Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 [1 ed.] 9783428509607, 9783428109609


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Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 [1 ed.]
 9783428509607, 9783428109609

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CATHARINA MARACKE

Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 99

Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 Von

Catharina Maracke

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Christian-Albrechts-Universität Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten © 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Selignow Verlagsservice, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 3-428-10960-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Wer sich dem Urheberrecht zuwendet, so sagt man, wird ein gewisses eigenes künstlerisches Interesse nicht abstreiten können. Eine historische Betrachtung rechtfertigt sich schon aus der allgemeinen Erfahrung, daß geschichtliche Tatbestände eine gute Möglichkeit bieten, Erkenntnisse für Fragen der Gegenwart zu gewinnen.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2001/2002 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel als Dissertation angenommen. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich zuallererst bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Werner Schubert für die hilfsbereite Betreuung und Förderung sowie die zügige Durchsicht der Arbeit. Besonderer Dank gilt auch Herrn Dr. Dirk Bahrenfuss, der mir sowohl bei inhaltlichen als auch bei organisatorischen Fragen stets geduldig weiterzuhelfen wußte. Herrn Prof. Dr. Haimo Schack danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ein besonderer Dank geht an Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gerhard Schricker für ein großzügig gewährtes Stipendium seines Max-Planck-Institues für ausländisches und internationales Urheber-, Wettbewerbs- und Patentrecht. Danken möchte ich an dieser Stelle auch Herrn Dr. Paul Katzenberger, der mir stets mit seinem fachlichem Rat zur Seite stand und mir zu allen inhaltlichen Fragen umfassend und äußerst geduldig Auskunft gab. Weiterhin möchte ich Herrn Dr. Hermann Lindhorst sowie Herrn Dr. Ulrich Reber für zahlreiche Anregungen sowie ihre Hilfe beim Korrekturlesen danken. Die Deutsche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht hat die Veröffentlichung in der vorliegenden Form durch einen Druckkostenzuschuß ermöglicht, wofür ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Ebenso gilt mein Dank der Steuerberaterkanzlei Maracke, Bolz, Marten für die Bereitstellung der technischen Einrichtungen, sowie Frau Renate Thoms für die aufwendige Korrektur des Manuskripts. Ein herzliches Dankeschön geht an Frau Rechtsanwältin Astrid Häusler sowie ihren Ehemann Herrn Dr. Stephan Däumling für ihren umfassenden Beistand. Meinen Eltern und meinen Brüdern danke ich dafür, daß sie das Vorankommen der Arbeit stets mit großem Interesse verfolgt und mich in meinem Vorhaben immer wieder unterstützt haben. Frau Dr. Martje Witt gilt ein besonderer Dank. München, im November 2002

Catharina Maracke

Inhaltsverzeichnis Einleitung

17 Teil 1 Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

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1. Kapitel Der Stand der Reformarbeiten vor dem zweiten Weltkrieg

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A. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 23 B. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1934 36 C. Der Entwurf des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht von 1939 44 2. Kapitel Die Urheberrechtsreform von 1949 bis 1965 A. Gründe für die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Urheberrechtes B. Eingaben und Anregungen zur Urheberrechtsreform C. Die Sachverständigenkommission I. Der Berliner Entwurf vom März 1951 (unveröffentlicht) 1. Inhalt und Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 2. Stellungnahmen zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 II. Der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 (unveröffentlicht) 1. Inhalt und Begründung des Rengsdorfer Entwurfes (insbes. Abweichungen vom Berliner Entwurf) 2. Weiteres Vorgehen im BMJ III. Die Zeit bis zur Veröffentlichung des Referentenentwurfes (Dezember 1951 bis März 1954) 1. Erste Besprechungen mit einzelnen Interessenverbänden 2. Weitergehende Materialsammlung und Ausarbeitung der Arbeitsentwürfe ... 3. Die Beratungen im Unterausschuß „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik des Deutschen Bundestages 4. Die zeitliche Planung der Veröffentlichung des Referentenentwurfes D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954 I. Inhalt und Begründung des Referentenentwurfes II. Schriftwechsel und Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf

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nsverzeichnis

1. Die Stellungnahmen der einzelnen Interessenverbände 2. Die Stellungnahmen einzelner Sachverständiger und Privatpersonen 3. Die Stellungnahmen anderer Ministerien sowie der Länder 4. Die Stellungnahme des Bundesgerichtshofes 5. Veröffentlichungen in Fachzeitschriften III. Sitzungen und Besprechungen zu dem Referentenentwurf 1. Die Sitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 2. Die Besprechungen mit den Interessenverbänden im BMJ 3. Die Besprechungen mit prominenten Urhebern und einzelnen Sachverständigen 4. Die Sitzungen im Wirtschaftsbeirat der Union (CSU) 5. Die Sitzungen der Sachverständigenkommission E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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I. Inhalt und Begründung des Ministerialentwurfs II. Stellungnahmen zum Ministerialentwurf III. Beratungen zu dem Ministerialentwurf 1. Die Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in München 2. Die Besprechungen mit den Interessenverbänden im BMJ 3. Weitere Besprechungen 4. Die Sitzung der Sachverständigenkommission 5. Die Besprechungen mit weiteren Bundesressorts und Abschluß der Arbeiten am Ministerialentwurf vor dem Regierungswechsel am 14.11.1961 F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962 im Bundesrat und Bundestag (1961-1965)

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I. Inhalt und Begründung des Regierungsentwurfs II. Der Weg vom Regierungsentwurf zum Gesetz vom 09.09.1965 1. Der erste Durchgang im Bundesrat a) Die Beratung der Ausschüsse aa) Die Beratung im Unterausschuß des Rechtsausschusses 16. und 17.01.1962 bb) Die Beratung im Ausschuß für Kulturfragen am 22.01.1962 cc) Die Beratung im Rechtsausschuß am 24.01.1962 dd) Die Beratung im Wirtschaftsausschuß am 25.01.1962 ee) Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates b) Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 2. Die Auffassung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates ... a) Entwurf des BMJ vom 28.02.1962 zu möglichen Gegenäußerungen b) Widerspruch des Bundesministers für Wirtschaft vom 08.03.1962 c) Beschlußfassung auf der Kabinettssitzung am 16.03.1962 und daraus folgende Stellungnahme der Bundesregierung 3. Die Stellungnahmen zu dem Regierungsentwurf 4. Die Behandlung im Bundestag a) Die erste Lesung im Bundestag in der 100. Sitzung am 06.12.1963 b) Die Behandlung in den Ausschüssen

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nsverzeichnis aa) Die Beratung im Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses (12. Ausschuß des Bundestages) in der Zeit vom 08.01.1964 bis zum 18.02.1965 bb) Die Beratung im Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik (8. Ausschuß) in der Zeit vom 20.02.1964 bis zum 16.12.1964 cc) Die abschließende Beratung im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik (8. Ausschuß) in der 45. Sitzung am 11.03.1965 dd) Die Beratung im Wirtschaftsausschuß (16. Ausschuß) in zwei Sitzungen am 11.11.1964 und am 03.12.1964 ee) Die abschließende Beratung und der schriftliche Bericht des Rechtsausschusses c) Die zweite und dritte Lesung im Bundestag in der 187. Sitzung am 25.05.1965 5. Die Einschaltung des Bundesrates und anschließendes Vermittlungsverfahren a) Die Beschlußfassung des Bundesrates zur Anrufung des Vermittlungsausschusses aa) Die Behandlung im Ausschuß für Kulturfragen des Bundesrates am 21.05.1965 bb) Die Sitzung des im Rechtsausschuß des Bundesrates gebildeten Unterausschusses am 26.05.1965 cc) Das Ergebnis der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrates am 02.06.1965 dd) Der Antrag des Landes Rheinland-Pfalz vom 11.06.1965 ee) Die 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965 ff) Die Einberufung des Vermittlungsausschusses b) Der mündliche Bericht des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 I I GG.. 6. Zustandekommen des Urheberrechtsgesetzes a) Die Annahme der Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses durch den Bundestag am 02.07.1965 und Zustimmung des Bundesrates am 09.07.1965 b) Verkündung und Inkrafttreten

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Teil 2 Schwerpunkte der Diskussion A. Inhalt des Urheberrechts I. Schutz persönlichkeitsrechtlicher Interessen 1. Entstehungsgeschichte bis zum Referentenentwurf des BMJ von 1954 a) Entwicklung der Lehre vom Urheberpersönlichkeitsrecht b) Internationale Vorgaben c) Das Urheberpersönlichkeitsrecht in den Entwürfen des Reichsjustizministeriums von 1932,1933 und 1934 sowie in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 d) Die Arbeiten des Kleinen Ausschusses der im Bundesjustizministerium gebildeten Sachverständigenkommission von 1951

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273 276

nsverzeichnis e) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Referentenentwurf des BMJ von 1954 2. Vom Referentenentwurf zum Urheberrechtsgesetz von 1965 a) Kritik am Lösungsvorschlag des Referentenentwurfes b) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Ministerialentwurf des BMJ von 1959 c) Kritik am Lösungsvorschlag des Ministerialentwurfes d) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Regierungsentwurf von 1961 und im Urheberrechtsgesetz von 1965 Π. Schutz von vermögensrechtlichen Interessen 1. Der geltende Rechtszustand nach LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910).. 2. Internationale Vorgaben 3. Die Regelung der Verwertungsrechte in den Entwürfen des Reichsjustizministeriums von 1932, 1933 und 1934 sowie in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 4. Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 a) Die Entwürfe des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission vom März und September 1951 b) Die Verwertungsrechte in dem Referentenentwurf des BMJ von 1954 5. Vom Referentenentwurf von 1954 bis zum Urheberrechtsgesetz von 1965 ... a) Kritik an der Regelung des Referentenentwurfes b) Die Regelung der Verwertungsrechte im Ministerialentwurf von 1959 .... c) Kritik an der Regelung des Ministerialentwurfes d) Die Verwertungsrechte im Regierungsentwurf von 1961 und in dem Urheberrechtsgesetz von 1965 III. Folgerecht (droit de suite) als sonstiges Recht 1. Geschichte des Folgerechts bis zur Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 a) Geltender Rechtszustand und erste Gedanken zum Folgerecht b) Die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und der Akademie für Deutsches Recht von 1939 c) Internationale Vorgaben 2. Wiederaufnahme der Reformarbeiten bis zum Ministerialentwurf von 1959.. a) Die ablehnende Haltung des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission in den Entwürfen von März und September 1951 b) Erste Meinungen in der Literatur nach Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 c) Der Referentenentwurf vom 15.03.1954 d) Die Reaktionen auf den Referentenentwurf aa) Übereinstimmung mit der im Referentenentwurf vertretenen Ansicht, von der Aufnahme des Folgerechts abzusehen bb) Die Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 und anschließende Überlegungen zur Einführung des Folgerechts cc) Formulierungsvorschläge zur Einführung des Folgerechts e) Die Aufnahme des Folgerechts in den Ministerialentwurf von 1959 3. Vom Ministerialentwurf von 1959 zum Regierungsentwurf von 1961 a) Kritik an der Regelung des Ministerialentwurfes

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nsverzeichnis b) Arbeiten im BMJ c) Erneute Überarbeitung des Folgerechts im Regierungsentwurf von 1961.. 4. Vom Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz von 1965 a) Auffassung des Bundesrates und Haltung der Bundesregierung b) Behandlung im Bundestag c) Erneute Beratung im Bundesrat und endgültige Fassung des Folgerechts . 5. Ausblick: Das Folgerecht in der Urheberrechtsnovelle von 1972 IV. Vermietung von Vervielfältigungsstücken als sonstiges Recht 1. Historische Entwicklung bis zur Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 2. Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ 3. Vom Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz von 1965 4. Ausblick: Der Vergütungsanspruch des Urhebers bei Vermietung seiner Werke in der Novelle von 1972 und in dem 3. UrhGÄndG von 1995 B. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts I. Einführung II. Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch 1. Ursprüngliche Regelung in LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) 2. Die Entwürfe von 1932, 1934 und 1939 3. Internationale Vorgaben 4. Die Entwürfe des BMJ III. Öffentliche Wiedergabe 1. Ursprünglich geltendes Recht nach § 27 LUG und erste Überarbeitungen dieser Vorschrift in den Entwürfen von 1932 und 1939 2. Internationale Vorgaben 3. Die Reformarbeiten des BMJ IV. Vervielfältigung zum persönlichen und zum sonstigen eigenen Gebrauch 1. Ursprüngliche Regelung in LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) sowie erste Überarbeitungen dieser Vorschriften in den Entwürfen von 1932 und 1939 2. Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ 3. Die Haltung des BGH (Magnettonbandgeräteurteil vom 18.05.1955 und Fotokopierurteil vom 24.06.1955) 4. Fortgang der Reformarbeiten im Anschluß an die Entscheidungen des BGH . 5. Vom Regierungsentwurf von 1961 zu der endgültigen Fassung des § 53 im UrhG von 1965 V. Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgem 1. Ursprüngliche Regelung im LUG sowie in den Entwürfen von 1932 und 1939 2. Internationale Vorgaben 3. Die Entwürfe des BMJ C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts (Schutzfrist und Urhebernachfolgevergütung) I. Schutzfrist 1. Ursprüngliche Regelung im LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) 2. Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen vom 13.12.1934 3. Die Entwürfe des BMJ

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nsverzeichnis

II. Urhebernachfolgevergütung (domaine public payant) 546 1. Erste Forderungen zur Verwirklichung eines domaine public payant 547 2. Die ablehnende Haltung des in der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschusses und des RefE von 1954 551 3. Die Einführung der Urhebernachfolgevergütung im MinE von 1959 564 4. Die Urhebernachfolgevergütung im RegE von 1961 und die Diskussion im anschließenden Gesetzgebungsverfahren 579 D. Rechtsverkehr im Urheberrecht 591 I. Ursprünglich freie Übertragbarkeit des Urheberrechts 591 II. Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts 592 1. Unübertragbarkeit der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Bestandteile 592 2. Werknutzungsrechte 596 III. Arbeiten im BMJ 600 1. Regelung der vom Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission ausgefertigten Entwürfe von März und September 1951 600 2. Ausgestaltung der Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen in dem RefE von 1954 und dem MinE von 1959 604 IV. Vom Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz von 1965 mit der Auseinandersetzung um den Beteiligungsanspruch des Urhebers bei unerwartet hohen Erträgnissen aus der Nutzung eines Werkes (Bestseller-Paragraph) 621 V. Ausblick: Der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 in der Praxis 635 E. Filmrecht 639 I. Entwicklung des Films 640 II. Ursprüngliche Regelung des Filmrechts in LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) sowie Einordnung des Filmrechts in die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932, 1933 und 1934 und der Akademie für Deutsches Recht von 1939 641 III. Internationale Vorgaben durch die Brüsseler Fassung der RBÜ von 1948 652 IV. Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ 654 1. Das Filmrecht in den unveröffentlichten Entwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf aus dem Jahr 1951 656 2. Der Lösungsvorschlag des Referentenentwurfes von 1954 668 3. Die Überarbeitung des Filmrechts in dem Ministerialentwurf von 1959 und die daraus hervorgegangene Fassung des UrhG von 1965 689 Teil 3 Zusammenfassung und Ausblick

709

I. Rechtsänderungen im Überblick 709 II. Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers als wesentlicher Leitgedanke der 1965 abgeschlossenen Novellierung des deutschen Urheberrechts 719 III. Fortgang der Diskussion um die Stärkung der Rechtsstellung des Urhebers nach Inkrafttreten des UrhG von 1965 731 Kurzbiographien

736

Archivalische Quellen

741

nsverzeichnis

13

Bundesarchiv Koblenz (Bestand Bundesjustizministerium (B 141)) Parlamentsarchiv Bonn Archiv des Bundesrates Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (Bestand des Reichsjustizministeriums)

741 743 744 745

Entwürfe und parlamentarische Quellen

746

Entwürfe

746

Parlamentarische Quellen

746

Stellungnahmen der Interessenverbände zur Urheberrechtsreform

749

Literaturverzeichnis

752

Sachregister

763

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungen, soweit nicht aus sich heraus verständlich, richten sich nach Kirchner, Hildebert, Abkürzungen für Juristen, Alphabetisches Verzeichnis der Abkürzungen, 2. Auflage, Berlin/New York 1993. I m folgenden sind ungebräuchliche, bzw. ausschließlich in der vorliegenden Arbeit verwendete Abkürzungen aufgelistet. a. A Abs. AcP ARat ArchFunkR ARD Art. BArbM BB Bd BFamM BGB BGBl. BGH BlnM BJM BMJ BPräs BR BR-Drucks. BT BT-Drucks. BT-Sten. Ber. BWiM CDU CSU DdA DGB DIHT DJZ DLV DR in V. m. JW DRiZ DRZ f.

anderer Ansicht Absatz Archiv für die civilistische Praxis Amtsgerichtsrat Archiv für Funkrecht Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten Artikel Bundesarbeitsministerium Betriebs Berater Band Bundesfamilienminister Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Β undesgerichtshof Bundesinnenminister Bundesjustizminister Bundesjustizministerium Bundespräsident Bundesrat Bundesratsdrucksache Bundestag Bundestagsdrucksache Bundestag Stenographische Berichte Bundeswirtschaftsminister Christlich Demokratische Union Christlich Soziale Union Droit d'auteur Deutscher Gewerkschaftsbund Deutscher Industrie- und Handelstag Deutsche Juristen Zeitung Deutscher Leihbuchhändler-Verband Deutsches Recht in Vereinigung mit der Juristischen Wochenschrift Deutsche Richterzeitung Deutsche Rechts-Zeitschrift folgende Seite

Abkürzungsverzeichnis FAZ FDP ff. FS FuR GEMA GRUR GRUR Int. Hrsg. JR JW JZ KG KUG KUR LG LUG LZ m. w. N. MDR MinDir MinE MinRat NJW Nr. NWDR OLG ORegRat Prof. RA RdA RefE RegE RG RGBl. RGZ RJM RR Rz. S. s. o. s. u. SJZ sog.

15

Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei fortfolgende Seiten Festschrift Film und Recht Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil Herausgeber Juristische Rundschau Juristische Wochenschrift Juristen Zeitung Kammergericht Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie Kunstrecht und Urheberrecht Landgericht Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst Leipziger Zeitung für Deutsches Recht mit weiteren Nachweisen Monatsschrift für Deutsches Recht Ministerialdirektor Ministerialentwurf Ministerialrat Neue Juristische Wochenschrift Nummer Nordwestdeutscher Rundfunk Oberlandesgericht Oberregierungsrat Professor Rechtsausschuß Recht der Arbeit Referentenentwurf Regierungsentwurf Reichsgericht Reichgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichsjustizministerium Regierungsrat Randzahl Seite siehe oben siehe unten Süddeutsche Juristenzeitung sogenannt

16 SPD SPIO Sten. Prot. Sts SZ u.a. u.U. UA UFITA UrhG vgl. WA Wp z.B. Ziff. zit. ZUM

Abkürzungsverzeichnis Sozialdemokratische Partei Deutschlands Spitzenorganisation der Filmwirtschaft Stenographische Protokolle Staatssekretär Süddeutsche Zeitung unter anderem unter Umständen Unterausschuß Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Urheberrechtsgesetz vergleiche Wirtschaftsausschuß Wahlperiode zum Beispiel Ziffer zitiert Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht

Einleitung Das kürzlich vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern 1 sieht als wesentliche Neuerung in § 32 Abs. 1 Satz 1 einen Anspruch der Urheber auf die vertraglich vereinbarte Vergütung für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung vor. 2 Satz 2 dieser Bestimmung ordnet bei fehlender Vergütungsabrede an, daß dann die angemessene Vergütung geschuldet ist, und in Satz 3 ist schließlich die Anpassung an nicht angemessene Vergütungsabreden geregelt. 3 Der Urheber hat hiernach einen Anspruch auf Korrektur der vertraglichen Abrede. 4 Zusätzlich ist in § 32 a eine weitere Beteiligung des Urhebers vorgesehen. Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, daß die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Mißverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere nach § 32 a auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. 5 1

BGBl. 2002, S. 1155. Sah der vorangegangene Regierungsentwurf noch vor, die Pflicht zur angemessenen Vergütung an die jeweiligen Nutzungshandlungen zu knüpfen (vgl. http://www.bmj.bund.de/ggv/ urhebver.pdf, Regierungsentwurf vom 30.05.2001 eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern), war dieses Konzept bei Verwertern und Bundesländern auf Kritik gestoßen, die zudem darauf hinwiesen, daß sich aus dem Nebeneinander von vertraglichem und gesetzlichem Vergütungsanspruch in der Praxis Probleme ergeben könnten. Die neue aufgrund der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses ergangene Konzeption orientiert sich daher stärker an den Nutzungsverträgen und sieht bei nicht angemessenen Vergütungsabreden eine Korrektur des Vertrages vor, BTDrucks. 14/8058 S. 18. 3 Zur Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen nach § 32 sollen Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzern oder einzelnen Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen (§ 36 des Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern). 4 Dieser Anspruch auf Korrektur der vertraglichen Abrede soll nach dem Bericht des Rechtsausschusses insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen Bedeutung erlangen, denn mit einem nur auf Zahlung gerichteten Anspruch wäre dem Urheber hier nicht gedient, BTDrucks. 14/8058 S. 18. 5 Weil § 32 anders als im Entwurf nicht an die tatsächliche Nutzung des Werkes anknüpft, bedarf es für Ausnahmefälle eines Faimeßausgleichs, der ex post ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Erträgen oder Vorteilen der Nutzung und der Vergütung korrigiert, vgl. BTDrucks. 14/8058 S. 19. 2

2 Maracke

18

Einleitung

Diese Neuerungen des Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern betreffen Fragen, die auch bei den Reformarbeiten zum heute noch geltenden UrhG von 1965 bereits eine Rolle gespielt hatten. Schon zu dieser Zeit war die angemessene Beteiligung der Urheber an der Verwertung ihrer Werke diskutiert worden. In Frage stand u. a. eine allgemeine Regelung, die eine laufende Beteiligung des Urhebers zwingend vorsah.6 Vielfach, so die amtliche Begründung zum RegE von 1962, würden die Urheber ihre Werke aus wirtschaftlicher Not und rechtlicher Unerfahrenheit einem anderen gegen eine geringe Vergütung zur Verwertung überlassen, der dann große Gewinne aus dem Werk ziehe. Hier widerspreche es dem Rechtsempfinden, den Urheber von einer Beteiligung auszuschließen. Allerdings hielt man es seinerzeit nur dann für berechtigt, den Urheber an der Verwertung wirtschaftlich teilnehmen zu lassen, wenn der Verwerter aus dem Werk einen unerwartet hohen Gewinn gezogen hatte, der in einem groben Mißverhältnis zu dem an den Urheber gezahlten Entgelt stand.7 Der bislang geltende Nachforderungsanspruch des §36 UrhG von 1965 (sog. „Bestsellerparagraph") setzte daher ein grobes Mißverhältnis zwischen den Nutzungserträgnissen und dem an den Urheber gezahlten Entgelt voraus. Diese Hürde, die nach dem bisherigen „Bestsellerparagraphen" (§ 36 a. F.) vor dem Anspruch auf Vertragsanpassung aufgestellt war, soll nun deutlich herabgesetzt sein. Statt eines groben Mißverhältnisses genügt ein auffälliges Mißverhältnis. Anders als nach der bisherigen Rechtslage liegt ein den Anspruch begründendes auffälliges Mißverhältnis jedenfalls dann vor, wenn die vereinbarte Vergütung um 100% von der angemessenen Beteiligung abweicht.8 Nach Maßgabe der Umstände können aber bereits geringere Abweichungen ein auffälliges Mißverhältnis begründen. Die zum Teil heftig geführte Diskussion um den Beteiligungsanspruch des Urhebers innerhalb des Gesetzes über die Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern stellt somit gewissermaßen die Fortsetzung einiger während der Arbeiten zum UrhG von 1965 begonnenen Reformbemühungen dar. Das UrhG von 1965 löste die beiden nach dem zweiten Weltkrieg weiter geltenden Urheberrechtsgesetze, das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst (LUG) von 1901 und das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Fotografie (KUG) von 1907, beide zuletzt geändert durch das Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen von 1934, ab. Diese ursprüngliche Zweiteilung war lediglich historisch bedingt, sachlich war sie nicht veranlaßt.9 Die Regeln, die für die geschützten Werke galten, stimmten in ihren Grundzügen miteinander überein. Auch die völkerrechtlichen Verträge wie die Berner Übereinkunft und das Welturheberrechtsabkommen gehen von einem ein6 7 8 9

Vgl. Begründung zum RegE von 1962, BR-Drucks. 1/62, S.57. Vgl. die Bemerkungen zum MinE S.41. So die Ausführungen in BT-Drucks. 14/8058 S. 19. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, § 1, S. 1.

Einleitung

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heitlichen Urheberrecht aus.10 Literatur und Kunst sind demnach nicht durch eine scharfe Grenzlinie voneinander zu trennen, die beiden Begriffe umschreiben vielmehr den Gesamtbereich, innerhalb dessen die einzelnen, gesetzlich geschützten Werkgattungen stehen.11 Zu Recht faßte daher das UrhG von 1965 das gesamte Rechtsgebiet des Urheberrechts zusammen. Schutzgegenstand des Urheberrechts sind die Interessen der Urheber und ihrer Nachfolger, es sind materielle und ideelle Interessen. Die Reform, die zu dem UrhG von 1965 führte, beinhaltete somit die folgenden Schwerpunkte: Neben der Umschreibung des Umfangs des Urheberrechts, wobei das Urheberpersönlichkeitsrecht und die Verwertungsrechte diskutiert wurden, und einigen Regelungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen betreffend die Einräumung und Übertragung von Nutzungsrechten, ging es vor allem um die Schranken des Urheberrechts und damit um die Abgrenzung der Interessen der Urheber gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einem möglichst ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern. Weitere Streitpunkte waren die Frage der zeitlichen Begrenzung des Urheberrechts in Form einer Schutzfrist und die damit in Zusammenhang stehende Urhebernachfolgevergütung sowie die sogenannten verwandten Schutzrechte und das Filmrecht. Ausgehend von zwei bislang unveröffentlichten Arbeitsentwürfen, die von einer innerhalb des BMJ gebildeten Sachverständigenkommission erstellt worden waren, führten die Arbeiten zunächst zu einem Referentenentwurf. Dieser im Jahre 1954 veröffentlichte Entwurf wurde nach Kritik eingehend überarbeitet und als Ministerialentwurf von 1959 in neuer Fassung bekannt gemacht. Im Anschluß an die weitere Diskussion wurde im Dezember 1961 der Regierungsentwurf 12 veröffentlicht, zu dem der Bundesrat in der Sitzung vom 02.02.1962 Stellung nahm, nachdem zuvor ein im Rechtsausschuß des Bundesrates eingesetzter Unterausschuß den Entwurf gründlich beraten hatte.13 Am 23.03.1962 legte dann die Bundesregierung den Entwurf mit ihrer Stellungnahme zu den Vorschlägen des Bundesrates dem Bundestag vor, der diesen am 06.12.1963 in erster Lesung an den federführenden Rechtsausschuß überwies. 14 10

Die völkerrechtliche Union, die 1886 in Bern gegründet worden war und seit der Berliner Revisionskonferenz von 1908 den Namen „Revidierte Berner Übereinkunft" (RBÜ) führt, ist ein Verband „zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst". Das Welturheberrechtsabkommen (WUA), das 1952 in Genf mit dem Ziel abgeschlossen worden war, auch im Verhältnis zu Staaten, die nicht der Berner Union angehörten, insbesondere den USA, den Urheberrechtsschutz durch ein multilaterales Abkommen sicherzustellen, dient, wie es in der Präambel und in Art. I heißt, dem Schutz der „Werke der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst", wobei die besondere Erwähnung der Werke der Wissenschaft in der Sache keinen Unterschied bedeutet, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, § 1, S. 1. 11 Zur Vertiefung vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, § 1, S. 2. 12 BR-Drucks. 1/62, S. 1-116. 13 Vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA Bundesrat am 16./17.01.1962 und Sitzungsbericht über 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962, S. 11C. 14 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54, S. 4639 B-4653 B. 2*

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Der Rechtsausschuß beschloß sodann die Einsetzung eines Unterausschusses „Urheberrecht" 15, der sich in insgesamt 17 Sitzungen vom 08.01.1964 bis zum 18.02.1965, zum Teil gemeinsam mit einem von dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik eingesetzten Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" ausführlich mit dem Entwurf befaßte. Die Ausschußberatungen stehen in engem Zusammenhang mit dem Namen Dr. Gerhard Reischl 16, der als Vorsitzender des Unterausschusses „Urheberrecht" sowie später auch als Berichterstatter des Rechtsausschusses maßgeblich bei den Beratungen mitwirkte. Auf der Grundlage der Beschlüsse seines Unterausschusses verabschiedete der Rechtsausschuß den Entwurf und legte dem Bundestag einen schriftlichen Bericht vor, woraufhin dieser den Entwurf mit den vorgeschlagenen Änderungen am 25.05.1965 einstimmig annahm.17 Noch einmal drohte der Entwurf im Hinblick auf das nahe Ende der Legislaturperiode in Gefahr zu geraten, als der Bundesrat am 11.06.1965 beschloß, den Vermittlungsausschuß anzurufen. Auch diese letzte Hürde konnte aber noch überwunden werden, indem sowohl Bundestag als auch Bundesrat die Vorschläge des Vermittlungsausschusses annahmen.18 Am 09.09.1965 wurden die Arbeiten dann schließlich mit der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes abgeschlossen.19 Als Gründe für die Reformarbeiten waren in dem RegE von 1961 vor allem angeführt, daß die beiden geltenden Gesetze LUG und KUG veraltet seien und daß die internationale Entwicklung auf dem Gebiet des Urheberrechts eine Änderung notwendig machten.20 Seit Erlaß der Gesetze hätten sich eine Reihe bedeutender neuer Verwertungsmöglichkeiten für die Werke der Urheber ergeben, die von dem Gesetzgeber nicht oder nur unvollkommen berücksichtigt worden seien.21 Auch dränge die internationale Entwicklung zu einer Reform. Die letzte Revision der Berner Übereinkunft 1948 habe ohne deutsche Beteiligung stattgefunden. Hierbei seien neue oder erweiterte Rechte für die Urheber eingefühlt worden, die zum Teil durch das geltende deutsche Urheberrecht nicht gewährt würden. Daher werde es als verständlicher Wunsch der deutschen Urheber angesehen, daß Deutschland als Mitbegründer der Berner Übereinkunft möglichst bald dieser neuesten Fassung beitrete. 22 15

74. Sitzung am 12.12.1963 RA BT 4.Wp. Sten. Prot. Nr. 74, S.31. Gerhard Reischl, geb. 1918 in München war von 1961-1972 MdB (SPD). 17 Abstimmung in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9432 D. 18 196. Sitzung BT4. Wp. am 02.07.1965 Sten.Ber. Bd.59, S. ÌOOOD sowie 285. Sitzung des Bundesrates am 09.07.1965, Bundesrat-Sitzungsberichte 1965, S. 167 B. 19 BGB1.I,S. 1273-1293. 20 BR-Drucks. 1/62 S. 27. 21 Dies gelte insbesondere für Film, Rundfunk und Fernsehen sowie für die modernen Vervielfältigungsverfahren der Tonbandaufnahme, der Fotokopie und der Mikrokopie, vgl. Begründung des RegE von 1962, BR-Drucks. 1/62 S. 27. Zwar habe sich die Rechtsprechung bemüht, durch rechtsschöpferische Auslegung und Analogie den durch die neuen technischen Möglichkeiten aufgeworfenen Problemen gerecht zu werden. Hierbei seien ihr aber doch Grenzen gezogen. Zudem scheine es bedenklich, wenn der geltende Rechtszustand sich immer weiter von dem Wortlaut der Gesetze entferne. 22 BR-Drucks. 1/62 S. 27. 16

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Während zur älteren Geschichte des Urheberrechts bereits umfassende Monographien vorliegen 23, fehlt bislang eine Untersuchung über den Verlauf der Urheberrechtsreform nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ. Die vorliegende Arbeit soll durch Ausweitung bisher unveröffentlichter Quellen einen Einblick in die Arbeiten des BMJ gewähren und damit einen Ausschnitt aus der juristischen Zeitgeschichte Deutschlands beleuchten. Grundlage der Darstellung sind daher insbesondere die Materialien aus dem BMJ. In erster Linie soll also ein Überblick über den historischen Ablauf der Reformarbeiten zum Urheberrechtsgesetz von 1965 ermöglicht und ein Beitrag zur Erschließung der geschichtlichen Hintergründe der im Rahmen der Urheberrechtsreform diskutierten Kernfragen geleistet werden. Der erste Teil der Arbeit befaßt sich mit der Entstehung des Urheberrechtsgesetzes in ihrem Verlauf. Hierbei sollen wegen ihrer Bedeutung insbesondere die Beiträge und Stellungnahmen der einzelnen Interessenverbände und auch der Wissenschaft zu den jeweiligen Entwürfen herausgearbeitet werden. Auch die umfangreichen Diskussionen während der parlamentarischen Beratungen, vor allem der Ausschußberatungen werden aufgezeigt. Ein zweiter Teil schildert dann den Diskussionsverlauf zu wichtigen Einzelfragen des Urheberrechts. Behandelt wird der Inhalt des Urheberrechts, wobei neben den persönlichkeitsrechtlichen und den vermögensrechtlichen Interessen des Urhebers auch ein Blick auf die beiden sonstigen Rechte des Folgerechts und der Vermietgebühr zu werfen ist. Anschließend wird vor allem auf die viel diskutierten Schranken des Urheberrechts zugunsten der Allgemeinheit eingegangen. Auch soll kurz die Frage der Schutzfrist angesprochen werden sowie die in diesem Zusammenhang vielfach geforderte Urhebernachfolgevergütung. Schließlich werden die Regelungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen beleuchtet und das Filmrecht, vor allem die Fragen der Filmurheberschaft und des Filmvertragsrechts, untersucht. Mit diesen Themen wird ein Großteil der Probleme des Urheberrechts abgedeckt, soweit sie in Fachkreisen und bei den Interessenvertretern besondere Aufmerksamkeit erregten. Nicht behandelt werden konnte aus Platzgründen der umfassende Bereich der verwandten Schutzrechte. Bereits während der Beratungen zum MinE war vielfach die Ausgliederung der Leistungsschutzrechte aus dem UrhG gefordert worden. Entsprechend der Trennung der beiden Rechtsgebiete in den internationalen Konventionen sollten die Leistungsschutzrechte in ein Sondergesetz verwiesen werden. 24 23

Vgl. Gieseke, Vom Privileg zum Urheberrecht; Vogel, Urheber- und Verlagsrechtsgeschichte zwischen 1450 und 1850, Beilage zum Börsenblatt, Ausg. Nr. 19 vom 07.03.1978; auch abgedruckt im Archiv für die Geschichte des Buchwesens, Band 19, S. 1-190; einen Überblick ermöglicht Schricker/Vogel, Einl. Rz. 49-79. 24 Gegen eine Zusammenfassung von Leistungsschutz- und Urheberrecht wurde vorgebracht, daß dadurch in Verkennung der grundsätzlichen Unterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten urheberrechtliche Gesichtspunkte für die Auslegung auch der leistungsschutzrechtlichen Bestimmungen herangezogen würden, vgl. Β141/2639 B1.048 f. Auch habe die Trennung praktische Vorteile, weil das UrhG dann voraussichtlich leichter und schneller verabschiedet werden könne.

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Selbst bei der Behandlung i m Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses des Bundesrates wurde noch darüber diskutiert, ob die Bestimmungen über den Schutz des ausübenden Künstlers aus dem Gesetz herausgenommen werden sollten. 2 5 I m Ergebnis wurde dieser Vorschlag jedoch verworfen. I n einem besonderen Gesetz für die verwandten Schutzrechte hätten zahlreiche Vorschriften des UrhG wiederholt werden müssen, auf die bei einer gemeinsamen Regelung verwiesen werden könne. I m übrigen sei die Wesensverschiedenheit zwischen Urheberrecht und Leistungsschutzrechten i m RegE durch ihre Regelung in zwei getrennten Teilen des Gesetzes und ihre unterschiedliche Ausgestaltung i m einzelnen hinreichend verdeutlicht. 2 6

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6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964, Prot. Nr. 6, S. 3 f. Wenn man sie im Gesetz belasse, so sollte doch überlegt werden, ob eine Kollisionsnorm des Inhaltes eingefügt werden müsse, daß die Rechte des Urhebers Vorrang vor den Rechten des ausübenden Künstlers hätten. 26 So die Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des RA, BT-Drucks. IV/3401, S. 29ff., zu IV/3401, S. 13. Auch hielt man es nicht für erforderlich, hinsichtlich der Leistungsschutzrechte eine besondere Kollisionsnorm in das Gesetz aufzunehmen, die dem Vorrang des Urheberrechts vor diesen Rechten klarstellte. Das berechtigte Interesse der Urheber, in der Auswertung ihrer Rechte nicht unbillig behindert zu werden, sei bei der Ausgestaltung dieser Rechte besonders berücksichtigt. So sollten insbesondere die ausübenden Künstler bei der öffentlichen Wiedergabe von Funksendungen ihrer Darbietungen sowie bei der Sendung und öffentlichen Wiedergabe ihrer Darbietungen mittels Bild- oder Tonträger lediglich Vergütungsansprüche erhalten (vgl. § 86 Abs. 2 und § 87) während den Urhebern hinsichtlich solcher Zweitverwertungen ihrer Werke allgemein ein Verbotsrecht zugesprochen wurde.

Teil 1

Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965 1. Kapitel

Der Stand der Reformarbeiten vor dem zweiten Weltkrieg A. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 19321 Nach seiner reichsrechtlichen Kodifizierung in den Jahren 1870 (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramaturgischen Werken vom 11.06.1870)2 und 1876 (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste vom 09.01.18763 und Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Photographie gegen unbefugten Nachdruck vom 10.01.18764) erfuhr das deutsche Urheberrecht um die Jahrhundertwende weitgehende Veränderungen im Rahmen der Rechtsentwicklung und zur Anpassung an das am 01.01.1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch. Diese Änderungen haben in der Fassung der Gesetze betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst vom 19.06.1901 und betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie vom 09.01.1907 Ausdruck gefunden. 5 Insbesondere der rasche Fortschritt der Übermittlungstechniken wie Film, Rundfunk und Fernsehen schon in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts ließen jedoch die einzelnen Bestimmungen der beiden Gesetze schnell veralten.6 Es kam daher bereits am 22.05.1910 zum Erlaß einer Urheberrechtsgesetz-Novelle. Dieses Änderungsgesetz von 1910 brachte zwar eine Teilmodernisierung, die der bis dahin eingetretenen Entwicklung der Tonträger und dem Auftreten des Films Rechnung zu tragen versuchte, zu einer Gesamterneuerung des Urheberrechts kam es jedoch nicht.7 1

Im folgenden bezeichnet als Entwurf von 1932. RGBl. 1870, 339 und 648 ff. 3 RGBl. 1876,4 ff. 4 RGBl. 1876, 8 ff. 5 Vgl. Runge S.410. 6 Vgl. auch Reimer, Vergleichende Darstellung S.5. 7 Möhring/Nicolini, § 1 Anm. l.a)aa) (S.43). Zur urheberrechtlichen Reformdiskussion in der Zeit der Weimarer Republik und in der NS-Zeit vgl. die 2003 erscheinende Diss. jur. Kiel von Ralf-Martin Voigt. 2

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Die weiter fortschreitende Entwicklung auf allen Gebieten des geistigen und künstlerischen Schaffens, vornehmlich im Bereich des Films und des Rundfunks, führten dann im Jahre 1928 zu einer Revision der Berner Übereinkunft. 8 Die dort beschlossenen Änderungen, namentlich die Anerkennung des Urheberpersönlichkeitsrechtes (Art. 6 bis) sowie das ausschließliche Recht des Urhebers zur rundfunkmäßigen Wiedergabe (Art. 11 bis) legten eine Revision der beiden deutschen Gesetze nahe, so daß die Einleitung einer Urheberrechtsreform beschlossen wurde. Nach umfangreichen Vorarbeiten, deren Anfänge schon bis 1926 zurück reichten, und nach Herausgabe verschiedener privater Gesetzesentwürfe 9 von interessierten Verbänden und Einzelpersonen, konnte das damalige Reichsjustizministerium endlich im Jahre 1932 einen Referentenentwurf für ein Gesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur, der Kunst und der Photographie mit Begründung der Öffentlichkeit übergeben.10 Der Entwurf war als Grundlage für die in Aussicht genommene Gesetzgebungsarbeit gedacht, nachdem man ihn zur öffentlichen Diskussion gestellt hatte.11 Die Grundgedanken und damit die wesentlichen Neuerungen dieses Entwurfes von 1932 gegenüber dem damals geltenden Rechtszustand (Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) und Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie (KUG)) 12 sollen im folgenden kurz aufgezeigt werden. Grundlegend neu war zunächst die Zusammenfassung der beiden deutschen Urheberrechtsgesetze in einem einzigen Gesetzentwurf. Dies erschien zweckmäßig, da alle leitenden Rechtsgedanken auf beide Gebiete, das der Literatur und der Tonkunst sowie das der bildenden Künste und der Photographie, in gleicher Weise anwendbar waren. 13 Auch ging man davon aus, daß die Besonderheiten, die für das eine oder andere Gebiet des geistigen oder künstlerischen Schaffens geboten waren, in einem gemeinsamen Rahmen um so deutlicher hervortraten. 14 Diese Auf8 Die Berner Übereinkunft war ein zwischen den Staaten geschlossenes Kollektivabkommen zum Schutze der Werke der Literatur und Kunst. Sie wurde erstmals am 09.01.1886 in Bern unterzeichnet. Wesentlicher Bestandteil der Berner Übereinkunft waren die sogenannten Mindeststandards, die jedes Teilnahmeland durch die eigene Gesetzgebung gewähren mußte. Diese Mindeststandarts wurden im Laufe der Konferenzen weiter ausgedehnt. Die Beratungen in Rom vom 07.05.1928-02.06.1928 brachten als wichtigste Neuerungen vor allem die Statuierung eines Urheberpersönlichkeitsrechts in Artikel 6 bis und die Ausgestaltung eines Senderechtes in Artikel 11 bis. 9 Genannt seien an dieser Stelle nur die Entwürfe von Goldbaum/Wolff (vgl. UFITA Bd. 2 (1929) S. 185ff.), Elster (vgl. UFITA Bd. 2 (1929) S.652ff), Hoffmann (vgl. UFITA Bd. 2 (1929) S. 659 ff.) und Marwitz (vgl. UFITA Bd. 2 (1929) S. 668 ff.). 10 Veröffentlicht im Jahre 1932 durch das Reichsjustizministerium. Maßgeblicher Verfasser des Entwurfes war Klauer, vgl. Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. X X X V I I I (Fn. 111). 11 Vgl. Runge SAW. 12 Vgl. Darstellung oben im ersten Kapitel unter A. und B. 13 Begründung S.31. 14 BegründungS. 32.

1. Kap., Α. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932

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fassung wurde aufgrund der weitgehend gleichartigen, vielfach sogar wörtlich übereinstimmenden Fassung von LUG und KUG allgemein als richtig empfunden.15 Der Entwurf wurde in neun Abschnitte gegliedert. Der erste Abschnitt mit dem Titel „Allgemeine Bestimmungen" umschrieb die dem Gesetz unterstehenden Werke (§§ 1-3) und regelte den Begriff der Urheberschaft (§§ 7-9). Die Zusammenfassung von Werken der Tonkunst und Werken der bildenden Künste als Werke der Kunst in den §§ 1 und 2 stellte nur der äußeren Form nach eine Abweichung von dem geltenden Recht dar, welches die Werke der Tonkunst zusammen mit den Werken der Literatur im Gesetz vom 19.06.1901 (LUG), die Werke der bildenden Künste dagegen zusammen mit den Werken der Photographie im Gesetz vom 09.01.1907 (KUG) behandelte. Welche Schöpfungen als Werke der Literatur und der Kunst im Sinne des Entwurfes anzusehen sein sollten, wurde in § 2 festgelegt. Der Entwurf sah damit von dem Versuch ab, für diese Werke eine allgemeine Begriffsbestimmung aufzustellen. Man glaubte, daß sich eine geeignete Umschreibung, die alle urheberrechtlich zu schützenden Geisteswerke, aber auch nur diese, zu erfassen hätte, nicht finden lassen würde. 16 Als weiteres Argument wurde das Interesse der Rechtssicherheit aufgeführt. 17 Der Entwurf wählte daher wie die beiden in Geltung befindlichen Gesetze den Weg, die einzelnen Arten von Werken, die als Werke der Literatur oder der Kunst geschützt werden sollten, erschöpfend aufzuzählen. Soweit es erforderlich schien, wurde diese Aufzählung durch Beispiele veranschaulicht. In § 7 Abs. 2 wurde festgelegt, daß „Urheber eines Werkes ist, wer es geschaffen hat." Da der Entwurf nur eigentümliche geistige Schöpfungen als Werke der Literatur und Kunst geschützt wissen wollte, konnte das Urheberrecht an solchen Werken nur in der Person ihres Schöpfers, also einer natürlichen Person, entstehen.18 Damit war der originäre Erwerb des Urheberrechtes durch Unternehmer und auch durch juristische Personen, wie es noch nach §§ 3, 4, 32 LUG; §§ 5, 6, 25 Abs. 2 KUG möglich war, ausgeschlossen.19 Den speziellen Bedürfnissen eines Filmunternehmers wurde der Entwurf dadurch gerecht, daß er die Werknutzungsrechte der Urheber und ausübenden Künstler kraft Gesetzes auf den Inhaber des Unternehmens übergehen ließ, mit der Ausnahme der Werknutzungsrechte an einem zur Herstellung des Filmes benutzten anderen Werk (§ 21 Abs. 1 und 2). 15

Vgl. Runge S.414; auch Reimer, Vergleichende Darstellung S. 10. Begründung S. 32. 17 Begründung S. 32. 18 Vgl. BegründungS. 40. 19 Vgl. Begründung S.40. Man erkannte, daß juristische Personen keine das Urheberrecht an Sammlungen oder sonstigen Werken begründende geistige Tätigkeit entfalten konnten. Zum Erlaß von Sondervorschriften zugunsten juristischer Personen bestand auch keine Notwendigkeit, da die juristische Person sich die Werknutzungsrechte von dem Urheber übertragen lassen konnte. 16

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

In dem zweiten Abschnitt wurde dann der Inhalt des Urheberrechts, namentlich die Bestandteile des Urheberrechtes (§ 12), Werknutzungsrechte (§ 13), Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte (§§ 14, 15), Senderecht (§ 16), Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 17) sowie auch der Urheberanteil (§ 18) geregelt. Einer entscheidenden Verbesserung der Rechtslage des Urhebers diente hier die erstmalige Festlegung eines Urheberpersönlichkeitsrechtes (sog. „droit moral") in § 12 Absätze 3 bis 7. 2 0 Der Entwurf sah jedoch davon ab, den französischen Ausdruck des „droit moral" oder eine übliche wortgetreue Übersetzung wie „Persönlichkeitsrecht des Urhebers" oder „Urheberpersönlichkeitsrecht" wörtlich zu nennen, da als Gegenstand des droit moral nicht die Person des Urhebers, sondern das urheberrechtlich geschützte Werk und die Verbindung dieses Werkes mit seinem Schöpfer angenommen wurde. 21 Statt dessen sprach der Entwurf von den „berechtigten persönlichen Interessen des Urhebers am Werk" und hatte damit den Schutz der nichtvermögensrechtlichen Interessen des Trägers des Urheberrechtes an dem Werk vor Augen. Insbesondere wollte man die sachlich ideellen Interessen an der Unversehrtheit des Werkes und das Interesse an der Wahrung und Betonung der Verbundenheit des Werkes mit seinem Schöpfer geschützt wissen.22 Davon ausgehend wurde der französische Begriff eines umfassenden droit d'auteur abgelehnt und das Urheberrecht zerlegt in „Werknutzungsrechte" und „Schutz gegen unbefugte Eingriffe in die berechtigten persönlichen Interessen des Urhebers am Werke" (im folgenden: Urheberpersönlichkeitsrecht). 23 Das Urheberpersönlichkeitsrecht bestand insbesondere in der Befugnis zu bestimmen, ob und mit welcher Bezeichnung das Werk zu versehen ist, Änderungen an dem Werk selbst, dessen Titel oder der Urheberbezeichnung zu untersagen und öffentliche Mitteilungen des noch nicht veröffentlichten Werkes zu verbieten. Unter den Werknutzungsrechten waren die dem Urheber vorbehaltenen ausschließlichen Befugnisse zu verstehen, das Werk auf die in den §§ 13-17 bezeichnete Art zu verwerten. 24 § 13 zählte diese Rechte erschöpfend auf, §§ 14-17 enthielten nähere Vorschriften über den Inhalt einzelner Werknutzungsrechte. Erfaßt wurden das Veröffentlichungsrecht, Vervielfältigungsrecht und Verbreitungsrecht. Darüber 20 Notwendig geworden war dies durch die Beschlüsse der Romkonferenz von 1928, aufgrund derer nunmehr ein Mindestmaß des Schutzes der ideellen Interessen des Urhebers an seinem Werk in dem neuen Artikel 6 bis der Berner Übereinkunft festgelegt wurden. Es hieß dort: „Unabhängig von den vermögensrechtlichen Befugnissen des Urhebers und selbst nach deren Übertragung verbleibt dem Urheber das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen, sowie das Recht, sich jeder Entstellung, Verstümmelung oder sonstigen Änderung des Werkes zu widersetzen, die seiner Ehre oder seinem Ruf abträglich sein würde. Der inneren Gesetzgebung der Verbandsländer bleibt es vorbehalten, die Bedingungen für die Ausübung dieser Rechte festzusetzen. Die zu ihrer Wahrung dienenden Rechtsbehelfe werden durch die Gesetzgebung des Landes geregelt, wo der Schutz des Landes beansprucht wird." 21 Begründung S.45. 22 Begründung S.45. 23 Vgl. Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1266). 24 Vgl. Begründung S. 50.

1. Kap., Α. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932

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hinaus erstreckten sich die Werknutzungsrechte im Gegensatz zum geltenden Recht nach LUG auch auf das Recht des öffentlichen Vortrags von Werken der Literatur 25 , auf das Senderecht26 und auch das Recht zur Verbreitung durch Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen. 27 Außer den Werknutzungsrechten und dem Urheberpersönlichkeitsrecht stand dem Urheber eines Werkes darüber hinaus noch das Recht auf den „Urheberanteil" (sogenanntes „droit de suite") 28 zu. Der in § 18 vorgesehene und dem geltenden Recht bislang nicht bekannte Urheberanteil beruhte auf der Forderung, den Schöpfern von Werken der bildenden Künste und ihren Rechtsnachfolgern im Urheberrecht einen unveräußerlichen Anspruch auf einen Teil des Gewinns einzuräumen, den die Erwerber von Originalstücken durch deren Weiterveräußerung erzielten. 29 Diese Forderung wurde auf die Erwägung gestützt, daß in dem bei der Weiterveräußerung erzielten Gewinn stets auch ein Äquivalent für die schöpferische Leistung stecke, die mit dem Preise, den der Künstler erhalten habe, nicht ausreichend entlohnt sei. Man sah es daher als ein Gebot der Gerechtigkeit, den Künstler an dem späterhin erzielten, aus der Höherbewertung des Werkes sich ergebenden Gewinn entsprechend zu beteiligen. Diese Überlegung erkannte der Entwurf um so mehr als berechtigt an, als häufig die höhere Wertschätzung, die man seinem Werke bei den späteren Verkaufsgeschäften entgegenbrachte, ganz wesentlich durch das weitere Schaffen des Künstlers begründet wurde. Das Ansehen, welches sich der Künstler durch spätere, seine Eigenart bekannt und berühmt machende Schöpfungen erworben hatte, sollte auch dem einst billig fortgegebenen Anfangswerk zugute kommen.30 Der Entwurf schlug daher vor, im Falle einer Weiterveräußerung eines Originalstückes von Werken der bildenden Künste gegen den Veräußerer einen Anspruch auf Zahlung eines dreiprozentigen Anteils des Entgeltes einzuräumen, soweit dieses mindestens 500DM betrug. 31 Die Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen haben in dem dritten Abschnitt Niederschlag gefunden. Der Entwurf sah an dieser Stelle eine grundlegende Änderung gegenüber dem geltenden Recht (§ 8 LUG und § 10 KUG) 3 2 25

Begründung S.58. In Übereinstimmung mit dem Art. 11 bis der RBÜ vom Jahre 1928 bestimmte der Entwurf in § 13 Abs. 1, daß der Urheber eines Werkes der Literatur, der Kunst oder Photographie das ausschließliche Recht hat, das Werk durch Rundfunk zu senden. 27 Vgl. Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1266). 28 Später auch als Folgerecht bezeichnet. 29 Vgl. BegründungS. 62. 30 BegründungS. 62. 31 Vgl. Begründung S.62. 32 §§ 8 LUG, 10 KUG bestimmten ausdrücklich, daß das Urheberrecht übertragbar war; allerdings verblieben nach diesen Gesetzen, wenn nicht anderes vereinbart war, dem Urheber auch im Fall der Übertragung des Urheberrechts bestimmte Rechte, insbesondere das Recht, Änderungen an dem Werk, an dessen Titel und an der Bezeichnung des Urhebers zu untersagen (vgl. §9 LUG, §12 KUG). 26

Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

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vor. Das Urheberrecht an sich wurde unübertragbar, nur die Werknutzungsrechte konnten beschränkt oder unbeschränkt übertragen werden. 33 Daß eine mögliche Übertragbarkeit der Werknutzungsrechte und des Urheberpersönlichkeitsrechtes unterschiedlich ausgestaltet werden mußte, ergab sich notwendigerweise aus dem neuen Verständnis über den Inhalt des Urheberrechtes. Wie bereits gesehen, bestand das Urheberrecht nach § 12 des Entwurfes aus absoluten Rechten verschiedener Art, die dem Urheber die materielle und die ideelle Herrschaft über das geschützte Werk sichern sollten.34 Die den Vermögensinteressen dienenden Werknutzungsrechte waren ihrer Natur nach gleich anderen Vermögensrechten frei vererblich und veräußerlich. 35 Die Übertragung der Werknutzungsrechte bewirkte, daß alle oder einzelne Werknutzungsrechte oder bestimmte darin enthaltene Teilbefugnisse als selbständige Rechte auf den Erwerber übergingen. Eine solche Übertragung konnte ohne Beschränkung oder mit einer inhaltlichen, zeitlichen und auch einer räumlichen Beschränkung vorgenommen werden. 36 Dagegen konnte das Urheberpersönlichkeitsrecht, welches vorrangig die Verbundenheit des Werkes mit seinem Schöpfer sicherstellen sollte, vom Urheber zu seinen Lebzeiten nicht übertragen werden, sondern mußte ihm unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Übertragung verbleiben. 37 Damit es aber nach dem Tode des Urhebers nicht unterging und dann die wichtigen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse nicht mehr gegenüber den Verletzern geltend gemacht werden konnten, sollte von Todes wegen, also durch gesetzliche Erbfolge, testamentarische Erbfolge, Vermächtnis oder ähnliches auch das Urheberpersönlichkeitsrecht übertragbar sein.38 Unter den die Übertragung von Werknutzungsrechten betreffenden Bestimmungen ist § 20 Abs. 2 noch besonders hervorzuheben. Darin wurde festgelegt, daß die grundsätzlich zulässige We/terübertragung von Werknutzungsrechten, soweit nichts anderes vereinbart war, unter Lebenden nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig sein sollte.39 Um allerdings einen Mißbrauch dieser Vorschrift auszuschließen, wur33

Vgl. Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1266). Begründung S. 67. 35 Begründung S.67. 36 Begründung S.69. 37 Begründung S.67. 38 Vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 13. Eine Ausnahme von dem Grundsatz der Unübertragbarkeit machte § 19 Abs. 3 zugunsten von Werken der Photographie, vgl. dazu Begründung S. 68 f. An diesen Werken konnte das Urheberrecht auch unter Lebenden frei übertragen werden. Dies erklärte sich daraus, daß das Urheberrecht an solchen Werken gemäß § 7 Abs. 2 dem Inhaber des Betriebes zustand und außer dem Werknutzungsrecht bloß das Recht umfaßte, Änderungen an dem Werk selbst, an dessen Titel oder Urheberbezeichnung zu untersagen, soweit nicht solche Änderungen auch ohne Einwilligung des Urhebers zulässig sein sollten. Der Charakter des Urheberrechts an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Photographie näherte sich daher dem der gewerblichen Schutzrechte und ließ es somit nicht angezeigt erscheinen, dieses Recht für unübertragbar zu erklären. 39 Begründung S.69. 34

1. Kap., Α. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932

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de weiterhin bestimmt, daß die Zustimmung nur verweigert werden konnte, wenn ein wichtiger Grund vorlag. 40 Den schutzwürdigen Interessen derjenigen Unternehmer, die alle Kosten und das ganze Risiko der Produktion eines Filmwerkes übernahmen, trug § 21 Rechnung: § 21 Abs. 1 bestimmte, daß die Werknutzungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Kinematographie kraft Gesetzes auf den Unternehmer übergingen. 41 Diese Regelung, die dem Unternehmer die urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse sicherte, schien zum Beispiel erforderlich für den Fall, daß der zwischen Urheber und Unternehmer geschlossene Vertrag wegen Handlungsunfähigkeit oder aus irgendeinem anderen Grunde ungültig war. 42 Das Änderungsverbot des § 22 unterschied sich dem Grundgedanken nach nicht von dem geltenden Rechtszustand.43 Der Zessionar durfte weiterhin nur Änderungen an dem jeweiligen Werk vornehmen, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen konnte, insbesondere auch solche, die durch die Art oder den Zweck der dem Berechtigten eingeräumten Verwertung des Werkes gefordert wurden. 44 Als gelungene Neuerung wurde dagegen die Regelung des § 24 begrüßt, wonach der Besitzer eines Werkstückes dieses dem Urheber mit gewissen Einschränkungen zwecks Herstellung von Vervielfältigungen und Bearbeitungen zur Verfügung stellen mußte (§ 24). 45 Eine Verfügung über künftig erst noch zu schaffende Werke wurde durch § 25 ermöglicht. Dies entsprach, wenn auch die geltenden Gesetze nichts darüber sagten, schon langjähriger Übung und Rechtsüberzeugung.46 Allerdings wurde beiden Vertragsparteien ein unverzichtbares Kündigungsrecht zuerkannt, falls die Verfügung sich auf nicht näher oder nur der Gattung nach bestimmte Werke bezog. Der Entwurf enthielt in diesem Abschnitt weiterhin Bestimmungen über die Auslegung von Verträgen über Werknutzungsrechte (§ 26), über Gesamtausgaben (§ 27) und Beiträge für Sammelwerke (§ 28) sowie über das Rücktrittsrecht des Inhabers des Urheberrechtes, für den Fall, daß der Erwerber von dem ihm übertragenden Recht keinen oder nur unzureichenden oder schädigenden Gebrauch machte (§ 29). Schließlich wurde, nachdem der Unterschied zwischen Urheberpersönlichkeitsrecht und den Werknutzungsrechten klar erkannt und herausgearbeitet worden war, das Urheberrecht als solches der Zwangsvollstreckung entzogen (§ 30 Abs. I). 4 7 Die Zwangsvollstreckung in die Werknutzungsrechte und in die Werkexemplare wurde neu geregelt, wobei der Entwurf zweckmäßigerweise anstatt von „Erben" von „Per40

Begründung S.70. BegründungS. 71. 42 BegründungS.71. 43 Vgl. §9 LUG und §12 KUG. 44 Vgl. Marwitz in DJZ, S. 1264 (1266). 45 Vgl. Marwitz in DJZ, S. 1264 (1267). 46 Vgl. RGZ 55, 334; LG Berlin in UFITA Bd.4 (1931), S.330 (331); Elster, Verlagsrecht, 3. Auflage § 1 Anm.4 auf S.22f.; auch Koehne in UFITA Bd.5 (1932), S.472 (481 f.). 47 Begründung S.78. 41

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sonen, auf die das Urheberrecht von Todes wegen übergegangen ist" sprach und damit also auch Vermächtnisnehmer und dergleichen miterfaßte (§ 30 Abs. 2). 48 Beachtlich ist an dieser Stelle noch, daß nach § 30 Abs. 3 die eben ausgeführten Vorschriften der Abs. 1 und 2 auf gewerbsmäßig hergestellte Werke der Photographie keine Anwendung finden sollten. Dies läßt sich daraus erklären, daß den Werken der Photographie nach § 7 Abs. 2 und § 19 Abs. 3 des Entwurfes eine besondere Stellung eingeräumt wurde. 49 Sie waren einschließlich des Urheberpersönlichkeitsrechtes frei übertragbar und sollten daher auch bezüglich der Zwangsvollstreckung keinen Beschränkungen unterliegen. 50 Der vierte Abschnitt „Beschränkungen der Werknutzungsrechte" wahrte die Interessen der Allgemeinheit teils durch die Einführung freier Werknutzungen (§§ 31-45), teils durch die Schaffung von gesetzlichen und Zwangslizenzen (§§46-49). § 31 gab zunächst den wesentlichen Inhalt des § 15 Abs. 2 LUG und § 18 Abs. 1 KUG wieder. Danach war die Herstellung einer Vervielfältigung für den „eigenen Gebrauch" freigegeben (§31 Abs. I). 5 1 Für den Fall, daß der das Werk Nutzende die zum eigenen Gebrauch bestimmte Vervielfältigung nicht selbst herstellte, sondern sie durch einen Dritten anfertigen ließ, schien es angezeigt, für Werke der bildenden Künste und der Photographie an der Vorschrift des § 18 Abs. 1 KUG festzuhalten.52 Somit war die Vervielfältigung auf diese Art und Weise nur zulässig, wenn der Dritte sie unentgeltlich bewirkte (§31 Abs. 2). Eine solche Unterscheidung für Werke der Literatur oder Tonkunst einerseits und Werke der bildenden Künste und der Photographie andererseits hielt man für notwendig, da die Herstellung der Vervielfältigung bei Werken letzterer Art ein Nachbilden, ein Sichaneignen der äußeren Erscheinung des Bildes, der Skulptur usw. bedeutet hätte. Die geschäftliche Verwertung in dieser Art sollte aber dem Urheber nicht genommen werden. 53 Dagegen hätte das strenge Erfordernis der Unentgeltlichkeit bei Werken der Literatur und Tonkunst in die praktischen Bedürfnisse und die im Verkehr übliche Vorgehensweise zu stark eingegriffen. Es sollte zulässig sein, Auszüge aus den Werken der Literatur und der Tonkunst, die zum eigenen Gebrauch bestimmt waren, gegen Ersatz der Unkosten oder auch gegen ein Entgelt durch einen Dritten herstellen zu lassen.54 Auch im Hinblick auf die freien Werknutzungen bei den Werken der Literatur (§§ 32 ff.) orientierte sich der Entwurf überwiegend an den Vorschriften des geltenden Rechts. So war entsprechend §§ 17,26 LUG die freie Benutzung von Reden und Vorträgen in verschiedenem Umfang zulässig (vgl. § 32 und auch § 36 Abs. 2 des 48 49 50 51 52 53 54

Vgl. Marwitz in DJZ, S. 1264 (1267); auch Reimer, Vergleichende Darstellung, S. 15. Vgl. oben. BegründungS.79. BegründungS. 81. Begründung S.82. Begründung S. 82. Vgl. Begründung S. 82.

1. Kap., Α. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932

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Entwurfes). Nach § 33 des Entwurfes, der in Anlehnung an § 18 LUG entstand, war der Abdruck von aktuellen Tagesfragen aus Zeitungen und Zeitschriften (§33 Abs. 1) sowie von vermischten Nachrichten und Tagesneuigkeiten (§ 33 Abs. 2) möglich. 55 § 34 regelte entsprechend ehemals § 19 Nr. 1 LUG das sogenannte „Kleine Zitat", welches literarischen Zwecken diente. Danach war die Entnahme einzelner Stellen eines Sprachwerkes zulässig sowie die Aufnahme von Schriftwerken oder bestimmten Abbildungen in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch erlaubt. Hier wurde nach wie vor ein öffentliches Interesse anerkannt, daß solche für die sittliche und geistige Heranbildung der Jugend unentbehrlichen Hilfsmittel ohne weiteres zur Verfügung stehen sollten und nicht in irgendeiner Form mit Urheberabgaben belastet werden sollten.56 Kleinere Teile einer Dichtung oder Gedichte von geringem Umfang durften wie bisher (§ 20 LUG) ohne Einwilligung des Urhebers vertont werden, § 35 des Entwurfes. Damit sollte dem musikalischen Schaffen ein gewisser Spielraum gewährt werden und jedem Komponisten freigestellt werden, kleine Teile von Gedichten oder Gedichte von nur geringem Umfang mit dem dazu geschaffenen Tonwerk zu vervielfältigen. 57 Doch hatte der Urheber des Textes gegen den Urheber des Ton Werkes Anspruch auf einen angemessenen Anteil an dem Ertrag. Bemerkenswert ist an dieser Stelle noch, daß das „Privileg der Volksfeste" (ehemals § 27 Nr. 1 LUG, wonach bei öffentlichen Aufführungen eines erschienenen Werkes der Tonkunst auf Volksfesten die Einwilligung des Berechtigten entbehrlich war) eingeschränkt wurde (vgl. § 38 und auch § 41 des Entwurfes). 58 Die durch § 22 LUG im Jahre 1910 eingeführte Zwangslizenz zur Herstellung von Schall Vorrichtungen wurde in dem Entwurf aufrechterhalten. 59 Nach wie vor wurde es für erforderlich erachtet, daß die Werke der Tonkunst allen Fabrikanten von Schallplatten oder ähnlichem für die Übertragung auf solche Vorrichtungen gegen angemessene Gebühr zur Verfügung stehen. Damit sollte Monopolbildungen zugunsten einer einzelnen Firma vorgebeugt werden. 60 Der Entwurf bestimmte daher, 55

Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 84-85. Begründung S. 86. 57 Vgl. Begründung S. 87. 58 Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 89 und S. 91-94: Der Begriff des Volksfestes schien so unbestimmt, daß er bei Anwendung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 LUG vielfach zu Zweifeln und in der Praxis der Musikveranstalter zu weitest gehender Auslegung geführt hatte. Das gleiche galt bei der Ausnahme für die Vereinskonzerte, zu denen nach damals geltendem Recht die Mitglieder und ihre im gleichen Hausstand lebenden Angehörigen zugelassen werden durften (§27 Abs. 1 Nr. 3 LUG). Unter Hinweis auf die zahlreichen Vereine, die über eine große Zahl von beitragenden und unterstützenden Mitgliedern verfügten, wurde in dem Mitgliedsbeitrag nur ein im voraus entrichtetes Eintrittsgeld für die satzungsmäßigen Veranstaltungen des Vereins gesehen. Insofern blieb lediglich eine Ausnahmebestimmung zugunsten von Aufführungen, die keinem Erwerbszweck oder ausschließlich wohltätigen Zwecken dienten. 59 BegründungS.95. 60 Begründung S.95. Auch wurde hier das Interesse der Komponisten sowie der Allgemeinheit angeführt, daß für die Übertragung von Schallplattenvorrichtungen der Wettbewerb offen56

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daß der Urheber, der es einem anderen gestattet hat, ein Werk auf Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe für das Gehör zu übertragen und die Vorrichtung zu vervielfältigen und zu vertreiben, nach dem Erscheinen des Werkes dieselbe Erlaubnis gegen Entrichtung einer angemessenen Vergütung auch jedem Dritten erteilen muß, der im Inland seinen Wohnsitz oder eine gewerbliche Hauptniederlassung hat.61 Daneben wurden die öffentlichen Vorträge und Aufführungen mittels Schallvorrichtung für zulässig erklärt, wenn für die Vorrichtung ein Urheberzuschlag entrichtet und dies auf der Vorrichtung kenntlich gemacht worden war (§ 47 des Entwurfes). 62 Man glaubte, mit dieser Regelung einen möglichst einfachen Weg gefunden zu haben, der es ermöglichte, zwar dem Urheber einen angemessenen Ertrag seines Vortrags- und Aufführungsrechtes zu sichern, andererseits aber die Aufführungsgebühren für Schallplattenkonzerte oder dergleichen in finanziellen Grenzen zu halten und sie ohne unnötige Belästigung der Musikveranstalter zugunsten der Urheber einzuziehen.63 Zu diesem Zweck sah der Entwurf in §47 Abs. 1 Satz 1 vor, daß jeder, der beim Ankauf einer Schallvorrichtung oder späterhin einen bestimmten Zuschlag zum Kaufpreis entrichtet hat, kraft Gesetzes berechtigt ist, die Schallvorrichtung zu öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen zu benutzen. Die Zahlung des Zuschlags sollte durch ein auf der Vorrichtung anzubringendes Kennzeichen (etwa durch eine aufzuklebende Marke) deutlich wahrnehmbar gemacht werden. 64 Neue Lizenzen wurden schließlich bei der Benutzung von Rundfunksendungen und bei Werken der Kinematographie vorgesehen.65 Die Dauer des Urheberrechts war in dem fünften Abschnitt (§§ 52-56) des Entwurfes festgelegt. Allerdings wurde die sehr umstrittene Frage, ob bei der Umgestaltung des Urheberrechts an der Schutzdauer von dreißig Jahren nach dem Tode des Urhebers festgehalten oder mit der großen Mehrheit der zur Berner Verbandsübereinkunft gehörenden Staaten die fünfzigjährige Schutzfrist übernommen werden sollte,66 von dem Entwurf nicht entschieden. Statt dessen ließen die Verfasser gehalten und dadurch das Streben nach möglichster Vervollkommnung der Übertragung wachgehalten wurde. 61 BegründungS. 95 f. 62 Damit wurde die Abschaffung der Vorschrift des § 22 a LUG des geltenden Rechts vorgeschlagen, wonach rechtmäßig hergestellte Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe für das Gehör zu öffentlichen Aufführungen frei verwendet werden durften. 63 Begründung S.97. 64 BegründungS.97. 65 Zur Vertiefung Begründung S. 99-101. 66 Erwähnt sei hier nur kurz, daß das Hauptargument, welches für eine Verlängerung der Schutzfrist geltend gemacht wurde, die Angleichung an den Rechtszustand war, der im weitaus größten Teil der Welt, und zwar im Bereich der Berner Verbandsübereinkunft mit nur wenigen Ausnahmen galt. Andererseits wurde hervorgebracht, daß durch die Verlängerung der Schutzfrist auf fünfzig Jahre die Benutzung der geschützten Werke für die Allgemeinheit wesentlich verteuert würde, namentlich für Musikveranstaltungen durch Gewerbetreibende oder gemeinnützige Unternehmungen, wie etwa staatliche oder städtische Theater, Konzertsäle und dergleichen (vgl. Begründung S. 104).

1. Kap., Α. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932

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die gewöhnliche Dauer des Urheberrechts in § 52 Abs. 1 offen. 67 Der Fotografieschutz wurde auf zwanzig Jahre verlängert (§ 54 Abs. 2). 68 Endlich nahm der Entwurf auch eine klare Abgrenzung der urheberrechtlich geschützten geistig oder künstlerisch schöpferischen Tätigkeit von den lediglich mit einem Leistungsschutz bedachten, im sechsten Abschnitt vereinten Erscheinungsformen des Schutzes des ausübenden Künstlers (§§ 57-59), des Rechtes an Briefen und am eigenen Bild (§§ 60-62) sowie des Titelschutzes vor. Dem lag der Gedanke zugrunde, daß es sich bei der Ausgestaltung des Leistungsschutzes nicht um urheberrechtliche Schöpfungen handelte, wohl aber um Leistungen von bestimmter Bedeutung, die eines Schutzes wert sein sollten.69 Den ausübenden Künstlern sollte an dieser Stelle ein besonderer Schutz dagegen gewährt werden, daß ihre Leistungen ohne ihre Zustimmung in Schallplatten, Filmstreifen oder ähnlichen Bild- und Schallvorrichtungen festgehalten und daß solche rechtswidrig hergestellten Vorrichtungen vervielfältigt, verbreitet oder zur Wiedergabe des Vortrages oder der Aufführung benutzt werden. 70 Sie wurden ferner dagegen geschützt, daß ihre Leistungen durch den Rundfunk verbreitet oder durch Lautsprecher öffentlich wiedergegeben werden. Schließlich sollte es dem ausübenden Künstler auch vorbehalten bleiben, Bild- oder Schallvorrichtungen, auf die seine Leistung mit seiner Einwilligung übertragen worden war, zu vervielfältigen und die Vervielfältigung gewerbsmäßig zu verbreiten, sowie einer öffentlichen Wiedergabe entgegenzutreten, die mit unbefugt hergestellten oder verbreiteten Vervielfältigungen geschah.71 Von den drei Paragraphen über den Schutz des ausübenden Künstlers befaßte sich § 57 mit der Übertragung auf Bild- oder Schallvorrichtungen, § 58 mit dem Senden durch Rundfunk, § 59 mit der öffentlichen Wiedergabe durch Lautsprecher. Danach war es nicht zulässig, den Vortrag oder die Aufführung eines Werkes der Literatur oder Tonkunst ohne Einwilligung der das Werk vortragenden oder an der Aufführung mitwirkenden Personen auf Bild- oder Schallvorrichtungen zu übertragen, durch Rundfunk zu senden oder durch Lautsprecher öffentlich wiederzugeben.72 Chor- und Orchestermitglieder sollten dabei nach außen hin durch den Dirigenten vertreten werden (§§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1, 59). 73 67

Vgl. Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1267). Damit wurde der Wunsch des fotografischen Gewerbes, eine längere Zeitspanne für die Verwertung des Urheberrechtes zur Verfügung zu haben, als berechtigt anerkannt, da erfahrungsgemäß das Interesse der Öffentlichkeit an bestimmten Aufnahmen vielfach erst nach geraumer Zeit eintritt, die durch die Schutzfrist des geltenden Rechts nicht gedeckt wurde (vgl. Begründung S. 105). 69 Vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S.20. 70 Begründung S. 107. 71 Vgl. Begründung S. 107. 72 Begründung S. 108 f. 73 Begründet wurde das damit, daß die persönliche Auffassung des Leiters bei Chor- und Orchestervorträgen dem Vortrag oder der Aufführung ihr Gepräge verleihe. Dagegen seien Chorund Orchestermitglieder nur als Hilfspersonen anzusehen, deren einzelne Leistungen in der 68

3 Maracke

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Die besonderen wirtschaftlichen Interessen der Unternehmer wurden dadurch berücksichtigt, daß es zur Übertragung von Vorträgen oder Aufführungen, die in dem Betrieb eines Erwerbsunternehmens stattfanden, neben der Einwilligung der vortragenden oder aufführenden Personen oder des Leiters von Chor- beziehungsweise Orchesterdarbietungen auch noch der Einwilligung des Inhabers des Unternehmens bedurfte (§§ 57 Abs. 2,58 Abs. 1 Satz 2,59). 74 Briefe, Tagebücher und ähnliche vertrauliche Aufzeichnungen bedurften zur Veröffentlichung und Weiterverbreitung der Einwilligung des Verfassers oder seiner Angehörigen, auch wenn sie urheberrechtlich nicht geschützt waren (§ 60). Begründet wurde diese Regelung damit, daß das allgemeine bürgerliche Recht nur einen unzureichenden Schutz der Geheimsphäre von Briefen gewährte.75 Bei Briefen war weiterhin die Einwilligung des Empfängers oder seiner Angehörigen notwendig (§ 60 Abs. 2). Dieses sollte allerdings nicht gelten, wenn ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse die Veröffentlichung rechtfertigte 76: Der dem Verfasser in § 60 gewährte Schutz konnte als bloßer Persönlichkeitsschutz nicht wie das Urheberrecht gegenüber jedermann bedingungslos durchgreifen, sondern war vielmehr von einer Interessenabwägung abhängig zu machen. Sobald öffentliche oder private Interessen überwogen, mußte der Briefschutz weichen. Das Recht am eigenen Bild war in § 62 in fast wörtlicher Übereinstimmung mit der bestehenden Regelung in §§ 22-24 KUG ausgestaltet. § 63 des Entwurfes schlug im Gegensatz zum geltenden Recht eine gesetzliche Regelung des Titelschutzes vor. Die Bestimmungen der geltenden Gesetze77 reichten nach Meinung des Entwurfes zum Schutz des Titels nicht aus.78 Während § 12 Abs. 4 und §§ 22,51 des Entwurfes den Urheber dagegen schützten, daß der Titel des Werkes ohne seine Einwilligung geändert wird, richtete sich § 63 gegen die Verwendung des Titels eines Werkes zur Bezeichnung eines anderen Werkes. 79 Dem Verletzten stand gegebenenfalls nach §§ 64 ff. ein Anspruch auf Unterlassung, insbesondere auch auf Beseitigung der verwendeten Bezeichnung oder äußeren Ausstattung zu, möglicherweise auch ein Anspruch auf Schadensersatz.80 Die Rechtsverletzungen wurden im siebenten Abschnitt niedergeschrieben, wobei zivilrechtliche (§§ 64-71) von strafrechtlichen Vorschriften (§§ 72-80) getrennt bezeichnet wurden. § 64 des Entwurfes begründete bei jeder Zuwiderhandlung gevom Chor oder Orchester nach den Weisungen des Dirigenten bewirkten Gesamtleistung aufgehen (vgl. dazu Begründung S. 109). 74 Näher dazu Begründung S. 110. 75 Begründung S. 113: Schutz nur für die Fälle, in denen die besonderen Voraussetzungen des § 826 BGB oder des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit Strafvorschriften wie §§ 185,299, 300, 353 a, 354, 355 des Strafgesetzbuches vorlagen. 76 Begründung S. 114. 77 Vgl. § 16 a. F. UWG sowie §§ 1 und 3 UWG, aber auch § 15 des Warenzeichengesetzes. 78 Begründung S. 116. 79 Vgl. BegründungS. 116. 80 Vgl. Begründung S. 117.

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gen Vorschriften des vorliegenden Gesetzes einen Anspruch des Verletzten auf Unterlassung, bei Vorliegen eines Verschuldens auf Seiten des Zuwiderhandelnden auch einen Anspruch auf Schadensersatz.81 Außerdem schlug der Entwurf einen Anspruch auf Zahlung der angemessenen Vergütung vor, wenn ohne Verschulden in fremde Urheberrechte eingegriffen wurde (§ 68). 82 Im achten und neunten Abschnitt fanden sich schließlich Vorschriften über den Anwendungsbereich des Gesetzes (§§ 81-85) 83 beziehungsweise Übergangs- und Schlußbestimmungen (§§ 86-91) wieder. Dieser im Jahre 1932 veröffentlichte Entwurf sollte aufgrund des umfangreichen Materials, welches innerhalb kürzester Zeit dem Reichsministerium der Justiz zugegangen war, einer Umarbeitung unterzogen werden. Bereits am 12.07.1933 übersandte der Reichsminister der Justiz einige Vorschläge zur erneuten Überarbeitung des Entwurfs an die übrigen Ministerien und lud gleichzeitig zu einer Ressortbesprechung ein. Berücksichtigt wurden dabei insbesondere die Vorschläge des Reichswirtschaftsrates, des Deutschen Vereins für den Schutz des gewerblichen Eigentums, die Äußerungen des Reichsgerichts, des Oberlandesgerichts Dresden, die Stellungnahmen der Länder und die Äußerungen der beteiligten Verbände.84 Änderungen wollte der Reichsminister der Justiz vor allem im Bereich des Verwertungsrechts, der Schutzfristenregelung und des Filmrechts vornehmen. Für den Fall technischer Neuerungen, durch die neue Mittel zur Wiedergabe von Werken geschaffen wurden, sollte das Verwertungsrecht des Urhebers in § 11 noch erweitert werden. 85 Die bislang offengelassene Dauer des Urheberschutzes wurde in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Reichswirtschaftsrates und des Deutschen Vereins für gewerblichen Rechtsschutzes auf 50 Jahre nach dem Tode des Urhebers festgelegt (§ 48). 86 Für Filmwerke sollte eine Frist von 50 Jahren seit der Veröffentlichung gelten (§ 50), für Photographien sollte die Schutzdauer ebenso wie im geltenden Recht auf 10 Jahre festgelegt werden (§ 58 Abs. 1 Satz 3) und nicht auf 20 Jahre verlängert werden, wie noch in dem amtlichen Entwurf von 1932 vorgeschlagen. Unter Berücksichtigung der besonders gelagerten gewerblichen Interessen der Filmindustrie wurde das Urheberrecht an Filmwerken 87 von Gesetzes wegen dem Unternehmer zugesprochen (§ 5 Abs. 2), dem also neben den Werknutzungsrechten dann auch das Urheberpersönlichkeitsrecht zustand. An den zur Herstellung 81

BegründungS. 118. Begründung S. 122. 83 Hier wurde bestimmt, daß alle Reichsangehörigen und alle Werke, die zuerst im Inland, wenn auch nur in Übersetzung, erschienen sind, geschützt wurden. 84 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S. 2. 85 Dadurch sollte dem Urheber ein erweiterter Rechtsschutz gesichert werden und Schwierigkeiten vermieden werden, wie sie sich vor einigen Jahren beim Aufkommen der Rundfunkverbreitung ergeben hatten. 86 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S.2. 87 Diese sollten darüber hinaus auch nicht mehr in die Werke der Literatur eingereiht werden, sondern in § 1 Abs. 4 gesondert aufgeführt werden. 82

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von Filmwerken benutzten Werken, wie etwa an dem verfilmten Roman oder der Filmmusik, sollten die Urheberrechte unberührt bleiben.88 Den filmschaffenden Künstlern und den bei der Filmvorstellung mitwirkenden ausübenden Künstlern stand neben dem Anspruch auf vetragsmäßige Vergütung nunmehr nur noch das Recht auf Namensnennung sowie der Schutz gegen Änderungen zu (§ 10 Abs. 5, § 55 Abs. 6). Allerdings sollten die beiden letztgenannten Rechte freier Vereinbarung unterliegen, sie waren also in vollem Maße abdingbar.89 Auch wollte der Reichsminister der Justiz die im geltenden Recht90 bestehende Regelung wieder eingefühlt wissen, wonach bei Werken, die juristische Personen des öffentlichen Rechts ohne Angabe des Urhebers herausgaben, mit dem Erscheinen des Werkes die Werknutzungsrechte kraft Gesetzes auf die juristische Person übergehen sollten.91 Weiterhin sollte nun auch die Übertragbarkeit von Werknutzungsrechten in bestimmten Fällen uneingeschränkt zugelassen sein, sie also insbesondere von dem Zustimmungsrecht des Urhebers im Falle der Weiterübertragung (§ 19) und von dem Rückrufsrecht (§ 28) befreien. 92 Daher wurden diese Einschränkungen für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke und für kunstgewerbliche Erzeugnisse aufgehoben (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4). In Erfüllung eines dringenden Wunsches führender deutscher Komponisten93 sah § 53 für Werke von allgemeiner nationaler Bedeutung einen besonderen, immer währenden Schutz gegen Entstellungen vor. 94 Erwähnenswert bleibt schließlich noch, daß der in dem Entwurf von 1932 eingeführte Urheberanteil („droit de suite") wieder gestrichen wurde. 95

B. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1934 Die Überarbeitung des Entwurfes von 1932 aufgrund dieser Vorschläge führte dann zu dem Entwurf des Reichsjustizministeriums vom 22.01.1934.1 Wie in dem 88

R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S.6. R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S. 8. 90 Vgl. §3 LUG und §5 KUG. 91 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S. 3. 92 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S. 3. 93 Genannt sei an dieser Stelle Richard Strauss. 94 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S. 5. 95 Der Reichsminister der Justiz begründete dieses in seinem Schreiben vom 12.07.1933 damit, daß „der Urheberanteil den Kunsthandel nicht unerheblich beeinträchtigen dürfte, ohne den Künstlern viel zu helfen." 1 Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 534-555. Dieser Entwurf nebst umfangreicher Begründung findet sich auch als maschinenschriftliches Exemplar unter der Bezeichnung „Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes" RJM E1933 in den Akten des Reichsjustizministeriums unter J 52/5, Blatt 2631-2974. Nunmehr ist der Entwurf vom 22.01.1934 mit Begründung auch von Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743-914 veröffentlicht. 89

1. Kap.,

. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 193

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Entwurf von 1932 waren auch hier neun Abschnitte vorgesehen, wobei der erste die „Allgemeinen Bestimmungen" beinhaltete. Als geschützte Werke wurden in § 1 Abs. 1 eigentümliche geistige Schöpfungen auf dem Gebiet der Literatur, der Tonkunst und der bildenden Künste genannt, womit erstmals eine gesetzliche Begriffsbestimmung des urheberrechtlichen Werkes eingeführt worden war. In Abs. 2 dieser Regelung waren dann als Werke der Literatur entsprechend der Fassung von 1932 Sprachwerke, wie Reden, Vorträge und Schriftwerke, Werke der Tanz- und Bewegungskunst sowie Zeichnungen, Pläne, Karten, plastische Darstellungen, Skizzen und sonstige Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art, in denen kein überwiegend künstlerischer Zweck zum Ausdruck kam, abschließend genannt. Abs. 3 zählte zu den Werken der bildenden Künste auch die Werke der Baukunst und des Kunstgewerbes sowie Pläne und Entwürfe zu Werken der bildenden Künste aller Art. Als geschützte Werke waren in Abs. 4 schließlich die Filmwerke explizit erwähnt, sie sollten Urheberrechtsschutz genießen, gleichviel, ob sie zur Wiedergabe allein für das Gesicht oder zugleich für Gesicht und Gehör bestimmt waren.2 In Übereinstimmung mit dem Entwurf von 1932 trafen §§2 und 3 Bestimmungen über Bearbeitungen und Sammlungen. Vom Schutz des Urheberrechts ausgenommen werden sollten neben den freien Werken in § 4 nunmehr auch vermischte Nachrichten tatsächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten, die durch die Presse oder den Rundfunk verbreitet worden waren.3 Nach § 5 stand das Urheberrecht dem Schöpfer zu, bei gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken sollte jedoch der Inhaber des Unternehmens das Urheberrecht innehaben.4 Dafür spreche einmal die führende Rolle, die der Unternehmer beim Zustandekommen des Werkes spiele. Von ihm gehe meist der Anstoß zur Herstellung des Films aus, er stelle die Mittel zur Schaffung des Werkes bereit, die bei der Herstellung mitwirkenden Personen seien für ihn und nach seinen Weisungen tätig.5 Entscheidend sei aber die Erwägung, daß sich zumeist gar 2 Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 534. Nicht mehr ausdrücklich genannt waren dagegen die noch in § 3 des Entwurfes von 1932 aufgeführten Werke der Photographie. 3 Ein sich aus anderen Vorschriften ergebender Schutz blieb allerdings unberührt, vgl. § 4 Abs. 2 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.534. Die Begründung des Entwurfes von 1934 S. 19 f. führte dazu aus, daß diese Bestimmung eigentlich etwas Selbstverständliches besage, da Presseartikel und Rundfunkmitteilungen der genannten Art in aller Regel keine „Werke" im Sinne des § 1 Abs. 1 des Entwurfes seien. Sie würden also dem Urheberrecht überhaupt nicht unterliegen, vgl. zur Vertiefung die Begründung in J 52/5, Blatt 2701 f.; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (789). 4 Vgl. § 5 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 534. Die Rechte an den zur Herstellung benutzten Werken, wie dem verfilmten Roman, der Filmhandschrift oder der Filmmusik bleiben jedoch unberührt. 5 So die Ausführungen in der Begründung zu dem Entwurf von 1934 S. 22, J52/5, Blatt 2704; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (790). Zu diesen mehr kaufmännisch-organisatorischen Verdiensten trete häufig noch eine mitschöpferische Tätigkeit, so-

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nicht feststellen lasse, wer im einzelnen Fall an dem Filmwerk schöpferisch mitgewirkt habe und welcher Anteil an der Urheberschaft jedem Beteiligten zustehe.6 Entsprechend dem Vorschlag des Reichsministers der Justiz blieben die Urheberrechte an den zur Herstellung von Filmwerken benutzten Werken, wie etwa an dem verfilmten Roman oder der Filmmusik, weiterhin unberührt. 7 Es liege kein Grund vor, für Filmwerke von der allgemeinen Regel abzuweichen, wonach ein Werk, das unter Benutzung eines anderen entstanden war, nur verwertet werden durfte, wenn dessen Urheber zugestimmt hatte.8 Damit stand den filmschaffenden Künstlern und den bei der Filmvorstellung mitwirkenden ausübenden Künstlern neben dem Anspruch auf Vergütung aus den abgeschlossenen Verträgen nunmehr nur noch das Recht auf Namensnennung sowie der Schutz gegen Änderungen zu (§10 Abs. 5, §55 Abs.6). 9 Der zweite Abschnitt regelte den Inhalt des Urheberrechts. Anders als in dem Entwurf von 1932 waren die Vermögensrechte des Urhebers nicht mehr auf eine bestimmte Zahl fest umschriebener Nutzungen beschränkt, sondern dem Urheber das ausschließliche Recht zugesprochen, das Werk durch Mitteilung an die Öffentlichkeit zu verwerten. 10 Die einzelnen Werknutzungsrechte, die das Verwertungsrecht „namentlich" umfassen sollte, wie das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht, das Senderecht und das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht wurden im Anschluß gesondert aufgeführt. Folglich waren die Möglichkeiten der Verwertung oft nämlich der Unternehmer, sei es allein oder im Zusammenwirken mit der Produktionsleitung, durch seine Entschließungen in die Ausgestaltung des Werkes eingreife. 6 Vgl. die Begründung zu dem Entwurf von 1934 S. 22, J52/5, Blatt 2704; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (790). 7 § 5 Abs. 2 des Entwurfes von 1934, J 52/5, Blatt 2632f.; auch die Ausführungen in R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S.6. 8 So die Ausführungen in der Begründung zu dem Entwurf von 1934 S. 24, J52/5, Blatt 2706; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (792). Dem entspreche auch die Berner Verbandsübereinkunft, die in Art. 14 der in Rom beschlossenen Fassung ausdrücklich bestimmt habe, daß die Urheber von Werken der Literatur, Wissenschaft oder Kunst das ausschließliche Recht haben, die Wiedergabe, die Adaption und die öffentliche Aufführung ihrer Werke durch die Kinematographie zu gestatten. Für das Reich als Mitglied der Berner Union ergebe sich daraus die Verpflichtung, die Verwertung der Filmwerke von der Zustimmung der Urheber benutzter Werke abhängig zu machen. 9 § 10 Abs. 5 und § 55 Abs. 6 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.536 uns S.546. 10 § 11 Abs. 1 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd.IX, S.536. Das Verwertungsrecht, so war in einem zweiten Satz formuliert, umfaßte namentlich die folgenden Werknutzungsrechte, wie das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, das Werk durch Rundfunk zu senden, das Werk öffentlich vorzutragen oder aufzuführen, ein Werk der bildenden Künste zu veröffentlichen oder ein Werk der bildenden Künste durch optische Einrichtungen öffentlich vorzuführen. Der Inhalt eines Werkes der Literatur durfte ohne Einwilligung des Urhebers nicht öffentlich mitgeteilt werden, solange weder das Werk noch dessen wesentlicher Inhalt veröffentlicht war.

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nur noch beispielhaft und nicht mehr abschließend aufgezählt. In der Begründung war dazu ausgeführt, daß das System der festbestimmten Zahl von Nutzungsrechten zu Schwierigkeiten führe, so oft die Technik neue Mittel zur Wiedergabe von Werken schaffe. Das habe die Erfahrung mit den geltenden Gesetzen gezeigt.11 Daneben erwähnte der neue Entwurf erstmals ausdrücklich das Urheberpersönlichkeitsrecht (§ 10). Dieses gewährte dem Urheber Schutz gegen unbefugte Eingriffe in seine berechtigten persönlichen Interessen am Werk. Wie bereits in dem Entwurf von 1932 vorgesehen, konnte der Urheber insbesondere bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden war. 12 Entsprechend dem Vorschlag des Reichsjustizministers von 1933 wurde die ehemalige Bestimmung des § 18 über den Urheberanteil, wonach bei Weiterveräußerung eines Werkes der bildenden Künste der Veräußerer dem Urheber 3 % des Entgelts als Urheberanteil zu entrichten hatte, fallengelassen. Aus dem Entwurf von 1932 übernommen wurden dann wieder die in dem dritten Abschnitt geregelten Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen. Neu war hier eine Bestimmung mit dem Titel „Vertragliche Lizenz", die für den Fall, daß ein Berechtigter einem anderen eine Werknutzung gestattet hatte, ohne ihm ein Werknutzungsrecht zu übertragen, eine Bindung des Vertrages auch für seinen Rechtsnachfolger vorsah (§ 18).13 Da der Entwurf das Urheberrecht an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Kinematographie nach § 5 Abs. 2 dem Inhaber des Unternehmens zugesprochen hatte, wurde die ehemals in dem Entwurf von 1932 getroffene Regelung über den Übergang der Werknutzungsrechte an solchen Werken überflüssig und gestrichen. Statt dessen sollten nunmehr juristische Personen des öffentlichen Rechts, die als Herausgeber ein Werk erscheinen ließen, ohne daß der Urheber angegeben war, die Werknutzungsrechte mit dem Erscheinen des Werkes erwerben, sofern nichts anderes vereinbart war (§ 20). 14 Ebenfalls ohne Vorbild in dem 11

Vgl. Begründung des Entwurfes von 1934 S.45, J52/5, Blatt 2727; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (804). So habe beim Aufkommen des Rundfunks längere Zeit hindurch große Rechtsunsicherheit bestanden, ob die Rundfunkverbreitung von Werken dem Urheberrecht unterliege oder nicht. Nur durch eine sehr freie, über den ursprünglichen Sinn des Gesetzes hinausgehende Auslegung habe die Rechtsprechung die Grundlage zur Bejahung der Frage gefunden. 12 Vgl. § 10 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd.IX, S.535. 13 § 18 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.537. Diese Regelung ging über die schuldrechtlichen Vorschriften des bürgerlichen rechts hinaus, entsprach nach den Ausführungen in der Begründung ab der besonderen Interessenlage, wie sie bei der urheberrechtlichen Lizenz gegeben sei, vgl. Begründung des Entwurfes von 1934, S. 80, J52/5, Blatt 2762; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (823). 14 Die Begründung des Entwurfes von 1934, S. 83 führte dazu aus, daß die Urheber, die diese Arbeiten meist als Angestellte oder Beamte der bezeichneten Körperschaften anfertigen würden, sich bereit erklärt hätten, sie als Schriften der Universität, Akademie o. ä. herausgeben zu lassen und damit auch die Verwertung der Werke diesen Körperschaften überlassen wollten, vgl. J52/5, Blatt 2765; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (824f.).

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Entwurf von 1932 war die Regelung des § 29 über Fälle unbeschränkter Übertragbarkeit von Werknutzungsrechten. Danach waren die Vorschriften über das Verwertungsrecht in § 16 Abs. 2 1 5 , über die Weiterübertragung von Werknutzungsrechten (§ 19) und über das Rückrufsrecht (§ 28) für den unselbständigen Urheber, für den Urheber eines Werkes, das von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ohne Angabe des Urhebers herausgegeben worden war, für den Urheber eines Werkes des Kunstgewerbes, das von dem Angestellten oder Beauftragten eines Unternehmens im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen für die Zwecke des Unternehmens hergestellt worden war und schließlich für den Urheber eines gewerbsmäßig hergestellten Filmwerks nicht anwendbar.16 Der vierte Abschnitt behandelte weiterhin die Beschränkungen der Werknutzungsrechte. Auch hier wurden freie Werknutzungen bei Werken der Literatur, bei Werken der Tonkunst und bei Werken der bildenden Künste unterschieden und eine Regelung über die Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern getroffen. 17 Außerdem übernahm der Entwurf die Bestimmung über die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch in § 31. 18 Allerdings war diese in Abweichung zu dem Entwurf von 1932 nur noch zulässig, wenn es sich um einzelne Stücke handelte und nicht bezweckt wurde, damit eine Einnahme zu erzielen. 19 Die Dauer des Urheberrechts, die in dem vorangegangenen Entwurf noch offen gelassen worden war, wurde jetzt in dem fünften Abschnitt auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers festgelegt (vgl. §§48 ff.). Als Grund für eine derartige Verlängerung der Schutzfrist wurde vor allem die Rücksicht auf den Urheber und seine Angehörigen genannt, für die sich die Frist von 30 Jahren in mehreren Fällen als zu kurz erwiesen habe.20 Es entspreche der Ehrenpflicht der Nation, den Angehörigen ihrer großen Meister die Erträge aus deren Werken in ausreichender Weise zugute 15 In § 16 Abs. 2 war festgelegt, daß bei Erlöschen eines abgetretenen Rechts sich das Verwertungsrecht des Urhebers im alten Umfang wiederherstellen sollte. 16 Zur Vertiefung vgl. Begründung des Entwurfes von 1934, S. 101 f., J52/5, Blatt 2783 f.; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (835 f.). 17 Vgl. §§ 32-38 über die freien Werknutzungen bei Werken der Literatur, §§39-41 über die freien Werknutzungen bei Werken Tonkunst und schließlich §§42-44 über die freien Werknutzungen bei Werken der bildenden Künste. § 45 behandelte die Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgem. Daneben faßte der Entwurf von 1934 die Bestimmungen über die Benutzung nur rechtmäßiger Vorrichtungen und Sendungen und über das Änderungsverbot sowie die Quellenangabe unter einer weiteren Überschrift „Sicherungen für den Urheber" in diesem vierten Abschnitt zusammen, vgl. §§31 ff. des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 540-544. 18 Vgl. § 31 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.540. 19 Die Vervielfältigung und der Vertrieb des Werkes in größeren Mengen von Werkstücken müsse dem Urheber vorbehalten bleiben, vgl. Begründung des Entwurfes von 1934, S. 110, J52/5, Blatt 2792; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S.743 (840). 20 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1934 S. 153, J 52/5, Blatt 2835; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S.743 (864).

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kommen zu lassen. Neben dieser auf die Interessen Einzelner zielende Erwägung war in der Begründung auch der Umstand genannt, daß große Teile der gewerblichen Kreise in Deutschland die Verlängerung auf 50 Jahre verlangt hätten.21 Auch könne die Tatsache, daß fast in der ganzen Welt, mit geringen Ausnahmen, die 50jährige Schutzfrist gelte, nicht übersehen werden. Entscheidend für die Schutzdauerfrage müsse aber letztlich sein, daß Werke die nach 30 oder 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers noch lebenskräftig seien, fast stets Schöpfungen von bleibender nationaler Bedeutung darstellen würden und daß die Mittel, die aus einer Verlängerung der Schutzdauerfließen, in aller Regel auch zur Erhaltung und Förderung solcher Werke notwendig seien. Man brauche nur an die Fälle Richard Wagner oder Nietzsche zu denken.22 Neu eingefügt war in dem anschließenden sechsten Abschnitt über angrenzende Rechtsgebiete eine Bestimmung betreffend die Erhaltung von Werken allgemeiner Bedeutung. Dieser § 53 sah vor, daß Werke, die eine allgemeine Bedeutung für die Kunst, die Bildung oder die Erbauung hatten, nach dem Tod des Urhebers nicht derart bearbeitet oder sonst verwertet werden durften, daß dies offenbar ihr Ansehen oder ihren Wert beeinträchtigen würde. 23 Den Körperschaften des öffentlichen Rechts, denen die Pflege der literarischen, musikalischen oder künstlerischen Interessen oblag, stand nach dem Tod des Urhebers solcher Werke, wenn kein Rechtsnachfolger des Urhebers vorhanden war oder dieser Einschreiten unterließ, das zeitlich unbeschränkte Recht zu, gegen jeden Zuwiderhandelnden auf Unterlassung zu klagen.24 Des weiteren enthielt dieser sechste Abschnitt die bereits bekannten Vorschriften über den Titelschutz (§ 54), über den Schutz des ausübenden Künstlers (§§ 55-57) über die Rechte an Briefen und am eigenen Bild (§§ 61-63) sowie unter 21 Vor allem für den Musikverlag sei die Anerkennung der 50jährigen Schutzfrist bei seiner bedrängten Wirtschaftslage geradezu zur Lebensfrage geworden, vgl. J52/5, Blatt 2835; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (865). 22 So die Begründung des Entwurfes von 1934 S. 155, J52/5, Blatt 2837f.; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (866). Die Festspiele in Bayreuth hätten in den schweren Nachkriegsjahren mit größerem Nachdruck und geringeren Schwierigkeiten durchgeführt werden können, wenn der Familie Wagner in den Jahren 1913 bis 1933 noch die Einnahmen aus dem Urheberrecht zugestanden hätten. Ebenso hätten die Aufgaben und Arbeiten des Nietzschearchivs in Weimar über das Jahr 1930 hinaus, wo die Schutzfrist für Nietzsche ablief, von der Schwester des Philosophen, Frau Förster-Nietzsche, weitergeführt werden können, wenn damals bereits eine Verlängerung der Schutzfrist eingetreten wäre. Schon damals habe man sich, gerade von nationalsozialistischer Seite, mit Nachdruck für eine Verlängerung der Schutzfrist eingesetzt. 23 Damit sollte beispielsweise verhindert werden, daß Schöpfungen klassischer Musik aus dem Rahmen, in den sie der Komponist gestellt hatte, herausgerissen und zusammen mit anderen Bruchstücken dieser Art zu einem Singspiel, einer Operette o. ä. verarbeitet werden, vgl. Begründung des Entwurfes von 1934, S. 159, J52/5, Blatt 2841; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S.743 (868). 24 War eine Klage bereits anhängig oder rechtskräftig darüber entschieden worden, so konnten gegen dieselbe Person wegen derselben Zuwiderhandlung weitere Klagen nicht erhoben werden, vgl. Begründung des Entwurfes S. 160, J52/5, Blatt 2842; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S.743 (869).

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der neu eingefügten Überschrift „Schutz gewerblicher Leistungen" die Bestimmungen über den Schutz der Lichtbilder, der Bild- und Schallvorrichtungen sowie der Rundfunksendungen (§§58-60). 25 Ohne wesentliche inhaltliche Veränderungen fanden sich in dem siebenten Abschnitt die Vorschriften über Rechtsverletzungen, wobei auch hier zwischen zivilrechtlichen Vorschriften (§§ 64-72) und strafrechtlichen Vorschriften (§§73-80) sowie einer speziellen Regelung über die Sachverständigenkammern getrennt wurde. In einem achten Abschnitt waren die Normen über den Anwendungsbereich des Gesetzes und in einem letzten neunten Abschnitt schließlich die Übergangs- und Schlußbestimmungen festgelegt. 26 Dieser Entwurf von 1934 diente im folgenden als Grundlage der Beratungen des Ausschusses für Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht. 21 Aufgabe dieses Ausschusses sollte es nach den Ausführungen des Vorsitzenden Dr : Kilpper nicht sein, die zahlreichen widerstreitenden Interessenforderungen und Wünsche in allen Einzelheiten von neuem gegeneinander abzuwägen, sondern man habe zu prüfen, „ob und inwieweit der vorliegende Entwurf mit nationalsozialistischer Rechtsauffassung des neuen Staates und seiner Organe im Einklang oder im Widerspruch steht". 1* Das Urheberrecht sei, wie der Name schon sage, ein ausgesprochenes Individualrecht, und die Entwicklung der letzten Jahrzehnte habe fortschreitend zu einer immer stärkeren Anerkennung dieses Persönlichkeitsrechtes des geistig und künstlerisch Schaffenden geführt. Diese Tatsache müsse berücksichtigt werden, wenn man sich mit der Frage befasse, wie und in welchem Umfang das Recht der Volksgemeinschaft, aus der auch der größte Künstler hervorgewachsen sei und ohne deren Erbgut er nicht denkbar wäre, dem Urheberpersönlichkeitsrecht gegen25 Dieser letztgenannte Unterabschnitt war neu in den Entwurf von 1934 eingefügt worden. Danach wurden Lichtbilder oder auf ähnliche Weise hergestellte Erzeugnisse nach den für Werke der bildenden Künste geltenden Vorschriften geschützt. Das Schutzrecht sollte dem Hersteller, bei gewerbsmäßig hergestellten Erzeugnissen dem Inhaber des Unternehmens zustehen (§ 58). An gewerbsmäßig hergestellten Bild- oder Schallvorrichtungen stand dem Inhaber des Unternehmens das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung und gewerbsmäßige Verbreitung der Vorrichtung zu (§ 59). Zuletzt waren bestimmte Rundfunksendungen nur mit Zustimmung der Reichsrundfunkgesellschaft oder der aussendenden deutschen Gesellschaft gestattet (§ 60). Vgl. dazu Entwurf des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd.IX, S.545. Bei diesen Bestimmungen handelte es sich, wenn auch nicht ausdrücklich so bezeichnet, um erste Ausgestaltungen der Leistungsschutzrechte. 26 Vgl. §§ 82 ff. des Entwurfes des Reichsjustizministeriums zu einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd.IX, S.552ff. 27 Zur Vertiefung der Beratungen vgl. Schubert y Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 556-586. Der Ausschuß für Urheber- und Verlagsrecht war bereits 1933 eingesetzt worden. Vorsitzender war der Stuttgarter Verlagsdirektor Kilpper, während des Krieges wohl RA Moser von Filseck. Zu den weiteren Mitgliedern vgl. die Angaben bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. XL. 28 Protokoll der Sitzung vom 16. und 17.02.1934, abgedruckt bei Schubert, Protokolle der Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.556.

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über zu wahren sei und gewahrt werden könne. Angesprochen wurde auch die Frage der Schutzfrist, die im Ergebnis aber durch das Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen im Urheberrecht vom 13.12.193430 dahingehend entschieden wurde, die bislang geltende 30jährige Schutzfrist durch eine 50jährige Schutzfrist zu ersetzen.31 Daneben ging es um die Überlegung, wie die Reichskulturkammer in den Entwurf eingebaut werden könne.32 Der Vertreter des Propagandaministeriums trug dazu die zunächst noch unverbindlichen Vorschläge und Anregungen der Reichskulturkammer vor. Diese sollte danach in dem künftigen Urheberrechtsgesetz die Aufgabe haben, bei der Fortbildung des Urheberrechts, insbesondere im Hinblick auf die Vervielfältigungs- und Verbreitungsmöglichkeiten, mitzuwirken. Auch sollte ihr als Vertreterin des öffentlichen Interesses, insbesondere die Teilnahme an Zivil- und Strafprozessen, durch die Entsendung von Vertretern ermöglicht werden, was der Ausschuß allerdings nur bezüglich der Zivilprozesse billigte. 33 Weiterhin wollte der Vertreter des Propagandaministeriums der Reichskulturkammer einen maßgeblichen Einfluß bei Ernennung der zur Abgabe von Sachverständigengutachten berufenen Stellen sowie bei Maßnahmen und Eingriffen zum Schutz national wertvoller Werke vor Verschandelung und Verstümmelung einräumen. 34 Eine solche Ernennung der Mitglieder der Sachverständigenkammern wurde seitens des Ausschusses zwar als zweckmäßig anerkannt, jedoch sollten hierbei auch Vertreter des wissenschaftlichen Schrifttums berücksichtigt werden. 35 Insgesamt war sich der Ausschuß darüber einig, daß die Wahrung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung national wertvoller Werke der Reichskulturkammer, und 29

Im einzelnen vgl. Protokoll der Sitzung vom 16./17.02.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 556-580. 30 RGBl. II, S. 1395. 31 Bemerkenswert ist, daß sich de Boor während der Beratungen des Ausschusses noch vehement für die 30jährige Schutzfrist einsetzte, vgl. Protokoll der Sitzung am 16./17.02.1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 561. 32 Bericht über die Sitzung vom 21.02.1935, Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. DC, S. 583 f. 33 Vgl. dazu auch den Kurzbericht von Kilpper über die Reform des Urheberrechts von 1935 bei Schubert, Protokolle der Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 588. In Strafprozessen wurde ein weiterer Vertreter des öffentlichen Interesses neben dem Staatsanwalt für entbehrlich gehalten. 34 Weiterhin wollte das Propagandaministerium urheberrechtliche Prozesse durch die Einsetzung von Schiedsgerichten verhindern und den Ausgleich von öffentlichen und privaten Interessen fördern, vgl. Kurzbericht von Kilpper über die Reform des Urheberrechts von 1935 bei Schubert, Protokolle der Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.588. Daß ein Schiedsgericht der Reichskulturkammer als eine Art Sondergericht unter Ausschaltung der ordentlichen Gerichte tätig werde, hielt der Ausschuß im Ergebnis allerdings für bedenklich, da eine solche „Abschnürung" einer einzelnen Rechtsmaterie mit dem Totalitätsanspruch, der auch im derzeitigen Staat für die Rechtsprechung gelte, nicht zu vereinbaren sei. 35 Kurzbericht von Kilpper über die Reform des Urheberrechts von 1935 bei Schubert, Protokolle der Akademie für Deutsches Recht, Bd.IX, S.588.

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zwar nach dem Tod des Urhebers zeitlich unbeschränkt, notfalls auch gegen die Erben zustehen sollte. Er konnte sich jedoch nicht entschließen, der Reichskulturkammer auch ein Einspruchsrecht gegen den lebenden Urheber einzuräumen.

C. Der Entwurf des Fachausschusses für Urheberund Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht von 19391 Als Ergebnis der Beratungen wurde 1939 der Entwurf des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht unter dem Titel „Die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts" veröffentlicht. Während die prozessualen Bestimmungen fast unverändert gegenüber dem früheren Entwurf blieben und die strafrechtlichen Bestimmungen noch mit Rücksicht auf das damals in Aussicht stehende Strafgesetzbuch zurückgestellt wurden, erkennt man in dem Entwurf neben der Beibehaltung großer grundsätzlicher Teile des Entwurfes von 1932 doch mancherlei Neuerungen2, die der Vollständigkeit wegen kurz erwähnt werden sollen. Als Fortschritt erscheint zunächst die neu formulierte gesetzliche Begriffsbestimmung des Werkes in § 1 des Entwurfes von 1939.3 Werke waren danach in Form einer allgemeingültigen Definition festgelegt als „Schöpfungen eigenpersönlicher Prägung auf dem Gebiete der Literatur und der Kunst". Dadurch wurde mit Nachdruck betont, daß nur dann ein Werk im Sinne des Gesetze vorliegen sollte, wenn die Voraussetzungen dieser Begriffsbestimmung erfüllt waren, gleichgültig um welche Art von Werk es sich handelte.4 Während der Entwurf von 1932 wie auch die beiden Überarbeitungen von 1933 und 1934 im Anschluß an das geltende Recht und im Interesse der Rechtssicherheit die einzelnen Arten von Werken erschöpfend aufzählte und lediglich soweit erforderlich durch Beispiele veranschaulichte5, machte der Entwurf von 1939 den Versuch, den Katalog der geschützten Werke bei Zugrundelegung dieser Begriffsbestimmung nur zu einer Aufzählung von Beispielen zu gestalten.6 Durch diesen Katalog wurde die Anerkennung des Urheberrechtschutzes für andere Kategorien von Werken zugelassen.7 1 2 3 4 5 6 7

Im folgenden bezeichnet als Entwurf von 1939. Elster in Dt. Gemein- und Wirtschaftsrecht 1939, S. 132 (132). Vgl. Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1222). Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1222). Vgl. Darstellung oben im ersten Kapitel unter Α., Β. Vgl. Runge, S.418. Vgl. BegründungS. 40.

1. Kap., C. Der Entwurf des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht

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In Übereinstimmung mit dem Entwurf von 1932 war dann festgelegt, daß Rechtsträger des Urheberrechts nur derjenige sein konnte, der das Werk geschaffen hatte.8 Dies ergab sich bereits aus der Erkenntnis, daß der Schutz des Werkes in seiner eigenpersönlichen Prägung eine unlösbare Beziehung des Werkes zu dem Urheber verlangt, die nur gewährleistet ist, wenn er selbst als Rechtsträger anerkannt wird. 9 Ausgehend von dieser Überlegung sah man aber die Notwendigkeit, Sonderbestimmungen für den Tonfilm zu normieren. Die Frage nach der Urheberschaft am Film war zu diesem Zeitpunkt eines der umstrittensten urheberrechtlichen Probleme, wobei die Mehrheit der Meinungen, insbesondere der Praktiker, dahin ging, dem Filmhersteller das Urheberrecht am Werke zuzusprechen.10 Trotzdem erschien es den Verfassern des Entwurfes von 1939 letztendlich nicht angängig, das Urheberrecht am Film von Gesetzes wegen dem Filmuntemehmer zuzuerkennen11, weil damit der dem Entwurf von 1939 zugrunde liegende Grundsatz durchbrochen würde, daß das Urheberrecht seinem Wesen nach nur ein Recht desjenigen sein konnte, der das Werk geschaffen hatte.12 Daher sollte nach § 19 b des Entwurfes von 1939 der Hersteller eines Filmwerkes mit dessen Herstellung lediglich die den Urhebern des Filmwerkes zustehenden ausschließlichen Rechte erhalten, die zur Verwertung des Filmes notwendig waren, wobei diese Rechte im einzelnen aufgezählt wurden. Damit wurde also bewußt auf eine gesetzgeberische Lösung der Frage nach dem Urheber des Filmwerkes verzichtet, sondern dieses den Umständen des Einzelfalles überlassen. Die Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechtes entsprachen grundsätzlich der Fassung von 1934. Das Urheberpersönlichkeitsrecht, gekennzeichnet durch die Gesichtspunkte der Urheberehre und Werktreue, bildete zusammen mit den eine wirtschaftliche Verwertung des Werkes gestattenden ausschließlichen Werknutzungsrechten nur eine Ausstrahlung eines einheitlichen Urheberrechtes. 13 Trotz dieser in § 10 des Entwurfes zum Ausdruck kommenden Einheit des Rechts erschien es aus Gründen der gesetzlichen Klarheit geboten, die wichtigsten Grundsätze des Schutzes der Urheberehre einerseits und die wichtigsten Zweige des Verwertungsrechtes andererseits in getrennten Paragraphen 14 aufzuzählen. 15 Ebenso übernommen wurde der Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechtes. § 16 des Entwurfes in der vom Ausschuß vorgelegten Fassung sah daher einen Übergang des Ur8 So wurde in § 5 des Entwurfes von 1939 der Grundsatz festgelegt: „Wer das Werk geschaffen hat, ist Träger des Urheberrechts (Urheber)". Daraus folgte auch entsprechend dem Entwurf von 1932, daß es ein originäres Urheberrecht juristischer Personen für das deutsche Recht nicht geben konnte. 9 Begründung S.40. 10 Vgl. Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1222). 11 So noch der Vorschlag des vorherigen Entwurfes in der Fassung von 1934. 12 Vgl. Begründung S.48. 13 Vgl. Begründung S.41. 14 So geschehen in § 10 a und § 11 des Entwurfes von 1939. 15 Begründung S.41.

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heberrechtes nur im Falle des Todes des Urhebers vor, da in diesem Fall die Person des Urhebers als Rechtsträger nicht mehr zur Verfügung stehen konnte und ein anderer an seine Stelle treten mußte, um über den Schutz der eigenpersönlichen Beziehungen zwischen Werk und Urheber zu wachen.16 An die Stelle der Übertragung des Urheberrechtes setzte der Entwurf die Rechtsgebilde des Werknutzungsrechtes und der Werknutzungsbewilligung. 17 Dadurch konnte der Urheber einem anderen das ausschließliche Recht erteilen, das Werk auf einzelne oder alle Werknutzungsarten zu nutzen (Werknutzungsrecht) oder er konnte in Form einer Werknutzungsbewilligung dem anderen diese Nutzung lediglich gestatten.18 Demgegenüber wurde das von dem Entwurf von 1932 vorgeschlagene und bereits in der überarbeiteten Fassung von 1934 gestrichene Recht auf Teilnahme am Erlös späterer Veräußerungen eines Werkes bei öffentlichen Verkäufen (entsprechend dem französischen „droit de suite"), das einem Urheber von Originalwerken der bildenden Künste zustehen sollte, nicht beibehalten. Statt dessen übernahm der Entwurf von 1939 den in dem Entwurf von 1934 ausgearbeiteten Gedanken, daß bei Werken von allgemeiner Bedeutung der Schutz solcher Werke nach dem Tode des Urhebers einem Organ des Staates oder einer kulturellen Organisation anvertraut werden sollte. Dementsprechend enthielt § 53 a (unter Wahrung der wirtschaftlichen Interessen der Erben) die Bestimmung, daß diese ein nachgelassenes Werk auf Anordnung dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda vorlegen mußten. Der Reichsminister konnte dann eine Veröffentlichung anordnen, wenn die Prüfung ergab, daß das Werk von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur war, und daß die Urheberehre durch die Veröffentlichung nicht beeinträchtigt wurde. 19 Eine weitgehende Übereinstimmung zwischen den Entwürfen von 1932, 1934 und 1939 bestand auch bezüglich der Schutzbestimmungen auf angrenzenden, unter dem Gesichtspunkt des Leistungsschutzes zusammengefaßten Rechtsgebieten.20 Auch hier schien es wieder wünschenswert, daß gewisse Leistungen, die zwar nicht formschaffender und daher nicht urheberrechtlich bedeutsamer Art waren, jedoch gewisse Verkehrswerte besaßen, die sich entweder aus dem höchstpersönlichen Charakter dieser Leistung oder durch die enge Verbindung hochwertiger technischer und künstlerischer Leistungen bei der Wiedergabe von Leistungen erklärten, einen Sonderschutz erhielten. 21 Die wichtigste Änderung in diesem Bereich zu dem Entwurf von 1932 und auch zu der Fassung von 1934 ergab sich aus der Streichung der Bestimmung über den Titelschutz, der in Abweichung von der Entwicklung der Rechtsprechung des Reichsgerichtes mit ihrer teilweisen Anerkennung des urheberschutzfähigen Titels vollständig in den Bereich des Wettbewerbsrechts verwiesen 16 17 18 19 20 21

Begründung S.42. Vgl. zur Vertiefung auch Hoffmann in DR in V. m. 1939, S. 1221 (1223). Vgl. Begründung S.42. Begründung S. 44. Vgl. Runge S. 419. Hoffmann in DR in V.m. JW 1939, S. 1221 (1223).

2. Kap., Α. Gründe für die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Urheberrechtes

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werden sollte. 2 2 Die Dauer der Schutzfrist wurde auf 50 Jahre nach dem Tode des Urhebers festgesetzt. 23 2. Kapitel

Die Urheberrechtsreform von 1949 bis 1965 Nach dem vorangegangenen Überblick über den Stand der Urheberrechtsreform in Deutschland vor dem Beginn des zweiten Weltkrieges soll nun in einem weiteren Kapitel die Darstellung über den Gang der Urheberrechtsreform von 1949 bis 1965 erfolgen. Auch nach Beendigung des Krieges i m M a i 1945 blieben die bestehenden Gesetze K U G und L U G weiterhin in Kraft, so daß sich die gesetzliche Grundlage des Urheberrechtes in Deutschland, mit Ausnahme der Novelle von 1910 und dem Gesetz zur Verlängerung der Schutzfrist von 1934, immer noch auf dem Stand von 1901 und 1907 befand.

A. Gründe für die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Urheberrechtes Standen unmittelbar nach Kriegsende in der Phase des Wiederaufbaus zunächst die Probleme der Wohnraum-, Flüchtlings- und Ernährungslage i m Vordergrund 1 , kamen erste Anregungen zur Fortsetzung der bereits vor dem Krieg begonnenen Ur22

Vgl. BegründungS.57. Vgl. Begründung S. 56. Damit wurde der Vorgabe des Gesetzes zur Verlängerung der Schutzfristen vom 13.12.1934 (RGBl.1934II, S. 1395) entsprochen, vgl. unten 2. Teil der Arbeit unter C.I.2. 1 Nach der militärischen Niederlage und der bedingungslosen Kapitulation des deutschen Reiches im Mai 1945 litten Land und Gesellschaft noch an den sozialen und wirtschaftlichen Deformationen, die aus den 12 Jahren nationalsozialistischer Herrschaft, aus den Kriegs- und Nachkriegsereignissen resultierten. Unter den 47,4 Millionen Einwohnern, die die Bundesrepublik Deutschland bei ihrem Neubeginn im September 1949 zählte, befanden sich über 8 Millionen Heimatvertriebene und Flüchtlinge (vgl. Overesch I, S. 14 mit Übersichten auf S. 57 und S.299f.). Die gesellschaftliche Integration dieser Heimatvertriebenen, ihre Eingliederung in den Arbeitsprozeß und vor allem die Versorgung mit Wohnraum war eine der ersten und vordringlichsten Aufgaben, die die Bundesregierung zu bewältigen hatte. Als wirtschaftliches Problem stellte sich die Demontage von Industrieanlagen durch die Besatzungsmächte dar (Kabinettsprotokolle der Bundesregierung 1949, vgl. 2. Kabinettssitzung am 20.09.1949 TOP 4). Der anhaltende Abtransport von Produktionsmitteln aus der Bundesrepublik drohte die Existenzbedingungen vieler noch zu verschlechtem. Im Vordergrund der deutschen Innenpolitik der Nachkriegszeit mußte also zunächst die wirtschaftliche und soziale Neuordnung Deutschlands stehen (vgl. zur Vertiefung Birke S. 346-362). Urheberrechtliche Fragen stellten sich zwar schon bei dem Wiederaufbau von zerstörten Gebäuden, diese konnten allerdings anhand der damals geltenden Vorschriften des KUG noch interessengerecht und dem damaligen Wirtschaftsleben entsprechend zufriedenstellend gelöst werden, vgl. dazu Nipperdey in DRZ 1946 (Heft 5), S. 133-136. 23

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

heberrechtsreform erst gegen Ende des Jahres 1949 und dann im Jahre 1950 auf. 2 Vor allem sah man sich mit den technischen Neuerungen konfrontiert, die seit Bestehen der geltenden Gesetze entwickelt worden waren.3 Dazu gehörten insbesondere Hör- und Bildfunk, Lautsprecher, Magnetophon (Tonbandgerät) und Mikrografie (Abkürzung für Mikrofotografie, also das fotografische Aufnehmen mit Hilfe eines Mikroskops). Diese Erfindungen hatten in einem ungeahnten Maße zur Mechanisierung der Auswertung der Werke geführt und damit einen erheblichen Einfluß auf die urheberrechtlichen Verwertungsmöglichkeiten genommen.4 Man erkannte, daß die diesen technischen Neuerungen entsprechenden Verwertungsbefugnisse notwendig den Urhebern zustehen sollten.5 Das damals geltende Recht enthielt bislang beispielsweise keine Regelung, in der die Rechtsfolgen aus der Übertragung einer Aufführung oder Vorführung durch Lautsprecher oder Bildfunk nach einem außerhalb des Veranstaltungsraumes gelegenen anderen Raum festgelegt waren. Es mußte also über die Einführung und Ausgestaltung eines möglichen Senderechts nachgedacht werden. Auf dem Gebiet der Vervielfältigung literarischer Werke hatte sich die neue Erfindung der Mikrografie stark entwickelt.6 Der große Mangel an Büchereien infolge der Kriegszerstörungen und vor allem der Verlust wertvoller Bibliotheken begünstigten die Entwicklung dieser Erfindung insbesondere in den Nachkriegsjahren. 7 Dabei stellte sich unter anderem die Frage, ob der Ausnahmetatbestand des § 15 Abs. 2 LUG, der eine Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch erlaubte, auch anwendbar sein sollte, wenn ein gewerbsmäßig tätiges MikrografieUnternehmen auf Bestellung geschützte Werke zum persönlichen Gebrauch der Besteller vervielfältigte. Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 LUG wurde nicht verlangt, daß der Interessent die Vervielfältigung selbst herstellt. Er konnte sich dazu vielmehr auch der Hilfe eines Dritten bedienen. Damit war der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 LUG eröffnet und die Herstellung von Mikrofoten durch gewerbliche Unternehmen auch ohne jegliche Zustimmung des Urhebers oder eine Vergütungspflicht erlaubt. Ein Entgelt, welches möglicherweise dem Unternehmen für die Arbeitsleistung gezahlt wurde, stellte nach der ständigen Rechtsprechung keine „aus dem Werk erzielte Einnahme" dar und stand damit einer Anwendung des § 15 Abs. 2 LUG nicht ent2 Der erste Aktenband des BMJ mit Material zur Urheberrechtsreform (B141/2536) umfaßt den Zeitraum vom 01.06.1950 bis zum 31.12.1953. Dabei handelt es sich um Eingaben und Anfragen, die derzeit an das BMJ im Hinblick auf eine bevorstehende Urheberrechtsreform gerichtet wurden. 3 Vgl. von Erffa in GRUR 1951, S. 226 (226). 4 Vgl. von Εφ in JR 1951, S., 310 (311). 5 Von Erffa in JR 1951, S. 310 (311); so auch Möhring in NJW 1951, S. 742 (743) zur Entwicklung der Tonträger: „Damit ist nochmals zu Ausdruck gebracht, daß jede technische Neuerung dem Urheber zugute kommt, wie dies auch in ständiger Rechtsprechung anerkannt ist." 6 Zur Vertiefung der sich daraus ergebenen Rechtsbeziehungen zwischen Autoren und Verleger seien an dieser Stelle erwähnt: Tetzner in SJZ 1949, S. 179ff.; Reimer in GRUR 1948, S. 98 ff. und auch Reimer in JR 1947, S. 17 ff. 7 Von Erffa in GRUR 1951, S.226 (226).

2. Kap., Α. Gründe für die Notwendigkeit einer Neugestaltung des Urheberrechtes

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gegen. Dieses schwerlich vertretbare Ergebnis bedurfte einer Korrektur, welche die wissenschaftlichen Forderungen der Allgemeinheit einerseits, aber auch den Schutz des Rechtsinhabers andererseits zu berücksichtigen hatte. Ungeklärt war zu diesem Zeitpunkt auch die Frage nach dem Wesen des Urheberrechts. Die geltenden deutschen Gesetze beruhten noch auf der Auffassung, daß das Urheberrecht ein Vermögensrecht sei, aus welchem sich die Befugnis des Schöpfers zur Verwertung seines Werkes ableitete.9 Als Vermögensrecht war das Urheberrecht Gegenstand des Rechtsverkehrs und konnte daher übertragen werden. 10 Mittlerweile hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß das Urheberrecht auch der Tatsache gerecht werden müsse, daß das geistige und künstlerische Eigentum mit seinem Schöpfer unlösbar verbunden sei, weil es Ausdruck seiner Gedanken in der von ihm gegebenen Form sei. Ausgehend davon, daß das Urheberrecht ein Persönlichkeitsrecht 11 sei, entwickelte sich die Lehre, wonach das Urheberrecht sowohl vermögensrechtlicher als auch persönlichkeitsrechtlicher Art sei.12 Dabei herrschte die Ansicht vor, daß die Persönlichkeits- und vermögensrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts so eng miteinander verflochten und verbunden seien, daß das Urheberrecht nur als ein einheitliches Recht aufgefaßt werden könne.13 Diese neue Sichtweise von der Rechtsnatur des Urheberrechts mußte in den Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechts zum Ausdruck kommen und machte auch hier eine Neugestaltung der gesetzlichen Regelung erforderlich. Daneben enthielt das geltende Recht bislang keine begriffliche Darstellung der schutzfähigen Werke, sondern nur Werkkataloge, § 1 LUG, §§ 1 und 2 KUG. Dadurch wurden die Grenzen zwischen der dem Urheberrecht unterliegenden schöpferischen Leistung und der nur wiedergebenden künstlerischen Leistung verwischt. 14 Entsprechend der Neuregelung über das Wesen des Urheberrechts mußte also auch der Gegenstand des Urheberrechts neu abgegrenzt werden: Werke der Literatur und Kunst, also Schöpfungen, die in einer besonderen Formgebung Ausdruck gefunden hatten, waren Gegenstand des Urheberrechts. An Vorführungen und Aufführungen, die nur die Schöpfungen anderer wiedergaben, konnte dagegen kein Urheberrecht 8

Von Erffa in GRUR 1951, S. 226 (226) und auch von Erffa in JR 1951, S. 310 (311). Vgl. von Erffa in JR 1951, S.310 (310). 10 § 8 LUG und § 10 KUG sahen ausdrücklich vor, daß das Urheberrecht übertragbar war. 11 Von Gierke , Dt. Privatrecht Bd. I § 85 III (S. 756): „Das Urheberrecht ist ein Persönlichkeitsrecht, dessen Gegenstand ein Geisteswerk als Bestandteil der eigenen Persönlichkeitssphäre bildet." 12 Vgl. bereits die Umsetzung dieser Lehre in den Entwürfen des Reichsjustizministeriums von 1932, bzw. in der Fassung von 1933 und der Akademie für Deutsches Recht von 1939, dargestellt im ersten Kapitel unter C. 13 Monistische Lehre im Gegensatz zu der dualistischen Theorie, die davon ausging, daß Urheberpersönlichkeitsrecht und Verwertungsrecht voneinander getrennte Bestandteile bildeten und das Urheberrecht daher ein Doppelrecht sei. Zur Vertiefung der monistischen Lehre sei statt aller genannt Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, § 14, S. 66 ff. 14 Von Erffa in JR 1951, S. 310 (313). 9

4 Maracke

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965 15

bestehen. Diese Art der Darstellung sollte zwar nicht schutzlos bleiben, jedoch mußte der ihnen zu gewährende Leistungsschutz gesondert vom Urheberrecht und damit neuartig gesetzlich geregelt werden. Durch diese Neuerkenntnis von Wesen und Gegenstand des Urheberrechts mußte schließlich auch die Frage nach dem Träger des Urheberrechts neu beantwortet werden. Da Gegenstand des Rechts die Schöpfung war und das Urheberrecht den Schutz der persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk sowie sein Recht zur Verwertung des Werkes umschließen sollte, konnte das Urheberrecht nur in der Person dessen entstehen, der das Werk erschaffen hatte. Schöpfer des Werkes konnte folglich nur eine natürliche Person sein.16 Das Urheberrecht einer juristischen Person, auch eine gesetzliche Fiktion, wie sie § 3 LUG für die juristische Person des öffentlichen Rechts bislang unter bestimmten Voraussetzungen ermöglichte, war daher nicht mehr denkbar. All diese wissenschaftlichen Auseinandersetzungen führten dazu, daß die geltenden Gesetze den gestellten Anforderungen nicht mehr gerecht werden konnten. Eine Neugestaltung erschien daher immer dringlicher. Schließlich war eine Urheberrechtsreform in den Nachkriegsjahren schon allein deshalb notwendig geworden, da die Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) am 26.06.1948 in Brüssel erneut abgeändert wurde. Für Deutschland als Mitglied der RBÜ war es daher unumgänglich, diese neu getroffenen Bestimmungen zu übernehmen, um die RBÜ in der Brüsseler Fassung ratifizieren zu können.17 Es zeigte sich also in aller Deutlichkeit, daß die Wiederaufnahme und Fortsetzung der bereits vor dem Krieg angestrebten Urheberrechtsreform unumgänglich war.

15

Vgl. dazu von Erffa in JR 1951, S. 310 (313). Von Erffa in JR 1951, S. 310 (314). 17 Vgl. von Erffa in JR 1951, S. 310 (312). Zur inhaltlichen Vertiefung der Brüsseler Fassung sei an dieser Stelle insbesondere auf den ausführlichen Beitrag von Baum, der als Berichterstatter bei den Verhandlungen in Brüssel zugegen war, in GRUR 1949 S. 1-62 (Die Brüsseler Konferenz zur Revision der Revidierten Berner Übereinkunft - Erlebnis und Ergebnis) verwiesen und auch auf die Beiträge von Goldbaum in GRUR 1950, S. 405 ff.; Runge in MDR 1949, S. 96 ff. und auch Ulmer in SJZ, S. 439 ff. (insbesondere S.443 ff.). Im Zusammenhang mit der Berner Übereinkunft als ein Zusammenschluß von Verbandsländern stellte sich auch die Frage nach dem urheberrechtlichen Verhältnis zu Ostdeutschland. Nach Ansicht des BMJ „dürfte jedoch im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und dem sowjetischen Besatzungsgebiet diese Frage keine entscheidende Bedeutung haben; denn in beiden Gebieten ist-jedenfalls zur Zeit noch - ein einheitliches Urheberrecht in Kraft. Ein im sowjetischen Besatzungsgebiet veröffentlichtes Werk gilt auch für die Bundesrepublik als im Inland erschienen... Im übrigen vertritt die Bundesregierung den Standpunkt, daß Deutschland in seiner Gesamtheit Mitglied der Berner Übereinkunft geblieben ist.... Bei der ungeklärten staatsrechtlichen Stellung Deutschlands erscheint es jedoch zur Zeit noch nicht zweckmäßig, in eine Erörterung dieser Frage mit dem Internationalen Büro zu treten." (B141/2543 B1.028f.). 16

2. Kap., Β. Eingaben und Anregungen zur Urheberrechtsreform

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B. Eingaben und Anregungen zur Urheberrechtsreform Ursprünglich wurde die Forderung nach einer Weiterführung der Reform des Urheberrechts von außen an die Politik herangetragen. Dem Bayerischen Landtag lag bereits im Februar des Jahres 19491 ein Schreiben des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller e.V. mit dem Titel „Denkschrift über die Abgabepflicht der Leihbibliotheken" vor. Darin wurde beantragt, daß in Zukunft für alle gewerbsmäßig verliehenen Bücher eine Abgabe an eine Kulturkasse entrichtet werden sollte.2 Aufgrund der Zuständigkeit des BMJ 3 wurde diese Denkschrift nebst Ergänzung dorthin überwiesen und dann erst am 15.03.1950 bearbeitet.4 In dem Antwortschreiben seitens des BMJ an den Schutzverband Deutscher Schriftsteller vom 15.03.1950 hieß es: „Ihre Denkschrift über die Abgabepflicht der Leihbibliotheken nebst Ergänzung dazu ist an mich weitergeleitet worden, da die Angelegenheit nach Art. 73 Nr. 9 des Grundgesetzes zur ausschließlichen Bundesgesetzgebung gehört. Ihr Vorschlag, das gewerbsmäßige Vermieten von Büchern unter die Werknutzungsrechte aufzunehmen, wird bei der beabsichtigten Urheberrechtsreform geprüft werden." Zu diesem Zeitpunkt im Frühjahr 1950 mußte die Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ also bereits festgestanden haben. Ebenfalls von dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller wurde eine zweite Denkschrift über eine Änderung des Urheberrechtes vom 07.03.1949 auch wieder bei dem Bayerischen Landtag eingereicht.5 Unter Bezugnahme auf das bis dahin unbeantwortet gebliebene Schreiben vom Februar über die Abgabepflicht der Leihbibliotheken, regte der Verband an, einen Ausschuß innerhalb des Bayerischen Landtages zu bilden, welcher aus Abgeordneten aller Parteien und Vertretern des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, des Berufsverbandes Deutscher Komponisten und des Fachverbandes Bayerischer Verleger bestehen sollte. In diesem Ausschuß 1

Β 141/2543 B1.015 mit Eingangsstempel vom 07.02.1949. Bemerkt wurde dabei auch, daß diese geforderte Abgabe der Leihbibliotheken an die Kulturkasse sich wesentlich von der Kulturabgabe unterscheiden soll. Letztere stelle eine Steuer dar, die nach dem Willen derer, die sie befürworten, vor allem Kinos und Sportveranstaltungen zugunsten der notleidenden Schauspieler, Maler, Musiker, Schriftsteller und Architekten auferlegt werden soll. Die Einführung der Autorenabgabe der Leihbibliotheken dagegen bedeute lediglich „die Beseitigung einer bislang gesetzlich sanktionierten Benachteiligung der Schriftsteller, also die Beseitigung eines Unrechts". Nachträglich wurde die Denkschrift auf Anregung eines Schriftstellers noch durch Schreiben des Präsidenten Friedrich Märker vom 19.02.1949 ergänzt, vgl. Β141/2543 B1.017. Die Ergänzung enthielt eine Auseinandersetzung mit der juristischen Konstruktion der Forderung nach einer Abgabepflicht der Leihbüchereien. 2

3 Gemäß Art. 73 Nr. 9 des GG gehört die Angelegenheit der Urheberrechtsreform zur ausschließlichen Bundesgesetzgebung, innerhalb des Bundes gehörte die Ausarbeitung entsprechender gesetzlicher Vorschriften zu dem Aufgabenbereich des Bundesministeriums der Justiz. 4 Β141/2543 B1.014: Eingangsstempel des BMJ vom 08.03.1950. Dies erklärt auch das Erscheinen dieses Schriftwechsels in dem zeitlich später einzuordnenden Aktenband Β141/2543. 5 Β141/2618 Bl. 048.

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sollten dann die in dem Schreiben gestellten Anträge 6 besprochen werden. Auch dieses Schreiben wurde zuständigkeitshalber an das BMJ weitergeleitet und dort erst wesentlich später bearbeitet.7 Die Angabe des Datums dieser beiden Schriftwechsel zeigte aber, daß schon unmittelbar nach Kriegsende einzelne Forderungen seitens der Urheber und ihrer Interessenverbände nach einer Neuerung des Urheberrechtes gestellt wurden. Die zeitlich gesehen erste Anfrage, die dem BMJ direkt zuging, erfolgte dann nicht durch einen Interessenverband, sondern von Seiten der Wissenschaft. So erkundigte sich Prof. Ulmer bereits am 21.10.1949 zur Vervollständigung seiner Darstellung des Urheber- und Verlagsrechts nach dem Stand beziehungsweise nach der Wiederaufnahme der Reformarbeiten an dem Urheberrecht durch das BMJ 8 : „Ich arbeite zur Zeit an einer größeren Darstellung des Urheber- und Verlagsrechts, die voraussichtlich im Frühjahr nächsten Jahres erscheinen wird. Die Darstellung des geltenden Rechts kann natürlich nur unter fortlaufender Bezugnahme auf die Reformarbeiten erfolgen. Es wäre daher sehr wertvoll zu wissen, ob die Reformarbeiten am Urheberrecht seitens des Ministeriums bereits wieder aufgenommen worden sind und mit welcher Zeitdauer Sie ungefähr rechnen... Die Reform ist ja sicherlich, insbesondere auch im Hinblick auf die Berner Konvention dringend. Andererseits wird wohl die Schwierigkeit der Materie und die Lösung wichtiger Interessenkonflikte, die die Reform bringen soll, dazu führen, daß mit einer längeren Zeitspanne gerechnet werden muß..." Daraufhin teilte das BMJ durch Schreiben vom 24.10.1949 mit, daß bislang noch keine offizielle Anregung zur Aufnahme der Reformarbeiten auf dem Gebiet des Urheberrechtes vorliege. 9 Aber es wurde auch zu erkennen gegeben, daß das Justizministerium einer derartigen Anregung nicht ablehnend gegenüberste6 Β141/2618 B1.049. Im wesentlichen wurden vom Schutzverband Deutscher Schriftsteller die folgenden Anträge gestellt: Es sollte eine Urheber-Nachfolge-Gebühr eingeführt werden, welche in Höhe von ca. 4 Prozent an eine Kulturkasse zu entrichten sei. Von einigen Büchern wie etwa Bibel, Gebetbücher, Volkslieder, Staatshaushalt sollte keine solche Gebühr entrichtet werden. Die auf diese Art und Weise eingerichtete Kulturkasse sollte der Unterstützung und Altersversorgung von Musikern und Schriftstellern dienen, und zwar vor allem von Musikern und Schriftstellern, „die nicht dem Markt, sondern der Kultur dienen und dienten". Es folgten dann noch weitere Anregungen wie und durch wen diese Kulturkasse zu verwalten sei. Man stellte sich vor, daß zu diesem Zweck ein Gremium gebildet werden sollte, das sich zusammensetzte aus Vertretern der verschiedenen Interessenverbände, des Kultusministeriums sowie der Akademie der schönen Künste und der Akademie der Wissenschaften. Dann wurde als letztes Ziel des Antrages benannt, daß in allen der Berner Konvention angeschlossenen Ländern eine solche Urhebernachfolgegebühr erhoben wird. Schließlich wurde auch hier bemerkt, daß die beschriebene Urhebernachfolgegebühr sich von der Kulturabgabe, welche eben eine Art Steuer darstelle, zu unterscheiden sei. 7 Dieser Schriftwechsel ist erst in dem Aktenband Β141/2618 (dort B1.047ff.) zu finden, in welchem Material zu einzelnen Themenschwerpunkten bei der Urheberrechtsreform gesammelt wurde. 8 Β 141/2543 B1.008. Schreiben Professor Ulmers vom 21.10.1949. 9 Β141/2543 B1.009. Antwortschreiben des BMJ an Professor Ulmer vom 24.10.1949: „Ich darf Ihnen auf Ihre Anfrage mitteilen, daß das Justizministerium bisher noch keine offizielle Anregung zur Aufnahme von Reformarbeiten auf dem Gebiet des Urheberrechts erhalten hat."

2. Kap., Β. Eingaben und Anregungen zur Urheberrechtsreform

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hen würde. Für den Fall, daß Reformarbeiten auf dem Gebiet des Urheberrechtes begonnen werden sollten, äußerte das BMJ die Absicht, eine Sachverständigenkomission aus den am Urheberrecht interessierten Kreisen einzuberufen. 10 Im Januar des Jahres 1950 übersandte dann Prof. Reimer 11 eine von ihm verfaßte Schrift mit dem Titel „Vergleichende Darstellung der geltenden deutschen Gesetzestexte und früherer Gesetzesentwürfe zum deutschen Urheberrecht als Grundlage für die Wiederaufnahme der Reformarbeit" 12 und schlug gleichzeitig eine Unterredung über die Frage vor, ob und wann die ersten Schritte zur Wiederaufnahme der Reformarbeit getan werden sollten.13 In einem weiteren Schriftwechsel zwischen Professor Reimer und dem BMJ wurde über die Existenz und Beschaffung der damals noch vorhandenen Entwürfe des Reichsjustizministeriums gesprochen14: „Während der von mir verwendete Entwurf vom Jahre 1932 stammt, datiert der letzte Entwurf von 1933. Meistens wird derjenige von 1932 zitiert, hin und wieder auch derjenige von 1933. Sollte es Ihnen gelingen, den Entwurf von 1933 aufzufinden, so wäre das sehr schön. Für diesen Fall würde ich bitten, mir - evtl. in Photokopie - ein Exemplar zugehen zu lassen. Ich würde dann evtl. durch eine Einlage in das Sonderheft, das ja höchst wahrscheinlich erst in ganz wenigen Exemplaren verkauft sein wird, auf den neuesten Stand von 1933 hinweisen."15 Nach diesen ersten Anfragen und Vorschlägen zur Wiederaufnahme der Reformarbeiten auf dem Gebiete des Urheberrechts begann man auch im BMJ, sich einen Überblick über den Stand der unterbrochenen Arbeiten zu verschaffen und das noch vorhandene Material zusammen zu tragen. Am 20.03.1950 übersandte Reimer separat zwei Exemplare des privaten Entwurfs von Hoffmann „Ein deutsches Urheberrechtsgesetz" aus dem Jahre 1929.16 Teilweise wurden auch die Fassungen aus10 Β 141/2543 B1.009: „Ich glaube sagen zu können, daß das Justizministerium einer derartigen Anregung nicht ablehnend gegenüberstehen würde. Für den Fall, daß Reformarbeiten auf dem Gebiet des Urheberrechts begonnen werden sollten, ist mit Sicherheit damit zu rechnen, daß das Justizministerium eine Sachverständigenkommission aus allen am Urheberrecht interessierten Kreisen, ähnlich der bisher beim Rechtsamt gebildeten Kommission für gewerblichen Rechtsschutz, einberufen wird. Die Durchführung der Arbeiten wird sicher lange Zeit in Anspruch nehmen. Ich persönlich rechne mit einer Zeitdauer von nicht unter zwei Jahren." 11 Damaliger Präsident des Deutschen Patentamtes. 12 Zunächst erschienen als Sonderheft der GRUR Januar 1950. 13 Β 141/2543 B1.010. In dem Schreiben Professor Reimers an das BMJ vom 31.01.1950 hieß es: „Vielleicht können wir uns gelegentlich darüber unterhalten, ob und wann die ersten Schritte zur Wiederaufnahme der Reformarbeit getan werden sollten". 14 Β 141/2543 BL011. 15 Als Reaktion auf diese erste Veröffentlichung zur Wiederaufnahme der Reformarbeiten nach dem Krieg erhielt Prof. Reimer unter anderem ein Schreiben des Rechtsanwaltes Richard Moser von Filseck, welches als Durchschrift an das BMJ weitergeleitet wurde. Darin regte auch Moser von Filseck an, zunächst den letzten Stand der Urheberrechtsreform vor Ausbruch des Krieges, also die aktuellste Fassung eines schon bestehenden Entwurfes aufzufinden und zu dokumentieren, vgl. Β141/2543 B1.013. 16 Β 141/2543 B1.018.

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ländischer, bereits bestehender Gesetzestexte oder dort betriebene Reformarbeiten bei dieser Materialsammlung zu Rate gezogen. Erwähnt sei an dieser Stelle das österreichische Urheberrechtsgesetz von 1936.17 Auch der interskandinavische Entwurf zum Urheberrecht von 1949 schien für die Reformarbeiten in Deutschland interessant.18 Dieser Entwurf lehnte sich wiederum wesentlich an das österreichische Gesetz von 1936 an und schützte unter anderem auch das Film werk als Werk sui generis und das Kunsthandwerk als Werk der angewandten Kunst. 19 Nicht geschützt wurden Titel, ebensowenig Berücksichtigung fanden die Werke der Photographie. Schließlich wurde auch in Skandinavien von der Einführung des droit de suite abgesehen.20 Trotz dieser, wenn auch knappen, Einsichtnahme in ausländische Rechtsordnungen zu einem neuen Urheberrechtsgesetz findet sich in der späteren Begründung zu den im BMJ ausgearbeiteten Arbeitsentwürfen keinerlei Hinweis oder Empfehlung auf eine Berücksichtigung dieser Bestimmungen. Die vorgelegten und später zur Diskussion gestellten Entwürfe des Kleinen Ausschusses der im BMJ gebildeten Sachverständigenkomission für Urheberrecht beruhten nach den schriftlichen Begründungen ausschließlich auf den vor dem Krieg bereits in Deutschland getätigten Reformarbeiten. Als Grundlage für die Ausarbeitung eines ersten Arbeitsentwurfes wurden einzig und allein die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und maßgeblich der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 herangezogen.21 Im Anschluß an diesen Schriftverkehr gingen dem BMJ dann auch erste Schreiben einzelner Interessenverbände zu. Der Deutsche Autorenverband richtete mit Schreiben vom 07.06.195022 an das BMJ „die ergebene Bitte, als Fach- und Berufsverband rechtzeitig zu den Besprechungen hinzugezogen zu werden. Soweit die Ar17

Vgl. die umfangreiche Darstellung bei Dillenz, S. 1-195. Eine Beschaffung dieses Entwurfes war aber angesichts des infolge der jüngsten Ereignisse noch angespannten Verhältnisses zu Deutschland nicht möglich. Man mußte sich daher auf private Kontakte zu einzelnen Personen berufen. In diesem Fall geschah es über Rechtsanwalt Dr. Plügge, der in Verbindung mit einem Mitarbeiter in der Civil-Gesetzgebungs-Abteilung des Schwedischen Justizministeriums stand und durch einen privaten Schriftwechsel (B141/2543 B1.020ff.) dem BMJ zumindest einen Einblick in den Stand der dortigen Reform und in dessen Zielsetzung gab. Dr. Plügge schrieb an das BMJ: „Immerhin ersieht man daraus (gemeint ist der an Dr. Plügge gerichtete Schriftsatz aus Stockholm), in welche Richtung die Fahrt gehen soll..." Daraus ergab sich, daß bereits im Jahre 1936 eine interskandinavische Kommission eingesetzt wurde mit der Aufgabe, einen für Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden gemeinschaftlichen Entwurf über ein neues und gemeinschaftliches Urheberrecht vorzulegen. Der endgültige Kommissionsentwurf wurde nach Unterbrechungen durch die Kriegsereignisse im Oktober 1949 in Kopenhagen fertiggestellt und berücksichtigte bereits die Beratungen und Ergebnisse der Brüsseler Konferenz von 1948 (vgl. Β 141/2543 Bl. 024). 19 Β141/2543 B1.024. 20 Β141/2543 B1.024. Eine umfangreichere Darstellung des Inhaltes kann aus Platzgründen hier nicht erfolgen. 21 Β 141/2551 BL 011 ff. 22 Β 141/2536 B1.011. 18

2. Kap., Β. Eingaben und Anregungen zur Urheberrechtsreform

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beit an einzelne Ausschüsse überwiesen wird, bitten w i r um beratendes Gehör in den Ausschuss-Verhandlungen." Daraus läßt sich ersehen, daß die vorangegangenen ersten Tätigkeiten auf dem Weg zu einem neuen Urheberrechtsgesetz der Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden konnten. Ebenfalls i m Juni des Jahres 1950 gab die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland ihr Interesse an der Gestaltung des Urheberrechtes wegen des Rechtsschutzes für ihre Kartenwerke bekannt. 23 Besonderer Wert wurde auch hier darauf gelegt, zur gegebenen Zeit zu den Beratungen der Fragen des Urheberrechts an Kartenwerken hinzugezogen zu werden. 2 4 M i t Schreiben vom 11.10.1950 bat die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft um Auskunft, ob beim B M J Vorbereitungen zur Novellierung des deutschen Urheberrechtes getroffen wurden und ob möglicherweise ein Bundestagsausschuß zu diesen Fragen eingesetzt wurde. 2 5 Da das B M J auf diese Anfrage zunächst nicht reagierte, wurde sie durch eine Erinnerung vom 06.11.1950 wiederholt und eine mündliche Besprechung erbeten. Als Antwort teilte das B M J am 14.11.1950 mit, daß eine Reform beabsichtigt sei. 2 6 Für mündliche Anfragen stünden die Sachbearbeiter für Urheberrecht jederzeit zur Verfügung. Welcher Ausschuß sich möglicherweise mit diesen Fragen befassen wird, sei zur Zeit aber noch nicht zu überblicken. 27 Die Rechtsabteilung der Gewerkschaft Kunst erfragte am 16.12.1950, wieweit gesetzgeberische Vorarbeiten zur Neugestaltung des Urheberrechtes und des Leistungs23

Β 141/2543 B1.030. Schreiben an das BMJ datiert vom 15.06.1950: „Die genannten Vermessungsverwaltungen haben vor zwei Jahren eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, um auf dem Gebiete des Kataster- und Vermessungswesens die Gesetzgebungs- und Verwaltungsfragen im Rahmen der einzelnen Staatsautoritäten möglichst einheitlich zu regeln. Bei diesen Fragen ist die bundesgesetzliche Gestaltung des Urheberrechtes an Kartenwerken von wesentlicher Bedeutung. Aus diesem Grunde wäre ich für eine gefällige Mitteilung dankbar, ob im Bundesjustizministerium schon Vorbereitungen zur Schaffung eines neuen Urheberrechtes in Gange sind, damit die Arbeitsgemeinschaft rechtzeitig ihre Wünsche hinsichtlich des Rechtsschutzes für die amtlichen Kartenwerke vorbringen kann." 24 Es wurde daher die Anfrage gestellt, ob eine persönliche Besprechung mit Vertretern aus dem BMJ stattfinden könnte. Eine solche Besprechung wurde dann nach mehrmaliger Terminverschiebung auf den 24.10.1950 anberaumt. Weitere Unterlagen hierzu, wie etwa Vermerke oder Protokolle finden sich in den Akten des BMJ jedoch nicht (vgl. Β141/2543 B1.034). 25 Β141/2605 B1.007: „Der Spitzenorganisation liegen Nachrichten aus Berlin darüber vor, daß dort ein Ausschuß tagt, der sich mit der Revision des gültigen deutschen Urheberrechtes befaßt. Da seitens der Filmwirtschaft ein dringendes Interesse daran besteht, in allen urheberrechtlichen Fragen, die den Film betreffen, und eine gesetzliche Änderung erforderlich erscheinen lassen, gehört zu werden, wären wir für eine Auskunft darüber dankbar, ob 1) beim Bundesjustizministerium Vorbereitungen zur Novellierung des deutschen Urheberrechtes getroffen werden und 2) ob und welcher Bundestagsausschuß sich möglicherweise mit diesen Fragen befaßt." 26 Β141/2605 B1.010: „Auf Ihre oben bezeichneten Schreiben teile ich Ihnen mit, daß eine Reform der Urheberrechtsgesetze beabsichtigt ist. Die Vorarbeiten werden aber geraume Zeit erfordern. Dabei wird der Filmwirtschaft ausreichend Gelegenheit gegeben werden, zu den urheberrechtlichen Fragen, die den Film betreffen, Stellung zu nehmen." Β 1 4 1 / 2 5 B1.01.

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schutzes vollbracht seien. 28 Als Antwort wurde auch hier bekanntgegeben, daß die Arbeiten zur Reform des Urheberrechtes wieder aufgenommen worden seien und daß die beteiligten Kreise nach Abschluß der Vorarbeiten gehört werden sollten. 2 9 Noch weitergehend fragte der Verband Deutscher Filmproduzenten am 02.01.1951 nach der Zusendung eines bereits vorhandenen Entwurfes zu einem neuen Urheberrechtsgesetz. 30 In dem Antwortschreiben des B M J vom 09.01.1951 wurde die Sachlage richtiggestellt31 und ebenfalls bestätigt, daß die Arbeiten zur Neugestaltung des Urheberrechtes wieder aufgenommen worden waren. Damit wurde der Beginn der Reformarbeiten zu einem neuen Urheberrechtsgesetz in den einzelnen Schreiben des B M J Ende des Jahres 1951 und Anfang des Jahres 1952 bereits offiziell bestätigt. Während diese Eingaben und Anregungen i m B M J bearbeitet und beantwortet wurden, bemühte man sich hier gleichzeitig auch, weiterhin noch vorhandenes Material zur Urheberrechtsreform zu sammeln. I m Januar des Jahres 1951 ließ sich das B M J schließlich den Entwurf des Reichsjustizministeriums in der Fassung von 1933 von Prof. de Boor zusenden. 32 Die privaten Unterlagen de Boors wurden bei dem Deutschen Patentamt i m Februar des Jahres 1951 zur Vervielfältigung in Auftrag gegeben. 33 Damit war der Grundstock für die Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch den „Kleinen Ausschuß" der Sachverständigenkommission gelegt, der i m Frühjahr des Jahres 1951 zusammentreten und erstmals einen Arbeitsentwurf erstel28 Β 141/2615 B1.014: „... wird um Mitteilung gebeten, wie weit gesetzgeberische Vorarbeiten zur Neugestaltung des Urheberrechtes und des Leistungsschutzes gediehen sind. Die Gewerkschaft Kunst bittet auch um Beteiligung, insbesondere bezüglich der bisher in dem § 2 Abs. II und § 22 a des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst behandelten Tatbestände." 29 Β141/2615 B1.015: „Auf Ihr oben bezeichnetes Schreiben teile ich Ihnen mit, daß die Arbeiten zur Reform des Urheberrechtes wieder aufgenommen worden sind. Dabei wird auch die Frage der Schaffung eines Leistungsschutzes für den ausübenden Künstler geprüft werden. Nach Abschluß der Vorarbeiten werden die beteiligten Kreise gehört werden. Dabei wird auch Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden." 30 Β 141/2605 Bl. 011: „Dem Verband ist zur Kenntnis gekommen, daß dem Bundestag der Entwurf eines neuen Urheberrechtes zugeleitet worden ist. Der unterzeichnete Verband ist an der Gestaltung dieses Gesetzes lebhaft interessiert. Wir erlauben uns die Anfrage, ob es Ihnen möglich ist, uns ein Exemplar dieses Entwurfes zuzuleiten." Diese Stelle in dem Schreiben wurde von den Sachbearbeitern am Rand mit einem Fragezeichen versehen. 31 Β 141/2605: „Auf Ihr oben bezeichnetes Schreiben teile ich Ihnen mit, daß dem Bundestag ein Entwurf eines neuen Urheberrechtsgesetzes nicht zugeleitet worden ist. Es sind hier lediglich die Arbeiten zur Neugestaltung des Urheberrechtes wieder aufgenommen worden, die aber noch nicht zur Aufstellung eines neuen Entwurfes geführt haben. Wenn der Entwurf fertiggestellt ist, werden die beteiligten Kreise dazu gehört werden. Dabei wird auch Ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden." 32 Β 141/2543 Bl. 042: „Sehr geehrter Herr Professor! Auf der Sitzung der Urheberrechtskommission am 15. Dezember v. Js. hatten Sie erklärt, daß Sie im Besitze des nichtveröffentlichten Urheberrechtsgesetzentwurfes des Reichsjustizministeriums von 1933 seien. Da dieser Entwurf für unsere Reformarbeiten sehr wertvoll sein würde, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir den Entwurf nebst Begründung für kurze Zeit zur Anfertigung einer Fotokopie überlassen würden." 33 Β 141/2543 B1.046.

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

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len sollte, welcher dann wiederum als Grundlage für einen geplanten Referentenentwurf dienen sollte.

C. Die Sachverständigenkommission Der eigentliche Beginn der Reformarbeiten nach der Materialsammlung lag in der Einberufung einer Sachverständigenkommission im Bundesjustizministerium gegen Ende des Jahres 1950. Über die Auswahl und Zusammensetzung der Kommission finden sich in den Unterlagen des BMJ keine Angaben. Aus einem späteren Rundschreiben an die Mitglieder der Kommission, in denen diese über den aktuellen Stand der Arbeiten zur Urheberrechtsreform und über dem BMJ zugegangene Stellungnahmen informiert werden sollten, lassen sich aber folgende Namen als Teilnehmer entnehmen: Baum, de Boor ; Bussmann, Diess, von Erffa, Kleine, Kühnemann, Nehlert, Plügge, Reimer, Runge, Schäfer, Schultze-Rhonhof, Schulze, Sellier, Ulmer, Wilde, Hirsch, und Möhring. 1 Auffällig ist hier, daß die Sachverständigenkommission nur aus Privatpersonen, zumeist Wissenschaftler oder Praktiker, bestand. Als Mitglieder waren hier noch nicht die Vertreter von Interessenverbänden bestellt. Diese Zusammensetzung wurde im BMJ bewußt so gewählt. Es sollten zunächst unabhängige, an keine Weisungen gebundene Sachverständige über ein neues Urheberrechtsgesetz beraten.2 Die erste Sitzung dieser im BMJ gebildeten Sachverständigenkommission fand bereits am 15.12.1950 statt.3 Über den Gegenstand der Besprechungen der ersten Sitzung läßt sich den Akten des BMJ ebenfalls keine detaillierte Information entnehmen, da weder Sitzungsprotokolle noch schriftliche Beschlußfassungen oder 1 Β 141/2590 B1.005. Zu finden ist hier ein Rundschreiben an alle Mitglieder der Sachverständigenkommission, auf dem umseitig ein Verteiler angegeben ist, welchem sich diese Namen entnehmen lassen. Ebenfalls ein solches Rundschreiben, auf dessen Rückseite die Namen der Sachverständigen angegeben sind, enthält Β 141/2565 Bl. 326. 2 Vgl. dazu Β 141/2612 B1.006. Auf Anfrage des Bärenreiterverlages vom 23.02.1951, ob Rechtsanwalt Dr. Greuner als Interessenvertreter zahlreicher deutscher Verleger in die Urheberrechtskommission aufgenommen werden könne, erging durch das BMJ folgende Antwort: „Ihr Vorschlag, Herrn Rechtsanwalt Dr. Greuner in die Urheberrechtskommission des Bundesjustizministeriums zu berufen, ist hier geprüft worden. Bei der Zusammensetzung dieser Kommission ist von dem Grundsatz ausgegangen worden, daß die Mitglieder keine Interessenvertreter, sondern unabhängige, an keine Weisungen gebundene Sachverständige sein sollen. Diesem Grundsatz würde es widersprechen, wenn ein Vertreter der Verleger in die Kommission berufen würde. Im übrigen gehören bereits zwei Sachverständige der Kommission an (Rechtsanwalt Dr. Kleine und Arthur L. Sellier)." 3 Dies ergibt sich aus einem Schreiben seitens des BMJ an Prof. de Boor vom 12.01.1951, in welchem dieser gebeten wurde, dem BMJ den Entwurf des Reichsjustizministeriums in der unveröffentlichten Fassung von 1933 zu überlassen, vgl. Β 141/2543 Bl. 042, Schreiben vom 12.01.1951. Hier findet sich folgende Formulierung: „Sehr geehrter Herr Professor! Auf der Sitzung der Urheberrechtskommission am 15. Dezember v.Js. hatten Sie erklärt, dass Sie im Besitze des nichtveröffentlichten Urheberrechtsgesetzentwurfes des Reichsjustizministeriums von 1933 seien". Das Datum dieser Sitzung läßt sich demnach auf den 15.12.1950 festsetzen.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Vermerke zu der Sitzung vorhanden sind. Aus einem Schreiben des BMJ an Prof. Bussmann vom 27.12.19504, in welchem dieser über das Ergebnis der ersten Kommissionssitzung unterrichtet wurde, ergibt sich lediglich, daß die Sitzung zunächst im wesentlichen der Konstituierung der Kommission und der Festlegung der Arbeitsweise diente.5 Zur sachlichen Entscheidung stand an sich nur die Frage, ob Deutschland der Brüsseler Fassung sofort beitreten oder erst die beabsichtigte große Urheberrechtsreform durchführen soll. Die Kommission entschied sich fast einstimmig dafür, der Brüsseler Fassung sofort beizutreten.6 Zur Vorbereitung der weiteren Beratungen wurde zunächst ein „Kleiner Ausschuß" bestellt, der den Entwurf zu einer Urheberrechtsreform vorbereiten sollte.7 Diesem Ausschuß gehörten Senatspräsident Kühnemann, Prof. de Boor , Frau von Erffa und ein Mitglied des BMJ 8 an. Der Beginn der Arbeiten des Kleinen Ausschusses war für Anfang März des folgenden Jahres, also 1951, geplant. Die nächste Sitzung der Kommission würde daher auch nicht vor Juni des Jahres 1951 stattfinden. Aus dieser zeitlichen Planung war auch ersichtlich, daß seitens des BMJ nicht die Absicht bestand, die Dinge zu überstürzen. So findet sich in diesem Schreiben des BMJ an Prof. Bussmann unter anderem auch folgende Formulierung: „So sehr ich auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes bestrebt war, die gesetzgebenden Arbeiten zu beschleunigen, weil ich den Eindruck hatte, daß auf diesem Gebiet das schnelle Ergebnis wichtiger war als die bis ins letzte ausgefeilte Lösung, so wenig scheint mir auf dem Gebiet des Urheberrechts ein Grund zur Eile vorzuliegen. Ein wesentlicher Unterschied zu dem Gewerblichen Rechtsschutz und dem Urheberrecht scheint mir auch darin zu liegen, daß auf jenem Gebiet nur Übergangslösungen gesucht werden, während auf diesem auf lange Sicht berechnete Reformen beabsichtigt werden." 9 Als Ergebnis dieser Sitzung am 15.12.1950 läßt sich somit die Einsetzung einiger Mitglieder der Kommission als sogenannter Kleiner Ausschuß zwecks Erstellung eines ersten Arbeitsentwurfes festhalten. Bereits diese erste interne Sitzung der im BMJ gebildeten Sachverständigenkommission konnte den interessierten Verbänden nicht vorenthalten werden. Schon im Januar des Jahres 1951 gingen bei dem BMJ erste Vorschläge zur Gestaltung der Tagesordnung der nächsten Kommissionssitzung ein. Mit Schreiben vom 17.01.1951 erlaubte sich die GEMA den Vorschlag, „auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Kommission für Urheberrecht den Punkt Verlängerung der Schutzfristen im Urheberrecht für die Dauer des Krieges zu setzen."10 Auch der Verband Deut4

Β 141/2543 B1.039. Β 141/2543 B1.039. 6 Β 141/2543 B1.039. 7 Vgl. Β141/2543 B1.039. 8 Aus der Unterschrift unter den späteren Gesetzentwürfen läßt sich ersehen, daß hier Oberregierungsrat Schneider ausgewählt wurde. 9 Β 141/2543 B1.044. 10 Vgl. auch die Veröffentlichung in GRUR 1948. 5

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

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scher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten richtete am 30.01.1951 ein Schreiben11 an das BMJ: „Wie wir hören, ist die GEMA bei dem Herrn Bundesjustizminister dahin vorstellig geworden, daß die Schutzfristen im Bundesgebiet ebenso, wie dies ζ. B. in Frankreich bereits geschehen ist, um die Dauer der beiden Weltkriege verlängert werden. Der Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten schließt sich dem von der GEMA ausgesprochenen Wunsch hiermit an." Ebenfalls über die GEMA wurde dem BMJ am 03.02.1951 ein Antrag der deutschen Filmwirtschaft zugeleitet. Darin wurde angeregt, ein dem Gesetz zur Erleichterung der Filmberichterstattung vom 30.04.193612 entsprechendes neues Gesetz für die Bundesrepublik zu erlassen. Beiden Anregungen wurde mit Schreiben vom 23.02.1951 an den Generaldirektor der GEMA, Dr. Schulze, entsprochen. Dort hieß es seitens des BMJ: „Auf Ihre Schreiben vom 17. Januar und 03. Februar 1951 teile ich Ihnen mit, daß die Punkte 1) Verlängerung der Schutzfristen im Urheberrecht für die Dauer des Krieges, 2) Erlaß eines Gesetzes zur Erleichterung der Filmberichterstattung entsprechend Ihrer Anregung voraussichtlich auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Urheberrechtskommission gesetzt werden." 13 Bevor aber eine nächste Sitzung der Kommission für Urheberrecht geplant werden konnte, sollte zuerst der Kleine Ausschuß seine Arbeiten aufnehmen und einen vorläufigen Arbeitsentwurf ausarbeiten, der dann die Grundlage für die weiteren Besprechungen der Urheberrechtskommission im BMJ sein sollte. Als Vorgehensweise läßt sich einem Schreiben von Erffas an das BMJ entnehmen, daß der Arbeitsentwurf streng vertraulich behandelt wurde und lediglich den Mitgliedern der Großen Kommission für Urheberrecht im BMJ zugesandt werden sollte.14 Scheinbar sollte der Entwurf dort nochmals besprochen und überarbeitet werden, bevor er weiteren Personen und Interessengruppen bekannt gegeben wurde. Dies bestätigt auch ein späteres Schreiben des BMJ auf Anfrage Prof. Neumann-Duesbergs zur Überlassung des Arbeitsentwurfes: „Die hier gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht hat einen Kleinen Ausschuß zur Anfertigung eines Arbeitsentwurfes bestimmt. Dieser Arbeitsentwurf ist inzwischen hergestellt und soll die Grundlage für die weiteren Erörterungen in der gesamten Kommission bilden. Der daraufhin 11

Β 141/2543 B1.072. RGBl.IS.404. 13 Dazu sollte noch ergänzt werden, daß in der Bundesrepublik Deutschland im Ergebnis weder ein separater Beschluß über eine mögliche Verlängerung der Schutzfristen erging, noch ein eigenständiges Gesetz zur Erleichterung der Filmberichterstattung erlassen wurde. In dem angestrebten Urheberrechtsgesetz in seiner endgültigen Fassung wurde aber beiden Gesichtspunkten Rechnung getragen, wie zu zeigen sein wird. 14 Β141/2543 Bl. 083. Es handelt sich um ein Schreiben der Rechtsanwältin Freiin von Erffa an Oberregierungsrat Schneider, in welchem über die Aufnahme Prof. Bussmanns in die Sachverständigenkommission gesprochen wurde: „Aus seiner jetzigen Anfrage an mich möchte ich aber beinahe entnehmen, daß das Ministerium diesem Wunsch nicht stattgegeben hat, anderenfalls er doch mutmaßlich, wie die Mitglieder der Sachverständigenkommission, bereits die Entwürfe zugesandt erhalten hätte. Um so mehr fühle ich mich verpflichtet, erst Ihre Zustimmung dazu einzuholen, ob ich ihm unsere Arbeiten des Kleinen Ausschusses zuleiten darf." 12

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

herzustellende Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums wird aber frühestens Anfang nächsten Jahres vorliegen." 15 Der zunächst durch den Kleinen Ausschuß zu erstellende Entwurf sollte also lediglich als Arbeitsgrundlage für die internen Beratungen im BMJ dienen. Nach Abschluß dieser weiteren Beratungen war die Ausarbeitung eines Referentenentwurfes beabsichtigt, welcher dann der Öffentlichkeit und den Interessenverbänden zugänglich gemacht werden sollte. Den betroffenen Kreisen konnte dadurch auf der Grundlage einer einheitlichen Diskussionsbasis die Gelegenheit gegeben werden, ihre Interessen und Änderungswünsche einzubringen. I. Der Berliner Entwurf vom März 1951 (unveröffentlicht) Auf der Grundlage des im Jahre 1939 veröffentlichten Entwurfs der Akademie für Deutsches Recht entstand in Berlin im März 1951 der erste Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes. Unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagte der „Kleine Ausschuß" der Sachverständigenkomission für Urheberrecht an 17 Sitzungstagen in Berlin, in denen die vier Mitglieder den ganzen Entwurf redigierten und sogar noch die Begründung für alle vorgenommenen Redaktionen erstellten. 16 Der Tagungsort Berlin vermag anzudeuten, daß die Besprechungen auf Anregung von Frau von Erffa dort stattfanden. Frau von Erffa war Rechtsanwältin in Berlin, so daß vermutet werden kann, daß sie sowohl diese Örtlichkeit ausgewählt hatte als auch den Ablauf maßgeblich organisierte. 17 Protokolle über die Sitzungen des „Kleinen Ausschusses" existieren nicht, es findet sich lediglich der fertiggestellte Entwurf in den Akten des BMJ. 18 Dies spricht dafür, daß an 17 Sitzungstagen ohne Unterbrechung beraten wurde, ohne daß zwischendurch eine Aufzeichnung der aktuellen Beratungsergebnisse notwendig gewesen wäre. Lediglich der fertiggestellte Entwurf wurde dann niedergeschrieben und an das BMJ weitergeleitet.

15

Β 141/2536 B1.015. Β141/2536 B1.096. Dies ergibt sich aus einem Schreiben der Rechtsanwältin von Erffa an Oberregierungsrat Schneider vom 08.01.1953. 17 Aus einem späteren Schreiben von Frau von Erffa an das BMJ über eine Abrechnung der Arbeitsstunden einer Mitarbeiterin aus ihrer Kanzlei läßt sich entnehmen, daß dort auch die notwendigen Schreibarbeiten bei der Ausarbeitung des Entwurfes vorgenommen wurden bzw. daß eine Mitarbeiterin dieser Kanzlei als Schreibhilfe bei den Beratungen mitwirkte: „Haben Sie auch herzlichen Dank dafür, daß Sie sich wegen der durch unsere Arbeiten entstandenen Unkosten mit dem dortigen Bearbeiter in Verbindung gesetzt haben. Ich übersende Ihnen anliegend eine Aufstellung darüber. Dabei bin ich davon ausgegangen, daß an den 15 Werktagen meine Sekretärin, Frau Bach, abgesehen von den ersten 3 Tagen, täglich 10 Stunden im Durchschnitt - manchmal waren es sogar mehr - ausschließlich für unsere Arbeiten tätig war, an den letzten 3 Tagen war sogar noch eine zweite Dame nahezu ausschließlich für die Schreibarbeiten mit tätig. Wir hatten während der ganzen Zeit der Sitzungen des Kleinen Ausschusses eine Aushilfe, sonst hätte meine Sekretärin für unsere Schreibarbeiten gar nicht in der Weise zur Verfügung stehen können." (Vgl. Β 141/2543 B1.080f.). 18 Β 141/2551 Bl. 011 ff. 16

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

1. Inhalt und Begründung des Berliner Entwurfes

61 vom März 1951

Inhaltlich stellt dieser Berliner Entwurf eine Überarbeitung des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939 dar. 19 Dies ergibt sich sowohl aus dem Titel „Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes (Auf der Grundlage des im Jahre 1939 veröffentlichten Entwurfs der Akademie für Deutsches Recht)" als auch aus der Begründung selbst. Die Begründung zu den einzelnen Normen sprach von „Neufassung" bzw. „Änderung" und bezog sich damit auf den zugrunde liegenden Entwurf von 1939 und nicht auf den geltenden Rechtszustand nach LUG und KUG. Dieser Akademieentwurf war, sah man von der Einbeziehung nationalsozialistischer Institutionen, wie des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda und der Reichskulturkammer in den Entwurfstext und der einleitenden Verbeugung des Berichts vor dem „Führer" ab, durchaus von Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit des Bemühens um eine angemessene Regelung des Urheberrechts geprägt, die ihm fortbestehende Bedeutung im Rahmen der Reformarbeiten am deutschen Urheberrecht sicherten. 20 Der Entwurf wurde daher allgemein weiterhin zitiert. 21 Auszugehen ist also von den Bestimmungen des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht22, welche dann wie folgt geändert oder neu gefaßt wurden. Beibehalten wurde zunächst die Einteilung des Entwurfes in acht Abschnitte, wobei auch die Bezeichnung der einzelnen Abschnitte wörtlich übernommen wurde. So fand sich in Abschnitt I (Allgemeine Bestimmungen) zuerst die Beschreibung der geschützten Werke. 23 Sprachlich neu gefaßt war die gesetzliche Begriffsbestimmung der geschützten Werke als „Schöpfungen persönlicher Prägung". 24 Neu ein19 Die Überarbeitungen des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932 aus den Jahren 1933 und 1934 standen dem BMJ bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten nicht zur Verfügung. Bekannt waren hier nur die Entwürfe von 1932 und 1939. Die Arbeitsentwürfe des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission wurden daher auf der Grundlage des Entwurfes von 1939 erstellt. 20 Vgl. Katzenberger in FS GRUR 1991, S. 1401 (1422f.). 21 Ζ. B. Reimer, Vergleichende Darstellung und auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.48. 22 Vgl. Darstellung oben im Ersten Kapitel unter D. Da dieser Entwurf wie gesehen wiederum auf dem Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 aufbaut, wirken die dort gefaßten Bestimmungen größtenteils bis zu diesem Berliner Entwurf fort. 23 Vgl. § 1 des Entwurfes. 24 Β 141/2551 Bl. 040 (Begründung S. 1). § 1 Abs. 1 des neuen Entwurfes hieß nun: „Werke der Literatur und der Kunst, die Schöpfungen persönlicher Prägung sind, werden durch dieses Gesetz geschützt." Damit wurden die geschützten Werke wieder in Form einer allgemeingültigen Definition festgelegt und in § 1 Abs. 2 einige besonders hervorzuhebende Beispiele in Form einer Numerierung aufgezählt. Auch hier erfolgten einige Änderungen aus sprachlichen Gründen, so wurden etwa Sprachwerke oder Tonkunstwerke durch Werke der Sprache und Werke der Tonkunst ersetzt. Zu erwähnen ist an dieser Stelle noch die Änderung des § 1 Abs. 2 Nr. 5, wo an Stelle der „Tanzkunstwerke" nunmehr die Bezeichnung „Pantomimische Werke einschließlich Werke der Tanzkunst" trat. Begründet wurde das damit, daß mit den Werken der Tanzkunst vor allem die Pantomimischen Werke erfaßt werden sollten und der Begriff „Werke der Tanzkunst" hierfür unzureichend erschien, da pantomimische Werke nicht immer Werke

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

gefügt wurde dann ein selbständiger Schutz von Ausgaben fremder Werke, die das Ergebnis wissenschaftlich sichtender Tätigkeit und eine persönliche Leistung darstellen, und daher wie Bearbeitungen geschützt wurden (§2a). 25 Umformuliert wurde auch die Bestimmung des § 5, welche die Person des Urhebers festlegen sollte. Die alte Fassung, wonach Träger des Urheberrechts war, „wer das Werk geschaffen hat", stellte nach Ansicht des Kleinen Ausschusses zu sehr auf einen dauernden Verbleib des Urheberrechts bei dem Schöpfer des Werkes ab.26 Es wurde daher folgende neue Formulierung gewählt: „Das Urheberrecht am Werk entsteht in der Person seines Schöpfers". Dies sollte dem Gedanken Rechnung tragen, daß das Urheberrecht am Werk in der Person des Schöpfers entsteht, wobei auch alle Phasen der Entstehung des Werkes von dem Schutz erfaßt wurden. 27 Eine wesentliche Neuerung brachte weiterhin die Einfügung einer Bestimmung über die Urheberschaft am Filmwerk (§ 5 a). Hier wurde erstmals ausdrücklich festgelegt, daß Urheber eines Filmwerkes die Schöpfer des Drehbuchs und der für das Filmwerk geschaffenen Musik sowie der Spielleiter sein sollten, es sei denn, daß seine Mitwirkung bei der Gestaltung keine persönliche Schöpfung darstellte. Ein zweiter Satz innerhalb dieser Bestimmung legte fest, daß bei gezeichneten Filmen auch der Zeichner Urheber war. Die Frage nach der Urheberschaft an Filmwerken, welche in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 193928 noch offengelassen worden war 29 , war damit beantwortet. Die Erkenntnisse vom Wesen des Urheberrechts am Filmwerk waren nach Ansicht des Kleinen Ausschusses in der Zwischenzeit so weit fortgeschritten, daß als Urheber des Filmwerkes die genannten Personen der Tanzkunst sind (vgl. Begründung S. 1). Da unter „Werken der Tanzkunst" im Sinne des Abs. 1 aber immer pantomimische Werke zu verstehen waren, wurden von dem Begriff „Pantomimische Werke" auch diese Werke der Tanzkunst erfaßt. Daher würde die Bezeichnung „Pantomimische Werke" für die hier gemeinten Werke der Bewegungskunst ausreichen, um aber auch die Werke der Tanzkunst hervorzuheben, wurde die Formulierung „Pantomimische Werke einschließlich Werke der Tanzkunst" gewählt (Begründung S. 1). 25 Diese Bestimmung wurde aus der beispielhaften Aufzählung in § 1 (ehemals Abs. 4) herausgenommen, weil die geschützten Ausgaben fremder Werke eben gerade keine Schöpfungen im Sinne der Definition des § 1 Abs. 1 waren (Begründung S. 1). Eine Regelung an dieser Stelle schien daher unsystematisch. Da sie aber auch keine Bearbeitungen waren, konnte ihr Schutz nicht aus der Regelung betreffend die Bearbeitung in § 2 folgen und mußte daher in einer besonderen Bestimmung neu genannt werden. Die Bestimmungen betreffend die Sammlungen und die Freien Werke in §§ 3 f. waren bis auf ein paar sprachliche Anpassungen unverändert. 26 Β 141/2551 B1.041 (Begründung S.2). 27 Β 141/2551 B1.041 (Begründung S.2). 28 Im folgenden bezeichnet als Entwurf von 1939. 29 § 19 b des Entwurfes von 1939 legte lediglich fest, daß der Hersteller eines Filmwerkes mit dessen Herstellung die den Urhebern zustehenden Rechte erhalten sollte, die zur gesetzlichen Verwertung des Filmes notwendig waren. Die Frage nach dem Urheber des Filmwerkes wurde aber bewußt offengelassen und den Umständen des Einzelfalles überlassen. Der Entwurf von 1939 erkannte damit bereits, daß das Urheberrecht am Filmwerk nur seinen wahren Schöpfern zustehen konnte, man wollte jedoch nicht gesetzlich festlegen, wer als schöpferisch mitwirkende Person in Betracht kommen sollte.

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

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nunmehr im Gesetz festgelegt werden konnten. Alle weiteren allgemeinen Bestimmungen über die Miturheber (§ 6), Verbundene Werke (§ 7), Vermutung der Urheberschaft (§ 8) sowie die Begriffsbestimmung der Veröffentlichung und des Erscheinens in § 9 blieben bis auf einige sprachliche Aktualisierungen bzw. Kürzungen unverändert. Neuerungen gegenüber dem Entwurf von 1939 finden sich dann erst wieder im zweiten Abschnitt des Entwurfes über den Inhalt des Urheberrechts. Die Begriffsbestimmung des Urheberrechtes in § 10 wurde dahingehend geändert, daß dem Urheber „Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zu dem Werk und das ausschließliche Recht zu seiner Verwertung" gewährt werden sollte.31 Damit sollte deutlich werden, daß die persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk und seine vermögensrechtlichen Verwertungsbefugnisse so eng miteinander verbunden waren, daß das Urheberrecht nur als einheitliches Recht32 betrachtet werden konnte.33 Auch wurde klargestellt, daß dem Urheber das ausschließliche Recht zur Verwertung seines Werkes zustehen sollte. Wie bisher in dem Entwurf von 1939 wurden die wichtigsten Grundsätze, die sich aus dem Schutz des Urhebers in seinen persönlichen Beziehungen zu seinem Werk ergaben, einerseits und die wesentlichen Ausgestaltungen des Verwertungsrechtes andererseits in verschiedenen Regelungen aufgezählt. § 10 a regelte demnach weiterhin die Rechte des Urhebers zur Bestimmung über eine mögliche Veröffentlichung des Werkes, sowie auf Anerkennung der Urheberschaft und Bestimmung über eine mögliche Urheberbezeichnung. Daneben konnte der Urheber „eine Veröffentlichung oder Verwertung des Werkes verbieten, die eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Wertes des Werkes bedeutet."34 In § 11 wurden dann die Be30

Β 141/2551 B1.041 (Begründung S.2). Als Urheber galten diejenigen Personen, welche die Bildfolge geschaffen hatten. Dies sollten einmal der Schöpfer des Drehbuches und der künstlerische Spielleiter sein. Außerdem waren der Schöpfer der für das Filmwerk geschaffenen Musik sowie bei gezeichneten Filmen der Zeichner als Urheber genannt. Dagegen waren die Filmschauspieler nicht schöpferisch sondern nur nach den Weisungen des Spielleiters tätig. Sie hatten keine andere Funktion als die Bühnenschauspieler und waren daher nur ausübende Künstler im Sinne des Gesetzes (Begründung S. 3). 31 Β 141/2551 Bl. 043 (Begründung S.4): Die Klammerdefinition der „Urheberehre" wurde aus der Begriffsbestimmung herausgestrichen, um den Eindruck zu vermeiden, daß das Urheberrecht aus zwei trennbaren Bestandteilen „Urheberpersönlichkeitsrecht" und „Verwertungsrecht" besteht. 32 Damit sollte sich endgültig die monistische Lehre gegenüber der dualistischen Betrachtungsweise aufgrund einer gesetzlichen Klarstellung durchsetzen. 33 Β 141/2551 B1.043 (Begründung S.4). 34 Die bisherige Formulierung, die darauf abstellte, daß die jeweilige Veröffentlichung oder Verwertung des Werkes das Ansehen oder den Ruf des Urhebers gefährden mußte, schien unzureichend, da auch der anonym oder pseudonym gebliebene Urheber ein Recht darauf haben sollte, daß sein Werk nicht entstellt oder sonst in seinem Wert beeinträchtigt wurde. Ob ein solcher anonym oder pseudonym gebliebener Urheber Ruf und Ansehen hatte, konnte aber zweifelhaft sein, da er der Öffentlichkeit ja gerade nicht bekannt war. Außerdem erschien es notwendig, dem Urheber das Recht zu geben, eine Veröffentlichung oder Verwertung seines Wer-

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fugnisse des Verwertungsrechtes beispielhaft aufgelistet. Bis auf einige sprachliche Anpassungen und Klarstellungen wurden die Formulierungen im wesentlichen beibehalten.35 Des weiteren vermochte der Kleine Ausschuß die Einführung des droit de suite, welches dem Urheber von Originalwerken der bildenden Künste ein Recht auf Teilnahme am Erlös späterer Veräußerungen eines Werkes bei öffentlichen Verkäufen zusichern sollte, nicht zu empfehlen. 36 Dieser in § 18 des Entwurfes von 1932 normierte Urheberanteil wurde bereits in der Fassung des Entwurfes von 1934 gestrikes auch dann zu verbieten, wenn nicht ein Dritter das Werk beeinträchtigt, sondern wenn der Urheber selbst aus triftigen Gründen von seinem Werk abgerückt war und dessen Veröffentlichung oder Verwertung er nicht mehr verantworten konnte (Begründung S. 5). In diesem Fall war es allerdings geboten, dem Betroffenen einen Anspruch auf angemessene Entschädigung nach Billigkeit zu gewähren. Neu eingefügt wurde in diesem Zusammenhang eine Bestimmung betreffend die Urheberbezeichnung auf Vervielfältigungen und Bearbeitungen von Werken der bildenden Künste (§ 10 b). Danach mußte jede Bezeichnung einer auf andere Weise als auf fotografischem Wege hergestellten Nachbildung eines Werkes der bildenden Künste mit einem Zusatz versehen werden, der zu erkennen gab, daß kein Originalstück vorlag. Durch diese Regelung sollte der Urheber eines Werkes der bildenden Künste gegen jede Bezeichnung auf einer Nachbildung oder Bearbeitung geschützt werden, die den Anschein eines Originalwerkes erwecken konnte. 35 An einer fremden Bearbeitung seines Werkes hatte der Urheber aber keine eigenen Verwertungsbefugnisse, sondern lediglich das Recht, die Verwertung durch den Bearbeiter zu verbieten. Um dies klarer als bisher auszudrücken, wurde die Vorschrift des § 11 Abs. 2 des Entwurfes von 1939 in neuer Formulierung in einer selbständigen Vorschrift als § 11 a gefaßt (Begründung S. 7). Danach hatte der Urheber das Recht, die Verwertung einer Bearbeitung des Werkes zu untersagen. Das bedeutete gleichzeitig, daß Bearbeitungen als solche erlaubt waren. Bei der Bearbeitung eines Werkes zur Herstellung eines Filmwerkes sollte jedoch stets die Einwilligung des Urhebers eingeholt werden. Das gleiche sollte für die Benutzung seines Werkes zur Herstellung eines Filmwerkes gelten, wie etwa die Aufnahme von unveränderten Texten oder Musikstücken in ein Filmwerk. Der Grund für diese strenge Regelung lag darin, daß die Verkörperungen des Filmwerkes (Negative und Kopien) zu leicht zu unbefugter Verwertung benutzt werden könnten (Begründung S.7). Von daher wurde die alte Fassung des § 11 Abs. 1 Nr. 6 des Entwurfes von 1939, wonach der Urheber grundsätzlich dazu berechtigt wurde, das Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, gestrichen. Statt dessen bestimmte der eingefügte § 11 b, daß die Benutzung oder Bearbeitung des Werkes zur Herstellung eines Filmwerkes der Einwilligung des Urhebers bedurfte. Schließlich wurde an dieser Stelle noch § 11 c ergänzt. Diese Vorschrift gab den Gedanken aus dem bisherigen § 2 Abs. 2 des Entwurfes von 1939 wieder, wonach ein unter freier Benutzung eines anderen Werkes geschaffenes, aber selbständiges neues Werk keine Bearbeitung sein sollte. Der Sinn dieser Vorschrift lag darin, daß ein Werk, das sich nur lose an ein anderes Werk anlehnte, aber eine neue selbständige Schöpfung darstellte, vom Recht des Urhebers des frei benutzten Werkes unabhängig war. Deshalb gehörte die Vorschrift an diese Stelle, wo von dem Inhalt und dem Umfang des Urheberrechts die Rede war (Begründung S.7). Das in § 12 geregelte Vervielfältigungsrecht, das in § 13 dargestellte Verbreitungsrecht sowie das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht in § 14 wurden teilweise sprachlich neu gefaßt und gegenüber dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 modernisiert. 36 Β 141/2551 Bl. 047 (Begründung S. 8). Art. 14 der Berner Übereinkunft in der Brüsseler Fassung hatte das droit des suite bei Originalkunstwerken und Manuskripten von Werken der Sprache und der Tonkunst aufgenommen, ohne es jedoch in den Mindestschutz einzubeziehen.

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chen und ebensowenig in den Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 übernommen.37 Auch bei den Beratungen zu diesem Entwurf im März des Jahres 1951 in Berlin hielt man den Gedanken, den bildenden Künstler, der sich durchgesetzt hatte, an der daraus folgenden Preiserhöhung seiner früheren, oft preiswert weggegebenen Werke teilhaben zu lassen, für durchaus billigenswert. 38 Aber eine gerechte und wirksame Durchführung schien nicht machbar. Es bestehe nur die Möglichkeit, die Veräußerungen durch den Kunsthandel und in Versteigerungen einzubeziehen, da die Privatverkäufe praktisch nicht zu erfassen seien. Demnach würde sich die Einführung nach Meinung des Kleinen Ausschusses als eine Belastung des Kunsthandels auswirken. 39 Schließlich bestünden aus Sicht des Erwerbers erhebliche Bedenken. Ein Künstler, der in Mode komme, würde am Gewinn beteiligt sein, während die Erwerber die sinkenden Preise nach Rückgang der Modeströmung allein zu tragen haben würden. 40 Gerade solche Fälle hielt man angesichts der Kunstentwicklung des letzten halben Jahrhunderts 41 für nicht selten. Eine Hilfe für das „hungernde Genie" konnte also auf diesem Wege nicht erzielt werden. 42 Der dritte Abschnitt des Gesetzentwurfes enthielt die Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen. Eine Übertragbarkeit des Urheberrechts unter Lebenden blieb ausgeschlossen. Wie bisher war der Übergang des Urheberrechts im Falle des Todes festgelegt, allerdings wurde die Anwendung des § 2210 BGB ausdrücklich ausgeschlossen, da sonst die Ausübung des Urheberrechts durch den Testamentsvollstrecker in gewissen Fällen auf eine Höchstdauer von 30 Jahren begrenzt wäre. 43 Die Art und der Umfang einer möglichen Werknutzungsbewilligung und eines möglichen Werknutzungsrechts wurden teilweise neu gestaltet. Bislang konnte es der Urheber einem anderen gestatten, das Werk auf einzelne oder alle Verwertungsarten zu nutzen (Werknutzungsbewilligung). Auch konnte er einem anderen das ausschließliche Recht dazu einräumen (Werknutzungsrecht). Diese frühere Fassung aus dem Entwurf von 1939 hätte es zugelassen, daß der Urheber nicht nur die bereits zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis bekannten, sondern auch künftig erst entstehen37

Vgl. Darstellung oben im ersten Kapitel unter D. Β 141/2551 B1.047 (Begründung S.8). 39 Β 141/2551 B1.047 (Begründung S. 8). Auch wurde hier damit argumentiert, daß gerade die Werke der besten Künstler von Liebhabern erworben werden, die sie ohne dringende Not nicht aus der Hand geben würden, so daß dann die Künstler mehr oder weniger leer ausgehen würden. 40 Β 141/2551 B1.047 (Begründung S. 8). 41 Hier ist insbesondere die Entwicklung des Kunstgeschehens während des NS-Regimes und des zweiten Weltkrieges zu beachten. 42 Β 141/2551 B1.048 (Begründung S.9). So mußte es nach der Begründung zu diesem Entwurf dabei bleiben, daß der Künstler das Schicksal vieler produktiver Menschen, wie zum Beispiel der ausübenden Künstler oder der Wissenschaftler, teilt. Nur derjenige, der in seiner Jugend gegen zunächst geringe Bezahlung gezeigt hatte, daß er etwas kann, wurde für seine künftigen Leistungen höher bezahlt. 4 Β 141/2551 B . 0 (Begründung S . ) . 38

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de Werknutzungsrechte 44 einem anderen einräumt. Um klarzustellen, daß der Urheber stets nur die bei Erteilung der Erlaubnis bekannten Werknutzungsrechte einem anderen einräumen konnte, wurden in die neue Fassung des § 17 des Berliner Entwurfes vom März 1951 die Worte „alle zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis bekannten" eingefügt. 45 Das Werknutzungsrecht wurde entsprechend dahingehend formuliert, daß der Urheber „im gleichen Umfang einem anderen ausschließliche Rechte einräumen konnte". 46 Eine Übertragung von Werknutzungsbewilligungen und Werknutzungsrechten war entsprechend dem Entwurf von 1939 grundsätzlich zulässig (§ 19). Allerdings sollte die Übertragung einer Werknutzungsbewilligung nicht mehr von der Zustimmung des Urhebers abhängig gemacht werden, weil dadurch nach Ansicht des Kleinen Ausschusses der Rechtsverkehr zu sehr behindert würde. 47 Zugleich hielt der Entwurf an der Unabdingbarkeit der Übertragung des Werknutzungsrechts fest. Der Urheber habe ein begründetes Interesse, darüber zu entscheiden, wem das Werknutzungsrecht übertragen werden solle.48 Andererseits wurde aber auch die Gefahr einer Erschwerung des Rechtsverkehrs erkannt, was wiederum gegen eine solche Regelung spreche.49 Bei einer Mehrheit von Rechtsinhabern50 würde die Zahl derer, deren Zustimmung unerläßlich ist, unübersehbar. Die Auslassung eines einzigen der Berechtigten mache dann die Übertragung unmöglich und die Ausnutzung eines dennoch übertragenen Werknutzungsrechtes zur Urheberrechtsverletzung. Bei den Beratungen zur Lösung dieser Frage orientierte sich der Kleine Ausschuß an dem damals geltenden Rechtszustand. Die Bestimmungen des LUG und KUG sahen eine solche Unabdingbarkeit nicht vor. Da auch keine Fälle bekannt geworden waren, in denen die Zulässigkeit des Verzichtes auf das Zustimmungsrecht zur Übertragung, also eine mögliche Abdingbarkeit des Zustimmungsrechtes, zu Mißbräuchen geführt hat, ließ der Kleine Ausschuß die Vorschrift zwar zunächst so bestehen, stellte aber die Frage nach einer Unabdingbarkeit der Übertragung zur Diskussion.51 Um 44

Bedingt durch den Fortschritt der Technik. Β 141/2551 B1.048 (Begründung S.9). 46 Neuerdings wurde auch festgelegt, daß Werknutzungsbewilligungen, die der Urheber vor Einräumung eines Werknutzungsrechtes erteilt hat, auch gegenüber dem Werknutzungsberechtigten wirksam sein sollten. Dies entsprach der früheren Fassung des § 18 Abs. 2 des Entwurfes von 1939. Die Norm wurde in den § 17 eingefügt, weil sie zu den Bestimmungen über Art und Umfang der Werknutzungsbewilligungen und Werknutzungsrechte gehörte (Begründung S. 9). 47 Β 141/2551 B1.049 (Begründung S. 10). Keine Vermittlungsgesellschaft könnte Aufführungsbewilligungen oder dergleichen erteilen, ohne zuvor die Zustimmung des Urhebers eingeholt zu haben. Damit würde der Aufgabe und dem Zweck der Vermittlungsgesellschaft widersprochen. Daher wurde die Übertragung der Werknutzungsbewilligung und ihre Erteilung durch einen Werknutzungsberechtigten in einem neuen Abs. 3 des § 19 für zulässig erklärt. 48 Β 141/2551 B1.049 (Begründung S. 10). 49 Β 141/2551 Bl. 049 (Begründung S. 10). 50 Beispielsweise Miturheber, Erbengemeinschaft, Originalurheber, Bearbeiter und Übersetzer, Herausgeber und Urheber der Beiträge bei einem Sammelwerk. 1 Β 141/2551 B . 0 (Begründung S . ) . 45

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im Falle des Sammelwerkes die Übertragbarkeit des Werknutzungsrechtes zu erleichtern, wurde schließlich noch ergänzt, daß hier die Zustimmung des Herausgebers zur Übertragung genügen sollte. Wesentliche Umgestaltungen erfuhren dann die besonderen Bestimmungen über die Werknutzungsbewilligungen und die Werknutzungsrechte bei Filmwerken in §§ 19 a und 19b. Der bisherige § 19 a Abs. 1 wurde gestrichen. Er war lediglich eine Vorschrift zum Schutz des Filmherstellers, eine Art Auslegungsregel für die Vereinbarungen zwischen den Urhebern der am Film benutzten Werke und dem Hersteller des Filmwerkes. Der Filmhersteller war nach Auffassung des Kleinen Ausschusses aber in der Lage, sich vertraglich die zur Verwertung des Filmwerkes erforderlichen Werknutzungsrechte einräumen zu lassen, was diese Regelung entbehrlich mache.52 Die Vorschrift des ursprünglichen § 19 a Abs. 3, daß dem Urheber des Werkes der Tonkunst gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes stets ein Anspruch auf angemessene Vergütung für die Vorführung verbleiben sollte, wurde in dem neuen § 19 a Abs. 1 des Berliner Entwurfes beibehalten und sogar noch erweitert: Ein Anspruch auf angemessene Vergütung gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes wurde sowohl den Urhebern des Film werkes 53 als auch den Urhebern der im Film werk benutzten Werke zuerkannt. 54 An dieser Stelle wurde dann noch die „angemessene Vergütung" durch eine „prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen" ersetzt. Man glaubte, eine gerechtere Lösung für Urheber und Verwerter zu erreichen, wenn die Anspruchsberechtigten durch die Beteiligung am Erfolg des Werkes enger mit dessen Schicksal verbunden werden. 55 Außerdem wurde der Tantiemeanspruch unabdingbar, damit der wirtschaftlich stärkere Hersteller die Urheber nicht dazu zwingen konnte, auf den Anspruch im voraus zu verzichten. 56 Da die Urheber des Filmwerkes in § 5 a des Berliner Entwurfes gesetzlich festgelegt waren, hatte der Hersteller des Filmwerkes die Möglichkeit, sich die für die Verwertung des Filmwerkes erforderlichen Werknutzungsrechte von ihnen vertraglich einräumen zu lassen. Die Regelung in dem Entwurf von 1939, daß diese Rechte kraft Gesetzes auf ihn übergehen, wurde daher entbehrlich und stand auch mit der 52

Β141/2551 B1.050 (Begründung S. 11). Ebenso wurde § 19 a Abs. 2 als überflüssig gestrichen. Es entsprach den bereits in der Rechtsprechung anerkannten Rechtsgrundsätzen, daß jedes Werk nur zu dem Zweck verwertet werden durfte, der den Vereinbarungen entsprach. Einer besonderen Auslegungsregel für die Vereinbarungen über die Benutzung von Filmwerken, wie sie in ehemals § 19 a Abs. 2 getroffen wurde, bedurfte es daher nicht. 53 Vgl. § 5 a des Berliner Entwurfes. 54 Es sollten also nicht nur die Komponisten der Filmmusik und der im Filmwerk benutzten Musikstücke einen Vergütungsanspruch haben, sondern auch die Urheber der im Filmwerk benutzten literarischen Werke, wie der Romanurheber und die Urheber der Spielhandlung, also der Drehbuchverfasser, Spielleiter oder bei gezeichneten Filmen der Zeichner der Filmbilder. 55 Vgl. Β 141/2551 B1.051 (Begründung S. 12). 56 Β 141/2551 B1.052 (Begründung S. 13). 5*

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Systematik des neuen Entwurfes nicht mehr i m Einklang. 5 7 § 19 b in neuer Fassung mußte also insgesamt neu formuliert und erheblich gekürzt werden. So übernahm der Kleine Ausschuß bloß die Überlegung, daß den Urhebern eines Filmwerkes unter anderem das Recht zustehen sollte, eine Veröffentlichung oder Verwertung zu verbieten, die eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Wertes des Werkes bedeuteten würde. Auch der Hersteller des Film Werkes, der hohe Kosten für das Filmwerk aufgewandt hatte, sollte diese Rechte geltend machen können, wenn das Filmwerk bei seiner Verwertung entstellt oder sonst in seinem Werk beeinträchtigt wurde. Ihm sei ein eigenes Interesse an der Wahrnehmung dieser Rechte zu unterstellen, weshalb er nicht auf die Urheber des Filmwerkes angewiesen bleiben sollte. 5 8 I m übrigen wurden diese Sonderregelungen über die F i l m werke sprachlich neu gefaßt, mit der einzigen sachlichen Änderung, daß alle Beteiligten, also auch der Hersteller des Filmwerkes, bei der Ausübung des Verbots der Veröffentlichung oder Verwertung aufeinander angemessene Rücksicht nehmen mußten. 59 Die restlichen Vorschriften des Abschnittes über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen wurden aus dem Entwurf von 1939 übernommen und lediglich teilweise aus sprachlichen Gründen oder zur besseren Klarstellung überarbeitet. 60 57

Β141/2551 B1.052 (Begründung S. 13). Vgl. dazu Β 141/2551 B1.052 (Begründung S. 13). 59 Β 141/2551 B1.052 (Begründung S. 13). 60 Als inhaltliche Neuerungen seien hier nur noch kurz hervorgehoben: In der Regelung betreffend mögliche Änderungen am Werk, wurde die Formulierung gestrichen, nach der Änderungen, „die durch Art oder Zweck der Verwertung des Werkes gefordert werden", zulässig sein sollten. Dies konnte nach Ansicht des Kleinen Ausschusses in der Praxis zu Mißbräuchen führen. Der zur Werknutzung berechtigte könnte sich allzuhäufig auf den Standpunkt stellen, daß Art oder Zweck der Verwertung ihn zu Änderungen berechtigten, obwohl der Urheber dazu niemals seine Zustimmung gegeben hätte (Begründung S. 14). Die Bestimmung über Beiträge zu Sammelwerken in § 27 wurde dahingehend verdeutlicht, daß der Herausgeber oder Verleger eines periodischen Sammelwerkes das ausschließliche Recht erwarb, den Beitrag zu vervielfältigen und zu verbreiten, wenn nichts anderes vereinbart worden war. Die Praxis habe gezeigt, daß die Herausgeber oder Verleger in der Regel ausschließliche Rechte an den Beiträgen erwerben wollten und dies scheine auch gerechtfertigt (Begründung S. 16). Um eine gleichmäßige Regelung der Dauer des ausschließlichen Rechtes des Herausgebers oder Verlegers herbeizuführen, wurde eine zeitliche Begrenzung von einem Jahr seit Erscheinen des Beitrages eingefügt. Daneben wurde diese Vorschrift noch dahin erweitert, daß in einem neuen Abs. 3 des § 27 der Urheber eines Beitrages, den er einer Zeitung oder zeitungsähnlichen Zeitschrift, die im wesentlichen nur den Tagesinteressen Rechnung trug, überließ, zugleich nach Erscheinen des Beitrages berechtigt wurde, ihn anderweitig zu vervielfältigen und zu verbreiten, soweit nichts anderes vereinbart war. Zu dem Kreis dieser Zeitschriften gehörten insbesondere die illustrierten Zeitschriften, die sich im wesentlichen der aktuellen Bildberichterstattung widmeten, ferner Rundfunkzeitschriften mit dem Sendeprogramm und dergleichen. Beiträge zu diesen kurzlebigen periodischen Sammelwerken sollte der Urheber sofort nach ihrem Erscheinen wieder verwerten dürfen. Dadurch wurde das berechtigte Interesse der Herausgeber oder Verleger dieser Sammelwerke nicht beeinträchtigt, dagegen aber einem begründeten Bedürfnis der Urheber, die für diese Beiträge nur geringe Honorare erhielten, nach alsbaldiger anderweitiger Veröffentlichung Rechnung getragen. Dies sollte sowohl für Schriftwerke, wie bislang geregelt, als auch für alle anderen Werke zutreffen. Das Rückrufsrecht des § 28 wurde dem Wortlaut 58

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Entscheidende Neuerungen gegenüber dem Entwurf aus dem Jahre 1939 erfolgten dann wieder im vierten Abschnitt des Gesetzentwurfes über die Beschränkungen des ausschließlichen Verwertungsrechtes. So mußten insbesondere die Entwicklung der Technik und die damit verbundenen neuen Möglichkeiten der Vervielfältigung von Werken berücksichtigt werden. Zunächst wurde die Bestimmung über die Benutzung nur rechtmäßiger Vorrichtungen und Sendungen gestrichen. Es wurde als selbstverständlich angesehen, daß unrechtmäßig vervielfältigte Bild- und Tonträger nicht zu erlaubten Entnahmen benutzt werden durften. 61 Dieser Rechtssatz galt allgemein für die Benutzung unrechtmäßiger Vervielfältigungen und Bearbeitungen. Der Kleine Ausschuß stellte daher die Frage zur Diskussion, ob es notwendig war, diesen Rechtssatz in einer allgemeinen Bestimmung zum Ausdruck zu bringen. 62 § 31, der die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch klarstellte, wurde in seinem Abs. 1 gänzlich neu gefaßt. Nach der ursprünglichen Formulierung des Entwurfes von 1939 war das Vervielfältigen zum eigenen Gebrauch zulässig, wenn es sich nur um einzelne Stücke handelte und nicht bezweckt wurde, damit Einnahmen zu erzielen oder das Werk zu veröffentlichen. Die Zulässigkeit einer Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch war also relativ weit gefaßt. 63 Durch die Entwicklung der Technik hatte sich jedoch die Praxis der Vervielfältigung gründlich geändert. Die Fotokopie wurde nicht nur weiter entwickelt, sondern war durch die Mikrokopie ergänzt und zum Teil ersetzt worden. Es handelte sich um eine für die Wissenschaft höchst fortschrittliche Entwicklung, die aber zunächst mit schweren Einbrüchen in das Urheberrecht verknüpft war. 64 Mit Hilfe der Mikrokopie-Industrie wurde es möglich, jeden Zeitschriftenaufsatz „zum persönlichen Gebrauch" billig zu bekommen. Urheber und Verleger gingen dabei leer aus. Die Mikrokopie, deren Entwicklung nach Ansicht des Kleinen Ausschusses keineswegs aufgehalten werden sollte, mit den Rechten der Urheber zu vereinigen, war keine leichte Aufgabe, zumal sich Schwierigkeiten bei der Kontrolle von Rechtsverletzungen ergaben. Es wurde die Notwendigkeit einer Organisation der Interessenten erkannt, welche die Lizenzen vermitteln und Urheber und Verleger gegen Urhenach durch die im Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 verwendete Fassung ersetzt. Der Urheber konnte also das Werk zurückrufen, wenn der Inhaber eines Werknutzungsrechtes von diesem keinen oder nur einen so unzureichenden Gebrauch machte, daß dadurch berechtigte Interessen des Urhebers wesentlich verletzt wurden. Das Rückrufsrecht sollte dann unabhängig von einem Verschulden (die Fassung des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht stellte noch auf einen vom Urheber zu vertretenen Grund, also auf ein Verschulden des Urhebers, ab) des Urhebers ausgeschlossen sein, wenn der Urheber Umstände, die der Ausübung des Rechtes entgegenstehen, nicht behebt, obwohl ihm dies zuzumuten ist (Begründung S. 17). 61 Β 141/2551 B1.059 (Begründung S.20). 62 Β 141/2551 B1.059 (Begründung S.20). 63 Noch weiter gefaßt war die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch nach dem geltenden Rechtszustand. Nach § 15 LUG war es gleichgültig, auf welche Weise die Vervielfältigung hergestellt wurde, ob durch Druck oder andere Verfahren. Es kam auch nicht darauf an, ob das Werk nur in einem oder in mehreren Stücken vervielfältigt wurde. 64 Vgl. Β 141/2551 B1.059 (Begründung S.20).

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berrechtsverletzungen schützen konnte. Der Kleine Ausschuß sah es aber nicht als Aufgabe des Gesetzgebers an, eine solche Organisation kraft Gesetzes aufzubauen. 65 Man wollte nur das ausschließliche Recht des Urhebers gegen Eingriffe schützen und so die Grundlage für eine Vermittlerorganisation schaffen. 66 Eine weitere Schwierigkeit ergab sich aus der Erfindung des Magnetophons (Tonbandgerät), das jedem Privaten die Möglichkeit eröffnete, für seinen „persönlichen Gebrauch" Sendungen und Grammophonplatten auf ein Magnetband aufzunehmen und beliebig wieder vorzuspielen. Wenn auch die Zahl der sich im Verkehr befindlichen Apparate zur Zeit der Beratungen in Berlin wegen der hohen Preise noch sehr beschränkt war, so war doch die kommende Entwicklung nicht abzusehen und es galt, sie in dem neuen Urheberrechtsgesetz zu berücksichtigen. Vor allem sollte der Gefahr entgegengetreten werden, daß die bespielten Magnetbänder zu unbefugten Aufführungen verwendet wurden. Der Einwand, daß es sich bei einer möglichen Einschränkung der Aufnahmeerlaubnis um einen Eingriff in das Privatleben handelte, wurde abgelehnt.67 Auch hier dachte man an die Schaffung einer Organisation, die die Aufnahmelizenz gegen eine angemessene Vergütung vermitteln sollte.68 Dazu sollte es den beteiligten Kreisen zunächst überlassen werden, eine solche Organisation zur Lizenzvermittlung und Kontrolle im Verhandlungswege zu schaffen. Es mußte aber Aufgabe des Gesetzgebers bleiben, durch eine entsprechende Fassung der Vervielfältigungserlaubnis den Rahmen für solche Verhandlungen zu schaffen. Aufgrund dieser Überlegungen kam es folglich zu einer stärkeren Einschränkung des Wortlautes des § 31 Abs. 1. Eine Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch wurde nur noch durch Vervielfältigungen mit der Hand oder mit Maschinenschrift zugelassen, wobei unter Vervielfältigung mit der Hand auch Kopien von Kunstwerken verstanden werden sollten.69 Ferner sollte nur die Herstellung von einzelnen Stücken zulässig sein. Bei Werken der bildenden Künste sollten Lichtbilder erlaubt sein.70 Schließlich stand die Fotokopie und die Mikrokopie nur Behörden für den inneramtlichen Gebrauch frei und auch das nur für einzelne Stücke von Werken. Die Vervielfältigung von öffentlichen Vorträgen und Reden (§ 32) wurde in zweierlei Hinsicht überarbeitet. Einerseits wurde der bislang zulässige Abdruck von Vorträgen und Reden aus öffentlichen Veranstaltungen in Zeitschriften aufgehoben, so 65

Β 141/2551 Bl. 060 (Begründung S.21). Β141/2551 B1.060 (Begründung S.21). Als Beispiel wurde hier das ausschließliche Aufführungsrecht der Komponisten und Textdichter genannt, welches den Hintergrund für die Tätigkeit der GEMA bildete. 67 Β 141/2551 B1.060 (Begründung S.21): „Man geht ja auch gegen Schwarzhörer vor, obgleich ihr rezeptives Verhalten sehr viel harmloser ist als die Schaffung eines neuen Tonträgers." 68 Β 141/2551 Bl.060 (Begründung S.21). 69 Β 141/2551 B1.061 (Begründung S.22). 70 Β 141/2551 B1.061 (Begründung S.22). Begründet wurde das damit, daß die Fotografie hier in etwa der Maschinenschrift entsprechen konnte. 66

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daß der Vortragende sein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht behielt. Andererseits wurde die Vorschrift auf öffentliche Vortragsveranstaltungen, die öffentlich bekannt gemacht worden waren, zu denen also die breite Öffentlichkeit Zutritt haben konnte, ausgedehnt. Damit war die Abdruckfreiheit nicht mehr auf Vorträge und Reden, die Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung oder amtlichen Kundgebung waren, beschränkt. Dies hätte nämlich bedeutet, daß stets eine Aussprache im Anschluß an den Vortrag geplant sein oder daß es sich um eine Kundgebung handeln mußte. Abgesehen von sprachlichen Änderungen behielt der Kleine Ausschuß auch die Vorschrift über die Vertonungsfreiheit des Liedes und die Programmfreiheit bei. 72 Allerdings wurden schwerwiegende Bedenken gegen diese Vorschrift erhoben. Jeder Urheber sollte grundsätzlich die volle Verfügung über sein Werk haben und auch die künstlerische Verantwortung dafür tragen. Es mußte daher seiner Entscheidung überlassen bleiben, ob er eine Vertonung seines Werkes erlauben wollte oder nicht. 73 Ebenso bestanden andererseits Bedenken gegen eine Einengung der Schaffensfreiheit der Komponisten, die dazu führen könnte, der Kultur wertvollste Liederkompositionen vorzuenthalten. 74 Die Vorschrift wurde daher zunächst beibehalten, aber erneut zur Aussprache gestellt. Die Neuerungen über den Umfang der Nutzungsbefugnis in § 38 und über die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes in § 39 sowie die Ausstellungsfreiheit in § 40, die Kunstwerke an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen in §41 und schließlich auch die Vervielfältigung von Bildnissen in §42 waren von geringer Bedeutung und überwiegend sprachlicher Natur. Die Norm des § 42 über die Vervielfältigung von Bildnissen wurde dahingehend erweitert, daß die Verbreitung zwar nicht gewerbsmäßig vorgenommen werden durfte, aber die Vervielfältigung eines Bildnisses verschenkt werden durfte. 75 Die Notwendigkeit einer Zwangslizenz zur Herstellung von Schallvorrichtungen (§ 45) wurde beibehalten, allerdings mit der Klarstellung, daß die Zwangslizenz erst dann gegeben sein sollte, wenn ein Hersteller von Tonträgern vom Berechtigten die Befugnis erteilt erhalten hatte, ein Werk der Tonkunst auf Tonträgern zu vervielfältigen und zu verbreiten. Die bisherige Fassung gab zu Zweifeln darüber Anlaß, ob 71

Β 141/2551 B1.061 (Begründung S. 22). Dies diente nach Ansicht des Kleinen Ausschusses auch dem Interesse des Urhebers in der Hinsicht, daß die Richtigkeit des Abdruckes seines Vortrags überwacht werden konnte. 72 Kleine Teile einer Dichtung oder Gedichte von geringem Umfang durften danach nach ihrem Erscheinen als Text zu einem neuen Werk der Tonkunst in Verbindung mit diesem vervielfältigt werden (vgl. § 37). 73 Β141/2551 B1.063 (Begründung S.24). Es waren damals Fälle bekannt, in denen Dichter aus künstlerischen Gesichtspunkten eine Vertonung ihres Werkes ablehnten, weil sie es als eine Beeinträchtigung empfanden, ohne daß ein Fall des § 10 a vorlag (Rilke). 74 Β 141/2551 B1.063 (Begründung S.24). 75 Dies entsprach wiederum dem § 43 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932.

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bereits die Einräumung der mechanischen Rechte an einen Vermittler genügen konnte.76 Der Vermittler sollte aber freie Hand haben, über die Vergebung der ersten Erlaubnis zu entscheiden und Vereinbarungen über deren Bedingungen zu treffen. 77 Der neue § 45 wurde daher umbenannt in „Zwangslizenz für Tonträger" und stellte darauf ab, daß sich ein Hersteller von Tonträgern vom Berechtigten die Befugnis hatte erteilen lassen, ein Werk der Tonkunst zu gewerblichen Zwecken auf Tonträgern zu vervielfältigen und zu verbreiten. 78 Die Dauer des Urheberrechtes wurde auch in diesem Entwurf wieder auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder bei einem von mehreren gemeinsam hergestellten Werk auf 50 Jahre nach dem Tod des letztlebenden Miturhebers festgesetzt. Die Bestimmungen befanden sich unverändert in dem fünften Abschnitt des Entwurfes in den §§48 bis 52. Sie wurden teilweise aus sprachlichen Gründen geändert und zusammengefaßt. Neu ist eine Regelung über die Dauer des Urheberrechtes bei einer Veröffentlichung von nachgelassenen Werken. Wenn die Rechtsnachfolger des Urheberrechtes gegen Ende der Schutzdauer ein nachgelassenes Werk veröffentlichten, so sollte das Urheberrecht bis zum Ablauf von 10 Jahren nach dieser Veröffentlichung fortdauern. 79 Es bestehe kein Bedürfnis, in einem solchen Fall das Urheberrecht entsprechend dem Grundsatz nach 50 Jahren enden zu lassen und demjenigen, der das Werk veröffentlicht hatte, die ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Werk zu gewähren. Vielmehr erscheine es richtiger, in diesem Fall den Rechtsnachfolgern des Urhebers das volle Urheberrecht zu belassen.80 Das Urheberrecht an Filmwerken sollte 50 Jahre nach der Herstellung enden.81 76

Β141/2551 B1.066 (Begründung S.27). Β 141/2551 Bl.066 (Begründung S.27). 78 Neu war an dieser Stelle auch noch die Begründung der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte in Berlin-Charlottenburg für Klagen dieser Art. Dies wurde für zweckmäßig erachtet, da in der Regel die GEMA als Rechtsinhaber Beklagte war und diese ihren Sitz und allgemeinen Gerichtsstand im Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte hatte. Diese Gerichte hatten daher über alle Klagen dieser Art gegen die GEMA zu entscheiden und gewannen dadurch die erforderliche Erfahrung. Für die Ausnahmefälle, in denen der Berechtigte der GEMA seine mechanischen Rechte nicht eingeräumt hatte, schien es daher zweckmäßig, diese Gerichte gleichfalls für zuständig zu erklären und zwar ausschließlich, um Klagen im Gerichtsstand des Vermögens des Berechtigten auszuschließen. Dies sollte eine einheitliche Rechtsprechung gewährleisten (vgl. Begründung S.28). 79 Dies entsprach insoweit dem § 29 LUG. 80 Β 141/2551 Bl.067 (Begründung S.28). 81 Mit einer Streichung der Worte „des ersten gebrauchsfähigen Abzuges" sollte bewirkt werden, daß die Dauer des Urheberrechtes nicht dadurch auf unbestimmte Zeit verlängert werden konnte, daß von den Negativen keine Kopien gezogen wurden (vgl. Begründung S. 29). War das Werk innerhalb dieser Frist veröffentlicht, so endete nach Satz 2 das Urheberrecht 50 Jahre nach der Veröffentlichung, wenn sich nicht aus der Grundregel des § 48 ein früherer Tag ergab. Neu war an dieser Stelle die Gleichstellung von Werken des Kunstgewerbes mit den Filmwerken. Werke des Kunstgewerbes wurden in der Regel durch Angestellte oder Beauftragte von gewerblichen Unternehmen geschaffen. Bei der Dauer des Urheberrechts an diesen Werken ausschließlich auf den Tod des Urhebers abzustellen, konnte in der Praxis zu Schwierigkeiten führen, da die Urheber der Werke unter Umständen schwer zu ermitteln waren. Des77

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I m Anschluß daran finden sich in der Begründung des Entwurfes einige Ausführungen zu der Einführung einer Kulturabgabe (domaine public payant). 82 Der Kleine Ausschuß vermochte in Übereinstimmung mit der bislang herrschenden Meinung ihre Einführung nicht zu empfehlen. 83 Als Begründung wurde angeführt, daß die Durchführung als überaus schwierig angesehen wurde. Eine Abgabe an den Staat hätte diesen mit der Verteilungsaufgabe belastet, für die geeignete Organe fehlten und deren Durchführung ihn notwendig Angriffen der Öffentlichkeit aussetzen würden. 8 4 Daneben spreche aber noch ein anderer entscheidender Gesichtspunkt gegen die Einführung einer solchen Kulturabgabe: Gerade in der Nachkriegszeit bei der damaligen Lage der Kultur, sollten die älteren Meisterwerke so billig wie möglich an das Volk herangebracht werden. Alles, was diese Verbreitung verteuern könnte, müsse vermieden werden. 85 I m Ergebnis wurde daher von der Einführung der Kulturabgabe in einem neuen deutschen Urheberrechtsgesetz abgesehen. Die angrenzenden Rechtsgebiete waren i m sechsten Abschnitt des neuen Entwurfes geregelt. Die Bestimmungen über die Erhaltung von Werken allgemeiner Bedeutung der §§53 und 53 a wurden dabei fallengelassen. 86 Die bereits in dem Entwurf von 1939 nicht mehr aufgenommenen Bestimmungen über den Titelschutz 87 blieben weiterhin gestrichen. In den nicht sehr häufigen Fällen, in denen der Titel eine halb sollte die Dauer auch hier von der leichter feststellbaren Veröffentlichung oder Herstellung der Werke abhängig sein. 82 Die Brüsseler Konferenz hatte die Verbandsländer gebeten, die Einführung einer Kulturabgabe von der Verwertung gemeinfreier Werke zugunsten der lebenden Urheber zu prüfen. 83 Β 141/2551 Bl. 069 (Begründung S.30). 84 Β 141/2551 Bl.069 (Begründung S.30). 85 Vgl. Β 141/2551 B1.069 (Begründung S.30). 86 In dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht war entsprechend dem damaligen Gedankengut festgelegt, daß Werke von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur nach dem Tode des Urhebers nicht derart bearbeitet oder verwertet werden durften, daß dies offenbar ihr Ansehen oder ihren Wert beeinträchtigen würde (§ 53). Der Schutz eines Werkes gegen Entstellung oder Beeinträchtigung endete aber mit dem Urheberrecht. Es konnte daher nicht Aufgabe des Urheberrechts sein, die Grundsätze des Verbots einer Veröffentlichung oder Verwertung eines Werkes bei Entstellung oder anderer Beeinträchtigung für alle Zeiten auf frei gewordene Werke fortbestehen zu lassen. Es erschien auch nicht gerechtfertigt, ausgerechnet staatliche Stellen darüber entscheiden zu lassen, ob eine Bearbeitung oder Verwertung eines freien Werkes dessen Wert oder Ansehen beeinträchtigen konnte (vgl. Begründung S. 30). Die Allgemeinheit sollte vielmehr selbst darüber entscheiden, ob sie eine solche Bearbeitung oder Verwertung billigte oder ablehnte. Noch weniger haltbar schien die Bestimmung des ehemaligen § 53 a, daß die Erben eines nachgelassenen Werkes dieses auf Anordnung dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda vorlegen mußten, der eine Veröffentlichung anordnen konnte, wenn die Prüfung ergab, daß das Werk von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur war und daß die Urheberehre durch die Veröffentlichung nicht beeinträchtigt wurde. Dies bedeute einen untragbaren Eingriff in die Privatsphäre der Personen, auf die das Urheberrecht nach § 16 übergegangen war (Begründung S.31). 87 §63 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums in der Fassung von 1932 sollte den Urheber gegen die Verwendung des Titels eines Werkes zur Bezeichnung eines anderen Werkes schützen.

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persönliche Prägung aufwies, stand er als Werkteil unter Urheberschutz. Darüber hinaus schien ein Schutz nur bei einer Verwechslungsgefahr, also einem typisch wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkt angebracht zu sein.88 Dies sollte dann auch Aufgabe des UWG sein, eine Regelung im Urheberrechtsgesetz wurde als Fremdkörper angesehen.89 Damit kam in den Bestimmungen über angrenzende Rechtsgebiete des sechsten Abschnittes die größte Bedeutung dem Schutz des ausübenden Künstlers zu. Dieser Schutz wurde auch hier dadurch gewährleistet, daß eine Vervielfältigung auf Bildoder Tonträger und auch eine Sendung durch Funk grundsätzlich nur mit Einwilligung des Vortragenden oder Aufführenden zulässig war. 90 Ebenso übernommen wurde der Schutz der Lichtbilder in § 58, wobei erwähnt werden soll, daß die Dauer des Schutzrechtes in § 58 Abs. 3 von 10 auf 25 Jahre erweitert wurde. Gestrichen wurde dagegen der Schutz der Zeichnungen, Pläne, Karten usw. des ehemaligen § 58 a, da man es als ungerecht empfand, wenn Arbeiten der hier genannten Art einen Leistungsschutz erhalten würden, da Schriftwerke und andere Werke, die gerade nicht unter die genannten Begrifflichkeiten dieser Vorschrift fielen, auch keinen Leistungsschutz erhielten. 91 Der siebente Abschnitt, in dem wie bisher die Bestimmungen über die Rechtsverletzungen zu finden waren, übernahm auch die Unterscheidung zwischen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften. Zudem wurde hier noch ein dritter Titel eingegliedert, der die Einrichtung von Sachverständigenkammern betraf. Die zivil88

Β 141/2551 B1.070 (Begründung S.31). Β 141/2551 Bl.070 (Begründung S.31). 90 Der Schutz bei Bild- und Tonträgern in § 55 (ehemals Schutz bei Bild- und Schallvorrichtungen) wurde durch Streichung der Worte „Literatur und Tonkunst" auf Mitwirkende an Aufführungen pantomimischer Werke ausgedehnt (Begründung S. 32). Nunmehr durfte der Vortrag oder die Aufführung eines jeden Werkes nur mit Einwilligung der Vortragenden oder Aufführenden auf einem Bild- oder Tonträger vervielfältigt oder verbreitet werden. Bislang sollte es bei Chor- oder Orchesteraufführungen genügen, die Einwilligung des Dirigenten zur Vervielfältigung auf einen Bild- oder Tonträger einzuholen. Da der Dirigent jedoch nicht immer das Organ des Chors oder Orchesters sein mußte, sondern in vielen Fällen ein geschäftsführender Vorstand die Rechte des Chors oder Orchesters wahrnahm, sollte diesem auch die Entscheidung über die Erlaubnis zugewiesen werden. Die Bestimmung des § 55 wurde also dementsprechend neu formuliert. Der früheren Fassung fehlte zudem eine Bestimmung, wer zur Einwilligung bei der Vervielfältigung von Bühnenaufführungen auf Bild- oder Tonträger zuständig sein sollte. Damit hier nicht die Einwilligung jedes einzelnen mitwirkenden Künstlers eingeholt werden mußte, war bestimmt, daß die Einwilligung des künstlerischen Spielleiters genügen sollte (Begründung S. 32). Schließlich bestand noch ein Bedürfnis, den ausübenden Künstlern das Recht zu gewähren, die von ihnen bespielten Bild- oder Tonträger zu senden. Damit sollte ihnen ein Ausgleich dafür gegeben werden, daß die Bild- und Tonträger anstatt ihrer persönlichen Leistungen bei der Funksendung benutzt wurden (Begründung S. 32). Im übrigen waren die Änderungen auf diesem Gebiet überwiegend sprachlicher Art oder Anpassungen an die genannten Neuformulierungen. Teilweise dienten sie lediglich der Streichung von Überflüssigem, was hier aus Platzgründen nicht näher erläutert werden soll. 91 Β 141/2551 Bl. 073 (Begründung S.34). 89

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rechtlichen Vorschriften wurden größtenteils sprachlich überarbeitet und den Änderungen in dem neuen Entwurf angepaßt. Auch hier sollte neben den Ansprüchen auf Unterlassung und Schadensersatz bei einer schuldhaften Verletzung der nach diesem Gesetz gewährten Rechte der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen können. Ebenso wurde die Überlegung übernommen, daß auch in Fällen nicht schuldhafter Rechtsverletzungen außer dem Unterlassungsanspruch noch weitere Ansprüche, wie beispielsweise der Bereicherungsanspruch, gegeben sein sollen.92 Bei dem Anspruch auf Vernichtung, Unbrauchbarmachung und ähnliche Maßnahmen in § 65 wurde der Zusatz, daß bei unbefugter Aufführung eines Bühnenwerkes der Verletzte die Vernichtung der zum Gebrauch der Mitwirkenden bestimmten Schriften, wie Rollen, Regiebücher, Partituren und Stimmen verlangen konnte, gestrichen. Es schien nicht gerechtfertigt, die dort bezeichneten Schriften der Vernichtung zu unterwerfen, wenn sie zwar zu unrechtmäßigen Zwecken mißbraucht, aber selbst rechtmäßig hergestellt worden waren. 93 Der Unterlassungs- und Schadensersatzanspruch gegen den Inhaber eines Unternehmens, der an einer Rechtsverletzung, die in seinem Unternehmen unterlief, kein Verschulden trug, sollte sich nach allgemeinen Vorschriften richten.94 Von den prozessualen Vorschriften in § 72 wurde schließlich der Ausschluß der Schiedsgerichtsbarkeit in Urheberrechtssachen nicht übernommen.95 Zuletzt wurden noch die Bestimmungen über den Anwendungsbereich des neuen Gesetzes in dem achten Abschnitt den damals aktuellen Verhältnissen angepaßt. Zu erwähnen bleibt hier noch, daß der bereits erläuterte Schutz über die ausübenden Künstler in der neuen Fassung des § 85 auf deutsche Staatsangehörige und auf solche Vorträge und Aufführungen beschränkt wurde, die im Inland stattfanden. 96 92 Eine Regelung aber, wie sie bislang vorgesehen war, wonach in jedem solchen Fall ein Anspruch auf angemessene Vergütung bestehen sollte, ginge jedoch zu weit. Es sollte vielmehr genügen, wenn der Verletzer das herausgibt, was er auf Kosten des Verletzten erlangt hat (Begründung S. 37). Damit nicht angenommen werden konnte, daß § 64 die Ansprüche des Verletzten abschließend regelt, wurde in Abs. 3 ausdrücklich festgelegt, daß Ansprüche aus sonstigen Vorschriften unberührt bleiben sollten. 93 Vgl. Β 141/2551 B1.076 (Begründung S. 37). Im Fall einer rechtswidrigen Herstellung folgte der Anspruch bereits aus § 65 Abs. 1. 94 Β 141/2551 B1.077 (Begründung S.38). 95 Die Schiedsgerichtsbarkeit erwies sich als notwendig, da die Parteien sonst bei Streitigkeiten mit einem nur geringem Streitwert gezwungen würden, die Amtsgerichte anzurufen. Die Amtsrichter besaßen aber in der Regel keine Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Urheberrechts. Die möglicherweise gebildeten Spezialgerichte konnten aber nicht ohne Rücksicht auf den Streitwert für ausschließlich zuständig erklärt werden, da sie sonst mit zuviel Bagatellsachen befaßt und dadurch überfordert würden (so die Argumentation des Kleinen Ausschusses in Begründung S. 38). 96 Β141/2551 B1.080 (Begründung S.41). Nach der bisherigen Regelung des § 85 stand der in §§ 55 bis 57 gewährte Schutz allen Vorträgen und Aufführungen zu ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der ausübenden Künstler und darauf, wo die Vorträge oder Aufführungen bewirkt wurden. Demnach sollten grundsätzlich auch Ausländer für ihre im Ausland erbrach-

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965 2. Stellungnahmen zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 Dieser erste Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes war nicht zur Veröffentlichung

bestimmt, sondern sollte als Arbeitsentwurf für die Ausarbeitung eines geplanten Referentenentwurfes dienen. Er wurde daher i m B M J streng vertraulich behandelt und auch auf diverse Anfragen nicht bekanntgegeben. 97 M i t Schreiben vom 31.03.1951 leitete das B M J den Berliner Entwurf an die Mitglieder der Kommission für Urheberrecht weiter und bat diese zugleich um eine Stellungnahme. 98 In den A k ten des B M J 9 9 finden sich zu diesem Entwurf daher lediglich die Stellungnahmen einiger Mitglieder der Sachverständigenkommission. Eine Ausnahme machte hier nur die Stellungnahme der Abteilung I des B M J 1 0 0 und die Stellungnahme des I. Zivilten Leistungen den gleichen Schutz genießen wie deutsche Staatsangehörige. Der Reichsminister der Justiz sollte lediglich die Befugnis haben, diesen Schutz gegenüber Staaten, die den deutschen Staatsangehörigen keinen entsprechenden Schutz gewährten, einzuschränken oder auszuschließen. Da der Schutz der ausübenden Künstler damals aber nur in wenigen Staaten anerkannt war, und Staatsverträge über den gegenseitigen Schutz ihrer Leistungen noch nicht geschlossen worden waren, mußte in Deutschland, wenn es ausländischen Künstlern für im Ausland erbrachte Leistungen den Schutz der §§55 bis 57 mangels Gegenseitigkeit versagen wollte, von dem Recht der Einschränkung oder Ausschließung in zahlreichen Einzelfällen Gebrauch machen. Um dies zu vermeiden, wurde in § 85 der Schutz der §§55 bis 57 auf deutsche Staatsangehörige und auf solche Vortrage und Aufführungen beschränkt, die im Inland stattfanden. 97 Β 141/2536 Bl. 013. Auf Anfrage des Gerichtsreferendars G. Attenberger, der an einer Dissertation über das Thema „Der Rechtsschutz des Urhebers bei Aufnahme und Wiedergabe seines Werkes mittels Magnetophons" arbeitete und daher um Überlassung des Entwurfes bat, antwortete das BMJ am 07.08.1951: „Da der Entwurf des Kleinen Ausschusses der Urheberrechtskommission nur einen vorläufigen Arbeitsentwurf darstellt, der voraussichtlich noch erheblich geändert werden wird, ist es nicht angängig, ihn Dritten zugängig zu machen. Ich bin daher zu meinem Bedauern nicht in der Lage, Ihnen diesen Entwurf zu überlassen." Auch auf Anfrage von Professor Neumann-Duesberg vom 09.05.1951, welcher an der Universität Münster u. a. das Fach Urheberrecht vertrat und daher um Übersendung des Entwurfes nebst Motiven bat, erfolgte eine Absage durch das BMJ: „Bis heute liegt aber hier noch kein Entwurf vor, der Dritten zugängig gemacht werden dürfte. Die hier gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht hat einen Kleinen Ausschuß zur Anfertigung eines Arbeitsentwurfes bestimmt. Dieser Arbeitsentwurf ist inzwischen hergestellt und soll die Grundlage für die weiteren Erörterungen in der gesamten Urheberrechtskommission bilden. Der daraufhin herzustellende Referentenentwurf des BMJ wird aber frühestens Anfang nächsten Jahres vorliegen. Ich werde mir dann erlauben, auch Ihnen ein Exemplar dieses Referentenentwurfes zu übersenden. Zur Übersendung des Arbeitsentwurfes bin ich leider nicht in der Lage, weil es sich hierbei nur um ein sehr vorläufiges Werk handelt, das voraussichtlich noch erheblich geändert werden wird." 98 Dieses Schreiben selbst ist in den Akten des BMJ nicht mehr vorhanden. Es ergibt sich aber aus den einzelnen Stellungnahmen, die unter Bezugnahme auf dieses Schreiben beim BMJ eingegangen sind, daß die jeweiligen Personen per Schreiben durch das BMJ den Berliner Arbeitsentwurf vom März 1951 zugeleitet bekamen und aufgefordert wurden, dazu Stellung zu beziehen. Die Stellungnahmen wurden in dem Aktenband Β141/2562 gesammelt. 99 Β 141/2562 B1.053ff. 100 Die Abteilung I innerhalb des BMJ war für den Aufgabenbereich des bürgerlichen Rechts und Rechtsverfahrens zuständig.

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senates des Bundesgerichtshofes, welche ebenfalls eingeholt wurden. Vertreter der Interessenverbände oder auch Journalisten wurden zu diesem Zeitpunkt noch nicht hinzugezogen. Die teilweise sehr detaillierten und umfangreichen Stellungnahmen, die unter anderem sogar neue Formulierungsvorschläge enthielten, können an dieser Stelle nicht alle ausführlich besprochen werden. Unerläßlich scheint aber eine kurze Darstellung der folgenden Standpunkte. Der Rechtsanwalt Dr. Plügge beschränkte sich in seiner Stellungnahme auf die Fragen der Zwangslizenz und des Filmwesens.101 Vor allem setzte sich Plügge für die Einführung einer Zwangslizenz ein und „zwar ganz allgemein für alle Verbreiter von Geistesgütern einschließlich der Musikveranstalter, denen eine Einziehungsgesellschaft von Monopolcharakter gegenübersteht." Bei der Auseinandersetzung mit den Regelungen zum Filmwesen in §§ 5 a, 19 a und 28 mahnte Plügge zu einer genauesten Prüfung der wirtschaftlichen Folgen. Er kritisierte den neuen § 5 a, wodurch ein Urheberrecht für den Schöpfer des Drehbuches und den Spielleiter konstituiert wurde. Nach seiner Ansicht war der deutsche Film nur bei Zusammenfassung aller Rechte in der Hand des Herstellers im In- und Ausland konkurrenzfähig. 1 0 2 Auch das dem Schöpfer des Drehbuches nach § 19 a zustehende unabdingbare Recht, vom Flimtheaterbesitzer eine prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen zu verlangen, würde nach der Ansicht Plügges den deutschen Film endgültig aus dem Konkurrenzkampf werfen. Diese Regelung stelle eine Art Umsatzsteuer dar, welche dazu führen würde, daß sich kaum ein Geldgeber finden lasse, der in den deutschen Film investieren wolle. 103 Schließlich wurde noch das in § 28 normierte Rückrufsrecht abgelehnt: „Würde der Vorschlag der Kleinen Kommission Gesetz werden, so könnten unzufriedene Erben die Verfilmung erzwingen oder hohe Zahlungen herauspressen." 104 Einen Formulierungsvorschlag zur Neugestaltung dieser Regelungen machte Plügge aber nicht. Die von der Abteilung I an die Abteilung III übersandte Stellungnahme zu einem neuen Urheberrechtsgesetz war sehr ausführlich gefaßt und stellte fast ausschließlich eine sprachliche Überarbeitung dar. Es wurden im wesentlichen die einzelnen Formulierungen auf ihre Verständlichkeit hin überprüft und Verbesserungsvorschläge aufgezeigt. 105 101 Β141/2562 Bl. 053 Stellungnahme Dr. Plügge vom 14.06.1951: „...und beschränke mich wegen der Kürze der Zeit im wesentlichen auf die Fragen I.) der Zwangslizenz und II.) des Filmwesens, dessen Wirtschaftsfragen mir besonders vertraut sind." 102 Β 141/2562 B1.056. Plügge zog es hier vor, den Hersteller als den wahren Autor des Filmes zu bezeichnen. 103 Β 141/2562 B1.057. KM β 141/2562 B1.059: „Auch diese Bestimmung ist geeignet, den deutschen Film der ausländischen Konkurrenz gegenüber ins Hintertreffen zu setzen. Bei Durchführung auch dieses Gesetzesvorschlages würde keine Freudigkeit zur Finanzierung neuer deutscher Filmunternehmungen bei einer irgendwie gearteten deutschen Stelle mehr bestehen." 105

Β 141/2562 B1.066ff. Als Beispiele sollen hier nur genannt werden: „Gezeichnete Filme in § 5 a Satz 2 gibt es nicht. Es gibt nur Filme, die durch die Aufnahme von Zeichnungen ent-

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Sehr ausführlich und umfangreich war die Stellungnahme Prof. Ulmers. Grundsätzlich sah er in dem Entwurf „eine wertvolle Grundlage für die Beratungen". 106 Trotz dieser überwiegend positiven Bilanz, äußerte Ulmer jedoch auch einige Bedenken, die er in seiner 29 Seiten umfassenden Schrift eingehend begründete. Zunächst stieß sich Ulmer an dem Begriff der schutzfähigen Werke, welcher in dem Berliner Entwurf (§ 1 Abs. 1) dahin bestimmt wurde, daß es sich um Werke der Literatur und Kunst handeln mußte, die „Schöpfungen persönlicher Prägung" sind. Diese Bestimmung folgte dem Entwurf von 1939, ersetzte aber den Ausdruck der „eigenpersönlichen Prägung" durch den der „persönlichen Prägung". Es war nach Ulmer zwar richtig, daß in den idealtypischen Fällen die Persönlichkeit des Urhebers dem Werk ihren Stempel aufdrückt. Aber es sei zu bedenken, daß es auch in Zukunft die „Kleine Münze" des Urheberrechtes, beispielsweise Kochbücher, Werbeprospekte, Rechentabellen und dergleichen, geben werde, bei der nur noch in bescheidenem Maße von einer persönlichen Note, aber nicht mehr von einer persönlichen Prägung die Rede sein könne. Auch diese sollten in gewisser Weise geschützt werden. 107 Vor allem aber gab es nach Ansicht Ulmers auch Ergebnisse wissenschaftlicher Arbeit, wie beispielsweise Kartenwerke, Wörterbücher, Berichte über Experimente und Entdeckungen, bei denen es nicht so sehr auf die Entfaltung persönlicher Züge als vielmehr auf die fachgerechte Leistung ankomme.108 Nichtsdestoweniger sollte diese wissenschaftliche Arbeit die in ihnen stecke, gegebenenfalls in beschränkterem Umfang, geschützt werden. Das Entscheidende sei, daß eine geistige Arbeit vorliege, die in einem Werk ihren Niederschlag finde. Im einzelnen sei es dann gleichgültig, ob die geistige Arbeit in der Kunst der Sprachgestaltung, in den Eingebungen der Phantasie, in der Logik der Gliederung und Gedankenführung oder in der wissenschaftlichen Durchdringung des Sachverhaltes liege. 109 Ulmer zog daher standen sind." In § 10 sollten die Worte „zu seiner Verwertung" durch „zur Verwertung des Werkes" ersetzt werden. Die einzelnen Formulierungen des Arbeitsentwurfes wurden also auf das genaueste untersucht und verbessert. Wegen der geringen inhaltlichen Bezugnahme soll diese Stellungnahme hier nicht genauer dargestellt werden. 106 Β141/2562 Bl. 076: „Er (erg. der Entwurf) bringt auch gegenüber dem im Jahre 1939 veröffentlichten Entwurf der Akademie für Deutsches Recht wesentliche Verbesserungen. Ich erwähne beispielsweise die Neufassungen der Vorschrift über die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch (§31), die meines Erachtens in glücklicher Weise der Lage gerecht wird, wie sie durch die Entwicklung der Technik (Photokopie, Mikrokopie, Magnetophon) geschaffen wurde, sowie die Streichung der zu weit gehenden Bestimmungen über den Schutz von Bearbeitungen, Karten, Plänen und dergleichen, die keine schöpferischen Leistungen enthalten. Auch den kritischen Ausführungen über die Kulturabgabe, das droit de suite und über das ewige droit moral stimme ich zu." 107 Β 141/2562 Bl. 2: „Wir dürfen diese Dinge nicht schutzlos lassen, um so weniger, als im Entwurf Sonderbestimmungen, die der Akademieentwurf in §§ 53 b Abs. 2 und 58 a für einige typische Fälle von kleiner Münze vorsah, gestrichen wurden." 108 Vgl. auch bereits Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, S. 13 f. 109 Β 141/2562 Bl. 078: „Ich habe keine Bedenken gegen den Begriff der persönlichen Schöpfung, wie er in § 2 des Entwurfes verwendet wird. Er entspricht auch dem in der franzö-

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den Begriff der „persönlichen Schöpfung" vor. Auch sprach er sich dafür aus, daß die wissenschaftliche Leistung der Wiederherstellung eines alten Textes nicht völlig schutzlos bleiben sollte. Insofern schien ihm die Streichung des § 53 b Abs. 2 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht, welcher auch den Herausgebern und Bearbeitern fremder Werke, sofern eine eigenpersönliche Leistung nicht vorlag, das ausschließliche Verwertungsrecht für eine Dauer von 10 Jahren zusprach, zu weit zu gehen.110 Neben einigen weiteren Verbesserungsvorschlägen zu allgemeinen Bestimmungen im ersten Abschnitt des Entwurfes 111, hatte Ulmer grundsätzliche Bedenken gegen den Aufbau des zweiten Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechtes. Es sei zwar richtig, den Gedanken vorauszustellen, daß der Urheber Schutz in seinen persönlichen Beziehungen und in der Verwertung des Werkes genießen sollte. Das Urheberrecht schütze nach allgemeiner Ansicht materielle und ideelle Interessen. Es dürfe dabei aber nicht der Eindruck entstehen, daß zum Schutze der persönlichen Interessen das droit moral und zum Schutze der wirtschaftlichen Interessen die Benutzungsrechte 112 (sog. Verwertungsrechte) bereit stünden. Die Benutzungsrechte schützten vielmehr auch ihrerseits ideelle Interessen.113 Daher war nach Ansicht Ulmers bereits die äußere Folge der Bestimmungen, wonach in §§ 10a und 10b zunächst das droit moral und im Anschluß daran in §§ 11 ff. das Verwertungsrecht geregelt wurde, zu beanstanden. Es könnte dadurch der Gedanke entstehen, daß das ideelle Recht dem materiellen Recht vorgehe. 114 Außerdem ließe diese Anordnung sischen und romanischen Rechtslehre geläufigen Ausdruck von der création personelle. Persönliche Schöpfung ist auch das Ergebnis wissenschaftlicher Arbeit. Aber persönliche Prägung ist zu viel verlangt." 110 Β141/2562 Bl. 080: „Ich halte es daher für richtig, anstelle des §2a, der jetzt eine gewisse Kompromißformel darstellt, einen klaren Unterschied zu machen: Soweit eine persönliche Schöpfung vorliegt, ist voller Urheberschutz am Platze. Soweit dagegen nur Wiederherstellung des alten Textes durch wissenschaftlich-kritische Arbeit erfolgt, sollte ein Schutz von 10 Jahren gewährt werden." 111 Einzelheiten können an dieser Stelle aus Platzgründen nicht aufgezeigt werden. 112 Vgl. auch Β141/2562 Bl. 11. Ulmer wollte den Begriff des Verwertungsrechts durch den des Benutzungsrechts ersetzt wissen: „Unter diesen Umständen empfiehlt es sich meines Erachtens, den mißverständlichen (weil auf die wirtschaftliche Nutzung bezogenen) Begriff des Verwertungsrechtes zu vermeiden. Ich würde auch nicht von Werknutzungsrechten sprechen (auch dieser Begriff verweist auf die wirtschaftliche Ausbeute), sondern den schlichten Ausdruck Benutzungsrechte vorziehen." 113 Β 141/2562 B1.083: „Sie (erg. die Benutzungsrechte) bewahren den Urheber davor, daß das Werk wider seinen Willen der Öffentlichkeit dargeboten wird und sie schützen ihn über die erste Veröffentlichung hinaus dagegen, daß ein späterer Publikationsakt gegen seinen Willen erfolgt, daß beispielsweise eine Neuauflage des Werkes, das ihm überholt erscheint, veranstaltet wird. Das droit moral hat demgegenüber nur einen ergänzenden Charakter: es soll überall bereitstehen, wo die Benutzungsrechte zum Schutz berechtigter persönlicher Interessen nicht ausreichen." 114 Β141/2562 Bl. 084: „Bei dieser Anordnung wird aber verkannt, daß die Benutzungsrechte auch ideellen Interessen des Urhebers dienen und daß sie die prinzipalen Befugnisse des Urhebers sind. Das ausschließliche Recht der Vervielfältigung, der Verbreitung, des Vortrags, der

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zweifelsfrei den Schluß zu, daß das Verwertungsrecht den materiellen Interessen des Urhebers diene, was angesichts der neueren Erfassung des Urheberrechtes nach der monistischen Theorie gerade überholt sei. 115 Ulmers Vorschlag ging daher dahin, zunächst in § 10 klarzustellen, daß das Urheberrecht den Urheber in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk und in der wirtschaftlichen Verwertung des Werkes schützt. Damit sei der Interessenschutz klargestellt. Anschließend sollten dann die Rechte, die dem Urheber zustehen, bestimmt werden. Dabei sollte aber der Begriff der Verwertung vermieden werden. 116 Zu diesem Zweck fügte Ulmer eine neu formulierte Gesetzesfassung der entsprechenden Paragraphen bei, die diesen Überlegungen gerecht wurde. Abgesehen von den ausführlich begründeten Vorschlägen zu einer Überarbeitung des dritten Abschnittes, welcher nach Auffassung Ulmers in „Rechtsnachfolge und Zwangsvollstreckung" umbenannt werden sollte, und sonstigen Bemerkungen zu einzelnen Normen, welche ebenfalls in aller Ausführlichkeit besprochen wurden, äußerte sich Ulmer noch zum neuen Filmrecht. Die Vorschläge des Entwurfes zum Filmrecht stellten seiner Meinung nach einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939 dar. Insbesondere sei der Versuch des § 5 a oder 5 a, die Personen der Urheber näher zu bestimmen und damit zur Klärung des alten Streites beizutragen, bedeutsam.117 Trotzdem konnte Ulmer die vorgeschlagene Lösung noch nicht für endgültig halten. Zunächst sei die Fassung des § 5 a, welcher von den Urhebern des Filmwerkes sprach und damit die Möglichkeit des Miturheberrechtes annahm, bedenklich. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, daß sowohl der Drehbuchverfasser als auch der Komponist in der Lage sein müssen, ihre Werke außerhalb des Filmes gesondert zu verwerten. 118 Die Schwierigkeit bei der Regelung des Filmurheberrechts lag nach Ulmer darin, „daß man gemeinhin von dem fertigen Film ausgeht und für diesen Film, der in Negativen und in den Kopien als Werkstücken vervielfältigt und verbreitet wird, einen Urheber sucht, ähnlich wie man nach dem Urheber eines Buches fragt." In Wahrheit lägen aber die urheberrechtlich schutzfähigen Leistungen bereits in einem Aufführung usf. hat nicht nur geschichtlich den Vorrang, sondern muß auch heute an die Spitze des Urheberrechtes gestellt werden. Das droit moral muß sinngemäß nachfolgen, da es dazu berufen ist, den auf den Benutzungsrechten beruhenden Schutz zu ergänzen." 115 Β141/2562 B1.084f. Ulmer begründet dies folgendermaßen: „Wenn in § 10 des Entwurfes gesagt wird, daß dem Urheber Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk sowie das ausschließliche Recht zu seiner Verwertung gewährt wird, und wenn dann weiter in §§ 11 ff. von dem Verwertungsrecht die Rede ist, so ist der Schluß unabweisbar, daß das Verwertungsrecht eben den materiellen Interessen des Urhebers dient. Dann hat man, obwohl der Entwurf dies vermeiden will, die überwundene dualistische Auffassung vom Urheberrecht im Gesetz verankert." 116 Β141/2562 B1.086. 117 Β 141/2562 Bl. 099: „Ich glaube auch, daß der Entwurf, indem er auf den Schöpfer des Drehbuches, den Komponisten, sowie im Regelfall auf den Spielleiter abstellt, im ganzen das Richtige trifft." 118 Β 141/2562 B1.099. Das sei auch die derzeitige Praxis der Verträge.

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früheren Stadium.119 Gesetzestechnisch schlug Ulmer vor, dem Filmrecht einen besonderen Abschnitt zuzuweisen. Sämtliche Fragen müßten einheitlich durchdacht und geregelt werden, wobei auch die Leistung der Darsteller nach eventuellem persönlichkeitsrechtlichen Schutz zu berücksichtigen sei. 120 Die Lösung sollte noch gründlich erwogen werden. Ähnlich wie Ulmer äußerte auch Prof. Möhring Bedenken dagegen, die Schutzfähigkeit eines Werkes davon abhängig zu machen, daß es sich um eine Schöpfung „eigenpersönlicher Prägung" handelt. Damit würde im Gegensatz zum bisherigen Recht für die Schutzfähigkeit darauf abgestellt, daß die Werke eine besondere Bewertung erfahren müssen.121 Er empfahl daher die Streichung der Worte „persönliche" beziehungsweise „persönliche Leistung" in § 2 a. Weiterer Kritikpunkt war die „willkürliche Beschränkung des Urheberrechts am Film auf den Drehbuchautor, den Komponisten und den Spielleiter" 122 Das Urheberrecht am Filmwerk ließ sich nach Ansicht Möhrings dem Kreis der Beteiligten nach nicht beschränken. Welche Leistung urheberrechtlich geschützt werden sollte, müsse im Einzelfall durch die Rechtsprechung festgestellt werden. 123 Als praktizierender Anwalt hatte Möhring auch grundsätzliche Bedenken gegen die Aufteilung zwischen Urheberrecht, Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung in dem dritten Abschnitt des Berliner Entwurfes. Er verkenne nicht, daß diese Unterscheidung schon seit Jahren vorgenommen werde, aber unter den beteiligten Verkehrskreisen habe sich diese Unterscheidung nicht durchgesetzt. 124 Es sollte daher überlegt werden, ob diese willkürlich gewählten juristischen Kunstausdrücke nicht dem Gesetz fernbleiben könnten, 119 Β141/2562 Bl. 100. Das Urheberrecht des Drehbuchverfassers beginnt nach der Erkenntnis Ulmers bereits mit der Schöpfung des Drehbuches, das Urheberrecht des Komponisten mit dem Entwurf der Filmmusik. 120 Β 141/2562 Bl. 101. Eine solche Trennung zwischen den Urheberrechten und dem Filmschutzrecht sollte dabei auch eine angemessene Lösung der Schutzfristfrage ermöglichen. 121 Β 141/2562 Bl. 115 (Stellungnahme Prof Möhring S. 1): „Ich halte es für bedenklich, einen solchen Bewertungsfaktor einzufügen... Ein kunstloser Tatsachenbericht muss nach wie vor geschütztes Werk sein, auch wenn er eine persönliche oder eigenpersönliche Prägung nicht erkennen läßt." 122 Β 141/2562 Bl. 117 (Stellungnahme Prof Möhring S. 3): „Es gibt auch urheberrechtliche Leistungen beim Filmschaffen, die ζ. B. denen des Urhebers einer Sammlung zumindest gleichzustellen sind, z.B. Film-Cutter. Aber auch der Bühnenbildner und der Fotograf können echte schöpferische Leistungen vollbringen." 123 Β 141/2562 Bl. 117 (Stellungnahme Prof Möhring S. 3). Hier konnte ein aufmerksamer Betrachter auch die Sichtweise der Problematik eines Praktikers erkennen (gegenüber den mehr wissenschaftlich gehaltenen Ausführungen z.B. Ulmers und auch der - wahrscheinlich auf einem erheblichen Einfluß Professors de Boors zurückzuführenden - doch sehr wissenschaftlich und in gewisser Weise theoretisch gehaltenen Begründung des Kleinen Ausschusses: „In der Vergangenheit ist ein Bedürfnis der Feststellung derartiger Urheberrechte kaum in Erscheinung getreten. Der Streit um das Urheberrecht ist mehr ein Streit der Systematiker als ein Streit der Praktiker gewesen."). 124 Β 141/2562 Bl. 5: „Die wenigsten Verleger und Autoren kennen den Unterschied zwischen Urheberrecht, Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung."

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damit dieses der Allgemeinheit verständlich bleibe. 125 Richtig sei zuletzt, die Bestimmungen über das „droit de suite" und auch über die „domaine public payant" nicht in den neuen Gesetzentwurf aufzunehmen. Vielmehr sollte zunächst abgewartet werden, welche Erfahrungen im Ausland mit diesen Rechtsinstituten gemacht würden. 126 Abschließend soll ein kurzer Überblick über die Stellungnahme des /. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes vom 25.08.1951 nicht fehlen. Sie erfolgte unter besonderer Berücksichtigung der Stellungnahmen Ulmers und Möhrings, welche bei Beratung des Entwurfes vorlagen. Auch der BGH stimmte dem Entwurf darin zu, daß bei der Begriffsfassung der schutzfähigen Werke eine Hervorhebung des schöpferischen Elementes „mindestens zweckmäßig sei". Aber die Herausstellung des Merkmals der „persönlichen Prägung" begegne Bedenken, da es Fälle geben könne, in denen die geformte Leistung gegenüber dem sachlichen Inhalt, aus dem sich die Form vielfach von selbst ergebe, zurücktreten würde. Die Worte „persönliche Prägung" sollten daher im Anschluß an Ulmer und Möhring vermieden werden. 127 Ähnlich wie Möhring, äußerte der BGH Bedenken gegen die gesetzliche Festlegung der Urheberschaft an einem Filmwerk auf den Drehbuchautor, Spielleiter und Komponisten. Es sei hier vorzugsweise an dem Grundsatz festzuhalten, daß derjenige Urheber sei, der das Werk geschaffen hat. 128 Dabei komme aber eine weitaus größere Personengruppe in Betracht. 129 Andererseits befriedige auch die von Ulmer vorgeschlagene Lösung nicht, die darauf hinauslaufe, ein besonderes, die Urheberrechte der Mitschaffenden überlagerndes „Filmschutzrecht" des Filmherstellers zu begründen. Dem Bedürfnis, die Urheberrechte am Film in der Hand des Filmherstellers zu vereinigen, könne allenfalls dadurch genügt werden, daß die Nutzungsrechte der Filmschaffenden kraft Gesetzes auf den Hersteller übergingen. Daher sollte § 5a nach Meinung des BGH gestrichen werden. 130 Zu den Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechtes wurde vorgeschlagen, anstelle der Umschreibung „Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk" den Originalbegriff 125

Β 141/2562 Bl. 119ff.: „Die der Systematik wegen vorgenommene Aufteilung des nicht übertragbaren Urheberrechts, der ausschließlichen Lizenz und der einfachen Lizenz am Urheberrecht kann auch gesetzestechnisch anders behandelt werden. Wenn ζ. B. bestimmt wird, welche Befugnisse des Urhebers nicht übertragbar sind, daß im übrigen der Urheber das Recht hat, Befugnisse ganz oder teilweise zu übertragen, so genügt dies, um im Einzelfall zu erkennen, ob eine volle Übertragung des Rechts, die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz oder die Einräumung einer einfachen Lizenz vorgenommen ist." 126 Β 141/2562 Bl. 122. 127 Β 141/2562 B1.166. 128 Β 141/2562 B1.169. 129 Β 141/2562 Bl. 169: „Es ist nicht einzusehen, warum beispielsweise der Produktionsleiter, Filmdramaturg, der Kameramann, Toningenieur oder Bühnenbildner von vornherein von den Urheberrechten am Filmwerk ausgeschlossen sein soll, obwohl nicht vorauszusehen ist wie weit gerade diese Personen bei der weiteren Entwicklung des Filmwesens schöpferisch formgebend tätig sein werden." 130 Β 141/2562 Bl. 170.

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des Urheberpersönlichkeitsrechtes in den Gesetzestext aufzunehmen. Dieser Begriff sei von Wissenschaft und Rechtsprechung seit langem geprägt und bedürfe keiner weiteren Umschreibung. 131 Weiterhin war nach Ansicht des BGH die Unübertragbarkeit des Urheberrechtes nur insoweit unerläßlich, als es sich um das Urheberpersönlichkeitsrecht handele. Ihre Erstreckung auf das Urheberrecht als Ganzes nötige dagegen zu einer juristischen Konstruktion, die dem Laien unverständlich und darüber hinaus geeignet sei, Unsicherheit und Verwirrung in den Rechtsverkehr zu bringen. Man sollte bei der Schaffung eines neuen Gesetzes von dem bisherigen Rechtszustand, der den Beteiligten vertraut sei, nur insoweit abweichen, als die vorgesehene Neuregelung dies unbedingt erforderte. 132 Neben weiteren Ergänzungsvorschlägen, die im wesentlichen sprachlicher Art waren, wandte sich der BGH nachdrücklich gegen die Aufnahme der Vorschrift § 19 a, wonach den Filmurhebern eine prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen zustehen sollte. Abgesehen davon, daß die Festlegung der Urheberschaft am Filmwerk auf bestimmte Personenkategorien ohnehin nicht für richtig gehalten wurde, bestanden auch sonst schwerwiegende Bedenken gegen diesen Vorschlag. Hierin liege ein Eingriff in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Filmwesens, der ohne eine genaue Prüfung seiner Tragbarkeit nicht verantwortet werden könne.133 Die Bestimmung sei daher ebenfalls zu streichen. Schließlich bedeute die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch nur mit der Hand oder mit Maschinenschrift einen zu weit gehenden Eingriff in die private Freiheit. 134 Dieser Eingriff sei nicht dadurch zu rechtfertigen, daß die Entwicklung der Mikrokopie die Interessen bestimmter Gewerbetreibender beeinträchtige, ganz abgesehen davon, daß die dadurch eintretenden Einbußen vielfach überschätzt würden. 135 Der Regelung des Leistungsschutzes für den ausübenden Künstler wurde grundsätzlich zugestimmt, allerdings mit der Anregung, dem ausübenden Künstler einen unabdingbaren Anspruch auf Beteiligung an der Verwertung von Bild- und Tonträgern oder auf Vernichtung der Bild- und Tonträger nach Ablauf einer gewissen Zeit zu gewähr e 141/2562 Bl. 171. 132 Β 141/2562 Bl. 175: „Es muß daher versucht werden, die grundsätzliche Unübertragbarkeit des Persönlichkeitsrechtes aus der Regelung für die Verwertungsbefugnisse herauszulösen und die letzteren übertragbar zu gestalten. Dogmatische Bedenken, die sich aus der Rechtsnatur des Urheberrechtes als eines einheitlichen Rechtes ergeben könnten, dürfen dabei kein Hindernis bilden, zumal da in den §§ 10 a und 10 b der Inhalt des Persönlichkeitsrechts und im § 11 die Verwertungsrechte bereits definiert sind und damit die Grundlage für eine verschiedene Behandlung bei der Übertragung gewonnen ist." Der BGH machte dazu folgenden Formulierungsvorschlag: „Das Persönlichkeitsrecht des Urhebers am Werk ist nicht übertragbar, es ist aber vererblich. In Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen kann es auch übertragen werden. Das gleiche gilt für eine Übertragung an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung. Die vom Urheberrecht gewährten Verwertungsrechte sind übertragbar und vererblich." 133 Β 141/2562 Bl. 177: „Angesichts des starken Konkurrenzkampfes in dem sich der deutsche Film befindet, müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Bestimmung mit besonderer Sorgfalt geprüft werden." 134 Β 141/2562 Bl. 179. 135 Β 141/2562 Bl. 179: „Entsprechendes gilt auch für das Magnetophon." *

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ren. Abschließend sei noch bemerkt, daß der Ablehnung des droit de suite ausdrücklich zugestimmt wurde. Mit Möhring war auch der BGH der Auffassung, daß jedenfalls die Erfahrungen abgewartet werden sollten, die in anderen Ländern mit diesem Rechtsinstitut gemacht würden. 137. In den weiterhin vorhandenen Stellungnahmen, auf die an dieser Stelle aus Platzgründen nicht eingegangen werden kann, finden sich keine über die dargestellten Argumente hinausgehende Ausführungen. Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß insbesondere die Definition des Werkes und die systematische Ausgestaltung der Bestimmungen über den Rechtsverkehr des Urheberrechtes sowie das Gebiet des Filmrechtes und schließlich auch die Frage der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch noch nicht zufriedenstellend gelöst waren.

II. Der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 (unveröffentlicht) Nachdem alle erbetenen Stellungnahmen beim BMJ eingegangen waren, tagten die Mitglieder des Kleinen Ausschusses ein weiteres mal zur erneuten Beratung des Entwurfes. Diese Beratung fand im September des Jahres 1951 in Rengsdorf 138 statt. Auch hierzu finden sich in den Akten des BMJ keine Sitzungsprotokolle oder Vermerke, sondern lediglich ein Entwurf mit dem Titel „Zweiter Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes". Der Entwurf wurde mit den gleichen Namen handschriftlich unterzeichnet, die bereits auch auf der letzten Seite des Berliner Entwurfes vom März 1951 zu finden waren. 139 Es ist also davon auszugehen, daß die Mitglieder des Kleinen Ausschusses dieselben geblieben waren. Auch der Rengsdorfer Entwurf wurde ausdrücklich als streng vertraulich bezeichnet und ebenfalls auf diverse Anfragen nicht bekanntgegeben. Er sollte lediglich eine erneute Überarbeitung des Berliner Entwurfes vom März 1951 abgeben und damit seinerseits auch nur einen weiteren Arbeitsentwurf darstellen, welcher als Grundlage für den zu veröffentlichenden Referentenentwurf dienen sollte. Im Gegensatz zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 war diesem Entwurf jedoch keine Begründung beigefügt. Es wurden lediglich die dem Berliner Entwurf gegenüber geänderten Vorschriften maschinell kenntlich gemacht. Darüber hinaus wurden Ver136

Β 141/2562 Bl. 181. Β141/2562 BL 175. 138 Kleiner Ort südöstlich von Köln in der Nähe des Rheins gelegen. 139 Β141/2551 BL 121. Auch hierfinden sich wieder die Unterschriften von Erffas, de Boors, Kühnemanns sowie Schneiders. Allerdings wurde der Name de Boor in der gleichen Handschrift wie der Name von Erffa geschrieben und mit einem Zusatz versehen, der nicht zu entziffern ist. Diese Handschrift ist auch nicht deckungsgleich mit der Handschrift de Boors unter dem Berliner Entwurf vom März 1951, sondern mit der dortigen Handschrift von Erffas. Es ist also anzunehmen, daß von Erffa in Vertretung für Professor de Boor den Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 mit unterzeichnet hat. 137

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besserungen und Formulierungen in Handschrift neben den Text beziehungsweise zwischen die Zeilen geschrieben. 140 Als Grundlage für die Beratungen des Kleinen Ausschusses im September 1951 diente also ausschließlich die Fassung des Entwurfes von Berlin vom März des Jahres 1951.

1. Inhalt und Begründung des Rengsdorf er Entwurfes (insbes. Abweichungen vom Berliner Entwurf) Der Inhalt des Entwurfes sei hier nur in aller Kürze anhand der Abweichungen von dem oben ausführlich dargestellten Berliner Entwurf aufgezeigt. Dabei fällt zunächst auf, daß die Änderungen größtenteils rein sprachlicher Natur waren. Die verwendeten Formulierungen der einzelnen Vorschriften wurden erneut anhand der eingegangenen Vorschläge untersucht und angepaßt. Demgegenüber fanden die ausführlichen Stellungnahmen zu grundsätzlichen inhaltlichen Fragen fast keine Berücksichtigung. So wurde trotz der eingegangenen Kritik an der Definition der Werke in § 1 als „Schöpfungen persönlicher Prägung" festgehalten. 141 Auch der von Ulmer beanstandete grundsätzliche Aufbau des zweiten Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechtes wurde beibehalten. Hier findet sich lediglich eine Neugestaltung der Bestimmung über das Verwertungsrecht (§11), welche jetzt ausdrücklich klarstellte: „Der Urheber hat das ausschließliche Recht, das Werk zu verwerten." In dem Abs. 2 folgte dann die bereits bekannte Aufzählung der Befugnisse, die das Verwertungsrecht insbesondere umfassen sollte. 142 Neu war an dieser Stelle auch die ausdrückliche Definition eines Senderechtes in § 13 a. Darin wurde festgelegt, daß das Recht, das Werk durch Funk zu senden, das Recht sein sollte, das Werk durch Rundfunk, Drahtfunk, oder eine ähnliche technische Einrichtung der Öffentlichkeit für Auge oder Ohr zugänglich zu machen.143 In dem dritten Abschnitt über den Rechtsverkehr im Urheberrecht fügte der Kleine Ausschuß eine neue Bestimmung ein, die festlegte, daß auch der Werknutzungsberechtigte Werknutzungsbewilligungen erteilen konnte, sofern sich aus dem Vertrage nichts anderes ergab. 144 Außerdem wurde klargestellt, daß nun doch auch bei 140 Vgl. Β 141/2551 Bl. 84 ff. Die Handschrift läßt sich mit der am Ende des Entwurfes vorgenommenen Unterschrift von Schneider vergleichen. Es ist daher davon auszugehen, daß Schneider diese handschriftlichen Änderungen vorgenommen hat. 141 Β 141/2551 Bl. 083 ff. Der Begriff „Schöpfung persönlicher Prägung" wurde in dem Rengsdorfer Gesetzentwurf sogar noch dadurch gefestigt, daß alle entsprechenden Formulierungen durch diesen Begriff ersetzt wurden. So geschehen in §§ 2,3 und 5 a, die nun alle ebenfalls von einer Schöpfung persönlicher Prägung sprachen anstatt den ursprünglichen, im Berliner Entwurf hier vorgesehenen Begriff der „persönlichen Schöpfung" zu verwenden. 142 Β 141/2551 B1.088. 143 Β 141/2551 B1.090. 144 Β 141/2551 B1.091.

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der Übertragung von Werknutzungsbewilligungen die Zustimmung des Urhebers erforderlich sein sollte. 145 Ebenfalls neu war die Einfügung eines zusätzlichen Widerrufsrechtes in § 20 a. Der Urheber konnte hierdurch die Einräumung eines Werknutzungsrechtes und die Erteilung einer Werknutzungsbewilligung gegenüber dem Berechtigten widerrufen, wenn ihm wegen gewandelter Überzeugung die Verwertung des Werkes nicht zugemutet werden konnte. Er hatte allerdings den vom Widerruf betroffenen zu entschädigen, wenn und soweit dies der Billigkeit entsprach. 146 Neben zahlreichen sprachlichen Änderungen in diesem und auch in dem vierten Abschnitt über die Beschränkungen des ausschließlichen Verwertungsrechtes 147 findet sich als inhaltliche Neuerung noch die Erweiterung der Zulässigkeit einer Vervielfältigung von öffentlichen Vorträgen oder Reden auch in Zeitschriften, die im wesentlichen nur den Tagesinteressen Rücksicht tragen. 148 Daneben wurde die bereits in dem Berliner Entwurf für bedenklich gehaltene und daher zur Aussprache gestellte Vertonungsfreiheit des § 37 wieder gestrichen. 149 Statt dessen bestimmte ein neu eingefügter § 39 a, daß in Geschäftsbetrieben, welche den Vertrieb von Bild- oder Tonträgern zum Gegenstand hatten, diese auf Verlangen von Kauflustigen zu Vorträgen, Aufführungen oder Vorführungen benutzt werden durften, auch wenn die Vorführung zufällig von anderen anwesenden Personen wahrgenommen werden konnte. 150 Erweitert wurde auch das Änderungsverbot in § 43 dadurch, daß einerseits bei Werken der bildenden Künste Übertragungen des Werkes in eine andere Größe und solche Änderungen gestattet sein sollten, die das für die Vervielfältigung angewendete Verfahren mit sich brachte. Andererseits waren die erforderlichen Änderungen nun auch für den Kirchengebrauch erlaubt. 151 Zur Diskussion gestellt wurden dann noch zwei im Berliner Entwurf vom März 1951 gestrichene Bestimmungen über die Rechtsverletzungen aus dem Entwurf der 145 Β141/2551 Bl. 091. Bislang war dies nur für die Übertragung eines Werknutzungsrechtes festgelegt. 146 Β 141/2551 B1.093. 147 Β141/2551 Bl. 100. So wurde beispielsweise die vielfach als zu eng (und damit die persönliche Freiheit des einzelnen als zu sehr einschränkend) angesehene Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch in § 31 nicht etwa inhaltlich erweitert, sondern lediglich der Begriff der Maschinenschrift durch den der Schreibmaschine ersetzt. 148 Β 141/2551 Bl. 100. Neugestaltung des § 32 des Berliner Entwurfes, der bislang nur die Vervielfältigung von öffentlichen Vorträgen oder Reden in Zeitungen zuließ, sofern die Veranstaltung öffentlich bekannt gemacht worden war. 149 Β141/2551 Bl. 102. 150 Β141/2551 Bl. 103. 151 Β141/2551 Bl. 105. Es war in der Begründung zu §43 des Berliner Entwurfes vom März keine Ausführung dazu zu finden, daß die erforderlichen Änderungen für den Schul- und Unterrichtsgebrauch erlaubt sein sollten, für den Kirchengebrauch dagegen nicht. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß dies, wie es auch in der Stellungnahme des I. Zivilsenates des BGH bereits angedeutet wurde (Stellungnahme S. 15: „... ist im Satz 2 des §43 Abs. 1 der Kirchengebrauch tatsächlich absichtlich weggelassen worden?"), nicht absichtlich weggelassen sondern schlicht vergessen worden ist.

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Akademie für Deutsches Recht von 1939. 1 5 2 Es waren dies der Anspruch auf eine angemessene Vergütung wenn das Werk ohne Einwilligung des Berechtigten auf eine dem Urheber vorbehaltene Art verwertet wurde (§ 69), und die Haftung des Inhabers eines Unternehmens (§ 70). Die Einfügung dieser Vorschriften sollte also nochmals überdacht werden. Alle übrigen Änderungen bestanden lediglich in sprachlichen Verbesserungen und Klarstellungen und sollen daher nicht näher erläutert werden.

2. Weiteres Vorgehen im BMJ I m Gegensatz zu dem Berliner Entwurf wurde der Rengsdorfer Entwurf nicht mehr den einzelnen Mitgliedern der Urheberrechtskommission zur Stellungnahme zugeleitet, sondern diente direkt als Besprechungsgrundlage für eine Sitzung der Sachverständigenkommission. Diese fand vom 15. bis zum 20.10.1951, also zeitlich gesehen relativ kurzfristig nach der Sitzung des Kleinen Ausschusses, in Unkel statt. Zu dieser Kommissionsitzung sind ebenfalls keine Protokolle oder Vermerke überliefert. 153 Allerdings läßt die Tatsache, daß keine weiteren Stellungnahmen zu diesem Rengsdorfer Entwurf in den Akten des B M J vorliegen, den Schluß zu, daß dieser Entwurf nur eine Arbeitsgrundlage für die Besprechungen in Unkel darstell152 Β 141/2551 Bl. 117. Diese Normen wurden in den Entwurf mit Maschinenschrift übernommen und dann in Handschrift der Zusatz „zur Diskussion gestellt" beigefügt. 153 Es finden sich aber verschiedene Hinweise auf das Stattfinden einer solchen Sitzung. In einem Vermerk des BMJ vom 23.10.1951 zu der Frage des domaine public payant hieß es: „Die Frage des domaine public payant ist in der Sitzung vom 15. bis 19. Oktober 1951 in Unkel eingehend erörtert worden. Dabei ist die Einführung einer derartigen Bestimmung von den meisten Sachverständigen abgelehnt worden..." (B141/2618 Bl.069). Auch gibt ein Schreiben von Rechtsanwalt Dr. Roeber an das BMJ einen Hinweis auf die Kommissionssitzung: „... habe ich davon Kenntnis erhalten, dass der zweite Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes von dem Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vorgelegt worden ist und dass dieser Entwurf Gegenstand eingehender Besprechungen innerhalb der dafür im Oktober ds. Js. nach Unkel einberufenen Sachverständigenkommission ist. Dem Vernehmen nach liegt der zweite Entwurf des Urheberrechtsgesetzes des Kleinen Ausschusses auch bereits den verschiedenen Fachverbänden mit der Aufforderung zur Stellungnahme vor. Ich nehme an, dass unter diesen Umständen keine Bedenken bestehen, mir offiziell vom Bundesjustizministerium aus ein Exemplar des Entwurfes zuzuleiten." (B 141/1605 Bl. 145). Schließlich wird die Sitzung in Unkel in einem Schriftsatz vom 31.10.1951 an den Bundespräsidenten Heuss erwähnt, vgl. Β141/2618 B1.075. Auf Anfrage des Bundespräsidenten informierte das BMJ diesen über das Ergebnis der Besprechungen zu einer möglichen Einführung des domaine public payant: „Im Anschluß an meine Schreiben vom 1. August und 8. September 1951 möchte ich Ihnen mitteilen, dass die Frage des domaine public payant in der Sitzung der hier gebildeten Urheberrechtskommission vom 15.-19. Oktober 1951 in Unkel eingehend erörtert worden ist. Dabei ist die Einführung einer derartigen Bestimmung von den meisten Sachverständigen abgelehnt worden, und zwar aus denselben Gründen, die bereits in meinem Schreiben vom 1. August 1951 angeführt worden sind. Auch die wenigen Teilnehmer, die sich dafür ausgesprochen haben, haben vorgeschlagen, zunächst noch die Erfahrungen der Staaten abzuwarten, die bereits eine solche Regelung haben."

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te. Dies bestätigt auch ein Schreiben des BMJ an Dr. Roeber vom 04.12.1951, in welchem es abgelehnt wurde, diesen Entwurf zu übersenden, weil er noch vertraulich behandelt werden sollte. Im übrigen sei er auch schon wieder überholt, da er aufgrund der Besprechung in Unkel in vielen Punkten nochmals geändert werden müsse.154 Es kann also davon ausgegangen werden, daß die von dem Kleinen Ausschuß in Rengsdorf ausgearbeitete Fassung des Urheberrechtsgesetzes als Diskussionsgrundlage für die Sitzung der gesamten Sachverständigenkommission diente und daher weitere Änderungen erfuhr. Unmittelbar im Anschluß an die Beratungen der Sachverständigenkommission sollte dann erstmals die Öffentlichkeit über die Vorarbeiten des BMJ auf dem Gebiete des Urheberrechtes informiert werden. An dem neuen Urheberrechtsgesetz waren außer den Urhebern und den ausübenden Künstlern weite Kreise in Kultur und Industrie interessiert, wie etwa Filmtheaterbesitzer, Filmproduzenten, Rundfunk oder Hersteller von Fotokopiergeräten. Dadurch, daß die Vorgänge im BMJ stets vertraulich behandelt und nicht bekannt gemacht wurden, kam es in diesen Kreisen zu einer gewissen Unsicherheit darüber, ob die verschiedenen Interessen der einzelnen Beteiligten auch genügend berücksichtigt würden. 155 Eine offizielle Mitteilung durch das BMJ über Absichten auf dem Gebiet des Urheberrechtes sollte daher zu einer Klärung und zur Beruhigung der beteiligten Kreise führen. 156 Somit wurde am 23.10.1951 eine Presseveröffentlichung mit dem Inhalt veranlaßt, daß die durch den Beginn des Krieges unterbrochene Reformarbeit zu einem neuen Urheberrechtsgesetz wieder aufgenommen worden seien und daß beabsichtigt sei, den Entwurf eines neuen Urheberrechtsgesetzes im Frühjahr 1952 zu veröffentlichen. 157 Daraus ging auch hervor, daß das BMJ im weiteren Verlauf der Reformarbeiten zunächst auf der Grundlage des Rengsdorfer Entwurfes und der dazu vorgenommenen Besprechungen einen Referentenentwurf erstellen wollte, welcher zusammen mit einer ausführlichen Begründung veröffentlicht und somit den betroffenen Kreisen als einheitliche Diskussionsgrundlage zugänglich gemacht werden sollte.

154 Β141/2605 Bl. 146: „Auf Ihr Schreiben vom 15. November erwidere ich, dass ich leider nicht in der Lage bin, Ihnen ein Exemplar des zweiten Entwurfes eines Urheberrechtsgesetzes des Kleinen Ausschusses der Urheberrechtskommission zu übersenden, weil der Entwurf noch vertraulich ist. Im übrigen ist dieser Entwurf bereits überholt, da er auf Grund der Ergebnisse der Sitzung der Urheberrechtskommission in Unkel in vielen Punkten geändert werden wird." 155 Dies zeigt die große Anzahl von Eingaben und Anfragen betreffend die erstellten Arbeitsentwürfe, die dem BMJ bereits zugegangen waren und auch weiterhin zugingen. 156 Β 141/2543 Bl. 122: „Eine Mitteilung des Bundesjustizministeriums über seine Absichten auf dem Gebiet des Urheberrechts dürfte zur Beruhigung der oben genannten Kreise dienen." 157 Β141/2543 Bl. 122 f. Das Bundesjustizministerium gab bekannt: „Die durch den Beginn des Krieges unterbrochene Reform des deutschen Urheberrechtes ist vom Bundesjustizministerium wieder aufgenommen worden. Es ist beabsichtigt, den Entwurf eines neuen deutschen Urheberrechtsgesetzes im Frühjahr 1952 der Öffentlichkeit bekanntzugeben."

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I I I . Die Zeit bis zur Veröffentlichung des Referentenentwurfes (Dezember 1951 bis März 1954) In der Zeit nach der Anfertigung der zwei Arbeitsentwürfe bis zur tatsächlichen Veröffentlichung des Referentenentwurfes im März des Jahres 1954 befaßte sich das BMJ ausführlich mit den inhaltlichen Streitpunkten in einem neuen Urheberrechtsgesetz. Zu diesem Zweck wurden erste Besprechungen mit betroffenen Interessenverbänden anberaumt und gleichzeitig noch weiteres Material zusammengetragen. 1. Erste Besprechungen mit einzelnen Interessenverbänden Vor der eigentlichen Ausarbeitung des Referentenentwurfes im BMJ fanden im Anschluß an die Erstellung der zwei Arbeitsentwürfe von Berlin und Rengsdorf erste Besprechungen mit einzelnen Interessenverbänden statt. So wurde am 12.12.1951 eine Aussprache über Fragen der Urheberrechtsreform in dem Firmensitz der AEG (im AEG Hochhaus) in Frankfurt a.M. einberufen. 158 Die Einladung zu der Aussprache erfolgte zwar durch die AEG 1 5 9 , sie war aber auf eine Initiative seitens des BMJ zurückzuführen. 160 So hieß es in dem Einladungsschreiben: „Herr Ministerialrat Dr. Haertel, Bundesjustizministerium, teilte mit, daß ihm sehr daran gelegen sei, im Rahmen der beabsichtigten Urheberrechtsreform die Auswirkung der in Aussicht stehenden Gesetzgebung über die Vervielfältigung von Werken im Wege der Photokopie oder mit Hilfe von Magnettonbändern mit der in Frage kommenden Industrie zu erörtern. Im Einvernehmen mit Herrn Ministerialrat Dr. Haertel haben wir es übernommen, zu der von ihm gewünschten Aussprache auf Mittwoch den 12.12.1951 einzuladen. Die Besprechung soll im AEG-Hochhaus, Frankfurt/M.-Süd, Theoder-Strern-Kai 1 um 10.30 Uhr beginnen." 161 Nach der Liste der Eingeladenen sollten Magnettongeräte- und Magnettonbandhersteller sowie die Tonbandbespielerfirmen auf der einen Seite und auf der anderen Seite auch diejenigen Firmen und Bibliotheken eingeladen werden, die an der 158 Β 141/2544 B1.006. Gegenstand der Besprechungen sollten vornehmlich die Vervielfältigung von Sprachwerken mittels fotografischer Verfahren und von Werken der Tonkunst mit Hilfe von Verfahren der mechanischen Musik, insbesondere der Magnettonverfahren sein. 159 Vgl. Β 141/2613 B1.095. In einem Schreiben der AEG an das BMJ heißt es: „Wir haben gestern die in der Anlage aufgeführten Herren bzw. Firmen mit dem ebenfalls in Kopie beigefügten Einladungsschreiben zu der Aussprache am 12.12.1951 gebeten." 160 Dieses ergibt sich unter anderem aus dem später angefertigten Bericht über diese Sitzung (B 141/2613 Bl. 116 ff.), in dem es einleitend hieß: „Die Aussprache fand auf Wunsch der Herren Ministerialdirektor Dr. Joel und Ministerialrat Dr. Haertel vom Bundesjustizministerium statt, die mitgeteilt hatten, daß ihnen sehr daran gelegen sei, im Rahmen der in Aussicht stehenden Gesetzgebung über die Vervielfältigung von Werken im Wege der Photokopie oder mit Hilfe von Magnettonbändem mit der in Frage kommenden Industrie zu erörtern." 161 Β 141/2613 B1.098f.

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Frage der Fotokopie für den eigenen Gebrauch interessiert waren. 162 Aus der später angefertigten Teilnahmeliste ist zu ersehen, daß neben den Vertretern der genannten Interessenverbände und den Vertretern aus dem BMJ auch noch Prof. Bussmann, Dr. Baum und zu späterer Stunde auch Prof. Ulmer als unabhängige Sachverständige an der Sitzung teilnahmen.163 Dem schriftlich festgehaltenen Bericht über die Aussprache in Frankfurt läßt sich entnehmen, daß dort eine sehr ausführliche sechsstündige Diskussion mit fast 300 Wortmeldungen stattfand. 164 Gesprochen wurde über Probleme der Photokopie und Mikrokopie und über Fragestellungen, die sich auf dem Magnettongebiet ergaben. Die Teilnehmer erhielten zu Beginn der Besprechung eine Abschrift des § 31 des Rengsdorfer Entwurfes betreffend die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch und des §45, der die Zwangslizenz für Tonträger regelte, ausgehändigt.165 Zuerst ging es um die Auswirkungen des § 31 auf dem Gebiete der Fotokopie und Mikrokopie und die Überlegung, daß den Urhebern und Verlegern durch das üblich gewordene Fotokopieren ein empfindlicher Schaden zugefügt werden könne, da jedes Werk im Wege der Fotokopie zum eigenen Gebrauch beliebig reproduziert werden könne. Dadurch ging insbesondere der Absatz der Zeitschriften derart zurück, daß verschiedene Verlage sich bereits in ihrer Existenz bedroht fühlten, was aber seitens der Industrie mit Nachdruck angezweifelt wurde. 166 Die anschließende Diskussion lief darauf hinaus, daß die Herstellung vollständiger Kopien ganzer Bücher bei dem gegenwärtigen Stand der Technik und nach der für die kommenden 15 bis 20 Jahre zu erwartenden Entwicklung nach Auffassung 162 Dies ergibt sich aus der sehr umfangreichen Liste der Eingeladenen, vgl. Β 141/2613 Bl. 096. 163 Β 141/2613 Bl. 105-107. 164 g 141/2613 Bl. 116: „Obgleich die gesamte Aussprache mit einem AEG- Magnetophon aufgenommen wurde, ist es nicht durchführbar, die sechsstündige Diskussion mit fast 300 Wortmeldungen in extenso wiederzugeben. Der Berichterstatter hofft jedoch, daß der nachstehende zusammenfassende Bericht dennoch alle wesentlichen Gesichtspunkte der Erörterung enthält." 165 Β 141/2613 Bl. 116 (Sitzungsbericht S. 1). Es wurde zwar berichtet, daß auch diese Paragraphen von den Herren des Bundesjustizministeriums auf der Sitzung der Sachverständigenkommission im Oktober in Unkel eingehend durchberaten worden sind. Eine neue Formulierung der Paragraphen habe sich bei der Beratung in Unkel jedoch nicht ergeben. Das Ergebnis dieser Beratung sollte auch nicht bekanntgegeben werden, da die Teilnehmer der Sitzung in Frankfurt nach dem Wunsch des BMJ geradeso wie die bisher gehörten Sachverständigen die Gelegenheit haben sollten, ihre Meinung zu dem Entwurf in der Fassung von Rengsdorf vom September 1951 zu äußern. 166 Β 141/2613 Bl. 119 (Sitzungsbericht S.4). Zum Beweise wurden verschiedene Zahlen vorgetragen, die über die Auflage, Abonnenten beziehungsweise Besteller und angefertigte Photokopien je Jahrgang Aufschluß gaben. Danach war der Preis einer Photokopie bis zu 15 mal so hoch wie der Preis einer Originaldruckseite. Der Leser war also nach dieser Ansicht schon aus wirtschaftlichen Gründen bestrebt, Druckschriften als Originale zu erhalten, wenn er mehr als ein Zehntel des Umfanges eines einzeln käuflichen Teiles des Werkes oder Sammelwerkes benötigte. (Vgl. Β 141/2613 Bl. 121, Sitzungsbericht S.6).

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der Anwesenden keine akute Gefahr darstellte. 167 Problematisch blieb hingegen das durchaus übliche Kopieren einzelner Aufsätze aus einer Zeitschrift. Für die weitere Diskussion regten die Vertreter des BMJ daher eine Beschränkung auf die Regelung dieses Sachverhaltes an und legte der Industrie zugleich nahe, dabei auch den Blick auf die Urheber und Verleger nicht zu vernachlässigen.168 Im Ergebnis blieb es aber dabei, daß die Industrie eine Fotokopierfreiheit sowohl für ganze Werke als auch für Teile von Werken wünschte. Auch sollten diese Fotokopien nicht nur für den eigenen Gebrauch sondern auch für den Gebrauch Dritter gegen Entgelt hergestellt werden können.169 Ohne ein konkretes Ergebnis zur Frage der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch im Hinblick auf die Photokopie und Mikrokopie zu erlangen, wurde die Sitzung daher vorerst abgebrochen.170 Nach einer kurzen Pause diskutierten die Beteiligten am Nachmittag über die neu entwickelten Magnettonträger. Auch auf dem Magnettongebiet ging es um eine mögliche Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch nach § 31 des Rengsdorfer Entwurfes. Dabei interessierte aber von vornherein nur der Fall, daß sowohl die Aufnahme als auch die Wiedergabe nicht gewerbsmäßig erfolgte und auch der Magnettonträger, solange er die Aufzeichnung eines geschützten Werkes trägt, nicht gewerbsmäßig verwendet wurde. 171 Die Urheber äußerten die Befürchtung, daß in dieser Weise privat mit geschützten Werken bespielte Magnettonträger gewerbsmäßig durch Verkauf oder entgeltliches Verleihen der Magnettonträger oder zu öffentli167

Β 141/2613 Bl. 128 (Sitzungsbericht S. 13). So die Zusammenfassung durch Dr. Haertel vom BMJ, der als Leiter der Diskussion dieses Zwischenergebnis festhielt. Für das weitere Vorgehen des BMJ ergab sich daraus folgende Konsequenz: Wenn man auch gesetzgeberisch vorausschauend arbeiten mußte, so war es doch nicht möglich, Dinge, die sich erst vage andeuteten, schon im Gesetze einzufangen. Dazu gehörte offenbar auch das Photokopieren und Mikrokopieren ganzer Bücher. 168 g 141/2613 Bl. 128 (Sitzungsbericht S. 13). Für den Gesetzgeber ergab sich zur Lösung die Möglichkeit eines völligen Verbotes der Vervielfältigung im Wege der Photokopie oder Mikrokopie, einer generellen Erlaubnis für das Photokopieren und Mikrokopieren zum eigenen Gebrauch oder einer Gesetzesbestimmung, durch die die Vervielfältigung im Wege der Photokopie und Mikrokopie in einem bestimmten Rahmen, aber gegen Zahlung eines Entgeltes an die Urheber gestattet wurde. 169

Β 141/2613 Bl. 113 (Sitzungsbericht S. 18). Grundsätzlich war die Industrie zwar der Meinung, daß dem Urheber ein Entgelt gebühre, sie vertrat jedoch den Standpunkt, daß dieses Entgelt nicht gezahlt werden sollte, weil der dazu notwendige Verwaltungsapparat zu schwerfällig würde und damit ein ungeheurer Arbeitsaufwand in den einzelnen Betrieben verbunden wäre. Außerdem würde der Betrag, der schließlich dem Urheber zufließen würde, in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Verwaltungsarbeit und zu dem normalen Urheberhonorar stehen. 170 Auch eine inoffizielle Fortsetzung der Aussprache am Abend unter Leitung des später eingetroffenen Prof. Ulmer brachte keine neuen Erkenntnisse. (Vgl. Β 141/2613 Bl. 144-154, Sitzungsbericht S. 29-37). 171 Β 141/2613 Bl. 159 (Sitzungsbericht S. 39). Die Aussprache konnte daher beschränkt werden, auf die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch, und zwar unter Ausschluß des Falles, daß der zu einer solchen Vervielfältigung Befugte sie durch einen anderen gegen Entgelt ausführen ließ.

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chen Aufführungen verwendet werden könnten. Es wurde daher gefordert, daß auch das neue Gesetz eine Bestimmung enthalten müsse, nach der solche Handlungen ohne Genehmigung des Urhebers unzulässig und demgemäß strafbar sein sollten.172 Dagegen befürchtete die Industrie, daß durch ein Verbot der privaten Magnettonaufzeichnung die Einführung dieser neuen Geräte derart erschwert würde, daß die breite Masse dann niemals in den Besitz solcher Geräte kommen könnte, und somit auch kein umfangreicher Bestand bespielter Magnettonträger geschaffen werden könnte. 173 Die Magnettonindustrie ging also davon aus, daß die private Vervielfältigung (Aufzeichnung) mit Magnettonträgern frei gelassen werden sollte. 174 Hiergegen wandte sich wiederum auch die Schallplattenindustrie, die einen erheblichen Umsatzrückgang befürchtete, wenn die Schallplatten zum privaten Gebrauch mit Hilfe der Magnettonträger vervielfältigt werden dürften. 175 Auf Anfrage durch das BMJ, wie man sich denn die Ausgestaltung des Verbotes vorstellte, erbat sich die Schallplattenindustrie die Zeit zu einer internen Erörterung im Kreise dieser Industrie und einen neuen Besprechungstermin, bei dem man dann vor den Vertretern des BMJ diese Fragen beantworten wollte. 176 Wegen der fehlenden Verhandlungsbereitschaft wurde daraufhin ein neuer Besprechungstermin vereinbart, an dem auch das Thema der Zwangslizenz behandelt werden sollte. 177 Insgesamt konnte das Ergebnis der Aussprache für das BMJ wohl als enttäuschend bezeichnet werden. Für die Fortsetzung der weiteren Reformarbeiten im BMJ ergaben sich keine neuen Gesichtspunkte. Gleicher Ansicht war auch Prof. Ulmer 178 , der in einem Schreiben vom 13. Dezember 1951 an das BMJ seinen Eindruck von der Sitzung am 12.12.1951 schilderte: „Wenn ich offen sein darf, so muß ich sagen, daß ich von der gestrigen Besprechung in Frankfurt enttäuscht war. Eine Einigung über die Frage der Fotoduplikate zwischen den Interessentengruppen wird wohl nur zu erreichen sein, wenn die Verhandlungen von allen Seiten großzügig und mit einem Blick auf die berechtigten Interessen, die hier auf dem Spiele stehen, ge172 Β 141/2613 Bl. 159 (Sitzungsbericht S. 39). Da aber die Überwachung des tatsächlichen Umfanges von Magnettonaufzeichnungen in der häuslichen Sphäre äußerst schwierig zu verwirklichen sein würde, wurde von Seiten der Urheber vorgeschlagen, von jedem Besitzer eines solchen Gerätes eine einmalige oder laufende Abgaben zu fordern. 173 Β 141/2613 Bl. 166 (Sitzungsbericht S.46). Die Magnettongerätehersteller wollten sich hier in erster Linie dafür einsetzen, daß das neue Verfahren, welches erstklassige Musikaufführungen auch in der Häuslichkeit ermöglichte, möglichst weiten Kreisen zugänglich gemacht werden konnte (vgl. auch Β 141/2613 Bl. 169, Sitzungsbericht S.49). 174 Β 141/2613 Bl. 172 (Sitzungsbericht S.52). 175 Β141/2613 Bl. 173 (Sitzungsbericht S.53). Die Schallplattenindustrie forderte daher ein völliges Verbot der privaten Aufzeichnung mit Hilfe von Magnettonträgem mit Ausnahme der Aufzeichnung eines persönlichen Musikvortrages. 176 Β 141/2613 Bl. 173 (Sitzungsbericht S.53). 177 Β141/2613 Bl. 175 (Sitzungsbericht S.55). Als Termin für diese Besprechung wurde der 22.01.1952 vereinbart. Die Aussprache sollte in kleinerem Kreise im Sitzungszimmer der Stadthalle Hannover stattfinden. 178 Professor Ulmer traf erst zu einem späteren Zeitpunkt in Frankfurt ein und nahm dann für den Rest der Sitzung ebenfalls als unabhängiger Sachverständiger teil.

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führt wird... Die Herren von der Industrie, die in Frankfurt zugegen waren, vertraten zu meinem Bedauern einen reinen Interessenstandpunkt. Auch der Hinweis darauf, daß man doch jedenfalls bei den Zeitschriften der letzten Jahrgänge eine Nachbestellung der Nummer beim Verlag vornehmen oder bezüglich derjenigen Zeitschriften, die für das einzelne Unternehmen von besonderem Interesse seien, sich das Recht zur Herstellung von Fotokopien durch Pauschverträge einräumen lassen kann, wurde damit beantwortet, eine solche Schreibarbeit könne der Industrie nicht zugemutet werden." 179 Die Fortsetzung dieser Diskussion mit der Schallplattenindustrie fand dann am 22.01.1952 in Hannover statt. Auch hier nahmen wieder die Vertreter der Schallplatten- und Magnettongeräteindustrie sowie die Vertreter aus dem BMJ und Prof. Bussmann und auch Dr. Baum teil. 180 Einem seitens des BMJ vor der Besprechung angefertigten Vermerk 181 und auch der im Anschluß an die Sitzung verfaßten abschließenden Aktennotiz 182 läßt sich entnehmen, daß auf dieser Sitzung insbesondere die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch erörtert wurde. Die Parteien bezogen sich auf die Ausführungen, die bereits auf der vorangegangenen Sitzung in Frankfurt gemacht worden waren. Meinungsverschiedenheiten ergaben sich nach wie vor dadurch, daß die Magnettongeräteindustrie das Interesse der Allgemeinheit an den von ihnen herausgebrachten Errungenschaften der Technik betonte und daher die Zulässigkeit einer freien Vervielfältigung erreichen wollte, während die Schallplattenindustrie an dem geforderten Verbot der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch festhielt. 1 8 3 Eine Einigung wurde auch hier nicht erzielt. Des weiteren stand eine möglicherweise zulässige Schallplattenwerbeaufführung zur Diskussion. Die Schallplattenindustrie beantragte die generelle Zulässigkeit der Werbeaufführung, d. h. einer öffentlichen Aufführung, die ausschließlich der Förderung des Absatzes von Schallplatten und Schallplattengeräten diente.184 Diese Werbefreiheit war nach An179 Β141/2613 Bl. 110. Aus diesem Schreiben geht außerdem hervor, daß in Fortsetzung zu dieser Sitzung vom 12.12.1951 bereits am 07.01.1952 auf Anregung von Prof. Ulmer eine zweite Sitzung mit Vertretern der Industrie, des Börsenvereins der deutschen Buchhändlerverbände, dem Hochschulverband und der deutschen Forschungsgemeinschaft stattfinden sollte. Im Gegensatz zu der vorangegangenen Sitzung wurde über den Ablauf dieser Sitzung vom 07.01.1952 kein schriftlicher Bericht verfaßt. Es existieren auch keinerlei Vermerke oder Stellungnahmen zu dieser Sitzung, so daß nicht mit endgültiger Sicherheit gesagt werden kann, ob sie tatsächlich stattgefunden hat. Auf dieses möglicherweise am 07.01.1952 durchgeführte Treffen kann daher hier nicht näher eingegangen werden. 180 Vgl. Anwesenheitsliste in Β 141/2613 Bl. 186 f. 181 Β 141/2613 Bl. 176 ff. 182 Β 141/2613 Bl. 185 ff. Diese Aktennotiz wurde von dem Vertreter der deutschen Grammophon Gesellschaft angefertigt und per Schriftsatz vom 22.02.1952 an das BMJ übermittelt. 183 Β 141/2613 Bl. 190 (Aktennotiz S.3). 184 Β141/2613 Bl. 191 (Aktennotiz S.4). Die Werbeaufführungen sollten erst dann unzulässig sein, wenn die Werbung für den Absatz von Schallplatten und Schallplattengeräten gekoppelt werde mit irgendwelchen urheberrechtsfremden Interessen, also beispielsweise, wenn Schallplattenwerbung mit einer Tanzveranstaltung verbunden werde oder wenn sie mit der Werbung für andere Waren gekoppelt werde.

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sieht der Schallplattenindustrie notwendig, denn Tonträger würden nicht durch schriftliche Werbung oder Zeitungsbesprechung verkauft, sondern lediglich durch Vorspielen. 185 Die Bedenken seitens des BMJ, daß möglicherweise bedeutende Künstler, vor allem bei emster Musik, nicht damit einverstanden seien, wenn die Musik durch Lautsprecher auf die Straße töne, wurden nicht angenommen.186 Bei der Frage der Zwangslizenz für Tonträger forderte die Schallplattenindustrie die Einführung einer gesetzlichen Lizenz. Im Gegensatz zu einer Zwangslizenz wurde danach jedem weiteren Unternehmen unmittelbar von Gesetzes wegen eine Lizenz eingeräumt. So sei man nicht darauf angewiesen, daß der Urheber die gewünschte Zwangslizenz erteilt habe, sondern könne ein Projekt sofort in Angriff nehmen.187 Weiter forderte die Schallplattenindustrie noch ein Leistungsschutzrecht für den ausübenden Künstler 188 und auch ein Leistungsschutzrecht der Industrie 189. Insgesamt betonte die Schallplattenindustrie, daß es Aufgabe des Gesetzgebers sei, „die ganzen Beteiligten an einen Tisch zu zwingen, nur dann würden wirtschaftliche Notwendigkeiten und Zweckmäßigkeiten zu vernünftigen Kompromissen führen." 190 Im Ergebnis handelte es sich bei dieser Aussprache also nicht um eine Diskussion in dem Sinne, daß neue Erkenntnisse gewonnen wurden, sondern vielmehr trugen die betroffenen Industrien ihre Ansichten zu den von ihnen gewünschten Bestimmungen im Urheberrechtsgesetz vor.

185 Β 141/2613 Bl. 192 (Aktennotiz S.5). Auch der Urheber sei an der Werbung genauso interessiert wie die Schallplattenindustrie, da sich seine Lizenzen nach dem Umsatz richteten. Er würde sich selbst schädigen, wenn er die Werbung beschränken würde, so der Vortrag der Schallplattenindustrie. 186 Β 141/2613 Bl. 193 (Aktennotiz S.6). Nach Ansicht der Schallplattenindustrie sei dies weniger eine Rechtsfrage als mehr eine Frage des guten Geschmackes. 187 Vgl. dazu Β 141/2613 Bl. 193 (Aktennotiz S. 6). Es müßte nämlich dann nicht erst abgewartet werden bis der Urheber die gewünschte Zwangslizenz erteilt hat. Bei Beibehaltung dieser Zwangslizenz wäre womöglich auch ein Verfahren notwendig. Gerade bei kurzlebigen Schlagern komme es aber auf jeden Tag an, den man eher auf dem Markt sein könnte. Auch würden auf diese Weise unnötige Verfahrenskosten gespart. 188 Β 141/2613 Bl. 195 (Aktennotiz S.8). Den Künstlern sollte also das Recht gegeben werden, die Sendung und die Fixierung ihrer Darbietung zu gestatten. 189 Vgl. Β 141/2613 Bl. 197 (Aktennotiz S. 10). Gefordert wurde ein ausschließliches Vervielfältigungsrecht sowie ein Vergütungsanspruch für Sendung und öffentliche Aufführung. Ein solches ausschließliches Vervielfältigungsrecht sei die Grundlage einer Tonträgerindustrie überhaupt. 190 Β 141/2613 Bl. 201 (Aktennotiz S. 14). Als letzte Forderung wurde seitens der Schallplattenindustrie noch geltend gemacht, daß, wenn gegen den Film ein Vernichtungsanspruch nicht geltend gemacht werden sollte, um die im Film investierten Kapitalien zu schützen, das Gleiche auch für Schallplattenaufnahmen gelten sollte. Denn auch Schallplattenaufnahmen würden unter Umständen 40.000DM und mehr kosten.

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission 2. Weitergehende

Materialsammlung der Arbeitsentwürfe

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und Ausarbeitung

Neben diesen durch das B M J angeregten Besprechungen setzte man auch die internen Tätigkeiten fort. Die weiterhin bei dem B M J eingehenden Anfragen auf Überlassung des zweiten Entwurfes des Kleinen Ausschusses der Urheberrechtskommission 1 9 1 wurden nach wie vor mit der Begründung abgelehnt, daß ein zu veröffentlichender Entwurf in Arbeit sei und nach dessen Erscheinen den betroffenen Kreisen ausreichend Gelegenheit gegeben werden sollte, hierzu Stellungnahmen einzureichen. 192 Teilweise wurden die Eingaben und Anfragen nun aber auch dahingehend beantwortet, daß die Interessenverbände ihrerseits aufgefordert wurden, eigene Vorschläge zur Neugestaltung des Urheberrechtsgesetzes einzureichen. 193 Die Anregungen und Vorschläge einiger Interessenverbände sollten also bereits vor Ausarbeitung des Referentenentwurfes gesammelt und wohl auch berücksichtigt werden. Schon i m Dezember des Jahres 1951 ging ein Schreiben an den Bärenreiter-Verlag in Kassel, in welchem dieser gebeten wurde, die Erfahrungen und Kenntnisse zu dem sogenannten Schulbuchparagraphen (§21 Nr. 3 L U G ) dem B M J mitzuteilen. Auch wurde der Wunsch geäußert, dort vorhandenes Material dem B M J 191 So fragte der Schutzverband Deutscher Schriftsteller mit Schreiben vom 30.01.1952 nach der Fassung des zweiten Entwurfes (B141/2536 Bl. 016): „Wir hörten, daß der 2. Entwurf eines neuen Urheberrechts vorliegt und erlauben uns die Anfrage, ob wir ein Exemplar dieses Entwurfes bekommen können, damit wir als Betroffene rechtzeitig dazu Stellung nehmen können." 192 Vgl. auch die Antwort des BMJ auf die Frage des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β141/2536 B1.017: „Die zurZeit laufenden Arbeiten an der Urheberrechtsreform sind noch nicht zum Abschluß gelangt. Es ist beabsichtigt, den Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes im Laufe des Sommers zu veröffentlichen, um den interessierten Kreisen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben." Gleichlautend wurde die Anfrage der Deutschen Revisions- und Treuhand AG, die sich in ihrer Funktion als Geschäftsführerin des Interministeriellen Büigschaftsausschusses für die deutsche Filmproduktion nach dem neuen Entwurf zum Urheberrecht erkundigte, mit Schreiben vom 05.03.1952 beantwortet (vgl. Β141/2605 Bl. 163). Auch hier hieß es, daß die Arbeiten noch nicht zum Abschluß gelangt seien und daß nach der Veröffentlichung den betroffenen Kreisen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werde. 193 Auf das Schreiben des Verbandes Berliner Filmtheater vom 22.01.1952 (B 141/2605 Bl. 160): „Uns ist bekannt geworden, daß das Bundesjustizministerium einen Entwurf für ein neues deutsches Urheberrecht angefertigt hat. Wir würden es sehr begrüßen, wenn uns dieser Entwurf zur Stellungnahme zugeleitet werden könnte..." antwortete das BMJ am 06.02.1952 folgendermaßen: „Der von Ihnen erwähnte Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes ist noch nicht fertiggestellt; er wird voraussichtlich erst im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden. Die interessierten Kreise werden dann ausreichend Gelegenheit haben, zu dem Entwurf Stellung zu nehmen. Ich bin daher zur Zeit nicht in der Lage, Ihnen den Entwurf zur Stellungnahme zu übersenden. Jedoch stelle ich Ihnen anheim, etwaige Vorschläge für die künftige Rechtsgestaltung hierher einzureichen." (B141/2605 Bl. 161). Auf die ebenso lautende Anfrage der Vereinigung der Handwerkskammern wurde mit Schreiben vom 08.02.1952 geantwortet: „... Ich stelle Ihnen jedoch anheim, Vorschläge und Anregungen für die Neugestaltung der Urheberrechte hinsichtlich der Werke der Photographie schriftlich hierher einzureichen." (B 141/2607 B1.006).

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zur Ausarbeitung des Referentenentwurfes zu überlassen. 194 A u f diese Art und Weise sammelte das B M J weiteres Material, um i n dem Referentenentwurf bereits möglichst viele Interessen berücksichtigen zu können. I m Vordergrund der weiteren Tätigkeiten stand also die Vervollständigung und Ergänzung bereits vorhandenen Materials. Sogar einzelne Ausschnitte aus Fachzeitschriften gingen dem B M J zu und wurden zu den Akten genommen. 1 9 5 Ganze Stellungnahmen, die von den jeweiligen Interessenverbänden in Auftrag gegeben wurden, sind in den Akten des B M J zu finden. 196 Diese allgemeinen Ausführungen wollte das B M J als weiteres Material bei der Begründung des Referentenentwurfes berücksichtigen. Aufsätze und Besprechungen privater Sachverständiger wurden ebenfalls gesammelt. 197 Auch bemühte man sich, weitere Regelungen ausländischer Rechtsordnungen für die Erstellung des Entwurfes zu Rate zu ziehen. In einem Schreiben vom 20.10.1952 wurde Prof. de Boor um Überlassung des Werkes von Dr. Lissbauer „ D i e österreichischen Urheberrechtsgesetze" gebeten. 198 Schließlich 194 Β 141/2612 Bl. 008. Schreiben des BMJ an Bärenreiterverlag: „Mit oben bezeichnetem Schreiben hatten Sie sich erboten, Ihre Erfahrungen zu der Frage des § 21 Nr. 3 LUG mitzuteilen. Da zur Zeit hier der Referentenentwurf erarbeitet wird, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir das zugängliche Material übersenden würden." Diesem Wunsch wurde mit Schreiben vom 24.01.1952 seitens des Bärenreiter-Verlages entsprochen, vgl. Β141/2605 B1.009: „In der Anlage übersende ich Ihnen meine Stellungnahme zu dem Schulbuch-Paragraphen." 195 Vgl. Β 141/2606 B1.005. Aus einem Schreiben vom 13.09.1952 ergibt sich, daß die Arbeitsgemeinschaft der Filmindustrie beispielsweise ein Exemplar der Fachzeitschrift „Der neue Film" übermittelte, welches sich aber nicht mehr in den Akten befindet. Auch der Deutsche Musikverleger-Verband übersandte mit Schreiben vom 04.03.1953 einige Sonderdrucke aus der Zeitschrift „MUSICA" zum sogenannten „Schulbuchparagraphen", welche aber ebenfalls nicht mehr in den Akten des BMJ vorhanden sind (B 141/2612 Bl. 108). 196 Vgl. Memorandum der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland zur Urheberrechtsreform, übermittelt am 20.12.1952 durch den Intendanten (B 141/2605 Bl. 134): „Im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der westdeutschen Rundfunkanstalten erlaube ich mir, Ihnen ein Memorandum zur Urheberrechtsreform ... zu überreichen und die Bitte auszusprechen, dem Memorandum bei den weiteren Arbeiten zu diesen Fragen Beachtung zu schenken." So auch ein Schreiben des Nordwestdeutschen Rundfunks vom 29.04.1953, in welchem dieser ein Memorandum zur Sonderstellung des Rundfunks im neuen deutschen Urheberrecht übermittelte: „In der Anlage erlaube ich mir, Ihnen einen Entwurf für die Begründung der Sonderstellung des Rundfunks im neuen deutschen Urheberrecht zu übermitteln. Ich hoffe, Sie richtig verstanden zu haben, daß Sie auf allgemeine Ausführungen Wert legen. Die Begründungen unserer speziellen Wünsche sind in unserem Memorandum enthalten..." (vgl. Β 141/2609 B1.027). Ebenso überreichte bereits am 26.02.1952 der Hochschulverband eine Stellungnahme zur Frage der urheberrechtlichen Behandlung der Fotoduplikate (B 141/2613 B1.203). 197 Vgl. Abschrift des Aufsatzes „Die Entwicklung der Technik und das Urheberrecht" von de Boor , zu finden in Β 141/2614 Bl. 146 ff. und auch die Abhandlung von Ulmer „Zur Neuregelung des Filmrechts" in Β 141/2605 Bl. 1 lOff., bereits eingegangen am 09.11.1951. 198 Β141/2536 Bl. 079: „Darf ich Ihnen heute mit einer Bitte kommen? Wir brauchen bei der Begründung des Referentenentwurfes des Urheberrechtsgesetzes und bei der Aufstellung des Entwurfes eines Gesetzes über Verwertungsgesellschaften auf dem Gebiet des Urheberrechtes dringend das Werk von Dr. Lissbauer (Die österreichischen Urheberrechtsgesetze). Das Buch

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sprachen auch einzelne Sachverständige im BMJ vor, um als Vertreter verschiedener betroffener Interessentenkreise die Fragen des neuen Urheberrechts persönlich mit den Referenten zu erörtern. 199 Währenddessen begann man im BMJ schon im Frühjahr 1952 mit der Ausarbeitung des Referentenentwurfes nebst Begründung. Dazu enthalten die Akten des BMJ einige weitere Entwürfe zumeist ohne die Angabe eines Datums und auch ohne eine Begründung. 200 Außerdem finden sich in den Unterlagen interne Vermerke, in denen die jeweils noch offenstehenden Fragen zu dem neuen Urheberrechtsgesetz festgehalten wurden. 201 Inhaltlich zeigten sich hier bereits wieder wesentliche Neuerungen im Vergleich zu den oben dargelegten Entwürfen des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission. Diese Änderungen waren wohl auf die Ergebnisse der Besprechungen sowohl innerhalb der Sachverständigenkommission 202 als auch auf die genannten Besprechungen mit den Vertretern der Industrie und auch auf weitere Anregungen, die dem BMJ eingingen, zurückzuführen. Hervorzuheben ist an dieser Stelle insbesondere die neue Gliederung des Gesetzentwurfes. In einem ersten Teil mit dem Titel „Urheberrecht" wurden die Vorschriften über das Urheberrecht geregelt, in einem zweiten Teil mit dem Titel „Verwandte Rechte" wurden dann Bestimmungen zu bestimmten Ausgaben, zu Lichtbildern und in einem zeitlich gesehen späteren Entwurf auch zu Laufbildern (hierbei handelte es sich um kleinere filmische Darstellungen, die nicht als Filmwerke geschützt wurden), zum Schutz des ausübenden Künstlers, zum Schutz des Herstellers von Tonträgern sowie zum Schutz der Sendegesellschaft und auch zum Schutz von Briefen und Bildnissen getroffen. In einem dritten Teil fanden sich dann „Gemeinsame Bestimmungen für Urheberrechte und verwandte Rechte" und ein vierter Teil legte die ist anscheinend vergriffen. Ich weiß, daß Sie Ihre umfangreiche Bibliothek zum größten Teil gerettet haben und nehme an, daß Sie auch das Werk von Lissbauer haben. Sollte dies zutreffen, so wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie uns das Werk möglichst bald für einige Wochen leihen könnten." Ein Schreiben gleichen Inhaltes ging am 23.10.1952 auch an Prof. Ulmer (vgl. Β 141/2536 B1.081). 199 Dies ergibt sich beispielsweise aus einem Schreiben von Dr. Richartz vom 16.12.1952 an das BMJ: „... Ich möchte nicht versäumen, mich für den freundlichen Empfang zu bedanken, den Sie mir am 4. Dezember bereiteten, als ich als Sprecher der Komponisten und Textdichter in Fragen des neuen musikalischen Urheberrechtes bei Ihnen war. Etwa am 8. Januar bin ich wieder in Bonn und werde dann von Ihrer freundlichen Erlaubnis Gebrauch machen, die Unterredung mit Ihnen und Ihrem Mitarbeiter, Herrn Oberregierungsrat Schneider, fortzusetzen." (vgl. Β 141/2536 B1.091). 200 Β 141/2551 Bl. 122-173 und auch Β 141/2552 Bl. 003-108. 201 Β 141/2545 Bl. 126ff. Vermerk vom 05.01.1951: „Folgende Sachgebiete innerhalb der Urheberrechtsreform sind noch nicht endgültig geklärt: Filmrecht, Lichtbildrecht, Aufführungs- und Senderecht an Tonträgern. Zu den einzelnen oben genannten Sachgebieten wird wie folgt Stellung genommen." In Β 141/2545 Bl. 144 findet sich dann eine weitere interne Stellungnahme vom 30.01.1951 zu dem Vermerk vom 05.01.1951, in der auf die gemachten Ausführungen Bezug genommen wird. 202 Vermutlich wurden diese Änderungen im Laufe der Sitzung der Sachverständigenkommission in Unkel beschlossen. 7 Maracke

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Übergangs- und Schlußbestimmungen fest. Damit war dem Entwurf eine neue Systematik zugrunde gelegt, die auch in einer getrennt geschriebenen einzelnen Gliederung zu den Entwürfen zum Ausdruck kam. 203 Inhaltlich fällt zuerst auf, daß die schon in den Stellungnahmen zum Berliner Entwurf kritisierte Definition der Werke als „Schöpfungen persönlicher Prägung" gestrichen und durch die Formulierung „persönliche geistige Schöpfungen" ersetzt wurde. 204 Die heftig diskutierte Frage nach der Urheberschaft am Filmwerk, welche in dem Rengsdorfer Entwurf noch in § 5 a auf die Personen des Schöpfers des Drehbuches, der Filmmusik sowie des Spielleiters festgelegt war, wurde dahingehend geändert, daß ein eigener Abschnitt zu besonderen Bestimmungen für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke eingefügt und die Frage nach der eigentlichen Urheberschaft an den Film werken wiederum offengelassen wurde. 205 Neu überarbeitet war der zweite Abschnitt innerhalb des ersten Teils, welcher den Inhalt des Urheberrechtes festlegte. Hier erfolgte die Aufteilung dahingehend, daß zuerst in einer allgemeinen Bestimmung der Inhalt des Urheberrechtes grundsätzlich beschrieben wurde 206 , während anschließend das Verwertungsrecht und schließlich noch sonstige Rechte des Urhebers normiert wurden. 207 Dadurch wurde der gesamte Abschnitt übersichtlicher und strukturierter festgehalten. Außerdem wurde die ursprüngliche begriffliche Unterscheidung von Werknutzungsbewilligung und Werknutzungsrecht 208 aufgegeben und der Einfachheit halber nur von der Erteilung von Nutzungsrechten gesprochen, wobei dann einfache und ausschließliche Nutzungsrechte unterschieden werden sollten. 209 Neben dem bisher an dieser Stelle bestehenden Rückrufsrecht 203

Β141/2551 Bl. 123 f. Das neue Gesetz bestand nun insgesamt aus vier Teilen, die jeweils wieder in einzelne Abschnitte und gegebenenfalls in weitere Unterabschnitte unterteilt waren. 204 β 141/2551 Bl. 126. Entsprechend wurden an allen Paragraphen, die vom Werk sprachen, eine Anpassung der Definition vorgenommen. 205 Vgl. Β141/2551 Bl. 148 ff., hierfinden sich jetzt die besonderen Bestimmungen für Filmwerke in den §§62 bis 73. 206 Β141/2551 Bl. 128. § 9 „Das Urheberrecht schützt den Urheber in der Nutzung des Werkes und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk." 207 Β141/2551 Bl. 129 bis 131. § 10 legte das Verwertungsrecht fest und bestimmte nach wie vor, daß dieses insbesondere das Vervielfältigungsrecht (besonders geregelt in § 11), das Verbreitungsrecht (besonders geregelt in § 12), das Senderecht (besonders geregelt in § 13) und das Vortragsrecht (Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht in § 14) umfaßte. Dann wurden hier noch das Recht des Urhebers gegenüber Bearbeitungen (§ 15) von dem Recht des Urhebers gegenüber Benutzungen (§ 16) des Werkes abgegrenzt. Als sonstige Rechte des Urhebers galten dann das Veröffentlichungsrecht (§ 17), das Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft (§ 18) und der Schutz des Urhebers gegen Entstellung (§ 19). 208 Ehemals wurde in dem Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951 noch zwischen dem Werknutzungsrecht und der Werknutzungsbewilligung unterschieden. 209 Β141/2551 Bl. 133. § 24 (Erteilung von Nutzungsrechten): „Der Urheber kann einem anderen einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte an dem Werk erteilen." Im Anschluß daran wurden dann die Beschränkung des Nutzungsrechtes (§ 25), die Beschränkung des ausschließlichen Nutzungsrechtes (§ 26) und die Übertragung von Nutzungsrechten (§ 27) geregelt.

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wegen Nichtausübung wurde noch ein Rückrufsrecht des Urhebers wegen gewandelter Überzeugung eingefügt. 210 In dem Abschnitt über die Beschränkungen des Verwertungsrechtes war die Regelung der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch heftig umstritten. Es findet sich in einer der Arbeitsentwürfe eine Bestimmung, daß die Vervielfältigung von Werken zum eigenen Gebrauch zulässig sein sollte, soweit es sich nur um die Herstellung einzelner Vervielfältigungen handelte.211 Diese Fassung war aber von Hand durchgestrichen und in einem weiteren Arbeitsentwurf bereits wieder neu formuliert. 212 Neu hinzugefügt wurde dann ein sechster Abschnitt, in welchem die jetzt neu bestimmten gesetzlichen Nutzungsrechte geregelt waren. 213 Die Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechtes blieben unverändert. Neu war dann wieder der bereits erwähnte Abschnitt, der besondere Bestimmungen für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke beinhaltete.214 Man hatte sich also zunächst dafür entschieden, das Filmrecht in einem eigenem Abschnitt mit dem Titel „Besondere Bestimmungen für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke" innerhalb des ersten Teils betreffend das Urheberrecht in dem neuen Gesetz gesondert zu regeln. Dabei wurde zu der schwierigen Frage der Urheberschaft am Filmwerk keine ausdrückliche Regelung getroffen, sondern die Festlegung auf einen von Fall zu Fall unterschiedlichen individuellen Personenkreis offengelassen. 215 Der entscheidenden Rechtsstellung des Herstellers von Filmwerken sollte jetzt dadurch Rechnung getragen werden, daß 210 Β141/2551 Bl. 135 f. § 33 bestimmte, daß der Urheber ein Nutzungsrecht gegenüber dem Inhaber auch dann zurückrufen kann, wenn ihm die Verwertung des Werkes wegen gewandelter Überzeugung nicht zugemutet werden kann. 211 Β 141/2551 Bl. 137. §37 Abs. 1 des neuen Entwurfes. Weiterhin wurde in Abs.2 dieser Vorschrift geregelt, daß auf Bestellung einzelne Vervielfältigungen unentgeltlich auch zum eigenen Gebrauch eines anderen hergestellt werden durften. Bei anderen Werken als solchen der bildenden Künste sollte dies auch für entgeltliche Vervielfältigungen gelten, wenn diese mit der Hand oder mit der Schreibmaschine hergestellt wurden oder wenn sie ein nicht erschienenes oder vergriffenes Werk betrafen oder wenn sie kleine Teile eines Werkes oder einzelne Werke einer Sammlung von Werken betrafen. 212 Β 141/2552 Bl. 070. Es wurde hier zwischen der Vervielfältigung zum persönlichen und der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch unterschieden. 213 Β 141/2552 B1.026ff. Festgelegt wurde ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Herstellung von Tonträgem, ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung und schließlich noch ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung bestimmter Tonträger. Im Gegensatz zu der früher geregelten Zwangslizenz für Tonträger, waren jetzt sehr detaillierte Voraussetzungen zur Entstehung eines gesetzlichen Nutzungsrechtes für die Hersteller von Tonträgern und für die Sendegesellschaften beschrieben. 214 Β 141/2551 Bl. 148 ff. 215 Es wurden dann besondere, von den bisher getroffenen Regelungen abweichende Bestimmungen über den Schutz des Urhebers gegenüber Bearbeitungen und Umgestaltungen, über die Erteilung von Nutzungsrechten, das Rückrufsrecht, und auch über den Schutz des Urhebers, der ausübenden Künstler und des Herstellers gegen Entstellung des Filmwerkes beziehungsweise der erbrachten Leistungen getroffen.

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dieser mit der Herstellung des Filmwerkes kraft Gesetzes einige ausschließliche Nutzungsrechte, die den an der Gestaltung des Filmwerkes in seiner besonderen filmischen Prägung mitwirkenden Urhebern zustanden, erwerben sollte. Es waren dies das Recht, das Filmwerk zu vervielfältigen und zu verbreiten, öffentlich vorzuführen, durch Funk zu senden und es filmisch zu bearbeiten und diese Bearbeitungen zu verwerten. 216 Innerhalb der neuen Gliederung wurde dann in dem zweiten Teil über die verwandten Rechte neben dem Schutz des ausübenden Künstlers auch der Schutz bestimmter Ausgaben217, der Schutz der Licht- und Laufbilder 218 sowie auch der Schutz des Herstellers von Tonträgern und der Sendegesellschaft 219 festgelegt. Außerdem waren hier wieder die Bestimmungen über den Schutz von Briefen und Bildnissen zu finden. 220 Der dritte Teil beinhaltete dann als gemeinsame Bestimmungen für die Urheberrechte und die verwandten Rechte eine neu eingefügte Regelung über die Benutzung rechtswidriger Vervielfältigungen und Sendungen221 und die bereits bekannten Bestimmungen über die Rechtsverletzungen222. Neu war noch die Einfügung der Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung an dieser Stelle.223 Schließlich fand hier auch eine Vorschrift zu den Sachverständigenkammern Niederschlag. In einem vierten und letzten Teil des Gesetzes waren dann die Bestimmungen über den Anwendungsbereich sowie die Übergangs- und Schlußbestimmungen geregelt. Anhand dieser Entwürfe läßt sich also die Entwicklung des gesamten Aufbaus eines neuen Urheberrechtsgesetzes und auch einzelner Bestimmungen bis hin zur endgültigen Fassung des Referentenentwurfes nachvollziehen. 3. Die Beratungen im Unterausschuß „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik des Deutschen Bundestages Parallel zu den geschilderten Vorbereitungen im BMJ bis zur Veröffentlichung des Referentenentwurfes beriet auch Unterausschuß „Kunst" des (37.) Ausschusses für Kulturpolitik des Deutschen Bundestages über einige urheberrechtliche Fragen. 216

Vgl. Β 141/2552 B1.030. Β 141/2551 Bl. 152. Geschützt wurden die Ausgaben fremder Werke und Texte, die das Ergebnis wissenschaftlich nachschaffender Tätigkeit darstellen, und auch die Herausgabe nachgelassener Werke. 218 Β 141/2551 Bl. 153. 219 Β 141/2551 Bl. 157. 220 Β 141/2551 Bl. 157 ff. 221 Β 141/2551 Bl. 160. Hier wurde klargestellt, daß rechtswidrig hergestellte Vervielfältigungen weder verbreitet noch anderweitig benutzt werden durften und auch rechtswidrig veranstaltete Funksendungen nicht durch Lautsprecher oder andere technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden durften. 222 Neben den zivilrechtlichen Bestimmungen waren jetzt auch die strafrechtlichen Bestimmungen festgelegt. 223 Β 141/2551 Bl. 167 ff. 217

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

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In insgesamt sechs Sitzungen in der Zeit vom 06.10.1952 bis zum 23.06.1953 kamen unter anderem auch urheberrechtliche Themenschwerpunkte zur Sprache. Aus dem Kurzprotokoll der 25. Sitzung des Unterausschusses vom 06.10.1952, in welcher zum ersten Mal urheberrechtliche Fragen angesprochen wurden, geht hervor, daß sowohl ORR Schneider als auch der Komponist Dr. Richartz teilnahmen. Dr. Richartz sollte als Sachverständiger gehört werden, nachdem ORR Schneider einen Überblick über den Stand der Urheberrechtsreform abgegeben hatte.225 Es wurde aber betont, daß diese Beratung lediglich einer gründlichen Information dienen sollte, Beschlüsse hingegen noch nicht gefaßt werden könnten.226 In seinen Ausführungen 227 forderte Dr. Richartz insbesondere, daß die einschlägigen Bestimmungen des neuen musikalischen Urheberrechts vor allem einen ausreichenden Schutz für die Musikschöpfer selber gewährleisten müßten. Dabei wollte Dr. Richartz den Rengsdorfer Entwurf, der im September 1951 durch den Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission erstellt worden war, in der Sitzung nicht kritisieren, da dieser Entwurf als vertraulich bezeichnet wurde. Aber er erfüllte seiner Meinung nach auch nicht die an ihn gestellten Erwartungen. 228 Im Anschluß äußerte sich Dr. Richartz ausführlich zu einzelnen Bestimmungen des geltenden Rechtes nach KUG und LUG. Zusammengefaßt lautete die seinerseits gestellte Forderung: „keinerlei Verwertung von Urheberrechten ohne Entgelt für die Schöpfer selber". 229 224 Kurzprotokoll der 25. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 06.10.1952, vorhanden in Β141/2544 Bl. 128 ff., Kurzprotokoll der 29. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 23.01.1953, vorhanden in Β 141/2545 Bl. 101 ff., Kurzprotokoll der 30. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 10.02.1953, vorhanden in Β 141/2545 Bl. 108 ff., Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 13.03.1953, vorhanden in Β 141/2546 B1.005ff., Kurzprotokoll der 34. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 08.05.1953, vorhanden in Β 141/2546 B1.033ff., Kurzprotokoll der 36. Sitzung des Ausschusses für Kulturpolitik vom 23.06.1953, vorhanden in Β 141/2546 B1.071ff. 225 Β 141/2544 Bl. 130. ORR Schneider berichtete, daß der Referentenentwurf voraussichtlich Anfang des Jahres 1953 veröffentlicht werden sollte. Die Reformarbeiten nach dem Kriege seien sehr vertraulich gehalten worden, weil es sich um allererste Vorarbeiten gehandelt habe, die zur Diskussion in der Öffentlichkeit noch nicht reif gewesen seien. Erst der Referententwurf sollte zur öffentlichen Diskussion gestellt werden, er sollte dann die Grundlage für die Stellungnahmen der beteiligten Kreise bilden. Im Anschluß erläuterte Schneider noch kurz die Gründe, die eine Neugestaltung des deutschen Urheberrechts notwendig machten. Genannt wurden hier insbesondere der Fortschritt der Technik, die neu getroffenen Vereinbarungen der Berner Übereinkunft sowie auch der Wunsch nach einem stärkeren Schutz für den ausübenden Künstler, den Hersteller von Schallplatten und die Veranstalter von Rundfunksendungen. 226 Β 141/2544 Bl. 129 (Kurzprotokoll der 25. Sitzung des Unterausschusses „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag vom 06.10.1952 S. 4). 227 Die umfangreichen Ausführungen waren dem Protokoll in Form einer Anlage beigefügt, vgl. Β 141/2544 B1.132ff. 228 Β 141/2613 Bl. 133ff. (Anlage S.4). So viel sage er als Sachverständiger: Der Entwurf befriedige ihn und seine Freunde keineswegs und zwar aus dem Grunde, weil der genannte Entwurf sich zu sehr an die Grundzüge der bisherigen urheberfeindlichen Gesetze halte. 229 Β 141/2544 Bl. 138 (Anlage S. 13).

102

Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

I n den folgenden Sitzungen des Unterausschusses, zu denen fast immer auch Vertreter des B M J geladen waren, wurde diese Forderung weiter beraten und Dr. Richartz weiterhin als Sachverständiger gehört. Man hielt die Behandlung urheberrechtlicher Fragen in diesem Ausschuß für bedeutsam, da die Regierung zu dieser Zeit an der Vorbereitung für den neuen Gesetzentwurf arbeitete. 230 Z u dem Thema „mechanisierte Musik i m Urheberrecht" wurden dann auch Vertreter des Rundfunks als Sachverständige gehört, 2 3 1 zur Frage der Rechte der Urheber der Literatur konnten sich Vertreter der Vereinigung deutscher Schriftstellerverbände und des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller sowie des Börsenvereins Deutscher Schriftsteller und Buchhändler äußern 232 . Ferner wurden hier Eingaben der einzelnen Interessenverbände beraten. 233 Durch diese Sitzungen wurde das B M J während der internen Ausarbeitung des Referentenentwurfes ständig mit den Interessen der betroffenen Verbände konfrontiert.

230

Vgl. Β 141/2544 Bl. 101 ff. (Kurzprotokoll der 29. Sitzung des Unterausschusses Kunst des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag vom 23.01.1953 S. 2). Der Vorsitzende gab der Auffassung Ausdruck, „daß die Behandlung des Urheberrechts durch den Unterausschuß „Kunst" anfange sich auszuwerten." Das sei bedeutsam, weil die Regierung einen neuen Gesetzentwurf betreffend das Urheberrecht vorbereite. Vgl. auch Β 141/2546 B1.033ff. (Kurzprotokoll der 34. Sitzung des Unterausschusses „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag S. 2). Zu den Urheberrechtsfragen war hier vermerkt: „Der Vorsitzende unterstreicht die Wichtigkeit der Erörterung dieser Fragen im Hinblick auf die Vorbereitungsarbeiten zu einem neuen Urheberrechtsgesetz, in dem den Wünschen der Interessenverbände weitgehendst Rechnung getragen werden soll." 231 Β141/2544 Bl. 108ff. (Kurzprotokoll der 30. Sitzung des Unterausschusses „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag vom 10.02.1953 S.3ff.). Intendanten und Justitiare des NWDR hatten hier die Gelegenheit, ihre Interessen und Vorschläge mit den Vertretern des BMJ und auch dem Sachverständigen Dr. Richartz als Vertreter der Urheber zu beraten. 232 Vgl. Β 141/2546 Bl. 005 ff. (Kurzprotokoll der 32. Sitzung des Unterausschusses „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag vom 13.03.1953 S.2 ff.). Hier wurde unter anderem auch über die von Seiten des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller geforderte Abgabepflicht für Mietbüchereien gesprochen. Der Unterausschuß war nach Aussage des Vorsitzenden „seit Monaten bemüht, Verständnis für die Anerkennung der geistigen und künstlerischen Arbeit zu wecken." Der Unterausschuß stimmte daher im Prinzip der neuen Forderung zu, ein Werk bei allen gewerbsmäßigen Zwecken zu verfolgen und nahm Vorschläge zur Kenntnis, die bisherigen Rechte zu erweitem durch Beteiligung bei allen Wiedergaben des Werkes und Anteil an der Mietgebühr aus jedem Vervielfältigungsstück. Der radikale Antrag, etwa auch staatliche und städtische Büchereien für die Angaben wie die gewerblichen Mietbüchereien zu erfassen, wurde allerdings abgelehnt als dem kulturellen Zweck dieser Einrichtungen widersprechend (vgl. Sitzungsprotokoll S. 4). 233 Vgl. unter anderem Β 141/2546 B1.071 f. (Kurzprotokoll der 36. Sitzung des Unterausschusses „Kunst" des Ausschusses für Kulturpolitik im Deutschen Bundestag vom 23.06.1953 S. 2) Eingabe der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände e.V. betreffend Übertragung des Fernsehsenderechts an die Rundfunkanstalten.

2. Kap., C. Die Sachverständigenkommission

4. Die zeitliche Planung der Veröffentlichung

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des Referentenentwurfes

Zum zeitlichen Ablauf finden sich in den Akten des BMJ verschiedene Hinweise auf eine geplante Veröffentlichung des Referentenentwurfes noch im Verlaufe des Jahres 1953.234 Man ging dabei aber eher von einer Veröffentlichung erst gegen Ende des Jahres 1953 aus.235 In der Presse wurde bereits im September des Jahres 1953 davon gesprochen, daß der Entwurf für das neue Urheberrechtsgesetz im BMJ abgeschlossen und schon einigen beteiligten Organisationen zur Stellungnahme übermittelt worden sein sollte. 236 Die als Reaktion auf diese Pressenachricht bei dem BMJ eingegangenen Anfragen wurden vom BMJ folgendermaßen beantwortet: „Die im Handelsblatt vom 16. September 1953 veröffentlichte Nachricht, daß die Vorarbeiten für den Urheberrechtsgesetzentwurf im Bundesjustizministerium zum Abschluß gekommen seien und der Entwurf den beteiligten Organisationen zur Stellungnahme vorgelegt werde, entspricht nicht den Tatsachen. Die Vorarbeiten werden erst in den nächsten Monaten abgeschlossen werden. Der Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes wird sodann veröffentlicht werden." 237 In der 10. Sitzung des Deutschen Bundestages am 21. Januar 1954 äußerte sich der neue Bundesminister der Justiz Neumayer auf Anfrage eines Abgeordneten aus der CDU/ CSU: „Mit der Veröffentlichung des Referentenentwurfes ist voraussichtlich im Mai dieses Jahres zu rechnen." Die Zeitschrift „Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht" brachte dann auch Anfang des Jahres 1954 die Mitteilung, daß im BMJ ein das Urheberrecht behandelnder Referentenentwurf aufgestellt worden sei. 238 Wiederum als Antwort auf eine unter Bezugnahme auf die Nachricht in dieser Zeitschrift ergangene Anfrage ließ das BMJ verlauten: „Der hier in Vorbereitung sich befindliche Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes wird voraussichtlich im April oder Mai d. Js. veröffentlicht werden. Bestellungen sind an den Verlag des Bundesanzeigers zu richten."239 Tatsächlich wurde der Referentenentwurf dann am 15.03.1954 veröffentlicht und erschien bei dem Verlag des Bundesanzeigers in Bonn.

234

Β 141/2536 Bl. 120. Schreiben des BMJ vom 23.02.1953 an J. Volkmann i. Fa. Breitkopf & Härtel auf Anfrage vom 21.01.1953 nach dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Referentenentwurfes: „..., weil dieser Entwurf noch vertraulich ist. Der Entwurf (erg. Referentenentwurf) wird jedoch im Laufe dieses Jahres veröffentlicht werden." 235 Vgl. Β141/2536 Bl. 138. Schreiben des BMJ vom 14.07.1953 an J. Friese, Referendar, auf Anfrage nach Veröffentlichung: „Auf Ihr Schreiben vom 7.7.1953 teile ich Ihnen mit, daß der Referentenentwurf des neuen Urheberrechtsgesetzes in den nächsten Monaten veröffentlicht werden wird. Wesentliche Terminverschiebungen werden sich voraussichtlich nicht ergeben." 236 Handelsblatt vom 16.09.1953. 237 Vgl. Β 141/2536 Bl. 185 Schreiben vom 27.11.1953. 238 GRUR 1954 S. 3. 239 Β141/2537 B1.041.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954 Die Bezeichnung des am 15.04.1954 veröffentlichten Entwurfes als „Referentenentwurf" 1 sollte zum Ausdruck bringen, daß mit ihm weder der Auffassung des BMJ noch der Bundesregierung vorgegriffen wurde. 2 Der Entwurf sollte vielmehr eine Grundlage für die Erörterungen abgeben, nach deren Ergebnis der endgültige Regierungsentwurf entstehen sollte. Es erschien unerläßlich, vor der endgültigen Ausarbeitung des Gesetzentwurfes der breiten Öffentlichkeit Gelegenheit zu geben, die möglichen Lösungen der Probleme kennenzulernen und zu ihnen Stellung zu beziehen.3 I. Inhalt und Begründung des Referentenentwurfes Neu gegenüber den Entwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf war zunächst der Aufbau. 4 In einem ersten Teil des Entwurfes wurden die Urheberrechte 5 und in einem zweiten Teil, also deutlich abgegrenzt, die sogenannten „verwandten Schutzrechte" geregelt. Der dritte Teil enthielt besondere Bestimmungen für Filmwerke 6 und in einem vierten Teil waren wiederum gemeinsame Bestimmungen für Urheberrechte und verwandte Schutzrechte geregelt. Letzterer legte insbesondere die Rechtsfolgen der widerrechtlichen Verletzung eines nach diesem Gesetz geschützten Rechts fest und brachte Bestimmungen über die Zwangsvollstrekkung. Der fünfte und letzte Teil regelte schließlich den Anwendungsbereich des Gesetzes und enthielt Übergangs- und Schlußbestimmungen. Als inhaltliche Neuerung sei zunächst genannt, daß die Definition des Begriffs „Werke" 7 nun entsprechend der zu dem Berliner Entwurf eingegangenen Kritik in § 1 Abs. 1 des Entwurfes als „persönliche geistige Schöpfung" festgelegt wurde. 8 In dem zweiten Abschnitt über den Urheber wurde die Definition des Urhebers in § 5 sprachlich überarbeitet. Urheber eines Werkes war danach derjenige, der das Werk 1

Im folgenden RefE abgekürzt. Vorwort des Bundesjustizministers Neumayer zum Referentenentwurf S. V. 3 Vgl. Vorwort des Bundesjustizministers zum Referentenentwurf S. VI. 4 Die Entwicklung dieses übersichtlicher gestalteten Aufbaus zeichnete sich, wie bereits gesehen, auch schon in den vom BMJ erstellten Arbeitsentwürfen ab. 5 Dieser Teil gliederte sich wiederum in sieben Abschnitte, zur genauen Angabe sei auf die Veröffentlichung verwiesen. 6 Die Behandlung der Filmwerke im Anschluß an den zweiten Teil, der die verwandten Schutzrechte regelte, empfahl sich, weil bei einem Filmwerk auch die Rechte der mitwirkenden ausübenden Künstler berücksichtigt werden mußten, vgl. Begründung S.77. 7 Im geltenden Recht nach LUG und KUG fehlte eine solche Definition des Werkbegriffs. 8 Darunter wurden Erzeugnisse verstanden, die durch ihren Inhalt oder durch ihre Form etwas neues und eigentümliches darstellen. Diese Begriffsbestimmung enthielt nach der Begründung zum Referentenentwurf (im folgenden: Begründung) keine Änderung des geltenden Rechtszustandes, sondern entsprach dem, was zur damaligen Zeit schon in Rechtslehre und Rechtsprechung unter dem Begriff „Werke" verstanden wurde, vgl. Begründung S. 78. 2

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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geschaffen hatte. 9 Eine Bestimmung, die entsprechend § 5 a des Rengsdorfer Entwurfes die Urheberschaft am Filmwerk festlegte, findet sich in dem RefE an dieser Stelle nicht. Statt dessen wurde in dem dritten Teil des Entwurfes, welcher besondere Bestimmungen für Filmwerke enthielt, in § 93 eine ähnliche Regelung getroffen, wie noch zu zeigen sein wird. Grundlegend überarbeitet wurde der dritte Abschnitt innerhalb des ersten Teils, in dem die Regelungen betreffend den Inhalt des Urheberrechts festgelegt waren. Wie auch schon in den durch das B M J erstellten Arbeitsentwürfen zum RefE erfolgte einleitend unter der Überschrift „Allgemeines" eine grundsätzliche Darstellung des Inhaltes des Urheberrechts. 10 Dadurch sollte klargestellt werden, daß das droit moral und das Verwertungsrecht zusammen das Urheberrecht bildeten. Diese beiden Bestandteile waren nach Auffassung des Entwurfes nicht voneinander zu trennen. 11 Da das Verwertungsrecht den Hauptinhalt des Urheberrechts bilden sollte, war es i m Anschluß an diese allgemeine Bestimmung zuerst geregelt (§§ 10-16), während die sonstigen Rechte des Urhebers am Schluß dieses Abschnittes behandelt wurden (§§ 17-19). 1 2 Sprachlich neu gefaßt war u. a. § 14, der das Vortrags-, Aufführungsund Vorführungsrecht näher ausführte. I m wesentlichen wurde hier der neueren technischen Entwicklung, insbesondere den neuen technischen Vorführungsmöglichkeiten Rechnung getragen. Unter der Überschrift des Verwertungsrechtes wurde weiterhin noch das Recht des Urhebers bei Bearbeitungen des Werkes (§ 15) 1 3 und 9 Wie bereits schon sämtliche vorangegangene Entwürfe (vgl. Entwürfe von 1932 und 1939 sowie auch die Arbeitsentwürfe des Kleinen Ausschusses) sah auch der Referentenentwurf davon ab, ein Urheberrecht juristischer Personen an den von ihnen herausgegebenen Werken anzuerkennen, vgl. Begründung S. 86. Juristische Personen könnten keine das Urheberrecht an Sammlungen oder sonstigen Werken begründende geistige Tätigkeit entfalten (anders noch die Regelung des geltenden Rechts nach §§ 3, 4, 32 LUG und §§ 5, 6, 25 KUG). Zum Erlaß von Sondervorschriften sah auch der Referentenentwurf keine Notwendigkeit, da die juristische Person sich die Nutzungsrechte vom Urheber einräumen lassen konnte. 10 § 9: Das Urheberrecht schützt den Urheber in der Nutzung des Werkes und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk. 11 Begründung S.92. Die aus dem Urheberrecht erwachsenden persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk und seine vermögensrechtlichen Verwertungsbefugnisse seien so eng miteinander verbunden, daß das Urheberrecht nur als einheitliches Recht betrachtet werden könne. 12 Begründung S. 93. Dementsprechend räumte § 10 Abs. 1 dem Urheber das grundsätzliche Recht ein, das Werk zu verwerten. Damit wurde klargestellt, daß dem Urheber allgemein alle vorhandenen und auch künftig neu entstehenden Verwertungsmöglichkeiten vorbehalten sind. Die aus diesem Verwertungsrecht hervorgehenden Befugnisse wurden dann in § 10 Abs. 2 nur beispielhaft auf gelistet und in den folgenden §§11-14 näher ausgeführt. Das Verwertungsrecht umfaßte danach insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§11), das Verbreitungsrecht (§ 12), das Senderecht (§ 13) sowie das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 14). 13 Wie bereits in § 2 des Entwurfes festgelegt, konnten Bearbeitungen, selbst wenn sie persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters waren, von dem Bearbeiter selbst nicht frei verwertet werden, da die Rechte des Originalurhebers sich auch auf das bearbeitete Werk erstreckten. Gleichzeitig ging daraus aber hervor, daß die Bearbeitung an sich der Erlaubnis des Urhebers des Originalwerkes nicht bedurfte, sondern diese Erlaubnis vielmehr nur für die Verwertung des bearbeiteten Werkes erforderlich war (vgl. Begründung S. 104). Dies kam in § 15 zum Ausdruck.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

des Urhebers bei Umgestaltungen des Werkes (§ 16) 1 4 geregelt. Als sonstige Rechte des Urhebers wurden dann das Veröffentlichungsrecht (§ 17), das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 18) und der Schutz des Urhebers gegen Entstellungen des Werkes (§ 19) genannt. Es handelte sich dabei um die wichtigsten Rechte, die aus dem droit moral des Urhebers hervorgingen und daher in dem Entwurf ausdrücklich erwähnt werden sollten. 15 Nach dem Vorbild der vorherigen Entwürfe ging auch der RefE davon aus, daß das Urheberrecht grundsätzlich weder als ganzes noch in Teilen übertragbar ist. 1 6 Da aber der Urheber unter Umständen sein Werk nicht immer selbst verwerten konnte, mußte es ihm möglich sein, einem Dritten Nutzungsrechte an dem Werk einzuräumen (vgl. § 24). In der Gewährung eines solchen Nutzungsrechtes lag jedoch nach Ansicht der Verfasser des Entwurfes gerade nicht die Abtretung eines Teiles des Urheberrechtes, sondern nur die Bewilligung einer Lizenz. Dieser Grundsatz wurde in dem vierten Abschnitt über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen (§§ 20-37) umgesetzt. Anstatt der in den vorherigen Entwürfen gebräuchlichen Unterscheidung von Werknutzungsbewilligung und Werknutzungsrecht 17 wurde in § 24 die Einräumung von Nutzungsrechten ermöglicht. 1 8 Die Begrenzung auf die zur Zeit der Ein14

Nach Ansicht des Entwurfes gab es Umarbeitungen eines Werkes, bei denen es zwar in seinen wesentlichen Zügen übernommen wurde, die aber keine Bearbeitungen darstellten. Genannt wurden zwei Fälle, zum einen das sogenannte getarnte Plagiat, bei dem jemand seiner Arbeit ein fremdes Werk zugrunde legte, diese Übernahme aber zu tarnen versuchte und das fremde Werk als eigenes ausgab, zum anderen eine als unfreiwillig zu bezeichnende Übernahme, bei der eine selbständige Schöpfung nicht gelang, weil sich der Schöpfer von seinem Vorbild nicht genügend frei machen konnte. In beiden Fällen lag gerade keine Bearbeitung vor, weil die Verfasser der Umarbeitungen nicht das Originalwerk zur Geltung brachten, sondern das Ergebnis ihrer Arbeit als eigenes Werk ausgeben wollten. Diese Umarbeitungen sollten aber gleich den Bearbeitungen behandelt werden und auch dem Veröffentlichungs- und Verwertungsrecht des Originalurhebers unterliegen, vgl. Begründung S. 105. 15 Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 107-109. Allein der Urheber hatte zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen war. Auf die Anerkennung seiner Urheberschaft konnte er nunmehr gegen jeden klagen, der ihm das Recht streitig machte. 16 Begründung S. 109. 17 Vgl. Berliner Entwurf und auch § 17 des Rengsdorfer Entwurfes. Der Urheber konnte einem anderen erlauben, das Werk auf einzelne oder alle zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis bekannten Verwertungsarten zu nutzen (Werknutzungsbewilligung). Im gleichen Umfang konnte er einem anderen ausschließliche Rechte einräumen (Werknutzungsrecht). 18 Der Urheber konnte danach einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle zur Zeit der Einräumung bekannten Nutzungsarten zu nutzen. Ein solches Nutzungsrecht konnte als einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt werden. Die Begriffsbestimmung des einfachen und des ausschließlichen Nutzungsrechtes fanden sich dann in den Absätzen 2 und 3 des § 24. Danach berechtigte das einfache Nutzungsrecht den Inhaber, das Werk neben dem Urheber und sonstigen Personen auf die ihm erlaubte Art zu benutzen. Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigte den Inhaber, das Werk unter Ausschluß aller anderen Personen einschließlich des Urhebers auf die ihm erlaubte Art zu nutzen. Der wesentliche Unterschied zwischen dem einfachen und dem ausschließlichen Nutzungsrecht bestand also darin, daß das einfache Nutzungsrecht dem Berechtigten nur die Befugnis gab, das Werk auf die erlaubte Art selbst zu nutzen, daß er aber nicht die Möglichkeit hatte, andere von dieser

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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räumung bekannten Nutzungsarten sollte dem Schutz des Urhebers dienen. Es sei denkbar, daß i m Laufe der Zeit neue Nutzungsarten entwickelt wurden, an die der Urheber bei Einräumung des Nutzungsrechtes noch nicht gedacht hatte. 19 Dem Urheberrecht als einem absoluten Recht sollten sodann i m Interesse der A l l gemeinheit auch Schranken gesetzt werden, teils durch ausdrückliche Gesetzesbestimmungen, teils durch immanente Begrenzungen ihres Inhaltes. 20 Von diesen Begrenzungen des Urheberrechtes handelte der fünfte Abschnitt des ersten Teils mit dem Titel „Einschränkungen des Verwertungsrechtes". Entsprechend den Arbeitsentwürfen wurde der Grundsatz beibehalten, daß in Sammlungen, die für den Kirchen·, Schul- und Unterrichtsgebrauch bestimmt waren, geschützte Werke ohne Genehmigung des Urheberrechtsinhabers aufgenommen werden konnten ( § 4 0 ) . 2 1 Ergänzend zu dieser Bestimmung wurden neuerdings i n dem Entwurf die Schulfunksendungen freigegeben. § 41 gestattete den Schulen, ohne Genehmigung des Berechtigten Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. 22 Die für die Film- und Funkberichterstattung getroffene Regelung (§ 44) sowie die Einschränkung

des Vervielfältigungsrechtes

zugunsten von

Sendegesellschaften

(§ 4 5 ) 2 3 und auch die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 4 6 ) 2 4 wurden aus den Arbeitsentwürfen übernommen. Nutzung auszuschließen. Er erwarb daher kein absolutes Recht, vielmehr war der Urheber nur schuldrechtlich verpflichtet, ihm die Nutzung zu gestatten. Dagegen war das ausschließliche Nutzungsrecht als eine dingliche Belastung des Urheberrechtes anzusehen, es war damit ein absolutes Recht, das gegen jeden Dritten und sogar gegen den Urheber selbst wirkte, vgl. Begründung S. 113 f. 19 Begründung S. 113. 20 Vgl. Begründung S. 128. Darüber hinaus konnten auch sonstige Gründe es rechtfertigen, das Verwertungsrecht in bestimmten Fällen oder zugunsten bestimmter Personenkreise einzuschränken. 21 Der Entwurf erkannte nach wie vor ein öffentliches Interesse daran an, daß solche für die sittliche und geistige Heranbildung der Jugend unentbehrlichen Hilfsmittel ohne weiteres zur Verfügung stehen und daher ihre Herausgabe nicht von der Zustimmung der Urheber abhängig gemacht werden durften. Damit jedoch die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Urheber gewahrt blieben, bestimmte der Entwurf, daß den Urhebern in diesen Fällen eine angemessene Vergütung zu gewähren war, vgl. Begründung S. 131. 22 Vgl. Begründung S. 131. Es bestehe in den Schulen das Bedürfnis, die Schulfunksendungen auf Tonträger aufzunehmen, um sie dann passend zum Lernplan später wiederzugeben. Auch sah man ein gerechtfertigtes kulturelles Interesse daran, die Verwendung der Schulfunksendungen für den Unterricht zu erleichtern und die Vervielfältigung solcher Sendungen in Schulen frei zuzulassen. 23 Hier wurde das Recht des Rundfunks festgelegt, Vorträge und Aufführungen, deren Sendung beabsichtigt war, zunächst auf Ton- oder Bildträger zu übertragen. Eine praktische Notwendigkeit für die Sendegesellschaften, sich der Tonträger auf diese Weise zu bedienen, wurde von dem Entwurf anerkannt (Begründung S. 137, Vorträge und Aufführungen bildeten die Ausnahme). 24 Die Notwendigkeit, gewisse Ausnahmen von dem Aufführungsrecht des Urhebers zu machen, ergab sich nach Ansicht des Entwurfes aus der modernen Entwicklung des Urheberrechtes. Zur Vertiefung sei auf die Begründung S. 141 ff. verwiesen.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Die in den Entwürfen von Berlin und Rengsdorf noch als „Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch" bezeichnete Bestimmung des § 31 wurde in dem RefE sowohl äußerlich umbenannt und umgestellt als auch inhaltlich überarbeitet. Der neue §47 „Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen" sah vor, daß jedermann einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen Gebrauch herstellen oder unentgeltlich herstellen lassen konnte, wobei allerdings ausdrücklich bestimmt wurde, daß der persönliche Gebrauch nicht den Gebrauch zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken erfaßt. 25 Diese Regelung wurde in einem Absatz 2 noch erweitert. § 47 Abs. 2 schlug vor, auch außerhalb der privaten Sphäre die Vervielfältigung in gewissem Umfang ohne Zustimmung des Urhebers zuzulassen. Danach war es jedermann gestattet, Vervielfältigungsstücke herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn es sich um kleine Teile eines Werkes oder um Aufsätze handelte, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren. Auch ließ § 47 Abs. 2 die Herstellung einzelner Vervielfältigungstücke zu, wenn die Vervielfältigung mit der Hand oder mit der Schreibmaschine vorgenommen wurde und es sich um ein nicht erschienenes oder vergriffenes Werk handelte. Wer nach Absatz 2 berechtigt war, ohne Zustimmung des Urhebers eine Vervielfältigung vorzunehmen, durfte sich die Vervielfältigungsstücke auch durch einen Dritten herstellen lassen, gleichgültig, ob die Vervielfältigung entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen wurde. 26 Der Entwurf widmete dieser Bestimmung in seiner Begründung auf 14 Seiten eine umfangreiche Darstellung 27, wobei die technischen Neuerungen Magnettongerät, Mikrokopie und sonstige Fotokopierverfahren einzeln untersucht wurden. Nach Ansicht des Entwurfes konnte von einer Schädigung der Urheber durch das Magnettongerät nicht gesprochen werden. Für die zu erwartende Entwicklung verwies die Begründung auf die Verhältnisse in den USA. 28 Unbestritten war allerdings die Möglichkeit, daß die Steigerung des Schallplattenumsatzes durch die selbst gefertigten Tonbänder in gewisser Weise nachteilig beeinflußt werden könnte.29 Gegen ein Verbot der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch, wie es von den Urhebern 25 Der Begriff des persönlichen Gebrauchs entsprach im wesentlichen dem des geltenden Rechts in § 15 Abs. 2 LUG, also ein Gebrauch, der sich nach der Rechtsprechung auf die Person, die die Vervielfältigung herstellt oder herstellen läßt, und den ihr am nächsten stehenden vertrauten Personenkreis beschränkte (Begründung S. 156). 26 Begründung S. 161. 27 Begründung S. 148-162. 28 Die Entwicklung in den Vereinigten Staaten lasse darauf schließen, daß durch das Magnettongerät nicht ein Wechsel von der Schallplatte auf das selbstgefertigte Magnetband eintreten werde, sondern daß vielmehr das Magnetband ein zusätzliches Musikbedürfnis befriedigen würde (Begründung S. 151). Eine Schädigung der Urheber dadurch, daß sie bestehende Einnahmen verlieren, sei also durch die Freigabe des Magnettongerätes nicht zu erwarten. 29 Diese Einbuße dürfte jedoch nicht erheblich sein und würde nach Ansicht des Entwurfes durch die anderweitigen Vorteile, die der Entwurf den Urhebern einräume, bei weitem aufgewogen werden (Begründung S. 152).

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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gefordert wurde, würde allerdings sprechen, daß ein solches in der Praxis gar nicht durchgesetzt werden könnte.30 Zu den Mikrokopiergeräten wurde ausgeführt, daß diese selbst so kostspielig seien und auch die Herstellung der Vervielfältigungen so teuer, daß sie den Beschaffungspreis des Buches bei weitem übersteigen würden. 31 Ebenso eigneten sich die sonstigen Fotokopierverfahren nach Ansicht des Entwurfes wegen des Preises einer einzelnen Kopie nicht für die Vervielfältigung ganzer Bücher. Eine Schädigung der Urheber durch die Zulassung von Vervielfältigungsstücken zum privaten Gebrauch sei daher nicht ersichtlich, so daß der Entwurf die Freiheit zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken für den privaten Gebrauch in vollem Umfang aufrechterhielt. Neben den Beschränkungen sah der Entwurf in einem sechsten Abschnitt zwei gesetzliche Lizenzen vor, einmal zugunsten der Schallplattenindustrie (§ 58) und dann zugunsten der Sendegesellschaften (§ 59). Die Lizenz zur Herstellung von Schallplatten oder sonstigen Tonträgern entsprach dabei inhaltlich der Zwangslizenz für Tonträger in § 45 des Rengsdorfer Entwurfes. Allerdings wurde jetzt nicht mehr gefordert, daß der Schallplattenhersteller zunächst die Erlaubnis hierzu von dem Urheber einholt, der diese dann erteilen mußte (Zwangslizenz). Vielmehr erhielt der Hersteller von Tonträgern kraft Gesetzes das Recht, das Werk auf Tonträger zu übertragen und diese zu vervielfältigen und zu verbreiten, wenn er dem Urheber seine Absicht, dieses Recht auszuüben, durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt hatte und seit Absendung des Briefes zwei Wochen verstrichen waren. 32 Des weiteren war es jeder Rundfunkanstalt kraft Gesetzes erlaubt, gegen Bezahlung einer angemessenen Vergütung ein geschütztes Werk durch Funk zu senden, wenn der Urheber einer anderen Rundfunkanstalt ein ausschließliches Senderecht eingeräumt hatte (§ 59). Ausschlaggebend war nach Ansicht der Verfasser des Entwurfes die wichtige kulturelle Aufgabe des Rundfunks. Es liege im Interesse der Allgemeinheit, daß ihm 30 Begründung S. 152. Eine zur wirksamen Durchsetzung notwendige Kontrolle würde dem in Art. 13 GG verankerten Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung widersprechen. Auch der weitere Vorschlag, die Aufnahme geschützter Werke auf Tonträger mit Hilfe von Magnettongeräten von der Zahlung einer monatlichen Abgabe durch die Inhaber der Geräte nach dem Muster der Rundfunkgebühr abhängig zu machen, wurde mit dem Argument der praktischen Durchführung abgelehnt. 31 Begründung S. 154 f. Aus diesem Grunde würde das Mikrokopieverfahren fast ausschließlich von Bibliotheken, Dokumentationszentralen, Großfirmen usw. verwandt. Für den privaten Gebrauch spiele es zur Zeit keine Rolle und es sei auch nicht anzunehmen, daß es in absehbarer Zeit hierfür Bedeutung gewinnen würde. Demnach bestehe kein Anlaß, für das Mikrokopieverfahren von dem Grundsatz der Freiheit des privaten Gebrauchs abzuweichen. 32 Begründet wurde die Ausgestaltung dieses Rechtes als gesetzliche Lizenz (im Gegensatz zur Zwangslizenz) damit, daß der Hersteller erst auf Erteilung der Erlaubnis klagen müßte, falls der Urheber eine Zustimmung verweigert. Auch der Erlaß einer einstweiligen Verfügung müßte erst beantragt werden. Dieses Verfahren sei aber so umständlich und könnte den Hersteller so viel Zeit kosten, daß sich die Aufnahme eines Werkes, insbesondere bei der „schnelllebigen" Schlagermusik unter Umständen nicht mehr lohnen würde, vgl. Begründung S. 174.

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die Erfüllung dieser Aufgabe möglichst erleichtert werde. 33 Der Entwurf übernahm schließlich in einem siebenten Abschnitt des ersten Teils über die Dauer des Urheberrechtes die in den Entwürfen von Berlin und Rengsdorf ausgearbeiteten Fristen. 34 In einem zweiten Teil über verwandte Schutzrechte zählte der RefE dann die Leistungen einzeln auf, die keine persönliche geistige Schöpfung darstellten, aber doch in ähnlicher Weise wie das Werk des Urhebers schutzwürdig erschienen. Die in den §§ 66-90 des Entwurfes enthaltenen Vorschriften regelten keine Urheberrechte, wohl aber Rechte, die mit den Urheberrechten in so engem Zusammenhang standen, mit ihnen also „verwandt" waren, daß es sich nach Auffassung des Entwurfes empfahl, sie in das Urheberrechtsgesetz aufzunehmen. 35 Hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Bestimmungen über den Schutz des ausübenden Künstlers, welche ebenso wie der Schutz der Hersteller von Tonträgern und der Rundfunkanstalten weitgehend aus den Entwürfen von Berlin und Rengsdorf übernommen wurden. Somit regelte auch der RefE in dem Teil über verwandte Schutzrechte den Schutz des ausübenden Künstlers bei einer Wiedergabe des vorgeführten Werkes durch Lautsprecher (§ 73), bei einer Funksendung (§ 74) und auch bei der Aufnahme auf Bild- oder Tonträger (§ 75). 3 6 Weiterhin sollten nach dem Entwurf alle sonstigen 33

Begründung S. 177: „Der Rundfunk hat sich im Laufe der Zeit zu einem der wichtigsten Mittel entwickelt, um Werke der Literatur und Kunst den breiten Volksschichten nahezubringen. Weite Kreise der Bevölkerung werden mit den Werken der Dichter und Komponisten fast nur durch den Empfang der Rundfunksendungen bekannt. Das gilt insbesondere für die minderbemittelten Schichten, die sich den Ankauf von Büchern, den Besuch von Opern- und Theateraufführungen und von Konzertveranstaltungen nicht oder nur selten leisten können." 34 Nach § 61 erlosch das Urheberrecht 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers, dies entsprach Art. 7 der RBÜ in der Brüsseler Fassung, in dem eine Schutzfrist von mindestens 50 Jahren nach dem Tode des Urhebers zwingend vorgesehen war. Auch die Dauer des Urheberrechtes für den Fall, daß das Urheberrecht mehreren Urhebern gemeinsam zustand (§62), wurde ebenso wie die Regelung betreffend anonyme und pseudonyme Werke (§ 63) mit einigen sprachlichen Verbesserungen übernommen. 35 Begründung S. 183 ff. Hier fand sich vor allem der bereits im geltenden Recht bestehende und auch in den Arbeitsentwürfen angeführte Schutz der Lichtbilder (§§68-70). Für die Lichtbilder sollte ein urheberrechtlicher Schutz nicht vorgesehen sein, weil sie keine persönliche geistige Schöpfung darstellten. Da aber die Herstellung eines Lichtbildes eine künstlerische und technische Leistung bedeute, schien es geboten, für Lichtbilder einen Leistungsschutz zu gewähren. Dagegen sah der Entwurf davon ab, an dieser Stelle eine besondere Bestimmung über den Schutz des Titels eines Werkes einzufügen (die Bestimmungen über den Titelschutz waren ehemals in §63 des Entwurfes von 1932 geregelt, aber bereits in dem Entwurf von 1939 und auch in den Entwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf nicht mehr übernommen). Die Begründung führte dazu aus, daß in den nicht sehr häufigen Fällen, in denen der Titel eine persönliche geistige Schöpfung darstellte, er bereits als Teil eines Werkes Urheberrechtsschutz genießen würde. In den übrigen Fällen sei ein Schutz des Titels nur bei Verwechselungsgefahr angebracht. Ein solcher Schutz richte sich dann aber nach wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten und sollte daher im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (vgl. § 16 UWG) geregelt werden. 36 Zur Vertiefung siehe Begründung S. 188 ff. Der ausübende Künstler, der ein Werk vortrug oder aufführte, schuf damit nach Auffassung des Entwurfes nicht etwas Neues, sondern be-

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Aufführungen und Vorträge, die mit Bild- oder Tonträgern veranstaltet wurden, auch für den ausübenden Künstler tantiemepflichtig sein (§ 77). Schließlich wurde dem ausübenden Künstler auch ein Schutz gegen die Entstellung seiner Leistung gewährt (§ 80). Insoweit erkannten die Verfasser des RefE also auch ein droit moral des ausübenden Künstlers an. 3 7 Der Hersteller eines Tonträgers erhielt das ausschließliche Recht, den Tonträger zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 82) 3 8 , und auch einen Vergütungsanspruch, wenn ein Tonträger, auf den der Vortrag oder die Aufführung eines Werkes aufgenommen worden war, zur Funksendung, zum öffentlichen Vortrag oder zur öffentlichen Aufführung benutzt wurde (§ 83). Den Rundfunkanstalten wurde ebenfalls ein Schutz gegen die unbefugte gewerbliche Ausnutzung ihrer Sendungen zugesprochen. Der Entwurf gewährte ihnen in § 84 das ausschließliche Recht, ihre Sendung weiter zu senden, die Sendung auf Bild- oder Tonträger zu übertragen und sie für das Auge öffentlich wahrnehmbar zu machen. 39 Schließlich wurden in diesem Teil noch der Schutz von Briefen, Tagebüchern oder ähnlichen vertraulichen Aufzeichnungen geregelt (§§ 8 5 - 8 8 ) 4 0 sowie auch der Schutz von Bildnissen (§§ 89, 90). 4 1 I m Anschluß an diesen zweiten Teil über die verwandten Schutzrechte behandelte ein dritter Teil das F i l m werk als eine besondere Werkart. 4 2 Prinzipiell erklärte der mühte sich, das Werk möglichst im Sinne des Urhebers wiederzugeben. Die Aufnahme des Vortrages oder der Aufführung eines Werkes auf Tonträger stelle daher eine Vervielfältigung des Werkes dar. Das bedeute jedoch nicht, daß der ausübende Künstler jeden Schutz entbehren soll. Die künstlerische Leistung solle nur nicht mehr nach den Grundsätzen des Urheberrechtes geschützt werden. In den Fällen, in denen dies gerechtfertigt erschien, solle der ausübende Künstler ein besonderes Leistungsschutzrecht erhalten. 37 Die Einschränkungen des Verwertungsrechtes, die für das Urheberrecht bestanden, galten entsprechend auch für das Leistungsschutzrecht des Künstlers (§81). 38 Der Entwurf erkannte damit ein Bedürfnis an, den Herstellern von Tonträgern ein eigenes Leistungsschutzrecht zu gewähren. Sie erbrachten zwar keine eigene künstlerische Leistung wie die ausübenden Künstler, die Herstellung eines zum Vertrieb geeigneten Tonträgers erforderte jedoch nach Ansicht des Entwurfes so große technische Leistungen und wirtschaftliche Aufwendungen, daß ein Leistungsschutzrecht gerechtfertigt erschien, Begründung S. 203. 39 Wer also den Empfang einer Bildfunksendung der Öffentlichkeit zugänglich machen wollte, bedurfte dazu einer Genehmigung. Ebenso durfte derjenige, der die Funksendung erlaubterweise auf einen Tonträger übertragen hatte, für die Dauer von 25 Jahren nach der Aufnahme diesen Tonträger weder verbreiten, noch zu öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen benutzen. Zur Vertiefung vgl. Begründung S.207f. 40 Begründung S. 209. Da der Briefschutz unabhängig davon gewährt wurde, ob die vertraulichen Aufzeichnungen Urheberrechtsschutz genossen, war er nicht im ersten Teil des Entwurfes, sondern im zweiten Teil bei den verwandten Schutzrechten zu regeln. 41 Begründung S. 211. Nach dem Recht am eigenen Bild konnte der Abgebildete auch nach dem geltenden Recht (§ 22 KUG) verbieten, daß sein Bildnis ohne seine Zustimmung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Es handelte sich hier aber nicht um den Schutz aufgrund des Urheberrechts, sondern um den Schutz eines Persönlichkeitsrechts. Daher wurde das Recht am eigenen Bildnis nicht im ersten Teil des Entwurfes sondern ebenfalls im zweiten Teil (verwandte Schutzrechte) behandelt. 42 Begründung S.213: „Die Film werke unterscheiden sich in verschiedener Hinsicht von den sonstigen Werkarten. Bei der Herstellung eines Filmwerkes wirken zahlreiche Personen

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Entwurf zwar die im ersten Teil niedergeschriebenen allgemeinen Grundsätze des Urheberrechts auch für die Filmwerke anwendbar, faßte aber die sich aus der besonderen Natur des Filmwerkes ergebenden abweichenden Bestimmungen in einem besonderen Teil des Entwurfes zusammen, um eine größere Übersichtlichkeit zu erreichen.43 Die Person des Urhebers eines Filmwerkes wurde an dieser Stelle abweichend von allen bislang ergangenen Vorschlägen auf den Inhaber des Unternehmens, welches das Filmwerk hergestellt hatte, festgelegt (§ 93). 44 Begründet wurde diese Norm mit der besonderen Eigenart des Filmwerkes, bei dem (anders als bei sonstigen Werken) sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verwertung die wirtschaftlichen Gesichtspunkte überwiegen. Diese Erkenntnis mache eine Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes notwendig, nach dem Urheber nur sein konnte, wer eine schöpferische Leistung erbracht hatte.45 Das Urheberrecht des Filmherstellers bezog sich nur auf die bei der eigentlichen Herstellung des Films, also bei den Dreharbeiten, erbrachten geistigen Schöpfungen. Soweit zur Schaffung des Filmwerkes andere Werke benutzt worden waren, bestimmte § 93 Abs. 2 ausdrücklich, daß die Urheberrechte an den benutzten Werken (ζ. B. Roman, Drehbuch, Filmmusik) durch das dem Hersteller zustehende Recht nicht berührt wurden. Als weitere Sonderregelung für Filmwerke bestimmte § 94, daß das Verwertungsrecht am Filmwerk im Gegensatz zu dem Urheberrecht an sonstigen Werken übertragbar sein sollte.46 Trotz der beabsichtigten Stärkung des Urheberrechtsschutzes nahm der Entwurf den aus Kreisen der Urheber gewünschten Urheberanteil oder auch Folgerecht genannt (droit de suite)47 nicht auf. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß mit, die schöpferische oder künstlerische Leistungen vollbringen... Die Fragen, welchen dieser zahlreichen Personen Rechte am Filmwerk zustehen sollen und wie diese gegeneinander abzugrenzen sind, erfordern eine besondere Regelung. Abgesehen von der Vielzahl der mitwirkenden Personen liegt eine Besonderheit des Filmwerkes darin, daß es in der Regel von einem Unternehmen unter großem Kostenaufwand zum Zweck der gewerblichen Verwertung hergestellt wird. Auch diesem Gesichtspunkt ist bei der Ausgestaltung des Filmrechts Rechnung zu tragen." 43 Vgl. Begründung S.213f. 44 Nach § 93 galt als Urheber eines Film Werkes der Inhaber des Unternehmens, welches das Filmwerk hergestellt hatte. 45 Begründung S. 221. Dem Einwand, daß der Hersteller nach den allgemeinen Grundsätzen gerade nicht der Urheber des Filmwerkes ist, wollte der Entwurf dadurch Rechnung tragen, daß er nur eine dahingehende Fiktion aufstellte. Damit werde zu erkennen gegeben, daß auch nach Auffassung des Entwurfes der Hersteller nicht der wirkliche Urheber des Filmwerkes ist, sondern daß nur praktische und wirtschaftliche Notwendigkeiten dazu geführt haben, dem Hersteller die Rechtsstellung eines Urhebers einzuräumen. 46 Der Filmhersteller konnte also nicht nur Nutzungsrechte einräumen, sondern das ganze Verwertungsrecht abtreten, auch hinsichtlich noch unbekannter Verwertungsarten. 47 Schon seit einiger Zeit wurde aus Kreisen der Urheber die Forderung erhoben, den Urhebern von Werken der bildenden Künste einen Anspruch auf einen Teil des Gewinns einzuräumen, den die Erwerber von Originalen des Werkes durch eine Weiterveräußerung erzielen. Diese Forderung wurde auf die Erwägung gestützt, daß in dem bei der Weiterveräußerung erzielten Gewinn stets auch ein Entgelt für die schöpferische Leistung enthalten sei, die mit dem Betrag, den der Urheber erhalten habe, keine ausreichende Entlohnung gefunden habe. Die Einführung

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eine wirksame Durchführung dieser Bestimmung nicht möglich sei.48 Man könne nur die Veräußerungen durch den Kunsthandel und im Wege der Versteigerung einbeziehen, da die Privatverkäufe praktisch nicht zu erfassen seien. Die Einführung des Urheberanteils würde sich also als eine einseitige Belastung des Kunsthandels auswirken, was die Verfasser dazu veranlaßte, eine derartige Bestimmung nicht aufzunehmen. Auch die Einführung einer Kulturabgabe (domaine public payant)49 wurde aus ähnlichen Gründen abgelehnt. Man berief sich darauf, daß die mit einer solchen Kulturabgabe zusammenhängenden Fragen noch nicht genügend geklärt schienen.50 Die Begründung des Entwurfes führte dazu aus, daß es schwer sei, eine geeignete Stelle zu finden, die die Kulturabgabe einziehen und die eingegangenen Mittel verwalten könne. Der Staat sei jedenfalls zur Verwaltung und Verteilung der Mittel ungeeignet, weil er immer geneigt sein würde, dabei eine gewisse Kulturlenkung vorzunehmen.51 Es wurde daher, wie auch schon in den Ausführungen des Kleinen Ausschusses empfohlen, zunächst die Erfahrungen im Ausland abzuwarten. II. Schriftwechsel und Stellungnahmen zu dem Referentenentwurf Der Referentenentwurf des BMJ sollte, wie in dem Vorwort zu der Veröffentlichung von Bundesjustizminister Neumayer deutlich zum Ausdruck kam, als Grundlage für die weiteren Erörterungen des Urheberrechts dienen.52 Innerhalb der gesetzten Frist bis zum 01.11.1954 waren alle interessierten Kreise aufgerufen, ihre Steldieses sogenannten Urheberanteils wurde auch in Art. 14 bis Abs. 1 der Brüsseler Fassung der RBÜ vorgeschlagen, allerdings nicht zwingend vorgesehen. 48 Vgl. BegründungS. 74. 49 Von den Urhebern wurde ferner gefordert, die Verwertung von Werken, die infolge des Ablaufes der Schutzfrist frei geworden waren, von einer Abgabe abhängig zu machen, die zugunsten notleidender Schriftsteller und Kunstschaffender oder ihrer Hinterbliebenen verwendet werden soll. Auch die Einführung dieser Maßnahme wurde durch die Brüsseler Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft vorgeschlagen. Danach sollte die Möglichkeit der Verwirklichung des „domaine public payant" gemäß den Gegebenheiten des jeweiligen Landes erwogen werden. 50 Vgl. dazu Begründung S.75. 51 Begründung S.76. Selbst wenn diese Schwierigkeiten beseitigt werden könnten, so würde doch gegen die Einführung einer Kulturabgabe sprechen, daß gerade die besten Werke dadurch verteuert würden. Denn die Werke, die 50 Jahre nach dem Tode des Urhebers noch verwertet würden, seien doch die wertvollsten. Diese müßten im Interesse der Allgemeinheit so billig wie möglich abgegeben werden. 52 Begründung S.V. Die Bezeichnung des vorgelegten Entwurfes als „Referentenentwurf" sollte zum Ausdruck bringen, daß mit ihm weder der Auffassung des BMJ noch der BReg vorgegriffen wird. Der Entwurf sollte vielmehr die Grundlage für die Erörterungen abgeben, nach deren Ergebnis der endgültige Regierungsentwurf geformt werden sollte. Es erschien unerläßlich, vor einer endgültigen Abfassung der Gesetzesentwürfe der breiten Öffentlichkeit Gelegenheit zu geben, die möglichen Lösungen der verschiedenen Probleme kennenzulemen und zu ihnen Stellung zu nehmen. 8 Maracke

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lungnahmen bei dem BMJ einzureichen. Daraufhin gingen zahlreiche zum Teil sehr umfangreiche Beiträge von verschiedenen Interessenverbänden und auch einigen Einzelpersonen bei dem BMJ ein. Außerdem erschienen eine Reihe von Artikeln und Gutachten in den einschlägigen Fachzeitschriften. Das BMJ mußte also eine Fülle von unterschiedlichen kritischen Stimmen zu dem Referentenentwurf bewältigen. 1. Die Stellungnahmen der einzelnen Interessenverbände Dem Aufruf des Bundesjustizministers, zu den möglichen Lösungen der verschiedenen Probleme im Urheberrecht Stellung zu nehmen, folgten zahlreiche Verbände und Institutionen. Eine der ersten Stellungnahmen, die dem BMJ zugingen, war die der Deutschen Gesellschaft für Musikforschung vom 06.08.1954. Darin äußerte die Gesellschaft zunächst Dank dafür, daß ihre Interessen durch den RefE (insbesondere durch § 66, der dem Schutz fremder Ausgaben und Texte diente) befriedigt worden seien. Der Entwurf bedeute für die musikwissenschaftliche Editionstätigkeit einen wesentlichen Schutz.53 Zusätzlich wurde angeregt, die Vorschrift des §41, welcher einzelne Übertragungen auf Tonträger aus Schulfunksendungen gestattete, noch zu erweitern. Es bestehe ein Bedürfnis, daß Teile von Rundfunksendungen überhaupt (nicht nur Schulfunksendungen) für die Zwecke des musikwissenschaftlichen Unterrichts auf Band aufgenommen werden dürfen, um diese Aufführungen im Unterricht zu verwenden. 54 Man schlug daher vor, in dieser Norm den Relativsatz „die im Rahmen einer Schulfunksendung gesendet werden" zu ersetzen durch „die durch Funk gesendet werden". Dadurch würden die musikwissenschaftlichen Lehranstalten gegenüber den sie interessierenden Funksendungen in den Genuß des gleichen Rechts gelangen, das §41 den Schulen für ihre Bedürfnisse gegenüber den Schulfunksendungen einräume. Auch der Hochschulverband verfolgte die Arbeiten zu der Reform des deutschen Urheberrechts. In einer Stellungnahme vom 13.10.1954 äußerte man sich kritisch zu § 47 Abs. 2, welcher die Einschränkung des Vervielfältigungsrechts in bestimmten Fällen betraf. 55 Es war nach Auffassung des Hochschulver bandes zwar richtig, daß das Urheberrecht kein schrankenloses Recht sein sollte, daß ihm vielmehr im Interesse der Allgemeinheit gewisse Grenzen gezogen werden sollten. Nicht zu rechtfer53

Stellungnahme der Gesellschaft für Musikforschung in Β 141/2565 Bl. 132. Stellungnahme der Gesellschaft für Musikforschung in Β 141/2565 Bl. 132. Musikwerke komplizierter Art ließen sich dem Schüler auf keine andere Weise vermitteln, als daß man sie Rundfunkauf führungen entnehme, weil solche Werke nicht behelfsmäßig auf dem Klavier wiederzugeben seien und in der Regel auch keine Partituren vorlägen oder praktisch nur sehr schwer zu beschaffen seien. 55 Stellungnahme des Hochschulverbandes in Β 141/2568 Bl. 136. Die Vorteile, die die fotomechanische Vervielfältigung für die Benutzung der Zeitschriften und damit für die Verbreitung des wissenschaftlichen Gedankengutes biete, würden nicht verkannt. Die Freigabe der Photoduplikate in so weitem Umfang, wie der Entwurf sie in § 47 Abs. Ziff. 3 vorsah, schien nach der Überzeugung des Hochschulverbandes allerdings bedenklich. 54

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tigen sei es aber, den Urhebern und Verlegern Opfer zugunsten gewerblicher Unternehmungen zuzumuten.56 Der Hochschulverband machte daher den Vorschlag, die Freigabe der fotomechanischen Vervielfältigung von Aufsätzen auf die Fälle zu beschränken, in denen die Herstellung durch öffentliche Bibliotheken oder öffentliche wissenschaftliche Institute oder in ihrem Auftrag erfolge. 57 Auch was die Freigabe einzelner Vervielfältigungsstücke von nicht erschienenen oder vergriffenen Werken betraf, so sollte dies nach Ansicht des Hochschulverbandes nicht ohne die Zustimmung des Verfassers möglich sein.58 Die Bedenken des Deutschen Bühnenvereins richteten sich hauptsächlich gegen einige Abschnitte der verwandten Schutzrechte. Es wurde die Auffassung vertreten, daß es sich bei diesem Teil um einen „arbeitsrechtlich zu ordnenden" Leistungsschutz handelt. Daher sollte besonderer Wert darauf gelegt werden, daß stärker als im Entwurf der dienst- und arbeitsrechtliche Charakter vieler Leistungen der ausübenden Künstler betont und herausgearbeitet wird. 59 Beanstandet wurde hier auch, daß der Entwurf keine Regelung für den Fall enthielt, daß Aufführungen von einem Rechtsträger des öffentlichen Rechts veranstaltet und zur Verfügung gestellt wurden.60 Gerade der verantwortliche Rechtsträger, vertreten durch den dazu berufenen Gesamtleiter, müsse aber vor allen Dingen gefragt werden, wenn es überhaupt zu einer Veranstaltung seines Ensembles oder seiner Klangkörper kommen solle. Im übrigen wurde der Entwurf jedoch in weiten Teilen anerkannt. So sei insbesondere das Festhalten an der 50-jährigen Schutzfrist gutzuheißen und der Begründung dazu in jeder Beziehung zuzustimmen. Auch wurde es begrüßt, daß der Entwurf den Gedanken der Kulturabgabe nicht aufgenommen hatte.61 Seitens des Deutschen Schriftsteller-Verbandes e.V. sah man es grundsätzlich als positiv an, daß endlich überhaupt ein neues Urheberrecht geschaffen wurde, das den 56 Der Zweck, zu dem die Vervielfältigung erfolgte, war bei §47 Abs. 2 gleichgültig. Somit wurde auch die Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch durch diese Ausnahmevorschrift gedeckt. Hier sollte nach Auffassung des Hochschulverbandes aber der allgemein anerkannte Grundsatz gelten, daß der Urheber überall da zu beteiligen sei, wo Nutzen aus seinem Werk gezogen werde. Stellungnahme des Hochschulverbandes in Β 141/2569 Bl. 137. 57 Stellungnahme des Hochschulverbandes in Β 141/2569 Bl. 137 f. 58 Es handele sich hierbei vielfach um Werke, bei denen dem Verfasser die mechanische Festlegung auf Vervielfältigungsstücken unerwünscht sei. Vgl. Stellungnahme des Hochschulverbandes in Β141/2568 Bl. 139. 59 Stellungnahme des Bühnenvereins in Β 141/2570 B1.014. Keinesfalls sollten die hierbei notwendigen dienst- und arbeitsrechtlichen Regelungen durch quasiurheberrechtliche Formulierungen präjudiziert werden. 60 Es mutete nach Ansicht des Bühnenvereins einigermaßen grotesk an, daß von einer Einwilligung des verantwortlichen Rechtsträgers überhaupt nicht die Rede war (Stellungnahme des Bühnenvereins in Β 141/2570 Bl. 016.). 61 Stellungnahme des Bühnerivereins in Β 141/2570 B1.015. Die Belastung gemeinfrei gewordener Werke für irgendwelche Zwecke sei eine unzumutbare Sonderbesteuerung. Die Mittelbeschaffung für irgendwelche fördernswerte Zwecke sei, wenn zwingend notwendig, eine Sache des öffentlichen Haushaltes, nicht aber Aufgabe der Urheberrechtsgesetzgebung.

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Zeitverhältnissen Rechnung trug. 6 2 Trotz aller Kritik an den Beschränkungen des Urheberrechts 63 dürfe nicht übersehen werden, daß der Entwurf den Urhebern erhebliche Verbesserungen gegenüber der bisherigen Rechtslage bringe. I m einzelnen wurde dann bei den Rechten des Urhebers hinsichtlich der Verwertung in § 10 die Beteiligung des Urhebers an den Gewinnen aus einer gewerbsmäßigen Vermietung von Büchern gefordert. Nach Auffassung des Verbandes sollte dazu der Begriff „verbreiten" näher umrissen werden und das „Vermieten" ausdrücklich ausgenommen und in einem besonderen Absatz getrennt geregelt werden. 6 4 Zum Schutze der Schriftsteller wurde weiterhin angeregt, für den Abschluß von Verträgen über Nutzungsrechte (vgl. § 24ff.) eine bestimmte Form vorzuschreiben. 65 Gerade das ausschließliche Recht sei von so erheblicher Bedeutung, daß man für Verträge über die Übertragung des ausschließlichen Nutzungsrechts mindestens die Schriftform, wenn nicht sogar die notarielle Beurkundung vorschreiben sollte. 6 6 Abschließend wurde noch der Vorschlag gemacht, ob nicht in den Fällen, in denen von einer angemessenen Entschädigung gesprochen werde, diese sofort unter Ausschluß des Rechtsweges durch eine Sachverständigenkammer, deren Besetzung geregelt wer62 Stellungnahme des Schriftsteller-Verbandes in Β 141/2572 B1.038. Ohne Zweifel habe auch der neue Entwurf erhebliche Schwächen. Man solle jedoch zunächst darüber froh sein, daß endlich einmal ein neues Urheberrecht geschaffen werde, das den Zeitverhältnissen Rechnung trage. Schließlich sei der Entwurf den einzelnen Verbänden zugeleitet worden, um eine sachliche Kritik herauszufordern, denn der Gesetzgeber sei sich sicherlich selbst darüber im klaren, daß der Entwurf noch nicht allen berechtigten Anforderungen Rechnung trage... Die Fachverbände sollten daher den Entwurf nicht in „Bausch und Bogen" ablehnen, ihn nur kritisieren und nichts gutes an ihm lassen, sondern sie sollten vielmehr auf die Punkte hinweisen, die verbesserungswürdig seien. 63 Stellungnahme des Schriftsteller-Verbandes in Β141/2572 B1.042f. Hinsichtlich der Einschränkung des Verwertungsrechtes ginge der Entwurf etwas zu weit. Es sei nicht einzusehen, warum der öffentliche Vortrag oder die öffentliche Aufführung eines erschienenen Werkes in dem in § 46 angegebenen Fall zulässig sein sollte. Hier müsse der Urheber in gewissem Umfang beteiligt werden. Auch greifen nach Ansicht des Verbandes die gesetzlichen Nutzungsrechte (§§58 und 59) zu stark in die persönliche Willensfreiheit des Urhebers ein. Man müsse es hier dem Urheber überlassen, sich seinen Vertragspartner selbst auszusuchen. 64 Vgl. Stellungnahme des Schriftsteller-Verbandes in Β141/2572 B1.040. Der Schriftsteller habe ein natürliches Interesse daran, daß sein Werk in möglichst großen Auflagen abgesetzt wird. Ohne Zweifel würden die Leihbibliotheken ihm hier einen großen Schaden verursachen und es sei nicht einzusehen, warum für dieses „Verleihen" nicht ein besonderes Entgelt erhoben werden sollte. 65 Die Praxis habe gezeigt, daß Schriftsteller bei Abschluß von Verlagsverträgen teilweise von den gesetzlichen Bestimmungen überhaupt keine Ahnung hätten. Insbesondere die beginnenden Schriftsteller hätten meistens weder die Erfahrung noch das Geld, sich vor Abschluß des Vertrages beraten zu lassen (Stellungnahme des Schriftsteller-Verbandes in Β141/2572 Bl. 041 ). 66 Stellungnahme des Schriftsteller-Verbandes in Β 141/2572 B1.041. Nach Auffassung des Verbandes erschien es erforderlich, daß der Urheber vor Abschluß des Vertrages über die Rechte, die er vergibt, ausdrücklich aufgeklärt würde. Er solle seine Rechte nicht leichtfertig aus der Hand geben, wie es bei der Formfreiheit oft geschehen könne, sondern er solle darüber aufgeklärt werden, wie er Schaden vermeiden könne. Femer wurde die Anregung gegeben, ob der Erwerb der ausschließlichen Nutzungsrechte nicht in einem besonderen öffentlichen Register vermerkt werden könnte, welches neben der Urheberrolle zu führen wäre.

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den müßte, festgelegt werden könnte. Dann hätte der Urheber den Vorteil, daß er den Umfang seiner Vergütung sofort kenne und daß ihm diese Vergütung auch alsbald gezahlt werde. 67 Insgesamt sei zu wünschen, daß der Gesetzgeber bei dem endgültigen Entwurf die verschiedenen vielfach berechtigten Forderungen der Autoren berücksichtige. Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten begrüßte in einer Resolution zur Urheberrechtsreform vom 14.09.1954, daß im RefE ein gesetzliches Nutzungsrecht für den Rundfunk vorgesehen war. Die Formulierung des Entwurfes reiche aber zur Erfüllung der kulturellen Aufgaben des Rundfunks nicht aus. Der Rundfunk benötige vielmehr ein gesetzliches Nutzungsrecht, das nicht an die ausschließliche Übertragung des Rechtes zur Funksendung an einen Dritten anknüpfe, sondern das schon eingreife, wenn der Urheber sein Werk durch Vertrag mit einem Dritten überhaupt zur Veröffentlichung freigegeben habe.68 Der Rundfunk bat daher, das gesetzliche Nutzungsrecht entsprechend auszugestalten. In einer weiteren ausführlicheren Stellungnahme zu § 59 vom Dezember 1954 wurde dann nochmals ausdrücklich betont, daß der Rundfunk wichtigste kulturelle Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit erfülle und ein wirtschaftlicher Gewinn dabei nicht erstrebt werde. 69 Soweit Überschüsse erzielt werden könnten, seien diese ausschließlich kulturellen Zwecken zuzuführen. Im Hinblick auf diese Sonderstellung habe der deutsche Gesetzgeber den Rundfunk in Anstalten des öffentlichen Rechts organisiert und ihn unter Wahrung seiner Unabhängigkeit der öffentlichen Kontrolle unterstellt. Der Rundfunk habe daher einen Anspruch auf eine gesetzliche Lizenz, die ausdrücklich im Interesse der Allgemeinheit und nicht im eigenen wirtschaftlichen Interesse erwünscht wurde. 70 Wie schon angedeutet71, würde sich der Rundfunk mit der im RefE vorgeschlagenen gesetzlichen Lizenz abzufinden wissen. Es würde allerdings einen großen Fortschritt bedeuten, wenn das gesetzliche Nutzungsrecht bereits zur Entstehung gelangte, sobald der Urheber sein Werk einem anderen zur Veröffentlichung freigegeben hatte.72 Mit Schreiben vom 30.12.1954 reichte auch die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. ihre Stellungnahme bei dem BMJ ein. Der vorgelegte Entwurf berücksichtige im wesentlichen die berechtigten Belange aller Beteiligten in angemessener Weise. Zu den besonderen Bestimmungen für Film werke sei aber zu bemerken, daß die Herstellung eines Films die Investition von sehr hohen Geldbeträgen erfordere. 73 Diese enormen Produktionskosten könnten von den Firmen nur dann 67

Stellungnahme des Verbandes in Β 141/2572 B1.045. Resolution zur Urheberrechtsreform in Β 141/2565 Bl. 295. 69 Stellungnahme der ARD zu §59 in Β 141/2571 B1.064. 70 Stellungnahme ARD in Β 141/2571 B1.064. 71 In der Resolution der ARD vom 14.09.1954 wurde das gesetzliche Nutzungsrecht für den Rundfunk begrüßt (s. o.). 72 Stellungnahme ARD in Β 141/2571 B1.067. 73 Durchschnittlich würden sich die Kosten auf 1 Mio DM belaufen, bei Farbfilmen sogar wesentlich mehr, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 144. 68

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eingespielt werden, wenn dem Produzenten die Auswertung des Filmes durch Funkund Fernsehübertragung sowie die internationale Verwertung im Ausland zustehe. Daher müsse sich die gemeinsame Einräumung der ausschließlichen Nutzungsrechte im § 92 Abs. 2 S. 1 auch auf die Rechte in Nr. 4 und Nr. 5 erstrecken. 74 Begrüßt wurde dagegen die Vorschrift des § 93, der dem Filmhersteller das Urheberrecht am Filmwerk im Wege einer Fiktion zusprach. Durch diese Lösung würde einer jahrelangen Forderung der Filmproduzenten entsprochen.75 Schließlich gab die SPIO zu bedenken, daß der deutsche Film sich zur Zeit noch nicht bezahlt mache, sondern durchschnittlich einen Verlust von ca. 20 bis 30% der Herstellungskosten aufweise. Daher sei auf dem filmwirtschaftlichen Gebiet grundsätzlich besondere Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit am Platz. Jede zusätzliche Belastung würde sich gefährlich für den Fortbestand der deutschen Produktion auswirken. Der Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten e.V. beanstandete demgegenüber in einem kurzen Schreiben vom 09.11.1954 die Bestimmung des § 92 Abs. 2 Satz l . 7 6 Die Zwangsverkoppelung dieser drei Rechte durch das Gesetz sei aber für die Urheber in ihrem Kampf um die Filmtantieme eine Katastrophe, besonders da in Abs. 2 Satz 2 eine Ausnahme für die Komponisten77 vorgesehen sei.78 Auch der Verband Deutscher Filmautoren wandte sich mit Nachdruck gegen die Bestimmung über eine Zwangskoppelung des Herstellungs-, Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Vorführungsrechtes in § 92 Abs. 2. Diese Vorschrift widerspreche dem in der freien Wirtschaft anerkannten Grundsatz der Vertragsfreiheit. 79 Nur wenn das Recht der öffentlichen Vorführung nicht mit den anderen Rechten zwangsweise gekoppelt würde, bliebe dem Autor, genau wie es zugunsten der Komponisten geregelt sei, der Anspruch auf eine anteilige Gebühr für die Vorführung des Films. Diese bereits von dem Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und 74 Daneben kritisierte die SPIO, daß § 92 Abs. 2 S. 2 dem Filmkomponisten gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung einen Anspruch auf angemessene Vergütung gewährt. Dadurch würde das Prinzip, ein Filmwerk im Rechtsverkehr als rechtliche Einheit anzusehen, zugunsten der Urheber eines Werkes der Tonkunst durchbrochen. § 92 Abs. 2 S. 2 sollte daher gestrichen werden (Stellungnahme SPIO in Β 141/2572 Bl. 144 ff.). 75 Außerdem werde dem Filmhersteller eine klare Rechtsstellung gegeben, die er im Rechtsverkehr und besonders bei der internationalen Auswertung des Filmes brauchte. Sie sei auch deshalb um so nötiger, als der vorliegende Entwurf dem Urheber eine Reihe von neuen Rechten gebe und seine Stellung dadurch verstärke (Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 148). 76 Danach konnten ein Nutzungsrecht mit dem Inhalt, ein Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, und die in Absatz 1 unter Nr. 2 und 3 aufgeführten Rechte, das Filmwerk zu vervielfältigen und zu verbreiten oder das Filmwerk öffentlich vorzuführen nur gemeinsam eingeräumt werden. 77 Vgl. § 92 Abs. 2 Satz 2: „Jedoch behält der Urheber eines Werkes der Tonkunst trotz Einräumung des Rechtes, das Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen und es öffentlich vorzuführen, gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes einen Anspruch auf angemessene Vergütung für die Vorführung seines Werkes." 78 Es wurde daher vorgeschlagen die Worte „eines Werkes der Tonkunst" in Satz 2 zu streichen, vgl. Schreiben des Verbandes Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten e.V. in Β 141/2569 B1.214. 79 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 Bl. 079.

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Bühnenkomponisten angesprochene Ausnahme zugunsten der Komponisten ließen sich durch nichts moralisch oder juristisch begründen.80 Auf eingehende Kritik stieß weiterhin die Vorschrift des § 93, in der festgelegt wurde, daß als Urheber des Filmwerkes der Inhaber des Herstellerunternehmens gelten soll. Selbst wenn der Entwurf „nur" in Form einer Fiktion den Filmhersteller zum Urheber machen wolle, so erscheine eine solche Regelung gefährlich, da sie von dem Grundsatz abweiche, daß derjenige Urheber sei, der das Werk geschaffen habe.81 Nicht weniger skeptisch äußerten sich die Interessenvertreter auf dem Gebiet der Ton werke. In seiner Stellungnahme vom Dezember 1954 erkannte der Deutsche Musikverleger-Verband zwar die Absicht des Gesetzgebers an, eine Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers herbeizuführen. Allerdings würden sich für das musikalische Schaffen und seine Verwertung so zahlreiche Abweichungen gegenüber dem literarischen Schaffen und seiner Verwertung ergeben, daß die Vereinheitlichung sehr vieler Bestimmungen für „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst" innerhalb desselben Gesetzes zu Lasten der Musik gehe.82 Man war der Ansicht, daß das „besondere Charakteristikum der Musik im Vergleich zu den ausschließlich oder vornehmlich optisch zu erfassenden Werken anderer Kunstgattungen ein besonderes Gesetz erfordert hätte." Das Bestreben des Entwurfes, alle Kunstgattungen innerhalb einzelner Paragraphen zu erfassen, habe dazu geführt, daß in vielen Fällen die Eigentümlichkeiten des Musikschaffens unberücksichtigt blieben.83 Insbesondere sei zu beachten, daß ein Werk der Musik notwendigerweise zum Erklingen gebracht werden müsse, wenn es seinen eigentlichen Zweck erfüllen soll. Dies setze wiederum voraus, daß es aufgeführt werde. Für die Erfassung eines Sprachwerkes bestehe diese Voraussetzung dagegen nicht. Diesem grundsätzlichen Unterschied würde der Entwurf durch die erwähnte vielfache Gleichstellung von Werken der Tonkunst mit Sprachwerken nicht in dem erforderlichen Umfange gerecht. 84 Vor allem die Einschränkung des Vervielfältigungsrechts treffe den Berech80 Stellungnahme des Verbandes der Filmautoren in Β 141/2573 B1.081. Es stelle sich hier die Frage, wenn der „Anspruch auf angemessene Vergütung für die Vorführung seiner Werke" dem Komponisten ausdrücklich zugesichert werde, warum dann nicht dem Autor? 81 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.083. Der Produzent als Verknüpfer der zugrunde gelegten schöpferischen Leistungen, welcher den Stoff auswählt, den Autor bestimmt, die allmähliche Verschlechterung des Drehbuches bis zum Drehbeginn überwacht, den Regisseur und die Darsteller engagiert, dieser tüchtige Herr würde durch alle diese Tätigkeiten aber nicht zum Urheber, auch nicht zum fiktiven Urheber. 82 Vgl. die äußerst umfangreiche Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β 141/2572 Bl. 168. 83 Außerdem stelle die betonte Berücksichtigung der Interessen der Musikverbraucher (Rundfunk, Schallplatten- und Filmindustrie etc.) eine eindeutige, aber sicher nicht beabsichtigte, Benachteiligung der Urheber von Werken der Tonkunst dar (Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β 141/2572 Bl. 168). 84 So müsse beispielsweise, um nur einen der zahlreichen Änderungsvorschläge zu nennen, der Begriff der freien Benutzung im Bereich der Musik eine andere Bewertung erfahren als in

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tigten eines Werkes der Tonkunst in ganz anderem Ausmaße als den Urheber eines Sprachwerkes, weshalb insbesondere die Bestimmung des § 47 eine Änderung erfordere. 85 Die Argumentation in der Begründung des Entwurfes zu § 47, daß die umfangreiche Herstellung von Vervielfältigungen im fotomechanischen Verfahren wegen der hohen Kosten nicht lohnend sei, treffe sicherlich in der Regel bei Schriftwerken zu. Ganz anders liege aber der Fall bei der Fotokopie von Werken der Tonkunst. Hier sei die freie Herstellung für den sogenannten eigenen Gebrauch meist sehr lohnend.86 Zudem wandte sich der Musikverleger-Verband gegen die Einführung der gesetzlichen Nutzungsrechte zugunsten der Hersteller von Tonträgern und zugunsten der Sendegesellschaften in §§ 58 und 59 des Entwurfes. 87 Auch der Deutsche Komponisten-Verband e.V. ließ in einem Beschluß vom November 1954 verlauten, daß der veröffentlichte RefE zur Urheberrechtsreform nicht den Forderungen entspreche, die die musikschaffenden Künstler an das neue Gesetz stellten. Ohne eine konkrete Auseinandersetzung mit den einzelnen Vorschriften aus dem Entwurf wurden eine Reihe von Grundsätzen aufgestellt, die nach Ansicht des Komponisten-Verbandes in einem neuen Urheberrechtsgesetz berücksichtigt werden müßten.88 Danach sollte das Urheberrecht in erster Linie zeitlich unbegrenzt sein.89 Außerdem müsse „die fixe Idee der besonderen Sozialgebundenheit des von den Urhebern geschaffenen geistigen Eigentums aus den urheberrechtlichen Rechtskonstruktionen verschwinden". Der Urheber solle vielmehr aufgrund einer „echten Tauschgerechtigkeit" die Möglichkeit haben, über sein Werk so zu verfüder Literatur. Auch könne auf den Melodienschutz nicht verzichtet werden (der Entwurf beseitigte den im geltenden Recht nach § 13 Abs. 2 LUG bestehenden Melodienschutz, was nach Ansicht des Musikverleger-Verbandes nicht haltbar war). Zur Vertiefung vgl. Stellungnahme Musikverleger-Verband in Β 141/2572 Bl. 168 ff. 85 Vorzugsweise seien die Bestimmungen des §47 auf Werke der Tonkunst und selbständige Teile von diesen überhaupt nicht anzuwenden. Vgl. dazu den Formulierungsvorschlag in der Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes (B 141/2572 Bl. 175), welcher in einem neu einzufügenden Abs. 5 des § 47 die Anwendbarkeit auf Werke der Tonkunst und Teilen von diesen ausschloß. 86 Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β 141/2572 Bl. 175. Als Beispiele wurden, um nur eines herauszugreifen, die großen modernen Opernpartituren genannt. Das teuerste hierbei sei der Stich oder die stichähnliche Herstellung. Der Abgabepreis liege hier also sehr hoch. Erwerber seien zumeist die großen Musikbibliotheken der Welt und einige Privatsammler oder große Dirigenten. Wenn es diesen nun rechtlich ermöglicht werde, sich solche Partituren leihweise zu beschaffen und für den Privatgebrauch Fotokopieren zu lassen, so könnten sie sich zum Bruchteil des ursprünglichen Beschaffungspreises ein Exemplar verschaffen. Es müsse daher unter allen Umständen ausgeschlossen werden, daß die neuen fotomechanischen Verfahren sich zu Lasten der Urheber und des Nutzungsberechtigten auswirken. 87 Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β141/2572 Bl. 177 f. Ausgangspunkt der gesetzgeberischen Erwägungen müsse es in erster Linie sein, die Vertragsfreiheit zu erhalten und sie nur im unbedingt erforderlichen Maße einzuschränken. 88 Stellungnahme des Deutschen Komponisten-Verbandes in Β 141/2570 Bl. 114 ff. 89 Stellungnahme des Komponisten-Verbandes in Β 141/2570 Bl. 115.

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gen, wie er es für richtig halte. Endlich mußte nach Auffassung des Verbandes das Urheberrecht von allen Leistungsschutzrechten frei bleiben, wie sie den ausübenden Künstlern, den Schallplatten- und Filmunternehmen und auch den Rundfunkanstalten zugesprochen wurden. Das Urheberrecht umfasse ausschließlich das Recht des schöpferischen Künstlers an seinem Werk und dürfe nicht durch Nachbarrechte ausgehöhlt werden. 91 Die Internationale Richard Strauss Gesellschaft 92 wies in ihrer Stellungnahme darauf hin, daß die fortschreitende Entwicklung der Technik das Geistesgut durch neue Reproduktionsmöglichkeiten in großem Umfange in den wirtschaftlichen Verkehr einbezogen habe.93 Nicht ohne propagandistisches Geschick würden sich die industriellen Unternehmer auf das Recht der Allgemeinheit berufen, an dem von den geistig Schaffenden produzierten Geistesgut teilzuhaben. In der Tat schaffe der Urheber sein Werk nicht, damit es außerhalb des allgemeinen Geisteslebens eine Sonderexistenz führe und dadurch wirkungslos bleibe.94 Aber es sei doch auch zu beachten, daß der industrielle Unternehmer nicht das Publikum darstelle. Dasselbe gelte auch für die Sendegesellschaften, deren Intendanten und Wirtschaftsdirektoren nicht das Publikum bildeten, für das der geistig Schaffende seine Leistung bestimmt habe.95 Die Referentenentwürfe wurden zwar als geeignete Diskussionsgrundlage anerkannt 96 , allerdings stießen vor allem die Einschränkungen des Urheberrechts zu 90 Ebenso sei die Rechtskonstruktion, daß das von den Urhebern geschaffene Eigentum in der häuslichen Sphäre frei benutzt werden könnte, abwegig. Vielmehr sollten die Urheber beispielsweise durch die Höhe des Kaufpreises von Noten das Aufführungsrecht für die häusliche Sphäre mitvergeben (Stellungnahme des Komponisten-Verbandes in Β 141/2570 Bl. 117). 91 Stellungnahme des Komponisten-Verbandes in Β 141/2570 Bl. 119. 92 Ehemals von Richard Strauss gegründete Genossenschaft Deutscher Tonsetzer. 93 Vgl. zur Vertiefung die umfangreiche Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 B1.218. 94 Erinnert wurde hier an ein Zitat Goethes: Der Autor Was wäre ich Ohne dich, Freund Publikum! All mein Empfinden Selbstgespräch, All meine Freude stumm. 95 Vgl. Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 B1.219. Es gehe daher um eine Art soziale Auseinandersetzung mit den Urhebern auf der einen und den industriellen Verwertern auf der anderen Seite, wobei der Werkschaffende bei der Verfolgung seiner sozialen und wirtschaftlichen Interessen nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein Werktätiger einer anderen Berufsgruppe. 96 Es bestünden keine Bedenken gegen den allgemeinen Aufbau des Gesetzes und insbesondere die Festlegung des Begriffes Urheber in § 5 wurde gut geheißen. Auch das Prinzip der Unübertragbarkeit des Urheberrechts wurde von der Gesellschaft ausdrücklich als Fortschritt begrüßt, es sei aber darauf zu achten, daß diese beiden Grundsätze im Gesetz konsequent ausge-

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Gunsten einzelner industrieller Interessengruppen, 97 darunter insbesondere die Zwangslizenz für Rundfunkunternehmen, auf K r i t i k . 9 8 Auch wurde die Vorschrift über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 47) bemängelt. Die neuen technischen Vervielfältigungsmittel, wie Mikrofotokopie und Magnetophon (Tonbandgerät) hätten neue Gegebenheiten zuungunsten der Urheber und auch der ausübenden Künstler geschaffen, daß ernsthaft erwogen werden müsse, diese Bestimmung fallen zu lassen. 99 Schließlich hielt man eine zeitliche Beschränkung des Urheberrechts (§§ 61 ff.) für verfehlt und forderte, daß der ideelle Schutz der Geisteswerke für alle Zeiten gewährleistet würde und daß daher eine Vorschrift, wie sie in § 53 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939 zur Erhaltung von Werken allgemeiner Bedeutung vorgesehen war, auch in das zukünftige Urheberrechtsgesetz aufgenommen würde. 1 0 0 Gut vertretbar war nach Ansicht der Gesellschaft, daß der RefE in das eigentliche Urheberrechtsgesetz auch die Bestimmungen zum Schutze des ausübenden Künstlers (§§73 ff.) aufgenommen hatte. Solche Bestimmungen seien infolge der „katastrophal fortschreitenden Unterminierung" der lebendigen Musikpflege durch industrielle Ersatzmittel völlig unentbehrlich geworden und könnten weder durch eine arbeitsrechtliche Regelung 1 0 1 noch durch Sonderbestimmungen außerhalb des Urheberrechtsgesetzes ersetzt werstaltet würden. Eine Durchlöcherung beispielsweise des Grundprinzips des Urheberschutzes, wie sie nach Ansicht der Gesellschaft §§ 85 ff. zugunsten des Briefschutzes und auch §§93 ff. zugunsten des Filmunternehmers vornehme, müsse unter allen Umständen vermieden werden (Stellungnahme der Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 226). In höchstem Maße bedenklich und mit dem Prinzip der Unübertragbarkeit nicht zu vereinbaren sei es, wenn der Entwurf es in § 24 Abs. 1 zuließe, daß der Urheber einem anderen das Recht einräumt, das Werk auf alle zur Zeit der Einräumung bekannten Nutzungsarten zu nutzen. Nach Ansicht der Gesellschaft war es sittenwidrig, wenn sich ein Erwerber vom Urheber die Nutzungsbefugnisse einräumen läßt, die er infolge der Art seines Geschäftsbetriebes gar nicht ausüben kann und die er dem Urheber zum Zwecke der Spekulation nur abnötigen kann, weil dieser wirtschaftlich hoffnungslos unterlegen ist. Demnach müsse die Einräumung von Nutzungsrechten aller zur Zeit der Einräumung bekannten Nutzungsrechte unstatthaft und rechtsunwirksam sein (vgl. Stellungnahme der Gesellschaft in Β 141/2569 B1.232ff.). 97 Die in den §§ 3 8 ff. behandelten Einschränkungen des Verwertungsrechts könnten nur insoweit als begründet angesehen werden als sie für die Erfüllung von staatlichen Funktionen oder von Aufgaben der reinen Publizistik fixiert würden. Alle anderen Einschränkungen des Verwertungsrechts zugunsten einzelner Interessengruppen, und nur diese seien echte Einschränkungen des Grundrechts des Urhebers, müßten als der Natur des Urheberrechtes widersprechend und als ungerechtfertigte Deklassierung des geistig Schaffenden vollständig abgelehnt werden (Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 235). 98 Es sei nicht mehr zu verantworten, daß der normale Rechtsverkehr zwischen Urheber und Schallplattenindustrie oder Rundfunk einer staatlichen Zwangsregelung unterworfen werde (zur Vertiefung vgl. Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 B1.240f.). 99 Stellungnahme in Β 141/2569 B1.237. 100 Vgl. dazu Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 B1.223 und auch 228 ff. 101 Diese müsse nach Ansicht der Richard Strauss Gesellschaft zusätzlich erfolgen, vgl. Stellungnahme in Β 141/2569 Bl. 223.

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den. 1 0 2 Der Verleihung ähnlicher Schutzrechte an industrielle Unternehmen, wie Schallplattenfirmen, Rundfunkgesellschaften und Filmproduzenten wurde jedoch vehement widersprochen. 103 Überdies äußerten sich auch der Bundesverband der Deutschen Industrie der Deutsche Gewerkschaftsbund

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sowie der Deutsche Industrie-

e.V. 104,

und Handels-

tag 106. Hier stieß der RefE überwiegend auf Zustimmung. Der Bundesverband der Deutschen Industrie begrüßte beispielsweise die Tendenz und auch die Systematik der gesetzlichen Neuregelung, da sie sich mit Erfolg um einen gerechten Ausgleich der Interessen der Urheber und der Allgemeinheit bemühe. 1 0 7 Der D G B forderte daneben die Schaffung eines urheberrechtlichen Konstruktionsschutzes, wobei es in erster Linie auf den persönlichen Schutz des Konstrukteurs als Urheber seiner Werke ankomme. 1 0 8 § 1 des RefE, welcher die schutzfähigen Werke festlegte, müsse also dahingehend geändert werden, daß auch Werke der Technik, insbesondere Entwürfe oder Konstruktionen erfaßt würden. 1 0 9 102

Die Richard Strauss Gesellschaft forderte daher ein Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers und zwar in der Form eines Verbotsrechtes, nicht nur aufgrund eines Vergütungsanspruches. Vgl. dazu die Ausführungen in der Stellungnahme in Β141/2569 Bl. 241 ff. 103 Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β141/2569 Bl. 223. Allenfalls könnte ein Schutz gegen Mißbrauch der technischen oder industriellen Leistung unter dem Gesichtspunkt des Schutzes gegen unlauteren Wettbewerb entwickelt werden. Er dürfe jedoch nicht auf einer Ebene mit dem Schutze der schaffenden oder nachschaffenden Künstler behandelt werden. 104 Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in Β 141/2573 B1.024ff. 105 Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Β 141/2579 B1.005ff. 106 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages in Β 141/2588 Bl. 069 ff. 107 Vgl. Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in Β 141/2573 Bl. 024. Dieser Interessenausgleich würde erreicht, indem der Entwurf im Rahmen dessen, was die Rechtssicherheit gebiete und zulasse, dem Urheber ein Höchstmaß von Schutz zuspreche, gleichzeitig aber die Bedürfnisse der Benutzer urheberrechtlich geschützter Werke angemessen berücksichtige. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang vielleicht noch ein Vorschlag, der sowohl von Seiten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie als auch von Seiten des DIHT erging. Ungeachtet der grundsätzlichen Zustimmung zu der Bestimmung über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§47), bestünden Bedenken gegen die Formulierung. Es sei nicht klar ersichtlich, ob unter den Begriff „jedermann" auch juristische Personen fallen sollen. Auch für juristische Personen müsse aber die Möglichkeit eröffnet sein, einzelne Vervielfältigungsstücke für ihre nichtgewerblichen Zwecke und im Rahmen des Absatzes 2 herzustellen oder herstellen zu lassen. Es erschien daher eine klarere Fassung dieser Norm notwendig, die jegliche Zweifel ausschließt, daß auch juristische Personen unter den Begriff jedermann fallen und dementsprechend gleichberechtigt sind, durch ihre Angestellten und andere Personen „für sich" als Personengesamtheit Vervielfältigungsstücke anfertigen zu lassen (so die Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie in Β 141/2573 B1.020 und entsprechend die Stellungnahme des DIHT in Β 141/2588 B1.070). 108 Stellungnahme des DGB in Β 141/2579 B1.011: „Wir wollen die Konstruktions- und Formgestaltungsidee urheberisch geschützt haben und nicht nur das Blatt Papier." 109 Begründet wurde diese Forderung damit, daß auch in der Technik die künstlerische Seite, also Stil und Ästhetik, eine Höhe erreicht hätten, die sie weit über das vorherrschende profane Kunstschaffen hinaushebe. Man müsse also endlich dem kulturellen Fortschritt Rechnung tragen und von der maßlosen Überschätzung sog. Werke der Kunst und Literatur abkommen und

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Schließlich nahm der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände e.V. mit Schreiben vom 01.12.1954 zu dem RefE Stellung. Darin begrüßte es der Buchhandel sehr, daß die Bundesregierung einen Entwurf zum Urheberrechtsgesetzes erarbeiten ließ und zur Diskussion stellte. Es wurde festgestellt, daß der Entwurf in seinen Grundzügen den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Prinzipien entspreche, indem er gleichzeitig an die Entwürfe anknüpfe, die 1932 das Reichsjustizministerium und 1939 die Akademie für Deutsches Recht vorgelegt hatten. Anerkannt wurde insbesondere, daß der Schutz des Urhebers nicht (wie vielfach gefordert) unendlich ausgedehnt sei, indem man das geistige Eigentum dem Eigentum an einer Sache gleichstelle. 110 Nach Ansicht des Börsenvereins bestand eine natürliche Grenze des Urheberrechtes, welcher auch der RefE Rechnung trug, indem er sowohl die Schutzfrist beibehielt als auch die Entrichtung einer Abgabe auf frei gewordene Werke an einen Kulturfond ablehnte.111 Innerhalb der Grenzen, die dem Urheberrecht gesetzt seien, wahre der Entwurf jedoch nicht mit der notwendigen Konsequenz den ausschließlichen Charakter des Urheberrechtes. Es würden von dem ausschließlichen Recht des Urhebers, über die Verwertung seines Werkes allein zu verfügen und an dem Gewinn aus der Verwertung beteiligt zu werden, so entscheidende Ausnahmen vorgesehen, daß das Recht vielfach praktisch aufgehoben oder jedenfalls in wesentlichen Teilen in Frage gestellt würde. 112 Somit erklärte der Börsenverein vor allem die Bestimmungen der §§46 und 47 über die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes und die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen als auch das gesetzliche Nutzungsrecht zur Funksendung in § 59 sowie die Bestimmung über die Urheberschaft an Filmwerken in § 93 für schlechthin unannehmbar. 113 Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die verschiedenen Verbände, die naturgemäß die Interessen ihrer Mitglieder verfolgten, sehr unterschiedlich auf den RefE reagierten. Sie zeigten besonders deutlich die erheblichen Meinungsverschiedenheiten zu den einzelnen Lösungsvorschlägen im neuen RefE. Vor allem zwiden Werken der Technik und der Wissenschaft eine ihrer wahren Bedeutung gerecht werdende Einschätzung und Bewertung zuteil werden lassen. Vgl. dazu Stellungnahme des DGB in Β 141/2579 B1.009. 110 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.012. 111 Vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.012. Auch lehnte der Börsenverein jede Art von Kulturabgabe ab und begrüßte daher den Entwurf, der weder das „droit de suite" (Beteiligung des bildenden Künstlers am Weiterverkauf seines Werkes) noch das „domaine public payant" (Abgabepflicht bei der Verwertung von frei gewordenen Werken zugunsten notleidender Künstler oder ihrer Hinterbliebenen) aufgenommen hatte, vgl. Stellungnahme Börsenverein in Β 141/2571 B1.016. 112 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.017. 113 Im Anschluß folgte eine umfangreiche Begründung zur Kritik dieser Vorschriften, in der vor allem gefordert wurde, daß der Autor in seinen materiellen Interessen bei der Verwertung seines Werkes und in seinen persönlichen Beziehungen zu seinem Werk so weitgehend wie möglich geschützt wird (Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.017ff.).

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sehen den Vertretern der Urheber auf der einen Seite und den Vertretern der Industrie und den „Kulturverwertern" auf der anderen Seite bestanden erhebliche Differenzen. Während die Industrie sowie die Funk- und Filmwirtschaft sich überwiegend positiv zu dem vorgelegten Entwurf äußerte, fühlten sich die Urheber vor allem durch die Bestimmungen über die Einschränkungen des Verwertungsrechtes, die Zwangslizenzen und auch auf dem Gebiet des Filmrechtes ausgebeutet und übergangen.

2. Die Stellungnahmen einzelner Sachverständiger und Privatpersonen Neben den Stellungnahmen der Interessenverbände und sonstigen öffentlichen Institutionen gingen dem BMJ auch Schriftsätze und Stellungnahmen von einzelnen Sachverständigen sowie von einigen prominenten Urhebern zu. Kritisiert wurde der Entwurf unter anderem von Prof. de Boor. Grundsätzlich empfahl de Boor eine erneute sprachliche Überarbeitung des Entwurfes. 114 Was den Inhalt anbelange, so habe ihm die Lektüre des Entwurfes eine schwere Enttäuschung bereitet. 115 Zwar bringe der Entwurf einzelne Verbesserungen gegenüber dem Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951. Im Ganzen gesehen stelle der Entwurf aber eine „erhebliche Verschlechterung" dar. Dabei handele es sich fast immer um eine Verschlechterung der Rechtslage der Urheber zugunsten der Verbraucher, insbesondere der Industrie. Hier würden dem Urheber so schwere Opfer auferlegt, daß der Entwurf insgesamt in seiner gegenwärtigen Fassung für die Urheber nicht haltbar sei. 116 Nach Ansicht de Boors waren beispielsweise die in § 46 geregelten Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes 117 und vor allem § 47, der sowohl die Privataufnahme auf Magnetband als auch die Fotokopie von Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln freigab, zu weitgehend.118 Entschieden abgelehnt wurden die in §§58 und 59 festgelegten gesetzlichen Nutzungsrechte zur Herstellung von Tonträgern und zur Funksendung.119 Der Lösungsversuch des Filmproblems war nach An114

Stellungnahme de Boor vom 26.09.1954 in Β 141/2568 Bl. 006. Vgl. Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 B1.007. 116 Stellungnahme de Boor in Β141/2568 Bl. 006 f. Zwar brächte die Begründung auf S. 66 ff. eine Aufzählung der neuen Rechte des Urhebers. Aber dabei handele es sich vielfach nur um die Kodifizierung des jetzigen Rechtszustandes. Was an Verbesserungen der Lage des Urhebers bleibe, sei nicht so viel, daß es die schweren Eingriffe in sein Recht aufwiegen könnte. 117 Insgesamt gesehen gingen die Einschränkungen des §46 so erheblich über die petites réserves des rapport général hinaus, daß sie mit dem Aufführungsrecht der Brüsseler Fassung nicht mehr vereinbar seien (Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 B1.014). 118 Auch die offizielle Begründung zu dieser Bestimmung des §47 wurde in wesentlichen Teilen als unhaltbar empfunden (näheres in Stellungnahme de Boor in Β141/2568 B1.014ff.). 119 Zur Vertiefung vgl. Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 Bl. 022. 115

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sieht de Boors ebenfalls mißglückt. Schon der Aufbau sei nicht haltbar. Man könne in einem Urheberrechtsgesetz dem Film werk nicht einen besonderen Teil neben Urheberrechten und verwandten Schutzrechten einräumen, sondern müsse es einer der beiden Kategorien zuordnen. 120 Der dritte Teil des Entwurfes bedürfe also einer gründlichen Umgestaltung. Im Ergebnis entsprach der Entwurf nach der Meinung von de Boor weder in seiner Tendenz des einseitigen Verbraucherschutzes noch in seiner technischen Ausgestaltung den Forderungen, welche die Urheber an ihr Gesetz stellen dürften. Ähnlich enttäuscht äußerte sich auch Dr. von Erffa zu dem RefE. 121 Zwar sei der Rechtsnatur des Urheberrechts in dem Entwurf Rechnung getragen, und es seien auch die Befugnisse des Urhebers auf die Nutzungsarten erstreckt worden, die sich aus der neueren technischen Entwicklung ergeben hätten. Dagegen enthalte der Entwurf im fünften und sechsten Abschnitt des ersten Teils unter den Überschriften „Einschränkungen des Verwertungsrechts" und „Gesetzliche Nutzungsrechte" so viele Ausnahmen und Einengungen, der dem Urheber gewährten Befugnisse, daß dadurch die Vorteile der Rechtssystematik des Gesetzes bei weitem aufgewogen würden. 122 Von Erffa war der Überzeugung, daß ein neues deutsches Urheberrechtsgesetz, welches die Hauptbefugnisse des Urhebers derart einschränke und den Verwertern urheberrechtlicher Nutzungsarten eine so überlegene Machtstellung einräume, wie es im Entwurf vorgesehen sei, das Ansehen Deutschlands im Ausland schädigen werde. Vor allem die Bestimmungen über die Einschränkungen des Verwertungsrechtes123 und das gesetzliche Nutzungsrecht zur Funksendung (§59), aber auch die Regelung des Filmrechtes in §§ 91 ff. würden dem Verwerter der Urheberrechte eine so große Fülle von kostenlosen Nutzungen und eine so starke Machtstellung einräumen, daß sich dem Leser die Frage aufdränge, ob es sich um den Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes handele oder um den Entwurf eines Gesetzes zum Schutze der Verwerter von urheberrechtlichen Nutzungsrechten. 124 Im Interesse des deutschen Ansehens schien es nach Auffassung von Erffas daher erforderlich, daß die im Entwurf vorgesehenen Bestimmungen des fünften und sechsten Ab120

Stellungnahme de Boor in Β141/2568 Bl. 026. Auch die Grundfrage nach dem Träger des Urheberrechtes war nach Meinung de Boors nicht vertretbar. Der Versuch des Entwurfes, diese Frage durch die Fiktion des §93 zu umgehen, bliebe ohne Erfolg. §93 besage in Wirklichkeit, daß der Unternehmer, also zumeist eine juristische Person, Urheber des Filmwerkes ist, was wieder zu den Grundsätzen des Urheberrechtes nicht passe. 121 Stellungnahme von Erffa in Β141/2568 Bl. 032: „Grundsätzlich möchte ich zu dem Entwurf des Urheberrechtsgesetzes sagen, daß ich davon sehr enttäuscht bin." 122 Von Erffa hielt besonders die Einschränkungen des Aufführungsrechts und des Senderechts für untragbar und ersteres auch für unvereinbar mit der zwingenden Regelung der Berner Übereinkunft, vgl. Stellungnahme in Β141/2568 B1.033. 123 Genannt wurden insbesondere die Bestimmungen über die Einschränkungen des Vervielfältigungsrechtes zugunsten von Sendegesellschaften (§ 45), die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes (§ 46) und die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 47). 124 Stellungnahme von Erffa in Β 141/2568 B1.034.

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schnittes im ersten Teil einer sehr eingehenden Überprüfung und Änderung unterzogen werden. Weitaus schärfer formuliert war die Stellungnahme von Prof. Möhring. 125 Der vorliegende Entwurf sei nicht geeignet, den Gegenstand weiterer Beratungen und Erörterungen zu bilden. 126 Inhalt und Begründung des Entwurfes ließen erkennen, daß „die Herren Referenten über die zur Zeit gegebene Rechtslage unrichtig referierten und den Anforderungen der modernen Urheberrechtsentwicklung nicht gerecht zu werden vermochten". Er forderte daher, daß der Entwurf zurückgezogen und daß eine nicht dem BMJ angehörende Persönlichkeit mit der Vorlage eines Entwurfes zu einem Urheberrechtsgesetz beauftragt werde. 127 Schwerpunkt der Beanstandung waren auch in Möhrings Stellungnahme die Bestimmungen über die Einschränkung des Verwertungsrechtes und das Filmrecht. 128 Grundsätzlich abzulehnen seien auch die §§58 und 59 betreffend die gesetzlichen Nutzungsrechte zur Herstellung von Tonträgern und zur Funksendung.129 Im Bereich des Filmrechts enthalte der Entwurf die nicht zu billigende Konstruktion, daß als Urheber eines Films der Inhaber des Unternehmens gilt. Er sei der einzige, dem gerade kein Urheberrecht zustehe.130 Ebenfalls kritisch, aber sehr viel wohlwollender formulierte Dr. Baum seine Stellungnahme. Auch die Verfasser des Entwurfes würden wohl ohnehin damit rechnen, daß der Entwurf noch erheblichen Änderungen unterzogen werden müsse, bevor er die Grundlage der parlamentarischen Erörterungen bilden könne.131 Baum wies darauf hin, daß der RefE, wenn man ihn ganz allgemein betrachte, eine ausgezeichnete Arbeit sei. Allerdings lasse sich nicht leugnen, daß die Einschränkungen 125

Stellungnahme Möhring vom 29.10.1954 in Β 141/2589 B1.007ff. Stellungnahme Möhring in Β 141/2589 B1.007ff. Die Gegenüberstellung der vermeintlichen Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers und der Verschlechterung seiner Rechte (vgl. Begründung S.64f.) zeige bereits, wie wenig der Entwurf dem Wesen des Urheberrechts gerecht werde. Auch enthalte die Begründung des Entwurfes Ausführungen, die eine unrichtige Vorstellung über die Rechts- und Sachlage ermöglichten. Vgl. dazu insbesondere die Ausführungen in der Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 Bl. 013 ff. 127 Stellungnahme Möhring in Β 141/2589 B1.017. 128 Vgl. Stellungnahme Möhring in Β141/2589 Bl. 025 ff. und auch Bl. 038 ff. Beispielsweise sah Möhring in der Vorschrift des §47 über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechts in bestimmten Fällen eine nicht zu rechtfertigende Erweiterung der Vervielfältigungsbefugnis zu Lasten des Urhebers. 129 Auch diese Vorschriften enthielten nach Ansicht Möhrings einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Recht des Urhebers, vgl. Stellungnahme Möhring in Β 141/2589 Bl. 036. 130 Stellungnahme Möhring in Β 141/2589 Bl. 038. 131 Stellungnahme Baum in Β141/2577 Bl. 089: „Indessen bin ich davon überzeugt, daß die Herren Referenten nie an die Möglichkeit gedacht haben, ihr Entwurf würde unverändert die Grundlage der parlamentarischen Erörterungen bilden. Ich halte es vielmehr für sicher, daß sich die Herren Referenten von Anfang an darüber klar waren, der Entwurf würde gerade in denjenigen Bestimmungen, wo die Rechte der Urheber eingeschränkt werden, erheblichen Änderungen unterzogen werden." 126

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der urheberrechtlichen Befugnisse weiter ausgedehnt worden seien, als es tragbar erscheine. 132 Speziell zu dem Gebiet des Filmrechts erkannte Prof. Ulmer an, daß die vorgeschlagene Regelung in Verbindung mit der Begründung von einer „eingehenden Durchdringung der Materie" zeuge.133 Die konstruktive Grundlage des Entwurfes enthalte wertvolle Ansätze, bedürfe aber bestimmter Korrekturen, wenn sie im Gesamtgefüge des Urheberrechts Bestand haben sollte. Ulmer regte daher an, die Unterscheidung zwischen den Urheberrechten und den angrenzenden Rechten (Leistungsschutzrechten) auch für das Filmrecht nutzbar zu machen.134 Dementsprechend müsse das Verhältnis zwischen Urhebern und Unternehmern bestimmt werden. Aus diesen Gründen biete es sich an, den Autoren das Urheberrecht an den schöpferischen Grundlagen für den Film zu belassen und dem Unternehmer hingegen ein Leistungsschutzrecht an dem Filmband zuzusprechen.135 Während die vorstehend genannten Sachverständigen also vorrangig die ihrer Meinung nach zu weitgehenden Eingriffe in die Rechte der Urheber und den Lösungsvorschlag auf dem Gebiet des Filmrechts kritisierten, wurde aus Kreisen der Urheber in erster Linie beanstandet, daß zu den Vorberatungen nicht die Künstler selbst, also die Vertreter der Literatur, Kunst etc. hinzugezogen worden waren. 136 Daher äußerte der Schriftsteller Hermann Kasack in seiner Stellungnahme den dringenden Wunsch, „daß bei den weiteren Beratungen für eine Änderung des RefE einzelne Schriftsteller und Delegierte der Vereinigung Deutscher Schriftsteller-Verbände hinzugezogen werden." 137 Ein weiteres wesentliches Anliegen der Urheber war die Einführung der Kulturabgabe. Hierzu führte Kasack aus, daß die Erben der Schriftsteller und Komponisten nach Ablauf der Schutzfrist von 50 Jahren keinen Pfennig Honorar mehr erhielten, wenn die Bücher weiterhin gedruckt oder die Musikstücke noch gespielt würden. Es sei nicht einzusehen, warum von diesem frei gewordenen Kulturgut, soweit es von Verlegern oder Theatern noch geschäftlich ver132

Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme Baum in Β 141/2577 B1.089ff. Stellungnahme Ulmer in Β 141/2565 Bl. 156. Es liege ein geschlossener Bau des Filmrechts vor. Der Grundriß sei so gelegt, daß sowohl die Rechte der Urheber wie diejenigen des Unternehmers und der ausübenden Künstler berücksichtigt werden könnten. 134 Stellungnahme Ulmer in Β 141/2565 Bl. 159: „Wir haben gelernt, zwischen den Rechten der Urheber, der ausübenden Künstler und der Unternehmer zu unterscheiden. Diese Unterscheidung gilt es, wie ich glaube, auch für das Filmrecht nutzbar zu machen." 135 Der Unternehmer sollte auf diese Art und Weise das Filmschutzrecht erhalten, welches originär in seiner Person entstehen sollte, vgl. Stellungnahme Ulmer in Β 141/2565 Bl. 159 ff. Zur Begründung führte Ulmer aus, die Sphäre des Unternehmers sei die Sphäre der Aufnahme und Montage. Die technisch-künstlerischen Leistungen, die in dem Unternehmen durch Kameramänner, Beleuchter, Ton- und Schnittmeister erbracht würden, könnten dem Unternehmer in ähnlicher Weise zugerechnet werden, wie es bei der Herstellung von Tonträgern geschehe. 136 So erklärte der Schriftsteller Edschmid in seiner Stellungnahme vom 10.11.1954, daß er es für besser gehalten hätte, wenn man bei den Vorberatungen Vertreter der Literatur, Kunst usw. zugezogen hätte (Stellungnahme Edschmid in Β 141/2571 Bl. 185). 137 Stellungnahme Kasack vom 19.11.1954 inB141/2570 B1.062. 133

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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wertet würde, nicht eine kleine Tantieme an eine kulturelle Einrichtung abgeliefert werden könne. 138 Wie bereits mehrfach von den Interessenverbänden vorgetragen, setzte sich auch Kasack für eine Entschädigung der Urheber bei Verwertung ihrer Werke durch die Leihbibliotheken ein. 139 Ebenso hielt er die Bestimmungen über die Einschränkungen des Verwertungsrechtes für verfehlt. Beispielsweise schränke § 46 die Vortragsund Aufführungsrechte, die dem Urheber generell zugebilligt werden, in einem ihm unzulässig erscheinenden Maße ein. 140 Neben der Kritik an dem gesetzlichen Nutzungsrecht zur Funksendung141 machte Kasack schließlich noch den Vorschlag, die in § 61 festgelegte Schutzfrist von fünfzig auf sechzig Jahre zu verlängern. Dies sei im Hinblick darauf zu überlegen, daß ein Teil der lebenden Autoren durch die Maßnahmen des nationalsozialistischen Regimes für zehn bis zwölf Jahre um die Erträgnisse aus ihren Werken gebracht worden seien.142 Übereinstimmend mit Kasack bemerkte auch der Schriftsteller Walter von Molo ausdrücklich, daß er den guten Willen des RefE anerkenne, doch ein gutes Urheberrecht nicht ohne die Mitarbeit der Urheber zu schaffen sei. 143 Ausgehend von dem Gedanken, daß materielles und geistiges Eigentum gleichgestellt werden müsse, forderte von Molo die Beseitigung der Schutzfrist. 144 Zusammengefaßt hatte ein neues Urheberrecht nach Ansicht von Molos nur dann Sinn und war im Interesse Deutschlands zu begrüßen, wenn die Abgaben auf die gemeinfreien Werke und die der Mietbüchereien darin festgelegt würden. 145

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Die Gründe, die sowohl im Referentenentwurf als auch von Verlegerseite gegen die Einrichtung einer Kulturabgabe vorgebracht wurden, seien nicht stichhaltig. Vgl. zu näherem Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 Bl. 062. 139 Stellungnahme Kasack in Β141/2570 Bl. 064: „Es erscheint geboten, daß der Autor einen Pauschalbetrag für die zur Miete bestimmten Bücher erhält." 140 Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 Bl. 066: „Solange die Mitwirkenden, solange die Reinmachefrau, die Garderobenfrau etc. bezahlt werden, bedeutet es eine Degradierung des Urhebers, ihn zur kostenlosen Überlassung des geistigen Werkes zu verpflichten." 141 § 59 stelle nach Ansicht Kasacks einen unmöglichen Eingriff in die Rechte des Urhebers und des Inhabers des Nutzungsrechtes dar, vgl. Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 Bl. 067. 142 Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 B1.068. 143 Stellungnahme von Molo als Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften und der Literatur vom 15.11.1954 in Β 141/2570 B1.032ff. 144 Kein Bauer, kein Großgrundbesitzer, kein Fabrikant, kein Industrieller, niemand werde fünfzig Jahre nach seinem Tod enteignet, vgl. Stellungnahme von Molo in Β 141/2570 B1.033. 145 Stellungnahme von Molo in Β 141/2570 B1.035 u. 039. Sobald die Kulturabgabe für gemeinfreie Werke eingeführt sei und der Rundfunk und ähnliche Institutionen, die immer wieder die gemeinfreien Werke honorarlos verwenden, auch dafür etwas in eine Zentralkasse abführen müßten, ebenso wie die Vermietbibliotheken, dann habe der Urheber die wirtschaftliche Kraft, in Ruhe schaffen zu können, für seine Frau und seine Kinder sorgen zu können, und ihm stehe (wie allen anderen Staatsbürgern) eine Sicherung für Krankheit und Alter im Notfall zur Verfügung. 9 Maracke

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3. Die Stellungnahmen anderer Ministerien sowie der Länder Auch die verschiedenen Landesregierungen waren zu einer Stellungnahme zu dem RefE aufgerufen, ebenso wie die anderen Bundesministerien, die in gewisser Weise in ihrem Aufgabenbereich von den geplanten Änderungen betroffen waren. Der Bundesminister für Wirtschaft sprach sich infolgedessen in seinem Schreiben vom 25.03.1955 grundsätzlich für den neuen RefE aus. Die sachlichen Entscheidungen, die der Entwurf gewählt hatte, wurden nicht beanstandet, da sie nach Auffassung des BWiM von einer sorgfältigen Abgrenzung der Interessen zwischen Urhebern, ausübenden Künstlern, den beteiligten Gewerbezweigen und dem allgemeinen Publikum ausgingen.146 Sehr viel kritischer waren die zahlreichen Änderungsvorschläge, die der Bundesminister des Innern einbrachte. 147 Nach Ansicht des BlnM hing die allgemeine kulturelle Entwicklung nicht zuletzt von der Schaffensmöglichkeit der Urheber ab. Daher bestehe auch ein unmittelbares öffentliches Interesse daran, daß dem Urheber die ihm zustehende Rechtsstellung und damit die Grundlage seiner Existenz durch die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften gewährleistet werden. Von diesen Erwägungen ausgehend setzte sich der BlnM für eine weitergehende Stärkung der Rechte der Urheber ein. Dazu sollte die zeitliche Begrenzung des Urheberrechtes aufgehoben werden. Auch war der BlnM der Auffassung, daß es einem Gebot der Gerechtigkeit entsprach, in einem künftigen Urheberrechtsgesetz den unmißverständlichen Grundsatz festzulegen, daß der Urheber stets beteiligt werden sollte, wenn mit seinem Werk ein unverhältnismäßig hoher Gewinn erzielt wird. 148 Weiterhin sei es wünschenswert, den Urheber an der Einnahme bei der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken zu beteiligen, was vor allem bei der gewerbsmäßigen Vermietung von Büchern sowie von Bild- und Tonträgern in Betracht komme. Neben einigen weiteren Vorschlägen wandte sich der BlnM noch gegen die Regelung im Filmrecht, daß der Filmhersteller als Urheber des Filmwerkes gelten sollte. Statt dessen müsse der verantwortliche Regisseur als Urheber angesehen werden, da seine gestaltende Fähigkeit für ein Filmwerk als eigentümliche geistige Schöpfung ausschlaggebend sei. 149 Bei den Landesjustizministern stieß der RefE überwiegend auf Zustimmung.150 Zuerst äußerte sich mit Schreiben vom 28.09.1954 der Nieder sächsische Minister 146 Stellungnahme des Bundesministers für Wirtschaft in Β141/2575 Bl. 132 f. Begrüßt wurde namentlich die Zusammenfassung des Urheberrechts in einem Gesetz, die Anerkennung des droit moral des Urhebers und die neben einer Verstärkung des Schutzes des Urhebers hervorgehende Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit. 147 Vgl. die umfangreiche Stellungnahme des Bundesministers des Innern vom 17.12.1955 in Β 141/2580 B1.057ff. 148 Stellungnahme BlnM in Β141/2580 Bl. 058 f. Damit würde zugleich auch das Folgerecht bei Werken der bildenden Künste (droit de suite) in Deutschland eingeführt werden. 149 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.059. 150 Vgl. beispielsweise Stellungnahme des Senators für Justiz und Verfassung Bremen in Β 141/2592 Bl. 124: „Die Entwürfe sind nach Inhalt und Form erfreulich. Die Interessen der

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der Justiz zur Urheberrechtsreform. Grundsätzliche Einwendungen gegen den Entwurf wurden auch hier nicht erhoben. 151 Allenfalls schien nach Ansicht des M i n i sters mancher als berechtigt anerkannte Wunsch der schöpferischen Künstler unerfüllt geblieben zu sein, so wurde beispielsweise eine Beteiligung der Schriftsteller an dem Gewinn von Bibliotheken und Mietbüchereien befürwortet. 1 5 2 Auch der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen sah den Entwurf und die zugehörige Begründung in seinem Schreiben vom 20.10.1954 als eine sorgfältige Arbeit an. Dieses gelte sowohl für die sachlichen Entscheidungen, insbesondere für die Abgrenzung der Interessen zwischen Künstler und Volk, als auch für Aufbau und sprachliche Gestaltung. 153 I m einzelnen wurde dann zu den Bestimmungen ausführlich Stellung bezogen, wobei erwähnenswert ist, daß die Vorschrift des § 47 über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen die volle Zustimmung des Justizministers aus Nordrhein-Westfalen fand. Er begrüßte die „Respektierung der Privatsphäre". 154 Kurz darauf machte dann der Justizminister des Landes Schleswig-Holstein mit Schreiben vom 02.11.1954 den Vorschlag, ein Urheberrecht juristischer Personen anzuerkennen, ähnlich wie es § 3 L U G vorsah. 1 5 5 Urheber und der Allgemeinheit sind gegeneinander abgewogen..." Ebenso die Stellungnahme des Justizministers Rheinland-Pfalz: „Er (erg. der Referentenentwurf) sucht den Interessen der Urheber, der ausübenden Künstler und der Allgemeinheit Rechnung zu tragen. Ich habe deshalb gegen den Entwurf keine grundsätzlichen Bedenken." 151 Stellungnahme des Niedersächsischen Justizministers in Β 141/2592 B1.058. Der Entwurflöse die fällige Aufgabe, das Urheberrecht dem Fortschritt der Verhältnisse und der Technik anzupassen, in sachgerechter Weise. 152 Stellungnahme des Niedersächsischen Justizministers in Β 141/2592 Bl. 058. Es folgten im Anschluß Ausführungen zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfes, wobei insbesondere die Vorschrift über den Urheber am Film werk in § 93 Anerkennung fand. Diese Vorschrift, daß der Filmhersteller als Urheber des Filmwerkes galt, entspreche der Wirklichkeit des Wirtschaftslebens und sei die einzige praktische Lösung. 153 Stellungnahme des Justizministers des Landes Nordrhein-Westfalen in Β 141/2592 Bl. 064. Im einzelnen billigte der Minister die Grundentscheidungen des Entwurfes wie die Zusammenfassung des gesamten materiellen Urheberrechts in einem einzigen Gesetz, die Anerkennung des droit moral, den Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts, die begriffliche Unterscheidung von Urheberrecht und verwandten Schutzrechten und auch die Stärkung des Urhebers, gleichzeitig aber auch die seiner Meinung angemessene Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit. In Übereinstimmung mit dem Entwurf lehnte der Minister die Anerkennung des ewigen Urheberrechts, den Urheberanteil (droit de suite) und die Kulturabgabe (domaine public payant) ab. 154 Stellungnahme Justizminister Nordrhein-Westfalen in Β141/2592 B1.081: „Diese wichtige Vorschrift findet meine volle Billigung. Ich begrüße die Respektierung der Privatsphäre, den Verzicht auf praktisch undurchführbare Gesetze und die Ablehnung der Kulturabgabe, die von der Bevölkerung nur als eine Art Sondersteuer zugunsten der Urheber verstanden werden könnte." 155 Stellungnahme Justizminister des Landes Schleswig-Holstein in Β 141/2592 Bl. 119 f. Die juristische Person sollte seiner Meinung nach kraft gesetzlicher Fiktion als Urheber gelten, vergleichbar der Fiktion einer Urheberschaft für juristische Personen bei der Herstellung von Filmwerken in § 93 des RefE. *

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Ausschließlich positiv äußerte sich der Senator für Justiz und Verfassung in Bremen. Die Entwürfe seien nach Inhalt und Form erfreulich. Die Interessen der Urheber und der Allgemeinheit seien gegeneinander abgewogen.156 Ebenfalls keine grundsätzlichen Bedenken gegen den vorgelegten Entwurf hatte der Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz. Obwohl das dortige Kultusministerium der Auffassung war, daß eine Kulturabgabe ohne zeitliche Verzögerung eingeführt werden sollte 157 , sprach sich der Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz weiterhin gegen die Einführung der Kulturabgabe aus. Bedenken bestanden seiner Ansicht nach hauptsächlich im Hinblick auf die Auswirkungen. Die Einführung der Kulturabgabe würde zu einer Verteuerung der gemeinfreien Werke führen, was im Interesse der Allgemeinheit vermieden werden sollte. 158 Das Bayerische Staatsministerium der Justiz beschränkte sich in seiner Stellungnahme vom 21.01.1955 auf ein Teilstück der Reform und nahm nur zu den besonderen Bestimmungen für Filmwerke eingehend Stellung.159 Danach sollte von der Gewährung eines fiktiven Urheberrechtes an den Filmhersteller, der selbst keine persönliche geistige Schöpfung hervorbringe, abgesehen werden. 160 Vorzugsweise sollte dem Hersteller des Films ein Leistungsschutzrecht gewährt werden, welches damit begründet wurde, daß der Hersteller den Film zwar in der Regel nicht gestalte, jedoch durch Organisation und einen erheblichen Aufwand an Kapitalien eine individuelle Leistung erbringe. 161 Mit Schreiben vom 15.02.1955 reichte das Justizministerium Baden-Württemberg seinen Standpunkt zu dem RefE ein. Auf eingehende Kritik stießen hier wie156

Stellungnahme des Senators für Justiz und Verfassung Bremen vom 19.11.1954 in Β 141/2592 B1.124. 157 Stellungnahme des Justizministers in Rheinland-Pfalz vom 29.11.1954 in Β 141/2592 Bl. 126 f. Nach Ansicht des dortigen Kultusministeriums sei es nicht erforderlich, noch weitere Erfahrungen des Auslandes abzuwarten, nachdem bereits mehrere Staaten das domaine public payant eingeführt hätten. Die praktische Durchführbarkeit sei damit erwiesen. 158 Dieses wesentliche Argument der Begründung zum RefE wurde vom Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz als zutreffend angesehen, vgl. Stellungnahme in Β141/2592 Bl. 126 f. 159 Stellungnahme Bayerisches Staatsministerium der Justiz in Β 141/2592 Bl. 133 ff. Bedenklich erschien es nach Ansicht des Staatsministeriums vor allem, von dem in § 5 verankerten Grundsatz abzuweichen, daß Subjekte des Urheberrechtes nur physische Personen sein können, und juristische Personen als fiktive Urheber zuzulassen. 160 vielmehr sollte von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgegangen werden und die Träger von Urheberrechten, die nach den allgemeinen Bestimmungen einmal gegeben waren, nicht „vergewaltigt" werden, vgl. Stellungnahme Bayerisches Staatsministerium der Justiz in Β 141/2592 B1.134f. 161 Eine gesetzliche Festlegung des Urhebers des Filmwerkes dürfte sich trotz aller Lösungsversuche als unmöglich erweisen, sollte nicht wiederum zu einer Fiktion für den Einzelfall gegriffen werden, vgl. Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz in Β 141/ 2592 Bl. 135. In den folgenden Ausführungen setzte sich das Bayerische Staatsministerium intensiv mit bereits veröffentlichten Lösungsvorschlägen zum Filmrecht auseinander. Zitiert und besprochen wurden vor allem Ulmer in GRUR 1954, S.495 ff.; Roeber in UFITA1954 (Bd. 18), S. 290ff. und auch Baum in GRUR 1952, S.480ff. sowie Werhahn in GRUR 1954, S. 17ff.

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derum die Vorschriften über die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes (§ 4 6 ) 1 6 2 und auch die gesetzlichen Nutzungsrechte zu Gunsten der Tonträgerindustrie und des Rundfunks (§§ 58 und 59). 1 6 3 Überdies wurden die besonderen Bestimmungen für F i l m werke in den §§ 91 ff. bemängelt. 1 6 4 Vergleichbar war die Kritik, die der Hessische Minister der Justiz in seinem Schreiben vom 05.03.1955 zum Ausdruck brachte. 165 Zur Frage des Filmrechtes wurde anerkannt, daß der „Kunstgriff der Fiktion" zweifellos praktische Vorteile habe. Gleichzeitig warf der Minister aber die Frage auf, ob sich nicht eine andere Lösung finden lassen könne, die zwar den besonderen rechtlichen Schwierigkeiten bei den Filmwerken gerecht werde, sich aber mit dem systematischen Aufbau des Urheberrechtes vertrage. 166 Schließlich äußerte sich noch der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg zu dem RefE. Dabei setzte man sich mit den bereits vorliegenden Stellungnahmen der übrigen Landesjustizverwaltungen und auch mit den Vorschlägen der Sachverständigen de Boor und von Erffa auseinander. 167 Systematisch begegnete es nach Ansicht des Senates Bedenken, den Schutz des Rechtes am eigenen B i l d weiterhin i m Urheberrechtsgesetz zu regeln und in dieses Gesetz sogar noch Bestimmungen über den Schutz von Briefen neu aufzunehmen. Beide Gebiete würden sachlich in das all162

Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg in Β141/2592 Bl. 147. Diese Einbrüche in das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers hätten im sonstigen Recht des geistigen Eigentums, insbesondere im Patentrecht, keine Parallele. Es wurde daher deren Streichung vorgeschlagen. 163 Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg in Β141/2592 Bl. 148. Diese gesetzlichen Nutzungsrechte würden eine ungerechtfertigte Einschränkung der Vertragsfreiheit der Urheber darstellen und seien daher einzuschränken (§ 58) beziehungsweise ersatzlos zu streichen (§ 59). 164 Stellungnahme des Justizministeriums Baden-Württemberg in Β 141/2592 Bl. 149. Es entspreche nicht den Gegebenheiten, dem Filmhersteller, der nicht die geistigen, sondern die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Herstellung eines Filmes schaffe, ein Urheberrecht zu geben. 165 Neben dem Vorschlag, den Urheber an den Einnahmen zu beteiligen, die eine gewerbsmäßige Vermietung seiner Werke brachte, wandte sich auch der Hessische Minister der Justiz gegen die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes in §46 (Stellungnahme des Hessischen Ministers der Justiz in Β 141/2592 Bl. 173: „Auch ich bin der Auffassung, daß die Ausnahmen des § 46 über das Ziel hinausgehen und die Urheber in unbilliger Weise in ihren Rechten, insbesondere in der Nutzung ihrer Werke verkürzen.") Ebenso enthalte die Vorschrift über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 47) Eingriffe in die Rechte der Urheber, aber auch der Verleger, die in dieser Form nicht zu rechtfertigen seien. Die gesetzlichen Nutzungsrechte in §§58 und 59 sollten Ansicht des Hessischen Ministers der Justiz gleichfalls gestrichen werden. § 58 des Entwurfes bringe zwar für die Tonträgerindustrie eine weitere Verbesserung, für die Urheber aber eine „schlechthin unerträgliche Verschlechterung" ihrer bisherigen Rechtsposition. Auch gegen die Einführung einer gesetzlichen Lizenz zugunsten der Sendegesellschaften bestünden schwerste Bedenken. 166 Stellungnahme des Hessischen Ministers der Justiz in Β 141/2592 Β1.187. Im Ergebnis Schloß sich der Hessische Minister der Justiz den Vorschlägen an, die Professor Ulmer zu der Neuregelung des Filmrechtes in Betracht gezogen hatte (s. o.). 167 Vgl. die umfangreiche Stellungnahme des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg vom 05.03.1955 in Β 141/2592 Bl. 151 ff.

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gemeine bürgerliche Recht gehören. 168 Wie schon mehrfach vorgetragen, erhob auch der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg Bedenken gegen die Vorschläge des Entwurfes über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 47). 169 Entgegen der so vielfach geäußerten Kritik an dem gesetzlichen Nutzungsrecht zugunsten der Sendegesellschaften in § 59 konnte sich der Senat allerdings mit einer Streichung dieser Vorschrift nicht einverstanden erklären. Für die Einführung einer solchen Vorschrift spreche, daß der Rundfunk heute die kulturelle Aufgabe zu erfüllen habe, Werke der Literatur und der Kunst den breiten Bevölkerungsschichten nahezubringen. 170 In Zweifel gezogen wurden abschließend die Bestimmungen des dritten Teils des Entwurfes über das Filmrecht. 171 Die vorgeschlagene Lösung würde dem Grundsatz des deutschen Urheberrechtes, daß Urheber eines Werkes derjenige ist, der es geschaffen hat, widersprechen. 172 4. Die Stellungnahme des Bundesgerichtshofes Schließlich machte auch der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes den Referentenentwurf zum Gegenstand einer Plenarberatung. Zu einzelnen besonders umstrittenen Fragen, wie die der Übertragung geschützter Werke auf Tonträger zum persönlichen Gebrauch wurde allerdings im Hinblick auf anhängige Rechtsstreite von jeglicher Stellungnahme abgesehen. Das Ergebnis der Beratungen faßte der Senat dahingehend zusammen, daß der RefE, der weitgehend die Forderungen der Verwerter berücksichtige, nach der Auffassung des Senates den Belangen der Urheber und der ausübenden Künstler nicht gerecht werde. 173 Beispielsweise setzte sich der 168

Stellungnahme des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg in Β 141/2592 Bl. 151. Es handele sich um die Gewährleistung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes, ihre Normierung im Urheberrechtsgesetz scheine nicht angebracht. 169 Stellungnahme des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg in Β 141/2592 Bl. 156. Nach Ansicht des Senates war zwar mit der Begründung des Entwurfes davon auszugehen, daß das Recht des Urhebers dort ein Endefinden müsse, wo die Privatsphäre des einzelnen beginne. Indessen erschien die vorgesehene Unterscheidung zwischen persönlichem Gebrauch einerseits und beruflichem Gebrauch andererseits nicht glücklich. 170 Für die Begründung der gesetzlichen Lizenz seien nicht, wie in den vielfach geäußerten Vorwürfen angenommen, ausschließlich wirtschaftliche Gründe maßgebend, sondern entscheidend sei vielmehr die Berücksichtigung der Interessen der Allgemeinheit und die hiermit in Zusammenhang stehende soziale Bindung des Urheberrechts (vgl. Stellungnahme des Senates in Β 141/2592 Bl. 157). 171 Stellungnahme des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg in Β 141/2592 Bl. 158 (Rückseite): „Nach Ansicht der Landesjustizverwaltung Hamburg bestehen gegen den dritten Teil des Entwurfes systematische Bedenken. Den nicht zu verkennenden Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, wer als Urheber des Filmwerkes anzuerkennen sei, wird man kaum in überzeugender Weise dadurch entgehen können, daß der Filmhersteller, der fast ausnahmslos nicht schöpferisch an dem Film beteiligt ist, anstelle eines oder mehrerer der möglichen Urheber im Wege der Fiktion als Urheber des Filmwerkes betrachtet wird (§ 93)." 172 Stellungnahme des Senates der Freien und Hansestadt Hamburg in Β141/2592 Bl. 158 (Rückseite). 173 Stellungnahme des BGH in Β141/2569 Bl. 027 ff.

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BGH für die Beteiligung der Urheber an der gewerbsmäßigen Nutzung eines geschützten Werkes durch Vermieten ein. 174 Auch wurde die Bestimmung über die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechtes in §46 kritisiert, da es sich nicht mehr um „kleine Ausnahmen" von dem Grundsatz handeln würde, daß dem Urheber das ausschließliche Recht zustehe, die öffentliche Aufführung seiner Werke zu erlauben. Ferner war das gesetzliche Nutzungsrecht zur Funksendung in § 59 nach Ansicht des Senates untragbar. Diese Regelung stelle einen auch durch Allgemeininteressen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das freie Bestimmungsrecht des Urhebers über Art und Zeitpunkt der Auswertung seines Werkes durch eine Funksendung dar und sei daher ersatzlos zu streichen. 175 Daneben werde der Schutz der ausübenden Künstler durch die im RefE vorgesehenen Bestimmungen nicht ausreichend gewährleistet. Es wurde daher vorgeschlagen, die entsprechenden Bestimmungen gänzlich neu zu fassen. 176 Zu dem in §§ 91 ff. geregelten Filmrecht trug der Senat vor, daß auch auf diesem Gebiet nicht von dem fundamentalen Grundsatz des Urheberrechtes abgewichen werden sollte, daß das Urheberrecht am Werk in der Person seines Schöpfers entsteht. Mit dieser Auffassung sei aber § 93 des RefE trotz seiner fiktiven Fassung nicht vereinbar. 177 Man hielt es daher für geschickter, dem Produzenten nur ein Leistungsschutzrecht zuzubilligen.

5. Veröffentlichungen

in Fachzeitschriften

Neben diesen direkt an das BMJ gerichteten Stellungnahmen erschienen eine Vielzahl von Veröffentlichungen zu dem RefE in den einschlägigen Fachzeitschriften. Während einige Beiträge den gesamten RefE zum Gegenstand ihrer Besprechungen machten, befaßten sich die meisten Autoren nur mit einzelnen Schwerpunkten. Grundsätzliches: In einer grundsätzlichen Abhandlung zu den Problemen der Urheberrechtsreform bezeichnete de Boor die Bilanz der Verbesserungen und Ver174

Während der Leser beim Kauf eines Buches die im Kaufpreis einkalkulierte Autorentantieme bezahle, nutze er das Werk beim Bezug durch Mietbüchereien, ohne eine Vergütung an die Urheber abzuführen. Bei besonders gefragten Werken, die durch wiederholte Vermietung einer breiten Leserschicht zugänglich gemacht werde, komme der wirtschaftliche Erfolg dieser Werknutzung bei der gegenwärtigen Rechtslage weitgehend den Mietbüchereien, nicht aber den Urhebern zugute. Es sei nicht einzusehen, warum das Allgemeininteresse an einer Hebung der Volksbildung ausgerechnet auf Kosten der Urheber befriedigt werden solle (Stellungnahme BGH in Β 141/2569 B1.033). 175 Stellungnahme BGH in Β 141/2569 Bl. 045. 176 Die Benutzung eines Bild- und Tonträgers zur Funksendung sollte dabei von der Einwilligung des ausübenden Künstlers abhängig gemacht werden. Auch trat der Senat dafür ein, die Benutzung von Bild- oder Tonträgern zur öffentlichen Aufführung oder zur öffentlichen Wahrnehmbarmachung einer Funksendung an die Erlaubnis der ausübenden Künstler zu binden (Stellungnahme BGH in Β141/2569 B1.054). 177 Stellungnahme des BGH in Β 141/2569 B1.058.

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schlechterungen der Rechtslage des Urhebers als „zumindest recht zweifelhaft". 178 Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit fast sämtlichen neu getroffenen Regelungen folgte der abschließende Appell, „es dürfe dabei nicht vergessen werden, daß es sich in erster Linie um den Schutz des Urhebers handelt, nicht so sehr um den Schutz der Verbraucher von Geistesgut, und daß wohl kein Stand in der Bundesrepublik des Schutzes dringender bedarf als der geistige Arbeiter". Dieses Schlußwort zeigte, daß de Boor sich mit den meisten Bestimmungen nicht zufrieden geben konnte. Neben der in seiner dem BMJ zugeleiteten Kritik 1 7 9 an den Einschränkungen des Verwertungsrechtes nannte de Boor in diesem Aufsatz auch die Bestimmungen über den Schutz des ausübenden Künstlers als unzureichend und konstruktiv falsch. 180 Unter Berücksichtigung einiger bereits bekannter Publikationen erörterte auch Kleine fast alle grundlegenden Fragen der Reform, wobei er sich nachdrücklich gegen die Forderung nach einem ewigen Urheberrecht und auch gegen die Einführung einer Kulturabgabe aussprach.181 Statt dessen müßten die sonstigen Grenzen des Urheberrechts zugunsten der Interessen der Allgemeinheit neu gezogen werden. Insbesondere §§46 und 47 bedürften einer Überarbeitung. 182 Die Konsequenzen, welche sich aus dem Zusammenbau des LUG und KUG in einem neuen Urheberrechtsgesetz ergaben, behandelte Schramm in seiner rechtssystematischen Stellungnahme zu RefE. 183 Auch zu den inhaltlichen Fragen des Urheberrechtes äußerte er sich kurz, seiner Meinung nach waren Terminologie und Systematik der Ausdrucksweise des RefE nicht immer folgerichtig. 184 Nach Strauß war die sachgemäße Abgrenzung der Urheberrechte gegenüber den berechtigten Belangen der Allgemeinheit am ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern derzeit das 178 De Boor in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 260 (261): „Im Ganzen gesehen dürfte der Entwurf die Rechtslage des Urhebers, wie sie heute nach der Praxis wirklich besteht, keineswegs durchweg verbessern. Die Bilanz der Verbesserungen und Verschlechterungen ist zumindest recht zweifelhaft." 179 Vgl. Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 Bl. 006 ff. 180 De Boor in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 260 (273). Der ausübende Künstler schaffe kein Werk, sondern er gebe das Werk eines anderen möglichst werkgetreu wieder. Die sich daraus ergebenden schutzwürdigen Interessen seien von anderer Art als die des Urhebers und müßten daher besonders geregelt werden. 181 Kleine in JZ 1955, S.225 (226). So sinnvoll ein solcher Fonds auch wäre, aus urheberrechtlichen Gesichtspunkten ließe er sich dogmatisch beim besten Willen nicht begründen. 182 Beispielsweise sei nach Kleine die Aufführungsfreiheit geschützter Musikwerke und die Vortragsfreiheit geschützter Sprachwerke nur dann als berechtigt anzusehen, wenn auch sonst bei der Veranstaltung, auf der die Musik oder der Vortrag dargeboten werde, keine Einnahmen erzielt würden (Kleine in JZ 1955, S.225 (227)). 183 Schramm in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 82ff. 184 Schramm in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 82 (89). Schramm empfahl zwischen Verwertungsrecht und Urheberpersönlichkeistrecht klar zu unterscheiden und auf diesen Unterschied die Einteilung des Gesetzes aufzubauen. Zur Verdeutlichung Schloß er seinen Beitrag mit einem Vorschlag zum Gesetzesaufbau (vgl. S. 103).

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Kernproblem des modernen Urheberrechts. 185 In einer grundlegenden Abhandlung zum Stand der Urheberrechtsreform ging er unter anderem auf die i m RefE abgelehnten Forderungen der Urheber auf Schaffung neuer Rechte, wie die Beteiligung an den Einnahmen aus dem gewerblichen Vermieten der Werke, das sogenannte Folgerecht bei dem Weiterverkauf von Werken der bildenden Künste und schließlich auch die Kulturabgabe ein. Die juristischen und sonstigen Fragen zur Verwirklichung dieser Forderungen würden i m B M J erneut eingehend geprüft. 1 8 6 Enttäuscht über den veröffentlichten Entwurf stellte endlich Schulze fest, daß „ A p o l l o und die Musen offensichtlich bei der Beratung ausgeschlossen waren". 1 8 7 Die Vorschläge der Referenten würden sich ausschließlich gegen die Interessen der Urheber richten. 1 8 8 Einschränkungen

des Verwertungsrechtes:

Scharfe Kritik erfuhren dann i m ein-

zelnen die Bestimmungen über die Begrenzung des Urheberrechtes. Dieser Problemkreis blieb nach Ansicht der Veröffentlichungen besonders hinter den Forderungen der Gerechtigkeit zurück. 1 8 9 Nach den zahlreichen vorgesehenen Beschränkungen zu urteilen, scheine der Entwurf auf dem Standpunkt zu stehen, daß es sich beim Urheberrecht um ein von der Allgemeinheit gewährtes Recht handele, das zu ihren Gunsten ohne weiteres eingeschränkt werden könne. 1 9 0 Während ursprünglich die Ten185 Vgl. Beitrag von Staatssekretär Strauß aus dem BMJ in UFITA 1956 (Bd. 22), S. 129ff. Die Ausführungen waren Gegenstand eines Vortrages, gehalten vor dem Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film des Wirtschaftsbeirates der Union am 24.03.1956 in München. 186 Vgl. Strauß in UFITA 1956 (Bd. 22), S. 129 (137 ff.). Mit dem aktuellen Stand der Diskussion um den Referentenentwurf und der maßgeblichen Rechtsprechung befaßte sich auch Ulmer in einer Abhandlung vom deutschen Urheberrecht und seiner Entwicklung (Ulmer in DdA 1956, S. 180ff. und DdA 1957, S. 12. Der Beitrag wurde auch in UFITA 1957 (Bd. 23), S. 257 ff. veröffentlicht). Ulmer gab Auskunft darüber, daß der Entwurf des Urheberrechtsgesetzes in seinen Hauptlinien unangetastet bleiben werde. Auch an der Einbeziehung der angrenzenden Rechtsgebiete in das Gesetz werde sich nichts ändern. In wichtigen Einzelfragen sei dagegen mit einer Änderung des Entwurfes zu rechnen, durch die den berechtigten Wünschen der Urheber Rechnung getragen werde. 187 Schulze in Musik und Dichtung, Nr. 2 1954 (Oktober), S. 1 (1): „Was den kürzlich vorgelegten Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums betrifft, so waren Apollo und die Musen offensichtlich von der Beratung ausgeschlossen." 188 Schulze in Musik und Dichtung, Nr. 2 1954 (Oktober), S. 1 (2). Als Mitglied der im BMJ gebildeten Sachverständigenkommission distanzierte sich Schulze von dem Referentenentwurf. Der Entwurf weiche in seinen wesentlichen Punkten erheblich von den Entwürfen der Sachverständigenkommission ab. Das Ergebnis der jahrelangen Vorarbeit in Form des jetzt veröffentlichten Entwurfes sei wenig ermutigend. 189 Vgl. Hubmann in UFITA 1955 (Bd. 19), S.58ff. 190 Hubmann in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 58 (59). Zudem sei der Entwurf zu sehr an den Rechtsanschauungen der Vergangenheit orientiert. Zwar könne der Begründung insoweit zugestimmt werden, daß allen absoluten Rechten Schranken gesetzt seien, was auch für das Recht an der eigenen Individualität und an den damit geschaffenen Werken gelten müsse. Aber die Maßstäbe und die Grundsätze, aus denen die Begründung diese Grenzen entnehmen will, seien zu allgemein und führten daher bei den einzelnen konkreten Fragen zu Ergebnissen, die nicht

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denz der Reformbestrebungen dahin ginge, den Urheber und sein Recht zu schützen, durchziehe den RefE die entgegengesetzte Tendenz, die Bevölkerung gegen die Urheber zu schützen. 191 Von einem neuen Gesetz, welches nur unter dem Gesichtspunkt einer Verbesserung des Urheberschutzes und nicht einer Verschlechterung berechtigt erscheine, wurde daher vor allem die Streichung des § 47 gefordert. 192 Auch die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes zugunsten von kirchlichen Feierlichkeiten gab Anlaß zur K r i t i k . 1 9 3 Da von keinem anderen von der Kirche herangezogenen Künstler, wie Maler, Bildhauer oder Architekt erwartet würde, daß er seine Arbeit unentgeltlich zur Verfügung stelle, müßten auch die Komponisten für die Aufführung ihrer Werke angemessen bezahlt werden. 1 9 4 Dabei gehe es nicht darum, aus der musikalischen Kunst ein Geschäft zu machen, sondern es gehe allein darum, das elementare Recht des Schöpfers an seinem Werk herauszustellen und gesetzliche Ausnahmebestimmungen, die dieses Recht verletzen, zu vermeiden. Beinahe polemisierend und aggressiv forderten schließlich die Komponisten in einer Veröffentlichung ein neues Musikurheberrecht. 195 Man möge gar nicht erst versuchen, ein Gesetz vorzuschlagen, in dem ausgesprochen oder unausgesprochen der Gedanke beibehalten werde, daß das Werk des schöpferischen Künstlers in besonderem Maße dem Gemeinwohl verpflichtet sei. 1 9 6 Außerdem ergebe es sich von gerechtfertigt seien (vgl. S. 61). Im einzelnen sprach sich Hubmann dann sowohl gegen die latenten Beschränkungen (darunter verstand die Hubmann die Befugnis des gewerbsmäßigen Vermietens und vor allem das geforderte, aber in dem Entwurf nicht berücksichtigte Folgerecht) als auch gegen die offenen Beschränkungen (§§41 bis 50) aus. Eine dem Gerechtigkeitsprinzip besonders widersprechende Bestimmung enthalte der Entwurf in §46, wonach der öffentliche Vortrag oder die öffentliche Aufführung eines erschienenen Werkes in einer Reihe von Fällen unentgeltlich zugelassen sein sollte. Auch die in §47 getroffene Regelung bedeute eine Beeinträchtigung der urheberrechtlichen Interessen, welche nur zugunsten überwiegender gemeinschaftlicher Interessen, welche nicht anders verfolgt werden könnten, gestattet sein könne. Die Privatsphäre stelle aber ein solches Interesse gerade nicht dar. 191 So Goldbaum in UFITA 1955 (Bd. 19), S.42 (42). 192 Goldbaum in UFITA 1955 (Bd. 19), S.42 (46). So auch de Boor in GRUR 1954, S.440ff. Die Ausnahmen des Vervielfältigungsrechtes seien gegenüber dem geltenden Recht so stark erweitert, daß sowohl § 47 Abs. 1 als auch § 47 Abs. 2 in der jetzigen Fassung ganz unannehmbar seien. Außerdem stehe § 47 im ganzen gesehen im Widerspruch zu der internationalen Entwicklung (Art. 13 der RBÜ in der Brüsseler Fassung gab dem Musikurheber das ausschließliche Recht, die Fixierung durch Instrumente zu gestatten, die zur mechanischen Wiedergabe dienen, und ließ Ausnahmen nur zu, sofern dem Urheber eine angemessene Vergütung gewahrt blieb). 193 Erwähnt sei vor allem Overath in Musik und Dichtung Nr. 3 1955 (Januar), S. 2 ff. 194 Overath in Musik und Dichtung Nr. 3 1955 (Januar), S. 2 f. „Wenn auch mit Recht erwartet werden darf, daß ein Kirchenkomponist aus innerer religiöser Verpflichtung für die Liturgie der Kirche komponiert, so müßten doch andererseits die materiellen Voraussetzungen für ein künstlerisches Schaffen vorhanden sein...". 195 Richartz in Musik und Dichtung Nr. 1 1954, (August), S. 7 „Unser Kampf für ein neues Musikurheberrecht". 196 Als ob es nicht vielmehr die Nation sei, die dem Musikschöpfer besonders verpflichtet sei.

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selbst, daß eine zeitliche Beschränkung der Urheberrechte jedem vernünftigen Rechtsgedanken widerspreche. Dagegen würden auch keine Rechtskonstruktionen helfen, selbst wenn man sich damit noch so große Mühe mache. Die Werke der Musikschöpfer und auch der Dichter könnten nämlich gar nicht gemeinfrei werden, weil das geschaffene Werk auf immer dem Schöpfer gehöre. 197 Filmrecht: Äußerst umfangreich war die Zahl der veröffentlichten Beiträge zum Filmrecht. Der RefE wurde an dieser Stelle als eine Verknüpfung systemwidriger Überlegungen bezeichnet.198 Insgesamt wurde wiederholt vorgetragen, daß nur eine Lösung des umstrittenen Problems der Filmurheberschaft denkbar und möglich sei, die zu den Grundsätzen des Urheberrechts stehe.199 Deshalb sei es nicht nur rechtspolitisch verkehrt, sondern auch systemwidrig, den Filmhersteller einem Urheber gleichzustellen.200 Immerhin enthielt die im Entwurf getroffene Entscheidung, das Urheberrecht am Film dem Unternehmer im Wege einer Fiktion zuzusprechen, nach Ansicht Ulmers unzweifelhaft praktische Vorzüge. 201 Sie banne die Gefahr, daß die Lichtspieltheater einer Reihe von Urhebern gegenüber tantiemepflichtig werden. Von der Sonderstellung der Komponisten abgesehen, würde die wirtschaftliche Verwertung ganz in die Hand des Unternehmers gelegt. Daher hätten die Urheber nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Unternehmer und keine Sicherung, wenn er zahlungsunfähig werde oder in Konkurs falle. 202 Folglich müsse überlegt werden, ob nicht eine „vorsichtigere" Lösung in Betracht komme. Ulmer machte dazu, wie auch schon in seiner an das BMJ gerichteten Stellungnahme, den Vorschlag, das Verhältnis von Urhebern und Unternehmern dahingehend zu bestimmen, 197

Richartz in Musik und Dichtung Nr. 1 1954 (August), S.7 (8). Weitere Ausführungen zu Einzelfragen auf dem Gebiet der Einschränkungen des Urheberrechtes bei Neumann-Duesberg in JR 1956, S. 127 ff. zum Urheberrechtsschutz der auf Betriebsfeiern aufgeführten Musik; Haeger in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 207 ff. über Rechtsfragen zum Entlehnungsrecht für den Schul- und Unterrichtsgebrauch; Arras in GRUR 1955, S. 231 ff. zur Rechtsstellung der Tagespresse nach dem Referentenentwurf. 198 So Roeber in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 283 (288). Als Folge der Außerachtlassung der rechtssystematischen Grundfrage und der Verkennung sich daraus ergebender Überlegungen weise die Filmrechtsregelung des RefE eine Reihe von Systemsprüngen auf, welche Roeber in seinem umfangreichen Beitrag aufzuzeigen versuche. In einem weiteren Beitrag befaßte sich Roeber ausschließlich mit der Urheberschaft am Film (vgl. Roeber in UFITA 1956 (Bd. 22), S. 1 ff. Die Filmurheberschaft sei inzwischen zu einem unmittelbaren Problem der Rechtsreform geworden). 199 Vgl. beispielsweise den Beitrag von Werhahn in UFITA 1955 (Bd. 20), S.42ff. zu den Streitfragen der Urheberschaft. 200 Werhahn in UFITA 1955 (Bd. 20), S. 42 (50). Es bestehe - entgegen der Auffassung des gerade auf dem Gebiet des Filmrechts sehr gewerbefreundlichen Referentenentwurfes sowie der betroffenen Interessenverbände - kein praktisches Bedürfnis oder ein sonst irgendwie zu rechtfertigender Anlaß, auf dem Gebiet des Filmrechts das Prinzip zu verlassen, daß das Urheberrecht nur in der Person des geistigen Schöpfers entstehen kann. 201 Vgl. dazu Ulmer in GRUR 1954, S. 493 ff. und auch in GRUR 1955, S. 518 ff. mit einem Gesetzesvorschlag zum dritten Teil des Referentenentwurfes als Anlage. 202 Vgl. Ulmer in GRUR 1954, S.493 (494).

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daß den Autoren das Urheberrecht an den schöpferischen Grundlagen und dem Unternehmer demgegenüber ein Leistungsschutzrecht an dem Filmband zugesprochen werden sollte. 203 Demgegenüber wurde die Regelung zur Rechtsstellung des Filmherstellers in dem RefE nach anderer Ansicht durchaus begrüßt. 204 Die Fiktion des Unternehmerurheberrechtes am Film gewähre die notwendige Stellung im urheberrechtlichen System.205 Die im RefE getroffene Regelung des Filmurheberrechtes könne im grundsätzlichen von Seiten der Film Wirtschaft nur Zustimmung finden. 206 Allerdings gebe die Formulierung des § 93 Anlaß zur Kritik. 2 0 7 Die Bestimmung solle also besser dahingehend neu gefaßt werden, daß als Urheber eines Filmwerkes der Filmhersteller gelte. Erwähnt sei innerhalb dieser Diskussion auch noch die Überlegung, daß der Filmregisseur der Meister des Werkes sei, welches seinen Namen als die künstlerische Marke für Stil und Qualität des Filmwerkes trage. 208 Diese Rechtsstellung des Filmregisseurs habe bisher in der deutschen Gesetzgebung keinen Niederschlag gefunden und müsse daher in einem neuen Gesetz ausreichend berücksichtigt werden. Schließlich wurde der Versuch gemacht, in der Streitfrage nach dem filmischen Urheberrecht eine Annäherung der Interessengegensätze herbeizuführen. 209 Möglicherweise sei eine „vergleichsweise" Lösung auf der Basis denkbar, daß dem Drehbuchautor, Filmregisseur und unter bestimmten Voraussetzungen dem Filmkompo203 Ulmer in GRUR 1954, S.493 (496). Dieses Filmschutzrecht sollte nach Ansicht Ulmers originär in der Person des Unternehmers entstehen. 204 Vor allem Pfennig in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 178 (179): „Demgemäß ist es dankenswert, daß § 93 Abs. des Bonner Entwurfes eines neuen Urheberrechtsgesetzes zur Klarstellung der Rechte am Filmwerk den Filmhersteller im Wege der gesetzlichen Fiktion als Urheber des Filmes gelten läßt und dieses fiktive Urheberrecht von den Urheberrechten an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken abgrenzt." 205 Pfennig in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 178 (181). Ähnlich positiv äußerte sich Burkhardt in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 162ff. zum Filmurheberrecht im Referentenentwurf. 206 Burkhardt in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 162 (vgl. auch S. 164): „Man mag über Fiktionen denken wie man will, sie sind immer Ausdruck von Notlösungen. Im Bereiche des Filmurheberrechts erscheint sie mir als die einzige, für die Praxis brauchbare Lösung." 207 Burkhardt in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 162 (164). Wenn vom Inhaber des Unternehmens als dem Urheber des Filmwerkes gesprochen wird, so sehe das so aus, als solle damit eine Konzession an dem allgemeinen Urheberrechtsgrundsatz gemacht werden, daß nur natürliche Personen Urheberrechtsträger sein können. 208 So Werhahn in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 191 (192f.). Insbesondere in der Abgrenzung zum Drehbuch sei dieses nur die Vorschau, aus dem erst der Regisseur die eigentliche Schau liefere. Das Drehbuch mache die Regiearbeit weder überflüssig noch würdige es sie zu einer rein nachschaffenden Tätigkeit herab. 209 Vgl. Leinveber in GRUR 1955, S. 194ff. Im Interesse der Gesundung und Beruhigung der deutschen Filmwirtschaft wäre es zu begrüßen, wenn zwischen beiden widerstreitenden Auffassungen zwischen Filmindustrie und Autorenschaft eine Kompromißlösung gefunden werden könnte. Die Bestimmung des § 93 in seiner jetzigen Fassung müßte dazu fallen, vgl. S.195.

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nisten ein gemeinschaftliches Urheberrecht zustehe, während die wirtschaftliche Verwertung in Form der Übertragung von Werknutzungsrechten den Filmgesellschaften mehr als bisher gesichert werden müßte.210 Verwandte Schutzrechte: Zu dem zweiten Teil des Entwurfes über die verwandten Schutzrechte erschienen ebenfalls eine Reihe von Veröffentlichungen. In diesem Teil finde sich bereits Bekanntes, keine Überraschungen, nichts Neues oder Unzumutbares, es stehe nur alles an der falschen Stelle.211 Teilweise wurde schon der Begriff „verwandt" abgelehnt.212 Soweit Kritik an der inhaltlichen Ausgestaltung geübt wurde, betraf sie meist den Schutz des ausübenden Künstlers. Hier wurde sowohl die Ansicht vertreten, daß eine gesetzliche Normierung des Schutzes des ausübenden Künstlers überhaupt nicht notwendig sei 213 als auch demgegenüber der Vorschlag gemacht, dem ausübenden Künstler nicht nur ein Leistungsschutzrecht sondern ein Urheberrecht zuzusprechen.214 Schließlich wurde gefordert, die Fotografie aus dem Bereich des Leistungsschutzes herauszunehmen und urheberrechtlich zu schützen.215 Vor allem das Kunstfoto, das wissenschaftliche Foto und die Bild- und Presseberichte der journalistischen Fotografie, also die ernsthafte Fotografie, könnten durchaus eine persönliche individuelle Leistung darstellen und wären daher unter die urheberrechtlich geschützten Werke in § 1 zu fassen. 216 210

Leimeher in GRUR 1955, S. 194 (195). Haensel in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 15 (15). Dieser Einwand solle allerdings nicht leicht genommen werden, denn in der Welt des Geistes könne ein Samenkorn ebensowenig unter Domen und Disteln aufgehen wie in der körperlichen Welt. 212 Vgl. Hirsch-Ballin in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 310 (315). Insbesondere die in dem zweiten Teil untergebrachten Schutzrechte zugunsten der Hersteller von Tonträgem und der Sendegesellschaften könnten nicht als mit dem Urheberrecht verwandt bezeichnet werden. Auch die Unterbringung des Rechts am eigenen Bilde unter dem Titel „verwandte Schutzrechte" sei nicht zu verantworten (vgl. Hirsch-Ballin in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 290 (291) zu dem Schutz von Bildnissen). 213 So Haensel in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 15 (22). 214 So die Ansicht von Hirsch-Ballin in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 310 (318 ff.). Hirsch-Ballin setze sich dafür ein, daß die ausübenden Künstler und die Lichtbildner als Urheber von Werken der Kunst geschützt werden (S. 328). 215 Riedel in GRUR 1954, S. 500 (505). Es erscheine geboten, den Entwurf dahin abzuändern, daß die Werke der Fotografie in § 1 des neuen Urheberrechtsgesetzes unter die urheberrechtlich geschützten Werke eingereiht würden. Ähnlich auch B appert/ Wagner in GRUR 1954, S. 104 ff. Diese Autoren kamen zu dem Ergebnis, daß die Lichtbildwerke in den Katalog der urheberrechtlich geschützten Werke aufgenommen werden sollten. Daneben müsse für die anderen Lichtbilder, die keine eigenpersönliche Schöpfung seien, ein Leistungsschutzrecht geschaffen werden, vor allem für die gewerblichen Lichtbilder. 216 Auch sei zu beachten, daß Art. 2 der RBÜ den Werken der Fotografie den vollen Urheberrechtsschutz zubillige, vgl. Riedel in GRUR 1954, S.500 (501). Die Begründung zum Referentenentwurf sah dagegen keine Verletzung der RBÜ, da der Entwurf den fotografischen Werken zwar künftig aus Gründen der Rechtssystematik keinen Urheberrechtsschutz zukommen lasse, aber einen dem Urheberrechtsschutz gleichkommenden Leistungsschutz zubillige (vgl. Begründung S. 349). 211

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Sonstige Schwerpunkte der Diskussion: 217 Beanstandet wurde zudem noch das Fehlen eines allgemeinen Persönlichkeitsrechtes im RefE. 218 Auch die Regelung der besonderen Persönlichkeitsrechte sei lückenhaft. 219 Ebenso wurde kritisiert, daß der RefE keine besonderen Bestimmungen zum Schutze des Urheberpersönlichkeitsrechtes enthielt. 220 Hervorgehoben werden sollte schließlich noch der Beitrag von Hubmann zur Kulturabgabe. 221 In Anlehnung an einen Beschluß der Brüsseler Konferenz zur RBÜ, in dem der ausdrückliche Wunsch geäußert wurde, daß in allen Ländern die Möglichkeit der Verwirklichung des „domaine public payant" erwogen werde, ging Hubmann ausführlich auf die verschiedenen Möglichkeiten der Einführung einer Kulturabgabe ein. Da die Schriftsteller und die bildenden Künstler auf einer der untersten Stufen der Statistik über das Einkommen verschiedener Berufe standen222, schien ihm die Einführung einer solchen Kulturabgabe dringend erforderlich. Zur Verwirklichung schlug Hubmann vor, die Urhebernachfolgegebühr, wie die Abgabe nach seiner Vorstellung bezeichnet werden sollte, in Form eines Vergütungsanspruches innerhalb der Urheberrechtsgesetzgebung einzuführen. 223 Träger dieser Urhebernachfolge sollte allerdings nicht der Staat sein. Vielmehr müsse die Aufgabe der Kulturförderung einem oder besser noch mehreren unabhängigen Instituten übertragen werden. 224 Dabei hielt es Hubmann für sinnvoll, nicht bloß einen 217 Als weitere Beiträge zu den unterschiedlichen Schwerpunkten in der Diskussion seien an dieser Stelle u. a. genannt Riedel in JR 1957, S. 366 ff. „Zum Werkbegriff im Urheberrecht"; Haensel in GRUR 1955, S. 186ff. über „Das Orchester im Urheberrecht" sowie Bussmann in UFITA 1955 (Bd. 19), S. Iff. zu „Hörfunk und Fernsehen im Urheberrechtsgesetzentwurf"; Roeber in UFITA 1956 (Bd. 21), S. 150ff. über „Urheberrecht oder Geistiges Eigentum"; Kleine in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 142ff. über das Verhältnis des Referentenentwurfes zum Verlagsrecht und auch die Beiträge von Schawel, Leinveber und Suder zu dem Thema „Leihbüchereien und Urheberrecht" in Musik und Dichtung Nr. 6 1955 (Juli), S. 20 ff. Mit dem, was nicht im RefE zur Urheberrechtsreform steht, befaßte sich Runge in UFITA 1955 (Bd. 19), S. 47 ff. Der Beitrag enthielt eine eingehende Untersuchung, ob die absichtlich im Entwurf gestrichenen oder weggelassenen Rechte zu Recht eliminiert worden seien oder ob nicht doch gewichtige Gründe dafür sprächen, zu einer anderen Entscheidung zu kommen. Insbesondere das Folgerecht und die Kulturabgabe müßten nach der Ansicht Runges in das neue Urheberrechtsgesetz eingebracht werden. 218 Neumann-Duesberg in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 277 ff. 219 Neumann-Duesberg in UFITA 1954 (Bd. 18), S. 277 (278). Die Normierung der besonderen Persönlichkeitsrechte beschränke sich nach wie vor auf den Brief- und Bildschutz, was aber nach den Ausführungen von Neumann-Duesberg nicht ausreiche. 220 Leinveber in GRUR 1956, S. 203 (206). Es müsse gefordert werden, daß Vorschriften im Sinne des § 12 Abs. 3 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932 und § 10 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht unter Berücksichtigung des Art. 6 bis der RBÜ in ein neues Urheberrechtsgesetz aufgenommen wird. 221 Hubmann in GRUR 1958, S. 527 ff. 222 Nach einer Statistik, welche in der Zeitung „Die Zeit" vom 08.03.1956 veröffentlicht wurde, hatte ein Drittel der in Deutschland lebenden Schriftsteller, die ihre Tätigkeit als Hauptberuf ausübten, ein monatliches Einkommen von weniger als 100,-DM. 223 Hubmann in GRUR 1958, S.527 (532). 224 Hubmann in GRUR 1958, S. 527 (534). Anderenfalls bestünde immer die Gefahr, daß der Staat eine nach politischen Gesichtspunkten orientierte Kulturlenkung betreiben könnte.

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Kulturfonds zu gründen, sondern mehreren getrennten Fonds die Urhebernachfolgegebühr für die verschiedenen Zweige geistigen Schaffens zu übertragen. 225 Die Entscheidung über die Verteilung der zur Verfügung stehenden Mittel sollte innerhalb der einzelnen Fonds, ähnlich wie es bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft der Fall sei, durch Fachausschüsse erfolgen, die sich wiederum aus ehrenamtlichen Mitgliedern zusammensetzen.226 I I I . Sitzungen und Besprechungen zu dem Referentenentwurf Die Lösungsvorschläge des Referentenentwurfes wurden nicht nur in den verschiedenen Stellungnahmen und Veröffentlichungen erörtert, sondern auch in Sitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht sowie auch in diversen Aussprachen innerhalb des BMJ weiter diskutiert. Außerdem beriet der Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film im Wirtschaftsbeirat der CSU-Union über den Referentenentwurf. Schließlich nahm auch die zu Beginn der Reformarbeiten im BMJ gebildete Sachverständigenkommission ihre Sitzungen wieder auf. 1. Die Sitzungen des Fachausschusses für Urheberund Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht Bald nach der Veröffentlichung war der RefE Gegenstand der Beratungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Da es als Sinn und Zweck einer Organisation, wie der Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, angesehen wurde, über die Interessenfronten hinweg eine gewisse gemeinsame Linie herauszuarbeiten, 227 sollte unter dem Vorsitz von Prof. Ulmer über die Kernpunkte der Urheberrechtsreform beraten werden. 228 An der ersten Sitzung des Fachausschusses vom 28.09.1954 bis zum 30.09.1954 nahmen neben zahlreichen Sachverständigen229 auch Ministerialdirektor Dr. Joel, 225

Hubmann in GRUR 1958, S.527 (534). In Betracht käme beispielsweise ein Literaturfond, ein Kunstfond und ein Musikfond. 226 Hubmann in GRUR 1958, S. 527 (536). Abschließend betonte Hubmann, daß selbst wenn auf diese Weise einmal ein Unwürdiger gefördert und ein Würdiger dagegen nicht unterstützt werde, aus dieser Tatsache keine Bedenken gegen die Urhebemachfolge hergeleitet werden sollten. Wegen einer möglichen Fehlentscheidung solle nicht ein als erstrebenswert anerkanntes Ziel aufgegeben werden. 227 So die einleitenden Worte des Vorsitzenden Ulmer in der Sitzung vom 28.09.1954 bis 30.09.1954 in Β 141/2566 B1.049. 228 Tagungsort war jeweils das Buchhändlerhaus in Frankfurt am Main. 229 Aus der dem Beschlußprotokoll beigefügten Anwesenheitsliste läßt sich entnehmen, daß an der Sitzung unter anderem Prof. de Boor, Dr. von Erffa, Dr. Kleine und Senatspräsident Küh-

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Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider und Landgerichtsrätin Janssen vom BMJ als geladene Gäste teil. Vom BlnM waren Ministerialrat Dr. Gussone und Dr. von Cempis vertreten. Einleitend legte Ulmer als Hauptaufgabe der Sitzung die Beratung der Entwürfe zur Urheberrechtsreform fest. Dabei bestehe die Notwendigkeit, die gegensätzlichen Interessen abzugleichen. 230 Im Verlaufe der Diskussion sprach sich dann die Mehrheit der Anwesenden gegen die Entrichtung einer Leihgebühr und auch gegen die Einführung des sog. Folgerechts (droit de suite) aus.231 Bei den Einschränkungen des Verwertungsrechtes im fünften Abschnitt wurde die Streichung des § 46 Abs. 1 Ziff. 1 empfohlen, welcher die Vortrags· und Aufführungsfreiheit zugunsten von Volksfesten regelte. 232 Außerdem war der Ausschuß einstimmig dafür, daß die Ausnahme der Ziff. 2 hinsichtlich staatlicher Feierlichkeiten ebenfalls gestrichen werden sollte. Zu dem sechsten Abschnitt über gesetzliche Nutzungsrechte wurde vorgeschlagen, das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Tonträger in § 58 durch die Bestimmung einzuschränken, daß dieses ausgeschlossen sei, soweit die Wahrnehmung der Rechte einer inländischen Verwertungsgesellschaft zustehe.233 Zu der Sitzung vom 05. und 06.11.1954 waren wiederum zahlreiche der bereits genannten Sachverständigen und die Vertreter des BMJ, Regierungsrat Dr. Geissler aus dem BlnM sowie auch Bundesrichter Wilde zusammengekommen. Nach der Aufstellung eines Arbeitsplanes für die Tagung sprach man über den zweiten Teil des RefE, welcher die verwandten Schutzrechte beinhaltete.234 Bei den Regelungen über den Schutz der Sendegesellschaft (§ 84) wurde auf das gesetzliche Nutzungsrecht zur Funksendung in § 59 zurückgegriffen, deren Beratung in der vorangegangenen Sitzung aufgeschoben worden war. Dabei setzte sich Prof. Ulmer für eine Streichung dieser Bestimmung ein. 235 Weiteres Thema dieser Sitzung waren die benemann von der im BMJ gebildeten Sachverständigenkommission sowie Prof. Bussmann, Dr. Baum, Dr. Sellier, Dr. Krüger-Nieland und Dr. Plügge teilnahmen. 230 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses am 28.-30.09.1954 in Β 141/2566 B1.049. Bei jeder gesetzgeberischen Arbeit bestehe die Notwendigkeit, die gegensätzlichen Interessen auszugleichen. Die Verhältnisse lägen aber im Urheberrecht noch schwieriger und komplizierter als auf anderen Rechtsgebieten. Hier gebe es keine klaren Fronten, sondern eine Vielzahl von Parteien. Vorrangige Aufgabe würde es also sein, die Interessen abzugrenzen. 231 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 28.-30.09.1954 in Β141/2567 Bl. 064. 232 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 28.-30.09.1954 in Β141/2567 B1.068. 233 Beschlußprotokoll in Β141/2567 B1.069. Mit dieser Einschränkung wurde §58 einstimmig angenommen. Eine Beratung des § 59 konnte in der Sitzung aus Zeitgründen nicht mehr vorgenommen werden, eine Beschlußfassung wurde daher vorbehalten. 234 Die übereinstimmende Auffassung zu den Bestimmungen über den Schutz von Briefen und Bildnissen in §§ 85 ff. und §§ 89 ff. war, daß diese zwar rechtssystematisch besser im BGB untergebracht wären, jedoch vorläufig in das Urheberrechtsgesetz aufzunehmen seien, da mit einer Novelle zum BGB so schnell nicht zu rechnen sei. Vgl. Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 05. und 06.11.1954 in Β141/2569 Bl. 192. 235 Beschlußprotokoll in Β141/2569 Bl. 195. Ulmers Antrag lautete auf Streichung des §59, verbunden mit einer Empfehlung, daß Rundfunk und Bühnenverleger die Möglichkeit in Aus-

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sonderen Bestimmungen für Filmwerke (§§ 91 ff.). Die überwiegende Mehrheit sprach sich erwartungsgemäß gegen den Lösungsvorschlag des Entwurfes aus, wonach dem Filmhersteller ein fiktives Urheberrecht gewährt werden sollte. Statt dessen favorisierte man auch hier die Ulmersche Lösung, dem Unternehmer ein angrenzendes Recht als eine Art „Filmschutzrecht" zuzusprechen. 236 A u f einer letzten Sitzung vom 28. und 29.01.1955 in Frankfurt wurden von den anwesenden Sachverständigen und den Gästen aus dem B M J und B l n M die verbleibenden Problembereiche erörtert. Es ging um die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes (§ 46) und um die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 4 7 ) . 2 3 7 Nach ausführlicher Diskussion zu der Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen wurde man sich einig, daß das Fotokopieren von kleinen Teilen eines Werkes oder Aufsätzen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren (§ 47 Abs. 2 Ziff. 3), i m gewerblichen Bereich vergütungspflichtig sein sollte. 2 3 8 Eine Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§ 47 Abs. 1) sollte nur mit der Hand oder mit der Schreibmaschine freigegeben werden. 2 3 9 Schließlich kam auch die Dauer des Urheberrechtes und vor allem die in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage nach einer Kulturabgabe zur Sprache. 240 Nach überwiegender Meinung der Teilnehmer war allerdings die Erhebung einer solchen Abgabe keine urheberrechtliche sondern eine verwaltungsrechtliche Frage. Der Ausschuß empfahl daher, zunächst die Kultusminister für die Verwirklichung

sieht nehmen, Schiedsgerichtsvereinbarungen unter sich zu treffen. Eine Abstimmung über den Antrag ergab zwölf zu fünf Stimmen für den Antrag und somit für die Streichung. 236 Beschlußprotokoll in Β141/2569 Bl. 195. Die überwiegende Mehrheit (gegen eine Stimme!) war dafür, dem Filmhersteller ein angrenzendes Recht zu geben. Von einem solchen Leistungsschutzrecht ausgehend war dann auch die Übertragbarkeit ohne Unterscheidung zwischen Persönlichkeitsrecht und Verwertungsrecht anzuerkennen (vgl. Beschlußprotokoll in Β 141/2569 B1.196). 237 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 28. und 29.01.1955 in Β 141/2573 B1.249 (Rückseite). Im Ergebnis war nach Auffassung des Ausschusses die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes zugunsten von Wohltätigkeitsveranstaltungen in § 46 Abs. 1 Ziff. 4 zu streichen, während für eine abschließende Beschlußfassung der übrigen Ziffern (zugunsten von kirchlichen und staatlichen Feierlichkeiten sowie der Jugendpflege) die Stellungnahmen der betroffenen Interessenverbände abgewartet werden sollten. 238 Beschlußprotokoll in Β 141/2573 B1.250. Allerdings sollte diese Bestimmung der Vervielfältigungsfreiheit solcher Werkteile oder Aufsätze aufrechterhalten bleiben für öffentliche Bibliotheken und öffentliche wissenschaftliche Institute. 239 Beschlußprotokoll in Β141/2573 B1.250 (Rückseite). Das bedeutete gleichzeitig, daß die viel diskutierte Magnettonaufnahme zum persönlichen Gebrauch nicht zulässig sein sollte, sondern sich der Ausschuß für ein Verbot jeder Aufnahme, auch zum engsten privaten Gebrauch aussprach. 240 Beschlußprotokoll in Β 141/2573 B1.250 (Rückseite). Die Aufhebung der Bestimmung des § 61, wonach das Urheberrecht fünfzig Jahre nach dem Tod des Urhebers erlosch, wurde nicht beantragt. Ebensowenig trat niemand dafür ein, die Schutzfrist mit Rücksicht auf die nationalsozialistische Zeit und die Kriegsverhältnisse generell um zehn Jahre zu verlängern. Damit würde für eine bestimmte Gruppe eine bevorzugte Wiedergutmachung eingeführt, was aus allgemeinen Erwägungen nicht gerechtfertigt sei. 10 Maracke

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

des Gedankens auf einem Weg zu interessieren, der nicht mit dem Urheberrecht verknüpft sei. 241 2. Die Besprechungen mit den Interessenverbänden

im BMJ

Zur zusätzlichen Vertiefung der verschiedenen Stellungnahmen und Lösungsvorschläge lud das BMJ die Vertreter der einzelnen Interessenverbände zu Aussprachen ein. Damit wurde ihnen Gelegenheit gegeben, über die besonderen Schwerpunkte in der Diskussion242 um ein neues Urheberrechtsgesetz und die daraus resultierenden Interessengegensätze zu verhandeln. Die unterschiedlichen Sitzungen fanden jeweils unter dem Vorsitz von Ministerialdirektor Dr. Joel im BMJ statt. Zuerst wurde am 13.01.1955 um 10.00 Uhr die Frage der Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch (§47 Abs. 2 RefE) beraten. An dieser Sitzung nahmen neben den Vertretern der betroffenen Interessenverbände 243 Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider und Amtsgerichtsrätin Janssen vom BMJ, Regierungsrat Dr. Geissler und Ministerialrat Dr. Gussone vom BlnM und Regierungsrat Dr. Kolb vom BWiM teil. Im Ergebnis war man sich darüber einig, daß Bibliotheken und Institute Kopien für den eigenen Gebrauch herstellen dürfen, 244 während die Industrieunternehmen hingegen grundsätzlich eine Vergütung zahlen müssen.245 Nach Abschluß der Diskussion äußerten sowohl die Verleger als auch die Vertreter der Industrie den Wunsch, über die gesamten angeschnittenen Fragen zunächst noch einmal unter sich zu verhandeln. 246 Am 14.01.1955 um 9.30 Uhr wurde über die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken gesprochen. Die Anwesenden247 konnten sich lediglich dahingehend verständigen, daß die öffentlichen Bibliotheken und Antiquariate nicht be241

Beschlußprotokoll in Β 141/2573 B1.250 (Rückseite). Vgl. auch den zweiten Teil dieser Arbeit. 243 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung am 13.01.1955 um 10.00 Uhr im BMJ in Β141/2589 Bl. 089 f. Vertreten waren u. a. der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände, der Deutsche Schriftstellerverband und auch der Hochschulverband. 244 Nicht ganz geklärt war dabei, wie weit dieser „eigene Gebrauch" reichen sollte, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 13.01.1955 um 10.00 Uhr im BMJ in Β 141/2589 B1.096. 245 Unklar war noch, welches Verfahren für die Verleger und die Industrie ohne zu große technische Belastung durchgeführt werden könne und wie die Verteilung nachher vorgenommen werden sollte, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 13.01.1955 um 10.00 Uhr im BMJ in Β 141/2589 B1.096. 246 Niederschrift der Sitzung am 13.01.1955 um 10.00 Uhr im BMJ in Β 141/2589 Bl. 101. 247 Vertreten waren hier wieder neben den bereits genannten Teilnehmern aus BMJ und BlnM zahlreiche betroffene Interessenverbände, ζ. B. der Deutsche Musikverlegerverband, Vereinigte Leihbuchhändlerverbände, ARD, Schutzverband Deutscher Schriftsteller, Deutscher Bühnenverein und Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände, vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 14.01.1955 um 9.30 Uhr in Β 141/2589 Bl. 103 f. 242

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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troffen sein sollten. Im übrigen erschien es auch hier zweckmäßig, daß zunächst Verhandlungen zwischen den betroffenen Kreisen unter sich, also den Schriftstellern, Verlegern und Mietbuchhändlern stattfinden sollten, um die weiteren Fragen zu klären. 248 Am Nachmittag desselben Tages fand dann eine Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe ( domaine public payant) statt. Neben den Herren aus BMJ und BlnM waren hier auch Dr. Schröder aus dem Bundesministerium für besondere Aufgaben sowie die Vertreter fast sämtlicher Interessenkreise erschienen. 249 Es wurde zunächst festgestellt, daß die mögliche Einführung einer Kulturabgabe eng mit der Frage des ewigen Urheberrechts zusammenhänge.250 Im Verlauf der Beratung wurde dann die Forderung nach einem ewigen Urheberrecht zurückgestellt, und die Wünsche richteten sich ausschließlich auf die Kulturabgabe. 251 Zu der Frage, wie man sich die Regelung einer Kulturabgabe vorstelle, erklärten die Vertreter der Urheber, „man denke an eine rein urheberrechtliche Abgabe in Höhe von 1 %-3 % der Verbraucherpreise." Keinesfalls wolle man die Abgabe als eine Steuer ausgestalten.252 Um die Frage der Kulturabgabe auch rechtsdogmatisch klären zu können, sollte den Urhebern allerdings noch ein längerer Zeitraum zur internen Besprechung gewährt werden.

Wesentlich kleiner war der Kreis der Teilnehmer an der Sitzung über die Frage des Urheberanteils beim Weiterverkauf von Werken der bildenden Künste (droit de suite) vom 17.01.1955 um 9.30 Uhr. 253 Im Ergebnis sprach man sich für die Einführung eines solchen Urheberanteils aus und es sei zudem wünschenswert, auch die privaten Verkäufe neben den öffentlichen Versteigerungen mit zu erfassen. 254 Es zeigte sich aber, daß ein Register als die allein wirksame Kontrolle von allen Teil248

Niederschrift der Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr in Β 141/2589 Bl. 111. Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 14.01.1955 um 15.00 Uhr in Β 141/2589 Bl. 112 f. Fast alle vom Urheberrecht in irgendeiner Weise betroffenen Interessenkreise nahmen an dieser Sitzung teil, u. a. Vereinigung der Musikveranstalter, ARD, SPIO, Deutscher Bühnenverein, Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten, Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände, Verein Deutscher Bühnenverleger und Deutscher Schriftstellerverband. 250 Niederschrift der Sitzung vom 14.01.1955 um 15.00 Uhr in Β141/2589 Bl. 114. Dr.Haertel führte dazu aus, „man müsse sich darüber klar sein, daß bei Einführung des ewigen Urheberrechtes für ein domaine public payant kein Raum mehr sei; denn beim ewigen Urheberrecht verblieben sämtliche Urheberrechte bei den Erben der Urheber, so daß es nicht möglich sei, der Allgemeinheit die Benutzung dieser Werke gegen Zahlung einer Gebühr an eine dritte Stelle zu gestatten." 251 Niederschrift der Sitzung vom 14.01.1955 um 15.00 Uhr in Β 141/2589 Bl. 117. 252 Niederschrift der Sitzung vom 14.01.1955 um 15.00 Uhr in Β 141/2589 Bl. 114. 253 Hier waren den Vertretern aus BMJ und BlnM der Bundesverband des deutschen Kunstund Antiquitätenhandels, der Bund für freie und angewandte Kunst und der Fachverband Deutscher Auktionatoren für das Bundesgebiet und Berlin vertreten, vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 17.01.1955 um 9.30 Uhr in Β 141/2589 Bl. 122. 254 Niederschrift der Sitzung am 17.01.1955 um 9.30 Uhr in Β141/2589 Bl. 129. Ließe man die privaten Verkäufe unberücksichtigt, so sei zu befürchten, daß der Kunsthandel sich von den öffentlichen Versteigerungen zurückziehe. 249

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

nehmern abgelehnt wurde. Zur Beratung weiterer Vorschläge wurde eine neue Sitzung in Betracht gezogen. Wenig Aufschluß brachten auch die Beratungen betreffend die Rechte der ausübenden Künstler. Am 17.01.1955 um 15.00 Uhr fand zunächst eine Sitzung über die Frage, welche Rechte den ausübenden Künstlern und der Schallplattenindustrie bei der öffentlichen Aufführung und der Sendung von Tonträgern im neuen Urheberrechtsgesetz zustehen und wie diese Rechte aufeinander abgestimmt werden sollten, statt. Der abschließenden Zusammenfassung des Vorsitzenden Dr. Joel läßt sich entnehmen, daß eine Annäherung oder gar eine Einigung zwischen den Beteiligten255 nicht erzielt werden konnte. 256 Ähnlich unbefriedigend war die Aussprache vom 15.03.1955 über die Frage, welche Rechte den ausübenden Künstlern gegenüber dem Rundfunk bei der Aufnahme und Sendung ihrer Vorträge und Aufführungen zustehen sollten. Dr. Haertel erklärte den Teilnehmern 257, daß man von der Notwendigkeit eines gesetzlichen Schutzes für die ausübenden Künstler ausgehen müsse. Das neue Urheberrechtsgesetz solle das regeln, was der Künstler selbst nicht aushandeln könne. 258 Offen blieb dann die umstrittene Frage, ob der im Entwurf vorgesehene Schutz ausreiche oder ob eine Ergänzung der vorgeschlagenen Bestimmungen notwendig sei. Über die Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechtes für Sendegesellschaften wurde in einer weiteren Sitzung am 15.03.1955 um 15.00 Uhr gesprochen. Das BMJ war sich bewußt, daß eine gesetzliche Lizenz einen schweren Eingriff in das Urheberrecht bedeuten würde. 259 Ein solches gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung sollte dem Rundfunk nicht etwa deshalb gegeben werden, damit dieser sich die Senderechte möglichst billig verschaffen könnte. Es sollte lediglich verhindert werden, daß den Sendegesellschaften beim Erwerb der Rechte besondere Schwierigkeiten gemacht würden. 260 Im Verlauf der Beratung zeichnete sich ab, daß nach Ansicht 255

Die Anwesenheitsliste der Niederschrift dieser Sitzung vom 17.01.1955 um 15.00 Uhr in Β141/2589 zeigt, daß hier neben den Vertretern aus BMJ und BlnM auch Ministerialrat Dr. Ansorge, Regierungsassessor Dr. Miller und Regierungsrat Sahmer vom BArbM, Oberregierungsrat Dr. Hofmeier und Oberregierungsrat Dr. Rauschenbach vom BWiM sowie die Sprecher der Schallplattenindustrie, des Rundfunks und schließlich der ausübenden Künstler (z.B. die Deutsche Orchester-Vereinigung) anwesend waren. 256 Niederschrift der Sitzung vom 17.01.1955 um 15.00 Uhr in Β141/2589 Bl. 138. Der Vorsitzende Dr. Joel regte daraufhin an, den Vorschlag, sowohl den Künstlern als auch der Industrie den Vergütungsanspruch zu geben, noch näher zu prüfen. Dieser Vorschlag sei den Beteiligten nämlich erst kürzlich gemacht worden, so daß diese noch nicht genügend Zeit gehabt hätten, das Problem zu vertiefen. 257 An der Sitzung vom 15.03.1955 um 9.30 Uhr nahmen wiederum die Vertreter aus BMJ, BlnM, und BArbM teil sowie die Vertreter von Rundfunk und ausübenden Künstlern teil, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 15.03.1955 um 9.30 Uhr in Β 141/2591 B1.007. 258 Vgl. Äußerung Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung vom 15.03.1955 um 9.30 Uhr in Β 141/2591 B1.009. 259 Niederschrift der Sitzung vom 15.03.1955 um 15.00 Uhr inB141/2591 B1.018. 260 Niederschrift der Sitzung vom 15.03.1955 um 15.00 Uhr in Β 141/2591 B1.018.

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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aller Beteiligten wohl doch von der Einführung eines gesetzlichen Nutzungsrechtes abgesehen werden mußte.261 Auf Anregung des Deutschen Bühnenvereins wurde am 25.05.1955 eine Sitzung zu der Frage anberaumt, ob und inwieweit die Leistungsschutzrechte der bei einem Rechtsträger des öffentlichen Rechts fest angestellten ausübenden Künstler besonders geregelt werden sollen. Seitens des Deutschen Bühnenvereins erging der Vorschlag, bei öffentlichen Bühnen und Orchestern die Einwilligungsrechte und Vergütungsansprüche nicht dem ausübenden Künstler, sondern dem Dienstherren zuzubilligen. 262 Das BMJ versprach daraufhin, diese Frage eingehend zu prüfen. 263 Zur Diskussion über die Neuregelung des Filmrechtes waren sämtliche Vertreter und Sachverständige aus der Filmbranche, von Seiten des Rundfunks und der Urheber zusammengekommen.264 Trotz einer langwierigen Aussprache mit zahlreichen Wortmeldungen 265, in der die Frage nach dem möglichen Urheber des Filmwerkes im Vordergrund stand, konnten die Beteiligten kein abschließendes Ergebnis verzeichnen. Entgegen den Referenten aus dem BMJ hielt Ulmer nachdrücklich an seinem Lösungsvorschlag fest, wonach die Urheberrechte am Filmwerk den Urhebern der vorausgehenden Werke, wie Roman und Filmmusik zustehen und dem Filmhersteller ein Leistungsschutzrecht zugebilligt werden sollte. 266 Schließlich fand am 18.07.1956 eine Sitzung betreffend die Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege statt. Die Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland und des Katholischen Büros erörterten, ohne eine Einigung 261 Des weiteren sprach man noch über die Anregung Dr. Haertels, diesen Streit mit Hilfe eines Rahmenvertrages, der ein Schiedsgericht vorsehen könnte, beizulegen (Niederschrift der Sitzung vom 15.03.1955 um 15.00 Uhr in Β 141/2591 B1.021). Dr. Haertel hielt es weiterhin für erstrebenswert, daß diese Frage vor Einbringung des Entwurfes in das Parlament gelöst sei. 262 v g l Niederschrift der Sitzung vom 25.05.1955 in Β141/2584 B1.038ff. Begründet wurde diese Forderung damit, daß die Lasten und Personalausgaben der in der öffentlichen Hand befindlichen Theater und Orchester immer weniger durch deren Einnahmen gedeckt werden könnten. Die Ausgaben müßten weitgehend durch öffentliche Mittel im Wege der Subvention gedeckt werden. Es sei daher notwendig, der öffentlichen Hand zusätzliche Einnahmen für diese Einrichtung zu erschließen, was wiederum nur dadurch möglich sei, daß das vorgesehene Einwilligungsrecht vom öffentlichen Dienstherrn wahrgenommen werde. 263

Niederschrift der Sitzung vom 25.05.1955 in Β 141/2584 B1.048. Außer den Herren aus BMJ, BlnM und BArbM nahmen Sprecher der SPIO, ARD, Rundfunkunion und GEMA sowie Repräsentanten des Deutschen Musikverlegerverbandes, des Börsenvereins Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände, des Vereins Deutscher Bühnenverleger, des Deutschen Komponistenverbandes, des Deutschen Schriftstellerverbandes u.a. an der Sitzung teil, vgl. Anwesenheitsliste dieser Sitzung vom 22.06.1955 in Β141/2584 Bl. 103 f. 265 Vgl. die umfangreiche Niederschrift (30 Seiten) der Sitzung vom 22.06.1955 in Β 141/ 2584 Bl. 103 ff. 266 Vgl. Β 141/2584 Bl. 132. Vgl. Schlußwort Ulmers in Niederschrift der Sitzung vom 22.06.1955 und auch die anschließende Bemerkung des Vorsitzenden Joel, der erklärte, er wolle davon absehen, den Ausführungen Ulmers noch etwas hinzuzufügen, weil es sich um das Schlußwort gehandelt habe, obwohl er in verschiedenen Punkten mit seinen Ausführungen nicht übereinstimme. 264

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

erzielen zu können, mit den Referenten aus dem BMJ und dem BlnM die Frage, ob und in welcher Weise das ausschließliche Aufführungsrecht des Urhebers in diesen Fällen eingeschränkt werden sollte. 267

3. Die Besprechungen mit prominenten Urhebern und einzelnen Sachverständigen Neben den Interessenverbänden sollten auch die betroffenen Urheber selbst und einige Sachverständige zu Wort kommen. Das BMJ veranstaltete daher weitere Sitzungen, zu denen prominente Urheber und renommierte Sachverständige gebeten wurden. Bereits am 27. und 28.08.1954 traf sich Ministerialdirigent Dr. Haertel zu einer Besprechung mit Prof. Ulmer in Heidelberg. Aus einem Vermerk Haertels zu diesem Treffen geht hervor, daß Ulmer neben einigen Bedenken zu der Systematik und Konstruktion des Urheberrechts 268 vor allem Kritik an den Bestimmungen über die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechtes (§ 46) und die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in besonderen Fällen (§ 47) übte. 269 Mit der Ausgestaltung des Filmrechts zeigte sich Ulmer zum Zeitpunkt dieser Besprechung im großen und ganzen einverstanden. Zweifel hatte er allerdings, wie auch schon in der schriftlich verfaßten Stellungnahme zum Ausdruck kam, an der Zubilligung des Urheberrechts am Film werk an den Filmhersteller. 270 Mit Schreiben vom 12.08.1955 wurden die Schriftsteller Hermann Kasack, Walter von Molo, Kasimir Edschmid sowie der Maler Max von Unold und der Komponist Prof. Werner Egk zu einer Besprechung über die Fragen der Urheberrechtsreform eingeladen.271 An dieser Besprechung, die am 24.10.1955 in München stattfand, nahmen von den angeschriebenen Urhebern Prof. Egk, Prof. Unold und Ka267

Vgl. Niederschrift der Sitzung vom 18.07.1955 in Β 141/2596 B1.024ff. Vermerk zur Besprechung mit Ulmer in Β141/2565 Bl. 145. Ulmer äußerte Bedenken gegen die Konstruktion des Urheberrechts in § 24 des RefE. Er schien es lieber zu sehen, wenn man neben der Einräumung von einfachen und ausschließlichen Nutzungsrechten auch die Abtretung der Nutzungsrechte durch den Urheber zulassen würde. 269 Ulmer wollte in § 46 vor allem die Ausnahme zugunsten der Volksfeste einschränken, beispielsweise dadurch, daß mit der Veranstaltung kein Erwerbszweck verfolgt werden dürfe. Bedenken äußerte Ulmer dann auch gegen die Freigabe der Vervielfältigung von nicht erschienenen Werken sowie von vergriffenen Werken. Vgl. zur Vertiefung Vermerk zur Besprechung mit Ulmer in Β 141/2565 Bl. 146 f. 270 Statt dessen schlug Ulmer die Gewährung eines Filmschutzrechtes an den Filmhersteller vor, vgl. Vermerk zur Besprechung mit Ulmer in Β 141/2565 Bl. 149. 271 Vgl. Schreiben des BMJ vom 12.08.1955 in Β141/2586 Bl. 008 ff.: „...Damit scheint mir nunmehr der Zeitpunkt gekommen zu sein, um die vorgesehene Besprechung mit namhaften Urhebern abzuhalten. In dieser Besprechung möchte ich Gelegenheit nehmen, die bisherigen Ergebnisse der Diskussion über die Referentenentwürfe darzulegen. Anschließend sollen in freimütiger Aussprache grundsätzliche Probleme der künftigen Urheberrechtsreform sowie das weitere Verfahren für diese Reform erörtert werden." 268

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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sack teil sowie Staatssekretär Dr. Strauß, Ministerialdirektor Dr. Joel, Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider und Amtsgerichtsrätin Janssen vom BMJ und schließlich auch Ministerialrat Dr. Gussone vom BlnM. 2 7 2 Zu der Frage des unbefristeten Urheberrechtsschutzes waren sich die anwesenden Urheber einig, daß eine unbefristete und unbeschränkte Vererbbarkeit des Urheberrechts nicht durchführbar sei. 273 Alle drei geladenen Urheber sprachen sich dann aber für die Einführung der Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz aus. Auch die Einführung des droit de suite hielt man dem Grundsatz nach für gerecht, erkannte aber auch die Schwierigkeiten der praktischen Durchführung. 274 Im Laufe der weiteren Beratungen zeigte sich das BMJ bereit, hinsichtlich der Einschränkungen des Urheberrechts bei der Aufführungsfreiheit die Ausnahmen zugunsten der Volksfeste, zugunsten der kirchlichen und staatlichen Feierlichkeiten und auch zugunsten der Wohltätigkeitsveranstaltungen zu streichen. Mit einer derart eingeschränkten Ausnahme erklärten sich dann auch die Urheber einverstanden, so daß insofern eine zufriedenstellende Einigung erreicht werden konnte. 275 Im Anschluß an diese Sitzung sprachen dieselben Teilnehmer am 12.06.1956 in München über die Rechte der ausübenden Künstler. Prof. Egk äußerte Bedenken gegen eine Regelung des Rechts der ausübenden Künstler innerhalb des Urheberrechtsgesetzes.276 Von Seiten des BMJ wandte man sich gegen diese Auffassung, nach der die Rechte der ausübenden Künstler in einem besonderen Gesetz geregelt 272

Vermerk über Besprechung vom 24.10.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β141/2586 Bl. 168 ff. Zunächst wurde die Frage „Kleine oder Große Urheberrechtsreform" besprochen. Kasack befürchtete, daß eine mit „Kleine Urheberrechtsreform" betitelte Vorabgesetzgebung dazu führen könnte, daß die große Reform auf unabsehbare Zeit verschoben werde. Das BMJ versprach daraufhin, unbeschadet der „Kleinen Reform" die „Große Reform" ohne Verzögern voranzutreiben. Außerdem wurde zugegeben, daß die Bezeichnung „Kleine Reform" in dieser Hinsicht mißverständlich sein könne und daß diese Bezeichnung daher in Zukunft vermieden werden sollte. 273 Vermerk über Besprechung vom 24.10.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β 141/2586 Bl. 171. Professor Egk meinte aber, daß die Urheber an diesem Begriff festhalten sollten, weil er ein für die Öffentlichkeit anschaulicher und einprägsamer Begriff sei, der sich gut als Motor für die Durchsetzung anderer Forderungen (beispielsweise Kulturabgabe) der Urheber eignete. 274 Vermerk über Besprechung vom 24.10.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β 141/2586 Bl. 174. Zur Frage einer Abgabe der Mietbüchereien stellte sich in der Erörterung die Schwierigkeit heraus, daß die Gewährung eines solchen urheberrechtlichen Vergütungsanspruches bei dem gegenwärtigen Bestand der Leihbüchereien auf eine finanzielle Förderung von Schriftstellern hinauslaufen würde, die vom kulturellen Standpunkt aus zweifellos nicht förderungswürdig seien. 275 Vermerk über Besprechung vom 24.10.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β 141/2586 Bl. 176. Allerdings legten die Urheber Wert darauf, ihre abschließende Meinung erst dann zu äußern, wenn die neu formulierte Vorschrift vorliege. 276 Vermerk über Sitzung vom 12.06.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β 141/2599 B1.079. Einmal bestehe ein systematischer Unterschied zwischen dem Recht des Urhebers und dem des ausübenden Künstlers. Dieser Unterschied dürfe nicht dadurch verwischt werden, daß beide Rechte in einem Gesetz geregelt würden.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

werden sollten. 277 Um eine Einigung zu erzielen, schlug Dr. Haertel als neuen Titel für das künftige Gesetz daraufhin die Formulierung „Gesetz über das Urheberrecht und über verwandte Schutzrechte" vor. Die beiden Rechtsgebiete könnten dann in zwei getrennten Teilen des Gesetzes behandelt werden. Diese Lösung hielten die Urheber für erwägenswert. Auf Wunsch von Dr. Runge fanden dann noch zwei Besprechungen über die Frage des Urheberrechts an Schulbüchern statt. Am 08.06.1956 traf sich Dr. Runge mit Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider und Amtsgerichtsrätin Janssen im BMJ. Es ging darum, daß ein Schulbuch zumeist nicht mehr von einem einzelnen sondern von einer Gruppe von Urhebern verfaßt werde. Dieser Tatsache müsse in der gesetzlichen Regelung Rechnung getragen werden. 278 Dies war auch das Thema einer weiteren Sitzung im BMJ am 11.12.1956, an der außer Dr. Runge auch noch die Schulbuchverleger teilnahmen.279 Das BMJ erklärte daraufhin, es werde noch einmal überprüft werden, ob den Schulbuchverlegern in diesem Fall geholfen werden könne. Schließlich trafen sich am 18.02.1957 Dr. Plügge, Dr. von Hartlieb, Dr. Roeber und Dr. Schulze mit den Vertretern aus dem BMJ zu einer gesonderten Besprechung über das Filmrecht. 280 4. Die Sitzungen im Wirtschaftsbeirat

der Union (CSU)

Des weiteren beriet der Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film im Wirtschaftsbeirat der Union über den RefE. Am 24.03.1956 standen erstmals die „Probleme und Stand der Gesetzgebung zum Urheberrecht" auf der Tagesordnung. 281 Nachdem Staatssekretär Dr. Strauß einen Vortrag zur Urheberrechtsreform 282 gehalten hatte, in welchem er die Gründe für eine Reform des Urheber277 Es sei zu bedenken, daß dann viele Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes in diesem Sondergesetz wiederholt werden müßten, was sowohl systematisch falsch als auch gesetzestechnisch unzweckmäßig sei (Ausführungen Strauß in dem Vermerk über Sitzung vom 12.06.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β141/2599 Bl. 081). 278 V g l . Vermerk zu der Besprechung vom 08.06.1956 mitDr. Runge in Β141/2595 Bl. 116f. Nach Ansicht Runges konnte es nicht angehen, daß einer der Mitarbeiter eine Neubearbeitung eines eingeführten, aber überarbeitungsbedürftigen Schulbuches verbieten kann. Die Vorschrift über die Miturheberschaft (§ 6) reiche in diesem Fall nicht aus, weil nur die übrigen Miturheber von dem widerspenstigen Miturheber die Einwilligung zu gemeinsam zu treffenden Maßnahmen verlangen könnten, nicht aber der Leiter des Teams. 279 Vgl. Vermerk zu der Besprechung vom 11.12.1956 über Frage des Urheberrechts an Schulbüchern in Β 141/2598 Bl. 177 ff. 280 v g l Vermerk über Besprechung zu Filmrecht in Β141/2601 Bl. 025 ff. Das BMJ erkannte, daß sich die im Referentenentwurf vorgesehene Regelung, die den Filmhersteller als fiktiven Urheber des Filmwerkes vorsehe, nicht durchsetzbar war. Der Grundsatz der Schaffenswahrheit müsse auch im Filmrecht aufrechterhalten bleiben. 281 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2594 Bl. 171. Den Vorsitz hatte Ministerialdirektor a. D. Dr. Schwend. 282 Der Vortrag von Dr. Strauß zur Urheberrechtsreform ist veröffentlicht in UFITA 1956 (Bd. 22), S. 129ff.

2. Kap., D. Der Referentenentwurf vom 15.03.1954

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rechts, die Entwicklung dieser Reform und auch den gegenwärtigen Stand darlegte, hielt Prof. Ulmer ein Referat zu den Schwerpunkten der Diskussion. Beide Referenten setzten sich vor allem mit dem Begriff des „geistigen Eigentums" auseinander. 2 8 3 In der anschließenden Diskussion sprach sich Hubmann dafür aus, eine Parallele zwischen dem Sacheigentum und dem geistigen Eigentum zu ziehen. Es bestünden zwar erhebliche Unterschiede zwischen beiden Eigentumsformen, aber der dauernde Vergleich könne viele Mißverständnisse überbrücken und auch als Rechtfertigung für die Einführung einer Kulturabgabe herangezogen werden. 2 8 4 Die Einführung der Kulturabgabe war dann auch Gegenstand einer weiteren Sitzung des Ausschusses für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film des Wirtschaftsbeirates der Union am 20.10.1956. 2 8 5 Vorab nannte der Vorsitzende nochmals die Argumente, die gegen eine Kulturabgabe i m Laufe der Gespräche hervorgebracht worden waren. 2 8 6 I m Anschluß daran folgte ein Vortrag des Verlegers Ehrenwirth, welcher sich ausdrücklich gegen die Einführung einer Kulturabgabe wandte. 2 8 7 Statt dessen machte er den Vorschlag, die Verbände der Nutzungsberechtigten zu veranlassen, in eine freiwillig errichtete Stiftung bestimmte festzulegende Beträge zu zahlen. Ein unabhängiges Kuratorium in der Art der Deutschen Forschungsgemeinschaft könnte die Verteilung der Mittel dann sinnvoll und zweckmäßig an die sozial schwachen Künstler durchführen. 288 Dieser Plan einer selbstverwalteten Stiftung fand auch in der darauf folgenden Diskussion allgemeinen Beifall. 2 8 9 Allerdings 283 Während Dr. Strauß diese Gleichstellung von Urheberrecht und Sacheigentum grundsätzlich ablehnte (Protokoll in Β 141/2594 Bl. 171 (Rückseite): Der Urheber wolle im Gegensatz zum Sacheigentümer andere gerade nicht von der Benutzung oder dem Genuß seines Werkes ausschließen. Schon aus diesem Wesensunterschied ergebe sich die Notwendigkeit, den Schutz eines Geisteswerkes anders auszugestalten als das Eigentum an einer Sache), meinte Ulmer, verfassungsrechtlich betrachtet könne man bedenkenlos vom „geistigen Eigentum" sprechen. Es sei unstreitig, daß das Urheberrecht der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes unterliege. Allerdings könnte man das geistige Eigentum nicht mit dem materiellen gleichsetzen, ein ewiges Urheberrecht sei also in jedem Fall abzulehnen (Protokoll in Β141/2594 Bl. 173 (Rückseite)). 284 Vgl. Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β 141/2594 Bl. 175. Das Herrschaftsrecht über eine Sache oder über ein Werk sei im Zeitalter der freien Marktwirtschaft das einzige Mittel, um zu einem angemessenen Entgelt zu kommen. 285 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β 141/2601 B1.007. Als Tagesordnung wurde „Das Problem der Kulturabgabe im neuen Urheberrecht (Vorschläge und Stellungnahme)" angegeben. Den Vorsitz hatte wieder Ministerialdirektor a. D. Dr. Schwend. 286 v g l Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2601 B1.007 (Rückseite). Genannt wurden vor allem die Schwierigkeiten der Einziehung und Verwaltung der Mittel und die Bedenken gegen den Verteilungsmodus, der die Gefahr der Verteilung nach kulturpolitischen Gesichtspunkten und anderen politischen Gesichtspunkten befürchten lasse. 287 Vgl. Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2601 B1.008 (Rückseite). Insbesondere warnte der Referent vor der Gefahr eines staatlichen Dirigismus. Es empfehle sich daher, die Kulturabgabe gesetzlich nicht zu verankern. 288 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2601 B1.008 (Rückseite). 289 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2601 B1.009 (Rückseite). Geteilte Ansichten bestanden allerdings über die Finanzierung dieses Fonds. Einerseits wurde vorgeschlagen, die Stiftung sich selbst auf völlig freiwilliger Basis finanzieren zu lassen, an-

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konnte keine allgemein zufriedenstellende Lösung zur Ermittlung des anspruchsberechtigten Personenkreises gefunden werden 290, so daß die Sitzung ohne konkrete Ergebnisse zur Einführung einer Kulturabgabe geschlossen wurde. Der Ausschuß der freien geistigen Berufe im Wirtschaftsbeirat der Union beriet am 13.12.1956 unter dem Vorsitz von Dr. von Gugel über die Urheberrechtsreform. In einem Referat über die „Probleme des Urheberrechts aus der Sicht der freien geistigen Berufe" forderte der Präsident des Schutzverbandes der Deutschen Schriftsteller, Märker, erneut die Beteiligung der Schriftsteller an den Einnahmen aus einer gewerblichen Vermietung sowie die Einführung der Urhebernachfolgegebühr. 291 Nach Beendigung des Referates wies Regierungsdirektor Schneider aus dem BMJ darauf hin, daß im BMJ eine den Erwartungen des Referenten entsprechende Vorschrift hinsichtlich der Vermietgebühr und auch der Urhebernachfolgegebühr in Erwägung gezogen werde. Wie die Regelung dieser Fragen im einzelnen ausgestaltet werden solle, werde zur Zeit noch beraten. 292 5. Die Sitzungen der Sachverständigenkommission Die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht beschäftigte sich schließlich in zwei Sitzungen mit den Grundfragen der Urheberrechtsreform und den dazu bereits eingegangenen Stellungnahmen. An der ersten Sitzung vom 25.-27.10.1955 in München nahmen außer den Sachverständigen und den Referenten aus dem BMJ auch Dr. Geissler und Dr. Gussone aus dem BlnM teil. Außerdem waren auf besondere Einladung auch der Komponist Prof. Egk, der Maler Prof. Unold und der Schriftsteller Kasack erschienen. 293 Zweck dieser Sitzung sollte sein, daß die Sachverständigen sich mit den neu hervorgebrachten Argumenten der eingegangenen Stellungnahmen auseinandersetzten.294 dererseits wünschte man, daß die Verwerter von Kulturgut gesetzlich dazu bestimmt werden sollten, der Stiftung einen Pauschalbetrag zuzuführen. 290 v g l Protokoll der Sitzung in Β 141/2601 Bl. 010. Es wurde vorgeschlagen, den anspruchsberechtigten Personenkreis anhand eines Punktesystems zu ermitteln, das an bestimmte Kriterien wie Bedürftigkeit, Verdienst aus dem erstellten Werk, Anzahl der Werke, Wert des Werkes usw. gebunden werden sollte. Dieser Vorschlag wurde aber nicht weiter vertieft. 291 Vgl. Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β141/2601 B1.016ff. Märker begrüßte vor allem die in der vorangegangenen Sitzung diskutierte Stiftung und griff als Verteilungsmodus das bereits erwähnte Punktesystem wieder auf. Die Stiftung solle zweckmäßig in einer selbstverwalteten Organisation bestehen, sich jedoch nicht auf die Basis der Freiwilligkeit gründen; 292 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union in Β 141/2601 B1.017. In der folgenden Diskussion wurden noch weitere Einzelfragen erörtert. Beispielsweise wurde erneut die Frage aufgegriffen, ob das geistige Eigentum dem Sacheigentum gleichzusetzen sei. 293 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 B1.106f. 294 Einführung des Vorsitzenden Dr. Joel in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2586 Bl. 108: „... In diesen Stellungnahmen seien einzelne mit der Urhe-

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In der Debatte um ein ewiges Urheberrecht äußerten sich die meisten Sachverständigen ablehnend, vor allem sei die Gleichstellung des Urheberrechts mit dem Sacheigentum, womit die Erweiterung des Urheberschutzes begründet wurde, bedenklich. 295 Dementsprechend fiel die Abstimmung über die Frage, ob ein unbefristetes Urheberrecht eingeführt werden sollte, negativ aus. Indessen forderte die Kommission fast einstimmig die Einführung einer Kulturabgabe. 296 Ebenso stimmte die Mehrzahl der Sachverständigen dem Grundgedanken eines Folgerechts zu, wobei aber Uneinigkeit darüber bestand, ob alle Verkäufe einbezogen werden sollten oder ob man sich auf die Versteigerungen beschränken sollte. Die Frage des BMJ, ob den bildenden Künstlern mit einem ersten Schritt, der sich auf die öffentlichen Versteigerungen beschränke, gedient sei, wurde von Prof. Unold bejaht. Aus Sicht der Urheber bedeute dieser Anspruch gegenüber dem Vorschlag des RefE bereits einen Gewinn und einen Anfang. 297 Die Kommission zeigte sich daraufhin geneigt, das Folgerecht jetzt nicht mehr wegen der praktischen Schwierigkeiten abzulehnen, sondern wollte versuchen, diesen Anspruch in das Gesetz einzubauen. Fraglich blieb nur noch, in welcher Form dies geschehen könne. 298 Bei der weiteren Beratung des Inhaltes eines neuen Urheberrechtsgesetzes wurde dann auch der Anspruch des Urhebers bei einer gewerblichen Vermietung seiner Werke im Grundsatz befürwortet. 299 Bevor im Verlauf der Sitzung noch die gesetzlichen Lizenzen, eine möglicherweise zu fordernde Schriftform bei urheberrechtlichen Verträgen 300 und das Filmrecht 301 erörtert werden sollten, sprach man zunächst berrechtsreform zusammenhängende Grundfragen erneut sehr eingehend erörtert worden, so daß es zweckmäßig erscheine, wenn sich die Sachverständigenkommission mit den neu hervorgebrachten Argumenten auseinandersetzte." 295 Vgl. beispielsweise Äußerung de Boors in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2586 Bl. 110: „...Die Bezeichnung geistiges Eigentum dürfe nicht zu einer Verwässerung des Eigentumsbegriffes führen. Das Urheberrecht sei etwas anderes als das Sacheigentum und brauche eine eigene Ausgestaltung...". 296 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2586 Bl. 118. Eine weitere Abstimmung ergab, daß die große Mehrheit der Kommission die Einführung einer Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz wünschte. 297 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2586 Bl. 129. 298 Vgl. Zusammenfassung Dr. Joels in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 Bl. 130. 299 Vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 Bl. 145. Fraglich war noch, ob der Anspruch als Individualanspruch ausgestaltet werden sollte, ob also der Anspruch dem einzelnen Urheber gegeben werden solle, dem dann auch der jeweilige Ertrag zustehen sollte oder man die Gebühr wie eine Art Kulturabgabe behandeln wolle. 300 Sowohl die Beibehaltung der gesetzlichen Lizenzen als auch die Einführung der Schriftform für urheberrechtliche Verträge wurden von den Sachverständigen abgelehnt, vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 Bl. 161 und Bl. 164. 301 Hier entfachte sich eine heftige Diskussion, an der maßgeblich die Referenten aus dem BMJ und Professor Ulmer beteiligt waren, vgl. Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 Bl. 168-183. Ulmer wandte sich vor allem gegen das Urheberrecht des Filmherstellers, mit dem der Grundsatz der Schafifenswahrheit durchbrochen werde. Die auf den geistigen Schöpfer zugeschnittenen Vorschriften kämen damit einem Unter-

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noch über die Einschränkung des Aufführungsrechtes (§ 4 6 ) . 3 0 2 Einig war man sich über eine Streichung der Ausnahmen zugunsten der Volksfeste als auch zugunsten der staatlichen Feierlichkeiten, während die übrigen Einschränkungen unterschiedlich betrachtet wurden. 3 0 3 Zu einer zweiten Sitzung der Sachverständigenkommission vom 13.-14.06.1956 in München waren wiederum die Vertreter aus B M J und B l n M mit den Sachverständigen zusammengekommen. Auch die Schriftsteller Edschmid und Kasack sowie der Maler von Unold nahmen an der Sitzung teil. 3 0 4 Gegenstand dieser Besprechung sollte ein mögliches Urhebervertragsgesetz sein sowie die Diskussion über die Rechte des ausübenden Künstlers. Bei einer Abstimmung sprach sich die Mehrheit der Sachverständigen dafür aus, nach Beendigung der Arbeiten an der Urheberrechtsreform mit der Vorbereitung eines Urhebervertragsgesetzes zu beginnen. 3 0 5 I n der Diskussion über das Recht des ausübenden Künstlers beschränkte man sich zunächst auf die Fragen, ob den ausübenden Künstlern überhaupt Rechte zugesprochen werden sollten und ob, falls dies bejaht würde, diese Rechte i m Urheberrechtsgesetz zu regeln seien. Trotz der Bedenken, man dürfe das Recht des ausübenden Künstlers wegen des systematischen Unterschiedes gegenüber dem Urheberrecht nicht i m Urheberrechtsgesetz regeln 3 0 6 , ergab die Abstimmung, daß den ausübenden nehmen zugute. Die kleine Gruppe von wirklichen Urhebern müsse ihr Urheberrecht behalten. Dem Hersteller müsse man dagegen ein angrenzendes Recht am Filmband geben. Das BMJ wies auf die Schwierigkeit hin, daß nach Ulmers Vorschlag kein einheitliches Recht am ganzen Filmwerk bestehe. Es sei nicht verständlich, was mit dem Begriff des Filmwerkes gemeint sei, wenn man es nicht als ein einheitliches Recht ansehe. Außerdem habe man noch erhebliche Bedenken dagegen, die Urheber der benutzten Werke, die bei der Verfilmung gerade nicht mitgewirkt hätten, als Urheber des Filmwerkes anzusehen. 302 Zur Vertiefung siehe Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2586 B1.147ff. 303 Verhältnismäßig kurz abgehandelt wurde auch die Bestimmung über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen (§ 47), vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2586 Bl. 153. Man wollte zunächst die Entwicklung abwarten, die sich aufgrund des „Magnettonurteils" des BGH ergeben würde. Bei der Frage, ob Fotokopien zum persönlichen Gebrauch gestattet werden sollten, hielt man es für das Zweckmäßigste, im Gesetz im einzelnen festzulegen, wer ein Werk vervielfältigen oder vervielfältigen lassen dürfe. In Betracht kamen wissenschaftliche Institute für ihre Mitarbeiter, öffentliche Bibliotheken für ihren eigenen Gebrauch und die privaten Benutzer, sowie die Behörden für ihren eigenen inneramtlichen Gebrauch, vgl. Ausführung Ulmers in Niederschrift der Sitzung in Β 141/2586 Bl. 154. 304 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2600 B1.004f. 305 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2600 B1.047. Man hielt den Erlaß eines Urhebervertragsgesetzes für zweckmäßig, weil es dem Urheber zeige, welche Rechte ihm zuständen. Das Gesetz veranlasse ihn daher, sich zu überlegen, ob er sich diese Rechte abdingen lassen wolle. Der Urheber würde also daran gehindert, sich seiner Rechte unwissentlich oder leichtfertig zu begeben (vgl. die Ausführungen von Prof. Bussmann). 306 Vgl. Ausführungen Dr. Schuhes in Niederschrift der Sitzung in Β 141/2600 Bl. 048 f. Man dürfe das Recht des ausübenden Künstlers wegen des systematischen Unterschieds gegenüber dem Urheberrecht nicht im Urheberrechtsgesetz regeln, wenn man dieses Gesetz nicht

2. Kap., E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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Künstlern Leistungsschutzrechte zugesprochen werden sollten und diese auch im Urheberrechtsgesetz geregelt werden sollten.307 Um den Unterschied dieser Nachbarrechte gegenüber den Urheberrechten deutlich werden zu lassen, wurde der Vorschlag des BMJ begrüßt, den Titel des neuen Gesetzes umzubenennen. Das künftige Gesetz sollte nunmehr als „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte" bezeichnet werden. 308 Als inhaltliche Ausgestaltung der Rechte für den ausübenden Künstler stellte man sich vor, daß der Künstler gegen die unerlaubte Benutzung seiner Leistung geschützt werden müsse. Anschließend entfachte eine Diskussion darüber, welche Rechte der Künstler bei einer Zweitverwertung seiner Rechte haben sollte. 309 Im Ergebnis schien wohl ein Vergütungsanspruch für den ausübenden Künstler wünschenswert, man konnte sich jedoch noch nicht endgültig über die konkrete Ausgestaltung der Rechte einig werden. 310 Zum weiteren Verfahren für die Urheberrechtsreform wurde dann abschließend festgestellt, daß die wesentlichen Grundsatzfragen nunmehr der Sachverständigenkommission vorgelegt und von dieser ausführlich erörtert worden seien.311 Der RefE sollte nunmehr aufgrund der Beratungen geändert und der Kommission dann erneut vorgelegt werden. Der neue Entwurf könnte dann in erheblich kürzerer Zeit durchgesprochen werden, als es bei dem RefE der Fall gewesen sei. 312

E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959 Unter Auswertung der zahlreichen Stellungnahmen wurde der Referentenentwurf erneut überarbeitet. Als Ergebnis legte das BMJ am 26.05.1959 den Ministerialentwurf (MinE) zur Urheberrechtsreform vor, welcher nun nicht mehr nur als eine Art verwässern wolle. Außerdem sei eine Regelung im Urheberrechtsgesetz auch nicht notwendig, für den Schutz des ausübenden Künstlers genüge vielmehr der Arbeitsvertrag. 307 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2600 B1.054. 308 Vgl. Ausführungen von Haertel in Niederschrift der Sitzung in Β141/2600 Bl. 051. Dadurch würde deutlicher, daß man zwei verschiedene Arten von Rechten in diesem Gesetz regele. 309 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2600 B1.059ff. Einerseits wurde hierzu vorgetragen, daß eine besondere Vergütung für den Künstler nur gerechtfertigt sei, wenn die Aufnahmehonorare nicht ausreichten. Andererseits sprachen auch einige Erwägungen für einen Vergütungsanspruch zugunsten der ausübenden Künstler. Ähnlich wie der Urheber erhalte der Künstler vom Schallplattenhersteller entweder eine Pauschalabfindung oder eine Pauschale in Verbindung mit einer Beteiligung. Trotz einer solchen Zahlung werde der Urheber an jeder späteren Verwertung der Schallplatte wirtschaftlich beteiligt, was dann genauso für den ausübenden Künstler gelten müsse. 310 Vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2600 B1.065. 311 Vgl. Schlußwort Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2600 Bl. 065 f. Man wolle der Kommission nicht zumuten, jede einzelne Bestimmung des Referentenentwurfes zu erörtern. 312 Vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2600 B1.066.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

vorläufiger Arbeitsentwurf dienen, sondern bereits die Meinung des Bundesjustizministeriums wiedergeben sollte.1 Angesichts der durch den Referentenentwurf ausgelösten Diskussion um ein neues Urheberrechtsgesetz hielt man es für verfrüht, durch die Vorlage eines Regierungsentwurfes die parlamentarische Arbeit an der Reform einzuleiten, zumal nicht damit gerechnet werden könne, daß der Bundestag das Gesetz in der laufenden Wahlperiode2 noch verabschieden würde. 3 Zudem brachte der Ministerialentwurf Vorschläge zu einigen von den Urhebern geforderten neuen Rechten4, wie die Einführung der Urhebernachfolgevergütung, des Folgerechts und auch eine Beteiligung der Urheber an den Einnahmen der Vermietung ihrer Werke, die zunächst noch in der Öffentlichkeit erörtert werden sollten, bevor eine Entscheidung darüber getroffen werden konnte, ob und in welcher Form diese Rechte in den Regierungsentwurf aufgenommen werden.5 Daher schien es nach Ansicht des BMJ zweckmäßig, der Öffentlichkeit zunächst noch einmal Gelegenheit zu geben, sich zu den Änderungen des Referentenentwurfes vor der Abfassung des Regierungsentwurfes zu äußern. I. Inhalt und Begründung des Ministerialentwurfs Abweichend vom RefE erwähnte der neu vorgelegte Entwurf in der Überschrift neben dem Urheberrecht auch die verwandten Schutzrechte. Als Titel des Gesetzes wurde nunmehr die Formulierung „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)" vorgeschlagen. Dadurch sollte verdeutlicht werden, daß sich ein nicht unwesentlicher Teil des Gesetzes mit diesen neuen Rechten befaßte. 6 Die Gliederung des Entwurfes blieb hingegen unverändert und entsprach dem Aufbau des Referentenentwurfes. In einem ersten Teil wurden also die Urheberrechte und in einem davon deutlich abgegrenzten zweiten Teil die verwandten Schutzrechte geregelt. Der dritte Teil enthielt trotz aller eingegangenen Kritik weiterhin besondere Bestimmungen für Filmwerke, allerdings mit erheblichen inhaltlichen Abweichungen, wie noch zu zeigen sein wird. In einem vierten und einem fünften Teil waren dann die gemeinsamen Bestimmungen für Urheberrechte und verwandte Schutzrechte sowie der Anwendungsbereich und auch die Übergangsund Schlußbestimmungen untergebracht. Inhaltlich gesehen blieben die wesentlichen Grundzüge der Reform, welche schon in den Arbeitsentwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf 1

Vgl. die Ausführungen von Staatssekretär Strauß zur Ankündigung der Veröffentlichung des Ministerialentwurfes in GRUR 1957, S.569 (578). 2 Gemeint war die dritte Legislaturperiode vom 29.10.1957 bis zum 14.11.1961 unter Bundeskanzler Adenauer, in der die CDU/CSU mit 50,2% die absolute Mehrheit und damit 270 Sitze im Bundestag innehatte. 3 Vorwort des Bundesjustizministers zum Ministerialentwurf S. VII. 4 Vgl. auch den Überblick von Kleine in Börsenblatt Nr. 75 vom 18.09.1959, S. 1118. 5 Vgl. Vorwort des Bundesjustizministers zum Ministerialentwurf S. VII f. 6 Erläuternde Bemerkungen zum Ministerialentwurf S.27f.

2. Kap., E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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ausgearbeitet und in dem RefE umgesetzt worden waren, auch in dem MinE erhalten. Nach wie vor sollte das Urheberrecht entgegen dem geltenden Rechtszustand nach LUG und KUG weder im ganzen noch teilweise abtretbar sein (vgl. §§23 ff.). 7 Vielmehr sollte der Urheber einem anderen nur das Recht einräumen können, das Werk in bestimmter Weise zu nutzen (§§ 26 ff.). 8 Auch waren sich die Verfasser des MinE darüber einig, das Urheberrecht im Interesse der Allgemeinheit einer Befristung unterliegen zu lassen, die wie im geltenden Recht und auch in den vorangegangenen Entwürfen auf die Dauer von 50 Jahren nach dem Tode des Urhebers bemessen war (§§ 64ff.). 9 Schließlich sollten diejenigen Rechte, die nicht wie das Urheberrecht eine schöpferische Leistung schützten, sondern Leistungen anderer Art, die aber der schöpferischen Leistung des Urhebers ähnlich waren oder im Zusammenhang mit den Werken der Urheber erbracht wurden, weiterhin neben den Urheberrechten in einem einheitlichen Urheberrechtsgesetz geregelt werden. 10 Auf den ersten Blick baute der MinE also im wesentlichen auf den Grundlagen des vorangegangenen RefE auf, brachte aber diesem gegenüber bei genauerer inhaltlicher Betrachtung auch zahlreiche Änderungen und Neuerungen. Die ersten beiden Abschnitte innerhalb des ersten Teils über das Werk (§§ 1 ff.) und den Urheber(§§ 6 ff.) wurden mit geringfügigen sprachlichen Änderungen aus dem RefE übernommen. Indessen hielten die Verfasser die Regelung über das Verwertungsrecht in dem dritten Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechtes für bedenklich. Der RefE hatte in § 10 dem Urheber ganz allgemein das Recht zugesprochen, das Werk zu verwerten und zählte die einzelnen Verwertungsformen nur beispielhaft auf. 11 Damit bestand aber nach Ansicht des MinE die Möglichkeit, daß der Urheber auch Rechte geltend machen konnte, die das Gesetz ihm nicht geben wollte. 1 2 Der neu vorgelegte Entwurf ließ daher den Begriff des übergeordneten Verwertungsrechtes fallen und zählte die derzeit bekannten Verwertungsrechte abschlie7

Bemerkungen S.22. Bemerkungen S. 22. Das Urheberrecht selbst verblieb dabei, belastet mit dem Nutzungsrecht, dem Urheber. Hierdurch wurde sichergestellt, daß der Urheber auch dann, wenn er die wirtschaftliche Auswertung seines Werkes einem anderen überlassen hatte, eine gewisse Kontrolle über das weitere Schicksal seines Werkes behielt. Beispielsweise war eine Weiterübertragung des Nutzungsrechts nur mit Zustimmung des Urhebers möglich (§29). Auch durfte der Nutzungsberechtigte das Werk nicht eigenmächtig ändern (§34). 9 Diese Schutzfrist war, wie aus den Stellungnahmen zum Referentenentwurf hervorging, unter Hinweis auf die unbegrenzte Dauer des Sacheigentums wiederholt als ungerechtfertigte Beschränkung des Urheberrechtes angegriffen worden. Nach Auffassung des MinE würde der Wegfall der Schutzfrist jedoch zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten führen, da schon nach wenigen Generationen die verfügungsberechtigten Erben des Urhebers nicht mehr ermittelt werden könnten, vgl. Bemerkungen S.25. 10 Bemerkungen S.25 f. 11 § 10 Absätze 1 und 2 des RefE. 12 Vgl. Bemerkungen S. 33. Beispielsweise würde dem Urheber nach der Bestimmung des RefE auch das Recht zustehen, nichtöffentliche Vorträge, Aufführungen und Vorführungen zu verbieten, soweit in das Gesetz nicht eine ausdrückliche Ausnahme eingefügt würde. 8

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

ßend auf (§ 12).13 Dabei wurde zwischen der Verwertung des Werkes in körperlicher Form, also der Verwertung des Originals oder der Vervielfältigungsstücke des Werkes, und der Wiedergabe des Werkes in unkörperlicher Form, wie das Senden oder Vortragen, unterschieden. Neben den im RefE bereits aufgezählten Rechten zur Verwertung gewährte die neue Vorschrift dem Urheber ein besonderes Verfilmungsrecht. 14 Die einzeln aufgezählten Befugnisse des Urhebers wurden dann entsprechend der Systematik des RefE in den folgenden §§ 13 bis 18 näher abgegrenzt. Der MinE folgte dem RefE anschließend auch darin, daß er die Bestimmung des geltenden Rechts (§ 13 Abs. 2 LUG) nicht beibehielt, nach der bei einem Werk der Tonkunst jede Benutzung unzulässig war, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einer neuen Arbeit zugrunde gelegt wurde. 15 Weiterhin wurden aus dem RefE die beiden Bestimmungen über das Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft (§21) und über den Schutz des Urhebers gegen Entstellung des Werkes (§ 22) übernommen, welche dort noch unter der Überschrift „sonstige Rechte des Urhebers" aufgeführt waren. 16 Entgegen dem RefE sprach der MinE hier an Stelle von „sonstigen Rechten" erstmals ausdrücklich vom Urheberpersönlichkeitsrecht und nannte damit die für den Ausdruck „droit moral" nunmehr üblich gewordene deutsche Übersetzung. In dem vierten Abschnitt über den Rechtsverkehr im Urheberrecht wurden die Bestimmungen über die Rechtsnachfolge 17 und die vom Urheberrecht abgeleiteten Nutzungsrechte je unter einer besonderen Überschrift in getrennten Unterabschnitten zusammengefaßt. Neu eingefügt war bei den Nutzungsrechten ein Beteiligungsanspruch des Urhebers in den Fällen, in denen der Verwerter aus dem Werk einen 13 Es wurde aber in den erläuternden Bemerkungen ausdrücklich angeführt, daß mit dieser Regelung eine sachliche Einschränkung der Rechtsstellung des Urhebers nicht beabsichtigt sei, vgl. S.33. 14 Der RefE enthielt bereits eine entsprechende Bestimmung bei den besonderen Bestimmungen für Filmwerke (vgl. § 91). Laut den Bemerkungen zum MinE hielt man es aber für richtiger, das Verfilmungsrecht als Verwertungsrecht in den Katalog des § 12 aufzunehmen, vgl. Bemerkungen S.33. 15 Bemerkungen S. 37. Auf dem Gebiet der ernsten Musik würden oft wertvolle selbständige Schöpfungen unter Benutzung fremder Themen geschaffen, wie ζ. B. Variationen, Phantasien und dergleichen, deren Verwertung nicht von der Einwilligung des Urhebers der als Anregung benutzten Melodie abhängig sein dürfte. Die Befürchtung, der Fortfall des Melodienschutzes werde zu einer Ausbeutung von Melodien für Schlager führen, erschien nach Ansicht der Verfasser unbegründet. 16 Bei letzterer Bestimmung wurde jedoch anders als im RefE darauf abgestellt, daß die Entstellung geeignet sein mußte, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden. Hierdurch sollte deutlicher zum Ausdruck kommen, daß nicht an den allgemeinen Schutz der Persönlichkeit des Urhebers gedacht war, sondern an den Schutz des geistigen und persönlichen Bandes, das zwischen dem Urheber und seinem Werk bestehe, vgl. Bemerkungen S. 38. 17 Erwähnenswert ist an dieser Stelle, daß die Bestimmung in §23 des RefE, wonach in bestimmten Fällen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes ein Verwertungsrecht zustehen sollte, ersatzlos gestrichen wurde.

2. Kap., E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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unerwartet hohen Gewinn gezogen hatte (§ 31). 18 Den in der Auseinandersetzung mit dem RefE vielfach geäußerten Vorschlag, für urheberrechtliche Verträge die Schriftform vorzusehen, übernahm der MinE nur für Verträge über künftige Werke, bei denen sich der Urheber für eine lange Zeit band (§ 35 Abs. 1 Satz 1). In einem letzten Unterabschnitt sah der MinE die bereits aus dem RefE bekannte Bestimmung über den Zugang zu den Werkstücken und das seit langer Zeit von den Urhebern geforderte Folgerecht vor (§41), welches im RefE noch wegen der Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung abgelehnt worden war. 19 Jedoch sollte dieser Beteiligungsanspruch des Urhebers auf die Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerungen beschränkt werden. 20 Der fünfte Abschnitt über die Schranken des Verwertungsrechtes, welcher in der Diskussion um den RefE so heftige Kritik erfahren hatte21, wurde größtenteils aufrechterhalten. 22 Allerdings verfolgte der MinE bei der Abgrenzung des Urheberrechts gegenüber den berechtigten Interessen der Allgemeinheit das Ziel einer stärkeren Rechtsstellung des Urhebers. 23 Zunächst blieb die Regelung bestehen, daß kleinere Werke oder Teile von Werken ohne Einwilligung des Urhebers, aber gegen eine angemessene Vergütung in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch aufgenommen werden dürfen. 24 Auch die im RefE eingeführte Bestimmung, nach der Schulfunksendungen für die Zwecke des Unterrichts vorübergehend auf Tonträger übertragen werden durften, wurde übernommen. Hierdurch sollte es den Schulen ermöglicht werden, die Sendungen unabhängig von dem jeweiligen Sendetermin in den Unterricht einzufügen. Ebenso behielt der MinE die Bestimmungen, die der Erleichterung der Presse- oder Filmberichterstattung dienten, im wesentlichen bei. Es sollte weiterhin zulässig sein, unter gewissen Voraussetzungen öffentlich gehaltene Vorträge und Reden ohne Erlaubnis des Vortragenden zu drucken und zu verbreiten (§ 45) sowie Zeitungsartikel über politische, wirt18 Für den Fall, daß dieser Gewinn in einem auffälligen Mißverhältnis zu dem an dem Urheber gezahlten Entgelt stand, sah der Ministerialentwurf es als berechtigt an, daß der Urheber daran beteiligt wird, vgl. Bemerkungen S.41. 19 Vgl. Begründung zum RefE S.73f. 20 Die privaten Verkäufe und auch die außerhalb öffentlicher Versteigerungen durch den Kunsthandel ließen sich auch nach Ansicht des MinE kaum wirksam erfassen, vgl. Bemerkungen S. 45. 21 Insbesondere aus Kreisen der Urheber wurde gefordert, das Urheberrecht müsse als sogenanntes geistiges Eigentum dem Sacheigentum gleichgestellt werden und dem Urheber eine unbeschränkte Herrschaft über sein Werk gewähren. 22 Vgl. Bemerkungen S.46. Es wurde nach wie vor anerkannt, daß das Verwertungsrecht des Urhebers nicht unbeschränkt ist, sondern gegenüber den berechtigten Interessen der Allgemeinheit an dem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern sachgemäß abgegrenzt werden muß. 23 Vgl. Notiz zum MinE in Β 141/2620 B1.060. 24 Während der RefE noch vorsah, daß die Werke ohne Rücksicht auf ihren Umfang in die Sammlungen aufgenommen werden dürfen, vermochte der MinE kein sachlich gerechtfertigtes Interesse für eine derartige Ausweitung der Ausnahmebestimmung zu erkennen und beschränkte den Tatbestand auf kleinere Werke oder Teile von Werken, vgl. Bemerkungen S.47.

11 Maracke

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schaftliche oder religiöse Tagesfragen in anderen Zeitungen wiederzugeben (§46). 2 5 Schließlich war es nach wie vor gestattet, Werke, die i m Verlaufe einer Filmberichterstattung (Wochenschau) zu Tage traten, in den Filmbericht zu übernehmen (§47). 2 6 I m Hinblick auf die zahlreichen geäußerten Bedenken schränkte dann der M i n E die Vortrags- und Aufführungsfreiheit gegenüber dem RefE wesentlich ein. 2 7 Der neue § 49 begrenzte die Vortrags- und Aufführungsfreiheit auf die Fälle, in denen die Veranstaltung keinem Erwerbszweck diente, für die Mitwirkung der vortragenden oder aufführenden Personen keine besondere Vergütung gezahlt wurde und die Hörer ohne Entgelt zugelassen wurden. Darüber hinaus sollten Vorträge und Aufführungen nur noch bei kirchlichen Veranstaltungen ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein, wobei aber ein Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung vorgesehen war. 2 8 Infolge zweier i m Anschluß an den RefE ergangenen Entscheidungen des B G H 2 9 hielt der M i n E zwar weiterhin an dem Grundsatz der Vervielfältigungsfreiheit zum persönlichen Gebrauch fest (§ 50 Abs. 1), jedoch sollten alle diejenigen Vervielfältigungen verboten sein, durch die der Kauf einer Schallplatte ersetzt werden könnte, also vor allem die Aufnahme eines öffentlichen Konzertes oder das Überspielen von Schallplatten auf Tonträger. 30 Außerdem sollte die i m RefE vorgesehene Beschränkung, nach der die unentgeltliche Herstellung der Vervielfältigungsstücke durch einen Dritten erlaubt war, nur für die Aufnahme von 25 Der MinE sah allerdings davon ab, außer den Zeitungen auch die Zeitschriften in die Ausnahmebestimmung mit einzubeziehen, wie es noch in § 43 des RefE vorgesehen war. Begründet wurde diese Änderung damit, daß Zeitschriften auch zu politischen, wirtschaftlichen und religiösen Tagesfragen oft Artikel enthielten, die eine bleibende Bedeutung haben und deshalb unabhängig von einem Vorbehalt gegen Nachdruck geschützt werden sollten, vgl. Bemerkungen zum MinE S.49. 26 Entsprechendes sollte nach dem MinE für die der Filmberichterstattung gleichzustellende Funk- oder Bildberichterstattung gelten. 27 Bemerkungen S. 51. 28 Zur Vertiefung vgl. Bemerkungen S.51 ff. Eine Sonderregelung zugunsten der Volksfeste wurde im Hinblick auf die vom BGH ergangenen Entscheidungen (vgl. BGHZ 19, 227 ff. und 235 ff.) abgelehnt, zumal die Durchführung von Volksfesten mehr und mehr einen kommerziellen Charakter annahm. Ebenso wurden die Sonderregelungen für Staatsfeierlichkeiten und von Veranstaltungen, die der Jugendpflege dienen, abgelehnt. Gegen die Ausnahme zugunsten von Wohltätigkeitsveranstaltungen ist eingewandt worden, daß das Gesetz den Urheber nicht zur Wohltätigkeit zwingen, sondern diese seinem eigenen freien Entschluß überlassen müsse. 29 Nach Erscheinen des RefE sind die im Zusammenhang mit der damaligen Bestimmung des § 47 über die Einschränkung des Vervielfältigungsrechtes in bestimmten Fällen aufgetauchten Fragestellungen zum Teil vom BGH entschieden worden. Während der BGH die Frage, ob Fotokopien zum persönlichen Gebrauch ohne Einwilligung des Urhebers zulässig sein sollten, zunächst offengelassen hatte (BGHZ 18,44 (45)), hat er die Herstellung von Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch mittels Magnettongerätes für unzulässig erklärt (BGHZ 17,266 (273 ff.)). Letztere Entscheidung beruhte im wesentlichen auf der Überlegung, daß durch die Zulassung der privaten Tonaufnahme der Absatz von Schallplatten zum Nachteil der Urheber beeinträchtigt werden könnte. 30 Vgl. Bemerkungen S. 54. Die Aufnahme von gesendeten Werken auf Bild- oder Tonträger sollte nur mit der Einschränkung zulässig sein, daß diese spätestens einen Monat nach der Herstellung unbrauchbar gemacht werden müssen.

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Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste aufrechterhalten werden. 31 Ähnlich wie der RefE ließ es der MinE in § 50 Abs. 2 zu, daß unter gewissen Voraussetzungen kleine Teile eines Werkes, einzelne Aufsätze und vergriffene Werke auch außerhalb der privaten Sphäre zum eigenen Gebrauch ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt wurden. Da aber die ehemalige Bestimmung des RefE (vgl. § 47 Abs. 2) mit Hinweis auf den anerkannten Grundsatz, daß der Urheber an der gewerblichen Nutzung seines Werkes zu beteiligen sei, wiederholt kritisiert worden war, war nunmehr vorgesehen, daß den Urhebern insoweit für die Vervielfältigung ihrer Werke eine angemessene Vergütung zu zahlen ist. 32 Außerdem waren die Anwendungsfälle der Vervielfältigungsfreiheit wesentlich enger umgrenzt. 33 In Übereinstimmung mit dem RefE hielt der MinE auch an der Vertonungsfreiheit des Liedes fest (§ 51). 34 Er sah jedoch ebenfalls nach dem Vorbild des RefE eine Beteiligung des Textdichters an den Erträgnissen aus der Verwertung des vertonten Liedes vor, weil es nicht gerechtfertigt erschien, das Recht des Dichters zugunsten des Komponisten entschädigungslos einzuschränken.35 Grundlegend neu war dann noch die in § 54 vorgesehene Beteiligung der Urheber an den Einnahmen der Leihbüchereien. Diese erstmalig eingefügte Norm regelte in Satz 1 das bislang in § 12 Abs. 2 des RefE vorgesehene Verbreitungsrecht 36 und sah in Satz 2 abweichend vom RefE vor, daß dem Urheber für die gewerbsmäßige Vermietung der Vervielfältigungsstücke seines Werkes eine angemessene Vergütung zu zahlen war. 37 31

Vgl. Bemerkungen S.54f. Sonst könnte beispielsweise ein Wissenschaftler einen geschützten Aufsatz zwar selbst abschreiben, ihn aber nicht von einer bezahlten Sekretärin abschreiben lassen. 32 Vgl. Bemerkungen S. 56. Diese Regelung entsprach den vom BGH in der erwähnten Entscheidung entwickelten Grundsätzen (vgl. BGHZ 18, 44ff.). Damit aber die öffentlichen Bibliotheken und wissenschaftlichen Institute sowie die Behörden nicht gezwungen waren, eine Vergütung zu entrichten, die für den Gebrauch der Einzelvervielfältigungen gedacht war, wurde die Vergütungspflicht insoweit eingeschränkt. 33 Die Ausnahme für die Vervielfältigung mit der Hand oder mit der Schreibmaschine ist beispielsweise ganz gestrichen worden. Auch durften nicht erschienene Werke mit Rücksicht auf das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht mehr ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt werden. Außerdem wurde die Vervielfältigungsfreiheit für vergriffene Werke auf die Fälle beschränkt, in denen der Berechtigte nicht auffindbar ist und deshalb seine Einwilligung nicht eingeholt werden kann, vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S. 56. 34 Bemerkungen S. 56 f. Die geltend gemachten Bedenken, welche auf die Verfügungsfreiheit des Dichters über sein Werk abstellten, berücksichtigten nicht genügend die besonderen Belange des musikalischen Schaffens. Der Liederkomponist sei weitgehend auf vorhandene Texte angewiesen und würde zum Teil erst durch sie zur Komposition angeregt. 35 Bemerkungen S.57. 36 Diese Bestimmung wurde aus systematischen Gründen in den fünften Abschnitt über die Schranken des Verwertungsrechtes übernommen und regelte die Grenzen des Verbreitungsrechtes, vgl. dazu Bemerkungen S.58. 37 Die Stellungnahmen zu dem RefE, in denen überwiegend die Einführung des Vergütungsanspruches für die gewerbsmäßige Vermietung gefordert worden war, hätten gezeigt, daß der 11*

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Trotz aller Kritik nahm der MinE in einem sechsten Abschnitt die gesetzlichen Nutzungsrechte, allerdings mit einigen Einschränkungen, auf. Die gesetzliche Lizenz zugunsten der Herstellung von Tonträgern wurde in § 61 dahingehend neu gefaßt, daß diese in dem Fall, in dem der Urheber seine Rechte an eine Verwertungsgesellschaft übertragen hatte, ausgeschlossen wurde. 38 Auch sollte die gesetzliche Lizenz keine Anwendung finden bei dramatisch-musikalischen Werken, soweit diese vollständig oder in größeren Teilen auf Tonträger übertragen wurden. 39 Gleichermaßen wurde auch das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Sendeunternehmen in § 62 gegenüber dem RefE eingeschränkt, indem die beiden genannten Ausnahmen auch hier Anwendung finden sollten.40 Anders als im RefE konnte das gesetzliche Nutzungsrecht zudem überhaupt nur noch bei Werken der Musik geltend gemacht werden. 41 Im Anschluß an einen siebenten Abschnitt, in dem die Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts nahezu unverändert aus dem RefE übernommen wurden, folgte innerhalb des ersten Teils ein neu eingefügter achter Abschnitt, welcher die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung vorsah. Der RefE hatte in Übereinstimmung mit den früheren Entwürfen zur Urheberrechtsreform noch von der Einführung einer solchen Kulturabgabe abgesehen, weil die mit ihr zusammenhängenden Fragen noch nicht genügend geklärt erschienen.42 Während der Erörterung des RefE hatte sich jedoch gezeigt, daß die Einführung der Urhebernachfolgevergütung ein besonderes Anliegen der gesamten Urheberschaft war. 43 Daher enthielt der MinE bestehende Rechtszustand nicht mehr der heutigen Auffassung von Inhalt und Schranken des Urheberrechtes entspricht. Ausschlaggebend sei der anerkannte Grundsatz, daß der Urheber tunlichst angemessen an den wirtschaftlichen Früchten zu beteiligen sei, die aus seinem Werk gezogen werden, was auch für den Tatbestand der gewerbsmäßigen Vermietung gelten müsse, vgl. Bemerkungen S.59. Allerdings wurden die öffentlichen Bibliotheken durch die Beschränkung des Vergütungsanspruches auf die gewerbsmäßige Vermietung ausgenommen. Die Urheber hätten mit Rücksicht auf die volksbildenden Aufgaben dieser Institute insoweit auch keine Ansprüche geltend gemacht. 38 Bemerkungen S.61. In diesem Fall würde es keiner gesetzlichen Lizenz bedürfen, weil die Verwertungsgesellschaften dem Abschlußzwang unterliegen, jeder Tonträgerhersteller also diese Rechte gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung erwerben könne. 39 Diese Regelung sollte auf die Besonderheiten der Auswertung von Rechten an Bühnenwerken Rücksicht nehmen. Der Urheber müsse bei diesen Werken selbst darüber bestimmen, welchem Tonträgerhersteller und zu welchem Zeitpunkt er die Vervielfältigung gestatten will, weil diese die Chancen der bühnenmäßigen Verwertung beeinflussen könne, vgl. Bemerkungen S.61. 40 Vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S.62. 41 Bemerkungen S. 62. Alle anderen Arten von Werken wurden damit, bis auf die in Abs. 3 festgelegte Ausnahme, für bestimmte Sprachwerke von der Regelung ausgenommen, da sie nach Auffassung des MinE nicht in gleichem Maße wie die Werke der Musik für die Durchführung des Sendebetriebes notwendig waren. 42 Begründung zum RefE S.74ff. 43 Bemerkungen S.65. Es wurde geltend gemacht, daß die mit der praktischen Durchführung der Urhebernachfolgevergütung verbundenen Schwierigkeiten zwar nicht zu verkennen seien, diese aber nicht dazu führen dürften, von dem Versuch der Einführung des neuen Rechts von vornherein abzusehen.

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in §§ 69 bis 74 formulierte Vorschläge für die Einführung der Urhebernachfolgevergütung, die zunächst als Grundlage für eine erneute eingehende Erörterung gedacht waren. Im einzelnen sah der Entwurf vor, daß die Urhebernachfolgevergütung grundsätzlich 1/10 des normalen für geschützte Werke zu zahlenden Urheberanteils betragen soll (§ 72). Die Einnahmen sollten einem Urheberfond zufließen und für Ehrensolde an verdiente Urheber, für die Versorgung der Hinterbliebenen und für die Förderungshilfen an begabte Urheber verwendet werden (§ 73). Als Rechtsform für den Urheberfond wurde eine Stiftung des öffentlichen Rechts vorgeschlagen, die der Aufsicht des Bundesministers des Innern unterstehen sollte (§ 74). Obwohl besonders aus Urheberkreisen zahlreiche Einwendungen gegen eine Ausgestaltung der verwandten Schutzrechte im Urheberrechtsgesetz erhoben wurden, folgte der MinE den Vorgaben des RefE über die Regelung der verwandten Schutzrechte in einem zweiten Teil des Gesetzes. Es wurden hier nur einzelne Abweichungen vorgenommen, insbesondere bei den Rechten der ausübenden Künstler. 44 Neben dem ausschließlichen Recht des ausübenden Künstlers zur Aufnahme von Vorträgen oder Aufführungen eines Werkes auf Bild- oder Tonträger gewährte der MinE dem ausübenden Künstler das Recht zur Vervielfältigung der Bild- oder Tonträger, auf die seine Leistung aufgenommen wurde (§ 82). 45 Dagegen sah man jetzt davon ab, dem ausübenden Künstler auch für die öffentliche Wiedergabe einer Funksendung, bei der er mitgewirkt hatte, einen Vergütungsanspruch zu geben (§ 84). 46 Weiterhin hielt der MinE an dem im RefE vorgeschlagenen eigenen Leistungsschutzrecht zugunsten der Hersteller von Tonträgern (§ 90 f.) und zugunsten der Sendeunternehmen (§ 92) fest. 47 Der noch im RefE vorgesehene Schutz von Briefen und der Schutz von Bildnissen wurde allerdings im MinE nicht mehr übernommen.48 44 Vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S.68ff. Hinsichtlich des Umfanges des Leistungsschutzrechts für den ausübenden Künstler unterschied auch der MinE zwischen der unmittelbaren Verwertung der Leistung des ausübenden Künstlers durch Lautsprecherübertragung, Funksendung oder Aufnahme auf Bild- oder Tonträger (§§ 81, 82, 83 Abs. 1) und der mittelbaren Verwertung durch Benutzung der Tonträger zur Funksendung oder öffentlichen Aufführung (§§83 Abs. 2, 84). 45 Es sei hier zu berücksichtigen, daß die mit Erlaubnis des ausübenden Künstlers hergestellten Bild- oder Tonträger in unberufene Hände gelangen und von Personen vervielfältigt werden könnten, mit denen der ausübende Künstler in keinerlei Vertragsbeziehungen stand. Für diese Fälle müsse der ausübende Künstler ein gegen jedermann durchsetzbares Verbietungsrecht haben, vgl. Bemerkungen S.70. 46 § 84 gab dem ausübenden Künstler entsprechend dem RefE einen Anspruch auf angemessene Vergütung für den Fall, daß seine Leistung öffentlich mittels Tonträger wiedergegeben wurde, ließ aber den Vergütungsanspruch für die öffentliche Wiedergabe einer Funksendung, bei der der ausübende Künstler mitgewirkt hatte, entfallen, vgl. Bemerkungen S.71. 47 Vgl. Bemerkungen S. 73 ff. Begründet wurde dieser Schutz in beiden Fällen mit der hochwertigen technischen Leistung und den großen wirtschaftlichen Aufwendungen, die die Herstellung eines Tonträgers und auch die Veranstaltung einer Sendung mit sich bringe. 48 Im RefE war sowohl der Schutz von Briefen als auch der Schutz von Bildnissen als weitere verwandte Schutzrechte geregelt. Bei diesen Rechten handelte es sich aber nach Auffas-

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Nicht durchsetzen konnten sich schließlich die besonderen Bestimmungen für Filmwerke in dem dritten Teil des Entwurfes. 49 Der RefE hatte noch versucht, den Besonderheiten bei der Entstehung und Verwertung eines Filmwerkes dadurch Rechnung zu tragen, daß er das Urheberrecht am Filmwerk kraft gesetzlicher Fiktion unmittelbar in der Person des Filmherstellers entstehen ließ. 50 Dieser Vorschlag war jedoch von den beteiligten Urheberkreisen und von der Wissenschaft fast einheitlich abgelehnt worden. Er widerspreche dem Grundsatz des Urheberrechtes, daß Urheber nur sein könne, wer eine schöpferische Leistung erbracht habe. Unter Berücksichtigung dieser Bedenken beließ es der MinE daher für die Urheberschaft am Film bei den allgemeinen Grundsätzen.51 Der Filmhersteller mußte sich also für die Auswertung des Filmwerkes von allen als Urheber in Betracht kommenden Mitwirkenden deren eventuelle Urheberrechte vertraglich einräumen lassen.52 Um diesen Rechtserwerb zu erleichtern, war jedoch zugunsten des Filmherstellers in § 94 eine Auslegungsvorschrift vorgesehen, nach der im Zweifel jeder, der sich zur Mitwirkung an der Herstellung eines Filmwerkes verpflichtete, bereits mit dieser Verpflichtung sämtliche ihm etwa aus seiner Mitwirkung erwachsenden Nutzungsrechte am Filmwerk auf den Filmhersteller übertrug. 53 Nicht übernommen wurde die im RefE vorgeschlagene zwangsweise Koppelung der Nutzungsrechte zur Vervielfältigung, zur Verbreitung und zur öffentlichen Vorführung des Filmwerkes. 54 Schließlich sollte der Filmhersteller in Anerkennung der organisatorischen und wirtschaftsung des MinE um reine Persönlichkeitsrechte, die nur eine lose Verbindung zum Urheberrecht hatten. Ihre Regelung sei daher dem Gesetz zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes vorbehalten, vgl. Bemerkungen S. 27. 49 Obwohl teilweise gefordert wurde, den dritten Teil ganz zu streichen und es auch für Filmwerke bei den allgemeinen urheberrechtlichen Bestimmungen zu belassen, hielt der Ministerialentwurf an einer Sonderregelung des Filmrechts fest. Begründet wurde diese Entscheidung damit, daß sich ein Filmwerk von anderen Werkarten vor allem durch den großen Kreis der an seiner Herstellung beteiligten Personen erheblich unterscheide. Dieser Sonderstellung des Filmwerkes müsse auch im neuen Urheberrechtsgesetz Rechnung getragen werden, vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S.75. 50 Vgl. § 93 RefE nebst der umfangreichen Begründung hierzu S. 217 bis 222. 51 Vgl. Bemerkungen S. 77. Der MinE verzichtete auf eine Sonderregelung der Urheberschaft am Filmwerk und beließ es bei dem allgemeinen Grundsatz des § 6, nach welchem jeweils die Personen Urheber des Filmwerkes waren, die bei seiner Herstellung einen schöpferischen Beitrag geleistet haben. 52 Vgl. Bemerkungen S.77. 53 Auch sollte es dem Filmhersteller vereinfacht werden, die erforderlichen Nutzungsrechte an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken, wie etwa an dem Roman, nach dem der Film gedreht wurde, zu erwerben. Daher wurde die bereits in § 92 Abs. 1 des RefE vorgesehene Bestimmung, nach der ein Urheber, der einem anderen das Recht zur Verfilmung seines Werkes einräumt, diesem damit im Zweifel sämtliche im Tatbestand aufgeführten Nutzungsrechte einräumt, mit einigen Einschränkungen beibehalten. 54 In § 92 Abs. 2 des RefE war vorgesehen, daß das Nutzungsrecht zur Verfilmung eines Werkes nur gemeinsam mit den Nutzungsrechten zur Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Vorführung des Filmwerkes eingeräumt werden konnte. Dadurch sollten die wesentlichen Nutzungsrechte in der Hand des Filmherstellers vereinigt werden und die einheitliche Verwertung des Filmwerkes erleichtert werden.

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liehen Leistung, die mit der Produktion eines Filmwerkes verbunden war, ähnlich wie der Tonträgerhersteller, ein eigenes Leistungsschutzrecht erhalten (§ 98). 55 Zuletzt wurden dann die im vierten Teil geregelten gemeinsamen Bestimmungen für Urheberrecht und verwandte Schutzrechte ebenso wie die im fünften Teil enthaltenen Übergangs- und Schlußbestimmungen im wesentlichen sachlich unverändert aus dem RefE übernommen.56 II. Stellungnahmen zum Ministerialentwurf Entsprechend der zahlreichen zum RefE von 1954 übersandten Stellungnahmen äußerten sich auch zu dem MinE eine Reihe von Interessenverbänden und einzelnen Privatpersonen sowie die betroffenen anderen Ministerien, die Landesjustizverwaltungen und auch der BGH. Den Schwerpunkt der Beiträge bildeten erwartungsgemäß die Vorschläge zu den neu eingefügten Rechten und die Änderungen gegenüber dem RefE, wie insbesondere der Abschnitt über die Schranken des Urheberrechts und das Filmrecht. Erste Bedenken gegen die Einführung des Folgerechts in §41 machte das Stuttgarter Kunstkabinett in einem Schreiben vom 17.12.1959 geltend.57 Aufgrund dieser Bestimmung werde das Vermögen eines jeden Eigentümers von betroffenen Originalwerken sowohl durch das Inkrafttreten des Gesetzes (Entstehung des aufschiebend bedingten Urheberanteils) als auch im Falle einer späteren Weiterveräußerung beeinträchtigt. Es liege somit ein Enteignungstatbestand vor, der nach höchstrichterlicher Rechtsprechung in Widerspruch zu Art. 14 Abs. 3 GG stehe.58 Auch bestand nach Ansicht des Stuttgarter Kunstkabinetts zwischen den privaten Veräußerungen und den Verkäufen über den Kunsthandel einerseits sowie den Weiterveräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung rechtlich kein Unterschied. Daher liege zudem noch ein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 des GG verankerten Gleichheitsgrundsatz vor, weil das Folgerecht nur bei Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung, nicht jedoch bei privaten Verkäufen oder Veräußerungen über den Kunsthandel zur Entstehung gelangen sollte.59 55 Der vorgelegte MinE folgte damit dem von Ulmer eingebrachten Vorschlag, vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S.79. Es wurde anerkannt, daß die Herstellung eines Filmes regelmäßig eine erhebliche organisatorische und wirtschaftliche Leistung darstellt, die nicht geringer zu bewerten sei als die Leistung des Tonträgerherstellers oder Sendeunternehmens. 56 Zur Vertiefung sei auf die Bemerkungen zum MinE S. 79 bis 92 verwiesen. 57 Das Stuttgarter Kunstkabinett war eines der größten europäischen Auktionshäuser und betreute unter anderem auch die Urheberrechte für die Künstler Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner und Max Pechstein. 58 Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 138. Wenn sich der Gesetzgeber in Einklang mit der bestehenden Rechtsordnung befinden wolle, so könnte sich das Folgerecht nur auf Werke der bildenden Künste beziehen, die nach dem Inkrafttreten eines Urheberrechtsgesetzes geschaffen werden. 59 Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 139.

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Der Deutsche Leihbuchhändler-Verband e.V. wandte sich mit Schreiben vom 15.06.1960 gegen die in § 54 des MinE enthaltene Beteiligung der Urheber an den Einnahmen der Leihbüchereien. 60 Diese zusätzliche Gebühr sei nicht gerechtfertigt, weil sie mit den im Leihbuchhandel bestehenden Grundsätzen nicht vereinbar sei. Eine solche Bestimmung setze voraus, daß das Gewerbe aus der Verwertung der Werkstücke einen höheren Nutzen ziehe, als er bei dem Verkauf entstehe. Der Laden· und Verkaufspreis stelle jedoch bei sämtlichen gewerblichen Unternehmungen den Ausgangspunkt dar, bei dem Verkauf genauso wie bei der Vermietung. 61 Einzelne und herausragend hohe Verleihziffern seien kein Maßstab für den Ertrag im Leihbuchhandel. Der DLV hielt daher die vorgeschlagene Belastung für unangebracht, weil sie auf unrichtigen Zahlen beruhe. 62 Neben der Kritik am Wegfall des Melodienschutzes in § 20 des MinE 6 3 wurde von dem Deutschen Musikverlegerverband in einer Stellungnahme Ende Mai 1960 insbesondere die Einführung der Kulturabgabe in §§ 69 bis 74 beanstandet. Die Kulturabgabe ließe sich aus dem Urheberrecht nicht begründen und gehöre daher nicht in das neue Gesetz.64 Selbst bei gutem Willen sei eine solche Urhebernachfolgevergütung organisatorisch nicht durchführbar und zudem mit unzumutbaren und unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten für den Abgabepflichtigen verbunden.65 Trotz einer vorwiegend positiven Reaktion auf den neuen Entwurf 66 äußerte sich auch der Deutsche Bühnenverein kritisch zu der Einführung einer Urhebernachfolgevergütung. Rein systematisch gesehen sei eine solche Bestimmung nicht Gegen60 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes e.V. (DLV) in Β 141/2629 B1.069ff. 61 Stellungnahme des DLV in Β 141/2629 B1.073. Für den Leihbuchhandel bestehe zudem noch das besondere Problem des Risikogeschäftes ohne Pause, weil der Ladenpreis in Form der Mietgebühren nur ratenweise gezahlt würde und der Leihbuchhandel daher fortwährend als Kreditgeber erscheine und ständig mit Verlusten rechnen müßte. 62 Vgl. Stellungnahme des DLV in Β 141/2629 Bl. 074. 63 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β141/2630 B1.091. Auf den in § 13 Abs. 2 LUG verankerten Melodienschutz könne nicht verzichtet werden, er müsse sogar noch erweitert werden, seit neben die „Melodie, die man nachpfeiffen könnte", auch andere Merkmale wie Thema, Rhythmus und Klangfarbe als Charakteristika getreten seien. Die vorgeschlagene Fassung des § 20 MinE ohne den Melodienschutz führe zu der abzulehnenden Folge, daß gerade unbegabte Urheber durch die freie Benutzung bekannter Melodien oder ähnlicher charakteristischer Merkmale getarnte Plagiate als selbständige neue Werke herausgeben mit dem vollen Schutz, der dem Originalurheber zusteht. 64 Stellungnahme des Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 Bl. 101. Es sei nicht ersichtlich, daß die bereits bei den Beratungen zum LUG von 1901 gegen die Erhebung einer Kulturabgabe erwogenen Bedenken inzwischen weggefallen seien. 65 Vgl. zur Vertiefung die weiteren Ausführungen des Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 Bl. 101 ff. Schließlich würde die ganze Erhebung der Urhebemachfolgevergütung daran scheitern, den abgabepflichtigen Betrag zu ermitteln und rechnerisch festzuhalten. 66 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2635 Bl. 113: „Die Entwürfe des BMJ zur Urheberrechtsreform (Ministerialentwürfe) werden als kulturpolitisch und gesetzgeberisch hervorragende Arbeit begrüßt. An dieser Gesamtbeurteilung ändern auch die Anregungen und Vorschläge, die nachstehend vorgelegt werden, nichts."

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stand des im Privatrecht verwurzelten Urheberrechtes, sondern als Regelung einer öffentlich-rechtlichen Kulturabgabe Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Sondergesetzes. Auch verstoße der derzeitige Lösungsvorschlag, den Urheberfonds als Stiftung des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Bundesministers des Innern auszugestalten, in jedem Fall gegen das Grundgesetz, weil die Regelung kultureller Angelegenheiten ausschließlich Ländersache sei.67 Nach Auffassung des Deutschen Bühnenvereins war im übrigen auch die zur Diskussion gestellte Beteiligung des Urhebers an unerwartet hohen späteren Erfolgseinnahmen (§31) nicht haltbar. 68 Ferner wurde die Vertonungsfreiheit in § 51 MinE, also die Befugnis des Komponisten ohne oder gegen den Willen des Dichters dessen Gedicht zu vertonen, abgelehnt.69 Schließlich empfahl der Deutsche Bühnenverein, den Leistungsschutz des ausübenden Künstlers zusammen mit denen der anderen Berechtigten in einem besonderen Gesetz außerhalb des Urheberrechtsgesetzes zu regeln. 70 Das Bestreben des vorgelegten Entwurfes, dem Urheber die rechtlichen Phänomene vorzubehalten, die sich an den individuellen geistigen und wirtschaftlichen Beziehungen des Schöpfers zu seinem Werk anschließen, könne nur Erfolg haben, wenn der Leistungsschutz des ausübenden Künstlers zusammen mit dem der anderen Berechtigten in einem besonderen Gesetz außerhalb des Urheberrechtsgesetzes geregelt wird. 71 Die Aufnahme dieser von den anderen Verbänden bereits angesprochenen neuen Rechte zugunsten der Urheber in den MinE war auch ein Schwerpunkt in der Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. vom 25.05.1960. § 31, der dem Autor einen nachträglichen gesetzlichen Anspruch auf angemessene Beteiligung geben sollte, wenn die Nutzungserträgnisse des Verlages in einem auffälligen Mißverhältnis zu der vereinbarten Vergütung stehen, sei schon deshalb bedenklich, weil er das Gebot „pact sunt servanda" beseitige. Da der Anspruch zudem 67

Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2635 Bl. 121. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2635 Bl. 117. Diese Bestimmung entbehre einer rechtspolitischen Voraussetzung, die sie rechtfertigen sollte. Die Ausbeutungsgefahr, vor welcher der Urheber auf Kosten seiner Dispositionsfreiheit geschützt werden sollte, existiere nicht. 69 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2635 Bl. 119. Im Zeitalter des Films, des Rundfunks und des Fernsehens sollte der Lyriker gefragt werden, ob er aus seinem Gedicht durch den Komponisten einen Schlager gemacht wissen will. Seine Einwilligung sollte er allerdings nicht versagen können, wenn ihm diese nach Treu und Glauben zuzumuten ist. 70 Das neue Urheberrechtsgesetz sollte von allen Bestimmungen freigehalten werden, die rechtsdogmatisch, rechtssystematisch, kulturpolitisch, soziologisch oder wirtschaftlich in andere schon bestehende oder vorgesehene Gesetze gehören. Dies gelte insbesondere auch für die sogenannten verwandten Schutzrechte. Nur so könne in dem Urheberrechtsgesetz die urheberrechtliche Eigenart bewahrt werden, die der unaustauschbaren individuellen Beziehung eines bestimmten Urhebers zu seiner bestimmten persönlichen geistigen Werkschöpfung allein entspreche, vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2635 Bl. 113. 71 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2635 Bl. 122. Dafür würden auch die weit fortgeschrittenen Vorarbeiten an dem internationalen Abkommen zum Schutze der ausübenden Künstler, der Tonträgerhersteller und der Sendeunternehmen sprechen, vgl. die Entwürfe von Genf und Monaco. 68

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unverzichtbar war, mache er jede Kalkulation unmöglich.72 Außerdem beruhe das Schaffen eines jeden Verlegers in besonderem Maße auf dem Ausgleich zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Autoren, wogegen der Ausgleich zwischen den mehr oder weniger erfolgreichen Werken desselben Urhebers nur eine untergeordnete Rolle spiele. Dieser Gesichtspunkt werde in der vorgeschlagenen Vorschrift nicht erfaßt. 73 Weiterhin wandte sich der Börsenverein entschieden gegen die Einführung des Folgerechts (§41) und trug zur Begründung die bereits von anderer Seite genannten verfassungsrechtlichen Bedenken vor. 74 Ebenfalls im Widerspruch zur Verfassung stand nach Ansicht des Börsenvereins die in §§ 69 bis 74 geregelte Urhebernachfolgevergütung, da kulturelle Angelegenheiten in die Zuständigkeit der Länder gehören würden. 75 Zumindest die Einrichtung des Urheberfonds selbst (§ 74) sei eine Angelegenheit der Länder und nicht des Bundes. Infolgedessen könne auch die Urhebernachfolgevergütung in der vorgeschlagenen Form nur durch die Länder gesetzlich festgelegt werden. Neben diesen verfassungsrechtlichen Einwänden wies der Börsenverein noch darauf hin, daß das Urheberrecht seiner Natur nach zeitlich begrenzt sein sollte, wie auch in den erläuternden Bemerkungen zum MinE 7 6 deutlich betont wurde. Daher sei es widersprüchlich, an dieses Recht nach Überschreiten der Zeitgrenze weitere Ansprüche zu knüpfen. Die Urhebernachfolgevergütung könne demnach nur ein ewiges Urheberrecht zur Grundlage haben, das es jedoch gerade nicht gebe.77 Weitgehend befürwortet wurden dagegen die Änderungen in dem Abschnitt über die Schranken der Verwertungsrechte. 78 Allerdings sollte nach Ansicht des Börsenvereins die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 50 Abs. 1 auf kleine 72

Stellungnahme des Börsenvereins in Β141/2629 Bl. 094. Es lasse sich darüber hinaus kein einheitlicher Maßstab dafür schaffen, wann ein Mißverhältnis anzunehmen sei, wann es auffällig sei und welche Beteiligung angemessen sein könnte. Auch wenn der Richter, wie § 31 es vorschreibt, sich bemühe, bei der Beantwortung dieser Fragen die gesamten Beziehungen zwischen Autor und Verleger zu berücksichtigen, würde es für ihn äußerst schwierig sein, eine Entscheidung zu treffen, die nicht als Willkürakt gewertet werden müßte. 73 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 095. In diesem Zusammenhang wurde auch noch auf die Konsequenzen hingewiesen, die sich ergeben könnten, wenn neben der Bestimmung des § 31 auch die des § 72 über die Höhe der Urhebernachfolgevergütung Gesetz würde. Aus § 72 müßte entnommen werden, daß der Urheber und seine Erben regelmäßig 10 % vom Ladenpreis erhalten, infolgedessen wäre jede darunter liegende Vergütung grundsätzlich nicht angemessen, was nicht den Tatsachen entspreche und wohl auch nicht gewollt sein könne. 74 Vgl. auch Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 138. Auch der Börsenverein sah es als äußerst zweifelhaft an, ob die nachträgliche Belastung eines Sacheigentümers mit einer Zahlungsverpflichtung für den Fall der Veräußerung seines Eigentums mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 3 GG zu vereinbaren ist. Zudem dürfte die Beschränkung des Folgerechts auf Veräußerungen im Wege der Versteigerung den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, da zwischen privaten Veräußerungen oder Veräußerungen über den Kunsthandel und Kunstauktionen kein Unterschied bestehe (Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 B1.098). 75 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 114. 76 Vgl. Erläuternde Bemerkungen S.63. 77 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 111 ff.

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Teile eines Werkes, allenfalls ganze Zeitschriftenaufsätze und vergriffene Werke, wie auch in der Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch des § 50 Abs. 2 vorgesehen, beschränkt werden. 79 Außerdem sei kein Grund ersichtlich, warum die Behörden schlechthin von der Vergütungspflicht in § 50 Abs. 2 freigestellt werden sollten. Wenn das gewerbliche Unternehmen oder der Rechtsanwalt für die Verwendung von Fotokopien in ihren Büros, Betrieben und Laboratorien eine Vergütung bezahlen müssen, so sei auch der Fiskus dazu verpflichtet. 80 Überwiegend positiv aufgenommen wurde der MinE von dem Schutzverband Deutscher Schriftsteller, welcher bereits am 20.03.1960 auch in Vertretung für die Vereinigung der Deutschen Schriftstellerverbände seine Stellungnahme einreichte. 81 Vergleiche man den 1954 veröffentlichten RefE mit dem neuen Entwurf, dann dürfe man mit Befriedigung und Dankbarkeit feststellen, daß das BMJ aus der lebhaften und kritischen Erörterung seiner früheren Entwürfe eine Fülle neuer Anregungen gewonnen und manche der Ungerechtigkeiten beseitigt habe, wodurch die Autoren zu den wirtschaftlich schwächsten aller Arbeitenden gemacht worden seien. 82 Wichtig und erfreulich sei zunächst, daß in § 54 eine Beteiligung der Urheber an der gewerbsmäßigen Vermietung ihrer Werke eingeführt wurde und daß diese neue Bestimmung nicht nur das gewerbsmäßige Vermieten von Büchern und Zeitschriften erfaßte, sondern auch von Schallplatten und Noten.83 Als unzureichend empfand man demgegenüber die neue Formulierung der Verwertungsrechte in § 12. Für den Urheber wäre es das Beste, es würde ihm, wie im RefE von 1954 vorgesehen, ganz allgemein das Recht gewährt, sein Werk zu verwerten. Dieses allgemeine Verwertungsrecht könnte dann vom Gesetzgeber mehr oder weniger beschränkt werden, es sollte aber nicht übertragbar sein.84 78 Vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 099: „In diesem Abschnitt ist unseren Bedenken, die wir in der Denkschrift zum Referentenentwurf vorgetragen haben, dankenswerter Weise weitgehend Rechnung getragen worden." 79 Mit Hilfe der modernen Vervielfältigungsmittel könnte sich anderenfalls jedermann ohne großen Kostenaufwand eine Privatbibliothek herstellen mit allen Verlagserscheinungen, die ihn interessieren. Das ginge viel zu weit, besonders wenn man berücksichtige, daß die technische Entwicklung auf diesem Gebiet ständig fortschreite und deshalb damit gerechnet werden müsse, daß die Kosten für die Herstellung von Fotokopien noch erheblich sinken, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 100. 80 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 101. Die vorgesehene Regelung würde den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG verletzen, da die Sachverhalte gleich seien, aber ungleich behandelt würden. 81 Vgl. Resolution der Vereinigung der Deutschen Schriftstellerverbände, in welcher der Präsident des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller den Sonderauftrag erhielt, für sie die Arbeit an der Urheberrechtsreform weiterzuführen (B141/2627 Bl. 115). 82 Stellungnahme des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β 141/2625 Bl. 117 ff. 83 Stellungnahme des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β 141/2625 Bl. 119. Der Verband brachte auch einen Vorschlag für eventuelle Durchführungsbestimmungen. 84 Stellungnahme des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β 141/2625 Bl. 122 (Rückseite) und 123. Nur die jeweils einzeln zu bezeichnenden Verwertungsrechte sollten einem anderen überlassen werden können. Sonst würden die meist geschäftlich unerfahrenen Autoren pauschal das allgemeine Verwertungsrecht übertragen, ohne sich bewußt zu sein, was

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Sehr viel skeptischer standen wiederum der Rundfunk und die Filmindustrie dem neu veröffentlichten Entwurf gegenüber. Die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland setzte sich in ihrer Stellungnahme vom 20.05.1960 eingehend mit dem in § 62 vorgesehenen gesetzlichen Nutzungsrecht zugunsten des Rundfunks auseinander. Dabei erweise sich die Beschränkung auf Werke der Musik als außerordentlich hinderlich, insbesondere auch für den von fast allen Regierungen offiziell geförderten internationalen Programmaustausch.85 Im übrigen sei nicht verständlich, warum der MinE den Rundfunk trotz ähnlicher Interessenlage schlechter stelle als die Schallplattenindustrie. Der Schallplattenhersteller könne nämlich die gesetzliche Lizenz schon dann in Anspruch nehmen, wenn der Urheber einem anderen ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt habe (§61), während dem Sendeunternehmen die gesetzliche Lizenz nur gewährt werde, wenn der Urheber einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung seines Werkes übertragen habe.86 Weitere Kritikpunkte waren die in §§ 69 bis 74 zur Diskussion gestellte Lösung einer Urhebernachfolgevergütung 87 und auch die im zweiten Teil des Entwurfes behandelten verwandten Schutzrechte, insbesondere die Bestimmungen zum Schutz der ausübenden Künstler. 88 Besonders problematisch sah die ARD § 82 Satz 2, der dem ausübenden Künstler das Recht zur Vervielfältigung der Bild- und Tonträger gab, auf die seine Leistung aufgenommen war. 89 Sollte dieses Recht, obwohl es nach sie eigentlich abtreten. Außerdem sollten in § 12 unter den einzelnen Verbreitungsrechten alle Rechte aufgeführt werden, die in den Wahrnehmungsverträgen der Verwertungsgesellschaften genannt wurden. 85 Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.022. 86 Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.023. Während der Schallplattenhersteller sich also auf die gesetzliche Lizenz berufen könne, sobald er festgestellt habe, daß ein anderes Unternehmen das auf einen Tonträger aufgenommene Werk in den Handel gebracht habe, müsse das Sendeuntemehmen noch nachforschen, ob für die Sendung ein ausschließliches Nutzungsrecht erteilt war. Das sei gerade bei der Übernahme ausländischer Sendungen sehr schwierig. 87 Vgl. zu Vertiefung Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 Bl. 024-026. Wäre die Urhebernachfolgevergütung als eine kulturelle Einrichtung anzusehen, würde sie in die Gesetzgebungszuständigkeit der Länder gehören. Demnach wurde auch hier die Überlegung angestellt, daß dem Bundesgesetzgeber die Befugnis für die Einführung einer solchen Institution fehlen könne. 88 Zunächst sollte die Bestimmung des Vervielfältigungsrechtes in § 82 Satz 1, nach der entgegen dem RefE nunmehr die Einwilligung des ausübenden Künstlers zur Aufnahme seiner Leistung auf Bild- oder Tonträger notwendig war, auch wenn er für eine Sendegesellschaft oder einen Schallplattenhersteller tätig war, gestrichen werden. Demgegenüber entsprach nach Auffassung der ARD die ursprünglich im RefE vorgesehene Regelung, die den ausübenden Künstlern in den Fällen kein Verbietungsrecht zubilligte, in denen sie die Möglichkeit hatten, die Erbringung ihrer Leistungen von einer vorherigen Einigung über deren Verwertung abhängig zu machen, den Erfordernissen der Praxis und sollte daher wiederhergestellt werden, vgl. Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.028. 89 Diese Regelung, die im RefE noch nicht vorgesehen war, würde die Sendeuntemehmen vor allem deshalb in Schwierigkeiten bringen, weil ein fest angestellter Künstler, der alle mit einer festen gegen Kündigung geschützten Anstellung verbundenen Vorteile genießt, das Recht

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Auffassung der ARD zum Schutz der Künstler nicht erforderlich war, beibehalten werden, so würde eine für den Rundfunk auch nur einigermaßen tragbare Lösung voraussetzen, daß das Recht auf einen Anspruch auf angemessene Entschädigung begrenzt würde, der sich bei fest angestellten Künstlern nach dem Arbeitsverhältnis regeln sollte.90 Weiterhin wurde noch die neue Regelung des § 88 bemängelt, die dem ausübenden Künstler das Recht gab, eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung seiner Leistung zu verbieten, die geeignet war, sein Ansehen oder Ruf zu gefährden. Der Rundfunk befürchtete, daß aufgrund dieser Regelung angebliche Schädigungen des droit moral zu finanziellen Ansprüchen ausgenützt werden könnten.91 Wenn man also trotzdem das droit moral der Künstler gesetzlich anerkennen wolle, so müsse ein Weg gesucht werden, der diese Gefahr ausschließe. Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft befaßte sich in ihrer Stellungnahme vom März 1960 ausschließlich mit der Filmrechtsregelung des MinE. Auf eingehende Kritik stieß zunächst, daß die im RefE vorgesehene Urheberschaft des Filmherstellers, wenn auch in abgeschwächter Form einer Fiktionslösung, fallengelassen wurde. 92 Mit diesem Verzicht auf eine gesetzliche Regelung der Filmurheberschaftsfrage sei es aber dennoch vereinbar, wenn im Gesetz konkret bestimmt werde, daß nur der Filmhersteller über die Urheberrechte an dem filmischen Gesamtwerk (Filmwerk) verfügungsberechtigt sein soll. 93 Unbeschadet der Filmurheberschaftsfrage und unbeschadet auch der Rechte an den einzelnen Werk- und Leistungsbeiträgen wäre also im Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die allein den Filmhersteller als verfügungsberechtigt für die Vorgänge der Auswertung des Filmwerkes erklärt, ohne daß die Frage der Herleitung seiner rechtlichen Stellung im Gesetz mitentschieden werden müßte.94 Weiterhin sei nicht einzusehen, warum die Regelung des § 94, welche offensichtlich als Ersatz für die gefallene Fiktionslösung dienen sollte, um die Rechtsstellung für sich in Anspruch nehmen könnte, seinem Arbeitgeber die Vervielfältigung seiner aufgenommenen Leistung zu verbieten, obwohl er zuvor der Rundfunksendung und der Aufnahme seiner Leistung auf Wiedergabevorrichtungen zugestimmt hatte (vgl. Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.029). 90 Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.030. 91 Stellungnahme der ARD in Β141/2629 B1.033. Diese Gefahr des Mißbrauchs und erheblicher Unzuträglichkeiten würde noch dadurch vergrößert, daß jedes einzelne Orchester- oder Chormitglied ein droit moral geltend machen könnte. Die Leistungen des gesamten Orchesters oder Chores könnten zunächst unverwertbar werden, wenn nur ein einzelner Künstler unter Hinweis auf sein droit moral der Verwertung widerspreche. Dagegen würde auch die Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme nicht helfen, da ein Streit darüber erst erhebliche Zeit später von einem Gericht entschieden werden würde. 92 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 Bl. 038. 93 Stellungnahme SPIO in Β 141/2625 B1.038. Der Rechtsverkehr erfordere eine solche Regelung und ihre Einfügung in das Gesetz liege im Interesse aller Beteiligten, auch der Urheber. 94 Stellungnahme SPIO in Β 141/2625 B1.039. Der Filmhersteller sei die zentrale Figur für die Vorgänge der Herstellung und der Auswertung. Bei ihm liefen die Rechte zusammen und von ihm aus würde die Auswertung des Filmwerkes betrieben.

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des Filmproduzenten zu sichern, nur als Zweifelsvorschrift (Auslegungsregel) formuliert sei.95 Bei der Formulierung des droit moral in § 97 über die Entstellung des Filmwerkes sollte es sich nach Ansicht der SPIO um „ gröbliche " Entstellungen oder um eine andere „ gröbliche Beeinträchtigung " der Werk- und Leistungsbeiträge handeln. Nur bei einem solchen erschwerenden Erfordernis könne einem Mißbrauch von Ansprüchen aus dem droit moral wirksam vorgebeugt werden. 96 Abgelehnt wurde schließlich noch die Einführung einer Kulturabgabe. Die Filmwirtschaft sei sich bewußt, daß es nicht Aufgabe des Urheberrechtsgesetzes sein könne, eine Kulturabgabe zu begründen, selbst wenn dies mit der Bezeichnung „Urhebernachfolgegebühr" gesetzgeberisch ermöglicht werde. Sollte aber wider Erwarten eine Regelung der Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz durchgehen, so widersetze sich die Filmwirtschaft jeder Form einer Einbeziehung des Films in die Kulturabgabe. 97 Neben den Interessenverbänden äußerten sich auch einige Privatpersonen zu dem MinE, insbesondere ergriffen die Urheber selbst die Gelegenheit, ihre Überlegungen an das BMJ zu richten. Trotz einer zunächst positiven Reaktion98 gab es für von Erffa noch hinreichend Anlaß zur Kritik. 99 Insbesondere sollte von der Einführung der Urhebernachfolgevergütung abgesehen werden. 100 Auch müsse die Bestimmung des § 31 über eine Beteiligung des Urhebers bei auffälligem Mißverhältnis gestrichen werden. Sie stehe dem alten Grundsatz „pacta sunt servanda" entgegen.101 Diese Bestimmung rufe so viele Streitigkeiten hervor, daß die wenigen Fälle, in denen sie nützlich sein könne, nicht den Schaden aufwiegen, den sie in der Regel hervorrufen wird. 95 Stellungnahme SPIO in Β 141/2625 B1.044. Die an der Herstellung des Filmwerkes beteiligten Personen stünden zu dem Filmwerk in engsten Beziehungen. Sie würden eigens für die Herstellung dieses einen Filmes verpflichtet und müßten es sich daher gefallen lassen, daß alle in ihrer Person entstehenden Rechte auf den Produzenten im Sinne der vom Entwurf selbst vorgeschlagenen Regelung in jedem Falle übergehen. Im Interesse einer ungestörten Auswertung des Filmwerkes müsse dann noch der Personenkreis über die eigentlichen Urheber des Filmwerkes hinaus auf alle sonstigen Filmschaffenden erweitert werden. 96 Stellungnahme der SP/O in Β 141/2625 B1.048. 97 Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 Bl. 052ff 98 Stellungnahme von Erffa in Β141/2625 B1.016: „Er (erg. der MinE) scheint mir eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem RefE darzustellen." 99 Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme von Erffa in Β141/2625 B1.016ff. Alles was der RefE dem Urheber zugunsten des Verwerters an Befugnissen genommen habe, gebe der MinE dem Urheber, jedoch teilweise zu viel! 100 Stellungnahme von Rechtsanwältin von Erffa vom 07.03.1960 in Β 141/2625 B1.022: „Die Bestimmungen (erg. §§ 69-74) bitte ich zu streichen; sie gehören nicht in das Urheberrechtsgesetz." 101 Stellungnahme von Erffa in Β 141/2625 B1.018. Außerdem lasse diese Vorschrift nicht erkennen, ob der Urheber, der ein erfolgreiches Werk zu einem nicht angemessenen Preis vergeben hatte, auch für die Vergangenheit eine Erhöhung seiner Vergütung verlangen könne, oder ob er nur für die Zukunft, beispielsweise bei Neuauflagen des Werkes, eine höhere Vergütung beanspruchen könne. Für die Vergangenheit dürfte aber der Nutzungsberechtigte kalkuliert und seine Abrechnung abgeschlossen haben.

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In Zusammenarbeit mit einigen anderen Künstlern sprach sich der Komponist Prof. Werner Egk in einem Schreiben vom 06.03.1961 an Staatssekretär Strauß entgegen der bisher vorgebrachten Argumente ausdrücklich für die Einführung der Urhebernachfolgevergütung in §§ 69 bis 74 aus.103 Es erschien nach Ansicht Egks vor allem richtig, daß in § 73 Abs. 2 des Entwurfes vorgesehen war, die Einnahmen der Urhebernachfolgevergütung nach Möglichkeit jeweils den Urhebern derjenigen Gattung der Musik, Literatur und der bildenden Künste zufließen zu lassen, aus der sie herrührten. Egk und die anderen Künstler baten daher, diese spartenmäßige Verwendung der Einnahmen auf dem Gebiet der Musik grundsätzlich beizubehalten. 104 Vor allem zur Urhebernachfolgegebühr, aber auch zu anderen Neuerungen im MinE äußerten sich einige namhafte Autoren in einer gemeinsamen Stellungnahme. 1 0 5 Beanstandet wurde zunächst die in § 31 geregelte Beteiligung des Urhebers. Der ethische Gedanke, der dieser Bestimmung zugrunde liege, werde zwar anerkannt, es müßten jedoch im Hinblick auf die Auswirkungen einer solchen gesetzlichen Bestimmung auf das ganze Rechtssystem und seine Grundsätze (pacta sunt servanda) erhebliche Bedenken angemeldet werden. 106 Auch das in § 41 eingeführte Folgerecht sei systematisch nur ein besonderer Anwendungsfall des § 31 über die Beteiligung des Urhebers und sollte daher aus den gleichen Gründen gestrichen werden. 107 Außerdem mache das in §41 vorgesehene Verfahren einen Verwaltungsaufwand erforderlich, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg des Folgerechtes stehe.108 102

Β141/2649 B1.007. Aus den Unterschriften des Schreibens an Staatssekretär Strauß vom 06.03.1961 ergeben sich die Namen von Karl Amadeus Hartmann, Karl Höller, Boris Blacher, Wolfgang Portner, Carl Orff und Werner Egk. 103 Β141/2649 B1.005: „Deshalb haben wir auch die allgemeinen Bestimmungen des MinE über Art und Durchführung der Urhebernachfolgevergütung grundsätzlich begrüßt." KM g 141/2649 B1.006: „Wir haben Verständnis dafür, daß gewisse Beträge aus Werken der Musik in öffentlichen Aufführungen, im Rundfunk und bei der Schallplatte durchaus nach Ermessen des Bundespräsidialamtes verwendet werden sollten, sind jedoch davon überzeugt, daß es unbedingt notwendig ist, den verbleibenden Restbetrag aus diesen Einnahmen der für uns zuständigen urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaft GEMA zuzuführen. Die GEMA würde die zur Verfügung gestellten Beträge ausschließlich für deutsche zeitgenössische Komponisten nach einem Verteilermodus auszuschütten haben, bei dem entsprechend der Herkunft der Mittel die Verteilung überwiegend zugunsten der Komponisten der ernsten Musikrichtung zu erfolgen hätte." 105

Β141/2640 B1.047 ff. Die Stellungnahme ging dem BMJ in Form eines Rechtsgutachtens von Rechtsanwalt Dr. Sieger am 15.01.1960 zu. Als beteiligte Autoren sind u.a. Luise Rinser, Dr. Carl Zuckmayer, die Erben Hoffmannsthal, Dr. Curt Emmrich, Gerhard Hermann Mostar zu nennen. 106 Β141/2640 B1.055. Es sei vor allem zu bedenken, daß durch diese Bestimmung jegliches erwünschte spekulative Mäzenatentum verhindert würde. 107 Β 141/2640 Bl. 060. 108 Vgl. Β 141/2640 B1.060. Auch sei zu bedenken, daß die Beschränkung des Folgerechts auf öffentliche Versteigerungen einen Eingriff in die Freiheit des Vertriebsweges bedeuten könne. Das Folgerecht könne nämlich dadurch umgangen werden, daß die öffentliche Verstei-

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Nach Ansicht der Autoren sollte auch die in der Vertonungsfreiheit des § 51 liegende Urheberrechtsbeschränkung des Verfassers eines Gedichts zugunsten des Komponisten fallen gelassen werden. 109 Die Vertonung stelle prinzipiell eine Bearbeitung des Gedichts dar. Die Bearbeitung gehöre aber zu den ausschließlichen Rechten des Urhebers. Ernstliche Bedenken wurden dann auch aus Sicht der Autoren gegen die vorgeschlagene Urhebernachfolgevergütung erhoben. Rein systematisch gesehen sei eine solche Bestimmung nicht Gegenstand des im Privatrecht verwurzelten Urheberrechtes, sondern als Regelung einer öffentlich-rechtlichen Kulturabgabe Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Sondergesetzes.110 Vor allem aber sei der Urheberfonds derzeit als Stiftung öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Bundesministers des Innern gedacht, was in jedem Falle gegen das GG verstoße, da die Regelung kultureller Angelegenheiten ausschließlich Ländersache sei. 111 Weiterer Kritikpunkt war die Ausgestaltung der Rechte des ausübenden Künstlers in §§ 81 bis 86. Soweit die Gesetzesvorschläge zugunsten der Künstler einen Anspruch auf angemessene Vergütung ζ. B. gegen das Sendeunternehmen, den Schallplattenhersteller oder Aufführungsveranstalter geben, würde gegen sie wohl nichts einzuwenden sein. Anders stehe es aber mit einem dem ausübenden Künstler im Gesetz zugesprochenen absoluten Ausschließungsrecht. 112 Dadurch würden die Leistungsschutzrechte ausübender Künstler in eine gefährliche Kollision mit den Urheberrechten treten. Man wolle keineswegs den Interpreten einen gerechtfertigten Anspruch auf angemessene Vergütung für die Nutzbarmachung ihrer Leistungen mittels Rundfunk, Tonband oder Schallplatte vorenthalten. Der Leistungsschutz sollte daher in Anerkennung eines Anspruchs auf angemessene Vergütung bestehen, nicht aber in der Zuerkennung absoluter Ausschließlichkeitsrechte. 113 Schließlich betrachteten die Autoren noch die in § 95 vorgesehenen Ausnahmen für Nutzungsrechte am Filmwerk als eine „Kapitulation vor dem finanziellen Investgerung ersetzt würde durch einen angeblichen Privatverkauf. Das aber wiederum beeinträchtige die freie Preisbildung und die Preisoffenheit. 109 Β 141/2640 Bl. 067. Zwar schütze das Persönlichkeitsrecht den Dichter gegen eine „Verballhornung" im Tonwerk. Beweispflichtig für eine solche Entstellung sei aber der Dichter. 110 Β 141/2640 B1.076. Unter diesem Gesichtspunkt könne die Kulturabgabe erörtert werden. 111 Vgl. zur Vertiefung das Rechtsgutachten in Β 141/2640 B1.076. 112 Β 141/2640 B1.082. Damit entscheide nämlich nicht mehr allein der Urheberberechtigte über die Verwertung der mechanischen Nutzungsrechte. Seiner Entscheidung könne die gegenteilige Auffassung des Interpreten entgegengesetzt werden. Er könne gemäß § 81 einer Lautsprecherübertragung eines Vortrags oder einer Aufführung widersprechen; er besitze in § 82 ein Vervielfältigungsrecht, welches dem Urheberberechtigten gem. § 48 vorenthalten würde. Schließlich könne er die vom Urheberberechtigten gewünschte Funksendung eines Vortrags oder Aufführung gem. § 83 verbieten. 113 Β 141/2640 B1.082.

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ment bei der Filmwirtschaft und bei der Produktion eines Filmwerkes". Damit würden die Filmunternehmer gegenüber allen anderen Verwertern in eine Sonderstellung gehoben.115 Ebenso laufe die Bestimmung des § 97 über die Entstellung des Filmwerkes darauf hinaus, daß allein zugunsten der Filmunternehmen ein wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechtes eingeschränkt würde. 116 Ein so weit gehender Ausschluß des Persönlichkeitsrechtes einzig und allein dem Filmhersteller gegenüber könne nicht gebilligt werden. Überwiegend positiv fiel wiederum die von Dr. Schulze verfaßte Denkschrift zur Urheberrechtsreform vom 30.03.1960 aus. Auf 18 Seiten setzte sich Schulze intensiv mit dem neuen MinE im Vergleich zu dem etwa zeitgleich vom Ministerium für Kultur in Ost Berlin veröffentlichten Entwurf eines Gesetzes über das Urheberrecht auseinander.117 Es sei zunächst zu begrüßen, daß der MinE abweichend von dem Ost Berliner Entwurf das Folgerecht einführt. Die bisher dagegen vorgebrachten Einwände könnten als nicht stichhaltig angesehen werden, da der Entwurf das Folgerecht ohnehin auf die öffentlichen Versteigerungen beschränkt habe.118 Nach Ansicht Schulzes enthielt aber der MinE immer noch zu weitgehende Beschränkungen des Urheberrechtes, auch wenn diese gegenüber dem RefE schon erheblich vermindert wurden. 119 Beispielsweise nehme § 50 Abs. 2 zu Unrecht die Behörden von der Vergütungspflicht aus. 120 Die Bestimmung des §51 sollte ganz gestrichen werden, da es zur Schöpferwürde des Dichters gehöre, darüber zu bestimmen, ob er sein Gedicht vertont sehen möchte oder nur durch die Sprache auf das Publikum wirken lassen wolle. 121 Beanstandet wurden ferner die gesetzlichen Nutzungsrechte in §61 und § 62 1 2 2 und auch die nach wie vor festgelegte zeitliche Begrenzung des Urheberrechtsschutzes in §§64ff. 123 . Zustimmung fanden dagegen die Einführung der 114 Β 141/2640 B1.085. Wichtige zum Schutze des Urheberberechtigten vorgesehene Vorschriften sollten nach dem MinE bei der Verfilmung ausgeschlossen sein, so die Bestimmungen über das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung (§ 36) und wegen gewandelter Überzeugung (§37). 115 Β 141/2640 B1.086. 116 Β 141/2640 B1.086. 117 Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β 141/2626 B1.067ff. 118 Β 141/2626 B1.075. 119 Β 141/2626 B1.075. Es sei zwar zuzugeben, daß das Urheberrecht sozial gebunden ist, doch müsse betont werden, daß diese soziale Bindung nicht stärker sein könne als bei anderen Vermögensrechten, insbesondere beim Sacheigentum. 120 Β141/2626 Bl. 077. Es sei nicht einzusehen, warum sie berechtigt sein sollten, Werke unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Auch sonst seien Behörden darauf angewiesen, für Gegenstände, die sie benötigen, wie ein Privatmann zu zahlen. 121 Β 141/2626 B1.077. 122 Β141/2626 B1.079: „War schon die Zulässigkeit der Zwangslizenz verfassungsrechtlich umstritten, so erscheinen die gesetzlichen Nutzungsrechte mit dem durch das GG gewährten Eigentums- und Persönlichkeitsschutz unvereinbar." 123 Β 141/2626 B1.080. Es sei nicht verständlich, warum das Urheberrecht zeitlich begrenzt sein soll, während im allgemeinen das Eigentum ewig und für alle Zeiten vererbbar ist.

12 Maracke

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Urhebernachfolgevergütung in den §§69 bis 74 1 2 4 sowie die Neugestaltung des Filmrechts. 125 Zu dem MinE, insbesondere zu den neu vorgeschlagenen Rechten äußerten sich dann auch die anderen Bundesressorts, soweit sie in irgendeiner Weise von den Änderungen betroffen waren, und die Landesjustizverwaltungen. 126 Der Bundesminister für Arbeit begrüßte zunächst den in § 31 geregelten Beteiligungsanspruch des Urhebers und forderte sogar noch eine Erweiterung der Bestimmung dahingehend, daß eine laufende Gewinnbeteiligung des Urhebers zwingend vorgeschrieben wird. 127 Ebenso wie der Bundesminister des Innern sprach sich der BArbM auch für die Einführung des Folgerechtes (§41) aus.128 Beide Ministerien befürworteten zudem die Vermietgebühr in § 54 und regten zusätzlich an, einen Vergütungsanspruch auch hinsichtlich der Benutzung von Tonträgern zu gewähren, die unter Verwendung von Leihmaterial hergestellt werden. 129 Ungeteilte Zustimmung seitens des BArbM fand endlich auch die Urhebernachfolgevergütung, zugleich wurde aber gefordert, den BArbM bei dem Erlaß der Rechtsverordnung nach § 74 Abs. 2 zu beteiligen. 1 3 0 Der Bundespostminister wünschte im Bereich der verwandten Schutzrechte ein zusätzliches Leistungsschutzrecht für amtliche Fernsprechbücher und andere Nachschlagewerke der Bundespost.131 Weitaus kritischer waren die Stellungnahmen der einzelnen Landesjustizverwaltungen. So forderten das Bayerische Staatsministerium der Justiz, der Senator für Justiz in Berlin, der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen und der Justizminister des Landes Schleswig-Holstein übereinstimmend die Streichung der Bestimmung § 31 über den Beteiligungsanspruch des Urhebers. Damit würde der Grundsatz der Vertragstreue durchbrochen. 132 Außerdem sah man kein Bedürfnis 124

Vgl. dazu Β 141/2626 B1.081. Β 141/2626 Bl. 084. Die Grundkonzeption zum Filmrecht werde gebilligt, besonders werde begrüßt, daß dem Filmhersteller kein Urheberrecht am Filmwerk, sondern ein Leistungsschutzrecht am Filmstreifen eingeräumt werden soll. 126 Vgl. Zusammenfassung der relevanten Stellungnahmen in einem Vermerk des BMJ in Β 141/2630 B1.029ff. 127 Vermerk in Β 141/2630 B1.030. 128 Übereinstimmend forderten beide Ministerien eine Erstreckung auf alle gewerbsmäßigen Verkäufe, der BArbM forderte außerdem eine Erhöhung des Urheberanteils auf 5 % des Verkaufspreises sowie die Sicherung der Erfüllung durch Anzeigepflicht und Strafvorschriften, vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.031. 129 Vermerk in Β 141/2630 B1.032. 130 Vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.033 und 036. 131 Vermerk in Β 141/2630 B1.036. 132 Vgl. Vermerk in Β141/2630 B1.030. Als weiteres Argument gegen die Bestimmung wurde die angebliche Unzumutbarkeit für den Nutzungsberechtigten genannt, da dieser allein das Risiko trage und meist durch geeignete Werbemaßnahmen selbst zum Erfolg beigetragen habe. Auch sei eine Gleichsetzung der aus einem Werk gezogenen Nutzungserträgnisse mit dem Gewinn des Nutzungsberechtigten nicht möglich, da diese oft zum Ausgleich von Verlusten bei Werken anderer Autoren dienen müßten. 125

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für eine solche Regelung, da allgemeine Rechtsbehelfe, z.B. § 138 BGB, für grobe Mißbräuche ausreichen würden. Dementsprechend erachteten diese Länder auch das Folgerecht in § 41 als verfehlt. Während das Bayerische Staatsministerium der Justiz und der Senator für Justiz in Berlin zumindest dem Grundgedanken des Folgerechts noch eine gewisse Berechtigung einräumten, wurde dieses von den Justizministern der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein grundsätzlich abgelehnt.133 Diese Regelung sei rechtspolitisch bedenklich134 und sozial nicht begründbar. 135 Zudem könne die Anonymität des Kunsthandels gefährdet werden. 136 Bezüglich der Ausgestaltung des Folgerechts im einzelnen äußerten die Länder verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Beschränkung auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen wegen einer möglichen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes.137 Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen war weiterhin skeptisch gegenüber der in § 54 Abs. 2 vorgesehenen Vermietgebühr, wollte die Regelung aber trotzdem hinnehmen als einen Versuch, der notfalls wieder rückgängig gemacht werden müßte.138 Geteilter Meinung waren die Länder bei der Beurteilung der Urhebernachfolgevergütung in §§ 69 bis 74. Während man in Bayern die Erhebung der Urhebernachfolgevergütung der Sache nach für berechtigt hielt und keine Bedenken hatte, daß die Interessen der Allgemeinheit ein Festhalten an der unbeschränkten Verwertungsfreiheit nach Ablauf der Schutzfrist erfordere, lehnten die übrigen Landesjustizverwaltungen diese Regelung ab. 139 Der Senator für Justiz in Berlin war der Auffassung, daß der an sich nicht zu beanstandende Zweck der Förderung und Unterstützung der Urheber nicht durch Zwang erreicht werden sollte. Nach Ansicht des Justizministers von Nordrhein-Westfalen überschritt die Urhebernachfolgegebühr den Rahmen des Urheberrechts, da sie nicht die Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk betreffe. Auch der Justizminister in Schleswig-Holstein äußerte Bedenken gegen die grundsätzliche Berechtigung der Urhebernachfolgegebühr. Sie wirke 133

Vermerk in Β 141/2630 B1.031. Es werde der Grundsatz durchbrochen, daß Wertsteigerungen und Wertverluste stets der Eigentümer trage. 135 Der Vorteil komme nur dem ohnehin renommierten Künstler zugute. 136 Vermerk in Β141/2630 Bl. 031. Auch bestehe die Gefahr einer nachteiligen Auswirkung auf die Künstler selbst durch die Schwächung des inländischen Kunsthandels. 137 Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hatte außerdem verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Erfassung von bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes veräußerten Werken. Darin könnte möglicherweise eine Enteignung gesehen werden, vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.032. 138 Vermerk in Β 141/2630 B1.033. Der Justizminister von Nordrhein-Westfalen hatte kulturpolitische Bedenken gegen die Einführung der Vermietgebühr, da die Mietbüchereien im Hinblick auf die privilegierte Konkurrenz der öffentlichen Büchereien voraussichtlich auf minder- und unterwertige Literatur ausweichen würden und die Leidtragenden dann die Autoren der ernsten Werke wären. Möglich wäre auch, daß die zu erwartenden Preiserhöhungen bei den Mietbüchereien auf die öffentlichen Büchereien übergreifen. 139 Vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.034. 134

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durch die Belastung des Genusses kultureller Güter kulturfeindlich. 140 Einheitlich abgelehnt von den Landesjustizverwaltungen wurde die schon mehrfach angezweifelte Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Bei der Urhebernachfolgevergütung handele es sich der Sache nach nicht um eine privatrechtliche Vergütung für den Urheber, sondern in Wahrheit um eine hoheitsrechtliche Kulturabgabe. 141 Die Urhebernachfolgevergütung sei daher nicht zum Urheberrecht im Sinne des Art. 71 Nr. 9 GG zu rechnen. Auch Art. 105 Abs. 2 GG könne nicht als Rechtsgrundlage für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes herangezogen werden. Gegen eine Regelung der verwandten Schutzrechte im Urheberrechtsgesetz wurden seitens der Länder grundsätzlich keine Bedenken erhoben. 142 Der Justizminister von Schleswig-Holstein wandte sich allerdings gegen die Gewährung eines Vervielfältigungsrechtes für den ausübenden Künstler in § 82 Satz 2. Es bestehe hier der gleiche Konflikt mit den Interessen der Urheber wie bei der öffentlichen Aufführung der Funksendung.143 Auch die Grundkonzeption des Entwurfes zum Filmrecht, nach der auf ein Urheberrecht für den Filmhersteller verzichtet und diesem statt dessen ein Leistungsschutzrecht zugebilligt wurde, begrüßten die Länder. 144 Mit Schreiben vom 22.07.1960 reichte die ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland eine Stellungnahme zu dem MinE ein. 145 Die Kultusministerien gingen dabei davon aus, daß ein Urheberrechtsgesetz auf der einen Seite die geistige Schöpfung durch einen wirksamen Schutz fördern müsse, andererseits die Teilnahme der Allgemeinheit an den Ergebnissen des kulturellen Schaffens nicht schmälern dürfe. 146 Im einzelnen wurde dann die in § 31 vorgesehene Beteiligung des Urhebers bemängelt.147 Gegen eine solche Festlegung einer angemessenen nachträglichen Beteiligung wurde vor allem angeführt, daß dann 140

Vgl. Vermerk in Β 141/2630 Bl. 034. Vermerk in Β 141/2630 B1.035. Eine Verbindung zum Urheberrecht könne weder durch den Gedanken, daß die dem einzelnen Urheber aus der Urhebernachfolgevergütung gewährten Beträge eine Art Vorschuß auf die nach Ablauf der Schutzfrist aus seinem Werk gezogenen Einnahmen seien, noch damit begründet werden, daß die Urhebernachfolgevergütung den bisherigen urheberrechtlichen Grundsatz der Gemeinfreiheit einschränke. 142 Vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.036ff. 143 Vermerk in Β 141/2630 B1.038. Die im RefE für die Versagung des Vervielfältigungsrechtes angeführten Gründe träfen nach wie vor zu. 144 Vgl. dazu Vermerk in Β 141/2630 B1.041. 145 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 108 ff. Die Stellungnahme beruhte auf der Erörterung des MinE in der 77. Plenarsitzung am 30.06./01.07.1960. 146 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 108. Danach brachte der MinE gegenüber dem RefE Ergänzungen und Neuerungen, die wichtigen, in letzter Zeit erhobenen kulturpolitischen Forderungen entsprechen würden, die schon seit längerer Zeit erkennbar seien und besonders die Kulturressorts beschäftigen würden. 147 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 108. Es würden keineswegs die sozialen und ethischen Gedanken verkannt, die zu diesem Gesetzesvorschlag geführt haben. Die Bemühungen, der geistigen Arbeit in jedem Falle auch ihren verdienten Lohn zu sichern, sei zu begrüßen. Dennoch begegne diese Vorschrift erheblichen Bedenken. 141

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jene Nutzungsberechtigten, welche die Urheber geistigen Eigentums fördern, keine rechtlichen Bindungen mehr eingehen werden, da das Risiko eines Vertragsabschlusses künftig einseitig zu Lasten des Nutzungsberechtigten gehen werde. Ein wirtschaftlicher Ausgleich sowohl hinsichtlich eines einzelnen als auch einer Mehrzahl von Urhebern sei nicht mehr gewährleistet. 148 Auch der Einführung des Folgerechts könne in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden. Diese Fassung des Entwurfes lasse erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob der wirtschaftliche Erfolg des Folgerechts noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand stehe, der mit dieser Institution mit Sicherheit verbunden sei. 149 Bei grundsätzlicher Zustimmung der dem Folgerecht zugrunde liegenden Rechtsidee traten daher die Kultusminister für eine die Erfahrungen des Auslandes berücksichtigende Verbesserung des §41 ein. In besonderem Maße befaßte sich die Kultusminister-Konferenz zudem mit den Vorschlägen des MinE, die Schulfragen berührten. Bringe der MinE (§ 43 Abs. 1) gegenüber dem RefE (§40 Abs. 1) bereits eine für den Unterricht fühlbare Einschränkung des Umfanges der zur Vervielfältigung freigegebenen Werke, so habe insbesondere die Einführung einer angemessenen Vergütung zugunsten des Urhebers (§43 Abs. 4) weittragende Konsequenzen für die im Unterricht verwendeten Lehrbücher. 150 Hier wurde neben der Sorge, daß sich Lehr- und Lernbücher verteuern würden, die Befürchtung angesprochen, daß sich Schulbuchverleger und Schulbuchverfasser, um eine Kostenerhöhung zu vermeiden, auf Werke beschränken würden, die dem Urheberrechtsschutz nicht mehr unterworfen seien. § 43 Abs. 4 sollte daher nach Ansicht der Kultusminister gestrichen werden. 151 Bei § 49 Abs. 1 Ziff. 1 i. V. m. § 18 Abs. 6 sei schließlich noch zu befürchten, daß Schulveranstaltungen, die der Erziehung dienen und im wesentlichen nur für einen mit der Schule in Verbindung stehenden Teilnehmerkreis bestimmt seien, gefährdet würden. Es müsse daher bei § 18 Abs. 6 oder zumindest durch eine Erläuterung in der Begründung zum Gesetzentwurf klargestellt werden, daß Veranstaltungen von Schulen in Schulräumen nicht als öffentliche Veranstaltungen dienen, wenn sie im wesentlichen für einen solchen Teilnehmerkreis bestimmt seien.152 148

Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 109. Darüber hinaus greife die vorgeschlagene Regelung in das bestehende Rechtssystem ein. Es sei nicht zu erkennen, aus welchem Grunde der „Mehrgewinn" im Sinne des Folgerechts nur bei öffentlichen Versteigerungen abgeschöpft werden soll und nicht bei allen Veräußerungsarten. Die Beschränkung des Folgerechts auf die öffentlichen Versteigerungen erscheine unsystematisch und willkürlich (vgl. Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 109). 150 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 110. 151 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 110. Dagegen wurde die besondere Berücksichtigung der Schulfunksendungen im MinE (§ 44) dankbar begrüßt. 152 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 111. Schulveranstaltungen würden im allgemeinen gewisse Ausgaben für Notenmaterial, Rollenbücher, Dekoration usw. mit sich bringen, wofür den Schulen keine Mittel zur Verfügung stehen würden. Es müsse auf alle Fälle vermieden werden, daß die für das Erziehungswesen und die Ausbildung der Kin149

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Zu der Einführung der Urhebernachfolgevergütung wies die Kultusminister-Konferenz auf die bereits mehrfach angesprochenen rechtlichen, insbesondere verfassungsrechtlichen Probleme hin. Da es sich um eine öffentlich-rechtliche Leistung handele, sei es zweifelhaft, ob und inwieweit die Erhebung und Verwendung einer solchen Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz und überhaupt vom Bundesgesetzgeber geregelt werden könne.153 Auf jeden Fall aber gehöre die Verwaltung der durch diese Abgabe aufgebrachten Mittel in die Zuständigkeit der Länder. 154 Abschließend regten die Kultusminister an, die Mittel unabhängig davon zu verteilen, welcher Gruppe von Urhebern sie zu verdanken waren. Dadurch könne eine Benachteiligung einzelner Urhebergruppen vermieden werden. 155 Schließlich arbeitete auch die Bundesrichterin Dr. Gerda Krüger-Nieland eine kurze Stellungnahme zu dem MinE aus, welche von dem Plenum des I. Zivilsenates des BGH beraten und mit Schreiben vom 14.10.1960 an das BMJ weitergeleitet wurde. Der Senat stimmte darin dem Wegfall des bislang in § 13 Abs. 2 LUG verankerten starren Melodienschutzes zu. 156 Zu dem in § 31 vorgestellten Anspruch des Urhebers auf Beteiligung gab der Senat zu bedenken, daß sich diese Regelung in gleicher Weise wie das Folgerecht in § 41 auch nachteilig auf die Möglichkeit von Vertragsabschlüssen auswirken könne.157 Es müsse jedenfalls klargestellt werden, daß eine solche Beteiligung nur in Betracht kommen solle, wenn die Erträgnisse unerwartet hoch seien und ein hinreichender Kausalzusammenhang zwischen der schöpferischen Leistung desjenigen Urhebers, der den Beteiligungsanspruch erhebe, und den unerwartet hohen Erträgen bestehe. Beanstandet wurde ferner die Bestimmung über die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 50 Abs. 1. Eine Beschränkung des Verbotes betreffend die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch mittels Ton- und Bildträger auf die Aufnahmen öffentlicher Werkwiedergaben ließ sich nach Ansicht des BGH kaum rechtfertigen. Weder vom Standpunkt des Urhebers noch des ausübenden Künstlers sei einzusehen, warum die ungenehmigte Festlegung seiner Leistung auf Bild- oder der unerläßlichen Schulaufführungen durch die Bestimmungen des Gesetzes eingeengt oder gar verhindert würden. 153 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 112. Auch äußerten die Kultusminister Bedenken dagegen, daß die Errichtung und Verfassung des Urheberfonds und die Einbeziehung der Urhebernachfolgevergütung in einer Rechtsverordnung geregelt würden. 154 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 112. Die vorgesehene Stiftung des öffentlichen Rechts könne deshalb nicht durch den Bund, sondern nur durch die Länder errichtet und beaufsichtigt werden. 155 Stellungnahme der Kultusminister-Konferenz in Β 141/2633 Bl. 112. 156 Stellungnahme des BGH in Β141/2637 Bl. 074 (Rückseite). Dem vor allem von den Musikverlegern vorgetragenen Anliegen, Schutz gegen unerwünschten geistigen Diebstahl nicht nur von Melodien, sondern auch von sonstigen ein Musikstück auszeichnenden individuellen Merkmalen zu gewähren, wurde nach Ansicht des BGH durch die vorgelegte Fassung des § 20 ausreichend Rechnung getragen. Danach war es der Rechtsprechung überlassen, darüber zu befinden, ob ein „selbständiges" Werk in „freier Benutzung" geschaffen worden ist. 157 Stellungnahme des BGH in Β 141/2637 B1.075.

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Tonträger gestattet sein solle, wenn die Werkwiedergabe im Rahmen einer nicht öffentlichen Veranstaltung stattfinde. 158 Abschließend äußerte sich der BGH noch zu dem Schutz des ausübenden Künstlers in §§ 81 ff. Bedenklich erschien es nach Ansicht des Senates, dem ausübenden Künstler für die mittelbare Verwertung seiner Leistung durch Benutzung von den mit seiner Erlaubnis hergestellten Tonträgern zur Funksendung oder öffentlichen Aufführung kein Verbotsrecht, sondern nur einen Vergütungsanspruch zu gewähren (vgl. § 83 Abs. 2, § 84). 159 Die gesetzliche Festlegung eines Verbotsrechtes dürfte nach Ansicht des Senates auch dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit dienlicher sein als die Zuerkennung eines Vergütungsanspruches, weil ein Verbotsrecht die Beteiligten zu klaren vertraglichen Abmachungen über die Höhe des Entgeltes für die gewünschte Nutzungsart zwinge, während die Verweisung auf eine angemessene Vergütung die Gefahr mannigfaltiger Streitigkeiten heraufbeschwö-

I I I . Beratungen zu dem Ministerialentwurf 1. Die Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheberund Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in München Der MinE war zuerst Gegenstand einer Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in München. Unter dem Vorsitz von Prof. Ulmer, teilweise vertreten durch Dr. von Erffa, wurde der MinE von den Teil158 Stellungnahme des BGH in Β141/2637 Bl. 076. Das Problem, wie eine angemessene Vergütung für die Urheberberechtigten wie auch für die ausübenden Künstler für die Nutzung ihrer Leistung durch private Tonbandaufnahmen sichergestellt werden könnte, ohne den privaten Nutzer vor unüberwindliche Schwierigkeiten zu stellen, würde sich überhaupt nur durch ein Pauschalabkommen zwischen Urheberrechts- und Leistungsschutzverwertungsgesellschaften und den Herstellern von Tonbandgeräten oder Tonbändern sinnvoll lösen lassen. 159 Stellungnahme des BGH in Β141/2637 Bl. 077. Bei einer solchen Regelung wäre es dem ausübenden Künstler, der seine Wiedergabeleistung etwa nur für die Herstellung von Schallplatten für den privaten Gebrauch zur Verfügung zu stellen wünscht, verwehrt, dagegen einzuschreiten, daß vertraglich nicht gebundene Dritte sie für öffentliche Aufführungen oder Funksendungen benutzen, obwohl hierdurch die persönlichkeitsrechtlichen sowie auch die wirtschaftlichen Interessen des ausübenden Künstlers in ganz anderer Weise berührt werden als durch Wiedergabe seiner Leistung im privaten Bereich. 160 Stellungnahme des BGH in Β141/2637 Bl. 077 (Rückseite). Demgegenüber erschien die Befürchtung, die ausübenden Künstler könnten Verbotsrechte dazu ausnutzen, mechanische Musikdarbietungen grundsätzlich zu unterbinden, die nach den erläuternden Bemerkungen zum MinE (S. 69) maßgebend für ihre Beschränkung auf einen Vergütungsanspruch sein sollte, nicht so schwerwiegend, weil Mißbräuchen bei der Ausübung eines Verbotsrechtes durch § 242 BGB begegnet werden könne.

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nehmern abschnittsweise erörtert. 161 Nach einer lebhaften Diskussion setzte sich ein Teil des Ausschusses dafür ein, die Vorschrift des § 54 MinE über die Erschöpfung des Verbreitungsrechtes und die sogenannte Vermietgebühr dem § 14 über das Verbreitungsrecht als Abs. 2 anzufügen. 162 In der sich anschließenden Erörterung über den Inhalt der Vermietgebühr sprach sich Prof. Hubmann mit Nachdruck dafür aus, dieses „Ausleihrecht" als Auschließlichkeitsrecht auszugestalten.163 Überwiegend wurde jedoch innerhalb des Ausschusses die Auffassung vertreten, es bei dem Vergütungsanspruch zu belassen.164 Weiterhin sprach sich die Mehrheit des Ausschusses für die Beibehaltung der ebenfalls neuen Vorschriften über die Beteiligung des Urhebers in § 31 MinE 1 6 5 und über das Folgerecht in § 41 1 6 6 aus. Bei der Erörterung der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 50 Abs. 1 ging es vor allem um die Frage, ob die Aufnahme eines durch Funk gesendeten Werkes auf Bild- oder Tonträger zum persönlichen Gebrauch entsprechend der jetzigen Fassung des MinE für zulässig erachtet werden sollte. Für den Fall, daß man sich gegen die Zulässigkeit wandte, wurde als einzige Möglichkeit der praktischen Durchsetzung ein Vergütungsanspruch zugunsten des Urhebers gegen den Hersteller der Apparate vorgeschlagen.167 Nach ergiebiger Diskussion lehnte die große Mehrheit einen derartigen Anspruch gegen die Hersteller der Geräte allerdings ab. Außerdem beschloß der Ausschuß mit überwiegender Mehrheit, die Vorschrift in § 50 Abs. 2, wonach die Vergütungspflicht entfallen sollte, wenn die Vervielfältigungsstücke von Behörden zum inneramtlichen Gebrauch hergestellt wurden, zu streichen. 168 Ebenfalls gestrichen werden sollte die als mittlerweile „antiquiert" angesehene Vertonungsfreiheit in § 51. 169 Während sich Dr. Richartz weiterhin für ein ewiges Urhe161 v g l Protokoll über die Arbeitssitzungen des Ausschusses in Β141/2633 Bl. 117 ff. Aus der Anwesenheitsliste im Anhang läßt sich entnehmen, daß neben namhaften Urheberrechtlem und Sachverständigen (genannt seien u. a. Dr. Baum, Prof. Bussmann, Dr. von Erffa, Dr. Fromm, Dr. Haensel, Prof. Hubmann, Dr. Krüger-Nieland, Dr. Richartz oder auch Dr. Schulze) auch Regierungsdirektor Schneider und Amtsgerichtsrat Schiefler vom BMJ sowie Oberregierungsrat Dr. Geissler vom BlnM zumindest zeitweise an den Sitzungen teilnahmen. 162

Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 121. Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 121. Man sollte sich nach Ansicht Prof. Hubmanns davor hüten, urheberrechtliche Befugnisse von Gesetzes wegen in bloße Tantiemeansprüche zu verwandeln. Im Gegensatz zu einem Vergütungsrecht gebe das Ausschließlichkeitsrecht dem Urheber die Möglichkeit, eine Vergütung auszuhandeln, während diese sonst auf eine angemessene Vergütung angewiesen seien. 164 Vgl. Bemerkung von Dr. Fromm in Protokoll der Arbeitssitzungen in Β141/2633 Bl. 121. 165 Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 125. 166 Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 127. 167 Vgl. Ausführungen Dr. Schulze in Protokoll der Arbeitssitzungen in Β141/2633 Bl. 130. 168 Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 131. Dagegen sollten die öffentlichen Bibliotheken und öffentlichen wissenschaftlichen Institute nach § 50 Abs. 2 von der Vergütungspflicht befreit bleiben. 163

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Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 131.

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berrecht einsetzte, ergab die Abstimmung zu dieser Eingabe, daß die Mehrheit der Anwesenden die 50jährige Schutzfrist begrüßte. 170 Auch das Institut der Urhebernachfolgevergütung wurde eingehend erörtert, wobei die bekannten Argumente für und wider diese Einrichtung zur Sprache kamen. 171 Im Ergebnis wurde die Schaffung eines Urheberfonds abgelehnt.172 Neben den Bestimmungen über den ausübenden Künstler 173 war weiterer Schwerpunkt der Arbeitssitzung das Filmrecht. Der MinE mußte sich den Vorwurf gefallen lassen, er mache aus dem Gesamtwerk Film ein „Flickwerk". Völlig verfehlt sei es, dem Filmhersteller ein Leistungsschutzrecht zu gewähren, an dem er selbst kein Interesse habe.174 Dieser Kritik entgegnete das BMJ, daß der Entwurf das Filmwerk als einheitliches Werk bestehen und nur offen lasse, wer dessen Urheber sei. Aus praktischen Gründen gewähre der Entwurf dem Produzenten ein eigenes Leistungsschutzrecht, das vor allem bei Filmen Bedeutung erlange, die keinen Werkcharakter besitzen, und das über die Verwertungsrechte hinaus dem Filmhersteller ein eigenes droit moral zuspreche.175 2. Die Besprechungen mit den Interessenverbänden

im BMJ

Um die Änderungen gegenüber dem RefE und vor allem die Lösungsvorschläge zu den neu eingefügten Rechten umfassend erörtern zu können, lud dann das BMJ, ähnlich wie nach Erscheinen des RefE, die einzelnen Interessenverbände zu weiteren Beratungen ein. Die Sitzungen fanden jeweils unter dem Vorsitz von Dr. Joel im BMJ statt. Begonnen wurde am 06.09.1960 mit einer Besprechung über die Frage der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§50 Abs. 1 MinE). Neben den be170 Auch Dr. Schulze befürwortete entsprechend seiner Stellungnahme (vgl. Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β 141/2626 B1.080) ein ewiges Urheberrecht, hielt diese Forderung aber für zur Zeit nicht realisierbar und schlug daher eine Verlängerung der Schutzdauer auf 80 Jahre post mortem auctoris vor, was allgemein abgelehnt wurde (vgl. Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 132). 171 Protokoll der Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 132. 172 Zur Abstimmung wurde die Frage gestellt, ob die Schaffung eines Urheberfonds erwünscht sei, der aus der Verwertung gemeinfrei gewordener Werke gespeist wird. Diese grundlegende Frage wurde bereits verneint, so daß sich die weitere Diskussion über die Erhebung der Urhebernachfolgevergütung und die Errichtung des Urheberfonds im einzelnen erübrigte, vgl. Protokoll der Arbeitssitzungen in Β141/2633 Bl. 133. 173 Protokoll der Arbeitssitzung in Β 141/2633 Bl. 138. In der Erörterung ging es insbesondere um den Vergütungsanspruch in § 84. Diese Bestimmung wurde als „rückschrittlich" bezeichnet, da sie dem ausübenden Künstler lediglich einen Vergütungsanspruch gewähre, während er nach geltendem Recht und nach der Rechtsprechung das ausschließliche Aufführungsrecht habe. Nach eingehender Aussprache beschloß der Ausschuß allerdings die Beibehaltung des § 84, um die sonst mögliche Kollision zwischen dem Verbotsrecht des Urhebers und dem des ausübenden Künstlers zu vermeiden. 174 So die Auffassung von Dr. Roeber in Protokoll der Arbeitssitzung in Β141/2633 Bl. 140. 175 Vgl. die Ausführungen von Regierungsdirektor Schneider in Protokoll über die Arbeitssitzungen in Β 141/2633 Bl. 141.

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troffenen Interessenverbänden 176 nahmen Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider, Amtsgerichtsrat Schiefler vom B M J und Oberregierungsrat Dr. Geissler vom B l n M an der Sitzung teil. Man war sich zunächst darüber einig, i m Grundsatz an der Vervielfältigungsfreiheit zum persönlichen Gebrauch festzuhalten. Fraglich war lediglich, ob für die modernen technischen Verviefältigungsverfahren der Tonbandaufnahme und der Foto- und Mikrokopie Ausnahmen von diesem Grundsatz vorgesehen werden sollten. 1 7 7 Die praktische Durchführbarkeit einer eventuellen Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit stieß allerdings nach wie vor auf große Schwierigkeiten. 1 7 8 I m Ergebnis fand der Kompromißvorschlag, dem Urheber einen Vergütungsanspruch gegen den Gerätebenutzer zu gewähren, am meisten Unterstützung. 179 A m Nachmittag desselben Tages ging es dann um die Frage der Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch § 50 Abs. 2 MinE. Abermals waren die Interessenverbände 180 , die Vertreter aus B M J und B l n M sowie diesmal auch Regierungsrat Dr. Gördel aus dem B W i M zusammengekommen. Wie auch bei der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch bereits festgestellt, stieß die praktische Durchführbarkeit eines Vergütungsanspruchs hier gleichermaßen auf Schwierigkeiten. Dennoch sollte an der Vergütungspflicht festgehalten werden. 1 8 1 Streitig blieb noch 176 Aus der Anwesenheitsliste in der Niederschrift über die Sitzung vom 06.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 028 ff. läßt sich entnehmen, daß u. a. der Bundesverband der deutschen Industrie, der Deutsche Musikverlegerverband, der Börsenverein deutscher Verlegerund Buchhändlerverbände, die Vereinigung der deutschen Schriftstellerverbände, der Deutsche Industrie- und Handelstag, der Deutsche Komponistenverband sowie Dr. Schulze als Vertreter der GEMA und auch einige Vertreter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung teilgenommen haben. 177 Vgl. Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Joel zu Beginn der Sitzung in Β 141/2638 B1.030. 178 Niederschrift der Sitzung am 06.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2638 B1.035ff. Die beste Lösung wäre eine Erfassung der Geräte- und Bandhersteller. Ein Vergütungsanspruch gegen diese sei aber urheberrechtlich nicht begründbar, da die urheberrechtlich relevante Werknutzung erst in der privaten Aufnahme liege. 179 Vgl. Schlußwort des Vorsitzenden Dr. Joel in Niederschrift der Sitzung vom 06.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 036. Damit wurden die anderen genannten Möglichkeiten wie das Verbot privater Tonbandvervielfältigungen, ein Vergütungsanspruch gegen Geräte- und Bandhersteller sowie die unbeschränkte Vervielfältigungsfreiheit im privaten Bereich fallengelassen. 180 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 um 15.00 Uhr in Β141/2638 B1.075. Neben den genannten Interessenverbänden waren jetzt auch einige betroffene Unternehmen vertreten, wie beispielsweise die Agfa AG, Siemens-Schuckertwerke AG oder Henkel u. Cie GmbH. 181 Dr. Joel erinnerte gegenüber dem Widerspruch der Industrie auch daran, daß nach geltendem Recht die Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch ganz verboten sei. Die im MinE vorgesehene Abschwächung des Verbotsrechtes zu einem Vergütungsanspruch sei bereits ein erhebliches Zugeständnis an die Industrie. Die Forderung, auch den Vergütungsanspruch zu streichen, gehe bei dieser Ausgangslage zu weit (vgl. Niederschrift der Sitzung am 06.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 B1.082).

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die Ausnahme von der Vergütungspflicht zugunsten öffentlicher Institute und Behörden und auch zugunsten der Blindenhörbüchereien. 182 Die Frage der Vermietgebühr

in § 54 Satz 2 MinE war Gegenstand einer Bespre-

chung am 09.09.1960. Nachdem den Anwesenden 1 8 3 und insbesondere dem Deutschen Leihbuchhändlerverband die Gelegenheit gegeben worden war, ihre Auffassungen zu der vorgeschlagenen Vermietgebühr darzulegen 184 , machte das B M J deutlich, daß man die Vermietgebühr grundsätzlich für gerechtfertigt halte. Entscheidend sei, daß das Werk durch das Vermieten, anders als durch den Verkauf, einem neuen, unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht und damit in einer neuen Form genutzt werde. 1 8 5 A n demselben Tag wurde in einer weiteren Sitzung noch über die Frage des Folgerechts in § 41 gesprochen. Die Teilnehmer 1 8 6 bestätigten die innere Berechtigung einer Beteiligung des Urhebers an der Wertsteigerung seiner Werke 1 8 7 , ungeklärt blieb allerdings die Frage der Ausgestaltung des Folge182

Seitens des BMJ hoffte man, daß es in dieser Frage zwischen den Beteiligten zu einer Vereinbarung kommen werde, da es nicht Sache des Gesetzgebers sei, in dieser Frage einzugreifen. Jedenfalls sei das BMJ jederzeit bereit, als Mittler für eine Vereinbarung tätig zu werden (vgl. Niederschrift in Β 141/2638 B1.084). 183 Entsprechend der Teilnehmerliste in der Niederschrift der Sitzung am 09.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 108 f. waren die Herren vom BMJ, BlnM, BWiM sowie Regierungsrat Dr. Halbach vom BArbM mit den von dieser Vorschrift besonders betroffenen Verbänden wie beispielsweise dem Deutschen Leihbuchhändlerverband, dem Verband Deutscher Lesezirkel, dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels und auch der Vereinigung der Deutschen Schriftstellerverbände zusammengekommen. 184 Niederschrift der Sitzung am 09.09.1960 um 10.00 Uhr in Β141/2638 Bl. 111. Der Deutsche Leihbuchhändlerverband wandte sich entsprechend seiner Stellungnahme entschieden gegen die Vermietgebühr. Der Leihbuchhandel vertrage keine weitere Belastung, da infolge der Verbreitung des Fernsehens und der Konkurrenz durch öffentliche Bibliotheken und Werksbüchereien der eigene Umsatz bereits ständig zurückgehe. 185 Die Befürchtung, der Leihbuchhandel werde durch die Einführung des Vergütungsanspruches ruiniert, erscheine übertrieben, da der Urheber lediglich einen Anspruch auf „angemessene" Vergütung habe. Bei der Bemessung der Vergütung werde daher auch auf die wirtschaftliche Lage des Leihbuchhandels Rücksicht zu nehmen sein, vgl. Ausführungen Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung am 09.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 112. 186 Hier waren außer den Vertretern von BMJ, BlnM, BWiM und BArbM u. a. der Bundesverband des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels, der Bund für freie und angewandte Kunst, der Bund Deutscher Landesberufsverbände bildender Künstler, der Börsenverein für den Deutschen Buchhandel und die Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände vertreten, vgl. Anwesenheitsliste der Sitzung vom 09.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 135. 187 Vgl. Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung vom 09.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 138. Auch Dr. Joel gab zu bedenken, daß der bildende Künstler nach der bisherigen Ausgestaltung des Urheberrechts im Verhältnis zu den anderen Kunstsparten Musik und Literatur benachteiligt sei. Wahrend Komponisten und Schriftsteller schon heute an einer späteren Wertsteigerung ihrer Werke durch Aufführungstantiemen und Honorare für Neuauflagen teilhätten, gebe der bildende Künstler den vom Original repräsentierten Wert seines Werkes durch die Veräußerung endgültig aus der Hand. Es erscheine gerechtfertigt, auch hier eine fortdauernde Verbindung zwischen Künstler und Werk anzuerkennen, vgl. Ausführungen in Niederschrift dieser Sitzung in Β141/2638 Bl. 136.

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rechtes im einzelnen.188 Überwiegend ging die Auffassung dahin, daß von einer Beschränkung des Folgerechts auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen abgesehen werden sollte und nunmehr jeder gewerbliche Veräußerungsakt, also auch die Verkäufe im Kunsthandel erfaßt werden sollten. 189 Zur Aussprache über das Filmrecht in §§ 93 bis 98 am 12.09.1960 waren die Vertreter und Sachverständigen aus der Filmbranche, von Seiten des Rundfunks und der Urheber fast vollständig erschienen. 190 Die jeweiligen Bestimmungen des MinE wurden einzeln durchgesprochen, wobei die grundsätzliche Neuerung gegenüber dem RefE, dem Filmhersteller nicht mehr kraft gesetzlicher Fiktion das Urheberrecht am Filmwerk zuzusprechen, sondern diesen entsprechend der Vorstellung Ulmers auf ein Leistungsschutzrecht zu verweisen, nicht in Frage gestellt werden sollte. 1 9 1 Zwischenzeitlich wurde angeregt, angesichts der bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung der besonderen Bestimmungen für Filmwerke den dritten Teil des Entwurfes ganz zu streichen und die Regelung des Filmrechts insgesamt dem vom BMJ geplanten Urhebervertragsgesetz vorzubehalten. 192 Dagegen hielt man es seitens des BMJ für bedenklich, einen der umstrittensten Teile des Urheberrechtes ungeregelt zu lassen und die Rechtsprechung weiterhin mit Entscheidungen zu belasten, welche eigentlich vom Gesetzgeber zu treffen seien.193 Das Filmrecht sollte also weiterhin Gegenstand des neuen Urheberrechtsgesetzes sein und eine möglichst alle Interessen berücksichtigende Lösung gefunden werden. 194 188

Hauptproblem war hier die Frage, welche Verkaufsarten erfaßt werden sollten. Dr. Haertel vom BMJ gab zu, daß die vom MinE vorgesehene Beschränkung auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen aus dem Wesen des Folgerechts nur schwerlich zu rechtfertigen sei. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen eine solche Differenzierung allerdings nicht. Der Gleichheitsgrundsatz sei nur verletzt bei einer willkürlichen, ohne sachlichen Grund vorgesehenen Ungleichbehandlung gleicher Tatbestände, wovon im vorliegenden Fall keine Rede sein könne, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 09.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 139. 189 Niederschrift der Sitzung vom 09.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 143. 190 Außer den bereits genannten Vertretern aus BMJ, BlnM, BWiM und BArbM waren hier zusätzlich noch Regierungsrat Dr. Hillner vom BWiM und Regierungsrat Josephi vom BlnM sowie die Sprecher von ARD, SPIO, dem Verband Deutscher Filmautoren, dem Deutschen Musikverlegerverband, dem Bundesverband der Deutschen Industrie, der GEMA u. a. zusammengekommen (vgl. Anwesenheitsliste der Sitzung vom 12.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/ 2638 Bl. 175.) 191 Vgl. die einführenden Worte Dr : Joels in Niederschrift der Sitzung am 12.09.1960 in Β141/2638 Bl. 175. Eine Aussprache über die Frage, wer Urheber des Film Werkes sei, halte er für entbehrlich. Der MinE habe bewußt auf eine Definition des Filmurhebers verzichtet, weil insoweit allgemeine Regeln nicht aufgestellt werden könnten. 192 Vgl. Wortmeldung Dr. Schuhes (GEMA) in Niederschrift der Sitzung vom 12.09.1960 in Β 141/2638 Bl. 181. Da der Entwurf die materiellrechtliche Frage, wer Urheber des Film Werkes sei, nicht entscheide, enthalte der 3. Teil praktisch nur Vertragsrecht. Eine Vordringlichkeit der Regelung sei nicht ersichtlich, sie bringe den Urhebern keinen nennenswerten Vorteil und werde offenbar auch von der Filmindustrie abgelehnt. 193 Niederschrift der Sitzung am 12.09.1960 in Β141/2638 Bl. 181. 194 Bei der weiteren Aussprache über die einzelnen Bestimmungen erfuhr auch die Regelung über den Beteiligungsanspruch des Urhebers bei krassem Mißverhältnis in § 31 eingehende

2. Kap., E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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Über die Rechte der ausübenden Künstler, der Tonträgerhersteller und der Sendeunternehmen (§§81 bis 92) wurde in einer weiteren Sitzung am 27. und 28.09.1960 beraten. Die Vorschläge des M i n E zur Ausgestaltung der Leistungsschutzrechte konnten von den Anwesenden 1 9 5 i m einzelnen weitgehend gebilligt werden. 1 9 6 Offen blieb die Abgrenzung des Begriffs „ausübender Künstler" 1 9 7 und die allgemeine Frage, ob das Gebiet der Leistungsschutzrechte aus dem Urheberrechtsgesetz herauszulösen und in ein besonderes Gesetz 198 zu verweisen sei. Beide Fragen sollten anhand der vorgetragenen Argumente vom B M J nochmals geprüft werden. Schließlich fand am 21.10.1960 eine Besprechung zur Urhebernachfolgevergütung (§§69 bis 74) statt. Neben den bereits bei den anderen Sitzungen anwesenden Ministerien und den Vertretern fast sämtlicher Interessenkreise waren hier auch Oberregierungsrat Dr. Köble und Frl. Sachse vom Bundespräsidialamt zugegen. 199 Nach einer intensiven Aussprache zeichnete sich ab, daß die Notwendigkeit einer Unterstützung und Förderung der Urheber auch von Seiten der Verleger und der übrigen Werknutzer anerkannt wurde. 2 0 0 Nur die Verfolgung dieses Ziels i m Urheberrechtsgesetz wurde überwiegend abgelehnt. 201 Das B M J gab jedoch zu bedenken, Kritik. Von der Filmindustrie wurde vehement gefordert, die Anwendung dieser Bestimmung in §95 auszuschließen. Es sei ein Grundprinzip der Filmwirtschaft, daß mit dem Gewinn eines Erfolgsfilmes andere Filme ausgeglichen werden müßten. § 31, der eine solche gesamtwirtschaftliche Betrachtung nicht zulasse, würde den notwendigen Ausgleich unmöglich machen, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 12.09.1960 in Β 141/2638 Bl. 186. 195 Der Anwesenheitsliste in der Niederschrift der Sitzung vom 27./28.09.1960 in Β141/2639 B1.046ff. läßt sich entnehmen, daß zu dieser Beratung ein sehr umfangreicher Teilnehmerkreis zusammengekommen war. Vertreten waren das BMJ, BlnM, BWiM und auch wieder BArbM sowie zahlreiche Interessenverbände wie beispielsweise der Deutsche Musikverlegerverband, der Verband Deutscher Bühnenverleger, der Bundesverband der Deutschen Industrie, die Deutsche Orchestervereinigung, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, der Deutsche Bühnenverein, die SPIO und die GEMA. 196 Vgl. abschließende Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung vom 27./28.09.1960 um 10.00 Uhr in Β 141/2639 Bl. 068. 197 Die Diskussion über die Abgrenzung des Begriffs „ausübender Künstler" wurde mit einer Abstimmung über die Frage geschlossen, ob der Leistungsschutz auf andere persönliche oder künstlerische Leistungen erstreckt werden sollte, die nicht in der Darbietung eines Werkes bestanden. Diese Frage wurde jedoch mit großer Mehrheit verneint (vgl. Niederschrift der Sitzung vom 27./28.09.1960 in Β 141/2639 B1.053). 198 Gegen die vielfach erhobene Forderung, die Leistungsschutzrechte in ein Sondergesetz zu verweisen, wurde vorgetragen, daß das Urheberrechtsgesetz nicht nur Inhalt und Umfang des Urheberrechtes, sondern auch die wirtschaftliche Verwertung des Werkes regeln sollte. Dazu gehöre auch die Verwertung durch den Interpreten, vgl. Argumentation in Niederschrift der Sitzung vom 27./28.09.1960 in Β141/2639 B1.049. 199 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β 141/2639 Bl. 167 f. 200 Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β 141/2639 Bl. 176. 201 Auch das BMJ war sich bewußt, daß sich die vorgeschlagene Urhebernachfolgevergütung an der Grenze des Urheberrechts bewege. Rechtsdogmatisch lasse sich leichter gegen die Urhebernachfolgevergütung argumentieren als für sie. Entscheidend sei aber letztlich nicht die

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daß zur Zeit keine Aussicht bestehe, eine Urheberhilfe auf andere Weise als durch die Urhebernachfolgevergütung zu erreichen. 202 Im folgenden wurde daher noch über die einzelnen Bestimmungen des MinE zur Urhebernachfolgegebühr gesprochen.203 3. Weitere Besprechungen Abgesehen von diesen Unterredungen, in denen jeweils ein Themenschwerpunkt des MinE mit sämtlichen betroffenen Interessenkreisen erörtert wurde, fanden auf Veranlassung des BMJ weitere Besprechungen mit jeweils nur einzelnen Verbänden, den Landesjustizverwaltungen, den Bundesressorts oder auch den Urhebern statt. So wurde am 02.09.1960 mit den Vertretern des Bundesarchivs, des Vereins Deutscher Bibliothekare und der Deutschen Forschungsgemeinschaft über die besonderen Probleme der Bibliotheken und Archive nach dem MinE gesprochen. 204 Wenngleich keine Übereinstimmung erreicht werden konnte, ob die Belange der Geschichtswissenschaft eine Sonderregelung notwendig machen und wie eine solche Begünstigung gegebenenfalls abzugrenzen sei, erklärte sich das BMJ dennoch bereit, diese Frage einer näheren Prüfung zu unterziehen. 205 Auch sollten zwei gesonderte Besprechungen am 14.12.1960 mit Vertretern des Deutschen Musikverlegerverbandes in Mainz und am 12.01.1961 mit Vertretern des Börsenvereins in Stuttgart der Aussprache über die praktische Durchführbarkeit einer Urhebernachfolgevergütung dienen.206 Es stellte sich heraus, daß besonders im Musikverlag, aber auch im Buchverlag eine Einzelabrechnung der Urhebernachfolgevergütung zwar technisch durchführbar, aber mit einem zu dem Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis stehenden Arbeits- und Kostenaufwand verbunden wäre. Die Vertreter beider Verlagszweige setzten sich dafür ein, wegen der geringen Beträge das Verlagsgeschäft ganz von der Urhebernachfolgevergütung freizustellen. Gleichzeitig zeigten sie jedoch ein gewisses Verständnis dafür, daß, wenn es zur juristische Konstruktion, sondern die Frage, ob man im Ergebnis die Urhebernachfolgevergütung wolle oder nicht, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β 141/2639 Bl. 169f. 202 Vgl. Ausführungen Dr : Haertels in Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β 141/ 2639 Bl. 176. 203 Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β141/2639 Bl. 180ff. Auf jeden Fall sollte der Urheberfonds so ausgestaltet werden, daß kein staatlicher Einfluß auf seine Tätigkeit ausgeübt werden könne. Die Organisation des Urheberfonds und insbesondere das Verteilungsverfahren sollten weitgehend nach dem Vorbild der deutschen Künstlerhilfe ausgestaltet werden. 204 y g l Vermerk des BlnM in Β141/2635 Bl. 166 ff. Die Beratung fand in den Räumlichkeiten des Bundesarchivs in Koblenz statt. Die teilnehmenden Gäste wiesen darauf hin, daß die wissenschaftliche zeitgeschichtliche Forschung, an der ein starkes öffentliches und politisches Interesse bestehe, durch die Ausübung persönlichkeitsrechtlicher oder urheberrechtlicher Befugnisse erheblich beeinträchtigt oder sogar unmöglich gemacht werden könne. 205

Vermerk des BlnM in Β 141/2635 Bl. 167. 206 y g l Vermerk des BMJ über diese beiden Beratungen in Β 141/2644 Bl. 065 ff.

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Einführung der Urhebernachfolgevergütung kommen sollte, diese grundsätzlich alle Verwertungsarten erfassen müsse.207 In einer Besprechung mit Vertretern des Rundfunks am 11.01.1961 konnten die Bedenken des Rundfunks gegen die in § 62 vorgesehene Regelung über die gesetzliche Lizenz zwar weitgehend ausgeräumt werden 208, die Vertreter des Rundfunks wandten sich jedoch weiterhin gegen die Zuerkennung von Verbotsrechten an ausübende Künstler. Es bestehe die Gefahr, daß solche Rechte zur Durchsetzung sachfremder Forderungen mißbraucht werden können.209 Auch diesem Einwand konnte allerdings vom BMJ insoweit begegnet werden, als darauf hingewiesen wurde, daß die ausübenden Künstler bereits nach geltendem Recht aus ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 2 Abs. 2 LUG) Verbotsrechte hätten. Im übrigen müsse zwischen freien und fest angestellten Künstlern unterschieden werden, wobei hinsichtlich der freien Künstler die Gefahr einer Kollektivierung der Rechte bereits durch § 85 weitgehend gemildert sei. 210 Unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des BGH, wonach sich die Ausübung der Rechte des fest angestellten ausübenden Künstlers nach dem Arbeitsverhältnis richten sollte 211 , hielt man es seitens des Rundfunks für wünschenswert, den Vorrang des Arbeitsvertrages im Gesetz selbst hervorzuheben. 212 Daraufhin erging der Vorschlag, das Problem des Arbeitnehmers, das auch für den Bereich des Urheberrechts bedeutsam sei, bereits im ersten Teil des Gesetzes durch eine generalklauselartige Bestimmung zu regeln und im zweiten Teil lediglich auf diese Bestimmung zu verweisen. 213 Das BMJ versprach, diese Anregung zu prüfen. Am 30.01.1960 trafen sich die Vertreter des BMJ mit einigen prominenten Urhebern in München, um grundsätzliche Fragen der Urheberrechtsreform zu beratschlagen. An diesem Treffen unter dem Vorsitz von Staatssekretär Dr. Strauß nahmen Ministerialdirektor Dr. Joel, Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor 207

Vermerk des BMJ in Β 141/2635 Bl. 066. 208 v g l Vermerk des BMJ zu dieser Besprechung am 11.01.1961 in Β 141/2644 Bl. 071 f. Als Teilnehmer waren in dem Vermerk Prof. Brack, Prof. Bussmann, Dr. Straschnov und Dr. Wagner für den Rundfunk genannt sowie Ministerialrat Dr. Haertel, Amtsgerichtsrat Dr. Schiefler und Regierungsdirektor Dr. Schneider vom BMJ. Nach Darlegung der Gründe für die Anknüpfung der gesetzlichen Lizenz an den Tatbestand der Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts durch das BMJ zogen die Vertreter ihre Bedenken gegen diese Bestimmung des § 62 zurück. 209

Vermerk des BMJ zu der Besprechung mit Vertretern des Rundfunks in Β 141/2644 B1.073. 210 § 85 sah vor, daß der ausübende Künstler stets die Befugnis behielt, die in §§ 81, 82 und 83 geplante Einwilligung auch selbst zu erteilen. 211 Vgl. „Figaros Hochzeit" in BGHZ 33, 20 (34ff.). 212 Vermerk des BMJ zu der Besprechung mit den Vertretern des Rundfunks in Β141/2644 Bl. 074. Die Frage sei für den Rundfunk von so bedeutendem Interesse, daß er insoweit nicht gern allein auf die Rechtsprechung angewiesen sei. 213 So der Vorschlag von Prof Bussmann in dem Vermerk des BMJ zu dem Treffen mit Vertretern des Rundfunks in Β141/2644 B1.074. Das BMJ sagte eine Prüfung dieser Anregung zu.

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Schneider, Amtsgerichtsrat Schiefler vom BMJ und auch Ministerialrat Dr. Gussone vom BlnM teil sowie als geladene Gäste die Urheber Dr. Kasimir Edschmid, Prof. Werner Egk, Hermann Kasack und Prof. Max von Unold, welche schon bei den Diskussionen um den RefE zu Rate gezogen worden waren. 214 Gesprochen wurde über die Vermietgebühr (§ 54 Satz 2), die Schranken der Verwertungsrechte, insbesondere über die Aufführungsfreiheit (§ 49) und die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§ 50 Abs. 1), das Folgerecht (§41) und die Urhebernachfolgevergütung (§§ 69-74). Die anwesenden Urheber begrüßten sämtliche dieser neu vorgeschlagenen Regelungen, insbesondere auch die Einführung der lange geforderten Urhebernachfolgevergütung. 215 Die Bedenken der Verleger gegen diese Institution seien nicht überzeugend. Auch die ablehnende Haltung einzelner Autoren solle nicht ernst genommen werden. Es handele sich hier um einige Außenseiter, die das Ganze nicht übersehen könnten.216 Weniger aufschlußreich waren dagegen die Sitzungen mit den Landesjustizverwaltungen vom 17. bis 19.01.1961 und am 21.06.1961 im BMJ. In der ersten Sitzung vom 17. bis 19.01.1961 sprachen Vertreter von BMJ, BlnM, BArbM, BFamM sowie vom Bundespräsidialamt und dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung mit den jeweils anwesenden Justizministerien, Kultusministerien sowie teilweise auch Wirtschafts- oder Arbeitsministerien der Länder. 217 Nach einer kurzen Grundsatzerörterung, betreffend die Beibehaltung der Regelung über die Leistungsschutzrechte im Urheberrechtsgesetz 218, wurden die einzelnen Paragraphen des MinE aufgerufen und diskutiert. Besondere Schwerpunkte waren u. a. das Folgerecht, welches im Grundsatz von den Vertretern der Justizressorts meist abgelehnt, von den Vertretern der Kulturressorts dagegen überwiegend gebilligt wurde 219 , und die Urhebernachfolgevergütung 220. 214

Vgl. Vermerk des BMJ zu diesem Treffen in Β 141/2646 Bl. 069. Lediglich der Komponist Professor Egk fürchtete die Aufgabe der ursprünglich in §73 Abs. 2 MinE vorgesehenen Spartenbindung und forderte nachdrücklich eine Verteilung der aus der Musik fließenden Einnahmen der Urhebernachfolgevergütung durch die GEMA nach deren Verteilungsschlüssel für ernste Musik, vgl. Vermerk in Β 141/2646 B1.075. 216 So die Formulierung von Dr. Edschmid in dem Vermerk in Β 141/2646 B1.073f. 217 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 17.-19.01.1961 in Β141/2645 Bl. 119 f. 218 Im Ergebnis sprach sich die Mehrheit der Teilnehmer für die Regelung auch der Leistungsschutzrechte in dem neuen Urheberrechtsgesetz aus, vgl. Niederschrift der Sitzung vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 121. 219 Niederschrift der Sitzung vom 17.-19.01.1961 in Β141/2645 Bl. 127ff. In der sich anschließenden Debatte über die Ausgestaltung des Folgerechts wurde die vorgesehene Erstrekkung auf alle Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr begrüßt. Das BMJ sagte daraufhin eine nochmalige Überprüfung der Bestimmung zu. 220 Nachdem über die verfassungsrechtliche Frage der Gesetzgebungsbefugnis des Bundes keine Einigung erzielt werden konnte, wurde über die sachliche Berechtigung und die Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung diskutiert. Die Bedenken der Kulturressorts richteten sich dabei hauptsächlich gegen den in § 74 vorgesehenen Urheberfonds, vgl. zur Vertiefung Niederschrift der Sitzung vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 145ff. 215

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Letztere war dann auch Gegenstand der Erörterung am 21.06.1961. Die Vertreter der Landesjustizverwaltungen und der übrigen beteiligten Länderressorts mit Ausnahme der Landeskultusverwaltungen hielten weiterhin an ihrer Auffassung fest, daß die Einführung der Urhebernachfolgevergütung in Gestalt eines privatrechtlichen Anspruches nicht zweckmäßig sei und dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für eine solche Regelung nicht zustehe.221 Unter Vorbehalt dieser viel diskutierten Grundsatzfrage wurde aber dennoch ausführlich über eine mögliche Ausgestaltung der Urhebernachfolgegebühr gesprochen. Ziel des BMJ war es nunmehr, die Urhebernachfolgevergütung so „länderfreundlich" auszugestalten, wie es bei einer privatrechtlichen Konstruktion der Urhebernachfolgevergütung als Teil des Sachgebietes Urheberrecht nur irgend möglich sei. Dementsprechend sollten lediglich die Voraussetzungen und die Höhe des Anspruches im Gesetz abschließend geregelt werden und die Errichtung und Organisation des Urheberfonds sowie die Verteilung der Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung dagegen den Ländern überlassen bleiben. 222 4. Die Sitzung der Sachverständigenkommission Auch die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht traf sich zu einer Beratung vom 30.01.1961 bis zum 03.02.1961 in München.223 Der MinE sollte nunmehr abschließend von den Sachverständigen erörtert werden, da seitens des BMJ beabsichtigt war, anschließend unverzüglich den Regierungsentwurf auszuarbeiten, der im Herbst 1961 dem neuen Bundestag vorgelegt werden sollte. 224 Als Grundlage der Erörterungen diente eine Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungsvorschläge, die den Teilnehmern bereits als Anlage zu dem Einladungsschreiben übermittelt worden war. 225 Im Verlauf der Sitzung wurden an 221

Niederschrift der Sitzung vom 21.06.1961 in Β141/2652 B1.034. So die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung vom 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.035. Bei der für den Urheberfond vorgesehenen Rechtsform sei jetzt an eine Stiftung des bürgerlichen Rechts gedacht. Die Art und Weise der Stiftung solle den Ländern völlig freistehen, d. h. sie könnten die Stiftung gemeinsam durch Staatsvertrag errichten, sich aber auch auf die Errichtung der Stiftung in einem einzelnen Land nach dortigem Landesrecht einigen. Notwendig sollte allerdings stets ein Zusammenwirken aller Länder sein. Es bestand Einigkeit darin, daß eine solche Regelung verfassungsrechtlich möglich sei und die Errichtung des Urheberfonds in diesem Falle nicht als eine Ausführung des Urheberrechtsgesetzes durch die Länder angesehen werden könnte, eine Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes somit nicht begründet würde. 223 Außer den Sachverständigen nahmen auch Ministerialdirektor Dr. Joel, Ministerialrat Dr. Haertel, Regierungsdirektor Schneider und Amtsgerichtsrat Schiefler vom BMJ sowie Oberregierungsrat Dr. Geissler, und Ministerialrat Dr. Gussone vom BlnM teil. Zeitweise waren auch die Urheber Prof. Egk und Prof. Unold anwesend, vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 B1.098f. 224 So die einleitenden Worte des Vorsitzenden Dr. Strauß in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 B1.099. 225 Zusammenstellung der in Aussicht genommen Änderungsvorschläge zu dem MinE als Anlage zu dem Einladungsschreiben an Sachverständigenkommission in Β141/2643 B1.092ff. 222

13 Maracke

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

dem ersten Tag unter dem Vorsitz von Staatssekretär Dr. Strauß die wesentlichen Grundsatzfragen erörtert, während an den darauffolgenden Tagen unter dem Vorsitz von Ministerialdirektor Dr. Joel die Bestimmungen des MinE im einzelnen durchgesprochen wurden. 226 Dementsprechend ging es an dem ersten Tag zunächst um die Vermietgebühr. Das BMJ schlug vor, diese Bestimmung in einem § 22c neu zu fassen. 227 Danach wurde der Vergütungsanspruch im Einvernehmen mit den Urhebern auf das Vermieten zu Erwerbszwecken beschränkt, also die öffentlichen Büchereien von der Gebühr ausgenommen. Auch stellte die Neufassung in einem zweiten Absatz klar, daß die Vermietgebühr bei Vervielfältigungsstücken, die mit Zustimmung des Urhebers bereits mit dem Zweck der Vermietung hergestellt worden waren, nicht gezahlt werden mußte. Gegen diese Neufassung wurden jedoch einige Bedenken erhoben, da sie beispielsweise offenlasse, ob auch die Werkbüchereien erfaßt werden sollten.228 Die Kommission wandte sich trotz allem nicht gegen eine Vermietgebühr an sich, sondern gab nur die Anregung, die genaue Formulierung nochmals zu überdenken. Weiterer Tagesordnungspunkt dieses ersten Sitzungstages war neben dem Folgerecht, welches entsprechend der Beratung mit den Interessenverbänden am 09.09.1960229 ebenfalls neu gefaßt werden sollte (§ 22b der Änderungsvorschläge des BMJ) 2 3 0 , die Bestimmung über die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§ 50 Abs. 1 MinE). 231 Die Kommission hielt den hierzu neu vorgeschlagenen Vergütungsanspruch, hinter dem kein Verbotsrecht stehen sollte, jedoch für nicht durchsetzbar. Die richtige Lösung sei ein Verbotsrecht, verbunden mit einer Zwangsli226 Ein solcher Verlauf der Sitzung erschien sinnvoll, da Dr. Strauß sowie die zusätzlich geladenen Urheber Prof. Egk und Prof. Unold nur an dem ersten Tag der Sitzung teilnehmen konnten und gerade bei der Erörterung der umstrittenen Grundsatzfragen wie beispielsweise Vermietgebühr, Folgerecht oder Urhebernachfolgevergütung mitwirken sollten, vgl. Ausführungen Dr. Strauß in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 100. 227 Vgl. die Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungsvorschläge in Β 141/2643 Bl. 100. 228 y g l Wortmeldung Dr. Kleine in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 101. 229

Vgl. Niederschrift der Sitzung vom 09.09.1960 in Β 141/2638 Bl. 135 ff. Das Folgerecht sollte in dem neuen § 22 b der Änderungsvorschläge auf Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr erweitert werden. Zudem wurde die Mehrerlösklausel in dem ehemaligen § 41 Abs. 2 MinE gestrichen. Grund für diese Änderung durch das BMJ sei die Forderung des Kunsthandels gewesen, daß das Folgerecht keinesfalls die Anonymität des Veräußerers antasten dürfte, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 B1.102f. 231 Die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch sollte nunmehr allgemein zugelassen werden, dem Urheber jedoch eine Vergütung gewährt werden für den Fall einer Aufnahme der öffentlichen Wiedergabe eines Werkes auf Bild- oder Tonträger und der Übertragung eines Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen (vgl. zur Vertiefung die Erläuterung von Regierungsdirektor Schneider in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 103 und auch die Änderungsvorschläge des BMJ in Β 141/2643 Bl. 108 ff.). 230

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zenz, wobei dem Urheber und der Schallplattenindustrie die Möglichkeit vorbehalten bleiben solle, die Lizenz zu verweigern, wenn die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung der Vervielfältigungsstücke bestehe.232 Dagegen wurde wiederum vorgebracht, daß der Gesetzgeber gerade bei dieser Regelung besonders behutsam vorgehen und auch berücksichtigen müsse, daß sich ein Bewußtsein für die Berechtigung urheberrechtlicher Ansprüche in der Privatsphäre erst allmählich bilden müsse. Nur ein Vergütungsanspruch habe Aussicht auf Annahme im Bundestag, nicht ein Verbotsrecht. 233 Im Anschluß daran befaßte sich die Kommission noch mit dem in § 31 des MinE geregelten Beteiligungsanspruch des Urhebers und mit der Urhebernachfolgevergütung. Der Grundgedanke der Beteiligung des Urhebers in § 31 sei richtig, auch wenn dies einen Eingriff in die Vertragsfreiheit darstelle und nur schwer zu rechtfertigen sei. 234 Überdies sei die Vereinbarung einer angemessenen Beteiligung des Urhebers, wie § 31 sie vorsehe, bereits die Regel. Eine Gefährdung der Verlagskalkulation werde daher kaum eintreten, was für die Beibehaltung dieser Bestimmung in dem vorgesehenen Regierungsentwurf sprach. 235 Abschließend setzte sich das BMJ für die Urhebernachfolgevergütung ein, die als Maßnahme zur Stärkung und Erweiterung der beim Bundespräsidenten bestehenden deutschen Künstlerhilfe gedacht sei. 236 Die gegen die Urhebernachfolgevergütung geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken hielt man für überwindbar, eine Einigung mit den Ländern in dieser Frage sei zu erhoffen. 237 Bei der Erörterung der einzelnen Bestimmungen des MinE in den darauffolgenden Tagen kam u. a. der Vorschlag zu einer neuen Bestimmung über den Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen zur Sprache (§ 38). Bei der bisherigen Erörterung der Entwürfe habe sich gezeigt, daß die für den freien Urheber zugeschnittenen Bestimmungen über den Rechtsverkehr im Urheberrecht größtenteils für den Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen nicht passe.238 Es wurde seitens des BMJ daher vorgeschlagen, diese Vorschriften insoweit außer Anwendung zu setzen und zu bestimmen, daß für den Umfang und die Bedingungen des Erwerbs von Rechten durch 232 Ygi Wortmeldung Dr. Baum in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 103. 233 So die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 104. 234 Vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 106. 235 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 107. 236 So die Ausführung von Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 108. Der Künstlerhilfe, deren Arbeit allseits als notwendig und segensreich anerkannt werde, ständen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu wenig Mittel zur Verfügung, zur Zeit etwa 750.000 DM im Jahr, von denen der größte Teil buchstäblich erbettelt werden müsse. Hier solle die Urhebernachfolgevergütung eine breitere und gesicherte finanzielle Grundlage schaffen. 237 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 108. 238 Vgl. die Ausführungen von Dr. Haertel zu dieser möglichen neuen Bestimmung in Niederschrift der Sitzung über die Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 127. 13*

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

den Arbeitgeber oder Dienstherrn der jeweilige Charakter des Arbeits- oder Dienstverhältnisses maßgebend sein soll. Der Grundgedanke dieses Vorschlags fand in der Kommission allgemeine Billigung. 239 Außerdem wurde nochmals die Diskussion um die Vervielfältigung zum persönlichen und zum eigenen Gebrauch (§ 50) aufgegriffen 240 und auch die Vertonungsfreiheit, welche nach Ansicht des BMJ nach wie vor in § 51 aufrechterhalten werden sollte, angesprochen.241 Überwiegend Zustimmung fanden letztlich noch die Bestimmungen über das Filmrecht. 242 5. Die Besprechungen mit weiteren Bundesressorts und Abschluß der Arbeiten am Ministerialentwurf vor dem Regierungswechsel am 14.11.1961243 Am 07.02.1961 fand im BMJ schließlich eine Sitzung mit weiteren Bundesressorts statt. 244 Die Sitzung sollte der abschließenden Erörterung des Entwurfes zum neuen Urheberrechtsgesetz auf Referentenebene dienen. Da das BMJ beabsichtigte, an dem Zeitplan, die Kabinettsvorlage bis zum 01.09.1961 fertig zu stellen, festzuhalten, konnten nicht noch weitere Sitzungen zu ungeklärten Problemen abgehalten werden. Soweit also eine Übereinstimmung nicht erreicht werden könne, müsse daher eine Einigung auf höherer Ebene gesucht werden. 245 Im wesentlichen fanden die einzelnen Bestimmungen des MinE die Zustimmung der übrigen Ministerien. Seitens des BArbM behielt man sich lediglich eine abschließende Stellungnahme zu zwei mittlerweile neu in Aussicht genommenen Bestimmungen über den Urheber und den ausübenden Künstler in Anstellungs- oder Dienstverhältnissen vor. 246 Auch 239

Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 127. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 134 ff. 241 Ohne jedoch ein Ergebnis zu dieser Regelung erreichen zu können, sprachen sich Dr. Kleine und Prof. Ulmer für die Streichung dieser Bestimmung aus, während Dr. von Erffa und Dr. Baum für die Beibehaltung waren, vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 138. 242 Vgl. zur Vertiefung die Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 B1.156ff. 243 Ende der 3. Legislaturperiode vom 29.10.1957 bis zum 14.11.1961 und Beginn der 4. Legislaturperiode vom 14.11.1961 bis zum 26.10.1965. 244 Zu dieser Sitzung im BMJ waren die Vertreter von BlnM, BWiM, BArbM, BPostM, BFamM sowie des Institutes für angewandte Geodäsie und des Presse- und Informationsamtes zusammengekommen, vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung vom 07.02.1961 in Β 141/2645 Bl. 190. 245 Vgl. die einleitenden Worte des Vorsitzenden Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung vom 07.02.1961 in Β 141/2645 Bl. 191. 246 Niederschrift der Sitzung vom 07.02.1961 in Β 141/2645 Bl. 196. Es wurde nunmehr in einem neuen § 38 (und entsprechend in § 85 a für den ausübenden Künstler) vorgesehen, daß die Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen insoweit außer Anwendung gesetzt wurden und für den Umfang und die Bedingungen des Erwerbs von Rechten durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn der jeweilige Charakter des Arbeits- oder Dienstvertrages maßgebend sein sollte. Diese neuen Regelungen wurden den Teilnehmern aber erst während der Sitzungen bekanntgegeben, so daß diese sich eine sorgfältige Prüfung vorbehielten. 240

2. Kap., E. Der Ministerialentwurf vom 26.05.1959

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äußerte das BArbM den Wunsch, bei Erlaß der Rechtsverordnung zum Urheberfonds (vgl. § 74) beteiligt zu werden. 247 Die neu vorgeschlagenen Bestimmungen betreffend die Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen waren auch Thema einer weiteren Besprechung mit den Vertretern des BArbM am 19.04.1961248 sowie einer Abteilungsleiterbesprechung des BMJ mit dem BArbM und dem BlnM am 24.05.1961.249 Die Vertreter des BArbM erklärten, sie könnten nicht einsehen, warum die Anwendung der Schutzbestimmungen und Auslegungsregeln zu Gunsten der Urheber in der neuen Bestimmung des § 38 für die Arbeitnehmer ausgeschlossen und diese dadurch schlechter gestellt werden sollten als die selbständigen Urheber. 250 Die weitere Diskussion führte zu keiner Einigung, jedoch wollten beide Seiten über einen möglichen Kompromiß nachdenken. 251 Der Interministerielle Ausschuß für Verfassungsfragen 252 kam in einer Sitzung am 20.02.1961 zusammen, um über die verfassungsrechtlichen Fragen zu beraten, die im Zusammenhang mit dem MinE aufgetaucht waren. Erörtert werden sollte, ob der Bund im Rahmen des Art. 73 Nr. 9 GG auch für die Einführung und Regelung einer sogenannten Urhebernachfolgevergütung (§§ 69-74) zuständig sei. Der Ausschuß kam dabei zu dem Ergebnis, daß dem Bund eine solche Kompetenz zur Einführung und Regelung der Urhebernachfolgevergütung nicht zustehe.253 In Wirklichkeit handele es sich bei der Urhebernachfolgevergütung um eine öffentlich rechtliche Kulturabgabe, die nicht schon deshalb dem Urheberrecht zuzurechnen sei, weil der private Lebensvorgang, an den sie anknüpfe, diesem Rechtsgebiet angehöre. 254 Um die verfassungsrechtliche Frage der Gestaltung des Urheberfonds ging es in einer gesonderten Besprechung mit OLGR Dr. Sigloch am 27.04.1961 im BMJ. 255 Nach Auffassung von Dr. Sigloch war es nicht möglich, den Urheberfonds, 247

Niederschrift der Sitzung vom 07.02.1961 in Β 141/2645 Bl. 203. Das BMJ hatte gegen eine Beteiligung keine Bedenken, wollte aber das BArbM nicht im Gesetz nennen, da stets betont wurde, daß die Urhebernachfolgevergütung nichts mit einer Altersversorgung zu tun habe. Es wurde daher eine interne Beteiligung des BArbM zugesichert. 248 y g i Vermerk des BMJ zu dieser Sitzung mit Vertretern des BArbM vom 19.04.1961 in Β 141/2649 Bl. 132ff. 249 Vgl. Vermerk zu der Abteilungsleiterbesprechung in Β 141/2650 Bl. 149ff. 250 v g l Vermerk zu der Sitzung mit dem BArbM am 19.04.1961 in Β 141/2649 Bl. 132. 251

Vgl. Vermerk zu der Sitzung vom 19.04.1961 in Β 141/2649 Bl. 134. Teilnehmer des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen und damit der Sitzung am 20.02.1961 waren die jeweils zuständigen Vertreter aus der Staatskanzlei, dem BMJ, BArbM, BlnM sowie des Ministeriums für Wiederaufbau, vgl. Teilnehmerliste in Niederschrift der Sitzung in Β 141/2649 B1.017. 253 Niederschrift der Sitzung des Interministeriellen Ausschusses vom 20.02.1961 in Β 141/2649 B1.018. 254 Der Bund könne eine Kompetenz zur Einführung und Regelung der Urhebernachfolgevergütung auch nicht aus Art. 74 Nr. 7 GG oder Art. 105 Abs. 2 GG ableiten, vgl. zur Vertiefung Niederschrift der Sitzung des Interministeriellen Ausschusses in Β141/2649 B1.019f. 255 Vgl. Vermerk des BMJ zu dieser Besprechung am 27.04.1961 in Β 141/2650 B1.073ff. 252

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

wie ursprünglich vorgesehen, als öffentliche Stiftung des Bundes zu errichten. Für die Abgabenseite der Urhebernachfolgevergütung, die eindeutig im kulturellen Bereich liege, lasse sich eine Bundeszuständigkeit nicht begründen. In einer weiteren Abteilungsleiterbesprechung mit dem BlnM am 19.09.1961 zu der Frage, ob für die Errichtung des Urheberfonds eine Bundes- oder Länderlösung vorzuziehen sei, vertrat das BMJ allerdings den Standpunkt, daß verfassungsrechtlich betrachtet beide Lösungen möglich seien.256 Gegen eine Bundeslösung mit Beteiligung der Länder spreche jedoch, daß das Gesetz dadurch möglicherweise zum Zustimmungsgesetz werde.

F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962 im Bundesrat und Bundestag (1961-1965) Unter Berücksichtigung der zu dem Ministerialentwurf eingegangenen Anregungen und Stellungnahmen arbeitete das BMJ im Herbst des Jahres 1961 den Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes aus. Dieser Entwurf 1 wurde am 17.11.1961 und damit unmittelbar nach Beginn der vierten Legislaturperiode 2 an den Staatssekretär des Bundeskanzleramtes übermittelt mit der Bitte, ihre Behandlung in einer der nächsten Kabinettssitzungen vorzusehen.3 Am 05.12.1961 verabschiedete dann das Bundeskabinett den Regierungsentwurf zur Urheberrechtsreform, wozu noch am selben Tag eine entsprechende Pressenotiz veröffentlicht wurde.4 Der vom Bundeskabinett verabschiedete Regierungsentwurf eines Urheberrechtsgesetzes wurde anschließend gem. Art. 76 Abs. 2 GG nebst Begründung an den Präsidenten des Bundesrates übersandt und dort als Bundesratsdrucksache 1/62 registriert. 5

256 y g l (jjg Notizen auf einem Sprechzettel zu dieser Abteilungsleiterbesprechung mit BlnM über §74 in Β141/2651 Bl. 162. 1 Der Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz wurde zusammen mit dem Entwurf eines Verwertungsgesellschaftengesetzes sowie dem Entwurf eines Gesetzes über die in Brüssel am 26.06.1948 beschlossene Fassung der Berner Übereinkunft vom 09.09.1886 zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst und schließlich auch dem Entwurf eines Gesetzes über das Europäische Abkommen vom 22.06.1960 zum Schutz von Fernsehsendungen an den Sts des Bundeskanzleramtes übersandt. Diese vier Gesetzentwürfe stünden in so engem Sachzusammenhang, daß vorgeschlagen wurde, sie nur gemeinsam zu verabschieden, vgl. Schreiben des BMJ vom 17.11.1961 in Β 141/16464 Bl. U f f . 2 I V . Legislaturperiode vom 14.11.1961 bis zum 26.10.1965. 3 Schreiben des BMJ vom 17.11.1961 in Β141/16464 Bl. 11 ff. 4 Schreiben des BMJ vom 06.12.1961 sowie die Pressenotiz vom 05.12.1961 inB141/16464 Bl. 33 ff. 5 BR-Drucks. 1/62, S. 1-116, Pari A Bonn, A l , lfd. Nr. 1; Inhalt und Begründung des RegE finden sich auch in BTags-Drucks. IV/270, S. 1-116.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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I. Inhalt und Begründung des Regierungsentwurfs Der Aufbau des Regierungsentwurfes (RegE) entsprach zunächst dem des Ministerialentwurfes (MinE) von 1959. Ein erster Teil regelte das Urheberrecht, während in einem zweiten Teil trotz aller Kritik nach wie vor die Vorschriften über verwandte Schutzrechte vorgesehen waren. Der dritte Teil behandelte weiterhin die besonderen Bestimmungen für Filme, wobei eine weitere Unterteilung in einen Abschnitt über Filmwerke und einen zweiten Abschnitt über Laufbilder vorgenommen wurde. Der vierte Teil enthielt gemeinsame Bestimmungen für Urheberrecht und verwandte Schutzrechte und der fünfte Teil den Anwendungsbereich sowie Übergangs- und Schlußbestimmungen. Inhaltlich betrachtet erfuhr der RegE aber einige wichtige Neuerungen gegenüber dem MinE 6 , welche aufgrund der Diskussion um den MinE und insbesondere um die neu eingefügten Rechte zugunsten der Urheber notwendig schienen. Dem ersten Teil des RegE wurde eine neue allgemeine Vorschrift vorangestellt, welche zum Ausdruck brachte, daß der Zweck des vorgelegten Gesetzes der Schutz des Urhebers sein sollte. Nicht das Werk, auf das sich der Schutz bezog, sondern die Person des Urhebers stand somit im Vordergrund. 7 In dem folgenden Abschnitt über das Werk wurden entgegen dem MinE die Lichtbildwerke und Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen wurden, in den Katalog der geschützten Werke aufgenommen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5). 8 Der dritte Abschnitt mit den Bestimmungen über den Urheber entsprach nahezu wörtlich den Formulierungen aus dem MinE. Auch in dem Abschnitt des ersten Teils über den Inhalt des Urheberrechts untergliederte der RegE entsprechend dem MinE eine allgemeine Bestimmung in § 11, die sich aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht ergebenden Befugnisse in §§ 12ff., die Verwertungsrechte in §§ 15 ff. und schließlich die sonstigen Rechte in §§ 25 ff. Dabei wurde das Veröffentlichungsrecht, welches im MinE noch als selbständiges Recht einzeln aufgeführt war, unter das Urheberpersönlichkeitsrecht gefaßt. 9 Bei den Verwertungsrechten unterschied der RegE zwar wie der MinE zwischen den Rechten der körperlichen und der unkörperlichen Verwertung des Werkes (§ 15). Als körperliche Verwertungsrechte nannte der RegE jedoch nur noch das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht und das Ausstellungsrecht, nicht mehr das Ver6

Vgl. den Überblick zum RegE bei Schiefler in GRUR 1962, S. 338-344. BR-Drucks. 1/62 S. 37. Gegenstand des Urheberrechtsschutzes waren nach dem Entwurf die Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Diese Formulierung entsprach der üblichen Umschreibung des Schutzgegenstandes in den internationalen Abkommen auf dem Gebiet des Urheberrechts, vgl. Art. 2 RBÜ und auch Art. I W U A . 8 Der MinE gewährte sämtlichen Lichtbildern einheitlich nur ein Leistungsschutzrecht, vgl. §§ 77 ff. MinE. Nach Ansicht des RegE erschien es aber unangemessen, auf diese Weise einem, wenn auch nur kleinen Kreis echter schöpferischer Leistungen, den urheberrechtlichen Schutz zu versagen und damit den Eindruck zu erwecken, als ob auf dem Gebiet der Photographie schöpferische Leistungen nicht möglich wären, vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 37. 9 BR-Drucks. 1/62 S.44. 7

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filmungsrecht. 10 Ferner sah der RegE eine neue Einteilung der Rechte zur unkörperlichen Verwertung des Werkes vor, die unter dem Oberbegriff des Rechtes der öffentlichen Wiedergabe zusammengefaßt waren. Aus dem bisher auch die sogenannten Zweitverwertungen wie Schallplatten- und Rundfunkwiedergaben umfassenden Vortrags-, Auffiihrungs- und Vorführungsrecht 11 nahm der RegE die Rechte zur Wiedergabe des Werkes mittels Bild- oder Tonträger und zur Wiedergabe von Funksendungen des Werkes als selbständige Rechte heraus (§§21,22). 12 Unter dem Vortrag oder der Aufführung eines Werkes verstand der Entwurf jetzt nur noch die unmittelbare Werkdarbietung durch ausübende Künstler (§ 19).13 Eine solche Trennung der ursprünglichen Wiedergaberechte und der Zweitverwertungsrechte sollte an vielen Stellen des Gesetzes eine wesentlich genauere Erfassung der Sachverhalte ermöglichen und auch dem natürlichen Sprachgebrauch entgegenkommen.14 Entsprechend dem MinE ließ auch der RegE den noch im geltenden Recht in § 13 Abs. 2 LUG verankerten absoluten Melodienschutz fallen. Der Grundsatz des § 24, daß ein in Anlehnung an ein anderes Werk geschaffenes neues Werk dann ohne Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden durfte, wenn es sich von der Vorlage soweit gelöst hatte, daß es als eine selbständige Neuschöpfung anzusehen war (freie Benutzung), sollte ohne Einschränkung auch für Werke der Musik gelten.15 Neu war an dieser Stelle dann die Einbeziehung des Folgerechts an Werken der bildenden Künste und des Vergütungsanspruches für das Vermieten von 10 Der MinE führte noch in § 12 Abs. 1 Nr. 3 das Verfilmungsrecht als Verwertungsrecht in körperlicher Form gesondert auf. Nach der Begründung des RegE war die Verfilmung eines Werkes jedoch entweder, wenn das Werk unverändert in den Film übernommen wurde, eine Vervielfältigung des Werkes und fiele somit bereits unter Abs. 1 Nr. 1 oder sie war eine besondere Bearbeitung des Werkes, welche in § 23 RegE geregelt war. Eine besondere Erwähnung des Verfilmungsrechts erschien daher überflüssig und mit der Systematik des Entwurfes nicht vereinbar, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.46. 11 Der MinE vermied die Begriffe der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und der Wiedergabe von Funksendungen und gewährte neben dem Senderecht lediglich ein allgemeines Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht, welches auch die Zweitverwertungen mit umfaßte. Eine solche Regelung schien nach Ansicht des RegE jedoch nicht zweckmäßig. Es widerspreche dem allgemeinen Sprachgebrauch, der Aufführung einer Sinfonie im Konzertsaal ihre Wiedergabe durch Plattenspieler oder Rundfunkgerät gleichzustellen, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.46. 12 In der Begründung zum RegE wurde auch auf die Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft hingewiesen (BR-Drucks. 1/62 S.47). Die Zweitverwertungsrechte der Wiedergabe von Funksendungen und der Wiedergabe mittels Bild- oder Tonträger standen hier als selbständige einheitliche Rechte neben dem Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht, vgl. Art. 1 Ibis Abs. 1 Nr. 3 und Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 neben Art. 11 Abs. 1, Art. 1 Iter und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2. 13 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.46. 14 Vgl. Schiefler in GRUR 1962, 338 (339). 15 BR-Drucks. 1/62 S.51. Der in § 13 Abs. 2 LUG vorgesehene starre Melodienschutz ziehe dem musikalischen Schaffen ungerechtfertigt enge Grenzen. Auf dem Gebiet der ernsten Musik würden oft wertvolle selbständige Schöpfungen unter Benutzung fremder Themen geschaffen, wie ζ. B. Variationen oder Phantasien, deren Verwertung nicht von der Einwilligung des Urhebers der als Anregung benutzten Melodie abhängig sein dürfe.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Vervielfältigungsstücken in dem Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechtes. An diesen beiden neuen Befugnissen, die der MinE zunächst nur als Diskussionsgrundlage vorgeschlagen hatte, hielt der RegE somit fest und fügte sie als sonstige Rechte des Urhebers neben das Recht auf Zugang zu den Werkstücken ein (§§ 26 und 27). 16 Allerdings hatten sich nach Ansicht der Verfasser des RegE gegenüber der im MinE vorgesehenen Ausgestaltung des Folgerechts wesentliche neue Gesichtspunkte ergeben, so daß hier einige Änderungen vorgenommen wurden. Das Folgerecht in § 26 sollte nunmehr nicht nur bei öffentlichen Versteigerungen geltend gemacht werden können, sondern bei allen Veräußerungen von Kunstwerken im geschäftlichen Verkehr, also auch bei einfachen Veräußerungen im Kunsthandel.17 Um zu verhindern, daß diese wesentliche Erweiterung des Folgerechts zu einer unbillig hohen Belastung des Kunsthandels und der Veräußerer von Kunstwerken führte, wurde der Urheberanteil von ursprünglich 3 % auf nur noch 1 % des Veräußerungserlöses herabgesetzt. Schließlich war vorgesehen, daß der Veräußerer den Beteiligungsanspruch des Urhebers nicht mehr mit dem Einwand zurückweisen konnte, daß er bei der Veräußerung keinen Mehrerlös gegenüber dem von ihm gezahlten Erwerbspreis erzielt habe.18 Der Vergütungsanspruch für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken blieb dagegen unverändert. Auch nach der neuen Regelung im RegE in § 27 sollten nur Vermietungen zu Erwerbszwecken erfaßt werden. 19 Der fünfte Abschnitt über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen wurde fast unverändert aus dem MinE übernommen. Nach wie vor sollte das Urheberrecht weder als Ganzes noch in seinen Teilen übertragbar sein, der Urheber konnte vielmehr einem anderen die Verwertung seines Werkes nur dadurch überlassen, daß er ihm ein von dem Urheberrecht abgeleitetes Nutzungsrecht einräumt. 20 Beibehalten wurde auch der viel diskutierte Beteiligungsanspruch des Urhebers bei unverhältnismä16 Die Erörterung der im MinE vorgeschlagenen Regelung habe gezeigt, daß der Grundgedanke des Folgerechts, den bildenden Künstler an der durch Weiterveräußerung realisierten Wertsteigerung seiner Originalwerke zu beteiligen, weitgehend als berechtigt anerkannt wurde und dementsprechend überwiegend die Einführung des Folgerechts im neuen Urheberrechtsgesetz befürwortet wurde, vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 53. Auch gehe die überwiegende Rechtsüberzeugung heute dahin, daß eine angemessene Beteiligung des Urhebers an den Einnahmen der Leihbüchereien und Lesezirkel für billig gehalten wird, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.54. 17 BR-Drucks. 1/62 S.53. Diese Erweiterung stelle eine wesentliche Verbesserung dar, die dem neuen Recht eine größere Breitenwirkung verschaffe. 18 BR-Drucks. 1/62 S.53. Diese Änderungen, die aufgrund eingehender Verhandlungen mit den Vertretern der bildenden Künstler und des Kunsthandels eingeführt worden waren, sollten die praktische Durchführbarkeit des neuen Rechts erleichtern, vgl. dazu auch Schiefler in GRUR 1962, S.338 (339). 19 BR-Drucks. 1/62 S. 54. Aus der Beschränkung der Vergütungspflicht auf das Vermieten zu Erwerbszwecken folgte, daß die öffentlichen Bibliotheken nicht betroffen wurden. Im Hinblick auf den nicht gewerblichen Charakter und die besonderen volksbildenden Aufgaben dieser Institute war ihre Einbeziehung in die Regelung auch von den Autoren selbst nicht gefordert worden. 20 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 55.

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ßig hohen Gewinnen des Nutzungsberechtigten (§36). 21 Ebenso hielt der RegE an den beiden Rückrufsrechten wegen Nichtausübung und wegen gewandelter Überzeugung (§§ 41,42) fest. 22 Neu eingefügt war in diesem Abschnitt lediglich eine besondere Bestimmung über Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen (§ 43). Danach war vorgesehen, daß die für den Abschluß von Nutzungsverträgen zugunsten des Urhebers festgelegten Auslegungsregeln und zwingenden Schutzvorschriften auf Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen nur Anwendung finden sollen, soweit sich aus dem Inhalt oder Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergab.23 Auf diese Art und Weise sollte es ermöglicht werden, daß namentlich im Falle öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse ein unbeschränkter Erwerb der Nutzungsrechte durch den Dienstherrn als stillschweigend aus dem Dienstverhältnis abgeleitet werden konnte.24 Auch in dem sechsten Abschnitt über die Schranken der Verwertungsrechte sah der RegE nur wenige Neuerungen gegenüber dem MinE vor. 25 Die wichtigsten Änderungen betrafen die Bestimmungen über die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch und zum sonstigen eigenen Gebrauch, welche jetzt in zwei getrennten Vorschriften geregelt waren (§§ 54, 55). Hinsichtlich der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 54 folgte der RegE im Prinzip dem MinE. Die private Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch sollte ohne Rücksicht auf die Art des Vervielfältigungsverfahrens grundsätzlich zulässig sein (§ 54 Abs. 1), jedoch war für die Aufnahme auf Bild- oder Tonträger ein Vergütungsanspruch zugunsten des Urhebers vorgesehen (§54 Abs. 3). Da ein Verbotsrecht nicht in Betracht kam 26 , sah 21 BR-Drucks. 1/62 S.57f. Der Einwand, daß diese Regelung eine ungerechtfertigte Belastung der Verleger darstelle, da mit dem erzielten Gewinn auch die weniger erfolgreiche Auswertung von Werken anderer Autoren ausgeglichen werden müßte, wurde somit nicht berücksichtigt. Dem wurde entgegengehalten, daß die Regelung des Entwurfes den sicherlich notwendigen Gewinn- und Verlustausgleich zwischen Werken verschiedener Autoren keineswegs unmöglich mache, da dem Urheber des erfolgreichen Werkes nur eine angemessene Beteiligung an dem Gewinn zu gewähren sei, dem Verleger also der Hauptanteil an dem Gewinn nach wie vor verbleibe. 22 Vgl. zur Begründung BR-Drucks. 1/62 S.60f. 23 BR-Drucks. 1/62 S. 62. Die Schutzvorschriften und Auslegungsregeln waren in erster Linie zum Schutz des freischaffenden Urhebers gedacht, der kein festes Gehalt bezog, sondern auf die Erträgnisse aus der Verwertung seiner Werke angewiesen war. Der wirtschaftlich gesicherte Arbeitnehmer oder Beamte, der selbst kein Risiko für sein Schaffen trug, bedürfe dieser Schutzbestimmungen in der Regel nicht. In manchen Fällen würde die Anwendung der zwingenden Schutzvorschriften sogar dem natürlichen Rechtsempfinden widersprechen. 24 BR-Drucks. 1/62 S. 62. 25 Auch in der Begründung zum RegE wurde wiederholt ausgeführt, daß das Urheberrecht nicht unbeschränkt sei, sondern gegenüber den berechtigten Interessen der Allgemeinheit an dem ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern sachgemäß abgegrenzt werden müsse, vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 30ff. und S. 62. 26 BR-Drucks. 1/62 S.71. Gegen ein gänzliches Verbot der privaten Vervielfältigung würde sprechen, daß es praktisch nicht durchgesetzt werden könne. Eine wirksame Überprüfung könne nur durchgeführt werden, wenn den Kontrolleuren der privaten Verwertungsgesellschaften gestattet werden würde, die Wohnung eines jeden Staatsbürgers daraufhin zu untersuchen, ob

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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sich der Gesetzgeber hier vor die Grundsatzentscheidung gestellt, entweder eine uneingeschränkte Vervielfältigungsfreiheit im privaten Bereich zu gestatten oder in dem Regierungsentwurf einen Vergütungsanspruch einzuführen. Bei einer uneingeschränkten Vervielfältigungsfreiheit bestand nach Ansicht des RegE die Gefahr einer teilweisen Aushöhlung des Urheberrechts. 27 Würde dagegen jetzt eine Vergütungspflicht eingeführt, „so sei zu erwarten, daß sich allmählich auf breiter Basis das Rechtsbewußtsein entwickele, daß dem Urheber für die Nutzung seines Werkes auch im privaten Bereich ein angemessenes Entgelt gebühre." 28 Neben der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch sollten in gewissem Umfang weiterhin auch Vervielfältigungen zum sonstigen eigenen Gebrauch ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein (§ 55). Hier sah der RegE gegenüber dem MinE 2 9 einige Erweiterungen vor und gab die Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch in drei Sonderfällen unbeschränkt frei. Zulässig war die Vervielfältigung zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch (§ 55 Abs. 1 Nr. 1), zur Aufnahme in ein eigenes Archiv (§ 55 Abs. 1 Nr. 2) sowie die Vervielfältigung eines durch Funk gesendeten Werkes zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3). 30 Nach wie vor war überdies die Vervielfältigung von kleinen Teilen eines Werkes erlaubt oder von Aufsätzen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren, sowie die Vervielfältigung von vergriffenen Werken, wenn der Berechtigte nicht aufzufinden war (§ 55 Abs. 1 Nr. 4). Wie der MinE sah auch der RegE eine Vergütungspflicht für die Vervielfältigungen zum sonstigen eigenen Gebrauch vor, beschränkte diese jedoch auf die Fälle, in denen die Vervielfältigung gewerblichen Zwecken des zur Vervielfältigung Befugten diente. Damit waren die Angehörigen der freien Berufe, wie Wissenschaftler und Anwälte, die zwar eine Erwerbstätigkeit, aber keine gewerbliche Tätigkeit ausüben, von der Vergütungspflicht freigestellt.31 Überarbeitet wurden außerdem die in dem siebten Abschnitt vorgesehenen gesetzlichen Nutzungsrechte zugunsten der Herstellung von Tonträgern (§ 64) und zuer ein Magnettongerät besitzt. Eine solche Kontrolle würde jedoch dem in Art. 13 GG verankerten Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung widersprechen. 27 BR-Drucks. 1/62 S.72. Diese mögliche Aushöhlung des Urheberrechts würde besonders fühlbar, wenn in ferner Zukunft das Fotokopierverfahren in einer Weise fortentwickelt werde, daß die Vervielfältigung ganzer Bücher ähnlich einfach und möglich sei wie seinerzeit die Herstellung von Tonträgern. 28 BR-Drucks. 1/62 S.72. 29 Der MinE gestattete solche Vervielfältigungen grundsätzlich nur, wenn es sich um Aufsätze aus Zeitungen und Zeitschriften oder um Teile von Werken handelte. Im übrigen sollte die Vervielfältigung nur zulässig sein, wenn der Berechtigte nicht auffindbar war, vgl. § 50 Abs. 2 MinE. 30 Der Entwurf wollte damit insbesondere für die Wissenschaft und das Bibliothekswesen zusätzliche Erleichterungen schaffen, vgl. Ausführungen zu den einzelnen Ziffern in BRDrucks. 1/62 S. 73. 31 Vgl. zur Vertiefung BR-Drucks. 1/62 S.74.

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gunsten der Sendeunternehmen (§ 65). Abweichend vom MinE 3 2 sollte das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Herstellung von Tonträgern jetzt erst zur Entstehung gelangen, wenn ein anderer Schallplattenhersteller ein vertragliches Nutzungsrecht erworben hatte. Erst in diesem Fall bestehe die Gefahr einer Monopolbildung in der Hand eines Schallplattenherstellers, welche nach dem Zweck der Norm verhindert werden sollte.33 Das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung wurde in § 65 gegenüber dem MinE allgemein auf Sprachwerke erstreckt. 34 Es bestand nunmehr an sämtlichen Sprachwerken und Werken der Musik, wodurch den besonderen kulturellen Aufgaben des Rundfunks Rechnung getragen werden sollte.35 Unverändert blieb die Regelung der Schutzfrist in §§ 67 ff., welche auch künftig auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers festgelegt war. 36 Daneben hielt der RegE an dem Vorschlag der Urhebernachfolgevergütung fest (§§73 ff.), allerdings erfuhren die Bestimmungen des MinE hier zum Teil wesentliche Änderungen. 37 So erweiterte der RegE die bereits im MinE vorgesehenen Ausnahmen um einige Fälle, vor allen Dingen wurden billige Ausgaben von Werken, deren Ladenpreis weniger als 2,50 DM betrug, von der Urhebernachfolgevergütung freigestellt (§ 75). Ferner verpflichtete § 76 Abs. 3 den Urheberfonds zum Abschluß von Pauschalverträgen über die Höhe der Urhebernachfolgevergütung, wenn die Einzelabrechnung unverhältnismäßig hohe Kosten verursachen würde, was vor allem im Buch- und Musikverlag der Fall sein könnte.38 Hinsichtlich der Verwendung der Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung beseitigte der RegE dann die im MinE in § 73 Abs. 2 vorgesehene spartenmäßige Bindung. Der Urheberfonds sollte die Einnahmen künftig also beliebig für die verschiedenen Kunstgattungen verwenden können, ohne Rücksicht darauf, aus wel32 Der MinE sah in § 61 vor, das gesetzliche Nutzungsrecht bereits entstehen zu lassen, sobald der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zur Herstellung von Schallplatten eingeräumt hatte. „Anderer" im Sinne dieser Bestimmung konnte jedermann sein. 33 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S.77. Auch wurde an dieser Stelle einem Wunsch der Schallplattenindustrie entsprochen und die gesetzliche Lizenz auf Bühnenwerke erstreckt, welche nach dem MinE noch von der Lizenz ausgenommen sein sollten, vgl. dazu erläuternd Schiefler in GRUR 1962, 388 (341). 34 Nach dem MinE war dieses gesetzliche Nutzungsrecht ebenso wie das zugunsten der Schallplattenhersteller auf Werke der Musik und auf solche Sprachwerke beschränkt, die als Text mit einem Werk der Musik verbunden waren, vgl. § 61 Abs. 6 und § 62 Abs. 3 MinE. 35 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 78. 36 Zur Vertiefung siehe BR-Drucks. 1/62 S. 78-81. 37 Die Erörterung der im MinE in §§69-74 formulierten Vorschläge habe gezeigt, daß die stets befürchteten Schwierigkeiten der praktischen Durchführbarkeit überwindbar erscheinen und insbesondere die Kosten des Einziehungs- und Verteilungsverfahrens auf einen geringen Bruchteil der zu erwartenden Einnahmen beschränkt werden könnten. Der vorgelegte RegE hielt somit grundsätzlich an dem Vorschlag der Einführung einer Urhebernachfolgevergütung fest, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.82. 38 BR-Drucks. 1/62 S. 85. Durch die pauschale Bemessung der Urhebernachfolgevergütung sollte eine unbillige finanzielle und arbeitsmäßige Belastung der Verwerter freier Werke verhindert werden.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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eher Sparte des geistigen Schaffens sie stammten. Schließlich sah der RegE vor, den Urheberfonds, der im MinE noch als Stiftung des öffentlichen Rechts unter Aufsicht des BlnM gedacht war, jetzt als eine Stiftung des bürgerlichen Rechts zu errichten, da diese Form der privatrechtlichen Gestaltung der Urhebernachfolgevergütung am besten gerecht werde. 40 In einem zweiten Teil des Gesetzes waren wie bisher die verwandten Schutzrechte zusammengefaßt. Während gegen den Schutz der wissenschaftlichen Ausgaben, der Ausgaben nachgelassener Werke und der Lichtbilder im MinE grundsätzlich keine Bedenken erhoben und diese dementsprechend sachlich unverändert übernommen wurden, waren insbesondere die Schutzrechte der ausübenden Künstler umstritten.41 Diese bestehenden Leistungsschutzrechte konnten aber nach Auffassung des RegE schon im Hinblick auf das am 26.10.1961 in Rom unterzeichnete Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen42 nicht ersatzlos gestrichen werden. Die Ratifizierung dieses Abkommens durch die Bundesrepublik setzte die Gewährung entsprechender Rechte durch die innerdeutsche Gesetzgebung voraus. Eine hilf s weise geforderte Regelung der Leistungsschutzrechte in einem besonderen Gesetz schien wegen des engen Sachzusammenhangs mit dem Urheberrecht nicht zweckmäßig.43 Der RegE hielt also im großen und ganzen an der Regelung des MinE fest, brachte allerdings bei den Leistungsschutzrechten einige Neuerungen. Vorab enthielt der neue Entwurf erstmals eine gesetzliche Definition des ausübenden Künstlers. Nach § 83 galt als ausübender Künstler, wer ein Werk vorträgt oder aufführt oder bei dem Vortrag oder der Aufführung eines Werkes künstlerisch mitwirkt. Nicht vorausgesetzt wurde also, daß das vorgetragene Werk Urheberrechtsschutz genoß.44 Der Rechtsschutz dieser ausübenden Künstler wurde dann insofern 39

BR-Drucks. 1/62 S. 85. Eine solche Bestimmung, wie sie noch im MinE enthalten war, hätte zur Folge, daß der weitaus größte Teil der Urhebernachfolgevergütung den Komponisten zugute käme, die bildenden Künstler dagegen fast leer ausgehen würden. Gerade bei den bildenden Künstlern sei aber nach den Erfahrungen der Deutschen Künstlerhilfe die Not am größten, so daß bei einer spartenmäßigen Verwendung der Einnahmen der Zweck der Urhebernachfolgevergütung verfehlt werden könnte. 40 BR-Drucks. 1/62 S. 86. Der Entwurf ging weiterhin davon aus, daß der Urheberfonds unter Beteiligung aller Länder errichtet würde und bestimmte daher, daß in einem Organ der Stiftung alle Länder vertreten sein müssen. 41 Vgl. Ausführungen in BR-Drucks. 1/62 S.86. Es wurde die Befürchtung laut, daß durch die Gewährung dieser Rechte der Schutz der Urheber gefährdet werden könnte. Daher wurde die Streichung dieser Rechte gefordert oder, falls eine gesetzliche Regelung der Leistungsschutzrechte unumgänglich erscheine, diese jedenfalls nicht mit dem Urheberrecht zusammen im gleichen Gesetz erfolgen sollte. 42 Dieses Internationale Abkommen sah ausschließliche Rechte für alle drei Personengruppen vor. Vgl. dazu vor allem Ulmer in GRURInt. 1961, S. 569-594 und Lamberti in UFITA Bd. 37 (1962), S. 257-281. 43 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S.87. 44 BR-Drucks. 1/62 S.90. Der ausübende Künstler sollte auch geschützt sein, wenn das Urheberrecht an dem vorgetragenen Werk beispielsweise infolge Ablaufs der Schutzfrist schon

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erweitert, als daß ihnen nicht nur für die öffentliche Wiedergabe von Schallplattenaufnahmen 45 , sondern auch für die öffentliche Wiedergabe von Rundfunksendungen ihrer Darbietungen ein Vergütungsanspruch gewährt wurde (§ 87). 4 6 Als bedeutsame Neuerung wurde eine Bestimmung über ausübende Künstler in Arbeits- oder Dienstverhältnissen (§ 89) eingefügt. 47 Damit sollte der Gedanke gesetzlich festgelegt werden, daß sich bei fest angestellten ausübenden Künstlern der Umfang der Nutzungsbefugnisse des Arbeitgebers oder Dienstherrn, sofern Vereinbarungen darüber fehlten, nach dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses zu bestimmen hatte. 48 Ferner beinhaltete der Entwurf allgemein bei Darbietungen, die von einem Unternehmen veranstaltet wurden, ein Schutzrecht des Veranstalters (§91). Lautsprecherübertragungen, Tonbandaufnahmen und Rundfunksendungen solcher Darbietungen sollten nur noch mit Einwilligung des Inhabers des Unternehmens zulässig sein. 49 Z u m Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers in § 95 stellte der RegE klar, daß i m Falle einer gewerblichen Herstellung des Tonträgers der Inhaber des Unternehmens als Tonträgerhersteller anzusehen ist. 5 0 Außerdem sollte das Schutzrecht nur noch durch die erstmalige Festlegung eines Tonträgers und nicht mehr durch die Vervielfältigung eines schon vorhandenen Tonträgers erworben werden können (§ 95 Abs. 1 Satz 3). Das Leistungsschutzrecht zugunsten der Sendeunternehmen erloschen war. Von einer Erweiterung des Schutzes auf Darbietungen, die nicht Vorträge oder Aufführungen eines Werkes darstellten, wie Zirkus- oder Varietévorfûhrungen, sah der Entwurf dagegen ab. 45 Vgl. §84 MinE. 46 Der Entwurf berücksichtigte damit die Rechtsprechung des BGH, der in BGHZ 33, 38 ff. den ausübenden Künstlern bereits für das geltende Recht ein entsprechendes Recht zuerkannt hatte, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.92. 47 Der MinE hatte das Problem des angestellten ausübenden Künstlers nur in einem Sonderfall berücksichtigt. Hier war vorgesehen, daß den bei einem Sendeunternehmen fest angestellten ausübenden Künstler für die Benutzung der von ihm bespielten Tonbänder zur Funksendung ein Vergütungsanspruch nur nach Maßgabe seines Arbeitsvertrages zustehen sollte (§ 83 Abs. 2 MinE). 48 BR-Drucks. 1/62 S.93. Angeregt wurde diese Bestimmung durch eine Entscheidung des BGH, in der für die bei einem Theaterunternehmen der öffentlichen Hand fest angestellten ausübenden Künstler, die nicht ausdrücklich vereinbarte Verpflichtung, Tonbandaufnahmen ihrer Darbietungen und deren Verwendung für Sendezwecke unter gewissen Voraussetzungen zu dulden, aus der besonderen Eigenart ihres Dienstverhältnisses abgeleitet wurde, BGHZ 33, 20 ff. (Figaros Hochzeit). Es handelte sich um die Duldung der Aufnahme und der Rundfunksendung einer Opernaufführung durch die bei der städtischen Oper fest angestellten Künstler. 49 Auf diese Art und Weise sollten die wirtschaftlichen Interessen des Inhabers eines Unternehmens berücksichtigt werden. Dieser müsse dagegen geschützt werden, daß die von ihm mit Mühe und Kosten durchgefühlten Darbietungen von anderen ohne seine Erlaubnis durch Bildschirm· oder Lautsprecherübertragung in Räume außerhalb der Veranstaltung, durch Aufnahme auf Bild- oder Tonträger und deren Vervielfältigung oder durch Funksendung ausgenutzt werden, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.94. 50 BR-Drucks. 1/62 S. 96. Da es bei der Herstellung eines Tonträgers weniger auf die persönliche Leistung als auf die Bereitstellung der erforderlichen technischen und wirtschaftlichen Mittel ankomme, schien es geboten, hier von dem Grundsatz, daß Inhaber des Schutzrechtes wird, wer die geschützte Leistung persönlich erbringt, abzuweichen.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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wurde dahingehend eingeschränkt, daß die öffentliche Wiedergabe von Fernsehsendungen nur noch an den Stellen untersagt werden konnte, wo ein besonderes Eintrittsgeld erhoben wurde. 51 Damit gewährte der Entwurf zwar weiterhin ein ausschließliches Vervielfältigungsrecht, beschränkte dieses aber auf die Vervielfältigung zu Erwerbszwecken. 52 Schließlich hielt der RegE bei dem in einem dritten Teil geregelten Filmrecht an Grundkonzeption des MinE fest. Wie der MinE gewährte der neue Entwurf dem Filmhersteller kein originäres Urheberrecht am Filmwerk 53 , sondern statt dessen ein eigenes Leistungsschutzrecht (§ 104)54. Da aber das Kostenrisiko für den Filmhersteller nur tragbar sei, wenn er sicher war, daß die Verwertung nicht durch Verbotsrechte der Mitwirkenden beeinträchtigt werden konnte, sah der RegE entsprechend dem MinE besondere Bestimmungen für Filmwerke vor, durch die dem Filmhersteller der Erwerb der Rechte am Filmwerk und die Verfügungen über diese Rechte erleichtert werden sollte.55 So übernahm der RegE in § 99 Abs. 1 die Auslegungsregel des MinE, wonach der Filmhersteller im Zweifel die Rechte von allen bei der Herstellung des Filmes vertraglich Mitwirkenden eingeräumt erhielt. Hierbei stärkte der RegE die Rechtsstellung des Filmherstellers zusätzlich noch dadurch, daß Vorausabtretungen des Nutzungsrechtes dem Filmhersteller gegenüber unwirksam sein sollten (§99 Abs.2). 56 Gegenüber dem MinE verbesserte der RegE die Position der Filmindustrie weiterhin dadurch, daß die Urheber des Filmwerkes den gesetzlichen Beteiligungsanspruch an unerwartet hohen Nutzungserträgnissen nicht geltend machen konnten (§ 100 Satz2). 57 Zudem beschränkte der RegE den persönlichkeitsrechtlichen 51

Nach dem MinE sollte das Schutzrecht noch alle gewerbsmäßigen Femsehwiedergaben erfassen, also beispielsweise auch die Wiedergabe in Gaststätten, die ohne Eintrittsgeld zugänglich waren, vgl. § 92 Abs. 1 MinE. 52 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S.97. Soweit nicht unmittelbar in den Tätigkeitsbereich des Unternehmens eingegriffen werde, habe das Sendeuntemehmen ein schutzwürdiges Interesse nur daran, eine Erwerbszwecken dienende Ausnutzung seiner Leistung zu verhindern bzw. von seiner Erlaubnis abhängig zu machen. 53 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 100. Der RegE verzichtete wie der MinE auf die noch im RefE vorgesehene Sonderregelung der Urheberschaft am Filmwerk und beließ es auch für Filmwerke bei dem allgemeinen Grundsatz des § 7, wonach jeweils die Personen Urheber des Filmwerkes waren, die bei seiner Herstellung einen schöpferischen Beitrag geleistet hatten. 54 Dadurch sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Herstellung eines Filmwerkes regelmäßig eine erhebliche organisatorische und wirtschaftliche Leistung darstellt, die nicht geringer bewertet werden sollte als die Leistung eines Tonträgerherstellers oder Sendeunternehmens (BR-Drucks. 1/62 S. 102). 55 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 98. 56 Die bloße Auslegungsregel des MinE, nach der im Zweifel dem Filmhersteller die Rechte der vertraglich Mitwirkenden eingeräumt würden, schützte den Filmhersteller nämlich nicht für den Fall, daß der bei der Herstellung des Film Werkes Mitwirkende seine Rechte bereits im voraus an einen Dritten übertragen hatte, vgl. zur Vertiefung BR-Drucks. 1/62 S. 100. 57 Wegen der meist bestehenden Unklarheit, welche Personen zu den Filmurhebem zu rechnen seien, würde die Anwendbarkeit des § 36 zu einer nicht tragbaren Rechtsunsicherheit füh-

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Schutz aller am Filmwerk beteiligten Personen auf gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen ihrer Beiträge zum Filmwerk (§ 103).58 Schließlich brachte die neu eingefügte Bestimmung des § 101, nach der die Leistungsschutzrechte an einzelnen bei der Herstellung des Filmwerkes entstehenden Lichtbildern nicht dem Kameramann, sondern unmittelbar dem Filmhersteller zustehen sollten, eine zusätzliche Erleichterung für die Auswertung des Filmwerkes. 59 Demgegenüber schränkte der RegE die Rechtsstellung des Filmherstellers durch eine kleine Änderung der in § 98 vorgesehenen Auslegungsregel über die Rechte zur Verfilmung ein. Entgegen dem MinE, der noch vorsah, daß die Urheber der zur Herstellung benutzten Werke mit der Erlaubnis der Verfilmung dem Filmhersteller im Zweifel das unbefristete ausschließliche Recht einräumte, das Werk unverändert oder bearbeitet zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, berechtigte der RegE den Urheber nach Ablauf von zehn Jahren ab Herstellung des Filmwerkes zur anderweitigen filmischen Verwertung seines Werkes (vgl. § 98 Abs. 2 Satz 2). 60 Eine letzte Neuerung in dem dritten Teil über die besonderen Bestimmungen für Filme betraf schließlich die Laußilder, welche in einem zweiten Abschnitt gesondert berücksichtigt waren. 61 Der Entwurf erklärte hier in § 105 sämtliche Bestimmungen des ersten Abschnittes über Filmwerke auf die Laufbilder entsprechend anwendbar, soweit diese nicht wie §§99 und 102 ihre Grundlage gerade im Werkcharakter des Filmes haben.62 Der vierte und fünfte Teil mit den gemeinsamen Bestimmungen für Urheberrecht und verwandte Schutzrechte und dem Anwendungsbereich sowie den Übergangsund Schlußbestimmungen wurden sachlich unverändert aus dem MinE übernommen. Zu erwähnen ist endlich noch eine neu eingefügte Bestimmung § 150, durch ren und müsse daher für den Bereich des Filmrechts ausgeschlossen werden, vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 101. 58 Vgl. zur Begründung BR-Drucks. 1/62 S. 102. Gerade bei Film werken würde sich häufig die Notwendigkeit nachträglicher Änderungen ergeben, sei es aufgrund einer freiwilligen Selbstkontrolle der Deutschen Filmwirtschaft oder zur Anpassung an ausländische Verhältnisse. Dem Filmhersteller müsse daher ein gewisser Spielraum offenstehen, um dem Filmwerk eine möglichst weite Verbreitung zu sichern, ohne die eine Einspielung der zu seiner Herstellung aufgebrachten Kosten oft nicht möglich wäre. 59 Der Filmhersteller benötige zu der Auswertung des Filmwerkes auch diese Rechte an den entstehenden Lichtbildern. Da es sich zudem lediglich um Leistungsschutzrechte handelte, die für den Kameramann keine so gewichtige Bedeutung hätten, sah der Entwurf den unmittelbaren Übergang dieser Rechte auf den Filmhersteller vor, vgl. dazu BR-Drucks. 1/62 S. 101. 60 Diese Regelung beruhte auf der Erwägung, daß ein Filmwerk in aller Regel spätestens nach zehn Jahren voll ausgewertet sein müßte und schutzwürdige Interessen des Filmherstellers somit nach Ablauf dieser Frist durch eine Wiederverfilmung des Werkes nicht mehr verletzt werden könnten, vgl. Schiefler in GRUR 1962, 338 (343) und auch die entsprechenden Ausführungen in BR-Drucks. 1/62 S.98f. 61 Unter Laufbildern verstand der Entwurf Bildfolgen oder Bild- und Tonfolgen, die mangels schöpferischer Gestaltung nicht als Film werke geschützt waren, vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 102. 62 Vgl. zur Vertiefung die Ausführungen in BR-Drucks. 1/62 S. 102 f.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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welche die geltenden urheberrechtlichen Vorschriften aufgehoben wurden, die durch das neue Gesetz ersetzt oder sonst gegenstandslos geworden waren. 63 II. Der Weg vom Regierungsentwurf zum Gesetz vom 09.09.1965 1. Der erste Durchgang im Bundesrat Zur Vorbereitung einer Stellungnahme überwies der Bundesrat den an ihn mit Schreiben vom 15.12.1961 übermittelten Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) federführend an den Rechtsausschuß sowie an den Ausschuß für Kulturfragen und auch an den Wirtschaftsausschuß. a) Die Beratung der Ausschüsse aa) Die Beratung im Unterausschuß des Rechtsausschusses 16. und 17.01.1962 Noch vor der offiziellen Zuleitung des RegE an den BR am 15.12.1961 faßte der Rechtsausschuß des BR in seiner Sitzung am 07.12.1961 den Beschluß, zur Vorbereitung seiner Stellungnahme zu dem Entwurf einen Unterausschuß „Urheberrechtsreform" einzusetzen.64 Der Unterausschuß des Rechtsausschusses trat dann am 16. und 17.01.1962 unter dem Vorsitz von MinRat Dr. Horber (Bayern) zu einer Beratung des RegE zusammen.65 Neben den Vertretern der Länder Bayern, BadenWürttemberg, Berlin, Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz nahmen an dieser Sitzung RegDir Schneider und ARat Schiefler aus dem BMJ sowie RegDir Dr. Kühn vom BArbM und ORegRat Dr. Geißler vom BlnM teil. 66 Bevor auf die einzelnen Vorschriften des RegE eingegangen werden konnte, wurde über die Gesetzgebungskompetenz des Bundes gesprochen. Diese ergab sich nach Ansicht des UA im allgemeinen aus Art. 73 Nr. 9 GG, für die strafrechtlichen Vorschriften und die Regelungen über das gerichtliche Verfahren aus Art. 74 Nr. 1 GG. Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestehe jedoch für die Bestim63

Vgl. BR-Drucks. 1/62 S. 116. Vgl. Auszug aus dem Kurzprotokoll der 244. Sitzung des RA BR am 07.12.1961 unter Punkt 5 der Tagesordnung (Verschiedenes S. 18) in Β141/16466 Bl. 1 f. und auch die entsprechende Notiz in Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 1, einzusehen im Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. 65 Vgl. zum Ganzen Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 (S. 1-16), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. 66 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift der Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 (S. 1), Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. 64

14 Maracke

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mungen über die Urhebernachfolgevergütung in §§73 bis 79 des RegE. Der UA schlug daher bei Stimmenthaltung von Baden-Württemberg vor, die §§73 bis 79 zu streichen.67 Der Grundgedanke des Entwurfes, zusätzliche Mittel für eine Förderung und Unterstützung der Urheber bereitzustellen, sei zwar zu begrüßen, die dazu vorgeschlagenen Bestimmungen würden allerdings nicht mehr durch Art. 73 Nr. 9 GG gedeckt.68 Mit Rücksicht auf die vorgeschlagene Streichung sah der UA von einer näheren Erörterung der Einzelvorschriften zur Urhebernachfolgevergütung ab. Dann stellte der UA gemeinhin fest, daß die Bestimmungen über die Schranken des Urheberrechts, über gesetzliche Nutzungsrechte sowie über die Dauer des Urheberrechts mit Art. 14 GG vereinbar seien. Es handele sich hierbei um zulässige Sozialbindungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. 69 Im einzelnen empfahl der UA mit den Stimmen der Länder Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gegen die Stimmen von Baden-Württemberg, Berlin und Niedersachsen, die Bestimmung über das Folgerecht in § 26 zu streichen. Die vorgesehene Regelung, die dem bildenden Künstler bei jeder Veräußerung im geschäftlichen Verkehr, also auch dann, wenn die Veräußerung mit Verlust vorgenommen wurde, einen Beteiligungsanspruch gewährte, verlasse den Grundgedanken des Folgerechts.70 Die Minderheit war dagegen weiterhin der Auffassung, daß sich das Folgerecht als eine Art verlängertes Verbreitungsrecht auch ohne die Voraussetzung einer Mehrerlösklausel rechtfertigen lasse. Niedersachsen hielt darüber hinaus eine Erhöhung des Anteils am Veräußerungserlös auf etwa 3 % für angebracht.71 Mit gleicher Stimmverteilung sprach sich der UA auch für die Streichung der Beteiligung des Urhebers bei auffälligem Mißverhältnis in 67 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 2, Archiv des Bundesrates unter R 2651 -Nr. R 11/62. Der Vertreter Berlins wollte die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr. 1 GG herleiten, Schloß sich jedoch dem Streichungsvorschlag aus sachlichen Gründen an, weil die Voraussetzungen für einen privatrechtlichen Interessenausgleich nicht gegeben seien. Baden-Württemberg gab zu Bedenken, daß der Begriff des Urheberrechts in Art. 73 Nr. 9 auch in einem weiteren Sinne verstanden werden könne und daher die Einführung einer Urhebemachfolgevergütung möglicherweise doch zulasse. 68 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 3, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. Die für das Urheberrecht wesentliche Verbindung zwischen dem Urheber und seinem Werk würde bei einer Regelung, die an den Untergang des Urheberrechts anknüpfe, eindeutig verlassen. Auch eine Kompetenz des Bundes aus Art. 74 Nr. 1 GG lasse sich nicht herleiten, ebensowenig komme eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 105 GG in Betracht, weil die Urhebernachfolgevergütung eben gerade keine Steuer im Sinne dieser Bestimmung sei. 69 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 5, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. 70 Niederschrift über Sitzung des UARABRam 16./17.01.1962S.7, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. Die ursprüngliche Überlegung des Folgerechts war, dem bildenden Künstler, der das Original seines Werkes veräußert hatte, an künftigen Wertsteigerungen teilnehmen zu lassen. 71 Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 S.7, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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§ 36 aus. Für den Fall der sittenwidrigen Ausbeutung seien die Bestimmungen aus dem bürgerlichen Recht ausreichend. Es erscheine daher bedenklich, für die wenigen noch verbleibenden Fälle den Grundsatz der Vertragstreue zugunsten eines der Vertragsteile zu durchbrechen. 72 Nach einer Reihe von redaktionellen Änderungsvorschlägen scheiterte ein Antrag Schleswig-Holsteins, die Vergütungspflicht bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch in § 46 Abs. 4 zu streichen.73 Gestrichen werden sollte nach einstimmiger Auffassung des UA vielmehr die in § 54 Abs. 3 vorgesehene Vergütungspflicht bei Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch. Zwar könne die Möglichkeit, daß dem Urheber durch private Tonbandaufnahmen wirtschaftliche Einbußen entstehen, nicht ausgeschlossen werden. Der zur Abwendung solcher Einbußen vorgeschlagene Vergütungsanspruch erscheine jedoch nicht durchsetzbar, da sich die Aufnahmen im privaten Bereich vollziehen würden. 74 Schließlich wies der UA noch auf die Zustimmungsbedürftigkeit hin, welche im RegE bislang noch nicht vorgesehen war. Sie ergebe sich aus der in § 148 RegE vorgesehenen Änderung der StPO, die ein Zustimmungsgesetz sei.75 bb) Die Beratung im Ausschuß für Kulturfragen

am 22.01.1962

Auch der Ausschuß für Kulturfragen des Bundesrates beriet in seiner 51. Sitzung am 22.01.1962 über den RegE zum Urheberrechtsgesetz. 76 Unter dem Vorsitz von Minister Voigt (Niedersachsen) sprachen die Ländervertreter zunächst über das Folgerecht in § 26, welches nach dem Vorschlag des im Rechtsausschuß des Bundesrates gebildeten Unterausschusses gestrichen werden sollte.77 Auf Antrag des Vertreters Niedersachsens beschloß der Ausschuß für Kulturfragen gegen die Stimme Hessens, dem Streichungsvorschlag des UA, falls er vom Rechtsausschuß übernommen werden sollte, ausdrücklich zu widersprechen. Das Wesen des Folgerechts lie72 Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. Die Minderheit hielt dagegen die Vorschrift im Hinblick auf die in der Regel schwächere Position der Urheber für gerechtfertigt. 73 Nach Ansicht Schleswig-Holsteins führte die Vergütungspflicht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher. Die Vermögensinteressen der Urheber sollten daher hier gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an der Volksbildung zurücktreten, vgl. Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr.R

11/62.

74 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates unter R 2651 -Nr. R 11/62. 75 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 15, Archiv des Bundesrates unter R 2651-Nr. R 11/62. Der UA empfahl daher die Eingangsworte dahingehend zu fassen, daß der BT mit Zustimmung des BR das folgende Gesetz beschlossen habe. 76 Vgl. dazu Niederschrift über 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 22.01.1962 im Bundeshaus in Bonn, Tagesordnungspunkt 1 (S. 1 bis 10), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr.2/62. 77 s.o. Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S.7.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

ge nicht allein in der Beteiligung am Mehrerlös, sondern in der Beteiligung an dem Erlös der künftigen Verwertung schlechthin. Damit beseitige das Folgerecht im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten eine Benachteiligung des bildenden Künstlers gegenüber dem Schriftsteller und Komponisten, die schon lange als ungerecht empfunden worden sei.78 Abgesehen davon wurde auf die Brüsseler Fassung der Revidierten Berner Übereinkunft hingewiesen, die eine entsprechende Bestimmung über das Folgerecht enthielt.79 Nicht durchsetzen konnte sich die Forderung Nordrhein-Westfalens, den Vorschlag des UA über die Streichung der Beteiligung des Urhebers bei auffälligem Mißverhältnis (§ 36) aufzunehmen. 80 Mit Erfolg sprach sich Schleswig-Holstein dann für eine Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch (§ 46 Abs. 4) ein. Da die Vergütungspflicht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher führen würde, beschloß der Ausschuß, dem Antrag zu folgen und die Bestimmung zu streichen.81 Desgleichen sollte die Vergütungspflicht im Rahmen der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§ 54 Abs. 3) gestrichen werden. Damit folgte der Ausschuß für Kulturfragen dem UA des Rechtsausschusses mit der entsprechenden Begründung, daß dieser Vergütungsanspruch nicht durchsetzbar sei.82 Auf Antrag des Vertreters aus Niedersachsen beschloß der Ausschuß, die Ausnahmeregelung für Schulfunksendungen in § 47 auf Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung zu erweitern sowie auch die Erziehungsheime der Jugendfürsorge mit einzubeziehen.83 Außerdem sollte die in § 47 Abs. 2 vorgesehene Verwendungsfrist mit Rücksicht auf die Lehr- und Ausbildungspläne auf zwei Jahre verlängert werden. 84 78

Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.3, Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr.2/62. 79 Art. 14 bis der Brüsseler Fassung der RBÜ. 80 Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 3 f., Archiv des Bundesrates unter Gesch. Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr. 2/62. Nach Auffassung NordrheinWestfalens stellte diese Bestimmung einen Eingriff in die kulturpolitische Situation des Mäzenatentums dar. Gegen die Stimmen des Antragstellers und der Vertreter von Bremen, Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein wurde der Antrag allerdings abgelehnt. 81 Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 5, Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr.2/62. Als Begründung wurde vorgetragen, daß hier die Vermögensinteressen der Urheber gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an der Volksbildung zurücktreten müßten. Der Urheber sollte an dieser Stelle bei den Interessen der Volksbildung mit einer unentgeltlichen Wiedergabe der von ihm geschaffenen Werke einverstanden sein. 82 Vgl. Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.7 f., Archiv des Bundesrates unter Gesch. Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr.2/62. 83 Vgl. Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 5 f., Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr. 2/62. Die Ergänzungen erschienen notwendig, weil in diesen Fällen das gleiche Bedürfnis für eine erleichterte Vervielfältigung bestünde wie in den Schulen. 84 Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 6, Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr. 2/62.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Schließlich kam die Einführung der Urhebernachfolgevergütung in §§ 73 bis 79 zur Sprache. Der Vertreter Niedersachsens unterstrich, daß das mit der Vorlage verfolgte Anliegen sowohl unter verfassungsrechtlichen als auch unter kulturpolitischen Gesichtspunkten betrachtet werden müsse. Den vom UA vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken werde man sich allerdings kaum verschließen können.85 Nach Ansicht Nordrhein-Westfalens schien es bedenklich, mit der vorgesehenen Bestimmung im Rahmen des Gesetzes eine Gruppe der künstlerisch Schaffenden, die Urheber, besonders herauszunehmen. Hier werde versucht, ein öffentliches, in die Zuständigkeit der Länder fallendes Anliegen, bundesgesetzlich durchzusetzen. Dafür müsse auch aus kulturpolitischen Gründen eine andere Form gewählt werden. 86 Im Ergebnis erkannte der Kulturausschuß an, daß eine Institution zur Unterstützung und Förderung von Urhebern erforderlich sei. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Regelung hielt man aber mit Rücksicht auf die vom UA hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Bedenken für nicht haltbar. 87 Abschließend sprach der Vorsitzende Minister Voigt die Hoffnung aus, „daß das Ergebnis der Erörterungen Veranlassung bieten werde, das mit der Vorlage erstrebte Ziel auf einem anderen Wege zu erreichen." cc) Die Beratung im Rechtsausschuß am 24.01.1962 Im Hinblick auf die anstehende Plenarsitzung des Bundesrates behandelte der Rechtsausschuß in seiner 245. Sitzung am 24.01.1962 (zweiter Sitzungstag) unter dem Vorsitz von Minister Dr. Flehinghaus (Nordrhein-Westfalen) als ersten Tagesordnungspunkt den Entwurf zum Urheberrechtsgesetz. 88 Dazu wurden die Berichterstatter des im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschusses und des Ausschusses für Kulturfragen gehört und die einzelnen Vorschläge eingehend besprochen. Der RA Schloß sich zunächst einstimmig der Auffassung seines UA an, daß die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sich im allgemeinen aus Art. 73 Nr. 9 GG und für die strafrechtlichen und die Vorschriften über das gerichtliche Verfahren auch aus Art. 74 Nr. 1 GG ergebe.89 Ebenso folgte der RA der in dem UA vertretenen 85 Vgl. Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.9, Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (51)-Nr.2/62. 86 Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.9. Den Ausführungen Nordrhein-Westfalens trat Hamburg nachdrücklich bei. 87 Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates unter Gesch. Ζ. : Κ 0131 (51 )-Nr. 2/62. 88 Vgl. zum Ganzen die Niederschrift über die 245. Sitzung des Rechtsausschusses - 2. Sitzungstag - am 24.01.1962 im Bundeshaus in Bonn, Tagesordnungspunkt 1 (S. 3 bis 17), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr.R 17/62. Der vorangestellten Teilnehmerliste läßt sich entnehmen, daß neben den Vertretern der Länder auch Bundesjustizminister Dr. Stammberger sowie der Sts Dr. Strauß aus dem BMJ teilnahmen. 89 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 3, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr.R 17/62.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Überzeugung, daß für die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht bestehe. Lediglich der Vertreter BadenWürttembergs verwies auf die bereits im Unterausschuß vertretene Auffassung, wonach der Begriff des „Urheberrechts" in Art. 73 Nr. 9 GG in einem weiteren Sinne verstanden werden könne und daher die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung zulasse.90 Nach weiteren Erörterungen beschloß der RA gegen die Stimmen Baden-Württembergs, Bremens und Hamburgs, der Vollversammlung zu empfehlen, die §§ 73 bis 79 aus dem Gesetzentwurf zu streichen.91 Nachfolgend wurde über die Einzelvorschriften gesprochen, wobei der RA in zwei wesentlichen Fragen nach jeweils eingehenden Diskussionen von der Auffassung seines UA abwich. So beschloß der RA gegen die Stimmen Bayerns, Hessens und Schleswig-Holsteins bei Stimmenthaltung des Landes Rheinland-Pfalz den Vorschlag des UA auf Streichung des Folgerechts in § 26 abzulehnen.92 Auf Antrag des Vertreters Niedersachsens setzte der RA darüber hinaus fest, der Vollversammlung die Annahme einer Entschließung zu empfehlen, nach der im weiteren Verlauf der Gesetzesvorlage geprüft werden sollte, ob es zu Erreichung des mit § 26 angestrebten Ziels hilfreich sei, den Anteil des Urhebers am Veräußerungserlös sowie die vorgesehene Mindestsumme für den Veräußerungserlös zu erhöhen.93 Ebenso abgelehnt wurde der Vorschlag des UA, die in § 36 geregelte Beteiligung des Urhebers bei einem krassen Mißverhältnis zu streichen. 94 Soweit eingewandt werde, die Vorschrift sei mit dem Grundsatz der Vertragstreue nicht zu vereinbaren, müsse darauf hingewiesen werden, daß es vor allem diesem Grundsatz widerspreche, wenn der Urheber an einem großen Erfolg seines Werkes nicht beteiligt werde. 95 90 Vgl. Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S.4, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. Es müsse anerkannt werden, daß der Begriff des Urheberrechts sich nach modernen Auffassungen gewandelt habe. Daher sei auch die im Entwurf getroffene Regelung durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 73 Nr. 9 GG gedeckt. 91 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S.5, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. Weiterhin erläuterte der Berichterstatter Dr. Horber die vom UA vertretene Auffassung, daß die Bestimmungen über die Schranken des Urheberrechts, über gesetzliche Nutzungsrechte und über die Dauer des Urheberrechts mit Art. 14 GG vereinbar seien. Daraufhin Schloß sich der RA auch dieser Sichtweise an. 92 Niederschrift der 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. Damit Schloß sich der RA dem Ausschuß für Kulturfragen an, der in seiner 51. Sitzung am 22.01.1962 bereits festgelegt hatte, dem Streichungsvorschlag des UA, falls er vom RA übernommen werden sollte, ausdrücklich zu widersprechen. 93 Vgl. Niederschrift über 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr.R 17/62. 94 Nachdem seitens des BMJ nochmals eingehend die Gründe für die Einführung des Beteiligungsanspruches zugunsten des Urhebers dargelegt worden waren und die Ländervertreter ihre unterschiedlichen Ansichten in dieser Frage diskutiert hatten, sprach sich der RA gegen die Stimmen Bayerns, Hessens, Nordrhein-Westfalens, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bei Stimmenthaltung des Saarlandes für die Beibehaltung dieser Vorschrift und somit gegen den Streichungsvorschlag des UA aus (Niederschrift über Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 10). 95 So die Ausführungen des Vertreters von Niedersachsen in Niederschrift über 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Weiterhin stimmte der RA gegen die bereits im UA abgelehnte, aber im Ausschuß für Kulturfragen übernommene Anregung des Landes Schleswig-Holstein, die Vergütungspflicht bei Sammlungen für Schul-, Kirchen- und Unterrichtsgebrauch in §46 Abs. 4 aufzuheben. 96 Ebenfalls widersprochen wurde dem Vorschlag des Kulturausschusses, die in § 47 vorgesehene Ausnahmeregelung für Schulfunksendungen auch auf die Einrichtungen der Lehrerbildung und auf die Erziehungsheime der Jugendfürsorge auszudehnen.97 Nach ausführlicher Beratung verständigte sich der RA schließlich trotz wiederholter Fürsprache seitens des BMJ darauf, der Vollversammlung zu empfehlen, die Vergütungspflicht bei einer Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch (§ 54 Abs. 3) zu streichen.98 Entsprechend der Empfehlung des UA wies der RA abschließend auch noch darauf hin, daß das Urheberrechtsgesetz der Zustimmung des BR bedürfe, da § 148 eine Änderung der StPO vorsehe, welche wiederum ein Zustimmungsgesetz sei. Daher wurde der Vollversammlung empfohlen, die Eingangsworte entsprechend so zu formulieren, daß der BT mit Zustimmung des BR das folgende Gesetz beschlossen habe.99 dd) Die Beratung im Wirtschaftsausschuß

am 25.01.1962

Der Wirtschaftsausschuß des Bundesrates beriet in seiner 202. Sitzung am 25.01.1962 unter dem Vorsitz von Minister Dr. Lauscher (Nordrhein-Westfalen) den Entwurf zum Urheberrechtsgesetz. 100 Zuerst sprach sich der Vertreter Hamburgs gegen das Folgerecht in § 26 aus. Abgesehen von den bereits im UA des RA vorgetragenen Bedenken bringe die Vorschrift für den Kunsthandel über die finanzielle Belastung hinaus einen unzumutbaren Verwaltungsaufwand, der in keinem Verhältnis zu dem Effekt stehe. Außerdem sei eine Abwanderung der gewerblichen Veräußerung von Kunstwerken an den ausländischen Kunsthandel zu befürchten. 101 Als aber darauf hingewiesen wurde, daß 96 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates unter R0055-Nr.R 17/62. 97 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. Die Ausnahmeregelung des § 47 und die darin liegende Einschränkung der Rechte des Urhebers sei lediglich deshalb notwendig, weil sich der Zeitpunkt der Verwertung der Sendungen im Unterricht nicht immer mit dem Sendetermin koordinieren lasse. Bei den vorgeschlagenen Erweiterungen sei dies jedenfalls nicht in gleichem Maße der Fall. 98 Damit folgte der RA wiederum der Vorgabe seines UA, der diese Frage eingehend beraten hatte, vgl. Niederschrift des UA RA BR am 16.01.1962 S. 11. Der Beschluß kam fast einstimmig gegen die alleinige Stimme Bremens zustande, vgl. Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 14, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. 99 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 16, Archiv des Bundesrates unter R 0055-Nr. R 17/62. 100 Vgl. zum Ganzen Niederschrift über 202. Sitzung des WA BR am 25.01.1962 (Punkt 2 der Tagesordnung S. 5 bis 8), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62. 101 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 5, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

der Rechtsausschuß des Bundesrates sich in seiner Beratung am Vortage (24.01.1962) bereits ausdrücklich für das Folgerecht des Künstlers ausgesprochen habe, lehnte der Wirtschaftsausschuß den Antrag Hamburgs ab. 102 Zudem sollte der Anteil des Urhebers am Veräußerungserlös gegenüber der Regierungsvorlage auf 3 % erhöht werden und die in § 26 Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Bagatellgrenze von 500 D M auf 2000 D M heraufgesetzt werden. 103 Ebenso abgelehnt wurde der Antrag Hamburgs, den Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 zu streichen. 104 Zustimmung fand dagegen die Anregung Hamburgs, dem UA des RA dahingehend zu folgen, daß die Vergütungspflicht bei Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch in § 54 Abs. 3 zu streichen sei. Der Vertreter Hamburgs trug hierzu entsprechend der Begründung des UA vor, daß die Durchsetzung des Vergütungsanspruches nur über unzumutbare Eingriffe in den privaten Bereich realisiert werden könne.105 Auch der Vorsitzende war der Auffassung, die in dieser Vorschrift niedergelegten Vorstellungen nicht umsetzen zu können. Der Wirtschaftsausschuß beschloß daher mit derselben Begründung wie der UA, die Vorschrift zu streichen. 106 Zum Schluß kam der Wirtschaftsausschuß überein, auch die Urhebernachfolgevergütung in §§ 73-79 mit der vom UA gegebenen Begründung abzulehnen. Weitere Bedenken wurden nicht erhoben. 107 ee) Die Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates Noch am selben Tag wurde das Ergebnis der Beratungen in den einzelnen Ausschüssen in einer Empfehlung für die anstehende 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 zusammengefaßt. Der federführende Rechtsausschuß, der Ausschuß für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuß empfahlen darin dem Bundesrat, seine 102 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 6, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62. 103 Niederschrift über 202. Sitzung des WA BR am 25.01.1962 S.6, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62. Der Beschluß ging auf einen Antrag Niedersachsens zurück und wurde damit begründet, daß anderenfalls die vom Gesetz beabsichtigte Hilfe für den bildenden Künstler oder seine Hinterbliebenen nicht ausreichend gewährleistet werden könne. 104 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 7. Der Vertreter Hamburgs rief die vom UA RA BR vorgetragenen Bedenken gegen diese Vorschrift in Erinnerung und machte insbesondere nochmals auf die Gefahr einer möglicherweise eintretenden Rechtsunsicherheit aufmerksam. Da aber nach Auffassung des WA gerade das objektiv wucherische Mißverhältnis beseitigt werden sollte, wurde der Antrag im Ergebnis mit großer Mehrheit (8 Stimmen gegen die Stimme Hamburgs bei 2 Enthaltungen) abgelehnt. 105 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 7, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62. Es sei ein Druck der Verwertungsgesellschaften zu erwarten, die an sich vom Benutzer zu entrichtende Vergütung unmittelbar von den Herstellerfirmen zahlen zu lassen. 106 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62. 107 Niederschrift über 202. Sitzung WA BR am 25.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates unter Wi 1063 Nr. 7/62.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Stellungnahme entsprechend den auf den Sitzungen ausgearbeiteten Vorschlägen zu beschließen und im übrigen keine Einwendungen zu erheben. 108 Es sollte also insbesondere das Folgerecht in § 26 erhalten bleiben und der Anteil des Urhebers am Veräußerungserlös sowie die vorgesehene Wertgrenze gegenüber der Regierungsvorlage noch erhöht werden. 109 Auch die von dem Kulturausschuß geforderte Streichung der Vergütungspflicht für Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch (§ 46 Abs. 4) sowie die Erweiterung der Ausnahmeregelung für Schulfunksendungen (§ 47) wurden in die abschließende Empfehlung für den Bundesrat aufgenommen.110 Übereinstimmend sollten schließlich noch nach der Auffassung aller über das Urheberrecht beratenden Ausschüsse die Vergütungspflicht bei Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch in § 54 Abs. 3 sowie die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung in §§ 73 bis 79 abgelehnt werden. 111 b) Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 Der Regierungsentwurf eines Urheberrechtsgesetzes wurde dann in der 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 beraten. An dieser Versammlung unter dem Vorsitz von Bundesratspräsident Dr. Erhard (Ministerpräsident Bayerns) nahmen neben den Ländervertretern auch Dr. von Merkatz als Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder, Dr. Claussen vom BArbM, Prof. Dr. Hölzl vom BlnM und Dr. Strauß vom BMJ teil. 112 Zu Beginn referierte der Berichterstatter Dr. Haas (Bayern) über die Notwendigkeit und den Inhalt der Reformarbeit am deutschen Urheberrecht. 113 Danach wurden die im Vorfeld zu dieser Sitzung eingereichten Anträge der Länder Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein auf Streichung des Beteiligungsanspruches bei einem auffälligem Mißverhältnis 114 in § 36 behandelt. Während der Vertreter Nordrhein108 BR-Drucks. 1/1/62, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 2 und auch als Abschrift enthalten in Β 141/16466 B1.47ff. 109 BR-Drucks. 1/1/62 S.2, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.2. 110 BR-Drucks. 1/1/62 S.3, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.2. 111 Vgl. BR-Drucks. 1/1/62 S.6 bzw.S.8, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 2. 112 Vgl. Anwesenheitsliste in BR-Sitzungsberichte 1962, S.V. 113 Vgl. Ausführungen Dr. Haas in BR-Sitzungsberichte 1962, S.2B-9B. In einem kurzen Überblick faßte Dr. Haas auch die wichtigsten Ergebnisse der Beratung im Rechtsausschuß zusammen und stellte sie dem Plenum vor. 114 Ebenfalls mit Bezug auf die anstehende Plenarsitzung reichte Nordrhein-Westfalen am 30.01.1962 einen Änderungsantrag ein, mit dem Ziel, den Beteiligungsanspruch des Urhebers bei einem auffälligem Mißverhältnis in §36 zu streichen, BR-Drucks. 1/2/62, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 3. Für den Fall der sittenwidrigen Ausbeutung, so die Begründung dieses Antrags, würden die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts dem Urheber ausreichenden Schutz gewährleisten. Es erscheine bedenklich, für die wenigen noch in Betracht kommenden Fälle den Grundsatz der Vertragstreue zugunsten eines der Vertragsteile zu durchbrechen. Mit einem Antrag gleichen Inhalts wandte sich am 01.02.1962 auch Schleswig-Holstein an den Bundesrat, BR-Drucks. 1/3/62, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 4. Neben der bereits von Nordrhein-Westfalen

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Westfalens den Antrag auf Streichung des Beteiligungsanspruches in § 36 aufrecht erhielt und sich Schleswig-Holstein diesem anschloß,115 setzte sich Dr. Strauß vom BMJ mit Nachdruck dafür ein, daß diesen Anträgen nicht zugestimmt wird. § 36 solle gerade die Fälle erfassen, in denen nicht die getroffene Vereinbarung wucherisch und deshalb sittenwidrig i. s. d. § 138 BGB sei, sondern in denen nachträglich der unvorhergesehene außergewöhnliche Erfolg des Werkes dazu führe, daß ein auffälliges Mißverhältnis der Erträgnisse gegenüber der dem Urheber gezahlten Vergütung bestehe.116 Obschon der Vertreter Nordrhein-Westfalens weiterhin gegen die Vorschrift des § 36 plädierte und sie ein „Fressen für die Anwälte" nannte117, fand der Antrag im Plenum des Bundesrates im Ergebnis keine Zustimmung und wurde bei Aufruf abgelehnt.118 Die Empfehlungen der Ausschüsse wurden dann ohne weitere Aussprache nacheinander zur Abstimmung aufgerufen. Die Länder folgten dabei nicht nur den Empfehlungen des Rechtsausschusses, sondern nahmen insbesondere auch die vom Ausschuß für Kulturfragen und vom Wirtschaftsausschuß empfohlenen Vorschläge an. 119 So stimmte beispielsweise die Mehrheit für den Antrag des Wirtschaftsausschusses, die Bagatellgrenze innerhalb des geplanten Folgerechts (§ 26) heraufzusetzen. Auch wurde die vom Kulturausschuß angeregte Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch in § 46 Abs. 4 übernommen. Ebenso stimmte die Mehrheit für die Erweiterung der Ausnahmebestimmung zugunsten der Schulfunksendungen (§47). Im übrigen wurden sämtliche Empfehlungen der Ausschüsse ohne weiteres angenommen und keine weiteren Einwendungen erhoben. Insbesondere sollten die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 3 und die Urhebernachfolgevergütung in §§ 73-79 zu Fall gebracht werden. Präsident Dr. Erhard stellte daraufhin fest, „daß der Bundesrat gem. Art. 76 Abs. 2 GG zu dem Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes die soeben vorgetragenen Argumentation stellte Schleswig-Holstein noch darauf ab, daß man nicht lediglich die Interessen der Urheber beachten dürfe, sondern auch die des Verlegers berücksichtigen müsse, der das Risiko der Werknutzung, insbesondere auch des Mißerfolges, trage. 115 BR-Sitzungsberichte 1962, S.9B. Der Vertreter Nordrhein-Westfalens hielt den gestellten Antrag auf Streichung des Beteiligungsanspruches in § 36 aufrecht, wobei sich SchleswigHolstein diesem anschloß. 116 BR-Sitzungsberichte 1962, S.9D. Eine präjudizielle Auswirkung auf andere Rechtsgebiete, wie sie befürchtet worden sei, könne die vorgeschlagene Vorschrift nicht haben. Sie rechtfertige sich nur für das Gebiet des Urheberrechts durch die ganz besonderen Verhältnisse, die hier darin liegen, daß jederzeit eine enge Verbindung zwischen dem Urheber und seinem Werk und damit zugleich zwischen dem Urheber und dem Nutzungsberechtigten erhalten bleibe. 117 BR-Sitzungsberichte 1962, S. 1D. Nordrhein-Westfalen warf dazu die Frage auf, ob man denn wirklich in jedem einzelnen Fall, in dem ein Autor durch Glück, Kenntnis oder auch durch Zufall Erfolg gehabt habe, sofort durch gesetzliche Bestimmungen dieser Art nun die Gerichte in Tätigkeit treten lassen wolle. 118 BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11C. 119 BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11C.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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angenommene Stellungnahme beschlossen hat." Im übrigen erhob der Bundesrat keine Einwendungen, er war jedoch der Ansicht, daß das Gesetz seiner Zustimmung bedürfe. 2. Die Auffassung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates a) Entwurf des BMJ vom 28.02.1962 zu möglichen Gegenäußerungen Mit Schreiben vom 02.02.1962 übermittelte der Präsident des Bundesrates die Stellungnahme des Bundesrates zu dem RegE an die Bundesregierung. 120 Daraufhin übersandte das BMJ am 28.02.1962 einen Entwurf zu möglichen Gegenäußerungen ebenfalls an den Sts des Bundeskanzleramtes sowie nachrichtlich an die anderen Bundesminister mit der Bitte, ihre Behandlung für eine der nächsten Kabinettssitzungen vorzusehen. 121 Auf Bedenken stießen die Frage der Zustimmungsbedürftigkeit sowie vor allem der Vorschlag des Bundesrates, die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 3 zu streichen. Letzterer Änderung sollte nach Ansicht des BMJ in keinem Fall zugestimmt werden. 122 b) Widerspruch des Bundesministers für Wirtschaft vom 08.03.1962 Mit Schreiben vom 08.03.1962 an den Sts des Bundeskanzleramtes ließ sodann der Bundesminister für Wirtschaft mitteilen, daß er nunmehr den Standpunkt vertrete, die BReg sollte dem Vorschlag des Bundesrates, die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 3 des RegE zu streichen, folgen. 123 Als Begründung wurde zum einen vorgetragen, daß sich eine vergleichbare Regelung, abgesehen von Italien, weder in einem anderen europäischen noch im amerikanischen Recht finden lasse.124 Das deutsche Urheberrecht würde sich also mit dieser Vorschrift in Gegen120 Vgl. Schreiben des BR an BReg nebst Stellungnahme vom 02.02.1962, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 6. 121 Schreiben des BMJ an Sts. Bundeskanzleramt sowie nachrichtlich an die Herren Bundesminister vom 28.02.1962 in Β 141/16467 B1.90f. 122 Schreiben des BMJ an Sts. Bundeskanzleramt sowie nachrichtlich an die Herren Bundesminister vom 28.02.1962 in Β 141/16467 Bl. 91. Das Kabinett habe sich bereits in der ersten Abstimmung am 05.12.1961 für diese Regelung entschieden. Zu einer Änderung der Entscheidung bestehe kein Anlaß, da in den Beratungen der Ausschüsse des Bundesrates und auch in der Stellungnahme des Bundesrates keine Gesichtspunkte vorgebracht worden seien, die die grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen, mit denen der Vergütungsanspruch in der Regierungsvorlage begründet worden war, entkräften. 123 Schreiben des BWiM an Sts. Bundeskanzleramt sowie nachrichtlich an die Herren Bundesminister vom 08.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 64ff. 124 Obwohl das Problem der privaten Tonbandaufnahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes seit mindestens zehn Jahren in allen europäischen Staaten bekannt sei, hätten Österreich (1953), die Schweiz (1955), Großbritannien (1956) und Frankreich (1957) noch in jüng-

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

satz zu dem Urheberrecht nahezu aller Staaten des abendländischen Kulturkreises setzen. Zum anderen halte er § 54 Abs. 3 rechtspolitisch gesehen in hohem Maße für bedenklich, da sich die Vergütungspflicht, wie der Bundesrat in seiner Stellungnahme hervorhebe, gegenüber den meisten privaten Tonbandgerätebesitzern nicht durchsetzen lassen werde. 125 Schließlich bringe die Einführung einer Vergütungspflicht die Gefahr mit sich, daß die Verwertungsgesellschaften versuchen werden, durch private „Schnüffelei" vergütungspflichtige Tonbandaufnahmen in möglichst großem Umfang zu ermitteln. In jedem Fall hätte die Regelung des § 54 Abs. 3 wirtschaftspolitisch unerwünschte Auswirkungen auf den Umsatz der deutschen Tonbandgeräteindustrie zur Folge. 126 In einem Schnellbrief vom 14.03.1962 Schloß sich der Bundesminister für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder der Auffassung des BWiM an. 127 Er war der Meinung, daß in den Beratungen der Ausschüsse des Bundesrates und in der Stellungnahme des Bundesrates Gesichtspunkte vorgebracht worden seien, welche die grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen, mit denen der Vergütungsanspruch in der Regierungsvorlage begründet worden waren, entkräften würden. Auch wenn das Urheberrechtsgesetz kein Zustimmungsgesetz sei, scheine es nicht ohne Bedeutung zu sein, daß sich der Rechtsausschuß des Bundesrates gegen die Stimme Bremens geschlossen für die Streichung des § 54 Abs. 3 eingesetzt habe.128 Sollte sich im Bundestag die leiseste Unterstützung für den Vorschlag des Bundesrates erheben, dürfte die Entscheidung des Vermittlungsausschusses, der bei Aufrechterhaltung von § 54 Abs. 3 mit Sicherheit angerufen würde, von vornherein festliegen. 129

ster Zeit bei der Abänderung ihrer Urheberrechte auf eine entsprechende Regelung verzichtet, vgl. Schreiben des BWiM vom 08.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 65. 125 Vgl. Schreiben des BWiM vom 08.03.1962 in Β141/16468 Bl. 66. Es fehle hier jeder zureichende Ansatzpunkt, daß sich bei der Bevölkerung insoweit ein Wandel im Rechtsbewußtsein vollziehen werde, wie vom BMJ als Begründung für die Bestimmung vorgetragen worden war. 126 Vgl. Schreiben des BWiM vom 08.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 67. 127 Schreiben des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder an Sts. Bundeskanzleramt vom 14.03.1962 in Β141/16468 Bl. 88: „Den Bedenken, die von Seiten des Bundesrates in der Plenarsitzung vom 02. Februar d. Js. gegen den Abs. 3 des § 54 geltend gemacht worden sind und die der Herr Bundesminister für Wirtschaft in seinem Schreiben weiter vertieft hat, kann ich mich nicht verschließen." 128 Schreiben des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder vom 14.03.1962 in Β 141/26468 Bl. 89. 129 Schreiben des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder vom 14.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 89. Der Bundesminister ging also davon aus, daß die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen spätestens durch den Vermittlungsausschuß gestrichen werden würde. Er wies auch darauf hin, daß die öffentliche Meinung sich fast durchweg für den Standpunkt des Bundesrates und damit gegen die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen aussprach (vgl. dazu FAZ vom 05.02.1962, SZ vom 05.02.1962 sowie Rheinischer Merkur vom 09.02.1962).

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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c) Beschlußfassung auf der Kabinettssitzung am 16.03.1962 und daraus folgende Stellungnahme der Bundesregierung In Vorbereitung der anstehenden Beschlußfassung des Kabinetts über die Gegenäußerungen der BReg zur Stellungnahme des BR stimmte man sich innerhalb des BMJ dahingehend ab, an der vorgeschlagenen Aufrechterhaltung der Regierungsvorlage und damit auch an der Vergütungsplicht in § 54 Abs. 3 festzuhalten. 130 Dafür spreche in erster Linie, daß das Kabinett von einer einmal getroffenen Entscheidung nur bei einer wirklich neuen Sachlage abweichen sollte. Eine Umkehr seitens des Kabinetts würde hier besonders ungünstig wirken, weil der vorgeschlagene Vergütungsanspruch mit grundsätzlichen rechtspolitischen Erwägungen begründet wurde. Diese Erwägungen hätten nach wie vor Gültigkeit. 131 Dennoch wurde auf der folgenden Kabinettssitzung am 16.03.1962 schließlich nach längerer Debatte dem Antrag des BWiM auf Zustimmung zum Vorschlag des Bundesrates zugestimmt.132 Im Ergebnis vertrat die BReg dann die Auffassung, den RegE in der Fassung vom 15.12.1961 dahingehend zu ändern, daß die vom BR vorgeschlagene Streichung des § 54 Abs. 3 nunmehr gebilligt werden sollte. 133 Ansonsten stieß die Stellungnahme des Bundesrates jedoch in wesentlichen Fragen auf Widerspruch. So wurde die Auffassung des BR, das Gesetz bedürfe seiner Zustimmung, von der BReg nicht geteilt. Nach Ansicht der BReg bedurfte die Änderung eines mit Zustimmung des Bundesrates erlassenen Gesetzes nur dann wiederum dessen Zustimmung, wenn sich die Änderung auf solche Normen beziehen würde, die entweder die Zustimmungsbedürftigkeit des zu ändernden Gesetzes selbst begründen oder mit zustimmungsbedürftigen Normen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Dies sei hinsichtlich des durch § 148 des RegE zu ändernden § 374 der StPO jedoch nicht der Fall. Ebensowenig wurde der vorgeschlagenen Erhöhung der Mindestgrenze für die vom Folgerecht (§ 26) erfaßten Verkaufsfälle von 500 D M auf 2000DM zugestimmt. Damit würde der Anwendungsbereich der Vorschrift insbesondere für das bedeutende Gebiet der graphischen Kunst ungerechtfertigt eingeschränkt, da hier nur selten Preise über 2000 DM erzielt würden. Auch widersprach die BReg der Vorgabe des BR, die Vergütungspflicht bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch (§ 46 Abs. 4) zu streichen, da dem Interesse der Allgemeinheit an einer Er130

Vgl. internes Schreiben des BMJ vom 13.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 69 ff. Im folgenden wurde zu jedem einzelnen vom BWiM vorgetragenen Argument eine Bemerkung ausgearbeitet. Die Schwierigkeit der Durchsetzbarkeit sei dabei das stärkste Argument gegen den Vergütungsanspruch. Entgegen der Auffassung des BWiM und des BR dürfte jedoch eine begründete Aussicht bestehen, daß nach Beseitigung der zur Zeit herrschenden Rechtsunsicherheit und nach Schaffung eines einfachen Systems für die Berechnung und Zahlung der Vergütung ein zunehmender Kreis der Gerätebenutzer sich freiwillig zur Zahlung der Vergütung bereit finden wird, vgl. internes Schreiben BMJ vom 13.03.1962 in Β 141/26468 B1.72. 132 Notiz zu der Kabinettssitzung vom 16.03.1962 in Β 141/16468 B1.90. 133 Vgl. zum Ganzen Auffassung der BReg zu der Stellungnahme des Bundesrates, BTDrucks. IV/270 Anlage 3. 131

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

leichterung des Schulunterrichts bereits dadurch hinreichend Rechnung getragen sei, daß der Urheber die Aufnahme seines Werkes in die Schulbücher nicht verbieten konnte. Eine Erweiterung der Ausnahmen für Schulfunksendungen (§ 47) wurde ebenfalls abgelehnt. Schließlich hielt die BReg entgegen den Ausführungen des BR an ihrer Auffassung fest, daß die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Urhebernachfolgevergütung aus Art. 73 Nr. 9 GG hergeleitet werden könne. Dadurch würde die ausschließliche Gesetzgebung über das Urheberrecht dem Bund zugewiesen, wozu alle Regelungen gerechnet werden könnten, die, wie es auch bei der Urhebernachfolgevergütung der Fall sei, an die Nutzung von Werken anknüpfen. 134 3. Die Stellungnahmen zu dem Regierungsentwurf Obwohl der RegE anders als die vorangegangenen Entwürfe des BMJ (RefE und auch MinE) nicht mehr als eine Art Diskussionsgrundlage für weitere Anregungen seitens der Interessenverbände diente, sondern die parlamentarischen Arbeiten einleiten sollte, konnte eine Reaktion in der Öffentlichkeit nicht ausbleiben. Zahlreiche Interessenverbände verfolgten den Werdegang des RegE und reichten noch während des laufenden Gesetzgebungsverfahrens eine Reihe von Stellungnahmen und Änderungsvorschlägen ein. Mit Schreiben vom 25.04.1963 übermittelte zuerst der Börsenverein des Deutschen Buchhandels eine gemeinsam mit den Verlegerverbänden herausgegebene Stellungnahme zur Urheberrechtsreform. 135 Die Verleger begrüßten darin das Bestreben, das Urheberrecht entsprechend der technischen Entwicklung und der Fortbildung in Rechtslehre und Rechtsprechung neu zu kodifizieren. Der Entwurf, den die Regierung dem Bundesrat und dem Bundestag vorgelegt habe, ließe aber bedeutende Erwartungen noch unerfüllt. 136 Es werde insbesondere übersehen, daß die Partnerschaft von Urheber und Verleger durch die technische Entwicklung nicht lockerer, sondern enger geworden sei. Der Urheber sei auf die Verwertung seiner Schöpfung durch andere angewiesen. Er müsse daher das Recht behalten, uneingeschränkt seine Verwertungsrechte, und zwar auch insgesamt, zur individuellen Auswertung in eine Hand zu übertragen. Die freie Verwertung des Urheberrechtsgutes würde aber durch das Verbot der Übertragung der Verwertungsrechte (§31) und durch gesetzliche Zwangsverfügungen (§§ 64, 65, 98 und § 36) behindert. 137 Besonders scharf wurde der Beteiligungs134

Vgl. zur Vertiefung BT. Drucks. IV/270, Anlage 3. Schreiben des Börsenvereins vom 25.04.1963, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr. 7 Ziff. 3) mit beigefügter Stellungnahme, vgl. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S. 681-682. 136 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S.681. 137 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18.Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S.681. 135

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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anspruch des Urhebers in § 36 kritisiert. Der Zwang, Verlagsverträge nachträglich zu ändern (§ 36), erschüttere nicht nur die Rechtssicherheit, Vertragstreue und jegliche verlegerische Planung auf weite Sicht, sondern auch die notwendige Vertrauensgrundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Urheber und Verleger. 138 Weiterhin räume der Entwurf dem Staat in weitem Umfang für die Benutzung von Urheberrechtsgut eine Vorzugsstellung ein, die dem Gleichheitsgrundsatz und der Verpflichtung der Länder und Städte zur Kulturförderung widerspreche. So sei nicht einzusehen, warum öffentliche Bibliotheken von der Vermietgebühr in § 27 freigestellt werden sollen. 139 Ebensowenig sei eine Berechtigung dafür vorhanden, daß der Staat kostenlos Funksendungen auf Bild- oder Tonträger sollte übertragen dürfen, nur weil sie zu Schulzwecken verwendet werden (§ 47). 140 Begrüßt wurde dagegen die in § 54 Abs. 3 vorgesehene Vergütungspflicht für die Überspielung von Tonträgern zum privaten Gebrauch, wie sie in der dem Bundesrat vorgelegten Fassung enthalten war. Schließlich wandte sich der Börsenverein gegen die Einführung einer Urhebernachfolgegebühr (§§ 73 ff.). Sie könne aus dem Urheberrecht keineswegs begründet werden. Das Wesen des Urheberrechts, zeitlich begrenzter Schutz und Übergang der Werke in die Gemeinfreiheit, sei mit einem anschließ-enden neu entstehenden Vergütungsanspruch nicht vereinbar. 141 Zu der Stellungnahme des Börsenvereins veröffentlichte der Schutzverband Deutscher Schriftsteller im Januar 1964 eine Antwort der Autoren". 142 In dieser Schrift bezogen die Autoren zu den einzelnen Paragraphen des RegE unter besonderer Berücksichtigung der Vorschläge des Börsenvereins Stellung.143 So erklärten 138

Die Bestimmung des § 36 diffamiere außerdem die Gesamtheit der Verleger und zwar ohne Notwendigkeit, da die Vorschriften des geltenden Rechts dem Autor bei Mißbrauch den erforderlichen Schutz geben würden, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S. 681. 139 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr.30) vom 13.04.1962, S.682. 140 Mit der Pflicht, die Schulkosten zu tragen, treffe den Staat auch die Verpflichtung, die Urheber, deren Werke für Schulzwecke verwendet werden, dafür zu entschädigen, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S.682. Die Freistellung des Staates von einer Vergütungspflicht für Vervielfältigungen zum amtlichen Gebrauch und die Freistellung der Vervielfältigungen, die im Rahmen der Erwerbstätigkeit Gerichten und Behörden vorgelegt werden, widersprächen genauso dem Gleichheitsprinzip (§§45, 55). 141 Außerdem bringe die Urhebemachfolgevergütung durch die gedachten Verwendungszwecke die Gefahren der Kulturlenkung und Kulturüberwachung des Staates oder von ihm abhängiger Institutionen mit sich, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe (18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30) vom 13.04.1962, S.682. 142 Antwort der Autoren auf die Stellungnahme des Börsenvereins zur Urheberrechtsreform als Broschüre des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr.7 Ziff.7). 143 Vgl. zur Vertiefung Vorwort des Präsidenten des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Antwort der Autoren, S. 3-5, ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

die Autoren zu der Behauptung der Verleger, § 36 erschüttere die verlegerische Planung und diffamiere zudem die gesamte Verlegerschaft, „dieser Paragraph diffamiere die Allgemeinheit der Verleger ebensowenig, wie durch das Strafgesetzbuch alle Menschen zu Verbrechern erklärt würden." 144 Die wiederholt angebrachte Behauptung, daß „das Schaffen eines jeden Verlegers in entscheidendem Maße auf dem Ausgleich zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Autoren beruhe", werde von den Autoren anerkannt, aber dieser Ausgleich solle ja durch § 36 auch gar nicht beseitigt werden. Nur der Mißbrauch der wirtschaftlichen Übermacht der Verleger werde durch § 36 eingedämmt. Die Autoren richteten daher die dringende Bitte an den Bundestag, diese Bestimmung nicht zu streichen. 145 Übereinstimmend mit den Verlegern lehnten die Autoren dann eine Sonderstellung des Staates durch die Ausnahmebestimmung für Schulfunksendungen in § 47 ab und forderten, daß für die Vervielfältigung dem Urheber eine angemessene Vergütung gewährt wird. 146 Auch hinsichtlich der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch schlossen sich die Autoren den Gedankengängen des Börsenvereins an und forderten, an der Vergütungspflicht nach § 54 Abs. 3 festzuhalten. 147 Abschließend äußerten sich die Autoren umfassend zu der Frage einer Urhebernachfolgevergütung in §§ 73 ff. 148 Da sich eine unbefristete Schutzfrist wohl kaum verwirklichen lasse149, schlugen die Autoren einen Kompromiß vor. Statt der Forderung, daß Urheberrecht von Generation zu Generation unbeschränkt auf den Erben zu übertragen, erwarteten sie nunmehr, daß ihre Werke nach Ablauf der Schutzfrist nicht mehr zum willkürlichen Ausbeuteobjekt der Verwerter werden. In Zukunft sollte daher nach Ablauf der Schutzfrist eine Tantieme, die Urhebernachfolge-Tantieme, an eine Kulturkasse gezahlt werden. Die Urhebernachfolgegebühr sei demnach die Entschädigung für die Beschränkung ihrer Rechte.150 Die Autoren sprachen daher den Wunsch aus, die vom BMJ und von der BReg in § 73 vorgeschlagene Urhebernachfolgegebühr zu beschließen. Sollte sich im BT dafür wider Erwarten keine Mehrheit finden, dann baten die Autoren, auf anderem Wege das dem Grund144

Die Strafgesetze diffamierten nicht die ehrlichen Leute, sondern seien leider erforderlich wegen der anderen. § 36 sei ein ebenso notwendiger Schutz. (Vgl. zur Vertiefung Antwort der Autoren, S. 23), ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7. 145 Antwort der Autoren, S. 24 f., ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7. 146 Antwort der Autoren, S.29, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr.7 Ziff.7. 147 Vgl. dazu Antwort der Autoren, S. 34. Auch hinsichtlich der gesetzlichen Nutzungsrechte schlossen sich die Autoren den Verlegern an, insbesondere das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung in § 65 sollte gestrichen werden, vgl. Antwort der Autoren, S. 38 ff., ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7. 148 Antwort der Autoren, S. 40-80, ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7. 149 Antwort der Autoren, S.42, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr.7 Ziff.7. Außerdem würden auch die Interessen der Allgemeinheit gegen ein ewiges Urheberrecht sprechen. 150 Vgl. Antwort der Autoren, S.45f. Wolle der Gesetzgeber das Verfügungsrecht der Autoren und ihrer Erben über die von den Autoren geschaffenen Vermögenswerte beschränken, dann sei er nach dem Grundgesetz verpflichtet, sie dafür zu entschädigen.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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gesetz widersprechende Unrecht zu beseitigen und die Schutzfrist nicht mehr, wie in § 67 vorgesehen, zeitlich zu begrenzen. 151 Auch mit den einzelnen Normen zur Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung setzten sich die Autoren auseinander. Lediglich bei § 76 waren die Autoren der Ansicht, die Höhe der Urhebernachfolgevergütung sollte nicht wie vorgesehen nur 1 % der üblichen Tantieme betragen, sondern von vornherein höher angesetzt werden. 1 5 2 In einem Schlußwort wurde der Wunsch angefügt, daß die Verleger zur Kontrolle der Auflagenhöhe sämtliche Vervielfältigungsstücke mit einer laufenden Nummer zu versehen sowie das Erscheinungsjahr und das Verlagsunternehmen anzugeben haben. Die vorsätzliche und fahrlässige Verletzung der Anzeige- und Nummerierungspflicht seien unter Strafe zu stellen.153 Vom 16.04.1962 stammte die Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes. 1 5 4 Mit Nachdruck wandte man sich gegen die Aufgabe des bisher in § 13 Abs. 2 LUG festgelegten Melodienschutzes. Werde der Melodienschutz, wie in dem neuen § 24 vorgesehen, aufgehoben, so sei eine Flut von Prozessen vorauszusehen, über die Streitfrage, ob es sich um ein „selbständiges Werk in freier Benutzung eines anderen" oder nur um eine „Bearbeitung" handele. Sei erst einmal höchstgerichtlich festgestellt, was noch als „ein selbständiges Werk" angesehen werde, so breche eine Hochkonjunktur für die Freibeuterei an. Es gebe genügend kluge Köpfe, die sich angesichts der erzielbaren Gewinne die Situation zu Nutze machen würden. 155 Der Musikverlegerverband empfahl daher dem Gesetzgeber, sich hierüber von einem führenden Komponisten beraten zu lassen.156 Mit Entschiedenheit sprachen sich die Musikverleger dann gegen die vom Bundesrat vorgeschlagene Streichung der in § 46 Abs. 4 enthaltenen Vergütungspflicht bei der Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch aus.157 Der Gesetzgeber sollte es wenigstens zugunsten der Musik 151

Antwort der Autoren, S.61, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr.7 Ziff.7. Antwort der Autoren, S. 63, ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 7 Ziff. 7. 153 Antwort der Autoren, S. 84f. Überall sei es auch um des eigenen guten Rufes willen üblich, Abrechnungen möglichst genau zu belegen. Und solange die Verleger nicht eingesehen haben, daß ihr ehrlicher Name die Auflagenkontrolle erfordert, solange müßten sie es sich gefallen lassen, daß die Autoren so über sie urteilen wie sie es eben tun. 154 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 1-18, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. 155 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S.7, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. Es würde zu weit führen und dem Laien wahrscheinlich unverständlich bleiben, wenn die technischen Mittel und Tricks dargestellt würden, mit denen geschickte Musiker imstande wären, fremdes Gedankengut zu „klauen" und trotzdem den Tatbestand eines „selbständigen Werkes" zu erfüllen. 156 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 8, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. Vorgeschlagen wurde ein Gespräch mit Prof. Egk. 157 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 9, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. Dem Interesse der Allgemeinheit werde vollauf dadurch genügt, daß der 152

15 Maracke

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

bei der im Regierungsentwurf vorgesehenen „angemessenen Vergütung" belassen. Außerdem stellten die Verleger den dringlichen Antrag, die gesetzliche Lizenz des § 64 ganz zu streichen und in dem neuen Urheberrechtsgesetz auch keine Zwangslizenz mehr vorzusehen. 158 Jede gesetzliche Lizenz wirke dem Grundgedanken des Urheberrechtes entgegen, dem Autor für seine geistige Schöpfung einen individuellen Schutz gegen Eingriffe Dritter und seine Entschließungsfreiheit bei der Verfügung über sein Werk zu gewähren. Schließlich forderte der Musikverlegerverband noch die Streichung der Vorschriften über die Urhebernachfolgevergütung. 159 Selbst bei gutem Willen, zur Sozialfürsorge für die Urheber einen gewissen Beitrag zu leisten, sei die geplante Urhebernachfolgevergütung praktisch undurchführbar und überdies mit unzumutbaren und unverhältnismäßig hohen Verwaltungskosten verbunden. Zuletzt schlugen die Musikverleger die Einfügung zweier bislang im RegE nicht enthaltener Bestimmungen vor. Zum einen hielt man eine Kollisionsnorm zur Regelung von Konfliktsfällen zwischen Urheberrecht und Leistungsschutzrecht für unerläßlich. 160 Zum anderen beanspruchte der Musikverlag einen Leistungsschutz für die Aufführungsmaterialien von Bühnen- und Orchesterwerken. 161 Das Vermieten des Aufführungsmaterials sei mittlerweile ein fester Bestandteil des verlegerischen Betriebs geworden und sollte daher auch gesetzgeberisch zur Kenntnis genommen werden. Die Verleger erwarteten somit einen analogen Leistungsschutz für das zum Zweck der ersten Schallaufnahme zur Verfügung gestellte Material. 162 Urheber zugunsten der Schuljugend die Aufnahme zu dulden habe. Diese Ausnahme dahin zu erweitern, daß der Urheber finanziellen Schaden erleide, bestehe kein Grund. 158 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 12, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. 159 Vgl. dazu Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 14, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. Auf dem Gebiet der Altersfürsorge gelte ganz allgemein, daß jeder Berufsstand für seine eigenen Versorgungsbedürftigen selbst aufzukommen habe. Im vorliegenden Fall werde eine ganze Anzahl anderer Berufe, nur nicht die Urheber selbst, dafür in Anspruch genommen. Ein solches Vorgehen erscheine schon als Präzedenzfall für andere Wirtschaftszweige äußerst bedenklich. 160 Angeregt wurde die Einfügung einer Spezialbestimmung in den zweiten Teil des Gesetzes über verwandte Schutzrechte, deren Einordnung dem Gesetzgeber überlassen bleiben sollte. Vgl. zum Formulierungsvorschlag Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 14, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. 161 Danach sollte in dem Fall, daß für die Aufnahme eines urheberrechtlich geschützten Werkes der Musik auf Tonträger ein in der Verbreitung gebundenes Notenmaterial benutzt wurde, derjenige, der das Material berechtigterweise zur Verfügung gestellt hatte, einen Anspruch auf angemessene Vergütung gegenüber dem Verwerter bei jeder gewerblichen Verwertung dieser Aufnahmen haben. Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 16ff., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14. Es solle dem Gesetzgeber überlassen bleiben, die beantragte Bestimmung im Fall der erhofften Zustimmung an der geeigneten Stelle einzufügen. 162 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 16.04.1962, S. 17, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Auch die GEMA äußerte sich am 05.06.1962 zu der beabsichtigten Urheberrechtsreform. 163 Vor allem sei eine angemessene Verlängerung der Schutzfrist unerläßlich. 164 Die von der Bundesregierung statt dessen vorgeschlagene Einführung einer Urhebernachfolgevergütung wurde abgelehnt, da die vorgeschlagene Art und Weise der Verteilung geeignet sei, unter dem Vorwand sozialer Hilfeleistungen einem kulturpolitischen Dirigismus Vorschub zu leisten.165 Beanstandet wurden auch die in §§ 64 und 65 vorgesehenen gesetzlichen Lizenzen. Es sei nicht verständlich, warum in die Vertragsfreiheit der Urheber in so nachteiliger Weise durch gesetzliche Nutzungsrechte eingegriffen werden könne. 166 Die Urheber seien gegenüber den wirtschaftlich viel stärkeren Verwertergruppen ohnehin schon benachteiligt. Würde ihnen nun auch noch die Vertragsfreiheit genommen und sie lediglich auf einen Vergütungsanspruch verwiesen, so würden sie ganz und gar ins Hintertreffen geraten. Entsprechend der Forderung der Musikverleger empfahl auch die GEMA, den Schutz der Melodie (§13 Abs. 2 LUG) nicht fallen zu lassen.167 Man brauche kein Prophet zu sein, um vorhersagen zu können, daß bei Wegfall des Melodienschutzes besonders auf dem Gebiet der Unterhaltungsmusik wegen ihrer lohnenden wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten der Freibeuterei Tür und Tor geöffnet würde. 168 Schließlich äußerte die GEMA den Wunsch, man möge an der Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen (§ 54 Abs. 3) festhalten. 169 Wenn der hohe Stand der Technik die Verlagerung der Tonbandvervielfältigung in den privaten Sektor möglich mache, so sei es auch recht und billig, daß der Privatmann ebenso eine Lizenzgebühr zahle, wie er sonst beim Kauf einer Schallplatte zu entrichten verpflichtet gewesen wäre. 170 Den Bedenken des Bundesrates über die praktische 163 Stellungnahme der GEMA zur beabsichtigten Urheberrechtsreform in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 4-9. 164 Wenn schon eine Beschränkung des Erbrechts im Urheberrecht im Interesse der Allgemeinheit unvermeidlich war, so sei zumindest die geltende Schutzfrist zu kurz. Zur Verdeutlichung wurde auf die Werke Richard Wagners hingewiesen, welche schon zu einer Zeit frei geworden waren, als Cosima und Siegfried noch lebten. Vgl. Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 3. 165 Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S.4. 166 Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S.4f. Die GEMA verlangte daher die Streichung der §§64 und 65 des RegE. 167 Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 7. 168 Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst, Nr. 54, S. 7. Auch die GEMA bezweifelte, daß sich praktisch die Grenze finden lasse zwischen einem selbständigen Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden war, und solchen Bearbeitungen oder Umgestaltungen des Werkes, die nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden durften. Eine Fülle von Prozessen sei die zwangsläufige Folge. 169 Vgl. Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 8-11. Es sei unverständlich, warum die Bundesregierung den bisher vertretenen Vergütungsanspruch in § 54 Abs. 3, welcher in den Erläuterungen ausgezeichnet begründet sei, aufgegeben habe und ohne weitere Begründung der Empfehlung des Bundesrates gefolgt sei. 170 Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 9.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Durchsetzbarkeit des Anspruchs wurde entgegnet, daß das Bestehen eines Rechtsanspruches nicht von dem Grade seiner Durchsetzbarkeit abhängen könne. 171 Am 20.07.1962 unterbreitete dann der Deutsche Komponistenverband eine Stellungnahme zur Frage des Melodienschutzes.172 Darin wurde betont, daß der im bisherigen Recht in § 13 LUG verankerte Melodienschutz nicht nur dem Wesen der Musik entspreche, sondern sich auch im Laufe von sechs Jahrzehnten auf das Beste bewährt habe. Seitens der Komponisten bestehe daher keinerlei Verständnis dafür, daß der RegE den Melodienschutz fallen ließ. 173 Der Urheber eines Tonstückes habe das natürliche Recht, zu bestimmen, ob er einem anderen Autor erlauben will, seine Melodie zu einem Variationswerk zu benutzen. Würde man den Komponisten in diesem natürlichen Recht beschränken, so würde nicht nur sein Künstlerpersönlichkeitsrecht ohne zureichenden Grund beschnitten, sondern auch seine und seines Verlegers wirtschaftliche Interessen unter Umständen empfindlich beeinträchtigt. 174 Überwiegend positiv zeigte sich dann die Arbeitsgemeinschaft der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten in ihrer Stellungnahme zu dem RegE Anfang des Jahres 1964.175 Im Hinblick auf die großen Schwierigkeiten, die der Ausgleich der unterschiedlichen, durch das Urheberrechtsgesetz berührten Interessen für den Gesetzgeber biete, erklärte sich die ARD unter Berücksichtigung der öffentlich-rechtlichen Stellung des Rundfunks in der Bundesrepublik bereit, den RegE in seiner gegenwärtigen Fassung als für die Rundfunkarbeit noch tragbar hinzunehmen. Dabei legte man jedoch Wert darauf, daß der Entwurf bei der künftigen Beratung und Beschlußfassung des Bundestages nicht durch Abänderungen oder Streichungen die Ausgewogenheit verliere, um die sich das BMJ bei seinen Vorarbeiten in dankenswerter Weise bemüht habe.176 Die ARD ging anschließend zuerst auf die Vorschriften ein, deren Übernahme in das neue Gesetz im Interesse der dem Rundfunk oblie171

Stellungnahme der GEMA in GEMA-Nachrichtendienst Nr. 54, S. 9. Schreiben des Deutschen Komponistenverbandes vom 20.07.1962, S. 1-3, ParlA Bonn, A3, lfd.7, Ziff.6). 173 Schreiben des Deutschen Komponistenverbandes vom 20.07.1962, S. 2, ParlA Bonn, A3, lfd. 7, Ziff. 6). 174 Schreiben des Deutschen Komponistenverbandes vom 20.07.1962, S. 2, ParlA Bonn, A3, lfd. 7, Ziff. 6). Noch wichtiger sei, daß durch das Fallenlassen des Melodienschutzes vor allem auf dem weiten wirtschaftlich interessanten Gebiet der Tanz- und Unterhaltungsmusik zum Musikplagiat geradezu angereizt würde, zumal die Gerichte beim Fehlen eines gesetzlich verankerten Melodienschutzes bei der Unterscheidung zwischen dem nach wie vor verbotenen Plagiat und der zulässigen Variation in sachlicher Beziehung entschieden überfordert würden. 175 Stellungnahme der ARD, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. 176 Stellungnahme der ARD S. 3, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Wenn bei dem Ausgleich der Interessen Gewichte einseitig weggenommen oder zugelegt würden, wenn also dem gegen den Rundfunk gerichteten Interessen stattgegeben würde, ohne daß gleichzeitig die hilfsweise für den Fall gestellten Gegenanträge des Rundfunks berücksichtigt würden, wäre eine solche Beeinträchtigung der Rundfunkarbeit zu erwarten, daß die darin liegende Zurücksetzung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Rundfunks zugunsten privater Interessen nicht zu vertreten wäre. 172

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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genden Aufgaben unerläßlich sei. Genannt wurde u. a. die Bestimmung des § 43, wonach die Vorschriften über die Nutzungsrechte nur Anwendung finden sollten, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstvertrages nichts anderes ergab. Diese Regelung habe vor allem Bedeutung für die Schöpfungen, die die fest angestellten Arbeitnehmer des Rundfunks im Rahmen ihrer Dienstverpflichtungen erbringen. 177 Unentbehrlich für den Rundfunk sei auch die in § 56 vorgesehene Möglichkeit, daß ein Sendeunternehmen, soweit es zur Funksendung eines Werkes berechtigt sei, das Werk mit eigenen Mitteln auf Bild- oder Tonträger übertragen dürfe, um diese zur Funksendung über jeden seiner Sender oder Richtstrahler je einmal zu benutzen. 1 7 8 Ebenso wichtig sei das nach § 65 geplante gesetzliche Nutzungsrecht. 179 Eine besonders bedeutende Rolle für den Rundfunk würden auch die im zweiten Teil behandelten sogenannten verwandten Schutzrechte spielen. Vor allem wurde die Regelung über die Verhältnisse der fest angestellten ausübenden Künstler in § 89 hervorgehoben. 180 Der Rundfunk habe ein lebenswichtiges Interesse daran, daß der Vorrang des Arbeitsvertrages im Gesetz selbst und nicht etwa nur in der Gesetzesbegründung hervorgehoben werde. Notwendig sei ferner der in § 97 festgelegte selbständige Schutz des Sendeunternehmens gegen die Weitersendung und die unbefugte gewerbliche Ausnutzung seiner Sendungen.181 Für den Fall, daß eine dieser Vorschriften geändert oder gestrichen würde und dadurch die Ausgewogenheit der Neuregelung verloren gehen würde, machte die ARD hilfsweise einige Änderungs- und Ergänzungswünsche zu den einzelnen Bestimmungen geltend. In erster Linie sollte das gesetzliche Nutzungsrecht in §65 den Rundfunkanstalten auch dann gewährt werden, wenn der Urheber einem anderen lediglich ein einfaches Nutzungsrecht zur Funksendung eingeräumt hatte. 182 Hinsichtlich der Urhebernachfolgevergütung Schloß sich der Rundfunk den verfassungsrechtlichen Bedenken des Bundesrates an und forderte daher deren Streichung. 183 177

Stellungnahme der ARD S.5, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff.2. Vgl. dazu Stellungnahme der ARD S.5ff., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff.2. 179 Wichtig sei insbesondere, daß das gesetzliche Nutzungsrecht sowohl für Sprachwerke wie auch für Werke der Musik entstehen kann, vgl. Stellungnahme der ARD S.7ff., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Die ARD unterstrich hier wieder die Sonderstellung des Rundfunks im Hinblick auf die kulturellen Aufgaben, welche im Interesse der Allgemeinheit erfüllt werden. Gegen die Gefahr, daß es dem Rundfunk von Urhebern und Verlegern verwehrt werde, sich die für seine Sendungen erforderlichen Rechte überhaupt oder zu angemessenem Entgelt zu beschaffen, könne den Rundfunk nur ein gesetzliches Nutzungsrecht sichern. 180 Stellungnahme der ARD S. 10f., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff.2. 181 Stellungnahme der ARD S. 11 f., ParlA Bonn, A 4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. 182 Stellungnahme der ARD S. 16f., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Zur Begründung wurde auf § 64 hingewiesen, wonach die Schallplattenhersteller die gesetzliche Lizenz schon dann in Anspruch nehmen konnten, wenn der Urheber einem anderen ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt hat. Es erscheine nicht angebracht, den Rundfunk bei der Gewährung der gesetzlichen Lizenzen schlechter zu stellen als die Schallplattenindustrie. 183 Stellungnahme der ARD S. 17 f., ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Dem Bund fehle die Gesetzgebungskompetenz für die vorgesehene Regelung. 178

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Weiterhin sollten bei den Bestimmungen über die ausübenden Künstler einige Änderungen vorgenommen werden. So müsse das in § 85 vorgesehene Verbotsrecht hinsichtlich der Aufnahme einer Leistung auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung dieser Bild- oder Tonträger entfallen, wenn ein ausübender Künstler für eine Rundfunkanstalt tätig werde. Denn der Künstler habe dann die Möglichkeit, die Erbringung seiner Leistung von einer vorherigen Einigung über deren Verwertung abhängig zu machen.184 Außerdem sollte ausdrücklich klargestellt werden, daß das Verbotsrecht der fest angestellten Künstler in § 86 Abs. 1 hinsichtlich der Sendung ihrer Darbietung beim Programmaustausch der Rundfunkanstalten entfällt. 185 Der in §§ 85 und 86 Abs. 1 vorgesehene Schutz der ausübenden Künstler würde für den Rundfunk völlig untragbar, wenn insbesondere der § 88, der die Abtretung der Künstlerrechte behandelte, und § 89, welcher die Rechte der fest angestellten Künstler regelte, zum Nachteil des Rundfunks verändert würden. Die Bestimmungen der §§88 und 89 seien das Ergebnis von in jahrelangen Verhandlungen erzielten Kompromissen. Die Verschlechterung einer der genannten Vorschriften würde deshalb das Gleichgewicht der Interessenabwägung zerstören. 186 Schließlich sollte der Schutz des Sendeunternehmens in § 97 Abs. 1 Nr. 2 dahin ergänzt werden, daß den Sendeunternehmen außer dem Vervielfältigungsrecht auch ein umfassendes Verbreitungsrecht an den von seiner Funksendung hergestellten Bild- oder Tonträgern oder Lichtbildern gewährt werde. 187 Sodann übermittelte auch die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft eine Stellungnahme zu dem RegE und zu den Beschlüssen des im Rechtsausschuß des Bundestages gebildeten Unterausschusses.188 Die deutsche Filmwirtschaft befinde sich in einer „Krise von zuvor unbekanntem Ausmaß". Worin auch die Ursachen bestehen mögen, so ergebe sich doch zwingend der Schluß, daß die deutsche Filmwirtschaft, insbesondere die Produktion, keine neuen Belastungen mehr auf sich nehmen könne. 189 Im einzelnen war die SPIO der Ansicht, daß die im MinE erfolgte Verselbständigung des Verfilmungsrechts (vgl. §§12 und 15 MinE) im RegE wieder herzustellen sei und demgemäß auch in der Auslegungsregel des § 98 die Ziff. 1 des Abs. 1 zu streichen sei. Die vom RegE vertretene Auffassung, die besondere Erwäh184

Stellungnahme der ARD S. 18, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff.2. Stellungnahme der ARD S. 19, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. 186 Stellungnahme der ARD S. 20, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Der Rundfunk verlangte außerdem, den ausübenden Künstlern für die Funksendung der vom Rundfunk hergestellten Bandaufnahmen lediglich einen Vergütungsanspruch zu gewähren. In § 86 Abs. 2 sei das Senderecht der ausübenden Künstler bei der Funksendung von in den Handel gebrachten Bild- und Tonträgern ebenfalls auf einen Vergütungsanspruch beschränkt worden. Es sei nicht einzusehen, warum die vom Rundfunk hergestellten Bandaufnahmen anders behandelt werden sollten als die Industrieschallplatten. 187 Stellungnahme der ARD S. 22, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 10 Ziff. 2. Ohne ein solches Recht könne das Sendeuntemehmen es urheberrechtlich nicht verhindern, daß einzelne für den persönlichen Gebrauch vom Fernsehschirm abfotografierte Bilder von Dritten verbreitet würden. 188 Stellungnahme der SPIO vom 03.03.1965, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18 und lfd. Nr. 19. 189 Stellungnahme der SPIO zu dem RegE, S. 1, ParlA Bonn, Β1, lfd. Nr. 18. 185

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nung eines Verfilmungsrechtes erscheine überflüssig und mit der Systematik des Gesetzes nicht vereinbar, 190 verkenne den Umstand, daß aus dem Bearbeitungsschutz für den Urheber lediglich ein Abwehrrecht erwachse, wohingegen es darauf ankomme, dem Urheber für Zwecke der Verfilmung ein positives Nutzungsrecht zu geben.191 Es sei zudem unverständlich, warum der Entwurf z.B. neben dem Vortrags, Aufführungs- und Vorführungsrecht das Senderecht als selbständiges Verwertungsrecht anerkenne, während das zumindest ebenso wichtige Verfilmungsrecht im rechtsbegrifflichen Gegensatz von Vervielfältigung und Bearbeitung untergehe. 192 Weiterhin setzte sich die SPIO für eine gleichmäßige Freistellung sowohl der Urheber filmisch benutzter Werke als auch der Urheber von Filmwerken von der Bestimmung des § 36 ein. 193 Eine Freistellung auch der Urheber des Filmwerkes von dem Beteiligungsanspruch des § 36 sei aus vielerlei Gründen geboten. Für beide Personenkreise würden dieselben Gründe im Sinne einer gemeinsamen Freistellung von § 36 gelten. In der Praxis gebe es kombinierte Fälle. Wenn z. B. ein Regisseur zugleich Mitarbeiter des Drehbuches sei, stoße eine unterschiedliche Behandlung in der Anwendung des § 36 auf unüberwindliche Schwierigkeiten. Der Regisseur hätte in der möglichen Stellung eines Urhebers des Filmwerkes nach § 100 keine Ansprüche aus § 36, wohl aber als Mitarbeiter am Drehbuch. Dabei lasse sich jedoch nicht feststellen, ob der Erfolg des Films auf seiner Regietätigkeit oder aber auf seiner Mitarbeit am Drehbuch beruhe, da der Erfolg dem Film als solchem zuwachse.194 Die in § 99 Abs. 2 für die Urheber des Filmwerkes getroffene Regelung sollte schließlich auch für den Personenkreis des § 98 (Urheber filmisch benutzter Werke) zugelassen werden. 195 Erst dann wäre gewährleistet, daß der Filmhersteller die Rechte gemäß den sachlichen Erfordernissen und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vertragsfreiheit vom vertragsbeteiligten Urheber erwirbt. 196 Abschließend 190 Vgl. Begründung zum RegE S. 46. Für die filmische Benutzung war nach Ansicht der Begründung auf das Vorliegen einer Vervielfältigung oder einer Bearbeitung des Werkes abzustellen. 191 Stellungnahme der SPIO zu dem RegE, S. 6, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18. 192 Vgl. Stellungnahme der SPIO zu den Beschlüssen des UA RA zum RegE, S. 3, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 19. 193 Stellungnahme der SPIO zu dem RegE, S. 7, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18. In § 100 des RegE war bestimmt, daß dem „Urheber des Filmwerkes" Ansprüche aus § 36 nicht zustehen sollten. Dagegen war der Forderung der Filmwirtschaft nicht gefolgt worden, den § 36 auch für Urheber der zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werke auszuschließen. 194 Stellungnahme der SPIO zu dem RegE, S. 7f., ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18. 195 Stellungnahme der SP/0 zu dem RegE, S. 10, ParlA Bonn, Β1, lfd. Nr. 18 und auch Stellungnahme der SPIO zu den Beschlüssen des UA RA zum RegE, S. 6ff., ParlA Bonn, Β1, lfd. Nr. 19. 196 Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme der SPIO zum RegE, S. lOff., ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18. Diese Erweiterung des § 99 Abs. 2 liege im Interesse der Wahrung der Vertragsfreiheit ... Nur auf diese Weise könnten der betreffende Urheber (gedacht wurde vor allem an den Komponisten) und der betreffende Filmproduzent im Einzelfall ihre vertraglichen Bedingungen frei aushandeln, ohne durch vorangegangene und seitens des Urhebers nicht korrigierbare Verfügungen, die aus ganz anderen Motiven erfolgt waren, gebunden zu sein.

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wurde darauf hingewiesen, daß es nicht die Aufgabe der Urheberrechtsreform sein könne, lediglich die Lage der Urheber zu verbessern. Vielmehr bedürfe es angesichts der derzeitigen schlechten wirtschaftliche Lage der deutschen Film Wirtschaft für alle urheberrechtlichen Regelungen, durch die die Filmwirtschaft unmittelbar oder mittelbar betroffen wird, einer sorgfältigen Berücksichtigung auch ihrer Interessen.197 4. Die Behandlung im Bundestag Der Entwurf zum Urheberrechtsgesetz wurde dem Präsidenten des Bundestages zusammen mit den Änderungsvorschlägen des Bundesrates sowie der Stellungnahme der Bundesregierung zu diesen Änderungsvorschlägen mit Schreiben vom 23.03.1962 vorgelegt. 198 a) Die erste Lesung im Bundestag in der 100. Sitzung am 06.12.1963 )

Die erste Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes zum Urheberrechtsgesetz fand dann erst in der 100. Sitzung des Bundestages der vierten Wahlperiode am 06.12.1963 statt.199 Unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten Dr. Jaeger erläuterte Bundesjustizminister Dr. Bucher zunächst die Notwendigkeit der Urheberrechtsreform und gab einen kurzen Überblick über ihren bisherigen Verlauf. 200 Im Anschluß daran folgte eine inhaltliche Kennzeichnung des zu beratenden Regierungsentwurfes und die Bitte um eine zügige Behandlung.201 BJM Dr. Bucher betonte hier nachdrücklich die Hoffnung der BReg, „daß es trotz der starken Belastung des Hohen Hauses gelingen möge, die Urheberrechtsreform noch in dieser Wahlperiode zu verabschieden." 202 In der folgenden Aussprache über den Gesetzentwurf ergriff zunächst der Abgeordnete Deringer (CDU/CSU) das Wort und begrüßte ausdrücklich die Tendenz des Entwurfes, „die Rechtsstellung der Urheber zu stärken." 203 Im einzelnen sprach er 197

Vgl. Schlußbetrachtung in Stellungnahme der SP/O zu den Beschlüssen des UA RA zum RegE, S. 12, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 19. 198 BT-Drucks IV/270. Vgl. auch Abschrift des Schreibens des Bundeskanzlers an den Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 23.03.1962 in Β141/26468 Bl. 92. Als federführend wurde der Bundesminister der Justiz genannt. 199

Zum Ganzen 100. Sitzung BT 4. Wp BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4639 B-4653 B. 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4639C-4641B. 201 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4641B-4645 C. 202 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4645 B. Neben der bereits betonten dringlichen Anpassung des Urheberrechts an die fortgeschrittene internationale Entwicklung (RBÜ) sei es vor allem sozialpolitisch nicht zu verantworten, den Geistesschaffenden, besonders den Schriftstellern und bildenden Künstlern, noch länger die mit der Neuordnung des Urheberrechts verbundenen Rechtsvorteile vorzuenthalten. 203 Ausführungen des Abgeordneten Deringer in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4645 D. 200

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dann kurz die Kernfragen des Entwurfes an, über die seiner Meinung nach gesprochen werden sollte. Erörterungsbedürftig erschien ihm neben dem Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 2 0 4 insbesondere die Überlegung, inwieweit Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch vergütungsfrei erlaubt sein sollen (§ 54 Abs. 3). Angesichts der bislang in den verschiedenen Entwürfen und Stellungnahmen vorgebrachten Lösungsvorschläge werde man sich hier intensiv mit dem Pro und Kontra dieser Vorschrift befassen müssen. Dazu führte Deringer als zu diskutierendes Argument gegen den Streichungsvorschlag des Bundesrates an, daß heute jeder Handwerker oder Arbeiter für seine Leistung bezahlt werde und diese Tatsache auch allen Menschen bewußt sei. Nicht so klar sei dagegen, daß auch die geistige Leistung nicht umsonst genossen werden könne.205 Schließlich kam auch die Urhebernachfolgevergütung zur Sprache, welche von dem Bundesrat mit dem Argument der mangelnden Gesetzgebungskompetenz des Bundes abgelehnt worden war. Dazu äußerte Deringer, daß ihm dieses Argument „nicht einleuchte".206 Natürlich müsse die Frage der Zuständigkeit geprüft werden, sie sollte aber kein absolutes Hindernis sein, diese Bestimmung abzulehnen. Zum weiteren Vorgehen schlug Deringer vor, darüber Sachverständige zu hören. Die Urhebernachfolgevergütung war auch Teil der nachfolgenden Ausführungen von Dr. Reischl (SPD). Mit besonderem Nachdruck Schloß er sich der Ansicht Deringers an und trat der Auffassung des Bundesrates entgegen.207 Neben den bereits von Deringer angesprochenen Themen ging Dr. Reischl noch auf das Gebiet der Leistungsschutzrechte ein 208 und sprach die Frage der Vergütungspflicht für Schulbücher an. Man müsse, so betonte Dr. Reischl, bei allen diesen Regelungen immer wieder im Auge behalten, daß der erschreckenden Unterbewertung der geistigen Leistung in unserer heutigen Zeit nachdrücklich entgegenzutreten sei. 209 Insgesamt unterstrich auch Dr. Reischl, daß sich wohl alle darüber einig seien, daß dieses so wichtige Rechtsgebiet noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden sollte. 210 204

Vgl. dazu Deringer in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4646 B. Vgl. Deringer in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4647 C. 206 Deringer in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4648 A. „Ich bitte die Herren des Bundesrates um Verzeihung, wenn ich sage, daß diese Begründung mir nicht einleuchtet." 207 Ausführungen Dr. Reischl in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4649 D 4645 C. In diesem Zusammenhang regte Dr. Reischl auch an, die Schutzdauer für das Urheberrecht zu verlängern. Die jetzige 50jährige Schutzdauer führe dazu, daß die Witwen und Kinder der Urheber, die sich mit der Verwaltung des Werkes befassen, häufig noch leben würden, wenn das Werk frei werde. 208 Dr. Reischl in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S.4649C. Es spreche zwar sehr viel für die Zusammenfassung des Urheberrechts und der Leistungsschutzrechte in einem gemeinsamen Gesetz, aber es bestehe auch eine gewisse Gefahr, „daß durch eine Überspitzung der Leistungsschutzrechte das Urheberrecht selbst gefährdet wird." 209 Dr. Reischl in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4651A. Man müsse auch hier von dem Grundsatz ausgehen, daß keine Arbeit ohne Lohn geschehen solle und daß einer, der etwas schaffe, auch etwas dafür bekommen solle. 210 Vgl. die einleitenden Worte zu dem Vortrag Dr. Reischls in 100. Sitzung BT 4. Wp. BTSten. Ber. Bd. 54 S. 4648 D. Insbesondere warnte Dr. Reischl auch davor, bei einem so wichti205

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Am Schluß stellte der Abgeordnete Dürr (FDP) fest, daß das Thema des Urheberrechts, wie ja auch die bisherige Debatte gezeigt habe, zwischen den Parteien in keiner Weise kontrovers sei. 211 Eines der wichtigsten Probleme, die man zu lösen habe, war auch nach seiner Ansicht die Urhebernachfolgevergütung. 212 Man werde sich sehr eingehend darüber unterhalten müssen, ob die Urhebernachfolgevergütung gewollt sei oder, und das müsse im Zusammenhang damit gesehen werden, ob man sich mit dem Gedanken einer Verlängerung der Schutzfrist anfreunden könne. Nicht weniger kompliziert sei die Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken zu Privatzwecken. Dazu bemerkte Dürr, „die GEMA sollte in die Privatwohnung nicht weiter eindringen dürfen, als dies aus guten Gründen dem Herrn Staatsanwalt erlaubt ist." 213 Letztendlich, so Schloß Dürr seine Ausführungen, sprächen die vorgetragenen Reden und vor allem die Atmosphäre, in der sie gehalten wurden, für ein gutes Klima in den Ausschüssen, die sich nun mit den angesprochenen Fragen zu beschäftigen hätten. Daraufhin schloß der Vorsitzende die erste Beratung und überwies den Gesetzentwurf zum Urheberrechtsgesetz federführend an den Rechtsausschuß sowie zur Mitberatung an den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik und an den Wirtschaftsausschuß. 214 b) Die Behandlung in den Ausschüssen aa) Die Beratung im Unterausschuß „ Urheberrecht " des Rechtsausschusses (12. Ausschuß des Bundestages) in der Zeit vom 08.01.1964 bis zum 18.02.1965 Der Rechtsausschuß des BT faßte in seiner 74. Sitzung am 12.12.1963 außerhalb der Tagesordnung den Beschluß, für die Beratung des Entwurfes eines Gesetzes zum Urheberrecht einen Unterausschuß „Urheberrecht" einzusetzen.215 Diesem Unterausschuß sollten die Abgeordneten Dr. Reischl (SPD) als Vorsitzender, sowie Deringer (CDU/CSU), Dr. Kuchtner (CDU/CSU), Ν eilen (SPD) und Dürr (FDP) angehören. In der Zeit vom 08.01.1964 bis zum 18.02.1965 trat der Unterausschuß in gen Rechtsgebiet an ein sogenanntes Vorschaltgesetz zur vorläufigen Regelung der wichtigsten Fragen zu denken. Es sei hier schon sehr fraglich, welche wichtigen Fragen hineingenommen und der endgültigen Reform vorgezogen werden sollten. 211 Ausführungen Dürr in 100. Sitzung BT4.Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4651D. 212 Dürr in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4652 B. Auch Dürr war sich mit seinen beiden Kollegen Deringer und Dr. Reischl darüber einig, daß die Kompetenzfrage von dem Bundesrat in einer Weise behandelt worden sei, daß man hier die aus guten Gründen bestehende entgegenstehende Meinung gemeinsam bekunden könne. 213 Dürr in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten.Ber. Bd.54 S.4652D. 214 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4653 B. 215 74. Sitzung am 12.12.1963 RA BT4. WP Sten.Prot. Nr.74 S.31, einzusehen im ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 29.

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insgesamt 17 Sitzungen zusammen, um sich zum Teil gemeinsam mit dem vom Ausschuß für Kulturfragen und Publizistik eingesetzten Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" über die strittigen Punkte der Urheberrechtsform zu besprechen. Die erste Sitzung am 08.01.1964, an der ebenso wie an den folgenden Sitzungen neben den Ausschußmitgliedern auch MinDir Dr. Joel, RegDir Schneider und ARat Schiefler vom BMJ sowie die RegAssen Alberding und Holzapfel vom BlnM teilnahmen, diente lediglich der Konstituierung des Ausschusses und der Aussprache über die Arbeitsweise. 216 In der 2. Sitzung am 05.02.1964 trat der Ausschuß dann in die Einzelberatungen des Entwurfes ein. 217 In dieser und in den kommenden fünf Sitzungen sollten sämtliche Vorschriften des Gesetzentwurfes zum Urheberrecht in einem ersten Durchgang beraten werden. Gegenstand der 2. Sitzung war u. a. die Frage, ob der absolute Melodienschutz entsprechend § 13 Abs. 2 LUG wieder herzustellen sei. Wahrend der Vorsitzende Dr. Reischl diese Forderung unterstützte, wies Dr. Joel als Vertreter des BMJ darauf hin, daß auch Stimmen gegen den Melodienschutz laut geworden seien, da dieser die Musik zu sehr „an die Kandare" nehme.218 Man beschloß daher, den Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik zu Rate zu ziehen. Die Vorschrift über das Folgerecht in § 26 war nach Ansicht des Vorsitzenden rechtspolitisch bedenklich, weil sie im Ergebnis wie eine Steuer wirke und dazu führe, daß auch ohne Erlös eine Abgabe gezahlt werden müsse.219 Auch diese Frage sollte aber zunächst dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik sowie Sachverständigen aus Kreisen der bildenden Künstler und der Kunsthändler vorgelegt werden. Der Ausschuß ging dann noch auf die in § 27 vorgesehene Vermietgebühr ein. Man war sich einig, daß öffentliche Büchereien nicht deshalb ausgenommen werden können, weil sie der öffentlichen Hand angehören. 220 Fraglich sei allerdings, ob eine Regelung gefunden werden könne, nach der ähnlich wie in den skandinavischen Ländern eine Pauschalabgeltung in einem besonderen Fonds vorgesehen sei und ob eine solche Regelung nicht möglicherweise gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. 221 216

1. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 08.01.1964 Prot. Nr. 1, S. 1-3. Da die Besetzung des Ausschusses sowie die Vorsitzfrage bereits im Rechtsausschuß beschlossen worden war, ging es fast ausschließlich um die weitere Vorgehensweise bei den Beratungen. Die Vertreter des BMJ und die Ausschußmitglieder waren sich darüber einig, die Beratungen voranzutreiben. Über die RBÜ sowie das Rom-Abkommen könne eine Aussprache allerdings zeitlich erst nach der Beratung des Urheberrechts erfolgen. Nicht ganz einer Meinung waren die Sitzungsteilnehmer dagegen allerdings bei der Frage, ob die Leistungsschutzrechte und das Urhebervertragsrecht besonderen Gesetzen vorbehalten und daher auch getrennt beraten werden sollte. 217 2. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr.2, S.2ff. 218 2. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2, S. 7. Insbesondere hätten sich auch bereits zwei urheberfreundliche Sachverständige gegen den Melodienschutz ausgesprochen. 219 So die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Reischl in 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2, S. 7. Eine Abgabe sei höchstens vom Mehrerlös gerechtfertigt. 220 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2, S. 8. 221 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2, S. 8. Auch diese Frage wurde für die Sachverständigenanhörung vorgesehen.

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In der folgenden 3. Sitzung am 19.02.1964 ging es zuerst um die Beteiligung des Urhebers bei einem auffälligen Mißverhältnis in § 36. Der Vorsitzende betonte, daß diese Vorschrift zu den umstrittensten des ganzen Entwurfes gehöre. 222 Auch er sehe in der Regelung einen krassen Einbruch in das Vertragsrecht. 223 Der Ausschuß bat daher das BMJ nach ausführlicher Aussprache, einen besseren Weg zur Lösung dieses Problems zu überlegen und merkte die Vorschrift für die Sachverständigenanhörung vor. Ferner stand die vom Bundesrat vorgeschlagene Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichts gebrauch in § 46 zur Diskussion. Der Vorsitzende wandte sich in Übereinstimmung mit dem Ausschuß dagegen, daß der Urheber leer ausgehen sollte, während alle anderen Beteiligten vergütet werden. Die Abstimmung fiel somit einstimmig gegen die Streichung dieser Vorschrift aus. 224 Zu dem weiteren Vorschlag des Bundesrates, die Erleichterungen bei Tonbandaufnahmen zugunsten der Schulfunksendungen in § 47 auch für Einrichtungen der Lehrerbildung oder Lehrerfortbildung zuzulassen und auch die Erziehungsheime der Jugendfürsorge mit einzubeziehen, sollten Sachverständige gehört werden. 225 Nach wenigen redaktionellen Änderungsvorschlägen in der 4. Sitzung am 20.02.1964226 ging es in der 5. Sitzung am 04.03.1964, an der neben den Vertretern des BMJ lediglich die Abgeordneten Deringer und Dr. Reischl teilnahmen, als erstes um die Frage der Vergütungspflicht für Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 3. Der Vorsitzende Dr. Reischl erklärte, er neige nunmehr zu einer Vergütung in Form einer Pauschalabgeltung durch den Tonträgerhersteller, da dies einen Eingriff in die Privatsphäre des Käufers vermeide. 227 Dr. Joel, als Vertreter des BMJ, rechtfertigte daraufhin die Formulierung der Regierungsvorlage. Man habe versucht, einen schuldrechtlichen Gebührenanspruch im Entwurf festzulegen, ohne ein Verbot auszuspre222

Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Reischl in 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3, S. 3. Seitens des Börsenvereins und der Verlegerverbände würde bemängelt, daß die vorgesehene Regelung gegen den Grundsatz „pacta sunt servanda" verstoße und auch den Ausgleich zwischen mehr und weniger erfolgreichen Autoren unmöglich mache. Dagegen sprachen sich die Schriftsteller- und Komponistenverbände für diese Regelung aus und meinten sogar, daß der Urheber noch mehr an den Erträgnissen beteiligt werden müsse. 223 Dr. Reischl stellte eine schärfere Präzisierung zur Erwägung, die darauf Rücksicht nehme, daß gerade bei Redlichkeit auf beiden Seiten von keiner Seite bei Vertragsabschluß habe übersehen werden können, wie sich die Durchführung des Vertrags entwickeln werde. Dr. Joel vom BMJ begründete daraufhin die Konzeption des RegE damit, daß das unanständige Verhalten erfaßt werden solle, was bei § 242 wegen Beweisschwierigkeiten nicht möglich sei, da der Vertrag in seinem Inhalt in der Regel nicht vorwerf bar sei und auf keiner Seite ein Verschulden vorliege, vgl. 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3, S. 4. 224 Vgl. 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3, S. 8. 225 3. Sitzung UARABT4.Wp. am 19.02.1964Prot. Nr.3, S.8f. 226 Vgl. zur Vertiefung 4. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 20.02.1964 Prot. Nr. 4, S. 1-7. Gesprochen wurde über die §§48-53. 227 Vgl. Dr. Reischl in 5. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr. 5, S. 3. Zu dieser Einstellung sei er gelangt, als er gehört habe, daß die Tonbandfreunde untereinander Tonbänder als Ersatz für Platten tauschten. Das gehe nun wirklich nicht ohne Vergütungspflicht.

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chen. Die weitere Aussprache näherte sich der Pauschalierungspflicht. Da die Bedenken gegen eine Regelung im Gesetz als berechtigt anerkannt wurden, kam es zu der Überlegung, die Vergütungspflicht als solche in das Gesetz aufzunehmen und die nähere Ausgestaltung einer Rechts Verordnung zu überlassen.229 Außerdem sah der Ausschuß diese Vorschrift für die Sachverständigenanhörung vor. Ebenso wurden die in §§ 64 und 65 vorgesehenen gesetzlichen Lizenzen für die Sachverständigenanhörung zurückgestellt. 230 Zu einer möglichen Verlängerung der Schutzdauer (§§ 67 ff.) warf Dr. Reischl die Frage auf, ob nicht die Urhebernachfolgegebühr mit dem Urheberrecht verkoppelt werden könne. Ihm gefalle die Möglichkeit, nach Ablauf der Schutzfrist für einen weiteren Zeitraum von 15 bis 20 Jahren Zahlungen an einen besonderen Fonds abzuführen, der für einen Ehrensold an Urheber und für die Bedürftigkeitshilfe für Hinterbliebene vorgesehen werden solle. 231 Der Ausschuß kam sodann überein, die Dauer des Urheberrechts und die Nachfolgevergütung bei der Sachverständigenanhörung gemeinsam zu behandeln. Es wurde jedoch bereits klar herausgestellt, daß ein ewiges Urheberrecht übereinstimmend abzulehnen sei. 232 Über die verbleibenden Vorschriften der §§ 80-152 wurde dann in der 6. Sitzung am 29.04.1964 beraten. Zur Diskussion stand vor allem, ob die Bestimmungen über den Schutz des ausübenden Künstlers aus dem Gesetz herausgenommen werden sollten oder nicht. 233 Wenn man sie im Gesetz belasse, so der Vorsitzende Dr. Reischl, dann müsse überlegt werden, ob man eine Kollisionsnorm des Inhalts einfügen solle, daß die Rechte des Urhebers den Vorrang vor den Rechten des ausübenden Künstlers hätten. Gegen eine Sonderregelung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes sprach sich dann RegDir Schneider vom BMJ aus. Das Gesetz lasse in seiner Systematik den Vorrang des Urhebers deutlich erkennen, so daß auch eine Kollisionsnorm nicht notwendig erscheine. 234 Auf Anregung des Vorsitzenden woll228 Vgl. Dr. Joel in 5. Sitzung UA RABT 4.Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr.5, S.3. Man habe im Auge gehabt, daß dieser schuldrechtliche Anspruch pauschal abgelöst werde, hätte dies in einem Urheberrechtsgesetz aber nicht machen können, da diese Regelung zu einer öffentlichen Abgabe geführt hätte. 229 5. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr.5, S.4. 230 Der Vorsitzende setzte sich bereits in dieser Sitzung für die Streichung des § 64 ein. Der Komponist müsse die Möglichkeit haben, Einfluß darauf zu nehmen, wer seine Werke bei der Aufnahme interpretiere. Ebenso sollte § 65 gestrichen werden, vgl. Ausführungen Dr. Reischl in 5. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr.5, S.6. 231 5. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr. 5, S. 7. 232 5. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr. 5, S. 7f. Eine Einzelberatung des neunten Abschnittes über die Urhebernachfolgevergütung könne nicht erfolgen, bevor nicht die grundsätzliche Frage, ob und in welcher Form und für welche Werke sie eingeführt werden solle, entschieden sei. Dies wiederum sei jedoch heute vor der Sachverständigenanhörung nicht möglich. 233 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Reischl in 6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr.6,S.3. 234 Vgl. RegDir Schneider in 6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 4. Der Abgeordnete Deringer wies zudem auf die technischen Schwierigkeiten bei einer Tren-

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te der Ausschuß u. a. den Komponistenverband und die Verlegerverbände zu dieser Frage hören. 235 Im Anschluß sprachen die Ausschußmitglieder dann noch über einzelne Vorschriften zum Schutz des ausübenden Künstlers sowie über das Filmrecht. 236 Die zwei folgenden Sitzungen fanden am 25.05.1964 und am 03.06.1964 gemeinsam mit dem Unterausschuß „ Urheberrechtsfragen " des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik unter dem Vorsitz von Dr. Reischl statt und dienten ausschließlich der Anhörung von Sachverständigen.237 Zweck der Anhörung sollte sein, nunmehr, nachdem die erste Lesung in beiden Unterausschüssen stattgefunden habe, in einer gemeinsamen Sitzung dieser Gremien zu den aufgetauchten Fragen 238 die auf Erfahrung beruhenden Meinungen der geladenen Sachverständigen zu hören, bevor in zweiter Lesung in den Ausschüssen Beschlüsse gefaßt werden sollten. 239 Neben den jeweiligen Ausschußmitgliedern und den geladenen Sachverständigen nahmen an der ersten gemeinsamen Sitzung am 25.05.1964 auch Ministerialdirigent Dr. Joel, MinRat Dr. Weitnauer, RegDir Dr. Schneider und ARat Schiefler vom BMJ sowie ORegRat Dr. Geißler vom BlnM teil. 240 Nach einer Aussprache über das Beteiligungsverhältnis der Miturheber an den Erträgnissen eines Werkes (vgl. § 8) 2 4 1 ging es zunächst um die Frage des absoluten Melodienschutzes im Rahmen der freien Benutzung in § 24. Dazu wurden vor allem Dr. Richartz vom Deutschen Komponisten-Verband und Dr. Müller vom Deutschen Musikverlegerverband befragt. Dr. Richartz wandte sich mit Entschiedenheit gegen den Vorschlag, daß fremde Melodien frei verwendet werden dürfen, sofern nur ein nung hin und meinte, man müsse dann wirklich ein Sondeigesetz für die ausübenden Künstler schaffen. 235 6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 4. 236 Vgl. 6. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S.4-15. Insbesondere ging es noch um die Frage, warum das Verfilmungsrecht nicht in § 15 ff. aufgeführt worden sei. Die Regierungsvertreter erklärten daraufhin entsprechend der Begründung zum RegE, „dies habe aus systematischen Gründen hier geregelt werden müssen". 237 Vgl. jeweils die Sten. Prot. Nr. 7 und Nr. 8 UA RA BT 4. Wp. gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16 und 17. 238 Vgl. dazu auch die Zusammenstellung der Fragen für die Anhörung der Sachverständigen in Ausschußdrucksache IV/66 UA RA BT 4. Wp., ParlA Bonn, A 3, lfd. Nr. 3. 239 Vgl. die einleitenden Worte des Vorsitzenden Dr. Reischl in der 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 3., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 240 Vgl. Anwesenheitsliste der 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot. S. 2ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 241 Vgl. zur Vertiefung 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 3-18, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Im wesentlichen ging es um den Wunsch der Verleger, in dem Fall eines Gruppenwerkes dem „Organisator", der auch eine schöpferische Arbeit leiste, der vielfach Verleger sei oder ein Verlagsangestellter sein könne, ein Urheberrecht zu gewähren. Wenn man eine schöpferische Leistung dieses „Organisators" nicht feststellen könne, dann müsse ihm zumindest wie dem Hersteller eines Films, der auch ein „Organisator" des ganzen Filmwerkes sei, ein Leistungsschutzrecht zugestanden werden, damit er nicht der Gefahr ausgesetzt sei, daß durch einzelne Miturheber das Werk nicht fortgesetzt werden könne.

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neues Werk entstehe. Dr. Müller trat ebenfalls für die Beibehaltung des absoluten Melodienschutzes ein. Jede Benutzung einer fremden Melodie müsse unzulässig sein, auch die Benutzung zur Schaffung eines selbständigen Werkes. 243 Kontrovers diskutiert wurde dann über den Beteiligungsanspruch des Urhebers an den Erträgnissen bei einem auffälligen MißVerhältnis (§ 36). Es kamen neben Dr. Richartz insbesondere Dr. Kleine und Dr. Reischl vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Bundesrichterin Dr. Krüger-Nieland zu Wort. Während Dr. Richartz die Bestimmung als sehr verdienstvoll bezeichnete, sprach sich Dr. Reischl gegen den Beteiligungsanspruch aus.244 Das BGB enthalte ausreichende Möglichkeiten zur Verhinderung der Ausbeutung von Urhebern. 245 Auch Dr. Kleine wandte sich gegen die Vorschrift und wiederholte das Argument, „das Verlagsgeschäft sei eines der risikoreichsten Geschäfte überhaupt." Der Verleger sei auf die unvorhergesehenen Einnahmen aus einem einzelnen Werk angewiesen, um ebenso unvorhergesehene geschäftliche Mißerfolge abdecken zu können.246 Dr. Krüger-Nieland machte schließlich auf die Schwierigkeit aufmerksam, daß der Richter bei Ansprüchen aus dieser Vorschrift zwischen dem Wert einer geistigen Leistung und einem materiellen Entgelt abzuwägen habe und zudem das gesamte Verhältnis zwischen dem Urheber und dem Verleger berücksichtigen müsse. Dies sei eine kaum zu lösende Aufgabe. 247 Falls der Gesetzgeber aber im Grundsatz an der Regelung festhalten wolle, müsse wenigstens besonders unterstrichen werden, daß die Bestimmung nur in ganz krassen Fällen zur Anwendung kommen solle, wenn der Kausalzusammenhang zwischen der schöpferischen Leistung und dem Erfolg nachgewiesen sei. 248

242 Ausführungen Dr. Richartz in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot. S.21, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Man müsse immer den Urheber fragen. Es könne doch möglich sein, daß der Urheber vorhabe, die betreffende Melodie selbst zu bearbeiten. Die Verwertung einer solchen Bearbeitung würde aber erschwert, wenn vorher fremde Bearbeitungen erschienen. 243 Dr. Müller in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 23, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 244 Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 29 f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 245 Es dürfe nicht einfach über den Grundsatz pacta sunt servanda hinweggegangen werden, zumal die Rechtsprechung über § 242 genügend Ausgleichmöglichkeiten geschaffen habe. Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 29, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 246 Dr. Kleine in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 29 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 247 Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 34, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Die Sachverständige bezweifelte weiterhin die Notwendigkeit einer derartigen Vorschrift, da ein Verleger bei einem unerwartet großen Erfolg, etwa des Erstlingswerkes eines seiner Autoren, sich im eigenen Interesse durch freiwillige Zahlungen bemühen werde, diesen Autor beim Verlag zu halten. Es würden ja auch künftige Werke bereits bevorschußt, weil die Nachfrage nach guten Urhebern so groß sei. 248 Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 35, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16.

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Zum Folgerecht (§ 26) wurde dann vor allem Dr. Hanstein vom Bundesverband des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels gehört. Er bat die Abgeordneten, sich noch einmal die mit dieser Vorschrift entstehende Gesamtbelastung des deutschen Kunsthandels vor Augen zu führen. 249 Bei der gegenwärtigen schwierigen Lage würde schon die 1 %ige Abgabe zusammen mit der Umsatzausgleichsteuer, ganz abgesehen von der künftigen Mehrwertsteuer, unerwünschte Folgen haben.250 Der Künstler werde also durch die Einführung des Folgerechts in der Möglichkeit, seine Werke zu verbreiten, erheblich beeinträchtigt. Des weiteren wurde über die in § 27 vorgesehene Vermietgebühr und die dazu besonders umstrittene Frage einer Ausnahme der Vergütungspflicht für öffentliche Büchereien gesprochen. Kirchner, vom Verein Deutscher Bibliothekare, wies darauf hin, daß die öffentlichen Bibliotheken keinerlei Einnahmen erzielen wollten. Sie seien Zusatzunternehmen der Unterhaltsträger und würden ganz anderen Zwecken dienen als die Mietbüchereien, was für eine Ausnahme von der Vergütungspflicht spreche. 251 Dagegen sah weder Dr. Fromm als Vertreter der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände noch Spangenberg vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ein Argument, „mit dem irgendwelche Ausnahmen für irgendwelche Büchereien gerechtfertigt werden könnten." 252 Auch die Mietbüchereien würden große Weltliteratur vermieten, wie ζ. B. „Dr. Schiwago" ebenso wie die öffentlichen Bibliotheken „leichtes Lesegut" abgeben. Deshalb erscheine es doch bei richtiger Würdigung nicht angebracht, die öffentlichen Bibliotheken durch die gesetzliche Formulierung auszuschließen.253 Ferner kam die Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichts gebrauch (§ 46 Abs. 4) zur Sprache. Der Sachverständige Spangenberg vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels plädierte im Namen sämtlicher Vertreter des Börsenvereins, abgesehen von den Schulbuchverlegern, für die Vergütungspflicht. Ausnahmen von der Regel, daß der Urheber an der Verwertung seiner Werke in jedem Fall beteiligt werden müsse, hätten keine Berechtigung. Das gelte auch für die öffentliche Hand, soweit sie Schulbuchverlage betreibe. 254 Auch der 249 Der Gesetzgeber wäre wahrscheinlich gezwungen, die Folgerechtsabgabe aus Gerechtigkeitsgründen auf 3 % zu erhöhen. Zusammen mit der Mehrwertsteuer und der Umsatzausgleichssteuer würde sich dann eine Gesamtbelastung von 17 % oder 18 % pro Kunstwerk ergeben. Vgl. dazu die Ausführungen Dr. Hanstein in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 46, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 250 Dr. Hanstein in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 51, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 251 Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 56, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 252 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 60, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 253 Vgl. zur Vertiefung Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 58, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 254 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 65, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Die gelegentlich befürchtete Gefahr, wenn die Schulbuchverlage

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Vorsitzende Dr. Reischl Schloß sich Spangenberg an. Bisher sei auch niemand auf die Idee gekommen, einem Bauunternehmer zuzumuten, die Schulen umsonst oder wesentlich billiger zu bauen.255 Solange nicht ganz ungewöhnliche Umstände nachgewiesen würden, sähe er keine Veranlassung, von einem Prinzip abzuweichen, das im neuen Urheberrecht die Unterbewertung der geistigen Leistung beseitigen solle. Am 03.06.1964 trafen sich der Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses und der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik zu einer weiteren gemeinsamen Sitzung. Den Vorsitz führte wieder der Abgeordnete Dr. Reischl (SPD). Weitere Sitzungsteilnehmer waren außer den Mitgliedern der beiden Ausschüsse Ministerialdirigent Dr. Joel, RegDir Schneider und ARat Dr. Schiefler vom BMJ sowie ORegRat Dr. Geissler vom BlnM als auch ORegRat Dr. Gördel und von Rüdt vom BWiM und schließlich Ministerialdirigent Dr. Einsiedler vom Bundespräsidialamt. 256 Besprochen werden sollte vor allem die Vergütungspflicht für private Aufnahmen auf Bild- oder Tonträger (§ 54 Abs. 3) und die Dauer des Urheberrechts (§ 67) sowie die damit in Zusammenhang stehende Urhebernachfolgevergütung (§§73-79). 257 Zu der Frage der Vergütungspflicht bei privaten Tonbandaufnahmen trug Spangenberg noch einmal den Standpunkt des Börsenvereins vor, der für die Vergütungspflicht eintrat. 258 Dagegen vermißte Dr. Drexler als Sprecher der Grundig-Werke eine genaue Beweisführung darüber, in welchem Umfange überhaupt private Tonbandaufnahmen gemacht würden. Keines der befaßten Gerichte habe jemals Beweis darüber erhoben, sondern einfach unterstellt, daß eine große Zahl der Tonbandgeräte vorwiegend zur Überspielung geschützter Musik verwendet würden. 259 Die Tonträgerindustrie hielt diese Annahme für erheblich übertrieben. Es sei daher abzuwägen, ob den Urhebern durch die private Tonbandvervielfältigung überhaupt ein Schaden entstehe. Auf jeden Fall aber sei dieser Schaden so gering, daß er gegenüber den Bedenken, die gegen eine Vergütung bei privater Tonbandvervielfältigung sprechen, zurücktreten müsse.260 durch das Gesetz zu einer Bezahlung veranlaßt wären, würden sie auf freie Autoren ausweichen, halte er für sehr gering. 255 Dr. Reischl in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 70, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 256 Vgl. Anwesenheitsliste der 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 2 u. 2 a, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 257 Vgl. die einleitenden Worte des Vorsitzenden Dr. Reischl in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT4. Wp. Sten. Prot. S. 3, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Als weitere Punkte standen die gesetzlichen Lizenzen in §§ 64 und 65 und einige Fragen des Filmrechts zur Erörterung. Zudem wollte man beraten, ob ein eigenes Gesetz für die ausübenden Künstler in Aussicht genommen werden sollte. 258 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 3 f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 259 Dr. Drexler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 5 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 260 Dr. Drexler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 8, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 16 Maracke

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Im weiteren Verlauf der Aussprache kam es noch zu einer Vorführung von Aufnahmen auf Tonbänder durch Dr. Schulze, dem Vorstand der GEMA, um die gute akustische Aufnahme und Wiedergabe zu demonstrieren. 261 Es könne doch nur wünschenswert sein, so Dr. Schulze, daß diese neue Technik Verbreitung finde, allerdings nur unter der Bedingung, daß der Urheber auch seine angemessene Beteiligung erhalte. Im Ergebnis blieb nach Ansicht Dr. Schuhes zur praktischen Umsetzung des Anspruchs nur der Weg übrig, daß man in der Vorstufe sagen müsse, ein solches Gerät dürfe überhaupt nur auf den Markt kommen, wenn es mit einer Lizenz verbunden sei. 262 Im Anschluß an eine Erörterung der gesetzlichen Lizenzen in §§ 64 und 65 263 , ging es dann um die Dauer des Urheberrechts und die damit in Zusammenhang stehende Frage der Einführung einer Urhebernachfolgegebühr. Bezüglich der Dauer des Urheberrechts war die Frage des ewigen Urheberrechts bereits mit Hinblick auf die RBÜ abgelehnt worden. Zur Diskussion stand daher eine mögliche Verlängerung der Schutzfrist sowie die Frage der Urhebernachfolgevergütung. 264 Während die Verlängerung des Urheberrechtsschutzes fast einheitlich befürwortet wurde, 265 war man sich bei der Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung, insbesondere der Verteilung und der Zweckerfüllung des Urheberfonds, nicht einig. In ihrem Kern wurde die Urhebernachfolgevergütung aber überwiegend als berechtigt anerkannt. 266 Dr. Einsiedler vom Bundespräsidialamt gab dazu einen Einblick in die 261 Vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 14-18, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 262 Dr. Schuhe in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 19, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Auf Nachfrage des Abgeordneten Deringer (CDU/CSU) sollten nach Ansicht Dr. Schuhes 7,5 % des Fabrikpreises für jedes Gerät bezahlt werden und damit ein für allemal alles abgegolten sein, vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot. S.41, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 263 Vgl. dazu 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 53-88, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Beide Vorschriften fanden bei den Sachverständigen wenig Unterstützung. So glaubte Spangenberg (Börsenverein des deutschen Buchhandels), den Gang der Verhandlungen dahingehend verstanden zu haben, „daß an § 64 nicht mehr viel zu retten sei." Ebenso wenig sei dann natürlich § 65 zu verteidigen, vgl. 8. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 65, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Allein Prof. Brack als Vertreter des Rundfunks sprach sich für den Erhalt der gesetzlichen Lizenz zugunsten des Rundfunks aus. 264 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Reischl in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 89, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 265 Vgl. statt aller die Stellungnahme Dr. Fromms für die Vereinigung deutscher Schriftstellerverbände in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 95, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17: „Ich freue mich, daß wir in der Frage der Dauer des Urheberrechts sowohl mit den Komponisten wie auch mit den Musikverlegern übereinstimmen, und auch mit den Textautoren... Die Verlängerung der Schutzfrist ist eine Aufgabe, mit der sich schon die Brüsseler Konferenz beschäftigt hat und die auf der Stockholmer Konferenz 1967 wieder ansteht. Wir sollten sie auch in Deutschland, wenn es ein modernes Urheberrecht haben will, verwirklichen." Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen schlug Dr. Fromm den Zeitraum von 80 Jahren vor, da dieser der heutigen gestiegenen Lebensdauer entspreche. 266 y g l Ausführungen Dr. Fromms in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot.S.97ff., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Dr. Fromm war der Auffassung, daß die Be-

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schon bestehende Künstlerhilfe, den Zweck, zu dem diese geschaffen worden sei und auch darüber, wie sie funktioniere und wie sie dotiert sei. 267 Ohne in diesem Punkt zu einer konkreten Lösung zu gelangen, wurde zum Abschluß der gemeinsamen Sitzung noch über einzelne Vorschriften aus dem Filmrecht gesprochen. Hierzu sollte insbesondere noch einmal von Hartlieb als Vertreter der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft angehört werden. Er betonte die Notwendigkeit des § 98, welcher dem Filmhersteller im Wege der gesetzlichen Vermutung die zur Verfilmung notwendigen ausschließlichen Nutzungsrechte zugestand.268 Keine Unterstützung fand die gesetzliche Vermutung demgegenüber bei Dr. Richartz, „weil das alles auch im Wege des Vertrages gelöst werden kann." 269 Zum Schluß honorierte Dr : Hartlieb die Bemühungen seitens des Ministeriums, diese schwierige Materie gerecht zu regeln. Die vorgeschlagene Regelung sei alles in allem für die Filmindustrie handlich, und man wolle keine unnötigen Schwierigkeiten machen.270 In der folgenden 9. Sitzung des im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschusses „Urheberrecht" am 24.06.1964 ging es dann lediglich um Verfahrensfragen. Die Ausschußmitglieder kamen überein, zu dem Problem der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch mit Ausnahme der bereits auf der vorangegangenen Sitzung erörterten Tonbandfrage noch einmal Vertreter des Börsenvereins, des Vereins Deutscher Bibliothekare, des Schriftstellerverbandes und auch des Bundesverbandes der Deutschen Industrie zu hören. Weiterhin wurde vorgeschlagen, zur Klärung noch offener Rechtsfragen die Sachverständigen Prof. Ulmer und Frau Dr. Krüger-Nieland zu laden.271 Gegenstand der 10. Sitzung am 15.10.1964 war dann eine Aussprache der Abgeordneten und der Vertreter aus dem BMJ mit den Sprechern der Interessenverbände über die §§ 54, 55 mit Ausnahme der bereits behandelten Tonbandüberspielung.272 Zunächst führte Dr. Kleine vom Börsenverein aus, sowohl er als auch die Verlegerverbände seien ursprünglich mit der Fassung des RegE einverstanden gewesen. Die denken, die gegen das Prinzip der Urhebernachfolgevergütung vorgetragen werden, zurückgestellt werden sollten und daß auch die Frage der Verteilung und der Zweckerfüllung des Urheberfonds für eine spätere Diskussion zurückgestellt werden sollte. 267 Dr. Einsiedler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot.S. 104ff., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 268 Von Hartlieb in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 110, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 17. Er glaubte, daß der Entwurf insoweit den Besonderheiten des Films Rechnung trug. 269 Dr. Richartz in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 115, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Seines Erachtens ging die gesetzliche Vermutung viel zu weit. Es müsse im Gegenteil eine gesetzliche Vermutung dagegen sein. 270 Von Hartlieb in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 126 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 271 Vgl. 9. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 24.06.1964 Prot. Nr. 9, S. 1-4. 272 10. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S.3ff. 1*

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zwischenzeitliche technische Entwicklung von Vervielfältigungsapparaten habe jedoch ergeben, daß an dieser Auffassung zum Schutz von Urheber und Verleger nicht mehr festgehalten werden könne.273 Es sei daher zu fragen, wie man die durch die neuen Vervielfältigungsmethoden geschaffenen Sachverhalte rechtlich regeln könne. Im folgenden sprach Dr. Kleine dann die einzelnen Tatbestände der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch und zum sonstigen eigenen Gebrauch an und kam zu dem Ergebnis, daß der Börsenverein und die Verlegerverbände die Auffassung vertraten, grundsätzlich eine Genehmigungspflicht zur Vervielfältigung zu fordern. Eine Ausnahmeregelung sollte nur für die Vervielfältigung von Teilen eines Werkes und Zeitschriftenaufsätzen für den eigenen wissenschaftlichen Gebrauch zugelassen werden. 274 Dr. Müller vom Deutschen Musikverlegerverband unterstützte daraufhin die Überlegungen des Börsenvereins. 275 Gegen diesen Vorschlag wandte sich Dr. Wernicke als Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation. Das „beschworene Schreckgespenst" der umwälzenden technischen Neuerungen könne nur die Unkundigen beängstigen. Falls die Vervielfältigung erheblich billiger als eine erneute Drucklegung sei, würden die Verleger sicherlich ebenfalls darauf zurückgreifen. Auf keinen Fall dürfe man den technischen Fortschritt hemmen.276 Prof. Ulmer entgegnete, daß durch das einfache und billige Verfahren durchaus auch die Verleger bedroht seien. Er befürworte daher nicht die Vervielfältigung ganzer Bücher, auch nicht für wissenschaftliche Zwekke. 277 Zusammenfassend stellte Prof. Ulmer fest, daß ganze Werke zum persönlichen Gebrauch nur von Hand oder Schreibmaschine vervielfältigt werden dürften. Bei Vervielfältigungen von Aufsätzen, Zeitschriften, Teilen von Werken solle entsprechend dem Entwurf verfahren werden. 278 Da in der 11. Sitzung am 04.11.1964 ausschließlich über den Entwurf eines Verwertungsgesellschaftengesetzes gesprochen wurde 279 , setzte der Ausschuß die Beratungen des Entwurfes zum Urheberrechtsgesetz erst in seiner 12. Sitzung am 16.11.1964 fort. Gemeinsam mit Prof. Ulmer und Frau Dr. Krüger-Nieland sollten in dieser Sitzung sämtliche Vorschriften des RegE erneut aufgegriffen und gegebe273

Dr. Kleine in 10. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S.3. Vgl. Dr. Kleine in 10. Sitzung UARABT 4.Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S.7. Die Vervielfältigung zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken sollte jedoch in jedem Fall vergütungspflichtig sein. 275 Dr. Müller in 10. Sitzung UARABT 4.Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S.7f. Der Antrag des Börsenvereins, das Urheberrecht unangetastet zu lassen, werde daher von den Musikverlegem gutgeheißen. 276 Dr. Wernicke in 10. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S. 11. Für den Stand der Wissenschaft im Wettstreit der Nationen sei es erforderlich, ohne unnötigen Zeitaufwand billige Kopien frei anfertigen zu können. 277 Vgl. Ausführungen Dr. Ulmer in 10. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S. 12. 278 10. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 15.10.1964 Prot. Nr. 10, S. 13. 279 1 1. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 04.11.1964 Prot. Nr. 11, S. 1-6. 274

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nenfalls geändert werden. Zu § 8 über die Miturheberschaft warf der Vorsitzende Dr. Reischl die bereits angesprochene Frage auf, ob es angebracht sei, ein Urheberrecht am Teamwerk zu begründen. 280 Ohne weitere Aussprache beschloß der Ausschuß einstimmig, daß ein originärer Urheberrechtsschutz für das Gemeinschaftswerk nicht wünschenswert sei und insoweit eine Ergänzung des § 8 nicht erfolgen soll. Nach einer grundsätzlichen Diskussion zu der Frage der Übertragbarkeit der Verwertungsrechte 281 sprach sich Prof. Ulmer dann für den Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 aus, auch wenn die Handhabung Schwierigkeiten bereiten könne. Der Erörterung lag nunmehr eine neue, von der BReg überarbeitete Fassung zugrunde. Die neue Formulierung stellte weniger auf die subjektiven Momente ab und setzte statt dessen für das Entstehen des Anspruches voraus, daß das Nutzungsrecht „unter Bedingungen eingeräumt wurde, die dazu führen, daß die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen in einem groben Mißverhältnis zu den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes stehen". Der Anspruch war dann darauf gerichtet, daß der Vertragspartner des Urhebers auf dessen Verlangen in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen habe, durch die dem Urheber eine den Umständen angemessene Beteiligung an den Erträgnissen gewährt wird. 282 Lediglich Frau Dr. Krüger-Nieland zeigte sich noch kritisch gegenüber der Vorschrift 283, was aber den Ausschuß nicht überzeugen konnte. Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde die neue Fassung einstimmig angenommen.284 Ebenfalls einstimmig entschied sich der Ausschuß dann für die bestehende Fassung des RegE über die freie Benutzung in § 24. Die Frage, ob der absolute Melodienschutz in einem Abs. 2 aufgenommen werden sollte, wurde dem Rechtsaus280

Vgl. Dr. Reischl in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 10. Reischl selbst vertrat die Auffassung, daß eine derartige Ergänzung des § 8 nicht vorgenommen werden sollte. Wenn der Organisator einer Gemeinschaftsarbeit selber so stark schöpferisch beteiligt sei, sei er mit allen anderen zusammen Urheber und werde sich mit ihnen einigen müssen, was in der Praxis nicht schwierig sein dürfte. Wenn er es nicht sei, könne man ihm nach dem System des Urheberrechts kein Urheberrecht einräumen. 281 Vgl. zu Vertiefung 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.22 ff. Prof. Ulmer befürchtete, daß die diesbezügliche Regelung des Entwurfes, die aus dem österreichischen Recht übernommen worden sei, das deutsche Recht international in eine gewisse Isolierung bringen könnte. Man spreche im Leben allgemein von der Übertragung von Rechten und Pflichten. Dem entgegneten jedoch Frau Dr. Krüger-Nieland sowie RegDir Schneider, daß es sich hier um rein terminologische Fragen handele, sich am Ergebnis der Unübertragbarkeit aber nichts ändere. 282 Vgl. Formulierungsvorschlag in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.24. 283 Vgl. Dr. Krüger-Nieland in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 24. Sie habe gegen eine derartige Bestimmung grundsätzliche Bedenken und frage sich, ob man wegen der wenigen Einzelfälle, in denen es praktisch werden könne, einen derartigen Unsicherheitsfaktor in Kauf nehmen wolle. 284 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.41.

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schuß zur Entscheidung überlassen.285 Unter der Voraussetzung einer sprachlichen Überarbeitung nahm der Ausschuß auch das in § 26 geregelte Folgerecht an. 286 Genauso wurde die Vermietgebühr in der Fassung des Regierungsentwurfes (§ 27) angenommen, allerdings mit der Maßgabe, daß in einem Abs. 2 klargestellt werde, Werke, die ausschließlich zum Zweck der Vermietung erschienen waren, aus der Vorschrift auszunehmen.287 Bei der Beratung über die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 54 machte Frau Dr. Krüger-Nieland darauf aufmerksam, daß nach den Grundlagen des Urheberrechts für die Benutzung geistiger Werke eine angemessene Vergütung gezahlt werden solle. 288 Mit dem vorliegenden Entwurf stehe der Gesetzgeber an einem Scheideweg, da das neue Gesetz doch mindestens ein halbes Jahrhundert lang das Gerechtigkeitsgefühl befriedigen solle. Man müsse deshalb alle möglichen Entwicklungen berücksichtigen, wie etwa die billigen und einfachen Ablichtungsmethoden für ganze Bibliotheken. Auch sei zu fragen, welcher Gerechtigkeitsgedanke dahinter stehe, daß eine Nutzungsmöglichkeit, die sonst dem Urheber vorbehalten sei, nur deshalb jedem ohne Vergütung freistehen solle, weil sie sich im privaten Bereich abspiele.289 Bei der Beurteilung aller in diesem Zusammenhang auftretenden Fragen müsse immer davon ausgegangen werden, warum es als gerecht empfunden werde, dem Urheber überhaupt etwas zu geben. Da es um das Prinzip gehe, daß hier eine Dankesschuld abgegolten werden solle, könne es keine Rolle spielen, in welchem Raum oder in welcher Sphäre die Benutzung erfolge. 290 Prof Ulmer sprach sich sodann gegen die im Gesetz vorgesehene Fassung der Urhebernachfolgegebühr aus. 291 Auch die Lösung, den Urheberrechtsschutz um 15 oder 20 Jahre zu verlängern und die während dieser Verlängerung eingehenden Gebühren einem Fonds zuzuführen, sei nicht zu begrüßen. Wenn schon eine Verlängerung eingeführt werde, dann sollten die Erträge den Erben zukommen.292 Er würde dieser Urhebernachfolgegebühr eine andere Lösung vorziehen, bei der die Urheber selber einen Teil für eine Alters- und Hinterbliebenenversorgung aufzubringen hät285

12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 36. Der Eingangstext sollte dahingehend umformuliert werden, daß „ein Original eines Werkes der bildenden Künste weiterveräußert und hieran ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber; Ver äußerer oder Vermittler beteiligt war". Die Entscheidung über die Höhe des Prozentsatzes und der Wertgrenze sollte dem Rechtsausschuß überlassen werden, vgl. 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.38. 287 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.40. 288 Dr. Krüger-Nieland in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 27. Wenn man in ein Konzert gehe oder ein Buch lese, zahle man auch immer als Privatmann für die private Nutzung. 289 Dr. Krüger-Nieland in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 28. 290 Dr. Krüger-Nieland in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 30. 291 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S. 33. Die in dem Entwurf vorgesehene Urhebemachfolgevergütung sei deshalb nicht positiv zu bewerten, weil es sich um einen relativ kleinen Betrag handele, dessen Einziehung einen großen Aufwand erfordere. 292 Prof. Ulmer in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.32. 286

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ten. Zu der Frage einer Verlängerung der Schutzfrist führte Prof. Ulmer aus, daß mit der Zeit auf der internationalen Ebene eine Verlängerung der Schutzfrist auf 60 Jahre eintreten werde. Ein Vorauseilen Deutschlands in dieser Beziehung sei nicht zu empfehlen, weil damit Komplikationen verbunden sein könnten.293 Im Ergebnis empfahl der Ausschuß einstimmig die unveränderte Annahme der Schutzdauer von 50 Jahren (§§ 67 ff.) und die Streichung der Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung in §§ 73 ff. 2 9 4 Bereits am darauffolgenden Tag traf sich der Unterausschuß zur Fortsetzung seiner Einzelberatungen. Diese 13. Sitzung am 17.11.1964 fand ohne die Sachverständigen Prof. Ulmer und Dr. Krüger-Nieland satt,295 so daß die Abgeordneten die noch nicht geklärten Fragen unter sich diskutierten. Zuerst ging es erneut um die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 54. Der Ausschuß billigte die Fassung der Regierungsvorlage mit Ausnahme der in Abs. 3 geregelten Vergütungspflicht. 296 Der Vorsitzende Dr. Reischl berichtete, daß er sich mit Rücksicht auf die technische Entwicklung auf diesem Gebiet zu einer Gebührenpflicht durchgerungen habe, allerdings sei ein Zusatz anzufügen, der klarstelle, in welcher Weise diese Gebühr gezahlt werden solle. 297 Daraufhin beschloß der Ausschuß die Streichung des bisherigen Abs. 3 und fügte statt dessen in Abs. 5 einen neu formulierten Vergütungsanspruch ein. Danach sollte, wenn nach der Art eines Werkes zu erwarten war, daß es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung zum persönlichen Gebrauch vervielfältigt wird, dem Urheber des Werkes gegen den Hersteller von Geräten, die ihrer Art nach zur Vornahme solcher Vervielfältigungen geeignet waren, ein Anspruch auf angemessene Beteiligung an dem bei Verkauf der Geräte erzielten Erlös zustehen.298 Anschließend verständigte sich der Ausschuß darauf, die in § 64 vorgesehene gesetzliche Lizenz zur Herstellung von Tonträgern in einer Neufassung als Zwangslizenz auszugestalten und in einen § 61 a einzufügen. 299 Durch diese neue Vorschrift sollten §§ 64, 65 und 66 der Regierungsvorlage entfallen. Auch in der 14. Sitzung am 09.12.1964 wurde nochmals über die Frage der Tonbandvergütung und den dazu neu formulierten § 54 Abs. 6 gesprochen. 300 Nach Vor293

Prof. Ulmer in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 34. 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.52. 295 Vgl. Anwesenheitsliste zu 13. Sitzung UARABT4.Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13, S.2. 296 13. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13, S.4. 297 Dr. Reischl in 13. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13, S.4. 298 Vgl. Formulierungsvorschlag in 13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13, S. 6. Für den Fall, daß der Hersteller der Geräte weder seine Hauptniederlassung noch seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, sollte neben ihm derjenige als Gesamtschuldner haften, der die Geräte in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gewerblich einführt (Abs. 5 Satz 2). 299 Vgl. Formulierungsvorschlag in 13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13, S. 7. 300 v g L 1 4 < Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964 Prot. Nr. 14, S.7-10. Neben den Ausschußmitgliedem und den Vertretern des BMJ nahmen an dieser Sitzung auch ORegRat 294

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läge eines weiteren überarbeiteten Formulierungsvorschlags 301 begrüßte der Vorsitzende Dr. Reischl die durch die neue Fassung erfolgte Klarstellung, daß bereits im voraus die durch das Gerät geschaffene Möglichkeit zur Vervielfältigung abgegolten werden sollte. Rechtsgrund der Vergütung sei die geschaffene Vervielfältigungsmöglichkeit, während sich die Höhe der Vergütung nach der Intensität der Urheberrechtsverletzung richte.302 Außerdem wurde ein weiterer Satz eingefügt, wonach der Anspruch entfallen sollte, soweit nach den Umständen mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte, daß die Geräte zur Vornahme der genannten Vervielfältigungen nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes benutzt werden. 303 Sowohl die 15. Sitzung am 27.01.1965 als auch die 16. Sitzung am 12.02.1965 sahen als Tagesordnungspunkte die Beratung des Entwurfes zu dem Verwertungsgesellschaftengesetz vor. 304 Letzte redaktionelle Änderungsvorschläge zum Urheberrechtsgesetz wurden daher erst in der 17. Sitzung am 18.02.1965 vorgenommen und die Beratung der Regierungsvorlage zum neuen Urheberrecht im Unterausschuß des Rechtsausschusses damit abgeschlossen. bb) Die Beratung im Unterausschuß „Urheberrechtsfragen " des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik (8. Ausschuß) in der Zeit vom 20.02.1964 bis zum 16.12.1964 Der auf Beschluß des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik gebildete Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" konstituierte sich in einem ersten Zusammentreffen am 20.02.1964 und wählte den Abgeordneten Kahn-Ackermann (SPD) zum Vorsitzenden. 305 In insgesamt 12 Sitzungen in der Zeit vom 20.02.1964 bis zum 16.12.1964 berieten dann die Abgeordneten Dr. Huys (CDU/CSU), Dr. Knorr (CDU/ CSU) und Jacobs (SPD) teilweise gemeinsam mit dem im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschuß „Urheberrecht" über den Gesetzentwurf zum Urheberrecht. 306 Dr. Geißler vom BlnM, ORegRat Dr. Lange aus dem BArbM sowie ORegRat Gördel, von Rüdt und Dr. Volpp als Vertreter des BWiM teil. 301 Vgl. Formulierungsvorschlag in 14. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964 Prot. Nr. 14, S. 10. Es wurde nunmehr ein zweiter Halbsatz eingefügt, der klarstellte, daß der Anspruch des Urhebers gegen den Hersteller auf angemessene Vergütung für die durch die Veräußerung der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen, zu gewähren sei. 302 Vgl. Ausführungen Dr. Reischl in 14. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964 Prot. Nr. 14, S. 10. 303 Vgl. Formulierungsvorschlag in 14. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964 Prot. Nr. 14, S. 10. 304 1 5. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 27.01.1965 Prot. Nr. 15 und 16. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 12.02.1965 Prot. Nr. 16. 305 1. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 20.02.1964 Prot. Nr. 1, S. 3, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 10. 306 An den folgenden Sitzungen nahmen neben den Ausschußmitgliedem regelmäßig auch Vertreter des BMJ und teilweise auch des BlnM teil. Fast immer waren MinDir Dr. Joel, RegDir Schneider oder auch ARat Schiefler aus dem BMJ anwesend sowie teilweise ORegRat Geissler aus dem BlnM.

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Nachdem in der 2. Sitzung 03.03.1964 ohne ausführliche Diskussionen kurz über die ersten drei Abschnitte gesprochen worden war 307 , ging es in der 3. Sitzung am 05.03.1964 zuerst um § 24 und die damit zusammenhängende Forderung der Komponisten nach einem absoluten Melodienschutz, dann um das Folgerecht in § 26 und schließlich noch um die Vermietung von Vervielfältigungsstücken in § 27. 308 Während sich der Ausschuß für eine neue Formulierung des Folgerechts aussprach, wonach der Anteil des Urhebers auf 3% erhöht und auch die Bagatellgrenze auf 1000 DM angehoben werden sollte, war man sich sowohl in der Frage des Melodienschutzes als auch in der genauen Ausgestaltung der Vermietgebühr nicht einig. Zu den beiden letzteren Fragen sollten daher zunächst noch einmal Sachverständige gehört werden. 309 In der folgenden 4. Sitzung des Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" am 17.03.1964 wurde die Frage des Melodienschutzes wieder aufgegriffen und dazu eine neue Formulierung der freien Benutzung in § 24 vorgeschlagen. Danach durfte, falls ein Werk lediglich als Anregung für eine selbständige Neuschöpfung benutzt wurde, das neue Werk ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden. 310 Des weiteren Schloß sich der Unterausschuß noch den vom Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses vorgetragenen Bedenken zu der Einräumung von Nutzungsrechten (§31) und zu der Beteiligung des Urhebers (§36) an. 311 Im weiteren Verlauf der Beratungen sprach sich der Unterausschuß am 15.04.1964 in seiner 5. Sitzung u. a. gegen die Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch (§ 46 Abs. 4) aus, wollte aber auch zu dieser Frage noch die Meinung einiger Sachverständigen einholen. 312 Ebenfalls bezweifelt wurde die vom Bundesrat angeregte Streichung der Vergütungspflicht bei Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch (§ 54 Abs. 3). 313 Dr. Joel (BMJ) erinnerte jedoch daran, daß die Bundesregierung bereits 307 2. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 03.03.1964 Prot. Nr. 2, S. 1-5, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 11. An dieser Sitzung nahmen auch MinDir Dr. Joel, RegDir Schneider und ARat Schiefler aus dem BMJ sowie ORegRat Geissler als Vertreter des BlnM teil. 308 3. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3, S. 1-6, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 12. An dieser Sitzung nahmen wiederum neben den Ausschußmitgliedern auch RegDir Schneider aus dem BMJ und ORegRat Geissler aus dem BlnM teil. 309 Vgl. 3. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3, S. 3 ff., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 12. Man wollte daher zunächst an der bestehenden Fassung des § 24 festhalten. Bei der Sachverständigenhörung zu § 27 sollten insbesondere auch Vertreter der öffentlichen Bibliotheken geladen werden. 310 Diese neue Formulierung sollte als Anregung auch dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses übermittelt werden, vgl. 4. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 17.03.1964 Prot. Nr.4, S.3, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 13. 311 Vgl. 4. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 17.03.1964 Prot. Nr. 4, S.4f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 13. 312 5. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 15.04.1964 Prot. Nr. 5, S.4, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 14. 313 Vgl. 6. Sitzung UA KA BT 4.Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S.3f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 15.

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dem Vorschlag des Bundesrates hierzu gefolgt sei und daß dieser Beschluß respektiert werden müsse. 3 1 4 Allerdings räumte er ein, daß i m Falle einer völligen Freigabe der Vervielfältigung zum Privatgebrauch tatsächlich die Entwicklung der modernen technischen Vervielfältigungsmöglichkeiten zu einer empfindlichen Benachteiligung des Urhebers führen könne. 3 1 5 Der Unterausschuß kam daraufhin überein, den Vergütungsanspruch als Minimalforderung zu erhalten und daher den Abs. 3 des § 54 beizubehalten. 316 Schließlich beschloß der Unterausschuß, sich keinesfalls für ein ewiges Urheberrecht einzusetzen und vor einer endgültigen Beschlußfassung wiederum die Anhörung der Sachverständigen abzuwarten. 317 Außerdem wurde auf den möglichen Zusammenhang mit den Bestrebungen über die Urhebernachfolgegebühr (§§ 73 ff.) hingewiesen, zu denen ebenfalls zunächst die Sachverständigen gehört werden sollten. 3 1 8 Die Anhörung der Sachverständigen fand dann in den zwei folgenden Sitzungen am 25.05.1964 und am 03.06.1964 zusammen mit dem i m Rechtsausschuß gebildeten Unterausschuß „Urheberrecht" statt. 3 1 9 In der folgenden 9. Sitzung am 16.06.1964 beriet der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik wieder für sich über die verbleibenden §§ 103 ff. des 314

Vgl. 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 3 f., ParlA Bonn, A1, lfd.

Nr. 15. 315

Wenn man dem Urheber eine Vergütung für private Tonbandaufnahmen zubilligen wollte, hielt Dr. Joel die in § 54 Abs. 3 des ursprünglichen Regierungsentwurfes vorgesehene Regelung für die sachgerechte. Man müsse und könne darauf vertrauen, daß sich im Falle einer solchen Regelung bei den Besitzern von Tonbandgeräten allmählich die Rechtsüberzeugung durchsetze, daß auch auf dem Gebiet des Urheberrechts nicht „Zechprellerei" begangen werden dürfe. Vgl. dazu 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 3, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 15. 316 Vgl. 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 15. Gegenstand dieser Sitzung waren weiterhin auch die in §§ 64 und 65 geregelten gesetzlichen Nutzungsrechte. Während § 64 in der vorliegenden Fassung vom Unterausschuß angenommen wurde, obgleich man sich auch hier die endgültige Beschlußfassung nach Anhörung der Sachverständigen offenhielt, sollte das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung nach § 65 gestrichen werden. 317 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 7, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 15. 318 Vgl. 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 8, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 15. Der Vorsitzende gab allerdings bereits in dieser Sitzung zu erkennen, daß er die Einführung der Urhebernachfolgevergütung für richtig hielt. Lediglich die im RegE angeführte Form der Umsetzung könne nicht gebilligt werden. Er schlug daher vor, sich an dem französischen oder italienischen Beispiel zu orientieren, also eine Form zu finden, wonach die Schutzfrist verlängert und eine Anschlußzeit mit vollen Gebühren für den Urheberfonds eingeführt wird. 319 Die geladenen Vertreter der Interessenverbände und sonstigen Sachverständigen äußerten sich zu den einzelnen Fragen, bevor im Anschluß daran sowohl im Unterausschuß des Rechtsausschusses als auch im Unterausschuß des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik die Beschlußfassung zu möglichen Änderungen der Regierungsvorlage stattfinden sollte, vgl. im einzelnen zu den Ausführungen der Sachverständigen die oben dargestellte Beratung im Unterausschuß des Rechtsausschusses.

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RegE zum Urheberrecht , bevor in den letzten drei Sitzungen eine zweite Lesung des Entwurfes mit abschließender Beschlußfassung stattfinden konnte. Mit dieser zweiten Aussprache über die Urheberrechtsreform begann der Unterausschuß am 28.09.1964 in seiner 10. Sitzung unter dem Vorsitz des Abgeordneten Kahn-Ackermann zusammen mit den Vertretern aus dem BMJ. 321 Zunächst erklärte man sich mit der vorliegenden Regelung des § 24 im RegE über die freie Benutzung einverstanden und sprach sich daher gegen eine Erweiterung des Melodienschutzes aus.322 Zu dem Folgerecht in § 26 beschloß der Unterausschuß auf Vorschlag des Vorsitzenden, die Abgabengrenze auf 300 D M herabzusetzen, um gerade die „kleinen" Künstler, wie beispielsweise Graphiker, deren Schaffen ein Großteil des Kunsthandels ausmache, nicht zu benachteiligen.323 Des weiteren schlug der Ausschuß eine engere Fassung des Beteiligungsanspruches in § 36 vor, die stärker auf den ursächlichen Zusammenhang zwischen den Bedingungen bei Einräumung des Nutzungsrechts und dem auffälligen Mißverhältnis abstellte und zudem ausgeschlossen sein sollte, wenn beide Vertragspartner bei Vertragsschluß das Ausmaß der Nutzungserträgnisse als möglich vorhergesehen hatten. 324 Die Vergütungspflicht für die privaten Tonbandaufnahmen (§ 54 Abs. 3) schien nach Anhörung der Sachverständigen berechtigt, die endgültige Formulierung sollte allerdings dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses überlassen werden. 325 Auf einen Vorschlag des Vorsitzenden in der 11. Sitzung am 29.09.1964 ging der Beschluß des Ausschusses zurück, das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Herstellung von Tonträgern (§ 64) in eine Zwangslizenz umzugestalten und das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung (§ 65) gänzlich zu streichen. 326 Anschließend kam noch die Dauer des Urheberrechts zur Sprache, welche nach Meinung des Vorsitzenden nur im Zusammenhang mit der Urhebemachfolgevergü320 9. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 9, S. 1-3, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 18. Den Vorsitz führte dementsprechend wieder der Abgeordnete Kahn-Ackermann. Als Teilnehmer waren neben den Ausschußmitgliedern MinDir Dr. Joel, RegDir Schneider sowie ARat Schiefler vom BMJ genannt. 321 10. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 10, S. 1-11, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 19. Als Vertreter des BMJ waren in dieser und den beiden folgenden Sitzungen wiederum Ministerialdirigent Dr. Joel, RegDir Schneider und ORegRat Schiefler sowie auch ORegRat Dr. Geissler aus dem BlnM zugegen. 322 Die von den Sachverständigen vorgetragenen Argumente würden die Erweiterung des Melodienschutzes nicht rechtfertigen, vgl. Ausführungen des Vorsitzenden in 10. Sitzung UA KA BT4. Wp. Prot. Nr. 10, S.3, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 19. 323 10. Sitzung UA KA BT4. Wp. Prot. Nr. 10, S.4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 19. 324 Vgl. Formulierungsvorschlag in 10. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 10, S.7, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 19. 325 10. Sitzung UA KA BT4.Wp. Prot. Nr. 10, S. 10f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 19. 326 Vgl. 11. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 11, S. 5, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 20. Eine Zwangslizenz sei für den Urheber günstiger und daher vorzuziehen. Der Vorsitzende teilte im übrigen nicht die Befürchtungen der Schallplattenindustrie, daß bei Einführung der Zwangslizenz mit einer Fülle von Prozessen zu rechnen sei.

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tung gesehen werden könne. Der Unterausschuß beschloß daher einstimmig, dem Unterausschuß des Rechtsausschusses eine 50jährige Schutzfrist mit anschließender Frist von 25 Jahren zu empfehlen, in der eine Urhebernachfolgevergütung zu zahlen sei. 327 Die Bestimmungen über die Ausgestaltung der Nachfolgevergütung sollten entsprechend neu formuliert werden, insbesondere sollte § 78, welcher die Verteilung der Mittel vorsah, gestrichen werden. 328 Sämtliche gefaßten Beschlüsse wurden dann mit Schreiben vom 13.11.1964 dem Vorsitzenden des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses übermittelt. 329 Da der Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses um eine abschließende Stellungnahme zu seinen am 25.11.1964 gefaßten Beschlüssen gebeten hatte, tagte der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik noch ein letztes Mal am 16.12.1964 in einer 12. Sitzung, um eine Empfehlung auszuarbeiten.330 Grundsätzlich wiederholte der Ausschuß dabei seine bislang nicht berücksichtigten Anregungen. So wurde zu dem Folgerecht in § 26, bei welchem anstelle der empfohlenen Abgabe in Höhe von 3 % eine solche von nur 1 % vorgesehen war und anstelle der empfohlenen Wertgrenze von 300 D M eine solche von 500 D M eingesetzt war, die bisherige Empfehlung mit derselben Begründung aufrechterhalten. 331 Neben einigen weiteren Anmerkungen wandte sich der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" dann einstimmig gegen die vom Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses beschlossene Streichung der Vorschriften zur Einführung der Urhebernachfolgevergütung. 332 Man hielt es vielmehr für dringend erforderlich, die Gewährung der Nachfolgevergütung in das deutsche Urheberrecht aufzunehmen, zumal es sich hierbei um einen Kernpunkt der Urheberrechtsreform handele. Auch diese abschließenden Empfehlungen wurden in einem Schreiben vom 08.01.1965 zusammengefaßt und dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses übermittelt. 333

327

Bei dieser Regelung werde das betreffende Werk nach insgesamt 75 Jahren frei. Für eine solche zeitliche Begrenzung spreche die Praktikabilität. Im anderen Fall sei ein Ausnahmekatalog unumgänglich, der wiederum einen großen Aufwand erforderlich mache. Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Kahn-Ackermann in 11. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 11, S. 5 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 20. 328 Vgl. die Formulierungsvorschläge in 11. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 11, S.7, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.20. 329 Schreiben vom 13.11.1964 an den Vorsitzenden Abgeordneten Reischl des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 21. 330 Vgl. 12. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 12, S. 1-6, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 22. Auch diese Sitzung fand unter dem Vorsitz des Abgeordneten Kahn-Ackermann statt. 331 12. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Prot. Nr. 12, S. 1-6, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 22. 332 Vgl. 12. Sitzung UA KA BT4. Wp. Prot. Nr. 12, S.4f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr.22. Der Vorsitzende verlas zu diesem Thema ein an ihn gerichtetes Schreiben des Deutschen Schriftstellerverbandes, in dem dieser die Unzufriedenheit und Enttäuschung der Schriftsteller über die Streichung der Urhebernachfolgevergütung zum Ausdruck brachte und mit Nachdruck eine Revision dieses Beschlusses forderte.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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cc) Die abschließende Beratung im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik (8. Ausschuß) in der 45. Sitzung am 11.03.1965 Unter dem Vorsitz der Abgeordneten Dr. Martin (CDU/CSU) und Dr. Lohmer (SPD) beriet dann der Ausschuß für Kulturpolilitik und Publizistik des BT in seiner 45. Sitzung am 11.03.1965 als Punkt 1 der Tagesordnung abschließend über den RegE zum neuen Urheberrecht. 334 Nachdem der Vorsitzende des Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" Kahn-Ackermann einen kurzen Bericht über das Ergebnis der Beratungen im Unterausschuß abgegeben hatte, wurden die einzelnen Vorschriften der Reihe nach beraten. In den wesentlichen Fragen folgte der Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik den Änderungsvorschlägen seines Unterausschusses.335 Allerdings sprach sich der Ausschuß entgegen dem Vorschlag seines Unterausschusses für die bestehende Fassung der Vermietgebühr (§ 27) im RegE aus, wonach eine Vergütung nur für den Fall der Vermietung aus Erwerbszwecken vorgesehen war. 336 Auch lehnten die Abgeordneten mit einer Stimme Mehrheit den mittlerweile vom Unterausschuß des Rechtsausschusses vorgeschlagenen Abs. 6 des § 54 ab und sprachen sich auch hier für eine unveränderte Annahme des RegE zur Frage der privaten Tonbandaufnahme aus.337 Zu den §§67 bis 72 beschloß der Ausschuß dann, auf Vorschlag des Abgeordneten Dr. Huys eine generelle Schutzfrist von 60 Jahren zu empfehlen, da eine Schutzfrist von nur 50 Jahren, wie sie international festgelegt sei, in vielen Fällen zu kurz bemessen sei. 338 Endlich verständigte sich der Ausschuß darauf, dem federführenden Rechtsausschuß nochmals die Gedanken zu dem Problem der Urhebernachfol333 Schreiben des Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" vom 08.01.1965, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.23. 334 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 1-15, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 24. Der Anwesenheitsliste läßt sich entnehmen, daß neben den Ausschußmitgliedern auch ORegRat von Dessauer als Vertreter des Bundesrates, RegDir Schneider und ORegRat Schiefler vom BMJ und schließlich auch von Dziembowski vom Auswärtigen Amt an der Sitzung teilnahmen. 335 Vgl. 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 4f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 24. Der Ausschuß Schloß sich beispielsweise der Meinung des Unterausschusses, daß eine Ausweitung des Melodienschutzes nicht gerechtfertigt sei, an und beschloß, dem federführenden Rechtsausschuß zu empfehlen, die bestehende Fassung des § 24 RegE beizubehalten. Auch die Empfehlung des Unterausschusses zum Folgerecht in § 26 wurde übernommen. Der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 wurde in der vom Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses vorgeschlagenen Fassung angenommen, welche aber dem Vorschlag des eigenen Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" glich. 336 Der Unterausschuß hatte eine Vergütungspflicht auch für den Fall der Leihe, soweit sie Erwerbszwecken des Verleihers diente, vorgeschlagen, damit auch die sogenannten Werksbüchereien erfaßt werden konnten. Zu dem entgegengesetzten Beschluß des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik vgl. 45. Sitzung KA BT4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 5, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.24. 337 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 11 ff., ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 24. 338 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 13., ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 24.

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

gevergütung darzulegen und dabei zu betonen, daß es der Ausschuß sehr bedauern würde, wenn die vorgesehene Regelung allein aufgrund der Schwierigkeiten bei der Auswahl der Berechtigten nicht in das neue Gesetz aufgenommen werden könnte.339 Mit Schreiben vom 30.03.1965 übermittelte der Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik dann dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses Dr. Wilhelmi eine Empfehlung im Sinne der vorangegangenen Beratungen. 340 dd) Die Beratung im Wirtschaftsausschuß am 11.11.1964 und am 03.12.1964

(16. Ausschuß) in zwei Sitzungen

Der Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz wurde schließlich auch in dem Wirtschaftsausschuß des BT in zwei Sitzungen am 11.11.1964 und am 03.12.1964 beraten. Den Vorsitz hatte jeweils der Abgeordnete Dr. Aschoff inne. Außer den Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses nahmen auch eine Vielzahl von Regierungsvertretern aus BMJ, BWiM und BFinM an den Besprechungen teil. 341 Zuerst erörterte man in der 103. Sitzung am 11.11.1964 als Punkt 2 der Tagesordnung nur kurz das Folgerecht in § 26. Der Abgeordnete Prof. Stein sprach sich nachdrücklich gegen die vorgesehene Regelung aus, da sie zur Folge haben werde, daß sich der Kunsthandel aus der Öffentlichkeit zurückziehe. 342 Die weiteren Beratungen wurden vorerst vertagt, so daß auch in der 108. Sitzung am 03.12.1965 unter Punkt 2 der Tagesordnung als erstes § 26 aufgerufen wurde. Der Ausschuß kam zu dem Ergebnis, daß gegen ein Folgerecht in Höhe von 1 % und einer Begrenzung auf 500DM unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Bedenken vorgebracht werden könnten.343 Unter der Voraussetzung, daß öffentliche, kirchliche und Werksbüchereien nicht unter die Vermietgebühr in § 27 fallen, wurden auch gegen diese Vorschrift keine Einwände 339 Vgl. die Ausführungen des Abgeordneten Moersch in 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 14 f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 24. Der Ausschuß gab auch zu erwägen, ob die Urhebernachfolgevergütung nicht zumindest in ihren Grundzügen im vorliegenden Entwurf verankert werden könne, damit auf diesem der Regelung bedürftigen Gebiet ein erster grundlegender Schritt getan würde. 340 Schreiben des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik an den Vorsitzenden des Rechtsausschusses Dr. Wilhelmi vom 30.03.1965 in ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 25. 341 Vgl. die Anwesenheitslisten zu 103. Sitzung WA BT4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 103, S.2, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 26 und 108. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 2, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 27. Zu nennen sind insbesondere MinDir Dr. Gessler, RegDir Schneider sowie ORegRat Schiefler aus dem BMJ. 342 Ausführungen Prof. Steins in 103. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 103, S. 6, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 26. Auch würden private Besitzer nicht mehr bereit sein, Bilder für Ausstellungen zur Verfügung zu stellen, weil in jedem Fall mit einem gewissen „Nachspionieren" von Seiten einer sich noch zu bildenden Organisation gerechnet werden müsse, um den Besitzwechsel der Kunstwerke zu verfolgen. 343 108. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 9, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 27. Unbeantwortet blieb jedoch die Frage, ob dieser Weg eine geeignete Hilfe für den bildenden Künstler wäre und ob eine Organisation gefunden werden könne, die diese Vorschrift praktikabel durchsetze.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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erhoben. 344 Zur Frage der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 54 beschloß der Ausschuß, der von dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses vorgeschlagenen Regelung als dem bestmöglichen Kompromiß zu folgen. 345 Auch die vom Unterausschuß des Rechtsausschusses vorgeschlagene neue Zwangslizenz in § 61 a zur Herstellung von Tonträgern wurde vom Wirtschaftsausschuß angenommen.346 Schließlich ließ der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses die Ergebnisse der Beratungen mit Schreiben vom 11.12.1964 an den Vorsitzenden des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses Dr. Reischl übermitteln. 347 ee) Die abschließende Beratung und der schriftliche Rechtsausschusses

Bericht des

Auf der Grundlage der Beschlüsse seines Unterausschusses und der beiden mitberatenden Ausschüsse348 beriet der Rechtsausschuß des BT über den Gesetzentwurf zum neuen Urheberrecht unter dem Vorsitz von Dr. Wilhelmi (CDU/CSU) in insgesamt drei Sitzungen, in der 129. Sitzung am 08.04.1965349, in der 130. Sitzung am 05.05.1965350 und in der 131. Sitzung am 06.05.1965351 und legte dazu einen abschließenden Bericht vor. 352 Zuerst berichtete der Abgeordnete Dr. Reischl als Referent in der 129. Sitzung am 08.04.1965 allgemein über die Beratungen im Unterausschuß „Urheberrecht", bevor die Bestimmungen des RegE einzeln aufgerufen und erörtert wurden. 353 Über344

108. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 9, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 27. 108. Sitzung WA BT4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 11, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 27. Die vom Unterausschuß vorgeschlagene Fassung mit einem Vergütungsanspruch in Abs. 6 des § 54 gegen den Hersteller solcher Bild- und Tonträger, die ihrer Art nach zur Vornahme von Vervielfältigungen geeignet waren, stieß allerdings auch auf Kritik. In der Regel würden auf Tonträger Darbietungen solcher Künstler übernommen, die schon beim Funk oder Film hohe Honorare erhielten, so daß es nicht angemessen erscheine, den Verbraucher zusätzlich mit dieser Abgeltung zu belasten. 346 108. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 11, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 27. 347 Schreiben des Vorsitzenden des Wirtschaftsausschusses vom 11.12.1964, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.28. 348 Das Ergebnis der Ausschußberatungen wurde in einem Vermerk des BMJ vom 12.03.1965 festgehalten, vgl. Β141/16478 (interner Vermerk vom 12.03.1965, Referat III Β 5). 349 Punkt 3 der Tagesordnung. 350 Punkt 3 der Tagesordnung. 351 Punkt 1 a der Tagesordnung. 352 Vgl. 129. bis 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 129 bis 131, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 44 bis 46 und den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses als Drucks. BT IV/3401, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 47 sowie schließlich den Bericht des Abgeordneten Dr. Reischl zu Drucks. BTIV/3401, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.48. 353 129. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 129, S. 26ff., ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 44. Punkt 3 der Tagesordnung sah die Beratung über den Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes vor. Neben den Ausschußmitgliedern waren MinDir Dr. Gessler, RegDir Dr. Eckardt, RegDir 345

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

wiegend folgte der Rechtsausschuß den von seinem Unterausschuß „Urheberrecht" vorgeschlagenen Änderungen. Wahrend die Frage des Melodienschutzes in § 24 und des Folgerechts in § 26 zunächst zurückgestellt wurden, nahm der Rechtsausschuß die vom Unterausschuß vorgeschlagene Regelung des § 27 an, nach der künftig insbesondere für die Vermietung von Büchern und Zeitschriften in gewerblichen Leihbüchereien und Lesezirkeln eine angemessene Vergütung an die Urheber zu zahlen sein sollte. 354 Auch der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 wurde in der Fassung des Unterausschusses angenommen.355 In der folgenden 130. Sitzung am 05.05.1965 entschloß sich der Rechtsausschuß, innerhalb der Bestimmung über die freie Benutzung (§ 24) in einem Abs. 2 eine Ausnahme für Werke der Musik vorzusehen und somit den absoluten Melodienschutz in das neue Gesetz aufzunehmen. Das Folgerecht (§ 26) sollte in der Fassung des Unterausschusses angenommen werden. 356 Schließlich wurde in der 131. Sitzung am 06.05.1965 der vom Unterausschuß neu beschlossene § 61 a und die damit verbundene Streichung der §§ 64, 65 und 66 angenommen.357 Im Anschluß daran folgte eine intensive Auseinandersetzung mit der Frage nach der Einführung einer Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen (§ 54 Abs. 3 RegE). Der Ausschuß erklärte sich im Ergebnis mit dem Vorschlag seines Unterausschusses, § 54 Abs. 3 zu streichen, einverstanden. Entsprechend der Vorlage des Unterausschusses sollte ein neuer Abs. 6 eingeführt werden, durch den die Hersteller von Tonbandgeräten zur Zahlung einer Urhebervergütung verpflichtet werden, wobei angenommen wurde, daß sie die Vergütung über den Kaufpreis auf die Benutzer der Geräte abwälzen werden. 358 Diese Regelung war im einzelnen so ausgestaltet, daß die wichtigsten Fälle einer urheberrechtsneutralen Nutzung der Geräte nicht erfaßt wurden. So wurden durch die Beschränkung des Anspruchs auf Geräte, die zur Aufnahme von Funksendungen oder zur Überspielung von Tonträgern geeignet waren, vor allem Dr. Kröpf \ RegDir Schneider, ORegRat Schiefler aus dem BMJ sowie ORegRat Beyer-Fehling vom BWiM anwesend. Außerdem nahm ORegRat Holtzheimer als Vertreter des Bundesrates an der Sitzung teil, vgl. Anwesenheitsliste in 129. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 129, S.2, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 44. 354 129. Sitzung RA BT4. Wp. Sten.Prot. Nr. 129, S.41 ff., ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.44. Zuvor hatte der Abgeordnete Deringer gebeten, § 27 ersatzlos zu streichen, da die Anhörung der Sachverständigen ergeben habe, daß die Vorschrift für die Urheber keine wesentliche Bedeutung habe, andererseits aber für das Leihbüchereigewerbe eine erhebliche Belastung darstelle. Der Antrag wurde aber mit Mehrheit abgelehnt und § 27 in der vom Unterausschuß vorgesehenen Fassung angenommen. 355 129. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 129, S.49, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 44. 356 130. Sitzung RA BT4. Wp. Sten. Prot. Nr. 130, S. 38, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 45. Die Beteiligung des Urhebers sollte somit in Höhe von 1 % festgelegt werden, die Freigrenze für nicht erfaßte Verkäufe bei 500 D M bestehen bleiben. Der Vorschlag des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik, die Beteiligung auf 3 % heraufzusetzen und die Grenze auf 300 DM herabzusetzen, wurde also nicht beachtet. 357 1 31. Sitzung RA BT4. Wp. Sten.Prot. Nr. 131, S.7, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.46. 358 Vgl. die Diskussion in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 7-21, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46.

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die Diktiergeräte ausgenommen. Ferner sollte der Vergütungsanspruch entfallen, soweit mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, daß die Geräte zu solchen Vervielfältigungen nicht im Geltungsbereich des Gesetzes benutzt werden. 359 Zuletzt beschloß der Ausschuß entgegen seinem Unterausschuß eine Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, nachdem zuvor der Antrag des Abgeordneten Dr. Arndt, die Schutzfrist sogar auf 80 Jahre festzusetzen, abgelehnt worden war. 360 Unter Berufung auf die Verlängerung der Schutzfrist, entschloß sich der Ausschuß aber zugleich, die Bestimmungen über die Einführung der Urhebernachfolgevergütung ersatzlos zu streichen. 361 Vor allem die in § 78 normierte Umschreibung der Zwecke, für die das angesammelte Geld verwendet werden sollte, sei keineswegs unbedenklich. Zudem müßten erhebliche Zweifel darüber aufkommen, ob überhaupt Summen zusammenkommen könnten, welche die Organisation rechtfertigen. 362 Im übrigen Schloß sich der Rechtsausschuß den Vorschlägen des Unterausschusses zu den verwandten Schutzrechten an, so daß damit die Beratungen zum Urheberrechtsgesetz abgeschlossen waren. Die Ergebnisse wurden daraufhin in einem schriftlichen Bericht zusammengefaßt, in dem der Rechtsausschuß beantragte, den Gesetzentwurf in der aus der Zusammenstellung ersichtlichen Fassung anzunehmen. Als Berichterstatter war der Abgeordnete Dr. Reischl genannt.363

c) Die zweite und dritte Lesung im Bundestag in der 187. Sitzung am 25.05.1965 Nach Abschluß der Beratungen im Rechtsausschuß des Bundestages fand in der 187. Sitzung des Bundestages am 25.05.1965 die zweite und dritte Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes des Urheberrechtsgesetzes statt.364 Nachdem der Abgeordnete Dr. Reischl als Berichterstatter auf den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses verwiesen hatte, wurden sämtliche Vorschriften des Entwurfes mit den vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Änderungen vom Bundes359

Vgl. Formulierungsvorschlag in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten.Prot. Nr. 131, S.21, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. 360 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.29, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. 361 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 30, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 46. Nach dem heutigen Beschluß über die Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre könne man diese ohnehin sehr fragwürdigen Vorschriften leichten Herzens streichen. 362 131. Sitzung RA BT4. Wp. Sten.Prot. Nr. 131, S.31, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.46. 363 BT-Drucks. IV/3401 (schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses), ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 47 und Bericht des Abgeordneten Dr. Reischl, zu BT-Drucks. IV/3401, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 48. Zu letzterem vgl. auch die Dokumentation zur Urheberrechtsreform in UFITA Bd. 46 (1966), S. 175-201. 364 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd.59, S.9416B (Punkt 5 der Tagesordnung). Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages Dr. Jaeger rief als Punkt 5 der Tagesordnung die zweite und dritte Beratung des Gesetzentwurfes zum Urheberrecht auf.

17 Maracke

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

tag angenommen. 365 Lediglich zu § 53 über die öffentliche Wiedergabe lag ein Antrag des Abgeordneten Nellen (SPD) 3 6 6 auf Streichung vor, welcher aber nach kurzer Erörterung des Berichterstatters Dr. Reischl (SPD) abgelehnt wurde. 3 6 7 § 54 wurde in einer leicht geänderten Fassung angenommen, wonach die in Abs. 6 festgelegte Vergütungspflicht dahingehend erweitert war, daß neben dem Hersteller immer als Gesamtschuldner haftet, wer die Geräte i n dieses Gebiet gewerblich einführt. 3 6 8 Es folgte die dritte Beratung mit der allgemeinen Aussprache, in der sich der Abgeordnete Deringer für die C D U / C S U 3 6 9 , der Abgeordnete Dr. Bucher für die F D P 3 7 0 sowie der Abgeordnete Dr. Reischl für die S P D 3 7 1 einheitlich positiv zu dem neuen Gesetzentwurf äußerten. Sie begrüßten die neu eingeführten Bestimmungen, welche die Rechtsstellung des Urhebers verbessern sollten, und sprachen sich insbesondere für die Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre und für die gefundene Lösung zur privaten Tonbandaufnahme aus. 3 7 2 Abschließend ergriff Β J M Dr. Weber das Wort. Er zeigte sich zufrieden darüber, daß das Gesetz in der Form, die es in den Ausschußberatungen erhalten hatte, von den Sprechern aller Fraktionen begrüßt und gebilligt worden war und daß die Urheberrechtsreform somit in dieser Lesung verabschiedet werden konnte. 3 7 3 Es kam zur einstimmigen Annahme des Entwurfes zum Urheberrecht. 374 365 Vgl. Abstimmung ohne vorherige Aussprache zu §§ 1 bis 52 in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten.Ber. Bd. 59, S.9416D und die Abstimmung zu §§55 bis 152 in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9419 D. 366 Änderungsantrag des Abgeordneten Nellen zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes eines Urheberrechtsgesetzes, Umdruck 655 zu TO 187/188 Punkt 5a) in Β 141/16481 BL 171. 367 Vgl. Ausführungen des Abgeordneten Nellen mit anschließender Argumentation des Berichterstatters Dr. Reischl sowie die Abstimmung gegen den Antrag Neilens in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9416 D bis 9419 B. 368 Diese Erweiterung ging auf einen interfraktionellen Änderungsantrag zurück, welcher von dem Abgeordneten Dr. Reischl damit begründet worden war, daß es bei der ursprünglichen vom Rechtsausschuß vorgelegten Fassung eine Umgehungsmöglichkeit der Vergütungspflicht gebe, wenn man die Geräte zwar im Inland herstelle, sie dann aber exportiere, womit sie von der Abgabe frei wären, um sie dann wieder zu „re-importieren". Dann könnte man sie abgabefrei auch im Inland verkaufen, was natürlich nicht gewollt sei (vgl. Ausführungen des Berichterstatters Dr. Reischl in 187. Sitzung BT4. Wp. Sten.Ber. Bd.59, S.9419C). Änderungsantrag in Umdruck 654 als Anlage 9 zu 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59. (Änderungsantrag der CDU/CSU, SPD, FDP zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes eines Urheberrechtsgesetzes, Umdruck 654 zu TO 187/188 Punkt 5 a) in Β 141/16481 Bl. 170). Auch einzusehen in ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.49. 369 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S.9421 D-9424C. 370 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S.9424C-9426B. 371 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S.9426B-9430D. 372 Vgl. dazu Ausführungen Dr. Reischls in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, 5. 9426 Β bis 9430D. 373 Β JM Dr. Weberin 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S.9432B. Mit der Verlängerung der Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers und der Gewährung eines Vergütungsanspruches gegen die Hersteller von Tonbandgeräten sei das Hohe Haus sogar noch über die Vorschläge des RegE hinausgegangen. Lediglich der Wunsch, für die Verwertung frei-

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5. Die Einschaltung des Bundesrates und anschließendes Vermittlungsverfahren a) Die Beschlußfassung des Bundesrates zur Anrufung des Vermittlungsausschusses Die vom Bundestag beschlossene Fassung des Urheberrechtsgesetzes wurde dem Bundesrat mit Schreiben vom 26.05.1965 übermittelt und dort am 28.05.1965 als Bundesratsdrucksache 291/65 registriert. 375 Nach Art. 77 Abs. 2 S. 1 GG mußte der Bundesrat innerhalb einer Frist von 14 Tagen, also bis zum 11.06.1965, entscheiden, ob der Vermittlungsausschuß angerufen werden sollte. 376 aa) Die Behandlung im Ausschuß für Kulturfragen 21.05.1965

des Bundesrates am

Bereits im Vorfeld hatte sich der Ausschuß für Kulturfragen des BR in seiner 68. Sitzung am 21.05.1965 mit den Änderungsvorschlägen des Rechtsausschusses beschäftigt. 377 Die Ausschußmitglieder kamen überein, für den Fall, daß der Vermittlungsausschuß auch aus anderen Gründen einberufen werde, zu empfehlen, ihn nach Art. 77 Abs. 2 GG auch wegen der bislang nicht berücksichtigten Änderungsvorschläge des Bundesrates aus dem ersten Durchgang anzurufen. 378 Danach sollte insbesondere die Vergütungspflicht für Schulbücher in § 46 Abs. 4 gestrichen werden, da sie zu einer unerwünschten Verteuerung der Bücher führen könne. Ebenso sollte die geforderte Erweiterung der Ausnahmen für Schulfunksendungen in § 47 auf Einrichtungen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge durchgesetzt werden. 379 er Werke eine geringfügige Vergütung zur Unterstützung notleidender verdienter Künstler und ihrer Hinterbliebenen vorzusehen, konnte nicht verwirklicht werden. Aber auch hier hätte es keine Meinungsverschiedenheiten über das erstrebte Ziel gegeben, sondern nur über den einzuschlagenden Weg. 374 Abstimmung in 187. Sitzung BT4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9432D. Im Anschluß ließ das BMJ mitteilen, daß der Bundestag am 25.05.1965 das Urheberrechtsgesetz in 2. und 3. Lesung verabschiedet hat, Β141/16481 Bl. 188. 375 BR-Drucks. 291/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 53. 376 Vgl. Fristablauf für Anrufung des Vermittlungsausschusses am 11.06.1965 in BRDrucks. 291/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 53. 377 Vgl. dazu Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen im Bundesrat am 21.05.1965, Tagesordnungspunkt 3 (S.5-7) im Bundeshaus in Bonn, einzusehen im Archiv des Bundesrates unter Gesch. Ζ.: Κ 0131 (68) - Nr. 13/65. Den Vorsitz führte Bürgermeister Dehnkamp (Bremen). 378 Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 21.05.1965, S. 6, Archiv des Bundesrates unter Gesch.Ζ.: Κ 0131 (68)-Nr. 13/65. 379 Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 21.05.1965, S. 6, Archiv des Bundesrates unter Gesch. Ζ.: Κ 0131 (68) - Nr. 13/65. Vgl. dazu auch die Zusammenfassung der Empfehlungen der Ausschüsse für die 284. Sitzung BR am 11.06.1965, BRDrucks. 291/1/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 54. 17*

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Teil 1: Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

bb) Die Sitzung des im Rechtsausschuß des Bundesrates gebildeten Unterausschusses am 26.05.1965 Auch der seinerzeit im Rechtsausschuß des BR gebildete Unterausschuß unter dem Vorsitz von MinRat Dr. Horber (Bayern) befaßte sich in einer Sitzung am 26.05.1965 nochmals mit dem Gesetzentwurf zum Urheberrecht in der vom Bundestag beschlossenen Fassung.380 Vorab wurde festgestellt, welchen Empfehlungen aus dem ersten Durchgang im Bundesrat, die auf den Rechtsausschuß zurückgingen, bei den Lesungen im Bundestag entsprochen worden war. Nicht berücksichtigt hatte der Bundestag insbesondere die Auffassung des Bundesrates in der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit. 381 Im Verlauf der Beratungen wurden Bedenken allgemeiner Art nicht erhoben, vor allem stehe nunmehr, da der Bundestag die im Entwurf enthaltenen Vorschriften über die Urhebernachfolgevergütung gestrichen habe, die Gesetzgebungskompetenz des Bundes außer Frage. 382 Zu den Einzelvorschriften konnten ebenfalls keine so schwerwiegenden Bedenken gefunden werden, die eine Anrufung des Vermittlungsausschusses rechtfertigen würden. Zwar sei der Empfehlung des Bundesrates, in der Bestimmung über das Folgerecht (§ 26) die Abgabengrenze von 500 DM auf 2000 DM heraufzusetzen, nicht entsprochen worden. Aber man hielt die dazu angeführte Befürchtung, daß Aufwand und Ertrag im Bereich eines Veräußerungserlöses unter 2000 D M in keinem angemessenen Verhältnis stünden, nicht für ausreichend, um den Vermittlungsausschuß einzuschalten.383 Der vom Ausschuß für Kulturfragen vorgeschlagene Antrag, die Vergütungspflicht bei Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch (§ 46 Abs. 4) zu streichen, konnte schon im ersten Durchgang keine Mehrheit im Unterausschuß des Bundesrates finden. Es sollte daher in dieser Frage und auch hinsichtlich der Empfehlung des Ausschusses für Kulturfragen, die Bestimmung über die Funksendungen im Schulgebrauch (§47) entsprechend auszuweiten, an der bisherigen Auffassung festgehalten und somit beide Anträge des Ausschusses für Kulturfragen abgelehnt werden. 384 380

Vgl. dazu Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965 im Bundeshaus in Bonn (S. 1-11), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter R 0055- Nr. R 65/65. 381 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 2, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. 382 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 2, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. Sie ergebe sich im allgemeinen unzweifelhaft aus Art. 73 Nr. 9 GG, für die strafrechtlichen Vorschriften und die Vorschriften über das gerichtliche Verfahren auch aus Art. 74 Nr. 1 GG. Auch hinsichtlich der Verwaltungskompetenzen von Bundesbehörden sowie der Ermächtigungen zum Erlaß von Rechtsverordnungen und auch der Einschränkung von Grundrechten sah der Unterausschuß keinen Anlaß zu Bedenken. 383 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 4, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. 384 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S.4f., Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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Anschließend kam die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen zur Sprache. Nachdem sich der Unterausschuß im ersten Durchgang des Bundesrates gegen § 54 Abs. 3 ausgesprochen hatte, war die Vergütungspflicht vom Bundestag nicht gestrichen, jedoch in § 54 Abs. 6 in anderer Weise geregelt worden. Der Unterausschuß sah in dieser neu eingefügten Vorschrift des § 54 Abs. 6 nunmehr eine geeignete und praktisch brauchbare Lösung des Interessenkonflikts. 385 Gegen die Verlängerung der Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre könnte eingewandt werden, daß die Bundesrepublik der internationalen Entwicklung auf diesem Gebiete vorauseile. Der Unterausschuß war jedoch der Auffassung, daß sich die Verlängerung der Schutzfrist im Hinblick auf den Wegfall der im Entwurf vorgesehenen Vorschriften über die Urhebernachfolgevergütung und angesichts der gestiegenen Lebenserwartung rechtfertige. 386 Zum Schluß wiederholte der Unterausschuß seine Auffassung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Dies ergebe sich aus der in § 148 vorgesehenen Änderung der StPO, welche ein Zustimmungsgesetz sei. 387 Im Ergebnis empfahl daher der Unterausschuß, dem Bundesrat die Zustimmung gem. Art. 84 Abs. 1 GG vorzuschlagen.

cc) Das Ergebnis der Sitzung des Rechtsausschusses des Bundesrates am 02.06.1965 Schließlich behandelte der Rechtsausschuß des Bundesrates in seiner 294. Sitzung am 02.06.1965 den Gesetzentwurf. 388 Der Rechtsausschuß Schloß sich in den einzelnen Punkten der Auffassung des Unterausschusses an. Auch hier war man der Meinung, daß das Gesetz der Zustimmung des Bundesrates bedürfe. Der Rechtsausschuß beschloß somit einstimmig, der Vollversammlung zu empfehlen, dem Gesetz gem. Art. 84 Abs. 1 GG zuzustimmen.389 Eine Einberufung des Vermittlungsausschusses hielt man nicht für erforderlich. Die Empfehlungen der Ausschüsse für die 385

Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 6, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. Die Vergütungspflicht dem Gerätehersteller aufzuerlegen, erschien dem Unterausschuß dogmatisch vertretbar. Im Hinblick darauf, daß nicht zu übersehen sei, welche Werke im privaten Bereich genutzt würden und wie häufig dies geschehe, sei eine Pauschalierung unvermeidbar. Gegen diese Regelung hatte der Unterausschuß ferner weder im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz noch im Hinblick auf Art. 14 GG verfassungsrechtliche Bedenken. 386 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 7, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. 387 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965, S. 7, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 65/65. 388 Ygi Niederschrift über 294. Sitzung des Rechtsausschusses am 02.06.1965 im Bundeshaus in Bonn (Punkt 7 der Tagesordnung S. 20-22), einzusehen im Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 68/65. 389 Niederschrift über 294. Sitzung des Rechtsausschusses am 02.06.1965, S. 22, Archiv des Bundesrates unter R 0055 - Nr. R 68/65.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

anstehende Sitzung des Bundesrates wurden dann am 03.06.1965 als Bundesratsdrucksache 291/1/65 vermerkt. 390 dd) Der Antrag des Landes Rheinland-Pfalz

vom 11.06.1965

Zu der 284. Sitzung des Bundesrates ging am 11.06.1965 ein Antrag des Landes Rheinland-Pfalz ein, mit dem Ziel, die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat herbeizuführen. 391 Der Antrag hatte die Streichung des Vergütungsanspruchs in § 54 Abs. 6 zum Gegenstand sowie eine Erweiterung des § 47 Abs. 2 dahingehend, daß die Vervielfältigungsstücke für den Unterricht erst nach einer Frist von 2 Jahren unbrauchbar gemacht werden müssen. Schließlich, für den Fall, daß § 54 Abs. 6 bestehen bleiben sollte, müsse § 47 gestrichen werden. Zur Begründung wurde vorgetragen, daß es auch nach der Fassung des § 54 Abs. 6 nicht möglich sei, die Eigentümer oder Endverbraucher solcher Geräte, die nach ihrer Benutzungsart oder technischen Eigenart mit Wahrscheinlichkeit zur Vornahme der hier interessierenden Vervielfältigungen keine Verwendung finden, in den unmittelbaren und vollen Genuß der vorgesehenen Lastenfreiheit gelangen zu lassen.392 Im Rahmen des auch für Vervielfältigungsgeräte üblichen Vertriebssystems sei, abgesehen von den reinen Diktiergeräten, kein absatztechnisch sinnvoller und praktikabler Weg denkbar, um die von den Gesetzesautoren gewollte Lastenfreiheit zum unmittelbaren und uneingeschränkten Nutzen des betroffenen Personenkreises sicherzustellen. Ein Einheitspreis der in Frage stehenden Geräte auf der Einzelhandelsstufe, unabhängig von ihrer zu erwartenden Verwendung, würde die zwangsläufige Folge sein. 393 Ferner sei die derzeitige Fassung des § 47 Abs. 2, welche eine Löschung der Schulfunksendungen am Ende des Schuljahres vorsah, zu eng. Eine Verlängerung der Verwendungsfrist auf zwei Jahre sei mit Rücksicht auf die Lehr- und Ausbildungspläne erforderlich. 394 Schließlich sei zu beachten, daß, wenn § 54 Abs. 6 bestehen bleibe, den Schulen nach Ablauf der in §47 Abs. 2 vorgesehenen Frist eine weitere Verwendung nur gegen Zahlung einer entsprechenden Vergütung gestattet wäre. Demgegenüber sei dem privaten Erwerber eines Aufnahmegerätes mit Zah390

Empfehlungen der Ausschüsse zu Punkt 2 der Tagesordnung für die 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965 als BR-Drucks. 291/1/65 in ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 54. 391 Antrag des Landes Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.55. 392 Begründung des Antrages Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, S. 1, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. 393 Begründung des Antrages Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, S.2, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. Da demzufolge der vom Gesetz gewollte Interessenausgleich zwischen einer urheberrechtlich relevanten und einer urheberrechts-neutralen Benutzung der in Betracht kommenden Vervielfältigungsgeräte auf praktisch nicht zu überwindende Schwierigkeiten stoße, erscheine die ersatzlose Streichung des Abs. 6 als das geringere Übel. 394 Begründung des Antrages Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, S.2, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55.

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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lung der im Kaufpreis enthaltenen Urheberrechtsgebühr die uneingeschränkte Aufnahme und ihre beliebige sowie zeitlich uneingeschränkte Verwendung möglich. Das bedeute eine Schlechterstellung der Schulen, die nicht dem Sinn der Vorschrift entsprechen könne und sich nur durch die nachträgliche Aufnahme des § 54 Abs. 6 erklären lasse, wobei die sich aus § 47 Abs. 2 für die Schulen nachteiligen Folgen scheinbar übersehen worden seien.395 ee) Die 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965 In seiner 284. Sitzung am 11.06.1965 befaßte sich dann der Bundesrat mit dem Entwurf zum Urheberrechtsgesetz. 396 Sts Hartinger (Bayern) referierte als Berichterstatter über die vom Bundestag beschlossenen Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Regierungsentwurf. Gleichzeitig erklärte er, daß der Rechtsausschuß über den Gesetzesbeschluß eingehend beraten habe, jedoch keinen Anlaß zur Anrufung des Vermittlungsausschusses gesehen habe. Er schlage vielmehr vor, die in der Eingangsformel entgegen der Empfehlung des BR nicht vorgesehene Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes festzustellen und diesem gem. Art. 84 Abs. 1 GG die Zustimmung zu erteilen. 397 Anschließend nahm Bundesjustizminister Weber zu den Anträgen auf Anrufung des Vermittlungsausschusses Stellung und bat das Plenum, diese abzulehnen.398 Da weitere Wortmeldungen nicht vorlagen, ließ Vizepräsident Dr. Diederichs als Vorsitzender dann zuerst darüber abstimmen, ob die Mehrheit gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses sei, wobei das Votum zugunsten der Anrufung des Vermittlungsausschusses ausfiel. 399 Der Bundesrat folgte dann in Einzelabstimmungen dem Antrag des Landes Rheinland-Pfalz sowie dem Antrag des Ausschusses für Kulturfragen, mit dem Hauptziel, die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 6 zu beseitigen. Daraufhin verkündete Dr. Diederichs, der Bundes395 Begründung des Antrages Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, S.3, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. 396 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 151-153. 397 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 152 A. 398 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 C. Die von Rheinland-Pfalz geforderte Streichung des § 54 Abs. 6 würde eine Verschlechterung der Rechtslage der Urheber bedeuten... Es erscheine als gerechte und billige Lösung, wenn die Hersteller einen geringen Bruchteil ihrer Einnahmen an die Urheber abführen, wobei es ihnen überlassen bleibe, diese Vergütung durch Erhöhung des Kaufpreises auf den Benutzer abzuwälzen. Das würde keine unzumutbare Belastung bedeuten. Die Ausnahmebestimmung des §47 sollte es den Schulen ermöglichen, die Schulfunksendungen in den jährlichen Unterrichtsplan einzuarbeiten. Sie sollte jedoch nicht dazu dienen, den Schulen Bandaufnahmen für längere Dauer ohne Zahlung einer Vergütung zu beschaffen. Schließlich wies Dr. Weber daraufhin, daß bei Streichung des §47 für den Fall, daß § 54 Abs. 6 bestehen bleibe, die Schulen stets die Erlaubnis der Urheber einholen müßten, wenn sie Schulfunksendungen aufnehmen wollten, da sie sich mangels persönlichen Gebrauchs der Aufnahmen nicht auf § 54 Abs. 6 berufen könnten. 399 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 C.

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

rat habe beschlossen, hinsichtlich des Urheberrechtsgesetzes zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gem. Art. 77 Abs. 2 GG aus den soeben angenommenen Gründen einberufen wird. 400 Im übrigen war der Bundesrat der Ansicht, daß das Gesetz seiner Zustimmung gem. Art. 84 Abs. 1 GG bedurfte. ff)

Die Einberufung des Vermittlungsausschusses

Mit Schreiben vom 11.06.1965 teilte der Präsident des Bundesrates dem Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses mit, daß der Bundesrat in seiner 284. Sitzung am 11.06.1965 beschlossen habe, hinsichtlich des vom Bundestag am 25.05.1965 verabschiedeten Urheberrechtsgesetzes zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gem. Art. 77 Abs. 2 GG einberufen wird. 401 b) Der mündliche Bericht des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 II GG Nachdem der Vermittlungsausschuß über den Antrag des Bundesrates am 30.06.1965 beraten hatte 402 , schlug er in einem mündlichen Bericht einen Lösungsweg vor, wonach dem Antrag auf Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch in § 46 Abs. 4 sowie dem Antrag auf Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen in §47 stattgegeben werden sollte. Den übrigen Forderungen, also insbesondere dem Antrag auf Streichung der Vergütungspflicht bei privaten Tonbandaufnahmen, sollte dagegen nicht entsprochen werden. 403 Gem. § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschloß der Vermittlungsausschuß weiterhin, daß im Bundestag über die Änderungen gemeinsam abzustimmen sei.

400

Vgl. auch Bulletin vom 16.06.1965, S. 830. Schreiben des Präsidenten des Bundesrates an den Vorsitzenden des Vermittlungsausschusses vom 11.06.1965 als BR-Drucks. 291/65 (Beschluß), S. 1-6, ParlA Bonn, A 2. lfd. Nr. 57. Als Abschrift wurde dieses Schreiben auch dem Präsidenten des Bundestages zur Kenntnisnahme übermittelt, vgl. BT-Drucks. IV/3536, S. 1-3, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 58. 402 Mitteilung des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestages und Bundesrates vom 23.06.1965, daß die 14. Sitzung des Vermittlungsausschusses am 30.06.1965 stattfinden werde, vgl. Β 141/16483 B1.3. 403 Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses nach Art. 77 Abs. 2 GG vom 30.06.1965, BT-Drucks. IV/3706, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 59. 401

2. Kap., F. Der Regierungsentwurf vom 05.12.1961/23.03.1962

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6. Zustandekommen des Urheberrechtsgesetzes a) Die Annahme der Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses durch den Bundestag am 02.07.1965 und Zustimmung des Bundesrates am 09.07.1965 Der Bundestag befaßte sich in seiner 196. Sitzung am 02.07.1965 mit dem mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses.404 Zunächst begründete Minister Lemmer (Nordrhein-Westfalen) als Berichterstatter die Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses. Zur Streichung der Vergütungspflicht für Schulbücher in § 46 Abs. 4 erklärte er, es liege im eigenen Interesse der Urheber und ihrer Werke, wenn diese in Schulbüchern eine weite Verbreitung erfahren. Die Aufnahme der Schulbücher stelle für die Werke nämlich eine Art von „Etikettierung" als anerkanntes Kulturgut dar. 405 Die Berechtigung der Schulen, gem. §47 Abs. 1 Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, sollte auf die Einrichtung der Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge ausgedehnt werden, da in diesen Einrichtungen das gleiche Bedürfnis für die Vervielfältigungen wie in den Schulen bestehe.406 Dem Verlangen des Bundesrates, die Vergütungspflicht in § 54 Abs. 6 zu streichen, könne allerdings nicht entsprochen werden. Die vorgeschlagene Regelung zur Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen in § 54 Abs. 6 sei sicherlich keine ideale Lösung, aber die am ehesten vertretbare. Anderenfalls wäre ein weites Eindringen in die Privatsphäre und eine Flut von Prozessen die Folge. 407 Schließlich sei der Vermittlungsausschuß auch dem Antrag auf Streichung des § 47, für den Fall, daß § 54 Abs. 6 bestehen bleibe, nicht gefolgt. Die Geräteanschaffungen durch Schulen würden nicht unter § 54 Abs. 6 fallen, da sie die Aufnahmen nicht zum persönlichen Gebrauch machten. Daher hätte eine Streichung des § 47 zur Folge, daß die Schulen zur Aufnahme von Schulfunksendungen die Erlaubnis der Urheber einholen müßten, was nicht gewollt sei. 408 Aus diesen Gründen bat er das Hohe Haus, den Vorschlägen des Vermittlungsausschusses zuzustimmen. Da keine weiteren Erklärungen abgegeben wurden, rief Vizepräsident Dr. Dehler zur Abstimmung auf, und der Bundestag nahm den Antrag des Vermittlungsausschusses einstimmig an. 409 Mit Schreiben vom 05.07.1965 wurde der Präsident des Bundesrates über diese Abstimmung unterrichtet. 410 404

196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10003 D-l0004 D. So die Ausführungen des Berichterstatters Lemmer in 196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10003 D. 406 Berichterstatter Lemmer in 196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10004 A. 407 Berichterstatter Lemmer in 196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10004B. 408 Berichterstatter Lemmer in 196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10004 C. 409 196. Sitzung BT 4.Wp. Sten. Ber. Bd.59, S. 1000 D. Vgl. auch das amtliche Protokoll der 196. Sitzung des Deutschen Bundestages am 02.07.1965, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 61. 410 Beschluß in BR-Drucks. 414/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 62. 405

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Teil 1 : Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes vom 09.09.1965

Schließlich beriet der Bundesrat in seiner 285. Sitzung am 09.07.1965 über die Entscheidung des Vermittlungsausschusses.411 Nachdem auch hier der Berichterstatter Lemmer (Nordrhein-Westfalen) die Gründe für die Änderungsvorschläge des Vermittlungsausschusses vorgetragen hatte und bekanntgab, daß der Bundestag diese Vorschläge bereits in seiner 196. Sitzung am 02.07.1965 einstimmig gebilligt habe, bat er, dem so geänderten Gesetz nunmehr die Zustimmung zu geben. Da keine weiteren Wortmeldungen erhoben wurden, ließ Bundesratspräsident Dr. Zinn (Hessen) über die Frage abstimmen, ob dem Gesetz in der vom Bundestag am 02.07.1965 auf Grund des Einigungsvorschlages des Vermittlungsausschusses geänderten Fassung gem. Art. 84 Abs. 1 GG zugestimmt werde. Der Bundesrat beschloß anschließend einstimmig, dem Urheberrechtsgesetz gem. Art. 84 Abs. 1 GG zuzustimmen.412 Dieser Beschluß wurde endlich mit Schreiben vom 09.07.1965 dem Bundeskanzler mitgeteilt. 413

b) Verkündung und Inkrafttreten Das Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte wurde am 09.09.1965 verkündet 414 und trat am 01.01.1966 in Kraft. 415

411

BR-Sitzungsberichte 1965, S. 166B-167B. BR-Sitzungsberichte 1965, S. 167 B. 413 BR-Drucks. 414/65 (Beschluß). 414 BGBl 1 1273-1293. 415 Die §§ 64 bis 67, 69,105 Abs. 1 bis 3 und 138 Abs. 5, also die Vorschriften über die verlängerte Schutzfrist, die Gerichte in Urheberrechtsstreitsachen sowie die Urheberrolle, traten bereits am Tage der Verkündung in Kraft, vgl. § 143 UrhG. 412

Teil 2

Schwerpunkte der Diskussion In dem folgenden Teil der Arbeit soll die Entstehungsgeschichte einzelner Grundfragen des Urheberrechts beleuchtet werden. Ausgewählte, innerhalb der Interessenverbände und später auch zwischen Bundestag und Bundesrat besonders umstrittene Regelungen werden dazu, auch wenn sie bereits in dem ersten Teil angesprochen wurden 1 , aufgegriffen und eingehender untersucht. Neben den für das Grundverständnis interessanten Fragen über den Inhalt des Urheberrechts 2 , wobei insbesondere auch auf das Folgerecht und den Anspruch des Urhebers bei einer Vermietung von Vervielfältigungsstücken einzugehen sein wird, sollen vor allem die viel diskutierten Schranken des Urheberrechts zugunsten der Allgemeinheit besprochen werden. Auch wird auf die Frage der Schutzfrist und die i m Zusammenhang damit vielfach angesprochene Urhebernachfolgevergütung eingegangen. Schließlich sollen die Grundsätze des Rechtsverkehrs i m Urheberrecht und auch das Filmrecht untersucht werden. Nicht eingegangen werden kann i m Rahmen dieser Arbeit auf die Regelung der verwandten Schutzrechte. 3

1 Soweit mit diesen Schwerpunkten zusammenhängende Einzelfragen bereits bei der Darstellung der Entstehungsgeschichte des Urheberrechtsgesetzes von 1965 eingehend erörtert wurden, wird an entsprechender Stelle darauf hingewiesen werden. 2 Da der Werkbegriff im wesentlichen unverändert blieb und seitens des Gesetzgebers keine Notwendigkeit bestand, einzugreifen, kann eine Abhandlung zurückgestellt werden. Die Frage der Urheberschaft wurde vor allem beim Film relevant. Insofern kann auf die Ausführungen dort verwiesen werden, vgl. Teil 2 der Arbeit unter E. 3 Selbst während der Beratungen zum neuen Urheberrechtsgesetz war vielfach die Ausgliederung dieses Rechtsgebietes aus dem Urheberrechtsgesetz gefordert worden, vgl. bereits die Ausführungen in der Einleitung. Die Zusammenfassung von Leistungsschutz und Urheberrecht könnte dazu führen, daß nach wie vor in Verkennung der grundsätzlichen Unterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten urheberrechtliche Gesichtspunkte für die Auslegung auch der leistungsschutzrechtlichen Bestimmungen herangezogen würden, vgl. Beratungen zum MinE in Β141/2639 Bl. 048 f. Auch bei der Behandlung des RegE im UA des RA BT wurde noch darüber diskutiert, ob die Bestimmungen zum Schutz des ausübenden Künstlers aus dem Gesetz herausgenommen werden sollten, vgl. 6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 3 f. Im Ergebnis wurde jedoch von einem solchen Vorschlag aus gesetzestechnischen Gründen abgesehen. Zahlreiche Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes hätten in einem besonderen Gesetz für verwandte Schutzrechte wiederholt werden müssen, auf die bei einer gemeinsamen Regelung verwiesen werden könne, vgl. zur Vertiefung den schriftlichen Bericht des RA, BTDrucks. IV/3401, zu IV/3401, S. 13.

268

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

A. Inhalt des Urheberrechts Zu den grundsätzlichen Fragen der Urheberrechtsreform gehörte die Gestaltung des Inhaltes des Urheberrechts im Hinblick auf die persönlichen und geistigen Beziehungen, die der Urheber zu seinem Werk hat. Diese Darstellung kann jedoch angesichts der langjährigen Diskussion über die dogmatische Einordnung der Bestandteile des Urheberrechts und daraus hervorgehenden Befugnisse des Urhebers nicht alle Hintergründe der Entwicklung aufzeigen, sondern muß sich auf einen für das weitere Verständnis von Funktion und Rechtsnatur des Urheberrechts notwendigen kurzen Überblick beschränken.

I. Schutz persönlichkeitsrechtlicher Interessen 1. Entstehungsgeschichte bis zum Referentenentwurf

des BMJ von 1954

a) Entwicklung der Lehre vom Urheberpersönlichkeitsrecht Die ältesten allgemeinen Vorschriften gegen den Nachdruck wurden nicht zum Schutz des Schriftstellers sondern zum Schutz der Buchhändler erlassen.1 Erst später verbreitete sich die Überzeugung, daß nicht nur der Verleger, sondern auch der Urheber geschützt werden müsse. Zur Begründung dieses Schutzes wurde lange Zeit das Argument herangezogen, daß der Verfasser Eigentümer seines Werkes sei.2 Dadurch entstand der Begriff des „geistigen Eigentums".3 Aus der Theorie vom geistigen Eigentum entwickelte sich bald die Anerkennung des Urheberrechts als Quelle der Befugnisse, die dem Urheber zustehen und als eines Rechts, in das eine Rechtsnachfolge möglich sei. Auf Kant ließ sich das Stichwort vom persönlichen Recht zurückführen, woraus die Lehre vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht hervorging. 4 Insbesondere von Gierke 5 begründete sodann die Auffassung, daß das 1 Vgl. zur Entstehung des deutschen Urheberrechts aus den Druckerprivilegien und zu den Theorien in der älteren Geschichte vom Wesen des Urheberrecht den ausführlichen Abschnitt in Michaelis, S. 14-18. Zur geschichtlichen Entstehung vgl. auch die Darstellung bei Müller, UFITA Bd.2 (1929), S.367ff. und schließlich die Einleitung bei Lindemann, S.9-28. 2 Vgl. zur Vertiefung den geschichtlichen Teil bei Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.38ff. 3 Die Idee vom geistigen Eigentum war die Parole im Kampf um den Schutz der geistigen Arbeit (vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 60ff.) und blieb es noch bis zu den Diskussionen im Rahmen der parlamentarischen Arbeiten zum Urheberrechtsgesetz von 1965. 4 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.62. Kant hatte in seinen Schriften über die Unrechtmäßigkeit des Büchernachdrucks (Berliner Monatsschrift 1785) und über die metaphysischen Anfangsgründe der Rechtslehre (1797) zum Urheberrecht Stellung genommen. 5 Von Gierke , Dt. Privatrecht Bd. I § 85 III (S. 756): „Das Urheberrecht ist ein Persönlichkeitsrecht, dessen Gegenstand ein Geisteswerk als Bestandteil der eigenen Persönlichkeitssphäre bildet." Demgegenüber meinte Troller in UFITA Bd. 28 (1959), S. 257 (262), daß der

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Urheberrecht ein Persönlichkeitsrecht sei, woraus sich schließlich die Vorstellung entwickelte, daß das Urheberrecht sowohl persönlichkeitsrechtlicher als auch vermögensrechtlicher Art sei. Grundfrage der Urheberrechtstheorie wurde daher die Überlegung, in welchem Verhältnis der Schutz der materiellen und der ideellen Interessen zueinander stehen.6 Während anfänglich die Auffassung vorherrschte, daß Vermögensrecht und Persönlichkeitsrecht voneinander zu trennen seien und mit der Schöpfung eines Werkes daher nicht ein einheitliches Recht, sondern ein Doppelrecht entstehe (dualistische Theorie) 7, setzte sich später die Erkenntnis durch, daß die persönlichkeitsund vermögensrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts so eng miteinander verbunden sind, daß das Urheberrecht nur als ein einheitliches Rechts aufgefaßt werden kann (monistische Lehre). 8 Die zu Beginn der Urheberrechtsreform geltenden deutschen Urheberrechtsgesetze (LUG und KUG) gingen auf das Verhältnis von vermögensrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen nicht ein, letztere wurden von ihnen fast vollständig vernachlässigt.9 Sowohl das LUG von 1901 als auch das KUG von 1907 beruhten noch auf der Auffassung, daß das Urheberrecht im wesentlichen ein Vermögensrecht sei und regelten daher in ihrem Inhalt vorwiegend die Verwertungsbefugnisse des Urhebers. 10 Lediglich einige Einzelbestimmungen dienten dem Schutz des persönlichen Interesses des Urhebers. So war beispielsweise das Verbot, im Fall der Übertragung des Urheberrechts oder erlaubter Entlehnungen Änderungen am Werk vorzunehmen, in §§ 9, 18 Abs. 1 Satz 1, § 24 LUG; §§ 12, 21 KUG geregelt und das Verbot, ein Werk der Literatur ohne Zustimmung des Urhebers zu veröffentlichen, in § 11 Abs. 1 Satz 2 LUG. Da aber bereits allgemein anerkannt war, daß das Urheberrecht nicht nur die Vermögensinteressen sondern auch die geistigen Interessen des Urhebers schützen müsse11, war es Aufgabe der Rechtsprechung, über die gesetzlichen UrheberbefugUrsprung des heutigen Urheberpersönlichkeitsrechts nicht bei Gierke, sondern bei Kohler zu suchen sei. 6 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.64. 7 Michaelis, S. 18ff. und auchMw/ter in UFITA Bd.2 (1929), S.367 (371 ff.). Als Begründer und Hauptvertreter der dualistischen Auffassung wurde Kohler genannt, vgl. AcP 82, S. 191 ff. 8 Zuerst vor allem Allfeld, S. 20: „... In unserer Gesetzgebung (und zwar auch in der früheren) findet also die dualistische Theorie keine Stütze.", auch de Boor , Urheberrecht und Verlagsrecht, S. 18 ff. und Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.65ff., der zur Verdeutlichung das Bild eines Baums heranzog: „Die beiden Interessengruppen erscheinen, wie bei einem Baum, als die Wurzeln des Urheberrechts, und dieses selbst als der einheitliche Stamm. Die urheberrechtlichen Befugnisse aber sind den Ästen und Zweigen vergleichbar, die aus dem Stamm erwachsen. Sie ziehen die Kraft bald aus beiden, bald vorwiegend aus einer der Wurzeln." 9 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.20. 10 Vgl. von Erffa in JR 1951, 310 (310f.). 11 Vgl. Marwitz!Möhring, S.9.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

nisse hinaus auch die persönlichen Interessen des Urhebers zu schützen. 12 So ist insbesondere auf die Entscheidung des Reichsgerichts vom 08.06.1912 hinzuweisen, in der das Recht des Künstlers anerkannt wurde, ein in fremdem Auftrag hergestelltes und in der Villa des Auftraggebers angebrachtes Gemälde unverändert zu lassen. 13 Dieser Fall zeigte besonders deutlich die Grenzen des Privateigentums bei einem Zusammenstoß mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht auf. I m Ergebnis obsiegte der Künstler, obwohl das Gemälde i n einem Privathaus hing und nicht etwa öffentlich ausgestellt war. 1 4 In einer weiteren Entscheidung des Reichsgerichtes vom 23.04.1921 wurde die „Verstümmelung" in einer Übersetzung nach Beendigung des Übersetzungsschutzes für unerlaubt erklärt, da das Recht zur Untersagung von Änderungen auf dem noch fortdauernden Urheberrecht beruhe. 15 Schließlich erkannte das Reichsgericht in einer Entscheidung vom 08.04.1925 das Recht des Künstlers auf eine dauerhafte Verbindung seines Namens mit einem von ihm veräußerten Werk an. 1 6 Worin aber dieses etwas „nebelhafte" Urheberpersönlichkeitsrecht bestand, blieb unklar. Das Reichsgericht ließ nicht erkennen, nicht einmal erahnen, inwieweit der Urheber sich außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen der Urheberrechtsgesetze auf ein allgemeines Recht berufen konnte. 1 7

12 Die Rechtsprechung war darauf angewiesen, aus den beiden geltenden Gesetzen manch „wertvolle Hinweise auf persönlichkeitsrechtliche Befugnisse" abzuleiten, vgl. Michaelis, S. 38 ff. 13 In dieser unter dem Namen „Felseneiland mit Sirenen" bekannt gewordenen Entscheidung vom 08.06.1912 ging es darum, daß der Auftraggeber und Eigentümer eines Wandgemäldes die unbekleideten Sirenen auf dem Bild durch einen anderen Künstler mit Bekleidung wollte übermalen lassen, RGZ 79,397 (399): „...Die ausdrücklichen Bestimmungen der §§12, 13,15 ff., 18 Abs. 3,19 Abs. 2,21 erschöpfen die urheberrechtlichen Befugnisse nicht. Sie lassen aber erkennen, daß der Künstler dem modernen Rechtsempfinden entsprechend, ein gesetzlich geschütztes Recht darauf hat, daß das von ihm geschaffene Werk, als ein Ausfluß seiner individuellen künstlerischen Schöpferkraft, der Mit- oder Nachwelt nur in seiner unveränderten individuellen Gestaltung zugänglich gemacht bzw. hinterlassen werde." 14 Urteil vom 08.06.1912, RGZ 79,397 (402): „Mit Unrecht hat die Beklagte sich darauf berufen, daß ihr Haus dem Besuche des Publikums entzogen, daß es in der Regel verschlossen und außer ihr nur noch von einer Mietpartei bewohnt sei. Diese Umstände schließen es nicht aus, daß der Anblick des in Treppenhaus angebrachten Freskos einem unbestimmten und unkontrollierbaren Kreise von Personen zugänglich ist." 15 Urteil vom 23.04.1925, RGZ 102,134(140ff.): „...In diesen Bestimmungen (erg. §§9,11 LUG) ist mit voller Deutlichkeit der Grundsatz zum Ausdruck gelangt, daß der Urheber einen Rechtsanspruch auf die unveränderte Wiedergabe seines Werkes hat... und daß die urheberrechtlichen Machtbefugnisse verletzt werden, wenn das Werk in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen (§ 24) mit Änderungen abgedruckt wird, in die der Urheber nicht eingewilligt hat." 16 Das Reichsgericht leitete das Recht des Künstlers auf Anbringung seines Namens aus § 13 KUG her, der dieses Recht als stillschweigend voraussetze, vgl. Urteil vom 08.04.1925, RGZ 110,393 (394 ff.). Zu weiteren Entscheidungen vgl. die Angaben bei Runge, S. 58 und auch die Entscheidungen des Reichsgerichts bei Müller in UFITA Bd. 12 (1939), S. 247 ff. 17 Vgl. die Abhandlung von Mittelstaedt in GRUR 1930, S.43 (48).

Α. Inhalt des Urheberrechts

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b) Internationale Vorgaben Ein Mindestmaß des Schutzes dieser ideellen Interessen wurde erstmals durch Art. 6 bis der Berner Übereinkunft 18 in der Fassung der Romkonferenz von 1928 festgelegt. 19 Es hieß dort, daß „unabhängig von den vermögensrechtlichen Befugnissen des Urhebers und selbst nach deren Übertragung dem Urheber das Recht verbleibt, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen, sowie das Recht, sich jeder Entstellung, Verstümmlung oder sonstigen Änderung des Werkes zu widersetzen, die seiner Ehre oder seinem Ruf abträglich sein würde." 20 Dabei blieb es der inneren Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten, die Bedingungen für die Ausübung dieser Rechte festzusetzen. 21 Der Ausdruck des „droit moral" wurde allerdings in Art. 6 bis der französischen Originalfassung nicht verwandt, sondern nur in Art. 11 bis Abs. 2 erwähnt. 22 Auch wenn die Vorschrift von den „vermögensrechtlichen Befugnissen" des Urhebers sprach, welchen offensichtlich das „Urheberpersönlichkeitsrecht" gegenüberstand, konnte für das deutsche Recht nicht gefolgert werden, daß die RBÜ etwa der dualistischen Theorie im Urheberrecht folgte. 23 Die Konvention setzte in Art. 6 bis lediglich eine Befugnisgesamtheit des Urhebers an seinem Werk voraus. Des weiteren wurde der Wunsch ausgedrückt, die Vertragsstaaten möchten die Möglichkeit in Betracht ziehen, in ihren Gesetzgebungen zu erwägen, daß auch nach dem Tod des Autors sein Werk nicht entstellt, verstümmelt oder sonst in einer den Ruf des Autors und die Interessen der Literatur, Wissenschaft und Kunst beeinträchtigenden Weise verändert werden darf. 24 18

Zu Entstehung und Aufbau sowie den Aufgaben der Berner Übereinkunft vgl. die Ausführungen bei Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.52ff. 19 Art. 6 bis verdankte seine Entstehung einer Initiative der italienischen Delegation und dem persönlichen Einsatz Piola Casellis, vgl. Nordemann/VinckfHertin, Art. 6 bis RBÜ Rz. 1, S. 64. Diese Bestimmung folgte in der Romfassung noch dem sog. halbstarren System. Danach war das Urheberpersönlichkeitsrecht im Grundsatz anerkannt, seine Ausübung jedoch der nationalen Regelung überlassen. Fehlte eine solche nationale Regelung, wie etwa derzeit im deutschen Urheberrecht, so konnte der Urheber sich unmittelbar auf Art. 6 bis Abs. 1 berufen. Vgl. zu dem System der durch die RBÜ gewährten Rechte auch Bappert/Wagner, Einleitung RBÜ Rz. 10, S.42. 20 Französischer Originaltext in GRUR 1928, 501 (505). Die Formulierung und Annahme des Art. 6 b RBÜ auf der Römischen Revisionskonferenz wurde durchweg als der eine große Erfolg dieser Konferenz bezeichnet, vgl. Hoffmann in UFITA Bd. 19 (1930), S. 114 (114). 21 Vgl. Nordemann/VincklHertin, Art. 6 bis RBÜ Rz. 1, S. 64. Das Urheberpersönlichkeitsrecht war im Grundsatz anerkannt, seine Ausübung jedoch der nationalen Regelung überlassen. 22 Auch wenn als droit moral üblicherweise das Urheberpersönlichkeitsrecht bezeichnet wurde, welches die französische Judikatur und Literatur entwickelt hatte, stellten die römischen Beschlüsse nicht etwa eine Kopie des französischen Rechts dar, sondern sie waren vielmehr die Festlegung eines ganz bestimmten Ausschnittes aus dem Rechtsgebiet, das in Deutschland als Urheberpersönlichkeitsrecht, im Ausland als „droit moral" bezeichnet wurde, vgl. die umfangreichen Ausführungen von Mittelstaedt über das „droit moral" nach den Beschlüssen der Römischen Urheberrechtskonferenz von 1928 in GRUR 1930, S.43 (43). 23 Vgl. Bappert/Wagner, Art. 6 bis RBÜ Rz. 2, S. 86. 24 Vgl. Hubmann in GRUR-FS II, S. 1175 (1180).

272

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Auf der Brüsseler Konferenz von 1948 wurde diese Vorschrift in einigen Punkten ergänzt.25 Die Neufassung folgte dem Gedanken, daß die Schädigung des Autors nicht nur durch Unterdrückung der Autorenschaft und die Beeinträchtigung des Werkes nicht nur durch Änderungen verursacht werden könne, sondern daß noch andere Dinge geeignet seien, das Urheberpersönlichkeitsrecht zu verletzen. 26 Unterschieden wurde auch hier das Recht des Urhebers, die Urheberschaft für sich in Anspruch zu nehmen, und das Recht, sich jeder Veränderung oder Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen. Der durch die Brüsseler Konferenz neu geformte Wortlaut wich dann insofern von der Romfassung ab, als der Urheber gegenüber jeder Änderung des Werkes einen absoluten Unterlassungsanspruch hatte.27 Es kam also nicht mehr darauf an, ob diese Veränderung das Werk entstellte, verstümmelte oder die Ehre des Urhebers sonst beeinträchtigte. Auch wenn das Werk durch die Veränderung berichtigt oder gar wertvoll ergänzt wurde 28, war sie nach dem Wortlaut des Art. 6 bis der Brüsseler Fassung unzulässig.29 Allein dem Urheber sollte das ausschließliche Recht zustehen, darüber zu bestimmen, in welcher Form das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Über die Dauer des droit moral wurde in Art. 6 bis Abs. 2 bestimmt, daß es, soweit die Gesetzgebung der Länder es gestattete, auch nach dem Tod des Urhebers wenigstens bis zum Erlöschen der vermögensrechtlichen Befugnisse in Kraft bleiben und von den Personen oder Institutionen ausgeübt werden sollte, die von dieser Gesetzgebung hierzu berufen worden waren. 30 Damit stand es aber den Landesgesetzgebungen frei, das Persönlichkeitsrecht der Urheber nach ihrem Tod anzuerkennen oder auch zu verneinen. Die „survivance" dieses Rechts, wie es im Originaltext des „rapport général" hieß, wurde nicht über den Tod der Urheber hinaus durch die RBÜ statuiert. Nach dem Tod des Urhebers konnten daher niemals Ansprüche aus dem droit moral auf die Konventionsnorm gestützt werden, wenn der Staat, in dem der Schutz gesucht wurde, es nicht anerkannte.31 Die RBÜ gewährleistete also iure conventionis das Urheberpersönlichkeitsrecht und die darin begründeten Befugnisse nur für die Lebenszeit des verbandsangehörigen Urhebers. 32

25

Vgl. den ausführlichen Bericht von Baum über die Brüsseler Konferenz, von der Deutschland noch ausgeschlossen war, und den Abdruck der Brüsseler Fassung in GRUR 1949, S. 1 (49). 26 Vgl. Documents de la Conférence réunie à Bruxelles du5au26jiun 1948, S. 97 ff., 126ff., 184ff., 439 ff., 488 ff., 586ff. 27 Französischer Originaltext in GRUR 1949, S. 49. 28 Vgl. das Beispiel in DdA 35, S. 83 (83), wo ein Reiseführer durch das Einfügen von Kunstwerken oder Baudenkmälern auf den neuesten Stand gebracht wurde. 29 Bappert/Wagner, Art. 6 bis RBÜ Rz. 5, S. 87; Hubmann, UFITA 103, S. 5(16). 30 Vgl. Baum in GRUR Int. 1949, 1 (13). 31 Baum in GRURInt. 1949, 1 (13). 32 Vgl. auch Bappert/Wagner, Art. 6 bis RBÜ Rz. 10, S. 90.

Α. Inhalt des Urheberrechts

273

c) Das Urheberpersönlichkeitsrecht in den Entwürfen des Reichsjustizministeriums von 1932, 1933 und 1934 sowie in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 Den Anstoß zu dem Entwurf des Reichsjustizministeriums aus dem Jahre 1932 gab die Romkonferenz der Berner Übereinkunft. Nach der Begründung sollte an den Grundzügen der bestehenden Gesetze, die sich durchaus bewährt hätten, möglichst wenig geändert werden und im wesentlichen neben der Behandlung des Senderechts vor allem die Anerkennung des Urheberpersönlichkeitsrechts im Gegensatz zum bisherigen Rechtszustand seinen Ausdruck im Gesetz finden. 33 Der Entwurf war also bemüht, den Schutz der ideellen Interessen des Urhebers gesetzlich zu normieren. Somit fand sich in § 12 Abs. 3 die Formulierung, daß der Urheber Schutz gegen unbefugte Eingriffe in seine berechtigten persönlichen Interessen am Werk genießt. Allerdings sahen die Verfasser des Entwurfes davon ab, den Begriff des droit moral zu nennen oder diesen Ausdruck mit „Persönlichkeitsrecht des Urhebers" oder „Urheberpersönlichkeitsrecht" zu übersetzen.34 Statt dessen sprach der Entwurf von den berechtigten persönlichen Interessen des Urhebers am Werk und hatte damit den Schutz der nicht vermögensrechtlichen Interessen vor Augen, namentlich die sachlich ideellen Interessen des Urhebers an der Unversehrtheit des Werkes und sein Interesse an der Wahrung der Verbundenheit des Werkes mit seinem Schöpfer. 35 In § 12 Abs. 4 bis Abs. 6 wurde der Inhalt des Urheberpersönlichkeitsrechts näher umrissen. Im einzelnen gewährte der Entwurf insbesondere die Befugnis, zu bestimmen, ob und mit welcher Bezeichnung das Werk zu versehen ist (§12 Abs. 4 Satz 1), Änderungen an dem Werk selbst, dem Titel oder der Urheberbezeichnung zu untersagen (§12 Abs. 4 Satz 2) und öffentliche Mitteilungen des Inhaltes des noch nicht veröffentlichten Werkes zu verbieten (§12 Abs. 5). 36 Hinzu kamen in § 12 Abs. 6 zwei Sonderbestimmungen über die Urheberbezeichnung bei Werken der bildenden Künste. Danach durfte die Signierung eines Originalstückes der bildenden Künste 33

Vgl. Begründung S.31. Vgl. dazu bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 1. Kapitel unter A. Begründet wurde das damit, daß Gegenstand des droit moral nicht die Person des Urhebers, sondern das urheberrechtlich geschützte Werk und die Verbindung dieses Werkes mit seinem Schöpfer sei, vgl. Begründung S.45. 35 Begründung S.45. § 12 Abs. 3 schützte nur berechtigte persönliche Interessen des Urhebers am Werk, nicht aber Persönlichkeitsrechte des Urhebers. Eine den Urheber beleidigende Kritik seines Werkes verletzte nach Ansicht des Entwurfes den Urheber in seiner Ehre, also einem Persönlichkeitsrecht, nicht aber in seinen berechtigten Interessen an dem Werk. Das wäre nur der Fall, wenn in der Kritik über das Werk unwahre Angaben tatsächlicher Art gemacht würden, wenn also der Inhalt eines literarischen Werkes entstellt wiedergegeben würde, vgl. Begründung S.46. 36 Vgl. Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1266). Dem Urheber eines gewerbsmäßig hergestellten Werkes der Photographie standen als Urheberpersönlichkeitsrechte nur die beiden zuerst genannten Befugnisse zu. Dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste stand zudem das Recht auf das Folgerecht (Urheberanteil § 18) zu. 34

18 Maracke

274

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

nur vom Schöpfer des Kunstwerkes oder mit seiner Einwilligung vorgenommen werden. 37 Nicht gestattet war es, auf der Vervielfältigung oder Bearbeitung eines solchen Werkes die Urheberbezeichnung auf eine Art anzubringen, die der Vervielfältigung oder Bearbeitung den Anschein eines Originals gab.38 Dadurch sollte der Urheber gegen jede Bezeichnung einer Vervielfältigung oder Bearbeitung geschützt werden, die den Anschein eines Originalwerkes erweckte. Nach der Systematik des Entwurfes bildete dieses in § 12 Abs. 3 bis Abs. 6 geregelte droit moral zusammen mit den Werknutzungsrechten und bei Werken der bildenden Künste auch zusammen mit dem Folgerecht (Urheberanteil in § 18) den Inhalt des Urheberrechts. Hier zeigte sich also erstmals der Versuch des Gesetzgebers, durch systematische Anordnung eine Zergliederung des Urheberrechts in die ihm unterstellten Bestandteile vorzunehmen.39 In der Überarbeitung dieses Entwurfes im Jahre 1933 wurde in § 10 Abs. 4 für das Urheberpersönlichkeitsrecht ein unabdingbarer Kern anerkannt.40 Durch diesen Zusatz würde die Rechtslage besser als bisher dem Inhalt des Art. 6 bis der Berner Übereinkunft in der Fassung von Rom angepaßt.41 Das Urheberpersönlichkeitsrecht in § 10 Abs. 4 erfuhr dann in der erneuten Umarbeitung des Entwurfes von 1934 eine weitere Ergänzung durch die Verpflichtung des Urhebers, im Billigkeitsfall eine angemessene Entschädigung an den Betroffenen zu zahlen, wenn der Urheber von der Möglichkeit des § 10 Abs. 4 Satz 1 Gebrauch machte und eine Veröffentlichung oder sonstige Verwertung seines Werkes, die sein Ansehen oder seinen Ruf erheblich gefährden konnten, untersagte, obwohl er die Verwertung einem anderen überlassen 37

Vgl. Begründung S.49. Diese Bestimmung wich insofern von der Vorschrift des § 12 Abs. 4 ab, als daß ausschließlich der Schöpfer über die Urheberbezeichnung zu bestimmen hatte. Entgegen § 12 Abs. 4 war es daher bei einem Werk der bildenden Künste nicht möglich, daß auch der Erbe oder Vermächtnisnehmer des Urhebers die Urheberbezeichnung und die Art ihrer Anbringung auf dem Originalstück veranlaßt. 38 In diesem Fall könnte der in § 12 Abs. 4 ausgesprochene Grundsatz, daß an der vom Urheber gewählten Bezeichnung keine Änderung vorgenommen werden darf, zu unerwünschten Ergebnissen führen. Die einfache Wiedergabe des auf dem Originalstück befindlichen Signums auf einer Vervielfältigung würde nämlich, sofern es sich nicht um eine im Wege eines fotografischen Verfahrens hergestellte Vervielfältigung handele, die im fotografischen Bild auch die am Originalstück befindliche Bezeichnung wiedergebe, der Kopie den Anschein eines Originals erwecken (Begründung S.49). 39 Vgl. Möhring in UFITA Bd. 5 (1932), S. 459 (460ff.), der u. a. die Einbeziehung des Urheberanteils in den Kreis der sogenannten Bestandteile des Urheberrechts kritisierte. Die Sonderstellung, die dieses Rechtsinstitut einnehme, könne kaum seine Bezeichnung als Bestandteil des Urheberrechts rechtfertigen. Bei genauerer Betrachtung war nach Ansicht Möhrings, der Versuch, das Urheberrecht von Gesetzes wegen in seine Bestandteile aufzulösen, nicht geglückt. 40 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums aus dem Jahre 1932 wurde aufgrund des umfangreichen kritischen Materials, welches bei dem Reichsjustizministerium eingereicht worden war, bereits im Jahre 1933 erneut überarbeitet, vgl. oben Teil 1 der Arbeit, 1. Kapitel unter A. Die wesentlichen Änderungen finden sich bereits in einem Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933 zusammengefaßt, vgl. R 3001/6559, B1.64. 41 R 3001/6559, B1.64, Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S.2.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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42

hatte. Ein solcher Anspruch auf Entschädigung sollte unabhängig von etwaigen vertraglichen Ansprüchen des vom Verbot Betroffenen gegen den Inhaber des Urheberpersönlichkeitsrechts bestehen.43 Der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 legte in § 10 den Inhalt des Urheberrechts als „den Schutz des Urhebers in seinen eigenpersönlichen Beziehungen zu dem Werk (Urheberehre) und die Verwertung des Werkes in der ursprünglichen oder einer abgeänderten Form" fest. 44 Damit war angedeutet, daß das Urheberrecht als ein einheitliches Ganzes aufgefaßt wurde, welches aus zwei, in ihrem Wesen voneinander verschiedenen Elementen, der Urheberehre und dem Verwertungsrecht bestand.45 Beide waren nach Auffassung des Ausschusses nur verschiedene Ausstrahlungen eines einheitlichen Rechts.46 Trotz dieser in § 10 zum Ausdruck kommenden Einheit schien es dennoch geboten, die wichtigsten Grundsätze des Schutzes der Urheberehre einerseits und die wichtigsten Zweige des Verwertungsrechts andererseits in getrennten Paragraphen aufzuzählen. 47 Daher bezeichnete der Entwurf in § 10 a den Schutz des Urhebers in seinen eigenpersönlichen Beziehungen als das Recht des Urhebers, sein Werk zu veröffentlichen, als das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und schließlich als das Recht, die Verletzung seines eigenpersönlichen Ausdruckswillens, der im Werke geäußert worden war, abzuwehren. Die Bestimmung der einzelnen Zweige des Verwertungsrechts erfolgte dann in § 11. Wie bereits die vorangegangenen Entwürfe des Reichsjustizministeriums vermied auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht den Begriff des „droit moral" oder die deutsche Übersetzung „Urheberpersönlichkeitsrecht". Vielmehr sprach der Entwurf von „Urheberehre" und meinte damit, wie

42 § 10 Abs. 4 S.2 des Entwurfes von 1934, vgl. Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.535. 43 Begründung des Entwurfes von 1934, S.44, J52/5 Blatt 2726; Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S.743 (803). 44 Der Schutz der Urheberehre, in dem die persönliche Beziehung zwischen dem Urheber und dem seine Prägung tragenden Werk ihre stärkste Anerkennung findet, war danach an die Spitze gestellt und verdeutlichte die Gewichtung dieser erstmals in dem Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 formulierten Bestimmung, vgl. Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.41. 45 Vgl. Hoffmann in DR in V.m. JW 1939, S. 1221 (1223). Beide Bestandteile waren jedoch so eng miteinander verflochten, daß man sie zwar begrifflich auseinanderhielt, während sie sich in der Praxis jedoch regelmäßig überschneiden würden, so daß Ausübung wie Verletzung des einen Elements gleichzeitig Ausübung und Verletzung des anderen bedeute. 46 Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.41. Eine Trennung erschien um so weniger möglich, weil ja der Urheber mit der Gestattung der Verwertung auch über solche Befugnisse, beispielsweise das Veröffentlichungsrecht verfüge, die seinem Schutz in den eigenpersönlichen Beziehungen zu seinem Werk dienten. 47 Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.41.

1

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

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schon das Reichsjustizministerium, die berechtigten persönlichen Interessen des Urhebers am Werk. 48 Ausdrücklich beim Namen genannt wurde das Urheberpersönlichkeitsrecht bislang nur in dem privaten Entwurf von Hoffmann aus dem Jahre 1933.49 § 7 Abs. 2 des Entwurfes von Hoffmann gewährte dem Urheber neben den in Abs. 1 aufgezählten Werknutzungsrechten auch nach Übertragung seines Urheberrechts die ausschließlichen Befugnisse (Urheberpersönlichkeitsrecht) das Werk zu veröffentlichen, die Urheberschaft an seinem Werk geltend zu machen sowie die Änderung seines Werkes, abgesehen von den im Gesetz bezeichneten Fällen, zu verbieten, sofern seine berechtigten persönlichen Interessen am Werk hierdurch verletzt werden. Bei der Wiederaufnahme der Reformarbeiten im Jahre 1950 war daher einer präzisen Formulierung des Begriffs des Urheberpersönlichkeitsrechts und auch des Inhaltes der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse besondere Aufmerksamkeit zu widmen. 50 d) Die Arbeiten des Kleinen Ausschusses der im Bundesjustizministerium gebildeten Sachverständigenkommission von 1951 Die zur Wiederaufnahme der Reformarbeiten im Jahre 1950 durch das BMJ einberufene Sachverständigenkommission bestimmte zunächst einen Kleinen Ausschuß zur Anfertigung eines Arbeitsentwurfes, der dann als Grundlage für die weiteren Beratungen dienen sollte.51 Der daraufhin im März 1951 entstandene Berliner Entwurf stellte eine inhaltliche Überarbeitung des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939 dar. 52 Demnach ging der Berliner Entwurf vom März 1951 auch hinsichtlich der Bestimmungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht zunächst von der Formulierung des Entwurfes von 1939 aus. § 10 des Berliner Entwurfes übernahm die vorgeschlagene Definition des Urheberrechts allerdings nicht wörtlich, sondern wählte eine abgewandelte Formulierung. 53 Nach der Neufassung gewährte das Urheberrecht dem Urheber „Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zu dem Werk und das ausschließliche Recht zu 48

Vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 11. Hoffmann, Ein deutsches Urheberrechtsgesetz; S.6. 50 Vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 11. Reimer zog die ausdrückliche Erwähnung des Urheberpersönlichkeitsrechts und auch die seiner Ansicht nach besonders klare Gliederung des § 7 über den Inhalt des Urheberrechts bei Hoffmann den anderen Entwürfen vor. 51 Vgl. 1. Teil der Arbeit, 2. Kapitel unter C. I. 52 Vgl. 1. Teil der Arbeit, 2. Kapitel unter C. I. Der Titel des Berliner Entwurfes lautete „Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes (Auf der Grundlage des im Jahre 1939 veröffentlichten Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht). Auch sprach die Begründung zu den einzelnen Normen von „Neufassung" oder „Änderung" und bezog sich damit auf den zugrundeliegenden Entwurf von 1939. 53 Die Bestimmung wurde aus sprachlichen Gründen neu gefaßt, vgl. Β 141/2551 B1.044 (Begründung S. 5). 49

Α. Inhalt des Urheberrechts

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seiner Verwertung." Die Klammerdefinition „Urheberehre" wurde gestrichen, um den Eindruck zu vermeiden, daß das Urheberrecht aus zwei trennbaren Elementen „Urheberpersönlichkeitsrecht" und „Verwertungsrecht" besteht. Die aus dem Urheberrecht erwachsenden persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk und seine vermögensrechtlichen Verwertungsbefugnisse seien so eng miteinander verbunden, daß das Urheberrecht nur als einheitliches Recht betrachtet werden könne.54 Entsprechend dem Entwurf von 1939 erfolgte im Anschluß eine Aufzählung der wichtigsten Befugnisse, die sich aus dem Schutz des Urhebers in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk ergaben. § 10 a nannte daher in Abs. 1 das Recht des Urhebers, sein Werk zu veröffentlichen und in Abs. 2 das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft. Die bisherige Formulierung des Abs. 3, wonach der Urheber eine Veröffentlichung oder Verwertung des Werkes, die seinen Ruf oder sein Ansehen gefährden würden, verbieten konnte, wurde indessen nicht übernommen. Sie sei unzureichend, da sie auf eine Gefährdung des Ansehens oder des Rufes des Urhebers abstellte. Es könne jedoch zweifelhaft sein, ob beispielsweise ein anonym oder pseudonym gebliebener Urheber überhaupt Ruf und Ansehen habe, da er der Allgemeinheit gerade nicht bekannt sei.55 Um aber dem Urheber in jedem Fall das Recht zu geben, eine Veröffentlichung oder Verwertung seines Werkes zu verbieten, die in seine berechtigten Interessen an der Unversehrtheit des Werkes eingriff, wurde § 10 a Abs. 3 neu gefaßt. Der Urheber konnte nunmehr jede Veröffentlichung oder Verwertung des Werkes verbieten, die eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Wertes des Werkes bedeutete. Nach Ansicht des Kleinen Ausschusses schien es weiterhin geboten, dem Urheber das Recht zu geben, eine Veröffentlichung oder Verwertung des Werkes auch dann zu verbieten, wenn nicht ein Dritter das Werk in seinem Wert beeinträchtigte, sondern wenn der Urheber selbst aus triftigen Gründen von seinem Werk abgerückt war und dessen Veröffentlichung oder Verwertung nicht mehr verantworten konnte. 56 Daher wurde § 10 durch einen weiteren Abs. 4 ergänzt, der festlegte, daß der Urheber eine Veröffentlichung oder Verwertung seines Werkes untersagen konnte, die ihm aus Gründen seiner wissenschaftlichen oder künstlerischen Überzeugung nicht zugemutet werden konnte. In diesem Fall sei es allerdings geboten, dem Betroffenen einen Anspruch auf angemessene Entschädigung nach Billigkeit zu gewähren. 57 54 Β 141/2551 B1.043 (Begründung S.4). Damit sollte sich endgültig die monistische Lehre gegenüber der dualistischen Betrachtungsweise aufgrund einer gesetzlichen Klarstellung durchsetzen. 55 Vgl. Β 141/2551 B1.044 (Begründung S.5). Auch der anonym oder pseudonym gebliebene Urheber habe ein Recht darauf, daß sein Werk nicht entstellt oder sonst in seinem Wert beeinträchtigt wird. Dem müsse der neue Entwurf gerecht werden. 56 Β 141/2551 Bl.044 (Begründung S.5). 57 Β 141/2551 Bl.044 (Begründung S.5).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Eine Erweiterung des Urheberschutzes in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk brachte schließlich der neu eingefügte § 10 b. Danach durfte auf einer Vervielfältigung oder Bearbeitung des Werkes die Urheberbezeichnung nicht auf eine Art angebracht werden, die der Vervielfältigung oder Bearbeitung den Anschein eines Originals gab.58 Durch § 10b sollte der Urheber eines Werkes der bildenden Künste gegen jede Bezeichnung auf einer Nachbildung oder Bearbeitung geschützt werden, die den Anschein eines Originalwerkes erweckte. Es mußte also, abgesehen von dem Fall eines Lichtbildes, jede derartige Bezeichnung mit einem Zusatz versehen werden, der zu erkennen gab, daß kein Original vorlag. 59 Diese Vorschrift gab in etwas weiterer Ausgestaltung den Gedanken des § 18 Abs. 3 KUG wieder, wonach es verboten war, den Namen oder eine sonstige Bezeichnung des Urhebers des Werkes in einer Weise auf der Vervielfältigung anzubringen, die zu Verwechslungen Anlaß geben konnte. Ihr Zweck bestand also darin, zu verhüten, daß die Vervielfältigung für ein Original des Künstlers gehalten wurde. 60 Auch diese Bestimmung diente somit dem Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechts. 61 Da der Berliner Entwurf von 1951 nicht veröffentlicht, sondern nur ausgewählten Rechtsgelehrten mit der Bitte um eine Stellungnahme zugänglich gemacht worden war 62 , finden sich nur einige wenige Stellungnahmen zu diesem Entwurf in den Akten des BMJ. Eine umfassende Stellungnahme, die auch den Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechts betraf, reichte Prof. Ulmer mit Schreiben vom 31.07.1951 ein. Gegen den Aufbau des zweiten Abschnittes, der noch auf den Entwurf von 1939 zurückging, bestünden grundsätzliche Bedenken. Zwar sei es grundsätzlich richtig, den allgemeinen Gedanken voranzustellen, daß der Urheber Schutz in seinen persönlichen Beziehungen und in der Verwertung des Werkes genießt.63 Aber die Ausgestaltung dieses Schutzes sei nicht einfach die, daß zum Schutz der persönlichen Interessen das droit moral und zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen die Verwertungsrechte bereit stünden. Schon die äußere Folge der Bestimmungen war nach Ansicht Ulmers zu beanstanden. Offenbar lasse sich der Entwurf von dem Gedanken leiten, daß das ideelle Recht dem materiellen vorgeht. Daher werde in §§ 10 a 58 Diese Vorschrift entsprach § 12 Abs. 6 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932. Schon in der Begründung des Entwurfes von 1932 wurde anerkannt, daß die einfache Wiedergabe des auf dem Originalstück befindlichen Signums auf einer Vervielfältigung dieser Kopie in aller Regel den Anschein eines Originalwerkes verleihen würde, anders nur, wenn die Nachbildung in einem Lichtbild besteht, das auch die am Original befindliche Bezeichnung wiedergibt, vgl. Begründung des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932 S.49. 59 Vgl. Β 141/2551 B1.045 (Begründung S.6). Diese Bestimmung ging über den Rahmen des Urheberschutzes hinaus, da sie neben den Interessen des Urhebers auch solche der Allgemeinheit schützte. 60 Marwitz, § 18 Abs. 3 KUG, S. 143. Das Verbot ging entsprechend seinem Zweck nur soweit, als dadurch eine solche Verwechslung veranlaßt werden konnte. 61 Marwitz, § 18 Abs. 3 KUG, S. 143. 62 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I.2. 63 Stellungnahme Ulmer in Β 141/2562 Bl. 083. Das Urheberrecht schützt materielle und ideelle Interessen, darüber seien sich alle einig.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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und b zunächst das droit moral geregelt und dann in §§ 11 ff. das Verwertungsrecht. Bei dieser Anordnung werde aber verkannt, daß die Benutzungsrechte auch ideellen Interessen des Urhebers dienen.64 Dazu komme ein weiteres terminologisches Bedenken. Wenn § 10 festlege, daß dem Urheber Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk sowie das ausschließliche Recht zu seiner Verwertung gewährt werde, und wenn dann weiter in §§ 11 ff. von dem Verwertungsrecht die Rede sei, so müsse daraus gefolgert werden, daß das Verwertungsrecht eben den materiellen Interessen des Urhebers diene.65 Dann habe man aber, obwohl der Entwurf dies vermeiden wolle, die überwundene dualistische Auffassung im Gesetz verankert. Weiterhin empfehle es sich, den mißverständlichen, weil auf die wirtschaftliche Nutzung bezogenen Begriff des Verwertungsrechts zu vermeiden. Man sollte auch nicht von Werknutzungsrechten sprechen, sondern den schlichten Ausdruck der Benutzungsrechte vorziehen. 66 Ulmers Vorschlag ging daher dahin, zunächst in § 10 klarzustellen, daß das Urheberrecht den Urheber in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk und in der wirtschaftlichen Verwertung des Werkes schützt. Damit sei der Interessenschutz klargestellt. Anschließend seien dann die Rechte, die dem Urheber zustehen, zu bestimmen. Hierbei müsse aber der Begriff der Verwertung vermieden werden. 67 Anders sah dagegen Prof. Bussmann in seiner Stellungnahme vom 19.06.1951 die Auseinandersetzung im Schrifttum, ob das Urheberrecht sich aus zwei Komponenten zusammensetze oder ob es ein einheitliches Recht sei, das verschiedene Auswirkungen habe, mehr als eine Streitfrage theoretischer Natur, die auf das praktische Ergebnis keinen so großen Einfluß habe.68 Im übrigen könne der Künstler kein spezielles Urheberpersönlichkeitsrecht haben. Er habe vielmehr ein Persönlichkeitsrecht wie jeder andere Mensch auch.69 Die Frage, ob dieses ein allgemeines Persönlichkeitsrecht sei, oder ob das einer Person zustehende Persönlichkeitsrecht nur dort durchgesetzt werden könne, wo eine klare und eindeutige Regelung im Gesetz anzutreffen sei, werde unbedingt geklärt werden müssen. Erkenne man aber ein allgemeines Persönlichkeitsrecht an, so stehe dies selbstverständlich auch dem Künstler 64 Die Verwertungsrechte würden den Urheber davor bewahren, daß das Werk wider seinen Willen der Öffentlichkeit dargeboten wird. Das droit moral habe demgegenüber nur eine ergänzende Funktion. Es müsse überall da bereit stehen, wo die Benutzungsrechte zum Schutz berechtigter persönlicher Interessen nicht ausreichen, vgl. Stellungnahme Ulmer in Β141/2562 B1.083. 65 Stellungnahme Ulmer in Β 141/2562 B1.085. 66 Stellungnahme Ulmer in Β 141/2562 B1.086. 67 Ulmer schlug daraufhin eine neue Formulierung des Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechts vor, vgl. im einzelnen Stellungnahme Ulmer in Β 141/2562 B1.090ff. Dabei sei es u. a. wünschenswert, innerhalb der Formulierung des Bearbeitungsrechts ausdrücklich die Übersetzung des Werkes zu erwähnen. 68 Vgl. Stellungnahme Bussmann in Β 141/2562 Bl. 129. Fest stehe, daß das Urheberrecht eine Reihe von Auswirkungen zeige, von denen einige dem Betrachter mehr persönlichkeitsrechtlicher Natur, andere dagegen mehr vermögensrechtlicher Natur erscheinen. 69 Stellungnahme Bussmann in Β 141/2562 Bl. 130.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

70

zu. Man dürfe jedoch den Persönlichkeitsschutz oder das droit moral nicht für Vorgänge in Anwendung bringen, die wirklich nichts anderes seien als das Bedürfnis, eine angemessene oder u. U. sogar darüber hinausgehende Vergütung zu erlangen. Alles, was sich mit Geld abkaufen lasse, gehöre nach strenger Auffassung nicht in den Kreis eines echten Persönlichkeitsrechts und damit auch nicht zu dem echten droit moral. 71 Schließlich machte der 1. Zivilsenat des BGH in einer Stellungnahme vom 25.08.1961 den Vorschlag, in der allgemeinen Begriffsbestimmung über den Inhalt des Urheberrechts in § 10 anstelle der Wendung „Schutz in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk" den Begriff des Urheberpersönlichkeitsrechts in den Gesetzestext zu übernehmen.72 Dieser Begriff sei von Wissenschaft und Rechtsprechung seit langem geprägt und bedürfe keiner weiteren Umschreibung, die doch immer nur unvollständig sein könne. Dementsprechend wurde als Überschrift vor den §§10 und 10 a über die wichtigsten aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht hervorgehenden Befugnisse die Formulierung „Inhalt des Persönlichkeitsrechts" angeregt. Der zweite Arbeitsentwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951 übernahm trotz der vorstehend erwähnten Kritik die Regelung des Urheberpersönlichkeitsrechts aus dem Berliner Entwurf vom März 1951.73 Die Auflistung der Befugnisse aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht in § 10 a wurde lediglich sprachlich kürzer gefaßt, indem Abs. 3 ein Verbot jeglicher Entstellung oder anderer Beeinträchtigung des Wertes des Werkes vorsah. Die Unterscheidung zwischen einer Veröffentlichung oder Verwertung, die eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung bedeutet hätte, und einer solchen, die dem Urheber aus Gründen seiner künstlerischen oder wissenschaftlichen Überzeugung nicht mehr zugemutet werden konnte, erübrigte sich demzufolge. 74 Zusätzlich ermächtigte ein neu hinzugefügter Abs. 4 innerhalb dieser Vorschrift den Hersteller eines Filmwerkes neben den Urhebern des Filmwerkes und der dafür benutzten Werke, das Verbotsrecht aus Abs. 3 wahrzunehmen.75 70 Nur werden in den einzelnen Fällen die Beziehungsgegenstände verschiedenartig sein. Je nach Stellung, Beruf und Auswirkung würden die für die einzelne Persönlichkeit gegebenen Schutzwirkungen sich verschiedenartig darstellen. Wenn das Urheberrecht also Bestimmungen enthalte, welche die Persönlichkeit des Künstlers in Bezug auf sein Werk besonders schützen, so sei das schließlich nichts anderes als die Auswirkung eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts, vgl. Stellungnahme Bussmann in Β 141/2562 Bl. 130. 71 Stellungnahme Bussmann in Β 141/2562 Bl. 130. 72 Stellungnahme des BGH in Β 141/2562 Bl. 171. 73 Β141/2551 B1.087 f. Eine andere Definition des Urheberrechts dahingehend, daß das Urheberrecht dem Urheber das ausschließliche Recht gewährt, die Würde des Werkes und seine persönliche Beziehung zum Werk zu schützen und das Werk zu benutzen und zu verwerten, war in der Niederschrift des Rengsdorfer Entwurfes von Hand durchgestrichen. 74 Vgl. Formulierung des § 10 a Abs. 3 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.088. 75 Β 141/2551 B1.088. § 10a Abs.4 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Im Vorfeld der Ausarbeitung des Referentenentwurfes von 1954 entwickelte das BMJ weitere Vorentwürfe, die ohne eine Begründung oder die Angabe eines Datums in den Akten festgehalten wurden. 76 Darin erfolgte auch eine erneute Überarbeitung des Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechts. Während unter der Überschrift „Allgemeines" zunächst grundsätzlich vermerkt war, daß das Urheberrecht den Urheber in der Nutzung des Werkes und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt77, wurden unter einer weiteren Überschrift „Nutzungsrechte" die Verwertungsbefugnisse des Urhebers aufgeführt und erst unter der daran anschließenden Überschrift „Sonstige Rechte des Urhebers" die aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht hervorgehenden Rechte genannt.78 Damit waren die ehemals an den Anfang des Abschnittes gestellten Rechte des Urhebers auf Veröffentlichung, auf Anerkennung der Urheberschaft sowie der Schutz gegen Entstellung nunmehr erst zum Schluß des Abschnittes geregelt. Zudem waren diese Rechte in dem Vorentwurf jeweils einzelnen Paragraphen unterstellt, so daß in § 17 das Veröffentlichungsrecht (vormals § 10 a Abs. 1), in § 18 das Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft (ehemals § 10 a Abs. 2) und in § 19 letztlich der Schutz des Urhebers gegen Entstellung des Werkes (ehemals § 10 a Abs. 3) zu finden war. e) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Referentenentwurf des BMJ von 1954 Der Referentenentwurf des BMJ vom 15.03.1954 übernahm die in den Vorentwürfen aufgezeigte Regelung. Danach war also der dritte Abschnitt innerhalb des Gesetzentwurfes über den Inhalt des Urheberrechts in drei Teile untergliedert, wovon der erste mit „Allgemeines", der zweite mit „Das Verwertungsrecht" und der dritte schließlich mit „Sonstige Rechte des Urhebers" betitelt war. Die erste Überschrift beinhaltete lediglich den § 9, der festlegte, daß das Urheberrecht den Urheber in der Nutzung des Werkes und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt.79 Daß auch hier weder der in der RBÜ vorgegebene Begriff des droit moral noch die mögliche Übersetzung des Urheberpersönlichkeitsrechts beim 76

Β 141/2551 Bl. 122-173 und auch Β 141/2552 Bl. 003-108. Β 141/2551 Bl. 128 (§9 des Vorentwurfes zum Referentenentwurf). 78 Β 141/2551 Bl. 131. 79 Die persönlichen Interessen des Urhebers am Werk seien so umfassend, daß es nicht möglich erscheine, sie erschöpfend aufzuzählen. Der Entwurf stellte daher an die Spitze seiner Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechts den allgemeinen Satz, daß das Urheberrecht den Urheber außer in der Nutzung des Werkes auch in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt. Dadurch sollte klargestellt werden, daß das droit moral und das Verwertungsrecht zusammen das Urheberrecht bilden. Diese beiden Bestandteile des Urheberrechts waren nach Auffassung des Entwurfes nicht voneinander zu trennen. Die aus dem Urheberrecht erwachsenden persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk und seine vermögensrechtlichen Verwertungsbefugnisse seien so eng miteinander verbunden, daß das Urheberrecht nur als einheitliches Recht aufgefaßt werden könne, vgl. Begründung S.92. 77

282

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Namen genannt wurden, begründeten die Verfasser mit derselben Argumentation wie der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932. Der Ausdruck „Urheberpersönlichkeitsrecht" treffe nicht den Kern der Sache. Gegenstand des droit moral sei nicht die Person des Urhebers sondern das urheberrechtlich geschützte Werk und die Verbindung dieses Werkes mit seinem Schöpfer. 80 Die aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht entwickelten Befugnisse waren sodann unter der Überschrift „Sonstige Rechte des Urhebers" aufgeführt. 81 In § 17 wurde dem Urheber ausdrücklich das Recht gewährt, darüber zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist. 82 Daneben war dem Urheber in Abs. 2 dieser Bestimmung auch die Mitteilung des Inhaltes seines Werkes und dessen Beschreibung vorbehalten, solange weder das Werk noch dessen wesentlicher Inhalt noch eine Beschreibung des Werkes veröffentlicht war. § 18 regelte das Recht des Urhebers auf Anerkennung der Urheberschaft, das ihm ermöglichen sollte, gegen jeden Klage zu erheben, der seine Urheberschaft bestritt. 83 Nach § 19 hatte der Urheber das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet war, sein Ansehen oder seinen Ruf zu gefährden. Entgegen den Bedenken des Kleinen Ausschusses in dem Berliner Entwurf vom März 1951 wurde hier also wieder auf eine mögliche Gefährdung von Ruf oder Ansehen des Urhebers abgestellt. 84 Bei der Formulierung dieser Bestimmung hatten die Verfasser ausdrücklich auch den ehemals vom Reichsgericht zu entscheidenden Fall der teilweisen Übermalung eines in Auftrag gegebenen Gemäldes durch den Auftraggeber selbst vor Augen.85

80

BegründungS.92. Da das Verwertungsrecht den Hauptinhalt des Urheberrechts bilden sollte, war es im Anschluß an die allgemeine Begriffsbestimmung des Urheberrechts zuerst geregelt, während die sonstigen Rechte des Urhebers erst am Schluß des Abschnittes behandelt wurden, vgl. Begründung S. 93. 82 Da es sich um eines der wichtigsten Rechte handele, die aus dem droit moral des Urhebers erwachsen, sollte das Veröffentlichungsrecht dem Urheber nach dem Entwurf ausdrücklich gewährt werden, vgl. Begründung S. 107. 83 Dieses Recht bestand unabhängig und neben der Regelung des § 256 ZPO, wonach der Urheber Klage auf Feststellung des Bestehens seines Urheberrechts am Werk erheben konnte, wenn er ein besonderes Interesse an der alsbaldigen Feststellung hatte. 84 Wie alle aus dem droit moralfließenden Rechte war auch dieses Recht abtretbar, vgl. Begründung S. 109. Der Urheber sollte unabhängig davon, ob er die Verwertung seines Werkes durch Dritte gestattet hatte, während der ganzen Dauer des Urheberrechtsschutzes die Möglichkeit haben, solchen Beeinträchtigungen des Werkes entgegenzutreten. 85 Vgl. Begründung S. 109. Es handelte sich um die Entscheidung vom 08.06.1912 „Felseneiland mit Sirenen" in RGZ 79, S. 397 ff. 81

Α. Inhalt des Urheberrechts

2. Vom Referentenentwurf

zum Urheberrechtsgesetz

283

von 1965

a) Kritik am Lösungsvorschlag des Referentenentwurfes Im Vergleich zu der zahlreichen Kritik, die der Referentenentwurf insgesamt in Form von Eingaben an das BMJ oder Veröffentlichungen erfuhr 86, waren nur verhältnismäßig wenige Vorschläge zu dem Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechts zu finden. Der 1. Zivilsenat des BGH warf in seiner Stellungnahme vom 27.10.1954 die Frage auf, ob nicht im Interesse einer dogmatischen Klarstellung das in § 17 Abs. 1 festgehaltene Veröffentlichungsrecht als eine besondere Bestimmung an § 9 anzufügen sei.87 Würde das Veröffentlichungsrecht, welches trotz seines persönlichkeitsrechtlichen Einschlags aufs engste mit den Verwertungsrechten verknüpft sei, zusammen mit der Generalklausel des § 9 unter der ersten Überschrift erscheinen, so wären unter der dritten Überschrift nur noch die rein persönlichkeitsrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts aufzuführen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels äußerte in seiner Stellungnahme vom 01.10.1954 Bedenken gegen das in § 17 Abs. 2 dem Urheber vorbehaltene Recht auf Mitteilung oder Beschreibung des Werkes, solange weder das Werk noch dessen wesentlicher Inhalt oder eine Beschreibung veröffentlicht war. 88 Es sei nicht klar, ob davon abweichende Vereinbarungen getroffen werden könnten.89 Der Verleger müsse für die Werbung die Möglichkeit haben, auch vor der Veröffentlichung Mitteilungen über den Inhalt des Werkes machen zu können. Die Werbung sei Aufgabe des Verlegers. Daher müsse er in die Lage versetzt werden, die ihm wichtig erscheinende Werbung auch ohne Zustimmung des Autors im Einzelfall zu betreiben. Hierüber Bestimmungen zu treffen, sei Sache des Verlagsvertrags, aber die Möglichkeit an sich dürfe nicht ausgeschlossen werden. 90 Auch der Bundesminister des Innern äußerte sich in seiner umfangreichen Stellungnahme zu den Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechts. Es entspreche dem Recht und der Bedeutung des Urhebers besser, wenn zunächst die persönliche und geistige Beziehung des Urhebers zu seinem Werk und erst danach die Nutzungsbefugnis des Urhebers genannt werde. 91 Daher sollte der in Rede stehende § 9 wie folgt lauten: „Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen persönlichen Be86

Vgl. oben Teil 1 der Arbeit, 2, Kapitel unter D die zahlreichen Stellungnahmen und auch die Beiträge, die in den Sitzungen und Besprechungen zu dem RefE vorgetragen worden waren. 87 Stellungnahme des BGH in Β 141/2569 B1.029f. 88 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2571 Bl. 045 f. 89 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2571 Bl. 046: „Falls dies nicht der Fall sein sollte, haben wir gegen diese Vorschrift Bedenken." 90 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2571 Bl. 046. Deshalb sollte ein Zusatz eingefügt werden, der die Anwendung des § 17 Abs. 2 ausschloß, wenn zwischen Urheber und Nutzungsberechtigten etwas anderes vereinbart war. 91 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 063 (Rückseite).

284

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Ziehungen zum Werk und in dessen Nutzung." Mit Rücksicht auf die zunehmende Anerkennung des droit moral in der Rechtsprechung sowie die Notwendigkeit, das Ansehen des Urhebers und des geistigen Eigentums in der Öffentlichkeit zu stärken, schlug der BlnM auch eine dementsprechende Änderung des systematischen Aufbaus an dieser Stelle vor. 92 Danach sollten die bisher unter der dritten Ziffer „Sonstige Rechte des Urhebers" vorgesehenen Bestimmungen unmittelbar im Anschluß an § 9 als §§ 9a, 9b, 9c eingefügt werden. Im einzelnen hielt es der BlnM für ausreichend, in § 17 Abs. 2, also nach seinem Vorschlag § 9 a Abs. 2, das Recht des Urhebers auf die öffentliche Mitteilung zu beschränken. Das Verbot der nichtöffentlichen Mitteilung sei weder von erheblicher praktischer Bedeutung noch durchsetzbar. 93 Auch wäre es wünschenswert, für das in § 19, neu in § 9c festgehaltene Recht des Urhebers, eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Werkes zu verbieten, einen objektiveren Maßstab zu finden. 94 Schließlich schien es nach Ansicht des BlnM angebracht, dem Urheber von Werken der bildenden Künste das Recht zu geben, zur Erhaltung des Werkes notwendige Arbeiten selbst vorzunehmen oder einer von ihm ausgewählten Person zu übertragen. 95 Gerade bei Werken der bildenden Künste spiele diese Frage eine große Rolle. Durch Erhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten werde ein Werk der bildenden Kunst leicht beeinträchtigt, so daß die ursprüngliche Schöpfung des Urhebers verfälscht werde. 96 Ein entsprechender Abs. 2 sollte deshalb eingefügt werden. Auch unter den zu dem RefE erschienenen Veröffentlichungen in Fachzeitschriften fanden sich einige Beiträge zu der Frage nach der systematischen Ausgestaltung des Urheberpersönlichkeitsrechts. So hielt Schramm die Terminologie und Systematik der Ausdrucksweise des Referentenentwurfs nicht immer für folgerichtig. 97 Es empfehle sich, zwischen dem Verwertungsrecht und dem Urheberpersönlichkeitsrecht klar zu unterscheiden und auf diesem Unterschied die Einteilung des Gesetzes aufzubauen. 98 Bemängelt wurde auch, daß das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht ausdrücklich genannt war. Die §§ 17 bis 19 seien mit „Sonstige Rechte des Ur92

Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.063 (Rückseite). Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.064. 94 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.064 (Rückseite). Eine wesentliche Veränderung eines Werkes würde nicht unbedingt das Ansehen des Künstlers gefährden. Sie würde jedoch für die Ehre des Künstlers von Nachteil sein, weil sie jedenfalls eine Korrektur der eigenpersönlichen Prägung des Werkes darstellen würde. 95 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.064 (Rückseite). 96 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 064 (Rückseite) und Bl. 065. Der BlnM war der Ansicht, daß eine derartige Bestimmung den Eigentümern von Werken der bildenden Künste durchaus zugemutet werden konnte. Dagegen sei eine Verpflichtung der Eigentümer, dieses Werk aufzubewahren, nicht vertretbar, auch wenn sich diese Verpflichtung nur auf künstlerisch wertvolle Werke erstrecken soll. Darin sei eine unzulässige Beschränkung des Eigentums zu sehen. 97 Schramm in UFITA Bd. 19 (1955), S. 82 (89). 98 Schramm in UFITA Bd. 19 (1955), S. 82 (89). Beide Rechte enthielt §9, nur sollte nach Ansicht Schramms hier schon die unterschiedliche Ausdrucksweise herausgestellt werden. 93

Α. Inhalt des Urheberrechts

285

hebers" überschrieben, obwohl es sich eindeutig um das Urheberpersönlichkeitsrecht handele." § 9 solle daher so formuliert werden, daß das Urheberrecht „den Urheber in der Verwertung seines Werkes (Verwertungsrecht) und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk (allgemeines Urheberpersönlichkeitsrecht)" schützt. Gegen eine derart klare Unterscheidung zwischen Urheberpersönlichkeitsrecht und Verwertungsrecht wandte sich Kleine. 100 Das sogenannte Veröffentlichungsrecht sehe der Entwurf als Urheberpersönlichkeitsrecht an, obwohl es zugleich auch ein Verwertungsrecht sei. 101 Wenn beispielsweise der Urheber dem Verleger das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht übertrage, so sei der Erwerber auch zur Veröffentlichung berechtigt. Auch de Boor hielt gerade im Fall des Veröffentlichungsrechts eine strikte Trennung zwischen Persönlichkeitsrecht und Verwertungsrecht nicht für möglich. Jeder Veröffentlichungsakt sei zugleich auch ein Verwertungsakt. 102 Im einzelnen sei zudem die Formulierung des § 19 zu eng. 103 Dadurch daß diese Bestimmung nur auf den Ruf und das Ansehen des Urhebers abstellte, stehe sie in Widerspruch zu § 9, der nicht nur die persönlichen, sondern eben auch die geistigen Interessen des Urhebers berücksichtigt wissen wolle. 104 Das Fehlen eines allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Urheberrechtsgesetzentwurf bedauerte schließlich Neumann-Duesberg.105 Entsprechend dem Schweizer 99 Schramm in UFITA Bd. 19 (1955), S. 82 (89). Unverständlich schien Schramm auch, daß neben dem Ausdruck „Verwertungsrecht" der des „Nutzungsrechtes" genannt wurde, womit die lizenzweise Einräumung des Rechtes der Nutzung gemeint war. Es stelle sich die Frage, ob die beiden Begriffe nicht identisch seien. 100 Die Formulierungen des Entwurfes seien klar, befriedigten aber doch nicht restlos, vgl. Kleine in JZ 1955, S. 225 (229). 101 Kleine in JZ 1955, S.225 (229). 102 Vgl. de Boor in UFITA Bd. 18 (1954), S. 260 (262). Der Fehler liege darin, daß man das französische „droit moral" unzutreffenderweise mit „Persönlichkeitsrecht" übersetze. Unter Persönlichkeitsrecht werde aber in Deutschland ein ausschließliches Recht verstanden, das die Persönlichkeit selbst in einer bestimmten Beziehung schütze. Das Urheberpersönlichkeitsrecht aber schütze gerade nicht die Person als solche, sondern ihre Beziehung zu einem außerpersönlichen Gut, dem Geisteswerk. Ebenso sei das Verwertungsrecht ein ausschließliches Recht am Geisteswerk, insofern bestehe zwischen beiden kein Unterschied. Damit sei das Urheberrecht ein einheitliches Recht, das sowohl zum Schutz der finanziellen als auch der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers am Werke diene, so wie es in § 9 formuliert sei. 103 Diese Bedenken äußerte de Boor auch bereits in seiner direkt an das BMJ gerichteten Stellungnahme vom 26.09.1954 in Β141/2568 B1.010. Es handele sich nicht nur um Ansehen und Ruf des Urhebers, also um sein persönliches Interesse, sondern um sein geistiges Interesse an der Reinhaltung des Werkes. 104 De Boor in UFITA Bd. 18 (1954), S. 260 (264). Diese subjektive Fassung des § 19 genüge nicht, man müsse auch auf die objektive Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes abstellen. 105 Neumann-Duesberg in UFITA Bd. 18 (1954), S.277 (278). Der Gesetzgeber würde eine gesetzgeberische Tat von höchstem Rang wie selten zuvor vollbringen, wenn er das allgemeine Persönlichkeitsrecht ausdrücklich anerkenne und die besonderen Persönlichkeitsrechte nur als

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

ZBG könnte beispielsweise eine Bestimmung eingefügt werden, wonach derjenige, der in seinen persönlichen Verhältnissen unbefugterweise verletzt wird, auf Beseitigung der Störung klagen kann. Die in dem Urheberrechtsgesetzentwurf normierten besonderen Persönlichkeitsrechte könnten als nähere Anwendung dieses Prinzips daneben bestehen bleiben.106 b) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Ministerialentwurf des BMJ von 1959 Ungeachtet dieser Vorschläge übernahm der Ministerialentwurf des BMJ vom 26.05.1959 die im RefE vorgesehene allgemeine Bestimmung, daß das Urheberrecht den Urheber in der Nutzung seines Werkes und in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt, § 10 MinE. 107 Der Anregung, den Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers vor dem Verwertungsrecht zu erwähnen, folgte der MinE somit nicht. Bei aller Bedeutung, die dem Schutz der persönlichen Interessen zukomme, erscheine das Recht zur Nutzung des Werkes für den Urheber als der wichtigere Teil des Urheberrechts, weil dieses ihm die wirtschaftliche Grundlage für sein Schaffen gebe. Daher habe der MinE auch von dem Vorschlag Abstand genommen, den Unterabschnitt über den Schutz der persönlichen Interessen vor den Abschnitt über die Verwertungsrechte zu stellen.108 Lediglich die Bestimmung über das Veröffentlichungsrecht wurde vorgezogen (§11 MinE). Da dieses Recht sowohl dem Bereich der Verwertungsrechte als auch dem der Persönlichkeitsrechte zuzuordnen sei, sollte es unter einer eigenen Überschrift unmittelbar im Anschluß an die allgemeine Bestimmung angefügt werden. 109 Inhaltlich entsprach das Veröffentlichungsrecht im wesentlichen der Fassung des Referentenentwurfes von 1954. Einem Anliegen des BlnM wurde Rechnung getragen, indem das Wort „öffentlich" in die Formulierung einbezogen wurde. Dadurch sollte klargestellt werden, daß eine nichtöffentliche Mitteilung über den Inhalt des Werkes ebensowenig wie im geltenden Recht von dem Veröffentlichungsrecht des Urhebers erfaßt wird. 110 Ausstrahlungen anfüge. Daß das nicht im BGB, sondern im Urheberrechtsgesetz geschehe, sei gleichgültig. 106 Neumann-Duesberg in UFITA Bd. 18 (1954), S.277 (278). Daneben sei auch die Regelung der besonderen Persönlichkeitsrechte lückenhaft und beschränke sich zu Unrecht auf den Brief- und Bildnisschutz. Ein Fortschritt sei zu vermissen, insbesondere fehle ein Mündlichkeitsschutz, ein Schutz gegen Mißbrauch des Magnettonbandes in persönlichkeitsrechtlicher Hinsicht und schließlich ein allgemeiner Schutz des Eigenlebens. 107 Vgl. die Bemerkungen zu dem Ministerialentwurf S.32: „Der vorliegende Entwurf übernimmt diese Regelung, gegen die keine wesentlichen Einwände erhoben worden sind, unverändert." 108 Vgl. Bemerkungen S.33. 109 Mit Ausnahme des Vervielfältigungsrechts können die Verwertungsrechte bei unveröffentlichten Werken nur gleichzeitig mit dem Veröffentlichungsrecht ausgeübt werden, vgl. Bemerkungen S. 33. 110 Bemerkungen S.33.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Den Schwerpunkt des Schutzes der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers am Werk bildeten nach Auffassung des MinE das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, Entstellungen des Werkes zu verbieten. 111 Diese beiden Rechte waren entsprechend dem RefE unter einer besonderen Überschrift am Ende des Abschnitts über den Inhalt des Urheberrechts zusammengefaßt (§§21 und 22 MinE). Während jedoch der RefE den Begriff des Urheberpersönlichkeitsrechts vermied, sprach der MinE ausdrücklich vom „Urheberpersönlichkeitsrecht" und führte diesen Begriff als Zwischenüberschrift in die Gesetzessprache ein. 112 Abgesehen von dieser Änderung übernahm der MinE die inhaltliche Ausgestaltung der beiden urheberpersönlichkeitsrechlichen Befugnisse, stellte jedoch bei dem Schutz des Urhebers gegen Entstellung des Werkes in § 21 darauf ab, daß die Entstellung geeignet sein müsse, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden. Dadurch sollte klarer zum Ausdruck gebracht werden, daß nicht an den allgemeinen Schutz der Persönlichkeit des Urhebers gedacht sei, sondern an den Schutz des geistigen und persönlichen Bandes, das zwischen dem Urheber und seinem Werk bestehe.113 Es wurde an dieser Stelle auch davon abgesehen, dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste das Recht zu geben, Instandsetzungsarbeiten an seinem Werk selbst vorzunehmen. 114 Soweit bei der Instandsetzung das Werk tatsächlich entstellt werde, könne sich der Urheber bereits nach § 22 wehren. Ihm darüber hinaus, nur auf die Gefahr hin, daß sein Persönlichkeitsrecht verletzt sein könnte, besondere Ansprüche zu geben, erschien nicht erforderlich und könne zu praktischen Schwierigkeiten führen. 115 c) Kritik am Lösungsvorschlag des Ministerialentwurfes Im Mittelpunkt der Kritik um den Ministerialentwurf standen die neu eingefügten Rechte zugunsten des Urhebers und damit vor allem die Urhebernachfolgevergütung, das Folgerecht sowie der Vergütungsanspruch für die gewerbsmäßige Vermietung von Vervielfältigungsstücken. Nach wie vor waren auch die Bestimmungen 111

Bemerkungen S.37. Die Erwägung des RefE, daß das droit moral nicht unmittelbar die Person des Urhebers schütze, sondern seine persönlichen Beziehungen zum Werk, seien nicht ganz zutreffend. In Wahrheit sei auch das droit moral echtes Persönlichkeitsrecht, da es seinem Wesen nach unlöslich mit der Person des Urhebers verbunden bleibe. Es schütze die persönlichen Interessen des Urhebers am Werk als einen Ausschnitt seiner Gesamtpersönlichkeit. Der vorliegende Entwurf spreche daher nunmehr abweichend vom RefE ausdrücklich vom Urheberpersönlichkeitsrecht, vgl. Bemerkungen S.37. 113 Vgl. Bemerkungen S.38. 114 Vgl. den Vorschlag des BlnM in seiner Stellungnahme in Β141/2580 Bl. 064 (Rückseite). 115 Bemerkungen S.38. Ebenso erschien es verfehlt, in das Gesetz ein Vernichtungsverbot für Werke der bildenden Künste aufzunehmen, soweit an ihrer Erhaltung ein besonderes öffentliches Interesse bestehe. Die Erhaltung kulturell wertvoller Kunstwerke sei nicht Aufgabe des privatrechtlichen Urheberrechts, sondern des zum Gebiet des öffentlichen Rechts gehörenden Denkmalschutzes. 112

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

über die Einschränkung des Urheberrechts besonders umstritten, so daß der Regelung über den Inhalt des Urheberrechts und dem systematischen Aufbau dieses Abschnittes verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Über die grundsätzliche Definition des Urheberrechts herrschte nunmehr Einigkeit, es sollte in jedem Fall gesetzlich festgelegt werden, daß das Urheberrecht den Urheber in der Nutzung seines Werkes und eben auch in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt. Zudem sollten vor allem auch die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse im Gesetz einzeln genannt werden. Beides war aber sowohl im Referentenentwurf als auch im Ministerialentwurf bereits umgesetzt, so daß es letztlich nur um einen dogmatischen Streit ging, welcher von diesen beiden Seiten des Urheberrechts mehr Gewicht zugesprochen werden sollte und wie dementsprechend der Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechts aufzubauen sei. Der Bundesminister des Innern wiederholte in seiner Stellungnahme zu dem MinE vom 03.05.1960 den Wunsch, in der allgemeinen Begriffsbestimmung des Urheberrechts die geistigen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk vor den Verwertungsrechten zu nennen.116 Es handele sich hier nicht nur um eine Frage der Systematik, sondern zugleich um eine politische Frage. Die praktische Bedeutung der Nutzungsrechte werde sicherlich nicht verkannt, auch wenn sie erst nach den geistigen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk genannt würden. Es erscheine aber verfehlt, diesen in der Hauptsache wirtschaftlichen Rechten gegenüber den geistigen Beziehungen einen Vorrang einzuräumen. 117 Die jetzige Bestimmung könne zweifellos, durch den Text der Begründung unterstützt, als Ausdruck materialistischen und kapitalistischen Denkens verstanden werden und dadurch ungewollt einen Aussagewert erhalten, der vermieden werden sollte. 118 Mit Rücksicht darauf, daß eine Umstellung rechtlich unerheblich sei, hielt der BlnM daher an seinem Vorschlag fest, die allgemeine Begriffsbestimmung dahingehend zu fassen, daß das Urheberrecht den Urheber in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk und in dessen Nutzung schütze. Insbesondere gegen die Sonderstellung des Veröffentlichungsrechts in § 11 unter einer selbständigen Überschrift wandte sich der 1. Zivilsenat des BGH in einem Schreiben vom 06.10.1960.119 Wie schon in der Kritik zum RefE angesprochen, sollte das Veröffentlichungsrecht innerhalb der Bestimmung des § 10 „Allgemeines" in einem zweiten Absatz angeführt werden. Da das Veröffentlichungsrecht eines der Grundrechte des Urhebers und da es sowohl vermögensrechtlicher als auch 116 Stellungnahme des BlnM vom 03.05.1960 in Β 141/2628 B1.064. Es erscheine notwendig, die beiden Rechtsgruppen miteinander zu vertauschen. 117 Eine derartige Hervorhebung wirtschaftlicher Interessen entspreche nicht der Grundkonzeption der gesetzlichen Neuordnung des deutschen Urheberrechts, vgl. Stellungnahme des BlnM vom 03.05.1960 in Β141/2628 Bl. 064. Sie widerspreche darüber hinaus der Bedeutung, die dem geistigen und kulturellen Leben in der Existenz menschlicher Gemeinschaft nach unserer Auffassung zukomme. 118 Stellungnahme des BlnM vom 03.05.1960 B1.064 (Rückseite). 119 Stellungnahme des BGH vom 06.10.1961 in Β141/2637 B1.073.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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persönlichkeitsrechtlicher Natur sei, sollte es nicht in einer gesonderten Bestimmung normiert, sondern bereits in der allgemeinen Definition des Urheberrechts angeführt werden. 120 Zur Verdeutlichung verwies der BGH auf eine Entscheidung vom 26.11.1954, in der es um das Veröffentlichungsrecht an den Tagebüchern und Briefen der am 01.04.1930 verstorbenen Cosima Wagner ging. 121 Dort wurde festgestellt, daß bei Werken, die unter Urheberrechtsschutz stehen, das sogenannte Veröffentlichungsrecht des Verfassers, soweit es nicht bereits aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erwachse, auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung aus den persönlichkeitsrechtlichen Bestandteilen des Urheberrechts hervorgehe. 122 Seinem Inhalt nach habe es damit sowohl personenrechtlichen wie vermögensrechtlichen Charakter. 123 Eine Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungsvorschläge zum MinE vom 06.01.1961124 zeigt, daß das BMJ als Reaktion auf diese Vorschläge eine Neugliederung des dritten Abschnitts über den Inhalt des Urheberrechts beabsichtigte. Danach sollten im Anschluß an die allgemeine Begriffsbestimmung des Urheberrechts in § 10 in den §§11,IIa, I I b zunächst die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse geregelt werden. 125 Unter der Überschrift „Urheberpersönlichkeitsrecht" wurde dann auch wieder das Veröffentlichungsrecht in § 11 gefaßt. Als nächstes wurden die Verwertungsrechte genannt und zuletzt unter der Überschrift „Sonstige Rechte des Urhebers" sollten weitere Rechte zusammengefaßt werden, die bisher an anderer Stelle geregelt waren, systematisch jedoch zum Inhalt des Urheberrechts gehörten 126, wie das Recht auf Zugang zu den Werkstücken, das sogenannte Folgerecht sowie den Anspruch des Urhebers bei einer Vermietung seines Werkes.

120

Vgl. Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β 141/2637 B1.073. BGHZ 15, 249ff., auch GRUR 1955, S. 201 ff. Die Witwe Richard Wagners hatte diese Tagebücher sowie eine Sammlung von Briefen ihrer Tochter Eva von Bülow, verheiratete Chamberlain, geschenkt und zur eigenen Aufbewahrung anvertraut, welche diese Schriftstücke wiederum als Geschenk an die Richard-Wagner-Gedenkstätte der Stadt Bayreuth weitergab. Die Witwe (befreite Vorerbin) des bald darauf verstorbenen Alleinerben der Cosima Wagner, ihres Sohnes Siegfried, wandte sich nunmehr als Klägerin an den Testamentsvollstrecker für den Nachlaß Eva Chamberlains und nahm aufgrund des Erbganges das Urheberrecht an den Tagebüchern für sich in Anspruch. 122 BGHZ 15, 249 (258). 123 Trotz des starken persönlichkeitsrechtlichen Einschlags des Veröffentlichungsrechts sei jedoch seine Übertragung unter Lebenden (nach geltendem Recht LUG) nicht ausgeschlossen. Das Veröffentlichungsrecht sei vielmehr an den urheberrechtlichen Nutzungsrechten an dem Werk, die übertragbar sind, in der Regel mitenthalten. Die Verfügung über ein Benutzungsrecht schließe im allgemeinen zwangsläufig eine Verfügung über das Veröffentlichungsrecht ein, da anderenfalls die meisten am Urheberrechtsgut eingeräumten Verwertungsrechte nicht ausgeübt werden könnten, vgl. BGHZ 15, 249 (258). 124 Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungsvorschläge zum MinE in Β 141/2643 Bl. 092-134. 125 Änderungsvorschläge zum MinE in Β 141/2643 B1.093. 126 Änderungsvorschläge zum MinE in Β 141/2643 B1.094. 121

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

d) Das Urheberpersönlichkeitsrecht im Regierungsentwurf von 1961 und im Urheberrechtsgesetz von 1965 Anders als der MinE von 1959 brachte dann der Regierungsentwurf vom 15.12.1961 die Bedeutung der ideellen Interessen des Urhebers dadurch zum Ausdruck, daß er innerhalb der allgemeinen Definition des Urheberrechts den Schutz der geistigen und persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk an erster Stelle nannte.127 Im Anschluß regelte der Regierungsentwurf nunmehr übereinstimmend mit den bereits in Aussicht genommenen Änderungsvorschlägen zum MinE vom 06.01.1961 zuerst die aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht hervorgehenden Befugnisse, dann die Verwertungsrechte und schließlich unter der Überschrift „Sonstige Rechte des Urhebers" die drei weiteren Rechte des Urhebers, die weder den rein persönlichkeitsrechtlichen Befugnissen zuzurechnen waren, noch Teile des ausschließlichen Verwertungsrechts nach § 15 darstellten. 128 Entgegen dem MinE faßte der RegE entsprechend der vorgetragenen Kritik das Veröffentlichungsrecht wieder unter der Überschrift „Urheberpersönlichkeitsrecht" mit dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und dem Schutz gegen Entstellung des Werkes zusammen.129 In der Begründung wurde dann darauf hingewiesen, daß das Veröffentlichungsrecht besonders eng mit den Verwertungsrechten verbunden sei. Ein Werk könne nur dadurch veröffentlicht werden, d. h. der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden, daß es verbreitet, öffentlich ausgestellt oder öffentlich wiedergegeben, also zugleich verwertet werde. Die Veröffentlichung schließe somit stets eine Verwertung des Werkes ein. 130 Trotzdem war das Veröffentlichungsrecht nicht mehr unter einer selbständigen Überschrift geregelt, sondern unter der Überschrift „Urheberpersönlichkeitsrecht" aufgeführt. 131 Der Vorschlag des RegE wurde dann ohne weitere Überarbeitung in das Urheberrechtsgesetz von 1965 aufgenommen. Damit war endgültig gesetzlich festgelegt, 127

§ 11 des RegE und auch des heutigen Urheberrechtsgesetzes stellt klar, daß das Urheberrecht den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zu seinem Werk und in der Nutzung des Werkes schützt (BR-Drucks. 1/62 S.6 und S.43). 128 § 25 regelte das Recht des Urhebers auf Zugang zu den Werkstücken, § 26 das Folgerecht und in § 27 war der Anspruch des Urhebers bei einer Vermietung von Vervielfältigungsstücken zu finden. 129 Den Bedenken, den Begriff des „Urheberpersönlichkeitsrechts" ausdrücklich zu nennen, trat auch der RegE entgegen. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die dem Schutz der ideellen Interessen dienenden Befugnisse des Urhebers, wenn das Urheberrechtsgesetz sie nicht erwähnen würde, von der Rechtsprechung aus dem heute allgemein anerkannten allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitet werden würden. Das Urheberpersönlichkeitsrecht sei auch insofern allgemeines Persönlichkeitsrecht, als es grundsätzlich stets untrennbar mit der Person des Urhebers verbunden bleibe. Es sei im Verhältnis zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht in ähnlicher Weise als ein besonderes Persönlichkeitsrecht anzusehen, wie etwa das Namensrecht nach § 12 BGB, vgl. die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.44. 130 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.44. 131 Inhaltlich gesehen übernahm der RegE die Ausgestaltung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse aus dem MinE.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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daß das Urheberrecht weder die Person des Urhebers noch das Werk als solches, sondern den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk sowie in dessen Nutzung schützt. Als Schutzgegenstand des Urheberrechts ist folglich das „geistige Band", das den Urheber mit seinem Werk verbindet, anzusehen. 1 3 2 Diese Einteilung der urheberrechtlichen Befugnisse durch den Gesetzgeber in Urheberpersönlichkeitsrechte, Verwertungsrechte und sonstige Rechte kann jedoch, wie aus der dargelegten Diskussion um den systematischen Aufbau deutlich wird, keinen begrenzenden, sondern nur ordnenden Charakter haben.133

II. Schutz von vermögensrechtlichen Interessen Zu den Befugnissen, die aus dem Urheberrecht fließen, gehören neben dem Urheberpersönlichkeitsrecht auch eine Reihe von Verwertungsrechten. Die Verwertungsrechte sind als ein Teil des umfassenden Urheberrechts ausschließliche Rechte. Sie gewähren dem Urheber das alleinige Recht, sein Werk zu nutzen und gleichermaßen Dritte von der Benutzung auszuschließen.134 Der Begriff der Verwertungsrechte war ursprünglich nicht einheitlich anerkannt. 135 Es wurde auch von Benutzungsrechten136 oder Werknutzungsrechten 137 gesprochen. Im Anschluß an de Boor 138 setzte sich schließlich die Bezeichnung der „Verwertungsrechte" durch und fand Eingang in das Urheberrechtsgesetz von 1965. Der geschichtliche Ausgangspunkt der Verwertungsrechte war das Nachdruckverbot. Es konnte als eine Erweiterung des Nachdruckverbots betrachtet werden, wenn in der neueren Gesetzgebung dem Urheber die Vervielfältigung ohne Rücksicht auf das ihr zugrunde liegende Verfahren sowie die Verbreitung der Vervielfältigungsstücke vorbehalten wurde. 139 Anlaß für die gesetzliche Regelung der Ver132 Vgl. Schack, Rz. 302. Dieser Werkbezug unterscheidet das Urheberrecht von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Als Spezialregelung geht das Urheberpersönlichkeitsrecht vielmehr dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vor, vgl. SchrickerIDietz, Vor §§ 12 ff. Rz. 14 f.; zur Vertiefung auch Krüger-Nieland in FS Hauß, S.215 (221). Soweit Spezialregelungen eingreifen seien allein sie maßgebend... Insoweit überlagere das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Urheberpersönlichkeitsrecht in ähnlicher Weise, wie dies auch im Namensrecht bereits in der Rechtsprechung des BGH anerkannt worden sei. 133 Schack, Rz. 304. 134 Vgl. Schricker/von Ungern-Sternberg, § 15 Rz. 1. 135 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 136. Die Bezeichnung sei mißverständlich, sie erwecke den Anschein, als handele es sich um rein vermögensrechtliche Befugnisse. In Wahrheit dienten aber die Befugnisse, wie bereits gezeigt, nicht nur materiellen, sondern auch ideellen Interessen des Urhebers. Die Entscheidung über die Wiedergabe des Werkes war ihm auch aus ideellen Gründen vorbehalten. 136 So Marwitz!Möhring, S. 108 und auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 135 ff. 137 BeispielsweiseS.63ff. 138 De Boor , Vom Wesen des Urheberrechts, S.44. 139 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 136.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

wertungsrechte war die Erkenntnis, daß die Leistung des Urhebers in den meisten Fällen nicht als Selbstzweck bewirkt wurde, sondern mehr oder weniger von wirtschaftlichen Beweggründen beeinflußt war. Auch der größte Künstler mußte in der Regel von dem Ertrag seines Schaffens leben und war daher gezwungen, sein Werk wirtschaftlich auszuwerten. 140 Die Verwertungsrechte waren somit damals wie heute die wichtigste Grundlage dafür, daß der Urheber aus seinem Werk einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen konnte. Gleichzeitig dienten sie aber auch dem Schutz der ideellen Interessen des Urhebers, da sie ihm ermöglichten, über Werknutzer und Werknutzungsarten zu entscheiden.141 7. Der geltende Rechtszustand nach LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) Dem Verbot des Nachdrucks wurden allmählich, unter vorsichtiger Abwägung zwischen den Interessen der Urheber und denen der Allgemeinheit, andere Benutzungsarten gleichgestellt. Somit gewährten die älteren deutschen Gesetze nur einzeln aufgezählte, eng umrissene Verwertungsrechte. 142 Ein allgemeines Verwertungsrecht, durch das dem Urheber alle Verwertungsarten vorbehalten waren, kannten weder das LUG von 1901 noch das KUG von 1907. Dies führte dazu, daß die Befugnisse des Urhebers und damit die Tatbestände, die eine Urheberrechtsverletzung begründeten, eng umrissen waren. 143 Bei der Aufzählung der einzelnen Verwertungsbefugnisse folgten die Gesetze der historischen Entwicklung der Verwertungsmöglichkeiten. Entsprechend dem Nachdruckverbot waren dem Urheber vor allem die körperlichen Werkvermittlungsarten, nämlich die Vervielfältigung und Verbreitung von Werkstücken, vorbehalten. 144 Als ausschließliche Befugnisse des Urhebers nannte § 11 LUG bezüglich sämtlicher Werkarten im Sinne des § 1 LUG das Recht zur Vervielfältigung, das Recht zur ge140

Runge, S. 63. Als Grundgedanke wird auch heute der Grundsatz genannt, daß der Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen, der aus seinem Werk gezogen wird, zu beteiligen sei. Vgl. dazu mit zahlreichen Hinweisen aus Rechtsprechung und Literatur Schricker/von Ungern-Sternberg, § 15, Rz.6. 141 Vgl. Schricker/von Ungern-Sternberg, § 15 Rz. 2. Damit waren die Verwertungsrechte keine reinen Vermögensrechte, sondern hatten zugleich vermögensrechtlichen und auch urheberpersönlichkeitsrechtlichen Gehalt. 142 Vgl. dazu Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 136f. 143 Ulmer (Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 136f.) sah in dieser Methode zunächst einen Vorteil des deutschen Rechts gegenüber beispielsweise dem französischen Recht, welches von einer Aufzählung der einzelnen Befugnisse absah. Aus dem französischen droit d'auteur flöß das Recht zur gewerblichen Verwertung (monopole d'exploration) schlechthin. Ein Nachteil sei aber, daß die Anpassung an neue, durch die Technik geschaffene Mitteilungsform erschwert werde. 144 Vgl. Runge, S. 65. Ursprünglich wurde lediglich der Begriff des Nachdrucks in §4 LUG von 1870 durch den Begriff der Vervielfältigung ersetzt und dahin erläutert, daß auch schon die Herstellung eines weiteren Exemplars nach Form und Inhalt des Originals unzulässig sei.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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werbsmäßigen Verbreitung sowie das Recht, das Werk erstmalig öffentlich mitzuteilen (§11 Abs. 1 LUG). Bei Bühnenwerken und Werken der Tonkunst stand dem Urheber darüber hinaus das Recht zur öffentlichen Aufführung zu (§ 11 Abs. 2), und hinsichtlich Schriftwerken und Vorträgen war dem Urheber das Recht des öffentlichen Vortrags vorbehalten, solange das Werk noch nicht erschienen war (§11 Abs. 3). 145 Entsprechend sah § 15 Abs. 1 KUG an Werken im Sinne von § 1 KUG als ausschließliche Befugnisse des Urhebers ebenfalls das Recht der Vervielfältigung vor. Außerdem war es allein dem Urheber vorbehalten, das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten oder gewerbsmäßig mittels mechanischer Einrichtungen vorzuführen (vgl. § 15 Abs. 1 KUG). 1 4 6 Systematisch ließ sich eine Unterteilung in die „körperliche Wiedergabe", wie Vervielfältigung und Verbreitung, und in die „unkörperliche Wiedergabe" vornehmen. Letztere meinte die Wiedergabe für Auge und Ohr und umfaßte somit das Vortragsrecht, das Aufführungsrecht, das Vorführungsrecht, das Recht zur öffentlichen Wiedergabe des Werkes mittels Bild- und Tonträgern, das Senderecht sowie schließlich das Recht zur öffentlichen Rundfunk-, Fernseh- und Lautsprecherwiedergabe. 1 4 7 Neben diesen ausschließlichen Befugnissen zur Verwertung des Werkes stand dem Urheber nach §§12 LUG und 15 Abs. 2 KUG auch das Recht zu, die Verwertung einer Bearbeitung oder sonstigen Umgestaltung seines Werkes zu verbieten. 148 Dazu gehörte insbesondere die Übersetzung des Werkes in eine andere Sprache, vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1 LUG. 1 4 9 Für Werke der bildenden Künste erwähnte § 15 Abs. 2 KUG das Nachbildungsrecht. 150 Noch nicht berücksichtigt war in den geltenden deutschen Urheberrechtsgesetzen die Sendung durch den Rundfunk. Die Rundfunk- und Fernsehsendung hatte sich erst nach Erlaß von LUG und KUG als neue Verwertungsart entwickelt und war daher vom Gesetzgeber noch nicht berücksichtigt worden. Da durch die Sendung der Werkgenuß einer praktisch fast unbeschränkten Anzahl von Personen ermöglicht 145

Vgl. die Übersicht über die in § 11 LUG gewährten Rechte bei Marwitz/Möhring, S. 108. Vgl. zur Vertiefung die Übersicht bei Marwitz, S. 106ff. 147 So die Einteilung bei Runge, S. 64 und auch bei Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 122ff. 148 Zum Inhalt des Urheberrechts gehörte auch das Bearbeitungsrecht, d.h. die Befugnis, die Verwertung von Bearbeitungen des Werkes zu erlauben oder zu verbieten, vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 132. 149 Das Übersetzungsrecht war bereits in § 12 LUG von 1901 enthalten, vgl. Lindemann, Einleitung S.23 und zu § 12 S.45. Weiterhin war dem Urheber das Dramatisierungsrecht (§ 12 Abs. 1 Nr. 3), das Instrumentations- und Adaptionsrecht (§12 Abs. 1 Nr. 4), das mechanische Vervielfältigungsrecht (§ 12 Abs. 1 Nr. 5) sowie das Verfilmungsrecht (§12 Abs. 1 Nr. 6) vorbehalten. Zur Vertiefung vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht und auch Marwitz/Möhring, S. 128ff. 150 Vgl. dazu Marwitz, § 15 Abs. 2, S. 120 f. Das Verhältnis des Rechts des Nachbildners zu dem des Urschöpfers könne mit einem dem Patentrecht entlehnten Ausdruck als das der „Abhängigkeit" bezeichnet werden. 146

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

wurde, mußte sie dem Urheber vorbehalten sein. 151 Das Reichsgericht hatte sich erstmals im Jahr 1926 anläßlich der Wiedergabe von Hugo v. Hoffmannsthals „Der Tor und der Tod" durch den Rundfunk mit der Frage des Senderechts zu beschäftigen. Da das Werk bereits erschienen war, war der Vortrag frei. Es mußte also geklärt werden, ob diese Freiheit auch für die Sendung durch Rundfunk gelten sollte. Im Ergebnis erkannte das Reichsgericht ein Senderecht des Urhebers an, indem es die Sendung unter das Verbreitungs- und Aufführungsrecht subsumierte. Der Begriff der Verbreitung müsse angesichts der neuen, durch die Technik geschaffenen Mitteilungsformen in einem weiteren Sinne als bisher ausgelegt werden. 152 Damit war, ohne daß es einer Gesetzesänderung bedurft hätte, zunächst klargestellt, daß die Sendung von geschützten Werken ohne Rücksicht auf das Erscheinen der Zustimmung des Urhebers bedurfte. 153 Bei Werken der Tonkunst nahm das Reichsgericht an, daß ihre Sendung nicht nur eine Verbreitung, sondern zugleich eine Aufführung im Sinne des § 11 LUG sei. 154 Diese Einordnung unter den Aufführungsbegriff führte dann bei der Sendung von Werken mittels Schallplatten zu der Frage, ob die Sendung auch unter die Aufführungsfreiheit des § 22 a LUG fallen sollte. 155 Das Reichsgericht führte dazu aus, daß der Begriff der Aufführung in § 22 a LUG einen engeren Sinn habe als der Aufführungsbegriff in § 11 LUG. 1 5 6 Damit fiel die Entscheidung gegen den Rundfunk zugunsten der Schallplattenindustrie. Die Sendung von Werken mittels Schallplatten durch den Rundfunk bedurfte sowohl der Zustimmung des Komponisten als auch der Schallplattenhersteller, denen durch die ausübenden Künstler das Recht an den Schallplatten übertragen war. 157 151

Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 129. Entscheidung des RG vom 12.05.1926 in RGZ 113, S.413 (418). Das Reichsgericht führte dazu aus, daß es „der klar ersichtliche Zweck und Grundgedanke des Gesetzes sei, dem Schöpfer eines Schriftwerkes dessen volle wirtschaftliche Ausbeute mit nur wenigen bestimmt geregelten Einschränkungen unverkürzt zukommen zu lassen." Hätte man sich eine technische Neuerung wie den Rundfunk samt den tiefgreifenden Wirkungen vorzustellen vermocht, wäre man unbedenklich zu einer weiteren Fassung des Begriffs „verbreiten" gekommen. An dieser Auffassung wurde auch später festgehalten, vgl. Entscheidung des RG vom 16.02.1929 in RGZ 123, S.312 (315 ff.). 153 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 151. Im Schrifttum waren die Ansichten über die Einordnung der Rundfunksendungen allerdings geteilt. Vgl. dazu den Überblick über die Theorien in ArchFunkR 1928, S. 21 Off. Zum Teil wurde die Sendung von Sprachwerken als Vortrag, zum Teil als Vervielfältigung und zum Teil mit dem Reichsgericht als Verbreitung gesehen. 154 Entscheidung des RG vom 11.06.1932 in RGZ 136, S. 377 (381 ff.) und auch Entscheidung des RG vom 14.11.1936 in RGZ 153, S. 1 ff. 155 Nach § 22 a LUG durften Vorrichtungen, die aufgrund einer nach § 22 erteilten Zwangslizenz hergestellt waren, ohne eine weitere Erlaubnis zu öffentlichen Aufführungen benutzt werden. 156 Entscheidung vom 14.11.1936 in RGZ 153, S. 1 (15ff.). Die Sendung durch Rundfunk sei zwar eine öffentliche Aufführung im Sinne des § 11 LUG, aber keine öffentliche Aufführung im Sinne des § 22 a LUG. 157 Vgl. auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 153. 152

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Die Weitersendung, also die Übernahme einer Sendung durch eine zweite Rundfunkanstalt, wurde als neuer Wiedergabeakt angesehen, da das Werk dadurch einem neuen Verbraucherkreis zugänglich gemacht werde, für den der Urheber nicht ohne weiteres durch die erste Rundfunkanstalt als abgegolten angesehen werden könne. Es sollte daher die besondere Zustimmung des Urhebers erforderlich sein.158 Aufsehen erregte schließlich eine Entscheidung des Reichsgerichts, wonach die Rundfunksendung durch Lautsprecher freigegeben wurde. 159 Das Reichsgericht hatte angenommen, daß die öffentliche Wiedergabe der Sendung nur ihre weitere Auswirkung sei und keiner besonderen Genehmigung bedürfe. 160 In der Literatur stieß diese Entscheidung auf heftigen Widerstand. Es könne beispielsweise für die Tantiemepflicht eines Gastwirtes keinen Unterschied machen, ob die Musik in seinem Lokal durch eine Kapelle oder durch einen Lautsprecher wiedergegeben werde. In beiden Fällen nutze er die geistige Arbeit des Komponisten. Der Grundsatz, daß der Urheber überall da, wo sein Werk verwertet wird, eine Vergütung verlangen kann, müsse auch hier berücksichtigt werden. 161 Insgesamt zeigten sich also in diesen einzelnen Sachverhalten, über die das Reichsgericht zu entscheiden hatte, die Schwierigkeiten, die eine abschließende Aufzählung der Verwertungsbefugnisse durch den Gesetzgeber bei der Anpassung an neue, durch die Entwicklung der Technik geschaffene Nutzungsarten mit sich brachte. 2. Internationale Vorgaben Die Romkonferenz zur Berner Übereinkunft von 1928 brachte mit Art. 11 bis für die Urheber von Werken der Literatur und Kunst das ausschließliche Recht, zu gestatten, daß ihre Werke der Öffentlichkeit im Wege der Radiodiffusion mitgeteilt werden. 162 Damit war den Streitfragen, die sich an die urheberrechtliche Behandlung der Sendung durch Rundfunk geknüpft hatten, der Boden entzogen und die Sendung durch den Rundfunk als eine besondere Verwertungsart anerkannt. 163 Als Rundfunksendung war in Art. 11 bis Abs. 1 Nr. 1 RBÜ die drahtlose Verbreitung von Zeichen, Tönen oder Bildern definiert. 164 Auf der Brüsseler Konferenz im Jahr 1948 wurde die ursprüngliche Fassung des Senderechts erneut überarbeitet und kürzer gefaßt. Die Urheber genossen nunmehr 158

Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 130. Sogenannte Lautsprecherentscheidung vom 11.06.1932 in RGZ 136, S.377ff. 160 Entscheidung vom 11.06.1932 in RGZ 136, S, 377 (384ff.). 161 Vgl. statt aller Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 152. 162 Unter Radiodiffusion im Sinne des Art. 11 bis der RBÜ von 1928 war die Zeichen-, Schrift-, Bild- oder Schallübertragung mittels der von einer Sendestelle ausgeschickten Hertzschen Wellen zu verstehen. Zur Bezeichnung aller dieser Arten radioelektrischer Übermittlungen kam in Deutschland der Begriff „Rundfunk" auf. 163 Vgl. Bappert/Wagner, Art. 11 bis RBÜ, Rz. 1. 164 Nordemann/Vinck/Hertin Art. 11 bis RBÜ, y Art. 11 bis RBÜ, Rz.2; Bappert/Wagner, Rz.2. 159

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

das ausschließliche Recht, die Rundfunksendung ihrer Werke zu erlauben. 165 Dadurch sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß lediglich die Vornahme der Sendung, nicht aber ihr Auffangen oder ihre Hörbarmachung das entscheidende Kriterium bildete. 166 Auch kam auf der Brüsseler Konferenz die Überlegung zur Sprache, dem Urheber das ausschließliche Recht vorzubehalten, jede neue öffentliche Mitteilung des gesendeten Werkes, sei es mittels Draht oder auch drahtlos zu gestatten. Dadurch sollten sich die Urheber jeder Nutzbarmachung des gesendeten Werkes, die es einem weiteren, als dem ursprünglichen Hörerkreis zugänglich gemacht hätte, widersetzen können.167 Der Kommission schien dieser Vorschlag allerdings zu weit zu gehen. Bei der Abstimmung sprach man sich für die Empfehlung der belgischen Delegation aus, wonach die Notwendigkeit einer neuen Ermächtigung durch die Urheber nur für den Fall vorgesehen war, daß die öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wurde (Art. 11 bis Abs. 1 Nr. 2 RBÜ). 168 Schließlich gewährte Art. 11 bis Abs. 1 Nr. 3 den Urhebern verbandseigener Werke der Literatur und der Kunst das ausschließliche Recht, die öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder irgendeine andere ähnliche Einrichtung zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern zu gestatten. Hier sollten die Fälle erfaßt werden, in denen beispielsweise der Gastwirt seinen Gästen zur Unterhaltung das Rundfunk- oder Fernsehprogramm anbot, welches geschützte Werke wiedergab. 169 Das geschützte Werk wurde hier nicht mehr gesendet, denn die hertzsche Welle wurde zwar zur Wahrnehmung der Sendung, nicht aber zum Betrieb des Lautsprechers verwendet. 170 Auch diese sonstigen Fälle der öffentlichen Wiedergabe seines Werkes sollten ausschließlich dem Urheber vorbehalten bleiben. Neben der in Art. 11 bis Abs. 2 vorgesehenen Möglichkeit der Verbandsstaaten, Zwangslizenzen zugunsten des Rundfunks einzuführen, 171 wurde in Abs. 3 eine Auslegungsregel festgehalten, wonach für den Fall, daß in einem zwischen Rundfunkgesellschaft und Urheber über die Sendung seines Werkes geschlossenen Ver165

Vgl. französische Originalfassung in GRUR 1949, S.51 f. Vgl. Radiodiffusion et droit d'auteur in DdA 1948, S. 129 (132) und zur Vertiefung auch die deutsche Erläuterung bei Baum in GRUR 1949, S. 1(19). Diese neue Fassung fand die einhellige Zustimmung der Konferenz. Dies erschien gerade auch im Hinblick auf die Lautsprecherentscheidung des Reichsgerichts interessant, wo noch davon ausgegangen worden war, daß der Tatbestand jener „communication" erst erfüllt sei, wenn die Wellen bis zum Empfänger gelangten und von ihm aufgefangen würden, vgl. Entscheidung vom 11.06.1932 in RGZ 136, S. 377 ff. 167 Vgl. zu diesem Vorschlag Baum in GRUR 1949, S. 1 (19). 168 Zur Vertiefung Baum in GRUR 1949, S. 1 (19). 169 Bappert/Wagner, Art. 11 bis RBÜ, Rz. 6. 170 Vgl. Bappert/Wagner, Art. 11 bis RBÜ, Rz. 6. Das geschützte Werk wurde mit Hilfe dieser technischen Einrichtungen vielmehr öffentlich vorgetragen, aufgeführt oder vorgeführt. 171 Vgl. zu den Diskussionen über die Behandlung dieses Absatzes (Monaco forderte, daß die Zwangslizenz iure conventionis normiert würde, während Frankreich für die totale Streichung des Abs. 2 eintrat) die Ausführungen bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (19ff.). 166

Α. Inhalt des Urheberrechts

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trag keine Vereinbarung über die Erlaubnis zur mechanisch-technischen Fixierung des Werkes getroffen worden war, diese nicht gestattet sein sollte. Die Vermutung wurde allerdings durch einen Zusatz wieder eingeschränkt, der den einzelnen Verbandsländern die Möglichkeit gab, den Rundfunkanstalten die Befugnis einzuräumen, für die eigenen Sendungen mit eigenen Mitteln Schall- oder Bildaufnahmen herzustellen. 172 Wenn diese Einschränkung aber gestattet werden sollte, ohne das Vervielfältigungsrecht des Urhebers im Rundfunkbereich vollständig aufzuheben, mußte es sich um kurzfristige Aufnahmen handeln, die nach der Sendung wieder gelöscht wurden. 173 Daher durften nur sogenannte éphémère, also kurzlebige und vergängliche174 Schall- und Bildaufnahmen vorgenommen werden. 175 Ebenfalls durch die Brüsseler Konferenz in den Konventionstext eingefügt wurde die Bestimmung des Art. 1 Iter, die dem Urheber eines Werkes der Literatur das ausschließliche Recht gewährte, den öffentlichen Vortrag seines Werkes zu gewähren. 176 Dieses Recht entsprach inhaltlich dem Aufführungsrecht bei Ton- und Bühnenwerken und dem Vorführungsrecht bei Filmwerken. 177 Während den Beratungen wurde Art. liter kaum erörtert, sondern vielmehr stillschweigend angenommen.178 Wesentlich umstrittener war dagegen die Vorschrift des Art. 13, die den Urhebern musikalischer Werke die ausschließliche Befugnis zusprach, die Übertragung dieser Werke auf Instrumente zu gestatten, die ihrer mechanischen Wiedergabe dienten.179 Während die ursprüngliche Fassung der Berner Übereinkunft von 1866 keine Bestimmungen über den Schutz musikalischer Werke gegen eine mechanische Wiedergabe enthielt, wurde erstmals auf der Berliner Konferenz von 1908 das ausschließliche Recht des verbandseigenen Urhebers festgelegt, die Aufnahme seines Werkes auf Vorrichtungen zu ihrer mechanischen Wiedergabe und die öffentliche Aufführung des Werkes mit Hilfe dieser Vorrichtungen zu erlauben. 180 Dabei war es jedem 172

Vgl. den französischen Originaltext in GRUR 1949, S. 52. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 11 bis RBÜ, Rz. 9. 174 Der Begriff „éphémère" stammte aus dem französischen und hieß soviel wie kurzlebig, vergänglich (vgl. ephemere = Eintagsfliege). 175 Die Bestimmung des Art. 11 bis Abs. 3 gehörte eigentlich nicht zum Senderecht, sondern eher zum Vervielfältigungsrecht des Art. 9 RBÜ, auch wenn es sich um den Sonderfall des Rundfunkbereiches handelte. Die Verbandsländer sollten in der Lage sein, ihren Rundfunkanstalten für zeitversetzte Sendungen, Nachtprogramme oder Feiertagsprogramme die Herstellung von Aufnahmen zu ermöglichen, vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 11 bis RBÜ, Rz. 9. Zudem konnten die Gesetzgebungen erlauben, daß diese Schall- oder Bildträger aufgrund ihres außergewöhnlichen Dokumentationscharakters in amtlichen Archiven aufbewahrt wurden. 176 Vgl. den französischen Originaltext in GRUR 1949, S.52. 177 Bappert/Wagner, Art. 1 Iter RBÜ, Rz. 1. 178 Vgl. Baum in GRUR 1949,1 (23): „Der Vorschlag wurde vielmehr sang- und klanglos zu Grabe getragen." 179 Allein zu der Regelung des Abs. 1 lagen neun verschiedene Anträge vor. Vgl. dazu Baum in GRUR 1949, S. 1 (24). 180 Angesichts der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Fabrikation mechanischer Instrumente, insbesondere der Herstellung von Schallplatten, schien es nicht mehr länger 173

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Verbandsland vorbehalten, für seinen Bereich Voraussetzungen und Einschränkungen dieses Rechts festzulegen. Erst auf der Brüsseler Revisionskonferenz von 1948 wurde dann die Freiheit der Verbandsländer, die ihnen angemessene Gestaltung zu wählen, dahin beschränkt, daß der Verbandsurheber zumindest eine angemessene Vergütung zu beanspruchen habe.181 Dementsprechend fand sich in der Vorschrift des Art. 13 der Brüsseler Konferenz ein Mindestrecht, welches es jedoch dem nationalen Recht überließ, allgemein oder für bestimmte Fälle Beschränkungen anzuordnen oder die Einzelheiten der Ausübung festzulegen. 182 Zusammenfassend läßt sich also feststellen, daß auch die nach der RBÜ gewährten Mindestrechte einzeln und abschließend aufgezählt waren. 3. Die Regelung der Verwertungsrechte in den Entwürfen des Reichsjustizministeriums von 1932,1933 und 1934 sowie in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 brachte zwar gegenüber dem geltenden Recht eine Erweiterung der Verwertungsrechte, beließ es aber dennoch bei einer abschließenden Aufzählung. Ein einheitliches Verwertungsrecht kannte der Entwurf von 1932 noch nicht. 183 Vielmehr war auch hier die Verwertung durch eine Reihe von mehr oder weniger selbständigen ausschließlichen Rechten geschützt und ihre Aufzählung als erschöpfend gedacht (§ 13). 184 Allerdings sprach der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 nicht von Verwertungsrechten, sondern nannte die dem Urheber vorbehaltenen ausschließlichen Befugnisse, sein Werk zu verwerten, Werknutzungsrechte. 185 Auch das Recht des Urhebers, zu der eigentlich dem Bearbeiter vorbehaltenen Verwertung einer Bearbeitung seines Werkes die Einwilligung zu erteilen, fiel nach Ansicht des Entwurfes unter die ausschließlichen Werknutzungsrechte des Urhebers des Originalwerkes, vgl. § 13 Abs. 3. 1 8 6 Die einzelnen Werknutzungsrechte waren dann in den §§ 14 bis 17 ihrem Inhalt nach näher umschrieben. An erster Stelle war in § 14 das Vervielfältigungsrecht geregelt. Dieses umfaßte entsprechend den geltenden Bestimmungen nach § 11 Abs. 1 LUG und § 15 KUG alle Arten von Vervielfältigungen, gleichviel, in welchem Verfahren und in welcher vertretbar, der Industrie diese kostenlose Ausnutzung musikalischer Werke zu gestatten. Vgl. zu diesem geschichtlichen Hintergrund Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ, Rz. 1. 181 Vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 13 RBÜ, Rz. 1. 182 Vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 13 RBÜ, Rz. 2 i. V. m. Einleitung Rz. 23 f. 183 Vgl. zur Vertiefung de Boor , Vom Wesen des Urheberrechts, S.44. 184 BegründungS.50. 185 BegründungS.50. 186 Vgl. zur Vertiefung Begründung S. 62. Ohne diese Einwilligung durfte der Bearbeiter die Verwertung nicht vornehmen.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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187

Anzahl sie hergestellt worden waren. In § 14 Abs. 2 war hervorgehoben, daß die bloße Übertragung des Vortrags oder der Aufführung eines Werkes der Literatur oder Tonkunst auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe des Werkes für Gesicht oder Gehör sowie die Herstellung einer solchen Vorrichtung durch Lochen, Stanzen, Anordnen von Stiften oder auf ähnliche Art als Vervielfältigung anzusehen ist. 188 Zur kurzen Bezeichnung aller dieser Vorrichtungen bediente sich der Entwurf des Ausdrucks „Bild- oder Schallvorrichtungen". Rundfunkeinrichtungen gehörten nicht zu diesen Vorrichtungen, da sie nicht auf Wiederholungen ausgerichtet waren, sondern nur der gleichzeitigen Wahrnehmbarmachung der einmaligen Wiedergabe eines Werkes an verschiedenen Orten dienten.189 Das dem Urheber in § 13 Abs. 1 vorbehaltene ausschließliche Recht, Vervielfältigungen seines Werkes zu verbreiten, erfuhr in § 15 des Entwurfes eine nähere Ausgestaltung. Entgegen der geltenden Vorschrift des § 11 LUG sollte das Verbreitungsrecht nach dem Entwurf von 1932 nicht das Werk, sondern nur dessen Vervielfältigungen zum Gegenstand haben.190 Während das Reichsgericht noch ausgesprochen hatte, daß auch das Senden eines Werkes durch Rundfunk als Verbreitung im Sinne des § 11 LUG angesehen werden müsse, erschien es den Verfassern des Entwurfes von 1932 besser, die Wiedergabe von Werken durch den Rundfunk zunächst außer Betracht zu lassen. Um eine klare Abgrenzung zu erreichen, sollte das Senden durch Rundfunk zum Gegenstand einer besonderen Urheberbefugnis gemacht werden. 191 Der Entwurf bestimmte daher in Übereinstimmung mit Art. 11 bis der Romfassung der RBÜ in § 13 Abs. 1, daß der 187 Begründung S.50. Vervielfältigung sollte jede körperliche Festlegung eines Werkes sein, die geeignet war, das Werk den menschlichen Sinnen auf irgendeine Art mittelbar oder unmittelbar wahrnehmbar zu machen. 188 Der Entwurf sprach dabei nicht wie das geltende Recht von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe für das Gehör, sondern von Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Gesicht oder Gehör. Damit sollte das Hauptgewicht auf die Eigenschaft der Vorrichtung gelegt werden, das Werk wiederholt wiedergeben zu können, gleichviel ob das mit Mitteln der Mechanik im engsten Sinne oder etwa mit Hilfe elektrischer Vorgänge geschah, und gleichviel, ob das Werk dadurch dem menschlichen Ohr vernehmbar oder dem menschlichen Auge sichtbar gemacht wurde, vgl. Begründung S. 51. 189 Vgl. Begründung S. 51. Die Bestimmung des § 14 Abs. 2 wurde von den Verfassern des Entwurfes als so selbstverständlich angesehen, daß es ihrer Aufnahme in den Entwurf nicht bedurft hätte, wenn durch sie nicht zugleich die ursprünglich in § 2 Abs. 2 LUG vorgesehene Fiktion der Bearbeiterschaft des ausübenden Künstlers oder des Herstellers der mechanischen Vorrichtungen beseitigt worden wäre. 190 Dieses Verbreitungsrecht an den Vervielfältigungsstücken wurde dann in § 15 dahingehend eingeschränkt, daß derjenige, der an einer Vervielfältigung mit Zustimmung des zur Vervielfältigung Berechtigten das Eigentum erworben hatte, darüber kraft seines Eigentums frei verfügen durfte und daher die Vervielfältigung auch gewerbsmäßig weiter verbreiten durfte. Begründet wurde dies damit, daß das Verbreitungsrecht keine dem Urheber ausschließlich zustehende Gewerbeberechtigung zum Handel sowie zum Vermieten der Vervielfältigungen sein sollte, sondern eine urheberrechtliche Befugnis, die erlöschen müsse, sobald der Urheber das Eigentum an einer Vervielfältigung auf einen anderen übertragen, sich also der Herrschaft darüber begeben habe (Begründung S. 55). 191 BegründungS. 54.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Urheber eines Werkes der Literatur, der Kunst oder Photographie das ausschließliche Recht hatte, das Werk durch Rundfunk zu senden.192 Einen Schritt weiter als die Fassung des Art. 11 bis der RBÜ ging der Entwurf von 1932 dadurch, daß er in § 16 festlegte, daß das Recht, ein Werk durch Rundfunk zu senden, auch die Befugnis umfasse, den Vortrag oder die Aufführung eines solchen Werkes auf elektrischem Wege in ähnlicher Unbegrenztheit wie beim Rundfunk, jedoch mit Hilfe von Leitungen wahrnehmbar zu machen.193 Schließlich enthielt § 17 näheres zu dem in § 13 Abs. 2 genannten Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht. Dieses bislang in §§ 11 LUG und 15 KUG zu findende Recht wurde insofern erweitert, als daß das Vortragsrecht auch auf bereits erschienene Werke der Literatur ausgedehnt war. 194 Die Vorschrift des § 22 a, wonach die öffentliche Aufführung mit Hilfe rechtmäßig hergestellter mechanischer Vorrichtungen frei war, gab der Entwurf grundsätzlich auf. 195 Bei Werken der bildenden Künste schlug der Entwurf vor, das Vorführungsrecht auf die Vorstellung durch optische Einrichtungen zu beschränken. Auch sollte dem Urheber nicht wie noch in § 15 KUG vorgesehen, die gewerbsmäßige, sondern die öffentliche Vorführung durch optische Einrichtungen vorbehalten sein. 196 § 17 Abs. 2 dieser Vorschrift bestimmte darüber hinaus, daß das dem Urheber vorbehaltene Vortrags-, Aufführungs- oder Vorführungsrecht auch die Befugnis umfaßte, Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen zur öffentlichen Wiedergabe des Werkes durch Lautsprecher oder eine ähnliche technische Einrichtung außerhalb des Ortes, wo sie stattfinden, zu benutzen.197 192

Darunter verstand der Entwurf jede Tätigkeit, wodurch der Vortrag oder die Aufführung eines Werkes der Literatur oder Tonkunst oder ein Werkstück der bildenden Künste oder der Photographie mit Hilfe Hertzscher Wellen jedem wahrnehmbar gemacht wurde, der sich einer entsprechenden Empfangsanlage bediente, vgl. Begründung S. 56. 193 Art. 11 bis RBÜ behielt dem Urheber lediglich das Recht vor, das Werk der Öffentlichkeit im Wege der Radiodiffusion mitzuteilen, nicht jedoch das Recht, das Werk von einer Sendestelle aus auf die damit durch Drahtleitungen verbundenen Empfangsanlagen im telegraphischen oder telefonischen Wege zu übertragen. Da es aber schon vor Einrichtung des Rundfunks Unternehmen gegeben habe, die in einzelnen Städten den angeschlossenen Hörern Opern- oder Konzertaufführungen mit Hilfe des Telefonnetzes wahrnehmbar gemacht haben, sollten auch solche Sendungen urheberrechtlich den Rundfunksendungen gleichgestellt werden, vgl. Begründung S.57. 194 Vgl. Begründung S. 58. Nach § 11 Abs. 3 LUG bestand das Vortragsrecht an einem Werk der Literatur nur so lange, wie es noch nicht erschienen war. Dadurch würden aber die Schriftsteller gegenüber den Tonsetzern, denen das Aufführungsrecht auch noch nach dem Erscheinen des Tonwerkes vorbehalten war, grundlos zurückgesetzt. 195 Doch fand sich ein gewisser Rest dieser Regelung bei den Bestimmungen über die Einschränkungen des Verwertungsrechtes, vgl. §41 Abs. 1 Nr. 1. 196 Vgl. Begründung S. 59. Dadurch sollte ein sachlich nicht gerechtfertigter Unterschied zwischen dem Vortrags- und Aufführungsrecht bei Werken der Literatur und Tonkunst und dem Vorführungsrecht bei Werken der bildenden Künste und der Photographie beseitigt werden. 197 Vgl. dazu die ausführliche Begründung S. 60f. Die Entwicklung der Lautsprecher ermöglichte es, nicht nur Rundfunksendungen, sondern auch sonstige Darbietungen von geschützten Werken außerhalb des Ortes, wo sie vorgenommen wurden, zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen oder Vorführungen zu verwerten. Es könne keinem Zweifel unterliegen,

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Erst die Überarbeitung des Entwurfes von 1932 im Jahr 1933 gab dem Verwertungsrecht des Urhebers in § 11 eine weitere Fassung, um auch für den Fall technischer Neuerungen, durch die neue Mittel zur Wiedergabe von Werken geschaffen wurden, dem Urheber einen Rechtsschutz zu sichern und Schwierigkeiten zu vermeiden, wie sie sich vor einigen Jahren beim Aufkommen der Rundfunkverbreitung ergeben hatten.198 Noch weiter ging die Formulierung des Verwertungsrechts in § 11 des Entwurfes von 1934. Danach hatte der Urheber, vorbehaltlich der in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen, das ausschließliche Recht, das Werk, sei es in der ursprünglichen oder in abgeänderter Form, durch Mitteilung an die Öffentlichkeit zu verwerten. Satz 2 dieser Regelung brachte zum Ausdruck, daß das Verwertungsrecht „namentlich" die Werknutzungsrechte umfasse, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, das Werk durch Rundfunk zu senden, es öffentlich vorzutragen oder aufzuführen, ein Werk der bildenden Künste zu veröffentlichen oder schließlich ein solches Werk durch optische Einrichtungen öffentlich vorzuführen. 1 9 9 Die Aufzählung war also nicht mehr abschließend, sondern durch den Zusatz „namentlich" nur noch beispielhaft gedacht. Auch der Entwurf von 1939 wandte sich von dem bisherigen System ab, wonach das Verwertungsrecht in der Summe der vom Gesetzgeber abschließend normierten urheberrechtlichen Befugnisse bestand. Durch die Formulierung, daß der Urheber insbesondere ausschließlich dazu berechtigt sei, die einzeln aufgeführten Verwertungsarten vorzunehmen, verlor die Aufzählung endgültig ihren abschließenden Charakter. 200 Um den Notwendigkeiten der Praxis Rechnung tragen zu können, wurden im Text des § 11 dennoch die wichtigsten urheberrechtlichen Befugnisse aufgezählt und einzelne dieser Befugnisse in den folgenden Bestimmungen auch noch näher erläutert. Außerdem gewährte § 11 Abs. 2 in Übereinstimmung mit dem Entwurf von 1932 dem Urheber das Recht, die Veröffentlichung und Verwertung einer Bearbeitung, insbesondere einer Übersetzung, zu gestatten. Die von dem Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht vorgeschlagenen Begriffsbestimmungen über die einzelnen Zweige des Verwertungsrechts entsprachen im wesentlichen den bereits in dem amtlichen Entwurf des Reichsjustizministeriums ausgearbeiteten Grundsätzen. 201 Danach war der Urheber insbesondere ausdaß die urheberrechtliche Bewilligung, beispielsweise ein Gedicht in einem Konzertsaal vorzutragen, sich nicht darauf erstrecke, die Darbietung dieses Werkes mit Hilfe irgendwelcher technischer Einrichtungen auch außerhalb des Saals zur Veranstaltung eines zweiten öffentlichen Vortrags zu verwerten. Genau dies sollte § 17 Abs. 2 verhindern. 198 R 3001/6559 B1.64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933 S.2. 199 Vgl. § 11 des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.536. 200 Vgl. dazu Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1222). Ohne daß ein zwingender Grund vorgelegen habe, habe der Entwurf von 1939 das romanische System der Normierung eines Vollrechts (Verwertung des Werkes) angenommen. 201 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.41.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

schließlich berechtigt, das Werk zu vervielfältigen und zu verbreiten, das Werk durch Rundfunk (Raumfunk oder Drahtfunk) zu senden, das Werk öffentlich vorzutragen, aufzuführen oder vorzuführen, ein Werk der bildenden Künste öffentlich zur Schau zu stellen sowie dieses durch optische Einrichtungen öffentlich vorzuführen. Da bereits ausdrücklich festgestellt war, daß dem Urheber das Recht zustand, das Werk durch Raumfunk oder Drahtfunk zu senden, erübrigte sich die nähere Ausführung des Senderechts. § 14 des Entwurf von 1932 wurde daher gestrichen. 202 Neu hinzugefügt war das ausschließliche Recht des Urhebers, das Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen (§11 Abs. 1 Nr. 6). Darunter war nach § 15 die Befugnis des Urhebers zu verstehen, das unter Benutzung dieses Werkes hergestellte Filmwerk zu vervielfältigen und zu verbreiten, es öffentlich vorzuführen, es durch Rundfunk zu senden und auch die Verwertung von Übersetzungen des Filmwerkes zu gestatten. Es sei selbstverständlich, daß jeder literarische Urheber und jeder Komponist frei darüber bestimmen könne, ob er die Benutzung seines Werkes für ein Film werk zulassen wolle. 203 Trotzdem erschien es im Interesse der Sicherstellung der Verwertung erlaubtermaßen unter Benutzung anderer Werke hergestellter Filmwerke geboten, auch für den Vertrag, durch welchen Rechte zur Benutzung eines Werkes für ein Filmwerk eingeräumt werden, bestimmte gesetzliche Regelungen aufzustellen. 204 4. Aufnahme der Reformarbeiten

durch das BMJ im Jahre 1951

a) Die Entwürfe des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission vom März und September 1951 Nach dem Vorbild des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939 zählte der Berliner Entwurf des in der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschusses vom März 1951 die aus dem Verwertungsrecht 202 Vgl. die Anmerkung in dem Text (S. 5) des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939. 203 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.50. 204 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.50 f. Für die Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung einerseits und die Befugnis zur Vorführung andererseits war in § 19 a Abs. 1 vorgesehen, daß sie bei der Einräumung des Rechts, ein Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, eine untrennbare Einheit bilden. Damit sollte vermieden werden, daß die Vorführung eines erlaubtermaßen unter Benutzung eines anderen Werkes hergestellten Filmwerkes unmöglich gemacht wird, weil eine ausdrückliche Vereinbarung unterblieben war. Der Vorführer eines Films sollte sich also darauf verlassen können, daß der Hersteller, der den Film unter Benutzung eines fremden Werkes mit Zustimmung des Urhebers hergestellt hat, auch befugt ist, die Vorführung des Films zu gestatten. Bezüglich des Rechts, das Filmwerk durch Rundfunk zu senden und die Verwertung von Übersetzungen des Filmwerkes zu gestatten, sollte dem Urheber jedoch die freie Verfügungsmöglichkeit zugebilligt werden.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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fließenden Befugnisse nur noch beispielhaft auf. 205 Dabei sprach der Berliner Entwurf nicht mehr von der „Verwertung des Werkes in der ursprünglichen oder einer abgeänderten Form" sondern räumte dem Urheber das „ausschließliche Recht zur Verwertung" ein. Die Formulierung des Entwurfes von 1939 sei irreführend gewesen, da sie zu der Annahme verleiten könnte, daß der Urheber auch das Verwertungsrecht an einer von einem Dritten geschaffenen abgeänderten Form seines Werkes habe.206 Die näheren Erläuterungen zu den wesentlichsten Verwertungsrechten waren mit einigen sprachlichen Verbesserungen in den §§ 12 bis 14 geregelt. Nach wie vor sollte sich das Verbreitungsrecht ausdrücklich nur auf Vervielfältigungen beziehen, § 13 Satz 1. Aus sprachlichen Gründen erfolgte die Überarbeitung des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts in § 14. Bild- oder Tonträger seien jetzt in Deutschland die allgemein gebrauchten Begriffe. 207 Gestrichen wurde die Erläuterung zum Filmrecht in § 15. Diese Norm enthalte lediglich eine Aufzählung der Werknutzungsrechte, die aus dem Verwertungsrecht am Filmwerk fließen. Die Werknutzungsrechte folgten aber schon aus §11, und es sei ohne weiteres klar, daß der Urheber, der die Bearbeitung oder Benutzung seines Werkes für ein Film werk gestattete, diese Werknutzungsrechte, soweit sein Werk im Filmwerk wiedergegeben war, besitze.208 Daher sei die besondere Ausführung des Verfilmungsrechts in § 15 entbehrlich. Um deutlich herauszustellen, daß der Urheber an einer fremden Bearbeitung seines Werkes keine eigenen Verwertungsbefugnisse, sondern lediglich das Recht hatte, die Verwertung durch den Bearbeiter zu verbieten, wurde § I I a eingefügt. 209 Dieses bislang in § 11 Abs. 2 geregelte Recht war also in neuer Formulierung in einen selbständigen Paragraphen gebracht, der festlegte, daß eine Bearbeitung des Werkes nur mit Einwilligung seines Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden durfte. Dies bedeutete aber zugleich, daß Bearbeitungen als solche erlaubt waren. Die Benutzung oder Bearbeitung des Werkes zur Herstellung eines Filmwerkes sollte dagegen stets der Einwilligung des Urhebers unterstellt werden, was in § 11 b festgehalten war. 210 Neu war schließlich § 11 c, der vorsah, daß sich dieses Recht des Urhebers nicht auf neue, selbständige Werke, die in freier Benutzung geschaffen worden waren, erstreckte. 211 Als Sinn dieser Vorschrift führte die Begründung zum Ber205

§ 11 des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.015. Β 141/2551 B1.044 (Begründung S. 5). Durch die sprachliche Umarbeitung wurde auch klargestellt, daß dem Urheber das ausschließliche Recht zur Verwertung seines Werkes zustand. 207 Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.047. Der Entwurf des Reichsjustizministeriums und auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht sprachen noch von Bild- oder Schallvorrichtungen. 208 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.047. 209 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.046. 210 Den Grund für diese strengere Regelung sah der Berliner Entwurf darin, daß die Verkörperungen des Filmwerkes, wie beispielsweise Negative und Kopien, zu leicht zu unbefugter Verwertung benutzt werden könnten, vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 046. 211 Diese Vorschrift gab den Gedanken des bisherigen § 2 Abs. 2 in klarerer Form wieder, vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.046. 206

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

liner Entwurf aus, daß ein Werk, welches sich nur lose an ein anderes anlehne, aber gleichzeitig eine neue selbständige Schöpfung darstelle, vom Recht des Urhebers des benutzten Werkes unabhängig sein solle. 212 Daher gehöre die Vorschrift an diese Stelle, wo vom Inhalt und Umfang des Urheberrechts die Rede war. Diese Einteilung des Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechts übernahm auch der Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951. Dementsprechend waren die Befugnisse des Verwertungsrechts in § 11 wieder nur beispielhaft aufgelistet und in §§ 12 bis 14 näher ausgeführt. Sprachlich neu definiert wurde das Verbreitungsrecht als das Recht, Vervielfältigungen des Werkes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.213 Wieder eingeführt wurde zudem eine Begriffsbestimmung des Senderechts in § 13 a. Das Recht, das Werk durch Funk zu senden, war danach das Recht, das Werk durch Rundfunk, Drahtfunk oder eine ähnliche technische Einrichtung der Öffentlichkeit für Auge oder Ohr zugänglich zu machen.214 Neu gefaßt war weiterhin das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht in § 14. In Abs. 2 wurde darauf abgestellt, daß die Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen nicht außerhalb der Veranstaltung, bei der sie stattfanden, ohne die Einwilligung des Urhebers durch Lautsprecher oder ähnliche technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar gemacht werden durften. 215 Die Rechte des Urhebers bei Bearbeitungen seines Werkes und in Abgrenzung dazu bei einer freien Benutzung seines Werkes in §§ 11 äff. behielt der Rengsdorfer Entwurf mit einigen sprachlichen Verbesserungen bei. Der Einwilligungsbefugnis des Urhebers bei Veröffentlichung oder Verwertung einer Bearbeitung seines Werkes wurde in § 11 a Satz 2 zusätzlich noch die Veröffentlichung oder Verwertung einer Umgestaltung des Werkes unterstellt, bei der das Werk in seinen wesentlichen Zügen übernommen wurde. 216 b) Die Verwertungsrechte in dem Referentenentwurf des BMJ von 1954 Entsprechend den Entwürfen des Kleinen Ausschusses war dem Urheber in § 10 Abs. 1 des RefE vom 15.03.1954 ganz allgemein das Recht zugestanden, das Werk zu verwerten. Dadurch war klargestellt, daß auch künftige Verwertungsformen, die zur Zeit der Ausarbeitung des Entwurfes noch nicht bekannt waren, dem Urheber vorbehalten bleiben sollten.217 Die Erfahrungen mit den geltenden Gesetzen hätten 212

Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.046. § 13 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.090. 214 § 13a des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.090. 215 In dem Berliner Entwurf ging es noch darum, daß Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen, die in einem bestimmten Raum stattfanden, nicht außerhalb dieses Raumes wahrnehmbar gemacht werden durften. 216 § 11 a Satz 2 des Rengsdorfer Entwurfes in Β141/2551 B1.089. 217 Begründung S. 91. Die Regelung der geltenden Gesetze, die dem Urheber nur eine Reihe von abschließend aufgezählten Verwertungsbefugnissen zugestanden, habe sich nicht bewährt, weil bei der fortschreitenden Entwicklung der Technik neue Verwertungsarten gefunden worden seien, die gerechtfertigterweise ebenfalls dem Urheber hätten zustehen müssen. 213

Α. Inhalt des Urheberrechts

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gezeigt, daß das System der festgelegten Einzelrechte immer dann zu Schwierigkeiten geführt habe, wenn durch die Entwicklung der Technik neue Mittel zur Wiedergabe von Werken geschaffen wurden. 218 Um für die Zukunft jegliche Zweifel auszuschließen und dem Urheber grundsätzlich alle vorhandenen und künftig neu entstehenden Verwertungsmöglichkeiten vorzubehalten, sollte ihm das ausschließliche Recht, das Werk zu verwerten, ausdrücklich vorbehalten sein. 219 Wie in den vorangegangenen Entwürfen wurden die verwertungsrechtlichen Befugnisse in § 10 Abs. 2 nur beispielhaft aufgeführt und dann in den §§11 bis 14 näher umgrenzt. 220 Das Vervielfältigungsrecht wurde in § 11 Abs. 1, wie bereits vom Kleinen Ausschuß angenommen, als das Recht definiert, das Werk in körperlicher Form zu vervielfältigen, gleichviel in welchem Verfahren und in welcher Zahl die Vervielfältigungsstücke hergestellt wurden. In Abs. 2 war hervorgehoben, daß die Übertragung des Vortrags oder der Aufführung eines Werkes auf Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe für Auge oder Ohr sowie die Herstellung einer solchen Vorrichtung durch Lochen, Stanzen oder dergleichen als Vervielfältigung angesehen werden sollte. Der Entwurf legte damit den Schwerpunkt auf die Eigenschaft der Vorrichtung, das Werk wiederholt wiedergeben zu können.221 Alle diese Vorrichtungen wurden im Entwurf als „Bild- oder Tonträger" bezeichnet. Die Bestimmung bedeutete zugleich eine Änderung des geltenden Rechts, das in § 2 Abs. 2 LUG noch die Fiktion aufstellte, es handele sich bei der Aufnahme eines Werkes auf Tonträger um eine Bearbeitung des Werkes. 222 Die Fiktion der Bearbeiterschaft des ausübenden Künstlers oder des Herstellers der mechanischen Vorrichtung widersprach nach Auffassung des RefE aber dem Grundsatz, daß der Urheberrechtsschutz nur einer schöpferischen Tätigkeit zukommen könne und nicht der bloßen Wiedergabe eines vorhandenen Werkes oder deren Festhaltung auf einem mechanischen Instrument, auch wenn die Wiedergabe künstlerisch noch so wertvoll sei. 223 Den Interessen der ausübenden Künstler und der Hersteller von Tonträgern sollte daher in anderer Wei218

So habe beim Aufkommen des Rundfunks lange Zeit Unsicherheit bestanden, ob die Rundfunksendung von Werken ohne Zustimmung des Urhebers zulässig sein sollte oder nicht. Es bedurfte erst einer höchstrichterlichen Entscheidung, um die Frage zugunsten der Urheber zu klären, vgl. Entscheidung vom 12.05.1926 in RGZ 113, S.413ff. 219 Begründung S.93. 220 Begründung S.93. Der Referentenentwurf sah, anders als die beiden Entwürfe des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf, das Verwertungsrecht als den Hauptinhalt des Urheberrechts an und regelte dieses daher zuerst in §§ 1 ff., während die aus dem Urheberpersönlichkeitsrechtfließenden Befugnisse erst als „sonstige Rechte" am Schluß des Abschnittes behandelt wurden. 221 Vgl. Begründung S. 95. Es kam also nicht darauf an, ob die mit Mitteln der Mechanik im engeren Sinne oder etwa mit Hilfe elektrischer Vorgänge geschah und auch nicht darauf, ob das Werk dadurch dem menschlichen Ohr wahrnehmbar oder dem menschlichen Auge sichtbar gemacht wurde. 222 Diese Konstruktion sollte allerdings nur bewirken, daß in einfacher Weise urheberrechtliche Vorschriften auf den Schutz des ausübenden Künstler für anwendbar erklärt werden konnten, vgl. Begründung zum Referentenentwurf S.95. 223 Begründung S.95.

20 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

se, nämlich durch die Zubilligung besonderer Leistungsschutzrechte (vgl. §§73 bis 83 RefE), Rechnung getragen werden. Lediglich eine sprachliche Umgestaltung gegenüber den Arbeiten des Kleinen Ausschusses erfuhr die Definition des Verbreitungsrechts in § 12. Auch der RefE stellte klar, daß sich das Verbreitungsrecht nur auf Vervielfältigungsstücke beziehen sollte. Eine Verbreitung lag also vor, wenn Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit angeboten oder in den Verkehr gebracht worden waren. 224 Ebenso sollte die Weiterverbreitung erlaubt sein, wenn ein Vervielfältigungsstück mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebracht worden war, vgl. § 12 Abs. 2. 2 2 5 Gleichfalls nach dem Vorbild des Entwurfes von 1932 ließ der Referentenentwurf bei der Begriffsbestimmung der Verbreitung die Wiedergabe von Werken durch den Rundfunk außer Betracht. Statt dessen war das Senden durch Funk Gegenstand einer besonderen Urheberbefugnis. 226 § 13 bestimmte das Senderecht entsprechend dem Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses als das Recht, das Werk durch Rundfunk, Drahtfunk, Bildfunk oder eine ähnliche technische Einrichtung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.227 Das Vortrags-, das Aufführungs- und das Vorführungsrecht waren in § 14 Abs. 1 bis Abs. 3 erstmals einzeln dargelegt. 228 Das Vortragsrecht war nach § 14 Abs. 1 das Recht, ein Sprachwerk öffentlich zu Gehör zu bringen. Dabei ließ der RefE, wie auch schon der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932, die Beschränkung des Vortragsrechts auf noch nicht erschienene Werke fallen. 229 Das Aufführungs224 Vgl. dazu Begründung S. 96. Diese Definition entsprach der Auslegung, die der Begriff der Verbreitung aufgrund der geltenden Urheberrechtsgesetze überwiegend in Rechtslehre und Rechtsprechung gefunden hatte. Dabei war davon auszugehen, daß nur das Anbieten eines tatsächlich vorhandenen Vervielfältigungsstückes als Verbreitung anzusehen ist, nicht dagegen die Ankündigung eines Werkes, dessen Vervielfältigungsexemplare noch nicht in der Verfügungsmacht des Ankündigenden standen. 225 Wie schon in der Begründung des Entwurfes von 1932 ausgeführt, stand dem Urheber keine ausschließliche Berechtigung zum Vertrieb der Vervielfältigungsstücke zu, sondern eine urheberrechtliche Befugnis, die erlosch, sobald er die Vervielfältigungsstücke selbst in den Verkehr gebracht hatte, vgl. Begründung S. 97. 226 Damit sollte eine klare Abgrenzung erreicht werden, vgl. Begründung S. 96. 227 In der Begründung (S. 98 f.) machten die Verfasser des RefE darauf aufmerksam, daß der Entwurf, wie auch schon das Reichsjustizministerium in seinem Entwurf von 1932 ausführte, insoweit über die internationale Vorgabe in Art. 11 bis RBÜ hinausging, als daß auch der sogenannte Drahtfunk im Gegensatz zur drahtlosen Sendung dem Senderecht unterstellt wurde. Nicht erfaßt wurden dagegen die sogenannten Rundfunkvermittlungsanlagen, weil solche Vermittlungsanlagen nur als bloßes Mittel zum Empfang der Sendungen an den Nebenstellen betrachtet wurde und daher in dieser Übermittlung keine neue Sendung und auch sonst kein neuer urheberrechtlich erheblicher Verwertungsakt gesehen wurde. 228 Im geltenden Recht und auch in sämtlichen vorangegangenen Entwürfen waren bislang keine einzelnen Begriffsbestimmungen für das Vortrags-, das Aufführungs- oder das Vorführungsrecht enthalten. 229 § 11 Abs. 3 LUG gewährte dem Urheber das Vortragsrecht nur so lange, als das Werk noch nicht erschienen war. Wie aber schon der Entwurf von 1932 in seiner Begründung aus-

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recht wurde in § 14 Abs. 2 als das Recht umschrieben, ein Sprachwerk oder ein pantomimisches Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen oder ein Werk der Tonkunst öffentlich zu Gehör zu bringen. Diese Begriffsbestimmung entsprach im wesentlichen dem geltenden Recht in § 11 Abs. 2 LUG. Das Vorführungsrecht sollte schließlich das Recht sein, ein Werk der bildenden Künste für das Auge oder ein Filmwerk für Auge oder Ohr mittels technischer Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar zu machen (§ 14 Abs. 3). Damit war dem Urheber in Abweichung von dem geltenden Recht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 nicht die gewerbsmäßige, sondern die öffentliche Vorführung mittels technischer Einrichtungen vorbehalten. Wie schon in dem Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 begründet, sollte dadurch ein sachlich nicht gerechtfertigter Unterschied zwischen dem Vortrags- und Aufführungsrecht bei Werken der Literatur und Tonkunst und dem Vorführungsrecht bei Werken der bildenden Künste beseitigt werden. 230 Nach dem Vorbild der Entwürfe des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf war in Abs. 4 vorgesehen, daß von diesem Recht auch Vorträge, Aufführungen und Vorführungen erfaßt werden sollten, die öffentlich mit Bild- oder Tonträgern veranstaltet wurden. Die geltende Vorschrift des § 22 a, wonach die öffentliche Aufführung mit Hilfe rechtmäßig hergestellter Tonträger freigegeben war, erschien auch den Verfassern des Referentenentwurfs nicht haltbar. 231 Da die mechanische Musik jetzt in vielen Fällen die lebende Musik vollkommen ersetzen könne, sei es nicht gerechtfertigt, daß öffentliche Aufführungen, wenn sie mit Hilfe von Tonträgern vorgenommen werden, von jeder Aufführungs Vergütung befreit blieben. 232 Entgegen der bereits erwähnten Lautsprecherentscheidung des Reichsgerichts vom 16.11.1932233 faßte der RefE in § 14 Abs. 5 die öffentliche Wiedergabe eines führte, wurden dadurch die Schriftsteller gegenüber den Komponisten, denen das Aufführungsrecht auch nach Erscheinen ihres Werkes vorbehalten blieb, zurückgesetzt. Die Begründung verwies auch auf die internationale Vorgabe des Art. 11 ter RBÜ, die den Urhebern der Literatur das ausschließliche Recht gewährte, den öffentlichen Vortrag ihrer Werke zu erlauben (Begründung zum RefE S. 100). 230 Begründung S. 101. 231 Da die Tonträger in vollendeter Wiedergabe des Werkes und mit außerordentlicher Lautstärke die größten Säle mit akustischen Darbietungen versorgen könnten, spiele die mechanische in neuerer Zeit naturgemäß eine andere Rolle als die primitive Schallplatte, wie sie bei Einfügung des § 22 a LUG im Jahre 1910 bekannt war. Die mechanische Musik könne jetzt in vielen Fällen die lebende Musik vollkommen ersetzen, vgl. die Ausführungen der Begründung S. 102. 232 Auch hatte der BGH in seinem Urteil vom 06.11.1953 die Anwendbarkeit des § 22 a LUG bereits für das geltende Recht zum größten Teil aufgehoben, indem das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Aufführung seines Werkes mittels Tonträger insoweit anerkannt worden war, als die Aufführung durch einen Plattenspieler mittels Lautsprecher stattfand, vgl. BGHZ 11, S. 135 (142ff.). 233 Das Reichsgericht hatte in seiner Entscheidung vom 11.06.1932 in RGZ 136, S. 377 ff. entschieden, daß die öffentliche Wiedergabe der Sendung eines Werkes durch Lautsprecher nicht der Genehmigung des Urhebers bedurfte. Dagegen wurde in der Literatur geltend gemacht, daß eine solche öffentliche Wiedergabe eine neue urheberrechtliche Verwertung des ge*

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gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder andere technische Einrichtungen als einen besonderen, dem Urheberrecht unterliegenden Vortrags-, Aufführungs- oder Vorführungsakt auf. 234 Damit wurde auch der internationalen Vorgabe des Art. 11 bis Abs. 1 Nr. 3 RBÜ der Brüsseler Fassung entsprochen, wonach die Urheber von Werken der Literatur und Kunst das ausschließliche Recht erhielten, die öffentliche Mitteilung des durch Rundfunk gesendeten Werkes durch Lautsprecher oder ähnliche Vorrichtungen zur Übertragung von Zeichen, Tönen oder Bildern zu erlauben. Wie schon in der Begründung des Entwurfes von 1932 ausgeführt, verstehe es sich von selbst, daß die urheberrechtliche Erlaubnis, etwa ein Gedicht in einem Saal vorzutragen, sich nicht darauf erstrecken könne, die Darbietung des Werkes mit Hilfe irgendwelcher technischer Mittel auch außerhalb des Saales zur Veranstaltung eines zweiten öffentlichen Vortrags zu verwerten. 235 Das Recht des Urhebers bei Bearbeitungen war schließlich in § 15, das Recht des Urhebers bei Umgestaltungen seines Werkes in § 16 geregelt. Bearbeitungen konnten, entsprechend dem geltendem Recht in § 12 LUG 2 3 6 , auch wenn sie persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters waren, von dem Bearbeiter nicht frei verwertet werden. Bereits die beiden Entwürfe des Kleinen Ausschusses von 1951 hoben diesen Grundsatz in § 11 a ausdrücklich hervor. 237 Um auch alle übrigen Fälle zu erfassen, in denen ein Werk in seinen wesentlichen Zügen übernommen wurde, die aber dennoch keine Bearbeitung im Sinne des § 15 darstellten, war in Übereinstimmung mit dem Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951 in § 16 vorgesehen, daß solche Umgestaltungen ebenfalls nur mit Einwilligung des Urhebers des übernommenen Werkes veröffentlicht oder verwertet werden durften. 238 Von der Bearbeitung eines Werkes war endlich dessen freie Benutzung zu unsendeten Werkes darstelle, die je nach Art der Darbietung als öffentlicher Vortrag, öffentliche Aufführung oder Vorführung angesehen werden müsse. 234 Vgl. Begründung S. 103. Das durch Funk gesendete Werk werde damit einer neuen Öffentlichkeit zugänglich gemacht, die sich um den Lautsprecher oder die sonstige technische Einrichtung als Kern gebildet habe. Diese an die Rundfunksendung sich anschließende neue Verwertung des Werkes müsse dem Urheber vorbehalten bleiben. 235 Vgl. Begründung S. 103. 236 Schon § 12 Satz 1 LUG legte fest, daß sich die ausschließlichen Befugnisse, die dem Urheber in Ansehung des § 11 LUG zustanden, sich auch auf Bearbeitungen des Werkes erstreckten. 237 Die Bearbeitung als solche war also weiterhin von der Einwilligung des Urhebers ausgenommen. Es müsse jedermann freistehen, beispielsweise ein literarisches Werk für seinen eigenen Gebrauch von einer Sprache in eine andere zu übersetzen. Selbst wenn man dem Urheber das Recht zubilligen würde, auch schon die Bearbeitungen zu verbieten, so wäre dieses Recht praktisch kaum durchsetzbar. Die in Frage stehenden Vorgänge würden sich fast ausschließlich im privaten Kreis abspielen, so daß eine Kontrolle durch den Urheber weder möglich noch rechtsstaatlich vertretbar wäre, vgl. Begründung S. 104. 238 Vgl. zur Vertiefung Begründung S. 105. Gedacht war insbesondere an zwei Fälle, in denen keine Bearbeitung angenommen werden konnte, da die Verfasser der Umarbeitungen nicht das Originalwerk zur Geltung bringen, sondern das Ergebnis ihrer Arbeit als eigenes Werk ausgeben wollten. Das sei einmal das „getarnte Plagiat", bei dem jemand seiner Arbeit ein fremdes

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terscheiden. Der RefE hielt hierbei an dem Grundgedanken des geltenden Rechts fest 239 und erklärte ebenfalls in Anlehnung an die Arbeiten des Kleinen Ausschusses in § 16 Abs. 2 die freie Benutzung für zulässig, wenn dadurch ein selbständiges neues Werk geschaffen wurde. 240 Dies sollte nunmehr in Abweichung von dem geltenden Recht uneingeschränkt auch für Werke der Musik gelten. Damit wurde die Sondervorschrift des § 13 Abs. 2 LUG aufgehoben, wonach bei einem Werk der Tonkunst jede Benutzung unzulässig war, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einer neuen Arbeit zugrunde gelegt wurde. Während bei Erlaß dieser Ausnahmeregelung zugunsten der Melodie noch damit argumentiert worden war, daß es zu schwierig sei, zwischen der Bearbeitung einer Melodie unter einfacher Anwendung der musikalischen Technik und einer wirklich künstlerischen Neuschöpfung unter Zugrundelegung einer Melodie zu unterscheiden, behauptete der RefE, daß sich in dieser Hinsicht für Werke der Tonkunst keine größeren Schwierigkeiten ergeben würden, als für Werke der Literatur. 241 Die Grenzziehung zwischen unselbständigen Bearbeitungen und freien Benutzungen stelle hier wie da nicht unerhebliche, aber doch erfüllbare Anforderungen an das Unterscheidungsvermögen des Richters. Zudem gehe der starre Melodienschutz, wie er in dem geltenden Recht vorgesehen war, zu weit und ziehe dem musikalischen Schaffen zu enge Grenzen. Gerade den Schöpfungen der ernsten Musik 242 würden dadurch unnötige Schranken gezogen. In diesen Fällen trete die Melodie als solche zurück. Der Hauptwert einer freien Benutzung liege hier in der Art der Verarbeitung und in der Durchführung der Melodie. 243

Werk zugrunde legte und es dabei in seinen wesentlichen Zügen übernahm, gleichzeitig aber bemüht war, diese Übernahme zu tarnen und das fremde Werk als eigenes ausgab. Zum anderen sollte der Fall erfaßt werden, in dem jemand ein fremdes Werk nur als Grundlage zur Schaffung eines eigenen selbständigen Werkes benutzen wollte, ihm eine neue selbständige Schöpfung aber nicht gelang, da er sich von seinem Vorbild nicht genügend frei machen konnte. 239 § 13 LUG und § 16 KUG erklärten die freie Benutzung eines Werkes für zulässig, wenn dadurch eine eigentümliche Schöpfung hervorgebracht wurde. 240 Während bei einer Bearbeitung immer das fremde Werk den Kern bilde, trete bei einer freien Neuschöpfung das Werk, an das dies anlehne, vollständig in den Hintergrund. An einer freien Schöpfung bestehe daher ein selbständiges Urheberrecht, weshalb es zu ihrer Veröffentlichung oder Verwertung keiner Einwilligung des Urhebers des benutzten Werkes bedürfe, vgl. Begründung S. 106. 241 Vgl. Begründung S. 106. 242 Als Beispiele wurde auf Variationen, Phantasien und dergleichen verwiesen, vgl. Begründung S. 106. 243 Begründung S. 107.

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5. Vom Referentenentwurf von 1954 bis zum Urheberrechtsgesetz von 1965 a) Kritik an der Regelung des Referentenentwurfes Unter den zahlreichen Kritiken, die zu dem Referentenentwurf eingereicht und veröffentlicht wurden, fanden sich auch eine Reihe von Anregungen zu der Ausgestaltung der Verwertungsrechte. Die Rechtsanwältin von Erffa machte in ihrer Stellungnahme vom 11.10.1954 darauf aufmerksam, daß das Verwertungsrecht nach der allgemeinen Definition in § 10 Abs. 1 jede Art der Verwertung erfasse, ohne Unterschied, ob sie in der Öffentlichkeit oder in der privaten Sphäre durchgeführt werde. Daher müsse das Wort „öffentlich" innerhalb des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts in § 10 Abs. 2 Nr. 4 und auch in § 14 gestrichen werden. 244 In dem fünften Abschnitt über die Einschränkungen des Verwertungsrechts sollte dann eine Bestimmung eingefügt werden, wonach von dem Vortrags-, Aufführungs- oder Vorführungsrecht des Urhebers der nicht öffentliche Vortrag, die nicht öffentliche Aufführung und Vorführung ausgenommen wurden. Das Verbreitungsrecht war nach Auffassung von Erffas als das Recht zu definieren, Werkstücke oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen. 245 Das Verbreitungsrecht auf dem Gebiet der bildenden Künste und des Kunstgewerbes umfasse auch die Verbreitung der Originale. Es müsse daher aus der Definition in § 12 Abs. 1 ersichtlich sein, daß nicht nur Kopien, sondern jede Art von Verkörperungen von dem Verbreitungsrecht des Urhebers erfaßt werden. 246 Übereinstimmend mit den Vorschlägen von Erffas forderte auch der 1. Zivilsenat des BGH in seiner Stellungnahme vom 27.10.1954 die Streichung des Wortes „öffentlich" in der Bestimmung über das Vortrags-, Aufführungs- oder Vorführungsrecht. 247 Ebenso wurde die Anregung von Erffas unterstützt, das Verbreitungsrecht in § 12 Abs. 1 auch auf Originale auszudehnen und nicht nur auf die Vervielfältigungsstücke zu beziehen.248 Zu dem Recht des Urhebers bei Umgestaltungen des Werkes in § 16 regte der Senat an, die Zulässigkeit einer freien Benutzung eines 244

Stellungnahme von Erffa in Β 141/2568 B1.038. Stellungnahme von Erffa in Β 141/2568 B1.039. Der Begriff „Vervielfältigungsstücke" genüge hier nicht. Die Definition müsse jede Art von Verkörperungen des Werkes erfassen, also auch Originale und Kopien. 246 Stellungnahme von Erffa in Β141/2568 B1.039. 247 Stellungnahme BGH in Β141/2569 Bl. 030. In § 10 Abs. 2 Nr. 1 werde dem Urheber auch das ausschließliche Vervielfältigungsrecht uneingeschränkt eingeräumt und erst in dem 5. Abschnitt über die Einschränkungen des Verwertungsrechts die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch von dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers freigestellt. Es erscheine logischer, hinsichtlich des Vortrags-, Aufführungs- oder Vorführungsrechts in gleicher Weise vorzugehen. 248 Stellungnahme des BGH in Β141/2569 Bl. 031. Da auf dem Gebiet der bildenden Künste und des Kunstgewerbes das Verbreitungsrecht auch die Verbreitung von Originalen umfasse, sollte diese Bestimmung auch auf diese Originale ausgedehnt werden. 245

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Werkes zu einer selbständigen Neuschöpfung der Plagiatsbestimmung voranzustellen. 249 Die Beseitigung des starren Melodienschutzes erschien dem Senat schließlich wünschenswert. 250 Die Internationale Richard Strauss Gesellschaft zeigte sich in ihrer Stellungnahme vom 09.11.1954 überrascht, daß in § 9 sowie innerhalb des Abschnittes über den Inhalt des Urheberrechts die materielle Seite des Urheberrechts vor der geistig-moralischen genannt werde. 251 Die geistig persönlichen Beziehungen zu dem Werk würden den Ausgangspunkt des Rechts bilden und die Verwertbarkeit nur davon abhängen. Deshalb sei an der in § 10 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht gewählten richtigen Reihenfolge festzuhalten. 252 Die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft forderte die Aufnahme des Verfilmungsrechts in die beispielhafte Aufzählung der dem Urheber zustehenden Befugnisse in § 10 Abs. 2. 2 5 3 Die Verselbständigung des Verfilmungsrechts zu einer eigenen Verwertungsbefugnis rechtfertige sich durch die Bedeutung, die dem Film für die Verwertung von Urheberrechtsgut zukomme. Es bedürfe daher einer ausdrücklichen Normierung in der für den Inhalt des Verwertungsrechts maßgeblichen Bestimmung des § 10. 254 Auch der Bundesminister des Innern hielt es für angebracht, dem Urheber ein selbständiges Verfilmungsrecht zu gewähren. 255 Es bestehe zwar kein Zweifel daran, daß der Urheber bereits nach geltendem Recht einem anderen die Befugnis einräumen könne, sein Werk zu verfilmen. Die Verfilmung stelle jedoch eine so bestimmte und besondere Art der Nutzung dar, daß sie in der Aufzählung des § 10 Abs. 2 genannt werden müsse. Gleichzeitig sollte in die Aufzählung der aus dem Verwertungsrecht fließenden Befugnisse in § 10 Abs. 2 ein selbständiges Ausstellungsrecht für den Urheber eines Werkes der bildenden Künste aufgenommen werden. 256 Der Urheber müsse frei entscheiden können, ob sein Werk öf249

Stellungnahme des BGH in Β141/2569 Bl. 034. Würden die beiden Absätze des § 16 vertauscht, so wäre in der dann in § 16 Abs. 2 zufindenden Plagiatsbestimmung klarzustellen, daß eine freie Benutzung des Werkes nicht vorliege, wenn bei der Umarbeitung das Originalwerk „in seinen wesentlichen Zügen" übernommen wird. Da die Entlehnung von Teilen eines Werkes auch dann eine Urheberrechtsverletzung darstelle, wenn sich in ihnen nicht die besondere Eigenart des Werkes als Ganzem offenbart, soweit die Werkteile nur selbst eine schutzfähige individuelle Prägung aufweisen, könnte die vorgeschlagene Fassung „in der es in seinen wesentlichen Zügen übernommen ist" Mißdeutungen veranlassen. 250 Stellungnahme des BGH in Β141/2569 B1.034. 251 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 226. 252 Es sei der Geist, der sich die Materie schaffe, nicht umgekehrt. Offenbar wirke sich die historische Entstehung des modernen Urheberrechts aus den Druckerprivilegien bei der falschen Rangordnung des Referentenentwurfes immer noch aus, so daß der Verwerter und nicht der geistige Schöpfer im Vordergrund stehe, vgl. Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft in Β141/2569 Bl. 227. 253 Vgl. die ergänzende Stellungnahme der SPIO vom Juni 1955 in Β 141/2576 Bl. 119. 254 Ergänzende Stellungnahme der SPIO in Β 141/2576 Bl. 119 f. Das Verwertungsrecht des Urhebers sollte also auch die Befugnis umfassen, das Werk zur Herstellung und Auswertung eines Films zu benutzen (Verfilmungsrecht). 255 Stellungnahme des BlnM vom 17.12.1955 in Β141/2580 Bl. 066. 256 Stellungnahmedestf/wMvom 17.12.1955 inB141/2580B1.066.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

fentlich ausgestellt werden soll. Dieses Recht könne nicht nur als Ausfluß des Urheberpersönlichkeitsrechts gesehen werden, sondern stelle zugleich auch eine besondere Art dar, das Werk der bildenden Kunst zu nutzen. Insgesamt würde es, wie auch schon von der Richard Strauss Gesellschaft vorgetragen, dem Recht und der Bedeutung des Urhebers besser entsprechen, wenn zunächst die persönliche und geistige Beziehung des Urhebers zu seinem Werk und erst danach die Nutzungsbefugnis des Urhebers genannt wird. 257 Ein umfangreiches Gutachten zu Aufbau und System des Referentenentwurfes reichte Prof. Ulmer mit Schreiben vom 08.08.1956 bei dem BMJ ein. Die These, daß die Begriffe der geltenden Gesetze zu eng gewählt seien, war seiner Ansicht nach nur teilweise berechtigt. Der Fehler der geltenden Gesetze liege darin, daß ein umfassender Begriff für die unkörperliche Wiedergabe des Werkes fehle. 258 Es sei nur von Vortrag, Aufführung und Vorführung die Rede. Ein Oberbegriff, der auch die Funksendung mit einbeziehe, bestehe nicht. Daher sei zu überlegen, von der öffentlichen Wiedergabe des Werkes zu sprechen und den Begriff durch Beispiele der Funksendung, der öffentlichen Vorträge, Aufführungen und Vorführungen zu erläutern. 259 Der Vorschlag, dem Urheber allgemein die Verwertung des Werkes vorzubehalten, wähle demgegenüber eine größere Abstraktionshöhe. Der Begriff der Verwertung sollte sowohl die körperliche als auch die unkörperliche Wiedergabe erfassen. Es stelle sich aber die Frage, ob das Gesetz damit nicht eine zu weitgehende Regel aufstelle, die im einzelnen wieder zurückgenommen werden müsse.260 Auch führe es zu Schwierigkeiten, daß der allgemeine Begriff des Verwertungsrechts von dem Entwurf im Hinblick auf Nutzungsarten gewählt werde, die noch nicht bekannt seien. Ulmer sah keine Möglichkeit, bei noch nicht bekannten Nutzungsarten eine sachlich gebotene Einschränkung der über das Ziel hinaus schießenden Regel vorzunehmen.261 257

Stellungnahme des BlnM vom 17.12.1955 in Β141/2580 B1.063 (Rückseite). Mit Rücksicht auf die zunehmende Anerkennung des droit moral des Urhebers in der Rechtsprechung sowie die Notwendigkeit, das Ansehen des Urhebers zu stärken und des geistigen Eigentums in der Öffentlichkeit zu stärken, erscheine eine dementsprechende Änderung des systematischen Aufbaus an dieser Stelle geboten. 258 Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β141/2596 B1.071. Der Ausdruck „unkörperliche Wiedergabe" empfehle sich für die Gesetzessprache allerdings nicht. 259 Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β 141/2596 B1.071. 260 Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β141/2596 Β 1.071 f. Als Beispiel erläuterte Ulmer, die Formel, daß dem Urheber das ausschließliche Recht zur Verwertung zustehe, sei nach der von den Referenten gegebenen Begründung dahin zu verstehen, daß dem Urheber auch die öffentliche Ausstellung vorbehalten sei. In Wahrheit wolle aber der Entwurf (im Hinblick auf den Widerstreit mit den Interessen der Eigentümer der Werkstücke) dem Urheber das Ausstellungsrecht nur in sehr beschränktem Maße zugestehen. Er sehe sich daher genötigt, das Ausstellungsrecht durch die Bestimmungen der §§36 Abs. 2 und 51 entschieden zu begrenzen. Ulmer bezweifelte allerdings, ob es richtig sei, dem Urheber systematisch das Ausstellungsrecht zu gewähren, um es dann in Sonderbestimmungen derart einzuschränken und damit praktisch illusorisch zu machen. 261 Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β 141/2596 B1.072.

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Im Ergebnis sei festzustellen, daß dem Urheber nicht alle erdenkbaren Auswertungen seines Werkes vorbehalten sind. Bei der Bestimmung der Nutzungsrechte müsse vielmehr von dem Grundgedanken ausgegangen werden, daß dem Urheber die Wiedergabe seines Werkes vorbehalten bleibe. 262 Ulmer machte daher den Vorschlag, die bekannten Nutzungsarten doch erschöpfend aufzuzählen. Der Inhalt des Verwertungsrechts in § 10 sollte dahingehend formuliert werden, daß dem Urheber als ausschließliche Rechte das Recht zur Vervielfältigung und zur Verbreitung des Werkes zustehen sowie das Recht zur öffentlichen Wiedergabe des Werkes, insbesondere das Recht zur Funksendung, zum öffentlichen Vortrag, zur öffentlichen Aufführung und zur öffentlichen Vorführung. 263 Die Bedenken, daß die Technik in Zukunft neue, nicht erfaßte Nutzungsarten mit sich bringen werde, seien bei dieser gewählten Systematik nicht erheblich. Neue Nutzungsformen, die urheberrechtlich relevant werden könnten, seien nur in der Art denkbar, daß neue Möglichkeiten der Wiedergabe des Werkes (analog der Funksendung oder der Aufnahme auf Bildoder Tonträger) geschaffen würden. Jede Wiedergabe sei aber notwendigerweise entweder körperliche oder unkörperliche Wiedergabe. 264 Unmittelbar im Anschluß an das Erscheinen des Referentenentwurfes setzte sich auch Dr. Schulze, stellvertretend für die GEMA, mit den einzelnen Bestimmungen kritisch auseinander.265 Neben einer Neuformulierung der allgemeinen Begriffsbestimmung über das Urheberrecht in § 9, wobei die geistigen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk vorangestellt werden sollten, schien ihm insbesondere die Bestimmung über den Inhalt des Verwertungsrechts ergänzungsbedürftig. Hier sollte entsprechend dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht das Ausstellungsrecht des bildenden Künstlers aufgenommen werden. 266 Dem Erwerber eines solchen Werkes sollte mit der Zahlung des Kaufpreises nicht automatisch das Recht überlassen werden, das Werk öffentlich auszustellen. Dies sei vielmehr eine weiter262

Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β141/2596 B1.073. Was dem Urheber vermögensrechtlich zugeordnet werden müsse, sei der Nutzen, der aus der Reproduktion des Werkes, also aus der körperlichen oder unkörperlichen Wiedergabe erfolge. Dazu käme noch der Nutzen, der aus dem Urstück selbst fließe. 263 v g l Formulierungsvorschlag bei Ulmer in Β 141/2596 B1.075. Das Recht zur öffentlichen Schaustellung sollte in einer besonderen Vorschrift in den ihm zukommenden Grenzen geregelt werden. Einen solchen Vorschlag, dem Urheber einerseits die Vervielfältigung und Verbreitung, andererseits die öffentliche Wiedergabe vorzubehalten, erörterte Ulmer auch in einer Veröffentlichung zur deutschen und französischen Urheberrechtsreform in JZ 1955, S.401 (404). 264 Schreiben Ulmers vom 08.08.1956 in Β141/2596 B1.075. Sehe man von der Wiedergabe ab, so könne sich die Nutzungsmöglichkeit nur noch an das Urstück selbst anschließen. Auch hier würden aber mit dem Recht der Verbreitung des Urstücks und dem wenn auch begrenzten Recht der Ausstellung die möglichen Nutzungsformen erschöpfend erfaßt. 265 Schulze, Recht und Unrecht. Die Schrift enthält einen eigenen Gesetzesvorschlag mit ausführlichen Begründungen. 266 Schulze, Recht und Unrecht, S. 31. Schulze Schloß sich dem Vorschlag des § 11 Abs. 1 Ziff. 4 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht an, dem Urheber der bildenden Künste auch das ausschließliche Recht zu gewähren, sein Werk öffentlich zur Schau zu stellen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gehende Verfügung über das Werk, für das eine Erlaubnis des Urhebers erforderlich sein müsse.267 Der Katalog der dem Urheber vorbehaltenen ausschließlichen Rechte sei aber selbst bei Aufnahme des Ausstellungsrechts noch nicht vollständig. Rechtssystematisch gehöre auch das Verfilmungsrecht zu den ausschließlichen Rechten des Urhebers. 268 Es müsse daher bereits an dieser Stelle behandelt werden. Die Definition des Verbreitungsrechts in § 12 Abs. 1 sollte, wie schon von anderer Seite vorgetragen, als das Recht, das Werk oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen, festgelegt werden. Die bisherige Definition sei insofern unvollständig, als nur von Vervielfältigungsstükken die Rede sei, während das Verbreitungsrecht selbstverständlich in erster Linie das Werk selbst umfasse. 269 Endlich entsprach auch die Bestimmung des § 15 über das Recht des Urhebers bei Bearbeitungen des Werkes nicht den Vorstellungen Schulzes. Die Bestimmung erlaubte die Bearbeitung als solche ohne Zustimmung des Urhebers, was nicht hingenommen werden könne. Der Urheber müsse vor jeder Bearbeitung, Veränderung oder Umwandlung seines Werkes geschützt sein. 270 Die Vorschrift in § 19, die den Urheber vor einer Entstellung des Werkes schützen sollte, reiche nicht aus, da sie zumindest Veränderungen insoweit erlaube, als dadurch nicht das Ansehen oder der Ruf des Urhebers gefährdet werde. 271 Selbstverständlich dürfe eine mit Zustimmung des Urhebers vorgenommene Bearbeitung erst dann veröffentlicht oder verwertet werden, wenn der Urheber auch hierzu seine Zustimmung erteilt habe. Zuletzt wies Schulze darauf hin, daß auf den Melodienschutz, wie das geltende Gesetz ihn in § 13 Abs. 2 LUG kannte, nicht verzichtet werden könne. 272 b) Die Regelung der Verwertungsrechte im Ministerialentwurf von 1959 Nach Auswertung der unzähligen Anregungen, die zu dem RefE bei dem BMJ eingegangen waren, erfuhren die Bestimmungen über die Verwertungsrechte abermals eine erneute Überarbeitung. Während noch der RefE dem Urheber das allgemeine Recht zusprach, sein Werk zu verwerten und die einzelnen im Geschäftsver267

Schulze, Recht und Unrecht, S. 31. Schulze, Recht und Unrecht, S. 32. 269 Schulze, Recht und Unrecht, S. 32. 270 Schulze, Recht und Unrecht, S. 33 f. Schulze ging davon aus, daß derjenige, der eine Bearbeitung vorzunehmen beabsichtigte, auch den Wunsch habe, sie zu veröffentlichen oder zu verwerten. Deshalb sei nicht einzusehen, warum nicht bereits vor der Bearbeitung vom Urheber die Zustimmung eingeholt werden solle. 271 Schulze, Recht und Unrecht, S. 33. 272 Nach § 13 Abs. 2 LUG war bei einem Werk der Tonkunst jede Benutzung unzulässig, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einer neuen Arbeit zugrunde gelegt war. Daran müsse auch im künftigen Gesetz festgehalten werden, vgl. Schulze, Recht und Unrecht, S. 34 mit Verweis auf die Ausführen bei Richartz, Urheberrechtsreform - Ein Gebot der Gerechtigkeit, S. 59. 268

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kehr entwickelten Verwertungsformen, wie die Vervielfältigung, Funksendung usw. nur als Beispiele aufzählte, ließ der Ministerialentwurf vom 26.05.1959 den Begriff des übergeordneten allgemeinen Verwertungsrechts wieder fallen. Es habe sich bei der Erörterung dieser Regelung gezeigt, daß gegen die Gewährung eines allgemeinen Verwertungsrechts Bedenken bestünden, da der Urheber danach auch Rechte geltend machen könne, die das Gesetz ihm eigentlich nicht geben wolle. 273 In den erläuternden Bemerkungen zum MinE wurde aber gleichzeitig ausdrücklich betont, daß mit der neuen Regelung eine Einschränkung der Rechte des Urhebers keinesfalls beabsichtigt sei. 274 Der MinE faßte daher die ehemalige Bestimmung des § 10 über den Inhalt des Urheberrechts in § 12 als Vorschrift über die einzelnen Verwertungsrechte. Hierbei wurde zwischen der Verwertung des Werkes in körperlicher Form (§12 Abs. 1) und der Verwertung in unkörperlicher Form (§12 Abs. 2) unterschieden. Da für die körperliche Verwertung des Werkes neben den bereits bekannten Verwertungsarten weitere nicht denkbar seien, wurden diese in § 12 Abs. 1 abschließend aufgezählt. 275 Neben den bereits im RefE erwähnten Rechten zur Verwertung des Werkes in körperlicher Form, wie das Vervielfältigungs- und das Verbreitungsrecht, gewährte der MinE in § 12 Abs. 1 Nr. 3 ein besonderes Verfilmungsrecht und in § 12 Abs. 1 Nr. 4 das Ausstellungsrecht, solange das Werk noch nicht veröffentlicht war. Diese beiden neu eingefügten Rechte waren in den §§15 und 16 näher umschrieben. Für die unkörperliche Wiedergabe wurde dagegen in § 12 Abs. 2 an der Gewährung eines allgemeinen Rechts und an einer beispielhaften Aufzählung der daraus hervorgehenden Rechte festgehalten. 276 Durch die Beschränkung dieses Rechts auf die öffentliche Wiedergabe war ausdrücklich klargestellt, daß nicht öffentliche Vorträge, Aufführungen und Vorführungen von urheberrechtlichen Ansprüchen frei blieben. Im folgenden waren diese dem Urheber vorbehaltenen Rechte dann näher umschrieben. Die Bestimmung über das Vervielfältigungsrecht in § 13 entsprach der im RefE vorgeschlagenen Regelung, die lediglich sprachlich verbessert wurde. 277 Ebenso übernahm der MinE in § 14 im wesentlichen die Regelung des Verbreitungsrechts, ergänzte die Begriffsbestimmung des Verbreitungsrechts jedoch dahin, daß sich dieses nicht mehr nur auf die Vervielfältigungsstücke, sondern auch auf das 273

Vgl. Bemerkungen zu dem MinE S. 33. Beispielsweise würde ihm entgegen der in der Begründung zum RefE vertretenen Auffassung auch das Recht zustehen, nicht öffentliche Verträge, Aufführungen oder Vorführungen zu verbieten, sofern nicht in das Gesetz eine ausdrückliche Ausnahme eingefügt werde. 274 Bemerkungen S. 33. 275 Bemerkungen S. 33. 276 Bemerkungen S. 33 f. § 12 Abs. 2 gewährte dem Urheber allgemein das Recht der öffentlichen Wiedergabe seines Werkes in unkörperlicher Form und erwähnte insoweit das Senderecht sowie das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht nur als Beispiele. Weitere Wiedergabearten, die im Laufe der technischen Entwicklung erfunden werden, waren somit ebenfalls dem Urheber vorbehalten. 277 Vgl. Bemerkungen S. 34.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Original des Werkes bezog. Ohne Vorbild im RefE waren das Verfilmungsrecht in § 15 sowie das Ausstellungsrecht in § 16. 278 Da zu der Begriffsbestimmung des Senderechts keine Bedenken erhoben worden waren, übernahm der MinE in § 17 diese wiederum sachlich unverändert aus dem RefE und stellte dabei mit Rücksicht auf die wachsende Bedeutung des Fernsehrundfunks ausdrücklich klar, daß auch diese Übermittlungsform dem Urheber vorbehalten sei. 279 Gleichfalls mit einigen sprachlichen Verbesserungen übernommen wurde das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht in § 18 MinE. Neu war lediglich die Ergänzung eines Abs. 6 in dieser Bestimmung, der eine Definition des Begriffs der Öffentlichkeit enthielt. Öffentlich waren danach die Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen, wenn sie vor einer Mehrheit von Personen stattfanden, es sei denn, daß der Kreis dieser Personen bestimmt abgegrenzt und sie durch persönliche Beziehungen untereinander oder mit dem Veranstalter verbunden waren. 280 Mit dieser Definition sollte der Begriff der Öffentlichkeit für das Urheberrechtsgesetz deutlich von dem im sonstigen Recht, beispielsweise im Strafrecht vielfach in anderer Bedeutung verwendeten Öffentlichkeitsbegriff, abgegrenzt werden. 281 Die Rechte des Urhebers bei Bearbeitungen und Umgestaltungen des Werkes faßte der MinE in einer Bestimmung (§ 19) zusammen.282 Abweichend vom RefE machte der MinE die Veröffentlichung und Verwertung der Bearbeitung statt von der Zustimmung von der Einwilligung des Urhebers abhängig. Eine nachträgliche Genehmigung sollte nicht mehr ausreichen.283 Nach wie vor bedurften nur die Veröffentlichung und die Verwertung, nicht dagegen die Vornahme der Bearbeitung selbst der Einwilligung des Originalurhebers. Der Vorschlag, auch die Bearbeitung an die Einwilligung des Originalurhebers zu binden, wurde somit nicht aufgenommen. Auch wenn in Art. 8 und Art. 12 der RBÜ vorgesehen war, daß der Urheber das ausschließliche Recht besaß, Übersetzungen und sonstige Bearbeitungen zu erlauben, sei aber nach verbreiteter Auffassung auch hier lediglich die Verwertung der Übersetzung oder Bearbeitung maßgeblich.284 278

Vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S. 34. Bemerkungen S. 35. 280 Die Regelung entsprach den von der Rechtsprechung bereits für das geltende Recht entwickelten Grundsätzen, vgl. BGHZ 17, S.376 (378). 281 Vgl. Bemerkungen S. 36. 282 Mit Recht sei daraufhingewiesen worden, daß die Umgestaltung eines Werkes, in der es in wesentlichen Zügen übernommen werde, der Bearbeitung näher stehe als der freien Benutzung, vgl. Bemerkungen S.37. 283 Bemerkungen S. 36. Die Veröffentlichung und Verwertung einer Bearbeitung seien im Verhältnis zum Urheber des bearbeiteten Werkes Rechtshandlungen und keine Rechtsgeschäfte. Eine schwebende Rechtswidrigkeit von Rechtshandlungen würde die Rechtssicherheit zu sehr gefährden. 284 Vgl. Bemerkungen S. 36 f. Es wurde die Forderung laut, grundsätzlich bereits die Bearbeitung von der Einwilligung des Originalurhebers abhängig zu machen und nur diejenigen Bearbeitungen frei zu lassen, die zum persönlichen Gebrauch oder in der Absicht vorgenom279

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Die freie Benutzung eines Werkes war sodann in § 20 selbständig geregelt. In Angleichung an die Bearbeitungen und Umgestaltungen wurde auch hier nicht mehr von Zustimmung sondern von Einwilligung gesprochen.285 Keine Berücksichtigung fand die Forderung, den in § 13 Abs. 2 LUG verankerten absoluten Melodienschutz in das neue Urheberrechtsgesetz zu übernehmen. Dieser starre Schutz der Melodie ziehe dem musikalischen Schaffen ungerechtfertigte enge Grenzen. 286 Die Befürchtung, der Wegfall des Melodienschutzes werde zu einer Ausbeutung von Melodien für Schlager führen, erschien den Verfassern des MinE unbegründet. Bei Werken der leichten Musik stehe regelmäßig die Melodie so sehr im Vordergrund, daß im Falle ihrer Entnahme aus einem fremden Werk kaum jemals von einer selbständigen Neuschöpfung gesprochen werden könne, die Bestimmung über die freie Benutzung in § 20 also ohnehin nicht anwendbar sei. 287

c) Kritik an der Regelung des Ministerialentwurfes Die Regelung des MinE, dem Urheber die einzelnen aus der Verwertung des Werkes in körperlicher Form fließenden Befugnisse in § 12 Abs. 1 wieder abschließend aufzuzählen, stieß auf Kritik von Seiten der Urheber. Vom Standpunkt des Urhebers sei es das Beste, so wurde in dem Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller ausgeführt, es werde ihm „ganz allgemein das Recht gewährt, sein Werk zu verwerten", wie es im RefE von 1954 vorgesehen war. 288 Dieses allgemeine Verwertungsrecht könne vom Gesetzgeber, wenn er es für notwendig halte, mehr oder weniger beschränkt werden. 289 Außerdem sollten die Verwertungsrechte weiter als im MinE geschehen, aufgeteilt werden. In § 12 sollten unter den einzelnen Verbreitungsrechten alle Rechte aufgeführt werden, die in den Wahrnehmungsverträgen der Verwertungsgesellschaften genannt waren. men wurden, die zur Bearbeitung erforderliche Einwilligung einzuholen. Damit würde aber die Zulässigkeit der Bearbeitung von einer subjektiven Voraussetzung abhängig gemacht, die vielfach schwer festzustellen sei und daher nicht bedenkenfrei erscheine. 285 Bemerkungen S. 37. 286 Auf dem Gebiet der ernsten Musik würden oft wertvolle selbständige Schöpfungen unter Benutzung fremder Themen geschaffen, wie beispielsweise Variationen, Phantasien usw., deren Verwertung nicht von der Einwilligung des Urhebers der als Anregung benutzten Melodie abhängen dürfe, vgl. Bemerkungen S.37. 287 Vgl. Bemerkungen S.37. 288 Märker in Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller vom 16.01.1960 in Β141/2624 B1.056 (Rückseite). 289 Es sollte aber nicht übertragbar sein. Das Gesetz müßte vielmehr bestimmen, daß nur die jeweils einzeln zu bezeichnenden Verwertungsrechte einem anderen überlassen werden können. Anderenfalls bestünde die Gefahr, daß die Autoren, die meist geschäftlich unerfahren seien, pauschal das allgemeine Verwertungsrecht übertragen, ohne sich im klaren zu sein, was sie eigentlich abtreten, vgl. Märker in Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller vom 16.01.1960 in Β141/2624 B1.057 (Rückseite).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Auf erheblichen Widerstand stieß weiterhin die Bestimmung des § 20 über die freie Benutzung. Damit würde Mißbräuchen Tür und Tor geöffnet. 290 Die jetzige Fassung des § 20 MinE hatte nach Ansicht des Deutschen Muiskverlegerverbandes zur Folge, daß gerade unbegabte Urheber durch freie Benutzung bekannter Melodien oder ähnlicher charakteristischer Merkmale getarnte Plagiate als selbständiges neues Werk mit dem vollen Schutz herausgeben werden, der dem Originalurheber zustehe.291 Seit die Melodie, die man nachpfeifen könne, immer mehr an Bedeutung verliere und auch andere Merkmale, wie Thema, Rhythmus und Klangfarbe neben die Melodie als Charakteristika treten, müsse der Melodienschutz sogar noch erweitert werden. Der wesentliche Zug eines Werkes der Musik könne schon in einem einzigen Takt bestehen, der quantitativ gesehen nur ein „Teilchen eines Werkes" darstelle. 292 Von einem einzigen Einfall könne also ein Werk leben. Dieser Einfall bedeute, wenn er charakteristisch sei, den eigentlichen vermögensrechtlichen Wert einer Komposition.293 Schließlich empfahl der 1. Zivilsenat des BGH eine Streichung des in § 12 Abs. 1 Nr. 3 neu eingefügten Verfilmungsrechts sowie des in § 12 Abs. 1 Nr. 4 genannten Ausstellungsrechts. Die Verfilmung eines Werkes sei eine Bearbeitung und daher, falls überhaupt eine Sonderbestimmung für erforderlich gehalten werde, in § 19 zu regeln. 294 Ob das Ausstellungsrecht dem Verbreitungsrecht zugeordnet werden könne, sei zweifelhaft. Es erscheine aber nicht angezeigt, dieses Sonderrecht, das nur für Werke der bildenden Kunst in Betracht komme und nur als Verbotsrecht gedacht sei, neben die klassischen Wiedergaberechte des Werkes in körperhafter Form zu stellen. 295 Im übrigen war auch der BGH der Ansicht, daß das Verbreitungs- und das Vervielfältigungsrecht in § 12 Abs. 1 entsprechend der Regelung in § 12 Abs. 2 nur als Beispielsfälle angeführt werden sollten. Es sei nicht abzusehen, welche neuartigen Wiedergabemöglichkeiten für ein Werk in körperhafter Form die Technik in Zukunft erschließen werde. Der Rechtsprechung verbleibe bei der Aufstellung eines abschließenden Katalogs nicht der gebotene Spielraum, auch solche neu erschlossenen Werkwiedergaben in das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers einzubeziehen.296 Weiterhin äußerte der BGH Bedenken gegen die vorgesehene gesetzliche Definition des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts. Der Begriff der „bühnen290 Vgl. Schulze, Denkschrift zur Urheberrechtsreform vom 30.03.1960 in Β 141/2626 Bl. 072. Für die „freie Benutzung des Werkes" bestehe ein zu weiter Spielraum. 291 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 B1.091. 292 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 B1.091. Als Beispiel wurde auf die fünf ersten gleichen Noten von „Oh mein Papa" aus dem Singspiel „Feuerwerk" von Burkhardt, die Anfangstakte von „Tea for Two" verwiesen, die jeweils das ganze Werk eindeutig festlegten. Ein solches charakteristisches Thema genüge einem geschickten Musiker zur Gestaltung eines neuen Musikstückes. 293 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 B1.091. 294 Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β 141/2637 Bl. 073. 295 Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β141/2637 Bl. 073 (Rückseite). 296 Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β 141/2637 B1.073 (Rückseite).

Α. Inhalt des Urheberrechts

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mäßigen Darstellung" in § 18 Abs. 2 sei in Rechtsprechung und Lehre noch umstritten. Unklarheit bestehe beispielsweise darüber, ob die Wiedergabe einer Oper im Hörfunk eine bühnenmäßige Aufführung darstelle, weil das Werk hier nicht durch bewegtes Spiel für das Auge sichtbar gemacht werde. 297 Schließlich stimmte der BGH entgegen der Kritik von Seiten der Musikverleger dem Wegfall des bislang in § 13 Abs. 2 normierten starren Melodienschutzes zu. Dem hierzu vorgetragenen Anliegen, Schutz gegen unerwünschten „geistigen Diebstahl" nicht nur von Melodien, sondern auch von sonstigen, ein Musikstück auszeichnenden individuellen Merkmalen zu gewähren, wurde nach Ansicht des BGH bereits durch die vorliegende Fassung des § 20 ausreichend Rechnung getragen. 298

d) Die Verwertungsrechte im Regierungsentwurf von 1961 und in dem Urheberrechtsgesetz von 1965 Im Vergleich zu dem MinE von 1959 erfuhren die Regelungen über die Verwertungsrechte in dem Regierungsentwurf vom 15.12.1961 erneut einige Änderungen. Anstelle der abschließenden Aufzählung der Befugnisse zur körperlichen Verwertung gewährte der RegE in § 15 dem Urheber nunmehr wieder nach dem Vorbild des RefE ganz allgemein das Recht, das Werk zu verwerten. Die Begründung führte dazu aus, daß eine abschließende Aufzählung der einzelnen Befugnisse des Urhebers sich doch nicht bewährt habe. Die fortschreitende Technik bringe fortlaufend neue Verwertungsmöglichkeiten, die gerechtfertigterweise ebenfalls dem Urheber vorbehalten sein müßten.299 Durch die Zuerkennung eines allgemeinen Verwertungsrechts, wobei die einzelnen zur Zeit im Geschäftsverkehr entwickelten Verwertungsformen nur als Beispiele aufgeführt werden, sei klargestellt, daß auch künftige Verwertungsformen, die noch nicht bekannt seien, dem Urheber vorbehalten sein sollen. 300 297

Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β 141/2637 B1.074. Auch eine gesetzliche Definition des Begriffs der Öffentlichkeit erschien dem Senat bedenklich. Hier stelle sich u. a. die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage, ob, wenn in Hotels oder Eisenbahnen mechanische Musik derart abgespielt werde, daß in den einzelnen Zimmern oder Zugabteilen einzelne Personen diese für sich nach ihrem Gutdünken hörbar machen können, eine öffentliche Aufführung angenommen werden könne. Der Rechtsprechung würden sachlich nicht gebotene Fesseln angelegt, wenn gesetzlich verankert würde, daß eine öffentliche Aufführung voraussetze, daß sie vor einer Mehrheit von Personen stattfinde. 298 Stellungnahme des BGH vom 06.10.1960 in Β 141/2637 B1.074 (Rückseite). Ausreichend sei, daß die Fassung des § 20 MinE es der Rechtsprechung überließ, darüber zu entscheiden, ob ein „selbständiges Werk" in „freier Benutzung" geschaffen worden ist. 299 Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.45. 300 BR-Drucks. 1/62 S.45. Es wurde nochmals ausdrücklich auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich bei Entwicklung des Rundfunks ergaben, als das Senderecht noch nicht im Gesetz genannt war und die Rechtsprechung Schwierigkeiten hatte, hierfür eine mit dem System der geltenden Gesetze zu vereinbarende Begründung zu finden.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Dieses allgemeine Verwertungsrecht wurde sodann durch die im sechsten Abschnitt des Entwurfes geregelten besonderen Schranken des Urheberrechts zum Teil wieder eingegrenzt, wie noch zu zeigen sein wird. 301 Außerdem unterlagen nach herrschender Auffassung einige Verwertungsrechte bereits ihrem Wesen nach gewissen Einschränkungen. 302 Beispielsweise gehöre es zu dem Wesen des Verbreitungsrechts, daß grundsätzlich nur die Erstverbreitung eines Werkexemplars erfaßt werde, also nur das Recht, ein Buch oder eine Schallplatte erstmals in den Verkehr zu bringen. Weiterhin gelte für die unkörperliche Wiedergabe des Werkes durch Vortrag, Aufführung usw. der allgemeine Grundsatz, daß dem Urheber insoweit nur die öffentliche Wiedergabe vorbehalten sei. Soweit der Entwurf einzelne Befugnisse als Bestandteile des allgemeinen Verwertungsrechts ausdrücklich nannte, wurden diese daher in §§ 16ff. zugleich abschließend definiert. Die Abgrenzungen, die sich aus diesen Begriffsbestimmungen ergaben, konnten somit nicht unter Berufung auf das allgemeine Verwertungsrecht überschritten werden. 303 Entsprechend dem MinE unterschied dann der RegE zwischen den Rechten der körperlichen Verwertung und den Rechten der unkörperlichen Verwertung des Werkes. Als körperliche Verwertungsrechte nannte der RegE jedoch nur noch das Vervielfältigungsrecht, das Verbreitungsrecht und das Ausstellungsrecht, nicht mehr das Verfilmungsrecht. Die besondere Erwähnung des Verfilmungsrechts erscheine überflüssig, da die Verfilmung eines Werkes entweder, soweit das Werk unverändert in den Film übernommen werde, eine Vervielfältigung des Werkes darstelle und daher bereits unter § 15 Abs. 1 Nr. 1 falle, oder sie eine als besondere Form der Bearbeitung in § 23 geregelt sei. 304 Ferner sah der RegE eine neue Einteilung der Rechte zur unkörperlichen Verwertung des Werkes vor, die unter dem Begriff des Rechts zur öffentlichen Wiedergabe zusammengefaßt waren. 305 Während der MinE vorgeschlagen hatte, die Begriffe der Wiedergabe durch Bildoder Tonträger und der Wiedergabe von Funksendungen zu vermeiden und neben dem Senderecht lediglich ein allgemeines Vortrags-, Aufführungs- und Vorfüh301

Vgl. dazu den Abschnitt Β über die Schranken des Urheberrechts. BR-Drucks. 1/62 S.45. 303 BR-Drucks. 1/62 S.46. War also beispielsweise das Ausstellungsrecht in § 18 als das Recht definiert, das Original oder Vervielfältigungsstücke eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste oder eines unveröffentlichten Lichtbildwerkes öffentlich zur Schau zu stellen, so sollte darüber hinaus nicht noch ein entsprechendes Recht für Werke der Literatur oder der Musik aus dem allgemeinen Verwertungsrecht in § 15 abgeleitet werden können, ebensowenig das Recht, ein bereits veröffentlichtes Werk der bildenden Künste oder ein Lichtbildwerk öffentlich zur Schau zu stellen. 304 Vgl. BR-Drucks. 1/62 S.46. 305 Das Recht der Verwertung des Werkes in unkörperlicher Form wurde nunmehr als Wiedergabe bezeichnet mit der Einschränkung, daß dem Urheber nur die öffentliche Wiedergabe vorbehalten war. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe als Sammelbezeichnung für alle dem Urheber vorbehaltenen unkörperlichen Verwertungsarten wurde in zahlreichen Bestimmungen des Entwurfes zur Vereinfachung der Gesetzessprache verwendet, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.46. 302

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Α. Inhalt des Urheberrechts 306

rungsrecht zu gewähren, das auch die Zweitverwertungen umfaßte, erschien eine solche Regelung nach der Begründung des RegE unzweckmäßig. Es widerspreche dem Sprachgebrauch, der Aufführung einer Sinfonie im Konzertsaal ihre Wiedergabe durch Plattenspieler oder Rundfunkgerät gleichzustellen.307 Vor allem erscheine es verfehlt, den stets gleichen Vorgang der Bild- oder Tonträgerwiedergabe und der Rundfunkwiedergabe terminologisch aufzuspalten in Vorträge, Aufführungen oder Vorführungen, je nachdem ob sich die Wiedergabe auf Sprachwerke, Bühnenwerke, Werke der Musik oder auf Film werke bezog.308 Daher nahm der RegE aus dem bisher auch diese Zweitverwertungen wie Schallplatten- und Rundfunkwiedergabe umfassenden Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht die Rechte zur Wiedergabe des Werkes mittels Bild- oder Tonträger und zur Wiedergabe von Funksendungen des Werkes als selbständige Rechte heraus, vgl. § 15 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4. Unter dem Vortrag oder der Aufführung eines Werkes verstand der Entwurf jetzt nur noch die unmittelbare Werkdarbietung durch ausübende Künstler. Diese Trennung der primären und sekundären Verwertungsarten ermögliche an vielen Stellen des Gesetzes eine wesentlich genauere Erfassung des Sachverhaltes und solle dem natürlichen Sprachgebrauch entgegenkommen.309 Im einzelnen waren die Begriffsbestimmungen des Vervielfältigungsrechts (§ 16), des Verbreitungsrechts (§ 17), des Ausstellungsrechts (§ 18) sowie des Senderechts (§ 20) sachlich unverändert aus dem MinE übernommen. Lediglich der Definition des Verbreitungsrechts wurde die Einschränkung hinzugefügt, daß die Weiterverbreitung von Werkstücken, die mit Zustimmung des Berechtigten im Wege der Veräußerung in den Verkehr gelangt waren, ohne Erlaubnis des Urhebers zulässig sein sollte. 310 Neu eingefügt waren die Bestimmungen des Rechts der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§21) sowie des Rechts der Wiedergabe von Funksendungen 306

Bei den Zweitverwertungsrechten handelte es sich um Rechte an Verwertungsarten, denen jeweils eine dem Urheber vorbehaltene Werkverwertung bereits vorausgegangen war, also bei der Wiedergabe des Werkes durch Bild- oder Tonträger bereits die Aufnahme des Werkes auf den Bild- oder Tonträger, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.46. 307 BR-Drucks. 1/62 S.46. Auch der Urheber, der über sein Wiedergaberecht verfüge, unterscheide regelmäßig zwischen der unmittelbaren und der sekundären Wiedergabe. Für eine öffentliche Aufführung im Konzertsaal sei ein höheres Entgelt zu zahlen als für eine bloße Schallplatten- oder Rundfunkwiedergabe. 308 BR-Drucks. 1/62 S.47. 309 Vgl. Schiefler in GRUR 1962, S. 338 (339). Zu einer weiteren Anpassung des Sprachgebrauchs konnte sich der Entwurf allerdings nicht entschließen. Der Begriff des Vortragsrechts blieb weiterhin auf den Vortrag von Sprachwerken beschränkt, eine Einbeziehung auch der konzertmäßigen Darbietung von Musikwerken war nicht vorgesehen. Diese sollte vielmehr wie bisher zusammen mit der bühnenmäßigen Darstellung von Werkes dem Aufführungsrecht unterfallen. 310 BR-Drucks. 1/62 S.48. Das Verbreitungsrecht solle allerdings nur erlöschen, wenn die Werkstücke durch Veräußerung in den Verkehr gelangt waren. An einem lediglich verliehenen oder vermieteten Werkexemplar blieb das Verwertungsrecht bestehen, vgl. dazu auch die Ausführungen zu der Vermietgebühr. 21 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

(§ 22). Da der Entwurf, wie bereits hervorgehoben, den Begriff des Vortrags-, Aufführungs· und Vorführungsrechts auf die unmittelbare Werkwiedergabe beschränkte und für die mittelbaren Wiedergaben, also die Wiedergabe eines Vortrags oder einer Aufführung mittels Bild- oder Tonträger und die Wiedergabe von Funksendungen, gesondert aufgeführte Bestimmungen vorgesehen waren, mußte die Begriffsbestimmung des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht in (§ 19) neu gefaßt werden. § 19 Abs. 1 umschrieb dementsprechend das Vortragsrecht als das Recht, ein Sprachwerk durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen. 311 Ebenso wurde das Aufführungsrecht auf das Recht, ein Werk der Musik durch persönliche Darbietung öffentlich zu Gehör zu bringen oder ein Werk öffentlich bühnenmäßig darzustellen, beschränkt. 312 Schließlich fanden sich in §§ 23, 24 die Bestimmungen über Bearbeitungen und Umgestaltungen sowie über die freie Benutzung. Dabei war in Abweichung vom MinE in § 23 Abs. 2 vorgesehen, daß im Falle einer Bearbeitung oder Umgestaltung durch Verfilmung bereits die Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers bedurfte. 313 Der Grundsatz der freien Benutzung in § 24, wonach ein in Anlehnung an ein anderes geschaffenes Werk dann ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden durfte, wenn es sich von der Vorlage soweit gelöst hatte, daß es als eine völlig selbständige Neuschöpfung anzusehen war, sollte nach wie vor uneingeschränkt auch für die Werke der Musik gelten.314 Anders war dagegen im Urheberrechtsgesetz von 1965 vorgesehen, daß die Bestimmung über die freie Benutzung nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik gelten sollte, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wurde. 315 Der Entschluß, nunmehr doch dem 311

Vgl. zur Vertiefung BR-Drucks. 1/62 S.48. Wurde also eine Oper durch Fernsehfunk gesendet, so unterlag die öffentliche Wiedergabe dieser Sendung durch ein Fernsehgerät nicht dem Aufführungsrecht des Urhebers, sondern seinem Recht der Wiedergabe von Funksendungen, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.49. 313 Nach wie vor bedurften nur die Veröffentlichung und die Verwertung der Einwilligung des Originalurhebers, nicht dagegen die Herstellung der Bearbeitung oder Umgestaltung selbst. In einem Fall erschien allerdings eine abweichende Regelung geboten, nämlich bei der Verfilmung eines Werkes. Diese spielten sich in der Regel anders als sonstige Bearbeitungen oder Umgestaltungen eines Werkes nicht im privaten Bereich ab und wurden meist bereits in der Absicht der gewerblichen Verwertung vorgenommen. Es wäre auch im Hinblick auf die hohen Herstellungskosten eines Films wirtschaftlich unvernünftig, mit seiner Herstellung zu beginnen, ohne sich zuvor die Einwilligung der Urheber der zur Herstellung benutzten Werke zu sichern, vgl. BR-Drucks. 1/62 S.51. 314 Vgl. zur Vertiefung BR-Drucks. 1/62 S.51 f. 315 Es wurde nunmehr anerkannt, daß die freie Benutzung von Melodien allzu leicht in eine Ausbeutung fremden Musikschaffens umschlagen könne. Dies gelte vor allem im Bereich der Schlager- und Unterhaltungsmusik. Bedenklich erscheine der Melodienschutz allerdings heute noch bei Werken der ernsten Musik. Hier müsse mehr als bei der sog. leichten Musik der Grundsatz gelten, daß eigenes Schaffen auch auf früheren Schöpfungen aufbauen können müsse, vgl. zur Vertiefung Schricker-Loewenheim, § 24 Rz. 27. 312

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Wunsch der Komponisten und Musikverleger zu entsprechen, ging auf die Beratungen des im Rechtsausschuß des Bundestages gebildeten Unterausschusses „Urheberrecht" zurück. In einer gemeinsamen Sitzung mit dem im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik gebildeten Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" am 25.05.1964 fand u. a. eine Sachverständigenanhörung zur Frage des absoluten Melodienschutzes statt. 316 Sowohl Dr. Richartz als auch Dr. Petschull vom Deutschen Musikverlegerverband wandten sich entschieden dagegen, daß fremde Melodien verwendet werden dürfen. Man müsse immer den Urheber fragen. Es könne beispielsweise sein, daß der Urheber vorhabe, die betreffende Melodie selbst zu bearbeiten. Die Verwertung einer solchen Bearbeitung werde aber erschwert, wenn vorher fremde Bearbeitungen erscheinen. 317 Wenn einem Komponisten keine Melodie für ein Werk einfalle, habe er immer noch die Möglichkeit, den Urheber einer Melodie um das Einverständnis zu bitten. In den Fällen, wo der Bearbeiter eine größere Bedeutung habe als der Urheber einer Melodie, werde dieser wohl immer mit der Bearbeitung einverstanden sein. 318 Mit dieser Argumentation vermochten die Interessenvertreter den Unterausschuß des Rechtsausschusses zu überzeugen, so daß der Melodienschutz in § 24 Abs. 2 nun doch erhalten blieb. Im übrigen wurden die im RegE von 1961 vorgeschlagenen Regelungen über die Verwertungsrechte in das Urheberrechtsgesetz von 1965 unverändert übernommen.

III. Folgerecht (droit de suite) als sonstiges Recht Die soeben beschriebenen Verwertungsrechte vermitteln dem Urheber als Ausschließlichkeitsrechte die Herrschaft an dem von ihm geschaffenen Werk. Im Umfang dieser Rechte hat der Urheber das alleinige Recht, sein Werk zu nutzen sowie andere von der Nutzung dieses Werkes auszuschließen.319 Das deutsche Urheberrecht kannte bislang nur zwei Alternativen. Entweder war ein Verwertungsrecht des Urhebers vorgesehen oder eine erlaubnisfreie Nutzung. 320 Das Urheberrechtsgesetz von 1965 sah erstmals auch gesetzliche Vergütungsansprüche des Urhebers vor, zu denen vor allem das in dem Abschnitt über den Inhalt des Urheberrechts geregelte Folgerecht sowie die Vermietgebühr gehörten. 321 Die Gewährung gesetzlicher Vergütungsansprüche beruhte auf der Erkenntnis, daß der Urheber gewisse Nutzungs316 Sitzung am 25.05.1964 UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. WP. Sten. Prot. S. 21 ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 317 Vgl. Sitzung am 25.05.1964 UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. WP. Sten. Prot. S.21, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 318 So die Ausführungen von Dr. Richartz in Sitzung am 25.05.1964 UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. WP. Sten. Prot. S. 26, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 319 Vgl. Schricker/von Ungern-Sternberg, § 15 Rz. 1. 320 Schack, Rz. 430. 321 Ein weiterer wichtiger Vergütungsanspruch des Urhebers war auch die in § 53 Abs. 5 des Urheberrechtsgesetzes von 1965 geregelte Geräteabgabe, wie noch zu zeigen sein wird.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

handlungen wegen der Sozialbindung des Urheberrechts (Art. 14 Abs. 2 GG) zwar nicht verbieten kann, sie deshalb aber auch nicht ohne eine Entschädigung hinnehmen muß. 322 Ein Recht besonderer Art stellte für den Urheber der bildenden Künste das Folgerecht dar. Als eine echte urheberrechtliche Befugnis 323 ist das Folgerecht das Recht des Urhebers auf eine Geldleistung bei Weiterveräußerung eines Originalwerkes der bildenden Künste.324 Grundgedanke des Folgerechts ist eine Gewinnbeteiligung des Urhebers, vor allem in Fällen hoher Wertsteigerungen von Kunstwerken in der Hand von Händlern und Sammlern. 325 Hat ein Künstler das Originalwerk in jungen Jahren „für ein Butterbrot" weggegeben326, so widerstrebt es dem Gerechtigkeitsgefühl, daß die beträchtlichen Wertsteigerungen des Originals allein dessen Eigentümer und nicht dem Urheber zugute kommen sollten. 327 Ebenso wie der Urheber durch seine Tantiemen an einem höheren Umsatz von Vervielfältigungsstücken verdient, so soll ihm auch ein Anteil an der Wertsteigerung des Originals von Werken der bildenden Künste zustehen.328 1. Geschichte des Folgerechts bis zur Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 a) Geltender Rechtszustand und erste Gedanken zum Folgerecht Das geltende Recht kannte das Folgerecht oder einen ähnlich gestalteten Anspruch des Urhebers bei Weiterveräußerung eines Werkes der bildenden Künste noch nicht. Zwar forderte im Jahre 1912 ein Abgeordneter vor dem Bayerischen Landtag, Bayern solle sich im Bundesrat für eine Einführung des Folgerechts ein322

Schock, Rz.430. So die heute allgemein vertretene Auffassung, vgl. BGHZ 126, S.252 (257). Im einzelnen ist das Folgerecht eine besondere und eigengeartete vermögensrechtliche Befugnis und nicht nur ein dem Urheberrecht verwandtes Schutzrecht. Von den Verwertungsrechten unterscheidet sich das Folgerecht dadurch, daß es kein Ausschlußrecht ist, vgl. zur Vertiefung Schricker/Katzenberger, § 26 Rz. 3 f. 324 Schrickerl Katzenberger, §26 Rz. 1. 325 Vgl. Schrickerl Katzenberger, § 26 Rz. 7. Daneben soll das Folgerecht auch der faktischen Benachteiligung der bildenden Künstler gegenüber Schriftstellern und Komponisten Rechnung tragen. Letztere nehmen an dem steigenden Wert ihrer Werke durch zunehmende Einnahmen aus dem vermehrten Absatz von Büchern und der Zunahme von Aufführungen teil. Dagegen finde der steigende Wert von Werken der bildenden Künste im wesentlichen nur in den gestiegenen Preisen der Werkoriginale Ausdruck. 326 Sobald das Original eines Werkes im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht war, war das Verbreitungsrecht erschöpft. 327 Schack, Rz. 450. Besonders hinzuweisen sei auf den Fall dreier Kunstwerke von Joseph Beuys, die für wenige hundert DM erworben und im Jahr 1989 für über 1,4 Mio. DM in London versteigert wurden, vgl. BGHZ 126, S.252 ff. 328 Schack, Rz. 450. 323

Α. Inhalt des Urheberrechts

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setzen. 329 I m Ergebnis konnte die Anregung jedoch nicht durchgesetzt werden. Erste nähere Vorschläge zur Einführung eines Folgerechts brachten sodann einige Veröffentlichungen in Fachzeitschriften. 330 Eine Beteiligung des Künstlers am Wertzuwachs seiner Werke in Höhe von 25 % befürwortete Allfeld i m Jahr 1919. 3 3 1 Es sei keine seltene Erscheinung, daß Kunstwerke, die von ihren Schöpfern, als diese noch wenig bekannt waren, zu ganz geringen Preisen verkauft worden seien, später, wenn die Meister zu hohem Ansehen gelangt seien, zu Preisen weiter veräußert würden, deren Höhe zu der vom Urheber erzielten ganz außer Verhältnis stehe. 332 Daher entspreche es ohne Zweifel der Billigkeit, wenn diesem Mißstand i m Wege der Gesetzgebung abgeholfen würde. Zur wirksamen Durchsetzung des Anspruches schlug Allfeld die Einführung eines Kunstwerkregisters vor, wobei die Anmeldungen zum Register unter Zwang gestellt werden sollten. 3 3 3 Das wirksamste Mittel des Zwanges sei hierbei, die nicht registrierten Verkäufe für nichtig zu erklären. 3 3 4 Neuen Antrieb erhielt die Diskussion um eine Einführung des Folgerechts auch durch die Anerkennung eines solchen Rechts in Frankreich, Belgien und der Tschechoslowakei in den Jahren 1920 bis 1926. 3 3 5 I m Anschluß an das französische Vorbild schlug Koch eine Beteiligung des bildenden Künstlers am Weiterveräußerungserlös ohne Rücksicht auf eine Wertsteigerung oder Wertminderung i m Einzelfall 329

Vgl. Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des Bayerischen Landtags, 36. Landtagsversammlung, 1. Session 1912, Sten. Ber. Bd.4, S.291 f., 323. 330 Vgl. zu den ersten Beiträgen, die Vorschläge zu dem Folgerecht enthielten, die ausführlichen Hinweise in dem Teil über die Geschichte des Folgerechts in Deutschland bei Katzenberger, Das Folgerecht im deutschen und ausländischen Urheberrecht, S.22 ff. Als erste Veröffentlichung wird hier eine Schrift von Avenarius (Flugschriften des Dürerbundes, 65. Flugschrift 1910, S.22) genannt. Darin wurde eine Beteiligung des bildenden Künstlers in Höhe von einem Viertel des Unterschiedsbetrages, um den der Erlös einer Weiterveräußerung eines seiner Kunstwerke den an den Künstler selbst bezahlten Preis überstieg. 331 Allfeld in GRUR 1919, S.64 (66). Dabei sollte derjenige zur Zahlung verpflichtet sein, der das Werk mit Gewinn weiter veräußert hatte. 332 Allfeld in GRUR 1919, S. 64 (64). Dadurch falle für den ersten oder auch den zweiten Erwerber ein überaus hoher Gewinn ab, während sich der Künstler mit einem höchst bescheidenen Ertrag zufrieden geben müsse. 333 Allfeld in GRUR 1919, S. 64 (67). 334 Vgl. den Vorschlag von Allfeld in GRUR 1919, S. 64 (67). Von dem Anspruch könnten Veräußerungsgeschäfte, bei denen nur eine geringe Summe, etwa weniger als 500 oder auch 1000 RM, in Frage stehe, ausgenommen werden. 335 Die erste gesetzliche Regelung des Folgerechts brachte das französische Gesetz vom 20.05.1920. Dem französischen Gesetz folgte am 25.06.1921 der Erlaß eines Sondeigesetzes in Belgien, das gleich dem französischen Vorbild das Folgerecht als Recht auf einen Anteil am Erlös der Weiterveräußerung eines Werkes der bildenden Künste ohne Berücksichtigung der Wertentwicklung des weiterveräußerten Originals ausgestaltete. Schließlich wurde das Folgerecht in der Tschechoslowakei in das Gesetz über das Urheberrecht an Werken der Literatur, der Kunst und der Fotografie vom 23.11.1926 aufgenommen. Danach stand dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste ein Anspruch auf einen Anteil an dem unverhältnismäßig hohen Reingewinn zu, den der Eigentümer beim Verkauf des Originalstückes erzielt, vgl. die Ausführungen in der Begründung zu dem Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 S. 63. Zum Ganzen auch Katzenberger, Das Folgerecht im deutschen und ausländischen Urheberrecht, S.23.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 336

vor. Zur praktischen Durchführung forderte Koch, daß, wenn binnen zwei Wochen nach Vornahme eines Verkaufes der Betrag des Folgerechts nicht gezahlt sein sollte, sowohl das schuldrechtliche Grundgeschäft als auch das dingliche Ausführungsgeschäft nichtig sind. 337 Die Höhe des Folgerechts sollte anders als nach dem Vorschlag Allfelds je nach Verkaufspreis unterschiedlich gestaffelt werden. 338 Trotz dieser Forderungen seitens der Wissenschaft wurde das Folgerecht im Rahmen einer von den deutschen Juristen Elster, Hoffmann und Marwitz veröffentlichten Umfrage in sechs Antworten lediglich bedingt befürwortet, in fünf Stellungnahmen sogar gänzlich abgelehnt.339 b) Die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und der Akademie für Deutsches Recht von 1939 Erstmals gesetzlich verankert werden sollte das Folgerecht dann nach den Vorstellungen des Reichsjustizministeriums in § 18 des Entwurfes von 1932. Unter der Bezeichnung „Urheberanteil" wurde dem Urheber und seinen Erben im Falle der Weiterveräußerung des Originals eines Werkes der bildenden Künste ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 3 % des Entgeltes gegen den Veräußerer eingeräumt, wenn dieses Entgelt mindestens 500 RM betrug (§ 18 Abs. 1). Allerdings entfiel die Zahlungsplicht des Weiterveräußerers, wenn nachgewiesen werden konnte, daß ein Wertzuwachs gegenüber der unmittelbar vorangegangenen Veräußerung nicht eingetreten war (§18 Abs. 3). Dadurch sollte dem Urheber die Beweispflicht abgenommen werden, daß eine Wertsteigerung eingetreten sei. 340 Ein Registrierungszwang zur praktischen Durchsetzung des Anspruches war nicht vorgesehen. Der Veräußerer war nach § 18 Abs. 5 lediglich verpflichtet, innerhalb von vier Wochen nach Abschluß des Vertrages dem Urheber den Gegenstand der Veräußerung, seinen und den Namen des Erwerbers sowie Wohnort und die erzielte Summe anzuzeigen und ihm gleichzeitig den Urheberanteil zu bezahlen oder gegebenenfalls den Nachweis des mangelnden Wertzuwachses zu führen. 341 336

Koch in UFITA Bd. 2 (1929), S. 279 (286). Koch in UFITA Bd. 2 (1929), S.279 (293 f.). Außerdem sollte dem Urheber oder seinen Rechtsnachfolgern zweckmäßigerweise das Recht zugestanden werden, das Werk binnen einer Frist von 3 Monaten nach Kenntnis der Verletzung des Folgerechts von dem Verkäufer, der das Folgerecht verletzt hatte, zu demjenigen Preis zu erwerben, zu dem der Verkäufer erworben hatte. 338 Vgl. Vorschlag Koch in UFITA Bd. 2 (1929), S. 279 (296). Bei Preisen unter 500 RM sollte kein Folgerecht entstehen. 339 Elster! Hoffmann! Marwitz in UFITA Bd. 2 (1929), S. 152ff. Die Umfrage hatte ursprünglich die Einführung eines einheitlichen Urheberrechts in Deutschland und Österreich zum Gegenstand, behandelte aber auch das Folgerecht. 340 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 64 f. Diesen Beweis könne der Urheber nur selten erbringen. 341 Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 65. Diese Rechte der bildenden Künstler sollten von einer Treuhandstelle verwaltet werden, deren nähere Ausgestaltung in einer Verordnung geregelt werden sollte. 337

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Mit der Einführung dieses Urheberanteils wollte der Entwurf der Forderung Rechnung tragen, daß in dem bei der Weiterveräußerung erzielten Gewinn stets auch ein Äquivalent für die schöpferische Leistung stecke, die mit dem Preis, den der Künstler erhalten habe, nicht ausreichend entlohnt sei. Diese Forderung müsse um so mehr als berechtigt anerkannt werden, als häufig die höhere Wertschätzung, die man seinem Werke bei den späteren Verkaufsgeschäften entgegenbringe, ganz wesentlich durch das weitere Schaffen des Künstlers begründet werde. Das Ansehen, das sich der Künstler durch spätere, seine Eigenart bekannt und berühmt machende Schöpfungen erwerbe, komme auch dem einst billig fortgegebenen Anfangswerk zugute.342 Dem Einwand, daß die derzeit herrschenden schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse es nicht gestatten würden, den Kunsthandel mit einem derartigen Anteilsrecht zu belasten, sollte mit der verhältnismäßig hohen Wertgrenze von 500 RM begegnet werden. 343 Darüber hinaus traf der Entwurf in § 84 eine besondere Bestimmung über die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen bei Werken der bildenden Künste, deren Urheber Ausländer waren, ein Urheberanteil nach § 18 in Anspruch genommen werden konnte. Danach sollten die in § 18 vorgesehenen Regelungen nicht in allen Fällen, in denen das Werk eines ausländischen Schöpfers urheberrechtlichen Schutz im Inland genoß, gelten, sondern nur dann, wenn zwischenstaatliche Vereinbarungen besondere Bestimmungen hierüber trafen. 344 Die Reaktionen auf den Vorschlag des Entwurfes von 1932 zur Einführung des Folgerechts waren in der urheberrechtlichen Literatur geteilt. 345 Zustimmend äußerte sich Klauer?* 6 Auch wenn sich der Erfolg des droit de suite bei der vorgeschlagenen Ausgestaltung und bei den gegenwärtigen schlechten Verhältnissen für die beteiligten Urheber zunächst nicht sehr erheblich auswirken werde, so solle das Urheberrechtsgesetz doch von längerer Dauer sein, also die jetzigen Krisenzeiten 342

Begründung S. 62. Vgl. Begründung S. 66. Diese Einwendung könne mit Rücksicht auf die hohe Wertgrenze von 500 RM, die geringe Höhe des Urheberanteils und die Beschränkung des Rechts auf den Fall einer gewinnbringenden Weiterveräußerung nicht als durchgreifend anerkannt werden. 344 Begründung S. 130. Für den Fall, daß solche Vereinbarungen nicht getroffen waren, sollte es nach dem Vorgang der französischen und belgischen Gesetzgebung auf die materielle Gegenseitigkeit ankommen. Auch wenn nach den Art. 4 bis 6 der RBÜ in der Romfassung von 1928 zugunsten bestimmter ausländischer Urheber, insbesondere der Verbandsangehörigen, die Inländerbehandlung für den Urheberschutz vorgeschrieben war, so sollte sich diese jedoch nach der geschichtlichen Entwicklung des internationalen Urheberrechts nur auf die dem Urheber vorbehaltenen ausschließlichen Rechte, das Werk zu verwerten, sowie das droit moral beziehen. Der Anspruch auf den Urheberanteil nach § 18 des Entwurfes stelle sich aber als ein Recht eigener Art dar, das sich weder in die Kategorie der Werknutzungsrechte noch in die des Urheberpersönlichkeitsrechts einreihen lasse (so die Argumentation des Entwurfes, vgl. Begründung S. 131). 345 Vgl. die Nachweise bei Katzenberger, Das Folgerecht im deutschen und ausländischen Urheberrechts. 24. 346 Klauer in GRUR 1932, S. 639 (649). 343

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 347

überwinden. De Boor schlug vor, die Entwicklung des Folgerechts im Ausland abzuwarten und die „sehr zweifelhafte Frage des droit de suite" vorläufig noch zurückzustellen. 348 Gegen die Einführung des Folgerechts wandte sich Hoffmann. 349 Auch der deutsche Kunsthandel leistete starken Widerstand. 350 Daraufhin wurde das Folgerecht in den Überarbeitungen des Entwurfes des Reichsjustizministeriums in den Jahren 1933 und 1934 nicht mehr übernommen. 351 Auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 erwähnte das Folgerecht mit keinem Wort. c) Internationale Vorgaben Auf der Romkonferenz zur RBÜ am 02.06.1928 wurde auf Antrag der Vertreter Frankreichs, Belgiens und Italiens lediglich der Wunsch ausgesprochen, „diejenigen Verbandsländer, die noch keine gesetzlichen Bestimmungen haben, wonach den Künstlern ein unveräußerliches Recht auf Teilnahme an dem Erlös späterer Veräußerungen ihrer Originalwerke bei öffentlichen Verkäufen zustehe, mögen die Möglichkeit solcher Bestimmungen untersuchen." 352 Erst die Brüsseler Revisionskonferenz von 1948 erkannte diese urheberrechtliche Befugnis durch die Bestimmung des Art. 14 bis ausdrücklich an. Es hieß dort, daß „in bezug auf die Originale von Werken der bildenden Künste und die Originalhandschriften der Schriftsteller und Komponisten der Urheber oder die nach seinem Tod von der Landesgesetzgebung dazu berufenen Personen ein unveräußerliches Recht auf Beteiligung an den Verkaufsgeschäften, deren Gegenstand das Werk nach der ersten Veräußerung durch den Urheber bildet, genießt."353 Die Einführung des Folgerechts wurde durch Art. 14 bis RBÜ allerdings nicht zwingend vorgeschrieben, sondern der Gesetzgebung der einzelnen Länder überlassen, vgl. Art. 14 bis Abs. 2. 3 5 4 Demnach waren diese auch in der inhaltlichen Ausge347

Klauer sprach die Hoffnung aus, daß auch wieder bessere Zeiten kommen werden, vgl. Klauer in GRUR 1932, S. 639 (649). 348 De Boor , Vom Wesen des Urheberrechts S. 95. 349 Hoffmann in UFITA Bd.5 (1932), S.442f. 350 Vgl. Katzenberger, Das Folgerecht im deutschen und ausländischen Urheberrecht S.24 m. w. N. Selbst eine Anzahl bekannter Künstler forderte in einem Antrag an das Reichsjustizministerium, das Folgerecht nicht in das Gesetz aufzunehmen. Genannt wurden u.a. Emst Barlach, Emst-Ludwig Kirchner, Paul Klee, Emil Nolde, Karl Hofer und auch Max Pechstein. 351 Der Entschluß beruhte auf den Beratungen, die im Jahre 1932 in dem vorläufigen Reichswirtschaftsrat stattfanden, vgl. Koch in GRUR 1935, S. 395 (398). Gleichzeitig hielt Koch selbst die Bedenken für nicht durchschlagend. Der Urheberanteil sei nach wie vor sowohl aus persönlichkeitsrechtlichen als auch aus materiellen Erwägungen begründet. 352 Voeu Nr. 3, vgl. Bappert/Wagner, Art. 14 bis RBÜ Rz. 1; Hubmann in UFITA 103, S. 5 (18); auch Begründung zu dem Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 S.64. 353 Französischer Originaltext in GRUR 1949, S.45 (54). 354 Damit war das Folgerecht als Mindestrecht im sog. unstarren System ausgestaltet, vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 14 bis RBÜ Rz. 1. Eine Verpflichtung der Verbandsländer zur Einführung des Folgerechts bestand nicht, vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1 (37); Bolla in DdA 1949, S. 25 (34).

Α. Inhalt des Urheberrechts

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staltung des Rechts freigestellt. 355 Da die skandinavischen Staaten, Großbritannien und auch Holland bei den Verhandlungen eine ablehnende Haltung vertraten, war nicht daran zu denken, das Folgerecht durch eine Konventionsnorm zu statuieren, die jene Länder gezwungen haben würde, die Verbandsautoren an den öffentlichen Verkäufen zu beteiligen.356 Es mußte also eine Lösung gefunden werden, wonach der Anspruch auf die Beteiligung nur erhoben werden konnte, soweit die innere Gesetzgebung eines Landes dies gestattete. Die vorgesehene Regelung stellte insoweit das Maximum dar, was erreicht werden konnte.357 Weiterhin war den verbandsangehörigen Urhebern der Anspruch auf Gewinnbeteiligung nur gegeben, wenn und soweit auch deren Heimatgesetzgebung ihn anerkannte.358 Somit konnte beispielsweise der deutsche oder österreichische Urheber in keinem der Verbandsländer, die das Folgerecht anerkannt hatten, dieses Recht bei Verkäufen seines Werkes geltend machen, da sein Heimatland, Deutschland oder Österreich, dem Urheber diesen Schutz bislang nicht zugestand.359 Damit stellte sich die weitergehende Frage, ob es der Gesetzgebung des Schutzlandes auch freigestellt war, den in der nationalen Gesetzgebung vorgesehen Schutz den verbandsangehörigen Ausländern selbst dann zu verweigern, wenn das Folgerecht im Heimatland des Urhebers anerkannt war. 360 Überwiegend wurde hier die Auffassung vertreten, daß die Verbandsländer, soweit sie überhaupt ein Folgerecht gewährten, dann aber auch an den Grundsatz der Inländerbehandlung 361, wenn auch nur gegenüber Verbandsurhebern, deren Heimatländer das Folgerecht selbst anerkannt hatten, gebunden waren. 362

355 v g l Nordemann/Vinck/Hertin, 356

Art. 14 bis RBÜ Rz. 2.

Vgl. zur Vertiefung Baum in GRUR 1949, S. 1 (37). 357 Baum in GRUR 1949, S. 1 (37 f.). Nach wie vor hing es also vom Belieben der Verbandsstaaten ab, ob und in welchem Umfange sie die Verbandsautoren schützen wollten. Den durch Art. 14 bis Abs. 1 konventionell gewährten Schutzanspruch hatte man durch die Fassung des Abs. 2 entwertet. 358 Damit wurde das, was Art. 14 bis Abs. 1 den verbandsangehörigen Urhebern an Rechten gab, durch Abs. 2 praktisch wieder ausgehebelt, vgl. Bappert/Wagner, Art. 14 bis RBÜ Rz.4. 359 Vgl. Bappert/Wagner, Art. 14 bis RBÜ Rz.4. 360 So beispielsweise Bappert/Wagner, Art. 14 bis RBÜ Rz.4; Baum in GRUR 1949, S. 1 (37). Der Schutzumfang im Heimatstaat sei in keine Beziehung gesetzt zum Schutzumfang desjenigen Landes, in dem der Anspruch geltend gemacht wird. So könne jeder Verbandstaat den Schutz der Verbandsurheber nach Belieben einschränken. 361 Vgl. zum Grundsatz der Inländerbehandlung vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Einleitung Rz. 22. Danach waren die Angehörigen der Verbandsstaaten (wer dazu gezählt wurde, war beispielsweise in Art. 3 RBÜ näher geregelt) in jedem anderen Vertragsstaat den dort geschützten Inländern gleichgestellt. 362 Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 14 bis RBÜ Rz.4 mit ausführlicher Argumentation. Vgl. auch Ulmer in GRUR 1974, S.593 (601): „Im Prinzip werden wir daher den Konventionstext dahin verstehen müssen, daß eine Verpflichtung zur Inländerbehandlung besteht, wenn in dem Heimatland des Urhebers effektiver Schutz gewährt wird und die Gegenseitigkeit gewährleistet ist."

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

2. Wiederaufnahme der Reformarbeiten bis zum Ministerialentwurf von 1959 a) Die ablehnende Haltung des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission in den Entwürfen von März und September 1951 Obschon die Brüsseler Fassung der RBÜ die Einführung des droit de suite nahelegte, wenn auch nicht zwingend vorsah, vermochte der innerhalb der Sachverständigenkommission gebildete Kleine Ausschuß die Aufnahme dieses Rechtes nicht zu empfehlen. Entsprechend dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939, der den Arbeiten des Kleinen Ausschusses als Vorbild diente, sahen sowohl der Berliner Entwurf vom März 1951 als auch der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 von einer Umsetzung des Folgerechts ab. Der Gedanke, den bildenden Künstler, der sich durchgesetzt hatte, an der daraus folgenden Wertsteigerung seiner früheren oft billig weggegebenen Werke teilhaben zu lassen, scheine zwar auf den ersten Blick durchaus billigenswert, zumal Schriftsteller und Komponisten, soweit sie vertraglich ein Umsatzhonorar haben durchsetzen können, an den entsprechenden Gewinnen beteiligt würden. Eine gerechte und zugleich auch wirksame Durchführung sei allerdings kaum möglich. 363 Man könne nur die Veräußerungen durch den Kunsthandel und bei Versteigerungen einbeziehen, da die Privatverkäufe praktisch nicht zu erfassen seien. Daher müsse sich die Einführung zwangsläufig als eine Belastung des Kunsthandels auswirken. 364 Gerade die Werke der besten Künstler würden von Liebhabern erworben, die sie ohne dringende Not nicht wieder aus der Hand geben, so daß die Künstler mehr oder weniger leer ausgingen. Auch aus Sicht des Erwerbers bestünden erhebliche Bedenken. Ein Künstler, der in Mode komme, würde am Gewinn beteiligt sein, während die Erwerber die sinkenden Preise nach Rückgang der Modeströmung allein zu tragen hätten. Gerade solche Fälle würden angesichts der Kunstentwicklung des letzten halben Jahrhunderts nicht selten vorkommen. 365 Übereinstimmend mit dieser Argumentation schlossen sich die zu dem Berliner Entwurf eingeholten Stellungnahmen der Auffassung des Kleinen Ausschusses an. Die Ausführungen der Begründung zum Folgerecht seien voll zu billigen. 366 363

So die Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.047. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2552 Bl. 047. 365 Nach Auffassung des Kleinen Ausschusses war eine wirkliche Hilfe für das Genie, das hungern muß, auf diesem Wege nicht zu erzielen. So würde es dabei bleiben müssen, daß der Künstler das Schicksal vieler produktiver Menschen teile. Wer in seiner Jugend gegen zunächst geringe Bezahlung gezeigt habe, was er kann, werde für seine künftigen Leistungen höher bezahlt. So die Ausführungen in der Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.048. 366 Vgl. Stellungnahme Sellier in Β 141/2562 Bl. 062. Möhring hielt es ebenfalls für richtig, Bestimmungen über das Folgerecht nicht in den Gesetzentwurf aufzunehmen, allerdings mit 364

Α. Inhalt des Urheberrechts

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b) Erste Meinungen in der Literatur nach Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 Unterschiedlich waren die Ansichten in der urheberrechtlichen Literatur nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951. Für die Aufnahme des Folgerechts in ein neues deutsches Urheberrechtsgesetz sprach sich zunächst Runge aus. Die inzwischen eingetretene Entwicklung anläßlich der letzten Revision der RBÜ mache eine Rückkehr zu den Grundsätzen des Entwurfes von 1932, welcher in § 18 für Urheber von Originalstücken in Gestalt von Werken der bildenden Künste ein unveräußerliches Recht auf Teilnahme am Erlös späterer Veräußerungen des Werkes bei öffentlichen Verkäufen vorsah, erforderlich. 367 Auch nach der Auffassung Hubmanns sollte das Folgerecht als weitere persönlichkeitsrechtliche Befugnis, die sich auf das Werkstück beziehe, anerkannt werden. 368 Oft sei der Maler oder bildende Künstler gezwungen, sein Werk zu einem geringen Preis zu verkaufen. Wenn er dann durch sein weiteres Schaffen bekannt oder vielleicht sogar berühmt geworden sei, würden auch die Preise für die früheren Werke oft sprunghaft ansteigen. Dieser Gewinn, der tausende von Mark betragen könne, fließe nach geltendem Recht in die Hände des Eigentümers, obwohl er auf dem Schaffen des Künstlers beruhe. Der Gesetzgeber sollte daher an diesem dem Rechtsgefühl offenbar widersprechenden Zustand nicht ohne sorgfältige Prüfung vorübergehen. 369 Jedenfalls könne vom ethischen Standpunkt aus kein Zweifel darüber bestehen, daß dem Künstler zumindest ein gewisser Anteil an der Wertsteigerung, die bei einem späteren Verkauf erzielt werde, zustehe.370 Die praktischen Schwierigkeiten der Durchführung des droit de suite dürften nicht größer sein, als die der Einziehung der Tantiemen für das musikalische Aufführungsrecht. Daher sollte das Folgerecht nicht auf öffentliche Verkäufe beschränkt, sondern auch auf private Verkäufe ausgedehnt werden. 371 Gerade aufgrund der Schwierigkeiten in der Durchführung des Folgerechts vertrat von Erffa hingegen eine ablehnende Haltung. 372 Auch wenn der Grundgedanke der Begründung, daß sich noch nicht übersehen lasse, welche Erfahrungen im Ausland mit diesem Rechtsinstitut gemacht werden (Stellungnahme Möhring in Β141/2562 Bl. 122). Der 1. Zivilsenat des BGH Schloß sich dieser Auffassung an, vgl. Stellungnahme des BGH in Β 141/2562 Bl. 175. 367 Vgl. Runge, S.418. 368 Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes S. 116. 369 Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes S. 116. 370 Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes S. 116 f. Gerade die Individualität des einzelnen Künstlers, die er dem Werkstück aufgeprägt habe, sei es gewesen, die diese Wertsteigerung verursacht habe. 371 Es sei Aufgabe der zu gründenden Urheberschutzorganisationen, private Verkäufe zu überwachen und im Prozeß die entsprechenden Beweise zu führen. Die Schwierigkeit des Beweises dürfe jedenfalls kein Grund für die Versagung oder Beschränkung des Folgerechts sein, da es ja auch bei sonstigen Rechten ein alltäglicher Vorgang sei, daß die Durchsetzung am Mangel an Beweisen scheitere, vgl. Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes S. 117. 372 Von Erffa in JR 1951, S. 310 (313).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zunächst bestechlich klinge, so zeige sich bei näherer Betrachtung, daß er neben den Schwierigkeiten in der Umsetzung auch weitere Ungerechtigkeiten mit sich bringe. Da der Künstler nur von den Werken eine Beteiligung am höheren Veräußerungserlös erhalte, die tatsächlich während der Schutzdauer den Eigentümer wechseln, dies aber dem Zufall überlassen sei, könne in der Einführung des droit de suite nur ein sehr mangelhaftes Rechtsinstitut erblickt werden. 373 Nur in sehr wenigen Ausnahmefällen könne daher ein Ausgleich wirtschaftlicher Ungerechtigkeit herbeigeführt werden. Diese Einzelfälle würden aber nicht die Einführung eines Rechts rechtfertigen, dessen Durchführung mit kaum überwindbaren Schwierigkeiten verbunden sei. 374 Zweifel an der Möglichkeit einer zweckmäßigen Umsetzung des Folgerechts äußerte auch Ulmer. Die Schwierigkeiten der praktischen Durchführung dürften nicht verkannt werden. Sie würden nicht nur in der Festlegung der Taxe liegen, sondern auch in der Abgrenzung der Werke, für die das Folgerecht eingefühlt werden solle. 375 Zugleich stelle sich die Frage, ob nur öffentliche Verkäufe, oder ob auch private Verkäufe einbezogen werden sollen, selbst wenn die Kontrolle einige Schwierigkeiten mit sich bringen werde. 376 c) Der Referentenentwurf vom 15.03.1954 Der im März 1951 veröffentlichte Referentenentwurf des BMJ lehnte die Einführung des Folgerechts ausdrücklich ab. Der Gedanke, den bildenden Künstler, der sich im Laufe der Zeit Anerkennung erworben hatte und berühmt geworden war, an der sich daraus ergebenden Werterhöhung seiner früheren, oft gegen geringes Entgelt weggegebenen Werke teilnehmen zu lassen, schien auch nach Ansicht des Referentenentwurfes durchaus billigenswert. Eine wirksame Durchführung hielten aber die Verfasser des Referentenentwurfes ebensowenig wie die Begründung des Entwurfes vom März 1951 für möglich. 377 Man könne nur die Veräußerungen im Kunsthandel und im Wege der Versteigerung erfassen, da Privatverkäufe praktisch nicht zu erfassen seien. Damit würde sich das Folgerecht als eine Belastung des Kunsthandels auswirken. Außerdem erscheine es zweifelhaft, ob bei der Beschränkung des Urheberanteils auf Veräußerungen durch den Kunsthandel und im Wege der Versteigerung überhaupt genügend Einnahmen für die Künstler erwartet werden könnten, um die Einführung einer solchen Bestimmung zu rechtfertigen. 378 373

Vgl. von Erffa in JR 1951, S. 310 (313). Als Schwierigkeiten sah von Erffa vor allem den Aufbau einer Kontrollorganisation und die Behinderung des Kunsthandels durch Bekanntgabe seiner Ein- und Verkaufspreise, vgl. von Erffa in JR 1951, S. 310 (313). 375 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 202. Werke der Baukunst und des Kunstgewerbes sollten ausgenommen werden. Andererseits würde erwogen, das Folgerecht auf Originalmanuskripte von Werken der Literatur und Tonkunst auszudehnen. 376 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.202. 377 BegründungS.74. 378 Begründung S.74. Auch wies die Begründung nochmals ausdrücklich daraufhin, daß die Brüsseler Fassung der RBÜ in Art. 14 bis zwar das Folgerecht aufgenommen hatte, die Ein374

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Α. Inhalt des Urheberrechts

d) Die Reaktionen auf den Referentenentwurf aa) Übereinstimmung mit der im Referentenentwurf von der Aufnahme des Folgerechts abzusehen

vertretenen Ansicht,

Eine erste Reaktion auf die ablehnende Haltung des Referentenentwurfes gegenüber der Einführung des Folgerechts zeigte sich auf der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28. und 29.09.1954 im Buchhändlerhaus in Frankfurt. Obwohl MinRat Dr. Gussone ausführte, daß dieses Anliegen immer wieder an das Ministerium herangetragen worden sei, und es auch nicht von der Hand zu weisen sei, daß es etwas für sich habe, sprachen sich die Ausschußmitglieder übereinstimmend gegen das „droit des suite" und damit für den Referentenentwurf aus.379 Eine ähnliche Haltung vertrat auch der 1. Zivilsenat des BGH in seiner Stellungnahme vom 27.11.1954. Die Einführung des „droit de suite" empfehle sich nicht. Der BGH befürchtete, daß sich eine gesetzlich erzwungene Gewinnbeteiligung der Urheber an den Verkaufserlösen aus der Weiterveräußerung ihrer Werke als „Danaergeschenk" für die Urheber erweisen könne, da die Einräumung eines solchen Rechts den Kunsthandel zu sehr belasten und auch Privatinteressenten von dem Ankauf noch geschützter Werke abhalten könne. 380 Daher blieb der Senat bei seinem bislang vertretenen Standpunkt, daß erst die Erfahrungen abgewartet werden sollten, die in anderen Ländern mit diesem Rechtsinstitut gemacht werden. Dieselben Argumente führte auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels an. 381 Außerdem sei eine Abgabepflicht nicht gerechtfertigt, wenn das Werk unter dem Preis verkauft werde, zu dem es erworben worden war. Die hierzu notwendigen Nachweise werden sich aber nicht erbringen lassen. Der Fachverband Deutscher Auktionatoren stimmte ebenfalls der Ablehnung des Folgerechts durch den Referentenentwurf zu. Die Bewilligung einer solchen aus Kreisen der Urheber erhobenen Forderung würde schon deshalb den Urhebern von Werken der bildenden Künste führung jedoch nicht zwingend vorsah, sondern vielmehr der Gesetzgebung der einzelnen Länder überlassen hatte. 379 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28.-29.09.1954 in Β 141/2566 B1.070. Die Einführung des droit de suite empfehle sich nach übereinstimmender Auffassung des Ausschusses nicht. 380 Stellungnahme des BGH zu dem Referentenentwurf in Β 141/2569 Bl. 032. 381 Zu Recht belasse es der Referentenentwurf bei dem bestehenden Gesetzeszustand, indem er das droit de suite, die Beteiligung des bildenden Künstlers an dem bei einem Weiterverkauf seiner Werke entstehenden Gewinn, aus zutreffenden Gründen ablehne, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe vom 14.12.1954 (10. Jahrg. Nr. 99). Die Einführung eines solchen Rechts würde einseitig den Kunsthandel und die Versteigerungen belasten. Das aber bringe weiter die Gefahr mit sich, daß der Verkauf nur noch unter der Hand erfolge und der notwendigen Kontrolle des öffentlichen Verkaufs entzogen werde.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

keinen Vorteil bringen, weil die wirksame Durchführung einer solchen gesetzlichen Bestimmung unmöglich wäre. Zweifelhaft sei bereits, welche Stelle in der Lage wäre, laufend festzustellen, wann und wo und besonders zu welchem Preis ein Kunstwerk beispielsweise privat weiter verkauft würde. 382 Außerdem würde dem Schöpfer von Werken der bildenden Kunst der Absatz seiner Werke sehr erschwert. 383 Schließlich sei die Preisgestaltung für Kunstwerke beim Weiterverkauf oft auf Zufälle zurückzuführen, die politisch, wirtschaftlich, konfessionell oder auch persönlich begründet sein könnten. Auch eine günstige Pressekritik über ein Kunstwerk könne die Preisgestaltung beeinflussen und letztendlich werde ein hoher Preis für ein Kunstwerk durch geschickte Anpreisung eines tüchtigen Verkäufers erzielt. In allen diesen Fällen könne kaum davon gesprochen werden, daß in dem bei der Weiterveräußerung erzielten Gewinn auch ein Entgelt für die schöpferische Leistung enthalten sei. 384 Dementsprechend sah der Fachverband in der Gewährung des Folgerechts nur Nachteile für den schaffenden Künstler und den Kunsthandel, weshalb allen beteiligten Kreisen mit der Ablehnung am besten gedient sei. 385 Letztlich kam man dann auch auf der Sitzung mit Vertretern der Interessenverbände am 17.01.1955386 zu dem Ergebnis, daß der Grundgedanke des Folgerechts durchaus anerkannt werden müsse, eine praktische Durchführung wohl aber nicht möglich sei. Der Anspruch an sich sei zwar dadurch gerechtfertigt, daß in einem Kunstwerk neben den materiellen Werten auch geistige Werte enthalten seien. Die Beziehungen eines Künstlers zu seinem Werk blieben auch nach Verkauf erhalten. 387 Bei der Diskussion über die Frage, welche Arten der Veräußerung erfaßt wer382 Stellungnahme des Fachverbandes Deutscher Auktionatoren in Β 141/2573 Bl. 179. Da in einem gewissen Grad allenfalls beim Kunsthandel auf den Kunstauktionen die Veräußerungen festzustellen wären, würde sich das Folgerecht jedenfalls als eine einseitig nachteilige Belastung für diesen Handel auswirken. 383 Stellungnahme des Fachverbandes Deutscher Auktionatoren in Β141/2573 Bl. 179. Man müsse bedenken, daß ein Privatmann, der sein Geld in Kunstwerken anlegen möchte, dies kaum tun werde, wenn das erworbene Kunstwerk mit einer Hypothek belastet sei, die er oder seine Erben beim eventuell notwendigen Weiterverkauf zu einem höheren Preis ablösen müßten. 384 Vgl. die Ausführungen des Fachverbandes Deutscher Auktionatoren in Β 141/2573 Bl. 179. 385 Stellungnahme des Fachverbandes Deutscher Auktionatoren in Β 141/2573 Bl. 179 (Rückseite). 386 v g l Niederschrift über die Sitzung am 17.01.1955 um 9.30 Uhr im BMJ über die Frage des Urheberanteils beim Weiterverkauf von Werken der bildenden Künste (droit de suite) in Β 141/2589 Bl. 122 ff. Anwesend waren die Vertreter verschiedener Interessenverbände, wie der Bundesverband des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels, der Bund für freie und angewandte Kunst und auch der Fachverband Deutscher Auktionatoren. 387 So die Ausführungen von Dr. Gussone auf Anfrage des Vorsitzenden Dr. Joel, welche Gründe die Einführung des Anspruchs auf den Urheberanteil rechtfertigen könnten, vgl. Niederschrift der Sitzung am 17.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 124. Andererseits wurden aber auch Zweifel an der Rechtfertigung des Anspruchs vorgetragen. Auch wenn sonst jemand eine Sache billig kaufe und mit großem Gewinn weiterverkaufe, brauche er dem Vorbesitzer nichts von seinem Gewinn abzugeben, vgl. Wortmeldung Nagel in Niederschrift der Sitzung vom 17.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 125.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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den sollten, zeigten sich allerdings die Schwierigkeiten, welche mit der Umsetzung des Anspruchs verbunden wären. Der Vorsitzende Dr. Joel wies darauf hin, daß man zur Erfassung jeder privaten Veräußerung ein grundbuchähnliches Register schaffen müsse, in das alle Verkäufe eingetragen würden. 388 Dazu erwiderte Dr. Hanstein vom Bundesverband des deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels, daß nicht nur ein solches Register, sondern jede Art von Kontrolle den Verkauf behindern würde. Dem Urheber würde damit mehr Schaden zugefügt, als der Ertrag aus dem Urheberanteil wert sei. 389 Wenn man den Anspruch auf öffentliche Versteigerungen beschränke, da nur hier eine Kontrolle ohne Belastung möglich sei 390 , so sei abgesehen von der darin liegenden Ungerechtigkeit, zu befürchten, daß der Kunsthandel sich von den öffentlichen Versteigerungen zurückziehe. 391 Nach wie vor ließ sich auch das BMJ von den Argumenten leiten, daß sich die Einführung des Folgerechts, selbst wenn es sich hierbei um ein dringendes und im Kern auch gerechtfertigt erscheinendes Anliegen der Urheber handele, wohl kaum realisieren lasse. Bei der internen Diskussion wurden zwei verschiedene Möglichkeiten der Einführung des Folgerechts erwogen. Entweder könne der Anspruch ohne Rücksicht darauf, ob tatsächlich im Einzelfall der spätere Verkaufspreis höher liege, als derjenige, den der Urheber seinerzeit erhalten habe, gewährt werden. Oder der Urheber erhalte nicht einen bestimmten Teil des gesamten Kaufpreises, sondern eine entsprechend höhere Beteiligung lediglich an dem jeweils erzielten Mehrerlös. 392 Gewähre man dem Urheber eine Beteiligung am Gesamterlös, so dränge sich sofort die Frage auf, ob der Anspruch auch dann entstehe, wenn der Verkäufer das Kunstwerk zu dem gleichen oder sogar zu einem geringeren Preis weggebe, als er selbst beim Erwerb gezahlt habe. Diese Rechtsfolge erscheine nicht tragbar, da in den Fällen, in denen der Künstler selbst bei dem ersten Verkauf den höchsten Preis erzielt hatte, nicht die Rede davon sein könne, daß das Werk nicht seinem wahren Wert entsprechend seiner Zeit behandelt worden sei. 393 Um die Ungerechtigkeit zu vermeiden, die sich im Einzelfall bei einer feststehenden Beteiligung am Gesamterlös ergebe, wurde vorgeschlagen, daß der bildende Künstler lediglich an dem erzielten Mehrerlös beteiligt werden solle, und zwar mit einem entsprechend höheren Anteil. 394 Bei dieser theoretisch gerecht erscheinenden Lösung falle allerdings die für den Künstler bestehende Schwierigkeit auf, 388

Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 17.01.1955 in Β141/2589 Bl. 128. Dr. Hanstein in Niederschrift über Sitzung am 17.01.1955 in Β141/2589 Bl. 128. 390 So der Vorschlag von MinRat Dr. Gussone, vgl. Niederschrift der Sitzung am 17.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 128. 391 Vgl. Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 17.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 129. 392 Vgl. Vermerk zum Folgerecht, ausgefertigt durch Amtsgerichtsrätin Janssen in Β 141/2549 B1.079f. 393 Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 B1.080f. 394 Als Vertreter dieses Vorschlags wurde vor allem auf Allfeld in GRUR 1929, S. 64 ff. mit weiteren Angaben verwiesen. 389

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

die Verkaufsfälle, die ihm einen Anspruch aus dem Folgerecht gewähren, zu kontrollieren. 395 Die Einführung eines Registrierungszwanges scheine zwar als die gerechteste Lösung, weil damit alle Fälle erfaßt würden. Es sei doch aber sehr fraglich, ob das Aufkommen aus dem Folgerecht überhaupt die hohen Kosten, die schon allein durch die Einrichtung und Führung des Registers entstünden, decken würde. 396 Im Ergebnis begegnete also sowohl die Beteiligung des Künstlers am Gesamterlös seines weiterverkauften Werkes als auch eine Beteiligung an dem bei einem Weiterverkauf erzielten Mehrerlös, erheblichen rechtlichen und tatsächlichen Bedenken. Es blieb demnach Aufgabe des BMJ, zu prüfen, ob nicht ein Weg gefunden werden konnte, der die Fehler beider Lösungen nach Möglichkeit vermied. Dabei wurde insbesondere an den Vorschlag des Reichsjustizministeriums in § 18 des Entwurfes von 1932 gedacht. Die damalige Regelung unterschied grundsätzlich zwischen den Fällen, in denen ein Werk später mit Gewinn weiterverkauft wurde, und denjenigen, in denen bei späteren Verkäufen kein Mehrerlös erzielt wurde. 397 Soweit es den Anspruch selbst und seinen Umfang anging, schien diese Lösung, so die Ansicht des BMJ, vernünftig zu sein, weil sie den Anspruch immer dann entstehen lasse, wenn ein Mehrerlös erzielt wurde, und weil sich die Höhe des Anspruchs leicht berechnen lasse.398 War ein Mehrerlös dagegen nicht erreicht worden, entfiel der Anspruch, so daß der Haupteinwand, der sich gegen die Beteiligung des Künstlers am Gesamterlös richtete, hier nicht erhoben werden konnte. Fraglich schien allerdings, ob dieser Anspruch sich auch durchsetzen ließe. Der Entwurf von 1932 glaubte, auf ein Register verzichten zu können und hielt es für ausreichend, für den Verkäufer eine Verpflichtung zur Anzeige an den Urheber oder eine noch zu bestimmende Treuhandstelle zu begründen. 399 Ob aber angesichts der Wahrscheinlichkeit, daß der Künstler niemals von dem Verkauf erfahren und infolgedessen auch keine Schadensersatzansprüche geltend machen könnte, die verkürzte Verjährungsfrist wirklich ein so starker Anreiz für den Verkäufer gewesen wäre, 395

Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 BL 090. Die mit der Kontrolle verbundenen Schwierigkeiten seien auch von den Anhängern dieser Art des Folgerechts erkannt worden. Verschiedene Lösungsvorschläge, beispielsweise die Einführung einer Registrierungspflicht, die freiwillige Angabe des erzielten Preises in einem Register oder auch nur eine Anzeigepflicht gegenüber dem Urheber wurden dazu ausführlich beleuchtet. 396 Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 B1.093. 397 Die Tatsache, daß der letztere Fall nur als Möglichkeit eines Gegenbeweises in § 18 Abs. 3 erwähnt ist, ändere an dieser grundsätzlichen Trennung beider Fälle nichts. Vielmehr sei diese Formulierung des Gesetzes offenbar nur gewählt worden, um die Beweislast angemessen zu verteilen, so die Ansicht des BMJ (Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 B1.094). 398 Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 B1.095. 399 Der Entwurf ging davon aus, daß der Verkäufer im Regelfall dieser Verpflichtung nachkommen werde, da für den Fall der rechtzeitigen Anzeige der Anspruch aus dem Folgerecht vorzeitig, nämlich bereits nach einem Jahr verjähren sollte, vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 63 ff.

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wurde vom BMJ bezweifelt. Wahrscheinlich würde sich diese Regelung nur für öffentliche Versteigerungen auswirken, von denen der Künstler ohnehin leicht Kenntnis erhalte. Die Absicht des Gesetzgebers, gerade auch die privaten Verkäufe mit zu erfassen, werde demnach wohl nicht erreicht. Dies hätte wiederum die unangenehme Folge, daß der Kunsthandel sich mehr und mehr unter der Hand abspielen würde. 401 Es zeige sich also, daß auch die vom Reichsjustizministerium in seinem Entwurf von 1932 versuchte Lösung, die auf den ersten Blick vernünftig und gerecht erscheine, bei ihrer praktischen Durchführung Schwierigkeiten bereite, die so erheblich seien, daß sie den gerechten Ausgleich, der mit dieser Lösung versucht werden sollte, zunichte machen würden. Im Ergebnis blieben also die Referenten im BMJ dabei, daß ein Anspruch aus dem droit de suite, so bestechend dieser Gedanke auf den ersten Blick sei, in seiner praktischen Durchführung so erheblichen Schwierigkeiten begegne, daß das tatsächliche Ergebnis auch diejenigen, die seine Einführung befürworten, nicht befriedigen würde. 402 bb) Die Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 und anschließende Überlegungen zur Einführung des Folgerechts Das bislang gegen das Folgerecht vorgebrachte Argument, daß seine Durchsetzung wegen der praktischen Schwierigkeiten nicht zu bewältigen sei, konnte erst innerhalb der Diskussion im Rahmen der Sitzung der Sachverständigenkommission am 25.10.1955 entkräftet werden. Ein erneutes Aufgreifen der Überlegung, ob das Folgerecht in das neue Urheberrechtsgesetz aufzunehmen sei, war wohl der Tatsache zu verdanken, daß zu dieser Sitzung neben den Sachverständigen auch einige prominente Urheber geladen waren. 403 Prof. Unold führte aus, die Schwierigkeiten 400 Vermerk zum Folgerecht in Β141/2549 B1.096. Jedenfalls in den Fällen, in denen ein privater Käufer ein Kunstwerk außerhalb der Versteigerung erwerbe und nicht beabsichtige, es weiterzuverkaufen, würde der Künstler wohl nicht von dem Verkauf erfahren. 401 Vermerk zum Folgerecht in Β 141/2549 B1.097. 402 Vermerk zum Folgerecht in Β141/2549 Bl. 101. Auch sei noch einmal zu überdenken, ob der im ersten Augenblick so natürlich erscheinende Anspruch aus dem Folgerecht wirklich gerechtfertigt erscheine. Auch der bildende Künstler unterliege, wie jeder andere, der etwas zum Verkauf anbiete, dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Es sei nicht einzusehen, warum der bildende Künstler da einen Anspruch haben sollte, wo kein anderer Urheber Rechte geltend machen könne. Schließlich sei zu berücksichtigen, daß ein bildender Künstler, der an den späteren Preissteigerungen beteiligt werden wolle, dann eigentlich auch verpflichtet sein müßte, bei späteren Preis Senkungen einen entsprechenden Anteil zu tragen. 403 Vgl. Anwesenheitsliste in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2578 Bl. 106f. Teilgenommen haben u.a. Prof. Werner Egk, Hermann Kasack sowie Prof. Max Unold. Noch auf der an dem vorangegangenen 24.10.1955 abgehaltenen Sitzung mit prominenten Urhebern, an der neben den genannten auch Walter v. Molo und Kasimir Edschmid teilgenommen hatten, hielten sämtliche Beteiligten das Folgerecht dem Grundsatz nach für gerecht, aber die praktische Durchführung für fast unmöglich.

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der praktischen Durchführung dürften nicht dazu führen, einen an sich gerechten Anspruch zu versagen. 404 Auch Dr. Baum sprach sich für die Einführung eines Folgerechts aus.405 Dies erscheine auch gerade im Hinblick auf Art. 14 bis RBÜ zweckmäßig. Um die praktischen Schwierigkeiten möglichst gering zu halten, empfahl er, keine Beteiligung am Mehrerlös vorzusehen, der oft nicht nachzuweisen sei, sondern dem bildenden Künstler eine Beteiligung am Gesamterlös zu geben. Damit der Veräußerer in den Fällen, in denen ohne Mehrerlös verkauft werde, keinen Schaden habe, hielt er es für zweckmäßig, wenn sich der Anspruch nicht gegen ihn, sondern gegen den Erwerber richten würde. 406 Gegen diesen Vorschlag wandte sich Dr. Haertel. Grundsätzlich halte er ein Folgerecht für gerechtfertigt. In Betracht käme aber nur eine Beteiligung, wenn ein Mehrerlös erzielt worden sei. Anderenfalls sei eine Nachzahlung an den Urheber nicht zu rechtfertigen. 407 Die Frage, ob der Anspruch durchgeführt werden könne, hänge von der Kontrollmöglichkeit ab. Sollte jeder Verkauf kontrolliert werden, so müsse man Register einrichten, deren Unterhaltung zu teuer werde. Daher habe man sich auf die Versteigerungen zu beschränken.408 Gleichzeitig müsse man sich darüber im klaren sein, daß dann die Versteigerungen gegenüber sonstigen Verkäufen stärker belastet würden, was dazu führen könnte, daß die Verkäufe möglichst außerhalb von Versteigerungen vorgenommen würden. 409 Gelinge die Einführung des Folgerechts, so müsse man es als einen Versuch betrachten, dessen Erfolg erst die Erfahrung lehren würde. Dazu erinnerte Prof. Unold daran, daß auf den Versteigerungen in aller Regel erheblich höhere Preise erzielt würden als bei sonstigen Verkäufen. Infolgedessen werde eine Belastung dieser Art von Verkäufen nicht zu einer Flucht aus den Versteigerungen führen. 410 Auch er halte es nicht für zweckmäßig, für die Verkäufe im Kunsthandel das Folgerecht einzuführen. Prof. Ulmer gab wiederum zu bedenken, ob man nicht doch alle Verkäufe erfassen könne, und zwar ohne Einrichtung eines 404

Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2578 Bl. 123. Das Gesetz müsse für den bildenden Künstler dann einen Entschädigungsanspruch vorsehen, wenn der spätere Verkaufs wert eines Werkes ungleich höher sei als der Preis, den der Urheber beim ersten Verkauf erzielt habe. 405 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 123. Baum meinte, den bildenden Künstlern kämen die wenigsten der im Gesetz vorgesehenen urheberrechtlichen Befugnisse zugute. 406 y g l Baum in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2578 Bl. 124. 407 Vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 126. 408 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 126. 409 Gleichwohl hielt Haertel eine Einbeziehung des Kunsthandels für unzweckmäßig, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 126. 410 Prof. Unold in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 126.

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Registers. Vielleicht genüge als Kontrolle bereits eine Auskunftspflicht. Dr. Runge wandte sich ebenfalls gegen eine Beschränkung auf die öffentlichen Versteigerungen und schlug statt dessen vor, die Umsatzsteuer beim Verkauf von Werken der bildenden Kunst zu erhöhen und den Erlös an einen Urheberfonds abführen zu lassen.412 Das Aufkommen sei dann an diejenigen zu verteilen, die durch Versteigerungskataloge nachweisen könnten, daß sie die Hauptberechtigten seien. Nach Auffassung Prof. Bussmanns kam aber eine Zahlung in Höhe eines Teils der Umsatzsteuer an einen Fonds schon deshalb nicht in Betracht, weil dann die Geltendmachung individueller Ansprüche nicht mehr möglich sei. 413 Schließlich setzte sich auch Dr. Schulze für das Folgerecht ein. Es handele sich hier um ein altes Anliegen der bildenden Künstler. 414 Hinsichtlich der gesetzlichen Formulierung brauche man nur auf den im Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 vorgeschlagenen § 18 zurückgreifen. Im Ergebnis konnte der Vorsitzende Dr. Joel also festhalten, daß der Grundgedanke des Folgerechts von der Vielzahl der Sachverständigen bejaht wurde. 415 Die Frage Dr. Haertels, ob den bildenden Künstlern mit einem ersten Schritt, der sich auf die öffentlichen Versteigerungen beschränke, gedient sei, wurde von Prof. Unold bejaht. Er führte aus, dieser Anspruch bedeute gegenüber dem Vorschlag des Referentenentwurfes bereits einen Gewinn und einen Anfang, der besser sei, als daß die Regelung ganz unterbleibe. 416 Insgesamt ergab sich also die Feststellung, daß die Kommission offenbar dazu neigte, das Folgerecht jetzt nicht mehr wegen der praktischen Schwierigkeiten abzulehnen, sondern zu versuchen, es in das Gesetz einzubauen. Fraglich blieb nur noch, in welcher Form das geschehen sollte. Das BMJ versprach, hierzu einen Formulierungsvorschlag auszuarbeiten.417 Den Wandel in der Haltung des BMJ zeigte dann auch eine Veröffentlichung von Sts. Strauß. 418 In der Diskussion um die Entwürfe habe sich bestätigt, daß eine Kon411 Vgl. Wortmeldung Prof. Ulmer in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 127. 412 Dr. Runge in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2578 Bl. 127. 413 Prof. Bussmann in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 128. 414 Schulze in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2678 Bl. 128. Auch die Tatsache, daß dieses Recht in die Berner Übereinkunft aufgenommen sei, spreche für seine Einführung. 415 Vgl. Zusammenfassung der Diskussion durch Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2578 Bl. 129. Die Frage, welche Verkäufe erfaßt werden sollten, schienen einige dahin zu beantworten, daß man sich auf die Versteigerungen beschränken solle, während andere um der Gerechtigkeit willen alle Verkäufe einbeziehen wollten und eine ausreichende Sicherung des Anspruchs in der Begründung einer Anzeigepflicht sahen. 416 Vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2578 Bl. 129. 417 Schlußwort des Vorsitzenden Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2578 Bl. 130. 418 Strauß in UFITA Bd. 22 (1956), S. 129 (138 f.). Veröffentlicht ist ein Vortrag, den Strauß vor dem Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film des Wirtschaftsbeirates der

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

trolle aller Verkäufe ohne ein umständliches Registrierungssystem kaum möglich sein würde. Um aber jedenfalls einen ersten Schritt zur Verwirklichung dieses Rechts zu tun, werde erwogen, einen Beteiligungsanspruch zunächst nur für die Verkäufe auf öffentlichen Versteigerungen einzuführen, sofern das Werk zu einem höheren Preis veräußert werde, als dem, den der Veräußerer selbst gezahlt habe.419 Eine solche Regelung hätte den Vorteil, daß die Einführung eines öffentlichen Registers nicht erforderlich werde und daß eine zu starke Belastung des Kunsthandels, die nicht im Interesse der Urheber liege, vermieden würde. 420 cc) Formulierungsvorschläge

zur Einführung des Folgerechts

Zur Aufnahme des Folgerechts arbeitete das BMJ dann Anfang des Jahres 1956 einen Formulierungsvorschlag aus. Danach hatte der Veräußerer eines Originalwerkes der bildenden Künste dem Urheber 10 % des erreichten Mehrerlöses zu entrichten, soweit das Werk vor Erlöschen des Urheberrechts im Wege der öffentlichen Versteigerung zu einem Kaufpreis weiterveräußert wurde, der den bei der letzten entgeltlichen Veräußerung erzielten Verkaufspreis überstieg. 421 Die Verpflichtung des Veräußerers sollte allerdings entfallen, wenn der in der öffentlichen Versteigerung erzielte Verkaufspreis unter 500 D M lag. Ausgenommen waren Werke der Baukunst und des Kunstgewerbes. Zudem wurde festgelegt, daß auf den Anspruch nicht im voraus verzichtet werden konnte. 422 Einige Überlegungen zum Folgerecht ließ auch Kühnemann mit Schreiben vom 17.08.1956 dem BMJ zukommen.423 Grundsätzlich war er mit dem BMJ darin einig, daß der Regierungsentwurf in Sachen Folgerecht irgendetwas bieten müsse. Dem Formulierungsvorschlag stimmte Kühnemann weiterhin darin zu, daß aus Gründen der praktischen Durchführbarkeit die Entstehung eines Urheberanteilanspruches auf die Fälle der öffentlichen Versteigerung beschränkt bleiben sollte. 424 Ebenso sei eine CSU-Union am 24.03.1956 in München gehalten hat. Die Ausführungen sind daher auch zu finden in dem Protokoll der Sitzung dieses Ausschusses vom 24.03.1956 in Β141/2594 Bl. 171 ff. 419 Vgl. Strauß in UFITA Bd. 22 (1956), S. 129 (139). Die Erfüllung dieser maßvollen Forderung seitens der Urheber sollte in Erwägung gezogen werden. 420 Entsprechend äußerte sich Strauß dann auch auf der Festsitzung der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 11.10.1957 in Berlin, vgl. Abhandlung in GRUR 1957, S.577 (579). 421 Vgl. Formulierungsvorschläge zur Änderung des Referentenentwurfes in Β 141/2553 B1.028. 422 Vgl. Formulierungsvorschläge zur Änderung des Referentenentwurfes in Β 141/2553 B1.028. 423 Schreiben Kühnemanns an das BMJ vom 17.08.1956 in Β 141/2596 Bl. 124. Wenn im Parlament geltend gemacht werde, daß es unbillig sei, den bildenden Künstler, der in Zeiten seines Unbekanntseins seine Bilder billig weggegeben habe, nicht irgendwie an den gewaltigen Gewinnen zu beteiligen, die dann späterhin andere durch den Weiterverkauf der Bilder erzielen, werde sich das nur schwer abtun lassen. 424 Schreiben Kühnemanns vom 17.08.1955 in Β 141/2596 Bl. 124.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Beschränkung auf Fälle mit einem Mindesterlös von 500 D M zur Ausschließung der Bagatellsachen angezeigt. Bedenklich erscheine dagegen, daß der Urheber insofern ungünstig gestellt werde, als daß der Vorschlag des BMJ ihm die volle Beweislast dafür aufbürde, ob und inwieweit das in der Versteigerung erzielte Entgelt den bei der letzten entgeltlichen Veräußerung erzielten Verkaufspreis überstieg. Wegen dieses „Handicaps" werde der Urheberanteilsanspruch wohl kaum zu verwirklichen sein.425 Außerdem lasse die vom BMJ vorgesehene Regelung dem Urheber auch dann etwas zukommen, wenn keinerlei Steigerung des Wertes des Bildes gegenüber dem Erlös eingetreten war, den der Urheber bei der Veräußerung erzielt hatte. 426 Berechtigt sei aber, so Kühnemann, nur eine Beteiligung des Urhebers an dem Mehrwert, den sein Bild nach der Veräußerung durch ihn selbst erlangt hatte. Daher müsse von dem Unterschiedsbetrag zwischen dem ursprünglich vom Urheber erlösten Kaufpreis und dem in der Versteigerung erzielten Entgelt ausgegangen werden. 427 Dadurch, daß der ursprünglich vom Urheber erzielte Preis als Berechnungsgrundlage diene, werde erreicht, daß nur die seither tatsächlich eingetretene Werterhöhung berücksichtigt wird, worauf der Urheber einen Anspruch erheben könne.428 Selbst wenn man dieser Regelung entgegenhalten könne, daß danach ein Folgerecht auch dann entstehen würde, wenn der Versteigerungserlös zwar über dem ursprünglich vom Urheber erzielten Preis liege, aber keine Erhöhung gegenüber dem Erwerbspreis des jetzigen Veräußerers aufweise 429, glaubte Kühnemann, diese Folge hinnehmen zu können.430 Die Dinge müßten vom Standpunkt des Urhebers aus gesehen werden, wonach eine Wertsteigerung auch dann vorliege, wenn der Versteigerer selbst für das Werk einen höheren Preis gezahlt habe und sein Verlust durch das Folgerecht noch erhöht werde. Für den Fall, daß gegen diese Auffassung Bedenken bestünden, schlug Kühnemann hilfsweise vor, den Anspruch insoweit entfallen zu lassen, als der Veräuße425

Schreiben Kühnemanns vom 17.08.1955 in Β 141/2596 Bl. 125. Wenn der Urheber beispielsweise sein Bild für 1000DM verkauft hatte, wenn der Käufer es für 500 DM weiterveräußern mußte, so entstand nach der vorgeschlagenen Bestimmung ein Anspruch auch schon dann, wenn das Bild danach für nur 800 DM, also noch unter dem vom Urheber erzielten Preis, versteigert wurde. 427 Vorschlag Kühnemanns im Schreiben vom 17.08.1956 in Β 141/2596 Bl. 125. 428 Schreiben Kühnemanns vom 17.08.1956 in Β 141/2596 Bl. 125. Da der Urheber wissen müsse, was er seinerzeit erlöst habe und erforderlichenfalls auch in der Lage sein werde, dies zu beweisen, würden gleichzeitig die Beweisschwierigkeiten entfallen, die sich ergäben, wenn er den der Versteigerung vorausgegangenen letzten entgeltlichen Erwerb beweisen müsse, an dem er regelmäßig gar nicht beteiligt gewesen sei. 429 Es sei möglich, daß der Urheber für 1000DM verkaufe, daß ein späterer Käufer 3000DM bezahle und dann in einer Versteigerung nur 2000 DM erzielt habe. Dann müßte er nach der vorgesehenen Regelung 10% des Unterschiedsbetrages zwischen 1000DM und 2000DM, also 100 DM, entrichten und hätte das von ihm für 3000 DM erworbene Bild mit einem Verlust von insgesamt 1100 DM weiter verkauft, vgl. Ausführungen Kühnemanns in Β 141/2596 Bl. 126. 430 Schreiben Kühnemanns vom 17.08.1956 in Β 141/2596 Bl. 126. 426

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

rer nachweise, daß gegenüber der letzten entgeltlichen Veräußerung kein Gewinn zu verzeichnen sei. Schließlich wollte Kühnemann vermeiden, daß eine Werterhöhung mehrfach berücksichtigt wird. 431 Diese Möglichkeit konnte sich dadurch ergeben, daß das Folgerecht jedesmal von neuem nach dem ursprünglich vom Urheber erzielten Kaufpreis berechnet wurde, und zwar unabhängig davon, ob ein Anspruch aus dem Folgerecht für dieses Werk schon einmal beglichen worden war oder nicht. Obwohl man sich innerhalb des BMJ intensiv mit dem Vorschlag Kühnemanns auseinandersetzte, hielt man doch die eigene Lösung für die gerechtere. 432 Man könne dem Versteigerer nicht zumuten, für die Werterhöhungen aller seiner Vorbesitzer aufzukommen, als ob er den gesamten Vorteil gehabt hätte. Die erscheine nur dann angängig, wenn er eine Rückgriffsmöglichkeit gegenüber seinen Vorbesitzern hätte. 433 Auch der vom BGH entwickelte Grundsatz, daß der Urheber tunlichst an jedem Gewinn aus dem Werk beteiligt werden sollte, führe nur zu einer Regelung, wie sie das BMJ vorgeschlagen habe, nicht aber dazu, einem Verwerter unter Umständen den gesamten Gewinn wegzunehmen und ihn dem Urheber zu geben.434 Im übrigen sei die Beschränkung des Folgerechts auf eine echte Beteiligung an dem Veräußerungsgewinn, wie das BMJ angeregt habe, lediglich eine Konsequenz dessen, daß das Folgerecht nur bei öffentlichen Versteigerungen entstehen solle. Belaste man nur bestimmte Veräußerungsgeschäfte mit dem Folgerecht, nämlich nur die Versteigerungen, so dürfe man auch die Gewinne bei diesen bestimmten Veräußerungsgeschäften, also den Versteigerungsgewinn, bei der Berechnung des Anspruches zugrunde legen.435 Der von Kühnemann erhobene Einwand, daß nach der vom BMJ vorgesehenen Regelung das Folgerecht auch dann entstehen würde, wenn ein Gewinn zwar gegenüber dem Preis der letzten entgeltlichen Veräußerung, nicht aber gegenüber dem vom Urheber erhaltenen ursprünglichen Preis erzielt worden sei, berühre nicht die Grundkonzeption dieses Vorschlags. In die Bestimmung des BMJ könne ohne wei431 Als Beispiel führte Kühnemann aus, daß der Urheber für 1000DM verkauft haben könne und das Bild bei einer Versteigerung 2000 DM erlangt haben könne. Dann würden dem Urheber 10% des Unterschiedsbetrages von 1000 DM, also 100 DM, zustehen. Wenn nun das Bild später nochmals zur Versteigerung gelange und dabei abermals 2000DM erzielen würde, würde der Urheber nach der vorgeschlagenen Regelung in Abs. 1 nochmals 100 DM erhalten, obgleich eine weitere Wertsteigerung als die, die bereits bei der ersten Versteigerung in Erscheinung getreten war, nicht mehr erfolgt sei. Gerade dies sollte vermieden werden, vgl. Vorschlag Kühnemanns in Schreiben vom 17.08.1956 in Β 141/2596 Bl. 126. 432 y g l Yermerk über den Formulierungsvorschlag des BMJ und dem Vorschlag von Senatspräsident Kühnemann in seinem Schreiben vom 17.08.1956 in Β 141/2553 B1.055. 433 Da aber die Belastung mit dem Folgerecht wohl kaum als ein Rechtsmangel im Sinne des Kaufrechts angesehen werden könne, bestehe diese Rückgriffsmöglichkeit nach dem jetzt geltenden Recht nicht, vgl. Vermerk in Β 141/2553 B1.058. 434 Vermerk in Β141/2553 B1.058. 435 Vermerk in Β 141/2553 Bl. 058. Der Vorschlag Kühnemanns bedeute daher eine Inkonsequenz gegenüber dem auch von ihm vertretenen Grundsatz, daß das Folgerecht nur bei Verkäufen auf öffentlichen Versteigerungen entstehen soll.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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teres eine Klausel eingefügt werden, daß das Folgerecht nur dann entstehen solle, wenn der Versteigerungserlös sich nicht nur gegenüber der letzten entgeltlichen Veräußerung, sondern auch gegenüber dem ursprünglichen durch den Urheber erzielten Preis erhöht habe.436 e) Die Aufnahme des Folgerechts in den Ministerialentwurf von 1959 Abweichend vom RefE schlug der MinE von 1959 in § 41 die Einführung des Folgerechts vor, beschränkte den Beteiligungsanspruch aber gleichzeitig auf Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung, wie in der Diskussion innerhalb der Sachverständigenkommission und auch im Rahmen der Formulierungsvorschläge bereits angedeutet worden war. Die Begründung führte dazu aus, daß die mit der Durchsetzung des Folgerechts erstrebten Ziele durchaus billigenswert seien,437 sich die privaten Verkäufe und auch die außerhalb öffentlicher Versteigerungen durch den Kunsthandel vorgenommenen Verkäufe allerdings kaum wirksam erfassen ließen. 438 Daher sehe der MinE eine Freistellung dieser Verkäufe von dem Folgerecht vor. Kaum Schwierigkeiten der Durchführung bestünden aber bei Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung. Die Einführung des Folgerechts für diese eine Verkaufsart sei auch für den Kunsthandel tragbar und lasse ihm genügend Spielraum, sich auf die neue Rechtslage einzustellen.439 Von den im Vorfeld durch das BMJ und auch durch Senatspräsident Kühnemann ausgearbeiteten Vorschlägen unterschied sich dann die Regelung des MinE insofern, als der Anspruch aus dem Folgerecht nicht als Gewinnbeteiligung, sondern als Anteil an dem gesamten Veräußerungserlös gewährt wurde, vgl. § 41 Abs. 2 Satz 1 MinE. 4 4 0 Im Interesse der Urheber erschien es nach Auffassung des MinE richtiger, 436 Da das Folgerecht nur bei echten Werterhöhungen gerechtfertigt erscheine, sollte der Vorschlag insoweit ergänzt werden, vgl. Vermerk in Β 141/2553 B1.059. 437 Vgl. auch die umfangreichen Ausführungen zu dem Lösungsvorschlag des MinE bei Schiefler in UFITA Bd. 31 (1960), S. 177 (192). Es lasse sich feststellen, daß das Folgerecht als ein Anspruch der bildenden Künstler auf Beteiligung an dem aus der Weiterveräußerung ihrer Original werke gezogenen Gewinn im Grundsatz billigenswert sei, rechtsdogmatische oder rechtspolitische Bedenken seiner Anerkennung nicht entgegenstünden und daher auch unter Berücksichtigung möglicher Schwierigkeiten in der praktischen Durchsetzung seine, wenn auch zunächst vielleicht beschränkte Einführung durch das neue Urheberrechtsgesetz zu empfehlen sei. 438 Diese Schwierigkeiten in der praktischen Durchführung seien auch der Anlaß dafür gewesen, daß der RefE seinerzeit von der Einführung des Folgerechts abgesehen habe, vgl. Begründung S.45. 439 Begründung S.45. 440 Mit Rücksicht auf den Zweck des Folgerechts, den bildenden Künstler an den Wertsteigerungen seines Werkes teilnehmen zu lassen, liege es zwar nahe, die Höhe des Anspruches durch einen prozentualen Anteil an dem durch die Weiterveräußerung erzielten Gewinn zu bestimmen. Eine solche Regelung würde jedoch die Durchsetzbarkeit des Anspruches erheblich erschweren. Um die Höhe des Folgerechts zu errechnen, wäre die Kenntnis nicht nur des in der öffentlichen Versteigerung erzielten Veräußerungserlöses, sondern auch des vom Veräußerer

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

unter Inkaufnahme gewisser Ungleichheiten441 das neue Recht durch den einheitlich und grundsätzlich unabhängig von der Wertsteigerung errechneten Anteil am Verkaufserlös so einfach wie möglich zu gestalten. Brauche der Veräußerer seinen Gewinn nicht offenzulegen, so die Ausführungen in der Begründung zum Folgerecht, werde er zudem meist freiwillig zur Zahlung des Urheberanteils bereit sein. Um aber zu verhindern, daß das Anteilsrecht unbeschränkt auch dann gewährt werden mußte, wenn der Veräußerer keinen oder nur einen unerheblichen Gewinn erzielt hatte, war vorgesehen, daß der Beteiligungsanspruch ein Viertel des Mehrerlöses nicht übersteigen darf. 442 Die Voraussetzungen für diese etwaige Ermäßigung des Anspruches waren vom Veräußerer zu beweisen. Dadurch sollte Vorsorge getroffen werden, daß auch in diesem Sonderfall die Rechtsverfolgung für den Urheber nicht erschwert wird. 443 Für den Fall, daß der Veräußerer gar keinen Gewinn erzielt hatte, sollte der Anspruch aus dem Folgerecht gänzlich entfallen, vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2. In der Absicht, auch Bagatellfälle von der Regelung des § 41 auszuschließen, sollte das gleiche gelten, wenn der vom Veräußerer erzielte Kaufpreis 500 DM nicht überstieg. Ausgenommen waren zudem Werke der Baukunst und der angewandten Kunst, vgl. §41 Abs. 4. Da die Einführung des Folgerechts stark umstritten war, sollte die vorgeschlagene Regelung zunächst nur als Diskussionsgrundlage dienen. Von dem Ergebnis der Diskussion würde es dann abhängen, ob und in welcher Form das neue Recht in den späteren Regierungsentwurf übernommen werden könnte. 444 3. Vom Ministerialentwurf

von 1959 zum Regierungsentwurf

von 1961

a) Kritik an der Regelung des Ministerialentwurfes Erste Kritik an der Aufnahme des Folgerechts durch den MinE von 1959 kam von Seiten des Stuttgarter Kunstkabinetts. 445 Der in §41 enthaltene Vorschlag, im neuen seinerzeit gezahlten Erwerbspreises erforderlich. Dieser Erwerbspreis würde aber dem Urheber in aller Regel nicht bekannt sein. Er wäre insoweit auf Auskünfte des Veräußerers angewiesen, die sich seiner Nachprüfung entziehen, vgl. die Ausführungen der Begründung S.45 f. 441 Es werde auch Fälle geben, in denen ein Kunstwerk eine so außergewöhnliche Wertsteigerung erfährt, daß eine höhere Beteiligung gerechtfertigt wäre. Diese ließe sich aber wiederum nur durch eine Bezugnahme auf den bei der Veräußerung erzielten Gewinn bestimmen, womit wieder die Durchsetzbarkeit des Anspruchs in Frage gestellt sei, vgl. Begründung S. 46. 442 Grundlage der Urheberbeteiligung bleibe auch in der vom Entwurf vorgeschlagenen Form letztlich allein die Wertsteigerung des Werkes, vgl. Begründung S.46. 443 Begründung S.46. 444 Vgl. den im BMJ ausgearbeiteten Überblick über die Ministerialentwürfe zur Urheberrechtsreform in Β 141/2620 B1.059. 445 Vgl. Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts vom 17.12.1959 in Β 141/2623 Bl. 137 ff. Das Stuttgarter Kunstkabinett war eines der größten europäischen Auktionshäuser für moderne Kunst. Betreut wurden u. a. die Urheberrechte für Erich Heckel, Karl SchmidtRottluff, Emst-Ludwig Kirchner, Max Pechstein, Otto Müller oder Adolf Hoelzel.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Urheberrechtsgesetz einen Urheberanteil (Folgerecht) zu verankern, gebe Anlaß zu großer Sorge. Gegen seine Einführung bestünden zunächst verfassungsrechtliche Bedenken. Das Vermögen jedes Eigentümers eines von §41 betroffenen Originalwerkes werde sowohl im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, also durch das Entstehen eines aufschiebend bedingten Urheberanteils, als auch im Falle einer späteren Weiterveräußerung durch das Entstehen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses beeinträchtigt. 446 Damit liege ein Enteignungstatbestand vor, der nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Widerspruch zu Art. 14 Abs. 3 GG stehe. Weitere verfassungsrechtliche Bedenken würden sich zudem aus Art. 3 Abs. 1 GG ergeben. 447 Zwischen privaten Veräußerungen und Verkäufen über den Kunsthandel einerseits sowie Weiterveräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung andererseits bestehe rechtlich kein Unterschied. Alle genannten Absatzarten würden den Vorschriften des bürgerlichen Rechts und gegebenenfalls des Handelsrechts unterliegen. 448 Gegen das Folgerecht seien weiterhin auch allgemeine marktpolitische Erwägungen vorzubringen. Die stürmische Entwicklung der letzten Jahre habe gezeigt, daß Originalwerke der modernen Kunst vielfach zum Zwecke der Kapitalanlage und aus spekulativen Momenten angeschafft würden. Der erhöhte Umsatz auf dem Gebiet der Moderne sowie der häufige Besitzerwechsel hätten sich auf die Steigerung des Preisniveaus ausgewirkt. Dieser Prozeß würde nach Auffassung des Stuttgarter Kunstkabinetts mit der Einführung des Urheberanteils weitestgehend lahmgelegt, da sich jeder neue Erwerber in Zukunft angesichts der durch ein Folgerecht eingetretenen Belastung ernsthaft überlegen müsse, ob er sein Kapital nicht besser in anderen Objekten anlege.449 Auch dürfe in diesem Bereich die marktpolitische Stellung der Auktionshäuser nicht übersehen werden. 450 Die mit der Einführung des Folgerechts zu erwartende Umsatzverringerung würde den Kostenanteil erheblich erhöhen, so daß der bisherige Aufschwung auf dem Gebiet der modernen Kunst sicherlich rasch zum Erliegen käme. Damit wäre aber den Künstlern am wenigsten gedient. 446

Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 138. Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 138. Das Bundesverfassungsgericht habe inzwischen wiederholt anerkannt, daß es der Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbiete, wesentlich Gleiches ohne zureichenden Grund ungleich zu behandeln. 448 Erscheine damit die rechtliche Gleichartigkeit der hier in Betracht kommenden Veräußerungen zur Genüge dargetan, so müsse gleichzeitig die mit §41 des MinE beabsichtigte Einführung eines Folgerechts als mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar abgelehnt werden, weil das Folgerecht nur bei Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung, nicht jedoch bei privaten Verkäufen oder Veräußerungen über den Kunsthandel zur Entstehung gelangen soll, so die Argumentation des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 139. 449 Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β141/2623 Bl. 144. Die Einführung des Folgerechts würde die Aussichten auf eine Wertsteigerung verringern und dadurch das Interesse an einer Kapitalanlage in Originalen der modernen Kunst absinken lassen. 450 Das Stuttgarter Kunstkabinett nahm für sich das Recht in Anspruch, der modernen deutschen Kunst durch unablässiges Wirken wieder zur Weltgeltung verholfen zu haben. Diese Erfolge seien nicht ohne erhebliche finanzielle Anstrengungen erzielt worden. 447

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Besonders nachteilige Auswirkungen würden sich schließlich für die Bemühungen um die Rückführung deutschen Kulturgutes aus dem Ausland ergeben. 451 Das im Urheberrecht geltende Territorialitätsprinzip hätte zur Folge, daß auch ausländische Auktionseinlieferer die deutschen Schutzvorschriften zu beachten haben. Für die Praxis sei dabei zu berücksichtigen, daß Kunstgut meist im sogenannten Zollvormerkverfahren eingeführt werde. Es bleibe Zollgut bis zur Veräußerung und werde dann mit einer Umsatzausgleichssteuer von 4 % belastet. Rechne man dann noch den Urheberanteil von 3 % hinzu, so ergebe sich eine Gesamtbelastung in Höhe von 7 %. Es könne mit Sicherheit vorausgesagt werden, daß in Zukunft kein Ausländer mehr Kunstgut auf deutsche Auktionen geben würde, wenn es zur Einführung des Folgerechts käme. Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wandte sich mit Nachdruck gegen die Einführung des Folgerechts. 452 Es sei äußerst zweifelhaft, ob die nachträgliche Belastung eines Sacheigentümers mit einer Zahlungsverpflichtung für den Fall einer Veräußerung seines Eigentums mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 3 GG vereinbart werden könne. Zudem dürfte die Beschränkung des Folgerechts auf Veräußerungen im Wege der öffentlichen Versteigerung den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verletzen, da zwischen privaten Veräußerungen oder Veräußerungen über Kunsthandel oder über Kunstauktionen kein Unterschied bestehe.453 Zweifel an der Bestimmung über das Folgerecht äußerten weiterhin einige namhafte Autoren in einer gemeinsamen Stellungnahme.454 Das in §41 vorgeschlagene Verfahren mache einen Verwaltungsaufwand erforderlich, der in keinem vernünftigen Verhältnis zum wirtschaftlichen Erfolg des Folgerechts stehe.455 Darüber hinaus müsse auch daran gedacht werden, daß die Beschränkung des Folgerechts auf öffentliche Versteigerungen möglicherweise einen Eingriff in die Freiheit des Vertriebsweges bedeute. Der Anspruch aus dem Folgerecht könne nämlich dadurch umgangen werden, daß die öffentliche Versteigerung durch einen angeblichen Privatverkauf ersetzt werde. Das aber wiederum beeinträchtige die freie Preisbildung und die Preisoffenheit. 456 Es erscheine gefährlich, durch ein Urheberrechtsgesetz 451

Stellungnahme des Stuttgarter Kunstkabinetts in Β 141/2623 Bl. 144. Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vom 25.05.1960 in Β 141/2629 B1.098. 453 Das Folgerecht wäre nur zu verwirklichen, wenn den Kunstauktionshäusern durch Gesetz Publikationsverpflichtungen auferlegt würden, da die Eigentümer vielfach nicht genannt sein wollen. Die Einführung solcher Vorschriften sei auch in dem neuen Versteigerungsrecht (Novelle zur GewO) nicht vorgesehen, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 099. 454 In einem Rechtsgutachten des Rechtsanwaltes Dr. Sieger vom 15.01.1960 äußerten sich u. a. Luise Rinser, Dr. Carl Zuckmayer, die Erben Hoffmannsthal, Dr. Curt Emmrich und Gerhard Hermann Mostar, vgl. Β 141/2640 B1.047ff. 455 Vgl. Rechtsgutachten in Β141/2640 B1.060. Hier tauche die im Gesetzentwurf überhaupt vorhandene Gefahr der Bürokratisierung auf, die auch noch im Zusammenhang mit der geplanten Urhebernachfolgegebühr besprochen werden müsse. 456 Rechtsgutachten in Β 141/2640 B1.060. 452

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Einflüsse auf Verwertungsarten, Verwertungsmethoden oder Verwertungswege zu nehmen. Schließlich forderten auch einige Landesjustizverwaltungen eine Streichung des Folgerechts. 457 Während Bayern und Berlin zumindest dem Grundgedanken des Folgerechts noch eine gewisse Berechtigung einräumten, wurde dieses von Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein grundsätzlich abgelehnt. Wegen einer Mißachtung des Grundsatzes, daß Wertsteigerungen und Wertverluste stets vom Eigentümer zu tragen sind, sei das Folgerecht rechtspolitisch bedenklich.458 Daneben werde die Anonymität des Kunsthandels gefährdet. Nicht ausgeschlossen sei eine nachteilige Auswirkung auf die Künstler selbst durch eine Schwächung des inländischen Kunsthandels. Zuletzt wurde die Möglichkeit einer nutzbringenden Wahrnehmung von den Ländern angezweifelt. Bezüglich der Ausgestaltung des Folgerechts im einzelnen äußerten alle vier Länder verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgesehene Beschränkung auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen. 459 Bei grundsätzlicher Zustimmung zu der dem Folgerecht zugrunde liegenden Rechtsidee vermochte auch die ständige Konferenz der Kultusminister die vorgeschlagene Form des Folgerechts nicht zu befürworten. 460 Die vorliegende Fassung des Entwurfes lasse erhebliche Zweifel daran aufkommen, ob der wirtschaftliche Erfolg eines so gestalteten Folgerechts für die Künstler noch in einem angemessenen Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand stehe, der mit dieser Institution mit Sicherheit verbunden sein werde. Auch sei nicht zu erkennen, aus welchem Grund der Mehrgewinn im Sinne des Folgerechts nur bei öffentlichen Versteigerungen abgeschöpft werden solle und nicht bei allen Veräußerungsarten. Die Beschränkung des 457 Vgl. Vermerk über Stellungnahmen der Bundesressorts und der Länder zu den wichtigsten Fragen der Urheberrechtsreform in Β 141/2630 B1.029ff. Angesprochen wurde das Folgerecht dann auch auf der Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 im BMJ. Während die Vertreter der Justizressorts den Grundgedanken des Folgerechts überwiegend für nicht gerechtfertigt hielten, billigten die Vertreter der Kulturressorts die neue Bestimmung. In der sich anschließenden Besprechung der Ausgestaltung im einzelnen wurde eine Erstreckung auf alle Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr begrüßt. Überwiegend wurde weiterhin auch der Wunsch geäußert, den Beteiligungsanspruch wiederum von der Erzielung eines Mehrerlöses abhängig zu machen, um den Grundgedanken des Folgerechts als Beteiligung an der Wertsteigerung erkennbar zu machen. Zumindest sollte primär eine Beteiligung am Mehrerlös und nur hilfsweise für den Fall, daß der Veräußerer anonym bleiben und dem von ihm gezahlten Erwerbspreis nicht nennen wolle, eine Beteiligung am Verkaufspreis vorgesehen werden (Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 128). Das BMJ sagte daraufhin eine nochmalige Überprüfung der Vorschrift zu. 458 Vermerk in Β141/2630 B1.031. Zudem sei es sozial nicht begründbar, da es ohnehin den renommierten Künstlern zugute komme. 459 Hier liege eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 3 Abs. 1 GG vor, vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.032. 460 Stellungnahme der Ständigen Konferenz der Kultusminister vom 30.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 109.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Folgerechts auf die öffentlichen Versteigerungen erscheine unsystematisch und willkürlich. 461 Die Kulturressorts traten daher für eine die Erfahrungen des Auslandes berücksichtigende Verbesserung des §41 ein. Kritisch erörtert wurde das Folgerecht sodann auf der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in München. 462 Zwar wurde darauf hingewiesen, daß bei Einführung eines Folgerechts in der vorgeschlagenen Form nach Ansicht der Kunstversteigerer und Kunstantiquare die zu versteigernden Bilder vom deutschen Markt verschwinden würden. 463 Auch sei bekannt, daß sich führende Künstler selbst gegen die Einführung des Folgerechts ausgesprochen hätten. Im Ergebnis billigte jedoch die überwiegende Mehrheit die Fassung des §41 MinE. 4 6 4 Schließlich war das Folgerecht auch Gegenstand einer der im BMJ mit den einzelnen Interessenverbänden abgehaltenen Sitzung.465 Die innere Berechtigung des Folgerechts wurde hier allgemein anerkannt, gerade die heute hoch bezahlten Expressionisten hätten ihre Werke in der Zeit vor 1945 als „entartete Kunst" oft weit unter Wert weggeben müssen, um überhaupt leben zu können. Es sei ein öffentliches Anliegen, hier durch Einführung des Folgerechts das Rechtsbewußtsein dahin zu stärken, daß Kunstwerke keine reinen Spekulationsobjekte, sondern geistige Werte seien, deren Verbindung zu ihrem Schöpfer nicht aufhebbar sei. 466 Bei der Aussprache über die Frage der Ausgestaltung des Folgerechts im einzelnen gaben die Vertreter des BMJ zu, daß die vom MinE vorgesehene Beschränkung auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen aus dem Wesen des Folgerechts wohl kaum zu rechtfertigen sei. 467 Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden gegen eine Differenzierung jedoch nicht. Der Gleichheitsgrundsatz sei nur verletzt bei einer willkürlichen, ohne sachlichen Grund vorgesehenen Ungleichbehandlung gleicher Tatbestände. Davon könne im vorliegenden Fall keine Rede sein. 461 Stellungnahme der Ständigen Konferenz der Kultusminister vom 30.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 109. 462 Vgl. Protokoll der Arbeitssitzung in Β 141/2633 Bl. 117 ff. 463 So die Ausführungen von Dr. Sellier in dem Protokoll über die Arbeitssitzung in Β 141/2633 Bl. 127. Der Fehler liege insbesondere darin, daß das Folgerecht nur Veräußerungen im Wege der Versteigerung erfassen sollte. 464 Protokoll über die Arbeitssitzung in Β 141/2633 Bl. 127. 465 Vgl. Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 um 15.00 Uhr in Β 141/2638 Bl. 134ff. 466 So die Ausführungen von Dr. Elster vom Bundesverband der freien Berufe, vgl. Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 in Β141/2638 Bl. 135 f. Dr. Richartz vom Deutschen Komponistenverband bejahte ebenfalls uneingeschränkt die moralische Berechtigung des Folgerechts. Auch Dr. Reinhardt als Vertreter des Bundes Deutscher Landesberufsverbände bildender Künstler bezeichnete das Folgerecht als ein Anliegen der Gerechtigkeit. 467 Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 in Β141/2638 Bl. 139. Es erscheine aber richtiger, den Anspruch nicht schon in seiner letzten Verfeinerung zu geben, solange die Durchsetzbarkeit des Folgerechts bei Verkäufen außerhalb öffentlicher Versteigerungen ungewiß sei.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Überwiegend ging die Auffassung dann dahin, daß jeder gewerbliche Veräußerungsakt, also auch die Verkäufe im Kunsthandel erfaßt werden sollten. Anderenfalls bestehe die Gefahr einer Verlagerung des Kunstmarktes von den Versteigerungen zum Kunsthandel. Die „Zugkraft" der hohen Preise auf Auktionen sei keineswegs so groß, daß sie eine einseitige Belastung der Auktionen mit dem Folgerecht aufwiege. 468 Daher wurde angeregt, die in der bisherigen Diskussion gegen die Regelung des MinE aufgezeigten Bedenken dadurch zu umgehen, daß man unter Verzicht auf die Mehrwertklausel und die Beschränkung des Rechts auf die öffentlichen Versteigerungen generell für jeden gewerblichen Verkauf eine Abgabe von 1 % festsetze, was gewissermaßen einer erhöhten Umsatzsteuer zugunsten der Urheber gleichkomme.469 Eine solche relativ geringe Abgabe werde voraussichtlich keinen großen Widerständen begegnen, sich leicht einziehen lassen und wegen der Erstrekkung auf die Verkäufe im Kunsthandel im Ergebnis den Urhebern ebenso viele Einnahmen bringen wie die höhere Abgabe bei nur einer Verkaufsart. Auch wenn das BMJ zu bedenken gab, daß ein völliger Verzicht auf die Mehrwertklausel das Folgerecht von seiner eigentlichen Rechtsgrundlage, der Beteiligung des Künstlers an der Wertsteigerung seines Werkes, sehr weit entferne, so mußte doch zugegeben werden, daß diese Regelung entsprechend dem französischen System möglich

b) Arbeiten im BMJ Als Ergebnis der Sitzung mit den Interessenverbänden zur Frage des Folgerechts arbeitete das BMJ im Januar 1961 einen Änderungsvorschlag zu dieser Bestimmung aus.471 Danach hatte für den Fall, daß das Original eines Werkes der bildenden Künste im geschäftlichen Verkehr oder im Wege der öffentlichen Versteigerung weiterveräußert wurde, der Veräußerer dem Urheber einen Anteil in Höhe von 1 % des Veräußerungserlöses zu entrichten. Die Verpflichtung sollte entfallen, wenn der Veräußerungserlös weniger als 500DM betrug. Unverändert waren Werke der Baukunst und der angewandten Kunst von der Bestimmung ausgenommen.472 468 v g l Wortmeldung Dr. Hansteins vom Bundesverband des deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 in Β 141/2638 Bl. 140. Hinzu komme die Benachteiligung im Wettbewerb mit dem Ausland. Die deutschen Auktionatoren seien hier schon mit der Umsatzausgleichssteuer von 4 % belastet, die es sehr erschwere, ausländischen Kunstbesitz für Versteigerungen in Deutschland zu gewinnen. 469 So der Vorschlag von Dr. Hanstein, vgl. Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 in Β 141/2638 BL 141 f. 470 Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 in Β141/2638 Bl. 142. 471 Änderungsvorschläge zum MinE eines Urheberrechtsgesetzes vom 06.01.1961 in Β 141/2643 B1.092ff. 472 Änderungsvorschläge zum MinE eines Urheberrechtsgesetzes vom 06.01.1961 in Β 141/2643 B1.099.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Diese Neufassung des Folgerechts war zunächst Gegenstand einer Besprechung der Vertreter des BMJ mit prominenten Urhebern. 473 Die Absicht, das Folgerecht einzuführen, wurde hier allgemein begrüßt. Allerdings bestünden insofern Bedenken gegen die neue Formulierung, als sie den Grundgedanken des Folgerechts, die Beteiligung des Urhebers an der Wertsteigerung der Werke, nicht mehr erkennen lasse.474 Wenig ratsam sei es auch, Werke der angewandten Kunst von der Bestimmung auszunehmen. Es gäbe Grenzfälle, beispielsweise Töpferarbeiten bedeutender Künstler, in denen die Ausnahme nicht gerechtfertigt sei. 475 Schließlich wurde vorgeschlagen, als Höhe des Urheberanteils im Gesetz „mindestens" 1 % des Verkaufspreises vorzuschreiben, um eine spätere Erhöhung zu ermöglichen. 476 Im übrigen bestanden seitens der Urheber keine Bedenken gegen die vorgesehene Regelung. Auch die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht hatte sich in ihrer Sitzung zur Beratung des MinE mit der Neufassung des Folgerechts zu beschäftigen. 477 Dr. Haertel erläuterte eingangs die Änderung und betonte ausdrücklich, Grund für die Streichung der ursprünglich in §41 Abs. 2 vorgesehenen Mehrerlösklausel sei die Forderung des Kunsthandels gewesen, daß das Folgerecht keinesfalls die Anonymität des Veräußerers antasten dürfe. Als Kompromiß könne, so Haertel, erwogen werden, dem Veräußerer selbst das Wahlrecht zu geben, entweder anonym zu bleiben und den vollen Anteil am Verkaufspreis abzuführen oder sich unter Heraustreten aus der Anonymität darauf zu berufen, daß er keinen Mehrerlös erzielt habe, wobei die Beweislast hierfür ihm aufzuerlegen sei. 478 Prof. Ulmer begrüßte die neue Regelung als eine wesentliche Verbesserung, sprach sich aber gegen die Wiedereinführung einer Mehrerlösklausel aus.479 Der Gedanke eines Mehrerlöses sei die moralische Grundlage des Folgerechts, nicht aber notwendig auch die juristische. Das Folgerecht lasse sich urheberrechtlich auch 473

Vgl. Vermerk über Besprechung mit prominenten Urhebern zu Fragen der Urheberrechtsreform am 30.01.1961 in München in Β141/2646 B1.069ff. 474 Dr. Strauß und der Schriftsteller Hermann Kasack äußerten diese Bedenken und hielten es aus optischen Gründen für wichtig, zum Ausdruck zu bringen, daß der Anspruch auf dem Gedanken beruhe, den Urheber an dem vom Veräußerer erzielten Mehrerlös zu beteiligen, vgl. Vermerk zur Sitzung mit prominenten Urhebern in Β141/2646 Bl. 072. Prof. Unold meinte dagegen, eine Mehrerlösklausel würde in der Praxis keine große Bedeutung haben. 475 Vgl. Ausführungen Prof. Unolds in Vermerk zur Besprechung mit prominenten Urhebern in Β141/2646 Bl. 073. Dagegen hielt man seitens des BMJ die Ausnahme für wichtig, um Angriffe der Industrie zu vermeiden. 476 Vgl. Kasack in Vermerk zur Sitzung mit prominenten Urhebern in Β 141/2646 B1.072. Dr. Joel vom BMJ erwiderte allerdings, eine solche Regelung sei nicht sinnvoll, da in jedem Fall zur Erhöhung des Anteils eine Änderung des Gesetzes erforderlich sei. 477 Vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β141/2647 B1.098ff. 478 Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 102. 479 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 102.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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als reine Verkaufsbeteiligung begründen, da durch den Verkauf ein neuer Kreis der Werknutzer eröffnet werde. Auch Dr. Runge sprach sich gegen eine Mehrerlösklausel aus. Bei dem vorgesehenen Anteil von nur 1 % des Verkaufspreises habe die Frage, ob ein Mehrerlös erzielt worden sei, ohnehin keine praktische Bedeutung.480 Schließlich wies Dr. Haertel darauf hin, daß sich die Ausgestaltung des Folgerechts als eine Beteiligung am Mehrerlös in den bevorstehenden Debatten im Bundestag besser rechtfertigen lassen werde. Prof. Unold erklärte dazu, der Gedanke der Beteiligung am Mehrerlös könne als moralische Grundlage des Folgerechts auch zur Rechtfertigung der Neufassung angeführt werden. 481 c) Erneute Überarbeitung des Folgerechts im Regierungsentwurf von 1961 Eine erneute Überarbeitung erfuhr das Folgerecht in dem Regierungsentwurf vom 15.12.1961. Die Erörterung der im MinE vorgesehenen Regelung habe gezeigt, daß der Grundgedanke des Folgerechts, den bildenden Künstler an der durch Weiterveräußerung realisierten Wertsteigerung seiner Originalwerke zu beteiligen, weitgehend als berechtigt anerkannt und dementsprechend überwiegend die Einführung des Folgerechts im neuen Urheberrechtsgesetz befürwortet werde. Allerdings hätten sich gegenüber der im MinE vorgeschlagenen Ausgestaltung des Folgerechts wesentliche neue Gesichtspunkte ergeben. 482 Inzwischen hätten sich die Vertreter des Kunsthandels aus Verständnis für die Wünsche der Urheber bereit erklärt, diese bei der Durchsetzung des Folgerechts zu unterstützen. Sei die Mitwirkung des Kunsthandels bei der Einziehung des Folgerechts gewährleistet, so bestünden gegen eine Erweiterung des Folgerechts auf sämtliche Veräußerungen im Geschäftsverkehr keine Bedenken.483 Der Kunsthandel habe aber daraufhingewiesen, daß er die Einziehung des Urheberanteils nur dann unterstützen könne, wenn dieser als reine Beteiligung am Verkaufserlös ausgestaltet werde, dem Veräußerer also kein Minderungsrecht für den Fall zugesprochen werde, daß er keinen Mehrerlös erzielt habe. Nur auf diese Weise sei es möglich, den Urheberanteil automatisch vom Verkaufserlös zugunsten der Urheber einzubehalten.484 Daher sah der Entwurf nunmehr vor, daß der Urheberanteil 480 v g l Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 102. 481 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 103. 482 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf in BR-Drucks. 1/62 S.53. 483 BR-Drucks. 1/62 S.53. Der Kunsthandel selbst habe vorgeschlagen, das neue Recht auf alle Veräußerungen im geschäftlichen Verkehr zu erstrecken, um eine für das Gefüge des Kunsthandels möglicherweise nachteilige einseitige Belastung der öffentlichen Versteigerungen zu vermeiden. 484 BR-Drucks. 1/62 S. 53. Die Einführung einer Mehrerlösklausel, gleich welcher Art, kompliziere das Verfahren und habe zur Folge, daß der Kunsthändler im Falle einer Berufung des Veräußerers auf die Mehrerlösklausel dem Urheber dessen Namen nennen müsse, um dem Urheber die Nachprüfung der Anwendbarkeit der Mehrerlösklausel zu ermöglichen. Die Preis-

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

bei jeder Weiterveräußerung eines Werkes der bildenden Künste im geschäftlichen Verkehr, also bei allen nicht rein privaten Verkäufen, zu entrichten sei, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob ein Mehrerlös erzielt worden war oder nicht, vgl. § 26 Abs. 1 RegE. Um zu verhindern, daß diese wesentliche Erweiterung des Folgerechts zu einer unbillig hohen Belastung des Kunsthandels und der Veräußerer von Kunstwerken führte, war ferner vorgesehen, daß der Urheberanteil nicht mehr 3%, sondern nur noch 1 % des Veräußerungserlöses betragen sollte. Blieb der Veräußerungserlös unter 500 DM, so sollte der Urheberanteil nach wie vor ganz entfallen. Demnach war der Urheberanteil auch dann zu zahlen, wenn der Veräußerer keinen Mehrerlös erzielt hatte und das Werk des Urhebers in seinem Wert vielleicht sogar gesunken war. Die Begründung führte dazu aus, daß diese Rechtsfolge an sich dem Grundgedanken widerspreche, den bildenden Künstler an der Wertsteigerung seiner Originalwerke zu beteiligen. Allerdings erscheine es richtiger, diesen Widerspruch in Kauf zu nehmen, als auf die Einführung des Folgerechts wegen der sonst zu großen praktischen Schwierigkeiten zu verzichten. Die Fälle der Wertminderung von Kunstwerken seien im Vergleich zu den Fällen bedeutender Wertsteigerungen selten.485 4. Vom Regierungsentwurf

zum Urheberrechtsgesetz

von 1965

a) Auffassung des Bundesrates und Haltung der Bundesregierung Obwohl der im Rechtsausschuß des Bundesrates gebildete Unterausschuß in seiner Sitzung am 16.01.1962 empfahl, die Bestimmung des Folgerechts zu streichen, 486 beschloß der Rechtsausschuß in seiner Sitzung am 24.01.1962 gegen die Stimmen der Vertreter Bayerns, Hessens und Schleswig-Holsteins diesen Vorschlag abzulehnen.487 Entgegen der Auffassung des UA, daß die vorgesehene Regelung den Grundgedanken des Folgerechts verlasse, da sie nicht mehr an einen Mehrerlös anknüpfe 488 , hielt der Rechtsausschuß entsprechend den Ausführungen des Vertreters gäbe des Namens des Auftraggebers sei aber mit den Grundsätzen des Kunsthandels unvereinbar und würde zu einem erheblichen Rückgang führen, da gerade die Veräußerer von Kunstgegenständen vielfach größten Wert auf Anonymität legen würden. 485 BR-Drucks. 1/62 S.53. 486 Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16.01.1962, S.7, Archiv des Bundesrates R 2651 - Nr. R 11/62 Die Empfehlung erging mit den Stimmen der Länder Bayern, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gegen die Stimmen Baden-Württembergs, Berlins und Niedersachsens. 487 Niederschrift 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 8, Archiv des Bundesrates R 0055-Nr. R 17/62. 488 Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16.01.1962, S.7, Archiv des Bundesrates R 2651 - Nr. R 11/62. Die Minderheit des UA war demgegenüber der Auffassung, daß sich das Folgerecht als eine Art verlängertes Verbreitungsrecht auch ohne Mehrerlösklausel rechtfertigen lasse. Der Vertreter Niedersachsens hielt darüber hinaus eine Erhöhung des Anteils am Veräußerungserlös auf etwa 3 % für angebracht.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Niedersachsens das Folgerecht für eine begrüßenswerte Fortentwicklung des Urheberrechts. 489 Damit folgte der Rechtsausschuß der Empfehlung des ebenfalls zu Rate gezogenen Ausschusses für Kulturfragen, der dem Streichungsvorschlag des Unterausschusses ausdrücklich zu widersprechen beabsichtigte.490 Es wäre zwar richtiger gewesen, so die Ausführungen von Ministerialdirigent Dr. Hornig, wenn bei der Berechnung des Folgerechts auf den erzielten Mehrerlös abgestellt worden wäre, dies sei jedoch wegen der sich ergebenden praktischen Schwierigkeiten nicht durchführbar. Die in § 26 RegE vorgeschlagene Lösung sollte daher akzeptiert werden. 491 Das unbefriedigende an dieser Lösung sei jedoch, daß die Beteiligung des Urhebers an dem Veräußerungserlös nur 1 % betrage. Diese geringfügige Beteiligung stellte nach Ansicht des Rechtsausschusses keine echte Hilfe für den Künstler dar. Daher sollte zunächst eine Beteiligung in Höhe von 3 % vorgesehen werden. 492 Außerdem wurde vorgeschlagen, die Verpflichtung zur Beteiligung am Veräußerungserlös erst dann entfallen zu lassen, wenn dieser weniger als 1000DM anstatt 500 D M betrage. Im Ergebnis beschloß der Rechtsausschuß somit, der Vollversammlung zu empfehlen, „im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob es zur Erreichung des mit § 26 angestrebten Zieles nicht angebracht ist, den Anteil des Urhebers am Veräußerungserlös sowie die vorgesehene Mindestsumme für den Veräußerungserlös zu erhöhen." 493 Dies entsprach auch der Forderung des Wirtschaftsausschusses, welcher entgegen dem Vorschlag Hamburgs, § 26 zu streichen, empfahl, sowohl den Anteil des Urhebers am Veräußerungserlös als auch die Bagatellgrenze zu erhöhen, weil die vom Gesetz beabsichtigte Hilfe für den bildenden Künstler bei der derzeitigen Fassung nicht ausreichend gewährleistet sei. 494 Im Rahmen der Abstimmung zu den von den Ausschüssen empfohlenen Änderungsvorschlägen folgte der Bundesrat in seiner 240. Sitzung am 02.02.1962 jedoch 489

Niederschrift 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 7. Es bestünden weder rechtliche noch rechtspolitische Bedenken, Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 17/62. 490 Niederschrift über 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 22.01.1962, S. 3, Archiv des Bundesrates Κ 0131 (51 ) - Nr. 2/62 Das Wesen des Folgerechts liege nicht allein in der Beteiligung am Mehrerlös, sondern in der Beteiligung an dem Erlös der künftigen Verwertung schlechthin. 491 Vgl. die Ausführungen von Ministerialdirigent Hornig (Niedersachsen) in Niederschrift 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 7 f., Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 17/62. 492 Vorschlag von Ministerialdirigent Hornig (Niedersachsen) in Niederschrift 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 8, Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 17/62. 493 Niederschrift 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 8, Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 17/62. Gegen die Erhöhung des Anteils am Veräußerungserlös sprachen sich die Vertreter Bayerns, Bremens und Hessens bei Stimmenthaltung des Vertreters von SchleswigHolstein aus. Gegen die Erhöhung der Mindestsumme des Veräußerungserlöses sprachen sich Bayern und das Saarland aus bei Stimmenthaltung Schleswig-Holsteins. 494 Niederschrift über 202. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 25.01.1962, S.5f., Archiv des Bundesrates, Wi 1063 - Nr. 7/62. 23 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

lediglich dem Antrag, die Bagatellgrenze auf 2000 D M hinaufzusetzen. 495 Die Anregung, auch den Urheberanteil selbst auf 3 % zu erhöhen, konnte im Bundesrat keine Mehrheit finden. In der abschließenden Stellungnahme sprach sich der Bundesrat daher für die Beibehaltung des Folgerechts in § 26 aus und befürwortete gleichzeitig eine Anhebung der Mindestgrenze auf 2000 DM, um Bagatellfälle auszuschließen. Diesem Vorschlag vermochte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme vom 16.03.1962 allerdings nicht zu folgen. Das Folgerecht sollte in der vom RegE vorgegebenen Fassung übernommen werden. Eine Erhöhung der Mindestgrenze für die vom Folgerecht erfaßten Verkaufsfälle von 500 D M auf 2000 D M würde den Anwendungsbereich der Vorschrift, insbesondere für das bedeutende Gebiet der graphischen Kunst, ungerechtfertigt einschränken, auf dem nur selten Preise über 2000 DM, vielfach jedoch Preise über 500 DM erzielt würden. 496 b) Behandlung im Bundestag Im Anschluß an diesen ersten Durchgang im Bundesrat und die dazu erfolgte Stellungnahme der Bundesregierung befaßte sich auch der Bundestag mit dem RegE zum Urheberrechtsgesetz. Der vom Rechtsausschuß des Bundestages eingesetzte Unterausschuß „Urheberrecht" befaßte sich erstmals in seiner 2. Sitzung am 05.02.1964 mit dem Folgerecht. 497 Der Vorsitzende Dr. Reischl (SPD) bezeichnete die Vorschrift als rechtspolitisch bedenklich, weil sie im Ergebnis wie eine Steuer wirke und dazu führe, daß auch ohne Erlös ein Urheberanteil gezahlt werden müsse. Eine Abgabe sei aber höchstens vom Mehrerlös gerechtfertigt. 498 Der Ausschuß kam überein, dieses Problem dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik vorzulegen und im übrigen Sachverständige aus den Kreisen der bildenden Künstler und der Kunsthändler zu hören. Der vom Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik eingesetzte Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" beriet sodann in seiner 3. Sitzung am 05.03.1964 über die Bestimmung des Folgerechts. 499 Der Künstler solle an den Wertsteigerungen beteiligt werden, die Schwierigkeit bestünde nur darin, aus Gründen der Praktikabilität eine Kompromißlösung zu finden. 500 Bei Veräußerungen durch Kunsthandlungen und auf Versteigerungen sei eine Lösung denkbar, aber ein Rechtsanspruch müsse auch bei privaten Veräußerungen bestehen. Anderenfalls bestünde die Gefahr des „Handels im Hinterzimmer". Schließlich verständigte man sich darauf, dem vom Rechtsausschuß eingesetzten Unterausschuß vorzuschlagen, die Höhe des Urheber495

Vgl. Abstimmung in BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11C. Auffassung der BReg zu der Stellungnahme des BR als BT-Drucks. IV/270 Anlage 3. 497 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2 S. 7. 498 Dr. Reischl in 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2 S. 7. 499 3. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3 S.4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 12. 500 y g l Ausführungen des Vorsitzenden Kahn-Ackermann (SPD) in 3. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3 S.4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 12. 496

Α. Inhalt des Urheberrechts

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anteils auf 3% des Veräußerungserlöses anzuheben und die Mindestgrenze von 500 DM auf 1000 DM festzusetzen. 501 Die vom Unterausschuß des Rechtsausschusses in Aussicht gestellte Sachverständigenanhörung fand dann in einer gemeinsamen Sitzung am 25.05.1964 mit dem Unterausschuß „Kulturfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik statt. 502 Anders als in den vorangegangenen Beratungen oder Schriftwechseln vertrat der Kunsthandel nunmehr eine strikt ablehnende Haltung. Dr. Hanstein vom Bundesverband des deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels stellte die Rechtfertigung eines Folgerechts überhaupt in Frage. Nicht nur im Kunstmarktwesen, sondern auch im Hinblick auf die Durchsetzung der deutschen Kunst im Ausland laufe man Gefahr, durch die dortigen erleichterten Gesetze erheblich ins Hintertreffen zu geraten. England habe jede Art der Besteuerung von Kunstwerken abgeschafft, sogar die Umsatzausgleichssteuer.503 In Deutschland würde bei der Einfuhr von Kunstwerken, die zum Verkauf nach Deutschland gegeben werden, die Umsatzausgleichssteuer erhoben, auch wenn es sich um deutsche Werke handele. Zudem sei zu bedenken, daß mit Einführung der Mehrwertsteuer eine gegenüber der industriellen und handwerklichen Massenproduktion ganz ungleichmäßige Belastung auf den Kunstmarkt und nicht zuletzt auf den Künstler selbst zukomme. Gegen die daraus resultierende Gesamtbelastung seien aus grundsätzlichen rechtspolitischen oder auch rechtsphilosophischen Erwägungen erhebliche Bedenken anzumelden. Man könne sich vorstellen, daß mit einer Auflage von 1 % dem Gedanken der Gerechtigkeit, der § 26 zugrunde liege, nicht genügend gedient sei. Wahrscheinlich wäre der Gesetzgeber gezwungen, die Folgerechtsabgabe auf 3 % zu erhöhen. Zusammen mit der Umsatzausgleichssteuer und der Mehrwertsteuer würde sich dann eine Gesamtbelastung von 17 % oder 18 % pro Kunstwerk ergeben. 504 Sehr erstaunt über diese grundsätzlichen Zweifel an der Berechtigung eines Folgerechts zeigte sich Edelthalhammer als Vertreter deutscher Landesberufsverbände bildender Künstler. Seinerzeit habe der Kunsthandel angeführt, durch die Beschränkung des Folgerechts auf Verkäufe in öffentlichen Versteigerungen würde das Gleichheitsprinzip verletzt werden. In den Verhandlungen sei dann Einigkeit dar501

Vgl. 3. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3 S. 4, ParlA Bonn, A1, lfd.

Nr. 12. 502 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 43 ff., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 503 Dr. Hanstein in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 45, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Gedacht sei insbesondere an die großen Auktionen des Hauses Sotheby und die Tätigkeit der Galerie Marlborough in London. In jedem englischen Katalog könne man nachlesen, daß für Kunstwerke, die nach England zum Verkauf gegeben würden, keinerlei Taxen an die englische Regierung zu zahlen seien. 504 So die Ausführungen Dr. Hansteins in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 45 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Bei der gegenwärtigen schwierigen Lage würde schon eine l%ige Abgabe zusammen mit Umsatzausgleichssteuer und Mehrwertsteuer unerwünschte Folgen haben. Vermutlich werde aber 1 % des jeweiligen Verkaufserlöses nicht ausreichen, um den notwendigen Verwaltungsapparat aufzubauen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

über erzielt worden, daß sämtliche Kunsthandelsgeschäfte einbezogen werden sollten. Die vorgetragene Argumentation, der Kunsthandel würde durch den Urheberanteil von 1 % zu sehr geschwächt, der deutsche Kunde würde nicht mehr kaufen und im Ausland wären die Werke nicht mehr abzusetzen, sei überraschend und zudem unverständlich. 505 Im einzelnen forderte Edethalhammer dann die Streichung oder zumindest eine Ermäßigung der in § 26 vorgesehenen Wertgrenze. Junge förderungswürdige Künstler und einige Sparten der bildenden Kunst würden bei einer Wertgrenze von 500 D M regelmäßig nicht in den Genuß des Folgerechts kom506

men. In der darauffolgenden erneuten Beratung im Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik erging sodann der abschließende Vorschlag, die Wertgrenze bei einem Folgerecht in Höhe von 3 % des Veräußerungserlöses auf 300 D M sogar noch herabzusetzen, um gerade auch die „kleinen" Künstler, wie die Graphiker, deren Schaffen einen Großteil des Kunsthandels ausmache, nicht allzu sehr zu benachteiligen.507 Diese Anregung wurde von dem Unterausschuß des Rechtsausschusses jedoch nicht übernommen. Satt dessen beschloß man hier einstimmig die Annahme des § 26 in der Fassung des Regierungsentwurfes, 508 woraufhin seitens des Unterausschusses im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik in der 12. Sitzung am 16.12.1964 abermals empfohlen wurde, sowohl die Abgabe als auch die Wertgrenze im Sinne der bisherigen Vorschläge des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik festzusetzen. 509 Da sich aber der ebenfalls zur Mitberatung herangezogene Wirtschaftsausschuß dahingehend äußerte, „daß gegen ein Folgerecht in Höhe von 1 % und einer Begrenzung auf 500 D M unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten keine Bedenken vorzubringen seien" 510 , beließ es der Unterausschuß des Rechtsausschusses bei dieser ursprünglich bereits im RegE vorgesehenen Ausgestaltung des Folgerechts. 511 Der Rechtsausschuß Schloß 505 Edelthalhammer in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 48, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Fraglich sei schon, wieso der Kunsthandel überhaupt geschädigt werden könne. Der Anteil von 1 % gehe doch zu Lasten des Verkäufers oder desjenigen, der seinen Besitz versteigern lasse. Also sei der Kunsthandel gar nicht betroffen. 506 Edelthalhammer in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 48 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Bei einem Festhalten an der vorgesehenen Wertgrenze würden besonders hart betroffen die Grafiker, die Miniaturmalerei, die Kleinplastik und auch das Kleinbild. 507 1 0. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 28.09.1964 Prot. Nr. 10 S. 4, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 19. 508 1 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S. 38, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 22. 509 Der Unterausschuß „ Urheberrecht" des Rechtsausschusses bat um eine erneute Stellungnahme zu seinen Beschlüssen, woraufhin der Unterausschuß für Kulturpolitik und Publizistik seine jeweiligen Änderungsvorschläge wiederholte, vgl. 12. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 16.12.1964 Prot. Nr. 12 S. 3, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 22. 510 108. Sitzung WA BT 4. Wp. am 03.12.1964 Kurzprotokoll Nr. 108 S.9, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 27. 511 14. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964 Prot. Nr. 14 S.5.

Α. Inhalt des Urheberrechts

sich der Vorgabe seines Unterausschusses an Bericht dementsprechend.513

512

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und verfaßte seinen schriftlichen

In der anschließenden zweiten und dritten Lesung des Gesetzentwurfes zum Urheberrecht im Bundestag betonte Berichterstatter Dr. Reischl (SPD) ausdrücklich, seine Fraktion hätte entsprechend des in dem unter seinem Vorsitz geführten Unterausschuß des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik ergangenen Vorschlags eine höhere Beteiligung als 1 % des Verkaufspreises für angebracht gehalten.514 Man habe lediglich deswegen von einem entsprechenden Antrag abgesehen, weil man der Auffassung gewesen sei, daß es wesentlicher ist, den Anspruch überhaupt im Gesetz zu verankern, als durch die Beantragung einer höheren Beteiligung eventuell das ganze Prinzip in Gefahr zu bringen. Es erscheine außerordentlich wichtig, den Grundsatz festzulegen, daß der bildende Künstler auch an den Veräußerungsgewinnen beteiligt werde, und zwar in der einzig praktikablen Form, daß er eine Beteiligung am Mehrerlös erhalte. 515 Sodann wurde dem Folgerecht innerhalb des Urheberrechtsgesetzentwurfes einstimmig zugestimmt.516

c) Erneute Beratung im Bundesrat und endgültige Fassung des Folgerechts Im Rahmen der erneuten Beratung des Entwurfes zum Urheberrechtsgesetz mit den vom Bundestag verabschiedeten Änderungen in den Ausschüssen des Bundesrates wurde festgestellt, daß die ursprüngliche Forderung des Bundesrates, die Wertgrenze des Folgerechts auf den Betrag von 2000 DM heraufzusetzen, nicht übernommen worden war. Der seinerzeit im Rechtsausschuß des Bundesrates gebildete Unterausschuß war zwar der Ansicht, daß die Beibehaltung der Grenze von 500 D M dazu führen könne, daß Aufwand und Ertrag im Bereich eines Veräußerungserlöses unter 2000 DM in keinem angemessenen Verhältnis stehen. Der Unterausschuß hielt diese Bedenken jedoch nicht für so schwerwiegend, daß sie die Anrufung des Vermittlungsausschusses rechtfertigen würden. 517 Damit wurde das Folgerecht in der 512

Nr. 45.

130. Sitzung RA BT4. Wp. am 05.05.1965 Sten. Prot. Nr. 130 S. 38, ParlA Bonn, A2, lfd.

513 Vgl. Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S.8, zu IV/3401, S.4. 514 Dr. Reischl (SPD) in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9428 D. 515 Dr. Reischl (SPD) in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9428 D. Man werde die Entwicklung sehr sorgfältig beobachten. Wenn sich herausstelle, daß alle Befürchtungen hinsichtlich der Tantiemen aus dem Folgerecht unbegründet seien, daß es mühelos angelaufen sei und sich ohne weiteres durchführen lasse, wie das Gesetz es vorsehe, werde man eines Tages eine Gesetzänderung beantragen, die einen höheren Prozentsatz vorsehe. 5,6 Vgl. Abstimmung im Rahmen der 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9432 D. 517 Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 26.05.1965, S.4, Archiv des Bundesrates R0055-Nr.R 65/65.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

ursprünglichen Fassung des RegE von 1961 in das Urheberrechtsgesetz vom 09.09.1965 aufgenommen. 518 5. Ausblick: Das Folgerecht in der Urheberrechtsnovelle

von 1972

In der Fassung von 1965 erlangte das Folgerecht kaum eine praktische Bedeutung. 519 Als Ursache hierfür wurde neben dem Widerstand der Kunsthändler und Versteigerer vor allem auch die Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung genannt. Zum einen sei der Urheberanteil in Höhe von 1 % zu niedrig angesetzt, zum anderen sei das Folgerecht bei Veräußerungen unter Beteiligung des nicht versteigernden Kunsthandels praktisch nicht durchsetzbar gewesen.520 Vor allem scheiterte die Realisierung des Folgerechts an der Auskunftsverweigerung der Kunsthändler und Versteigerer, die sich auf die international anerkannte Usance der Geheimhaltung des Verkaufspreises beriefen. 521 Von erheblicher Bedeutung für die praktische Durchsetzung des Anspruches aus dem Folgerecht war die Frage nach dem Veräußerer und damit nach dem Schuldner des Urheberanteils sowie die Frage, in welchem Umfang von Kunsthändlern und Versteigerern Auskunft über Veräußerung, Erwerb und Vermittlung von Originalen urheberrechtlich geschützter Werke verlangt werden konnte.522 Den Anstoß zu einer entsprechenden Umgestaltung des Folgerechts gab eine Entscheidung des BGH vom 07.06.1971.523 Gegenstand des Rechtsstreites waren drei Gemälde Max Pechsteins und ein Gemälde von Karl Hofer, die von den Beklagten, zwei Berliner Kunsthändlern und Versteigerern, zur Versteigerung angeboten und teilweise - unstreitig - auch veräußert worden waren. Entsprechend den Versteige518

Vgl. BGBl. 1965, S. 1273 (insbes.S. 1276). Vgl. Ulmer in GRUR 1974, S. 593 (593); Schricker/Katzenberger, § 26 Rz. 11; Katzenberger in GRUR 1971, S.495 (495). Die Fassung des 1965 eingeführten Folgerechts wurde auch von dem Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht als unzureichend empfunden, vgl. Bericht von Reimer über die Sitzung des Fachausschusses vom 02.12.1970 in GRUR 1971, S.75ff. 520 Katzenberger in GRUR 1971, S.495 (496). 521 Vgl. Samson in GRUR 1970, S.449 (453). 522 Katzenberger in GRUR 1971, S.495 (496). Hier müsse nunmehr der Gesetzgeber eingreifen und die Bestimmung des § 26 einer Überprüfung unterziehen. Die Bestimmung müsse so geändert werden, daß die volle Durchsetzung des Folgerechts bei allen Veräußerungsvorgängen, auf die es sich beziehe, gewährleistet werde. Nach einer ausführlichen Abhandlung schlug Katzenberger vor, den Urheberanteil von 1 % auf 5 % des Veräußerungserlöses anzuheben, den Mindestbetrag von 500 D M auf 100 D M herabzusetzen und schließlich einen allgemeinen Auskunftsanspruch einzuführen, wonach Kunsthändler und Versteigerer verpflichtet werden sollten, auf Verlangen zweimal jährlich einer Verwertungsgesellschaft Auskunft über Erwerb, Veräußerung oder Vermittlung von Originalen, für die sie das Folgerecht wahrnimmt, zu erteilen. 523 BGHZ 56, S. 256 ff. Zu dieser Entscheidung und ihrer Bedeutung vgl. Katzenberger in GRUR 1971, S. 495-502. 519

Α. Inhalt des Urheberrechts

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rungsbedingungen veräußerten die Beklagten die Bilder im Namen und für Rechnung ihrer Auftraggeber. Die Klägerinnen, Witwen und Alleinerbinnen der beiden Künstler, begehrten Auskunft darüber, welche Werke die Beklagten in der Zeit ab dem 01.01.1966, also in der Zeit ab Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes, verkauft oder versteigert hatten. Außerdem klagten sie auf Feststellung, daß die Beklagten verpflichtet seien, ihnen wahlweise 1 % des Veräußerungserlöses zu zahlen oder ihnen Namen und Anschrift der Veräußerer mitzuteilen. Im Ergebnis lehnte der BGH einen Zahlungsanspruch der Klägerinnen ab, da die Beklagten in fremdem Namen veräußert hatten und damit nicht Veräußerer im Sinne des § 26 gewesen seien. Allerdings erkannte der BGH einen Auskunftsanspruch der Klägerinnen an, welcher jedoch beschränkt auf bestimmte Veräußerungsgeschäfte sein sollte, die tatsächlich stattgefunden hatten oder für deren Abschluß zumindest konkrete Anhaltspunkte, wie Ankündigungen in Versteigerungskatalogen o. ä., vorlagen.524 Dieser Auskunftsanspruch sollte sich auch auf Namen und Anschrift des Veräußerers sowie auf die Höhe des Veräußerungserlöses erstrecken. Daneben wurde den Kunsthändlern die Möglichkeit offengelassen, sich durch Erfüllung des Zahlungsanspruches von ihrer AuskunftsVerpflichtung zu befreien. 525 Mit dieser Entscheidung war ein wesentlicher Schritt in Richtung praktischer Durchsetzung des Folgerechts getan.526 Bei bekanntgewordenen Veräußerungen konnten sich die Kunsthändler und Versteigerer nun nicht mehr darauf berufen, daß sie selbst nicht Veräußerer seien und auch den Namen ihrer Auftraggeber nicht bekanntzugeben bräuchten. In engem Zusammenhang mit diesem Urteil stand dann die Neuregelung des Folgerechts im Rahmen der Urheberrechtsnovelle vom 10.11.1972.527 Neben einer Erhöhung des Urheberanteils auf 5 % des Veräußerungserlöses und einer Senkung der Mindestgrenze des Veräußerungserlöses auf 100 D M war als wesentliche Neuerung vor allem ein allgemeiner Auskunftsanspruch vorgesehen, der es den Berechtigten ermöglichte, von den Veräußerungen überhaupt Kenntnis zu erlangen. 528 Jeder Kunsthändler war nunmehr nach § 26 Abs. 3 verpflichtet, auf Verlangen Auskunft darüber zu geben, welche Originale von Werken des Künstlers unter seiner Beteiligung veräußert worden waren. Auch den Namen und die Anschrift des Veräußerers sowie die Höhe des Veräußerungserlöses konnte der Urheber, soweit es zur Durchsetzung seines Anspruches erforderlich war, von dem Kunsthändler oder Versteige524

Für einen darüber hinausgehenden allgemeinen Auskunftsanspruch bezüglich aller nur möglichen Veräußerungen von Werken eines bestimmten Künstlers gegen jeden Kunsthändler und Versteigerer sah der BGH dagegen keine Rechtsgrundlage, vgl. BGHZ 56, S.256 (261 ff.). 525 BGHZ 56, S.256 (263). 526 Vgl. Katzenberger in UFITA Bd. 68 (1973), S. 71 (77). 527 Zu den Einzelheiten und den Anstößen zu den Reformarbeiten, in die das Folgerecht erst nachträglich einbezogen wurde, vgl. die Ausführungen bei Katzenberger in UFITA Bd. 68 (1973), S.71 (73 ff.). 528 Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 10.11.1972 in BGBl. 19721, S. 208 Iff.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

rer erfahren. Der Kunsthändler oder Versteigerer durfte die Auskunft jedoch verweigern, wenn er den Urheberanteil selbst entrichtete, § 26 Abs. 4. Dadurch sollte es dem Händler ermöglicht werden, in seinem Vertrag mit dem Veräußerer zu vereinbaren, daß eine Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich des Namens des Veräußerers nur bestand, wenn dieser den Händler ermächtigte, den Urheberanteil aus dem Veräußerungserlös zu zahlen.529 Gem. § 26 Abs. 5 konnte der Auskunftsanspruch nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Schließlich wurden diese Neuerungen noch ergänzt durch die Einführung eines Einsichtsrechts einer Verwertungsgesellschaft in die Geschäftsbücher und sonstigen Urkunden des Kunsthandels, vgl. § 26 Abs. 6. 5 3 0

IV. Vermietung von Vervielfaltigungsstücken als sonstiges Recht Ein weiterer Vergütungsanspruch war in dem inzwischen mehrmals geänderten § 27 des Urheberrechtsgesetzes von 1965 bei einer Vermietung von Werkstücken vorgesehen. Auch hierbei handelte es sich um einen besonderen vermögensrechtlichen Anspruch eigener Art. 5 3 1 § 27 bewilligte dem Urheber kein ausschließliches Verwertungsrecht, sondern einen obligatorischen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung, also einen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch.532 Das Vermieten war, ebenso wie das Verleihen, urheberrechtlich als eine Verbreitung im Sinne des § 17 zu qualifizieren und unterlag daher dem Verbreitungsrecht des Urhebers. Gleichwohl war durch das Bestehen dieses Rechts den Interessen des Urhebers noch nicht ausreichend Rechnung getragen. 533 Dies ergab sich daraus, daß sich das Verbreitungsrecht beim ersten Inverkehrbringen der Werkstücke mit Zustimmung des Berechtigten erschöpfen sollte, der Urheber dann also eine weitere Verbreitung des Werkes nicht mehr untersagen konnte (Erschöpfungsgrundsatz). Erstmals ausdrücklich festgehalten war dieser Grundsatz in einer Entscheidung des Reichsgerichtes aus dem Jahre 1906, wo ausgesprochen worden war, daß das ausschließliche Recht des Urhebers an solchen Werkexemplaren erloschen sei, die er selbst oder ein anderer Berechtigter in Verkehr gebracht habe und die damit Eigentum Dritter geworden seien.534 529

Vgl. Bericht des Rechtsausschusses in BT-Drucks. VI/3264 S. 3. Zu der neueren Diskussion über die Umsetzung der Folgerechtsrichtlinie (Richtlinie 2001/84/EG vom 27.09.2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerkes, Abi. EG L272/32/vom 13.10.2011) vgl. Lehmann in KUR 2001, S. 125 f., Gaster in FS für Dittrich, S. 91 ff., und auch Gamerith in FS für Dittrich, S. 71 ff. 531 Vgl. zur Rechtsnatur Möhring/Nicolini, §27 Rz.4. 532 Die Einbeziehung dieses Anspruches in den Unterabschnitt über die sonstigen Rechte war eine Folge der Rechtsnatur dieses rein obligatorischen Vergütungsanspruches aus einer bestimmten Werkverwertung, die als solche dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers nicht unterlag. § 27 enthielt zwar eine Erweiterung der vermögensrechtlichen Werknutzung, gewährte aber kein Ausschließlichkeitsrecht an dieser Werknutzung, vgl. von Gamm, § 27 Rz. 2 f. 533 Vgl. SchrickerlLoewenheim, §27 Rz. 1. 534 „Koenigs Kursbuch" in RGZ 63, S.394 (397ff.). 530

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Rechtstheoretisch begründet wurde dieses Erschöpfungsprinzip in jüngerer Zeit anhand von zwei Überlegungen. Einerseits sei dem verwertungsrechtlichen Interesse des Urhebers zumeist genüge getan, wenn er bei der ersten Verbreitungshandlung die Möglichkeit gehabt habe, seine Zustimmung hierzu von der Zahlung eines Entgeltes abhängig zu machen. Eine spätere Benutzung der Werkstücke solle grundsätzlich frei sein.535 Andererseits müsse das Allgemeininteresse an klaren und übersichtlichen Verhältnissen im Rechtsverkehr berücksichtigt werden. Der freie Warenverkehr wäre in unerträglicher Weise behindert, wenn der Rechtsinhaber, nachdem er das Werkstück verkauft oder seine Zustimmung zur Veräußerung gegeben hatte, noch in den weiteren Vertrieb des Werkstückes eingreifen könnte. 536 Die ursprüngliche Argumentation, daß das Eigentum der neuen Erwerber an den Werkstücken der Möglichkeit entgegenstehe, das Urheberrecht auch auf Verbreitungshandlungen zu erstrecken, die nach der rechtmäßigen Veräußerung erfolgten, wurde damit aufgegeben.537 Infolge dieses urheberrechtlichen Verbrauches durch die Erstverbreitung, der hier in seinen Einzelheiten und Voraussetzungen538 nicht näher erörtert werden soll, unterlag die Weiterverbreitung des Werkes also nicht mehr dem Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers. Demnach bedurfte es keines ausdrücklichen Ausschlusses der Vermietung von dem an sich dem Urheber zustehenden Verbreitungsrecht, sondern es war umgekehrt gerade eine ausdrückliche Vorschrift erforderlich, um das Vermieten von rechtmäßig hergestellten und verbreiteten Vervielfältigungsstücken zu erfassen. 1. Historische Entwicklung bis zur Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 Nach § 11 Abs. 1 LUG und § 15 Abs. 1 KUG stand dem Urheber das ausschließliche Recht zu, das Werk gewerbsmäßig zu verbreiten. 539 Verbreitung im Sinne des Urheberrechts war die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken. 540 Die Werkstücke wurden verbreitet, indem sie feilgehalten oder anderen als den an der Herstellung beteiligten Personen überlassen werden. 541 Die Verbreitungsbefugnis bezog sich da535

Vgl. Schricker/Loewenheim, § 17 Rz. 36 m. w. N. in der Rechtsprechung. Vgl. zur Vertiefung Reimer in GRUR Int. 1972, S. 221 (226). 537 Schricker/Loewenheim, § 17 Rz.36. Diese ursprüngliche Argumentation sei abzulehnen. 538 y g l z u r Vertiefung von Gamm, § 17 Rz. 8 ff.; Schricker/Loewenheim, § 17 Rz. 35 ff. 536

539 Das Gesetz erfaßte demnach nicht jede Verbreitung, sondern nur die gewerbsmäßige, worunter jede Handlung fallen sollte, die sich nicht als ein Verbreiten zum häuslichen, rein persönlichen und privaten Zweck bzw. Studienzweck darstellte, vgl. Runge, Urheberrecht S. 74; auch Marwitz/Möhring, LUG, § 11 Rz. 19 (S. 118). 540 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 143. Der Begriff der Verbreitung bezog sich demnach nicht auf das Werk, sondern auf die Stücke, in denen es körperlich festgelegt war. 541 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 143; vgl. zu dem Streit über die Auslegung des Verbreitungsbegriffs infolge Einführung des Rundfunks auch Marwitz/Möhring, § 11 Rz. 12 (S. 113 ff.).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

bei nicht nur auf unrechtmäßig, sondern auch auf rechtmäßig hergestellte Vervielfältigungsstücke. 542 Auch damals ging die vorherrschende Meinung bereits davon aus, daß diese Verbreitungsbefugnis des Urhebers sich in der ersten rechtmäßigen Verbreitung des einzelnen Werkstückes erschöpfe. 543 Da schon in der Überlassung zu vorübergehender Benutzung ein Verbreiten i m Sinne des Gesetzes zu erblicken w a r 5 4 4 , lag ein solches insbesondere auch in dem gewerbsmäßigen Verleihen von Werkstücken, wie sie durch die Mietbüchereien, Werkbüchereien und Lesezirkel vorgenommen wurde. 5 4 5 Allerdings erklärte das Gesetz in § 11 Abs. 1 L U G und § 15 Abs. 1 K U G das Verleihen von Werkstücken ausdrücklich für zulässig. Obwohl unter „Verleihen" nach der Terminologie des B G B (vgl. § 598) nur eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung verstanden wurde 542

Auch letztere konnten an einem Verbraucherkreis weitergegeben werden, dem der Werkgenuß an Hand der Vervielfältigungen nicht ohne weiteres gestattet sein soll, vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 124. 543 Runge, S. 75; Marwitz!Möhring, § 11 Rz. 16 (S. 117): „Hat eine Entäußerung des einzelnen Werkexemplars stattgefunden, ist ein Werkexemplar einmal mit Zustimmung des Urhebers dergestalt verbreitet, so ist damit hinsichtlich dieses Werkexemplars die Verbreitungsbefugnis des Urhebers endgültig erloschen. Das Werk ist dann einem unbegrenzten Kreise Dritter zugänglich gemacht und jeder Dritte, der es erwirbt, kann die Verbreitung fortsetzen. Diese Begrenzung der Verbreitungsbefugnis liegt in ihrem Wesen."; ebenso auch Marwitz, § 15 Ε. II. 6. (S. 115): „Hat der Berechtigte einmal seine Genehmigung zur Verbreitung erteilt, so sind die zur Verbreitung gelangten Exemplare der Verfügung des Berechtigten entzogen."; a. A. Allfeld, § 11 Rz. 4 (S. 142). Es müsse davon ausgegangen werden, daß Geistes werke dazu bestimmt seien, auf den Geist zu wirken. Den bestimmungsgemäßen Gebrauch mache daher erst derjenige, der die Schrift lese oder das Tonwerk spiele und nicht der Buch- oder Musikhändler, der die Exemplare verkauft. Erst wenn diese dahin gelangt seien, wo von ihnen ein solcher bestimmungsgemäßer Gebrauch gemacht werde, sei nach dem Sinne des Gesetzes die Verbreitung, die ausschließlich dem Urheber zustehe, abgeschlossen. Die gegenteilige Annahme führe zu unbilligen Ergebnissen, was sich besonders bei geteiltem Verlagsrecht zeige, so Allfeld, § 11 Rz. 4 (S. 143). Habe ein französischer Verleger das Verlagsrecht an einem Tonwerke ausschließlich für Frankreich erhalten, so verstehe es sich von selbst, daß die von ihm hergestellten Exemplare in Deutschland nicht verbreitet werden dürften. Würde nun das Verbreitungsrecht mit der ersten Übertragung des Eigentums an den Exemplaren erschöpft sein, so brauchte der französische Verleger diese nur an einen Händler zu verkaufen und dann könnten sie unbeanstandet in Deutschland weiterveräußert werden. Ebenso auch de Boor, Urheberrecht und Verlagsrecht, S. 127 f. Ulmer hielt schließlich die Lehre von der Erschöpfung des Verbreitungsrechts für grundsätzlich berechtigt, nahm aber eine Einschränkung vor. Die weitere Verbreitung sollte nur insoweit erlaubt sein, als sie durch das Verbreitungsrecht desjenigen gedeckt war, der die Werkstücke in Verkehr gebracht hatte, Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.145. 544 Vgl. Allfeld, § 11 Rz.4 (S. 141). Es genügte die Überlassung auch nur an eine einzige Person, sei es zum Eigentum, sei es nur zu dauernder oder vorübergehender Benutzung, sofern nach Lage der Sache anzunehmen war, daß das überlassene Exemplar auch noch in weitere Kreise eindringen werde, während im Falle der Überlassung an eine einzige Person im Vertrauen darauf, daß es von dieser nicht weitergegeben werde, eine Verbreitung noch nicht anzunehmen war. 545 Marwitz!Möhring, § 11 Rz. 20 (S. 118): „Verbreiten im Sinne des Gesetzes würde auch ein Verleihen sein."

Α. Inhalt des Urheberrechts

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und jedenfalls bei den nach 1900 erlassenen Gesetzen in der Regel davon ausgegangen werden durfte, daß sie dem Sprachgebrauch des BGB folgten, sollte der Begriff des Verleihens in den Urheberrechtsgesetzen von 1901 und 1907 alle Formen der Ausleihe, insbesondere auch das Vermieten erfassen. 546 Der Begriff des Verleihens war folglich nur nach dem volkstümlichen Sprachgebrauch, nicht nach dem Gebrauch der Gesetzessprache des BGB zu verstehen. Damit stand dem Urheber nach dem ursprünglich geltenden Recht eine Ausleihbefugnis nicht zu. Diese Sonderbestimmung war jedoch bei Zugrundelegung der herrschenden Ansicht, daß die einmalige Verbreitung des Werkexemplars die Verbreitungsbefugnis ohnehin erschöpfe, nur von geringer Bedeutung.547 Ihre Aufnahme in die Gesetze erklärte sich daraus, daß der Grundsatz der Erschöpfung erst nach ihrem Erlaß durch die Rechtsprechung klargestellt worden war. 548 Es erschien daher zweckmäßig, die Zulässigkeit des Verleihens durch das Gesetz außer Zweifel zu stellen. Maßgebend für diese gesetzliche Entscheidung war die Rücksicht auf die Bedeutung, welche die Tätigkeit der Leihbüchereien für das kulturelle Leben, insbesondere auch für diejenigen Bevölkerungskreise hatte, denen eine Anschaffung der Vervielfältigungsstücke nicht möglich war. 549 Im Gegensatz zu dem geltenden Recht enthielt der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 eine solche ausdrückliche Zulässigkeit des Verleihens nicht. Die Verfasser beschränkten sich statt dessen auf den Grundsatz, daß das Verbreitungsrecht mit dem Inverkehrbringen durch den Berechtigten erschöpft sei, vgl. § 15 Abs. 1 des Entwurfes von 1932. 550 Da also die das Verleihen einbegreifende Verbreitungsbefugnis des Urhebers endete, sobald die erste Übereignung eines Werkstükkes mit seiner Zustimmung erfolgt war, war damit gleichzeitig auch das Verleihen, 546 Hubmann in UFITA Bd. 24 (1957) S. 297 (297), vgl. auch Marwitz/Möhring, § 11, Rz. 20 (S. 118). Auch das Vermieten von Werkexemplaren, die Überlassung zum Gebrauch gegen Entgelt, das im gewöhnlichen Sprachgebrauch als Leihe (Leihbücherei) angesprochen wird, ist ein Verleihen im Sinne des §11. 547 Vgl. Marwitz/Möhring, § 11 Rz. 20 (S. 118 f.). 548 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 146. Auch hätte man darüber streiten können, ob nicht der Grundsatz der Erschöpfung angesichts der Tatsache, daß das gewerbsmäßige Verleihen von Büchern, Noten etc. zu einer Beeinträchtigung des Absatzes führen könnte, eine Einschränkung erfahren müsse. 549 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 146. 550 Dadurch sollte erreicht werden, daß bei Vervielfältigungen, die nicht von dem Berechtigten in Verkehr gebracht worden waren, jede gewerbsmäßige Weiterverbreitung das Verbreitungsrecht verletzt, gleichviel von wem und wie sie vorgenommen worden waren. Dagegen sollte derjenige, der an einer Vervielfältigung mit Zustimmung des zu ihrer Verbreitung Berechtigten das Eigentum erworben hatte, darüber kraft seines Eigentums frei verfügen können, ohne hierzu der Einwilligung des Trägers des Verbreitungsrechts zu bedürfen, vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 55. Nach Ansicht der Verfasser stellte das Verbreitungsrecht keine dem Urheber ausschließlich zustehende Gewerbeberechtigung zum Handel sowie zum Vermieten der Vervielfältigungen dar, sondern eine urheberrechtliche Befugnis, die erlosch, sobald der Urheber das Eigentum an einer Vervielfältigung auf einen anderen übertragen hatte. Dies sollte in § 15 des Entwurfes ausdrücklich festgelegt werden.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

welches in der Regel im Anschluß an das erstmalige Inverkehrbringen erfolgte, freigegeben.551 Das Anliegen der Urheber, ihnen das ausschließliche Recht, Vervielfältigungen zu vermieten, über die in § 15 gezogenen Grenzen hinaus vorzubehalten, berücksichtigte der Entwurf somit nicht. Die Begründung führte dazu aus, daß eine solche Ausdehnung der urheberrechtlichen Befugnisse in „eingelebte Verhältnisse", wie die der Leihbüchereien, eingreifen und dem allgemeinen Interesse an der Hebung der Volksbildung zuwiderlaufen würde. 552 War also die erste Übereignung des Werkes mit Zustimmung des Berechtigten erfolgt, so stand das Verleihen jedermann frei. Auch wenn das Verleihen an sich zur Verbreitungsbefugnis des Urhebers gehörte, so erschöpfte sich diese doch nach der Vorschrift des § 15 mit der dort bezeichneten Übereignung kraft Gesetzes. Die Befugnis zum Verleihen konnte sich der Berechtigte also auch nicht durch einen Aufdruck auf den Werkstücken oder durch sonstige Maßnahmen vorbehalten. 553 Eine entsprechende Bestimmung über die Erschöpfung des Verbreitungsrechtes fand sich auch in § 13 des Entwurfes von 1934 554 sowie in § 13 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939. Auch hier war also das Verleihen von Werkstücken infolge der Aufhebung des Verbreitungsrechts kraft Gesetzes im Anschluß an das erstmalige Inverkehrbringen eines Vervielfältigungsstückes mit Zustimmung des Berechtigten freigestellt, ohne daß es dazu einer ausdrücklichen Regelung bedurft hätte. Ebenso fehlte andererseits eine besondere Vorschrift, welche dem Urheber die Ausleihbefugnis explizit vorbehalten hätte. 2. Wiederaufnahme

der Reformarbeiten

durch das BMJ

Die von dem in der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschuß ausgearbeiteten Entwürfe aus dem Jahr 1951 sahen einen ausdrücklichen Vergütungsanspruch des Urhebers bei Vermietung seiner Werke ebensowenig vor wie der Referentenentwurf des BMJ von 1954. Der Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses bestimmte in § 13, daß sich das Verbreitungsrecht nur auf Vervielfältigungen bezog und legte entsprechend dem bereits in dem Entwurf von 1932 normierten Erschöpfungsgrundsatz ausdrücklich fest, daß die Weiterverbreitung erlaubt war, wenn die Vervielfältigungen mit Zustimmung des Berechtigten durch Übereignung in den Verkehr gebracht worden waren. 555 Auch § 13 des Rengsdorfer Entwurfes traf eine solche Bestimmung.556 551 552 553 554

Vgl. Runge, S.72 f. Begründung S. 55 f. Vgl. Begründung S.56. § 13 des Entwurfes von 1934, bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX,

S.536. 555

§ 13 des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.015. Vgl. § 13 des Rengsdorfer Entwurfes in Β141/2552 B1.089. Allerdings war das Verbreitungsrecht hier noch eingehender als das Recht definiert, Vervielfältigungen des Werkes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 556

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Ebenso brachte der Referentenentwurf von 1954 eine Begriffsbestimmung des Verbreitungsrechts als das Recht, Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in den Verkehr zu bringen, vgl. § 13 Abs. I . 5 5 7 Das Verbreitungsrecht sollte dem Urheber ermöglichen, die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, die nicht mit seiner Zustimmung in Verkehr gesetzt worden waren, zu verbieten, gleichviel, von wem und wie sie vorgenommen wurde. 558 Entsprechend den Entwürfen des Kleinen Ausschusses war nach § 13 Abs. 2 eine Weiterverbreitung erlaubt, wenn Vervielfältigungsstücke mit Zustimmung des Berechtigten im Geltungsbereich des Gesetzes in Verkehr gebracht worden waren. Dies wurde damit begründet, daß dem Urheber keine ausschließliche Berechtigung zum Vertrieb der Vervielfältigungsstücke zustehe, sondern eine urheberrechtliche Befugnis, die erlösche, sobald er die Vervielfältigungsstücke in den Verkehr gebracht habe.559 Damit hatte der Erwerber eines mit Zustimmung des Berechtigten in Verkehr gebrachten Werkes das Recht, es weiter zu veräußern und auch das Recht, es zu vermieten oder zu verleihen. 560 Obwohl vielfach gefordert worden war, dem Urheber in Abänderung des geltenden Rechts das ausschließliche Recht zum Vermieten von Vervielfältigungsstücken zu gewähren, wollte der RefE es bei dem geltenden Rechtszustand belassen. Eine solche Ausdehnung der urheberrechtlichen Befugnisse sei nicht gerechtfertigt. Wenn jemand ein Vervielfältigungsstück, das er mit Zustimmung des Berechtigten erworben hatte, weiter veräußern dürfe, selbst wenn dies gewerbsmäßig geschehe, müsse er es auch vermieten dürfen, sei diese Vermietung gewerbsmäßig vorgenommen oder nicht. 561 Außerdem würde eine derartige Ausweitung der urheberrechtlichen Befugnisse auf das Vermieten von Vervielfältigungsstücken in „eingelebte Verhältnisse", beispielsweise der Mietbüchereien, eingreifen und dem allgemeinen Interesse an der Hebung der Volksbildung zuwiderlaufen. Die Kunden der Mietbüchereien, die sich vorwiegend aus den weniger begüterten Schichten der Bevölkerung zusammensetzten, wären genötigt, das Mieten von Büchern einzuschränken, da die Gewährung einer solchen Befugnis, so die Argumentation der Begründung, notwendig zu einer Erhöhung der Preise für die Vermietung von Büchern führen 557

Im Gegensatz zum geltenden Recht beschränkte der RefE das Verbreitungsrecht des Urhebers nicht auf die gewerbsmäßige Verbreitung. Die Begründung führte dazu aus, daß dem Urheber das ausschließliche Verwertungsrecht unabhängig davon zustehen sollte, ob die Verwertung rechtmäßig erfolgte oder nicht, vgl. Begründung S.96. 558 Vgl. Begründung S. 96 f. Dies galt namentlich auch für die von Unbefugten im Geltungsbereich dieses Gesetzes verbreiteten Vervielfältigungsstücke, deren Vervielfältigung und Verbreitung der Urheber nur für einen ausländischen Staat, in dem das Werk keinen Urheberrechtsschutz genoß, rechtmäßig hergestellt worden waren. 559 BegründungS.97. 560 Die Begründung verwies auch auf das geltende Recht, welches diesen Grundsatz in § 11 Abs. 1 LUG und § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG ausdrücklich genannt hatte. Dabei berief sich die Begründung auf die herrschende Meinung, daß mit dem dort genannten „Verleihen" auch das Vermieten gemeint war, vgl. Begründung S.97. Begründung S . 7 .

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 562

würde. Letztlich sei nicht anzunehmen, daß die Tätigkeit den Absatz von urheberrechtlich geschützten Werken nennenswert beeinträchtige, da die Kunden in der Regel ohnehin nicht in der Lage wären, die Werke käuflich zu erwerben. 563 Gegen die Entrichtung einer Leihgebühr an den Urheber wandte sich auch die Mehrheit des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigungfür Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Auf der Sitzung des Ausschusses am 28.09.1954 sprachen sich vor allem die Verleger für die Beibehaltung der im Referentenentwurf vorgesehenen Regelung, also gegen die Einführung einer Leihgebühr zugunsten des Urhebers, aus. 564 Der Buchhandel sah das Verleihen als eines der besten Propagandamittel. Das Verleihen fördere den Verkauf und damit auch das Autorenhonorar. Bei einer Belastung des Leihverkehrs würde das Gegenteil von dem eintreten, was von den Autoren gewollt sei, nämlich eine Verringerung des Leihverkehrs. 565 Dr. Haertel befürchtete, daß bei einer Tantiemepflicht für das Verleihen der Verleiher die Leihgebühr erhöhen werde, so daß notwendigerweise weniger ausgeliehen würde, da im allgemeinen für diese Dinge nur eine bestimmte Summe zur Verfügung stehe.566 Folglich werde dann auch weniger gelesen, so daß die Verbreitung der Werke möglicherweise tatsächlich reduziert würde. Auch der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände war der Auffassung, daß die Entscheidung des RefE, dem Erwerber eines mit Zustimmung des Berechtigten in den Verkehr gebrachten Buches das Recht zuzugestehen, es ohne Zustimmung des Berechtigten zu vermieten, richtig gewesen sei. 567 Der Autor sei an dem Verbreitungsakt durch seinen Anteil am Verkaufserlös beteiligt und entschädigt. Eine Beteiligung an dem weiteren Verbreitungsakt scheine weder vom Standpunkt des Autors noch des Verlegers gerechtfertigt. Das gewerbsmäßige Verleihen der Bücher diene auch der Werbung. Ein gutes Buch, das viel verliehen wird, werde einmal mehr gekauft. 568 562

Die Urheber könnten ja für jede Vermietung eine Vergütung verlangen, vgl. Begründung

S.97. 563

Begründung S. 98. Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28.-30.09.1954 in Β 141/2566 B1.068f. 565 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28.-30.09.1954 in Β 141/2566 B1.069. Außerdem machten die Verleger darauf aufmerksam, daß ein Abgabeverfahren erhebliche Summen verschlingen würde. Bei einer solchen Abgabe für das Verleihen müßten dann ja eigentlich auch die Verleger beteiligt werden. 566 Ygi (ji e Ausführungen Dr. Haertels in dem Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28.-30.09.1954 in Β 141/2566 B1.069. 564

567 Stellungnahme des Börsenvereins Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.045. 568 Stellungnahme des Börsenvereins Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.045. Außerdem werde ein Buch durch das viele Verleihen im

vom vom

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Anders forderte dagegen der 1. Zivilsenat des BGH in seiner Stellungnahme vom 27.10.1954 eine Änderung des Rechtszustandes.569 Die Entwicklung auf dem Buchmarkt, wie auch im Schallplattengeschäft zeige, daß der das Urheberrecht beherrschende Grundsatz, wonach der Urheber tunlichst an den wirtschaftlichen Früchten aus der gewerblichen Nutzung zu beteiligen sei, weitgehend ausgehöhlt und entwertet werde, wenn ihm eine Beteiligung an den gewerblichen Mieteinkünften, die aus seinem Werk gezogen werden, versagt bleibe. Während der Leser beim Kauf eines Buches die Autorentantieme, die im Kaufjpreis einkalkuliert sei, bezahle, nutze er das Werk beim Bezug durch die Mietbüchereien, ohne eine Vergütung an die Autoren abzuführen. 570 Die in der Begründung zum RefE geäußerten Bedenken, die Einführung einer Vermietgebühr könne zu einer Erhöhung der Mietpreise führen und damit dem Allgemeininteresse an einer Hebung der Volksbildung zuwiderlaufen, erschienen nach Ansicht des BGH nicht durchschlagend. Die Autorenzuschläge zu den bisherigen Mietpreisen könnten sich in durchaus tragbaren Grenzen halten. Jedenfalls sei nicht einzusehen, warum das Allgemeininteresse an einer Hebung der Volksbildung ausgerechnet auf Kosten der Urheber befriedigt werden solle, deren geistiges Schaffen allein dieses Bildungsmaterial zu verdanken sei. 571 Auch der Schriftsteller Hermann Kasack forderte in seiner Stellungnahme eine Entschädigung des Urhebers bei der Vermietung von Büchern. 572 Es erscheine geboten, daß der Autor einen Pauschalbetrag für die zur Miete bestimmten Bücher erhalte. Zur praktischen Durchführung schlug Kasack vor, daß jedes in einer Leihbibliothek aufgestellte Werk eine Wertmarke, deren Höhe im Verhältnis zum Ladenpreis später zu fixieren sei, tragen müsse. Damit sei die Gebühr für die Vermietung abgeglichen, gleichgültig, ob das Buch einmal oder mehrfach vermietet werde. 573 Laufe der Zeit abgenützt, so daß es in der Leihbücherei durch Nachkauf ersetzt werden müsse. An dem Gewinn sei dann auch der Autor beteiligt. Etwas anderes könne dagegen für Werke der Tonkunst gelten, von denen nur sehr wenige Vervielfältigungsstücke hergestellt würden, die der Verlag nicht verkaufe, sondern nur vermiete. Diese Form der Verbreitung von musikalischen Werken sei mit Rücksicht auf die mechanische Vervielfältigung und mit Rücksicht auf die Rundfunksendung meist die einzige Verbreitungsform, die finanziell noch tragbar sei. Daher sei dem Verlangen der Musikverleger zuzustimmen, daß insofern die gewerbsmäßige Vermietung als ein ausschließliches Recht der Komponisten und Verleger anerkannt werde. 569 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 B1.032f. Nach Ansicht des Senates wurde von den Urhebern mit Recht eine Änderung des nach wie vor geltenden Rechtszustandes angestrebt. 570 Stellungnahme des 1 .Zivilsenates des BGH in Β141/2569 B1.033. Bei besonders gefragten Werken, die durch ungezählte Wiederholungen der Vermietung an breite Leserschichten herangeführt werden, komme der wirtschaftliche Erfolg dieser Werknutzung bei der gegenwärtigen Rechtslage weitgehend den Mietbüchereien, nicht aber den Urhebern zugute. 571 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 Bl. 033. 572 Stellungnahme von Hermann Kasack vom 19.11.1954 in Β141/2570 Bl. 064. Die Anzahl der privaten Leihbiblotheken würden ständig zunehmen. Im allgemeinen werde ein Buch ungefähr 20 mal verliehen, bevor es ersatzbedürftig werde. 573 So der Vorschlag Kasacks in seiner Stellungnahme vom 19.11.1954 in Β 141/2570 B1.065.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Diese Wertmarken sollten über den Börsenverein durch den jeweiligen Verleger abgegeben werden. Staatliche, Stadt- und Volksbibliotheken könnten von der Abgabe befreit bleiben, falls dies im allgemeinen Interesse an der Hebung der Volksbildung liege. Der Deutsche Schriftsteller-Verband wollte den Begriff des Verbreitens in § 12 näher definiert wissen, das Vermieten ausdrücklich davon ausnehmen und in einem besonderen Absatz dieser Bestimmung regeln. 574 Es sei dem Urheber nicht zuzumuten, daß er tatenlos zusehen solle, wie sein Werk verliehen, genauer gesagt vermietet werde, ohne daß ihm dafür das geringste Entgelt zufließe. 575 Ebenso hielt es der Bundesminister des Innern für gerechtfertigt, den Urheber an der Einnahme bei der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken zu beteiligen.576 Auf diesem Wege würden nicht unerhebliche Gewinne aus dem Werk des Urhebers gezogen, an denen er bislang unbeteiligt geblieben sei. Schließlich wurde auch in einigen Veröffentlichungen zu dem RefE die Einführung der Leihbuchtantieme gefordert. Leinveber wollte nicht nur für das Gebiet der bildenden Künste, sondern auch im Leihbuchwesen in „folgerichtiger Entwicklung des Urheberpersönlichkeitsrechts" zu einer Statuierung eines Urheberanteils kommen. 577 Auch Suder kritisierte die Begründung zum RefE. Die Verfasser des Entwurfes seien von der irrigen Auffassung ausgegangen, ein Buch als lediglich materielles Gut anzusehen und es dementsprechend gesetzlich zu behandeln.578 Dabei habe man in Bonn übersehen, daß ein Buch nicht die materielle Verwirklichung einer Idee sei, sondern nur die Vervielfältigung eines persönlichen schöpferischen Werkes, das bei seiner Niederschrift bereits eine vollkommene Gestalt habe. Selbst wenn bei Einführung der Leihbuchtantieme die Mietgebühren sich tatsächlich um 5 Pfennig erhöhen würden, so könne noch nicht von einer untragbaren Belastung der Bevölkerung gesprochen werden. 579 Geradezu fatal sei die Begründung, wenn sie sich vor einem „Eingriff in eingelebte Verhältnisse" fürchte. 580 Um die verschiedenen Möglichkeiten der Einführung einer solchen nun doch überwiegend für notwendig und gerechtfertigt gehaltenen Leihgebühr zugunsten 574

Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes vom 20.12.1954 in Β 141/2572 Bl. 040. Dem Leser würden geringe Pfennigbeträge nicht schwerfallen, während andererseits aus diesen Erträgen ein Fonds geschaffen werden könne, der bedürftigen Schriftstellern zugute komme. 575 Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes vom 20.12.1954 in Β 141/2572 Bl. 040. 576 Stellungnahme des Bundesministers des Innern in Β141/2580 Bl. 059. Vor allem komme eine Beteiligung des Urhebers bei gewerbsmäßigen Vermietungen von Büchern sowie von Ton- und Bildträgern in Betracht. 577 Vgl. den Beitrag Leinvebers zu Leihbüchereien und Urheberrecht in Musik und Dichtung Nr.5 1955, S.21. 57 8 Suder in Musik und Dichtung Nr. 5 1955, S. 21. Diese Auffassung setze ein Buch praktisch mit einem Auto gleich, das ohne weiteres gekauft werden könne, um dann vermietet zu werden. 579 Vgl. Suder in Musik und Dichtung Nr. 5 1955, S. 21. 580 Suder in Musik und Dichtung Nr. 5 1955, S. 21. Suder warf hier die Frage auf, ob eingelebte Verhältnisse immer so ideal wären.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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der Urheber mit den betroffenen Interessenkreisen zu diskutieren, fand auf Anregung des BMJ am 14.01.1955 eine Sitzung mit den Interessenvertretern über die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken statt.581 Dr. Fromm, als Vertreter der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände, berief sich auf den mittlerweile unstreitig anerkannten und auch bereits in höchstrichterlicher Rechtsprechung bestätigten Grundsatz, wonach der Urheber überall zu beteiligen sei, wenn aus seinem Werk ein gewerblicher Nutzen gezogen werde. 582 Dagegen machte Dr. Lambert Schneider vom Börsenverein Deutscher Buchhändler- und Verlegerverbände geltend, die Leihbüchereien dürften nicht belastet werden, da ihre Erhaltung für Urheber und Verleger notwendig sei. 583 Dem Schloß sich auch Buchhändler Voßkamp von den Vereinigten Leihbuchhändlerverbänden an. Für die Urheber sei es gleichermaßen wichtig, daß die Leihbüchereien lebensfähig erhalten würden, weil durch ihre Tätigkeit ein Urheber oft erst bekannt werde. Die Werbewirkung der Leihbücherei dürfe daher nicht unterschätzt werden. 584 Märker, als Vertreter des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, hielt diese Argumentation für irrig. Das Publikum habe sich geändert. Die Menschen hingen nicht mehr am Besitz, sondern zögen es vielmehr vor, sich ihren Bedarf billig zu verschaffen und schnell wieder abzugeben.585 Diesem Bedürfnis kämen die Mietbüchereien entgegen. Eine Erhöhung der Mietgebühr sei daher unbedenklich. Zur Durchführung sollte in jedes Buch bei der Einstellung eine Marke geklebt werden, durch die der Anspruch des Urhebers für alle Vermietungen dieses Buchexemplars abgegolten sei. 586 Im Ergebnis waren sich die Beteiligten darüber einig, daß die öf581 Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 103 ff. An dieser Sitzung nahmen neben MinDir Dr. Joel als Vorsitzendem, MinRat Dr. Haertel, Amtsgerichtsrätin Jannsen und RegDir Schneider aus dem BMJ sowie MinRat Dr. Gussone aus dem BinM, vor allem Vertreter der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände, des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller, des Börsenvereins Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände oder der Vereinigten Leihbuchhändlerverbände teil. 582 Vgl. Ausführungen Dr. Fromm in Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreifend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β141/2589 Bl. 105. Daher müßten natürlich auch die Verwertungen durch Vermietung erfaßt werden. Im übrigen seien die Leihbüchereien auch nicht die Leidtragenden, bei einer Gebühr von 50 Pfennig pro Verleihung sei ein Zuschlag von 5 Pfennig für die Entleiher tragbar. 583 Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 105. 584 Außerdem gäbe es auch Werke, die ausschließlich für Leihbüchereien gedruckt würden. Die Urheber dieser Werke seien dagegen, eine Urhebergebühr für die Vermietung von Büchern einzuführen, vgl. Voßkamp in Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 106. 585 Ausführungen Märkers in Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 107. 586 Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 107. Seitens der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände hielt man eine Pauschale für zweckmäßig. Märker befürchtete, dieser Vorschlag könne zu einer Flucht der Mietbüchereien aus ihren Verbänden führen.

24 Maracke

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

fentlichen Bibliotheken oder Büchereien und Antiquariate nicht betroffen werden sollten. Dieses Zugeständnis müsse im Interesse der öffentlichen Bildung gemacht werden. 587 Anders sei es aber mit den Betriebsbüchereien (Werksbüchereien), die ihren Betriebsangehörigen Bücher ausleihen. Allerdings wurde später auch seitens der Urheber zugegeben, daß man die Betriebsbüchereien wohl nicht mit erfassen könne, wenn man die öffentlichen Volksbüchereien ausließe.588 Schließlich stellte sich heraus, daß weitere Verhandlungen zwischen Schriftstellern, Verlegern und Mietbuchhändlern zweckmäßig wären, um die Frage der praktischen Durchsetzung zu klären. Die Möglichkeiten einer für alle Beteiligten zufriedenstellenden Umsetzung des Anspruches wurden auch im Rahmen einer Besprechung mit prominenten Urhebern am 24.10.1955 erörtert. 589 Es stellte sich heraus, daß eine der Hauptschwierigkeiten darin liege, daß es im Falle einer Gewährung eines einzelnen urheberrechtlichen Vergütungsanspruchs für die jeweilig ausgeliehenen Bücher bei dem gegenwärtigen Bestand der Leihbüchereien auf eine finanzielle Förderung von Schriftstellern hinauslaufen würde, die vom kulturellen Standpunkt aus zweifellos nicht förderungswürdig seien. Die Urheber meinten aber, die Einnahmen aus den Mietbüchereien sollten in erster Linie für Urheber ernster Literatur verwendet werden. Daß eine derartige Verteilung aber bei einem individuell zu behandelnden Anspruch kaum möglich sein würde, wurde auch bei der Diskussion auf der Sitzung der Sachverständigenkommission am 25.10.1955 deutlich. 590 Grundsätzlich werde eine Beteiligung der Urheber bei der Vermietung ihrer Werke zwar begrüßt, die Schwierigkeit bestehe aber nach wie vor darin, einen einfachen und billigen Weg zu finden, die Gebühr einzuziehen und gerecht zu verteilen. 591 587 So die Ansicht des Schriftstellers Hermann Kasack in Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstükken in Β141/2589 Bl. 108 f. An sich müßten grundsätzlich auch die Verleihungen durch die öffentlichen Bibliotheken erfaßt werden. Die Urheber seien aber bereit, hierfür eine Ausnahme zu machen, damit diese Büchereien den Ankauf von Büchern nicht einzuschränken brauchten. 588 Kasack in Niederschrift über Sitzung am 14.01.1955 um 9.30 Uhr betreffend die Frage der gewerbsmäßigen Vermietung von Werkstücken in Β 141/2589 Bl. 109. 589 Niederschrift über Besprechung mit prominenten Urhebern am 24.10.1955 in Β141/2585 Bl. 168 ff. Teilgenommen haben an dieser Sitzung neben den Vertretern aus BMJ und BlnM Prof. Werner Egk, Hermann Kasack und Prof. Max Unold. 590 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 142. Dr. Haertel erklärte, man müsse sich entscheiden, ob man den Anspruch dem einzelnen Urheber geben wolle, dem dann auch der Ertrag zustehe, oder ob man die Gebühr wie eine Kulturabgabe gestalten wolle. Entscheide man sich für einen individuellen Anspruch, so erhielten diejenigen Urheber am meisten, deren Werke am wenigsten eine Förderung verdienten. Erfahrungsgemäß würden auch in anspruchsvollen Mietbüchereien verhältnismäßig wenig hochwertige Bücher ausgeliehen. 591 Vgl. die Ausführungen von Senatspräsident Kühnemann in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β141/2587 Bl. 141. Beispielsweise schlug Kühnemann vor, der Berechtigte, also der Urheber oder Verleger könne, wenn er einen Anspruch geltend machen wolle, eine besonders gekennzeichnete Ausgabe zu einem höheren, gesetzlich zu begrenzenden Preis herausbringen. In diesem Fall dürften andere Ausgaben nicht

Α. Inhalt des Urheberrechts

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Dr. Runge schlug vor, das Aufkommen einem Fonds zuzuführen und nach ähnlichen Gesichtspunkten zu verteilen, wie sie für den Ertrag aus der Kulturabgabe vorgesehen werden sollten. 592 Eine Kollektivierung des Anspruches hielten allerdings die übrigen Ausschußmitglieder überwiegend für bedenklich, da es Schwierigkeiten bei der Aufschlüsselung geben könnte, wenn eine Verwertungsgesellschaft den Anspruch wahrnehme. Dagegen sei ein individuelles „Verbietungsrecht", das praktisch von den Verlegern ausgeübt werde, unbedenklich.593 Der daraufhin im BMJ ausgearbeitete Formulierungsvorschlag zur Einführung eines solchen Anspruches sah zwar kein Verbotsrecht, aber einen individuellen Vergütungsanspruch zugunsten des Urhebers vor. Innerhalb der Regelung über die Erschöpfung des Verbreitungsrechts in § 12 Abs. 2 sollte ein zweiter Satz eingefügt werden, welcher vorschrieb, daß „dem Urheber für die gewerbsmäßige Vermietung der Vervielfältigungsstücke eine angemessene Vergütung zu gewähren ist." 5 9 4 Gegen diesen Formulierungsvorschlag, der die Vergütungspflicht an den einzelnen Ausleihvorgang knüpfen wollte, erhob Dr. Kleine mit Schreiben vom 14.09.1956 erhebliche Bedenken.595 Der Vergütungsanspruch könne nur von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werden. Das bedeute ohnehin schon, daß der Berechtigte die Abgabe nicht nach dem tatsächlich erfolgten Ausleihen, sondern nach Maßgabe eines für das Kollektiv der Berechtigten aufgestellten Verteilungsplanes erhalten könne. 596 Statt dessen schlug Kleine vor, die Abgabepflicht an den Einstellgewerblich vermietet werden. Der Mehrerlös könne dann demjenigen Urheber, dessen Werk vermietet werde, ohne Schwierigkeit vom Verleger ausgezahlt werden. Dieser Vorschlag sollte nach Ansicht de Boors gründlich durchdacht werden. Man könne vielleicht von einer besonderen Buchausgabe absehen und statt dessen das für die Mietbücherei bestimmte Exemplar einfach abstempeln. 592 Dr. Runge in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 142. Ein Kollektivanspruch war nach Ansicht Runges die einzige gesetzespolitisch vernünftige Lösung. 593 Vgl. Vorschlag Ulmers in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β141/2587 Bl. 145. Die Verleger hätten schließlich selbst ein Interesse daran, auch an die Mietbüchereien zu verkaufen. Das Verbotsrecht werde dann praktisch auf das Aushandeln einer Vergütung hinauslaufen. Im Ergebnis stimmte die Mehrheit der Kommission für ein Verbotsrecht (Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 147. Für ein Verbotsrecht sprachen sich 11 Sachverständige aus, während zwei es ablehnten. Von diesen beiden war einer für die Einführung eines Vergütungsanspruches.). 594 Formulierungsvorschläge zur Änderung des Referentenentwurfes eines Urheberrechtsgesetzes in Β141/2560 B1.026. 595 Schreiben Dr. Kleines vom 14.09.1956 mit einer Stellungnahme zu den seitens des BMJ ausgearbeiteten Änderungsvorschlägen in Β 141/2597 B1.077. 596 Vgl. Schreiben Dr. Kleines vom 14.09.1956 mit einer Stellungnahme zu den seitens des BMJ ausgearbeiteten Änderungsvorschlägen in Β141/2597 B1.078. Zur Aufstellung des Verteilungsplanes würden die einzelnen Ausleihen für jedes einzelne Schriftwerk auch nicht annähernd durch Schätzung erfaßt werden können. Da man sich aber auch bei der kollektiven Wahrnehmung eines Urheberrechts in erster Linie danach zu richten habe, was einer gerechten Zuteilung, vom Standpunkt des einzelnen aus gesehen, am nächsten kommt, sei das Prinzip der Abgabepflicht des einzelnen Vermietungsfalles nicht vertretbar. 24*

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Vorgang zu knüpfen. Werde ein Buch von einer Mietbücherei oder eine Zeitschrift von einem Lesezirkel zum Zwecke der Vermietung in Gebrauch genommen, so entstehe der Vergütungsanspruch des Berechtigten. 597 Der am 26.05.1959 veröffentlichte Ministerialentwurf brachte dann in dem fünften Abschnitt über die Schranken der Verwertungsrechte in § 54 Satz 2 einen solchen Vergütungsanspruch für die gewerbsmäßige Vermietung von Vervielfältigungsstücken.598 Wie bereits in der Begründung zur Einführung des Folgerechts in den MinE ausgeführt, galt auch die Vermietgebühr als stark umstritten, so daß die vorgeschlagene Regelung zunächst lediglich als Diskussionsgrundlage dienen sollte. 599 Von dem Ergebnis der Diskussion wollte das BMJ es abhängig machen, ob und in welcher Form das neue Recht in den RegE aufzunehmen sei. 600 Ausschlaggebend für die Aufnahme des Vergütungsanspruches sei der schon vom Reichsgericht ausgesprochene und auch vom Bundesgericht in mehreren Entscheidungen bestätigte Grundsatz gewesen, daß der Urheber tunlichst angemessen an den wirtschaftlichen Früchten zu beteiligen sei, die aus seinem Werk gezogen werden. 601 Dieser Grundsatz müsse nunmehr auch auf den Tatbestand der gewerbsmäßigen Vermietung angewandt werden. Zudem schienen die bisher gegen den Vergütungsanspruch des Urhebers geäußerten Bedenken nicht mehr ausreichend begründet. 602 Selbst wenn bei Einführung der Urheberbeteiligung mit einem Ansteigen der Ausleihgebühren zu rechnen sei, dürfte sich diese Verteuerung jedoch in erträglichen Grenzen halten, zumal zu den Kunden der Mietbüchereien heute weitgehend Bevölkerungskreise zählen würden, denen die Entrichtung einer höheren Gebühr durchaus zugemutet werden könne. Durch die vorgesehene Beschränkung des Vergütungsanspruches auf die gewerbsmäßige Vermietung blieben die öffentlichen Bibliotheken von der Regelung ausgenommen.603 Im übrigen erfaßte die neue Bestimmung jedoch alle Arten der Vermie597

Schreiben Dr. Kleines vom 14.09.1956 mit einer Stellungnahme zu den seitens des BMJ ausgearbeiteten Änderungsvorschlägen in Β 141/2597 B1.078. Um die Abgabepflicht durchführen zu können, werde es zudem wohl notwendig sein, die abgabepflichtigen Mietbüchereien und die verwandten Unternehmungen zu definieren und ihren Betrieb, wenn nicht konzessionspflichtig, so doch besonders erfaßbar zu machen. 598 § 54 MinE, welcher die Weiterverbreitung regeln sollte, entsprach dem § 12 Abs. 2 RefE, war aber aus systematischen Gründen in den fünften Abschnitt über die Schranken des Verwertungsrechts übernommen worden, vgl. Bemerkungen S.58. 599 Vgl. Überblick über den MinE zur Urheberrechtsreform in Β141/2620 Bl. 052. 600 Ygi auch Bemerkungen zum MinE S. 23. 601 Bemerkungen S.59. Verwiesen wurde auf die Entscheidungen BGHZ 11, S. 135 (143); 13, S. 115 (118); 17, S.266 (282). 602 In der Begründung zum RefE war noch darauf abgestellt worden, daß mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse an einer Hebung der Volksbildung den ärmeren Bevölkerungsschichten die Benutzung der Leihbüchereien nicht durch eine Verteuerung der Ausleihgebühr erschwert werden sollte. 603 Mit Rücksicht auf die volksbildenden Aufgaben dieser Institute hätten die Urheber insoweit auch keine Ansprüche geltend gemacht, vgl. Bemerkungen S.59.

Α. Inhalt des Urheberrechts

373

tung, also nicht nur die Vermietung von Büchern und Zeitschriften durch Mietbüchereien und Lesezirkel, sondern auch die gewerbsmäßige Vermietung von Schallplatten und Noten. Schließlich sah der Entwurf davon ab, zur praktischen Umsetzung die Einnahmen aus dem Vermietrecht einem Fonds für Altersversorgung und Nachwuchsförderung zuzuführen, da eine derartige Kollektivierung des Vergütungsanspruchs dem System des Entwurfes widersprechen würde. 604 Die Einführung des Vergütungsanspruchs für die gewerbsmäßige Vermietung wurde überwiegend positiv aufgenommen. 605 Nach Auffassung des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller sollte allerdings ergänzt werden, daß für jede einzelne Vermietung eine Vergütung zu entrichten sei. 606 Sonst sei mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die Autoren mit den Mietbuchhändlern prozessieren werden und die Gerichte festsetzen müßten, was „angemessen" sei. Im einzelnen wurde vorgeschlagen, daß eine Organisation an die Mietbuchhandlungen Wertmarken verkaufen sollte. Die Inhaber der Mietbüchereien seien dann verpflichtet, bei jeder Vermietung in das Buch eine Wertmarke zu kleben und sie durch den Datumsstempel zu entwerten. Daß der Vergütungsanspruch auf die gewerbsmäßige Vermietung beschränkt werde, also die öffentlichen Bibliotheken von der Regelung ausgenommen blieben, entspräche den Vorschlägen der Autoren, die sich der volksbildenden Aufgaben dieser Institute durchaus bewußt seien und darauf Rücksicht genommen hätten.607 Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung befürwortete die Vermietgebühr, regte aber an, daß 10 % der Einnahmen dem im Zusammenhang mit der Urhebernachfolgebühr zu bildenden Urheberfonds (§ 74 MinE) zugeführt und für Zwekke der Altersversorgung benutzt werden. 608 Eine Abzweigung von 10% für Zwecke der Altersversorgung sei deshalb berechtigt, weil sogenannte Leihbüchereien in aller Regel Bücher von literarisch minderer Qualität vermieten, von der Vermietge604

BemerkungenS. 59. Vgl. statt aller den Vermerk des BMJ zu einem kurzen Überblick über die Urheberrechtsreform anläßlich des Besuchs der österreichischen Delegation vom 18.05.1960 in Β141/2629 B1.004: „... weniger umkämpft (erg. als das Folgerecht) ist die sogenannte Vermietgebühr, die im allgemeinen Zustimmung findet." Ebenso die Denkschrift zur Urheberrechtsreform von Dr. Schulze vom 30.03.1960 (Stellungnahme der GEMA) in Β141/2626 Bl. 078: „Daß der Entwurf in § 54 für die gewerbsmäßige Vermietung von Vervielfältigungsstücken dem Urheber eine angemessene Vergütung gewähren will, hat in den Urheberkreisen allgemeine Billigung gefunden." 606 Vgl. Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller und der Verwertungsgesellschaft für literarische Urheberrechte vom 16.01.1960 (Nr. 1/60) S. 3 in Β 141/2624 B1.053. 607 So die Ausführungen Märkers in Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller und der Verwertungsgesellschaft für literarische Urheberrechte vom 16.01.1960 (Nr. 1/60) S. 3 in Β 141/2624 Bl. 053. 608 Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Β141/2624 Bl. 119. Das gegen diesen Vorschlag in der Begründung zum MinE hervorgebrachte Bedenken, daß dies eine Kollektivierung des Vergütungsanspruches sei und dem System des Entwurfes widerspreche, habe nicht überzeugt. 605

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

bühr also vor allem bestimmte Gruppen von Literaten profitieren, während die übrigen, deren Bücher mehr durch öffentliche Bibliotheken vermietet werden, leer ausgehen würden, weil hier keine Vermietgebühr erhoben werden sollte. 609 Gegen die systematische Stellung des § 54 Satz 2 äußerte von Erffa Bedenken. Man werde eine Bestimmung, wonach das gewerbsmäßige Vermieten eine Befugnis des Urhebers sei, nicht unter den Bestimmungen „Schranken der Verwertungsrechte" suchen. 610 Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels warf die Frage auf, ob es richtig sei, das „Vermietungsrecht" methodisch nur als Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz anzusehen und beides in einer Bestimmung zu regeln. 611 Außerdem sei zu beachten, daß viele Bücher, die in Leihbuchhandlungen eingestellt werden, von dem Autor ausschließlich für diesen Zweck geschrieben und von dem Verleger ausschließlich für diesen Zweck hergestellt worden seien. Durch das Honorar und den Kaufpreis für das Leihstück sei die Leistung bereits ausgeglichen. Der Grundsatz der Beteiligung an den Erlösen aus dem Werk komme hier also gar nicht zum Zuge. 612 Wenn man darüber aus praktischen Erwägungen hinwegsehe und den Vergütungsanspruch grundsätzlich gewähren wolle, so werde man ihn jedenfalls als ein selbständiges Recht im Rahmen des Katalogs in den §§ 12 ff. festlegen müssen.613 Gegen die Einführung der Vermietgebühr sprach sich der Deutsche Leihbuchhändler-Verband aus. Die Bestimmung setze voraus, daß das Gewerbe aus der Verwertung der Werkstücke einen höheren Nutzen ziehe, als er bei dem Verkauf entste609 Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung in Β141/2624 Bl. 119. Wenn die Urheber von literarisch wertvollen Werken mit Rücksicht auf die Volksbildung und die ärmeren Bevölkerungsschichten praktisch überhaupt keine Vermietgebühr erhalten sollen, dann sei nicht einzusehen, warum die Autoren von Werken, die durch gewerbsmäßige Leihbüchereien verwertet werden, nicht wenigstens auf 10% der Vermietgebühren zugunsten der Altersversorgung aller Urheber verzichten können. Dies wäre keine Kollektivierung des Vergütungsanspruches im negativen Sinne, sondern eine Regelung, welche die Gemeinschaftsverpflichtung eines Berufsstandes angemessen berücksichtige. 6,0 Stellungnahme von Erffas vom 07.03.1960 in Β141/2625 B1.021. Auch nach Auffassung des Deutschen Bühnenvereins schien die Bestimmung des § 54 nicht sehr glücklich, weil in Satz 1 und 2 praktisch sehr verschiedene Tatsachenkomplexe geregelt würden. Satz 1 ziehe die Konsequenzen aus der Lehre von der Erschöpfung des Verbreitungsrechts, während Satz 2 von der Leihbüchereitantieme handele, die auch für die gewerbsmäßige Vermietung von Schallplatten, Tonbändern, Filmen und anderen Wiedergabevorrichtungen gezahlt werden müsse. Der zweite Satz sollte möglichst einem eigenen Paragraphen vorbehalten werden, vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 013. 611 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zu dem MinE vom 25.05.1960 in Β141/2629 Bl. 107. Grundsätzlich war aber der Börsenverein der Meinung, daß der schon vom BGH ausgesprochene Grundsatz, den Urheber an den materiellen Ergebnissen der Verwertung seines Werkes zu beteiligen, den Gesetzgeber nötige, die Verwertung des Werkes durch Vermietung in die Nutzungsberechtigung des Urhebers einzubeziehen. 612 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zu dem MinE vom 25.05.1960 in Β 141/2629 Bl. 107. 613 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zu dem MinE vom 25.05.1960 in Β 141/2629 Bl. 107.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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614

he. Schon der allgemeine Lebenszuschnitt des Leihbuchhändlers, der nichts von Wohlhabenheit verrate, solle genügen, die bescheidene Wirtschaftskraft des einzelnen Gewerbetreibenden zu erkennen. Diese Wirtschaftskraft werde auch nicht dadurch größer, daß einzelne Werke der Literatur hohe Verleihziffern erreichen, denen aber doch die Vielzahl jener Werke gegenüberstehe, die nicht so oft vermietet werden, daß aus der Summe der Vermietgebühren die Summe des Ladenpreises entstehe. 615 Für den Leihbuchhandel bestehe zudem noch das Problem des Risikogeschäfts ohne Pause, weil er den Ladenpreis in Form der Mietgebühren nur ratenweise erhalte und deshalb fortwährend als Kreditgeber erscheinen und ständig mit Verlusten oder Beschädigung von Büchern rechnen müsse.616 Aus diesem Grunde seien einzelne und herausragend hohe Verleihziffern kein Maßstab für den Ertrag im Leihbuchhandel.617 Weiterhin glaubten die Leihbuchhändler, die Urheber hätten die Tatsache unberücksichtigt gelassen, daß auch der Leihbuchhandel Wegbereiter für den Absatz schöngeistiger Bücher sei. Nur die Mietbücherei biete den Urhebern die Möglichkeit, ihre Schöpfungen lange im Gespräch zu halten, weil sie dort über Monate und Jahre vorrätig gehalten würden. 618 Es sollte also bei dem Versuch, den Urheberanspruch gesetzlich zu sichern, nicht unterlassen werden, sorgfältig abzuwägen, wer für wessen Existenz notwendig sei. 619 Schließlich hielt der Leihbuchhändler-Verband die Aussage der Urheber für unzutreffend, wonach der Leihbuchhandel den Verkauf der Bücher beeinträchtige und damit das Einkommen der Urheber schmälere. Soweit irgendein Autor befürchte, durch die Vermietung gegenüber dem Verkauf seiner Werke benachteiligt zu werden, habe er doch im Verlagsvertrag die Möglichkeit, die Vermietung des Stückes zu verhindern. 620 Dieselben Argumente wurden von Seiten des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes und des Verbandes Deutscher Lesezirkel sowie des Vereins Deutscher Bibliothekare auch auf der Sitzung mit den betroffenen Interessenverbänden am 614 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β 141/2630 B1.073. 615 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β 141/2630 B1.073. 6,6 Die dabei entstehenden Material- und Lohnkosten würden die allgemeinen Unkosten des Gewerbes erhöhen, also seinen Gewinn verringern, vgl. Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β141/2630 B1.073. 617 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β141/2630 Bl. 073. Jeder Leihbuchhändler könne unterschiedliche Verleihziffern nachweisen. 618 Bei allen werbetechnischen Maßnahmen würden sehr viele Bücher schon nach wenigen Monaten ihren Kaufreiz verlieren und seien vergessen. Selbst Bestseller würden heute nicht älter als ein Jahr, vgl. die Ausführungen des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes in Β 141/2630 B1.078. 619 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β 141/2630 B1.078. 620 Stellungnahme des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes vom 15.06.1960 in Β 141/2630 B1.079.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

09.09.1960 zu der Frage der Vermietgebühr vorgetragen. 621 Bei der Vermietung von Zeitschriften durch Lesezirkel werde kein zusätzlicher wirtschaftlicher Nutzen erzielt, an dem der Urheber beteiligt werden könne. Der Gewinn des Vermieters sei nicht höher als der des Einzelhändlers, der die Zeitschrift verkaufe. 622 Wenn der Einzelhandel nichts von seiner Gewinnspanne an den Urheber abzuführen brauche, sei auch eine Belastung des Vermieters nicht gerechtfertigt. Voßkamp (Deutscher Leihbuchhändler-Verband) bestritt eine Schädigung der Urheber. Der Verkauf von Büchern werde durch den Leihbuchhandel nicht beeinträchtigt, dieser sei vielmehr weitgehend Wegbereiter für den Verkauf. Außerdem vertrage der Leihbuchhandel keine weitere Belastung. Infolge der Ausbreitung des Fernsehens und der Konkurrenz durch öffentliche Bibliotheken und Werksbüchereien gehe der Umsatz ständig zurück. Viele Leihbuchhandlungen hätten bereits ihren Betrieb wegen Unrentabilität einstellen müssen.623 Die Urheber sollten bedenken, daß eine weitere Schwächung des Leihbuchhandels letztlich auch für sie selbst nachteilig wäre. Oft finde ein Buch nur deshalb einen Verleger, weil diesem durch die Aufnahme des Buches im Leihbuchhandel ein Mindestumsatz garantiert sei. 624 Dagegen hielt Dr. Haertel die Vermietgebühr für durchaus gerechtfertigt. Der Einwand, der Urheber werde durch das Vermieten nicht geschädigt, liege neben der Sache.625 Entscheidend sei, daß das Werk durch das Vermieten anders als durch den Verkauf einem neuen unbestimmten Personenkreis zugänglich gemacht und damit in neuer Form genutzt werde. Die Befürchtung, der Leihbuchhandel werde durch die Einführung des Vergütungsanspruchs ruiniert, erscheine übertrieben. Der Urheber habe lediglich einen Anspruch auf „angemessene" Vergütung. Bei der Bemessung der Vergütung werde daher auf die wirtschaftliche Lage des Leihbuchhandels Rücksicht zu nehmen sein. 626 Zu der Frage der praktischen Umsetzung des Anspruchs, insbesondere zur Einziehung und Verteilung der Vermietgebühr, wies Dr. Joel darauf hin, daß eine gesetzliche Regelung dieser Fragen nicht beabsichtigt 621 Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 108 ff. Der Anwesenheitsliste zufolge nahmen neben den Vertretern aus BMJ, BlnM, BWiM und BArbM vor allem Vertreter des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, des Deutschen Journalistenverbandes, des Vereins Deutscher Bibliothekare und des Deutschen Leihbuchhändler-Verbandes an der Sitzung teil. 622 Der volle Durchlauf einer Zeitschrift bei einer Durchschnittsvermietung von etwa acht mal erbringe an Mietgebühren etwa das 1,2 fache des normalen Verkaufspreises, so die Rechnung des Verbandes der Deutschen Lesezirkel in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 110. 623 So die Ausführungen Voßkamps vom Deutschen Leihbuchhändler-Verband in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 111. 624 Vgl. die Ausführungen seitens des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 111. 625 Dr : Haertel in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 111. 626 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 Bl. 111.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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sei. Es könne und müsse den Beteiligten überlassen bleiben, hier die praktisch brauchbarsten Lösungen zu finden. 627 Im Anschluß an diese Besprechung arbeitete das BMJ einen erneuten Änderungsvorschlag zur der Vermietgebühr aus. Der Anspruch sollte nunmehr in einem selbständigen Paragraphen, unabhängig von der Lehre der Erschöpfung des Verbreitungsrechts, geregelt werden. 628 Der neue § 22 c entsprach somit dem bisherigen § 54 Satz 2 und war sachlich nur insoweit geändert als es statt „gewerbsmäßig" jetzt „zu Erwerbszwecken" hieß. Der Begriff sollte einheitlich in allen einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes verwendet werden. 629 In einem zweiten Absatz waren dann die sogenannten Leihbücher, die mit Zustimmung des Urhebers zum Zwecke der Vermietung hergestellt worden waren, sowie Vervielfältigungsstücke von Werken der Baukunst und der angewandten Kunst ausdrücklich von der Regelung freigestellt. 630 Sowohl auf der folgenden Sitzung mit prominenten Urhebern als auch bei der Erörterung der Neufassung im Rahmen der Sitzung der Sachverständigenkommission fand die Vermietgebühr überwiegend Zustimmung.631 Die Urheber hielten es für angebracht, daß im Gesetz keine bestimmte Höhe der Gebühr vorgesehen sei, diese vielmehr, ebenso wie das Abrechnungsverfahren zwischen den beteiligten Organisationen, ausgehandelt werden müsse. Richtig sei es auch, daß die öffentlichen Bibliotheken von der Vermietgebühr ausgenommen werden sollten, anderenfalls sei mit einem zu großen Widerstand gegen die neue Regelung zu rechnen. 632 In dem RegE vom 15.12.1961 war die Vermietung von Vervielfältigungsstücken dann entsprechend dem Änderungsvorschlag zu dem MinE in § 27 geregelt. Ähnlich der Erläuterung zum MinE betonte auch der RegE, daß die bisher gegen den Vergütungsanspruch vorgebrachten Bedenken nicht mehr ausreichend begründet erschienen. 633 Die Vorschrift bezog sich auf alle Arten von Vervielfältigungsstücken, vergütungspflichtig waren also nicht nur die Vermietung von Büchern und Zeitschriften, sondern auch die Vermietung von Schallplatten und Noten. Aus der Beschränkung der Vergütungspflicht auf das Vermieten zu Erwerbszwecken des Vermieters 627

Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 09.09.1960 zur Frage der Vermietgebühr in Β 141/2638 BL 111. 628 Änderungsvorschläge zum Ministerialentwurf in Β141/2643 Bl. 100. 629 Vgl. Erläuterung zu der Änderung des MinE in Β 141/2643 Bl. 100. 630 Änderungsvorschläge zum Ministerialentwurf in Β141/2643 Bl. 100. 631 Vgl. Niederschrift über Sitzung mit prominenten Urhebern am 30.01.1960 in Β141/2646 Bl. 069 ff. und Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01-03.02.1960 in Β 141/2647 B1.098ff. 632 So die Ausführungen Dr. Kasacks auf der Sitzung mit prominenten Urhebern am 30.01.1960, an der neben den Vertretern aus BMJ und BlnM sowie Dr. Kasack, Dr. Edschmid, Prof. Egk und Prof. Unold teilnahmen. 633 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 54. Ein möglicher Anstieg der Ausleihgebühren könne in Kauf genommen werden. Auch sei zu berücksichtigen, daß die volksbildenden Aufgaben des Buch- und Zeitschriftenverleihs heute in erster Linie durch die erheblich ausgebauten öffentlichen Bibliotheken (Volksbüchereien) wahrgenommen würden.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

folgte, daß die öffentlichen Bibliotheken von der Vergütungspflicht nicht betroffen waren. Im Hinblick auf den nichtgewerblichen Charakter und die besonderen volksbildenden Aufgaben dieser Institute sei ihre Einbeziehung in die Regelung des Entwurfes auch von den Autoren selbst nicht gefordert worden. 634 In einem zweiten Absatz wurde klargestellt, daß für die Vermietung von solchen Vervielfältigungsstükken, die mit Zustimmung des Urhebers zum Zwecke der Vermietung hergestellt worden waren, keine Vergütung zu zahlen war. Hierbei habe man insbesondere an Bücher gedacht, die vom Urheber nur für Leihbüchereien geschrieben und im Buchhandel sonst nicht erhältlich waren, ferner an Filmkopien, die regelmäßig ebenfalls nicht zum Verkauf, sondern nur zum Verleih an die Lichtspielhäuser hergestellt worden waren. In diesen Fällen habe der Urheber bereits bei der Einräumung des Nutzungsrechts zur Vervielfältigung und Verbreitung eine Vergütung vereinbaren können, die das Vermieten als den bestimmungsgemäßen Gebrauch der Vervielfältigungsstücke berücksichtige. 635 3. Vom Regierungsentwurf

zum Urheberrechtsgesetz

von 1965

In den weitergehenden Beratungen des RegE in Bundesrat und Bundestag spielte die Vermietgebühr lediglich eine untergeordnete Rolle. Sowohl der vom Rechtsausschuß des BR eingesetzte Unterausschuß als auch der Ausschuß für Kulturfragen und der Wirtschaftsausschuß sowie schließlich auch der Rechtsausschuß des BR sahen in der vom RegE vorgeschlagenen Regelung keinen Grund zur Beanstandung. 636 Erst der vom Rechtsausschuß des BT eingesetzte Unterausschuß „Urheberrecht" äußerte sich zu der Vermietgebühr. 637 Es wurde klargestellt, daß es sich bei der in § 27 Abs. 2 erwähnten Ausnahme für Vervielfältigungsstücke, die nur zum Zwecke der Vermietung hergestellt worden waren, um ausgesprochene Schundliteratur handele, welche überhaupt nicht im Buchhandel erscheine. Der Ausschuß einigte sich nach einer längeren Aussprache darauf, in Abs. 2 die Formulierung, die sich auf diese Literatur bezog, herauszulassen, um zu vermeiden, daß durch eine ausdrückliche Erwähnung das betreffende Gewerbe legalisiert werde. 638 Weiterhin wurde die Frage der Einbeziehung der öffentlichen Büchereien aufgeworfen. Man war sich darüber einig, daß die öffentlichen Büchereien nicht deshalb ausgenommen 634

Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.54. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.54. 636 v g l Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962, S.7ff., Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. R 11/62; Niederschrift über 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 22.01.1962, S.2ff., Archiv des Bundesrates Κ0131 (51)-Nr.2/62; Niederschrift über 202. Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 25.01.1962, S.5 ff., Archiv des Bundesrates, Wi 1063 - Nr. 7/62 sowie auch die Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, S. 3 ff., Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 17/62. Dementsprechend erwähnte auch die daraus hervorgegangene Stellungnahme des BR und die anschließende Stellungnahme der BReg die Vermietgebühr mit keinem Wort. 635

637 638

Vgl. 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2 S. 8. 2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2 S. 8.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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werden könnten, weil sie zu der öffentlichen Hand gehörten. Es müsse hier eine Regelung gefunden werden, die eine Pauschalabgeltung in einem besonderen Fonds vorsehe. Fraglich sei aber, ob eine solche Regelung im Gesetz festgelegt werden könne und ob sie nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße. 639 Auch der vom Ausschuß für Kulturfragen und Publizistik einberufene Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" befaßte sich mit einer möglichen Neuformulierung der Bestimmung, um die öffentlichen Bibliotheken stärker zu berücksichtigen. 640 Überall honoriere die öffentliche Hand, aber dem Urheber mute sie eine Ausnahmestellung zu. Diese Frage müsse grundsätzlich geregelt werden. 641 Bei der geplanten Sachverständigenanhörung sollten deshalb auch Vertreter von öffentlichen Bibliotheken gehört werden. So betonte dann Kirchner, als Vertreter des Vereins Deutscher Bibliothekare, bei der Anhörung von Sachverständigen in der gemeinsamen Sitzung des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses und des Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik, daß die öffentlichen Bibliotheken nicht mit den Mietbüchereien gleichgesetzt werden könnten.642 Sie würden ganz andere Aufgaben wahrnehmen als die Mietbüchereien. Vor allem wollten sie keine Einnahmen erzielen, sondern seien lediglich Zusatzunternehmen der Unterhaltsträger und dienten ganz anderen Zwecken als die Mietbüchereien. Es sei auch keineswegs so, daß die Existenz der öffentlichen Bibliotheken die Urheberrechte der Autoren schmälere. Die Bibliotheken würden eine ganze Reihe von Büchern kaufen, die gar keinen Erlös einbrächten. 643 Wenn die Begründung zum RegE auf die Notlage der Autoren hinweise, so sei zu beachten, daß die öffentlichen Bibliotheken es nicht mit Urhebern zu tun hätten, die sich in einer Notlage befänden. Die Wissenschaftler würden ihre Schriftstellerei meistens nebenbei betreiben und seien gar nicht darauf angewiesen, noch irgendwelche Erträgnisse zu erzielen. Im großen und ganzen gehe es ihnen lediglich darum, in Fachkreisen bekannt zu werden. Das wiederum führe dann auf einem anderen Wege zu einer Erhöhung ihrer Einkünfte. 644 Gegen eine derartige Unterschei639

2. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 Prot. Nr. 2 S. 8. Diese Fragen wollte man im Rahmen einer Sachverständigenanhörung erörtern. 640 3. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr. 3 S. 5, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 12. Der Vorsitzende des UA Kahn-Ackermann (SPD) bat um eine Formulierungshilfe seitens des BMJ, um die öffentlichen Büchereien stärker zu berücksichtigen. 641 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Kahn-Ackermann (SPD) in 3. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 05.03.1964 Prot. Nr.3 S.5, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 12. 642 Kirchner in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 55 ff., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 643 Das treffe insbesondere für die wissenschaftliche Literatur zu. Viele wissenschaftliche Bücher seien so teuer, daß der Benutzer sie nie erwerben würde. Wenn diese Bücher nicht in den Bibliotheken stünden, würden sie einfach unbeachtet bleiben, so die Ausführungen Kirchners in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 56, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 644 Kirchner in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 56, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

dung zwischen den Mietbüchereien auf der einen und den öffentlichen Bibliotheken auf der anderen Seite wandte sich Dr. Fromm von der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände. Auch die Mietbüchereien würden große Werke der Weltliteratur vermieten, die öffentliche Anerkennung gefunden hätten, wie beispielsweise „Dr. Schiwago".645 Man dürfe das nicht qualitativ bewerten. Die öffentlichen Bibliotheken würden auch leichtes und leicht lesbares Lesegut vermieten. Deshalb erscheine es nicht angebracht, die öffentlichen Bibliotheken durch die gesetzliche Formulierung auszuschließen.646 Jedenfalls sei eine Befreiung der öffentlichen Bibliotheken von der Vergütungspflicht ungerechtfertigt. Ähnlich äußerte sich auch Spangenberg vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Nach Art des ausgeliehenen Materials bestehe jedenfalls kein Anlaß, für die öffentlichen Büchereien oder gar die Volksbüchereien eine andere Regelung zu treffen als für die Mietbüchereien. Auch aus rechtssystematischen Gründen sollte die öffentliche Hand nicht ausgenommen werden. 647 Es gebe also kein Argument, mit dem irgendwelche Ausnahmen für irgendwelche Bibliotheken gerechtfertigt werden könnten.648 Nach erneuter Aussprache über die Frage der Vermietgebühr und wie sie umzusetzen sei 649 , kam der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik zu dem Entschluß, eine erweiterte Fassung des § 27 Abs. 1 zu empfehlen, wonach das Verleihen dem Vermieten ausdrücklich gleichgesetzt und daher der Wortlaut des § 27 entsprechend werden sollte. 650 Die Mehrheit des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses sprach sich dagegen für § 27 in der Fassung des RegE aus mit der Maßgabe, daß die in Abs. 2 vorgese645 Vgl. die Wortmeldung von Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 58, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 646 Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 58, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Nicht nur Bücher und Zeitschriften fielen unter die Bestimmung, sondern auch Schallplatten und Noten. Hier sei eine Differenzierung einfach nicht möglich und auch nicht gerecht. 647 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 59, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 648 Möglich sei doch auch, daß ein Rechtsanwalt sehr viel mehr Vorteile aus einem juristischen Buch ziehe, das er aus einer öffentlichen oder wissenschaftlichen Bibliothek entleihe, als der Leser aus einem Roman von der Mietbücherei, vgl. Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 60, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 649 Vgl. 10. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 28.09.1964, Prot.Nr. 10, S.4ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 19. Während der Vorsitzende Kahn-Ackermann (SPD) es für erforderlich hielt, den Kreis der Ausnahmen möglichst gering zu halten und daher eine angemessene Abgabe für alle Bibliotheken befürwortete, wies der Abgeordnete Knorr daraufhin, daß in vielen Teilen der Bundesrepublik von den Bibliotheken bereits eine absolute Gebührenfreiheit für das Ausleihen eingeführt sei. In diesen Fällen halte er eine Abgabe nicht für gerechtfertigt, wohl aber sei eine Abgabe von den Werksbüchereien zu fordern. Die öffentlichen Bibliotheken wollte Knorr in keinem Fall in die Abgabepflicht einbeziehen. Er befürchtete vor allem eine negative Reaktion in der Öffentlichkeit, wenn die Ausleihe von Büchern durch die Abgabe verteuert werden würde. 650 Vgl. die neue Fassung des § 27 Abs. 1 in dem Schreiben an den Vorsitzenden des Unterausschusses „Urheberrecht" des Rechtsausschusses vom 13.11.1964, S.2, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 21.

Α. Inhalt des Urheberrechts

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651

hene Ausnahme weniger umständlich gefaßt werde. Nach dem Formulierungsvorschlag des Unterausschusses sollten Werke, die ausschließlich zum Zwecke der Vermietung erschienen waren, nicht von der Regelung in Abs. 1 erfaßt werden. 652 Nachdem der Wirtschaftsausschuß gegen die Vorschrift des § 27 nur insoweit keine Bedenken erhoben hatte, als öffentliche, kirchliche und auch Werksbüchereien von der Regelung ausgenommen blieben,653 Schloß sich der Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses dieser Auffassung an und wollte keine weitere Änderung der im RegE beschlossenen Fassung vornehmen. 654 Entgegen der Empfehlung seines Unterausschusses655 sprach sich sodann auch der Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik für die Vermietgebühr in der Fassung des RegE aus.656 Obschon auf der abschließenden Sitzung des Rechtsausschusses erneut der Antrag gestellt wurde, § 27 ersatzlos zu streichen, 657 nahm die Mehrheit im Ergebnis § 27 in der Fassung des Unterausschusses, also die Fassung des RegE mit vereinfachter Formulierung des Abs. 2 an. 658 Entsprechend lautete der schriftliche Bericht des Rechtsausschusses659, wogegen dann in den weiteren Beratungen in Bundestag und Bundesrat keine Einwendungen mehr erhoben wurden. 660 Damit wurde die Vermietgebühr in der vom Unterausschuß des Rechtsausschusses überarbeiteten Fassung in das UrhG von 1965 aufgenommen. 661

651 652 653

12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. Prot. Nr. 12, S.40. Vgl. Formulierungsvorschlag in 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. Prot. Nr. 12, S.40. Vgl. 108. Sitzung WA BT 4. Wp. am 03.12.1964, Prot. Nr. 108, S.9, ParlA Bonn, A l , lfd.

Nr. 27. 654

14. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 09.12.1964, Prot. Nr. 14, S.6. 12. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 16.12.1964, Prot.Nr. 12, S.3f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 22. Der Unterausschuß beschloß einstimmig in seinem Votum an den Rechtsausschuß darauf zu bestehen, daß die Werksbüchereien grundsätzlich von der Abgabepflicht erfaßt werden, die öffentlichen Büchereien aber nicht. 656 45. Sitzung des KA BT 4. Wp. am 11.03.1965, Prot. Nr. 45, S. 5, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 24. 657 Vgl. Antrag des Abgeordneten Deringer in 129. Sitzung RA BT 4. Wp. am 08.04.1965, Prot.Nr. 129, S.42, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.44. Aus den Äußerungen der Sachverständigen hätte sich ergeben, daß die Vorschrift des § 27 Abs. 2 für die Urheber keine wesentliche Bedeutung habe, andererseits für das Leihbüchereigewerbe eine erhebliche Belastung darstelle. 658 129. Sitzung RA BT 4. Wp. am 08.04.1965, Prot.Nr. 129, S.43, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 44. 659 Vgl. Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S.8f., zu IV/3401, S.4. 660 Vgl. 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd.59, S.9416Bff. sowie 284. Sitzung^/? 4. Wp. Sitzungsberichte 1965, S. 151 ff. 661 BGBl. 1965 Teil I, S. 1276. 655

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

4. Ausblick: Der Vergütungsanspruch des Urhebers bei Vermietung seiner Werke in der Novelle von 1972 und in dem 3. UrhGÄndG von 1995 Wie in der Begründung zum RegE ausdrücklich betont, war Grund für die Neuregelung der in der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz, den Urheber möglichst weitgehend an der wirtschaftlichen Auswertung seines Werkes zu beteiligen.662 Da aber nach wie vor mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse an einer Hebung der Volksbildung den ärmeren Bevölkerungsschichten die Benutzung der Leihbüchereien nicht erheblich erschwert werden sollte, stand die neu geschaffene Regelung unter einer doppelten Einschränkung. Einmal erfaßte sie nur den Tatbestand der entgeltlichen Gebrauchsüberlassung (Vermieten) und nicht den der unentgeltlichen (Verleihen), zum anderen mußte das Vermieten zu Erwerbszwecken erfolgen, wodurch die öffentlichen Bibliotheken von der Vergütungspflicht ausgenommen waren. 663 Damit sollte dem Allgemeininteresse und vor allem den besonderen volksbildenden Aufgaben der öffentlichen Bibliotheken Rechnung getragen werden. 664 Angesichts der zurückgehenden Bedeutung von Leihbibliotheken gegenüber den öffentlichen Büchereien, welche nun gerade nicht erfaßt werden sollten, zeigte die neu aufgenommene Vergütungspflicht nur eine geringe Bedeutung.665 Auch wurden gegen diese im Gesetz getroffene Unterscheidung zwischen den privaten, einem Erwerbszweck dienenden Leihbüchereien, die mit der Autorentantieme belastet waren, und den öffentlichen Bibliotheken, die ausdrücklich freigestellt waren, rechtliche Bedenken geltend gemacht.666 Schließlich hatte sich auch das BVerfG in einer Entscheidung mit der neuen Regelung zu befassen. Die Beschwerdeführer hielten die Bestimmung für verfassungswidrig, weil ihnen die Vermietertantieme nur dann zustand, wenn die Vermietung Erwerbszwecken des Vermieters diente.667 Im Ergeb662

Vgl. die Ausführungen in der Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.54. SchrickerILoewenheim § 27, Rz. 3. 664 Vgl. von Gamm § 27 Rz. 1. 665 Schricker/Loewenheim § 27, Rz. 3. 666 Zuerst Löffler, Presse und Urheberrechtsreform, S. 21. Die vorgenommene Differenzierung sei schon deshalb inkonsequent, weil der die Gebühr auslösende Grundgedanke, daß der Urheber überall da zu beteiligen sei, wo aus seinem Werk ein Nutzen gezogen werde, für private und öffentliche Leihinstitute gleichermaßen zutreffe. Der RegE versuche, die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Leihinstituten mit der kühnen qualitativen Wertung zu rechtfertigen, daß die öffentlichen Bibliotheken in erster Linie volksbildende Aufgaben erfüllen, während die privaten Leihbüchereien vorwiegend Unterhaltungsliteratur führten, bei der die Volksbildung nicht im Vordergrund stehe. 667 Vgl. BVerfG vom 07.07.1971 - BvR 764/66 in GRUR 1972, S.485 (485). Zur Begründung wurde vorgetragen, daß § 27 Abs. 1 UrhG gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße, da gleiche Tatbestände nicht gleichmäßig behandelt würden. Es könne nicht als sachgerecht angesehen werden, daß der Gesetzgeber den Erwerbszweck des Vermieters in den Vordergrund der Beurteilung stelle. Durch die Freistellung der öffentlichen Ausleihe und Vermietung von der Vergütungspflicht werde dem Urheber unter Verstoß gegen Art. 14 GG eine ihm gesetzlich zuerkannte Rechtsposition entzogen, nämlich sein Anspruch auf eine angemessene Vergütung bei Vermietung seines Werkes. 663

Α. Inhalt des Urheberrechts

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nis hielt das BVerfG die Beschwerde für unbegründet. Da das Urheberrecht hinsichtlich seiner Vermögenswerten Elemente, die sich in den Verwertungsbefugnissen des Urhebers äußern, Eigentum i. s. d. Art. 14 Abs. 1 GG darstelle 668, sei dieses Grundrecht Prüfungsmaßstab. Die verfassungsrechtliche Eigentumsgarantie gebiete es aber nicht, dem Urheber jede nur denkbare wirtschaftliche Verwertungsmöglichkeit zuzuordnen. 669 Aus der grundgesetzlichen Garantie des Urheberrechts könne kein allgemeiner Anspruch hergeleitet werden, daß der Urheber nach der Erschöpfung des Verbreitungsrechts noch einmal eine Vergütung erhalte, wenn rechtmäßig erworbene Werkexemplare verliehen oder vermietet und damit kein Erwerbszweck verfolgt werde. Ebenso wurde ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz verneint. Die in § 27 Abs. 1 getroffene Regelung sei nicht deshalb mit Art. 14 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, weil die Beschränkung des Vergütungsanspruches auf die Vermietung zu Erwerbszwecken zu einer Begünstigung der öffentlichen und kirchlichen Bibliotheken gegenüber den gewerblichen Leihbüchereien und Lesezirkel führe und damit den Vergütungsanspruch des Urheber schmälere. 670 Beide Gruppen würden sich in wesentlichen Punkten voneinander unterscheiden. Die öffentlichen und kirchlichen Bibliotheken, welche Bücher unentgeltlich oder nur gegen einen Unkostenbeitrag ausleihen, verfolgten weitgehend volksbildende Aufgaben. 671 Die Bereitstellung belletristischer und auch wissenschaftlicher Literatur ermögliche vielen Bürgern die Teilnahme am kulturellen und geistigen Geschehen. Demgegenüber seien die gewerblichen Mietbüchereien auf die Erzielung privaten wirtschaftlichen Gewinns angewiesen und müßten ihr Sortiment danach ordnen. Es seien also durchaus sachgerechte Gesichtspunkte, die eine verschiedene Behandlung rechtfertigen, vorhanden. 672 Schließlich blieb auch eine gegen die Werksbüchereien angestrengte Klage ohne Erfolg. Der BGH ging zwar davon aus, daß 668

Beschluß des BVerfG vom 07.07.1971 - 1 BvR 765/66, BVerfGE 31, 229. BVerfG vom 07.07.1971 - BvR 764/66 in GRUR 1972, S.485 (486). Der Gesetzgeber müsse die vermögensrechtlichen Befugnisse an dem geschützten Werk dem Urheber lediglich derart zuordnen, daß ihm eine angemessene Verwertung ermöglicht werde. Mit der Einräumung des Verbreitungsrechts nach den §§15 Abs. 1 Nr. 2, 17 UrhG sei diesen grundgesetzlichen Anforderungen ausreichend Rechnung getragen. Das Gesetz berücksichtige daher in ausreichendem Maße das Interesse des Urhebers an einer wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes, zumal der Gesetzgeber auch das Interesse des Erwerbers in Betracht ziehen müsse, mit dem von ihm gegen Entgelt erworbenen Werkstück nach Belieben verfahren zu können. 670 BVerfG in GRUR 1972, S.485 (486). 671 Sie würden daher eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende Aufgabe wahrnehmen, vgl. BVerfG in GRUR 1972, S.485 (486). 672 BVerfG in GRUR 1972, S.485 (486). Ebenso BVerfG in GRUR 1988, S.687 (689). An der vorangegangen Auffassung des BVerfG werde auch im Fall der Zeitschriftenauslage in Geschäfts- und Praxisräumen festgehalten. Dem verwertungsrechtlichen Interesse des Urhebers sei dadurch genügt, daß dieser bei der ersten Verbreitungshandlung die Möglichkeit gehabt habe, seine Zustimmung von der Zahlung eines Entgelts abhängig zu machen. Ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung, wie sie § 27 einfachgesetzlich einräume, werde von der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht gefordert. 669

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

die Buchausgabe durch Betriebsbüchereien an Werksangehörige Erwerbszwecken des Unternehmens dienten673, verneinte aber das Tatbestandsmerkmal des Vermietens.674 Die weiteren Bemühungen der Autoren 675 und die Einsicht des Gesetzgebers, daß eine Bevorzugung öffentlicher Bibliotheken zu Lasten der Urheber nicht gerechtfertigt sei, führten schließlich dazu, daß § 27 durch die Novelle von 1972 um einen Vergütungsanspruch für das Verleihen erweitert wurde. 676 Obwohl, wie bereits gesehen, eine Pflicht, die Vergütung für das Verleihen auch durch öffentliche Bibliotheken einzuführen, gerade nicht bestand, fühlte sich der Gesetzgeber moralisch angesprochen.677 Da mit § 27 UrhG schon eine Grundlage für einen Vergütungsanspruch vorhanden war, mußte der in der Fassung von 1965 nur für das gewerbliche Vermieten geltende Anspruch lediglich auf das Verleihen durch öffentliche Bibliotheken erweitert werden. 678 Folglich wurde in der Bestimmung das Verleihen dem Vermieten gleichgestellt und ohne Rücksicht auf die Verfolgung von Erwerbszwecken, öffentlich zugängliche Bibliotheken ausdrücklich erfaßt. Die Bestimmung sollte nach Abs. 2 keine Anwendung finden, wenn das Werk ausschließlich zum Zweck des Vermietens oder Verleihens erschienen war oder die Vervielfältigungsstücke im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses ausschließlich zu dem Zweck verliehen wurden, sie bei der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis zu benutzen. Mit der Neufassung war auch die Absicht verbunden, einen Teil des Gebührenaufkommens einem Fonds zur sozialen Absicherung der Urheber in Form einer Sozial- und Altersversorgung zukommen zu lassen.679 673 BGH vom 10.03.1972IZR 140/71, in GRUR 1972, S.617 (618). Die Buchausgabe finde innerhalb der Sphäre des gewerblichen Unternehmens statt. Sie solle, wie andere soziale Einrichtungen eines Unternehmens, mit dazu beitragen, das Arbeitsklima insgesamt zu verbessern. Damit würden die Werksbüchereien aber zugleich mittelbar dem Erwerbsinteresse des Unternehmens dienen, was allein die steuerliche Begünstigung der Kosten für die Einrichtung und Unterhaltung der Werksbüchereien als Betriebsausgaben rechtfertige. 674 BGH in GRUR 1972, S.617 (618). Der Begriff der Vermietung i. S. dieser Bestimmung umfasse nicht das unentgeltliche Verleihen, sondern setze eine entgeltliche Gebrauchsüberlassung voraus. 675 Vgl. nur die Rede von Heinrich Boll über das „Ende der Bescheidenheit", Zur Situation der Schriftsteller in der Bundesrepublik, Texte der Gründungsveranstaltung des Verbandes Deutscher Schriftsteller, S. 11-24. 676 Vgl. Schricker/Loewenheim § 27, Rz. 4. 677 Vgl. Nordemann in FuR 1971, S. 65 (65). Wohl angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl wetteiferten die Parteien geradezu um das Verdienst, zur Verbesserung der sozialen Lage der Schriftsteller entscheidend beigetragen zu haben, vgl. von Lewinski, S. 6. Verwiesen wird auf einen Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Schober in der ersten Lesung im Bundestag zur Novellierung des UrhG in UFITA Bd. 67 (1973), S. 130: „Wir waren ja die Ersten!". 678 Vgl. im einzelnen Dietz in GRUR 1976, S. 298 (290). 67 9 SchrickerlLoewenheim § 27 Rz. 4 mit Verweis auf den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. VI/3264 S.4.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Eine erneute Überarbeitung des § 27 brachte dann das 3. UrhGÄndG vom 23.06.1995680, welches die Vermiet- und Verleihrechtsrichtlinie 681 umsetzte.682 Der Vergütungsanspruch für das Vermieten konnte entfallen, da durch die Neufassung des § 17 das Vermietrecht nunmehr auch als Verbotsrecht ausgestaltet und von der Erschöpfung ausgenommen wurde. 683 Statt dessen trat der Anspruch des Urhebers nach § 27 Abs. 1 Satz 1 auf eine angemessene Vergütung für die Vermietung von Bild- und Tonträgern neben das nun nicht mehr erschöpfte Verbreitungsrecht. 684 Das Verleihrecht hatte der Gesetzgeber dagegen nicht als Verbotsrecht ausgestaltet, sondern es bei einem gesetzlichen Vergütungsanspruch belassen.685 Dieser Vergütungsanspruch für das Verleihen in § 27 Abs. 2 richtete sich jetzt nur noch gegen eine „der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung", wobei die Gebrauchsüberlassung weder unmittelbar noch mittelbar Erwerbszwecken dienen durfte. 686 Weiterhin wurde der Geltungsbereich der Bibliothekstantieme auf Werkoriginale ausgedehnt.687

B. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts I. Einführung Die Geisteswerke bilden den Kulturbesitz einer Nation. Der Urheber veröffentlicht sie, um sie der Allgemeinheit zum Genuß, zur Befriedigung eines kulturellen Bedürfnisses darzubieten.1 Dieses Interesse aller an der Teilhabe am Kulturleben 680

BGBl. 19951, 842. Richtlinie des Rates vom 19.11.1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem UrhR verwandten Schutzrechten im Bereich des Eigentums, vgl. GRUR Int. 1993, S. 144 (insbesondere 145 ff.). 682 Damit wurde auch die kontroverse Diskussion der folgenden Jahre, ob auch das Auslegen von Zeitschriften in Wartezimmern von Ärzten oder Friseuren ein Verleihen zu Erwerbszwekken und somit vergütungspflichtig sei, beendet, vgl. Schack Rz.458. 683 Vgl. zur Vertiefung SchrickerlLoewenheim § 27 Rz. 4 und auch § 17 Rz. 26. 684 Schack Rz.461. Der Urheber bekam daher nun zweimal die Gelegenheit für eine Vergütung. Einmal bei der Einräumung des Vermietrechts an den Tonträger- oder Filmhersteller und bei der späteren Vermietung des Vervielfältigungsstückes. Was die Urheber in ihrer typischerweise schwachen Verhandlungsposition nicht durchsetzen konnten, eine Beteiligung an den Lizenzeinnahmen des Herstellers aus der Weiterübertragung des Vermietrechts, bekamen sie nun auf dem Umweg des gesetzlichen und unverzichtbaren Vergütungsanspruchs aus § 27 Abs. 1 UrhG. 685 Vgl. zur Vertiefung Schrickerl Loewenheim § 27 Rz. 4. 686 Sofern Bibliotheken Benutzungsgebühren erhoben, die über eine Kostendeckung nicht hinausgingen, stand das einem Verleihen i. S. d. § 27 Abs. 2 nicht entgegen, vgl. Schack Rz. 459. 687 Gemälde, Druckgraphiken und Skulpturen, die in Artotheken ausgeliehen wurden, waren deshalb genauso erfaßt wie die traditionellen Vervielfältigungsstücke der Bücher, Noten Videos und CDs. Ausgenommen waren lediglich Bauwerke und Werke der angewandten Kunst, vgl. Schack Rz. 460. ι BR y g l Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.41. 681

25 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

bedarf bei der Ausgestaltung des Urheberrechts eines gerechten Ausgleichs mit den Urheberinteressen. Das Interesse der Allgemeinheit richtet sich vor allem darauf, die Werke der Urheber möglichst ungehemmt genießen zu können, insbesondere sollen diese häufig für öffentliche Zwecke frei benutzt werden können. Auch das Urheberrecht unterliegt somit einer Sozialbindung.2 Der Urheber muß sich im Interesse der Allgemeinheit gewisse Einschränkungen seines ausschließlichen Herrschaftsrechts über das von ihm geschaffene Werk gefallen lassen.3 Bereits das ursprünglich geltende Recht nach KUG und LUG kannte solche „staatlich berechtigten Schranken im Interesse der Allgemeinheit".4 Allein dieses Gemeininteresse könne die Ausdehnung und Begrenzung der Schutzrechte geistig-gewerblicher Art bestimmen.5 Das vorhandene Kulturgut müsse daher immer soweit benutzt werden dürfen, daß der Gewinn der Allgemeinheit größer erscheine als die Schädigung desjenigen, dessen Werke benutzt werden.6 Dogmatisch entscheidend ist dabei, daß dem Grundsatz des ausschließlichen Rechts die Einschränkungen als Ausnahmen gegenübergestellt sind.7 Dieser Grundsatz fand sich auch schon in dem Aufbau des LUG. Dort war dem Urheber in § 11 ein umfassendes Herrschaftsrecht eingeräumt, welches durch einzelne Ausnahmebestimmungen nachfolgend eingeschränkt wurde. 8 Der Aufbau ist nicht nur dogmatisch relevant, weil er die Auffassung vom Urheberrecht als möglichst umfassenden Schutz des Autors demonstriert, sondern auch für die Auslegung von entscheidender Bedeutung.9 Gerade weil diese Schranken gegenüber dem umfassenden Rechtscharakter des Urheberrechts Einschränkungen und damit Ausnahmen darstellen, sind sie grundsätzlich eng auszulegen.10 Grundlage der Auslegung ist dabei stets das bereits mehrfach betonte Prinzip einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes.11 2 SchrickerlMelichar, Vorr. §§45 ff. Rz. 1, vgl. auch Schack Rz.463. Der Begriff des „sozial gebundenen Rechts" geht auf Kopsch (ArchFunkR 1928, S.261) zurück. 3 Nach Ulmer bringt die Lehre von der sozialen Bindung zutreffend zum Ausdruck, daß es sich um Schranken handelt, die dem Urheberrecht, entsprechend der sozialen Natur der Rechtsordnung immanent sind, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.5. 4 So die Formulierung bei Elster in GRUR 1921, S. 41 (41 ): „Hier werden die Schranken gezogen, die dafür sorgen, daß das geistige Eigentum nicht in den Himmel wächst...". 5 Elster in GRUR 1921, S.41 (41). Es handele sich dabei um eine Grenze nach beiden Seiten, wie das bei jeder Grenze der Fall sei. Eine Grenze für und gegen das Eigeninteresse des Urhebers sei zugleich eine Grenze für und gegen das Allgemeininteresse. 6 Elster in GRUR 1921, S.41 (42). Die meisten schwierigen Fragen des Urheber- und Erfinderrechts seien nur zu lösen, wenn man die Mischung von Geist und Wettbewerb bedenke und wenn man in dem Wettbewerb einen Ansporn der geistigen Arbeit und in der geistigen Arbeit ein notwendiges Instrument des Wettbewerbs erblickt. 7 SchrickerlMelichar, Vorr. §§45 ff. Rz 1. 8 Vgl. Allfeld, § 16 LUG Rz. 1. 9 Vgl. dazu SchrickerlMelichar, Vorr. §§45 ff. Rz. 1. 10 Von Gamm, § 45 Rz. 4 mit weiteren Hinweisen auf höchstrichterliche Entscheidungen. 11 Von Gamm, §45 Rz.4.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Das Urheberrecht ist zunächst zeitlich begrenzt, wie noch zu zeigen sein wird. 12 Diese Begrenzung wird zumeist damit gerechtfertigt, daß alles geistige Schaffen seine Grundlage in der geistigen Gesamtentwicklung und in den Werten habe, die der Urheber vorfinde. Da sein Werk von der gemeinsamen Atmosphäre von Tatsachen und Erfahrungen der ganzen menschlichen Gesellschaft abhängt, sei es gerecht, daß ihm nur ein befristetes Schutzrecht an seiner Schöpfung gewährt werde. 13 Aber auch solange der Urheberrechtsschutz besteht, sind den Rechten der Urheber und ihrer Rechtsnachfolger Grenzen gezogen, von denen die bei der Reform des Urheberrechts am meisten diskutierten, wie die Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichts gebrauch, die öffentliche Wiedergabe von Tonwerken und vor allem die Vervielfältigung zum eigenen bzw. zum persönlichen Gebrauch im folgenden in einzelnen Abschnitten gesondert dargestellt werden sollen. Außerdem war die Frage, ob zugunsten der Schallplattenindustrie und der Sendegesellschaften möglicherweise gesetzliche Lizenzen oder Zwangslizenzen einzuführen sind, heftig umstritten. Daher soll auch diese Auseinandersetzung Gegenstand eines weiteren Abschnitts sein. Neben diesen umstrittenen Regelungen kannte das Urheberrecht noch eine Reihe weiterer Beschränkungen, von denen die wichtigsten vorab zumindest kurz zu erwähnen sind. Im Interesse einer schnellen und vollständigen Information der Öffentlichkeit war nach §§16 und 26 LUG zunächst der Abdruck, die Verbreitung und der öffentliche Vortrag, aber auch jede andere Art der Wiedergabe von amtlichen Schriften frei. 14 Zu den amtlichen Schriften gehörten Gesetzbücher, Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse und Entscheidungen.15 Ebenfalls erfaßt wurden Abbildungen technischer oder wissenschaftlicher Art. 16 Sofern die in § 16 angeführten Schriften überhaupt als Erzeugnisse individueller geistiger Tätigkeit anzusehen waren, würden sie an und für sich Urheberrechtsschutz genießen. Das damalige Gesetz ging aber davon aus, daß es Publikationen gab, deren Verbreitung im allgemeinen Interesse lag und denen gegenüber das Nachdruckverbot auch deshalb nicht angebracht war, weil die wesentlichen Motive des Verbots, die Sicherung des persönlichen und vermögensrechtlichen Interesses des Autors, hier nicht einschlägig waren. 17 12

Vgl. dazu unten den Abschnitt C. I. über die Schutzfrist des Urheberrechts. So die herrschende Auffassung, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.6, der diese Begründung allerdings für unzureichend hält. Zur Vertiefung s. u. den Abschnitt über die Frist des Urheberrechts. 14 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 153. An bestimmten amtlichen Werken bestehe ein besonderes Informationsbedürfnis. Bei ihnen bedürften auch die Vermögensinteressen des Urhebers keines besonderen Schutzes. Allerdings seien die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen zu beachten. Die Schriften seien demnach nicht völlig ungeschützt. Zwar habe der Urheber an ihnen kein Verwertungsrecht, doch müsse es beispielsweise einem Richter möglich sein, einer inhaltlich entstellten Wiedergabe seiner Entscheidung entgegenzutreten. 15 Ferner war auch die Wiedergabe von amtlichen Schriften, die zum amtlichen Gebrauch bestimmt waren, freigestellt, vgl. zu den einzelnen Werken Marwitz!Möhring, § 16 LUG, Rz.4. 16 So die h. M., vgl. Allfeld, § 16 LUG Rz. 7; Runge, S. 144 und 314. 17 Vgl. Allfeld, § 16 LUG, Rz. 2; auch Marwitz/Möhring, § 16 LUG, Rz. 1. 13

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und 1934 sahen dagegen vor, daß Werke dieser Art überhaupt keinen Gegenstand des Urheberrechts bilden sollten, und brachten dies bereits im ersten Abschnitt des Gesetzes, der den Kreis der geschützten Werke bestimmte, zum Ausdruck. 18 § 6 des Entwurfes von 1932 und § 4 des Entwurfes von 1934 legten fest, daß Gesetze, Verordnungen, amtliche Erlasse, Bekanntmachungen und Entscheidungen sowie zum amtlichen Gebrauch hergestellte amtliche Schriften gänzlich vom Schutz des Urheberrechts als sogenannte „freie Werke" ausgenommen waren. 19 Eine entsprechende Bestimmung über freie Werke fand sich in § 4 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939, allerdings stellte der Wortlaut dieser Vorschrift darauf ab, daß es sich um „verkündete Gesetze und Verordnungen, Entscheidungen sowie solche anderen Werke, die zum Zwecke allgemeiner Bekanntgabe veröffentlicht worden waren", handeln mußte. Seit der Brüsseler Fassung von 1948 enthielt auch die RBÜ eine spezielle Bestimmung über amtliche Werke. In Art. 2 Abs. 2 Satz dieser Konventionsfassung hieß es, daß es den Gesetzgebungen der Verbandsländer vorbehalten blieb, den Schutz für Übersetzungen offizieller Texte auf dem Gebiet der Gesetzgebung, der Verwaltung und der Rechtsprechung zu bestimmen.20 Im folgenden übernahm dann der innerhalb der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildete Kleine Ausschuß, welcher sich nach Aufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ mit der Ausarbeitung eines Entwurfes zum UrhG zu befassen hatte, in seinem Berliner Entwurf vom März 1951 mit geringfügigen sprachlichen Änderungen die Bestimmung des Entwurfes von 1939 über freie Werke. 21 Der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 ließ diese Vorschrift jedoch wieder fallen. 22 18 Die Begründungen beider Entwürfe beriefen sich dabei auf das österreichische Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur, Kunst und Fotografie (Staatsgesetzblatt 1920 Nr. 325), welches als Vorbild genommen worden sei, vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 39 und Begründung des Entwurfes von 1934 S. 17, J52/5, Blatt 2699, auch Dokumentation bei Hubmann in UFITA 2000/III, S.743 (788). 19 Vgl. dazu die Begründung des Entwurfes von 1932 S. 39. Es konnte also jedermann eine von ihm verfaßte Übersetzung von solchen Werken veröffentlichen, vervielfältigen und gewerbsmäßig verbreiten und es bestanden an Werken dieser Art auch keine urheberrechtlichen Befugnisse nicht vermögensrechtlicher Art. 20 Vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 2 RBÜ Rz. 9 ff. In der Stockholmer und Pariser Fassung der RBÜ von 1967 und 1971 wurden in Art. 2 Abs. 4 die amtlichen Texte den amtlichen Übersetzungen solcher Texte gleichgestellt, vgl. dazu Schricker/Katzenberger, § 5 UrhG Rz. 13 und auch Schricker in GRUR 1991, S.645 (647) m. w.N. 21 § 4 des Berliner Entwurfes, welcher nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ von dem Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommsission ausgearbeitet worden war, in Β 141/2551 Bl. 041. Durch die neue sprachliche Fassung wurde klargestellt, daß nur die amtlichen Werke erfaßt wurden, bei denen ein amtliches Interesse daran bestand, sie weitmöglichst zu verbreiten, nicht aber solche, deren Verbreitung bei amtlichen Stellen zwar im amtlichen Interesse lag, deren sonstige Verbreitung sich aber von der Verbreitung anderer Werke nicht unterschied, wie beispielsweise Veröffentlichen des Statistischen Bundesamtes oder Kataloge der staatlichen Museen. 22 Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 in Β 141/2551 B1.084.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Der 1954 veröffentlichte RefE orientierte sich an der ehemals im LUG vorgesehenen Lösung. Statt die amtlichen Werke von vornherein aus dem Bereich der urheberrechtlich geschützten Werke auszunehmen, erklärte der RefE in dem innerhalb des Abschnittes über die Einschränkungen des Verwertungsrechts neu eingefügten § 38 die Vervielfältigung von den eigentlich urheberrechtlich geschützten Gesetzen, Verordnungen, amtlichen Erlassen und Bekanntmachungen sowie von Entscheidungen und auch amtlich verfaßten Leitsätzen zu Entscheidungen für zulässig.23 Wieder anders wollten sowohl der MinE von 1959 als auch der RegE von 1961 die amtlichen Werke gänzlich vom Urheberrechtsschutz ausnehmen.24 Diese Regelung erschien gerechtfertigt, weil bei amtlichen Werken eine schutzwürdige persönliche Beziehung zwischen Urheber und Werk in der Regel nicht bestehe. Es müsse der Behörde, die die Entstehung des Werkes veranlaßt hatte, freistehen, über das Werk ohne Rücksicht auf persönlichkeitsrechtliche Befugnisse, insbesondere ohne Namensangabe des Urhebers, zu verfügen. 25 Letztlich fand diese Bestimmung über die Freistellung der amtlichen Werke vom Urheberrecht Aufnahme in die endgültige Fassung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 (§ 5 UrhG). 26 Eine weitere Beschränkung zugunsten der Informationsfreiheit enthielt § 17 S. 1 Ziff. 1 LUG. Vorträge und Reden, die Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung waren, durften danach ohne Zustimmung des Urhebers in Zeitungen und Zeitschriften wiedergegeben werden. 27 Darüber hinaus konnten Vorträge und Reden, die bei den Verhandlungen der Gerichte, der politischen, kommunalen und kirchlichen Vertretungen gehalten wurden, nach § 17 S. 1 Ziff. 2 nicht nur in Zeitungen und 23 Zur Vertiefung vgl. Begründung des RefE S. 128 f. Die Erweiterung der Bestimmung auch auf die amtlich verfaßten Leitsätze zu den Entscheidungen wurde damit begründet, daß es im Interesse der Allgemeinheit liege, zugleich mit den Entscheidungen auch die amtlichen Leitsätze zur Vervielfältigung frei zu geben. Weiterhin wurden die amtlichen Werke freigegeben, die veröffentlicht worden waren, weil ein öffentliches Interesse daran bestehe, daß die Allgemeinheit von ihnen Kenntnis nehme, § 38 Abs. 2 RefE. 24 Vgl. § 4 MinE von 1959 und § 5 RegE von 1961. 25 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 39. In den Bemerkungen zum MinE wurde gleichlautend argumentiert. Das Urheberpersönlichkeitsrecht würde anderenfalls nicht der Behörde zustehen, sondern dem einzelnen Beamten oder Angestellten, der das Werk geschaffen hatte. Dieser könnte das Urheberpersönlichkeitsrecht auch gegen den Willen oder die Interessen der Behörden geltend machen (Bemerkungen zum MinE S. 29). 26 BGBl. 19651, S. 1273 (1274). Zu der Bedeutung des § 5 UrhG für die Praxis unter Berücksichtigung seiner gebotenen restriktiven Auslegung vgl. Schricker/Katzenberger, § 5 UrhG Rz. 15 und vor allem Katzenberger in GRUR 1972, S. 686ff. 27 Vgl. dazu Marwitz!Möhring, § 17 LUG Rz. 2 ff. Die Vorschrift des § 17 fand nur Anwendung auf Vorträge und Reden, die an sich schutzfähig im Sinne des Gesetzes waren. Voraussetzung für die Freigabe des Nachdruckes war dann, daß der Vortrag oder die Rede Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung war, wobei unter einer Verhandlung eine Veranstaltung verstanden wurde, bei welcher unter einer Mehrzahl von Personen bestimmte Angelegenheiten derart zur Sprache gebracht wurden, daß nicht nur einer das Wort ergreifen durfte, sondern andere ihm erwidern durften und sollten, also eine Debatte vorgesehen war, vgl. im einzelnen Allfeld, ξ Π LUG Rz. 3 ff.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Zeitschriften, sondern auch in Broschüren usw. abgedruckt werden. 28 Das Gesetz berücksichtigte damit das Bedürfnis des Publikums an der Kenntnis von Reden und Vorträgen, die bei bestimmten öffentlichen Anlässen gehalten worden waren. 2 9 Nach § 26 L U G war neben dem Abdruck zugleich die Verbreitung und der öffentliche Vortrag frei. Nicht zulässig waren allerdings Wiedergaben, die durch das Informationsinteresse nicht mehr gerechtfertigt wurden. Daher verbot § 17 S. 2 die Aufnahme in eine Sammlung, die der Hauptsache nach Reden desselben Verfassers enthielt. 3 0 Entsprechend §§ 17, 26 L U G war sowohl nach § 32 der Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und 1934 als auch nach § 32 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939 die freie Benutzung von Reden und Vorträgen in verschiedenem Umfang zulässig. 31 Besagte doch bereits die Romfassung der R B Ü von 1928 in Art. 2 bis, daß den Verbandsländern die Möglichkeit zustehe, politische Reden und Reden in Gerichtsverhandlungen teilweise oder ganz von dem in Art. 2 R B Ü vorgesehenen Schutz auszuschließen. 32 Ebenso blieb es der Gesetzgebung der Verbandsländer vorbehalten, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen Vorträge, Ansprachen, Predigten und andere Werke gleicher Art durch die Presse wiedergegeben werden durften. 33 Während diese beiden Tatbestände als 28 Ob die Verhandlungen der Gerichte, der politischen, kommunalen und kirchlichen Vertretungen öffentlich oder nicht öffentlich gehalten wurden, war für die Anwendung des § 17 Ziff. 2 unerheblich, vgl. Allfeld, § 17 LUG Rz. 10. 29 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 154. 30 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 155. In beiden Fällen kam es aber nur auf die äußeren Umstände an, unter denen derartige Vorträge und Reden gehalten wurden, nicht auf Inhalt und Absicht des Urhebers. Demzufolge konnte der gleiche Vortrag, der einmal in einem Kolleg und ein anderes mal in einer öffentlichen Kirchensynode gehalten wurde, das eine Mal geschützt und das andere Mal frei sein, vgl. Runge, S. 161. 31 Wie § 17 LUG unterschied auch § 32 des Entwurfes von 1932 einerseits Reden und Vorträge, die Bestandteil einer öffentlichen Verhandlung waren, und somit in Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt werden durften und andererseits Reden und Vorträgen, die bei den Verhandlungen in öffentlichen Angelegenheiten gehalten wurden und daher auch sonst frei vervielfältigt werden durften, vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 83. Zur Vertiefung vgl. auch Begründung des Entwurfes von 1934 S. 113 ff., J 52/5, Blatt 2795 ff. 32 Diese Vorgabe wurde von der Brüsseler Fassung mit geringen Änderungen übernommen. Vgl. Bappert/Wagner, Art. 2 bis RBÜ Rz. 2. Da der Konventionstext über den Umfang der Beschränkung keine Aussage machte, konnte durch die Verbandsländer jede beliebige Art der Vervielfältigung und Verbreitung solcher Reden frei gegeben werden. Insbesondere war es zulässig, nicht nur die Berichterstattung durch Zeitungen, sondern auch die Übertragung durch Funk, auf Schallplatte oder durch Tonfilm zu gestatten. 33 Ob diese Vorträge, Ansprachen und ähnliche sogenannte orale Werke außer durch die Presse auch durch andere Massenmedien wiedergegeben werden durften, war zunächst umstritten. Dagegen sprach außer der abweichenden Regelung der Vorbehalte für das Senderecht in Art. 11 bis Abs. 2 auch der Umstand, daß die Möglichkeit einer Wiedergabe solcher Werke zumindest durch den Hörfunk auch der Romkonferenz von 1928 bereits bekannt gewesen sein muß, zumal die Vertreter des Hörfunks dort erheblichen Einfluß hatten, vgl. die Ausführungen bei Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 2/Art. 2 bis RBÜ Rz. 15.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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halbstarre Regelungen ausgestaltet waren, sprach Art. 2 bis Abs. 3 RBÜ dem Urheber ein zwingend vorgeschriebenes Recht zu, wonach ihm allein die Sammlung von Reden, Vorträgen, Ansprachen und anderen Werken gleicher Art vorbehalten 35

war/ 3 Mit geringfügigen Änderungen übernahm der Kleine Ausschuß der Sachverständigenkommission die Vervielfältigungsfreiheit von öffentlichen Vorträgen oder Reden in seine beiden Entwürfe vom März und September 1951. In § 32 des Berliner Entwurfes vom März waren jedoch die Zeitschriften aus dem Wortlaut der Bestimmung ausgenommen. Es bestehe keine Veranlassung, Vorträge und Reden aus öffentlichen Veranstaltungen dem Abdruck in Zeitschriften preiszugeben.36 Der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 nahm die Zeitschriften wieder auf, jedoch nur soweit sie im wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung trugen. 37 Beiden Entwürfen gemeinsam war die Erweiterung der Vorschrift auf öffentliche Vortragsveranstaltungen, die öffentlich bekannt gemacht worden waren, zu denen also die breite Öffentlichkeit Zutritt hatte.38 Der bisherige Wortlaut des Entwurfes von 1939 sei insofern zu eng gewesen, als auf öffentliche Verhandlungen und amtliche Kundgebungen abgestellt worden war. Das bedeute, daß stets eine Aussprache im Anschluß an den Vortrag geplant sein müsse oder daß es sich um amtliche Kundgebungen handelte.39 Diesem Vorschlag Schloß sich der RefE von 1954 an. § 42 RefE gab die Vervielfältigung der entsprechenden Vorträge und Reden frei, um die Bedürfnisse der Allgemeinheit nach schneller Unterrichtung zu befriedigen. 40 Daß die in § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 bezeichneten Vorträge und Reden wie nach dem geltenden Recht (vgl. § 26 LUG) auch öffentlich vorgetragen werden durften, bestimmte § 55 RefE. Außerdem wurde die Sendung durch Funk zugelassen, da die Unterrichtung der Allgemeinheit über Tagesereignisse nicht mehr nur von Zeitungen und Zeitschrif34 Vgl. zu dem Begriff der halbstarren Regelung Nordemann/Vinck/Hertin, Einleitung zur RBÜ Rz. 24. Es handelte sich um eine durch das Konventionsrecht getroffene bestimmte Regelung, welche es dem nationalen Recht überließ, allgemein oder für bestimmte Fälle Beschränkungen anzuordnen oder die Einzelheiten der Ausübung festzulegen. 35 Bappert/Wagner, Art 2 bis RBÜ Rz. 5. Dieses Grundrecht konnte durch die Gesetzgebung der einzelnen Länder nicht eingeschränkt werden. Die Herausgabe der Gesamtausgabe dieser seiner Sprachwerke blieb also stets dem Urheber vorbehalten, sei er nun Politiker, Schriftsteller oder Prediger. 36 Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.22. Gegenüber Zeitschriften sollte der Vortragende sein Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht behalten. Das diene dem Interesse des Urhebers in der Hinsicht, die Richtigkeit des Abdrucks seines Vortrags zu überwachen, vgl. bereits die Ausführungen in Teil I der Arbeit, 2. Kapitel unter C. I. 37 § 32 des Rengsdorfer Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 100. 38 s. o. unter Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel, C. 39 Die Begründung zu dem Berliner Entwurf stellte weiterhin darauf ab, daß die Abdruckfreiheit jetzt nur noch für Zeitungen vorgesehen war. Daher könne sie auf öffentliche Vortragsveranstaltungen ausgedehnt werden, vgl. Begründung in Β 141/2551 B1.22. 40 Vgl. zur Vertiefung die Begründung des RefE S. 132.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

ten, sondern auch vom Rundfunk besorgt werde. 41 Allerdings verblieb dem Urheber das Recht, von seinen Vorträgen und Reden Sammlungen herzustellen.42 Der fünf Jahre später veröffentlichte MinE beschränkte die Vervielfältigungsfreiheit in § 45 auf solche Vorträge oder Reden, die sich mit Tagesfragen befaßten und ersetzte den Begriff der „öffentlichen Verhandlung oder Kundgebung" durch den der „öffentlichen Versammlung". Bei Vorträgen und Reden, über nicht tagesgebundene Themen, beispielsweise literarischer oder wissenschaftlicher Art, bestehe, selbst wenn sie anläßlich eines Tagesereignisses gehalten würden, kein so großes Interesse der Öffentlichkeit an schneller Unterrichtung, daß es gerechtfertigt wäre, auch ihren Nachdruck ohne Zustimmung des Urhebers zu gestatten.43 In §48 des RegE von 1961 und der endgültigen Fassung des UrhG von 1965 wurde neben der Vervielfältigungsfreiheit ausdrücklich die Verbreitungsfreiheit genannt und diese nicht mehr nur in Zeitungen und Zeitschriften, sondern auch in sonstigen Informationsblättern, die im wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung trugen, zugelassen. Außerdem waren den bei öffentlichen Versammlungen gehaltenen Reden die durch Rundfunk gesendeten Reden gleichgestellt. Auch hier bestehe für diejenigen, die die Rede selbst nicht hören konnten, ein allgemeines Interesse daran, sich über den Wortlaut der Rede in der Presse zu unterrichten. 44 § 18 LUG schränkte die Verwertungsbefugnisse des Urhebers zugunsten der Presseberichterstattung ein. Diese Ausnahmebestimmung wurde damit begründet, daß der Zeitungsinhalt vielfach nur dem Bedürfnis nach Nachrichten über Ereignisse des täglichen Lebens und nach rascher Orientierung über politische und andere Tagesfragen diene.45 Hinzu komme der Umstand, daß ein großer Teil der Zeitungsnachrichten nur in geringem Maße auf schöpferischer Tätigkeit beruhe, so daß die Ausnahmestellung bestimmter Zeitungsartikel gerechtfertigt erschien. 46 Nach deren Inhalt waren Ausarbeitungen technischen, wissenschaftlichen oder unterhaltenden Inhalts von sonstigen urheberrechtsfähigen Zeitungsartikeln zu unterscheiden. Während die erstgenannten nach § 18 Abs. 2 stets in vollem Umfang geschützt und jeglicher Abdruck daher unbedingt verboten sein sollte, durften letztere, soweit sie 41

So die Begründung zum RefE S. 133. § 42 Abs. 2 bestimmte daher, daß die Vervielfältigung von Vorträgen und Reden unzulässig war, wenn sie in Form einer Sammlung geschah, die überwiegend Vorträge und Reden desselben Urhebers enthielt, vgl. Begründung des RefE S. 133. 43 Bemerkungen zu dem MinE S. 49. Auch verzichtete der MinE darauf, die Vervielfältigungsfreiheit in § 45 Abs. 1 Nr. 2 auf solche Vorträge und Reden zu beschränken, die in öffentlichen Angelegenheiten gehalten worden waren. Nach dem noch im RefE enthaltenen Wortlaut würden Vorträge und Reden bei öffentlichen Gerichtsverhandlungen in Zivilsachen nicht mehr unter die Ausnahmevorschrift fallen. Auch an der Unterrichtung über solche Vorträge und Reden bestehe jedoch ein allgemeines Interesse. 44 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 66. 45 Allfeld, § 18 LUG Rz. 1. Dieses Bedürfnis war naturgemäß einem steten Wechsel unterworfen und das Interesse an einem großen Teil des Zeitungsinhaltes war daher nur ein vorübergehendes. 46 Vgl. Allfeld, § 18 LUG Rz. 1. 42

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nicht mit einem Vorbehalt der Rechte versehen waren, in anderen Zeitungen abgedruckt werden. 47 Nachrichten tatsächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten waren schließlich überhaupt nicht geschützt, da ihnen die notwendige Individualität fehlte (§18 Abs. 3 L U G ) . 4 8 § 33 Abs. 1 des Entwurfes von 1932 brachte dem Inhalt nach lediglich eine geringe Abweichung gegenüber dem geltenden Rechtszustand. Nur Artikel über wirtschaftliche, politische oder religiöse Tagesfragen konnten durch die Presse nachgedruckt werden, wenn ihre Wiedergabe nicht ausdrücklich vorbehalten war. 4 9 Zudem wurden auch Zeitschriften in die Regelung einbezogen. Es liege kein Anlaß vor, Zeitschriften, soweit sie in ähnlicher Weise wie Zeitungen tätig werden und politische, wirtschaftliche oder religiöse Tagesfragen besprechen, urheberrechtlich anders zu behandeln als die Zeitungen selbst. 50 § 33 Abs. 2 des Entwurfes von 1932, der den Abdruck vermischter Nachrichten tatsächlichen Inhalts und Tagesneuigkeiten freigab, entsprach wörtlich dem § 18 Abs. 3 L U G . 5 1 Nach § 36 Abs. 2 des Entwurfes war daneben der öffentliche Vortrag und das Senden abdruckfreier Artikel zugelassen. Auch diese Regelung stimmte mit dem geltenden Recht überein und wurde mit dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an dem Gegenstand gerechtfertigt (vgl. § 26 L U G ) . 5 2 Insgesamt folgte der Entwurf damit der Vorgabe des 47 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 155. Danach war es insbesondere zulässig, Artikel über wirtschaftliche, politische oder religiöse Tagesfragen, denen kein Vorbehalt beigefügt war, in Zeitungen, nicht dagegen in Zeitschriften wiederzugeben. Dabei durfte aber der Sinn nicht entstellt werden und es war die Quelle deutlich anzugeben. Zu der notwendigen Unterscheidung von Zeitungen im Gegensatz zu Zeitschriften, vgl. Marwitz! Möhring, § 18 LUG Rz.3. 48 Vgl. zur Vertiefung Allfeld, § 18 LUG Rz. 17. 49 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 84. Für die Bildung der öffentlichen Meinung über die bezeichneten Tagesfragen war es von großer Bedeutung, daß andere Blätter bereits erschienene Artikel, soweit sie solche Tagesfragen betrafen, aufgreifen konnten, um die darin vertretene Stellungnahme sich zu eigen zu machen, sie zu unterstützen oder sie zu bekämpfen. Diese Regelung entspreche im wesentlichen dem geltenden § 18 Abs. 1 und Abs. 2, da die bezeichneten politischen, wirtschaftlichen und religiösen Leitartikel regelmäßig unter die in § 18 Abs. 1 behandelten Artikel fallen würden, während der übrige Zeitungsinhalt, den man im allgemeinen unter den Begriff des Feuilleton zusammenfassen könnte, zumeist unter die Abhandlungen wissenschaftlichen, technischen oder unterhaltenden Inhalts des § 18 Abs. 2 zu bringen sein würden. 50 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 85. Eine entsprechende Vorschrift gleichen Inhalts fand sich auch in § 32 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht von 1939. 51 Bei der Entnahme aus Zeitungen oder Zeitschriften war nach § 51 Abs. 3 des Entwurfes von 1932 die Quelle anzugeben. 52 Daß auch bei der Rundfunksendung der Zeitungs- und Zeitschriftenartikel die Quelle anzugeben war, ergab sich gleichfalls aus § 51 Abs. 3. Zur Vertiefung vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 85: Umgekehrt erschien es allerdings nicht angängig, den Zeitungen und Zeitschriften das Recht auf freien Abdruck von vermischten Nachrichten und Tagesneuigkeiten zu geben, die durch den Rundfunk gesendet worden waren oder von Rundfunkvorträgen über aktuelle Tagesfragen. Der Abdruck gesendeter Nachrichten und Tagesneuigkeiten würde den gewerblichen Interessen der Nachrichtenagenturen und sonstigen Stellen, die solche Nachrichten gewerbsmäßig sammelten, Abbruch tun. Weiterhin sei zu den Rundfunkvorträgen zu

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Art. 9 der Berner Übereinkunft in der Fassung der Revisionskonferenz von Rom 1928. Hiernach war der Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften grundsätzlich voll geschützt (Art. 9 Abs. 1 RBÜ), mit Ausnahme der Artikel über wirtschaftliche, politische oder religiöse Tagesfragen (Art. 9 Abs. 2 RBÜ). Letztere konnten durch die Presse abgedruckt werden, wenn ihre Wiedergabe nicht ausdrücklich vorbehalten war. 5 3 Der Schutz des Inhaltes von Zeitungen und Zeitschriften blieb auch in der Brüsseler Fassung der R B Ü von 1948 unverändert. 54 Der Kleine Ausschuß der Sachverständigenkommission erweiterte die Bestimmung über die Zeitungs- und Zeitschriftenartikel in § 33 Abs. 2 seiner beiden Entwürfe aus dem Jahre 1951 noch dahingehend, daß auch vermischte Nachrichten tatsächlichen Inhalts oder Tagesneuigkeiten, die durch Funk verbreitet wurden, stets abgedruckt werden durften. 55 Gleichlautend fand sich diese Fassung dann in § 43 des 1954 veröffentlichten RefE. 5 6 Anders wollte dagegen der M i n E von 1959 die Zeitschriften von der Ausnahmebestimmung des § 46 Abs. 1 ausnehmen, weil Zeitschriften auch zu politischen, wirtschaftlichen oder religiösen Tagesfragen oft Artikel enthielten, die bleibende Bedeutung hätten und deshalb unabhängig von einem Vorbehalt gegen Nachdruck geschützt werden sollten. 57 Wie die Vorschrift über die öffentlichen Reden und Vorträge erfuhr die Bestimmung über Zeitungsarbemerken, daß sie auch dann, wenn sie zu den Tagesfragen Stellung nehmen, individuelle Leistungen bestimmter einzelner Persönlichkeiten darstellen, die sich dabei als solche, nicht als ständige Organe einer Informationseinrichtung wie der Presse betätigen. Ihnen das Urheberrecht an ihren Vorträgen zu entziehen, wäre nicht gerechtfertigt. Daß auch bei der Rundfunksendung der Zeitungs- und Zeitschriftenartikel die Quelle anzugeben war, ergab sich gleichfalls aus §51 Abs. 3. 53 Vgl. dazu Art. 9 RBÜ in der Romfassung von 1928, abgedruckt bei Nordemann/Vinck/ Hertin im Anhang S. 417 f. In Art. 9 Abs. 3 waren Tagesneuigkeiten oder vermischte Nachrichten, die sich als einfache Zeitungsmitteilungen darstellten, von dem Schutz der Übereinkunft ausgenommen. 54 Vgl. im einzelnen Baum in GRUR 1949, S. 1 (14). Eigentlich sollte das in Art. 9 Abs. 1 normierte Abdruckverbot auf die Artikel über wirtschaftliche, politische oder religiöse Tagesfragen ausgeweitet und dementsprechend Abs. 2, der solche Artikel mangels eines ausdrücklichen Vervielfältigungsverbotes freigab, gestrichen werden. Aber die Delegationen der Skandinavischen Länder, der Niederlande, Polens und der Tschechoslowakei sprachen sich gegen jede Änderung aus, die die Freiheit der Information beschränkt hätte, und so blieb es bei dem geltenden Wortlaut. 55 Vgl. § 33 des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 023. Die übrigen Änderungen waren rein sprachlicher Natur. Gleich lautete auch § 33 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951. 56 Vgl. zur Vertiefung die Begründung zu §43 RefE S. 134. 57 Vgl. Bemerkungen zum MinE S. 49. Daneben setzte sich der MinE auch mit dem Vorschlag auseinander, die in Abs. 1 der Bestimmung vorgesehene Ausnahme auf durch Funk gesendete Abhandlungen über wirtschaftliche, politische und religiöse Tagesfragen auszudehnen, wie auch die Ausnahme in Abs. 2 die gesendeten vermischten Nachrichten und Tagesneuigkeiten erfaßte. Dagegen bestanden allerdings insofern Bedenken, als die Vervielfältigung durch die Zeitung meist die erste Vervielfältigung darstelle und daher dem Urheber vorbehalten bleiben sollte. Außerdem bestünde die Gefahr einer unrichtigen Wiedergabe beispielsweise beim Abdruck eines nur stenographisch aufgenommenen Vortrags.

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tikel in §49 des RegE von 1961 eine erneute Überarbeitung, die der Vervielfältigungsfreiheit ausdrücklich die Verbreitungsfreiheit gleichstellte und neben den Zeitungen auch andere Informationsblätter nannte, die lediglich den Tagesinteressen dienten.58 Während der Beratungen im Rechtsausschuß des Bundestages kam es schließlich zu einer Gleichstellung von Presseartikeln und Rundfunkkommentaren. Gegen die ursprüngliche Fassung des § 49 RegE, wonach zwar Zeitungsartikel im Rundfunk, umgekehrt aber Rundfunkkommentare nicht in Zeitungen abgedruckt werden durften, hatte der Rechtsausschuß eingewandt, „daß, wenn aktuelle Zeitungsartikel ohne Erlaubnis des Urhebers im Rundfunk gesendet werden durften, es unter den gleichen Voraussetzungen umgekehrt auch zulässig sein sollte, entsprechende Rundfunkkommentare in Zeitungen nachzudrucken.59 Ebenfalls durch den Rechtsausschuß eingeführt wurde eine Vergütungspflicht in § 49 Abs. 1 S. 2. 6 0 Dem Urheber war nunmehr eine angemessene Vergütung zu zahlen, es sei denn, daß es sich um eine Verbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe kurzer Auszüge aus mehreren Kommentaren oder Artikeln in Form einer Übersicht handelte.61 Weiterhin konnte bei der Filmberichterstattung, wie sie vor allem in der Wochenschau erfolgte, die Aufnahme von Tagesereignissen dazu führen, daß der Bericht urheberrechtlich geschützte Werke einschloß.62 Die Frage, ob das allgemeine Interesse an einer aktuellen Filmberichterstattung über Tagesereignisse es auch in solchen Fällen zulasse, die Rechte von Urhebern oder ausübenden Künstlern zu beschrän58

Vgl. dazu Begründung zu dem RegE in BR-Drucks 1/62 S. 66. Die genannten Informationsblätter dienten gleichfalls der schnellen Unterrichtung der Öffentlichkeit und müßten deshalb den Zeitungen gleichgestellt werden. 59 Vgl. 130. Sitzung RA BT am 05.05.1965, S.41, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 45. Der RA nahm den Vorschlag seines Unterausschusses an, welcher in seiner 12. Sitzung am 16.11.1964 über diese Vorschrift beraten hatte und dabei auch die Stellungnahme des Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik berücksichtigt hatte (Kurzprotokoll der 12. Sitzung des UA „Urheberrecht" des RA S.47). Vgl. dazu wiederum Kurzprotokoll der 5. Sitzung des UA „Urheberrechtsfragen" des KA am 15.04.9164 S.6, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 14. 60 Die Einführung einer Vergütungspflicht ging ursprünglich auf einen Vorschlag des UA „Urheberrechtsfragen" des KA zurück, woraufhin der UA „Urheberrecht" des RA eine Neufassung des § 49 Abs. 1 beschloß, vgl. auch die Sachverständigenanhörung in Sten. Prot. Nr. 7 der gemeinsamen Sitzung des im KA gebildeten UA „Urheberrechtsfragen" gemeinsam mit dem UA des RA „Urheberrecht" am 25.05.1964 S.88, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16 sowie Kurzprotokoll der 10. Sitzung UA KA am 28.09.1964, S.9, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 19 und schließlich Kurzprotokoll der 12. Sitzung UA RA am 16.11.1964, S.47. Der Rechtsausschuß nahm dann die Fassung seines Unterausschusses in seinen schriftlichen Bericht auf, vgl. BT-Drucks. IV/3401, S. 16f. zu IV/3401, S.7. 61 So die endgültige Fassung in BGBl. 19651, S. 1273 (1279). 62 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 173. Möglicherweise wurden in einem Filmbericht über eine öffentliche Feier die bei der Feier gehaltenen Reden oder die bei ihr aufgeführten Werke der Tonkunst oder auch bei einem Filmbericht über die Eröffnung einer Ausstellung Werke der bildenden Kunst wiedergegeben.

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ken, war im geltenden Recht nicht geregelt. Weder LUG noch KUG enthielten eine gesetzliche Regelung zur Filmberichterstattung. 63 Erste Vorschläge zur Regelung dieses Problems brachten daraufhin die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932 und 1934. In § 37 des Entwurfes von 1932 war vorgesehen, daß, soweit es die Zwecke der Berichterstattung der Tagesereignisse erforderten, die Übertragung von kleinen Teilen von Vorträgen oder Aufführungen literarischer Werke auf Bild- oder Schallvorrichtungen, ferner auch deren Vervielfältigung, Verbreitung und Benutzung zur öffentlichen Wiedergabe zulässig war. 64 Es gehe nicht an, die Unterrichtung der Allgemeinheit über Tagesereignisse in dieser besonders anschaulichen Form dadurch zu erschweren, daß sie an die Zustimmung des Urhebers der geschützten Werke gebunden werde. 65 Urheberrechtlich geschützte Werke der bildenden Kunst und der Fotografie wurden jedoch noch nicht erfaßt. Ebenso bestimmte § 37 des Entwurfes von 1934, daß kleine Teile von Vorträgen oder von Aufführungen literarischer Werke zu Filmberichten auf Bild- oder Schallvorrichtungen übertragen und diese Vorrichtungen auch vervielfältigt, verbreitet und zur öffentlichen Wiedergabe benutzt werden. 66 Offenkundig wurde die Reformbedürftigkeit des geltenden Rechts dann vor allem durch die sogenannte „Flaggenlied-Entscheidung" des KG vom 11.10.1934.67 Damals hatte das Gericht entschieden, daß die Aufnahme und öffentliche Wiedergabe geschützter Tonkunstwerke im Rahmen von Filmwochenschauen der Einwilligung des Urhebers bedurfte. 68 Da mit einer baldigen Gesamtreform des deutschen Urheberrechts vorläufig jedoch nicht gerechnet werden konnte, andererseits die Frage einer Befreiung der Filmberichterstattung von urheberrechtlichen Ansprüchen nach der FlaggenliedEntscheidung dringend einer Regelung bedurfte, erließ die damalige Reichsregierung am 30.04.1936 das Gesetz zur Erleichterung der Filmberichterstattung, das 63 Zur Vorgeschichte der Filmberichterstattung und der einzelnen Fälle, mit denen sich die Gerichte seinerzeit zu befassen hatten, vgl. die Ausführungen bei Bappert in GRUR 1963, S. 16 f.; Harmsen in GRUR 1952, S. 500 ff. 64 Vgl. zur Vertiefung die Begründung des Entwurfes von 1932 S. 89. Bei der kinematographischen Wiedergabe von Tagesereignissen sei es oft unvermeidlich, daß einzelne kleine Stellen geschützter Werke, die bei dem Ereignis vorgetragen oder aufgeführt wurden, den Besuchern der Lichtspielbühne zu Gesicht oder Gehör gebracht werden. 65 Von dieser Zustimmung könne auch um so eher abgesehen werden, als die Interessen der Urheber durch die kinematographische Berichterstattung kaum beeinträchtigt würden, vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 89. 66 §37 des Entwurfes von 1934, vgl. Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S.541. 67 KG in JW 1935, S. 303 mit Anmerkung Hoffmanns. 68 KG in JW 1935, S. 303: „Solange das Gesetz den Schutzgedanken zugunsten der Wochenschauen nicht durchbrochen hat, besteht auch keine Handhabe, dem Urheber von Musikwerken den gesetzlichen Schutz vorzuenthalten. Sollten sich aber Mißstände und unerträgliche Hemmungen in dieser Richtung herausstellen, so wäre es letzten Endes Sache des Gesetzgebers, helfend einzugreifen."

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sog. „Wochenschaugesetz". Das Gesetz begünstigte die Filmberichterstattung über Tagesereignisse, es erlaubte dem Filmberichterstatter, alle geschützten Werke in ihrem ganzen Umfang aufzunehmen und wiederzugeben.70 Der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 übernahm eine entsprechende Bestimmung unter gleichzeitiger Anwendung auf den Rundfunk. Gem. § 34 durften zur Rundfunk- oder Filmberichterstattung über Tagesereignisse von Unternehmungen, die seitens der Reichsrundfunkkammer oder der Reichsfilmkammer zugelassen waren, urheberrechtlich geschützte Werke, die im Verlaufe der den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Vorgänge für Auge oder Ohr wahrnehmbar wurden, gesendet oder auf Bild- oder Schallvorrichtungen übertragen werden. 71 Bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten zu einem neuen Urheberrechtsgesetz durch das BMJ im Jahre 1951 stellte sich dann zunächst die Frage, ob das WSchG von 1936 weiterhin gültig war. 72 Gegen eine Weitergeltung ließ sich einwenden, daß es im Interesse der von der nationalsozialistischen Staatsführung gelenkten Propaganda dazu dienen sollte, die Filmberichterstattung zu fördern und insbesondere durch die Beschränkung auf die von der Reichsfilmkammer zugelassenen Unternehmen den Bestrebungen der nationalsozialistischen Kultur- und Filmpolitik Vorschub zu leisten.73 Für die Fortgeltung des WSchG sprach andererseits die Tatsache, daß es sich bei ihm nicht um ein typisches NS-Gesetz handelte.74 Es begünstigte lediglich die von der Reichsfilmkammer zugelassenen Unternehmen, was sich daraus erklärte, 69 RGBl. 19361, S.404. Vgl. den Wortlaut: „Unternehmen, die von der Reichsfilmkammer zur Herstellung von Filmberichten über Tagesereignisse zugelassen sind, ist es gestattet, bei der Aufnahme solcher Berichte auch urheberrechtlich geschützte Werke, die im Verlauf der festgehaltenen Vorgänge für Auge oder Ohr wahrnehmbar werden, auf die Bild- oder Schall Vorrichtungen zu übertragen." In einem zweiten Absatz war folgendes festgehalten: „Die Vorrichtungen dürfen für Zwecke der Filmberichterstattung vervielfältigt, verbreitet und zur öffentlichen Wiedergabe benutzt werden." 70 Zur Erläuterung der gesetzlichen Regelung im einzelnen vgl. die Ausführungen bei B appert in GRUR 1963, S. 16 (18 f.); Bussmann in UFITA Bd. 40 (1963), S.21 (22) m. w.N. und auch Harmsen in GRUR 1952, S. 500 (503 f.) Unter den Begriff „Filmberichte über Tagesereignisse" fielen auch größere Zusammenstellungen über die Tagesereignisse oder besondere Filme, sogenannte „stories". Weitere Voraussetzung war, daß die Wiedergabe mit dem Geschehensablauf identisch sein mußte, und zwar in seiner Wirkung auf Auge und Ohr. Schließlich mußte sich die Filmberichterstattung auf das Wesentliche beschränken. Zu betonen ist noch, daß das WSchG ausdrücklich nur die Freiheit von urheberrechtlich geschützten Werken behandelte. 71 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.46. Der Ausschuß hatte die im amtlichen Entwurf von 1932 vorgesehenen Bestimmungen über den Filmbericht dem Gesetz zur Erleichterung der Filmberichterstattung vom 30.04.1936 angepaßt und auf die Rundfunkberichterstattung erstreckt. 72 Jedenfalls war es nicht ausdrücklich aufgehoben. 73 Vgl. Bappert in GRUR 1963, S. 16 (18). 74 So die h.M. vgl. Harmsen in GRUR 1952, S.500 (502). Für die Fortgeltung des WSchG sprachen sich weiterhin aus Becker in GRUR 1951, S.442 (444); Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 174.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

daß Filmschaffende damals nur als Mitglieder der Reichsfilmkammer ihren Beruf ausüben konnten.75 Nach Fortfall der Reichsfilmkammer war die diesbezügliche Beschränkung gegenstandslos, so daß die Weitergeltung des WSchG mit der Maßgabe angenommen wurde, die Beschränkung der Privilegierung auf die von der Reichsfilmkammer zugelassenen Unternehmen sei weggefallen. 76 Daneben ergaben sich Zweifel, ob das deutsche WSchG mit der RBÜ vereinbar war. Nach der bislang für Deutschland verbindlichen Romfassung von 1928 hing diese Frage davon ab, ob man die Filmberichterstattung nach Art. 13 oder Art. 14 RBÜ behandelte.77 Der Unterschied hierbei war, daß nach Art. 13 RBÜ Vorbehalte und Einschränkungen, die sich auf die Anwendung dieses Artikels bezogen, durch die innere Gesetzgebung jedes Verbandslandes festgesetzt werden konnten, daß also, wenn die filmische Berichterstattung unter Art. 13 RBÜ fallen sollte, jedes Verbandsland berechtigt war, eine Sonderregelung zu treffen. Bei Art. 14 RBÜ, der die Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke durch den Film behandelte, fehlte es an einem Vorbehalt der einzelnen Mitgliedstaaten, so daß diese Regelung für alle Mitgliedstaaten verbindlich war. 78 Auch die Brüsseler Konferenz befaßte sich mit der Filmberichterstattung und traf in Art. 10 bis eine Regelung, wonach es der „Gesetzgebung der Unionsländer vorbehalten blieb, die Bedingungen zu regeln, unter welchen die Eintragung, Wiedergabe oder Veröffentlichung kurzer Auszüge literarischer, oder künstlerischer Werke zum Zwecke der Berichterstattung bei aktuellen Anlässen durch Fotografie, Film oder Rundfunkübertragung erfolgen kann." 79 75 Vgl. § 3 des Gesetzes über die Errichtung einer vorläufigen Filmkammer vom 14.07.1933 (RGBl. I, S. 483); §4 der 1. DVO zum Reichskulturkammergesetz vom 01.11.1933 (RGBl. S.797); Plugge/Roeber in UFITA Bd. 7 (1934), S. 1 (9). 76 Vgl. Bappert in GRUR 1963, S. 16 (18). Ebenfalls für die Fortgeltung des WSchG vgl. Becker in GRUR 1951, S.444; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 174; Runge, S. 143; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 156 f. 77 Vgl. Art. 13 und Art. 14 der Romfassung der RBÜ, abgedruckt bei Nordemann/Vinck/Hertin, S.419. Art. 13 RBÜ behandelte den Fall der Aufnahme von Werken der Tonkunst auf Instrumente, Art. 14 RBÜ dagegen die Wiedergabe, Adaption oder öffentliche Aufführung von Werken der Literatur, Wissenschaft oder Kunst durch die Kinematographie. 78 Vgl. Harmsen in GRUR 1952, S.500 (502). Während sich Kühnemann (Kühnemann in DJ 1936, S. 726 ff.) dafür aussprach, daß die Frage der filmischen Berichterstattung nach Art. 13 RBÜ zu behandeln sei, in dessen Ausführung die Mitgliedstaaten eben frei seien, wandte sich das Berner Büro selbst gegen eine Vereinbarkeit des deutschen WSchG mit der RBÜ (vgl. die Ausführungen in DdA 1937, S.76). Ebenso stellte sich Baum auf den Standpunkt, daß das deutsche Gesetz an Art. 14 über die Filmberichterstattung zu messen sei (Baum in GRUR 1949, S. 1 (5)). 79 Vgl. zur Vertiefung Bappert/Wagner, Art. 10 bis RBÜ, Rz. 2 ff. Die Vorschrift gestattete nicht selbst jure conventionis die Aufnahme und Wiedergabe einzelner Teile geschützter Werke in solche Berichte über aktuelle Ereignisse, sondern gab nach dem halbstarren System den einzelnen Ländern lediglich die Möglichkeit, durch ihre interne Gesetzgebung für diese Zwekke den urheberrechtlichen Schutz auch für die verbandsangehörigen Werke einzuschränken. Der Freiheit des Landesgesetzgebers war allerdings insoweit eine Schranke gesetzt, als zwingend vorgeschrieben war, daß nur kurze Bruchstücke aus geschützten Werken bei einer Be-

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Zur Vorbereitung der Anpassung der deutschen Gesetzgebung an die Brüsseler Fassung der RBÜ sahen beide Entwürfe des in der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschusses von 1951 eine ähnliche Regelung für Funk- und Filmberichte über Tagesereignisse vor. Nach § 34 durften solche Berichte urheberrechtlich geschützte Werke, die im Verlauf der den Gegenstand der Berichterstattung bildenden Vorgänge für Auge oder Ohr wahrnehmbar wurden, senden oder auf Bild- und Tonträger übertragen und diese dann auch vervielfältigen. 80 Eine Abweichung von der Brüsseler Übereinkunft war allerdings insoweit gegeben, als daß in Art. 10 bis RBÜ nur kleine Auszüge zugelassen waren. Eine gleichlautende Bestimmung enthielt der 1954 veröffentlichte RefE. Auch §44 RefE wich insofern von der Vorgabe des Art. 10 bis RBÜ ab, als dieser sich nur auf Bruchstücke bezog, der RefE eine solche Einschränkung aber nicht enthielt. Die Begründung führte dazu aus, es könne vorkommen, daß bei der Veranstaltung, die Gegenstand des Filmberichts sei, ein ganzes Werk geringen Umfangs vorgetragen oder aufgeführt werde, beispielsweise ein kleines Gedicht oder ein kurzes Lied. 81 Es bestehe kein Grund, die Aufnahme eines solchen Werkes in den Filmbericht von der Zustimmung des Urhebers abhängig zu machen.82 Mißbräuche, etwa derart, daß große Werke in den Filmbericht aufgenommen werden, seien nicht zu befürchten, weil die Filmberichte sich auf die Wiedergabe von Tagesereignissen beschränken müssen.83 § 47 des MinE von 1959 beschränkte die Wiedergabe von Werken in Funk- und Filmberichten auf den „durch den Zweck gebotenen Umfang". 84 Gleichzeitig wurde die Bestimmung durch die Freigabe der Vervielfältigung zugunsten der Bildberichterstattung erweitert. Die Verfasser des MinE sahen keinen Anlaß, diese in urheberrechtlicher Beziehung nicht wesensverschiedene Art der Berichterstattung anders als die Funk- und Filmberichterstattung zu behandeln.85 Mit Rücksicht auf die Erweiterung zugunsten der Bildberichterstattung war in einem neu eingefügten Abs. 3 vorgesehen, daß die Lichtbilder auch in Zeitungen oder Zeitschriften, die im wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung trugen, vervielfältigt und verbreitet werden durften. 86 Der RegE von 196187 sowie der spätere Gesetzestext von 196588 richterstattung über Tagesereignisse festgehalten, wiedergegeben und öffentlich mitgeteilt werden durften. 80 §34 des Berliner Entwurfes vom März 1951 inB 141/2551 B1.023 mit entsprechender Begründung auf Bl. 062. Denselben Wortlaut enthielt § 34 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951, vgl. Β 141/2551 Bl. 101. 81 Begründung zum RefE S. 136. 82 Begründung zum RefE S. 136. Die Interessen des Urhebers würden hierdurch ebensowenig berührt, wie die derjenigen Urheber, von deren Werken nur Bruchstücke aufgenommen werden. 83 Begründung zum RefE S. 137. Nach § 145 RefE wurde zudem das Gesetz zur Erleichterung der Filmberichterstattung außer Kraft gesetzt, da es durch die in §44 RefE getroffene Regelung gegenstandslos werde. 84 Vgl. Bemerkungen zum MinE S. 50. Mit dieser Einschränkung sollten Mißbräuche verhindert werden. 85 Bemerkungen zum MinE S. 50. 86 Vgl. zur Vertiefung die Bemerkungen zum MinE S. 50.

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stimmten mit der Fassung des MinE inhaltlich überein (§ 50 RegE). Die Begründung wies dabei darauf hin, daß es zwar einen Verstoß gegen den Wortlaut des Art. 10 bis RBÜ darstelle, nicht jedoch gegen den Sinn der Berner Übereinkunft, wenn ein Verbandsstaat die Aufnahme ganzer Werke in den Bericht zulasse, zugleich aber den Umfang der zugelassenen Werke zur Verhütung von Mißbräuchen in anderer Weise begrenze.89 Der RegE lasse zwar die Aufnahme und Wiedergabe ganzer Werke in den Bericht zu, bestimme aber, daß die Werke nur in dem durch den Zweck der Berichterstattung gebotenen Umfang vervielfältigt, verbreitet und öffentlich wiedergegeben dürfen. 90 Als klassische Schranke des Urheberrechts ist die Zitierfreiheit zu nennen.91 Im Kern ging es um das Interesse an freier geistiger Auseinandersetzung. 92 Der Allgemeinheit sollte die Möglichkeit eröffnet werden, sich mit den Werken „kritisch und die Ergebnisse verarbeitend" auseinanderzusetzen. Diesen Tribut zolle der Urheber der Allgemeinheit dadurch, daß auch sein Werk aus der gesamten geschichtlichen und kulturellen Grundlage des Volkes, dem er angehörte, beruhte. 93 Aus dem geistigen Schaffen erwachse daher zwangsläufig das Recht zum Zitieren und Referieren. 94 In dem geltenden Recht nach LUG und KUG war das Zitatrecht nur vereinzelt und unvollständig geregelt. 95 Das Gesetz begünstigte dabei die unterschiedlichen Arten geistigen Schaffens in verschiedener Weise. In einer selbständigen literarischen Arbeit durften nach §§19 Ziff. 1 und 21 Ziff. 1 LUG bloß einzelne Stellen oder 87

Vgl. im einzelnen die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.66f. §50 des UrhG von 1965 in BGBl. 19651 S. 1273 (1280). 89 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.67. 90 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 67. Eine wörtliche Auslegung des Begriffs „kurze Bruchstücke" in Art. 10 bis der Brüsseler Übereinkunft hielt man ohnehin für unpraktikabel, da sich Berichterstattung nicht immer auf kurze Bruchstücke reduzieren lasse und von einem Werk der bildenden Künste wohl sowieso keine Bruchstücke gezeigt werden könnten, vgl. dazu Bussmann in UFITA Bd.40 (1963), S.21 (31); Gerstenberg in UFITA Bd.20 (1955), S. 295 (298). Schließlich trug dann auch die Stockholmer Fassung der RBÜ in Art. 10 bis diesen Bedürfnissen Rechnung, vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 10 bis RBÜ, Rz. 1. 91 Vgl. Schack, Rz.487; vgl. auch Schricker, §51 Rz.7. Die Zitierfreiheit gehöre zu den wichtigsten Schrankenvorschriften, hauptsächliches Anwendungsgebiet seien die Sprachwerke. In vielen Bereichen, namentlich in der Wissenschaft könne man ohne Zitieren nicht sachgerecht arbeiten. 92 Schricker, § 50 Rz. 6. Zweck der Zitierfreiheit sei ganz allgemein die Begünstigung der kulturellen Entwicklung im weitesten Sinn. Zitieren bedeute, mit Werken anderer Urheber durch deren ganze oder teilweise Wiedergabe im Rahmen des eigenen Werkes Kontakt herzustellen. 93 Vgl. Runge, S. 167. In der gleichen Weise, wie der Urheber selbst sich der langen Kette seiner Vorschöpfer anschließe, deren Arbeiten ihm Vorbild und Anregung waren, müsse unter Durchbrechung des Urheberrechtsschutzes der Allgemeinheit die Möglichkeit eröffnet werden, sich mit seinem Werk kritisch auseinanderzusetzen. 94 Runge, S. 167. 95 Für einen kurzen Überblick zu der Zitierfreiheit vgl. Löffler/Glaser in GRUR 1958, S. 477-480. 88

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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kleine Teile eines veröffentlichten Sprachwerkes oder einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Tonkunst angeführt werden (sogenanntes Kleinzitat). 96 Ferner durften nach § 23 LUG einem Schriftwerk einzelne wissenschaftliche oder technische Abbildungen aus einem erschienenen Werk beigefügt werden, sofern dies ausschließlich zur Erläuterung des Inhalts geschah.97 Durch malende und zeichnende Kunst, sowie durch Fotografieren konnten nach § 20 KUG Kunstwerke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befanden, wiedergegeben werden. 98 Danach war es zulässig, Bauwerke, Denkmäler und Brunnen, die sich an öffentlichen Plätzen befanden, ohne Befragung des Urhebers auf Fotografien, Zeichnungen oder Ansichtspostkarten abzubilden. Es kam nicht darauf an, ob sie nur als Teil des Städte- und Straßenbildes erschienen oder ob sie der Hauptgegenstand der Wiedergabe waren. 99 Streitig war schließlich die Zulässigkeit des Musikzitates, ob also Stellen aus geschützter Musik auch in einem Werk der Tonkunst zitiert werden können, da das Gesetz zu dieser Frage schwieg.100 In weiterem Umfang als für literarisches und künstlerisches Schaffen ließen §§19 Ziff. 2 und 21 Ziff. 2 LUG, § 19 KUG Zitate zugunsten der Wissenschaft zu. In eine selbständige wissenschaftliche Arbeit durften einzelne Aufsätze von geringem Umfang oder einzelne Gedichte, kleinere Kompositionen sowie einzelne Werke der bildenden Kunst aufgenommen werden (sogenanntes Großzitat). 101 Für alle Arten von Zitaten galt nach § 25 LUG das Gebot der Quellenangabe.102 96

Vgl. zur Vertiefung Marwitz/Möhring, § 19 Rz. 5 ff.; Allfeld, § 19 LUG, Rz. 8 ff. Es handelte sich um das Anführen einzelner Stellen oder kleinerer Teile eines Schriftwerkes, eines Vortrags oder einer Rede, nicht um die Aufnahme eines ganzen Werkes, wenn auch von geringem Umfang. Von dem Nachdruck unterschied sich das Zitieren hauptsächlich durch den Zweck der Entnahme. Als solcher kam insbesondere in Betracht, die Aussprüche anderer Schriftsteller historisch, ästhetisch oder kritisch zu beleuchten oder auch sich für die Richtigkeit seiner eigenen Meinung auf andere als Gewährsmänner zu berufen oder das von diesen Gesagte weiter auszuführen, kurz, die Neuerungen eines anderen oder mehrerer anderer im Rahmen einer eigenen geistigen Tätigkeit vereinzelt zu benutzen, vgl. Allfeld, § 19 LUG, Rz. 10. Dagegen durfte der Zweck des Zitierens nicht sein, vorhandene Schriften in einer neuen, ohne wesentliche eigene Zutat wiederzugeben und dadurch die eigene Arbeit zu ersetzen. Daher forderte das Gesetz das Zitieren in einer selbständigen literarischen Arbeit. 97 Vgl. dazu die Ausführungen bei Allfeld, § 23 LUG und auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 178. Ganz allgemein durften einem Schriftwerk einzelne Abbildungen beigefügt werden, wenn sie ausschließlich zur Erläuterung des Inhaltes bestimmt waren. Dies galt nicht nur zugunsten wissenschaftlicher und technischer Werke, sondern auch für Schulbücher und sonstige Schriftwerke, nicht jedoch für Bücher, die nur aus Abbildungen bestanden, vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 149. 98 Vgl. dazu auch den kritischen Beitrag von Hirsch-Ballin in UFITA Bd. 23 (1957), S. 1-15. 99 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 182. Freigegeben war nur die Wiedergabe durch malende oder zeichnende Kunst oder durch Fotografie. Plastische Wiedergabe oder Nachbauen war unzulässig. Soweit die Vervielfältigung freigegeben war, war auch die Verbreitung der Vervielfältigungsstücke zulässig, vgl. § 20 Abs. 3 KUG. 100 Zur Vertiefung Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 176f. m. w. N., der die Frage im Ergebnis bejahte. 101 Vgl. im einzelnen Allfeld, § 19 LUG Rz. 16ff.; Marwitz/Möhring, § 19 LUG Rz.9ff. Das Großzitat war also nicht auf Bruchstücke beschränkt. Voraussetzung war stets, daß das benutz2

Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Der Entwurf von 1932 regelte in § 34 Ziff. 1 in Anlehnung an § 19 Ziff. 1 LUG das Kleinzitat zu literarischen Zwecken. Dabei wurde allerdings der im geltenden Recht verwendete Ausdruck „kleinere Teile eines Schriftwerkes" wegen seiner Unbestimmtheit weggelassen.103 Auch die Vorschrift unter Ziff. 2 des § 34 entsprach, soweit sie das Großzitat zu wissenschaftlichen Zwecken betraf, dem bisherigen Recht in § 19 Ziff. 2 LUG. Allerdings hielt es der Entwurf von 1932 für angezeigt, den Umfang der zulässigen Entnahme dadurch genauer zu bestimmen, daß die Entnahme jedesmal durch den Zweck des entlehnenden wissenschaftlichen Werkes gerechtfertigt sein mußte.104 In gleicher Weise war die Aufnahme wissenschaftlicher und technischer Zeichnungen in Werke wissenschaftlichen Charakters geregelt. 105 Voraussetzung für die Zulässigkeit aller Zitate war weiterhin die Quellenangabe (§ 51). 106 Der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 übernahm in § 35 die Bestimmung betreffend die Zitate und ließ daneben auch das bislang nicht geregelte Musikzitat ausdrücklich zu. 107 Damit entsprachen die Entwürfe von 1932 und 1939 der Vorgabe des Art. 10 RBÜ, welcher in der Romfassung von 1928 den Verbandsstaaten die Möglichkeit überließ, den Schutz der Urheber durch die Zulässigkeit bestimmter Zitate zu beschränken. 108 Auf der Brüsseler Konferenz von 1948 wurde diese Bestimmung dadurch ergänzt, daß Entnahmen in dem Maße zulässig waren, als sie durch ihren Zweck gerechtfertigt wären. 109 Außerdem wurden in einem neu eingefügten Abs. 1 kurze Zitate aus Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln, auch in Form von Presseüberte Werk erschienen bzw. als Kunstwerk bleibend öffentlich ausgestellt war, vgl. auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 176. 102 Vgl. dazu Allfeld, § 25 LUG Rz. 1. Die Verpflichtung zur Quellenangabe entsprach in erster Linie der personenrechtlichen Seite des Urheberrechts, diente zugleich aber auch dem Zweck, auf das Werk aufmerksam zu machen. 103 Vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 86. 104 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 86. Nach wie vor blieb die weitere Voraussetzung bestehen, daß das aufnehmende Werk eine selbständige Schöpfung darstellen mußte, also ein Werk, welches auf der eigenen Arbeit des Urhebers beruhte. los Vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 86. Weiterhin war es auch zulässig, Werke die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befanden, im Wege der Malerei, Graphik oder Fotografie zu vervielfältigen. Der Entwurf regelte diese freie Werknutzung bei Werken der bildenden Künste in einer gesonderten Vorschrift (§42 des Entwurfes von 1932). 106 Auch in der Fassung von 1934 war die Vervielfältigung von Werken der Literatur zulässig, wenn einzelne Stellen eines Sprachwerkes nach der Veröffentlichung in einem selbständigen literarischen Werk angeführt wurden, vgl. § 34 des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 541. 107 Vgl. § 35 Ziff. 2 des Entwurfes von 1939, wonach eine Vervielfältigung zulässig sein sollte, wenn einzelne Stellen eines erschienenen Werkes der Tonkunst in einem selbständigen neuen Tonwerk angeführt wurden, wie das fremde Thema in einem Variationenwerk. 108 Vgl. Art. 10 RBÜ in der Romfassung bei Nordemann/Vinck/Hertin, Anhang S.418. 109 Vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1(15). Den Gesetzgebungen der einzelnen Verbandsländer war es danach weiterhin überlassen, das Recht des Zitats im einzelnen zu regeln. Maßgebend dafür, welche Entlehnungen aus dem Werk eines verbandsangehörigen Urhebers erlaubt sein sollten, war also die Gesetzgebung des Landes, in dem die Entlehnung vorgenommen werden sollte.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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sichten, freigegeben. Bei allen zulässigen Zitaten mußte ferner nach Art. 10 Abs. 3 der Brüsseler Fassung die Quelle und, wenn aus dieser der Name des Urhebers ersichtlich war, auch dieser angegeben werden. 111 Daraufhin bemühte sich auch der Kleine Ausschuß der Sachverständigenkommission, in seine beiden Vorentwürfe zum RefE eine umfassende Regelung des Zitatrechts aufzunehmen. § 35 des Berliner Entwurfes vom März 1951 unterschied entsprechend dem geltenden Recht ein selbständiges Werk der Sprache, in welches einzelne Stellen eines Werkes nach der Veröffentlichung aufgenommen werden durften (Nr. 1), von einem selbständigen wissenschaftlichen Werk, in welches andere Werke nach deren Erscheinen in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang aufgenommen werden durften (Nr. 3). 112 Letzteres sollte auch für Werke der bildenden Künste gelten, wenn sie bleibend öffentlich ausgestellt waren. In § 35 Nr. 2 des Berliner Entwurfes war zudem das Musikzitat ausdrücklich zugelassen, allerdings ebenfalls nur in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang. 113 Daneben wurde die Befugnis zur Anführung und Benutzung eines musikalischen Themas in einem Variationenwerk in dieser Vorschrift besonders geregelt (§ 35 Nr. 2 a). 114 Das Gebot der Quellenangabe war in § 43 festgehalten. § 35 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 entsprach der Vorschrift aus dem Berliner Entwurf, mit dem Unterschied, daß die Nr. 2 über das Musikzitat gestrichen wurde. 115 Somit war nur noch die Anführung und Benutzung eines musikalischen Themas in einem Variationenwerk besonders festgehalten. Wörtlich übernommen wurde der Vorschlag des Berliner Entwurfes dann in den RefE von 1954. § 50 des RefE regelte in Nr. 1 das sogenannte große Zitat zu wissenschaftlichen Zwecken.116 § 50 Nr. 2 erfaßte das sogenannte kleine Zitat zu literarischen Zwecken und nach Nr. 3 und Nr. 4 dieser Vorschrift war das Musikzitat weiterhin zu110

Vgl. dazu Bappert/Wagner, Art. 10 RBÜ, Rz. 2 f. Damit enthielt die Vorschrift des Art. 10 Abs. 1 zwingendes Recht: Entlehnungen der erwähnten Art mußte der verbandsangehörige Urheber von Presseartikeln im gesamten Verbandsgebiet dulden, also auch in dem Verbandsland, dessen Urheberrechtsgesetz eine solche Einschränkung nicht kannte. Bei allen zulässigen Zitaten mußte femer nach Art. 10 Abs. 3 der Brüsseler Übereinkunft die Quelle, und wenn aus dieser der Name des Urhebers ersichtlich war, auch dieser angegeben werden. 111 Bappert/Wagner, Art. 10 RBÜ, Rz. 9. 112 Vgl. § 35 des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β141/2551 Bl. 024. 113 Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf von 1951 in Β 141/2551 B1.062. Die Worte „in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang" waren eingefügt worden, um Mißbräuchen des musikalischen Kleinzitats vorzubeugen. 114 Zulässig war danach die Vervielfältigung, wenn ein Thema aus einem erschienenen Werk der Tonkunst in einem neuen selbständigen Variationenwerk angeführt und benutzt wird, vgl. § 35 Nr. 2 a des Berliner Entwurfes in Β141/2551 Bl. 024. 115 Vgl. § 35 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β141/2551 Bl. 101 f. 116 Gegenüber § 35 des Berliner Entwurfes war die Regelung des großen Zitats also vorangestellt worden. Die Begründung berief sich auf die Anlehnung an § 19 Nr. 2, § 21 Nr. 2, § 23 LUG und § 19 Abs. 1 KUG. Die Bestimmungen des geltenden Rechts seien im wesentlichen beibehalten, aber straffer zusammengefaßt worden, vgl. Begründung zum RefE S. 165. 2

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gelassen. 117 Entsprechend dem geltenden Recht war es nach § 53 RefE möglich, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befanden, i m Wege der Malerei oder Graphik oder durch Lichtbild zu vervielfältigen. 1 1 8 Unverändert blieb bei allen zulässigen Benutzungen eines fremden Werkes das Erfordernis, die Quelle deutlich anzugeben (§ 57 RefE). § 53 des M i n E von 1959 über die Zulässigkeit von Zitaten stimmte mit § 50 des RefE überein 1 1 9 und wurde auch in dem RegE von 1961 beibehalten. 120 § 51 des RegE stellte der Vervielfältigung dann noch die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe gleich. 1 2 1 In der endgültigen Gesetzesfassung von 1965 wurde § 51 zwar sprachlich überarbeitet, inhaltlich aber i m wesentlichen aus dem RegE übernommen. Trotz der vor allem aus Kreisen der Komponisten vorgetragenen K r i t i k an der in Nr. 3 nach wie vor enthaltenen Zulässigkeit des Musikzitats, wollte der Rechtsausschuß des B T daran festhalten. 122 Diese Regelung sei insbesondere i m Hinblick auf satirische und kabarettistische Darbietungen notwendig. Gestrichen wurde allerdings die ausdrückliche Erwähnung der zulässigen Übernahme eines musikalischen Themas in ein Variationenwerk. Diese Vorschrift erübrige sich, da nach der Beibehaltung des starren Melodienschutzes in § 2 4 1 2 3 Variationen über eine geschützte 117 Gem. § 50 Nr. 3 durften einzelne Stellen eines erschienen Werkes der Tonkunst in einem selbständigen Werk der Tonkunst in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang angeführt werden. Die Begründung (S. 166) führte dazu aus, daß diese Bestimmung den Bedürfnissen des geistigen Schaffens entspreche. Es müsse zulässig sein, in einem Werk der Tonkunst durch die Anführung eines bekannten Themas oder einer bekannten Melodie aus einem anderen Musikwerk einen bestimmten Gedankeninhalt auszudrücken. Um auch hier einen Mißbrauch auszuschließen, bestimme der Entwurf, daß dieses Musikzitat nur in dem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang zulässig war. Weiterhin bestehe ein anerkennenswertes Bedürfnis, daß der Urheber eines in freier Benutzung eines fremden Themas geschaffenen Variationenwerkes dieses fremde Thema unverändert in seinem Werk aufführen konnte, da in einem Variationenwerk das variierte Thema den Variationen ja gerade vorangestellt zu werden pflegte, vgl. Begründung S. 167. 118 Der RefE erweiterte diese Befugnisse zusätzlich um die öffentliche Vorführung und die Funksendung, vgl. dazu Begründung zum RefE S. 169. 119 Auch die Bemerkungen zu § 53 des MinE waren gleichlautend mit der Begründung zu der entsprechenden Bestimmung des RefE, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 57. 120 Vgl. zur Vertiefung die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 67. 121 Ohne sachliche Änderung fand sich in beiden Entwürfen eine entsprechende Bestimmung über Kunstwerke an öffentlichen Plätzen (§ 56 MinE, § 60 RegE) sowie das Gebot der Quellenangabe (§ 60 MinE, § 63 RegE). 122 Vgl. den schriftlichen Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 17, zu IV/3401, S.7. 123 Vgl. zum starren Melodienschutz, welcher in dem RegE von 1961 zunächst gestrichen war, dann aber in den endgültigen Gesetzestext doch wieder aufgenommen wurde, Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. 4. b) aa). Vor allem Dr. Richartz vom Deutschen Komponistenverband wandte sich im Rahmen der Sachverständigenanhörung in einer gemeinsamen Sitzung des Unterausschusses „Urheberrecht" des RA gemeinsam mit dem im KA gebildeten Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" gegen die Abschaffung des Melodienschutzes, vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S.21, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Daraufhin entschloß sich der RA, den absoluten Melodienschutz aufrechtzuerhalten, was auch in

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Melodie stets nur mit Zustimmung des Urhebers der Melodie zulässig waren. Als redaktionelle Änderung wurde die Einschränkung der Zulässigkeit von Zitaten auf einen durch den Zweck gebotenen Umfang den einzelnen Ziffern der Bestimmung vorangestellt, so daß sie sich auf sämtliche Arten von Zitaten bezog.125 Im Interesse des musikalischen Schaffens war schließlich in § 20 LUG die Vertonungsfreiheit des Liedes festgelegt. 126 Von dem Verbot der Vervielfältigung wurde hier eine weitere Ausnahme gemacht, um dem musikalischen Schaffen einen weitest möglichen Spielraum zu verschaffen. 127 Zulässig war danach die Verwertung eines vertonten Gedichts, wenn dies in Verbindung mit der Musik geschah.128 Der Komponist durfte also das Gedicht nicht nur vertonen, sondern auch mit der Musik drukken und, wie sich aus § 26 LUG ergab, verbreiten und aufführen lassen, ohne den Dichter befragen oder ihm einen Teil des Gewinns überlassen zu müssen. Gegenstand der erlaubten Vervielfältigung konnten allerdings nur kleinere Teile einer Dichtung oder Gedichte von geringem Umfang sein. 129 Dichtungen, die ihrer Gattung nach zur Komposition bestimmt waren, wie Texte zu Oratorien, Opern, Operetten oder Singspielen, wurden ausgenommen.130 Lagen diese Voraussetzungen vor, so durfte der vertonte Text in Verbindung mit der Komposition vervielfältigt werden. Sobald das Werk aufgeführt wurde, erwuchs aus der Vertonungsfreiheit die Programmfreiheit. In diesem Fall durfte der Text auch ohne Noten vervielfältigt werden, sofern die Vervielfältigung ausschließlich zum Gebrauch der Hörer bestimmt war. 131 Nicht gestattet war allerdings die Übertragung des Textes auf Schallplatten ohne die Zustimmung des Dichters, selbst wenn dies in Verbindung mit der Musik den Gesetzestext von 1965 übernommen wurde, vgl. vor allem 130. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 130, S.37, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 45. 124 Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/270, IV/3401, zu IV/3401. 125 Vgl. §51 des UrhG von 1965 in BGBl. 19651, S. 1273 (1280). Diese endgültige Fassung des Zitierrechts in § 51 UrhG wurde teilweise als zu eng kritisiert. Sie werde den Erfordernissen, die sich insbesondere aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit ergeben, nicht gerecht. Vgl. dazu Löffler in NJW 1980, S.201 (203/205). 126 Zu dem Zweck dieser Vorschrift vgl. Marwitz/Möhring, § 20 LUG Rz. 1. Der Gesichtspunkt des Nachdrucks trat in den Hintergrund, da das Schriftwerk nur als Beigabe zu dem Werk der Tonkunst in Erscheinung treten sollte. 127 Allfeld, ξ 20 LUG, Rz.l. 128 Vgl. Hubmann, Urheber- und Vertragsrecht, 1. Auflage, S. 150. Es ging also nicht etwa um die Zulässigkeit der Vertonung eines Gedichts durch einen Komponisten für private Zwekke, die bereits nach § 15 Abs. 2 LUG erlaubt war. 129 Allfeld, § 20 LUG, Rz. 2 f. Auch durften diese Dichtungen erst nach ihrem Erscheinen mit Werken der Tonkunst wiedergegeben werden. 130 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 179. Dagegen waren lyrische Gedichte, Balladen, Stellen aus einem Epos usw. der Vertonungsfreiheit unterworfen. Sie konnten zur Komposition geeignet sein, waren aber nicht ihrer Gattung nach dazu bestimmt. 131 Das Gesetz wollte damit der Praxis der Konzertveranstalter Rechnung tragen, die dazu übergegangen waren, die Texte von Liedern oder dergleichen in Programmen abzudrucken, ohne die Einwilligung des Urhebers einzuholen. Dieser tatsächliche Zustand sollte vom Gesetz gebilligt werden, vgl. dazu Allfeld, § 20 LUG, Rz. 10.

406 geschehen sollte.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 132

Die Bestimmung des §20 L U G wurde von wissenschaftlicher

Seite vielfach kritisiert. 1 3 3 Sie überschätze den kulturellen Wert der Musik und benachteilige den Dichter. 1 3 4 Diesem gebühre nicht nur ein Anteil an dem Gewinn, der mit seinem Text gemacht werde, sondern es müsse ihm vor allem auch die Entscheidung darüber überlassen werden, ob er seinen Text überhaupt vertont sehen wolle. Mancher Dichter sei nämlich der Auffassung, daß sein Werk nur durch das Wort wirken solle. 1 3 5 Der Entwurf von 1932 gab daher in § 35 entsprechend dem geltenden Recht Dichtungen und Gedichte in gewissem Umfang zur Vertonung frei, räumte dem Dichter aber gleichzeitig gegen den Komponisten einen Anspruch auf angemessene Beteiligung an dem Ertrag ein, den dieser durch die urheberrechtliche Verwertung des mit dem Text verbundenen Tonwerkes erzielt hatte. 1 3 6 I n Übereinstimmung mit § 20 Abs. 3 L U G erfaßte die in § 35 Abs. 1 gewährte Vervielfältigungsfreiheit gem. § 36 des Entwurfes von 1932 nicht die Übertragung auf Bild- oder Schallvorrichtungen. 1 3 7 Es würde die Rechte des Textverfassers über das gebotene Maß und den Zweck der Vertonungsfreiheit des Liedes hinaus beschränken, wollte man ihm auch die Verfügung darüber entziehen, ob sein Werk zusammen mit dem Tonwerk auf Schallvorrichtungen übertragen werden soll. 1 3 8 Dichtungen, die ihrer Gattung nach zur Vertonung bestimmt waren, wurden weiterhin von dem Entnahmerecht ausgenommen (§35 Abs. 2 ) . 1 3 9 132

Vgl. dazu Allfeld, § 20 LUG, Rz. 13. Auf diese Art der Verwertung des geschaffenen Werkes traf der Gesichtspunkt, von dem aus sich die in dieser Vorschrift vorgesehene Ausnahme rechtfertigen ließ, nämlich die Freiheit des musikalischen Schaffens, nicht zu. Das Gesetz wollte daher, um jegliche Zweifel zu vermeiden, ausdrücklich klarstellen, daß für diese Fälle die Ausnahmebestimmung nicht zur Anwendung komme. 133 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 180. Das geltende Recht setze die Interessen der Textdichter sowohl zugunsten der Herausgeber von Liedersammlungen, wie zugunsten der Komponisten, die ihre Lieder vertonen, und der Veranstalter von Aufführungen zurück. Diese Zurücksetzung erscheine als zu weitgehend. 134 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 151. 135 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 151. 136 Vgl. dazu Begründung des Entwurfes von 1932 S. 87. Nach geltendem Recht führe die Vertonungsfreiheit des Liedes zu einer entschädigungslosen Enteignung des Dichters zugunsten des Komponisten. Diese Unbilligkeit solle dadurch beseitigt werden, daß dem Dichter gegen den Komponisten ein Anspruch auf einen angemessenen Anteil an dem Ertrag gewährt werde, den dieser durch die urheberrechtliche Verwertung des mit dem Text verbundenen Tonwerkes erzielt. Voraussetzung sei dabei, wie es keiner Hervorhebung bedürfe, daß der Ertrag während einer Zeit erzielt werde, in der sowohl das vertonte Werk wie die Vertonung noch Urheberrechtsschutz genossen. 137 Daher bedurfte es nach wie vor zu jeder Übertragung des vertonten Textes auf Schallplatten oder Filmstreifen, namentlich auch zur Vervielfältigung im Tonbildfilm stets der Einwilligung des Urhebers des vertonten Sprachwerkes. Dies entsprach nach Auffassung der Begründung des Entwurfes von 1932 (S. 87) der Billigkeit. 138 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 87. 139 Der Entwurf ging dabei insoweit weiter als er auch die in letzter Zeit besonders hervorgetretenen Schlagertexte, Tanzlieder, Couplets usw. berücksichtigte. Diese sollten, selbst wenn

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

407

Wie im bisherigen Recht war auch die Wiedergabe des vertonten Sprachwerkes allein zugelassen, wenn der Textabdruck bei Konzerten zum ausschließlichen Gebrauch der Hörer dienen sollte (§ 35 Abs. 3). 140 Außerdem waren zwei weitere Fälle der freien Textvervielfältigung vorgesehen, die sich auf den Geschäftsverkehr mit Rundfunkprogrammen und Schallplatten bezogen.141 Diese erschienen nach Ansicht des Reichsjustizministeriums zulässig, da sie dem Recht des Urhebers keinen nennenswerten Abbruch taten.142 Bei den Schallplattenvorrichtungen konnten danach sowohl der Hersteller wie der Zwischen- und Einzelhändler den Text aufdrukken oder in Beilagen wiedergeben, vorausgesetzt jedoch, daß nicht schon durch die Herstellung oder den Vertrieb der Vorrichtungen die Rechte der Urheber verletzt wurden. Auch § 35 der Fassung von 1934143 enthielt, ebenso wie der im Jahre 1939 erstellte Entwurf der Akademie für Deutsches Recht (§ 37), eine Bestimmung gleichen Wortlauts. Abgesehen von einigen sprachlichen Änderungen behielt auch der Kleine Ausschuß der Sachverständigenkommission in seinem Berliner Entwurf die Vorschrift über die Vertonungsfreiheit bei. 144 In der Begründung war allerdings vermerkt, daß schwerwiegende Bedenken gegen diese Regelung bestünden.145 Jeder Urheber habe grundsätzlich die volle Verfügung über sein Werk und trage auch die Verantwortung dafür. Daher müsse es seiner Entscheidungsfreiheit überlassen bleiben, ob er eine Vertonung seines Werkes erlauben wolle. 146 Andererseits bestünden ebensolche Bedenken gegen eine Einengung der Schaffensmöglichkeit der Komponisten, die dazu führen könne, der Kultur wertvollste Liederkompositionen vorzuenthalten, falls die Vertonungsfreiheit gänzlich gestrichen werde. 147 Daher sollte die Vorschrift erneut zur Aussprache gestellt werden. In dem Rengsdorfer Entwurf sie nicht zu den ihrer Gattung nach zur Vertonung bestimmten Dichtungen zählten, gegen eine Entnahme geschützt sein, sofern sie als Text zu Tanz- und Stimmungsmusik erschienen waren, vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 87. 140 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 88. 141 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 88. Damit wollte der Entwurf auf geschäftliche Gepflogenheiten Rücksicht nehmen, die sich in den letzten Jahren herausgebildet hatten. 142 So die Begründung des Entwurfes von 1932 S. 88. 143 § 35 des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 541. 144 § 37 des Berliner Entwurfes des innerhalb der Sachverständigenkommission gebildeten Kleinen Ausschusses vom März 1951 in Β 141/2551 B1.024f. 145 Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.063. Es könne nicht unerwähnt bleiben, daß schwerwiegende Bedenken gegen diese Vorschrift bestünden. Vgl. bereits oben die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.1.1. 146 Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.063. Es gebe Fälle, in denen Dichter aus künstlerischen Gesichtspunkten eine Vertonung ihres Werkes ablehnten, weil sie diese als eine Beeinträchtigung ihres Werkes empfanden. 147 Der Einwand, daß der Dichter ohnehin seine Zustimmung zur Vertonung seines Werkes erteilen werde, vermochte den Kleinen Ausschuß nicht zu überzeugen. Es wurde dazu an Goethe erinnert, der für die Kompositionen von Schubert und Beethoven nichts übrig hatte, weil er diese Musik nicht verstand, sondern noch ganz in der Richtung Zelters befangen war, vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.063.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

vom September 1951 war die Vertonungsfreiheit dann ohne weitere Erläuterungen gänzlich gestrichen. 148 Die Bedenken des Kleinen Ausschusses schienen den Verfassern des 1954 veröffentlichten RefE dennoch nicht schwerwiegend genug, um die Vertonungsfreiheit des Liedes gänzlich zu beseitigen.149 In § 48 des RefE war daher die Vertonungsfreiheit von bestimmten Sprachwerken freigegeben. Der Komponist sei weitgehend auf vorhandene Texte angewiesen und werde zum Teil sogar erst durch sie zu seiner Komposition angeregt. 150 Ihn auf die Zustimmung des Textdichters zu verweisen, der möglicherweise eine andere Kunstrichtung vertrete oder aus vielleicht nicht einmal anerkennenswerten Gründen eine Vertonung seines Werkes ablehne, hieße, die Schaffensmöglichkeit des Komponisten in erheblichem Umfang einzuengen, und würde zur Folge haben, daß der Allgemeinheit wertvolle Liederkompositionen vorenthalten würden. 151 Allerdings sollte das Recht des Dichters zugunsten des Komponisten auch nicht entschädigungslos eingeschränkt werden. Daher war entsprechend dem Vorschlag des Reichsjustizministeriums dem Urheber des vertonten Werkes ein angemessener Teil des Ertrages zu gewähren, den der Komponist durch die Verwertung des Werkes der Tonkunst in Verbindung mit dem Text erzielt hatte. 152 Auch im übrigen entsprach die Bestimmung der Fassung des Entwurfes von 1932.153 Fallengelassen hatte der RefE lediglich die Ausnahmebestimmung, wonach die Vervielfältigung des vertonten Gedichts durch Übertragung auf Tonträger nicht ohne die Genehmigung des Textdichters zulässig sein sollte. 154 Mit gleicher Begründung hielt auch der fünf Jahre später fertiggestellte MinE in §51 die Vertonungsfreiheit des Liedes aufrecht. 155 Ebenfalls in Übereinstimmung mit dem RefE sah der MinE eine Beteiligung des Textdichters an den Erträgnissen aus der Verwertung des vertonten Liedes vor. Jedoch war § 48 Abs. 1 Satz 2 RefE, wonach der Urheber des vertonten Werkes vom Komponisten eine Beteiligung verlangen konnte, gestrichen und durch einen selbständigen Vergütungsanspruch des 148

Rengsdorfer Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 102. 149 Vgl. Begründung des RefE S. 162. Das Argument, jeder Dichter müsse frei entscheiden können, ob er eine Vertonung seines Werkes wünsche oder nicht, stelle zu sehr auf den Grundsatz der Verfügungsfreiheit des Urhebers über sein Werk ab und berücksichtige nicht genügend die Besonderheiten, die sich für den Komponisten ergeben. 150 Begründung des RefE S. 162. 151 Begründung des RefE S. 162. Zudem habe die Vertonungsfreiheit des Liedes, von Einzelfällen abgesehen, in der Vergangenheit zu keinen Unzuträglichkeiten geführt. 152 Vgl. dazu Begründung des RefE S. 163. 153 Zur Vertiefung vgl. Begründung des RefE S. 163 f. 154 Diese Vorschrift stamme aus dem Jahr 1910 und sei mittlerweile nicht mehr gerechtfertigt. Inzwischen sei die Qualität der Tonträger so verbessert worden, daß diese ein hervorragendes Mittel zur Wiedergabe von Werken darstellen. Ihr Anwendungsgebiet habe sich erheblich vergrößert, auch der Rundfunk bewirke seine Sendungen überwiegend mit Hilfe von Tonträgern, so die Begründung des RefE S. 163. 155 Vgl. Bemerkungen zu dem MinE von 1959 S. 56 f.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Textdichters in einem neu eingefügten Abs. 4 ersetzt worden. Gegen die Regelung des RefE bestanden Bedenken, weil nach ihr der Textdichter keinen Vergütungsanspruch mehr geltend machen konnte, wenn sein Werk zwar noch urheberrechtlichen Schutz genoß, die Schutzfrist für die Komposition aber bereits abgelaufen war. 156 Schließlich sah auch der RegE von 1961 noch eine gleichlautende Bestimmung über die Vertonungsfreiheit des Liedes vor (§ 52 RegE). Auch hier war in der Begründung ausgeführt, daß die Schaffensmöglichkeit der Komponisten nicht eingeschränkt werden dürfe. Trotzdem sollte entsprechend der vorangegangenen Entwürfe ein Anspruch des Urhebers gegen jeden, der sein Werk in Verbindung mit dem Werk der Musik vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergegeben hatte, bestehen.157 Erneut in Frage gestellt wurde die Berechtigung der Vertonungsfreiheit dann bei der Sachverständigenanhörung auf der Sitzung des im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschusses „Urheberrecht" gemeinsam mit dem im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik eingesetzten Unterausschuß „Urheberrechtsfragen". 158 Vor allem Dr. Richartz, als Vertreter des Deutschen Komponistenverbandes, und auch Dr. Fromm von der Vereinigung Deutscher Schriftsteller-Verbände sprachen sich mit Nachdruck gegen die Vertonungsfreiheit aus. Die heutigen Komponisten seien ohnehin der Meinung, daß nicht ungefragt Texte verwendet werden dürften, wie auch umgekehrt nicht ein Dichter ohne Erlaubnis auf irgendeine Musik einen Text machen solle. 159 Auch die Wortautoren empfanden die Vertonungsfreiheit schon seit langem als eine einseitige Benachteiligung.160 Die Vertonungsfreiheit stelle einen einseitigen Eingriff in das droit moral des Autors dar. Insgesamt war nach Auffassung Dr. Fromms auch nicht zu befürchten, daß eine ersatzlose Streichung des § 52 156

Vgl. dazu die Bemerkungen S.57. Durch die selbständige Regelung des Vergütungsanspruches in Abs. 4 der Vorschrift bestand dieser nunmehr auch für den Fall der in Abs. 3 festgehaltenen Programmfreiheit. 157 Begründung des RegE in BR-Drucks 1/62 S. 68. 158 7. Sitzung des im RA gebildeten UA „Urheberrecht" gemeinsam mit dem im KA eingesetzten UA „Urheberrechtsfragen" am 25.05.1964, Prot. Nr.7, S.63ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 159 So die Ausführungen von Dr. Richartz in 7. Sitzung des im RA gebildeten UA „ Urheberrecht" gemeinsam mit dem im KA eingesetzten UA „ Urheberrechtsfragen" am 25.05.1964, Prot. Nr. 7, S. 63, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Aber nicht nur ideelle, sondern auch praktische Gründe sprächen gegen die Vertonungsfreiheit. Ein Komponist, der nicht das Alleinrecht an einem Text nachweisen könne, werde für sein Lied keinen Verleger finden. 160 Dem Argument, daß das deutsche Liedgut seine Weltgeltung dadurch erlangt habe, daß alle Komponisten die erschienenen Dichtwerke frei vertonen konnten, ohne um Erlaubnis fragen zu müssen, sei zwar beizupflichten, aber es treffe nicht zu, daß eine Freistellung der Dichtwerke wiederum die Liedkompositionen anregen werde, so die Ausführungen von Dr. Fromm in 7. Sitzung des im RA gebildeten UA „ Urheberrecht " gemeinsam mit dem im KA eingesetzten UA „Urheberrechtsfragen" am 25.05.1964, Prot. Nr. 7, S.63, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 16. Auch sei das Nachrichtenwesen heute so gut entwickelt, daß jeder moderne Lyriker von einem Komponisten erreicht werden könne, telefonisch oder über den Verlag, um sein Einverständnis herbeizuführen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

hinsichtlich der Gedichtwerke oder kleiner Teile von Gedichten auf die Entwicklung des deutschen Liedgutes einen schädigenden Einfluß ausübe.161 Während sich der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" entgegen der Äußerungen der Sachverständigen weiterhin für eine Beibehaltung der Vertonungsfreiheit aussprach162, wollte der Unterausschuß „Urheberrecht" diese Vorschrift nunmehr fallenlassen. 163 Ohne weitere Diskussion Schloß sich der Rechtsausschuß der Vorgabe seines Unterausschusses an 164 und empfahl daher in seinem schriftlichen Bericht, § 52 zu streichen. 165 Für die vor Inkrafttreten des Gesetzes erschienenen Vertonungen sollte eine Übergangsregelung geschaffen werden. Es erscheine angemessen, für solche Vertonungen die nach geltendem Recht bestehende Befugnis zur Verwertung ohne Zustimmung des Urhebers des vertonten Sprachwerkes aufrechtzuerhalten. 166 In dem endgültigen Gesetzestext von 1965 war demnach die Vertonungsfreiheit nicht mehr enthalten und zum Ausgleich in § 131 eine Übergangsregelung vorgesehen, wonach Textvertonungen, die zu Zeiten des LUG von 1910 gesetzlich zulässig ohne Zustimmung der Texturheber hergestellt und verwertet worden waren und vor Inkrafttreten des UrhG von 1965 erschienen waren, im bislang gesetzlich zugelassenen Umfang weiter verwertet werden durften. 167 II. Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch 1. Ursprüngliche Regelung in LUG (190111910) und KUG (190711910) Eine weitere Einschränkung des dem Urheber zustehenden Vervielfältigungsrechts bestand zugunsten von Werken, die für den Schulgebrauch bestimmt waren, und zugunsten von Sammlungen ähnlicher Art. Das ursprünglich geltende Recht nach LUG und KUG unterschied dabei zwischen Entlehnungen aus Sprachwerken, aus Werken der Tonkunst und aus Werken der bildenden Künste. § 19 Ziff. 4 LUG ließ die Aufnahme kleinerer Teile von Sprachwerken, einzelner Aufsätze von geringem Umfang sowie einzelne Gedichte in Sammlungen zu, die zum Kirchen-, Schuloder Unterrichts gebrauch bestimmt waren, sowie in Sammlungen, die einem eigen161 Dr. Fromm in 7. Sitzung des im RA gebildeten UA „Urheberrecht" gemeinsam mit dem im KA eingesetzten UA „ Urheberrechtsfragen " am 25.05.1964, Prot. Nr. 7, S.64, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. 162 10. Sitzung UA „ Urheberrechtsfragen" des KA BT 4. Wp. am 28.09.1964, Prot. Nr. 10, S.9, ParlA Bonn, lfd. Nr. 19. 163 12. Sitzung UA „ Urheberrecht" des RA BT 4. Wp. am 16.11.1964, Prot. Nr. 12, S.48. 164 130. Sitzung des RA BT4. Wp. am 05.05.1965, Prot. Nr. 130, S.41, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 45. 165 Vgl. den schriftlichen Bericht des RA, BT-Drucks. IV/3401, S. 17 f., zu IV/3401, S.7. 166 Vgl. den schriftlichen Bericht des RA zu § 140a, BT-Drucks. IV/3401, S.47f., zu IV/3401, S. 15. 167 Zur Vertiefung vgl. Schrickerl Katzenberger, § 131 UrhG, Rz. 1 ff.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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tümlichen literarischen Zweck dienten. Gerechtfertigt wurde die Entlehnungsfreiheit zugunsten solcher Sammlungen mit ihrer Zweckbestimmung. Die Bestimmung zum Kirchen-, Schul- oder Unterrichts gebrauch mußte daher die Hauptbestimmung der Sammlung sein. 169 Obwohl die übernommenen Stellen bei der Aufnahme in Sammlungen grundsätzlich nicht verändert werden durften (§ 24 LUG), waren die für den Schulgebrauch erforderlichen Änderungen nach §24 Satz 3 zulässig.170 Enger umgrenzt war dagegen die Möglichkeit einer Übernahme aus Werken der Tonkunst. Gem. § 21 Ziff. 3 konnten kleinere Kompositionen in Sammlungen aufgenommen werden, die Werke einer größeren Anzahl von Komponisten beinhalteten und zum Unterricht in Schulen bestimmt waren. 171 Ausdrücklich ausgenommen waren Sammlungen für Musikschulen, da es hier um ein für die Komponisten wichtiges Absatzgebiet ging, das ihnen als Einnahmequelle verbleiben sollte. 172 Nach § 19 KUG durften schließlich erschienene oder bleibend öffentlich ausgestellte Werke der bildenden Kunst in Schul- und Unterrichtsbüchern wiedergegeben werden, soweit dies lediglich zur Erläuterung des Inhaltes erfolgte. 173 Vor allem die in § 21 Ziff. 3 vorgesehene Ausnahmebestimmung zugunsten des Musikunterrichts in Schulen gab bereits damals Anlaß zur Kritik. Der BärenreiterVerlag machte auf die seit Erlaß des Gesetzes veränderten Verhältnisse aufmerksam. 174 Ursprünglich sei das Schulliederbuch ein streng methodisch angelegtes Buch gewesen, welches ausschließlich in den Schulen Anwendung gefunden habe. 168

Hauptbeispiele waren die dem Kirchengebrauch dienenden Gebet- und Gesangbücher sowie die für Schule und Unterricht bestimmten Lesebücher. Zur Vertiefung vgl. Allfeld, § 19 LUG, Rz. 25. Zum Kirchengebrauch dienten aber nur solche Sammlungen, die in der Kirche benutzt wurden, nicht dagegen Sammlungen von Predigten oder religiösen Betrachtungen. Ebenso war unter Schulgebrauch nur eine Benutzung im gemeinsamen Unterricht zu verstehen. Dagegen gehörten zu den Sammlungen zum Unterrichtsgebrauch auch solche, die bei Hochschul- sowie beim Privatunterricht, nicht dagegen beim Selbstunterricht benutzt werden sollten. Die Aufnahme in eine Sammlung, welche der Beschaffenheit nach für einen eigentümlichen literarischen Zweck bestimmt war, war nur mit persönlicher Zustimmung des Urhebers, solange dieser lebte, gestattet, vgl. dazu auch Marwitz/Möhring, § 19 LUG, Rz. 14. 169 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 177. Teilweise wurde in der Literatur auch die Meinung vertreten, dieser Zweck müsse nicht der einzige sein, vielmehr könne auch ein anderer Zweck, beispielsweise häuslicher Gebrauch hinzutreten, vgl. Lindemann, § 19 LUG Rz. 7. Gegen diese weite Auslegung erhoben sich allerdings auch schon während der Geltung des LUG einige Stimmen, vgl. Runge, S. 180. 170 Solange der Urheber lebte, bedurfte es zu der Änderung eines Werkes bei Aufnahme in eine Sammlung zum Schulgebrauch seiner Einwilligung. Diese galt als erteilt, wenn der Urheber nicht innerhalb eines Monats, nachdem ihm von der beabsichtigten Änderung Mitteilung gemacht worden war, Widerspruch erhob, vgl. dazu Marwitz/Möhring, § 24 LUG, Rz. 4. 171 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 178. Geschützte Kompositionen konnten daher zwar in Sammlungen von Singstimmen abgedruckt werden, die für den Gesangsunterricht in Schulen bestimmt waren, nicht dagegen in kirchlichen Gesangsbüchern oder in Kommersbüchern. 172 Vgl. auch Allfeld, §21 LUG, Rz. 13. 173 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 178. 174 Schreiben des Bärenreiter-Verlages vom 11.01.1951 in Β 141/2612 B1.005.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Die neueren Schulliederbücher seien Volksliederbücher schlechthin und würden unter dem Schutz des überholten § 21 Ziff. 3 LUG zum Teil vorwiegend, zum Teil fast ausschließlich außerhalb der Schule verwendet. Bei der Neufassung des Urheberrechts müsse dieser ,JSchulbuchparagraph" daher beseitigt werden, damit die Komponisten und Originalverleger nicht länger von den Schulbuchverlegern ausgebeutet werden können.175 Das gegen eine Abschaffung des „Schulbuchparagraphen" vorgebrachte Argument, daß Schulliederbücher billig sein müßten und darum nicht mit Abdruckgebühren belastet werden könnten, sei richtig. Aber daß ihre Verbilligung auf Kosten der Urheber und ihrer geistigen Arbeit erfolgen müsse, werde niemand behaupten können.176 Ebenso argumentierte auch der Deutsche MusiL· erlegerverband} 11 Anstelle des früheren Gesangsunterrichts sei ein umfassender Musikunterricht getreten, der den Schülern das Verständnis des musikalischen Inhaltes vokaler Werke einschließlich des Kunstgesanges und auch das Verständnis für instrumentale Schöpfungen geben sollte. Der Inhalt der für diesen Unterricht bestimmten Schulbücher beschränke sich dementsprechend nicht mehr auf Volkslieder, Marsch- oder Turnlieder, die zum größten Teil urheberrechtlich frei seien. Einen erheblichen Teil dieser Bücher würden nunmehr Kompositionen moderner Komponisten in Anspruch nehmen. Auch schwierige Kompositionen, selbst Orchesterwerke, fänden Aufnahme. 178 Nicht nur im Interesse des gesamten Musikverlages, sondern auch im Interesse der Autoren sei es deshalb die Pflicht des Musikverlegerverbandes, die Streichung des § 21 Ziff. 3 LUG zu fordern. Sollte dieser Forderung nicht entsprochen werden können, so müsse eine klare und eindeutige Beschränkung des Abdruckprivilegs erfolgen, die einmal jeden Mißbrauch in sachlicher Beziehung unmöglich mache und zum anderen festlege, daß dem Urheber im Falle eines Abdrucks eine angemessene Entschädi175

Schreibendes Bärenreiter-Verlages vom 11.01.1951 in Β141/2612 Bl. 005 (Rückseite). Eine entsprechende Veröffentlichung des Musikverlegers Vötterle (Bärenreiter-Verlag) fand sich in der Zeitschrift „Musikhandel" vom Mai 1952, S.75 (75 f.). War bei dem alten Schulliederbuch der rein pädagogische Zweck, methodisch singen zu lehren, unverkennbar, so sei an dem neuen ebenso deutlich zu erkennen, daß es vor allem dem Schüler wertvolles Liedgut vermitteln und ihm noch über die Schule hinaus zu einem Begleiter durch das Leben werden wolle. 176 Ein halbes Jahrhundert sei eine lange Zeit, so daß am Ende nicht mehr alles Recht sein könne, was am Anfang Recht war. Der „Schulbuchparagraph" sei nicht mehr Recht. Das Leben habe die Grundlagen und Voraussetzungen dieser Ausnahmebestimmung völlig verändert, vgl. Vötterle in Musikhandel vom Mai 1952, S.75 (76). 177 Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Greuner im Auftrag des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 01.02.1952 in Β 141/2612 B1.092. 178 Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Greuner im Auftrag des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 01.02.1952 in Β141/2612 B1.094. Die durch die Änderung des Musikunterrichtes in den Schulen bedingte Änderung des Inhaltes dieser Schulbücher habe weiter zur Folge, daß damit Sammlungen entstehen, deren Verwendungsmöglichkeit sich keineswegs im wesentlichen auf Schulen beschränke, sondern die in hervorragendem Maße geeignet seien, auch außerhalb der Schulen, insbesondere auch in Musikschulen und bei Chorvereinigungen, benutzt zu werden.

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gung zu gewähren sei. Auch seitens der Wissenschaft wurde ein Anspruch des Urhebers auf angemessene Entschädigung bei sämtlichen Entnahmen für Schulbücher gefordert. 180 Die in Schulbücher übernommenen Werke seien meist besonders wertvoll. Daher sei es unverständlich, warum dem Urheber der Anspruch auf ein angemessenes Entgelt entzogen sein sollte. 181 Der kulturelle Zweck könne jedenfalls eine solche weitgehende Beschränkung des Urheberrechts nicht rechtfertigen. 182 2. Die Entwürfe

von 1932,1934 und 1939

Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 faßte die Bestimmungen der § 19 Ziff. 4 LUG, § 19 KUG in § 34 Ziff. 2 zusammen und übernahm § 21 Ziff. 3 LUG mit unwesentlichen Änderungen in § 39. Hier war also weiterhin in sachlicher Übereinstimmung mit den Vorschriften des geltenden Rechts die Aufnahme von Schriftwerken oder wissenschaftlichen oder technischen Abbildungen in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch zugelassen. Die Begründung führte dazu aus, daß nach wie vor ein öffentliches Interesse anerkannt werde, daß solche für die sittliche oder geistige Heranbildung der Jugend unentbehrlichen Hilfsmittel ohne weiteres zur Verfügung stünden und nicht in irgendeiner Form mit Urheberabgaben belastet seien.183 Um Mißbräuchen vorzubeugen, verlangte der Entwurf, daß sich die Bestimmung der begünstigten Sammlung, für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch zu dienen, aus ihrer Beschaffenheit ergeben müsse.184 In § 39 Ziff. 4 waren die Voraussetzungen der für den Schulunterricht freizulassenden Sammlungen gegenüber dem geltenden Recht (§21 Ziff. 3 LUG) schärfer abgegrenzt. Die Vorschrift wurde auf die Zwecke des Schulgesangsunterrichts beschränkt. 185 Ebenso erlaubte § 34 Ziff. 2 des Entwurfes von 1934 die Vervielfältigung eines Werkes der Literatur, wenn einzelne Abbildungen wissenschaftlicher oder technischer Art oder einzelne Schriftwerke nach dem Erscheinen in einem durch den Zweck gerechtfertigten Umfang in ein selbständiges wissenschaftliches 179 Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. Greuner im Auftrag des Deutschen Musikverlegerverbandes vom 01.02.1952 in Β 141/2612 B1.096. Dem Schreiben war ein in Anlehnung an den Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 ausgearbeiteter Formulierungsvorschlag beigefügt. 180 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 152. 181 So Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 152. Angemessen sei lediglich eine gesetzliche Lizenz, die unter Wahrung des Anspruchs auf ein angemessenes Entgelt die Zustimmung des Urhebers entbehrlich mache. 182 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 152. 183 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 86. 184 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 86. 185 Vgl. dazu Begründung des Entwurfes von 1932 S. 91. Dies erschien erforderlich, um den Eingriff des Gesetzgebers wirklich auf das zu begrenzen, was der Unterricht für die Schuljugend erfordere. Jede weitere Fassung sei nach den Erfahrungen mit dem geltenden Recht geeignet, einer mißbräuchlichen Ausnutzung der Vorschrift zu sonstigen Zwecken, insbesondere solchen der Musikschulen, Vorschub zu leisten.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Werk oder in einen Sammelband aufgenommen wurden, der Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigte und seiner Beschaffenheit nach für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt war. 186 In dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahr 1939 war eine entsprechende Regelung in § 36 vorgesehen, wobei allerdings die Begünstigung des Kirchengebrauches, offenbar aus politischen Gründen, fallengelassen wurde. 187 Im Gegensatz zu dem geltenden Recht und den vorangegangenen Entwürfen des Reichsjustizministeriums wurde dem Urheber des entlehnten Werkes nunmehr ein Anspruch auf angemessene Entschädigung zugebilligt. Der Ausschuß hatte sich mit überwiegender Mehrheit auf den Standpunkt gestellt, daß es bei der Bedeutung, die für bestimmte Werke der Vervielfältigung im Rahmen von Schul- und Unterrichtsbüchern zukomme, nicht gerechtfertigt sei, den Urheber ohne Entschädigung ausgehen zu lassen.188 Man dürfe dem Urheber einen Anspruch auf wirtschaftliche Erträgnisse aus seinen Werken nicht deshalb verweigern, weil es sich um Werke handelte, die in erster Linie im Rahmen von Schul- und Unterrichtsbüchern Verbreitung fanden. Die Voraussetzungen für die Vervielfältigungsfreiheit blieben im Kern unverändert. Der Entwurf von 1939 forderte neben einer Sammlung, die Werke einer größeren Zahl von Schriftstellern vereinigte und ihrer Beschaffenheit nach für den Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt war, noch deren zusätzliche äußere Kennzeichnung. 3. Internationale Vorgaben Auch in der Berner Übereinkunft bestand von Anfang an Einigkeit darüber, daß eine Ausnahmebestimmung für Entlehnungen in Veröffentlichungen, die für den Unterrichtsgebrauch bestimmt waren, notwendig sei. Bereits in Art. 8 der Berner Übereinkunft von 1886 war eine solche Ausnahmeregelung zwar nicht als Konventionsbestimmung festgehalten, jedoch den Verbandsländern freigestellt, eine entsprechende Regelung durch gesetzgeberische Maßnahmen selbst zu treffen. Die Fassung dieses Artikels wurde mit unwesentlichen redaktionellen Änderungen in Art. 10 der Berliner Fassung von 1908 übernommen und blieb sowohl in der Fassung von Rom (1931) als auch in Art. 10 Abs. 2 der Brüsseler Fassung von 1948 beinahe unverändert. 189 Neu hinzugekommen war in Brüssel lediglich die zwingende Vorschrift in Art. 19 Abs. 3, wonach bei solchen Entlehnungen die Quellenangabe 186

Vgl. zur Vertiefung die Begründung des Entwurfes von 1934 S. 119 ff., J52/5, Blatt 2801 ff., Dokumentation bei Rehbinder in UFITA 2000/III, S. 743 (845 ff.). 187 Vgl. Haeger in UFITA Bd. 19 (1955), S.207 (208). 188 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S. 45. Der Notwendigkeit, den für die Gestaltung von Schul- und Unterrichtsbüchern zuständigen Stellen die freie Auswahl des für Schul- und Unterrichtszwecke zu benutzenden Kulturgutes zu überlassen, sei Genüge getan, wenn Verbotsrechte des Urhebers, soweit sie sich nicht aus einer Verletzung seiner Urheberehre ergaben, ausgeschlossen waren.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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vorgeschrieben war. Den Gesetzgebungen der einzelnen Verbandstaaten war es also überlassen, das Recht der Entlehnungen von Werken in Veröffentlichungen für den Unterrichtsgebrauch im einzelnen zu regeln. 191 4. Die Entwürfe

des BMJ

Der innerhalb der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildete Kleine Ausschuß konnte sich daher auf Art. 10 Abs. 2 RBÜ stützen und § 36 des Entwurfes von 1939 in seine beiden Arbeitsentwürfe vom März und September 1951 übernehmen. Gleichzeitig wurde auch die Zulässigkeit einer Vervielfältigung zugunsten von Kirchen wieder eingefügt. 192 Erlaubt waren nach § 36 beider Entwürfe Vervielfältigungen, „wenn einzelne Werke nach dem Erscheinen in einen Sammelband aufgenommen wurden, der Werke einer größeren Anzahl von Urhebern vereinigte und nach seiner Beschaffenheit und äußeren Kennzeichnung nur für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch, mit Ausschluß des Unterrichts in Musikschulen, bestimmt war." 193 Dies sollte bei Werken der bildenden Künste auch dann gelten, wenn sie bleibend öffentlich ausgestellt waren, wobei der Rengsdorfer Entwurf noch deutlicher ausführte, daß die Vervielfältigung gerade auch bei nicht erschienenen Werken der bildenden Künste zulässig sein sollte, wenn sie bleibend öffentlich ausgestellt waren. 194 Übereinstimmend sahen beide Entwürfe ohne weitere Begründung im Fall einer nach dieser Vorschrift zulässigen Vervielfältigung eine angemessene Entschädigung des Urhebers vor. 195 Auch der 1954 ausgearbeitete RefE berief sich auf das öffentliche Interesse, daß die für die sittliche und geistige Heranbildung der Jugend unentbehrlichen Hilfsmit189 Vgl. Art. 10 Berliner Fassung der Berner Übereinkunft, Art. 10 der Romfassung und schließlich Art. 10 Abs. 2 der Brüsseler Fassung, alle im Anhang bei Nordemann/Vinck/Hertin, S.426,418 und 407. 190 Vgl. dazu Bappert/Wagner, Art. 10 RBÜ, Rz. 9. Bei allen zulässigen Zitaten und Entlehnungen mußte die Quelle, und wenn aus dieser der Name des Urhebers ersichtlich war, auch dieser angegeben werden. 191 Zur Vertiefung vgl. Bappert/Wagner, Art. 10 RBÜ, Rz. 5. Nach dem Wortlaut der RBÜ genügte die Bestimmung für den Unterricht. Es war nicht vorgeschrieben, daß die Vervielfältigungsstücke auch tatsächlich für den Unterricht gebraucht wurden. Über die Art des Unterrichts war hier gleichfalls nichts gesagt, es war also unerheblich, ob das Werk für den Unterricht an Grund- oder Volksschulen, an Fach- oder Hochschulen oder auch zum Selbstunterricht bestimmt war. 192 Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.062. Bereits das geltende Recht (§ 19 Abs. Ziff. 4) und auch der Entwurf von 1932 (§ 34 Ziff. 2) hätten eine entsprechende Ausnahme auch für Sammelwerke zum Kirchengebrauch zugelassen. Es sei kein Grund ersichtlich, hiervon abzuweichen. 193 § 36 des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.024 und § 36 des Rengsdorfer Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 102. 194 Vgl. § 36 des Rengsdorfer Entwurfes in Β141/2551 Bl. 102. 195 § 36 Abs. 2 des Berliner Entwurfes in Β141/2551 Bl. 024 und auch § 36 Abs. 2 des Rengsdorfer Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 102.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

tel ohne weiteres zur Verfügung stehen müßten und daher ihre Herausgabe nicht von der Zustimmung der Urheber abhängig sein dürfe. 196 Entsprechend den Entwürfen des Kleinen Ausschusses wurde daher der Grundsatz beibehalten, daß in Sammlungen, die für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt waren, geschützte Werke ohne Genehmigung des Urheberrechtsinhabers aufgenommen werden konnten (§ 40). 197 Um dennoch die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Urheber zu wahren, war gleichlautend mit der Vorgabe des Kleinen Ausschusses eine angemessene Vergütung zu seinen Gunsten vorgesehen (§ 40 Abs. 3). Daneben sah der RefE ein kulturelles Bedürfnis, auch die Verwendung von Schulfunksendungen für den Unterricht zu erleichtern und die Vervielfältigung solcher Sendungen in Schulen frei zuzulassen. Die Sendegesellschaften seien schon seit längerer Zeit dazu übergegangen, regelmäßige Schulfunksendungen zu veranstalten. Die unbeschränkte Verwertung dieser Sendungen im Schulunterricht werde jedoch dadurch behindert, daß die Sendungen, die zu bestimmten Tageszeiten gesendet werden mußten, nicht immer in den Stundenplan der Schule paßten. Daher müsse es den Schulen ermöglicht werden, die Schulfunksendungen auf Tonträger aufzunehmen, um sie dann passend zum Lehrplan wiederzugeben.198 §41 gestattete somit den Schulen, ohne Genehmigung des Berechtigten Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen. Der zunehmenden Entwicklung des Fernsehens wurde dadurch Rechnung getragen, daß einzelne Vervielfältigungsstücke von Werken, die im Rahmen einer Schulfunksendung gesendet worden waren, für den Schulgebrauch auch dadurch hergestellt werden durften, daß die Funksendung auf Bild- oder Tonträger übertragen wurde. 199 Um Mißbräuche mit den auf diese Weise hergestellten Bild- und Tonträgern zu verhindern, sah § 41 Abs. 2 vor, daß die Vervielfältigungsstücke weder verbreitet, noch zu öffentlichen Vorträgen, Aufführungen oder Vorführungen oder zur Funksendung benutzt werden durften. In der Diskussion um den RefE regte dann die Gesellschaft für Musikforschung eine zusätzliche Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen an. Im Interesse des musikwissenschaftlichen Hochschulunterrichts bestehe ein Bedürfnis, 196

Begründung zu dem RefE S. 131. Vgl. bereits Teil 1 der Arbeit 2. Kapitel unter D. I. Im einzelnen ließ § 36 RefE die Vervielfältigung zu, wenn einzelne Werke nach dem Erscheinen in eine Sammlung aufgenommen wurden, die Werke einer größeren Anzahl von Urhebern in sich vereinigte und nach ihrer Beschaffenheit und äußeren Kennzeichnung nur für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt war. Gleiches galt für Werke der bildenden Künste, selbst wenn diese noch erschienen aber bleibend öffentlich ausgestellt waren. Explizit ausgenommen waren Werke der Tonkunst, die in eine für den Unterricht in Musikschulen bestimmte Sammlung aufgenommen wurden. Insgesamt entsprach die Vorschrift also wörtlich den Vorschlägen des Kleinen Ausschusses. 198 So die Begründung zum RefE S. 131. Da die Aufnahme auf Tonträger eigentlich eine Vervielfältigung darstellte, wäre sie nur mit Zustimmung der Urheber zulässig, deren Werke im Rahmen der Schulfunksendung ausgestrahlt worden waren. 199 Vgl. die Begründung des RefE S. 132. 197

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Teile von Rundfunksendungen überhaupt, also nicht nur Schulfunksendungen, für die Zwecke des musikwissenschaftlichen Unterrichts auf Band aufzunehmen, um diese Aufführungen im Unterricht zu verwenden. 200 Musikwerke komplizierter Art ließen sich dem Schüler auf keine andere Weise vermitteln, als daß man sie Rundfunkaufführungen entnehme, weil solche Werke nicht behelfsmäßig auf dem Klavier wiederzugeben seien und in der Regel auch keine Partituren vorliegen würden oder zumindest sehr schwer zu beschaffen seien. 201 Außerdem wäre es für den musikwissenschaftlichen Unterricht von ganz hervorragendem Nutzen, wenn man Wiedergaben ein und desselben Werkes durch verschiedene Künstler oder Orchester auf Band festhalten und vergleichen könnte. Wenn also in §41 statt „Schulen" gesetzt würde „Schulen und Hochschulen" und wenn in demselben Paragraphen der Relativsatz „die im Rahmen einer Schulfunksendung gesendet werden" ersetzt würde durch „die durch Funk gesendet werden", so wäre für die musikwissenschaftlichen Lehranstalten ein großer Fortschritt getan. 202 Vielfach wurde die in § 40 RefE vorgesehene Fassung einer Begünstigung des Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch aber auch für zu weitgehend empfunden. So kritisierte de Boor, daß danach ganze Werke in eine Sammlung aufgenommen werden könnten, ohne Rücksicht auf ihren Umfang. 203 Zudem sollte jeder Unterrichtsgebrauch genügen. Es würden also die Lehrmittel sämtlicher Fachschulen und Hochschulen einschließlich der Universitäten erfaßt. Berechtigt sei eine Ausnahme aber nur für kleinere Werke oder Werkteile, für den eigentlichen Schulgebrauch und für Sammelwerke. 204 Ähnlich kritisierte von Erffa, daß der RefE, wenn auch unbeabsichtigt, die Abdruckfreiheit über den geltenden Rahmen hinaus erweitere. 205 Für Werke der Literatur und Tonkunst müsse es dabei verbleiben, daß 200 Stellungnahme der Gesellschaft für Musikforschung vom 06.08.1954 in Β 141/2565 Bl. 132. Vgl. dazu auch die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 1. 201 Stellungnahme der Gesellschaft für Musikforschung vom 06.08.1954 in Β 141/2565 Bl. 132. 202 Stellungnahme der Gesellschaft für Musikforschung vom 06.08.1954 in Β 141/2565 Bl. 132. Dadurch würden die musikwissenschaftlichen Lehranstalten gegenüber den sie interessierenden Funksendungen in den Genuß desgleichen Rechts gelangen, das §41 den Schulen für ihre Bedürfnisse gegenüber den Schulfunksendungen einräumt, ohne daß hierdurch irgendwelche Rechte der Künstler oder Rundfunkanstalten geschmälert werden würden. Eine solche kleine Änderung könnte für den Unterricht großen Nutzen stiften, der tatsächlich auf keine andere Weise erzielt werden könne. 203 Stellungnahme de Boors zu dem RefE vom 26.09.1954 in Β141/2568 B1.012. Nach dem vorgeschlagenen Wortlaut würden unter Sammlungen auch die neuerdings üblichen Schulbuchreihen zu verstehen sein. 204 Stellungnahme de Boors zu dem RefE vom 26.09.1954 in Β141/2568 B1.013. 205 Stellungnahme von Erffas zu dem RefE vom 11.10.1954 in Β 141/2568 Bl. 050. Der im RefE vorgesehene Wortlaut lasse es zu, daß „einzelne Werke" in Sammlungen für den Schulgebrauch aufgenommen würden, womit auch der Abdruck wissenschaftlicher Werke, welche in Schriftenreihen herausgegeben worden waren, wenn sie nur in äußerlich für den Schulgebrauch gekennzeichneten Sammlungen erschienen, erlaubt war.

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Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

nur kleine Werke oder Werkteile vervielfältigt werden dürften. 206 Ferner wollte von Erffa den Begriff „Unterrichtsgebrauch" durch den Begriff „Schulgebrauch" ersetzt wissen, womit nur noch die „allgemein bildenden Schulen" erfaßt werden sollten.207 Entsprechend dürfte die Vervielfältigung von Schulfunksendungen nach § 41 nur in solchen allgemein bildenden Schulen zulässig sein.208 Der Anregung von Erffas, deutlich klarzustellen, was unter „Unterrichtsgebrauch" zu verstehen sei, Schloß sich der 7. Zivilsenat des BGH an. 209 Eine Vervielfältigungsfreiheit auch für den Hoch- und Fachschulunterricht, wie sie nach dem derzeitigen Wortlaut angenommen werden könne, hielt der Senat für nicht vertretbar. 210 Weiterhin sei unverständlich, warum dem Urheber nicht auch für eine Vervielfältigung seines Werkes nach § 41 entsprechend der in § 40 Abs. 3 vorgesehenen Regelung eine angemessene Vergütung zugebilligt werden sollte. 211 Werde die Schulfunksendung durch eine Festlegung auf einen Bild- oder Tonträger zu einem beliebig oft verwertbaren Unterrichtsmittel, so erscheine ein entsprechender Vergütungsanspruch des Urhebers angebracht. Anders wäre die Vervielfältigungsfreiheit für Schulfunksendungen nur dann zu beurteilen, wenn lediglich die Herstellung sogenannter „ephemerer " Bild- oder Tonträger gestattet werden sollte, mit der ausschließlichen Zweckbestimmung, die Sendung außerhalb der Sendezeiten des Funks durch einmalige Wiedergabe für den Schulgebrauch nutzbar zu machen. Nur unter dieser Voraussetzung ließe sich die Gewährung einer gesetzlichen Vervielfältigungslizenz ohne Vergütungsanspruch des Urhebers rechtfertigen. Dann müsse aber auch klargestellt werden, daß die fraglichen Bild- oder Tonträger nur zu einer einmaligen Wiedergabe verwendet werden dürften und innerhalb eines kurzfristigen Zeitraumes zu löschen seien.212 206

Stellungnahme von Erffas zu dem RefE vom 11.10.1954 in Β 141/2568 B1.050. Weiterhin sei zu beachten, daß die Schulbücher in neuerer Zeit oftmals als Einzelhefte in einer Schulschriftenreihe herausgegeben würden. Zur Zeit des Erlasses war das „Lesebuch" üblich. In ein solches Lesebuch kleine Werke oder Werkteile der Literatur oder Tonkunst aufzunehmen, sollte auch weiterhin zulässig sein, gleichgültig, ob das Lese- oder Liederbuch aus einzelnen Bändchen einer Schulschriftenreihe bestehe oder als ein größerer Sammelband hergestellt werde. Stets müsse daher der einzelne Band der Schulschriftenreihe kleine Werke oder Werkteile einer größeren Anzahl von Urhebern vereinigen. Um dies klarzustellen, sollte der Begriff „Sammlung" durch „Sammelband" ersetzt werden. 207 Anderenfalls würde auch der Hochschulunterricht, der Unterricht an Fachschulen, wie beispielsweise an landwirtschaftlichen Schulen, Kunstgewerbeschulen oder Volkshochschulen, erfaßt, wozu aber kein Anlaß bestehe, vgl. von Erffas in Β 141/2568 B1.051. 208 Stellungnahme von Erffas in Β141/2568 B1.052. 209 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 27.10.1954 in Β 141/2569 B1.039. 210 Stellungnahme des L Zivilsenates des BGH vom 27.10.1954 in Β141/2569 B1.039. 211 Das nach §41 den Schulen eingeräumte Recht, Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger zu übertragen, rechtfertige sich zwar aus dem Interesse der Schulen, diese Sendungen passend in ihren Lehrplan einzufügen. Eine angemessene Vergütung des Urhebers auch in diesen Fällen scheine aber angebracht, vgl. Stellungnahme des BGH in Β141/2569 B1.040. 212 So die Ausführungen des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 B1.040.

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Im Anschluß an von Erffa forderte auch der Börsenverein Deutscher Verlegerund Buchhändlerverbände eine Zweckbestimmung der in § 40 vorgesehenen Abdruckfreiheit nur für den echten Schulgebrauch.213 Eine Ausdehnung auf alle Werke mit pädagogischer Zielrichtung sei nicht zu rechtfertigen, da hierfür jede innere Begründung fehle. 214 Wünschenswert erscheine zudem, wenn eine Bestimmung über den Umfang des Werkes getroffen werde, das ohne Genehmigung entlehnt werden dürfe. 215 Der Bundesminister des Innern hielt es ebenfalls für zweckdienlich, die Ausnahmebestimmung des § 40 explizit auf „kleinere Werke" oder „Teile von Werken" zu beschränken.216 Im Gegensatz zu der in anderen Stellungnahmen vertretenen Meinung, der in § 40 zulässige Schulgebrauch solle sich nur auf die Benutzung in den allgemeinbildenden Schulen beziehen, war es nach Ansicht des BlnM allerdings weder nötig noch angebracht, den sonstigen Unterrichtsgebrauch, also auch die Benutzung der Werke an Fach- und Hochschulen, von der Bestimmung auszunehmen. Da der Urheber nach § 40 Abs. 3 einen Anspruch auf angemessene Vergütung erhalte, werde ihm lediglich die Entscheidung darüber abgenommen, ob sein Werk in eine derartige Sammlung aufgenommen werden soll. 217 Das erscheine aber im Interesse der Allgemeinheit durchaus vertretbar, da der Urheber häufig gar keine Vorstellung davon haben werde, was für Unterrichtszwecke geeignet sei. Weiterhin äußerte sich der BlnM noch zu der Frage der Vergütungspflicht des Urhebers nach §40 Abs. 3. Auch wenn gelegentlich die Auffassung vertreten worden sei, diese Bestimmung zu streichen, weil dann die Herausgabe von Sammlungen im Sinne des Abs. 1 zugunsten des Fiskus verbilligt werden würde, sollte dennoch daran festgehalten werden. Die Streichung würde eine Enteignung des Urhebers bedeuten, die mit dem Wesen des Urheberrechts nicht zu vereinbaren sei. 218 Darüber hinaus sei es angebracht, einen Zusatz einzufügen, daß der Urheber von der Aufnahme seines Werkes in eine Sammlung unterrichtet werden müsse.219 Schließlich wurde auch die Bestimmung des §41 begrüßt, weil dadurch die Auswertung von Schul213 Denkschrift des Börsenvereins zur Urheberrechtsreform vom 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.041. 214 Denkschrift des Börsenvereins zur Urheberrechtsreform vom 01.12.1954 in Β 141/2571 Bl. 041. Die Abdruckfreiheit habe nur für das reine Schulbuch eine Berechtigung. Damit keine Mißverständnisse entstehen, sollte im Gesetz ausdrücklich klargestellt werden, was als „Schule" im Sinne dieser Bestimmung angesehen werde. Nach Auffassung des Börsenvereins kamen nur Volksschulen, einschließlich Sonderschulen, Mittelschulen, Oberschulen aller Art, Berufsschulen und Berufsfachschulen, soweit eine Schulpflicht bestand, in Betracht. 215 Denkschrift des Börsenvereins zur Urheberrechtsreform vom 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.041. 216 Stellungnahme des BlnM vom 17.12.1955 in Β 141/2580 B1.081 (Rückseite). Wenngleich sich aus der Sache ergebe, daß nur kleinere Werke von einer größeren Anzahl von Urhebern in einem Sammelband veröffentlicht werden könnten, so hielt der BlnM eine Änderung des Gesetzestextes zur Klarstellung für zweckdienlich. 217 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.082. 218 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 083. 219 Ein solcher Anspruch des Urhebers diene der Klarheit und Sicherheit des Rechtsverkehrs, vgl. Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 083.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

funksendungen im Rahmen des Schulunterrichts stark erleichtert würde. Das hierzu geäußerte Anliegen, die Bestimmung auch auf den Unterricht in Hochschulen, insbesondere im Hinblick auf Sprach-, Musik- und Theaterwissenschaften, zu erweitern, hielt der BlnM für durchaus vertretbar. 220 Gerade mit Rücksicht auf die Verwendungszwecke dieser Vervielfältigungen in Forschung und Lehre sei auch der Wunsch annehmbar, die Vervielfältigungsbefugnis nicht nur auf Schulfunksendungen zu beschränken, sondern allgemein auf Rundfunksendungen zu erstrecken. 221 Neben diesen einzelnen Anregungen waren die Bestimmungen über Sammlungen für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch auch Gegenstand einzelner Veröffentlichungen. Hubmann stimmte dem RefE grundsätzlich darin zu, daß zugunsten der Jugend das Verbietungsrecht des Urhebers zurücktreten müsse.222 Unverständlich sei jedoch der Standpunkt des Entwurfes, daß die Vervielfältigung von Schulfunksendungen frei zugelassen werden sollte, während bei den Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch anerkannt werde, daß die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers gewahrt werden müßten.223 Der Staat verlange weder vom Sacheigentümer, daß er der Schule unentgeltlich etwas überlasse, noch vom Lehrer, daß er für sie unentgeltlich arbeite. Es könne daher vom Urheber nicht gefordert werden, daß er zu ihren Gunsten auf seine Lizenzgebühr verzichte. Auch Haeger begrüßte den Vorschlag, den berechtigten Interessen der Autoren dadurch Rechnung zu tragen, daß ihnen ein Anspruch auf angemessene Entschädigung für die Inanspruchnahme ihrer geistigen Leistungen gewährt werde. 224 Aller220 Der BlnM war jedoch der Auffassung, daß der Hochschulunterricht hier durch den Begriff des Schulgebrauchs bereits erfaßt werde. Eine Änderung der Fassung des §41 sei deshalb eigentlich nicht notwendig, ein entsprechender Hinweis in der Begründung aber angebracht, vgl. Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 083 (Rückseite). 221 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.083 (Rückseite). Viele Hörspiele und musikalische Werke seien der Wissenschaft sonst praktisch in ihrer Klangwirkung nicht zugänglich. Diese Werke würden aber meist nicht im Rahmen der Schulfunksendungen gebraucht. Schließlich bedürfe die Bestimmung noch einer Erweiterung auf die Zwecke der Jugendpflege. Von den Ton- und Bildstellen würden Tonbandaufnahmen für Zwecke der Jugendpflege zur Verwendung in Jugendgruppen aufgenommen. Die Bereitstellung derartiger Aufnahmen habe sich im Rahmen der Jugendpflege als zweckmäßig erwiesen, vgl. Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.084. 222 Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S. 58 (67). 223 Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S.58 (67). Da die hergestellten Vervielfältigungen demselben Zweck dienen wie Schulbücher, sei nicht einzusehen, warum der Urheber für sie kein Entgelt erhalten solle. 224 Haeger in UFITA Bd. 19 (1955), S. 207 (208). Der hiergegen vom Entwurf von 1932 vorgebrachte Einwand, daß durch eine Urheberabgabe eine Verteuerung der Schulbücher zu erwarten sei, müsse nicht erheblich sein. Hierbei sei natürlich die Höhe der Belastung entscheidend und es komme darauf an, die Angemessenheit der Vergütung zu ermitteln. Außerdem sei zu berücksichtigen, daß in vielen Bundesländern, wie etwa Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Hessen, Baden-Württemberg oder Bayern die Lehrmittelfreiheit verankert sei, so daß die Kosten der Schulbücher ohnehin nicht zu Lasten der Eltern, sondern zu Lasten der öffentlichen Haushalte gehen.

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dings erscheine der vom Börsenverein vorgebrachte Wunsch, die Bestimmung allein auf den echten Schulgebrauch zu beschränken, nicht nachvollziehbar. 225 Dieser Vorschlag sei nur verständlich, wenn der Entwurf eine Abdruckfreiheit ohne Entschädigung vorsehen würde. 226 Unter Berücksichtigung der zu dem RefE vorgetragenen Kritik behielt der MinE von 1959 die Ausnahmebestimmung zugunsten des Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauches bei, schränkte aber den Umfang der Werke, welche ohne Zustimmung des Urhebers in eine derartige aufgenommen werden durften, ein. 227 § 43 Abs. 1 MinE ließ eine Vervielfältigung zu, wenn „Teile von Werken, Sprachwerke oder Werke der Musik von geringem Umfang oder einzelne Werke der bildenden Künste" nach ihrem Erscheinen in eine Sammlung aufgenommen wurden, welche Werke einer größeren Anzahl von Urhebern vereinigte und nach ihrer Beschaffenheit nur für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt war. Nicht gerechtfertigt erschien den Verfassern dagegen die Anregung, die Ausnahmeregelung auf Vervielfältigungen für den Gebrauch in allgemeinbildenden Schulen zu begrenzen. Die vorgesehene Bestimmung entspreche dem geltenden Recht und habe bislang nicht zu Mißständen geführt. 228 In einem zweiten Absatz der Bestimmung wurde die Vervielfältigung von Werken der Musik dann stärker als nach dem geltenden Recht oder dem RefE eingeschränkt. Diese war nur dann gestattet, wenn die Sammlung für den Gesangsunterricht an allgemeinbildenden Schulen bestimmt war. 229 Zur Begründung beriefen sich die Verfasser darauf, daß die Abgrenzung zum Schutz der Urheber geboten 225

Haeger in UFITA Bd. 19 (1955), S. 207 (210). Die Interessen des Originalautors und -Verlegers würden sicher nicht beeinträchtigt, da sowohl der Autor des Schul- und Unterrichtsbuches als auch sein Verleger schon vor der Drucklegung die Honorarfrage mit dem Originalautor bzw. -Verleger klären werden, wenn sie sich nicht plötzlich unangemessenen Forderungen gegenübergestellt wissen wollen. Die Befürchtung erscheine daher unbegründet, so daß es weder einer Beschränkung des Umfanges noch der Zweckbestimmung bedürfe, vgl. zur Vertiefung Haeger in UFITA Bd. 19 (1955), S.207 (210). 227 Vgl. dazu die Bemerkungen zum MinE S. 47. Hatte der RefE noch vorgeschlagen, daß Werke ohne Rücksicht auf ihren Umfang in die Sammlungen aufgenommen werden dürften, so sei hiergegen nicht zu Unrecht vorgebracht worden, daß ein sachlich gerechtfertigtes Bedürfnis für eine solche Ausweitung der Ausnahmebestimmung nicht bestehe. 228 Bemerkungen zu dem MinE S. 47. Ebensowenig übernahm der MinE den Vorschlag, § 43 entsprechend dem geltenden Recht dahin einzuschränken, daß Werke der bildenden Künste ausschließlich zur Erläuterung des Inhalts in die Sammlung aufgenommen werden dürfen. Es bestehe kein Anlaß, Werke der bildenden Künste hier anders zu behandeln als Werke der Literatur und Musik. Auch ein Werk der bildenden Künste müsse ohne Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt lediglich aus pädagogischen Gründen in ein Schulbuch aufgenommen werden dürfen. 229 Damit galt das Verbotsrecht des Urhebers nicht nur wie im geltenden Recht gegenüber den für Musikschulen bestimmten Sammlungen, sondern auch gegenüber Sammlungen, die für den Instrumentalunterricht an allgemeinbildenden Schulen und für den privaten Musikunterricht bestimmt waren, vgl. die Bemerkungen zum MinE S.48. 226

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

sei. 230 Soweit es sich um Sammlungen handele, die für den Gesangsunterricht in allgemeinbildenden Schulen bestimmt waren, überwiege der pädagogische Gesichtspunkt, daß den Schülern eine Sammlung zur Verfügung stehen müsse, in der alle für ihre Fortbildung in Betracht kommenden Werke enthalten seien. Für den privaten Musikunterricht und den Instrumentalunterricht in der Schule, an dem die Schüler stets freiwillig teilnehmen würden, trete dagegen das Bedürfnis, den Unterrichtsstoff in einer einzigen Sammlung vereinigt in Händen zu haben, zurück. Hier sei es dem Schüler durchaus zuzumuten, einzelne Werke gesondert zu erwerben, wenn der Urheber die Aufnahme seines Werkes in eine Sammlung nicht gestattet hatte.231 Daneben gewährte ein neu eingefügter Abs. 3 dem Urheber ein Vertretungsrecht für den Fall, daß ihm wegen gewandelter Überzeugung die Vervielfältigung seines Werkes für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch nicht mehr zugemutet werden konnte. In diesem Fall müsse das Interesse der Allgemeinheit an solchen Sammlungen gegenüber den persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers zurückstehen. 232 Schließlich sah der MinE in Übereinstimmung mit dem RefE eine angemessene Vergütung zugunsten des Urhebers vor. Die Ausnahmebestimmung des § 43 wolle die Herstellung von Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch unabhängig von der Zustimmung der einzelnen Urheber ermöglichen, deren Werke in die Sammlung aufgenommen würden. Mit der Vorschrift werde aber nicht bezweckt, daß derartige Sammlungen auf Kosten der Urheber möglichst billig hergestellt werden können.233 Gleichfalls aus dem RefE übernommen wurde die Bestimmung über die Schulfunksendungen (§ 44 MinE). 234 Der Anregung, auch die Übertragung anderer als Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger zu gestatten, vermochten die Verfasser nicht zu entsprechen, ebensowenig dem weiteren Vorschlag, die Regelung auf Hochschulen auszudehnen. Beide Erweiterungen wären nicht mit den Notwendigkeiten des Unterrichts zu rechtfertigen. 235 Weiterhin beließ es der Entwurf dabei, 230

Vgl. zur Vertiefung die Bemerkungen zum MinE S.48. Noten würden wegen des Rückgangs der Hausmusik im wesentlichen nur noch zu Unterrichtszwecken verkauft. Eine weiterreichende Ausnahme zugunsten des Unterrichtsgebrauches würde daher zur Folge haben, daß bei Werken, die hauptsächlich Unterrichtszwecken dienen, die Herausgabe von Noten überhaupt unterbleibe, weil sie sich nicht mehr wirtschaftlich lohnend gestalten ließe. 231 Bemerkungen zum MinE S. 48. 232 Im einzelnen vgl. Bemerkungen zum MinE S.48. Um dem Urheber die Ausübung des Verbietungsrecht zu ermöglichen, war vorgesehen, daß er rechtzeitig vor Beginn der Vervielfältigung zu benachrichtigen sei. Diese Benachrichtigung erleichterte dem Urheber im übrigen zugleich die Wahrnehmung seines Vergütungsanspruches. 233 So die Ausführungen in den Bemerkungen zu dem MinE S.48. 234 Auch der MinE berief sich auf das „gerechtfertigte kulturelle Interesse", die Verwendung von Schulfunksendungen für den Unterricht zu erleichtern und die Vervielfältigung solcher Sendungen in Schulen frei zuzulassen, vgl. die Bemerkungen S.48. Mit der zunehmenden Entwicklung des Femsehens werde sich auch das Bedürfnis für die Aufnahme von Bildträgem für den Schulgebrauch ergeben. In Übereinstimmung mit § 41 Abs. 1 RefE ließ daher der MinE die Aufnahme von Schulfunksendungen auf Bild- und Tonträger für diesen Zweck zu. 235 Bemerkungen S.48.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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daß der Urheber für die nach § 44 erlaubte Vervielfältigung keine Vergütung beanspruchen konnte. In den Erläuterungen war dazu ausgeführt, daß § 44 keine zusätzliche Verwertung des Werkes ermögliche, an der der Urheber zu beteiligen sei, sondern nur den Lehrer in die Lage versetzen solle, eine Schulfunksendung zu dem ihm richtig erscheinenden Zeitpunkt in den Lehrplan einzufügen. 236 Dem Vorschlag des BlnM folgend war jedoch die Verpflichtung eingefügt, die Aufnahmen binnen eines Jahres nach der Herstellung unbrauchbar zu machen (§44 Abs. 2). Dies entspreche dem ephemeren Charakter der Aufnahme. Mit der vorgesehenen Frist von einem Jahr sei auf die Notwendigkeit Rücksicht genommen worden, das Lehrmaterial jeweils für das laufende Schuljahr benutzen zu können.237 Ohne wesentliche sachliche Änderungen waren sowohl die Bestimmung über die Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch als auch die Bestimmung über die Schulfunksendungen in dem RegE von 1961 zu finden (§§ 46, 47). 238 Gestrichen wurde lediglich das ehemals in §43 Abs. 3 MinE verankerte Erfordernis, den Urheber zu benachrichtigen. 239 Entsprechend dem MinE war bei der Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch eine Vergütungspflicht vorgesehen (§ 46 Abs. 4). Nicht vergütungspflichtig war dagegen die Aufnahme von Schulfunksendungen auf Bild- oder Tonträger nach § 47. Der RegE bediente sich hierbei derselben Begründung wie der MinE von 1959. § 46 wolle die Herstellung von Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch unabhängig von der Zustimmung des Urhebers ermöglichen. Es werde aber nicht bezweckt, daß derartige Sammlungen auf Kosten der Urheber besonders kostengünstig hergestellt werden könnten.240 Bei der nach §47 gestatteten Aufnahme auf Bild- oder Tonträger handele es sich gerade nicht um eine zusätzliche Verwertung des Werkes, an welcher der Urheber zu beteiligen sei, sondern es solle nur der Lehrer in die Lage versetzt werden, eine Schulfunksendung zu dem ihm richtig erscheinenden Zeitpunkt in den Lehrplan einzufügen. 241 236 Bemerkungen S.49. Die gestattete Verwertung der Bild- oder Tonträger war daher dem Zweck entsprechend auf die Verwendung im Unterricht beschränkt. 237 Vgl. Bemerkungen S.49. 238 In fast wörtlicher Übereinstimmung führte die Begründung zum RegE dieselben Argumente zur Rechtfertigung dieser beiden Ausnahmebestimmungen an, wie sie bereits in den Bemerkungen zum MinE dargelegt waren, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 64 f. Nach wie vor sei ein öffentliches Interesse daran anzuerkennen, daß solche für die sittliche und geistige Heranbildung der Jugend unentbehrlichen Hilfsmittel ohne weiteres zur Verfügung stehen. Ebenso sollte weiterhin dem Bedürfnis Rechnung getragen werden, Schulfunksendungen in den Schulen auf Tonträger aufzunehmen, um sie dem Lehrplan entsprechend wiederzugeben. 239 Vgl. § 46 Abs. 3 RegE. Der Urheber konnte aber weiterhin die Vervielfältigung und Verbreitung verbieten, wenn das Werk seiner Überzeugung nicht mehr entsprach, ihm deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden konnte und er ein etwa bestehendes Nutzungsrecht aus diesem Grunde zurückgerufen hatte. 240 Vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.65. 241 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 65. Wenn aber dem Urheber schon kein Vergütungsanspruch zugesprochen werden sollte, so war jedenfalls die Pflicht beibehalten, die hergestellten Bild- und Tonträger binnen eines Jahres unbrauchbar zu machen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Die Frage einer Vergütungspflicht bei der Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch und die Sonderbestimmung zugunsten der Schulfunksendungen wurden dann in den sich anschließenden Beratungen der Ausschüsse in BR und BT weiter vertieft. Bei der Beratung des im RA des BR gebildeten Unterausschusses beantragte der Vertreter Schleswig-Holsteins, die in §46 Abs. 4 vorgeschlagene Vergütungspflicht zu streichen. 242 Es sei zu befürchten, daß die Vergütungspflicht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher führe. Die Vermögensinteressen der Urheber sollten hier aber gerade gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an der Volksbildung zurücktreten. 243 Der Antrag wurde allerdings gegen die Stimmen der Vertreter Hamburgs, Hessens und SchleswigHolsteins zunächst abgelehnt. Erst der Ausschuß für Kulturfragen folgte dem Antrag Schleswig-Holsteins und beschloß, die Vergütungspflicht in § 46 Abs. 4 zu streichen. 244 Daneben sollten auf Anregung Niedersachsens in § 47 über die Schulfunksendungen nach dem Wort „Schulen" die Worte „sowie Einrichtungen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung" eingefügt werden. Diese Ergänzung erscheine im Interesse der Vertrautheit der Lehrer mit den Schulfunksendungen notwendig.245 Die Ausbildungspläne der genannten Einrichtungen ließen es ebensowenig wie die Lehrpläne der Schulen zu, daß Schulfunksendungen zu der Zeit abgehört werden, zu der sie gesendet werden. Ferner sollte die Ausnahmebestimmung auf Antrag Hamburgs auch für Erziehungsheime der Jugendfürsorge ausgedehnt werden, da hier das gleiche Bedürfnis für die Vervielfältigung bestehe wie in den Schulen.246 Außerdem wurde beschlossen, die in § 47 Abs. 2 festgelegte Verwendungsfrist mit Rücksicht auf die Lehr- und Ausbildungspläne auf zwei Jahre zu verlängern. 247 242

Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates R 2651 - Nr. R 11/62. Zudem wurde auf der Sitzung auch die Anregung der Kultusverwaltungen mehrerer Länder angesprochen, die für Schulen geltende Regelung auch auf die Einrichtungen der Jugendpflege und der Erwachsenenbildung zu erstrecken. Der UA glaubte aber von der Übernahme dieses Vorschlags absehen zu wollen, da eine solche Erweiterung des Entwurfes Abgrenzungsschwierigkeiten mit sich bringen würde. 243 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates R 2651 - Nr. R 11/62. Es sei zu berücksichtigen, daß kein Urheber ganz aus sich allein heraus schaffe, sondern auf dem geistigen Gesamtbesitz des Volkes aufbaue. Hier, bei den Interessen der Volksbildung, sollte der Urheber als Dank für das ihm überkommende Kulturgut mit einer unentgeltlichen Weitergabe der von ihm geschaffenen Werke an die folgenden Generationen einverstanden sein. 244 Niederschrift der 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 5. Der Vertreter Schleswig-Holsteins stellte hier erneut den Antrag auf Streichung der Vergütungspflicht in § 46 Abs. 4 mit der Begründung, anderenfalls könne eine unerwünschte Verteuerung der Schulbücher eintreten. 245 Niederschrift der 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 5, Archiv des Bundesrates Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. 246 Niederschrift der 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 5 f., Archiv des Bundesrates Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. 247 Vgl. dazu bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II. l.a)bb). Der Beschluß des Ausschusses war ebenfalls auf einen Vorschlag Hamburgs zurückzuführen,

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Sämtliche Anträge des Ausschusses für Kulturfragen fanden dann aber bei der darauffolgenden Beratung des Rechtsausschusses keine Zustimmung.248 Auch den Empfehlungen zur Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen wurde ausdrücklich widersprochen. Eine Ausdehnung auf Einrichtungen der Lehrerbildung, der Lehrerfortbildung und auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge erscheine nicht gerechtfertigt. 249 Die Ausnahmeregelung des §47 und die hierin liegende Einschränkung der Rechte der Urheber sei lediglich deshalb notwendig, weil sich der Zeitpunkt der Verwertung der Schulfunksendung im Unterricht nicht immer mit dem Zeitpunkt der Sendung koordinieren lasse. Bei den vorgeschlagenen Erweiterungen sei dies jedenfalls nicht in gleichem Maße der Fall. 250 Anders ergab die Abstimmung auf der abschließenden Sitzung des BR, daß auch die Vorschläge des Ausschusses für Kulturfragen in die Stellungnahme des Bundesrates aufgenommen werden sollten.251 Daher empfahl der BR in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf des UrhG, die in § 46 Abs. 4 vorgesehene Vergütungspflicht bei der Aufnahme von Werken in eine Sammlung zum Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch zu streichen. 252 Zudem sollte die Ausnahmebestimmung zugunsten der Schulfunksendungen (§ 47) auf Einrichtungen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge erweitert werden. 253 Dem trat wiederum die BReg entgegen.254 Das „Interesse der Allgemeinheit an einer Erleichterung des Schulunterrichts" werde dadurch ausreichend gewahrt, daß der Urheber die Aufnahme seines Werkes in Sammlungen für den Schulgebrauch nicht vgl. Niederschrift der 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 6, Archiv des Bundesrates Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. Eine Verlängerung der Verwendungsfrist dürfte sich in der Regel nicht als Erlaubnis für eine Dauerbenutzung und damit als urheberschädlich auswirken. 248 Vgl. auch die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. a) cc). Gegen die Stimmen Berlins, Hamburgs, Hessens, Niedersachsens und Schleswig-Holsteins wurde der Antrag auf Streichung des §46 Abs. 4 abgelehnt, vgl. Niederschrift über 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. 249 Niederschrift über 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 11 f., Archiv des Bundesrates, R 0055-Nr.R 17/62. 250 Niederschrift über 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 12, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. Jede Ausdehnung der Ausnahmeregelung müßte daher zu einem Berufungsbegehren weiterer Kreise führen. 251 Vgl. dazu auch die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. b). Abstimmung in BR-Sitzungsberichte 1962 S. 11C. 252 Stellungnahme des BR zu dem Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 02.02.1962 S. 2, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 6. Als Begründung für den Vorschlag wurde entsprechend den Ausführungen des Ausschusses für Kulturfragen vorgebracht, daß die Vergütungspficht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher führen werde, in diesem Fall aber gerade die Vermögensinteressen des Urhebers hinter den Interessen der Allgemeinheit an der Volksbildung zurücktreten sollten. 253 Stellungnahme des BR zu dem Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 02.02.1962 S.2, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 6. 254 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 2. Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR als BT-Drucks. IV/270, Anlage 3.

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verbieten könne. Darüber hinaus dem Urheber den in § 46 Abs. 4 vorgesehenen Vergütungsanspruch für eine solche Nutzung des Werkes zu versagen, würde der Grundlinie des Entwurfes widersprechen, nach der der Urheber nicht verpflichtet werden solle, seine Werke für Zwecke, deren Erfüllung Aufgabe der Allgemeinheit sei, unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.255 Zweck der Ausnahmebestimmung des § 47 sei es, den Schulen die richtige Einfügung von Schulfunksendungen in den jährlichen Unterrichtsplan zu ermöglichen. Nur diese enge Zweckbestimmung, bei der davon ausgegangen werden könne, daß die Bandaufnahme grundsätzlich nur jeweils einmal zur Wiedergabe in den Schulklassen genutzt werde, rechtfertige es, eine Vervielfältigung ohne Genehmigung des Urhebers und darüber hinaus vergütungsfrei zuzulassen.256 Im folgenden hatten sich dann auch die Ausschüsse des BT mit den Bestimmungen über die Erleichterung des Schulunterrichts zu befassen. Sowohl der im RA des BT gebildete UA „Urheberrecht" als auch der vom Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik eingesetzte UA „Urheberrechtsfragen" sprachen sich gegen die Streichung der Vergütungspflicht bei der Aufnahme von Werken in Schulbücher oder die anderen genannten Sammlungen aus.257 Es sei nicht vertretbar, daß der Urheber leer ausgehen solle, während alle anderen Beteiligten vergütet würden. 258 Der UA des KA „Urheberrechtsfragen" beriet auch darüber, ob gleichzeitig eine Übergangsregelung zu schaffen sei, wonach ein Vergütungsanspruch für die Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch nicht bestehen sollte, wenn die Sammlung vor Inkrafttreten des Gesetzes erschienen war. 259 Dagegen wurde allerdings vorgebracht, daß die Vergütungspflicht in ihrer jetzigen Fassung für die Verleger nicht so viel Arbeit mit sich bringe, als daß sie nicht bewältigt werden könne. 260 Vor einer endgültigen Beschlußfassung sollten daher Sachverständige gehört werden. 261 Zu der Frage, ob die Erleichterungen bei Tonbandauf255

Finanzielle Opfer zugunsten der Allgemeinheit sollten nach Auffassung der BReg gerade dem Urheber, der in der Regel auf die Einnahmen aus seinen Werken angewiesen sei, nicht zugemutet werden, vgl. Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR als BT-Drucks. IV/270, Anlage 3. 256 So die Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR als BT-Drucks. IV/270, Anlage 3. Im Falle der vorgeschlagenen Erweiterung auf Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge würde diese Zweckbestimmung verlassen, zumal bei solchen Einrichtungen im Gegensatz zu den allgemeinbildenden Schulen kein an einen jährlichen Turnus gebundener Unterrichtsplan bestehe. 257 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3 S. 8 und 5. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 15.04.1965 Prot. Nr.5 S.4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 14. 258 So der Vorsitzende des UA RA „Urheberrecht" in 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3 S. 7 f. Der UA RA ging daneben auch der Überlegung nach, die im MinE von 1959 vorgeschlagene Benachrichtigungspflicht der Urheber wiederherzustellen. Obgleich RegDir Schneider auf die „enorme Arbeit" verwies, die die Benachrichtigung einer großen Zahl von Urhebern ausmachen würde, hielt der Ausschuß die Forderung im Grundsatz für berechtigt. 259 Vgl. den Vorschlag von RegDir Schneider in 5. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 15.04.1965 Prot. Nr. 5 S. 4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 14.

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nahmen zugunsten der Schulfunksendungen in § 47 für Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie für Erziehungsheime der Jugendpflege zuzulassen seien, wollte der Ausschuß ebenfalls Sachverständige hören. 262 Von den Sachverständigen, die dann in einer gemeinsamen Sitzung des UA RA „Urheberrecht" mit dem UA KA „Urheberrechtsfragen" zu Wort kamen, sprach sich zunächst der Vertreter des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels Spangenberg im Namen sämtlicher Verleger, mit Ausnahme der Schulbuchverleger, für die Vergütungspflicht in § 46 Abs. 4 aus.263 Ausnahmen von der Regel, daß der Urheber an der Verwertung seiner Werke in jedem Fall beteiligt werden müsse, hätten keine Berechtigung. Das gelte auch für die öffentliche Hand, soweit sie Schulbuchverlage betreibe. Die gelegentlich befürchtete Gefahr, daß die Schulbuchverlage, wenn sie durch das Gesetz zu einer Zahlung veranlaßt wären, auf freie Autoren ausweichen würden, hielt er für sehr gering. 264 Dagegen erinnerte Erkelenz vom Verband der Schulbuchverleger an die Urheberrechtsgesetze von 1870 und 1901. Bereits damals sei man der Meinung gewesen, daß der Urheber sein Werk zu einem Teil aus der geistigen Überlieferung des Volkes geschaffen habe und darum den künftigen Generationen wieder zur Verfügung stellen müsse.265 Außerdem falle ins Gewicht, daß ein Abdruck in einem Lesebuch oft angestrebt werde, weil das Werk dadurch Beachtung finde. Mancher Autor stelle sein Werk gern kostenlos zur Verfügung, wenn er nur Aufnahme finde. 266 Der Vorsitzende Dr. Reischl machte darauf aufmerksam, daß trotz aller anerkennenswerten pädagogischen und sozialen Gesichtspunkte bislang auch noch niemand auf die Idee gekommen sei, von einem Bauunternehmer zu verlangen, die Schulen 260

Der Schaffung einer derartigen Übergangsvorschrift wurde vor allem von dem Vorsitzenden Kahn-Ackermann nachdrücklich widersprochen, vgl. 5. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 15.04.1965 Prot. Nr. 5 S.4, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 14. Es müsse mit einer uferlosen Erscheinung von Neuauflagen gerechnet werden. 261 5. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 15.04.1965 Prot. Nr. 5 S.4, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 14. Sollten die Sachverständigen den Ausschuß davon überzeugen, daß die vorgesehene Vergütungspflicht aller Werke nach 2 Jahren zu viel Arbeit für die Verleger mit sich bringe, müßte die jetzt gefaßte Meinung überprüft werden. 262 3. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3 S. 8f. Ferner wurde die Frage angeschnitten, wie die Vernichtung der Tonbänder gesichert und überwacht werden könne. 263 s. o. unter Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. b) aa). Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 65, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 264 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 68, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Bekanntlich werde von den Kultusministerien eine strenge Aufsicht ausgeübt. 265 In den Schöpfern des Urheberrechts von 1870 und 1901 sah Erkelenz daher seine „Bundesgenossen", vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 66, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 266 So die Ausführungen des Sachverständigen Erkelenz in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 66, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Im weiteren Verlauf hob er die soziale Bedeutung des Schulbuches hervor und gab zu bedenken, daß das Schulbuch im Vergleich zum Roman nur ein Drittel des Preises ausmache.

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umsonst oder wesentlich billiger zu bauen.267 Um eine Ausnahme von dem Grundsatz der angemessenen Beteiligung des Urhebers zu rechtfertigen, müßten ganz ungewöhnliche Umstände nachgewiesen werden. Das Argument, die Bücher könnten ein paar Pfennige teurer werden, sei nur stichhaltig, wenn echte Folgen für die öffentlichen Schulen zu befürchten seien.268 Der Sachverständige Dr. Fromm von der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände wies daraufhin, daß es die Pflicht des sozialen Rechtsstaates sei, das Kulturgut jeweils den neuen Generationen weiterzugeben. Wenn der Staat diese öffentliche Pflicht zu erfüllen habe, dann erscheine es unsittlich und dem Statut des sozialen Rechtsstaates zuwiderzulaufen, wenn er diese Pflicht auf eine Gruppe von Staatsbürgern abwälze.269 Die Wortautoren stünden daher auf dem Standpunkt, daß eine Vergütungspflicht anerkannt werden sollte. Außerdem forderten sie eine Benachrichtigungspflicht. 270 Daneben schlug Rauscher im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Jugendpflege und Jugendfürsorge vor, in § 46 die Sammlung für Bildungszwecke der außerschulischen Jugendhilfe mit aufzunehmen. Die bisherige Gesetzesformel „für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch" trage der gewandelten Struktur des Bildungswesens nicht mehr Rechnung.271 Es gebe inzwischen mehr Bildungseinrichtungen und die Art und Arbeitsweise der Bildungsträger hätten sich gewandelt. Von diesen Trägern werde eine Arbeit geleistet, die sich nicht unter den Begriff des Unterrichts subsumieren lasse. Diese Tätigkeit, die als Jugendbildungsarbeit anerkannt und gefördert werde, falle darum nicht unter die Formel „für Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch". 272 Ebenso hätten die Institutionen der Jugend267

So der Vorsitzende Dr. Reischl in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 70, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Vgl. auch die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. b) aa). 268 Dr. Reischl in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 71, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Nachdem aber sogar die Kommunen als Träger dieser Belastung zugestimmt hätten, sehe er keinen Grund für die Ablehnung der Vergütungspflicht. 269 Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 73, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Es sei die Pflicht der Allgemeinheit, die hier entstehenden Kosten zu tragen. Man dürfe aber nicht einen Berufsstand, die Wortautoren und Verleger, herausgreifen und ihnen zu einem Teil die hier auftretenden Kosten auflasten. 270 Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 73, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Die Werke mancher Komponisten seien überhaupt nicht zu kaufen. Angesichts dieser Tatsache müsse bei den Werken der Wortautoren, die frei verkäuflich seien, der Originalverlag, der für das Werk das alleinige Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht besitze, benachrichtigt werden, wenn irgendwo eine Aufnahme erfolge, damit er kontrollieren könne, ob die Quellenangabe zutreffe. Den Wortautoren wäre die Einführung einer Genehmigungspflicht lieber gewesen. Da sie als gescheitert anzusehen sei, müsse man mindestens die Benachrichtigung des Originalverlages vorsehen. 271 Vgl. die Ausführungen von Rauscher in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 74f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 272 Rauscher in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 75, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Wenn diese außerschulischen Jugendbildungseinrichtungen auch nicht die Größe des Teilnehmerkreises der Schulen erreichten, so hätten sie auf den Gebieten

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bildung ein Interesse daran, die Schulfunksendungen in der gleichen Weise verwerten zu können, wie es nach § 47 bisher nur den Schulen gestattet werden sollte. 273 Einer Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen in § 47 konnte nach Auffassung Spangenbergs (Börsenverein des Deutschen Buchhandels) allerdings nur zugestimmt werden, wenn man bezüglich der Vergütung zu einem positiven Entscheid komme. Anderenfalls bestehe die Gefahr einer Ausbeutung.274 Zu dem Hinweis des Vorsitzenden Dr. Reischl auf den im Entwurf beabsichtigten ephemeren Gebrauch solcher Schulfunkaufnahmen bemerkte Spangenberg, seiner Ansicht nach sei es nicht auszuschließen, daß solche Bänder auch öfters eingesetzt würden. 275 Wenn es möglich wäre, sicherzustellen, daß die Bänder nach einmaliger Benutzung gelöscht werden, dann würde er nicht auf der Forderung nach einer Vergütung verharren. Da das aber nicht der Fall sei, wäre es richtiger, daß der Staat eine Vergütung zahle. Dann könne auch die vorgeschlagene Erweiterung stattfinden, wenn darauf unbedingt Wert gelegt werde. 276 Im Anschluß machte der Abgeordnete Dürr (FDP) auf die Schwierigkeiten aufmerksam, die sich aus diesen Forderungen zu § 47 Abs. 2 ergeben würden, wonach die Löschung der Bänder nach einer bestimmten Zeit verlangt sei. Wenn diese Bestimmung Gesetz würde, müßten von den Schulen Register geführt werden, damit die Löschungstermine eingehalten würden. 277 Er selbst hielte es in einem solchen Fall für zweckmäßiger, daß die Bänder jeweils am Schuljahresschluß gelöscht werden. Dabei könne nicht viel mehr passieren, als daß ein Band in Parallelklassen verschiedene Male abgespielt werde. Schließlich sprach MinRat Dr. Ludwig vom Schulausschuß der Kultusministerkonferenz die seitens des BR geforderte Erweiterung der Vorschrift auf Einrichtungen der Lehrerbildung an. 278 Diese sei empfohlen worden, weil die Schulfunksendungen in der Schule noch nicht die Rolle spielten, die ihnen zukomme. Um dieses Ziel zu erreichen, wolle man die Lehrer während ihrer pädagogischen Ausbildung mehr als bisher mit solchen Sendungen vertraut

der politischen und musischen Bildung doch einen der Schule durchaus ebenbürtigen Rang. Dieser Bereich würde jedoch von der jetzigen Gesetzesformel ausgeschlossen werden. 273 Rauscher in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 83, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 274 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 80, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 275 Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 80, ParlA Bonn, A l , lfd.Nr. 16. 276 Spangenberg in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 80, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 277 So der Abgeordnete Dürr in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 80, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 278 Dr. Ludwig in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 84, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16.

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machen. Dies könne aber auch nicht zu den Zeitpunkten geschehen, zu denen die Sendungen stattfänden. 279 Nach erneuter Beratung nahm der UA RA „Urheberrecht" dann trotz der vorgetragenen Argumente gegen die im RegE vorgeschlagene Fassung des § 46 diese Bestimmung einstimmig an, mit der Maßgabe, daß in Abs. 1 der Satz 2 dahingehend neu gefaßt werde, daß „auf der Titelseite oder an einer entsprechenden Stelle der Sammlung deutlich anzugeben sei, wozu sie bestimmt sei" und in Abs. 2 die Worte „in allgemeinbildenden Schulen" durch die Formulierung „in Schulen mit Ausnahme der Musikschulen" ersetzt werde. 280 Außerdem sollte ein neuer Abs. 2 a eingefügt werden, in welchem die Benachrichtigungspflicht wieder eingeführt wurde. 281 Die in § 46 Abs. 4 geregelte Vergütungspflicht sollte mit einer geringfügigen sprachlichen Überarbeitung beibehalten werden. Auch § 47 wurde einstimmig in der Fassung des RegE angenommen, wenn in Abs. 2 zusätzlich festgelegt werde, daß die Vervielfältigungsstücke nur für den Unterricht verwendet werden dürfen und spätestens am Ende des laufenden Schuljahres zu löschen sind, es sei denn, daß dem Urheber eine angemessene Vergütung gewährt wird. 282 Ohne weitere Diskussion Schloß sich der RA des BT diesen Vorgaben seines UA an. 283 In dem abschließenden Bericht des RA war somit ausgeführt, daß im wesentlichen der im RegE vorgegebenen Fassung des § 46 zugestimmt werde. Insbesondere sei es nicht gerechtfertigt, diese Einschränkung des Urheberrechts auf Sammlungen für außerschulische Zwecke, wie Jugendpflege und Erwachsenenbildung, auszudehnen, da dies zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen und die normale, an keinen besonderen Zweck gebundene Auswertung des Werkes zu sehr beeinträchtigen würde. 284 Die in dem Abs. 2 a vorgeschlagene Benachrichtigungspflicht sollte es dem 279 Als Beispiel erwähnte Dr. Ludwig, daß die Studienreferendare eines Gebietes einmal in der Woche zu einem zentralen Seminar zusammenkämen. Dabei sollten dann auch solche mitgeschnittenen Sendungen vorgespielt werden, vgl. Dr. Ludwig in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 85, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 280 12. Sitzung UARABT4.Wp. am 16.11.1964Prot.Nr. 12 S.44f. 281 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.44f. Der neue §46 Abs. 2a sollte festlegen, daß mit der Vervielfältigung erst begonnen werden dürfe, wenn die Absicht, von der Berechtigung nach Abs. 1 Gebrauch zu machen, dem Urheber oder, wenn sein Wohnort oder Aufenthaltsort unbekannt war, dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt worden war, und seit Absendung des Briefes zwei Wochen verstrichen waren. War auch der Wohnort oder Aufenthaltsort des Inhabers des ausschließlichen Nutzungsrechts unbekannt, so konnte die Mitteilung durch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. 282 Damit wurde insbesondere von der vielfach geforderten Erweiterung der Bestimmung auf Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge abgesehen, vgl. Abstimmung in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot.Nr.12S.46. 283 130. Sitzung RA BT4. Wp. Sten.Prot. Nr. 30, S.41, ParlA Bonn, A 2 lfd. Nr.45. 284 Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 15f., zu IV/3401, S.6. Der RA hielt es zum Schutz der Interessen der Urheber für ausreichend, die Zulässigkeit der Aufnahme des Werkes in eine Sammlung für den Musikunterricht, wie im geltenden Recht, auf solche

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Urheber erleichtern, das in Abs. 3 vorgesehene Widerrufsrecht im Fall eines Überzeugungswandels auszuüben sowie den Vergütungsanspruch nach Abs. 4 wahrzunehmen.285 Die Einführung des im geltenden Recht nicht vorgesehenen Vergütungsanspruchs wurde als wesentliche Verbesserung der Rechte des Urhebers begrüßt, so daß unbedingt daran festgehalten werden sollte. 286 Ferner hielt der Ausschuß die in § 47 Abs. 2 für Schulfunksendungen vorgesehene Verpflichtung, die Bild- und Tonträger spätestens ein Jahr nach der Herstellung unbrauchbar zu machen, für unpraktisch, da der Lehrer dadurch gezwungen würde, über jede Aufnahme Buch zu führen, um die Frist nicht zu versäumen. Satt dessen sollten alle im Verlauf eines Schuljahres hergestellten Bild- oder Tonträger jeweils am Ende des Schuljahres gelöscht werden. 287 Der BT beschloß, diesen Änderungen zu folgen. 288 Hiergegen sprach sich gemäß einem Antrag des Ausschusses für Kulturfragen, aber im Gegensatz zu der Empfehlung seines RA der BR aus. Bereits im Vorfeld der anstehenden Sitzung des BR hatte sich der Ausschuß für Kulturfragen mit den Änderungsvorgaben des RA des BT befaßt 289 und war zu dem Ergebnis gekommen, daß, unter der Voraussetzung, der Vermittlungsausschuß werde ohnehin aus anderen Gründen einberufen, dieser auch wegen der bislang nicht berücksichtigten Änderungsvorschläge zu §§ 46 und 47 aus dem ersten Durchgang im Bundesrat angerufen werden sollte. 290 Durchgesetzt werden sollten die Änderungsvorschläge Hamburgs auf Streichung der Vergütungspflicht in § 46 Abs. 4 und auf Erweiterung des § 47 zugunsten von Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge. 291 Dagegen wollte der im RA des BR geSammlungen zu beschränken, die für den Musikunterricht an Schulen, mit Ausnahme der Musikschulen, bestimmt waren. Dadurch würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung zwischen allgemeinbildenden Schulen und anderen nicht speziell dem Musikunterricht dienenden Schulen, wie insbesondere den Berufsschulen, vermieden. 285 Vgl. die Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 15 f., zu IV/3401, S. 6. 286 Vgl. Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 15 f., zu IV/3401, S.6. Der Ausschuß empfahl lediglich eine geringfügige redaktionelle Änderung, wonach der Begriff „gewähren" durch „zahlen" zu ersetzen sei. 287 Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 15f. zu IV/3401, S.6. Femer empfahl der Ausschuß, unter der Voraussetzung der Zahlung einer angemessenen Vergütung die Aufbewahrung und Verwendung der Bild- oder Tonträger auch über diese Frist hinaus zu ermöglichen. 288 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. c). Abstimmung in 187. Sitzung BT4.Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S.9432D. Der Entwurf zum Urheberrecht wurde einstimmig angenommen. 289 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.5.a)aa). Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 21.05.1965 S. 5 ff., Archiv des Bundesrates Κ 0131 (68) - Nr. 13/65. 290 Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 21.05.1965 S. 6, Archiv des Bundesrates Κ 0131 (68) - Nr. 13/65. 291 Der Hamburger Antrag auf Streichung der Vergütungspflicht in § 46 Abs. 4 wurde bei Stimmenthaltung der Vertreter Bayerns und Rheinland-Pfalz angenommen, der Antrag auf Erweiterung des § 47 gegen die Stimme des Saarlandes bei Stimmenthaltung der Vertreter Bay-

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

bildete Unterausschuß entsprechend seiner schon im ersten Durchgang vertretenen Auffassung diesen beiden Änderungsvorschlägen widersprechen. 292 Der Streichungsantrag betreffend § 46 Abs. 4 habe von Anfang an sowohl im UA als auch im RA selbst keine Mehrheit gefunden. 293 Ebenso wurde den Änderungen seitens des KA zu §47 im ersten Durchgang widersprochen, weshalb es auch jetzt in §47 Abs. 1 bei der Beschränkung auf Schulen bleiben sollte. 294 Gleicher Ansicht war auch der RA des BR. Die Einberufung des Vermittlungsausschusses hielt man hier nicht für erforderlich. 295 Ebenfalls im Hinblick auf die bevorstehende Beratung des BR reichte RheinlandPfalz einen Antrag ein, mit dem Ziel, die Anrufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat herbeizuführen. 296 Primär sollte zwar die Streichung des in § 54 Abs. 6 vorgesehenen Vergütungsanspruchs für private Tonbandaufnahmen erreicht werden. Gleichzeitig wurde aber gefordert, daß die in §47 Abs. 2 vorgeschriebene Frist, innerhalb welcher die Tonbänder mit den Schulfunksendungen unbrauchbar zu machen seien, auf zwei Jahre erweitert werde. 297 Die derzeitige Frist von einem Jahr sei entschieden zu kurz. Sie bedeute, daß beispielsweise eine in der zweiten Märzwoche aufgenommene Schulsendung bereits nach 14 Tagen wieder gelöscht werden müsse.298 Für den Fall, daß § 54 Abs. 6 dennoch bestehen bleibe, müsse §47 ganz gestrichen werden. Dazu wurde ausgeführt, § 47 Abs. 2 gestatte den Schulen eine Verwendung der aufgenommenen Sendungen nur bis zum Ende eines Schuljahres. Eine spätere Verwendung war den Schulen dann nur gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung erlaubt. In diesem Fall hätten die Schulen außer der bereits bei dem Erwerb des Aufnahmegerätes nach § 54 Abs. 6 gezahlten Urheberrechtsgeerns, Berlins, Niedersachsens und Rheinland-Pfalz bzw. gegen die Stimme Baden-Württembergs, Bayerns und des Saarlandes bei Stimmenthaltung des Vertreters von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (Erweiterung zugunsten der Erziehungsheime der Jugendfürsorge), vgl. Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 21.05.1965 S.6, Archiv des Bundesrates Κ0131 (68)-Nr. 13/65. 292 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 26.05.1965 S.4 f., Archiv des Bundesrates R 0055-Nr. R 65/65. 293 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 26.05.1965 S.4f., Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 65/65. Der UA war daher der Meinung, daß an der bisherigen Ansicht festgehalten werden sollte. 294 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 26.05.1965 S. 5, Archiv des Bundesrates R 0055- Nr. R 65/65. 295 Niederschrift über 294. Sitzung des RA BR am 02.06.1965 S. 22, Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. R 68/65. Vgl. zum Ganzen auch die Empfehlungen der Ausschüsse zu Punkt 2 der Tagesordnung für die 284. Sitzung des BR am 11.06.1965 als BR-Drucks. 291/1/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 54. 296 Antrag des Landes Rheinland-Pfalz vom 11.06.1965, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 55. 297 Antrag des Landes Rheinland-Pfalz vom 11.06.1965, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. 298 Vgl. Begründung des Antrags von Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 55.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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bühr dann noch zusätzlich eine weitere Vergütung zu entrichten. Dies bedeute eine Schlechterstellung der Schulen, die nicht dem Sinn des Gesetzes entspreche und wohl auch nicht vom BT gewollt sein könne. 300 Obschon sich Bundesjustizminister Dr. Weber in der nachfolgenden Sitzung des BR vehement gegen die Einberufung des Vermittlungsausschusses aussprach301, stimmte die Mehrheit doch für dessen Einschaltung.302 Der Vermittlungsausschuß 299

Begründung des Antrags von Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. 300 Diese Benachteiligung der Schulen sei nur durch die nachträgliche Aufnahme des § 54 Abs. 6 zu erklären, bei der dann die aus §47 Abs. 2 ergebenden nachteiligen Folgen übersehen worden seien, vgl. Begründung des Antrags von Rheinland-Pfalz, BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 55. Die Streichung des §47 rechtfertige zudem daraus, daß, solange §54 Abs. 3 die Zahlung einer angemessenen Vergütung an den Urheber für die Überspielung vorsah, § 47 lex specialis für die Schulen war, die dadurch von der Zahlung der Vergütung befreit waren. Mit Einfügung von Abs. 6 in § 54 wurde als logische Folge der ehemalige Abs. 3 gestrichen. Damit entfalle auch die Notwendigkeit einer Sonderstellung für die Schulen, die ebenfalls die Zahlung einer Urheberrechtsgebühr bei Erwerb eines Aufnahmegerätes zu zahlen hatten. 301 Zu der geforderten Verlängerung der Frist in § 47 Abs. 2 trug Dr. Weber vor, daß es innerhalb eines Schuljahres fast immer möglich sein werde, das Tonband in allen Klassen abzuspielen, für die die betreffende Schulfunksendung bestimmt war. Wenn sie von wirklicher Bedeutung ist, werde es auch möglich sein, sie innerhalb von den erwähnten verbleibenden zwei Wochen vor Schluß eines Schuljahres in den in Frage kommenden Klassen vorzuführen. Eine Streichung des § 47 für den Fall, daß § 54 Abs. 6 bestehen bleibe, habe zur Folge, daß die Schulen dann stets die Erlaubnis der Urheber einholen müßten, wenn sie Schulfunksendungen aufnehmen wollten. Denn auf § 54 Abs. 6 könnten sich die Schulen nicht berufen, da sie die Aufnahmen gerade nicht zum persönlichen Gebrauch machten, vgl. zur Vertiefung die Ausführungen Dr. Webers in BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 A. Weiterhin machte Dr. Weber darauf aufmerksam, das neue Urheberrechtsgesetz gehe von dem Grundsatz aus, daß die Einschränkung der Rechte des Urhebers nur gerechtfertigt sei, wenn sie im allgemeinen Interesse unbedingt erforderlich sei, nicht aber dann, wenn sie nur dazu dienen solle, der öffentlichen Hand Ausgaben zu ersparen. Der Urheber solle daher nicht gezwungen werden, im Falle der Aufnahme seiner Werke in Schulbücher auf die ihm zustehende Vergütung zu verzichten. Eine gewisse Verteuerung der Schulbücher müsse daher in Kauf genommen werden, sie werde nach alledem, was in den Ausschüssen des BT erörtert worden war, ohnehin nur geringfügig sein. Schließlich bemerkte Dr. Weber, daß jegliche Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen nicht mehr der engen Zweckbestimmung dieser Vorschrift entspreche, die nur die technische Verschiebung der Wiedergabe der Schulfunksendungen innerhalb der Schulen, für die sie allein bestimmt seien, ermöglichen solle. Die genannten Einrichtungen der Lehrerbildung und Jugendfürsorge hätten immer die Möglichkeit, die Erlaubnis zur Aufnahme von Schulfunksendungen auch für den Dauergebrauch gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung zu erhalten. Auch hier sollte die öffentliche Hand nicht Sondervorteile auf Kosten des Urheber verlangen. 302 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 C. Lediglich eine Minderheit wandte sich gegen die Anrufung des Vermittlungsausschusses, damit war die Einberufung beschlossen. Daraufhin verkündete Vizepräsident Dr. Diederichs, der BR habe beschlossen, hinsichtlich des Urheberrechtsgesetzes zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß gem. Art. 77 Abs. 2 GG aus den in den zur Abstimmung vorgelegten Anträgen vorgetragenen Gründen angerufen werde, vgl. bereits die Ausführungen oben in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 5. a). Beschluß des BR auf Einberufung des Vermittlungsausschusses, BR-Drucks 291/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 57.

28 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

entsprach sodann dem Begehren des BR und schlug in einem mündlichen Bericht vor, daß dem Antrag auf Streichung der Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch in § 46 Abs. 4 sowie dem Antrag auf Erweiterung der Bestimmung über die Schulfunksendungen in § 47 stattgegeben werden sollte. 303 Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß es im eigenen Interesse der Urheber und ihrer Werke liege, wenn diese in Schulbüchern eine möglichst weite Verbreitung fanden. 304 Die Aufnahme in Schulbücher stelle für die Werke nämlich eine Art von „Etikettierung als anerkanntes Kulturgut" dar. 305 Die Erweiterung des § 47 auf Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge sei gerechtfertigt, weil bei diesen Institutionen tatsächlich dieselbe Interessenlage gegeben sei wie bei den Schulen.306 Nicht entsprochen wurde der Forderung, § 47 gänzlich zu streichen, wenn § 54 Abs. 6 bestehen bleiben sollte. 307 Der BT strich daraufhin den ursprünglich von ihm beschlossenen § 46 Abs. 4 und führte die gewünschte Erweiterung des § 47 ein. 308 Auch der BR stimmte diesen Vorschlägen zu. 309 Die Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch war daher nach dem UrhG, welches am 01.01.1966 in Kraft trat, zunächst ohne eine Vergütungspflicht zugunsten des Urhebers zulässig.310 Schulfunksendungen, deren Aufnahme nach § 47 in den vorangegangenen Entwürfen lediglich den Schulen ohne Einverständnis des Urhebers oder einer Vergütung gestattet war, durften nach dem UrhG vom 01.01.1966 auch von Einrichtungen der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung sowie von Erziehungsheimen der Jugendfürsorge hergestellt werden. 311 Vor allem die Tatsache, daß die Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch nunmehr ohne eine Vergütung 303

Vgl. oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 5. b). Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses in BT-Drucks. IV/3706, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 59. 304 So die Ausführungen des Berichterstatters Lemmer, Minister des Landes NordrheinWestfalen, in 196. Sitzung des BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59 S. 10003 D. 305 Die vorgesehene Vergütungspflicht würde im übrigen, weil sie die Verleger auf die vergütungsfreien älteren Werke abdränge, das zeitgenössische Schrifttum benachteiligen. Aus diesen Gründen habe der Vermittlungsausschuß dem Begehren des BR entsprochen, vgl. Ausführungen des Berichterstatters Lemmer, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen, in 196. Sitzung des BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59 S. 10004 Α. 306 Zur Vertiefung vgl. Lemmer in 196. Sitzung des BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59 S. 10004 Α. 307 Die Begründung dieser Entscheidung entsprach den Ausführungen des Bundesjustizministers Dr. Weber auf der vorangegangenen Sitzung des BR, vgl. BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 A. Die Geräteanschaffungen fielen gerade nicht unter § 54 Abs. 6, weil die Aufnahmen nicht zum privaten Gebrauch gemacht wurden. Daher hätte die Streichung des §47 zur Folge, daß die Schulen zur Aufnahme von Schulfunksendungen stets die Erlaubnis der Urheber einholen müßten, vgl. Lemmer in 196. Sitzung des BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59 S. 10004 D. 308 Vgl. oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 6. a). 196. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 10004 D. 309 BR-Sitzungsberichte 1965, S. 167 B. 310 Vgl. §46 UrhG in BGBl. 19651, S. 1279. 311 Vgl. §47 UrhG in BGBl. 19651, S. 1279.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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zugelassen war, stieß auf Kritik. Hier habe der Vermittlungsausschuß auf Verlangen des BR die vom B T beschlossene Vergütungspflicht für die an sich freie Aufnahme urheberrechtlich geschützter Werke i n derartige Sammlungen gestrichen, „ u m die Verabschiedung des Gesetzes nicht zu gefährden". 312 Ob die getroffene Regelung verfassungsmäßig sei, schien zweifelhaft. Es verstoße gegen Art. 14 GG, allgemeine Aufgaben des Staates, hier die „Daseinsvorsorge" auf dem Gebiet der Volksbildung, auf Kosten einer bestimmten Berufsgruppe zu erfüllen und dieser damit ein entschädigungsloses Sonderopfer zuzumuten. 3 1 3 So erklärte dann auch das BVerfG i m Jahr 1971 ein vergütungsfreies Nachdrucksrecht als Eingriff in das Eigentumsrecht des Urhebers i. s. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG für verfassungswidrig. 314 Die Beschwerdeführer trugen vor, § 46 UrhG verstoße gegen Art. 14 GG, weil der Staat mit dieser Bestimmung ihm obliegende Aufgaben auf dem Gebiet der Volksbildung zu Lasten und auf Kosten der Urheber erfülle. Ihnen werde ein Sonderopfer ohne Entschädigung zugemutet. 315 Dagegen hielt der Bundesminister der Justiz die Verfassungsbeschwerde für unbegründet. Eine Enteignung liege bei der angefochtenen Bestimmung schon begrifflich nicht vor, da sie den Urhebern keine Verwertungsbefugnisse nehme, die sie vorher gehabt hätten. 3 1 6 I m Ergebnis erkannte das Gericht zunächst die Vermögenswerten Befugnisse des Urhebers an seinem Werk ausdrücklich als „Eigentum" i. S. d. Art. 14 G G an. 3 1 7 Da 312

Vgl. Fromm/Nordemann, Vor §45 UrhG Rz.4. So die Ansicht von Fromm/Nordemann, Vor §45 Rz.4; ebenso Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Auflage, S. 164: „Die Interessen der Urheber werden dadurch in nicht gerechtfertigter Weise hinter die Interessen der Allgemeinheit zurückgesetzt. Die jetzige Regelung dürfte mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG kaum vereinbar sein." Anders dagegen von Gamm, § 46 UrhG Rz. 1. Auch wenn sich die noch im RegE vorgesehene Vergütungspflicht im Ergebnis nicht durchsetzen konnte, so liege darin kein Verfassungsverstoß. Angesichts der unterschiedlichen Tatbestände scheide eine Verletzung des Gleichheits- und Gleichbehandlungsgrundsatzes aus (Art. 3 GG). Ebensowenig könne bei diesen Schranken des Urheberrechts aus dessen sozialer Bindung von einer entschädigungslosen Enteignung gesprochen werden. 314 Entscheidung vom 07.07.1971, BVerfGE 31, S. 229 ff. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen den am 01.01.1966 in Kraft getretenen §46 des UrhG vom 09.09.1965. 315 BVerfGE 31, S. 229 (234 f.). Der Ausschluß des Vergütungsanspruchs sei nicht aus Gründen des allgemeinen Wohls geboten. Die Beratungen im BR hätten gezeigt, daß letztlich fiskalische Interessen der Länder für die Regelung maßgeblich gewesen seien, da überwiegend Lehrmittelfreiheit bestehe. Die Vergütungsfreiheit zu Lasten der Urheber lasse sich nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, die Schuljugend müsse mit dem zeitgenössischen Schrifttum bekanntgemacht werden. Das könne auf andere Weise als zu Lasten der Urhebervergütung erreicht werden. Daher verstoße die gesetzliche Regelung auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. 316 BVerfGE 31, S. 229 (237). Dem könne man nicht entgegenhalten, die Urheber hätten vor dem Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes kraft Gewohnheitsrecht diejenigen Rechte gehabt, die durch die angegriffene Vorschrift beschränkt werden. Selbst wenn diese These zuträfe, wäre dies für die verfassungsrechtliche Beurteilung unerheblich, da der in Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz des Eigentums sich nur auf den „durch die Gesetze" bestimmten Inhalt des Eigentums erstrecke. 317 BVerfGE 31, S.229 (239). Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung seien allerdings die unlösbare Verbindung von persönlich-geistiger Schöpfung mit ihrer wirtschaftlichen Aus313

28

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

es keinen vorgegebenen und absoluten Begriff des Eigentums gebe, und Inhalt und Funktion des Eigentums der Anpassung an die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse fähig und bedürftig seien, habe die Verfassung dem Gesetzgeber die Aufgabe übertragen, den Inhalt und die Schranken des Eigentums zu bestimmen. Bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung des § 46 als Schranke des Urheberrechts sei davon auszugehen, daß der Gesetzgeber nicht nur die Individualbelange zu sichern habe, sondern ihm auch aufgetragen sei, den individuellen Berechtigungen und Befugnissen die im Interesse des Gemeinwohls erforderlichen Grenzen zu ziehen.318 Die Verfassungsmäßigkeit der angefochtenen Vorschrift hinge somit davon ab, ob sie durch Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Keine Bedenken hatte das BVerfG gegen den Ausschluß des Vervielfältigungsund Verbreitungsrechts für die in § 46 Abs. 1 UrhG genannten Sammlungen.319 Nicht mehr verfassungsmäßig sei die Vorschrift dagegen insoweit, als die Aufnahme von geschützten Werken in die genannten Sammlungen auch vergütungsfrei blieb. 320 Im Hinblick auf die Intensität dieser Beschränkung der urheberrechtlichen Stellung müsse ein gesteigertes öffentliches Interesse gegeben sein, damit eine solche Regelung vor der Verfassung Bestand habe. Derartige Gründe des Gemeinwohls konnte das Gericht jedoch nicht feststellen. 321 Dem Interesse der Allgemeinheit, Zugang zu den Kulturgütern zu haben, sei mit dem Ausschluß des Verbotsrechts Genüge getan. Aus Art. 14 Abs. 2 GG könne nicht die Forderung hergeleitet werden, daß der Urheber in diesen Fällen seine geistige Leistung der Allgemeinheit unentgeltlich zur Verfügung stellen müsse.322 Schließlich sei auch durch den Hinweis, die Aufnahme eines Werkes in ein Schulbuch bringe dem Urheber ideelle Vorteile, die in einer „Art von Etikettierung als anerkanntes Kulturgut" bestünden, die einseitige wertbarkeit sowie die besondere Natur und Gestaltung dieses Vermögensrechts gebührend zu berücksichtigen. 318 ΒVerfGE 31, S. 229 (242). 319 Vgl. zur Vertiefung BVerfGE 31, S.229 (242). Mit der Publikation stehe das geschützte Werk nicht nur dem einzelnen zur Verfügung, es trete zugleich in den sozialen Raum und könne damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden. Daher habe die Allgemeinheit ein bedeutsames Interesse daran, daß die Jugend im Rahmen eines gegenwartsnahen Unterrichts mit dem Geistesschaffen vertraut gemacht werde. Die Verwirklichung dieser sozialen Aufgabe wäre aber nicht gewährleistet, wenn der Urheber die Aufnahme seines Werkes in eine Sammlung beliebig verhindern könnte. 320 BVerfGE 31, S. 229 (243). Die Versagung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts für die in §46 Abs. 1 Satz 1 UrhG genannten Sammlungen schmälere das Verfügungsrecht des Urhebers, da er der Verwendung seines Werkes nicht widersprechen und auch nicht Bedingungen vereinbaren könne, unter denen er einer Verwertung zustimmen würde. Diese Beschränkung führe zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Wertes der geschützten Leistung, wenn die Möglichkeit der freien Honorarvereinbarung nicht durch einen gesetzlichen Vergütungsanspruch ersetzt werde, wenn also die Freigabe des Werkes unentgeltlich erfolge. 321 Die Versagung des Vergütungsanspruchs überschreite sachlich die Grenze, die der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 2 GG bei der inhaltlichen Festlegung von Eigentümerbefugnissen zu berücksichtigen habe, vgl. BVerfGE 31, S.229 (245). 322 BVerfGE 31, S.229 (245).

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Belastung nicht zu rechtfertigen. Dieser Vorteil stelle möglicherweise einen Ausgleich dafür dar, daß der Urheber die Aufnahme seines Werkes in Schulbücher nicht verbieten könne. Hierdurch werde aber keinesfalls die Nichtberücksichtigung seiner wirtschaftlichen Interessen ausgeglichen. 323 Da nun das BVerfG rechtsverbindlich festgestellt hatte, daß § 46 des UrhG vom 09.09.1965 insoweit mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar war, als die Vervielfältigung und Verbreitung vergütungsfrei zulässig war, wenn geschützte Werke in die dort genannten Sammlungen aufgenommen wurden 3 2 4 , war der Gesetzgeber zur Novellierung aufgerufen. Seit dem 11.10.1971 war dem Urheber für die Entlehnung seiner Werke nach einem neu eingefügten §46 Abs. 4 UrhG eine angemessene Vergütung zu zahlen. 3 2 5 Die Urheberrechtsnovelle von 1985 brachte dann eine Erweiterung der Bestimmung über Schulfunksendungen in § 4 7 . 3 2 6 Die in § 47 Abs. 2 Satz 2 vorgesehene Löschungsfrist wurde vom Ende des Schuljahres auf das Ende des i m Anschluß an die Übertragung der Schulfunksendung folgenden Schuljahres verlängert. 327 Außerdem traten anstelle der bisher allein begünstigten „Erziehungsheime der Jugendfürsorge" sämtliche „Heime der Jugendhilfe" sowie auf Vorschlag des R A des B T noch die „Landesbildstellen". 3 2 8 323

BVerfGE 31, S. 229 (245). Vgl. auch BGBl. 1971 Teil I, S. 1784. Der abgedruckte Entscheidungssatz hatte gem. § 31 Abs. 2 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht Gesetzeskraft. 325 Der Vergütungsanspruch trat am 11.10.1971 in Kraft (vgl. Art. 4 Abs. 1 der Urheberrechtsnovelle vom 10.11.1972 in UFITA Bd. 67 (1973), S. 123 (125)). Die Einführung der Vergütungspflicht war nach der eindeutigen Vorgabe des BVerfG unstreitig und wurde bei den parlamentarischen Beratungen nicht weiter diskutiert, vgl. die Dokumentation zu der Urheberrechtsnovelle vom 10.11.1972 in UFITA Bd. 67 (1973), S. 123 142 ff.). Ursprünglich war allerdings eine Rückwirkung des Vergütungsanspruches zum 01.01.1966, also zum Inkrafttreten des UrhG, vorgesehen. Daraufhin beantragte die Freie und Hansestadt Hamburg, der BR möge den Vermittlungsausschuß anrufen, um eine Rückwirkung lediglich auf den 11.10.1971 zu bewirken. Diesem Antrag wurde entsprochen, vgl. zur Vertiefung die Dokumentation zu der Urheberrechtsnovelle in UFITA Bd. 67 (1973), S. 123 (157ff.). 326 Im Gegensatz zu §46 sah das BVerfG die Regelung von §47, insbesondere auch die Vergütungsfreiheit, als mit dem GG vereinbar an, vgl. BVerfGE 31, S. 270 (273 f.). In der Begründung wurde ausgeführt, daß es sich um eine technische Vorschrift handele, die ermöglichen solle, daß Schulfunksendungen im richtigen Augenblick denjenigen vorgeführt werden können, für die sie bestimmt seien. Der Autor müsse bei Abschluß des Sendevertrags mit einer solchen „bestimmungsgemäßen Auswertung" rechnen, die demnach keine zusätzliche Verwertung sei. 327 So der Vorschlag des RegE von 1982, vgl. dazu die Dokumentation in UFITA Bd. 96 (1983), S. 107 (109). 328 Vgl. Fortsetzung der Dokumentation in UFITA Bd. 102 (1986), S. 115 (116) bzw. S. 169 (174 f.). Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken dieser Neufassung vgl. SchrickerlMelichar, § 47 Rz. 5. Durch die Ausdehnung der Löschungsfrist um ein volles Schuljahr war die Möglichkeit gegeben, ein, wenn auch zeitlich begrenztes Archiv zu schaffen. Durch die neu geschaffene Möglichkeit der zentralen Herstellung von Vervielfältigungsstücken durch Landesbildstellen werde ein solcher Mitschnitt jetzt eben doch „gewissermaßen ein mehrfach verwendbares Lernmittel", für das das BVerfG die Zahlung einer Vergütung für geboten hielt (BVerfGE 31, S. 270 (274)). 324

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

III. Öffentliche Wiedergabe 1. Ursprünglich

geltendes Recht nach §27 LUG

und erste Überarbeitungen in den Entwürfen

dieser Vorschrift

von 1932 und 1939

Den Rechten an Werken der Tonkunst war durch § 27 L U G eine weitere Schranke gezogen. Das ausschließliche Recht der öffentlichen Aufführung stand dem Komponisten in vollem Umfang nur bis zum Erscheinen des Werkes zu. War das Werk erschienen, so unterlag das musikalische Aufführungsrecht gem. § 27 L U G einschneidenden Beschränkungen zugunsten der Allgemeinheit. 3 2 9 Die Vorschrift erklärte öffentliche Aufführungen, wenn sie keinem gewerblichen Zweck dienten und die Hörer ohne Entgelt zugelassen waren, für genehmigungs- und honorarfrei (§ 27 Abs. 1 Satz l ) . 3 3 0 Auch wenn diese Voraussetzungen nicht vorlagen, bestand Aufführungsfreiheit bei Volksfesten, bei Wohltätigkeits- und Vereinsveranstaltungen. 3 3 1 Eine Einwilligung des Urhebers war hier auch dann nicht erforderlich, wenn die Hörer gegen Entgelt zugelassen wurden. 3 3 2 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 sah vor, daß die Ausnahmen für Volksfeste und Vereinskonzerte gestrichen wurden ( § 4 1 Abs. 1 Ziff. 2). Die Erfahrungen mit dem geltenden Recht hätten gezeigt, daß die dort vorgesehenen Vergünstigungen für Volksfeste und Vereinsveranstaltungen Mißbräuchen Tür und Tor öffnen und über das Maß der dem Urheber zuzumutenden Eingriffe hin-

329

Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 181. Es handelte sich um Schranken zugunsten nicht gewerbsmäßiger, unentgeltlicher Aufführungen und zugunsten besonderer Veranstaltungen. Die Schranken galten für Musik aller Art, auch für Opem- und Operettenmusik. Ausgenommen war nur die bühnenmäßige Aufführung von Opern und sonstigen Werken der Tonkunst, zu denen ein Text gehörte, beispielsweise von Oratorien und Singspielen (§ 27 Abs. 2 LUG). 330 Hiemach waren alle öffentlichen Aufführungen, bei welchen die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit und des mangelnden gewerblichen Zweckes vorlagen, freigegeben, vgl. Allfeld, § 27 LUG, Rz. 5. Verboten waren dagegen alle öffentlichen Aufführungen, welche einen zunächst auf andere Weise verfolgten gewerblichen Zweck irgendwie förderten. Auch mußten die Hörer ohne Entgelt zugelassen werden. Erhob also der Veranstalter der Aufführung ein Eintrittsgeld, wenn auch nur, um die Kosten der Veranstaltung zu decken, also ohne einen gewerblichen Zweck zu verfolgen, so war die Aufführung nur mit Einwilligung des Berechtigten gestattet, vgl. Allfeld, § 27 LUG, Rz. 6. 331 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 181. Volksfeste waren Emtefeiem, Kirchweihfeste oder beispielsweise das Münchener Oktoberfest. Musikfeste, zu denen auch die Sängerfeste zu rechnen waren, waren ausdrücklich ausgenommen. Die Aufführungsfreiheit bei Wohltätigkeitsveranstaltungen setzte voraus, daß der Ertrag ausschließlich für Wohltätigkeitszwecke bestimmt war und die Mitwirkenden keine Vergütung erhielten. Vereinsveranstaltungen mußten, wenn die Aufführung genehmigungsfrei sein sollte, auf den Kreis der Mitglieder und der zu ihrem Hausstand gehörenden Personen beschränkt bleiben. 332 Marwitz/Möhring, § 27 LUG, Rz. 6.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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ausgehen würden. Der Begriff des Volksfestes sei so unbestimmt, daß er bei der Auslegung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 LUG vielfach zu Zweifeln und in der Praxis der Musikveranstalter zu weitestgehender Auslegung geführt habe. Das gleiche gelte bei der Ausnahme für Vereinskonzerte, zu denen nach § 27 Abs. 1 Nr. 3 LUG die Mitglieder und die in ihrem Hausstand lebenden Angehörigen zugelassen waren. 334 Daher sollte die öffentliche Aufführung eines Werkes jetzt nur noch bei einer kirchlichen oder bürgerlichen Feierlichkeit oder einer militärischen Veranstaltung aus dienstlichem Anlaß zulässig sein, wenn die Hörer ohne Entgelt zugelassen waren (§41 Abs. 1 Ziff. 2). Hier würden allein solche Fälle berücksichtigt, bei denen ein überragendes öffentliches Interesse an der Freigabe der Aufführung zweifellos gegeben sei. 335 Neu hinzugefügt wurde zudem eine Ausnahme zugunsten der Wiedergabe durch Leierkasten, Musikautomaten und ähnliche Apparate, auf die das Tonwerk durch andere Weise als durch Schallaufnahme übertragen worden war (§41 Abs. 1 Ziff. 1). Da Instrumente dieser Art zumeist nur in kleineren Geschäftsbetrieben oder zum Musizieren auf Straßen, Höfen und dergleichen benutzt würden, lohne es sich nicht, sie dem Aufführungsrecht des Urhebers zu unterwerfen. Die Überwachung der Aufführung und das Einziehen des Urheberentgeltes würde Kosten verursachen, die in einem offenbaren MißVerhältnis zu dem Ertrage stünden.336 Weiterhin sollte es bei der allgemeinen Freigabe der öffentlichen Aufführung bleiben, wenn die Aufführung keinem Erwerbszweck diente, die Hörer ohne Entgelt zugelassen waren und die Mitwirkenden keine Vergütung erhielten (§41 Abs. 2). 337 Von dem freien Aufführungsrecht wurde schließlich entsprechend § 27 Abs. 2 LUG die bühnenmäßige 333

Vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.92. Es genüge, hier auf die zahlreichen Vereine hinzuweisen, die über eine große Zahl von beitragenden und unterstützenden Mitgliedern verfügen. Bei ihnen sei der Mitgliedsbeitrag eigentlich nichts anderes als ein im voraus entrichtetes Entgelt für die satzungsmäßigen Veranstaltungen des Vereins, so die Begründung zum Entwurf von 1932 S.92. 335 Vgl. zur Vertiefung die Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.92. Für die genannten Gelegenheiten sei es im Interesse der Allgemeinheit so wichtig, sich der hierfür geeigneten Kompositionen bedienen zu können, daß hier der Zugriff auch unabhängig davon gestattet werden müsse, ob die ausübenden Künstler ein Entgelt erhalten oder nicht. 336 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 91. Aus diesem Grunde würden auch die Urheber selbst keinen Wert auf diese Einnahmequelle legen. Bei dieser Vorschrift war auch § 50 zu beachten. Danach waren nur Apparate, die rechtmäßig, also ohne Verletzung urheberrechtlicher Befugnisse, hergestellt oder verbreitet worden sind, von dem Aufführungsrecht des Komponisten ausgenommen. 337 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 89. Die Voraussetzungen waren also im wesentlichen die gleichen wie bei § 27 LUG, nur wollte der Entwurf mit dem Wort „Erwerbszweck" die Begrenzung der freien Werknutzung noch schärfer ausdrücken als es der Begriff der „gewerblichen Nutzung" in § 27 LUG getan hatte. Dem Erwerbszweck dienten nicht nur Veranstaltungen, von deren Besuchern mittelbar oder unmittelbar ein Eintrittsgeld erhoben wurde, sondern auch unentgeltlich zugängliche Aufführungen, wenn sie zu dem Zweck veranstaltet wurden, mittelbar oder unmittelbar den eigenen Erwerb oder den dritter Personen zu fördern. 334

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Aufführung einer Oper oder eines sonstigen Werkes der Tonkunst, zu dem ein Text gehörte, ausgenommen (§41 Abs. 3). 338 In dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahr 1939 war dann nur noch die öffentliche Aufführung ohne Erwerbszweck und ohne Entgelt privilegiert und die Befreiung noch an die weitere Voraussetzung geknüpft, daß die ausübenden Künstler keine Vergütung erhielten (§ 39 Abs. 1 des Entwurfes von 1939). Wo die Kapelle bezahlt werde, da erscheine es angemessen, daß auch der Komponist eine Vergütung erhalte. 339 Nach wie vor fand diese Ausnahmebestimmung auf die bühnenmäßige Aufführung einer Oper oder eines anderen Werkes der Tonkunst in Verbindung mit einem Werke der Literatur sowie auf die Aufführung eines Tonwerkes in Verbindung mit einer Bildvorrichtung keine Anwendung (§ 39 Abs. 2).

2. Internationale Vorgaben Seit der Brüsseler Fassung der RBÜ war dem Urheber eines dramatischen oder dramatisch-musikalischen Werkes auch nach internationalem Recht explizit die ausschließliche Befugnis zugesprochen, die öffentliche Aufführung seines Werkes zu erlauben (Art. 11 Abs. 1 RBÜ). Die Vorschrift enthielt ein Mindestrecht des Urhebers in starrer Regelung.340 Als eine besondere, gleichfalls an die Erlaubnis des Urhebers gebundene Aufführung, galt die Übertragung der Originalaufführung durch irgendein technisches Mittel. Damit hatte diese Bestimmung gegenüber der bislang vorgesehenen Fassung eine wesentliche Neuerung erfahren. 341 In Art. 11 der Romfassung von 1931 war lediglich festgelegt, daß die Bestimmungen der Übereinkunft auf die öffentliche Aufführung dramatischer oder dramatisch-musi338 Maßgebend hierfür war die Erwägung, daß die Freigabe der bühnenmäßigen Aufführung bei solchen Werken die Verwertungsmöglichkeiten für die Urheber zu sehr beeinträchtigen würde, vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.93. 339 Vgl. die Ausführungen in dem Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen UrhG S.47. Die völlige Streichung der in §41 Abs. 1 des Entwurfes von 1932 ausdrücklich zugelassenen Ausnahmen schien vertretbar, weil die in § 39 dieses Entwurfes vorgesehene Bestimmung die notwendige Beschränkung des ausschließlichen Verwertungsrechts enthalte. Man werde grundsätzlich daran festhalten können, daß der Ausschluß jeglicher Vergütung für den Urheber nur dann gerechtfertigt sei, wenn auch die vortragenden oder aufführenden Personen keine Vergütung erhielten. 340 Vgl. dazu Nordemann/Vinck/Hertin, Einl. Rz. 23 f. Die Mindestrechte standen den Angehörigen aller Vertragsstaaten in jedem anderen Vertragsstaat auf jeden Fall (mindestens) zu, auch wenn das sonstige nationale Recht jenes Vertragsstaates sie nicht oder nur eingeschränkt kannte. Nur der Angehörige des Vertragsstaates, in dem das Recht beansprucht wurde, blieb auf sein eigenes Inlandsrecht angewiesen. Es sollte nicht das nationale Verhältnis eines Staates zu seinen Bürgern, sondern das internationale Verhältnis der Angehörigen der anderen Verbandsländer zu diesem Staat geregelt werden. Die Bestimmungen im starren System regelten im Gegensatz zu den Bestimmungen im halbstarren System ihren Tatbestand abschließend. 341 Vgl. die Ausführungen bei Schulze, Urheberrecht in der Musik, 2. Auflage, S. 17.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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kalischer Werke sowie auf die öffentliche Aufführung von Werken der Tonkunst Anwendung finde. 342 Bei den Beratungen in Brüssel waren sich die Verbandsstaaten daher darüber einig, daß diese Vorschrift überarbeitet werden müsse und ein konventionelles ausschließliches Aufführungsrecht anerkannt werden solle. 343 Schwierigkeiten ergaben sich jedoch im Hinblick auf die Fälle, in denen die nationale Gesetzgebung die öffentliche Aufführung ohne Einwilligung des Urhebers zuließ, wie es beispielsweise bei § 27 LUG der Fall war. Diejenigen Verbandsstaaten, deren inländische Regelung eine solche Ausnahmebestimmung vorsah, verlangten, daß bei konventioneller Anerkennung des Aufführungsrechts die Verbandsländer ermächtigt würden, es gewissen Einschränkungen zu unterwerfen oder es für bestimmte Fälle gänzlich zu negieren. 344 Dieser Forderung vermochte jedoch die eigens für Art. 11 gebildete Unterkommission nicht zu folgen. 345 In Art. 11 Abs. 1 Satz 1 der Brüsseler Fassung war das Aufführungsrecht als Grundrecht der Urheber anerkannt und dem Wortlaut nach keine Einschränkungsmöglichkeit der einzelnen Verbandsländer gegeben.346 Geschützt waren danach die aufführungsfähigen Sprachwerke, welche die Konvention als dramatische Werke bezeichnete, sowie weiterhin alle Werke der Tonkunst und außerdem die aus einem Sprachwerk und einem Werk der Tonkunst bestehenden verbundenen Werke, bei welchen die Musik ein Mittel des dramatischen Ausdrucks war. 347 Jede öffentliche Aufführung dieser Werke bedurfte also der Erlaubnis des Urhebers. 348 Allerdings wurde für das Recht an der Rundfunksendung und der mechanischen Wiedergabe ausdrücklich auf die Art. 11 bis und Art. 13 der RBÜ ver342

Art. 11 RBÜ in der Fassung von Rom, vgl. Nordemann/Vinck/Hertin, Anhang S. 418. In Art. 13 Abs. 1 der Romfassung war zudem festgelegt, daß die Urheber von Werken der Tonkunst ausschließlich berechtigt waren, zu gestatten, daß diese Werke auf Instrumente, die zu ihrer mechanischen Wiedergabe dienten, übertragen werden und daß die Werke mittels dieser Instrumente öffentlich aufgeführt wurden. 343 Vgl. den ausführlichen Bericht über die Beratungen bei Baum in GRUR 1949, S. 1(16). Für eine Neufassung dieses Abs. 1 die einhellige Zustimmung der Verbandsstaaten zu erlangen, habe nicht viel Mühe gemacht. Über das Prinzip des konventionellen ausschließlichen Aufführungsrechts sei man sich einig gewesen. 344 Vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1(16). Gefordert wurde diese Regelung von den Ländern Deutschland, Österreich, Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und in gewissem Umfang auch Großbritannien. So war es unvermeidlich, daß die Meinungen aufeinanderstießen. 345 Vgl. zur Vertiefung Baum in GRUR 1949, S. 1 (17). 346 Die Konferenz habe nicht daran gedacht, den Landesgesetzgebungen ganz allgemein die Möglichkeit zur Aufstellung von Vorbehalten und Bedingungen einzuräumen, eine Möglichkeit, die sie in die Lage versetzt hätte, nach Belieben Zwangslizenzsysteme einzuführen, vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1 (17). 347 Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 2. Die pantomimischen Werke und Werke der Tanzkunst waren zwar ebenfalls aufführungsfähig, aber keine Sprachwerke. Sie sollten daher von Art. 11 RBÜ nicht erfaßt werden. 348 Der Urheber hatte also grundsätzlich das Recht, die Erlaubnis zu einer solchen Aufführung von der Zahlung einer Vergütung abhängig zu machen, er konnte die Aufführung aber auch überhaupt verweigern, vgl. Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 3.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

wiesen (Art. 11 Abs. 1 Satz 2). 349 Diese beiden Bestimmungen ließen wiederum eine Einschränkung des ausschließlichen Aufführungsrecht durch die Gesetzgebung der einzelnen Verbandsländer zu. 350 3. Die Reformarbeiten

des BMJ

Bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ stellte sich zunächst die Frage, ob § 27 LUG mit der in Brüssel getroffenen Regelung des Art. 11 RBÜ vereinbar war. Erkannte doch die Konvention das ausschließliche Aufführungsrecht des Urhebers an und ließ Einschränkungen nur dann zu, wenn die Aufführung durch Rundfunk oder mit Hilfe von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe erfolgte und dann nicht Art. 11, sondern Art. 11 bis und Art. 13 RBÜ zur Anwendung kommen sollten. 351 Unter Hinweis auf den nicht ganz eindeutigen Text in Art. 11 Abs. 1 RBÜ wurde teilweise die Auffassung vertreten, der Vorbehalt des Art. 11 Abs. 1 Satz 2 RBÜ berechtige die Verbandsstaaten ganz allgemein, auch das konventionell anerkannte Aufführungsrecht des Urhebers einzuschränken, wie dies in Art. 11 bis Abs. 2 und Art. 13 Abs. 2 RBÜ vorgesehen war. 352 Demnach sei § 27 LUG mit der RBÜ zu vereinbaren und es bestehe zumindest nach dieser internationalen Vorgabe keine Notwendigkeit, die Bestimmung einzuschränken. Auch wurde auf die bei der Brüsseler Konferenz geführte Diskussion verwiesen. Zahlreiche Delegierte hätten ihre Zustimmung zu der Fassung des Art. 11 Abs. 1 RBÜ nur unter der Voraussetzung gegeben, daß auch weiterhin Einschränkungen des Aufführungsrechts durch die Verbandsstaaten zulässig seien.353 Würden also die Protokolle zur Auslegung des Konventionstextes herangezogen, so könne davon 349

Erfolgte die Aufführung durch Rundfunk oder sonst auf drahtlosem Weg, dann sollte nicht Art. 11 sondern Art. 11 bis RBÜ Anwendung finden. Wurde das Werk mit Hilfe von Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe öffentlich aufgeführt, dann war Art. 13 RBÜ einschlägig, vgl. zur Vertiefung Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 8 f. 350 Vgl. Art. 11 bis Abs. 2 RBÜ. Hatte ein Verbandsland zugunsten des Rundfunks beispielsweise eine gesetzliche Lizenz geschaffen, dann mußte der verbandsangehörige Urheber trotz seines ausschließlichen Aufführungsrechts dulden, daß jede Sendegesellschaft mit Sitz in diesem Verbandsland sein Werk durch Funk aufführte, wenn die Voraussetzungen für diese gesetzliche Lizenz gegeben waren. Auch nach Art. 13 Abs. 2 RBÜ konnte das ausschließliche Recht des Urhebers, das Werk mit Hilfe von technischen Vorrichtungen öffentlich aufzuführen, Einschränkungen, insbesondere gesetzlichen Lizenzen unterworfen werden. 351 Zur Rechtslage vgl. die Übersicht bei Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 11. 352 Vgl. Runge, S.730f. Es sollten Einschränkungen, wie sie auch in §27 LUG geregelt waren, sofern nur das droit moral und der Anspruch auf Zahlung einer Benutzungsentschädigung zugunsten des Urhebers gewahrt bleibe, zulässig sein. 353 Vgl. die Ausführungen bei Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 11; ebenso den Bericht bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (17). Die Zustimmung der Delegierten hing davon ab, daß in den „Rapport Général" eine Erklärung aufgenommen wurde, wonach in der Sache keine Änderung gegenüber der Konvention von Bern vorgenommen werde sollte und die in einigen Ländern für bestimmte Einzelfälle getroffenen Ausnahmeregelungen für die internationalen Beziehungen keine Bedeutung haben sollten.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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ausgegangen werden, daß es stillschweigend geduldet werde, wenn die Verbandsländer das Aufführungsrecht des Urhebers in einzelnen Fällen kraft der ihnen gestatteten „petites réserves" einschränken oder ganz aufheben, also in Einzelfällen die unentgeltliche Aufführung geschützter Werke zuließen.354 Dagegen sprach nach anderer Ansicht allerdings der eindeutige Wortlaut des Art. 11 RBÜ. Die Protokolle könnten zwar zur Auslegung des Konventionstextes herangezogen werden, materielles Recht aber gehöre nur in den Konventionstext selbst und der allein sei für die Verbandsländer verbindlich. 355 Auch wenn man sicher sein könne, daß nach dem Willen der Konferenz Ausnahmen von dem ausschließlichen Aufführungsrecht in gewissen Fällen zulässig sein sollten, so sei eine Konventionsnorm, die die Verbandsstaaten zu solchen Ausnahmen ermächtigen würde, eindeutig nicht vorhanden. 356 Ein Land, das für die erwähnten Fälle das Aufführungsrecht verneine, verstoße daher wohl nicht gegen den Geist der Konvention, aber gegen ihren Inhalt. 357 Da also die Vorgabe des Art. 11 RBÜ nicht eindeutig war und eine Auslegung für und gegen nationale Einschränkungsmöglichkeiten des Aufführungsrechts zuließ, war es auch dem BMJ zumindest nicht explizit vorgegeben, die Bestimmung des § 27 LUG zu streichen. Bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch den innerhalb der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschuß im Jahr 1951 wurden daher die Einschränkungen des Aufführungsrechts nach dem Vorbild der Entwürfe von 1932 und 1939 beibehalten. § 39 Abs. 1 Satz 1 des Berliner Entwurfes vom März 1951 ließ weiterhin den öffentlichen Vortrag oder die öffentliche Aufführung eines erschienenen Werkes zu, wenn die Hörer ohne Entgelt zugelassen wurden und der Vortrag oder die Aufführung keinem Erwerbszweck diente.358 Dies sollte jedoch nicht gelten, wenn für die Mitwirkung der vortragenden oder aufführenden Personen an der Veranstaltung eine besondere Vergütung gezahlt wurde (§ 39 Abs. 1 Satz 2). Gegenüber der Fassung des Entwurfes von 1939, wo als weitere Voraussetzung der Aufführungsfreiheit noch ganz allgemein darauf abgestellt worden war, daß die ausübenden Künstler keine Vergütung erhielten, war hier also präziser zum Ausdruck gebracht, daß nur solche Musikaufführungen von der 354

Vgl. die Ausführungen bei Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 11, welche diese Auslegung als Möglichkeit aufzeigten, im Ergebnis aber ablehnten. 355 So die Ansicht von Bappert/Wagner, Art. 11 RBÜ Rz. 11 m. w. N. Eine Einschränkung des Aufführungsrechts sei mit der zwingenden Vorschrift des Art. 11 RBÜ nicht vereinbar. Eine anderweitige Auslegung der Vorschrift sei bei dem klaren und eindeutigen Wortlaut schlechthin unmöglich. 356 Baum in GRUR 1949, S. 1 (18). 357 So der prägende Satz bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (18). Art. 11 RBÜ statuiere nun einmal ausdrücklich das ausschließliche Aufführungsrecht. Gleicher Ansicht war auch Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 158. Ebenso berief sich Schulze, Musik und Recht, S. 72, auf die Ausführungen Baums und wies sogar darauf hin, daß bei den erwarteten Meinungsverschiedenheiten zu der Auslegung von Art. 11 RBÜ in der Brüsseler Fassung auch der Haager Internationale Gerichtshof angerufen werden könne. 358 § 39 Abs. 1 des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.025.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Vorschrift erfaßt werden sollten, zu denen besonders honorierte Musiker hinzugezogen wurden. 359 Die bisherige Fassung mache auch Musikaufführungen im Gottesdienst, bei Schul- und Hochschulfeiern und ähnlichen offiziellen Veranstaltungen von der Zustimmung des Urhebers abhängig, weil der Organist, der Gesanglehrer oder der Leiter des Studentenorchesters für ihre generelle musikalische Tätigkeit ein Gehalt bezogen, worin auch eine Vergütung für ihre Mitwirkung bei den erwähnten Aufführungen liege. 360 Auf die bühnenmäßige Aufführung einer Oper oder eines anderen Werkes der Tonkunst in Verbindung mit einem Werk der Sprache oder einem pantomimischen Werk sowie auf die Aufführung eines Werkes der Tonkunst in Verbindung mit einem Bildträger sollte die Ausnahmebestimmung des § 39 Abs. 1 keine Anwendung finden (§ 39 Abs. 2). 361 Der neu eingefügte Abs. 3 des § 39 ging auf § 41 Abs. 1 Ziff. 1 zurück. Er bezog sich auf umherziehende Leierkastenspieler, die ihre Instrumente auf Höfen und Straßen spielten und fast immer minderbemittelt waren. Diese Art der Musikaufführung dem Aufführungsrecht des Urhebers zu unterwerfen, schien nicht durchführbar. 362 Da die Urheber selbst keinen Wert auf diese fragwürdige Einnahmequelle legten, sei es angebracht, diese Aufführungen freizugeben. Um aber zu verhindern, daß Leierkastenspieler etwa für Tanzmusik in ländlichen Gaststätten herangezogen wurden, galt die Aufführungsfreiheit nur für das Spiel außerhalb geschlossener Räumlichkeiten.363 Mit wenigen sprachlichen Überarbeitungen wurde die Vorschrift des § 39 in den Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 übernommen. 364 Dabei war eine Erweiterung der Aufführungsfreiheit auf solche Fälle vorgesehen, in denen der Reinertrag der Veranstaltung ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt war und für die Mitwirkung der vortragenden oder aufführenden Personen keine besondere Vergütung gezahlt wurde. 365 Neu eingefügt wurde zudem § 39 a, wonach in Geschäftsbetrieben, welche den Vertrieb von Bild- oder Tonträgern zum Gegenstand hatten, diese auf Verlangen von Kauflustigen zu Vorträgen, Aufführungen oder Vorführungen benutzt werden konnten, auch wenn sie von anderen zufällig im Geschäftsbetrieb anwesenden Personen wahrgenommen werden konnten.366 359

Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.064. Gedacht war insbesondere an Sänger bei Trauungen, Beerdigungen und dergleichen, die speziell für die Mitwirkung an dieser Veranstaltung eine besondere Vergütung bezahlt bekamen. 360 Solche Musikaufführungen sollten aber gerade nicht erfaßt werden, vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf von 1951 in Β 141/2551 B1.064. 361 Vgl. § 39 Abs. 2 des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 Bl. 025. 362 Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.064. 363 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.065. 364 § 39 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 102 f. 365 Diese Ergänzung war handschriftlich in die Bestimmung des § 39 des Rengsdorfer Entwurfes eingefügt, vgl. Β 141/2551 Bl. 103. 366 § 39 a des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 103. Die Einfügung dieser Vorschrift war auf einen Vorschlag Selliers zurückzuführen, der in seiner Stel-

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Ebenso sah der 1954 veröffentlichte RefE in § 46 zahlreiche Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechts vor. 3 6 7 Die Verfasser setzten sich dabei auch mit Art. 11 R B Ü in der Brüsseler Fassung auseinander. Obgleich nach dem bloßen Wortlaut dieses Artikels irgendwelche Einschränkungen des Aufführungsrechts durch die Gesetzgebung der Verbandsländer eigentlich nicht zulässig wären 3 6 8 , sei auf der Konferenz in Brüssel zum Ausdruck gebracht worden, daß die innere Gesetzgebung der Verbandsländer gewisse kleine Ausnahmen gewähren könnte, insbesondere für kirchliche Feierlichkeiten, für Militärveranstaltungen und zu Zwecken des Unterrichts. 3 6 9 Die Länder, die derartige Ausnahmen in ihren Urheberrechtsgesetzen vorsahen, befänden sich also nicht in Widerspruch mit der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft. 3 7 0 I m einzelnen sah § 46 RefE dann einen gegenüber den Entwürfen des Kleinen Ausschusses von 1951 noch erweiterten Katalog von Ausnahmen vor. 3 7 1 In Ziff. 1 der Vorschrift wurde zunächst die Bestimmung des § 27 Abs. 1 Ziff. 1 übernommen, nach der Aufführungen bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste, frei sein sollten. Es sei zwar zuzugeben, daß diese Bestimmung in der Praxis teilweise zu Schwierigkeiten geführt habe, da der Charakter einer Veranstaltung als Volksfest nicht immer von vornherein eindeutig feststehe. I n solchen Zweifelsfällen die erforderliche Abgrenzung zu finden, werde i m Streitfall Aufgabe der örtlichen Gerichte lungnahme zu dem Berliner Entwurf von 1951 anregte, eine Bestimmung einzufügen, die klarstellte, daß Vorträge und Aufführungen, die der Werbung für das betreffende Werk dienten, frei waren (Stellungnahme Selliers zu dem Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses in Β 141/2562 B1.064). 367 Eine Durchbrechung des Grundsatzes, daß dem Urheber die öffentliche Aufführung seines Werkes vorbehalten war, wurde in der Begründung des RefE damit gerechtfertigt, daß in den bezeichneten Fällen die Interessen der Allgemeinheit an der freien Aufführung der Werke die Interessen des Urhebers überwogen, vgl. Begründung des RefE S. 141 f. Die Notwendigkeit, gewisse Ausnahmen von dem Aufführungsrecht des Urhebers zuzulassen, ergebe sich auch aus der modernen Entwicklung des Urheberrechts. Solange der Urheber die Aufführungsrechte in eigener Person wahrnahm, konnte davon ausgegangen werden, daß er selbst bei bestimmten öffentlichen Veranstaltungen unter verständiger Rücksichtnahme auf das allgemeine Interesse an solchen Veranstaltungen seine Zustimmung zu einer unentgeltlichen Benutzung seines Werkes in der Regel erteilen werde. Da die Aufführungsrechte heute aber nicht mehr von den Urhebern selbst, sondern von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommen würden, sei nunmehr allein der Wille der Verwertungsgesellschaft entscheidend. Es liege in der Natur der Sache, daß die Verwertungsgesellschaft als Treuhänderin fremder Rechte sich bei der Gewährung von Ausnahmen eine wesentliche größere Zurückhaltung auferlege als der einzelne Urheber. 368 Begründung S. 141. In dieser Unbedingtheit sei jedoch Art. 11 RBÜ nicht auszulegen. 369 So die Argumentation der Begründung S. 141. Im einzelnen seien die möglichen Ausnahmen nicht festgelegt, daher bleibe es den Verbandsländern überlassen, die einzelnen Ausnahmen ihren nationalen Auffassungen und Gegebenheiten entsprechend zu bestimmen. 370 Begründung S. 141. Auch wurde daraufhingewiesen, daß sich solche Ausnahmen bereits in der Urheberrechtsgesetzgebung einer ganzen Vielzahl von Verbandsstaaten befanden. 371 Es erschien angebracht, die in § 27 LUG zugelassenen Ausnahmen in gewisser Hinsicht einzuschränken, andererseits dürfte zur sachgemäßen Wahrung der Interessen der Allgemeinheit eine gewisse Erweiterung notwendig sein, vgl. Begründung S. 142.

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sein. Neu waren die in Ziff. 2 normierte Ausnahme für Vorträge und Aufführungen bei einer kirchlichen oder staatlichen Feierlichkeit, zu der die Hörer ohne Entgelt zugelassen wurden, und die in Ziff. 3 vorgeschlagene Ausnahmeregelung zugunsten von Veranstaltungen, die ausschließlich der Jugendpflege dienten.373 § 46 Abs. 1 Ziff. 4 gab den öffentlichen Vortrag oder die öffentliche Aufführung eines erschienenen Werkes frei, wenn der Reinertrag der Veranstaltung ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt war und die Mitwirkenden keine besondere Vergütung für ihre Tätigkeit erhielten. Dieser Bestimmung liege der Gedanke zugrunde, daß dem Urheber jedenfalls dann keine Vergütung zustehen solle, wenn sämtliche Mitwirkende unentgeltlich tätig wurden. 374 § 46 Abs. 1 Ziff. 5 entsprach im wesentlichen § 27 Abs. 1 LUG sowie dem § 39 Abs. 1 der Entwürfe des Kleinen Ausschusses von 1951. Öffentliche Vorträge oder Aufführungen waren zulässig, wenn sie keinem Erwerbszweck des Veranstalters dienten, für die Mitwirkung der vortragenden oder aufführenden Personen keine besondere Vergütung gezahlt wurde und die Hörer ohne Entgelt zugelassen waren. 375 Gegenüber den staatlichen und kirchlichen Feiern wurde hier also, wie bei den Wohltätigkeitsveranstaltungen, entscheidendes Gewicht darauf gelegt, daß die Mitwirkenden ohne besondere Vergütung tätig wurden. 376 Außerdem wurde an dieser Stelle klargestellt, daß Vorträge oder Aufführungen bei einer Betriebsfeier keinem Erwerbszweck des Veranstalters im Sinne dieser Vorschrift dienten.377 Sämtliche Ausnahmebestimmungen des §46 372

Begründung zu dem RefE S. 143. Beide Bestimmungen sprächen für sich selbst. Das überwiegende öffentliche Interesse an der Aufführungsfreiheit für solche Veranstaltungen bedürfe keiner näheren Darlegung. Auch sei allgemein bekannt, daß die kulturelle und geistige Fürsorge für die Jugend als eine der vordringlichsten und wesentlichsten Aufgaben von Staat, Kirche und Schule betrachtet werde, vgl. zur Vertiefung die Begründung zum RefE S. 143 f. Gerade für Veranstaltungen, die ausschließlich der Jugendpflege dienten, könne angenommen werden, daß jeder Urheber, wenn er befragt würde, seine Zustimmung zur unentgeltlichen Nutzung seiner Werke geben würde. 374 Vgl. Begründung zum RefE S. 144. Ähnlich den Ausführungen des Kleinen Ausschusses zu dem Berliner Entwurf stellte auch der RefE darauf ab, daß die Anwendung der Ausnahmebestimmung in diesen Fällen nicht schon dann ausgeschlossen sein sollte, wenn die vortragenden oder aufführenden Personen überhaupt eine Vergütung für ihre Mitwirkung erhielten, sondern nur dann, wenn ihnen von dem Veranstalter eine besondere Vergütung gezahlt wurde. Zudem sprach der RefE vom Reinertrag der Veranstaltung, weil der verkehrsübliche Begriff der Wohltätigkeitsveranstaltung nicht voraussetze, daß Unkosten wie Saalmiete, Heizung oder Beleuchtung aus anderen Mitteln als dem Rohertrag gedeckt würden. 375 Zur Vertiefung vgl. Begründung des RefE S. 145 f. 376 Vgl. dazu Begründung des RefE S. 145. Selbst wenn der Veranstalter bei den Musikaufführungen keinen gewerblichen Zweck verfolgte und aus dem Werk keine Einnahmen erzielte, so wurden doch in der Regel die mitwirkenden Musiker von dem Veranstalter für ihre Tätigkeit entlohnt. Wenn dies aber der Fall war, so schien es nicht gerechtfertigt, den Schöpfer dieser Werke leer ausgehen zu lassen. 377 Eine solche Klarstellung schien notwendig, da von der Rechtsprechung in letzter Zeit mehrfach dahin entschieden worden sei, daß Musikaufführungen bei einer Betriebsfeier dem gewerblichen Zweck des Betriebsinhabers dienten, vgl. den Hinweis in der Begründung des RefE S. 146. 373

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Abs. 1 sollten schließlich nach § 46 Abs. 2 auf die bühnenmäßige Aufführung von Werken keine Anwendung finden. 378 Dieser umfangreiche Katalog von Einschränkungen des Aufführungs- und Vortragsrechts zugunsten der Allgemeinheit stieß bei Veröffentlichung des RefE Mitte März 1954 auf heftige Kritik. Nach Ansicht de Boors brachte der RefE im ganzen gesehen eine erhebliche Verschlechterung der Rechtslage des Urhebers zugunsten der Verbraucher, namentlich zugunsten der Industrie. 379 Insbesondere die Einschränkungen des § 46 stünden mit dem Aufführungsrecht der Brüsseler Fassung nicht mehr in Einklang. 380 Die Begriffe des Volksfestes und der Jugendpflege seien für die Abgrenzung zu unbestimmt.381 Die meisten sogenannten Volksfeste stellten sich mittlerweile als gewerbliche Unternehmungen dar, so daß die Ausnahme des § 46 Abs. 1 Ziff. 1 jeder inneren Berechtigung entbehre. Daß die Bierzelte auf der Oktoberwiese zu Lasten der Urheber freigestellt werden, sei eine schwere Ungerechtigkeit. 382 Unverständlich sei außerdem der Zusatz in Ziff. 5, wonach Vorträge oder Aufführungen bei einer Betriebsfeier keinem Erwerbszweck des Veranstalters im Sinne der Vorschrift dienen sollten. Selbst wenn in der Begründung ausgeführt werde, die Betriebsfeiern dienten dem Zweck, Einigkeit und Arbeitsfreude der Belegschaft zu erhalten, also dem Betriebszweck, so seien die Ausgaben dafür Sozialausgaben der Firma, wie die für Werkwohnungen, Werkküchen oder auch Werkomnibusse. Es schien de Boor unbegreiflich, mit welcher Rechtfertigung ein Teil dieser Ausgaben auf die Urheber abgewälzt werden sollte. 383 Auch von Erffa hielt die in § 46 vorgesehenen Einschränkungen des Aufführungsrechts für unvereinbar mit der zwingenden Regelung der Berner Übereinkunft. 384 Vor allem die Begünstigung der Volksfeste in Ziff. 1 der Vorschrift sollte gestrichen 378 Vgl. Begründung S. 147. Während das geltende Recht in § 27 Abs. 2 LUG sowie die vorangegangenen Entwürfe nur die bühnenmäßige Aufführung von Opern oder sonstigen Werken der Tonkunst, zu denen ein Text gehörte, erwähnte, nahm der RefE die bühnenmäßige Aufführung sämtlicher Werke von der Aufführungsfreiheit aus, da eine unterschiedliche Behandlung nicht gerechtfertigt erscheine. 379 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 2. Stellungnahme de Boors vom 26.09.1954 in Β 141/2568 B1.006f. 380 So die Auffassung de Boors in Β 141/2568 B1.014. 381 Gerade unter dem Begriff der Jugendpflege könne man alles mögliche verstehen, so daß schwere Einbrüche in das Urheberrecht zu befürchten seien. 382 Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 Bl. 013. 383 Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 B1.014. 384 Stellungnahme von Erffas vom 11.10.1954 in Β141/2568 B1.033. Auch wenn in der Begründung des RefE darauf hingewiesen worden war, daß bei den Brüsseler Verhandlungen über Art. 11 RBÜ von einigen Ländern zum Ausdruck gebracht worden sei, daß die innere Gesetzgebung der Verbandsländer gewisse kleine Ausnahmen zulassen könnten, so stünden die in § 46 RefE vorgesehenen Ausnahmebestimmungen in keinerlei Verhältnis zu diesen, bei der Brüsseler Konferenz in Betracht gezogenen kleinen Ausnahmen vom Aufführungsrecht. Vgl. auch die umfangreichen Ausführungen bei von Erffa in Β 141/2568 B1.071.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 385

werden. Niemals sei von Seiten der Musikveranstalter so gut verdient worden, wie bei den Volksfesten. Beim Fasching, Karneval oder Oktoberfest gebe das Volk seinen „letzten Groschen" aus, um sich zu amüsieren. 386 Es sei daher nicht einzusehen, weshalb der Veranstalter von Musikaufführungen bei seinem enorm gestiegenen Verdienst den Komponisten umsonst ausbeuten dürfe, während er alle sonstigen Waren und Leistungen, die er für die Durchführung seiner Veranstaltung benötigte, vergüten müsse.387 Ebensowenig Anlaß bestehe dafür, daß Musikaufführungen bei einer kirchlichen oder staatlichen Feierlichkeit, zu der die Hörer ohne Entgelt Zutritt hatten, erlaubt sein sollten (Ziff. 2). 388 Zulassen könne man allenfalls Vorträge und Musikaufführungen in einem Gottesdienst, unter der Bedingung, daß die an der Aufführung oder dem Vortrag mitwirkenden Personen kein besonderes Entgelt dafür erhielten und auch die Zuhörer ohne Entgelt Zutritt hatten. Nicht vertretbar sei zudem eine Einschränkung zugunsten von Vorträgen oder Aufführungen, die ausschließlich der Jugendpflege dienten.389 Darunter könne jede Unterhaltung der Jugend verstanden werden, also auch Fußballspiele oder Seifenkistenrennen mit Pausenmusik.390 Da für eine Begünstigung solcher Veranstaltungen nicht der geringste Anlaß bestehe, müsse Ziff. 3 gestrichen werden. Auch Ziff. 4 sei in der vorliegenden Fassung nicht annehmbar. Wenn man den Urheber überhaupt kraft Gesetzes zu einer Wohltätigkeit zwingen wolle, so könne dies nur unter der Voraussetzung geschehen, daß der Ertrag und nicht nur der Reinertrag der Veranstaltung ausschließlich für wohltätige Zwecke bestimmt sei, daß also weder die vortragenden oder aufführenden Personen für ihre Mitwirkung noch der Veranstalter oder der Inhaber des Veranstaltungsraumes eine Vergütung erhielten. 391 385 Bereits § 27 Abs. 1 Ziff. 1 LUG, wonach Musikaufführungen bei Volksfesten, mit Ausnahme der Musikfeste, zulässig waren, habe von jeher zu unzähligen Streitigkeiten geführt, Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.065. 386 Vgl. Stellungnahme von Erffas in Β141/2568 Bl. 065. Zum Münchener Oktoberfest habe man sogar Sonderzüge eingesetzt, so daß die Zahl der Teilnehmer ins Unbegrenzte gestiegen sei. 387 Die Streichung der Ziff. 1, die auch schon im Entwurf von 1932 und von 1939 vorgenommen war und die, wie damals zutreffend ausgeführt, Mißbräuchen Tür und Tor öffne, scheine daher unerläßlich, vgl. Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.066. 388 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.066. Zu diesen kirchlichen Feierlichkeiten, zu denen Hörer ohne Entgelt Zutritt hatten, gehörten Taufen, Trauungen und Beisetzungsfeiern. Hier erhielten die ausübenden Künstler stets eine Vergütung und auch der äußere Aufwand, wie Blumenschmuck, Kerzenleuchter oder Kirchengeläut erforderten eine Vergütung. Es scheine nicht gerechtfertigt, daß die Schöpfer kirchlicher Musik, die bei solchen kirchlichen Feierlichkeiten zur Aufführung gelangten, die einzigen sein sollten, die keine Vergütung erhielten. Was unter staatlichen Feierlichkeiten zu verstehen ist, sei überhaupt völlig unklar und verschwommen. 389 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.067. Was unter Jugendlichen zu verstehen ist, welches Alter beispielsweise erfaßt werden sollte, sei nicht angegeben. 390 Ebenfalls erfaßt würden Tanzstundenabschlußbälle oder auch Kabarettveranstaltungen sowie Jazzmusikaufführungen. Alle diese Veranstaltungen würden unter dem Motto »Jugendpflege" von Ziff. 3 erfaßt werden, so die Ausführungen bei von Erffa in Β 141/2568 Bl. 068.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Zu Ziff. 5 verwies von Erffa auf die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach der Urheber überall da, wo ein gewerblicher Nutzen aus seinem Werk erzielt werde, seinen Anteil erhalten sollte. Es könne daher bei der in Ziff. 5 geregelten Ausnahme nicht darauf ankommen, ob der gewerbliche Nutzen dem Veranstalter selbst oder einem Dritten zufließe. 392 Schließlich wollte auch von Erffa die in Ziff. 5 Satz 2 getroffene Auslegung zum Vorteil der Betriebsfeiern fallen lassen. Die Betriebsfeiern dienten in jedem Fall gewerblichen Zwecken, und zwar sowohl den gewerblichen Zwecken des Betriebes durch Steigerung der Arbeitswilligkeit als auch den gewerblichen Zwecken des Gastwirtes, in dessen Räumlichkeiten sie veranstaltet wurden. 393 Daß die Betriebe bei den Betriebsfeiern auch soziale Zwecke verfolgten, stehe dem nicht entgegen. Es genüge, daß sie neben einer arbeitsethischen Motivierung zur Förderung der Betriebsgemeinschaft auch die gewerblichen Zwecke des Betriebes förderten. 394 Beanstandet wurde die Regelung des § 46 über die Einschränkungen des Vortragsund Aufführungsrechtes auch von Prof. Möhring. Abgesehen davon, daß der Entwurf nach Ansicht Möhrings insgesamt nicht geeignet war, den Gegenstand weiterer Beratungen zu bilden 395 , begegne gerade auch §46 erheblichen Bedenken. Es sei außer Acht gelassen worden, daß die Volksfeste reine Unternehmen der Fremdenverkehrsindustrie geworden seien.396 Kirchliche Feierlichkeiten, insbesondere wenn sie aus Anlaß privater Ereignisse, wie Taufe, Heirat oder Beerdigung abgehalten wurden, verdienten ebenfalls keine Bevorzugung, zumal die ausübenden Künstler in der Regel auch honoriert würden. Weiterhin sei nicht einzusehen, warum den Schülern zwar der entgeltliche Bezug von Lehrmitteln zugemutet werde, die Schule aber keine Pauschale für Aufführungen entrichten könne.397 Die Auslegungsvorschrift zu391

Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.068. Nach dem jetzigen Wortlaut durfte der Vermieter des Veranstaltungsraumes eine Mietgebühr erhalten und auch der Veranstalter für seine Tätigkeit entlohnt werden. Es komme daher einer unzulässigen entschädigungslosen Enteignung gleich, wenn die Schöpfer der Werke, die vorgetragen oder aufgeführt wurden, zur Wohltätigkeit gezwungen werden. 392 Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 Bl. 069. Es sei in keinem Falle gutzuheißen, daß der Veranstalter des Vortrags oder der Musikaufführung die den Urhebern der Werke zustehenden Nutzungsrechte frei verwerten dürfe, nur weil ihm selbst aus der Verwertung kein gewerblicher Nutzen erwachse. 393 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.070. 394 Zur Vertiefung vgl. die umfangreichen Ausführungen in der Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 B1.070. 395 Vgl. Stellungnahme Möhrings vom 29.10.1954 in Β141/2589 B1.007ff. Bereits die Gegenüberstellung der vermeintlichen Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers und der Verschlechterung seiner Rechte zeige, wie wenig der Entwurf dem Wesen des Urheberrechts gerecht werde. 396 Wie auch von Erffa bereits vorgetragen hatte, sah Möhring kein Bedürfnis für das Volk, zwar seine Brathändl zu erhöhtem Preis, sein Bier, seinen Wein oder seine Wurst zumindest zu angemessenem Preis zu bezahlen, die Musik dagegen geschenkt zu erhalten, vgl. Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 Bl. 026. 397 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.026. 29 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gunsten der Betriebsfeiern war für Möhring schlechthin unverständlich. Bei den hohen Aufwendungen, die ein Unternehmer für seine Betriebsfeiern zu machen habe, würde die Zahlung einer Pauschale für Aufführungen nicht ins Gewicht fallen. 398 Des weiteren wandte sich der Schriftsteller Hermann Kasack gegen § 46. Diese Bestimmung schränke die Vortrags- und Aufführungsrechte, die generell dem Urheber zugebilligt werden, in einer unzulässig scheinenden Weise ein. 399 Selbst in der Begründung werde zugegeben, daß mit der Ausnahmeregelung zugunsten der Volksfeste leicht Mißbrauch getrieben werden könne. 400 Insgesamt sei festzuhalten, daß es, solange die Mitwirkenden, also die Reinmachefrau oder beispielsweise die Garderobenfrau, bezahlt werden, eine Degradierung des Urhebers bedeute, ihn zur kostenlosen Überlassung des geistigen Werks zu verpflichten. 401 Das mindeste, was der Gesetzgeber vorsehen sollte, sei ein „Anerkennungshonorar" des Urhebers. 402 Entschieden abgelehnt wurde die Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechts in § 46 auch vom 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes. Der Senat vertrat die grundsätzliche Haltung, daß diese Einbrüche in das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers, welche im sonstigen Recht des geistigen Eigentums keine Parallele hätten, möglichst eng zu begrenzen seien und keinesfalls eine Erweiterung der Nutzungsfreiheit geschützter Werke gegenüber dem bisherigen Rechtszustand bringen sollten.403 Die vorliegende Fassung des § 46 sei zudem mit Art. 11 RBÜ in der Brüsseler Version nicht vereinbar, da es sich nicht mehr um „kleine Ausnahmen" von dem Grundsatz handele, daß dem Urheber das ausschließliche Recht zustehe, die öffentliche Aufführung seiner Werke zu erlauben. 404 Aufführungen mittels Bild- oder Tonträger sollten nach Auffassung des Senates nicht in die Nutzungsfreiheit des §46 einbezogen werden. Das Argument, daß den Urhebern eine entschädigungslose 398

Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 Bl. 027. Stellungnahme Kasacks vom 19.11.1954 in Β141/2570 Bl. 066. In der Begründung werde angeführt, daß künftig vorwiegend die Verwertungsgesellschaften, nicht aber der Urheber selbst über diese Rechte verfügen werde, was aber nicht zutreffe. In vielen Fällen werde auch künftig der Verleger die Nutzungsrechte vom Autor übertragen erhalten haben. 400 Auch die Auslegung der in Ziff. 2 getroffenen Bestimmung über kirchliche oder staatliche Feierlichkeiten sei sehr gefährlich. Es komme hinzu, daß Kreise der katholischen Kirche unlängst erklärt hätten, bei derartigen Veranstaltungen selbstverständlich aus Billigkeitsgründen ein Honorar zu zahlen, vgl. Stellungnahme Kasacks in Β 141/2570 B1.066. 401 Stellungnahme Kasacks in Β 141/2570 Bl. 066. 402 Stellungnahme Kasacks in Β 141/2570 B1.067. Genauso wie in vielen Fällen Kosten für Heizung, Beleuchtung, Saalmiete oder Plakate bezahlt würden, sollte auch der Urheber grundsätzlich in diese „allgemeinen Unkosten" mit einbezogen werden. Insgesamt scheine, daß sich in diesem Paragraphen eine Mißachtung des Schöpferischen ausdrücke, die zweifellos nicht von dem Gesetzgeber gewollt sein könne. Sogar die Betriebsfeiern einzubeziehen, für die bei größeren Betrieben Tausende von Mark ausgegeben würden, bedeute einen Schutz für den Kapitalstarken gegen den Kapitalschwachen. 403 Stellungnahme des BGH vom 27.10.1954 in Β141/2569 B1.042. 404 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 4. Stellungnahme des BGH in Β 141/2569 Bl. 043. 399

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Nutzung ihrer Werke zugemutet werden könne, wenn die Mitwirkenden bereit seien, ohne besonderes Entgelt tätig zu werden, sei gegenüber der Verwendung mechanischer Musik nicht verwertbar. 405 Gleichermaßen sprachen sich die Interessenverbände gegen die weitreichenden Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechts aus. Der Deutsche Schriftsteller-Verband stellte fest, daß der Entwurf hinsichtlich der Einschränkungen des Verwertungsrechts, welche in §§ 38 ff. geregelt waren, doch etwas weit gehe. 4 0 6 Vor allem sei nicht einzusehen, warum der öffentliche Vortrag oder die öffentliche Aufführung eines erschienenen Werkes in dem in § 46 angegebenen Umfang zulässig sein sollte. So könnten sich auf Volksfesten die verschiedensten Interessenten bereichern, sie brauchten nichts beizusteuern. Es sei doch sehr fragwürdig, warum gerade der Urheber in diesen Fällen der Leidtragende sein sollte. 4 0 7 Der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände hielt die Bestimmung des § 46 für schlechthin unannehmbar. 408 Vor allem bei Volksfesten und kirchlichen Feierlichkeiten seien so weitgehende Ausnahmen keinesfalls gerechtfertigt. 409 Selbst für Gottesdienste ließe sich die Aufführungsfreiheit kaum begründen. Es gebe eine große Anzahl von Komponisten, die sich ausschließlich der Kirchenmusik widmeten. Diese würden in den seltensten Fällen Aufführungsgebühren erhalten, müßten also i m Gegensatz zu den Schlagerkomponisten auf die wesentlichste Einnahmequelle verzichten. 4 1 0 405

Der BGH äußerte sich anschließend noch zu den einzelnen Ziffern der Ausnahmebestimmung des §46. Die Begünstigung der Volksfeste in Ziff. 1 sei eine veraltete Bestimmung, deren innere Rechtfertigung durch die Gründung von Verwertungsgesellschaften entfallen sei. Auch die Freistellung staatlicher Feierlichkeiten vermochte der Senat nicht zu billigen. Es sollte doch gerade ein Anliegen des Staates sein, der Schwäche des geistigen Eigentums, dessen Schutzwürdigkeit im Volksbewußtsein noch in keiner Weise ausreichend verankert sei, durch Gewährung einer angemessenen Vergütung bei der Nutzung schöpferischer Werke entgegenzutreten. Schließlich seien die in Ziff. 4 und 5 vorgeschlagenen Einschränkungen des Aufführungsrechts nur gerechtfertigt, soweit im Rahmen der fraglichen Veranstaltung von keiner Seite ein gewerblicher Nutzen aus der Aufführung geschützter Werke gezogen werde (vgl. zur Vertiefung Stellungnahme des BGH in Β 141/2569 Bl. 044). 406 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II. 1. Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes e.V. vom 03.12.1954 in Β 141/2572 B1.042. 407 Bei der Jugendpflege könne man vielleicht noch eine Ausnahme machen. In allen übrigen Fällen müßte aber der Urheber in gewissem Umfang beteiligt werden, vgl. Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes in Β141/2572 B1.043. 408 Stellungnahme des Börsenvereins Deutscher Buchhändler- und Verleger-Verbände vom 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.017. 409 Wie bereits von anderer Seite vorgetragen, wies auch der Börsenverein darauf hin, daß am Münchener Oktoberfest und am Kölner Karneval besonders verdient werde. Es sei daher nicht einzusehen, weshalb die Komponisten und Dichter leer ausgehen sollten. Auch bestehe kein Grund, den Urheber von einem etwaigen Verdienst bei kirchlichen Feierlichkeiten auszuschließen. Bei Hochzeiten, Begräbnissen oder Taufen würden sämtliche Beiträge zu der Veranstaltung bezahlt. Wenn also der ausübende Künstler, der Gärtner oder Dekorateur ein Entgelt erhalte, müsse auch der Urheber entlohnt werden, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.018. 410 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 Bl. 018. 29

e.V.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Ebensowenig sei einzusehen, daß der Staat seine Feierlichkeiten mit der Aufführung oder dem Vortrag urheberrechtlich geschützter Werke schmücken dürfe, ohne etwas dafür zu bezahlen. Auch der Begriff der Jugendpflege sei viel zu weit gefaßt. 41 1 Die dem Urheber in Ziff. 4 der Bestimmung zugemutete Wohltätigkeit müsse auch den anderen an der Veranstaltung Beteiligten auferlegt werden. Gerade wenn der Saalvermieter an der Veranstaltung verdiene, habe auch der Dichter oder Komponist keinen Anlaß, auf einen angemessenen Verdienst zu verzichten. 412 Schließlich sollten die Betriebsfeiern schlechthin von der Aufführungsfreiheit ausgenommen werden, da sie immer dazu dienten, gewerbliche Zwecke, nämlich die des betreffenden Betriebes, zu fördern. 413 Auch der Deutsche Musikverleger-Verband äußerte sich kritisch zu der Fassung des § 46. 414 Der Entwurf enthalte weder im Gesetzestext noch in der Begründung eine Definition des Begriffs „Volksfest". Die Begründung gehe dabei davon aus, daß jedes Volksfest im Interesse der Allgemeinheit liege, was aber nicht zutreffe. 415 Volksfeste seien heutzutage großenteils Veranstaltungen zur Hebung des Fremdenverkehrs, die vorwiegend im Interesse einer, wenn auch größeren Gruppe von Gewerbetreibenden und der Gemeinden liegen würden. Die Privilegierung von Teilnehmern an Volksfesten zu Lasten des geistig Schaffenden könne doch nur so lange gerechtfertigt erscheinen, als damit ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit bestehe. Sie müsse entfallen, wenn mit solcher Art Volksfesten im wesentlichen gewerblichen Interessen gedient werde. 416 Die Einschränkungen zugunsten kirchlicher oder staatlicher Feierlichkeiten schienen keinesfalls gerechtfertigt. 417 Ebenso 411

Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.018f. Letztendlich fielen alle Veranstaltungen darunter, bei denen die Teilnahme von Jugendlichen erwünscht war. Besonders empfindlich würden dadurch die Urheber von Laienspielen getroffen, die ja eigens dazu geschrieben worden seien, um bei derartigen Veranstaltungen, wie auch bei Volksfesten, kirchlichen Feierlichkeiten oder bei Veranstaltungen zu Wohltätigkeitszwecken aufgeführt zu werden. 412 Stellungnahme des Börsenvereins in Β141/2571 B1.019. Auch sei es nicht gerechtfertigt, den Veranstalter in Ziff. 5 schon dann von seinen urheberrechtlichen Verpflichtungen freizustellen, wenn er selbst keinen Erwerbszweck mit der Veranstaltung verfolgte. Auch die anderen an der Veranstaltung Beteiligten dürften, ebenso wie die mitwirkenden Künstler, nichts verdienen. Nur dann sei der Zwangsverzicht des Urhebers auf die Abgabe als Akt der Wohltätigkeit begründet. 413 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.019. 414 Stellungnahme des Deutschen Musikverleger-Verbandes e.V. vom Dezember 1954 in Β 141/2572 B1.174ff. 415 Diesem Gedanken, der vielleicht für totalitäre Staaten gültig sein möge, müsse für die Verhältnisse im Bundesgebiet widersprochen werden, vgl. Stellungnahme des Deutschen Musikverleger-Verbandes in Β 141/2572 Bl. 174. 416 Der Musikverleger-Verband wollte daher die Volksfeste, mit Ausnahme der Musikfeste, nur dann privilegieren, wenn sie vorwiegend keinen gewerblichen Zwecken dienten, es sei denn, daß a) die Vorträge oder Aufführungen in geschlossenen Räumen stattfanden, b) den Mitwirkenden eine Vergütung gewährt wurde oder c) die Hörer ohne Entgelt zugelassen wurden, vgl. den Formulierungsvorschlag des Musikverleger-Verbandes in Β141/2572 Bl. 173 (Rückseite). 417 Zur Vertiefung vgl. Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β 141/2572 Bl. 174. Auch sei der Begriff der Jugendpflege so dehnbar, daß die Einfügung einer weiteren Bedingung

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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müsse Ziff. 5 der Bestimmung gestrichen werden. Für die Privilegierung solch unbestimmter Veranstaltungen, die auf Kosten des Urhebers gehen sollten, gebe es keinen die Allgemeinheit berechtigenden sozialen Grund. Es sei ungerechtfertigt, wirtschaftlichen Interessen der Allgemeinheit Vorrang vor dem Recht am geistigen Eigentum zu geben.418 Gleichermaßen auf Ablehnung stieß der Vorschlag des RefE zur Vortrags- und Aufführungsfreiheit in zahlreichen Veröffentlichungen. 419 Nach Ansicht Overaths bedeutete § 46 eine entschädigungslose Enteignung des Urhebers, die gegenüber dem für die Enteignung der Sachgüter durch das GG allgemein anerkannten Entschädigungsgrundsatz befremden müsse.420 Wenn die Begründung zum RefE auf die soziale Bindung des Urheberrechts hinweise, so sei dies noch kein Beweisgrund dafür, daß gerade bei ihm eine entschädigungslose Enteignung in weiterem Umfang zulässig sein müsse. Da auch von keinem anderen von der Kirche herangezogenen Künstler, wie Maler, Bildhauer oder Architekt erwartet werde, daß er seine Arbeit oder sein Werk unentgeltlich zur Verfügung stelle, müsse auch der Urheber angemessen vergütet werden. 421 Dabei gehe es nicht darum, aus der musikalischen Kunst ein Geschäft zu machen, sondern es gehe allein darum, das elementare Recht des Schöpfers an seinem Werk herauszustellen und gesetzliche Ausnahmebestimmungen, die dieses natürliche Recht verletzen, zu verhindern. 422 Hubmann nannte § 46 eine „dem Gerechtigkeitsprinzip besonders widersprechende Bestimmung".423 Wenn sich die Verfasser in der Begründung darauf beriefen, daß es sich bei den in § 46 begünstigten Zwecken um überwiegende Interessen der Allgemeinheit handele, so sei es enttäuschend, daß keinerlei Ausführungen zu der Frage gemacht werden, ob dieses angeblich überwiegende Interesse allein dadurch gewahrt werden könne, daß nicht nur das Verbotsrecht des Urhebers eingeunerläßlich erscheine, wonach die mitwirkenden Personen keine Vergütung erhalten durften und die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden mußten. 418 Stellungnahme des Musikverleger-Verbandes in Β141/2572 Bl. 174 (Rückseite). Für Betriebsfeiern, die immer erhebliche Aufwendungen erforderten, erhalte der Veranstalter Steuervergünstigungen. In solchen Fällen Einsparungen zu Lasten des Urhebers zu erzielen, wenn der kapitalkräftigere Veranstalter selbst dafür Vergünstigungen von der Allgemeinheit erhalte, sei offensichtlich nicht gerechtfertigt. 419 Zu der vielfach diskutierten Fragestellung, inwieweit Betriebsfeiern unter die Ausnahmebestimmung der Vortrags- und Aufführungsfreiheit fallen sollten, vgl. vor allem NeumannDuesberg in JR 1956, S. 127 (128). Im Ergebnis sollte die Aufführungsfreiheit im Interesse der Komponisten für die Fälle der Betriebsfeiern stets verneint werden. Zu der weitergehenden Diskussion vgl. auch Heiseke in BB 1964, S. 701-704.; Scholz in BB 1964, S. 1461-1464 sowie zur endgültigen Gesetzesfassung von 1965 nochmals Heiseke in BB 1966, S. 1424-1426. 420 Overath in Musik und Dichtung Nr. 1955 (Januar), S. 3. Es handelte sich um einen Festvortrag, welcher anläßlich der Internationalen Kirchenmusiktage 1954 von Dr. Overath gehalten wurde. 421 Overath in Musik und Dichtung Nr. 3 1955 (Januar), S. 3. 422 Overath in Musik und Dichtung Nr. 3 1955 (Januar), S.4. 423 Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S. 58 (68).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

schränkt, sondern ihm auch sein Anspruch auf Entgelt für die Benutzung seiner Leistung genommen werde. 424 Im einzelnen liege besonders bei den in § 46 Ziff. 1 begünstigten Volksfesten keinesfalls ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit vor. Hier handele es sich um ein Bedürfnis der Bevölkerung nach Unterhaltung und Wahrung des Brauchtums. Dieser Zweck überwiege aber niemals die auf Seiten der Urheber vorhandenen Interessen an der Erhaltung seiner Existenz und an der Schaffung neuer Werke. 425 Selbst wenn es sich bei den in § 46 Ziff. 2, 3 und 4 erwähnten Fällen um besonders schutzwürdige Interessen handeln sollte, so frage sich aber, ob diese nur dadurch gewahrt werden können, daß den Urhebern ein Anspruch auf ihr Entgelt versagt werde. 426 Grundsätzliche Kritik an der Vortrags- und Aufführungsfreiheit übte auch Reinhardt. In der Argumentation zur Rechtfertigung dieser weitreichenden Einschränkungen fehle es an einer klaren Herausarbeitung derjenigen besonderen Gesichtspunkte, nach denen im Einzelfall bestimmt werden könne, wann eine öffentliche Aufführung entschädigungslos oder nur gegen Tantiemen durchgeführt werden dürfe. 427 Insgesamt werde man bei der Neugestaltung des Urheberrechts der durch Art. 14 GG geschaffenen Rechtslage Rechnung tragen müssen.428 In der Sache werde sich der Gesetzgeber vor allem dessen bewußt sein müssen, daß die Kriterien echter Sozialbindung aus Zweck und Eigenart des Urheberrechts, aber auch aus seiner Rolle im System der Sozialordnung zu bestimmen seien. Die Würdigung dieser Zusammenhänge verbiete es, die Anerkennung des Verfügungs- und Nutzungsrechts des Urhebers an der öffentlichen Aufführung seines Werkes von der Art des Zweckes abhängig zu machen, den ein Dritter mit der Veranstaltung einer öffentlichen Aufführung des ihm fremden Werkes verfolge. 429 424 Auch äußere sich der Entwurf nicht dazu, warum nicht der Staat, wie es doch sonst üblich sei, die Lasten für die Befriedigung dieses öffentlichen Bedürfnisses übernehmen könne, so daß diese auf die Schultern einer kleinen Bevölkerungsgruppe, nämlich der Urheber, abgewälzt werden müsse, vgl. Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S.58 (69). 425 Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S.58 (70). Auch durch die in §46 Ziff.5 vorgesehene Ausnahme werde offenbar das Unterhaltungsbedürfnis der Öffentlichkeit begünstigt. Wenn man um seinetwillen dem Urheber materielle Opfer auferlege, so könne dies nur auf einer Unterschätzung der geistigen Arbeit beruhen. 426 Zur Vertiefung vgl. Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S. 58 (71). 427 Reinhardt, S. 20. Dem Leser des Entwurfes begegne nur ein buntes Gemisch von Gedanken und aphoristischen Hinweisen, die eine einheitliche große Linie völlig vermissen ließen. 428 Reinhardt, S. 52. Beschränkungen des Urheberrechts, hier des Rechts der öffentlichen Aufführung, die nicht mehr als Ausdruck einer schlichten Sozialbindung zu motivieren seien, verstießen als Eingriffe in dieses Recht gegen Art. 14 GG und seien daher unzulässig. 429 So der materielle Kern des Ergebnisses der umfangreichen Untersuchung bei Reinhardt, S. 53. Auch Schulze wollte die Bestimmung des §46 insgesamt gestrichen wissen, vgl. Schulze, Recht und Unrecht, S.43. Zur Begründung verwies der Verfasser auf seine Ausführungen in Schulze, Musik und Recht, die, obwohl zeitlich vor dem RefE erschienen, nach wie vor aktuelle Ausführungen zu der Einschränkung des Vortrags- und Aufführungsrechts enthalte, da der RefE die Beschränkungen des § 27 LUG fast vollständig übernommen habe und sogar noch weitere Einschränkungen hinzugefügt habe.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Nachdem sich bereits der Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht unmittelbar nach Erscheinen des RefE kritisch gegenüber den Einschränkungen des Vortragsund Aufführungsrechtes geäußert hatte 430 und das BMJ in einer Besprechung mit prominenten Urhebern bereits angedeutet hatte, daß man „geneigt sei, die Aufführungsfreiheit zugunsten der Volksfeste, der staatlichen Feierlichkeiten und auch der Wohltätigkeitsveranstaltungen zu streichen" 431, befaßte sich auch die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht eingehend mit der Vorschrift des § 46. Die Gerechtigkeit gebot nach Ansicht der Sachverständigen zwar eine Ausnahme zugunsten der echten Volksfeste, jedoch sei eine Abgrenzung wohl kaum möglich. Keinesfalls solle man aber eine Ausnahme von zweifelhaftem Umfang im Gesetz belassen.432 Ebenso gestrichen werden müsse die Ausnahme zugunsten der staatlichen Feierlichkeiten. 433 Da beide Kirchen sich mittlerweile bereit gezeigt hätten, bei kirchlichen Veranstaltungen eine Vergütung zu zahlen, seien nun die Urheber gefragt, auch ihrerseits ein Entgegenkommen zu zeigen.434 Die Ausnahme zugunsten der Jugendpflege war nach den Ausführungen Dr. Haertels in den Entwurf aufgenommen worden, um die Frage zur Diskussion zu stellen. Es werde zugegeben, daß eine Begrenzung des Begriffs „Jugendpflege" schwierig sei. Falls keine geeignete Definition gefunden werde, zogen die Sachverständigen es vor, diese Frage nicht im Urheberrechtsgesetz zu regeln, sondern eine Bestimmung 430 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.III. 1. Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses vom 28.-30.09.1954 in Β 141/2567 B1.068. Der Ausschuß sprach sich für die Streichung der Begünstigung der Volksfeste in §46 Abs. 1 Ziff. 1 sowie für die Streichung der Ausnahme hinsichtlich staatlicher Feierlichkeiten in § 46 Abs. 1 Ziff. 2 aus. Die Schulfeier, die von Musik umrahmt wurde, sollte tantiemefrei bleiben, wobei der Begriff der Schulen in weiterem Sinne verstanden werden sollte, einschließlich auch der Hochschulen. Der Begriff der Jugendpflege war näher zu umgrenzen. 431 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.III.3. Vermerk über die Besprechung am 24.10.1955 mit prominenten Urhebern in München in Β 141/2586 Bl. 175. Die Ausnahme zugunsten der Jugendpflege sollte im Grundsatz aufrechterhalten bleiben, allerdings schärfer abgegrenzt werden. Die Urheber erklärten sich, wenn auch zögernd, mit einer derartig eingeschränkten Ausnahmevorschrift einverstanden. 432 So die Ausführungen des Bundesrichters Wilde in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 148. Schulze hatte eingewandt, er kenne keine Volksfeste, die nicht als Erwerbsquelle dienten, eine sachliche Abgrenzung sei nicht möglich. 433 Vgl. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β141/2586 Bl. 149. Gegen den Vorschlag Dr. Haertels, diese Ausnahme zu streichen, erhoben die Sachverständigen keinen Widerspruch. 434 Vgl. Dr. Haertel in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 149. Die Absicht der Kirchen, eine Vergütung zu zahlen, damit die Urheber kirchlicher Musik nicht leer ausgingen, sei ein Entgegenkommen, das die Urheber eigentlich veranlassen sollte, ihrerseits ein Entgegenkommen zu zeigen. Allerdings betonten die Kirchen, es werde Wert darauf gelegt, den Urhebern kein Verbotsrecht zuzuerkennen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

in das Verwertungsgesellschaftengesetz aufzunehmen. 435 Auch gegen eine Streichung der Ausnahme zugunsten der Wohltätigkeitsveranstaltungen wurden keine Einwände erhoben. 436 Schwierigkeiten bereitete letztlich die Überlegung, bei der Ausnahme des § 46 Abs. 1 Ziff. 5 dem Veranstalter dann eine Vergütungspflicht aufzuerlegen, wenn ein Dritter an der Veranstaltung verdiente. 437 Abschließend wurde festgestellt, die Frage, wie weit überhaupt Ausnahmen erforderlich seien, hänge davon ab, wie die Verwertungsgesellschaften die ihnen übertragenen Rechte handhabten. Je schärfer sie die Rechte durchzusetzen versuchten, um so stärker werde der Wunsch nach Ausnahmen.438 Schließlich fand im BMJ eine Sitzung mit den Vertretern der Kirchen und mit den Referenten aus dem BlnM speziell zu den Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege statt. Vom Standpunkt der Katholischen Kirche aus brauchte sich die Ausnahmebestimmung nur auf Musik beim Gottesdienst zu erstrecken. 439 Dagegen legte die Evangelische Kirche Wert darauf, daß auch die Kirchenveranstaltungen außerhalb des Gottesdienstes von dem Aufführungsrecht des Urhebers und damit von seinem Verbotsrecht ausgenommen würden. 440 Die Evangelische Kirche veranstalte viele Kirchenkonzerte, bei denen auch der gottesdienstliche Charakter gewahrt bleibe. Für die Abgrenzung der Veranstaltungen wurden dann verschiedene Möglichkeiten diskutiert. Es könnten alle Musikaufführungen während des Gottesdienstes vom Aufführungsrecht des Urhebers befreit werden oder alle Musikaufführungen die von Kirchen veranstaltet wurden. Schließlich könne auch darauf abgestellt werden, daß die Musikaufführungen der Kirchen in den Kirchenräumen veranstaltet werden. 441 435 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 151. 436 Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 151. Auch die Bestimmung über die Betriebsfeiem sollte zweckmäßigerweise fallengelassen werden, nachdem der BGH diese Frage entschieden habe. 437 Vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β141/2586 Bl. 151. Möglicherweise könne man den Fall so regeln, daß derjenige bezahlen müsse, der an der Veranstaltung verdiene, indem man ihn als Veranstalter ansehe. Dagegen wurde aber eingewandt, daß der Begriff des Veranstalters festliege. 438 So die abschließenden Worte Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 152. 439 Vgl. die Ausführungen von Dr. Panzer in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 B1.026. Andere Musikaufführungen konnten nach Auffassung Dr. Panzers vom ausschließlichen Aufführungsrecht des Urhebers erfaßt werden. 440 So die Ausführungen von Dr. Dr. S trübe in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 B1.026. 441 Vgl. die zur Diskussion gestellten Vorschläge von Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β141/2596 Bl. 026. Femer sollte geprüft werden, ob es Auf-

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Letztere Möglichkeit stellte sich als wenig praktikabel heraus. Wenn in kleinen Orten keine Kirche für eine Feierlichkeit zur Verfügung stehe, werde auf den Gasthaussaal ausgewichen. Es müsse daher darauf ankommen, wer Veranstalter der Aufführung sei. 442 Nach Ansicht der Evangelischen Kirche sollten alle Aufführungen unter die Ausnahmebestimmung fallen, die von den Kirchen veranstaltet würden, ohne Rücksicht darauf, in welchen Räumen sie stattfänden und welcher Art die Musik sei. 443 Schließlich wies Dr. Gussone vom BlnM daraufhin, daß die Ausnahmevorschrift auch für sonstige Religionsgemeinschaften gelten müsse.444 Im Ergebnis sollte also der Vortrag oder die Aufführung bei einer kirchlichen Feierlichkeit oder sonstigen Veranstaltung der Kirchen oder der Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts frei sein.445 Im Anschluß ging es um die Frage, ob für Vorträge und Aufführungen der Jugendpflege eine besondere Ausnahmevorschrift beizubehalten sei. Dr. Haertel trug hierzu vor, die Urheber hätten die in § 46 Abs. 1 Ziff. 3 vorgesehene Formulierung beanstandet.446 MinRat Dr. Rothe vom BlnM erwiderte, die Jugendpflege sei nicht, wie von den Urhebern behauptet, Aufgabe des Staates, sondern der freien Jugendorganisationen. Da das Urheberrecht sozial gebunden sei und die Jugendpflege im allgemeinen Interesse liege, müßten die Urheber sich eine Einschränkung ihrer Rechte gefallen lassen.447 Seitens des BMJ nahm man diese Erläuterungen zur Kenntnis, wollte dann aber in der Formulierung der Vorschrift auch deutlich zum führungen gebe, die nicht von den Kirchen veranstaltet wurden, aber dennoch kirchlichen Aufgaben dienten. 442 Oberkirchenrat Ranke von der Evangelischen Kirche in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwekke der Jugendpflege in Β 141/2596 Bl. 027. 443 Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 Bl. 027. 444 Um kleinere Sekten auszuschließen, sollten aber nur die Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts den Kirchen gleichgestellt werden, vgl. den Vorschlag Dr. Rankes in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 Bl. 028. 445 Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 B1.028. 446 Dr. Haertel verwies auf die seitens der Urheber vorgetragenen Argumente. Es sei nicht ihre Aufgabe, zugunsten der Jugendpflege auf die ihnen zustehende Vergütung zu verzichten. Jugendpflege sei vielmehr Aufgabe des Staates, vgl. Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 B1.028. 447 MinRat Dr. Rothe in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwecke der Jugendpflege in Β 141/2596 Bl. 028. Auch sei zu beachten, daß die meisten Jugendveranstaltungen nicht öffentlich seien. Sie würden von der Jugend selbst finanziert und der Staat zahle nur ganz selten Zuschüsse. Die in § 46 Abs. 1 Ziff. 5 vorgesehene Bestimmung reiche nicht aus, weil bei den Jugendveranstaltungen häufig ein Eintrittsgeld erhoben werde, um den Bau von Jugendheimen usw. zu finanzieren. Eine Sonderregelung zugunsten der Jugendpflege sei also unerläßlich.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Ausdruck bringen, daß die frei zulässigen Vorträge oder Veranstaltungen von einer Jugendorganisation veranstaltet werden, der Ertrag ausschließlich der Jugendpflege dienen müsse und den mitwirkenden Personen vom Veranstalter keine besondere Vergütung gezahlt werden dürfe. 448 Im Hinblick auf diese zahlreichen Einwände, die gegen die Regelung des RefE gemacht worden waren, schränkten die Verfasser des MinE die Vortrags- und Aufführungsfreiheit nicht nur gegenüber dem RefE, sondern auch gegenüber dem geltenden Recht erheblich ein (§ 49 MinE). Die Ausnahmen zugunsten der Veranstaltungen bei Volksfesten und staatlichen Feierlichkeiten sowie zugunsten der Jugendpflege· und Wohltätigkeitsveranstaltungen wurden gestrichen. Für die verbleibende vergleichsweise geringe Zahl von Veranstaltungen, die nach der jüngsten Rechtsprechung als Veranstaltungen bei Volksfesten anzusehen waren, sei eine gesetzliche Sonderregelung nicht mehr zu rechtfertigen. 449 Zudem nehme die Durchführung von Volksfesten mehr und mehr einen kommerziellen Charakter an. 450 Der MinE sah somit nur noch zwei Ausnahmen von dem Vortrags- und Aufführungsrecht des Urhebers vor. Einmal zugunsten von Veranstaltungen, die keinem Erwerbszweck des Veranstalters dienten, bei denen den Mitwirkenden keine besondere Vergütung gezahlt wurde und die Hörer ohne Entgelt zugelassen wurden (§ 49 Abs. 1 Ziff. I). 4 5 1 Für den Fall, daß nicht der Veranstalter selbst, sondern ein Dritter gewerblichen Nutzen aus der Veranstaltung zog, sollte dem Dritten eine Vergü448

Vgl. den Formulierungsvorschlag Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 18.07.1956 betreffend Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen und zum Zwekke der Jugendpflege in Β141/2596 B1.031. Diese Lösung wollte man aber innerhalb des BMJ noch mit den Jugendverbänden weiter erörtern. 449 Bemerkungen zum MinE S.51 f. Die Ausführungen bezogen sich auf zwei Entscheidungen des BGH, in denen unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte dieser Ausnahme nur solchen Festen der Charakter eines Volksfestes zuerkannt wurde, „die von allen Bevölkerungsschichten ohne Ansehung der Person, des Standes oder Vermögens aufgrund einer längeren Tradition gefeiert werden und zwar so, daß dem Sinngehalt des Festes entsprechend das Volk als Träger der Veranstaltung erscheint." (BGHZ 19, S.227 (231) und BGHZ 19, S.235 (237)). Es mußte sich somit um Feste handeln, die nicht im wirtschaftlichen Interesse einzelner, sondern im Interesse der Allgemeinheit veranstaltet wurden und jedermann zugänglich waren. Nach dieser Auslegung entfiel die Vergütungsfreiheit für eine große Zahl von Veranstaltern, die sich bisher auf die Ausnahmevorschrift des geltenden Rechts berufen konnten. 450 Bemerkungen zum MinE S. 52. Während die Sonderregelung für Staatsfeierlichkeiten grundsätzlich abgelehnt worden sei, habe man bei der Sonderstellung von Veranstaltungen zur Jugendpflege Bedenken gegen eine mögliche Ausuferung bei der Auslegung dieser schwer abzugrenzenden Ausnahmeregelung gehabt. Gegen die Ausnahme zugunsten der Wohltätigkeitsveranstaltungen habe man sich davon überzeugen lassen, daß das Gesetz den Urheber nicht zur Wohltätigkeit zwingen könne, sondern diese seinem eigenen freien Entschluß überlassen müsse. 451 Dem Vorschlag, die Worte „des Veranstalters" zu streichen, und auf diese Weise die Vortrags- und Aufführungsfreiheit auch dann auszuschließen, wenn nicht der Veranstalter selbst, sondern ein Dritter gewerblichen Nutzen aus der Veranstaltung zog, war der Entwurf damit nicht gefolgt, vgl. zur Vertiefung Bemerkungen zum MinE S. 52.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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tungspflicht zugunsten des Urhebers auferlegt werden (§ 49 Abs. 1 Ziff. 1 Satz 2). 4 5 2 Daneben war eine Ausnahme zugunsten kirchlicher Feierlichkeiten vorgesehen, wie sie in der Sitzung mit den Vertretern der Kirchen erörtert worden war (§ 49 Abs. 1 Ziff. 2). Im Gegensatz zu dem RefE wurde das Vortrags- und Aufführungsrecht also nicht nur bei den kirchlichen Feierlichkeiten, sondern allgemein bei allen Veranstaltungen der Kirchen oder sonstigen Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts eingeschränkt. Diese Erweiterung erschien vertretbar, weil anders als in dem RefE dem Urheber ein Vergütungsanspruch zustehen sollte, und zwar selbst dann, wenn an sich zugleich die Voraussetzungen für eine vergütungsfreie Werknutzung nach Ziff. 1 der Vorschrift gegeben wären. 453 Diese neue Fassung der Vortrags- und Aufführungsfreiheit wurde von allen beteiligten Kreisen meist ohne weitere Ausführungen hingenommen.454 Selbst die Urheber hielten die im MinE vorgesehene Regelung für einen wesentlichen Fortschritt. Damit seien alle Forderungen der Urheber berücksichtigt worden. 455 Der RegE vom 15.12.1961 übernahm diese Bestimmung daher fast wörtlich (§ 53 RegE). 456 Allerdings war jetzt nicht mehr vom öffentlichen Vortrag oder von der öffentlichen Aufführung die Rede, sondern es wurde ganz allgemein von der öffentlichen Wiedergabe gesprochen.457 Abs. 2 der Vorschrift, wonach die gem. Abs. 1 zulässige öffentliche Wiedergabe sich nicht auf öffentliche bühnenmäßige Aufführungen beziehen sollte, wurde dahingehend erweitert, daß auch Funksendungen eines Werkes sowie öffentliche Vorführungen eines Filmwerkes stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig waren. 458 452

Dem Urheber darüber hinaus einen Vergütungsanspruch auch dann zu gewähren, wenn weder der Veranstalter noch ein Dritter gewerblichen Gewinn aus der Veranstaltung zog, würde der natürlichen Auffassung über eine sachgemäße Abgrenzung des Umfangs des Urheberrechtsschutzes widersprechen. Eine Wandergruppe müsse ein Lied öffentlich singen dürfen, ohne sich einer Vergütungspflicht auszusetzen, so die Argumentation in den Bemerkungen zum MinE S. 52. 453 Zur Vertiefung vgl. Bemerkungen zum MinE S. 52. Wie in dem RefE war in § 49 Abs. 2 die bühnenmäßige Aufführung sämtlicher Werke von der Aufführungsfreiheit ausgenommen. 454 Auf der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht war man sich darüber einig, daß die Vorschrift des § 49 MinE mit Art. 11 RBÜ im Einklang stehe, da in dem rapport général zu der Brüsseler Fassung sogenannte kleine Ausnahmen vom Aufführungsrecht für zulässig erklärt worden seien, vgl. das Protokoll über die Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 129. 455 So die Ausführungen von Prof. Egk, vgl. Vermerk über die Besprechungen mit prominenten Urhebern über Fragen der Urheberrechtsreform am 30.01.1961 in Β141/2646 Bl. 070. 456 Auch die Begründung wurde nahezu wörtlich aus dem MinE übernommen, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 68 ff. 457 Die Vorschrift über die Einschränkungen des Vortrags- und Aufführungsrechts hatte daher auch einen neuen Titel erhalten. § 53 RegE regelte nunmehr die „Öffentliche Wiedergabe". 458 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 70. Wie schon in der Begründung zum MinE ausgeführt, beruhte die Ausnahme der bühnenmäßigen Aufführung von Werken auf

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

A u f dem Weg vom RegE zum endgültigen Gesetzestext von 1965 hatte zunächst der vom R A des BR eingesetzte U A entsprechend einer Anregung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu prüfen, ob der Vorschrift des § 53 Abs. 1 Ziff. 1 auch öffentliche Schulveranstaltungen unterfallen sollten, bei denen lediglich ein Eintrittsgeld zur Deckung der Unkosten erhoben wurde. 4 5 9 Da die Vergütung des Urhebers in diesen Fällen so gering sei, daß sich der Unkostenbeitrag hierdurch nur unwesentlich erhöhe, hielt der U A eine solche Ausnahme nicht für erforderlich. 4 6 0 Anders beschloß wenig später der Ausschuß für Kulturfragen, die öffentlichen Schulveranstaltungen, bei denen lediglich ein Beitrag zur Deckung der Unkosten erhoben wurde, explizit in die Ausnahmeregelung des § 53 Abs. 1 Ziff. 1 einzubeziehen. 461 Zur Begründung wurde ausgeführt, daß, sofern nur die Kosten zur Durchführung der Veranstaltung, wie Dekoration oder Raummiete, durch die Beiträge der Teilnehmer gedeckt würden, solche Veranstaltungen jenen gleichstehen müßten, bei denen die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden. 4 6 2 Obwohl der R A diesem Vorschlag ausdrücklich widersprach 463 , stimmte die Mehrheit der Abgeordneten auf der anschließenden Sitzung des BR doch für die Empfehlung des Ausschusses für Kulturfragen. 4 6 4 dem Gedanken, daß diese Art der Aufführung eines Werkes einen so großen Aufwand erfordere, daß es den Veranstaltern auch zugemutet werden könne, eine Vergütung für die Urheber zu zahlen. Die gleiche Überlegung gelte aber auch für die Funksendung und für die Vorführung eines Filmwerkes. Der Entwurf stellte daher diese Verwertungsarten der Bühnenaufführung gleich. 459 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962, S. 10, Archiv des Bundesrates, R2651 - Nr. R 11/62. 460 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962, S. 10, Archiv des Bundesrates, R2651 - Nr. R 11/62. 461 Niederschrift über 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 7, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. § 53 Abs. 1 Nr. 1 sei eingangs wie folgt zu fassen „1. Wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient, die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden oder bei öffentlichen Schulveranstaltungen lediglich ein Beitrag zur Deckung der Unkosten erhoben wird und im Falle..." Der Beschluß ging auf einen Antrag Bayerns zurück und kam gegen die Stimme Schleswig-Holsteins zustande. 462 Niederschrift über 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.7, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. Schulveranstaltungen dienten in erster Linie dazu, einem interessierten Personenkreis, also der erweiterten Schulgemeinde, einen Überblick über den Leistungsstand der Schule zu geben. Zur Durchführung der Veranstaltung sei es häufig erforderlich, gewisse Materialien käuflich zu beschaffen. Auch müßten in vielen Fällen Kosten für eine Dekoration oder die Miete eines Veranstaltungsraumes aufgewandt werden. Letzteres treffe insbesondere bei Schulen zu, die nicht in der Lage seien, eigene Räume für solche Veranstaltungen zu benützen. 463 Niederschrift über 245. Sitzung des Rechtsausschusses vom 24.01.1962, S. 12, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. Hier war man, wie im UA, der Auffassung, daß eine solche Erweiterung auf öffentliche Schulveranstaltungen nicht erforderlich sei, weil in diesen Fällen die Vergütung des Urhebers so gering sei, daß sich der Unkostenbeitrag nur unwesentlich erhöhe. Gegen die Stimmen der Vertreter Berlins, Hamburgs und Niedersachsens beschloß daher der RA, bei Stimmenthaltung des Saarlandes, dieser Empfehlung des Ausschusses für Kulturfragen ausdrücklich zu widersprechen. 464 BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11 D.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Wieder anders wandte sich die BReg gegen eine Sonderregelung zugunsten öffentlicher Schulveranstaltungen.465 Zu einer Einschränkung der Rechte des Urhebers bei derartigen Veranstaltungen bestehe um so weniger Veranlassung, als die Schulverwaltungen mit den Verwertungsgesellschaften der Urheber Pauschalverträge für solche Fälle abschließen könnten.466 Ebenso sprachen sich auch die Ausschüsse des BT gegen den Erweiterungswunsch des BR aus. Sowohl der im RA gebildete UA „Urheberrecht" als auch der vom Ausschuß Kulturpolitik und Publizistik eingesetzte UA „Urheberrechtsfragen" wollten den Vorschlag nicht übernehmen. 467 Beide Unterausschüsse faßten allerdings eine andere Änderung der Bestimmung ins Auge, wonach in § 53 Abs. 1 Ziff. 2 der letzte Halbsatz durch die Formulierung „wenn die Voraussetzungen der Nr. 1 nicht vorliegen" ersetzt werden sollte. Auf diese Weise solle erreicht werden, daß die Kirchen auch in den Genuß der Wiedergabefreiheit nach Ziff. 1 kommen. 468 Dementsprechend empfahl auch der RA des BT in seinem abschließenden Bericht, die in § 53 Abs. 1 Ziff. 2 vorgesehene Vergütungspflicht auf die Fälle zu beschränken, in denen die Voraussetzungen des Abs. 1 Ziff. 1 nicht vorlagen. Dadurch werde nicht ausgeschlossen, daß auch darüber hinaus weiterhin freiwillig eine Vergütung gezahlt werde. 469 Dem erneuten Versuch des BR, durch Aufnahme eines entsprechenden Antrags bei Einschaltung des Vermittlungsausschusses die öffentlichen Schulveranstaltungen, wie ursprünglich gewünscht, in die Ausnahmeregelung des § 53 Abs. 1 Ziff. 1 einzubeziehen470, vermochte dieser nicht zu entsprechen.471 Zwischen den Veran465

Vgl. dazu die Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR, BT-Drucks. IV/270, Anlage 3. Die für die Wiedergabefreiheit allgemein bestehende Voraussetzung, daß die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen sein müssen, beruhe auf der Erwägung, daß bei Erhebung eines Entgeltes, sei es auch nur Deckung der Unkosten, dieses so schwer bemessen werden könne, daß es die im Verhältnis zu den übrigen Unkosten geringe Urhebervergütung mit decke. Diese Erwägung treffe für öffentliche Schulveranstaltungen ebenso zu wie für andere öffentliche Veranstaltungen. 466 So die Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR, BT-Drucks. IV/270, Anlage 3. 467 4. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 20.02.1964 Prot. Nr. 4 S. 7. Der Ausschuß meinte, daß in diesem Fall der Unkostenbeitrag eben so hoch sein müsse, daß er die Gebühr für die GEMA mit enthalte. Auch der UA „ Urheberrechtsfragen " des KA war der Auffassung, daß dem Vorschlag des BR nicht gefolgt werden könne, da eine derartige Abänderung von § 53 einen Bruch in der Konzeption bedeuten würde, vgl. 5. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 15.04.1964 Prot. Nr. 5 S.7, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 14. 468 Vgl. 4. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 20.02.1964 Prot. Nr.4 S.6 und auch 5. Sitzung UA KA BT4. Wp. am 15.04.1964 Prot. Nr.5 S.7, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 14. 469 Schriftlicher Bericht des RA, BT-Drucks. IV/3401, S. 18, zu IV/3401, S. 7 f. Der RA hielt es zwar für gerechtfertigt, kirchliche Veranstaltungen stets vom Verbotsrecht des Urhebers freizustellen, empfand es jedoch als eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, ausgerechnet die Kirchen auch in den Fällen des Abs. 1 Ziff. 1, in denen jeder andere von Vergütungspflichten befreit war, zur Zahlung einer Vergütung zu verpflichten. 470 Vgl. den Beschluß des BR vom 11.06.1965 (284. Sitzung des BR) hinsichtlich des UrhG zu verlangen, daß der Vermittlungsausschuß einberufen werde, BR-Drucks. 291/65. Der Beschluß ging auf eine Empfehlung des Ausschusses für Kulturfragen zurück, der aber vom UA RA im Hinblick auf die Erweiterung des §53 Abs. 1 Ziff. 1 ausdrücklich widersprochen worden

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

staltungen mit und ohne Eintrittsgeld solle eine klare rechtliche Trennung bestehen. Wenn schon Unkostenbeiträge erhoben werden, erscheine es angemessen, daß diese auch die verhältnismäßig geringe Urhebervergütung decken. Aus diesem Grund sei der Vermittlungsausschuß dem Antrag des BR nicht gefolgt. Somit entsprach § 52 des UrhG von 1965 der Fassung des § 53 RegE von 1961 mit der einzigen Änderung, daß die Vergütungspflicht bei der zulässigen öffentlichen Wiedergabe im Rahmen von kirchlichen Feierlichkeiten nach § 52 Abs. 1 Ziff. 2 dann entfallen sollte, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der öffentlichen Wiedergabe nach § 52 Abs. 1 Ziff. 1 vorlagen. 472 Eine Entscheidung des BVerfG vom 25.10.1978 machte jedoch eine erhebliche Änderung des § 52 im Zuge der Urheberrechtsnovelle von 1985 notwendig. Das BVerfG hatte entschieden, daß es mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG unvereinbar sei, die öffentliche Wiedergabe von Werken in kirchlichen Veranstaltungen regelmäßig vergütungsfrei zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Ziff. 1 vorlagen, wie es § 53 Abs. 1 Ziff. 2 vorgesehen hatte.473 Für die verfassungsrechtliche Beurteilung müsse davon ausgegangen werden, daß der grundsätzliche Vergütungsanspruch, den das Gesetz als Regel unterstelle, durch die Verweisung auf § 52 Abs. 1 Nr. 1 zur Ausnahme geworden sei. Für kirchliche Veranstaltungen sei nicht nur das Verbotsrecht ausgeschlossen, der Urheber erhalte grundsätzlich auch keine Vergütung für die öffentliche Wiedergabe seines Werkes. 474 Im Hinblick auf die Intensität dieser Beschränkung des urheberrechtlichen Verwertungsrechts müsse ein gesteigertes öffentliches Interesse gegeben sein, damit eine solche Regelung vor der Verfassung Bestand habe.475 Solche überwiegenden war, vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA am 26.05.1965, S.5, Archiv des Bundesrates R 0055 - Nr. 65/65. In der Begründung für die Einberufung des Vermittlungsausschusses wurde die ursprünglich vom Ausschuß für Kulturfragen des BR vorgebrachte Argumentation wiederholt, daß, sofern lediglich die Kosten zur Durchführung der Schulveranstaltung durch die Beiträge der Teilnehmer gedeckt würden, solche Veranstaltungen jenen gleichstehen müßten, bei denen die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen wurden, vgl. Begründung zur Einberufung des Vermittlungsausschusses in BR-Drucks. 291/1/65, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 54. 471 Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. IV/3706. 472 §52 des UrhG von 1965 in BGBl. 19651, S. 1273 (1280). 473 BVerfGE 49, S. 382 (399). Die Erhebungen des BVerfG hätten ergeben, daß in aller Regel bei kirchlichen Feierlichkeiten die Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 Ziff. 1 vorliegen. Die Veranstaltungen dienten keinem Erwerbszweck der Kirchen, die Teilnehmer würden ohne Entgelt zugelassen und den ausübenden Künstlern würde regelmäßig keine besondere Vergütung gezahlt. 474 BVerfGE 49, S. 382 (399). Damit sei eine Situation eingetreten, die der Entwurf eigentlich habe verhindern wollen, nämlich daß die Urheber von Kirchenmusik keine ausreichenden Einnahmen aus ihren Werken erhalten. 475 Je stärker eine gesetzliche Vorschrift den grundrechtlich geschützten Bereich berühre, um so schwerwiegender müßten auch die Gründe sein, welche die Beschränkungen rechtfertigen sollen. Nur solche Erwägungen des Gemeinrechts könnten den weitgehenden Ausschluß des Nutzungsrechts legitimieren, denen auch bei Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Vorrang vor dem grundrechtlich geschützten Anspruch des Urhebers zukomme.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Gründe des Gemeinwohls seien dem BVerfG jedoch nicht erkennbar, so daß diese Vorschrift nicht mehr mit der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 in Einklang stehe.476 Darüber hinaus äußerte das BVerfG Zweifel an der sehr weiten Fassung des § 52 Abs. 1 Ziff. I . 4 7 7 Die Frage, ob der Ausschluß des Nutzungsrechts aus Gemeinwohlerwägungen gerechtfertigt werden könne, lasse sich nur nach Art und Bedeutung der Veranstaltung beurteilen. 478 Ob der Urheber nach Art. 14 Abs. 2 GG eine honorarfreie öffentliche Wiedergabe seines Werkes hinnehmen müsse, könne nicht allein davon abhängig gemacht werden, ob der Veranstalter einen Erwerbszweck verfolge. Aus Art. 14 Abs. 2 GG könne auch nicht ohne weiteres die Pflicht hergeleitet werden, daß der Urheber seine Schöpfung honorarfrei zur Verfügung stellen müsse, weil der Veranstalter keinen Erwerbszweck erhebe und der einzelne demgemäß unentgeltlich in den Genuß der musikalischen Darbietung komme. 479 Es komme lediglich auf den Charakter der einzelnen Veranstaltung an. Hierbei könne deren Unentgeltlichkeit ein Indiz dafür sein, daß die Veranstaltung einem gemeinnützigen Zweck diene.480 Aufgrund dieser deutlichen Hinweise des BVerfG wurden in der Urheberrechtsreform von 1985 nicht nur die Bestimmungen über kirchliche Veranstaltungen geändert, sondern der gesamte § 53 grundlegend neu gefaßt. 481 In Abs. 1 Satz 2 war grundsätzlich die Zahlung einer angemessenen Vergütung festgelegt, es sei denn, daß es sich um Veranstaltungen der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, der Alten- und Wohlfahrtspflege, der Gefangenenbetreuung oder um Schulveranstaltungen, sofern sie nach ihrer sozialen oder erzieherischen Zweckbestimmung nur einem bestimmt abgegrenzten Kreis von Personen zugänglich war. Durch diese weitreichenden Ausnahmen von der Vergütungspflicht wurden bestimmte Fälle, die früher vergütungspflichtig waren, nunmehr doch vergütungsfrei, was wiederum zu verfassungsrechtSo hatte das BVerfG bereits in der „Schulbuchentscheidung" in BVerfGE 31, S.229 (243) ausgeführt, vgl. BVerfGE 49, S. 382 (400). 476 BVerfGE 49, S. 382 (400ff.). Weder könne der Ausschluß des Vergütungsanspruchs mit dem Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu zeitgenössischer Kirchenmusik begründet werden, noch könne der Ansicht gefolgt werden, der Ausschluß des Vergütungsanspruchs für kirchliche Veranstaltungen sei im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG geboten, weil auch für die Veranstaltungen nach § 52 Abs. 1 Ziff. 1 keine Vergütung geleistet werde. Weiter könne auch nicht den Erwägungen gefolgt werden, dem Komponisten kirchlicher Musik sei eine honorarfreie Wiedergabe zuzumuten, weil auch andere bei „unentgeltlichen" Veranstaltungen ebenfalls von der Vergütungspflicht freigestellt seien. 477 Eine abschließende Entscheidung darüber, ob diese Regelung, soweit auch hier ein Vergütungsanspruch ausgeschlossen wurde, mit der Verfassung zu vereinbaren sei, konnte das Gericht allerdings im Rahmen des vorgelegten Verfahrens nicht treffen, BVerfGE 49, S. 382 (403). 478 BVerfGE 49, S. 382 (403). 479 Schließlich könne auch der Verzicht eines mitwirkenden Künstlers auf ein besonderes Honorar nicht schlechthin den generellen Ausschluß des Vergütungsanspruches rechtfertigen, vgl. BVerfGE 49, S. 382 (404). 480 BVerfGE 49, S. 382 (404). 481 Vgl. zum Ganzen auch die Ausführungen bei SchrickerlMelichar, § 52 Rz. 5.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

liehen Bedenken gegen die Neuregelung führte. 482 In § 52 Abs. 2 wurde die öffentliche Wiedergabe eines erschienenen Werkes bei kirchlichen Feierlichkeiten zugelassen, allerdings hatte der Veranstalter dem stets eine angemessene Vergütung zu zahlen.

IV. Vervielfältigung zum persönlichen und zum sonstigen eigenen Gebrauch Eine der am meisten diskutierten, wenn nicht sogar die strittigste Frage der Urheberrechtsreform war die Regelung der Vervielfältigung zum persönlichen und sonstigen eigenen Gebrauch. Auch hier mußten die Interessen der Allgemeinheit an einer unbeschränkten, erlaubnisfreien Benutzung urheberrechtlich geschützter Werke mit den Interessen der Urheber in Einklang gebracht werden. Da das Vervielfältigungsrecht das grundlegende Recht in der Primärverwertung urheberrechtsschutzfähigen Materials darstellte, hatten die Schranken dieses Rechts eine besondere Bedeutung für die Wahrung der Interessen an Kommunikation, Teilhabe und Weiterentwicklung in kreativen Schaffensprozessen. 483 Der Grund für eine Interessenabgrenzung lag nicht etwa darin, daß das Urheberrecht vor der Privatsphäre der Nutzer haltmachen müßte. Vielmehr sollte auch denjenigen eine Teilnahme am kulturellen Leben ermöglicht werden, die es sich nicht leisten konnten, eigene Vervielfältigungsstücke käuflich zu erwerben. 484 In einer Kommunikationsgesellschaft war der Zugang zu Informationen und ihre Benutzung unerläßlich. Die dafür erforderlichen Vervielfältigungsvorgänge durften nicht von der Zustimmung des Urhebers abhängig sein.485 L Ursprüngliche Regelung in LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) sowie erste Überarbeitungen dieser Vorschriften in den Entwürfen von 1932 und 1939 Um dem einzelnen eine umfassende Teilnahme am Geistesleben und die Bildung und Entfaltung seiner Persönlichkeit zu ermöglichen, erklärten bereits die ursprüng482 Möhring/Nicolini/Waldenberger, § 52 UrhG, Rz. 3; auch Nordemann in GRUR 1985, S. 837 (839). Der RefE zur Urheberrechtsnovelle von 1985 hatte noch vorgesehen, daß die Vergütungspflicht entfallen solle, wenn Gründe des Allgemeinwohls vorlägen, die auch bei Berücksichtigung der Belange des Urhebers eine Vergütungspflicht rechtfertigen würden. Der RegE hatte sich dann aber für die konkrete Bezeichnung der Veranstaltungen in Abs. 1 Satz 3 entschieden, die vergütungsfrei bleiben sollten, vgl. BT-Drucks. 10/837, S. 1 ff. 483 Vgl. Möhring/Nicolini/Decker, § 53 UrhG, Rz. 1. 484 Vgl. Schack Rz. 494. 485 Schricker/Loewenheim, §53 UrhG, Rz. 1. Gerade könne auch die elektronische Kommunikation in neuerer Zeit nicht ohne solche Vervielfältigungen auskommen. Auf der anderen Seite könnten die heutigen Vervielfältigungsverfahren zu einer empfindlichen Beeinträchtigung der Rechte der Urheber führen. Die Praxis zeige, daß man sich nicht scheue, unter Berufung auf Informations- und Kommunikationsbedürfnisse die schöpferische Leistung anderer in Anspruch zu nehmen.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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lieh geltenden Gesetze den persönlichen Gebrauch von Geisteswerken in gewissem Umfang für frei. Nach § 15 Abs. 2 LUG war eine Vervielfältigung von Werken der Literatur und Tonkunst zum persönlichen Gebrauch zulässig, wenn sie nicht den Zweck hatte, aus dem Werk eine Einnahme zu erzielen. Persönlicher Gebrauch war jeder Gebrauch, welcher sich auf die Person dessen, der vervielfältigte, oder durch einen anderen vervièlfâltigen ließ, und dem ihm zunächststehenden vertrauten Personenkreis beschränkte. 486 Daneben war die Vervielfältigung, auch wenn sie zum persönlichen Gebrauch erfolgte, nur dann gestattet, wenn sie nicht den Zweck hatte, aus dem Werk eine Einnahme zu erzielen. „Aus dem Werk" erzielte man eine Einnahme nur dann, wenn das Werk selbst zum Gegenstand wirtschaftlicher Nutzung gemacht wurde und nicht lediglich die eigene Arbeitskraft mit Bezug auf das Werk die Einnahme mit sich brachte. 487 Die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch wurde also nicht dadurch ausgeschlossen, daß jemand aus der Vervielfältigung eine Einnahme erzielte, sich etwa für die Abschriften bezahlen ließ, sondern nur dadurch, daß er das Werk zu Gewinnzwecken ausnutzte, es vortrug oder aufführte. 488 Ähnlich bestimmte in § 18 Abs. 1 KUG, daß eine Vervielfältigung von Werken der bildenden Kunst, mit Ausnahme des Nachbauens von Bauwerken 489, zum eigenen Gebrauch zulässig war, wenn sie unentgeltlich bewirkt wurde. Der Begriff des eigenen Gebrauchs war dem des persönlichen Gebrauchs verwandt, sollte aber insoweit eine bewußte Abweichung enthalten, als daß der Vorbehalt enger umgrenzt war. 490 Eigener Gebrauch war insbesondere der Gebrauch zu Studienzwecken, sowie der Gebrauch in der eigenen Häuslichkeit.491 Auch hier war es erlaubt, die Ver486

Allfeld, § 15 LUG, Rz. 17. Nicht zum persönlichen Gebrauch geschah die Vervielfältigung sowohl dann, wenn die Exemplare selbst weiteren Kreisen zugänglich, also in den Verkehr gebracht werden sollten, als auch dann, wenn durch den Gebrauch das Werk inhaltlich weiteren als den persönlichen Kreisen, wenn es also öffentlich mitgeteilt werden sollte. 487 Vgl. dazu Allfeld, § 15 LUG, Rz. 18. 488 Allfeld in LZ 1917, S. 22 (26). Daher erzielte derjenige, der sich seine Schreibtätigkeit oder Druckarbeit bezahlen ließ, keine Einnahme aus dem Werk, vgl. Allfeld, § 15 LUG, Rz. 18; auch Marwitz/Möhring, § 15 LUG, Rz. 3 b. Wer für einen dritten zu dessen persönlichen unter § 15 Abs. 2 fallenden Gebrauch gegen Entgelt eine Abschrift fertigte, verletzte § 15 nicht. Er erzielte die Einnahme nicht aus dem Werk, sondern aus seiner Schreibtätigkeit. Eine andere Ansicht vertrat nur Goldbaum, wonach eine Einnahme aus der Vervielfältigung selbstverständlich eine Einnahme aus dem Werk darstellen sollte, Goldbaum, Urheberrecht und Urhebervertragsrecht, 2. Auflage, S. 172. 489 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 166. Die Errichtung eines Bauwerkes nach dem Muster eines geschützten Werkes war stets eine Urheberrechtsverletzung, auch wenn sie zu eigenem Gebrauch erfolgte. 490 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 166. 491 Zu dem Begriff des eigenen Gebrauchs vgl. auch Marwitz, § 18 KUG, S. 136. Ab erster Stelle war der Studienzweck genannt, also der Zweck, durch das Kopieren sich technisch zu bilden und sich die Kunstweise des Urhebers anzueignen. Ferner konnte der eigene Gebrauch gerichtet sein auf den Besitz des Werkes zum Zweck des ästhetischen Genusses oder des Gebrauches des Gegenstandes, in dem das Werk verkörpert war. Die Kopie eines Bildes konnte daher, gleichgültig, ob es eine Handkopie oder Fotografie war, in der eigenen Wohnung aufgehängt 30 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

vielfältigung durch einen anderen herstellen zu lassen, allerdings mußte dies unentgeltlich geschehen. Die Bezahlung des Nachbildners oder des Fotografen machte die Vervielfältigung zu einem Akt der gewerblichen Verwertung, der als Urheberrechtsverletzung erschien. 492 § 18 Abs. 2 gestattete schließlich dem Besteller eines Personenbildnisses dessen Vervielfältigung. Der Maler oder Bildhauer blieb zwar trotz Übereignung des Bildes oder der Büste Träger des Urheberrechts, aber der Besteller oder sein Rechtsnachfolger durfte das Bildnis fotografisch vervielfältigen oder auch durch andere gegen Entgelt vervielfältigen lassen.493 Schwierigkeiten ergaben sich bei der Anwendung dieser Bestimmungen auf Vervielfältigungen, die mit modernen technischen Vervielfältigungsverfahren, beispielsweise im Wege der Fotokopie oder Mikrokopie, hergestellt wurden. Solange sich der einzelne nur einer bezahlten Hilfskraft bediente, um Vervielfältigungen herzustellen, war die Gefahr einer wirtschaftlichen Schädigung der Autoren und Verleger kaum vorhanden. Konnten aber derartige Vervielfältigungen mit größter Schnelligkeit und in unbegrenzter Menge technisch hergestellt werden, so gewann das Problem eine andere Bedeutung. Wenn für billiges Geld beliebig viele und umfangreiche Auszüge aus Werken hergestellt werden konnten, dann bedeutete dies möglicherweise eine Gefahr für den Absatz namentlich teurer wissenschaftlicher Werke. 494 Das Fotokopierproblem wurde in dem Augenblick ernsthaft akut, als Fotokopieranstalten entstanden, die zu erschwinglichen Preisen auch Fotokopien zum eigenen Gebrauch des Bestellers fertigten. 495 Es stellte sich also die Frage, inwieweit solche Vervielfältigungen noch von § 15 LUG erfaßt werden sollten und damit zulässig wären. Während teilweise jede Verwerden. Die Grenze des § 18 wurde auch dann noch nicht überschritten, wenn andere, beispielsweise Familienangehörige oder einzelne Gäste an dem ästhetischen Genuß teilnahmen. 492 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 166. Dieser Fall lag aber nicht vor, wenn der Vervielfältigende einen Gehilfen benutze, den er für seine Hilfeleistung bezahlte oder wenn der Vervielfältigende lediglich einen Ersatz für seine Ausgaben erhielt, vgl. Marwitz, § 18 KUG, S. 136. 493 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 168 f. Dagegen durfte der Besteller die Vervielfältigungen nicht gewerbsmäßig verbreiten und nicht gewerbsmäßig vorführen, vgl. auch Marwitz, § 18 KUG, S. 142. 494 Vgl. Runge, S. 154. Ersparte der Interessent früher bei der Vornahme von Auszügen durch eine Hilfskraft im wesentlichen nur einen Gang zur Bibliothek oder die Umständlichkeit des Ausleihens, so konnte er jetzt den Ankauf manches Buches ersparen, wenn er dieses nur teilweise gebraucht und für die Auszüge keine besondere Kraft benötigte, sondern sie von der Bibliothek oder einem gewerblichen darauf spezialisierten Unternehmen bequem ins Haus geliefert bekam. 495 Die Zulassung solcher fotomechanischer Vervielfältigungen unter dem Gesichtspunkt des persönlichen Gebrauchs stieß auf Bedenken. Sie brachte für Urheber und Verleger die Gefahr mit sich, daß der Absatz der Bücher und Zeitschriften zurückgehe, weil die Leser sich mit Kopien begnügten, die sie teils im eigenen Betrieb herstellen ließen, teils von Kopieranstalten bezogen. Dem Leitgedanken des Urheberrechts, daß der Urheber überall da beteiligt werden müsse, wo Nutzen aus seinem Werk gezogen wird, würde damit zuwidergehandelt, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 167 f.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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vielfältigung, die nicht durch den Benutzer selbst erfolgte, für unzulässig erklärt wurde 496 , ging die überwiegende Meinung dahin, daß die Grenze des Erlaubten überschritten sei, „wenn die für andere vervielfältigende Stelle diese Tätigkeit gewerbsmäßig ausübte."497 Dieser Auffassung Schloß sich auch der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 an. § 31 Abs. 1 des Entwurfes von 1932 gab im wesentlichen den Inhalt von § 15 Abs. 2 LUG und § 18 Abs. 1 KUG wieder. 498 Den Fall der Herstellung durch einen Dritten regelte der Entwurf jetzt ausdrücklich in § 31 Abs. 2. Danach konnten die Vervielfältigungen auch durch einen Dritten hergestellt werden, allerdings galt dies für Werke der bildenden Künste oder der Fotografie nur bei unentgeltlicher Herstellung, für Werke der Literatur oder Kunst nur dann, wenn die Herstellung nicht in dem Betrieb eines Erwerbsunternehmens vorgenommen wurde. Eine solche Unterscheidung für Werke der Literatur und Tonkunst einerseits und Werke der bildenden Kunst und Fotografie andererseits hielt man für notwendig, da die Herstellung der Vervielfältigung bei Werken letzterer Art ein Nachbilden, ein Sichaneignen der äußeren Erscheinung des Bildes oder der Skulptur bedeutet hätte. Die geschäftliche Verwertung in dieser Art sollte dem Urheber nicht genommen werden. 499 Dagegen würde das strenge Erfordernis der Unentgeltlichkeit bei Werken der Literatur und Tonkunst zu sehr in die praktischen Bedürfnisse und die im Verkehr übliche Vorgehens weise eingreifen. 500 Es müsse zulässig sein, Auszüge aus Werken der Literatur oder Tonkunst, die zum eigenen Gebrauch bestimmt waren, gegen Ersatz der Unkosten oder auch gegen ein Entgelt im einzelnen Fall durch einen Dritten herstellen zu lassen.501 Nur wenn der Dritte die Anfertigung solcher Abschriften oder 496 So Goldbaum, Urheberrecht- und Urhebervertragsrecht, 2. Auflage, S. 171. Unter dem persönlichen Gebrauch sei der Gebrauch für die eigene Person des Vervielfältigers zu verstehen. 497 Hillig in UFITA Bd. 4 ( 1931 ), S. 312; Voigtländerl Elster, § 15 LUG, Rz. 2; Marwitz/Möhring, § 15, Rz. 3 b. Zu den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten des § 15 Abs. 2 LUG vgl. auch den Überblick bei Splett in GRUR 1949,154 (154 f.), der die Ansicht vertrat, daß der entgeltliche, gewerbsmäßige Nachdruck auch mit Hilfe eines wesentlich fortgeschrittenen Verfahrens gestattet sei, vorausgesetzt, daß in dem einzelnen Herstellungsvorgang jeweils nur eine einzige Kopie hergestellt werde. 498 In Übereinstimmung mit § 18 Abs. 1 KUG war die Herstellung einer Vervielfältigung für den eigenen Gebrauch freigegeben. Der im LUG verwendete Ausdruck des persönlichen Gebrauchs sollte bewußt vermieden werden, weil kein Grund vorliege, in dieser Frage die Werke der Literatur und Tonkunst anders zu behandeln als die anderen Werke und zudem der Ausdruck „eigener Gebrauch" die Beschränkung der zulässigen Entnahme auf den Eigenbedarf des Entnehmenden in bestimmterer Weise zum Ausdruck bringe, vgl. Begründung zum Entwurf von 1932 S. 81. 499 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 1. Kapitel A. Begründung S. 82. st» y g l bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 1. Kapitel A. Begründung S. 82. 501 Begründung S. 82. Man brauche dabei nur an den Gelehrten zu denken, der sich für ein wissenschaftliches Werk Auszüge aus fremden Werken herstellen ließ, statt sie selber abzuschreiben, oder an den Erfinder, der durch solche Auszüge sich Unterlagen für den Stand der Technik beschaffen wollte.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Fotokopien zum Gegenstand eines Gewerbebetriebes machte, würden die Grenzen überschritten, die dem Urheber bei der Duldung solcher Benutzung seines Werkes zugemutet werden könnten.502 Bei dieser Regelung blieb die Benutzung des Werkes in allen den Fällen frei, wo die Schreibkraft für die einzelne Leistung ein Entgelt erhielt. Demgegenüber unterlagen die Abschreibebüros und Fotokopieranstalten dem Urheberrecht. 503 In § 31 Abs. 3 war schließlich festgestellt, daß das Ausführen von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste und das Nachbauen eines Werkes der Baukunst stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig war, auch wenn das Ausführen oder Nachbauen zum eigenen Gebrauch geschah.504 Mit wenigen Änderungen übernahm dann der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 diese Regelung. Nach § 31 Abs. 1 waren Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch zulässig, wenn es sich nur um einzelne Stücke handelte und nicht bezweckt wurde, damit eine Einnahme zu erzielen oder das Werk zu veröffentlichen. Die Möglichkeit, die Vervielfältigung durch einen anderen herstellen zu lassen, wurde jedoch in § 31 Abs. 2 gegenüber dem Entwurf von 1932 weiter eingeschränkt. 505 Nach wie vor konnten Werke der bildenden Künste nur dann durch einen anderen vervielfältigt werden, wenn es unentgeltlich geschah. Bei Werken der Literatur oder Tonkunst war nunmehr vorausgesetzt, daß die Entnahme von geringem Umfang war und die Vervielfältigung handschriftlich, durch Maschinenschrift oder außerhalb des Betriebes eines Erwerbsunternehmens vorgenommen wurde. Seit Ausarbeitung dieser Vorschriften, die dem Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ als Grundlage ihrer Entwürfe dienen sollten, hatten sich die Möglichkeiten der technischen Auswertung des Urheberrechts aber noch erweitert. 506 In den Mittelpunkt der Diskussion geriet vor allem das Magnetophon, ein Gerät, das es jedem ermöglichte, Musik- oder Textvorträge auf einem Magnetband festzuhalten. 507 Damit konnte jede Darbietung aufgenommen werden, sei es von Schallplattenaufführungen oder von 502

Vgl. dazu Begründung S. 82. Vgl. Klauer in GRUR 1932, S. 639 (653). Behörden, die wie das Patentamt zur Erfüllung ihrer amtlichen Aufgaben Fotokopien einzelner Stellen aus Büchern abgaben, konnten nicht als Gewerbsunternehmen angesehen werden. Sie konnten daher für Personen, die die Fotokopien zum eigenen Gebrauch herstellen ließen, tätig werden, ohne vorher die Einwilligung des Urhebers zu holen. 504 Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 82 f. Das Nachbauen durch einen anderen würde, selbst wenn es zum eigenen Gebrauch geschehe, die dem Urheber offenstehenden Verwertungsmöglichkeiten in unzulässigem Maße beeinträchtigen. 505 Vgl. § 31 Abs. 1 des Entwurfes von 1939. 506 Vgl. hierzu insgesamt die Abhandlung bei von Erffa in GRUR 1951, S. 226 (226ff.). 507 Zur Entwicklung des Tonbandgerätes vgl. die kurze Einführung bei Hackemann in GRUR 1954, S. 516 (516) m.w.N. Erstmalig entwickelte der Amerikaner Oberlin Smith im Jahr 1888 die Idee eines magnetisierten Tonträgers, etwa 10 Jahre später baute der Däne Valdemar Poulsen ein Telegraphon. Erst 50 Jahre später, nach Ende des Krieges, gelang allerdings die Konstruktion handlicher Aufnahme- und Wiedergabegeräte für den Privatmann. 503

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Rundfunkübertragungen. Wer Abwechslung bevorzugte, konnte die Aufnahme wieder löschen und neue Aufnahmen bewirken und abspielen. Wie dieser Vorgang in die Bestimmungen des alten Urheberrechtsgesetzes (LUG) einzuordnen sei, war heftig umstritten. 5 0 8 Ob eine derartige Aufnahme und Vorführung durch Magnettongeräte, auch wenn sie von Privaten zum persönlichen Gebrauch vorgenommen wurde, noch durch eine entsprechende Ausnahmevorschrift in einem neu zu schaffenden UrhG gedeckt und mithin zulässig sein sollte, schien zweifelhaft. 5 0 9 Ein neues Urheberrechtsgesetz durfte jedenfalls die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch nicht mehr ohne Rücksicht auf die Art der Vervielfältigung zulassen. Es mußte eine sachgerechte Abgrenzung gefunden werden zwischen den berechtigten Interessen der Urheber und den notwendigen Bedürfnissen der Allgemeinheit. 5 1 0

2. Wiederaufnahme

der Reformarbeiten

durch das BMJ

I m Hinblick auf die neuen Vervielfältigungstechniken war die Möglichkeit der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch in dem Berliner Entwurf vom März 1951 enger gefaßt. 511 In der Begründung wurde zugegeben, daß die Fotokopie und die M i krokopie, deren Entwicklung keinesfalls aufgehalten werden dürfe, mit den Rechten der Urheber nur schwer zu vereinbaren sei. 5 1 2 Große Schwierigkeiten ergäben sich 508 Aus der zahlreichen Literatur sollten genannt werden Runge in GRUR 1951, S. 234 ff.; vonErjfa in GRUR 1951, S. 226 ff.; Mediger in GRUR 1951,S.382ff.;Mtf/*n«ginNJW 1951, S. 742 ff.; Neumann-Duesberg in GRUR 1952, S. 179ff; Gentz in GRUR 1952, S.495 ff.; Haeger in GRUR 1954, S. 52 ff. Zu beachten ist insbesondere auch ein von Prof Bussmann erstelltes Gutachten, das zu dem Ergebnis gelangte, daß Aufnahme und Vorführung durch Magnettongeräte durch Private zum persönlichen Gebrauch jedenfalls noch durch die Ausnahmebestimmung des § 15 Abs. 2 LUG gedeckt sein sollten (Rechtsgutachten in Β 141/2613 Bl. 031(054)). Es handele sich um eine Entwicklung, die nicht mehr aufzuhalten sei, weil das Band durch seinen Umfang und die Länge der einzelnen Vorführung einen so enormen Vorzug gegenüber der Schallplatte besitze, daß sich hier im Laufe der Zeit der Fortschritt der Technik zwangsläufig auswirken werde. Der Rundfunk erlitt dadurch aber nach Ansicht Bussmanns überhaupt keine Einschränkung in wirtschaftlicher Hinsicht, da seine Aufgaben ganz anders seien, nämlich aktuell zu berichten und Sendungen zu bringen, die das Magnettongerät doch nicht ersetzen könne, ebensowenig wie das Heimkino das Lichtspieltheater ersetze. 509 Da die RBÜ keine besondere Regelung des persönlichen Gebrauchs enthielt, soll auf die Frage, ob einige der Konventionsbestimmungen neben ihrem vordergründigen Regelungszweck auch die Tatbestände des persönlichen Gebrauchs berühren, nicht näher eingegangen werden. Insofern sei auf Froschmaier in UFITA Bd. 23 (1957), S. 23 (53 ff.) verwiesen, der sich neben einem Vergleich mit den Rechtsordnungen anderer Länder näher mit Art. 9 Abs. 1 und Art. 13 der Brüsseler Fassung auseinandersetzte. 510 Vgl. auch von Erffa in JR 1951, S. 310 (311). Ähnlich formuliert de Boor in seiner ausführlichen Abhandlung über die Entwicklung der Technik und das Urheberrecht in DdA 1952, S. 110-114. Es handele sich darum, dem Urheber einen gerechten Anteil an den Vorteilen zu sichern, die sich aus den neuen Methoden der Vervielfältigung und Verbreitung ergeben. 511 Vgl. die umfangreichen Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I. 512 Man sah die Notwendigkeit einer Organisation der Interessenten, welche die Lizenzen vermitteln und den Urheber sowie den Verleger gegen Urheberrechtsverletzungen schützen müsse, vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C. I. Begründung des

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

auch aus der Erfindung des Tonbandgerätes, womit jeder Private die Möglichkeit erhalte, für seinen persönlichen Gebrauch Sendungen und Grammophonplatten auf Magnetband aufzunehmen und sich beliebig wieder vorzuspielen. Von den Vervielfältigungen, die in § 15 LUG gemeint waren, unterscheide sich das bespielte Magnetband dadurch, daß es zu unbefugten Aufführungen verwendet werden könne und deshalb eine ständige Gefahr für den Urheber bedeute. Der Gesetzgeber müsse also die Befugnis der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch in diesem Punkte wesentlich einschränken.513 Der Einwand, daß es sich bei Einschränkung der Aufnahmeerlaubnis um einen Eingriff in das Privatleben handele, sei nicht haltbar. Man gehe ja auch gegen die Schwarzhörer vor, obwohl ihr Verhalten sehr viel harmloser sei als die Schaffung eines neuen Tonträgers. 514 Nach § 31 des Berliner Entwurfes war die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch daher nur noch mit der Hand oder mit Maschinenschrift zugelassen, sofern es sich um einzelne Stücke handelte und nicht bezweckt wurde, damit eine Einnahme zu erzielen. 515 Bei Werken der bildenden Künste sollten Lichtbilder erlaubt sein, weil die Fotografie hier etwa der Maschinenschrift entsprach. 516 Außerdem durften Behörden zum inneramtlichen Gebrauch kleine Teile von Werken im Wege der Fotokopie oder eines ähnlichen Verfahrens vervielfältigen. 517 Den gleichen Wortlaut enthielt § 31 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951, jedoch wurde der Begriff der „Maschinenschrift" durch den der „Schreibmaschine" ersetzt. 518 Auf Kritik stießen diese Vorschläge hinsichtlich der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch vor allem seitens des 1. Zivilsenates des BGH. In seiner Stellungnahme zu dem Berliner Entwurf hatte der BGH beanstandet, daß die Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch nur noch mit der Hand oder mit Maschinenschrift zulässig sein sollte. 519 Dies bedeute einen zu weitgehenden Eingriff in die private Freiheit Berliner Entwurfes in Β141/2551 Bl. 060. Es könne aber nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, eine solche Organisation kraft Gesetzes aufzubauen. 513 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.060. Auch hier würde also eine Organisation zu schaffen sein, die die Aufnahmelizenz gegen eine angemessene Vergütung vermittelte. 514 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.060. 515 Unter einer Vervielfältigung mit der Hand wollte die Begründung auch Kopien von Kunstwerken verstehen, vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.061. 516 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.061. 517 Entsprechend dem Entwurf von 1939 war in Abs. 2 festgelegt, daß der nach Abs. 1 zur Vervielfältigung Befugte diese auch durch einen anderen vornehmen lassen könne, was für Werke der bildenden Künste allerdings nur gelten sollte, wenn es unentgeltlich geschah. Weiterhin war nach Abs. 3 die Ausführung von Plänen und Entwürfen zu Werken der bildenden Künste sowie der Nachbau eines Werkes der Baukunst stets nur mit Einwilligung des Urhebers zulässig, vgl. §31 Abs. 2 und Abs. 3 in Β 141/2551 B1.023. 518 Vgl. § 31 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 100. 519 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2562 Bl. 179. Dagegen lobte Ulmer in seiner Stellungnahme zu dem Berliner Entwurf in Β 141/2562 Bl. 076 die Neufassung der Vorschrift über die Vervielfältigung zum eigenen Ge-

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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des einzelnen. Außerdem waren die Bestimmungen des Berliner bzw. des Rengsdorfer Entwurfes Gegenstand einer Aussprache über die Fragen der Vervielfältigung mittels mechanischer Verfahren zwischen den Vertretern des BMJ und der betroffenen Industrie. 521 Zu den Auswirkungen der Vervielfältigungsfreiheit im Wege der Fotokopie und Mikrokopie erklärten die Verfasser der in § 31 vorgeschlagenen Regelung, daß den Urhebern und Verlegern durch das üblich gewordene Fotokopieren ein empfindlicher Schaden zugefügt werde, da insbesondere der Absatz von Zeitschriften rückläufig sei, so daß verschiedene bereits in ihrer Existenz bedroht würden. Die Richtigkeit dieser Auffassung, zu deren Stützung bisher von Seiten der Urheber und Verleger keinerlei Unterlagen bekannt gegeben worden waren, wurde von Seiten der Industrie mit Nachdruck angezweifelt. Zum Beweise wurden verschiedene Zahlen vorgetragen, die über die Auflage, Abonnenten beziehungsweise Besteller und angefertigte Fotokopien je Jahrgang Aufschluß gaben.522 Nach diesen Zahlen konnte nach Ansicht der Industrie nicht die Rede davon sein, „daß die Urheber und Verleger der Zeitschriften durch das Fotokopieren eine irgendwie ins Gewicht fallende Einbuße erleiden." 523 In der anschließenden Diskussion stellte sich heraus, daß die Herstellung vollständiger Kopien ganzer Bücher bei dem gegenwärtigen Stand der Technik und nach der für die nächsten Jahre zu erwartenden Entwicklung wohl keine akute Gefahr darstelle. 524 Bei den Zeitschriften ging es hingegen nicht so sehr um das Fotokopieren ganzer Hefte, als vielmehr um das Kopieren einzelner Aufsätze aus einem Heft. Zur Regelung dieses Sachverhaltes wurden sodann verschiedene Möglichkeiten angesprochen. Denkbar war der Erlaß eines völligen Verbotes der Vervielfältigung im brauch, die „in glücklicher Weise der Lage gerecht werde, wie sie durch die Entwicklung der Technik (Fotokopie, Mikrokopie und Magnetophon) geschaffen wurde." 520 y g l Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β141/2562 Bl. 179. Die Regelung könne auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, daß die Entwicklung der Mikrokopie, wie viele andere Erfindungen, die Interessen ganz bestimmter Gewerbetreibender beeinträchtige, ganz abgesehen davon, daß die dadurch eintretenden Einbußen vielfach überschätzt würden. Entsprechendes gelte auch für das Magnetophon. 521 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C. III. 1. Auf Initiative des BMJ fand am 12.12.1951 im AEG-Hochhaus in Frankfurt a. M. eine Aussprache über Fragen der Urheberrechtsreform hinsichtlich der Vervielfältigung von Sprachwerken mittels fotografischer Verfahren und von Werken der Tonkunst mit Hilfe von Verfahren der mechanischen Musik, insbesondere der Magnettonverfahren, statt. Diese Fragen sollten mit der betroffenen Industrie ausführlich erörtert werden, bevor mit der Ausarbeitung des RefE begonnen werden könne. Dieser Besprechung lag die in § 31 des Berliner bzw. Rengsdorfer Entwurfes vorgeschlagene Regelung zugrunde. 522 Β 141/2613 Bl. 117-120 (Sitzungsbericht S.2-5). 523 Β 141/2613 Bl. 119 (Sitzungsbericht S.4). Durch die Zahlen wurde deutlich, daß der Preis einer Fotokopie bis zu 15mal so hoch war wie der Preis einer Originaldruckseite. Der Leser war also nach dieser Ansicht schon aus wirtschaftlichen Gründen bestrebt, Druckschriften als Originale zu erhalten, wenn er mehr als ein Zehntel des Umfanges eines einzelnen käuflichen Teils des Werkes oder Sammelwerkes benötigte, vgl. Β141/2613 Bl. 121 (Sitzungsbericht S.6). 524 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 1. Kapitel unter C.III. 1. Β 141/2613 Bl. 128 (Sitzungsbericht S. 13).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Wege der Fotokopie oder Mikrokopie in der Hoffnung, daß in der Praxis auch ohne Mitwirkung des Gesetzgebers schließlich Vereinbarungen getroffen würden, durch die das Fotokopieren oder Mikrokopieren generell oder von Fall zu Fall ermöglicht werde. 525 Oder es könnte eine generelle Erlaubnis für das Fotokopieren und Mikrokopieren zum eigenen Gebrauch im Hinblick auf die vorher noch unter Beweis zu stellende Geringfügigkeit des den Urhebern und Verlegern dadurch etwa entstehenden Schadens erlassen werden. In Betracht kam schließlich noch eine Gesetzesbestimmung, durch die die Vervielfältigung in einem bestimmten Rahmen, aber gegen Zahlung eines Entgeltes an die Urheber gestattet würde. 526 Nach wie vor forderte die Industrie erwartungsgemäß eine Fotokopierfreiheit für sämtliche Werke und auch für Teile von Werken, wobei es zudem erlaubt sein sollte, die Kopien nicht nur für den eigenen Gebrauch sondern auch für den Gebrauch eines Dritten gegen Entgelt herzustellen. 527 Zu der Argumentation des BMJ, daß jeder, der aus einem Werk einen Nutzen ziehe, dafür auch etwas an den Urheber zahlen müsse 528 , entgegneten die Vertreter der Industrie, daß die Fotokopieranstalten ihre Einnahmen nicht aus dem Werke erzielten, sondern aus der fotografischen Arbeit. 529 Selbst wenn man zu der Auffassung gelange, daß dem Urheber ein Entgelt gebühre, so sollte dieses Entgelt nicht gezahlt werden, weil der dazu notwendige Verwaltungsapparat zu schwerfällig würde und damit ein ungeheurer Arbeitsaufwand in den einzelnen Betrieben verbunden wäre. Außerdem würde der Betrag, der schließlich dem Urheber zufließe, in keinem vernünftigen Verhältnis zu der Verwaltungsarbeit und zu dem normalen Urheberhonorar stehen.530 Der einzige Vorschlag, den die Industrie im weiteren Gespräch anbot, ging dahin, daß die Verleger sich mit der Industrie beispielsweise auf der Basis verständigen könnten, daß der Bezieher von 5 Exemplaren des gleichen Jahrgangs einer Zeitschrift automatisch das Recht zur Herstellung beliebig vieler Fotokopien ohne Zahlung irgendeiner Urheber- oder Verlegerabgabe erhalten sollte. 531 525 Β 141/2613 Bl. 128 (Sitzungsbericht S. 13). Dieser Weg wäre für den Gesetzgeber zweifellos am einfachsten. 526 Bei dieser Lösung müßte noch die weitere Frage diskutiert werden, wie die tatsächliche Einziehung der Abgabe vorgenommen werden könne, ohne daß der Zahlungsmodus mehr kostet als die zum Schluß sich ergebende Zahlung, vgl. Β141/2613 Bl. 128 (Sitzungsbericht S. 13). 527 Β141/2613 Bl. 133 (Sitzungsbericht S. 18). Beispielsweise sollten große Industriebibliotheken berechtigt sein, anderen Industriefirmen für deren eigenen Gebrauch gegen Entgelt, das hieße Ersatz der Herstellungskosten, also nicht gewerbsmäßig, solche Fotografien herzustellen. 528 Vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in Β141/2613 Bl. 134 (Sitzungsbericht S. 19). Wenn sich jemand die Arbeit des Urhebers gewerbsmäßig zu eigen mache, würden die Verhältnisse wohl anders liegen, als wenn jemand die Fotokopierarbeiten nur gegen Ersatz der Unkosten ausführe. Die Fotokopieranstalt verdiene an dem Werke des Urhebers, indem sie darauf ein Erwerbsunternehmen gründe. 529 Β 141/2613 Bl. 134 (Sitzungsbericht S. 19). 530 So der Standpunkt der Industrie in Β 141/2613 Bl. 137 (Sitzungsbericht S.22). 531 Β 141/2613 Bl. 140 (Sitzungsbericht S.25). Im Ergebnis wurde dieser Vorschlag jedoch nicht weiter verfolgt.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Erörtert wurde ferner die Frage, wie die Aufnahme und Wiedergabe mittels der neu entwickelten Magnettonträger rechtlich zu beurteilen sei. Dabei ging es aber nur um den Fall, daß sowohl Aufnahme als auch Wiedergabe nicht gewerbsmäßig erfolgten und auch der Magnettonträger, solange er geschützte Werke trug, nicht gewerbsmäßig verwendet wurde. 532 Da die Urheber die Befürchtung geäußert hatten, daß in dieser Weise privat mit geschützten Werken bespielte Tonträger gewerbsmäßig durch Verkauf oder entgeltliches Verleihen der Magnettonträger oder zu öffentlichen Aufführungen verwendet werden könnten, wurde überlegt, ob das neue Gesetz eine Bestimmung enthalten müsse, nach der solche Handlungen ohne Genehmigung des Urhebers unzulässig und demgemäß strafbar wären. 533 Aufgrund der Schwierigkeit, den tatsächlichen Umfang von Magnettonaufzeichnungen in privaten Haushalten zu überwachen, sollte von jedem Besitzer eines solchen Gerätes entweder eine einmalige oder sogar laufende Abgaben gezahlt werden. 534 Diese Abgaben müßten allerdings auch dann gezahlt werden, wenn die Geräte nicht zum Aufnehmen geschützter Musik oder gar überhaupt nicht zur Musikaufzeichnung, sondern beispielsweise nur zur Aufnahme von Diktaten oder Verhandlungen verwendet würden. Die Zahlung einer Abgabe wäre daher allein dadurch gerechtfertigt, weil diese Magnettongeräte zur Herstellung von Tonbandaufzeichnungen von geschützten Werken technisch geeignet seien.535 Diese Erwägung sprach wiederum gegen eine derartige Abgabe. Man könne auch nicht von einem Gastwirt, in dessen Gasträumen ein Klavier stehe, eine laufende Abgabe verlangen, nur weil dieses Instrument technisch zu Aufführungen geschützter Musik geeignet sei. 536 Die Vertreter der Industrie sahen es daher als durch nichts gerechtfertigt an, von den Besitzern der Magnettongeräte einzig wegen der Verwendbarkeit dieser Geräte für die Aufzeichnung geschützter Werke der Tonkunst eine Art Präventivabgabe zu fordern. 537 Auch wurde die Befürchtung geäußert, daß durch ein Verbot der privaten Magnettonaufzeichnung bzw. durch die Forderung nach einer irgendwie gearteten Abgabe die Einführung dieser neuen Geräte so erschwert würde, daß die breite Masse dann niemals in den Besitz solcher Geräte käme und folglich auch nicht ein umfangreicher Bestand bespielter Magnettonträger geschaffen werden könnte. 538 Um dieses neue Verfahren, welches erstklassige 532 Die Aussprache sollte also auf die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch beschränkt werden, und zwar unter Ausschluß des Falles, daß der zu einer solchen Vervielfältigung Befugte sie durch einen anderen gegen Entgelt ausführen ließ, vgl. Β 141/2613 Bl. 159 (Sitzungsbericht S. 39). 533 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.III. 1, Β 141/2613 Bl. 159 (Sitzungsbericht S.39). 534 So der Vorschlag der GEMA, vgl. Β 141/2613 Bl. 161 (Sitzungsbericht S.41). 535 Β 141/2613 Bl. 161 (Sitzungsbericht S.41). 536 Vgl. die Diskussion in Β 141/2613 Bl. 161 (Sitzungsbericht S.41). 537 So die Auffassung Dr. Medigers als Vertreter der Magnettonbandhersteller in Β141/2613 Bl. 164 (Sitzungsbericht S.44). Pauschalabgaben seien abzulehnen. 538 Vgl. Dr. Mediger in Β 141/2613 Bl. 166 (Sitzungsbericht S.46).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Musikaufführungen auch in der Häuslichkeit möglich werden lasse, weiten Kreisen der Bevölkerung zugänglich zu machen, sei es erforderlich, daß die Geräte durch rationale Fertigung noch weiter verbilligt werden und daß hochwertige bespielte Magnettonträger auf den Markt kommen.539 Wieder anders befürchtete die Schallplattenindustrie einen erheblichen Umsatzrückgang, wenn Schallplatten zum privaten Gebrauch mit Hilfe der Magnettonträger vervielfältigt werden dürfen und forderte daher ein völliges Verbot sämtlicher privater Aufzeichnungen mit Ausnahme der Aufzeichnung eines persönlichen Musikvortrags. 540 Dazu genüge es vorerst, wenn das Verbot im Gesetz verankert würde, alles andere werde sich mit der Zeit schonfinden. Daß Übertretungen dieser Bestimmungen in der häuslichen Sphäre vorkommen werden, sei zwar zu erwarten, selbst wenn die Urheber oder die Schallplattenindustrie durch Inserate laufend auf das Verbot hinweisen würden. Aber durch Denunziation würden einige dieser Übertretungen bekannt werden und wenn erst einige Leute aus diesem Grunde verurteilt seien, werde die Zahl der Übertretungen rasch abnehmen.541 In einer weiteren Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettongeräteindustrie und Vertretern des BMJ betonten die Hersteller der Magnettongeräte erneut das Interesse der Allgemeinheit an den von ihnen herausgebrachten Errungenschaften der Technik. 542 Demgegenüber bezeichnete die Schallplattenindustrie das von ihr geforderte Verbot als eine „Lebensfrage der Schallplattenindustrie, deren Interesse engstens mit denen der Urheber, der Künstler und in gewisser Weise auch mit denen des Rundfunks verbunden sei." 543 Jährlich würden Millionen in die Aufnahmen auf Schallplatten investiert, an deren Verkauf auch die Urheber und Künstler verdienten. 544 Dürfte jedermann zum privaten Gebrauch überspielen, so könnten sich Zirkel bilden, die die Platten zwecks Überspielung ausleihen würden. Die Schallplattenumsätze würden dann auf ein Minimum zurückgehen. Selbstverständlich komme weder eine polizeiliche Überwachung des Verbots noch eine durch die GEMA oder Schallplattenindustrie autorisierte Kontrolle in Privathäusern in Betracht. Aber genau wie die Schwarzhörer durch „liebe" Nachbarn angezeigt würden, würde dies auch bei Schwarzüberspielungen eintreten. Der Großteil der Magnettongerätebesitzer würde durch Stichprozesse von ungesetzlichen Überspielungen abge539

Β 141/2613 Bl. 169 (Sitzungsbericht S.49). Vgl. die Zusammenstellung der verschiedenen Standpunkte durch Dr. Haertel in Β141/2613 Bl. 172 (Sitzungsbericht S.52). Bei Freigabe der privaten Vervielfältigung mit Magnettongeräten sei die Schallplattenindustrie in starker Weise betroffen und müßte sich erheblich umstellen. 541 So die Ausführungen Dr. Baums auf die Frage seitens des BMJ an die Schallplattenindustrie, wie man sich die Ausgestaltung des Verbotes vorstellte, vgl. Β 141/2613 Bl. 174 (Sitzungsbericht S. 53 f.). 542 Vgl. die Aktennotiz zu der Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettonindustrie und Vertretern des BMJ in Β141/2613 Bl. 188 f. 543 Β 141/2613 Bl. 190 (Aktennotiz S.3). 544 Β 141/2613 Bl. 190 (Aktennotiz S.3). 540

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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halten werden. Der unfaßbare Rest stelle dann keine Existenzbedrohung mehr für die Schallplattenindustrie dar. 545 Der RefE aus dem Jahr 1954 setzte sich daraufhin nochmals ausführlich mit den neuen Vervielfältigungsmöglichkeiten und den damit verbundenen Problemen auseinander. 546 Dem Haupteinwand gegen die Freiheit der Vervielfältigung mit Hilfe der Magnettongeräte, nämlich daß dadurch der Absatz von Schallplatten und damit die Einnahmen der Urheber aus dem Verkauf dieser Schallplatten zurückgehen würde, vermochten die Verfasser des RefE jedoch nicht zu folgen. 547 Die Entwicklung in den Vereinigten Staaten lasse darauf schließen, daß durch das Magnettongerät nicht ein Wechsel von der Schallplatte auf das selbstgefertigte Magnetband eintrete, sondern daß vielmehr das Magnetband ein zusätzliches Musikbedürfnis befriedige. 548 Eine Schädigung der Urheber dadurch, daß sie bestehende Einnahmen verlieren würden, sei durch die Freigabe des Magnettongerätes somit nicht zu erwarten. 549 War also schon eine Benachteiligung der Urheber durch die Freigabe der Magnettonaufnahme eher unwahrscheinlich, so spreche entscheidend gegen die Forderung der Urheber und der Schallplattenindustrie, daß ein gesetzliches Verbot der Vervielfältigung zum privaten Gebrauch in der Praxis gar nicht durchgesetzt werden könne. Die dafür notwendige Kontrolle der einzelnen Privathaushalte, so die Begründung, würde dem in Art. 13 GG ausgesprochenen Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung widersprechen. 550 Auch bestehe, wie sich schon in der Aussprache mit der Industrie abgezeichnet habe, gegenwärtig kein Anlaß, für das Mikrokopierverfahren eine Ausnahme von dem Grundsatz der Freiheit des privaten Gebrauches zu machen. Die Anschaffung der Geräte und die Herstellung der Vergrößerungen seien so kostspielig, daß sie fast 545

Β 141/2613 Bl. 191 (Aktennotiz S.4). Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. I. Der Entwurf widmete dieser Bestimmung in seiner Begründung eine 14seitige Darstellung, wobei die technischen Neuerungen Magnettongerät, Mikrokopie und sonstige Fotokopierverfahren einzeln untersucht wurden, Begründung zum RefE S. 148-162. 547 Begründung des RefE S. 151. Gegenwärtig könne von einer Schädigung der Urheber durch das Aufkommen von Magnettongeräten nicht gesprochen werden. 548 Ein ähnlicher Vorgang habe sich seinerzeit beim Aufkommen des Rundfunks gezeigt, der ebenfalls im Ergebnis nicht zu einer Verdrängung der Schallplatte, sondern im Gegenteil zu ihrem vergrößerten Absatz beigetragen habe, vgl. die Begründung zum RefE S. 151. 549 Zur Vertiefung vgl. Begründung zum RefE S. 152. Nicht von der Hand zu weisen war allerdings die Möglichkeit, daß die Steigerung des Schallplattenumsatzes durch die selbstgefertigten Tonbänder in gewisser Weise nachteilig beeinflußt werde. Diese mögliche Einbuße dürfte allerdings nicht erheblich sein und werde durch die anderweitigen Vorteile, die der Entwurf den Urhebern einräume, bei weitem aufgewogen. 550 Es erscheine rechtspolitisch äußerst bedenklich, unter diesen Umständen ein gesetzliches Verbot auszusprechen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, daß auch zum privaten Rundfunkempfang eine Genehmigung nötig sei. Hier lägen die Verhältnisse anders. Der Genehmigungszwang beruhe auf dem Fernmeldehoheitsrecht des Staates, während das Vervielfältigungsrecht des Urhebers ein privates sei, das nicht in gleichem Maße geschützt werden könne, vgl. Begründung des RefE S. 152. 546

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ausschließlich von Bibliotheken und Großfirmen verwendet würden. Für den privaten Gebrauch spiele das Mikrokopierverfahren zur Zeit keine Rolle und es sei auch nicht damit zu rechnen, daß es in absehbarer Zeit hierfür Bedeutung gewinnen werde. 551 Auch die sonstigen Fotokopierverfahren würden sich wegen des Preises der einzelnen Fotokopien nicht für die Vervielfältigungen ganzer Bücher eignen. Da also nach der Begründung eine ins Gewicht fallende Schädigung der Urheber durch die Zulassung mechanischer Vervielfältigungsverfahren für die Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum privaten Gebrauch nicht ersichtlich und die Durchführung eines Verbotes sehr problematisch sei, ließ der Entwurf die Herstellung von Vervielfältigungsstücken für den privaten Gebrauch in vollem Umfang zu. 552 Nach § 47 Abs. 1 konnte jedermann einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen Gebrauch herstellen oder unentgeltlich für sich herstellen lassen (§ 47 Abs. I). 5 5 3 Unter dem persönlichen Gebrauch sollte allerdings nur der Gebrauch für die private Sphäre des Vervielfältigenden verstanden werden, nicht etwa der Gebrauch zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken. Letzterer war in § 47 Abs. 2 gesondert geregelt. 554 Weiterhin gestattete der Entwurf, daß der das Werk Nutzende das zum persönlichen Gebrauch bestimmte Vervielfältigungsstück durch einen Dritten anfertigen ließ, jedoch nur, wenn die Vervielfältigung unentgeltlich geschah (§ 47 Abs. 1 Satz l ) . 5 5 5 In § 47 Abs. 2 war dann vorgesehen, auch außerhalb der privaten Sphäre die Vervielfältigung in gewissem Umfang ohne Zustimmung des Urhebers zuzulassen. Wirtschaft und Wissenschaft seien mit dem Fortschreiten der Vervielfältigungstechnik in zunehmendem Maße dazu übergegangen, Vervielfältigungsstücke von Schriftwerken auch für den beruflichen und gewerblichen Ge551

Begründung des RefE S. 155. Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 155. Die von den Urhebern ausgesprochene Befürchtung, daß die zum privaten Gebrauch hergestellten Fotokopien und Tonträger später rechtswidrig in den Verkehr gebracht werden und dadurch den Absatz ihrer Werke beeinträchtigen könnten, sei nicht stichhaltig. Nach §47 Abs. 3 war die Verbreitung der Vervielfältigungsstücke und ihre Benutzung zur öffentlichen Wiedergabe ausdrücklich verboten. 553 Vgl. auch die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. I. 554 Vgl. dazu die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. I. Gegenüber dem geltenden Recht war dieser Begriff also dadurch eingeschränkt, daß der berufliche oder gewerbliche Gebrauch gänzlich ausgeschlossen wurde, da ein solcher Gebrauch sich nicht innerhalb der privaten Sphäre hielt und eine so weitgehende Einschränkung des Vervielfältigungsrechts des Urhebers nicht gerechtfertigt erschien, vgl. Begründung zum RefE S. 156. Nicht übernommen wurde die Einschränkung, wonach die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch nicht zulässig war, wenn bezweckt wurde, damit eine Einnahme zu erzielen. Schon die begriffliche Unterscheidung zum persönlichen Gebrauch einerseits und zum beruflichen oder gewerblichen Gebrauch andererseits lasse erkennen, daß die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch nicht unmittelbar dazu dienen dürfe, aus dem Werk eine Einnahme zu erzielen. Es müsse aber zulässig sein, daß der Betreffende durch das Vervielfältigungsstück mittelbar eine Einnahme erzielte. Wer also ein wissenschaftliches Werk verfaßte, konnte sich dabei Fotokopien anderer Werke herstellen, selbst wenn er das Werk später verwerten und daraus eine Einnahme erzielen wollte. 555 Das Erfordernis der Unentgeltlichkeit bedeutete eine Einschränkung gegenüber § 15 Abs. 2 LUG, entsprach aber dem § 18 Abs. 1 LUG, vgl. auch Begründung des RefE S. 157. 552

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

brauch ohne Zustimmung des Urhebers herzustellen. Diese Übung habe sich längere Zeit ohne nennenswerten Widerspruch der Urheber oder der sonstigen Berechtigten halten können, so daß es notwendig erschien, diese Übung zu einem Teil gesetzlich anzuerkennen, um Hemmungen im Wirtschaftsleben und im Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse zu vermeiden. 556 Im Gegensatz zur Vervielfältigung zum privaten Gebrauch könne die Vervielfältigung zum beruflichen und gewerblichen Gebrauch jedoch nicht unbeschränkt zugelassen werden, da anderenfalls schwerwiegende Nachteile für die Urheber zu erwarten wären. 557 Daher begrenzte der Entwurf die Vervielfältigungsfreiheit zum einen auf einzelne Vervielfältigungsstücke und zum anderen auf 3 ausdrücklich genannte Fallkonstellationen. Zulässig war die Herstellung einzelner Vervielfältigungstücke, wenn sie mit der Hand oder Schreibmaschine vorgenommen wurde, wenn es sich um nicht erschienene oder vergriffene Werke handelte oder wenn es sich um kleine Teile eines Werkes oder um Aufsätze handelte, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren. 558 Wer hiernach berechtigt war, ohne Zustimmung des Urhebers eine Vervielfältigung vorzunehmen, durfte sich die Vervielfältigung auch durch einen Dritten herstellen lassen, gleichgültig, ob die Vervielfältigung entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen wurde. 559 Ausgenommen waren Werke der bildenden Künste, weil kein Bedürfnis bestehe, die Vervielfältigung solcher Werke außerhalb der privaten Sphäre für eigene Zwecke frei zuzulassen.560 Schließlich war die Ausführung von Plänen oder Entwürfen zu Werken der bildenden Künste oder der Nachbau eines Werkes der Baukunst stets nur mit Zustimmung des Berechtigten zulässig (§47 Abs. 4). Gegen diese relativ weit gefaßte Vervielfältigungsfreiheit wurden in der Diskussion um den RefE zahlreiche Stimmen laut. Von den Veröffentlichungen zu diesem Thema einmal abgesehen561, ging dem BMJ eine Fülle von Stellungnahmen zu, die 556 Begründung S. 157. Damit sollte nicht einem offenkundigen Rechtsmißbrauch nachgegeben werden. Vielmehr sollte das Gesetz mit einer durch die Entwicklung entstandenen Verkehrsauffassung in Einklang gebracht werden. 557 Begründung des RefE S. 157. 558 Vgl. im einzelnen die Begründung des RefE S. 158. 559 Vgl. Begründung des RefE S. 161. Würde man nur die Vervielfältigung durch den, der das Vervielfältigungsstück benötigte, selbst zulassen, so würde das auf eine Benachteiligung derjenigen Firmen und Personen hinauslaufen, die sich die Anschaffung eines Vervielfältigungsapparates nicht leisten konnten. 560 Begründung des RefE S. 161. 561 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II.5. Genannt seien vor allem Hubmann in UFITA Bd. 19 (1955), S.58 (72 ff.), der in der Regelung des §47 eine Beeinträchtigung der urheberrechtlichen Interessen erblickte, welche nur durch überwiegende andere Interessen gerechtfertigt werden könne, was aber die Privatsphäre gerade nicht sei. Auch nach Ansicht Goldbaums in UFITA Bd. 19 (1955), S.42 (46) sollte §47 „verschwinden". Für de Boor in GRUR 1954, S.440 (445) war § 47 in seiner jetzigen Fassung ganz unannehmbar. Für den Vorschlag des RefE sprach sich Hefermehl in UFITA Bd. 24 (1957), S.56 (89 ff.) aus. Die in §47 vorgesehene Regelung, nach der Tonbandaufnahmen zum persönlichen Gebrauch vom Urheberrecht nicht erfaßt werden, sei in ihrer Grundkonzeption gerechtfertigt.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

sich gegen die Zulässigkeit der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch wandten. Positiv äußerten sich lediglich der Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutsche Industrie- und Handelstag sowie der Bundesminister für Wirtschaft. Die in § 47 getroffene Regelung stellte nach ihrer Ansicht im Prinzip die richtige Lösung dar. 562 Insbesondere Abs. 2 der Vorschrift entspreche nicht nur den Bedürfnissen der Wirtschaft, sondern darüber hinaus auch den Interessen der Allgemeinheit. 563 Der BWiM gab zu erwägen, ob nicht daneben auch die entgeltliche Vervielfältigung durch Dritte für den persönlichen Gebrauch des Bestellers zugelassen und das Interesse des Urhebers erst dort berücksichtigt werden sollte, wo gewerbliche Zwecke verfolgt werden und unmittelbar aus dem Werke ein materieller Nutzen gezogen werde. Eine solche Regelung würde der wissenschaftlichen Arbeit und dem Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse dienen.564 Zurückhaltend äußerte sich dagegen der Bundesminister des Innern. Es sei wohl nicht möglich, die Vervielfältigungsfreiheit, wie vielfach gefordert, vollkommen zu beseitigen.565 Die Vervielfältigungsmöglichkeiten würden sich zu einem erheblichen Teil jeglicher Kontrolle entziehen, so daß bei einem absoluten Verbot zu befürchten sei, daß viele Vervielfältigungen gesetzeswidrig vorgenommen würden. Die Unmöglichkeit, das Vervielfältigungsverbot wirksam durchzuführen, könnte zu einem Abstumpfen des Rechtsempfindens beitragen. 566 Trotz dieser vereinzelten positiven Resonanz wurde die Bestimmung des § 47 überwiegend als nicht haltbar angesehen. De Boor nannte sowohl den Wortlaut des § 47 als auch die Begründung in wesentlichen Teilen „völlig verfehlt". 567 Richtig sei an der Begründung nur der Hinweis auf die Schwierigkeit, die Privataufnahmen zu kontrollieren. Daß diese 562 Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 11.01.1955 in Β141/2573 Bl. 028. Als übergreifender Bundesverband sämtlicher Industrien machte der Verband allerdings auch auf die Befürchtungen der Schallplattenindustrie aufmerksam, daß durch die Vervielfältigungsmöglichkeiten mittels Magnetophon wirtschaftliche Einbußen zu erwarten seien, die eine Existenzgefährdung zur Folge haben könnten. 563 Stellungnahme des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 11.01.1955 in Β 141/2573 Bl. 028. Die Vorschrift werde von der Industrie aus den im einzelnen in der Begründung dargelegten Gesichtspunkten begrüßt. Ebenso hatte der DIHT festgestellt, daß die in § 47 Abs. 2 enthaltenen Ausnahmen den tatsächlichen Bedürfnissen der Wirtschaft entsprächen, vgl. Stellungnahme dtsDIHTvom 29.11.1954 in Β1412588 B1.069. 564 Stellungnahme des BWiM vom 25.03.1955 in Β 141/2575 Bl. 135. Wirtschaftliche Schädigungen der Urheber seien hierdurch nicht zu erwarten. 565 Stellungnahme des BlnM vom 17.12.1955 in Β 141/2580 Bl. 090 (Rückseite). 566 Vgl. die Ansicht des BlnM in Β 141/2580 Bl. 090 (Rückseite). 567 Stellungnahme de Boors vom 26.09.1954 in Β141/2568 Bl. 014. Allein schon der grundlegende Satz, der § 47 rechtfertigen solle, wonach das „Recht des Urhebers dort seine Grenze finden solle, wo die Privatsphäre des Einzelnen beginne", sei handgreiflich falsch. Auch nach Auffassung von Erffas erschien es nicht zutreffend, daß das Urheberrecht vor der privaten Sphäre Halt zu machen habe, vgl. die umfangreichen Ausführungen bei von Erffa in Β 141/2568 B1.074ff. Auch sei zu bedenken, daß der Schutz des Privateigentums genauso im GG verankert sei. Insbesondere hielt von Erffa die in § 47 vorgesehenen Ausnahmen, die zu jedweden Zwecken, also auch zu gewerblichen Zwecken, zulässig sein sollten, für untragbar.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Schwierigkeit aber nicht unüberwindlich sei, zeige die Rundfunkgebühr. Auch Möhring vermochte der Erwägung, daß ein Verbot deswegen nicht ausgesprochen werden könne, weil angesichts der Schwierigkeiten der Kontrolle doch damit gerechnet werden müsse, daß Rechtsverletzungen erfolgten, nicht zu folgen. 569 Ebensowenig könne die Tatsache, daß sich die Urheberrechtsverletzung in den Räumen des Verletzers vollziehe, eine Verletzung rechtfertigen. Das Strafgesetzbuch erkläre Delikte, die sich typischerweise nicht in der Öffentlichkeit vollziehen, wie beispielsweise Unzuchtsdelikte, auch nicht deshalb für straffrei, weil die Verfolgung die private Sphäre beeinträchtigen könnte.570 Des weiteren wandten sich zahlreiche Interessenverbände gegen die Vervielfältigungsfreiheit in § 47. Nach Ansicht des Hochschulverbandes war es richtig, das Urheberrecht nicht als schrankenloses Recht zu sehen, sondern ihm vielmehr im Interesse der Allgemeinheit gewisse Grenzen zu ziehen.571 Nicht zu rechtfertigen sei es aber, den Urhebern und Verlegern Opfer zugunsten gewerblicher Unternehmungen zuzumuten. Selbstverständlich solle auch dem gewerblichen Sektor die Herstellung von Fotoduplikaten nach Möglichkeit erleichtert werden. Aber es entspreche dem dringenden Erfordernis der Billigkeit, daß die gewerbliche Verwertung fremden Geistesgutes nicht ohne Entschädigung erfolge. 572 Für eine Streichung der Vorschrift insgesamt sprach sich die Internationale Richard Strauss Gesellschaft aus.573 Um eine wirksame Kontrolle zu ermöglichen, wurde vorgeschlagen, die Erwerber von Magnettongeräten gesetzlich zu verpflichten, Register der bespielten Magnet568 Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 B1.018. Es wäre durchaus erwägenswert, die Lizenzgebühr durch die Post einziehen zu lassen. Ferner könnte man sie beim Hersteller erheben. Denn alle Geräte würden sich zur Vervielfältigung eignen und würden ganz oder zum Teil auch so gebraucht. 569 Vgl. Stellungnahme Möhrings vom 29.10.1954 in Β 141/2589 B1.030. 570 Die private Sphäre sei durch Aufstellung einer durch die Gerechtigkeit gebotenen Norm, daß die Nutzung eines Werkes des Urhebers nur mit dessen Einwilligung geschehen dürfe, nicht beeinträchtigt, vgl. Möhring in Β 141/2589 B1.030. 571 Stellungnahme des Hochschulverbandes vom 13.10.1954 in Β 141/2568 Bl. 137. Insbesondere ließen sich Schranken des Urheberrechts rechtfertigen, die zugunsten der Schule, der Kirchen und der Wissenschaft gezogen werden. 572 Der Hochschulverband schlug daher vor, die Freigabe der fotomechanischen Vervielfältigung von Aufsätzen auf Fälle zu beschränken, in denen die Herstellung durch öffentliche Bibliotheken oder öffentliche wissenschaftliche Institute oder in ihrem Auftrag erfolgte. Damit würde der weitaus größte Teil der von der Wirtschaft unabhängigen wissenschaftlichen Forschungsarbeit unmittelbar erfaßt. Außerdem könnten auf diesem Wege über die öffentlichen Bibliotheken und Institute auch Studierende und Privatleute die für ihre Arbeiten erforderlichen Fotoduplikate erhalten, vgl. Stellungnahme des Hochschulverbandes in Β 141/2568 Bl. 138. 573 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.H. 1. Stellungnahme der Richard Strauss Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β141/2569 Bl. 237. Die neuen technischen Vervielfältigungsmittel, insbesondere Mikrokopie und Magnetophon, hätten so völlig neue Gegebenheiten zuungunsten der Urheber geschaffen, daß ernsthaft erwogen werden müsse, diese Bestimmung überhaupt fallen zu lassen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

tonbänder anzulegen, welche durch die zuständige Verwertungsgesellschaft überprüft werden sollten. 574 Der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände erklärte die in § 47 vorgeschlagene Einschränkung des Vervielfältigungsrechts für „schlechthin unannehmbar". 575 Vor allem die in § 47 Abs. 2 getroffene Regelung bedeute eine in keiner Weise zu rechtfertigende Enteignung der Urheber und bedrohe mit Rücksicht auf die modernen Vervielfältigungsverfahren die Existenz der wissenschaftlichen Verlage ernstlich. Da es nunmehr „jedermann" gestattet sei, einzelne Vervielfältigungsstücke eines geschützten Werkes herzustellen, werde auch eine Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken möglich. Das widerspreche schon dem geltenden Recht, welches nur die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch gestattet habe. Vielmehr noch widerspreche es der Aufgabe, die sich der Entwurf selbst gestellt habe, nämlich die Rechte der Urheber dagegen zu schützen, daß sie durch die technischen Neuerungen geschmälert werden. 576 In gleicher Weise sei §47 Abs. 1 abzulehnen. Die Vervielfältigung ganzer Werke mit Hilfe der modernen Reproduktionsmethoden müsse auch dann verboten bleiben, wenn sie zu rein privaten Zwecken erfolge. 577 Die Einfügung eines Zusatzes, wonach die Bestimmungen des §47 auf Werke der Tonkunst nicht zur Anwendung kommen sollten, forderte der Deutsche Musikverlegerverband. 578 Die Einschränkung des Vervielfältigungsrechts in bestimmten Fällen, wie sie im Entwurf durch § 47 geplant sei, betreffe die Werke der Tonkunst in anderem Umfang als Schriftwerke. 579 Wenn in der Begründung zur Frage der Ver574 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 237. Wenn auf diese Weise Erfahrungen über den Umfang der privat hergestellten Magnettonbänder und die Art der privaten Benutzung gesammelt worden seien, könnte man durch Rechtsanwendung und Rechtsprechung unter Umständen zu einer Begrenzung der noch als „für den persönlichen Gebrauch erfolgt" anzuerkennenden Vervielfältigung kommen. 575 Stellungnahme des Börsenvereins vom 01.12.1954 in Β 141/2571 B1.017. 576 Diese Tendenz der Reform werde durch die Bestimmungen in § 47 geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.020. 577 Vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.028. Jedoch sein praktisches Bedürfnis für die Fotokopierfreiheit anzuerkennen, wenn sie für die Arbeit des Wissenschaftlers außerhalb gewerblicher Unternehmungen und der öffentlich rechtlichen wissenschaftlichen Institute gefordert werde. Um sicherzustellen, daß wirklich nur diese wissenschaftliche Forschungsarbeit, bei der sich die Grenzen zwischen persönlicher Unterrichtung und beruflicher Arbeit vermischen, von der Genehmigungs- und Abgabepflicht freigestellt wird, sei zu fordern, daß die Fotokopie und zwar nur in einem Exemplar, nur von einer öffentlichen Bibliothek oder im Auftrage einer solchen hergestellt, und nur gegen einen entsprechenden Revers ausgegeben werden dürfe. 578 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes vom Dezember 1954 in Β 141/2572 Bl. 175. 579 Die vorgesehenen Bestimmungen würden verschiedene Tatbestände behandeln, deren Zusammenfassung in einem Paragraphen wegen des gemeinsamen Grundgedankens zwar wünschenswert erscheine, aber die wegen der Folgen, die sich dabei ergeben würden, doch gesonderte Regelung verlangten, vgl. Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2572 Bl. 175.

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vielfältigung im fotomechanischen Verfahren gesagt werde, daß dieses bei der Herstellung solcher Art wegen der Kosten nicht lohne, so treffe das sicherlich in der Regel bei Schriftwerken zu. Ganz anders liege der Fall aber bei der Fotokopie von Werken der Tonkunst. Hier sei die freie Herstellung für den sogenannten eigenen Gebrauch mit den bezeichneten technischen Mitteln meist sehr lohnend, aber nur zu Lasten des Urhebers und der Nutzungsberechtigten.580 Man denke beispielsweise nur an große moderne Opernpartituren. Das Teuerste hierbei sei der Stich oder die stichähnliche Herstellung. Wenn nun die wenigen Abnehmer, etwa die großen Musikbibliotheken dieser Welt oder einige Privatsammler oder Dirigenten, rechtlich in den Stand gesetzt würden, sich solche Partituren leihweise zu beschaffen und für den Privatgebrauch zu kopieren, so könnten sie sich zu einem Bruchteil des Herstellungspreises ein solches Exemplar verschaffen. 581 Zu der Frage des Magnettongerätes bleibe zu sagen, daß der Entwurf keineswegs die Bedeutung der technischen Möglichkeiten für die Aufnahme von Funksendungen oder das Überspielen von Platten verkenne. Es scheine aber doch unerläßlich, die Verwendung des Magnettonbandes ausdrücklich in seinen verschiedenen Auswirkungen zu regeln. Die Verfasser setzten sich zwar eingehend mit den Interessen der Schallplattenindustrie auseinander, während auch die Interessen anderer an einem Werk der Tonkunst Berechtigter und nicht zuletzt der Verleger eine eingehende Prüfung verdienten. 582 Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hielt schließlich eine brauchbare Abgrenzung des persönlichem von dem beruflichen Gebrauch für unmöglich. 583 Auch bestünden erhebliche Bedenken gegen die in § 47 Abs. 2 vorgesehenen Einschränkungen des Vervielfältigungsrechts für gewerbliche Zwecke. Allerdings wollte der Senat wegen der bei ihm schwebenden Rechtsstreitigkeiten keine weiteren Ausführungen machen.584 Im Verlauf der sich anschließenden Beratungen zeichnete sich ebenfalls ab, daß die Bestimmung über die Vervielfältigungsfreiheit in § 47 zumindest nicht in diesem weiten Umfang Gesetz werden könne. Auf einer Sitzung der Vertreter des BMJ mit den betroffenen Interessenverbänden zu der Frage der Vervielfältigung zum gewerb580

Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes

in Β141/2572 Bl. 175 (Rücksei-

te). 581 So die Ausführungen des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2572 Bl. 175 (Rückseite). Wenn schon Abs. 1 der Bestimmung den neuen durch die entwickelte Technik begründeten Verhältnissen nicht genügend Rechnung trage, so sei dies in erhöhtem Maße von Abs. 2 zu sagen, der auch außerhalb der privaten Sphäre die Vervielfältigung ohne Zustimmung des Urhebers zulasse. 582 Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2572 Bl. 176. Es möge weiteren Beratungen vorbehalten bleiben, wie die Vergütung für den Urheber oder Nutzungsberechtigten an einem Werk der Tonkunst bei einer Vervielfältigung auf Tonband zu regeln ist. Jedenfalls könne es nicht als zutreffend angesehen werden, daß die Interessen des Urhebers durch die Herstellung solcher Vervielfältigungsstücke nicht oder nicht erheblich berührt würden. 583 Stellungnahme des BGH vom 27.10.1954 in Β 141/2569 B1.044. 584 Stellungnahme des BGH vom 27.10.1954 in Β 141/2569 B1.044.

31 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

liehen Gebrauch kam man zu dem Ergebnis, daß es zwar den Bibliotheken und Instituten gestattet sein müsse, Kopien für den eigenen Gebrauch herzustellen. 585 Für den Bereich der Wissenschaft sei eine Vervielfältigungsfreiheit unbedenklich. 5 8 6 Auch könne man den öffentlichen Bibliotheken gestatten, auf private Aufträge hin, Fotokopien anzufertigen, damit der einzelne Wissenschaftler in seiner Arbeit nicht behindert werde. Sobald aber durch die Vervielfältigung ein gewerblicher Nutzen aus dem Werk gezogen werde, also bei Vervielfältigungen für industrielle Zwecke, müßten der Urheber und der Verleger beteiligt werden. 5 8 7 Die Industrieunternehmen sollten daher grundsätzlich eine Vergütung zahlen. Unklar sei jedoch, welches Verfahren für die Verleger und die Industrie ohne zu große technische Belastung durchführbar sei und wie die Verteilung vorgenommen werden könne. 5 8 8 Seitens des B M J favorisierte man hierbei eine Pauschalablösung. 589 Auch eine individuelle Verteilung der Beiträge hielt man für kaum durchführbar, so daß hier ebenfalls eine globale Aufteilung geboten sei. 5 9 0 Eine Vergütungspflicht für das Fotokopieren i m gewerblichen Bereich wollte auch der Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht durchsetzen. 591 Für öffentliche Bibliotheken und öffentliche wissenschaftliche Institute sollte dagegen die Vervielfältigungsfreiheit i n § 47 Abs. 2 Ziff. 3 aufrechterhalten bleiben. 5 9 2 Zu der Frage, ob die 585 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. III. 2. So die Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 betreffend die Frage der Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch, insbesondere der Vervielfältigung von Aufsätzen im Wege der Fotokopie in Β 141/2589 Bl. 096. 586 So Ulmer in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 in Β141/2589 B1.092. Den öffentlichen Bibliotheken und wissenschaftlichen Instituten müsse es in jedem Fall gestattet sein, für ihre eigenen Zwecke Vervielfältigungen ohne besondere Zahlung an Verleger oder Urheber herzustellen oder auch von gewerblichen Fotokopieranstalten herstellen zu lassen. 587 Vgl. die Ausführungen Ulmers in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 in Β 141/2589 B1.093. Eine Beteiligung war nach Ansicht Ulmers am einfachsten dadurch umzusetzen, daß die Industrie mit den Verlegern Pauschalverträge abschließe, möglicherweise über eine Verwertungsgesellschaft. 588 Zusammenfassung Haertels in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 in Β 141/2589 B1.096. 589 Haertel in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 in Β141/2589 B1.099. 590 Haertel in Niederschrift über die Sitzung am 13.01.1955 in Β141/2589 B1.099. 591 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β 141/2573 Bl. 250. Der Beschluß kam gegen eine Stimme zustande. Zu der Diskussion vgl. auch das Protokoll dieser Sitzung in Β 141/2566 Bl. 135 ff. De Boor führte aus, daß man keineswegs auf die Fotokopien verzichten wolle, es gehe nur darum, sie gebührenpflichtig zu machen. Ähnlich wies auch Ulmer daraufhin, daß das Fotokopieren nicht erschwert werden solle, sondern lediglich erreicht werden solle, daß hier für die Benutzung fremden geistigen Eigentums eine Gebühr bezahlt werde, wie das bei jedem Benutzer fremden Eigentums üblich sei. 592 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β 141/2573 Bl. 250. Weiterhin sollte die Ausnahme in § 47 Abs. 2 Ziff. 2 zugunsten nicht er-

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Magnettonaufnahme zum persönlichen Gebrauch zulässig sein sollte, wurde festgestellt, daß nach Ansicht aller Anwesenden die Bestimmung des § 47 Abs. 1 jedenfalls nicht eine Freistellung zum Überspielen geschützter Werke im Theater oder Konzertsaal gewähren solle. 593 Nach weiterer Diskussion stimmte die Mehrheit dann auch für ein Verbot der häuslichen Aufnahme. 594 Bereits in einer vorangegangenen Sitzung hatte von Erffa dazu ausgeführt, daß die privaten Abnehmer ein Magnettongerät wohl auch zu dem Zweck besäßen, musikalische oder literarische Vorträge und Aufführungen, die ihnen durch den Rundfunk geboten würden, oder die auf Schallplatten festgehalten seien, auf ihr Band aufzunehmen, um sich damit ein Archiv anzulegen. Die Schallplatten würden von Verwandten oder Bekannten geliehen und auf das Band übertragen. Diese Leute fielen dann selbstverständlich als Käufer für die Schallplatten aus.595 Prof. Ulmer sah die Schwierigkeit darin, daß man am Beginn einer Entwicklung liege, deren Verlauf noch nicht vollständig abzusehen sei, und gerade zu diesem Zeitpunkt die Frage gesetzlich geregelt werden müsse.596 Er sei dabei aber nicht so optimistisch, wie zuvor von Reimer angedeutet,597 eventuelle Fehler ein paar Jahre später durch eine Novelle berichtigen zu können. Die Interessenfronten seien in Deutschland außerordentlich verhärtet. Was heute gesetzlich geformt werde, könne in ein paar Jahren nur unter großen Schwierigkeiten durch eine Novelle gesetzlich schienener Werke gestrichen werden. Auch von vergriffenen Werken wollte man Vervielfältigungsstücke nicht mehr ohne eine Genehmigung des Berechtigten zulassen, allerdings durfte dieser nach Ablauf von 3 Jahren die Genehmigung nur noch aus wichtigem Grunde verweigern. 593 Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β 141/2573 B1.250. 594 Mit 11 gegen 6 Stimmen sprach sich der Fachausschuß für das Verbot jeder Aufnahme mit einem Magnettongerät aus, also auch der Aufnahme zum engsten privaten Gebrauch, vgl. Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β141/2573 B1.250. 595 So die Ausführungen von Erffas in dem Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 30.09.1954 in Β 141/2566 Bl. 133 (Rückseite). Auch sei bekannt, daß Schallplattenfirmen an Interessenten Schallplatten zur Ansicht schickten, die Interessenten dann anstandshalber vielleicht 1 Platte erwarben und zwischenzeitlich alle übrigen auf ihr Band aufgenommen hatten. Es sei daher unmöglich, zu warten, bis die deutsche Schallplattenindustrie vor dem Zusammenbruch stehe und die Urheber keine Tantiemen für die Platten mehr bekämen. 596 Ulmer in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β141/2566 Bl. 134 (Rückseite). 597 Reimer wollte einer späteren, heute noch nicht absehbaren Entwicklung durch eine Novelle Rechnung tragen, was seiner Ansicht nach keine Schwierigkeit bedeutete, vgl. Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β141/2566 Bl. 134. 31

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

geändert werden. 598 In seiner abschließenden Stellungnahme wollte der Ausschuß die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 47 Abs. 1 letztendlich nur noch mit der Hand oder mit der Schreibmaschine freigeben. 599

3. Die Haltung des BGH (Magnettonbandgeräteurteil vom 18.05.1955 und Fotokopierurteil vom 24.06.1955) Bevor dann im Rahmen der Sachverständigenkommission über eine endgültige Regelung der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch beraten werden konnte, kam der BGH den Referenten des BMJ mit einem richtungweisenden Urteil (sog. Magnettonbandgeräteurteil) zuvor. Am 18.05.1955 entschied der 1. Zivilsenat den Streit über die Zulässigkeit privater Magnettonaufnahmen vorläufig, also zumindest für die Dauer des zur Zeit gültigen LUG zugunsten der Urheber. 600 Gegenstand des Rechtsstreites war die Frage, ob die Aufnahme urheberrechtlich geschützter Werke auf ein Tonband auch dann in die der GEMA übertragenen Nutzungsrechte eingriff, wenn die Aufnahme ausschließlich zum persönlichen Gebrauch und ohne die Absicht erfolgte, daraus eine Einnahme zu erzielen. Bei der Beantwortung dieser Frage ging der BGH davon aus, daß das Überspielen eines Tonträgers, insbesondere einer Schallplatte, auf Magnettonbänder eine Vervielfältigung im Sinne des § 11 LUG darstellte, wie dies bereits in einer vorangegangenen Entscheidung ausgesprochen worden war. 601 Stehe aber fest, daß jede Aufnahme eines Werkes auf ein Tonband eine Vervielfältigung sei, so folge daraus, daß derartige Bandaufnahmen nach §§11 i. V. m. 15 Abs. 1 grundsätzlich dem Urheber vorbehalten seien.602 Die Entscheidung, ob Magnettonaufnahmen auch dann einer Erlaubnis des Urhebers bedurften, wenn sie nur für den persönlichen Gebrauch und ohne einen Einnahmezweck hergestellt wurden, hing somit allein davon ab, ob diese besondere Vervielfältigungsart noch in den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 fiel. Dazu führte der BGH aus, daß diese Vorschrift nach dem reinen Wortlaut auch die Herstellung privater Magnettonaufnahmen erfasse. 603 Andererseits stehe jedoch fest, daß dem 598

Ulmer in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β141/2566 Bl. 134 (Rückseite). Der Gesetzgeber stehe somit vor einer ernsten und großen Verantwortung, die ihm durch ein Entgegenkommen aller beteiligten Kreise erleichtert werden solle. 599 Vgl. Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β 141/2573 B1.250. 600 BGHZ 17, 266 (266 ff.). 601 Vgl. BGHZ 8, S. 88 (88 ff.) Die gleiche Beurteilung sei auch geboten, wenn die Bandaufnahme nicht durch Überspielen eines bereits vorhandenen Tonträgers hergestellt werde, sondern wenn sie die erste Festlegung des Vortrags oder der Aufführung eines Werkes darstellte. Auch eine derartige Erstaufnahme sei nicht als Bearbeitung i. s. d. § 12 Abs. 2 LUG, sondern als Vervielfältigung anzusehen, vgl. BGHZ 17, S.266 (271). 602 BGHZ 17, S.266 (271).

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Gesetzgeber bei Schaffung des LUG noch nicht die Möglichkeit bekannt gewesen sei, im häuslichen Bereich durch einen einfachen, keine technischen Vorkenntnisse erfordernden, rein mechanischen Vorgang eine in jeder Hinsicht so vollkommene Aufnahme eines musikalischen Werkes herzustellen wie eine Magnettonaufnahme. 604 Der BGH begründete sodann ausführlich und eingehend, daß § 15 Abs. 2 LUG keinen derartigen Grundsatz, sondern eine echte Ausnahme von dem in Wahrheit das Urheberrecht beherrschenden allgemeinen Grundsatz eines lückenlosen Urheberschutzes enthalte. Stehe aber fest, daß § 15 Abs. 2 eine Ausnahmevorschrift darstelle, so dürfte diese, weil ja der Gesetzgeber das Magnettonverfahren nicht vorhergesehen habe, nicht über ihren eigentlichen Sinn und Zweck hinaus erstreckt werden. 605 Sinn des § 15 Abs. 2 sei aber gewesen, im Interesse der Musikpflege und aus sozialen Gründen einem beschränkten Kreis kapitalschwacher Musikausübender die gebührenfreie Vervielfältigung von Noten mittels Abschriften zu ermöglichen. 606 Die Ausnahme des § 15 Abs. 2 habe also mit der Freigabe der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch, so die tragende Argumentation des BGH, auch einen besonderen sozialen Zweck verfolgt. Die Magnettongeräte könnten jedoch wegen ihres hohen Preises nur von Personen gekauft werden, die dieses sozialen Schutzes nicht bedürften. Die Freigabe der Magnettonaufnahme würde daher einen ganz anderen Personenkreis begünstigen als vom Gesetzgeber seinerzeit beabsichtigt.607 Nach alledem stelle die Aufnahme des von der Klägerin verwalteten Musikrepertoires auf Magnettonband eine Verletzung der ihr übertragenen urheberrechtlichen Befugnisse dar, auch wenn sie nur zum persönlichen Gebrauch und ohne Gewinnabsicht erfolge. 608 603 Die Vorschrift erfasse ausnahmslos alle Arten von Methoden und Vervielfältigungen, also auch die Festlegung der Aufführung eines Werkes auf Tonträger, vgl. BGHZ 17, S. 166 (272). 604 Es handele sich daher bei der Magnettonaufnahme um einen Sachverhalt, der bei Schaffung des Gesetzes außerhalb des Vorstellungskreises des Gesetzgebers gelegen habe, BGHZ 17, S. 266 (275). 605 BGHZ 17, S. 266 (282). 606 Vgl. die Ausführungen in BGHZ 17, S.266 (284). 607 BGHZ 17, S. 266 (286 f.). Könnten also die besonderen Zwecke, die den Gesetzgeber zu der Freigabe der Vervielfältigung für den persönlichen Gebrauch veranlaßt hätten, nicht für die Zulässigkeit privater Magnettonaufnahmen herangezogen werden, so bleibe noch ein Blick auf die maßgebenden Wertentscheidungen notwendig, die das Urheberrecht in dem Widerstreit zwischen den Belangen der Urheber und der Allgemeinheit getroffen habe. Für die Rechtslage sei es dabei ohne Bedeutung, wie groß der tatsächliche Schaden der Urheber bei dem gegenwärtigen Stand der Verbreitung der Magnettongeräte sei. Entscheidend sei allein, daß diese neuartige private Vervielfältigungsart ihrem Wesen nach geeignet sei, dem Urheber erhebliche wirtschaftliche Nachteile zuzufügen, wenn sie nicht in sein Ausschließlichkeitsrecht einbezogen würde. 608 Diese private Festlegung der Aufführung könne nach dem Schutzgedanken des Urheberrechts nicht der Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 2 unterstellt werden, die nur eine sehr viel engere, wirtschaftlich nicht ins Gewicht fallende Befugnislücke im Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers bezweckte, BGHZ 17, S.266 (290).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Wenig später hatte der BGH die weitere Frage zu entscheiden, ob ein Erwerbsunternehmen berechtigt sei, ohne die Einwilligung der Verleger zum Zwecke der innerbetrieblichen Benutzung auf fotomechanischem Weg Vervielfältigungen, also Fotokopien und Mikrokopien von Abhandlungen und Aufsätzen herzustellen, die in wissenschaftlichen Zeitschriften im laufenden und vorangegangenen Kalenderjahr erschienen waren. 609 Dazu führte der Senat aus, daß ein persönlicher Gebrauch im Sinne des § 15 Abs. 2 LUG nur gegeben sei, wenn der Gebrauch zumindest überwiegend der Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse des Gebrauchenden diente.610 Diese Voraussetzung sei aber nicht gegeben, wenn, wie im zu entscheidenden Fall, die Angestellten eines Erwerbsunternehmens im Interesse dieses Unternehmens von Fotoduplikaten Gebrauch machten, die das Unternehmen gerade für diesen Zweck hergestellt habe. Ein solcher Gebrauch gehe über den Rahmen der privaten Gebrauchszwecke hinaus, die allein durch § 15 Abs. 2 von dem Vervielfältigungsverbot freigestellt werden sollten.611 Dabei betonte der Senat allerdings ausdrücklich, daß es nicht der Sinn des Urteils sei, in Fällen der vorliegenden Art die Herstellung fotomechanischer Vervielfältigungen grundsätzlich zu unterbinden. Es gehe vielmehr darum, die Herstellung fotomechanischer Vervielfältigungen von der Zahlung einer angemessenen Vergütung an die Verleger abhängig zu machen.612 4. Fortgang der Reformarbeiten im Anschluß an die Entscheidungen des BGH Die im Anschluß an diese beiden Urteile abgehaltene Sitzung der Sachverständigenkommission vermochte zu einer möglichen gesetzlichen Regelung keinen Lösungsvorschlag zu erbringen, sondern wollte zunächst die Entwicklung abwarten, die sich aufgrund dieser beiden Urteile ergeben werde. 613 Da jedoch entgegen den 609

So die grundlegende Frage in dem Rechtsstreit des Börsenvereins Deutscher Verlegerund Buchhändlerverbände gegen die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft (AEG), der am 14.06.1955 mündlich verhandelt und dessen Urteil am 24.06.1955 verkündet worden war, vgl. dazu BGHZ 18, S.44 (44ff.). 610 BGHZ 18, S.44 (55). 611 BGHZ 18, S.44 (55). 612 Vgl. BGHZ 18, S.44 (57). 613 So der Vorschlag Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 153. Nach der Veröffentlichung des Fotokopierurteils würden jetzt die Verhandlungen zwischen den betroffenen Interessengruppen wieder aufgenommen, so daß es zweckmäßig erscheine, zunächst den Erfolg der Verhandlungen abzuwarten, vgl. die Ausführungen Dr. Kleines in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 153. Ähnlich äußerte sich auch Sts Strauß in einem Vortrag vor dem Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film des Wirtschaftsbeirates der CSU-Union am 24.03.1956, abgedruckt in UFITA Bd. 22 (1956), S. 129 (136 f.). Es bleibe abzuwarten, wie die Entscheidung des BGH über die Magnettonaufnahmen in der Praxis durchgeführt werde. Ebenso solle zunächst das Ergebnis der Verhandlungen zwi-

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Erwartungen der Sachverständigenkommission kaum praktische Folgerungen aus den beiden Entscheidungen gezogen wurden 6 1 4 , sah sich das B M J veranlaßt, die Bestimmung über die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch neu zu fassen. Daraufhin hielt der 1959 veröffentlichte

MinE in § 50 Abs. 1 zwar an dem Grundsatz

fest, daß die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch ohne Einwilligung des Urhebers zulässig ist, sah aber für die Vervielfältigung speziell mit Hilfe von Bild- oder Tonträgern eine Sonderregelung vor. Nach § 50 Abs. 1 Satz 2 sollte abweichend vom RefE die Aufnahme der öffentlichen Wiedergabe eines Werkes auf Bild- oder Tonträger sowie die Übertragung eines Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen auch zum persönlichen Gebrauch grundsätzlich nicht gestattet sein. Damit war beispielsweise sowohl die Aufnahme eines öffentlichen Konzertes ausgeschlossen als auch das Überspielen von Schallplatten auf Tonbänder. 615 Jedoch wurde die Aufnahme von gesendeten Werken auf Bild- oder Tonträger mit der Einschränkung zugelassen, daß diese spätestens einen Monat nach Herstellung unbrauchbar gemacht werden mußten(§ 50 Abs. 1 Satz 3 ) . 6 1 6 In § 50 Abs. 1 Satz 4 war schließlich die i m RefE vorgesehene Beschränkung, nach der die unentgeltliche Herstellung der Vervielfältigungsstücke durch einen Dritten erlaubt sein sollte, nur sehen Verlegern und Industrie zu der Frage der Fotokopien zu gewerblichen Zwecken abgewartet werden. 614 Das Tonband- sowie auch das Fotokopierurteil stießen im Schrifttum überwiegend auf Zustimmung, vgl. Krüger-Nieland in GRUR 1957, S.535 (541). Die deutsche Rechtsprechung habe bahnbrechend den richtigen Weg freigelegt, indem sie erkannt habe, daß das Urheberrecht nicht durch eine industrielle Verlagerung der Verwertungsmöglichkeiten in die Hände der Abnehmer beeinträchtigt werden dürfe, vgl. Möhring in UFITA 1966 (Bd. 47), S. 134 (142). Die positive Resonanz auf die grundsätzliche Richtung, die der BGH mit diesen beiden Entscheidungen vorgab, durfte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, daß die zur Begründung der Urteile vorgetragene Argumentation vielfach auch Anlaß zur Kritik gab. Vor allem die Annahme einer besonderen sozialen Tendenz des § 15 Abs. 2 LUG stieß auf Bedenken, vgl. Bappert in GRUR 1956, S. 255 (256). Die Argumentation, § 15 Abs. 2 LUG habe den besonderen Zweck, die Musikausübung durch minderbemittelte Musikliebhaber zu erleichtern, sei ein Beispiel dafür, wie ein in der Fachliteratur einmal veröffentlichter Irrtum durch ungeprüfte Wiederholung die Glorie einer absoluten Wahrheit erhalte, so Mediger in BB 1956, S. 981 (983). Außerdem und vor allem hätte der BGH prüfen müssen, ob es der Grundsatz der Gleichheit vor dem Gesetz überhaupt zulasse, dem Hersteller eines einzelnen dieser Geräte, mit denen gelegentlich das gesetzlich gewährleistete Recht eines Dritten verletzt werden könne, eine Auflage zu machen, die für Hersteller anderer vergleichbarer Geräte, die ebenfalls gelegentlich in gesetzesverstoßender Weise benutzt werden könnten, bisher nicht bestehen und aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Zukunft weder vom Gesetzgeber noch vom BGH eingeführt würden (Mediger in BB 1956, S.981 (982)). Gänzlich gegen die Entscheidung des BGH und sogar für die Anwendbarkeit des derzeit noch geltenden § 15 Abs. 2 LUG auf die private Tonbandvervielfältigung sprach sich Hefermehl in UFITA Bd. 24 (1957), S.56 (88f.) aus. 615 Vgl. Bemerkungen zum MinE S.54. 616 Mit dieser Regelung wollte der MinE dem Urteil des BGH vom 18.05.1955 entsprechen, in dem der Gedanke entwickelt wurde, der Urheber müsse die Möglichkeit haben, die Vervielfältigung seines Werkes zu verbieten, wenn ihm durch sie erhebliche wirtschaftliche Nachteile entstehen könnten. Dies sei der Fall, wenn ein Werk auf einem Tonband festgehalten werde, um den Kauf einer Schallplattenaufnahme dieses Werkes zu ersparen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

für die Aufnahme von Werken auf Bild- oder Tonträger und die Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste aufrechterhalten. Sonst dürfte beispielsweise ein Wissenschaftler einen geschützten Aufsatz zwar selbst abschreiben, ihn aber nicht von einer bezahlten Schreibkraft abschreiben lassen.617 Da die ehemalige Bestimmung des § 47 Abs. 2 RefE über die Zulässigkeit von Vervielfältigungen zum eigenen beruflichen oder gewerblichen Gebrauch in drei Fällen, vielfach Kritik erfahren hatte, sollten zwar weiterhin einzelne Vervielfältigungen auch außerhalb der privaten Sphäre zulässig sein, aber nur unter der Voraussetzung, daß dem Urheber dafür eine angemessene Vergütung gezahlt wurde (§ 50 Abs. 2 Satz 2). Durch die Einführung einer derartigen Vergütungspflicht sollte der Vorgabe des BGH gefolgt werden, der in dem Fotokopierurteil betont hatte, daß der wirtschaftliche Sinn der Entscheidung eben nicht darin liege, die Anfertigung von Fotokopien zu gewerblichen Zwecken grundsätzlich zu unterbinden, sondern derartige Vervielfältigungen vielmehr von der Zahlung einer angemessenen Vergütung an den Urheber abhängig zu machen.618 Damit die öffentlichen Bibliotheken und wissenschaftlichen Institute sowie die Behörden nicht gezwungen waren, eine Vergütung zu entrichten, war die Vergütungspflicht insoweit wieder eingeschränkt (§50 Abs. 2 Satz 3). Abgesehen von dieser allgemeinen Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit zum sonstigen eigenen Gebrauch durch einen Vergütungsanspruch wurden auch die einzelnen Anwendungsfälle in § 50 Abs. 2 Satz 1 wesentlich enger umgrenzt. 619 Freigegeben waren nur noch kleine Teile eines Werkes oder von Aufsätzen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren, sowie vergriffene Werke, wenn der Berechtigte nicht auffindbar war. 620 Diese Änderungen gegenüber dem RefE wurden im weiteren Verlauf der Reformarbeiten überwiegend positiv aufgenommen. 621 Lediglich der BGH kritisierte die Beschränkung des Verbots der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch mittels Ton- und Bildträger auf öffentliche Aufnahmen. 622 Auch die Freigabe der Rund617

Vgl. dazu Bemerkungen zum MinE S.55. s.o. BGHZ 18, S.44 (57). Entsprechend diesem Grundsatz hatte auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie ein Rahmenabkommen geschlossen, durch das den Unternehmen die Herstellung von Vervielfältigungen, insbesondere das Fotokopieren von Zeitungs- und Zeitschriftenaufsätzen, gegen Zahlung einer Pauschalvergütung gestattet wurde. 619 Vgl. dazu im einzelnen Bemerkungen zum MinE S. 56. 620 Die von dem RefE neben den vergriffenen Werken genannten, nicht erschienenen Werke durften damit nicht mehr ohne Einwilligung des Urhebers vervielfältigt werden, da jede andere Lösung nicht mehr mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht zu vereinbaren sei. Die Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit für vergriffene Werke beruhte auf der Erwägung, daß grundsätzlich dem Berechtigten die Entscheidungsfreiheit verbleiben müsse, wann und in welcher Höhe neu aufgelegt werden solle, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 56. 621 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.II. 622 y g l Teil ι der Arbeit, 2. Kapitel unter E.II. Stellungnahme des BGH zum MinE in Β 141/2637 B1.076. 618

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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funksendung für kurzzeitige Aufnahmen, die wieder gelöscht werden mußten, hielt der Senat für bedenklich. Die fristgerechte Unbrauchbarmachung entziehe sich jeder Kontrollmöglichkeit. 6 2 3 Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wehrte sich gegen die Privilegierung der Behörden. 6 2 4 Wenn das gewerbliche Unternehmen oder der Rechtsanwalt für die Verwendung von Fotokopien in ihren Büros oder Betrieben eine Vergütung zahlen müsse, so sei auch der Fiskus dazu verpflichtet, anderenfalls liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz in Art. 3 GG vor. 6 2 5 Zu dem gleichen Ergebnis gelangte der Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. 626 Der Ausschuß beschloß daher mit überwiegender Mehrheit, die Vorschrift, wonach die Vervielfältigungspflicht entfallen sollte, wenn die Vervielfältigungsstücke von Behörden zum inneramtlichen Gebrauch hergestellt wurden, zu streichen. Dagegen sollten die öffentlichen Bibliotheken und öffentlichen wissenschaftlichen Institute weiterhin von der Vergütungspflicht befreit bleiben. 6 2 7 Die Frage, ob die i m M i n E vorgesehenen Ausnahmeregelungen für die modernen technischen Vervielfältigungsverfahren der Tonbandaufnahme und der Foto- und Mikrokopie beibehalten werden konnten, wenn man generell an dem Grundsatz der Vervielfältigungsfreiheit zu persönlichen Gebrauch festhalten wollte, war Gegen623

Stellungnahme des BGH zum MinE in Β 141/2637 B1.076. Abgesehen davon erschien dem Senat diese Ausnahme auch nach dem Schutzgedanken des Urheberrechts nicht gerechtfertigt. Entgegen der Begründung war der Senat der Auffassung, daß es für die Frage der Vergütungspflicht nicht darauf ankommen könne, ob die fraglichen Tonträgeraufnahmen eine Einbuße im Schallplattengeschäft befürchten lassen. Bedeutsam sei vielmehr, daß durch solche Tonträgeraufnahmen das urheberrechtlich geschützte Werk und zugleich seine Aufführung in einer so mühelosen und vollkommenen Weise genutzt werden könne, wie es bislang nur über die lizenzpflichtigen gewerblichen Werkvermittler möglich war. Darin liege die innere Rechtfertigung für einen Vergütungsanspruch. 624 Stellungnahme des Börsenvereins zu dem MinE in Β141/2629 Bl. 101. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Behörden schlechthin von einer Vergütungspflicht freigestellt werden sollten. Ebenfalls gegen die Sonderregelung zugunsten der Behörden sprach sich Schulze aus, vgl. Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β141/2626 B1.077. Es sei nicht einzusehen, warum die Behörden berechtigt sein sollten, Werke unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Auch für andere Gegenstände, die sie benötigten, müßten die Behörden wie ein Privatmann zahlen. 625 Vgl. die Stellungnahme des Börsenvereins zu dem MinE in Β 141/2629 Bl. 101. Hier würden eindeutig gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. 626 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.III. 1. Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 131. Auch wurde die Frage erörtert, ob die Aufnahme eines durch Funk gesendeten Werkes auf Bild- oder Tonträger zum persönlichen Gebrauch entsprechend der jetzigen Fassung des MinE für zulässig erachtet werden sollte. Anderenfalls wurde die Möglichkeit eines Vergütungsanspruches zugunsten des Urhebers gegen den Hersteller der Apparate angesprochen, was aber bei Abstimmung von der Mehrheit abgelehnt wurde. 627 Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 131.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

stand einer Besprechung zwischen Vertretern des BMJ und der Industrie. 628 Insbesondere könne wohl die im MinE vorgesehene Sonderregelung für die Aufzeichnung von Rundfunksendungen nicht beibehalten werden. Schallplattenüberspielungen und die Aufnahme von Rundfunksendungen müßten einheitlich behandelt werden. 629 Somit stehe man vor der Möglichkeit, ein vollständiges Verbot der privaten Bandaufnahmen, einen Vergütungsanspruch gegen die Hersteller der Geräte und Bänder oder überhaupt keine Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit zum persönlichen Gebrauch einzuführen. 630 Die beste Lösung war nach Ansicht der Anwesenden eine Erfassung der Geräteund Bandhersteller. Jedoch hielt man einen Vergütungsanspruch gegen diese urheberrechtlich für nicht begründbar, da die urheberrechtlich relevante Werknutzung erst in der privaten Aufnahme liege. 631 In Betracht kam schließlich noch eine Erfassung des Gerätebenutzers. Auch hier standen ein Verbotsrecht und der Vergütungsanspruch zur Wahl. Gegen das Verbotsrecht spreche, daß es nicht ausgeübt werden solle und die mit ihm gekoppelte Strafsanktion äußerst bedenklich sei. 632 Im Ergebnis fand daher der Vorschlag, dem Urheber nunmehr einen Vergütungsanspruch gegen die Gerätebenutzer zu gewähren, am meisten Unterstützung. 633 Bei der Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch wollte man an dem im MinE vorgeschlagenen Beteiligungsanspruch des Urhebers festhalten. 634 Es handele sich um eine gewerbliche Nutzung der Leistung des Urhebers, die grundsätzlich dem Urheber vorbehalten bleiben müsse. Die praktische Durchführung begegne Schwierigkeiten, die jedoch nicht unüberwindbar erschienen. Eine gewisse Kollek628 y g l Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E. III. 2. Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.030. 629 So Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β141/2638 Bl. 030. 630 Vgl. die Lösungsvorschläge Dr. Joels in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.031. Im Ergebnis wurde die rechtspolitische Forderung der Urheber auf eine Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit im privaten Bereich anerkannt, was gegen die letztgenannte Möglichkeit sprach, so die Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.035. Anderenfalls bestehe die Gefahr, daß durch Verlagerung ganzer Zweige von Werknutzungen aus dem gewerblichen in den privaten Bereich das Urheberrecht allmählich ausgehöhlt werde. Die praktische Durchführung stieß allerdings nach wie vor auf große Schwierigkeiten. 631 Vgl. Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.036. Eine Ablösung auf diesem Wege könne daher nur vertraglich vereinbart, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben werden. 632 Vgl. die Argumentation Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.036. 633 Zusammenfassung Dr. Joels in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 in Β141/2638 B1.036. 634 Vgl. Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β 141/2638 B1.082. Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte den im MinE vorgeschlagenen Vergütungsanspruch zwar zuvor abgelehnt, konnte sich aber im Ergebnis nicht durchsetzen. Insgesamt wurde die rechtspolitische Frage, ob eine Beteiligung des Urhebers an sich gerechtfertigt sei, bejaht.

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tivierung der Vergütung sei dabei unumgänglich. Lehne man eine solche ab, so bedeute dies im Ergebnis eine Kapitulation des Urheberrechts vor der Technik, die allmählich zu einer völligen Aushöhlung des Urheberrechts führen würde. 635 Die Industrie wandte sich dann noch gegen die vorgesehenen Ausnahmen von der Vergütungspflicht zugunsten öffentlicher Institute und Behörden. 636 Eine Freistellung der Behörden lehnten entsprechend der Stellungnahme des Börsenvereins auch die Verleger ab. 637 Dagegen argumentierten die Vertreter des BMJ, die Verleger würden durch eine Erstreckung der Vergütungspflicht auf Behörden nichts gewinnen. Da für die Anfertigung von Kopien im Haushalt der Behörden keine Mittel bewilligt würden, werde dort dann das Fotokopieren ganz unterbleiben, was sich für die Tätigkeit der Behörden nachteilig auswirken könne. 638 Die Frage blieb ebenso wie eine mögliche Ausnahme von der Vergütungspflicht zugunsten von Blindenhörbüchereien ungeklärt. 639 Schließlich sollte auch die Sachverständigenkommission über eine mögliche Änderung des MinE beraten. Zur Aussprache stand die Überlegung, die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 50 Abs. 1 wieder allgemein zuzulassen, also ohne die Einschränkung für Bild- oder Tonbandaufnahmen, dafür dem Urheber in diesen Fällen eine Vergütung zu gewähren. 640 Schwierig war nach Ansicht der Sachverständigen die Durchsetzung eines solchen Vergütungsanspruches, wenn dahinter kein Verbotsrecht stehe.641 Besser wäre ein Verbotsrecht, verbunden mit einer Zwangslizenz, wobei dem Urheber und der Schallplattenindustrie die Möglichkeit vorbehalten bleiben solle, die Lizenz zu verweigern, wenn die Gefahr einer mißbräuchlichen Verwendung der Vervielfältigungsstücke bestehe.642 Dagegen wurde seitens des BMJ wiederum vorgebracht, daß der Gesetzgeber gerade bei dieser Regelung besonders behutsam vorgehen und auch berücksichtigen müsse, daß sich ein 635 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β 141/2638 B1.082. 636 Dr. Fröhlich vom Bundesverband der Deutschen Industrie in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β141/2638 B1.082. Eine Privilegierung der öffentlichen Institute sei schon aus Wettbewerbsgründen nicht gerechtfertigt. 637 Dr. Kleine vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β 141/2638 B1.083. 638 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β 141/2638 Bl. 083. 639 Dr. Haertel gab schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß es in dieser Frage zwischen den Beteiligten zu einer Vereinbarung kommen würde, vgl. Niederschrift über Sitzung vom 06.09.1960 (Nachmittag) in Β141/2638 B1.084. 640 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.III.4. Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 103 sowie auch die als Grundlage der Besprechung dienenden Änderungsvorschläge des BMJ in Β 141/2643 Bl. 108 ff. 641 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E. III. 4. Ausführungen Dr. Baums in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 Bl. 103. 642 Dr. Baum in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 103.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Bewußtsein für die Berechtigung urheberrechtlicher Ansprüche in der Privatsphäre erst allmählich bilden müsse. 643 Nur ein Vergütungsanspruch habe Aussicht auf Annahme i m Bundestag, nicht ein Verbotsrecht.

5. Vom Regierungsentwurf von 1961 zu der endgültigen Fassung des §53 im UrhG von 1965 Entsprechend den Beratungen war dann in dem RegE von 1961 die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch grundsätzlich freigegeben (§ 54 Abs. 1), für die Aufnahme der Vorführung oder Funksendung eines Werkes auf Bild- oder Tonträger und die Übertragung eines Werkes von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen war dem Urheber allerdings eine angemessene Vergütung zu gewähren (§ 54 Abs. 3 ) . 6 4 4 Zur Begründung dieser Entscheidung wurde ausgeführt, daß ein Verbot der privaten Vervielfältigung in der Praxis nicht durchgesetzt werden könne. 6 4 5 Zudem seien die Urheber vielmehr daran interessiert, eine angemessene Vergütung zu erlangen, als ein Verbotsrecht auszuüben. Hierzu genüge es, wenn das Gesetz ihnen einen Anspruch auf angemessene Vergütung gewähre. 646 Führe man also jetzt eine Vergütungspflicht ein, so sei zu erwarten, daß sich allmählich auf breiterer Basis das Rechtsbewußtsein bilde, daß dem Urheber für die Nutzung seines Werkes auch i m privaten Bereich ein angemessenes Entgelt gebühre. 647 Die Zubilligung eines ent643 Die Erstreckung des Urheberrechts in die Privatsphäre sei nach wie vor sehr umstritten. Das hierzu ergangene Urteil des BGH habe auch viel Kritik gefunden. Daher müsse der Gesetzgeber an dieser Stelle besonders behutsam vorgehen, so die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift der Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 104. Auch Prof. Bussmann führte aus, daß die Konstruktion eines Verbotsrechts mit Zwangslizenz richtig sei, aber nach den Erfahrungen aus der Praxis habe auch er den Eindruck gewonnen, daß in der Öffentlichkeit kein Verständnis für ein Verbotsrecht bestehen würde, wohl aber für einen Vergütungsanspruch. 644 Die Vergütung war von demjenigen zu entrichten, der die Vervielfältigung vornahm oder in Auftrag gab, was nach § 54 Abs. 2 nach wie vor zulässig war. Ein Vergütungsanspruch gegen die Hersteller der Geräte oder Tonbänder ließ sich also, wie schon in den vorangegangenen Beratungen angedeutet, nicht durchsetzen, weil die Hersteller keine urheberrechtlich relevante Verwertungshandlung vornahmen, an die eine Verletzungshandlung angeknüpft werden könnte, vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.72. 645 Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.71. Eine wirksame Überprüfung könne nur dann durchgeführt werden, wenn den Kontrolleuren der privaten Verwertungsgesellschaften gestattet würde, die Wohnung jedes einzelnen Staatsbürgers daraufhin zu überprüfen, ob er ein Magnettongerät besitze, was aber dem in Art. 13 GG verankerten Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung zuwiderlaufen würde. Da diese Erwägungen jedoch nicht zuträfen, wenn die Vervielfältigung nicht im privaten Bereich zutrafen und damit einer Kontrolle zugänglich waren, sah § 54 Abs. 5 für die Bild- oder Tonbandaufnahme öffentlicher Darbietungen eines Werkes die Notwendigkeit der Einwilligung des Urhebers vor. 646 Vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.71. 647 Entscheide man sich dagegen jetzt, wo vielleicht die Ausbreitung der Tonbandvervielfältigung noch am Anfang stehe und zur Zeit eine nennenswerte Beeinträchtigung des Schallplattenumsatzes und damit auch der Urheber noch nicht eingetreten sei, für die uneinge-

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sprechenden Vergütungsanspruches für die private Vervielfältigung durch Fotokopie oder Mikrokopie erschien dagegen nicht gerechtfertigt, weil durch diese Vervielfältigungstechniken im privaten Bereich der Absatz gedruckter Werke jedenfalls zur Zeit nicht beeinträchtigt werde. 648 Die Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch war daneben in einer gesonderten Vorschrift geregelt (§ 55). Hier sah der RegE gegenüber dem MinE einige Erweiterungen vor 649 , die ihre Berechtigungen in verschiedenen Umständen hatten 650 und nur kurz angedeutet werden sollen. Die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke war danach in drei Sonderfällen freigegeben. Begünstigt wurde zum einen die Vervielfältigung zum eigenen wissenschaftlichen Gebrauch (§ 55 Abs. 1 Nr. I ) 6 5 1 und zur Aufnahme in ein eigenes Archiv (§ 55 Abs. 1 Nr. 2) 6 5 2 . Zulässig war außerdem die Vervielfältigung eines durch Funk gesendeten Werkes zur eigenen Unterrichtung über Tagesfragen (§ 55 Abs. 1 Nr. 3). Nach wie vor wurde überdies die Vervielfältigung von kleinen Teilen eines Werkes zugelassen oder von Aufsätzen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen waren, sowie die Vervielfältigung von vergriffenen Werken, wenn der Berechtigte nicht aufzufinden war (§ 55 Abs. 1 Nr. 4). 6 5 3 Entsprechend dem MinE behielt der RegE die Vergütungspflicht für Vervielfältigungen zum sonstigen eigenen Gebrauch bei, allerdings nur noch für die Fälle, in denen die Vervielfältigung gewerblichen Zwecken des zur Vervielfältigung Befugten diente. Damit wurden die Angehörigen der freien Berufe, wie Wissenschaftler und Anwälte, die zwar eine Erwerbstätigkeit aber keine gewerbliche Tätigkeit ausübten, von der Vergütungspflicht freigestellt. 654 Selbst diese umfangreiche und ausführliche Regelung der Vervielfältigung zum persönlichen und zum sonstigen eigenen Gebrauch in zwei getrennten Paragraschränkte Vervielfältigungsfreiheit im privaten Bereich, so sei dieser Schritt später kaum rückgängig zu machen, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.72. 648 Zur Vertiefung vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.72. Für den Privatmann sei es immer noch günstiger, sich eine Zeitschrift zu halten oder Bücher zu kaufen, als sich von dem Inhalt dieser Druckwerke Fotokopien herzustellen. 649 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. I. 650 Vgl. dazu die umfangreichen Ausführungen in der Begründung zum RegE in BRDrucks. 1/62 S. 73. 651 Vgl. dazu Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.73. Wissenschaftler und wissenschaftliche Institute sollten in ihrer Tätigkeit nicht dadurch behindert werden, daß sie vor der Herstellung von Abschriften aus geschützten Werken jedesmal die Erlaubnis der Urheber einholen mußten. 652 Hierbei war an Fälle gedacht, in denen beispielsweise eine Bibliothek ihre Bestände auf Mikrofilm aufnahm, um entweder Raum zu sparen oder um die Filme an einen vor Katastrophen sicheren Ort zu bringen, vgl. zur Vertiefung Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.73. 653 Vgl. zur Vertiefung Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.74. 654 Zur Vertiefung siehe Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.74. Damit war auch der Kritik, die Behörden würden gegenüber diesen Berufen in einer den Gleichheitssatz verletzenden Weise bevorzugt, Rechnung getragen.

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phen, womit versucht worden war, allen Interessen und vorgetragenen Bedenken gerecht zu werden, geriet in den Beratungen in BR und BT erneut in die Diskussion. Da sowohl der im RA des BR eingesetzte UA als auch der Ausschuß für Kulturfragen die Streichung des Vergütungsanspruches bei der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch forderte, Schloß sich der RA diesem Vorhaben an. 655 Der UA des RA hatte zwar zugegeben, daß dem Urheber möglicherweise durch private Tonbandaufnahmen wirtschaftliche Einbußen entstünden.656 Der zur Abwendung solcher Einbußen vorgeschlagene Vergütungsanspruch erscheine jedoch nicht durchsetzbar, da sich die Aufnahmen im privaten Bereich vollzögen. Weder könne damit gerechnet werden, daß die Verpflichteten infolge einer Wandlung der Rechtsüberzeugung den Vergütungsanspruch künftig freiwillig erfüllen, noch bestehe eine ausreichende Gewähr dafür, daß etwa die Gerätehersteller den Vergütungsanspruch ablösen.657 Neben diesen Argumenten führte der Ausschuß für Kulturfragen an, daß das Tonband nicht geeignet sei, sich zu einem kulturpolitischen Faktor zu entwickeln.658 Die Bereitwilligkeit, den Vergütungsanspruch freiwillig zu erfüllen, sei daher auch deswegen zweifelhaft, weil unklar bleibe, ob bei der Bemessung der Vergütung den kulturpolitischen Überlegungen Rechnung getragen würde und die Möglichkeit einer Häufung von Ansprüchen mehrerer Verwertungsgesellschaften ausgeschlossen wäre. 659 Auch der Wirtschaftsausschuß war der Auffassung, daß die in dieser Vorschrift niedergelegten Vorstellungen nicht durchsetzbar seien.660 Der BR folgte den 655 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 13f., Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 17/62. Obwohl Dr. Joel ausdrücklich wiederholte, daß der Einwand, die Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch würden sich einer Kontrolle entziehen, nicht die Einführung dieser Vorschrift verhindern sollte, beschloß der RA gegen die Stimme Bremens, der Vollversammlung zu empfehlen, § 54 Abs. 3 zu streichen. 656 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II. l.a)aa). Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. R 11/62. 657 Auch die Anregung Niedersachsens, die BReg zu bitten, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens nach einem Weg zu suchen, der es ermögliche, die Zahlung der Vergütung denjenigen aufzuerlegen, welche die in Betracht kommenden Geräte herstellen oder vertreiben, wurde abgelehnt, vgl. Niederschrift über Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 11, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. R 11/62. 658 Niederschrift des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. Der Beschluß kam auf Initiative des Vertreters Hessens bei Stimmenthaltung des Vertreters Rheinland-Pfalz zustande. 659 Niederschrift des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51) - Nr. 2/62. 660 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden in Niederschrift über 202. Sitzung des WA RA BR am 25.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates, Wi 1063 - Nr. 7/62. Nachdem der Vertreter Hamburgs daraufhingewiesen hatte, daß die modernen Verwertungsverfahren absolut gesehen so erhebliche Einnahmemöglichkeiten mit sich brächten, daß eine relative Beeinträchtigung durch Überspielung im privaten Bereich nicht ins Gewicht falle und ohne weiteres hingenommen werden könne, beschloß der Ausschuß mit 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen, die Vorschrift zu streichen.

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Empfehlungen seiner Ausschüsse und forderte in seiner Stellungnahme ausdrücklich, die Vergütungspflicht in § 54 Abs. 3 zu streichen. 662 Obwohl die BReg anfänglich Bedenken gegen diesen Streichungsvorschlag des BR äußerte 663, Schloß sie sich dann auf Drängen des Bundeswirtschaftsministers und des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesrates und der Länder der Empfehlung des BR an. 664 Da nun sowohl BR als auch BReg den Vergütungsanspruch für die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch in § 54 Abs. 3 zu Fall bringen wollten, kam es entscheidend auf die Haltung des BT und vor allem auf die Verhandlungen in seinen Ausschüssen an. Bereits in der ersten Lesung des Entwurfes im BT zeichnete sich ab, daß man der Forderung von BR und BReg jedenfalls nicht ohne kritische Diskussion folgen werde. 665 Dagegen spreche in jedem Fall die Überlegung, daß heute jeder Handwerker oder Arbeiter für seine Leistungen bezahlt werde und daß diese Tatsache auch allen Menschen bewußt sei. Nicht so klar sei hingegen, daß auch die geistige Leistung nicht umsonst genossen werden könne. 666 Der im RA des BT eingesetzte Unterausschuß „Urheberrecht" und der Unterausschuß des Ausschusses für Kulturfragen „Urheberrechtsfragen" wollten daraufhin zu dieser Frage zunächst die Meinung einiger Sachverständigen hören. 667 In einer gemeinsamen Sitzung der beiden Unterausschüsse mit den geladenen Sachverständigen ging es daher erneut um die Frage, ob die private Tonbandüberspielung über661 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. a) ee). Empfehlungen der Ausschüsse BR-Drucks. 1/1/62 S.6, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 2; BR-Sitzungsberichte 1962 S . l l C. 662 Stellungnahme des BR zu dem Entwurf eines UrhG vom 02.02.1962, S.4, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.6. 663 Vgl. das Schreiben des BMJ an Sts. Bundeskanzleramt sowie nachrichtlich an die Herren Bundesminister vom 28.02.1962 in Β 141/16467 B1.91. Das Kabinett habe sich bereits in der Kabinettssitzung zum RegE für diese Regelung eines Vergütungsanspruches entschieden. Da in den Beratungen des BR keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden seien, sollte dem Änderungsvorschlag des BR in keinem Fall zugestimmt werden. 664 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 2. So der Beschluß der Kabinettssitzung und die Notiz hierzu vom 16.03.1962 in Β 141/16468 Bl. 90. Der BWiM begründete sein Vorhaben damit, daß abgesehen von den Schwierigkeiten in der Durchsetzbarkeit des Anspruchs, welche leicht in „privater Schnüffelei" ausarten könne, weder in einem anderen europäischen Ausland, mit Ausnahme Italiens, noch im amerikanischen Recht eine vergleichbare Regelung finden ließe. Das deutsche Urheberrecht würde sich also mit dieser Regelung in Gegensatz zu dem Urheberrecht nahezu aller Staaten des abendländischen Kulturkreises setzen. 665 Vgl. 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S.4647C. Man werde sich intensiv mit dem Pro und Kontra dieser Vorschrift befassen müssen. 666 Vgl. oben die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.4.a). So die Argumentation des Abgeordneten Deringer s in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S.4647C. 667 Vgl. 5. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr. 5 S. 3; 6. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6 S. 3 f. Die vom BR angeregte Streichung der Vergütungspflicht wurde hier bezweifelt.

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haupt vergütungspflichtig sein sollte, wie sich eine derartige Vergütungspflicht durchsetzen lasse und wie man schließlich die Fälle abgrenzen könne, in denen das Gerät oder Band zweifellos nicht zu einer Überspielung genutzt werde. 6 6 8 Nach Ansicht Dr. Schulzes blieb, da ein Anspruch des Urhebers grundsätzlich bejaht werden müsse, nur der Weg übrig, daß man ein solches Gerät überhaupt erst auf den Markt kommen lasse, wenn es mit einer Lizenz verbunden sei. 6 6 9 Daher sollte für jedes Gerät und jedes Band eine Gebühr von 7 , 5 % des Fabrikpreises berechnet werden, wodurch dann ein für allemal alles abgegolten sei. 6 7 0 Diesem Vorschlag lag die Überlegung zugrunde, daß nach den Erfahrungen bei den Bühnen oder Buchverlagen ein Anspruch auf urheberrechtliche Vergütung in Höhe von 10% üblich sei. Daher sei eigentlich auch für die Tonbandgeräte von einem Aufschlag in Höhe von 10 % auszugehen. Da aber berücksichtigt werden solle, daß eben nicht alle Geräte und Bänder nur zum Überspielen urheberrechtlich geschützter Werke verwendet würden, solle man einen Abstrich von 2,5 % vornehmen und pauschal 7,5 % verlangen. Ein anderer Weg sei der, daß man lizenzierte und nicht lizenzierte Geräte schaffe. Dann müsse man allerdings an das Rechtsbewußtsein der Mitbürger glauben, die bei jedem Kauf angeben müßten, zu welchem Zweck das Gerät erworben werden solle. 6 7 1 668

So der Abgeordnete Deringer (CDU/CSU), nachdem zuvor sämtliche Vertreter der einzelnen Interessenverbände nochmals ihre Standpunkte vorgetragen hatten und Dr. Schulze sogar einige Tonbandaufnahmen vorgeführt hatte, um die gute akustische Aufnahme und Wiedergabe zu demonstrieren, vgl. dazu bereits die umfangreichen Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.4.b). 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot.S.41, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 669 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 19, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Der Einwand, daß es zu viele Berechtigte gebe, sei dadurch gegenstandslos geworden, daß alle Verwertungsgesellschaften, der Urheber, der Verleger und auch der Industrie sich zusammengeschlossen haben in der Zentralstelle für private Überspielungsrechte. Damit sei also eine vollständige Wahrnehmung der Lizenzfrage gegeben. 67 0 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S.41 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Die Inkassostelle würde dann eine Freistellungserklärung abgeben, damit nicht von Dritten Ansprüche gestellt werden könnten. Diesem Vorschlag lag die Überlegung zugrunde, daß nach den Erfahrungen bei den Bühnen oder Buchverlagen ein Anspruch auf urheberrechtliche Vergütung in Höhe von 10 % üblich sei. Daher sei eigentlich auch für die Tonbandgeräte von einem Aufschlag in Höhe von 10% auszugehen. Da aber berücksichtigt werden solle, daß eben nicht alle Geräte und Bänder nur zum Überspielen urheberrechtlich geschützter Werke verwendet würden, solle man einen Abstrich von 2,5 % vornehmen und pauschal 7,5 % verlangen. 671 Dieser Weg war nach Ansicht Schulzes zwar weniger praktikabel aber ebenso gangbar. Kaufe der Erwerber ein nicht lizenziertes Gerät, so gehe er das Risiko ein, wenn ihm eine Rechtsverletzung nachgewiesen werde, aus unerlaubter Handlung in Anspruch genommen zu werden, vgl. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 42, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Für diesen Weg und gegen eine generelle Belastung aller Tonbandgeräte mit einer Abgabe sprach sich auch Spangenberg vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels aus, weil es durchaus vorstellbar sei, daß ein Tonband nur als Diktiergerät benutzt werde, vgl. Spangenberg in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp.

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Insbesondere der Gedanke, die Geräte schon mit einer Abgabe zu belasten, bevor sie auf den Markt kamen, stieß bei den Abgeordneten des im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik eingesetzten Unterausschusses „Urheberrechtsfragen" als auch bei dem Unterausschuß des Rechtsausschusses auf Gehör. 672 Letzterer beschloß zwar die Streichung des ursprünglich in § 54 Abs. 3 vorgesehenen Vergütungsanspruches gegen denjenigen, der die Vervielfältigung vornahm oder vornehmen ließ, fügte aber statt dessen einen neu formulierten Anspruch des Urhebers auf Vergütung ein. Nach § 54 Abs. 6 sollte, wenn nach der Art eines Werkes zu erwarten war, daß es durch Aufnahme von Funksendungen auf Bild- oder Tonträger oder durch Übertragung von einem Bild- oder Tonträger auf einen anderen zum persönlichen Gebrauch vervielfältigt werde, dem Urheber des Werkes nunmehr gegen den Hersteller von Geräten, die ihrer Art nach zur Vornahme solcher Vervielfältigungen geeignet waren, ein Anspruch auf angemessene Beteiligung an dem aus dem Verkauf der Geräte erzielten Gewinn zustehen.673 War bei den Beratungen im Anschluß an den MinE der Anspruch gegen den Gerätehersteller noch mit dem Argument abgelehnt worden, ein solcher sei urheberrechtlich nicht begründbar, weil die urheberrechtlich relevante Werknutzung erst in der privaten Sphäre liege 674 , so schien dieser Weg nun doch gangbar. Dabei konnte sich der Unterausschuß auf den BGH stützen, der in einem Urteil vom 29.05.1964 entschieden hatte, daß der Hersteller von Tonaufzeichnungsgeräten als Störer nach § 1004 BGB bzw. als Teilnehmer an einer unerlaubten Handlung anzusehen sei. 675 Eine solche Verlagerung des Anspruchs auf Zahlung einer angemessenen Vergütung von dem privaten Vervielfältiger auf den Hersteller der die Vervielfältigung ermögSten. Prot. S. 42, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Er habe großes Vertrauen in die Käufer der Tonbandgeräte und glaube, jeder werde bereit sein, anzugeben, zu welchem Zweck er das Tonbandgerät kaufe. 672 Vgl. 10. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S. 10f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 19. Die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen schien nach Anhörung der Sachverständigen als berechtigt, die endgültige Formulierung wollte man allerdings dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses überlassen. Auch der Unterausschuß des Rechtsausschusses wollte im Ergebnis, nachdem sich insbesondere Dr. Krüger-Nieland nochmals für eine angemessene Vergütung des Urhebers bei Benutzung geistiger Werke eingesetzt hatte, die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch mittels Tonbandgeräten von einer Gebührenpflicht abhängig machen, vgl. 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. Prot. Nr. 12 S. 24. 673 So der Formulierungsvorschlag in 13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. Prot. Nr. 13 S. 6. Für den Fall, daß der Hersteller der Geräte weder seine Hauptniederlassung noch seinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hatte, sollte neben ihm derjenige als Gesamtschuldner haften, der die Geräte in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gewerblich einführte. 674 Vgl. Niederschrift der Sitzung mit Vertretern der Industrie und des BMJ am 06.09.1960 in Β 141/2638 B1.036. Damals hatte man aus dieser theoretischen Überlegung die Folgerung gezogen, daß eine Ablösung auf diesem Wege allenfalls vertraglich vereinbart, aber nicht gesetzlich verankert werden könne. 67 5 BGH in GRUR 1965, S. 104 (108). Somit sei die durch den Urheber ermächtigte Verwertungsgesellschaft berechtigt, dem Hersteller den Vertrieb der Tonbandgeräte nur unter der Voraussetzung zu gestatten, daß er die Vervielfältigungsgebühren durch ein angemessenes Pauschalentgelt ablöse. 32 Maracke

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

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lichenden Erzeugnisse würde überdies mit dem das Urheberrecht beherrschenden und dementsprechend auch in anderen Fällen der Nutzung von Urhebergut angewendeten System übereinstimmen, wonach grundsätzlich der gewerbliche Verwerter, wie beispielsweise der Schallplattenhersteller, Buch- und Notenverleger, Theater- oder Konzertveranstalter, die Urhebergebühr zu entrichten habe und diese dann im Rahmen der Preisgestaltung auf den privaten „Endverbraucher" abwälze.676 Durch diese Entscheidung hatte der BGH die Mitverantwortung der Gerätehersteller eindeutig klargestellt und den Weg gewiesen, sie unmittelbar in Anspruch zu nehmen.677 Obschon der Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik in seiner abschließenden Beratung diese Fassung eines Vergütungsanspruch gegen den Gerätehersteller ablehnte und statt dessen an der ursprünglich im RegE vorgesehenen Formulierung festhalten wollte 678 , Schloß sich der Rechtsausschuß dem Vorschlag seines Unterausschusses an. 679 In dem schriftlichen Bericht war ausdrücklich auf die vorgenannte Entscheidung des BGH Bezug genommen und ausgeführt, daß man die Gewährung eines solchen Vergütungsanspruches der Urheber gegen die Gerätehersteller für einen praktikablen und gerechten Weg hielt. 680 Dabei werde davon ausgegangen, daß die Hersteller die Vergütung über den Kaufpreis auf die Benutzer abwälzen. Um dem Einwand zu begegnen, daß durch eine derartige Regelung auch der Erwerber eines Tonbandes belastet werde, der es nicht zur Überspielung geschützter Werke, sondern beispielsweise zu Diktierzwecken nutzen wolle, sei ein Zusatz eingefügt worden, wonach die Vergütungspflicht entfalle, wenn den Umständen nach mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, daß die Geräte zur Vornahme solcher Vervielfältigungen nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes benutzt wer676

Vgl. BGH in GRUR 1965, S. 104 (108). Der Unterschied zu diesen Fällen bestehe darin, daß der Hersteller von Tonbandgeräten nicht selbst unmittelbar das Werk nutze, sondern lediglich die Vorrichtung dafür zur Verfügung stelle. Damit werde aber wegen der Schwierigkeit, den Anspruch auf Zahlung einer Vervielfältigungsgebühr im privaten Bereich durchzusetzen, eine Gefahrenlage geschaffen, die es rechtfertige, den Geräteherstellern als Mitverursacher der gebührenpflichtigen Vervielfältigungsvorgänge die Pflicht aufzuerlegen, diese Gebühr bei dem Vertrieb ihrer Geräte in angemessener Weise abzulösen. 677 Vgl. auch Möhring in UFITA Bd. 47 (1966), S. 134 (142). 678 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45 S. 11 ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 24. Dagegen hatte die Mehrheit im Wirtschaftsausschuß dieser Bestimmung als bestmöglichem Kompromißvorschlag zugestimmt, vgl. 108. Sitzung des WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108 S. 11, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.27. 679 131. Sitzung RA BT4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.21f., ParlA Bonn, A 2 lfd. Nr.46. Die Formulierung des Vergütungsanspruches entsprach dem Vorschlag des Unterausschusses, wurde aber durch einen Zusatz erweitert, der ausdrücklich klarstellte, daß der Vergütungsanspruch für die durch die Veräußerung der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Vervielfältigungen vorzunehmen, gezahlt werden solle. Außerdem sollte der Anspruch entfallen, wenn mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden könne, daß die Geräte zur Vornahme der genannten Vervielfältigungen nicht im Geltungsbereich des Gesetzes benutzt werden. 680 Vgl. insgesamt die umfangreichen Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S. 18ff., zu IV/3401, S.8ff.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts 681

den. Insgesamt sei sich der Ausschuß bewußt, daß die vorgeschlagene Regelung trotz aller Bemühungen um eine sachgerechte Ausgestaltung nicht vollkommen sei und in Einzelfällen zu einer nicht voll gerechtfertigten Belastung der Käufer von Tonbandgeräten führen könne. Man hielt es jedoch bei einer Abwägung der Interessen aller Beteiligten für richtiger, solche bei jeder Pauschalregelung unvermeidbaren Unbilligkeiten im Einzelfall in Kauf zu nehmen, als wegen der Unmöglichkeit einer zugleich praktikablen und vollkommen gerechten Lösung die Urheber rechtlos zu stellen.682 Bei der erneuten Behandlung im BR kam der im Vorfeld eingeschaltete UA des RA, der sich im ersten Durchgang noch gegen die ursprünglich vorgesehene Regelung des § 54 Abs. 3 ausgesprochen hatte, zu dem Ergebnis, daß die neu eingefügte Vorschrift des § 54 Abs. 6 eine „geeignete und praktisch brauchbare Lösung des Interessenkonfliktes darstellte". 683 Die Vergütungspflicht dem Gerätehersteller aufzuerlegen, sei angesichts der neuen Rechtsprechung des BGH dogmatisch vertretbar. 684 Damit schien der Weg für den neu formulierten Vergütungsanspruch gegen die Gerätehersteller freigegeben. Unmittelbar vor der anstehenden Sitzung des BR reichte jedoch das Land Rheinland-Pfalz einen Antrag auf Einberufung des Vermittlungsausschusses ein, mit dem Ziel, § 54 Abs. 6 zu streichen. 685 Nach dem auch für die Vervielfältigungsgeräte üblichen Vertriebssystem sei kein absatztechnisch sinnvoller und praktikabler Weg denkbar, um die von den Gesetzesautoren gewollte Lastenfreiheit zum unmittelbaren und uneingeschränkten Nutzen des betroffenen Personenkreises sicherzustellen. 686 Ein Einheitspreis der in Frage stehenden Geräte auf der Einzelhandelsstufe, unabhängig von ihrer zu erwartenden Verwendung, dürfte die zwangsläufige Folge sein. 681 Vgl. den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S. 19, zu IV/3401, S.9. 682 Vgl. den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S. 18ff., zu IV/3401, S. 10. Für diese Regelung spreche eben auch, daß sie an die Rechtsprechung des BGH anknüpfe. Obwohl der Gesetzgeber durch diese Rechtsprechung nicht gebunden sei, so würde es doch der Grundlinie des neuen Urheberrechtsgesetzes, den Rechtsschutz der Urheber zu verbessern und die Achtung vor ihrer schöpferischen Leistung zu stärken, widersprechen, wenn man in so einer bedeutsamen Frage hinter dem nach Auffassung des BGH geltenden Rechtszustand zurückbleibe. 683 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 5 bb). Niederschrift über Sitzung des UARABRzm 26.05.1965, S. 6, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 65/65. 684 Im Hinblick darauf, daß nicht übersehen werden könne, welche Geräte im privaten Bereich genutzt würden und wie häufig dies geschehe, sei eine gewisse Pauschalierung unvermeidbar, vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 26.05.1965, S. 6, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 65/65. Gegen diese Regelung hatte der UA weder im Hinblick auf die Gesetzgebungskompetenz des Bundes noch im Hinblick auf Art. 14 GG verfassungsrechtliche Bedenken. 685 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.5.a). BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55. 686 Vgl. dazu die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 5. a). BR-Drucks. 291/2/65, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 55.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Der daraufhin vom BR einberufene Vermittlungsausschuß entsprach zwar dem vom BR ebenfalls eingereichten Antrag, die in §46 Abs. 4 vorgesehene Vergütungspflicht bei Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch zu streichen, sowie dem Antrag auf Erweiterung der Bestimmung über Schulfunksendungen in § 47 auf Einrichtungen der Lehrerbildung und der Lehrerfortbildung sowie auf Erziehungsheime der Jugendfürsorge. 687 Dem Verlangen des BR auf Streichung des § 54 Abs. 6 wurde jedoch nicht zugestimmt. Diese Regelung sei, auch wenn sie keine ideale Lösung biete, diejenige, die am ehesten vertretbar erscheine. Wenn die Vergütungsfrage nicht diese Regelung erfahren würde, wäre ein weiteres Eindringen in die private Sphäre und eine Flut von Prozessen die Folge. Die Rechtsprechung würde sich im Laufe der Zeit wahrscheinlich ebenfalls zu demselben Ergebnis fortentwickeln. 688 Da sowohl BT als auch BR dieser Entscheidung des Vermittlungsausschusses nichts mehr entgegenzusetzen hatten, wurde die Vergütungspflicht gegen die Hersteller von Tonbandgeräten in der vom RA des BT erarbeiteten Fassung in das UrhG vom 09.09.1965 als § 53 Abs. 5 übernommen. 689 Da die weitere technische Entwicklung, insbesondere auf dem Gebiet des Kopierverfahrens, bald dazu führte, daß die Interessen der Urheber nicht mehr ausreichend gewahrt waren, wurde die Vorschrift durch die Novelle von 1985 erneut überarbeitet. 690 Auch die Vervielfältigung auf Bild- und Tonträger hatte nach der Einführung der Kassettenrecorder einen Umfang angenommen, mit der der Gesetzgeber von 1965 wohl noch nicht gerechnet hatte.691 Somit wurde das Vergütungssystem ausgebaut und vor allem um eine Leerkassettenabgabe und um eine kombinierte Geräte-/Großbetreiberabgabe ergänzt. 692 Die gegenwärtige Fassung des § 53 und die Trennung zwischen der Schrankenregelung in § 53 und der Vergütungsregelung in §§54 bis 54 h geht daher in den Grundzügen auf das Änderungsgesetz von 1985 zurück. 693 Weitere Änderungen erfolgten durch das Produktpirateriegesetz vom 07.03.1990694 und durch das 2. UrhGÄndG vom 09.06.1993695, welche aber nicht mehr Gegenstand dieser Arbeit sein sollen. 696 687 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.5.b). Mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses nach Art.77 Abs.2 GG vom 30.06.1965, BT-Drucks. IV/3706, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 59. 688 So die Ausführungen des Berichterstatters Lemmer, Minister des Landes NordrheinWestfalen, zu dem Entschluß des Vermittlungsausschusses in 196. Sitzung BT 4. Wp. am 02.07.1965 Sten. Ber. Bd. 59, S. 1004Β. 689 BGBl. 19651, S. 1273 (1280). 690 Vgl. dazu Schrickerl Loewenheim, §53 Rz.6ff. 691 Schließlich erwies sich die Regelung der Herstellerabgabe in § 53 Abs. 5 als unbefriedigend, vgl. Schrickerl Loewenheim, § 53 Rz. 6. 692 Vgl. zur Vertiefung Schricker/Loewenheim, § 53 Rz. 7. Die Vervielfältigungsfreiheit war jetzt in § 53, die Vergütungspflicht in § 54 geregelt, wodurch nicht nur der Schutz der Urheber verbessert war, sondern die gesetzliche Regelung insgesamt auch an Klarheit und Geschlossenheit gewonnen hatte. 693 Vgl. auch MöhringlNicolinilDecker, § 53 Rz. 4.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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V. Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern Zugunsten der mechanischen Industrie, insbesondere der Schallplattenhersteller, war dem Urheberrecht eine weitere Grenze gezogen. Um den Wettbewerb zwischen den einzelnen Tonträgerherstellern offenzuhalten und Monopolbildungen zu verhindern, sollte das ausschließliche Vervielfältigungsrecht, einschließlich des Rechts zur Übertragung auf Tonträger und auch das Verbreitungsrecht einer Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller unterliegen. 697 Im Gegensatz zur gesetzlichen Lizenz ist unter einer Zwangslizenz die durch Gesetz dem Urheber auferlegte Verpflichtung zu verstehen, einem Werknutzer eine Verwertungsbefugnis gegen angemessene Vergütung zu erteilen. 698 Erforderlichenfalls muß also Klage gegen ihn erhoben werden. Die verweigerte Zustimmung wird dann durch ein richterliches Urteil ersetzt. 699 Anders beruht dagegen bei der gesetzlichen Lizenz die Erlaubnis und die Vergütungspflicht unmittelbar auf der Rechtsordnung. Das Urheberrecht wird hier überhaupt in einen Vergütungsanspruch abgeschwächt. Eine Zustimmung des Urhebers ist also entbehrlich, der Werkvermittler ist lediglich verpflichtet, ihm eine angemessene Vergütung zu zahlen.700 Die Tatsache, daß diese Zwangslizenz zugunsten der Herstellung von Tonträgern ihre Ausgestaltung als eine im Interesse der Allgemeinheit und auch der Urheber vorgenommene Einschränkung des Urheberrechts gefunden hat, ist daraus zu erklären, daß der Gesetzgeber eine Monopolbildung nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern vor allem auch aus kulturellen Gründen für unerwünscht hielt. 701 Anderenfalls könnte zum Schaden der Allgemeinheit und des Urhebers das Erscheinen eines Werkes in verschiedenen miteinander wetteifernden Interpretationen unter694 BGB1I S.422. Es wurde eine Hinweispflicht in Rechnungen auf urheberrechtliche Vergütungen sowie eine doppelte Vergütungspflicht bei unrichtiger Auskunftserteilung eingefühlt. 695 BGB1I S. 910. Nunmehr war auch die Vervielfältigung von Computerprogrammen aufgekommen, welche im Gesetz geregelt werden sollte. 696 Insoweit und zu noch weitergehenden Reformbestrebungen wird auf SchrickerlLoewenheim, §53 Rz.7f. verwiesen. Ebenso gibt Möhring/ Νicolini/Decker einen knappen Überblick über Perspektiven für die Zukunft, vgl. § 53, Rz. 5. 697 Vgl. den Überblick bei SchrickerlMelichar, §61 Rz. 1. 698 Zur Erläuterung der Begrifflichkeiten auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 183. Überall da, wo von einer Zwangslizenz die Rede ist, befinden sich in den betreffenden Vorschlägen die Worte „so... kann verlangen". Dies bedeutet, daß kraft gesetzlicher Befugnis, entsprechend dem die patentrechtliche Zwangslizenz regelnden § 15 Abs. 1 PatG, jemand vom Urheberberechtigten die Lizenzeinräumung fordern kann und daß bei Weigerung des Berechtigten eine Klage gegen ihn auf Erteilung der Lizenz erhoben werden muß. Dagegen bedarf es in den Fällen der gesetzlichen Lizenz keiner Einwilligung des Berechtigten, also auch keiner Klage gegen ihn. Vielmehr kann in diesen Fällen bei Erfüllung der in den Vorschlägen aufgestellten Voraussetzungen das Werk ohne weiteres auf die vorgeschriebene Art benutzt werden, so die anschauliche Erläuterung bei Reimer, Vergleichende Darstellung, S. 18. 699 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 183. 700 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.43. 701 Vgl. Schrickerl Melichar, §61 Rz. 1.

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bunden werden. Daher wird dieser Regelung zwar auch, aber nicht ausschließlich kartellrechtliche Natur zugesprochen.703 Von den übrigen Einschränkungen des Urheberrechts wich die Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller auch noch in ihrer sachlichen Ausgestaltung ab. Grundsätzlich führten alle urheberrechtlichen Einschränkungen lediglich zu einer Begrenzung der Ausschließlichkeit des umfassenden, einheitlichen Urheberrechts, ohne dem aus diesen Einschränkungen zu einer bestimmten Werknutzung Befugten ein eigenes Recht zu geben. Als einzige Ausnahme gewährte die Zwangslizenz dem hieraus Berechtigten ein dingliches Nutzungsrecht mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen.704

1. Ursprüngliche Regelung im LUG sowie in den Entwürfen von 1932 und 1939 § 22 des LUG in der Fassung von 1910 schränkte die Verfügungsfreiheit des Urhebers insofern ein, als er unter gewissen Voraussetzungen für andere den Anspruch auf die Erlaubnis zur Übertragung eines Tonwerkes auf mechanische Instrumente, also eine Zwangslizenz, vorsah. Während noch das LUG von 1901 in § 22 die Vervielfältigung, Verbreitung und Aufführung von Werken durch mechanische Musikinstrumente im Anschluß an eine ähnliche Bestimmung, die in der Berner Übereinkunft von 1886 zugunsten der Schweizer Spielwerkindustrie enthalten war 705 , überhaupt freigegeben hatte, wurde diese Bestimmung durch die Novelle von 1910 aufgehoben.706 Die Änderung war notwendig geworden, nachdem auf der Berliner Revisionskonferenz von 1908 die Rechte des Komponisten zur mechanischen Wiedergabe anerkannt worden waren. 707 Die RBÜ in der Berliner Fassung von 1908 behielt in Art. 13 Abs. 1 dem Komponisten nunmehr das ausschließliche Recht vor, die 702

So die Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. IV/3401, S.21 f., zu IV/3401, S. 11. 703 So aber von Gamm, § 61 Rz. 2. Dagegen SchrickerlMelichar, § 61 Rz. 1; Möhring/NicolinilGass, §61 Rz. 1. §61 des UrhG von 1965 verfolge einerseits kartellrechtliche Zwecke, andererseits werde durch diese Vorschrift das Interesse der Allgemeinheit und der Urheber am Erscheinen des Werkes in unterschiedlichen Interpretationen gesichert. 704 Vgl. von Gamm, § 61 Rz. 2. 705 Zur Entstehungsgeschichte des Art. 13 RBÜ vgl. auch die Ausführungen in BGHZ 11, S. 135 (140 ff.) sowie Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ, Rz. 1. Die Bemer Übereinkunft von 1886 enthielt keine Bestimmungen über den Schutz musikalischer Werke gegen eine mechanische Wiedergabe. In dem Schlußprotokoll war lediglich erwähnt, „daß die Fabrikation und der Verkauf von Instrumenten, welche zur mechanischen Wedergabe von Werken dienten, die aus geschützten Werken entnommen sind, nicht als den Tatbestand der musikalischen Nachbildung darstellend angesehen waren." 706 Zur Vorgeschichte vgl. Allfeld, § 22 LUG, Rz. 1. 707 Vgl. zur Geschichte des Schutzes gegen die mechanische Wedergabe auch die ausführliche Darstellung bei RGZ 134, S. 198 (205 ff.), Urteil des RG vom 14.11.1931.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Übertragung seines Werkes auf mechanische Instrumente und die öffentliche Aufführung mittels dieser Instrumente zu gestatten. 708 Dem Verlangen, zugunsten der Instrumentenfabriken eine Zwangslizenz einzuführen, wurde insofern entsprochen, als durch Art. 13 Abs. 2 R B Ü der inneren Gesetzgebung jedes Verbandslandes freigestellt war, ausschließlich für das Gebiet dieses Landes Vorbehalte und Einschränkungen bezüglich der Anwendung der neuen Bestimmung festzusetzen. 709 Daher war in § 12 Abs. 2 Ziff. 5 L U G dem Urheber ein grundsätzlicher Schutz gegen mechanische Vervielfältigungen seines Werkes zugesichert, dieses Recht aber gleichzeitig durch den neu gefaßten § 22 L U G mit einer Zwangslizenz belastet. 710 Voraussetzung dieser Zwangslizenz war, daß es sich um ein erschienenes Werk der Tonkunst handelte. Für Sprachwerke galt sie nicht. 7 1 1 Weiterhin mußte der Urheber einem anderen die gewerbsmäßige Vervielfältigung zum Zweck der mechanischen Wiedergabe gestattet haben. 7 1 2 Berechtigt war dann jeder Dritte, der i m Inland seinen Wohnsitz oder die gewerbliche Hauptniederlassung hatte. 7 1 3 Er konnte verlangen, daß ihm der Urheber gegen eine angemessene Vergütung gleichfalls die Erlaubnis

708 Vgl. auch Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ, Rz. 1. Angesichts der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Fabrikation mechanischer Instrumente, insbesondere die Herstellung von Schallplatten, schien es nicht mehr länger vertretbar, der Industrie diese kostenlose Ausnutzung musikalischer Werke zu gestatten. Aus diesem Grunde wurde nunmehr entgegen der bisherigen Regelung das ausschließliche Recht des verbandsangehörigen Urhebers normiert, die Aufnahme seines Werkes auf Vorrichtungen zu ihrer mechanischen Wiedergabe und die öffentliche Aufführung des Werkes mit Hilfe dieser Vorrichtungen zu erlauben. 709 Allfeld A 22 LUG, Rz. 1; vgl. auch Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ Rz. 1. Gleichzeitig mit der Ausgestaltung des ausschließlichen Rechts des Urhebers, die Aufnahme und öffentliche Aufführung seiner Werke mittels mechanischer Vorrichtungen zu erlauben, habe man erkannt, daß ein uneingeschränktes ausschließliches Recht zur Herstellung von Tonträgern leicht die Bildung von Monopolen einiger großer Unternehmen begünstige. Daher schränke die RBÜ nicht selbst das Vervielfältigungs- und Aufführungsrecht ein, sondern ermögliche es den Verbandsländern, zum Schutze der schwächeren Unternehmer Zwangslizenzen oder gesetzliche Lizenzen einzuführen. 710 Diese Bestimmung des § 22 LUG stand, obwohl teilweise auch Zweifel geäußert worden waren, mit Art. 13 der RBÜ in der Berliner Fassung in Einklang, vgl. dazu die Ausführungen in BGHZ 11, S. 135 (138 f.). 711 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 184. Wurde also eine Rede auf Schallplatten festgehalten, so entschied der Verfasser frei darüber, ob er auch anderen Firmen die Vervielfältigung durch Schallträger gestatten wollte. Nur soweit zu dem Werk der Tonkunst ein geschützter Text, beispielsweise ein Lieder- oder Schlagertext gehörte, erstreckte sich die Sonderregelung auch auf den mit der Musik verbundenen Text, § 22 Abs. 2 LUG. 712 Allfeld, § 22 LUG Rz. 2. Nur wenn der Urheber einem anderen, einer natürlichen oder juristischen Person die Vervielfältigung zwecks mechanischer Wiedergabe gestattet hatte, war die Voraussetzung erfüllt, nicht wenn er selbst ein Werk zu diesem Zweck vervielfältigte oder gegen Rechnung vervielfältigen ließ. 713 Vgl. dazu Allfeld, § 22 Rz. 5. Der Eingriff, den das Gesetz durch § 22 LUG in das Recht des Urhebers vornahm, geschah ausschließlich im Interesse der heimischen Industrie. Darum war die Erlangung der Zwangslizenz beschränkt auf Personen, die im Inland eine gewerbliche Niederlassung oder ihren Wohnsitz hatten.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zur Vervielfältigung erteilte. 714 Verpflichtet zur Erteilung der Lizenz war der Komponist bzw. sein Rechtsnachfolger (vgl. § 22 b LUG). 7 1 5 Für den Fall, daß mit der Musik ein Text verbunden war, hatte der Komponist dem Textdichter einen angemessenen Teil der Vergütung auszuzahlen (§ 22 Abs. 2 Satz 2). 7 1 6 Die Erlaubnis, die notfalls durch Klage erzwingbar war 717 , erstreckte sich nicht nur auf die Vervielfältigung, sondern auch auf die Verbreitung im Inland und auf die Ausfuhr in solche Staaten, in denen der Urheber keinen Schutz gegen die mechanische Wiedergabe genoß.718 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 hielt in § 46 an der Zwangslizenz für die Herstellung von Schallplatten fest und folgte auch in den Einzelheiten im wesentlichen den Vorschriften des § 22 LUG. 7 1 9 Nach wie vor sei ein Bedürfnis anzuerkennen, daß die Werke der Tonkunst allen Fabrikanten von Schallplatten für die Übertragung auf solche Vorrichtungen gegen eine angemessene Gebühr zur Verfügung stünden.720 Dagegen sollte insbesondere die Schallplattenwiedergäbe dem Urheber vorbehalten bleiben. 721 Um jedoch das Verfahren für die dadurch bedingte Überwachung und Einziehung der für die Verwendung von Schallplatten durch gewerbsmäßige Musikveranstalter zu entrichtenden Benutzungsgebühren möglichst einfach zu gestalten, sah der Entwurf in § 47 Abs. 1 Satz 1 vor, daß jeder, der beim Ankauf einer Schallvorrichtung oder später einen bestimmten Zuschlag zum Kaufpreis entrichtet hatte, kraft gesetzlicher Lizenz berechtigt war, die Schallvorrichtung zu öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen zu benutzen.722 Voraussetzung war, 714 Der Dritte hatte mithin einen Anspruch darauf, daß ihm die Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Vervielfältigung, und zwar durch jedes, nicht nur durch ein gleichartiges mechanisches Instrument erteilt wurde, vgl. Marwitz/Möhring, § 22 LUG Rz. 5 (S. 196). 715 Vgl. Marwitz/Möhring, §22 LUG Rz.7 (S. 197). 716 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 159 f. 717 Zum Gerichtsstand vgl. §22c LUG. 718 Vgl. dazu Allfeld, § 22 LUG Rz. 15. Eine wesentliche Ergänzung erfuhr diese Vorschrift durch die in § 22 a LUG dem Lizenznehmer eingeräumte Aufführungsbefugnis. Danach durften Vorrichtungen, die aufgrund einer Zwangslizenz hergestellt waren, innerhalb der durch § 22 LUG gezogenen räumlichen Grenzen ohne weitere Erlaubnis zu öffentlichen Aufführungen benutzt werden, vgl. Runge, S. 210. 719 Vgl. Klauer in GRUR 1932, S. 639 (650). Im Unterschied zu § 22 a LUG wurde allerdings die Freiheit der öffentlichen Aufführung der rechtmäßig hergestellten Schallvorrichtungen nicht mehr übernommen. 720 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S.95. Es liege im Interesse der Komponisten wie auch der Allgemeinheit, daß für die Übertragung von Schallvorrichtungen der Wettbewerb mehrerer Fabrikanten offengehalten und dadurch das Streben nach möglichster Vervollkommnung der Übertragung wachgehalten werde. 721 Vgl. dazu auch Runge, S. 211. 722 Es wäre für den Verkehr unerträglich, wollte man jede Verwendung einer Schallplatte zu einer öffentlichen Wiedergabe des Werkes von einer Einwilligung des Urhebers abhängig machen. Namentlich in kleineren Gewerbebetrieben auf dem Lande wäre die Zahlung einer fortlaufenden Aufführungstantieme dem Gewerbetreibenden kaum zuzumuten, vgl. Klauer in GRUR 1932, S. 639 (650). Der Entwurf suchte daher einen Mittelweg, der dem Urheber einerseits zu den gebührenden Einnahmen verhelfe, andererseits die Aufführungsgebühren in finan-

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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daß die Zahlung des Urheberzuschlags auf der Platte durch eine Marke kenntlich gemacht worden war. 723 Diese Maßnahme war auch als eine notwendige Ergänzung des § 46 über die Zwangslizenz zur Herstellung von Schallvorrichtungen gedacht, da der Träger des Vortrags- oder Aufführungsrechts anderenfalls die Benutzung der aufgrund einer Zwangslizenz hergestellten Schallvorrichtung zur öffentlichen Wiedergabe eines Werkes verhindern könnte. 724 Da die Verwertung von Schallvorrichtungen durch Rundfunk nicht mehr unter die gesetzliche Lizenz des §47 Abs. 1 fiel, gewährte §47 Abs. 2 den Sendegesellschaften einen Zwangslizenzanspruch gegen den Berechtigten darauf, daß er ihnen die Lizenz gegen Entrichtung einer angemessenen Vergütung erteilte. 725 Die Vorschriften des § 47 Abs. 1 und Abs. 2 über die gesetzliche Lizenz und die Zwangslizenz zugunsten des Rundfunks galten nur für bloße Schallvorrichtungen. Auf Werke der Kinematographie (Ton-Bildfilme) und sonstige Vorrichtungen, die zur gleichzeitigen Wiedergabe von Bild und Schall bestimmt waren, fanden sie keine Anwendung, wie § 47 Abs. 3 ausdrücklich betonte.726 Entsprechend der gesetzlichen Lizenz des § 47 für die Benutzung von Schallvorrichtungen zu öffentlichen Vorträgen und Aufführungen sah der Entwurf in § 48 auch für die Benutzung von Rundfunksendungen zur Lautsprecherwiedergabe und dergleichen eine gesetzliche Lizenz vor, die es jedem gegen Zahlung eines Urheberzuschlags zur Rundfunkgebühr ermöglichte, Rundfunksendungen durch Lautsprecher oder ähnliche Einrichtungen öffentlich wiederzugeben. 727 Schließlich schlug der Entwurf in § 49 noch eine Zwangslizenz bei Werken der Kinematographie vor. Auf sie hatte der Filmunternehmer oder sein Rechtsnachfolger gegen angemessene Vergütung einen Anspruch, nachdem der Verfasser des verfilmten Werkes, der Drehbuchautor, der Komponist der Begleitmusik usw. einmal die Einwilligung zur ziell erträglichen Grenzen für die Musikveranstalter hielt und vor allem die Einziehung der Gebühren ohne jede Belästigung der Musikveranstalter vor sich gehen lasse. Die Lösung lag in der Einführung einer gesetzlichen Lizenz, also einer Rechtsfigur, bei der der Urheber, im Gegensatz zur Zwangslizenz, überhaupt nicht gehört werden mußte, die Benutzung des Werkes vielmehr nach Erfüllung einer vorgeschriebenen Leistung ohne weiteres gestattet war. 723 Vgl. Begründung zum Entwurf von 1932 S.97f. Nähere Vorschriften über den Zuschlag waren einer besonderen Verordnung der Reichsregierung vorbehalten, in der insbesondere die Höhe des Urheberzuschlags und die sonstigen im Entwurf vorgesehenen Einzelheiten zu bestimmen sein sollten. 724 Begründung des Entwurfes von 1932 S.97. 725 Es sei eine besondere Vorschrift für die Verwendung von Schallvorrichtungen zum Senden eines Werkes durch Rundfunk notwendig. Auch für diesen Fall die gesetzliche Lizenz des § 47 Abs. 1 eingreifen zu lassen, erscheine allerdings nicht angängig, da das Senden durch Rundfunk wirtschaftlich eine andere Bedeutung hatte als das öffentliche Aufführen, vgl. zur Vertiefung Begründung zum Entwurf von 1932 S.98. 726 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 99. Hier träfen die Erwägungen, die zur Einführung einer gesetzlichen Lizenz zur Benutzung reiner Schallvorrichtungen rechtfertigen, nicht zu. 727 Vgl. zur Vertiefung die Begründung des Entwurfes von 1932 S.99.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Verfilmung seines Werkes gegeben hatte.728 Unabhängig vom Lizenzrecht brachte der Entwurf von 1932 in § 50 noch eine für alle freien Werknutzungen und Lizenzen gemeinsam geltende Vorschrift, wonach die Anwendbarkeit aller dieser in das Urheberrecht eingreifenden Vorschriften davon abhängig sein sollte, daß die öffentliche Wiedergabe mittels rechtmäßig hergestellter Vorrichtungen geschah oder rechtmäßig vorgenommene Rundfunksendungen zum Gegenstand hatte. Anderenfalls sollte der Urheberberechtigte der Lizenzausübung entgegentreten können, auch wenn im übrigen alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt waren. 729 Auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahr 1939 wollte an der Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller festhalten (§ 45), weil das Reichsjustizministerium die Beibehaltung des bestehenden Zustandes zur Vermeidung von Monopolbildungen und im Interesse der technischen Vervollkommnung für erwünscht ansah.730 Nicht übernommen wurde dagegen die in § 47 Abs. 1 des Entwurfes von 1932 vorgesehene gesetzliche Lizenz zur Benutzung von Schallvorrichtungen zu öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen sowie die in § 47 Abs. 2 enthaltene Zwangslizenz für inländische Rundfunkgesellschaften zur Benutzung von Schallvorrichtungen. 731 Einem Antrag des Rundfunks auf allgemeine Einführung einer Zwangslizenz für die Sendung urheberrechtlich geschützter Werke vermochte der Ausschuß ebenfalls nicht zu entsprechen. Dagegen sei einzuwenden, daß hier im Gegensatz zur Schallplattenzwangslizenz der Urheber gezwungen werden könnte, die Sendung seiner Werke zuzulassen, auch wenn er es nach seiner Auffassung grundsätzlich ablehnte, sein Werk durch Rundfunk senden zu lassen. Ein solcher Zwang schien kaum mit dem Grundsatz vereinbar, daß es Sache des Urhebers sein müsse, zu bestimmen, ob und in welcher Form sein Werk der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden sollte. 732

728 Vgl. dazu auch die Ausführungen unter D zum Filmrecht. Inhalt der Lizenz war die Befugnis, Vervielfältigungen von dem Film herzustellen, ihn zu öffentlichen Aufführungen zu benutzen oder sonstige Werknutzungen auszuüben, vgl. Runge, S. 212. 729 Zur Vertiefung vgl. Begründung des Entwurfes von 1932 S. 101. 730 Vgl. den Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.54. Die Schallplattenlizenz entspreche dem seit drei Jahrzehnten bestehenden gesetzlichen Zustand. Wesentliche Mißbräuche hätten sich nicht ergeben. Auch bei den Beratungen des Ausschusses sei das Verlangen nach völliger Beseitigung einer der Schallplattenlizenz entsprechenden Regelung nicht gestellt worden. 731 Fallengelassen war auch die in §49 des Entwurfes von 1932 vorgeschlagene Zwangslizenz bei kinematographischen Erzeugnissen, vgl. dazu auch unten den Abschnitt D über das Filmrecht. 732 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S. 55. Praktisch werde wohl auch kein Urheber, der nicht mit Rücksicht auf den besonderen Charakter seines Werkes dessen Verbreitung durch den Rundfunk als unzweckmäßig ansah, darauf verzichten, der Rundfunksendung, die im besonderen Maße geeignet sei, sein Werk der Allgemeinheit zugänglich zu machen, zuzustimmen.

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2. Internationale Vorgaben Wie bereits erwähnt, normierte die RBÜ erst seit der Berliner Fassung von 1908 das ausschließliche Recht des Urhebers, die Aufnahme seines Werkes auf Vorrichtungen zu ihrer mechanischen Wiedergabe und die öffentliche Aufführung des Werkes mit Hilfe dieser Vorrichtungen zu erlauben (Art. 13 Abs. 1 RBÜ). Gleichzeitig war in Art. 13 Abs. 2 den Verbandsländern die Möglichkeit eingeräumt, Vorbehalte und Einschränkungen, die sich auf die Anwendung dieses Artikels bezogen, festzusetzen. Unverändert wurde diese Bestimmung in die Romfassung von 1928 übernommen.733 Nach dem Programm der Brüsseler Konferenz vom 05. bis 26.06.1948 sollte der Regelungsvorbehalt in Art. 13 Abs. 2 aufrechterhalten bleiben, jedoch die öffentliche Aufführung mittels mechanischer Instrumente den durch diesen zugelassenen Bedingungen und Vorbehalten entzogen sein. Danach wären die Zwangslizenzen also nicht mehr zulässig gewesen.734 Die meisten Länder bestanden allerdings darauf, daß der bisherige Abs. 2 beibehalten werde oder daß zumindest gewisse Ausnahmen zugelassen werden. Großbritannien wollte den geltenden Wortlaut übernehmen, aber durch eine Bestimmung ergänzt wissen, „wonach die Bedingungen und Vorbehalte den Urheber nicht seines Anspruches auf eine angemessene Entschädigung berauben würden." 735 Diesem Vorschlag folgend entschied die Kommission, Art. 13 Abs. 2 zu übernehmen, allerdings den geltenden Wortlaut durch einen Zusatz zu ergänzen, „daß auf keinen Fall durch die Gesetzgebung der einzelnen Verbandsländer das Recht des Urhebers auf eine gerechte Vergütung eingeschränkt werden dürfe". 736 Damit war die Einführung einer Zwangslizenz oder gesetzlichen Lizenz, und zwar nicht nur für die Herstellung von Tonträgern, sondern auch für deren öffentliche Aufführung zulässig. 737 Unter welchen Voraussetzungen und in welchem Ausmaß eine solche Lizenz gegeben sein sollte, richtete sich nach der Gesetzgebung der einzelnen Verbandsländer. 738 Schließlich war in Art. 13 Abs. 2 noch erwähnt, daß die von den Verbandslän733

Vgl. Art. 13 der RBÜ in der Fassung von Rom (1928), abgedruckt bei NordemannIVinckl Hertin, Anhang S.419. 734 Vgl. den ausführlichen Bericht bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (26). Diesem Programmvorschlag trat jedoch nur Dänemark bei. 735 Vgl. dazu Baum in GRUR 1949, S. 1 (26). 736 y g l den französischen Originaltext, wonach die Bedingungen und Vorbehalte „ne pourront en aucun cas porter atteinte au droit qui appartient à l'auteur d'obtenir une rémunération équitablefixée à défaut d'accord amiable, par l'autorité compétente." Durch diesen Zusatz, daß stets eine angemessene Vergütung entrichtet werden müsse, waren wohl alle Gefahren für die Urheber von Tonkunstwerken beseitigt, vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1 (26f.). 737

Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 13 RBÜ, Rz.2. Vgl. auch Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ, Rz. 12. Der deutsche Schallplattenfabrikant, der von französischen Chansons Schallplatten herstellen wollte, mußte also prüfen, ob auch bei diesen Werken die Voraussetzungen erfüllt waren, die ihm bei einem deutschen Werk die Herstellung einer Schallplatte erlauben würden. Er durfte die Platte auch nur insoweit verwerten, als es ihm nach dem deutschen Gesetz erlaubt war. 738

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

dem eingeführten Einschränkungen der in Abs. 1 dem Urheber zugesprochenen Befugnisse nur für das Gebiet des Verbandslandes galten, welches sie erlassen hatte.739 3. Die Entwürfe

des BMJ

Nachdem auf der Brüsseler Konferenz von 1948 die Möglichkeit einer Einschränkung des ausschließlich dem Urheber zustehenden Rechts, seine Werke auf Vorrichtungen zur mechanischen Wiedergabe aufzunehmen und die öffentliche Aufführung des Werkes mit Hilfe dieser Vorrichtungen zu erlauben, durch die Gesetzgebung der einzelnen Verbandsländer vorgesehen war, fand sich dann auch in § 45 des Berliner Entwurfes des Kleinen Ausschusses vom März 1951 eine Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller. Eine sprachliche Überarbeitung des Abs. 1 gegenüber der Fassung des Entwurfes von 1939 diente der Klarstellung, daß die Zwangslizenz erst dann gegeben sein sollte, wenn ein Hersteller von Tonträgern von dem Berechtigten die Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung eines Tonwerkes auf Tonträgern erteilt erhalten hatte. Die bisherige Fassung hätte zu Zweifeln Anlaß gegeben, ob bereits die Einräumung der mechanischen Rechte an einen Vermittler genügen sollte. 740 Obgleich sich Prof. Bussmann in seiner Stellungnahme zu dem Berliner Entwurf dafür einsetzte, daß auch dem Rundfunk, in Anbetracht der ihm obliegenden Aufgabe für die Öffentlichkeit, eine Zwangslizenz zugebilligt werde 741 , lehnte der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 diese Forderung ab und beließ es bei der Bestimmung über die Zwangslizenz für Tonträgerhersteller in §45. 742 In einer ersten Aussprache mit den Vertretern des BMJ nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten forderte die Schallplattenindustrie noch weitergehend statt der vorgesehenen Zwangslizenz eine gesetzliche Lizenz. 743 Die Zwangslizenz sei unzweckmäßig, weil die Schallplattenindustrie niemals wisse, wer der richtige Beklagte sei. Eine gesetzliche Lizenz sei dagegen insofern praktischer, als sie es ermögliche, ein 739

Zur Vertiefung vgl. Bappert/Wagner, Art. 13 RBÜ, Rz. 17. Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I. 1. Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 Bl. 066. Der Vermittler sollte aber freie Hand haben, über die Vergebung der ersten Erlaubnis zu entscheiden und Vereinbarungen über deren Bedingungen zu treffen. 741 Stellungnahme Prof Bussmanns zu dem Berliner Entwurf in Β 141/2562 Bl. 137 f. Der Rundfunk sei das einzige Instrument, das in der Lage sei, praktisch die ganze Bevölkerung zu erfassen. Ihm oblag es daher, alle Bevölkerungsschichten nicht nur von dem gesamten Geschehen auf den politischen, kulturellen oder sportlichen Gebieten zu unterrichten, sondern auch gleichzeitig die einzelnen Werke den Empfängern akustisch, später auch optisch zu vermitteln. Diese Aufgabe erfülle der Rundfunk nicht etwa im privaten Erwerbsinteresse, sondern als Anstalt des öffentlichen Rechts, und zwar unter öffentlicher Verwaltung und Beaufsichtigung. Daher müsse der Rundfunk mit Rücksicht auf seine Sonderstellung das Recht erhalten, alle veröffentlichten Werke durch eine Funksendung wahrnehmbar zu machen. 742 §45 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 105. 743 Vgl. die Aktennotiz zur Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettongeräteindustrie und Vertretern des BMJ am 22.01.1952 in Β141/2613 Bl. 193. 740

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Projekt sofort in Angriff zu nehmen, während nach § 22 LUG erst ein Verfahren notwendig sei. Gerade bei kurzlebigen Schlagern komme es auf jeden Tag an, den man eher auf dem Markt sein könne. Auch könnten unnötige Verfahrenskosten gespart werden. 744 Außerdem knüpfe die bisherige Zwangslizenz an das Erscheinen des Werkes an. Da heutzutage aber in der Mehrzahl der Fälle das Werk bereits durch Aufführung und Sendung bekannt sei, bevor es erscheine, sollte die zukünftige gesetzliche Lizenz nicht mehr an das Erscheinen anknüpfen, sondern an die Veröffentlichung.745 Dem hielt wieder das BMJ entgegen, daß die bisherige Regelung in § 22 LUG eine Konkurrenz zwischen den Firmen ermöglichen solle. Beziehe man sich nun nicht mehr auf das Erscheinen, sondern auf die Veröffentlichung des Werkes, so unterstelle man der Zwangslizenz ein völlig neues Motiv. Da die Zwangslizenz ohnehin nicht gern gesehen sei, müsse man mit Widerspruch rechnen. 746 Mit Nachdruck wiederholte zugleich der Rundfunk seinen Wunsch, in dem neu zu schaffenden Urheberrechtsgesetz auch eine Zwangslizenz zu seinen Gunsten einzuführen. 747 Trotz der vom Rundfunk durchaus befürworteten Einführung eines Verwertungsgesetzes748, werde die Zwangslizenz nicht entbehrt werden können, denn in einer Reihe von Fällen werde die Verwertungsgesellschaft die erforderlichen Rechte nicht vertreten. Man könne die Urheber und ihre Erben nicht daran hindern, ihre Rechte selbst wahrzunehmen, sie könnten nicht gezwungen werden, ihre Rechte der Verwertungsgesellschaft zu übertragen. Damit müsse sich der Rundfunk ebenso abfinden wie der Musikveranstalter. 749 Die einfachste Lösung für die Ausgestaltung der Zwangslizenz wäre, daß diese in dem Augenblick entstehe, in dem der Urheber sein Werk entweder veröffentlicht oder das Senderecht einem Dritten, sei es einem Verleger oder einer Organisation, übertragen habe.750 Schließlich wurde daran erinnert, daß die Zwangslizenz in § 22 LUG zugunsten der Tonträgerhersteller nicht nur zu dem Zweck eingeführt worden sei, um Monopolisierungen auf Seiten 744

Vgl. die Ausführungen der Schallplattenindustrie in der Aktennotiz zur Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettongeräteindustrie und Vertretern des BMJ am 22.01.1952 in Β 141/2613 Bl. 193. 745 Vgl. Aktennotiz zur Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettongeräteindustrie und Vertretern des BMJ am 22.01.1952 in Β 141/2613 Bl. 193 f. 746 So das BMJ in Aktennotiz zur Diskussion zwischen Schallplattenindustrie, Magnettongeräteindustrie und Vertretern des BMJ am 22.01.1952 in Β141/2613 Bl. 194. 747 Schreiben des Nordwestdeutschen Rundfunks vom 06.10.1952 in Β 141/2608 Bl. 196 ff. und auch Schreiben der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland in Β 141/2608 Bl. 134 ff. 748 Die Absicht, ein Gesetz betreffend die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften einzuführen, nach welchem nur eine staatlich zugelassene Gesellschaft zur Wahrnehmung von Urheberrechten befugt sein soll, wurde von Seiten des Rundfunks begrüßt, da anzunehmen sei, daß dieses Gesetz, wenn auch ausdrücklich, so doch jedenfalls sinngemäß einen Kontrahierungszwang einführen werde, vgl. Schreiben des NWDR in Β 141/2608 Bl. 109. 749 Schreiben des NWDR in Β 141/2608 Bl. 109. 750 Bei dieser Konstruktion würde das Recht des Urhebers, über die erste Veröffentlichung zu entscheiden, gewahrt, vgl. Schreiben des NWDR in Β 141/2608 Bl. 111.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

der Schallplattenindustrie zu begegnen, sondern auch, um sie vor unangemessen hohen Forderungen der Urheber zu schützen. Wie die Schallplattenindustrie durch die Zwangslizenz gegen Überforderungen geschützt sei, sollten auch die deutschen Rundfunkgesellschaften in die Lage versetzt werden, unverhältnismäßigen Forderungen durch die Geltendmachung einer Zwangslizenz zu begegnen.751 Bereits in den zur Vorbereitung des RefE ausgearbeiteten Vorentwürfen 752 zeichnete sich ab, daß das BMJ sowohl der Forderung der Schallplattenindustrie nach einer gesetzlichen Lizenz als auch dem Wunsch des Rundfunks zu entsprechen gedachte. Im Anschluß an den Abschnitt über die Einschränkungen des Urheberrechts sollte ein sechster Abschnitt mit dem Titel „Gesetzliche Nutzungsrechte" eingefügt werden, der ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Herstellung von Tonträgern, ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung und schließlich noch ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung bestimmter Tonträger beinhaltete.753 Die Tatsache, daß hier von einem gesetzlichen Nutzungsrecht gesprochen wurde, änderte nichts daran, daß es sich der Ausgestaltung nach um eine gesetzliche Lizenz handelte. Nach den Überlegungen des BMJ sollte, sobald der Urheber eines Tonwerkes einem anderen ein Nutzungsrecht mit dem Inhalt, das Werk zu gewerblichen Zwecken auf Tonträger zu übertragen, erteilt hatte, jeder Hersteller von Tonträgern, der im Inland seine gewerbliche Niederlassung oder seinen Wohnsitz hatte, nach Erscheinen des Werkes gleichfalls berechtigt sein, dieses Werk auf Tonträger zu übertragen und zu vervielfältigen und zu verbreiten, wenn er dem Urheber seine Absicht, dieses Recht auszuüben, durch eingeschriebenen Brief mitgeteilt hatte und seit Absendung dieses Briefes zwei Wochen verstrichen waren. 754 Zugleich wollte man, entsprechend den Vorstellungen des Rundfunks, für den Fall, daß der Urheber eines Werkes einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht mit dem Inhalt erteilt hatte, das Werk durch Funk zu senden, jeder inländischen Sendegesellschaft kraft Gesetzes gleichfalls das Recht zusprechen, das Werk durch Funk zu senden.755 Darüber hinaus war vorgesehen, daß, wenn Tonträger im Inland verbreitet worden waren, die inländischen Sendegesellschaften sogar noch berechtigt waren, die auf diese Tonträ751

Schreiben des NWDR in Β 141/2608 Bl. 120. Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter III. 2. Zur Ausarbeitung des RefE enthielten die Akten des BMJ weitere Entwürfe, die wohl zumeist als Grundlage interner Besprechungen des BMJ dienten, vgl. Β141/2552 B1.003ff. 753 Vgl. den Vorentwurf zum RefE vom 15.05.1952 in Β 141/2552 B1.026. 754 So die detaillierte Regelung in § 54 Abs. 1 des Vorentwurfes vom 15.05.1952 in Β 141/2552 Bl. 026. In den Abs. 2 bis Abs. 7 waren weitere Einzelheiten geregelt, wonach beispielsweise die Mitteilung auch durch eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen konnte, wenn der Wohnort oder Aufenthaltsort des Urhebers unbekannt war. Vor allem war dem Urheber für die Vervielfältigung oder Verbreitung des Werkes nach den vorstehenden Bestimmungen eine angemessene Entschädigung zu gewähren. 755 § 55 des Vorentwurfes vom 15.05.1952 in Β141/2552 B1.027. Auch hier war dem Urheber eine angemessene Entschädigung für die Sendung zu gewähren. 752

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Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts ger übertragenen Werke mittels der Tonträger durch Funk zu senden.

756

In allen drei

Fällen war dem Urheber eine angemessene Vergütung zu gewähren. 757 M i t Ausnahme der letztgenannten Bestimmung über ein gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung mittels bestimmter Tonträger fanden sich diese Vorschläge dann auch in dem 1954 veröffentlichten RefE. 7 5 8 Die Verfasser versuchten die Umgestaltung von der i m geltenden Recht vorgesehenen Zwangslizenz in eine gesetzliche Lizenz zugunsten der Tonträgerhersteller (§ 58) damit zu rechtfertigen, daß anderenfalls erst auf die Erteilung einer Erlaubnis geklagt werden müsse, was unter Umständen so zeitaufwendig sei, daß sich die Aufnahme des betreffenden Werkes auf Tonträger gar nicht mehr lohne, weil das Publikumsinteresse schon wieder geschwunden sei. 7 5 9 Den Interessen der Urheber werde durch die neue Regelung auch kein Abbruch getan. Er erfahre durch den eingeschriebenen Brief von der Absicht des Herstellers, das Werk auf Tonträger zu übertragen, und sei daher in der Lage, seine Vergütungsansprüche gegen diesen geltend zu machen. 7 6 0 Ein solcher Vergütungsanspruch ergab sich aus § 58 Abs. 5 . 7 6 1 756

So die Regelung in §56 des Vorentwurfes vom 15.05.1952 in Β 141/2552 B1.027. § 54 Abs. 5, § 55 Abs. 2, § 56 Abs. 2 des Vorentwurfes vom 15.05.1952 in Β 141/2552 B1.026. 758 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. I. Nach wie vor sei ein Bedürfnis anzuerkennen, daß die Werke der Tonkunst allen Herstellern von Tonträgem für die Übertragung auf solche Vorrichtungen gegen angemessene Gebühr zur Verfügung stehen müßten, damit Monopolbildungen zugunsten einzelner Firmen vorgebeugt werde. Auch wenn seit der Einführung einer Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgem in das LUG von 1910 bislang kaum Gebrauch gemacht worden war, weil sämtliche Tonträgerhersteller durch vertragliche Vereinbarungen mit dem Bureau International de l'Edition Mécanique (BIEM), das die Rechte zur Übertragung auf Tonträger für die meisten Urheber wahrnehme, die Befugnis hatten, die zum Repertoire des BIEM gehörenden Werke der Tonkunst auf Tonträger zu übertragen und diese zu verbreiten, so dürfe auf die Zwangslizenz trotzdem nicht verzichtet werden. Das Gesetz könne nicht auf eine zur Verhinderung von Mißbräuchen notwendige Bestimmung nur deshalb verzichten, weil diese Mißbräuche zur Zeit wegen einer vertraglichen Regelung der Beteiligten nicht vorkomme, so die Ausführungen in der Begründung zum RefE S. 173. 759 Begründung zum RefE S. 174. 760 Er könne den Hersteller auch noch rechtzeitig darauf hinweisen, daß die Voraussetzungen für die gesetzliche Lizenz tatsächlich nicht gegeben seien. Wenn der Hersteller die Übertragung des Werkes auf Tonträger trotzdem vornehme, handele er auf eigenes Risiko und sei bei Verletzung des Urheberrechts dem Urheber zu Schadensersatz verpflichtet. Da es sich bei den Schallplattenfirmen durchweg um kapitalkräftige Firmen handele, sei eine Gefährdung des Schadensersatzanspruchs des Urhebers nicht zu befürchten, vgl. Begründung zum RefE S. 174. 761 Entsprechend § 22 Abs. 1 Satz 1 LUG war dem Urheber nach § 59 Abs. 5 für die Vervielfältigung und Verbreitung eine angemessene Vergütung zu gewähren. Für vertonte Sprachwerke war in § 59 Abs. 6 vorgesehen, daß auch gegen den Verfasser des Textes die gesetzliche Lizenz Anwendung finde, sofern er einmal einem anderen gestattet hatte, den Text in Verbindung mit dem Ton werk auf Tonträger zu übertragen. Dieser hatte dann einen selbständigen Anspruch auf angemessene Vergütung. Die Regelung des § 22 Abs. 2 Satz 2 LUG, wonach nur der Urheber des Tonwerkes einen Vergütungsanspruch hatte und lediglich verpflichtet war, dem Verfasser des Textes einen angemessenen Teil der Vergütung auszuzahlen, wurde damit aufgegeben, vgl. dazu Begründung des RefE S. 176. 757

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Weiterhin war in § 59 vorgesehen, daß in dem Fall, in dem der Urheber einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung eingeräumt hatte, jede Sendegesellschaft mit Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes gleichfalls berechtigt war, das Werk durch Funk zu senden. Damit ging der RefE sogar noch über die Forderungen des Rundfunks hinaus, dessen Anliegen ursprünglich lediglich eine Zwangslizenz nach dem Vorbild des § 22 LUG gewesen war. Neben der Betonung der überaus wichtigen kulturellen Aufgabe des Rundfunks 762 sollte durch diese Regelung vor allem verhindert werden, daß der Inhaber des Nutzungsrechts, der an der Verwertung des Werkes durch Funksendung in der Regel nur finanziell interessiert sei, an die Sendegesellschaften unangemessen hohe Forderungen stelle und dadurch die Sendung des Werkes erschwere oder gänzlich verhindere. 763 Es sei zwar denkbar, daß der Urheber, insbesondere der Urheber eines Bühnenwerkes, aus persönlichen Gründen nicht damit einverstanden sei, daß sein Werk überhaupt durch Funk gesendet werde. Natürlich müsse berücksichtigt werden, daß ein Urheber nur unter besonderen Umständen die Genehmigung zur Funksendung seines Werkes erteilen wolle, nämlich wenn sichergestellt war, daß bei der Wiedergabe hervorragende Kräfte mitwirken und daß die Qualität der Wiedergabe bei diesem Sender hohen Ansprüchen genüge. Diese zweifellos schutzwürdigen Erwägungen durften jedoch nach Ansicht der Begründung bei dem Urheber keine Rolle spielen, der einem Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung eingeräumt hatte.764 Gerade auf diesen Fall sollte sich aber die im Entwurf vorgeschlagene gesetzliche Lizenz beziehen.765 Die Möglichkeit zur Schaffung einer solchen gesetzlichen Lizenz ergebe sich auch aus Art. 11 bis Abs. 2 der RBÜ in der Brüsseler Fassung von 1948. Diese Bestimmung, die im übrigen ein ausschließliches Recht der Urheber zur Funksendung vorsah, habe es der inneren Gesetzgebung der Verbandsländer offengelassen, eine solche Lizenz einzuführen. 766 Es sei dort nur vorgegeben, daß die gesetzliche Lizenz in keinem Fall das droit moral oder den Anspruch des Urhebers auf eine angemes762

Vgl. dazu die Ausführungen in Begründung RefE S. 177. Soweit der Urheber sein Senderecht selbst wahrnehme, dürften keine Schwierigkeiten zu erwarten sein. Habe er jedoch einem Dritten ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung des Werkes eingeräumt, so sei er selbst an der weiteren Verwertung des Senderechts gehindert. Die Sendegesellschaften seien dann darauf angewiesen, die Sendeerlaubnis von dem Inhaber des ausschließlichen Senderechts einzuholen. Es bestehe die Möglichkeit, daß der Inhaber des Nutzungsrechts, der ja ohnehin nur noch finanziell an der weiteren Auswertung des Werkes interessiert sei, unangemessen hohe Forderungen stelle, so die Argumentation in der Begründung des RefE S. 177. 764 Vgl. die Ausführungen in der Begründung des RefE S. 178 f. 765 Irgendwelche Mißbräuche der gesetzlichen Lizenz durch die Sendegesellschaften seien nicht zu erwarten. Die inländischen Sendegesellschaften seien Anstalten des öffentlichen Rechts und dürften Gewähr dafür bieten, daß die Ausübung der gesetzlichen Lizenz nicht zu einer Beeinträchtigung der Urheber führe, vgl. Begründung des RefE S. 179. 766 y g i die Ausführungen in der Begründung zum RefE S. 178. 763

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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767

sene Vergütung beeinträchtigen dürfe. Damit folgte die Begründung der fast einhelligen Meinung, daß es der Sinn des Art. 11 bis Abs. 2 RBÜ sei, den Verbandsländern die Möglichkeit zu geben, nach ihrem Ermessen zugunsten der Rundfunkgesellschaften eine gesetzliche Lizenz einzuführen. 768 Der Vorgabe, daß durch diese gesetzliche Lizenz in keinem Fall der Anspruch des Urhebers auf eine angemessene Vergütung beeinträchtigt werden dürfe, sollte durch § 59 Abs. 2 Rechnung getragen werden. 769 Die Einführung eines gesetzlichen Nutzungsrechts zugunsten des Rundfunks stieß bei der Arbeitsgemeinschaft öffentlich rechtlicher Rundfunkanstalten erwartungsgemäß auf Zustimmung.770 Das in § 59 des RefE vorgesehene gesetzliche Nutzungsrecht stelle das Mindestmaß der Erfordernisse des Rundfunks dar, mit der sich der Rundfunk auch abzufinden wüßte. 771 Darüber hinaus strebe man aber ein gesetzliches Nutzungsrecht an, welches nicht erst an die ausschließliche Übertragung des Rechts zur Funksendung an einen Dritten anknüpfe, sondern das schon eingreife, sobald der Urheber sein Werk durch Vertrag mit einem Dritten zur Veröffentlichung freigegeben habe.772 Die Funksendung sei schließlich auch nur eine besondere Art der Veröffentlichung. Wenn der Autor damit einverstanden sei, daß sein Werk verbreitet, öffentlich vorgetragen, aufgeführt oder vorgeführt werde, so könne man ihm auch zumuten, daß sein Werk zur Funksendung benutzt werde. 773 Aus Sicht der ARD bestand daher kein Grund, das gesetzliche Nutzungsrecht auf die Fälle, in denen dem Dritten ein Recht zur Funksendung eingeräumt worden war, zu beschränken. Im Hinblick auf die kulturelle Funktion des Rundfunks und seine große Bedeutung für die Allgemeinheit hielt auch der Bundesminister des Innern eine gesetzliche Lizenz, wie sie auch in vielen ausländischen Rechten dem Rundfunk gewährt werde, für gerechtfertigt. 774 Das Interesse der Allgemeinheit verlange, daß dem 767 Von der Möglichkeit einer gesetzlichen Lizenz hätten eine ganze Anzahl von Staaten Gebrauch gemacht, wie beispielsweise Italien, Japan, Monaco, Norwegen, Polen und die Türkei, vgl. Begründung zum RefE S. 178. Bappert/Wagner, Art. 11 bis, Rz. 12 nannte daneben noch Colombo, Finnland, Island, Neuseeland und auch Vatikanstadt. 76 8 Bappert/Wagner, Art. 11 bis, Rz. 8. Zur Vertiefung dieser Vorschrift, die seit der Romfassung von 1928 das Recht der Rundfunksendung in der RBÜ verankert hatte, vgl. die Ausführungen bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (18ff.). 769 Wie bei dem gesetzlichen Nutzungsrecht zur Herstellung von Tonträgern sollte dem Urheber auch für die Sendung seiner Werke eine angemessene Vergütung zustehen (§ 59 Abs. 2). 770 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II. 1. Resolution der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten zur Urheberrechtsreform vom 14.09.1954 in Β141/2565 B1.295. 771 So die Ausführungen in der Stellungnahme der ARD in Β 141/2672 B1.066f. und 069. 772 Der Rundfunk bat daher, das gesetzliche Nutzungsrecht im RefE entsprechend auszugestalten, vgl. Resolution der ARD zur Urheberrechtsreform in Β141/2565 B1.295. 773 Stellungnahme der ARD in Β141/2672 B1.070. Eine Funksendung leiste mindestens soviel Gewähr für eine ordnungsgemäße und hochwertige Aufführung, wie ζ. B. die Aufführung in einem Theater. 774 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 B1.097.

33 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Rundfunk alle Werke zur Verfügung stehen, die von dem Urheber überhaupt für eine Rundfunksendung freigegeben werden. 775 Dagegen hielt der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände die Bestimmung des § 59 über das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung für schlechthin unannehmbar.776 Selbst wenn dem Urheber eine angemessene Vergütung gewährt werde, so dürfe ihm die freie Bestimmung darüber, ob das Werk veröffentlicht werden solle und vor allem über die Art der Veröffentlichung, nicht genommen werden. 777 Außerdem werde es nach dem Vorschlag des RefE dem Belieben des Rundfunks überlassen, die Gebühr festzusetzen. Wenn auch das Gesetz vorschreibe, daß die Gebühr angemessen sein müsse, so sei doch die Grenze zwischen angemessen und unangemessen sehr flüssig. 778 In Wahrheit sei die gesetzliche Lizenz doch nur eine Handhabe für den Preisdruck durch den Rundfunk. 779 Schließlich wehrte sich der Börsenverein gegen den Wortlaut der Begründung, „daß der Verleger möglicherweise unangemessen hohe Forderungen an den Rundfunk stelle und dadurch die Sendung des Werkes erschwere oder gänzlich verhindere." Hier werde also von vornherein unterstellt, daß die Verleger das ihnen gewährte Recht mißbrauchen. Dies bedeute eine Diskriminierung, gegen die in aller Form protestiert werde. 780 Ebenso forderte der 1. Zivilsenat des BGH die ersatzlose Streichung des gesetzlichen Nutzungsrechts zugunsten der Funksendung.781 Diese Bestimmung sei untragbar, weil sie einen, auch durch die Interessen der Allgemeinheit nicht mehr zu rechtfertigenden Eingriff in das freie Bestimmungsrecht des Urhebers über Art und Zeitpunkt der Auswertung seines Werkes durch eine Funksendung darstelle. 782 Gerade bei Bühnenwerken berge eine gesetzliche Lizenz die Gefahr in sich, daß die bühnenmäßige Auswertung dieser Werke durch Funksendungen, auf deren Zeit775

Vgl. Stellungnahme des BlnM in Β 141/2580 Bl. 097. Vgl. oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 1. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.010. 777 Vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β141/2571 B1.032. Auch der Verlag habe ein berechtigtes Interesse daran, mitzubestimmen, ob das Werk veröffentlicht und wie es veröffentlicht werden soll. 778 Dazu komme, daß der Anspruch dem Urheber zustehen solle. Dieser sei aber gegenüber den Rundfunkgesellschaften meist nicht stark genug, um seine Rechte durchzusetzen, besonders wenn die Rundfunkgesellschaften vorher das erhalten haben, wofür sie bezahlen sollten, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.032. 779 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.033. 780 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 Bl. 033. Auch sei zu bemerken, daß nicht nur der Rundfunk, sondern auch die Verleger Interessen der Allgemeinheit wahrnehmen. Im Interesse der Allgemeinheit, im Interesse des Autors und auch in seinem eigenen Interesse werde der Verleger die Möglichkeit, das Werk durch Sendung bekanntzumachen, nicht ablehnen, sondern begrüßen. Der Rundfunk brauche daher keine Zwangslizenz, um die Werke der Literatur und Tonkunst darbieten zu können. Es könne ihm durchaus zugemutet werden können, sich mit den Rechtsinhabem über die Überlassung des Senderechts zu verständigen. 781 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 Bl. 045 ff. 782 Vgl. bereits die Ausführungen oben in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 4. 776

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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punkt und Ausgestaltung der Inhaber des Aufführungsrechts keinerlei Einfluß nehmen könne, empfindlich gestört werde. 783 Der Reiz vieler zeitgenössischer Bühnenwerke bestehe doch gerade darin, daß dem Zuschauer das Ende der Fabel unbekannt sei. Könnten aber diese Werke gegen den Willen des Nutzungsberechtigten durch den Funk gesendet werden, bevor sie ihrer eigentlichen Bestimmung nach auf Bühnen in größtmöglichem Umfang aufgeführt worden waren, so würden sich kaum noch Theater zum Abschluß von Aufführungsverträgen bereit finden. 784 Deshalb müsse es dem Nutzungsberechtigten unbenommen bleiben, nicht nur den Zeitpunkt der Vergabe des Senderechts an eine Sendegesellschaft unter Berücksichtigung der Wettbewerbslage zwischen Sendung und Theateraufführung zu bestimmen, sondern auch unter den Sendegesellschaften, denen er das Werk zur Sendung anvertrauen wolle, frei zu wählen. Nur auf diese Weise könne einer wirtschaftlichen Entwertung des Bühnenaufführungsrechts durch eine funkmäßige Auswertung des gleichen Werkes vorgebeugt werden. 785 Entschieden abgelehnt wurde das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Funksendung auch von zahlreichen Sachverständigen. De Boor meinte, die Bestimmung des § 59 richte sich gegen die Musikverleger, denn ihnen pflegten die Komponisten die ausschließlichen Senderechte zu bestellen.786 Bislang hätten die Sendegesellschaften den Preis der Lizenz aushandeln müssen. Jetzt sollen sie senden dürfen und der Verleger werde mit einer „angemessenen Vergütung" abgespeist. Dadurch werde das Senderecht des Komponisten entwertet. 787 Außerdem bestehe keine Veranlassung, die Zwangslizenz für Schallplatten, die bislang zufriedenstellend funktioniert habe, in eine gesetzliche Lizenz zu verwandeln. 788 Bislang mußte sich der Bewerber mit dem Angebot einer angemessenen Vergütung an den Urheber wenden. Jetzt soll er nach einer Anzeige produzieren dürfen, und der Urheber müsse zusehen, wie er die angemessene Vergütung erlange. Daß dies den Durchschnitt der Vergütungen ungünstig beeinflussen werde, sei leicht vorauszusehen.789 Auch von Erffa war überzeugt davon, daß die Tätigkeit des Rundfunks, dessen kulturelle Aufgaben und dessen Bedeutung keineswegs verkannt würden, auch künftig weder behindert noch etwa „zusammenbrechen" werde, wenn der Rundfunk, wie alle übrigen Verwerter geistiger und künstlerischer Güter hinsichtlich des Erwerbs 783 Beide Nutzungsarten, Bühnenaufführung und Funksendung könnten in schärfsten Wettbewerb untereinander treten, vgl. BGH in Β 141/2569 B1.046. 784 So die Argumentation des BGH in Β 141/2569 Bl. 046. Nach der im Entwurf vorgesehenen Regelung wäre es sogar denkbar, daß die Bühnenwerke über den Äther einem unbegrenzten Hörerkreis zugänglich gemacht werden, noch bevor die bühnenmäßige Uraufführung stattgefunden habe. 785 Stellungnahme des BGH in Β 141/2569 Bl. 047. 786 Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 B1.022. 787 Hier sei wieder das Verbraucherinteresse den Belangen des Urhebers in nicht zu rechtfertigender Weise vorgezogen worden, vgl. Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 Bl. 022. 788 Es seien wohl keine Mißstände zu erkennen, die eine derartige Umwandlung erforderlich gemacht hätten, vgl. Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 B1.021. 789 Stellungnahme de Boor in Β 141/2568 B1.021.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

der Nutzungsrechte auf die freie Verhandlung mit den Inhabern der Rechte angewiesen sei. 7 9 0 Nach Ansicht Möhrings war sowohl die gesetzliche Lizenz zugunsten der Hersteller von Tonträgern als auch die zugunsten des Rundfunks gänzlich abzulehnen. 7 9 1 Vor allem die Lizenz für den Rundfunk enthalte einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Recht des Urhebers. Abgesehen davon, daß die Begründung nur von der augenblicklichen Sachlage ausgehe, nämlich daß die Sendegesellschaften staatliche Gesellschaften seien, und nicht berücksichtige, daß sich eine andere Betrachtungsweise ergebe, wenn, wie beispielsweise in USA, auch Privatgesellschaften zugelassen würden, habe der Urheber bei der schon jetzt gegebenen Verschiedenartigkeit der Rundfunksender durchaus ein berechtigtes Interesse daran, zu entscheiden, von welcher Sendegesellschaft sein Werk aufgeführt werden soll. 7 9 2 Vor allem sei der Umstand abzulehnen, daß nach § 59 die Sendegesellschaft schlechthin zur Sendung befugt sei, ohne daß klargestellt werde, welche Vergütung sie zu zahlen habe, bzw. ob sie zuvor die Vergütung zahle. 7 9 3 Auch der Schriftsteller Hermann Kasack wandte sich gegen die gesetzliche Lizenz zugunsten des Rundfunks. 7 9 4 Durch diese Lizenz, die einseitig zugunsten der Rundfunkgesellschaften erteilt werden solle, werde der Autor geistig entmachtet. Kasack war daher davon überzeugt, daß bei nochmaliger Überprüfung dieser Paragraph völlig fortfallen werde. 7 9 5 790 Stellungnahme von Erffa in Β141/2568 Bl. 061. Auch von Erffa machte auf die Wichtigkeit der Bestimmung des Zeitpunktes der Sendung aufmerksam. Bei einer gesetzlichen Lizenz zugunsten der Sendegesellschaften könnten die Werke schon vor der Uraufführung oder der deutschen Erstaufführung gesendet werden. Bühnen und Theater blieben möglicherweise leer, weil das große Publikum den Anreiz der Spannung zum Besuch der Bühnenaufführung verloren hätte. Zu bedenken sei auch, daß große dramatische Werke, Opern und Operetten in ihrem Erfolg sehr wesentlich von der Bühnenwirkung abhängen. Diese Wirkung könne eine Sendung aber gerade nicht vermitteln. Der Erfolg des betreffenden Werkes könnte daher sehr wesentlich beeinträchtigt werden, und zwar zum Nachteil des Urhebers und des Bühnenverlegers, dürfte der Bühnenaufführung auf Grund einer gesetzlichen Lizenz der Sendegesellschaften eine Sendung des Werkes vorausgehen (vgl. dazu umfangreichen Ausführungen bei von Erffa in Β 141/2568 B1.059). 791 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.036. Für eine Zwangslizenz zugunsten der Schallplattenhersteller bestehe kein Bedürfnis mehr, wie auch die Erfahrung auf dem Gebiet der Schallplattenindustrie in anderen Ländern zeige. 792 Die Qualität der Orchester der einzelnen Rundfunksender sei durchaus unterschiedlich, so daß das Interesse des Urhebers, sein Werk nur von einer Sendegesellschaft aufführen zu lassen, die Gewähr für eine gute Aufführung biete, unbedingt anerkannt werden müsse. Er müsse daher selbst entscheiden können, an welche Sendegesellschaft er sich wenden möchte, vgl. dazu Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.037. 793 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.038. Schon die ursprünglich in §22 LUG vorgesehene Konstruktion einer Zwangslizenz sei abzulehnen, obwohl sie wenigstens vorsah, daß die Industrie nicht schlechthin zur Vervielfältigung berechtigt war, sondern sie nur den Anspruch auf Erteilung einer Lizenz gab, der dann erforderlichenfalls im Wege einer Klage geltend gemacht werden mußte. Daraus ergab sich, daß, bevor die Vervielfältigung erfolgen konnte, die Ansprüche der Urheber der Höhe nach festgestellt werden mußten. Die Urheber mußten also angesprochen werden, bevor die Schallplatte hergestellt werden konnte. 794 Vgl. bereits oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 2. Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 B1.067.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Die gesetzlichen Nutzungsrechte waren dann auch ein Thema auf der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. 796 Zu § 58 führte Prof. Ulmer aus, daß für eine gesetzliche Lizenz wohl insoweit keine Notwendigkeit bestehe, als die Rechte durch eine Verwertungsgesellschaft im Inland wahrgenommen werden. Durch die Verträge, die zwischen der Verwertungsgesellschaft und der Schallplattenindustrie geschlossen werden, seien Sicherungen geschaffen. 797 Daher könne man doch die gesetzliche Lizenz auf die Fälle beschränken, in denen die Rechte durch die inländische Verwertungsgesellschaft nicht beschafft werden können.798 Eine Abstimmung ergab, daß § 58 mit der von Ulmer angeregten Einschränkung einstimmig angenommen wurde. § 59 wollte Ulmer ganz gestrichen wissen und statt dessen eine Empfehlung aussprechen, Rundfunk und Bühnenverleger sollten die Möglichkeit einer Schiedsgerichtsvereinbarung in Aussicht nehmen.799 Dagegen beharrte Prof. Brack darauf, die gesetzliche Lizenz beizubehalten, gab sich aber mit einer Einschränkung zufrieden, die Bühnenwerke gänzlich von der Bestimmung auszunehmen und die Lizenz zudem auf Werke zu beschränken, die nicht von einer inländischen Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wurden. 800 Zu der Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechts für Sendegesellschaften fand dann auch eine Sitzung mit den Interessenverbänden im BMJ statt. 801 Aus den Ausführungen des Rundfunks ergab sich hier allerdings, daß ein gesetzliches Nut795 Stellungnahme Kasack in Β 141/2570 B1.067. Im übrigen könnten die Schriftsteller und Verleger, die hier, wie in vielen anderen Punkten, der gleichen Ansicht seien, den Paragraphen dadurch illusorisch machen, daß in sämtlichen Verlagsverträgen unter den Nebenrechten das Nutzungsrecht für den Rundfunk und das Femsehen überhaupt nicht übertragen werde, sondern beim Urheber verbleibe. Dann hätte die Sendegesellschaft keine Möglichkeit, Sendungen vorzunehmen, ohne vorher die Einwilligung und die Honorarbedingungen des Urhebers einzuholen. 796 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.09.1954 in Β 141/2566 B1.125ff. 797 Prof Ulmer in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.09.1954 in Β 141/2566 Bl. 126. Die Verwertungsgesellschaften seien verpflichtet, Pauschalverträge abzuschließen. Wenn der Vertrag nicht zustande komme, würden entsprechende Schiedsgerichte in Aktion treten. 798 So der Vorschlag Ulmers, vgl. Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheberund Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.09.1954 in Β 141/2566 Bl. 126. 799 Vgl. Ulmer in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 162. 800 So der Antrag Prof Bracks vom NDR in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β141/2569 Bl. 163. 801 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. III. 2. Niederschrift über Sitzung im BMJ zu der Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechts für Sendegesellschaften in Β 141/2591 B1.016.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zungsrecht zur Funksendung gar nicht unbedingt notwendig sei. Es konnte kein Fall genannt werden, in dem der Berechtigte die Einräumung eines Senderechts zu angemessenen Bedingungen verweigert habe.802 Da aber die Einführung einer gesetzlichen Lizenz nur erwogen werden könne, wenn den Interessen des Rundfunks nicht auf andere Weise genügt werden könne 803 , müsse man wohl insgesamt von einer solchen Regelung Abstand nehmen. Dr. Haertel wiederholte daher seine Anregung, den Streit mit Hilfe eines Rahmenvertrages, der ein Schiedsgericht vorsehen könnte, beizulegen. Sollte es nicht zu dem Abschluß eines solchen Vertrages kommen, etwa weil über die Besetzung des Schiedsgerichts keine Einigung erzielt werden könnte, sei es vielleicht zweckmäßig, wenn der Gesetzgeber hier eine Hilfestellung leiste. 804 Die Sachverständigenkommission kam auf ihrer Sitzung zu dem Ergebnis, daß für die sog. großen Rechte, also die Rechte an Bühnenwerken zumindest keine gesetzliche Lizenz zugunsten des Rundfunks eingeführt werden sollte. Im übrigen müsse, wenn überhaupt eine derartige Lizenz vorgesehen werde, eine unterschiedliche Behandlung der musikalischen und der literarischen Rechte geprüft werden. 805 Der MinE von 1959 hielt daraufhin in § 61 an dem gesetzlichen Nutzungsrecht zugunsten der Schallplattenhersteller fest, beschränkte dieses jedoch nach der Anregung Ulmers auf Werke, für die das Nutzungsrecht nicht von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wurde. 806 Für den Fall, daß der Urheber seine Rechte bereits an eine Verwertungsgesellschaft übertragen habe, erscheine die Lizenz nicht gerechtfertigt, da die Verwertungsgesellschaften einem Abschlußzwang unterliegen würden, also jeder Tonträgerhersteller diese Rechte gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung erwerben könne.807 Die Bedenken, die gegen die gesetzliche Lizenz zugunsten des Rundfunks geltend gemacht worden waren, schienen den Verfassern des MinE zumindest zum Teil berechtigt. Daher wurde das gesetzliche Nut802

Vgl. Dr. Ebel in Niederschrift über Sitzung im BMJ zu der Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechts für Sendegesellschaften in Β 141/2591 B1.020. 803 Vgl. die einführenden Worte von Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung im BMJ zu der Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechts für Sendegesellschaften in Β 141/2591 B1.018. Das BMJ sei sich durchaus bewußt, daß eine gesetzliche Lizenz einen schweren Eingriff in das Urheberrecht bedeute. 804 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung im BMJ zu der Frage eines gesetzlichen Nutzungsrechts für Sendegesellschaften in Β 141/2591 B1.021. Man könne daran denken, durch das Gesetz eine Schiedsinstanz oder nur eine Stelle, die die Schiedsrichter ernenne, für den Fall vorzusehen, daß die Parteien untereinander nicht zu einer Einigung kämen. 805 Vgl. die Zusammenfassung Dr. Joels in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 161. 806 Vgl § 6 i Abs. 1 Ziff. 3, wonach die Bestimmung über das gesetzliche Nutzungsrecht keine Anwendung finden sollte auf Werke, für die das in Abs. 1 bezeichnete Nutzungsrecht erlaubterweise von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen werde. Weiterhin waren Werke ausgenommen, bei denen der Urheber das Nutzungsrecht lediglich für die Herstellung eines Tonfilms eingeräumt hatte sowie auf dramatisch-musikalische Werke, soweit sie vollständig oder soweit größere Teile auf Tonträger übertragen werden sollen. 807

Vgl. die Bemerkungen zum MinE S. 61.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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zungsrecht für die Funksendung in § 62 dem Grunde nach zwar übernommen 8 0 8 , gegenüber der Fassung des RefE jedoch erheblich eingeschränkt. Z u m einen sollte die Lizenz nur noch bei Werken der Musik geltend gemacht werden können. 8 0 9 Z u m anderen war durch einen Zusatz bestimmt, daß das gesetzliche Nutzungsrecht nur für die Dauer des vertraglich eingeräumten Senderechts gelten sollte. Wenn dieses also durch Zeitablauf oder Rückruf erloschen war, mußte auch das gesetzliche Nutzungsrecht entfallen. 8 1 0 Durch eine Verweisung auf die Bestimmung über das gesetzliche Nutzungsrecht für Tonträgerhersteller fanden schließlich noch die dort genannten Ausnahmen auf die gesetzliche Lizenz zugunsten des Rundfunks Anwendung. Insbesondere sollten also diejenigen Werke von der Regelung ausgenommen sein, für die das Nutzungsrecht erlaubterweise von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wurde. 8 1 1 Die zu entrichtende Vergütung war schließlich, anders als i m RefE, nicht dem Urheber, sondern dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts zu gewähren. 812 808 Hier wurde wieder auf die besondere kulturelle Aufgabe hingewiesen, die dem Rundfunk obliege. Weite Kreise der Bevölkerung würden mit den Werken der Dichter und Komponisten fast nur durch den Empfang von Rundfunksendungen bekannt. Das gelte insbesondere für die minderbemittelten Schichten, die sich den Ankauf von Büchern sowie den Besuch von Operund Theateraufführungen und von Konzertveranstaltungen nicht oder nur selten leisten könnten. Es liege daher im Interesse der Allgemeinheit, daß dem Rundfunk die Erfüllung dieser Aufgabe möglichst erleichtert werde. In der Regel würden auch die Urheber selbst das größte Interesse daran haben, daß ihre Werke durch Rundfunk gesendet werden. Abgesehen von den damit verbundenen wirtschaftlichen Vorteilen könne der Urheber durch die Sendung seines Werkes in weiten Kreisen bekannt werden, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 62. Wie in der Begründung zum RefE von 1954 wurde auch hier daraufhingewiesen, daß eine solche gesetzliche Lizenz nach der Brüsseler Fassung der RBÜ zugelassen sei (Art. 11 bis Abs. 2). Es werde nur vorgeschrieben, daß die gesetzliche Lizenz in keinem Fall das droit moral des Urhebers oder seinen Anspruch auf eine angemessene Vergütung beeinträchtigen dürfe. 809 Damit waren alle anderen Arten von Werken, insbesondere Sprachwerke, von der Regelung ausgenommen. In § 62 Abs. 3 war allerdings ausdrücklich festgelegt, daß die Bestimmung auf ein Sprachwerk, das als Text mit einem Werk der Musik verbunden war, entsprechend angewendet werden sollte, wenn der Urheber des Sprachwerkes einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht zur Funksendung des Werkes in Verbindung mit dem Werk der Musik eingeräumt hatte. 810 Vgl. Bemerkungen zum MinE S. 62. Nur während des Bestehens eines vertraglichen ausschließlichen Nutzungsrechts zur Funksendung sei ein schutzwürdiges Bedürfnis für das gesetzliche Nutzungsrecht anzuerkennen. 811 Daneben waren die dramatisch-musikalischen Werke von der gesetzlichen Lizenz ausgenommen, soweit sie vollständig oder in größeren Teilen gesendet werden sollten. Da der Urheber das Senderecht meist zugleich mit dem Aufführungsrecht seinem Verleger einräume, dürfte dann, wenn auch Bühnenwerke unter § 62fielen, jedes Sendeunternehmen das Werk senden. Dadurch würde aber die Auswertung des Aufführungsrechts empfindlich gestört werden. Schließlich sollte auch für Werke der Musik mit oder ohne Text ein gesetzliches Nutzungsrecht nicht in Anspruch genommen werden können, wenn der Urheber ein ausschließliches Nutzungsrecht lediglich zur Sendung im Rahmen eines Tonfilmes eingeräumt hatte, vgl. zur Vertiefung Bemerkungen zum MinE S. 62. 812 Bemerkungen zum MinE S. 62.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Gegen diese Einschränkung des gesetzlichen Nutzungsrecht für den Rundfunk gegenüber der im RefE vorgesehenen Fassung wandte sich vor allem die ARD. 8 1 3 Eine Beschränkung auf Werke der Musik erweise sich im Hinblick auf den von fast allen Regierungen offiziell geförderten internationalen Programmaustausch als hinderlich. Gerade das Fernsehen sei vor allem auf die Benutzung von Werken angewiesen, die sich an das Auge richteten.814 Zudem sei nicht verständlich, warum § 62 den Rundfunk trotz ähnlicher Interessenlage schlechter stelle als die Schallplattenindustrie. 815 Angesichts der mindestens gleichen technischen Vollkommenheit der Werkwiedergabe bei Rundfunk und Schallplatte und bei der großen Bedeutung des öffentlichen Rundfunks sei es nicht angebracht, ihn bei der Gewährung der gesetzlichen Lizenz schlechter zu stellen als die Schallplattenindustrie, denn der Rundfunk sei mindestens in gleichem Maße daran interessiert, daß die Aufführung eines Werkes der künstlerischen Auffassung seines Urhebers entspreche.816 Im übrigen könne auch nicht eingesehen werden, warum den Sendegesellschaften die gesetzliche Lizenz nur während des Bestehens eines vertraglichen Nutzungsrechts zugebilligt werde, diese Begrenzung aber beim gesetzlichen Nutzungsrecht der Schallplattenhersteller fehle. Auch hier sollte eine gleiche Behandlung gelten.817 Abgelehnt wurde ein gesetzliches Nutzungsrecht zugunsten des Rundfunks wiederum von von Erffa. 818 Auch gegen das gesetzliche Nutzungsrecht für die Tonträgerhersteller bestünden Bedenken. Zur Wahrung der Interessen der Schallplattenindustrie reiche eine Zwangslizenz aus, es müsse nicht notwendigerweise eine gesetzliche Lizenz eingeführt werden. 819 Durch die bisherige Zwangslizenz sei auch der Urheber vor der Schallplattenindustrie geschützt gewesen, weil diese bei Inanspruchnahme der Lizenz erst den Urheber davon unterrichten und eine angemessene Vereinbarung mit ihm über die beabsichtigte Benutzung treffen mußte.820 Auch Schulze lehnte die gesetzlichen Nutzungsrechte zugunsten der Tonträgerhersteller und der Sendeunternehmen ab. 821 Sei schon die Zulässigkeit der ehemaligen 813

Stellungnahme der ARD zum MinE in Β 141/2629 B1.023. Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter Ε. II. Stellungnahme der ARD in Β 141/2629 B1.022. 815 Der Schallplattenhersteller könne die gesetzliche Lizenz schon in Anspruch nehmen, wenn der Urheber einem anderen ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt hatte, während dem Sendeuntemehmen die gesetzliche Lizenz nur gewährt werde, wenn der Urheber einem anderen ein ausschließliches Nutzungsrecht übertragen hatte, vgl. Stellungnahme der ARD zum MinE in Β 141/2629 B1.023. 816 Stellungnahme der ARD zum MinE in Β 141/2629 B1.023. 817 Stellungnahme der ARD zum MinE in Β 141/2629 B1.023. 818 Stellungnahme von Eifas in Β 141/2625 B1.022. Hierfür bestehe kein Bedürfnis. 819 Die bisherige Bestimmung des § 22 LUG habe ausreichend Schutz vor einer Hortung von mechanisch-musikalischen Rechten und ihrer Nichtausübung geboten, vgl. Stellungnahme von Eifas in Β 141/2625 B1.021. 820 Eine Inanspruchnahme der Gerichte sei bislang vermieden worden, es bestehe daher kein Bedürfnis, die Einführung des § 60 anstelle der bisherigen Zwangslizenz vorzunehmen, vgl. von Erffa in Β 141/2625 Bl. 022. 821 Vgl. Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β 141/2626 B1.079. 814

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller umstritten gewesen, so erschienen die gesetzlichen Nutzungsrechte mit dem durch das GG gewährten Eigentums- und Persönlichkeitsschutz unvereinbar. 822 Auch zugunsten öffentlicher Interessen dürften den Urhebern keine größeren Opfer zugemutet werden als den Trägern anderer Vermögensrechte. 823 Nach Veröffentlichung des MinE setzte sich auch der Fachausschuß für Urheberund Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht erneut mit den gesetzlichen Nutzungsrechten auseinander. Prof. Ulmer wies darauf hin, daß die umfangreiche Bestimmung des § 61 einen optisch ungünstigen Eindruck mache und daß vor allem ihr Umfang nicht ihrer praktischen Bedeutung entspreche.824 Insbesondere werde durch die umfassend geregelten Ausnahmen der Grundsatz der Bestimmung in Abs. 1 durchlöchert mit dem Ergebnis, daß die gesetzliche Lizenz praktisch nur bei kleineren Teilen dramatisch-musikalischer Werke, bei denen das mechanische Vervielfältigungsrecht nicht von der GEMA wahrgenommen werde, zum Tragen komme. Daher wurde eine Empfehlung an das BMJ ausgesprochen, vor allem die so bedeutsame Ausnahme des Abs. 7 Ziff. 3, wonach nur die Werke dem gesetzlichen Nutzungsrecht unterworfen sein sollten, deren mechanisches Vervielfältigungsrecht gerade nicht von der GEMA wahrgenommen wurde, schon im Eingang der Vorschrift zu erwähnen. 825 Die in § 62 dem Rundfunk zugesprochene gesetzliche Lizenz sollte nach Ansicht des Ausschusses nur den öffentlich rechtlichen Sendegesellschaften gewährt werden. 826 In einer eigens mit Vertretern des Rundfunks abgehaltenen Besprechung konnten die Bedenken des Rundfunks gegen die vorgenommenen Einschränkungen der gesetzlichen Lizenz in § 62 weitgehend ausgeräumt werden. 827 Zu der Freistellung der 822

Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β 141/2626 Bl. 079; vgl. auch Schulze, Die Zwangslizenz. 823 Es wäre mit dem Gleichheitsgrundsatz nicht vereinbar, eine Gruppe der Bevölkerung, nämlich die Urheber, zu einer öffentlichen Aufgabe stärker heranzuziehen, als andere Bevölkerungsteile, vgl. Schulze in der Denkschrift zur Urheberrechtsreform in Β141/2626 B1.079. 824 Prof. Ulmer in Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β 141/2633 Bl. 142. 825 Dadurch entstehe dann auch optisch der richtige Eindruck, vgl. Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β141/2633 Bl. 143. 826 Nachdem zunächst von Erffa nochmals die Streichung des ganzen § 62 gefordert hatte, wies Prof Ulmer darauf hin, daß ohne eine solche gesetzliche Lizenz vor allem ausländische Verwertungsgesellschaften ihr Repertoire dem Deutschen Rundfunk verschließen könnten. Man sollte also grundsätzlich an dieser Regelung festhalten, vgl. Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Β141/2633 Bl. 143. 827 Vgl. bereits Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.III.2. Vermerk des BMJ zur Besprechung mit Vertretern des Rundfunks in Β141/2644 Bl. 072. Der Rundfunk hatte sich gegen die Anknüpfung der gesetzlichen Lizenz an den Tatbestand der Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts gewehrt.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

von den Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte erläuterte Dr. Haertel, dies sei nur im Hinblick auf den im Verwertungsgesellschaftengesetz vorgesehenen Kontrahierungszwang eingeführt worden. Sollte dieser im weiteren Verlauf der Urheberrechtsreform wider Erwarten gestrichen werden, so werde auch die Regelung des § 62 erneut zu überprüfen sein. Die enge Verbindung zwischen der Freistellung der von Verwertungsgesellschaften wahrgenommenen Rechte und dem Kontrahierungszwang des Verwertungsgesellschaftengesetzes solle dann auch in der Begründung hervorgehoben werden. 828 Der RegE von 1961 sah daraufhin vor, daß das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Schallplattenindustrie noch nicht zur Entstehung gelangte, wenn der Urheber die Erlaubnis zur Herstellung von Tonträgern nicht einem Tonträgerhersteller erteilt hatte, sondern einem Dritten, etwa seinem Verleger, ein entsprechendes Recht eingeräumt hatte. Vielmehr sollten die Voraussetzungen für die gesetzliche Lizenz erst dann gegeben sein, wenn der Urheber einem Hersteller von Tonträgern gestattet hatte, das Werk zu gewerblichen Zwecken auf Tonträger zu übertragen und diese zu vervielfältigen (§ 64). Anderenfalls hatte ja noch kein Hersteller eine Monopolstellung erlangt. 829 Weiterhin war die Geltendmachung der Lizenz für den Fall ausgeschlossen, daß der Urheber seine Rechte bereits an eine Verwertungsgesellschaft übertragen hatte. 830 Das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten des Rundfunks wurde in § 65 Abs. 1 allgemein auf Sprachwerke erstreckt. Es bestand mithin an Sprachwerken und an Werken der Musik. Alle anderen Werke waren von der Regelung des § 65 ausgenommen, da diese nach Ansicht der Begründung nicht in gleichem Maße für die Durchführung des Sendebetriebs Bedeutung erlangten, wie Sprachwerke oder Werke der Musik. 831 Bei den anstehenden Beratungen in BR und BT traten die Bestimmungen über die gesetzlichen Nutzungsrechte im Vergleich zu den anderen zur Diskussion stehenden Regelungen, wie etwa die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch, das Folgerecht oder die Urhebernachfolgevergütung in den Hintergrund. Der im RA des BR eingesetzte Unterausschuß empfahl, die gesetzliche Lizenz für die Schallplattenindustrie daran anzuknüpfen, „daß einem Hersteller von Tonträgern ein Nutzungsrecht an einem Werk der Musik eingeräumt worden ist." Durch diese allgemeinere Formulierung sollte die Vorschrift auch dann zum Zuge kommen, wenn das Nutzungsrecht nicht von einem Urheber, sondern von einem sonstigen Berechtigten eingeräumt worden war. 832 Da sich auch der RA des BR dieser Anregung anschloß833, nahm der BR eine entsprechende Forderung in seine Stellungnahme auf. 834 828

Vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in dem Vermerk des BMJ zur Besprechung mit Vertretern des Rundfunks in Β141/2644 B1.072. 829 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.77. 830 Hier verwies die Begründung auf § 11 des Entwurfes eines geplanten Verwertungsgesellschaftengesetzes, wonach die Verwertungsgesellschaften einem Abschlußzwang unterlagen, jeder Tonträgerhersteller also diese Rechte gegen Zahlung einer angemessenen Vergütung verlangen konnte, vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.77. 831 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62. S. 78.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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Der vom RA des BT einberufene Unterausschuß „Urheberrecht" erörterte daraufhin die Frage der gesetzlichen Nutzungsrechte mit den geladenen Sachverständigen in einer gemeinsamen Sitzung mit dem UA des KA „Urheberrechtsfragen". 835 Nach Ansicht der Schallplattenindustrie stellte § 64 eine sehr glückliche Lösung dar. 836 Wenig Verständnis für dieses gesetzliche Nutzungsrecht zeigte dagegen Dr. Richartz. Eine Zwangslizenz zugunsten der Tonträgerhersteller würde genügen, die Einführung einer gesetzlichen Lizenz sei nicht notwendig.837 Auch Dr. Schulze führte aus, zwischen der GEMA und der Schallplattenindustrie bestehe ein gutes Verhältnis, was dazu geführt habe, daß kein Fall bekannt sei, in dem von der bislang vorgesehenen Zwangslizenz in § 22 LUG überhaupt tatsächlich habe Gebrauch gemacht werden müssen. Er habe daher in der alten Vorschrift keinen praktischen Wert gesehen und dasselbe gelte auch für die vorgesehene Nachfolgebestimmung.838 Es bestünden somit grundsätzliche Bedenken gegen die Einführung einer Zwangslizenz oder sogar eines gesetzlichen Nutzungsrechts in das neue Urheberrechtsgesetz. 839 Das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Rundfunkanstalten verteidigte sodann Prof. Brack als Vertreter der ARD. Er berief sich auf Art. 27 Abs. 1 der am 10.12.1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündeten allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, wonach „jeder Mensch das Recht hat, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich der Künste zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Wohltaten teilzuhaben." Der Rundfunk als solcher sei eines der wichtigsten Mittel, um diese Proklamation zu

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Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S. 12, Archiv des Bundesrates, R2651-Nr.il/62. 833 Vgl. 245. Sitzung RA BR am 24.01.1962 S. 14, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. 834 Vgl. Empfehlungen der Ausschüsse in BR-Drucks. 1/1/62 S.7, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 2 und 240. Sitzung BR am 02.02.1962, BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11 D. 835 Vgl. bereits Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. b) aa). 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 53 ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 836 Dr : v. Rauscher als Vertreter der Landesgruppe der Internationalen Vereinigung der Phonographischen Industrie in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 53, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Da nach § 64 Abs. 1 die gesetzliche Lizenz nicht zum Tragen komme, wenn eine Verwertungsgesellschaft die Rechte wahrnehme, bestehe nicht mehr die Notwendigkeit, den einzelnen Urheber anzugreifen, sondern man könne auf dem Wege der Vereinbarung mit der Verwertungsgesellschaft dann zu einer Lösung kommen. Da die GEMA einem Kontrahierungszwang unterliege, sei diese Lösung sehr gut. 837 Darum bat er im Interesse der Urheber um die Beibehaltung einer Zwangslizenz, vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 54, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 838 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 61, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 839 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 57, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

verwirklichen. 840 Der Rundfunk habe daher das Interesse, das gesamte geistige Gut, das im Inland oder Ausland geschaffen worden sei, den Hörern möglichst ungehemmt, aber natürlich unter Entrichtung der Urheberhonorare und unter Berücksichtigung der Interessen der Urheber zur Verfügung zu stellen.841 Daher liege dem Rundfunk sehr viel daran, daß der Gesetzgeber die doch verhältnismäßig begrenzte gesetzliche Lizenz, die in § 65 des RegE vorgesehen sei, bestehen lasse.842 Dagegen erinnerte Dr. Schulze, daß die Erklärung der Menschenrechte, selbst wenn er die Bestimmung jetzt nicht wörtlich zitieren könne, auch festlege, daß die Künstler geschützt werden sollen, und zwar „in ihrem droit moral ebenso wie in der Wahrnehmung ihrer materiellen Interessen". 843 Außerdem sei zu bedenken, daß es noch nie eine Zwangslizenz zugunsten des Rundfunks in Deutschland gegeben habe, solange ein Urheberrechtsgesetz bestehe, und der Funk habe niemals sein Programm gefährdet gesehen. In jeder Rundfunkanstalt gebe es hervorragende Lizenzund Honorarabteilungen, die sich bisher immer sehr sorgfältig um alle Rechtsfragen gekümmert hätten, damit keine Rechtsverletzungen begangen würden. Betrachte man diese Vorschrift als Praktiker ganz nüchtern, so bleibe auch wegen der zahlreichen Ausnahmeregelungen so wenig davon übrig, daß man sich ebenso wie bei § 64 die Frage stelle, für wen diese Bestimmung von Nutzen sein solle. 844 Dr. Müller-Blattau Schloß sich, als Vertreter der Musikverleger und der Bühnenverleger, zwar der Ansicht an, daß der Rundfunk besondere Aufgaben habe und damit auch besondere Rechte erhalten solle. Aber der Rundfunk habe vor allem auch besondere Pflichten, und zu denen gehöre es in erster Linie, die Rechte des Staatsbürgers in besonderem Maße zu wahren, da der Rundfunk ja ein Staatsinstrument, wie dessen Vertreter selbst betonten, eine Anstalt des öffentlichen Rechts sei. 845 Dazu gehöre eben auch, daß der Rundfunk in besonderem Maße das Urheberrecht in 840

So die Ausführungen Prof. Bracks in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 63, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 841 In der Praxis sei dies aber gar nicht so einfach, da man oft nicht wisse, wo die Urheberrechte im einzelnen liegen. Eine öffentlich rechtliche Rundfunkanstalt könne es sich aber nicht erlauben, einen Fehler zu machen, auch wenn man sich dessen nicht bewußt sei, also beispielsweise ein Werk zu senden, dessen Rechte von einem Falschen erworben worden seien, vgl. die Ausführungen von Prof Brack in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 64, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 842 Prof Brack in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 64, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 843 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 70, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 844 Vgl. Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 72, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Das, was sich der Rundfunk ursprünglich einmal davon versprochen habe, erfülle sich nicht, wenn man alle Komplikationen, die diese Regelung mit sich bringe, gleichzeitig betrachte. 845 Dr. Müller-Blattau sprach für die Musikverleger und für die Vereinigung der Bühnenverleger, vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 74, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17.

Β. Inhaltliche Schranken des Urheberrechts

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allen seinen Eigentümlichkeiten achte, und zu diesen Eigentümlichkeiten gehöre nun einmal die Verfügungsfreiheit des Urhebers über seine individuelle schöpferische Leistung. 846 Im Anschluß an die Aussprache mit den Sachverständigen beschloß der UA des RA einstimmig, die Bestimmung über das gesetzliche Nutzungsrecht für Tonträgerhersteller in § 64 in Form einer Zwangslizenz als § 61 a hinter § 60 in den Gesetzentwurf einzufügen und die ursprünglich geplanten §§ 64, 65 und 66 zu streichen. 847 Nach dem Formulierungsvorschlag des UA für die in § 61 a vorgesehene Zwangslizenz sollte, „wenn einem Hersteller von Tonträgern ein Nutzungsrecht an einem Werk der Musik eingeräumt worden war, mit dem Inhalt, das Werk zu gewerblichen Zwecken auf Tonträger zu übertragen und diese zu vervielfältigen und zu verbreiten, der Urheber verpflichtet sein, jedem anderen Hersteller von Tonträgern, der im Geltungsbereich dieses Gesetzes seine Hauptniederlassung oder seinen Wohnsitz hatte, nach Erscheinen des Werkes gleichfalls ein Nutzungsrecht mit diesem Inhalt zu angemessenen Bedingungen einzuräumen." Dies sollte allerdings nicht gelten, wenn das bezeichnete Nutzungsrecht erlaubterweise von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen wurde oder wenn das Werk der Überzeugung des Urhebers nicht mehr entsprach, ihm deshalb die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden konnte, und er ein etwa bestehendes Nutzungsrecht aus diesem Grunde zurückgerufen hatte.848 Diesem Vorschlag schlossen sich sowohl der Wirtschaftsausschuß849 als auch der Rechtsausschuß an. 850 In dem schriftlichen Bericht des RA war ausgeführt, daß in Übereinstimmung mit dem Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik sowie dem Wirtschaftsausschuß zwar dem Grundgedanken einer gesetzlichen Lizenz zugunsten der Schallplattenindustrie zugestimmt werde, jedoch eine Abschwächung in eine Zwangslizenz, wie sie für diese Fälle bereits im geltenden Recht vorgesehen war, empfehlenswerter erscheine. Eine solche Regelung sei für den Urheber günstiger, weil sie es ihm ermögliche, die Bedingungen für die Nutzung seines Werkes in angemessenem Rahmen selbst festzusetzen. 851 BT und BR waren sich dann über die Annahme der Zwangs846

Dr. Müller-Blattau in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S.74 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 847 Vgl. 13. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13 S.6. Ebenso beschloß der im KA eingesetzte Unterausschuß „Urheberrechtsfragen", das gesetzliche Nutzungsrecht zugunsten der Tonträgerhersteller in eine Zwangslizenz umzuwandeln und das gesetzliche Nutzungsrecht für den Rundfunk gänzlich zu streichen, vgl. dazu 11. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S. 5, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 20. 848 So der Formulierungsvorschlag in 13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13 S.7. Weitere Einzelheiten waren in den Absätzen 2 bis 7 ausführlich geregelt. 849 108. Sitzung WA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 108, S. 11, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr. 27. 850 1 31. Sitzung RA BT4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.7, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.46. 851 Vgl. den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. IV/3401, S.21 f., zu IV/3401, S . l l . Dem Interesse der Schallplattenindustrie, beim Eintritt der Voraussetzungen für die Zwangslizenz möglichst schnell die Produktion aufnehmen zu können, sollte die in Abs. 6

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

lizenz zur Herstellung von Tonträgern in der vom RA vorgeschlagenen Fassung einig 8 5 2 , so daß sie als § 62 des UrhG von 1965 Gesetz wurde. 853 Im Ergebnis war also die Vorschrift in § 62 über eine Zwangslizenz zur Herstellung von Tonträgern beinahe unverändert aus dem geltenden Recht übernommen (§ 22 LUG). Praktische Bedeutung konnte sie allerdings nur für ausländische Komponisten und Texter erlangen, da die inländischen Urheber ihre Rechte nahezu ausnahmslos von der GEMA wahrnehmen ließen und noch lassen, und § 61 nach der ausdrücklichen Regelung in Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz in diesen Fällen keine Anwendung finden sollte, da für die Verwertungsgesellschaften ohnehin ein Abschlußzwang bestehe.854 Der Umfang der Gesetzesbestimmung war also seit ihrer Entstehung, zumindest solange die mechanischen Rechte von einer Verwertungsgesellschaft verwaltet wurden, umgekehrt proportional zu ihrer praktischen Bedeutung.855

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts (Schutzfrist und Urhebernachfolgevergütung) I. Schutzfrist Die bedeutsamste Beschränkung des Urheberrechts zugunsten der Interessen der Allgemeinheit liegt in seiner zeitlichen Begrenzung.1 Dies ist zugleich das wesentliche Merkmal, welches das Urheberrecht als „geistiges Eigentum" von dem Sacheigentum unterscheidet.2 Die Befristung des Urheberrechts, die dem Sachenrecht nahezu3 unbekannt ist, bedarf, wie alle anderen Schranken, einer Rechtfertigung. Ursprünglich war dazu meist ausgeführt, daß alles geistige Schaffen seine Grundlage in der gedanklichen Gesamtentwicklung und in den Werten habe, die der Urheber vorSatz 2 der Vorschrift vorgesehene Regelung Rechnung tragen, nach der einstweilige Verfügungen unter erleichterten Voraussetzungen erlassen werden konnten. 852 187. Sitzung BT 4.Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9432 D und auch BR-Sitzungsberichte 1965, S. 153 C, wo zunächst noch die Einberufung des Vermittlungsausschusses beschlossen wurde, die aber nicht die Zwangslizenz für Tonträgerhersteller zum Gegenstand hatte. Die endgültige Zustimmung des BR erfolgte also in der 285. Sitzung, vgl. BR-Sitzungsberichte 1965, S. 167B. 853 Vgl. BGBl. 1 1965, S. 1273 (1281). 854 Vgl. auch Fromm!Nordemann, § 61, Rz. 2. 855 SchrickerlMelichar, § 61, Rz. 1, ebenso auch MöhringlNicolinilGass, § 61, Rz. 3. Die Vorschrift habe nur eine untergeordnete praktische Bedeutung. 1 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 161. Vgl. auch de Boor , Vom Wesen des Urheberrechts, S.75, der zu bedenken gab, daß die Bedeutung dieser Frage nicht „übertrieben" werden solle. Es sei nur eine verschwindend geringe Anzahl von Werken, die 30 Jahre nach dem Tod des Urhebers noch lebendig sein werden, und welche es sein werden, sei nicht voraussehbar. Es handele sich demnach nicht um die Interessen der Urheber, sondern um die der zweiten Generation seiner Erben. 2 Schrickerl Katzenberger, §64, Rz. 1. 3 Vgl. aber den Nießbrauch an Sachen, der gem. § 1061 BGB mit dem Tod des Nießbrauchers erlischt.

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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finde und anderen verdanke. Da sein Werk von der gemeinsamen Atmosphäre von Tatsachen und Erfahrungen der ganzen menschlichen Gesellschaft abhänge, sei es gerecht, daß ihm nur ein befristetes Schutzrecht an seiner Schöpfung gewährt werde. 4 Dieser Argumentation wurde aber vielfach entgegengehalten, sie verkenne, daß alle menschlichen Leistungen umweltbedingt seien. 5 Jedermann, auch der Eigentümer eines Hauses, baue auf dem geistigen Gemeingut und der Arbeit seiner Vorfahren auf. 6 Außerdem erstrecke sich das Urheberrecht nur auf die individuellen Züge des Werkes, nicht aber auf das von ihm benützte Allgemeingut. 7 Vielmehr müsse davon ausgegangen werden, daß in der sozialen Ordnung den geistigen Schöpfungen eine andere Funktion zukomme, als den Sachgütern. 8 Die Sachgüter seien zu dauernder Verteilung bestimmt, während die geistigen Schöpfungen die Tendenz in sich tragen würden, Gemeingut zu werden. 9 Außerdem dürfte wohl das Interesse der entfernten Nachkommen des Urhebers auf einen wirtschaftlichen Gewinn aus den Geisteswerken ihres Vorfahren, mit dem sie in keiner inneren Verbindung mehr stünden, nicht schutzwürdig sein. 10 Daher lasse sich die Ansicht vertreten, das Ur4 Ähnlich formuliert Runge, S. 120. Das Urheberrecht als geistiges Eigentum habe die Besonderheit, auf der kulturellen Vorarbeit früherer Generationen, wie der Zeitgenossen, zu ruhen. Infolgedessen müßten die Rechte des einzelnen zugunsten der Allgemeinheit begrenzt werden. Vgl. dazu und zu weiteren Ansätzen, die zur Rechtfertigung der zeitlichen Befristung des Urheberrechts herangezogen worden waren, Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.53. 5 Die geistige Arbeit, aus der individuelle Schöpfungen erwachsen, brauche einen Vergleich mit sonstiger menschlicher Arbeit, die zum Gütererwerb führe, nicht zu scheuen. Von der Leistung her lasse sich der Unterschied zwischen der begrenzten Dauer des Urheberrechts und der unbegrenzten Dauer des Eigentums jedenfalls nicht rechtfertigen, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.6. 6 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 53. Hier werde auch keine Begrenzung der Rechte abgeleitet. 7 Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 53, der auch noch andere ältere Ansätze zur Rechtfertigung der zeitlichen Schranke des Urheberrechts diskutiert. So könne beispielsweise auch das Argument, daß die Allgemeinheit um des Kulturlebens willen nach einer gewissen Zeit Anspruch auf eine freie, unentgeltliche Benutzung der geistigen Güter habe, nicht durchgreifen. In Wirklichkeit falle das dem Urheber üblicherweise zufließende Honorar im Vergleich zu den übrigen anfallenden Kosten der Werkvermittlung kaum ins Gewicht. 8 So Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 6. Ebenso Hubmann, Das Recht des schöpferischen Geistes, S. 152. Alle geistigen Inhalte und Formen unterscheiden sich von den körperlichen Gegenständen dadurch, daß sie einmalig und unvertretbar seien. Als Ausgleich für diese Einmaligkeit und Unvertretbarkeit wohne geistigen Gütern die Eigenschaft inne, daß an ihnen alle zugleich teilhaben könnten. 9 Die Gedanken und Lehren, die in den Werken offenbart werden, würden bereits mit der Veröffentlichung Gemeingut, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.6. Das Werk in seiner Individualität bleibe zwar geschützt, aber dieser Schutz bestehe nur, solange noch mit Rechtsnachfolgern des Urhebers zu rechnen sei, die seiner Person nahestünden und denen daher sowohl die wirtschaftliche Verwertung wie die Wahrung der ideellen Interessen zu belassen sei. Nach Ablauf dieser Zeit werde das Werk seine reichste Wirkung entfalten, wenn seine Wiedergabe jedermann freistehe. 10 Vgl. auch Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 54.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

heberrecht auf eine Zeit zu beschränken, die etwa der Lebenszeit des nächsten Angehörigen des Autors entspreche.11 Auch in der amtlichen Begründung zum RegE hieß es, daß die Befristung des Schutzes dem Wesen des Urheberrechts entspreche, „weil die Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst anders als körperliche Gegenstände ihrer Natur nach Mitteilungsgut sind und nach einer die geistigen und wirtschaftlichen Interessen des Urhebers und seiner Erben angemessen zu berücksichtigenden Frist der Allgemeinheit frei zugänglich sein müssen."12 Die Auffassungen über eine angemessene Dauer der Schutzfrist waren geteilt. Seit Erlaß der EG-Schutzfristen-RL vom 29.10.199313 scheint die Diskussion auch im Hinblick auf das europäische Urheberrecht mittlerweile allerdings abgeschlossen. 1 4 Maßgebend für Länge und Berechnung der Frist kann nur das Verständnis von Wesen und Funktion des Urheberrechts sein.15 Versteht man das Urheberrecht primär als Investitionsschutz für den Verwerter, dann muß die Schutzfrist von dem mehr oder weniger frühen Tod des Urhebers unabhängig sein.16 Sollte das Urheberrecht dagegen auch und vor allem dem Urheber Anreiz und Belohnung verschaffen, darf die Schutzfrist zumindest nicht vor dem Tod des Urhebers ablaufen. 17 Ist nun die urheberrechtliche Schutzdauer eines Werkes abgelaufen, so wird das Werk gemeinfrei. 1 8 Es kann von jedermann, insbesondere auch von jedem gewerblich tätigen Verwerter, frei verwertet werden, ohne daß er die Zustimmung des Urhebers oder des Rechtsnachfolgers einholen müßte.19 11

Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.54. Begründung des RegE in BT-Drucks. IV/270, S. 33. Femer wurde auf die Auffassung fast aller Kulturstaaten verwiesen sowie auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Feststellung der verfügungsberechtigten Erben nach einigen Generationen. 13 Vgl. die Richtlinie 93/98/EWG des Rates der EU vom 29.10.1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte in EG-Abi. 1993 L290, S.9 (auchGRURInt. 1994, S. 141 ff.) und dazu Schack in GRUR Int. 1995, S.310ff. sowie Dietz in GRUR Int. 1995, S.670ff. 14 Vgl. Schack Rz.466. Es gilt nunmehr in allen EU-Staaten eine einheitliche Schutzdauer von 70 Jahren. 15 Insofern kann auf Grün, S. 52 ff. verwiesen werden, der sich umfassend mit sämtlichen zum Urheberrecht entwickelten älteren und neueren Theorien befaßt und ausführlich untersucht, ob eine zeitliche Begrenzung nach dem Verständnis der jeweiligen Theorien mit dem Wesen des Urheberrechts vereinbar ist. Entsprechend der herrschenden Ansicht folgt Grün der monistischen Auffassung vom Wesen des Urheberrechts, wonach dem Wesen des Urheberrechts eine zeitliche Schranke des Urheberrechts immanent ist, vgl. Grün, S. 97. 16 Vgl. Schack Rz. 467. Entsprechend sah das erste moderne Urhebergesetz, das britische Statute of Anne von 1710, eine Schutzfrist von 14 Jahren ab Veröffentlichung des Werkes vor. 17 Auch sei es wohl legitim, daß der Urheber seine nächsten Angehörigen versorgt wissen wolle. Da aber unterschiedliche Schutzfristen, je nachdem, ob der Urheber Ehegatten, Kinder oder andere Erben hinterläßt, dem Rechtsverkehr nicht zugemutet werden könnten, komme nur eine einheitliche, vom Tod des Urhebers ausgehende Schutzfrist in Betracht, vgl. Schack Rz. 467. 18 Schrickerl Katzenberger, §64, Rz.5. 19 Vgl. Schricker/Katzenberger, §64, Rz.5. Auch eine Pflicht zur Zahlung einer Vergütung entfalle, solange nicht das „domaine public payant" eingeführt werde. Zu der Diskussion um die 12

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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1. Ursprüngliche Regelung im LUG (1901/1910) und KUG (1907/1910) Nach der ursprünglichen Rechtslage des § 29 LUG endigte der Schutz des Urheberrechts, wenn seit dem Tod des Urhebers 30 Jahre und außerdem seit der ersten Veröffentlichung des Werkes 10 Jahre abgelaufen waren. 20 Dazu bestimmte § 34, daß die Schutzfristen mit dem Ablauf des Kalenderjahres begannen, in welchem der Urheber gestorben oder sein Werk veröffentlicht worden war. Normalerweise war also der Schutz auf 30 Jahre nach dem Todesjahr des Urhebers bestimmt. Um aber eine Veröffentlichung nach dem Tod des Autors dann noch zu motivieren, wenn bereits eine längere Jahresreihe nach seinem Tod verflossen war, galt seit 1901 für die posthumen Veröffentlichungen mindestens die Frist von 10 Jahren, gerechnet von dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die Veröffentlichung erfolgt war. 21 Maßgebend konnte dabei immer nur die rechtmäßige Veröffentlichung durch den Urheber oder seinen Rechtsnachfolger sein, die unrechtmäßige Veröffentlichung durch einen Dritten setzte die Frist nicht in Lauf (§ 35). 22 Bei mehreren Urhebern entschied nach § 30 das Todesjahr des Letztlebenden, so daß die Schutzfrist für den Vorverstorbenen über 30 Jahre hinaus verlängert wurde. 23 Nicht nach dem Todesjahr des Autors, sondern nach dem Jahr der ersten Veröffentlichung sollte sich die 30jährige Frist richten, wenn diese durch eine im Gesetz bezeichnete juristische Person vorgenommen worden war (§ 32). 24 Ebenfalls nicht vom Todesjahr, sondern vom Veröffentlichungsjahr an lief die Frist, wenn es sich um Werke handelte, die anonym oder pseudonym veröffentlicht worden waren. 25 Die Frist war also in den möglichen Einzelfällen nicht immer gleich bemesEinführung dieses Rechts, auch Kulturabgabe oder Urhebernachfolgevergütung genannt, vgl. die Ausführungen unten. 20 Zum Ganzen und vor allem auch zur Begründung der Schutzdauer in den verschiedenen deutschen Urheberrechtsgesetzen vgl. Grün, S.43ff. 21 Vgl. dazu Heymann, Die zeitliche Begrenzung des Urheberrechts, S. 52. Wird aber ein Werk überhaupt nicht veröffentlicht, so war es bekanntlich sogar ewig geschützt. Erst mit der Veröffentlichung begann der Fristablauf, ein Grundsatz, der den größten Bedenken unterliege. 22 Heymann, S. 52. Vgl. dazu auch Allfeld, § 35 LUG, Rz. 1. Durch diese Bestimmung sollte klargestellt werden, daß in allen Fällen, in welchen nach dem Gesetz die Veröffentlichung, insbesondere das Erscheinen eines Werkes, oder die öffentliche Mitteilung eines wesentlichen Inhalts von Bedeutung war, eine Handlung, durch die das Werk ohne Erlaubnis veröffentlicht oder seinem wesentlichen Inhalt nach öffentlich mitgeteilt worden war, für den Schutz des Berechtigten außer Betracht blieb. 23 Vgl. dazu Marwitz/Möhring, § 30 LUG, S. 224 und Allfeld, § 30 LUG, Rz. 1 ff. 24 Durch § 32 sollte verhindert werden, daß, wenn einer juristischen Person das Urheberrecht zustand, dessen Schutz etwa bis 30 Jahre nach dem Bestehen derselben, also unter Umständen durch die Jahrhunderte andauerte, vgl. Marwitz/Möhring, § 32, Rz. 3 (S. 227). 25 Das Gesetz unterschied hier noch zwischen Werken, die anonym oder pseudonym geblieben waren und Werken, deren Urheber später angegeben wurde. In letzterem Fall konnte der Berechtigte dem erstmals anonym oder pseudonym veröffentlichten Werk die in § 29 regulär vorgesehene 30jährige Schutzfrist verschaffen, vgl. dazu Allfeld, § 31 LUG, Rz. 5. Die Bestimmung über die Schutzdauer bei anonymen oder Pseudonymen Werken ging bereits auf das 34 Maracke

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

sen, als Normalfrist lag aber, wenn auch in verschiedenen Anwendungen, die 30jährige Schutzfrist zugrunde. 26 Für Kunstwerke galten im wesentlichen dieselben Grundsätze nach Maßgabe des KUG. Allerdings kannte das KUG nicht die 10jährige Nachfrist, wonach der Schutz mindestens 10 Jahre nach der ersten Veröffentlichung betrug, was also bei Publikationen posthumer Werke nach Ablauf des 30sten Jahres vom Tod des Verfassers gerechnet, zum Versagen des Schutzes führte. Daher gab es hier keinen ewigen Schutz für unveröffentlichte Werke. 27 Auch fehlten gesonderte Vorschriften über anonyme und pseudonyme Werke. Im Vordergrund stand also die 30jährige vom Tod des Urhebers an laufende Frist, mit Ausnahme der Werke der Fotografie, die lediglich 10 Jahre lang geschützt sein sollten.28 2. Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen

vom 13.12.1934

Seit Erlaß von LUG und KUG wurde über eine Verlängerung der Schutzfrist diskutiert. 29 Hatte bereits die Berliner Fassung der RBÜ von 1908 in Art. 7 Abs. 1 eine Schutzdauer von 50 Jahren akzeptiert 30, so ließ der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 die Dauer des Urheberrechts noch offen (§§ 52ff.). 31 Die Frage, ob an der 30jährigen Schutzfrist festgehalten oder ob mit der großen Mehrheit der zur Berner Verbandsübereinkunft gehörenden Staaten die 50jährige Schutzfrist angenommen werden sollte, sei sehr umstritten. 32 Der Hauptgesichtspunkt, der für eine Verlängerung spreche, nämlich die Angleichung an den Rechtszustand, der in dem weitaus größten Teil der Welt, und zwar im Bereich der RBÜ mit ganz wenigen LUG von 1870 zurück, vgl. zur Vertiefung die detaillierten Ausführungen bei Schricker/Katzenberger, § 66 UrhG, Rz. 4 f. 26 Heymann, S. 54. 27 Vgl. Heymann, S. 54; auch Marwitz, § 25 KUG, S. 182 ff. Auch fehlten gesonderte Vorschriften über anonyme und pseudonyme Werke. 28 Vgl. Marwitz, § 26 KUG, S. 185. Die Bestimmung rechnete vom Erscheinen des Werkes. War das Werk jedoch bis zu dem Tod des Urhebers noch nicht erschienen, so sollte die Frist ab dem Zeitpunkt des Todes zu laufen beginnen. 29 Vgl. Grün, S.46 m.w.N. 30 Art. 7 der RBÜ in der Fassung von Berlin abgedruckt bei Nordemann/Vinck/Hertin, Anhang S.425. Danach umfaßte die Dauer des durch die Übereinkunft gewährten Schutzes das Leben des Urhebers und 50 Jahre nach seinem Tod. Für den Fall, daß diese Dauer nicht gleichmäßig in allen Verbandsstaaten angenommen sein sollte, richtete sich die Dauer allerdings nach dem Gesetz desjenigen Landes, wo der Schutz beansprucht wurde. Damit war also die 50jährige Schutzfrist für die Verbandsstaaten keineswegs bindend, sondern lediglich als eine allgemeine Richtschnur anerkannt. 31 Vgl. dazu Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1267). Der Abschnitt des Entwurfes über die Dauer des Urheberrechts enthalte eine „Überraschung", die gewöhnliche Dauer des Urheberrechts war offengelassen. 32 Vgl. die Ausführungen in der Begründung zu dem Entwurf von 1932, S. 104. Auf die mannigfachen Gründe für und wider eine Änderung des geltenden Rechtszustandes wollte die Begründung nicht näher eingehen.

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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Ausnahmen gelte, sei sicher von größtem Wert. Auf der anderen Seite könne aber durch die Verlängerung der Schutzfrist auf 50 Jahre die Benutzung der geschützten Werke für die Allgemeinheit wesentlich verteuert werden. 33 Eine solche Folge sei aber zur Zeit nicht tragbar, daher sehe der Entwurf zunächst davon ab, zu einer möglichen Schutzdauerverlängerung Stellung zu nehmen.34 Von dieser offengelassenen Frage, ob 30 oder 50 Jahre, abgesehen, regelte der Entwurf sowohl die allgemeine Schutzdauer, als auch die besonderen Fristen für nachgelassene Werke und für die Rechte von Miturhebern in Übereinstimmung mit den Vorschriften in LUG und KUG. 35 Lediglich für Werke der Kinematographie war in § 54 Abs. 1 eine Sonderregelung getroffen, wonach die allgemeine Schutzfrist von dem Tag der Veröffentlichung an laufen sollte.36 Sowohl in der internen Überarbeitung dieses Entwurfes von 193337 als auch in der Fassung von 193438 war schon eine Verlängerung der Schutzdauer auf 50 Jahre vorgeschlagen. Zur endgültigen Einführung der 50jährigen Schutzfrist in Deutschland kam es dann mit dem Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen vom 13.12.1934.39 In der amtlichen Begründung hieß es, daß sich eine Klärung dahin ergeben habe, daß kulturpolitische und volkswirtschaftliche Gründe die Ausdehnung des Schutzes von bisher 30 Jahren auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers wünschenswert machen würden. 40 Eine Übergangsregelung sah vor, daß die Verlängerung der Schutzdauer auch für die bereits geschaffenen Werke eintrat, die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch urheber33 Insbesondere sei eine Verteuerung der Musikveranstaltungen zu befürchten, die in der Zeit äußerster Bedrängnisse aller Kulturinstitute schwer zu tragen sein würde, vgl. auch Klauer in GRUR 1932, S.639 (654). 34 Begründung des Entwurfes von 1932 S. 104. 35

Vgl. §§52ff. des Entwurfes von 1932 nebst Begründung dazu S. 103 ff. Vgl. dazu die Begründung des Entwurfes von 1932 S. 105. Für Werke der Fotografie sollte in Abweichung von dem geltenden Recht (§ 26 KUG) eine Schutzfrist von 20 Jahren gelten. 37 Vgl. §48 des Fassung von 1933, R 3001/6559, Blatt 64, Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933. 38 Vgl. §48 ff. des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, S.544f. 39 Vgl. RGBl. 1934 II, S. 1395. Die Einführung dieser Frist kam trotz aller Diskussion „ziemlich unvermittelt", vgl. dazu Rudolff in UFITA Bd. 8 (1935), S. 107 (107). 40 Vgl. die Amtliche Begründung in DJ 1935, S.4 f. Dies blieb die einzige Anmerkung, die eigentlichen Motive, die den Gesetzgeber zu der Verlängerung der Schutzfrist veranlaßt hatten, wurden im einzelnen nicht bekanntgegeben. Nähere Ausführungen sind aber in dem Entwurf von 1933 zufinden, der zu §48 bemerkte, daß die 30jährige Schutzfrist z.T. nicht ausreiche, um den Angehörigen großer Meister die angemessenen Beträge zu sichern. Für die gewerblichen Verwerter, insbesondere für den Musikverlag, sei die Fristverlängerung von existenzieller Bedeutung. In dem Schreiben des Reichsjustizministers der Justiz an die übrigen Minister sowie an das Auswärtige Amt war ebenfalls bereits angedeutet, daß die Dauer des Urheberschutzes in Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Reichswirtschaftsrates und des Deutschen Vereins für den gewerblichen Rechtsschutz die Frist auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert werden soll, vgl. R 3001/6539, Bl. 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S. 2. 36

34

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion rechtlich geschützt waren. 4 1 Dementsprechend führte dann auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 die 50jährige Schutzfrist ein (§48). 4 2 Zugunsten der Staaten, die sich mit Deutschland i m Kriegszustand befanden, brachte schließlich das Gesetz Nr. 8 der Alliierten Hohen Kommission eine Verlängerung der Schutzdauer infolge des Kriegszustandes. 43 Nach Art. 5 dieses Gesetzes waren die literarischen und künstlerischen Eigentumsrechte in Deutschland, die einem solchen Staat oder Staatsangehörigen bei Beginn oder während des Kriegszustandes zwischen Deutschland und dem betreffenden Staat zustanden, zu verlängern. 4 4 Für deutsche Staatsangehörige erfolgte i m Zusammenhang mit den Kriegsereignissen allerdings keine Verlängerung der Schutzfrist. 45

3. Die Entwürfe

des BMJ

Da mittlerweile auch die Brüsseler Konferenz der R B Ü i m Jahre 1948 eine einheitliche Schutzdauer von 50 Jahren für das gesamte Verbandsgebiet als zwingendes Konventionsrecht vorgesehen hatte 46 , stand zumindest die Länge der Schutzfrist für 41 Vgl. §2 des Gesetzes vom 13.12.1934, RGBl. 1934, S. 1395. Wurde das Urheberrecht vor Inkrafttreten dieses Gesetzes ganz oder teilweise einem anderen überlassen, so erstreckte sich diese Verfügung im Zweifel nicht auf die Dauer der Verlängerung der Schutzfrist. Wer jedoch vor Inkrafttreten ein Urheberrecht erworben oder die Erlaubnis zur Ausübung einer urheberrechtlichen Befugnis erhalten hatte, blieb weiterhin gegen angemessene Vergütung zur Nutzung des Werkes berechtigt. 42 Vgl. dazu den Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes, S.56. Entsprechend der inzwischen durch ein Sondergesetz getroffenen Regelung sollte die Schutzfrist nunmehr 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers ablaufen. Bei Filmwerken sollte, wie in dem Entwurf von 1932 vorgeschlagen, die Schutzfrist 50 Jahre nach der Veröffentlichung oder 50 Jahre nach der Herstellung des ersten gebrauchsfähigen Abzugs enden (§ 50). 43 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 207 und über die dazu ergangenen Bestimmungen vgl. HaertellSchneider, S. 122ff. 44 Der Antrag war bis zum 03.10.1950 zu stellen. Verlängerungsdauer war die Zeitspanne zwischen dem Kriegsbeginn bzw. dem späteren Zeitpunkt, in dem das Recht entstand, und dem 30.09.1949. Zur Durchführung dieses Gesetzes erging die deutsche VO vom 08.05.1950. Die Verlängerung hatte die Wirkung, daß der Lauf der Schutzfrist während der durch das Gesetz Nr. 8 bestimmten Zeitspanne als gehemmt galt, vgl. die Ausführungen bei Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.207f. 45 Vgl. auch Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 163. 46 Art. 7 Abs. 1 der RBÜ in der Brüsseler Fassung von 1948. Die Bestimmung beinhaltete zwingendes Konventionsrecht, so daß jeder Verbandsstaat verbandsangehörige Werke während der Lebenszeit des Urhebers und 50 Jahre nach seinem Tod schützte. Falls einige Verbandsländer eine längere Schutzdauer gewähren, sollte sich die Schutzdauer nach dem Gesetz des Landes richten, wo der Schutz beansprucht wurde. Sie konnte aber die im Ursprungsland des Werkes festgesetzte Dauer nicht überschreiten, vgl. zur Vertiefung Bappert/Wagner, Art. 7 RBÜ Rz. 2 ff. Die Einführung der einheitlichen 50jährigen Schutzfrist war insbesondere der Haltung der britischen Delegation zu verdanken, die bereit war, zugunsten eines bedingungslosen Schutzes während voller 50 Jahre auf das in Großbritannien bislang geltende Lizenzsystem zu verzichten, vgl. dazu den Bericht bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (13).

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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den Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission nicht zur Diskussion. Nach § 48 des Berliner Entwurfes vom März 1951 endete das Urheberrecht 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers, bei mehreren Urhebern 50 Jahre nach dem Tod des letztlebenden Miturhebers. Für den Fall, daß ein nachgelassenes Werk in den letzten 10 Jahren vor Beendigung des Urheberrechts veröffentlicht worden war, endete das Urheberrecht erst 10 Jahre nach der Veröffentlichung. 47 War der wahre Name des Urhebers nicht angegeben, so sollte nach § 49 mit Ausnahme der Werke der bildenden Künste der Zeitpunkt der Veröffentlichung für die Fristberechnung maßgeblich sein.48 Das Urheberrecht an Filmwerken lief 50 Jahre nach der Herstellung aus (§51). Sollte das Werk innerhalb dieser Frist veröffentlicht worden sein, endete das Urheberrecht 50 Jahre nach der Veröffentlichung, falls sich nicht aus der Grundregel des § 48 etwas anderes ergab.49 Für die Berechnung der Fristen war das jeweilige Kalenderjahr ausschlaggebend, in dem der Urheber gestorben oder das Werk veröffentlicht oder herausgestellt worden war (§ 52). Mit geringfügigen sprachlichen Überarbeitungen, aber der Sache nach unverändert, fanden sich diese Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts auch in den §§ 48 ff. des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951.50 Noch vor Ausarbeitung des RefE im Jahre 1954 wurde vor allem aus Kreisen der Urheber die Forderung laut, das Urheberrecht müsse zeitlich unbegrenzt sein. Entsprechend der Auffassung vom Urheberrecht als „geistigem Eigentum" traten vor allem die Professoren Lehmann, Ermecke und Overath sowie der Komponist Richartz einer zeitlichen Begrenzung des Urheberrechts entgegen.51 So forderte Lehmann eine Neuordnung der Güterwelt nach ihrem wahren Lebenswert. Die zeitliche Begrenzung bedeute eine Geringerbewertung des geistigen Eigentums gegenüber 47

Vgl. dazu die Begründung zu dem Berliner Entwurf in Β 141/2551 B1.067. Es bestehe kein Bedürfnis, in einem solchen Fall das Urheberrecht nach der regulären Schutzdauer von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers enden zu lassen und dem, der das Werk veröffentlicht hatte, die ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Werk zu gewähren. Vielmehr erscheine es richtiger, in diesem Fall den Rechtsnachfolgern das volle Urheberrecht zu überlassen. 48 Wie bereits im geltenden Recht vorgesehen, konnte dadurch, daß der wahre Name des Urhebers innerhalb der regulären Frist von 50 Jahren nachträglich angegeben wurde, wiederum die allgemeine Frist von 50 Jahren beansprucht werden, vgl. § 49 Abs. 2. Eine Sonderregel für Lieferungswerke in § 50 legte fest, daß bei solchen Werken, die in inhaltlich nicht abgeschlossenen Teilen erschienen, das Urheberrecht 50 Jahre nach der Veröffentlichung der letzten Lieferung endete, wenn der wahre Name des Urhebers unbekannt war. 49 Dasselbe sollte auch für Werke des Kunstgewerbes gelten (§ 51 Abs. 2). Die Dauer des Urheberrechts bei diesen Werken, die in der Regel durch Angestellte oder Beauftrage von gewerblichen Unternehmen geschaffen werden, ausschließlich nach der Grundregel des § 48 zu bestimmen, könne in der Praxis zu Schwierigkeiten führen, da der Urheber der Werke schwer zu ermitteln sein werde. Daher sollte die Dauer des Urheberrechts auch hier von der leichter feststellbaren Veröffentlichung oder Herstellung der Werke abhängig sein, vgl. dazu die Begründung zu dem Berliner Entwurf in Β151/2551 B1.068. 50 Vgl. §§48ff. des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 107f. 51 Vgl. dazu die unter dem Titel „Urheberrechtsreform - ein Gebot der Gerechtigkeit" erschienenen Beiträge von Lehmann, Ermecke, Overath und Richartz.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

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dem Sacheigentum. Der Einwand, daß geistige Schöpfungen, die über diese Zeitspanne hinaus ihre Bedeutung behielten, in den geistigen Besitz der Allgemeinheit übergegangen seien, treffe, soweit Werke der Tonkunst in Betracht kämen, allenfalls für Volkslieder und Schlagerlieder zu, nicht aber für die sonstige ernste Unterhaltungsmusik. Diese müßten immer wieder durch eine Aufführung für den Hörer lebendig gemacht werden. 53 Wenn die Vererbbarkeit der Werknutzungsrechte 50 Jahre nach dem Tod des Schöpfers erlöschen solle, weil das geistige Eigentum in dieser Zeit schon in so vielen Menschen Mitträger gewonnen habe und ein gewissermaßen öffentliches Gut geworden sei, dann konnte nach Ansicht Ermeckes daraus nicht etwa eine Freiheit der Werknutzung, beispielsweise eine Aufführungsfreiheit, hergeleitet werden. 54 In solchen Fällen sollten sinnvollerweise die eingenommenen Erträgnisse zur Unterstützung bedürftiger Urheber und ihrer mittellosen Hinterbliebenen verwandt werden.55 Auch die schöpferischen Werke des Geistes im Bereich der Kunst sollten von Staats wegen unter Denkmalschutz gestellt werden, falls sie dessen würdig seien. Schließlich war auch nach Ansicht Richartzs die den schöpferischen Künstlern zugemutete Begrenzung ihrer Rechte auf die Zeit von 50 Jahren nach ihrem Tod ganz unhaltbar. 56 Gerade das Urheberrecht erlaube keine zeitliche Begrenzung. Einmal, weil die Persönlichkeitsrechte des Künstlers in seinem Werk fortlebten, solange das Werk existiere und dann, weil es keine Begründung dafür gebe, daß Werknutzungsrechte jemals gemeinfrei würden. 57 52

Vgl. Lehmann in Urheberrechtsreform, S. 12. Vgl. Lehmann in Urheberrechtsreform, S. 13. Selbst wenn man der Erwägung beipflichte, daß die Beziehungen der Erben zum Urheber nach Ablauf einer längeren Schutzfrist in der Regel die Nähe verloren haben, die es rechtfertigen würde, ihnen die alleinige Obhut über das für die Allgemeinheit so wichtig gewordene Werk und den aus seiner Verwertung fließenden Nutzen zu belassen, so müsse wenigstens an dem Entschädigungsgrundsatz zugunsten der enteigneten Sacheigentümer festgehalten werden. 54 Ermecke in Urheberrechtsreform, S. 30. 55 Zu diesem Zwecke könnte eine Berufsgemeinschaft der Komponisten zuerst auf die Mittel zurückgreifen, die ihr aus der Verwertung geistigen Eigentums verstorbener Meister zufallen, vgl. Ermecke in Urheberrechtsreform, S. 30. Diese Überlegung, nach Ablauf einer bestimmten Frist die Werknutzung gegen eine bestimmte Vergütung freizugeben und die daraus hervorgehenden Erträgnisse zur Unterstützung bedürftiger Urheber und ihrer Hinterbliebenen zu verwenden, stand in enger Beziehung zur Urhebernachfolgevergütung, wie noch zu zeigen sein wird. 56 Richartz in Urheberrechtsreform, S. 46. Wenn ein Künstler ein Musikwerk geschaffen habe, so sei für ihn damit ein Recht entstanden. Wo mittlerweile die künstlerische und wirtschaftliche Bedeutung der Urheberrechte doch etwas anders gesehen werde als in den Jahren 1901 und 1910, so könne man die Urheber heute nicht mehr glauben machen, daß das an einem Werk entstandene Recht 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers aufhören solle zu existieren. 57 Zur Vertiefung vgl. Richartz in Urheberrechtsreform, S.47. Jeder Rechtsinhaber, auch der Aktienbesitzer und Bergwerkseigentümer lege Wert auf eine zeitlich unbegrenzte Nutzung seiner Werke. Schließlich hänge der wirtschaftliche Wert von Rechten nicht zuletzt davon ab, wie lange dieselben genutzt werden können. 53

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Ungeachtet dessen übernahm der RefE von 1954 in § 61 den Grundsatz der 50jährigen Schutzfrist. 58 Dem Anliegen der Urheber, eine längere Schutzfrist festzusetzen oder gar ein ewiges Urheberrecht zu gewähren, wollten die Verfasser nicht entsprechen. Eine längere Schutzfrist sei nur in sehr wenigen ausländischen Staaten vorgeschrieben59 und es erscheine nicht gerechtfertigt, den Urheberrechtsschutz über die nach geltendem Recht gewährte Frist auszudehnen.60 Der Urheber und seine Erben hätten in der Zeit zwischen Schöpfung des Werkes und dem Ablauf von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers genügend Gelegenheit, das Werk zu verwerten und dadurch den verdienten Lohn für die geistige Schöpfung zu erhalten. Nur ganz wenige Werke würden nach Ablauf dieser Frist überhaupt noch zu verwerten sein, und das seien oftmals gerade die Meisterwerke der Literatur und Kunst, an deren möglichst leichter Verbreitung die Allgemeinheit ein besonderes Interesse habe.61 Weiterhin sollte in dem Fall, daß ein nachgelassenes Werk nach Ablauf von 40, aber vor Ablauf von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers, also innerhalb der letzten 10 Jahre vor Beendigung des Urheberrechts veröffentlicht wurde, das Urheberrecht erst 10 Jahre nach der Veröffentlichung erlöschen. 62 Wurde das Werk erst nach Ablauf der Frist von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers erstmals veröffentlicht, so war in dem neu vorgesehenen § 67 bestimmt, daß derjenige, der es zuerst im Geltungsbereich des Gesetzes veröffentlichte, 10 Jahre lang das ausschließliche Recht haben sollte, das Werk zu verwerten. 63 Im übrigen übernahm der RefE die Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts für die Fälle, daß das Urheberrecht meh58

Die Begründung berief sich dazu auf das Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen vom 13.12.1934 sowie auf die Vorgabe des Art. 7 Abs. 1 der RBÜ in der Brüsseler Fassung, in dem eine Schutzfrist von 50 Jahren ab dem Tod des Urhebers als Mindestfrist zwingend vorgeschrieben war, vgl. Begründung zum RefE S. 180. 59 Genannt waren lediglich Spanien (80 Jahre) und Portugal (ohne zeitliche Begrenzung). 60 Vgl. Begründung zum RefE S. 180. 61 Begründung zum RefE S. 180. Bei diesen Werken liege es im allgemeinen kulturellen Interesse, daß sie von jedermann bearbeitet und verwertet sowie frei für Sammlungen benutzt werden dürfen, vor allem aber, daß sie zu einem niedrigen Preis in weitesten Kreisen verbreitet werden können. 62 Die im ursprünglichen Recht nach § 29 Abs. 1 LUG vorgesehene zusätzliche Frist von 10 Jahren nach der Veröffentlichung des Werkes, die u. U. zu einer Verewigung des Urheberrechts für nicht veröffentlichte Werke führte, lehnte der RefE ausdrücklich ab. Es wurde aber das dahinterstehende Bedürfnis anerkannt, daß auch für die Herausgabe eines Werkes nach Ablauf der Schutzfrist von 50 Jahren ein Schutz vorgesehen sein müsse, weil andererseits niemand bereit sein werde, die Kosten für die Herausgabe zu übernehmen, da ja jedermann das Werk nachdrucken oder sonst veröffentlichen könnte, vgl. Begründung zum RefE S. 180f. Daher erscheine es gerechtfertigt, wenn der Rechtsnachfolger des Urheberrechts das Werk noch kurz vor Ablauf der Schutzfrist herausbringen wolle, den Schutz nicht auf die kurze Zeit bis zum Ablauf der 50 Jahre zu beschränken, sondern ihm noch volle 10 Jahre lang Schutz zu bieten, damit er die entstandenen Kosten durch alleinige Verwertung des Werkes in dieser Zeit wieder hereinbringen könne. 63 Bei dieser Bestimmung über die Veröffentlichung nachgelassener Werke handelte es sich allerdings nicht um Urheberrecht, sondern um ein Leistungsschutzrecht, ein verwandtes Schutzrecht, vgl. dazu die Begründung des RefE S. 184 f.

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reren zustand (§ 62) oder daß das Werk ohne Angabe des wahren Namens des Urhebers erschienen war (§ 63) oder daß es sich um ein Lieferungswerk handelte (§ 64), aus den Entwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf. 64 Schließlich sollte auch für die Berechnung der Schutzfristen nach § 65 das Kalenderjahr ausschlaggebend sein, in dem das jeweilige Ereignis eingetreten war. Nach Erscheinen des RefE setzten sich dann insbesondere einige Interessenverbände seitens der Urheber für ein ewiges Urheberrecht ein. Nach Ansicht des Deutschen Komponisten-Verbandes war das Urheberrecht zeitlich unbegrenzt.65 Ebenso hielt der Deutsche Schriftsteller-Verband eine Begrenzung der Schutzfrist für nicht gerechtfertigt. 66 Auch die Internationale Richard Strauss Gesellschaft konnte die zeitliche Begrenzung des Urheberrechts nicht gutheißen.67 Es erscheine unerläßlich, daß der ideelle Schutz der Geisteswerke für alle Zeiten gewährleistet werde und daß zudem eine Vorschrift i. s. d. § 53 des Entwurfes von 1939 zur Erhaltung von Werken mit allgemeiner Bedeutung in das neue Urheberrechtsgesetz aufgenommen werde. 68 Gegen die Beschränkung des Urheberrechts auf einen Zeitraum von 50 Jahren wandte sich auch Schulze.69 Es komme für das künftige Urheberrecht nicht allein auf eine Verlängerung der Schutzfrist an. Maßgeblich sei allein die Frage, ob nach dem GG überhaupt noch eine Begrenzung der Dauer des Urheberrechts zulässig sei. Da diese Frage verneint werden müsse, sei § 61 des RefE zu streichen. 70 Daneben sprach sich auch Richartz in einer Veröffentlichung nochmals mit Nachdruck gegen die zeitliche Schranke des Urheberrechts aus.71 Es ergebe sich von selbst, daß eine zeitliche Begrenzung der Urheberrechte jedem vernünftigen Rechtsgedanken widerspreche. Dagegen würden auch keine Rechtskonstruktionen helfen und wenn man sich noch so große Mühe mache.72 Die Werke der Musikschöpfer und Dichter könnten gar nicht gemeinfrei werden, weil das geschaffene Werk auf 64

Vgl. im einzelnen die Begründung zu dem RefE S. 182f. Vgl. bereits oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 1. Stellungnahme des Deutschen Komponisten-Verbandes in Β 141/2570 Bl. 115. 66 Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes in Β 141/2572 B1.044. Gewiß sei eine Schutzfrist von 50 Jahren eine lange Zeit. Aber wenn ein Urheber einmal ein derart wichtiges Werk hinterlasse, das 50 Jahre nach seinem Tod noch Anklang finde, dann gehöre es eben in den Nachlaß und es sei nicht einzusehen, warum die Erben des Urhebers nicht ihre Nutzungen daraus ziehen sollten. 67 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 222. 68 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft in Β 141/2569 Bl. 223. 69 Schulze, Recht und Unrecht, S. 53. Den Ausführungen lagen ebenfalls die Beiträge der Professoren Lehmann, Ermecke und auch Richartz zugrunde, denen sich Schulze im Ergebnis anschloß. 70 Schulze, Recht und Unrecht, S.53. 71 Richartz in Musik und Dichtung Nr. 11 1954 (August), S.7 f. 72 Etwas anderes sei es, daß man die Beschränkung der Vererbbarkeit der Urheberrechte auf 50 Jahre nach dem Tod bejahen könne. Das bedeute aber keineswegs, daß die Musik nach Ablauf der 50jährigen Vererbbarkeitsfrist frei werde, vgl. Richartz in Musik und Dichtung Nr. 11 1954 (August), S. 8. 65

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immer dem Schöpfer zugehöre. Als höchst gefährlich bezeichnete schließlich Walter von Molo die Befristung der Rechte der Urheber. 74 Wenn man beginne, derartige Unterschiede zu machen und materielles Eigentum zu schützen, während das geistige Eigentum zu wenig oder überhaupt keinen Schutz genieße, dann werde es bald sehr schwer sein, eine Grenze zu ziehen und zu verteidigen, hinter der Eigentum noch bestehen dürfe. Kein Bauer, kein Großgrundbesitzer, kein Fabrikant und auch kein Industrieller werde 50 Jahre nach seinem Tod enteignet.75 Abgesehen von diesem Anliegen aus Urheberrechtskreisen wurde die 50jährige Schutzfrist aber auch von zahlreichen Interessenverbänden ausdrücklich gutgeheißen. Der Deutsche Bühnenverein beispielsweise stimmte der Begründung in jeder Hinsicht zu. 76 Der Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände begrüßte, „daß der Schutz des Urhebers nicht, wie in jüngster Zeit vielfach gefordert wird, ins Uferlose ausgedehnt wird, indem man das geistige Eigentum dem Eigentum an einer Sache gleichstellt."77 Als ein Recht an einem geistigen Werk, das als individuelle Schöpfung nur ein einziges Mal existiere und auch grundsätzlich nicht durch ein anderes ersetzt werden könne, an dem aber eine Vielheit, es möge die ganze Menschheit sein, teilhabe, sei es dem vererblichen, auf „ewig" bestehenden Sacheigentum nicht gleichzusetzen.78 Die Auseinandersetzung um die Dauer der Schutzfrist erreichte auch die Öffentlichkeit. Anders als bei den spezielleren Rechtsfragen, wie etwa die Ausgestaltung des Inhalts oder die Übertragbarkeit des Urheberrechts, war der zeitliche Ablauf dieses Rechts für jedermann ein Begriff. Sowohl die Einführung der Frist zu einem bestimmten Zeitpunkt als auch die Länge der Frist selbst wurde vielfach als willkürlich empfunden. 79 In den zur Vertiefung des RefE abgehaltenen Beratungen waren die 73

Richartz in Musik und Dichtung Nr. 11 1954 (August), S. 8. Vgl. Stellungnahme von Molos als Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Β 141/2570 Bl. 033. 75 Stellungnahme von Molos als Vizepräsident der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Β 141/2570 B1.033f. Es sei doch unmöglich, das Wegnehmen von materiellem Eigentum Diebstahl zu nennen und als solchen zu bestrafen, gleichzeitig aber zu sagen, den Erben der geistigen Urheber werde alles weggenommen. 76 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2570 B1.015. Das Festhalten an der 50jährigen Schutzfrist sei gutzuheißen. Schlagworte wie „Enteignung" seien unzutreffend. Jede geistige Schöpfung resultiere aus dem geistigen Gut der Vergangenheit und müsse letzten Endes den späteren Generationen wieder frei zur Verfügung stehen. 77 Stellungnahme des Börsenvereins Deutscher Buchhändler- und Verlegerverbände in Β 141/2571 B1.012. 78 Stellungnahme des Börsenvereins Deutscher Buchhändler- und Verlegerverbände in Β 141/2571 B1.012. 79 Vgl. den als ein Beispiel Artikel in der ZEIT vom 20.01.1955 mit dem Titel „Wie lang sind fünfzig Jahre?" von Christian E. Lewalter. Nach dem gesunden Menschenverstand sei es wohl die gerechteste Lösung, wenn jede zeitliche Begrenzung fallengelassen und das Urheberrecht durch das neue Gesetz für ewig erklärt werde. Aber auch diese radikale Lösung habe einen Haken, nämlich daß sie nicht mit rückwirkender Kraft versehen werden könne. 74

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts indessen kaum ein Streitpunkt. 80 Zeigten sich doch sogar die zu einer Besprechung geladenen Urheber mit der zeitlichen Befristung des Urheberrechts einverstanden.81 Eine unbeschränkte und unbefristete Vererbbarkeit des Urheberrechts hielt man für nicht durchführbar. Auch die Sachverständigenkommission stimmte gegen die Einführung eines unbefristeten Urheberrechts. 82 Das Argument, das Urheberrecht müsse als geistiges Eigentum in seiner Ausgestaltung dem materiellen Eigentum angeglichen werden und sei daher zeitlich unbegrenzt, lehnte vor allem Prof. de Boor ab.83 Die Bezeichnung „geistiges Eigentum" dürfe nicht zu einer Verwässerung des Eigentumsbegriffs führen. Das Urheberrecht sei etwas anderes als das Sacheigentum und brauche eine eigene Ausgestaltung.84 Eine Gleichstellung des Urheberrechts mit dem Sacheigentum führe notwendig zu Überspannungen, die niemand wolle. Selbstverständlich müsse der Urheber in der Herrschaft über sein Werk geschützt werden. Dieser Schutz ergebe sich aber aus urheberrechtlichen, nicht aus eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten. Urheberrecht sei die Herrschaft über die Mitteilung, aber kein Eigentum.85 Allerdings wurde in diesem Zusammenhang wiederholt über die Einführung einer Kulturabgabe gesprochen.86 Dr. Haertel wies in einer eigens zur Frage der Kulturabgabe abgehaltenen Sitzung darauf hin, daß die Einführung des domaine public payant eng mit der Frage des ewigen Urheberrechts zusammenhänge.87 Man müsse 80

Vgl. Beschlußprotokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28./29.01.1955 in Β 141/2573 B1.250 (Rückseite). Die Aufhebung der Bestimmung, daß das Urheberrecht 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt, wurde nicht beantragt. 81 Vermerk zu der Besprechung mit prominenten Urhebern vom 24.10.1955 in Β 141/2585 Bl. 170. Der Schriftsteller Hermann Kasack erklärte, er sei kein Anhänger der Forderung eines unbefristeten Urheberrechtsschutzes und des Begriffes vom geistigen Eigentum. 82 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 118. Für den unbefristeten Schutz stimmte entsprechend den Ausführungen in den zum RefE veröffentlichten Schriften lediglich Generaldirektor Schulze. 83 Vgl. de Boor in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 110. 84 Selbstverständlich falle das Urheberrecht, wie alle Vermögensrechte, unter die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Das berechtige aber nicht dazu, bei den Begrenzungen des Urheberrechts von einer Enteignung zu sprechen. Die Befristung sei dem Urheberrecht immanent, vgl. de Boor in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 110. 85 De Boor in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 111. Ebenso wandte sich Prof Ulmer ausdrücklich gegen ein ewiges Urheberrecht, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 113. Der Begriff „geistiges Eigentum" passe für das Urheberrecht nicht ganz, die Verwendung dieses Ausdrucks als Schlagwort sei aber zweckmäßig, um die Forderungen der Urheber durchzusetzen. 86 Vgl. unten die Ausführungen zur Kulturabgabe. Dr. Haertel wies in einer eigens zur Frage der Kulturabgabe abgehaltenen Sitzung darauf hin, daß die Einführung des domaine public payant eng mit der Frage des ewigen Urheberrechts zusammenhänge. 87 Vgl. Niederschrift über Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe (domaine public payant) in Β 141/2589 BL 114.

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sich darüber klar sein, daß bei Einführung eines ewigen Urheberrechts für ein domaine public payant kein Raum mehr sei, denn beim ewigen Urheberrecht verblieben sämtliche Rechte bei den Erben der Urheber, so daß es nicht möglich sei, der Allgemeinheit die Benutzung dieser Werke gegen Zahlung einer Gebühr an eine dritte Stelle zu gestatten. So entschied sich dann der MinE von 1959 dafür, an der Befristung des Urheberrechts auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers festzuhalten, gleichzeitig aber die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung vorzuschlagen.88 Die Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts in §§ 64 bis 68 des MinE entsprachen sachlich unverändert den Vorschlägen des RefE von 1954. Als einzige Änderung war vorgesehen, daß die Vorschrift über die Fristenregelung bei anonymen oder Pseudonymen Werken in § 66 für Werke der bildenden Künste nicht mehr zur Anwendung kommen sollte. Bei diesen Werken bestehe für eine derartige Sonderregelung der Schutzfrist kein Bedürfnis. 89 Ferner wurde diese Regelung dahin abgeändert, daß die normale Schutzfrist auch für diejenigen Werke galt, deren Urheber bei einer öffentlichen Wiedergabe benannt worden war, und zwar unabhängig davon, ob das Werk überhaupt nicht oder ohne Urheberangabe erschienen war. 90 Die normale Schutzfrist sollte schließlich auch dann eingreifen, wenn der Urheber im nachhinein überhaupt, gleichgültig auf welche Weise, als Schöpfer des Werkes bekannt geworden war, und nicht nur wenn sein Name im Wege der Vermutung der Urheberschaft offenbart worden war. 91 Die im MinE vorgesehene Kulturabgabe geriet in heftige Kritik, wie noch zu zeigen sein wird. In der Argumentation wurde auch wieder auf die zeitliche Begrenzung des Urheberrechts Bezug genommen. Der Börsenverein der Deutschen Buchhändler- und Verlegerverbände führte in seiner Stellungnahme zum MinE aus, daß die Begründung der gesetzlichen Fristenregelung sowohl der geschichtlichen Entwicklung als auch der wissenschaftlichen Lehre vom Wesen des Urheberrechts entspreche.92 Daher sei es widersinnig, an das Urheberrecht nach Überschreiten der Zeitgrenze noch weitere Ansprüche zu knüpfen. 93 Im Ergebnis wollte der Börsenverein also an einer zeitlichen Befristung mit aller Konsequenz festhalten und dem88

Vgl. §§ 69-74 des MinE von 1959. Näheres dazu im Abschnitt über die Urhebernachfolgevergütung. 89 Vgl. die Bemerkungen zum MinE S. 63. Daher würden die Künstlerzeichen in der Vorschrift nicht mehr erwähnt. 90 Dadurch sollte vermieden werden, daß der Urheber in diesen Fällen den urheberrechtlichen Schutz möglicherweise schon zu Lebzeiten dadurch verliere, daß er versäumt hatte, sich in die dafür vorgesehene Urheberrolle eintragen zu lassen, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 64. 91 Vgl. dazu Bemerkungen zum MinE S. 64. Damit sollte die Bestimmung des Art. 7 Abs. 4 der Brüsseler Fassung der RBÜ berücksichtigt werden, nach der es nicht darauf ankam, auf welche Weise der Urheber seine Identität offenbart hatte. 92 Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 112. Ausgehend vom Schutz des Druckers, dessen zeitliche Begrenzung ebenso selbstverständlich war wie die des Schutzes des Verlegers, entwickelte sich der ebenfalls mit einer Zeitgrenze verbundene Schutz des Urhebers. 93 Vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2629 Bl. 113.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zufolge die Kulturabgabe streichen. Ebenso sollte nach Ansicht des Deutschen Bühnenvereins die zeitliche Begrenzung beibehalten werden, was zugleich die Ablehnung der Kulturabgabe bedeute.94 Die Abgabe des eigenen Rechts an die Allgemeinheit nach Ablauf einer bestimmten Frist entspreche dem das gegenwärtige Rechtssystem beherrschenden Prinzip der Sozialbindung des Rechts und gebotener Güterabwägung.95 Dagegen hielt Dr. Richartz als Vertreter des Deutschen Komponistenverbandes eine zeitliche Begrenzung der Vererbbarkeit von Urheberrechten nach wie vor für nicht erlaubt, solange man die Vererbbarkeit anderer Rechte nicht auch einschränke. 96 Die Begründung, die von Künstlern geschaffenen Werke drängten dazu, gemeinfrei zu werden, könne nicht aufrechterhalten werden. Bergwerkseigentum, Hauseigentum, Land- und Waldbesitz würden angesichts der Bevölkerungszunahme viel mehr nach Sozialisierung drängen als das Schaffen der Künstler. 97 Selbstverständlich könne es Fälle geben, in denen eine Enteignung von Kunstwerken notwendig werde, wie dies auch bei dem materiellem Eigentum der Fall sei. Aber auch dann sei nur eine Enteignung gegen eine Entschädigung statthaft, wenigstens nach dem GG der Bundesrepublik. 98 Ganz besonders wenig stichhaltig sei der weitere Einwand, die entfernteren Erben von Kunstwerken hätten kein Verhältnis mehr zu dem von den Vorfahren Geschaffenen. Im Erbrecht werde doch nirgends verlangt, daß der Erbe ein besonders inniges Verhältnis zu dem vererbten Gut des Erblassers haben müsse.99 Die Beschränkung der Vererbbarkeit habe also nicht nur die unzulässige Schlechterstellung von Erben geistigen Eigentums gegenüber Erben materiellen Eigentums zur Folge, sondern nach Ablauf der Schutzfrist könne sich jeder über ein Werk hermachen, um 94 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2633 B1.009. Der Ruf nach einer Urhebernachfolgevergütung müsse zwangsläufig die oft fälschlich am Sacheigentum orientierte Forderung nach einem ewigen Urheberrecht auf den Plan rufen. Mit der zeitlichen Begrenzung ihres Werkschutzes ordnen sich die Urheber in den ununterbrochenen Strom übernommener, weitergegebener und neu gesetzter Traditionen ein, ordnen sich damit unter der freien Zugänglichkeit des Geistesgutes für Nachwelt und Mitwelt, zu der die künftigen Werkschöpfer ebenso gehören wie die künftigen Werkadressaten. 95 Vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2633 Bl. 009. 96 Schreiben Dr. Richartzs „Wünsche des Deutschen Komponistenverbandes zur Urheberrechtsreform" in Β 141/2640 Bl. 107. 97 Wenn man aber grundsätzlich jede Sozialisierung ablehne, dann müsse man diese auch für das von schöpferischen Künstlern geschaffene Eigentum am Kunstwerk ablehnen, vgl. Schreiben Richartz in Β 141/2640 Bl. 107. 98 Vgl. Schreiben Richartz in Β 141/2640 Bl. 108. 99 Die Verfechter dieser Ansicht sollten aufgefordert werden, darzulegen, inwiefern die Erben von Aktien oder Sparkassenbüchern oder auch von Brillantringen in einem innigeren Verhältnis stehen als die Enkel zu den Werken berühmter Großväter. Richartz nannte an dieser Stelle auch das Beispiel der kürzlich verstorbenen Enkelin von Albert Lortzing, welche sich zeit ihres Lebens mühsam Freikarten für Lortzing-Aufführungen an staatlichen und städtischen Theatern erbitten mußte, vgl. Schreiben Richartz in Β 141/2640 Bl. 110.

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es zu bearbeiten oder sonst zu verwerten und selber aus der Bearbeitung einen Nutzen zu ziehen. Dies habe wiederum die unerwünschte Folge, daß die zeitgenössische Kunst, zumindest im Bereich der Musik, Schaden leide. 100 In gleicher Weise setzte sich Dr. Richartz dann auch auf der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht für ein ewiges Urheberrecht ein. 101 Demgegenüber hielt Dr. Schulze die Forderung für gegenwärtig nicht realisierbar und plädierte daher für eine Verlängerung der Schutzfrist auf 80 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Eine Abstimmung zu dieser Frage ergab allerdings keine Mehrheit für die gewünschte Verlängerung. 102 Die Teilnehmer der Sitzung der Sachverständigenkommission fanden an der 50jährigen Schutzfrist nichts zu beanstanden, befaßten sich aber ausführlich mit den Bestimmungen zur Kulturabgabe, welche nunmehr vor allem vom BMJ ernsthaft unterstützt wurde. 103 Unverändert hielt dann auch der RegE von 1961 an der 50jährigen Schutzfrist fest (§§ 67 ff.) und behielt zugleich auch die Urhebernachfolgevergütung bei (§§ 73 ff.). 104 Der Vorschlag, die Schutzfrist noch um einen bestimmten Zeitraum zu verlängern, sollte im Hinblick auf die nächste Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft in Stockholm, die 1965 abgehalten werde, zunächst zurückgestellt werden. 105 Neu hinzugefügt war eine Sonderregelung über Lichtbildwerke in § 71, wonach die Schutzfrist für solche Werke abweichend von der allgemeinen Regelung nur 25 Jahre seit Erscheinen des Werkes betragen sollte. 106 100

So die Befürchtung von Richartz, vgl. das Schreiben in Β 141/2640 Bl. 112. ιοί y g l Protokoll über die Arbeitssitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07. -11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 132. 102 Protokoll über die Arbeitssitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07. -11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 132. 103

Vgl. Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 108ff. und Bl. 144. Siehe dazu den Abschnitt über die Urhebernachfolgevergütung. 104 Die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung waren allerdings unter Berücksichtigung der vorangegangenen Erörterungen überarbeitet, vgl. den Abschnitt über die Urhebernachfolgevergütung. 105 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S. 79. Eine Verlängerung der Schutzfrist über die 50 Jahre hinaus sollte auf der Stockholmer Konferenz erörtert werden. Daher empfehle es sich, jedenfalls das Ergebnis dieser Konferenz vor einer Änderung des deutschen Rechts abzuwarten. 106 Diese Bestimmung entsprach § 26 Satz 1 KUG und stand auch im Einklang mit Art. 7 Abs. 3 der RBÜ in der Brüsseler Fassung, der es den nationalen Gesetzgebungen freistellte, die Schutzfrist für Werke der Fotografie abweichend vom Grundsatz der 50jährigen Schutzfrist festzulegen, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S. 80. Die Schutzfrist sollte 25 Jahre nach der Herstellung des Werkes betragen, wenn das Werk innerhalb dieser Frist nicht erschienen war.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

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Weder BR noch BReg verloren in ihren Beratungen zum RegE ein Wort über die Schutzfristenregelung. 107 Diskutiert wurde hier vielmehr die Kulturabgabe. Erst bei der ersten Lesung im BT kam die Dauer des Urheberrechts zur Sprache. 108 Dr. Reischl warf die Frage auf, ob nicht, unabhängig von der Ausgestaltung der Kulturabgabe, in Deutschland der Schritt getan werden sollte, die Schutzdauer für das Urheberrecht über die vorgesehenen 50 Jahre hinaus zu verlängern. 109 Es sei zwar nicht einzusehen, das Urheberrecht ununterbrochen vererblich zu machen wie das Sacheigentum, weil hier eben doch die persönliche Bindung an denjenigen, der das Werk geschaffen habe, so eng sei, daß der Nachfolger, je weiter er jedenfalls von dem Urheber weg sei, nicht mehr in der Lage sein werde, dieses Erbe wirklich zu verwalten. Aber die jetzige Schutzdauer von 50 Jahren hielt Dr. Reischl für zu kurz. Sie führe dazu, daß die Witwe oder die Kinder des Urhebers, die sich mit der Verwaltung des Werkes befaßten, häufig noch lebten, wenn das Werk frei werde. Daher sollte man sehr sorgfältig überlegen, ob nicht die Schutzdauer auf mindestens 80 Jahre zu verlängern sei. 110 Im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten, die sich bei der Erörterung der Urhebernachfolgevergütung ergaben, wies dann auch der Abgeordnete Dürr (FDP) darauf hin, ob man sich nicht statt dessen mit einer Verlängerung der Schutzfrist anfreunden könne.111 Bei den anschließenden Erörterungen in den Ausschüssen des BT herrschte weitgehend Einigkeit darüber, daß ein ewiges Urheberrecht zumindest nicht in Betracht komme. 112 Denkbar sei aber eine Verlängerung der Schutzfrist. Darüber waren sich auch die meisten Sachverständigen auf der Sitzung des im RA gebildeten UA „Urheberrecht" gemeinsam mit dem vom KA eingesetzten UA „Urheberrechtsfragen" einig. 113 So hielt es Dr. Schulze als ehemaliger Befürworter des ewigen Urheberrechts für unrealistisch, diese Forderung weiterhin zu vertreten. Realistisch sei 107

Vgl. BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11; Stellungnahme des BR zum Entwurf eines UrhG, ParlA Bonn, A 1 lfd. Nr. 6; Auffassung der BReg zu der Stellungnahme des BR als BT-Drucks. IV/270 Anlage 3. los Ygi die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. a). 109

Dr. Reischl in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4650 C. Dr. Reischl in 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S. 4650 C. 111 Dürr in 100. Sitzung BT4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54 S.4652B. 112 Vgl. 5. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr.5 S.7. Hier wurde bereits klar herausgestellt, daß ein ewiges Urheberrecht einstimmig abgelehnt werde. 113 Anders hielt Dr. Reichel vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels die 50jährige Schutzfrist für ausreichend, selbst wenn man eine hohe Lebenserwartung zugrunde lege. Bei einem längeren Zeitraum werde man kaum Erben finden. Auch im Hinblick auf kulturpolitische Maßnahmen müsse das Werk eines Tages frei sein, vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT4. Wp. Sten. Prot. S. 89 f., ParlA Bonn, lfd. Nr. 17. Dagegen befürwortete Dr. Petschull, als Vertreter des Musiverlegerverbandes, eine Verlängerung der Schutzfrist vor allem für Werke der ernsten zeitgenössischen Musik. Wesentlich sei eine Verlängerung der Schutzfrist deshalb, damit es den Autoren der ernsten Musik ermöglicht werde, während der verlängerten Schutzdauer an den Erträgnissen der Aufführungsrechte, der mechanischen Rechte usw. zu partizipieren. 110

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aber, eine Verlängerung der Schutzfrist zu verlangen. 50 Jahre seien zu kurz. Allen Beteiligten werde man es niemals recht machen können, aber es werde mit Nachdruck darum gebeten, daß der Gesetzgeber einer Schutzfristverlängerung zustimme.115 Ebenso begrüßte Dr. Fromm, als Sprecher der Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände, die sich abzeichnende Einigkeit in der Diskussion um die Dauer des Urheberrechts. Die Frage der Verlängerung der Schutzfrist sei eine Aufgabe, mit der sich schon die Brüsseler Konferenz beschäftigt habe und die auch auf der Stockholmer Konferenz wieder anstehe. Man sollte sie daher auch in Deutschland, wenn man ein modernes Urheberrecht haben wolle, verwirklichen. 116 Ein Zeitraum von 80 Jahren entspreche der gestiegenen Lebensdauer und der neuen Sicht zu der Frage der Fristbegrenzung. 117 Gegen eine sofortige Verlängerung der Schutzdauer wandte sich allerdings Prof. Ulmer. 118 Man könne davon ausgehen, daß mit der Zeit auf internationaler Ebene eine Verlängerung der Schutzdauer auf 60 Jahre eintreten werde. Ein Vorprellen Deutschlands in dieser Beziehung sei gerade nicht zu empfehlen, weil damit Komplikationen verbunden sein könnten. Der im RA gebildete UA „Urheberrecht" sprach sich daraufhin einstimmig für die unveränderte Fassung der Bestimmungen über die Dauer des Urheberrechts aus.119 Ebenfalls an der 50jährigen Schutzfrist festhalten wollte der UA des KA „Urheberrechtsfragen". Gleichzeitig sollte aber für die Dauer von 25 Jahren nach Ablauf der Schutzfrist eine Urhebernachfolgevergütung zu zahlen sein, so daß das Werk insgesamt nach 75 Jahren frei werde. 120 Diesem Vorschlag folgte der KA, beschloß daneben jedoch auf Vorschlag des Vorsit-

114 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 91, ParlA Bonn, lfd. Nr. 17. Im Raum der EWG könne bereits jetzt festgestellt werden, daß es Schutzfristen mit einer Dauer über 50 Jahre post mortem auctoris gibt. Die längere Schutzdauer in Frankreich, Italien und Belgien hing allerdings damit zusammen, daß diese Länder eine Verlängerung für die Kriegsdauer vorgenommen hatten. Schulze bedauerte an dieser Stelle, daß man die Verlängerung nicht allgemein eingeführt habe. 115 Die GEMA könne sich insgesamt nicht mit dem Gedanken einer Urhebernachfolgevergütung anfreunden, sondern äußere den Wunsch nach einer Schutzfristverlängerung. Sicherlich würde man sich dabei auch im Rahmen der Berner Konvention in bester Gesellschaft finden, nachdem bereits die italienische Regierung eine Schutzfristverlängerung auf 80 Jahre beantragt habe, vgl. Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 94, ParlA Bonn, lfd. Nr. 17. 116 Dr. Fromm in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 96, ParlA Bonn, lfd. Nr. 17. 117 Damit würde man auch nicht dem Konzert der Staaten der Bemer Konvention vorprellen und nicht aus der Reihe tanzen, sondern sich durchaus mit dem im Einklang befinden, was dort beschlossen werden wird, vgl. Dr. Fromm in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 97, ParlA Bonn, lfd. Nr. 17. 118 Prof. Ulmer in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S. 34. 119 Vgl. Abstimmung in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12, S.52. 120 11. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S. 6, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 20. Vgl. auch die Ausführungen unten zur Urhebernachfolgevergütung.

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zenden Dr. Huys, eine generelle Schutzfrist von 60 Jahren zu empfehlen, da die international festgelegte Frist von 50 Jahren in vielen Fällen zu kurz sei. 121 Aufgrund dieser unterschiedlichen Vorschläge regte Dr. Reischl (SPD) auf der abschließenden Sitzung des RA an, die Frage erneut zu diskutieren 122, woraufhin sich der Abgeordnete Dr. Besold (CDU/CSU) für eine Verlängerung der Schutzfrist aussprach. Zur Begründung führte er aus, daß jede zeitliche Begrenzung des Schutzes von geistigem Eigentum im Vergleich zum „ewigen" Schutz des Sacheigentums ein etwas willkürlicher Akt sei und weil vor allem die Lebenserwartung gewaltig gestiegen sei. 123 Zudem dauere es insbesondere bei Werken der Musik oft eine lange Zeit, bis sie sich endgültig durchgesetzt hätten. RegDir Schneider räumte ein, daß vieles für die vom KA empfohlene Verlängerung der Schutzfrist auf 60 Jahre spreche, aber es auch einen praktischen Grund dagegen gebe. Wenn ein Staat eine wesentlich längere als die in Europa übliche 50jährige Schutzfrist einführe, müsse damit gerechnet werden, daß manche Urheber ihre Werke zunächst dort erscheinen ließen. Dies könne die Verbreitung und den Austausch der Werke komplizieren. 124 Daher empfehle es sich unbedingt, zunächst die Stockholmer Konferenz abzuwarten. Dessen ungeachtet beschloß der RA einstimmig, dem Vorschlag des Abgeordneten Dr. Arndt (SPD), der zunächst sogar eine 80jährige Schutzfrist beantragt hatte 125 , zu folgen und die Schutzfrist auf 70 Jahre zu verlängern. 1 2 6 Diese Verlängerung sollte bereits am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. 127 Obwohl nach dem Protokoll über die Sitzung des RA die Frage der Schutzfristverlängerung unabhängig von der Urhebernachfolgevergütung diskutiert worden war, begründete der RA seine Entscheidung in dem vorgelegten schriftlichen Bericht damit, daß er sich nicht in der Lage gesehen habe, nach Ablauf der Schutzfrist eine Urhebernachfolgevergütung einzuführen. Daher halte man es für geboten, je121

45. Sitzung KA BT4. Wp. Kurzprotokoll Nr.45, S. 13, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr.24. Dr. Reischl in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 27, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. Dr. Reischl bemerkte, daß auch der UA des RA bei seinem Entschluß, es bei der 50jährigen Schutzfrist zu belassen, ein gewisses Unbehagen nicht losgeworden sei. Daher rege er für seine Person, nicht in der Eigenschaft als Berichterstatter für den UA, eine nochmalige Aussprache an. 123 Dr. Besold in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 27, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. Auch verbiete die Berner Übereinkunft keineswegs eine längere Schutzfrist. 124 Reg. Dir. Schneider in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 28, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. 125 Dr. Arndt in 131. Sitzung RA BT4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.28, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 46. Es habe einen guten Sinn, daß nach Ablauf einer gewissen Zeit geistige Schöpfungen Allgemeingut würden. Allerdings müsse man angesichts der gestiegenen Lebenserwartung eine wesentlich längere Schutzfrist zubilligen. 126 131. Sitzung RA BT4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.29, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.46. 127 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Dr. Wilhelmi in 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.29, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr.46. 122

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denfalls die Schutzfrist angemessen zu verlängern. Als weiterer Grund wurde die gestiegene durchschnittliche Lebenserwartung angeführt. Der Ausschuß sei sich bewußt, daß die Bundesrepublik Deutschland mit der vorgesehenen Verlängerung der Schutzfrist der internationalen Entwicklung auf diesem Gebiet vorauseile. Eine solche Verlängerung werde jedoch bereits von mehreren Staaten, insbesondere Italien und Frankreich, erwogen. 129 Daher könne damit gerechnet werden, daß die Frage einer allgemeinen Verlängerung der Schutzfrist Gegenstand der Beratungen der 1967 in Stockholm stattfindenden Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft sein werde. Anders als von den Sachverständigen während der Beratungen teilweise befürchtet, hielt es der RA nicht für erforderlich, vor einer Verlängerung der Schutzfrist das Ergebnis dieser Konferenz abzuwarten. Der Gesetzgeber sollte vielmehr, wenn er der Sache nach eine Schutzfristverlängerung für berechtigt halte, diese Entscheidung alsbald treffen. 130 Der Vorschlag des RA, die Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre post mortem auctoris zu verlängern, fand in der anschließenden zweiten und dritten Beratung im BT auf allen Seiten Zustimmung. Deringer (CDU/CSU) bemerkte, daß damit zwar der internationalen Entwicklung ein wenig vorgegriffen werde, aber man könne auf diesem Gebiet „ja auch ein bißchen avantgardistisch sein". 131 Dr. Bucher (FDP) bezeichnete die Fristverlängerung als einen Schritt, mit dem zweifellos die bisherige Benachteiligung des geistigen Eigentums etwas abgeschwächt werde. 132 Schließlich hielt auch Dr. Reischl (SPD) die getroffene Entscheidung für einen sehr wichtigen Schritt, das Urheberrecht zu verbessern. Es sei sicher richtig, daß die Bundesrepublik Deutschland damit auf internationaler Ebene vorprelle, aber diese Entwicklung sollte allgemein unterstützt werden. 133 Der Schritt, den der BT vornehme, nämlich die Schutzfrist auf 70 Jahre zu verlängern, könne andere Länder dazu veranlassen, sich dem anzuschließen und die Berner Übereinkunft entsprechend zu ändern. 134 Da 128

Vgl. Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S.25f., zu IV/3401, S. 12. Vgl. Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S. 25 f., zu IV/3401, S. 12. Einige andere Staaten hätten darüber hinaus bereits eine begrenzte Verlängerung der Schutzdauer aus Anlaß der Beschränkung der Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke durch beide Weltkriege eingeführt. 130 Befürchtungen, daß eine einseitige Verlängerung zu einer unerwünschten Behinderung des freien Verkehrs von Büchern, Schallplatten, Noten oder anderen Vervielfältigungsstücken urheberrechtlich geschützter Werke vor allem im Bereich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft führen könne, wurden vom Ausschuß nicht geteilt, vgl. Schriftlicher Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S.25f., zu IV/3401, S. 12. 131 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9423 D. 132 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9424D. 133 Dies sei auch ein deutscher Beitrag für die Stockholmer Konferenz zur Revision des Berner Abkommens, die für das Jahr 1967 vorgesehen sei. Für diese Konferenz habe schon einmal ein, mittlerweile allerdings wieder zurückgezogener Antrag vorgelegen, die Schutzfrist auf 80 Jahre zu verlängern, vgl. die Ausführungen Dr. Reischls in 187. Sitzung BT4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9426 D. 134 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9424 D. 129

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sowohl der BT als auch der BR die Bestimmungen über die verlängerte Schutzfrist annahmen,135 wurde die 70jährige Schutzfrist in § 64 des UrhG von 1965 aufgenommen. 136 In § 143 war festgelegt, daß diese Bestimmung bereits am Tage nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten sollten.137

II. Urhebernachfolgevergütung (domaine public payant) Mit dem Ablauf der Schutzfrist endet das Urheberrecht, so daß die Werke von nun an gemeinfrei sind. Als wirtschaftliche Folge dieser Gemeinfreiheit ergibt sich, daß die Wiedergabe der Werke nicht nur genehmigungsfrei, sondern auch vergütungsfrei ist. 138 Dieser Zustand wurde vielfach als ungerecht empfunden, so daß sich der Gedanke entwickelte, die Wiedergabe der gemeinfreien Werke, unbeschadet der Genehmigungsfreiheit, mit einer Vergütungspflicht zu belasten, um ein Mittel für die Förderung und Unterstützung zeitgenössischer Urheber und ihrer Angehörigen herzustellen. 139 Die Forderung, die lebende Urhebergeneration an dem Nutzen zu beteiligen, der aus der Verwertung gemeinfreier Werke zu erzielen ist, wurde erstmals in Frankreich während der Revolutionszeit vertreten. 140 Später setzte sich dann der Begriff des „domaine public payant" durch. Der Gemeingebrauch, das „domaine public", in das die Werke nach Ablauf der Schutzfrist fallen, sollte zu einem mit einer Vergütungspflicht belasteten Gemeingebrauch, einem „domaine public payant", werden. 141 Der heute verbreitete Begriff des „domaine public payant" bezeichnete also in seiner ursprünglichen Bedeutung den Gemeingebrauch an urheberrechtlich nicht mehr geschützten Werken der Literatur und Kunst, der zugunsten der Förderung und Unterstützung lebender Urheber und deren Angehöriger mit ei135

Abstimmung in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9432 D. Im erneuten Durchgang im BR kam die Verlängerung der Schutzfrist abermals zur Sprache, wurde aber im Hinblick auf den Wegfall der im Entwurf vorgesehenen Vorschriften über die Urhebemachfolgevergütung und angesichts der gestiegenen Lebenserwartung gebilligt, vgl. Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses im BR am 26.05.1965, S.7, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 65/65. Endgültige Zustimmung des BR in BR-Sitzungsberichte 1965, S.167 B. 136 BGBl. 19651, S. 1273 (1282). 137 BGBl. 19651, S. 1273 (1293). 138 Die Honorare, die bisher von Verlegern, Bühnen, Konzertveranstaltern, Sendeunternehmen, Schallplattenherstellern, Filmproduzenten oder anderen an die Urhebererben zu zahlen waren, entfallen, vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 2. Auflage, S.281. 139 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 2. Auflage, S. 281. 140 Delp, S. 10. Das Frankreich der Revolutionsjahre war der natürliche Nährboden für die heißumstrittenen Ziele eines freiheitlichen Individuums und war zugleich Bedingung für die Verbindung dieser Freiheitsideale mit sozialem Gedankengut. Nichts ist naheliegender, als daß die Frage einer gerechten Entlohnung des schöpferischen Geistesarbeiters, des Künstlers und des Wissenschaftlers erst seit der Französischen Revolution mit Nachdruck erörtert wurde. 141 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 2. Auflage, S.281.

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ner gesetzlichen Vergütungspflicht für die gewerbliche Verwertung dieser Werke belastet werden sollte. 1 4 2 I m einzelnen kann das domaine public payant in sehr unterschiedlichen Gestaltungsformen realisiert werden 1 4 3 , allen gemeinsam ist aber die Verwendung der Erträgnisse aus dem domaine public payant zu sozialen oder kulturellen Zwecken i m Bereich des Kulturschaffens. 144 I m deutschen Sprachgebrauch finden sich am häufigsten die Begriffe der „Kulturabgabe" oder der „Urhebernachfolgevergütung". M i t dem älteren Begriff der Kulturabgabe verbindet sich der Gedanke, daß die auf dem domaine public payant beruhende Vergütungspflicht i m Rechtssinne eine öffentlichrechtliche Abgabepflicht ist. Dagegen soll der Begriff der Urhebernachfolgevergütung die an das Urheberrecht als Privatrecht anschließende Natur dieser Vergütungspflicht betonen. 145

1. Erste Forderungen zur Verwirklichung

eines domaine public payant

Die ersten Anregungen zur Einführung einer Kulturabgabe i n Deutschland stammten aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert. 146 Einschlägige Anträge zur Umsetzung dieses Rechtsgedankens lehnte der Reichstag bei der Beratung des L U G von 1901 jedoch ab. 1 4 7 Insbesondere wurde geltend gemacht, daß die Wiedergabe gemeinfreier Werke angesichts ihrer Bedeutung für das kulturelle Leben von jeder 142

Katzenberger in FS für Roeber 1982, S. 195. Es geht um die Belastung der Verwerter gemeinfreier Werke mit einer besonderen Abgabe, vgl. auch Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, Rz.476. 143 Vgl. zum Grundsätzlichen vor allem Dietz in FS für Roeber 1982, S.45 ff. 144 H alias in Domaine Public Payant, S. 1 f.; vgl. auch Katzenberger in FS für Roeber 1982, S. 196. Das „domaine public payant" ist gekennzeichnet durch seine Zielrichtung und durch die erweiterten Mittel zur Erreichung seines Zieles: Förderung und Unterstützung lebender Urheber und ihrer Angehörigen, durch Normierung einer Vergütungspflicht für die Verwertung von Werken der Literatur und Kunst, sei es, daß diese urheberrechtlich geschützt oder gemeinfrei sind, sei es, daß jene Verwertung eine gewerbliche ist oder auch nur dem privaten Gebrauch dient. 145 Vgl. Katzenberger in FS für Roeber 1982, S. 196. 146 Erste Forderungen gingen im Jahre 1898 von den Verwaltungen der Shakespeare-, Goethe- und Schillerstiftungen aus. Jedes Theater, das Werke dieser Autoren aufführte, sollte für die Aufführung eine Abgabe in Höhe des Preises einer Eintrittskarte zugunsten ihrer Stiftungsfonds zahlen. Zur Vertiefung vgl. vor allem Delp, S. 13 ff. und auch die Darstellung bei Katzenberger in FS für Roeber 1982, S. 199 ff. 147 Die 11. Reichstagskommission entschied sich gegen die Anträge auf Einführung eines domaine public payant und beschloß lediglich eine Resolution, wonach der Reichskanzler „ersucht werden solle, zu erwägen, ob nicht bei der neuen Herausgabe von Werken der Literatur und Tonkunst, deren Urheberrecht nicht mehr geschützt ist, sowie bei der Aufführung solcher Werke von den Verlegern oder den gewerbsmäßigen Unternehmern von Aufführungen eine Abgabe erhoben werden könne, deren Ertrag zur Unterstützung von bedürftigen Schriftstellern und Komponisten des Inlandes sowie deren bedürftigen Hinterbliebenen und Verwandten zu verwenden ist." Reichstagsprotokolle, Aktenstück 214, S. 1314. (Verhandlungen des Deutschen Reichstags 1900-1902, 10. Legislaturperiode, 2. Session, Anlage-Band 2, S. 1314). 35

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Belastung frei bleiben sollte. 148 Doch die Forderung nach einem solchen domaine public payant blieb aktuell. Immer wieder wurden Vorschläge zu einer Umsetzung dieser Idee laut. 149 Im Jahr 1919 befaßte sich das Reichsfinanzministerium mit Vorarbeiten zu einem Gesetzentwurf, wonach das Reich nach Ablauf der urheberrechtlichen Schutzfrist an die Stelle der alten Rechtsinhaber treten sollte. 150 Für die Verwertung solcher Werke sollte eine Abgabe entrichtet werden, wovon ein Teil den bedürftigen Autoren zukommen sollte. In erster Linie war allerdings daran gedacht, der Staatskasse neue Quellen zu erschließen. 151 Dieser Vorschlag, der zunächst nur in streng internen Beratungen des Reichswirtschaftsrates diskutiert wurde, stieß jedoch, sobald er an die Öffentlichkeit gelangte, auf heftige Kritik, so daß er letztlich zum Scheitern verurteilt war. 152 Die Verteuerung würde vielen Geistesarbeitern die Möglichkeit zum Erwerb ihrer Fachliteratur nehmen, diese in ihrer geistigen Arbeit behindern und somit das Geistesleben schädigen.153 Von den zur Neugestaltung des deutschen Urheberrechts veröffentlichten privaten Gesetzentwürfen enthielt lediglich der 1929 von Wenzel Goldbaum und HansErich Wb/jff verfaßte Vorschlag eine Bestimmung, wonach innerhalb von einer Dauer von 10 Jahren nach dem Erlöschen des Schutzes jeder, der das Werk benutzte, 2 % der Einnahmen aus dem Werk an das Reich zur Verwendung für die Zwecke der durch dieses Gesetz geschützten Personen und Künstler abzuführen hatte. 154 Weder der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 noch die Überarbeitungen aus den Jahren 1933 und 1934 oder der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 konnten sich zur Einführung eines domaine public payant entschließen.155 Gewissermaßen damit in Zusammenhang stand allerdings die Vorschrift über die Er148 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.209. Zur Ablehnung siehe auch Heymann, S. 116ff. 149 Dr. Otto Weddingen forderte auf dem 1904 stattfindenden Kongreß der Association Littéraire et Artistique Internationale in Weimar die Besteuerung gemeinfreier Werke zugunsten der Erben von Dichtem und anderen geistigen Schöpfern. Im Jahre 1910 veröffentlichte Ferdinand Avenarius Vorschläge zur Einführung eines domaine public payant und schließlich traten 1916 der Dichter Arno Holz sowie der Komponist Schattmann öffentlich für eine Kulturabgabe ein, vgl. zum Ganzen Delp, S. 14 f. 150 Vgl. Schulze, Kulturabgabe und Kulturfonds, S.37. 151 Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.202. 152 Vgl. Delp, S. 18 m. w. N. Zahlreiche Zeitschriften und Tageszeitungen äußerten sich zu dieser „Reichskulturabgabe". Buchhändler- und Verlegerverbände, Vertreter des Musikalienhandels, des Kunsthandels, der Bibliotheken, des Volksbildungswesens und auch der Handelskammern protestierten mit sachlichen Argumenten gegen die geplante Abgabe. 153 Vgl. die umfangreichen Ausführungen bei Delp, Die Kulturabgabe, S. 18. Eine Abgabe auf geschützte Werke sei auch schon deshalb abzulehnen, „weil sie einen unmotivierbaren Eingriff in die Rechtsbeziehungen zwischen Autor und Verleger bedeuten müßten, der sich letztlich doch zum Nachteil der Urheber selbst auswirken müsse." 154 Vgl. § 33 des Entwurfes von Goldbaum und Wolff in UFITA Bd. 2 (1929), S. 185 ff. Die übrigen privaten Entwürfe von Alexander Elster in UFITA Bd. 2 (1929), S.652; Willy Hoffmann in UFITA Bd. 2 (1929), S. 659 und Bruno Marwitz in UFITA Bd. 2 (1929), S. 668 wollten keine entsprechenden Bestimmungen über das domaine public payant aufnehmen.

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haltung von Werken allgemeiner Bedeutung in § 53 des Entwurfes von 1939. Darin war festgelegt, daß Werke von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur nach dem Tode des Urhebers nicht derart bearbeitet oder verwertet werden durften, daß diese offenbar ihren Wert oder ihr Ansehen beeinträchtigen würde. 157 Der Entwurf ging davon aus, daß mit dem Tode des Urhebers solche Werke, die von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur waren, unter dem Schutz der Volksgemeinschaft standen.158 Dabei sollten aber die Werke lediglich gegen vermeintliche Entstellungen geschützt werden, von einem Vergütungsanspruch bei Verwertung war nicht die Rede. Den Anstoß zu einer erneuten Auseinandersetzung mit dem domaine public payant gab wohl die Brüsseler Revisionskonferenz zur Berner Übereinkunft aus dem Jahr 1948. Auf Vorschlag der ungarischen Delegation wurde eine Entschließung (Voeu IV) über das domaine public payant getroffen. 159 Die Konferenz erkannte darin das Interesse an einer Besserung der Lebensbedingungen und der Arbeitsmittel der zeitgenössischen Urheber von Werken der Literatur oder der Kunst ebenso an wie die Einrichtung und eventuelle Speisung von Hilfs- und Unterstützungskassen aus neuen Mitteln, die aus einer mäßigen Gebühr auf die gewinnbringende Verwertung von urheberrechtlich freien Werken der Literatur und der Kunst herrühren, und brachte den Wunsch zum Ausdruck, daß in allen Ländern, deren Einrichtungen Gelegenheit zu einer solchen Maßnahme boten, die Möglichkeit zur Verwirklichung des domaine public payant nach den von jedem Land bevorzugten Modalitäten geprüft werde. 160 Nach den Vorstellungen des ehemaligen Direktors des Berner Bu155 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S. 104. Der Entwurf sah zunächst davon ab, zu der Frage der Schutzdauerverlängerung Stellung zu nehmen. Auch das sog. englische System, das einen 30jährigen Schutz mit anschließender 20jähriger Frist verbunden mit einer Zwangslizenz vorsah, sei abzulehnen. Namentlich in Verlegerkreisen werde es sowohl von Anhängern wie von Gegnern der Schutzfristverlängerung abgelehnt. Der Entwurf von 1939 führte zwar in § 48 eine 50jährige Schutzfrist ein, sah aber ebenfalls von der Einführung eines domaine public payant ab, vgl. den Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.56. 156 Eine solche Bestimmung wollte auch schon der Entwurf von 1934 einführen, vgl. § 53 des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht Bd. IX, S. 545. 157 Auch die überarbeitete Fassung des Entwurfes von 1932 aus dem Jahre 1933 enthielt in § 53 bereits einen besonderen, immerwährenden Schutz gegen Entstellungen für Werke von allgemeiner nationaler Bedeutung, vgl. R 3001/6539, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers vom 12.07.1933, S.5. Vgl. dazu auch den Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.42f. 158 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.43. Bei Werken von allgemeiner Bedeutung sollte die Wahrung der Urheberehre nicht von dem mehr oder minder starken Verantwortungsgefühl der Erben abhängen, sondern es sollte die Volksgemeinschaft selbst durch die zuständigen Regierungsstellen zur Wahrung der Urheberehre befugt sein, damit so die Sicherung der von den schöpferischen Persönlichkeiten der Volksgemeinschaft geschaffenen Kulturgüter verstärkt wird. 159 Schulze, Kulturabgabe und Kulturfonds, S.38. 160 y g l Documents de la Conférence réunie à Bruxelles du 5-26 Juin 1948, S.585ff. (vgl. auch DdA 1948, S. 117 f.). Deutsche Übersetzung in dem RegE 1962, BT-Drucks. IV/270, S. 81.

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reaus, Dr. Bénigne Mentha, sollte das domaine public payant entsprechend seiner Bezeichnung nur gemeinfreie Werke umfassen und die Begünstigten sollten nicht die Urheber der Werke, deren Verwertung durch die Bestimmungen abgabepflichtig werde, sondern die nationale Gemeinschaft der lebenden, oder genauer gesagt, der noch geschützten Urheber und deren Erben sein.161 Nachdem dann der Landtag Baden-Württemberg am 17.12.1948 ein Gesetz beschlossen hatte, demzufolge ab 01.01.1949 für jede in diesem Bundesland erscheinende Zeitung oder Zeitschrift durch den jeweiligen Verleger 1 Pfennig an den Staat zu zahlen war 162 und in ähnlicher Weise die sowjetisch besetzte Zone Deutschlands das domaine public payant in Form einer Kulturabgabe durch Verordnung vom 02.09.1949 eingeführt hatte 163 , war die Frage des domaine public payant auch bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 aktueller denn je. 1 6 4 Hatte doch bereits der Schutzverband Deutscher Schriftsteller im September 1950 eine Denkschrift zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes beim Deutschen BT eingereicht, die vor allem die Einführung einer „Urhebernachfolgegebühr" zum Gegenstand hatte.165 50 Jahre nach dem Tod des Verfassers von Musikwerken, Büchern oder Theaterstücken sollten alle, die diese Werke verwerteten, eine Veröffentlichungsgebühr oder eine Urhebernachfolgegebühr von etwa 4 % an eine Kulturkasse entrichten. 166 Diese Kulturkasse war zur Unterstützung und Altersversorgung von Musikern und Schriftstellern gedacht, und zwar insbesondere zur Unterstützung derjenigen, 161 Vgl. die Ausführungen bei Schulze, Kulturabgabe und Kulturfonds, S. 39. Es handelte sich also nach der Vorstellung Dr. Menthas darum, die noch geschützten Urheber zu unterstützen aus einem Fonds, welcher von den nicht mehr geschützten Autoren gespeist würde. 162 v g l z u m Näheren die Ausführungen bei Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.203. Das eingenommene Geld sollte zur Förderung kultureller Aufgaben verwendet werden. 163 Vgl. Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.204. Diese Verordnung blieb bis 1960 in Kraft und wurde dann ersetzt durch eine Anordnung über den Kulturfonds der Deutschen Demokratischen Republik vom 13.04.1960 (Gesetzblatt der DDR 19601, 340) sowie durch eine Anordnung über das Statut des Kulturfonds der Deutschen Demokratischen Republik vom 18.04.1974 (Gesetzblatt der DDR 19741, 266). 164 Vgl. Delp, S. 39. So gewann der Gedanke der Kulturabgabe auch in jüngster Zeit immer mehr an Boden, ohne daß nennenswerte Diskussionen der beteiligten Kreise des Kulturlebens und der gesamten Öffentlichkeit feststellbar wären. 165 Vgl. Schreiben des BT (Ausschuß für Patentrecht und gewerblichen Rechtsschutz) an das BMJ vom 23.09.1950 betreffend die Eingabe des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller (Petition Nr. 1192) in Β141/2618 Bl. 046 ff. Die Denkschrift, die dem BT als Eingabe zugeleitet worden war, stammte bereits vom 07.03.1949 und war von dem Präsidenten des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller Friedrich Märker unterzeichnet. 166 v g l die Anträge des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in der Denkschrift vom 07.03.1949 in Β 141/2618 B1.049. Auch von allen früher frei gewordenen oder von jeher frei gewesenen Werken der Musik und des Schrifttums war für jede öffentliche Verwertung eine Veröffentlichungsgebühr von etwa 4 % in eine Kulturkasse zu entrichten. Um eine Beeinträchtigung der Volksbildung zu vermeiden, sollte für einige wenige, wie Gebetbücher, vor allem die Bibel, und Volksliederbücher eine Ausnahme von der Veröffentlichungsgebühr vorgenommen werden.

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die nicht dem Markt, sondern der Kultur dienten. Die Kulturkasse sollte von einem Gremium aus je einem Vertreter der Akademie der schönen Künste, der Akademie der Wissenschaften sowie des Kultusministeriums und jeweils 3 Vertretern des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller und des Berufsverbandes Deutscher Komponisten betreut werden, wobei die Eingänge aus musikalischen und literarischen Werken getrennt zu verwalten seien.167 Diese Form einer „Urhebernachfolgegebühr" unterscheide sich wesentlich von der „Kulturabgabe". Letztere sei eine Steuer, die nach dem Willen derer, die sie befürworten, vor allem den Sportveranstaltungen und Kinos zugunsten der Schauspieler, Maler, Musiker und Architekten auferlegt werden solle. Die Einführung der Urhebernachfolgegebühr bedeute dagegen lediglich die Beseitigung einer bisher sanktionierten Benachteiligung der Schriftsteller und Komponisten, also die Beseitigung eines Unrechts. 168 2. Die ablehnende Haltung des in der Sachverständigenkommission für Urheberrecht gebildeten Kleinen Ausschusses und des RefE von 1954 Da also der Gedanke des domaine public payant nach wie vor im Gespräch war, mußte auch das BMJ bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten in irgendeiner Weise, ob zustimmend oder ablehnend, Stellung beziehen. Der von der Sachverständigenkommission zur Ausarbeitung zweier Arbeitsentwürfe eingesetzte Kleine Ausschuß vermochte die Einführung einer Kulturabgabe in dem Berliner Entwurf vom März 1951 zunächst noch nicht zu empfehlen. 169 Schon die Durchführung erweise sich als überaus schwierig. Eine Abgabe an den Staat empfehle sich nicht, weil dadurch der Staat mit der Verteilungsaufgabe belastet würde, für die ihm geeignete Organe fehlten und deren Durchführung ihn notwendig Angriffen der Öffentlichkeit aussetzen müßte. Als Träger des Abgabeanspruchs seien deshalb nur Vereinigungen von Künstlern und Schriftstellern zu denken.170 Für die Aufführungsrechte der Komponisten würde zwar die GEMA mit ihrer Hilfskasse ein geeignetes Einziehungsorgan darstellen, in anderen Fällen aber fehle es an Organisationen, von denen eine gerechte Verteilung mit der nötigen Sicherheit erwartet werden könnte. Vor allem sei nicht zu hoffen, daß das Geld tatsächlich diejenigen erreichen würde, die es am dringlichsten brauchten, nämlich die jungen, von ihren Zukunftsgenossen noch nicht anerkannten Dichter und Künstler. 171 Aber selbst wenn man sich 167

Vgl. die Anträge des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in der Denkschrift vom 07.03.1949 in Β 141/2618 B1.049. 168 Schlußbemerkung in der Denkschrift des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller vom 07.03.1949 in Β141/2618 B1.050. 169 Vgl. Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β141/2551 B1.069. Entsprechend dem Wunsch der Brüsseler Konferenz sah sich der Kleine Ausschuß in der Verantwortung, die Einführung einer Kulturabgabe von der Verwertung gemeinfreier Werke zugunsten der lebenden Urheber zu prüfen. 170 So die Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.069. 171 Vgl. Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.069.

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

über diese Schwierigkeiten hinwegsetzen wollte, würde ein entscheidend wichtiger Gesichtspunkt gegen die Kulturabgabe sprechen. Gerade bei der jetzigen Lage der Kultur sollten die älteren Meisterwerke so billig wie möglich an das Volk herangebracht werden. Alles, was diese Verbreitung verteuern könnte, müßte sorgfältig geprüft werden. 172 In gleichem Maße abgelehnt wurden die noch in dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht vorgesehenen Bestimmungen zur Erhaltung von Werken allgemeiner Bedeutung. Der Schutz des Werkes gegen Entstellung oder Beeinträchtigung ende mit dem Urheberrecht. Es könne nicht Aufgabe des Staates sein, den Grundsatz, daß der Urheber eine Veröffentlichung oder Verwertung jederzeit verbieten könne, wenn diese eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Wertes des Werkes bedeute, für alle Zeiten auf frei gewordene Werke fortbestehen zu lassen.173 Auch der Rengsdorf er Entwurf vom September 1951 erwähnte weder eine Art der Kulturabgabe noch sonst irgendeinen weitergehenden Schutz gemeinfrei gewordener Werke gegen Entstellung oder andere Beeinträchtigung. 174 Unabhängig von den Überlegungen des Kleinen Ausschusses wandte sich der damalige Bundespräsident Prof Theodor Heuss in einem Schreiben vom 27.04.1951 an den Bundesjustizminister Dr : Dehler mit der Anregung, die rechtlichen Voraussetzungen untersuchen zu lassen, ob nicht auch in Deutschland die Einführung des domaine public payant realisiert werden könne.175 In letzter Zeit hätten sich die Gespräche über das Schicksal altgewordener Schriftsteller, Dichter und bildender Künstler gehäuft. Nachdem Heuss selbst einige Jahre hindurch 2. Vorsitzender des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller gewesen war, kamen diese Fragen mit einem „besonderen persönlichen Akzent" zu ihm. Entsprechend den Vorschlägen des Schutzverbandes sollte der Gedanke des domaine public payant nicht in Form einer Steuer umgesetzt werden, weil der Ertrag nicht so groß sein werde, daß er sich im Bundes- oder Länderetat wirkungsvoll darstellen könnte. Wenn man aber eine Stiftung errichte, in der das Kuratorium eine Kombination von ehrenamtlichen Sachverständigen und behördlich Kontrollierten sei, so werde „die Geschichte ohne eine zu große Apparatur doch in vielen Fällen, über die wir uns heute schämen müssen, wohltätig wirken". 176 Als Antwort zitierte BJM Dr. Dehler aus der Begründung zu dem Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses vom März 1951, welcher die Einführung jeglicher Art 172

Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.069. Begründung zum Berliner Entwurf vom März 1951 in Β141/2551 Bl. 069. Auch könne es nicht der Entscheidung staatlicher Stellen überlassen werden, ob eine Bearbeitung oder Verwertung eines freien Werkes dessen Ansehen oder Wert beeinträchtige. Die Allgemeinheit solle vielmehr selbst darüber entscheiden, ob sie eine solche Bearbeitung oder Verwertung billige oder ablehne. 174 Vgl. Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 in Β 141/2551 B1.082ff. 175 Schreiben des BPräs. Prof. Heuss an BJM Dr. Dehler vom 27.04.1951 in Β 141/2618 Bl. 056. 176 So die Ausführungen des BPräs. Prof Heuss in Β 141/2618 B1.057. 173

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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einer Kulturabgabe abgelehnt hatte. 1 7 7 Bislang habe der von der Sachverständigenkommission für Urheberrecht eingesetzte Ausschuß Stellung bezogen und sich gegen die Einführung des domaine public payant ausgesprochen. Die Frage werde aber weiter erörtert und solle i m Zuge der allgemeinen Reform des Urheberrechts entschieden werden. 1 7 8 Zugleich wies Dr. Dehler daraufhin, daß nicht einmal in Frankreich, dem Ursprungsland dieser Idee, das domaine public payant bisher Gesetz geworden sei. 1 7 9 Wenn trotz des auf der Brüsseler Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft ausdrücklich geäußerten Wunsches, die Verwirklichung des domaine public payant zu prüfen, nur wenige Länder dieses Recht bislang eingeführt haben, so zeige dies, daß erhebliche Bedenken dagegen sprechen würden und die Umsetzung des domaine public payant auf große Schwierigkeiten stoßen würde. 1 8 0 Gleichermaßen abgelehnt wurde das domaine public payant von den meisten Sachverständigen

auf

der

Sitzung

der

Sachverständigenkommission

vom

15.-19.10.1951 in Unkel. 1 8 1 Selbst die wenigen Teilnehmer, die sich dafür ausgesprochen hatten, schlugen vor, zunächst die Erfahrungen der Staaten abzuwarten, die bereits eine solche Regelung eingeführt hatten. Insgesamt schienen die Ziele 177

Antwortschreiben des BJM Dr. Dehler an BPräs. Prof. Heuss vom 01.08.1951 in Β 141/2618 Bl. 060. Die Frage der Einführung eines domaine public payant habe er prüfen lassen, allerdings erfordere die abschließende Beurteilung die Heranziehung umfangreichen Materials über die entsprechenden Bestrebungen in ausländischen Staaten. Die Beschaffung des Materials koste geraume Zeit, wie dem Bundespräsidialamt auch bereits femmündlich mitgeteilt worden sei. 178 Vgl. Antwortschreiben des BJM Dr. Dehler an BPräs. Prof Heuss vom 01.08.1951 in Β 141/2618 Bl. 061. 179 Dort sei der Nationalversammlung zwar im Februar 1947 ein Gesetzesvorschlag eingereicht worden, der die Verwertung literarischer Werke nach dem Erlöschen der Schutzfrist zugunsten lebender Schriftsteller der Hinterbliebenen von verstorbenen Schriftstellern mit einer Kulturabgabe belasten solle. Die Nationalversammlung habe diesem Entwurf auch zugestimmt, da sich erheblicher Widerstand gebildet habe, sei die Angelegenheit nicht weiter gediehen, vgl. Antwortschreiben des BJM Dr. Dehler an BPräs. Prof. Heuss vom 01.08.1951 in Β 141/2618 Bl. 061. 180 Vgl. Antwortschreiben des BJM Dr. Dehler an BPräs. Prof Heuss vom 01.08.1951 in Β 141/2618 B1.062. Die Fortsetzung des Schriftwechsels zwischen BMJ und Bundespräsidialamt in Β 141/2618 B1.063ff. zeigt, daß sich BPräs. Heuss mit diesen Ausführungen nicht zufrieden gab. Die Argumente, die von dem Ausschuß der Sachverständigenkommission gegen das domaine public payant vorgebracht worden waren, hätten ihn „nun gar nicht" überzeugt. Außerdem handele es sich bei diesem Sachverständigengremium wohl um eine Fehlkonstruktion, weil es offenbar nur aus Fachjuristen bestehe und weder Verleger noch Künstler von Rang und mit moralischer Tatkraft hinzugezogen wurden. 181 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C. II. 2. Die Sitzung der Sachverständigenkommission unmittelbar im Anschluß an die Ausarbeitung des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 diente der Beratung dieses Entwurfes. Auch die Frage des domaine public ayant wurde eingehend erörtert, aber von den meisten Sachverständigen abgelehnt, und zwar aus denselben Gründen, die schon der Kleine Ausschuß in der Begründung zum Berliner Entwurf angeführt hatte, vgl. Vermerk des BMJ vom 23.10.1951 zu der Frage des domaine public payant in Β 141/2618 B1.069.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

des domaine public payant dennoch erstrebenswert, so daß man diese Frage nicht ohne weiteres aus der geltenden Urheberrechtsreform ausschließen wollte. Daher war auch dem BMJ daran gelegen, alsbald festzustellen, welche praktischen Erfahrungen im Ausland mit einer derartigen Bestimmung bereits gewonnen werden konnten.182 Während also das BMJ zunächst noch weitergehendes Material sammeln wollte, trat Ende des Jahres 1951 Arno Hennig als MdB öffentlich für die Einführung einer Art Kulturabgabe ein. Er forderte, die BReg solle auf Beschluß des BT und mit Zustimmung des BR eine „freie deutsche Künstlerstiftung" errichten, welche mit selbständigen, fortlaufenden, vom Jahresetat des Bundes und der Länder unabhängigen ansehnlichen Einnahmen ausgestattet werde. 183 Diese „freie deutsche Künstlerstiftung" sollte unter einem eigenen Kuratorium unter parlamentarischer Kontrolle arbeiten. Die Mittel waren nach der Vorstellung Hennigs für die Altersversorgung freier Künstler und Forscher, für Aufträge an lebende Künstler, Preisaufgaben, Stipendien für Studierende, die besondere Leistungen versprachen, und auch für die Förderung wichtiger Bildungs- und Unterrichtsmittel zu verwenden. 184 Mit diesem Vorschlag wollte Hennig vor allem ein Urteil in der öffentlichen Meinung erreichen. Seiner Meinung nach hatte in der Demokratie nur Bestand, was auf lebendigen Widerhall im Volke stieß.185 Ebenfalls an die Öffentlichkeit wandte sich dann auch BPräs. Heuss. Erneut, diesmal in einem offenen Brief an den Schriftsteller Walter von Molo, setzte sich Heuss nachdrücklich für die Einführung eines domaine public payant ein. 186 Natürlich seien ihm alle Argumente bekannt, „die eine Dichtung als Nationalbesitz begreifen, als „Geschenk, an die Nation zurückgegeben, aus deren Schoß sie einmal entstand". Aber daneben sei der Gedanke sinnvoll, „die frei gewordenen Dichter oder Schriftsteller in gewissem Umfang zu Mitwirkenden bei der Sicherung der Lebensarbeit und Lebenswürde ihrer Nachfolger zu machen." Heuss selber habe immer zu den Anhängern dieser Meinung gehört und wolle das jetzt nicht verstecken, nur weil die 182 Ygi Vermerk des BMJ vom 23.10.1951 zu der Frage des domaine public payant in Β 141/2618 B1.069. Als wichtigstes Land, das ein domaine public payant bereits eingeführt hatte, wurde Italien genannt. Man wolle sich daher bemühen, über die deutsche Botschaft in Rom Unterlagen über in Italien gemachte Erfahrungen zu erhalten. Vgl. dazu dann das Schreiben an den Botschafter Clemens von Brentano in Rom in Β 141/2618 B1.071 f. sowie die Bemerkungen zu dem sog. „domaine public payant" in Italien in Β141/2618 Bl. 127. 183 Vgl. den Artikel „Der Staat als Mäzen?" in Die Neue Zeitung vom 21.12.1951. Eine Kopie des Artikels findet sich auch in den Unterlagen des BMJ in Β141/2618 Bl. 104. 184 Der Vorschlag wurde im folgenden diskutiert, vgl. den Artikel „Mäcenas war kein römischer Kultusminister" mit Beiträgen von Hans-Günter Hauff e, Paul Bronisch, Friedrich Märker und Hans Vogel in Die Neue Zeitung vom 05./06.01.1952, S.9. 185 Ehe staatliche Organe Maßnahmen treffen, sollte sich die öffentliche Meinung ein Urteil bilden, vgl. Die Neue Zeitung vom 21.12.1951. 186 Vgl. den Briefwechsel zwischen von Molo und BPräs. Heuss in Bulletin der Bundesregierung Nr. 48 vom 29.04.1952, S. 505-507.

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts Verleger sagten, das hemme ihre kulturelle Sendung und die meisten Juristen behaupteten, das gehe nicht. 1 8 7 Trotz dieser Forderungen, das domaine public payant i m Zuge der Urheberrechtsreform auch in Deutschland zu realisieren, sah der 1954 veröffentlichte RefE von der Gewährung eines solchen Rechts ab. 1 8 8 Der Begründung zufolge war nicht zu verkennen, daß mit der Forderung nach einer A r t Kulturabgabe anerkennenswerte Ziele verfolgt würden. Der Entwurf habe aber dennoch von der Aufnahme einer solchen Vorschrift, die bisher in keinem der deutschen Urheberrechtsgesetzentwürfe enthalten gewesen sei, abgesehen, weil die mit der Kulturabgabe zusammenhängenden Fragen noch nicht genügend geklärt schienen. 189 Daneben beriefen sich die Verfasser auch auf die ablehnende Haltung der Sachverständigenkommission, die sich bereits gegen die Kulturabgabe ausgesprochen habe. 1 9 0 I m übrigen sei die Frage der Kulturabgabe noch nicht genügend geklärt, so daß es sich empfehle, zunächst die Erfahrungen i m Ausland abzuwarten. Obschon seitens einiger Interessenverbände die Nichtaufnahme einer Kulturabgabe ausdrücklich begrüßt wurde 1 9 1 , sahen sich die meisten Urheber in ihren Wünschen übergangen. „Das Wichtigste des neuen Urheberrechts, die Kulturabgabe für gemeinfreie Werke" durfte nach Ansicht won Molos auf keinen Fall abgelehnt werden. 1 9 2 Sonst habe Deutschland in sehr kurzer Zeit keine Urheber mehr, es kämpften 187

Bulletin der Bundesregierung Nr. 48 vom 29.04.1952, S.507. Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. I. 189 Begründung zum RefE S. 75. Die Frage der Kulturabgabe sei schon bei den Beratungen zum LUG erörtert, dort aber abgelehnt worden, weil sich die praktische Durchführung als sehr schwierig erwiesen hätte. Es habe die Gefahr bestanden, daß die durch die Einziehung der Abgabe entstehenden Kosten die Einnahmen übersteigen würden. Auch hätten sich Schwierigkeiten bei der Verteilung der Einnahmen ergeben. 190 Die Begründung zum RefE wiederholte an dieser Stelle die Argumente der Sachverständigenkommission, daß sich nur schwer eine geeignete Stellefinden lasse, die die Kulturabgabe einziehen und die Mittel verwalten und verteilen könne. Selbst wenn man diese Schwierigkeiten überwinde, so spräche doch gegen eine Kulturabgabe, daß dadurch gerade die besten Werke verteuert werden würden. Denn die Werke, die 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers noch verwertet würden, seien gerade die wertvollsten. Diese müßten im Interesse der Allgemeinheit so billig wie möglich abgegeben werden, vgl. Begründung zum RefE S. 76. 191 Vgl. beispielsweise die Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2570 Bl. 015: „Wir begrüßen es, daß der Entwurf den Gedanken der sog. Kulturabgabe nicht aufgenommen hat und bitten an der Ablehnung festzuhalten. Die Belastung gemeinfrei gewordener Werke für irgendwelche Zwecke ist eine unzumutbare Sonderbesteuerung. Die deutschen Theater sind ohnehin Zuschußbetriebe. Sie für eine anonyme Stiftung zusätzlich zu belasten, gehe nicht an. Die Mittelbeschaffung für irgendwelche Zwecke ist, wenn zwingend notwendig, Sache des öffentlichen Haushaltes, nicht aber Aufgabe der Urheberrechtsgesetzgebung." Ähnlich führte der Börsenverein des deutschen Buchhandels aus, daß der RefE zu Recht der Tatsache Rechnung trage, daß die natürliche Grenze des Urheberrechts in allen Kulturstaaten Berücksichtigung finde, indem er sowohl die Schutzfrist beibehalte, als auch die Entrichtung einer Abgabe auf frei gewordene Werke an einen Kulturfonds ablehne, vgl. Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2571 B1.012. 192 Stellungnahme von Molos (Akademie der Wissenschaften) in Β141/2570 B1.034. 188

Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

jetzt bereits die Wertvollen erschöpft um ihre Existenz. Wenn auch von einzelnen Stellen Geldgeschenke gegeben würden und Gnadenzuweisungen oder Preisverteilungen erfolgten, so sei damit „kein Stand geistiger Art" aus dieser „Katastrophe", in der er sich befinde, zu retten. Man bestehe doch nicht um der Wirtschaft willen, so wichtig das auch nach dem Zusammenbruch gewesen sei. Das Geistige könne und dürfe nicht länger zurückstehen und als zweitrangig behandelt werden, denn von den geistigen produktiven Kräften hänge die Zukunft ab. Die Kulturabgabe von den gemeinfreien Werken müsse daher unverzüglich im neuen Urheberrecht durchgeführt werden. 193 Die Einwände, welche Schwierigkeiten das mit sich bringe, dürften hinfällig sein, da das, was in anderen Kulturländern bereits durchgeführt und dort möglich gewesen sei, zweifellos auch in Deutschland möglich sein werde. 194 Auch der Schriftsteller Hermann Kasack wandte sich an das BMJ. Es sei nicht einzusehen, warum von dem freigewordenen Kulturgut, soweit es von den Verlegern oder Theatern noch geschäftlich verwertet werde, nicht eine kleine Tantieme an eine kulturelle Instanz abgeliefert werden sollte. 195 Da der RefE behaupte, daß die praktische Durchführung sehr schwierig sei und daß sich auch die Sachverständigenkommission aus ähnlichen Gründen gegen die Einführung der Kulturabgabe ausgesprochen habe, erklärte sich Kasack bereit, konkrete Vorschläge für die Durchführung zu machen, wenn die Frage akut werde. 196 Sachlich sei festzustellen, daß es in vielen Fällen eben nicht die besten Werke seien, die 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers noch verlegt werden. Vielfach handele es sich um durchaus mittlere Unterhaltungsliteratur. Schließlich bedürfe die Theorie, daß die Bücher dann zum Schaden der Allgemeinheit verteuert würden, einer Nachprüfung. 197 Neben zahlreichen Veröffentlichungen und Eingaben für und gegen die Einführung eines domaine public payant198 setzte das BMJ auch intern die Diskussion um 193

Stellungnahme von Molos (Akademie der Wissenschaften) in Β 141/2570 B1.035. Stellungnahme von Molos (Akademie der Wissenschaften) in Β 141/2570 B1.035. 195 Vgl. bereits Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 2. Stellungnahme Kasacks in Β 1412570 B1.062. 196 Stellungnahme Kasacks in Β 141/2570 B1.062. 197 Kasack führte aus, er sei selbst jahrzehntelang im Verlagswesen tätig gewesen und kenne sich in der Buchkalkulation aus. Anhand eines Rechenbeispiels führte er vor, daß ein Satz von 1-3 % des Ladenpreises eine merkbare Verteuerung ausschließe, vgl. Stellungnahme Kasacks in Β 141/2570 B1.063. 198 Zur Diskussion im Anschluß an die Veröffentlichung des RefE vgl. die Angaben bei Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.208. Für die Einführung des domaine public payant sprachen sich u. a. Leer in Der Schriftsteller, Sonderheft Nov. 1954, S. 30ff.; Schäferdiek in Musik und Dichtung, Okt .1954, S. 6; Fromm in Musik und Dichtung, Juli 1955, S. 6 sowie auch Hubmann in mehreren Veröffentlichungen aus, vgl. GRUR 1958, S. 527 ff. und vor allem Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller vom 01.03.1955 als Kopie vorhanden in Β 141/2575 Bl. 043 ff. Hier betonte Hubmann ausdrücklich, der Umstand, daß die Einführung der Kulturabgabe Schwierigkeiten bereiten würde, dürfe nicht Anlaß zur Ablehnung eines als richtig und erstrebenswert erkannten Ziels sein, sondern müsse Ansporn zu einer allgemeinen Mitarbeit der interessierten Kreise an der Aufhellung und Lösung der damit verbundenen 194

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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dieses Rechtsinstitut fort. Nach Beschaffung des Materials über entsprechende gesetzliche Regelungen in anderen Staaten199, wurden alle bislang vorgebrachten Argumente nochmals ausführlich beleuchtet. Die Haltung des BMJ zu den einzelnen Gründen, die von den Fürsprechern und Gegnern des domaine public payant angeführt worden waren, zeigte sich in einem von AmtsgerichtsrätinJannsen angefertigten vertraulichen Vermerk. 200 Was die Ausführungen zu der Notlage der Künstler angehe, die besonders kraß nach der Währungsreform zu Tage getreten sei und es nach Ansicht der Befürworter erforderlich mache, Mittel bereitzustellen, um einerseits alte, nicht mehr arbeitsfähige, aber verdiente Schriftsteller zu unterstützen und andererseits junge, begabte Künstler, denen die wirtschaftlichen Mittel fehlten, sich hinreichend ausbilden zu können, zu fördern, so hatte es nach Ansicht Jannsens wenig Sinn, dafür oder dagegen etwas zu sagen.201 Angesichts der bedrängten Lage der freischaffenden Künstler werde man aber wohl davon ausgehen müssen, daß die Einrichtung einer Kulturkasse begrüßenswert wäre. 202 Zu dem Argument, durch die Einführung einer Kulturabgabe würde die Ungerechtigkeit beseitigt, die darin liege, daß das Recht an einem Werk mit dem Ablauf der Schutzfrist praktisch enteignet werde, äußerte sich das BMJ kritisch. Wenn man auch bei der Beurteilung des Inhalts des Urheberrechts immer wieder Normen über das Sacheigentum als Vergleich heranziehe, so dürfe doch das Recht am Sacheigentum nicht ohne weiteres dem Urheberrecht gleichgesetzt werden. Es bleibe der wesentliche Unterschied, daß Sachenrechte sich immer nur auf die Sache selbst beziehen und sich auch in dieser Sache erschöpfen würden. 203 Sei aber schon das Urheberrecht nicht bedingungslos mit dem Sacheigentum gleichzusetzen, so liege ein weiterer Gedankenfehler in der Behauptung, daß durch die Einführung des domaine public payant eine unbillige Enteignung des Urheberrechts vermieden werde. Denn das domaine public payant belasse das Urheberrecht gerade nicht in den Händen der bisher Berechtigten, wie es geschehen müßte, wenn die sogenannte Enteignung Probleme sein. Gegen das domaine public payant äußerten sich Kleine in JZ 1955, S. 225 (226) und später auch Mediger in GRUR 1959, S. 269 ff. 199 Vgl. dazu die Zusammenstellung der unterschiedlichen Regelungen im Ausland in den Betrachtungen zum domaine public payant vom 02.08.1954, ausgefertigt und unterzeichnet von Amtsgerichtsrätin Jannsen in Β 141/2619 Bl. 008-020. Untersucht wurde die Gesetzgebung in Italien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn, Jugoslawien, Kolumbien und Uruguay. 200 Betrachtungen zum domaine public payant vom 02.08.1954, unterzeichnet von Amtsgerichtsrätin Jannsen in Β 141/2619 Bl. 005-042. 201 Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 Bl. 021. Sogar unter den Künstlern selbst sei die Meinung darüber, ob man eine solche Kasse einrichten sollte, geteilt. Die Gegner dieser Bestrebungen befürchteten eine staatliche Lenkung und nahmen als notwendiges Übel die wirtschaftliche Unsicherheit in Kauf. Da aber die allgemeine Entwicklung dahin gehe, sich möglichst gegen wirtschaftliche Unsicherheit zu schützen, werde wahrscheinlich der Verlust an Unabhängigkeit, den jede äußere Lenkung mit sich bringe, letzten Endes in Kauf genommen werden. 202 Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 B1.021. 203 Vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 B1.024.

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durch Ablauf der Schutzfrist nicht eintreten solle. 204 Wenn man also ein ewiges Urheberrecht anstrebe, dann sei die Einführung des domaine public payant genauso unbefriedigend wie der bisherige Zustand.205 Als wichtigster Einwand gegen das domaine public payant sei vor allem vorgebracht worden, daß dadurch eine zusätzliche Belastung eintrete, die sich entweder als Erhöhung des Kaufpreises zeige oder, wenn der Verleger die Unkosten nicht auf die Käufer abwälze, als Risikoerhöhung für das Verlagsgeschäft. 206 Trete aber für den Käufer eine Verteuerung ein, so werde mit ziemlicher Sicherheit, da man davon ausgehen könne, daß jeder einen feststehenden Betrag für den Kauf von Büchern verwende, der Buchumsatz sinken. Diese Folge werde nicht nur den Verleger, sondern unter Umständen auch die Urheber selbst treffen, denn wahrscheinlich würden viele derjenigen, die klassische Werke kauften, diese in jedem Fall erwerben wollen, so daß ihr Verbrauch gerade hinsichtlich der noch geschützten neueren Literatur zurückgehen würde. Außerdem werde das domaine public payant, das sich auf die gemeinfreien Werke beziehe, gerade diejenigen Werke verteuern, um deren möglichst große Verbreitung jeder Kulturstaat besorgt sein sollte. 207 Diese Schlußfolgerung ließ sich nach Ansicht des BMJ ebensowenig beiseite schieben wie die Behauptung der Verleger, daß sie durch eine solche Verteuerung wettbewerblich gegenüber der ausländischen deutsch-sprachigen Konkurrenz geschädigt würden. 208 Auch wenn die Verleger die Abgabe leisten sollten, ohne daß sie diese auf die Buchhändler und weiter auf die Käufer abwälzen könnten, so stelle dies in der Tat ein unzumutbares Risiko dar. Soweit die Herausgabe gemeinfreier Werke wegen des niedrigen Preises und der allgemeinen Nachfrage ein sicheres Geschäft bedeute, so sei der dadurch anfallende Gewinn unbedingt notwendig, um andere Verlustgeschäfte des Verlegers auszugleichen. Vor allem die Herausgabe von Werken jüngerer Autoren enthalte eine erhebliche Verlustgefahr, die nur im Hinblick auf die gemeinfreien Werke in Kauf genommen werde. Weder die Richtigkeit 204

Vielmehr nehme also auch das domaine public payant, ebenso wie das Gemeinfreiwerden der Werke, den Rechtsnachfolgern des Urhebers das ausschließliche Urheberrecht weg, nur mit dem Unterschied, daß das Urheberrecht nicht an die Allgemeinheit, sondern an eine hierfür eigens eingerichtete Institution falle, vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 Bl. 025. 205 Schließlich bleibe von den vorgetragenen Gründen für das domaine public payant noch derjenige übrig, daß mit dessen Hilfe die noch geschützten Autoren im Konkurrenzkampf gegen die bereits gemeinfreien und daher billig zu verlegenden Werke der alten Dichter gestärkt werden würde. Hier würden sich aber die einzelnen Argumente widersprechen, so daß das BMJ auf diesen Grund nicht weiter einging, vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 B1.026f. Ähnlich habe wohl auch der BPräs. Heuss in seinem offenen Brief an von Molo dieses Argument ganz beiseite gelassen. 206 Soweit es die Erhöhung des Kaufpreises angehe, werde behauptet, daß eine Abgabe von 5 % des Kaufpreises bei der üblichen Berechnung des Buchhandels den Kaufpreis tatsächlich um 10-15% erhöhen würde, vgl. zu den Berechnungen Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 B1.027ff. 207 Vgl. die Argumentation gegen das domaine public payant in Β141/2619 B1.029. 208 Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 B1.029.

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noch die Unrichtigkeit dieser Gründe könne man juristisch darlegen. Eine gewisse Berechtigung vermochte das BMJ daher auch diesen Gründen nicht abzusprechen, vor allem, wenn man an die Freundschaften denke, die zwischen Verlegern und Schriftstellern bestehen würden. 209 Nicht gerechtfertigt sei demgegenüber der gegen das domaine public payant vorgetragene Einwand, daß der Ertrag aus der Abgabe in keinem Verhältnis zu der Mühe und den Kosten stehen würde, die aufgewandt werden müßten, um die Abgabe einzuziehen.210 Da die Künstler eine solche Kulturkasse anstrebten, könne davon ausgegangen werden, daß sie ihre Wirksamkeit nicht durch allzu hohe Verwaltungskosten verwässern wollten. Das würde man erreichen können, wenn die Mitglieder des Vorstandes der vorgeschlagenen Stiftung ehrenamtlich tätig würden. Die Hauptschwierigkeit für die praktische Durchführung liege allerdings darin, daß die Auswahl derjenigen, denen eine Beihilfe zuteil werden sollte, sehr schwer sei. Wenn hierbei allzu viele Fehler unterlaufen, entfalle die innere Berechtigung, die Abgabe zu erheben. 211 Hier müßten sich die beteiligten Künstler wohl selbst einigen, denn jede von außen kommende Regelung würde vermutlich ihr Mißtrauen wecken und von ihnen als aufgezwungen empfunden werden. 212 Als weitere Schwierigkeit trete die Frage auf, ob eine Vereinigung, die als Träger des Abgabeanspruchs in Frage käme, gefunden werden könne.213 Auf keinen Fall sollte der Staat selbst die eingehenden Gelder verwalten. Auch wenn man hierbei die Gefahr ausschließe, daß die politisch beliebten Künstler leichter Beihilfen erhielten, als die unbeliebten, so würde der Staat sich doch nur unnötigen Angriffen von Seiten der Allgemeinheit und besonders der Künstler aussetzen. Denn es würden ihm immer politische Motive untergeschoben werden. 214 Allerdings dürfte es 209

Das klassische Beispiel hierfür dürfte wohl die Beziehung zwischen Rilke und dem Verleger Kippenberg sein. Eine solche Freundschaft sei nur denkbar, wenn der Verleger ein wirklicher Helfer des Schriftstellers sei und seine Werke unabhängig von dem unmittelbar in Folge zu erwartenden Gewinn herausgebe, vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 Bl. 031. 210 Die Gegner des domaine public payant gingen offenbar davon aus, daß eine selbständige Verwaltungsorganisation aufgebaut werden müsse, die den Anspruch auf Zahlung der Abgabe entweder zivilrechtlich durchsetzen oder aber mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet, die Abgabe wie eine Steuer einziehen müßte. In beiden Fällen entstünden Kosten für den Verwaltungsapparat selbst und auch zusätzliche Kosten des Staates für die Rechtspflege, da im Streitfall Gerichte belastet würden, vgl. die Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 Bl. 037 f. 211 Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 B1.039. Hierzu konnte auch seitens des BMJ kein brauchbarer Vorschlag gemacht werden, diese Schwierigkeit zu beseitigen. 212 Vgl. dazu Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 Bl. 039. Der Gesetzgeber könne sich allenfalls Gedanken darüber machen, welche Gruppen von Künstlern in den Kreis der Empfänger einbezogen werden sollten. 213 Vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β141/2619 B1.035ff. 214 Es erscheine aber auch nicht notwendig, einer bereits bestehenden Oiganisation den Anspruch zu geben. Im Gegenteil ließe es sich dann vermutlich nicht vermeiden, daß eine solche

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keine großen Schwierigkeiten mit sich bringen, eine juristische Person zu schaffen, die Träger des Anspruchs sein könne. Am zweckmäßigsten erscheine die Gründung einer Stiftung, deren Daseinszweck sich darauf beschränke, die aufgrund des domaine public payant gezahlten Beträge in der Weise zu verwenden, die in der Verfassung der Stiftung festgelegt werden müßten.215 Zusammenfassend ergab sich für das BMJ, daß die Einführung des domaine public payant, wie es sich seine Verfechter vorstellten, jedenfalls im Rahmen des Urheberrechts nicht zweckmäßig erschien und daß die Bedenken, die dagegen zu erheben waren, nicht ausgeräumt werden konnten. Es bleibe daher nur die Frage zu untersuchen, ob es eine andere Möglichkeit gebe, Mittel für eine Kulturkasse zu schaffen. Da es aber nicht der Kontrolle des BMJ obliege, daß im Staatshaushalt ausreichend Mittel für kulturelle Zwecke zu Verfügung gestellt würden, ergab sich an dieser Stelle nur das „unbefriedigende Ergebnis, daß, obgleich die Ziele des domaine public payant erstrebenswert sind, doch gegen seine Einführung in Form eines gesetzlich begründeten Anspruchs schwerwiegende Bedenken bestehen."216 Auf die Nachfrage des BMJ, wie sich die Urheber die Regelung einer Kulturabgabe vorstellten, erklärte Dr. Fromm in der Sitzung mit Vertretern der verschiedenen Interessenverbände, man denke an eine rein urheberrechtliche Abgabe in Höhe von 1 bis 3 % der Verbraucherpreise. 217 Keinesfalls wolle man die Abgabe als eine Art Steuer ausgestalten. Die Frage der Zuständigkeit habe man sich noch nicht überlegt, möglicherweise sei auch ein besonderes Gesetz notwendig, da die Regelung wohl rein urheberrechtlich nicht leicht zu begründen sei. 218 Zu der Behauptung seitens der Verleger 219, die Verbilligung der Werke nach Ablauf der Schutzfrist beruhe auf dem Vereinigung ihre bisherigen Ziele mit der neuen Aufgabe vermenge, vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 B1.036. 215 So könne man erreichen, daß das Vermögen der Stiftung unabhängig von einem Wechsel der Mitglieder wie bei einem Verein oder einem Fortfall von Treuhändern wie bei einem Sammelvermögen selbständig würde, vgl. Betrachtungen zum domaine public payant in Β 141/2619 Bl. 037. Man müßte sich natürlich auch darüber klar werden, in welchem Umfang eine solche Stiftung überwacht werden müßte. Einerseits wird man auf eine gewisse Überwachung nicht verzichten können, andererseits bringe aber jede Überwachung einen Zwang mit sich. 216 So das Ergebnis der Untersuchung Jarnsens in Β 141/2619 Bl. 042. 217 Vgl. bereits die Ausführungen oben in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. III. 2. Dr. Fromm, als Vertreter der Vereinigung deutscher Schriftstellerverbände, in Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe am 14.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 114. 218 Dagegen wandte sich allerdings Dr. Gussone vom BlnM. Wenn die Regelung der Abgabe in das Kulturrecht gehöre, seien die Länder zuständig, was zu Schwierigkeiten bei dem Erlaß von übereinstimmenden Gesetzen führen könnte. Daher sollten die urheberrechtlichen Möglichkeiten voll ausgeschöpft werden, vgl. Dr. Gussone in Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe am 14.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 115. 219 Überhaupt gegen eine Kulturabgabe wandte sich Dr. Lambert Schneider als Vertreter des Börsenvereins deutscher Verleger- und Buchhändlerverbände. Es dürfe nicht übersehen werden, daß diese zu einer Verteuerung der Bücher führen werde. Eine Abgabe von 3 % werde bei der üblichen Kalkulation eine Preiserhöhung von 6 % bedeuten. Im übrigen würde auch eine

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Fortfall einer Urhebergebühr, entgegnete Dr. Schendell, die Verbilligung sei vielmehr darauf zurückzuführen, daß die Werke dann in sehr großer Auflage herausgebracht würden. 220 Natürlich sei damit für den Verleger ein Risiko verbunden, aber er streiche auch den alleinigen Gewinn ein. Daran wünschten die Urheber beteiligt zu werden. Daneben wies der Schriftsteller Hermann Kasack auf die unterschiedlichen Preise hin, die die einzelnen Verleger für dieselben freien Werke nehmen würden. Hier zeige sich, daß in der Kalkulation immer ein gewisser Spielraum gelassen werde, so daß auch Raum für eine Kulturabgabe gegeben sei. 221 Auf einer gesonderten Sitzung, allein mit prominenten Urhebern, sprachen sich Prof. Egk, Prof. Unold und Kasack geschlossen für die Einführung der Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz aus.222 Zugleich herrschte aber Einigkeit darüber, daß eine Kulturabgabe nicht dazu führen dürfte, daß die im kulturellen Interesse notwendige weite Verbreitung gemeinfreier Werke durch zu hohe Preise gehindert werde. Demzufolge müsse die Kulturabgabe erheblich niedriger sein als das entsprechende Entgelt für die Benutzung eines geschützten Werkes. 223 Die Einziehung müßte durch die bestehenden Verwertungsgesellschaften oder durch sonstige vorhandene Organisationen vorgenommen werden. Für die Verteilung sollte allerdings eine besondere Institution, beispielsweise eine Stiftung, geschaffen werden, an deren Spitze eine repräsentative Persönlichkeit des Staates stehen sollte. 224 Abgesehen von diesen Beratungen im BMJ wurde die Überlegung, ob und in welcher Form die Kulturabgabe verwirklicht werden könne, auch kurz auf der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für nur 3%ige Preiserhöhung die deutschen Verleger in der Konkurrenz gegen die ausländischen im In- und Ausland empfindlich schwächen, vgl. Niederschrift über Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe am 14.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 119. 220 Dr. Schendell von der Vereinigung deutscher Schriftstellerverbände in Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe am 14.01.1955 in Β141/2589 Bl. 120. 221 So die Argumentation des Schriftstellers Hermann Kasack in Sitzung betreffend die Frage einer Kulturabgabe am 14.01.1955 in Β 141/2589 Bl. 120. 222 Vermerk zu der Besprechung mit prominenten Urhebern in Β141/2586 Bl. 171. Prof. Egk wandte sich an dieser Stelle dagegen, den Zweck der Kulturabgabe in einem sozialen Ausgleich zu sehen. Er vertrat die Auffassung, daß die Erhebung der Kulturabgabe auf gemeinfreie Werke emster Musik beschränkt werden sollte und demzufolge die Einnahmen den lebenden Urhebern emster Musik zugute kommen sollten, soweit sie bedeutsame Werke geschaffen und damit Erfolg gehabt hätten. Dies lehnte allerdings Dr. Haertel ab, da diese Forderung eine Anlegung von Wertmaßstäben an Kunstwerke bedeute, die dem Urheberrecht fremd und aufgrund langer Erfahrungen in allen Staaten abgelehnt worden sei. 223 Vermerk zu der Besprechung mit prominenten Urhebern in Β141/2586 Bl. 172. 224 Näheres müßte die Satzung dieser Stiftung regeln, die voraussichtlich von der BReg erlassen werden müßte, vgl. Vermerk zu der Besprechung mit prominenten Urhebern in Β 141/2586 Bl. 173. Hierbei könne dann durchaus daran gedacht werden, daß die Einnahmen aus der Kulturabgabe, die überwiegend aus der Verwertung gemeinfrei gewordener Werke emster Kunst stammen dürften, in erster Linie auch bedürftigen Urhebern emster Kunst zufließen sollten. 36 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht angesprochen. Die Mehrheit stellte zwar fest, daß die Erhebung einer solchen Abgabe keine urheberrechtliche, sondern eine verwaltungsrechtliche Frage ist, erkannte aber gleichzeitig das Bedürfnis an, für notleidende Künstler einen Fonds zu schaffen. 225 Es empfehle sich daher, zunächst die Kultusminister für die Verwirklichung des Gedankens auf einem Wege zu interessieren, der nicht mit dem Urheberrecht verknüpft sei. Schließlich erörterte die Sachverständigenkommission im Zusammenhang mit der Forderung nach einem ewigen Urheberrecht verschiedene Möglichkeiten einer Kulturabgabe. 226 Einmal könne ein „echtes" domaine public payant geschaffen werden, aufgrund dessen eigentlich den Erben des Urhebers ein Vergütungsanspruch zustehe, der jedoch von den Urheberorganisationen wahrgenommen werden sollte. Denkbar sei daneben eine Kulturabgabe auf gemeinfreie Werke. Hier erhielten die Urheberorganisationen bei der Verwertung gemeinfreier Werke einen selbständigen Vergütungsanspruch, der zwar mit dem Ablauf der Schutzfrist beginne, nicht aber eine Fortsetzung des Urheberrechts bedeute.227 Als letzte Möglichkeit komme eine Kulturabgabe auf alle Werke in Betracht, unabhängig davon, ob sie noch geschützt seien oder nicht. Hierbei handele es sich dann um eine reine Steuer, für deren Regelung der Bund in keinem Fall zuständig sei. Bei der anschließenden Abstimmung sprach sich die Kommission fast einstimmig für die Einführung einer Kulturabgabe aus, wobei die große Mehrheit die Regelung einer Kulturabgabe im Urheberrechtsgesetz bevorzugte, während nur drei Kommissionsmitglieder die Abgabe außerhalb des Urheberrechtsgesetzes geregelt wissen wollten. 228 Die Schaffung des Kulturfonds im Wege eines domaine public payant, wobei die Urheberorganisationen die225

Vgl. Beschlußprotokoll über die Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 28./29.01.1955 in Β 141/2573 B1.250 (Rückseite). 226 Da die meisten Sachverständigen von der Forderung nach einem ewigen Urheberrecht Abstand genommen hatten und statt dessen die Kulturabgabe in Erwägung zogen (vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 113 ff. Vor allem Prof Ulmer sprach sich gegen ein ewiges Urheberrecht aus, eine Kulturabgabe sei aber zu befürworten. Auch Dr. Runge hielt die Einführung einer Kulturabgabe für richtig, ebenso wie sich auch Prof. Bussmann für die Einführung einer Kulturabgabe aussprach), standen verschiedene Möglichkeiten zur Diskussion, vgl. die Zusammenfassung Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 117. 227 Hierzu führte Dr. Haertel aus, er sei noch nicht davon überzeugt, daß für die Gewährung eines solchen Anspruchs nur die Länder zuständig seien. Auch wenn die Kulturabgabe nicht als Modifikation eines an sich unbefristeten Urheberrechts angesehen werde, bestehe doch die Möglichkeit, sie im UrhG zu regeln, wenn nur eine genügende Sachverbindung zum Urheberrecht bestehe. Auf jeden Fall scheine es zweckmäßig, die Regelung innerhalb des Urheberrechts zunächst einmal zu versuchen, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 118. 228 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C. III. 5. Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 118.

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sen eigentlich den Erben des Urhebers zustehenden Anspruch wahrnehmen sollten, wurde abgelehnt.229 Zuletzt wurde die Frage der Kulturabgabe auch im Ausschuß für Verlagswesen, Presse, Rundfunk und Film im Wirtschaftsbeirat der Union besprochen. Sts Dr. Strauß berichtete über die Forderungen nach einer Kulturabgabe. 230 Trotz erheblicher Einwendungen gegen dieses Rechtsinstitut werde derzeit im BMJ geprüft, ob und wie man die mit ihr verbundenen Einzelprobleme lösen könne, wer beispielsweise eine Abgabe zu zahlen habe und wie sie einzuziehen und zu verteilen sei. Nach wie vor ablehnend standen die Verleger einer Kulturabgabe gegenüber. So führte Ehrenwirth aus, man sehe sich gegenwärtig vor der Schwierigkeit, den sozialen Bedürfnissen alternder Schriftsteller und der Förderung junger Talente gerecht werden zu sollen, ohne gleichzeitig in der Kulturpolitik einen staatlichen Dirigismus akzeptieren zu müssen.231 Es bestehe die klare und unbestrittene soziale Notwendigkeit, alternde Schriftsteller zu unterstützen, die von dem Ertrag ihrer Werke nicht leben könnten. Dies jedoch aus einem Fonds zu bewirken, der sich aus einer Abgabe auf gemeinfreie Werke finanziere, sei abzulehnen.232 Es sollte doch gelingen, die Verbände der Nutzungsberechtigten zu veranlassen, in eine freiwillig errichtete Stiftung bestimmte festzulegende Beträge zu entrichten. Ein unabhängiges Kuratorium nach Art der Deutschen Forschungsgemeinschaft könnte die Verteilung der Mittel dann sinnvoll und zweckmäßig an die sozial schwachen Künstler abführen. Überhaupt könne die Deutsche Forschungsgemeinschaft als Vorbild für eine solche Stiftung öffentlich-rechtlichen Charakters dienen.233 Während der Plan der Errichtung einer selbstverwalteten Stiftung in der Diskussion allgemeinen Beifall fand, bestanden über die Finanzierung dieses Fonds geteilte Ansichten. Ein Teil der Anwesenden hielt es für durchführbar, die Stiftung sich selbst auf völlig freiwilliger Basisfinanzieren zu lassen und damit analog der Deutschen Forschungsgemeinschaft den freiwillig beitretenden Mitgliedern anhand der Statuten nach gewissen Merkmalen bestimmte Mitgliedsbeiträge aufzuerlegen. 234 Von der anderen Seite wurde vorgebracht, daß dann jedes Mitglied versuchen wür229 Vgl. Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2586 Bl. 118. 230 Dr. Strauß in Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 24.03.1956 in Β141/2594 Bl. 172f. Die Ausführungen von Strauß wurden in UFITA Bd. 22 (1956), S. 129 ff. veröffentlicht. 231 Verleger Ehrenwirth in Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β141/2601 B1.007 (Rückseite). 232 Vgl. die Ausführungen des Verlegers Ehrenwirth in Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β141/2601 B1.008. Als Gründe gegen die Kulturabgabe wiederholte Ehrenwirth die Argumente, die Klassikerausgaben würden verteuert und die Verleger würden im Vergleich zu ausländischen Kollegen benachteiligt. 233 So der Vorschlag des Verlegers Ehrenwirth, vgl. Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β141/2601 B1.008 (Rückseite). 234 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β 141/2601 B1.009 (Rückseite).

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de, die Beitragshöhe möglichst nach unten zu drücken. Diese Stimmen hielten es daher für sinnvoller, die Verwerter von Kulturgut von ihren jetzt gehandhabten freiwilligen Sozialleistungen zu entbinden und sie dafür gesetzlich zu veranlassen, einen Pauschalbetrag der Stiftung zuzuführen, die sich darüber hinaus auch noch aus den beizubehaltenden freiwilligen Mitgliederbeiträgen finanzieren sollte. 235 Als schwierig stellte sich dann noch die Ermittlung des anspruchsberechtigten Personenkreises heraus. Mit den Erträgnissen solle zweierlei erreicht werden, einmal die Förderung des Nachwuchses, zum anderen die Unterstützung notleidender Künstler. Das sei ein ungeheuer weiter Rahmen, zumal es ein klares Berufsbild des Künstlers ebenso wenig gebe, wie das eines Schriftstellers. 236 Abschließend begrüßte auch Märker auf der Sitzung des Ausschusses der freien und geistigen Berufe des Wirtschaftsbeirates der Union die Institution der vorgeschlagenen Stiftung. 237 Diese Stiftung solle zweckmäßig in einer selbstverwalteten Organisation bestehen, sich jedoch nicht auf die Basis der Freiwilligkeit gründen. Die Finanzierung der Stiftung könnte sich sowohl aus der Urhebernachfolgegebühr als auch aus den Gebühren für das Vermieten von Büchern zusammensetzen.238 RegDir Schneider stellte daraufhin fest, daß im BMJ eine den Erwartungen des Referenten entsprechende Vorschrift hinsichtlich der Urhebernachfolgegebühr stark in Erwägung gezogen werde. Gegenwärtig stünde die Frage der Durchführung im Mittelpunkt der Beratungen. 239 3. Die Einführung der Urhebernachfolgevergütung

im MinE von 1959

Der im Anschluß an die Erörterung des RefE veröffentlichte MinE aus dem Jahre 1959 schlug dann die Einführung der Urhebernachfolgevergütung in Form einer Stiftung des öffentlichen Rechts vor. Diese Entscheidung wurde damit gerechtfer235 Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β 141/2601 Bl. 009 (Rückseite). 236 Durch jede gesetzliche Regelung aber begründe man eine Begehrlichkeit, weil dadurch das Ermessen zugunsten eines Rechtsanspruchs verdrängt werde. Dann stelle sich die Frage, wem dieser Rechtsanspruch zuzuerkennen sei, da kein klares Berufsbild existiere, vgl. Protokoll der Sitzung im Wirtschaftsbeirat der Union am 20.10.1956 in Β141/2601 B1.010. Zur Ermittlung der anspruchsberechtigten Personen wurde dann ein Punktesystem vorgeschlagen, das an bestimmten Kriterien, wie Bedürftigkeit, Verdienst aus dem erstellten Werk, Anzahl der Werke, Wert des Werkes usw. bemessen, von einem bestimmten Punktminimum ab einen Anspruch auf Altersversorgung konstituieren solle. 237 Referat des Präsidenten Friedrich Märker vom Schutzverband der Deutschen Schriftsteller in Protokoll über die Sitzung des Ausschusses der freien geistigen Berufe des Wirtschaftsbeirates der Union am 13.12.1956 in Β141/2601 B1.016. 238 So der Vorschlag Märkers in Protokoll über die Sitzung des Ausschusses der freien geistigen Berufe des Wirtschaftsbeirates der Union am 13.12.1956 in Β141/2601 B1.016 (Rückseite). 239 RegDir Schneider in Protokoll über die Sitzung des Ausschusses der freien geistigen Berufe des Wirtschaftsbeirates der Union am 13.12.1956 in Β 141/2601 B1.017.

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tigt, daß die Einführung der Urhebernachfolgevergütung ein besonderes Anliegen der gesamten Urheberschaft sei, wie sich bei der Diskussion zu dem RefE gezeigt habe.240 Es sei geltend gemacht geworden, daß die mit der praktischen Durchführung verbundenen Schwierigkeiten zwar nicht verkannt würden, aber auch nicht dazu führen dürften, von dem Versuch der Einführung des neuen Rechts von vornherein abzusehen. Da auch die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission ihre ursprünglich ablehnende Haltung aufgegeben habe, enthalte der neue Entwurf nunmehr in §§ 69 bis 74 Vorschläge für die Einführung der Urhebernachfolgevergütung, die als Grundlage für eine erneute eingehende Erörterung gedacht seien.241 Im einzelnen war in § 69 Abs. 1 zunächst der Grundsatz festgelegt, daß jeder, der ein urheberrechtlich nicht geschütztes Werk vorträgt, aufführt oder vorführt, durch Funk sendet oder Vervielfältigungsstücke eines solchen Werkes gewerbsmäßig verbreitet, eine Vergütung an den Urheberfonds zu zahlen hatte.242 Hierbei kam es nicht darauf an, ob es sich um ein gemeinfreies Werk handelte oder um das Werk eines ausländischen Urhebers, das zwar in seinem Heimatstaat geschützt wurde, mangels eines internationalen Abkommens zwischen diesem Staat und der Bundesrepublik aber nicht den Schutz des deutschen UrhG in Anspruch nehmen konnte. Selbstverständlich sollte in den Fällen, in denen während des Laufs der Schutzfrist die Benutzung des Werkes ohne Rücksicht auf das noch bestehende Urheberrecht vergütungsfrei erlaubt war, auch keine Urhebernachfolgevergütung gezahlt werden (§ 69 Abs. 2). 243 Für die gewerbsmäßige Verbreitung von Vervielfältigungsstücken war die Vergütung nur zu entrichten, wenn diese im Wege der Veräußerung in Verkehr gebracht worden waren (§ 70). 244 § 71 nahm bestimmte Werke von der Zahlung der Urhebernachfolgevergütung aus, deren erleichterte Verbreitung im allgemeinen Interesse liege, wie etwa religiöse Schriften, Werke der Wissenschaft und amtliche Werke. Außerdem war es dem Urheberfonds freigestellt, in besonderen Ausnahmefällen von der Erhebung der Vergütung abzusehen. Die Höhe der Urhebernachfolgevergütung wurde in § 72 auf 10% der Vergütung, die für die Einräumung eines entsprechenden Nutzungsrechts bei Bestehen eines Urheberrechtsschutzes angemessen wäre, festgelegt. Dieser Be240 Bemerkungen zum MinE S. 65. Vgl. auch die Ausführungen in dem vom BMJ verfaßten internen Überblick zu dem MinE in Β 141/2620 B1.068. Es habe sich gezeigt, daß die Urhebernachfolgevergütung, deren Einführung von der gesamten Urheberschaft nachdrücklich gefordert werde, als ein Beitrag zur Linderung unverkennbarer materieller Not vieler Geistesschaffender emstlich in Betracht zu ziehen sei. 241 Vgl. Bemerkungen zum MinE S. 65. 242 Andere Verwertungsarten als die genannten sollten nicht erfaßt werden, insbesondere sollte keine gesonderte Vergütung für die Vervielfältigung gezahlt werden, vgl. Bemerkungen zum MinE S.65. 243 Die Urhebernachfolgevergütung brauchte also insoweit nicht entrichtet zu werden, als auch ein urheberrechtlich geschütztes Werk nach den Bestimmungen des 5. Abschnittes frei benutzt werden durfte. 244 Für jedes Vervielfältigungsstück brauchte die Vergütung außerdem nur einmal gezahlt zu werden, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 65.

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trag erschien ausreichend, da man die Verbreitung gemeinfreier Werke nicht unnötig erschweren wollte. 245 Für die gewerbsmäßige Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, für die ein Ladenpreis bestand, sollte die Vergütung 1 % des Ladenpreises betragen. 246 Als Verwendungszwecke der Einnahmen wurden in § 73 Ehrensolde an verdiente Urheber, die Unterstützung bedürftiger Angehöriger verstorbener verdienter Urheber und schließlich Förderungsbeihilfen an begabte Urheber genannt. Ein klagbarer Anspruch einzelner Urheber war allerdings nicht vorgesehen, vielmehr sollte es sich bei den Zahlungen des Urheberfonds um Gratialien handeln. Demzufolge waren solche Zahlungen nicht auf Unterstützungen und sonstige Sozialleistungen anzurechnen.247 Für die Verteilung der Einnahmen legte § 73 Abs. 2 fest, daß diese nach Möglichkeit den Urhebern derjenigen Gattung der Literatur und Kunst zufließen sollten, aus der sie herrührten. 248 Das durch die Erhebung der Urhebernachfolgegebühr angesammelte Vermögen sollte schließlich in einem Urheberfonds verwaltet werden. Die dafür in § 74 gewählte Rechtsform einer Stiftung des öffentlichen Rechts schien mit Rücksicht auf den vorwiegend öffentlich-rechtlichen Charakter der dem Urheberfonds zugewiesenen Aufgaben angemessen.249 Um das Gesetz von ins einzelne gehenden formellen Bestimmungen zu entlasten, sah der Entwurf von einer näheren Regelung der Errichtung und Verfassung des Urheberfonds und der Art der Einziehung der Vergütung ab. Statt dessen wurde der Bundesminister des Innern ermächtigt, diese Fragen im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Justiz durch eine Rechtsverordnung zu regeln. Die Reaktionen auf die Einführung eines domaine public payant in den MinE waren unterschiedlich. Zahlreiche Stimmen wurden teils in Eingaben an das BMJ, teils in Veröffentlichungen für und gegen dieses neue Rechtsinstitut laut. 250 Dabei stellte sich die Urhebernachfolgevergütung als die am heftigsten umstrittene Neuerung des MinE heraus. 251 Von den Gegnern wurde vor allem die Regelung der Urhebernachfolgevergütung im Urheberrechtsgesetz beanstandet. Nach Ansicht des Deutschen Musikverlegerverbandes ließ sich eine solche Kulturabgabe nicht aus dem Urheber245

Vgl. Bemerkungen zum MinE S.65. Um die Abrechnung nicht durch Pfennigbeträge zu erschweren, sah der Entwurf hier eine Aufrundung vor, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 65. 247 Vgl. dazu Bemerkungen zum MinE S. 66. Zu der Frage, ob für die Zahlungen des Urheberfonds Steuerfreiheit gewährleistet werden solle, nahm der Entwurf keine Stellung. Die Behandlung dieser Frage sollte der Steuergesetzgebung vorbehalten bleiben. 248 Diese Bestimmung beruhte auf der Erwägung, daß die Einnahmen aus Werken der bildenden Kunst, Werken der Musik oder Schriftwerken verschieden hoch sein konnten und es unbillig wäre, diese Unterschiede bei der Verteilung unberücksichtigt zu lassen, vgl. Bemerkungen zum MinE S. 66. 249 Bemerkungen zum MinE S. 66. 250 Ygi die Auflistung der Stellungnahmen für und gegen das domaine public payant bei Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.209f. 246

251

Vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2633 B1.014.

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recht begründen und gehöre daher nicht in das Urheberrechtsgesetz. Ebenso sah der Deutsche Bühnenverein diese Bestimmung nicht als Gegenstand des im Privatrecht begründeten Urheberrechts, sondern als Angelegenheit eines öffentlich-rechtlichen Sondergesetzes.253 Bedenken hatten diese Interessenverbände vor allem auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht. 254 Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gab zu erwägen, daß eine derartige Regelung an der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG scheitern würde. 255 Außerdem würden kulturelle Angelegenheiten in die Zuständigkeit der Länder gehören. Da die Urhebernachfolgevergütung ihrem Sinn und Zweck nach eine kulturelle Abgabe sei, wie auch schon ihre unlösbare Verbindung mit dem Urheberfonds als Träger des Anspruchs zeige, handele es sich um eine kulturelle Einrichtung, die nicht dadurch der Zuständigkeit der Länder entzogen werden könne, daß das Recht auf die Abgabe in einen zivilrechtlichen Anspruch gekleidet werde. 256 Zumindest sei die Einrichtung des Urheberfonds selbst eine Angelegenheit der Länder und nicht der Bundesrepublik. Infolgedessen könne auch die Urhebemachfolgevergütung in der vorgeschlagenen Form nur durch die Länder gesetzlich festgelegt werden. 257 Auch von Erffa war der Auffassung, daß die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung nicht in das UrhG gehörten. 258 Begrüßt wurde die Urhebernachfolgevergütung erwartungsgemäß von den Urheberverbänden. In den Erläuterungen kam nach Meinung des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller die Bereitschaft des BMJ zum Ausdruck, die Ansprüche der Urheber unvoreingenommen zu prüfen. 259 Allerdings sei die Höhe der Vergütung mit 1 % des Ladenpreises bei der gewerbsmäßigen Verwertung von Vervielfältigungsstücken zu niedrig angesetzt.260 Die Erben eines Autors hätten einen Anspruch auf 252 Vgl. bereits oben Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter Ε. II. Stellungnahme des Deutschen Musikverlegerverbandes in Β 141/2630 Bl. 101. 253 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2633 B1.014. Unter diesem Gesichtswinkel könne die Kulturabgabe erörtert werden. 254 Vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β141/2633 B1.014. Zu den einzelnen Argumenten, die während der gesamten Reformarbeiten für und gegen die Einführung der Urhebemachfolgevergütung vorgetragen worden waren, siehe Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.218-225. 255 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter Ε. II. Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2629 Bl. 114. 256 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2629 Bl. 114 f. 257 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2629 Bl. 115. Diese Bedenken, die der Urhebemachfolgevergütung schon aus rechtlichen Gründen entgegen stünden, seien so schwerwiegend, daß sie auch nicht durch irgendwelche Modifizierungen beseitigt werden könnten. 258 Stellungnahme von Erffas zu dem MinE in Β141/2625 B1.022. Es handele sich um eine Sondervergütung für Werke, die dem Urheberrecht gerade nicht mehr unterliegen. 259 Stellungnahme des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β 141/2625 Bl. 119. 260 y g l auch die Ausführungen des Präsidenten des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in dem Mitteilungsblatt dieses Verbandes vom 15.09.1959 (Nr.5/59) in Β141/2622 Bl. 163

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10%, nicht nur auf 1 % Tantieme.261 Im Namen der GEMA bestätigte Dr. Schulze, daß die Urhebernachfolgevergütung, ebenso wie das Folgerecht, die allgemeine Billigung der Urheberkreise gefunden habe.262 Prof. Egk befürwortete grundsätzlich jeden Schritt, der dazu geeignet sei, das Bewußtsein in der Öffentlichkeit für den Schutz des geistigen Eigentums weitestgehend zu sichern. 263 Erreiche auch der Plan einer Urhebernachfolgevergütung noch nicht die Idealvorstellung der Urheber, so sehe man doch in der beabsichtigten Ausgestaltung eine Möglichkeit zu einer wirksamen Annäherung an dieses wünschenswerte Ziel. Die allgemeinen Bestimmungen des MinE über Art und Durchführung der Urhebernachfolgevergütung würden daher grundsätzlich begrüßt. Vor allem erscheine es richtig, daß in § 73 Abs. 2 vorgesehen war, die Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung nach Möglichkeit jeweils nur den Urhebern derjenigen Gattung der Musik, der Literatur oder der bildenden Kunst zufließen zu lassen, aus der sie herrührten. 264 Die spartenmäßige Verwendung der Einnahmen auf dem Gebiet der Musik solle unbedingt beibehalten werden. 265 Im Auftrag des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller sprach sich zudem noch Dr. Fromm für die Urhebernachfolgevergütung aus.266 Es entspreche der Gerechtigkeit und Billigkeit, daß die mit der Errichtung des Urheberfonds erzielten Einnahmen an die lebende Urhebergeneration und die bedürftigen Angehörigen verstorbener Urheber verteilt werde, da die Nation auf den Fortbestand ihrer Kultur und die Forterzeugung geistiger Werke durch wirtschaftlich gesicherte Urheber angewiesen sei. 267 Mit dem klar formulierten und gut durchdachten Vorschlag zur Schaffung einer Urhebernachfolgevergütung in §§ 69-74 des MinE habe das BMJ anerkennens(Rückseite): „Jedenfalls werde ich mit der vorgeschlagenen Höhe der Urhebernachfolgegebühr von nur 1 %, statt der von uns geforderten 10%, nicht einverstanden sein." 261 Aus den Darlegungen zahlreicher Urheberspezialisten ergebe sich, daß es ein Unrecht sei, dem Erben eines Urhebers das Entgelt für tatsächliche Leistungen 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers zu entziehen. Dieses Entgelt betrage durchschnittlich 10% und es sei nicht einzusehen, warum ein anerkanntes Unrecht zu 9/10 bestehen bleiben soll. Gefordert werde daher ein Anspruch auf 10%, nicht nur auf 1 % Tantieme, vgl. Stellungnahme des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller in Β 141/2625 Bl. 120. 262 Denkschrift zur Urheberrechtsreform von Dr. Schulze in Β 141/2626 B1.081. 263 Schreiben von Prof. Egk an Sts Dr. Strauß in Β 141/2649 B1.005. Das Schreiben wurde, wie sich aus den Unterschriften ergibt, in Zusammenarbeit mit anderen Künstlern aufgesetzt. 264 Schreiben an Sts Dr. Strauß in Β 141/2649 B1.006. 265 Hier handelte es sich um ein besonderes Anliegen der Urheber ernster Musik, vgl. das Schreiben an Sts Dr. Strauß in Β141/2649 B1.006f. Während die Musik im allgemeinen durch die technische Entwicklung eine zunehmende Verbreitung gefunden habe, sei bei der zeitgenössischen ernsten Musik leider eine ständige Verminderung des prozentualen Anteils an den Gesamteinnahmen festzustellen. Daher sei es unerläßlich, daß grundsätzlich die spartenmäßige Verwendung der Einnahmen aus öffentlichen Aufführungen, Rundfunksendungen und Schallplattenverkäufen aufrechterhalten werde. Dadurch solle jedoch nicht die Aufgabe beeinträchtigt werden, die dem Bundespräsidialamt bei der Verteilung der Urhebernachfolgevergütung zugedacht war. 266 Entgegnung Dr. Fromms zur Stellungnahme des Börsenvereins in Β 141/2652 Bl. 113 ff. 267 Vgl. Dr. Fromm in Β 141/2652 Bl. 119.

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werter Weise einen mutigen, aber auch notwendigen Schritt vorwärts getan. Dadurch habe man sich dem Wunsch der Brüsseler Revisionskonferenz im positiven Sinne angeschlossen und sei in die Reihe der fortschrittlichen Kulturnationen getreten, welche dieses Institut zum Segen ihrer lebenden und künftigen Urhebergenerationen ins Leben gerufen hatten und in ihren Gesetzen verwirklichten. 268 Von den übrigen Bundesministerien äußerten sich der Bundesminister für Arbeit und der Bundesminister des Innern zu dem Vorschlag der Urhebemachfolgevergütung. Der BArbM befürwortete die Einführung, forderte aber zugleich ausdrücklich seine Beteiligung bei dem Erlaß der Rechtsverordnung zur näheren Regelung der Errichtung und Verfassung des Urheberfonds in § 74 Abs. 2. 2 6 9 Dagegen wollte der BlnM zunächst noch prüfen lassen, ob es überhaupt möglich sei, die vorgesehene Stiftung des öffentlichen Rechts durch Erlaß lediglich einer Rechtsverordnung zu errichten. 270 Auch erscheine fraglich, ob die in dieser Bestimmung vorgesehene Ermächtigung den Erfordernissen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspreche. Daher werde die Bestimmung wohl noch abzuändern sein. 271 Seitens der Länder gingen die Auffassungen zu der Urhebemachfolgevergütung auseinander. Lediglich Bayern hielt die Erhebung der Abgabe der Sache nach für berechtigt. 272 Allerdings sei die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zu bezweifeln. Bei der Urhebemachfolgevergütung handele es sich der Sache nach nicht um eine privatrechtliche Vergütung für den Urheber, sondern in Wahrheit um eine hoheitsrechtliche Kulturabgabe. Eine Verbindung zum Urheberrecht könne weder durch den Gedanken, daß die dem einzelnen Urheber aus der Urhebemachfolgevergütung gewährten Beträge eine Art Vorschuß auf die nach Ablauf der Schutzfrist aus seinen Werken gezogenen Einnahmen seien, noch damit begründet werden, daß die Urhebemachfolgevergütung den bisherigen urheberrechtlichen Grundsatz der Gemeinfreiheit einschränke. 273 Daher sei die Urhebemachfolgevergütung nicht zum Urheberrecht i. s. d. Art. 71 Nr. 9 GG zu rechnen. Auch Art. 105 Abs. 2 GG könne als 268

Dr. Fromm in Β 141/2652 Bl. 121. Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter Ε. II. Vermerk in Β141/2630 B1.033 und 036. Diesen Wunsch wiederholte der BArbM zudem auf einer späteren Sitzung mit dem BMJ, vgl. Niederschrift über Sitzung mit weiteren Bundesressorts am 07.02.1961 in Β141/2645 B1.203. Das BMJ hatte, sachlich gesehen, gegen eine Beteiligung keine Bedenken, hielt es aber optisch für nicht glücklich, den BArbM im Gesetz zu nennen, da stets betont werde, daß die Urhebemachfolgevergütung mit einer Altersversorgung gerade nichts zu tun habe. Eine inteme Beteiligung des BArbM könne selbstverständlich zugesichert werden. 270 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2628 B1.068. 271 Stellungnahme des BlnM in Β 141/2628 B1.068. 272 Vgl. Vermerk in Β141/2630 B1.033. Bayern teilte auch nicht die gegen die Urhebemachfolgevergütung teilweise geäußerten Bedenken, daß die Interessen der Allgemeinheit ein Festhalten an der unbeschränkten Verwertungsfreiheit nach Ablauf der Schutzfrist erforderten und die Zeitgenossen überfordert würden, wenn sie über die Verwendung der Einnahmen nach Maßgabe des § 73 zu befinden hätten. 273 So die Argumentation seitens Bayern in dem Vermerk in Β 141/2630 B1.035. 269

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Rechtsgrundlage für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht herangezogen werden. Gleicher Meinung waren auch Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. 274 Diese Länder hatten auch bereits den Grundgedanken des Urhebernachfolgevergütung abgelehnt. Berlin war der Ansicht, daß der an sich nicht zu beanstandende Zweck der Förderung und Unterstützung der Urheber nicht durch Zwang erreicht werden sollte, zumal sich ein befriedigender Verteilungsmodus nur schwerlich würdefinden lassen. Nordrhein-Westfalen lehnte die Urhebernachfolgegebühr scharf ab, da diese aufgrund der Tatsache, daß sie nicht mehr die Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk betreffe, den Rahmen des Urheberrechts sprenge. 275 Außerdem fördere die vorgesehene Regelung ein ungesundes Rentendenken, verstärke die Tendenz zur Sozialisierung und Kollektivierung des Urheberentgeltes, lähme damit den Ansporn zu eigener schöpferischer Leistung und vertiefe die Kluft zwischen dem Kulturschaffenden und dem Volk. Auch Schleswig-Holstein äußerte Bedenken gegen die grundsätzliche Berechtigung der Urhebernachfolgevergütung. Diese wirke durch die Belastung des Genusses kultureller Güter kulturfeindlich. Wenn man davon ausgehe, daß Geisteswerke nach Ablauf der Schutzfrist Gemeingut der Nation würden, könne man sie nicht allein für den engeren Kreis der Urheber reklamieren. 276 Wenn doch ein Weg gefunden würde, den Gedanken der Urhebernachfolgevergütung in die Tat umzusetzen, regte Schleswig-Holstein an, von „Kulturabgabe" zu sprechen. Berlin hielt die Ausnahme für religiöse Schriften und wissenschaftliche Werke für nicht gerechtfertigt. 277 Gegen die Vorgabe einer spartenmäßigen Verwendung der Einnahmen in § 73 Abs. 2 wandten sich Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein. Diese Regelung bringe eine unangemessene Einengung der Verwendungsfreiheit mit sich. 278 Außerdem würden die Kunstsparten „Bildende Kunst", „Tanz" und „Film" nur unzureichend bedacht, wodurch das Problem einer allumfassenden Künstlerversorgung nicht gelöst, sondern im Gegenteil weiter kompliziert werde. 279 Äußerst fraglich sei schließlich noch die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Errichtung des Urheberfonds als bundesunmittelbare Stiftung. 280 Die Einführung der Urhebernachfolgevergütung, wie sie der MinE vorgeschlagen hatte, stieß also nicht nur in ihrer grundsätzlichen Berechtigung auf Kritik, sondern 274

Vermerk in Β 141/2630 B1.035. Vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.034. 276 Die innere Berechtigung der Urhebernachfolgevergütung war daher nach Auffassung Schleswig-Holsteins äußerst fragwürdig, vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.034. 277 Vermerk in Β 141/2630 B1.035. 278 Vermerk in Β 141/2630 B1.036. So die Ansicht Schleswig-Holsteins, daher sollte §73 Abs. 2 gänzlich gestrichen werden. 279 So die Ansicht Nordrhein-Westfalens in Vermerk in Β141/2630 Bl. 036. 280 Bayern, Berlin und Schleswig-Holstein bestritten generell die Zulässigkeit der Errichtung des Urheberfonds als bundesunmittelbare Stiftung, Nordrhein-Westfalen hielt die Errichtung der Stiftung durch ein formelles Gesetz für erforderlich, vgl. Vermerk in Β 141/2630 B1.036. 275

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vor allem auch in ihrer Umsetzung. Diesen Schwierigkeiten bei der praktischen Durchführung der Urhebemachfolgevergütung versuchte das BMJ in verschiedenen Besprechungen mit Interessenverbänden, Sachverständigen, Urhebern und auch den betroffenen Bundesressorts und Landesjustizverwaltungen zu begegnen.281 Auf einer ersten Sitzung mit Interessenverbänden wurde prinzipiell die Notwendigkeit einer Unterstützung und Förderung der Urheber von allen Seiten, auch von den Verlegern und übrigen Werknutzem ausdrücklich anerkannt. 282 Skeptisch waren die Interessenvertreter aber auch hier gegenüber der Verfolgung dieses Ziels im Urheberrechtsgesetz. Gleichermaßen war sich das BMJ bewußt, daß die vorgeschlagene Urhebemachfolgevergütung „sich an der Grenze des Urheberrechts bewege". Rechtsdogmatisch lasse sich leichter gegen die Urhebemachfolgevergütung argumentieren als für sie. Entscheidend sei doch aber letztlich nicht die Konstruktion, sondern die Frage, ob man im Ergebnis die Urhebemachfolgevergütung wolle oder nicht. Da zur Zeit keine Aussicht bestehe, eine Urheberhilfe auf andere Weise zu erreichen, solle doch versucht werden, die Urhebemachfolgevergütung im einzelnen so auszugestalten, daß sie im Gesetzgebungsverfahren Bestand habe. Zwei gesonderte Besprechungen, einmal mit Vertretern des Deutschen Musikverbandes, zum anderen mit Vertretern des Börsenvereins sollten der Unterrichtung über praktische Durchführungsmöglichkeiten einer Urhebemachfolgevergütung dienen.283 Es zeigte sich, daß besonders im Musikverlag, aber auch im Buchverlag, eine Einzelabrechnung der Urhebemachfolgevergütung zwar technisch durchführbar, aber mit einem zum Ertrag in keinem vernünftigen Verhältnis stehenden Arbeits- und Kostenaufwand verbunden wäre. Im Musikverlag wurde mit einem Gesamtaufkommen von höchstens 25.000 DM gerechnet, im Buchverlag mit rund 60.000 DM. 2 8 4 Die Vertreter beider Verlagszweige setzten sich aus diesem Grunde dafür ein, das Verlagsgeschäft wegen der geringen Beträge ganz von der Urhebernachfolgevergütung freizustellen. Gleichzeitig zeigten sie jedoch auch ein gewisses Verständnis dafür, daß, wenn es zur Einführung der Urhebemachfolgevergütung kommen sollte, diese grundsätzlich alle Verwertungsarten erfassen müsse. Als denkbare Lösung für eine Einbeziehung auch der verlagsmäßigen Verwertung wurde eine Pauschalabgeltung der Urhebemachfolgevergütung durch den Verleger ins Auge gefaßt. Im Musikverlag würde die Pauschalzahlung vom Verleger selbst zu 281 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E. III. Außerdem war die Urhebemachfolgevergütung ein Thema der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht. Da hier allerdings die grundlegende Frage, ob die Schaffung eines Urheberfonds erwünscht sei, der aus der Verwertung gemeinfrei gewordener Werke gespeist würde, abgelehnt wurde, erübrigte sich jede weitere Diskussion über Erhebung der Verteilung der Abgabe im einzelnen, vgl. Protokoll der Arbeitssitzungen in Β141/2633 Bl. 133. 282 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.III. 2. Niederschrift der Sitzung vom 21.10.1960 in Β 141/2639 Bl. 176. 283

Vermerk des BMJ über die Besprechungen mit dem Deutschen Musikverlegerverband und dem Börsenverein in Β 141/2644 B1.065. 284 Vermerk in Β 141/2644 B1.065.

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zahlen sein, da eine Erhöhung der Notenpreise nicht in Betracht komme. 2 8 5 Inwieweit i m Buchverlag die Pauschalzahlung vom Verleger selbst getragen werden könne, sollte noch geprüft werden. Voraussichtlich werde jedenfalls in den Verlagen, deren Verlagsprogramm zu einem größeren Teil freie Werke umfasse, eine Erhöhung der Buchpreise notwendig werden. 2 8 6 Eine abschließende Stellungnahme zur Urhebernachfolgevergütung in Form der in Aussicht genommenen Pauschalabgeltung durch den Verleger behielten sich die Vertreter des Börsenvereins jedoch vor. 2 8 7 Ebenfalls um konkrete Möglichkeiten zur Umsetzung der Urhebernachfolgevergütung ging es auf einer ersten Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen. 288 Da über die verfassungsrechtliche Frage der Zuständigkeit des Bundes für eine Regelung keine Einigkeit erzielt werden konnte 2 8 9 , wurde diese auf ausdrücklichen Wunsch Dr. Haertels zurückgestellt und über die sachliche Berechtigung und vor allem die Ausgestaltung der Urhebernachfolgevergütung gesprochen. Hinsichtlich des Verteilungsverfahrens und der Organisation des Urheberfonds wolle man seitens des B M J den Ländern in jeder gewünschten Weise entgegenkommen. 290 Bei allen Überlegungen und Kritikpunkten sollte aber stets der Eindruck auf die Öffentlichkeit bedacht werden, wenn die Einführung der in ihrer Zielsetzung begrüßenswerten Urhebernachfolgevergütung an formaljuristischen Bedenken scheitern würde. 285 v g l Vermerk in Β 141/2644 B1.065. Es könne davon ausgegangen werden, daß sich die Musikverleger hiermit unter der Voraussetzung einverstanden erklären würden, daß für die Berechnung des abzuführenden Betrages weitgehend Schätzungen zugrunde gelegt werden können und der Urheberfonds auf eine Nachprüfung der Berechnung im einzelnen verzichte. 286 Vermerk in Β141/2644 B1.066. Da die Urhebernachfolgevergütung nicht individuell auf die einzelnen freien Werke umgelegt, sondern den allgemeinen Verlagskosten zugeschlagen werden sollte und sich demzufolge auf die gesamte Verlagsproduktion verteilen würde, werde sich die etwaige Preiserhöhung wohl in engen Grenzen halten. 287 Vermerk in Β 141/2644 B1.066. 288 Vgl. Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 B1.143ff. 289 Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β141/2645 Bl. 143ff. MinRat Dr. Massen vom BMJ führte aus, daß die Zuständigkeit des Bundes sich aus Art. 73 Nr. 9 GG herleite. Die Urhebernachfolgevergütung sei bei sinngemäßer Auslegung des Begriffs „Urheberrecht" als Teil dieses Rechtsgebiets anzusehen. Zumindest ergebe sich die Zuständigkeit des Bundes aber aus dem Sachzusammenhang, weil die Urhebernachfolgevergütung an die Tatbestände des Urheberrechts anknüpfe und gewissermaßen eine Nachwirkung des Urheberrechts nach Ablauf der Schutzfrist darstelle. Diese Auffassung wurde von den meisten Landesjustizministern allerdings wegen der an sich öffentlich-rechtlichen Natur der Urhebernachfolgevergütung bestritten. Die privatrechtliche Ausgestaltung sei nicht gerechtfertigt, sondern nur ein Trick, um die Zuständigkeit des Bundes zu begründen. Im Bereich des Urheberrechts könnten privatrechtliche Ansprüche nur dem einzelnen Urheber zuerkannt werden. Wolle man die Urhebernachfolgevergütung als Fortsetzung des individuellen Urheberrechts unter Auswechselung lediglich des Berechtigten begründen, so müsse eine solche Konstruktion an Art. 14 GG scheitern. 290 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 145.

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Auf den Einwand, daß die Förderung und Alterssicherung kein spezielles Anliegen bei den Urhebern sei, sondern ein allgemeines Problem bei allen freien Berufen, und man daher nicht eine Gruppe herausgreifen könne 291 , erwiderte Dr. Haertel, die geplante Urhebemachfolgevergütung bezwecke gerade nicht eine echte Altersversorgung der Urheber in ihrer Gesamtheit, zu der wesentlich höhere Mittel erforderlich wären. Gedacht sei lediglich an eine Art Ehrensold für verdiente Urheber, wie er derzeit bereits durch die Künstlerhilfe gezahlt werde. 292 Als Vertreter des Bundespräsidialamtes bestätigte ORegRat Oberüber, daß die Künstlerhilfe von vornherein nicht als eine Altersversorgung gedacht gewesen sei und von sozialen Renteneinrichtungen klar habe unterschieden werden sollen.293 Auch Dr. Keim vom Kultusministerium in Bayern vertrat die Auffassung, daß es nicht um eine Altersversorgung durch eine Sozialversicherung gehen konnte. Eine Unterstützung der Urheber sei allein in Form der Künstlerhilfe möglich. 294 Sein persönlicher Vorschlag gehe daher dahin, daß das Aufkommen aus der Urhebemachfolgevergütung der Künstlerhilfe zufließen solle. Dadurch könne die Errichtung einer neuen Bürokratie verhindert werden, gegen die von der Länderseite Bedenken bestünden und die auch der Sache wenig dienlich sei. Die Einziehung der Urhebemachfolgevergütung könne man dann den Verwertungsgesellschaften überlassen.295 Diesen Weg hielt Dr. Haertel allerdings für nicht gangbar, weil ein eigener Rechtsträger für die Urhebemachfolgevergütung geschaffen werden müsse. Die Künstlerhilfe komme als Rechtsträger nicht in Betracht, da sie ihrem Wesen nach institutionalisiert werden könne. 296 Gerade gegen die Schaffung einer Institution hatte jedoch Dr. Keim Bedenken. Es sei auch psychologisch wichtig, daß die Künstlerhilfe nicht durch eine größere Konkurrenz abgewertet werde. Die hinsichtlich der Auswahl der zu unterstützenden Personen notwendigen Qualitätsentscheidungen müßten von einer unbestrittenen Autorität, wie dem Bundespräsidenten, getroffen werden. 297 Daraufhin schlug Dr. Haertel als Kompromiß vor, dem Urheberfonds nur die 291 So die Auffassung des Senators für Justiz in Berlin, Senatsrat Haeuseler in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β141/2645 Bl. 146f. 292 Die andere Frage, ob es möglich sei, darüber hinaus eine echte Altersversorgung aufzubauen, werde zur Zeit vom BArbM geprüft, vgl. Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 147. 293 ORegRat Oberüber vom Bundespräsidialamt in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 147. 294 Dr. Keim als Vertreter des Kultusministeriums in Bayern in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 148. 295 So der Vorschlag Dr. Keims in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β141/2645 Bl. 148. 296 Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 148. Dr. Haertel hielt es zudem für bedenklich, die Einziehung allein den Verwertungsgesellschaften zu übertragen, mindestens die Vertragsgestaltung müsse einer neutralen Stelle überlassen bleiben. 297 Dr. Keim in Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 148.

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Einziehung der Urhebernachfolgevergütung zu übertragen und die Verteilung der Mittel durch die Künstlerhilfe vornehmen zu lassen. Soweit dies technisch möglich sei, könne der Urheberfonds auch als Stiftung der Länder errichtet werden. Da auch das BlnM keine Bedenken gegen eine Bildung der Stiftung auf Länderebene hatte, sollte diese Lösung in Aussicht genommen werden. 298 Unterstützung fand die Einführung der Urhebernachfolgevergütung dann bei der Besprechung mit prominenten Urhebern. 299 Der Forderung auf Erhöhung der Urhebernachfolgegebühr, wie sie von dem Schutzverband der Deutschen Schriftsteller gewünscht worden war, sollte nach Ansicht des Schriftstellers Hermann Kasacks keine Beachtung geschenkt werden. Jede Erhöhung des im Entwurf vorgesehenen Satzes von 1/10 der üblichen Urhebervergütung würde die Einführung dieses Institutes nur erschweren. 300 Die nunmehr in Aussicht genommene Verteilung der Urhebernachfolgevergütung durch die bereits bestehende Künstlerhilfe sei optisch gut, sachlich aber etwas problematisch, da das Auswahlverfahren der Künstlerhilfe nicht immer zu den richtigen Ergebnissen führe. Vielleicht ließe sich dies jedoch dadurch verbessern, daß zusätzlich zu den in den einzelnen Ländern bestehenden Auswahlkommissionen ein besonderes Kuratorium beim Bundespräsidenten gebildet werde. 301 Der Komponist Prof. Egk wandte sich gegen die geplante Konstruktion der Urhebernachfolgevergütung, insbesondere gegen die Überlegung, die ursprünglich in § 73 Abs. 2 vorgesehene Spartenbindung bei der Verteilung der Einnahmen fallen zu lassen. Gebe man die Spartenbindung auf, so werde dies dazu führen, daß die Komponisten, aus deren Bereich der größte Teil der Urhebernachfolgevergütung fließen werde, kaum Zuwendungen erhielten. 302 Eine Hilfe für die ernste Musik sei aber dringend notwendig, da die Selbsthilfe im Rahmen der GEMA auf sehr schwachen Füßen stehe und jederzeit fallen könnte. Die Komponisten wünschten daher eine Verteilung der aus der Musik fließenden Einnahmen der Urhebernachfolgevergütung durch die GEMA nach deren Verteilungsschlüssel für die ernste Musik. 303 Dr. Haertel zeigte zwar Verständnis für die Enttäuschung der Komponisten, machte aber deutlich, diese müßten sich darüber klar sein, daß ein Festhalten an ihren Forderungen zu einem Scheitern der Urhebernachfolgevergütung überhaupt führen könnte. 304 Es bleibe zu hoffen, daß sich die Komponisten aus Solidarität ge298 Vgl. Niederschrift über Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen vom 17.-19.01.1961 in Β 141/2645 Bl. 148. 299 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E. III. 3. Vermerk zu der Besprechung mit prominenten Urhebern am 30.01.1960 in Β141/2646 B1.073ff. 300 So die Ansicht Kasacks, vgl. Vermerk in Β 141/2646 B1.074. 301 Vorschlag Kasacks in Vermerk in Β 141/2646 B1.074. 302 Vermerk in Β141/2646 B1.074. 303 Vermerk in Β 141/2646 B1.075. 304 Die Urhebernachfolgevergütung lasse sich niemals als Erschließung einer neuen Einnahmequelle für einzelne Gruppen von Urhebern rechtfertigen, sondern immer nur als eine soziale

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genüber den anderen Urhebern zur Unterstützung der Urhebemachfolgevergütung auch in der vorgesehenen Form bereit finden würden. Es dürfe nicht in Vergessenheit geraten, daß die Urhebemachfolgevergütung nur dann Aussicht auf Erfolg im BT habe, wenn sie von dem Willen der gesamten Urheberschaft getragen sei. 305 In gleichem Maße setzte sich Dr. Haertel dann auf der Sitzung der Sachverständigenkommission für die Urhebemachfolgevergütung ein. 306 Als eine Maßnahme zur Stärkung und Erweiterung der beim Bundespräsidenten bestehenden Deutschen Künstlerhilfe solle die Urhebemachfolgevergütung eine breitere und gesicherte finanzielle Grundlage schaffen. 307 Das Einziehungsverfahren könne durch Pauschalverträge möglichst vereinfacht werden, die Verteilung der Mittel wolle man der Künstlerhilfe überlassen. Auf diese Weise werde der erforderliche Verwaltungsapparat voraussichtlich sehr klein gehalten, dessen Unkosten Bund und Länder tragen sollten. Die gegen die Urhebemachfolgevergütung geltend gemachten Bedenken hielt das BMJ für überwindbar, eine Einigung mit den Ländern in dieser Frage sei zu erhoffen. 308 Dem Einwand Prof. Egks, daß der Anteil der Komponisten bei der Verteilung der Einnahmen zu gering sei im Verhältnis zu dem Übergewicht der Musik auf der Einnahmeseite, vermochte Dr. Haertel auch hier nicht zu folgen. Ein zwingender Grund für eine spartenmäßige Verwendung der Urhebemachfolgevergütung bestehe nicht. Die Urhebemachfolgevergütung sei nur als soziale Maßnahme zugunsten der gesamten Urheberschaft zu rechtfertigen und es bleibe daher nur die Hoffnung, daß die Komponisten ihre Bedenken aus Solidarität gegenüber den anderen Urhebern zurückstellen werden. 309 Dem hielt Dr. Schulze entgegen, die Komponisten wollten durch ihren Wunsch keinesfalls die Urhebemachfolgevergütung zu Fall bringen, sondern diesen nur zur Diskussion stellen. Er könne nicht einsehen, warum so große Bedenken gegen die Einziehung und Verteilung der Urhebemachfolgevergütung für den Bereich der Musik durch die GEMA, die eigene Organisation der Komponisten, Maßnahme zugunsten der gesamten Urheberschaft, vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in Vermerk in Β 141/2646 B1.075. 305 y g l Vermerk in Β141/2646 Bl. 075. Auch Dr. Strauß trat dafür ein, für die Verwendung der Urhebemachfolgevergütung möglichst wenig im voraus festzulegen. 306 vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.03.02.1961 in Β141/2647 Bl. 108. Dr. Haertel führte aus, das BMJ setze sich nach anfänglicher Zurückhaltung nunmehr emsthaft für die Urhebemachfolgevergütung ein. 307 Der Künstlerhilfe, deren Arbeit allseits als notwendig und segensreich anerkannt werde, ständen heute zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu wenig Mittel zur Verfügung, zur Zeit etwa 750.000 DM im Jahr, von denen der größte Teil buchstäblich erbettelt werden müßte, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 108. Dr. Haertel trug vor, daß nach bisherigen Schätzungen das Aufkommen aus der Urhebemachfolgevergütung jährlich etwa 2 Vi bis 3 Mio DM betragen werde. 308 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 108. 309 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 109.

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bestanden. Als möglichen Kompromiß schlug daraufhin Prof. Egk vor, jedenfalls in der Satzung dem Urheberfonds die Möglichkeit zu geben, einen gewissen Betrag zur Aufstockung des Sozialfonds der GEMA abzuzweigen.311 Die Frage, ob der Bund im Rahmen des Art. 73 Nr. 9 GG für die Einführung und Regelung zuständig sei, wurde auf einer Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen erörtert. 312 Der Ausschuß kam zu dem Ergebnis, daß dem Bund die Kompetenz zur Einführung und auch zur Regelung der Urhebernachfolgevergütung nicht zustehe. Zu den Wesensmerkmalen des in Art. 73 Nr. 9 GG explizit genannten Urheberrechts gehöre die Verbindung zwischen dem Urheber und dem Schutz des von ihm geschaffenen Werkes. Diese Grundlage sei bei der Urhebernachfolgevergütung, die nicht den geistigen oder wirtschaftlichen Interessen des Urhebers eines Werkes im eigentlichen dienen, sondern nur die Mittel für die Förderung anderer Urheber einbringen solle, bereits verlassen. 313 In Wirklichkeit handele es sich bei der Urhebernachfolgevergütung um eine öffentlich rechtliche Kulturabgabe, die nicht schon deshalb dem Urheberrecht zugerechnet werden könne, weil der private Lebensvorgang, an den sie anknüpfe, diesem Rechtsgebiet angehöre. 314 Die verfassungsrechtliche Beurteilung würde sich auch nicht ändern, wenn der Bund etwa eine Übergangsregelung zwischen Urheberrecht und Urhebernachfolgevergütung dergestalt einführen wollte, daß für eine gewisse Zeit die Erträge aus der Nutzung des Werkes je zur Hälfte den Erben und dem Urheberfonds zufließen. Eine solche Mischregelung wäre nur insoweit urheberrechtlicher Natur, als sie die Erträge aus der Nutzung des Werkes den Erben des Urhebers zuweise.315 Der Bund könne eine Kompetenz zur Einführung und Regelung der Urhebernachfolgevergütung auch nicht aus Art. 105 Abs. 2 GG ableiten.316 Der Ausschuß führte 310 Dr. Schulze in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 109. 311 Diesen letzten Kompromiß sollte man nicht verbauen, so Dr. Egk in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.01.-03.02.1961 in Β141/2647 Bl. 110. 312 Vgl. Niederschrift über Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen vom 20.02.1961 in Β 141/2649 Bl. 017ff. Nach Art. 73 Nr. 9 stand dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht zu. 313 Die fehlende urheberrechtliche Verbindung könne auch nicht durch eine bloße Fiktion ersetzt werden, die in dem Gedanken liege, daß in der einem Autor zu seinen Lebzeiten aus dem Urheberfonds gewährten Förderung eine Art Vorschuß auf die Früchte gesehen werde, die seine Werke später, nach Ablauf der Schutzfrist noch abwerfen, vgl. Niederschrift über Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen vom 20.02.1961 in Β 141/2649 B1.019. 314 Der Ausschuß verwies an dieser Stelle auf die Ausführungen bei von Gamm in JZ 1960, S. 17, vgl. Niederschrift über Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen vom 20.02.1961 in Β 141/2649 B1.019. 315 Niederschrift über Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen vom 20.02.1961 in Β 141/2649 B1.019. 316 In Art. 105 GG war die umfassende Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiet des Steuerrechts niederlegt, vgl. zur Vertiefung Schmidt-Bleibtreu/Klein, Art. 105 GG, Rz. 1 ff.

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dazu aus, es handele sich bei der Urhebemachfolgevergütung gerade nicht um eine Steuer. 317 Steuern seien nach der grundlegenden Begriffsbestimmung des § 1 der Reichsabgabenordnung „einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutreffe, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft". Steuern hätten mithin den Hauptzweck der Erzielung von Einkünften für das Gemeinwesen. An dieser Zweckbestimmung fehle es aber bei der Urhebemachfolgevergütung, wobei dahingestellt bleiben könne, welche endgültige Fassung die noch nicht neu formulierten Bestimmungen über Errichtung und Organisation des Urheberfonds erhalten werden. In einer weiteren Besprechung mit OLGR Dr. Sigloch ging es um die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten bei der Ausgestaltung des Urheberfonds. 318 Dr. Sigloch war der Auffassung, daß es nicht möglich sein werde, den Urheberfonds, wie ursprünglich vorgesehen, als öffentlich-rechtliche Stiftung des Bundes zu errichten. Für die Ausgabenseite der Urhebemachfolgevergütung, die eindeutig im kulturellen Bereich liege, lasse sich eine Bundeszuständigkeit nicht begründen. Sollte der Urheberfonds als Stiftung der Länder errichtet werden, so bestand nach Meinung Dr. Siglochs keine Möglichkeit, die Länder in einem Bundesgesetz zu dieser Maßnahme zu verpflichten. Es wäre jedoch möglich, den Ländern die gemeinsame Errichtung des Urheberfonds als Stiftung des öffentlichen Rechts in freier Entscheidung zu überlassen, mit der Maßgabe, daß dann die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes über die Urhebemachfolgevergütung erst in Kraft treten und die Ansprüche aus der Urhebemachfolgevergütung erst begründet würden, wenn der Urheberfonds errichtet worden sei. 319 Obschon die Landesjustizverwaltungen auf einer abschließenden Sitzung mit den Vertretern des BMJ nach wie vor an ihrer auch schon in den einzelnen Stellungnahmen angedeuteten Auffassung festhielten, daß die Einführung der Urhebemachfolgevergütung in Gestalt eines privatrechtlichen Anspruchs nicht zweckmäßig sei und dem Bund die Gesetzgebungskompetenz für eine solche Regelung nicht zustehe, wurden unter Zurückstellung dieser Grundsatzfrage neue Vorschläge zur Ausgestal 317 Vgl. Niederschrift über Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen vom 20.02.1961 in Β 141/2649 B1.020. 318 Vermerk über die Besprechung verfassungsrechtlicher Fragen am 21.04.1961 mit OLGR Dr. Sigloch in Β 141/2650 B1.073. 319 Vermerk über die Besprechung verfassungsrechtlicher Fragen mit OLGR Dr. Sigloch in Β141/2650 Bl. 073. Dr. Sigloch schlug daher vor, daß § 74 in Abs. 1 den Urheberfonds als Stiftung des öffentlichen Rechts durch Vereinbarung der Länder festlegte und daß gleichzeitig in einem Abs. 2 ausdrücklich bestimmt werde, daß die Verpflichtung zur Zahlung der Urhebernachfolgevergütung entfalle, solange der Urheberfonds noch nicht errichtet sei. Entsprechend wäre dann auch in § 72 Abs. 2 festzuhalten, daß für die gewerbsmäßige Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, die vor der Errichtung des Urheberfonds hergestellt waren, eine Urhebemachfolgevergütung nicht zu entrichten sei.

37 Maracke

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tung der Urhebernachfolgevergütung erörtert. 320 Ziel der Überarbeitung war nach den Ausführungen Dr. Haertels, die Urhebernachfolgevergütung nunmehr so „länderfreundlich" wie möglich zu gestalten.321 Daher sollten nur die Voraussetzungen und die Höhe des Anspruchs aus der Urhebernachfolgevergütung im Gesetz abschließend geregelt sein, die Errichtung und Organisation des Urheberfonds und die Verteilung der Einnahmen aus der Urhebernachfolgevergütung dagegen den Ländern überlassen bleiben. Der Entwurf beschränke sich somit auf eine knappe Umschreibung des Verwendungszwecks der Urhebernachfolgevergütung und der Rechtsform des Urheberfonds. Eine Verpflichtung der Länder zur Errichtung des Urheberfonds solle aber nicht begründet werden. 322 Entsprechend der privatrechtlichen Konstruktion der Urhebernachfolgevergütung denke man nunmehr bei der für den Urheberfonds vorgesehenen Rechtsform an eine Stiftung des bürgerlichen Rechts.323 Die Art und Errichtung dieser Stiftung solle den Ländern völlig freistehen. 324 Eine solche Regelung sei verfassungsrechtlich durchaus möglich und die Errichtung des Urheberfonds in diesem Fall auch nicht als eine Ausführung des Urheberrechtsgesetzes durch die Länder anzusehen, so daß eine Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes somit nicht begründet werde. Bedenken gegen diese Regelung zeigten Senatsrat Haeuseler, Senator für Justiz in Berlin, und Dr. Hoof vom Justizministerium Hessen sowie ORegRat Dr. von Alberti vom Kultusministerium Baden-Württemberg. Auch wenn für die Länder keine rechtliche Verpflichtung zur Errichtung des Urheberfonds bestehe, so würden diese doch einem erheblichen moralischen Druck ausgesetzt sein, der sie in ihrer Entschließungsfreiheit beeinträchtige. 325 Eine aus diesen Gründen möglicherweise zweckmäßig erscheinende förmliche Anfrage an die Länder wegen der Errichtung des Urheberfonds hielt Dr. Haertel allerdings schon aus Zeitgründen vor Einbringung des Regierungsentwurfes für nicht 320 Ygi Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.034. 321 Vgl. Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.035. 322 Dr. Haertel in Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.035. 323 So der ergänzende Hinweis von MinRat Dr : Massen in Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.035. 324 Die Länder konnten die Stiftung nach der Vorstellung des BMJ gemeinsam durch Staatsvertrag errichten, sich aber auch auf die Errichtung der Stiftung in einem einzelnen Land nach dortigem Landesrecht einigen. Notwendig sollte allerdings ein Zusammenwirken aller Länder sein, vgl. Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.035. 325 Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 Bl. 036. Man solle daher, auch um die Glaubwürdigkeit des Gesetzgebers nicht durch ein möglicherweise unausgeführt bleibendes Gesetz zu erschüttern, vorher prüfen, ob die Länder zur Errichtung des Urheberfonds bereit und in der Lage seien.

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326

mehr möglich. Im übrigen war Dr. Haertel der Überzeugung, daß nach der in der Öffentlichkeit weitgehend positiven Aufnahme des Vorschlags der Urhebemachfolgevergütung und des Gedankens einer Verstärkung der beim Bundespräsidenten bestehenden Deutschen Künstlerhilfe ein ersatzloses Aufgeben der Urhebemachfolgevergütung schon nicht mehr möglich sei. 327 Die Länder müßten also in jedem Fall, wenn sie die Urhebemachfolgevergütung in der vorgeschlagenen Form ablehnten, einen konstruktiven Gegenvorschlag machen. Diese Möglichkeit bleibe ihnen aber auch nach Einbringung des Regierungsentwurfes und gegebenenfalls sogar nach Inkrafttreten der Bestimmungen über die Urhebemachfolgevergütung in vollem Umfang erhalten. 328

4. Die Urhebemachfolgevergütung im RegE von 1961 und die Diskussion im anschließenden Gesetzgebungsverfahren Im Anschluß an die Beratungen wurde die Urhebemachfolgevergütung in den RegE von 1961 dem Grundgedanken nach aus dem MinE übernommen, wenn auch die Bestimmungen über die Errichtung und Ausgestaltung des Urheberfonds im einzelnen überarbeitet worden waren. Zur Begründung wurde auf die Wünsche der Urheber, die internationale und ausländische Entwicklung, die Befürwortung durch den ehemaligen Bundespräsidenten Heuss und auf die Ergebnisse der bisherigen Diskussion um das domaine public payant verwiesen. 329 Die Erörterung der im MinE vorgeschlagenen Bestimmungen habe gezeigt, daß die stets befürchteten Schwierigkeiten der praktischen Durchführung überwindbar erschienen und insbesondere die Kosten des Einziehungs- und Verteilungsverfahrens auf einen geringen Bruchteil der zu erwartenden Einnahmen beschränkt werden könnten. Daher halte der RegE an dem Vorschlag der Einführung der Urhebemachfolgevergütung fest. 330 Den rechtsdogmatischen Bedenken, die gegen eine Regelung der Urhebemachfolgevergütung gerade im Urheberrechtsgesetz geltend gemacht worden waren, versuchte die Begründung mit der Argumentation zu begegnen, daß die Urhebemachfolgevergütung zeitlich an das Erlöschen des individuellen Urheberrechts anknüpfe 326 Eine solche Anfrage sei aber auch in der Sache kaum sinnvoll, da sich über die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Urhebemachfolgevergütung bei den Ländern offenbar noch keine einheitliche Meinung gebildet habe, vgl. Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β141/2652 B1.036. 327 Vgl. Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 B1.036. 328 Ein moralischer Druck könne allenfalls in der Richtung bestehen, überhaupt etwas zur Verstärkung der Künstlerhilfe zu tun, niemals aber in Richtung darauf, dieses Ziel durch eine bestimmte rechtliche Konstruktion zu erreichen, so die Bemerkungen Dr. Haertels in Niederschrift über die Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 in Β 141/2652 Bl. 037. 329 Vgl. Katzenberger in FS für Roeber 1982, S.212. 330 So die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 82.

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und daher gewissermaßen eine Nachwirkung des Urheberrechts nach Ablauf der Schutzfrist darstelle. Hieraus ergebe sich die sachliche Zugehörigkeit der Urhebernachfolgevergütung zum Urheberrecht im objektiven Sinne, also zu dem Rechtsgebiet des Urheberrechts, dessen Gesamtregelung Aufgabe des Urheberrechtsgesetzes sei. 331 Da auch der Begriff „Urheberrecht" in Art. 73 Nr. 9 GG, durch den dem Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für dieses Gebiet zugewiesen werde, in dieser Sicht auszulegen sei, sei die Zuständigkeit des Bundes für die Regelung der Urhebernachfolgevergütung gegeben.332 Im einzelnen behielt der RegE die Bestimmungen über die Verwertungsarten (§ 73 nunmehr „Allgemeines") und die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken (§ 74) bei, erweiterte allerdings die im MinE vorgesehenen Ausnahmen von der Urhebernachfolgevergütung um einige Fälle (§ 75), vor allem wurden billige Ausgaben von Werken, deren Ladenpreis weniger als 2,50 DM betrug, von der Urhebernachfolgevergütung freigestellt. 333 Die Höhe der Urhebernachfolgevergütung wurde aus dem MinE übernommen 334, ein neu eingefügter Abs. 3 bestimmte zugleich, daß die Urhebernachfolgevergütung pauschal zu bemessen sei, wenn die Einzelabrechnung für den Verpflichteten unverhältnismäßig hohe Kosten bedeuten würde (§ 76). 335 Überarbeitet war vor allem die Bestimmung über die Verwendung der Urhebernachfolgevergütung in § 78. Dem Vorschlag des MinE, eine Bindung hinsichtlich der Verteilung der Einnahmen in der Weise zu schaffen, daß diese jeweils den Urhebern derjenigen Kunstgattungen zufließen sollten, aus der sie stammten, folgte der RegE nicht. 336 Eine solche Bestimmung hätte zur Folge, daß der weitaus größte Teil der Urhebernachfolgevergütung den Komponisten zugute käme, die bildenden Künstler dagegen fast leer ausgingen. Gerade bei den bildenden Künstlern sei aber nach den Erfahrungen der Deutschen Künstlerhilfe die Not am größten. Man würde also durch eine spartenmäßige Verteilung der Urhebernachfolgevergütung das mit dieser Einrichtung verfolgte Ziel nur unvollkommen erreichen. 337 331

Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 83. Auch soweit die Urhebernachfolgevergütung im Ausland bereits eingeführt wurde, sei sie in den Urheberrechtsgesetzen geregelt. 332 BR-Drucks. 1/62 S. 83. 333 Vgl. bereits Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.I., BR-Drucks. 1/62 S.84. Unter diese Ausnahme sollten Kleinbuchreihen, wie beispielsweise Taschenbücher, Notenhefte und ähnliche billige Ausgaben fallen. In diesen Fällen würde der Betrag der Urhebernachfolgevergütung ohnehin verschwindend gering ausfallen. 334 Nach wie vor war also die Höhe der Urhebernachfolgevergütung auf 10 % der Vergütung, die für die Einräumung des entsprechenden Nutzungsrechts bei Bestehen eines Urheberrechtsschutzes angemessen wäre, festgelegt. 335 Vgl. dazu Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 85. Durch diese pauschale Bemessung der Urhebernachfolgevergütung sollte vor allem im Bereich des Buch- und Musikverlags eine unbillige finanzielle und arbeitsmäßige Belastung der Verwerter freier Werke verhindert werden. 336 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 85. 337 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 85.

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Als weitere Neuerung war in § 78 Abs. 2 vorgeschrieben, daß zur Deckung der Unkosten nur bis zu 5 % der Einnahmen einbehalten werden durften. Dadurch sollte erreicht werden, daß die Einnahmen aus der Urhebemachfolgevergütung ohne wesentlichen Unkostenabzug zur Ausschüttung gelangten, weil anderenfalls die Einführung der Urhebemachfolgevergütung nicht mehr vertretbar erschien. 338 Der Anspruch auf die Urhebemachfolgevergütung sollte entsprechend dem Vorschlag des MinE einem Fonds zustehen, dem Urheberfonds, dem es obliegen sollte, den Anspruch geltend zu machen, einzuziehen und die Einnahmen zu verteilen. 339 Anders als im MinE sah § 79 Abs. 1 Satz 1 des RegE allerdings die Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts vor, weil diese der privatrechtlichen Gestaltung der Urhebemachfolgevergütung am ehesten entspreche. 340 Der Entwurf ging dabei davon aus, daß der Urheberfonds unter Beteiligung aller Länder errichtet werde, und bestimmte daher in § 79 Abs. 1 Satz 2, daß in einem Organ der Stiftung alle Länder vertreten sein müßten.341 Eine Verpflichtung der Länder, den Urheberfonds zu errichten oder sich an der Errichtung zu beteiligen, werde allerdings, wie die Begründung zum RegE ausdrücklich betonte, nicht begründet. 342 Gleichwohl wurde davon ausgegangen, daß die Länder von der durch den Entwurf nunmehr gebotenen Möglichkeit der Unterstützung verdienter Urheber und Förderung begabter Urheber Gebrauch machen werden. Die Errichtung des Urheberfonds war schließlich nach § 79 Abs. 2 Satz 1 durch den Bundesminister der Justiz im Bundesanzeiger bekanntzumachen, sobald das vorgesehene Organ der Stiftung, in dem die Länder vertreten sein mußten, gebildet worden war, sobald also sichergestellt war, daß sich alle Länder an dieser Stiftung beteiligten. Um klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, sollte erst vom Zeitpunkt dieser Bekanntmachung an die Verpflichtung zur Zahlung der Urhebernachfolgevergütung bestehen.343

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Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 85. Bei den nach vorläufiger Schätzung zu erwartenden Einnahmen in Höhe von 2 Vi bis 3 Mio DM entspreche dies einem Betrag von etwa 125.000 DM. Gehe man davon aus, daß der Urheberfonds sich für die Einziehung der Urhebemachfolgevergütung nach § 77 der weitgehend kostenlosen Hilfe der Verwertungsgesellschaften bediene und die Verteilung der Urhebemachfolgevergütung bestehenden Einrichtungen, beispielsweise der Deutschen Künstlerhilfe überlassen könne, so dürfte diese Summe zur Deckung der Unkosten ausreichen. 339 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 86. 340 Im MinE war der Urheberfonds noch als Stiftung des öffentlichen Rechts gedacht. 341 Diese Beteiligung aller Länder schien geboten, da die Urhebemachfolgevergütung im ganzen Bundesgebiet geltend gemacht und an Begünstigte verteilt werden solle, gleichviel an welchem Ort sie beheimatet waren. Durch diese Beteiligung der Länder könnten zugleich die Erfahrungen der Ausschüsse nutzbar gemacht werden, die bei den Kultusministerien der Länder zur Auswahl der für eine Unterstützung der Deutschen Künstlerhilfe in Betracht kommenden Personen bestünden, vgl. die Begründung in BR-Drucks. 1/62 S. 86. 342 Begründung in BR-Drucks. 1/62 S.86. 343 Vgl. Begründung in BR-Drucks. 1/62 S.86.

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Im anschließenden Gesetzgebungsverfahren hatte sich zunächst der vom RA des BR eingesetzte UA mit dem RegE zum Urheberrechtsgesetz zu befassen. 344 Der Ausschuß bejahte die Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlaß des Urheberrechtsgesetzes, sie ergebe sich im allgemeinen aus Art. 73 Nr. 9 GG, für die strafrechtlichen und die Vorschriften über das gerichtliche Verfahren auch aus Art. 74 Nr. 1 GG. Keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes bestand allerdings nach Auffassung der Mehrheit des UA für die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung in §§ 73 bis 79. 345 Diese Vorschriften seien nicht mehr durch Art. 73 Nr. 9 GG gedeckt. Soll für die Verwertung eines urheberrechtlich nicht mehr geschützten oder nie geschützt gewesenen Werkes eine Vergütung an einen Urheberfonds gezahlt werden, aus dem dann verdiente Urheber sowie auch junge, begabte Urheber unterstützt werden, so werde die für das Urheberrecht wesentliche Verbindung zwischen dem Urheber und seinem Werk bei einer solchen Regelung, die an den Untergang des Urheberrechts anknüpfe, eindeutig verlassen. 346 Die Kompetenz des Bundes könne auch nicht aus dem Gesichtspunkt eines notwendigen Sachzusammenhangs mit Art. 73 Nr. 9 GG hergeleitet werden, denn die Regelung des Urheberrechts setze nicht notwendig voraus, daß solche Maßnahmen zur Kulturförderung getroffen würden. 347 Keine Beachtung fand der Einwand Baden-Württembergs, daß diese Auffassung, die entscheidend auf das Urheberrecht im bürgerlich-rechtlichen Sinne abstelle, zwar vertretbar, aber nicht unbedingt zwingend sei. Der Vertreter Baden-Württembergs hatte zu bedenken gegeben, daß der Gedanke einer Urhebernachfolgevergütung seit jeher im Rahmen von Reformbestrebungen des Urheberrechts erörtert worden sei, in der Literatur in diesem Zusammenhang behandelt werde und auch von anderen Staaten in ihren Urheberrechtsgesetzen geregelt worden sei. 348 Auch aus der Entstehungsgeschichte des Art. 73 Nr. 9 GG würde sich kein Anhaltspunkt für 344

Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. a) aa) Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S.2ff., Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. R 11/62. Nach der Veröffentlichung des RegE wurde die Frage der gesetzlichen Regelung des domaine public payant auch außerhalb des Gesetzgebungsverfahrens in zahlreichen Veröffentlichungen und Eingaben an das BMJ weiter diskutiert. Insofern sei auf die Auflistung der einzelnen Stellungnahmen bei Katzenberger in FS für Roeber 1982, S. 213 verwiesen, der zudem auch einen Überblick über das Gesetzgebungsverfahren gibt. Da die Vertreter der wichtigsten Interessenverbände sowie einige Urheber selbst auch im laufenden Gesetzgebungsverfahren, insbesondere im Rahmen der Sachverständigenanhörung auf einer Sitzung des UA RA BT gemeinsam mit dem UA KA BT zu Wort kamen und ihre jeweiligen Standpunkte vortrugen, soll auf eine Gegenüberstellung verzichtet werden. 345 Vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S.2, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. Der Grundgedanke des Entwurfes, zusätzliche Mittel zur Förderung und Unterstützung der Urheber bereitzustellen, werde zwar begrüßt, für die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung, wie sie im RegE vorgesehen sei, fehle dem Bund jedoch die Gesetzgebungskompetenz. 346 Vgl. die Begründung in Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S.2f., Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. 347 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S. 3, Archiv des Bundesrates, R2651-Nr.il/62.

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diese von der Mehrheit des Ausschusses vorgenommene restriktive Auslegung ergeben. Es lasse sich ebenso die Auffassung vertreten, daß der Begriff des Urheberrechts in Art. 73 Nr. 9 GG in einem weiteren Sinn zu verstehen sei und daher die Einführung einer Urhebemachfolgevergütung zulasse. Die Mehrheit des Ausschusses ließ sich durch diese Argumentation allerdings nicht von der Überzeugung abbringen, daß die vorgeschlagene Urhebemachfolgevergütung nicht mehr durch Art. 73 Nr. 9 GG gedeckt sei. Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 105 GG komme nicht in Betracht, weil die Urhebemachfolgevergütung keine Steuer im Sinne dieser Bestimmung sei, sie stelle lediglich eine Abgabe zur Kulturförderung dar. An ihrem öffentlich-rechtlichen Charakter könne auch die privatrechtliche Ausgestaltung nichts ändern, so daß eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes auch nicht aus Art. 74 Nr. 1 GG hergeleitet werden könne. 349 Nach alledem schlug der Ausschuß die Streichung der entsprechenden Bestimmungen über die Urhebemachfolgevergütung vor. 350 Den vom UA des RA vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken konnte sich auch der Ausschuß für Kulturfragen des BR nicht verschließen. 351 Der Vertreter Nordrhein-Westfalens hielt es zudem für bedenklich, mit der vorgesehenen Bestimmung im Rahmen des Gesetzes eine Gruppe der künstlerisch Schaffenden, die Urheber, besonders herauszustellen. Es werde versucht, ein öffentliches, in die Zuständigkeit der Länder fallendes Anliegen bundesgesetzlich durchzusetzen. Hierfür müsse auch aus kulturpolitischen Gründen eine andere Form gewählt werden. 352 Insgesamt sei die Notwendigkeit einer Institution zur Unterstützung und Förderung von Urhebern anzuerkennen, die im RegE vorgesehene Regelung könne aber nicht 348 Vgl. die Ausführungen des Vertreters Baden-Württembergs in Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S.3, Archiv des Bundesrates, R 2651 - N r . 11/62. 349 Der Vertreter Berlins war allerdings der Auffassung, daß die Gesetzgebungskompetenz des Bundes sehr wohl aus Art. 74 Nr. 1 GG hergeleitet werden könne, er Schloß sich aber dem Streichungsvorschlag aus sachlichen Gründen an, weil die Voraussetzungen für einen privatrechtlichen Interessenausgleich nicht gegeben seien, vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S. 3, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. 350 Mit Rücksicht auf die vorgeschlagene Streichung sah der UA dann von einer näheren Erörterung der Einzelvorschriften des 9. Abschnitts und insbesondere von der Prüfung der Frage ab, ob gegen die Errichtung des Urheberfonds als Stiftung des bürgerlichen Rechts Bedenken bestünden, vgl. Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16.01.1962 S.4, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. 351 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. a) bb). Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 9, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51)-Nr. 2/62. 352 Es sei nicht so, daß sich die Länder etwa den Dingen verschließen würden. Für die nachschaffenden Künstler, die durch die vorgesehene Regelung nicht erfaßt werden könnten, müßte von Seiten der Länder ohnehin etwas geschehen. Es läge indessen nicht in der Zuständigkeit des Ausschusses, Empfehlungen für eine positive Regelung des angesprochenen Personenkreises außerhalb der Vorlage zu geben, vgl. Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 9, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51 ) - Nr. 2/62. Diesen Ausführungen trat der Vertreter Hamburgs nachdrücklich bei.

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verwirklicht werden. Statt dessen sprach der Vorsitzende die Hoffnung aus, daß das Ergebnis der Erörterungen Veranlassung bieten werde, das mit der Vorlage erstrebte Ziel auf andere Weise zu erreichen. 353 Obgleich MinDir Dr. Joel in der darauffolgenden Sitzung des RA nochmals ausdrücklich die Auffassung des BMJ wiederholte, daß die Urhebernachfolgevergütung aufgrund ihrer sachlichen Zugehörigkeit zum Urheberrecht im objektiven Sinn durchaus in die Zuständigkeit des Bundes falle, beschloß der RA gegen die Stimmen der Vertreter Baden-Württembergs, Bremens und Hamburgs, der Vollversammlung die Streichung der §§73 bis 79 zu empfehlen. 354 Auch hier vermochten die gegenteiligen Ausführungen Baden-Württembergs, daß der Begriff des Urheberrechts in Art. 73 Nr. 9 GG in einem weiteren Sinn zu verstehen sei und daher die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung zulasse, nicht zu überzeugen.355 Da schließlich noch der WA beschloß, die §§ 73 bis 79 mit der vom UA des RA gegebenen Begründung zu streichen, 356 und dementsprechend sämtliche vom BR zu Rate gezogenen Ausschüsse die Streichung der Urhebernachfolgevergütung empfahlen, 357 schloß sich die Vollversammlung ohne weitere Diskussion dieser Vorgabe an. 358 In seiner abschließenden Stellungnahme begrüßte der BR daher den Grundgedanken der Urhebernachfolgevergütung, verlangte jedoch die Streichung des §§73 bis 79 mit Rücksicht auf die fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. 359 Gegen diesen Beschluß wandte sich wiederum die BReg, die nach wie vor an ihrer Auffassung festhielt, die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergebe sich aus Art. 73 Nr. 9 GG. 360 353

Vgl. Niederschrift über Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates, Κ0131 (51)-Nr.2/62. 354 Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S.5, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. Mit Rücksicht auf die vorgeschlagene Streichung sah der RA dem UA folgend von einer näheren Erörterung der Einzel Vorschriften des 9. Abschnitts ab. 355 Vgl. Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S.4, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. R 17/62. Der Vertreter Baden-Württembergs wiederholte an dieser Stelle die bereits auf der Sitzung des UA vertretene Auffassung, daß der Begriff des Urheberrechts sich nach modernen Auffassungen gewandelt habe. Der den §§73 bis 79 zugrunde liegende Gedanke beinhalte die Verlängerung der Schutzfrist der urheberrechtlich geschützten Werke und liege dadurch teilweise sachlich im Bereich des Urheberrechts und nicht nur auf dem Gebiet der Förderung der Kultur. 356 v g l Teil χ der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 1. a) dd). Niederschrift über Sitzung des WA am 25.01.1962 S.8, Archiv des Bundesrates, Wi 1063 -Nr.7/62. 357

Empfehlungen der Ausschüsse in BR-Drucks. 1/1/62 S.8, ParlA Bonn, A 1, lfd. Nr.2. BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11 D. An diesem Abstimmungsergebnis vermochte auch die Tatsache nichts zu ändern, daß Sts Dr. Strauß zuvor nochmals die Ansicht des BMJ dargelegt hatte, wonach sich eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes mit guten Gründen aus Art. 73 Nr. 9 GG ableiten ließe. Zum Urheberrecht im Sinne dieser Vorschrift gehörten nach Auffassung des BMJ alle an die Nutzung von Werken anknüpfenden privatrechtlichen Regelungen. Hierum und nicht um eine öffentlich-rechtliche Abgabe handele es sich bei der vorgeschlagenen Urhebernachfolgevergütung, vgl. BR-Sitzungsberichte 1962, S. 10 C. 359 Stellungnahme des BR zum Urheberrechtsgesetz S. 6, BR-Drucks 1/62 (Beschluß), ParlA Bonn, A l , lfd. Nr.6. 358

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Zeigten sich die unterschiedlichen Standpunkte zu der Frage der Urhebemachfolgevergütung schon in aller Deutlichkeit bei der Stellungnahme des BR und der Auffassung der BReg, waren im folgenden vor allem die Ausschüsse des BT gefragt. 361 Sowohl der im RA gebildete UA „Urheberrecht" als auch der im KA eingesetzte Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" wollten die grundsätzliche Frage, ob und in welcher Form und für welche Werke eine Urhebernachfolgegebühr eingeführt werden solle, im Zusammenhang mit der Dauer des Urheberrechts auf einer gemeinsamen Sitzung mit dazu geladenen Sachverständigen diskutieren. 362 Während die meisten Sachverständigen eine Verlängerung der Schutzfrist befürworteten, gingen die Meinungen bei der Urhebemachfolgevergütung auseinander.363 Dr. Schulze befand, was die Urhebemachfolgevergütung anbelange, die vorgeschlagene Umsetzung als wenig „angenehm". Man nehme berechtigterweise Anstoß an der Art der Verteilung. Die Befürchtung eines Kulturdirigismus lasse sich nicht leugnen. Selbst wenn diese Gefahr auch nicht für die ersten Jahre bestehe, sei doch zu beachten, daß das Gesetz nicht für heute und morgen gemacht werde, sondern über einen längeren Zeitraum Bestand haben solle. 364 Was die soziale Seite der Urhebemachfolgevergütung betreffe, so seien bei der Verwertungsgesellschaft Wort für die Schriftsteller und bei der Gesellschaft für Leistungsschutzrechte, genau wie bei der GEMA, soziale Einrichtungen bereits vorhanden, mit deren Mitteln die so360 Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR, BT-Drucks IV/270 Anlage 3. Für eine einschränkende Auslegung des Art. 73 Nr. 9 GG dahingehend, daß der Bundesgesetzgeber nur zu einer Regelung der Rechte des einzelnen Urhebers an seinem Werk berechtigt sein soll, bestehe kein Anlaß. Zum Urheberrecht im Sinne von Art. 73 Nr. 9 GG könnten vielmehr alle Regelungen gerechnet werden, die, wie es auch bei der Urhebemachfolgevergütung der Fall sei, an die Nutzung von Werken anknüpfen. 361 Bevor dann die Ausschüsse des BT die Einführung der Urhebemachfolgevergütung erörtern sollten, kam diese Frage schon bei der ersten Beratung des BT zur Sprache, vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. a). 100. Sitzung BT 4. Wp. BT-Sten. Ber. Bd. 54, S. 4648 A ff. Die Abgeordneten Deringer (CDU/CSU), Reischl (SPD) und Dürr (FDP) betonten die grundsätzliche Berechtigung des domaine public payant, vgl. auch Katzenberger in FS für Roeber, S.214. 362 5. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 04.03.1964 Prot. Nr. 5 S. 7 f. Der UA des RA „Urheberrecht" kam überein, die Frage der Urhebemachfolgevergütung zusammen mit der Frage einer möglichen Schutzfristverlängerung bei der Sachverständigenanhörung zu behandeln. Der Vorsitzende Dr. Reischl warf dazu die Frage auf, ob nicht die Urhebernachfolgegebühr mit dem Urheberrecht verkoppelt werden könne, etwa in der Art, daß nach Ablauf der Schutzfrist für einen weiteren Zeitraum von beispielsweise 10 oder 15 Jahren Zahlungen an einen besonderen Fonds abzuführen seien. Ebenso verzichtete der UA des KA „Urheberrechtsfragen" zunächst auf eine Beschlußfassung und eine vollständige Aussprache und sah vor, die Anhörung der Sachverständigen abzuwarten, vgl. 6. Sitzung UA KA £74.Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6 S. 8, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 15. Der Vorsitzende Kahn-Ackermann gab aber bereits in dieser Sitzung unmißverständlich zum Ausdruck, daß er die Urhebemachfolgevergütung für richtig halte und lediglich die im RegE vorgesehene Form der Umsetzung Schwierigkeiten bereite. 363 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. b aa). 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 88 ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 364 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 92, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17.

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zialen Fragen von den Verwertungsgesellschaften durchaus gelöst werden können. 365 Ebensowenig sah Dr. Schulze die dringende Notwendigkeit einer „Förderung des zeitgenössischen Schaffens". Man habe bereits so viele Institutionen, die sich mit bestimmten Förderungsmaßnahmen beschäftigten, man denke nur an „Jugend musiziert". 366 Auf die Frage, ob die GEMA für den Fall, daß die Urhebernachfolgevergütung Gesetz werde, bereit sei, das Inkasso unentgeltlich durchzuführen und den Betrag dem Fonds beim Bundespräsidialamt zur Verfügung zu stellen, antwortete Dr. Schulze, die Bereitwilligkeit der GEMA-Mitglieder sei sicherlich gegeben, wenn gleichzeitig die Verteilungsfrage befriedigend gelöst werden könne.367 Insgesamt sei er jedoch gebeten worden, da man die Lösung der Verteilungsfrage für aussichtslos halte, gegen die Urhebernachfolgevergütung zu sprechen. Die GEMA äußere daher eher den Wunsch nach einer Schutzfristverlängerung. 368 Anders sprach sich Dr. Fromm ausdrücklich für die Urhebernachfolgevergütung aus.369 Auch wenn man, wie er selbst es auch begrüße, die Schutzfrist verlängere, werde die Urhebernachfolgevergütung keineswegs obsolet, sondern sie sei ein Institut, das daneben bestehe. Die Urhebernachfolgevergütung müsse in ihrem Kern als unbedingt berechtigt anerkannt werden. 370 Außerdem bestritt Dr. Fromm die Behauptung Dr. Schulzes, daß bereits ausreichend Möglichkeiten zur Erfüllung der sozialen Zwecke vorhanden seien. Die Wortautoren hätten es bislang immer noch nicht verstanden, eine Verwertungsgesellschaft zu zimmern und arbeiten zu lassen, die genug abwerfe, damit soziale Zwecke erfüllt werden könnten.371 Daher gehe der 365 \ y j e bei der GEMA werden auch bei den anderen Verwertungsgesellschaften soviel Mittel für die sozialen Zwecke zur Verfügung gestellt werden, daß die soziale Frage gelöst werden könne, vgl. Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 92, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 366 Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 93, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Dieser Wettbewerb sei dadurch möglich geworden, daß die Stiftung „Musikleben" ins Leben gerufen wurde. Für dieses Förderungswerk sollten natürlich noch sehr viel mehr Mittel zur Verfügung gestellt werden. 367 Vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 94, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Das Geld sollte nach Ansicht der GEMA entsprechend den Quellen, aus denen es stammte verteilt werden. Wenn also die GEMA das Geld aus der Musikquelle bekommen habe, so legten die Komponisten begreiflicherweise Wert darauf, daß das Geld für die Urheber ihres Gebietes wieder verwendet würde. 368 Vgl. Dr. Schulze in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 94, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 369 Dr. Fromm vertrat die Vereinigung Deutscher Schriftstellerverbände und die Akademie für Sprache und Dichtung. Er trat zunächst für eine Verlängerung der Dauer des Urheberrechtsschutzes ein und schlug hierfür einen Zeitraum von 80 Jahren vor, vgl. 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 97, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 370 Vgl. dazu die Ausführungen Dr. Fromms in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 97 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 371 Dr. Fromm in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 97 f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17.

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RegE, indem er schlechthin jedes nicht mehr schutzfähige Werk der Urhebemachfolgevergütung unterwerfe, den richtigen Weg. Die Bedenken, die gegen dieses Prinzip vorgebracht würden, sollten somit zurückgestellt und die Fragen der Verteilung und der Zweckerfüllung des Urheberfonds für spätere Diskussionen offengelassen werden. Es seien durchaus noch andere Lösungen denkbar, als sie augenblicklich vorliegen würden. 372 Schließlich gab Dr. Einsiedler vom Bundespräsidialamt einen Einblick in die bereits bestehende Künstlerhilfe. 373 Zur Entstehung dieser Institution bleibe zu sagen, daß Prof. Heuss, und das hänge mit seiner Herkunft zusammen, schon zu Beginn seiner Amtszeit sehr viele Zuschriften vor allem aus Kreisen der Urheber erhalten habe, in welchen darauf hingewiesen worden sei, unter welch dürftigen Umständen diese, vor allem in der damaligen Zeit der 50er Jahre, zu leben gezwungen waren. Das habe BPräs. Heuss nach einem offenen Briefwechsel mit dem Schriftsteller von Molo veranlaßt, ein Memorandum zu verfassen, in welchem er darauf hingewiesen habe, daß das, was von Seiten der Länder getan werde, nicht ausreiche. Man dürfe die Hilfe für die Künstler nicht auf eine Sozialfürsorge herabdrücken, sondern die Künstlerhilfe müsse ihren gebührenden Rang dadurch bekommen, daß sie gleichzeitig der Ausdruck des Dankes für eine gesamtdeutsche Leistung sei. Aus diesem Motiv habe der BPräs. Heuss seinerzeit die Künstlerhilfe ins Leben gerufen. 374 Im Gegensatz zu der geplanten Konstruktion des Urheberfonds bestünden gewisse Unterschiede insofern, als beispielsweise der Kreis der bedachten Personen ein anderer sei. Die Künstlerhilfe betreue nur lebende Künstler, die Hinterbliebenen und Waisen würden von ihr nicht erfaßt. 375 Auch erfolge im Rahmen der Künstlerhilfe grundsätzlich keine Förderung begabter Künstler. Es würde zwar Unterstützungen und Hilfen geben, aber nur an Künstler, die bereits ein überschaubares Werk, eine gewisse künstlerische Leistung aufzuweisen hätten.376 Derzeit verfüge die Künstlerhilfe jährlich über 1,4 Mio DM und könne damit ungefähr 650 Künstler mit jährlich 1800DM laufend betreuen. 377 Man sei sich darüber im klaren, daß damit keine Altersversorgung für die Künstler geschaffen werden könne, das habe BPräs. Heuss aber auch nicht beabsichtigt. Der BPräs. sei jedoch bestrebt gewesen, daß die Lei372 Dr. Fromm in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 101, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 373 Vgl. die umfangreichen Ausführungen von Dr. Einsiedler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 104ff., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 374 Dr. Einsiedler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 105, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. Die damaligen Vorstellungen über die Aufbringung von Geldern habe sich nicht verwirklichen lassen. 375 Dies sei im Rahmen der finanziellen Mittel nicht möglich, vgl. Dr. Einsiedler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 105, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 376 Eine Förderung von künstlerischem Nachwuchs sei nicht möglich, auch dies würde den Rahmen der finanziellen Mittel sprengen, vgl. Dr. Einsiedler in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 105, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 377 Das entspreche einem Betrag von monatlich 150 DM, vgl. in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 106, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

stungen, die im Rahmen der Künstlerhilfe erbracht würden, nicht irgendwelchen Anrechnungspflichten unterlagen. Dieser Gesichtspunkt sei auch zu beachten, wenn der geplante Urheberfond einmal in Funktion trete. Die Leistungen aus diesem Fonds dürften nicht auf irgendwelche Sozialleistungen oder sonstige Leistungen, die vielleicht sogar aufgrund von Anwartschaften oder Rechtsansprüchen gewährt würden, angerechnet werden. 378 Der UA „Urheberrechtsfragen" des KA beschloß daraufhin einstimmig, eine 50jährige Schutzfrist für das Urheberrecht zu empfehlen mit einer anschließenden 25jährigen Frist, in der eine Urhebernachfolgevergütung zu zahlen sei. 379 Demgegenüber wandte Prof. Ulmer in einer weiteren Sitzung des UA „Urheberrecht" des Rechtsausschusses ein, daß, wenn schon eine Verlängerung der Schutzfrist eingeführt werde, die Erträge dann auch den Erben zugute kommen und nicht einem Fonds zugeführt werden sollten. 380 Auch die im RegE vorgesehene Urhebernachfolgevergütung sei nicht positiv zu bewerten, da es sich um einen relativ kleinen Betrag handele, dessen Einziehung einen großen Aufwand erfordern werde. Dabei betonte Prof. Ulmer aber auch, daß etwas für die Urheber getan werden müsse, der Aufbau einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung sei ein Gebot der Stunde. Er würde daher der Urhebernachfolgevergütung eine andere Lösung vorziehen, bei der die Urheber selbst einen Teil für die Alters- und Hinterbliebenenversorgung aufzubringen hätten.381 Ebenfalls wenig Erfolg von der Urhebernachfolgevergütung versprach sich Dr. Krüger-Nieland. Es würden „edle Worte" fallen, aber der wirtschaftliche Erfolg wäre nicht sehr groß. Dennoch würde die Urhebernachfolgevergütung als eine öffentliche Gewissensberuhigung dienen, deshalb wäre es am besten, wenn man die entsprechenden Vorschriften wegließe.382 Dann wäre man auch gezwungen, in ab378 Erfreulicherweise habe man es durch das große Entgegenkommen der gesetzgebenden Organe erreichen können, daß die Zuwendungen aus der Künstlerhilfe nicht angerechnet zu werden brauchen bei der Einkommens- und Lohnsteuer, bei den Lastenausgleichshilfen und bei der Sozialhilfe, vgl. Dr. Einsiedler 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 107, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 379 1 1. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S. 6, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 20. Der Beschluß ging auf einen Vorschlag des Vorsitzenden zurück. Im einzelnen sollte die Urhebemachfolgevergütung, die in den 25 Jahren nach Freiwerden der Werke zu zahlen sei, entsprechend den Vorschlägen des BMJ ausgestaltet werden. Für die gewerbsmäßige Verbreitung von Vervielfältigungsstücken sollte die Urhebernachfolgevergütung allerdings nicht mehr 1 %, sondern 5 % des Ladenpreises betragen, vgl. die Formulierungsvorschläge in 11. Sitzung UA KA BT4. Wp. Kurzprotokoll S.7, ParlA Bonn, A1, lfd.Nr.20. Schwierigkeiten ergäben sich allerdings bei der Bestimmung über den Urheberfonds, diesem sollte nach dem Gesetz lediglich die Möglichkeit gegeben werden, sich bei der Einziehung eines Dritten zu bedienen. 380 Prof. Ulmer in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.32. 381 Prof. Ulmer 'm 12. Sitzung UARABT4.Wp. am 16.11.1964Prot. Nr. 12 S.33. Beispielsweise sei die Einführung einer Kulturabgabe auf die Rundfunkgebühr sehr viel zweckmäßiger. Damit würden auf einfache Weise erhebliche Beträge einkommen, die einem solchen Fonds zugeführt werden könnten. 382 Dr. Krüger-Nieland in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S. 34.

C. Zeitliche Schranken des Urheberrechts

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sehbarer Zeit eine wirksame Alters- und Hinterbliebenenversorgung zu schaffen. Im Ergebnis empfahl der im RA eingesetzte UA „Urheberrecht" eine unveränderte Annahme der Vorschriften §§67 bis 72, also eine Schutzdauer von 50 Jahren, und die Streichung der Vorschriften in §§ 73 bis 79 über die Urhebemachfolgevergütung. 383 Entgegen diesem Beschluß wollte der UA „Urheberrechtsfragen" des KA dem Rechtsausschuß die Beibehaltung der Urhebemachfolgevergütung nahelegen. Man hielt es vielmehr für dringend erforderlich, die Gewährung der Urhebemachfolgevergütung in das deutsche Urheberrecht aufzunehmen, zumal es sich hierbei um einen Kernpunkt der Urheberrechtsreform handele.384 So betonte dann auch der KA in seiner abschließenden Empfehlung an den RA, daß es sehr bedauert würde, wenn die Urhebemachfolgevergütung allein aufgrund der Schwierigkeiten bei der Umsetzung, insbesondere bei der Auswahl der Berechtigten, nicht in das neue Gesetz aufgenommen würde. 385 Außerdem sei zu überlegen, ob die Urhebemachfolgevergütung nicht zumindest in ihren Grundzügen im vorliegenden Entwurf verankert werden könne, damit auf diesem der Regelung bedürftigen Gebiet ein erster Schritt getan sei. 386 Dieser Vorschlag, zunächst die Grundzüge einer Urhebemachfolgevergütung in den Entwurf aufzunehmen und die nähere Ausgestaltung dann einer späteren Regelung vorzubehalten, widersprach jedoch nach Ansicht des RA der Gesetzgebungspraxis und könne nur geeignet sein, später vielleicht nicht erfüllbare Hoffnungen zu erwecken. 387 Entgegen dem Wunsch des KA empfahl daher der RA in seiner abschließenden Stellungnahme, die Bestimmungen in §§73 bis 79 über die Urhebemachfolgevergütung endgültig zu streichen. Zu diesem Entschluß könne man sich nach der zuvor getroffenen Entscheidung über die Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre „leichten Herzens" durchringen. 388 383

Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.4.b)aa). 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S. 52. 384 Vgl. die Ausführungen des Vorsitzenden Kahn-Ackermann, der dazu ein an ihn gerichtetes Schreiben des Schriftstellerverbandes verlas, in dem die Unzufriedenheit und Enttäuschung der Schriftsteller über die geplante Streichung der Urhebemachfolgevergütung zum Ausdruck kam und mit Nachdruck die Revision dieses Beschlusses gefordert wurde, 12. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S. 4f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 22. 385 Vgl. die Empfehlung auf Vorschlag des Abg. Moersch in 45. Sitzung KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr.45, S. 14f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 24. 386 So der Vorschlag Kahn-Ackermanns in 45. Sitzung Κ A BT 4. Wp. Kurzprotokoll Nr. 45, S. 13 f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 24. 387 Vgl. die Ausführungen in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. IV/3401, S.27f., zu IV/3401, S. 13. 388 Vgl. die Bemerkung Dr. Reischls in 131. Sitzung RABT 4.Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S.30f., ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. Außerdem handele es sich bei den §§73 bis 79 um ohnehin sehr fragwürdige Vorschriften. Zwar habe der Ausschuß entgegen den vom BR erhobenen Bedenken keine Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, aber die Umsetzung der Urhebemachfolgevergütung im einzelnen stoße auf Bedenken. Vor allem werde die Verteilung der Einkünfte nach der in § 78 vorgesehenen Regelung erhebliche Schwierigkeiten bereiten. Die Gefahr eines staatlichen Kulturdirigismus sei hier bei allem guten Willen nicht auszu-

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

In der folgenden zweiten und dritten Beratung des Gesetzentwurfes im BT begrüßten die Abgeordneten Deringer (CDU/CSU), Dr. Bucher (FDP) und Dr. Reischl (SPD) die Entscheidung des Rechtsausschusses, die Schutzfrist auf 70 Jahre zu verlängern und gleichzeitig die Bestimmungen über die Urhebernachfolgevergütung zu streichen. 389 Dr. Reischl führte aus, die Regelung, wie sie im RegE vorgeschlagen war, habe eine Reihe von schwerwiegenden Fragen aufgeworfen, so daß es unmöglich erschien, diese Regelung Gesetz werden zu lassen. Gleichzeitig wies er auf die Deutsche Künstlerhilfe hin, die auf unbürokratische Weise effektiv arbeite. Man solle daher dort den Ansatzpunkt suchen, um eine wirksame Altershilfe und Unterstützung von Künstlern und Urhebern aller Art zu finden und auf die unbürokratischste Methode mit einem Minimum an Verwaltungsaufwand ein Maximum an Erfolg zu erzielen. 390 Sowohl BT als BR beschlossen sodann die Annahme des Gesetzentwurfes ohne die Bestimmungen über eine Urhebernachfolgevergütung. 391 Das neue deutsche Urheberrechtsgesetz wurde daher ohne die Einführung des domaine public payant verkündet. 392 Weitere Initiativen zur Umsetzung des Gedankens des domaine public payant blieben bislang erfolglos. 393 Die europäische Schutzdauerrichtlinie vom 29.10.1993394 hat sich für eine 70jährige Schutzfrist entschieden und die Möglichkeit einer Umsetzung des domaine public payant nicht aufgegriffen, was seiner Realisierung dem Wortlaut nach zwar nicht entgegensteht, aber eine tatsächliche Einführung wohl eher unwahrscheinlich macht. 395

schließen. Zur Vertiefung vgl. auch den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, BTDrucks. IV/3401, S. 27 f., zu IV/3401, S. 13. Es wurde auf die wohl kaum zu entscheidende Frage hingewiesen, wer denn festlegen solle, ob ein Urheber „verdient" oder förderungswürdig sei. Außerdem wurde daraufhingewiesen, daß die Einziehung der Urhebernachfolgevergütung sich in vielen Fällen gar nicht lohnen würde, weil die Unkosten den Ertrag übersteigen würden. 389 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9423 D, S. 9424 D, S. 9428 A. 390 Dr. Reischl in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9428 B. 391 Abstimmung in 187. Sitzung BT 4.Wp. Sten. Ber. Bd.59, S.9432D; BR-Sitzungsberichte 1965, S. 167 B. Der BR begrüßte ausdrücklich die Streichung der §§73 bis 79 unter Hinweis auf die seiner Meinung nach fehlende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. 392 BGBl. 19651, S. 1273 ff. 393 Vgl. dazu Schrickerl Katzenberger § 64 Rz. 4. 394 Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29.10.1993. 395 Schrickerl Katzenberger § 64 Rz. 4 rechnet auf der Ebene des deutschen Rechts damit, daß entsprechende Forderungen erneut erhoben werden. Gegen die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung spricht sich Schack aus, Urheber- und Urhebervertragsrecht Rz.477. Mit der Heraufsetzung der Schutzfrist auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers und spätestens nach Erlaß des Künstlersozialversicherungsgesetzes bestehe kein Anlaß mehr zu einer zusätzlichen sozialen Förderung der Urheber durch Abgaben, die allein von den Verwertern aufzubringen wären.

D. Rechtsverkehr im Urheberrecht

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D. Rechtsverkehr im Urheberrecht Eine der Hauptaufgaben der Urheberrechtsreform bestand darin, der neuen Erkenntnis von der Rechtsnatur des Urheberrechts in der Systematik des Gesetzes Rechnung zu tragen.1 So sollte aus den Bestimmungen über den Inhalt des Urheberrechts klar ersichtlich sein, daß das Urheberrecht als ein Recht aufgefaßt wurde, welches den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk schützt, sowie in der Nutzung des Werkes.2 Der Schutz der persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk umfaßte vor allem das Recht, darüber zu bestimmen, ob und wann seine Schöpfung aus der privaten Sphäre herauszuheben und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen ist. Aus diesem Schutz flöß femer das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem Werk und das Recht, über die Unversehrtheit seines Werkes zu wachen. Das Verwertungsrecht umschloß alle Möglichkeiten der wirtschaftlichen Auswertung des Werkes. Diese beiden Seiten des Urheberrechts, Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht, sollten dabei eine untrennbare Einheit bilden.3 Das Urheberrecht war also die Gesamtheit aller Rechtsbeziehungen des Schöpfers zu seinem Werk. Die enge Verbundenheit dieser beiden Elemente des Urheberrechts kam auch besonders in dem Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen zum Ausdruck. Es leuchtete ohne weiteres ein, daß die Übertragbarkeit der Verwertungsrechte und des Urheberpersönlichkeitsrechts verschieden ausgestaltet werden mußte.4

I. Ursprünglich freie Übertragbarkeit des Urheberrechts Ausgehend von der Überzeugung, das Urheberrecht sei zur Erlangung materieller Vorteile bestimmt,5 also ein reines Vermögensrecht, hielt man ursprünglich das Urheberrecht für unbeschränkt übertragbar. So bestimmte dann auch § 8 Abs. 3 LUG ebenso wie § 10 Abs. 3 KUG, daß das Urheberrecht beschränkt oder unbeschränkt auf andere übertragen werden konnte. Die Übertragung konnte durch einen Vertrag unter Lebenden vorgenommen werden oder von Todes wegen.6 Da das Urheberrecht als ein Recht im Sinne des §413 BGB angesehen wurde, fanden auf seine Übertragung unter Lebenden die Vorschriften über die Abtretung von Forderungen entsprechende Anwendung.7 Gegenstand der Übertragung konnte nicht nur das Urheberrecht an einem bereits geschaffenen Werk sein, sondern auch das Recht an einem 1

Von Εφ in JR 1951, S. 310 (311 ). Vgl. oben Teil 2 unter A. 3 Fromm!Nordemann §11; auch die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 43. 4 Vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 13. 5 Vgl. dazu Teil 2 unter A, insbesondere die Privilegienlehre, und die Lehre vom geistigen Eigentum. 6 Allfeld, § 8 Rz. 6. 7 Marwitz, § 10 C. I (S. 71); Allfeld, § 8 Rz. 8. 2

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

künftig erst zu schaffenden Werk oder an allen künftigen Werken des Urhebers. 8 Obwohl der Wortlaut der Vorschriften in LUG und KUG bestimmte, daß das „Recht", und nicht nur seine Ausübung, übertragen werden konnte, war die Frage, ob das Urheberrecht seiner vollen Substanz oder nur der Ausübung nach übertragbar sei, heftig umstritten. 9 Während die eine Ansicht, die sich auf den Wortlaut der §§8 Abs. 3 LUG und 10 Abs. 3 KUG stützte, die Übertragung des Urheberrechts als einen Übergang rechtlicher Substanz ansah, hielt die andere Denkweise eine Trennung des Rechts von der Person des Urhebers für nicht möglich und lehrte, es könne nur die Ausübung des Rechts übertragen werden. 10

II. Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts 1. Unübertragbarkeit

der urheberpersönlichkeitsrechtlichen

Bestandteile

Nachdem sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts 11 die Erkenntnis durchgesetzt hatte, daß das Urheberrecht als reines Vermögensrecht seiner Schutzaufgabe nicht mehr gerecht werden könne, gelangte die Diskussion um einen persönlichkeitsrechtlichen Bestandteil des Urheberrechts in den Mittelpunkt der Auseinandersetzungen.12 Bereits im LUG hatte das „persönliche Interesse" des Urhebers an seinem Werke Berücksichtigung gefunden, auch wenn das Gesetz für diesen Schutz keine allgemeine Regelung traf, sondern nur einige Einzelbestimmungen enthielt, wie das Verbot, im Fall der Übertragung des Urheberrechts oder erlaubter Entlehnungen, Änderungen an dem Werk vorzunehmen (vgl. §§9, 18 Abs. 1 Satz 1, 24) oder das Verbot, ein Werk der Literatur ohne Zustimmung des Urhebers zu veröffentlichen (§11 Abs. 1 Satz 2). 13 Da die persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk während seiner ganzen Lebensdauer fortbestanden, 14 konnte zumindest dieser persönlichkeitsrechtliche Kern des Urheberrechts nicht übertragbar sein. Aufgrund der Überlegung, daß die Persönlichkeits- und die vermögensrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts so eng miteinander verflochten seien, daß das Urheberrecht nur als ein einheitliches Recht aufgefaßt werden müsse, ergab sich die Folgerung, daß das Urheberrecht im ganzen weder der Ausübung noch der Substanz nach übertragen wer8

Vgl. AUfeld, § 10 Rz.9; Marwitz, § 10 C.III. (S.72). Vgl. Leßmann, S.35f. Eine Übertragung der Substanz des Urheberrechts nahmen u.a. Kohler, S. 243; Riezler, S. 81 sowie de Boor , Urheberrecht und Verlagsrecht, S. 207 (insbes. S. 216) und auch Rabel in GrünhutsZ 1927, S. 71 ff. an. Von einer Übertragung nur der Ausübung nach, gingen von Gierke , Deutsches Privatrecht I, S. 767 und 805 und vor allem Allfeld, § 8 Rz. 7 aus. 10 Leßmann, S. 36. 11 Vgl. bereits die Ausführungen bei von Gierke , Dt. Privatrecht Bd. I § 85 III (S. 756). 12 Vgl. Runge, S. 221; Leßmann, S. 36. 13 Vgl. oben Teil 2 unter A über den Inhalt des Urheberrechts. 14 Vgl. auch die Ausführungen bei von Erffa in JR 1951, S. 310 (311). 9

D. Rechtsverkehr im Urheberrecht

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15

den könne. Nur die Unübertragbarkeit des Urheberrechts werde den Ansprüchen der Praxis gerecht. 16 Übertragbar seien nur einzelne Befugnisse des Urheberrechts, nämlich die Verwertungsrechte und einzelne aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht fließende Bestandteile.17 Auch die Rechtsprechung trug dieser neuen Überzeugung vom Wesen des Urheberrechts und den daraus hervorgehenden Folgerungen für die Ausgestaltung des Rechtsverkehrs in Urheberrechtssachen Rechnung.18 Da aber § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG nach wie vor eine beschränkte oder unbeschränkte Übertragungsmöglichkeit des Urheberrechts vorsahen, entbehrte der neu entwickelte Grundsatz von der Unübertragbarkeit des Urheberrechts bislang einer gesetzlichen Grundlage. Selbst Art. 6 bis der RBÜ, durch welchen das droit moral in der Berner Übereinkunft im Rahmen der Romkonferenz von 1928 verankert worden war, nahm zu der Frage der Übertragbarkeit keine Stellung, sondern überlies diesen Punkt, wie alles andere, was über die grundsätzliche Anerkennung des droit moral hinausging, der innerstaatlichen Gesetzgebung der Verbandsstaaten.19 Die Formulierung der RBÜ beschränkte sich auf die Feststellung, daß auch nach der Übertragung der vermögensrechtlichen Befugnisse dem Urheber das droit moral verbleibe, ohne sich äußern, ob dieses übertragbar sein sollte. Aus dieser Aussage schienen allerdings die Verfasser des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1932 die Schlußfolgerung ziehen zu wollen, daß das Urheberrecht unübertragbar sei.20 Unter Bezugnahme auf die Vorgabe des Art. 6b der RBÜ, wonach die der Sicherung der ideellen Herrschaft des Urhebers über sein 15 Vgl. von Εφ in JR 1951, S. 310 (311 ); Leßmann, S. 36 m. w. N.; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 166. Im Urheberrecht seien ja Verwertungsrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht zu einer Einheit verbunden. Da letzteres in seinem Kernbestandteil unübertragbar sei, verbleibe auch bei einer sogenannten unbeschränkten Übertragung ein Rest des Urheberrechts beim Urheber zurück. Hierin äußere sich die aus der Natur des Werkschaffens folgende untrennbare Beziehung zwischen dem Urheber und seinem Werk, das seine Individualität enthalte. 16 Vgl. dazu bereits Marwitz in UFITA Bd. 1 (1928), S. 389 (405). 17 Vgl. dazu Runge, S.221; auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 1. Auflage, S.213ff., insbesondere S.230; sowie Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 166ff. Wegen der engen Beziehung des Autors zu seinem Werk trage das Urheberrecht die Tendenz in sich, möglichst weitgehend beim Urheber zurückzubleiben. Aufgrund des bei ihm verbleibenden Kembestandteils des Urheberrechts könne der Urheber trotz Übertragung seiner einzelnen Befugnisse einer Urheberrechtsverletzung entgegentreten, soweit seine Interessen dadurch berührt werden. 18 RGZ 123, S. 320 ff. (Urteil vom 16.02.1929) hatte angenommen, daß der Urheber auch bei einer unbeschränkten Übertragung des Urheberrechts sein unveräußerliches Persönlichkeitsrecht behält (Wilhelm Busch). Nach BGHZ 15, S. 260ff. war zwar eine Verfügung über persönlichkeitsrechtliche Befugnisse des Urheberrechts möglich, die Grenze bildete jedoch der unverzichtbare Kernbestandteil des Urheberrechts. 19 Bappert/Wagner, Art. 6 bis RBÜ, Rz. 9; Nordemann/Vinck/Hertin, Art. 6 bis RBÜ, Rz. 3. Die Frage der Übertragbarkeit klammerte der Konventionstext aus. Sie blieb also der Regelung durch das nationale Recht überlassen. 20 Vgl. Runge, S.223.

38 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Werk dienenden Rechte dem Urheber unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen verbleiben müsse, folgerte die Begründung zu dem Entwurf von 1932, daß „diese Rechte also entsprechend dem Zweck, dem sie zu dienen haben, auf andere nicht übertragen werden können."21 In der ausdrücklichen Klarstellung, daß das droit moral nicht übertragbar sei, liege der einzige Unterschied zu dem geltenden Recht, das aber von vielen bereits im gleichen Sinne ausgelegt werde. 22 Da dieses droit moral, der Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers am Werk, einen Bestandteil des Urheberrechts bilde, folge aus seiner Unübertragbarkeit, daß auch das Urheberrecht als solches nicht übertragen werden könne.23 Nach § 19 Abs. 1 des Entwurfes war das Urheberrecht somit nur von Todes wegen übertragbar. 24 Da das Urheberrecht nach dem Tode des Urhebers nicht erlosch, mußte es nach der Begründung möglich sein, anstelle des verstorbenen Urhebers einen anderen zum Träger dieses Rechts zu machen, dem in Ansehung des geschützten Werkes die gleiche Rechtsstellung wie dem Erblasser zukam und dem daher auch die Urheberpersönlichkeitsrechte einzuräumen waren. 25 Das Urheberrecht sollte nach dem Entwurf jedoch nicht nur vererbbar sein, sondern es sollte auch auf einen Vermächtnisnehmer übertragen werden können. Gegen die Zulässigkeit der Übertragung von Todes wegen bestanden keine Bedenken, weil das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht zu den strengen Persönlichkeitsrechten gehörte, die mit dem Tod ihres Trägers erloschen. 26 Aus der Unübertragbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts unter Lebenden dürfe aber nicht geschlossen werden, daß auch jede sonstige Abrede darüber unzulässig sei.27 Der Entwurf erklärte daher in § 22 Vereinbarungen über das dem Urheber vorbehaltene Änderungsrecht für zulässig.28 Die Gültigkeit 21

Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.67. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 67. 23 Besonders zu beachten ist allerdings auch die Vorschrift des § 19 Abs. 3, wonach das Urheberrecht an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Photographie in vollem Umfang frei übertragbar sein sollte. Die Begründung führte dazu aus, das Urheberrecht an solchen Werken stehe gem. § 7 Abs. 2 dem Inhaber des Betriebes zu und habe nur einen beschränkten Inhalt. Es umfasse außer dem Werknutzungsrecht bloß das Recht, Änderungen an dem Werk selbst, an dessen Titel oder an der Bezeichnung des Urhebers zu untersagen, soweit nicht solche Änderungen auch ohne Einwilligung des Urhebers zulässig sein sollten. Der Charakter des Urheberrechts an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Photographie nähere sich folglich dem der gewerblichen Schutzrechte und ließ es nicht angebracht erscheinen, dieses Recht für unübertragbar zu erklären, vgl. Begründung S. 68 f. 24 Ebenso sah § 17 des Entwurfes von 1934 vor, daß das Urheberrecht als solches nur von Todes wegen oder in Erfüllung eines Vermächtnisses übertragbar war, vgl. § 17 des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht Bd. IX, S. 537. 25 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 67. 26 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 67. Auch hinsichtlich des Personenkreises, auf die das droit moral nach dem Tod des Urhebers überging, lag nach Auffassung des Entwurfes kein Grund zu einschränkenden Bestimmungen vor; vgl. auch Eggersberger, S. 110. 27 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 68. 28 In Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§§9 LUG, 12 KUG) erklärte der Entwurf in § 22 Abs. 1 Änderungen an dem Werk für zulässig, zu denen der Urheber seine Einwilligung 22

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von Rechtsgeschäften, die sich auf das Urheberpersönlichkeitsrecht bezogen, war nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen. Sie war daher vor allem dann zu verneinen, wenn das Rechtsgeschäft gegen die guten Sitten verstieß. 29 Als Recht an dem Werk, also einem immateriellen Gut, war das Urheberrecht streng zu unterscheiden von den Rechten an den das Werk verkörpernden Werk- oder Festlegungsstücken, also beispielsweise von dem Eigentum an der Handschrift, dem Buchexemplar, dem Notenblatt, dem Originalwerk oder dessen Kopie. Daher war in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht (§10 Abs. 4 KUG) in § 23 vorgesehen, daß die Übertragung des Eigentums an einem Werkstück im Zweifel nicht die Übertragung eines Werknutzungsrechts enthielt.30 Schließlich wurde auch eine Verfügung über erst noch zu schaffende Werke zugelassen (§ 25 Abs. 1). Der Entwurf erachtete es jedoch für angezeigt, in dieser Frage eine gewisse Sicherung sowohl des Urhebers als auch seines Vertragspartners gegen zu weitgehende Bindungen vorzusehen.31 Der Vertrag, durch den jemand über künftige, überhaupt nicht näher oder nur der Gattung nach bestimmte Werke verfügt hatte, war deswegen kraft Gesetzes kündbar (§ 25 Abs. 2). 32 Dadurch sollte eine Lösung von Verträgen ermöglicht werden, deren Bedeutung sich im voraus nicht abschätzen ließ und die zu unvorhergesehenen unerträglichen Beschränkungen des einen oder anderen Teils führen könnten.33 Auch der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939 legte fest, daß das Urheberrecht mit Rücksicht auf die Natur des Urheberpersönlichkeitsrechts nicht übertragbar war. § 16 des Entwurfes von 1939 sah einen Übergang des Urheberrechts nur im Falle des Todes des Urhebers vor, da in diesem Fall die Person des Urhebers als Rechtsträger in Wegfall komme und ein anderer an seine Stelle treten müsse, um über den Schutz der eigenpersönlichen Beziehungen zwischen Werk und Urheber, also über den Schutz der kulturellen Integrität, zu wachen.34 Durch die nach Treu und Glauben nicht versagen konnte. Als das wichtigste Beispiel für solche Änderungen wurden diejenigen genannt, die durch die Art oder den Zweck der erlaubten Verwertung des Werkes gefordert wurden. 29 Vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.68. 30 In einem Fall aber würde diese Vermutung mit der im Verkehr herrschenden Auffassung nicht in Einklang stehen. Wenn der Urheber das Eigentum an einem Werkstück der bildenden Künste oder der Photographie auf einen anderen übertrug, so war dieser im Zweifel auch berechtigt, das Werkstück auf eine Art zu gebrauchen, wodurch das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde (§ 23 Satz 2), vgl. zur Vertiefung Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.73. 31 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.74. 32 Das Kündigungsrecht, das beiden Vertragsteilen zustand, war unverzichtbar. Die Kündigungsfrist betrug, soweit keine kürzere vereinbart war, ein Jahr, vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.74. Das Geschäftsleben erfordere die Anerkennung der Gültigkeit solcher Verträge. Den dagegen sprechenden Bedenken sollte das beiden Vertragsteilen zustehende unverzichtbare Kündigungsrecht Rechnung tragen. 33 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.74. 34 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.42. 38

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Aufnahme der Lehre von der Unübertragbarkeit des Urheberrechts in den Entwurf sollte nachdrücklich darauf verwiesen werden, daß der Urheber untrennbar mit seinem Werk verbunden war, und zwar auch dann, wenn er das Recht, sein Werk zu veröffentlichen und es zu verwerten, an Dritte abgegeben hatte.35 Immer bleibe das „vinculum spirituale" zwischen Schöpfer und Geschöpf erhalten, so daß er jeden Eingriff in sein Werk abwehren könne, der seine Urheberschaft am Werk beeinträchtige. Das gelte auch dann, wenn dieser Eingriff durch denjenigen geschah, der ein Recht zur Verwertung des Werkes erteilt erhalten hatte.36 3 7 Aus der grundsätzlichen Unübertragbarkeit des Urheberrechts ergab sich, daß neue Befugnisse, die durch die Rechtsprechung oder Gesetzgebung anerkannt wurden, dem Urheber zustanden, und zwar selbst dann, wenn er die Verwertung seines Werkes zur Gänze anderen überlassen hatte.38 Sie wuchsen dem bei ihm verbliebenen persönlichkeitsrechtlichen Kem an. Entsprechend dem Entwurf von 1932 war in § 22 des Entwurfes von 1939 eine Auslegungsregel vorgesehen, wonach bei einem Eigentumserwerb an Werkstücken im Zweifel nicht die Einräumung eines Werknutzungsrechtes anzunehmen sei. Auch sollten Verfügungen über künftige Werke möglich sein, wobei ebenfalls nach dem Vorbild des Entwurfes von 1932 beiden Vertragsteilen ein unverzichtbares Kündigungsrecht zustehen sollte, vgl. § 24. 39

2. Werknutzungsrechte Da der Urheber in der Regel nicht in der Lage war, sein Werk selbst zu verwerten und der Gebrauchswert des Werkes für ihn relativ gering war, konnte er sich die zur Unterhalts- und Existenzsicherung erforderlichen geldlichen Mittel nur beschaffen, 35

Vgl. dazu Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1223). Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1223). 37 Hier wurde auch darauf hingewiesen, daß der Schutz der Beziehungen zwischen Urheber und Werk in dem Entwurf von 1939 noch dadurch ganz besonders verstärkt werde, daß nach § 53 Werke von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur nach dem Tode des Urhebers nicht in einer Weise verwertet oder bearbeitet werden durften, daß hierdurch das Ansehen oder der Wert des betreffenden Werkes offenbar beeinträchtigt wurde, zur Vertiefung vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts S.42ff. Ebenfalls in engem Zusammenhang mit dem Gedanken, daß das dem Urheber eingeräumte Ausschlußrecht in besonderem Maße dem Schutze der Integrität des Urhebers diene, daß also der Urheber der geborene Wahrer des von ihm selbst geschaffenen Kulturgutes sei, stand die Bestimmung des §53 a. Danach mußten die Erben, unter Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen, ein nachgelassenes Werk auf Anordnung dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda vorlegen, welcher dann die Veröffentlichung anordnen konnte, wenn die Prüfung ergab, daß das Werk von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur war, und daß die Urheberehre durch die Veröffentlichung nicht beeinträchtigt wurde. 38 Vgl. Hoffmann in DR in V.m. JW 1939, S. 1221 (1223); Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 167. 39 Zu Bedenken gegen diese Regelung vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 14. 36

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wenn er die Verwertung anderen überlies. Wie aber bereits gesehen, konnte das Urheberrecht als Ganzes wegen der Unübertragbarkeit des urheberpersönlichkeitsrechtlichen Kerns nicht übertragen werden. Der Urheber sollte daher durch Abspaltung einzelner Nutzungsbefugnisse von seinem Urheberrecht einem anderen die Möglichkeit einräumen können, das Werk je nach dem Umfang der vereinbarten Rechtseinräumung nutzen zu können. Eine Verwertung des Werkes durch andere erforderte allerdings die Übertragung der Verwertungsbefugnisse vom Urheber, die Einräumung einer bloß schuldrechtlichen Erlaubnis genügte nicht. 41 Die urheberrechtlichen Verwertungsrechte sollten also übertragbar sein.42 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums aus dem Jahre 1932 erklärte daher die Werknutzungsrechte, wie andere Vermögensrechte, unter Lebenden und von Todes wegen für übertragbar, § 20 Abs. I. 4 3 Dabei konnte die Übertragung unbeschränkt oder mit einer inhaltlichen, zeitlichen oder räumlichen Beschränkung vorgenommen werden. Die Übertragung sollte bewirken, daß alle oder einzelne Werknutzungsrechte oder bestimmte darin enthaltene Teilbefugnisse als selbständige Rechte auf den Erwerber übergehen.44 Da dem Erwerber das Werknutzungsrecht übertragen und nicht bloß die Ausübung gestattet werden sollte, wäre dieser eigentlich berechtigt, es nach Belieben auf einen anderen weiter zu übertragen. 45 Der Urheber hatte aber ein großes Interesse daran, daß Werknutzungsrechte, die er auf eine Person seines Vertrauens übertragen hatte, nicht ohne seine Zustimmung weiter veräußert wurden. 46 Dieser Sachlage wollte der Entwurf durch die Bestimmung des § 20 Abs. 2 Rechnung tragen, wonach die Weiterübertragung eines Werknutzungsrechts, soweit nichts anderes vereinbart, unter Lebenden nur mit Zustimmung des Urhebers zuläs-

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Vgl. Leßmann, S. 71. Es sei allein die Verkehrsfähigkeit der Verwertungsrechte, die die Existenz des Urhebers überhaupt erst ermöglichte. 41 Leßmann, S. 71. Die Verwerter wollten nicht nur gegenüber dem Urheber, sondern gegenüber jedermann geschützt sein. Die Urheberrechtsübertragung sei daher für den Urheber die bedeutsamste Einnahmequelle und mithin zuzulassen. 42 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.213. 43 Auch § 16 des Entwurfes von 1934 sah vor, daß die Werknutzungsrechte beschränkt oder unbeschränkt übertragen werden konnten, vgl. dazu insgesamt §§ 16 ff. des Entwurfes von 1934 bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht Bd. IX, S. 537 ff. 44 Begründung zu dem Entwurf von 1932 S. 69. Da dem Erwerber ja das Recht selbst übertragen und nicht nur die Ausübung eines dem Urheber zustehenden Werknutzungsrechts gestattet wurde, wurde dieses dem Erwerber zustehende Recht auch dann in seinem Bestand nicht berührt, wenn das Urheberrecht vor dem Ablauf der Schutzfrist erlöschen sollte. Andererseits erlangte das Urheberrecht wieder seine volle Kraft, wenn der Erwerber eines Werknutzungsrechts vor dem Erlöschen des Urheberrechts auf das ihm übertragene Recht verzichtete oder aus einem anderen Grund seines Rechts verlustig ging. 45 Auf diesem Wege könnten dann Werknutzungsrechte auch von Personen erworben werden, die das Vertrauen des Urhebers nicht genossen und von denen zu befürchten war, daß sie von ihren Rechten einen den Absichten des Urhebers zuwiderlaufenden Gebrauch machen würden, vgl. Begründung S.69. 46 Begründung S. 69.

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sig war. Eine Ausnahme dieses Grundsatzes der Zustimmungsbedürftigkeit war für die Werknutzungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Werken der Kinematographie vorgesehen.48 Obwohl der Entwurf ausdrücklich nur die Übertragung von Werknutzungsrechten regelte, stellte die Begründung heraus, daß daneben auch die Möglichkeit bestehe, einem anderen eine bloße Gebrauchserlaubnis oder einfache Lizenz zu erteilen. 49 Eine bestimmte Form war für Rechtsgeschäfte über die Übertragung von Werknutzungsrechten nicht vorgesehen. Nach der Begründung fehlte es an einem triftigen Grund, gerade bei Verträgen dieser Art von dem allgemeinen Grundsatz der Formfreiheit abzuweichen.50 Weiterhin enthielt der Entwurf Bestimmungen über die Auslegung von Verträgen über Werknutzungsrechte 51, über Gesamtausgaben und Beiträge für Sammelwerke sowie über das Rücktrittsrecht des Inhabers des Urheberrechts, falls der Erwerber von dem ihm übertragenen Recht keinen oder nur unzureichenden Gebrauch machte. Dadurch sollte der Urheber, nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit, vor der Gefahr geschützt werden, daß sein Werk unterdrückt wurde. 52 Auf dieses Rücktrittsrecht sollte im voraus nicht verzichtet werden können, weil es sonst wohl regelmäßig in den Verträgen ausgeschlossen würde. 53 In Anlehnung an den Entwurf von 1932 sah der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 vor, daß der Urheber über das ihm zustehende Recht unter Lebenden dadurch verfügen konnte, daß er, wie in § 17 vorgesehen, einem anderen ge47

Um einen Mißbrauch dieser Vorschrift auszuschließen, bestimmte der Entwurf weiterhin, daß die Zustimmung nur verweigert werden konnte, wenn ein wichtiger Grund vorlag, vgl. zur Vertiefung Begründung S.70. 48 Da die Werknutzungsrechte an solchen Werken nach § 21 Abs. 1 des Entwurfes kraft Gesetzes auf den Inhaber des Unternehmens übergehen sollten, schien es damit nicht vereinbar, die Weiterübertragung der Werknutzungsrechte nur mit Zustimmung des Urhebers zuzulassen. Gleiches sollte für gewerbsmäßig hergestellte Werke der Photographie gelten, vgl. Begründung S.70. 49 Begründung S. 70. Sowohl der Urheber als auch der Inhaber eines Werknutzungsrechts konnte einem anderen die Verwertung seines Werkes gestatten, ohne ihm das ausschließliche Recht dazu zu übertragen. 50 Begründung S.70. 51 Nach § 26 sollte sich die Übertragung eines Werknutzungsrechts, wenn nicht ausdrücklich das Gegenteil vereinbart worden war, nicht auf Bearbeitungen, also auch nicht auf Übersetzungen des Werkes erstrecken. Unter der gleichen Bedingung sollte die Übertragung des Vervielfältigungsrechts nicht das Recht umfassen, das Werk durch eine Übertragung auf Bild- oder Schallvorrichtungen zu vervielfältigen. 52 Zur Vertiefung siehe Begründung S. 76. Die Vorschriften des Entwurfes über das Rücktrittsrecht sollten für alle Werknutzungsrechte gelten, also namentlich auch für die dem Urheber im Fall einer Bearbeitung seines Werkes vorbehaltenen Rechte, wie beispielsweise das Verfilmungs- oder Filmrecht. 53 Begründung S. 77. Zur Sicherung des Rücktrittsrechts diente femer die Regelung, daß der Urheber im Fall eines berechtigten Rücktritts die bereits empfangene Vergütung nicht zurückerstatten mußte, vgl. § 29 Abs. 3.

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stattete, das Werk auf einzelne oder alle Verwertungsarten zu nutzen (Werknutzungsbewilligung) oder einem anderen das ausschließliche Recht dazu einräumte (Werknutzungsrecht). 54 Es wurde also terminologisch zwischen den ausschließlichen Werknutzungsrechten und den nicht ausschließlichen Werknutzungsbewilligungen unterschieden. In der Gewährung eines Werknutzungsrechts oder einer Werknutzungsbewilligung lag jedoch nicht die Abtretung eines Teils des Urheberrechts, sondern lediglich die Bewilligung zur Ausübung bestimmter Rechte. Eine Verfügung über das Verwertungsrecht sollte demnach nur nach Art der patentrechtlichen Lizenzverträge erfolgen. 55 Damit wurde aber gleichzeitig die Übertragbarkeit der Werknutzungsrechte, wie es noch im Sinne des § 20 des Entwurfes von 1932 vorgesehen war, verneint. 56 Zwar wurde der Werknutzungsbewilligung durch die Anerkennung ihres Vorrangs gegenüber später eingeräumten Werknutzungsrechten in § 18 Abs. 2 eine dingliche Wirkung zugesprochen,57 von einer Rechtsübertragung konnte jedoch nicht gesprochen werden, da der Lizenznehmer bei der Werknutzungsbewilligung kein ausschließliches Recht erwarb, sondern der Urheber sich lediglich des Rechts begab, ihm die vertragliche Nutzung zu verbieten. 58 Bei Werken der Kinematographie war wiederum ein Übergang der Werknutzungsrechte kraft Gesetzes vorgesehen (vgl. § 19b). 59 Ohne Vorbild war die Bestimmung des § 20, wonach ein Rechtsträger des öffentlichen Rechts, der ein Werk herausgegeben hatte, ohne daß der Urheber angegeben war, mit der Veröffentlichung des Werkes das ausschließliche Recht zur Verwertung erwerben sollte, soweit nichts anderes vereinbart war. 60 Entsprechend dem Entwurf von 1932 konnten die Werknutzungsbewilligungen und Werknutzungsrechte auch auf andere weiter übertragen werden, jedoch bedurfte es hier ebenfalls grundsätzlich der Zustimmung des Urhebers, vgl. §§ 19, 29. 54

Vgl. zur Vertiefung den Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts S.42. 55 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts S.42. 56 Der Ausschluß der Übertragbarkeit der Werknutzungsrechte und die statt dessen vorgesehene Lizenzvergebung an Werknutzungsrechten stieß schon damals auf Kritik unter den Rechtsgelehrten, vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 13. 57 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts S.42. 58 Vgl. Eggersberger, S. 118. 59 Entsprechend der Ausführungen zum Entwurf von 1932 sollten dem Unternehmer die urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse unbedingt gesichert werden, beispielsweise für den Fall, daß der zwischen Urheber und Unternehmer geschlossene Vertrag wegen Handlungsunfähigkeit oder aus irgendeinem anderen Grunde ungültig war, vgl. Begründung zu dem Entwurf von 1932 S.71. Außerdem sollte sich jeder, dem der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger die öffentliche Aufführung des kinematographischen Werkes gestattete, darauf verlassen können, daß ihm die Aufführung nicht durch einen Dritten untersagt werden könne, der behauptete, er habe an der Schaffung des kinematographischen Werkes schöpferisch mitgewirkt. 60 Diese in dem Entwurf von 1932 fehlende Vorschrift erklärte sich aus der abweichenden Regelung der §§ 17,18 des Entwurfes von 1939, vgl. Reimer, Vergleichende Darstellung S. 14.

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I I I . Arbeiten im BMJ 1. Regelung der vom Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission ausgefertigten Entwürfe von März und September 1951 Da der Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses vom März 1951 auf dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 aufbaute, war auch hier eine freie Übertragbarkeit des Urheberrechts nicht vorgesehen. Das Urheberrecht war indessen vererblich, es konnte nur in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertragen werden (§16 Abs. 1). Im Gegensatz zu den vorangegangenen Entwürfen wurde allerdings die Anwendung des § 2210 BGB explizit ausgeschlossen, weil anderenfalls die Ausübung des Urheberrechts durch den Testamentsvollstrecker in gewissen Fällen auf eine Höchstdauer von 30 Jahren begrenzt wäre. 61 Entsprechend dem Entwurf von 1939 unterschied auch der Entwurf vom März 1951 zwischen einer Werknutzungsbewilligung und einem Werknutzungsrecht. In der Formulierung des § 17 wurde darüber hinaus klargestellt, daß der Urheber stets nur die bei der Erteilung der Erlaubnis bereits bekannten Werknutzungsrechte einem anderen einräumen konnte.62 Die frühere Fassung hätte es zugelassen, daß der Urheber nicht nur die schon bekannten, sondern auch künftige Werknutzungsrechte, die im Laufe des Fortschrittes der Technik entstanden waren, einem anderen einräumte. Zudem wurde im Anschluß an den Entwurf von 1939 sichergestellt, daß Werknutzungsbewilligungen, die der Urheber vor Einräumung eines Werknutzungsrechts erteilt hatte, auch gegenüber dem Werknutzungsberechtigten wirksam sein sollten. Sowohl die Werknutzungsbewilligung als auch das Werknutzungsrecht konnten räumlich, zeitlich oder in sonstiger Weise beschränkt werden. 63 Femer sollten Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung nach § 19 weiter übertragen werden können. Abweichend von dem Entwurf von 1939 bedurfte jedoch nur noch die Übertragung eines Werknutzungsrechts der Zustimmung des Urhebers. 64 Der Entwurf hielt weiterhin an der Unabdingbarkeit dieses Zustim61

Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.048. Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β141/2551 B1.048. In die Formulierung wurden daher die Worte „alle zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis bekannten" eingefügt. 63 Vgl. § 17 Abs. 2 und Abs. 3 des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.016f. 64 Die Übertragung einer Werknutzungsbewilligung konnte nach Ansicht des Kleinen Ausschusses nicht von der Zustimmung des Urhebers abhängig gemacht werden, weil dadurch der Rechtsverkehr zu sehr behindert würde, so die Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 Bl. 049. Keine Vermittlungsgesellschaft könnte Aufführungsbewilligungen oder dergleichen erteilen, ohne die Zustimmung des Urhebers einzuholen. Dies widerspreche der Aufgabe und dem Zweck der Vermittlungsgesellschaft. Daher sei die Übertragung der Werknutzungsbewilligung und ihre Erteilung durch einen Werknutzungsberechtigten in einem neuen Abs. 3 für zulässig erklärt worden. 62

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mungsrechts fest, weil ein begründetes Interesse des Urhebers daran bestehe, zu entscheiden, wem das Werknutzungsrecht übertragen werde. Würde man Vereinbarungen zulassen, welche die Zustimmung des Urhebers bei der Übertragung des Werknutzungsrechts im voraus ausschließen, so könne dies dazu führen, daß der Verwerter den wirtschaftlich meist schwächeren Urheber zu einer solchen Vereinbarung zwinge.65 Um im Falle des Sammelwerkes die Übertragung des Werknutzungsrechts zu erleichtern, war eine Bestimmung eingefügt, daß in diesem Fall die Zustimmung des Herausgebers zur Übertragung genüge. Den besonderen Fall der Herstellung eines Film Werkes betrafen die Vorschriften der §§ 19 a und 19 b, auf welche aber erst im Rahmen der Erörterung des Filmrechts näher eingegangen werden soll. 66 Nach dem Vorbild der vorangegangenen Entwürfe von 1932 und 1939 sah der Entwurf des Kleinen Ausschusses vom März 1951 die Möglichkeit einer Verfügung über künftige Werke vor, allerdings war die Formulierung insofern überarbeitet, als klargestellt wurde, daß der Urheber nicht über künftige Werke, sondern nur über die Werknutzungsrechte an künftigen Werken verfügen konnte.67 Das Rückrufsrecht des Urhebers wurde ebenfalls aus dem Entwurf von 1939 übernommen, jedoch schien die Definition, die darauf abstellte, daß der Inhaber des Werknutzungsrechts „keinen ernstlichen Gebrauch" von dem Recht mache, unzureichend. Sie wurde daher durch die bereits in dem Entwurf von 1932 verwendete Fassung, wonach von dem Recht „kein oder nur ein so unzureichender Gebrauch gemacht werde, daß dadurch berechtigte Interessen des Urhebers wesentlich verletzt würden", ersetzt. 68 Während das Rückrufsrecht bislang nur dann ausgeschlossen sein sollte, wenn ein vom Urheber zu vertretener Grund vorlag, wollte der Kleine Ausschuß das Rückrufsrecht unabhängig von einem Verschulden des Urhebers ausgeschlossen wissen, wenn der Urheber Umstände, die der Ausübung des Rechts entgegenstanden, nicht behob, obwohl ihm dies zuzumuten war. 69 Um deutlicher zum Ausdruck zu bringen, 65 Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β141/2551 B1.049. Gegen eine solche Regelung spreche allerdings die Gefahr einer Erschwerung des Rechtsverkehrs. Bei einer Mehrheit von Rechtsinhabern, beispielsweise der Erbengemeinschaft oder Miturheber, würde die Zahl derer, deren Zustimmung unerläßlich sei, unübersehbar. Die Auslassung eines einzigen der Berechtigten mache die Übertragung unmöglich und die Ausnutzung eines dennoch übertragenen Werknutzungsrechts zur Urheberrechts Verletzung. Das geltende Recht sehe eine Unabdingbarkeit nicht vor. Dem Kleinen Ausschuß seien keine Fälle bekannt, in denen die Zulässigkeit des Verzichts auf das Zustimmungsrecht zur Übertragung zu Mißbräuchen geführt habe. Der Kleine Ausschuß der Sachverständigenkommission stellte daher die Frage der Unabdingbarkeit der Übertragung der Werknutzungsrechte zur Diskussion. 66 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.050ff. Die Änderungen bezüglich der Werknutzungsrechte am Filmwerk hingen damit zusammen, daß der Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses vom März 1951 die Urheber eines Film Werkes in § 5 a gesetzlich festlegte, wie noch zu zeigen sein wird. 67 Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.054. 68 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.056. 69 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.056.

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daß der Betroffene nicht in jedem Fall einen Entschädigungsanspruch gegen den Urheber habe, sondern nur, falls dies der Billigkeit entspreche, wurde diese Regelung in einem selbständigen Abs. 5 der Vorschrift neu gefaßt. 70 Nur unwesentlich abgeändert war der Abschnitt über den Rechtsverkehr im Urheberrecht in dem zweiten Entwurf des Kleinen Ausschusses vom September 1951. Es blieb bei der grundsätzlichen Unübertragbarkeit des Urheberrechts. Ebenso wurde die Unterscheidung zwischen Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung übernommen. Daneben war ausdrücklich klargestellt, daß auch der Werknutzungsberechtigte eine Werknutzungsbewilligung erteilen konnte, sofern sich aus dem Vertrag nichts anderes ergab.71 Beide Rechte, Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung, sollten weiterhin übertragbar sein, jedoch bedurfte es, anders als noch in dem Entwurf vom März 1951, auch wieder für die Übertragung einer Werknutzungsbewilligung der Zustimmung des Urhebers. 72 Ohne Vorbild war eine neu eingefügte Regelung, welche vorsah, daß der Urheber die Einräumung eines Werknutzungsrechts und die Erteilung einer Werknutzungsbewilligung gegenüber dem Berechtigten auch dann widerrufen konnte, wenn ihm wegen gewandelter Überzeugung die Verwertung des Werkes nicht mehr zugemutet werden konnte.73 Der Urheber hatte jedoch den vom Widerruf Betroffenen zu entschädigen, wenn und soweit dies der Billigkeit entsprach. Mit der grundsätzlichen Frage des Rechtsverkehrs im Urheberrecht beschäftigten sich auch einige der zu den Entwürfen des Kleinen Ausschusses bei dem BMJ eingegangenen Stellungnahmen. So stimmte Prof. Ulmer den Ausführungen zu dem Entwurf vom März 1951 zu. Den §§ 17 bis 19 liege der richtige Gedanke zugrunde, daß von den Ausnahmefällen des § 16 abgesehen, keine Übertragung des Urheberrechts, sondern nur eine Art Verfügung über die Benutzungsrechte möglich sei.74 Die Fassung des § 17, welche die Einräumung von Werknutzungsrechten und Werknutzungsbewilligungen regelte, berücksichtige aber nicht genügend, daß der Zweck einer Verfügung unterschiedlich sein könne. Im Rechtsleben gehe es insbesondere um Vergaben zur Benutzung, wie beispielsweise die Übertragung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts an den Verleger, und zur Wahrnehmung an die GEMA oder andere Gesellschaften. Dieser Unterschied werde von dem Entwurf 70

Begründung des Berliner Entwurfes vom März 1951 in Β 141/2551 B1.057. Vgl. § 18 des Berliner Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.091. 72 Vgl. § 19 Abs. 1 des Berliner Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.091. In dem Entwurf vom März 1951 hatte man die Übertragung einer Werknutzungsbewilligung gerade nicht von der Zustimmung des Urhebers abhängig machen wollen, weil dadurch der Rechtsverkehr zu sehr behindert würde, vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf des Kleinen Ausschusses vom März 1951 in Β 141/2551 B1.049. 73 §20 a des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 inB141/2551 B1.093. 74 Stellungnahme Ulmers vom 31.07.1951 in Β 141/2562 B1.093. Die abgeleiteten Rechte, die durch diese Verfügung entstehen, seien im Hinblick auf das beim Urheber verbleibende Mutterrecht gewissen Bindungen unterworfen, welche in den Bestimmungen über die Weiterübertragung, das Rückrufsrecht u. a. ihren Ausdruck finden. 71

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übersehen. 75 Es hieß nur, daß abgeleitete Rechte zu dem Zweck eingeräumt werden könnten, das Werk auf einzelne oder alle zur Zeit der Erteilung der Erlaubnis bekannten Verwertungsarten zu nutzen. Nach dem Wortlaut denke man zunächst an die Vergabe zur Benutzung, offenbar sollte aber auch die Vergabe zum Vertrieb einbezogen sein. Eine solche Gleichstellung sei verfehlt. 7 6 Von anderer Seite wurde jedoch auch Kritik an der grundsätzlichen dogmatischen Konstruktion der Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen geübt. Prof. Möhring äußerte Bedenken gegen die Aufteilung zwischen dem Urheberrecht, den Werknutzungsrechten und den Werknutzungsbewilligungen. 77 Er verkenne nicht, daß schon seit Jahren eine solche Unterscheidung vorgenommen werde, es sei aber zu bedenken, daß die wenigsten Verleger und Autoren den Unterschied zwischen Urheberrecht, Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung kennen würden. 7 8 Daher sollte überlegt werden, ob diese willkürlich gewählten juristischen Kunstausdrücke nicht dem Gesetz fernbleiben könnten, damit dieses der Allgemeinheit verständlich bleibe. Gerade ein Gesetz zum Schutz der Literatur sollte sich einer möglichst einfachen und allgemein verständlichen Sprache bedienen. 79 Außerdem hielt Möhring das Erfordernis der Zustimmung des Urhebers bei der Weiterübertragung von Werknutzungsrechten für schwierig. 8 0 75

Stellungnahme Ulmers vom 31.07.1951 in Β 141/2562 B1.093. Zur Vertiefung vgl. Stellungnahme Ulmers vom 31.07.1951 in Β141/2562 Bl. 093 ff. Das Gesetz sollte die beiden im Rechtsverkehr führenden Typen von abgeleiteten Rechten, also das Wahrnehmungsrecht und die Rechte, welche einem Verleger, Theaterunternehmer und Rundfunkunternehmen eingeräumt werden, besonders erwähnen und voneinander unterscheiden. Die mangelnde Unterscheidung führe notwendigerweise zu Fehlkonstruktionen. Das zeige sich besonders bei § 19 Abs. 3 des Entwurfes vom März 1951, wonach die Werknutzungsbewilligungen frei übertragbar sein sollten und auch von einem Werknutzungsberechtigten eingeräumt werden konnten. Dadurch wolle der Entwurf offenbar dem Wahrnehmungsrecht gerecht werden, da die Verwertungsgesellschaften naturgemäß Aufführungsbewilligungen usw. erteilen müssen, ohne im Einzelfall den Urheber zu befragen. Aber diese Bestimmung passe keinesfalls für die Rechte, die einem Verleger oder Theaterunternehmer eingeräumt werden. Es könne keine Rede davon sein, daß der Verleger eine Abdruckerlaubnis erteilen kann, ohne den Urheber zu befragen. 77 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2562 Bl. 119. 78 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2562 Bl. 119. Unter den beteiligten Verkehrskreisen habe sich diese Unterscheidung bislang noch nicht durchgesetzt. 79 Die der Systematik wegen vorgenommene Aufteilung des nicht übertragbaren Urheberrechts, der ausschließlichen Lizenz und der einfachen Lizenz am Urheberrecht könne auch gesetzestechnisch anders behandelt werden. Wenn beispielsweise bestimmt werde, welche Befugnisse des Urhebers nicht übertragbar seien, daß im übrigen der Urheber das Recht habe, Befugnisse ganz oder teilweise zu übertragen, so genüge dies, um im Einzelfall zu erkennen, ob eine volle Übertragung des Rechts, die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz oder die Einräumung einer einfachen Lizenz vorgenommen sei, vgl. Stellungnahme Möhrings in Β 141/2562 Bl. 120. 80 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2562 Bl. 120. Dadurch werde die Weiterübertragung von Werknutzungsrechten unnötig erschwert. Wenn der Inhaber eines Werknutzungsrechts dieses auf einen Dritten übertrage, so werde er in der Regel mangels besonderer Vereinbarung für die Erfüllung der Verpflichtung aus der Werknutzung dem Urheber verhaftet bleiben. 76

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Auch nach Auffassung des 1. Zivilsenates des BGH waren die Begriffe des Werknutzungsrechts und der Werknutzungsbewilligung nicht glücklich gewählt.81 Diese Bezeichnungen seien in den beteiligten Kreisen weitgehend unbekannt. Da aber dem Verkehr die Unterschiede zwischen einfacher und ausschließlicher Lizenz geläufig seien, wurde vorgeschlagen, von einem „ausschließlichen Nutzungsrecht" und im Gegensatz dazu von einem „einfachen Nutzungsrecht" zu sprechen.82 Grundsätzlich wandte sich der BGH noch gegen die Regelung, das Urheberrecht als Ganzes unübertragbar zu gestalten. Die Unübertragbarkeit des Urheberrechts sei nur insoweit unerläßlich, als es sich um das Urheberpersönlichkeitsrecht handele. Ihre Erstreckung auf das Urheberrecht als Ganzes nötige zu juristischen Konstruktionen, die dem Laien unverständlich und geeignet seien, Unsicherheit und Verwirrung in den Rechtsverkehr zu bringen. 83 Man sollte bei der Schaffung eines neuen Gesetzes von dem bisherigen Rechtszustand nur insoweit abweichen, als die vorgesehene Neuregelung dies unbedingt erfordere. Daher sei nach Möglichkeit zu versuchen, die grundsätzliche Unübertragbarkeit des Persönlichkeitsrechts aus der Regelung der Verwertungsbefugnisse herauszulösen und die letzteren übertragbar zu gestalten.84 2. Ausgestaltung der Bestimmungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen in dem RefE von 1954 und dem MinE von 1959 Im Anschluß an die Arbeiten des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission ging auch der RefE von 1954 davon aus, daß das Urheberrecht weder als Ganzes noch in Teilen, wie beispielsweise das Verwertungsrecht, übertragbar sei. Die Verfasser sahen aber gleichfalls die Notwendigkeit, dem Urheber die Möglichkeit zu geben, einem dritten Nutzungsrechte an seinem Werk einzuräumen.85 In der Gewährung eines Nutzungsrechts sollte indes entsprechend dem Entwurf von 1939 nicht eine Abtretung eines Teils des Urheberrechts liegen, sondern nur die Gewährung einer Lizenz, wie sie auf dem Gebiet des Patentrechts bekannt sei.86 Die 81 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 04.09.1951 in Β141/2562 Bl. 176. Dies seien Bezeichnungen, die nicht erkennen ließen, worauf es bei ihnen ankomme. 82 Vgl. Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 04.09.1951 in Β141/2562 Bl. 176. 83 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 04.09.1951 in Β 141/2562 Bl. 175. 84 Dogmatische Bedenken, die sich aus der Rechtsnatur des Urheberrechts als ein einheitliches Recht ergeben könnten, dürften dabei kein Hindernis bilden, zumal der Inhalt des Persönlichkeitsrecht und die Verwertungsrechte bereits in unterschiedlichen Bestimmungen definiert seien und damit die Grundlage für eine verschiedene Behandlung bei der Übertragung gewonnen sei, vgl. die Ausführungen in Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 04.09.1951 in Β 141/2562 Bl. 175. 85 Vgl. Begründung zu dem RefE S. 109. Da der Urheber in der Regel sein Werk nicht selbst verwerten könne, sei er genötigt, Dritten Nutzungsrechte an dem Werk einzuräumen, was ihm durch § 24 ermöglicht werden sollte. 86 Begründung S. 109.

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Begründung führte dazu aus, daß eine Abtretung des Rechts den Urheber für immer dieses abgetretenen Teils des Urheberrechts berauben würde, was aber dem Wesen des Urheberrechts widerspreche. Auch würde dieser abgetretene Teil des Urheberrechts im Falle eines Verzichts des Erwerbers untergehen, was nicht gerechtfertigt scheine.87 Es entspreche vielmehr der Sachlage, daß der Urheber im Falle des Verzichts des Erwerbers einer Nutzungsbefugnis die Befugnis zurückerhalte. Dieses Ergebnis wollte der Entwurf dadurch erreichen, daß er die Nutzungsbefugnis des Dritten nur als eine Lizenz gestaltete.88 Im einzelnen sah der Entwurf dann in § 20 die Vererbung des Urheberrechts vor sowie in § 21 die Möglichkeit einer Übertragung des Urheberrechts in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen.89 Im übrigen war das Urheberrecht nicht übertragbar, wie in § 21 Satz 2 ausdrücklich betont wurde. Die Möglichkeit der Einräumung von Nutzungsrechten war in § 24 geregelt. Anders als in den vorangegangenen Entwürfen unterschied der RefE nicht mehr zwischen Werknutzungsrecht und Werknutzungsbewilligung, sondern sprach nur noch von der Einräumung eines Nutzungsrechts, welches als einfaches oder ausschließliches Recht eingeräumt werden konnte.90 Die Begriffsbestimmung des einfachen und ausschließlichen Nutzungsrechts war in den Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung ausdrücklich geregelt. Das einfache Nutzungsrecht berechtigte den Inhaber, das Werk neben dem Urheber und sonstigen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen. Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigte den Inhaber, das Werk unter Ausschluß aller anderen Personen, einschließlich des Urhebers, auf die ihm erlaubte Art zu nutzen. Der wesentliche Unterschied bestand also darin, daß das einfache Nutzungsrecht dem Berechtigten nur die Befugnis gab, das Werk auf die erlaubte Art selbst zu nutzen, daß er aber nicht die Möglichkeit hatte, andere von dieser Nutzung auszuschließen.91 Der Forderung, für die Einräumung von 87

Begründung S. 109. Vgl. Begründung S. 110. Der Verzicht auf die Lizenz berührte nicht den Bestand des Urheberrechts, welches in seinem ganzen Umfang bei dem Urheber verblieb. Die Gefahr, daß durch einen Verzicht des Urhebers auf sein Urheberrecht die eingeräumten Nutzungsrechte eines Dritten erlöschen könnten, bestand nach der Fassung des RefE nicht, denn ebenso wie das Urheberrecht unübertragbar war, war es auch unverzichtbar. 89 Der RefE ging davon aus, daß das Urheberrecht nach dem Tode des Urhebers als Ganzes auf den Rechtsnachfolger überging. Der Rechtsnachfolger hatte dann die dem Urheber nach dem Gesetz zustehenden Rechte, soweit nichts anderes bestimmt war, vgl. § 22. 90 Die Möglichkeit der Einräumung von Nutzungsrechten wurde jedoch entsprechend den Entwürfen des Kleinen Ausschusses von 1951 dadurch begrenzt, daß der Urheber dem anderen nicht das Recht einräumen konnte, das Werk auf alle überhaupt möglichen Nutzungsarten zu nutzen, sondern nur auf die Arten, die zur Zeit der Einräumung des Nutzungsrechts bekannt waren. Diese Einschränkung diente dem Schutz des Urhebers, vgl. zur Vertiefung Begründung S. 113. 91 Vgl. Begründung S. 113 f. Der Berechtigte erwarb daher kein absolutes Recht, vielmehr war der Urheber lediglich schuldrechtlich verpflichtet, ihm die Nutzung zu gestatten. Dagegen war das ausschließliche Nutzungsrecht als eine dingliche Belastung des Urheberrechts anzusehen. Es war ein absolutes Recht, welches gegen jeden Dritten und sogar gegen den Urheber selbst wirkte. Der Erwerber des ausschließlichen Nutzungsrechts konnte daher dem Urheber und jedem Dritten insoweit die Nutzung des Werkes verbieten. 88

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Nutzungsrechten die Schriftform vorzuschreiben, entsprach der Entwurf nicht. Es fehle an einem ausreichenden Grund, gerade bei Verträgen dieser Art von dem allgemeinen Grundsatz der Formfreiheit abzuweichen.92 In Übereinstimmung mit den Vorschlägen des Kleinen Ausschusses der Sachverständigenkommission war weiterhin vorgesehen, daß das Nutzungsrecht räumlich, zeitlich oder in sonstiger Weise beschränkt werden konnte und daß ein einfaches Nutzungsrecht, welches der Urheber vor Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts erteilt hatte, gegenüber dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts wirksam blieb. 93 Übernommen wurde auch der Grundsatz, daß ein Nutzungsrecht nicht ohne die Zustimmung des Urhebers übertragen werden konnte. Entsprechend konnte der Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts einfache Nutzungsrechte nur mit Zustimmung des Urhebers einräumen. 94 Unverändert war des weiteren die Möglichkeit des Urhebers, sich gegenüber einem anderen zu verpflichten, ihm die Nutzungsrechte an einem bestimmten oder auch noch nicht bestimmten künftigen Werk oder sogar an allen von ihm künftig noch zu schaffenden Werken einzuräumen. Da aber gerade in letzterem Fall eine ungewöhnlich starke Bindung der Vertragsparteien vorliege, welche sie auf unbestimmte Zeit verpflichte und für beide Teile nicht übersehbare wirtschaftliche Folgen haben könne, sah auch der RefE vor, daß ein solcher Vertrag von beiden Vertragsteilen nach Ablauf von vier Jahren seit dem Abschluß gekündigt werden konnte.95 Neben das Rückrufsrecht des Urhebers wegen Nichtausübung eines Nutzungsrechts in § 33 96 stellte der RefE noch ein weiteres Rückrufsrecht des Urhebers we92

So die Begründung S. 114. Letztere Bestimmung brachte eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß ein einfaches Nutzungsrecht eigentlich nur schuldrechtliche Wirkung haben sollte, vgl. dazu Begründung S. 114. Der Inhaber eines einfachen Nutzungsrechts habe in der Regel zur Ausübung der Werknutzung erhebliche Kosten aufgewendet, weshalb er auf die weitere Ausübung des Nutzungsrechts angewiesen sei. Würde er von dem Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts daran gehindert, so würde er einen Schaden erleiden, den er allenfalls gegenüber dem Urheber unter dem Gesichtspunkt der Vertragsverletzung geltend machen könnte. 94 Die Zustimmung sollte in beiden Fällen nur aus wichtigem Grund verweigert werden können, es sei denn, daß zwischen dem Urheber und dem Inhaber des Nutzungsrechts etwas anderes vereinbart war. Die Abdingbarkeit der Zustimmung hielt der RefE für notwendig. Alles andere würde eine zu große Einschränkung der Vertragsfreiheit bedeuten, vgl. Begründung S.115. 95 Vgl. § 32. Der Geschäftsverkehr erfordere die Anerkennung der Gültigkeit solcher Verträge. Sie ermöglichten es dem Verleger, einen jungen Urheber im Anfang seiner Laufbahn mit größeren Geldmitteln in der Hoffnung zu unterstützen, aus der Verwertung der späteren Werke dieses Urhebers Einnahmen zu erzielen, vgl. dazu Begründung S. 120. 96 § 33 gewährte dem Urheber das Recht, sich gegen die Nichtausübung eines eingeräumten Nutzungsrechts zu wehren. Der Urheber habe ein schutzwürdiges Interesse daran, daß sein Werk in der Öffentlichkeit bekannt werde, vgl. zur Vertiefung die Begründung S. 121 ff. Ein Rückrufsrecht gewährte der Entwurf allerdings nur gegenüber dem Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts. War einem anderen lediglich ein einfaches Nutzungsrecht eingeräumt worden, so war ein Rückrufsrecht nicht erforderlich, da der Urheber dann nicht gehindert war, 93

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gen gewandelter Überzeugung, vgl. § 34. Es sei der Fall denkbar, daß der Urheber ein Interesse daran habe, die Verwertung seines Werkes zu verbieten, nämlich wenn er selbst aus triftigen Gründen von seinem Werk abgerückt war und dessen Veröffentlichung und Verwertung nicht mehr verantworten konnte.97 Beispielsweise könne einem Urheber, dessen Werk durch neuere Erkenntnisse der Wissenschaft gänzlich überholt war, nicht zugemutet werden, die weitere Verbreitung dieses Werkes zuzulassen. Daher war in § 34 festgelegt, daß der Urheber ein Nutzungsrecht gegenüber dem Inhaber zurückrufen konnte, wenn ihm die Verwertung des Werkes wegen gewandelter Überzeugung nicht zugemutet werden konnte.98 Ebenso wie das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung konnte auch auf das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung im voraus nicht verzichtet werden. 99 Im Gegensatz zu dem Rückrufsrecht wegen Nichtausübung konnte die Ausübung des Rückrufsrechts in § 34 auch nicht befristet ausgeschlossen werden. Diese Abweichung scheine dadurch gerechtfertigt, daß hier der Ruf und das Ansehen des Urhebers auf dem Spiel stünden.100 Bei der sich an die Veröffentlichung des RefE anschließenden Diskussion ergingen verhältnismäßig wenige Vorschläge zur der systematischen Frage nach der Ausgestaltung des Rechtsverkehrs im Urheberrecht. 101 Von wissenschaftlicher Seite wurde zwar die Konstruktion, welche die Übertragbarkeit des Urheberrechts grundsätzlich ausschließen und nur noch die Einräumung, nicht aber die Übertragung von Nutzungsrechten gestatten wollte, kritisiert. 102 Vor allem passe der Begriff der „Einräumung" nicht auf die in der urheberrechtlichen Praxis bedeutsame Übertragung das Werk selbst zu verwerten. Das Nutzungsrecht sollte mit dem Wirksamwerden des Rückrufs erlöschen. Der Urheber hatte dann die Betroffenen zu entschädigen, wenn und soweit dies der Billigkeit entsprach. 97 Vgl. Begründung S. 124. Nach geltendem Recht konnte der Verfasser bis zum Beginn der Vervielfältigung von dem Verlagsvertrag zurücktreten, wenn sich Umstände ergaben, die bei dem Abschluß des Vertrages nicht vorauszusehen waren und ihn bei Kenntnis der Sachlage und verständiger Würdigung des Falles von der Herausgabe des Werkes zurückgehalten haben würden. Dieses Rücktrittsrecht reiche jedoch wegen der erwähnten Beschränkung auf die Zeit bis zum Beginn der Vervielfältigung nicht aus. 98 Durch die Einführung des Begriffs der Zumutbarkeit war die Gewähr gegeben, daß nicht in jedem Fall von dem Rückrufsrecht Gebrauch gemacht werden konnte, in dem ein Urheber glaubte, die weitere Verbreitung seines Werkes könne seinem Ansehen schaden, vgl. die Ausführungen der Begründung S. 125. 99 Vgl. § 33 Abs. 4 und § 34 Abs. 2 Satz 1. 100 Begründung S. 125. 101 s.o. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II und III. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen standen die Abschnitte über die Einschränkungen des Urheberrechts zugunsten der Allgemeinheit, das Filmrecht sowie die Überlegung, das Folgerecht, die Vermietgebühr und die Urhebernachfolgevergütung entgegen dem RefE im Gesetz zu verankern. 102 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Auflage, S.290; Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S. 169. Diese Methode dürfte der Vielfalt urheberrechtlicher Verwertungsformen, die das Verkehrsleben ausgebildet habe, nicht gerecht werden. Danach müßte beispielsweise der Urheber einer Verwertungsgesellschaft ausschließliche Nutzungsrechte einräumen, obwohl diese das Werk nicht nutzen soll.

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zur Wahrnehmung. Es empfehle sich, im Interesse einer einheitlichen internationalen Rechtssprache den Begriff der „Übertragung" beizubehalten. Die Abgrenzung dieser Begrifflichkeiten war allerdings nicht von großer praktischer Bedeutung.103 Gegen die Notwendigkeit einer Zustimmung des Urhebers, auch bei der Einräumung eines Nutzungsrechts durch den Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechts wandte sich von Erffa mit Schreiben vom 11.10.1954.104 Ausschließliche Nutzungsberechtigte seien beispielsweise Bühnenvertriebe und Verwertungsgesellschaften, ihnen würde das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Bühnenwerke und das Aufführungsrecht eingeräumt. Ihre Aufgabe sei es, an dem Aufführungsrecht einfache Nutzungsrechte zu vergeben. Es sei aber praktisch unmöglich und würde den Bühnenvertrieb gänzlich lahmlegen, wenn er jedesmal die Zustimmung des Urhebers zu Abschlüssen mit den Bühnen einholen müßte. Der ausschließliche Nutzungsberechtigte sollte daher in der Lage sein, einfache Nutzungsrechte einzuräumen. 105 Dieselben Bedenken äußerte auch der 1. Zivilsenat des BGH. Die Bestimmung werde in der vorliegenden Fassung den Interessen der Bühnenvertriebe und Verwertungsgesellschaften nicht gerecht. 106 Außerdem wies der BGH darauf hin, daß in der neu eingefügten Bestimmung über das Nutzungsrecht wegen gewandelter Überzeugung klargestellt werden müsse, daß der Rechtsnachfolger des Urhebers, dem nach § 22 grundsätzlich die gleichen Rechte zustehen sollten, sich nicht auf einen eigenen Überzeugungswandel berufen könne, sondern nur ein in der Person des Werkschöpfers bereits entstandenes Rückrufsrecht geltend machen könne. 107 Nach Ansicht der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft stellte das Prinzip der Unübertragbarkeit des Urheberrechts den entscheidenden Fortschritt in der Erkenntnis vom Wesen des Urheberrechts dar. 108 Der Satz, das Urheberrecht sei nicht übertragbar, müsse daher ganz vom stehen und dürfe in dem Gesetzestext nicht so 103

Vgl. Reimer, GRUR 1962, S.619 (620). Der Unterschied möge zwar folgerichtig sein, erscheine aber in den Augen des Inländers als perfektionistisch und würde wohl manchem Ausländer unverständlich bleiben. 104 Stellungnahme von Erffas vom 11.10.1954 in Β 141/2568 B1.044. 105 Stellungnahme von Erffas vom 11.10.1954 in Β141/2568 Bl. 044. Wenn der Urheber ihm dies nicht zugestehen wolle, ihm beispielsweise keine Befugnis erteilen wolle, einfache Nutzungsrechte an Lizenzverlage zu erteilen, so könne er dies mit dem ausschließlichen Nutzungsberechtigten vertraglich festlegen. 106 Vgl. Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 27.10.1954 in Β141/2569 B1.035. Die Aufgabe der Bühnenvertriebe und Verwertungsgesellschaften sei gerade die Vergabe von Nutzungsrechten. Diese Aufgabe könne aber nicht zweckentsprechend erfüllt werden, wenn jeweils vor Einräumung eines Nutzungsrechts erst die Zustimmung des Urhebers eingeholt werden müsse. 107 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 27.10.1954 in Β 141/2569 B1.037. Ein solcher Fall wäre denkbar, wenn der verstorbene Urheber seine gewandelte Überzeugung und seinen Wunsch, daß von einer Verwertung des Werkes abgesehen werde, eindeutig kundgetan habe. 108 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β 141/2569 B1.229.

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versteckt werden, daß er fast übersehen werden könne. Obgleich der RefE von dem richtig erkannten Prinzip der Unübertragbarkeit des Urheberrechts ausgehe, sei es in höchstem Maße bedenklich und mit dieser neuen Erkenntnis völlig unvereinbar, wenn zugelassen werde, daß der Urheber einem anderen das Recht einräumen dürfe, das Werk auf „alle zur Zeit der Einräumung bekannten Nutzungsarten zu nutzen". 109 Hier werde das Urheberrecht wiederum zur bloßen Ware, zum Objekt bloßer geschäftlicher Spekulation erniedrigt und der Urheber des allein ihm zustehenden Urheberrechts faktisch beraubt. 110 Es müsse als sittenwidrig angesehen werden, wenn sich ein Erwerber vom Urheber Nutzungsbefugnisse einräumen lasse, deren Ausübung ihm infolge der Art seines Geschäftsbetriebes gar nicht möglich sei und die er dem Urheber zum Zwecke der Spekulation nur abnötigen könne, weil dieser wirtschaftlich hoffnungslos unterlegen sei. Der Entwurf dürfe daher die Einräumung von Nutzungsbefugnissen nur zulassen, soweit der Erwerber die Nutzung in seinem Geschäftsbetrieb überhaupt ausüben könne.111 Die Einräumung von Nutzungsrechten aller zur Zeit der Einräumung bekannten Nutzungsrechte sei daher unstatthaft und rechtsunwirksam. 112 Der Deutsche Schriftsteller-Verband regte an, für den Abschluß von Verträgen über die Einräumung der Nutzungsrechte eine bestimmte Form vorzuschreiben. 113 Die Praxis habe gezeigt, daß Schriftsteller bei Abschluß von Verlagsverträgen teilweise von den gesetzlichen Bestimmungen „überhaupt keine Ahnung haben." Gerade die jungen Schriftsteller hätten meistens weder die Erfahrung, noch das Geld, sich vor Abschluß eines Vertrages beraten zu lassen.114 Ein ausschließliches Nutzungsrecht sei von derart erheblicher Bedeutung, daß man für Verträge über ein solches Recht mindestens die Schriftform, wenn nicht sogar die notarielle Beur109

Vgl. Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss-Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β 141/2569 B1.230f. 110 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss-Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β141/2569 Bl. 231. Es sei der tiefste Sinn der Urheberrechtsreform, daß der geistig Schaffende endlich durch das Gesetz den Schutz für seine, die Gesamtheit bereichernde Leistung erhalte, der für die Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz als Schaffensgrundlage unentbehrlich sei. 111 Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss-Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β 141/2569 B1.232. 112 Weiterhin zeige sich die Inkonsequenz der im RefE gewählten Gesetzesfassung in dem auffälligen Widerspruch, daß bei dem Urheber der Ausdruck Einräumung eines Nutzungsrechts, bei dem Erwerber aber die Bezeichnung Übertragung angewandt werde. In Wahrheit handele es sich in allen Fällen um obligatorische Rechtsgeschäfte, deren obligatorischer Charakter gemäß der richtigen Erkenntnis vom Urheberrecht nunmehr eindeutig herausgearbeitet und beachtet werden müsse, vgl. Stellungnahme der Internationalen Richard Strauss-Gesellschaft vom 09.11.1954 in Β 141/2569 B1.233. 113 Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes vom 20.12.1954 in Β 141/2572 B1.041. An sich seien die Nutzungsrechte in den Bestimmungen der §§24 ff. erschöpfend geregelt, jedoch sei für den Abschluß derartiger Verträge eine bestimmte Form empfehlenswert. 114 Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes vom 20.12.1954 in Β 141/2572 Bl. 041. Man müsse daher oft feststellen, daß Verträge geschlossen werden, die bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht geschlossen worden wären. 39 Maracke

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kundung vorschreiben müsse.115 Es erscheine erforderlich, daß der Urheber vor Abschluß des Vertrages über die Rechte, die er vergebe, ausdrücklich aufgeklärt werde. Ebenso hielt es der Bundesminister des Innern für angebracht, für die Verträge über das Nutzungsrecht die Schriftform oder sogar notarielle Beurkundungen vorzuschreiben. 116 Weiterhin schlug der BlnM vor, innerhalb des Abschnittes über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen eine Bestimmung einzufügen, nach der ein Urheber, der für die Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts eine Abfindung erhalten hatte, an der künftigen Nutzung seines künstlerischen Werkes beteiligt werden sollte, wenn diese Nutzung größere Einnahmen als erwartet brachte. Durch eine solche Vorschrift könnte das vielfach angestrebte droit de suite verwirklicht werden. Die Bestimmung würde aber insofern darüber hinausgehen, als sie nicht nur auf die Wertsteigerung an Werken der bildenden Künste beschränkt wäre. 117 Der BlnM riet daher zu einem § 24 a, wonach dem Urheber, auch wenn er bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts eine einmalige Abfindung erhalten hatte, trotzdem eine angemessene laufende Beteiligung an den Erträgnissen seines Werkes zustehen sollte, wenn diese gegenüber der gewährten Abfindung unverhältnismäßig waren. 118 Die im BMJ gebildete Sachverständigenkommission für Urheberrecht befaßte sich dann auf ihrer Sitzung vom 25.-27.10.1955 u. a. mit der Frage, ob für urheberrechtliche Verträge das Erfordernis der Schriftform eingeführt werden sollte. 119 Im Ergebnis wurde dies, vorbehaltlich der Verträge betreffend Verfügungen über Nutzungsrechte an künftigen Werken, von der Mehrheit der Kommission abgelehnt. Teilweise war man der Auffassung, daß die Schriftform sich nicht mit den Verkehrs115

Ohne Zweifel herrsche das Prinzip der Vertragsfreiheit. Bei einschneidenden Verträgen, wie beispielsweise dem Grundstückskauf, würden aber auch strenge Formvorschriften gemacht, vgl. Stellungnahme des Deutschen Schriftsteller-Verbandes vom 20.12.1954 in Β 141/2572 B1.041. 116 Stellungnahme desBInM vom 17.12.1955 in Β141/2580 B1.073. Während das Erfordernis der notariellen Beurkundung vielleicht über das erforderliche Maß hinausgehe, so hielt er doch die Schriftform für derartige Verträge für dringend geboten. Es würde dadurch einerseits dem Urheber stärker zum Bewußtsein gebracht, welcher Rechte er sich begebe, und andererseits dem Rechtsverkehr durch die erleichterte Beweismöglichkeit gedient werden. 117 Stellungnahme desBInM vom 17.12.1955 in Β141/2580 B1.073 (Rückseite). Gegen die Einführung einer solchen Bestimmung spreche, daß der Erwerber eines ausschließlichen Nutzungsrechts den Verlust allein zu tragen habe, während er einen Gewinn immer mit dem Urheber zu teilen hätte. Diese Bedenken seien nicht durchschlagend, weil die einzufügende Bestimmung über die Höhe der Beteiligung des Urhebers nichts auszusagen brauche, so daß die Ausgestaltung des droit de suite im einzelnen der Rechtsprechung überlassen bleibe. 118 Vgl. Formulierungsvorschlag des BlnM in Β 141/2580 B1.073 (Rückseite). Die Einfügung einer solchen Bestimmung würde auch mit der Brüsseler Fassung der RBÜ in Einklang stehen. 119 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission zum RefE vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 161 ff.

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gewohnheiten vertrage, teils hielt man sie für ungeeignet, den Urheber zu schützen. 120 Im Urheberrechtsgesetz könne kein Katalog aufgestellt werden, in welchen Fällen die Schriftform einzuhalten sei. Eine solche Regelung gehöre in ein künftiges Urhebervertragsgesetz. Deshalb sei es zweckmäßig, diese Frage bis zu dem Erlaß eines Urhebervertragsgesetzes zurückzustellen. 121 Den Vorschlag, für urheberrechtliche Verträge die Schriftform vorzusehen, übernahm daher der im Mai 1959 vorgelegte MinE nur für Verträge über künftige Werke, bei denen sich der Urheber für eine lange Zeit festlegte, vgl. § 35 Abs. 1 Satz 1 MinE. Im übrigen bestehe kein Anlaß, von dem allgemeinen Grundsatz der Formfreiheit abzuweichen.122 Insgesamt wurde der Abschnitt über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen dann im wesentlichen unverändert aus dem RefE übernommen. Vor allem blieb es bei der grundsätzlichen Unübertragbarkeit des Urheberrechts und der Möglichkeit der Einräumung von Nutzungsrechten, § 24 Satz 2, § 26 MinE. Der besseren Übersicht wegen waren die Bestimmungen über die Rechtsnachfolge und die vom Urheberrecht abgeleiteten Nutzungsrechte je unter einer besonderen Überschrift in getrennten Unterabschnitten zusammengefaßt. 123 Während in § 23 des RefE noch vorgesehen war, daß in den genannten Fällen juristischen Personen des öffentlichen Rechts kraft Gesetzes das Verwertungsrecht an dem Werk zustehen sollte, wurde diese Bestimmung in dem MinE ersatzlos gestrichen. 124 Ohne Vorbild im RefE war ein Zusatz in der Bestimmung über die Übertragung von Nutzungsrechten, wonach der Erwerber eines Nutzungsrechts für den Fall, daß die Übertragung des Nutzungsrechts nach Vertrag oder kraft Gesetzes ohne Zustimmung des Urhebers zulässig war, für die Erfüllung der aus dem Vertrag mit dem Urheber sich ergebenden Verpflichtungen haften sollte, vgl. § 29 Abs. 5. Eine derartige Regelung sei angebracht, weil zwischen dem Urheber und dem Erwerber des Nutzungsrechts keine vertraglichen Beziehungen bestünden und der Urheber seine Interessen deshalb gegenüber dem Erwerber vertraglich nicht absichern könne.125 120 Vgl. die Ausführungen de Boors in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission zum RefE vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 162. Eine gesetzliche Schriftform bedeute auch keinen größeren Schutz für den Urheber. Oft genug verlasse sich der Urheber auf mündliche Absprachen. Es gehe nicht an, daß diese Abreden mangels Schriftlichkeit zu Lasten des Urhebers nichtig seien. Dem Schloß sich auch Prof. Ulmer an. 121 Vgl. die abschließende Zusammenfassung von Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission zum RefE vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 164. 122 Die Schriftform für alle Verträge vorzuschreiben, würde den Rechtsverkehr zu stark belasten und könnte sich auch nachteilig für den Urheber selbst auswirken, so die Erläuternden Bemerkungen zu dem MinE S. 40. Beispielsweise könnte der Urheber dann aus einer mündlichen Zusage eines Verlegers oder Theaterbesitzers keine Ansprüche herleiten. 123 Vgl. Bemerkungen S.38. 124 Vgl. dazu Bemerkungen S. 39. Einer solchen Einschränkung der Rechte des Urhebers zugunsten der Rechtsträger des öffentlichen Rechts bedürfe es nicht, weil deren Interessen bereits durch die in § 9 Abs. 2 vorgesehene Vermutung, wonach derjenige, der auf den Vervielfältigungsstücken als Herausgeber bezeichnet wurde, als ermächtigt gelten sollte, die Rechte des Urhebers auszuüben, bereits ausreichend gewahrt seien. 125 Vgl. zur Vertiefung Bemerkungen S.41.

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Entsprechend der Anregung des BlnM war sodann in § 31 ein Beteiligungsanspruch des Urhebers eingefügt, welcher für den Fall, daß der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht eingeräumt hatte, ohne sich eine angemessene Beteiligung an den Erträgnissen aus der Verwertung des Werkes vorzubehalten, diesem eine solche Beteiligung zusprach, wenn die Erträgnisse aus der Verwertung des Werkes in einem auffälligen Mißverhältnis zu der ursprünglich für die Einräumung des Nutzungsrechts gezahlten Vergütung standen.126 Vielfach würden die Urheber ihre Werke aus wirtschaftlicher Not und rechtlicher Unerfahrenheit einem anderen gegen eine geringe Vergütung zur Verwertung überlassen, der dann große Gewinne aus dem Werk ziehe. Hier widerspreche es dem Rechtsempfinden, den Urheber von einer Beteiligung an diesen Gewinnen auszuschließen.127 Ein Anspruch des Urhebers sei allerdings nur berechtigt in Fällen, in denen der Verwerter aus dem Werk einen unerwartet hohen Gewinn gezogen habe, welcher in einem auffälligen Mißverhältnis zu dem an den Urheber gezahlten Entgelt stehe. Da der Verwerter eines Werkes mit dem erzielten Gewinn oft die weniger erfolgreiche Auswertung anderer Werke desselben Urhebers ausgleiche, bestimmte der Entwurf daneben, daß die gesamten Beziehungen zwischen dem Urheber und dem Verwerter zu berücksichtigen seien. Erwähnt werden sollten schließlich noch einige Ergänzungen zum „Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung" in § 37. Es wurde klargestellt, daß der Rechtsnachfolger des Urhebers den Rückruf nur wegen der gewandelten Überzeugung des Urhebers erklären konnte, nicht aber dann, wenn das Werk seiner eigenen Überzeugung nicht mehr entsprach. 128 Abweichend von dem RefE hatte der Urheber den Betroffenen nunmehr stets durch einen angemessenen, mindestens dessen Aufwendungen deckenden Betrag zu entschädigen.129 Außerdem verpflichtete der neue Entwurf den Urheber, das Werk dem früheren Nutzungsberechtigten anzubieten, falls er es wieder verwerten wollte. Dadurch sollte ausgeschlossen werden, daß der Urheber das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung dazu mißbrauchte, ein bestehendes Vertragsverhältnis zu lösen, nur um später mit einem Dritten einen Vertrag zu günstigeren Bedingungen abzuschließen.130 Von diesen Neuerungen geriet in erster Linie der Beteiligungsanspruch des Urhebers bei einem auffälligen Mißverhältnis (§ 31) in die Kritik. Lediglich der Schutz126

Ein entsprechender Formulierungsvorschlag fand sich bereits in den vom BMJ ausgearbeiteten Änderungsvorschlägen zur Vorbereitung des MinE, welche die Aufnahme einer Bestimmung über eine weitergehende Beteiligung des Urhebers auch nach der Einräumung eines Nutzungsrechts an einen anderen vorsahen, vgl. den Formulierungsvorschlag des BMJ vom 01.06.1956 in Β 141/2599 B1.026. 127 Bemerkungen S.41. Eine laufende Beteiligung des Urhebers an den Gewinnen müsse daher zwingend vorgeschrieben werden. 128 Bemerkungen S.44. 129 Eine solche Erweiterung der Entschädigungspflicht rechtfertige sich daraus, daß dieses Rückrufsrecht anders als das wegen Nichtausübung stets auf Gründen beruhe, die in der Sphäre des Urhebers lagen, vgl. Bemerkungen S.44. 130 Vgl. Bemerkungen S.44.

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verband Deutscher Schriftsteller begrüßte die Regelung. Überwiegend stieß die Bestimmung jedoch auf Widerstand. Nach Auffassung von Erffas stand sie dem Grundsatz „pacta sunt servanda" entgegen.132 Außerdem sei nicht klar, ob der Urheber, der ein erfolgreiches Werk zu einem nicht angemessenen Preis vergeben hatte, auch für die Vergangenheit eine Erhöhung seiner Vergütung verlangen könne oder ob er nur für die Zukunft eine höhere Vergütung zu beanspruchen berechtigt sein solle. 133 Insgesamt bringe diese Bestimmung so viele Streitigkeiten mit sich, daß die wenigen Fälle, in denen sie nützlich sein könne, nicht den Schaden aufwiege, den sie in der Regel hervorrufen werde. 134 Auch der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wandte sich gegen den nachträglichen gesetzlichen Anspruch, weil er das Gebot „pacta sunt servanda" beseitige. 1 3 5 Abgesehen davon, daß die Bestimmungen der §§ 31,33,35,36,36 ohnehin einen Fremdkörper in dem vorgeschlagenen Gesetz darstellen würden, da sie in ein Gesetz zur Regelung des Urhebervertragsrechts gehörten, 136 und daher gestrichen werden sollten, mache insbesondere der in §31 vorgesehene unverzichtbare Anspruch jede Kalkulation unmöglich. 137 Das Schaffen eines jeden Verlegers, besonders aber des Verlegers von schöngeistiger Literatur, beruhe in entscheidendem Maße auf dem Ausgleich zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Autoren, wogegen der Ausgleich zwischen den mehr oder weniger erfolgreichen Werken desselben Urhebers nur eine untergeordnete Rolle spiele. Da dieser Gesichtspunkt 131

Vgl. die Ausführungen in dem Mitteilungsblatt des Schutzverbandes Deutscher Schriftsteller vom 15.09.1959 (Nr. 5/1959) in Β141/2622 Bl. 169 (Rückseite). Besonders zu begrüßen sei es, daß der Ministerialentwurf ein unverzichtbares Nachforderungsrecht des Urhebers bei unbilligen Pauschalabfindungen einführen wolle. 132 Stellungnahme von Erffas vom 07.03.1960 in Β 141/2625 B1.018. 133 Für die Vergangenheit dürfte aber der Nutzungsberechtigte bereits kalkuliert und seine Abrechnung abgeschlossen haben, vgl. Stellungnahme von Erffas in Β 141/2625 B1.018. Angenommen, es handele sich um die Verfilmung eines Werkes und das Honorar für die Verfilmung stelle sich als unangemessen niedrig dar. Würde der Urheber dann nachträglich ein höheres Honorar verlangen können, so würde er wahrscheinlich die gesamte Kalkulation über den Haufen werfen. Denn der Erfolg des Films werde sich erst bei der Vorführung des verfilmten Werkes herausstellen. Außerdem sei nicht gesagt, ob der Erfolg sich auf das Werk oder auf die Verfilmung desselben beziehe. 134 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2625 B1.019. 135 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels vom 15.05.1960 in Β 141/2629 B1.095. 136 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β141/2629 Bl. 094. Da das BMJ damit befaßt sei, ein solches Gesetz vorzubereiten, sei kein Grund ersichtlich, die Materie in dem Urheberrechtsgesetz zu regeln. 137 Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2629 Bl. 095. Der Börsenverein warf die Fragen auf, wann denn ein Mißverhältnis anzunehmen sei, wann es auffällig sei und welche Beteiligung angemessen sein sollte. Auch wenn der Richter, wie § 31 es vorschreibe, sich bemühe, bei der Beantwortung dieser Fragen die gesamten Beziehungen zwischen dem Autor und dem Verleger zu berücksichtigen, würde es für ihn äußerst schwierig sein, eine Entscheidung zu treffen, die nicht als Willkürakt angesehen werden müsse.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

nicht in der Vorschrift erfaßt werde, sei sie von Grund auf eine „unmögliche Bestimmung". 138 Daneben wies der Bund Deutscher Zeitungsverleger, obschon er dieser Vorschrift eine gewisse Berechtigung nicht absprechen wollte, auf das stets vorhandene Risiko des Verlegers hin, welcher bei dem Erwerb eines Werkes in vielen Fällen gar nicht wisse oder nicht wissen könne, ob er aus seinem Nutzungsrecht überhaupt einen Vorteil ziehen werde. 139 Besonders bedenklich sei, daß dieses Recht des Urhebers vertraglich im voraus nicht ausgeschlossen werden könne. Entschieden abgelehnt wurde der Beteiligungsanspruch des Urhebers weiterhin von dem Deutschen Bühnenverein. 1 4 0 Eine Beteiligung des Urhebers an unerwartet hohen späteren Erfolgserträgnissen entbehre einer rechtspolitischen Voraussetzung, die sie rechtfertigen könne. Die Ausbeutungsgefahr, vor welcher der Urheber auf Kosten seiner Dispositionsfreiheit geschützt werden solle, existiere nicht. 141 Die durch diese Bestimmung in das Urhebervertragsrecht eingebrachte Rechtsunsicherheit sei heute angesichts der Internationalität, Vielfalt, Verzweigtheit und Kompliziertheit aller sich gegenseitig über die Landesgrenzen hinweg beeinflussenden Werknutzungen weniger zu ertragen als früher. Die Bestimmung müsse daher, gerade im Interesse der Urheber, abgelehnt werden. 142 Ebenso hielt der Deutsche Industrie- und Handelstag die vorgesehene spätere Entschädigung des Urhebers aus grundsätzlichen Erwägungen für bedenklich.143 Der Gesetzgeber sollte es sich allgemein zum Ziel setzen, so wenig wie möglich in den Bestand eines einmal geschlossenen Vertrages einzugreifen. Ebenso wie auf anderen Rechtsgebieten müsse es auch im Urheberrecht Sache der Vertragsbeteiligten bleiben, darüber zu befinden, welches Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sie als angemessen betrachten. 144 Im übrigen sei der Urheber nicht schutzlos. Auch für die Einräumung von Nutzungsrechten an Urheberrechten gelte die Norm des § 242 BGB, aufgrund derer in Fällen, wo das Mißverhältnis von Leistung und Ge138

Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels in Β 141/2629 Bl. 095. Auf diese Ausführungen des Börsenvereins berief sich auch der Deutsche Musikverleger-Verband in seiner Stellungnahme vom 22.06.1960 in Β141/2630 B1.093: „Zu dieser Neuerung... begrüßt der DMV die Ausführungen zu § 31 in der Stellungnahme des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels" 139 Stellungnahme des Bundes Deutscher Zeitungsverleger vom 14.06.1960 in Β 141/2630 Bl. 057. 140 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 BLOH. 141 So die Ausführungen des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 B1.011. Die Bestimmung würde sich prohibitiv gegen förderungswürdiges, auch spekulatives Entdecker- und Mäzenatentum und gegen den ebenso förderungswürdigen Sozialausgleich zwischen den bereits und den noch nicht Erfolgreichen bei dem Verwerter auswirken. 142 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins in Β 141/2633 Bl. 011. 143 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 07.07.1960 in Β 141/2633 B1.052. 144 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 07.07.1960 in Β 141/2633 B1.052.

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genleistung so groß werde, daß ein Festhalten des Urhebers an dem ihm im Vertrag zugesprochenen Entgelt gegen Treu und Glauben verstoßen würde, für Abhilfe gesorgt werden könne.145 Nicht ganz ablehnend, aber doch skeptisch gegenüber dem neuen Beteiligungsanspruch zeigte sich der 1. Zivilsenat des BGH in seiner Stellungnahme zu dem MinE vom 06.11.1960.146 Falls eine solche nachträgliche, vertraglich nicht geregelte Beteiligung des Urhebers an den Erträgnissen aus seinem Werk gesetzlich festgelegt werden sollte, obwohl sich dies auch nachteilig auf die Möglichkeit von Vertragsabschlüssen für noch unbekannte Urheber auswirken könne, so müsse jedenfalls klargestellt werden, daß eine solche Beteiligung nur in Betracht kommen könne, wenn die Erträgnisse unerwartet hoch seien und ein hinreichender Kausalzusammenhang zwischen der schöpferischen Leistung des Urhebers, der den Beteiligungsanspruch erhebe, und den unerwartet hohen Erträgnissen bestehe.147 Hierbei sei nicht zu verkennen, daß eine Feststellung dieser Voraussetzungen vor allem bei Gemeinschaftsleistungen, wie beispielsweise einem Filmwerk, in der Regel große Schwierigkeiten bereiten dürfte. Auch einige Autoren wandten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme gegen eine weitergehende Beteiligung des Urhebers. 148 Zwar werde der ethische Gedanke, der dieser Bestimmung zugrunde liege, anerkannt, es müßten jedoch im Hinblick auf die Auswirkung einer solchen gesetzlichen Bestimmung auf das gesamte Rechtssystem und seine Grundsätze, wie beispielsweise „pacta sunt servanda", erhebliche Bedenken angemeldet werden. 149 Daher empfehle sich die völlige Beseitigung dieser Bestimmung. Sollte sie dennoch beibehalten werden, so wurde vorgeschlagen, zwischen die Worte „zu dem Nutzungsberechtigten" und „in einem auffälligen Mißverhältnis" die Worte „bei Einräumung eines Nutzungsrechts" einzufügen. 1 5 0 Dadurch würde die Beurteilung der Angemessenheit auf die zur Zeit des Ver145 Ferner könnte auch über die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Vertrages erreicht werden. Biete die Rechtsordnung hinreichende Möglichkeiten, den Urheber gegen eine rechtsmißbräuchliche Ausnutzung einer Vertragsposition zu schützen, so müsse die vorgeschlagene Sondernorm als überflüssig bezeichnet werden. Sie sei darüber hinaus auch nicht ungefährlich, da sie speziell die urheberrechtlichen Nutzungsverträge mit der ständigen Ungewißheit über den Fortbestand der Verträge in der Form, in der sie einmal geschlossen worden waren, belaste. Dies gelte um so mehr als die Beteiligung des Urhebers nicht voraus ausgeschlossen werden könne. Daher sei §31 des MinE zu streichen, vgl. Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages in Β 141/2633 Bl. 052. 146 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 06.11.1960 in Β 141/2637 Bl. 075. 147 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 06.11.1960 in Β141/2637 Bl. 075. Eine derartige Erläuterung könne notfalls auch in die Begründung aufgenommen werden. 148 Vgl. Stellungnahme von Autoren zu dem MinE in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger vom 17.11.1960 in Β 141/2640 B1.054f. 149 Stellungnahme von Autoren zu dem MinE in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger vom 17.11.1960 in Β 141/2640 B1.055. Außerdem sei zu befürchten, daß durch sie erwünschtes spekulatives Mäzenatentum verhindert werde. 150 Damit würde der Bedingungssatz folgenden Wortlaut aufweisen: „... wenn die Nutzungserträgnisse unter Berücksichtigung seiner gesamten Beziehungen zu dem Nutzungsbe-

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tragsabschlusses bestehenden Verhältnisse zurückbezogen und nachträgliche Änderungen der Verhältnisse aus der Beurteilung ausgeschlossen.151 Von den übrigen Bundesressorts äußerte sich der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ausführlich zu der Bestimmung des § 31. 152 Die mit dieser wichtigen neuen Vorschrift verfolgte Tendenz werde begrüßt, allerdings solle geprüft werden, wie dem Gebot der Gerechtigkeit, den Urheber angemessen an den Erträgnissen seiner Werke zu beteiligen, noch besser Rechnung getragen werden könne. Dabei dürfte die bislang in der Begründung des MinE abgelehnte Empfehlung den Vorzug verdienen, eine laufende Beteiligung des Urhebers an dem Gewinn zwingend vorzuschreiben. 1 5 3 Gegen die derzeitige Fassung des § 31 MinE sei noch ein weiterer Einwand zu erheben, der sich gegen die Worte „unter Berücksichtigung seiner gesamten Beziehungen zu den Nutzungsberechtigten" richte. Damit sollte nach der Begründung die Möglichkeit erhalten bleiben, daß der Verwerter „mit dem erzielten Gewinn die erfolgreiche Auswertung anderer Werke desselben Urhebers ausgleicht." Diese Formulierung schließe aber nicht aus, daß trotz eines auffälligen Mißverhältnisses zwischen Erträgnissen und Vergütung für ein bestimmtes Werk der Anspruch aus § 31 deshalb nicht gegeben sei, weil der Urheber für mehrere andere Werke eine zwar unangemessen niedrige, aber noch nicht in einem auffälligen Mißverhältnis stehende Vergütung erhalten hatte.154 Um auch die Interessen der Verwerter angemessen zu berücksichtigen, wurde daher vorgeschlagen, dem § 31 Abs. 1 nach Streichung der Worte „unter Berücksichtigung seiner gesamten Beziehungen zu dem Nutzungsberechtigten" den Halbsatz „soweit nicht mit diesen Nutzungserträgnissen Verluste desselben Nutzungsberechtigten aus der Verwertung anderer Werke desselben Urhebers ausgeglichen werden sollen" anzufügen. 155 rechtigten bei Einräumung des Nutzungsrechts in einem auffälligen Mißverhältnis zu der für die Einräumung des Nutzungsrechts vereinbarten Vergütung stehen." 151 Stellungnahme von Autoren zu dem MinE in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger vom 17.11.1960 in Β 141/2640 B1.055. 152 Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 11.02.1960 in Β 141/2624 B1.112f. 153 Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 11.02.1960 in Β141/2624 Bl. 113. Eine Pauschal Vergütung könne für den Verweiter häufig den Anreiz bieten, den Urheber zu benachteiligen. Das sei zwar auch bei einer laufenden Beteiligung nicht ausgeschlossen. Doch hätten sich hier die Beteiligungssätze weitgehend eingespielt, so daß sie auch in der Regel dem Urheber bekannt sein dürften. Bei einmaliger Vergütung würde dagegen der Urheber sehr oft nicht den erforderlichen Überblick über die Marktlage, die Absatzchancen und ähnliche wirtschaftliche Gesichtspunkte haben. 154 Vgl. Stellungnahme des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 11.02.1960 in Β 141/2624 Bl. 113. Der Verwerter würde einwenden können, bei Verteilung des im Einzelfall zwar zu hohen Gewinns auch auf die Verträge über andere Werke desselben Urhebers stehe die Vergütung nicht mehr in einem auffälligen Mißverhältnis zu dem Gewinn. Ein grober Verstoß gegen das Gebot der Gerechtigkeit, einen Urheber am Ertrag seiner Werke angemessen zu beteiligen, dürfte aber dadurch ausgeglichen werden, daß der Verwerter in anderen Fällen weniger grob gegen dieses Gebot verstoßen habe, ja nicht einmal dadurch, daß er ansonsten eine angemessene Vergütung gezahlt habe. 155 Soder Vorschlag des Bundesministersfür Arbeit und Sozialordnung inB 141/2624B1.114.

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Auch die Landesjustizverwaltungen vertraten zu § 31 eine ablehnende Haltung. 156 Der Anspruch habe eine demoralisierende Wirkung, da er einen Einbruch in die Vertragstreue darstelle. Nicht zu unterschätzen sei die Gefahr einer präjudiziellen Wirkung für andere Rechtsgebiete. Zudem bestehe gar kein Bedürfnis für eine derartige Bestimmung, da die allgemeinen Rechtsbehelfe, wie etwa § 138 BGB, für grobe Mißbräuche ausreichen würden. 157 Schließlich sei eine Gleichsetzung der aus einem Werk gezogenen Nutzungserträgnisse mit dem Gewinn des Nutzungsberechtigten nicht möglich, da diese oft zum Ausgleich von Verlusten bei Werken anderer Autoren dienen müßten. Für den Fall, daß die Bestimmung beibehalten werde, hielt Berlin einige Änderungen für erforderlich. Danach sollte eine zeitliche Begrenzung der Geltendmachung des Anspruchs für zurückliegende Zeiträume vorgesehen werden. 1 5 8 Außerdem sollten nicht nur die gesamten Beziehungen zwischen den Vertragsteilen, sondern die gesamten Umstände berücksichtigt werden. Auch wären nähere Angaben darüber erforderlich, welcher Zeitraum für die Beurteilung der Frage maßgebend sein soll, ob ein auffälliges Mißverhältnis vorliegt. 159 Ähnlich zurückhaltend zeigte sich die Kultusministerkonferenz. 160 Gegen die Festlegung einer angemessenen nachträglichen Beteiligung sei vor allem anzuführen, daß künftig jene Nutzungsberechtigten, welche die Urheber geistigen Eigentums fördern, keine rechtlichen Bindungen mehr eingehen werden. Das Risiko eines Vertragsabschlusses werde künftig einseitig zu Lasten des Nutzungsberechtigten gehen.161 Daher liege es im wohlverstandenen eigenen Interesse der Urheber, den §31, der zudem nur Ausnahmefälle treffen könne, im Gesetz nicht beizubehalten. Vor Ausarbeitung des RegE war die Vorschrift über die Beteiligung des Urhebers in § 31 noch Gegenstand der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht sowie der Sitzung der seinerzeit im BMJ gebildeten Sachverständigenkom156 y g l Vermerk zu den Stellungnahmen der Bundesressorts und der Länder in Β 141/2630 Bl. 030. Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein forderten übereinstimmend die Streichung der Vorschrift. 157 Vermerk zu den Stellungnahmen der Bundesressorts und der Länder in Β 141/2630 Bl. 030. Außerdem wurde auch hier wieder auf die Unzumutbarkeit für den Nutzungsberechtigten hingewiesen, der allein das Risiko trage und meist durch Werbemaßnahmen selbst zum Erfolg beigetragen habe. 158 Vermerk zu den Stellungnahmen der Bundesressorts und der Länder in Β 141/2630 Bl. 030. Daneben forderte Berlin eine abgekürzte Verjährung des Anspruchs. 159 y g l Yermerk zu den Stellungnahmen der Bundesressorts und der Länder in Β 141/2630 B1.030. 160 Stellungnahme der Kultusministerkonferenz vom 30.06./01.07.1960 zum MinE in Β 141/2633 Β1.108 ff. Es würden keineswegs die sozialen und ethischen Gedanken verkannt, die zu diesem Gesetzesvorschlag geführt haben. Die Bemühungen, der geistigen Arbeit in jedem Fall auch ihren verdienten Lohn zu sichern, seien zu begrüßen. Trotzdem begegne die neu eingeführte Bestimmung erheblichen Bedenken. 161 Stellungnahme der Kultusministerkonferenz vom 30.06./01.07.1960 zum MinE in Β 141/2633 Bl. 109. Ein wirtschaftlicher Ausgleich sowohl hinsichtlich eines einzelnen als auch einer Mehrzahl von Urhebern sei nicht mehr gewährleistet.

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mission für Urheberrecht. Nach eingehender Diskussion sprach sich die überwiegende Mehrheit des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht für die Beibehaltung dieser Vorschrift aus.162 Jedoch wurde eine von Prof. Ulmer angeregte Einschränkung gutgeheißen, wonach der Ausgleichsanspruch des Urhebers nur dann gewährt werden sollte, wenn die übermäßigen Nutzungserträgnisse infolge eines auf der geistigen Leistung des Urhebers beruhenden, unerwartet großen Erfolges eintraten. Der Anspruch sollte ferner nur bei solchen Erträgnissen in Betracht kommen, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gezogen wurden. 163 Schließlich wurde dem BMJ empfohlen, die Fragen einer Übergangsregelung und einer Verjährungsfrist näher zu prüfen. Auch die Teilnehmer der Sitzung der Sachverständigenkommission befürworteten den Grundgedanken der Vorschrift 164, selbst wenn diese als ein Eingriff in die Vertragsfreiheit nur schwer zu rechtfertigen sei. 165 Prof. Ulmer wies sodann darauf hin, daß die Bestimmung nur in Fällen eingreifen sollte, in denen ein anständiger Verleger bereits von sich aus eine Nachzahlung leisten würde. Diese gesetzliche Fixierung einer Anstandspflicht sei unbedenklich und zu begrüßen, allerdings müsse die Formulierung vorsichtig gewählt werden. 166 Daraufhin räumte Dr. Kleine ein, daß ein anständiger Verleger freiwillig den Urheber an unerwartet hohen Gewinnen beteiligen werde. Wolle man dies im Gesetz zwingend vorschreiben, so müsse dem Verleger die Möglichkeit des Ausgleichs zwischen mehr oder weniger erfolgreichen Werken, auch verschiedener Autoren vorbehalten bleiben. Anderenfalls sei eine vernünftige Kalkulation nicht möglich. 167 Dagegen bemerkte Prof. Bussmann, daß ein Ausgleich zwischen den Werken mehrerer Autoren gewiß als Grundlage der Kalkulation des Verlegers notwendig sei, man aber deswegen noch nicht den Erfolgsautor im Gesetz zur Unterstützung anderer Autoren verpflichten könne.168 Dr. Haertel fügte hinzu, daß die Möglichkeit, durch einen Bestseller die Werke an162 Protokoll über die Arbeitssitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 125. 163 Protokoll über die Arbeitssitzungen des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 125. 164 Vgl. beispielsweise Dr. Runge in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 106. Der Grundgedanke des § 31 sei richtig, der dem Gedanken des Folgerechts verwandt sei. Es gäbe krasse Fälle, in denen das Nachforderungsrecht dringend geboten sei. 165 So Senatspräsident Schultze-Rhonhof in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 106. 166 Ygi Ausführungen Prof. Ulmers in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 106. 167

Dr. Kleine in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β141/2647 Bl. 106f. Der Ausgleich zwischen den Werken desselben Autors spiele nur eine untergeordnete Rolle. 168 pwf Bussmann in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 107.

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derer, weniger erfolgreicher Autoren zu finanzieren, dem Verleger in der jetzigen Fassung des § 31 gar nicht genommen werde, da dem Urheber lediglich eine angemessene Beteiligung an dem Gewinn zu gewähren sei, der Hauptanteil also nach wie vor dem Verleger verbleibe. 169 Daher solle an der Bestimmung des § 31 festgehalten werden. 170 Daneben beabsichtigte das BMJ, in den Abschnitt über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen eine neue Bestimmung betreffend den Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen einzufügen. Dr. Haertel führte aus, es habe sich bei der bisherigen Erörterung der Entwürfe gezeigt, daß die für den freien Urheber zugeschnittenen Bestimmungen über den Rechtsverkehr im Urheberrecht großenteils für den Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen nicht passen.171 Daher habe man vorgesehen, durch die neue Regelung des § 38 zu bestimmen, daß für den Umfang und die Bedingungen des Erwerbs von Rechten durch den Arbeitgeber oder Dienstherrn der jeweilige Charakter des Arbeits- oder Dienstverhältnisses maßgebend sein solle. Im wesentlichen bedeute dies keine sachliche Änderung der bisherigen Regelung im MinE, sondern lediglich eine Klarstellung zur Vermeidung falscher Eindrücke, die in der Praxis zu einer Störung des Arbeitsfriedens führen könnten. Obgleich Prof. Ulmer gewisse Bedenken gegen die Anwendbarkeit dieser Regelung auf wissenschaftliche Assistenten geltend machte, denen unter gewissen Voraussetzungen beispielsweise das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung nach § 36 zustehen müsse, fand der Grundgedanke der neuen Bestimmung allgemeine Billigung. 172 In einer darauf folgenden Besprechung mit Vertretern des Bundesarbeitsministeriums sprachen sich diese allerdings gegen eine derartige Sonderregelung für die Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen aus.173 Es sei nicht einzusehen, warum durch die vorgeschlagenen neuen Bestimmungen die Arbeitnehmer schlechter gestellt werden sollten als die selbständigen Urheber. Die Tatsache, daß der Arbeitnehmer für seine Tätigkeit, und nicht wie der selbständige Urheber für das Ergebnis seiner Tätigkeit, bezahlt werde, spreche eher für ein stärkeres Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers, da er nicht in der Lage sei, für ein im Verlauf seiner Tätigkeit geschaffenes Werk eine dem Wert dieses Werkes entsprechende Vergütung zu verlangen. 174 169

Dr. Haertel in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 107. 170 Auf den Vorschlag von Dr. Sellier , § 31 in das geplante Urhebervertragsgesetz zu verweisen, erwiderte Dr. Haertel, daß dies als endgültiger Verzicht des Gesetzgebers auf die Regelung gewertet werden müsse und daher nicht in Betracht komme. 171 Vgl. Dr. Haertel in Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 127. 172 Vgl. Niederschrift über die Sitzung der Sachverständigenkommission für Urheberrecht vom 30.01.-03.02.1961 in Β 141/2647 Bl. 127. 173 Vermerk zur Besprechung mit Vertretern des BArbM am 19.04.1961 in Β 141/2649 Bl. 132 ff. 174 Die Rechtslage sei dort eine ähnliche wie bei den Arbeitnehmererfindungen, wo auch der Gesetzgeber gerade besondere Schutzbestimmungen zugunsten des Arbeitnehmers geschaffen habe, vgl. Vermerk zur Besprechung mit Vertretern des BArbM am 19.04.1961 in Β 141/2649

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Dagegen argumentierten die Vertreter des BMJ, die übliche Vertragsgestaltung bei Arbeitnehmern sei grundsätzlich eine andere als bei selbständigen Urhebern. Die Schutzbestimmungen und Auslegungsregeln, welche durch den neuen § 38 für den Arbeitnehmer ausgeschlossen werden sollten, seien aufgrund konkreter Mißstände geschaffen worden, die sich bei Verträgen gerade mit selbständigen Urhebern gezeigt hätten. Ähnliche Mißstände bei Verträgen mit Arbeitnehmern, die eine gleiche Regelung für diesen Personenkreis rechtfertigen könnten, seien nicht bekannt.175 Dementsprechend versuchte man seitens des BMJ auch auf einer sich unmittelbar anschließenden Abteilungsleiterbesprechung mit dem BArbM und dem BlnM eine Sonderregelung für die Arbeitnehmer zu rechtfertigen. Schweige das Gesetz zu der Frage der Arbeitnehmer, so könne der Eindruck entstehen, daß diese in allen Punkten den freien Urhebern gleichgestellt sein sollten, daß sich also insbesondere der Übergang urheberrechtlicher Befugnisse nicht wie bisher nach dem Arbeitsvertrag bestimme, sondern hierfür, wie bei dem freien Urheber, selbständige vertragliche Bestimmungen zu treffen seien.176 Ein solcher Eindruck könnte zu einer gefährlichen Störung des Arbeitsfriedens führen. Von zahlreichen Seiten sei in letzter Zeit eine ausdrückliche Beschränkung der urheberrechtlichen Befugnisse der Arbeitnehmer, insbesondere ein gesetzlicher Übergang der Verwertungsrechte auf den Arbeitgeber, gefordert worden. 177 Diesen Bestrebungen könne nur wirksam begegnet werden, wenn in einer generalklauselartigen Bestimmung klargestellt werde, daß der Entwurf an der bisherigen Vertragspraxis nichts ändern wolle, also die Anwendbarkeit einzelner im Urheberrechtsgesetz geschaffenen Bestimmungen zum Schutz der freien Urheber für die Arbeitnehmer ausgeschlossen werde. 178 Der vom BMJ ausgearbeitete Vorentwurf zum Regierungsentwurf eines Urheberrechtsgesetzes enthielt somit neben dem trotz aller Kritik beibehaltenen Anspruch des Urhebers auf eine Beteiligung bei auffälligem Mißverhältnis in § 38 eine Bestimmung über den Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen, wonach eine Reihe von Bestimmungen über den Rechtsverkehr nicht für den Urheber eines Werkes gelten sollten, das er in Erfüllung seiner Verpflichtung aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hatte. Ausgeschlossen waren die in § 26 Abs. 4 vorgesehene Unwirksamkeit einer Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht beBl. 132. Dagegen wiesen die Vertreter des BMJ auf die grundsätzlichen Unterschiede zu dem Recht der Arbeitnehmererfindungen hin. Bei § 38 gehe es nicht um die Zubilligung eines besonderen Vergütungsanspruches, sondern um die Vertragsauslegung. 175 Vermerk zur Besprechung mit Vertretern des BArbM am 19.04.1961 in Β 141/2649 Bl. 133. 176 Vermerk zu der Abteilungsleiterbesprechung mit BArbM und BlnM am 24.05.1961 in Β 141/2650 Bl. 149. 177 Als Beispiele waren die Gruppenwerke, wie Schulbücher, Sachbücher oder Filmwerke genannt oder auch Werke, die von der öffentlichen Hand herausgegeben werden, vgl. Vermerk zu der Abteilungsleiterbesprechung mit BArbM und BlnM am 24.05.1961 in Β 141/2650 Bl. 149. ne Vgl Vermerk zu der Abteilungsleiterbesprechung mit BArbM und BlnM am 24.05.1961 in Β 141/2650 B1.149f.

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kannte Nutzungsarten sowie Verpflichtungen hierzu, ferner die Bestimmungen über die Einräumung von Nutzungsrechten in § 29 bis 34 sowie das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung in § 36. Das Ob und Wie der Einräumung von Nutzungsrechten sollte sich nunmehr ausdrücklich nach der besonderen Eigenart des Arbeits- oder Dienstverhältnisses richten.179

IV. Vom Regierungsentwurf zum Urheberrechtsgesetz von 1965 mit der Auseinandersetzung um den Beteiligungsanspruch des Urhebers bei unerwartet hohen Erträgnissen aus der Nutzung eines Werkes (Bestseller-Paragraph) Wie sich schon in dem Vorentwurf zum RegE abzeichnete, wurde der Abschnitt über den „Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen" nahezu unverändert aus dem MinE in den RegE vom 15.12.1961 übernommen. Der Grundsatz, daß das Urheberrecht weder als Ganzes noch in seinen Teilen übertragbar ist, stand mittlerweile außer Zweifel. Auch die Konstruktion, daß der Urheber einem anderen die Verwertung seines Werkes dadurch überlassen konnte, daß er ihm ein vom Urheberrecht abgeleitetes Nutzungsrecht einräumte, ähnlich wie die auf dem Gebiet des Patentrechts übliche Lizenz, wurde ohne weitere Diskussion beibehalten.180 Somit gliederte sich der Abschnitt nach dem Vorbild des MinE in zwei Unterabschnitte, von denen der erste die grundsätzlich nur im Wege der Vererbung mögliche Rechtsnachfolge in das Urheberrecht als Ganzes, der zweite die Einräumung und Weiterübertragung von Nutzungsrechten regelte. 181 Neu eingefügt war in § 31 ein weiterer Abs. 4, wonach die Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten sowie Verpflichtungen hierzu unwirksam waren. 182 Alle übrigen Regelungen wurden im wesentlichen sachlich unverändert aus dem MinE übernommen. Somit fand sich trotz aller Kritik auch im RegE ein Beteiligungsanspruch des Urhebers bei unerwarteten und unverhältnismäßig hohen Gewinnen des Nutzungsberechtigten in § 36. Da der Verwerter eines Werkes mit dem erzielten Gewinn oft die weniger erfolgreiche Auswertung anderer Werke desselben Urhebers ausgleiche, bestimmte der RegE wie der MinE, daß für die Prüfung der Frage, ob ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Nutzungser179

Vgl. § 38 des Vorentwurfs zum RegE in Β 141/2650 Bl. 022. Vgl. zur Vertiefung die Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 55. Diese Konstruktion ermöglichte es, dem bereits für das geltende Recht entwickelten Gedanken, daß die vermögensrechtlichen Befugnisse auch nach ihrer Abtretung bis zu einem gewissen Grad im Banne des Urhebers verbleiben, zwanglos Rechnung zu tragen. 181 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.55. 182 Diese Bestimmung diente dem Schutz des Urhebers. Ihm sollte, wenn neue Nutzungsarten entwickelt wurden, stets die Entscheidung darüber vorbehalten bleiben, ob und gegen welches Entgelt er mit der Nutzung seines Werkes auch auf die neu erfundene Art einverstanden ist, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.56. 180

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trägnissen und dem an den Urheber gezahlten Entgelt bestehe, die gesamten Beziehungen zwischen dem Urheber und dem Nutzungsberechtigten zu berücksichtigen waren. 183 Das von Verlegerseite vorgebrachte Argument, daß es einem Verleger auch möglich sein müsse, mit den unerwartet hohen Gewinnen aus der Verwertung eines einzelnen Bestsellers nicht nur einen etwaigen Verlust aus der Herausgabe von weiteren Werken desselben Autors auszugleichen, sondern auch das Risiko der Förderung anderer, noch unbekannter Autoren zu decken, vermochte nach Ansicht der Begründung nicht durchzugreifen. Ein solcher Gewinn- und Verlustausgleich zwischen Werken verschiedener Autoren sei auch nach der Regelung des Entwurfes nicht ausgeschlossen, da dem Urheber eines erfolgreichen Werkes lediglich eine angemessene Beteiligung an dem Gewinn zustehen sollte, der Hauptteil des Ertrages also nach wie vor dem Verleger verbleibe. 184 Zudem sollte § 36 auf Verträge, die bereits vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden waren, nur mit der Maßgabe anwendbar sein, daß eine Beteiligung an Nutzungserträgnissen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes gezogen worden waren, nicht verlangt werden könne, vgl. §141. 185 Weiterhin sah der RegE die bereits im Rahmen der Diskussion um den MinE vorgeschlagene Regelung vor, wonach die Vorschriften des Unterabschnitts „Nutzungsrechte" auf Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen nur Anwendung finden sollten, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergab, vgl. § 43. Die Bestimmungen über die Nutzungsrechte seien größtenteils zum Schutz des freischaffenden Urhebers gedacht, der kein festes Gehalt beziehe und auf die Erträge aus der Verwertung seiner Werke angewiesen sei. 186 Der wirtschaftlich gesicherte Arbeitnehmer oder Beamte, der kein Risiko für sein Schaffen trage, bedürfe dieser Schutzbestimmungen in der Regel nicht, wobei jedoch die Sachlage je nach Art des Arbeits- oder Dienstverhält183

Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 58. Auch die Befürchtung, daß die neue Bestimmung eine erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge haben werde und dem Nutzungsberechtigten den Boden für eine vernünftige Kalkulation entziehen werde, erschien nicht begründet. Die Voraussetzungen des Nachforderungsanspruches seien so streng gefaßt, daß der Anspruch nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben sein werde, in Fällen, in denen in der Regel der Vertragspartner des Urhebers ohnehin bei verständiger Würdigung der Sachlage freiwillig eine Nachzahlung leisten würde, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 58. 185 Vgl. dazu Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 114. Da der Verwerter in diesen Fällen bis zum Inkrafttreten des Gesetzes nicht mit einer Beteiligung zu rechnen brauchte, sollte er nur verpflichtet sein, den Urheber an den späteren Gewinnen zu beteiligen. Weitergehende Ansprüche aus anderen gesetzlichen Vorschriften blieben allerdings unberührt. 186 Es handelte sich um gewisse vertragsrechtliche Schutzvorschriften zugunsten des Urhebers, die zum Teil unabdingbar waren, wie das Verbot der Einräumung noch nicht bekannter Nutzungsrechte in § 31 Abs. 4, der Beteiligungsanspruch bei unerwartet hohen Gewinnen in § 36 und auch die Rückrufsrechte wegen Nichtausübung und wegen gewandelter Überzeugung in §§41 und 42. 184

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nisses verschieden sein könne. Diesem Umstand wollte der RegE mit der neuen Vorschrift Rechnung tragen, wodurch ermöglicht wurde, daß insbesondere im Fall öffentlich-rechtlicher Dienstverhältnisse ein unbeschränkter Erwerb der Nutzungsrechte durch den Dienstherrn als stillschweigend vereinbart angenommen werden konnte.188 In der sich anschließenden Erörterung des RegE in BR und BT kam von den Bestimmungen über den Rechtsverkehr im Urheberrecht vor allem der Beteiligungsanspruch des Urhebers bei auffälligem Mißverhältnis in § 36 zur Sprache. Bereits der im Rechtsausschuß des BR gebildete Unterausschuß empfahl in seiner Sitzung am 16.01.1962 mit den Stimmen der Vertreter Bayerns, Hamburgs, Hessens, Nordrhein· Westfalens und Schleswig-Holsteins gegen die Stimmen der Vertreter BadenWürttembergs, Berlins und Niedersachsens, § 36 zu streichen. 189 Als Begründung wurde ausgeführt, daß für den Fall der sittenwidrigen Ausbeutung die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts dem Urheber hinreichenden Schutz gewähren würden. Es erscheine bedenklich, für die wenigen noch in Betracht kommenden Fälle den Grundsatz der Vertragstreue zugunsten eines der Vertragsteile zu durchbrechen. Eine solche Durchbrechung könnte für andere Rechtsgebiete ein gefährliches Präjudiz bilden. Dagegen hielt die Minderheit die Vorschrift im Hinblick auf die in der Regel schwächere wirtschaftliche Position des Urhebers für gerechtfertigt. 190 Auch sei die von der Mehrheit angesprochene Gefahr einer Ausweitung bei der engen tatbestandlichen Begrenzung des Beteiligungsanspruches nicht gegeben. Demgegenüber vermochte der Ausschuß für Kulturfragen des BR, welcher sich in seiner Sitzung am 22.01.1962 mit dem RegE zu befassen hatte, eine Streichung des § 36 nicht zu empfehlen. Obwohl der Vertreter Nordrhein-Westfalens beantragte, den Streichungsvorschlag des im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschusses zu übernehmen, da er diese Bestimmung für einen Eingriff in die kulturpolitische Situation des Mäzenatentums hielt, wollte die Mehrheit an dieser Vorschrift festhalten. 191 Bei der beanstandeten Bestimmung handele es sich um eine gerade notwendige Abwandlung des Wucherparagraphen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 138 187

Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.62. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S.62. Für einen Beamten werde wegen seiner besonderen Stellung, insbesondere mit Rücksicht auf die Alimentationspflicht des Dienstherrn regelmäßig die Unanwendbarkeit der erwähnten zwingenden Schutzvorschriften anzunehmen sein. Ähnliches werde auch für viele Arbeitsverhältnisse gelten, doch komme es stets auf die besonderen Umstände des Einzelfalles an. 189 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. 190 Niederschrift über Sitzung des UA RA BR am 16./17.01.1962 S. 8, Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62. 191 Der Antrag Nordrhein-Westfalens wurde gegen die Stimmen des Antragstellers und der Vertreter von Bremen, Hamburg, Hessen und Schleswig-Holstein abgelehnt, vgl. Niederschrift über die 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S.4, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51)-Nr. 2/62. 188

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion 192

BGB). Damit sollten ganz krasse, objektiv wucherische Mißverhältnisse beseitigt werden, die für das Rechtsgefühl unbefriedigend seien. Im Ergebnis Schloß sich der Rechtsausschuß des BR dem Ausschuß für Kulturfragen an und lehnte den Vorschlag seines Unterausschusses auf Streichung des § 36 ab. 193 Zwar erging auch hier seitens des Vertreters Nordrhein-Westfalens die Anregung, § 36 zu streichen. Wie das BMJ selbst zugebe, werde diese Vorschrift nur in ganz wenigen praktischen Fällen bedeutsam. Den Grundsatz der Vertragstreue aber für wenige Fälle zu durchbrechen, sei nicht gerechtfertigt. 194 Dagegen wandten sich vor allem die Vertreter Hamburgs und Niedersachsens. Es dürfe nicht übersehen werden, daß durch die Vorschrift der in der Regel sozial schwächere und wirtschaftlich unerfahrene Urheber geschützt werden solle. 195 Obgleich der RA des BR also an dem Beteiligungsanspruch des Urhebers nach § 36 festhalten wollte, wurde gleichzeitig beschlossen, § 141 Abs. 1 Satz 2 zu streichen, wonach § 36 auch bei Verträgen zur Anwendung kommen sollte, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden waren, wenn auch mit der Maßgabe, daß eine Beteiligung an Nutzungserträgnissen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes gezogen worden waren, nicht verlangt werden konnte. 1 9 6 Es sei zumindest rechtspolitisch bedenklich, einen so schweren Eingriff in die Vertragsfreiheit auf bereits bestehende Vertragsverhältnisse auszudehnen.197 Bei der Beratung des nachträglichen Beteiligungsanspruches im Wirtschaftsausschuß des BR am 25.01.1962 war der Vertreter Hamburgs hingegen der Meinung, daß dadurch die Gefahr einer Rechtsunsicherheit bestehe.198 Im übrigen solle man nicht übersehen, daß der nicht alltägliche finanzielle Erfolg eines Werkes für den 192 So die Ausführungen des Vertreters von Baden-Württemberg in Niederschrift über die 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen BR am 22.01.1962 S. 3, Archiv des Bundesrates, Κ 0131 (51)-Nr. 2/62. 193 Der Beschluß erging gegen die Stimmen der Vertreter aus Bayern, Hessen, NordrheinWestfalen,, Rheinland-Pfalz und Schleswig Holstein, vgl. Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 17/62. 194 Vgl. die Ausführungen des Vertreters von Nordrhein-Westfalen in Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 17/62. Hinzu komme, daß nur eine Vertragspartei, nämlich der Urheber, ein Recht auf Abänderung des Vertrages habe. In krassen Fällen der Ausbeutung des Urhebers könne durch § 138 Abhilfe geschaffen werden. Unter Umständen käme auch der Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zum Zuge. 195 So der Vertreter Hamburgs, Senator Dr. Biemann-Ratjen in Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 10, Archiv des Bundesrates, R 0055 - Nr. 17/62. 196 Wie gesehen, sollte § 36 jedoch für Verträge, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden waren, nur mit der Maßgabe gelten, daß eine Beteiligung an den Nutzungserträgnissen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gezogen worden waren, nicht verlangt werden konnte, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 114. 197 Vgl. Niederschrift über 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962 S. 16. Der Beschluß erging gegen die Stimmen der Vertreter Hamburgs und Niedersachsens bei Stimmenthaltung des Saarlandes. Eine entsprechende Anregung fand sich dann auch in der Stellungnahme des Bundesrates zu der Regierungsvorlage eines UrhG S.7, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 6. 198 Vgl. Niederschrift über 202. Sitzung des WA BR am 25.01.1962 S. 7, Archiv des Bundesrates, Wi 1063 - Nr. 7/62.

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Verleger notwendig sei, um auf der anderen Seite das Risiko erfolgloser Werke abzudecken. Daraufhin erwiderte der Vertreter des BMJ, daß mit der Vorschrift nur das objektiv wucherische Mißverhältnis beseitigt werden sollte. Der Verleger solle eben nicht alles das, was er finanziell aus einem Bestseller erlöse, für sich behalten können. 1 9 9 Diese Betrachtungsweise überzeugte den Ausschuß, so daß der Antrag Hamburgs, § 36 zu streichen, mit großer Mehrheit abgelehnt wurde. 200 Bevor sich dann der BR in seiner 240. Sitzung am 02.02.1962 mit dem nachträglichen Beteiligungsanspruch des Urhebers befaßte, reichte Nordrhein-Westfalen einen Antrag auf Streichung dieser Vorschrift ein. 201 Als Begründung waren die bereits bekannten Argumente genannt, daß die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts dem Urheber hinreichenden Schutz gewährten und für die wenigen noch in Betracht kommenden Fälle der Grundsatz der Vertragstreue nicht durchbrochen werden sollte. Zudem bringe die Regelung die Gefahr mit sich, daß die Verleger junger Autoren diese nicht mehr in der bisher verdienstvollen Weise fördern. 202 Mit Antrag vom 01.02.1962 Schloß sich Schleswig-Holstein diesem Vorhaben an. 203 Daraufhin sprach sich Dr. Strauß in der Sitzung des Bundesrates mit Nachdruck für die Beibehaltung des Beteiligungsanspruches aus.204 Es gehe gerade um die Fälle, in denen nicht die getroffene Vereinbarung wucherisch und deshalb sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB sei, sondern in denen nachträglich der unvorhergesehene außergewöhnliche Erfolg des Werkes dazu führe, daß ein auffälliges Mißverhältnis der vom Nutzungsberechtigten erzielten Erträgnisse gegenüber der dem Urheber gezahlten Vergütung entstehe, also nachträglich eine gewissermaßen objektiv, aber sicher nicht subjektiv wucherische Lage eintrete. In solchen Fällen, es mögen wenige sein, aber es seien welche von europäischem Rang darunter, erscheine es in hohem Maße unbillig, wenn der Nutzungsberechtigte den Urheber leer ausgehen lasse, so daß eine gesetzliche Abhilfe notwendig sei. 205 199

Niederschrift über 202. Sitzung des WA BR am 25.01.1962 S.7, Archiv des Bundesrates, Wi 1063-Nr. 7/62. 200 Schließlich stimmten 8 Länder gegen den Antrag Hamburgs bei 2 Enthaltungen, vgl. Niederschrift über 202. Sitzung des WA BR am 25.01.1962 S.7, Archiv des Bundesrates, Wi 1063-Nr. 7/62. 201 Schreiben Nordrhein-Westfalens vom 30.01.1962, BR-Drucks. 1/2/62, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 3. 202 BR-Drucks. 1/2/62, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 3. 203 BR-Drucks. 1/3/62, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 4. In der Begründung waren dieselben Argumente des Antrags von Nordrhein-Westfalen genannt. Außerdem wies Schleswig-Holstein darauf hin, daß hier nicht lediglich die Interessen des Urhebers zu sehen seien, sondern auch die des Verlegers, der das Risiko der Werknutzung, insbesondere auch eines Mißerfolges trage. Man könne ihn nicht das Risiko eines Mißerfolges allein tragen lassen, ihn andererseits aber bei großen Erfolgen nachträglichen Forderungen des Autors aussetzen. 204 BR-Sitzungsberichte 1962, S.9D: „Ich bitte, diesem Antrag auf Streichung nicht zuzustimmen." 205 BR-Sitzungsberichte 1962, S.9D. Eine präjudizielle Auswirkung auf andere Rechtsgebiete, wie sie befürchtet worden war, könne die vorgeschlagene Vorschrift nicht haben. Sie 40 Maracke

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Der Vertreter Nordrhein-Westfalens hielt es dagegen für wenig sinnvoll, in jedem einzelnen Verhältnis zum Buchverleger, in jedem einzelnen Fall, wo ein Begabter oder Unbegabter durch Glück, Kenntnis oder auch durch Zufall einen Erfolg gehabt hatte, sofort durch eine gesetzliche Vorgabe dieser Art die Gerichte in Tätigkeit treten zu lassen.206 Wenn ein besonderes Mißverhältnis vorliege, so habe er keinen Zweifel, daß er eines Tages auch ohne diese gesetzliche Bestimmung den Nobelpreis erhalten werde. Dann bräuchte man sich nicht mehr darüber zu unterhalten, dann gingen ihm die Aufträge der Verleger zu und er würde in die „Hunderttausende-Auflagen" kommen, die der Wunsch eines jeden Schriftstellers seien.207 Dennoch konnte sich der Antrag auf Streichung dieser Bestimmung im Bundesrat nicht durchsetzen und wurde schließlich abgelehnt.208 In der Stellungnahme des BR zu dem RegE wurde die Bestimmung über eine nachträgliche Beteiligung des Urhebers an unerwartet hohen Gewinnen folglich nicht erwähnt. 209 Ebenso enthielt sich auch die BReg einer Äußerung zu dieser Vorschrift. 210 Gegen den Beteiligungsanspruch in § 36 des RegE wandten sich indessen zahlreiche Eingaben seitens der Interessenverbände. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beanstandete, daß die in dem RegE vorgeschlagenen Regelungen über den Rechtsverkehr in Urheberrechtssachen die Vertragsfreiheit und die Rechtssicherheit beeinträchtigen würden. 211 Die freie Verwertung des Urheberrechtsgutes würde durch das Verbot der Übertragung von Verwertungsrechten in § 31 und durch gesetzliche Zwangsverfügungen, vor allem durch die in § 36 festgelegte nachträgliche Beteiligung behindert. Damit werde eine dem Werk dienende Planung auf weite Sicht unter Berücksichtigung aller Verwertungsarten unmöglich gemacht. Der Urheber sei auf die Verwertung seiner Schöpfung durch andere angewiesen. Er müsse daher das Recht behalten, uneingeschränkt seine Verwertungsrechte, und zwar auch rechtfertige sich nur für das Gebiet des Urheberrechts durch die ganz besonderen Verhältnisse, die hier darin liegen, daß jederzeit eine enge Bindung zwischen dem Urheber und seinem Werk und damit zugleich zwischen dem Urheber und dem Nutzungsberechtigten erhalten bleibe. Eine solche Billigkeitsvorschrift könne den vernünftigen Verleger auch nicht von der begrüßenswerten Förderung junger Autoren abhalten, denn diese Vorschrift stelle nur in derartig krassen Fällen nachträglich die Billigkeit wieder her, und dem Verleger verbleibe ohnehin der größte Teil des unerwartet besonders hohen Gewinns. 206 v g l die Ausführungen des Vertreters Nordrhein-Wesifalens in BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11A. Jeder wolle wohl den jungen Autor unterstützen, es sei aber zu befürchten, daß nun auch der freischaffende Künstler in einer Weise in die Verwaltungs-, Gesetzgebungs- und Prozeßmaschine komme, die man ihm nicht zumuten solle. 207 208 209

BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11A. Abstimmung in BR-Sitzungsberichte 1962, S. 11C. Schreiben des BR an BReg nebst Stellungnahme vom 02.02.1962, ParlA Bonn, A1, lfd.

Nr. 6. 210

Vgl. Auffassung der BReg zu der Stellungnahme des Bundesrates als BT-Drucks. IV/270 Anlage 3. 211 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe 18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30 vom 13.04.1962, S. 681.

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insgesamt, zur individuellen Auswertung in eine Hand zu übertragen. 212 Der Zwang, Verlagsverträge nachträglich zu ändern (§ 36), erschüttere nicht nur die Rechtssicherheit, Vertragstreue und jegliche verlegerische Planung auf weite Sicht, sondern auch die notwendige Vertrauensgrundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Urheber und Verleger. Die Bestimmung diffamiere die Gesamtheit der Verleger und zwar ohne Notwendigkeit, da die Vorschriften des geltenden Rechts dem Autor bei Mißbrauch den erforderlichen Schutz geben würden. 213 Eigens zu § 36 der Regierungsvorlage fand sich als Anlage zu der Stellungnahme des Börsenvereins ein Beitrag von Kliemann. 214 Wer diesen Paragraphen unvoreingenommen lese, müsse annehmen, daß der Urheber unerfahren und schutzlos dem Verleger gegenüberstehe, der es im allgemeinen auf seine Ausbeutung abgesehen habe. Daraus ergebe sich aber eine ungerechtfertigte Diskriminierung beider Teile, die in der Wirklichkeit nicht begründet sei. 215 Es sei zwar zuzugeben, daß bei Vereinbarung eines Pauschalhonorars, durch das mit einer einmaligen Zahlung alle Auflagen abgefunden werden, eine Unangemessenheit für den Urheber entstehen könne, nämlich dann, wenn ein solches Buch sich unvermutet zu einem großen Absatzerfolg entwickele. Man müsse aber auch beachten, daß sich die Art der Honorarzahlung in den letzten 50 Jahren entscheidend geändert habe. Die Berechnung des Honorars prozentual vom Ladenpreis entsprechend dem Absatz sei die heute vorherrschende Abrechnungsart. 216 Damit stellte Kliemann den § 36 als geradezu unnötig hin. Wie bereits mehrfach von Verlegerseite vorgetragen, bekräftigte auch Kliemann letztlich, daß der Risikoausgleich zwischen gut und schlecht gehenden Werken seit eh und je zu den wichtigsten Geschäftspraktiken des Verlegers gehöre. 217 Da im geltenden Recht bereits ausreichende Möglichkeiten für einen Nach212 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe 18. Jahrg., Sonderdruck Nr. 30 vom 13.04.1962, S.681. 213 Stellungnahme des Börsenvereins in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe 18. Jahrg., Sonderdruck Nr.30 vom 13.04.1962, S.681. Die Beeinträchtigung des bewährten Vertrauensverhältnisses zum Verleger stehe auch dem Interesse des Urhebers entgegen. Ganz besonders hier würde der Entwurf wesentliche Bestimmungen des geplanten Urhebervertragsrechts vorweg nehmen und damit Anlaß zu Unklarheiten und Mißverständnissen durch Überschneidungen mit dem geltenden Verlagsgesetz geben. Man sollte der zukünftigen Regelung des Vertragsrechts alles überlassen, was diesem Gebiet zugehört. 214 Vgl. Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 109. 215 Man könne dem Urheber nicht schlichtweg Lebensunerfahrenheit unterstellen, ganz abgesehen davon, daß es ihm nicht an der Möglichkeit fehle, sich rechtlich beraten zu lassen. Ebenso müsse es der Verlegerstand schärfstens ablehnen, als Ausbeuter hingestellt zu werden, vgl. Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 110. 2,6 Kliemann berief sich hier auf eine Aussage von Bappert-Maunz aus dem Jahr 1952, vgl. Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 110. 217 Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 110.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Zahlungsanspruch vorhanden seien218, war der Verlagsbuchhandel der Meinung, daß § 36 überflüssig und bedenklich sei. 219 Als Reaktion auf diese Ausführungen des Börsenvereins erklärten die Schriftsteller in ihrer Antwort der Autoren 220 , die Bestimmung des § 36 der Regierungsvorlage „diffamiere die Allgemeinheit der Verleger ebensowenig, wie durch das Strafgesetzbuch alle Menschen zu Verbrechern erklärt würden." Die Strafgesetze diskreditierten nicht die ehrlichen Leute, sondern seien (leider) erforderlich wegen der anderen. § 36 sei ein ebenso notwendiger Schutz.221 Wer sowohl Verleger als auch Autoren kenne, wisse, wie ungerecht die Erträgnisse aus Büchern meist verteilt würden. Das Wohlergehen der Verleger stehe oft in empörendem Gegensatz zu der Dürftigkeit, in der die meisten Schriftsteller, auch erfolgreiche lebten.222 Die Behauptung, daß das Schaffen eines jeden Verlegers in entscheidendem Maße auf dem Ausgleich zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Autoren beruhe, werde von den Autoren zwar anerkannt, aber dieser Ausgleich solle ja durch den § 36 auch gar nicht beseitigt werden. Nur der Mißbrauch der wirtschaftlichen Übermacht der Verleger solle durch § 36 ein klein wenig eingedämmt werden. 223 Die Autoren richteten daher die ausdrückliche Bitte an den Bundestag, diesen Paragraphen nicht zu streichen. Aufgrund dieser gegensätzlichen Standpunkte seitens der Verleger und Autoren geriet § 36 dann auch in den Beratungen innerhalb der Ausschüsse des BT in den Mittelpunkt der Diskussionen. Der Vorsitzende des im RA des BT eingesetzten Un218

Wie die Begründung zum neuen Gesetz selbst sage, seien die Voraussetzungen des Anspruches aus § 36 so streng gefaßt, daß sie dem Tatbestand des Wuchers in § 138 BGB entsprechen. Auch aus § 242 BGB könnte man einen Nachzahlungsanspruch des Urhebers herleiten. Da die Rechtsprechung ferner die Anwendung des Bereicherungsanspruchs im literarischen Urheberrecht allgemein zulasse, könnte auch §812 BGB auf Honoraransprüche ausgedehnt werden in Verbindung mit der Lehre von der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grunde, vgl. die Ausführungen bei Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 111. 219 Abschließend machte Kliemann darauf aufmerksam, daß die Ausdehnung der Ansprüche auf Beteiligung auch auf Verträge, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes geschlossen wurden, eine schwere wirtschaftliche Gefahr für den Verleger bedeute, der im Vertrauen auf das geltende Recht den Risikoausgleich nicht in der Preiskalkulation nur des einen Werkes, sondern in der Breite seines gesamten Verlagsprogramms finde. Insbesondere kleineren Verlagen könne unter Umständen die Grundlage ihrer Existenz völlig entzogen werden. § 141 Abs. 1 sei daher zu streichen, vgl. Kliemann im Anhang der Stellungnahme des Börsenvereins zur Regierungsvorlage eines UrhG S. 111. 220 In der Antwort der Autoren, einer vom Schriftverband der Deutschen Schriftsteller veröffentlichten Schrift aus dem Jahr 1964, nahmen die Autoren zu den einzelnen Bestimmungen des RegE unter besonderer Berücksichtigung der Vorschläge des Börsenvereins Stellung, vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E II. 3. 221 Antwort der Autoren, S. 23. Diese Bestimmung entspreche der christlichen Ethik, die der Schwachen Ausbeutung verbiete. 222 Antwort der Autoren, S. 24. 223 weil es nur um den groben Mißbrauch gehe, werde die Nachforderung einer angemessenen Beteiligung beschränkt auf „auffälliges" Mißverhältnis zwischen dem Gewinn des Verlegers und dem Honorar des Autors, vgl. Antwort der Autoren, S. 25.

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terausschusses „Urheberrecht" Dr. Reischl (SPD) nannte diese Vorschrift „eine der umstrittensten des ganzen Entwurfes". 224 Im Anschluß an die seitens der Verlegerverbände und des Börsenvereins vorgetragenen Bedenken, daß die Vorschrift gegen den Grundsatz „pacta sunt servanda" verstoße, hielt auch er selbst die Regelung für einen krassen Einbruch in das Vertragsrecht. 225 Es solle daher eine schärfere Präzisierung gefunden werden, die darauf Rücksicht nehme, daß gerade bei Redlichkeit auf beiden Seiten von keiner Seite bei Vertragsabschluß habe übersehen werden können, wie sich die Durchführung des Vertrages entwickeln werde. Der Ausschuß bat daher die Vertreter des BMJ, einen besseren Weg zu überlegen. Ferner wurde dieses Problem für die Sachverständigenanhörung vorgemerkt. 226 Dem schloß sich auch der im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik gebildete Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" an. 227 Von den Sachverständigen, die dann in einer gemeinsamen Sitzung der beiden jeweils im Rechtsausschuß und im Ausschuß für Kulturpolitik und Publizistik gebildeten Unterausschüsse gehört wurden, wandten sich vor allem Dr. Reichel und Dr. Kleine als Vertreter des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels gegen den Beteiligungsanspruch. 228 Die Möglichkeit eines Verlegers, beispielsweise auf wissenschaftlichem Gebiet Monographien herauszubringen, was immer ein Zuschußgeschäft sei, werde durch die vorgesehene Regelung gefährdet. 229 Dr. Richartz vom Deutschen Komponisten-Verband bezeichnete demgegenüber die Einführung dieser Bestimmung als sehr verdienstvoll. Ganz allgemein gesagt, müsse der Urheber an allen Erträgnissen angemessen beteiligt werden. 230 224

3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3 S. 3. Vgl. Dr. Reischl in 3. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 19.02.1964 Prot. Nr. 3 S. 3. 226 y g l bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 4. b) aa). 225

227

Vgl. 4. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 17.03.1964 Prot. Nr. 4 S. 5. Vgl. bereits die Hinweise auf die Anhörung der Sachverständigen zu dieser Vorschrift in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F.II.4.b)aa). Das BGB enthalte ausreichende Möglichkeiten, auch habe die Rechtsprechung über § 242 genügend Ausgleichsmöglichkeiten geschaffen. Zudem dürfe man nicht einfach an dem Grundsatz „pacta sunt servanda" vorbeigehen. Dr. Kleine machte zudem auf die praktische Seite des Problems aufmerksam. Die Bestimmung richte sich ausgesprochen gegen den Verleger, dieser sei auf die unvorhergesehenen Einnahmen aus einem einzelnen Werk angewiesen, um ebenso unvorhergesehene Mißerfolge abdecken zu können, vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 31, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 229 Vgl. zur Vertiefung 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 31, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Dr. Kleine berief sich hierbei auf eine Aussage von Samuel Fischer, wonach ein Bestseller und drei normalgängige Bücher sechs überhaupt nicht verkäufliche Werke mitschleppen müßten. Bei diesen geschäftlichen Mißerfolgen könne es sich auch um wertvolle Bücher handeln, deren Wert aber nur von wenigen erkannt werde. 230 Dr. Richartz in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 29, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Außerdem müsse nach der Regelung des Entwurfes doch ein auffälliges Mißverhältnis vorliegen, so daß die Bestimmung überhaupt nur in ganz krassen Fällen eingreife, und daß der Verlag in solchen Fällen ja auch freiwillig etwas zahlen könne. Es brauche also durchaus nicht immer zu Prozessen zu kommen. 228

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Auch Dr. Fromm von der Vereinigung Deutscher Schriftsteller-Verbände betrachtete die vorgesehene Bestimmung als eine glückliche Ergänzung des Bürgerlichen Rechts. Die Bestimmungen des BGB allein könnten einen späteren Interessenausgleich nur bei Vorliegen des Wuchertatbestandes und mit den schwerwiegenden Folgen der Nichtigkeit des Vertrages bieten. Die Nichtigkeit des Verlagsvertrags sei jedoch von einer so außerordentlichen wirtschaftlichen Tragweite, weil in den Besitzstand des Verlegers eingegriffen würde, also in seine Befugnis zur Vervielfältigung und zur Verbreitung und in die große Kapitalinvestition, die er durch die Herausgabe vorgenommen habe.231 Hier werde vom Gesetzgeber ein Anspruch verankert, der sonst wohl von der Rechtsprechung aus § 242 entwickelt werden würde. Dr. Fromm gab aber auch zu, daß es besser sei, wenn der Gesetzgeber eine andere Formulierung wähle und Gedanken niederlege, die der Richter bei der Zuerkennung eines derartigen Nachforderungsanspruches zu stellen habe.232 Obwohl Bundesrichterin Dr. Krüger-Nieland gleichermaßen eingestand, daß das geltende Recht nicht immer eine ausreichende Hilfe bieten könne 233 , wandte sie sich entschieden gegen die im RegE vorgesehene Regelung. Zwar erscheine der seitens des Börsenvereins vorgetragene Einwand, es werde den Verlegern eine sichere Kalkulationsgrundlage entzogen, nicht durchschlagend, da auch nach dieser Vorschrift der dem Verleger zufallende Gewinn erheblich höher sei, als dieser es bei Vertragsabschluß habe erwarten können.234 Schwierigkeiten müßten sich jedoch bei der Fülle von Kollektivwerken ergeben, wie etwa bei einem Film oder Fernsehspiel. Es stelle sich dann dem Richter die kaum zu entscheidende Frage, ob ein unerwartet 231

Vgl. 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 30, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Es werde hier eine Art „Folgerecht" des Schriftstellers oder Komponisten dekretiert. Wenn der Entwurf einem Autor, der sich in jungen Jahren seines Urheberrechts entäußert habe, unter den aufgeführten strengen Voraussetzungen, abweichend vom Vertrag, einen Beteiligungsanspruch gebe, so sei dies keineswegs unbillig. Es sei vielmehr eine Regelung, die der hochentwickelten Rechtsauffassung über Verträge und ihre Wandelbarkeit bei großen Erschütterungen und unvorhergesehenen Ereignissen Rechnung trage. 232 Dr. Fromm in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 30, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16. Später fuhr Dr. Fromm fort, er halte den Grundgedanken des § 36 für richtig, räumte allerdings ein, daß die Formulierung einer Verbesserung bedürfe. Die Vorschrift müsse eingeschränkt werden, weil sie jeden Urheber sowie jeden Nutzungsberechtigten erfasse und bei einem Gesamtwerk, beispielsweise bei einem Filmwerk, der Richter vor unlösbare Probleme gestellt werde. 233 Die Sachverständige wies hierzu auf einen Fall „Der fiedele Bauer" hin, bei dem der subjektive Tatbestand des Wuchers nach § 138 zunächst nicht nachweisbar, der objektive Tatbestand aber erfüllt gewesen sei. Bei einem anderen Rechtsgeschäft hätte man bei einem Mißverhältnis vielleicht über den Gedanken des Wegfalls der Geschäftsgrundlage etwas erreichen können, bei einem Verlagsvertrag, der von vornherein spekulativen Charakter trage, sei dies aber gerade nicht möglich. Von einer sicheren Geschäftsgrundlage, die später wegfallen könnte, könne in diesem Fall nicht gesprochen werden, vgl. zur Vertiefung die Ausführungen von Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 32, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 234 Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten.Prot.S.32f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 16.

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hohes Einspielergebnis auf die schöpferische Leistung des Drehbuchautors, des Komponisten der Filmmusik oder beispielsweise auf die schauspielerische Leistung oder sogar auf den erheblichen Werbeaufwand oder die Ausstattung zurückzuführen sei. Der Beteiligungsanspruch sei aber nur berechtigt, wenn die schöpferische Leistung des Urhebers für den unerwarteten Erfolg kausal war. 235 Die Rednerin führte die weitere Schwierigkeit an, daß der Richter zwischen dem Wert der geistigen Leistung und einem materiellen Entgelt abzuwägen habe und das gesamte Verhältnis zwischen dem Urheber und dem Verleger berücksichtigen müsse. Das sei eine kaum zu lösende Aufgabe. 236 Der größte Nachteil liege aber darin, daß die Urheber, die nicht immer ganz einsichtig in der Vertretung ihrer Belange seien, zu sehr unerquicklichen und für sie letztlich auch erfolglosen Prozessen verleitet würden. Dadurch werde dann die so wichtige Vertrauensbasis zwischen Urheber und Verleger noch weitergehend erschüttert. Schließlich bezweifelte Dr. KrügerNieland auch die Notwendigkeit einer derartigen Vorschrift, da ein Verleger bei einem unerwartet großen Erfolg, etwa des Erstlingswerkes eines seiner Autoren, sich im eigenen Interesse durch freiwillige Zahlungen bemühen werde, diesen Autor bei seinem Verlag zu halten. Es würden ja bereits künftige Werke bevorschußt, weil die Nachfrage nach guten Urhebern so groß sei. 237 Natürlich seien schließlich noch Fälle denkbar, deren Lösung unbefriedigend bleibe. Angesichts der durch die Annahme der Vorschrift des RegE eintretenden Gefährdung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens falle diese Überlegung jedoch nicht so sehr ins Gewicht. Wenn man sich also vor Augen führe, welchen gewaltigen Einbruch in das allgemeine Vertragsrecht die Annahme der Bestimmung darstellen würde, müsse man sich doch für deren Streichung aussprechen.238 Im Ergebnis bestand demnach Einigkeit darüber, daß die jetzige Fassung nicht aufrechterhalten werden könne. 239 Es wurde überlegt, ob nicht in Anlehnung an die jetzige Fassung ein Zusatz eingefügt werden könne, wonach die Bestimmung nicht eingreifen sollte, wenn entweder die Beteiligten die Entwicklung vorausgesehen hatten 235

Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 33., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 236 Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 34., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 237 Selbst wenn es im Einzelfall wirklich einmal zu einer unangemessenen Beteiligung komme, so liege der Ausgleich darin, daß der Urheber für seine späteren Werke eine wesentlich günstigere Verhandlungsbasis habe, vgl. Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 34f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 238 Dr. Krüger-Nieland in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 35, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. Falls der Gesetzgeber aber im Grundsatz an der Regelung festhalten wolle, müsse wenigstens besonders unterstrichen werden, daß die Bestimmung nur in ganz krassen Fällen anwendbar sein solle und daß ein Beteiligungsanspruch nur in Frage komme, wenn der Kausalzusammenhang zwischen der schöpferischen Leistung und dem Erfolg nachgewiesen sei. 239 Ygl Dr. Reischl ini. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 42, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

oder aber voraussehen konnten.240 Daraufhin schlug der Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik dem Unterausschuß des Rechtsausschusses eine neue Formulierung des § 36 vor, welche statt eines direkten Anspruchs des Urhebers auf angemessene Beteiligung einen Anspruch auf Einwilligung in die Vertragsänderung vorsah. 241 In einem zweiten Halbsatz war weiterhin klargestellt, daß dies nicht gelten sollte, wenn und soweit beide Vertragspartner bei Vertragsschluß das Ausmaß der Nutzungserträgnisse als möglich vorhergesehen und bei der Bemessung des Entgelts in Betracht gezogen hatten.242 Sodann arbeitete das BMJ eine entsprechende neue Fassung des Beteiligungsanspruches in § 36 aus, welche dem im Rechtsausschuß gebildeten Unterausschuß erneut zur Diskussion vorgelegt wurde. 243 Diese Fassung setzte voraus, daß der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht unter Bedingungen eingeräumt hatte, die dazu führten, daß die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem groben Mißverhältnis zu den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes stand.244 War dies der Fall, so sollte der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet sein, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch welche dem Urheber eine den Umständen nach angemessene Beteiligung an den Erträgnissen gewährt wurde. Dem Urheber sollte nun also nicht mehr ein direkter Anspruch auf eine angemessene Beteiligung zustehen, sondern ein Anspruch auf Einwilligung in eine Vertragsänderung. Während Dr. Krüger-Nieland zwar begrüßte, daß in dieser Formulierung die subjektiven Momente gestrichen waren, aber dennoch grundsätzliche Bedenken gegen eine derartige Bestimmung äußerte, bejahte Prof. Ulmer diese Regelung, selbst wenn ihre Handhabung Schwierigkeiten bereiten könne.245 Auch der Vorsitzende Dr. Reischl (SPD) gab der neu vorgelegten Fassung den Vorzug, weil durch sie eine stärkere Objektivierung in den Wortlaut gebracht worden sei. 246 Abschließend kam 240

So der Vorschlag des Abg. Deringer (CDU/CSU) in 7. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT4. Wp. Sten.Prot.S.42, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 16. 241 Vgl. Formulierungsvorschlag in 10. Sitzung UA KA BT 4. Wp. am 28.09.1964, Kurzprotokoll S.6f., ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 19. 242 Die Formulierung war also nicht ganz so eng gefaßt, wie der Vorschlag des Abg. Deringer (CDUICSU) auf der vorangegangenen gemeinsamen Sitzung des Unterausschusses mit dem Unterausschuß „Urheberrecht" des Rechtsausschusses. 243 Vgl. 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.24ff. Diese neue Formulierung entsprach wörtlich dem zuvor im Unterausschuß „Urheberrechtsfragen" des Ausschusses für Kulturpolitik und Publizistik ergangenen Vorschlag, welcher darüber hinaus noch mit einem weiteren Zusatz versehen war, wonach der Anspruch auf eine Änderung des Vertrages ausgeschlossen sein sollte, wenn und soweit beide Vertragspartner bei Vertragsabschluß das Ausmaß der Nutzungserträgnisse als möglich vorhergesehen und bei der Bemessung des Entgelts in Betracht gezogen hätten, vgl. Formulierungsvorschlag in 10. Sitzung UA KA BT 4. Wp. Kurzprotokoll S.6f., ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 19. 244 v g l Formulierungsvorschlag in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.24. 245 246

Vgl. 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.24. Dr. Reischl in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S. 25.

D. Rechtsverkehr im Urheberrecht

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der Ausschuß zu dem Ergebnis, daß entgegen der Meinung der Verleger eine solche Regelung als „Notbremsenfunktion" notwendig sei. Daraufhin wurde § 36 in der vom BMJ erneut überarbeiteten Fassung einstimmig angenommen.247 Zudem entschloß sich der Ausschuß, den seinerzeit vom RA des BR angeregten Vorschlag, in § 141 Abs. 1 den letzten Satz zu streichen, aufzunehmen. 248 Dadurch sollte auch für § 36 der allgemeine Grundsatz des § 141 Abs. 1 Satz 1 gelten, wonach die Bestimmungen des Gesetzes auf Verträge, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden waren, keine Anwendung fanden. Neben der Diskussion um den Beteiligungsanspruch sowie seine Anwendbarkeit auf sogenannte „Altverträge" kam noch die Bestimmung des § 31 über die Übertragung von Nutzungsrechten zur Sprache. Hierzu schlug Dr. Reischl vor, einen Zusatz aufzunehmen, wonach bei der Übertragung einzelner Aufführungsrechte diese ausdrücklich einzeln genannt werden sollten. 249 Diese Spezialisierungspflicht würde zu einer Klarheit der Verträge und damit zu einer erhöhten Rechtsklarheit beitragen. 250 Während der Abgeordnete Dürr (FDP) sich ebenfalls für eine solche Vorschrift aussprach, machte der Abgeordnete Deringer (CDU/CSU) darauf aufmerksam, daß eine fehlende Spezifizierung nicht zur Nichtigkeit des Vertrages führen dürfte. Man sollte daher eine Auslegungsregel einfügen, daß im Zweifel ein nicht aufgeführtes Recht als nicht übertragen gelte. 251 Diese Neuformulierung führte auch nach Meinung des Vorsitzenden zu einer praktikablen Lösung. Der Ausschuß sprach sich daher einstimmig für den § 31 in der Fassung des RegE aus, mit der Maßgabe, einen weiteren Abs. 5 einzufügen, in dem festgelegt war, daß, wenn bei der Einräumung des Nutzungsrechts die Nutzungsarten, auf die sich das Recht erstrecken sollte, nicht einzeln bezeichnet waren, sich der Umfang des Nutzungsrechts nach dem mit seiner Einräumung erfolgten Zweck bestimmte.252 Der Rechtsausschuß folgte diesen beiden Vorgaben seines Unterausschusses und nahm nach kurzen Ausführungen des Referenten Dr. Reischl sowohl § 31 als auch 247

Vgl. Abstimmung in 12. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.41. Vgl. Abstimmung in 13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 17.11.1964 Prot. Nr. 13 S. 14. 249 Damit griff Dr. Reischl die bereits in der 2. Sitzung des UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 angesprochene Frage auf, ob nicht im Rahmen des §31 alle Nutzungsrechte, die eingeräumt werden, einzeln aufgeführt werden müßten. Dem wurde allerdings entgegengehalten, daß eine Bestimmung in dieser Richtung unzweckmäßig sei, weil die Einräumung der Nutzungsrechte ja gar nicht der Schriftform bedürfe, vgl. die Bemerkung von Dr. Joel in 2. Sitzung des UA RA BT 4. Wp. am 05.02.1964 S. 9. 250 Dr. Reischl in 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.40. 251 Vgl. den Vorschlag Deringer s in 12. Sitzung UA RA BT 4.Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.40. 252 Vgl. Abstimmung in 12. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 16.11.1964 Prot. Nr. 12 S.41. Damit wurde sachlich ein Vorschlag Reimers übernommen, der bereits in einer Veröffentlichung in GRUR 1962, S. 619ff. diese ursprünglich auf Goldbaum zurückführende Zweckübertragungslehre im Gesetz verankert wissen wollte (vgl. Goldbaum, 3. Auflage, Erläuterungen zu §8 LUG, §10 KUG, S.73.). 248

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

§ 36 in der Fassung des Unterausschusses an. 253 Der schriftliche Bericht des RA empfahl daher, § 31 durch eine Bestimmung zu ergänzen, wonach sich der Umfang einer nicht spezifizierten Rechtseinräumung nach dem mit ihr verfolgten Zweck richten sollte. 254 Diese Regelung entspreche der bereits für das geltende Recht von der Rechtsprechung als Auslegungsgrundsatz entwickelten „Zweckübertragungstheorie." Nunmehr werde diese Auslegungsregel für den Fall der nicht oder nicht ausreichend spezifizierten Einräumung von Nutzungsrechten zur zwingenden Rechtsnorm erhoben. Weiterhin war in dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses ausgeführt, daß die im RegE vorgeschlagene Regelung einer Beteiligung des Urhebers an unerwartet hohen Nutzungserträgnissen im Grundsatz gebilligt werde. Es empfehle sich jedoch eine Neufassung, die besser zum Ausdruck bringe, daß es sich um einen besonderen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage handele. 255 Nach Ansicht des Ausschusses war die Bestimmung zum Schutz des Urhebers notwendig, da die allgemeinen Rechtsbehelfe des Bürgerlichen Rechts insoweit nicht ausreichten. 256 Bei der Beratung des RegE und des zugehörigen schriftlichen Berichts im BT kam es zu einer einstimmigen Annahme des Entwurfes mit den Vorschlägen des Rechtsausschusses. Folglich fand hier auch der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 seine Zustimmung. Die im weiteren Verlauf der Gesetzgebungsarbeiten erfolgte Einschaltung des BR und das anschließende Vermittlungsverfahren berührte nicht die weitergehende Beteiligung des Urhebers bei unerwartet hohen Nutzungserträgnissen in § 36. 257 Damit wurde diese Bestimmung in der durch den Rechtsausschuß überarbeiteten Fassung in das UrhG von 1965 aufgenommen. 258 253

129. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 129 S.44 und 49, ParlA Bonn, A2, lfd. Nr. 44. Schriftlicher Bericht des RA zu dem RegE in BT-Drucks. IV/3401, S. 11, zu IV/3401, S.5. Bei den Beratungen über die Frage, ob zum Schutz des Urhebers vor einer unüberlegten Pauschalvergabe mehrerer oder aller Nutzungsrechte eine Spezialisierungspflicht eingeführt, also vorgeschrieben werden solle, daß Nutzungsrechte bei ihrer Einräumung einzeln bezeichnet werden sollen, seien dem Ausschuß Bedenken gekommen, sie als eine Rechtspflicht zu gestalten, deren Verletzung die Nichtigkeit des ganzen Vertrages zur Folge hätte. Eine solche Regelung könnte sich auch zum Nachteil des Urhebers auswirken. Daher werde vorgeschlagen, § 31 durch eine Bestimmung zu ergänzen, nach der sich der Umfang einer nichtspezifizierten Rechtseinräumung nach dem mit ihr verfolgten Zweck richten soll. 255 Vgl. zum ganzen den schriftlichen Bericht des RA zu dem RegE in BT-Drucks. IV/3401, S. 11, zu IV/3401, S.5. 256 Die Befürchtung, daß die Vorschrift zu einer Quelle zahlreicher Rechtsstreitigkeiten werden könnte teilte der Ausschuß nicht. Das als Voraussetzung für den Anspruch geforderte grobe Mißverhältnis zwischen Urheberentgelt und Nutzungserträgnissen könne praktisch nur im Fall der Vereinbarung eines Pauschalhonorars auftreten, da sich bei Vereinbarung eines Beteiligungshonorars das Honorar automatisch mit steigenden Nutzungserträgnissen erhöhte, vgl. zur Vertiefung den schriftlichen Bericht des RA zu dem RegE in BT-Drucks. IV/3401, S. 11, zu IV/3401, S.5. 257 Der aufgrund eines Antrags des Landes Rheinland-Pfalz einberufene Vermittlungsausschuß hatte sich mit dem in § 54 Abs. 6 vorgesehenen Vergütungsanspruch für private Tonbandaufnahmen sowie mit der in § 47 Abs. 2 geregelten Löschung der Schulfunksendungen zu be254

D. Rechtsverkehr im Urheberrecht

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V. Ausblick: Der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36 in der Praxis Der Beteiligungsanspruch des Urhebers in § 36, der nach der Vorstellung des BMJ als ein gesetzlich normierter Anwendungsfall der Änderung der Geschäftsgrundlage dem Urheber in besonderen Ausnahmefällen bei einer unerwartet erfolgreichen Verwertung seiner Werke eine angemessene Beteiligung sichern sollte, ließ angesichts der vorangegangenen Diskussion eine erhebliche praktische Bedeutung erwarten. 259 Insbesondere die Verleger, deren Verbände sich besonders vehement gegen diese Bestimmung gewehrt hatten, befürchteten eine Rut nachträglicher Forderungen ihrer Autoren. Tatsächlich gab es jedoch in den Jahren nach Erlaß des Gesetzes kaum gerichtliche Entscheidungen zu dieser Vorschrift, kein einziger Fall wurde dem BGH zur Entscheidung vorgelegt. 260 Als Gründe dafür, daß die Urheber von der Möglichkeit, die ihnen der § 36 beschert hatte, bisher so unerwartet selten Gebrauch machten, wurden verschiedene Möglichkeiten erwogen. Zum einen sei der Grund für die geringe Relevanz des Anspruches im Gesetz selbst zu suchen.261 Nach § 132 UrhG von 1965 waren die Vorschriften des neuen Gesetzes, mit Ausnahme einiger ausdrücklich aufgeführten Bestimmungen, „auf Verträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen waren, nicht anzuwenden."262 Die ursprünglich im RegE vorgesehene Bestimmung des § 141 Abs. 1 Satz 2, wonach § 36 auch bei den sogenannten Altverträgen, wenn auch mit der Einschränkung, daß eine Beteiligung an Nutzungserträgnissen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes gezogen worden waren, nicht verlangt werden konnte, war auf Anregung des Rechtsausschusses des BR gestrichen worden. 263 Trotz allem Verständnis für die berechtigten Ansprüche der Urheber auf Beteiligung an dem wirtschaftlichen Nutzen, der aus ihren Werken gezogen wurde, konnte sich der Gesetzgeber nicht zu einem so weit rückwirkenden Eingriff in den Grundsatz der Vertragsfreiheit durchringen. 264 schäftigen, vgl. den mündlichen Bericht des Vermittlungsausschusses vom 30.06.1965, registriert als BT-Drucks. IV/3706, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 59. 258 BGBl. 19651, S. 1277. 259 Vgl. auch Katzenberger in GRUR Int. 1983, S.410 (414). 260 Gerstenberg in GRUR 1974, S.591 (591). Soweit der Verfasser seinerzeit feststellen konnte, waren bislang nur in 3 Fällen Ansprüche aufgrund des § 36 UrhG gerichtlich geltend gemacht worden. Nur in einem Fall kam es zu einer Entscheidung eines OLG und auch hier nur über den Anspruch des Urhebers auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über die bisherigen Erträgnisse seines Werkes als Vorstufe des Hauptanspruches auf Vertragsänderung und angemessene Beteiligung. 261 Vgl. Gerstenberg in GRUR 1974, S.591 (591). 262 In dieser Übergangsbestimmung mochte ein Teil der Erklärung dafür liegen, daß für den Urheber ungünstige Vergütungsvereinbarungen bislang so selten gerichtlich angegriffen wurden, vgl. auch Katzenberger in GRUR Int. 1983, S.410 (417). 263 Vgl. den schriftlichen Bericht des RA, BT-Drucks. IV/3401, S.48, zu IV/3401, S. 15. 264 Gerstenberg in GRUR 1974, S.591 (591).

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Voraussetzung eines Anspruches auf nachträgliche Beteiligung war also ein Verwertungsvertrag, der erst nach dem 01.01.1966 geschlossen worden war. Bis das wirtschaftliche Ergebnis eines solchen Vertrages überblickt und dann ein möglicher Anspruch geltend gemacht werden konnte, mußten jedoch häufig erst einige Jahre vergehen. Das Mißverhältnis zwischen den Gewinnen der Werkverwerter und den geringen Honoraren der Urheber zeigte sich in vielen Fällen ja gerade erst aus Werkverwertungen über lange Zeiträume hinweg, zumeist über längere Zeiträume hinweg als seit Geltung des § 36 verstrichen waren. 265 Außerdem sei es für viele Urheber naheliegender, einen raschen Vergleich einem langen Prozeß vorzuziehen.266 Als weiterer Grund, warum bisher kaum gerichtliche Entscheidungen zu § 36 UrhG bekannt geworden waren, wurde die Vermutung genannt, daß die meisten Urheber vom UrhG und speziell von dem Beteiligungsanspruch in § 36 keine Kenntnis hatten.267 Auch bei der Durchsetzung des Anspruches aus § 36 zeigten sich einige Schwierigkeiten für die Urheber. Es handelte sich nicht um einen unmittelbaren Zahlungsanspruch, sondern um einen Anspruch auf Umgestaltung des Vertragsverhältnisses, der gegebenenfalls noch prozessual durchgesetzt werden mußte.268 Außerdem konnte der Urheber diesen Anspruch auf Änderung des Vertrages nur am Sitz des Verwerters geltend machen und nicht den für ihn meist günstigeren Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) für seine Klage in Anspruch nehmen.269 Die Notwendigkeit, an einem entfernten Gerichtsstand zu prozessieren, und die damit verbundenen Mehrkosten, wie beispielsweise die Einschaltung eines Korrespondenzanwaltes oder eine mögliche Informationsreise, mußten gerade die wirtschaftlich schwachen Kläger besonders hart treffen. Damit waren die Urheber, die sich im Verhältnis zu den Verwertem ihrer Werke stets als die finanziell schwächere Partei erwiesen, im Nachteil. Hinzu kam schließlich noch die Belastung durch den Streitwert eines solchen Prozesses, der bei einer Millionenauflage eines Werkes notwendigerweise entsprechend hoch war. Den Verwerter, der den Millionengewinn allein kassiert hatte, tangierte dieses Problem nicht, wohl aber den Urheber, der bisher leer ausgegangen war. 270 Als Ergebnis blieb für den Urheber wieder ein magerer Vergleich. 265 Katzenberger in GRURInt. 1983, S.410 (417). 266 ygl Gerstenberg in GRUR 1974, S.591 (591). Diese Lösung wurde besonders dann gewählt, wenn der Verwerter dem wirtschaftlich schwachen Urheber zu verstehen gab, er selbst werde die drei Instanzen bis zum BGH auch mit einem noch so hohen Streitwert spielend durchhalten. 267

So Gerstenberg in GRUR 1974, S. 591 (591). Der Verfasser stellte diese Vermutung aufgrund eigener Beratungspraxis auf. 268 Vgl. von Gamm, § 36 UrhG, Rz. 10. 269 Vgl. dazu Gerstenberg in GRUR 1974, S.591 (592). 270 Gerstenberg in GRUR 1974, S. 591 (592). Der Autor, der den Bestseller abends bei einer Flasche Wein geschrieben hatte, könnte wohl einen normalen Honorarprozeß finanzieren, aber ein Prozeß mit sechsstelligem Streitwert durch 3 Instanzen gehe über seine wirtschaftlichen Kräfte und damit, so dürfe man hinzufügen, auch über seine Nervenkraft.

D. Rechtsverkehr im Urheberrecht

637 271

Im Zuge der Ausarbeitung eines Urhebervertragsgesetzes sollte dann auch der Beteiligungsanspruch des § 36 überarbeitet werden. Prof. Nordemann wollte in einem Vorschlag von 1991 für ein Urhebervertragsgesetz die wegen ihrer allzu restriktiven Formulierung bislang wenig praktische Bestimmung des § 36 gänzlich entfallen lassen und die von ihr ins Auge gefaßten Fälle in einer zusätzlichen Regelung in § 32 über den Umfang der Nutzungsrechte erfassen. 272 Danach sollte in § 32 Abs. 4 Satz 1 zunächst ausdrücklich klargestellt werden, daß dem Urheber für jede Nutzung eine angemessene Vergütung zustehe, es sei denn, daß den Umständen nach die Geltendmachung eines solchen Anspruches grob unangemessen sein würde. Daneben wollte Nordemann den Gedanken des ursprünglich in § 36 vorgesehenen Beteiligungsanspruchs festlegen. Soweit für eine Nutzung keine angemessene Vergütung vereinbart oder die vereinbarte Vergütung nicht angemessen war, sollte es dem Inhaber des Nutzungsrechts nur gestattet sein, das Werk zu nutzen, nachdem er sich mit dem Urheber über die Vergütung geeinigt hatte.273 § 32 Abs. 4 des Gesetzesvorschlags enthielt demnach in einem zweiten Satz eine dingliche Beschränkung des den Verwertern eingeräumten Nutzungsrechts, damit der Urheber bei den Verhandlungen über die angemessene Vergütung nicht von vornherein in der schwächeren Position war, ihm vielmehr solange ein Unterlassungsanspruch zustand, bis die Einigung erzielt war. 274 Das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern 275 besiegelt die Streichung der Vorschrift des § 36 UrhG von 1965 und 271 Bereits die amtliche Begründung des UrhG vom 09.09.1965 hatte die Notwendigkeit eines ergänzenden Urhebervertragsgesetzes unterstrichen, das Vorschriften für alle Vertragstypen auf dem Gebiet des Urheberrechts enthalten sollte, vgl. auch die amtliche Begründung in UFITA Bd. 45 ( 1965), S. 240 (271 ). Die bestehenden Absichten wurden allerdings bislang noch nicht in die Tat umgesetzt, obwohl seitens der Wissenschaft wiederholt auf die Dringlichkeit und Notwendigkeit urhebervertragsrechtlicher Regelungen hingewiesen worden war. Grundlegend dazu von Gamm!Dittrich!Ulmer, Neuordnung des Urhebervertragsrechts?; Dietz in FS für Schricker, S. 1 if. mit weiteren Nachweisen; Schricker, Vor §§ 28 ff. Rz. 1 ff. Die Gedankengänge und Hintergründe zu dieser Reformbestrebung können jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sein. 272 Nordemann in GRUR 1991, S. 1 (8). Für Verträge, die zwischen dem Inkrafttreten des UrhG am 01.01.1966 und dem der vorgeschlagenen Neuregelung abgeschlossen wurden und bei denen die Voraussetzungen des § 36 in jenem Zeitraum bereits eingetreten waren, sollte die bisherige Regelung gültig bleiben, vgl. § 132 Abs. 2 des Vorschlags. 273 Zur Vertiefung vgl. Nordemann in GRUR 1991, S. 1 (4). 274 Nordemann in GRUR 1991, S. 1 (7). Der Verwerter wurde nach Ansicht Nordemanns dadurch nicht unzumutbar beeinträchtigt. Er habe es selbst in der Hand, durch eine angemessene Regelung schon bei Abschluß des Vertrages spätere Schwierigkeiten von vornherein zu vermeiden, und er bleibe, solange die Vergütungsfrage nicht geklärt war, jedenfalls Inhaber des Nutzungsrechts und damit gegen eine Verwertung von dritter Seite gesichert. Enthielte die Bestimmung keine dingliche Sperre, so gäbe es für die Verwerter, deren Verträge bislang dem festgelegten Grundsatz nicht entsprochen haben, auch keinen Anreiz, diese Praxis zu ändern. Sie könnten auch diejenigen Rechte, für deren Nutzung sie dem Urheber eine Vergütung nicht zugesagt haben, erst einmal nutzen und dann in Ruhe abwarten, ob und was bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Berechtigten, falls dieser sie überhaupt noch wage, herauskäme. 275 BGBl. 2002, S. 1155-1158.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

fügt eine neue Vorschrift über die angemessene Vergütung in § 32 ein. 276 Sah der Regierungsentwurf 277 noch vor, die angemessene Vergütung des Urhebers oder seines gesetzlichen Nachfolgers durch die Einführung eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs zu sichern, 278 wurde diese Regelung aufgrund der Beschlußempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses wieder fallengelassen. 279 Die neue Konzeption orientiert sich stärker an den Nutzungsverträgen und sieht bei nicht angemessenen Vergütungsabreden eine Korrektur des Vertrages vor. Danach hat der Urheber für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung (§ 32 Abs. 1 Satz 1). Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, gilt nach § 32 Abs. 1 Satz 2 die angemessene Vergütung als vereinbart. Soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist, kann der Urheber nach § 32 Abs. 1 Satz 3 von seinem Vertragspartner die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, durch die dem Urheber die angemessene Vergütung gewährt wird. 280 In Ergänzung dazu bestimmt § 36, daß Vereinigungen von Urhebern mit Vereinigungen von Werknutzem oder einzelnen Werknutzem gemeinsame Vergütungsregeln aufstellen. Eine nach einer solchen gemeinsamen Vergütungsregeln bestimmte Vergütung wird sodann nach § 32 Abs. 2 Satz 1 unwiderleglich als angemessen vermutet. Darüber hinaus ist in § 32 Abs. 2 Satz 2 eine Legaldefinition der angemessenen Vergütung vorgesehen. Sie stellt in einer objektiven Betrachtungsweise ex ante auf die redliche Branchenübung ab. 281 Maßstab ist danach die übliche Vergütung, soweit die Branchenpraxis redlich ist. Sofem eine übliche Branchenpraxis feststell276

BGBl. 2002, S. 1155. Der erste Entwurf wurde auf Anregung der Bundesministerin der Justiz Dr. Herta Däubler-Gmelin am 22.05.2000 von den Professoren Dietz, Loewenheim, Nordemann und Schricker in Zusammenarbeit mit Dr : Vogel dem BMJ zugeleitet. Nach erneuter Überarbeitung dieses Entwurfes durch die Verfasser (17.08.2000) veröffentlichte das BMJ dann am 21.05.2001 den sog. Referentenentwurf und gab kurz darauf den Regierungsentwurf (Stand: 30. Mai 2001) bekannt, vgl. http://www.bmj.bund.de/ggv/urhebver.pdf . Zu der Diskussion um den Entwurf, vor allem um den gesetzlichen Vergütungsanspruch vgl. Schack in ZUM 2001, S. 453 ff.; sowie auch Flechsig in ZUM 2000, S. 484ff. 278 Ursprünglich sollte der Anspruch unabhängig von vertraglichen Vergütungsansprüchen bestehen. Für den Fall, daß aufgrund vertraglicher Vereinbarung eine angemessene Vergütung bezahlt wurde, sollte der gesetzliche Vergütungsanspruch erlöschen. Entsprechend sollte bei Entrichtung nur eines Teils der Vergütung der gesetzliche Anspruch analog verringert werden, vgl. Begründung des Entwurfes S.41. Der gesetzliche Vergütungsanspruch war nach dem Entwurf im Interesse des Urheberschutzes im voraus unverzichtbar und unübertragbar. Eine Ausnahme sollte jedoch für eine mögliche Übertragung an für den Urheber tätige Verwertungsgesellschaften vorgesehen werden, die derartige Ansprüche freilich allenfalls aufgrund von Mandatsverträgen geltend machen konnten, vgl. Begründung des Entwurfes S. 44f., http://www.bmj.bund.de/ggv/urhebver.pdf . 279 BT-Drucks. 14/8058 S.5. Die Fassung des Regierungsentwurfes sei bei Verwertem und Bundesländern auf Kritik gestoßen, die zudem daraufhinwiesen, daß sich aus dem Nebeneinander von vertraglichem und gesetzlichem Vergütungsanspruch in der Praxis Probleme ergeben könnten, BT-Drucks. 14/8058 S. 18. 277

280

BGBl. 2002 S. 1155.

E. Filmrecht

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bar ist, die nicht der Redlichkeit entspricht, bedarf es einer wertenden Korrektur nach diesem Maßstab. Kann eine Branchenübung nicht festgestellt werden oder entspricht diese Übung nicht der Redlichkeit, ist die angemessene Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. 282 In Anlehnung an den Bestsellerparagraphen (§ 36 a. F.) ist in § 32 a eine weitere Beteiligung des Urhebers vorgesehen. Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, daß die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Mißverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. 283 Die Grundstruktur des bislang geltenden § 36 wird also beibehalten, so daß insoweit auf die vorhandene Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden kann. Statt eines groben Mißverhältnisses genügt nun jedoch ein auffälliges Mißverhältnis. Die Hürde, die nach dem ehemaligen § 36 (grobes Mißverhältnis) vor dem Anspruch auf Vertragsanpassung aufgestellt war, soll damit deutlich herabgesetzt sein. 284 Der neu eingefügte § 32 b regelt die international-privatrechtlichen Aspekte der Ansprüche aus § 32 und § 32 a. Beide Normen finden zwingend Anwendung, soweit Berührungen mit dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gegeben sind. 285

E. Filmrecht Abschließend soll auch eines der wirtschaftlich bedeutendsten Teilgebiete des Urheberrechts, das Filmrecht, nicht unerwähnt bleiben. Mit der Schaffung der besonderen Bestimmungen für Filmwerke in dem dritten Teil des UrhG von 1965 (§§ 88 ff.) versuchten die Verfasser, den Schwierigkeiten zu begegnen, die für die Filmhersteller aufgrund der unbestimmten Anzahl potentieller Urheber und anderer Berechtigter bei der Verwertung eines Films bestehen können.1 Auch hielt man die Filmhersteller für besonders schützenswert, da die Filme i. d. R. einen großen Ko281

Die Vorschrift soll die Bestimmung des angemessenen Entgelts erleichtem, wenn noch keine Vergütungsregeln vorhanden sind, vgl. BT-Drucks. 14/8058 S. 18. 282 Zur Vertiefung BT-Drucks. 14/8058 S. 18. 283 Vgl. dazu die Ausführungen in der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags, BT-Drucks. 14/8058 S. 19. 284 So die Argumentation in BT-Drucks. 14/8058. 285 BT-Drucks. 14/8058 S. 20. Im internationalen Vertragsrecht gilt Parteiautonomie, die Vertragspartner können also das auf ihren Vertrag anzuwendende Recht grundsätzlich selbst bestimmen, vgl. Art. 27 Abs. 1 EGBGB. Die urheberschützenden Normen nach § 32 und § 32a setzen sich nach § 32 b dennoch durch, wenn Berührungen mit dem Geltungsbereich dieses Gesetze gegeben sind. 1

Vgl. die amtl. Begründung in BT-Drucks. IV/270, S.98 und S. 100.

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stenaufwand erforderten und das finanzielle Risiko hierfür bei den Filmherstellern lag. Als Zielsetzung der §§ 88 ff. des neuen Urheberrechtsgesetzes stand demnach im Vordergrund, dem Filmhersteller die wirtschaftliche Verwertung seiner Filme zu erleichtern, sie insbesondere nicht an den Rechten der Urheber oder sonstigen Berechtigten scheitern zu lassen.2

I. Entwicklung des Films Als Originalväter des Films gingen die Gebrüder A. und L. J. Lumière in die Geschichte ein. Sie zeigten erstmals am 28.12.1895 öffentlich im Grand Café, Boulevard des Capucines (Paris), mittels des von ihnen erfundenen Projektions-Kinetoskops, den sie bald Kinematograph (Cinématographe) nannten, Bildfolgen, die sie auf perforierte Zelluloidstreifen aufgenommen hatten.3 Dieser Kinematograph diente neben der Vorführung auch zur fotografischen Aufnahme des Geschehens und war somit Kamera und Projektionsapparat zugleich. Damit war das noch heute geltende Prinzip des Films erfunden. Im Wege der Fotografie wurden Bilder auf einem langen lichtempfindlichen Streifen aufgenommen, dessen Belichtung und Projektion auf eine Fläche den Eindruck eines bewegten Geschehens hervorrief. 4 Die ersten Motive für die Aufnahme von Bewegungen boten sich im täglichen Leben, auf der Straße, auf den Bühnen der Theater und Variétés. Die Filmstreifen hatten eine Länge von 5 bis 10 Metern und wurden zunächst auf Jahrmärkten und Rummelplätzen von reisenden Schaustellern vorgeführt. 5 Bald darauf nahm sich die aufstrebende Industrie der Kinematographie an. Mit Hilfe der neuen Filmkamera nahm man die unmittelbare körperliche Darstellung der Schauspieler auf und erhielt dadurch einen Artikel, der bei maschineller, fabrikmäßiger Erzeugung unbegrenzt vervielfältigt werden konnte. Den ersten großen Vertrag in diesem Industriezweig Schloß die Firma Pathé-Frères mit der Société des Auteurs dramatique zu dem Zweck, Theateraufführungen zu fotografieren und auf diesem Weg zu verbreiten. 6 In der Entstehungsgeschichte des Films ging es also zunächst um zahlreiche technische Entwicklungen, was patentrechtliche sowie marken- und zivilrechtliche Fra2

Schrickerl Katzenberger, Vor §§ 88 ff. Rz. 9 m. w. N. Reupert, S. 28. Vorläufer des Films war das von Edison entwickelte „Kinetoskop", ein Betrachtungsgerät, durch das eine auf Zelluloidstreifen aufgenommene, sich drehende Endlosbildfolge den Eindruck bewegten Geschehens bei dem Betrachter hervorrief. 4 Auch heute ist der Begriff des Films auf eine bewegte Bild- und Tonfolge, die durch Aneinanderreihung fotografischer oder fotografieähnlicher Einzelbilder den Eindruck des bewegten Bildes entstehen läßt, vgl. SchrickerlLöewenheim §2 Rz. 181. 5 Haeger, S. 12; vgl. auch Reupert, S. 28 f. Die neu erfundenen Filme wurden zunächst vor allem von Wanderkinos auf Jahrmärkten vorgeführt, bevor dann ortsfeste Lichtspielbuden gebaut wurden, die aufgrund des enormen Erfolges und der rasanten Ausbreitung der Filmkunst zunehmend größer wurden bis zu dem Bau der Filmpaläste in den 30iger Jahren. 6 Vgl. Haeger, S. 12. 3

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gen aufwarf. Als Kunstform und als ein Objekt des Urheberrechts trat der Film dann Anfang des 20. Jahrhunderts in Erscheinung. Insbesondere ist an dieser Stelle auf das Verdienst Paul Wegeners zu verweisen, der mit dem 1913 hergestellten Film „Der Student von Prag" und auch in späteren Filmen eine natürliche Darstellung des Geschehens herbeiführte, so daß der Film in Deutschland, von den Entwicklungen in den USA mal abgesehen, langsam auf eine künstlerische Ebene emporwuchs.8 In der Folgezeit entwickelte sich das Filmschaffen zunehmend zu einer künstlerischen Gestaltung. Die Kamera, ursprünglich noch starr und feststehend, wurde beweglich. Panoramaschwenkungen, Fahraufnahmen, Halbnah-, Nah- und Großaufnahmen gaben dem Regisseur Mittel zur psychologischen Führung des Zuschauers.9 Die Entwicklung der Beleuchtungstechnik ließ die Lichtführung besonders in den Vordergrund treten. Schließlich vervollständigten Schnittechnik und Montage der Bilder die Mittel der Gestaltung und die filmischen Gesetze des Stummfilms. 10 Mitte der 20er Jahre erreichte der Film somit in der Stoffgestaltung, Menschendarstellung und Technik der Aufnahme und Wiedergabe eine eigene Kunstform, die sich deutlich von den bisher bekannten Kunstgattungen der Literatur, Tonkunst oder bildenden Kunst abhob, diesen aber trotz der verhältnismäßig kurzen Entwicklungszeit durchaus ebenbürtig war.

II. Ursprüngliche Regelung des Filmrechts in LUG (1901/1910) und K U G (1907/1910) sowie Einordnung des Filmrechts in die Entwürfe des Reichsjustizministeriums von 1932,1933 und 1934 und der Akademie für Deutsches Recht von 1939 In ihrer ursprünglichen Fassung enthielten das LUG von 1901 und das KUG von 1907 keine speziellen Bestimmungen über den Film. 11 Obwohl der „Kinematograph" in urheberrechtlichem Zusammenhang erstmals in dem Gesetzentwurf über den Urheberschutz von Fotografien aus dem Jahre 1902 amtlich erwähnt wurde, 12 fand er in diesen Urheberrechtsgesetzen keine Berücksichtigung. 13 Erst durch das 7

Vgl. Reupert, S. 29; Damit wurde zunächst vor allem das Patentrecht zum relevanten Rechtsgebiet, vgl. auch Katzenberger in GRUR FSH, S. 1401 (1405). 8 Vgl. Haeger, S. 13. 9 Vgl. die Ausführungen bei Haeger, S. 13. Die psychologische Führung der Zuschauer erfolgte durch sorgfältige Bildarbeit und Gestaltung einzelner Szenen, also durch Auswahl, Ausschnitt, Komposition, Vergrößerung oder Verkleinerung der wesentlichen Dinge. 10 Vgl. Haeger, S. 13. 11 Vgl. dazu auch die Darstellung bei Katzenberger in GRUR FSH, S. 1401 (1406). 12 Vgl. „Entwurf eines Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Fotografie", abgedruckt in GRUR 1902, S. 223-230. Zum Näheren Katzenberger in GRUR FS II, S. 1401 (1406). 13 Die allgemein gehaltene Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 1 KUG, wonach der Urheber die ausschließliche Befugnis hatte, das Werk zu vervielfältigen, gewerbsmäßig zu verbreiten und gewerbsmäßig mittels mechanischer oder optischer Einrichtungen vorzuführen, wurde zwar 41 Maracke

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Reichsgesetz zur Ausführung der Berliner Fassung der Berner Übereinkunft 14 wurden in beiden Gesetzen Bestimmungen über den Film aufgenommen. Auf der Berliner Revisionskonferenz war der Wortlaut der Berner Übereinkunft durch einen neuen Art. 14 erweitert worden, der den Urhebern aus dem Bereich der Literatur, der Wissenschaft oder der Kunst das ausschließliche Recht zusprach, die Wiedergabe und öffentliche Aufführung ihrer Werke durch die Kinematographie zu gestatten und damit auch zu verbieten. 15 Damit war der Film als eine neue Technik zur Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke anerkannt.16 In einem Abs. 2 dieser Bestimmung wurde zudem der Film selbst als eine schutzwürdige Kunstform gesehen. Selbständige kinematographische Erzeugnisse sollten danach den gleichen Schutz genießen, wie Werke der Literatur oder Kunst, „sofern der Urheber durch die Anordnung des Bühnenvorgangs oder die Verbindung der dargestellten Begebenheiten dem Werk die Eigenschaft eines persönlichen Originalwerks gegeben hat." 17 Entsprechend dieser internationalen Vorgabe wurde im Zuge der Novelle von 191018 § 12 Abs. 2 LUG mittels Einfügung der Ziff. 6 dahin ergänzt, daß die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers sich insbesondere auch auf die „Benutzung eines Schriftwerkes zu einer bildlichen Darstellung, welche das Originalwerk seinem Inhalt nach im Wege der Kinematographie und eines ihr ähnlichen Verfahrens wiedergibt", erstrecken. 19 Gleichzeitig war in § 14 Ziff. 5 LUG bestimmt, daß im Falle der Übertragung des Urheberrechts dem Urheber, soweit nichts anderes vereinbart war, seine ausschließlichen Befugnisse nunmehr auch für die Benutzung eines Schriftwerkes zum Zwecke der kinematographischen Wiedergabe (§12 Abs. 2 die filmische Vorführung als eine neue Nutzungsart fotografischer Werke anerkannt. Als eigenes urheberrechtlich relevantes Schutzobjekt oder gar eigene Werkgattung wurde der Film jedoch nicht gesehen, vgl. Reupert, S. 30. 14 Die Berliner Revisionskonferenz der Übereinkunft von 1908 machte die Novelle der deutschen Urheberrechtsgesetze von 1910 erforderlich, vgl. hierzu Schricker/Vogel, Einl. Rz.77 sowie Schrickerl Katzenberger Vor §§ 8 8 ff. Rz. 5. 15 Art. 14 Abs. 1 RBÜ in der Berliner Fassung von 1908, abgedruckt im Anhang bei NordemannlVincklHertin, S. 427. Damit war dem Urheber eines derartigen Werkes ein weiteres Werknutzungsrecht gegeben und der bis dahin bestehende Streit um den Urheberschutz der Verfilmung in bezug auf den Urheber eines als Grundlage für die Verfilmung dienenden Werkes beendet worden, vgl. dazu Runge, S. 98. 16 Vgl. die Ausführungen bei Katzenberger in GRUR FS II, S. 1401 (1410). 17 Art. 14 Abs. 2 RBÜ in der Berliner Fassung von 1908, abgedruckt im Anhang bei NordemannlVincklHertin, S.427. In Abs. 3 war zudem vorgesehen, daß „unbeschadet der Rechte des Urhebers am Original die Wiedergabe eines Werkes aus dem Bereich der Literatur, der Wissenschaft oder der Kunst mittels der Kinematographie wie ein Originalwerk" geschützt wird. 18 Vgl. auch die ausfuhrliche Darstellung bei Katzenberger in GRUR FS II, S. 1401 (1410). Die Konventionsregelungen der Berliner Fassung wurden zwei Jahre später durch die Urheberrechtsnovelle von 1910 in das nationale deutsche Recht übertragen. Da das deutsche Urheberrecht seinerzeit auf zwei gesetzlichen Grundlagen aufgebaut war, dem Literarischen Urheberrechtsgesetz von 1901 und dem Kunsturheberrechtsgesetz von 1907, entschied sich der Gesetzgeber für eine Verteilung der Regelungsmaterien auf beide Gesetze. 19 Vgl. zur Vertiefung Allfeld, § 12 LUG, Rz. 25 (S. 171 ff.).

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Ziff. 6) verblieben. Damit war der Verfilmungsschutz anerkannt und zugleich festgestellt, daß die Verfilmung von vorbestehenden Schriftwerken als Bearbeitung der Zustimmung des Verfassers des ursprünglichen Werkes bedurfte. 21 Daneben wurde in dem neu eingefügten § 15 a KUG das Urheberrecht am Filmwerk unter der Voraussetzung anerkannt, daß der Film eine eigentümliche Schöpfung im Sinne des Gesetzes war. 22 Während die Vorschriften des LUG lediglich den Schutz eines literarischen Werkes gegen die Benutzung zu einem Film zum Gegenstand hatten, war in § 15 a KUG erstmals eine Regelung über das „filmische Urheberrecht" getroffen. 23 Die Aufnahme dieser Bestimmung über das Filmurheberrecht in das KUG erklärte sich daraus, daß der Gesetzgeber im Film eine Folge von Fotografien sah.24 Die einzelnen Fotografien waren allgemein durch §§ 1 und 2 KUG als Lichtbilder geschützt.25 Darüber hinaus sollte aber der Film im ganzen ebenfalls Urheberrechtsschutz genießen, wenn die ganze Bilderfolge als eine eigentümliche Schöpfung anzusehen war. 26 Damit hatte der Film Eingang in das deutsche Urheberrecht gefunden und war, wenn die Voraussetzungen einer eigentümlichen Schöpfung gegeben waren, als Werk im urheberrechtlichen Sinne anerkannt. Diese noch verhältnismäßig unvollständige Regelung in den damaligen deutschen Urheberrechtsgesetzen bildete zugleich die Ursache für eine Reihe von Streitfragen, die lange Zeit sowohl die Wissenschaft als auch die Praxis beschäftigen sollten. Schwierigkeiten ergaben sich insbesondere bei Aufkommen des Tonfilms. 27 Das Filmband enthielt nunmehr zusätzlich zum Bildteil einen Tonteil. Es kam die Frage auf, ob der Tonfilm den Werken der Literatur und demnach dem LUG zuzuordnen sei oder als ein Werk der Kunst (Fotografie) gedeutet werden solle, oder ob 20

Vgl. Allfeld, § 14 LUG, Rz.9 (S. 186). Berthold/Von Hartlieb, Filmrecht, S. 2. 22 Vgl. den Wortlaut des § 15 a KUG: „Ist ein im Wege der Kinematographie oder eines ihr ähnlichen Verfahrens hergestelltes Werk wegen der Anordnung des Bühnenvorgangs oder der Verbindung der dargestellten Begebenheiten als eine eigentümliche Schöpfung anzusehen, so erstreckt sich das Urheberrecht auf die bildliche Wiedergabe der dargestellten Handlung in geänderter Gestaltung. Der Urheber hat die ausschließliche Befugnis, das Werk öffentlich vorzuführen." 23 Vgl. Fagg, S. 26. Als einzige Quelle des filmischen Urheberrechts verbleibe somit § 15 a KUG. 24 Die Frage, ob die Bestimmung des § 15 a zw Recht in das KUG aufgenommen worden war oder besser in dem LUG ihren Platz gefunden hätte, war stark umstritten, vgl. dazu Marwitz, § 15 a KUG, S. 126, der diese Frage für praktisch wenig relevant und zugleich unlösbar hielt. 25 Marwitz, § 15 a KUG, S. 127. 26 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1. Auflage, S.94. 27 Vgl. hierzu Reupert, S. 34. Am 06.10.1927 verschaffte die Warner Brothers Filmgesellschaft in den USA mit „The Jazzsinger" dem Tonfilm den Durchbruch. Die deutschen Gesetze machten allerdings die Entwicklung vom Stummfilm zum Tonfilm nicht mit, es war daher der Rechtsprechung und vor allem auch der Lehre überlassen, die im Gesetz für den stummen Film ohnehin nur nachträglich eingefügten Bestimmungen auch noch auf den Tonfilm auszudehnen, vgl. Bappert, S. 32. 21

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es sich um ein Werk eigener Art handelte.28 Streit bestand weiterhin über die Frage, ob der Tonfilm rechtlich überhaupt ein einheitliches Werk darstelle, so daß Bildteil und Tonteil nur als Elemente einer Werkeinheit aufzufassen waren oder ob der Tonfilm ein aus Bild- und Tonteil zusammengesetztes Werk sei, so daß diese beiden Teile eine gesonderte rechtliche Behandlung zu erfahren hatten.29 Während also einerseits aus der künstlerischen und technischen Einheit bei Aufnahme bzw. Herstellung und Wiedergabe des Tonfilms gefolgert wurde, daß dieser auch rechtlich ein einheitliches Werk darstellen müßte30, wurde andererseits strikt zwischen dem optischen und dem akustischen Teil getrennt. Nach letzterer Auffassung war der optische Teil des Tonfilms ein eigenes Werk, welcher den filmrechtlichen Bestimmungen zugeordnet werden mußte und der akustische Teil lediglich eine Aufführung, Vorführung oder Vervielfältigung eines Tonkunstwerkes, der den instrumentalrechtlichen Bestimmungen zuzurechnen sei.31 Der Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 entschied den Streit dahin, daß die Werke der Kinematographie als Werke der Literatur anzusehen waren (§ 2 Abs. 1 Ziff. 4). Die Begründung führte dazu aus, daß die wesentliche Bedeutung dieser Werke, wenn sie mit dem Ausdrucksmittel der Fotografie wirken, doch auf literarischem Gebiet, nämlich in dem dramatischen oder sonstwie in sich geschlossenen, in einer Bilderfolge verkörperten Gedankenaufbau liege, der durch die Bilderfolge wiedergegeben werde. 32 Kinematographisch aufgenommene Bilderfolgen ohne einen solchen Gedankenaufbau, also ohne literarischen Gehalt, gehörten nach dem Entwurf nicht zu den Werken der Kinematographie und sollten daher nur als Fotografie geschützt sein.33 Während ehemals unter Werken der Kinematographie nur Lichtbildreihen verstanden wurden, die Bewegungsvorgänge zur visuellen Darstellung brachten, wollte der Entwurf von 1932 nicht nur den stummen Film, sondern auch den Tonfilm als ein Werk der Kinematographie und damit als ein literarisches Werk i. s. d. § 2 Abs. 1 Ziff.4 verstanden wissen.34 28

Vgl. Berthold/von Hartlieb, Filmrecht, S.5. Eine ausführliche Darstellung dieses Streits findet sich bei Berthold/von Hartlieb, Filmrecht, S. 10 ff. und auch bei Bappert, S. 36. 30 So vor allem Elster in UFITA Bd. 2 (1929), S. 262f. Es gehe um die „synchronistische Einheit" von Bild und Ton. Die künstlerische Gesamtwirkung des Tonfilms im gleichzeitigen Zusammenspiel von Bild und Musik erfordere deshalb die Annahme nur eines Urheberrechts an dieser Kunstform einheitlicher Prägung. 31 Als Vertreter dieser Ansicht sei Cahn-Speyer in GRUR 1929, S. 543 ff. sowie in UFITA Bd.2 (1929), S.497ff. und auch in GRUR 1930, S.294ff. genannt. 32 Begründung des Entwurfes von 1932, S. 34; vgl. dazu auch Klauer in GRUR 1932, S. 639 (641). Kritisch zu dieser Entscheidung des Entwurfes von 1932 zeigte sich Marwitz in DJZ 1932, S. 1264 (1265). Die Bestimmung sei wenig glücklich und werde zu vielen Streitigkeiten Anlaß geben. 33 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S. 34. In jedem Fall, mag es sich um ein als Werk der Kinematographie zu wertendes Werk oder um ein anderes kinematographisches Erzeugnis handeln, waren die einzelnen Lichtbilder, aus denen es sich zusammensetzte, als Werke der Fotografie geschützt. 29

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Die optischen und akustischen Teile sollten allerdings dem Werk der Kinematographie nur insoweit zugerechnet werden, als sie sich auf den literarischen Inhalt des Films bezogen, als sie, wie der Entwurf dies ausdrückte, „die Handlungen und Vorgänge, die den Gegenstand des Werkes bildeten, für das Gehör wiedergaben". Dazu gehörte der die Vorgänge begleitende Text, während die Musik nicht als Teil des Werkes der Kinematographie angesehen wurde. 35 Während beim „SprechBildfilm" der bildliche mit dem sprachlichen Teil in der Regel eine untrennbare Einheit, das Werk der Kinematographie darstelle, faßte der Entwurf die Kombination von Bild und Musik, also den eigentlichen Tonfilm, nicht als ein einheitliches Ganzes, sondern als die Verbindung zweier verschiedener Werke auf, nämlich als die Verbindung eines Werkes der Literatur mit einem Werk der Tonkunst. Es liege hier wie bei der Oper, die ebenfalls als eine Verbindung eines Werkes der Literatur mit einem Werk der Tonkunst, also zweier verschiedener Werke, galt. 36 Weder entstehe ein neuer Gegenstand eines besonderen Urheberrechts noch könne die Verbindung an sich bewirken, daß an den verbundenen Werken Miturheberrechte entstehen.37 Damit war aber lediglich die Frage nach der Einordnung des Films in die Aufzählung der geschützten Werke behandelt. Schwieriger war die Überlegung, wem das Urheberrecht an einem solchen Werk der Kinematographie zustehen sollte.38 Da der Entwurf nur eigentümliche geistige Schöpfungen als Werke der Literatur oder 34 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S.34. Der Entwurf glaubte der Entwicklung der Technik folgen zu müssen, die es ermöglicht hatte, Vorrichtungen zu schaffen, womit Vorgänge, soweit sie sichtbar und auch soweit sie hörbar waren, festgehalten und auch für Auge und Ohr gleichzeitig wahrnehmbar gemacht werden konnten. 35 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S. 35 und auch Klauer in GRUR 1932, S. 639 (641). 36 Vgl. dazu Begründung des Entwurfes von 1932, S. 35. Ebensowenig wie bei der Oper werde durch die Zusammenstellung von Text und Musik ein von den verbundenen Werken verschiedenes neues Werk geschaffen. Auch Klauer sah es in GRUR 1932, S. 639 (641) nicht als notwendig an, den Tonfilm einschließlich der Musik als ein einheitliches Werk anzusehen. Auch bei Schallplatte und Oper werde gleichfalls nur eine Verbindung von Werken angenommen. Wirtschaftliche Erwägungen zugunsten des Filmuntemehmers nötigten ebenfalls nicht zur Annahme eines einheitlichen Werkes. 37 Begründung des Entwurfes von 1932, S. 35. Reine Sprechfilme oder reine Musikfilme sollten schließlich nicht zu den Tonfilmen gerechnet werden. Diese waren nach der dem Entwurf zugrunde liegenden Auffassung ebenso wie Schallplatten stets nur Vorrichtungen zur wiederholbaren Wiedergabe von Sprachwerken oder Tonwerken. Die bloße Schallübertragung des Vortrags oder der Aufführung eines Werkes der Literatur oder Tonkunst im photoelektrischen Verfahren auf Filmstreifen war nach § 14 Abs. 2 des Entwurfes eine Vervielfältigung des Werkes. Da eine solche Übertragung keine schöpferische Tätigkeit darstelle, dürfe darin keine Bearbeitung erblickt werden. Dasselbe gelte auch für die bloße Übertragung der Aufführung eines Werkes auf Vorrichtungen zur gleichzeitigen Wiedergabe für Auge und Ohr, also auf einen Tonfilm, wie beispielsweise die Übertragung der Bühnenaufführung eines Schauspiels oder einer Oper auf eine solche Vorrichtung. 38 Vgl. dazu auch die Ausführungen bei Klauer in GRUR 1932, S. 639 (651 f.). Die schwierigsten Fragen bei der Beurteilung, wem das Urheberrecht an den jeweiligen Werken zustehen sollte, ergäben sich für den Film, besonders für den Tonfilm.

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Kunst schützte, konnte das Urheberrecht an solchen Werken nur in der Person ihres Schöpfers entstehen. Urheber eines Werkes war daher nach § 7 Abs. 1 derjenige, der es geschaffen hatte. 39 Von diesem Grundsatz machte der Entwurf keine Ausnahme, auch nicht bei den gewerbsmäßig hergestellten Werken der Kinematographie. 40 Es gehe nicht an, den schöpferisch tätigen Personen hier die Rechte zu versagen, die das Gesetz dem Urheber ganz allgemein einräume, und sie statt dessen dem Unternehmer zu geben, dessen Tätigkeit in der Regel keine eigenschöpferische Tätigkeit darstelle, sondern auf wirtschaftlichem oder organisatorischem Gebiet liege. 4 1 Es bleibe demnach auch bei Werken der Kinematographie dabei, daß Urheber des Werkes sei, wer es geschaffen habe. Diese Frage könne bei den genannten Werken infolge der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse vom Gesetz nicht schematisch entschieden, sondern immer nur i m Einzelfall beantwortet werden. 4 2 War es also nach Auffassung des Entwurfes weder notwendig noch richtig, für die Urheberschaft an Werken der Kinematographie eine von § 7 Abs. 1 abweichende Sondervorschrift zu treffen, so sollte doch an den schutzwürdigen Interessen der Unternehmer, die alle Kosten und das ganze Risiko der Produktion von Filmwerken trugen, nicht vorübergegangen werden. Daher war in § 21 Abs. 1 des Entwurfes bestimmt, daß die Werknutzungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Werken der K i nematographie kraft Gesetzes auf den Unternehmer übergingen. 43 Dadurch sollte 39

Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S.40. In Übereinstimmung mit dem geltenden Recht sah der Entwurf von 1932 davon ab, als Urheber von gewerbsmäßig hergestellten Werken der Kinematographie stets den Unternehmer zu behandeln, auf dessen Rechnung ein solches Werk geschaffen wurde. Es sei zwar richtig, daß bei den genannten Werken der Anstoß zur Herstellung meist vom Unternehmer ausgehe, daß dieser die Mittel zur Schaffung bereitstelle und daß die mitwirkenden Personen ihre Tätigkeit für den Unternehmer und auf sein Geheiß hin entfalten. Auch sei es richtig, daß die Lösung der Frage, wer an einem solchen Werk schöpferisch mitgewirkt habe, im einzelnen Schwierigkeiten bereiten könne. Diese Umstände könnten es aber noch nicht rechtfertigen, den Grundsatz zu durchbrechen, daß das Urheberrecht an einem literarischen oder künstlerischen Werk nur in der Person des Schöpfers entstehen könne, vgl. die Begründung des Entwurfes von 1932, S.40. 41 Begründung des Entwurfes von 1932, S.40. Vgl. zur Vertiefung auch die Ausführungen bei Klauer in GRUR 1932, S. 639 (651 f.). Der Entwurf unterschied zwei Gruppen von Personen, die am Film mitwirkten. In erster Linie die Schöpfer anderer, bereits vorher bestehender Werke, die zur Herstellung des Werkes der Kinematographie benutzt werden, wie beispielsweise den Verfasser des verfilmten Romans. Von dieser Gruppe, welche bereits vor der Herstellung des Films vorhandene Werke betraf, war die Gruppe von Personen zu unterscheiden, die im Dienste des Filmunternehmers unmittelbar an der Herstellung des Films mitwirkten, wie etwa der Regisseur, der Spielleiter, der Kameramann oder auch der Schauspieler. 42 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S.70. Ebenso verfehlt wäre es, über die Frage, wem das ursprüngliche Urheberrecht an solchen Werken zustehe, Vereinbarungen der Parteien entscheiden zu lassen. 43 Damit sollte zugleich dem allgemeinen Interesse an der Rechtssicherheit im Verkehr Rechnung getragen werden, die eine Klarstellung erfordere, daß das Recht zur urheberrechtlichen Verwertung eines gewerbsmäßig hergestellten Werkes der Kinematographie allein dem Inhaber des Unternehmens zustehe. Außerdem berief sich die Begründung (S.71) darauf, daß diese Werke ja gerade zu dem Zweck geschaffen würden, von dem Unternehmer durch Veröf40

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der Erwerb dieser Rechte dem Unternehmer unbedingt gesichert werden, so auch dann, wenn der von ihm mit dem Urheber abgeschlossene Vertrag wegen Handlungsunfähigkeit oder aus anderem Grunde ungültig war. Femer sollte sich jeder, dem der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger die öffentliche Aufführung des kinematographischen Werkes gestattet hatte, darauf verlassen können, daß ihm die Aufführung nicht durch einen Dritten versagt werden könne, der behauptete, er habe an der Schaffung des kinematographischen Werkes schöpferisch mitgewirkt. 44 Zur weiteren Stärkung der Stellung des Filmuntemehmers war schließlich in § 49 eine Zwangslizenz vorgesehen, wonach dieser, wenn ein Werk erlaubterweise zur Herstellung eines Werkes der Kinematographie oder zur Wiedergabe im Rahmen eines solchen Werkes benutzt worden war, von dem dazu Berechtigten verlangen konnte, gegen eine angemessene Vergütung die Erlaubnis zur Verwertung des Werkes der Kinematographie zu erhalten. 45 Handelte es sich bei diesen Regelungen doch nur um einen Entwurf, also um theoretische Überlegungen zur möglichen Neuregelung des Urheberrechts, mußte die Praxis noch mit den geltenden Bestimmungen des LUG und KUG bei der rechtlichen Einordnung des Tonfilms auskommen. Das Reichsgericht folgte dabei den Überlegungen des Entwurfes von 1932, wonach die Film werke noch nicht als Werke eigener Art verstanden wurden. In der „Tonfilmentscheidung" hatte man zunächst die synchronistische Einheit des Tonfilms angenommen und die Anwendung des § 12 Abs. 2 Ziff. 6 über die Benutzung eines Schriftwerkes zu einer bildlichen Darstellung, welche das Originalwerk seinem Inhalt nach im Wege der Kinematographie oder eines ihr ähnlichen Verfahrens wiedergibt, auf den Tonfilm abgelehnt. 46 Nur der Stummfilm gebe ein literarisches Werk seinem Inhalt nach, also ohne Worte, nur durch die Art und Weise der Gestaltung und Aufeinanderfolge stummer, pantomimischer Szenen wieder. Zwar liege das kennzeichnende Merkmal des Tonfilms in der organisch durch den Schöpfer gewollten Verbindung von Bild und Ton. Gleichwohl sei darin aber keine fentlichung, Vervielfältigung, gewerbsmäßige Verbreitung der Vervielfältigungen und durch öffentliche Aufführung verwertet zu werden. Daher ergebe es sich schon aus dem Zweck des Vertrags, womit sich die Schöpfer des kinematographischen Werkes dem Unternehmer gegenüber zur Herstellung des Werkes verpflichtet hätten, ihm auch ihre urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse daran zu übertragen. 44 Vgl. Begründung des Entwurfes von 1932, S.71. Das Urheberpersönlichkeitsrecht sollte dagegen den Urhebern gewerbsmäßig hergestellter Werke der Kinematographie verbleiben. Vor allem sollten sie nach wie vor das Recht haben, zu bestimmen, ob und wie sie auf den Vervielfältigungen und bei den öffentlichen Aufführungen des Werkes zu bezeichnen sind. 45 Vgl. dazu Begründung des Entwurfes von 1932, S. 100. Der Filmunternehmer konnte also verlangen, daß ihm die Erlaubnis erteilt werde, Vervielfältigungen von dem Werk der Kinematographie herzustellen, zu öffentlichen Aufführungen oder dergleichen zu benutzen. Ausgenommen war nur das auf Bearbeitungen gerichtete Recht, denn es lag auf der Hand, daß der Filmhersteller mangels besonderer Abrede nicht die entlehnte Romanhandlung zu einem Drama verarbeiten oder das gefilmte Manuskript zu einem Roman umgestalten durfte. 46 RGZ 140, S.231 (244). Tonfilmurteil des RG vom 05.04.1933.

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nach allgemeinen Kriterien zu beurteilende Werkschöpfung zu sehen. Vielmehr kam das Reichsgericht zu dem Ergebnis, daß die „Vertonfilmung" eine Bearbeitung eigener Art sei, und zwar eines Schriftwerkes und eines Werkes der Tonkunst.47 Da der Tonfilm nicht als eigene Kunstgattung, sondern als Verbindung eines Werkes der Literatur mit einem Werk der Tonkunst betrachtet wurde, konnte auch kein Urheber des Filmwerkes selbst festgelegt werden. Wem die Bildfolge rechtlich zuzuordnen sei, blieb daher offen. 48 In der internen Überarbeitung des Entwurfes von 1932 aus dem Jahre 1933 erfuhr das Filmrecht einige wesentliche Änderungen. 49 Abgesehen davon, daß die Filmwerke nicht mehr in die Werke der Literatur eingereiht, sondern in § 1 Abs. 4 eigens aufgeführt waren, wurde das Urheberrecht an dem Filmwerk dem Inhaber des Unternehmens zugewiesen (§ 5 Abs. 2). 50 Damit sollten die besonders gelagerten gewerblichen Interessen der Filmindustrie berücksichtigt werden. 51 Dem Inhaber des Filmunternehmens stand also neben den Werknutzungsrechten auch das Urheberpersönlichkeitsrecht zu. An den zur Herstellung von Film werken benutzten Werken, beispielsweise an dem verfilmten Roman oder der Filmmusik, blieben die Urheberrechte allerdings weiterhin unberührt. Eine Besonderheit war für den Verfasser von „Filmhandschriften" vorgesehen. Hier müsse ein gewisses Bedürfnis für den Filmunternehmer anerkannt werden, über solches Material frei verfügen zu können und es auf Vorrat zu erwerben, ohne unbedingt zur Herstellung eines Films nach der Handschrift verpflichtet zu sein.52 Daher war es zulässig, daß ein Filmunternehmer, der solche Handschriften zur gewerbsmäßigen Herstellung eines Filmwerkes erworben hatte, mit dem Verfasser vereinbarte, die erworbenen Rechte frei weiter übertragen zu können und sie von dem Rückrufsrecht des Verfassers auszunehmen.53 Denfilmschaffenden Künstlern, wie beispielsweise dem Regisseur und den bei der Filmherstellung mitwirkenden ausübenden Künstlern, also den Schauspielern oder Sängern, stand neben dem Anspruch auf die vertragsmäßige Vergütung nur das Recht auf Namensnennung sowie der Schutz gegen Änderungen zu. Die beiden letztgenannten Rechte unterlagen allerdings freier Vereinbarung, waren also in vollem Maße abdingbar.54 47

Demnach gewährte das RG dem Komponisten ein besonderes Aufführungsrecht an der in dem Film verwendeten Musik, vgl. RGZ 140, S.231 (244). 48 Vgl. Reuperu S.35. 49 Vgl. R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S. Iff. 50 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S. 6. 51 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S. 3. 52 Vgl. R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S.7. 53 Vgl. R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S.7. 54 R 3001/6559, Blatt 64: Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933, S. 8.

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Eigenständig aufgeführt war das Film werk auch in § 1 Abs. 4 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1934. Filmwerke wurden danach geschützt, gleichviel, ob sie zur Wiedergabe allein für das Gesicht oder zugleich für Gesicht und Gehör bestimmt waren. 55 Ebenfalls in Übereinstimmung mit dem Vorschlag von 1933 sprach § 5 Abs. 2 des Entwurfes von 1934 das Urheberrecht an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken dem Inhaber des Unternehmens zu. Die Rechte an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken sollten allerdings unberührt bleiben. In der zur Beratung dieses Entwurfes abgehaltenen Sitzung am 16. und 17.02.1934 schlug Dr. Plügge vor, die Formulierung dieser Bestimmung sogar noch deutlicher zu fassen, daß das Urheberrecht am Filmwerk kraft Gesetzes dem „Hersteller" zustehen sollte, „egal, ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelte".56 Ebenfalls gesondert erwähnt, und nicht mehr unter die Werke der Literatur gefaßt, waren die Filmwerke in § 1 Abs. 2 Ziff. 4 des Entwurfes der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1939.57 Anders als nach den Erwägungen der Entwürfe des Reichsjustizministeriums verzichtete der Entwurf von 1939 jedoch auf eine gesetzgeberische Lösung der Frage nach dem Urheber eines Filmwerkes. 58 Den Verfassern erschien es nicht angängig, das Urheberrecht am Film dem Filmuntemehmer zuzuerkennen, weil damit der für die Gestaltung des Gesetzes tragende Grundsatz durchbrochen würde, daß das Urheberrecht seinem Wesen nach nur ein Recht desjenigen sein könne, der das Werk geschaffen habe.59 Das Kostenrisiko, das üblicherweise mit der Herstellung eines Films verbunden sei, und die Art der Filmverwertung würden es allerdings notwendig machen, daß der dafür verantwortliche Hersteller des Filmwerkes eine eindeutige und von Zufälligkeiten im Tatbestand des Einzelfalles unabhängige Legitimation zur Verwertung des Filmwerkes erhalte. Daraus folgerte der Ausschuß, daß unbeschadet des Urheberrechts der filmschaffenden Urheber und selbstverständlich auch unter Wahrung der Rechte der Urheber 55

§ 1 Abs. 4 des Entwurfes des Reichsjustizministeriums von 1934 abgedruckt bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 534. 56 Vgl. Protokoll der Sitzung vom 16. Und 17.02.1934, abgedruckt bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 567. 57 In dem Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes (S.47) war dazu ausgeführt, daß die künstlerische Entwicklung auf dem Gebiet des Films in seinen verschiedenen Erscheinungsformen dazu zwinge, das Filmwerk als eigene Kategorie urheberrechtlich geschützter Werke anzuerkennen, und zwar auch dort, wo das Filmwerk unter Benutzung eines anderen Werkes, insbesondere eines literarischen Werkes, geschaffen worden war. 58 Vgl. dazu die Übersicht bei Hoffmann in DR in V.m. JW von 1939, S. 1221 (1222). Die Frage nach der Urheberschaft am Film war eines der umstrittensten urheberrechtlichen Probleme. Die Schwierigkeiten, hier eine Lösung zu finden, waren so groß, daß für die Bearbeitung aller mit dem Filmrecht zusammenhängenden Fragen ein besonderer Filmrechtsausschuß eingesetzt worden war, dem es nach Ansicht Hoffmanns gelungen war, eine außerordentlich brauchbare Lösung des Problems zu finden, die die Notwendigkeiten der Filmpraxis berücksichtigte und den Grundlinien des Entwurfes gerecht wurde. 59 Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.48.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

von im Film benutzten Werken das Verwertungsrecht für das Filmwerk dem Hersteller dieses Filmwerkes zustehen müsse. In § 19 b Abs. 1 des Entwurfes von 1939 war daher vorgesehen, daß der Hersteller eines Filmwerkes mit der Herstellung des Films die den Urhebern des Filmwerkes zustehenden Rechte erwarb, die zur Verwertung des Filmwerkes notwendig waren, wobei diese Rechte noch im einzelnen aufgezählt wurden. Den filmschaffenden Urhebern verblieb damit, wie in Abs. 2 ausdrücklich erwähnt, insbesondere das Recht auf den Schutz in ihren eigenpersönlichen Beziehungen zu dem Werk. 60 Zur Vermeidung von MißVerständnissen war in Abs. 3 zum Ausdruck gebracht, daß der Hersteller des Filmwerkes den Urhebern des Filmwerkes als Gegenleistung für das ihm kraft Gesetzes eingeräumte Werknutzungsrecht eine angemessene Vergütung zu zahlen hatte. Da diese gesetzliche Lizenz auf das Verwertungsrecht beschränkt war, konnte sie allein nicht ausreichen, um den Filmhersteller in die Lage zu versetzen, Ansprüche zu erheben, wenn durch Dritte das Filmwerk derart verwertet wurde, daß sein geistiger oder künstlerischer Gehalt beeinträchtigt wurde. Um dem Filmhersteller auch die Möglichkeit zu geben, gegen Verschandelungen des Filmwerkes vorzugehen, ohne sich erst eine Legitimation von denfilmschaffenden Urhebern verschaffen zu müssen, räumte der Entwurf in § 19 b Abs. 2 dem Filmhersteller das Recht ein, im Falle von Beeinträchtigungen des geistigen oder künstlerischen Gehalts des Filmwerkes bei der Verwertung Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz zu stellen.61 Mit der Bestimmung des § 19 b waren aber nur die Beziehungen zwischen dem Filmhersteller und denfilmschaffenden Urhebern klargestellt. Die Beziehungen zu den Urhebern der für den Film benutzten Werke sollte § 19 a regeln. Obwohl es selbstverständlich erscheine, daß jeder literarische Urheber und jeder Komponist frei darüber bestimmen könne, ob er die Benutzung seines Werkes für ein Filmwerk zulassen wolle, zählte der Entwurf zunächst in einem gesonderten § 15 ausdrücklich die einzelnen Befugnisse auf, die aus diesem Recht der einzelnen Urheber, das Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, hervorgingen. 62 Für die daraus hervorgehende Befugnis zur Vervielfältigung und Verbreitung einerseits, sowie für die Befugnis zu Vorführung andererseits, war dann in § 19 a Abs. 1 festgelegt, daß sie bei der Einräumung des Rechts, ein Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, eine untrennbare Einheit bilden. Mit dieser komplizierten Regelung sollte 60 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.49. 61 Vgl. dazu Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.50. Gleichzeitig war aber zum Ausdruck gebracht, daß die dem Schutz ihrer Urheberehre dienenden Rechte der Urheber des Filmwerkes und für den Film benutzter Werke durch das Recht des Filmherstellers nicht berührt werden. Auch wurde die eigentlich selbstverständlich erscheinende Tatsache, daß bei Ausübung dieser Rechte angemessene Rücksicht auf die Belange der Miturheber und des Filmherstellers zu nehmen ist, in einem Nachsatz zum Ausdruck gebracht. 62 Genannt waren in § 15 die Befugnis, 1) das unter Benutzung dieses Werkes hergestellte Filmwerk zu vervielfältigen und zu verbreiten, 2) es öffentlich vorzuführen, 3) es durch Rundfunk zu senden und 4) die Verwertung von Übersetzungen des Filmwerkes zu gestatten.

E. Filmrecht

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vermieden werden, daß die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Vorführung eines erlaubtermaßen unter Benutzung eines anderen Werkes hergestellten Filmwerkes durch den Urheber des benutzten Werkes unmöglich gemacht wurde. 63 Der Vorführer eines Films konnte sich also darauf verlassen, daß der Hersteller, der den Film unter Benutzung eines fremden Werkes mit Zustimmung des Urhebers hergestellt hatte, auch befugt war, die Vorführung des Films zu gestatten. Die Folge der Einräumung des denfilmschaffenden Urhebern zustehenden Verwertungsrechts an den Filmhersteller und die Verknüpfung des Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts mit dem Vorführungsrecht schlossen es aus, daß diefilmschaffenden Urheber oder die Urheber von Werken, die erlaubtermaßen für die Herstellung des Films benutzt wurden, gegenüber dem Vorführer des Films Verbotsrechte geltend machen konnten. Sie konnten also nicht die Genehmigung von Vorführungen von der Zahlung eines entsprechenden zusätzlichen Entgelts seitens des Vorführers abhängig machen.64 Als Ausnahme von diesem Grundsatz war in den §§ 19a Abs. 3 und 19b Abs. 4 die Bestimmung getroffen, daß sowohl der Urheber eines Werkes der Tonkunst trotz Einräumung des Rechts, dieses Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, als auch der Urheber der zum Filmwerk gehörenden Musik, also der zu den Filmschaffenden gehörende Komponist, unbeschadet des dem Filmhersteller zustehenden Verwertungsrechts das Recht behielten, von dem Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes eine angemessene Vergütung für die Vorführungen zu verlangen. Damit jedoch der Vorführer nicht Ansprüchen aus dieser Regelung von verschiedensten Seiten ausgesetzt war, sollte ausschließlich der Filmhersteller ermächtigt sein, diese Ansprüche für die Rechnung des Urhebers geltend zu machen, sofern dieser die Geltendmachung seiner Ansprüche nicht bereits einer Verwertungsgesellschaft überlassen hatte.65 63

Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.51. 64 Für das Recht, das Filmwerk durch Funk zu senden, und die Verwertung von Übersetzungen des Filmwerkes zu gestatten, mußte dem Urheber des benutzten Werkes nach Ansicht des Ausschusses jedoch die freie Verfügungsmöglichkeit zugebilligt werden. Im Gegensatz zu den das Filmwerk schaffenden Urhebern, deren Tätigkeit sich in der Schaffung des Filmwerkes erschöpfte, sei der Urheber eines für den Film benutzten Werkes auch auf weitere Verwertungsmöglichkeiten seines unabhängig vom Filmwerk bestehenden Werkes angewiesen. Er müsse daher in der Ausgestaltung des Filmvertrages weitergehende Freiheiten haben, soweit es sich nicht um Bestimmungen handelte, die für eine Sicherstellung des Filmherstellers unerläßlich waren, vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.51. 65 Vgl. dazu Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.52. Damit wollte man die bereits bestehende Praxis fortsetzen, wonach die Urheber der für Filmwerke benutzten Werke der Tonkunst das Vorführungsrecht durch die Stagma direkt gegenüber dem Vorführer des Films geltend machten, der demgemäß für die Genehmigung der Vorführung ein entsprechendes Entgelt auch direkt an diese musikalischen Urheber zu Händen der Stagma zahlte. Dieses System für die Zah-

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

III. Internationale Vorgaben durch die Brüsseler Fassung der RBÜ von 1948 Wie bereits erwähnt, hatte das Filmrecht erstmals auf der Berliner Konferenz von 1908 Eingang in die Bemer Übereinkunft gefunden. Die anschließende Konferenz von Rom im Jahre 1928 hatte als wichtigste Errungenschaften die Verankerung des Schutzes des Urheberpersönlichkeitsrechtes in Art. 6 bis sowie die Einführung einer Mindestschutzregelung über das Senderecht in Art. 11 bis aufzuweisen. 66 Speziell das Filmrecht fand dagegen wenig Berücksichtigung, es wurde lediglich in Art. 14 Abs. 1 klargestellt, daß der Schutz eines Werkes gegen Verfilmung auch die filmische Bearbeitung (Adaption) umfaßte. Für den Schutz der Filmwerke selbst wurde in Art. 14 Abs. 2 die Einschränkung beseitigt, daß die Werkqualität eines Films nur aus der „Anordnung des Bühnenvorgangs" oder der „Verbindung der dargestellten Begebenheiten" folgen könne. Auch wurde von der Schutzvoraussetzung eines „persönlichen Originalwerkes" abgesehen und in bezug auf Filme ohne Werkqualität ausdrücklich auf den Schutz der Werke der Fotografie verwiesen. 67 War auf der Romkonferenz noch darauf verzichtet worden, die Filmwerke in den allgemeinen Katalog der konventionsgeschützten Werkarten des Art. 2 Abs. 1 einzubeziehen68, wurden diese bei den Beratungen der Brüsseler Konferenz im Jahre 1948 explizit in den Werkkatalog des Art. 2 Abs. 1 aufgenommen. 69 Das Filmrecht selbst war weiterhin in Art. 14 geregelt. Dabei wurde nunmehr ausdrücklich zwischen dem Urheberrecht an den zur Herstellung des Film Werkes verwendeten Werken und dem Urheberrecht am Film werk selbst unterschieden.70 Während Art. 14 Abs. 1 RBÜ den Urhebern der zur Herstellung des Filmwerkes verwendeten Werke konventionseigene Rechte zusprach und dieser Schutz auf der Brüsseler Konferenz sogar noch um das Verbreitungsrecht erweitert wurde 71, war zu dem Urheberrecht am Filmwerk selbst in Art. 14 Abs. 2 lediglich festgestellt, daß das kinematographische Werk als ein Originalwerk geschützt wird. Damit wurde es abermals in den lung entsprechender Vergütungen an den musikalischen Urheber habe sich im wesentlichen bewährt, so daß es nicht angezeigt scheine, in diese bestehende Praxis einzugreifen. 66 Vgl. Katzenberger in GRUR FS II, S. 1401 (1415). 67 Vgl. zum Ganzen den Überblick bei Katzenberger in GRUR FSH, S. 1401 (1415f.), der auch von einem im Grünen Verein zur Vorbereitung der Romkonferenz gebildeten Unterausschuß berichtet, dessen Arbeiten und Vorschläge auch zum Thema Filmrecht - als Berichterstatter waren Goldbaum und Friedemann - genannt, in einem GRUR-Sonderheft vom September 1927 veröffentlicht worden waren. 68 Vgl. den Wortlaut des Art. 2 Abs. 1 der RBÜ in der Fassung von Rom, abgedruckt im Anhang bei Nordemann/Vinck/Hertin, S.415. 69 Frankreich hatte die Aufnahme aller kinematographischen Werke in den Werkekatalog vorgeschlagen und war damit durchgedrungen, vgl. Baum in GRUR 1949, S. 1 (6). Umfassende Ausführungen zum Filmwerk als geschütztes Werk im Sinne der RBÜ gibt auch Bertholdlvon Hartlieb, Filmrecht, S.729f. 70 Vgl. Bappert/Wagner, Art. 14 RBÜ. 71 Katzenberger in GRUR FSH, S. 1401 (1417).

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Werkkatalog der in der RBÜ aufgeführten Werke der Literatur und Kunst eingereiht. 72 Zu der umstrittenen Frage, wer Urheber eines Filmkunstwerkes sei oder wer als solcher zu gelten habe, schwieg die RBÜ. Die Lösung dieses Problems, das zu den schwierigsten im ganzen Filmrecht überhaupt gehörte, war somit den Gesetzgebungen der einzelnen Verbandsländer überlassen.73 Ein ausschließliches Vervielfältigungs-, Verbreitungs- oder Vorführungsrecht am Film selbst kannte die RBÜ nicht. Diese ausschließlichen Rechte wurden nur dem Urheber der zur Herstellung des Films verwendeten Werke, nicht aber dem Inhaber des Urheberrechts am Film selbst zugesprochen.74 Den Urhebern der verwendeten Werke standen damit drei verschiedene Befugnisse zu, das Recht zur Verfilmung, das Recht der gewerblichen Verbreitung und schließlich das Recht zur öffentlichen Vorführung. 75 Frankreich hatte an dieser Stelle vorgeschlagen, eine Auslegungsregel in den Konventionstext aufzunehmen, daß die Einräumung einer dieser drei Befugnisse nicht notwendig die anderen nach sich ziehe, daß also der Unternehmer, der das Recht zur Verfilmung eines Romans erhalten habe, damit nicht gleichzeitig auch das Recht erhalte, diesen Film in den Verkehr bringen und ihn öffentlich vorführen zu dürfen. 76 Diesem Vorschlag vermochte sich die Konferenz im Ergebnis jedoch nicht anzuschließen. Es sei Sache des Urhebers und des Unternehmers, im Einzelfall vertragliche Abreden darüber zu treffen, welche Befugnisse am Werk eingeräumt werden, ob nur das Recht zur Verfilmung oder auch das Recht zur gewerbsmäßigen Verbreitung des Films oder zudem das Vorführungsrecht in Frage komme.77 Ebenfalls auf einen Vorschlag Frankreichs ging die Aufnahme des Abs. 3 zurück, der wie bei allen anderen Werken aus zweiter Hand bestimmte, daß die Benutzung des Werkes nicht nur an die Zustimmung des Urhebers dieses Werkes, sondern auch an die Zustimmung des Originalurhebers gebunden war. 78 Sollte ein Film also in irgendeine andere künstlerische Form umgesetzt werden, dann mußte diese Bearbeitung, wenn es sich nicht um ein eigenständiges, neues, vom Film nur angeregtes Werk handelte, vom Inhaber des Urheberrechts am Film sowie von dem Urheber des 72

Vgl. Berthold/von Hartlieb, Filmrecht, S.736. Bappert/Wagner, Art. 14 RBÜ, Rz. 5. Es mußte also von Fall zu Fall festgestellt werden, wer als Urheber eines Filmkunstwerkes anzusehen war. Wenn dies der Filmunternehmer war, dann bestand der Schutz der Konvention zu seinen Gunsten. Über Inhalt und Umfang des in Art. 14 Abs. 2 festgelegten Schutzes des Filmwerkes sagte Art. 14 nichts besonderes. 74 Vgl. Berthold/ von Hartlieb, Filmrecht, S. 736. Dem Urheber oder den Urhebern eines Filmwerkes standen also durch die Feststellung des Art. 14 Abs. 2 keine konventionseigenen Rechte zu, wie Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Vorführung. 75 Bappert/Wagner, Art. 14 RBÜ Rz. 12. Der Urheber konnte dem Unternehmer alle oder einzelne Rechte einräumen. Welche er übertragen hatte, mußte sich entweder schlüssig oder ausdrücklich aus dem Vertrag ergeben. 76 Vgl. den Bericht bei Baum in GRUR 1949, S. 1 (33). 77 Bappert/Wagner, Art. 14 RBÜ Rz. 11. 78 Vgl. zur Vertiefung Baum in GRUR 1949, S. 1 (35). Die der neuen Vorschrift zugrundeliegende Idee sei richtig, sie spreche aber im Grunde genommen nur Selbstverständliches aus, was die Frage aufwerfe, ob die Aufnahme der Bestimmung überhaupt notwendig sei. 73

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zum Film verwendeten Werkes gestattet werden. 79 Als weitere Neuerung ist Abs. 4 zu nennen, der ausdrücklich gesetzliche Lizenzen oder Zwangslizenzen bezüglich der in einem Tonfilm verwendeten Werke ausschloß.80 Schließlich wurde die in Brüssel erstmals eingeführte Mindestschutzdauer von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers (Art. 7 Abs. 1) für Filmwerke ausgeschlossen (Art. 7 Abs. 3). Die Schutzdauer für die Werke der Kinematographie oder für die durch ein der Kinematographie ähnliches Verfahren hergestellten Werke sollte sich vielmehr nach dem Gesetz des Landes richten, in dem der Schutz beansprucht wurde, ohne daß diese Dauer die im Ursprungsland des Werkes festgesetzte Dauer überschreiten konnte. Es blieb also der nationalen Gesetzgebung der einzelnen Verbandsländer überlassen, die Schutzdauer für Filmwerke zu bestimmen.81

IV. Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ Welch wichtige Rolle die Neuregelung des Filmrechts bei der Wiederaufnahme der Reformarbeiten durch das BMJ im Jahre 1951 spielen sollte, deuteten schon die regen Eingaben und Anfragen seitens der Filmwirtschaft an, die bereits vor Ausarbeitung der ersten Reformentwürfe durch den Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission bei dem BMJ eingingen.82 Als einer der ersten Interessenverbände richtete die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft am 11.10.1950 ein Schreiben an das BMJ mit der Bitte um Auskunft, ob bereits Vorbereitungen zur Novellierung des deutschen Urheberrechts von 1901/1910 getroffen würden und ob sich bereits ein Bundestagsausschuß mit diesen Fragen befasse. 83 Seitens der Filmwirtschaft bestehe ein dringendes Interesse daran, in allen urheberrechtlichen Fragen, die den Film betreffen und eine gesetzliche Änderung erforderlich erscheinen ließen, gehört zu werden. Für den Fall, daß die Vorarbeiten bereits in Gang sein sollten, wäre man für eine mündliche Vorbesprechung dankbar. 84 Ebenso zeigte der Verband Deutscher Filmproduzenten lebhaftes Interesse an der Neugestaltung des Urheberrechtsgesetzes. Es sei bekannt geworden, daß dem BT bereits ein Entwurf zum neuen Urheberrecht zugeleitet worden war und man erlaube sich daher die Anfrage, ob dem Verband ein Exemplar dieses Entwurfes zugeleitet werden könne.85 79

Vgl. Bappert/Wagner, Art. 14 RBÜ Rz. 13. Vgl. dazu Berthold/von Hartlieb, Filmrecht, S.732; Baum in GRUR 1949, S. 1 (36). Die Konferenz war sich schnell darüber einig, daß bei Tonfilmen Zwangslizenzen ausgeschlossen sein sollten, zu längeren Diskussionen kam es also nicht. 81 Berthold/von Hartlieb, Filmrecht, S.744. 82 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter B. 83 Schreiben der S/70 vom 11.10.1950 in Β141/2605 B1.007: „Der Spitzenorganisation liegen Nachrichten aus Berlin darüber vor, daß dort ein Ausschuß tagt, der sich mit der Revision des gültigen Urheberrechts befaßt...". 84 Schreiben der SPIO vom 11.10.1950 in Β141/2605 Bl. 007; ebenso die Bitte um Vermittlung einer mündlichen Besprechung in einem späteren Schreiben vom 06.11.1950 in Β 141/2605 B1.008. 80

E. Filmrecht

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Noch vor Ausarbeitung des Berliner Entwurfes traf sich der Ausschuß für Urheber- und Filmrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 02.03.1951 zu einer ersten Sitzung i m Hause des Überseeklubs in Hamburg. 8 6 Thema der Sitzung unter der Leitung von Landgerichtsdirektor Dr. Weiss war die Reform des Urheberrechts, wobei insbesondere die das Filmrecht betreffenden Bestimmungen des Entwurfes 87 zwecks etwaiger Ergänzungs- und VerbesserungsVorschläge zur Erörterung gestellt werden sollten. 88 Hierzu gab Dr. Weiss einen Überblick über den Stand der Gesetzgebung und Reformarbeiten, vor allem berichtete er ausführlich über den Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939. Die geplante Diskussion über die Fragen des Filmrechts fand jedoch nicht statt. 89 Der Ausschuß für Urheber- und Filmrecht trat dann parallel zu den Arbeiten des von der Sachverständigenkommission für Urheberrecht i m B M J eingesetzten Kleinen Ausschusses in regelmäßigen Abständen in weiteren Sitzungen zusammen, um einzelne Fragen des Filmrechts zu erörtern. 90 Zu diesem Zweck wurden jeweils Re85 Schreiben des Verbandes Deutscher Filmproduzenten vom 02.01.1951 in Β 141/2605 B1.011. 86 Vgl. sowohl das Einladungsschreiben der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht zur ersten Sitzung des Ausschusses für Urheberrecht und Filmrecht (Bezirksgruppe Nord) vom 14.02.1951 in Β 141/2605 B1.013 als auch den Bericht über die erste Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Filmrecht am 02.03.1951 in Β 141/2605 Bl. 015. 87 Aus dem Bericht über diese erste Sitzung ergibt sich, daß als Grundlage der Besprechungen der Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 1939 dienen sollte, vgl. Bericht über die erste Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Verlagsrecht am 02.03.1951 in Β141/2605

B1.016.

88 Bericht über die erste Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Verlagsrecht am 02.03.1951 in Β 141/2605 B1.015. 89 Bericht über die erste Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Verlagsrecht am 02.03.1951 in Β 141/2605 B1.019. 90 Daß diese Sitzungen stattgefunden haben und hierzu auch immer die Vertreter des BMJ eingeladen waren, ergibt sich aus den zahlreichen Einladungsschreiben in den Akten den BMJ. Protokolle oder Niederschriften finden sich allerdings, außer dem zu der ersten Sitzung verfaßten Bericht, in den Akten des BMJ nicht. Im einzelnen vgl. Einladungsschreiben zur ersten Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Filmrecht am 02.03.1951 in Β141/2605 B1.013 und daraufhin von Dr. Haertel verfaßte Absage vom 23.02.1951 in Β 141/2605 B1.014: „Ich hätte gerne an der Sitzung teilgenommen, bin aber leider an der Teilnahme verhindert, weil ich zur Zeit durch die Aufstellung des Entwurfes eines Gesetzes über die Arbeitnehmererfindungen unabkömmlich bin..."; Einladungsschreiben zur zweiten Sitzung am 06.04.1951 in Β141/2605 B1.020, sowie das Einladungsschreiben zur dritten Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Filmrecht am 10.05.1951 in Β 141/2605 BL 045 und ablehnendes Antwortschreiben von ORegRat Schneider vom 08.05.1951 in Β 141/2605 BL 046. Leider sei weder Dr. Haertel noch Schneider selbst in der Lage, zur Sitzung nach Hamburg zu kommen. Ebenso ablehnend beantwortet wurde die Einladung zur vierten Sitzung des Ausschusses für Urheber- und Filmrecht in Β 141/2605 B1.058ff. Daß auch noch eine 5. Sitzung dieses Ausschusses stattgefunden haben muß, ergibt sich aus einem Schreiben des Ausschußleiters Dr. Weiß an das BMJ vom 10.10.1951, in welchem Dr. Haertel über das in dieser Sitzung gehaltene Referat informiert wurde.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

ferate ausgewählter Fachleute gehört. 91 Was das geltende Recht betreffe, so sei das Filmrecht nur stiefmütterlich behandelt92, für die kommende deutsche Urheberrechtsreform verdiene daher vor allem festgestellt zu werden, daß der Film, und zwar sowohl der Stummfilm als auch der Tonfilm, in allen seinen Abwandlungen als selbständige neue Werkgattung zu schützen sei. Das müsse auch für den Musik-Tonfilm gefordert werden, auch hier dominiere die Bildkomposition als Ausdruck einer eigentümlichen geistigen Schöpfung, so daß die Musik, ebenso wie die Sprache und das Geräusch, nur ein dienender Werkbestandteil sei, der die Wirkung der Bildkomposition und ihres Ablaufs verstärken und vertiefen solle. Der Tonfilm, sei es als Sprechfilm, sei es als Musik-Tonfilm, unterliege künstlerisch gesehen im Grunde den gleichen Gesetzen wie der Stummfilm. Daher bestehe kein Anlaß, ihn urheberrechtlich nicht auch als selbständige Werkgattung zu behandeln.93

1. Das Filmrecht in den unveröffentlichten Entwürfen des Kleinen Ausschusses von Berlin und Rengsdorf aus dem Jahr 1951 Unabhängig von diesen Treffen des Ausschusses für Urheber- und Filmrecht erarbeitete der in der Sachverständigenkommission des BMJ gebildete Kleine Ausschuß eine Neuregelung des Filmrechts in dem Berliner Entwurf vom März 1951. Ausgehend von den im Entwurf von 1939 getroffenen Regelungen nannte der Berliner Entwurf die Filmwerke ausdrücklich in dem Katalog der durch das Gesetz geschützten Werke (§ 1 Abs. 2 Ziff. 4). Auch wurde an dem Grundsatz festgehalten, daß Urheber eines Werkes immer nur dessen Schöpfer sein könne (§ 5). 94 Anders als die Verfasser des Entwurfes von 1939 wollte der Kleine Ausschuß allerdings die Urheber eines Filmwerkes in einer Sonderbestimmung gesetzlich festlegen. 95 Da die Erkenntnisse auf dem Gebiet des Filmrechts in der Zwischenzeit weiter fortge91

Vgl. Referat von RA Dr. Metzler zur urheberrechtlichen Stellung des Filmunternehmers nach geltendem Recht und den Entwürfen zum neuen deutschen Urheberrechtsgesetz in Β 141/2605 Bl. 021 ff.; Referat über Urheber- und allgemeines Persönlichkeitsrecht im Hinblick auf die Neuregelung des Filmrechts in Β 141/2605 B1.064ff.; Referat von RA Dr. Ehlers über den Tantiemeanspruch der Filmkomponisten im Rahmen der deutschen Urheberrechtsreform in Β 141/2605 B1.088ff. 92 Vgl. Referat von RA Dr. Metzler in Β 141/2605 Bl. 021. 93 So die Ausführungen in dem Referat von RA Dr. Metzler in Β141/2605 Bl. 025. Dr. Metzler verwies an dieser Stelle auf die entscheidende Wendung in der Richtung der urheberrechtlichen Verselbständigung des Film Werkes durch die Brüsseler Fassung der RBÜ von 1948, indem sie in den Katalog der in jedem Verbandsland geschützten Werke in Art. 2 die Filmwerke, und zwar sowohl die Stumm- als auch die Tonfilme, als selbständige Werkgruppe aufnahm. Den gleichen Schutz wie Spiel- und Kulturfilme genossen danach auch reine Naturfilme und Filmreportagen, da für den Urheberrechtsschutz eines Filmwerkes seit der Brüsseler Fassung nicht mehr verlangt wurde, daß der Urheber dem Werk einen eigentümlichen Charakter gegeben habe. Dies sei auch für das künftige deutsche Recht zu beachten. 94 Wie bereits gesehen, trug der Berliner Entwurf in seiner Neuformulierung dieser Bestimmung dem Umstand Rechnung, daß das Urheberrecht am Werk in der Person des Schöpfers entsteht, wobei auch alle Phasen der Entstehung des Werkes von dem Schutz erfaßt werden.

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schritten seien, könne man nunmehr die Personen, die als Urheber eines Filmwerkes gelten sollten, im Gesetz ausdrücklich nennen. Es handele sich hierbei um die Personen, die die Bildfolge geschaffen hatten.96 Diese Bildfolge kam nach damaliger Überlegung durch die Wiedergabe einer Spielhandlung zustande, welche wiederum von dem Schöpfer des Drehbuchs in den wesentlichen Einzelheiten festgelegt wurde. Folglich habe der Schöpfer des Drehbuches die Bildfolge geschaffen und müsse daher als Urheber gelten. Die bildliche Gestaltung geschah in der Regel durch den künstlerischen Spielleiter, so daß dieser ebenfalls als Urheber des Filmwerkes angesehen werden müsse.97 Dagegen seien die Filmschauspieler nicht schöpferisch, sondern nur nach den Weisungen des Spielleiters tätig. Sie hätten also keine andere Funktion als die Bühnenschauspieler und seien daher lediglich ausübende Künstler. 98 Beim Tonfilmwerk war allerdings zu beachten, daß der Komponist seine Musik der Spielhandlung und ihrer Bildfolge anpasse, wodurch das Tonfilmwerk als einheitliches Werk entstehe. Der Komponist müsse daher Miturheber des einheitlichen Filmwerkes sein. Ebenso sollte bei gezeichneten Filmen auch der Zeichner Miturheber sein, da die von ihm gezeichneten Einzelbilder Werke der bildenden Kunst i. s. d. § 1 Abs. 2 Ziff. 3 seien. 99 Damit war in § 5 a ein bestimmter Personenkreis abschließend als Urheber des Filmwerkes festgelegt. Wesentliche Umgestaltungen erfuhren dann die besonderen Bestimmungen für Film werke in §§ 19 a und 19 b. Die in § 19 a Abs. 1 des Entwurfes von 1939 enthaltene Auslegungsregel zugunsten der Filmhersteller wurde gestrichen. 100 Die Begründung führte dazu aus, daß es nicht wünschenswert sei, Auslegungsregeln für die Vereinbarungen zwischen den Urhebern der am Film benutzten Werke und dem Hersteller des Filmwerkes im Gesetz zu schaffen. Außerdem handele es sich dabei lediglich um eine Vorschrift zum Schutz des Filmherstellers, dieser sei aber in der Lage, sich die zur Verwertung des Filmwerkes erforderlichen Rechte vertraglich einräumen zu lassen.101 Ebenso überflüssig sei die in § 19 a Abs. 2 des Entwurfes vorgesehene Auslegungsregel, daß die dem Hersteller des Filmwerkes zu diesem Zweck eingeräumten Befugnisse nur einheitlich durch die Verwertung des Filmwer95

Vgl. die Ausführungen in der Begründung zu dem Berliner Entwurf vom März 1951 in Β 141/2551 B1.041. Der bisherige § 19 b habe die Frage, wer Urheber eines Filmwerkes sei, nicht beantwortet, er habe aber bereits erkannt, daß das Urheberrecht am Filmwerk nur seinen wahren Schöpfern zustehen könne. Damals habe man jedoch noch nicht gesetzlich festlegen wollen, wer als schöpferisch Mitwirkender in Betracht komme. 96 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.042. 97 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.1.1. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 042. 98 Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.042. 99 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.042. 100 Zur Erinnerung sei erwähnt, daß in § 19 a die Einräumung des Rechts, ein Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, die Befugnisse zur Vervielfältigung, Verbreitung und Vorführung des Filmwerkes als eine untrennbare Einheit erfassen sollte, vgl. oben unter II. 101 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.050. 4

Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

kes, zu dessen Herstellung sie eingeräumt waren, ausgenutzt werden konnten. Es entspreche den bisher schon in der Rechtsprechung anerkannten Rechtsgrundsätzen, daß jedes Werk nur zu dem Zweck verwertet werden dürfe, der den Vereinbarungen entspreche. Daher bedürfe es keiner besonderen Zweifelsregelung für Vereinbarungen über die Benutzung von Filmwerken. 102 Die bisherige Fassung des § 19 a Abs. 3 ging davon aus, daß mit der Einräumung des Rechts, ein Werk der Tonkunst zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, nach Abs. 1 dieser Bestimmung zwangsläufig auch das Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Aufführungsrecht dem Hersteller gewährt werde. Trotzdem sollte gerade dem Urheber des Werkes der Tonkunst gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes ein Anspruch auf angemessene Vergütung verbleiben. 1 0 3 Diesen Gedanken wollte der Kleine Ausschuß beibehalten und in dem neu gefaßten § 19 a dahingehend erweitem, daß sowohl die in § 5 a festgelegten Urheber des Filmwerkes als auch die Urheber der im Filmwerk benutzten Werke einen Vergütungsanspruch gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes hatten. Es sollten also nicht nur die Komponisten der Filmmusik und der im Filmwerk benutzten Musikstücke diesen Tantiemeanspruch haben, sondern auch die Urheber der im Filmwerk benutzten literarischen Werke und die Urheber der Spielhandlung, wie Drehbuchverfasser, Spielleiter und bei gezeichneten Filmen der Zeichner der Filmbilder. 104 Die Urheber, denen der Anspruch durch die vom Kleinen Ausschuß vorgeschlagene Fassung neu gewährt werden sollte, habe der Entwurf von 1939 einzig und allein aus praktischen Gesichtspunkten ausgeschlossen, da man damals noch mit einer Vielzahl von Urhebern gerechnet habe.105 Diese praktischen Erwägungen seien nun aber angesichts des neu eingefügten § 5 a des Berliner Entwurfes, der die Urheber eines Filmwerkes genau festlegte, hinfällig. 106 Gleichzeitig wurde der Ausdruck der „angemessenen Vergütung" durch „prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen" ersetzt. Durch eine Beteiligung am Erfolg des Werkes würden die Tantiemeberechtigten enger mit dessen Schicksal verbunden, was eine gerechtere Lösung sowohl für die Urheber als auch die Verwerter darstelle. 107 102

Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.050. Siehe oben unter II. 104 Vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.051. Damit waren auch die Vorschriften des bisherigen § 19 b Abs. 4 mit eingeschlossen. 105 Vgl. Bericht über die Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.53: „Man würde nämlich im Falle einer Erweiterung nicht beim Verfasser des Drehbuches haltmachen können; eine Ausdehnung auf andere an der Entstehung des Films schöpferisch Beteiligte würde aber zu Komplikationen führen, die eine praktische Durchführung unmöglich machen würden." 106 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.051. 107 Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I. 1. Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.051 f. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß Filmwerke in immer zunehmendem Maße zu Fernsehsendungen benutzt werden, müsse den Urhebern ein 103

E. Filmrecht

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Da die Urheber des Filmwerkes nunmehr in § 5 a des Berliner Entwurfes gesetzlich festgelegt waren, hatte der Filmhersteller die Möglichkeit, sich die für die Verwertung erforderlichen Werknutzungsrechte von ihnen vertraglich einräumen zu lassen. Die im Entwurf von 1939 vorgeschlagene Regelung, daß diese Rechte kraft Gesetzes auf ihn übergingen, die ohnehin nicht der Systematik des Gesetzes entspreche, sei daher entbehrlich. 108 Allerdings sollte der Hersteller des Filmwerkes von Gesetzes wegen ermächtigt sein, eine Veröffentlichung oder Verwertung zu verbieten, die eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Wertes des Werkes bedeuten würde (§ 19 b Satz 1 ). 1 0 9 Er habe ein eigenes Interesse an der Wahrnehmung dieser Rechte und solle dabei nicht auf die Urheber des Filmwerkes angewiesen sein. 110 Schließlich wurde bestimmt, daß alle Beteiligten, also auch der Hersteller des Filmwerkes, bei der Ausübung des Verbots wegen Entstellung oder anderer Beeinträchtigungen aufeinander angemessene Rücksicht zu nehmen hatten (§ 19 b Satz 2). 111 Weitere Sonderregeln für das Filmrecht fanden sich dann in § 29, der die Vorschriften über die Übertragung von Nutzungsrechten sowie über das Rückrufsrecht für den Urheber eines Filmwerkes ausschloß und zugleich festlegte, daß bei der Einräumung von Werknutzungsrechten an Drehbüchern oder sonstigen Werken, die zur Herstellung eines Filmwerkes verwendet werden sollen, durch eine schriftliche Erklärung im voraus auf das Rückrufsrecht verzichtet werden konnte. 112 § 51 ließ das Urheberrecht an Film werken 50 Jahre nach der Herstellung enden.113 War das Werk innerhalb dieser Frist veröffentlicht worden, so sollte der Zeitpunkt der VeröffentliTantiemeanspruch auch bei dieser Art der Verwertung des Filmwerkes anerkannt werden. Schließlich sollte der Vergütungsanspruch unabdingbar sein, damit der wirtschaftlich stärkere Hersteller die Urheber nicht zwingen könne, auf diesen Anspruch im voraus zu verzichten. Entsprechend der in § 19 b Abs. 4 Satz 2 des Entwurfes von 1939 getroffenen Regelung war in § 19 a Abs. 2 des Berliner Entwurfes vorgesehen, daß ausschließlich der Hersteller des Filmwerkes ermächtigt war, diese Ansprüche der Urheber geltend zu machen, soweit die Wahrnehmung der Ansprüche nicht einer treuhänderischen Vermittlungsgesellschaft übertragen war. Die Bezeichnung der treuhänderischen Vermittlungsgesellschaft sei gewählt worden, weil sie besser dem Wesen der zur Zeit schon bestehenden GEMA entspreche. Mit dieser Bestimmung sollte zugleich erreicht werden, daß die bisher nicht organisierten Urheber veranlaßt werden, sich zu einer Vermittlungsgesellschaft zusammenzuschließen. los Ygi Teil ι d e r Arbeit, 2. Kapitel unter C. 1.1 sowie die Ausführungen in der Begründung zum Berliner Entwurf in Β 141/2551 Bl. 052. 109

Den Urhebern des Filmwerkes stand dieses Recht ohnehin nach § 10 a Abs. 3 zu. Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.1.1. Begründung zu dem Berliner Entwurf in Β 141/2551 B1.052. 111 Vgl. Begründung zu dem Berliner Entwurf in Β141/2551 B1.052. 112 Begründung des Berliner Entwurfes in Β141/2551 B1.057. 113 Die noch im Entwurf von 1939 gewählte Formulierung, daß das Urheberrecht an Filmwerken 50 Jahre nach der Herstellung des ersten gebrauchsfähigen Abzugs erlöschen solle, wurde gestrichen, weil das Filmwerk bereits mit der Herstellung geschaffen war. Die Dauer des Urheberrechts sollte nicht dadurch auf unbestimmte Zeit verlängert werden können, daß von dem Negativ keine Kopien gezogen wurden, vgl. Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.068. 110

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

chung maßgebend sein, wenn sich nicht aus der Grundregel, daß das Urheberrecht 50 Jahre nach dem Tode des Urhebers ende, etwas anderes ergebe. Da die Urheber des Filmwerkes in § 5 a festgelegt waren, sollte die grundsätzliche Schutzfrist von 50 Jahren nicht umgangen werden, wenn diese Dauer kürzer war als 50 Jahre seit Veröffentlichung. 114 Erwähnt werden sollte schließlich noch die Bestimmung des § 66, wonach der Anspruch auf Unterlassung und Vernichtung bei Filmwerken entfiel, wenn weder den Hersteller noch seine Angestellten oder Beauftragten ein Verschulden daran traf, daß durch die Herstellung des Filmwerkes das Verwertungsrecht des Urhebers an einem anderen Werk verletzt worden war. 115 Der Verletzte hatte jedoch einen Anspruch auf angemessene Vergütung. Die gesetzliche Normierung der Urheber eines Filmwerkes, wie sie in § 5 a des Berliner Entwurfes erstmals vorgenommen war, gab den Sachverständigen, die sich im folgenden zu dem Entwurf äußerten, Anlaß zu einer kritischen Auseinandersetzung. Ablehnend äußerte sich zunächst Dr. Plügge.116 Es müsse die alte Forderung der Filmindustrie auf ein originäres, mindestens aber derivatives Urheberrecht für den Hersteller bestehen bleiben.117 Nur bei Zusammenfassung aller Rechte in der Hand des Herstellers sei der deutsche Film im In- und Ausland konkurrenzfähig. 118 Der Produzent bestimme bei der Planung und Herstellung alles Wesentliche, die Auswahl des Stoffes, Inhalt und Form des Drehbuches. Manchmal würden bis zu fünf Fassungen verworfen, ehe die sechste nach Weisung des Produzenten durch den dritten oder vierten Autor zustande komme. Der Hersteller sei also der wahre Autor. 119 Nicht haltbar sei auch die Bestimmung des § 19 a, die dem Schöpfer des Drehbuches und dem Spielleiter das unabdingbare Recht gab, von dem Filmtheaterbesitzer eine angemessene prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen zu verlangen.120 Das hätte zur Folge, daß der Filmtheaterbesitzer den deutschen Film 114

Begründung des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.068. Grundsätzlich konnte nach § 64 derjenige, der ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht verletzt hatte, von dem Verletzten auf Unterlassung, bei Verschulden auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Weiterhin konnte bei Verletzung eines nach diesem Gesetze gewährten Recht der Verletzte verlangen, daß alle rechtswidrig vervielfältigten oder verbreiteten Werkstücke und die zur widerrechtlichen Verbreitung bestimmten Stücke vernichtet werden (§ 65). Davon sollte für Filmwerke eine Ausnahme gemacht werden, vgl. insgesamt die Vorschriften der §§64ff. des Berliner Entwurfes in Β 141/2551 B1.034. 116 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I.2. 117 Stellungnahme Dr. Plügges vom 14.06.1951 in Β 141/2562 B1.056. 118 Stellungnahme Dr. Plügges in Β141/2562 B1.056. Plügge hatte vorausgeschickt, daß vor dem Entwurf eines Gesetzes dessen wirtschaftliche Folgen auf das genaueste zu prüfen sind. Die deutsche Filmproduktion zu fördern, sei das unablässige Bemühen aller beteiligten Kreise nicht nur vom Fach, sondern auch der allgemeinen Wirtschaft, der Regierung und des Parlaments. Zur Verdeutlichung der derzeitigen wirtschaftlichen Lage bei der Filmproduktion verwies Dr. Plügge auf einen Artikel in der Tageszeitung „Die Welt" vom 02.06.1951. 119 Stellungnahme Dr. Plügges in Β 141/2562 B1.056. 120 Diese Bestimmung sei einmalig in der Welt und ihre Durchführung würde den deutschen Film endgültig aus dem Konkurrenzkampf werfen, vgl. Stellungnahme Dr. Plügges in Β 141/2562 B1.056f. 115

E. Filmrecht

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nicht mehr spielen werde, zumal ihm hinreichend alte deutsche Filme und ausländische Filme ohne diese Belastung zur Verfügung stünden.121 Der derzeit übliche Ablauf sei der, daß der Produzent von dem Autor, sei es dem Verfasser eines bereits erschienen literarischen Werkes, sei es dem auf dieses Buch angesetzten Drehbuchschreiber, alle Rechte erwerbe. Für den Fall, daß einer von diesen beiden besonders stark sei, so gebe ihm der Hersteller in vielen Fällen eine Beteiligung an den Erträgnissen des Films, je nach Verhandlungsergebnis vom Umsatz oder vom Gewinn. Würde nun das Recht auf Beteiligung an den Einspielerträgnissen im Filmtheater für unabdingbar erklärt, so erstarre jede wirtschaftliche Verhandlungsmöglichkeit. 1 2 2 Nach Auffassung Prof. Möhrings ließ sich das Urheberrecht am Filmwerk nicht auf den Drehbuchautor, den Komponisten und Spielleiter beschränken.123 Es gebe auch noch andere urheberrechtliche Leistungen beim Filmschaffen, die beispielsweise denen des Urhebers einer Sammlung zumindest gleichzustellen seien, wie etwa der Schnittmeister (Cutter). Aber auch der Bühnenbildner und der Fotograf könnten echte schöpferische Leistungen vollbringen. Welche Leistung urheberrechtlich zu schützen sei, müsse im Einzelfall durch die Rechtsprechung festgestellt werden. 124 Da Möhring schon Bedenken gegen eine Beschränkung der Urheberschaft am Filmwerk auf die festgelegten Personengruppen hatte, sah er auch keinen Grund, warum bestimmte Urhebergruppen ein unabdingbares Recht haben sollten, von dem Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Films eine angemessene prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen zu verlangen. 125 Anders hielt Prof. Ulmer den Versuch des § 5 a, die Personen der Urheber näher zu bestimmen und damit zur Klärung eines alten Streits beizutragen, für „bedeutsam". Indem der Entwurf auf den Schöpfer des Drehbuches, den Komponisten sowie im Regelfall auf den Spielleiter abstelle, werde im ganzen „das Richtige getroffen". 1 2 6 Trotzdem sei die vorgeschlagene Lösung, die offenbar ein Miturheberrecht annehme, bedenklich. Man dürfe nicht außer acht lassen, daß sowohl der Drehbuchverfasser als auch der Komponist in der Lage sein müssen, ihre Werke außerhalb des Films gesondert zu verwerten, wie es auch in der Praxis der Verträge üb121

Stellungnahme Dr. Plügges in Β 141/2562 Bl. 056. Stellungnahme Dr. Plügges in Β 141/2562 B1.057. 123 y g l x e i i ι der Arbeit, 2. Kapitel unter C. 1.2. Stellungnahme Prof. Möhrings in Β 141/2562 Bl. 117. Eine willkürliche Beschränkung des Urheberrechts auf den Drehbuchautor, den Komponisten und den Spielleiter sei nicht angängig. 122

124 Stellungnahme Prof. Möhrings in Β 141/2562 Bl. 117. Außerdem wies Möhring darauf hin, daß ein Bedürfnis der Feststellung derartiger Urheberrechte in der Vergangenheit kaum in Erscheinung getreten sei. Der Streit um das Urheberrecht sei daher mehr ein Streit der Systematiker als ein Streit der Praktiker gewesen. 125 Zur Vertiefung vgl. Stellungnahme Prof. Möhrings in Β 141/2562 Bl. 120f. 126 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.I.2. Stellungnahme Prof. Ulmers vom 31.07.1951 in Β 141/2562 B1.099.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

lieh sei. 127 Insgesamt könne man bei der Regelung des Filmurheberrechts nicht gemeinhin von dem fertigen Film ausgehen und für diesen Film, der in Negativen und in Kopien als Werkstück vervielfältigt werde, einen Urheber suchen, ähnlich wie man den Urheber eines Buches festlege. In Wahrheit lägen nämlich die urheberschutzfähigen Leistungen in einem früheren Stadium. So beginne beispielsweise das Urheberrecht des Drehbuchverfassers bereits mit der Schöpfung des Drehbuches oder das Urheberrecht des Komponisten mit dem Entwurf der Filmmusik. Bei dem, was sich dann in der Hand des Filmunternehmers befinde, handele es sich um Rechte, die aus diesen Urheberrechten abgeleitet seien.128 Gleichwohl bestehe ein Bedürfnis, neben diesen abgeleiteten Rechten dem Filmunternehmer ein einheitliches Recht am fertigen Film zuzuerkennen, kraft dessen er u. a. auch die Trennung von Bild und Musik bei der Vorführung verbieten könne. Aber ähnlich wie bei der Oper die Einheit der künstlerischen Wirkung nicht mehr der Sphäre des Werkschaffens sondern der Sphäre der Darstellung angehöre, so stehe es auch beim Film. Der „adäquate rechtliche Ausdruck" war nach Ansicht Ulmers, daß die Urheberrechte des Drehbuchverfassers, des Regisseurs und des Komponisten, die als solche unberührt blieben und aus denen der Filmunternehmer durch Vertrag abgeleitete Rechte erwerbe, von einem besonderen Recht des Unternehmers überlagert werde, das man als Filmschutzrecht bezeichnen könne. 129 Eine Trennung zwischen den Urheberrechten und dem Filmschutzrecht werde dann auch eine angemessene Lösung der Schutzfristfrage ermöglichen. 130 Gesetzestechnisch biete es sich an, dem Filmrecht einen besonderen Abschnitt zuzuweisen.131 Dieser Vorschlag Prof. Ulmers, ein besonderes, die Urheberrechte der Mitschaffenden überlagerndes „Filmschutzrecht" des Filmherstellers zu begründen, konnte 127

Dem Drehbuchverfasser müsse es, jedenfalls nach Ablauf einer bestimmten Zeit unbenommen bleiben, sein Drehbuch zu einem Roman oder zu einem Drama zu verarbeiten. Ebenso bleibe es dem Komponisten vorbehalten, die Filmmusik oder die Schlager außerhalb des Films zu benutzen oder in andere Kompositionen einzubeziehen. Würde man nun die Konstruktion des Miturheberrechts annehmen, so bedürfe der Drehbuchverfasser, wenn er unter Benutzung des Drehbuchs einen Roman schrieb, der Zustimmung des Regisseurs und des Komponisten und ebenso im umgekehrten Fall, der Komponist der Zustimmung des Drehbuchverfassers und des Regisseurs. Das war nach Ansicht Prof. Ulmers nicht angemessen, vgl. Stellungnahme Prof,: Ulmers in Β 141/2562 B1.099. 128 Stellungnahme Prof Ulmers in Β 141/2562 Bl. 100. 129 Hier lag nach Ansicht Prof Ulmers eine gewisse Verwandtschaft mit dem Sammelwerk vor, bei dem das Urheberrecht der Beitragenden von dem Urheberrecht des Herausgebers überlagert werde. Nur sollte man das Filmschutzrecht wohl nicht als echtes Urheberrecht, sondern als ein in der Person des Unternehmers entstehendes Leistungsschutzrecht ausgestalten, so der Vorschlag Prof Ulmers in Β 141/2562 Bl. 100. 130 Stellungnahme Prof Ulmers in Β 141/2562 Bl. lOOf. Der Vorschlag des Entwurfes, die Schutzfrist von der Herstellung, eventuell von der Veröffentlichung ab zu berechnen, sei für das Filmschutzrecht des Unternehmers angemessen. Dagegen bestehe kein Grund, für das Urheberrecht des Drehbuchverfassers und des Komponisten nicht die allgemeinen Regeln gelten zu lassen. 131 Diese Lösung müsse allerdings insgesamt noch gründlich erwogen werden, eine abschließende Stellungnahme behielt Prof. Ulmer sich daher vor, vgl. Β 141/2562 Bl. 101.

E. Filmrecht

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allerdings nach Ansicht des 1. Zivilsenates des BGH nicht befriedigen. Konstruktive Komplikationen wie diese sollten nach Möglichkeit vermieden werden. Dem Bedürfnis, die Urheberrechte am Film in der Hand des Filmherstellers zu vereinigen, könnte allenfalls dadurch genügt werden, daß die Nutzungsrechte der Filmschaffenden kraft Gesetzes auf den Hersteller übergehen.133 Eine gesetzliche Festlegung der Urheberschaft an einem Film werk auf Drehbuchautor, Spielleiter, Komponisten und gegebenenfalls Zeichner, wie der Berliner Entwurf vorgesehen hatte, begegne ebenfalls durchgreifenden Bedenken. An dem Grundsatz des Gesetzes, daß derjenige Urheber sei, der das Werk geschaffen oder mitgeschaffen habe, dürfe nicht gerührt werden. Die Festlegung der Urheberschaft am Filmwerk verletze diesen Grundsatz aber, sobald sich im Einzelfall herausstelle, daß auch andere Personen als die im Gesetz genannten mit schöpferischen Beiträgen an der Gestaltung des Filmwerkes mitgewirkt haben.134 Der Vorschlag des Berliner Entwurfes vernachlässige zudem die noch unabsehbare Entwicklung dieser Kunstgattung. Auch nach der gegenwärtigen Lage passe die Regel allenfalls auf den sogenannten Spielfilm, während beispielsweise bei der großen Zahl modemer künstlerischer Filme, die keinen Handlungsablauf zeigten, sondern durch Farbwirkungen oder Aneinanderreihung stehender Bilder die künstlerische Wirkung erreichten, der Spielleiter in der Regel keine schöpferischen Aufgaben habe. Es sei nicht einzusehen, warum beispielsweise Produktionsleiter, Filmdramaturg, Kameramann, Toningenieur oder Bühnenbildner von vornherein von den Urheberrechten am Filmwerk ausgeschlossen sein sollen, obwohl nicht vorauszusehen sei, wie weit gerade diese Personen bei der weiteren Entwicklung des Filmwesens schöpferisch formgebend tätig sein werden. Das gelte vor allem für die surrealistischen Filme, die unter anderen künstlerischen Gesetzen stünden, wie der übliche Spielfilm. 135 Nach alledem sei § 5 a zu streichen. 136 Da schon die Festlegung der Urheberschaft am Filmwerk auf bestimmte Personenkategorien nicht für richtig gehalten wurde, sprach sich der BGH nachdrücklich gegen die Bestimmung des § 19 a aus, wonach die Urheber des Filmwerkes und der für den Film benutzten Werke auch nach Einräumung ihrer Rechte an den Filmhersteller das unabdingbare Recht auf eine angemessene prozentuale Beteiligung an den Vorführungserträgnissen oder auf angemessene Vergütung bei einer Funksendung behalten sollten.137 Dies bedeute einen Eingriff in die wirtschaftlichen Verhältnisse des Filmwesens, der ohne genaue Prüfung seiner Tragbarkeit nicht verantwortet werden könne. Angesichts des starken Konkurrenzkampfes, in dem sich 132

Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β 141/2562 Bl. 170. Der BGH verwies an dieser Stelle auf den Vorschlag des § 21 des Entwurfes von 1932, vgl. Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β 141/2562 Bl. 170. 134 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β 141/2562 Bl. 169. 135 So die Ausführungen des BGH in Β 141/2562 Bl. 169. 136 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β 141/2562 Bl. 170. 137 Eine unabdingbare Beteiligung aller Urheber des Filmwerkes sei nicht diskutierbar, vgl. Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β141/2562 Bl. 176. 133

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

der deutsche Film gegenüber dem ausländischen Film befinde, müßten die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Bestimmung mit besonderer Sorgfalt geprüft werden. 138 Der in § 19 b verankerte Grundsatz, daß der Hersteller eines Filmwerkes als ermächtigt gelte, bei Entstellung oder anderer Beeinträchtigung die Veröffentlichung oder Verwertung zu verbieten, solle beibehalten werden, allerdings sei die in Satz 2 normierte Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme zu „farblos" und biete keine ausreichende Sicherheit dagegen, daß Hersteller oder Filmschaffende gegeneinander vorgehen und dadurch die Verwertung des Filmwerkes gefährden. Man sollte daher gesetzlich festlegen, daß der Urheber den Maßnahmen des Herstellers aus beachtlichen Gründen widersprechen könne, und daß für den Fall, daß eine Einigung nicht zustande komme, eine paritätisch zusammengesetzte Schiedsstelle, deren nähere Regelung vorbehalten bleibe, über die Berechtigung des Widerspruches des Urhebers entscheide.139 Der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 übernahm zwar die Bestimmung des § 5 a über die Urheber am Filmwerk, ließ aber die Sonderregeln zur Übertragung von Werknutzungsbewilligungen und Werknutzungsrecht speziell an Filmwerken in § § 19 a und 19 b fallen. 140 Erhalten blieb lediglich der § 29 über Fälle unbeschränkter Einräumung von Werknutzungsrechten, wonach die Vorschriften über die Übertragung von Werknutzungsrechten und über das Rückrufsrecht für den Urheber von Filmwerken nicht gelten sollten, 141 und die Regelung der Schutzdauer für Filmwerke in § 51. 1 4 2 Vermutlich setzte sich erst bei der Erörterung dieses Entwurfes auf der Sitzung der Sachverständigenkommission der Vorschlag Ulmers durch, die Vor138 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β 141/2562 Bl. 177. Durch eine Beteiligung der ohnehin meist hochbezahlten Filmschaffenden am Einspielergebnis werde auch keinesfalls gewährleistet, daß die besonders hochstehende schöpferische Leistung eines Filmschaffenden angemessen abgegolten werde. Denn das Einspielergebnis hänge weitgehend nicht nur von der künstlerischen Leistung, sondern von den mehr oder weniger hohen Ausstattungskosten und der sonstigen zweckentsprechenden geschäftlichen Verwertung des Filmes ab. Es bestehe beispielsweise bei einem kostspieligen Revue-Ausstattungsfilm mit entsprechend hohem Einspielergebnis kein kulturpolitisches Interesse daran, dem Spielleiter, der bei derartigen Produktionen meist eine untergeordnete Funktion bekleide, eine unabdingbare Beteiligung am Gewinn zuzubilligen. 139 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH vom 25.08.1951 in Β141/2562 Bl. 177. Nach dem Entwurf müßten die ordentlichen Gerichte entscheiden, was für diese Fälle wenig geeignet sei, da der ordentliche Rechtsweg viel zu langsam sei. Man denke nur an die häufigen Änderungen, die sich ein Filmwerk gefallen lassen müsse, um im Ausland verwertbar zu sein. Gerade hierbei könnten vielfach Fragen der Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts zur Entscheidung stehen. Eine Klärung vor den ordentlichen Gerichten werde in der Regel zu spät kommen. 140 Vgl. Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 in Β141/2551 B1.082ff. 141 §29 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 B1.098. 142 §51 des Rengsdorfer Entwurfes vom September 1951 in Β 141/2551 Bl. 108. Ebenso wurde die Sonderregelung über den Anspruch auf Unterlassung und Vernichtung bei Film werken in § 66 übernommen, vgl. § 66 des Rengsdorfer Entwurfes in Β 141/2551 Bl. 116.

E. Filmrecht

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Schriften über das Filmrecht in einem gesonderten Abschnitt zusammenzufassen. 143 In den weiteren zur Vorbereitung des RefE erstellten Arbeitsentwürfen fand sich innerhalb des ersten Teils „Urheberrecht" ein achter Abschnitt, in dem die besonderen Bestimmungen für gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke zusammengefaßt waren. 144 Nicht aufgegriffen wurde allerdings die Anregung Ulmers, ein „Filmschutzrecht" zugunsten des Herstellers des Filmwerkes zu konstruieren. 145 Statt dessen wurde zur Stärkung des Filmherstellers in § 65 wieder auf einen gesetzlichen Übergang bestimmter Rechte der Urheber des Filmwerkes nach dem Vorbild der Entwürfe von 1932 und 1939 zurückgegriffen. 146 Danach sollten mit der Herstellung des Filmwerkes einige ausschließliche Rechte, die den an der Gestaltung des Filmwerkes in seiner besonderen filmischen Prägung mitwirkenden Urhebern zustanden, kraft Gesetzes auf den Hersteller übergehen. Genannt waren das Recht, das Filmwerk zu vervielfältigen und zu verbreiten, es öffentlich vorzuführen, durch Funk zu senden und schließlich zu übersetzen oder anderweitig filmisch zu bearbeiten und die Bearbeitungen zu verwerten. 147 Als Gegenleistung für diese kraft Gesetzes erworbenen Rechte hatte der Filmhersteller den Urhebern nach § 67 eine angemessene Vergütung zu zahlen. Weiterhin war der Hersteller nach § 70 zur Wahrnehmung der den Urhebern des Film Werkes und der dafür benutzten Werke zustehenden Rechte, eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Werkes zu verbieten, ermächtigt. 148 In der weiteren internen Diskussion zur Urheberrechtsreform stieß der Vorschlag, den Schwierigkeiten bei der Klärung der Rechtsverhältnisse am Film mit einem gesetzlichen Forderungsübergang zu begegnen, allerdings auf Kritik. In einer umfassenden Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts verwies Prof. Ulmer nochmals auf seine Idee, dem Filmhersteller für seine unternehmerische Leistung ein eigenes 143 Wie oben gezeigt, diente der Rengsdorfer Entwurf vom September 1951 vermutlich lediglich als Besprechungsgrundlage für eine Sitzung der Sachverständigenkommission, die im Oktober 1951 stattfand. Hierzu existieren keine Niederschriften oder Protokolle, jedoch ergibt sich aus einigen Schriftsätzen, daß diese Sitzung stattgefunden haben muß, vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.II. 144 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C.III.2. §§ 62-73 eines Entwurfes vom Herbst 1951 in Β141/2551 Bl. 148f., §§62-72 eines weiteren Entwurfes vom Mai 1952 in Β141/2552 B1.029ff. 145 So der Vorschlag Ulmers, dem Filmhersteller ein Leistungsschutzrecht zuzusprechen, kraft dessen ihm die ausschließliche Befugnis zustehen sollte, den Film zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich vorzuführen und durch Funk zu senden, wie schon in der Stellungnahme zu dem Berliner Entwurf angedeutet und in einem weiteren Schreiben schriftlich festgehalten, vgl. Β 141/2605 Bl. 109. 146 \Yj e schon in dem Rengsdorfer Entwurf vorgesehen, war auch in diesem Arbeitsentwurf eine dem § 5 a des Berliner Entwurfes vom März 1951 entsprechende Bestimmung, welche die Urheber des Filmwerkes gesetzlich festlegte, nicht zu finden. Die Urheber des Filmwerkes mußten daher nach den allgemeinen Bestimmungen im Einzelfall festgestellt werden. 147 148

§ 65 eines Arbeitsentwurfes zum RefE in Β 141/2551 Bl. 149. § 70 eines Arbeitsentwurfes zum RefE in Β 141/2551 Bl. 151.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Leistungsschutzrecht, ein „Filmschutzrecht" zuzusprechen.149 In der Forderung der Filmunternehmer, daß ihnen nicht nur angesichts des Kapitals, das in den Film investiert werde, sondern auch angesichts der organisatorischen Zusammenfassung aller filmschaffenden Kräfte in ihrem Unternehmen das Recht am Film zugesprochen werden solle, stecke ein berechtigter Kern. Der Unternehmer müsse das ausschließliche Recht haben, den Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und vorzuführen. Verfehlt sei aber der Gedanke, daß ihm aus dem urheberrechtlichen Bereich, aus der Schöpfung des Drehbuchverfassers, des Filmkomponisten oder des Architekten, kraft Gesetzes Rechte erwuchsen. 150 Man würde sich nicht nur mit dem allgemeinen Grundsatz in Widerspruch setzen, daß das Urheberrecht den Schöpfern der Werke zustehe, vielmehr käme man auch zu dem rechtspolitisch unmöglichen Ergebnis, daß diese Rechte dem Filmunternehmer selbst dann zukämen, wenn er sich Drehbuch oder Filmmusik unrechtmäßig verschafft habe.151 Der Übergang der Werknutzungsrechte auf den Unternehmer mache diesen zum Inhaber des Urheberrechts an den einzelnen Teilen. Das Urheber- und sonstige Recht am Film sei aber gerade nicht die Summe der Urheberrechte an seinen Teilen, sondern ein aliud, ein neu entstehendes Recht am fertigen Film. Man solle daher auch beim Film mit der bewährten Unterscheidung zwischen echtem Urheberrecht und angrenzenden Schutzrechten „ernst machen". Soweit urheberrechtlich schutzfähige Leistungen, Werke der Literatur oder Kunst, vorliegen, müsse das Urheberrecht den Schöpfern dieser Werke zuerkannt werden. 152 Davon zu unterscheiden sei die Leistung des Unternehmers, der unter Zugrundelegung der Werke mit Hilfe der Darsteller, des Filmoperateurs und sonstiger Filmschaffender in seinem Unternehmen den Film herstelle. Hier gehe es nicht mehr um urheberrechtlich schutzfähiges Werkschaffen, sondern um Leistungen, die ihrer Art nach durch angrenzende Rechte geschützt zu werden pflegten. 153 Das Gesamtergebnis der angrenzenden Leistun149

Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts vom November 1951 von Prof. Ulmer in Β 141/2605 Bl. 111-131, später veröffentlicht in GRUR 1952, S. 5-24. 150 Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts von Prof. Ulmer in Β 141/2605 Bl. 114. 151 In diesem Bereich müsse der Filmhersteller auf den vertraglichen Erwerb abgeleiteter Rechte angewiesen sein. Ebenso wie sich der Verleger durch den Verlagsvertrag das Verlagsrecht verschaffe, müsse er sich durch den Verfilmungsvertrag das Verfilmungsrecht einräumen lassen, vgl. Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts von Prof Ulmer in Β 141/2605 Bl. 115. 152 Im Sinne der urheberrechtlichen Grundgedanken seien Drehbuchverfasser, Komponist, Architekt usw. nicht Miturheber, sondern Urheber verbundener Werke. Ihre Werke bleiben selbständig verwertbar. Zur Einheit verschmelzen sie erst in Darstellung und Aufnahme. Hier aber gehe es gerade nicht mehr um urheberrechtliche Sphäre, sondern um die Sphäre des Leistungsschutzes, vgl. Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts von Prof. Ulmer in Β 141/2605 Bl. 117. 153 Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts von Prof. Ulmer in Β 141/2605 Β1.117. Im Bereich der angrenzenden Rechte würden aber die Bedenken entfallen, das Recht unmittelbar dem Unternehmer zuzusprechen. Beispielsweise solle auch für das Recht an Lichtbildern vorgesehen werden, daß bei gewerbsmäßig hergestellten Fotografien der Inhaber des Unternehmens mit der Herstellung das ausschließliche Verwertungsrecht erhalte... Es liege auf dersel-

E. Filmrecht

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gen, der Regie und Darstellung, der Kameraakte, der Tonakte und Schnittakte, das auf den Bild- und Tonstreifen festgehalten sei, müsse dem Unternehmer zugerechnet werden. 154 Während man sich seitens des BMJ weiterhin skeptisch gegenüber diesem Vorschlag zeigte 155 , fand er bei Dr. Baum volle Unterstützung. Die Abhandlung von Ulmer sei „schlechthin vollkommen". 156 Sie gebe eine Lösung, die nicht nur juristisch einwandfrei sei, sondern auch die Erfordernisse der Praxis berücksichtige. Wenn die von Ulmer formulierten und eingehend begründeten Vorschläge Gesetz würden, hätte man die klassische Regelung der mit dem Film zusammenhängenden Probleme, eine Lösung von der zu hoffen wäre, daß sie auch in andere Urheberrechtsgesetze Eingang fände. Ein Urheberrecht des Produzenten am Film sei aus Gründen der Rechtssystematik abzulehnen. Die Filmschaffenden könnten nach den allgemeinen Grundsätzen des Urheberrechts niemals Urheber des Films sein, daher bleibe nur die Ulmersche Lösung. 157 Bedenken gegen die vom BMJ favorisierte Lösung eines gesetzlichen Übergangs der einzelnen Rechte auf den Filmhersteller äußerte Prof. de Boor. Auch er brachte sein Bedauern für den Fall zum Ausdruck, daß der von Ulmer vertretene Vorschlag nicht Gesetz würde. 158 Gegen eine cessio legis habe er schon früher protestiert und könne es sich nicht „verkneifen, noch einmal zu brummen". Diese Lösung sei keine Lösung und sie werde auch nicht dadurch besser, daß man sie cessio legis nenne.159 Bestärkt durch die Ausführungen de Boors ließ das BMJ die Absicht erkennen, von dem ursprünglichen Vorhaben, einzelne Verwertungsrechte der Urheber des Filmwerkes im Wege der cessio legis auf den Filmuntemehmer übergehen zu lassen, abzugehen und sich mehr dem Vorschlag von Prof. Ulmer zu nähern. Man sei sich über den Umfang des Leistungsschutzrechts des Filmunternehmers noch nicht ganz einig, wolle aber diesen schwierigen Punkt noch einmal besprechen.160 ben Linie, wenn man dem Filmuntemehmer aufgrund des Inbegriffs der Leistungen, die im Betrieb seines Unternehmens erbracht würden, ein Leistungsschutzrecht zuerkenne. 154 Zur Vertiefung vgl. die Erläuterungen zum Filmschutzrecht in der Abhandlung zur Neuregelung des Filmrechts von Prof. Ulmer in Β 141/2605 Bl. 124. 155 Entgegnung zu Ulmers Aufsatz über die Neuregelung des Filmrechts vom November 1951 in Β 141/2605 B1.132ff. 156 Vgl. den Aufsatz von Dr. Baum zur Neuregelung des Filmrechts in Β141/2605 Bl. 136 ff. 157 Aufsatz von Dr. Baum zur Neuregelung des Filmrechts in Β141/2605 Bl. 144 a. 158 Schreiben Prof. de Boors vom 23.07.1952 in Β 141/2605 Bl. 174. 159 „Wenn die Leute anfangen, lateinisch zu reden", so werde damit meist ein Gedankenfehler verdeckt, vgl. Schreiben Prof. de Boors vom 23.07.1952 in Β141/2605 Bl. 174. Es habe guten Sinn zu sagen, wenn der Bürge zahlt, geht die Forderung gegen den Hauptschuldner auf ihn über, aber es sei widersinnig, wenn der Gesetzgeber sage „X soll ein Recht haben, aber er soll es nicht haben, sondern Y soll es haben". 160 Antwortschreiben von ORegRat Schneider an Prof. de Boor vom 31.07.1952 in Β 141/2605 Bl. 175: „Ich selbst war schon aus anderen Gründen mit der cessio legis nicht zufrieden und habe durch ihre Ausführungen weiteren Antrieb erhalten, von dieser Lösung abzugehen." In einem späteren Schreiben an Prof. de Boor äußerte sich Dr. Haertel allerdings

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

In einer erneuten Überarbeitung des Vorschlags zum Filmrecht sprach Prof. Ulmer dann nicht mehr von einem Filmschutzrecht, sondern formulierte die Bestimmung dahingehend neu, daß „mit der Herstellung des Films der Unternehmer das Recht an dem Werk, das aus der Folge der Bildaufnahmen oder der Bild- und Tonaufnahmen entstand, erlangt." Dieses Recht wurde als Urheberrecht am Filmwerk bezeichnet.161 Damit sollte dem Hersteller die ausschließliche Befugnis zustehen, den Film zu vervielfältigen, zu verbreiten, öffentlich vorzuführen und durch Funk zu senden. Auch sollte er die Entstellung und Verstümmelung des Films untersagen können.162 Schließlich wollte Ulmer dieses Urheberrecht am Filmwerk für übertragbar erklären. 163 Obwohl hier nicht mehr ausdrücklich von einem Leistungsschutzrecht oder Filmschutzrecht die Rede war, sollte es sich der Sache nach doch um ein solches handeln. Es ging lediglich um die Frage, ob dieses Leistungsschutzrecht des Unternehmers anders bezeichnet werden sollte, etwa als „Urheberrecht besonderer Art". 1 6 4

2. Der Lösungsvorschlag des Referentenentwurfes

von 1954

Von allen bisherigen deutschen Urheberrechtsgesetzen und offiziellen Entwürfen befaßte sich der RefE von 1954 am eingehendsten mit den spezifischen Bedingungen und Strukturmerkmalen des Films. 165 Wie schon in den vorangegangenen internen Entwürfen des BMJ vorgesehen, behandelte der RefE die Filmwerke zunächst als eine besondere Werkart in § 1 Abs. 2 Ziff. 4. 1 6 6 Die noch in dem Entwurf von 1932 vertretene Auffassung, daß alle wesentlichen schöpferischen Leistungen bereits in dem Drehbuch zum Film enthalten seien und daß daher durch die bloße Verwieder zurückhaltender. Was die Konstruktion anlange, so wirke der von Prof. Ulmer in die Erörterung geworfene Gedanke der Schaffung eines Leistungsschutzrechts für den Hersteller des Films zunächst bestechend und verlockend. Man habe jedoch den Eindruck, als ob Prof. Ulmer neuerdings selbst nicht mehr an diesem Gedanken festhalte, vgl. Schreiben an Prof. de Boor vom 09.04.1953 in Β 141/2606 B1.017. 161 Vorschlag Prof Ulmers zum Filmrecht vom April 1953 in Β 141/2606 B1.024. 162 Vorschlag Prof Ulmers zum Filmrecht vom April 1953 in Β141/2606 B1.024a. Die Vorschriften über den Schutz von Bearbeitungen sollten entsprechend anwendbar sein. 163 Vorschlag Prof Ulmers zum Filmrecht vom April 1953 in Β 141/2606 B1.024a. 164 Vgl. dazu das Schreiben Prof de Boors vom 25.04.1953 zu dieser Neuformulierung der Ulmerschen Lösung in Β 141/2606 B1.023. Es treffe nicht zu, daß Ulmer an seiner Lösung nicht mehr festhalte. Er habe lediglich erwogen, ob es aus internationalen Gründen notwendig sein werde, das Leistungsschutzrecht des Unternehmers anders zu taufen, etwa Urheberrechte besonderer Art, worunter dann das Untemehmerrecht und die Fotografie zu bringen wäre. 165 Vgl. Reupert, S. 38; vgl. auch Ulmer in GRUR 1954, S.493 (495). Es liege ein geschlossener Bau des Filmrechts vor. Der Grundriß sei so gelegt, daß sowohl die Rechte der Urheber wie diejenigen des Unternehmers und der ausübenden Künstler berücksichtigt werden könnten. 166 Vgl. dazu Begründung S. 80. Das Film werk, gleich, ob es sich um einen Stummfilm oder um einen Tonfilm handele, sei ein Kunstwerk besonderer Art.

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E. Filmrecht 167

filmung dieses Drehbuches kein neues Werk entstehen könne , dürfte dem Wesen des Filmwerkes nicht gerecht werden, weil hierbei die entscheidende Rolle verkannt werde, die das bewegte Bild beim Film spiele. Die Umwandlung der im Drehbuch beschriebenen Vorgänge in die bildliche Darstellung stelle einen eigenen schöpferischen Akt dar und lasse ein neues Werk entstehen.168 Dem Vorschlag Prof. Ulmers folgend enthielt der RefE dann in einem dritten Teil besondere Bestimmungen für Filmwerke. Die Besonderheiten, durch die sich die Filmwerke von den sonstigen Werken unterschieden, würden es erforderlich machen, besondere Bestimmungen für Filmwerke vorzusehen. 169 Vor allem gehe es um die Frage, welchen der zahlreichen Personen, die bei der Herstellung eines Filmwerkes mitwirken, Rechte am Filmwerk zustehen sollten und wie diese Rechte voneinander abzugrenzen seien. Abgesehen von der Vielzahl der mitwirkenden Personen liege die Besonderheit des Filmwerkes darin, daß es in der Regel von einem Unternehmen unter großem Kostenaufwand zum Zweck der gewerblichen Verwertung hergestellt werde. Auch diesem Gesichtspunkt solle durch die Ausgestaltung der besonderen Bestimmungen für Filmwerke Rechnung getragen werden. 170 Grundsätzlich waren also alle in dem ersten Teil niedergelegten allgemeinen Grundsätze des Urheberrechts auch auf Filmwerke anwendbar, die sich aus der besonderen Natur des Filmrechts ergebenden abweichenden Bestimmungen aber in einem besonderen dritten Teil zusammengefaßt, womit eine größere Übersichtlichkeit erreicht werden sollte. 171 Dabei ging der Entwurf davon aus, daß das Urheberrecht an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken von dem Urheberrecht am Filmwerk selbst unterschieden und unabhängig davon noch die Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler, die an der Herstellung des Filmwerkes mitgewirkt hatten, berücksichtigt werden müssen.172 Zur Herstellung eines Films benutzte Werke waren nicht nur die selbständigen vorbestehenden Werke wie Roman, Drama oder Musik, sondern auch die Filmbei167 Der Entwurf von 1932 war noch davon ausgegangen, daß das Filmwerk den Werken der Literatur zugerechnet werden müsse, weil der eigentümliche geistige Gehalt eines Filmwerkes vor allem auf literarischem Gebiet liege, nämlich in dem in sich geschlossenen, in einer Bilderfolge verkörperten Gedankenaufbau. 168 Im übrigen brauche der geistige Gehalt eines Filmwerkes nicht nur in dem in einem Drehbuch niedergelegten Gedankenaufbau zu liegen, sondern er könne sich auch in der rein auf ästhetische Wirkung berechneten künstlerischen Aneinanderreihung von Farben und Formen im Film ausdrücken, vgl. Begründung S. 80. Daher könne das im Filmstreifen verkörperte Werk nur als ein einheitliches Werk angesehen werden, das je nach seiner Ausgestaltung durch Bild und Ton dem Gebiet der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste zugehöre. 169 Begründung S. 80. 170 Vgl. Begründung S.213. 171 Vgl. Begründung S. 214. Diese besonderen Bestimmungen für Film werke sollten Anwendung finden, gleichviel, ob die Filmwerke zur Vorführung in Filmtheatern oder für die Fernsehsendung hergestellt worden waren, ob sie auf dem üblichen Negativfilm oder auf sonstigen Bildträgem aufgenommen waren. 172 BegründungS.214.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

träge, insbesondere das Drehbuch und die für den Film komponierte Musik. Das Urheberrecht an diesen Werken entstand nach allgemeiner Regel in der Person ihres Schöpfers (§93 Abs. 2), zur Herstellung des Films bedurfte es folglich ihrer Zustimmung. 1 7 3 Der Filmunternehmer mußte also das Verfilmungsrecht vertraglich aus der Hand der Urheber oder ihrer Rechtsnachfolger erwerben. Hatte nun der Filmhersteller von dem Urheber eines vorbestehenden Werkes die Erlaubnis erhalten, sein Werk zur Herstellung eines Filmwerkes zu benutzen, so sollte er dieses Filmwerk nicht nur herstellen, sondern auch verwerten können. Zur Verwertung müsse er das unter Benutzung des vorbestehenden Werkes hergestellte Filmwerk vervielfältigen, die Filmkopien verbreiten, das Filmwerk öffentlich vorführen und es gegebenenfalls auch durch Funk senden dürfen. 174 In der Praxis ließ sich der Filmhersteller diese Rechte von dem Urheber durch Vertrag einräumen. Zur Vermeidung von Streitigkeiten über die Auslegung derartiger Verträge war in § 92 Abs. 1 die Vermutung aufgestellt, daß ein Urheber, der einem anderen ein Verfilmungsrecht an seinem Werk einräumte, diesem im Zweifel auch sämtliche Nutzungsrechte, und zwar als ausschließliche Rechte einräumte. 175 Da diese Regelung nur im Zweifel galt, war der Urheber des benutzten Werkes nicht gehindert, vertraglich etwas anderes zu vereinbaren. Die grundsätzliche Vertragsfreiheit der Urheber wurde jedoch durch § 92 Abs. 2 Satz 1 insofern eingeschränkt, als nur eine gemeinsame Einräumung der hauptsächlichen Nutzungsrechte am Filmwerk, nämlich des Vervielfältigungs-, des Verbreitungs- und des Vorführungsrechts, zugelassen war. Dadurch sollte erreicht werden, daß diese Rechte in der Hand des Filmherstellers zusammenkamen und damit die einheitliche Verwertung des Filmwerkes ermöglicht wurde. 176 Als Ausnahme war in § 92 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, daß die Urheber der Filmmusik trotz der Einräumung des Vorführungsrechts an den Filmhersteller gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung des Filmwerkes einen Anspruch auf angemessene Vergütung behielten.177 § 92 Abs. 4 bestimmte schließlich, daß der Urheber bei der Einräumung von Nutzungsrechten für Filmwerke auf das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung (§ 33) durch 173 Vgl. dazu die Begründung S. 222. Es liege kein Grund vor, von der allgemeinen Regel abzuweichen, wonach ein Werk, das unter Benutzung eines anderen entstanden sei, nur verwertet werden dürfe, wenn dessen Urheber zustimme. 174 Vgl. Begründung zum RefE S. 214f. Außerdem mußte der Filmhersteller berechtigt sein, das Werk zu bearbeiten, da ein Werk, beispielsweise ein Roman, meist nicht unverändert in ein Filmwerk aufgenommen werden konnte. Insbesondere bedurfte der Filmhersteller für die Verwertung im Ausland, die bei der internationalen Verbreitung von Filmwerken als Regelfall anzusehen war, auch des Rechts, das Filmwerk in ausländische Sprachen zu übersetzen oder es sonst den ausländischen Verhältnissen anzupassen. 175 Vgl. zur Vertiefung Begründung zum RefE S. 215 f. 176 Vgl. Begründung zum RefE S. 216. Dadurch wurden die Urheber nicht gehindert, mit dem Filmhersteller eine Beteiligung an den Einnahmen des Filmwerkes zu vereinbaren. 177 Eine Änderung gegenüber dem geltenden Recht bestand darin, daß dem Urheber nicht mehr das Recht zustand, die Vorführung des Filmwerkes zu verbieten, vgl. Begründung zum RefE S. 216.

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eine schriftliche Erklärung im voraus verzichten konnte. Neben dem Urheberrecht an den benutzten Werken stand aber noch das Urheberrecht an dem Filmwerk selbst. Möglicherweise auf die Neuformulierung in dem zuletzt von Prof. Ulmer eingereichten Vorschlag zum Filmrecht zurückzuführen war die Entscheidung des RefE, das Urheberrecht am Filmwerk mittels einer Fiktion dem Unternehmer, der das Filmwerk hergestellt hatte, zuzusprechen (§ 93 Abs. 1). Die Begründung führte dazu aus, daß nach allgemeiner Regel an sich alle diejenigen als Urheber betrachtet werden müßten, deren Beitrag eine persönliche geistige Schöpfung darstelle. Das könnten je nach Lage des Einzelfalles der Regisseur, einzelne Darsteller, der Cutter, der Beleuchter, der Bühnenbildner, der Hersteller und andere sein. Eine sichere Abgrenzung sei aber nicht möglich. Den Bedürfnissen der Praxis und den Belangen des Filmherstellers werde daher nicht genügt, wenn man von dem Urheberrecht dieser Personen ausgehe.179 Die einzige Lösung, die geeignet sei, die für den Rechtsverkehr erforderliche Klarheit über die Rechtsverhältnisse zu schaffen, sei die, dem Filmhersteller das Urheberrecht am Film zuzusprechen. Dem Einwand, daß der Hersteller nach den allgemeinen Grundsätzen niemals der alleinige Urheber des Filmwerkes sein könne, wollte der RefE dadurch Rechnung tragen, daß § 93 Abs. 1 nur eine dahingehende Fiktion aufstellte. Damit werde zu erkennen gegeben, daß auch nach Auffassung des Entwurfes der Hersteller nicht der wirkliche Urheber des Filmwerkes sei, sondern daß nur praktische und wirtschaftliche Notwendigkeiten dazu geführt hätten, dem Hersteller die Rechtsstellung eines Urhebers einzuräumen. 180 Als weitere Neuerung war in § 94 bestimmt, daß das Verwertungsrecht am Filmwerk, im Gegensatz zu dem Urheberrecht an sonstigen Werken, übertragbar war. 178 Zur Vertiefung vgl. die Begründung zum RefE S. 217. Da auf das Rückrufsrecht nach § 33 Abs. 4 im voraus nicht verzichtet werden und auch seine Ausübung im voraus für eine längere Zeit als 5 Jahre nicht ausgeschlossen werden konnte, wären die Filmuntemehmer genötigt, das Werk spätestens nach 5 Jahren zu verfilmen, wenn sie ihre Rechte nicht verlieren wollten. 179 Bislang habe sich die Praxis damit geholfen, daß der Filmhersteller mit allen möglicherweise in Betracht kommenden Personen Verträge geschlossen und sich ihre etwaigen Urheberrechte habe abtreten lassen. Die Notwendigkeit des Abschlusses einer großen Anzahl von überwiegend überflüssigen Verträgen zeige aber schon, daß eine Lösung, die keine Klarheit über den Urheber des Filmwerkes bringe, mit den praktischen Gegebenheiten nicht in Einklang stehe, vgl. Begründung S. 218 f. Wegen der Unsicherheit über die Person des Urhebers des Filmwerkes sei von verschiedenen Seiten gefordert worden, daß das neue Urheberrecht die bestehenden Zweifel über die Person des Urhebers beseitigen müsse. Damit sei die weitere Forderung verbunden gewesen, daß die Belange des Filmherstellers, der beträchtliche Geldmittel in jeden Film zu investieren habe, auch bei der Ausgestaltung seiner Rechtsstellung stärkere Berücksichtigung finden müsse. Diesen Erwägungen habe man mit der Neuregelung Rechnung tragen wollen. Die „besondere Eigenart des Filmwerkes, bei dem sowohl bei der Herstellung als auch bei der Verwertung wirtschaftliche Gesichtspunkte überwiegen würden", mache eine Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes, daß Urheber nur sei, wer eine schöpferische Leistung erbracht habe, notwendig. Eine Sonderregelung scheine daher gerechtfertigt. 180 Begründung S. 219. Dieses fiktive Urheberrecht bezog sich nur auf die bei der eigentlichen Herstellung des Films, also bei den Dreharbeiten erbrachten geistigen Schöpfungen.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Der Filmhersteller konnte also nicht nur Nutzungsrechte am Werk einräumen, sondern das ganze Verwertungsrecht abtreten, auch hinsichtlich unbekannter Verwertungsarten. 181 Damit die Filmwerke im geschäftlichen Verkehr frei verwertet werden konnten, hielt man es für erforderlich, die zugunsten des Urhebers vorgesehenen Bestimmungen über das Erfordernis der Zustimmung zur Übertragung von Nutzungsrechten, über das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung und wegen gewandelter Überzeugung für den Filmhersteller und seinen Rechtsnachfolger auszuschließen (§ 95). 182 Der besonderen Stellung des Regisseurs bei der Filmherstellung versuchte der Entwurf dadurch zu begegnen, daß dieser in § 96 das Recht erhielt, eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung seiner Leistung zu verbieten, die geeignet war, sein Ansehen oder seinen Ruf zu gefährden. 183 Schließlich wurde für die Schutzdauer von Filmwerken eine Sonderfrist bestimmt, da es nicht angehe, bei diesen Werken, an denen das Urheberrecht dem Hersteller, also möglicherweise einer juristischen Person, zustehe, die Schutzdauer nach dem Zeitpunkt des Todes einer Person zu berechnen. Geeigneter erscheine es, hier auf den Zeitpunkt der Veröffentlichung bzw. auf den Zeitpunkt der Herstellung abzustellen, wenn das Werk innerhalb der Frist von 50 Jahren nicht veröffentlicht worden war. 184 Auf Zustimmung stieß die Regelung des Filmrechts im RefE bei der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft. 185 Begrüßenswert sei die Lösung, dem Filmhersteller das Urheberrecht an dem Filmwerk im Wege einer Fiktion zu gewähren. Sie entspreche einer jahrzehntelangen Forderung der Filmproduzenten. Der Filmhersteller erhalte hier eine klare Rechtsstellung, die er im Rechtsverkehr und besonders bei der internationalen Auswertung des Filmwerkes haben müsse. Sie sei um so nötiger, als der vorliegende Entwurf dem Urheber eine Reihe von neuen Rechten gebe und seine Stellung dadurch verstärke. 186 Wenn daneben an einigen Bestimmungen Kritik geübt werde, so geschehe dies nur unter der Beschränkung auf lebenswichtige Interessen der Filmwirtschaft und gleichzeitiger Wahrung der Belange sonstiger Interessentenkreise. So mache es die Investition von sehr hohen Geldbeträgen zur Herstellung eines Films erforderlich, daß sich die gemeinsame Einräumung der ausschließlichen Nutzungsrechte in § 92 Abs. 2 Satz 1 auch auf die in Nr. 4 und 5 genannten Rechte zur 181

Vgl. Begründung S.222. Begründung S.222 f. 183 Der Regisseur leiste bei der Schaffung des Films den Hauptanteil bei der Umwandlung des literarischen Filmstoffes in das Bildliche. Er bringe im Filmwerk seine künstlerische Auffassung zur Geltung und präge ihm häufig seinen Stil auf. Wegen dieser überragenden Stellung im Kreise der Filmschaffenden scheine es angebracht, ihm ein droit moral an seiner Leistung zuzubilligen, welches mit seinem Tode erlöschen sollte, vgl. Begründung S. 223. 184 Zur Vertiefung vgl. Begründung S. 224. 185 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 2. Stellungnahme der SPIO vom 30.12.1954 in Β 141/2572 Bl. 142. Es werde anerkannt, daß der Entwurf im wesentlichen die berechtigten Belange aller Beteiligten in angemessener Weise berücksichtige. 186 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 147 f. 182

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Sendung durch Funk und zur Übersetzung oder anderweitiger filmischer Bearbeitung bzw. dessen Verwertung erstrecke. Die enormen Produktionskosten könnten von den Firmen und der Bürgschaftsgesellschaft nur dann eingespielt werden, wenn dem Produzenten die Auswertung des Filmwerkes durch Funk- und Fernsehübertragung sowie die internationale Verwertung im Ausland zustehe.187 Zudem erscheine es unverständlich, warum dem Filmkomponisten nach § 92 Abs. 2 Satz 2 gegen den Veranstalter einer öffentlichen Vorführung ein Anspruch auf angemessene Vergütung gewährt werde. 188 Die Honorare für die Filmmusik würden bereits ein angemessenes Entgelt darstellen, zumal ihnen der Film eine kostenlose Werbemöglichkeit biete, die sich auf allen anderen Auswertungsgebieten vorteilhaft auswirke. 189 Gestrichen werden sollte nach Möglichkeit auch die Bestimmung des § 96, wonach dem Regisseur ein Urheberpersönlichkeitsrecht gewährt wurde. Damit werde dem Regisseur eine rechtliche und wirtschaftliche Machtposition gegenüber dem Produzenten eingeräumt, die nicht gerechtfertigt sei und in keinem Verhältnis zu seinem künstlerischen Schutzbedürfnis stehe.190 Zumindest solle diese Vorschrift dahin eingeschränkt werden, daß dem Regisseur nur das Recht eingeräumt werde, im Vorspann die Erwähnung seines Namens zu untersagen. Wenn auf der einen Seite dem Produzenten das Urheberrecht am Filmwerk aus wirtschaftlichen Gründen gegeben werde, dann dürfe man diese Vorschrift nicht dadurch außer Kraft setzen, daß man neuen Personen Verbotsrechte erteile. 191 Im übrigen bleibe zu sagen, daß das Verlangen der Autoren, Komponisten, Regisseure und ausübenden Künstler auf Beteiligung an den Einspielergebnissen insofern nicht berechtigt sei, als sie alle angemessen, wenn nicht sogar überbezahlt würden. Darüber hinaus hätten sie die Möglichkeit, aus ihren für den Film geschaffenen Werken noch Einnahmen aus Rundfunk, Schallplatten und den Vergnügungsstätten im In- und Ausland zu erzielen. 192 In diesem Zusammenhang müsse auch besonders beachtet werden, daß der deutsche Film derzeit noch einen durchschnittlichen Verlust von 20 bis 30 % der Herstellungskosten aufweise. Jede weitere Bela187

Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 144. Dadurch werde das Prinzip, ein Film werk im Rechtsverkehr als rechtliche Einheit anzusehen, zugunsten der Urheber eines Werkes der Tonkunst, das in einem Filmwerk verwendet wird, durchbrochen, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 144. 189 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 145. 190 Vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 148. 191 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 148. Zuletzt wurde noch angemerkt, daß die Schutzfrist für Filmwerke den tatsächlichen Gegebenheiten angepaßt und auf 20 oder 25 Jahre verkürzt werden könne. Es bestehe keine Notwendigkeit, hier die allgemeine Schutzdauer von 50 Jahren gelten zu lassen, da die Filmwerke im allgemeinen nur Zeitwert besitzen und lediglich hervorragende Werke noch im Zweitmonopol erscheinen würden. 192 Die Einnahmen der erfolgreichen Schlagerkomponisten seien Spitzeneinnahmen. Keine Absprache der Unternehmer hindere Schauspieler, Autoren, Regisseure usw., sich vertragliche Beteiligungen am Gewinn des Films auszumachen, vgl. die Schlußbemerkung in Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 155. 188

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Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

stung würde die Wirtschaftlichkeit des Films weiter vermindern und sich gefährlich auf den Fortbestand der deutschen Produktion auswirken. 193 In Ergänzung zu dieser Stellungnahme äußerte sich die SPIO in einem weiteren Schreiben nochmals zu dem Referentenentwurf und betonte erneut, daß in der in § 93 getroffenen Fiktionsregelung die einzige Möglichkeit gesehen werde, das Filmwerk für die Vornahme seiner Auswertung rechtlich zu sichern. 194 Aus Gründen der hohen Kosten der Filmherstellung und des übernommenen Risikos sei es unerläßlich, das Filmwerk rechtlich so zu schützen, daß es frei von verborgenen Ansprüchen ausgeweitet werden könne und daß insbesondere keine Verbietungsansprüche aus dem droit moral einer solchen Ausweitung entgegenstanden. Dafür bedürfe es der Zuerkennung eines einheitlichen Urheberrechts am Film und der Verlagerung dieses Rechts in die Verfügungsgewalt des Filmherstellers. 195 Zusätzlich wurde jetzt gefordert, die Bestimmung des § 95, der einige Einschränkungen der Rechte des Filmherstellers normierte, zu streichen. § 95 sei weder mit dem Grundsatz der rechtlichen Gleichbehandlung der Filmwerke mit den filmisch benutzten Werken noch mit den sachlichen Erfordernissen des Filmwesens zu vereinbaren. 196 Anders zeigte sich der Verband Deutscher Filmautoren über den RefE „bitter enttäuscht'4.197 Akzeptiert werden könne lediglich die in § 91 getroffene Regelung, daß die Herstellung eines Filmwerkes unter Bearbeitung oder Umgestaltung eines Werkes der Zustimmung des Urhebers dieses Werkes bedürfe, was fast schon eine Selbstverständlichkeit darstelle. 198 Zweifelhaft sei die Bestimmung des § 92, wonach dem Hersteller eines Filmwerkes mit Erteilung der Erlaubnis zur Benutzung eines Werkes zur Filmherstellung im Zweifel unter anderem auch das Recht zur Benutzung des Films zu Funksendungen eingeräumt sein sollte. Durch die Funksendung erhalte der Filmproduzent von der Sendegesellschaft nach praktischen Erfah193

Vgl. bereits die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 1. Schlußbemerkung in Stellungnahme der SPIO in Β 141/2572 Bl. 155. 194 Ergänzung der Stellungnahme der SPIO vom Juni 1955 in Β141/2576 Bl. 124. 195 Ergänzung der Stellungnahme der SPIO in Β141/2576 Bl. 124. Aus diesen Gründen vertrage der Film keine Regelung, wie sie der RefE mit §§ 96, 97 i. V. m. § 80 durch Gewährung von Verbietungsrechten des Regisseurs und gegebenenfalls der sonstigen Filmschaffenden beabsichtige. 196 Soweit es sich um die durch § 95 ausgeschlossenen Befugnisse aus § 27 handele, würden diese ohne weiteres auch für den Filmhersteller in dessen rechtlicher Stellung als Urheber des Filmwerkes gelten. Eine ausdrückliche Bestimmung hierüber sei also nicht erforderlich. Soweit es sich um das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung in § 33 und wegen gewandelter Überzeugung in § 34 handele, wären diese Rechte einheitlich für filmisch benutzte und für Filmwerke im Gesetz auszuschließen, vgl. zur Vertiefung Ergänzung der Stellungnahme der SPIO in Β 141/2576 B1.123f. 197 Vgl. zum Ganzen die ausführliche Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β141/2573 Bl. 077 ff. Glücklicherweise werde diese Enttäuschung auch von Fachleuten des Urheberrechts, also von nicht-Filmautoren weitgehend geteilt. 198 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.078. Falls die Fachleute des Urheberrechts keine noch bessere Formulierung finden, würde dieser erste Paragraph des die Filmwerke betreffenden Teils akzeptiert werden.

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rungen so hohe Vergütungen, daß er in der Lage sei, von dem Urheber diese Befugnis gesondert zu erwerben und ihm eine gesonderte Vergütung zu entrichten. 199 Gegen diese Vorschrift wurde weiterhin vorgebracht, daß sie in Abs. 2 eine Zwangskoppelung des Herstellungs-, Vervielfältigungs-, Vertreibungs- und Vorführungsrechts vorsehe, was dem Grundsatz der Vertragsfreiheit widerspreche. 200 Abwegig scheine die in § 93 getroffene Definition, daß der Inhaber des Unternehmens, welches das Filmwerk hergestellt hatte, als Urheber des Films galt. Selbst wenn es sich um ein fiktives Urheberrecht handele, so werde der fundamentale Grundsatz, daß Urheber stets derjenige sei, der das Werk geschaffen habe, verletzt. 201 Der Produzent, als Verknüpfer der zugrunde gelegten schöpferischen Leistungen, welcher den Stoff auswähle, den Autor bestimme, den Regisseur und die Darsteller engagiere, dieser „tüchtige Herr" werde durch all diese Tätigkeiten niemals zum Urheber, auch nicht zum fiktiven Urheber. Freilich sei nicht zu verkennen, daß der Filmunternehmer eines besonderen Schutzes bedürfe, da der bekanntermaßen erhebliches Kapital investiere und ein großes Risiko auf sich nehme. Aber das lasse sich auch auf einem anderen Weg erreichen als durch ein fiktives Urheberrecht, beispielsweise durch das bereits von anderer Seite vorgeschlagene Filmschutzrecht. 202 Weiterer Kritikpunkt war die Tatsache, daß nach der Sonderregel des § 92 Abs. 4 der Urheber bei der Einräumung von Nutzungsrechten für Filmwerke im Gegensatz zu allen anderen Werken 203 auf das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung durch eine schriftliche Erklärung im voraus verzichten konnte. Diese Vorschrift klinge an sich harmlos, stelle sich aber als Wolf im Schafspelz dar. 204 Der Vorausverzicht würde nämlich, käme es zu dieser Regelung, von dem Produzenten prinzipiell verlangt werden. Es müsse daher bei der allgemeinen Regelung, daß auf das Rückrufsrecht im voraus nicht verzichtet werden könne, bleiben. Da nach dem Entwurf die Geltendmachung des Rückrufsrechts bis zu fünf Jahre lang ausgeschlossen werden kön199

Vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.079. Vgl. die Ausführungen in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II. 1. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 Bl. 079. 201 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.083. Zu beachten sei, daß die schöpferischen Leistungen in der Regel vor der Gestaltung des Films erbracht werden, wie die im Drehbuch festgelegte Filmhandlung, der im Drehbuch festgelegte Dialog, die den Film begleitende Musik, die Entwürfe der Bauten usw. 202 An dieser Stelle verwies der Verband Deutscher Filmautoren als Neuformulierung des § 93 auf den Vorschlag von Prof. t//mer, wonach der Filmunternehmer mit der Herstellung des Films das Leistungsschutzrecht (Filmschutzrecht) erwerben sollte, kraft dessen ihm die ausschließliche Befugnis zustehen sollte, den Film zu vervielfältigen, zu vertreiben, öffentlich vorzuführen und durch Bildfunk zu senden. Auch sollte er eine Entstellung oder Verstümmelung des Films untersagen können, vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.084. 203 Vgl. § 33 Abs. 4 Satz 1 RefE, wonach auf das Rückrufsrecht im voraus nicht verzichtet werden konnte. 204 Vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β141/2573 B1.085. 200

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205

ne , was zugunsten der Produzenten durchaus recht und billig sei, bleibe dem Filmurheber die wirtschaftliche Verwertung des Werkes lang genug möglich. Der Film sei eine schnellebige Branche. Nach fünf Jahren werde sich jeder Produzent darüber klar sein, ob er ein Buch verfilmen wolle oder nicht. 206 Ähnlich ablehnend äußerten sich auch die meisten Sachverständigen zu der Neuregelung des Filmrechts. 207 Prof. de Boor hielt den Lösungsversuch des RefE für verfehlt. 208 Die Grundfrage nach dem Träger des Urheberrechts versuche der Entwurf durch die Fiktion des § 93 Abs. 1 zu umgehen, was jedoch ohne Erfolg bleibe. Denn Urheber bedeute nach dem Entwurf Träger des Urheberrechts zu sein, anderenfalls wäre § 5 eine Tautologie. § 93 besage also in Wirklichkeit, daß der Unternehmer, meist eine juristische Person, Urheber sei, was wiederum nicht zu den Grundsätzen des Urheberrechts passe.209 Vor allem aber spreche gegen diese Lösung, daß alle diejenigen Sätze, die für das Urheberrecht des Entwurfes charakteristisch seien, ausgeschlossen werden müßten. Das Recht am Filmwerk sei nach dem Entwurf übertragbar, die Bestimmungen über die Zustimmung zur Weiterübertragung und über das Rückrufsrecht sollten nicht gelten. Was bleibe, sei kein Urheberrecht mehr, gewiß kein Urheberrecht im Sinne des Entwurfes. 210 Auch von Erffa wollte die Ulmersche Lösung zur Filmrechtsregelung vorziehen. 211 Gegen den RefE sei im einzelnen zu sagen, daß die in § 92 Abs. 1 und Abs. 2 getroffenen Regelungen über die Auslegung einer Erlaubnis des Urhebers, sein Werk zu verfilmen und über die Zwangskoppelung des Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und öffentlichen Vorführungsrechts dem in der freien Wirtschaft anerkannten Grundsatz der Vertragsfreiheit entgegen stünden. Die Filmwirtschaft bestehe seit 205

Vgl. § 33 Abs. 4 Satz 2 RefE, der festlegte, daß die Ausübung des Rückrufsrechts im voraus für eine längere Zeit als fünf Jahre nicht ausgeschlossen werden könne. 206 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2573 B1.086. 207 Abgesehen von den im folgenden genannten Sachverständigen, die ihre Stellungnahmen direkt an das BMJ richteten, erschienen zu dem RefE eine Vielzahl von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, die im einzelnen nicht alle angeführt werden können, vgl. dazu auch die Angaben in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 5. Gegen die, wenn auch fiktive Urheberschaft am Filmwerk sprachen sich zunächst Roeber in UFITA Bd. 18 (1954), S. 283-310 sowie in UFITA Bd.22 (1956), S. 1-41 und auch Werhahn in UFITA Bd.20 (1955), S.42-54 aus, dafür vor allem Pfennig in UFITA Bd. 19 (1955), S. 178-190 und Burkhardt in UFITA Bd. 19 (1955), S. 162-177. Speziell zur Rechtsstellung des Filmregisseurs äußerte sich Werhahn in UFITA Bd. 19 (1955), S. 191-206, zur allgemeinen Problematik der Urheberschaft am Film veröffentlichte Roeber einen umfangreichen Beitrag in UFITA Bd. 22 (1956), S. 1-41. Weiterhin ist noch auf die von Ulmer selbst verfaßten Abhandlungen in GRUR 1954, S. 493-499; GRUR 1955, S. 518-526 und auch in GRUR Int. 1953, S. 182-197 sowie in GRUR Int. 1954, S. 206-213 zu verweisen. 208 v g l Teil χ der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II.2. Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 B1.025. 209 210 211

Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 Bl. 026. Vgl. Stellungnahme de Boors in Β 141/2568 B1.027. Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 Bl. 106.

E. Filmrecht

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nahezu 50 Jahren und sie habe es während dieser ganzen Dauer stets verstanden, sich durch Vertragsabschlüsse mit den Urhebern der vorbestehenden Werke und auch mit den Urhebern der eigens für den Film geschaffenen Werke die Rechte zu verschaffen, die sie zur Filmherstellung und Verwertung des Films benötigten.212 Es könne nicht daran gezweifelt werden, daß die Filmunternehmer auch künftig hierzu in der Lage sein werden, noch dazu, da sie in der Regel über juristische Berater verfügten, die ihre Rechte wahrzunehmen verstanden, und zwar weit besser als dies dem einzelnen Urheber hinsichtlich seiner Rechte möglich sei. 213 In Übereinstimmung mit Prof. Ulmer war von Erffa der Meinung, daß dem Filmunternehmer ein Filmschutzrecht zu gewähren sei. Die Zweckmäßigkeit des Filmschutzrechts liege nicht nur in der Wahrung der Systematik des Gesetzes sondern auch darin begründet, daß es sowohl für die Filme anwendbar sei, die Werke wiedergeben, als auch für Filme, die keine Werke seien, oder für Teile von Filmen, die keine Werke seien.214 Da das Filmschutzrecht ein Leistungsschutzrecht sein sollte, kämen die Bestimmungen des urheberrechtlichen Teils nur zur Anwendung, wenn dies ausdrücklich gesagt sei. Die in § 95 des RefE vorgesehene Bestimmung über die Einschränkungen der Rechte des Filmherstellers sei daher entbehrlich. 215 Auch nach Ansicht Prof. Möhrings war die Konstruktion, daß der Inhaber des Unternehmens als Urheber des Films gelten sollte, nicht haltbar. 216 Er sei der einzige, dem gerade kein Urheberrecht zustehe.217 Der Umstand, daß er im Wege der Fik212

Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 Bl. 104 f. Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 Bl. 105 ff. Ferner sei nicht einzusehen, warum nach § 92 Abs. 4 ein Ausschluß des Rückrufsrechts im Fall des Filmurhebers vertraglich zulässig sein sollte. Es gehe schließlich nicht an, daß ein erfolgreicher Drehbuchverfasser ein gutes Drehbuch auf die Dauer bei einem Filmunternehmer belassen müsse, möglicherweise weil dieser Filmunternehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, während er es bei einem anderen leistungsfähigen Filmunternehmer mit großem Erfolg verfilmt erhalten könnte. § 92 sei daher insgesamt zu streichen. 214 Nach Auffassung von Erffas war der Film als solcher kein Werk i. s. d. § 1, sondern eine auf dem Filmstreifen festgehaltene Gestaltungsleistung, vgl. Stellungnahme von Erffas in Β141/2568 Bl. 108. In der Regel würden nur schöpferische Werke vor der Gestaltung des Films erdacht, nämlich die im Drehbuch festgelegte Filmhandlung, der im Drehbuch festgelegte Dialog, die den Film begleitende Musik, die Liedertexte der Filmschlager oder auch die für den Film geschaffenen Werke der Baukunst. Die Zusammenfassung dieser Werke durch eine Gestaltung, die zur Aufnahme auf den Filmstreifen geeignet ist, sei zwar eine hohe künstlerische Leistung. Sie seien aber denen des Regisseurs eines Bühnenwerkes und desjenigen, der das Bühnenwerk inszeniert, vergleichbar. Demnach sei der Film die auf dem Filmstreifen festgehaltene Gesamtgestaltung von miteinander in Einklang gebrachten urheberrechtlich geschützten Werken. 215 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2568 Bl. 112. Dagegen sei es erforderlich, klarzustellen, daß den ausübenden Künstlern weder Vergütungsansprüche für die öffentliche Vorführung des Films zustehen, noch daß sie der Vervielfältigung, der Verbreitung und der Bildfunksendung des Films widersprechen können. 216 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.II.2. Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.038. 217 Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.038. 213

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

tion zum Urheber bestimmt werde, ändere nichts an der Unmöglichkeit dieser Konstruktion, die vermutlich auf einem Mißverständnis der Ulmerschen Vorschläge beruhe. § 94, wonach das Verwertungsrecht am Film übertragbar sein sollte, sei ebenfalls verfehlt. Dadurch werde beispielsweise dem Filmhersteller ermöglicht, den Film ohne Zustimmung des Urhebers durch Funk senden zu lassen.218 Gleichermaßen vertrat der 1. Zivilsenat des BGH den Standpunkt, daß auf dem Gebiet des Filmrechts nicht von dem fundamentalen Grundsatz abgewichen werden sollte, daß das Urheberrecht am Werk in der Person des Schöpfers entstehe. Mit dieser Auffassung sei aber § 93 trotz seiner fiktiven Fassung nicht vereinbar. 219 Wenn dem Filmproduzenten ein eigenes Ausschließlichkeitsrecht am Film zuerkannt werden soll, dann halte man die von Prof. Ulmer vorgeschlagene Lösung für glücklicher, insoweit nur ein Leistungsschutzrecht zuzubilligen.220 Prof. Ulmer selbst sah in der vorgeschlagenen Regelung durchaus wertvolle Ansätze.221 Es seien aber bestimmte Korrekturen und Bereinigungen notwendig, wenn sie im Gesamtgefüge des Urheberrechts Bestand haben solle. Im Mittelpunkt des Urheberrechts stehe die grundsätzliche Frage nach dem Filmurheber. Als Antwort hätten sich bislang zwei Ansatzpunkte gefunden, man könne einmal ein Urheberrecht des Unternehmers annehmen oder an dem Urheberrecht der geistigen Schöpfer festhalten. Praktische und wirtschaftliche Erwägungen, wie sie auch in der Begründung des Entwurfes vorgebracht worden seien, schienen in der Tat für das Urheberrecht des Unternehmers zu sprechen. Wie bereits gesehen, begegne diese Lösung aber dem schwerwiegenden Einwand, daß sie im Widerspruch zu den urheberrechtlichen Grundsätzen stehe.222 218 Vgl. Stellungnahme Möhrings in Β 141/2589 B1.039. Schließlich wies Prof. Möhring noch daraufhin, daß die Bestimmung des §98 über die Dauer des Urheberrechts am Filmwerk praktisch das Aufführungsrecht der Komponisten der Filmmusik vor Ablauf der Frist enden lasse, indem sie dem Filmvorführer das Recht gebe, den Film vorzuführen, ohne für die dadurch bewirkte Aufführung dem Urheber Tantieme zu zahlen, obwohl die Schutzfrist noch nicht abgelaufen sei. Hierdurch werde die Schutzfrist im Ergebnis verkürzt. 219 Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 B1.057f. Durch die Einräumung eines fiktiven Urheberrechts am Filmwerk für den Produzenten sei außerdem nicht ausreichend klargestellt, ob das Urheberrecht der bei der Formgestaltung des Films mitwirkenden Personen wie Regisseur, Kameramann, Cutter usw. wegfallen soll. Nach Auffassung des Senates mußte entweder die Entstehung von Urheberrechten in der Gesamtkonzeption des Urheberrechts ausdrücklich ausgeschlossen werden oder eine Übertragung der Nutzungsrechte auf den Filmhersteller kraft Gesetzes vorgesehen werden. 220 Vgl. Stellungnahme des 1. Zivilsenates des BGH in Β 141/2569 B1.058. 221 Aufsatz von Prof \ Ulmer zum Filmrecht des Entwurfs in Β 141/2565 Bl. 156. Die Abhandlung ist in GRUR 1954, S.493-501, erschienen. Ulmer führte aus, daß die vorgeschlagene Regelung in Verbindung mit der Begründung von einer eingehenden Durchdringung der Materie zeuge. Es liege ein geschlossener Bau des Filmrechts vor. Der Grundriß sei so gelegt, daß sowohl die Rechte der Urheber wie diejenigen des Unternehmers und der ausübenden Künstler berücksichtigt werden könnten. 222 Ulmer verwies an dieser Stelle auf ein Zitat von Plinio Bolla in der Begründung zum Vorentwurf einer Schweizer Urheberrechtsnovelle: „Der Filmuntemehmer ist, wie wichtig auch seine Rolle sein mag, keiner der zahlreichen Urheber eines kinematographischen Werkes. Das

E. Filmrecht

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Abgesehen davon dürfe man nicht glauben, die Fragen des Filmrechts seien gelöst, wenn es gelänge, den Urheber als Träger der Rechte zu ermitteln. In Wahrheit stehe nämlich der Film auf anderer Ebene als sonstige literarische und künstlerische Schöpfungen. Er sei ein Werk oder eine Werkverbindung auf der Stufe der Realisation. 223 Daher gehe es bei dem Film, anders als bei sonstigen Werken, nicht nur um die Rechte, die aus der Schöpfung, sondern zugleich um die Rechte, die aus der Darstellung und der Aufnahme erwachsen. 224 Ulmer wiederholte somit seinen Vorschlag, sich die gewonnene Erkenntnis einer Unterscheidung zwischen Urheberrechten und Leistungsschutzrechten auch für das Filmrecht nutzbar zu machen.225 Die Sphäre des Unternehmers sei die Sphäre der Aufnahme und Montage. Die technisch künstlerischen Leistungen, die im Unternehmen durch Kameramänner, Beleuchter, Ton und Schnittmeister erbracht werden, könne man dem Unternehmer in ähnlicher Weise zurechnen, wie es bei der Herstellung von Tonträgem geschehe. Dementsprechend bestimme sich dann das Verhältnis zwischen Urhebern und Unternehmer. Die Autoren hätten das Urheberrecht an den schöpferischen Grundlagen, die sie für den Film legten. Der Unternehmer habe dagegen das Leistungsschutzrecht am Filmband, das sog. Filmschutzrecht, das originär in seiner Person entstehe.226 Der Grund dafür, daß der Entwurf diesen Vorschlag abgelehnt habe, liege wohl weniger darin begründet, daß er, wie in der Begründung ausgeführt, nicht geeignet sei, die Frage nach der Person des Urhebers zu klären und der Filmhersteller nach wie vor nicht von der Notwendigkeit befreit würde, sich in zahlreichen Verträgen die Rechte von allen nur irgendwie als Urheber in Betracht kommenden Personen einräumen zu lassen. Genauer besehen liege der Grund der Ablehnung wohl darin, daß der Entwurf der Vorstellung verhaftet bleibe, die Realisation des Films selbst als ein Werk zu deuten, die Realisation also ihrerseits als schöpferische Werkgestaltung zu sehen.227 Es liege daher an der zugrundeliegenden theoretischen Konstruktion, daß der Entwurf zwischen die Rechte der Urheber und das Leistungsschutzrecht des Unternehmers noch ein drittes Recht, das fiktive Untemehmerurheberrecht, einGegenteil anzunehmen würde bedeuten, einen der wichtigsten Grundsätze des Schweizer Urheberrechts und der Berner Übereinkunft aufzugeben, nämlich, daß das Urheberrecht in der Person des geistig Schöpfenden entsteht." Vgl. den Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 157. 223 Vgl. den Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 158. Anders als sonstige Werke, bei denen die Aufführung und die Aufnahme auf Bild- und Tonträger der Vollendung des Werkes nachfolge, sei der Film erst vollendet, wenn aufgrund der Darstellung, der Aufnahme und des Schnittes den Bild- und Tonstreifen die endgültige, zur Vorführung bestimmte Form gegeben sei. Die Sphäre der Schöpfung verbinde sich beim Film mit der Sphäre der Darstellung und der Sphäre der Aufnahme. 224 Man könne also die Probleme nicht in den Griff bekommen, wenn man nur nach dem Urheber frage, es gehe zugleich um die Rechte der ausübenden Künstler und des Unternehmers, vgl. den Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 159. 225 Vgl. Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 159. 226 Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β141/2565 Bl. 159. 227 Vgl. Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 161 ff.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

schalte. I n Wahrheit entfalle aber, wenn das Filmschutzrecht entsprechend ausgestaltet werde, ein Bedürfnis für dieses dritte Recht. 2 2 8 Von seiner Auffassung, dem Filmunternehmer ein Leistungsschutzrecht am Film zuzusprechen, konnte Prof. Ulmer dann auch den Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht überzeugen. 229 Bei der Beratung des Filmrechts griff er erneut darauf zurück, daß der F i l m seiner Ansicht nach, i m Gegensatz zu den sonstigen Werken, ein Werk auf der Stufe der Realisation sei. Es gehe eben nicht nur um die schöpferischen Grundlagen, sondern zugleich um die Darstellung und um die Aufnahme auf Licht- und Tonband. Was sonst i m Urheberrecht deutlich getrennt sei, nämlich das Werkschaffen als erste Stufe, als zweite Stufe die Darstellung und als dritte Stufe die Aufnahme, verbinde sich beim Film, so daß die Frage, wer eigentlich Urheber beim F i l m sei, zu großen Schwierigkeiten führe. 2 3 0 Dabei werde nicht bestritten, daß es sich bei dem F i l m um ein Werk handele, er sei nur eben ein Werk auf späterer Stufe. Daher gebe es bei diesem Werk Rechte der Urheber, der ausübenden Künstler und des Unternehmers. 231 Wenn man nun den RefE nehme, so sei durchaus anzuerkennen, daß dieser sich bemühe, die zu unterscheidenden Rechte der Urheber, ausübenden Künstler und des 228 Vgl. Aufsatz von Prof. Ulmer zum Filmrecht des Entwurfes in Β 141/2565 Bl. 169f. Auch sei es irreführend, weil es zu falschen Vorstellungen über die Breite der Schutzwirkung verleite. Dem Unternehmerrecht fehle nämlich die Schutzbreite, die einem echten Urheberrecht zukomme. Der Schutz des Unternehmers könne sich, ähnlich wie bei der Schallplatte, nur auf die Bilder und Tone beziehen, die auf dem Filmband festgehalten seien. Das schließe zwar auch einen Schutz gegenüber Übersetzungen und sonstigen Bearbeitungen ein, bei denen die Bilder oder die Tone des Films übernommen werden. Wiederverfilmungen aufgrund neuer Darstellungen und Aufnahmen könnten aber niemals durch das Unternehmerrecht, sondern nur aufgrund der Rechte der Urheber bekämpft werden. Mit der Vernichtung der letzten Kopie eines Films erlösche das Schutzrecht des Unternehmers. Was fortbestehen könne, seien nur die Rechte an Gestaltungsplan und Komposition. Eine Wiederverfilmung bleibe möglich, sie sei aber neue Realisation, durch die nur die Rechte der Urheber, nicht des Unternehmers getroffen würden. Im Ergebnis sei also festzustellen, daß das Recht des Unternehmers zwar ein Leistungsschutzrecht, aber kein echtes Urheberrecht sein könne. 229 Beschlußprotokoll der Sitzung des Urheber- und Verlagsrechtsausschusses am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 195. Bei der Abstimmung über die Frage, ob dem Unternehmer i. s. d. Entwurfes ein fiktives Urheberrecht gegeben werden soll, war die überwiegende Mehrheit dagegen, lediglich 6 Stimmen waren dafür. Bei der weiteren Abstimmung über die Frage, ob dem Unternehmer ein angrenzendes Recht zugesprochen werden sollte, stimmte die überwiegende Mehrheit gegen lediglich eine Stimme dafür. 230 Vgl. die Ausführungen Prof. Ulmers in dem Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 166 f. 231 So die Darstellung Prof. Ulmers auf die Nachfrage seitens des BMJ, ob er denn beabsichtige, den Begriff des Filmwerkes ganz aus dem Gesetz zu streichen, was zur Folge hätte, daß diese auch nicht mehr in den Katalog der zu schützenden Werke in § 1 aufgenommen werden könnten, vgl. Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 171.

E. Filmrecht

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Unternehmers ausreichend zu berücksichtigen. 232 Leider geschehe dies in der Weise, daß von einem fiktiven Urheberrecht des Unternehmers ausgegangen und die Urheber in ein Vorstadium verwiesen werden. Die Verfasser des Entwurfs hätten sogar die Frage gesehen, ob nicht dem Unternehmer statt des fiktiven Urheberrechts ein angrenzendes Recht gegeben werden solle, kämen jedoch zu dem Ergebnis, daß dies nicht möglich sei, was auf ein klares Mißverständnis der ursprünglich seinerseits gemachten Vorschläge zurückzuführen sei. 233 Insgesamt bleibe zu sagen, daß der praktische Unterschied zwischen einem angrenzenden Recht und einem fiktiven Urheberrecht sich in einigen bedeutsamen Fragen zeige, aber auch nicht überspitzt werden dürfe. Von den praktischen Fragen abgesehen, gehe es um die „Stilfrage", ob man den Grundsatz, daß das Urheberrecht in der Person des Schöpfers entstehe, ohne Not über Bord werfen wolle. Ulmer stellte daher von neuem den Vorschlag auf, ob man nicht vielmehr von der klaren Grundlage ausgehen sollte, daß den geistigen Schöpfern das Urheberrecht, dem Unternehmer aber ein angrenzendes Recht gebühre. 234 Dabei mahnte er den Ausschuß, auch an die Geltung und das Ansehen des deutschen Urheberrechts im Ausland zu denken. Wie von Ulmer selbst bereits angedeutet, meinte Senatspräsident Kühnemann, daß er keinen so großen praktischen Unterschied zwischen dem Vorschlag des Entwurfes und dem von Prof. Ulmer sehe.235 Er müsse zugeben, daß es theoretisch vielleicht besser wäre, das Ergebnis „Leistung" zu nennen und ein Leistungsschutzrecht zu geben. Aber ob es aus praktischen Gesichtspunkten richtig sei, hier kein Urheberrecht zu gewähren, sei zweifelhaft. Im Ergebnis laufe beides ohnehin auf dasselbe hinaus. Wenn ein Werk wieder verfilmt werden solle, könne dies nach beiden Sy232 Vgl. Prof. Ulmer auf der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 167. 233 Prof. Ulmer führte aus, daß sein Vorschlag zur Neuregelung des Filmrechts weit von einer Atomisierung des Urheberrechts entfernt sei, wie es in der Begründung zum RefE vorgeworfen werde. Darsteller, Beleuchter, Cutter usw. sollten auch nach seiner Auffassung keine Urheber sein. Der Kreis der Urheber, wie er ihn vorgeschlagen habe, stimme vielmehr im wesentlichen mit dem Kreis der Urheber der benutzten Werke im Sinne des Entwurfes überein, vgl. Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 167. Der einzige Unterschied bestand insofern, als Ulmer selbst in der Mehrzahl der Fälle auch den Regisseur zu den Urhebern rechnete. 234 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 B1.169. 235 Ein Film entstehe durch die Verkoppelung einer ganzen Reihe verschiedener Werke und Leistungen, teils in bearbeitetem Zustand. Man sei sich aber doch wohl im allgemeinen klar darüber, daß es mit der Summierung dieser verschiedenen Werke und Leistungen nicht getan sei. Um einen Film zu schaffen, sei viel mehr nötig, einmal in organisatorischer Hinsicht durch Auswahl der ausübenden Künstler und des Regisseurs oder der Gehilfen, vgl. die Ausführungen des Senatspräsidenten Kühnemann in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 169f.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

stemen der Filmproduzent verbieten, aber nicht, auch nicht nach der Lösung des RefE, kraft seines Urheberrechts, sondern deshalb, weil ja auch die Rechte der Urheber auf ihn übergegangen seien.236 Im Ergebnis faßte der Ausschuß sodann den Entschluß, daß dem Filmunternehmer entsprechend dem Vorschlag Ulmers ein angrenzendes Recht zu geben sei. 237 Nachdem also die Frage nach der Rechtsstellung des Filmherstellers dahingehend entschieden worden war, diesem ein Filmschutzrecht zuzusprechen, hielt man es für unbedenklich, dieses übertragbar auszugestalten.238 Im einzelnen wollte der Ausschuß dann noch die in § 92 Abs. 2 vorgesehene zwangsweise Koppelung der in § 92 aufgelisteten Rechte beseitigen, wobei in der Begründung des künftigen Gesetzes hervorzuheben sei, daß bei NichtÜbertragung des Vorführungsrechts im allgemeinen nur ein Vergütungsanspruch, nicht aber ein Verbietungsrecht in Frage komme, da sonst ein Mißbrauch des Rechts vorliege. 239 Das Rückrufsrecht der §§33 und 34 sollte davon abhängig gemacht werden, daß die der Billigkeit entsprechende Entschädigung im voraus gezahlt oder eine entsprechende Sicherheit geleistet werde. Dafür wollte man die Einschränkungen des Rückrufsrechts, insbesondere § 92 Abs. 4, streichen. Der in § 96 vorgesehene Schutz des Regisseurs gegen eine Entstellung seiner Leistung sollte erhalten bleiben, jedenfalls wurde ein Antrag auf ersatzlose Streichung des droit moral beim Film mit überwiegender Mehrheit abgelehnt. Schließlich sollte die Dauer des Filmschutzrechts in § 98 auf eine Frist von 25 Jahren festgelegt werden. 240 Weitaus weniger aufschlußreich war die auf Veranlassung des BMJ zum Filmrecht abgehaltene Sitzung mit den Sachverständigen und Interessenvertretern. 241 236 Senatspräsident Kühnemann betonte, daß er also in der Grundsatzfrage keinen großen Unterschied sehe, vgl. die Ausführungen des Senatspräsidenten Kühnemann in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β141/2569 Bl. 170. 237 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 176. 238 Vgl. diesen weiteren Vorschlag Prof Ulmers in Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 184. Von einem Leistungsschutzrecht ausgehend, war die Übertragbarkeit ohne Unterscheidung zwischen Persönlichkeitsrecht und Verwertungsrecht anzuerkennen. 239 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 B1.180. 240 Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht am 05./06.11.1954 in Β 141/2569 B1.186f. 241 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D.III.2. Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 103 ff. Insbesondere die abschließenden Worte des Vorsitzenden MinDir Dr. Joel lassen auf Unstimmigkeiten schließen. Nachdem Prof. Ulmer in seinem Schlußwort erneut seine Fassung des Filmrechts als die einzig richtige darge-

E. Filmrecht

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Vorab erklärte Dr. Haertel, daß die Fragen, ob der Film ein Werk sei und wer gegebenenfalls Urheber dieses Werkes sei, zunächst nicht erörtert werden sollten.242 Es sei wohl richtig, daß sich diese grundlegenden Fragen der Systematik nicht ganz ausklammern ließen, aber es solle doch versucht werden, die praktischen Erfahrungen und Wünsche der Beteiligten in den Vordergrund zu stellen.243 Man könne ruhig unterstellen, daß der Film ein Werk sei. Wer Urheber dieses Werkes sei, möge zunächst dahingestellt bleiben. Auch der RefE sei ja nicht davon ausgegangen, daß der Hersteller der wahre Urheber des Filmwerkes ist. Der Hersteller sei nur aus gesetzestechnischen Gründen als Urheber fingiert worden, wodurch aber das Recht der Urheber an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken unberührt geblieben sei. Daher solle zunächst darüber beraten werden, ob das Gesetz für den Vertrag, durch den der Filmhersteller die Rechte von den beteiligten Urhebern erwerbe, gewisse Auslegungsregeln enthalten solle, und welchen Inhalt diese gegebenenfalls haben sollten. 244 Auf den Einwand Dr. Richartz, daß es nicht gerechtfertigt sei, gerade zugunsten des Filmherstellers die Vermutung aufzustellen, daß bestimmte Rechte übertragen seien245, erwiderte Dr. Joel, die Auslegungsregel habe den Zweck, einem Vertrag, der keine klare Regelung enthalte, den Inhalt zu geben, der den tatsächlichen Verhältnissen entspräche. Der Urheber, der die Einwilligung gebe, daß sein Werk zur Herstellung eines Films benutzt werde, gebe damit in der Regel auch die Einwillistellt hatte („Wenn die Referenten zu einer anderen Lösung gekommen seien, so sei das nur dadurch zu erklären, daß sie ihrer besonderen Theorie gefolgt seien, diese Theorie sei jedoch falsch."), erklärte Dr. Joel, er wolle davon absehen, den Ausführungen von Prof. Ulmer noch etwas hinzuzufügen, da es sich um das Schlußwort handele, obwohl er selbst in verschiedenen Punkten mit seinen Ausführungen nicht übereinstimme. 242 Die bisherige Diskussion habe gezeigt, daß als Urheber nicht die Darsteller, der Kameramann, der Cutter oder Beleuchter in Betracht kämen, sondern der Urheber des Romans oder des Drehbuches, der Komponist, der Bühnenbildner oder der Regisseur. Praktisch dürfe es für die Diskussion nicht erforderlich sein, aus der Zahl dieser in Betracht kommenden Urheber bestimmte Urheber als eigentliche Urheber des Filmwerks zu bezeichnen oder zufingieren, denn alle diese Urheber seien am Film beteiligt. Der Filmhersteller müsse also von ihnen die Urheberrechte durch Vertrag erwerben, vgl. die Ausführungen Dr. Haertels in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 105 f. 243 Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 106. 244 Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 107. 245 Dr. Richartz war der Ansicht, wenn überhaupt Auslegungsregeln in das Gesetz aufgenommen werden sollten, müsse man zugunsten des unerfahrenen Urhebers die Vermutung aufstellen, daß bestimmte Rechte nicht übertragen seien, wenn der Vertrag darüber schweige, vgl. Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 107. Dem Schloß sich Dr. Fromm an. Da es sich bei den Filmherstellern zumeist um große Firmen handele, die juristisch gut beraten seien, würden sie schon dafür sorgen, daß Lücken in den Verträgen zu ihren Ungunsten nicht auftraten. Auf der anderen Seite stehe der unerfahrene Urheber. Es sei also eher gerechtfertigt, zu seinen Gunsten negative Vermutungen aufzustellen, vgl. Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 109.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gung zur üblichen Verwertung des Films. 246 Dagegen hielt Generaldirektor Schulze eine besondere Regelung des Filmrechts für unnötig. Auch bei einem Bühnenwerk gebe es ein Zusammenwirken mehrerer, ebenso wie bei einem Fernsehspiel. Für diese Fälle sei auch keine besondere gesetzliche Regelung vorgesehen.247 Das geltende Gesetz reiche völlig aus, zur Regelung des Inhalts der Verträge zwischen Urheber und Verwerter sollte ein besonderes Urhebervertragsgesetz geschaffen werden. Für das Urheberrechtsgesetz genüge es, wenn unter den ausschließlichen Befugnissen des Urhebers das Verfilmungsrecht erwähnt werde. Diese Erwägungen vermochte Dr. Haertel nicht zu widerlegen, gab aber zu bedenken, daß die Vorbereitung eines solchen Urhebervertragsgesetzes sehr lange dauern werde, so daß es zweckmäßig erscheine, die wichtigsten vertragsrechtlichen Bestimmungen bereits in das Urheberrechtsgesetz einzuarbeiten. 248 Auch die Argumentation Dr. Roebers, daß es doch gerade der Zweck jeden Films sei, daß er vervielfältigt, verbreitet und vorgeführt werde und daher der Urheber, wenn er die Benutzung seines Werkes zur Filmherstellung gestatte, auch mit dessen Verwertung einverstanden sein müsse, schien die Vertreter des BMJ nicht endgültig zu überzeugen. 249 Nach Ansicht Dr. Roebers war es zweckmäßig, das Verfilmungsrecht als ein besonderes, ausschließliches Recht des Urhebers im Gesetz festzulegen. Es solle neben dem Recht, das Werk zur Filmherstellung zu benutzen, auch das Recht zur Verwertung des Films als untrennbare Einheit umfassen, so daß es vom Urheber überhaupt nur einheitlich eingeräumt werden könne.250 Obgleich Prof. Ulmer daran erinnerte, daß die Bedeutung der im Gesetz zu regelnden Vermutungen nicht überschätzt werden dürfe, da der Umfang der übertragenen Rechte in den Verträgen zwischen Urheber und Filmhersteller eingehend geregelt zu werden pflege, wollte man seitens des BMJ im Ergebnis an den Auslegungsregeln festhalten. Dadurch solle ein gewisses Maß an Rechtssicherheit geschaffen werden. Wegen der Verästelung des Filmrechts seien die Vermutungen nötig, um Unklarheiten und Streitigkeiten zu vermeiden. 251 Schließlich warf Dr. Joel doch die Frage auf, ob und gegebenenfalls welche Nachteile sich für die Filmhersteller ergeben würden, wenn ihnen an Stelle eines 246

Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 107 f. Dr. Fromm war ebenfalls der Meinung, daß es den Lebenstatsachen entspreche, wenn das Gesetz eine Vermutung hinsichtlich der Vervielfältigung, Verbreitung und Vorführung aufstelle. 247 Vgl. die Ausführungen des Generaldirektors Schulze in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 109. 248 Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 113. 249 Vgl. zur Vertiefung die Ausführungen Dr. Joels in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 111. 250 Dr. Roeber in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 110 f. 251 So die abschließenden Worte Dr. Haertels zu diesem Thema in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 116.

E. Filmrecht

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fiktiven Urheberrechts am Filmwerk nach dem Vorschlag von Prof. Ulmer ein Leistungsschutzrecht am Filmband gewährt würde. 252 Dazu führte Dr. Roeber aus, die internationalen Verhandlungen zwischen den Filmherstellerverbänden hätten ergeben, daß der Filmhersteller ein Originalurheberrecht am Filmwerk für dessen internationale Verwertung brauche. Das von Prof. Ulmer vorgeschlagene Leistungsschutzrecht am Film werde den Bedürfnissen der Filmwirtschaft nicht gerecht. 253 Wenn man davon ausgehe, daß es sich bei dem Film um ein Werk handele, wobei die Rechte den Urhebern zustünden und daneben dem Filmhersteller ein Leistungsschutzrecht am Filmband gewährt werde, so müsse dies zu einer Kollision zwischen den Rechten der Urheber und des Filmherstellers führen. Da sei die seinerzeit in dem Entwurf von 1939 vorgeschlagene Lösung, wonach die Verwertungsrechte kraft Gesetzes auf den Hersteller übergingen, schon besser. Allerdings bestehe hierbei wiederum der Nachteil, daß die Urheberpersönlichkeitsrechte der Urheber bestehen blieben. 254 Dagegen hielt Prof. Ulmer das von Dr. Roeber gewünschte fiktive Urheberrecht für zu weitgehend. Der Filmhersteller hätte nach § 93 das Recht, zu verbieten, daß nach dem Film von einem Dritten ein neuer Film gedreht werde. Das sei nicht gerechtfertigt, da hierbei nicht die Leistung des Filmherstellers benutzt werde, sondern die geistigen Schöpfungen der Urheber des Filmwerkes. 255 Wieder anders argumentierte Dr. Haertel, wenn das Filmwerk tatsächlich ein Werk im eigentlichen Sinne sein soll, das sich von den zur Herstellung des Films benutzten Werken abhebe, müsse es auch einen besonderen Urheber haben. Dieser Urheber sei aber gerade nicht der Verfasser des verfilmten Romans oder der Komponist der Filmmusik. 256 Ergänzend fügte Dr. Joel hinzu, der RefE habe aus der Erkenntnis, daß der Film ein besonderes Werk darstelle, eine logische Folgerung gezogen, indem er zwischen den Urhebern der zur Herstellung des Films benutzten Werke und den Urhebern des Filmwerkes klar unterschieden habe. Urheber des Filmwerkes könnten nur die bei 252 Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 126. Zuvor war noch über die Frage gesprochen worden, ob die Notwendigkeit bestehe, die Übertragung gewisser Urheberrechte an den Filmhersteller nur gemeinsam zuzulassen (Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 116ff.) und ob eine Bestimmung geschaffen werden solle, nach der der Urheber gegenüber dem Filmhersteller auf das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung verzichten könne (Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 120ff.). Beide Fragen konnten jedoch nicht abschließend geklärt werden. 253 Dr. Roeber in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 126 f. 254 Dr. Roeber in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 127. 255 Vgl. Prof. Ulmer in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 127 f. Den Ausführungen schlossen sich Dr. Richartz und Dr. Fromm an. 256 Dr. Haertel kritisierte, daß nach Ansicht Prof. Ulmers das Drehbuch den gesamten geistigen Inhalt des Films enthalte, was nicht zutreffe, vgl. Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 128 f.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

den eigentlichen Dreharbeiten beteiligten schöpferisch tätigen Personen sein, die Urheber der benutzten Werke, die möglicherweise bei Beginn der Dreharbeiten schon tot seien, könnten nicht als Urheber des Filmwerkes angesehen werden. Wenn der Entwurf die Urheberrechte der bei den Dreharbeiten beteiligten Personen dem Filmhersteller zuschreibe, so sei dies nicht geschehen, um die Leistungsschutzrechte des Filmherstellers zu einem Urheberrecht hochzusteigern, sondern der Entwurf habe aus praktischen Gründen den Filmhersteller als Repräsentant der schwer feststellbaren wirklichen Urheber des Filmwerkes angesehen und daher als Urheber fingiert. 257 Letztlich wandte sich Prof. Ulmer abermals gegen die Auffassung, das Filmwerk sei ein besonderes Werk im gewöhnlichen Sinn. Es sei vielmehr ein Werk besonderer Art, ein „oeuvre réalisé", also ein realisiertes Werk. Nur die Rücksicht auf den besonderen Sprachgebrauch erlaube es, den Film als „Werk" zu bezeichnen. Daher gebe es nicht einen besonderen Urheber des Filmwerkes, sondern die Urheber des Filmwerkes seien alle Urheber, die den Film geschaffen hätten, also der Drehbuchverfasser, der Komponist, gegebenenfalls der Bühnenbildner und der Tanzschöpfer. Man könne nicht die Urheberrechte an der in einem Film eingeblendeten Musik jemandem zuschreiben, der die Musik nicht komponiert habe.258 Man komme daher zwangsläufig zu der Lösung, daß die Urheberrechte am Filmwerk den oben bezeichneten Urhebern zuständen und dem Filmhersteller ein Leistungsschutzrecht, jede andere Theorie sei falsch. 259 Daß die Unstimmigkeiten zwischen der Auffassung des BMJ und dem Ulmerschen Vorschlag nicht nur auf der Frage beruhten, ob dem Filmhersteller ein fiktives Urheberrecht oder ein Leistungsschutzrecht gewährt werden solle, sondern im Grunde genommen auf eine ganz andere systematische Frage zurückzuführen waren, zeigte sich auch auf der Sitzung der Sachverständigenkommission.260 Bereits in 257

Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 129 f. 258 Das widerspreche der deutschen Auffassung, nach der bei Verbindung von Text und Musik der Verfasser des Textes das Urheberrecht am Text habe und der Komponist das Urheberrecht an der Musik, auch wenn die Verbindung noch so eng sei, vgl. Ulmer in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β141/2584 Bl. 132. 259 Ulmer in Niederschrift über Sitzung am 22.06.1955 über Filmrecht in Β 141/2584 Bl. 132. 260 Ygi Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 168 ff. Auch in einer Referatsbesprechung im Juni 1955 wurde schon darauf abgestellt, daß es für die rechtliche Beurteilung des Films darauf ankomme, ob man den schöpferischen Wert des Films in der Verfilmung selbst oder in der Schaffung der vorbestehenden Werke einschließlich dem Drehbuch sehe. Im ersten Fall müsse man den Film selbst als ein Werk ansehen, im zweiten Fall sei er dagegen nur die Realisation von bereits bestehenden Werken, so daß man dann mit Ulmer notwendig zu dem Ergebnis komme, daß die Urheberrechte an den vorbestehenden Werken sich am Film ebenso auswirken wie etwa das Urheberrecht an einem Bühnenstück in der Aufführung. Urheber des Films seien dann nur die Urheber der vorbestehenden Werke, vgl. Vermerk zu der Referatsbesprechung in Β 141/2606 B1.092ff., die laut handschriftlicher Notiz im Juni 1955 stattgefunden haben soll, vermutlich im Anschluß an

E. Filmrecht

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einem zu dieser Sitzung angefertigten internen Vermerk des BMJ findet sich die Formulierung, daß der entscheidende Unterschied zwischen der Konzeption des RefE und dem Ulmerschen Vorschlag in der Auffassung vom Wesen des Filmwerkes liege, also auf theoretischem Gebiet.261 Es ging demnach um die grundsätzliche Entscheidung, ob der Film ein einheitliches Werk einer besonderen Gattung sei. Dazu führte Dr. Joel aus, daß, wenn diese Frage bejaht werde, die Urheber des verfilmten Romans oder des Drehbuchs, die beide Urheber von Schriftwerken seien, die auch beide bei Drehbeginn bereits verstorben sein könnten, nicht als Urheber des Filmwerkes anzusehen seien. Filmurheber könne vielmehr nur jemand sein, der die Umgestaltung des literarischen Werkes in das Filmische vorgenommen habe. Weder der Drehbuchautor noch der Filmkomponist seien schöpferisch an diesem Vorgang beteiligt, durch den ihre Werke ins Filmische transportiert würden. 262 Prof. Ulmer hielt dem BMJ nach wie vor den Einwand entgegen, mit der Anerkennung eines Urheberrechts des Filmherstellers würde der Grundsatz der Schaffenswahrheit durchbrochen. Die auf den geistigen Schöpfer zugeschnittenen Vorschriften kämen damit einem Unternehmer zugute.263 Die Schwierigkeit, die Rechte am Film richtig zu beurteilen, beruhe auf der Tatsache, daß der Film zugleich Werk und Darstellung des Werkes sei. In ihm verbänden sich echte Urheberrechte mit Leistungsschutzrechten. Die Schöpfung sei in die Darstellung und die technische Leistung eingebettet. Wenn man den Film als ein Werk besonderer Art sehe, so werde damit nicht, wie ihm vielfach vorgeworfen wurde, der Begriff des Filmwerkes beseitigt. Auch er betrachte den Film als eine eigene Kunstgattung. Grundlage des Films sei aber das Drehbuch, das bereits bildlich gedacht sei und bei der Verfilmung seine weitere Ausgestaltung erfahre. Der feine Unterschied liege also darin, daß die Referenten das Hauptelement des Filmischen im Drehvorgang und in der Darstellung erblickten, während er den geistigen Plan als das Wesentliche ansehe.264 Auf die Frage Dr. Haertels, was mit einem „Werk besonderer Art" gemeint sei, erwiderte Prof. Ulmer, daß er den Film nicht als ein einheitliches Werk ansehen könne. Wenn man es aber nicht als einheitliches Werk ansehe, so hielt wiederum Dr. Haertel dagegen, dann sei nicht zu verstehen, was überhaupt mit dem Begriff des die Sitzung mit den Interessenverbänden, da die dort vertretenen Standpunkte angesprochen wurden. 261 Vermerk für die Sitzung der Sachverständigenkommission am 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 B1.056. 262 Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 169f. 263 Prof. Ulmer in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25. -27.10.1955 in Β141/2587 Bl. 171. Auch Prof. de Boor wies erneut daraufhin, daß man die Grundsätze des Urheberrechts durchbreche, wenn man den Filmherstellern im Wege der Fiktion ein echtes Urheberrecht gebe, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 179. 264 Prof. Ulmer in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 172.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Filmwerkes gemeint sei. Hier müsse doch eine Verständigung möglich sein. 265 Dazu erinnerte Dr. Joel an die Lösung des Entwurfes von 1939 und warf die Frage auf, ob dieser nicht auf dem richtigeren Weg gewesen sei. Damals habe man darauf verzichtet, die Urheber des Filmwerkes im Gesetz zu bestimmen, aber dafür gesorgt, daß die Verwertung erleichtert werde. 266 Er halte es für lebensnäher, unter Ausschaltung eines fiktiven Urheberrechts für den Hersteller von der im RefE vorgesehenen Abtrennung der benutzten Werke vom eigentlichen Filmwerk auszugehen. Gleichzeitig könne man dem Hersteller ein einheitliches Leistungsschutzrecht am Filmband geben, wie es Prof. Ulmer vorgeschlagen habe. Diejenigen, die die Urheber des einheitlichen echten Filmwerkes seien, würden zweckmäßigerweise nicht im Gesetz bezeichnet. Es sei richtiger, sie je nach den Umständen des einzelnen Falles zu bestimmen.267 Diese Möglichkeit wurde dann auch auf einer weiteren Sitzung mit einzelnen Sachverständigen vorgestellt. Hier führte Dr. Haertel aus, daß sich die im RefE vorgesehene Regelung, die den Filmhersteller als fiktiven Urheber des Filmwerkes vorsehe, nicht werde durchsetzen lassen.268 Der Grundsatz der Schaffenswahrheit müsse auch im Filmrecht aufrechterhalten bleiben. Gehe man davon aus, so ergebe sich einmal die Möglichkeit, den Film als echtes Werk zu betrachten und im Gesetz eine Vermutung für die Urheberschaft bestimmter Personen aufzustellen. 269 Andererseits könne, wenn man den Film als echtes Werk betrachte, im Gesetz nichts darüber gesagt werden, wer Urheber dieses Werkes sei. Dann bleibe es für die Frage nach der Urheberschaft bei der allgemeinen Regel des § 5, daß Urheber des Filmwerkes sei, wer es geschaffen habe. Schließlich gebe es noch die Möglichkeit, den Film überhaupt nicht als Werk anzusehen. In diesem Fall stünden die am Film bestehenden Urheberrechte denjenigen Personen zu, deren Werke in dem Film verwendet worden waren. 270 Bei allen Lösungen erhalte der Filmhersteller die echten Urheberrech265

Vgl. Dr. Haertel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 180. 266 Dr. Joel in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 181. 267 Vielleicht könne man eine Auslegungsvorschrift aufnehmen, daß die am Drehvorgang Beteiligten ihre etwaigen Verwertungsrechte im Zweifel auf den Hersteller übertragen. Ihm liege sehr viel daran, die vorbestehenden Werke von dem eigentlichen Verfilmungsvorgang zu trennen und zu verhindern, daß jemand als Filmurheber bezeichnet werde, der mit der filmischen Gestaltung nichts zu tun habe, so der Vorschlag Dr. Joels in Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 in Β 141/2587 Bl. 182. 268 Ygi Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 B1.025. 269

In Betracht käme der Regisseur, der Drehbuchverfasser und der Komponist sowie die Urheber von Werken der bildenden Künste und der Tanzkunst, die für die Filmaufnahme geschaffen worden waren. Die Vermutung könne dann im Einzelfall durch den Beweis widerlegt werden, daß andere Personen die echten Urheber des Werkes sind, vgl. Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 B1.025. 270 Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 Bl. 026.

E. Filmrecht

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te nur durch Einräumung der entsprechenden Nutzungsrechte. Um ihm ein eigenes Recht an der von ihm erbrachten Leistung zu geben, werde erwogen, ihm ein Leistungsschutzrecht am Filmband zuzubilligen.271 Dr. von Hartlieb erklärte, die Filmindustrie stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß die Lösung des RefE den Bedürfnissen der Praxis am besten gerecht werde. Wenn man diese fallenlassen müsse, so komme nur die als zweites aufgeführte Regelung in Betracht, die es bei dem bisherigen Rechtszustand belasse und was die Urheberschaft am Film betreffe, bislang nicht zu Schwierigkeiten geführt habe. Der Filmhersteller müsse sich dann wie bisher die echten Urheberrechte von denjenigen übertragen lassen, die schöpferisch am Film mitgewirkt haben. Wer das im einzelnen sei, könne im Gesetz offengelassen werden. 272 Eine andere Frage sei, ob man nicht, wie schon vor einigen Jahren vorgeschlagen, einen gesetzlichen Übergang der Rechte von den Urhebern des Filmwerkes auf den Filmhersteller anordnen könne.273 Gegen ein besonderes Filmschutzrecht des Filmherstellers äußerte Dr. von Hartlieb jedoch Bedenken. Ein solches Recht verweise den Hersteller endgültig auf das Gebiet der Leistungsschutzrechte. Es sei kein Ersatz für die im RefE vorgesehene Fiktion zu seinen Gunsten, denn aufgrund dieser Fiktion habe er Inhaber echter Urheberrechte werden sollen, die er ohne Fiktion durch Vertrag erwerben müsse.274

3. Die Überarbeitung des Filmrechts in dem Ministerialentwurf von 1959 und die daraus hervorgegangene Fassung des UrhG von 1965 Der 1959 veröffentlichte MinE verwirklichte dann den als zweites auf der Sitzung mit den Sachverständigen angesprochenen Vorschlag. Das fiktive Urheberrecht des 271 Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β141/2601 B1.026. Es sei aber noch offen, welche der drei geschilderten Möglichkeiten in den MinE übernommen werde und ob dem Filmhersteller das erwähnte Leistungsschutzrecht am Filmband gegeben werde. 272 Vgl. Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 B1.027. Eine Vermutung zugunsten bestimmter Personen auszusprechen, die im Einzelfall nicht an der schöpferischen Gestaltung des Films beteiligt zu sein brauchten, sei nicht tragbar. Auch könne man nicht, wie zuletzt vorgeschlagen, dem Film den Werkcharakter absprechen. Der Film sei nicht lediglich eine Aufführung des Drehbuchs, vielmehr würden bei der Verfilmung selbst schöpferische Leistungen erbracht, die in den Bereich des Urheberrechts gehörten. 273 Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 Β1.028. Dr. Roeber Schloß sich diesen Ausführungen an und fügte hinzu, eine im Gesetz ausgesprochene Vermutung zugunsten der erwähnten Personen verwische die Grenze zwischen den Urhebern des Filmwerkes und den Urhebern der vorbestehenden Werke. Damit werde der Unterschied zwischen Filmrecht und Verfilmungsrecht unklar, auf dessen Trennung die Filmindustrie großen Wert lege. 274 Vermerk zu einer Besprechung über Fragen des Filmrechts vom 19.02.1957 in Β 141/2601 B1.028.

44 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Filmherstellers wurde fallengelassen, für die Feststellung der Urheberschaft am Film werk blieb es somit bei den allgemeinen Grundsätzen.275 Der Filmhersteller mußte sich demnach für die Auswertung des Filmwerkes von allen als Urheber in Betracht kommenden Mitwirkenden deren eventuelle Urheberrechte vertraglich einräumen lassen. Um diesen Rechtserwerb zu erleichtern, war zugunsten des Filmherstellers eine Vermutung vorgesehen, nach der im Zweifel jeder, der sich zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmwerkes verpflichtete, bereits mit dieser Verpflichtung sämtliche ihm etwa aus dieser Verpflichtung erwachsenden Nutzungsrechte am Filmwerk auf den Hersteller übertrug (§ 94). 276 Eine ähnliche, allerdings etwas enger umgrenzte Vermutung sollte den Erwerb der erforderlichen Nutzungsrechte an dem zur Herstellung des Film Werkes etwa benutzten vorbestehenden Werk, wie beispielsweise an dem Roman, nach welchem der Film gedreht wurde, erleichtern (§ 93). Obwohl gegen eine solche bereits in ähnlicher Weise im RefE enthaltene Bestimmung eingewandt worden war, daß sie überflüssig sei, weil es sich bei den Filmherstellern um große Firmen handele, die juristisch gut beraten seien und daher klare Vereinbarungen zu treffen pflegten, hielt der MinE an der Auslegungsvorschrift fest, schränkte sie jedoch in einigen Punkten ein. 277 Diese Vermutungen zugunsten des Filmherstellers mußten allerdings wirkungslos bleiben, soweit es sich um das droit moral der beteiligten Urheber handelte, da die aus diesem Recht fließenden Befugnisse, wie beispielsweise das Recht, Entstellungen des Filmwerkes zu verbieten, ihrer Natur nach unübertragbar waren. Um den Filmhersteller auch insoweit vor unbilligen Behinderungen in der Auswertung zu schützen, schränkte § 97 für den Bereich des Filmurheberrechts das droit 275 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.I. Bemerkungen zum MinE S.77. Trotz der praktischen Vorteile habe der vorliegende Entwurf die Regelung einer gesetzlichen Fiktion zugunsten des Filmherstellers nicht übernommen, weil sie wegen der in ihr gesehenen Durchbrechung des allgemeinen Grundsatzes, daß Urheber ist, wer das Werk geschaffen habe, in Wissenschaft und Urheberkreisen auf Ablehnung gestoßen sei. Der Entwurf verzichte daher auf eine Sonderregelung der Urheberschaft am Filmwerk und belasse es bei dem allgemeinen Grundsatz, nach welchem jeweils die Personen Urheber des Filmwerkes sind, die bei seiner Herstellung einen schöpferischen Beitrag geleistet haben. 276 Vgl. Bemerkungen zu dem MinE S. 77. Die Auslegungsvorschrift des § 94 erstreckte sich auf sämtliche bekannten Nutzungsrechte, weil bei den unmittelbar im Filmwerk aufgehenden schöpferischen Beiträgen eine Sonderverwertung nicht möglich sei und deshalb die unbeschränkte Einräumung der Nutzungsrechte an den Filmhersteller die Regel sein dürfte. 277 Vgl. zur Vertiefung die Bemerkungen zum MinE S. 76. So wurde das Recht zur öffentlichen Vorführung nur dann im Zweifel als mit eingeräumt angesehen, wenn das Filmwerk zur Vorführung in Filmtheatern bestimmt war. Handelte es sich dagegen um ein zur Sendung bestimmtes Filmwerk (Telefilm), so umfaßte die Einräumung der Verfilmungsbefugnis im Zweifel nicht das Recht zur öffentlichen Vorführung. Umgekehrt wurde die Miteinräumung der Sendebefugnis nur bei Telefilmen im Zweifel angenommen. Die ehemals im RefE vorgesehene zwangsweise Koppelung der Nutzungsrechte zur Vervielfältigung, zur Verbreitung und zur öffentlichen Vorführung waren in dem MinE jedoch gestrichen worden. Ebenso fallengelassen wurde die ehemals im RefE enthaltene Sonderregel, die für den Fall der Einräumung eines Verfilmungsrechts eine Ausnahme von der Unabdingbarkeit des Rückrufsrechts wegen Nichtausübung vorsah.

E. Filmrecht

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moral in gewissem Umfang ein und verpflichtete zugleich alle Beteiligten, bei der Ausübung dieses Rechts aufeinander und auf den Filmhersteller angemessen Rücksicht zu nehmen.278 Gegenüber dem RefE wurde diese Bestimmung zudem in einem wesentlichen Punkt erweitert. Mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Werte, die bei der Herstellung und Auswertung eines Films auf dem Spiel standen, sollte der Schutz gegen eine Entstellung des Filmwerkes auf schwerwiegende Fälle beschränkt sein, in denen eine erhebliche Gefährdung der ideellen Interessen der Urheber oder der ausübenden Künstler zu besorgen war. 279 Letztlich schloß sich der MinE dann doch dem Vorschlag Prof. Ulmers an und gewährte dem Filmhersteller in § 98 in Anerkennung der organisatorischen und wirtschaftlichen Leistung, die mit der Produktion eines Filmwerkes verbunden war, ein eigenes Leistungsschutzrecht.280 Danach hatte der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Filmstreifen zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung oder Funksendung zu benutzen. Er konnte femer jede Verwertung des Filmstreifens in entstellter oder gekürzter Form verbieten, wenn ihm nicht nach Treu und Glauben zuzumuten war, sie zu dulden. Das Recht des Filmherstellers war übertragbar und endete entsprechend der sonstigen Leistungsschutzrechte 25 Jahre nach der Veröffentlichung, jedoch bereits 25 Jahre nach der Herstellung, wenn das Werk innerhalb dieser Frist nicht veröffentlicht worden war. Das Leistungsschutzrecht sollte sich schließlich auch auf kinematographische Erzeugnisse erstrecken, die nicht als Filmwerke geschützt waren. 281 Gegen diese Änderung auf dem Gebiet des Filmrechts wandte sich vor allem die Spitzenorganisation des Filmrechts. 282 Für den Bestand des Film Werkes und die Sicherheit seiner Auswertung gebe es keine bessere Möglichkeit des Schutzes als die Filmurheberschaft des Filmherstellers. 283 Daher werde es bedauert, daß die insoweit schon abgeschwächte Form einer Fiktionslösung durch den MinE fallengelassen wurde. Wenn aber die Filmindustrie sich schon einer solchen Tatsache gegenübergestellt sehe, scheine es unerläßlich, daß auf der vom MinE vorgegebenen Grundlage ausreichende Sicherheiten für den Bestand und die Auswertung des Filmwerkes 278

Vgl. Bemerkungen zum MinE S. 78. Bemerkungen zum MinE S. 78. 280 Vgl. dazu Bemerkungen zum MinE S. 79. Der Hersteller eines Tonfilms hatte zwar bereits als Tonträgerhersteller ein Schutzrecht an dem Tonstreifen des Films. Außerdem stand ihm in der Regel ein Lichtbildschutz an den einzelnen Filmbildern zu. Diese Rechte reichten jedoch nach Auffassung des MinE für einen wirksamen Schutz seiner im Filmstreifen verkörperten Gesamtleistung nicht aus. Auch erscheine es systematisch richtiger, der Einheit des Filmwerkes gemäß ein einheitliches Leistungsschutzrecht am Filmstreifen zu gewähren. 281 Vgl. dazu insgesamt die Bemerkungen zum MinE S. 79. 282 Immerhin erkenne der MinE an, daß die Besonderheiten, durch die sich die Filmwerke von den sonstigen Werken unterscheiden, es erforderlich machten, besondere Bestimmungen für Film werke vorzusehen, vgl. Stellungnahme der SPIO vom März 1960 in Β 141/2625 Bl. 034. 283 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.038. 279

4

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

gegeben werden. Da nun der Entwurf die Fiktionslösung durch Formen einer individuellen Urheberschaft für den Film ersetzt wissen wolle, sei es wenigstens folgerichtig, daß die Filmurheberschaftsfrage im Gesetz ungelöst bleibe und für sie auf den allgemeinen Grundsatz der Werkurheberschaft abgestellt werde. Jede andere Art der Regelung würde zur Aufstellung neuer Fiktionen führen, die, statt die Filmurheberschaftsfrage befriedigend zu lösen, nur neue Schwierigkeiten für das Filmwerk nach sich ziehen müßte.284 Mit dem Verzicht auf eine gesetzliche Regelung der Frage nach der Filmurheberschaft sei es aber durchaus vereinbar, daß im Gesetz konkret bestimmt werde, wer über die Urheberrechte am filmischen Gesamtwerk (Filmwerk) verfügungsberechtigt sein soll. Eine solche Bestimmung erfordere der Rechtsverkehr. Ihre Einfügung in das Gesetz liege im Interesse aller Beteiligten, auch der Urheber. Unbeschadet der Filmurheberschaftsfrage und unbeschadet auch der Rechte an den einzelnen Werkund Leistungsbeiträgen, wäre im Gesetz eine Bestimmung aufzunehmen, die in geeigneter Form besage, daß allein der Filmhersteller für die Vorgänge der Auswertung des Filmwerkes verfügungsberechtigt sei, ohne daß deshalb die Frage der Herleitung seiner rechtlichen Stellung mitentschieden zu werden brauche. 285 Besonders kritisiert wurde zudem, daß der noch im RefE vorgesehene Ausschluß des Rückrufsrechts wegen Nichtausübung in dem MinE nicht mehr enthalten war. Die Zulassung des Rückrufs würde bei dem Verfilmungsrecht dazu führen, daß unter dem Druck des Ablaufs der gesetzlichen Frist Filme nicht hinreichend sorgfältig und nicht rechtzeitig genug vorbereitet werden könnten. Die im Entwurf vorgesehene Ausschlußfrist von 5 Jahren reiche erfahrungsgemäß beim Filmwerk nicht aus. Ein Filmwerk könne nicht zur Unzeit und nicht unter wirtschaftlich falschen Voraussetzungen realisiert werden. 286 Weiterhin sei nicht einzusehen, warum die Regelung des § 94, welche offensichtlich als Ersatz für die fortgefallene Fiktionslösung dienen sollte, um die Rechtsstellung des Filmproduzenten zu sichern, nur als Auslegungsregel formuliert war. 287 Die an der Herstellung des Filmwerkes beteiligten Personen stünden in so engster Beziehung zu dem Filmwerk. Sie würden eigens für die Herstellung des Filmwerkes verpflichtet und müßten es sich daher gefallen lassen, daß alle in ihrer Person etwa entstehenden Rechte auf den Produzenten im Sinne der vom Entwurf selbst 284 Das gelte vor allem für jede gesetzliche Konstruktion einer Miturheberschaft des Drehbuchverfassers und des Filmkomponisten im Bereich des filmischen Werkschaffens, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.038. 285 Vgl. Stellungnahme der SPIO in Β141/2625 Bl. 038. Der Filmhersteller sei die zentrale Figur für die Vorgänge der Herstellung und Auswertung. Bei ihm liefen die Rechte zusammen und von ihm aus werde die Auswertung des Filmwerkes betrieben. 286 Bei Filmprojekten sei auch immer die derzeitige politische Konstellation, der Publikumsgeschmack, eine mögliche Übersättigung des Marktes mit einer bestimmten Filmgattung, die Blockierung maßgeblicher Filmschaffender durch anderweitige Verpflichtungen und dergleichen zu berücksichtigen, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.042. 287 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 Bl. 044.

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E. Filmrecht 288

vorgeschlagenen Regelung in jedem Fall übergehen. Daher wurde vorgeschlagen, die Bestimmung dahingehend zu formulieren, daß derjenige, der sich zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmwerkes verpflichtet, damit für den Fall, daß in seiner Person Rechte entstehen, dem Filmhersteller gleichzeitig das ausschließliche Recht einräumt, das Filmwerk sowie Bearbeitungen des Filmwerkes auf alle bekannten Nutzungsarten zu nutzen.289 Wegen der Bedeutung, die der Regelung des droit moral für den Bestand des Filmwerkes und die Sicherheit seiner Auswertung zukomme, unterbreitete die SPIO auch einen Gegenvorschlag zu der Bestimmung des § 97 über die Entstellung des Filmwerkes. 290 Danach hatten die Urheber des Filmwerkes und des zu seiner Herstellung benutzten Werkes das Recht, eine gröbliche Entstellung oder eine andere gröbliche Beeinträchtigung ihrer Werke zu verbieten, die geeignet war, ihre berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen an ihrem Beitrag erheblich zu gefährden. Anders als im MinE vorgeschlagen, mußte es sich also um eine „gröbliche" Entstellung oder um eine andere „gröbliche" Beeinträchtigung der Werk- und Leistungsbeiträge handeln. Nur bei einem solchen erschwerenden Erfordernis könne einem Mißbrauch von Ansprüchen aus dem droit moral wirksam vorgebeugt werden. 291 Für die Ausübung dieser Rechte sollte zwischen der Geltendmachung gegenüber dem Filmhersteller und der Geltendmachung gegenüber Dritten unterschieden werden, wobei verhindert werden müsse, daß die Ansprüche gegenüber Dritten von den Berechtigten unmittelbar geltend gemacht werden. Der Weg führe nur über den Filmhersteller, der zur Ausübung verpflichtet sein sollte, wenn die Berechtigten in ihrer Gesamtheit dies verlangten, wofür eine schriftliche Erklärung zur Dokumentierung dieses gemeinsamen Verlangens für unerläßlich gehalten werde. 292 Da nach Meinung der SPIO die Regelung des § 94 über die Einräumung von Nutzungsrechten am Filmwerk nicht als eine Zweifelsregelung, sondern als feststehender Tatbestand formuliert werden sollte, erübrige sich die für den Filmhersteller gedachte Schutzbestimmung des § 98, welche diesem ein eigenes Leistungsschutzrecht zusprach. 293 Gegen ein solches Filmschutzrecht würden zudem systematische 288 Im Interesse einer ungestörten Auswertung des Filmwerkes müsse zudem der Personenkreis über die eigentlichen Urheber hinaus auf alle sonstigen Filmschaffenden erweitert werden, so daß dann die Regelung des § 96 überflüssig werde, zumal der Begriff des ausübenden Künstlers, wie er in § 81 definiert sei, auf den Filmschaffenden nicht passe. Der Begriff des Filmschaffenden sei arbeitsrechtlich fundiert und durch arbeitsrechtliche Normen genau definiert, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 Bl. 044. 289 So der Formulierungsvorschlag in Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.044. 290 Vgl. den Formulierungsvorschlag in Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.047. 291 Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.048. 292 Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.049. Als weitere Voraussetzung war, ähnlich dem in § 98 Abs. 1 Satz des MinE entwickelten Grundgedankens, vorgesehen, daß ein Einschreiten gegenüber Dritten dem Filmhersteller nach Treu und Glauben zuzumuten war. 293 Stellungnahme der S/70 in Β 141/2625 B1.049.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Bedenken sprechen. Mit dem urheberrechtlichen Schutz des Films, den der MinE durch Anerkennung des Films als eigene Werkform ausdrücklich festgelegt habe, sei es unvereinbar, das zwangsläufig zum Filmwerk gehörende Filmband diesem gegenüber zu verselbständigen und daran ein Leistungsschutzrecht einzuräumen. Die Folgen einer solchen systemwidrigen Kombination wären ständige Überkreuzungen zwischen artverschiedenen Rechten zum Nachteil der Filmauswertung. 294 Außerdem liefe der Film Gefahr, aus dem Bereich des Schöpferischen auf die Ebene eines rein gewerblichen Erzeugnisses in der Art der Schallplatte abzugleiten und seine schöpferischen Impulse einzubüßen. Demgegenüber erscheine es erforderlich, für filmische Erzeugnisse, denen der Charakter eines Werkes im Rechtssinne nicht zukomme, eine Bestimmung im Sinne des § 72 des RefE über die Laufbilder aufzunehmen. 295 Anders als die SPIO begrüßte der Verband Deutscher Filmautoren die „Eliminierung des unseligen § 93 des RefE, der den Filmhersteller als Urheber des Filmwerkes angesehen haben wollte". 296 Eine solche Auffassung wäre allenfalls vertretbar, wenn dieser Hersteller wirklich ein schöpferischer Mensch wäre, der neben künstlerischer Potenz auch die nötige geschäftliche und filmtechnische Begabung und Energie in seiner Person vereinige, wie dies heute teilweise noch in Frankreich vorkomme. 297 Die Filmautoren begrüßten es also, daß der MinE dem Hersteller statt der Position eines Urhebers, die eines Rechtsträgers zuteilte. Eine wesentliche Frage, die die Filmautoren weit mehr berühre als die Juristen annehmen mögen, die sich zweifellos mit bestem Willen um die Fixierung eines praktischen Filmurheberrechts bemühten, sei die nach dem maßgeblichen Zeitpunkt, von dem an der Gesetzgeber von einem Filmwerk spreche. Diese Überlegung sei nicht so abwegig wie sie klinge, denn eine erhebliche Anzahl von Filmvorhaben bleibe in der Realisierung stecken. Für den Autor, dessen Verfilmungsrechte nach dem Wortlaut der meisten Stoff- und Buchverträge mit Abschluß dieses Vertrages an den Hersteller übergingen, erhebe sich bei Abschluß dieses Vertrages die fatale Frage, wer nun über diesen quasi halb verfilmten Stoff verfügungsberechtigt sei. 298

294

Vgl. zur Vertiefung Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.050. Der RefE hatte die Bestimmung über die Laufbilder noch in dem Abschnitt über den Schutz der Lichtbilder untergebracht, es empfehle sich aber, die Bestimmung jetzt als Abgrenzungsbestimmung mit in den dritten Teil des Gesetzes über die besonderen Bestimmungen für Filmwerke aufzunehmen, vgl. Stellungnahme der SPIO in Β 141/2625 B1.050. 296 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren vom 18.03.1960 in Β 141/2625 Bl. 107. 297 In Deutschland sei es mittlerweile zur Norm geworden, daß der Produzent weitgehend der Befehlsempfänger desfinanzstarken Verleihs sei und daß ein Filmvorhaben während seiner Entstehung manchmal durch mehrere Produzentenhände gehe. Daher wäre es absurd, diesem Produzenten irgendwelche Urheberrechte zuzugestehen, die der Gesetzgeber eben gerade den schöpferischen Menschen vorbehalten wolle, vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 107. 298 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 108. 295

E. Filmrecht

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Denn abgesehen davon, daß die restlichen Honorarraten oft noch ausstünden, habe der Autor, der sein Werk und seinen guten Namen ernst nehme, naturgemäß ein berechtigtes Interesse daran, daß dieses Werk nun nicht als Torso verkümmere oder verschleudert werde. Dazu wäre der Hersteller aber nach dem Wortlaut des § 93 des MinE berechtigt, wenn der Gesetzgeber nicht ein bestimmtes Stadium der Herstellung fixiere, von dem an der Begriff „Filmwerk" rechtlich seinen Anfang nehme.299 Besonders zur klaren Definition des § 95 MinE, der das Rückrufsrecht für die Nutzungsrechte am Filmwerk ausschloß, sei es notwendig, den Beginn des Filmwerkes festzulegen. Naturgemäß könne der Autor seine Nutzungsrechte nicht zurückrufen, wenn das Filmwerk fertiggestellt worden war und dabei erhebliche Werte an Arbeit und Geld investiert worden waren. Aber der Gesetzgeber sollte in dieser Bestimmung dem Urheber von Stoff und Buch das Recht zum Rückruf einräumen, wenn mit der Verfilmung des Werkes nicht innerhalb einer angemessenen Frist begonnen worden war. 300 Auf Kritik stieß schließlich noch die Fassung des § 97 über die Entstellung des Filmwerkes. Es handele sich um einen „ausgesprochenen Gummiparagraphen". 301 Auf der einen Seite gestehe er dem Urheber des Filmwerkes, also wohl auch den Autoren sowie den bei der Herstellung des Filmwerkes mitwirkenden Künstlern das Recht zu, eine Entstellung ihrer Werke und Leistungen zu verbieten, die ihre berechtigten Interessen oder ihr Ansehen gefährdeten. Andererseits sollten sie nach dieser Vorschrift aufeinander und auf den Filmhersteller angemessen Rücksicht nehmen. Dazu müsse aus bitterer Erfahrung gesagt werden, daß, wenn der durchschnittliche Filmschaffende ein solches Verbot einmal riskieren würde, er wahrscheinlich von der Filmindustrie restlos abgeschoben würde. 302 Darüber hinaus sei zu beachten, daß die Autoren und andere wesentliche Mitwirkende, die Rechte und künstlerisches Ansehen zu verteidigen haben, erst bei oder lange nach der Uraufführung den fertigen Film zu sehen bekämen und die Entstellungen feststellen könnten, die ihr droit moral eventuell verletzten. 303 Der Gesetzgeber sollte also in § 97 die Vorschrift einbauen, daß nach der Fertigstellung des Films, bevor er zur Zensur gehe und bevor die kostspieligen Kopien gezogen werden, den Urhebern und den maßgeblich an der Herstellung Beteiligten das Filmwerk vorgeführt werden müsse, so daß schwerwiegenden Protesten gegen eine Verletzung berechtigter Interessen noch ohne wesent299

Vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 109. Den Gegebenheiten des Films scheine eine Frist von drei Jahren angemessen, vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 110. 301 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 111. 302 So die Befürchtungen des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 112. In der Praxis verhalte es sich zudem meist so, daß dem Filmschaffenden durch Unterschrift des Vertrages, der dem Hersteller das Recht der Überarbeitung, Änderung oder Weglassung zugestand, die Möglichkeit entzogen werde, Einspruch gegen Entstellungen zu erheben. Wenn also der Gesetzgeber das droit moral für die Filmschaffenden emstlich durchsetzen wolle, so sollte in das neue Gesetz eine praktische Durchführungsverordnung eingebaut werden, die den Gegebenheiten der Filmindustrie Rechnung trage. 303 Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 111. 300

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

liehe Kosten stattgegeben werden könne oder daß i m Notfall noch eine einstweilige Verfügung zu verantworten sei. 3 0 4 Neben diesen beiden maßgeblich durch das Filmrecht angesprochenen Interessenverbänden äußerten sich noch einzelne Sachverständige und auch einige Urheber selbst zu der Neuregelung des Filmrechts. 3 0 5 Während von Erffa lediglich wenige Einzelheiten beanstandete 306 , ansonsten aber die Grundkonzeption des Entwurfes, wie auch Dr. Schulze in der Stellungnahme der G E M A ausführte 307 , durchaus billigte, bezeichneten einige Autoren die in § 95 vorgesehenen Ausnahmen für die Nutzungsrechte am Filmwerk als „eine Kapitulation vor dem finanziellen Investment" bei der F i l m Wirtschaft und bei der Produktion eines F i l m werkes. Hierdurch würden wichtige zum Schutz des Urheberberechtigten vorgesehene Vorschriften bei der Verfilmung ausgeschlossen. 308 Diese Vorschrift hebe den Filmunternehmer gegenüber allen anderen Verwertern in eine Sonderstellung. Beanstandet wurde ferner die Bestimmung des § 97 zum Schutz gegen eine Entstellung des Filmwerkes. Diese Regelung laufe darauf hinaus, daß ein wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts zugunsten allein der Filmunternehmen eingeschränkt werde. 3 0 9 Ein so weit-

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Wenn das Recht zu diesem Einspruch und die Pflicht zu einer solchen Vorführung im Gesetz niedergelegt sei, werde die Industrie sich vor einer skrupellosen Verletzung dieser Rechte hüten und eventuellen Ärger nicht mehr an denen auslassen können, die den Mut und das künstlerische Gewissen haben, ihr Werk und ihre Arbeit zu verteidigen, vgl. Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren in Β 141/2625 Bl. 113. 305 Zum Filmrecht in dem MinE sei ferner auf den Beitrag von Leinveber in UFITA Bd. 33 (1961), S. 328-349 verwiesen, der den MinE grundsätzlich begrüßte. 306 Stellungnahme von Erffas in Β 141/2625 B1.026ff. In §93 sollte das Wort „ausschließliche" gestrichen werden, da der Komponist das Tonfilmherstellungsrecht in der Regel nicht als ausschließliches Recht einräume. Meist bekomme der Filmhersteller das Recht befristet als ausschließliches Recht und für eine anschließende Zeit als einfaches Nutzungsrecht. Auch war von Erffa dagegen, daß der Filmhersteller die ihm eingeräumten Rechte nach § 29 ohne Zustimmung der Urheber der vorbestehenden Werke weiterübertragen durfte, wie es nach § 95 möglich war. Weiterhin müsse dem Urheber das Rückrufsrecht wegen Nichtausübung genauso wie das Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung verbleiben. 307 Stellungnahme der GEMA in Β 141/2626 B1.084. Die Grundkonzeption zum Filmrecht werde gebilligt, insbesondere werde begrüßt, daß dem Filmhersteller kein Urheberrecht am Filmwerk, sondern ein Leistungsschutzrecht am Filmstreifen eingeräumt werden soll. Vom rechtssystematischen Standpunkt aus sollten der Leistungsschutz des Filmherstellers und die die ausübenden Künstler betreffenden Fragen in dem Leistungsschutzgesetz geregelt werden, während die übrigen Fragen des Filmurheberrechts im Urheberrechtsgesetz zu behandeln wären. 308 Stellungnahme einiger Autoren in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger in Β 141/2640 B1.085. 309 Dies sei um so bedenklicher, als hier ideelle Individualrechte finanzieller Interessen wegen geopfert würden. Das werde ganz deutlich anhand der Formulierung „auf den Filmhersteller angemessene Rücksicht zu nehmen ist". Diese Bestimmung müsse auch im Zusammenhang mit dem Ausschluß des Rückrufsrechts wegen gewandelter Überzeugung in § 37 betrachtet werden, vgl. Stellungnahme einiger Autoren in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger in Β 141/2640 B1.086.

E. Filmrecht

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gehender Ausschluß des droit moral einzig und allein gegenüber dem Filmverwerter könne nicht gebilligt werden. 310 Eine genaue Abgrenzung zwischen den Begriffen „Filmwerke", „Bildträger" und „kinematographische Erzeugnisse" wünschte der Deutsche Bühnenverein, da nicht klar sei, ob beispielsweise der für eine Fernsehsendung geschaffene Bildträger einer Theateraufführung ein „Filmwerk", ein „Bildträger" oder ein „kinematographisches Erzeugnis" sei. 311 Eine solche Abgrenzung sei besonders dringlich gegenüber den immer neuen und die Grenzen zwischen Television und Film verwischenden Fernsehfixierungen. 312 Ebenso wie schon von den Autoren angesprochen, hielt der Bühnenverein die Regelung des § 95 über die Ausnahmen für Nutzungsrechte am Filmwerk für nicht vertretbar und die Bestimmung des § 97 über den Schutz gegen eine Entstellung des Film Werkes für zu weitgehend.313 Skeptisch gegenüber der Aufgabe eines fiktiven Urheberrechts am Filmwerk zugunsten des Herstellers zeigte sich schließlich der Deutsche Industrie- und Handelstag. 314 Auch wenn man einräumen müsse, daß der Vorschlag des RefE von dem Grundsatz abgewichen war, daß nur derjenige, der einen schöpferischen Beitrag leiste, Urheber sein könne, habe die Regelung im Interesse der Rechtssicherheit vieles für sich gehabt. Der Vorzug einer solchen Regelung läge einmal darin, daß die Vielzahl der sonst in Betracht kommenden Personen die Nutzungsrechte nicht vertraglich auf den Filmhersteller zu übertragen brauchen. Vor allem aber wäre das Urheberpersönlichkeitsrecht nur in der Person des Filmherstellers entstanden, während es anderenfalls in jedem der betreffenden Urheber entstehen und dort auch verbleiben würde, da es vertraglich nicht übertragbar war. Das habe wiederum zur Folge, daß das Recht, gegen Entstellungen des Filmwerkes vorzugehen, von jedem der am Filmwerk beteiligten Urheber geltend gemacht werden könne, was für den Filmhersteller, der allein das wirtschaftliche Risiko zu tragen habe, mit großen Unzulänglichkeiten verbunden sei. 315 Sollte das fiktive Urheberrecht des Filmherstellers nicht beibehalten werden können, so wäre zu erwägen, ob nicht wenigstens der Filmhersteller statt des Leistungsschutzrechts am Filmstreifen für berechtigt erklärt werden 310 Stellungnahme einiger Autoren in Form eines Rechtsgutachtens von RA Dr. Sieger in Β 141/2640 Bl. 086. 311 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 B1.024. 312 Es werde auch daran gedacht werden müssen, ob für die erforderliche Abgrenzung nicht unabhängig von technischen Fixierungs-, Herstellungs- und Kopierverfahren nicht allein auf die Zweckrichtung abgestellt werden könne. Jedenfalls könnten die besonders weitgehenden Schutzbestimmungen der §§ 93 ff. für einen großen Teil der Fernsehproduktionen und deren Fixierungen in Anspruch genommen werden, für die sie sicherlich nicht gedacht seien, vgl. Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 B1.025. 313 Stellungnahme des Deutschen Bühnenvereins vom 28.06.1960 in Β 141/2633 B1.026. 314 Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 05.07.1960 in Β 141/2633 B1.063f. 315 Vgl. Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 05.07.1960 in Β 141/2633 B1.063.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

könnte, die sich aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht ergebenden Befugnisse aller am Film werk beteiligten Urheber auszuüben.316 Die Bestimmungen über das Filmrecht wurden im folgenden auch auf der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht angesprochen.317 Dr. Roeber hielt die Konzeption, dem Hersteller ein Leistungsschutzrecht zu gewähren, an dem dieser selbst kein Interesse habe, für völlig verfehlt. 318 Die weitere Diskussion über § 98 ergab allerdings keine neuen Gesichtspunkte. Im Gegensatz zu den eigentlichen Fernsehproduzenten war der Rundfunk in seiner Eigenschaft als Produzent von Fernsehfilmen mit der Zuerkennung eines Leistungsschutzrechts am Filmstreifen einverstanden.319 Im Ergebnis blieb es damit bei der Grundkonstellation des Filmrechts. Ebenfalls zum Filmrecht fand im BMJ eine Besprechung mit den Interessenvertretern statt. 320 Unter Zurückstellung der Fragen, ob der Film als eine eigene Werkgattung anzuerkennen sei, was wohl allgemein bejaht werde, und wer Urheber des Filmwerkes sei, wurden die Bestimmungen des dritten Teils des MinE einzeln durchgesprochen. Als Vertreter des Verbandes Deutscher Filmautoren regte van der Hurk an, den Katalog der Auslegungsregeln in § 93 um eine Bestimmung zu erweitern, nach der im Zweifel das Verfilmungsrecht nur befristet auf 7 oder 10 Jahre eingeräumt werde. Innerhalb dieser Frist sei der Film regelmäßig voll ausgewertet. Der Autor müsse dann die Möglichkeit haben, über den Stoff neu zu verfügen. 321 Obgleich Dr. Joel entgegnete, dem Autor stehe es nach § 27 frei, das Verfilmungsrecht nur befristet 316

Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstages vom 05.07.1960 in Β141/2633 Bl. 064. Eine solche Konzentrierung der Verfügungsberechtigung in der Person des Filmherstellers dürfte der Umstand nahelegen, daß die Geltendmachung der genannten Rechte die wirtschaftliche Auswertung des Films, die allein Sache des Filmherstellers sei, stärkstens berühre. 317 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E.III. 1. Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschussesfür Urheber- und Verlagsrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 140. 318 Dieser Kritik entgegnete Dr. Schneider, man habe lediglich aus praktischen Erwägungen dem Filmproduzenten ein eigenes Leistungsschutzrecht eingeräumt, das vor allem bei Filmen Bedeutung erlange, die keinen eigenen Werkcharakter besitzen, und das über die Verwertungsrechte hinaus dem Filmhersteller ein eigenes droit moral zuspreche, vgl. Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 BL 141. 319 Vgl. Prof Brack in Protokoll der Arbeitssitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht vom 07.-11.06.1960 in Β 141/2633 Bl. 142. 320 Vgl. Teil 1 der Arbeit unter... Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 BL 174ff. 321 Vgl. van der Hurk in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 176. Die zeitliche Befristung der Verfilmungsrechte sei heute schon weitgehend üblich und setze sich immer mehr durch. Werde diese Übung im Gesetz nicht anerkannt, so bestehe die Gefahr, daß der Filmhersteller unter Berufung auf das in §98 des MinE vorgesehene Leistungsschutzrecht eine Übertragung des Verfilmungsrechts für 25 Jahre fordere, da sonst das Leistungsschutzrecht für ihn wertlos sei.

E. Filmrecht

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322

einzuräumen , Schloß sich Dr. Richartz dem Vorschlag einer Befristung an. Seines Wissens sei die Befristung auf 10 Jahre durchaus der Regelfall. 323 Dr. Roeber gab allerdings zu bedenken, daß dabei zwischen dem Autor einer Vorlage für den Film, wie beispielsweise des Romans oder eines Bühnenstücks und dem im Auftrag des Filmherstellers tätigen Drehbuchautor, der die Vorlage für den Film herrichte, unterschieden werden müsse. Nur im ersten Fall komme eine zeitliche Beschränkung in Betracht. Der unmittelbar für den Filmhersteller tätige Autor übertrage seine Rechte regelmäßig unbefristet. 324 Diese Unterscheidung hielt dann auch van der Hurk für berechtigt und beschränkte seinen Antrag auf den Autor der Vorlage. 325 Letztendlich hielt Dr. Haertel die geforderte Regelung aber für wenig praxisrelevant. Der Gesetzgeber könne im Rahmen des § 93 hinsichtlich der Befristung nur eine Auslegungsregel geben. Abweichende ausdrückliche Vereinbarungen blieben daher in jedem Fall zulässig.326 Der Anregung Dr. Schulzes, angesichts der bestehenden Meinungsverschiedenheiten über die Ausgestaltung der besonderen Bestimmungen für Filmwerke den dritten Teil des MinE ganz zu streichen und die Regelung des Filmrechts insgesamt dem geplanten Urhebervertragsgesetz vorzubehalten 327, vermochte Dr. Haertel ebensowenig zu folgen. 328 Er habe nicht den Eindruck, daß die Beteiligten den völligen Verzicht auf eine Regelung des Filmrechts wünschten, sondern nur Änderungen und Ergänzungen in ihrem Sinne. Im übrigen sei es bedenklich, einen der umstrittensten Teile des Urheberrechts ungeregelt zu lassen und die Rechtsprechung mit Entscheidungen zu belasten, die zu treffen eigentlich Aufgabe des Gesetzgebers sei. Auch Dr. Roeber wandte sich nachdrücklich gegen eine Streichung des dritten Teils. Dieser enthalte keineswegs nur Vertragsrecht, sondern auch materiellrechtliche Bestimmungen, die seiner Auffassung nach noch weiter ausgebaut werden müßten. 329 Insbesondere müsse die seinerzeit im RefE enthaltene Verkoppelung der Nut322

Dr. Joel in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 177. 323 Dr. Richartz in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 Bl. 177. 324 Dr. Roeber in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 177. 325 Vgl. Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 177. 326 Es erscheine richtiger, die Frage zu vertagen und einer Regelung des vom BMJ geplanten Urhebervertragsgesetzes vorzubehalten, zumal die Diskussion zeige, daß das Problem für eine gesetzliche Regelung noch nicht ausgereift sei, vgl. Dr. Haertel in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 178. 327 Vgl. Dr. Schulze in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 Bl. 181. Da der Entwurf die materiellrechtliche Frage, wer Urheber des Film Werkes sei, nicht entscheide, enthalte der dritte Teil praktisch nur Vertragsrecht. Eine Vordringlichkeit der Regelung sei nicht anzuerkennen. Sie bringe den Urhebern keinen Vorteil und werde offenbar auch von der Filmindustrie abgelehnt. 328 Vgl. Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 181. 329 Dr. Roeber in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 181 f.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

zungsrechte zumindest für das Verfilmungsrecht und das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht beibehalten werden. Auch § 94 über die Einräumung von Nutzungsrechten am Filmwerk müsse über seinen jetzigen Charakter als Auslegungsregel hinaus einen materiellrechtlichen sichernden Gehalt bekommen.330 Zu § 94 forderten Dr. Roeber und von Hartlieb nachdrücklich, den Übergang der in § 94 genannten Rechte auf den Filmhersteller zwingend vorzusehen. Nur auf diese Weise könne die Bestimmung ihre Funktion als Ersatz des gestrichenen fiktiven Urheberrechts des Filmherstellers erfüllen. 331 Dr. Joel sah jedoch in einer solchen cessio legis kaum einen Unterschied zu der Regelung des ehemaligen RefE. Da diese damals überwiegend abgelehnt worden sei, hielt er den Vorschlag für kaum durchführbar. 332 Schließlich gab die Filmindustrie zu verstehen, daß man mit der Regelung des § 97 über die Entstellung des Filmwerkes grundsätzlich einverstanden sei, jedoch um eine weitere Beschränkung des droit moral auf gröbliche Entstellungen bitte. Wie bereits in der Stellungnahme des Verbandes Deutscher Filmautoren erwähnt, forderte van der Hurk, den Filmhersteller zu einer Vorführung des Films vor dem Filmautor zu verpflichten, bevor mit der Auswertung des Films begonnen werde. Eine solche Vorführungspflicht wollte Dr. Haertel dagegen den vertraglichen Vereinbarungen der Verpflichteten überlassen.333 Unter Bezugnahme auf diese Besprechung äußerte sich der Bundesverband der Deutschen Industrie zu der Ausgestaltung des Filmrechts im Hinblick auf die sogenannten „Wirtschaftsfilme". Die Bestimmungen für Filmwerke, wie sie auf der vorangegangenen Besprechung im BMJ erörtert worden waren, schienen im wesentlichen für Spielfilme zuzutreffen. Sie würden aber den besonderen Bedingungen des Industrie- und Werbefilms nicht gerecht. 334 Dies gelte insbesondere für § 98 über das Leistungsschutzrecht zugunsten des Filmherstellers. Es sei von besonderer Bedeutung, daß die Industrie als Auftraggeber auch die Urheberrechte oder ein entsprechendes Leistungsschutzrecht erhalte. Mit der Eigenart des Industriefilms sei es nicht zu vereinbaren, daß diese Rechte bei dem Hersteller verblieben. 335 Anderen330

Eine summarische Streichung und Zurückstellung des dritten Teils bis zum Erlaß des Urhebervertragsgesetzes sei daher abzulehnen, vgl. Dr. Roeber in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 Bl. 182. 331 Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β141/2638 Bl. 183. 332 Vgl. Dr. Joel in Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 BL 183. 333 Vgl. zur Vertiefung Niederschrift über die Sitzung am 12.09.1960 zum Filmrecht in Β 141/2638 Bl. 187. Dr. Schwerin als Vertreter des SPIO pflichtete den Ausführungen Dr. Haertels bei und wollte sich für die Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung in den Normalvertrag einsetzen. 334 Schreiben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 29.09.1960 in Β141/2636 Bl. 049. 335 Die Industrie lasse diese Filme nach einem von ihr genehmigten Drehbuch zu einem Thema herstellen, das allein sie als Auftraggeber interessiere. Es sei daher die Entscheidung des Auftraggebers, dieses Thema in der Form eines Films verarbeiten zu lassen, um den so herge-

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falls hätte dieser beispielsweise auch das Recht, den für einen ganz bestimmten Zweck hergestellten Film öffentlich vorzuführen. Das entspreche aber nicht den Absichten des Auftraggebers, der diesen Film nach seinen eigenen Plänen vorführen wolle. Auch brauche man dem Hersteller kein Recht zu geben, sich gegen Entstellungen oder Kürzungen des Films zu verwahren, wenn allein der Auftraggeber den Inhalt bestimme. Hinzu komme noch der wirtschaftliche Aspekt. Der Auftraggeber vergüte dem Hersteller sämtliche anfallenden Kosten sowie den kalkulierten Unternehmergewinn, die im voraus nach einer detaillierten Kalkulation des Produzenten festgelegt seien.336 Damit würden zwei wesentliche Grundgedanken, die in der Begründung zum MinE für ein Leistungsschutzrecht des Filmherstellers vorgetragen worden seien, bei einem Industriefilm für den Auftraggeber gelten. Der Film sei seine wirtschaftliche Leistung, der Inhalt berühre seine Person bzw. sein Unternehmen. Der eigene Beitrag des Filmherstellers trete demgegenüber meist in den Hintergrund. Der Bundesverband der Deutschen Industrie regte daher an, in § 98 Abs. 2 einen Zusatz aufzunehmen, wonach die Rechte des Filmherstellers, wenn der Film im Auftrag eines anderen nach dessen Richtlinien und auf dessen Kosten über ein Thema hergestellt worden war, das seinen persönlichen oder geschäftlichen Bereich betraf, im Zweifel als auf den Auftraggeber übertragen gelten sollten.337 Ohne eine solche Regelung würde das Gesetz in sich bereits den Ansatzpunkt für künftige Auseinandersetzungen tragen, was vermieden werden sollte. Bevor sich dann die Sachverständigenkommission mit den Bestimmungen zum Filmrecht zu befassen hatte, äußerte sich auch die SPIO im Anschluß an die Beratung mit Interessenverbänden in einer ergänzenden Stellungnahme nochmals zu diesem Thema. Darin wurden die Forderungen der Filmwirtschaft wiederholt und präzisiert. Vor allem wollte man die bloße Auslegungsregel des § 94 durch eine materiell rechtssichernde Vorschrift ersetzt wissen, die bestimmen sollte, daß die Rechte aller bei der Herstellung eines Filmwerkes mitwirkenden Personen, gleichviel welcher Art diese Rechte seien, ob Urheber-, Leistungsschutz- oder Eigentumsrechte, kraft Gesetzes zwingend im Zeitpunkt ihrer Entstehung auf den Hersteller übergingen. 338 Im Interesse der rechtlichen Sicherheit des Filmwerkes sollte die Vorschrift stellten Film in der zweckmäßigsten Weise zu verwerten, vgl. Schreiben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 29.09.1960 in Β 141/2636 Bl. 050. 336 Schreiben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 29.09.1960 in Β141/2636 Bl. 050 f. Außerdem bezahle er das Negativ- und Positivmaterial des Films, so daß die Kosten für einen einzelnen Film gelegentlich bis zu 1 Mio DM betragen würden. 337 So der Formulierungsvorschlag in dem Schreiben des Bundesverbandes der Deutschen Industrie vom 29.09.1960 in Β 141/2636 B1.052. 338 Ergänzende Stellungnahme der SPIO vom 26.11.1960 in Β 141/2640 Bl. 196. Hierbei gelte als klargestellt, daß die Urheber filmisch benutzter Werke einschließlich Drehbuch und Auftragsmusik nicht unter § 94, sondern unter § 93 fallen, in den im übrigen nicht noch weitere einschränkende Zusätze aufgenommen werden dürften, wie etwa eine auf der Sitzung im BMJ angesprochene zeitliche Begrenzung der Übertragung von Verfilmungsrechten.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

des § 97 über das droit moral so ausgestaltet werden, daß die Zustimmung des Herstellers erforderlich sei, wenn Berechtigte aus §97 die Auswertung des Films betreffende Ansprüche gegenüber dem Auswertungspartner des Films oder gegenüber Dritten geltend machen wollen. 339 Schließlich sei die Bestimmung des §98, weil überflüssig, verfehlt und unverständlich, ganz zu streichen. 340 Vor Ausarbeitung des RegE beschäftigte sich schließlich noch die Sachverständigenkommission mit den im MinE vorgeschlagenen besonderen Bestimmungen für Film werke. 341 Der Beratung lag bereits eine Neufassung der Regelungen zugrunde, die im wesentlichen von den Anwesenden akzeptiert wurde. 342 Der Grundriß des Filmrechts blieb danach unverändert, nach wie vor war die Frage nach der Urheberschaft am Filmwerk offengelassen und mußte im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen bestimmt werden. Auch sollte das ursprünglich von Ulmer angeregte Leistungsschutzrecht des Filmherstellers erhalten bleiben. Im einzelnen billigten die Sachverständigen dann die Neugestaltung des § 93 als ausdrückliches „Recht zur Verfilmung", wobei in Abs. 2 ein Zusatz eingefügt worden war, der es dem Urheber ermöglichen sollte, 10 Jahre nach der Herstellung des Film Werkes sein Werk erneut verfilmen zu lassen, ohne daß dadurch das Recht des Filmherstellers zur weiteren Auswertung des Filmwerkes berührt werde. 343 Ebensowenig Bedenken hatte die Kommission gegen die Umbenennung des § 94 über die Einräumung von Nutzungsrechten am Filmwerk in „Rechte am Filmwerk" mit einem neu eingefügten Abs. 2, der die Anwendung dieser Bestimmung auf Urheber zur Herstellung des Filmwerkes benutzter Werke, wie Drehbuch oder Filmmusik, ausschloß. Dadurch sollte die Abgrenzung der §§93 und 94 klargestellt werden. 344 Prof. Ulmer wies lediglich daraufhin, daß der für die Herstellung des Filmwerkes übliche Ausdruck „vorbestehende Werke" mißverständlich sei und daher in der Begründung vermieden werden sollte. 345 Im Anschluß sollte dann ein § 94a angefügt werden, wonach die Verwertungsrechte an den bei der Herstellung eines 339

Ergänzende Stellungnahme der SPIO vom 26.11.1960 in Β 141/2640 Bl. 197. Sollten die Sendegesellschaften für nicht als Filmwerke geschützte Fernsehaufzeichnungen an einem Leistungsschutz nach Art des § 98 interessiert sein, so gehöre eine Bestimmung darüber nicht in die filmrechtlichen Sondervorschriften, sondern in die Leistungsschutzvorschriften für den Rundfunk, dazu und zu weiteren einzelnen Ergänzungsvorschlägen vgl. Ergänzende Stellungnahme der SPIO vom 26.11.1960 in Β141/2640 Bl. 197 f. 341 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter E. III. 4. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 155 ff. 342 Vgl. Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β 141/2643 Bl. 127. 343 Vgl. dazu die Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β141/2643 Bl. 127 f. Gegen diese Neufassung wurden seitens der Sachverständigen keine Bedenken geäußert, vgl. Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 155. 344 Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β 141/2643 Bl. 128 f. 345 Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 Bl. 156. 340

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E. Filmrecht 346

Filmwerkes entstehenden Lichtbildern der Filmhersteller erwirbt. § 95 über die Ausnahmen für Nutzungsrechte am Filmwerk wurde insofern überarbeitet, als die von den Einschränkungen betroffenen Rechte nunmehr einzeln aufgezählt wurden. Das Verfilmungsrecht nach § 93 Abs. 1 Nr. war dabei allerdings nicht genannt, so daß die Einschränkungen hierfür nicht galten.347 Die weiteren Überarbeitungen waren zumeist sprachlicher Art und wurden daher nicht weiter vertieft. 348 Auf der Sitzung der Sachverständigenkommission zeichnete sich also schon ab, daß der RegE vom 15.12.1961 den dritten Teil mit den besonderen Bestimmungen für Filmwerke wohl ohne große Umgestaltungen übernehmen würde. In Übereinstimmung mit dem MinE beließ es der RegE somit für die Urheberschaft am Filmwerk bei den allgemeinen Grundsätzen, so daß sich der Filmhersteller für die Auswertung des Filmwerkes von allen als Urheber in Betracht kommenden Mitwirkenden die ihnen möglicherweise erwachsenden Urheberrechte vertraglich einräumen lassen mußte.349 In Anerkennung der organisatorischen und wirtschaftlichen Leistung, die mit der Produktion eines Filmes verbunden sei, übernahm der RegE das Leistungsschutzrecht zugunsten des Filmherstellers (§ 104). Ebenfalls wie in dem MinE vorgesehen, war zu seinen Gunsten in § 99 vermutet, daß im Zweifel jeder, der sich zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Films verpflichtete, bereits mit dieser Verpflichtung sämtliche ihm etwa aus seiner Mitwirkung erwachsenden Nutzungsrechte am Film werk auf den Filmhersteller übertrug. 350 Ein gesetzlicher Rechtsübergang, wie er bei den Beratungen zum MinE seitens der Filmwirtschaft gewünscht worden war, war nicht vorgesehen. In der Begründung war dazu ausgeführt, daß dieser sich im Ergebnis kaum von dem ehemals im RefE vorgeschlagenen fiktiven Urheberrecht des Filmherstellers unterscheiden würde und daher den gleichen Bedenken unterliege wie dieses.351 Jedoch könne ein Bedürfnis, den Filmhersteller vor der Rechtsunsicherheit zu schützen, die sich aus der Möglichkeit unkon346 Vgl. dazu Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β 141/2643 Bl. 129; Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β141/2647 BL 157. 347 Vgl. Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β 141/2643 Bl. 129. 348 Vgl. dazu Aufstellung der in Aussicht genommenen Änderungen zum MinE in Β 141/2643 Bl. 130; Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission in Β 141/2647 B1.157f. 349 Vgl. die Ausführungen in der Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 35. Der Vorschlag des MinE, von einer Sonderregelung der Urheberschaft am Filmwerk abzusehen und insbesondere auch auf etwaige Vermutungen zugunsten bestimmter Personen, wie etwa des Regisseurs, hinsichtlich der Urheberschaft am Filmwerk zu verzichten, habe überwiegend Zustimmung gefunden. Das lasse sich damit erklären, daß die Frage der Filmurheberschaft trotz der bestehenden Rechtsunsicherheit in der Praxis zu keinen Streitfällen Anlaß gegeben habe. Der Filmhersteller lasse sich nämlich stets vorsorglich die Rechte aller als Filmurheber in Betracht kommenden Personen im voraus vertraglich übertragen, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 100. 350 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 35. 351 Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 100.

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

trollierbarer Vorausabtretungen ergebe, nicht abgestritten werden. Daher war in diese Bestimmung ein neuer Abs. 2 eingefügt, nach dem der Filmurheber auch im Falle einer Vorausabtretung gegenüber dem Filmhersteller die Verfügungsmacht über seine Rechte behielt. 352 Daneben übernahm der RegE die bereits in § 93 des MinE enthaltene Auslegungsregel, welche den Erwerb der erforderlichen Nutzungsrechte an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken erleichtern sollte (§ 98). 353 Hierbei war dann der bereits auf der Sitzung der Sachverständigenkommission besprochene Zusatz aufgenommen, daß der Urheber im Zweifel nach Ablauf von 10 Jahren nach Herstellung des Filmwerkes zur anderweitigen filmischen Verwertung seines Werkes berechtigt sein soll. 354 Ebenfalls wie von den Sachverständigen schon erörtert, wurden diejenigen Nutzungsrechte, für welche nach § 100 Ausnahmen von den allgemeinen Bestimmungen, wie die Nichtanwendbarkeit des Zustimmungserfordernisses des Urhebers zur Weiterübertragung oder Einräumung einfacher Nutzungsrechte sowie des Rückrufsrechts wegen Nichtausübung und wegen gewandelter Überzeugung, gelten sollten, einzeln aufgezählt. Unberührt blieb dabei die Anwendbarkeit der genannten Bestimmungen auf das Verfilmungsrecht nach § 98 Abs. 1 Satz l . 3 5 5 Gegenüber dem MinE wurde an dieser Stelle noch ein zweiter Satz eingefügt, der den nunmehr vorgesehenen gesetzlichen Beteiligungsanspruch bei unerwartet hohen Nutzungserträgnissen (§ 36) für den Urheber des Filmwerkes ausschloß.356 352

Diese Bestimmung diente zugleich der persönlichen Handlungsfreiheit der Filmschaffenden, die anderenfalls bei einer Vorausabtretung ihrer Rechte an eine Verwertungsgesellschaft nicht mehr ohne deren Zustimmung für einen Filmhersteller tätig werden könnten, vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 100. In einem Abs. 3 war zudem klargestellt, daß die Urheberrechte an den zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werken von der Regelung des § 99 nicht berührt werden, selbst wenn, wie es beispielsweise beim Drehbuchautor oder Komponisten der Fall sein könnte, der Urheber des benutzten Werkes zugleich auch unmittelbar bei den Dreharbeiten mitgewirkt hatte. 353 Zur Vertiefung vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S.98f. 354 Üblicherweise räume der Urheber das Verfilmungsrecht an seinem Werk nur für ein bestimmtes Filmwerk ein, eine Wiederverfilmung sollte der Filmhersteller nicht vornehmen dürfen, vgl. § 98 Abs. 2 Satz 1. Trotzdem hatte aber der Filmhersteller aufgrund des ihm nach § 98 Abs. 1 Satz 1 zustehenden ausschließlichen Verfilmungsrechts die Möglichkeit, jedem anderen, einschließlich dem Urheber selbst, zu verbieten, das Werk anderweitig filmisch zu verarbeiten. Diese Möglichkeit schien zwar durchaus gerechtfertigt, müsse aber nicht zeitlich unbegrenzt sein. Daher trage der Entwurf einer in der Praxis mittlerweile bereits üblich gewordenen Handhabe Rechnung und begrenzte das ausschließliche Verfilmungsrecht des Filmherstellers im Zweifel auf 10 Jahre, vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 99. 355 Die Begründung führte dazu aus, daß, solange der Film nicht hergestellt war, das Verfilmungsrecht also nicht ausgeübt war, der Filmhersteller keines besonderen Schutzes bedurfte, da er noch keine wesentlichen Aufwendungen gemacht habe, vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 101. 356 Vgl. dazu Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 101. Wegen der meist bestehenden Unklarheit, welche Personen zu den Filmurhebern zu rechnen seien, würde die Anwendbarkeit des § 36 zu einer nicht tragbaren Rechtsunsicherheit führen. Der Forderung der Filmwirtschaft, § 36 auch für Urheber der zur Herstellung des Filmwerkes benutzten Werke auszu-

E. Filmrecht

705

Ein neu eingefügter § 101 sah vor, daß die Rechte zur filmischen Verwertung von einzelnen bei der Herstellung eines Films entstehenden Lichtbildern nicht etwa dem Lichtbildner, also dem Kameramann, sondern unmittelbar dem Filmhersteller zustehen sollten.357 Die Rede war allerdings nur von den Rechten zur filmischen Verwertung, soweit es um eine selbständige Verwertung der einzelnen Filmbilder ging, beispielsweise als Illustration zu einem Roman, nach dem der Film gedreht wurde, sollte diese dem Kameramann überlassen sein, wenn nichts anderes vereinbart war. Wie von einigen Seiten bei den Beratungen zum MinE gewünscht, beschränkte der RegE den persönlichkeitsrechtlichen Schutz aller am Filmwerk beteiligten Personen auf gröbliche Entstellungen oder andere gröbliche Beeinträchtigungen ihrer Beiträge zum Filmwerk (§ 103). 358 Schließlich war in einem zweiten Abschnitt des dritten Teils über die besonderen Bestimmungen für Filmwerke eine Regelung getroffen, welche die vorstehenden Bestimmungen explizit für Bild- und Tonfolgen anwendbar erklärte, die gerade nicht als Filmwerke geschützt waren. Diese nicht schöpferischen Bild- oder Tonfolgen wurden als Laufbilder bezeichnet.359 Bei den Beratungen in BR und BT spielte das Filmrecht lediglich eine untergeordnete Rolle. Auf den Sitzungen der Ausschüsse des BR kam dieses Rechtsgebiet gar nicht zur Sprache und auch die abschließende Stellungnahme des BR zum Gesetzentwurf verlor ebensowenig ein Wort über die Bestimmungen des dritten Teils wie die daraufhin ausgearbeitete Auffassung der BReg. 360 Erst der im Rechtsausschuß des BT eingesetzte Unterausschuß „Urheberrecht" befaßte sich kurz mit der schließen, folgte der Entwurf allerdings nicht. Hier bestehe keine Ungewißheit über den Personenkreis der Urheber und es sei kein Grund ersichtlich, der sonst den Ausschluß des § 36 rechtfertigen könne. 357 Da es sich hier lediglich um Leistungschutzrechte handelte, die zudem für den Kameramann gewissermaßen als Zufallsprodukte seiner auf die Herstellung des Films gerichtete Tätigkeit keine selbständige Bedeutung hatten, sah der Entwurf den unmittelbaren Übeigang dieser Rechte auf den Filmhersteller vor, allerdings nur, soweit es sich um die filmische Verwertung handelte, vgl. Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 101. 358 Vgl. dazu Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 102. 359 Begründung des RegE in BR-Drucks. 1/62 S. 102 f. In einem Fall sah der RegE jedoch von der Gleichstellung der Laufbilder mit den Filmwerken ab. Die Bestimmung über die Einschränkung der Rechte der ausübenden Künstler in § 102 sollte auf die Laufbilder keine Anwendung finden, weil anders als bei einem Filmwerk, bei dem alle Beiträge zu einer schöpferischen Leistung verschmelzen und demgemäß die Leistung des ausübenden Künstlers gegenüber der Gesamtleistung zurücktrete, bei Laufbildern häufig gerade die Darbietung des ausübenden Künstlers im Vordergrund stehe. Daher sollten den an der Herstellung eines Laufbildes beteiligten ausübenden Künstlern die nach §§83 bis 87 zustehenden Rechte ohne Einschränkung verbleiben. 360 y g l Niederschriften der Sitzung UA RA BR am 16./17.01.1962 sowie der Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 22.01.1962 und auch der 245. Sitzung des RA BR am 24.01.1962, alle im Archiv des Bundesrates, R 2651 - Nr. 11/62, Κ 0131 (51) - Nr. 2/62, R 0055 - Nr. R 17/62. Auch auf der anschließenden 240. Sitzung des BR am 02.02.1962 wurde das Filmrecht, bis auf die knappen Ausführungen des Berichterstatters Dr. Haas, nicht weiter diskutiert, BR-Sitzungsberichte 1962, S.7 Β ff., Auffassung der BReg zur Stellungnahme des BR BT-Drucks. IV/270, Anlage 3. 45 Maracke

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Regelung zum Filmrecht, Schloß sich jedoch überwiegend der Regierungsvorlage ohne weitere Einwendungen an. 361 Lediglich die Fassung des § 103 über den Schutz gegen Entstellung mit der Beschränkung auf eine „gröbliche Entstellung oder Beeinträchtigung" schien dem Vorsitzenden Dr. Reischl etwas weitgehend. Er sprach sich daher für die frühere Formulierung des MinE aus.362 In der anschließenden Sachverständigenanhörung auf der Sitzung des UA „Urheberrecht" gemeinsam mit dem im Ausschuß für Kulturfragen eingesetzten UA „Urheberrechtsfragen" ging es dann aber nur um die Frage, inwieweit ein Recht zur Bearbeitung oder Umgestaltung zur Herstellung des Films unbegrenzt vermutet werden sollte. 363 Da es nach Auffassung von Hartliebs als Vertreter der SPIO gar keine andere Möglichkeit für die normale Filmproduktion gebe, als das Grundwerk zu verändern, umzugestalten, zu bearbeiten, um es zu etwas neuem, nämlich dem Bildvorgang zu machen, sei die Vorschrift des § 98 Abs. 1 Nr. 1 unbedingt nötig. 364 Ohne eine Bearbeitung und Umgestaltung sei aus einem vorbestehenden Werk kein Film zu machen. Anders wandte sich Dr. Richartz gegen eine gesetzliche Vermutung, weil das alles auch im Wege des Vertrages gelöst werden könne.365 Abschließend betonte von Hartlieb, daß man sich seitens des BMJ große Mühe gegeben habe, die schwierige Materie des Filmrechts gerecht zu regeln. Die Paragraphen seien alles in allem handlich und man wolle, wo es nicht nötig sei, keine unnötigen Schwierigkeiten machen.366 361

Vgl. 6. Sitzung UA RA BT 4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S.9 ff. Vgl. 6. Sitzung UA RA BT4. Wp. am 29.04.1964 Prot. Nr. 6, S. 11. Zweifel wurden auch daran geäußert, ob es richtig sei, daß das Verfilmungsrecht nicht mehr bei den Verwertungsrechten in den §§ 15 ff. geregelt werde. Obgleich der Regierungsvertreter erklärte, dies habe aus systematischen Gründen in die Bestimmungen zum Filmrecht eingefügt werden müssen, bat der Vorsitzende Dr. Reischl, zu überlegen, ob das Verfilmungsrecht nicht bei den Verwertungsrechten zu regeln sei. 363 So die einleitenden Worte des Vorsitzenden Dr. Reischl in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 109, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Sicherlich müsse ein Werk zur Herstellung eines Films oft völlig verändert und bearbeitet werden. Wenn dies aber notwendig sei, dann sei wohl eine Regelung besser, nach der derjenige, dessen Werk umgearbeitet werden solle, einer völligen Veränderung ausdrücklich zustimmen müsse. Es sei also die Frage, ob die gesetzliche Vermutung des § 98 Abs. 1 Nr. 1 nötig sei oder ob nicht eine andere Angrenzung gefunden werden könne. 364 Von Hartlieb in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 110, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. Die Grundwerke wie Roman, Theaterstück, Original, Filmidee oder Komposition müßten ja in irgendeiner Form umgesetzt werden, und zwar erst geistig literarisch. Das geschehe zuerst durch das Drehbuch, indem dieses vorbestehende Werk in die für den Film geeignete Form gebracht werde. Aber dann müsse dieses Drehbuch noch einmal bearbeitet werden. Im Atelier finde der eigentliche Vorgang der Verfilmung statt, indem ein literarisch-geistiges Wortgebilde umgesetzt werde in ein optisches, in ein Bildgebilde mit einem beigefügten Ton. Insoweit trage der Entwurf den Besonderheiten des Films durch die Bestimmung des §98 Abs. 1 Nr. 1 Rechnung. Auf jeden Fall müsse diese Vermutung auf Bearbeitung und Umgestaltung ausgedehnt werden. 365 Dr. Richartz in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 115, ParlA Bonn, A1, lfd. Nr. 17. 366 Von Hartlieb in 8. Sitzung UA RA BT gemeinsam mit UA KA BT 4. Wp. Sten. Prot. S. 126, ParlA Bonn, A l , lfd. Nr. 17. 362

E. Filmrecht

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Daraufhin billigte der UA des RA beinahe alle Vorschläge der Regierungsvorlage, nur in § 98 Abs. 2 sollten die Worte „nach der Herstellung des Filmwerkes" durch die Worte „nach Vertragsabschluß" ersetzt werden, um eine genauere Zeitangabe für das Rückrufsrecht zu ermöglichen. 367 Ohne weitere Diskussion Schloß sich auch der RA des BT in seiner abschließenden Sitzung dieser Anregung seines Unterausschusses an. 368 In dem schriftlichen Bericht des RA war dazu ausgeführt, daß es dem Ausschuß angemessener erscheine, die Frist, nach der im Zweifel der Urheber zu einer anderweitigen filmischen Verwertung seines Werkes berechtigt sein sollte, vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses statt vom Zeitpunkt der Herstellung des Filmwerkes an zu bemessen, da der letztere Zeitpunkt zu unbestimmt sei und der Urheber auf ihn keinen Einfluß habe.369 Dr. Reischl führte als Berichterstatter bei der anschließenden Lesung im BT aus, man habe die Regelung des Filmrechts als „sehr sehr schwierig" empfunden. Er glaube aber, daß das, was im Entwurf enthalten sei, augenblicklich das „Optimum des Möglichen" darstelle. 370 Es sei furchtbar schwierig, die ganzen Urheberrechte an einem Film unter einen Hut zu bringen und daneben noch das besondere Urheberrecht des Filmherstellers in geeigneter Weise zu berücksichtigen, ohne die anderen zu beeinträchtigen. So schien ihm persönlich der Weg eines Leistungsschutzrechts des Filmherstellers immer noch der beste zu sein. Es bleibe abzuwarten, was Praxis und Rechtsprechung daraus machen.371 Sowohl der BT als auch der BR nahmen dann die Regelung des Filmrechts in der vom RA gebilligten Fassung an. 372 Damit fanden diese Bestimmungen in der Form der Regierungsvorlage von 1961 beinahe unverändert Eingang in das UrhG von 1965.373 Auch das geltende Recht hält noch an dieser Grundkonzeption fest, erfuhr aber aufgrund des 3. und des 4. UrhÄndG vom 23.06.1995374 und vom 08.05.1998375 einige Änderungen. Neben einer Verbesserung der Rechtsstellung der an einem Filmwerk mitwirkenden ausübenden Künstler (§ 92), wurde eine Sonderregelung über die Schutzdauer von Filmwerken in § 65 Abs. 2 eingefügt und schließlich das Leistungsschutzrecht des Filmherstellers sowohl zeitlich als auch inhaltlich erweitert. Diese Änderungsgesetze dienten der Umsetzung von drei europäischen 367

13. Sitzung UA RA BT 4. Wp. Prot. Nr. 13, S. lOf. Vgl. 131. Sitzung RA BT 4. Wp. Sten. Prot. Nr. 131, S. 33, ParlA Bonn, A 2, lfd. Nr. 46. 369 BT-Drucks. IV/3401, S. 34, zu IV/3401, S. 14 (Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses). 368

370

Dr. Reischl in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9429 C. Vgl. die Ausführungen Dr. Reischls in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd. 59, S. 9429C. Er sei überzeugt, daß es der Rechtsprechung gelingen werde, mit den Problemen fertig zu werden. Vielleicht stehe der Gesetzgeber dann eines Tages vor der Möglichkeit, eine abschließende Regelung zu treffen. Aber das sei ein typischer Fall, wo man mit der abschließenden Regelung nicht zu weit gehen, sondern sie der Rechtsprechung überlassen sollte. 372 Abstimmung in 187. Sitzung BT 4. Wp. Sten. Ber. Bd.59, S.9432D; Zustimmung des BR in 285. Sitzung, BR-Sitzungsberichte 1965, S. 167 B. 373 BGBl. 19651, S. 1285 f. 374 BGBl. 19951, S.842. 375 BGBl. 19981, S.902. 371

45*

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Teil 2: Schwerpunkte der Diskussion

Harmonisierungsrichtlinien in das deutsche Recht, und zwar der Vermiet- und Verleihrechtsrichtlinie, der Schutzdauerrichtlinie und schließlich der Satelliten- und Kabelrichtlinie. 376

376

Vgl. Schrickerl Katzenberger, Vor §§ 88 ff., Rz. 8.

Teil 3

Zusammenfassung und Ausblick I. Rechtsänderungen im Überblick Um einen Überblick über die Ergebnisse der Urheberrechtsreform zu ermöglichen, sollen vorab die wichtigsten Änderungen des UrhG von 1965 gegenüber dem geltenden Recht und vor allem gegenüber dem als Grundlage für die Reformarbeiten durch das BMJ nach Ende des zweiten Weltkrieges dienenden Entwurf der Akademie für Deutsches Recht von 19391 in aller Kürze dargestellt werden. Das neue UrhG sprach zunächst den schon bisher anerkannten Grundsatz, daß Urheber der Schöpfer des Werkes ist, nicht nur ausdrücklich aus, sondern führte ihn auch konsequent durch. Im Gegensatz zum geltenden Recht2 wurde daher ein Urheberrecht juristischer Personen, entsprechend den Vorschlägen des Entwurfes von 19393, nicht mehr anerkannt. Auch umschrieb das UrhG den Umfang des Urheberrechts wesentlich klarer als noch die geltenden Gesetze.4 Das galt vor allem für das Urheberpersönlichkeitsrecht, das 1965 erstmals zusammenfassend geregelt wurde, inhaltlich vom geltenden Rechtszustand aber nicht wesentlich abwich.5 Die Verwertungsrechte des Urhebers wurden um mehrere neue Befugnisse erweitert, was dem gesetzten Ziel einer Verbesserung des Urheberrechtsschutzes entsprach. War schon 1

Die beiden unveröffentlichten Entwürfe von 1951, die von dem Kleinen Ausschuß der Sachverständigenkommission ausgearbeitet worden waren, bauten im wesentlichen auf dem Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahr 1939 auf, vgl. die Ausführungen oben in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter C. I. 2 §3 LUG, §5 KUG. 3 § 5 des Entwurfes von 1939 legte fest, daß „Urheber eines Werkes ist, wer das Werk geschaffen hat". Daraus folgte bereits, daß es ein originäres Urheberrecht juristischer Personen nicht gab. Allerdings gewährte § 20 dieses Entwurfes den Rechtsträgern öffentlichen Rechts, die ohne Urheberbenennung ein Werk veröffentlicht hatten, ein Werknutzungsrecht kraft Gesetzes. 4 Während bisher das Urheberrecht, das meist entsprechend der monistischen Theorie als Einheit aufgefaßt worden war, in zwei Bestandteile, in einen urheberpersönlichkeitsrechtlichen und einen vermögensrechtlichen, aufgespalten worden war, wurde es von dem UrhG unter Anerkennung der Einheit des Urheberrechts in 3 Gruppen von Rechten aufgegliedert. Genannt waren das Urheberpersönlichkeitsrecht, die Verwertungsrechte und die sonstigen Rechte. 5 Der Entwurf von 1939 bezeichnete das Urheberpersönlichkeitsrecht als „Urheberehre", meinte aber die auch heute noch geltenden Befugnisse, nämlich das Veröffentlichungsrecht, das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht, Entstellungen des Werkes zu verbieten, vgl. auch §§12-14 des UrhG von 1965.

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Teil 3: Zusammenfassung und Ausblick

der Entwurf von 1939 von dem bisherigen System abgegangen, wonach das Verwertungsrecht in der Summe der vom Gesetzgeber abschließend aufgezählten urheberrechtlichen Befugnisse bestand6, so gewährte das UrhG von 1965 neben den im wesentlichen bereits durch Gesetz oder Rechtsprechung anerkannten Verwertungsbefugnissen neuerdings ausdrücklich das Ausstellungsrecht, das Vortragsrecht, das Folgerecht und einen Vergütungsanspruch für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken. Schon in dem Entwurf von 1939 war die ursprüngliche Beschränkung des Vortragsrechts auf den Vortrag von Sprachwerken, die noch nicht erschienen waren, fallengelassen worden und wurde sodann ohne diese Einschränkung in das UrhG von 1965 übernommen. Der Dichter konnte also das öffentliche Vortragen seiner Gedichte oder eine Lesung aus seinen Werken auch nach deren Erscheinen noch verbieten. Ohne Vorbild in dem Entwurf von 1939 waren demgegenüber die übrigen dem Urheber neu gewährten Rechte, wie das Ausstellungsrecht, das Folgerecht oder die Vermietgebühr. Diese Befugnisse konnten vielmehr auf die Arbeiten im BMJ zurückgeführt werden. Das Ausstellungsrecht behielt dem Urheber eines Werkes der bildenden Künste die ausschließliche Befugnis vor, sein Werk öffentlich auszustellen, solange es noch nicht veröffentlicht war. Es erlosch also durch die Veröffentlichung, wobei aber wohl anzunehmen war, daß nur die rechtmäßige Veröffentlichung ausschlaggebend sein sollte.7 Gegenüber dem bisherigen Rechtszustand erschien vor allem das in § 26 gewährte Folgerecht bedeutsam. Daß dem bildenden Künstler ein Anspruch auf Beteiligung an dem Erlös gewährt wird, den der Erwerber des Werkoriginals bei einer späteren Veräußerung erzielt, war eine seit langem aus Urheberrechtskreisen erhobene Forderung. Häufig würde der Erlös einer späteren Weiterveräußerung das ursprünglich an den Urheber gezahlte Entgelt bei weitem übersteigen. Der Künstler sollte daher an dem auf erhöhter Schätzung seiner künstlerischen Leistung beruhenden Gewinn materiell beteiligt werden. Mit diesem Beteiligungsanspruch wurde an den von der Rechtsprechung zur Auslegung der geltenden Gesetze entwickelten Grundsatz, daß der Urheber tunlichst angemessen an den wirtschaftlichen Früchten seines Werkes zu beteiligen sei, angeknüpft. 8 Ebenfalls diesem Leitsatz der Reform Rechnung tragen sollte die in § 27 vorgesehene Beteiligung des Urhebers an dem 6

§ 10 des Entwurfes von 1939 gestattete dem Urheber ganz allgemein die Verwertung des Werkes in der ursprünglichen oder einer abgeänderten Form. Um den Notwendigkeiten der Praxis Rechnung zu tragen, waren die wichtigsten urheberrechtlichen Befugnisse in § 11 beispielhaft aufgezählt und einige dieser Befugnisse auch noch näher erläutert. 7 Vgl. Hubmann in NJW 1965, S. 2129 (2130). Der Verkaufeines Werkexemplars durch den Künstler bedeutete, wenn damit nicht eine Schaustellung verbunden war, noch keine Veröffentlichung, so daß sein Ausstellungsrecht fortdauerte. Dem Eigentümer des Originals konnte er die Ausstellung jedoch nicht verbieten, es sei denn, daß er bei der Veräußerung ausdrücklich einen Vorbehalt gemacht hatte (§ 44 Abs. 2 UrhG), der dann auch gegenüber dem Zweit- und Dritterwerber galt. 8 Vgl. Möhring/Nicolini, § 26 UrhG, Anm. 1 b).

Teil 3: Zusammenfassung und Ausblick

Erlös aus der Vermietung seines Werkes in gewerblichen Mietbüchereien und Lesezirkeln. 9 Bereits durch die Rechtsprechung anerkannt, aber in den geltenden Gesetzen noch nicht ausdrücklich verankert, waren das Senderecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe durch Bild- und Tonträger, das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Funksendungen des Werkes sowie das Recht auf Zugang zu den Werkstücken. Das Senderecht10, welches auch schon in dem Entwurf von 1939 als die Berechtigung des Urhebers, das Werk durch Rundfunk zu senden, ausdrücklich erwähnt war 11 , wurde dem Urheber nunmehr in weitestem Umfang eingeräumt (§ 20 UrhG). Es schloß nicht nur den Ton- und Fernsehrundfunk, sondern auch den Drahtfunk und ähnliche technische Einrichtungen, durch die das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, ein. 12 Als selbständiges Verwertungsrecht gestattete § 21 UrhG das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und § 22 UrhG das Recht der öffentlichen Wiedergabe von Funksendungen, beispielsweise von Rundfunkmusik oder Fernsehsendungen in Gaststätten.13 Obschon das BMJ die Regelung des Urhebervertragsrechts in einem besonderen Gesetz in Aussicht stellte, wurden doch einige besonders wichtige Vorschriften in das UrhG von 1965 übernommen.14 Auch der Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht hatte es seinerzeit für zweckmäßig angesehen, Grundsätze von allgemeiner Bedeutung für Verträge über das Verwertungsrecht des Urhebers in das Urheberrechtsgesetz selbst aufzunehmen. 15 Wie schon vom Reichsjustizministerium und in dem Entwurf von 1939 ausgearbeitet, war das Urheberrecht unübertragbar. 16 Als Vorbild diente § 17 des Entwurfes von 1939, wonach der Urheber über das ihm zustehende Recht nur dadurch verfügen konnte, daß er einem anderen gestattete, das 9

Mösl in DRiZ 1965, S. 386 (387). Vgl. dazu die Entscheidungen des RG in RGZ 113, S.413; 123, S. 312; 136, S. 381; 153, S. 1 sowie des BGH in BGHZ 33, S. 38; 36, S. 171; 38, S. 356. 11 § 11 Abs. 1 Ziff. 2 des Entwurfes von 1939. 12 Vgl. Hubmann in NJW 1965, S.2129 (2130). Dem Senderecht unterlag auch die Weitersendung, die Wiederholungssendung und die Sendung auf einer zweiten Welle zu einer anderen Programmzeit. 13 Zur Vertiefung vgl. Hubmann in NJW 1965, S.2129 (2130). 14 Das Verlagsgesetz blieb zunächst, mit Ausnahme der §§3, 13,42, in Geltung. 15 Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.44. Im wesentlichen hatte sich der Ausschuß damit begnügt, die bereits in dem amtlichen Entwurf von 1932 enthaltenen Bestimmungen dem neuen Grundsatz anzupassen, daß der Urheber das ihm zustehende Verwertungsrecht nicht übertragen, sondern nur Werknutzungsbewilligungen erteilen bzw. Werknutzungsrechte lizenzartig einräumen kann. 16 § 16 des Entwurfes von 1939 sah einen Übergang des Urheberrechts nur im Falle des Todes des Urhebers vor, da in diesem Fall die Person des Urhebers weggefallen sei und ein anderer an seine Stelle treten müsse, um über den Schutz der eigenpersönlichen Beziehungen zwischen Werk und Urheber, also über den Schutz der kulturellen Integrität zu wachen, vgl. Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.42. 10

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Teil 3: Zusammenfassung und Ausblick

Werk auf einzelne oder alle Verwertungsarten zu nutzen oder einem anderen das ausschließliche Recht dazu einräumte. In gleicher Weise ließ auch das UrhG von 1965 nur eine Art Belastung des Urheberrechts durch Einräumung von einfachen oder ausschließlichen Nutzungsrechten an andere zu (§ 31 UrhG). Daß der Urheber weiterhin mit seinem Werk verbunden blieb, kam auch darin zum Ausdruck, daß der Nutzungsberechtigte das Werk im allgemeinen nur im Rahmen einer Vereinbarung mit dem Urheber ändern durfte (§ 39), daß der Urheber das Nutzungsrecht zurückrufen durfte, wenn der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts das Recht nicht oder nur unzureichend ausübte und dadurch berechtigte Interessen des Urhebers erheblich verletzte (§41) und daß dem Urheber schließlich auch ein Rückrufsrecht wegen gewandelter Überzeugung zustand (§ 42). 17 Dem Schutz des Urhebers vor einer unüberlegt weitgehenden Rechtseinräumung diente die Unwirksamkeit der Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten in § 31 Abs. 4 sowie die Bestimmung, daß sich der Umfang des Nutzungsrechts nach dem Zweck des Vertrages richtet, wenn die Nutzungsarten, auf die sich das Recht beziehen sollte, nicht einzeln bezeichnet waren (§31 Abs. 5). Letztere Bestimmung ging auf die ursprünglich von Goldbaum entwickelte Zweckübertragungstheorie zurück. Auch hier sollte eine möglichst weitgehende Beteiligung des Urhebers an der wirtschaftlichen Verwertung seines Werkes und eine möglichst geringe Aufgabe oder Übertragung seiner Ausschließlichkeitsrechte erreicht werden. 18 Besonders umstritten war die Vorschrift des § 36, durch die dem Urheber ein unverzichtbares Nachforderungsrecht gewährt wurde. Hatte beispielsweise ein Urheber einem Verleger das Verlagsrecht für alle Auflagen gegen eine Pauschalabfindung eingeräumt und zeigte sich dann, daß das Entgelt unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zum Verleger in einem groben Mißverhältnis zu den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes stand, so war der Verleger auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach angemessene Beteiligung an den Erträgnissen gewährt wurde. Diese Vorschrift, die gelegentlich als „Bestseller-Klausel" bezeichnet wurde, hatte im deutschen Urheberrecht keinen Vorgänger und war auch in dem Entwurf von 1939 nicht zu finden. Zu ihrer Rechtfertigung wurde ausgeführt, daß die allgemeinen Rechtsbehelfe einer Vertragsanfechtung und -auflö17

Schon der Entwurf von 1939 bestimmte in §21, daß der Inhaber eines Werknutzungsrechts oder einer Werknutzungsbewilligung das Werk, dessen Titel oder Urheberbezeichnung nicht ändern durfte. Zulässig waren nur Änderungen, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen konnte. Auch das Rückrufsrecht des Urhebers für den Fall, daß der Werknutzungsberechtigte von seinem Recht keinen oder nur unzureichenden Gebrauch machte und dadurch berechtigte Interessen des Urhebers verletzte, war in § 28 anerkannt. 18 Vgl. von Gamm, § 31 UrhG, Rz. 19. Die weiteren Auslegungsregeln in §§ 37, 38, 44 Abs. 1, 88 und 89 enthielten Modifikationen dieser Zweckübertragungslehre für einzelne Sonderfälle.

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sung, der Berufung auf eine Veränderung oder den Fortfall der Geschäftsgrundlage und gegebenenfalls Nichtigkeit nach § 138 BGB unzureichend seien. Gerade im Hinblick auf junge noch unbekannte Urheber, die ihre Werke aus wirtschaftlicher Not und rechtlicher Unerfahrenheit einem anderen gegen eine geringe Vergütung zur Verwertung überließen, der seinerseits dann große Gewinne aus den Werken ziehe, würden die Möglichkeiten des bürgerlichen Rechts nicht ausreichen.19 Damit beruhte diese Bestimmung auf ähnlichen Erwägungen wie das Folgerecht des § 26. 20 Neben diesen Erweiterungen der urheberrechtlichen Befugnisse ging das neue UrhG gleichwohl davon aus, daß das Urheberrecht, wie jedes andere absolute Recht, ein sozialgebundenes sei, das gewissen Schranken im Interesse der Gemeinheit unterliege. 21 In der Begründung zum RegE war dazu ausgeführt, daß die ausschließliche Herrschaftsmacht des Werkschöpfers über sein Geistesgut ihre Grenze an überwiegenden Bedürfnissen der Allgemeinheit finde. Der Urheber müsse insbesondere dort im Interesse der Allgemeinheit freien Zugang zu seinen Werken gewähren, wo dies unmittelbar der Förderung der geistigen und kulturellen Werte diene, die ihrerseits Grundlage für sein Schaffen seien. Nicht gerechtfertigt waren nach Auffassung des RegE solche Einschränkungen, bei denen es vorrangig um finanzielle Interessen des Staates ging und die lediglich der Allgemeinheit die Erfüllung von Aufgaben erleichtern sollten, aber in keiner engeren Beziehung zum Werkschaffen des Urhebers standen, wie etwa Sozialfürsorge, Jugendpflege und Wohltätigkeit. 22 Auch sprachen sich die Verfasser des RegE ausdrücklich gegen die Schlußfolgerung aus, die vielfach aus der Gleichstellung des „geistigen Eigentums" mit dem Sacheigentum gezogen worden war, daß nämlich jede sachliche Beschränkung des Urheberrechts, auch im Interesse der Allgemeinheit mit der Rechtsnatur des Urheberrechts nicht zu vereinbaren sei. Im Gegensatz zum Sacheigentum sei das Urhebergut seinem Wesen nach Mitteilungsgut, es solle gerade, jedenfalls von dem Zeitpunkt an, in dem der Urheber es veröffentlicht habe, in seinem Gedanken- und Gefühlsinhalt möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Letztlich sollte das Urheberrecht also nicht dazu bestimmt sein, andere von der Nutzung auszuschließen, sondern es sollte dem Urheber die rechtliche Grundlage dafür geben, Art und Umfang seines Werkes zu überwachen und aus dessen Verwertung Einnahmen zu erzielen. 23 Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte bemühte sich der Gesetzgeber von 1965 dann um einen gerechten Interessenausgleich. Man habe versucht, die Ein19 Vgl. auch den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses, Bundestags-Drucks. IV/3401, S. 11, zu IV/3401, S.5. 20 Vgl. von Gamm, § 36 UrhG, Rz. 1. 21 So die Begründung zum RegE, vgl. BR-Drucks. 1/62, S.30. 22 Vgl. Begründung zum RegE, BR-Drucks. 1/62, S.63. 23 BR-Drucks. 1/62, S.63.

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schränkungen auf das wirklich notwendige Maß zu begrenzen und dem Urheber im Verhältnis zu anderen Rechtsinhabem keine unbilligen Sonderopfer aufzuerlegen. 24 Die zum Teil sehr umfangreichen Beschränkungen der geltenden Gesetze wurden daher weitgehend gemildert, andererseits waren aber auch einige neue Beschränkungen vorgesehen, die im Hinblick auf die neuen technischen Möglichkeiten der Werknutzung notwendig erschienen. Die Befugnis, ohne Zustimmung des Urhebers Teile von Werken oder Werke von geringem Umfang in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch aufzunehmen, übernahm das neue Gesetz in §46 aus dem Entwurf von 1939, allerdings wurde die ehemals vorgesehene Pflicht, dem Urheber eine angemessene Entschädigung zu gewähren, gestrichen.25 Die noch im RegE und vom Bundestag selbst vorgesehene Vergütung wurde auf Verlangen des Bundesrates beseitigt mit der Begründung, daß die Vergütungspflicht zu einer unerwünschten Verteuerung der Schulbücher führen würde. 26 Im übrigen ließe sich auch vom Standpunkt der Urheber das Argument hören, es liege im Interesse der Urheber, wenn ihre Werke in Schulbüchern eine weite Verbreitung fänden. Außerdem würde die Vergütungspflicht die Schulbuchverleger auf ältere, vergütungsfreie Werke abdrängen und das zeitgenössische Schaffen benachteiligen.27 Neu gegenüber dem Entwurf von 1939 war dagegen die Verpflichtung, die Aufnahme vor Beginn der Vervielfältigung dem Urheber anzuzeigen, sowie die Befugnis des Urhebers, der Aufnahme zu widersprechen, wenn das Werk seiner Überzeugung nicht mehr entsprach. Der Erleichterung des Schulunterrichts sollte femer die neue Bestimmung des § 47 dienen, die in engen Grenzen die Aufnahme von Schulfunksendungen auf Tonband gestattete.28 Während § 35 Nr. 2 des Entwurfes von 1939 und sogar noch der RegE von 1964 (§51 Nr. 4) die Zitierfreiheit auch auf die Benutzung einer geschützten Melodie für 24

Vgl. Schiefler in GRUR 1965, S.587 (588). Der Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht hatte sich noch auf den Standpunkt gestellt, daß es bei der Bedeutung, die für bestimmte Werke der Vervielfältigung im Rahmen von Schul- und Unterrichtsbüchern zukomme, nicht gerechtfertigt wäre, den Urheber ohne Entschädigung ausgehen zu lassen. Der Notwendigkeit, den für die Gestaltung von Schul- und Unterrichtsbüchern zuständigen Stellen die freie Auswahl des für Schul- und Unterrichtszwecke zu benutzenden Kulturgutes zu überlassen, sei Genüge geschehen, wenn Verbotsrechte des Urhebers, soweit sie sich nicht aus einer Verletzung seiner Urheberehre ergeben würden, ausgeschlossen seien. Darüber hinaus dürfe man dem Urheber einen Anspruch auf wirtschaftliche Erträgnisse aus seinen Werken nicht deshalb wegnehmen, weil es sich um Werke handele, die in erster Linie im Rahmen von Schul- und Unterrichtsbüchern Verbreitung finden, vgl. Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.45. 26 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel, unter E II. 5 Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. IV/3536, Anlage, S. 2 sowie mündlicher Bericht des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks. IV/3706, Anlage. 27 Sitzungsprotokoll der 196. Sitzung des Deutschen Bundestags, 4. Wp. am 02.07.1965, S.10003D. 28 Diese Aufnahmen mußten jedoch spätestens am Ende des laufenden Schuljahres gelöscht werden, sofern dem Urheber nicht eine angemessene Vergütung gezahlt wurde. 25

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ein selbständiges Variationenwerk erstrecken wollte, strich der Bundestag diese Ausnahme. Statt dessen wurde dem § 24 über die freie Benutzung ein Abs. 2 angefügt, der klarstellte, daß die freie Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt war, gerade nicht zulässig sein sollte. Danach waren Variationen über eine geschützte Melodie nunmehr nur noch mit Zustimmung des Urhebers erlaubt. 29 Erwähnt werden soll schließlich noch die Neuerung des § 53 für private Tonbandaufnahmen. § 31 des Entwurfes von 1939 wollte Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch, also auch die private Tonbandaufnahme gestatten, wenn es sich nur um einzelne Stücke handelte und nicht bezweckt wurde, damit eine Einnahme zu erzielen oder das Werk zu veröffentlichen. Auch das neue UrhG ließ Vervielfältigungen zum persönlichen Gebrauch zu, jedoch sollte der Urheber für die neuartige mit der ihm vorbehaltenen gewerblichen Vervielfältigung besonders stark konkurrierende Werknutzung mittels eines Tonbandgerätes im privaten Bereich eine Abfindung erhalten. Der Bundestag hatte sich eingehend mit dem Problem der privaten Tonbandvervielfältigung befaßt, hielt aber einen Vergütungsanspruch des Urhebers gegen den privaten Gerätebenutzer für bedenklich, da eine praktische Durchsetzung des Anspruchs ohne Eindringen in die Privatsphäre nicht möglich erschien. Andererseits sollte der Urheber von der neuen wirtschaftlich bedeutsamen Nutzungsart, durch die den Herstellern der Tonbandgeräte hohe Gewinne zufließen würden, nicht ganz ausgeschlossen werden. Um den Urhebern zu ihrem Recht zu verhelfen, hatte der BGH in einer einschlägigen Entscheidung vom 29.05.1964 einen anderen Weg aufgezeigt. 30 Nunmehr konnten sie die Hersteller von Tonbandgeräten für die von den Gerätebenutzern begangenen Urheberrechtsverletzungen als Störer oder Teilnehmer an einer unerlaubten Handlung zur Verantwortung ziehen und von ihnen Schadensersatz verlangen. Diesen Gedanken nahm der Bundestag auf und sprach in § 53 Abs. 5 den Urheber- und Leistungsschutzberechtigten gegen den Hersteller und Importeur von Geräten, die zu Überspielungen geeignet waren, einen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für die durch die Veräußerung der Geräte geschaffene Möglichkeit, solche Überspielungen vorzunehmen.31 Die bedeutsamste Neuerung zugunsten der Urheber dürfte die Verlängerung der Schutzfrist von 50 auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers sein (§ 64). 32 Hatte noch der RegE im Anschluß an den Entwurf von 1939 vorgeschlagen, es bei der seit dem Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen von 1934 geltenden 50jährigen Frist zu 29

War jedoch die Vertonung des Werkes vor dem Inkrafttreten des UrhG erschienen, so war die Verwertung auch weiterhin erlaubt, vgl. § 131 UrhG. 30 BGHZ 42, S. 118 (118ff.). 31 Vgl. zur Vertiefung Schiefler in GRUR 1965, S. 587 (588 f.) und auch Hubmann in NJW 1965, S.2129 (2132), der diese Regelung als eine gerechte und praktikable Lösung bezeichnete. 32 Vgl. Mösl in DRiZ 1965, S. 386 (389): „Einen kühnen Schritt hat der Bundestag damit getan, daß er die Dauer des Urheberrechts entgegen dem Regierungsentwurf von bisher 50 auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert hat."

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belassen und zunächst die internationale Entwicklung auf diesem Gebiet abzuwarten 33 , brachte die endgültige Fassung des UrhG von 1965 auf Drängen des Bundestages eine Verlängerung der Schutzfrist um 20 Jahre. 34 Die Vorschriften über die Schutzfristenverlängerung sollten bereits am Tag nach der Verkündung in Kraft treten und damit auch den Werken zugute kommen, deren Schutz nach der bisher geltenden Regelung mit Ablauf des Jahres 1965 erloschen wäre. In dem zweiten Teil des Gesetzes wurden dann die verwandten Schutzrechte behandelt. Unter dieser Bezeichnung waren die Schutzrechte an bestimmten Ausgaben urheberrechtlich nicht geschützter Werke und Texte, an Lichtbildern sowie die Rechte der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgem und der Sendeunternehmen an ihren Darbietungen, Schallplatten und Rundfunksendungen zusammengefaßt. Nachdem in der deutschen Gesetzgebung bisher nur der durch die Novelle von 1910 eingefügte § 2 Abs. 2 LUG die Übertragung von Werken der Literatur oder Tonkunst auf Träger einer Bearbeitung gleichgestellt und damit einen Schutz der Schallplattenindustrie gegen das Nachpressen bezweckt hatte35, waren sämtliche Leistungsschutzrechte sowie Schutzrechte an wissenschaftlichen Ausgaben und Ausgaben nachgelassener Werke und auch der Schutz von Lichtbildern nunmehr in Einzelheiten festgelegt. In ähnlicher Weise hatte bereits der den Reformarbeiten zum Vorbild dienende Entwurf von 1939 die angrenzenden Rechtsgebiete in einem gesonderten Abschnitt geregelt. 36 Seinerzeit waren allerdings an erster Stelle dieses Abschnittes zwei Vorschriften zur Erhaltung von Werken allgemeiner Bedeutung getroffen. Diese Bestimmungen gingen entsprechend der Auffassung des Ausschusses davon aus, daß mit dem Tode des Urhebers solche Werke, die von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur waren, unter dem Schutz der Volksgemeinschaft stehen würden. 37 33

Vgl. dazu Begründung zu dem RegE in BR-Drucks. 1/62, S.78ff. Der RA des Bundestags, in dessen UA „Urheberrecht" intensiv über die Frage der Schutzfrist, vor allem auch im Zusammenhang mit einer möglichen Urhebemachfolgevergütung, beraten worden war, schlug in seinem schriftlichen Bericht mit großer Mehrheit eine Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers vor. Diese Verlängerung erschien namentlich im Hinblick auf die gestiegene Lebenserwartung gerechtfertigt und wurde zudem als Ausgleich für die im Ergebnis nicht verwirklichte Urhebemachfolgevergütung bezeichnet, vgl. den schriftlichen Bericht des RA, BT-Drucks. IV/3401, S.25f., zu IV/3401, S. 12f. 35 Marwitz/Möhring, §2 LUG, Rz. 10 (S.46). Die Bestimmung sollte der Industrie einen Schutz gegen unberechtigte Nachbildung ihrer oft mit großen Kosten erworbenen Vorrichtungen gewähren. Zur Erreichung dieses Zweckes wurde nicht der Hersteller, sondern der Vortragende geschützt, der aber in der Praxis sein Recht regelmäßig dem industriellen Unternehmen übertrug. 36 Vgl. Hoffmann in DR in V. m. JW 1939, S. 1221 (1224). Gänzlich neu gegenüber dem damals geltenden Recht war die Regelung des Leistungsschutzes in Abschnitt V I I des Entwurfes von 1939. 37 Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.43. Mit dem Tod des Urhebers erhielten also bei Werken von nationaler Bedeutung nicht nur die Rechtsnachfolger des Urhebers von Todes wegen das Recht zur Wahrung der Integrität des Werkes, vielmehr wollte der Ausschuß ein solches Recht auch 34

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Daher hatte § 53 a des Entwurfes von 1939 bestimmt, daß die Erben unter Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen ein nachgelassenes Werk auf Anordnung dem Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda vorlegen mußten. Dieser konnte dann die Veröffentlichung anordnen, wenn die Prüfung ergab, daß das Werk von allgemeiner Bedeutung für die nationale Kultur sei und daß die Urheberehre durch die Veröffentlichung nicht beeinträchtigt würde. Da aber in jedem Fall der Wille des Urhebers maßgebend bleiben sollte, konnte die Veröffentlichung nicht erfolgen, wenn ihr eine letztwillige Verfügung des Urhebers entgegenstand. Diese beiden Regelungen, die ihrem Inhalt nach wohl schon auf die Anfänge nationalsozialistischen Gedankengutes zurückzuführen waren, fanden in dem neuen UrhG, wie auch schon in den vorangegangen Entwürfen des BMJ, keinen Eingang mehr. 38 Die Bestimmungen über den Schutz der Editionen, den Schutz des ausübenden Künstlers sowie den Schutz der Lichtbilder wurden, wenn auch mit zum Teil einigen Änderungen, in dem UrhG von 1965 beibehalten.39 Ähnlich dem Entwurf von 1939 gewährte das UrhG daneben verschiedenen Unternehmen, die ihre Tätigkeit der Wiedergabe von Geisteswerken widmeten, einen Leistungsschutz, nämlich den Konzert- oder Theaterveranstaltern (§ 81), den Herstellern von Tonträgern (§§ 85, 86) und den Sendeunternehmen (§ 87). 40 Nicht übernommen wurde dagegen das Recht am eigenen Bild. Es sollte in das Gesetz zur Neuordnung des zivilrechtlichen Persönlichkeits- und Ehrenschutzes mit übernommen werden. Bis dahin blieben die entsprechenden Vorschriften des KUG in Geltung.41 Ebenfalls nicht beibehalten wurde der noch in § 61 des Entwurfes von 1939 vorgesehene Briefschutz. Ohne Vorbild im geltenden Recht war schließlich der dritte Teil des UrhG, der besondere Bestimmungen für Film werke enthielt. Traf der Entwurf von 1939 bereits zahlreiche Sonderregeln für Filmwerke, so waren diese jedoch nicht in einem eigens dafür geschaffenen Abschnitt, sondern in verschiedenen Einzelvorschriften zu finden. Wie der Entwurf von 1939 versagte das UrhG von 1965 dem Filmhersteller entgegen der vielfach erörterten Forderung seitens der Filmbranche ein Urheberrecht. 42 dem Staat zusprechen, der die Integrität des Werkes sogar dann zu wahren berechtigt sein sollte, wenn die Erben einer das Ansehen oder den Wert des betreffenden Werkes beeinträchtigenden Verwertung zustimmen würden. 38 Diskutiert wurde später noch ein sog. „urheberrechtlicher Denkmalschutz", vgl. dazu Leinveber in GRUR 1962, S.75 ff. und GRUR 1964, S. 364 ff. 39 Zum Überblick vgl. die knappen Ausführungen bei Hubmann in NJW 1965, S. 2129 (2132 f.). 40 Vgl. bereits §59 des Entwurfes von 1939. An gewerbsmäßig hergestellten Bild- oder Schallvorrichtungen stand dem Hersteller das ausschließliche Recht auf Vervielfältigung und gewerbsmäßige Verbreitung zu. Der Hersteller einer Schallplatte oder einer gleichartigen Bildund Schallvorrichtung konnte die öffentliche Aufführung oder Sendung jedoch nicht verbieten, ihm stand hier lediglich ein Anspruch auf angemessene Vergütung zu. 41 Hubmann in NJW 1965, S.2129 (2133). 42 Schon der Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes führte auf S.48 aus, daß es nicht angängig erscheine, das Urheberrecht am Film dem Filmunternehmer zuzuerkennen, weil damit der tragende

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Statt dessen war auf andere Weise versucht worden, die Rechte am Filmwerk in der Hand des Filmherstellers zu vereinigen, um ihm die Filmauswertung zu sichern. Wollte § 19 b Abs. 1 des Entwurfes von 1939 dem Hersteller des Filmwerkes mit der Herstellung die den Urhebern des Filmwerkes zustehenden ausschließlichen Rechte, die zur Verwertung des Filmwerkes notwendig waren, kraft Gesetzes zusprechen43, begnügte sich das neue Gesetz mit Auslegungsregeln zugunsten des Filmherstellers. So stellte § 88 für die Urheber der sogenannten vorbestehenden Werke die Vermutung auf, daß in der Einräumung des Verfilmungsrechts im Zweifel zugleich die Einräumung einer Reihe von im einzelnen aufgezählten, für die Filmauswertung notwendigen Nutzungsrechten lag. Für die Urheber am Filmwerk selbst, deren Kreis das Gesetz wie auch der Entwurf von 1939 nicht festlegte, sondern im Einzelfall den allgemeinen Regeln überlassen wollte, bestimmte § 89, daß sie durch ihre Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Herstellung eines Films dem Filmhersteller im Zweifel das ausschließliche Recht einräumen, das Filmwerk sowie Übersetzungen und andere filmische Bearbeitungen oder Umgestaltungen auf alle bekannten Nutzungsarten zu nutzen. Neben diesen Vermutungen sprach § 94 des UrhG von 1965 dem Filmhersteller ein eigenes Leistungsschutzrecht am Filmträger zu. 44 Von den Vorschriften über die Verletzung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten und die Folgen von Rechtsverletzungen verdienen zwei Bestimmungen hervorgehoben zu werden. § 97 Abs. 2 gewährte den Urhebern, Verfassern wissenschaftlicher Ausgaben, Lichtbildnern und ausübenden Künstlern, wenn dem Verletzer Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu Last fiel, auch wegen des Nichtvermögensschadens einen Anspruch auf billige Entschädigung in Geld. Der bislang in § 40 LUG und § 35 KUG vorgesehene Anspruch auf Buße konnte dadurch entfallen. Die Bedeutung dieser Vorschrift lag vor allem darin, daß der Gesetzgeber für einen besonderen Fall der Verletzung des Persönlichkeitsrechts ausdrücklich eine Entschädigung in Geld auch für den ideellen Schaden zubilligte.45 Ebenfalls neu war das Abfindungsrecht in § 101. Danach konnte ein Verletzer, der nicht schuldhaft gehandelt hatte, die Ansprüche des Verletzten auf Beseitigung oder Unterlassung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung durch eine Geldentschädigung abwenden, wenn ihm durch Erfüllung der Ansprüche ein unverhältnismäßig großer Schaden entstehen würde und dem Verletzten die Abfindung in Geld zuzumuten war. 46 Grundsatz durchbrochen würde, daß das Urheberrecht seinem Wesen nach nur ein Recht desjenigen sein könne, der das Werk geschaffen habe. 43 Vgl. dazu Bericht über Beratungen und Vorschläge des Ausschusses für die Neugestaltung des deutschen Urheberrechtsgesetzes S.48 f. Denfilmschaffenden Urhebern sollte insbesondere das Recht auf den Schutz in ihren eigenpersönlichen Beziehungen zu dem Werk verbleiben. Um Mißverständnisse zu vermeiden, war weiterhin vorgesehen, daß der Hersteller des Filmwerkes den Urhebern des Filmwerkes als Gegenleistung für das ihm kraft Gesetzes zugesprochene Nutzungsrecht eine angemessene Vergütung zu zahlen hatte. 44 Vgl. zur Vertiefung von Gamm, § 94 UrhG, Rz. 1 ff. Dieses Filmschutzrecht ging auf einen Vorschlag Ulmers zurück, s.o. Teil 2 der Arbeit unter E.IV 1. 45 Mösl in DRiZ 1965, S. 386 (389). 46 Vgl. Hubmann in NJW 1965, S.2129 (2133).

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Schließlich bleibt zu erwähnen, daß der noch im RegE enthaltene Vorschlag über die Einführung einer Urhebernachfolgevergütung, die für die Verwertung urheberrechtlich nicht geschützter Werke an einen Urheberfonds gezahlt werden sollte, von dem endgültigen UrhG nicht übernommen wurde. Ziel dieses Vorschlags war es, eine sichere finanzielle Grundlage für die allseits als notwendig anerkannte Unterstützung und Förderung der Urheber zu schaffen. 47 Der Bundestag hatte jedoch befürchtet, daß der Ertrag der vorgesehenen Vergütung im Verhältnis zu dem Verwaltungsaufwand zu gering sein würde und die Verteilung die Gefahr eines Kulturdirigismus heraufbeschwören könnte.48

II. Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers als wesentlicher Leitgedanke der 1965 abgeschlossenen Novellierung des deutschen Urheberrechts Das UrhG von 1965 bildete den legislativen Schlußpunkt einer jahrelang geführten Diskussion um die Reform des deutschen Urheberrechts. Es löste die beiden Urheberrechtsgesetze von 1901 bzw. 1907 ab. Der gesamte Urheberrechtsschutz war erstmals in einem Gesetz zusammengefaßt und in einem zweiten Teil innerhalb dieses Gesetzes waren die verwandten Schutzrechte geregelt. Dadurch wurden die gemeinsamen tragenden Grundlagen des Urheberrechts deutlicher als bisher herausgestellt.49 Einer der wesentlichen Gründe, die umfassende Neuerungen auf dem Gebiet des Urheberrechts notwendig gemacht hatten, war die Tatsache, daß die Beschränkung der Werknutzungsrechte des Urhebers durch möglichst freie Werknutzungen zugunsten der Allgemeinheit, wie sie noch in den geltenden Gesetzen vor allem für Zwecke der Kirchen, der Schulen, der Volksbildung, der Jugendpflege, der Information, für Wohltätigkeitsveranstaltungen oder auch für staatliche Feiern vorgesehen waren, nicht mehr haltbar war. 50 Solange noch der Staat oder Mäzene für die Autoren gesorgt hatten, kam ihrem Bedürfnis, aus der Verwertung 47

Vgl. Schiefler in GRUR 1965, S.587 (589). Der RA des Bundestags empfahl nach ausführlicher Beratung in seinem UA „Urheberrecht", bei der auch die Meinung von Sachverständigen gehört worden war, eine Streichung der §§73-79 des RegE über die Urhebernachfolgevergütung, vgl. den schriftlichen Bericht des RA in BT-Drucks. IV/3401, S.27 f., zu IV/3401, S. 13. 49 Vgl. von Gamm, Einführung Rz. 10. 50 Vgl. von Erffa in JR 1951, S. 310 (312). Wer die Werknutzungsrechte zu Lasten der Urheber beschneide, bringe die Urheber um die Früchte ihres Schafifens und versetze sie daher in wirtschaftliche Bedrängnis. Schöpferische Kräfte würde aber erlahmen, wenn sie mit der Not des täglichen Lebens zu kämpfen haben. Den Interessen der Allgemeinheit sei daher weit besser gedient, wenn ihre Urheber ohne die Sorgen um das tägliche Brot und gewiß des Lohnes ihrer Arbeit unbeschwert ihrem Schaffen nachgehen könnten. Auch die Begründung zum RegE von 1961 führte aus, daß die in den geltenden Gesetzen vorgesehenen Schranken des Urheberrechts, insbesondere zugunsten der Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch und zugunsten öffentlicher Musikaufführungen vorsahen, nicht mehr den heutigen Anschauungen entsprachen, vg. BR-Drucks. 1/62, S.30. 48

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der Werke Gewinn zu erzielen, eher eine untergeordnete Bedeutung zu. 51 In dem System der freien Marktwirtschaft schuf der Urheber jedoch auf eigenes Risiko. Er mußte von der Verwertung seines Arbeitsergebnisses leben, dessen Wert, wie bei einer anderen Ware, durch Angebot und Nachfrage bestimmt wurde. Um das geistige Schaffen nicht völlig den Regeln des Marktes zu überlassen, oblag es dem Gesetzgeber, im Interesse des Kultur- und Geisteslebens gewisse Korrekturen vorzunehmen. Unterstellt man als Aufgabe des Gesetzgebers, Ordnungsnormen für das soziale Leben zu schaffen und die bestehenden Interessenkonflikte auszugleichen, so ist es Zweck der neu zu schaffenden Normen, diese Interessenkonflikte in gerechter Weise entscheiden zu können. Aus dem Zweck der Rechtsordnung folgt damit gleichzeitig, daß es nicht zulässig sein kann, einseitig nur die Interessen des einzelnen zu wahren, sondern daß immer alle möglicherweise in Betracht kommenden Interessengruppen berücksichtigt werden müssen.52 Gerade an den Ergebnissen des geistigen Schaffens, an ihrer Benutzung und Verwertung sind eine Vielzahl von Personen und Personenkreisen interessiert. 53 Ihre unterschiedlichen Belange müssen also allesamt bei der Ausgestaltung des Urheberrechtsschutzes gegeneinander abgewogen und zum Ausgleich gebracht werden. Im Mittelpunkt des Urheberrechts steht zunächst der Urheber. 54 Aus seinem Interesse an einer wirtschaftlichen Verwertung der Werke ergibt sich die Aufgabe der Rechtsordnung, ihm den vollen Wert seines Werkes zu sichern. Der Urheber muß daher umfassende Rechte erhalten, die es ihm ermöglichen, von jedem, der sein Werk genießen will, unmittelbar oder mittelbar ein Entgelt zu erlangen. Demgegenüber ist aber zu beachten, daß die Geisteswerke den Kulturbesitz einer Nation bilden. Berücksichtigung finden müssen somit auch die Interessen der Allgemeinheit, welche fremde Geisteswerke möglichst ungehindert und am liebsten kostenlos nutzen möchte.55 Das Interesse der Allgemeinheit als mögliches „Kulturpublikum" richtet sich also darauf, daß diese im größtmöglichen Umfang zugänglich und nutzbar gemacht werden. 56 Zwischen den Urhebern und den Kulturverbrauchern stehen dann noch die professionellen „Kulturverwerter", nämlich diejenigen, welche die Werke der Allgemeinheit zugänglich machen, und die, wie alle Kaufleute, möglichst 51

Vgl. Rehbinder, Urheberrecht Rz. 62. Vgl. auch Rehbinder, Urheberrecht, Rz. 85. 53 Vgl. den Überblick bei Schack, Rz. 9 ff. sowie bei Rehbinder, Urheberrecht Rz. 62 ff. 54 Vgl. Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl. 1960, § 1 IV, S. 8. 55 Vgl. Schack, Rz.9. 56 Zur Interessenlage auf dem Gebiet des geistigen Schaffens vgl. statt aller Hubmann, Urheber· und Verlagsrecht, 2. Aufl. 1966, S.40 ff. Um in diesem Interessenstreit Klarheit zu gewinnen, habe man sich zu vergegenwärtigen, daß die Interessen der Urheber und der Allgemeinheit sich weitgehend decken. Der Urheber wolle sein Werk der Allgemeinheit darbieten, und diese wolle es genießen. Dafür verlange der Urheber lediglich ein Entgelt, weil er davon leben müsse und geistiges Schaffen ohne finanzielle Mittel nicht möglich sei. Da aber auch die Allgemeinheit ein Interesse an der Schaffung von Werken habe, dürfte gerade sie dem Urheber den Lohn für seine Leistung am wenigsten vorenthalten. 52

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billig einkaufen und teuer verkaufen möchten. Bei der Schaffung eines neuen Urheberrechts mußte der Gesetzgeber somit eine von vornherein nicht überschaubare Zahl von Interessenkonflikten zum Ausgleich bringen und zugleich künftige Entwicklungen berücksichtigen. Die gerechte Abwägung und Bewertung der unterschiedlichen Forderungen sollte sich als eine der größten Herausforderungen des neuen Urheberrechtsgesetzes herausstellen.58 Wie stark dieser Interessenkonflikt im Urheberrecht war, zeigte sich schon darin, daß bald nach Wiederaufnahme der Reformarbeiten zahlreiche Änderungswünsche von den einzelnen Interessengruppen geäußert wurden. Alle diese Vorschläge gingen jedoch nur von einem einseitigen Standpunkt aus und berücksichtigten nicht das gesamte Urheberrecht mit sämtlichen Auswirkungen. Entweder ging es nur um die Wünsche der Urheber oder aber - und das war der häufigere Fall - um die Interessen der Verwerter, zumeist der Verleger, und um die Interessen der Allgemeinheit. So läßt sich erkennen, daß das BMJ vielleicht unter dem Einfluß dieser ersten Eingaben bei Wiederaufnahme der Reformarbeiten eher einen weitgehend ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern ermöglichen wollte. Sowohl die unveröffentlichten Entwürfe aus dem Jahr 1951 als auch der RefE von 1954 berücksichtigten vorwiegend die Interessen der Allgemeinheit an einer möglichst ungehemmten und jedermann frei zugänglichen Nutzung der Geistes werke. 59 Das Interesse der Urheber an der wirtschaftlichen Verwertung seiner Werke trat demgegenüber in den Hintergrund. 60 Auch wenn die Begründung des RefE von einer weiteren Stärkung des Urheberrechtsschutzes sprach, so wurde gleichzeitig betont, „das Ausschließlichkeitsrecht des Urhebers darf sich nicht als ein Hemmnis für die kulturelle Entwicklung und den Fortschritt der Wissenschaft auswirken." 61 Die Rechte der Urheber müßten dort ihre Grenze finden, wo die kulturellen Interessen der Allgemeinheit es erfordern. Unter dem Stichwort der „Abgrenzung des Urheberrechts gegenüber den Interessen der Allgemeinheit an einem freien Zugang zu den Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst" waren dem Urheberrecht verhältnismäßig enge Grenzen gezogen.62 Rechtfertigte der RefE diese einschneidenden Schranken des Urheberrechts noch mit der sozialen Bindung des Urheberrechts, so verbarg sich hinter der vom RefE gewählten Formulierung doch genau das, was unter der Sozialbindung des Urheberrechts gerade nicht zu verstehen ist, sondern vielmehr als ihr Mißbrauch zu be57

Schack, Rz.9. Die Begründung zum RegE von 1961 bezeichnete die sachgemäße Abgrenzung der Rechte des Urhebers gegenüber denen der Allgemeinheit als ein Kernproblem der Urheberrechtsreform, die im Vordergrund der Diskussion stehe, vgl. BR-Drucks. 1/62, S.30. 59 Vgl. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl. 1966, S.25. Der 1954 veröffentlichte RefE habe eine wenig urheberfreundliche Einstellung gezeigt. 60 Auch waren in dem RefE weder die seit langem aus Urheberkreisen geforderte Urhebernachfolgevergütung noch das Folgerecht oder die Vermietgebühr zu finden. 61 Begründung zum RefE, S. 64. 62 Vgl. beispielsweise § 46 RefE, der das Vortrags- und Aufführungsrecht des Urhebers in weitreichendem Maß einschränkte. 58

46 Maracke

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zeichnen ist. Unter dem Vorwand der sozialen Bindung des Urheberrechts versuchten die Verwerter von Geistesgut, möglichst billig und auf Kosten der Urheber an die Werke heranzukommen, ohne dann diesen erstrebten Vorteil an Hörer, Leser oder Betrachter weiterzugeben.63 Außerdem entnahm der RefE den geltenden Gesetzen den Grundsatz, daß das Urheberrecht dort seine Grenze finde, wo die private Sphäre des einzelnen beginne.64 Aus den Formulierungen des § 15 Abs. 2 LUG, wonach eine Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch zulässig war, wenn sie nicht den Zweck hatte, aus dem Werk eine Einnahme zu erzielen, und § 18 KUG, der jede Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch zuließ, solange sie unentgeltlich war, folgerte der RefE, daß die Vervielfältigung für den privaten Gebrauch von der Zustimmung des Urhebers freigestellt sein müsse, um die private Sphäre des Werknutzers vor Ansprüchen des Urhebers abzuschirmen. Daher bestimmte § 47 Abs. 1 des RefE, daß jedermann einzelne Vervielfältigungsstücke eines Werkes zum persönlichen Gebrauch herstellen oder unentgeltlich für sich herstellen lassen darf. 65 Nach heftiger Kritik dieser „kulturverbraucher- und kulturverwerter-freundlichen" Haltung des RefE von Seiten der Urheber, aber vor allem auch von wissenschaftlicher Seite66, vertrat der im Anschluß veröffentlichte MinE von 1959 eine vergleichsweise urheberfreundliche Haltung.67 Im Gegensatz zum RefE fanden nun die Interessen der Urheber, insbesondere das Interesse der Beteiligung an der wirtschaftlichen Verwertung der Werke, mehr Berücksichtigung. Mit dem Folgerecht und der Vermietgebühr sprach der MinE dem Urheber zwei neue gesetzliche Vergütungsansprüche zu, auch zur Umsetzung der seit langem geforderten Urhebemachfolgevergütung wurde ein Vorschlag zur Diskussion gestellt.68 Um den Urheber an der steigenden Wertschätzung seines Werkes teilnehmen zu lassen, sah der MinE in § 31 ein neuartiges Beteiligungsrecht vor. Danach konnte der Urheber, der einem anderen ein Nutzungsrecht eingeräumt hatte, ohne sich eine angemessene Beteiligung an den Erträgnissen aus der Nutzung des Werkes vorzubehalten, eine solche Beteiligung von dem Nutzungsberechtigten verlangen, wenn die Nutzungserträgnisse unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen zwischen Urheber und Nutzungsberechtigten in einem auffälligen Mißverhältnis standen.69 63

Vgl. hierzu de Boor in UFITA Bd. 21, S. 129 (137). Begründung zum RefE, S. 148. 65 Vgl. zur Vertiefung die Ausführungen in der Begründung zum RefE, S. 148ff. 66 Vgl. Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter D. II. 2. Beispielsweise Stellungnahme de Boors zum RefE vom 26.09.1954 in Β141/2568 B1.006 ff. Dem Urheber würden so schwere Opfer auferlegt, daß der Entwurf als Ganzes gesehen in seiner gegenwärtigen Fassung nicht haltbar sei. 67 Von Gamm in JZ 1960, S. 15 (15). Der vorliegende Entwurf (erg. MinE) lasse deutlich eine allgemeine Tendenz zur Verbesserung der Rechtsstellung der Urheber erkennen. 68 Da diese Rechtsinstitute allerdings noch weiterer Klärung bedürften, sollten die Formulierungsvorschläge zunächst der Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt werden. Die Entscheidung darüber, ob und in welcher Form die Rechte verwirklicht werden könnten, werde dann von dem Ergebnis der Erörterungen abhängig gemacht, vgl. den Überblick über den MinE zur Urheberrechtsreform in Β 141/2620 B1.059 und 068. 64

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In dem Abschnitt über die Schranken der Verwertungsrechte verfolgte der MinE bei der Abgrenzung des Urheberrechts gegenüber den berechtigten Interessen der Allgemeinheit das Ziel einer stärkeren Rechtsstellung des Urhebers. 70 Beispielsweise war die Vortrags- und Aufführungsfreiheit auf die Fälle beschränkt, in denen die Veranstaltung keinem Erwerbszweck diente, für die Mitwirkung der vortragenden oder aufführenden Personen keine besondere Vergütung gezahlt wurde und die Hörer ohne Entgelt zugelassen waren (§ 49 MinE). Auch war die Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch sowie zum sonstigen eigenen Gebrauch gegenüber dem RefE eingeschränkt. Es sollten alle diejenigen Vervielfältigungen verboten sein, durch die der Kauf einer Schallplatte ersetzt werden könne. Daher war die Aufnahme von Rundfunksendungen auf Tonbänder nur noch mit der Maßgabe zulässig, daß die Tonbänder innerhalb eines Monats nach der Aufnahme wieder gelöscht wurden (§ 50 Abs. 1). Abweichend vom RefE war weiterhin vorgesehen, daß den Urhebern für eine Vervielfältigung ihrer Werke zum sonstigen eigenen Gebrauch eine angemessene Vergütung zu zahlen ist (§ 50 Abs. 2). 71 Im Anschluß an diese urheberfreundliche Ausgestaltung des MinE nannte auch der RegE von 1961 als Ziel eine Verbesserung der Rechtsstellung des Urhebers. 72 Der Vergütungsanspruch für das Vermieten von Vervielfältigungsstücken und das Folgerecht wurden, wenn auch mit einigen Änderungen, 73 beibehalten. Lediglich wenige Neuerungen sah der RegE in dem Abschnitt über die Schranken des Urheberrechts vor. 74 Gestattete der MinE die Vervielfältigungen zum sonstigen eigenen Gebrauch nur, wenn es sich um Aufsätze aus Zeitungen und Zeitschriften oder um Teile von Werken handelte, so gab der RegE solche Vervielfältigungen in drei weiteren Sonderfällen frei. Für den wissenschaftlichen Gebrauch, für Zwecke der Archivierung sowie zur Unterrichtung über Tagesereignisse sollte unter gewissen Voraussetzungen jedes Werk erlaubnisfrei vervielfältigt werden dürfen. 75 Wie der MinE sah auch der RegE für Vervielfältigungen zum sonstigen eigenen Gebrauch eine Vergütungspflicht vor, beschränkte diese jedoch auf die Fälle, in denen die Verviel69

Vgl. zur Vertiefung die Bemerkungen zum MinE, S. 91. Vgl. Überblick über den MinE zur Urheberrechtsreform in Β 141/2620 Bl. 060. 71 Vgl. zur Vertiefung den Überblick über den MinE zur Urheberrechtsreform in Β141/2620 B1.062f. 72 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S. 63. Eine wichtige Grenze für die Einschränkung des Urheberrechts bildete vor allem der von der Rechtsprechung bereits zur Auslegung des geltenden Rechts entwickelte Gedanke, daß der Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen sei, der aus seinem Werk gezogen werde. 73 Das Folgerecht sollte nach der Neufassung nicht mehr nur bei öffentlichen Versteigerungen, sondern bei allen Veräußerungen von Kunstwerken im geschäftlichen Verkehr geltend gemacht werden können. Die Beteiligung des Urhebers wurde von 3 % auf 1 % des Veräußerungserlöses herabgesetzt. Die Vermietgebühr blieb im wesentlichen unverändert, vgl. Teil 2 der Arbeit unter Α. IV. 3. 74 Zur Übersicht vgl. Schiefler in GRUR 1962, S. 338 (340). 75 Damit sollten besonders für die Wissenschaft und das Bibliothekswesen zusätzliche Erleichterungen geschaffen werden, für deren Notwendigkeit auch aus Urheber- und Verlegerkreisen Verständnis gezeigt worden sei, vgl. Schiefler in GRUR 1962, S. 338 (341). 70

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fältigung gewerblichen Zwecken des zur Vervielfältigung Befugten diente. Trotz der geringfügigen Änderungen zugunsten der Interessen der Allgemeinheit hielt der RegE damit an dem grundlegenden Bestreben, die Rechtsstellung der Urheber zu stärken, fest. Insgesamt wurden also drei verschiedene Entwürfe in der Öffentlichkeit diskutiert, bis das Gesetz in seiner endgültigen Fassung verabschiedet werden konnte. Die gegenläufige Tendenz in den jeweiligen Entwürfen und die umfangreichen Reaktionen und Kritiken auf die einzelnen Regelungen dürfte zu der erheblichen Verzögerung der Gesetzgebung beigetragen haben.76 Trotz oder vielleicht auch gerade wegen dieses langwierigen Reformwegs nach Wiederaufnahme der Arbeiten durch das BMJ konnte das UrhG von 1965 für sich in Anspruch nehmen, gegenüber den geltenden Gesetzen einen erheblichen Fortschritt in Richtung eines umfassenden Schutzes der schöpferischen Tätigkeit gemacht zu haben. Selbst wenn letztlich nicht alle berechtigten Anliegen der Urheberschaft erfüllt werden konnten, so zeigte sich doch ein deutliches Bestreben, den Erwartungen seitens der Urheber gerecht zu werden. Vergleicht man das neue Gesetz mit seinen Vorgängern aus den Jahren 1901 und 1907, läßt sich erkennen, daß der Gesetzgeber von 1965 ein der technischen Entwicklung angepaßtes, die neuen Erkenntnisse von Rechtslehre und Rechtsprechung berücksichtigendes, modernes Urheberrecht geschaffen hat, das den Rechtsschutz des Urhebers angemessen verstärkt ohne die berechtigten Interessen der Verwerter von Urheberrechtsgut und auch der Allgemeinheit außer Acht zu lassen.77 Die Neuerungen zugunsten eines verbesserten Urheberschutzes lassen sich größtenteils auf den Entwurf von 1939 zurückführen. Bereits der Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht hatte seinerzeit unter Berücksichtigung der Ergebnisse von Rechtslehre und Rechtsprechung einen gegenüber dem LUG und KUG durchaus fortschrittlichen Entwurf ausgearbeitet, der schärfer als je zuvor den Schutz von Werk und Urheber gesetzlich festzulegen versuchte.78 Die Vorzüge des Entwurfes von 1939 lagen vor allem in der erschöpfenden Beschreibung des Inhaltes des Urheberrechts in § 10, wonach das Urheberrecht den Schutz des Urhebers in seinen eigenpersönlichen Beziehungen zu dem Werk, ehemals noch als „Urheberehre" bezeichnet, und die Verwertung des Werkes in der ursprünglichen oder abgeänderten Form umfaßte. Erstmals war hier dem Urheber ganz allgemein die Verwertung seines Werkes gesetzlich gesichert, so daß auch etwaige künftige Verwertungsformen schon nach dem Wortlaut des Gesetzes dem Urheber vorbehalten waren. Neben der verbesserten Rechtsstellung der Urheber durch die umfassende Verwertungsbefugnis waren zudem die Grenzen zwischen dem Recht des Urhebers 76 Neben diesen inhaltlichen Schwierigkeiten nannte Amtsgerichtsrat Schiefler auch die zeitgleiche Belastung des RA mit der Aktienrechtsreform, die vorrangig vor der Urheberrechtsreform behandelt werden sollte, als Grund für die zeitliche Verzögerung der parlamentarischen Beratungen, vgl. Schiefler in GRUR 1962, S.338 (338). 77 Vgl. auch Kleine in JZ 1966, S. 289 (290). 78 Vgl. Hoffmann in DR in V.m. JW 1939, S. 1221 (1224).

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und den Interessen der Allgemeinheit zugunsten des Urhebers vergleichsweise eng gefaßt. Sah der Ausschuß der Akademie für Deutsches Recht die Notwendigkeit, in begrenztem Umfang eine freie Nutzung geschützter Werke zuzulassen, so versuchte er doch vielfach das Interesse der Urheber an einer wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke zu wahren. Beispielsweise gewährte der Entwurf von 1939 den Urhebern eine angemessene Entschädigung bei der Aufnahme ihrer Werke in Schul- oder Unterrichtsbücher und war damit dem UrhG von 1965 bereits einen Schritt voraus. 79 Im Anschluß an den Entwurf von 1939 bemühte sich der Gesetzgeber von 1965 bei der Ausgestaltung der urheberrechtlichen Verwertungsbefugnisse um eine Umsetzung des Grundsatzes, die wirtschaftlichen Interessen der Urheber erschöpfend zu schützen.80 Dies zeigte sich schon in der Grundkonzeption des Gesetzes. In § 15 des UrhG von 1965 war dem Urheber das ausschließliche umfassende Recht zugesprochen, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten und in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben, wobei die einzelnen Verwertungsformen nur als Beispiele genannt waren. 81 Dadurch sollten ihm auch in Zukunft alle neu entstehenden technischen Möglichkeiten der Werkverwertung vorbehalten bleiben.82 Die Schranken des Urheberrechts fanden dagegen in §§45 ff. eine abschließende Regelung. Sie zeigten gegenüber dem geltenden Recht einen vergleichsweise gelungenen Kompromiß zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der Urheber und waren vor allem einzeln aufgezählt und genau bezeichnet. Sachlich stellten die Bestimmungen der §§45 ff. gegenüber dem umfassenden Rechtsinhalt des Urheberrechts Einschränkungen und damit Ausnahmen dar. Dogmatisch entscheidend war also die Konstruktion des neuen Gesetzes, daß dem Grundsatz des ausschließlichen Rechts die Einschränkungen als Ausnahmen gegenübergestellt wurden. 83 Als solche waren sie grundsätzlich eng auszulegen.84 79 Das UrhG von 1965 wurde zunächst ohne eine Vergütungspflicht bei Nachdruck urheberrechtlich geschützter Werke in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch verabschiedet. Erst nach einer eindeutigen Aussage des BVerfG wurde diese im Zuge der Novelle von 1972 eingeführt. 80 So bezeichnete es bereits der RegE von 1962 als einen „Grundsatz des Urheberrechts, die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers so umfassend zu gestalten, daß möglichst jede Art der Nutzung seines Werkes seiner Kontrolle unterliegt" und der Urheber auf dieser Grundlage jede Werknutzung von der Zahlung einer Vergütung abhängig machen konnte, Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S.28. 81 Abgelehnt wurde ein allgemeines Verwertungsrecht des Urhebers nur im MinE von 1959. In den Bemerkungen zum MinE war ausgeführt, der Urheber könne mit einem solchen allgemeinen Verwertungsrecht auch Rechte geltend machen, die ihm das künftige Gesetz gar nicht zugestehen wolle, vgl. dazu Bemerkungen zum MinE, S. 33. 82 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S.29. 83 SchrickerlMelchiar, Vor. 45 ff. Rz. 1. 84 Vgl. auch von Gamm, §45 UrhG, Rz.4; Schrickerl Melchiar, Vor §§45 ff., Rz. 15. Eine solche einschränkende Auslegung entsprach dem Wesen der Ausnahmevorschrift „im Vergleich zur Regel, in der die ausschließliche Befugnis des Urhebers gesichert wird", vgl. RGZ 130,196

(202).

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Damit hat der Gesetzgeber bei der ihm obliegenden Interessenabwägung eine endgültige und für jede Streitigkeit in Urheberrechtssachen verbindliche Bewertung vorgenommen.85 Auszugehen ist von einem Vorrang der Urheberinteressen, nachrangig werden die Belange der Allgemeinheit, Kunst und Wissenschaft, des einzelnen Verbrauchers und der Werkvermittler zwar angemessen, aber abschließend berücksichtigt. Die jeweilige Regelung der Einschränkung des Urheberrechts in §§45 ff. UrhG legte damit den zulässigen Benutzungsumfang unter Anführung der einzelnen Verwertungsformen konkret fest. Der Ausnahmecharakter der §§45 ff. und die dadurch gebotene einschränkende Auslegung fand zudem Bestätigung in der RBÜ, die in gleicher Weise dem Urheber ausschließliche Rechte gewährte und diese wiederum im Rahmen der RBÜ nur ausnahmsweise eingeschränkt werden konnten.86 Weiterhin versuchte das UrhG von 1965 seiner Zielsetzung einer verbesserten Rechtsstellung des Urhebers dadurch zu entsprechen, daß einzelne Schranken des Urheberrechts ganz beseitigt wurden und außerdem in zahlreichen Fällen, in denen das ausschließliche Recht des Urhebers mit Rücksicht auf überwiegende Interessen der Allgemeinheit seine Grenze finden mußte, dem Urheber ein Vergütungsanspruch für die Nutzung seines Werkes gewährt wurde. Oft würden den Allgemeininteressen, so die amtliche Begründung zum RegE von 1962, nur der Verbotscharakter der urheberrechtlichen Befugnisse und nicht das wirtschaftliche Interesse des Urhebers, aus der Verwertung seines Werkes einen angemessenen Nutzen zu ziehen, widerstreiten. 87 Während die geltenden Urheberrechtsgesetze nur die beiden Möglichkeiten kannten, daß entweder dem Urheber das ausschließliche Verwertungsrecht zustand oder aber die Nutzung seines Werkes durch Dritte ganz freigegeben war 88 , sah sich der Gesetzgeber von 1965 durch die zunehmende Komplexität der modernen Industriegesellschaft veranlaßt, die Abgrenzung der Urheber- von den Allgemeininteressen differenzierter zu sehen als bisher. 89 Aus dem schon von der Rechtsprechung anerkannten Grundsatz, daß der Urheber tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen sei, der aus seinem Werk gezogen werde, folgerten die Verfasser des RegE zugleich, „daß das Urheberrecht keinen Einschränkungen unterliegen darf, die lediglich dem wirtschaftlichen Interesse einzelner Werknutzer dienen. Es muß auch vermieden werden, daß eine an sich im Allgemeininteresse gebotene Einschränkung mittelbar zu einer nicht gerechtfertigten Förderung derartiger wirt* 5Von Gamm, §45 Rz.3. 86 Schricker/Melchiar, Vor §§45 ff., Rz. 15. 87 Vgl. Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S.30. 88 Schack, Rz.430. Das deutsche Urheberrecht kannte bis 1965 nur die Alternative eines Verwertungsrechts des Urhebers oder die erlaubnisfreie Nutzung. Allein die in §22 LUG vorgesehene Zwangslizenz für Tonträger, die durch die Novelle von 1910 eingeführt worden war, entsprach nicht so ganz der Reinheit dieses Systems. 89 Vgl. Nordemann in GRUR 1979, S.280 (280).

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schaftlicher Einzelinteressen führt. In solchen Konfliktlagen erscheint es angebracht, lediglich den Verbotscharakter der betreffenden urheberrechtlichen Befugnis einzugrenzen, dem Urheber jedoch einen Anspruch auf angemessene Vergütung für die Benutzung seines Werkes zu belassen."90 Folglich wurde der Verbotsanspruch des Urhebers in einigen Fällen zu einem Vergütungsanspruch abgeschwächt, beispielsweise beim Folgerecht (§ 26), bei der Vermietgebühr (§ 27), bei Schulfunkaufnahmen (§ 47) und letztlich auch bei der Tonbandgeräteabgabe (§ 53 Abs. 5) sowie bei der privaten Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken. Scheint dieses Beteiligungssystem ohne Verbotsanspruch des Urhebers zunächst die Lösung zu einem gerechten Interessenausgleich zu sein, so dürfen allerdings nicht die Schwierigkeiten übersehen werden, die der Urheber bei der praktischen Durchsetzung der Vergütungsansprüche zu bewältigen hat. Die Tatsache, daß die Verwerter zur Benutzung der urheberrechtlich geschützten Werke von vornherein berechtigt sind und es immer erst im nachhinein darum gehen kann, welche Vergütung dafür zu entrichten sei, beläßt die Urheber und ihre Verwertungsgesellschaften nach wie vor in der schwächeren Verhandlungsposition. Über die Angemessenheit einer Vergütung kann man bekanntlich streiten. 91 Allein durch gesetzlich geregelte Vergütungsansprüche ist dem Urheber also noch nicht gedient. Trotz allem sind gesetzlich verankerte Vergütungsansprüche des Urhebers bei Verwertung seiner Werke eine unbestreitbare Notwendigkeit, um den Urheber an dem wirtschaftlichen Wert seiner Werke zu beteiligen. Daher muß sich das UrhG von 1965 auch einige Kritik gefallen lassen, wenn sich ungeachtet der insgesamt urheberfreundlichen Tendenz bei der Diskussion um die Schulbücher doch die finanziellen Interessen der Allgemeinheit und der Verwerter durchgesetzt hatten: Entgegen dem Vorschlag des RegE wurde in dem Gesetz von 1965 die Vergütungspflicht bei Aufnahme von Werkteilen oder Werken geringen Umfangs in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch gestrichen. Das berechtigte Anliegen der Urheber, für den Nachdruck ihrer erschienenen Werke in derartigen Sammlungen entschädigt zu werden, fiel dem „parlamentarischen Spiel" zum Opfer. Der Bundesrat hatte gegen die zunächst noch vom Bundestag in erster Lesung begrüßte Vergütungspflicht in § 46 des RegE Einspruch erhoben, weil Schulbücher von jeder Verteuerung ferngehalten werden müßten. Dem Hinweis, daß die Honorierung des 90

Begründung zum RegE in BR-Drucks. 1/62, S.63. Mit dem System der Vergütungsansprüche machten die Urheber also eine verhältnismäßig betrübliche Erfahrung. Als ohnehin wirtschaftlich schwächere Partei hatten sie kaum eine Chance, gegenüber den Verwertern ihrer Werke eine wirklich angemessene Vergütung durchzusetzen. Vgl. dazu Nordemann in GRUR 1979, S. 280 (282), der aus diesen Gründen eine Rückkehr zu den Verbotsrechten befürwortete, um den Urhebern dadurch die Bestimmung des Entgeltes überlassen zu können. Im Falle eines Verbotsrechts richte sich das Entgelt im wirtschaftlichen Ergebnis nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Sei der Urheber zu teuer, also seine Schöpfung den Preis nicht wert, den er fordere, so werde niemand Nutzungsrechte daran in Anspruch nehmen, was den Urheber dann wiederum veranlassen werde, seinen Preis den real gegebenen Marktchancen anzupassen. 91

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Urhebers neben dem Herausgeberhonorar eine zusätzliche vermeidbare Belastung sei, vermochte im Bundestag wohl niemand so recht zu folgen. Aber man akzeptierte schließlich den Vorschlag des Vermittlungsausschusses, die Vergütungspflicht für private Tonbandaufnahmen zu unterstützen und dafür die Vergütungspflicht für den Nachdruck geschützter Werke in Schulbüchern fallen zu lassen, um nicht die Verabschiedung des gesamten Gesetzes zu gefährden. 92 Dieses Zugeständnis an die wirtschaftlichen Interessen zeigt, wie sehr der Gesetzgeber sich doch von den einzelnen Interessengruppen beeinflussen ließ. Wäre man nicht den Forderungen der Allgemeinheit nach möglichst billigem Kulturgenuß ein Stück weit entgegengekommen, hätte sich die Verabschiedung des UrhG womöglich erneut verzögert, was wiederum zu Lasten der Urheber gegangen wäre. Hatten die Reformarbeiten schon 15 Jahre in Anspruch genommen, ging es nunmehr darum, den Urhebern noch in der laufenden Legislaturperiode endlich den lang geforderten gesetzlichen Schutz zu gewähren. Daher stand wohl weniger die sachliche Abwägung zwischen den einzelnen Interessen im Vordergrund, als vielmehr die taktische Überlegung, wie ohne weitere zeitliche Verzögerung eine Einigung in der Diskussion erreicht werden konnte. Am einfachsten schien es daher, dem Anliegen der Allgemeinheit und damit der Verwerter ein Stück weit entgegenzukommen und die Vergütungspflicht bei der Aufnahme von Werken in Sammlungen für den Kirchen-, Schul- oder Unterrichtsgebrauch als kleineres Übel gegenüber dem Vergütungsanspruch bei der privaten Tonbandaufnahme zu streichen. Wieder einmal traf der Gesetzgeber eine rechtspolitische und keine rechtsdogmatische Entscheidung. Dieses ständige Kräfteringen sämtlicher Beteiligter, das sogar in den letzten Zügen der parlamentarischen Beratungen die Verabschiedung des Gesetzes zu gefährden drohte, stellte also eines der größten praktischen Probleme dar, die die Urheberrechtsreform zu bewältigen hatte. Die Darstellung der Gesamtreform zeigt, wie von Seiten der Interessenverbände immer wieder versucht worden war, auf die Reformarbeiten im Sinne der von ihnen verfolgten Gruppeninteressen Einfluß zu nehmen. Bis zuletzt führte dies zu einer Erschwerung und Verzögerung der Arbeiten im BMJ, was sicherlich für das Anliegen der schöpferisch Tätigen nicht gerade von Vorteil war. Zu weitgehend erscheint allerdings der gegenüber dem Bundestag geäußerte Vorwurf, man habe sich mit den Vorlagen des Rechtsausschusses nur routinemäßig befaßt 93 und damit „eine große Gelegenheit versäumt, sich eindrucksvoll zu den Lebensgesetzen des zeitgenössischen Schrifttums in einer großen Kulturdebatte zu äußern, in der der geistige Stand des Parlaments sichtbar geworden wäre". 94 Der Ein92 Vgl. die ausführliche Darstellung in Teil 1 der Arbeit, 2. Kapitel unter F. II. 6 und Teil 2 der Arbeit unter Β. II. 4. Eine Vergütungspflicht für die Aufnahme von Werken in Schulbüchern kam dann erst im Zuge der Novelle von 1972. Ebenso Fromm/Nordemann, Vor § 45 Rz. 4. Der Vermittlungsausschuß habe die Vergütungspflicht bei Schulbüchern gestrichen, um die Verabschiedung des Gesetzes nicht zu gefährden. 93 Vgl. Kleine in JZ 1966, S.289 (290). 94 Dies zeige den Bildungsnotstand des Parlaments, vgl. Lüth in „Der Schriftsteller", Jahrgang 18, Heft 6.

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blick in die umfangreichen und zeitaufwendigen Beratungen der einzelnen Ausschüsse vermag anzudeuten, daß man sich innerhalb der parlamentarischen Beratungen sehr wohl intensiv mit dem Urheberrecht auseinandersetzte, auch wenn sich die Abgeordneten in den Sitzungen des Plenums des Bundestags selbst keine Wortgefechte lieferten. Zusammenfassend läßt sich also festhalten, daß das UrhG von 1965 trotz aller Schwierigkeiten dem Bestreben, die wirtschaftlichen Interessen der Urheber möglichst umfassend zu schützen, konsequent gefolgt ist. 95 Wie schon das Reichsgericht und ihm folgend der BGH in den ersten urheberrechtlichen Entscheidungen den Leitgedanken entwickelten, daß dem Urheber „überall da, wo aus dem Geisteswerk geldwerter Gewinn gezogen werden kann..., grundsätzlich die Möglichkeit gewahrt werden soll, daran teilzunehmen"96, daß der Urheber „tunlichst an dem wirtschaftlichen Nutzen zu beteiligen ist, der aus seinem Werk gezogen wird" 97 , wurde der umfassende Schutz bzw. die Vergütung des Urhebers nach dem Maß der Nutzung seiner Werke zu dem wesentlichen Leitgedanken des neuen Urheberrechts. Neben der Entstehung und Ausgestaltung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten hatte die deutsche Urheberrechtsreform gleichzeitig für die sachgemäße und angemessene Verwirklichung dieser Rechte sowohl im Interesse der Urheber als auch im Interesse der Allgemeinheit Sorge zu tragen. Das moderne Urheberrecht und die technische Entwicklung, die die Verwertungsmöglichkeiten in großem Maße hat anwachsen lassen, führten dazu, daß der einzelne Urheber nicht mehr in der Lage war, die Nutzung der Werke und die Wahrnehmung der Rechte zu überwachen. Als logische Folge bildeten sich Verwertungsgesellschaften, denen die Urheber bestimmter Werkgattungen die Wahrnehmung der ihnen zustehenden Rechte übertrugen und die ihrerseits die Gesamtheit der von ihnen wahrgenommenen Rechte, das sogenannte Repertoire, meist gegen Pauschalvergütungen nach festgelegten Tarifen den Kulturverwertern zur Verfügung stellten.98 Die Intention dieser Verwer95

Vgl. auch Schrickerl Katzenberger in GRUR 1985, S. 87 (92). Vgl. Entscheidung des RG vom 26.03.1930 in RGZ 128, S. 102 (113); Entscheidung des RG vom 14.11.1931 in RGZ 134, S. 198 (201). 97 So die spätere Formulierung, vgl. die Entscheidung des BGH vom 06.11.1953 zur Lautsprecherübertragung in BGHZ 11, S. 135 (143). 98 Vgl. dazu den Überblick bei von Gamm, Einführung Rz. 11. Zu nennen ist die erste Anstalt für musikalische Aufführungsrechte (AFMA) von 1903, die sich später mit der Genossenschaft Deutscher Tonsetzer vereinigte. 1909 folgte die Anstalt für mechanisch-musikalische Rechte GmbH (AMMRE) und 1915 die Genossenschaft zur Verwertung musikalischer Aufführungsrechte eGmbH (GEMA), die aber nicht mit der neuen GEMA identisch war. 1933 entstand dann die staatlich genehmigte Gesellschaft zur Verwertung musikalischer Urheberrechte (STAGMA), woraus 1954 die heutige GEMA hervorging. 1955 wurde eine Gesellschaft zur Verwertung der literarischen Urheberrechte gegründet (GELU), die aber keinen Bestand hatte. 1958 bildete sich dann die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) und wenig später die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL). GEMA, VG Wort und GVL haben sich dann zur gemeinsamen Wahrnehmung ihrer privaten Überspielungsrechte gegenüber den Geräteherstellern und -Importeuren in der ZPÜ, Zentralstelle für private Überspielungsrechte, zusammengeschlossen. 96

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tungsgesellschaften ging dahin, für den Bereich des Urheberrechts, in dem sie tätig waren, möglichst alle Rechte zu verwalten, weil sie diese anderenfalls nicht zweckmäßig wahrnehmen konnten. Eine solche Monopolstellung war sowohl im Interesse der Urheber als auch im Interesse der Kulturverbraucher zwar durchaus notwendig, brachte aber gleichzeitig, wie jedes andere Monopol, auch die Gefahr eines Mißbrauchs mit sich. Zeitgleich mit der Verabschiedung des UrhG von 1965 war demzufolge auch eine gesetzliche Regelung notwendig geworden", welche einer übermäßigen Ausnutzung der Machtstellung der Verwertungsgesellschaften vorbeugen und damit ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten zwischen diesen Gesellschaften und der Allgemeinheit erreichen sollte. 100 Sie erfolgte mit dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten 101, das für die Verwertungsgesellschaften eine Erlaubnispflicht (§1) und eine Aufsicht durch das Deutsche Patentamt (§ 19) einführte. 102 Schließlich sollte im Zuge der Urheberrechtsreform der Beitritt Deutschlands zur Brüsseler Fassung der Bemer Übereinkunft ermöglicht werden. Daher umfaßte die Urheberrechtsreform auch das Gesetz über die in Brüssel am 26.06.1948 beschlossene Fassung der Bemer Übereinkunft. 103 Zwei weitere Ratifikationsgesetze vollzogen den Beitritt zu dem europäischen Abkommen vom 22.06.1960 zum Schutz von Fernsehsendungen, das den Austausch von Fernsehprogrammen zwischen den Mitgliedstaaten des Europarates erleichtem sollte 104 , und die Zustimmung zum sogenannten Rom-Abkommen vom 26.10.1961, das den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgem und Sendeuntemehmen regelte 105. Diese Gesetze schufen den äußeren Rahmen für den Beitritt zu den internationalen Abkommen, die materiellen Voraussetzungen hierfür waren durch das UrhG gegeben. Damit ist neben der Modernisierung des Urheberrechts, die vorrangig den Rechtsschutz der geistigen Leistung verstärken sollte, als wichtiger Fortschritt des UrhG von 1965 die Angleichung an den internationalen Stand der Entwicklung auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte zu nennen.

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Von Gamm, Einführung Rz. 11. Vgl. auch Strauß in UFITA Bd. 22, S. 129 (145). 101 BGBl. 19651, S. 1294. 102 Vgl. von Gamm, Einführung Rz. 11. Die Verwertungsgesellschaften unterlagen gegenüber den Berechtigten einem Wahrnehmungszwang (§ 6) und gegenüber Nutzungswilligen einem Abschlußzwang (§11). Im übrigen hatten die Verwertungsgesellschaften Tarife über die beanspruchte Vergütung aufzustellen. 103 BGBl. 1965 II, S. 1213. Das Gesetz stimmte dem Beitritt Deutschlands zur Brüsseler Fassung der RBÜ zu, die bislang noch in der Romfassung von 1928 galt. 104 Vgl. BGBl. 1965 II, S. 1234. 105 Vgl. BGBl. 1965 II, S. 1243. 100

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I I I . Fortgang der Diskussion um die Stärkung der Rechtsstellung des Urhebers nach Inkrafttreten des UrhG von 1965 Nach Inkrafttreten des UrhG zeigten sich bald erneute Bemühungen, die Stellung des Urhebers weiter zu verstärken. Die Aufmerksamkeit der interessierten Öffentlichkeit richtete sich auf eine verfassungsrechtliche Überprüfung des neuen Gesetzes, insbesondere der Schranken der Verwertungsrechte zugunsten der Allgemeinheit. Dabei erklärte das BVerfG die ursprünglich nach §46 vergütungsfrei zulässige Nutzung von Werken für den Kirchen- und Schulgebrauch für unvereinbar mit der in Art. 14 GG verankerten Eigentumsgarantie. 106 Andererseits sah es die nach §47 erlaubnisfreie Aufnahme von Schulfunksendungen als verfassungsrechtlich unbedenkliche Inhaltsbestimmung der Eigentumsgarantie an. 107 Ebenso unbeanstandet blieb das vergütungsfreie Ausleihen von geschützten Werken. 108 Im Anschluß an diese ersten Entscheidungen des BVerfG wurden im Zuge der Novelle vom 10.11.1972109 die freie Nutzung in § 46 UrhG beschränkt und die Vergütungsansprüche in §§ 26, 27 verstärkt. 110 Insbesondere § 27, der bislang eine Vergütung nur bei Vermietung von Werkstücken vorsah, wurde um einen Vergütungsanspruch auch für das Verleihen erweitert. 111 Schwerpunkt der Urheberrechtsnovelle vom 24.06.1985112 war die Einführung neuer Vergütungsregeln für die private Vervielfältigung geschützter Werke. Auf unbespieltes Ton- und Bildträgermaterial, sogenannte Leermittel, konnten die Verwertungsgesellschaften künftig gegenüber deren Herstellern und Importeuren einen Vergütungsanspruch geltend machen. Dieser trat neben die nunmehr stark reduzierte Geräteabgabe des bisherigen § 53 Abs. 5. 1 1 3 Der Vergütungsanspruch der Urheber für die Herstellung privater Photokopien sollte im wesentlichen über eine nach der Kopiergeschwindigkeit gestaffelte Geräteabgabe abgegolten werden. In rechtlicher Hinsicht sind die Angleichung der Schutzfrist für Lichtbildwerke durch Streichung des § 68 UrhG, die Klarstellung der Schutzfähigkeit von Computerprogrammen, die Neuregelung der Wiedergabefreiheit in § 52 und einige verfahrensrechtliche Änderungen im WahrnG hervorzuheben, die die Wahrnehmung von Rechten durch die Verwertungsgesellschaften erleichtern sollten. Das Produktpirateriegesetz vom 07.03.1990114 sah schärfere Sanktionen für Urheberrechts Verletzungen und Aus106

BVerfGE 31, S.229 (229ff.). BVerfGE 31, S. 270. 108 Vgl. BVerfG in GRUR 1972, S.485. 109 BGBl. I,S. 2081. 110 Zur Vertiefung Möhring in RdA 1973, S. 306 (306ff.). Gleichzeitig wurden die Ansprüche aus § 27 verwertungsgesellschaftenpflichtig. 111 Vgl. Schricker/Loewenheim, §27 UrhG, Rz.4. Damit war auch die Absicht verbunden, einen Teil des Gebührenaufkommens einem Fonds zur sozialen Absicherung der Urheber in Form einer Sozial- und Altersversorgung zukommen zu lassen. 112 BGB1I, S. 1137. 113 Vgl. zur Vertiefung Nordemann in GRUR 1985, S. 837 (837). 114 BGBl. I,S. 422. 107

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kunftsansprüche vor und verlängerte zudem die Schutzfrist für ausübende Künstler in § 82 UrhG von 25 auf 50 Jahre. Durch Gesetz vom 25.07.1994115 wurden schließlich die § § 54 ff. über die Vergütungspflicht für Bild- und Tonbandaufzeichnungen sowie für Vervielfältigungen im Wege der Ablichtung ausführlicher gefaßt. Weitere wichtige Änderungen der letzten Jahre gingen vor allem auf die Umsetzung von EG-Richtlinien zurück, die in nationales Recht überführt werden mußten. So brachte das 2. UrhÄndG vom 09.06.1993116 eingehende Vorschriften in Umsetzung der Richtlinie vom 14.05.1991 über den Schutz von Computerprogrammen. Das 3. UrhÄndG vom 23.06.1995117 enthielt zahlreiche Änderungen i. s. d. Richtlinie zum Vermiet- und Verleihrecht vom 27.11.1992 sowie der Richtlinie zur Harmonisierung der Schutzdauer vom 29.10.1993. Schließlich ermöglichte das 4. UrhÄndG vom 08.05.1998118 die Umsetzung der Richtlinie über Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung vom 27.09.1993. Ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft steht bevor. 119 Abgesehen von diesen Änderungen zum Urheberrechtsgesetz fehlte in Deutschland bislang immer noch eine umfassende gesetzliche Regelung des Urhebervertragsrechts. Hatte die Bundesregierung schon bei der Verabschiedung des UrhG von 1965 erklärt, dieses Gesetz um ein Urhebervertragsgesetz ergänzen zu wollen, zog sich die Diskussion über die Reform des Urhebervertragsrechts doch über lange Jahre hin. Obschon die jeweiligen Bundesregierungen, gleich von welcher Mehrheit sie getragen wurden, ein solches Gesetzesvorhaben nachdrücklich befürworteten und auch seitens der Rechtswissenschaft die Notwendigkeit einer Reform längst bejaht wurde 120 , kam erst nach dem Regierungswechsel vom Oktober 1998 Bewegung in die Sache.121 Am 29.02.2000 führte das BMJ eine breite Anhörung der Verbände zur Novellierung des Urhebervertragsrechts durch, bei der die Beteiligten aus den unterschiedlichen Bereichen der Kultur ihre Auffassungen vortragen konnten. Unter Berücksichtigung dieser Erkenntnisse legte daraufhin die vom BMJ eingesetzte Kommission namhafter Urheberrechtler 122 am 22.05.2000 den sogenannten Profes115

BGB1.I, S. 1739. BGB1.I, S.910 (Computerrechtsnovelle). 117 BGB1.I, S. 842. 118 BGBl. I,S. 902. 119 RL 01/29/EWG vom 22.05.2001, AB1.L 167 vom 22.06.2001, S. lOff. 120 Vgl. Dietz in FS für Schricker 1995, S. 1 ff.; Nordemann, GRUR 1991, S. 1 (1 ff.); Schack, Rz. 952ff., Schricker, Vor §§ 28 UrhG, Rz. 1 ff. sowie auch Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 3. Auflage, §91, S. 389. 121 Vgl. zu den vorangegangenen „gescheiterten" Reformversuchen den Überblick bei Schack in ZUM 2001, S. 453 (453). Bereits 1977 gab das BMJ bei Ulmer ein Gutachten in Auftrag (Ulmer, Gedanken zur Weiterentwicklung des Urhebervertragsrechts in: Neuordnung des Urhebervertragsrechts?, S. 30-43), 1991 unterbreitete Nordemann einen Vorschlag zum Urhebervertragsgesetz, vgl. Nordemann in GRUR 1991, S. 1-10. 122 Beteiligt waren die Professoren Adolf Dietz, Ulrich Loewenheim, Wilhelm Nordemann und Gerhard Schricker sowie der Richter Martin Vogel. 116

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sorenentwurf vor. Dieser Vorschlag bildete im folgenden die Diskussionsgrundlage für zahlreiche Stellungnahmen und verschiedene Gespräche seitens des BMJ mit den unterschiedlichen Verbänden und Vertretern aus Wissenschaft und Praxis. Im Anschluß an die Erörterung wurde der Gesetzesvorschlag der Professoren erneut überarbeitet und schließlich als Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Stärkung, der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern" am 30.05.2001 durch das BMJ bekanntgemacht.124 Als Ziel der Reform war wiederum eine Stärkung der Rechtsstellung der Urheber und der ausübenden Künstler als der regelmäßig schwächeren Partei gegenüber den Unternehmen, denen sie die Erstverwertung ihrer Werke und Leistungen anvertrauen, genannt.125 Es sollte die „strukturell bedingte und in höchstrichterlichen Entscheidungen wiederholt festgestellte wirtschaftliche und organisatorische Unterlegenheit der Kreativen gegenüber den Primärverwertern ihrer Werke und Leistungen korrigiert werden". 126 Statt das Urhebervertragsrecht in einem eigenständigen Gesetz umfassend zu regeln, 127 beschränkte sich der Entwurf im wesentlichen 128 jedoch mit der Verankerung des gesetzlichen Anspruchs auf angemessene Vergütung (§ 32) und mit der Regelung der gemeinsamen Vergütungsregeln (§ 36) darauf, einen Ordnungsrahmen innerhalb des Urheberrechtsgesetzes zu schaffen, in dem die Parteien eigenverantwortlich zu angemessenen, auf den Gegenstand zugeschnittenen Absprachen kommen können.129 Damit wurde die Strategie verfolgt, mit minimalem gesetzgeberischem Aufwand zwei grundlegende Normen zu kombinieren, die in ihrer Verbindung ein Höchstmaß an ausgleichender Wirkung und an Handlungsfreiheit der Urheber- und Künstler- wie auch der Verwerterseite leisten konnten.130 Der Anspruch auf angemessene Vergütung nach § 32 war in dem Regierungsentwurf zunächst dogmatisch als gesetzlicher Vergütungsanspruch ausgestaltet, der aufgrund der Werknutzung zur Entstehung gelangte, unabhängig neben den vertraglichen Vergütungsansprüchen bestand und sich der Höhe nach um den Teil verrin123

In geringfügig geänderter Fassung vom 17.08.2000 in GRUR 2000, S. 765-778. http://www.bmj.bund.de/ggv/urhebver.pdf . 125 Begründung des RegE, S. 21 f. Insbesondere geht es um die Rechtsstellung des Urhebers gegenüber den Verlagen, Sendeunternehmen, Film- und Tonträgerproduzenten, Veranstalter u. a. Dementsprechend enthält der Entwurf Regelungen für Verträge zwischen Kreativen und Verwertern. 126 Vgl. BVerfGE 75, S. 108 (159). 127 Diese „große Lösung", wie sie der Gesetzgeber von 1965 vorgesehen hatte, hätte den Vorteil konzeptioneller Geschlossenheit, vgl. Schack in ZUM 2001, S.453 (455). 128 Zu den sonstigen Vorschriften, vor allem zu dem filmrechtlichen Bereich, sei auf die Begründung des RegE S. 37 ff. verwiesen. 129 Vgl. Begründung des RegE, S. 21. Die Regelungen sollen auch der unterschiedlichen Struktur der Kulturwirtschaft, so beispielsweise dem Bereich der Kleinverlage Rechnung tragen. 130 Begründung des RegE, S. 32. 124

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gerte, der nach der vertraglichen Vereinbarung bezahlt wurde. 131 Als zweite zentrale Neuerung war in § 36 vorgesehen, daß die Bestimmung der Angemessenheit von Vergütungen und damit die ausgewogene inhaltliche Regelung des besonderen Urhebervertragsrechts von Verbänden der betroffenen Künstler und ihrer primären Vertragspartner in gemeinsamen Vergütungsregeln festgelegt werden sollte. 132 Die Bestimmung beschränkte sich auf die Normierung von Vorschriften über das Verfahren der Entstehung dieser gemeinsamen Vergütungsregeln einschließlich der Regelung eines Schiedsverfahrens oder alternativ eines Schiedsstellenverfahrens für den Fall, daß Verhandlungen über gemeinsame Vergütungsregeln nicht erfolgreich abgeschlossen werden können. Trotz aller vielleicht auch berechtigter Kritik, daß der in § 32 des Regierungsentwurfes vom 31.05.2001 vorgesehene gesetzliche Vergütungsanspruch als permanenter latenter Korrekturanspruch 133 die Rechtssicherheit in unerträglichem Maße verletze und zu Rechtsstreitigkeiten geradezu einlade134, ist der Grundgedanke eines solchen unabdingbaren gesetzlichen Anspruchs des Urhebers auf angemessene Vergütung für jeden Fall der Werknutzung als konsequente Fortsetzung des schon 1965 begründeten Prinzips einer Stärkung der Rechtsstellung der Urheber zu sehen. Bereits bei den Vorarbeiten des UrhG von 1965 war wiederholt betont worden, der Urheber müsse tunlichst an jeder wirtschaftlichen Verwertung seiner Werke angemessen beteiligt werden. Mit einem hinter dem vertraglichen Vergütungsanspruch stehenden gesetzlichen Vergütungsanspruch wäre ohne Zweifel ein erheblicher Fortschritt in Richtung eines weiter verbesserten Schutzes der schöpferischen Tätigkeit in dem altbekannten Interessenstreit zwischen Urheber- und Verwerterseite getan. Daß sich dieser Vorschlag im Ergebnis nicht in vollem Umfang durchsetzen konnte, sondern dem Urheber nach § 32 der endgültigen Fassung des Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22.03.2002135 ganz allgemein für die Einräumung von Nutzungsrechten und die Erlaubnis zur Werknutzung ein Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung gewährt wird, bestätigt wiederum die Tendenz, daß der Gesetzgeber von einflußreichen Interessenverbänden mehr und mehr bedrängt wird. 136 Die Überlegung, die Pflicht zur angemessenen Vergütung an die jeweiligen Nutzungshandlungen zu 131

Damit den Urhebern sowie über § 75 Abs. 4 auch den ausübenden Künstlern tatsächlich die ihnen gebührende angemessene Vergütung zufließt, soll der Anspruch, wie alle übrigen gesetzlichen Vergütungsansprüche unverzichtbar und im voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abzutreten sein, vgl. Begründung des RegE, S. 33. Auf diese Weise werde verhindert, daß sich ein Verwerter diesen Anspruch abtreten lasse und ihn so für den Urheber entwerte. 132 Zur Vertiefung vgl. Begründung zum RegE, S. 34 ff. sowie S.48 ff. 133 Damit entstehe ein „Korrekturdruck", so die Formulierung bei Flechsig in ZUM 2000, S. 484 (490). Und genau darin liege das eigentliche Problem, daß nämlich die Gefahr streitiger Auseinandersetzungen durch in vertraglicher Hinsicht gewährte „angemessene Vergütungsoder Entgeltsansprüche" steige und jedenfalls unkontrollierbar werde. 134 Vgl. den Vorwurf bei Schack in ZUM 2001, S.453 (459). 135 BGBl. 2002, S. 1155-1158.

Teil 3: Zusammenfassung und Ausblick knüpfen, war bei Verwertern und Bundesländern auf K r i t i k gestoßen. 137 Aus dem Nebeneinander von vertraglichem und gesetzlichem Vergütungsanspruch könnten sich in der Praxis Probleme ergeben. Die neue Konzeption des § 32 orientiert sich daher stärker an den Nutzungsverträgen und sieht bei nicht angemessenen Vergütungsabreden eine Korrektur des Vertrages vor. 1 3 8 Wie sich auch schon in den Vorarbeiten zu dem UrhG von 1965 gezeigt hat, liegt es scheinbar in der Natur des Urheberrechts, eine Vielzahl nur einseitige Interessen berücksichtigende Reaktionen und Kritik geradezu heraufzubeschwören, die dann letztendlich wieder zu Lasten der Urheber gehen.

136 Anzeige seitens der Verleger in der Süddeutschen Zeitung vom 14.09.2001 gegen die geplante Reform des Urhebervertragsrechts, sowie auch Anzeige seitens des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger, des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, des Bundesverbandes Deutscher Anzeigenblätter und des Gesamtverbandes Werbeagenturen in der Süddeutschen Zeitung vom 06.11.2001. 137 So die Ausführung in der Beschlußempfehlung und dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 14/8058 S. 18. 138 Zur Vertiefung vgl. die Beschlußempfehlung und den schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, BT-Drucks. 14/8058 S. 18 ff. Weil § 32 -anders als noch der Entwurf- nicht an die tatsächliche Nutzung des Werkes anknüpft, ist in § 32 a, in Anlehnung an den ehemaligen „Bestsellerparagraphen" (§36 UrhG von 1965) eine Art Fairnessausgleich vorgesehen, der ex post ein auffälliges Mißverhältnis zwischen den Erträgen oder Vorteilen der Nutzung und der Vergüzung korrigieren soll. Das ehemals in dem UrhG von 1965 geregelte Schiedsverfahren mußte allerdings einer freiwilligen Schlichtung weichen. Zu den Auswirkungen im Filmbereich vgl. vor allem Loewenheim-Schwarz/Reber, §70 Rz. 80 ff. und Rz. 156 ff.

Kurzbiographien Baum, Alfred Geboren am 09.11.1883 in Oberschlesien, gestorben am 15.06.1967 in der Nähe von Zürich. Studium der Rechtswissenschaften zunächst in Breslau, Genf und Berlin. 1918-1927 Justitiar der Deutschen Grammophon Gesellschaft. 1933 wurde Baum, zunächst mit dem Franzosen Maitre Marcel Laurens zusammen, später allein, Rechtsberater der neu gegründeten Internationalen Vereinigung der Phonographischen Industrie, der er bis zu seiner Pensionierung 1957 diente. Im Rahmen der Brüsseler Konferenz zur Revision der Berner Übereinkunft, an der Deutschland noch nicht wieder teilnahm, diente er als Berichterstatter. Die Vorarbeiten zu dem internationalen Abkommen von Rom vom 25.10.1961 über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und Sendeunternehmen gingen auf seine Initiative zurück. Neben seiner Mitwirkung im Urheberrechtsausschuß des „Grünen Vereins", des Vereins für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, wo er 1966 Ehrenmitglied wurde, war er Mitglied der Sachverständigenkommission für Urheberrecht im BMJ, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Reform des deutschen Urheberrechts zu befassen hatte. Als Dank für die Mitarbeit erhielt Baum 1957 das Verdienstkreuz I. Klasse und 1994 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Quelle: Günther Genti, UFITA 1967, S.4-6; Heinz Kleine, GRUR 1967, S.389

Boor, Hans Otto de Geboren am 09.09.1886 in Schleswig als Sohn eines Dr. phil. und geheimen Archivrates, gestorben am 10.02.1956 in Göttingen. Seine streng wissenschaftlich und pädagogisch geprägte Laufbahn begann de Boor 1916 als Privatdozent in Greifswald, wo er sich auch habilitierte und zwar mit einer urheberrechtlichen Arbeit, die 1917 unter dem Titel „Urheberrecht und Verlagsrecht" erschien. Lehrbeauftragt in Göttingen (1917) kam er 1921 als Ordinarius nach Frankfurt. 1934 versetzte ihn die nationalsozialistische Regierung vorübergehend nach Marburg. 1935 folgte er einem Ruf nach Leipzig und kehrte 1950 nach Göttingen zurück. Seit dem 01.04.1955 war er emeritiert, vertrat sich aber bis zur Berufung seines Nachfolgers noch selbst. Bereits in den Jahren 1934 bis 1940 wirkte er als Mitglied des Ausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Akademie für Deutsches Recht an den Arbeiten zu einem neuen deutschen Urheberrechtsgesetz mit. Das Bundesjustizministerium berief ihn schließlich in die Sachverständigenkommission für Urheberrecht. Neben der weiteren urheberrechtlichen Schrift „Vom Wesen des Urheberrechts" aus dem Jahr 1933, welche zugleich eine kritische Betrachtung des 1932 durch das Reichsjustizministeriums veröffentlichen Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes darstellte, sind vor allem die Veröffentlichungen aus dem Bereich des Zivilprozeßrechts „Die Entscheidung nach Lage der Akten" (1924), „Zur Reform des Zivilprozesses" (1938) und „Zur Lehre vom Parteiwechsel und Parteibegriff" (1941) sowie die Schrift über die „Kollision der Forderungsrechte" (1928) aus dem Gebiet des bürgerlichen Rechts zu nennen.

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Quellen: Fritz von Hippel, JZ 1956, S. 380-381, Karl Michaelis, NJW 1956, S. 501, Bénigne Mentha, GRUR 1956, S. 243-244, Werner Schubert, Akademie für Deutsches Recht 1933-1945, Protokolle der Ausschüsse, Band IX, Einleitung, S.XL und S.XLVII.

Bußmann, Kurt Geboren 1894, gestorben am 18.10.1970 in München. Nach Staatsexamen und Doktorpromotion zunächst Eintritt in die Anwaltssozietät der Professoren Dr. Martin Wassermann und Dr. Waither Fischer, deren Senior er nach dem Tod von Dr. Fischer im Jahr 1954 wurde. 1934 habilitierte er sich an der Hamburger Universität, 1941 wurde er zum Dozenten, 1949 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Bußmann in der Hauptversammlung am 03.02.1950 in den Gesamtvorstand der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht berufen. Am 24.05.1951 wählte ihn der Fachausschuß für Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht zu seinem Vorsitzenden. Nach dem Tod von Eduard Reimer, der nach dem zweiten Weltkrieg die Herausgabe der „Grünen Zeitschrift" übernommen hatte, wurde Bußmann gemeinsam mit Eugen Ulmer mit der Herausgabe und Schriftleitung dieser Zeitschrift beauftragt. Bußmann übernahm die Leitung des Aufsatzteils der Inlandsausgabe. Daneben war Bußmann lange Jahre Vorstandsmitglied der Deutschen Landesgruppe der Internationalen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz (AIPPI) und der Internationalen Vereinigung für Literatur und Kunst (ALAI). Außerdem war er Mitglied der im Bundesjustizministerium gebildeten Sachverständigenkommission für Urheberrecht. In Anerkennung seiner Verdienste um den gewerblichen Rechtsschutz und das Urheberrecht wurde er 1964 vom Bundespräsidenten mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Am 29.09.1967 verlieh ihm die Deutsche Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht auf der Hauptversammlung in Stuttgart die Ehrenmitgliedschaft. Quelle: Ludwi% Heydt, GRUR 1970, S. 537-538.

Erffa, Margarete Freiin von Geboren am 03.11.1899 in Meiningen als Tochter des Offiziers Hans Friedrich Gustav Hartmann Freiherr von Erffa und seiner Frau in zweiter Ehe Luise Julie Marie Jenny Freiin von Egloffstein, gestorben am 13.04.1964 in Berlin. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften und Promotion war sie als Rechtsanwältin und Notarin in Berlin tätig. Quelle: Auskunft des Dr. Peter von Erffa, wofür Verfasserin an dieser Stelle herzlich dankt.

Haertel, Kurt Geboren am 26.09.1910, gestorben am 30.03.2000. Studium der Rechtswissenschaften in Berlin. Am Kammergericht legte er 1933 und 1937 seine juristischen Staatsprüfungen ab, nachdem er in der Zwischenzeit zum Dr. jur. promoviert hatte. Im Anschluß war Haertel zunächst als Rechtsanwalt und Syndikus in der Wirtschaft tätig. Nach Bildung der ersten Bundesregierung wurde Haertel am 21.09.1949 als Oberregierungsrat Leiter des Referats „Gewerblicher Rechtsschutz" im Bundesjustizministerium. Am 19.01.1951 wurde er als einer der Jüngsten zum Ministerialrat ernannt und blieb als solcher über zehn Jahre für den gewerblichen Rechtsschutz und später auch für das Urheberrecht verantwortlich. Während dieser Zeit nahm Haertel an zahlreichen diplomatischen Konferenzen und multilateralen Verhandlungen teil, u. a. an der Konferenz von Paris 1952 zum Welturheberrechtsbakommen, von Nizza 1957 zur 47 Maracke

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Revision des Madrider Markenabkommens, von Lissabon 1958 zur Revision der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums und auch von Stockholm 1967 zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum. Ab dem 01.09.1961 übernahm er als Ministerialdirigent die Leitung der Zentralabteilung des Bundesjustizministeriums, wodurch ihm auch die Dienstaufsicht über das Deutsche Patentamt oblag. Vom 01.05.1963 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand am 31.12.1975 war er Präsident des Deutschen Patentamts. Daneben war er Vorsitzender des Fachbeirats und Kuratoriums des Max-Planck-Institutes für internationales und ausländisches Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht. Für seine Verdienste verlieh ihm die Universität Lausanne und die Technische Universität München die Ehrendoktorwürde. Außerdem wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland sowie mit dem Bayerischen Verdienstorden geehrt. Quelle: Friedrich-Karl Beier, GRURInt. 1985, S. 577-579; Albrecht Krieger, Kurt Haertel: Ein Leben für den Schutz des geistigen Eigentums in: Friedrich-Karl Beier/Gerhard Schricker (Hrsg.), Gewerblicher Rechtsschutz in Deutschland und Europa, Festschrift für Kurt Haertel zum 80. Geburtstag, GRURInt. 1990, S. 653-806 (S. 654-662); Albrecht Krieger, GRUR 2000, S. 457-458. Kühnemann, Herbert Geboren im Juni 1899, gestorben am 12.12.1962 in München. 1924 Gerichtsassessor, 1930 Landgerichtsrat am Landgericht Berlin II. Im Jahr 1932 als Referent für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in das Reichsjustizministerium berufen. Nach schweren Jahren in russischer Gefangenschaft stellte sich Dr. h. c. Kühnemann trotz geschwächter Gesundheit der Justiz wieder zur Verfügung. Zunächst Leiter der Dienststelle Berlin des Deutschen Patentamtes, nach dem Tod Professor Reimers übernahm Kühnemann dessen Amt als Präsident des Deutschen Patentamtes in München. Quelle: Robert Ellscheid, GRUR 1963, S. 1, Werner Schubert, Akademie für Deutsches Recht 1933-1945, Protokolle der Ausschüsse, Band IX, S.L. Krüger-Nieland, Gerda Geboren am 22.06.1910 in Bremen, gestorben am 21.09.2000 in Karlsruhe-Durlach. Studium der Rechtswissenschaften und Promotion mit Auszeichnung. Während des Krieges verschiedene Anwaltsvertretungen, nach Ende des Krieges Eröffnung einer eigenen Anwaltskanzlei in Hamburg mit dem Tätigkeitsbereich Urheber- und Verlagsrecht. Nach der Heirat mit dem Schauspieler, Regisseur und späteren Intendanten Detlof Krüger folgte 1951 die Berufung an den Bundesgerichtshof. Auch nach der Pensionierung war sie noch als Gutachterin und Schiedsrichterin tätig. Quelle: Manfred Rehbinder, UFITA Bd. 2000/1, S.5-6. Reimer, Eduard Geboren 1897 in Berlin, gestorben am 05.06.1957 in Nizza. Zunächst anwaltliche Tätigkeit als Sozius von Hermann Isay, nach Ende des zweiten Weltkrieges Oberamtsrichter beim Amtsgericht in Blankenburg. Unmittelbar nach Wiedereröffnung der Universität Berlin wurde Reimer ein Lehrauftrag für das Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes erteilt und ihm der Titel des Honorarprofessor verliehen. Mit ganzer Überzeugungskraft setzte sich Reimer für die Er-

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richtung des Deutschen Patentamtes in München ein, dessen Leitung er übernahm. Die internationale Bedeutung Reimers wird gekennzeichnet durch seine Mitgliedschaft im Präsidium des Sachverständigen-Ausschusses des Europarates, durch seine Berufung als Leiter der Fachgruppe Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht der Gesellschaft für Rechtsvergleichung und durch seine Eigenschaft als Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Patent-, Marken- und Urheberrecht bei der Universität München, die ihn 1949 zum Honorarprofessor ernannte. Als Vorstandsmitglied der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht war Reimer zugleich Herausgeber der „Grünen Zeitschrift". Quelle: Robert Ellscheid, GRUR 1957, S. 245-246. Schneider, Gerhard Geboren im November 1903, genaues Todesdatum nicht bekannt. 1933 zunächst als Gerichtsassessor, ab dem 01.07.1937 als Amtsgerichtsrat tätig. Ab dem 01.10.1937 Landgerichtsrat. Nach dem Aufbau des Bundesjustizministeriums ab 1957 dort Regierungsdirektor, ab 1966 Ministerialrat. Strauß, Walter Geboren am 15.06.1900 in Berlin als Sohn des Internisten Hermann Strauß, gestorben am 01.01.1976 in Unterwössen/Oberbayern. Strauß studierte zunächst Rechtswissenschaften, Geschichte und Volkswirtschaft in Freiburg, Heidelberg, München und Berlin. Erste juristische Staatsprüfung und Promotion zu einem verfassungsrechtlichen Thema 1924 in Heidelberg, zweites Staatsexamen 1928. Danach Hilfsreferent im Reichswirtschaftsministerium. 1935 aufgrund der NS-Rassengesetzgebung als „Halbjude" - der Vater wurde 1942 deportiert und ist 1944 im KZ Theresienstadt umgekommen - zwangsweise in den Ruhestand versetzt. 1935 bis 1943 folgten wechselnde Beschäftigungen als Wirtschaftsberater und freier Mitarbeiter in Anwaltskanzleien, 1943 bis 1945 zweijährige Tätigkeit als Rüstungsarbeiter in einer Fabrik, 1945 und 1946 als Lazarett- und Krankenhausleiter. 1946 bis 1947 war Strauß Staatssekretär im hessischen Staatsministerium, 1947 bis 1949 Mitglied des Direktoriums des Süddeutschen Länderrates und verschiedener Verwaltungsräte der Zweizonen Verwaltung. Gleichzeitig Mitglied im parlamentarischen Rat von September 1948 bis Mai 1949.1949 bis 1963 Staatssekretär im Bundesministerium der Justiz. Im Zusammenhang mit der sog. Spiegel-Affäre wurde er im November 1962 in den Wartestand versetzt. Weitgehend rehabilitiert kehrte er kurzzeitig auf seinen Posten im Bundesjustizministerium zurück, wurde dann aber in den Jahren 1963 bis 1970 Richter am EuGH in Luxemburg. Wahl zu Kammerpräsidenten für die Zeit von 1967 bis 1968. 1970 trat Strauß in den Ruhestand. Vor 1933 keine politische Betätigung, 1945 Mitbegründer der CDU Berlin. Quellen: Martin Schumacher, Volksvertretung im Wiederaufbau 1946-1961, Bundestagskandidaten und Mitglieder der westzonalen Vorparlamente, Düsseldorf 2000; Munzinger Archiv für publizistische Arbeit, CD-ROM-Ausgabe (Version 3.11.2; 1992-1994); Robert Ellscheid, GRUR 1976, S. 111-112. Ulmer, Eugen Geboren am 26.06.1903 in Stuttgart als Sohn des Verlegers Dr. h. c. Richard Ulmer und seiner Ehefrau Elisabeth (geborene Hedinger), gestorben am 26.04.1988 in Heidelbeig. Nach dem Abitur am Karls-Gymnasium in Stuttgart und einem Studium der Rechtswissenschaften in Tü47*

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hingen und Berlin promovierte Ulmer 1926 bei Philipp Heck in Tübingen mit einer handelsrechtlichen Untersuchung über das Thema „Die direkte Anweisung im modernen Zahlungsverkehr, insbesondere das Dokumentenakkreditiv". Im Anschluß wurde er Assistent bei Martin Wolff in Berlin und habilitierte sich 1929 bei Philipp Heck in Tübingen mit einer Schrift über „Warenzeichen und unlauterer Wettbewerb". Bereits mit 26 Jahren wurde er Ordinarius in Rostock und folgte ein Jahr später einem Ruf an die Universität Heidelberg, die für 25 Jahre zum Mittelpunkt seines akademischen und wissenschaftlichen Wirkens wurde. Neben dem Handelsrecht, dem Wettbewerbsrecht, dem Wertpapierrecht und dem Familienrecht bemühte sich Ulmer insbesondere um das Urheberrecht. 1951 erschien sein Lehrbuch des „Urheber- und Verlagsrechts" mit Folgeauflagen in den Jahren 1960 und 1980. Mit diesem Werk, mit der Teilnahme Ulmers an der Diplomatischen Konferenz zur Schaffung des Welturheberrechtsabkommens in Genf und der Berufung nach München im Jahre 1955, wo er zunächst Mitvorstand des Instituts für Rechtsvergleichung wurde und 1957 die Leitung des Instituts für ausländisches und internationales Patent-, Marken- und Urheberrecht übernahm, begann der bedeutsame urheberrechtliche Abschnitt in der wissenschaftlichen Karriere Ulmers. 1965 berief ihn die MaxPlanck-Gesellschaft zum Direktor des neu errichteten Max-Planck-Institutes für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrechts. Als Vertreter der Bundesrepublik bei allen internationalen Urheberrechtskonferenzen seit 1951, als ständiges Mitglied im Regierungsausschuß des Welturheberrechtsabkommens und im Comité permanent der Berner Union sowie als ständiges Mitglied zahlreicher in- und ausländischer Sachverständigengremien und nicht zuletzt als Vorsitzender des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht wurde Eugen Ulmer zur beherrschenden Figur des deutschen und internationalen Urheberrechts. Hervorzuheben ist insbesondere seine Mitwirkung und sein maßgeblicher Einfluß in der 1951 im Bundesjustizministerium anläßlich der Urheberrechtsreform gebildeten Sachverständigenkommission für Urheberrecht. Quellen: Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Patent-, Urheber- und Wettbewerbsrecht (Hrsg.), Eugen Ulmer zum Gedächtnis, Weinheim 1989; Friedrich-Karl Beier, Widmung, in: Friedrich-Karl Beier/Wotfgang Fikentscher/Rudolph Krasser/Gerhard Schricker, (Hrsg.), Rechtsvergleichung, Interessenausgleich und Rechtsfortbildung, Festschrift für Eugen Ulmer zum 70. Geburtstag, GRURInt. 1973, S. 207-532 (S. 211-212); Heinrich Hubmann, FuR 1983, S. 334-336; Gerda Krüger-Nieland, UFITA 1983, S. VII-XI; Friedrich-Karl Beier, JZ 1988 (S. 706-707), Werner Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Protokolle der Ausschüsse 1933-1945, Band III, 3, S. 81-82.

Archivalische Quellen Bundesarchiv Koblenz (Bestand Bundesjustizministerium (B 141))1 Zitierweise: Zitiert wird die Kennzahl des Bundesjustizministeriums, die Nummer der Akte und die gedruckte Ziffer der jeweiligen Blätter. Sofern keine gedruckte Seitenzählung vorhanden ist, bezieht sich die Angabe auf die handschriftliche Numerierung. 2536-2540 2543 2544 2545 2546 2547 2548 2549 2550 2551-2552 2553 2562 2563 2564 2565 2566

2567-2580 2581-2584

Eingaben und Anfragen (01.06.1950-31.12.1960) Urheberrechtsreform Allgemeines (21.10.1949-31.12.1951) Urheberrechtsreform Allgemeines (01.01.1952-30.11.1952) Urheberrechtsreform Allgemeines (01.12.1952-29.02.1953) Urheberrechtsreform Allgemeines (01.03.1953-14.01.1954) Urheberrechtsreform Allgemeines (15.01.1954-30.06.1954) Urheberrechtsreform Allgemeines (01.07.1954-15.09.1954) Urheberrechtsreform Allgemeines (16.09.1954-10.10.1955) Urheberrechtsreform Allgemeines (11.10.1955-31.10.1960) Unveröffentlichte Entwürfe der Sachverständigenkommission ( 1951 ) Formulierungen/Änderungsvorschläge/Vermerke Stellungnahmen zu den von der Sachverständigenkommission ausgearbeiteten Entwürfen von 1951 Vermerke des BMJ ( 1952-1954) Vermerke des BMJ (1958-1961) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (06.05.1954-21.09.1954) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (22.09.1954-11.10.1954), insbesondere Protokoll der Sitzung des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 28.-30.09.1954 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes ( 12.10.1954 - 31.12.1955) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Einladungen und Niederschriften der Sitzun-

1 Die Akten Β 141/2536 bis Β 141/2653 sind auf Mikrofiches verfilmt, die Akten Β141/16464 bis Β141/16488 sind nur im Original einsehbar. Lücken in der Aufzählung beruhen darauf, daß es sich insoweit um nicht relevantes Material handelt oder die Akten kassabel sind, d. h. vom Bundesarchiv als nicht aufbewahrungswürdig bewertet wurden. Fast alle Akten des Bundesjustizministeriums enthalten Inhaltsverzeichnisse und eine durchlaufende gedruckte Seitenzählung.

742

Archivalische Quellen

2605-2606 2607

gen mit Vertretern von Ministerien und Interessenverbänden (13.01.1955-22.06.1955) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Aktenvermerke für die Sitzungen mit Interessenverbänden ( 13.01.1955 - 22.06.1955) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Vermerk über Sitzung mit prominenten Urhebern am 24.10.1955 und Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 25.-27.10.1955 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (27.11.1954-26.07.1955) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (01.01.1956- 31.12.1956) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Bericht über Sitzung mit prominenten Urhebern am 12.06.1956 und Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission am 13./14.06.1956 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (02.01.1957- 31.08.1959) Filmrecht (11.10.1950-13.09.1952) Photographieschutz (26.11.1951-20.06.1953)

2608-2610 2611 2612 2613-2614 2615-2617

Rundfunkrecht (26.10.1951-31.01.1953) Einschränkungen des Musikaufführungsrechts (10.11.1951-15.07.1954) Erlaubte Entnahmen für Schulbücher (11.01.1951-01.03.1956) Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch (21.02.1950-15.08.1956) Verwandte Schutzrechte (01.10.1950-30.06.1954)

2618-2619

Frage der Einführung einer Kulturabgabe für die Wiedergabe gemeinfreier Werke, Domaine public payant (23.09.1950-30.04.1954) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (08.05.1959-04.10.1960) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (28.06.1960-25.07.1960), insbesondere Protokoll über Arbeitssitzungen des Fachausschusses der Deutschen Vereinigung für Gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht vom 07.-11.06.1960 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (08.05.1959-31.10.1960) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Niederschriften der Sitzungen mit Vertretern von Ministerien und Interessenverbänden (06.09.1960-21.10.1960) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (01.11.1960- 31.01.1961) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Niederschrift der Sitzung mit den Landesjustizverwaltungen am 17.-19.01.1961 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Vermerk über Besprechung mit prominenten Urhebern am 30.01.1961

2585

2586-2587

2588-2592 2593-2598 2599-2600

2601-2604

2620-2632 2633

2637 2638-2639

2640-2644 2645

2646

Archivalische Quellen 2647

2648 2649

2650-2651 2652

2653 16464 16465

16466-16467 16468

16469-16482 16483 16484 16487-16488

Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes, insbesondere Niederschrift über Sitzung der Sachverständigenkommission vom 30.0,1.1961-03.02.1961 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (03.03.1961 - 20.03.1961 ) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (06.03.1961-25.04.1961), insbesondere auch Niederschrift über die Sitzung des Interministeriellen Ausschusses für Verfassungsfragen am 20.02.1961 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (25.04.1961 - 30.06.1961 ) Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (02.07.1961-30.09.1961), insbesondere auch Niederschrift der Sitzung mit Landesjustizverwaltungen am 21.06.1961 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (01.10.1961 -16.11.1962) Materialien zum Regierungsentwurf (November 1961 - Januar 1962) Materialien zum Regierungsentwurf, insbesondere auch BR-Drucks. 1/1/62, Empfehlungen der Ausschüsse des BR (Rechtsausschuß, Ausschuß für Kulturfragen, Wirtschaftsausschuß) für die 240. Sitzung des BR am 02.02.1962 Materialien zum Regierungsentwurf Materialien zum Regierungsentwurf, insbesondere auch Vermerk zur Beschlußfassung des Kabinetts über die Gegenäußerungen der Bundesregierung zu den Stellungnahmen des Bundesrates zu dem Entwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom 13.03.1962 Stellungnahmen und Schriftwechsel zum Regierungsentwurf (Februar 1962 bis Juni 1965) Materialien zum Regierungsentwurf, insbesondere auch Vermerk zur Sitzung des Vermittlungsausschusses am 24.06.1965 Eingaben und Anfragen zum Urheberrechtsgesetz von 09.09.1965 Material und Schriftwechsel zum Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes (Oktober 1954 - März 1955), u. a. auch Stellungnahmen der Landesjustizverwaltungen

Parlamentsarchiv Bonn 2 Zitierweise: Nummer

Zitiert wird das Parlamentsarchiv Bonn, der jeweilige Band sowie die laufende

Band Al Durchgang im BR und 1. Beratung im BT, Behandlung im 8. und 16. Ausschuß lfd. Nr. 1-28 Band A 2 Behandlung im 12. Ausschuß bis zur Verkündung des Gesetzes lfd. Nr. 29-65 2

Die Unterlagen sind nur im Original einsehbar. Sie enthalten eine Inhaltsübersicht.

744

Archivalische Quellen

Band A3 Anlagen zu Band A 1 und A 2 lfd. Nr. 1-8 Band A4 Anlagen zu Band A 2 lfd. Nr. 9-18 Band Β1 Sonstiges Material Gutachten, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge von Anstalten des öffentlichen Rechts, Verbänden und Vereinigungen; Eingaben von Einzelpersonen; alphabetisch geordnet A - 0 lfd. Nr. 1-51 Band Β 2 Sonstiges Material Gutachten, Stellungnahmen und Änderungsvorschläge von Anstalten des öffentlichen Rechts, Verbänden und Vereinigungen; Eingaben von Einzelpersonen; alphabetisch geordnet P-Z lfd. Nr. 52-93

Archiv des Bundesrates Zitierweise: Nummer

Zitiert wird das Archiv des Bundesrates, das Geschäftszeichen und die jeweilige

Gesch. Z.: R 2651 -Nr.R 11/62 Niederschrift über die Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 16. Januar 1962 Gesch. Ζ. : Κ 0131 (51 ) - Nr. 2/62 Niederschrift über die 51. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 22. Januar 1962 Gesch.Z.: R 0055 -Nr.R 17/62 Niederschrift über 245. Sitzung des Rechtsausschusses (2. Sitzungstag) am 24. Januar 1962 Gesch. Z.: Wi 1063 Nr. 7/62 Niederschrift über die 202. Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates am 25. Januar 1962 Gesch. Ζ. : Κ 0131 (68) - Nr. 13/65 Niederschrift über 68. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 21.05.1965 Gesch. Z. : R 0055 - Nr. R 65/65 Niederschrift über Sitzung des Unterausschusses des Rechtsausschusses am 26.05.1965 Gesch. Z. : R 0055 - Nr. R 68/65 Niederschrift über 294. Sitzung des Rechtsausschusses am 02.06.1965

Archivalische Quellen Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (Bestand des Reichsjustizministeriums) R 3001/6559, Blatt 64 Durchsicht des Deutschen Urheberrechts

(Oktober 1932 -Januar 1934)

Schreiben des Reichsministers der Justiz vom 12.07.1933

Entwürfe und parlamentarische Quellen Entwürfe Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932: Entwurf eines Gesetzes über das Urheberrecht an Werken der Literatur, der Kunst und der Photographie mit Begründung. Veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, Berlin 1932 Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1934: Entwurf des Reichsjustizministeriums zum einem Urheberrechtsgesetz vom 22.01.1934, in: Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 534-555; mit Begründung auch bei Rehbinder in UFITA 2000 (Bd. 2000/III), S. 743-914. Als maschinenschriftliches Exemplar ist dieser Entwurf auch in der Bibliothek des Bundesjustizministeriums in Bonn unter der Signatur J52/5 (Blatt 2631-2919) zu finden. Entwurf des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht von 1939: Die Neugestaltung des deutschen Urheberrechts, Vorschläge des Fachausschusses für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht, Berlin/München 1939, auch bei Schubert, Akademie für Deutsches Recht, Bd. IX, S. 589-607 Referentenentwurf von 1954: Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes aus dem Jahr 1954, in: Referentenentwürfe zur Urheberrechtsreform. Veröffentlicht durch das Bundesjustizministerium, Bonn 1954 Ministerialentwurf von 1959: Ministerialentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) aus dem Jahr 1959, in: Entwürfe des Bundesjustizministeriums zur Urheberrechtsreform (Ministerialentwürfe), Bonn 1959

Parlamentarische Quellen chronologisch geordnet: Regierungsentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 15.12.1961/23.03.1962: Von der Bundesregierung beschlossener Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) mit Begründung vom 15.12.1961, in: BR-Drucks. 1/62 und auch in BT-Drucks. IV/270 nebst Stellungnahme des Bundesrates vom 02.02.1962 (Anlage 2) und Auffassung der Bundesregierung zu der Stellungnahme des Bundesrates (Anlage 3), in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Anlagen zu den stenographischen Berichten, Band 77, Drucksachen IV/181 bis IV/299, Bonn 1962 Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates für die 240. Sitzung am 02.02.1962 betreffend Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 25.01.1962, in BR-Drucks. 1/1/62

Entwürfe und parlamentarische Quellen

747

Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen zu der 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 betreffend Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 30.01.1962, in BR-Drucks. 112162 Antrag des Landes Schleswig-Holstein zu der 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962 betreffend Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 01.02.1962, in BR-Drucks. 1/2/62 Stenographischer Bericht über 240. Sitzung des Bundesrates am 02.02.1962, in: Verhandlungen des Bundesrates 1962, Stenographische Berichte (von der 240. Sitzung am 02.02.1962 bis zur 252. Sitzung am 21.12.1962), S.2 Β bis 11 B, Bonn 1962 Stenographischer Bericht über 100. Sitzung des Bundestages am 06.12.1963, in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Band 5 (von der 98. Sitzung am 04.12.1963 bis zur 120. Sitzung am 06.03.1964), S.4625 A bis 4695C Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses des Bundestags (12. Ausschuß) über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz): Zusammenstellung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) mit den Beschlüssen des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) und Bericht des Abgeordneten Dr. Reischl, BT-Drucks. IV/3401, zu IV/3401, in: Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Anlagen zu den stenographischen Berichten, Band 98, Drucksachen IV/3301 bis IV/3430, Bonn 1965 Stenographischer Bericht über 187. Sitzung des Bundestages am 25.05.1965, in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Band 59 (von der 187. Sitzung am 25.05.1965 bis zur 198. Sitzung am 23.07.1965), S.9377 A bis 9452C Annahme des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte aufgrund des Schriftlichen Berichts des Rechtsausschusses durch den Deutschen Bundestag, in BR-Drucks. 291/65 Empfehlungen der Ausschüsse des Bundesrates für die 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965 betreffend Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 03.06.1956, in BR-Drucks. 291/1/65 Antrag des Landes Rheinland-Pfalz für die 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965 betreffend Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte vom 11.06.1965, in BRDrucks. 291/2/65 Stenographischer Bericht über 284. Sitzung des Bundesrates am 11.06.1965, in Verhandlungen des Bundesrates 1965, Stenographische Berichte (von der 278. Sitzung am 12.02.1965 bis zur 290. Sitzung am 17.12.1965), S. 151Β bis 153 D, Bonn 1965 Antrag des Bundesrates, den Vermittlungsausschuß nach Art. 77 Abs. 2 GG aus den in der Anlage angegeben Gründen einzuberufen, BT-Drucks. IV/3536, in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Anlagen zu den stenographischen Berichten, Band 99, Drucksachen IV/3431 bis IV/3580, Bonn 1965 Mündlicher Bericht des Ausschusses nach Art. 77 GG (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz), BT-Drucks. IV/3706, in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Anlagen zu den stenographischen Berichten, Band 100, Drucksachen IV/3581 bis IV/3799, Bonn 1965

748

Entwürfe und parlamentarische Quellen

Stenographischer Bericht über 196. Sitzung des Bundestages am 02.07.1965, in Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 4. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Band 59 (von der 187. Sitzung am 25.05.1965 bis zur 198. Sitzung am 23.07.1965), S.9987 A bis 10053C Stenographischer Bericht über 285. Sitzung des Bundesrates am 09.07.1965, in Verhandlungen des Bundesrates 1965, Stenographische Berichte (von der 278. Sitzung am 12.02.1965 bis zur 290. Sitzung am 17.12.1965), S. 166B-167B, Bonn 1965

Stellungnahmen der Interessenverbände zur Urheberrechtsreform Akademie der Wissenschaften und der Literatur : Stellungnahme zu dem Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom 15.11.1954 in Β 141/2570 Bl. 032-040 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland: Memorandum zur Urheberrechtsreform vom 20.12.1952 in Β 141/2608 Bl. 135-162 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland: Resolution zur Urheberrechtsreform vom 14.09.1954 in Β141/2565 Bl.295 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland: Stellungnahme zu den Referentenentwürfen des Bundesjustizministeriums in Β141/2572 Bl.051-100 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland: Stellungnahme zu § 59 des Referentenentwurfes eines Urheberrechtsgesetzes vom 04.12.1954 in Β 141/2571 Bl. 061-073 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten: Stellungnahme zu den Ministerialentwürfen zur Urheberrechtsreform vom 20.05.1960 in Β 141/2629 Bl. 016-041 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten: Stellungnahme zu den Entwürfen eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) - Bundestagsdrucksache IV/270, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 19, Ziff. 2. Bärenreiter-Verlag Kassel: Schreiben betreffend § 21 Ziff. 3 LUG zum Schulliederbuch vom 11.01.1951 in Β 141/2612 B1.005 Börsenverein Deutscher Verleger- und Buchhändler-Verbände e.V.: Denkschrift des Börsenvereins zur Urheberrechtsreform vom 01.12.1954 in Β 141/2571 Bl.010-054 Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V.: Stellungnahme des Börsenvereins zu den Ministerialentwürfen zur Urheberrechtsreform vom 25.05.1960 in Β 141/2629 Bl. 078-124 Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V.: Stellungnahme zum Regierungsentwurf eines Urheberrechtsgesetzes in Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe 18. Jahrgang, Sonderdruck Nr.30 vom 13.04.1962, S.681-682 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.: Stellungnahme zu den Referentenentwürfen zur Urheberrechtsreform in Β 141/2573 Bl. 024-033 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.: Stellungnahme zur Urheberrechtsreform, insbesondere Fragen der Ausgestaltung des Filmrechts in §§93-98 des MinE vom 29.09.1960 Bl. 049-052 Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V.: Stellungnahme zum Ministerialentwurf eines Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 14.06.1960 in Β 141/2630 Bl. 054-059

750

Stellungnahmen der Interessenverbände zur Urheberrechtsreform

Deutscher Bühnenverein: Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 12.11.1954, in Β 141/2570 Bl. 013-018 Deutscher Bühnenverein: Stellungnahme zu den Ministerialentwürfen zur Urheberrechtsreform 1959 in Β 141/2635 Bl. 112-132, auch in Β 141/2633 Bl. 007-026 Deutscher Gewerkschaftsbund: Bl. 005-022

Stellungnahme zum neuen Urheberrechtsgesetz in Β141/2579

Deutscher Industrie- und Handelstag: Stellungnahme zu dem Referentenentwurf zur Urheberrechtsreform vom 29.11.1954 in Β 141/2588 Bl. 069-072 Deutscher Industrie- und Handelstag: Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom 05.07.1960 in Β 141/2633 Bl. 051-064 Deutscher Komponisten-Verband e.V.: Beschluss des Vorstandes des Deutschen KomponistenVerbandes zu den durch das Bundesjustizministerium veröffentlichten Referentenentwürfen zur Urheberrechtsreform vom November 1954 in Β 141/2570 Bl. 113-126 Deutscher Komponisten-Verband e.V.: Stellungnahme des Deutschen Komponisten-Verbandes zur Frage des Melodie-Schutzes sowie Entschliessung des Deutschen Komponisten-Verbandes zu den Regierungsentwürfen vom 20.07.1962, ParlA Bonn, A3, lfd. Nr.7, Ziff.6 Deutscher Leihbuchhändler-Verband e.V.: Stellungnahme zu den Entwürfen des Bundesjustizministeriums zur Urheberrechtsreform vom 15.06.1960 in Β 141/2630 Bl. 069-081 Deutscher Musikverleger-Verband e.V.: Stellungnahme zu den vom Bundesjustizministerium veröffentlichten Referentenentwürfen zur Urheberrechtsreform vom Dezember 1954 in Β 141/2572 BL 166-180 (Rückseite) Deutscher Musikverleger-Verband e.V.: Stellungnahme zu den Entwürfen des Bundesjustizministeriums zur Urheberrechts-Reform (Ministerialentwürfe) vom Mai 1961 in Β 141/2630 Bl. 083-114 Deutscher Musikverleger-Verband e.V.: Stellungnahme der Musikverleger vom 16.04.1963 zur Regierungsvorlage eines Urheberrechtsgesetzes, ParlA Bonn, A4, lfd. Nr. 14 Deutscher Schriftsteller-Verband e.V.: Kritische Betrachtung zum Referentenentwurf eines Urheberrechts-Gesetzes vom 03.12.1954, in Β 141/2572 Bl. 038-045 Fachverband Deutscher Auktionatoren: Stellungnahme des Fachverbandes Deutscher Auktionatoren für das Bundesgebiet und Berlin e.V., vertreten durch den 1. Stellv. Vorsitzenden Kunstversteigerer Paul B. Masurat, zur Frage der Gewährung eines Urheberanteils („droit de suite") im Urheberrechtsgesetz in Β 141/2573 Bl. 178 Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte und mechanische Vervielfältigungsrechte: Denkschrift zur Urheberrechtsreform, verfaßt von Dr. Erich Schulze in Β 141/2626 Bl. 067-107 Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte und mechanische Vervielfältigungsrechte: Stellungnahme der GEMA zur beabsichtigten Urheberrechtsreform in GEMA-Nachrichten Nr. 54 1962 (Juni), S. 4-9. Gesellschaft für Musikforschung: Β 141/2565 Bl. 132-133. Hochschulverband: Bl. 135-140

Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 06.08.1954, in

Stellungnahme zum Referentenentwurf vom 13.10.1954, in Β 141/2568

Stellungnahmen der Interessenverbände zur Urheberrechtsreform Internationale Richard Strauss-Gesellschaft e.V.: Stellungnahme zu den Referentenentwürfen zur Urheberrechtsreform vom November 1954 in Β 141/2569 Bl. 215-244 Nordwestdeutscher Rundfunk: Entwurf einer Stellungnahme des Rundfunks zum neuen Urheberrechtsgesetz vom 06.10.1952 in Β 141/2608 Bl. 106-133 Schutzverband Deutscher Schriftsteller e.V.: Denkschrift über eine Änderung des Urheberrechtes vom 07.03.1949 in Β 141/2618 Bl. 048-050 Schutzverband Deutscher Schriftsteller e.V.: Stellungnahme zu den neuen Entwürfen zur Urheberrechtsreform vom 20.03.1960 in Β 141/2625 Bl. 115-133 Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.: Stellungnahme zu dem Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom Dezember 1954 in Β141/2572 Bl. 142-156 Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.: Ergänzung der Stellungnahme zu dem Referentenentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom Juni 1955 in Β 141/2576 Bl. 117-126 Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.: Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom März 1960 in Β 141/2625 Bl. 034-054 Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.: Ergänzende Stellungnahme zu den Ministerialentwürfen zur Urheberrechtsreform vom 26.11.1960 in Β 141/2640 Bl. 196-206 Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V.: Stellungnahme zu dem Regierungsentwurf eines Urheberrechtsgesetzes vom März 1965, ParlA Bonn, Β 1, lfd. Nr. 18 und lfd. Nr. 19 Stuttgarter Kunstkabinett: Bl. 135-147

Stellungnahme zu §41 des MinE vom 17.12.1959 in Β 141/2623

Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten e.V.: Schreiben betreffend die Referentenentwürfe zur Urheberrechtsreform vom 09.11.1954 in Β 141/2569 Bl. 214 Verband Deutscher Filmautoren: „Die Filmautoren und der Referentenentwurf", Schreiben vom 12.01.1955 in Β 141/2573 Bl. 076-087 Verband Deutscher Filmautoren: Stellungnahme zum Ministerialentwurf zur Urheberrechtsreform vom 18.03.1960 in Β 141/2625 Bl. 107-114

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Sachregister Abtretung 591,599,605 Akademie für Deutsches Recht 42, 44-47, 54, 61,122,124, 275 f„ 301 f., 326 f., 388,390,397,402,407,414,440, 468,506,532, 548,595,598,649, 711, 724 f. Änderungen, Schutz gegen Änderungen 26,29,36,38, 86,269f., 271-273,314, 648 Anerkennung der Urheberschaft 63,106, 160,275,277,281 f., 287,290,591 Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten 117,172f., 228-230,513,520,523 Arbeitsverhältnis, Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen 195-197,202, 229,619-621,622f. Aufführung, öffentliche Aufführung 32, 91 f., 93,111,135,148,183,200,293 f., 297,299-323,438-464,470,473, 502f., 504f.. 506 f., 642, 647 Aufführungsrecht 26, 32,38,105,107, 231, 293 f., 297-323,438-464,505, 515,551,608,658, Auskunftspflicht der Kunsthändler 339, 358-360 Ausstellungsrecht 199, 311, 314f., 318, 320f., 710 Ausübender Künstler, s, a. verwandte Schutzrechte 33,36,38,41,74,83, 100,110f„ 122,130,135 f., 141,148 f., 156 f., 165,169,172f., 176,180,183, 189, 205 f., 230,237 f., 294, 305, 321, 395 f., 440,648,657,669,673,680,691, 707,716f„ 718,730,732f. Baum, Alfred 57,90,93,127, 338, 667 Bearbeitung 37,62,105,176,225,231, 274,278,293,298,303-305,308 f., 314,

316,318-323,541,643,648,652f., 665, 673 f., 693,706,716,718 Berner Übereinkunft 24,50,212,271, 295,393 f., 414 f., 502,530,541,545, 549,593,642,652,730 Bestsellerparagraph 18,621-639,712 Beteiligungsanspruch des Urhebers bei außerordentlichem Gewinn 160f., 169,174 f., 178,180f., 182,184, 195,201 f., 207,210f„ 212,214, 216-218,222-224,233,236,239,245, 251,256,610,612,621-639,704 Betriebsfeier 446f., 449f., 452 Bibliothek 48,115,131,146,190,223, 240, 246,482f., 488f. Bibliothekstantieme, s. a. Leihbücherei 163,168,256,367-385 Bild- und Tonträger 69,74,83 f., 86 - Aufnahme / Wiedergabe mittels Bildund Tonträger 163,184,200,202,229, 241,247,293,399,416,418,422f., 450, 487 f., 491 f., 444,497,500,711 - Vermietung von Bild- und Tonträgern 130,385 Bild, Recht am eigenen Bild 33 f., 41,133 Boor, Hans Otto de 56-58,96,125,135 f., 285, 291, 328,417,447,478, 515,538, 667, 676 Börsenverein des Deutschen Buchhandels 124 f., 169-171,222f., 239f„ 283,333, 346, 366, 369,374, 380,427,489,567, 613, 629 Brief, Schutz von Briefen 33f.,41,97, 111,133,165,289,717 Brüsseler Revision der Berner Übereinkunft 50, 58,142, 212,272, 295-298, 388, 394, 398 f., 402f., 414,440f., 445, 450, 507f., 512f., 532,543, 549,553, 569, 652f., 730

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Sachregister

Bühnenwerk 75,293,297, 321,512,608, 684 Bundesgerichtshof (Stellungnahmen) 82-84,134 f., 182 f., 280,283,288,310, 318 f., 333, 358 f., 367, 383,450,481, 604, 608, 615, 635, 663, 678, 715, 729 Bundesministerien - Bundesarbeitsministerium 178, 373, 569 - Bundeswirtschaftsministerium 130, 219f., 478 - Bundesinnenministerium 130, 178, 283 f., 288,311,368,419,478,513,566, 569,610 - Bundespostministerium 178 Bundesministerium der Justiz, - Arbeitsentwürfe 97-100, - Besprechungen 146-152, 185-193, 348 f., 350, 369 f., 375-377,456-458, 471-475,481 f., 489-491,508 f., 517 f., 560f., 571 f., 620, 682-686, 698-700 Bundesrat, - Sitzungen 217-219,263 f., 266, 353 f., 381,425,590, 625 f. - Ausschüsse 19,209-217,259-262, 352-354, 357 f., 424f., 431-435,494f., 499f., 460f., 522, 546, 582-584, 623-625, 705, 707 Bundesregierung 219-222,351-354,425, 461,495 Bundestag, - Lesungen im Bundestag 232-234, 257f., 265, 357,434, 542, 545f., 714 - Ausschüsse 20,234-257,354-357, 426-431, 461, 495-498, 523-526, 542-545, 585-590, 628-634, 705-707, 716,719 Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. 123, 478, 700 f. Cutter (Filmcutter) 661, 671 Denkmalschutz 534 Deutscher Autorenverband 54 Deutscher Bühnenverein 115, 168, 537, 540, 567, 614, 697 Deutscher Gewerkschaftsbund 123

Deutscher Industrie- und Handelstag 123, 478, 614f., 697 Deutscher Komponisten-Verband e.V. 120f., 228 409, 536, 540, 629 Deutscher Leihbuchhändler-Verband e.V. 168, 374-376 Deutscher Musikverleger-Verband e.V. 119f., 168, 225f., 323,412,452,480f., 566 f. Deutscher Schriftsteller-Verband e.V. 115,451,536, 609f. Diktiergerät 256f., 262,498 Domaine public payant, s. a. Urhebernachfolgevergütung 73, 82, 113, 142f., 147, 164, 172, 538f., 546-590 Droit de suite, s. a. Folgerecht 27, 36,46, 54, 64f., 82, 84, 112f., 144, 147f., 151, 155,167, 323-360, 610 Droit moral 26,79, 105 f., 111, 160, 174, 185,271-291,409,512,524,593 f., 674, 682, 690, 693, 695, 697, 700, 702 Dualistische Theorie des Urheberrechts 49, 269, 271,279 Eigener Gebrauch, - Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch 30,40, 69f., 83f., 89f., 91, 93, 99, 108 f., 120, 163,196,464-500, 722 - Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch 171, 186f., 202f., 243f., 464-500, 723 Eigentum, - Sacheigentum 124,129,153,155,435, 462 f., 534,537 f., 540-544,557,595 f., 713 - geistiges Eigentum 49,120,124,129, 153,181,268, 284,453, 526, 533-538, 540,544f., 568, 713 Entstellung, - Schutz des Urhebers 36, 63, 68, 106, 160, 271, 277, 280-290, 314, 549, 552, 690f., 693, 695, 697, 700 - Schutz des ausübenden Künstlers 111, 173 - Schutz bei Herstellung eines Filmwerkes 174,177,208,659,664 f., 668,672, 682, 693, 695-697, 700, 705

Sachregister Éphémère Aufnahme zu Sendezwecken 297,418,423,429 Erffa, Margarete Freiin von 57 f., 126, 174,183,310,331,374,417f.,447,449, 483,515,520,567,608,613,676f., 696 Erscheinen der Werke 32,36,39,63,403, 413,415,421,438,501,509f., 525,710 Erschöpfung des Verbreitungsrechts 184, 360-364, 371, 374, 377, 383, 385 Ewiges Urheberrecht 136, 147,155,170, 184 f., 237,242,250,535-542,558,562 Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in der Akademie für Deutsches Recht von 1939 44-47 Fachausschuß für Urheber- und Verlagsrecht der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht 143-146, 183-185,455, 482, 489, 521, 541, 561 f., 617 f., 680 Filmberichterstattung 59, 161 f., 395-400 Filmhersteller 37f., 45, 67 f., 82, 99f., 112, 118f., 130,132 f., 139,145,149f., 166f., 173,180,185,188,207f., 230f., 243, 639, 649-651, 657-708, 717f. Filmindustrie 35, 172, 207 f., 230-232, 243, 648, 660, 689, 691, 695, 700 Filmmusik 36,38,98,112,149,645,648, 651, 656, 657f., 662, 666, 670, 673, 685 f., 702 Filmregisseur, s. a. Regisseur 140, 231 Filmuntemehmer, Inhaber des Filmunternehmens 25, 29, 35, 37, 45, 112, 128, 139, 177, 505, 646f., 648 f., 653, 662, 666-671, 675-682, 696 Filmurheber, Urheberrecht am Filmwerk 35, 37f., 45, 62, 67, 80, 83, 98, 105 f., 112,124,139,149,166,173,188,231 f., 639, 643-708, 717f. Filmwerk 29, 35 f., 45, 54, 62, 67f., 72, 80f., 83, 98f., 105, l l l f . , 117f., 126, 132, 145, 158, 166, 173, 176, 185, 188, 207f., 533, 601, 615, 642-645, 647-649, 652f., 656, 717f.

Folgerecht, s. a. droit de suite 27, 36,46, 54, 64f., 82, 84, 112f 144, 155, 158, 161,167,170,177,179,181 f., 184,187, 192, 194, 200f., 210f., 214f., 218,221, 240, 249, 251 f., 254, 256, 260, 274, 323-360, 568, 710, 713, 722f., 727 Fotokopie 69f., 90-93, 108, 120, 125, 145, 171,466-476,481-491, 731 Freie Benutzung 30f., 200, 225, 238, 245 f., 249, 251, 256, 303 f., 308f., 310f., 317f., 322, 390,404, 715 Funksendung, Rundfunksendung 32, 42, 74, llOf., 117, 124, 125f., 129, 135, 144, 148 f., 165, 172, 180, 200, 206, 228-230, 247, 251, 295f., 312f., 320-322,441,459,481,488 f., 490,492, 497, 505f., 510-519, 663, 674f., 691, 711,723 Geistiges Eigentum, s. Eigentum Gemeinfreie Werke 129, 132, 528, 534, 540, 546, 550, 552, 556, 558, 561-565 Geräteabgabe 184,186,219,247 f., 256 f., 258, 262,473-500, 715, 727, 731 Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte und mechanische Vervielfältigungsrechte 58, 227f., 242, 313, 474,484, 521, 523, 526, 551, 568, 574-576, 585 f., 602, 696 Gesellschaft für Musikforschung 114, 416 f. Gesetz betreffend Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und Photographie (1907) 18,23 Gesetz betreffend Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst (1901) 18, 23 Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern 17, 637, 733-735 Gesetz zur Verlängerung der Schutzfristen (1934) 18,43, 47, 530-532, 715f. Gesetzgebungskompetenz des Bundes 51, 180, 193, 209f., 213f., 222, 233, 260, 569 f., 577, 580, 582-584 Gesetzliche Lizenz 30, 94, 109f., 148, 155,164,172,177,226 f., 242,247,501, 504-526, 650, 654

766

Sachregister

Gesetzliches Nutzungsrecht 99,117,120, 125,127,133,144,164,177,203 f., 510-526 - gesetzliches Nutzungsrecht zur Funksendung, s. a. Funksendung 117,120, 124,125 f., 129,133,135,144,148f., 164,172,177,191,203 f., 226,229,251, 510f., 513-525 - gesetzliches Nutzungsrecht zur Herstellung von Tonträgem, s. a. Tonträger 120,125,133,164,177,203f.,247,251, 510-525 Gewandelte Überzeugung 86,99,202, 422,602,606-608,612,672,704,712 Gottesdienst, öffentliche Wiedergabe von Werken beim Gottesdienst 444,448, 451,456 Herausgeber 39,67,601 Hersteller von Tonträgern 72, 89f., 97, 100,109 f., 120,165,176,184,189, 203 f., 206, 236f., 247, 256,258,474, 490,494,497-500,501-526,679,716f„ 730 Hochschulverband 114 f., 479 Ideelle Interessen des Urhebers 26,28,79, 269, 271, 273, 279, 290, 691 Inhalt des Urheberrechts 26,28,38,45, 49, 63,79, 82, 85,98,105,159,199, 268-385,591,724 Interministerieller Ausschuß für Verfassungsfragen 197,576 f. Internationale Richard Strauss Gesellschaft 121 f., 311,479,536,608 f. Kameramann 208,663,679,705 Kirche, s.a. Gottesdienst 86,149f. Kirchengebrauch, s. a. Sammlungen von Werken für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch Komponist 31, 36,71, 80f., 82,118f., 138f., 163,169,176,228, 249, 294f., 302,323, 328,330,404-410,438,440, 448,451,502,504,515,526,551,574f., 580, 650f., 657f., 661-663, 666,673, 685 f. Kopie, s. a. Fotokopie 70, 310, 595, 695

Kopierabgabe, s. a. Geräteabgabe Kulturabgabe 73,113,124,128,132, 142 f., 147,153f„ 155,164,169,174, 538-542, 547, 550-569,576 Kultusminister, Ständige Konferenz der Kultusminister 180-182,347,617 Kündigungsrecht 29,596 Künftige Werke, Verträge betreffend künftige Werke 29,161,591 f., 595 f., 601, 606,610,611

Landesjustizverwaltungen 130-134, 178-180,192f., 347,572,577f„ 617 Laufbilder 97,100,199,208,694,705 Lautsprecher 27, 33,48,94,110,206, 293,295-297,300, 304.307 f., 505 Leerkassettenabgabe 500 Leihbücherei, Leihbibliothek 51 f., 129, 163,168,256, 367-385 Lichtbilder 42,74,97,100,199,205,230, 399,470, 541, 643f., 703, 705,716f., 731 Lizenz 106,242,598,604f., 621, s. a. gesetzliche Lizenz, Zwangslizenz Magnetophon 122,468 Mäzenatentum 623,719 Melodienschutz 160,168,182,200,225, 227f., 235, 238 f., 245, 249, 251, 256, 309, 311, 314, 317f., 319-323,404f., 714f. Mikrokopie 69f., 83,90f., 109,186,466, 469,471 f., 486,489,493 Ministerialentwurf (1959) 19,158-198, 268 f., 314-317,343f„ 372f„ 389,392, 394, 399,404,408 f., 421-423,458 f., 487f., 518 f., 539, 564-566, 611 f., 689-691,722 f. Miturheber 63,72,238,245,531,533, 657 Monistische Theorie des Urheberrechts 49, 80, 269 Namensnennung, Recht des Urhebers auf Namensnennung 36,38,648 Nutzungsrecht 116,160,166,201 f., 229, 245,281, 288, 313, 510, 663, 670,695

Sachregister - Einräumung von Nutzungsrechten 98 f., 106,249,565,604-623,633 f., 637 f., 689,700,703,704,712,734 - einfache und ausschließliche Nutzungsrechte 98 f., 116,172,604-623 öffentliche Plätze, Wege und Straßen 71, 401,404 öffentliche Wiedergabe 33,200,206 f., 258,293,295f., 300, 307, 312f., 315, 320,438-464, 539,711 Öffentlichkeit, Begriff der Öffentlichkeit 316 Original 27,46,64,160,167,273 f., 278, 298, 310, 315f„ 324-328, 331,340, 345, 351 f., 358 f., 385,595,642,647, 652,710 Persönlicher Gebrauch, Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch 48 f., 69 f., 108 f., 134,145,162f., 170f„ 182,184, 185f 192,194f., 196,202 f„ 211 f., 215-217, 224, 233, 243f., 246f„ 249, 255,464-500,715,722f. Persönlichkeitsrecht 49,142 Persönlichkeitsrechtliche Interessen des Urhebers, s. a, Urheberpersönlichkeitsrecht 26,39,79,268-291,422, 592-596 Privatentwürfe zu einem neuen Urheberrechtsgesetz (Goldbaum/Wolf, Elster, Hofmann, Marwitz) 24,276,548 Privater Gebrauch 92,108 f., 223,715, 722 Propagandaministerium der Reichskulturkammer 43,61 Quellenangabe 401-404,414 Rechtsausschuß des Bundestags 19 f., 234, 255-257, 395,404,410,498,500, 525,544,589,633 f. - schriftlicher Bericht 20,257,357,410, 430f., 461,498, 525, 544f., 634,707 - Unterausschuß „Urheberrecht" 20, 234-248, 252, 323, 354, 355 f., 378f., 409,426-430,461,495 f., 523-525, 542 f., 585-588, 629-633,705-707

Rechtsnachfolge 41,72,80,160,268, 528,608,611,621,670,672 Rechtsverletzung 34f., 42,74 f., 86f., 100,292,466 Referentenentwurf (1954) 19,104-157, 281 f., 304-309,332,364 f., 389,391 f„ 399,403 f., 408,415 f., 445-447, 475-477,511-513, 535f.,555, 604-607, 668-672,721 f. Regierungsentwurf (1965) 199-209,290, 319-322, 351 f., 377 f., 389,392, 395, 399 f., 404,409,423,459,492f„ 522, 528,541,579-581,621-623,703-705, 713-715,719,723f.,726f. Regisseur 130,641,648,662,671 f., 674 f., 682 Reichsjustizministerium - Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1932 23-35,54,273 f., 282, 298-300,325-328,363 f., 388,390,396, 402,406 f., 413,438f„ 467 f., 504-506, 530,548,593-595,597 f., 644-646,711 - Fassung mit Änderungen von 1933 35 f., 274, 301,328,531,548,648 - Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1934 36-42,274,301,328,364, 388, 390, 396,407,413, 531.548,649 Reichskulturkammer 43,61 Reichswirtschaftsrat 35 Richtlinien der EU 385,590,708,732 Rom-Abkommen (Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen) 205,730 Rückrufsrecht 36,40,77. 648,659, 664, 676,695,712 - wegen Nichtausübung 98 f., 202,601, 606,619,621, 670, 672, 675, 682,692, 704 - wegen gewandelter Überzeugung 99, 202,606 f., 612,672,682,704 Rundfunk 23,33, 37, 85, 88,102,117, 148,191,204,228-230,293 f., 295-308. 321.505-526,673,698,711,716 Rundfunkanstalten 117,172,191, 228-230, 295 f., 505-526 Rundfunkwiedergabe 24,200.321,441

768

Sachregister

Sachverständige, Stellungnahmen und Anhörung einzelner Sachverständiger 125-129,238-243,250f., 323,338,342, 350, 355, 370, 377, 379,409,427-429, 495-498, 515, 523-525, 542, 545, 585, 629, 660, 682-686, 688 f., 696, 706 Sachverständigenkommission des Bundesjustizministeriums 53,57-89, - Berliner Entwurf (März 1951) 60-76, 276-278, 302-304, 330, 388, 391, 399, 403,407,415, 443f., 470, 508, 532f., 551 f., 600-602, 656-660 - Rengsdorfer Entwurf (September 1951) 84-87, 280f., 304, 330, 388, 391,399,403 f., 407,415,444,470,508, 532f., 552, 602, 664f. - Beratungen 154-157, 193-196, 337-339, 350f., 370f., 377,455f., 486f., 491 f., 518, 538f., 541, 553f., 562, 575f., 610f., 617-619, 664, 686-688, 702 f. Sammelwerke 29, 67,417, 598, 601 Sammlungen von Werken für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch 31, 107,161, 211 f., 215, 218, 221 f., 225, 236,240 f., 249 f., 260,264 f., 410-437, 714,727f., 731 Schallplatte, Schallplattenindustrie 31, 93 f., 109f., 148, 162, 172, 195, 204, 227, 294, 320f., 373, 377, 474f., 481, 483f., 487,490f., 498, 501, 504f., 508f., 515, 517f., 520, 522-526, 673, 694,716, 723 Schranken des Urheberrechts, - inhaltliche Schranken des Urheberrechts 30,40, 69f., 99, 107-110, 161, 167,170f., 192, 202, 210, 320, 372, 385-526, 713, 723, 725 f., 731 - zeitliche Schranken des Urheberrechts, s. a. Schutzfrist Schulfunksendungen 107, 114, 161, 215, 218, 222-224, 259f., 262f., 264f., 416-437, 500,714, 731 Schulgebrauch, s. a. Sammlungen von Werken für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch Schutz gegen Entstellung, s. a. Entstellung

Schutzfrist 32f., 35,40f., 43, 47, 59, 72, 122, 129, 159, 164, 185, 204, 227, 234, 237,242 f. 246 f., 251 f., 253,257 f., 261, 526-546,557,560,564,569,580,585 f., 588f., 660, 715 f., 731 f. Schutzgegenstand des Urheberrechts 19, 291 Schutzverband Deutscher Schriftsteller e.V. 51, 102, 171, 223-225, 317, 369, 373,550, 567f., 574, 612f. Senderecht 26f.,38,48,85,109,148,231, 273, 293-296, 302, 304, 306, 316, 321, 509, 515, 518f., 652, 665, 672f., 711 Sendeunternehmen 107, 109f., 164f., 172, 189, 204, 229f., 296, 520, 674f., 716 f., 730 Sendung, s. a. Funksendung Soziale Bindung des Urheberrechts 120, 210, 324, 386,453 f., 457, 540, 713, 721 f. Spitzenorganisation der Filmwirtschaft 55,117f., 173,230-232, 311,654,672, 674, 691-694, 701 f., 706 Strauß, Walter 136, 151 f., 175, 191,194, 217f., 339, 563,625 Stuttgarter Kunstkabinett 167, 344 Tantieme 129, 224f., 454, 556 Tonbandaufnahme 70, 90-92, 108 f., 218f., 223, 227, 236f., 241 f., 247, 251, 253, 256f., 258, 261 f., 263 f., 264f., 426 f., 432,473,484f., 489,491, 494-500,715,728,732 Tonbandgerät, s. a. Tonbandaufnahme 48, 70,90-92,108 f., 218 f., 223,241 f., 247, 470,715 Tonträger, s. a. Bild- und Tonträger Tonträgerhersteller, s. a. Hersteller von Tonträgem Übersetzung 270,293,673,718 Übertragbarkeit des Urheberrechts 28,45, 65, 83, 106, 201, 591-596, 600, 602, 604, 607, 608f., 611, 621, 711 Übertragung der Nutzungsrechte 28, 36, 40, 65 f., 67, 106, 112, 116, 171,222, 591-596,599,648,659,664,671 f., 678, 682, 689,712

Sachregister Ulmer, Eugen 52,57,78-81,90,92,128, 139,143 f., 149 f., 153,183,188, 243-247, 278f., 312f., 332, 338, 350, 483,517,521,543,588,602,618f., 632, 661-691, 702 Unterrichtsgebrauch, s.a. Sammlungen von Werken für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch Urheberanteil 26f., 36, 39, 64f., 112f., 147f., 201, 274, 326f., 332, 340f., 344f., 350f., 354f., 358-360, 368 Urheberfonds 165,170, 185, 204f., 339, 373,565-587,719 Urhebemachfolgevergütung, s. a. domaine public payant 158,164f., 168f., 170, 174, 175 f., 178 f., 182,185, 189f., 192f., 197f., 204f., 210, 213, 216,218, 223-225, 233f., 242f., 246f., 251 f., 253 f., 257,539, 541 f., 543 f., 546-590, 719,722 Urheberpersönlichkeitsrecht 24, 26, 28, 35, 39,45,49, 83, 160, 199, 268-291, 312, 331, 368, 591-596, 604, 652, 673, 685, 697f., 705-709 Urheberrechtstheorien 49,269,271 Urhebervertragsgesetz 156, 188,611, 613, 637, 684, 699, 711,732-734 Verband Deutscher Bühnenschriftsteller und Bühnenkomponisten e.V. 58 f., 118 Verband Deutscher Filmautoren 118 f., 674-676, 694-696, 698, 700 Verband Deutscher Filmproduzenten 56, 654 Verband Deutscher Lesezirkel 375 Verbreitungsrecht 26, 38,71, 163, 184, 199, 210, 230, 299, 303 f., 306, 310, 314-316,318,320f., 360f., 363 f., 365, 371,377,383,385,501,602,608,650f., 652f., 658, 670, 676, 700 Verein Deutscher Bibliothekare 375 Vererbung, Vererbbarkeit 534, 605, 621 Verfilmungsrecht 160, 199f., 208, 230f., 303, 311, 314-316, 318, 320, 653, 670, 684,692,694,698,700,702f., 704,718 Vergütung 117,408 f. 49 Maracke

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- bei Aufnahme von Werken in Sammlungen für Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch 161, 181, 211 f., 215, 217f., 221, 225, 236, 240, 249, 259f., 264,416-437,714,727 f., 731 - bei gewerbsmäßiger Vermietung 146 f., 163,171,184,187,194,200f.,223,253, 256, 287, 360-385,710, 723, 731 - bei Vervielfältigung zum gewerblichen Gebrauch 48, 145, 146,482f., 486, 488 f., 490f. - bei Vervielfältigung zum sonstigen eigenen Gebrauch 163, 171, 186, 203, 493-500, 723 f. - bei Vervielfältigung zum persönlichen Gebrauch 184,186, 194f., 202f., 211 f., 215 f., 217 f., 219-221, 223 f., 227 f., 233, 236, 241 f., 246 f., 249, 255-258, 261-266,490-500, 715, 728, 731 - bei Vorträgen und Aufführungen im Rahmen kirchlicher Veranstaltungen 162,456 f., 461-464 - des ausübenden Künstlers 36,38,157, 165, 176, 183, 205f., 648 - bei Herstellung bzw. Vorführung eines Filmwerkes 67, 650, 658, 663, 665, 670, 673 Vermietung 51,116,130,146f., 155,163, 168,171,179,184,187,192,194,200f., 223, 235, 240, 253, 256, 287, 289, 360-385,711,731 Vermittlungsausschuß 20, 220, 261 f., 264, 266,431-435,461 f., 499 f., 728 Vermögensrechtliche Interessen 28, 291-323, 360, 424 Veröffentlichung 46,63,68,72,117,277, 280 f., 283,290,509,513,529-531,535, 552, 659 f., 664, 672, 691, 710, 717 Veröffentlichungsrecht 26, 63, 106, 199, 275-277, 281 f., 283, 285 f., 288-290 Vervielfältigung - zum eigenen Gebrauch 30,40, 69, 83, 90f., 93, 99, 108f., 196,465-472,482, 722 - zum persönlichen Gebrauch 48, 69 f., 145, 162,170, 182, 184-186, 192,194,

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Sachregister

196,202 f., 211 f., 215 f., 218,233,244, 246 f., 255,464-500,715,722f. - zum sonstigen eigenen Gebrauch 171, 186,202 f., 244,464-500,723 f. - zum gewerblichen Gebrauch 146, 476 f., 481 f., 490, 724 Vervielfältigungsrecht 26, 38,71,114, 199,207,230,285, 292f., 297f., 305, 313,315,318,320f., 608,651,653,658, 670,675 f., 700 Verwandte Schutzrechte 97,100,110f„ 115,126,141,144,152,157 f., 165,172, 180,205-207,257,716,719,729,730 Verwertungsgesellschaften 144,164,220, 244, 248, 360, 371,456,461,480,494, 509,517 f., 519-526, 573, 585 f., 727, 729-730,731 Verwertungsrecht 35, 38,40,45,63 f., 69-72,79f., 85,98,105,112,159f., 171, 199 f., 222,231,269,275,277,279-323, 360,591, 593, 597, 599,604, 611, 620, 626,650 f., 660,667,671 f., 678,684 f., 702,705,709f., 711,724 f., 726 Volksfeste, Aufführungen bei Volksfesten 31,144,151,156,438f., 445,447-459 Vorführungsrecht 26, 38,105,118,200, 231,293,300,303 f., 306-308,310-316, 321 f., 651, 653, 670, 675f., 682,691 Vortrag, Vortragsrecht 26f., 32, 38,71, 105,107,200,231,293,297,300, 303-323, 390,445-455,457-459,505, 710 Weitersendung 229,295 Weiterübertragung 28,36,40,597,603, 621,676,704

Werk 25,37,44,104, l l l f . , 123,199, 642-645 Werknutzungsrecht 26-29,38 f., 46, 65-67, 81,98,106,274,279,291,298, 301,303,534,595,596-599,600-605, 646,650,659,664-666, s.a. Nutzungsrecht Wiedergabe 35,37,39,160,182,200, 293,297-301,305-323,396,398 f., 404, 407,473,487, 502f., 505 f., 508,512, 520, 642, 644,647,649,657,711,717 Wirtschaftsbeirat der Union (CSU) 152-154,563 Zeitliche Begrenzung des Urheberrechts, s. a. Schutzfrist Zitat 31,400-405 Zugang zu Werkstücken 161,201,289, 711 Zustimmung, notwendige Zustimmung des Urhebers 28 f., 36,48,66f., 86,108, 115,194,200,249,269,283,294 f., 306, 314, 316, 321, 360f., 363-366, 377f., 389,392,396,399,405,410,416,421 f., 444,464,476 f., 501,528,592,597,599, 600-611,643,651,653,672, 674, 676, 678,704,714f., 722 Zustimmungsgesetz, Zustimmung des Bundesrates 198,211,215,219f., 221, 260f., 263 f., 578 Zwangslizenz 31 f., 40,71 f., 77,90,94, 109,122,125,194 f., 226,247,251,255, 296,491,501-526,647, 654 Zweckübertragungstheorie 634,712 Zweitverwertung 200