 152 ff.; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 239; ihm folgend Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 105 Rn. 257. 29 Karsten Schmidt, GesR, § 6 III 3 c) cc), S. 152 ff.; Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 239; Wertenbruch, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, § 105, Rn. 257. 22

116 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

Damit wird quasi eine relative Unwirksamkeit der Beteiligung30 angenommen.31 Der Ansatz Schäfers,32 die Regelungen zur Haftungsbeschränkung Minderjähriger (§§ 723 I 3–5, 1629a BGB) führten dazu, dass eine Einschränkung gänzlich entbehrlich sei, ist zu weitgehend.33 Gegen die Annahme, dass es eines Minderjährigenschutzes wegen §§ 723 I 3–5, 1629a BGB nicht bedarf, spricht, dass hierdurch ein Schutz des Minderjährigen erst mit Erreichen der Volljährigkeit gewährleistet wird.34 Diese Vorschriften ergänzen damit lediglich den durch die §§ 107 ff., 1643, 1822 BGB gegebenen Schutz, sollen diesen aber gerade nicht beschränken.35

II. Einschränkung der Lehre vom fehlerhaften Organ 1. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen der Allgemeinheit Auch für die Einschränkung des Anwendungsbereichs der Lehre vom fehlerhaften Organ gilt, dass eine solche möglichst nur in engem Rahmen erfolgen sollte, zumal eine Nichtanwendung der Lehre insbesondere nicht nur zur Folge hat, dass die Mitwirkung der fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieder an der Beschlussfassung unwirksam ist, vielmehr unterliegen sie auch nicht den organschaftlichen Pflichten und der entsprechenden Haftung.36 Es käme zu gravierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten.37 Weit überwiegend wird aber bei der fehlerhaften Bestellung von Organmitgliedern angenommen, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht uneingeschränkt zur Anwendung kommen könne, sondern auch hier die Anwendung der Lehre ausgeschlossen sei, wenn ihr höherrangige Interessen der Allgemeinheit oder einzelner entgegenstehen.38 Zudem wird auf die Evidenz des Mangels abgestellt.39 30

So die Einordnung dieser Ansicht durch Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 339. Diese Ansicht weicht in ihren Auswirkungen von der früher vertretenen „hinkenden“ Organstellung, Hueck, oHG, § 7 III 4 c, S. 95, ab, vgl. dazu Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 238 f.; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 268 ff. 32 Schäfer, in: Staub, § 105 Rn. 339; Schäfer, Fehlerhafter Verband, S. 268 ff. 33 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 239; Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 337. 34 Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 239. 35 Ulmer, in: MüKo BGB, 5. Aufl. 2009, § 705 Rn. 337; vgl. auch Karsten Schmidt, in: MüKo HGB, § 105 Rn. 239. 36 Vgl. dazu ausführlich oben 2. Teil § 2 VIII.; zur Ablehnung einer generellen Differenzierung nach zur Nichtigkeit und Anfechtbarkeit führenden Mängeln, s. bereits oben 4. Teil § 1 III. 37 Vgl. oben 2. Teil. 38 Vgl. oben Fn. 17. 39 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72; Schürnbrand, Organschaft, S. 290, die sich bzgl. der Evidenz jedoch ausschließlich auf die sogleich im Text genannten Fallgruppen beziehen; Drygala, in: Schmidt/Lutter, 2. Aufl. 2010, § 101 Rn. 37 (allerdings mit der Begründung, die Lehre vom fehlerhaften Organ knüpfe an einen durch Bestel31

§ 2 Einschränkungen?

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Zwar wird bezüglich des Verstoßes gegen Satzungsbestimmungen40 und gesetzliche Formvorschriften41 eine Einschränkung abgelehnt.42 Hinsichtlich eines fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieds wird aber bei einem Verstoß gegen die Bestellungshindernisse des § 76 III AktG, welche nach h. M. ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 BGB darstellen,43 überwiegend eine Ausnahme angenommen; bei einem solchen Verstoß seien höherrangige Interessen berührt, die die Anwendung ausschlössen.44 Auch bei einem Verstoß gegen die für den Aufsichtsrat geltenden gesetzlichen Bestellungsvoraussetzungen der §§ 100 I, II AktG, der zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses nach § 250 I Nr. 4 AktG führt, bei einer Bestellung in Widerspruch zu § 105 AktG, die nach ganz h. M.45 analog § 250 I Nr. 2, 3 AktG nichtig ist, sowie bei Vorliegen der Nichtigkeitsgründe des § 250 I Nr. 1–3 AktG, wird eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ überwiegend abgelehnt.46 Bei einem Verstoß gegen § 250 I Nr. 1–3 werden insbesondere die mitbestimmungsrechtlichen Vorgaben und damit das Interesse der Allgemeinheit berührt, welches als höherrangig einzustufen sei.47 lung und Aufnahme der Organtätigkeit erzeugten abstrakten Rechtsschein an); vgl. jetzt auch Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 29. 40 Schürnbrand, Organschaft, S. 281; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. 41 Schürnbrand, Organschaft, S. 290 f. 42 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72. 43 Spindler, in: MüKo AktG, § 76 Rn. 120; Koch, in: Hüffer, § 76 Rn. 62; Schürnbrand, Organschaft, S. 281. 44 Mertens/Cahn, in: KölnKomm, § 84 Rn. 31; Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 90; Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 47; vgl. auch Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72; differenzierend Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 13: keine Einschränkung für § 76 III 2 Nr. 2 bis 3 AktG; in dieser Form ebenfalls differenzierend, abweichend aber für beschränkte Geschäftsfähigkeit Stein, Das faktische Organ, S. 141 f.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4, 7; vgl. zur Frage eines vorrangigen Schutzes nicht voll Geschäftsfähiger unten 6. Teil § 2 II. s. oben 6. Teil § 2 I. 1. zur Einschränkung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft bei einem Verstoß gegen § 134 BGB. 45 Hüffer, in: MüKo AktG, § 250 Rn. 18 m.w. N. 46 Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 72; Habersack, in: FS Goette, S. 121, 134; Schürnbrand, Organschaft, S. 290 f.; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483; OLG Frankfurt AG 2011, 36, 40 Rn. 107; Happ, in: FS Hüffer, S. 293, 308; Grigoleit/Tomasic, in: Grigoleit, § 101 Rn. 33; wohl bzgl. § 100 II AktG auch Kiefner, in: KölnKomm AktG, § 252 Rn. 33; Hüffer, 10. Aufl. 2012, § 101 Rn. 18, für Verstöße gegen §§ 100, 105; a. A. Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 7. Hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 96 II AktG n. F., der zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses gem. § 250 I Nr. 5 führt, wird ebenfalls vertreten, dass die Lehre vom fehlerhaften Organ nicht gilt, da höherrangige Interessen der Allgemeinheit tangiert seien, zumal die Quote auch ein gesellschaftspolitisches Ziel verfolge, so Weller, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst, Ausschuss f. Familie, Senioren, Frauen u. Jugend, Ausschussdrucks. 18(13)43k, S. 4 f., kritisch demgegenüber Spindler, in: Spindler/Stilz, § 96 Rn. 41. 47 Schürnbrand, Organschaft, S. 290.

118 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

Wie auch bei der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft in ihrem ursprünglichen Anwendungsbereich48 ist jedoch wegen der drohenden Rückabwicklungsschwierigkeiten im Interesse des Verkehrs- und Bestandsschutzes anzunehmen, dass die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht zu beschränken ist, da die berührten Allgemeininteressen insofern nicht als höherrangig zu erachten sind.49 Es wäre indes wertungswidersprüchlich, wenn gerade der als Organmitglied tätig Gewordene sich darauf berufen könnte, nicht der organschaftlichen Haftung zu unterliegen,50 weil seine Amtsstellung etwa wegen des Fehlens persönlicher Voraussetzungen entfiele. Gerade in solchen Fällen muss durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ dafür Sorge getragen werden, dass das fehlerhaft bestellte Mitglied den organschaftlichen Pflichten und der Haftung unterliegt.51 Bereits oben wurde dargelegt, dass sich das Bestehen von Sorgfaltsund Treuepflichten des fehlerhaft bestellten Organs nur mit der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ begründen lässt.52 Wie Stein betont hat, würde es dem Normzweck des Verbotsgesetzes zuwiderlaufen, das fehlerhaft bestellte Mitglied in diesem Fall nicht der Haftung unterliegen zu lassen, obwohl die „Schädigungsgefahr vom Gesetz selbst als besonders hoch eingeschätzt und ihr deshalb von vornherein durch ein Verbot begegnet wird.“ 53 Auch Schürnbrand hatte an anderer Stelle betont, dass dem Organwalter dieselben Entscheidungs- und Machtbefugnisse und derselbe vertiefte Einblick in die Geschäftsinterna offenstünden wie seinem wirksam bestellten Pendant.54 Deshalb müssten selbst diejenigen Mitglieder des Bestellungsorgans, deren Belange bei der fehlerhaften Bestellung rechtswidrig übergangen wurden und deren primäres Ziel daher sei, den Ernannten alsbald aus seinem Amt zu entfernen, ein Interesse daran haben, dass er, solange er für die Gesellschaft tätig ist, seinen Pflichten ordnungsgemäß nachkommt.55 Auch hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung kann ein überwiegendes Verkehrs- und Bestandsschutzinteresse bejaht werden.56 Dass solche Einschränkungen nicht zwingend sind, zeigt sich auch an § 121 II 2 AktG, der ohne 48

s. oben. § 2 I. 1. Vgl. auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4, 7; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 13. 50 Vgl. oben 2. Teil § 2 VIII. 51 Vgl. auch Stein, Das faktische Organ, S. 141 f.; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. 52 Vgl. oben 2. Teil § 2 VIII. 53 Stein, Das faktische Organ, S. 141 f. 54 Schürnbrand, Organschaft, S. 273. 55 Schürnbrand, Organschaft, S. 273. 56 So auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4, 7; auch nach Schürnbrand, Organschaft, S. 281 liegt es „unverkennbar im Interesse der Gesellschafter wie der Gläubiger, dass der Amtswalter den Organpflichten nachkommt und wirksam für die Gesellschaft handeln kann“, zu seinen Gründen für eine Annahme der Einschränkung s. sogleich im Text. 49

§ 2 Einschränkungen?

119

Einschränkung – mit Ausnahme geschäftsunfähiger Personen57 – auf fehlerhaft bestellte Vorstandsmitglieder Anwendung finden soll58. Der Fehlerhaftigkeit des Bestellungsbeschlusses wird dadurch Rechnung getragen, dass die Organstellung nur vorläufig wirksam ist. Insbesondere nach Schürnbrand verdient das Bestellungsverhältnis im Ergebnis aber deshalb keinen Bestandsschutz, weil es nur durch Aufsage beendet werden könne und mithin sein Fortbestand zur Disposition des Bestellungsorgans stünde.59 Diese Bedenken greifen jedoch nicht durch, da das Bestellungsorgan zur Geltendmachung verpflichtet ist, bzw. bei der fehlerhaften Aufsichtsratswahl der Vorstand.60 Bei Verletzung dieser Pflicht kommt die organschaftliche Haftung nach §§ 116, 93 AktG bzw. § 93 AktG in Betracht. Zudem ist ansonsten auch der Aufsichtsrat nach § 103 III AktG berechtigt und verpflichtet, einen Antrag auf gerichtliche Abberufung wegen des Mangels, der einen wichtigen Grund bildet, zu stellen.61 2. Einschränkung wegen höherrangiger Interessen besonders schutzwürdiger Personen Eine Einschränkung der Lehre vom fehlerhaften Organ zum Schutz Geschäftsunfähiger wird weit überwiegend angenommen.62 Hier gilt es zu differenzieren; es ist eine Frage, ob der Schutz Minderjähriger bzw. allgemein der Schutz nicht voll Geschäftsfähiger generell überwiegt, eine andere Frage, ob diese überhaupt wirksam handeln,63 also Willenserklärungen wirksam abgeben und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wirksam vornehmen können, und damit als Mitglied eines Leitungsorgans in Betracht kommen64. Die Anordnung der Nichtigkeit nach § 105 BGB kann nicht überwunden werden, so dass eine wirksame Organstellung von Geschäftsunfähigen schon aus diesem Grund ausscheidet.65 Dies zeigt sich an einem Vergleich mit der Beteiligung Minderjähriger in Fällen des § 121 II 2 AktG und des § 15 I HGB. Ein Argument dahingehend, § 121 II 57

Dazu sogleich. Schürnbrand, Organschaft, S. 278 (ohne Einschränkung hinsichtlich geschäftsunfähiger Personen); Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 241 Rn. 44. 59 Schürnbrand, Organschaft, S. 281; vgl. auch Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 90. 60 Dazu s. unten 6. Teil § 3; vgl. auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. 61 Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 7. 62 Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 87, der zudem auf die Nichtigkeit der Willenserklärungen des Geschäftsunfähigen nach § 105 BGB verweist; Schürnbrand, Organschaft, S. 280. 63 Vgl. Schürnbrand, Organschaft, S. 280 i.V. m. Fn. 67; verneinend auch Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 87. 64 Dazu Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4; s. auch Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 87. 65 Vgl. Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. 58

120 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

2 AktG zeige, dass der Minderjährigenschutz nicht immer zurücktreten müsse, lässt sich nicht herleiten. Denn auch bei § 121 II 2 AktG ist nach vorzugswürdiger Ansicht abzulehnen, dass diese Vorschrift dazu führt, dass die Einberufung durch einen geschäftsunfähigen aber eingetragenen Vorstand wirksam ist. Auch diese Frage muss vor dem Hintergrund der oben genannten Differenzierung beantwortet werden, was in der Literatur nicht immer geschieht. So wird zum Teil angenommen, auch bezüglich Geschäftsunfähiger greife § 121 II 2 AktG ein; da die Einberufung nur vorbereitenden Charakter habe, bestehe kein Grund für die Nichtigkeitsfolge und sei ein besonderer Schutz des Geschäftsunfähigen nicht erforderlich.66 Die geschäftsunfähige Person selbst habe keine Nachteile aus der Einberufung.67 Des Weiteren bleibt aber die Frage, ob die Einberufung als Willenserklärung wirksam sein kann,68 die sich entsprechend auch im Rahmen des § 15 I HGB stellt.69 Scheitert ein Geschäft nicht nur an der fehlenden Vertretungsbefugnis (§ 177 BGB) sondern auch an der Geschäftsunfähigkeit (§ 105 BGB), heilt § 15 I HGB nach h. M. nur den Mangel der Vertretungsmacht, nicht aber den sich aus § 105 BGB ergebenden Mangel.70 Entsprechend muss für § 121 II 2 AktG gelten, dass dieser nicht über die fehlende Geschäftsfähigkeit hinweghelfen kann. So beruft sich denn auch ein anderer Teil der Literatur bzgl. § 121 II 2 AktG auf die Unwirksamkeit der Willenserklärung und anderer rechtsgeschäftsähnlicher Handlungen: Da die Eintragung nur die Bestellung zu ersetzen vermag, nicht aber die gesetzliche Fähigkeit, als Vorstandsmitglied rechtlich wirksame Handlungen vorzunehmen, ist die Einberufung unwirksam.71 Fraglich ist, ob dies auch für den beschränkt Geschäftsfähigen gilt. Nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung muss das eben Gesagte auch bei beschränkter Geschäftsfähigkeit gelten, da § 165 BGB die organschaftliche Vertretungsmacht nicht erfasse.72 Dagegen ist jedoch einzuwenden, dass sich aus den

66 Rieckers, in: Spindler/Stilz, § 121 Rn. 14; Zöllner, in: KölnKomm AktG, 1. Aufl. 1985, § 121 Rn. 49; Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 30. 67 Zöllner, in: KölnKomm AktG, 1. Aufl. 1985, § 121 Rn. 49. 68 Karsten Schmidt, in: Großkomm AktG, § 241 Rn. 44 i.V. m. Fn. 131. 69 Dazu BGHZ 115, 78, 80 f.; Karsten Schmidt, HandelsR, § 14 III 4 e, S. 499. 70 BGHZ 115, 78, 80 f.; Karsten Schmidt, HandelsR, § 14 III 4 e, S. 499; Karsten Schmidt, JuS 1991, 1002, 1004; so auch W. Schmidt/Meyer-Landrut, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1961, § 105 Anm. 2 i.V. m. § 75 Anm. 6. 71 W. Schmidt/Meyer-Landrut, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1961, § 105 Anm. 2; Werner, in: Großkomm AktG, § 121 Rn. 32, 77; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, § 121 Rn. 25; für Unwirksamkeit im Ergebnis auch KG Berlin WM 1959, 513, 516, abweichend Kubis, in: MüKo AktG, § 121 Rn. 30, der annimmt, die Geschäftsunfähigkeit des betreffenden Vorstandsmitglieds bei der Stimmabgabe werde überspielt. 72 W. Schmidt/Meyer-Landrut, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1961, § 105 Anm. 2 i.V. m. § 75 Anm. 6.

§ 2 Einschränkungen?

121

Gesetzesmaterialien ergibt, dass § 165 BGB auch die organschaftliche Vertretung im Blick hatte.73 So bleibt die Frage, ob der Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen gegenüber dem durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ bezweckten Schutz höherrangig ist.74 Schürnbrand argumentiert hierfür, ein im Wege der Rechtsfortbildung entwickeltes Institut dürfe sich nicht über grundlegende Wertentscheidungen der Rechtsordnung hinwegsetzen.75 Daher sei es ausgeschlossen, einem nicht voll Geschäftsfähigen organschaftliche Pflichten aufzubürden und ihn für deren schuldhafte Verletzung haften zu lassen.76 Auch er hält es aber für mit „dem Schutzanliegen der §§ 104 ff. BGB vereinbar und im Hinblick auf die anstehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten“ für „durchaus überlegenswert“, die Organstellung eines beschränkt Geschäftsfähigen im Übrigen, d. h. sofern es um seine Rechte und Handlungsbefugnisse geht, anzuerkennen.77 In der Tat ist der Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen nicht tangiert, wenn ihm Pflichten und Haftung nicht auferlegt werden.78 Es ist nicht erforderlich, die Organstellung generell zu verneinen.79 Es kann eine wirksame Organstellung angenommen werden, die allerdings nicht zu Pflichten und Haftungsfolgen für den beschränkt Geschäftsfähigen führt. Jedoch nimmt Schürnbrand das Bestehen „durchgreifender Bedenken gegen eine solche ,hinkende‘ Organstellung“ an.80 Organschaftliche Rechte bedürften der Einbindung in das „damit korrespondierende Pflichtenkorsett, um ihre Wahrnehmung im Gesellschaftsinteresse sicherzustellen“.81 Angesichts der drohenden Rückabwicklungsschwierigkeiten, insbesondere in Bezug auf die Beschlussfassung,82 ist dem jedoch nicht zu folgen.83 Es verbleibt schließlich gegebenenfalls eine deliktische Haftung des beschränkt Geschäftsfähigen. Zudem haften die Vorstandsmitglieder (§ 93 AktG), wenn sie schuldhaft eine Abberufung unterlassen, bzw. auch wenn sie schuldhaft dazu beigetragen haben, dass eine beschränkt geschäftsfähige Person zum Organmitglied bestellt wird. Mithin ist, um den Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen mit der Lehre vom fehlerhaften Organ auf diese Weise in Einklang zu bringen, eine Organstellung, 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83

Mugdan I, S. 737 f.; vgl. Karsten Schmidt, JuS 1991, 1002, 1003. Dafür Kort, in: Großkomm AktG, § 84 Rn. 89. Schürnbrand, Organschaft, S. 280. Schürnbrand, Organschaft, S. 280. Schürnbrand, Organschaft, S. 280. Stein, Das faktische Organ, S. 142; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. Stein, Das faktische Organ, S. 142; Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4. Schürnbrand, Organschaft, S. 280. Schürnbrand, Organschaft, S. 280. Vgl. oben 2. Teil. So im Ergebnis auch Bayer/Lieder, NZG 2012, 1, 4.

122 6. Teil: Tatbestandsvoraussetzungen und Beendigung fehlerhafter Bestellung

die nicht zu Pflichten und Haftung für den beschränkt Geschäftsfähigen führt, anzunehmen.

§ 3 Beendigung der Amtsstellung Zur Beendigung des Amts des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds bedarf es der Geltendmachung des Mangels durch die Gesellschaft mittels einseitiger Erklärung oder der Amtsniederlegung.84 Üblicherweise ist das Bestellungsorgan zuständig, wegen der Schwerfälligkeit der Hauptversammlung ist jedoch abweichend hiervon die Zuständigkeit des Vorstands als Vertretungsorgan anzunehmen.85 Dieser ist auch zur Geltendmachung verpflichtet, mithin dazu, durch Ausschluss des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds von der weiteren Mitwirkung für eine ordnungsgemäße Aufsichtsratsbesetzung zu sorgen.86 Folglich trifft auch die Argumentation des BGH gegen die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ insoweit nicht zu. Er hatte argumentiert, der Vorstand, der rechtlich dazu verpflichtet ist, die Unwirksamkeit der Aufsichtsratsbeschlüsse geltend zu machen, und zu dessen Aufgaben es gehört, die Tätigkeit eines nichtig gewählten Aufsichtsrats zu verhindern, könnte etwa daran gehindert werden, wenn ihn der nichtig gewählte Aufsichtsrat abberufen könnte, ohne dass er dem die Nichtigkeit der Wahl entgegenhalten könne. Der Vorstand kann schließlich in dieser Konstellation wie dargelegt die Fehlerhaftigkeit der Bestellung in Vertretung der Gesellschaft geltend machen. Dadurch, dass den Beteiligten die Fehlerhaftigkeit der Bestellung bekannt wird, endet die Amtsstellung des Aufsichtsratsmitglieds entgegen anderer im Schrifttum vertretener Ansicht87 nicht.88 Das folgt schon aus Gründen der Rechtssicherheit.89

84

Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 73; Schürnbrand, Organschaft, S. 291. Schürnbrand, Organschaft, S. 291; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 14; im Ergebnis auch Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 73. 86 Schürnbrand, Organschaft, S. 291; Schürnbrand, NZG 2013, 481, 483; Habersack, in: MüKo AktG, § 101 Rn. 73. 87 Stein, Das faktische Organ, S. 125, 127, 136 ff., aber insoweit einschränkend, dass beide Seiten so lange für gebunden gehalten werden müssen, bis der Mangel in dem förmlichen Akt des Widerrufs bzw. durch Amtsniederlegung geltend gemacht wird; Spindler, in: MüKo AktG, 3. Aufl. 2008, § 93 Rn. 14 zu Vorstandsmitgliedern, anders jetzt 4. Aufl. 2014, § 93 Rn. 15. 88 Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 48; Verse, in: SE-Recht, Art. 43 Anh. § 28 SEAG Rn. 14 für das fehlerhaft bestellte Verwaltungsratsmitglied. 89 Thüsing, in: Hdb VorstandsR, § 4 Rn. 48. 85

7. Teil

Schluss § 1 Fazit und Ausblick Die oben dargestellten Schwierigkeiten lassen sich mit der Anwendung der in die Lehre vom fehlerhaften Verband eingegliederten Lehre vom fehlerhaften Organ konsequent lösen. Sie führt zu sachgerechten und für Rechtssicherheit sorgenden, in ein stimmiges Gesamtkonzept eingebetteten Ergebnissen, welche sich aus der Eingliederung der Lehre vom fehlerhaften Organ in die Lehre vom fehlerhaften Verband ergeben. Es bleibt zu hoffen, dass sich auch der BGH, statt an der Einzelfalllösung festzuhalten, diesem vorzugswürdigen Konzept anschließen, und damit den nächsten Schritt auf dem Weg der Institutionenbildung gehen wird. Bei Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ sind auch die an die Praxis gerichteten Vorschläge zur Reduzierung des sich aus fehlerhaften Aufsichtsratswahlen ergebenden Risikos, die ohnehin von begrenzter praktischer Durchführbarkeit sein dürften,1 überflüssig. So wurde etwa empfohlen, die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder auf mindestens sechs zu erhöhen, um auf diese Weise eine rechnerisch relevante Mitwirkung des betroffenen Aufsichtsratsmitglieds an der Beschlussfassung entbehrlich zu machen.2 Zudem solle mittels einer Staffelung der Laufzeit der Amtszeiten erreicht werden, dass die Aufsichtsratsmitglieder nicht mehrheitlich einer Wahlanfechtung ausgesetzt sind.3 Bei Eingreifen der Lehre vom fehlerhaften Organ bedarf es auch keiner gesetzlichen Regelung, um den sonst drohenden Folgen einer rückwirkenden/anfänglichen Nichtigkeit von Wahlbeschlüssen zu begegnen, wie dies teilweise diskutiert wird.4 Der Arbeitskreis Beschlussmängelrecht5 hat generell, also nicht spe1

Kritisch auch Schroeder/Pussar, BB 2011, 1930. Klasen, BB 2011, 1236. 3 Tielmann/Struck, BB 2013, 1548, 1550; Klasen, BB 2011, 1236; vgl. jetzt auch Arnold/Gayk, DB 2013, 1830, 1831; Werner, WM 2014, 2207, 2210 f. 4 s. etwa den Vorschlag von Baums/Drinhausen/Keinath, ZIP 2011, 2329, 2351: „Der Gesetzgeber könnte diesen unzuträglichen Schwebezustand durch eine einfache Klarstellung in § 251 Abs. 3 AktG beenden: ,Die Nichtigerklärung der Wahl lässt die Wirksamkeit der von dem Aufsichtsratsmitglied vorgenommenen Rechtshandlungen unberührt.‘“; Handlungsbereitschaft signalisierend Seibert, Diskussionsbeitrag 69. DJT, Band II/2, S. N 113 f. Zu den Beratungen des Berliner Kreises zum Gesellschaftsrecht am 27.02.2014 zu einem gesetzgeberischen Tätigwerden, insbesondere zu den Vor2

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7. Teil: Schluss

ziell auf fehlerhafte Aufsichtsratswahlen zugeschnitten, aber auch diese in den Blick nehmend6, vorgeschlagen, die Anfechtbarkeit im Sinne einer rückwirkenden Vernichtung durch die Möglichkeit zur kassatorischen Klage für jeden Aktionär auf besonders schwere Beschlussmängel zu beschränken. Nach § B III 2 Nr. 1 des Vorschlags kann das Gericht bei Sanktionierung sonstiger Beschlussmängel die Wirkungen des Beschlusses allenfalls für die Zukunft aufheben. Diese Regel verleihe dem Beschluss, etwa einem Wahlbeschluss nach § 101 AktG, auch „insoweit Bestand für die Vergangenheit, als die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft derzeit hierzu nicht imstande sein sollte“.7 Karsten Schmidt hat bezüglich des weitreichenden Reformvorhabens des Arbeitskreises Beschlussmängelrecht, die ex tunc wirkende Nichtigkeit des kassatorischen Urteils „zurückzuschneiden“, zu bedenken gegeben, dass das Recht der fehlerhaften Strukturänderungen die „als so dramatisch empfundene Nichtigkeitsfolge des Anfechtungsurteils und damit den Reformbedarf bereits heute relativiert“, hier bestehe Abstimmungsbedarf.8 Die Reformarbeit sollte nicht ohne Blick auf schon vorhandene Rechtsfortbildungsergebnisse betrieben werden.9 Gleiches muss auch für die Lehre vom fehlerhaften Organ gelten, deren Geltung als Rechtsfortbildungsergebnis zu berücksichtigen ist. Wie die Ausführungen in dieser Arbeit gezeigt haben, besteht schon de lege lata mit der Lehre vom fehlerhaften Organ, welche in die Lehre vom fehlerhaften Verband einzubeziehen ist, eine umfassende Lösung hinsichtlich der Folgen der fehlerhafen Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern. Der Satz „Nicht positives Gesetzesrecht, sondern Rechtserkenntnis ist der Schlüssel zur Problemlösung“ 10 gilt auch hier.

§ 2 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Ein Organmitglied ist fehlerhaft bestellt, wenn ein rechtsgeschäftlicher Bestellungsakt vorliegt, dieser aber anfänglich oder infolge erfolgreicher Anfechschlägen von Drygala/Gehling zur Einführung eines gerichtlichen Zwischenverfahrens vgl. Drygala/Gehling, ZIP 2014, 1253 ff.; kritisch zu Reformbedarf und Reformvorschlägen dagegen Florstedt, NZG 2014, 681 ff. Für eine Kodifizierung der Regelungen für fehlerhafte Aufsichtsratsbeschlüsse etwa Fleischer, DB 2013, 217, 223 f. 5 Arbeitskreis Beschlussmängelrecht, AG 2008, 617; vgl. dazu auch Mülbert, Referat 67. DJT, Band II/1, S. N 51, N 68 ff.; Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 723 ff.; Schäfer, in: Veil, S. 97, 102 ff. Einen allgemeinen Vorschlag zur erheblichen Einschränkung des geltenden Beschlussmängelrechts unterbreiten auch Bayer/Fiebelkorn, ZIP 2012, 2181. 6 Arbeitskreis Beschlussmängelrecht, AG 2008, 617, 622. 7 Arbeitskreis Beschlussmängelrecht, AG 2008, 617, 622; Habersack/Stilz, ZGR 2010, 710, 729. 8 Karsten Schmidt, AG 2009, 248, 258. 9 Karsten Schmidt, AG 2009, 248, 258. 10 Karsten Schmidt, ZGR 1991, 373, 383 zur analogen Anwendung des § 352a AktG a. F. bei GmbH-Verschmelzungen.

§ 2 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

125

tung nichtig ist. Die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern durch die Hauptversammlung ist einer Vielzahl von Anfechtungs- und Nichtigkeitsrisiken ausgesetzt;11 das praktische Bedürfnis für eine Vermeidung der Folgen von fehlerhaften Aufsichtsratswahlen ist deshalb, wie sich auch in der jüngeren Rechtsprechung gezeigt hat, groß. Diese Folgen können – bei Nichtanwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ – gravierend sein und sogar zur Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen. Zu nennen sind vor allem die erheblichen Rückabwicklungsschwierigkeiten im Innenverhältnis, zu denen es aufgrund der Nichtigkeit von Rechtshandlungen fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder kommen würde. Insbesondere ist dies bei Beschlüssen der Fall, die unter relevanter Mitwirkung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder gefasst wurden.12 2. Nachdem in der Rechtsprechung des RG und des BGH lange Zeit keine einheitliche Linie zur Rechtsstellung fehlerhaft bestellter Organmitglieder ausgemacht werden konnte, hatte der BGH in seinem grundlegenden Urteil vom 19.02.2013 Gelegenheit, zu der Frage Stellung zu nehmen, wie die fehlerhafte Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern zu behandeln ist.13 Für Pflichten, Haftung und Vergütung sollen danach die Grundsätze der fehlerhaften Bestellung auf den Aufsichtsrat anwendbar sein, jedoch soll das Aufsichtsratsmitglied, dessen Wahl nichtig ist oder für nichtig erklärt wird, für die Stimmabgabe und Beschlussfassung wie ein Nichtmitglied zu behandeln sein. Das Gericht beurteilt die Stellung des fehlerhaft bestellten Aufsichtratsmitglieds damit auch abweichend von der Stellung eines fehlerhaft bestellten Vorstandsmitglieds oder eines besonderen Vertreters. 3. Mit seiner Entscheidung schloss sich der BGH der auch in der Literatur vertretenen „gespaltenen Sichtweise“ an. Er hat damit der umfassenden Lösung für die vielfältigen und gravierenden Rückabwicklungsschwierigkeiten, die sich aus der fehlerhaften Bestellung von Aufsichtsratsmitgliedern ergeben, durch die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung der Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten mit der eines fehlerfrei bestellten Aufsichtsratsmitglieds, wie sie von einer stark vordringenden Ansicht in der Literatur vertreten wird,14 eine Absage erteilt. Der BGH hat für diese gespaltene Sichtweise argumentiert, es lasse sich mit § 250 I AktG und mit der Verweisung in § 250 I AktG auf § 241 Nr. 5 AktG nicht in Einklang bringen, würde der nichtig oder anfechtbar gewählte Aufsichtsrat in allen Fällen wie ein wirksam bestelltes Organ behandelt. Der Zweck der Gleichbehandlung der fehlerhaften mit der ordnungsgemäßen Bestellung, insbesondere den Schwierigkeiten bei einer Rückabwicklung von Dauerschuldverhältnissen zu begegnen, be11 12 13 14

Einleitung § 2. 2. Teil. 1. Teil. 4. Teil.

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7. Teil: Schluss

treffe Aufsichtsratsbeschlüsse nicht in jedem Fall. Stattdessen sei eine Einzelfalllösung zu finden, soweit eine Rückabwicklung den berechtigten Interessen der Beteiligten widersprechen würde. 4. Die vom BGH befürwortete Einzelfallbetrachtung ist inkonsequent und führt nicht zu einer zufriedenstellenden Lösung.15 Dies gilt insbesondere dann, wenn Beschlüsse des Aufsichtsrats Grundlage für andere Rechtsakte sind, also das Gesetz an die Unwirksamkeit des Beschlusses weitere Rechtsfolgen knüpft, wie beispielsweise bei der Einberufung der Hauptversammlung (§ 111 III AktG) und Vorschlägen zur Beschlussfassung der Hauptversammlung (§ 124 III AktG) die Wirksamkeit der Hauptversammlungsbeschlüsse, bei der Billigung des Jahresabschlusses die Feststellung nach § 172 AktG und die darauf beruhende Gewinnverwendung (§ 174 AktG). Insoweit nimmt der BGH bei einer erfolgreichen Anfechtungsklage an, dass bei einer ursächlichen Mitwirkung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds, dessen Wahl im Zeitpunkt der Mitwirkung zwar angefochten, jedoch noch nicht für nichtig erklärt war, trotz einer späteren Nichtigerklärung des Wahlbeschlusses für die Entscheidung der Hauptversammlung nicht relevant sei. Diese Betrachtungsweise führt zwar dazu, dass insoweit keine Rückabwicklungsschwierigkeiten anzunehmen wären, ist jedoch inkonsequent, weil dadurch gerade die vom BGH betonte anfängliche Nichtigkeit ausgeblendet wird. Offen bleibt im Übrigen, warum diese Einschränkung der Nichtigkeitsfolge gerade nur in diesen Fällen gelten soll. Außerdem wäre damit nur bei Bestellungsmängeln geholfen, die zur Anfechtung führen, nicht dagegen bei solchen, die, wie beispielsweise auch bestimmte Einberufungsmängel, die Nichtigkeit bewirken. Schließlich sprechen auch die parallelen Rückabwicklungsschwierigkeiten bei fehlerhaft bestellten Vorstandsmitgliedern, insbesondere hinsichtlich der Mitwirkung an besonders relevanten Maßnahmen, gegen eine abweichende Behandlung der Rechtsstellung fehlerhaft bestellter Aufsichtsratsmitglieder. Widersprüchlich ist zudem die abweichende Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ auf den besonderen Vertreter hinsichtlich seiner Rechte. 5. In der Literatur werden, alternativ zur Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ, verschiedene Lösungsansätze vertreten.16 Auch diese helfen jedoch, soweit sie überhaupt aktienrechtlich zulässig sind, allenfalls begrenzt weiter. So wäre insbesondere eine generelle Abweichung von der rückwirkenden Nichtigkeit bei Wahlbeschlüssen nicht mit dem Gesetz vereinbar.17 Eine Lösung über eine gerichtliche Bestellung in (analoger) Anwendung des § 104 AktG18 kommt nicht in Betracht, selbst wenn dies hinsichtlich der Folgen fehlerhafter Aufsichtsratswahlen wünschenswert wäre. Dies folgt insbesondere daraus, dass im ent15 16 17 18

2. Teil. 3. Teil. 3. Teil § 1. 3. Teil § 3.

§ 2 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

127

scheidenden Zeitpunkt keine Vakanz in dem erforderlichen Sinne gegeben ist. Die Ersatzbestellung eines potentiell fehlerhaft bestellten Mitglieds ist auch nicht vom Zweck des § 104 AktG umfasst. Es steht entgegen, dass das für die Bestellung nach § 104 AktG zuständige Amtsgericht ein Auswahlermessen hinsichtlich der zu bestellenden Person hat. Auch ein – für die betroffene Gesellschaft mit erheblichem Aufwand verbundener – Bestätigungsbeschluss kann nur im Falle eines zur Anfechtbarkeit führenden Verfahrensmangels und erst ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung weiterhelfen.19 6. Eine umfassende Lösung bietet demgegenüber die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in Gestalt einer vollständigen Gleichstellung der Rechtsstellung des fehlerhaft mit der eines fehlerfrei bestellten Mitglieds, wie sie von einer stark vordringenden Literaturansicht, sowie auch von der obergerichtlichen Rechtsprechung angenommen wird.20 Zur Begründung wird meist ohne nähere dogmatische Fundierung unter anderem auf die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft verwiesen. Teilweise wird jedoch auch ein von diesem Institut unabhängiger Begründungsansatz vertreten.21 7. Ausgangspunkt für die dogmatische Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ ist die inzwischen als gesicherter Bestandteil des Gesellschaftsrechts zu bezeichnende Lehre vom fehlerhaften Verband.22 Diese Lehre wurde ursprünglich unter Berücksichtigung von Verkehrs- und Bestandsschutzinteressen entwickelt, um den bei fehlerhafter Gesellschaftsgründung und fehlerhaftem Beitritt drohenden Rückabwicklungsschwierigkeiten zu begegnen. Sie wird inzwischen jedoch nicht mehr auf Gründung und Beitritt beschränkt, sondern auch auf verbandsrechtliche Organisationsakte erstreckt.23 Diese Ausdehnung über den ursprünglichen Anwendungsbereich der Lehre vom fehlerhaften Verband hinaus betrifft unter anderem fehlerhafte Kapitalmaßnahmen und fehlerhafte Umwandlungsvorgänge; nach zutreffender Ansicht stellen die diesbezüglichen Regelungen in §§ 20 II, 131 II, 202 III UmwG eine gesetzliche Ausprägung dieser Lehre dar, jedenfalls was den Wirksamkeitszeitraum bis zur Geltendmachung des Mangels betrifft. Zu nennen sind zudem der fehlerhafte Wechsel von der Kommanditisten- zur Komplementärstellung und Änderungen von Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis in Personengesellschaften. Der Hintergrund für die Einbeziehung der vorgenannten Maßnahmen in den Anwendungsbereich ist genauso wie bei der Gründung und beim Beitritt in den bestehenden Rückabwicklungsschwierigkeiten zu sehen; es soll Verkehrs- und Bestandsschutz gewährleistet werden. Dies stellt allein noch keine Begründung dar, es ist die Antwort auf die Frage 19 20 21 22 23

3. Teil § 4. 4. Teil § 1. 4. Teil § 2. 4. Teil § 2. 4. Teil § 2 I. 3.

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7. Teil: Schluss

entscheidend, warum gerade hier die bestehenden Bestandsschutz- und Verkehrsschutzinteressen zu einer vorläufigen Wirksamkeit führen. 8. Im Sinne der gesellschaftsrechtlichen Institutionenbildung ist die Lehre vom fehlerhaften Verband über die Anwendung auf Organisationsakte hinaus auch auf die fehlerhafte Bestellung von Organmitgliedern zu erstrecken.24 Die dogmatische Grundlage der Lehre vom fehlerhaften Verband ist in einem auf der Doppelnatur von schuldrechtlichem und organisationsrechtlichem Verhältnis beruhenden verbandsrechtlichen Institut zu sehen.25 Auch bezüglich der Weiterentwicklung der Lehre vom fehlerhaften Verband im Hinblick auf verbandsrechtliche Organisationsakte ist der maßgebliche Anknüpfungspunkt darin zu sehen, ob die organisationsrechtliche oder schuldrechtliche Seite betroffen ist, bzw. ob es zu Auswirkungen auf die Organisationsstruktur kommt.26 Eine Einbeziehung der Lehre vom fehlerhaften Organ ist deshalb geboten, weil dies auch für die Fälle der fehlerhaften Organstellung zutrifft.27 Zwar betrifft die fehlerhafte Organstellung die Organisationsstruktur nicht in dem Sinne, dass sich – wie etwa bei einem Formwechsel – die Organstruktur an sich ändert, sondern die Zusammensetzung der Organwalter. Jedoch ist dadurch zumindest mittelbar auch die Organisationsstruktur betroffen, weshalb es auch zu gesellschaftsrechtsspezifischen Rückabwicklungsschwierigkeiten kommt, so dass ein entsprechendes Verkehrs- und Bestandsschutzinteresse besteht. Zudem ist auf die besondere Rechtsstellung der Organe abzustellen. Zwischen Organ und Gesellschaft entsteht durch den korporationsrechtlichen Bestellungsakt gerade kein schuldrechtliches, sondern ein korporationsrechtliches Verhältnis, die Gesellschaft ist nur durch die Organe willensbildungs- und handlungsfähig, diese handeln nur im Interesse der Gesellschaft.28 Das Organmitglied wird mit der Bestellung integraler Bestandteil der Verbandsorganisation.29 Aus der Ausdehnung der Lehre vom fehlerhaften Verband als verbandsrechliches Institut auf die fehlerhafte Organbestellung folgt somit die Gleichbehandlung fehlerhaft bestellter Organmitglieder, sowie auch die vollständige Gleichstellung der Rechtsstellung eines fehlerhaft bestellten mit der eines fehlerfrei bestellten Organmitglieds.30 9. Eine Ausweitung der Lehre vom fehlerhaften Verband zu einem allgemeinen Prinzip fehlerhafter Dauerschuldverhältnisse ist genauso ausgeschlossen wie

24 25 26 27 28 29 30

4. Teil § 4. Teil § 4. Teil § 4. Teil § 4. Teil § 4. Teil § 4. Teil §

2 I. 4. 2 I. 1. d) cc). 2 I. 3. b) cc), dd). 2 I. 4. c). 2 I. 4. 2 I. 4. 2 I. 4. d).

§ 2 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

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auch eine Begründung der Lehre vom fehlerhaften Organ mit dem Abstellen auf die Grundsätze fehlerhafter Dienstverhältnisse ausscheiden muss.31 Dies folgt daraus, dass die gesellschaftsspezifischen Rückabwicklungsschwierigkeiten, die auf dem Organisationscharakter der Gesellschaft beruhen, die Grundlage für das verbandsrechtliche Institut der Lehre vom fehlerhaften Verband bilden. 10. Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ in der hier vertretenen Weise bedeutet, dass die Amtsstellung des fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds trotz des fehlerhaften Zustandekommens im Innen- und Außenverhältnis vorläufig wirksam ist, also insbesondere auch hinsichtlich der Mitwirkung an der Beschlussfassung, und nur ex nunc beendet werden kann.32 Das fehlerhaft bestellte Mitglied hat hinsichtlich der Rechte und Pflichten vollständig die Rechtsstellung eines fehlerfrei bestellten Mitglieds inne; es ist tatsächlich und rechtlich Aufsichtsratsmitglied. Für eine Anwendung allgemeiner Rechtsscheinsgrundsätze bleibt folglich daneben kein Raum.33 11. Die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ führt dazu, dass es bei der gesetzlich für den Hauptversammlungswahlbeschluss vorgeschriebenen (rückwirkenden) Nichtigkeit (§§ 250 I, 241 I Nr. 5 AktG) bleibt, die Amtsstellung des Organs jedoch unabhängig davon als wirksam zu erachten ist.34 So, wie die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Verband auf Strukturänderungen nach zutreffender Ansicht bedeutet, dass die Wirksamkeit der Strukturänderung selbst als „Durchführungsgeschäft“ von der rückwirkenden Nichtigkeit des Strukturänderungsbeschlusses zu trennen ist, ist auch die Amtsstellung eines fehlerhaft bestellten Aufsichtsratsmitglieds in Folge der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ unabhängig von der Nichtigkeit des Wahlbeschlusses als vorläufig wirksam zu erachten. Damit ist – entgegen der insbesondere vom BGH vertreten Auffassung – in der Lehre vom fehlerhaften Organ kein Verstoß gegen die gesetzlich angeordnete Rückwirkung zu sehen; die hier vertretene Ansicht stellt keine Rechtsfortbildung contra legem dar. 12. Neben einem fehlerhaften Bestellungsbeschluss und der Annahme durch den Bestellten ist nicht vorauszusetzen, dass das Bestellungsverhältnis in Vollzug gesetzt worden ist, um die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ zu begründen.35 Dies entspricht dem zutreffenden Verzicht auf ein Vollzugselement bei der Anwendung der Grundsätze der Lehre vom fehlerhaften Verband auf den fehlerhaften Beitritt im Gegensatz zur Anwendung auf die fehlerhafte Gesellschaftsgründung.

31 32 33 34 35

4. Teil § 2 II. 5. Teil § 1. 5. Teil § 1. 5. Teil § 2. 6. Teil § 1.

130

7. Teil: Schluss

13. Wegen der drohenden Rückabwicklungsschwierigkeiten ist im Interesse des Verkehrs- und Bestandsschutzes anzunehmen, dass die Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht wegen Interessen der Allgemeinheit oder besonders schutzwürdiger Personen zu beschränken ist, da diese nicht als höherrangig zu erachten sind.36 Auch diesbezüglich kann auf die Grenzen der Lehre vom fehlerhaften Verband in ihrem originären Anwendungsbereich, welche allerdings höchst umstritten sind, zurückgegriffen werden. Es wäre wertungswidersprüchlich, wenn gerade der als Organmitglied tätig Gewordene sich darauf berufen könnte, nicht der organschaftlichen Haftung zu unterliegen, weil seine Amtsstellung etwa wegen des Fehlens persönlicher Voraussetzungen entfiele. Die Annahme einer vorläufig wirksamen Organstellung Geschäftsunfähiger scheitert an der mangelnden Fähigkeit, Willenserklärungen abzugeben, die durch eine Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ nicht überwunden werden kann. Der Schutz des beschränkt Geschäftsfähigen kann demgegenüber mit der Lehre vom fehlerhaften Organ, wie auch mit der Lehre vom fehlerhaften Verband, dadurch in Einklang gebracht werden, dass eine wirksame Organstellung angenommen wird, die allerdings für den beschränkt Geschäftsfähigen nicht zu organschaftlichen Pflichten und Haftungsfolgen führt. 14. Die Amtsstellung des fehlerhaft Bestellten endet durch Amtsniederlegung oder mit der Geltendmachung des Mangels durch die Gesellschaft mittels einseitiger Erklärung.37 Die Geltendmachung hat durch den Vorstand als Vertretungsorgan zu erfolgen. Dieser ist auch zur Geltendmachung verpflichtet. 15. Die Lehre vom fehlerhaften Organ führt schon de lege lata zu sachgerechten und für Rechtssicherheit sorgenden, in ein stimmiges Gesamtkonzept eingebetteten Ergebnissen und ist gegenüber der vom BGH angewandten inkonsequenten und unzureichenden Einzelfallbetrachtung vorzugswürdig.38 Es bedarf daher bei Anerkennung der Anwendung der Lehre vom fehlerhaften Organ im umfassenden Sinne keiner gesetzlichen Regelung, um den sonst drohenden Folgen einer rückwirkenden bzw. anfänglichen Nichtigkeit von Wahlbeschlüssen zu begegnen.

36 37 38

6. Teil § 2. 6. Teil § 3. 7. Teil § 1.

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Stichwortverzeichnis Aufsichtsrat – Beschlussfähigkeit 23, 28 f. – fehlerhaft bestellter siehe Lehre vom fehlerhaften Organ Aufsichtsratsbeschlüsse – Anfechtbarkeit 26 ff. – Mängel 28 ff. – Nichtigkeit 26 ff. – relevante Mitwirkung fehlerhaft bestellter Mitglieder 26 ff. Aufsichtsratsvorsitzender 38 ff.

– Folgen bei Mitwirkung an der Beschlussfassung 26 ff. – Gründe 15 ff. Fehlerhafte Gesellschaft siehe Lehre vom fehlerhaften Verband Fehlerhafte Strukturänderungen 75 f., 77 ff., 104 ff. Fehlerhafte Umwandlungen 77 f., 84 f., 89 f., 93, 105 f. Fehlerhafter Beitritt 76 f., 112 f. Fehlerhaftes Organ siehe Lehre vom fehlerhaften Organ

Beitritt siehe fehlerhafter Beitritt Beschlussvorschlag 35 ff. Bestandsschutz 71 ff. Bestätigungsbeschluss 61 f. Bestellung durch das Gericht 56 ff. Bestellungsakt 15, 18 ff. Bestellungsverhältnis, fehlerhaftes siehe Lehre vom fehlerhaften Organ

Geschäftsführer, fehlerhaft bestellter siehe Lehre vom fehlerhaften Organ Gespaltene Sichtweise 13 f., 63 f., 98 f.

Dauerschuldverhältnisse, Grundsätze über fehlerhafte 55 f., 100 Doppelnatur, Lehre von der 74 ff. Einberufung der Hauptversammlung 32 ff., 99 f. Einschränkungen der Lehre vom fehlerhaften Verband 113 ff. Einzelfallbetrachtung des BGH 23 ff., 26 ff. Faktisches Organ siehe Lehre vom faktischen Organ Fehlerhafte Bestellung siehe auch Lehre vom fehlerhaften Organ

Haftung des fehlerhaft bestellten Organs 42, 47 ff., 111 ff. Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft 36 Hauptversammlungsleitung 39 f. Institutionenbildung 70, 83 ff., 97 ff., 123 Jahresabschluss 25, 32, 37 ff., 51, 65, 87 Kapitalmaßnahmen 40 f., 46 Korporationsrechtliches Rechtsverhältnis 95 f. Lehre vom faktischen Organ 18 ff., 69 Lehre vom fehlerhaften Dienstverhältnis 67 f., 100 Lehre vom fehlerhaften Organ siehe auch fehlerhafte Bestellung

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Stichwortverzeichnis

– Abgrenzung zur Lehre vom faktischen Organ 18 ff., 69 – Anwendungsbereich 86 ff., 97 ff., 116 ff. – Aufsichtsrat 63 ff. – Beendigung 122 – Begriff 18 ff. – Beschlussfassung 23 ff., 26 ff., 67 ff., 98 f. – besonderer Vertreter 22 f., 52 – Bestandsschutz 86 ff. – Bestellungsakt 15 ff., 49, 95 – Differenzierung zwischen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit 66 f. – dogmatische Grundlage 67 ff. – Einbeziehung in die Lehre vom fehlerhaften Verband 69 ff., 86 ff. – Einschränkungen 113 ff. – Geschäftsleiter 41 ff. – Haftung 23, 42, 47 ff. – Institutionenbildung 70, 83 ff., 97 ff., 123 – organisationsrechtliche Seite/Organisationsstruktur 89 f., 94 ff. – Pflichten 23, 42, 47 ff., 65, 94, 96 ff., 112, 116 ff. – Rechte 41 f., 51 f., 67, 98 f., 101 – Rückabwicklungsschwierigkeiten 12 ff., 26 ff., 86 ff., 111 ff. – Sorgfaltspflichten 47 ff., 96 ff., 116 ff. – Treuepflichten 47 ff., 71, 96 ff., 116 ff. – Verkehrsschutz 86 ff. – Verstoß gegen gesetzliche Nichtigkeitsanordnung 102 ff. – Voraussetzungen für die Anwendung 111 ff. – Wirkung 101 ff. Lehre vom fehlerhaften Verband – Abgrenzung zur Lehre von der faktischen Gesellschaft 70 – Anwendungsbereich 69 ff., 97 ff., 113 ff.

– Auswirkungen bei Strukturänderungen 104 ff. – Begriff 76 – Beitritt 76 f., 112 f. – Beschränkung der Nichtigkeitsfolgen, Lehre von der 74 – Bestandsschutz 71 ff. – Differenzierungskriterien für die Anwendung 80 ff. – dogmatische Begründung 69 ff. – Doppelnatur des Gesellschaftsvertrags 74 ff. – Einschränkungen 113 ff. – Entwicklung 69 ff., 95, 97 – Organisationsakte 77 ff. – organisationsrechtliche Seite/Organisationsstruktur 74 ff., 81 ff., 94 ff. – Rückabwicklungsschwierigkeiten 71 ff., 79 f. – Strukturänderungen 75 f., 77 ff., 104 ff. – teleologische Reduktion 74 – verbandsrechtliches Institut 74 ff., 97 ff. – Verkehrsschutz 71 ff., 115 Lehre von der faktischen Gesellschaft 19, 70 Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft siehe Lehre vom fehlerhaften Verband Nichtigkeit, rückwirkende/anfängliche 54 f., 102 ff. Organ – Begriff siehe Organbegriff – faktisches siehe Lehre vom faktischen Organ – fehlerhaftes siehe Lehre vom fehlerhaften Organ Organbegriff 96 f. Organisationsakte 77 ff. Rechtsprechungsentwicklung 21 ff. Rechtsscheinsgrundsätze 42 f., 101 f.

Stichwortverzeichnis Strukturänderungen siehe fehlerhafte Strukturänderungen

Vorstand, fehlerhaft bestellter siehe Lehre vom fehlerhaften Organ Vorstandswahl 41 ff.

Umwandlungen siehe fehlerhafte Umwandlungen Vertretung 44 f. Vollzug 111 ff.

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Wahlbeschluss, fehlerhafter 15 ff. Zustimmung des Aufsichtsrats 45 f.