Die Elemente der analytischen und ebenen Trigonometrie [Reprint 2021 ed.] 9783112439029, 9783112439012


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Die Elemente der analytischen und ebenen Trigonometrie [Reprint 2021 ed.]
 9783112439029, 9783112439012

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D i e Elemente der

analytischen und ebenen

Trigonometrie. Zunächst für das Bedürfniß zum Osfizierexamen in der König!. Preußischen Armee bearbeitet und

mit vielen Ueb u n gsbeispirlen versehen

von

Friedrich von Didron, Premier-Lieutenant im Leib-Infanterie-Regiment und Lehrer

an der Kadettenanstatt zu Berlin,

Mit

zwei

Steintafeln.

Berlin. Gedruckt

und verlegt bei G. Reimer. 1834.

Vorwort. ^öeit einer Reihe von Jahren an Militairbildungs-

Anstalten, und überhaupt mit dem Unterrichte junger

Leute beschäftigt, ist mir immer mehr und mehr die Ueberzeugung geworden, wie nützlich es für letztere sei, Lehrbücher zu besitzen, welche einzelne Disciplinen irgend

einer Wissenschaft, mit besonderer Rücksicht auf An­ wendung, innerhalb der Grenzen abhandeln, die ih­

nen zunächst für gewisse Lebenszwecke abgesteckt wor­ den sind. In diesem Sinne bearbeitete ich schon früher die

Grundlehren der Gleichungen, Reihen und Logarithmen (Magdeburg, bei Rubach) für die Bedürfnisse eine-

Elementarexamens, und offerire auch jetzt den Aspiran­ ten hierzu eine — wie ich wünsche faßliche — Dar­ stellung der ebenen Trigonometrie.

IV

Niemand wird aber die Schwierigkeiten verkennen,

die sich mir in Beziehung auf die Entwickelung ihrer Grundprincipien darboten.

Die Ansicht, nach welcher

dieser Lehrzweig ein zwischen Analysis und Geome­

trie schwankendes, keiner von beiden recht eigentlich

angehörendes Zwitterwesen sei, darf wohl längst schon als dahin berichtigt angenommen werden, daß er ein

sich rein auf Analysis basirendes, sonst aber völlig selbstständiges Erzeugniß ist, unabhängig von der Geo­ metrie und von dem Begriffe des Dreiecks aufgefaßt,

wohl aber auf Bestimmung von Raumgrößen ange­

wendet werden kann.

Wenn es nun allerdings als

sachgemäß erscheint, eine selbstständige Theorie auch

gleich von Hause aus als eine solche darzustellen, sie auf ihre wirkliche Basis zu erbauen, und eS ihrer Ge­

schichte zu überlassen, darzuchun auf welchem Wege sie sich zur Selbstständigkeit emporschwang, so ist doch

auf der anderen Seite — und besonders im vorliegen­

den Falle — wohl zu berücksichtigen, ob jene höhere Ansicht nicht schon Kenntnisse oder wenigstens ein Com­ binationsvermögen voraussetzt, das bei den Individuen,

für welche vorgetragen wird, nicht füglich anzunehmen

ist.

Die Entwickelung der bekannten goniometrischen

unendlichen Reihen, oder die der ihnen gleichen endli-

V

chen Polenzausdrücke, welche in der Analysis unter den Namen Sinus und Cosinus eingeführt wer« den, schien mir daher aus dem eben angeführten Grunde

nicht rathsam, und da auch die Anwendung der trigo­

nometrischen Lehren

innerhalb der hier festgestellten

Grenzen durchaus nicht gefährdet wird, ob der Operi-

rende das, was er braucht, nur für seinen Zweck genü­ gend, oder im weitesten Umfange kennt, so zog ich es vor, die hier sich ergebende Lücke unausgefüllt zu las­

sen, und jene transcendenten Functionen unmittelbar

in ihrer speziellen,Erscheinung als Quotienten der mit derselben Einheit gemessenen Seiten eines, recht­

winkligen Dreiecks darzustellen.

Hierbei konnte ich aber nicht unterlassen, in den Anmerkungen des ersten Abschnittes die endlichen ana­ lytischen Formen für Sinus und Cosinus aufzustellen,

und dem Schüler als bloße Uebung in der Behand­

lung von Potenzen mit negativen und imaginairen Ex­

ponenten die Aufgabe vorzulegen, sich zu überzeugen,

ob sie alle die Eigenschaften hätten, die er auf einem anderen Wege, als diesen Functionen eigenthümlich, ken­

nen gelernt hat.

Ich habe aber für den Hauptgang des Unterrich­ tes, so weit es sich thun ließ, die rechnende Ableitungs-

VI

(irt der trigonometrischen Sähe gewählt, indem sich mir diese — auch abgesehen von größerer Allgemeinheit, Con­ sequenz und Kürze — durch die Erfahrung als zweck­ mäßiger, und mehr das Abstraktionsvermögen des Schü­ lers ausbildend, zeigte. Zugleich habe ich indessen nicht umhin gekonnt, nebenbei die nöthigen Grundbegriffe mit Hülfe der geometrischen Figur zu verdeutlichen, um auch den mehr an empirische Anschauungen gewöhnten Anfängern zugänglich zu sein, da überdies letztere Me­ thode höchsten- nur enger begrenzte, nicht aber unrich­ tige Begriffe erzeugt. Ob mir eine zweckmäßige Zusammenstellung deS Nothwendigen, und eine klare Deduction gelungen sind, bleibt dem nachsichtigen Urtheile Sachverständiger übet* lassen. Berlin, im Juni 1834.

D er Verfasser.

Seite Erster Abschnitt. AllgemeinetrigonometrischeBegriffe; Entwickelung und Relationen der Grundformeln. . 6 Bestimmung de- Werthe- ton »in«3 4-cos«3. e ■. , 8 Bestimmung der Werthe von .... 10

Inhaltsverzeichniß.

Bestimmung der Werthe von ^(« — -).

....

Wie man au- cos 2a, »in und co» a findet. Wie man au- »in2«, »in und cos a findet. ... Einführung der übrigen trigonometrischen Functionen. Lineare Darstellung derselben als Coordinaten. . Werrhbestimmung der »in und cos von ja, %n, 2n. Ueber die Summen und Differenzen zweier Langenten und Cotangenten. . . . Grenzbestimmung der Werthe sämmtlicher trigonometrischen Functionen, nebst Andeutungen über den Gebrauch deHülf-winkelS..................................................................................... Der Begriff des negativen Winkels. .... Verwandlung der Summen und Differenzen zweier Sinus oder Cosinus in Produkte Dasselbe für die Summen und Differenzen zweier Tangenten oder Cotangenten. ... Eigenthümliche Relationen, die zwischen der Summe und der Differenz zweier gegebenen Sinus und Cosinus stattfinden. Multiplikationsformeln für die- Sinus und Cosinus eineWinkels «. . • . J Dieselben für die Tangenten und Cotangenten. . Ueber die Summen der Sinus, Cosinus, Tangenten und Co­ tangenten dreier Winkel, die sich zu einer gewissen Gradzahl ergänzen.............................................................................................. Darstellung jeder einzelnen trigonometrischen Function durch jede der fünf anderen . .

13 16 17 18 19 25 29 33 37 39

41 42

45 48 49

VIII

Seile Gestaltung dieser Functionen, wenn der Radius des Kreiseaus welchem sie hergeleitet werden, allgemein =:r gesetzt wird. 56 Die numerische Bestimmung der Functionen einiger speziellen Winkel des ersten Quadranten.................................................. 58 Don der Berechnung der trig. Functionen im Allgemeinen. . 62 Von ihrer Logarithmation........................................ ♦ 69 Don der Interpolation der trigonometrischen Tafeln. . . 70

metrischen Functionen stattsindenden allgemeinen Ge­ setze auf ebene geradlinigte Dreiecke und regelmäßige Polygone. .........................................................................75 A. Gesetze bei g erad linigten Dreiecken. . . 75 Das Verhältniß zweier Dreiecksseiten zu einander. . . 78 Der allgemeinere Pythagoräische Lehrsatz ... 81 Die Cosinus der Dreieckswinkel aus den drei Sekten ent­ wickelt. .............................................................84 Das Verhältniß der Summe zweier Dreiecksseiten zu ihrer Differenz......................................................................................85 B/ Auflösung der geradlinigten Dreiecke. I. Rechtwinklige Dreiecke........................................................ 88 II. Gleichschenklige Dreiecke....... III. Schiefwinklige Dreiecke...................................................... 98 Die Sinus der Dreieckswinkel au- den drei Seiten entwickelt. AuS zwei Seiten und dem eingeschloffenen Winkel eines Dreiecks die fehlenden Stücke -u berechnen. . . . Flächeninhalte - (Areal,) Berechnungen ebener Figuren. . Der Ptolomäische Lehrsatz trigonometrisch bewiesen. . .

C.

101

106 109 116

Anwendung der Trigonometrie auf regel­ mäßige Polygone»......................................................... 116

Dritter Abschnitt.

Trigonometrische Aufgaben. ,

... 128

DreieckSaufgaben. .

.

128

Vier eck sau fgaben...............................................................

146

A.

Complizirtere

B.

C.

95

.

Aufgaben au- der Feldmeßkunst. ... 155 Die Pothcnor'sche Aufgabe.......................................................... 155 Uebungen für die Berechnung fehlender Dreiecksstücke durch genaue Interpolation. . . . . . . . 176

Lösung quadratischer Gleichungen..................................... 177

Einleitung

lUtan unterscheidet in den höheren Theilen der Mathematik

überhaupt zwei Arten von Größen: beständige oder ton# staute und veränderliche oder variable Größen. Er­ stere sind solche, die in einer und derselben Rechnung einen unveränderlich bestimmten Werth haben, während letztere so gedacht werden, daß sie jeden beliebigen Werth annehmen kön­ nen. Man bezeichnet die beständigen Größen gewöhnlich durch die ersten Buchstaben a, b, c ...; die veränderlichen aber durch die letzten Buchstaben x, y, z ... des Alphabetes. Unter Function versteht man eine Zusammensetzung aus veränderlichen und beständigen Größen, mittelst der be­ kannten arithmetischen Operationen, und wenn dieser Ausdruck irgend einem andern gleich gesetzt wird, so sagt man, dieser sei eine Function der in in dem ersteren vor­ kommenden Veränderlichen. Hat man z. B. ax-l*bx4 ----- -—— — v. so nennt man y eine Function von x, und da aus dieser Gleichung auch hervorgeht a —ey 2b

1//(a—ey)4 ~

v. Didron's Trigonometrie.

4 b-

A

2

so ist ebenfalls umgekehrt x eine Function von y. Leicht ist nun tinjusehtn, daß mit jeder Veränderung von x auch eine Veränderung von y statt finden muß, während bei jeder Veränderung von y sich auch x verändert, indem a, b, c, d alS konstante Größen denselben Werth behalten. ES ergiebt fich also der Begriff der nothwendigen Abhängigkeit der Größen, die Functionen von einander sein sollen. Denkt man fich nun irgend einen Zahlenwerth, der mit einem Winkel in solcher Beziehung steht, daß mit jeder Veränderung deS Win­ kels auch eine bestimmte Veränderung dieses ZahlenwertheS statt findet, so begreift man leicht, daß dieser Zahlcnwerth eine Function des Winkels genannt werden kann. Solche besondere Zahlenwerthe führen den Namen trigonometri­ sche Funktionen. 2. Die analytische Trigonometrie oder die Goniometrie ist die Lehre dieser trigonometrischen Functionen. Sie findet ihre Anwendung in der Geometrie, und wird dann zur ebe­ nen und sphärischen Trigonometrie. Die ebene Trigo­ nometrie ist die Wissenschaft, welche auS drei in Zahlen gegebenen Stücken eines ebenen Dreiecks die übrigen durch Rechnung zu finden lehrt. Die Seiten des Dreiecks sind in Längenmaßen, die Winkel io Gradmaßen gegeben. Gewöhnlich pflegt man in obiger Erklärung noch zu sa­ gen, daß die gegebenen Stücke solche sein müssen, durch welche das Dreieck bestimmt ist; es scheint dieser Zusatz aber überflüsfig, da ja bei jeder Aufgabe eine Untersuchung der statt findenden Bedingungen vorausgehen muß, nach welcher denn in jedem speciellen Falle anzugrben ist, ob daS verlangte Re­ sultat bestimmt oder unbestimmt gefunden wird. Wären z. D. die drei gegebenen Stücke die drei Winkel eines Dreiecks, so wird jene Untersuchung schon ermitteln, daß fich unendlich viele Resultate ergeben müssen.

3

3. Man könnte hier die Frage aufwerfen, wozu e- denn nöthig war, eine neue rechnende Disciplin einzuführen, da ja schon die ebene Geometrie lehrt, wie durch Constructkon die fehlenden Drrieckstücke zu finden find. Hierauf diene zur Antwort, daß die unendlich größere Genauigkeit und Schärfe der Rechnung, verglichen mit der durch Construction erreich­ baren die Ursache davon ist. Der gewandieste Zeichner kann |. B. beim Einsetzen der Zirkelspitze in einen Punkt einen Fehler von 0,5'" (Skrupel) machen; beim Einsetzen der andern Zir­ kelspitze ist derselbe Fehler möglich, wo denn die abgenommene Entfernung mit der gemessenen schon um l,v differkrt. Beim Aufträgen dieser Linie auf eine andere Ebene kann fich dieser Fehler wieder verdoppeln, wird also zu 2,T oder zu 0,2"/. Nimmt man z. B. auf einem Plane, der der Wirklichkeit ist, und wo 0,2"/ — 50' sind, eine Linie ab, so steht man leicht, wie bedeutend ein solcher Constructions» fehler werden kann. Diesem Uebelstande ist nun die Rechnung weit weniger unterworfen, weil man bei ihr die Genauigkeit bi- zu einer Grenze treiben kann, die für keine Praxis etwas zu wünschen übrig läßt. 4. ■ Nach dem Worte Trigonometrie sollte man schließen, daß ihre Anwendung nur bei der dreiseitigen Figur statt fin» den könnte, allein bald überzeugt man stch, daß dieselbe weit allgemeiner ist. Jede beliebige Menge von Punkten in einer Ebene läßt stch durch gerade Linien so zu Dreiecken verbinden, daß jeder Punkt selbst als Winkelspitze irgend eine- Dreiecks gedacht werden kann. Die Erklärung der Trigonometrie sollte demgemäß weit umfassender sein. Man könnte sagen: ste lehrt, wenn von irgend einer Menge von Punkten in derselben Ebene die Lage einiger gegeben ist, die Lage der andern zu bestimmen; auch hier bliebe es dann der Untersuchung der gr, gcbenen Bedingungen anheimgestellt zu ermitteln, ob die geA 2

4 gebenen Punkte und ihre Relationen zu einander genügen, um die Bestimmung der fehlenden zu bewerkstelligen.

So springt

also leicht in die Augen, daß die gefundenen Gesetze der Tri­

gonometrie auch dazu dienen können, complicirtere Figuren (Polygone) zu berechnen, und in der Anwendung hierzu erhält

die, Trigonometrie den Namen: Polygo nometrie.

5. Man pflegt die Sätze der Trigonometrie auf zwiefache Weise von einander abzuleiten: entweder dadurch, daß man

die in No. 1. erwähnten Winkelfunktionen selbst als geometri­ sche Bilder (gerade Linien) einführt, und nun auf einem ge­

mischten,

theils construircnden, theils rechnenden Wege die

Folge und Richtigkeit der Sätze darthut; oder dadurch, daß

man jene Functionen rein als Zahlformen (ganz von aller geometrischen Ansicht abstrahirend) betrachtet, und nun mittelst bloß analytischer Operationen zu den behaupteten oder zu fin­ denden Wahrheiten gelangt.

Man kann die erstere Methode:

die lineare; die letztere:

die analytische Methode der

Trigonometrie nennen.

Die lineare Methode findet ma« häu­

figer (doch jetzt schon weniger als früher) in den Elementar-

büchern angewendet, und sie dürfte auch in der That dann

und für das Individuum leichter faßlich sein, bei dem der frühere arithmetische Theil der Mathematik weniger und un­ vollständiger durchgeführt ist; im Gegenfalle aber läßt sich mit Gewißheit annehmcn,

daß die analytische Behandlung

(ganz abgesehen von ihrer viel größeren Allgemeinheit in Be­ ziehung auf Formeln, und namentlich auf die Vo r z eich n u ng

derselben) in kürzerer Zeit zum Ziele führt.

Wir werden in

nachfolgenden Elementen den Schüler mit beiden Methoden

bekannt zu machen suchen, obgleich die analytische stets vor­ walten soll.

6. Wenn in einem Dreiecke Seiten und Winkel in ein Ver­

hältniß zu einander ständen, d. h. wenn man aus den Sri-

5 tcn auf die Winkel, und umgekehrt, schließen könnte, so würde die Trigonometrie um vieles leichter und einfacher sein. Allein Linien und Winkel find völlig heterogene Dinge, und da­ her niemals mit einander vergleichbar. DkeS veranlaßte schon die Mathematiker der frühesten Zeiten (Griechen und vorzüg­ lich Araber), an Stelle der Winkel etwaS anderes einzuführen, was auf daS bestimmteste von ihnen abhängig ist, und in ein Verhältniß mit den Seiten gebracht werden kann. In Be­ zug auf seine Abhängigkeit vom Winkel nannte man eS Func­ tion desselben, und weil rö durch gerade Linien repräfentirt war, auch trigonometrische Hülfslinien.' Historisch steht fest, daß man zuerst diese trigonometrischen Functionen als Linien definirte, und unter dieser Gestalt ihre Relationen zu einander und ihre sonstigen Eigenschaften kennen lernte. Als späterhin die Analysis begründet und ausgebildet wurde, war es ihr Geschäft, allgemeine Zahlformen aufzufinden, welche alle die Eigenschaften besäßen, die von den trigonometrischen Linien bekannt geworden waren. Man stand also auf den Schultern der linearen Trigonometrie, und konnte von diesem Standtpunkte aus, mit den mannigfachen Hülfsmitteln des Calcüls versehen, leicht die Begriffe verallgemeinern und den vermehrten Anforderungen genügend machen. Aus diesem al-, len ergab sich aber, daß die trigonometrischen Linien nur specielle Erscheinungen der analytischen Functionen sind.

6

Erster Abschnitt. Allgemeine trigonometrische Begriffe; Entwicke­ lung und Relationen der Grundformeln.

§. 1.

Willkührlichcr Saß.

Unter « soll ein für allemal ein spitzer Winkel verstanden

sein.

Mit n bezeichnen wir den gestreckten Winkel von 180",

oder die halbe Peripherie für den Radius — 1.

Hieraus

folgt, daß ein stumpfer aber concaver Winkel durch n—a,

oder durch

ein convexer Winkel endlich durch «4-a,

fn—a, I n + «, ‘2n — a ausgedrückt ist.

§. 2.

Erklärung.

Alle rechtwinkligen Dreiecke, in welchen der Winkel a

enthalten ist, sind nach geometrischen Sätzen ähnlich, lassen sich demnach in die Lage der Figur 1. bringen, und eö folgt

nun aus der Gleichheit der Verhältnisse

AB:BC = AD: DE a AF:FG u. s. w. die Gleichheit der Quotienten

BC DE AB — AD

FG AF ’

so wie aus der Gleichheit der Verhältnisse

AB: AC --- AD:AE --- AF:AG

7

die der Quotienten AG AE AG AB "" AD "" AE ’ nachdem man vorher sämmtliche Seiten mit einer und dersel­ ben Einheit gemessen, und durch Zahlen auSgedrückt hat. Für einen gegebenen Winkel « ist also stets ein sol­ cher Quotient milgegeben, der Winkel selbst mag sich vor­ finden, wo er will, und umgekehrt: sür einen solchen gegebebenen Quotienten ist stets ein bestimmter Winkel zu fin­ den. Den ersteren Quotienten, also den Za hl en werth der Gegenkathete, dividirt durch den Zahlenwerth der Hypothenuse nennt man den Sinuö des Winkels «; den letzteren Quotienten aber, also den Aahlenwerth der anliegenden Cathete, dividirt durch den Zahlenwerth der Hypothenuse: den C o si n u S des Winkels a; beide Quotienten bezüglich durch sin a und cos a bezeichnend. 3. Zusätze. I. AuS dieser Erklärung ergiebt sich einfach, daß, weil in allen den Quotienten die Nenner größer als die Zähler find, die SinuS und Cosinus eines Winkels a nur den Werth eines echten Bruches haben können, oder daß sie stetö kleiner alö 1 fein müssen. II. Da es ganz beliebig ist, nach welcher Einheit man beide Seiten mißt, so kann man auch die Hypothenuse selbst als die Einheit betrachten, und dann in den beiden Cathcten unmittelbar die Repräsentanten der eben drfinkrtrn Functionen erblicken. Hierbei ist aber wohl zu bemerken, daß auch selbst in diesem Falle es nicht die Linien sind, denen der Name Sinus und Cosinus beigelegt wird, sondern daß sie nur die Träger von Zahlenwerthen sind, die in ihrer Abhängigkeit vom Winkel a als Functionen desselben bezeichnet werden. III. In welcher Art die Abhängigkeit der eben kennen gelernten Functionen vom Winkel statt findet, «giebt sich,

8

wenn man sich bei unveränderter Hypothenuft denselben fallend und wachsend denkt. Je größer « ist (versteht sich, ihn als spitzen Winkel stets innerhalb seiner Grenzen von 0 bis 1 ge­ dacht), desto größer ist seine Gegenkathete, desto größer also der Zähler deS Sinusquotienten, und mithin desto größer der Sinus selbst. Für den Cosinus kehrt sich dies Verhält­ niß gerade um, und man findet, daß dieser sein Minimum erreicht hat, wenn der Winkel biö zum Maximo angewachsen ist. Denkt man sich einen solchen Winkel « an und für sich, ohne Beziehung zu irgend einem andern dastehend, so fällt in die Augen, daß beide Functionen drffelben positive Zah­ len sein müssen, d. h. solche Zahlen, die als Resultat der Operation a—b angesehen werden können, wenn man nur a>b angenommen hat. IV. Vergleicht man die Quotienten Sinus und Cosi­ nus a in ihrer Beziehung zum Complementswinkel von «, nämlich zum Winkel ß, so ersieht man leicht, daß sio a — cos ß UNd cos« — sin ß ist. 4. Lehrsatz. Es ist allemal das Quadrat dek Sinus von «, plus dem Quadrate seines Cosinus, der Eins gleich, oder die Gleichung;

sina3 -J-cosa3 — 1 *)

ist eine identische. Beweis. Nach dem Pythagoräischen Lehrsätze ist in Fig. 2., wenn Z.C = einem Rechten: A(? + BCa = AB3. ♦)

Eigentlich müßte man (sin«)3 und (cosa)2 schreiben, 'unb wir wollen daher annehmen, daß diese Formen gemeint sind, wenn man die oben stehenden findet. Hin und wieder findet man auch sio2«, cos2« geschrieben, allein diese Schreibartist durchaus nicht motivirt, Sie stammt von den französischen Ma­ thematikern her.

9 Hieraus folgt

AC’ , BC’ AB’ "* AB’

1

oder

einoe’-|-cosa8 — 1.

§. 5.

Zusatz.

Aus dem Lehrsätze des vorigen Paragraphen rrgiebt sich unmittelbar die Lösung der Aufgabe, den Sinus von « durch

den Cosinus, und umgekehrt, den Cosinus von « durch den

Sinus auszudrücken.

Man hat dann:

sin« = +1/(1—-cos aa) und

cosa — +i/(l—sin a’). Ob in diesen Ausdrücken der positive oder der negative Werth der Wurzel genommen werden muß, entscheidet sich in jedem

besondern Falle, so viel aber steht fest, daß für rin und das­ selbe a nur ein und derselbe Werth genommen werden darf,

d. h. beide Functionen sind positiv, oder beide negativ, nicht aber eine positiv und die andere negativ. Anmerkung. Die einfache Definition der beiden Func­ tionen Sinus und Cosinus eines Winkels « als Quo­ tienten der Gegenkathete und anliegenden Cathete, dividirt durch die Hypothenuse, ist in neuerer Zeit allgemein angenommen worden, und alle, vielleicht im ersten Au­ genblick anders klingende Erklärungen, kommen dennoch auf diese zurück. Wenn z. B. Profeffor von Münchow unter dem Cosinus eines Winkels die Zahl ver­ steht, mit welcher die Länge BA des Schenkels eines spitzen Winkels ABC multiplizirt werden muß, um ihre senkrechte Projection BC auf dem andern Schenkel zu erhalten, so fleht man augenblicklich ein, daß diese Zahl eben nur der von uns als Cosinus ABC definirte Quo­ tient sein kann, denn es ist nur

Solche Erklärungen sind demnach nur in den Worten, nicht aber in der Sache verschieden, und nöthigen später­ hin oft zu größeren Weitläuftigkekten. So ist denn auch nach demselben Verfasser, der Sinus eines Winkels a die Zahl, deren Quadrat mit dem Quadrate des Cosi-

10

nuß (ProjectionSfactors) addirt, die Eins erzeugt. Hier­ nach erfährt man allerdings schon bei der Definition, daß der Sinus eines Winkels = 0 sein muß, wenn der Co­ sinus desselben — 1 ist, und umgekehrt. Um die Schüler in der Behandlung complizirter Potenzformen zu üben, kann man ihnen folgende Aufgabe stellen: Nehmen wir an, daß der Quotient

e“/-‘ — e-“/-1 2/—1

-em Sinus von «, und der Quotient b«/—>

e—aV—i 2

dem Cosinus von a gleich sei, werden beide Formen auch der Eigenschaft des Sinus und Cosinus eines Winkels genügen, nämlich der, daß ihre Quadrate addirt — 1 sind?

§. 6.

Lehrsatz.

Ist außer « auch noch ß als spitzer Winkel angenommen, so ist stets:

I. II.

8io(a-s-/I) — siLtt.cos/A-j-co8«.sio^ und cos (a 4~ /?) = cosa.cos/9—sin a. sin ß.

Beweis für I.

Denkt man sich zwei spitze Winkel

ABC= « und CBD — ß wie in Fig. 3. zusammengesetzt, so

daß Z.AßD = a-^ß ist, und zieht nun von A aus die

Senkrechte AF auf KI), so ist der Quotient

AF

= sin(«-|-^).

Zieht man von A aus AG senkrecht auf BC, von C aus

CD senkrecht auf BD, und durch C die CE parallel mit BD,

welche demnach senkrecht auf AF steht, so hat man AAEC ZXGBF und also Z.EAC --- Z.GBF — ß.

AF =AE + EF, aber EF --- CD,

also

AF -- AE + CD.

Nun ist

11

Bestimmt man nun die Stücke AE und CD, so erhält man

also AE = AC .

— cos ß,

ros ß.

ES ist aber analog dem vorigen AC — sin a , AB

und

also

AE =

Ferner ist

AC »AB. sin a

AB . sin a. cos ß.

CU ss sin ß. BC

also

CD

BC = cos a, AB

also

BC = AB. cosa

g

BC. sin ß,

aber und CD =

AB

cos a . sin ß9

demnach AE-f-CD — AF — AB.sina. cos/94-AB.co8a.sin/9,

endlich AF —— = ein (a 4-/9) — sin a. cos ß-V cos a. sin ß, Ad

w. j. b. w.

Beweis für II. LS ist BF — cos («4-/9), AB

aber

BF — BD —FD = BD—CE.

Leicht sieht man jetzt, daß BD = BC. cos ß,

daß BC — AB. cos «,

und daß demnach BD

AB. cos a. cos ß ist.

Ebenso ist CE — AC. sin ß,

aber also

AC SS AB. sin «,

12 CE = AB. sin a. sin ß und

BD —CE s= BF -r- AB.cos«.cosß—AB.sin a. sinß, endlich

BF ■jg = cos (

AG AB AG , a,f0 Tc' = BG = tanSß'

AB d. h. die Gegencathete, dividirt durch die anliegende, giebt die trigonometrische*) Tangente des spitzenWinkelö «, und da die Cotangente nach der Definition, der reciproke Werth der Tangente ist, so hat man gleich: die anliegende Cathete, dividirt durch die Gegencathete, giebt die Cotangente deS spitzen Winkels «. Ferner ist AB AB: AB 1 1 BC" BC — BC "cosa " sec“ AB

AB

AB: AB AG AB

1 AG AB

und AB AG

1 sin a

woraus erhellt: die Hypothenuse, dividirt durch die anliegende Cathete, giebt die Sekante; die Hypothenuse aber, dividirt durch die Gegencathete, giebt die Cosekante des Winkels «.

z. 15. Lineare Darstellung der trigonometrischen Functionen. Ist die Lage eines Punktes P, Fig. 5., in irgend einet Ebene zu bestimmen, so nimmt man in der Regel zwei sich

♦) Nach geometrischen Begriffen sind Langente und Sekante un­ begrenzt« Gerade, von welchen die erstere einen Xrtit be­ rührt, die letztere ihn schneidet. Ja der Trigonometrie und in der HLHern Geometrie sind diese Linien aber bestimmte, begrenzte Gerade, daher man wohl, um Mißverständnisse ju ver­ meiden, vor beide das Wort „trigonometrisch" setzt. B 2

20 recht• oder schiefwinklig (für unsern jetzigen Gebrauch recht­

winklig) durchschneidende gerade Linien an, die aber nun als unverrüekt fest liegend gedacht werden, und nennt diese: Coordinatenaxen.

Sie seien Ax und

Ay.

Wollte

man nun z. 23. dir Lage des Punktes P allgemein in der

Ebene der Coordinatenaxen bestimmen, so ist dies vollkommen geschehen,

wenn seine senkrechten Entfernungen von beiden

Axen, d. h. wenn die Stücke AN und AQ bekannt sind.

Analog diesem ist die Lage der Punkte P’, P", P'" bestimmt, wenn man bezüglich die Stücke AQ', AN', AQ'", AN'" kennt.

AQ",

AN",

Man wird aber leicht rinsehen, daß

durch die absolute Größe dieser Stücke allein, die Lage des

Punktes noch nicht ganz genau bekannt ist, indem bei den­

selben Stücken ein Punkt dennoch eine vierfach verschiedene Lage, oberhalb und unterhalb von Ax, rechts und links von

Ay haben kann. Wird aber außer der absoluten Größe von AQ und AN noch bestimmt, daß man von A ausgehend, alle links

auf Ax liegenden Stücke AQ, AQ'" etc. positiv, alle rechts

von A auf dieser Axe liegenden Stücke AQ', AQ" etc. ne­ gativ; alle oberhalb von Ax auf der Axe Ay liegenden Stücke

AN, AN' etc. positiv, und endlich alle unterhalb Ax auf

Ay liegenden Stücke AN", AN'" negativ annrhmcn, und durch 4-AQ, -{-AN, —AQ', —AN" etc. bezeichnen will, so

ist die Lage dieses Punktes P vollkommen genau bestimmt, wenn seine Axenenrfernungen nun auch mit jener Bezeichnung

gegeben sind.

Die Linien + AQ,

Coordinaten des Punktes P,

+ AN nennt man: die und zwar alle AQAb,

scissen und alle ANOrdinaten, so rote Ax die Abscis-

senaxe, Ay die Ordinatenaxe und A der Anfangspunkt

der Absciffen heißt.

Die vier Winkelraume nennt man, wie es

Fig. 5. zeigt: Iste, 2te, dritte, 4te Region.

Denkt man sich

um den Durchschnittspunkt A der Coordinatenaxen mit beliebi­ gem Halbmesser einen Kreis BCRS, Fig. 6. beschrieben, so nimmt jede so begrenzte Region den Namen Quadrant, und

21 zwar ebenfalls Ister, 2ter, dritter etc. an.

Kreise- aber werden als Einheit betrachtet.

Die Radien des

Verfolgen wir

nun die Bewegung eines Punktes von B an nach der Richtung

G zu.

In B ist derselbe im Maximo seiner positiven Entfer­

nung von der Ordinatenaxe, mithin ist seine Absciffe — 4-1

und seine Ordinate —0.

Nähert er sich im Bogen BC der

Ordinatenaxe, so fallt seine Absciffe und wächst seine Ordi­

nate,

bis er in C, dem Maximo der positiven Entfernung

von der Abscissenaxe anlangt, wo seine Ordinate --- -f-l,

seine Absciffe aber — 0 ist.

Im Mittel zwischen BC waren

beide Coordinaten einander gleich.

Bewegt sich der Punkt

nun von C nach R zu, so bleibt er zwar noch auf der posi­ tiven Ordinatenseite, ist aber dafür auf die negative Abscis-

senseite gekommen; daS Wachsen und Fallen seiner Coordinaten findet nun in umgekehrter Ordnung statt, bis wiederum in R angelangt, die Ordinate — 0 ist und die Absciffe das nega­

tive Maximum — — 1 erhalten hat.

Bei fernerer Fortbe­

wegung nach S sind beide Coordinaten von ihm negativ, und

in 8 selbst, ist seine Absciffe — 0, seine Ordinate aber — — 1. Vollendet er nun seine Kreisbewegung, so wächst seine Ab­

sciffe, und fällt seine Ordinate, bis er in B wieder in der ursprünglichen Lage ist.

Denkt man sich mit dem bewegli­

chen Punkte zugleich einen beweglichen Radius, und bedenkt man, daß bei der Annahme desselben —1,

die Qrdinaten

Träger der SinuSwerthe, die Absciffcn aber Träger der Co-

finuswerthe sind, so folgt ganz einfach: 1) Bei allen Winkeln des ersten Q-uadranten, also bei Win­

keln zwischen 0 bis 90°, sind Sinus und Cosinus positiv. 2) Bei allen Winkeln des 2ten Quadranten,

d. h. bei

Winkeln zwischen 90° bis 180° ist der Sinus positiv, der

Cosinus aber negativ. 3) Bei allen Winkeln des 3ten O.uadranten,

d. h. bei

Winkeln zwischen 180° bis 270° sind Sinus und Cosi­ nus negativ.

22 4) Bei allen

Winkeln des 4ten Q.uadranten, d. h. bei

Winkeln zwischen 180° bis 360° ist der Sinus negativ der Cosinus aber positiv.

Auch im Mittel aller übrigen Quadranten, waren beide Co-

ordinaten des Punktes (SinuS und Cosinus des Winkels) einander gleich.

Leicht läßt sich nun auch aus dieser geometrischen Dar­ stellung folgende- rinsehen: der Sinus MO eines stumpfen Winkels BAM ist gleich dem Sinus seines spitzen Supple­

mentes MAR; der Cosinus AO deS stumpfen Winkels BAM ist ebenfalls gleich dem Cosinus jenes Supplementes, aber

negativ genommen. Der Sinus VW und der Cosinus AW des convexen Winkels BAV sind = dem Sinus und Cosinus des spitzen Ueberschusies RAV über 180°, aber beide neg.ativ ge­

nommen. Der Sinus UT des convexen Winkels BAU ist gleich dem

Sinus der spitzen Ergänzung

BAU zu 360°, aber nega­

tiv genommen; der Cosinus AT endlich dieses Convex­ winkels ist völlig gleich mit dem Cosinus der spitzen Ergän­ zung BAU.

Wir wollen jetzt auch für die übrigen Functionen lineare Bilder zu zeichnen suchen.

Man nehme an, der bewegliche

Punkt sei mit seinem beweglichen Radius im ersten Quadran­ ten bis D gekommen, ziehe durch B eine Tangente bis zum

Durchschnittspunct F des

verlängerten beweglichen Radius,

so ist das Stück BF der Träger des Tangcntenwerthes für den Winkel BAD — «.

Beweis.

Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke AED

und ABF ist;

AE AB DE — BF

oder

cos tt sin a

1 BE 9

also

BF. cos « — sio a und

nn *ina — taug«, br __ —-----cos« nach der Definition der Tangente.

Man ziehe jetzt nach derselben Ansicht durch C eine Tan­ gente bis zum Schnitt G mit dem verlängerten Radius CD, so hat man in CG den Träger hes Cotangentenwerthes für den Winkel «.

Beweis.

Wegen Aehnlichkeit der Dreiecke ADH und

AH DE AC HD ” AE ~ CG oder

»in« cos«

1 CG’

also

CG.sin« =s cos« und

cos« CG — —— — cot«, sm« nach der Definition.

Da- Stück AF vom Mittelpunkt auf dem beweglichen Radius bis zum Schnitt F mit der Tangente durch B, ist der Träger des SekantenwertheS für den Winkel «. Beweis.

oder

Wie man leicht sieht, ist AE AB AD — AE

cos« "1

1 "ÄF*

also

AF. cos« — 1 und

1 AF = ------- = sec « cos« Endlich ist das Stück AG vom Mittelpunkt auf dem

24 beweglichen Radius bis zum Schnitt mit der Tangente durch C, der Träger des Eosekantenwerthes für den Winkel «.

Beweis.

oder

Es ist AH

DE

AC

AD

AD

A

sin a T~

1 AG ’

also

AG. sin et = 1 und

AG — —— =s cosec«. sine» Anme rkung 1. Der Sinusversus findet seinen Reprä­ sentanten in BE, und der Cosinusversus in CH; beide Functionen find aber für die ebene Trigonometrie sehr unwichtig; sie werden öfters in der sphärischen gebraucht, und sollen denn Hirt ein für allemal abgrhandelt sein. Anmerkung 2. Zn früherer Zeit wurden, und hin und wieder werden auch wohl jetzt noch, die eben construirten Linien selbst als Sinus, Cosinus, Tangenten u. s. w. des Winkels a definirt, und daher trigonometrische oder goniometrische Hülfslinien genannt. Man sagt dann, sie seien aus dem Kreise hergeleitet, während unsere an­ fängliche Herleitung, die aus dem rechtwinkligen D ree ecke genannt wird. Wenngleich nicht zu leugnen ist, daß diese lineare Ansicht die uranfängliche war; daß man erst von ihr ausgehend, sich zu einer allgemeinem emporschwang, so steht doch auch auf der andern Seite fest, daß eS zweckmäßiger genannt werden muß, den neu ge­ wonnenen Standpunkt zuerst den Lernenden erreichen zu lassen, wo es ja dann immer noch, an der Zeit ist, ihn mit anderen früheren Ansichten,bekannt zu machen. Der Zweck dieses Buches erlaubt nicht, die schon hin und wieder aufgestellten allgemeinsten Formen für Sinus und CostnuS zu entwickeln; wir haben uns begnü­ gen müssen, sie als Quotienten einzuführen, obgleich diese Erklärung auch nicht vollständig umfassend ist, da sie durch­ aus zu keinem Resultate führt, wenn man in Sinus von a und Cosinus von a etc,, « etwa als eine imaginäre Zahl annehmkn wollte. Eö versteht sich von selbst, daß

25 dies kein Mangel ist, der auf die gemeine Praxis nachtheilig influirt; nur der Analyst, der von seinen Formeln verlangt, daß sie für jeden Werth ihrer Veränderlichen gelten sollen, war genöthigt, auch diese Functionen s o zu fin­ den, daß sie allen Anforderungen der Art entsprechen. Wir wollen künftig, um jedem zu genügen, die analytische und lineare Methode, so weit eS sich thun läßt, Hand in Hand gehen lassen, um so mehr, da mancher Anfän­ ger durchaus den Weg der Empirie wandeln zu müssen scheint, wenn er zu völlig klarer Anschauung der Sache gelangen soll.

§. 16.

Ein Rückblick auf den

Zusatz. vorigen Paragraphen

und auf

Fig. 6, zeigt uns, daß durch den allein gegebenen Sinus oder Cosinus, die Größe des zugehörigen Winkels nicht bestimmt

gegeben ist.

So kann zum Sinus DE der Winkel «, aber

auch der Winkel DLR, ja auch der Convexwinkel BAD; zum

Cosinus AW der Winkel RAV, aber auch der Winkel BAV

und ebenfalls auch der Convexwlnkel RAV gehören, u. s. w. Soll nun die Größe eines Winkels vollständig gegeben sein, so muß man beide Functionen, und zwar mit ihren Vor­

zeichen kennen.

Hat man z. B. beide positiv, so kann der

zugehörige Winkel nur ein spitzer; hat man Sinus positiv und

Cosinus negativ, so kann nur ein stumpfer, aber concavrr Winkel zugrhören; sind beide Functionen negativ, so muß

der Winkel zwischen 180° und 270°; ist endlich der Sinus

negativ, der Cosinus aber positiv, so muß der Winkel zwischen

270° und 360° sich vorfinden.

den

Wir wollen in den folgen­

dirs auf analytischem Wege zu zeigen suchen. §. 17.

Aufgabe.

Man soll die Werthe der Sinus und Cosinus von in

= 90°, 51 = 180°, Auflösung.

schenkliges Dreieck,

5 5t = 270° und 251 = 360° finden. Betrachtet man ein rechtwinklig-gleich­ so findet sich jeder her spitzen Winkel

=| 5t = 45°, und aus her, Gleichheit der Catheten ergiebt

sich die Gleichheit seiner Functionen, bezüglich mit seinen Co-

26 functionen (die Functionen des ComplementS), d. h. man findet »in 45° — cos45°, lang 45° — cot 45°, sec45® — cosec 45°. Nun ist »in — »in 90° — sin (45° + 45°). Aber rS ist nach §. 6. I. »in (45° +45®) = sin 45°. cos 45® + cos 45°. sin 45®

= sin 45®. sin 45® + cos 45®. cos 45® = (sin 45®)1+ (cos 45®)® — 1.

Ferner ist cos — cos 90® = cos (45®+45°) — cos 45®. cos 45®—sin 45®. sin 45® cos45°.cos45°—cos45°.cos45® — (cos 45°)’ — (cos 45“/ =s 0. ä

Nun ist sin er = sip 180® cs sin (90° 4-90°), aber

»in (90®+90°) — sin 90®. cos 90° + cos 90®. sin 90®

== 1.0+0.1 — 0. Und cos Ti ec cos 180® — cos (90® + 90®),

aber cos (90®+ 90’) --- cos 90®. cos 90® — sin 90®. sin 90® Weiter hat man sin^n 83 »in 270® 88 »in (180®+90®), aber »in (180®+ 90®) 85 »in 180®. cos 90® + sin 90°. cos 180° Und cosiff = co»270® =; cos (180®+90°) --- cos 180®. cos 90®— sin 180®. sin 90" 8- 0,

endlich

rin2n et »in360® r-8 sin(180®+ 180°) 88 sin 180®. cos 180®+ cos 180®. »in 180®

27 Und

cos 2 5t --- cos360° = cos (180° 4-180°)

= cos 180°. cosl80°—sin 180°. sin 180® = (cos 180°)2—(sin 180°)’ = (-1)1 -- 1. Man hat also gefunden 1) sin £ 5t — 1 und cos | n = 0, 2) sin 5t — 0 » cos n = —1, 3) sin | n = — 1 cos £ n = 0, 4) sin 2 n — 0 cos 2 5t = 1.

§. 18. Zusatz. Wird die Untersuchung weiter fortgesetzt, und will man auch die Werthe der Sinus und Cofinus von z-r, 3n, 5«, 4>r, .... (2n4-j)?r, (Ln-f-l)", 2n5t u. s. w. kennen, so ergiebt sich ein Gesetz, nach welchem sin (2 n 4* 5) 5t — sin £ n = 1, cos (2 n 4" 1)51 — cos $ sin sin (2n4-l)5t cos cos sin /st 1 j\ sm« — ""1, cos(2n + i)” = cos^= 0;

sin (2n4-2) 5t = s'n 2 n = ? cosx 1 ' cos 1

ist. Es ist leicht einzusehen, daß Sinus (2 n 4- 2) 5t stets denselben Functionen von muß, da unter 2n nur eine gerade Zahl die demnach auch durch 2n4»2 repräsemirt

f. 49. I.

u. f. w.

'

und Cosinus von 2n5t gleich sein verstanden wird, ist.

Lehrsätze.

Der Sinus eines stumpfen Winkels ist gleich dem

Sinus seines Supplementes.

Beweis.

Bedeutet nach §. 1. n—a einen stulppfen

Winkel, so ist nach §. 7. III.

28 sin(rt—«) — sin st . cos «—cos n. sin a

ss 0. cos 06 — (—1) sin«

ss -f-sin« *).

II.

Der Cosinus eines stumpfen Winkels ist gleich dem

negativen Cosinus seines Supplementes. Beweis.

Ist (n—a) ein stumpfer Winkel, so hat man

cos (n—«) — cos it. cos « -|-sin it. sin «

— 1. cos « + 0. sip « — ---- COS«.

III.

Die Sinus und Cosinus eines convexen Winkels

zwischen 180° und 270° (also eines Winkels im 3ten Qua­ dranten) sind gleich denselben Functionen des spitzen Ueberschuffcs « über 180°, aber negativ genommen.

Beweis. sin^-J- «) — sip n. cos a ä

cos n. sin a

O.cos« -|*(—l)sin«

= — sin a,

cos(n-j-a) ss

IV.

cossr. cos« — sinsr.sin«

ss

1 . cos « — 0. sin «

SS

cos «.

Die Sinus und Cosinus eines convexen Winkels

zwischen 270° und 360° (also eines Winkels im 4ten Qua­ dranten) sind gleich denselben Functionen der spitzen Ergän­ zung z u360°, erstere aber negativ genommen.

*) Bezeichnet man nach §. 1. den stumpfen Winkel durch so «giebt sich sinn + «) = sin•’ Tt. cos a + cos-J71.sinct == 1 . cos a 4“ 0 . sin a = + cos a. Bedenkt man nun, daß bei dieser Bezeichnung « deü spitzen Neberschuß über einen rechten Winkel bedeutet, und daß der Coflnus dieses Überschusses --- dem Sinus seines ComplementeS ist; daß endlich dieses Complement = dem Supplement von + so ist auch dann der Lehrsatz richtig erwiesen.

29 Beweis.

sin(2ä —ft) — sin2^. cosa^—cosSn.sih a ±= O.cosoe — l.sina — — sin a, ros (2 H—«) — cos2-r.cos« — sin 2 sin« — l.cosa— O.sina — 4-cosa §. 20.

Zusatz.

Sn Beziehung auf die Positivität und Negativität der übrigen Winkelfunctionen ergiebt sich nun einfach folgende-:

1)

Die Tangenten und Cotangenten sind positiv, deren

Sinu- und Cosinus gleiche Zeichen haben, also: die Tangenten und Cotangenten aller spitzen und aller con­

vexen Winkel zwischen 180° und 270°.

Die Tangenten

und Cotangenten aller Winkel sind negativ, deren Si­

nus und Cosinus verschiedene Zeichen haben; also: die aller stumpfen und convexen Winkel zwischen 270°

und 360°. 2)

Die Sekanten aller Winkel sind bezüglich positiv oder negativ, wenn die Cosinus derselben positiv oder

negativ sind. 3)

Die Cosekanken aller Winkel richten sich, der Definition gemäß, nach den Zeichen der Sinuö dieser Winkel*).

Ueber die Summen und Differenzen zweier Tangenten und Cotangenten.

§. 21.

Lehrsatz.

Sind « und ß spitze Winkel, so ist allemal

I.

tang(«+^) ==

lang«lang/? 1 —tanga.tang/2

’) Bei welchen Winkeln sind also Sekanten Und Cosekanttn po­ sitiv, und bei welchen negativ?

30

Beweis I.

ES ist nach der Erklärung der Tangente

also

8ii) a. cos ß+ cos a ■ sin ß cos «. cos ß— sin «. sin ß Dividirt man nun rechts Zähler und Nenner durch COS « • cos ß, so ergirdt sich. cos a. cos ß* cos « . cos ß cos «. cos ß sin «. sin ß cosa. cosß cos «.cos ß oder

TO. b. TO. Beweis. II.

Es ist

oder

sin «. cos ß — cos a • sin ß cos « . cos ß -j- sin a. sin ß ’ Wird ebenfalls jetzt Zähler und Nenner rechts durch cos«. cosß dividirt, so hat man sin«. coscos«. sin

cos« .cosß. sin«.sinß cos«.cos ß‘ cos «. cos ß oder w. j. b. w. 22. Lehrsatz. Unter derselben Voraussetzung in Beziehung auf « und ß, findet man stets:

31

Kf I ä\ COtÖMCOt/?—1