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German Pages 128 Year 1875
Die
Enthusiasten des Exports. Eine
wirthfchastliche Studie aus Oesterreich von
Gustav v. Pacher, (Benno Weber).
Leipzig Verlag von Beit & Comp. 1875.
Uebersetzungsrecht Vorbehalten.
Borwort. Am Tage der Eröffnung des ersten Congresies der österreichischen Volkswirthe, am 5. April d. I., ist der Schluß dieser Schrift an den
Verleger abgegangen.
Trotz des lebhaften Antheils, mit welchem
ihr Verfasser den Verlauf der Hauptschlacht, derjenigen in der Zoll
frage nämlich, am dritten Congreßtage verfolgte, will derselbe es
absichtlich vermeiden, einige kurze Bemerkungen abgerechnet, neue Gedankenreihen in dieser Frage, welche sich ihm dort etwa gezeigt
haben könnten, in den Inhalt der Schrift aufzunehmen. Es wird im Gegentheile eher seine Sorge sein, noch nachträg lich manche Härte des Ausdruckes zu mildern und hie und da eine allzuscharfe Spitze abzubrechen, umsomehr als die ritterliche und
gewinnende
Persönlichkeit
und
Kampfesweise
der
meisten
seiner
Gegner, welche er dort kennen zu lernen oder doch kämpfen zu sehen die Gelegenheit hatte, es ihm hie und da recht sauer erscheinen lassen, mit dem Schwerte dreiyschlagen zu müssen.
Er möchte aber
ebenso bei seinen Gegnern den Verdacht vermeiden, daß irgend ein
Hieb persönlich vermeint sein könnte, der im Voraus ganz generell ausgetheilt
worden war,
wie
auch
bei seinen Genossen,
mit ihren Pfeilen seinen Köcher nachgefüllt habe.
daß er
Die Gefahr liegt
IV
hier nahe genug, und diejenigen, welche diesen Worten Glauben schen ken, werden in vorliegender Schrift gar viele Merkzeichen finden, daß
uns die Argumente unserer Gegner schon vorher recht geläufig waren,
und daß sich in vielen Fällen die Beantwortung derselben von unserm Standpunkte aus von selbst ergibt. Trotzdem glaubt ihr Verfasser die
Schrift nicht umsonst geschrieben, hie und da einen neuen Gesichts punct ausgefunden und
vieles Beherzigenswerthe dem Verständniß
großer Kreise näher gelegt zu haben.
Vom Inhalte der Congreßdebatte reizt es ihn nur einen einzigen Punct der gegnerischen Ausführungen nachträglich und zwar in diesem
Vorworte zu erwähnen, so unbedeutend derselbe erscheinen mag. Es reizt ihn derselbe einerseits durch seine handgreifliche Unstichhältigkeit,
andererseits deßhalb, weil das vernehmliche Beifallsgemurmel der
Genossen
des Sprechers
zeigte,
daß
sie dieser Ausführung eine
schlagende Beweiskraft zuerkennen. Nachdem nämlich der Redner die Thatsache zugegeben hatte, daß
die letzteren Handelsverträge doch in einigen Positionen zu rasch dem
angeblichen Zuge der Zeit nach dem Freihandel und dem wirthschaftlichen Fortschritte im Sinne unserer Gegner gefolgt seien und dadurch
eine Schädigung der Existenzbedingungen irgend welcher Theile unserer Industrie im Gefolge gehabt haben könnten, fuhr derselbe etwa mit diesen
Worten fort: „Wenn aber ein Wanderer einen steilen Berg, anstatt „der Schlangenwindungen der Straße zu folgen, geradenwegs hinan-
„steigt und dann augenblicklicher Erschöpfung halber inne halten
„muß, — ist dieß ein Grund, daß er wieder einen Theil des Berges
„hinabsteige?" Nun, diesem armen Wanderer muß bei seinem hitzigen Berg steigen noch ein Stein in den Stiefel gekommen sein oder er muß
sich Blasen an die Füße gegangen haben, sonst könnte er in dieser
Vergleichung nicht so erbärmlich hinken*). — Wenn er erschöpft ist, wird er sich an Ort und Stelle niedersetzen; wenn er unterwegs
seine Geldbörse verloren hat, wird er zurückkehren müssen um sie
zu suchen,-------- der eine Vergleich ist gerade so äußerlich, so unzu treffend, so nichtsnutzig wie der Andere.
Etwas mehr dem Wesen der Sache entsprechend dürfte es sein, vom österreichischen Gewerbfleiße als von einem Manne zu
sprechen, welchem vom Arzte (ohne daß wir für dieß Mittel einstehen)
Zur Stärkung seiner Kräfte empfohlen wurde, alle Tage einen aus giebigen Spaziergang zu unternehmen, und zwar, seiner zunehmenden
Uebung entsprechend, die Länge des Weges auszudehnen.
unser Patient
Nachdem
durch einige Zeit jeden Tag vier Stunden tapfer
marschirt ist, meint der Arzt, er solle nun einmal seine Kräfte besser
versuchen, und von jetzt an täglich einen Weg von sieben Stunden
zurücklegen.
Den übernächsten Tag findet der Arzt den muthigen
Wanderer krank, erschöpft und mit geschwollenen Füßen im Bette liegend.
„Lieber Herr Döctor, sieben Stunden das geht nicht; sagen
wir fünf!"
„„Schämen Sie sich, mein Freund! daß sieben Stunden
für Sie zu viel sind, das sehe ich auch; aber nun haben Sie's einmal
*) Ein logisch organisirter Kopf muß sofort herausfühlen, daß hier das tertium comparationis mangelt. Das Verhältniß zwischen Kraft und Last