Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers in Mitbestimmungsangelegenheiten im Rechtsschutzsystem der Betriebsverfassung [1 ed.] 9783428486007, 9783428086009

Für den Arbeitgeber besteht zwischen der normativen Bindung durch die Beteiligung des Betriebsrats und der notwendigen k

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German Pages 375 Year 1997

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Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers in Mitbestimmungsangelegenheiten im Rechtsschutzsystem der Betriebsverfassung [1 ed.]
 9783428486007, 9783428086009

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 150

ALEXANDER SCHWONBERG

Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers in Mitbestimmungsangelegenheiten im Rechtsschutzsystem der Betriebsverfassung

Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers in Mitbestinimiingsangelegenheiten im Rechtsschutzsystem der Betriebsverfassung

Von Alexander Schwonberg

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schwonberg, Alexander: Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers in Mitbestimmungsangelegenheiten im Rechtsschutzsystem der Betriebsverfassung / von Alexander Schwonberg. Berlin : Duncker und Humblot, 1997 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht ; Bd. 150) Zugl.: Göttingen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-428-08600-7 NE: GT

Alle Rechte vorbehalten © 1997 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0227 ISBN 3-428-08600-7 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 ©

Vorwort Diese Arbeit wurde im Sommersemester 1995 von der juristischen Fakultät der Georg-August-Universität-Göttingen als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur wurden bis November 1995 berücksichtigt. Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Hansjörg Otto, danke ich ganz besonders für die ermutigende Begleitung dieser Arbeit sowie für die vielfältigen Anregungen und seine ständige Gesprächsbereitschafi. Für die schnelle Erstellung des Zweitgutachtens bin ich Herrn Prof. Dr. Abbo Junker verbunden. Meiner Frau Susanne danke ich herzlich für die treue Unterstützung. Schließlich danke ich dem Verlagshaus Duncker & Humblodt für die Aufnahme in die Schriftenreihe zum Sozial- und Arbeitsrecht. Neuwarmbüchen, Januar 1996

Alexander Schwonberg

Inhaltsübersicht 1. Teil

Problemstellung

19

§ 1 Einleitung

19

§ 2 Umfang der Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

25

2. Teil

Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat

50

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

51

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

59

3. Teil

Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

104

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

106

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfugung

128

4. Teil

Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

213

§ 7 Einstweilige Verfügung in sozialen Angelegenheiten

213

§ 8 Einstweilige Verfügung in personellen Angelegenheiten

295

§ 9 Einstweilige Verfügung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

300

§ 10 Folgewirkungen einer einstweiligen Verfügung im Betriebsverfassungsrecht

333

§11 Verfahrensrechtliche Aspekte

339

§ 12 Zusammenfassung

346

Literaturverzeichnis

351

SachWortverzeichnis

371

Inhaltsverzeichnis 1. Teil

Problemstellung § 1 Einleitung

19 19

§ 2 Umfang der Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln I. Marktorientiertes Handeln als Beurteilungsmaßstab II. Einflußmöglichkeiten auf marktorientiertes Handeln 1. Soziale Angelegenheiten

25 25 29 30

a) Allgemeine Faktoren

30

b) Beispiele

32

aa) Arbeitskleidung

32

bb) Lage und Dauer der Arbeitszeit

32

cc) Technische Überwachungseinrichtungen

35

dd) Lohngestaltung

35

2. Personelle Angelegenheiten

36

3. Wirtschaftliche Angelegenheiten 4. Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durch Tarifvertrag

37 41

5. Kompetenzzuwachs durch Bestrebungen zum Europäischen Betriebsrat (EBR)

43

III. Verzögerungsmöglichkeiten im Einigungsstellenverfahren

46

2. Teil

Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat § 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

50 51

I. Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes

51

II. Konkretisierungen des Rechtsstaatsgebotes und Folgerungen für das Beschlußverfahren

54

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes I. Rechtsschutz zugunsten des Arbeitgebers

59 59

nsverzeichnis

10

II. Regelung materieller Zwischenrechte 1. Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch

60 61

2. Vorläufige personelle Maßnahmen gem. § 100 BetrVG

62

3. Andere Normen

63

III. Instrumentarien für den Arbeitgeber

64

1. Rechtsschutz nach dem BetrVG

64

a) Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens

64

b) Amtsenthebungs- und Auflösungsverfahren gem. § 23 Abs. 1 BetrVG c) Kündigung eines Betriebsratsmitglieds

65 66

d) Ordnungswidrigkeiten und StrafVorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes 2. Verlust der Mitbestimmungsrechte

67 67

a) Eilfälle

68

b) Notfälle

69

c) Analogie aus § 100 Abs. 1 BetrVG d) Rechtsverlust des Betriebsrats durch rechtsmißbräuchliches Verhalten

71 73

aa) Meinungsstand

73

bb) Konkreter Anwendungsbereich

75

3. Wegfall der Vergütungspflicht IV. Einstweilige Verfugung im Besetzungsverfahren gemäß § 98 ArbGG

79 81

1. Verfahren

82

2. Verfugungsanspruch und Verfügungsgrund

83

V. Handlungsmöglichkeiten der Betriebspartner

85

1. Prophylaktische Besetzungsregelungen der Einigungsstelle

85

2. Verpflichtung der Einigungsstelle zu vorläufigen Regelungen

86

3. Rahmenregelungen durch Betriebsvereinbarung a) Problematik

87 87

b) Bestimmung der Mindestanforderungen

89

c) Rechtsschutzumfang in dringenden Angelegenheiten

96

VI. Haftung der Betriebsratsmitglieder

96

1. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen

97

2. Deliktische Haftung

98

3. Vertragliche oder vertragsähnliche Haftung VII. Zusammenfassung

100 102

Inhaltsverzeichnis

11

3. Teil

Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

104

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

106

I. Charakteristika der einstweiligen Verfügung

106

1. Vorläufigkeit der Eilentscheidung

106

2. Richtigkeitsgewähr

107

3. Vorwegnahmeverbot

108

a) Begründung des Vorwegnahmeverbots

108

b) Kritik

109

4. Auswirkungen für das Betriebsverfassungsrecht II. Kategorisierung einstweiliger Verfügungen 1. Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsverfügung

114 116 117

2. Abgrenzung der Regelungs- von der Befriedigungsverfügung

122

3. Einheitlicher Gefahrdungstatbestand

125

a) Voraussetzungen einer einstweiligen Verfügung

126

b) Konsequenzen

127

III. Ergebnis § 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

127 128

I. Ausschluß einstweiliger Verfügungen ?

128

1. Ausschluß kraft Rechtsmaterie

128

2. Umkehrschluß aus §§ 100 Abs. 1,115 Abs. 7 Nr. 4 BetrVG

130

3. Ausschluß kraft Zweckmäßigkeitsentscheidung

131

II. Voraussetzung eines materiellrechtlichen Anspruchs

133

1. Anspruchslose Verfügungsmaßnahmen 2. Verfügungsanspruch und materiell-rechtlicher Anspruch III. Formale Struktur des subjektiven Rechts

133 134 137

1. Merkmale eines einheitlichen Anspruchsbegriffs

138

2. Unterscheidung zwischen Bewertungs- und Bestimmungsnormen

139

a) Begriffsbestimmung

139

b) Folgerungen für das Betriebsverfassungsrecht

140

c) Kritik

141

3. Folgerungen für das Betriebsverfassungsrecht a) Berechtigung und Auschließlichkeit

145 146

b) Beteiligungsrechte als Kompetenzen

150

c) Anspruchsausschließende innerorganisatorische Streitentscheidung

152

d) Rechtssubjektivität des Betriebsrats

156

IV. Anspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG

159

nsverzeichnis

12

1. Stufenbau und Konkretisierung des Anspruchs

159

2. Anspruchsinhalt

161

3. Verbleibender Anwendungsbereich von § 23 Abs. 3 BetrVG

168

V. Vergleich mit dem Personalvertretungsrecht

171

VI. Umfang der Anspruchsprüfung

173

VII. Verfügungsgrund

177

1. Vorrang der Einigungsstelle

178

2. Dringlichkeit des Regelungsbegehrens

180

3. Interessenabwägung im Betriebsverfassungsrecht

182

VIII. Entscheidungsinhalt

184

1. Arbeitsgerichtliche Gestaltungs- und Regelungsbefugnis a) Gerichtliche Überprüfbarkeit betrieblicher Regelungen

184 185

aa) Billigkeitskontrolle von Betriebsvereinbarungen

186

bb) Anforderungen an einen Spruch der Einigungsstelle

186

cc) Gerichtliche Kontrolle von Sprüchen der Einigungsstelle

187

dd) Ersatz durch gerichtliche Regelungen

188

b) Gerichtliche Regelungskompetenz

188

aa) Arbeitsgerichtliche Regelungsbefugnis nach dem BetrVG

189

bb) Richterliches Ermessen

191

( 1 ) Gestaltung und Auslegung (2) Gestaltung und Ermessensentscheidungen cc) Gestaltungsfreiheit im FG-Verfahren und im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren

191 192 198

c) Arbeitsgerichtliche Regelungskompetenz und Betriebsautonomie . 203 2. Rechtsgrundlage regelnder einstweiliger Verfügungen 3. Genereller Inhalt einer Regelungsverfügung a) Inhaltliche Regelung durch das Arbeitsgericht

205 207 207

aa) Beziehung zum Hauptverfahren

207

bb) Geringstmöglicher Eingriff.

209

cc) Effektive Handlungsmöglichkeit für den Arbeitgeber

209

b) Antrag auf Ersetzung der Zustimmung

210

c) Übertragung eines Alleinentscheidungsrechts

211

IX. Zusammenfassung

211 4. Teil

Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten § 7 Einstweilige Verfügung in sozialen Angelegenheiten

213 213

nsverzeichnis

13

I.Vorbemerkung

213

II. Sicherungsverfügung in sozialen Angelegenheiten

214

1. Verfügungsanspruch

214

a) Betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch

214

b) Gefährdungen der Verhandlungen

215

2. Verfügungsgrund und Interessenabwägung III. Regelungsverfügung in sozialen Angelegenheiten 1. Verfügungsanspruch

219 221 221

a) Kurzfristige betriebliche Zwangssituation

223

b) Zwangssituation nach längeren Verhandlungen

224

2. Verfügungsgrund einer Regelungsverfügung

225

a) Kriterien der Befriedigungsverfügung

227

b) Verfassungsrechtlicher Maßstab

229

aa) Grundrechtsgeltung und -bestimmung

230

bb) Grundrechtsschranken

231

cc) Unterschiedliche Grundrechtsgewährleistungen

232

c) Wirtschaftliche Zwangslage und Kooperationsverweigerung

235

aa) Existenzvernichtung

237

bb) Wirtschaftliche Notlage

237

cc) Auftragsentgang

240

dd) Begründungslose Ablehnung des Regelungsbegehrens

243

ee) Offensichtliche Unsachlichkeit der Ablehnung durch den Betriebsrat

244

ff) Offensichtliche Unbilligkeit des Betriebsratsvorschlags

246

gg) Fälle des Rechtsmißbrauchs des Betriebsrats

247

d) Extrem kurzfristige Entscheidungen

247

e) Ergebnis 248 3. Arbeitsgerichtliche Überprüfbarkeit rein wirtschaftlicher Verfügungsgründe 248 4. Konkretisierung der Regelungsinhalte 256 a) Überstunden, weitere Schicht

257

b) Kurzarbeit

259

c) Kurzarbeit oder Überstunden im Arbeitskampf

260

d) Einführung technischer Überwachungseinrichtungen

262

e) Zulagengewährung 5. Bindungswirkung und Haftungsrisiken a) Möglichkeiten des Betriebsrats aa) Rechtsmittel der Beschwerde

263 265 265 266

nsverzeichnis

14

bb) Nachfolgendes Einigungsstellenverfahren

266

cc) Anfechtungsverfahren analog § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG

267

b) Möglichkeiten einzelner Arbeitnehmer

268

aa) Beschäftigungsverfügungen einzelner Arbeitnehmer

273

bb) Lohnzahlungsklage einzelner Arbeitnehmer

273

c) Haftungsrisiko gem. § 945 ZPO 6. Ergebnis IV. Feststellende einstweilige Verfügung

274 277 277

1. Bisheriger Anwendungsbereich

278

2. Verfügungsanspruch

278

a) Funktionen der Feststellungsklage im Zivilprozeß

279

b) Feststellungsantrag im Beschlußverfahren

283

aa) Rechtsverhältnis

283

bb) Feststellungsinteresse

284

c) Folgerungen für eine Feststellungsverfügung 3. Konkretisierungen und Verfügungsgrund

287 289

a) Betriebsratsverhalten

289

b) Feststellung der Mitbestimmungspflichtigkeit im Eil verfahren

290

V.Zusammenfassung § 8 Einstweilige Verfügung in personellen Angelegenheiten

293 295

I. Einstweilige Verfügung bei Kündigungen

295

II. Einstweilige Verfügung bei personellen Einzelmaßnahmen

298

III. Zusammenfassung

299

§ 9 Einstweilige Verfügung in wirtschaftlichen Angelegenheiten I. Gegensätzliche Interessenlage bei Betriebsänderungen

300 300

1. Arbeitgebersicht

3 00

2. Arbeitnehmersicht

301

II. Konfliktsituation des Arbeitgebers

301

III. Meinungsstand zur Unterlassungsverfügung

303

1. Uneinheitliches Bild der Instanzgerichte

303

2. Ansichten in der Literatur

305

3. Eigene Position

306

IV. Rechtsschutz auf Arbeitgeberseite 1. Anrufungspflicht des Arbeitgebers a) Rechtsprechung des BAG

309 309 309

b) Kritik an der Anrufungspflicht

311

c) Zwingende Gründe

313

nsverzeichnis

2. Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes

15

315

a) Sicherungsverfügung

315

b) Feststellungsverfügung

315

aa) Verfügungsanspruch

316

bb) Verfügungsgrund

317

( 1 ) Existenzvernichtung oder -geföhrdung (a) Beratungspflicht (b) Verpflichtung zur Anrufung der Einigungsstelle (2) Weitere Konstellationen

318 318 320 323

cc) Feststellung einer Betriebsänderung

325

dd) Anforderungen der Feststellungsverfügung

325

c) Bindungswirkung des Beschlusses aa) Rechtskrafterstreckung kraft materieller Abhängigkeit

326 3 26

bb) Bindungswirkung eines einstweiligen feststellenden Beschlußes V. Zusammenfassung § 10 Folgewirkungen einer einstweiligen Verfügung im Betriebsverfassungsrecht. I. Auswirkungen einstweiliger Verfügungen auf Mitbestimmungsrechte 1. Befürchtungen 2. Funktion des Betriebsrats und Kompensationsmöglichkeiten II. Präjudizierende Wirkung einstweiliger Verfügungen

331 332 333 333 333 334 334

III. Ausgleichsfunktion nachfolgender Betriebsvereinbarungen

336

IV. Einstweilige Verfügungen aufgrund der Initiative des Betriebsrats

337

§11 Verfahrensrechtliche Aspekte

339

I. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts

339

II. Antrag

340

III. Alleinentscheidung des Vorsitzenden

340

IV. Erfordernis einer mündlichen Verhandlung

342

V. Glaubhaftmachung

343

VI. Ergebnis

345

§ 12 Zusammenfassung

346

Literaturverzeichnis

351

Sachwortverzeichnis

371

Abkürzungsverzeichnis a. Α. Abs. abl. ABl.EG AcP a.E. AFG AiB AktG Anm. AöR AP AR-Blattei ArbG ArbGG ArbRGegw ARS Art. AÜG AuR AZO BAG BAGE Bay. BB BetrVG BGB BGBl. BGH BGHZ BIStSozArbR BPersVG BR BRG BT BVerfG BVerfGE

anderer Ansicht Absatz ablehnend(er) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Archiv für die civilstische Praxis am Ende Arbeitsförderungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis (Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts) Arbeitsrechts-B lattei Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz 1979 Arbeitsrecht der Gegenwart Arbeitsrechtssammlung Artikel Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitsnehmerüberlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) Arbeit und Recht Arbeitszeitordnung Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (amtliche Sammlung) Bayrische Der Betriebsberater Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Blätter für Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht Bundespersonalvertretungsgesetz Bundesrat Betriebsrätegesetz vom 4.2.1920 Bundestag Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (amtliche Sammlung)

Abkürzungsverzeichnis

BVerwG BVerwGE DB DMBilG DVB1. EBR EG EzA FGG FG-Verfahren FS GmbH GmbHG GewO GG GS HausratsVO Hess. HGB Hrsg. HS JR JuS JZ krit. KSchG LAG LAGE lit. LKV MDR m.E. MTV m.w.Nw. nds. NJW NJW-RR Nr. Nw. NZA OLG OVG PersR PersV 2 Schwonberg

17

Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (amtliche Sammlung) Der Betrieb Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (D-Markbilanzgesetz- DMBilG) Deutsches Verwaltungsblatt Europäischer Betriebsrat Europäische Gemeinschaften Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Verfahren der freiwilligen Gerichtbarkeit Festschrift Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gewerbeordnung Grundgesetz Großer Senat Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (Sechste Durchführungsverordnung zum Ehegesetz) Hessischer Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristenzeitung kritisch Kündigungsschutzgesetz Landesarbeitsgericht Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Buchstabe Landes- und Kommunalverwaltung Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens ManteltarifVertrag mit weiteren Nachweisen Niedersächisches Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungsreport-Report Zivilrecht Nummer Nachweise Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Der Personalrat Die Personalvertretung

18 PresseG RdA Regentw. RG RGZ RPfl. SAE sog. SpTrUG UWG VG VGH VHG VwGO WEG WiSt WPg WRV WM Zif. ZBR ZfA ZGR ZHR ZIP ZPO zust. ZZP

Abkürzungsverzeichnis Pressegesetz Recht der Arbeit Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (amtliche Sammlung) Der Deutsche Rechtspfleger Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen sogenannte Gesetz über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Vertragshilfegesetz Verwaltungsgerichtsordnung Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht Wirtschaftswissenschaftliches Studium Die Wirtschaftsprüfung (Zeitschrift) Weimarer Reichsverfassung Zeitschrift für Wirtschaft und Bankrecht, Wertpapiermitteilungen Ziffer Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozeßordnung zustimmende Zeitschrift für Zivilprozeß

1. Teil

Problemstellung § 1 Einleitung Die Entwicklung der nahezu 150-jährigen Geschichte der Beteiligung von Arbeitnehmern an Entscheidungen auf betrieblicher Ebene hat unter der Geltung des BetrVG 1972 zu einem immer stärkeren Einfluß des Betriebsrats auf das betriebliche und markibezogene (unternehmerische) Handeln des Arbeitgebers geführt. Aufgrund des Interessengegensatzes kommt es zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zu Konflikten darüber, ob Maßnahmen des Arbeitgebers der Mitbestimmung unterliegen. Da unmittelbare unternehmerische Aktivitäten nur vom Arbeitgeber ausgehen können (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG 1 ), ist es verständlich, daß sich die wissenschaftliche Diskussion und die Entscheidungen der Arbeitsgerichtsbarkeit 2 überwiegend mit dem Rechtsschutz des Betriebsrats vor mitbestimmungswidrigen Handlungen des Arbeitgebers beschäftigen. Im Gegensatz hierzu fehlt eine vertiefte Auseinandersetzung zur Rechtsschutzproblematik aus Sicht des Arbeitgebers. Die Untersuchungen beschränken sich entweder auf eine zivilrechtliche Haftung des Betriebsrats bzw. seiner Mitglieder 3 oder streifen das Problem rechtzeitigen Rechtsschutzes nur knapp. 4 I. Die historisch betrachtet stetige Erweiterung der Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats hat unter der Geltung des BetrVG 1972 dazu geführt, daß der Betriebsrat zunehmend auf marktorientiertes Verhalten des Arbeitgebers Einfluß nehmen kann. Diese Einflußmöglichkeiten ergeben sich

1

Im folgenden wird für das BetrVG 1972 die Abkürzung BetrVG benutzt und Abweichungen gesondert verdeutlicht. 2 GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 116 ff., 119 m.w.Nw.; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 73 ff.; Schlünder, Die Rechtsfolgen der Mißachtung der Betriebsverfassung durch den Arbeitgeber, 1991. 3 Umfassend die Habilitationsschrift von Belling , Die Haftung des Betriebsrats und seiner Mitglieder für Pflichtverletzungen, 1990; Nolting, Die Haftung des Betriebsrats gegenüber den Arbeitnehmern unter besonderer Berücksichtigung von personellen Einzelmaßnahmen, Diss. Bielefeld 1980; Rosset, Rechtssubjektivität des Betriebsrats und die Haftung seiner Mitglieder, 1985; Buchner, FS für Müller, S. 93 ff.; Β rill/Der leder , AuR 1980, 353 ff. (Meinungsstand), 360 ff. (dogmatische Probleme) sowie Weiss, RdA 1974, 269 ff. 4

Dütz, ZfA 1972, 247, 259 ff., 263 ff.; Heinze, RdA 1986, 273, 289 ff.; Olderog,

NZA 1985,753,758.

20

1. Teil: Problemstellung

daraus, daß in Mitbestimmungsangelegenheiten eine einverständliche und gemeinsame Entscheidung getroffen werden muß, bevor der Arbeitgeber wirksam handeln kann. Die Rechtsstellung des Betriebsrats wird in sozialen Angelegenheiten über die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung, in personellen Angelegenheiten über das Zustimmungsverweigerungsrecht und in wirtschaftlichen Angelegenheiten über die mittelbare Sanktion des Nachteilsausgleichs gewährleistet. In diesen Regelungsbereichen obliegt dem Arbeitgeber einerseits die Handlungsverpflichtung vor Durchführung einer Maßnahme und andererseits trägt er das Verhandlungsrisiko. Verhandlungsrisiko meint hier, daß der Arbeitgeber das Risiko einer gemeinsamen Entscheidungsfindung trägt. Nicht zuletzt trifft ihn darüber hinaus das Vergütungsrisiko. Das Verhandlungsrisiko belastet den Arbeitgeber um so stärker, je mehr er auf kurzfristige und am Markt orientierte Entscheidungen angewiesen ist. Zwar sieht das Betriebsverfassungsrecht einige Rechtsschutzmöglichkeiten vor; insbesondere hat es für den Fall, daß sich die Betriebspartner nicht einigen können die Einigungsstelle als betriebliche Schlichtung institutionalisiert. In der Praxis erweist sich jedoch, daß das Einigungsstellenverfahren sowie das beschleunigte Besetzungsverfahren nach § 98 ArbGG den Bedürfnissen nach kurzfristigen Regelungen nicht hinreichend Rechnung tragen kann. Unter dem Zeitaspekt ist die Kompetenzerweiterung des Betriebsrats nicht mit entsprechenden Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitgebers einhergegangen. Von daher widmet sich die Arbeit dem möglichen Anwendungsbereich der einstweilig sichernden, regelnden und feststellenden Verfügung im Rahmen der bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitgebers in sozialen Angelegenheiten i.S. des § 87 Abs. 1 BetrVG, in personellen Angelegenheiten i.S. der §§ 99 und 102 BetrVG sowie in wirtschaftlichen Angelegenheiten i.S. der §§ 111 ff. BetrVG. II. Daß es sich nicht um ein rein theoretisches Problem handelt, mögen folgende Fälle illustrieren: Fall 1 (Verpackungsfall): Das Unternehmen A stellt Verpackungsartikel unterschiedlicher Art her. Der ganz überwiegende Teil der Produktion ist dabei auf die Herstellung von "twist off'-Gläsern zur Lebensmittel Verpackung ausgerichtet. 80% dieser Produktion liefert A an das Unternehmen B, das Frischgemüse für Kleinkinder vertreibt und neben A von zwei weiteren Lieferanten mit jeweils 25 % beliefert wird. Am Dienstag abend erhält A von Β die Mitteilung, daß 10 LKW-Ladungen Gläser bis zum kommenden Montag benötigt würden, da am Sonntag Frischgemüse angeliefert werde, das innerhalb von 24 Stunden verpackt werden müsse.

§ 1 Einleitung

21

Trotz Bitten des Arbeitgebers weigert sich der Betriebsrat, Überstunden einzuführen und lehnt den von A vorgeschlagenen X als Einigungsstellenvorsitzenden ab. Kann A beim Arbeitsgericht mittels einer einstweiligen Verfügung die Einführung von Überstunden mit Erfolg beantragen, wenn er vorträgt, daß seine beiden Konkurrenten an seine Position träten, er deshalb seine diesbezügliche Produktion um 75 % absenken müßte und damit der Bestand des Betriebes gefährdet wäre, wenn er die kurzfristige Lieferung nicht erfüllen könne und hierfür entsprechende wirtschaftliche Unterlagen vorlegt ? Fall 2 (Werftfall) W ist ein mittelständisches Unternehmen der Werftindustrie und muß innerhalb des nächsten Monats ein Angebot über den Umbau oder die Reparatur eines Schiffs abgeben. Wegen des Termindrucks in der Auftragserledigung ist dies nur unter Einsatz einer weiteren, dritten Schicht für den Zeitraum von 2 Monaten realisierbar. W muß vor Abgabe seines Angebots wissen, ob der Betriebsrat einer weiteren Schicht zustimmt. Kann W, wenn der Betriebsrat die Einführung einer dritten Schicht verweigert, eine entsprechende Regelungsverfügung für den Fall der Auftragserteilung beim Arbeitsgericht beantragen ? Fall 3 (Inventurfall): In einem größeren Geschäft des Einzelhandels mit 200 Mitarbeitern ist zum Ende des Jahres die Inventur durchzuführen. Da die Geschäftsleitung das Geschäft nach Weihnachten und in der ersten Januarwoche wegen des zu erwartenden Umsatzes nicht schließen will, beantragt sie am 10. Dezember beim Betriebsrat, nachdem kurzfristig Aushilfskräfte über eine Drittfirma nicht hatten beschäftigt werden können, die Einführung von Überstunden für die erste Januarwoche. Dabei soll je Mitarbeiter pro Abteilung in dieser Woche insgesamt 8 Stunden zusätzlich gearbeitet werden. Der Betriebsrat weigert sich, mit der Geschäftsleitung darüber in Verhandlungen zu treten. Schließlich macht der Betriebsrat am 20. Dezember das Angebot, die Überstunden zu akzeptieren, wenn über den tariflichen Überstundenzuschlag hinaus ein einmaliger Betrag von 100 D M gezahlt werde. Da sich beide nicht über die Besetzung der Einigungsstelle verständigen können, leitet die Geschäftsführung am 28. Dezember beim Arbeitsgericht das Besetzungsverfahren ein. Kann die Geschäftsleitung eine einstweilige Verfügung gegen das Verhalten des Betriebsrats sowie auf Einführung der Überstunden beantragen, als sich abzeichnet, daß eine Entscheidung der Einigungsstelle nicht rechtzeitig zu erlangen ist ?

22

1. Teil: Problemstellung

Fall 4 (Kurzarbeitsfall): D betreibt einen Betrieb in der Textilindustrie und beschäftigt 400 Arbeitskräfte. Durch die allgemeine wirtschaftliche Rezession, weitere ausländische Konkurrenz und einen nicht erkannten neuen Modetrend gerät D in ganz erhebliche finanzielle Engpässe. Insbesondere finden sich für die in einer Abteilung hergestellte Oberbekleidung kaum Abnehmer. Für die dort beschäftigten 250 Arbeitnehmer will D Kurzarbeit einführen. Der Betriebsrat will dem nur zustimmen, wenn D die Differenz zwischen Kurzarbeitergeld und Nettolohn ausgleicht. Um weitere wirtschaftliche Verluste durch die starke Lohnkostenbelastung zu vermeiden, beantragt D beim Arbeitsgericht die sofortige Einführung von Kurzarbeit. Mit Erfolg ? Fall 5 (Rosenmontagsfall, nach L A G Düsseldorf LAGE § 98 ArbGG Nr. 19): Bei der X-Versicherung in Essen sind 500 Mitarbeiter angestellt. Eine Betriebsvereinbarung bestimmt den Rosenmontag als Freizeittag. Mitte Januar wurden, nachdem der Irak-Kuwait-Krieg begonnen hatte, alle Karneval s Veranstaltungen für Rosenmontag, den 11.2.1991, abgesagt. Daraufhin versuchte die X mit dem Betriebsrat eine Einigung darüber herbeizuführen, daß am Rosenmontag gearbeitet und der Freizeittag verlegt werden sollte. In seiner Sitzung Ende Januar lehnte dies der Betriebsrat ab. Ein weiterer Einigungsversuch blieb erfolglos. Hätte der Arbeitgeber nunmehr am 7.2.1991 beantragen können, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes festzustellen, daß am Rosenmontag gearbeitet werden müsse ? Fall 6 (Modernisierungsfall): Das Elektrounternehmen Τ beabsichtigt für die rationellere Bearbeitung und Fertigung von Platinen und Schaltelementen die Anschaffung zahlreicher hochmoderner Fertigungsgeräte. Zugleich soll dort die Produktion vom Zeitlohn auf Akkordlohn umgestellt werden. Für zeitgetaktete Arbeit sieht der einschlägige Tarifvertrag die Gewährung einer Zulage vor. Die zähen Verhandlungen ziehen sich über ein 3/4 Jahr hin, so daß die Lieferung der Maschinen kurz bevorsteht, ohne daß eine Einigung über die Zulage in Sicht ist. 2 Wochen vor Lieferungstermin möchte Τ wissen, ob er kurzfristig Rechtsschutz erhalten kann. Fall 7 (Personalabbaufall): Wie Fall 4. D hat eine Betriebsanalyse durchführen lassen. Sie ergab, daß sofort die Hälfte der Arbeitsplätze abgebaut werden müsse, anderenfalls würde die Kostenbelastung den Betrieb innerhalb kurzer Zeit in den Konkurs treiben. Die Betriebsanalyse enthält einen Sanierungsplan für die verbleibenden Arbeitsplätze. Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich

§ 1 Einleitung

23

scheitern jedoch an den völlig festgefahrenen Fronten, da der Betriebsrat auf dem Erhalt der Arbeitsplätze besteht. Das Einigungsstellenverfahren verspricht keinerlei Änderung der Standpunkte. Kann D beim Arbeitsgericht einen Antrag einreichen, festzustellen, daß er nicht zur Anrufung der Einigungsstelle gemäß § 112 Abs. 2 und 3 BetrVG verpflichtet sei ? In dringenden Regelungsangelegenheiten können betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung, gesetzlich vorgesehener Rechts- und Interessenschutz sowie die gesetzlich bestimmte unmittelbare oder mittelbare Handlungssperre zu einer unzumutbaren Belastung für den Arbeitgeber werden. Im Rahmen des betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzsystems sind daher die Voraussetzungen und Grenzen des einstweiligen Rechtsschutzes zu bestimmen. Ob der nunmehr vom BAG bejahte Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei mitbestimmungswidrigem Handeln des Arbeitgebers Einfluß auf sein Bedürfnis nach einstweiligem Rechtsschutz haben wird, 5 bleibt u.a. deswegen abzuwarten, weil das BAG dem möglichen Mißbrauch von Unterlassungsverfügungen entsprechend strenge Anforderungen an den Verfügungsgrund und die Interessenabwägung entgegenhält.6 III. An dieser Stelle sei auf eine vergleichbare Entwicklung im Personalvertretungsrecht hingewiesen. Hier stellt sich im Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht aus Sicht des Personalrats die Frage nach Rechtsschutzmöglichkeiten, wenn der Dienststellenleiter ein Mitbestimmungsverfahren nicht einleitet oder ein eingeleitetes Verfahren abbricht. Mangels materiellrechtlichem Unterlassungsanspruch will das BVerwG neuerdings dem Personalrat die Möglichkeit eröffnen, beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Verfügung verfahrensrechtlichen Inhalts zu beantragen, wonach der Dienststellenleiter ein Verfahren einzuleiten oder ein solches einstweilen fortzuführen habe.7 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß dem Übergewicht einer materiellen Rechtsstellung des Dienststellenleiters mit der Eröffnung einer verfahrensrechtlichen Vorgehensweise begegnet wird. Rechtlich besteht die umgekehrte Situation im Betriebsverfassungsrecht im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, da der Arbeitgeber ohne Einigung mit dem Betriebsrat nicht wirksam handeln kann. Insofern liegt auch hier die Überlegung einer verfahrensrechtlichen Lösung nahe.

5

So Bauer, ZIP 1995, 95, 100; demgegenüber zieht Walker, SAE 1995, 99, 103, eine Ausweitung der Notfallkompetenz in Erwägung. 6 BAG v. 3.5.1994, DB 1994, 2450, 2452. 7 BVerwG v. 27.7.1990, PersV 1991, S. 29 ff. Zur Problematik siehe unten § 6 V (S. 172 ff.).

24

1. Teil: Problemstellung

IV. Soweit für bestimmte Fallgestaltungen schneller arbeitsgerichtlicher Schutz zu bejahen ist, muß man sich verdeutlichen, daß die Reaktion des Arbeitgebers auf Verhaltensweisen des Betriebsrats mit den Mitteln des Rechtsstaates im Wege der einstweiligen Verfügung die ultima ratio in einer grundsätzlich auf vertrauensvolle Zusammenarbeit der Betriebspartner angelegten Betriebsverfassung (§ 2 Abs. 1 BetrVG) bleiben muß. Die psychologischen Wirkungen des "scharfen Schwerts" des Rechtsstaats und möglichen Rechtszwanges hat nicht nur Wirkung auf die konkret zu entscheidende Sachfrage, sondern auch grundsätzliche Folgen für das Betriebsklima zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Funktion dieser Arbeit setzt wie Recht allgemein auch auf eine präventive, psychologische Wirkung auf beide Betriebspartner in Kenntnis der ggf. offenstehenden Möglichkeiten einstweiligen Rechtsschutzes. Ihre sachliche Rechtfertigung findet der einstweilige Rechtsschutz gegenüber dem Betriebsrat nicht zuletzt darin, daß den Betriebsrat mit der Teilhabe an betrieblichen Entscheidungen und ihrer Mitgestaltung eine entsprechende Mitverantwortung trifft. Gerade in dringenden Fällen muß sich der Betriebsrat daran erinnern lassen. V. Im ersten Teil der Arbeit wird der Einfluß der Mitbestimmung auf marktbezogenes Handeln (§ 2) an einigen zentralen Punkten dargestellt und im zweiten Teil der Arbeit auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Gewährleistung einstweiligen Rechtsschutzes (§ 3) das derzeit nach dem BetrVG und ArbGG zur Verfügung stehende Instrumentarium im Hinblick auf die Gewährleistung rechtzeitigen Rechtsschutzes aufgezeigt (§ 4). Der dritte Teil der Arbeit widmet sich den Voraussetzungen und dem Inhalt einstweiliger Verfügungen (§ 5) sowie insbesondere dem Erfordernis eines betriebsverfassungsrechtlichen Verfügungsanspruchs und dem Inhalt einer Verfügungsentscheidung (§ 6). Vor diesem Hintergrund werden im vierten Teil die jeweiligen Anwendungsbereiche einer sichernden, regelnden und feststellenden einstweiligen Verfügung durch das Arbeitsgericht in sozialen (§ 7), personellen (§ 8) und wirtschaftlichen (§ 9) Angelegenheiten bestimmt, bevor abschließend auf die Folgewirkungen einer einstweiligen Verfügung (§ 10) und einige verfahrensrechtliche Aspekte (§11) eingegangen wird.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

25

§ 2 Umfang der Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln Um die rechtliche und faktisch-zeitliche Brisanz für den Arbeitgeber bei dringenden Entscheidungen einschätzen zu können, ist vorab die Reichweite der dem Betriebsrat zugewiesenen Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechten darzustellen sowie abweichende Konzeptionen vorhergehender gesetzlicher Regelungen oder Entwürfe aufzuzeigen. Der Betriebsrat ist danach durch die Ausprägungen des geltenden Rechts zu einem bedeutenden Machtfaktor auf betrieblicher Ebene herangewachsen. Dies rechtfertigt es, die Verantwortlichkeit des Betriebsrats und den Rechts- und Interessenschutz des Arbeitgebers abzustecken. I. Marktorientiertes Handeln als Beurteilungsmaßstab Zur Beurteilung der Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat ist der Maßstab möglicher Beeinträchtigungen zu bestimmen. Es liegt nahe auf den Begriff der unternehmerischen Entscheidung abzustellen. Der Begriff wird in unterschiedlichen Bereichen des Arbeitsrechts verwandt. Im Individualarbeitsrecht findet sich etwa im Kündigungsschutzrecht eine Verbindung zu unternehmerischen Entscheidungen bei betriebsbedingten Kündigungen. Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung vom Grundsatz der freien unternehmerischen Entscheidung aus und begrenzt die Überprüfbarkeit auf offensichtliche Unvernunft, Unsachlichkeit oder Willkür. Allein die der Entscheidung angeblich zugrunde liegenden Faktoren, wie Arbeitsmangel, Auftrags· oder Umsatzrückgang oder Automation der Produktion, werden einer gerichtlichen Kontrolle unterzogen. 1 Der Konflikt zwischen Regelungskompetenz und unternehmerischer Freiheit stellt sich auch im Rahmen des Tarifrechts, wenn die Zulässigkeit von Rationalisierungs(schutz)maßnahmen, Besetzungsregeln u.ä. zu beurteilen ist. 2 Zielgerichtet nimmt dagegen die an Rechtsform und Unternehmensgröße (§ 1 Abs. 1 MitbestG, § 1 Montan-MitbestG, § 3 MitbestErgG, §§ 76 ff. BetrVG 1952) gebundene unternehmerische Mitbestimmung entsprechenden Einfluß. 3

1 BAG v. 7.12.1978, AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; v. 30.4.1987, AP Nr. 42 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; v. 29.3.1990 AP Nr. 50 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; KR-Becker § 1 KSchG Rn. 293 ff., krit. 296 ff.; Preis, S. 216 ff.; MünchArbR-Berkowsky, § 134 Rn. 34 ff.; Otto, Einführung, S. 137 ff. 2 Ausführlich Wiedemann , RdA 1986, 231, 235 ff. 3 Einen Überblick gibt Otto, Einführung, S. 213 ff.

26

1. Teil: Problemstellung

Im Betriebsverfassungsrecht steht der Terminus der unternehmerischen Entscheidung in engem Zusammenhang mit dem Problem der Reichweite oder der Begrenzung des Mitbestimmungs- bzw. Initiativrechts des Betriebsrats im Rahmen des § 87 Abs. 1 BetrVG. 4 Die Frage geht dahin, ob das im Bereich des § 87 Abs. 1 BetrVG für den Betriebsrat grundsätzlich anerkannte Mitbestimmungs- bzw. Initiativrecht auf Herbeiführung oder Abänderung einer betrieblichen Regelung durch den Grundsatz der freien unternehmerischen Entscheidung begrenzt wird. In der Begründung zum Betriebsverfassungsgesetz heißt es dazu wörtlich: "..., ohne in die eigentlichen unternehmerischen Entscheidungen, insbesondere auf wirtschaftlichem Gebiet, einzugreifen." 5 Ob der Grundsatz durch eine Begrenzung auf formellen Arbeitsbedingungen 6, über die Auslegung der Mitbestimmungstatbestände7, über eine Einschränkung der Tatbestände auf die rein arbeitstechnischen Belange unter Außerachtlassung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit 8 , über eine Einschränkung des Initiativrechts 9 des Betriebsrats oder erst im Rahmen des billigen Ermessens der Einigungsstelle gem. § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG 1 0 zu berücksichtigen ist, ist bis heute umstritten. Das BAG 1 1

4

BAG v. 31.8.1982, AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit; Beuthien, ZfA 1988, 1, 6 ff.; ders., ZfA 1984, 1, 25 ff.; ausführlich Jahnke, S. 93 ff.; Joost, S. 174 ff., 203 f.; Kissel , ArbRGegw Bd. 30 (1993), 21, 30 ff.; Martens, RdA 1989, 164 ff.; Papier, NJW 1987, 988 ff.; Reuter, ZfA 1981, 165, 180 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 30 f., 46 ff.; Scholz, NJW 1986, 1587 ff.; GK-BetrVG5-Wiese § 87 Rn. 100 ff., 103 ff.; einen Einfluß auf unternehmerische Entscheidungen verneint Zachert, RdA 1985, 217, 221; gegen eine Begrenzung der Mitbestimmungsrechte Klebe in: in Däubler/Kittner/Klebe/ Schneider, BetrVG 4, § 87 Rn. 18, 20. Behrens, ZfA 1989, 209, 234 ff. zur ökonomischen Analyse der Mitbestimmung. 5 BT-Drucksache VI/1786 S. 31. 6 Lieb einer unveröffentlichten Habilitationsschrift von Martens, Verfahrensablauf und Entscheidungskompetenz der Einigungsstelle - Grundfragen des betrieblichen Schlichtungsrechts, 1975, folgend, ZfA 1978, 179, 185 ff.; ders., DB 1981 Beil. 17, 3 f. 7 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 46 ff., 51; ders., Anm. EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 13; Joost, S. 174 ff., 203 f., der in der Begrifflichkeit ein verbales Zufallsprodukt einer für ganz andere normative Zusammenhänge entwickelten begrifflichen Trennung sieht (S. 193 ff., 198); ders., DB 1983, 1818, 1820; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 62 ff.; Kraft, FS für Rittner, S. 285, 295 f. 8 Reuter, ZfA 1981, 174, 180 ff., 186 ff., der über § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG nur analog der Grundsätze zu § 1 Abs. 2 KSchG eine Mißbrauchskontrolle zulassen will; Schwerdtner, DB 1983, 2763, 2769. 9 GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 104; ders., Initiativrecht, S. 37ff.; Stege-Weinspach, BetrVG 7, § 87 Rn. 20 f.; LAG Baden-Württemberg v. 28.2.1980, EzA § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 4. 10 Löwisch, SAE 1983, 141 f.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 87 Rn. 2 47; tendenziell Wlotzke, BetrVG , § 87 Anm. I 2 b.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

27

und ein Teil des Schrifttums 12 gehen davon aus, daß die Mitbestimmungsrechte nicht unter dem allgemeinen Vorbehalt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit stehen, sondern die Lösung des Spannungsverhältnisses zwischen Entscheidungsfreiheit und Mitbestimmung darstellten. Die betriebsverfassungsrechtliche Diskussion leidet in erheblichem Umfang unter ihrer begrifflichen Unschärfe. 13 Ebensowenig wie die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung enthalten die Ausführungen in der Literatur Konkretisierungen darüber, was unter den "eigentlich unternehmerischen Entscheidungen"14 zu verstehen ist. Der Konflikt ist in der Widersprüchlichkeit des Gesetzes, wie er in den Regelungen zur sozialen und wirtschaftlichen Mitbestimmung zum Ausdruck kommt, angelegt.15 Nur gelegentlich werden die unternehmerischen Entscheidungen näher präzisiert: 16 Als typisch werden der Zweck des Unternehmens - Bestand, Umfang und Zielsetzung - 1 7 , die Ladenöffnungs- und Betriebsnutzungszeiten 18, sowie der Umfang der Produktion 19 genannt. Nach Beuthien sind alle Entscheidungen

11

BAG v. 31.8.1982, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 13. Im Mitbestimmmungsurteil betont das BVerfG (v. 1.3.1979, BVerfGE 50, 290, 327), daß sich die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats "regelmäßig nicht auf die unternehmerischen Grundsatzentscheidungen, sondern in erster Linie auf die Einzelheiten ihrer Ausgestaltung im Sinne einer angemessenen Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer des Betriebs" beziehen . 12

Joost, S. 174 ff.; Raiser, FS für Duden, S. 423, 426 f.; Richardi, Nw. Fn 12;

Weiss/Weyand, 13

Die

Kraft,

BetrVG 3, § 87 Rn. 9.

FS für Rittner, S. 285 ff.; Loritz, ZfA 1991, 1, 19 ff.; Tofflinger,

"untechnische

Formulierung"

von

Martens, RdA

1989,

164,

S. 36 ff.;

169

f.,

"unternehmerische Entscheidungen erstrecken sich auf Schicksalsfragen des Unternehmens, die deshalb auch von der Unternehmensführung zu verantworten sind und nicht dem rechtlich relativ freien Spiel der Kräfte auf der Ebene der betrieblichen Mitbestimmung überlassen werden dürfen", ist ebenso nichtssagend. 14

Nach Ansicht von Joost, S. 186 f. mit weiteren Hinweisen zu den Beratungen, relativiert sich die entstehungsgeschichtliche Argumentation gerade unter diesem Aspekt erheblich. 15 Vergi. Wiese, Initiativrecht, S. 37 ff. (m.w.Nw. zu den Beratungen); GK-BetrVG 4Wiese, § 87 Rn. 105. 16

Wiedemann, RdA 1986, 231, 240, will allerdings für das Tarifrecht als Testfrage

formulieren, ob udem Unternehmer die Möglichkeit eigenverantwortlichen und sinnvollen Wirtschaftens verbleibt oder ob seine Reaktionsfähigkeit auf die Lenkungsimpulse des Marktes derart beschnitten wird, daß die Tarifregelung in ihren Auswirkungen einem unmittelbaren Eingriff in den Kernbereich der unternehmerischen Zuständigkeit gleichkommt. 17 G K - B e t r - W i e s e , § 87 Rn. 105; Wiedemann, RdA 1986, 231, 236. 18

19

DietzJRichardi, DietzJRichardi,

BetrVG 6, § 87 Rn. 31, 226; GK-BetrVG 4-Wiese, § 87 Rn. 105.

BetrVG 6 , § 87 Rn. 229, 304; GK-KttiVG*-Wiese,

§ 87 Rn. 104 f.

28

1. Teil: Problemstellung

mitbestimmungsfrei, die in keinem Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Dazu gehören die Risikokapitalaufbringung, deren Verwendung, insbesondere durch Investitionen, die Unternehmensgliederung, die Absatzfreiheit, 20 Kapital, Idee, Planung und Leitung. 21 Im Rahmen dieser Arbeit ist nicht die mögliche Beschränkung von Mitbestimmungsrechten, sondern die Auswirkungen der Tatbestände auf die "unternehmerische" Tätigkeit von Interesse. Die eben angeführten, engen Kriterien, wie sie für den speziellen Zusammenhang herausgearbeitet wurden, erfassen die Einflußnahme auf den Arbeitgeber unter Rechtsschutzaspekten nicht hinreichend. Anknüpfungspunkt muß das unternehmerische Handeln sein. 22 Unternehmerisches Handeln bezeichnet nicht die Entscheidungen auf bestimmten Ebenen gesellschaftsrechtlicher Organisation. Vielmehr ist der Begriff betriebswirtschaftlich zu verstehen. Unternehmerisches Handeln zeichnet sich dadurch aus, daß jemand an einem bestimmten Markt auf eigenes Risiko und deshalb weisungsfrei und selbständig versucht, Gewinn zu erzielen, indem er unterschiedliche Faktoren auf den jeweiligen Markt hin orientiert koordiniert. 23 Grundlage für den unternehmerischen Erfolg ist das eigenverantwortliche Verhalten des Arbeitgebers am Markt. Dieses besteht im flexiblen Reagierenkönnen auf Marktveränderungen, auf geänderte Strategien von Marktkonkurrenten, auf sich wandelndes Konsumentenverhalten sowie auf veränderte Rahmenbedingungen. Die unter Rechtsschutzgesichtspunkten entscheidende Frage ist, inwieweit die einzelnen Mitbestimmungstatbestände auf das Verhalten des Arbeitgebers am Markt Einfluß zu nehmen vermögen. Einer Begrenzung des BetrVG auf nicht am Markt orientierte Entscheidungen i.S. der Regelung der innerbetrieblichen Sozialverträglichkeit steht der eindeutige Wortlaut entgegen. Die Einflußmöglichkeiten der gesetzlichen Regelungen auf marktbezogenes Handeln zeigen

20

Beuthien, ZfA 1988, 1, 8 aus der Unterscheidung von arbeits- und gesellschaftsvertraglichem Verhältnis; ähnlich Papier, NJW 1987, 991 ff.; Scholz, NJW 1986, 1587 ff. 21

22

Beuthien, ZfA 1988, 1, 17; Wöhe, S. 109.

Sinn und Aufgabe der Mitbestimmung ist nach Loritz, ZfA 1991, 1, 10, daß Mitbestimmung gerade nur im erforderlichen Umfang dort bestehe, wo Arbeitnehmerinteressen berührt seien und die Effektivität unternehmerischen Handelns nicht über das nötige Maß hinaus behindert werde. Gegen eine unternehmerische Mitbestimmung nach dem BetrVG wendet sich ausdrücklich Kissel , ArbRGegw Bd. 30 (1993), 21, 39. 23 Badura/Rittner/Rüthers, S. 190 ff. Nach Wöhe, S. 105 f., ist es "ein Charakteristikum des marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystems, daß der Unternehmer zur Erzielung eines maximalen Gewinns seinen Wirtschaftplan, d.h. seine Produktions-, Absatz- und Investitionsvolumen, und seinen Finanzplan selbst bestimmen kann".

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

29

sich am deutlichsten im Bereich der Produktions- und Personalentscheidungen sowie der Umstrukturierungsmaßnahmen. 24 II. Einflußmöglichkeiten auf marktorientiertes Handeln Die Entwicklung des Betriebsverfassungsrechts beginnt im Schrifttum in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Insbesondere Robert von Mohl wollte die durch die zunehmende Industrialisierung in Deutschland entstehenden sozialen Konflikte über Formen der Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer oder durch eigene Vertretungen ausgleichen.25 Erste Ansätze einer Arbeitnehmerbeteiligung kann man schon in den betrieblichen Unterstützungskassen seit dem 17. und 18 Jahrhundert erblicken. 26 Während der Anfang der gesetzlichen Entwicklung erst mit der Einführung freiwilliger Fabrikausschüsse durch die Novelle zur GewO von 1891 datiert werden kann und bis zum BRG 1920 im wesentlichen die gesetzliche Institutionalisierung von Arbeitnehmervertretungen zum Ziel hatte, begann die tatsächliche Beteiligung der Arbeitnehmer an betrieblichen Entscheidungen schon Mitte des 19. Jahrhunderts. 27 Inhaltlich orientierten sich die Arbeitgeber nur vereinzelt und ganz unterschiedlich 28, am Minderheitenentwurf einer Gewerbeordnung 29, wie er von Degenkolb, Veit, Becker und Lette dem volkswirtschaftlichen Ausschuß der verfassungsgebende Frankfurter Nationalversammlung 1848/49 vorgelegt worden war. 30 Der historischen Entwicklung entsprechend standen elementare Bedürfnisse der Arbeitnehmer wie die Arbeitsbedingungen, die Arbeitssicherheit oder die betriebliche Ordnung im Vordergrund. An eine Einflußnahme auf unternehmerisches Handeln war nicht zu denken.

24

Vergi. Badura/Rittner/Rüthers,

25

Dazu im einzelnen Teuteberg, S. 8 ff.; Reichold, S. 29 ff.; Klaßen, S. 48 ff.

S. 98 ff., 116 ff.

26 Ausführlich Teuteberg, S. 115 ff. Sie stellen die historische Grundlage der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG dar. 27

Böhmen, S. 441 ff.; Gamillscheg, AuR 1991, 272 ff.; Hromadka, ZfA 1979, 203 ff.; MünchArbR-v.Hoyningen-Huene, § 289 Rn. 42 f.; Joost, S. 13 ff.; Jahnke, S. 17 ff.; Klönne, S. 58 ff.; Koch, S. 4 ff., 18 ff.; Th. Nipperdey, Deutsche Geschichte, S. 361; Sternfeld, S. 41 ff.; Teuteberg, 1961; Weber, ZfA 1993, 517 ff.; Wiese, JuS 1994, 99 f. 28 Teuteberg, S. 228 ff., 254 ff.; Freese, Die konstitutionelle Fabrik. Reichold,

S. 54 ff. 29 Verhandlungen der deutschen verfassungsgebenden Nationalversammlung zu Frankfurt a.M. Hrsgg. auf Beschluß der Nationalversammlung durch die RedaktionsCommission und in deren Auftrag von K.D. Häßler, Bd. 2 Frankfurt a.M. 1848/49, S. 921 ff, 926; ausführlich Klaßen, S. 59 ff., 231 ff., der die Gewerbeordnung für das deutsche Reich sowie die einzelnen Minderheitenentwürfe behandelt; Teuteberg, S. 94 ff. Reichold, S. 47 ff. 30

Zum Handeln des Gesetzgebers Teuteberg, S. 320 ff., 335 ff. Reichold, S. 83 ff., 142 ff.

30

1. Teil: Problemstellung

Über das BRG 1920, das BetrVG 1952 zum BetrVG 1972 wurden die Beteiligungsrechte stetig und m.E. homogen ausgebaut. Im folgenden sollen die wesentlichen Gesichtspunkte, aus denen sich die Reichweite der Einflußmöglichkeiten des Betriebsrats ergibt, dargestellt werden. 1. Soziale Angelegenheiten Im Mitbestimmungskatalog des § 87 Abs. 1 BetrVG sind die gesetzlich zwingend der gleichberechtigten Teilhabe von Arbeitgeber und Betriebsrat unterworfenen Regelungstatbestände abschließend aufgeführt. Erstmals erfaßt die Mitbestimmung auch materielle Arbeitsbedingungen. 31 Über den Tatbestand der vorübergehenden Verlängerung oder Verkürzung der täglichen Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG) und die betriebliche Lohngestaltung durch Akkordund Prämiensätze hat der Betriebsrat unmittelbar Einfluß auf die Dauer der Arbeitszeit und über den Geldfaktor auf die Lohnhöhe. 32 Über die Regelung der Arbeitszeit (Nr. 2 und 3), der Betriebferien (Nr. 5), der technischen Überwachungseinrichtungen (Nr. 6), der Lohngestaltung (Nr. 10 und 11), aber auch über die Regelung der Arbeitskleidung (Nr. 1) kann der Betriebsrat Einfluß auf marktorientiertes Handeln nehmen, in dem er durch sein Vetorecht unmittelbar 33 marktbezogene Entscheidungen des Arbeitgebers verhindern bzw. verzögern oder über sein Initiativrecht selbst bewirken kann. a) Allgemeine Faktoren Den unmittelbaren Schutz der Arbeitnehmer und den mittelbaren Schutz des Beteiligungsrechte gewährleistet die heute34 und schon zum BetrVG 1952 35

31

Darunter versteht man die Bedingungen, die das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung betreffen, wie etwa Dauer der Arbeitszeit oder des Urlaubs sowie die Höhe des Entgelts, während formelle Arbeitsbedingungen die Regelungen erfassen, unter denen der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung zu erbringen hat. 32 Die h.M. vertrat zu § 56 Abs. 1 lit. g BetrVG 1952, der die Regelung der Akkordund Stücklohnsätze der Mitbestimmung unterwarf, die Auffassung, daß die Mitbestimmung allein die Zeiten, die dem Akkordansatz zugrundgelegt werden, nicht jedoch den Geldfaktor selbst erfaßte (BAG ν. 7.12.1962, AP Nr. 3 zu § 56 BetrVG Akkordlohn unter 4. der Gründe; Dietz, BetrVG 4, § 56 Rn. 27 f., 194 ff. m.w.Nw.; Hueck/NipperdeySäcker, ArbR 7 II/2, S. 1383; Neumann-Duesberg, S. 495 f. 33 Lediglich mittelbaren Einfluß auf marktbezogenes Verhalten hat der Betriebsrat, wenn rein betriebsinterne Entscheidungen (Einführung einer Sozialeinrichtung) zusätzliche Kosten verursachen und der Arbeitgeber u.a. aus diesem Grund z.B. die Preise erhöhen müßte. 34 GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 94 m.w.Nw.; Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/ Schneider, BetrVG 4, § 87 Rn. 4 ff.; krit. Hurlebaus, S. 55 ff., 81 f.; Bommermann,

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

31

ganz überwiegend anerkannte Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung. Danach ist eine mitbestimmungswidrige Maßnahme des Arbeitgebers individualrechtlich unwirksam, so daß sie von den Arbeitnehmern nicht befolgt werden muß oder ihnen ein Zurückbehaltungsrecht einräumt. 36 Der Große Senat des B A G 3 7 begründet die Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften damit, daß verhindert werden solle, daß der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweiche. Zugleich sei die Unwirksamkeit eine Sanktion für die Verletzung des Mitbestimmungsrechts. Demgegenüber gewährleistete das BetrVG 1952 marktorientiertes Handeln über die Beschränkung auf formelle Arbeitsbedingungen und die Eilfallkompetenz des Arbeitgebers. 38 Nach der h.M. bezog sich das Mitbestimmungsrecht nur auf die formellen Arbeitsbedingungen, da sich das Gesetz in seiner Grundanlage nur auf die Ordnung im Betrieb beziehe und es nicht der Aufgabe des Betriebsrats entspreche, Funktionen der Tarif- oder Arbeitsvertragsparteien wahrzunehmen. 39 Dem wurde entgegengehalten, der Betriebsrat könne nicht nur die formelle Seite einer Frage regeln, ohne auch deren materielle Folgen zu berühren. 40 Das BAG hat sich der h.M. in der Literatur unter Hinweis auf die historische Entwicklung, den Ausschluß einer Zwangsschlichtung, die Interessen der Sozialpartner und die Grundsätze des Arbeitslebens angeschlossen.41 Wie schon festgestellt, kennt das BetrVG 1972 derartige Begrenzungen nicht mehr.

S. 25 ff., 78 ff.; a.A. Richardi, Kollektivgewalt, S. 280 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 80 ff., 91 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 80 ff., 83. 35 BAG ν. 7.9.1956, AP Nr. 2 zu § 56 BetrVG; v. 1.2.1957, AP Nr. 4 zu § 56 BetrVG (3. Leitsatz); v. 25.10.1957, AP Nr. 6 zu § 56 BetrVG; Hueck/Nipperdey-Säcfer, ArbR 7 II/2, S. 1390 m.w.Nw.; Neumann-Duesberg, S. 454 f.; a.A. Dietz, BetrVG 4, § 56 Rn. 7 ff., 46 ff. m.w.Nw. 36 v.Hoyningen-Huene, DB 1987, 1426 ff.; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 94 ff. 37 V. 3.12.1991, AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung = NZA 1992, 749 ff.; BAG ν. 16.9.1986, AP Nr. 17 zu § 77 BetrVG 1972. 38 Zu den Rechtsschutzgesichtspunkten unten § 4 III 2 a (S. 49 ff.). 39 Dietz, BetrVG 4, § 56 Rn. 24; Hueck/Nipperdey-Säcker, ArbR 7 II/2, S. 1356 m.w.Nw. in Fn. 4; Neumann-Duesberg, S. 474 ff.; Nikisch, S. 375. 40 Fitting/Kraegeloh/Auffarth, BetrVG 9, Rn. 7, 7a; Farthmann, RdA 1966, 249, 253 ff. 41 BAG v. 15.1.1960, AP Nr. 3 zu § 56 BetrVG Wohlfahrtseinrichtungen; v. 15.12.1961, AP Nr. 1 und 2 zu BetrVG Arbeitszeit; v. 7.12.1962, AP Nr. 3 zu § 56 BetrVG Akkord; v. 6.12.1963, AP Nr. 6 zu § 56 BetrVG Wohlfahrtseinrichtungen.

32

1. Teil: Problemstellung

b) Beispiele Der Einfluß des Betriebsrats soll an einigen praktisch wichtigen Fallgestaltungen exemplarisch verdeutlicht werden. 42 aa) Arbeitskleidung Schon im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kann der Betriebsrat wirtschaftliche Entscheidungen durch sein Veto beeinflussen, wenn er auf die Kleidung der Mitarbeiter, die dem Image des Betriebs wie der Präsentation nach außen dienen, Einfluß nehmen kann. Soweit es um Modalitäten einer Kleiderordnung geht und die Dienstkleidung nicht zur Erfüllung der Arbeitspflicht erforderlich ist, bejaht die h.M. ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. 43 Relevant wurde die Frage im Bereich der Luftfahrt- 44 und Geldtransportunternehmen 45 , Schnellrestaurantketten 46 sowie bei Bauunternehmen 47 . bb) Lage und Dauer der Arbeitszeit Besonders deutlich wird die Reichweite der Mitbestimmungsrechte bei der Regelung der betrieblichen Arbeiszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG). 4 8 Über die Lage der Arbeitszeit wie über die vorübergehende Verlängerung oder Verkürzung nimmt der Betriebsrat auf die Erweiterung wie die Verringerung der Produktion unmittelbar Einfluß. In diesem Zusammenhang ist die umstrittene Kaufhausentscheidung des BAG für die Praxis von außerordentlicher Tragweite. 49 Nach einem Spruch der Einigungsstelle konnte ein Kaufhaus nicht mehr die nach dem Ladenschlußgesetz zulässigen Ladenöffnungszeiten ausschöpfen und befürchtete Umsatzrückgänge von 4 - 6 %.

42

Vergi, auch Badura/Rittner/Rüthers, S. 116 ff. Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 143; Fitting/A uffarth/Kaiser/H either, BetrVG 17 , § 76 Rn. 34; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 109; GK-BetrVG 4 -VW^, § 87 Rn. 148. 44 LAG Frankfurt v. 22.8.1966, DB 1967, 251 f.; LAG Köln v. 8.6.1988, LAGE § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Ordnung Nr. 5 = DB 1989, 684 f.; BAG ν. 8.8.1989, AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebes. 45 ArbG Mannheim v. 16.2.1989, BB 1989, 1201. 46 ArbG Frankfurt v. 8.8.1988, AiB 1989, 177. 47 BAG ν. 1.12.1992, AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Ordnung des Betriebs. 48 Dazu Otto, NZA 1992, 97 ff. 49 V. 31.8.1982, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 13 m. abl. Anm. v. Richardi = AP Nr. 8 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit m. abl. Anm. v. Rath-Glawatz = SAE 1983, 134, 142 m. krit. Anm. v. Löwisch. 43

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

33

Das BAG führt in seinem markanten Leitsatz aus: "Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats stehen nicht unter dem allgemeinen Vorbehalt, daß durch sie nicht in die unternehmerische Entscheidungsfreiheit eingegriffen werden dürfe." In der eingehend begründeten Entscheidung stellt das Gericht primär darauf ab, daß die Normierung von Mitbestimmungsrechten durch den Gesetzgeber den Eingriff in die Unternehmensfreiheit bedeute und insoweit auch dessen Zulässigkeit begründe. Der Gesetzgeber selbst habe mit seiner Regelung den Wertungswiderspruch aufgelöst, so daß die Grenzen der Mitbestimmungstatbestände aus anderen gesetzlichen Vorschriften, der Systematik und dem Sinnzusammenhang zu entnehmen seien.50 Dabei vernachlässigt das BAG, daß die Regelung der Öffnungszeiten im Einzelhandel sowie im Dienstleistungsgewerbe im Gegensatz zur Güterproduktion aufgrund des Publikumsverkehrs, an dessen Bedürfnissen sich der Unternehmer orientieren muß, ganz elementare Bedeutung und entscheidende Auswirkungen auf das unternehmerische Handeln hat. 51 Der Umsatz, die Marktstellung wie das Image des Unternehmens verlangen entsprechende wirtschaftliche Flexibilität. 52 Vergleichbaren Einfluß auf den Produktionsumfang erhält der Betriebsrat schon durch sein Vetorecht bei Einführung von weiteren Schichten, 53 Kurzarbeit oder Überstunden, wobei er über das "ob" und "in welchem Umfang" der Arbeitszeitregelung mitzubestimmen hat. 54

50

Daneben sei ein Bereich der eigentlich unternehmerischen Entscheidungen nicht zuverlässig abgrenzbar. Einer Argumentation aus § 111 BetrVG hält das BAG entgegen, daß sich das Gesetz selbst aufheben würde, könnten gewährte Rechte im Hinblick auf die §§ 111 ff. BetrVG wieder eingeschränkt werden. 51 Es hat den Anschein, als habe sich die Praxis mit dem Zustand abgefunden (Anzinger/Koberski, NZA 1989, 737 ff.) und suche deshalb nach anderen Wegen, etwa über die freiwillige Beschäftigung von Arbeitnehmern am Dienstleistungsabend CAnzinger/Koberski, NZA 1989, 737 ff.; Löwisch, NZA 1989, 959 f.; zu einer entsprechenden Betriebsvereinbarung über den freiwilligen Einsatz von Mitarbeitern LAG Hamm v. 20.11.1990, LAGE § 77 BetrVG Nr. 11). Zu tarifvertraglichen Regelungen bei Wettbewerbsnachteilen Anzinger/Koberski, NZA 1989, 737, 743. 52 Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 175; Joost, DB 1983, 1818, 1820; Kraft, FS für Rittner, S. 285, 298 f.; ders. ZfA 1995, 419, 426 f.; Lieb, DB 1981 Beil. 17, 3; Löwisch, SAE 1983, 141, 142 f.; Schwerdtner, DB 1983, 2763, 2768 f. 53 MünchArbR-Matthes, § 326 Rn. 59 f.; Otto, NZA 1992, 97, 98; BAG ν. 28.10.1986, AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 19.2.1991, AP Nr. 25 zu § 95 BetrVG 1972; a.A. Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 171 f.; RathGlawatz, Anm. AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Schwerdtner, DB 1983, 2763, 2770. 54 BAG ν. 5.3.1974, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 244; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 248 m.w.Nw. 3 Schwonberg

34

1. Teil: Problemstellung

Einen weiteren Schritt von der Beeinflussung zur Lenkung unternehmerischer Maßnahmen stellt es dar, wenn dem Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung von Kurzarbeit zugebilligt wird. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Literatur seit der Entscheidung des BAG vom 4.3.1986 lebhaft umstritten. 55 Das BAG bejaht ein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung von Kurzarbeit aus der Entstehungsgeschichte sowie dem Sinn und Zweck der Mitbestimmung, der auch im Arbeitsplatzschutz der im Betrieb bestehenden Arbeitsverhältnisse bestehe. Wiese wirft dem BAG vor, es habe den vom Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, nicht in die eigentlich unternehmerischen Entscheidungen eingreifen zu wollen, mißachtet. Über das Mitbestimmungsrecht sollte dem Betriebsrat kein Einfluß auf den Produktionsumfang eröffnet werden. 56 Nach Richardi stehen sich Verhinderung wie Einführung von Kurzarbeit gleich; die Entscheidung über den Produktionsumfang sei jedoch eine dem Tatbestand vorgelagerte Entscheidung.57 Es gehört nicht zu den Funktionen des Betriebsrats, lenkend und marktorientiert die Geschicke des Betriebs mitzugestalten. Vor diesem Hintergrund läßt sich das Problem nur über die Abwägung der gegenseitigen Belange nach § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG unter angemessener Berücksichtigung der marktbezogenen wirtschaftlichen Entscheidungen des Arbeitgebers lösen. Sowohl die Verhinderung von Überstunden wie die Einführung von Kurzarbeit auf Initiative des Betriebsrats beeinflussen den Produktionsumfang für den Arbeitgeber in qualitativ gleicher Weise. Nach Richardi müßte die dem Tatbestand vorgelagerte mitbestimmungsfreie Entscheidung über den Produktionsumfang auch für Überstunden gelten. Auch Betriebsferienregelungen beeinflußen den Produktionsumfang wie das Marktverhalten des Arbeitgebers, das er an den jeweiligen Kundeninteressen ausrichtet. Zwar befürwortet die h.M. in diesem Zusammenhang eine Einschränkung des Initiativrechts. 58 Jedoch kann der Betriebsrat Betriebsferien

55

AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit mit abl. Anm. v. Wiese = EzA § 87 BetrVG Arbeitszeit Nr. 17; GK-BetrVG*-Wiese, § 87 Rn. 254 mit umfassenden Nw. zum Meinungsstand. 56 GK-BetrVG 4-Me5e, § 87 Rn. 255; ders., Anm. zu AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit; ders., Intiativrecht, S. 42 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 175; Kraft, FS für Rittner, S. 285, 300; Otto, NZA 1992, 97, 100; ArbG Braunschweig v. 16.3.1983, DB 1984, 672. 57 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 249, 51. 58 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 305; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 4 Rn. 273; GK-BetrVG -Wiese, § 87 Rn. 320; a.A. Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 87 Rn. 59; MünchArbR-Afatt/iey, § 329 Rn. 22.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

35

mittels des Vetorechts zumindest verzögern, so daß der Arbeitgeber auf den Weg über die Einigungsstelle verwiesen ist. cc) Technische Überwachungseinrichtungen Nach der Produktographen-Entscheidung des B A G 5 9 hat § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG die Mitbestimmung auf die Einführung technischer Überwachungseinrichtungen ausgeweitet. Der Arbeitnehmer soll vor nicht wahrnehmbaren Eingriffen in sein Persönlichkeitsrecht geschützt werden. Die Koppelung von sozialem Schutz und Verhinderung der konkreten Maßnahme eröffnet weite Einflußmöglichkeiten auf investive wie innovative Entscheidungen. Schon frühzeitig hat das BAG den Begriff der Bestimmung i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG weit gefaßt, so daß allein die objektive Eignung und tatsächliche Verwendung einer technischen Einrichtung, nicht jedoch subjektive Vorstellungen des Arbeitgebers maßgeblich sind. 60 Eine Überwachung bejaht es, wenn die Individualisierbarkeit der Daten einer Gruppe auf den einzelnen durchschlägt. 61 Da auch die technische Auswertung gewonnener Daten mittels Personalinformationssystemen der Mitbestimmung unterliegt, 62 erfaßt die Mitbestimmung 63 alle neueren Technologien, sofern sie Verhaltens- oder leistungsbezogene Daten ermitteln, speichern oder verarbeiten können. 64 dd) Lohngestaltung Schließlich erlaubt § 87 Abs. 1 Nr. 10 und 11 BetrVG dem Betriebsrat, innerbetriebliche Anreizsysteme aktiv mitzugestalten. Der Wechsel von Zeit- auf Leistungslohn hat ohne Zweifel Konsequenzen für die Produktionsmenge und damit für die Produktionskosten.

59

V. 27.5.1960, AP Nr. 1 zu § 56 BetrVG Ordnung des Betriebes; zum Interessengegensatz Kissel , ArbRGegw Bd. 30 (1993), 21, 28 f. Bei hoheitlicher Anordnung besteht ein Mitbestimmungsrecht nicht (BVerfG v. 22.8.1994, NZA 1995, 129). 60 BAG ν. 9.9.1975, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; GK-BetrVG 4Wiese, § 87 Rn. 355 ff. 61

BAG ν. 18.2.1986, AP Nr. 13 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; v. 26.7.1994 AP Nr. 26 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung (zur Gruppe); v. 8. 11.1994, NZA 1995, 313; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 385 f. 62 BAG ν. 14.9.1984, AP Nr. 9 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung. 63 Aus dem Schutzzweck der Norm wird ein Initiativrecht auf Einführung technischer Überwachungseinrichtungen abgelehnt BAG ν. 28.11.1989, AP Nr. 4 zu § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 403; Fitting/Auffarth/Kaiser/H either, BetrVG 17, § 87 Rn. 77 c. 64 Vergi, die Übersicht bei GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 388 f.

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1. Teil: Problemstellung

Trotz finanzieller Mehrbelastungen und der Auswirkungen auf den Produktionsumfang geht die wohl h.M. 6 5 von einem Initiativrecht aus und verweist den Arbeitgeber auf andere Maßnahmen. 66 Dem wird entgegengehalten, daß dies einen Eingriff in den unternehmerisch-wirtschaftlichen Bereich darstelle und vom Schutzzweck her nichts mit der Entgeltfindung und -gerechtigkeit zu tun habe. 67 Letztlich führt die Mitbestimmung über den Geldfaktor in § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG zur einer Einflußnahme auf die Kostenbelastung des Arbeitgebers, da der Geldfaktor den Preis der Arbeit bestimmt. 68 2. Personelle Angelegenheiten Bei den personellen Angelegenheiten stehen die sonstigen personellen Einzelmaßnahmen (§ 99 BetrVG) und die Kündigung (§ 102 BetrVG) im Vordergrund. Gegen Einstellungen gewährte § 61 Abs. 1 und 3 BetrVG 1952 ein abschließend und eng gefaßtes Einspruchsrecht 69 , wobei die Handlungsinitiative dem Betriebsrat oblag. Die stattgebende arbeitsgerichtliche Entscheidung führte zur Beendigung des vorläufigen Arbeitsverhältnisses (§ 62 Abs. 1, 63 BetrVG 1952). 70 Demgegenüber lastet § 99 Abs. 3 und 4 BetrVG dem Arbeitgeber die Handlungsinitiative insofern auf, als er beim Widerspruch des Betriebsrats das Zustimmungsersetzungverfahren sowie bei vorläufigen personellen Maßnahmen 71 das Verfahren nach § 100 Abs. 2 BetrVG betreiben muß.

65

GK-BetrVG4-Mé?Jé?, § 87 Rn. 686 m.w.Nw.; ders., Initiativrecht, S. 59 ff.; Münch ArbR-Matthes, § 333 Rn. 86; BAG ν. 14.11.1974, EzA § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 10 = AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 bejaht grundsätzlich ein Initiativrecht, ließ aber offen, ob sich dies auch auf die lohnpolitischen Entscheidungen beziehe. 66 Verkürzung der Arbeitszeit, Verringerung des Personals durch Kündigung oder aber durch Modifikationen des Entlohnungssystems. 67 Hess/Schlochauer/Glaubitz·, BetrVG 4, § 87 Rn. 516; MünchArbR-Matthes, § 333 Rn. 86 f.; Stege/Weinspach, BetrVG 7, § 87 Rn. 78; LAG Düsseldorf v. 17.7.1973, EzA § 87 BetrVG 1972 Initiativrecht Nr. 1. 68 BAG ν. 13.9.1983, AP Nr. 3 zu § 87 BetrVG 1972 Prämie; MünchArbR-Matthes, § 333 Rn. 75; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 717 m.w.Nw.; a.A. Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 591 ff., da der Geldfaktor im Rahmen eines vorgegebenen Akkordrichtsatzes liegen müsse. 69 Dietz, BetrVG 4, § 61 Rn. 25a. 70 Während der Gruppenrat gemäß §§80 ff. BRG 1920 gegen eine richtlinienwidrige Kündigung vorgehen konnte, fehlte ihm jedoch die gerichtliche Durchsetzungsmöglichkeit (Kaskel/Dersch, S. 163; Flatow/Kahn-Freund, § 83 Anm. 3). 71 Zu den Rechtsschutzmöglichkeiten vergi. BAG v. 3.5.1994, NZA 1995, 484; dazu unten § 4 II 2 (S. 62 f.).

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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Das Anhörungsrecht, das in § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Wirksamkeitsvoraussetzung erweitert wurde, 72 stellt keine relevante Einwirkung auf marktorientiertes Handeln dar. Zu erheblichen Auswirkungen auf marktbezogenes Handeln führt die Rechtsprechung des BAG zum Einstellungs- und Versetzungsbegriff. 73 Dem Versuch der Unternehmer, das Einstellungsrisiko durch den vermehrten Einsatz von Drittfirmen im Betrieb zu umgehen, trat das BAG mitbestimmungsrechtlich dadurch entgegen, daß es unabhängig vom Abschluß eines Arbeitsvertrages für die Einstellung entscheidend auf die Eingliederung in den Betrieb, die Weisungsgebundenheit und die Erfüllung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs abstellt.74 Auf der anderen Seite kann der Betriebsrat nicht über § 99 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG verlangen, daß die einer personellen Einzelmaßnahme zugrundeliegende unternehmerische Entscheidung - etwa die Schließung einer Abteilung - rückgängig gemacht wird. 75 3. Wirtschaftliche Angelegenheiten Schon das BetrVG 1952 kannte in den §§ 72 ff. ein mehrphasiges Verständigungsverfahren. Nunmehr unterscheidet das BetrVG in § 112 zwischen dem nicht erzwingbaren Interessenausgleich76 und dem über die Einigungsstelle erzwingbaren Sozialplan, durch den die nachteiligen Folgen einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer abgemildert werden sollen. Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung "sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten" (§112 Abs. 5 BetrVG). An der Umsetzung seiner Entscheidung ist der Unternehmer weiterhin 72

Zum Streit unter Geltung des BetrVG 1952 Dietz, BetrVG4, § 66 Rn. 11 ff.; Hueck/Nipperdey-Säcfer, ArbR 7 II/2, S. 1434 ff.; BAG ν. 15.9.1954, AP Nr. 1 zu § 66 BetrVG; v. 18.3.1965, AP Nr. 24 zu § 66 BetrVG; a.A. Fitting/Auffarth/Kraegeloh, BetrVG9, § 66 Rn. 14. 73 BAG ν. 7.8.1990, AP Nr. 82 zu § 99 BetrVG 1972; v. 28.4.1992, AP Nr. 98 zu § 99 BetrVG 1972. 74 Das entspricht der gesetzlichen Regelung in § 14 Abs. 3 AÜG. BAG ν. 15.4.1986, AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972; v. 12.7.1988, AP Nr. 54 zu § 99 BetrVG 1972; v. 28.9.1988, AP Nr. 60 zu § 99 BetrVG 1972; v. 1.8.1989, AP Nr. 68 zu § 99 BetrVG 1972; v. 15.2.1992, DB 1993, 889 f.; ausführlich Hunold, NZA 1990, 461 ff.; Leisten, BB 1992, 266 ff.; Kittner in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG3, § 99 Rn. 37 ff., 57 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG4, § 99 Rn. 15 ff. 75 BAG ν. 10.8.1993, NZA 1994, 187, 190. Nach BAG ν. 28.6.1994, NZA 1995, 387, ist § 99 Abs. 2 BetrVG gerade kein Instrument zur umfassenden Vertragsinhaltskontrolle, sondern dient vorrangig kollektiven Interessen. 76 Zur Einflußnahme des Betriebsrats auf die dem § 111 BetrVG vorgegebenen "unternehmenspolitischen Entscheidungen" Kissel, ArbRGegw Bd. 30 (1993), 21, 39 f.

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1. Teil: Problemstellung

nicht gehindert, 77 wobei an die Stelle des Entschädigungsanspruchs nach § 74 BetrVG 1952 der Anspruch auf Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs. 1 und 3 BetrVG trat. Das BetrVG 1952 und der Regierungsentwurf zum BetrVG 1972 78 verfolgten gegenüber dem geltenden Recht abweichende Konzeptionen: In § 72 Abs. 1 BetrVG 1952 stand die Änderung des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen unter dem Vorbehalt, daß diese "nicht offensichtlich auf einer Veränderung der Marktlage beruhen" (lit. d) und die Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden unter dem Vorbehalt, "nicht offensichtlich dem technischen Fortschritt (zu) entsprechen oder (zu) dienen" (lit. e). Damit waren wesentliche Betriebsänderungen unter einen "Marktvorbehalt" gestellt. 79 Die Anpassung alter Fertigungsverfahren an den neuen technischen Standard, aber auch die innovative Bedeutung Schloß die Mitbestimmung aus, sofern sie offensichtlich war. 80 Das hatte zur Folge, daß ein großer Teil der unternehmerischen Entscheidungen, wie Automatisierungen oder Rationalisierungen, nach dem Gesetzeswortlaut nicht der Mitbestimmung unterlag. 81 Der Wortlaut erfuhr indes durch die Rechtsprechung des BAG eine für die Praxis gravierende Einschränkung: Im Fall der Konkurrenz mehrerer Tatbestandsvarianten setzte sich jeweils die Mitbestimmung durch. Wegen des Ausnahmecharakters der Einschränkungen des Markterfordernisses sollten zugleich andere Tatbestandsalternativen aufgrund des sozialen Schutzgedankens nicht verdrängt werden. 82 Für die Fälle, in denen eine Anpassung an den Markt oder den technischen Fortschritt zugleich zu einer Einschränkung oder Stillegung des Betriebes führte, war das Mitbestimmungsrecht daher nicht verdrängt, so daß Rationalisierungen und Automatisierungen weiterhin der Mitbestimmung unterlagen. Bemerkenswert ist abschließend, daß die Rechtsstreitigkeiten nicht den Begriff der "Offensichtlichkeit" i.S. von § 72 Abs. 1 lit. d oder e BetrVG 1952, sondern überwiegend Verfahren betrafen, in denen der Arbeitgeber das Einigungsverfahren mit dem Betriebsrat nicht begonnen oder aber nach Aufnahme

77 GK-BetrVG4-Fabricius, § 113 Rn. 356; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 111 Rn. 119; Galperin/Löwisch, BetrVG 5, § 111 Rn. 46. 78 BR-Drucksache v. 18.12.1970, 715/70, Entwurf eomes Betriebsverfassungsgesetzes. 79

80

Galperin, DB 1952, 804, 805.

Hierfür trug der Arbeitgeber die Beweislast CDietz, BetrVG 4, § 72 Rn. 33a, 36.; Döring, BlStSozArbR 1965, 350, 351). 81 So Döring, BlStSozArbR 1965, 350, 351; Wolterek, AuR 1967, 6, 10; Hueck/Nipperdey-Sädter, ArbR 7 II/2, S. 1475 f. 82 BAG v. 29.2.1972, AP Nr. 9 zu § 72 BetrVG.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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vor Abschluß des Verfahrens wieder abgebrochen hatte. Das BAG verpflichtete den Arbeitgeber, mit der Durchführung der Betriebsänderung bis zum Abschluß des Einigungsverfahrens spätestens vor der Vermittlungsstelle zu warten. 83 Hielt der Arbeitgeber das möglicherweise langwierige Verfahren nicht ein oder führte er es überhaupt nicht durch 8 4 , entkam er der Entschädigungspflicht nur, wenn ein zwingender Grund i.S. des § 74 BetrVG 1952 vorlag. 85 Der Regierungsentwurf zum BetrVG 1972 wollte nicht auf katalogmäßig erfaßte Betriebsänderungen, sondern auf wesentliche Nachteile für eine festgelegte Arbeitnehmerzahl (§111 Abs. 1 BetrVG) abstellen. Diese tatbestandliche Weiterung gegenüber dem bisher geltenden Recht machte es erforderlich, solche Maßnahmen aus einer Beteiligung herauszunehmen, die Folge normaler konjunktureller Schwankungen oder der wirtschaftlichen Lage des Betriebes waren. Dem trug der Regierungsentwurf mit der Begrenzung des Beteiligungsrechts durch § 111 Abs. 2 Satz 2 RegEntw. Rechnung, wonach die Mitbestimmung nach Maßgabe des § 112 RegEntw. nicht galt, "wenn Maßnahmen durch nicht geplante Einschränkungen der Beschäftigungsmöglichkeiten im Betrieb insbesondere auf Grund einer Veränderung der Auftragslage oder der wirtschaftlichen Lage des Betriebs bedingt" waren. 86 Der Entwurf erkannte über die Auftragslage die enge Beziehung personeller Maßnahmen zum Markt wie auch die Entwicklungsfähigkeit und Verhaltensmöglichkeit am Markt als relevante wirtschaftliche Kriterien an. 87 Der reine Personalabbau wird nach geltendem Recht über § 111 Satz 2 Nr. 1 BetrVG als Betriebsänderung erfaßt. Das BAG lehnt eine Unterscheidung zwischen sachlichen und personellen Mitteln ab und hält die Betriebskapazität für maßgeblich.88 Da es sich aber um erhebliche Nachteile infolge der Betriebsän-

83 BAG ν. 10.6.1969, AP Nr. 6 zu § 72 BetrVG; v. 20.11.1970, AP Nr. 7 zu § 72 BetrVG. 84 Zwar galt die Sanktion nach dem Gesetzeswortlaut nur dann, wenn der Arbeitgeber von einer Einigung oder einem Einigungsvorschlag abgewichen war, fand aber nach dem BAG ν. 20.1.1961, AP Nr. 2 zu § 72 BetrVG 1952, entsprechende Anwendung CDietz, BetrVG 4, § 74 Rn. 11 m.w.Nw.). 85 Ein solch wichtiger Grund wurde erst angenommen, wenn "vom Standpunkt eines verantwortungsbewußten Unternehmers dieser eigentlich nicht anders handeln konnte" (Dietz, BetrVG 4, § 74 Rn. 8; Fitting/Kraegeloh/Auffarth, BetrVG 9, § 74 Rn. 5; 4 Galp er in/Sieb ert, BetrVG , § 74 Rn. 24 ff.; weiter Nikisch, S. 533 f.). 86 BR-Drucksache 715/70, S. 23, 54. 87 Der Ausschuß für Arbeits- und Sozialordnung hielt in seinem abschließenden Bericht das Korrektiv des Mitbestimmungs-tatbestandes für zu unbestimmt und zu weitgehend (Ausschußbericht BT-Drucksache VI/2729, S. 32; Dietz/Richardi, BetrVG 5 § 111 Rz. 3). 88 BAG v. 22.5.1979, AP Nr. 3 und 4 zu § 111 BetrVG 1972.

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1. Teil: Problemstellung

derung handeln müsse, sei eine große Zahl betroffener Arbeitnehmer erforderlich. 89 Der erzwingbare Sozialplan hat aufgrund der finanziellen Leistungen erhebliche Auswirkungen auf die unternehmerische Entscheidung bezüglich einer Betriebsänderung. 90 In einer angespannten wirtschaftlichen Phase sind für Umstrukturierungen erhebliche finanzielle Mittel erforderlich, die jedoch durch den Sozialplan selbst gebunden würden; 91 für die Arbeitnehmer ist er wegen seiner Ausgleichs- oder Vorsorgefunktion in Form der Abfindungsbeträge von starkem Interesse. 92 Welche wirtschaftliche Bedeutung dem Sozialplan praktisch zugemessen wird, läßt sich an den Problemen des Wiederaufbaus der Wirtschaft in den neuen Bundesländern erkennen. Hier sahen sich die Treuhandanstalt, der DGB und die DAG zu einer "Richtlinie zu Sozialplänen in den neuen Bundesländern" 93 veranlaßt, in der sie Grundsätze für die Gestaltung von Interessenausgleich und Sozialplan aufstellen. 94 Abweichend vom BetrVG werden Höchstgrenzen des Sozialplanvolumens (4 Monatsbruttoeinkommen aller betroffener

89

Als Richtschnur für die Praxis dient die Orientierung an den Quoren des § 17 KSchG für die Anzeigepflicht von Massenentlassungen. In Großbetrieben müsse aber mindestens ein Anteil von 5 % der Arbeitnehmerschaft betroffen sein. Bestätigt durch BAG v. 2.8.1983, AP Nr. 12 zu § 111 BetrVG 1972, und v. 6.12.1988, AP Nr. 26 zu §111 BetrVG. Dietz/Richardi, BetrVG6, § 111 Rn. 44 ff.; Fitting/Auffarth/Kaiser/ 16 Heither, BetrVG , § 111 Rn. 19 f.; krit. zur Argumentation GK-BetrVG A-Fabricius, §111 Rn. 155 ff.; offen Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG4, § 111 Rz. 39 ff.; abl. Reuter, SAE 1980, 96 ff., der meint, der Gesetzgeber habe die Rechtslage zum BetrVG 1952 in seinen Willen aufgenommen. 90 Vergi, die Untersuchungen von Vogt, S. 131 ff., 150 ff.; Hemmer, Der Arbeitgeber 1988, 913 ff. 91 Aus ökonomischer Sicht Schellhaß, ZfA 1989, 167 ff., der besonders auf die betriebswirtschaftlichen Unsicherheiten der erst später entstehenden Sozialplankosten hinweist. Zur Regelung des § 112 a BetrVG Otto, ZfA 1985, 71, 73 ff. 92 Ob der Sozialplan neben der Ausgleichsfunktion auch eine Vorsorgefunktion zugunsten der Arbeitnehmer hat, ist umstritten und hat Bedeutung für die im Sozialplan auszugleichenden Nachteile der Arbeitnehmer (BAG ν. 23.4.1985, AP Nr. 26 zu § 112 BetrVG 1972; Dietz/Richardi, BetrVG6, § 112 Rn. 27 m.w.Nw., 55 ff.; Fitting/. Auffarth/ Kaiser/Heither, 93

BetrVG 1 7 , § 112 Rn. 19; v.Hoyningen-Huene, RdA 1986, 102, 103 f.).

RdA 1991, 289 ff.; dazu BAG ν. 21.4.1993, BB 1993, 2238; Däubler in: Däubler/ Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG4, §§ 112, 112aRn. 121 ff. m.w.Nw. 94 Wie schon die Bezeichnung deutlich macht, handelt es sich nicht um eine den jeweiligen Betriebsrat oder Arbeitgeber bindende Vereinbarung.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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Arbeitnehmer) und gestaffelte Höchstgrenzen für Abfindungsbeträge vorgeschlagen.95 Die Auswirkungen der Beteiligung des Betriebsrats zeigen sich neben den tatbestandlichen Aspekten in den verfahrensrechtlichen Anforderungen des BAG, auf die jedoch allein unter Rechtsschutzgesichtspunkten einzugehen ist. 96 Die Stellung des Betriebsrats ist jedoch erheblich erweitert, wenn ihm in wirtschaftlichen Angelegenheiten und damit im Kernbereich unternehmerischen Handelns ein Initiativrecht eingeräumt wird, wie dies § 14 SpTrUG vorsieht. 97 Danach kann auch der Betriebsrat vom Vertretungsorgan der jeweiligen Gesellschaft zwingend verlangen, daß er der Treuhandanstalt die Abspaltung eines Betriebes oder eines Betriebsteils vorschlägt und einen Spaltungsplan erstellt. 4. Erweiterung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats durch Tarifvertrag Die Rechtsstellung des Betriebsrats ist nur dann richtig einzuschätzen, wenn die tarifvertraglichen Regelungen einbezogen werden, die eine Regelungsbefugnis des Betriebsrats begründen oder wieder eröffnen. Dies kann durch Bestimmungsklauseln, nach denen den Betriebspartnern im Rahmen einer vorgegebenen Rahmenregelung die Detailregelung zugewiesen wird, 98 und durch Öffnungsklauseln 99, die die Tarifsperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG beseitigen (§ 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG), geschehen. Im sog. Leberkompromiß verlagerten die Tarifpartner die kollektive Regelung über die Dauer der Arbeitszeit auf die betriebliche Ebene und begründeten originär eine neue Regelungskompetenz.1(X) In der Diskussion wurde unter anderem auch auf den Schutz der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit abgestellt. 101 Restriktiv löst Beuthien die "offene Wertungsfrage" 102 , wenn er die

95 Unter I 4 der Richtlinie. Weiterhin verpflichtet sich die Treuhandanstalt zu Zweckzuwendungen, soweit in Betrieben aus wirtschaftlichen Gründen ein Sozialplan nicht vereinbart werden kann. 96 Dazu ausführlich § 9 IV 1 (S. 309 ff.); BAG ν. 18.12.1984, AP Nr. 11 zu § 113 BetrVG 1972. 97 Gesetz über die Spaltung der von der Treuhand verwalteten Unternehmen (SpTrUG) v. 5.4.1991, BGBl. I, S. 854 ff.; dazu Kissel, ArbRGegw Bd. 30 (1993), 21, 43. 98 GK-BetrVG4-/fowfc, § 77 Rn. 123 ff. 99 GK-BetrVG4-A>ewiz, § 77 Rn. 137 m.w.Nw. 100 Dazu Schwarze, S. 113 ff., 122 ff. m.w.Nw.; v.Hoyningen-Huene/Meier-Krenz, ZfA 1988, 293, 306 ff. m.w.Nw.; Buchner, DB 1985, 913 ff. 101 Beuthien, ZfA 1986, 131, 141 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG6, § 111 Rn. 5; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 1 Rn. 133; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG4, vor § 1 Rn. 71; Meier-Krenz, DB 1988, 2149, 2152; Wiedemann/Stumpf, § 1 Rn. 253 ff., 256.

1. Teil: Problemstellung

42

Reichweite der Tarifautonomie in betriebsverfassungsrechtlichen Angelegenheiten auf die der Betriebsautonomie beschränkt. 103 Da der Tarifvertrag dem Betriebsrat nicht mehr verschaffen dürfe, als ihm schon nach den Grenzen des BetrVG zustehe, hätten sich die Regelungen an die Wertungen der §§106 ff. BetrVG zu halten, so daß unternehmerischwirtschaftliche Entscheidungen durch den Betriebsrat nicht verhindert werden könnten. Die Teilhabe an unternehmerischen Rationalisierungsentscheidungen oder an Personalplanungsentscheidungen über den Rahmen der §§ 92 ff. BetrVG hinaus sei unzulässig. 104 V. Hoyningen-Huene und Meier-Krenz sehen die Grenze der tarifvertraglichen Erweiterung der Mitbestimmungsrechte im Hinblick auf unternehmerische Entscheidungen in der Regelungskompetenz der Tarifvertragsparteien auf dem Gebiet der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Als reine Wirtschaftsbedingungen könnten die Produktion, der Absatz oder Betriebsänderungen nicht unter die Mitbestimmung des Betriebsrats fallen. 105 Demgegenüber sieht Schwarze die Grundrechtsposition des Arbeitgebers solange nicht als verletzt an, wie die Berücksichtigung der Arbeitgeberinteressen durch die Schlichtungsentscheidung der Einigungsstelle gewahrt sei, so daß Mitbestimmungsrechte bei der Personalplanung, der Einführung neuer Produktionsverfahren oder der Betriebsstillegung möglich seien. 106 Neben dieser aktuellen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Einbeziehung von Außenseitern unter einen Tarifvertrag problematischen Regelung, gibt es zahlreiche weitere Bereiche, in denen die Tarifjpartner Kompetenzen auf die Betriebsebene verlagern. Der Schwerpunkt dieser tariflichen Erweiterungen betrifft Unterrichtungs- und andere Mitwirkungsrechte (77,2% der Regelungen). Die Erweiterung der echten Mitbestimmungsrechte tritt demgegenüber in den Hintergrund. 107 Spilger kommt abschließend zu dem Ergebnis, daß die unternehmerischen Leitentscheidungen weiterhin unberührt blieben. 108 Der Streit macht deutlich, daß tarifvertragliche Regelungen der Mitbestimmungsrechte die Einflußmöglichkeiten des Betriebsrats auf marktorientiertes Handeln erweitern. 102 103

104 105

106

Beuthien, ZfA 1986, 139, 141. Beuthien, ZfA 1986, 131, 141 ff.

Beuthien, ZfA 1986, 144, 147 f.; dazu Schwarze, S. 116. ZfA 1988, 293, 313 ff.; Meier-Krenz,

DB 1988, 2149, 2152 f.

S. 118 ff. 1()7 Es finden sich Regelungen über Arbeitszeit, Eil- und Notfälle, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, Fragen der betrieblichen Lohngestaltung sowie Ankündigungsfristen für Kurzarbeit (Spilger, S. 136). Die Zustimmungsverweigerungsgründe gem. § 99 Abs. 2 BetrVG werden erweitert und die Kündigung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht (S. 186 ff., 188). In wirtschaftlichen Angelegenheiten nehmen die Tarifvertragsparteien die Anforderungen an eine Betriebsänderung zurück (S. 192 ff.). 108

Spilger, S. 204.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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5. Kompetenzzuwachs durch Bestrebungen zum Europäischen Betriebsrat (EBR) Ergänzt werden muß die nationalstaatliche Rechtslage durch eine Betrachtung der Entwicklungen im Recht der Europäischen Sozialunion. Die zunehmende Tendenz in größeren Unternehmen, sich in Konzernstrukturen europaweit zu organisieren 1()9 , kann die staatliche Regelung über Arbeitnehmerbeteiligungen leerlaufen lassen, 110 indem wichtige wirtschaftlichen Entscheidungen in einem Mitgliedsstaat ohne entsprechende gesetzliche Regelung getroffen werden. Dem soll die Bildung eines Europäischen Betriebsrats in gemeinschaftsweit grenzüberschreitend operierenden Unternehmen oder Unternehmensgruppen entgegenwirken. Nach nahezu 25-jährigen Verhandlungen verabschiedete der Rat der Europäischen Union am 22.9.1994 auf der Grundlage von Art. 2 Abs. 2 des Abkommens über die Sozialpolitik 111 die "Richtlinie über die Einsetzung eines Europäischen Betriebsrats (...)". Ihr waren der Vorschlag über eine Verordnung des Rates über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften (SE), der in den Art. 100 bis 129 eine Regelung für den Europäischen Betriebsrat vorsah, 112 die sog. Vredeling-Richtlinie 113 aus dem Jahre 1983 1 1 4 , der Richtlinienvorschlag vom

109

Nagel, AuR 1990, 205, 206; Stellungsnahme des Wirtschafts- und Sozialauschusses (WSA) zum Richtlinienvorschlag über die Einsetzung Europäischer Betriebsräte, RdA 1991, 233 ff. Die Richtlinie 94/45/EG v. 22.9.1994, AB1.EG Nr. L 254/64, selbst nennt Unternehmenszusammenschlüsse, grenzübergreifende Fusionen, Übernahmen und Joint-ventures und damit einhergehend eine länderübergreifende Strukturierung von Unternehmen und Unternehmensgruppen. 110 Dazu rechtsvergleichend Junker, JZ 1992, 1100 ff. 111 Aus dieser Rechtsgrundlage will Goos, NZA 1994, 776, 779 Folgerungen für die Auslegung der Richtlinie gewinnen. 112 V. 10.10.1970, ABl.EG 1970 Nr. C 124. Neben der Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften waren die gemeinsame Beratung zwischen EBR und S.E. sowie Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte vorgesehen. Letztere bezogen sich auf die Grundsätze über die Anstellung, berufliche Förderung und die Entlassung der Arbeitnehmer, die Durchführung der Berufsbildung, die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung von neuen Entlohnungsmethoden, die Maßnahmen auf dem Gebiet der Sicherheit, der Gesundheit und Hygiene, die Einführung und Verwaltung von Wohlfahrtseinrichtungen, den Beginn und das Ende der Arbeitszeiten sowie die Aufstellung des Urlaubsplans (Art. 123 Abs. 1 lit. a bis g). Art. 123 Abs. 2 normierte ausdrücklich die Unwirksamkeit einer Entscheidung ohne Zustimmung des EBR. Krit. Birk, ZfA 1974,47, 62 ff., 74 ff. 113 Abgedruckt bei Birk, Europäisches Arbeitsrecht, S. 391 ff.; dazu krit. Hanau, RdA 1984, 157 ff.; Lehmann, RdA 1984, 160 ff.; Kolvenbach, DB 1982, 1457 ff.; ders., DB

1986, 1973, 1977 f. Sie ist hervorgegangen aus dem Richtlinienvorschlag vom 1.10.1980, ABl. EG Nr. C 297. 1,4 Gewerkschaftliche Zustimmung erhielten die Entwürfe, weil neben Informationsund Anhörungspflichten in allen wirtschaftlich relevanten Fragen und Maßnahmen die

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1. Teil: Problemstellung

12.12.1990 115 sowie ein modifizierter Vorschlag 116 vorangegangen. Letztere hatten die festgefahrene Diskussion in den letzten Jahren erneut belebt 117 und sind die Grundlage der nun verabschiedeten Richtlinie. 118 Ziel der Richtlinie ist es, das Recht der Arbeitnehmer auf Unterrichtung und Anhörung zu stärken (Art. 1 Abs. 1). Der Europäische Betriebsrat ist bei der "zentralen Unternehmensleitung" (Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 lit. e) zu bilden. 119 Wie schon die vorhergehenden Vorschläge geht die Richtlinie nach dem Subsidiaritätsgrundsatz 120 vom Vorrang einer vertraglichen Gestaltung des EBR zwischen der zentralen Leitung des Unternehmens und einem besonderen Verhandlungsgremium aus Arbeitnehmervertretern des Unternehmens (Art. 5 Abs. 2) über Art, Zusammensetzung, Zuständigkeiten und Arbeitsweise des EBR aus (Art. 5 Abs. 3). 1 2 1 Art. 6 Abs. 2 lit. a bis f gibt an, welche zentralen Fragen die Sozialpartner innerhalb von drei Jahren (Art. 7 Abs. 1) nach dem Antrag zur Errichtung eines EBR bzw. auf Schaffung eines Informations- und Konsultationsverfahrens (Art. 5 Abs. 1) zu regeln haben. 122 Kommt eine Vereinbarung nicht zustande, gelten subsidiär die Rechtsvorschriften des jeweiligen Mitgliedsstaates (Art. 7 Abs. 1), soweit sie den im Anhang geregelten Mindestvorschriften für den EBR genügen. Dessen wichtigster Bestandteil ist der umfassende, wirtschaftliche Informationsanspruch des EBR, der sich auf "die

Herbeiführung einer Einigung vorgesehen war (Art. 6 Abs. 4 und 5 = Art. 12 Abs. 4 und 5 der Richtlinie von 1980). 115 "Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Einsetzung Europäischer Betriebsräte zur Information und Konsultation der Arbeitnehmer in gemeinschaftsweit operierenden Unternehmen und Unternehmensgruppen", ABl.EG Nr. C 30/10 v. 15.2.1992. Der Entwurf stieß auf geteiltes Echo: Nagel, AuR 1991, 161, 163 ff. m.w.Nw.; Kolvenbach, DB 1991, 805 ff.; Weiss, ZRP 1992, 424 ff. Vergi, die Stellungsnahme des WSA, RdA 1991, 233 ff. 1,6 "Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Ausschusses (...)" v. 3.6.1994, RdA 1994, 293; dazu Kolvenbach, RdA 1994, 279 ff. 117 Zu weiteren geänderten Vorschlägen Gaul, NJW 1995, 228, 229. 1.8 Zur Entwicklung im einzelnen Kolvenbach, DB 1982, 1457 ff.; ders., DB 1986, 1976, 2023 ff.; skeptisch noch Nagel, AuR 1990, 205, 207; nach Krieger, FS für Rittner, S. 303, 305, 307 scheiterten sämtliche Verhandlungen an der Mitbestimmungsfrage; Weiss, ZRP 1992,422 ff. 1.9 Weiss, ZRP 1992, 422, 424; krit. zum "zentralistisehen Ansatz" Goos, NZA 1995, 776, 779. 120 Weiss, ZRP 1992,422, 424 f. 121 Gaul, NJW 1995, 228, 230; zum Richtlinienvorschlag von 1990 WSA, RdA 1991, 233 unter 1. und zu Art. 5; Nagel, AuR 1991, 161, 165; Weiss, ZRP 1992, 422, 424. 122 Tätigkeitsbereich und Zusammensetzung des EBR; Aufgaben und Befugnisse, Informations· und Konsultationsverfahren, Modalitäten der Sitzungen, Mittel des EBR sowie Laufzeit der Vereinbarung.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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Struktur des Unternehmens, seine wirtschaftliche und finanzielle Situation, die voraussichtliche Entwicklung der Geschäfts-, Produktions- und Absatzlage, sowie auf die Beschäftigungslage und ihre voraussichtliche Entwicklung, auf die Investitionen, auf grundlegende Änderungen der Organisation, auf die Einführung neuer Arbeits- und Fertigungsverfahren, auf Verlagerungen der Produktion, auf Fusionen, Verkleinerungen oder Schließungen von Unternehmen, Betrieben oder wichtigen Teilen dieser Einheiten und auf Massenentlassungen" bezieht. 123 Weitergehende Befugnisse, etwa in Form von Mitbestimmungsrechten, 124 sind allein der vertraglichen Regelung gemäß Art. 6 Abs. 1 vorbehalten, wie Art. 6 Abs. 2 ausdrücklich klarstellt ("Unbeschadet der Autonomie der Parteien"). 125 Die Ausgestaltung der subsidiären Mindestbeteiligungsrechte des EBR, die sich im wesentlichen auf die mit der Beschäftigungslage zusammenhängenden Faktoren beschränken, legt einen Vergleich mit dem Wirtschaftsausschuß nach dem BetrVG nahe. 126 In jedem Fall sind diese Beteiligungsrechte der Mindeststandard für die freiwilligen Vereinbarungen nach Art. 5 und 6. Das Konsultations- bzw. Anhörungsrecht sichert dem EBR über die Information hinaus Einflußmöglichkeiten auf die grenzüberschreitenden Entscheidungen der Konzernspitze, die die Beschäftigungslage betreffen. Bei der Umsetzung der Richtlinie sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, alle erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um jederzeit zu gewährleisten, daß die vorgeschriebenen Ziele erreicht werden (Art. 12 Abs. 1). Zwar ist ein suspensives Veto, wie es der DGB zum Richtlinien Vorschlag von 1990 gefordert hatte, nicht Regelungsinhalt geworden. 127 Aufallend ist jedoch, daß im Gegensatz zum Richtlinienvorschlag von 1990 in den Mindestvorschriften der ausdrückliche Hinweis darauf, daß die

123

Darüber hinaus regelt Abs. 3 eine Informations- und Konsultationspflicht für außergewöhnliche Umstände der Beschäftigungslage. 124 Junker, JZ 1992, 1100, 1101 ff., hat rechtsvergleichend beispielhaft anhand von Grundstrukturen verdeutlicht, daß die jeweiligen Regelungssysteme historisch gewachsen und deshalb kaum auf supranationale Regelungen übertragbar sind (zust. Schlachter, RdA 1993, 319, 325 ff.; Goos, NZA 1994, 776, 779). Demgegenüber fordert die IG Metall eine ausdrückliche Klarstellung weitergehender Umsetzungsmöglichkeiten (vergi, den Vereinbarungsentwurf von Kunz, AIB 1995, 574 ff. unter § 5 Abs. 9). Nagel, AuR 1991, 161, 164, sieht hierin die Möglichkeit "weicher Mitbestimmungsstrukturen". 125 Ausdrücklich eröffnet die Richtlinie den Beteiligten auch die Möglichkeit auf die Konstituierung eines EBR zu verzichten (Art. 5 Abs. 5, Art. 7 Abs. 1). 126

127

Gaul, NJW 1995, 228, 230.

Nach Nagel, AuR 1991, 161, 164.

1. Teil: Problemstellung

46

endgültige Entscheidung ausschließlich bei der Unternehmensleitung liegt, fehlt. 128 Soweit sich die Kompetenzen im Rahmen der Mindestvorschriften bewegen, ist eine unmittelbare Beeinflussung unternehmerischen Handelns ausgeschlossen, wie dies die freiwillige Einführung von EBR belegt. 129 Die unterschiedlichen Regelungsmöglichkeiten zur Gewährleistung der Ziele der Richtlinie durch die Einschaltung der Gerichte, über die Forderung eines suspensiven Vetos oder eines befristeten Unterlassungsanspruchs in Verbindung mit der konkreten Ausgestaltung der Beteiligungsrechte macht die Bandbreite potentieller Einflußnahme auf unternehmerisches Handeln deutlich. Den notwendigen Spielraum für flexible und individuelle Regelungen auf Konzernebene eröffnet jedoch die Möglichkeit zu freiwilligen Vereinbarungen. 130 Unabhängig davon wird allerdings die Institutionalisierung eines weiteren Gremiums zu einer zeitlichen Verzögerung von Entscheidungen führen. 131 I I I . Verzögerungsmöglichkeiten im Einigungsstellenverfahren Für alle Maßnahmen im Rahmen der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bedarf es, um wirksam handeln zu können, der Einigung der Betriebspartner. Für den Fall, daß sie sich nicht einigen können, hat der Gesetzgeber zwischen den Betriebspartnern die Einigungsstelle als innerbetriebliche Schlichtungsstelle institutionalisiert (§§ 87 Abs. 2 i.V.m. 76 Abs. 5 Satz 1; 112 Abs. 2 BetrVG). 1 3 2 Ihre Aufgabe ist es, im Entscheidungspatt der Betriebspartner in Mitbestimmungsangelegenheiten eine verbindliche, betriebsnahe, effiziente und unbürokratische Sachentscheidung auf friedlichem Weg herbeizuführen. 133 Dabei ist

128

Anhang lit. d des Richtlinienvorschlags vom 12.12.1990, AB1.EG vom 15.2.1991 Nr. C 39/15. 129 Nachweise bei Gaul, NJW 1995, 228; Junker, JZ 1992, 1100, 1105 f.; krit. Weiss, ZRP 1992, S. 424,426. 130 Krit. Goos, NZA 1994, 776, 779. 131 So die Union der Industrien der Europäischen Gemeinschaft (UNICE) nach Nagel, AuR 1991, 161, 164; Minderheitserlärung der WSA, RdA 1991, 235; Gaul, NJW 1995, 228, 231. Demgegenüber können die Kosten des Gremiums, auch wenn man für eine Sitzung (25 Teilnehmer und 5 Dolmetscher) Kosten von 50.000 DM veranschlagt, angesichts der Konzerngröße kaum überzeugen. 132 Vgl. §§ 56 Abs. 2 i.V.m. 50 Abs. 4 BetrVG 1952. Nach BVerfG v. 19.10.1986, NJW 1988, 1135 f., verstößt das Verfahren vor der Einigungsstelle nicht gegen das Rechtsstaatsgebot; vergi. Dütz, DB 1972, 383, 389 ff. 133 BAG ν. 18.1.1994, NZA 1994, 571, 572. Kissel/SchicK RdA 1991, 321, 322 ff.; zur Funktion der Einigungsstelle Fiebig, S. 48 ff.; GK-BetrVG 4-Kreutz, § 87 Rn. 5 ff.; Schlünder, S. 223, 229.

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

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grundsätzlich über die Einigungsstelle auch eine schnelle oder zumindest eine vorläufige Regelung zu erreichen. 134 Die Rechtsschutzfragen dieser Arbeit gründen ganz entscheidend in dem Zusammenhang der dargestellten Ausweitung der Beteiligungsrechte und dem zeitaufwendigen Einigungsstellenverfahren, das die Verzögerung von Entscheidungen rechtlich ermöglicht und durch die Vermittlungsfunktion praktisch werden läßt. Gerade in dringenden Situationen kann die Streitschlichtung mit Hilfe der Einigungsstelle dem berechtigten Rechtsschutzbegehren des Arbeitgebers nicht hinreichend Rechnung tragen. 135 Der Anrufung der Einigungsstelle werden i.d.R. mehrere Verhandlungsrunden zwischen den Betriebspartnern vorangehen, da der Arbeitgeber den Schritt zur kostenintensiven Einigungsstelle bei bestehenden Einigungschancen mit Rücksicht auf das Betriebs- und Verhandlungsklima scheuen wird, so daß schon in dieser ersten Phase, je nach Regelungsgegenstand, längere Zeit vergehen kann. 136 Können die Betriebspartner keine Einigung erzielen, muß eine Einigungsstelle gebildet werden, soweit der Arbeitgeber sein Vorhaben weiterverfolgt. 137 Die Bildung legt das Gesetz grundsätzlich in die Verantwortung von Arbeitgeber und Betriebsrat, die sich auf einen neutralen Vorsitzenden und die Zahl der Beisitzer verständigen sollen (§ 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Geschieht dies, so kann die Einigungsstelle unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen. Verzögerungsmöglichkeiten können aus dem Streit über die Person des Vorsitzenden oder wohl seltener - der Zahl der Beisitzer entstehen. Rechtfertigen läßt sich eine Weigerung des Betriebsrats bezüglich der Person des Einigungsstellenvorsitzenden immer damit, daß diese im Zweifel entscheidende Bedeutung hat, weil bei Stimmengleichheit der Vorsitzende an der zweiten Beschlußfassung der Einigungsstelle beteiligt ist und damit den Ausschlag gibt (§ 76 Abs. 3 Satz 1 HS 2 BetrVG). Kommt es zu keiner Einigung, oder ist dem Arbeitgeber die Angelegenheit dermaßen eilbedürftig, daß er nach dem ersten gescheiterten

134

135

Bengelsdorf

BB 1991, 613, 619; Otto, NZA 1992, 97, 110.

Verfahrensgegenstände und Verfahrensdauer schildern Oechsler/Schönfeld, S. 27 ff.; zum Verfahren selbst Heinze, RdA 1990, 262 ff. 136 Zu den Schwierigkeiten der betrieblichen Verhandlungen und der Einigungsstellenverfahren Giese, ZfA 1991, 53 ff.; Federlin, ZfA 1988, 99 ff. [zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan]; Bauer, NZA 1992, 433 ff., bezeichnet die Einigungsstelle im Hinblick auf das langwierige Verfahren, die Schwierigkeiten einen Vorsitzenden zu finden und die erheblichen Kosten als "ein ständiges Ärgernis" und plädiert deshalb für ein arbeitsgerichtliches Regelungsverfahren. 137 Gem. § 76 Abs. 1 Satz 2 BetrVG kann eine ständige Einigungsstelle gebildet Werden, hiervon wird in der Praxis aus verhandlungspsychologischen Gründen zumeist abgesehen (GK-BetrVG4-A>ewfc, § 76 Rz. 58).

48

1. Teil: Problemstellung

Verständigungsversuch das Arbeitsgericht anruft (§ 76 Abs. 2 Satz 2 BetrVG), bestellt dieses im besonderen Beschlußverfahren nach § 98 ArbGG den Vorsitzenden und bestimmt, soweit im Streit, die Zahl der Beisitzer. 138 Gegen die Entscheidung kann der Betriebsrat innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Landesarbeitsgericht einlegen, das abschließend entscheidet (§ 98 Abs. 2 ArbGG). Die Bestellung ist bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist des § 98 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht rechtskräftig; es besteht jedoch in dieser Phase kein Anlaß, die Aufnahme der Tätigkeit zu untersagen. 139 Anders stellt sich die Situation dar, wenn der Betriebsrat gem. § 98 Abs. 2 ArbGG gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Rechtsmittel einlegt. In diesem Fall kommt die Norm des § 87 Abs. 3 i.V.m. § 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG zur Anwendung, wonach der Beschwerde gegen einen Beschluß aufschiebende Wirkung zukommt. Damit ist die Bestellung des Vorsitzenden schwebend unwirksam, so daß er keine Kompetenz zu rechtlichen Handlungen wie der Vorbereitung der Verhandlungen oder der Ladung zu Terminen hat. 140 Die Einlegung der Beschwerde verhindert den Beginn der Tätigkeit der Einigungsstelle.141 Wie die Einigungsversuche der Betriebspartner können die Verhandlungen der Einigungsstelle durch Terminschwierigkeiten, weiteren Informationsbedarf des Betriebsrats oder gar durch ein Sachverständigengutachten in die Länge gezogen werden. 142 Die eingangs geschilderten Fälle illustrieren, wie schnell kurzfristig zu regelnde Fragen auftreten können, sei es durch sehr eilige Aufträge (Verpackungsfall 1), plötzlichen Auftragsrückgang (Kurzarbeitsfall 4) oder gesellschaftliche Einflüsse (Rosenmontagsfall 5). Selbst bei dem vereinfachten Besetzungsverfahren gemäß § 98 ArbGG ist die Zeit zur Bildung der Einigungsstelle oft zu knapp, ohne daß dies ein Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers begründen könnte. Jedenfalls wenn betriebliche Einigungsversuche stattgefunden haben und aufgrund der verhärteten Fronten gegen die Entscheidung im Besetzungsverfahren Rechtsmittel eingelegt werden, ist mit einer schnellen Regelung kaum zu rechnen. Die Verhandlungen und ggf. das Kompromißstreben des Vorsitzenden können zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen führen. 143 Sie hin138

Zu den Schwierigkeiten der Bestellung Heinze, RdA 1990, 262, 268 f. Allerdings setzt die Entscheidung voraus, daß überhaupt in der Kürze der Zeit und angesichts der Schwierigkeiten der Aufgabe eine geeignete Person zur Verfügung steht. 139

140

141

Bengelsdorf, BB 1991, 613, 618 f.

Da die Einlegung eines Rechtsmittels eine vom Gesetz vorgesehene Handlungsmöglichkeit ist, kann sie nicht rechtsmißbräuchlich sein (vergi. Eich, ZfA 1988, 93 ff.). 142

Bauer, N Z A 1992, 433; Gaul, E III Rn. 3 ff.; Giese, ZfA 1991, 53, 56; Worzalla,

S. 54 f. m.w.Nw. 143 Zum Beschleunigungsgrundsatz im Einigungsstellenverfahren Heinze, RdA 1990, 262, 267; zum Besetzungsverfahren gem. § 98 ArbGG siehe unten § 4 IV (S. 65 ff.).

§ 2 Mitbestimmungsrechte und ihr Einfluß auf marktorientiertes Handeln

49

dem den Arbeitgeber an der Umsetzung unternehmerischer Maßnahmen, so daß unter Umständen kurzfristiger Rechtsschutz zugunsten des Arbeitgebers erforderlich ist. Gaul beruft sich gegenüber jeglichen Rechtsschutzdefiziten auf die schnelle Entscheidungsmöglichkeit nach § 76 Abs. 5 Satz 2 BetrVG, 144 wonach die Einigungsstelle mit den anwesenden Mitgliedern unter Leitung des Vorsitzenden entscheidet, sofern eine Seite keine Beisitzer benennt. Diese Argument überzeugt gerade deshalb nicht, weil die Bildung der Einigungsstelle trotz der aufgezeigten Verzögerungsmöglichkeiten vorausgesetzt wird.

144

Einigungsstelle E III Rn. 13.

4 Schwonberg

2. Teil

Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat Die historisch gewachsenen Beteiligungsrechte der Arbeitnehmervertretungen wurden insbesondere in den letzten 25 Jahren durch Gesetzgebung und Rechtsprechung kontinuierlich ausgeweitet. Für den Arbeitgeber ist die Gefahr eines Konfliktes zwischen Normbefolgung durch ordnungsgemäße Teilhabe des Betriebsrats an Entscheidungen und bewußtem Normverstoß durch die einseitige Durchführung wirtschaftlich dringend notwendiger Maßnahmen erheblich gestiegen. Im folgenden wird dargelegt, daß dieser Konflikt vom Gesetz selbst nur unvollständig gelöst worden ist. Das BetrVG hat dem Bedürfnis nach schnellen Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers nur im Bereiche der personellen Maßnahmen Rechnung getragen, insgesamt jedoch angesichts der Entwicklung des Betriebsverfassungsrechts nur unzulänglich. Zwar weist § 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Leitungsmacht und Umsetzungsbefugnis von Maßnahmen allein dem Arbeitgeber zu; durch die aufgezeigte Ausweitung der Mitbestimmungstatbestände sowie des Initiativrechts des Betriebsrats gelangt man jedenfalls in sozialen Angelegenheiten i.S. von § 87 Abs. 1 BetrVG zu einer Parität von Arbeitgeber und Betriebsrat in den betrieblichen Regelungskomplexen. Hinsichtlich der Rechtsschutzproblematik sind die Gefährdung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats durch den Handlungsvorsprung des Arbeitgebers und die Gefährdung der Umsetzung dringender betrieblicher Maßnahmen durch die Verzögerungs- und Verhinderungsmöglichkeiten des Betriebsrats qualitativ gleichzusetzen. Auf derartig drohende Rechtsverletzungen kann das Recht - ganz allgemein alternativ oder kumulativ zweifach reagieren. Auf der einen Seite kann es dem Geschädigten einen Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch gewähren. Auf der anderen Seite gibt es die Möglichkeit präventiven oder vorbeugenden Rechtsschutzes, die schon den Eintritt eines Schadensfalls verhindern soll. 1 Läßt sich die Gefährdung hinreichend konkretisieren, kann der Betroffene, soweit ihm ein entsprechender Anspruch zusteht, vom Schädiger die Unterlassung eines derartigen Verhaltens verlangen.

1

Henckel, AcP 174 (1974), 97, 99; zum Verhältnis von vorläufigem zu vorbeugendem Rechtsschutz S. 105 ff.

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

51

Repressiver Schadensersatz- und präventiver Unterlassungsanspruch sind die beiden Alternativen des Rechtsschutzes. Sie stehen über das verfassungsrechtliche Rechtsstaatsgebot in einer unmittelbaren Wechselbeziehung und ergänzen sich gegenseitig. Eines effektiven präventiven Rechtsschutzes bedarf es daher um so mehr, als repressiver Rechtsschutz tatsächlich seine Funktion nicht erfüllen kann. Die Reichweite vorläufiger Regelungen muß deshalb auch an der Effizienz nachträglichen Güter- und Interessenschutzes orientiert werden. 2 Für die Betriebsverfassung erlangt dieser Gedanke besondere Bedeutung, weil einerseits die wirtschaftlichen Maßnahmen des Arbeitgebers grundsätzlich zeitgebunden sind und andererseits praktisch durchsetzbare Ausgleichsansprüche des Arbeitgebers fehlen. Vor diesem Hintergrund ist nach der Darstellung der verfassungsrechtlichen Ausgangslage (§ 3) auf die bestehenden, zumeist repressiv wirkenden Rechtsschutzmöglichkeiten des Arbeitgebers, aber auch auf vorausschauende Regelungen der Betriebspartner einzugehen (§ 4).

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes I. Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes Dem Grundgesetz liegt das Prinzip des demokratischen, sozialen und föderalen Rechtsstaates (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) zugrunde. Das Rechtsstaatsprinzip gehört, auch wenn es erst in Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG für den Bundesstaat ausdrücklich festgeschrieben wird, zu den zentralen, den Staat prägenden und formenden Strukturprinzipien. 3 Zur Konkretisierung des Rechtsstaates haben sich fundamentale Bestandteile herausgebildet, wie sie auch im Grundgesetz selbst Ausdruck gefunden haben: Hierzu gehört neben dem Bestehen von Grundrechten i.S. von subjektiven Rechten, dem Grundsatz der Gewaltenteilung i.S. der sich gegenseitig balancierenden und kontrollierenden Kräfte im Staatsgefüge und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit jeglichen staatlichen Handelns i.S. des Vorrangs und

2

Arens, S. 434 m.w.Nw.; Kötz, AcP 174 (1974), 145, 148 f. beide für das Verhältnis von Unterlassung und Schadensersatz; Henckel, AcP 174 (1974), 97, 112 Fn. 28. 3 Schmidt'Aßmann in: Isensee/Kirchhoff, § 24 Rn. 3, 10 ff. (zur geschichtlichen Entwicklung); Stern, Bd. I, § 20 I 2 b; v.Münch/Kunig-Sc/wa/?/?, GG4, Art 20 Rn. 21; Dütz, Gerichtsschutz, S. 99 ff.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Vorbehalts des Gesetzes4 der Rechtsschutz des einzelnen Bürgers, insbesondere durch die Möglichkeit, unabhängige Gerichte anrufen zu können, die in einem rechtlich gebundenen Verfahren unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Garantien zugunsten der Beteiligten eine abschließende Entscheidung treffen. 5 Vor dem Hintergrund, daß im demokratischen Rechtsstaat dem grundsätzlichen Selbsthilfeverbot der Bürger und dem Gewaltmonopol des Staates als Korrelat der Justizgewährungsanspruch 6 zur Rechtsdurchsetzung gegenübersteht, besteht Einigkeit darüber, daß dem Bürger effektiver Rechtsschutz zu gewähren ist. Das Bundesverfassungsgericht sieht den Anspruch auf angemessenen Rechtsschutz - auch gegenüber der öffentlichen Gewalt - im Rechtsstaatsprinzip verankert und in Art. 19 Abs. 4 GG "nur" dessen begrenzte positive Ausprägung als Verfassungsnorm. 7 Nach seiner ständigen Rechtsprechung garantiert das Rechtsschutzgebot "nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; der Bürger hat einen substantiellen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle". 8 Erst ein wirksamer Rechtsschutz kann dem Rechtsstaatsgebot genügen. Über die exakte normative Grundlage des Gebotes des effektiven Rechtsschutzes9 bestehen zwar Meinungsverschiedenheiten - so werden Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 20, 28 GG i.S. des Rechtsstaatsgebotes, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 103 Abs. 1 GG sowie die Gesamtbetrachtung der grundgesetzlichen Verbürgungen als Grundlage angesehen -, gravierende inhaltliche Differenzen ergeben sich aus den unterschiedlichen Anknüpfungen, jedenfalls für den hier fraglichen Bereich, nicht.

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Zu den Ausprägungen des Rechtsstaatsgebotes Schmidt-Aßmann in: Isensee/ Kirchhoff, § 24 Rn. 46 ff.; Schmidt-Jortzig,, NJW 1994, 2569, 2571; v.Münch/KunigSchnapp, GG4, Art. 20 Rn. 23, 32 ff.; Stern, Bd. 1, § 20 III 3 b. 5 Schmidt-Aßmann in: Isensee/Kirchhof, § 24 Rz. 70 ff.; v.Münch/Kunig-Sc/zrapp, GG4, Art. 20 Rn. 21; Dütz, Gerichtsschutz, S. 95 ff. 6 Dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 3 I m.w.Nw.; Zöller-Vollkommer Einleitung Rn. 40 ff. 7 BVerfG v. 18.7.1973, BVerfGE 35, 382, 401. 8 BVerfG v. 19.6.1973, BVerfGE 35, 263, 274; v. 19.10.1977, BVerfGE 46, 166, 178 (zu Art. 19 Abs. 4 GG); v. 2.3.1993, NJW 1993, 1635. 9 Ausfuhrlich Lorenz, AöR 105 (1980), 623 ff.; Schenke in: Bonner Kommentar Art. 19 Abs. 4 Rn. 383; UmmJOün^Wtvzog/Schmidt-Assmann, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 229 ff.; Stern, Bd. I, § 20 IV 5; Dütz, Gerichtsschutz, S. 95 ff.; ders., Gutachten 1984, S. 6 ff., 17 ff.; Benda/Weber , ZZP 96 (1983), 285, 292 ff.; Schock, S. 184 ff.

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

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Ob der effektive Rechtsschutz eine eigenständige Ausprägung des Rechtsschutzgebots ist, ist umstritten. Lorenz bringt dagegen vor, daß Rechtsschutz i.S. von Art. 19 Abs. 4 GG nur gewährt würde, wenn es sich um einen wirksamen und nicht nur scheinbar bestehenden Anspruch handele. Das Kriterium der Effektivität des Rechtsschutzes sei dagegen eine Leerformel, da man den "Inhalt einer Norm nur um den Preis eines Zirkelschlusses aus ihrer Wirksamkeit" werde ermitteln können.10 Die Vielzahl der abgeleiteten Inhalte lasse sich nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Lorenz will demgegenüber aus dem jeweiligen Grundrecht selbst den konkreten Inhalt ermitteln, denn die Anforderungen an den grundrechtlich erforderlichen und gebotenen Rechtsschutz ließen sich nur aus dem betroffenen Recht herleiten. 11 Die Grundrechte gewährten dem einzelnen bestimmte Freiheitsräume, die in der Realität sich als durchsetzbar erweisen müßten, so daß der Gesetzgeber verpflichtet sei, entsprechende Normen für den Schutz des Einzelnen zur Verfügung zu stellen.12 Warum aus dem Rechtsstaatsgebot als verfassungsrechtliches Element mit eigenständiger Bedeutung nicht zeitlich effektiver Rechtsschutz herausgearbeitet werden kann, bleibt in den Ausführungen unklar. 13 Allein daß der Terminus des effektiven Rechtsschutzes hinsichtlich seiner konkreten Ausformungen offen gestaltet ist, schließt einen Mindestbestand rechtsstaatlicher Gewährleistung entgegen Lorenz nicht aus. Einer strikten Grundrechtsbindung bedarf es nicht; vielmehr lassen sich grundrechtsübergreifend allgemeine Prinzipien bestimmen, ohne jegliche Optimierung eines denkbaren Rechtsschutzes unter Berufung auf das Rechtsstaatsgebot einfordern zu können. Im Sinne einer allgemeinen Geltung bestimmter rechtsstaatlicher Prinzipien ist der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes anzuerkennen. Nicht außer Betracht bleibt dabei, daß es zwischen den Anforderungen des Verfahrensrechts und dem materiellen Gehalt des jeweiligen Grundrechts keine strikte Trennung geben kann.14 Eine grundrechtskonforme Ausgestaltung des Verfahrensrecht

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11

Lorenz, AöR 105, 623, 637.

Lorenz, AöR 105, 623, 638 ff.; ähnlich Schenke in: Bonner Kommentar Art. 19 Abs. 4 Rn. 387 f. 12 Lorenz, AöR 105, 623, 643 ff., will dem Prozeßrecht weiterhin eine eigenständige Rolle zuweisen, so daß eine verfassungswidrige Auslegung das jeweils betroffene Grundrecht verletzen könne, nicht aber einen von diesem verselbständigten Rechtsschutzanspruch des Bürgers. 13 Lorenz, AöR 105, 623, 632, ist ausdrücklich gegen die Ableitung rechtzeitigen Rechtsschutzes aus dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes. 14 "Grundrechtsschutz ist auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken; die Grundrechte beeinflussen demgemäß nicht nur das gesamte materielle Recht, sondern auch das Verfahrensrecht, soweit dieses für einen effektiven Rechtsschutz Bedeutung hat" (BVerfG v. 17.4.1991, NJW 1991, 2005).

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

kann nicht die Geltung des Grundrechts selbst in seinem Bereich sichern und durchsetzen, wenn nicht zugleich materielle Kriterien zur Sachentscheidung bestehen. Insofern gibt es eine Überschneidung des inhaltlichen Gewährleistungsbereichs des Grundrechts und den Verfahrensanforderungen aus rechtsstaatlicher Sicht. 15 II. Konkretisierungen des Rechtsstaatsgebotes und Folgerungen für das Beschlußverfahren Ist in diesem Sinn dem Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes zu folgen, können ihm weitere Bestandteile zugeordnet werden, womit zugleich ein Kernbestand prozeßrechtlicher Normen verfassungsrechtlich geboten und gewährleistet wird. 16 Einer substantiellen und wirksamen gerichtlichen Kontrolle stünden Zugangshindernisse, Erschwerungen hinsichtlich der Chancengleichheit oder der Verhandlungsführung sowie die Unangemessenheit der Rechtsschutzform entgegen.17 Das Rechtsstaatsgebot im Form des effektiven Rechtsschutzes gewährleistet damit, daß der Bürger in einer dem Rechtsgut angemessenen Weise zu seinem Recht kommt. Es darf durch die spezifische Ausgestaltung des Verfahrens weder zur Verletzung eines Teilbereiches eines Rechts noch zu übermäßigen zeitlichen Verzögerungen kommen. Dem Rechtsträger, der sein Recht gerichtlich durchsetzen will, ist nicht geholfen, wenn er zu spät Recht bekommt. Zeitlich unzureichender oder wirkungsloser Rechtsschutz kann den Anforderungen des Rechtsstaatsgebots nicht genügen. Im Gebot des effektiven Rechtsschutzes in seinem Zeitbezug bzw. seiner Zeitabhängigkeit ist der einstweilige Rechtsschutz gewährleistet. 18 Das BVerfG hält im Rahmen des Art. 19 Abs. 4 GG gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt vorläufigen Rechtsschutz in ständiger Rechtsprechung dann verfassungsrechtlich für geboten, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstehen. Diese drohen immer dann, wenn durch die

15 Aus den grundrechtlichen Verfahrensanforderungen ist nach Alexy, S. 445 f., keine Garantie, sondern nur eine höhere Wahrscheinlichkeit der Grundrechtsgewährleistung zu folgern. 16 Zum Verhältnis Verfassungsrecht und Prozeßrecht Benda/Weber, ZZP 96 (1983),

285 ff. Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 1 VII. 17 Lorenz, AöR 105, 623, 632; Jarass/Pieroth, 18

GG 3 , Art. 19 Rz. 30.

BVerfGE v. 19.10.1977, BVerfGE 46, 166, 179; v. 15.12.1985, BVerfGE 65, 1, 70 f.; LAG München v. 19.12.1979, EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 35 (Leistungsverfügung gegen Streik); Schenke in: Bonner Kommentar Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 412 ff. m.w.Nw.; Maunz/Dürig/Herzog/Schmidt-Aßmann, Art. 19 Abs. 4 GG Rn. 273 ff.; vMilnch/Kmig-Hendrichs,

GG 4 , Art. 19 Rn. 53; Jarass/Pieroth,

Dütz, Rechtsschutz, S. 122 ff.

GG 3 Art. 19 Rn. 30 ff.;

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

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Verfahrensdauer und damit durch Zeitablauf für den Betroffenen vollendete Tatsachen geschaffen werden. Sind diese irreparabel und nicht zumutbar, so muß dem einzelnen vorläufiger Rechtsschutz zur Verfügung gestellt werden. Selbst die Vorwegnahme der Hauptsache ist danach geboten, wenn ein Rechtsverlust durch Zeitablauf droht und dies für den Antragsteller schlechthin unzumutbar ist. 19 Das BVerwG sieht im Rechtsstaatgebot keine absolute Gewährleistung einstweiligen oder vorbeugenden Rechtsschutzes ohne Rücksicht auf andere Verfassungsprinzipien. Soweit jedoch irreperable und unzumutbare Nachteile drohen, hält es einstweiligen Rechtsschutz auch ohne ausdrückliche Grundlage in der jeweiligen Verfahrensordnung aus dem allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatz für erforderlich. 20 Von Verfassungs wegen ist allerdings nicht in jedem Fall einstweiliger Rechtsschutz erforderlich. Soweit die Ausführungen des BVerfG Ausprägungen des Rechtsstaatsgebots sind, beanspruchen sie auch im Privatrecht Geltung. Auf den Bereich des Privatrechtsschutzes lassen sich die Erfordernisse des BVerfG allerdings nicht ohne weiteres übertragen. Sie betrafen überwiegend sofort vollziehbare Verwaltungsakte. Im Privatrechtsbereich hingegen gibt es für den einzelnen Bürger kaum eine Möglichkeit, selbst Rechtspositionen sofort und wirksam gegenüber einem anderen zu verwirklichen. Er ist i.d.R. auf gerichtliche Hilfe angewiesen. Irreperable Zustände können sich im Privatrecht jedoch in gleicher Weise dadurch ergeben, daß Rechte durch Zeitablauf entwertet werden, indem einerseits in der Zeit bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung deren Durchsetzbarkeit Gefährdungen des Schuldners ausgesetzt ist oder andererseits der spezifische Inhalt des geltend gemachten Rechts zeitabhängig ist, wie dies insbesondere für Unterlassungs- oder zeitgebundene Handlungspflichten gilt. 21 Der Gesetzgeber hat den verfassungsrechtlichen Anforderungen in der Zivilprozeßordnung in den §§ 916 ff. für Geldansprüche und in den §§ 935 ff. für sonstige Ansprüche Rechnung getragen und unterschiedliche, dem jeweils gefährdeten Recht angemessene einstweilige Sicherungen zugunsten des Gläubigers vorgesehen. Man könnte in diesem Zusammenhang zweifeln, ob im Betriebsverfassungsrecht überhaupt einstweiliger Rechtsschutz verfassungsrechtlich notwendig ist. Einstweiliger Rechtsschutz könnte im Beschlußverfahren dann nicht erforder-

19 20 21

BVerfG v. 19.10.1977, BVerfGE 46, 160, 164. BVerwG v. 17.10.1967, BVerwGE 33, 42, 43 f. (zur Wehrbeschwerdeordnung). Ausführlich Walker, Rn. 55 ff. zu Dringlichkeits- und Vereitelungsfällen.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

lieh sein, wenn man einerseits der Ansicht folgt, einstweiliger Rechtsschutz sei verfassungsrechtlich in rein objektiv ausgerichteten Kontrollverfahren nicht geboten,22 und andererseits eine individuelle Anknüpfung für den individuellen Rechtsschutzim im Beschlußverfahren fehlt. Das BVerwG 23 betont in ständiger Rechtsprechung für das Personalvertretungsrecht und das BAG 2 4 teilweise für das Betriebsverfassungsrecht, daß das verwaltungs- oder arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren nicht der Durchsetzung subjektiver Rechte oder Ansprüche, sondern der objektiven Feststellung von Zuständigkeiten aus den jeweiligen Gesetzen diene. Das Beschlußverfahren dient jedoch der Durchsetzung der in den jeweiligen Gesetzen zugewiesenen Rechtspositionen. Es geht nicht vornehmlich um die Gewährleistung einer abstrakten Ordnung, sondern um die Durchsetzung der sich gegenüberstehenden Rechte von Arbeitgeber bzw. Dienststellenleiter auf der einen Seite sowie von Betriebs- bzw. Personalrat und den von ihnen repräsentierten Arbeitnehmern auf der anderen Seite. So hat das BVerwG jüngst deutlich darauf hingewiesen, daß die Ausgestaltung als ein objektives Beschlußverfahrens nicht den Ausschluß einstweiligen Rechtsschutzes bedeute.25 Der diesbezüglich an der Entscheidung geäußerten Kritik hält das Senatsmitglied Albers 26 entgegen, daß ebenso wie aus der Informations- und Unterrich-

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Maunz/Dürig/Herzog/5cÄm/^-^ma«A7, Art. 19 Abs. 4 Rn. 273. Die überwiegend zitierte Entscheidung des BVerwG (v. 24.10.1975, BVerwGE 49, 259, 264 = PersV 1976, S. 422 ff.) betraf eine Fallgestaltung, in der die Auflösung des Personalrats beantragt worden war, dessen Amtszeit im Verfahren abgelaufen war. Zur Begründung des Rechtsschutzinteresses zog sich das BVerwG darauf zurück, daß es sich beim Beschlußverfahren um ein objektives Verfahren handele, dem der Parteibegriff des allgemeinen Prozeßrechts fremd sei und der nicht auf die Durchsetzung von Ansprüchen oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ausgerichtet sei. Vielmehr gehe es um die Klärung von Streitfragen, die die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung beträfen. Vergi. BVerwG v. 15.12.1978, PersV 1980, 145; Grabendorff/Windscheid/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, § 83 Rz. 26 m.w.Nw. 24 Das BAG betonte demgegenüber die Erhaltung und Herstellung des Betriebsfriedens. Der Betriebsrat werde nicht um seiner selbst willen, sondern als Repräsentant der Arbeitnehmer am Verfahren beteiligt (BAG vom 27.1.1981, AP Nr. 2 zu § 80 ArbGG 1979; v. 16.3.1976, AP Nr. 22 zu § 37 BetrVG 1972 (Betriebsfrieden); Germelmann/ Matthes/Prütting, ArbGG, § 80 Rn. 5; krit. Grunsky, ArbGG6, § 80 Rn. 3.; ders., Grundlagen, § 1 II, zu den Aufgaben des Zivilprozesses, wobei die Herstellung des Rechtsfriedens, der Rechtsgewißheit bzw. die Bewährung des objektiven Rechtsordnung nur "Nebenprodukte" der Durchsetzung subjektiver Rechte seien (S. 6). 25 V. 27.7.1990, PersV 1991, 29 ff.; siehe unten § 6 V (S. 161 f.). 26 PersV 1993, 487, 493 ff. 23

§ 3 Verfassungsrechtliche Gewährleistung des einstweiligen Rechtsschutzes

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tungspflicht bestimmte Pflichten für das Mitbestimmungsverfahren abzuleiten seien, aus dem Informationsanspruch auf weitere Ansprüche verfahrensrechtlicher Natur geschlossen werden könne. Darüber hinaus kommt der Aspekt der Rechtsdurchsetzung im Beschlußverfahren noch stärker zum Ausdruck, wenn man erkennt, daß der Betriebsrat selbst Träger der Beteiligungsrechte ist und diese als subjektive Rechte versteht. 27 Seit der Normierung des Betriebsverfassungsrechts besteht jedoch darüber Streit, wer Träger der Beteiligungsrechte ist. 28 Als Träger der Beteiligungsrechte wurden und werden die einzelnen Arbeitnehmer eines Betriebs, 29 die Arbeitnehmerschaft oder Belegschaft als rechtlich verfaßte 30 oder gerade als sozial oder natürlich verfaßt zu beschreibende Gesamtheit31 oder schließlich der Betriebsrat 32 selbst angeführt. 33 Während die erste Ansicht die Grundlage der Mitbestimmung, entsprechend dem Direktionsrecht, im Arbeitsvertrag sieht und sich auf den Wortlaut der Gesetzesüberschrift berufen kann, 34 argumentiert die zweite Meinung mit der fehlenden Rechtsfähigkeit der Belegschaft und stützt sich auf die soziale und natürliche Gemeinschaft. Demgegenüber verwundert es, daß angesichts des klaren Wortlauts der Vorschriften des BetrVG, 35 die ganz überwiegend den Betriebsrat selbst nennen, angesichst der Fragwürdigkeit einer Rechtszuweisung aus Gesetzesüberschriften, 36 die im Gegensatz zum Normwortlaut stehen, und angesichts der Schwierigkeiten, die Betriebsrats-

27

Siehe unten § 6 III und IV (S. 124 ff., 147 ff.). Ausführlich Kreutz, S. 16 ff.; GK-BetrVG4-Thiele Einl. Rn. 62 ff.; Hueck/Nipperdey-Säcker, ArbR 7 II/2, S. 1082 ff.; Neumann-Duesberg, S. 182ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 1 Rn. 5 ff. alle m.w.Nw. 29 Jacobi, S. 295 ff. m.w.Nw. auf das ältere Schriftum; Hueck/Nipperdey, ArbR 6, S. 686 ff. 30 Kaskel/Dersch, S. 329 f.; Nikisch, S. 17; ähnlich Neumann-Duesberg, S. 202 ff., 204; Fabricius, S. 231; Dietz, BetrVG 4, § 1 Rn. 3 ff., 9 ff.; krit. Hueck/NipperdeySäcker, ArbR 7 II/2, S. 1088 ff. 31 Hueck/Nipperdey-Säcter, ArbR 7 II/2, S. 1083 ff., 1085; GK-BetrVG4-Thiele, Einl. Rn. 70 f.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 1 Rn. 13 f. 32 Zur rechtlichen Qualifizierung des Betriebsrats Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 1 Rn. 19 m.w.Nw; Hueck/Nipperdey-Säcter, ArbR 7 II/2, 1091 ff.; GK-BetrVG5-Kraft, § 1 Rn. 46 ff., 50; GK-BetrVG4-77»e/e, Einl. Rn. 76 ff.; Heime, ZfA 1988, 52, 55ff.; Konzen, ZfA 1985, 469, 481 ff. Zur Irrelevanz des Streits GK-BetrVG5-A>q//, § 1 Rz. 49; Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 45 III 1. 33 Ausführlich zur Herleitung Kreutz, S. 22 ff.; früher Huber, S. 487 f. 34 "Vierter Teil. Mitwirkung und Mitbestimmung der Arbeitnehmer". 35 Kreutz, S. 19 ff., 30 ff. 36 ders., S. 23 f. 28

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

pflichten bei gleichem Wortlaut widerspruchsfrei zuzuordnen, 37 der Betriebsrat selbst als Rechtssubjekt nur von einer Mindermeinung angeführt wird. Nach meinem Dafürhalten sprechen entscheidend die Handlungsfähigkeit und Souveränität des Betriebsrats, der in keiner Weise an die ihn wählende Belegschaft bei der Ausübung der Rechte gebunden ist, 38 der eindeutige Wortlaut der Normen und die Tatsache, daß die Trennung von Rechtsträger und Begünstigtem kein Einzelfall ist, für eine Zuweisung an den Betriebsrat. Weder der Sinn und Zweck der Mitbestimmung noch demokratische Elemente der Betriebsverfassung 39 können dagegen angeführt werden. 40 Vielmehr sind die rechtliche Anknüpfung und soziale Funktion ebenso zu trennen, wie sozialpolitische Vorstellungen, Arbeitnehmerpositionen durch Zuordnung der Beteiligungsrechte zu stärken, rechtlich keine Relevanz beanspruchen können. Von daher dient das Beschlußverfahren der Durchsetzung der dem Betriebsrat zugewiesenen Rechte und beschränkt sich nicht auf die Feststellung einer objektiven Ordnung. 41 Dem verfassungsrechtlich gebotenen einstweiligen Rechtsschutz trägt § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG für das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren Rechnung, wenn es dort heißt, "der Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig".

37

ders., S. 21, 32 f. ders., S. 22, 33 ff. 39 Vergi, dazu GK-BetrVG5-Wiese, Einl. Rn. 43 ff.; MünchAibR-v. HoyningenHuene, § 289 Rn. 11 ff.; Hueck/Nipperdey-Äzcter, ArbR 7 II/2, S. 1062 ff.; Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 44 I. 38

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Kreutz, S. 25, 27 f.

Walker, Rz. 418 ff., weist besonders für Kompetenzkonflikte auf den Grundsatz der Chancen- und Waffengleichheit hin, da im Eilverfahren zugleich immer auch über das Recht des Antragsgegners mitentschieden werde.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

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§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes Der Gesetzgeber hätte das verfassungsrechtliche Gebot nach effektivem Rechtsschutz erfüllt, wenn das BetrVG Regelungen enthielte, die es dem Arbeitgeber ermöglichten, dringend notwendige unternehmerische Handlungen kurzfristig wirksam umzusetzen. Daher ist zu klären, ob das geltende Betriebsverfassungsrecht diesen praktischen Erfordernissen durch entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten gerecht wird. Unter diesem Aspekt sind materielle Zwischenrechte, die Handlungs- und Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers nach dem BetrVG, Beschleunigungsmöglichkeiten im Besetzungsverfahren der Einigungsstelle sowie präventive andere Regelungsmöglichkeiten und die Betriebsratshaftung zu untersuchen. I. Rechtsschutz zugunsten des Arbeitgebers Rechtsschutz ist nur dort erforderlich, wo Rechte des einen durch Maßnahmen eines anderen gefährdet sind oder verletzt wurden. Die Rechte des Arbeitgebers werden durch das BetrVG 1 nach allgemeiner Meinung in zulässiger Weise eingeschränkt, so daß eine Verletzung a priori ausscheidet. Der einstweilige Rechtsschutz des Arbeitgebers bedarf daher einer weiteren Begründung. Sofern sich der Betriebsrat offensichtlich rechtswidrig verhält, liegt die Rechtsschutznotwendigkeit auf der Hand. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des Betriebsratsverhaltens bereitet bisweilen Schwierigkeiten, die in der Dynamik der betrieblichen Anforderungen einerseits und der Funktion des Betriebsrats in Mitbestimmungsangelegenheiten andererseits begründet sind. In welcher Weise der Betriebsrat auf Regelungsanliegen des Arbeitgebers zu reagieren hat, ist in den §§2 Abs. 1, 74 Abs. 1 und 87 Abs. 1 BetrVG nur unzureichend bzw. unbestimmt geregelt und in Rechtsprechung und Literatur zumeist nur unter dem Aspekt des groben Pflichtverstoßes beurteilt worden. Die Verhaltensanforderungen an den Betriebsrat haben sich an den betrieblichen Erfordernissen zu orientieren; Rechtsschutz zugunsten des Arbeitgebers ist geboten und erforderlich, wenn der Betriebsrat im konkreten Fall diesen nicht gerecht wird und dem Arbeitgeber dadurch erhebliche und ihm nicht zumutbare Nachteile drohen. Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte durch den Betriebsrat schließt gerade in dringenden Situationen eine Rechtsverletzung des Arbeitgebers nicht aus.2

1 Zur Verfassungsmäßigkeit des Betriebsverfassungsgesetzes siehe unten § 7 III. 2. b (S. 229 ff.). 2 Zu den nähreren Anforderungen des Verfügungsgrundes siehe unten § 7 III. 2. c (S. 235 ff.)

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

I I . Regelung materieller Zwischenrechte Das Bedürfiiis nach einer einstweiligen gerichtlichen Entscheidung ergibt sich aus dem Mangel an rechtlichen Normen, die diese Fragen selbst unmittelbar für die Rechtsbetroffenen eindeutig und unmißverständlich bis zur endgültigen Entscheidung des Streits klären. 3 Der Gesetzgeber ist bei der bestehenden Konfliktlösung zwischen Rechtsgefährdung und Gläubigerschutz nicht allein auf die Regelung des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung beschränkt. Mittels sog. "materieller Zwischenrechte" kann er den Konflikt einer eigenständigen Lösung zuführen. Materielle Zwischenrechte sind Normen, die Ergebnis einer Abwägung der widerstreitenden Interessen sind und eine Risikozuweisung für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung enthalten, mit denen der Zwiespalt zwischen der Verpflichtung gegenüber dem materiellen Recht und der Notwendigkeit einer schnellen Entscheidung gelöst wird. 4 Dabei ist es nicht notwendig, daß der Konflikt allein durch den Zeitablauf begründet ist. Materielle Zwischennormen sind nur in geringer Zahl zu finden. Neben zivilrechtlichen Zwischenrechten lassen sich auch im Betriebsverfassungsrecht materielle Zwischenrechte nachweisen. Ein im BGB häufiger verwandtes Mittel zur Sicherung von Ansprüchen ist die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheit. 5 In allen Fällen soll die Sicherheitsleistung durch den einen Teil zur Begrenzung der Rechtsstellung oder Rechtsausübung des anderen Teiles dienen. So kann durch Leistung einer Sicherheit die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB verhindert (§ 273 Abs. 3 BGB) 6 oder die Rechtsstellung des zugewinnbausgleichsberechtigten Ehegatten im Fall der Stundung der Forderung durch Sicherheitsleistung vor Gefährdungen bewahrt werden (§§ 1382 Abs. 5, Abs. 3; 1389 und 1390 Abs. 4 BGB). Hier wie in anderen Fällen gewährleistet die

3

Zur im 19. Jahrhundert vertretenen "anticipierten Execution eines Cautionsanspruchs" Minner op, S. 53 f. m.w.Nw. 4 Das BVerfGE v. 19.10.1977, BVerfGE 46, 166, 179 stellt klar, daß verfassungsrechtich dort kein vorläufiger Rechtsschutz erforderlich ist, wo materiellrechtliche Zwischenregelungen hinreichenden Rechtsschutz bieten. Leipold, Grundlagen, S. 58; ders., ZZP 90 (1977), 258, 263 ff.; Minnerop, S. 55; Arens, S. 418 f.; Dütz, ZfA 1972, 247, 267. 5 Die Modalitäten der Sicherheitsleistung regeln die §§ 232 ff. BGB. 6 Ähnliche Regelungen finden sich in § 258 BGB für das Wegnahmerecht und in § 562 BGB für die Abwendung der Geltendmachung des Vermieterpfandrechts.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

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Sicherheitsleistung die materiellen Interessen des Gläubigers hinsichtlich eines bestimmten Anspruchs 7 und stellen materielle Zwischenrechte dar. 8 In gleicher Weise sind für die Besitzschutzansprüche9 und für den presserechtliche Gegendarstellungsanspruch 10 die Voraussetzungen eines materiellen Zwischenrechts erfüllt. Das BetrVG enthält ebenfalls materielle Zwischenrechte. Vornehmlich kommen hier der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG - aus Sicht des Arbeitnehmers - und die Zulässigkeit vorläufiger personeller Maßnahmen gem. § 100 BetrVG - aus Sicht des Arbeitgebers - in Betracht. 1. Der betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch Widerspricht der Betriebsrat einer Kündigung des Arbeitgebers, gewährt § 102 Abs. 5 BetrVG dem Arbeitnehmer den einen eigenständigen Rechtsgrund bildenden betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch. Ohne gesetzliche Regelung wäre der Arbeitnehmer, wie heute noch für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch, 11 hinsichtlich seiner tatsächlichen Beschäftigung auf den einstweiligen Rechtsschutz angewiesen.12 Den Konflikt zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers, gerade für die Zeit des Kündigungsschutzprozesses seinen konkreten Arbeitsplatz durch tatsächliche Beschäftigung zu sichern, und dem Interesse des an das KSchG gebundenen Arbeitgebers an der Lösung des Arbeitsverhältnisses hat der Gesetzgeber mit dem Widerspruchskatalog in § 102 Abs. 3 BetrVG zugunsten eines begrenzten 7 Z.B. auf sein Eigentum (§§ 1051, 1067 Abs. 2 BGB), wegen der Gefährdung von Unterhaltsforderungen (§ 1585 a Abs. 1 BGB), der Gefährdung des Kindesvermögens durch einen Elternteil (§ 1667 Abs. 4 BGB), der Gefährdung durch den Vormund (§ 1844 BGB) oder abschließend im Verhältnis zwischen Vor- und Nacherben (§2128 BGB). 8 Leipold, Grundlagen, S. 55 ff.; MünchKomm-ZPO-Zfe/nze, Vor § 916 Rn. 20; a.A.

Minner op, S. 55 f. 9 Leipold, Grundlagen, S. 58; a.A. Minnerop, S. 56. 10

Leipold, Grundlagen, S. 59, Minnerop, S. 57. Vergi. § 11 Abs 1 und 4 Nds. PresseG. 11 BAG v. 27.2.1985, AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht unter C I 1 und 2 m.w.Nw.; LAG München v. 19.8.1992, NZA 1993, 1130 ff.; Otto, RdA 1975, 68, 70 ff.; Walker, Rn. 878 ff. 12

Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 86; Grunsky, ArbGG6, § 62 Rn. 24 ff.; Heinze, RdA 1986, 273, 282 f.; Walker, Rn. 686 Fn. 123 m.w.Nw. Auch vor der Entscheidung des BAG bestand die Möglichkeit einen Weiterbeschäftigungsanspruch mittels einstweiliger Verfügung durchzusetzen (LAG Hamburg v. 15.6.1978, NJW 1979, 127; vergi. Angaben bei GK-BetrVG4-Kraft, § 102 Rn. 140 ff.).

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Weiterbeschäftigungsanspruchs gelöst.13 Eine einstweilige Verfügung kommt nur noch zur Durchsetzung des Anspruchs selbst in Betracht. 14 Die Regelung des § 102 Abs. 5 BetrVG soll als materielles Zwischenrecht gerade die durch den Zeitablauf des Kündigungsschutzprozesses bedingten Rechtsbeeinträchtigungen verhindern. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen kommt gerade in § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck, wenn dort überwiegende Interessen des Arbeitgebers konkretisert werden, die mittels einstweiliger Verfügung geltend gemacht werden müssen.15 2. Vorläufige personelle Maßnahmen gem. § 100 BetrVG Als weitere betriebsverfassungsrechtliche Interimsnorm ist § 100 Abs. 1 BetrVG anzuführen. Sie ermöglicht es dem Arbeitgeber, personelle Einzelmaßnahmen trotz des grundsätzlichen Zustimmungserfordernisses gem. § 99 Abs. 1 BetrVG auch ohne Zustimmung des Betriebsrats durchzuführen, sofern sie aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind. Um den Charakter als Interimsnorm darzulegen, ist es notwendig, sich die Rechtslage ohne Bestehen der gesetzlichen Regelung zu verdeutlichen. In diesem Fall wäre der Arbeitgeber an das Zustimmungserfordernis des Betriebsrats gebunden. Frühestens nach einer Woche könnte der Arbeitgeber darauf vertrauen (§ 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG), daß der Betriebsrat die Zustimmung nicht verweigert. Erteilt der Betriebsrat die Zustimmung nicht, müßte der Arbeitgeber das Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten (§ 99 Abs. 4 BetrVG). Benötigt der Arbeitgeber in der Zwischenzeit den Arbeitnehmer dringend, müßte er beim Arbeitsgericht beantragen, ihm einstweilen die Beschäftigung trotz Widerspruchs des Betriebsrat zu gestatten. Für die Zwischenzeit der Verfahrensdauer wäre ihm die tatsächliche Beschäftigung von Rechts wegen versagt. Für den Konflikt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 100 BetrVG eine Lösung getroffen, die auch in ihrer verfahrensmäßigen Ausgestaltung einer Abwägung der gegenseitigen Interessen entspricht. Ausgangspunkt ist, daß dem Betriebsrat die Geltendmachung individueller und kollektiver Belange im Bereich der personellen Maßnahmen zugestanden ist (§ 99 Abs. 2 BetrVG). Mit der Schaffung eines Mitbestimmmungsrechts, das die Maßnahme verhindern kann, werden naturgemäß die personellen Interessen des Arbeitgebers in erheblicher Weise berührt. Damit 13

LAG München v. 10.2.1994, NZA 1994, 997, 998. LAG München v. 10.2.1994, NZA 1994, 997 ff.; LAG Hamburg v. 14.9.1992, NZA 1993, 140 ff.; LAG Frankfurt v. 18.6.1976, NJW 1978, 76; Grunsky, ArbGG6, § 62 Rn. 23; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 88. 15 Dietz/Richardi, BetrVG6, § 102 Rn. 225 ff.; GK-BetrVG4-Ä>q/?, § 102 Rn. 135 ff.; Leipold, ZZP 90 (1977) 258, 264 f. 14

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

63

stellt die sachliche Begrenzung des Zustimmungsverweigerungsrechts einen ersten Kompromiß dar, wobei durch die Anrufung des Arbeitsgerichts allein auf Initiative des Arbeitgebers die Lasten auf diesen abgewälzt wurden. Der Handlungsverpflichtung nach § 99 Abs. 4 BetrVG steht die Handlungsberechtigung nach § 100 Abs. 1 BetrVG gegenüber, um den betrieblichen und wirtschaftlichen Belangen nachzukommen. Der "Interessenausgleich" setzt sich im weiteren Verfahren nach § 100 BetrVG fort, wenn dem Arbeitgeber beim Widerspruch des Betriebsrats wiederum die Handlungsverpflichtung auferlegt ist, das Arbeitsgericht anzurufen. 16 Es zeigt sich, daß der Gesetzgeber mit der Regelung der § § 9 9 und 100 BetrVG ein abgestuftes Verfahren vorgesehen hat, das den schutzwürdigen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer in möglichst weitem Umfang gerecht zu werden versucht. Das Recht aus § 100 Abs. 1 BetrVG ist ein materielles Zwischenrecht. Mithin geht die h.M. richtigerweise davon aus, daß ein vorläufiger Rechtsschutz im Bereich des § 99 BetrVG nicht zulässig ist. 17 3. Andere Normen Über den aufgezeigten Bereich hinaus will Walker 18 eine einstweilige Verfügung im Rahmen der §§ 98 Abs. 5, 103 und 104 BetrVG ausschließen. Während er den Ausschluß im Fall der außerordentlichen Kündigung aus der besonderen Schutzbedürftigkeit der Amtsträger herleitet, stützt er sich bei §§98 Abs. 5 und 104 BetrVG auf den abschließenden Regelungscharakter, mit denen der Betriebsrat gegen die jeweiligen personellen Maßnahmen vorgehen kann (§§ 100, 101 BetrVG entsprechend). Damit begründet Walker jedoch keine

16

Nur für Tendenzbetriebe macht das BAG eine Ausnahme, wenn es das Zustimmungsrecht des § 99 Abs. 1 BetrVG auf ein Anhörungsrecht herabstuft und die vorläufige Maßnahme grundsätzlich ohne das Verfahren nach § 100 Abs. 2 BetrVG zuläßt (BAG v. 8.5.1990, AP Nr. 46 zu § 118 BetrVG 1972). 17 Vom BAG v. 6.12.1994, NZA 1995, 484 f., für wiederholte kurzzeitige Versetzungen erwogen, jedoch ausdrücklich offengelassen; LAG Baden-Württemberg v. 7.11.1989, NZA 1990, 286 f.; LAG Frankfurt v. 15.12.1987, NZA 1989, 252 f.; ArbG Münster v. 19.12.1990, DB 1991, 103 f.; Dütz, ZfA 1972, 247, 253; Eich, DB 1983, 657, 660; Faecks, NZA 1985 Beil. 3 S. 6, 15; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 100 Rn. 1; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 85 Rn. 39; Grunsky, ArbGG 6, § 85 Rn. 15; MünchKomm-ZPO-Heinze, § 935 Rn. 122; ders., RdA 1986, 273, 291; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 100 Rn. 2; Kittner in: 4 Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG , § 100 Rn. 1 für den Arbeitgeber; GKBetrVG4-Ä>ü/i, § 100 Rn. 3; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 99 Rn. 241; Schaub, Formularsammlung, § 118, 1 b; Walker, Rn. 766 ff.; ders. DB 1995, 1961, 1964; Wenzel, NZA 1989, 112, 116. 18 Rn. 769 ff.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

weiteren Zwischenrechte, sondern dehnt den Anwendungsbereich der §§ 100 und 101 BetrVG mit Ausschlußwirkung aus. An abgelegener Stelle und nur für die Bordvertretung enthält § 115 Abs. 7 Zif. 4 BetrVG in der vorläufigen Regelungskompetenz des Kapitäns ebenfalls ein materielles Zwischenrecht, wenn er keine Einigung mit der Bordvertretung erzielt hat. 19 I I I . Instrumentarien für den Arbeitgeber Da der einstweilige Rechtsschutz des Arbeitgebers in personellen Angelegenheiten weitgehend durch materielle Zwischenrechte gewährleistet wird, 2 0 ist im folgenden zu fragen, ob das Handlungsinstrumentarium des Betriebsverfassungsrechts den Interessen des Arbeitgebers im übrigen hinreichend Rechnung trägt. 1. Rechtsschutz nach dem BetrVG Das BetrVG selbst sieht einige Sanktionen gegen rechtswidriges Betriebsratsverhalten vor. Diese sind daraufhin zu überprüfen, ob sie dem Arbeitgeber in angemessener Zeit Rechtsschutz gewähren können. Das maßgebliche Beurteilungskriterium ist dabei, ob die Handlungsmöglichkeit aktuell wiederhergestellt wird. a) Einleitung eines arbeitsgerichtlichen

Beschlußverfahrens

Unter zeitlichem Aspekt ist das normale Beschlußverfahren für das Rechtsschutzziel konkret ungeeignet. Zwar kann der Arbeitgeber das Arbeitsgericht anrufen, um feststellen zu lassen, daß ein Mitbestimmungsrecht konkret nicht besteht oder ein bestimmtes Betriebsratsverhalten nicht mit dem Mitbestimmungsrecht vereinbar ist. Bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung ist der Arbeitgeber auf den Weg eines möglicherweise langwierigen Verfahrens über mehrere Instanzen verwiesen, ohne daß für die konkret zu regelnde Situation eine verbindliche Verhaltensanweisung ergangen wäre. Das Begehren des Arbeitgebers, möglichst kurzfristig eine Handlungsbefugnis zu erhalten, kann über das normale Beschlußverfahren nicht erreicht werden.

19

Auch hier müssen die Anordnungen zur Aufrechterhaltung des ordnungsgemäßen Schiffsbetriebs dringend erforderlich sein (GK-BetrVG4-Wiese, § 115 Rn. 55 ff.). 20 Zu verbleibenden Lücken § 8 (S. 292 ff.).

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

b) Amtsenthebungs- und Auflösungsverfahren

65

gern. § 23 Abs. 1 BetrVG

Schon die Vorläufer des BetrVG enthielten Vorschriften über die Amtsenthebung und Auflösung des Betriebsrats. Wegen der besonders gelagerten Aufgabe des Betriebsrats bzw. seiner Mitglieder setzt § 23 Abs. 1 BetrVG einen groben Verstoß gegen die gesetzlichen Pflichten voraus und bewirkt dadurch sowohl den Schutz des einzelnen Mitglieds wie der Aufgabenerfüllung des Betriebsrats insgesamt. Ob der Amtsenthebung disziplinierender bzw. strafähnlicher Charakter zukommt 21 oder ob aufgrund der Beschränkung der Sanktion lediglich die Sicherstellung eines Mindestmasses gesetzmäßigen Verhaltens der Betriebsratsmitglieder gewährleistet werden soll, 22 kann im vorliegenden Rahmen auf sich beruhen. Das Verhalten muß nach h.M. objektiv grob pflichtwidrig, nicht aber subjektiv schuldhaft sein 2 3 , wobei ein einmaliger, erheblicher Verstoß die Voraussetzungen erfüllen kann. 24 In beiden Fällen stellt die Amtsenthebung eine Reaktion auf vorangegangenes betriebsverfassungswidriges Verhalten dar. Die Regelung des § 23 Abs. 1 BetrVG ist daher repressiv und vergangenheitsbezogen. A u f dieser Grundlage ist deutlich, daß dem Arbeitgeber über ein Amtsenthebungsverfahren in dringenden Regelungsfragen nicht geholfen werden kann. Verweigert der Betriebsrat in eindeutig mibestimmungspflichtigen Angelegenheiten Verhandlungen mit dem Arbeitgeber, kann ein grober Verstoß i.S. des § 23 Abs. 1 BetrVG vorliegen. Jedoch kann ein Amtsenthebungsverfahren nur für die Zukunft wirken, indem ein Ersatzmitglied nachrückt (§ 25 Abs. 1 BetrVG). Im Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber eine Regelung begehrt, hilft ihm die Amtsenthebung nicht. 25 Als problematisch kann sich weiterhin der Nachweis eines groben Verstoßes darstellen. Bei den Übersichten der Pflichten der Betriebsratsmitglieder in der Kommentarliteratur 26 liegt ein Schwerpunkt der Pflichtverletzungen in der 21

Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 23 Rn. 1; Galperin/Löwisch, BetrVG 6, § 23 Rn. 9; BAG v. 5.12.1978, AP Nr. 4 zu § 101 BetrVG 1972. 22 BAG v. 20.8.1991, DB 1992, 275 f.; GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 10. 23 GK-BetrVG 4- Wiese, § 23 Rn. 28, 31; zurückhaltender jedoch Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 23 Rn. 13 (im Regelfall schuldhaft). 24 Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 23 Rn. 14. 25 Der Untersagung der weiteren Amtsausübung mittels einstweiliger Verfügung bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen stehen die gleichen Bedenken entgegen (GKBetrVG5-07e.se, § 23 Rn. 77 m.w.Nw.; vergi. LAG München v. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29. 26 Vergi. GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 42-51; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 23 Rn. 50; Belling, S. 320 ff.; Witt, S. 113 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 23 Rn. 7 ff. 5 Schwonberg

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

politischen Betätigung oder im Arbeitskampf. Deutlich seltener hat die Verweigerung der Zusammenarbeit die Gerichte beschäftigt. 27 Obstruktionspolitik stellt in jeglicher Form betriebsverfassungswidriges Verhalten dar. 28 Die Abgrenzung von rechtswidriger Verzögerung und zulässiger Verhandlungsstrategie bereitet jedoch erhebliche Schwierigkeiten. Angesichts der besonderen betrieblichen Verhältnisse liegt in einer ablehnenden Haltung nur selten und in der Kooperationsverweigerung mit unterschiedlicher inhaltlicher Ausprägung nicht generell ein grober Pflichtverstoß, so daß die tatbestandlichen Voraussetzungen zweifelhaft sein können. Das Amtsenthebungsverfahren bietet dem Arbeitgeber weder von seiner Funktion noch von seinen tatbestandlichen Voraussetzungen oder den möglichen Rechtsfolgen einen geeigneten Rechtsschutz. c) Kündigung eines Betriebsratsmitglieds Sollte sich ein Betriebsratsmitglied pflichtwidrig verhalten, könnte der Arbeitgeber dem Betreffenden kündigen. Die Kündigung des Betriebsratsmitglieds geht über die Amtsenthebung hinaus, weil die arbeitsvertragliche Ebene betroffen ist. Als konkreter Rechtsschutz ist die Kündigung in gleicher Weise den eben angeführten Bedenken ausgesetzt. Darüber hinaus sichert das BetrVG die Amtstätigkeit durch einen besonderen Kündigungsschutz. § 15 Abs. 1 KSchG sieht - mit Ausnahme der Betriebsstillegung - ein völliges Verbot der ordentlichen Kündigung vor. Zulässig bleibt die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds aus wichtigem Grund (§ 103 BetrVG). 29 Die h.M. bejaht die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aufgrund einer Amtspflichtverletzung. Nach der sog. Simultantheorie des BAG kann eine Amtspflichtverletzung zugleich eine Vertragsverletzung darstellen, wenn diese unter Anlegung eines strengen Maßstabs das Arbeitsverhältnis selbst berührt. 30 Als Gründe sind bisher Straftaten in Zusammenhang mit der

27

LAG Mainz v. 28.10.1953, BB 1954, 128 f.; GK-BetrVG4-Wiese, § 23 Rn. 43, 49.

28

Belling , S. 327.

29

Eine ohne betriebsverfassungsrechtliche Zustimmung ausgesprochene Kündigung ist nichtig (§ 134 BGB) und kann nicht durch eine nachträglich erteilte Zustimmung geheilt werden (BAG ν. 4.3.1976, EzA § 103 BetrVG Nr. 11 m.w.Nw.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 103 Rn. 17; GK-BetrVG4-A>a//, § 103 Rn. 6 33; a.A. Dietz/Richardi, BetrVG , § 103 Rn. 39 ff., 40). Allerdings kann der Betriebsrat die Zustimmung im Verfahren nach § 103 nachträglich erteilen (BAG ν. 17.9.1981, EzA § 103 BetrVG Nr. 28). 30 BAG v. 14.10.1986, EzA § 626 BGB n.F. Nr. 105 (vorsätzliche Falschaussage); v. 15.7.1992, DB 1993, 438 f. (betont unabhängig von der Kündigung den Zusammenhang von Betriebsratstätigkeit und Arbeitsverhältnis); KR-£/ze/, § 15 KSchG Rn. 26 a;

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

67

Amtstätigkeit, Arbeitsverweigerung, Aufforderung zu Arbeitskampfmaßnahmen, Verunglimpfung des Arbeitgebers in der Öffentlichkeit, politische Agitation und der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen anerkannt worden.31 Im hier interessierenden Bereich kommt eine Kündigung nicht in Betracht, da allein ein betriebsverfassungsrechtlicher Pflichtverstoß nicht die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Die Verletzung der Amtspflicht zu raschem, der Angelegenheit angemessenem Verhalten wird i.d.R. den Bestand des Arbeitsvertrages nicht berühren. d) Ordnungswidrigkeiten

und Strafvorschriften

des Betriebsverfassungsgesetzes

In den §§ 119 ff. enthält das BetrVG Bußgeld- und Strafvorschriften. Diese richten sich vornehmlich gegen den Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten, der seinen betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten nicht nachkommt, wobei in § 121 Abs. 1 BetrVG Pflichten aus sozialen Angelegenheiten nicht aufgenommen wurden. Die §§ 119 und 121 BetrVG schützen die Wahl und Tätigkeit des Betriebsrats sowie seine Auskunftsrechte. 32 Eine Strafbarkeit der Mitglieder des Betriebsrats 33 besteht nur im Falle der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie bei Offenbarung von Arbeitnehmergeheimnissen, insbesondere aus deren persönlichem Lebensbereich. Für den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes des Arbeitgebers ergeben sich keinerlei Konsequenzen.34 2. Verlust der Mitbestimmungsrechte Der Arbeitgeber würde in der Umsetzung seiner Maßnahmen nicht beeinträchtigt, wenn er zumindest in dringenden und zwingenden Fällen allein rechtswirksam handeln könnte. Zwar hätte er dann im normalen Betriebsablauf die Beteiligung des Betriebsrats zu beachten, in Konflikte zwischen Handlungsund Beteiligungsnotwendigkeit geriete er aber nicht.

Fitting/A uffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 103 Rn. 18; a.A. Bieback, RdA 1978, 82, 85 ff. 31 KR-Etzel, § 15 KSchG Rn. 27 m.w.Nw. 32 Zu den Tatbeständen und der geäußerten Kritik Schlünder, S. 186 ff., 195 f., 205 ff. 33 Darüber hinaus erfaßt § 120 Abs. 1 Zif. 2-4 BetrVG auch andere Personen. 34

Schlünder, S. 198 f., 205 ff; Schoof AiB 1990, 465 f.; ders., AiB 1990, 461, der

die erzieherische Funktion der Vorschriften betont. Die Taten werden gem. § 120 Abs. 5 BetrVG nur auf Antrag verfolgt.

68

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers a) Eilfälle

Die überwiegende Meinung zum BetrVG 1952 bejahte eine Eilfallkompetenz des Arbeitgebers und entnahm sie einer "vernünftigen Gesetzesauslegung" oder der "Natur der Sache".35 In Fällen, in denen eine alsbaldige Regelung für einen ordnungsgemäßen Betriebsablauf erforderlich war, sollte der Arbeitgeber zumindest vorläufig bis zu einer Entscheidung der Betriebspartner oder der Einigungsstelle eine Regelung durchführen können. Eine andere Ansicht verwies den Arbeitgeber auf die formlose Regelungsabrede, da sich eine Beschränkung des Mitbestimmungsrechts in Eilfällen nicht aus dem Gesetz ergebe und die fehlende Bestimmbarkeit zu Rechtsunsicherheit führe. 36 Das BAG erkannte jedoch an, daß der Arbeitgeber, um einen regelungslosen Zustand zu vermeiden, eine vorläufige Regelung über den Beginn und das Ende der täglichen Arbeitzeit treffen könne, sofern eine Verständigung mit dem Betriebsrat gescheitert sei und er die Einigungsstelle angerufen habe. 37 Die Einschätzung hat sich zu § 87 BetrVG grundlegend gewandelt. Nunmehr geht man ebenso einhellig davon aus, daß eine Einschränkung der Mitbestimmungsrechte durch eine Eilfallkompetenz des Arbeitgebers nicht mit dem Gesetz zu vereinbaren sei. 38 Dies wird im wesentlichen mit der begrifflichen Unschärfe des Eilfalls 39 und der damit verbundenen Rechtsunsicherheit begründet. Die begriffliche Unschärfe führt zwangsläufig dazu, daß die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats unter einem nicht weiter bestimmbaren Vorbehalt stünden und im Ergebnis zu weit eingeschränkt werden könnten. Außerdem ist als argumentum e contrario auf die Regelungen in den §§ 100 und 115 Abs. 7

35

Galperin/Siebert, BetrVG 4, vor § 56 Rn. 17; Neumann-Duesberg, S. 455 f.; Hueck/Nipperdey-Säcfer ArbR 7 II/2, S. 1393 m.w.Nw. 36 Fitting/Kraegeloh/Auffarth, BetrVG 9, § 56 Rn. 6a. 37 BAG ν. 15.12.1961, AP Nr. 1 zu § 56 BetrVG. 38 BAG ν. 5.3.1974, AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 13.7.1977, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 19.2.1991, AP Nr. 42 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit = NZA 1991, 609; LAG Hamm v. 1.8.1989, LAGE § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 13; LAG Hamburg v. 16.4.1981 AuR 1982, 229; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 40 ff. m.w.Nw.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 32; v.Hoyningen-Huene, DB 1987, 1426, 1431; MünchArbR-Matthes, § 324 Rn. 27 m.w.Nw.; Otto, NZA 1992, 97, 109, der bei Tendenzbetrieben mehr Entgegenkommen erwägt; GK-BetrVG 4- Wiese, § 87 Rn. 113 f.; Simitis/Weiss, DB 1973, 1240, 1253; Weiss/Weyand, BetrVG 3, § 87 Rn. 7 f.; a.A. Kittner/Schmidt, DB 1988, 704, 706; Brill, BIStSozArbR 1975, 177 f. 39 Eine abweichende Terminologie verwenden Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 47 IV 4 [S. 511] (wohl auch Buchner, SAE 1986, 129, 133), die eine Unterscheidung zwischen Eilund Notfallen nach dem Schadenseintritt für untauglich halten und ohne Schaden einen Eilfall verneinen. Im Ergebnis stimmt ihre Eilfall- und die hier und von der h.M. verwendete Notfallterminologie inhaltlich überein.

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Nr. 4 BetrVG sowie auf die §§69 Abs. 5 und 72 Abs. 6 BPersVG zu verweisen, wonach der Dienststellenleiter für Maßnahmen die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, vorläufige Maßnahmen anordnen kann. 40 b) Notfälle

Demgegenüber wird in Notfällen eine Kompetenz des Arbeitgebers, einseitig Maßnahmen anzuordnen, anerkannt. 41 Notfälle sind solche Situationen, in denen der Arbeitgeber sofort handeln muß, um vom Betrieb oder den Arbeitnehmern Schaden abzuwenden und es nach den Umständen nicht möglich ist, das ordnungsgemäße Beteiligungsverfahren durchzuführen. Dies kann darauf beruhen, daß der Betriebsrat willkürlich seine Zustimmung verweigert, zur Regelung nicht rechtzeitig zu erreichen oder aus den Umständen heraus eine Regelung nicht möglich ist, weil selbst bei beiderseitigem Bemühen eine betriebliche Regelung zu spät käme. Zu den letzten Fällen sind die Konstellationen der Naturkatastrophen, des Betriebsbrandes oder der unvorhergesehenen Lieferung verderblicher Ware zu rechnen. Das B A G erwägt für den Fall der im Arbeitskampf betrieblich möglichen, jedoch wirtschaftlich sinnlosen Tätigkeit, möglichen Verhandlungsverzögerungen des Betriebsrats über notwendige Arbeitszeitverkürzungen dadurch entgegenzuwirken, daß dem Arbeitgeber wegen dieses "Notfalls" eine vorläufige Regelungskompetenz einzuräumen sei. 42 Begründen läßt sich die Kompetenz des Arbeitgebers unter mehreren Gesichtspunkten. Zum einen ist der Betriebsrat in derartigen Fällen schon aus dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit der Betriebspartner gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG zu einer sofortigen Entscheidung bzw. Einigung mit dem Arbeitgeber verpflichtet. 43 Dabei sind Notfälle regelmäßig Situationen, in denen die betrieblichen Belange gegenüber denen der Arbeitnehmer überwiegen. Zum

40

ArbG Münster v. 8.9.1985, BB 1987, 61 f.; ArbG Siegen v. 3.6.1983 ZIP 1983, 1117 ff.; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 113; v.Hoyningen-Huene, DB 1987, 1426, 1431. 41 BAG v. 13.7.1977, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit; v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 19.2.1991, AP Nr. 42 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1991, 609; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 43; Galperin/Löwisch, BetrVG 6, § 87 Rn. 25; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 87 Rn. 22; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 38; MünchArbR-Ator/ies § 324 Rz. 30 unter Hinweis auf § 227 BGB; Raab, S. 50 ff.; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 117 m.w.Nw.; ausführlich Worzalla, S. 96 ff. allerdings unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs; a.A. Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4, § 87 Rn. 23 (Vorsorge regelmäßig möglich). 42 BAG v. 22.12.1980, AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf unter C II 3 b; zust. GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 287. 43 BAG vom 19.2.1991, AP Nr. 42 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1991, 609.

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anderen liegt i.d.R. unter beiden Gesichtspunkten ( § § 2 Abs. 1 und 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG) eine Reduzierung der Regelungsmodalitäten der Betriebspartner auf nur eine sinnvoll mögliche vor. Erlaubt die betriebliche Situation nur eine Entscheidung, um erheblichen Schaden vom Arbeitgeber oder den Arbeitnehmern abzuwenden, so ist eine Beteiligung in dieser Situation nicht erforderlich. Eine Berufung des Betriebsrats auf die ihm zustehenden Beteiligungsrechte wäre eine rechtsmißbräuchliche Ausübung der ihm zugewiesenen Rechte, so daß unter dem Aspekt des § 2 Abs. 1 BetrVG und § 242 BGB das Recht entfiele. 44 Eine Begrenzung der Notfallkompetenz des Arbeitgebers erfolgt dadurch, daß er nur vorläufige Anordnungen treffen darf und den Betriebsrat unverzüglich über seine Maßnahmen zu informieren hat. 45 Besteht über die Situation hinaus weiterhin ein Regelungsbedarf, so hat hierüber der Betriebsrat mitzuentscheiden. 46 Angesichts der strengen Voraussetzungen des Alleinentscheidungsrechts des Arbeitgebers in Notfallen kann dem Arbeitgeber für den hier betrachteten Problemkreis nur in Extremfällen geholfen werden. Über die Notfallkompetenz sind nur Fälle mit sofortigem Regelungsbedarf zu erfassen, in denen selbst für kurzfristige Verhandlungen mit dem Betriebsrat keine Zeit mehr besteht. Zwar wird die Lieferung verderblicher Ware grundsätzlich als Anwendungsfall der Notkompetenz genannt. Doch zeigt der eingangs dargestellte Verpackungsfall (Fall 1), daß ein Notfall im mittelbar betroffenen (Zulieferer-)Betrieb nur selten vorliegt. Kaum zu erfassen ist über die Notfallkompetenz der Regelungszeitraum von mehreren Tagen, da die Herbeiführung einer Einigung grundsätzlich möglich ist. Der "herannahende Regelungskonflikt" ist ebensowenig über die Notfallkompetenz zu lösen. Im Inventurfall (Fall 3) bestand auch Ende Dezember kein Notfall, da weder der Bestand des Betriebs gefährdet, noch sofortiges Handeln zur Abwendung eines erheblichen Schadens erforderlich war. Erwogen wird ein "rechtlicher Notfall" für Fälle, in denen nach einer tarifVertraglichen Arbeitszeitverkürzung auf betrieblicher Ebene eine Neuregelung über die Verteilung der Arbeitszeit nicht rechtzeitig zustande kommt. 47 Es sei dem

44

GK-BetrVG 4-Wiese, § 87 Rn. 118; Witt, S. 147 ff.; Worzalla,

S. 114 ff.; Dzikus, S.

110 ff. 45 Darüber hinaus fordert Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 41 f., daß der Arbeitgeber eine einstweilige Verfugung des Arbeitsgerichts herbeiführen muß. 46 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 45; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 4 Rn. 36; GK-BetrVG - Wiese, § 87 Rn. 119. 47 So LAG Schleswig-Holstein v. 5.12.1986, DB 1987, 1442; zust. Droste, DB 1992, 138, 140; so schon Gaul, E III Rn. 20 ff.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

71

Arbeitgeber nicht zumutbar, sich entweder tarifvertrags- oder mitbestimmungswidrig zu verhalten. Zutreffend hat das B A G 4 8 jedoch eine Notfallkompetenz auch dann verneint, wenn eine Betriebsvereinbarung über die Lage der Arbeitszeit nicht über die Geltung des ihr zugrundeliegenden Tarifvertrags hinaus nachwirkt, sofern die im neuen Tarifvertrag eröffneten Möglichkeiten mit der bestehenden Betriebs Vereinbarung umzusetzen sind. 49 Gegen ein einseitiges Änderungsrecht des Arbeitgebers spricht, daß i.d.R. den Betriebspartnern nach Abschluß des Tarifvertrages genügend Zeit zur Umsetzung tariflicher Regelungen verbleibt. Der herannahende Regelungskonflikt läßt sich angesichts des fixen Regelungstermins über eine Mehrheitsentscheidung in der Einigungsstelle zumindest vorübergehend lösen. 50 c) Analogie aus § 100 Abs. 1 BetrVG Eine einseitige und vorläufige Handlungsbefugnis könnte dem Arbeitgeber in dringenden Fällen über die analoge Anwendung des § 100 Abs. 1 BetrVG im Bereich der sozialen Angelegenheiten zustehen, wie dies in der Literatur befürwortet wird. 51 Daher ist zu klären, ob die Vorschrift einer analogen Anwendung im Bereich der sozialen Angelegenheiten fähig ist. 52 Die analoge Anwendung einer Norm (Gesetzesanalogie) oder eines sich aus mehreren Normen ergebenden Rechtsgedankens (Rechtsanalogie) beruht auf einem Vergleich von Zweck und Grundgedanken des geregelten Falles mit der in Frage stehenden Konstellation. Voraussetzungen sind das Vorliegen eines konkret ungeregelten Zustands i.S. einer Regelungslücke sowie die Ähnlichkeit der Tatbestände. Die rechtlichen Wertungen müssen in den maßgeblichen Aspekten übereinstimmen, so daß die Rechtsfolge übertragbar ist. 53 Im Gegensatz zu der ausdrücklichen Anordnung für den Bereich der personellen Einzelmaßnahmen und der Mitbestimmung im Schiffahrtsbereich enthält der Wortlaut der Vorschrift des § 87 Abs. 1 BetrVG keinerlei Hinweis auf eine

48

Vom 19.2.1991, AP Nr. 42 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit = NZA 1991, 609. Die Frage, ob ein einseitges Änderungsrecht des Arbeitgebers besteht, wenn die bisherige Regelung tarifwidrig wird, hat das BAG ausdrücklich offengelassen (dafür 49

Droste, DB 1992, 138, 140). 50

Entgegen Droste ist ein Produktionsstillstand angesichts der tatsächlichen Verhältnisse völlig unwahrscheinlich, da das Besetzungsverfahren und erste Verhandlungen vor der Einigungsstelle in der zur Neuregelung verbleibenden Zeit ohne weiteres werden stattfinden können (ebenso Worzalla, S. 117 ff.). 51 Hanau, RdA 1973, 281, 292; jüngst ders., NZA 1993, 817, 819. 52 Die Frage der Analogiefähigkeit ist strikt vom Umkehrschluß zu unterscheiden (dazu § 61 2 (Seite 130 f.); Dzikus S. 60 ff. 53 Larenz, Methodenlehre, S. 380 ff.; Engisch, S. 146 ff.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

mögliche vorläufige Kompetenz des Arbeitgebers. Exakte Angaben, welche Vorstellungen den Gesetzgeber zu der unterschiedlichen Gestaltung bewogen haben, lassen sich den Gesetzgebungsmaterialien nicht entnehmen.54 Vielmehr ist in der Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG über die Mitbestimmung bei der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit einen Anhalt dafür zu sehen, daß selbst kurzfristig regelungsbedürftige Maßnahmen der Mitbestimmung unterliegen sollen. 55 Bedenkt man weiterhin, daß der Gesetzgeber 1972 für das Betriebsverfassungsgesetz in § 100 BetrVG aufgrund des Zustimmungserfordernisses 56 und 1974 für das BPersVG in den §§ 69 Abs. 5 und 72 Abs. 6 für den Dienststellenleiter die Notwendigkeit vorläufiger einseitiger Anordnungen gesehen hat, spricht die Systematik der Regelungen dafür, daß der Gesetzgeber für den Bereich der sozialen Angelegenheiten bewußt eine abweichende Regelung in dem Sinn getroffen hat, dem Arbeitgeber keine vorläufige einseitige Handlungsbefugnis zu gewähren. 57 Regelungszweck und Regelungsgegenstand sprechen ebenfalls für eine unterschiedliche Betrachtung. Als Rechtsfolge gewährte eine analoge Anwendung von § 100 Abs. 1 BetrVG in sozialen Angelegenheiten dem Arbeitgeber für kollektive Maßnahmen eine vorübergehende, einseitige und unkontrollierte Handlungsbefugnis, während § 99 Abs. 1 BetrVG von einer personellen Einzelmaßnahme ausgeht. Für die sozialen Angelegenheiten, die sich - abgesehen von kurzfristigen Arbeitszeitfragen - weitgehend auf die innerbetriebliche Organisation beziehen, stand dem Gesetzgeber wohl eher das Bild langfristig wirksamer Regelungen vor Augen, über die in entsprechender Zeit eine Vereinbarung getroffen werden kann. Demgegenüber sichern sofortige personelle Maßnahmen den unmittelbaren Betriebsablauf und weisen einen engen Bezug zum marktorientierten und wirtschaftlichen Handeln des Arbeitgebers auf. Von daher sind weder die erforderliche Regelungslücke noch übereinstimmende Wertungen für die vorläufige einseitige Regelung nachweisbar. 58 Bei § 54 Ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien wollte der Gesetzgeber durch die Begrenzung der Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte in § 115 Abs. 7 Zif. 4 BetrVG auf die Besonderheiten und Gefährdungen der Seeschiffahrt Rücksicht nehmen und verwies auf die besondere Verantwortung des Kapitäns für den Schiffsbetrieb und die Schiffsreise (BR-Drucksache 715/70, S. 56). 55 BAG v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG. 56 BR-Drucksache 715/70, S. 52. Demgegenüber betont Hanau, RdA 1973, 281, 292, die Übereinstimmung der Interessenlage bei personellen und sozialen Angelegenheiten. 57 Das BAG ν. 19.2.1991, AP Nr. 42 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit, meint, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber ausgerechnet bei dem am stärksten ausgestalteten Beteiligungsrecht des Betriebsrats in § 87 BetrVG das Problem übersehen habe. 58 GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 113 m.w.Nw.; v.Hoyningen-Huene, DB 1987, 1426, 1431.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

73

100 Abs. 1 handelt es sich um eine Sonderregelung für personelle Angelegenheiten, die als Ausnahmevorschrift nicht analogiefähig ist. 59 d) Rechtsverlust des Betriebsrats durch rechtsmißbräuchliches

Verhalten

Einen scheinbar wirksamen Rechtsschutz könnte die Begrenzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats unter dem Aspekt der rechtsmißbräuchlichen Ausübung darstellen. § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet die Betriebspartner zur vertrauensvollen Zusammenarbeit zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebes. Die Norm ist die betriebsverfassungsrechtliche Konkretisierung des für die gesamte Rechtsordnung geltenden Grundsatzes von Treu und Glauben. Dieser allgemeine Grundsatz dient zur näheren Bestimmung vertraglicher Pflichten, wie Neben-, Schutz-, Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten, aber auch zur Beschränkung der Rechtsausübung. Neben den Fallgruppen des mißbilligten früheren Verhaltens (z.B. der Verwirkung) oder des widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium) kommt besonders die schlicht mißbilligte Rechtsausübung durch den Betriebsrat in Betracht. 60 aa) Meinungsstand Die Literatur zieht zunehmend den Gesichtspunkt rechtsmißbräuchlichen Verhaltens als Korrektiv bestimmten Betriebsratsverhaltens heran. In Anlehung an § 242 BGB plädiert man für eine fallgruppenorientierte Systematisierung 61 und unterscheidet die mißbilligte Rechtsausübung62, mißbilligtes früheres 63 , widersprüchliches Verhalten oder nicht auf ein berechtigtes Interesse gestütztes Verhalten. 64

59 Ein Vorgriff auf die Frage der Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen ist damit nicht getroffen, da zwischen der einseitigen Handlungskompetenz und der gerichtlich angeordneten Maßnahme in überprüften Sachverhalten ein entscheidungserheblicher Unterschied besteht. 60 Zu den Fallgruppen MünchKomm-flö/A, § 242 Rn. 224 ff.; Witt, BB 1989, 1294 ff.; krit. Staud-J.Schmidt, § 242 Rn. 637 ff., 657 ff. 61 Witt, S. 130 ff.; Worzalla, S. 114 ff.; Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 46 V. 62 In Form von unzulässigen Koppelungsgeschäften (Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 46 V; LAG Köln v. 14.6.1989, LAGE § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit Nr. 1 = NZA 1989, 939). 63 Belling , S. 333 f., in Form der Verwirkung von Beteiligungsrechten z.B. wenn Erfüllungs- oder Schadensersatzansprüche gegen den Betriebsrat keinen ausreichenden Erfolg versprächen, die unternehmerische Maßnahme eilbedürftig und betrieblicher oder gerichtlicher Rechtsschutz für den Arbeitgeber nicht zu erreichen sei. 64 Fallgruppen bei Witt, BB 1986, 2194 ff.; zu weitgehend Brossette, ZfA 1992, 379, 396 ff., 402 f., wenn er jede nicht vom Zweck gedeckte Verhandlung als rechtmißbräuchlich einstuft, aber die Rechtsfolgen offenläßt.

74

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Überwiegend wird die Verweigerung von Überstunden zur Erledigung eines besonders wichtigen Auftrags aus beschäftigungspolitischen Aspekten oder die Einführung von Kurzarbeit in mittelbar von Arbeitskämpfen betroffenen Betrieben zur Vermeidung immenser Schäden als rechtsmißbräuchlich eingestuft. 65 Unter dem Aspekt des Rechtsmißbrauchs werden ebenfalls Koppelungsgeschäfte erfaßt, bei denen der Betriebsrat die Einführung einer mitbestimmungspflichtigen Maßnahme von weiteren Zugeständnissen abhängig macht.66 Weiterhin soll die Ablehnung von Bewerbern, die Einstellungsrichtlinien nicht erfüllen, rechtsmißbräuchlich sein, wenn kein Bewerber diese erfüllt. 67 Ohne auf den Gedanken des Rechtsmißbrauches abzustellen, gelangt Heinze über eine treuhänderische Lösung zu noch weitergehenden Konsequenzen.68 Zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bestehe kraft Gesetzes ein zivilrechtliches Treuhandverhältnis betriebsverfassungsrechtlicher Art, da beide Betriebspartner gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG wechselseitig auch fremde Rechte wahrzunehmen hätten. Danach handelt der Betriebsrat pflichtwidrig, wenn seine Tätigkeit nicht von der Wahrnehmung objektiver Solidarinteressen gedeckt sei. 69 Zwar können Arbeitgeber und Betriebsrat rechtswirksam nur innerhalb ihrer Kompetenzen handeln, und sie haben bei der Ausübung ihrer Rechte jeweils die Interessen des anderen zu beachten. Aus § 2 Abs. 1 BetrVG läßt sich ein Treuhandverhältnis indessen nicht herleiten. § 2 Abs. 1 BetrVG will trotz der Verpflichtung zur Achtung der gegenseitigen Interessen nicht das Bestehen des Interessengegensatzes zwischen den Betriebspartnern leugnen. Die Lösung von Heinze klärt weiterhin nicht, wann ein Handeln außerhalb der Kompetenzen oder ein rechtsmißbräuchliches Verhalten vorliegt. Die Rechtsprechung hatte nur selten die Beteiligungsrechte unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs zu beurteilen. In einer frühen Entscheidung, die die Einführung bargeldloser Lohnzahlung zum Gegenstand hatte, maß das BAG dem Einwand des Arbeitgebers, der Betriebsrat handele gegen die Interessen der Arbeitnehmer und daher rechtsmißbräuchlich, keine Bedeutung zu. 70 In seiner Entscheidung zur Mitbestimmung bei arbeitskampfbedingter Kurzar-

65

Jahnke, ZfA 1984, 69, 106; Otto, NZA 1992, 97, 105 für den Fall der just-in-timeProduktion bei streikbedingten Zulieferstop; Raab, S. 49; Belling, S. 333 ff., 335 ff., 341 ff.; Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 46 V. 66 Otto, NZA 1992, 97, 109; Worzalla, S. 98 ff. m.w.Nw.; siehe dazu unten § 7 II 1 b (S. 207 ff.). 67 Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 46 V. 68 ZfA 1988, 53,61 ff., 77 ff. 69 Heinze, ZfA 1988, 53, 65 ff, 78, 81 ff. (Beispiele S. 86 ff.); ihm folgend Schrammel, FS für Strasser, 295, 301 ff. 70 BAG v. 31.1.1956, AP Nr. 5 zu § 56 BetrVG Entlohnung.

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beit verwies das BAG 7 1 den Arbeitgeber bei Verzögerungen durch den Betriebsrat "auf die Mittel des Rechts", ohne näher darzulegen, welche dies konkret sind. Unter Hinweis auf rechtsmißbräuchliches Verhalten hat das BAG einem Betriebsrat jedoch das Einsichtsrecht in Bruttolohn- und Gehaltslisten verwehrt, der die eingesehenen Listen in tabellarischer Form am Schwarzen Brett im Betrieb ausgehängt hatte.72 Ebenso wurde die Verknüpfung von Arbeitszeitregelungen mit Ausgleichszahlungen als rechtsmißbräuchlich eingestuft. 73 Die Folge des rechtsmißbräuchlichen Betriebsratsverhaltens ist, ohne daß man dies immer klar äußert, daß entweder der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht verliert oder seine Zustimmung als erteilt gilt. 74 Der Beschränkung der Mitbestimmungsrechte unter dem Aspekt des Rechtsmißbrauchs wird entgegengehalten, daß der Arbeitgeber durch die Anrufung der Einigungsstelle, die Amtsenthebung, die Betriebsratsauflösung oder Schadensersatzansprüche hinreichend geschützt sei. Aus welchem Grund der Betriebsrat seine Zustimmung verweigere, auf Verhandlungsangebote des Arbeitgebers nicht eingehe oder diese verzögere, sei unerheblich. Für eine Fiktion der Zustimmung fehle jegliche Rechtsgrundlage. 75 bb) Konkreter Anwendungsbereich Um den tatsächlichen Bereich der Begrenzung von Beteiligungsrechten durch rechtsmißbräuchliches Verhalten bestimmen und die soeben genannten Konstellationen überprüfen zu können, ist von den Voraussetzungen mißbilligter Rechtsausübung auszugehen.76 Sie liegt vor, wenn die Rechtsausübung schlechterdings von der Rechtsordnung nicht akzeptiert werden kann oder wenn für sie keinerlei beachtenswerten Interessen des das jeweilige Recht Ausübenden anzuführen sind, sie vielmehr nur der Schädigung oder Benachteiligung des

71

V. 22.12.1980, AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. BAG v. 14.5.1987, DB 1988, 2569 f. 73 LAG Köln v. 14.6.1989, NZA 1989, 939 (Lärmzulage); a.A. LAG Nürnberg v. 6.11.1990, NZA 1991, 281 (für die Verknüpfung von Schichtarbeit mit weiteren Zuschlägen). 74 Allgemein MünchKomm-/?oi/i, § 242 Rn. 236. 72

75

76

MünchArbR'V.Hoyningen-Huene,

§ 324 Rn. 41 ff.; Witt, BB 1989, 1294, 1295 f.

Auf andere Fallgruppen soll hier nicht eingegangen werden. Die Aspekte des fehlenden oder geringeren eigenen Interesses oder der zweckwidrigen Geltendmachung eines Rechts (Soergtl-Teichmann, § 242 Rn. 290 ff.) machen jedoch deutlich, daß die Übertragung der für das BGB anerkannten Fälle auf die Beteiligungsrechte Schwierigkeiten bereitet, weil sie auf Einzelfallangemessenheit und Zweckhaftigkeit angelegt sind.

76

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

anderen dienen soll. 77 Aus der Definition ergeben sich starke Überschneidungen mit dem Schikaneverbot des § 226 BGB, wonach die Ausübung eines Rechts unzulässig ist, wenn sie allein zum Zweck der Schädigung des anderen erfolgt. 78 Durch diese hohen Anforderungen ist der Anwendungsgereich recht eng gefaßt. Er ist noch weiter eingeschränkt, wenn man nicht nur auf das Fehlen beachtenswerter Interessen, sondern auch auf den Schädigungswillen abstellt. 79 Letztlich können nur Extremfälle gelöst werden. Die Motivation oder sachwidrige Begründung allein können meines Erachtens angesichts der Schutzfunktion nicht zum völligen Ausschluß des Mitbestimmungsrechts im konkreten Fall führen. 80 Rechtsmißbrauch mit der Folge des Rechtsverlusts liegt erst dann vor, wenn der Betriebsrat in "schikanöser" Weise, d.h. ohne schützenswerte Interessen handelt, und in Schädigungsabsicht eine Einigung verhindert. 81 Wollte man auf den Schädigungsaspekt verzichten, könnte schon jedes pflichtwidrige bzw. nicht von Sachinteressen getragene Handeln des Betriebsrats zum Verlust des Mitbestimmungsrechts führen. Der Vorwurf des Rechtsmißbrauchs steht mit der Konkretisierung der jeweiligen Pflichtenlage in engem Zusammenhang.82 Da es bisher an hinreichenden Präzisierungen der Pflichten bei Verhandlungen zwischen den Betriebspartnern fehlt, 83 ist der Nachweis rechtsmißbräuchlichen Verhaltens besonders schwierig und an strenge Voraussetzungen zu binden. Die restriktive Handhabung des Rechtsmißbrauchs findet ihren Grund in der Schutz- und Interessenwahrungsfunktion der Beteiligungsrechte. Mit dieser Funktion ist ein Verlust des 77

MünchKomm-Zto/i, § 242 Rn. 249 ff.; Palandt-Heinrichs, § 242 Rn. 50; Witt, BB

1986, 2194 ff.; ders., S. 130 ff.

78 Schikane liegt insbesondere vor, wenn es keinerlei schützenswerte Interessen des Ausübenden gibt, dem aber eine beachtliche Rechtsposition des anderen gegenübersteht. 79 Primär kommt es auf die objektive Interessendiskrepanz an. Soweit der Schädigungswille konkret zurücktritt, muß die Interessendiskrepanz umso eindeutiger hervortreten. 80 In der Tarifrunde um eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit forderte die verhandelnde Gewerkschaft die betroffenen Betriebsräte auf, jedes weitere Verlangen der Arbeitgeberseite nach vorübergehender Einführung von Überstunden abzulehnen. Ein Betriebsrat verhält sich entsprechend. Soll der Arbeitgeber nunmehr einseitig rechtswirksam Überstunden kraft seines Direktionsrechtes einführen können ? (Vergi. Raab, S. 49). 81 Konkret bedeutet dies, daß allein die objektive Zweckwidrigkeit oder Interesselosigkeit für den Rechtsverlust nicht genügt bzw. man in diesen Fällen aus dem objektiven Verhalten auf die subjektive Motivation schließt. 82 Je klarer das Gesetz die Pflichtenbindung des Betriebsrats wie etwa in § 74 Abs. 2 BetrVG selbst zum Ausdruck, umso näher liegt ein rechtsmißbräuchliches Verhalten. 83 Siehe unten § 7 IV 2 (S. 275 ff).

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Mitbestimmungsrechts bei pflichtwidrigem Verhalten ebensowenig zu vereinbaren wie ein Verzicht auf Betriebsratsrechte. 84 Die scharfe Sanktion des Rechtsmißbrauchs führt auch im Verpackungs- und Kurzarbeitsfall (Fall 1 und 4) 8 5 nicht weiter. Grundsätzlich kann die inadäquate Reaktion des Betriebsrats allein keinen Rechtsmißbrauch darstellen. Zwar ist das Verhalten rechtswidrig und kann u.U. einen groben Verstoß darstellen. Das begründet jedoch allein keinen Rechtsmißbrauch. Selbst im Kurzarbeitsfall fällt es angesichts der Rechtsfolge schwer, dem Betriebsrat rechtsmißbräuchliches Verhalten vorzuwerfen, nur weil er seine Zustimmung an ein weiteres Entgegenkommen des Arbeitgebers knüpft. Schließlich entspricht die Rechtsfolgenseite weder dem Rechtsschutzziel des Arbeitgebers in dringenden Angelegenheiten, noch wird sie den beiderseitigen Interessen hinreichend gerecht. Für den Arbeitgeber verbleibt in den vorliegenden Fällen das Risiko, die eigentlich mitbestimmungspflichtige Maßnahme (etwa Einführung von Kurzarbeit) rechtswidrig angeordnet zu haben, wenn in einem späteren Gerichtsverfahren seine Einschätzung des Betriebsratsverhaltens als rechtmißbräuchlich nicht geteilt wird. Da es in der konkreten Situation an einer verbindlichen Feststellung des Rechtsmißbrauchs fehlt, besteht für den Arbeitgeber weiterhin Rechtsunsicherheit. Der Verlust des Mitbestimmungsrechts wird auch den beiderseitigen Interessen nicht gerecht, sollte tatbestandlich ausnahmsweise der Nachweis des Rechtsmißbrauchs gelingen. Entgegen W i t t 8 6 kann man die strikte und absolute Rechtsfolge nicht unter dem Aspekt einer nur "vorübergehenden Beschränkung" relativieren. Wird die Ausübung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 BetrVG vorübergehend beschränkt, kann der Arbeitgeber die Maßnahme wirksam im Betrieb umsetzen. Lediglich für die zukünftige Gestaltung könnte der Betriebsrat bei geändertem Verhalten seine Rechte wieder wahrnehmen. Ob allerdings der Arbeitgeber bei rechtsmißbräuchlichem Verhalten allein handeln kann 87 oder eine vom Betriebsrat unabhängige Kontrolle vorgeschaltet bleibt, ist eine offene Frage.

84

Wiese, RdA 1969,455,457 ff.; Witt, BB 1989, 1294, 1295 f. Siehe oben § 1 (Seite 19 f.). 86 BB 1986,2194. 87 So Belling , Haftung, S. 334; Küttner/Schmidt, DB 1988, 704, 705; Bengelsdörf, BB 1991, 613; Jahnke, ZfA 1984, 69, 106, der Betriebsrat müsse sich so behandeln lassen, als habe er sein Einverständnis erteilt; offengelassen Heinze, ZfA 1988, 53, 88 ff.; 85

78

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Für ein einseitiges Handlungsrecht des Arbeitgebers spricht, daß mit dem Nachweis des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens das jeweilige Recht entfällt. 88 Kann der Betriebsrat sich nicht auf sein Mitbestimmungsrecht berufen, verbleibt es beim Direktionsrecht des Arbeitgebers. Würde man den Arbeitgeber an weitere Kontrollen binden, bliebe der Rechtsverstoß ohne Folgen. 89 Es überzeugt aber nicht, wenn der Schutz der vom Betriebsrat repräsentierten Arbeitnehmer vollständig entfiele. 90 Bezeichnenderweise berufen sich Küttner/Schmidt bei ihrer Begründung darauf, daß die Ursache in der Sphäre der Arbeitnehmer liege und ihnen das Fehlverhalten wie sonst die Vorteile der Betriebsratsbeteiligung zugerechnet werden könne. 91 Ebensowenig wie der Sphärengedanke die Betriebsrisikolehre zu rechtfertigen vermag, 92 überzeugt angesichts des Schutzgedankens der Betriebsverfassung eine Zurechnung betriebsverfassungswidrigen Verhaltens zu Lasten der Arbeitnehmer. 93 Die Unverzichtbarkeit der Beteiligungsrechte und das öffentliche Interesse an der Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassung sprechen für einen fortbestehenden Schutz der Arbeitnehmer. Soweit Witt aus diesen Gründen trotz des Fehlverhaltens für eine weitere Beteiligung des Betriebsrats plädiert, 94 übersieht er, daß hinsichtlich der Rechtsfolgen nicht der Betriebsrat als Gremium, sondern allein die Schutzwirkung der Mitbestimmung aufrecht zu erhalten ist. Für eine verfahrensrechtliche Lösung plädiert auch das BAG, wenn es den Arbeitgeber bei rechtsmißbräuchlicher Betätigung der Mitbestimmungsrechte zur Unterstützung eines Arbeitskampfes durch Verhinderung von Kurzarbeit auf die "Mittel des Rechts" verweist. 95 Die demnach erforderliche Kontrolle des Arbeitgebers könnte über die Anrufung der Einigungsstelle erfolgen. 96 In ihr ist jedoch der Betriebsrat selbst vertreten, dessen Beteiligung auf Grund seines eigenen Verhaltens ausgeschlossen ist. Dem Betriebsrat würde ermöglicht, die Durchführung der Maßnahme durch das möglicherweise langwierige Verfahren zu verzögern, auch wenn grundsätzlich angesichts der Position des Betriebsrats eine Mehrheitsentscheidung

Hanau, NZA 1985 Beil. 2 S. 3, 9.; zweifelnd Raab, S. 46, 52; a.A. Otto, NZA 1992, 97,

105; MünchArbR-Otfo, § 283 Rn. 15. 88 Küttner/Schmidt, DB 1988, 704, 705; MünchKomnWto/ι, § 242 Rn. 236. 89

90

Küttner/Schmidt,

DB 1988, 704, 705.

Von daher plädiert Otto, NZA 1992, 97, 105, für eine arbeitsgerichtliche Ersetzung der Zustimmung mit Rückwirkung. 91

92 93 94 95 96

Küttner/Schmidt,

DB 1988, 704, 705.

Dazu unten § 4 III 3 (S. 62 ff.). So auch Witt, BB 1986, 2194, 2195 ff. BB 1986,2194,2196,2198. BAG v. 22.12.1980, AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf. Hanau, NZA 1985 Beil. 2 S. 3, 8 f.

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möglich wäre. Die Verzögerung fällt um so mehr ins Gewicht, als das rechtsmißbräuchliche Verhalten gerade auf der Kurzfristigkeit der Entscheidung beruhen kann. Aus den dargelegten Gründen gewährt allein ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Planungssicherheit für den Arbeitgeber, die angemessene Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. Im Eilverfahren könnte der Arbeitgeber die unten dargestellten Verfügungsinhalte beantragen. 97 Für die Fälle kurzfristiger Regelungen in dringenden Situationen bietet die Beschränkung der Beteiligungsrechte unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauchs keinen ausreichenden Rechtsschutz. Weder gibt sie dem Arbeitgeber die erforderliche Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, noch entspricht sie der Funktion der Mitbestimmung wie den Interessen der Arbeitnehmer. 3. Wegfall der Vergütungspflicht Namentlich Wiese will die fehlende Eilfallkompetenz für den Arbeitgeber durch Schadensersatzansprüche gegen die Betriebsratsmitglieder sowie den Wegfall der Vergütungsansprüche der Arbeitnehmer nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre kompensieren, wenn der Betriebsrat seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 BetrVG zu einer schnellen und zeitlich angemessenen Regelung nicht nachkommt. 98 Abgesehen von rechtlich zweifelhaften und praktisch nicht durchsetzbaren Schadensersatzansprüchen 99 ergäbe sich durch die Kompensation bestimmter Nachteile ein zumindest teilweise geschlossenes System, wenn die Verhinderung einer notwendigen Regelung durch den Betriebsrat den Arbeitnehmern nach der Betriebsrisikolehre mit der Folge zugerechnet werden könnte, daß ihr Lohnanspruch entfiele. Dieser Ausgangspunkt stellt zugleich die Begrenzung des Rechtsschutzes selbst dar. Der Verlust der Vergütung der Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber nur in Fällen helfen, in denen er trotz fehlender tatsächlicher Beschäftigungsmöglichkeit zur Entgeltfortzahlung verpflichtet wäre. Damit ist allein die verzögerte oder verhinderte Einführung von Kurzarbeit über die Grundsätze der Betriebsrisikolehre auszugleichen. Andere Maßnahmen wie die Einführung von Überstunden oder von mitbestimmungspflichtigen Fertigungs- oder Computer-

97

Dazu unten § 7 III 2 (S. 225 ff.). GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 115.; Galperin/Löwisch, BetrVG 6, § 87 Rn. 22 ff:, ν § 1 Rz. 38 a.E; ähnlich Otto, SAE 1979, 149, 150. 99 Näher zur Haftungsproblematik unten § 4 VI (Seite 96 ff.). 98

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anlagen können nicht erfaßt werden, da es i.d.R. an der Beschäftigungslosigkeit fehlt. 100 Aber auch für den Fall der Einführung von Kurzarbeit unterliegt der Verlust des Vergütungsanspruchs nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre erheblichen Bedenken. Die Betriebsrisikolehre weist das Entgeltrisiko einer von beiden Seiten nicht zu vertretenden Unmöglichkeit der Arbeitsleistung in weiten Teilen dem Arbeitgeber zu. 1 0 1 Nur soweit der Grund der Unmöglichkeit aus der Arbeitnehmersphäre herrührt, soll der Anspruch der Arbeitnehmer entfallen. Praktische Bedeutung hat diese letzte Variante bisher nur für die Fälle des sog. Arbeitskampfrisikos erlangt. 102 Konnte infolge eines Streiks in einem Betriebsteil oder in einem anderen Betrieb der gleichen oder einer anderen Branche nicht gearbeitet werden, so entfiel der Lohnanspruch der davon mittelbar betroffenen Arbeitnehmer. Begründete das RAG 1 0 3 ursprünglich seine Ansicht noch mit dem Argument der Solidarität der Arbeitnehmer, stellt das BAG in seiner neueren Rechtsprechung allein auf die Beeinträchtigung der Verhandlungsparität ab, so daß der Streik in einem anderen Fachgebiet nicht zum Ausschluß der Entgeltansprüche führt. 104 Aber auch nach der entgegenstehenden Ansicht der Literatur ist zumindest eine Begünstigung der betroffenen Arbeitnehmer aus dem Streik Voraussetzung für das Entfallen des Lohnanspruchs. 105 Wird im betriebsverfassungsrechtlichen Zusammenhang auf die Betriebsrisikolehre verwiesen, so ist fraglich, ob ein letzter Anwendungsfall der Betriebsrisikolehre zu Lasten der Arbeitnehmer außerhalb des Arbeitskampfes gefunden zu sein scheint. Zwar kann der Betriebsrat in engen Grenzen auch zu Lasten der Arbeitnehmer handeln. Das bedeutet aber nicht, daß betriebsverfassungswidriges Verhalten der Betriebsratsmitglieder zum Lohnausfall der Arbeitnehmer führt. Einziges Argument, um eine entsprechende Rechtsfolge

100 Dies ist selbst bei neuen Anlagen der Fall, weil alte Maschinen u.ä. erst demontiert werden, wenn die Einführung und Lieferung neuer Maschinen gewährleistet ist. 101 Das BAG hat auch bei gänzlich außerhalb jeglicher Einflußmöglichkeiten liegenden Fallgestaltungen wie etwa bei Landestrauer dem Arbeitgeber das Lohnrisiko zugewiesen (BAG v. 30.5.1963, AP Nr. 15 zu § 615 BGB Betriebsrisiko; Biedenkopf, S. 20 ff.). 102 Zur Entwicklung Biedenkopf S. 2 ff.; MünchArbR-Otfo, § 283 Rn. 29 ff.; Staud-

Richardi, § 615 Rn. 206 ff., 222 ff. 103

RG v. 6.2.1923, RGZ 106, 272 ff.; RAG v. 20.6.1928, ARS 3, 116 120 ff.; v. 22.12.1928, RAGE 3, 69 ff.; BAG ν. 8.2.1957, AP Nr. 2 zu § 615 BGB Betriebsrisiko; ; krit. zum Gedanken der Betriebsgemeinschaft Biedenkopf S. 14 ff. 104 BAG v. 22.12.1980, AP Nr. 70 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; MünchArbR-Otfo, § 283 Rn. 40; Staud-Richardi, § 615 Rn. 231 ff. 105

Ausführlich MünchArbR-Otfo, § 283 Rn. 54 ff. m.w.Nw.

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herbeiführen zu können, wäre eine Solidarität der betrieblich verbundenen Arbeitnehmer oder letztlich ihre Verantwortlichkeit. Daß eine derartige Solidarität weder juristisch tragfähig noch konkret sozialwissenschaftlich nachweisbar ist, hat die Diskussion um die Begründung der Arbeitskampfrisikolehre gezeigt. 106 Eine entsprechende Verantwortlichkeit der Arbeitnehmer im Wege der Zurechnung (jenseits der §§ 324, 278 BGB) entsprechenden Betriebsratsverhaltens ist angesichts der geringen Einflußmöglichkeiten der Arbeitnehmer auf die konkrete Amtsführung des Betriebsrats abzulehnen.107 Allein die Betriebsratswahl kann für die Zurechnung eines späteren Verhaltens nicht ausreichen. Wie im Fall der Landestrauer und ähnlichen Konstellationen geht es um ein Wertungsproblem, das sich mit dem Kriterium der Beherrschbarkeit nur unzureichend erfassen läßt. Eine neben der Arbeitskampfrisikolehre bestehende "Arbeitnehmerrisikolehre", wonach der Lohnanspruch der Arbeitnehmer entfiele, wenn die Arbeitnehmer die Störung verursachen , ist in dieser Allgemeinheit und Konsequenz bisher nicht überzeugend begründet worden. 108 Bezeichnenderweise hat man in der Rechtslehre eher Fallgruppen gebildet, als Verantwortlichkeiten abstrakt begründet. Der Wegfall der Vergütung nach den Grundsätzen der Betriebsrisikolehre bietet dem Arbeitgeber somit keinen Rechtsschutz in dringenden Fällen. I V . Einstweilige Verfügung im Besetzungsverfahren gemäß § 98 ArbGG Wenn die bisher dargestellten Möglichkeiten dem Arbeitgeber keinen ausreichenden Rechtsschutz bieten und Verzögerungen gerade auf dem Einigungsstellenverfahren beruhen, könnte die Beschleunigung des Besetzungsverfahrens mittels einstweiliger Verfügung dem Regelungsbegehren des Arbeitgebers entsprechen. 1 0 9 Die Stellungnahmen in Literatur und Schriftum hierzu sind durchaus unterschiedlich. Einerseits wird der Sinn einer unter Vorbehalt einer endgültigen Entscheidung eingesetzten Einigungsstelle im Hinblick auf deren Verhand-

106

BAG vom 22.12.1980, AP Nr. 70 zu Art. 9 GG. Der Kampfparität oder Partizipation vergleichbare Gesichtspunkte lassen sich nicht anführen. 108 Im Ergebnis Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 87 Rn. 31; Staud-Richardi, § 615 Rn. 213 ff. 1()9 Anhand der veröffentlichten Entscheidungen läßt sich belegen, daß selbst das Verfahren nach § 98 ArbGG mit der Möglichkeit eines Rechtsmittels eine Verfahrensdauer von 3 bis 4 Monaten aufweist, wobei einige Verfahren deutlich länger (9 1/2 Monate) oder deutlich kürzer (1 Monat) dauerten (LAGE § 98 ArbGG Nr. 11 bis 22), ohne daß der Faktor der Dringlichkeit berücksichtigt werden könnte. 107

6 Schwonberg

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lungsmöglichkeiten in Frage gestellt, 110 während andererseits keine Bedenken geäußert werden. 111 Jüngst hat Bengelsdorf nachgewiesen, daß das Beschlußverfahren nach § 98 ArbGG selbst ein beschleunigtes Verfahren ist, das einem einstweiligen Rechtsschutz nicht weiter zugänglich ist. 1 1 2 1. Verfahren Das Besetzungsverfahren nach § 98 ArbGG ist auf eine schnelle Entscheidung hin konzipiert. M i t dem Besetzungsverfahren ist in beiden Instanzen jeweils nur der Vorsitzende Richter der zuständigen Kammer des Gerichts befaßt. 113 Eine dritte Instanz wird den Beteiligten in Parallele zum einstweiligen Rechtschutz nicht eröffnet. Der Gesetzgeber hat die Eilbedürftigkeit des Verfahrens durch die Verkürzung der Rechtsmittelfrist auf 2 Wochen in § 98 Abs. 2 Satz 2 ArbGG deutlich zum Ausdruck gebracht. 114 Das B A G stellt in seiner Rechtsprechung darauf ab, daß das Beschlußverfahren nach § 98 ArbGG dazu diene, bei Meinungsverschiedenheiten der Betriebspartner möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung zu stellen und daß daher das Verfahren nicht mit komplizierten und zeitraubenden Rechtsfragen belastet werden dürfe. 115 Die materiellrechtliche Beschränkung des Besetzungsverfahrens auf die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle vereinfacht und beschleunigt die inhaltliche Beurteilung. Offensichtliche Unzuständigkeit liegt nur vor, wenn bei fachkundiger Betrachtung ein Mitbestimmungsrecht unter keinem rechtlichen Aspekt als möglich in Betracht kommt. 1 1 6 Bei der Prüfung soll sich der Richter an der ständigen Rechtsprechung des BAG orientieren. 117 Damit

110

111 112 113

Dütz, ZfA 1972, 247, 255.

Zum Meingungsstand Bengelsdorf BB 1991,613. BB 1991, 613 ff.; ihm folgend Walker, Rn. 778, 833; Worzalla, S. 56 f. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 98 Rn. 21; Grunsky, ArbGG 6, § 98

Rn. 1. 114

Die früher einmonatige Rechtsmittelfrist werde "dem besonderen Charakter des in § 98 des Arbeitsgerichtsgesetzes geregelten Verfahrens über die Besetzung der Einigungsstelle als eines Eilverfahrens nicht gerecht" (BT-Drucksache 8/4259 S. 10); ausführlich zur historischen Argumentation LAG Hamburg vom 2.11.1988, LAGE § 98 ArbGG Nr. 16. 115 BAG vom 24.11.1981, EzA § 76 BetrVG Nr. 33 = AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972. 116 LAG Hamburg vom 4.7.1991, LAGE § 98 ArbGG Nr. 22; Germelmann/Matthes/ Prutting, ArbGG, § 98 Rn. 9 ff. m.w.Nw. 117 LAG München v. 14.3.1989, LAGE § 98 ArbGG Nr. 18; zur Offensichtlichkeit bei umstrittener Rechtsprechung LAG Baden-Württemberg v. 16.10.1991, LAGE § 98 ArbGG Nr. 21.

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sind schwerwiegende Probleme der Reichweite von Mitbestimmungsrechten für den Arbeitsrichter nicht mehr zu erörtern. Das Verhältnis des Besetzungsverfahrens nach § 98 ArbGG zum ordentlichen Beschlußverfahren über die Frage der Zuständigkeit der Einigungsstelle bzw. der Mitbestimmungspflichtigkeit der begehrten Maßnahme spricht ebenfalls für den Ausschluß einer einstweiligen Verfügung. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung war umstritten, ob ein Beschlußverfahren nach § 98 ArbGG solange auszusetzen ist, bis im Verfahren über die Zuständigkeit der Einigungsstelle rechtskräftig entschieden ist. Das B A G 1 1 8 hält eine Aussetzung des Verfahrens nach § 98 ArbGG wegen der Anhängigkeit eines die Zuständigkeit klärenden Beschlußverfahrens für unzulässig. Unter systematischen Gesichtspunkten folgt der Ausschluß einstweiliger Maßnahmen schon aus dem begrenzten Verweis in § 98 Abs. 1 Satz 3 ArbGG auf die § § 8 0 bis 84 ArbGG, womit § 85 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich ausgenommen ist. Demgegenüber meint das L A G Düsseldorf 119 in dem eingangs dargestellten Rosenmontagsfall, in dem es den Einigungsstellenvorsitzenden mittels einer einstweiligen Verfügung bestellte, daß die Regelung des § 98 ArbGG deshalb eine einstweilige Verfügung zulasse, weil es sich lediglich um eine Unterart des allgemeinen Beschlußverfahrens handele und § 98 ArbGG nur abweichende Regelungen treffe. 2. Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung im Beschlußverfahren nach § 98 ArbGG ist nicht nur wegen der Eigenart des Besetzungsverfahrens ausgeschlossen. Darüber hinaus fehlt es am erforderlichen Verfügungsanspruch und -grund. Ohne die Frage von Ansprüchen des Arbeitgebers aus dem Betriebsverfassungsgesetz an dieser Stelle zu erörtern, 120 ist schon der Verfügungsanspruch sehr zweifelhaft. Allein daraus, daß sich die Betriebspartner gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG auf die Person des Vorsitzenden einigen müssen, kann entgegen Bengelsdorf 21 kein sicherungsfähiger Anspruch des Arbeitgebers gerade gegen

1.8 1.9

BAGv. 24.11.1981, AP Nr. 11 zu §76 BetrVG 1972. Vom 8.2.1991, LAGE § 98 ArbGG Nr. 19; zust. Bauer, NZA 1992, 433, 436

Fn.23. 120

121

Dazu unten § 6 III und IV (S. 137 ff., 159 ff.). BB 1991,613,615.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

den Betriebsrat hergeleitet werden, da § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG vom Wortlaut her ergebnis- und verfahrensorientiert ist. 122 Selbst wenn man einen Verfügungsanspruch mit Bengelsdorf bejahen will, fehlte es jedenfalls am Verfügungsgrund. Ein Verfügungsgrund liegt vor, wenn die Besorgnis besteht, daß durch die Veränderung oder Nichtveränderbarkeit des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder erheblich erschwert wird. Auf der einen Seite steht der "Anspruch" auf eine Regelung durch die Einigungsstelle und auf der anderen Seite der "Anspruch" auf Bestellung eines Vorsitzenden. Allein letzterer wäre mittels einer Regelungsverfügung zu sichern, denn im Verfahren nach § 98 ArbGG geht es nur um die Person des Vorsitzenden. Gerade für diesen Anspruch muß eine Gefährdung durch den Antragsgegner bestehen. Eine Gefahr, keinen neutralen Vorsitzenden zu finden, besteht nicht dadurch, daß der Betriebsrat eine andere Person als der Arbeitgeber vorschlägt. Jedenfalls wird dieser Gefahr mit dem Besetzungsverfahren nach § 98 ArbGG begegnet. Warum es dem LAG Düsseldorf in seiner oben erwähnten Entscheidung123 nicht möglich war, im Rahmen einer Entscheidung nach § 98 Abs. 1 oder 2 ArbGG einen Vorsitzenden der Einigungsstelle zu bestellen, um eine sofortige Entscheidung über die Verlegung eine Freizeittags auf den Rosenmontag zu erreichen, ist nicht ersichtlich. Die mündliche Verhandlung zur Bestellung des Einigungsstellenvorsitzenden darf nicht über § 937 Abs. 2 ZPO umgangen werden. 124 Wenn demgegenüber das LAG Düsseldorf allein auf die Dringlichkeit einer Entscheidung abstellt, geht es nicht mehr um die Sicherung des "Anspruchs" auf Bestellung eines Vorsitzenden, sondern um die dahinterstehende Frage der Sicherungsmöglichkeit der Entscheidung der Einigungsstelle selbst. Diese kann jedoch nur mittels einer Regelungs- oder Feststellungsverfügung erfolgen. 125 Das Besetzungsverfahren nach § 98 ArbGG stellt selbst ein Eilverfahren dar, das nicht weiter zu beschleunigen ist, so daß die Rechtsschutzdefizite durch die Bildung der Einigungsstelle über das Besetzungsverfahren nicht vollständig behoben werden können.

122

In diesem Sinn Walker, Rn. 833. Dem widerspricht nicht die unten vertretene Auffassung, daß es einen sicherungsfähigen Verhandlungsanspruch im Rahmen von § 87 Abs. 1 BetrVG gibt, obwohl über § 87 Abs. 2 BetrVG die Einigungsstelle angerufen werden kann, da der Einigungsaspekt keinen Anspruch darstellt. 123 Vom 8.2.1991, LAGE § 98 ArbGG Nr. 19. 124

125

Bengelsdorf,\ BB 1991, 613, 617.

Dazu unten § 7 III und IV (Seiten 213 ff., 273 ff.).

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V. Handlungsmöglichkeiten der Betriebspartner Die Handlungsmöglichkeit des Arbeitgebers könnte letztlich über eine prophylaktische verfahrensrechtliche Regelung für die Bildung der Einigungsstelle, eine nur vorläufige Regelung einer bestehenden Einigungsstelle oder eine materiell-rechtliche Rahmenregelung zwischen den Betriebspartnern hergestellt werden. 126 1. Prophylaktische Besetzungsregelungen der Einigungsstelle Die vorstehend aufgezeigten Probleme bei der Bildung der Einigungsstelle ließen sich in Zeiten, in denen Verständigungsmöglichkeiten und genügend Zeit bestehen, durch eine Betriebsvereinbarung über die Errichtung der Einigungsstelle in dringenden oder streitbehafteten Situationen verringern. Eine dahingehende Vereinbarung ist rechtlich zulässig und bindet die Parteien später. Die betriebliche Besetzungsregelung klärt alle praktisch wichtigen Streitfragen zur Bildung der Einigungsstelle.127 Insbesondere müssen sich die Parteien auf einen geeigneten, von beiden Seiten akzeptierten Vorsitzenden 128 vorab verständigen. Es ist erforderlich, die Frist festzulegen, innerhalb derer nach Mitteilung der Regelungsbedürftigkeit einer dringenden Angelegenheit die Einigungsstelle spätestens zusammentritt. Damit werden unnötige Zeitverluste auf ein Minimum begrenzt. 129 Allerdings lassen sich auch mit prophylaktischen Besetzungsregelungen nicht alle Rechtsschutzprobleme des Arbeitgebers lösen. Nur wenn neben der Bildung der Einigungsstelle auch zeitlich ihre Beschlußfassung rechtlich und tatsächlich hinreichend abgesichert ist, könnte für den Arbeitgeber, sofern die Entscheidungsfrist hinreichend knapp bemessen ist, eine betriebliche Regelung herbeigeführt werden. Auch wenn sich aus § 87 BetrVG die Erzwingbarkeit einer Besetzungsregelung nicht herleiten läßt, ist der Betriebsrat aus § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet seine Mitwirkung nicht zu versagen, zumal das BAG selbst Rahmenbetriebs Vereinbarungen für erzwingbar hält. 130 Für den Arbeitgeber

126 Der Beschleunigungsgrundsatz im Einigungsstellen verfahren oder die vorläufige Regelung durch den Vorsitzenden der Einigungsstelle können angesichts der Probleme des Besetzungsverfahrens die Rechtsschutzproblematik für den Arbeitgeber nicht lösen. 127 Zum möglichen Inhalt Bengelsdorf,\ BB 1991, 613, 620 f. 128 Oder mehrere Personen, von denen eine per Los ausgewählt wird. 129 Bengelsdorf\ BB 1991, 613, 620 empfiehlt weiter die Festlegung eines Wochentages, an dem der Arbeitgeber einen Antrag stellen und eine Fristbestimmung, innerhalb derer der Betriebsrat einen Beschluß gefaßt haben muß. 130 BAG v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Bengelsdorf, BB 1991,613, 621.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

verbleibt jedenfalls eine Rechtsschutzlücke, wenn eine Besetzungsregelung nicht besteht. 2. Verpflichtung der Einigungsstelle zu vorläufigen Regelungen Der Regelung des § 76 BetrVG läßt sich nichts darüber entnehmen, ob die Einigungsstelle in dringenden Fällen eine nur vorläufige Regelung treffen kann. Der Einigungsstelle ist die betriebliche Schlichtung zugewiesen. Einen Konflikt soll sie gem. § 76 Abs. 5 Satz 3 BetrVG unter angemessener Berücksichtigung der Belange des Betriebes und der betroffenen Arbeitnehmer nach billigem Ermessen treffen. Die Funktionszuweisung legt es nahe, daß das Gesetz von einer umfassenden Regelungskompetenz ausgeht. Es ist nicht einsichtig, warum neben den Beschränkungsmöglichkeiten durch befristete Regelungen nicht auch in dringenden Fällen eine vorübergehende Regelung zulässig sein sollte. 131 Zwar werden durch eine vorläufige Regelung Vor- oder Mindestbedingungen einer späteren Regelung getroffen, so daß eine präjudizierende Wirkung nicht auszuschließen ist. 132 Allerdings können die Betriebspartner die Erfahrungen für die später abzuschließende Regelung nutzen. In nachfolgenden Regelungen, die ohne Zeitdruck zustande kommen, können mögliche negative Wirkungen der vorläufigen Betriebsvereinbarung durch entsprechende Regelungen vermieden und zudem ausgeglichen werden. Eine besondere Gefährdung der Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberinteressen oder eine Überschreitung der Kompetenz der Einigungsstelle ist nicht ersichtlich. Mit der h.M. sind daher vorläufige Regelungen der Einigungsstelle zulässig.133 Eine vorläufige Regelung setzt neben der rechtzeitigen Bildung der Einigungsstelle voraus, daß die konkrete Maßnahme überhaupt einer vorläufigen Regelung zugänglich ist. Für die sozialen Angelegenheiten besteht die Möglichkeit vorläufiger Maßnahmen, während ein vorläufiger Interessenausgleich im Rahmen der wirtschaftlichen Angelegenheiten dem Arbeitgeber keine ausreichende Rechtssicherheit bietet.

131

Bejahend BAG ν. 13.10.1987, AP Nr. 7 zu § 81 ArbGG 1979 unter II 5 der Gründe. 132 Fiebig, S. 33; krit. Walker, Rn. 836; siehe unten § 10 (S. 324 ff.). 133 Bengelsdorf, BB 1991, 613, 618; Dietz/Richardi, BetrVG 6 , § 76 Rn. 26; Heinze, RdA 1990, 262, 279 f.; Küttner/Schmidt, DB 1988, 704, 706; Olderog, NZA 1985, 753,

759; Worzalla, S. 57; ArbG Bielfeld v. 16.6.1987, NZA 1987, 757; LAG Düsseldorf v. 16.5.1990, NZA 1991, 29 f.; krit. Walker, Rn. 836.

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3. Rahmenregelungen durch Betriebsvereinbarung Eine Möglichkeit, den den Arbeitgeber bedrängenden Konflikt zwischen Mitbestimmung und Handlungsnotwendigkeit zu lösen, könnte darin bestehen, daß Arbeitgeber und Betriebsrat sich vorab über die Verfahrensweise in besonderen Situationen verständigen und dem Arbeitgeber ein an bestimmte Voraussetzungen gebundenes Alleinentscheidungsrecht zuweisen. Schon in seiner Entscheidung vom 13.7.1977 hat das B A G den Betriebspartnern nahegelegt, für Eilfälle entsprechende Vorsorge zu treffen. 134 Auch die Literatur weist daraufhin, daß es für die praktische Durchführung "zweckmäßig, j a häufig unumgänglich notwendig" sei, dem Arbeitgeber eine gewisse Handlungsfreiheit bei unvorhergesehenen Ereignissen und unaufschiebbaren Maßnahmen zu gewähren. 135 Die Möglichkeit und Grenzen "antizipierter Konfliktlösungen" durch Rahmenregelungen in Betriebsvereinbarungen werden in letzter Zeit verstärkt diskutiert. 136 Der Verpackungsfall (Fall 1) sowie der Kurzarbeitsfall (Fall 4) 1 3 7 zeigen die praktische Anwendung sowie die Regelungsfähigkeit plötzlicher, aber nicht unvorhersehbarer Regelungskonflikte. Im Verpackungsfall lassen sich abstrakt im voraus typische Situationen von den Betriebspartnern beschreiben, wie angemessen auf kurzfristige Aufträge reagiert werden kann. Selbst für Kurzarbeitsregelungen lassen sich für besonders "marktanfällige" Betriebe typische Rahmenbedingungen beschreiben. a) Problematik Rahmenregelungen als wirksame Ausübung der Mitbestimmung stoßen wegen des Pflichtrechtscharakters der Beteiligungsrechte, die dem Betriebsrat im Interesse und zum Schutz der Arbeitnehmer zugewiesen und daher grund-

134 AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit; bestätigt durch BAG ν. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; LAG Schleswig-Holstein vom 14.11.1986, BB 1987, 901 f.; zum BetrVG 1952 hatte das BAG (ν. 15.12.1961, AP Nr. 1 zu § 615 BGB Kurzarbeit) festgestellt, daß eine förmliche Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit nicht alle Einzelheiten zu regeln brauche, wenn die Betriebspartner hierüber einig seien. 135 Fitting/Aujfarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17 , § 87 Rn. 27.; Mache, DB 1986, 2077 ff. zu den Beschlüssen des LAG Hamm v. 4.12.1985, DB 1986, 547, und v. 22.1.1986, DB 1986, 806; Galperin/Löwiscli, BetrVG 6, § 87 Rn. 24; eindringlich angesichts fehlender Vorab verfahren zu Sicherung von Interessenpositionen Popp, NZA 1993, 639 f.; Wlotzke, BetrVG 2, § 87 Anm. I 2 b. 136 Jüngst Säcker/Oetker, RdA 1992, 16 ff. 137 Siehe oben § 1 (Seite 20 f.)

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sätzlich unverzichtbar sind, 138 auf Bedenken. Wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber aber ein Alleinentscheidungsrecht für bestimmte Angelegenheiten einräumt, besteht die Gefahr, daß der Betriebsrat sich seines Rechts begibt und seinem Schutzauftrag nicht gerecht wird. Der 1. Senat des BAG beschäftigte sich mehrmals, etwa bei der Einführung von Überstunden oder von Überwachungseinrichtungen sowie der Aufstellung von Dienst- und Schichtplänen, mit dieser Problematik. Das Gesetz, so das BAG, verlange nicht, daß in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten der Betriebsrat jede Einzelheit und in jedem Einzelfall mitbestimmen müsse, vielmehr könne er seine Zustimmung zu Maßnahmen des Arbeitgebers auch im voraus erteilen 139 , so daß die Betriebspartner durch entsprechende Regelung Vorsorge treffen könnten. 140 Die wirksame Ausübung des Mitbestimmungsrechts erfordert eine Regelung der Betriebspartner. Der Inhalt der Regelung, so das BAG, sei nicht vorgegeben und hänge von den betrieblichen Gegebenheiten, insbesondere der Größe des Betriebs ab. 141 Dabei könne die Regelung auch einem mitbestimmungsfreien Zustand nahekommen.142 In seiner Entscheidung vom 26.7.1988 143 verlangte das BAG jedoch, daß das Mitbestimmungsrecht nicht in seiner Substanz beeinträchtigt werden dürfe und knüpfte damit an seine Entscheidung vom 2.3.1982 144 insoweit an, als es damals für eine im voraus erklärte Zustimmung forderte, daß sich die Parteien darüber einigen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen, in welchem Umfang und auf welche Weise Elektriker zu Sondereinsätzen herangezogen werden dürfen. Eine an konkrete Voraussetzungen gebundene und nach strengen Maßstäben klare Regelung, die dem Arbeitgeber

138

Grundlegend Wiese, RdA 1968, 455 ff.; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 5; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 87 Rn. 62; Jahnke, S. 192 ff.; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 3, § 87 Rn. 34. 139 An die klare und eindeutige Übertragung der Regelungskompetenz sind strenge Anforderungen zu stellen BAG ν. 26.7.1988, EzA § 87 BetrVG Leistungslohn Nr. 16 m. Anm. v. Otto. 140

BAG v. 13.7.1977, AP Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Kurzarbeit; v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 141 BAG v. 11.3.1986, AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; v. 18.4.1989, AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 142 BAG v. 11.3.1986, AP Nr. 14 zu § 87 BetrVG 1972 Überwachung; v. 28.10.1986, AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 143 AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Provision; ähnlich v. 27.6.1989, AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit m. abl. Anm. von Misera, wonach "unter im einzelnen geregelten Voraussetzungen" Maßnahme ohne Zustimmung des Betriebsrats angeordnet werden dürften. Für eine am Sinn und Zweck orientierte Ausübung des Mitbestimmungsrechts LAG Bremen v. 4.6.1991, BB 1991, 1566. 144 AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit.

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die einseitige Gestaltung übertrage, stelle dann eine zulässige Ausübung des Mitbestimmungsrechts dar. Es genügten Rahmenregelungen, die dem Arbeitgeber einen gewissen Freiraum ließen oder die nähere Ausgestaltung einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbehielten. 145 Ebenso tendiert der Beschluß vom 8.8.1989 146 zu einer substantiellen Regelung, wonach eine Eil- und Notfallbetriebsvereinbarung in einem Dialysezentrum regeln müsse, ob und von wem nach welchen Grundsätzen Dienstpläne aufzustellen sind und nach welchen Grundsätzen abgewichen werden könne. Großzügiger zeigte sich wiederum der 1. Senat des BAG, als es 1989 einen Gestaltungsfreiraum, der einem mitbestimmungsfreien Zustand nahekam, billigte. 147 Eine klare Abgrenzung zwischen substantieller Ausübung des Mitbestimmungsrechts und Einräumung eines nahezu mitbestimmungsfreien Zustands ist dem BAG insgesamt noch nicht gelungen. Man wird dem BAG soweit folgen können, als einerseits eine Einbeziehung des Betriebsrats in die konkrete Einzelentscheidung (z.B. bei der Überstundenanordnung) nicht notwendig ist und insoweit ein "mitbestimmungsfreier" Zustand entstehen kann, andererseits die Betriebspartner in der Rahmenregelung eine substantielle, am Schutzgedanken orientierte Regelung treffen müssen.148 Beide Voraussetzungen lassen sich widerspruchslos miteinander vereinbaren. b) Bestimmung der

Mindestanforderungen

Das BAG stellt m.E. zutreffend darauf ab, daß eine Regelung zur Ausübung des Mitbestimmungsrechts erfolgen müsse. Die Konkretisierung der Anforderungen an eine zulässige Rahmenbetriebsvereinbarung, die dem Arbeitgeber einen gewissen Entscheidungsspielraum eröffnet, läßt sich durch die Abschichtung verschiedener Regelungssituationen erreichen. 145 BAG v. 31.1.1989, AP Nr. 15 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang; v. 18.4.1989, AP Nr. 34 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; v. 27.6.1989, AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. Interessant ist diese Entwicklung auch unter dem Aspekt der restriktiven Auslegung des Gesetzes- und Tarifvorbehalts im Eingangssatz von § 87 Abs. 1 BetrVG, sofern diese dem Arbeitgeber ein Alleinentscheidungsrecht einräumten (BAG v. 18.4.1989, AP Nr. 18 zu § 87 BetrVG 1972 Tarifvorrang; v. 4.7.1989, AP Nr. 20 zu § 87 BetrVG Tarifvorrang) und das BAG eine die sachliche Substanz selbst regelnde Normierung verlangt (Säcker/Oetker, RdA 1992, 16, 18 ff. m.w.Nw.). 146 BAG v. 8.8.1989, AP Nr. 11 zu § 23 BetrVG. 147 BAG v. 17.10.1989, AP Nr. 39 zu § 76 BetrVG 1972 = DB 1990, 589 f.; v. 12.1.1988, AP Nr. 8 zu § 81 ArbGG 1979. Die Bezugnahme des BAG auf frühere Entscheidungen ist jedoch nicht plausibel. 148 Demgegenüber erwecken die Ausführungen von Säcker/Oetker, RdA 1992, 16, 20 f., mit dem wiederholten Hinweis auf die Billigung eines nahezu mitbestimmungsfreien Zustands durch das BAG den Eindruck eines größeren Freiraums der Betriebspartner (vergi. Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG4, § 87 Rn. 38).

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Unproblematisch sind solche Konstellationen, in denen die Betriebspartner vorab eine umfassende Regelung getroffen haben, die erst zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfaltet. Die Betriebspartner haben ihr Mitbestimmungsrecht wahrgenommen, eigenständig ausgeübt und eine Regelung getroffen. 149 Den Gegensatz zur detaillierten Vorabregelung bilden die Notfallkompetenzen des Arbeitgebers. 150 Angesichts der extremen betrieblichen Situation bedarf es schon gar keiner Regelung der Betriebspartner. Für den verbleibenden Bereich ist zu fragen, welche Mindestanforderungen an betriebliche Rahmenregelungen zu stellen sind, die einerseits dem Arbeitgeber ein hinreichendes Maß an Flexibilität gewähren, andererseits durch ihre Regelungsintensität der Funktion des Mitbestimmungsrechts noch gerecht werden. In der betrieblichen Praxis hilft die Formulierung von Blomeyer 151 kaum weiter. Danach bilden die Schutz- und Ordnungsfunktion, der Sinn und Zweck des Mitbestimmungstatbestandes und die Belange des Betriebes sowie die Interessen der Arbeitnehmer ein "bewegliches System". Dem Arbeitgeber dürfe ein Ermessen verbleiben, das sich aber nicht auf die Essentialia des Mitbestimmungsrechts erstrecke. Wie diese Essentialia im Einzelfall zu bestimmen sind, bleibt jedoch offen. Blomeyer und andere Äußerungen im Schrifttum stellen darauf ab, daß in die Substanz der Mitbestimmungsrechte nicht eingegriffen werden dürfe. 152 Die vorbehaltlose Freistellung des Arbeitgebers entspreche weder der Aufgabe des Betriebsrats noch der Funktion der Mitbestimmungsrechte. Die Mindestanforderungen lassen sich aus dem Kernbereich der Mitbestimmung überhaupt oder aus dem einzelnen Mitbestimmungstatbestand bestimmen: Im ersten Fall wäre eine Rahmenbetriebsvereinbarung erst dann unzulässig, wenn sie in den Kernbereich der Mitbestimmungsordnung des BetrVG eingriffe, während nach dem zweiten Ansatz eine Rahmenvereinbarung nur dann zulässig wäre, wenn sie dem Schutzauftrag des jeweiligen Mitbestimmungstatbestands noch gerecht wird. Die erste Position vertritt unter Betonung der Privatautonomie der Betriebspartner Otto. 153 Er unterscheidet drei Fallgruppen: Neben der zulässi-

149

Otto, Anm. zu BAG ν. 26.7.1988 EzA § 87 BetrVG Leistungslohn Nr. 16, ders., NZA 1992, 97, 109 f. 150 Siehe oben § 4 III 2 b (S. 51 ff.). 151 SAE 1987, 279 f. 152 Dietz/Richardi, BetrVG 6, Vorbem § 87 Rn. 8; § 87 Rn. 62; Hueck/NipperdeySäcker, ArbR 7 II/2, S. 1392; MilnchArbR-v.Hoyningen-Huene, § 318 Rn. 14. 153 Anm. zu BAG ν. 26.7.1988, EzA § 87 BetrVG Leistungslohn Nr. 16; ders., NZA 1992, 97, 109 f.; ähnlich MiXnchArbR-v. Hoyningen-Huene, § 318 Rn. 14.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

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gen Vorabregelung könne dem Arbeitgeber eine Gestaltungsbefugnis in typischen Eil- und Notfällen gestattet werden, ohne Voraussetzungen und Inhalt zu umschreiben. Schließlich sei an die Zulässigkeit zeitlich begrenzter Maßnahmen des Arbeitgebers zur Gestaltung der Arbeitszeit zu denken. Die Bestimmung des Kernbereichs kann hiernach nur daran gemessen werden, ob der Betriebsrat angesichts der Rahmenregelung überhaupt seiner Aufgabe, dem Schutz der Arbeitnehmer und der Wahrung ihrer Interessen, nachkommt. Die Zulässigkeit von Rahmenbetriebsvereinbarungen beantwortet sich auf der abstrakten Ebene, inwieweit Rahmenvereinbarungen mit der Stellung des Betriebsrats vereinbar sind. Der so definierte Kernbereich eröffnet Rahmenvereinbarungen in größerem Maße und läßt zwanglos Vereinbarungen über einseitige und zeitlich begrenzte Arbeitszeitregelungen möglich erscheinen. Unabhängig von der konkreten Freistellung des Arbeitgebers von der Mitbestimmungsordnung kann der Betriebsrat in allen weiteren betrieblichen Fragen die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen. Schließlich ist er nicht gezwungen eine Rahmenvereinbarung zu schließen. Daß der Kernbereich nicht auf das einzelne Mitbestimmungsrecht ausgerichtet ist, folgt schon daraus, daß Eil- und Notfallmaßnahmen sowie Arbeitszeitanordnungen ohne eine nähere Bestimmung der Voraussetzungen oder des Inhalt zulässig sein sollen. Zwar vermag die Orientierung am Kernbereich den betrieblichen Notwendigkeiten in weit größerem Maße nachzukommen, als dies bei einer genaueren Konkretisierung der einseitigen Regelungsvoraussetzungen des Arbeitgebers der Fall ist. Meines Erachtens kommt jedoch eine an keine weiteren Voraussetzungen gebundene Eilfallkompetenz des Arbeitgebers dem Schutzauftrag des jeweiligen Mitbestimmungsrechts nicht nach, denn die Mitbestimmung will gerade hinsichtlich aller mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen ein Mindestmaß an Kontrolle gewähren. Auf diese Einflußnahme kann der Betriebsrat durch Rahmenvereinbarungen nicht zu Lasten der Arbeitnehmer im voraus verzichten. Die Verhandlungsautonomie des Betriebsrats aus den §§ 87 Abs. 1 i.V.m. 76 Abs. 1 BetrVG eröffnet dem Betriebsrat zwar sicherlich die Möglichkeit, einer Arbeitszeitregelung des Arbeitgebers in einem Eilfall ohne weitere Vorgaben zustimmen. Aber selbst die Zustimmung schließt ein rechtswidriges, nicht am Mitbestimmungtatbestand orientiertes Betriebsratsverhalten nicht aus. Im Gegensatz zur Zustimmung im Einzelfall kommt eine dauerhafte Freistellung des Arbeitgebers von Vorgaben des Betriebsrats einem partiellen Verzicht auf das Pflichtrecht der Mitbestimmung gleich. Schließlich sind die Schwierigkeiten zu berücksichtigen, den Kernbreich der Mitbestimmung und den Begriff des Eilfalls zu bestimmen.

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Durch eine am jeweiligen Mitbestimmungstatbestand ausgerichtete Konkretisierung der Voraussetzungen einer Rahmenvereinbarung sind nach meinem Dafürhalten sowohl die betrieblichen Erfordernissen wie auch der Schutzauftrag des Mitbestimmungsrechts in angemessener Weise zu gewährleisten. A n diesem Schutzauftrag mißt auch das B A G Rahmenbetriebsvereinbarungen, wenn es die Voraussetzungen, den Umfang und die Art und Weise einer einseitigen Maßnahme bestimmt wissen w i l l . 1 5 4 Im Rahmen der Mitbestimmungsrechte bestimmen grundsätzlich die Betriebspartner in den Betriebsvereinbarungen gemeinsam die zulässigen Maßnahmen. Soweit die Betriebspartner nur Rahmenvorgaben für die zu treffenden Maßnahmen festlegen, nehmen sie die ihnen aufgrund von § 77 Abs. 2 und 4 Satz 1 BetrVG zustehende Normsetzungsbefugnis nicht in vollem Umfang wahr. Vielmehr hat der Arbeitgeber im Rahmen der Vorgaben allein die Maßnahmen kraft seines Direktionsrechts 155 zu treffen. Dem Arbeitgeber steht keine Normsetzungsbefugnis zu, so daß eine Delegation der Normsetzung selbst nicht vorliegt. Da die Arbeitgebermaßnahme die Vervollständigung und weitere Konkretisierung der vorgegebenen Normen der Rahmenvereinbarung durch das arbeitsvertragliche Weisungsrecht darstellt, ist es jedoch angemessen, die Anforderungen an die Vorgaben der Betriebspartner an den Voraussetzungen der Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen zu messen. Der begrifflichen und rechtlichen Einordnung der konkreten Maßnahme als Ausübung des Weisungsrechts des Arbeitgebers - im Gegensatz zur Normsetzung - kommt keine, eine andere Bewertung rechtfertigende Bedeutung zu. Für die Bestimmung der Mindestanforderungen ist auf die Rahmenvereinbarung sowie die durch sie bewirkte Veränderung der Rechtslage und nicht auf das Direktionsrecht abzustellen. Für die so verstandene "Delegation von Rechtssetzung" kann der Rechtsgedanke aus Art. 80 Abs. 1 GG nutzbar gemacht werden, wie dies von SäckerlOetker 156 vorgeschlagen wurde, ohne daß ihnen in den Ergebnissen vollständig gefolgt werden könnte. Das Grundgesetz läßt die Übertragung von Kompetenzen der Legislative auf die Exekutive zu (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG), wenn Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt sind (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG). Die Begrenzung in Form der inhaltlichen Bestimmung sichert die Legitimation der Gesetzgebung durch die Exekutive sowie die Verantwortlichkeit der Legislative und entspricht den Prinzipien der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 3 GG) sowie des Rechtsstaats.

154 155 156

V. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitzeit. Dazu MünchArbR-Blomeyer, § 48 Rn. 20 ff.; Berger-Delhey, DB 1990, 2266 ff. RdA 1992, 16, 22 f.

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Der in Art. 80 Abs. 1 GG zum Ausdruck gebrachte Grundsatz der Gewaltenteilung des Staatsorganisationsrechts findet auf betrieblicher Ebene seine Entsprechung. Die Macht des Arbeitgebers soll durch den Betriebsrat begrenzt werden, um Mißbrauch zu verhindern. Bezweckte die Gewaltenbindung der Betriebspartner Richtigkeitsgewähr und Legitimation der Normsetzung, so bedarf die Wiederherstellung einer teilweisen monokratischen Stellung des Arbeitgebers der Begründung und hinreichender, die Machtkontrolle wahrender Begrenzungen. Hinsichtlich der inhaltlichen Bestimmtheit von Verordnungsermächtigungen an die Exekutive besteht eine reichhaltige Judikatur des BVerfG. Sie wird aber nur unzureichend durch die oben genannte Formel wiedergegeben. 157 Als Ausprägung der Wesentlichkeitstheorie stellt das BVerfG für die Bestimmtheit einer Verordnungsermächtigung auf die Regelungsmaterie ab. Dabei mißt es der Intensität der Grundrechtsbeeinträchtigung, der Bedeutung des betroffenen Grundrechts und den Grenzen der Vorabentscheidungsfähigkeit maßgebliche Bedeutung zu. 158 Aus dem Zweck der Ermächtigung müssen sich nicht nur die Modalitäten, sondern auch das "ob" einer Regelung ergeben, da im voraus feststehen muß, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird. 1 5 9 Von diesem Ausgangspunkt sind in Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung des BAG strengere Anforderungen an den Inhalt von betriebsverfassungsrechtlichen Rahmenregelungen zustellen, als dies bisher im Schrifttum vertreten wurde. Die inhaltlichen Mindestvorgaben der Betriebspartner müssen dem Schutzgedanken der Mitbestimmung durch Rechnung tragen. Dabei sind wegen der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte geringere Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen. 160 Je weitergehend der Souveränitätsverzicht und damit einhergehend der konkrete Schutz der Arbeitnehmer ist, um so strengere Anforderungen sind jedoch anzulegen.161 Unbestreitbarer Ausgangspunkt muß sein, jede willkürliche Maßnahme des Arbeitgebers auszuschließen. Deshalb kann eine Rahmenregelung nicht

157

Krit. Ossenbühl in: Isensee/Küchenhoff, Bd. 3, § 69 Rn. 17 ff.; Ramsauer, AKGG, Art. 80 Rn. 66. 158 Jarass/Pieroth, GG3, Art. 80 Rn. 12 m.w.Nw.; v.Münch/Kunig-flo^, GG4, Art. 80 Rn. 22; Ramsauer in: AK-GG, Art. 80 Rn. 69 m.Fn. 160, Rz. 55a, der eine hinreichend bestimmte Ermächtigung nur dann bejaht, wenn sie festlegt, in welcher Art und Weise der Interessenausgleich getroffen werden soll. 159 BVerfG v. 25.5.1976, BVerfGE 42, 191, 200. 160 Vergi. BVerfG v. 10.10.1981, BVerfGE 58, 257, 277. 161 Vergi. BVerwG v. 16.9.1977, BVerwGE 54, 291, 299 f.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

unabhängig von ihrem Inhalt zulässig sein. 162 Zwischen der Einzelfallentscheidung des Betriebsrats, mit der er eine Maßnahme ohne inhaltliche Änderung billigt, und der inhaltlich unbeschränkten Globalermächtigung für eine Vielzahl von Fällen und betrieblichen Anlässen bestehen hinsichtlich der tatsächlichen Schutzwahrung gravierende Unterschiede. Für jeden Mitbestimmungstatbestand lassen sich abstrakt Regelungsfragen herausarbeiten. 163 Damit ist die Reichweite der Eingriffsmöglichkeit in die Rechtsstellung der Arbeitnehmer angesprochen. Für § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können etwa Kriterien zur Bestimmung der betroffenen Arbeitnehmer, den Umfang der kurzfristigen Maßnahme, die Begrenzung der Belastungen für den einzelnen Arbeitnehmer auf ein bestimmtes Höchstmaß 164 oder Ausgleichsmodalitäten bei Wochenend- oder Nachtarbeit 165 festgelegt werden. Den Arbeitgeber bindet eine Rahmenregelung nicht nur hinsichtlich möglicher Inhalte, sondern auch bezüglich möglicher betrieblicher Anlässe, nämlich dem "Ob" einer Regelung. Um eine unkontrollierte Kompetenz des Arbeitgebers zu verhindern, ist die Umschreibung der die Regelungsbefugnis auslösenden betrieblichen Anlässe erforderlich, wie dies auch das B A G für eine substantielle Regelung fordert. Die Bestimmbarkeitsgrenzen müssen sich an der Voraussehbarkeit nach den betrieblichen Verhältnissen orientieren. Beispielsweise können die Betriebspartner die typischerweise und regelmäßig wiederkehrenden Situationen für Großbaustellen ebenso wie für Südfrüchtegroßhändler in groben Zügen umschreiben. Angesichts der im betrieblichen Alltag möglichen Konstellationen können sie dabei auch auf Rieht- und Regelungsbeispiele zurückgreifen. 166 Die Formulierung aus "betrieblichen Gründen" könne der Arbeitgeber einseitig Maßnahmen ergreifen, ist nach den vorgenannten Maßstäben nicht hinreichend bestimmt. 167 Da jeder betriebliche Grund genügt, ist der Arbeitgeber

162 So ist aber wohl MünchAibR-v.Hoyningen-Huene, § 318 Rn. 14 zu verstehen, wenn es allein auf die Mitwirkung nicht jedoch auf den Inhalt der gemeinsamen Regelung ankomme. 163 Säcker/Oetker, RdA 1989, 16, 22 f., unterscheiden zwischen einem primären Regelungsbereich, in dem alle aus den zu regelnden Maßnahmen abstrahierbaren Grundsätze festgelegt werden, an die der Arbeitgeber bei der Ausgestaltung der die sekundäre Ebene betreffenden Konkretisierung im einzelnen gebunden sei. 164 So auch Misera, Anm. zu AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit. 165 Soweit nicht schon tarifvertragliche Regelungen ausreichende Sicherung gewähren. 166

167

Säcker/Oetker,

RdA 1992, 16, 25.

Zweifelnd auch Popp, NZA 1993, 639, 640; a.A. Säcker/Oetker, RdA 1992, 16, 25; so schon Misera, Anm. AP Nr. 35 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit. Dabei gehen Säcker/Oetker davon aus, daß die Rechtsstellung des Betriebsrats, wie es auch das BAG

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hinsichtlich des "ob" einer einseitigen Handlungskompetenz völlig freigestellt. Ein betrieblicher Grund kann in dringenden sowie in nur nach Ansicht des Arbeitgebers erforderlichen Situationen gegeben sein. Dies wäre nur dann unschädlich, wenn die Eingriffsintensität, ggf. durch Ausgleichs- und flankierende Schutzregelungen, ent-sprechend gering bliebe. Im Falle der Anordnung von Überstunden oder Kurzarbeit könnte angesichts von Mehrbelastung oder Lohnverlust nicht mehr von einem zu vernachlässigenden Eingriff gesprochen werden, wenn nicht im Falle der Kurzarbeit Differenzzahlungen erfolgten. Damit wäre dem Arbeitgeber wiederum praktisch nicht geholfen. Von den Betriebspartnern ist daher für den Anlaß eine den konkreten Gegebenheiten angemessene Umschreibung durch Regelbeispiele, die sich an den zu erwartenden Störungen oder zumindest an bestimmten Mindesterfordernissen der betrieblichen Dringlichkeit orientieren, zu verlangen. So ist für die dringende Einführung von Kurzarbeit an einen unerwarteten Auftragsrückgang in Höhe von χ % bezogen auf einen bestimmten Vergleichszeitraum zu denken. Grundsätzlich ist eine räumliche Beschränkung auf einzelne betriebliche Bereiche (Werkstatt oder Lagerverwaltung) vorzunehmen. Wie der Arbeitgeber den Entscheidungsspielraum der Betriebsvereinbarung konkret umsetzt, d.h. individualisiert, bedarf hingegen keiner weiteren Beteiligung. Schließlich kann die Rahmenregelung die zeitliche Begrenzung von einseitigen Maßnahmen - u.U. nach Art und Belastung differenziert - vorsehen und für weitergehende Anordnungen die Mitbestimmung des Betriebsrats wieder aufleben. Bezüglich der Formulierung der Rahmenregelung ist jedoch besondere Vorsicht geboten. In der Auflistung eines Katalogs mitbestimmungspflichtiger Anlässe (Inventur, Urlaub, Auffüllarbeiten vor und nach Ladenschluß, Spätdiensttätigkeiten usw.) hat das BAG eine abschließende Ausübung des Mitbestimmungsrechts gesehen. Soweit nach einer Rahmenbetriebsvereinbarung die Anordnung von Mehrarbeit zustimmungspflichtig ist, wenn Urlaub von Mitarbeitern, der die Mehrarbeit erforderlich macht, mindestens eine Woche zuvor beantragt wurde oder aber die Mehrarbeit vorhersehbar und planbar sein müsse, so hat der Betriebsrat für die Fälle, in denen die Mehrarbeit nicht vorhersehbar oder planbar ist oder aufgrund kurzfristigen Urlaubs erforderlich wird, ebenfalls seine Zustimmung erteilt, weil auch diese betrieblichen Situationen mitgeregelt wurden. 168

angesprochen hat, durch entsprechende prozedurale Bindungen in Form von Informations, Anhörungs- oder Widerspruchsrechten gesichert werden soll. 168 BAG v. 12.1.1988, AP Nr. 8 zu § 81 ArbGG 1979 unter II 2 b der Gründe.

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

c) Rechtsschutzumfang in dringenden Angelegenheiten Nach dem hier aufgezeigten Anwendungsbereich eines zulässigen Alleinentscheidungsrechts können Rahmenregelungen eine Vielzahl der im betrieblichen Alltag auftretenden Probleme lösen. Jedoch setzt dies die Bereitschaft des Betriebsrats voraus, derartige Regelungen mitzukonzipieren. Mit dem BAG ist davon auszugehen, daß der Betriebsrat im Hinblick auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Betriebspartner die Mitarbeit an Rahmenregelungen nicht verweigern darf und sie damit über die Einigungsstelle erzwingbar sind. 169 Aus Arbeitgebersicht verbleibt trotz dieser Möglichkeit eine Rechtsschutzlücke, so daß der Hinweis, betriebliche Eilfälle seien mittels Rahmenbetriebsvereinbarungen angemessen zu regeln, 170 nicht vollständig ist. Erhebliche Schwierigkeiten können durch Formulierungsprobleme entstehen. In der konkreten Situation mögen sich Differenzen zwischen den Betriebspartnern darüber ergeben, ob auch diese Konstellation erfaßt werden sollte. Den Arbeitgeber auf seine möglicherweise zutreffende Rechtsansicht zu verweisen, hilft ihm nicht, da die Vereinbarung gerade die durch den Streit auftretende Rechtsunsicherheit verhindern sollte. Die Rechtsunsicherheit wird um so größer, je mehr die Rahmenregelung von auslegungsfähigen Begriffen geprägt ist. Über den Wortlaut hinaus kann Streit entstehen, ob die Regelung als eine abschließende gedacht war oder nicht. Angesichts der Vielgestaltigkeit der betrieblichen Verhältnisse ist es immer möglich, daß die Betriebspartner bestimmte Gestaltungen überhaupt nicht ins Auge gefaßt hatten. Soweit eine Begrenzung der Maßnahme (z.B. Überstunden, Maschinenlaufzeit o.ä.) erfolgt, können Differenzen über den Bezugszeitraum (Monat oder Jahr) entstehen. Für kurzfristige Regelungskonflikte ist der Anwendungsbereich von Rahmenbetriebsvereinbarungen ausgesprochen groß und kann zahlreiche Problemfelder vorab einer Lösung zuführen. Letztlich ist aber auch dem Arbeitgeber Rechtsschutz zu gewähren, der es unterlassen hat, für bestimmte Fälle Rahmenregelungen zu treffen. In allen Fällen verbleibt es bei der dargestellten Rechtsschutzproblematik. V I . Haftung der Betriebsratsmitglieder Die aufgezeigten Rechtsschutzdefizite könnten für den Arbeitgeber rechtlich an Brisanz verlieren, wenn er durch Schadensersatzansprüche von den

169

BAG v. 2.3.1982, AP Nr. 6 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Säcker/Oetker, 1992, 16, 26 ff. m.w.Nw.; Blomeyer, SAE 1987, 280. 170 MünchArbR-v.Hoyningen-Huene, § 324 Rn. 29.

RdA

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Betriebsratsmitgliedern angemessenen Ausgleich erhalten könnte. 171 Nach ganz h.M. entfällt eine Haftung des Betriebsrats als solchem wegen seiner fehlenden Rechts- und Vermögensfähigkeit. 172 1. Durchsetzbarkeit von Ansprüchen Unabhängig von der dogmatischen Begründung möglicher Anspruchsgrundlagen und den Schwierigkeiten, deren Voraussetzungen tatsächlich nachzuweisen, leidet die bisherige Diskussion unter einem gravierenden Mangel. Die Haftung des Betriebsrats wird nur unter dem Aspekt einer potentiellen Schadensersatzverpflichtung infolge betriebsverfassungswidrigen Verhaltens der Betriebsratsmitglieder betrachtet. Dabei wird übersehen, daß es häufig nicht möglich sein wird, höhere Schadensersatzsummen aufgrund der Pfändungsfreigrenzen 173 von den Betriebsratsmitgliedern tatsächlich zu erlangen. Weder die Haftung des einzelnen noch eine gesamtschuldnerische Verpflichtung aller beteiligten Mitglieder 1 7 4 könnte dem Arbeitgeber die entstehenden Nachteil tatsächlich ausgleichen. In zahlreichen Fällen der Verzögerung oder Verhinderung von unternehmerischwirtschaftlichen Entscheidungen durch die Mitbestimmung des Betriebs-

171

Zur Haftung des Betriebsrats gegenüber den Arbeitnehmern umfassend Belling , S. 42 ff., der eine Haftung aus der bestehenden Sonderverbindung ausführlich begründet hat. Besonders deutlich wird die fehlende Rechtsschutzmöglichkeit des einzelnen Arbeitnehmers in Fällen ihn betreffender personeller Maßnahmen gem. § 99 Abs. 1 BetrVG. Auf das Zustimmungsverhalten des Betriebsrats kann der Arbeitnehmer keinerlei Einfluß nehmen. Im Verfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ist der betroffene Arbeitnehmer nach h.M. weder Beteiligter noch selbst antragberechtigt (ausführlich Stöckl, S. 190 ff.; BAG ν. 27.5.1982, AP Nr. 3 zu § 80 ArbGG 1979; BAG ν. 22.3.1983, AP Nr. 6 zu § 101 BetrVG 1972; v. 31.5.1983, AP Nr. 27 zu § 118 BetrVG 1972; v. 17.5.1983, AP Nr. 18 zu § 99 BetrVG 1972; GK-BetrVG 4 -/^//, § 99 Rn. 146). Ob die Regelung im Gesetz und die Rechtsstellung des Betriebsrats als freier Repräsentant der Arbeitnehmerschaft unter Hinweis auf Art. 12 Abs. 1 GG oder Teil II Art. 1 Nr. 2 ESC als unwirksam angesehen werden kann und die entstehende Regelungslücke über ein eigenes Antragsrecht zuschließen ist (Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 99 Rn. 222 ff., 223 f.), scheint äußerst zweifelhaft. Für eine rein individualrechtliche Lösung Stöckl, S. 207 ff. 172 Siehe unten § 6 III 3 d (S. 156 ff.). 173 Vergi, dazu Otto, Gutachten, E 58 f. 174 BAG ν. 24.4.1986, NZA 1987, 100, 101; GK-BetrVG 5-Kraft, § 1 Rn. 77; für den Fall des Arbeitskampfes MünchArbR-O/to, § 282 Rn. 39 ff. m.w.Nw. 7 Schwonberg

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2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

rats hilft dem Arbeitgeber ein Anspruch auf Schadenseratz, den er im Zweifel nicht wird durchsetzen können, nicht, denn er kommt schlicht zu spät. 175 Die Tatsache, daß selbst bestehende Ansprüche des Arbeitgebers praktisch kaum realisierbar sind, ist im Hinblick auf die Effektivität des Rechtsschutzes ein entscheidender Aspekt, der für eine weitergehende Anwendung einstweiligen Rechtsschutzes zugunsten des Arbeitgebers spricht. 176 Neben der Durchsetzbarkeit möglicher Schadensersatzansprüche bedürfen die Sanktionsmittel darüber hinaus einer Anpassung an das "betriebsverfassungsrechtliche Handlungssystem". 177 So kann nicht jede Verzögerung durch Verhandlungen haftungsbegründend wirken, die allein über entsprechende Rechtswidrigkeits- und Verschuldensmaßstäbe ein Korrektiv erfährt. 178 2. Deliktische Haftung Die deliktische Haftung der Betriebsratsmitglieder wird überwiegend bejaht. 1 7 9 Für eine Haftung des Mitglieds muß dieses selbst den Tatbestand von §§ 823 Abs. 1 oder 823 Abs. 2 BGB i.V.m. einem Schutzgesetz oder § 826 BGB erfüllt haben. Die haftungsrechtlichen Voraussetzungen der einzelnen Tatbestände liegen nur in Ausnahmefällen vor. Im Fall einer Verzögerung einer kurzfristig notwendigen Regelung müßte für einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB die zurechenbar rechtswidrige und schuldhafte Verletzung des hier einzig in Betracht kommenden Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nachzuweisen sein. Ein betriebsbezogener Eingriff liegt vor, wenn er sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet. 180 Vergleichbar mit den Konstellationen beim rechtswidrigen Arbeitskampf 181 könnte im Einzelfall in der rechtswidrigen Verzögerung einer dringend notwendigen Regelung ein Eingriff in unternehmerisches Handeln liegen. Bei der Bestimmung der Rechtsverletzung ist jedoch zu

175

Angesichts der Schwierigkeiten hinsichtlich des Haftungstatbestandes sowie der tatsächlichen Durchsetzung eines Anspruchs entfaltet der Schadensersatzanspruch auch keine präventive Wirkung (vergi. Brill/Derleder, AuR 1980, 353, 365). 176 Dies rechtfertigt es, an dieser Stelle nur die wesentlichen Gesichtspunkte einer deliktischen und vertragsähnlichen Haftung aufzuzeigen. 177 Brill/Derleder, AuR 19880, 353, 365. 178

179

Brill/Derleder,

AuR 1980, 353, 363.

Dietz/Richardi, BetrVG 6, vor § 26 Rn. 16; GK-BetrVG 5 -^//, § 1 Rn. 79 ff.; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 1 Rn. 112 ff.; Weiss, RdA 1974, 269, 274 ff.; krit. zur Umdeutung von Pflichtverletzungen in deliktische Handlungen Konzen, ZfA 1985, 469, 492 ff. 180 Palandt-77iomay, § 823 Rz. 21; BGH v. 29.1.1985, NJW 1985, 1620; Weiss, RdA 1974, 269, 276 ff. 181 Ausführlich dazu MünchArbR-Otfo, § 282 Rn. 6 f.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

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beachten, daß die Ausübung der Mitbestimmungsrechte bestimmungsgemäß in marktbezogenes Handeln eingreift. 182 Zur Begründung der Rechtswidrigkeit wie des subjektiven Verschuldens ist weiterhin die genaue Pflichtbestimmung aufgrund der jeweiligen betrieblichen Situation erforderlich. Ein Teil der Literatur plädiert in Anlegung an § 23 Abs. 3 BetrVG sowie an die Grundsätze der gefahrgeneigten Arbeit für eine Beschränkung des Verschuldensmaßstabs auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. 1 8 3 Schließlich stellen sich die praktisch entscheidenden Beweisprobleme, die bei einer Schädigung des Arbeitgebers durch einen nicht einstimmigen Betriebsratsbeschluß kaum ohne Beweislastumkehr zu lösen sind. 184 Die bisher als Schutzgesetze anerkannten Normen (§§ 74 Abs. 2, 79 Abs. 1 und 2, 107 Abs. 3 Satz 3 und 4 BetrVG) 1 8 5 begründen für die hier betrachteten Fälle keine Haftung, da das BetrVG insgesamt 186 und die Normen, die dem Betriebsrat Beteiligungsrechte gewähren, nicht den Individualschutz des Arbeitgebers bezwecken. 187 Letztlich ist als weitere Anspruchsvoraussetzung ein kausal auf die konkrete Pflichtverletzung zurückzuführender Schaden vorzutragen. Hierbei handelt es sich auch ganz wesentlich um ein betriebswirtschaftliches Problem. Die Diskussion um die Haftung im Arbeitskampfrecht zeigt, wie schwierig es ist, Schadensposten jenseits von Substanzschäden, wie entgangenen Gewinn oder nutzlose Aufwendungen, substantiiert darzulegen. 188 Die Ursache für diese Schwierigkeiten ist auch in der Betriebswirtschaftslehre zu suchen, in der unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob ein möglicher Schaden in Form der Differenzmethode durch eine umfassende Unternehmensbewertung nach dem Schadensereignis zu berechnen ist oder ob der Absatzmarkt dynamisch aufzufassen ist, mit der Folge, daß Absatzeinbußen später kompensiert werden kön-

182

183

Brill/Derleder,

AuR 1980, 353, 363.

Belling , S. 341 ff., 354 für die vertragsähnliche Haftung; Hanau, RdA 1979, 324, 326 f.; Reiß, S. 118; a.A. Nolting, S. 83, 173 ff.; zur Problematik: Hueck/NipperdeySäcker, ArbR 7, II/2, S. 1109 f.; Neumann-Duesberg, S. 336. 184 Dazu Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 76 Rn. 31; GK-BetrVG 5-Kraft, § 87 Rn. 79. 185 Fitting/Aujfarth/Kaiser/Heither, BetrVG 16, § 1 Rn. 113; GK-BetrVG 5 -/ta/i, § 1 Rn. 79 f. m.w.Nw. 186 GK-BetrVG 5-Ära/i, § 1 Rn. 80; Dietz/Richardi, BetrVG 6, Vorbem § 26 Rn. 16. 187 Nur in seltenen Ausnahmefällen wird man § 826 BGB heranziehen können (etwa bei der Weitergabe von Lohnlisten BAG ν. 22.5.1959, AP Nr. 3 zu § 23 BetrVG 1952). 188 Vergi, dazu ausführlich Wendeling-Schröder, NZA 1993, 49 ff. für kurzzeitige rechtswidrige Streiks und den Hinweis von Richardi, JuS 1984, 825, auf den Schaden infolge des Metallarbeiterstreik 1984.

100

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

nen. 189 Die gleichen Schwierigkeiten der Schadensberechnung treffen den Arbeitgeber bei betriebsverfassungswidrigem Verhalten. 3. Vertragliche oder vertragsähnliche Haftung Manche Probleme der deliktischen Haftung ließen sich über eine vertragliche Haftung mildern. Nach der h.M. besteht zwischen Arbeitgeber und den Betriebsratsmitgliedern in ihrer Funktion nur eine "Jedermann-Beziehung", die eine vertragliche oder vertragsähnliche Haftung ausschließt. Diese Auffassung beachtet jedoch zum einen das bestehende Arbeitsverhältnis und zum anderen die Reichweite der dem Betriebsrat zugewiesenen Rechte, mit denen er erheblichen Einfluß auf das marktbezogenes Handeln des Arbeitgebers nehmen kann, zu wenig. Aus diesen Gründen wird unter so verschiedenen Begriffen wie vertraglicher 190 , vertragsähnlicher 191 , treuhänderischer 192 Verbindung oder einem Sozialrechtsverhältnis 193 eine Haftung begründet. Eine vertragliche Lösung der Haftungsproblematik von Betriebsratsmitgliedern sucht Hanau durch die Übertragung der Simultantheorie in Kündigungsstreitigkeiten auf die Pflichtverletzung der Betriebsratsmitglieder zu erreichen 1 9 4 , indem er die von der Betriebsratstätigkeit nicht berührte arbeitsvertragliche Nebenpflicht, den Arbeitgeber nicht zu schädigen, als Hafiungsgrundlage unter Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz heranzieht. Das Betriebsratsamt verändert zwar die arbeitsvertraglichen Pflichten; dem BetrVG ist allerdings nicht zu entnehmen, daß die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten zu arbeitsvertraglichen würden. 195 Das Verhältnis von Arbeitgeber und Betriebsrat wird weiterhin als gesetzliches Schuldverhältnis oder Betriebsverhältnis beschrieben 196 , das sich aus der Kooperationsmaxime des § 2 Abs. 1 BetrVG 1 9 7 , den sich daraus ergebenden gegenseitigen Rücksichts- und Schutzpflichten sowie aus seinem Charakter als

189

Dazu Wendeling-Schröder, 1995, 150. 190

191

NZA 1993, 49, 53 f.; LAG Hamm v. 24.9.1993, AuR

Hanau, RdA 1979, 324 ff.

Nolting, S. 136 ff.; eingehend Belling, S. 92 ff., 312 ff. Ausführlich zu dieser Spezifikation eines gesetzlichen Schuldverhältnisses mit Auftragscharakter Heinze, ZfA 1988, 53, 61 ff., 71 ff. 192

193 194

195

Neumann-Duesberg, NJW 1954, 617 ff. Hanau, RdA 1979, 324, 326 f.

Belling, Haftung, S. 36 f. Vergi. GK-BetrVG 5-Kraft, § 1 Rn. 78 m.w.Nw.; GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 131; Heinze, DB 1983 Beil. 9, S. 6; ders., ZfA 1988, 53, 61, 71; Witt, S. 128. 197 Witt, S. 128 ff.; GK-BetrVG S-Kraft, § 2 Rn. 12; Zöllner/Loritz, ArbR 4, § 44 VII 1; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 2 Rn. 9. 196

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

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Dauerrechtsbeziehung ergebe. Während Derleder m aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis einen allgemeinen Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei mitbestimmungswidrigen Maßnahmen des Arbeitgebers herleiten will, hingegen auf eine Haftung der Betriebsratsmitglieder aus diesem Schuldverhältnis nicht eingeht 199 , verneint v.Hoyningen-Huene 200 eine Haftung des Betriebsrats oder seiner Mitglieder ausdrücklich, da es sich im Bereich der echten Mitbestimmung um unvollkommene Verbindlichkeiten handele, die nicht gerichtlich durchsetzbar seien. 201 Aus der fehlenden Erzwingbarkeit von Pflichten auf den Ausschluß einer Haftung zu schließen, ist jedoch nicht möglich, da gerade der Pflichtenumfang zu einer haftungsbegründenden Sonderverbindung führen kann. Ein gesetzliches Schuldverhältnis mit sozialrechtlichem Charakter (Sozialrechtsverhältnis), aus dem eine Haftung nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung bei betriebsverfassungswidrigem Verhalten folge, nimmt Neumann-Duesberg an. 202 Er begründet dies aus dem Vergleich mit dem Verhältnis von Vormund und Mündel. Das Betriebsratsmitglied sei sozialrechtlicher Amtsträger und hafte nach den allgemeine Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung. Belling hat umfassend eine Sonderverbindung unter dem Aspekt der Vertrauenshaftung und den gesteigerten Einwirkungsmöglichkeiten des Betriebsrats auf den Arbeitgeber hergeleitet. Da der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber allerdings keine unmittelbare Einflußmöglichkeit habe, 203 könne nur ein Vergleich zum Vergleichsverwalter gezogen werden, dessen Haftung in § 42 VerglO angeordnet sei. 204

198

199

AuR 1983, 289, 300 f.; ders., AuR 1985, 65, 76.

Heinze, ZfA 1988, 53, 72, warnt vor einer vorschnellen Übernahme der Regeln des allgemeinen Schuldrechts auf das sich aus dem Betriebsverfassungsrecht ergebende gesetzliche Schuld Verhältnis. 200 NZA 1989, 121 ff., 123 f.; Münch ArbR-v.Hoyningen-Huene, § 292 Rn. 22 f. 201 Zum betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch siehe § 6 III und IV (S. 137 ff., 159 ff.). 202

203

NJW 1954, S. 617 ff.; ders., S. 338 ff.

Belling , S. 312 ff., 316 ff., vergleicht die Stellung der Betriebsratsmitglieder gegenüber den Arbeitnehmern mit dem Vormund, Testamentsvollstrecker, Konkurs- und Nachlaßverwalter. Dieser Vergleich wurde schon früher gezogen Hueck/Nipperdey-

Säcker, ArbR 7 , II/2, S. 1093, 1097; Jacobi, S. 301; Neumann-Duesberg, NJW 1954, 618; Nikisch, S. 19; GK-BetrVG 4-77nWe, Einl. Rn. 82; Söllner, § 20 I 1; Zöllner/Loritz,

ArbR 4, § 45 III 1. 21)4 Belling , S. 317. Die Komplementärfunktion des Betriebsrats, der nur den gestörten Pflichtenkreis aus dem Verhältnis Arbeitgeber - Arbeitnehmer wahrnehmen soll, könne nicht zu einer Reduzierung der bestehenden Pflichten führen. Eine Sonderverbindung bejaht auch Nolting, S. 136 ff.

102

2. Teil: Einstweiliger Rechtsschutz des Arbeitgebers

Allen Meinungen einer vertragsähnlichen Haftung i.w.S. ist gemein, daß sie die besondere gesetzliche Pflichtenlage zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat als haftungsbegründenden Tatbestand ausdeuten, wobei der genauen Bezeichnung keine größere Bedeutung zukommen kann. Angesichts des Pflichtenkreises und den damit verbundenen Kompetenzen, den Einwirkungsmöglichkeiten sowie der Dauerhaftigkeit der Beziehung kann an dem Bestehen einer besonderen rechtlichen Verbindung zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat bzw. seinen Mitgliedern m.E. kein Zweifel bestehen. Unabhängig von den Beweiserleichterungen durch § 282 BGB hinsichtlich des Verschuldens stellen sich für die Pflichtwidrigkeit und die Schadensbestimmung dieselben Probleme wie im Rahmen der deliktischen Haftung. Ist dem Arbeitgeber jedoch nur sehr begrenzt über Schadensersatzansprüche ein adäquater Ausgleich zu verschaffen, sind die Überlegungen vorrangig auf präventive Maßnahmen zugunsten des Arbeitgebers zu richten, die schon den Eintritt eines Schadens verhindern. V I I . Zusammenfassung Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewähren, folgt, daß präventiver und repressiver Rechtsschutz in unmittelbarer Wechselwirkung zueinander stehen. Vorbeugender Rechtsschutz ist um so mehr erforderlich, je weniger nachfolgende Sanktionen eine Rechtsverletzung abzugleichen vermögen. Das Betriebsverfassungsrecht weist ein breit gefächertes Rechtsschutzsystem auf, mit dem der Arbeitgeber auf betriebsverfassungswidriges Verhalten reagieren kann. Dem Rechtsschutzbegehren des Arbeitgebers in dringenden Regelungskonflikten können das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren, die Amtsenthebung, die Kündigung oder Strafvorschriften als allein vergangenheitsorientierte Reaktionen nicht gerecht werden. Selbst im Fall rechtsmißbräuchlichen Verhaltens kann der Arbeitgeber nicht einseitig handeln. Neben der eng begrenzten Notfallkompetenz erlangt allein die - notfalls über die Einigungsstelle erzwingbare - Rahmenbetriebsvereinbarung in sozialen Angelegenheiten besondere Bedeutung für die betrieblichen Situationen, die regelmäßig wiederkehrend es den Betriebspartnern erlauben, generelle Kriterien für das "ob" und das "wie" einer dann vom Arbeitgeber einseitig anzuordnenden Maßnahme zu bestimmen. Der Schutzauftrag der Mitbestimmungsrechte erfordert indes hinreichend konkrete Mindestvorgaben.

§ 4 Grenzen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsschutzes

103

Die fortbestehenden Rechtsschutzdefizite in sozialen wie wirtschaftlichen Angelegenheiten, in denen die dargestellten Instrumentarien von vornherein ins Leere laufen, lassen die Frage nach kurzfristigen Handlungsmöglichkeiten des Arbeitgebers und damit nach einstweiligem Rechtsschutz aktuell erscheinen. 205

205

Wenn Raab, S. 213, für den negatorischen Rechtsschutz des Betriebsrats feststellt, daß das BetrVG keine adäquaten Regelungen gegen kompetenzverletzende Maßnahmen enthalte, so gilt dies unter zeitlichem Aspekt ebenso für die Arbeitgebersei te.

3. Teil

Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen Nachdem sich gezeigt hat, daß in dringenden Fällen kurzfristigen Entscheidungsbedarfs ein Rechtsschutzdefizit zu Lasten des Arbeitgebers besteht, werden im folgenden die inhaltlichen Anforderungen an den Erlaß einer einstweiligen Verfügung zugunsten des Arbeitgebers im Betriebsverfassungsrecht bestimmt. 1 Die Diskussion über die rechtliche Zulässigkeit eines einstweiligen Rechtsschutzes in der Betriebsverfassung zugunsten des Arbeitgebers bewegt sich vom vollständigen Ausschluß 2 , über die analoge Anwendung des § 100 BetrVG 3 , einer an bestimmte Kriterien gebundenen Anwendung der zivilprozessualen Vorschriften 4 hin zu der am BetrVG orientierten Zulassung einstweiligen Rechtsschutzes.5 Historisch war die Zulässigkeit von einstweiligen Verfügungen umstritten. Für das ArbGG 19266 sah man im Beschlußverfahren keine Rechtsprechung, sondern Verwaltungstätigkeit der Arbeitsgerichte mit deutlichen Bezügen zur Freiwilligen Gerichtsbarkeit. Schon aus ihrer Natur heraus sollte den Beschlüssen im Beschlußverfahrens keine Vollstreckbarkeitswirkung zukommen können.7 War aber die Vollstreckbarkeit ausgeschlossen bzw. sah man in den Entscheidungen keine gerichtlichen Akte, konnte eine einstweilige Verfügung nicht in Frage kommen.

1

Krit. zur Argumentation und Diskussion bezüglich einstweiliger Verfügungen im Beschlußverfahren Walker, Rn. 827. 2 Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4, § 87 Rn. 22; Germelmann/ Matthes/Prütting, ArbGG, § 85 Rn. 31, 40 m.w.Nw.; Grunsky, ArbGG 6, § 85 Rn. 31 ff., 39 ff. Weiss/Weyand, BetrVG 3, § 87 Rn. 8; GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 116; ohne inhaltliche Aussage Wieser, Rn. 711. 3 4

Hanau, RdA 1973, 182, 292; ders., NZA 1993, 817, 819. Bischof, S. 57 f.

5 Dütz, ZfA 1972, 247, 259 ff.; Otto, NZA 1992, 97, 110; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 76 Rn. 26. 6 Vom 23.12.1926 RGBl. I S. 507 ff. 7

Flatow/Joachim,

§ 84 Anm. 1 [S. 422]; vor § 80 Anm. 1 [S. 393].

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

105

Für das ArbGG 1953 war ebenfalls umstritten, ob einstweilige Maßnahmen angeordnet werden konnten. Es ging u.a. darum, ob überhaupt einstweilige Maßnahmen zulässig seien, nach welcher Verfahrensordnung diese ggf. zu erlassen wären - als einstweilige Verfügung nach der ZPO oder als einstweilige Anordnung nach dem FGG oder aus einer Gesamtschau der Verfahrensarten und wie das Verfahren auszugestalten sei. Ein Bedürfiiis nach schnellem Rechtsschutz wurde durchaus bejaht, etwa für die Kosten der Betriebsratstätigkeit, Regelungen der Betriebsratswahl, Zutrittsrechten von Gewerkschaftsvertretern zu Betriebsversammlungen oder beschleunigten Verfahren im Rahmen der Amtsenthebung, aber auch zur Sicherung der Rechte des Betriebsrats in sozialen Angelegenheiten.8 Die Diskussion wurde nur hinsichtlich der Rechtsstellung des Betriebsrats geführt; Probleme eines arbeitsgerichtlichen Schutzes des Arbeitgebers nur im Rahmen der Amtsenthebung des Betriebsrats erörtert. 9 Durch die Regelung des § 85 Abs. 2 ArbGG hat die Problematik eine eindeutige gesetzliche Regelung dahingehend erfahren, daß auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren der Erlaß einer einstweiligen Verfügung zulässig ist. Der Streit dreht sich nunmehr darum, inwieweit Arbeitgeber und Betriebsrat von diesem Instrumentarium Gebrauch machen können. Nach einigen grundsätzlichen Bemerkungen zur einstweiligen Verfügung (§ 5) werden die generellen Voraussetzungen einer einstweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Verfügung erörtert (§ 6).

8

Dietz/Nikisch, § 85 Rn. 30 f., die eine einstweilige Verfügung wegen des Fehlens einer vorläufigen Vollstreckbarkeit ablehnen, aber einstweilige Anordnungen des Gerichts in Anlehnung an RAG v. 25.4.1931, ARS 12, 202 (Betriebsratstätigkeit); LAG München v. 17.7.1953, RdA 1953, 439 (Wahlbehinderung), für möglich halten; zur Diskussion weiter: Dalhoff, RdA 1963, 441 ff. m.w.Nw.; Schmidt, DB 1968, 397 ff., 443 ff.; Promberger, BB 1965, 1316 ff.

9 Auf die Problematik einer Kompetenz der Arbeitsgerichte in Regelungsstreitigkeiten kommt auch Dalhoff, RdA 1963, 443, 446, der das Problem erwähnt, nicht speziell zu sprechen.

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung Dem Gläubiger eines Anspruchs oder der Partei eines Rechtsverhältnisses ist häufig mit den Rechtsschutzinstituten, welche die Zivilprozeßordnung zur Durchsetzung im ordentlichen Hauptverfahren bereithält, auf Grund des Zeitablaufs nicht hinreichend gedient. In allen Rechtsgebieten1 entstehen aus der tatsächlichen Notwendigkeit einer schnellen und zugleich materiell richtigen Entscheidung ähnliche Konflikte. I. Charakteristika der einstweiligen Verfügung Die ZPO enthält nur für das Arrestverfahren nähere Ausgestaltungen des Verfahrens, die über § 936 ZPO auf das Verfügungsverfahren Anwendung finden. Anhand der tatbestandlichen Ausgestaltung der einstweiligen Verfügung lassen sich im Vergleich zum Hauptsacheverfahren einige Charakteristika herausarbeiten. 1. Vorläufigkeit der Eilentscheidung Die Vorläufigkeit der ergehenden Entscheidung kommt im Gesetz an mehreren Stellen zum Ausdruck. An erster Stelle ist auf den Wortlaut der Eingriffsnormen (§§ 916, 935, 940 ZPO) einzugehen. Der Arrest dient "zur Sicherung der Zwangsvollstreckung" und die daran angelehnte Regelung des § 935 ZPO ermöglicht Maßnahmen "in bezug auf den Streitgegenstand", wenn durch eine "Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechtes einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte". § 940 ZPO spricht von einer "Regelung eines einstweiligen Zustandes". Weiterhin kommt die Vorläufigkeit der Entscheidung in der Widerspruchsmöglichkeit gem. § 924 Abs. 1 ZPO, wenn die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erging (§ 922 Abs. 2 ZPO), und in der jederzeitigen Aufhebungsmöglichkeit wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO) zum Ausdruck. Die Vollziehung des Arrestes und der einstweiligen Verfügung erfolgt in das bewegliche Vermögen gem. §§ 930 Abs. 1, 936 ZPO durch Pfändung, während

1

Für das Arbeitsrecht: Walker, Der einstweilige Rechtsschutz im Zivilprozeß und im arbeitsgerichtlichen Verfahren, 1993 ; Olderog, NZA 1984, 753 ff.; Heinze, RdA 1986, 273 ff.; für das Gesellschaftsrecht: Damm, ZGR 1991, 413 ff.; v.Gerkan, ZGR 1985, 167 ff.; Zutt, ZHR 155 (1991), 190 ff.; andere Rechtsgebiete: Gießler, Vorläufiger Rechtsschutz in Ehe-, Familien- und Kindschaftssachen, 1993; Ahrens, Wettbewerbsverfahrensrecht, 1984; Heinze, Der einstweilige Rechtsschutz im Zahlungsverkehr der Banken, 1984; Piehler, 1980 rechtsvergleichend.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

107

eine Verwertung grundsätzlich ausgeschlossen2 oder nur auf Antrag bei der Gefahr erheblicher Wertverluste ausnahmsweise zulässig ist (§ 930 Abs. 3 ZPO). Mit der Beschränkung der Vollziehung soll dem Hauptverfahren nicht vorgegriffen werden. Indem das Gericht die Klageerhebung im Hauptverfahren binnen einer bestimmten Frist anordnen kann (§ 926 Abs. 1 ZPO), tritt die enge Verbindung zum Hauptverfahren hervor. 3 Die Gefährdung durch Zeitablauf berücksichtigt das Gesetz durch eine Beschleunigung des Verfahrens, 4 indem ohne mündliche Verhandlung eine Entscheidung ergehen kann (§§921 Abs. 1, 937 Abs. 2, 944 ZPO) und die Beweisanforderungen bis zur Grenze der Glaubhaftmachung zurückgeschraubt wurden (§ 920 Abs. 2 ZPO). 2. Richtigkeitsgewähr Angesichts der Tatsache, daß die Parteien immer häufiger eine gesetzlich als vorläufig gedachte richterliche Entscheidung als endgültige akzeptieren,5 und des Aspekts, daß der Entscheidung in größerem Umfang Erfüllungswirkung zukommt, ist aus rechtsstaatlichen Gründen zu verlangen, daß einer solchen Entscheidung adäquate Verfahrensgarantien zur Seite stehen, die eine Richtigkeit der Entscheidung gewährleisten können. Da der einstweilige Rechtsschutz vor drohenden Gefahren Sicherung bewirken und die Entscheidung in kurzer Zeit ergehen soll, stehen diejenigen Verfahrensnormen, die eine schnelle Entscheidung ermöglichen, teilweise in Konflikt mit denen, die eine materiellrechtlich richtige Entscheidung gewährleisten.6 Eine umfangreiche Beweisführung, die dem Gericht die Tatsachenermittlung zur Entscheidungsfindung bietet, kann im Verfügungsverfahren nicht erfolgen, da die Tatsachen nur glaubhaft zu machen sind und nur präsente Beweismittel zugelassen werden (§§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). In gleichem Maße, wie die Tatsachenfeststellung Unsicherheiten und Zweifeln ausgesetzt ist, wirken sie auf die sich darauf stützende Entscheidung des Gerichts aus. In Ausnahmefällen können weitere Zweifel entstehen, wenn der Antragsteller aufgrund einer Sicherheitsleistung seinen Antrag nicht einmal glaubhaft zu machen hat (§ 921 Abs. 2 ZPO) und eine geringere Wahrscheinlichkeit genügt.7 Zu weiteren Unsicherheiten trägt die Offenheit des zum Eingriff in fremde Rechtsgüter berechtigenden Tatsbestands sowie die Unbestimmtheit der anzuordnenden

2

BGH v. 17.11.1983, BGHZ 89, 82, 86; Thomas/Putzo, ZPO 18 , § 930 Rn. 1; ZöllerVollkommer, ZPO19, § 930 Rn. 1. 3 Wird die Klage nicht erhoben, so ist auf Antrag der Arrest aufzuheben (§ 926 Abs. 2 ZPO). 4 Dazu näher unter § 11 (S. 339 ff.). 5 Zu den Gründen im Wettbewerbsverfahren Ahrens, S. 437 ff. 6 Zu diesem Widerspruch Walker, Rn. 309 ff., 313 ff. 7 Zöller- Vollkommen ZPO19, § 921 Rn. 2.

108

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Rechtsfolgen, die gem. § 938 ZPO im Ermessen des Gerichtes stehen und im wesentlichen nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ergehen sollen, bei. 8 Neben der von der Rechtspraxis entwickelten Schutzschrift 9 stellt das Gesetz den Antragsgegner durch den Antrag auf Klageerhebung, die Aufhebbarkeit der Entscheidung im Widerspruchs- und Rechtsmittelverfahren sowie schließlich den verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch aus § 945 ZPO nicht schutzlos. Wenn auch im Tatsächlichen Erkenntnislücken auf Seiten des Gerichts verbleiben dürfen, hat es nach h.M. die jeweils aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend zu erörtern. 10 3. Vorwegnahmeverbot In erheblichem Umfang wird in der Literatur aufgrund der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes über den möglichen Entscheidungsinhalt im Eilverfahren gestritten. Auf der einen Seite stehen die Vertreter, die sich strikt am Konzept des Sicherungscharakters des Eilverfahrens orientieren und, soweit möglich, einer Erfüllungswirkung entgegenwirken wollen 1 1 , während auf der anderen Seite diejenigen stehen, die den Sinn und Zweck des Eilverfahrens eher rechtsfolgenorientiert verstehen. 12 Während jene Zugeständnisse bezüglich der Leistungsverfügung machen müssen, gelangen diese über eine Interessenabwägung zum Teil zu demselben zulässigen Entscheidungsinhalt. a) Begründung des Vorwegnahmeverbots Die Diskussion kreist um das Vorwegnahmeverbot 13 für den Inhalt der Eilentscheidung. Zum Ausdruck gebracht werden soll damit, daß im Eilverfahren nicht das gewährt werden dürfe, was einer Entscheidung im Hauptverfahren

8 9

4.

10

Leipold, ZZP 90 (1977), 258, 261. MünchKomm-ZPO-Heinze, § 937 Rn. 11 ff.; Zöller-Volllcommer,

ZPO 19 , § 937 Rn.

Vergi, dazu unten § 6 VI (S. 173 ff.). Profiliertester Streiter ist wohl Heinze. 12 Bruns/Peters, § 49 II 1; Damm, ZGR 1990, 413 ff.; AK-ZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 28 ff.; Faecks, NZA 1985 Beil. 3, S. 6, 16; v.Gerkan, ZGR 1985, 167 ff.; Leipold, ZZP 90 (1977), 258, 268 f.; Ritter, S. 101 ff., 103; Schmitt, ZIP 1992, 1214; Wenzel, MDR 1967, 889 ff.; ders., NZA 1984, 114; Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 199 ff.; LAG München v. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29. 13 LAG Frankfurt v. 22.2.1990, DB 1991, 707; Baur/Stürner, Rn. 918, 923; grundsätzlich Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , § 938 Rn. 3 ff.; Gießler, Rn. 412, 515 ff.; Iliakopoulos, S. 28; Morbach, S. 98 ff.; Thomas/Putzo, ZPO 1 8 , § 938 Rn. 1; ZöllerVollkommer, ZPO 19 , § 938 Rn. 3; für das Verwaltungsrecht Finkelnburg/Jan^, Rn. 231 ff., 239 ff. 11

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

109

vorbehalten sei, bzw. sich die Entscheidung auf bloße Sicherungsmaßnahmen zu beschränken habe. Nach Heinze stellt der einstweilige Rechtsschutz - in der Stufenfolge Selbsthilfe, einstweiliger Rechtsschutz, ordentliches Verfahren - eine Reaktion auf die Gefährdungen eines Rechts durch die Zeitdimension bis zur Entscheidung in der Hauptsache dar und ist Teil des Justizgewährleistungsanspruchs auf vollen Rechtsschutz. Von daher diene der einstweilige Rechtsschutz nicht der Sicherstellung einer eigen- und selbständigen Rechtsposition, sondern seine Funktion bestehe ausschließlich darin, die Parteistellung des einzelnen in bezug auf das Hauptverfahren - unabhängig davon, ob es schon anhängig sei - für eine abschließende Entscheidung und Haftungsregelung offenzuhalten. Damit ermögliche es erst das Hauptverfahren und sichere den prozessualen status quo. Nicht die Sicherung des materiellen Rechts, sondern die Prozeßrechtsstellung der Parteien, die Rechtserkenntnis durch das Gericht und die Rechtsdurchsetzung müßten vor zeitüberholenden Entwicklungen gesichert sein. Deshalb dürfe nicht über den Anspruch entschieden und nicht die Realisierung des Rechts in irgendeiner Art bewirkt werden, da in diesem Fall das Hauptverfahren ersetzt würde. 14 Vor diesem dogmatischen Hintergrund gelangt Heinze zu einer wesentlichen Verengung des Anwendungsbereichs der einstweiligen Verfügung. Derselbe Gedanke kommt in der geläufigeren Formulierung von Baur 15 zum Ausdruck, nach der die angeordnete Maßnahme gegenüber dem geltend gemachten Anspruch ein minus und aliud sein müsse. b) Kritik Das zum Dogma verfestigte Vorwegnahmeverbot leidet allerdings unter erheblichen Begründungsdefiziten. Die Kritik am Vorwegnahmeverbot hängt eng mit dem Verständnis der Verfügungstatbestände zusammen. Hält man die herkömmliche Dreiteilung in Sicherungs-, Regelungs- und Befriedigungsverfügung für begründbar, kann man sich am reinen Sicherungscharakter orientieren; stellt man die Trennbarkeit der

14

Heinze, RdA 1986, 273 f.; ders., Banken, S. 18 ff., 42, 53 ff.; MünchKomm-ZPO-

Heinze, vor § 916 Rn. 10 ff. 15

Baur, Studien, S. 49, 56.; Baur/Stürner, Rn. 909, 918.; Thomas/Putzo, 938 Rn. 4; Zöller-Vollkommen ZPO 19 , § 938 Rn. 3.

ZPO 1 8 , §

110

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Tatbestände hingegen in Frage, wendet sich der Blick vorrangig auf die drohende Gefährdung. 16 Rein tatsächlich wird das Vorwegnahmeverbot nicht konsequent angewandt. Ohne daß deren Vertreter in der überwiegenden Zahl der Fälle zu anderen Ergebnissen kämen, als dies bei einer auf eine Interessenabwägung gestützen Begründung der Fall wäre, gestehen sie jedoch mehr oder minder Durchbrechungen des Vorwegnahmeverbots zu. Für bestimmte Bereiche wird unter pauschalem Hinweis auf eine mögliche Erfüllungswirkung der Erlaß einer einstweiligen Verfügung verneint. 17 Als wenig überzeugend erweist sich eine derartige Argumentation, wenn die Zulässigkeit der einstweiligen Verfügung von dem Klagantrag des Hauptverfahrens orientiert wird, der allerdings nicht immer schon anhängig sein muß. So kann der Entzug der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis eines Geschäftsführers einer Gesellschaft kaum davon abhängen, ob im Hauptverfahren der gleiche Antrag oder ein Antrag auf Ausschluß des Gesellschafters gestellt ist. 18 Indem die Begrenzung möglicher Maßnahmen auf bloße Sicherungen derart in den Vordergrund rückt, werden zentrale Bereiche der Rechtsentwicklung seit der Entscheidung des Reichsgerichts im Jahre 1883 19 als Ausnahmen einer durch die Rechtsentwicklung fragwürdig gewordenen Regel hingestellt. 20 Zunehmend gewinnen im einstweiligen Rechtsschutz Maßnahmen an Bedeutung, die auf vorläufige Befriedigung des Gläubigers ausgerichtet sind. Deutliches Zeugnis geben die Ansprüche auf Unterlassung im Wettbewerbsrecht, auf Zahlung von Lohn sowie von Unterhalts- und Schadensersatzrenten sowie auf Widerruf und Gegendarstellung im Presserecht. Entscheidend sprechen folgende Kritikpunkte gegen ein grundsätzliches Vorwegnahmeverbot:

16 Zur Abgrenzbarkeit der Verfügungstypen siehe unten § 5 II 1. und 2. (Seite 117 ff., 122 ff.). Auf das Vordringen der Befriedigungsverfügung wies Baur schon in BB 1964, 614, 615 hin; v.Gerkan, ZGR 1985, 167, 169 ff.; AK-ZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 5 ff.; ders. y ZHR 154 (1990), 413, 415 ff. spricht angesichts der Ausweitung der Regelungsund Befriedigungsverfügung von "einer Relativierung dieses für das Eilverfahren leitbildhaften Sicherungskonzepts." 17 Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 335 f. (für den Ausschluß eines Gesellschafters), 337 ff.; Baur, Studien, S. 49 ff., 52 ff. 18 So aber Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 335; krit. dazu v.Gerkan, ZGR 1985, 166, 170 f.; ähnlich MünchKomm-ZPO-Z/emze, § 935 Rn. 144 (nur bei Rechtshängigkeit der Hauptsache für den Gesellschafterausschluß), 147 f. (für die Abberufungskonflikte in einer GmbH). 19 RG v. 30.3.1883, RGZ 9, 334, 335. 20 Krit. auch Leipold, Grundlagen, S. 108; ders., ZZP 90 (1977), 258, 269; Ritter, S. 103 (von einem Prinzip könne keine Rede sein); Zutt, ZHR 155, (1991), 190, 200.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

111

§ 938 ZPO bietet für eine Begrenzung der Rechtsfolgen im Verfügungsverfahren i.S. des Vorwegnahmeverbots keine Grundlage. Vielmehr hängt der Umfang der Maßnahme von der konkreten Gefährdung bzw. dem konkret verfolgten Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens ab. Anzuordnen ist das nach den konkreten Erfordernissen des Falles Notwendige. Ein dem Gegensatz von Sicherung und Befriedigung verhafteter Grundsatz des Vorwegnahmeverbotes kann dieser Anforderung nicht gerecht werden. 21 Das Vorwegnahmeverbot beachtet die beiderseitige Wirkung einer Entscheidung für die Parteien nicht. Auch die Ablehnung einer einstweiligen Verfügung unter Hinweis auf die Erfüllungswirkung kann eine Rechtsverweigerung zu Lasten des Antragstellers darstellen. Die Verfügung nimmt für die Regelungsdauer die Hauptsacheentscheidung jedenfalls dann vorweg, wenn die Anordnung nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Dem Zeitablauf mißt das Vorwegnahmeverbot daher keine über das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des Verfügungsgrundes hinausgehende argumentative Bedeutung zu. 22 Die Endgültigkeit für den Regelungszeitraum tritt im Zivilrecht für den Bereich von Personenmehrheiten 23 durch den Umstand einer zwingend abschließenden, sich gegenseitig bedingenden Abgrenzung einer Kompetenzbestimmung und -begrenzung deutlich zutage. Dies gilt insbesondere, wenn es darum geht, für eine Vielzahl von zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks verbundenen Personen Geschäftsführungsbefugnisse im Innenbereich und Vertretungskompetenzen im Außenbereich zu bestimmen und festzulegen. Je nach vertraglicher Absprache bedingen sich die Rechtskreise der Mitglieder von Personengemeinschaften nach ihrem Organisationsrecht. Jeder Eingriff in dieses Gefüge durch ein Gericht führt zu einer Verschiebung aller Kompetenzen, da die Einschränkung oder Erweiterung zugunsten des einen seine Entsprechung in der Person des anderen zwangsläufig zur Folge hat.

21

Wenzel , M DR 1967, 889, 893; ders., DB 1966, 2024, 2025 f. unter Hinweis auf die das Rechtsschutzbedürfnis bestimmende Dringlichkeit und verwandte Normkomplexe. Ob jedoch der Hinweis auf § 938 Abs. 2 ZPO den Grundsatz der Offenheit der Maßnahme stützen kann, Wenzel, MDR 1967, 893, muß bezweifelt werden, da Sequestration, Erwerbs-, Veräußerungs- oder Verfügungsge- oder -verböte gerade nicht auf die Erfüllung sondern nur auf die Sicherung ausgerichtet sind. Für das Verwaltungsrecht Finkelnburg 2, Rn. 163. 22

Vergi, ausführlich für das öffentliche Recht Schock, S. 1339 ff., 1395 ff., der neben der Zeitdimension auf die Nichtbeachtung der Befriedungsfunktion hinweist und dem Begriff der Vorwegnahme nur "deskriptive Bedeutung" zuerkennen will. 23 Auch im Verwaltungsrecht stehen sich die Rechtskreise des Staates und des Bürgers in diesem Sinn gegenüber. Es besteht daher ein enger Zusammenhang zwischen der Argumentation aus der Schaffung vollendeter Tatsachen und dem Vorwegnahmeverbot im öffentlichen Recht auf der einen sowie dem Erfüllungsverbot im Zivilrecht auf der anderen Seite.

112

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Das Vorwegnahmeverbot kann jedenfalls im Bereich komplexer, regelungsintensiver Rechtsverhältnisse keine Anwendung finden. Wird im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes einer Seite ein Recht zugesprochen oder versagt, so ist grundsätzlich über den komplementär korrespondierenden Rechtsbereich der anderen Seite für die Zwischenzeit bis zur Hauptsacheentscheidung endgültig mitentschieden. Der besondere Grund liegt in der den Rechten inhärenten Zeitkomponente 24 , soweit es sich um die Organisationsstruktur und Kompentenzabgrenzung handelt. Im Zweipersonenverhältnis gilt diese strikte Zeitbindung in gleichem Umfang für Unterlassungsansprüche. 25 Kompetenzregelungen wie Unterlassungsansprüchen ist das Zeitmoment immanent, da Handlungen in der Vergangenheit nach Aufhebung der Verfügung nicht nachholbar und in diesem Sinn endgültig sind. Der Erlaß wie die Ablehnung einer einstweiligen Verfügung schaffen durch die erwirkten Verhaltensweisen Tatsachen, denen bezüglich der Rechtsschutzgewährung im Hauptverfahren Wirkung auf die Prozeßsituation zukommt. 26 Über den soeben dargestellten Bereich der Kompetenzgefüge und Unterlassungsansprüche hinaus ist nach Schoch 27 jede gerichtliche Anordnung zugleich eine Verhaltensanforderung. Auf Grund ihrer Sicherungs- und Befriedungsfunktion komme jeder vorläufigen Regelung eine endgültige Wirkung zu. 28 Indem die wohl h.M. im Verwaltungsrecht 29 wie im Zivilrecht am Vorwegnahmeverbot festhalte, übersehe sie die zwischenzeitliche Befriedungsfunktion einer jeden einstweiligen Maßnahme.30 Im Verfügungsverfahren gehe es darum, "das Rechtsabweichungsintervall zwischen rechtsnormativer Vorgabe und realem Geschehen zu minimieren" und damit "letztlich um die Verteilung des Fehlentscheidungsrisikos" 31 unter den Beteiligten. 32 Dabei übersieht Schoch jedoch den Unterschied zwischen Sicherung und Regelung. Im Gegensatz zur zwischenzeitlichen Regelung bewirkt die Verfügungsentscheidung, die lediglich

24

Zum Zeitfaktor Schoch, S. 1310 ff. Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 328 ff., verkennt (für Unterlassungsnebenpflichten) die abschließende Wirkung von Unterlassungsverfügungen in der Zwischenzeit keineswegs, auch wenn er auf die automatische Wiederherstellung des status quo ante abstellt. 25

26

27

Für das Gesellschaftsrecht v.Gerkan, ZGR 1985, 167, 169; Walker Rn. 71.

S. 1395 ff.; ders., VerwArch 82 (1991), 145, 157 ff. Schoch, VerwArch 82 (1991), 145, 157.; ders., S. 1403 ff., 1339 ff. 29 Umfassende Nachweise aus Rechtsprechung und Literatur für das hier nicht weiter interessierende Verwaltungsrecht bei Schoch, S. 1395 f. Fn 159 und 160. 28

30 31

Schoch, S. 1404 f. Schoch, VerwArch 82 (1991), 145, 158; Kloepfer,

JZ 1979, 209, 210; Grunsky,

JuS 1976, 277, 282. 32 Einer offenen Verfügungsentscheidung will Schoch, S. 1314, mit seiner Konzeption der Verteilung des Fehlentscheidungsrisikos nicht das Wort reden, da das materielle Recht voll zu prüfen sei.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

113

Sicherungsmaßnahmen anordnet, bis zur Hauptsachentscheidung ebenfalls eine endgültige Befriedung. Es fehlt jedoch an der Identität zur Hauptleistung, so daß die Problematik des Vorwegnahmeverbots bei Sicherungsverfügungen nicht auftritt. Das auf dem alleinigen Sicherungszweck für das Hauptverfahren beruhende Vorwegnahmeverbot kann die Befriedungs- bzw. Vorwegnahmewirkung aller zeitgebundenen und verhaltenssteuernden Rechte nicht aufheben, so daß ein generelles Verbot a priori nicht überzeugt. Es vernachlässigt insbesondere, daß bei gleichwertig gegenüberstehenden Rechtskreisen die Veränderung des Zustandes nicht weniger schutzwürdig ist als die Beibehaltung des status quo und damit der Antragssteller nicht benachteiligt werden darf. 33 Eine systembedingte Schlechterstellung des "Angreifers" aus dem Prozeßrecht ist nicht gerechtfertigt. 34 Zutreffend weist Walker 35 unter dem verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt des effektiven und ausgewogenen Rechtsschutzes darauf hin, daß sich ein Vorrang des status quo, 36 den das Vorwegnahmeverbot grundsätzlich privilegiere, nicht begründen lasse. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu fragen, ob die konkrete Interessenlage und -bewertung für oder gegen eine (Teil-) Befriedigung i.S. einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung spricht. Wenn die h.M. den Anwendungsbereich einstweiliger gerichtlicher Maßnahmen über das Vorwegnahmeverbot grundsätzlich auf Sicherungsmaßnahmen reduziert, kann sie für Kompetenzkonflikte adäquaten Rechtsschutz nicht mehr bieten. Die vermeintlich gesetzlichen Wertungen des Vorwegnahmeverbots, dessen Gültigkeit für diesen Bereich bisher nicht dargelegt ist, verhindern eine differenzierte Betrachtung, die den Rechtsschutzerfordernissen dieses Bereichs insbesondere unter Zeitgesichtspunkten gerecht wird. Eine Sicherung im engeren Sinn ist nicht vorstellbar, da die einstweilige Verfügung bis zur Hauptsacheentscheidung eine endgültige, für die Parteien bindende und verhaltensbestimmende ist. Gerade diesem oftmals wesentlichen Aspekt des Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt des Zeitablaufs vernachlässigt eine isoliert auf Sicherung abstellende Ausrichtung des einstweiligen Rechtsschutzes. Dabei ist keineswegs ausgeschlossen, daß im Einzelfall die hinter dem Vorwegnahmeverbot stehenden Wertungen gegen den Erlaß einer einstweiligen Verfügung sprechen. Für die Überzeugungskraft der Entscheidung ist die Benennung der Wertungen und Interessen erforderlich, wie sie sich aus der ge-

33

Walker, Rn. 71 f. als Gebot der Ausgewogenheit des einstweiligen Rechtsschutzes. Ein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung kann nicht allein aufgrund des Vorwegnahmeverbots zurückgewiesen werden. Vielmehr muß die Schutzwürdigkeit der Rechtsposition des Antragsgegners konkret dargelegt sein. 35 Rn. 70 ff. 36 In diesem Sinn Heinze, RdA 1986, 273, 279. 34

8 Schwonberg

114

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

gensätzlichen Interessenlage der Parteien und dem gesetzlichen Regelungszusammenhang ergeben. 37 Entscheidend ist m.E. die konkrete Gefährdung, mit der der Erlaß einer einstweiligen Verfügung begründet wird. Sie stellt sich etwa wie bei Zahlungsoder Übereignungsansprüchen, für die reine Sicherungsmaßnahme denkbar sind (Arrest oder Veräußerungsverbot), völlig anders dar als bei Regelungskonflikten, für die eine bloße Sicherung nicht erfolgen kann, da der wesentliche Anspruchsinhalt gerade in der zeitlich gebundenen Erfüllung liegt. Die Trennung von materiellem Recht und der verfahrensrechtlichen Gewährleistung, wie sie Heinze mit seiner auf die Sicherung des prozessualen status quo fixierten Sicht vornimmt, wird der Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes nicht gerecht. 38 Diese liegt gerade in ihrem Bezug zum materiellen Recht. Die Sicherung der Durchführung des Hauptverfahrens besteht nicht um dessen selbst willen, sondern um die im Hauptverfahren geltend gemachten Rechte durchzusetzen. Eine Sicherung des Hauptverfahrens durch ein Eilverfahren hat immer die Sicherung des jeweiligen Anspruchs zum Inhalt und muß sich an diesem orientieren. Ihre Funktion, der Schutz eines in der Zwischenzeit bis zur Entscheidung in der Hauptsache gefährdeten Rechts oder Rechtsverhältnisses, kann die einstweilige Verfügung nur erfüllen, wenn sie eine adäquate Reaktion auf die jeweilige Gefährdung darstellt. Daher ist es angezeigt, von den möglichen Gefährdungen und den hierauf abgestimmten Handlungs- und Regelungsmöglichkeiten auszugehen und im Rahmen einer ausführlichen Interessenabwägung die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der einzelnen Maßnahmen unter Angabe der konkreten Wertungsgesichtspunkte zu bestimmen. Durch die Berufung auf ein angebliches Vorwegnahmeverbot, das seinerseits in erheblichem Umfang Durchbrechungen erfährt, sind differenzierte, sachgerechte, problemorientierte und entwicklungsoffene Eilentscheidungen nicht möglich. 4. Auswirkungen für das Betriebsverfassungsrecht Das Betriebsverfassungsrecht weist als Teil des kollektiven Arbeitsrecht einige Besonderheiten auf, die für den einstweiligen Rechtsschutz zu berücksichtigen sind. Anders als im Zivilrecht geht es im Betriebsverfassungsrecht nicht vorrangig um die Durchsetzung individueller Leistungsansprüche, sondern um den kollektiv orientierten Konflikt zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Soweit 37

Gegen Heinze Schoch, S. 188 ff. So auch Walker, Rn. 68 ff.; zum Zusammenhang von materiellem Recht und Verfahrensrecht Schoch, S. 189 ff. 38

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

115

eine betriebsverfassungsrechtliche Verfügungsentscheidung in vollem Umfang faktisch rückgängig gemacht werden könnte, kommt ihr keine endgültige Erfüllungswirkung zu, so daß sie im Rahmen anerkannter Regelungsverfügungen läge. Sobald sie allerdings das betriebliche Verhalten der Beteiligten steuert, ist an einer teilweisen Erfüllungswirkung durch Zeitablauf nicht zu zweifeln. 39 Dies gilt auch im umgekehrten Fall einer Versagung der Verfügung. Die Kompetenzkonflikte zwischen den Betriebspartnern um die Reichweite einzelner Mitbestimmungsrechte belegen, daß das Betriebsverfassungsrecht ein Beispiel für die oben angesprochene beiderseitige teilweise Erfüllungswirkung jeder Eilentscheidung infolge Zeitablaufs ist. Beantragt der Arbeitgeber in einer dringenden Regelungsfrage beim Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung, ist unausweichlich bis zu deren Erlaß, deren Aufhebung, einer aufhebenden Entscheidung in der Hauptsache, aber auch durch eine Zurückweisung des Antrags eine permanent wirkende Entscheidung getroffen. Der Erlaß einer regelnden einstweiligen Verfügung ist in Mitbestimmungsfragen zeitlich betrachtet fortschreitend endgültig und bestimmt die Parteien und die unterworfenen Arbeitnehmer in ihrem Verhalten. Ihr kommt in besonderem Maße Befriedungswirkung zu. Wie für das Gesellschaftsrecht ist für den einstweiligen Rechtsschutz in der Betriebsverfassung der konkrete Entscheidungsinhalt mit dem vorgegebenen Organisationsrecht abzustimmen.40 Der Gesetzgeber hat den Umfang der Mitbestimmungsrechte in den §§87 Abs. 1, 99 ff. und 111 ff. BetrVG unterschiedlich gewichtet. Ohne gesetzliche Generalklausel entwirft das BetrVG ein bestimmtes Konzept von Beteiligungsrechten des Betriebsrats und damit verbundener Bindungen des Arbeitgebers auf der einen Seite und Freiheit des Arbeitgebers in wirtschaftlichen und unternehmerischen Entscheidungen auf der anderen Seite. M i t einer Entscheidung greift das Arbeitsgericht von außen in den Kompetenzbereich ein und konkretisiert diesen. Die gerichtliche Entscheidung legt fest, in welchen Bereichen der Betriebsrat mitzubestimmen hat oder nicht und bestimmt zugleich die Bindung und Freiheit des Arbeitgebers. Sobald eine Konkretisierung der zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat notwendigen Entscheidung i.S. einer arbeitsgerichtlichen Regelung vorgenommen wird, erfolgt ein Eingriff in die Kompetenzen auf einer anderen Ebene. Vom Gericht wird die Gestaltungsbefugnis der Betriebspartner wahrgenommen und ausgefüllt. Unabhängig davon, welche Regelung das Gericht im einzelnen er-

39

40

Däubler, AuR 1982, 6, 11.

Vergi, zu diesem Aspekt im Gesellschaftsrecht Damm, ZGR 1990, 413, 414; AKZPO-Damm, § 935, 940 Rn. 39; v.Gerkan, ZGR 1985, 167 f.; MünchKomm-ZPOHeinze, § 935 Rn. 136 (für den Bereich des Gesellschaftsrechts); Zutt, ZHR 155 (1991), 190, 199.

116

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

läßt, ist die Betriebsautonomie betroffen, da die konkrete Regelung grundsätzlich beiden Betriebspartnern als gemeinsame Aufgabe zugewiesen ist. In diesem Sinn ist der von Damm41 aufgezeigte Problemkreis von Individualschutz und Institutionenschutz bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Damm plädiert in diesem Zusammenhang für eine Verstärkung der Richtigkeitsgewähr der Entscheidung, sofern auch der Institutionenschutz berührt sei. Der Hinweis auf eine vorrangig individuelle Betroffenheit dürfe nicht zu einem Verzicht auf Verfahrens- und materielle Richtigkeitsgarantien führen, weil ansonsten die vom Gesetzgeber bewußt gewählten institutionellen Zusammenhänge konterkariert werden könnten.42 Soll die Richtigkeitsgewähr den Ausschlag geben, wäre eine weitgehende Zurückhaltung für Eilverfahren etwa im Gesellschafts- oder Arbeitskampfrecht naheliegend; eine Konsequenz, die Damm ausdrücklich nicht zieht. Vielmehr dürften die Richtigkeitsgarantien nicht auf das Hauptverfahren beschränkt bleiben, weil bis zur Hauptsacheentscheidung irreparable Verhältnisse drohen und die Parteien häufig (etwa im Wettbewerbsrecht) auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens verzichteten. 43 Der von Damm zutreffend hervorgehobene Gedanke liegt darin, daß einstweilige Verfügungen, die in Autonomiesphären eingreifen, nur zurückhaltend erlassen werden dürfen. Der Institutionenschutz muß deshalb in die jeweilige Abwägungsentscheidung einfließen. Auf der anderen Seite kann eine einstweilige Verfügung nicht versagt bleiben, weil in den geschützten Autonomiebereich eingegriffen wird. In diesem Fall würde die Regelungsautonomie wie das Vorwegnahmeverbot in Rechtsverweigerung umschlagen. II. Kategorisierung einstweiliger Verfügungen Für den Erlaß und die Kategorisierung einstweiliger Verfügungen sind deren jeweilige tatbestandlichen Voraussetzungen sowie ihr möglicher Inhalt von zentraler Bedeutung. Die h.M. unterscheidet Jauernig 44 folgend zwischen Sicherungs-, Regelungs- und Befriedigungsverfügung. Walker unterscheidet in seiner eingehenden Untersuchung zwischen Sicherungs- und Befriedigungsver-

41

AK-ZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 26; siehe unten § 6 VII 3 (S. 177 ff.). AK-ZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 26. Damm nennt ausdrücklich die Organisationskonflikte aus dem AGB-, Arbeitskampf-, Arbeitsvertrags-, Verbands-, Gesellschafts-, Unternehmens- und Wettbewerbsrecht. 43 AK-ZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 26 a.E. 44 ZZP 79 (1966), 321 ff.; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 76 I, § 74 III; Zöller-Vo//Icommer, ZPO19, § 935 Rn. 2. 42

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

117

fügung. 45 Nach einer dritten Auffassung handelt es sich bei den Regelungen der §§ 935, 940 ZPO um einen einheitlichen (Gefährdungs-)Tatbestand. 46 Der Frage nach der Unterscheidbarkeit der Verfügungstypen kommt nicht nur rein akademische Bedeutung zu, vielmehr hängen von der Beantwortung im konkreten Fall Voraussetzungen und Reichweite möglicher Maßnahmen ab. 47 Für die Unterscheidung der wohl h.M. 4 8 zwischen Sicherungs-, Regelungs- und Befriedigungsverfügung müßten sich tatsächlich bestehende und sachlich begründete Differenzierungen nachweisen lassen. Eine solche Unterscheidung setzt, soweit mehr als nur eine begriffliche und sachliche Kategorisierung vorgenommen werden soll, voraus, daß sich alle drei Verfügungsarten jeweils hinsichtlich der Verfügungsvoraussetzungen und möglichen Maßnahmen voneinander trennen lassen.49 Die Problematik ist im vorliegenden Zusammenhang von besonderem Interesse, da einer arbeitsgerichtlichen Regelungsverfügung aufgrund der Dreiteilung der Verfügungstypen die unzulässige Erfüllungswirkung entgegengehalten wird. Sollte sich aus der gesetzlichen Regelung ein einheitlicher Gefährdungstatbestand ergeben, spräche eine (teilweise) Erfüllungswirkung nicht grundsätzlich gegen den Erlaß einer Regelungsverfügung. 1. Abgrenzung der Sicherungs- von der Regelungsverfügung Auf den ersten Blick mag es verwundern, die Unterscheidbarkeit beider Verfügungen verneinen zu wollen, erhält doch bei der Sicherungsverfügung der Gläubiger lediglich eine Sicherung, nie eine Erfüllung seines vermeintlichen Rechts, wohingegen bei der Regelungsverfügung dem Gläubiger durch die

45

Walker, Rn. 75 ff., 125 ff. unter umfassender Würdigung des Meinungsstands.

46

Bengelsdorf,\

DB 1990, 1282, 1285; AK-Damm, Vor § 916 Rn. 28 ff.; ders., ZHR

154 (1990), 413, 418 ff.; tendenziell v.Gerkan, ZGR 1985, 167, 171 f.; Grunsky, JuS 1976, 277, 279; Baumbach/Lauterbach-ZfarimäTw, ZPO 5 2 , § 940 Rn. 1 ; MünchKommZPO-Heinze, § 935 Rn. 3 ff.; Leipold, S. 101 ff.; Minnerop, S. 58 f.; Vossen, RdA 1991, 216, 217; Wenzel, MDR 1967, 893. 47

Damm, ZHR 154 (1990), 413,418 f. Jauernig, ZZP 79 (1966), 321 ff.; Schilken, S. 68 ff.; Rosenberg/GauUSchilken, 76 I , Zöller-Vollkommer, ZPO 19 , § 935 Rn. 2; Baur, BB 1964, 706, 707 f.; 48

Baur/Stürner,

Rn. 899; Iliakopoulos, S. 28 ff.; Olderog, NZA 1985, 753, 759; LAG Ba-

den-Württemberg v. 7.11.1990, NZA 1990, 286 f. 49 Da die Abgrenzungsschwierigkeiten von Regelungs- und Befrieidungsverfügung häufiger betont werden, soll hier die Differenzierung zwischen Sicherungs- und Regelungsverfügung ausführlicher dargestellt werden. Zu den Einordnungsschwierigkeiten einer einstweiligen Verfügung über das Verbot der Amtsausübung nach § 23 Abs. 1 BetrVG als Gestaltungsverfügung LAG München v. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29.

§

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Regelung eines Rechtsverhältnisses, wie etwa der Benutzung einer Waschküche durch mehrere Mietparteien, zumindest ein Teil seines Rechts schon zugesprochen werden kann. Diese Betrachtungsweise greift indessen zu kurz, da sie allein auf die Rechtsfolgen der Verfügungen abstellt. Stimmen alle Verfügungen in ihren Voraussetzungen überein und unterschieden sie sich lediglich in den Rechtsfolgen, läge der gesetzlichen Regelung ein einheitlicher Tatbestand zugrunde, der allein auf der Rechtsfolgenseite Unterschiede aufweist. Dieser Gedanke kommt meines Erachtens in der Argumentation von Walker zu kurz, wenn er zur Abgrenzung der Sicherungsverfügung allein auf den Sicherungszweck und die Sicherungswirkung abstellt, auf die Problematik der tatbestandlichen Voraussetzungen der Interessenabwägung aber nicht eingeht und insoweit nur von der unmißverständlichen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung spricht. 50 Zu betrachten sind der Wortlaut der Norm, die Entstehungsgeschichte und mögliche tatbestandliche Differenzierungen. Nach dem Wortlaut ist in § 935 ZPO vom gefährdeten Recht und in § 940 ZPO vom streitigen Rechtsverhältnis bzw. dem Rechtsfrieden auszugehen. Das Recht in § 935 ZPO wird allgemein als Anspruch des Gläubigers bzw. des Antragsstellers definiert. Unter einem Rechtsverhältnis versteht man eine rechtlich bedeutsame Beziehung zwischen einer oder mehreren Personen oder einem Gegenstand, aus der zumindest ein subjektives Recht erwächst bzw. erwachsen kann. 51 Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes subjektiver Rechte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist es unabdingbar, daß aus dem Rechtsverhältnis zumindest ein Anspruch 52 entstehen kann; fehlt es an einem Anspruch, läßt sich die materiellrechtliche Position nicht über das Prozeßrecht verbessern. 53 Recht und Rechtsverhältnis unterscheiden sich mithin nicht grundsätzlich.

50

Rn. 79 ff.

51

Brox/Walker, Rn. 1591; Grunsky, JuS 1976, 277, 279; Heinze, RdA 1986, 273, 285; Leipold, S. 100 ff.; Minnerop, S. 61 ff.; Olderog, NZA 1985, 753, 759;

Thomas/Putzo, ZPO 1 8 , § 940 Rn. 2; Vossen, RdA 1991, 216, 217; Walker, Rn. 116 f. m.Fn. 144 und 145 m.w.Nw.; OLG Koblenz v. 24.4.1986, NJW-RR 1986, 1039; a.A. Zöller- Vollkommer, ZPO 19 , § 940 Rn. 2. 52 Siehe unten § 6 II (S. 133 ff.). Auch ein einzelner Anspruch begründet im übrigen zwischen Gläubiger und Schuldner ein Rechtsverhältnis (vertragliches oder gesetzliches Schuldverhältnis), so daß unter diesem Aspekt ein Bedeutungsunterschied nicht zu erkennen ist (Leipold, Grundlagen, S. 104; Walker, Rn. 113 ff.). 53 Zum gleichen Ergebnis gelangt MünchKomm-ZPO-Heinze, § 935 Rn. 4., wenn er die Begriffe vom - heute von der h.M. nicht mehr vertretenen - materiellen Parteibegriff aus definiert.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

119

Demgegenüber beruft sich Schilken auf die Entstehungsgeschichte der ZPO und meint, der Begriff des Rechtsverhältnisses wolle nur komplexere oder auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse wie Baustreitigkeiten, Streitigkeiten zwischen Gastwirt und Gast, Regelungen des Besitzstandes oder der Alimentationspflicht erfassen. 54 Es mag richtig sein, daß die Verfasser der ZPO primär an die genannten Regelungsbereiche gedacht haben. Angesichts der Fragwürdigkeit einer isolierten historischen Interpretation kann vom Wortlaut her festgestellt werden, daß § 940 ZPO alle Fälle des § 935 ZPO miterfaßt. Damit ist die Sicherung eines Rechts aus einem komplexen Rechtsverhältnis über § 935 ZPO möglich. Der Rechtsfrieden als weiteres Abgrenzungskriterium scheidet schon deswegen aus, weil es Sinn und Zweck jeder gerichtlichen Entscheidung ist, den Rechtsfrieden unter den Betroffenen herzustellen. 55 Als weiteres Abgrenzungskriterium kommt das Erfordernis einer Interessenabwägung in Betracht. Nach h.M. ist sie tatbestandlich bei der Sicherungsverfügung nicht erforderlich, da sie die Rechtsstellung des Schuldners nicht beeinträchtige. 56 Schilken 57 begründet dies damit, daß § 921 Abs. 2 ZPO bei Sicherheitsleistung den Erlaß einer einstweiligen Verfügung ohne Glaubhaftmachung ermögliche, da der Schuldner durch die Sicherheitsleistung materiell gesichert sei. Demgegenüber habe die Regelungs Verfügung ein anderes Rechtsschutzziel; sie sei nicht nur auf die Anspruchsverwirklichung, sondern auf die Wahrung der wesentlichen Interessen des Antragstellers hin orientiert. 58 Aus dem Tatbestandsmerkmal der Notwendigkeit in § 940 ZPO folge, daß sich der Inhalt möglicher Verfügungen aus der Wertentscheidung des § 940 ZPO, der Sicherung materieller Gerechtigkeit, ergebe, die nur nach einer Güterabwägung der gegenläufigen Interessen ermittelt werden könne. 59 Weiterhin unterscheide sich die Regelungsverfügung durch den Schutz vor anderen, von Dritten drohenden Gefahren von der Sicherungsverfügung. Während diese nur der Anspruchssicherung dienen soll, habe jene die Funktion, den Antragsgegner unabhängig von

54

Schilken, S. 73 ff., 84 ff. Compensis, S. 47 f.; Slcin/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , vor § 935 Rn. 30; ders., JuS 1976, 276, 279; Leipold, Grundlagen, S. 84 ff.; Minnerop, S. 63 f. 56 Thomas/Putzo, ZPO 1 8 , § 940 Rn. 5; ZöUer-Vollkommer, ZPO 19 , § 940 Rn. 4 (für die Regelungsverfugung, während davon bei der Sicherungsverfügung nicht die Rede ist); Walker, Rn. 81. 57 Schilken, S. 122 ff.; Rosenberg/Gaul/Schilken, § 76 I; Baur/Stürner, Rn. 899; Blomeyer, § 118 III 1 und 2; Zöller-Vollkommen ZPO 19 , § 935 Rn. 2; wohl auch Piehler, S. 26 f. 58 Schilken, S. 128. 59 Schilken, 128 f. 55

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

der konkreten Anspruchsgefährdung in die Gefahrenbekämpfung miteinzubeziehen.60 Die Argumentation von Schilken und die Ansicht der h.M. überzeugen nicht. Eine Interessenabwägung ist auch bei einer Sicherungsverfügung erforderlich. Für eine Interessenabwägung schon auf der Tatbestandsebene bei der Sicherungsverfügung spricht, daß dem Schuldner durch die Sicherungsmaßnahme im Rahmen des § 938 ZPO erhebliche, über den Sicherungszweck des Gläubigers hinausgehende Nachteile entstehen können. Sie werden durch das Kriterium der Erforderlichkeit in § 938 ZPO deshalb nicht erfaßt, weil sich die Rechtsfolgenprüfung auf die Auswahl mehrerer geeigneter Sicherungsmaßnahmen im Rahmen des gestellten Antrags beziehen muß, jedoch nicht mehr die Folgen einer einzigen geeigneten Maßnahme für den Schuldner mit in Betracht zieht. Eine derartige Sichtweise kann nur auf der Tatbestandsebene in die Entscheidungsfindung mit einfließen. Wenzel 61 hat daraufhingewiesen, daß die Pfändung und Verwahrung der Habe und aller Statussymbole wegen ihrer Signalwirkung zur wirtschaftlichen Existenzvernichtung führen könne. In Ausnahmefällen kann eine reine Sicherungsmaßnahme den Schuldner in gleicher Weise oder stärker beeinträchtigen als eine Regelungsverfügung. Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für eine Interessenabwägung bei einer Sicherungsverfügung ist das freie Ermessen gemäß § 938 ZPO. 62 Dies hat sich bei nur einer effektiven Verfügungsmaßnahme auch auf den Erlaß der Verfügung überhaupt zu beziehen, so daß § 938 ZPO tatbestandliche Wirkungen für § 935 ZPO zukommt. Hingegen bietet der Begriff des "besorgen" in § 935 ZPO keinen hinreichenden Anhalt für eine Interessenabwägung. Soweit Schilken auf den Aspekt der materiellen Gerechtigkeit und des Drittschutzes abstellt, basieren seine Argumente auf seiner historischen Darlegung des komplexen Rechtsverhältnisses. Kann man aber schon dieser Differenzierung von Recht und Rechtsverhältnis nicht folgen, entfällt das Fundament der Argumentation. Im übrigen sollte der materiellen Gerechtigkeit keine größere Bedeutung zugemessen werden, da eine regelnde Interimslösung nicht zwingend an der materiellen Gerechtigkeit dadurch orientiert ist, daß ihr eine Inter-

60 Schilken, S. 130, da auch der Aspekt des sozialen Ausgleichs zu berücksichtigen sei, müßten strenge Anforderungen gestellt werden. 61 Wenzel, MDR 1967, 893. Eine Gefährdung des Schuldners jenseits der bloßen Sicherung durch Verlust der Kreditwürdigkeit oder Nichterfüllung von Aufträgen oder Verbindlichkeiten anerkennt auch Walker, Rn. 81 Fn 33, ohne daraus jedoch die Konsequenz einer Interessenabwägung zu ziehen. 62 So Compensis, S. 42 ff, die daneben auf die Beschränkungen der Arrestfolgen (§ 930 ZPO) hinweist.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

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essenabwägung zugrunde liegt. Auch sie bezweckt eine für die Beteiligten lebensfähige und praktizierbare Lösung. 63 Im Rahmen einer RegelungsVerfügung dürfen auch Maßnahmen nach § 938 ZPO angeordnet werden, auf die kein Anspruch besteht. Die weitergehende Gefahrenabwehr mittels einer Regelungsverfügung, die den Antragsgegner aufgrund von Gefährdungen von Dritten in Anspruch nimmt, wie sie Schilken vertritt, begegnet jedoch Bedenken, sofern nicht gerade in diesem Aspekt der Inhalt des Rechtsverhältnisses besteht. Grundsätzlich kann der Antragsgegner nicht über seine Leistungsverpflichtung hinaus in Anspruch genommen werden. Eine allgemeine Gefahrbekämpfung obliegt dem Antragsgegner nicht. 64 Auch andere Abgrenzungskriterien können die Unterscheidung nicht begründen. Den Sicherungszweck der Maßnahme nach § 935 ZPO gegenüber einer Maßnahme nach § 940 ZPO besonders hervorzuheben, hilft nicht weiter, da jede Regelung eine Sicherung des jeweiligen Rechts oder Interesses bezweckt.65 Weder führt eine Differenzierung danach, ob lediglich der status quo erhalten werden oder ob eine Veränderung zulässig sein soll, zu eindeutigen Ergebnissen, da auch die Zustandserhaltung unter § 940 ZPO wie die Veränderung unter § 935 ZPO subsumiert werden kann, 66 noch erlaubt die Abgrenzung nach zulässigen Maßnahmen67 oder bestimmten Gefahren 68 eine eindeutige Zuordnung oder Trennung. Nach alledem kann der von der h.M. vorgenommenen Differenzierungen zwischen Sicherungs- und Regelungsverfügung nicht gefolgt werden.

63

Bruns/Peters, § 49 II 2: modus vivendi. Beim Nutzungstreit unter Mietern kann eine Verfügung allein unter den streitenden Mietern (dazu Walker, Rn. 116 ff.) ergehen. Der gestörte Mieter kann sich aber auch gegen den Vermieter wenden. In diesem Fall wird der Vermieter nicht in den Streit einbezogen, weil von ihm die Gefahr ausginge, sondern weil er Vertragspartner ist. Eine allgemeine Gefahrenabwehr obliegt ihm nicht. Eine einstweilige Verfügung soll die Erfüllung seiner Schuld durch eine entsprechende Nutzungsregelung oder Unterbindung weiterer Störungen bewirken. 65 Dies gilt in gleichem Maße für die von Leipold, Grundlagen, S. 113 ff., 117 ff. vorgeschlagene Abgrenzung nach Gefahren. 66 Minnerop, S. 58 ; Leipold, Grundlagen, S. 103. 67 Diese Unterscheidung führt Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 326 ff. durch, wobei er das Kriterium der Einstweiligkeit in den Mittelpunkt stellt. 68 Leipold, Grundlagen, S. 105 ff., der jedoch von einem einheitlichen Tatbestand ausgeht. 64

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

2. Abgrenzung der Regelungs- von der Befriedigungsverfügung Wie sich Sicherungs- und Regelungsverfügung nicht eindeutig trennen lassen, gilt dies in gleicher Weise für die Unterscheidung zwischen Regelungs- und Befriedigungsverfügung. 69 Die Entstehungsgeschichte wird von beiden Seiten in Anspruch genommen. Auf der einen Seite weisen Walker 70 und Schilken 71 daraufhin, daß sich aus der vom Gesetzgeber gewollten Parallelität von Arrest und Sicherungsverfügung sowie der Orientierung und Verweisung der ZPO-Entwürfe auf partikularstaatliche Prozeßordnungen ergebe, daß die Schaffung der Sicherungs- und Befriedigungsverfügung beabsichtigt war. Auf der anderen Seite führt Heinze 72 die amtliche Begründung zur ZPO an, wonach unter den Zweck der Sicherung eines individuellen Streitgegenstands in weiterem Sinne auch die Regelung eines einstweiligen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis falle. Die Entstehungsgeschichte spricht eher für die Anerkennung der Befriedigungsverfügung, da mehrere Prozeßordnungen eine "Verurteilung zu einer bestimmten Leistung oder Handlung" ausdrücklich vorgesehen hatten. 73 Die Argumentation von Heinze aus der Vorläufigkeit der Verfügung kommt demgegenüber keine größere Bedeutung zu. Die Entstehungsgeschichte kann nur darüber begrenzt Aufschluß geben, ob die Verfasser der ZPO die Befriedigungsverfügung als zulässige Eilmaßnahme angesehen haben. Ihr läßt sich jedoch nichts hinsichtlich der Unterscheidung zur Regelungsverfügung entnehmen. Bei Dauerschuldverhältnissen und Personengemeinschaften lassen sich Regelung und Erfüllung zumeist nicht trennen. Einen Schwerpunkt hat die regelnde Verfügung im Bereich der Dauerschuldverhältnisse, d.h. der miet-, gesellschafts- oder arbeitsrechtlichen Rechtsbeziehungen.74 Durch die Anwendung auf Dauerschuldverhältnisse wird der Zeitbezug jeglicher Anordnung besonders deutlich. Dauerschuldverhältnisse beschränken sich nicht auf den einmaligen Austausch von Leistungen. Sie umfassen eine Vielzahl isolierbarer Rechtsbe69

Dazu ausführlich Walker, Rn. 84 ff., 125 ff. Da diese Abgrenzungsproblematik weithin beklagt wird (Brox/Walker, Rn. 1590; Leipold, Grundlagen, S. 105 ff.) beschränken sich die Ausführungen auf die zentralen Gesichtspunkte. Zur Entwicklung der Befriedigungsverfügung Compensis, S. 51 ff. 70 Rn. 105, 131 ff. 71 S. 73 ff., 84 ff. 72 MünchKomm-ZPO-Heinze, § 935 Rn. 4; ders., RdA 1986, 275; ders., Banken, S. 54 f. 73 Z.B. Art. 606 Nr. 1 Bayrische Prozeßordnung von 1869; vergi, die Übersicht bei Walker, Rn. 86 ff. 74

Aber auch Regelungen in Eigentums-, Besitz-, Namens- und Urheberfragen kommen in Betracht {Brox/Walker, Rn. 1591).

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

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Ziehungen wie die sukzessive Leistungserbringung oder fortdauernde Verpflichtung zu einem bestimmten Verhalten. Das Zeitmoment hat deshalb für alle Dauerschuldverhältnisse eine besondere Bedeutung. 75 Dem hat der Inhalt einer einstweiligen regelnden Verfügung hinreichend Rechnung zu tragen. 76 Baur 77 unterscheidet dabei zwischen Rechtsverhältnissen hinsichtlich einer "gemeinschaftlichein) Sachbeziehung" und Rechtsverhältnissen "personenrechtlicher Art". In den Personenbeziehungen kann insbesondere Streit über den verfolgten Zweck oder über dessen Erreichung bestehen. Zu der zweiten Alternative gehören alle jene Konflikte, in denen die Mitglieder um Kompetenzen innerhalb der Gemeinschaft streiten. Der Zeitbezug und die Entscheidung von Kompetenzkonflikten bewirken die Erfüllungswirkung einstweiliger Maßnahmen. So wird auch ganz überwiegend betont, daß sich Regelungs- und Befriedigungsverfügung nicht exakt gegeneinander abgrenzen lassen.78 Zu den Abgrenzungsschwierigkeiten trägt der schillernde Begriff der Regelung bei. 79 Weder kann man behaupten, einer Sicherungsverfügung komme im konkreten Streit keine regelnde Wirkung zu, noch beschränkt sich der Begriff auf eine gestaltende Tätigkeit des Gerichts. Jauernig w i l l das Kriterium der Einstweiligkeit der Maßnahme danach bestimmen, ob der status quo ante automatisch mit der Aufhebung der Verfügung wieder eintrete oder ob es eines actus contrarius bedürfe. 80 A n dieser Abgrenzung wird deswegen Kritik geübt, 81 weil sie die befriedigende Wirkung einer jeden Regelung in der Vergangenheit übersieht. Dies ist augenfällig bei Unterlassungsansprüchen, da die in der Vergangenheit unterlassene Handlung nicht rückwirkend zu bewirken ist. Aus Sicht der Parteien läßt sich ein qualitativer Unterschied in der so definierten Einstweiligkeit ebenfalls nicht feststellen. 82

75 76 77 78

Vergi, nur Larenz, SchR I, § 2 VI. Baur, Studien, S. 31. Studien, S. 28 ff., 31 f. Baur, BB 1964, 606, 608; ; Brox/Walker,

Rn. 1590; Gießler, Rn. 17; Leipold,

Grundlagen, S. 107 ff; Schilken,, S. 69, 122 f., 106 f. 79 Leipold, Grundlagen, S. 106 f. 80 Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 332; auf eine begriffliche Unterscheidung beschränkt Brox/Walker, Rn. 1596, 1613. 81 Leipold, Grundlagen S. 112 f.; Walker, Rn. 107, die zutreffend daraufhinweisen, daß eine Unterscheidung zwischen der nicht rückgängig zu machenden Unterlassungsverfügung als Regelungsverfügung und der revidierbaren Zahlung auf Grund einer Leistungsverfügung nicht überzeugend sei, wie auch die Fälle des Entzugs der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis und des Gesellschafterausschlußes nicht unterschiedlich behandelt werden könnten (so auch Baur, Studien, S. 54; Minnerop, S. 77 ff.). 82

Walker, Rn. 108.

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Darüber hinaus stellt die Einstweiligkeit kein vorrangiges Merkmal der Sicherungs· oder Regelungsverfügung dar, sondern beansprucht grundsätzliche Geltung. Weiterhin überzeugt es nicht, 83 im Fall von Unterlassungsnebenpflichten eine Regelungsverfügung, jedoch bei Unterlassungshauptpflichten aufgrund der Erfüllungswirkung eine Befriedigungsverfügung anzunehmen.84 Schließlich erlaubt auch der Umfang der Erfüllungswirkung (zeitlich und inhaltlich) 85 keine Abgrenzung. Hiernach soll maßgeblich sein, ob sie nur in Kauf genommen werde oder gerade beabsichtigt sei, 86 sowie, ob eine vollständige oder nur teilweise Erfüllung vorliege. 87 Die Vorläufigkeit bezieht sich jedoch nur auf den Vorbehalt des nachfolgenden Hauptverfahrens, nicht auf die in der Zwischenzeit bestehende Erfüllungswirkung. Fälle einer Regelungsverfügung, in denen auch eine teilweise Befriedigung des Gläubigers bei Erlaß einer Regelungsverfügung nicht eintritt, lassen sich kaum vorstellen. 88 Aus der jeweils drohenden Gefahr läßt sich eine Differenzierung der Verfügungstypen ebenfalls nicht herleiten. 89 Schon in der Begründung zum Entwurf der ZPO heißt es zu den §§ 731-736 ZPO: "Ferner ist die abzuwendende Gefahr nach dem Gegenstande des zu sichernden Anspruches der Art mannigfaltig, daß die Mittel zur Abwehr sich im voraus nicht bestimmen lassen."90

83

Leipold, Grundlagen, S. 101 Fn. 22. So jedoch Jauernig, ZZP 79 (1966), 321, 331 f., Baur, Studien, S. 50 f. 85 Für einen in zeitlicher und inhaltlicher Sicht verstandenen Begriff der Einstweiligkeit MünchKomm-ZPO-Z/ez/ize, vor § 916 Rn. 19; ders., RdA 1986, 273, 278; Baur, BB 1964, 606, 608. 84

86 87

Brox/Walker, Rn. 1596. So Baur/Stürner, Rn. 920; Blomeyer, § 118 III 3; Stdn/Jonas/Grunsky,

ZPO 2 0 , vor

§ 935 Rn. 31. Trotz der Begrenzung einer einstweiligen Verfügung auf Unterhaltszahlung auf den Notunterhalt und einen Zeitraum von 6 Monaten wird diese als Leistungsverfügung eingestuft {Schilken, S. 143 ff.; Vossen, RdA 1991, 217, 220 ff., 223; ZöllerVollkommer, ZPO 19 , § 940 Rn. 8 Stichwort Unterhaltsrecht aE; Brox/Walker, Rn. 1621; Stein/JonasIGrunsky, ZPO 20 , vor § 935 Rn. 42 f.; krit. Walker, Rn. 112; v.Gerkan, ZGR 1985, 167, 170). 88 Man wird Baur/Stürner daher wohl so verstehen müssen, daß eine Regelungsverfügung niemals den Gläubiger i.S. der Rechtsverwirklichung befriedigen dürfe. 89 Minnerop, S. 58 f. und wohl auch nicht nach Leipold, S. 105 ff., der von einem einheitlichen Tatbestand ausgehend nach Gefahren zwischen Sicherungs-, Abwehr- und AngriffverfÜgungen unterscheiden will. 90

Bei Dahlmann, S. 497.

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung

125

Walker unterscheidet lediglich zwischen Sicherungs- und BefriedigungsVerfügung. 91 Dem stehen die hiesigen Erwägungen zur Sicherungsverfügung sowie die Tatsache entgegen, daß Walker erst die Regelungsverfügung vollständig aus dem Bereich des § 940 ZPO herausdefinieren muß, um dann über den sich keineswegs für diese Auslegung aufdrängenden Wortlaut und die überaus umstrittene Entstehungsgeschichte § 940 ZPO selbst als Rechtsgrundlage für die Befriedigungsverfügung heranzuziehen. 92 Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß es an geeigneten Unterscheidungskriterien für die drei Verfügungsarten fehlt. 93 3. Einheitlicher Gefahrdungstatbestand Die Gerichtspraxis unterscheidet angesichts der aus § 938 ZPO folgenden Anwendungsbreite nicht zwischen den möglichen Rechtsgrundlagen, sondern nennt sie überwiegend nebeneinander 9 4 Dem entspricht es, daß es für die Parteien ohne Belang ist, auf Grund welcher Norm eine einstweilige Verfügung ergeht. Zwar lassen sich der einen oder anderen Verfügungsart bestimmte Konstellationen eher zuordnen. 95 Eine exakte Unterscheidung der Verfügungen ist jedoch, wie dargelegt, nicht möglich, so daß von einem einheitlichen Gefährdungstatbestand auszugehen ist. M i t der Ablehnung einer tatbestandlichen Differenzierung ist jedoch nicht auch die Möglichkeit einer Kategorisierung nach der herkömmlichen Sicherungs· und Regelungsverfügungen verworfen; 96 so ist z.B. eine ausführliche Interessenabwägung bei einer Sicherungsverfügung i.d.R. nicht notwendig, wenn die Maßnahme erkennbar keine, über die Sicherungswirkung hinausgehende Folgen mitsichbringt. Unproblematisch läßt sich allein über einen einheitlichen Tatbestand die nur umrißhafte Bindung des Gerichts an Anträge der Parteien erklären oder der unter dem Aspekt der Klage- bzw. Antragsänderung möglicherweise fragwürdige Wechsel zwischen der Sicherungs- und Regelungsverfügung. Legt man des weiteren den Sinn und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes zugrunde, der unstreitig jedenfalls darin liegt, den Rechtsstreit bis zur Entschei-

91

Rn. 75 ff., 125 ff. Walker, Rn. 125 ff. (Wortlaut), 130 ff. (Entstehungsgeschichte). 93 Daher beklagen AK-ZPO-Damm, §§ 935, 940 Rn. 13, und Compensis, S. 47, die geringe Eignung der Verfügungstypen zur Systembildung. 94 Damm, ZHR 154 (1990), 413, 418; Grunsky, JuS 1976, 277, 279. 95 Leipold, Grundlagen, S. 101. Der bevorzugte Anwendungsbereich der Regelungsverfügung wird in komplexeren, typischerweise Dauerschuld Verhältnissen liegen. 96 In diesem Sinn auch MünchKomm-ZPO-Zfemze, § 935 Rn. 5. 92

126

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

dung in der Hauptsache verhandlungs- und entscheidungsfähig zu halten, kann es allein auf die drohende Gefahr ankommen, die das Maß des zulässigen Handelns bestimmt. a) Voraussetzungen

einer einstweiligen

Verfügung

Der Tatbestand97 der einstweiligen Verfügung verändert sich gegenüber der bisherigen Anschauung nur geringfügig; die schon bisher geltenden Merkmale erhalten jedoch eine andere Wertigkeit und Bedeutung. Daher kann die Kategorisierung in Sicherung, Regelung und Befriedigung beibehalten werden. Sie bezieht sich jedoch allein auf die Rechtsfolgenseite und charakterisiert allein die Maßnahme. Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist in Übereinstimmung mit der h.M. ein Verfügungsanspruch, der in einem sicherungsfähigen Recht oder in einem Rechtsverhältnis seinen Ursprung hat. Ebenso ist für den einheitlichen Gefährdungstatbestand eine vom Antragsgegner ausgehende Beeinträchtigung des Antragstellers erforderlich, die ein sofortiges Eingreifen dringend erforderlich macht.98 Sodann bedarf es jedoch im Gegensatz zur h.M. in jedem Fall im Hinblick auf die zu treffende Verfügungsmaßnahme einer eingehenden Abwägung der wechselseitigen Interessen. Bei erkennbar nur sichernden Maßnahmen ohne weitere Folgewirkungen kann sie i.d.R. kürzer ausfallen, während die Abwägung um so sorgfältiger durchzuführen ist, je unsicherer die Sach- und Rechtslage nach den Feststellungen der mündlichen Verhandlung geblieben ist. 99 Gerkan m) hat die i.d.R. maßgeblichen Faktoren wie folgt umschrieben: "Je klarer die Berechtigung des Verfügungsanspruchs hervortritt und je deutlicher sich abzeichnet, daß der Antragsteller auch im späteren Hauptsacheverfahren obsiegen müßte, je substantieller die betroffenen Interessen des Antragstellers sind, insbesondere im Vergleich zu der Position der Gegenseite, und je mehr die Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes angesichts einer Irreversibilität der drohenden Entwicklung faktisch auf eine Rechtsverweigerung in der Hauptsache hinauslaufen würde, um so eher wird (dies) für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit u.U. einschneidenden Maßnahmen sprechen, die dann gegebe-

97

Damm, ZHR 154 (1990), 413,418. Vergi. AK-ZPO-Damm, §§ 935,940 Rn. 16 ff. 99 Zur Interessenabwägung bei der Regelungs- und Befriedigungsverfügung Compensisi S. 90 ff., die den einstweiligen Rechtsschutz als Abwägungssystem ansieht; Iliakopoulos, S. 37 ff.; Walker, Rn. 257 ff.; ähnlich Wenzel, MDR 1967, 889 ff. 100 ZGR 1985, 167, 175 f. 98

§ 5 Grundsätzliche Aspekte der einstweiligen Verfügung nenfalls

auch Befriedigungswirkungen

einschließen

mögen."

127

I m Zweifel soll

der Antragsteller die Legitimationslast tragen. 101 Auf der Rechtsfolgenseite steht der Abwägungsvorgang in einem engen Zusammenhang mit der Frage, welche Maßnahmen konkret anzuordnen ist. Der entscheidende Unterschied zur herkömmlichen Dreiteilung der Verfügungstypen besteht darin, daß auf der Rechtsfolgenseite allein zu fragen ist, welche Maßnahme angesichts der drohenden Gefahr unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erforderlich ist. Die (teilweise) Befriedigung des Antragstellers ist dabei nicht extremer Ausnahmefall, sondern im Hinblick auf die Gefahr und beiderseitigen Interessen gleichwertiger Verfügungsinhalt. Schließlich darf nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur diejenige Maßnahme angeordnet werden, die der drohenden Gefahr wirksam begegnet und zugleich den Antragsgegner am wenigsten beeinträchtigt. b) Konsequenzen

Daß sich die tatbestandlichen Voraussetzungen nur in diesem geringen Umfang verändern, darf nicht über die Wirkung hinwegtäuschen. Einerseits ist dem Vorwegnahmeverbot die dogmatische Grundlage entzogen, andererseits bildet der Verfügungsgrund 102 und dort die Interessenabwägung den Schwerpunkt der Entscheidung. Folgt man dem Gedanken eines einheitlichen Gefährdungstatbestandes, gibt es die von der jeweiligen Gefahr und den beiderseitigen Interessen abhängige und bestimmte Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes. Sie ist nicht mehr der Trennung der einzelnen Verfügungsarten verhaftet und kann mittels (Teil-) Erfüllung oder -Befriedigung des Anspruchs auf eine spezifische Gefahr reagieren. Die Gefahr selbst ist Anlaß und Begrenzung der Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes, so daß abstrakt, von dieser Gefahr losgelöst, eine Begrenzung der Maßnahmen für bestimmte Fallgruppen nicht in Betracht kommt. I I I . Ergebnis Der gesetzlichen Regelung der einstweiligen Verfügung in den §§ 935 ff. ZPO läßt sich weder die von der h.M. vorgenommene Dreiteilung der Verfügungstypen noch das vielfach behauptete Vorwegnahmeverbot entnehmen. Die Beschränkung des Verfügungsinhalts durch die h.M. auf ein aliud und minus gegenüber der Hauptsacheentscheidung kann den Rechtsschutzerfordernissen bei Unterlassungsgeboten, Regelungskonflikten in Personengemeinschaften

101 102

ZGR 1985, 167, 177. So v. Gerkan, ZGR 1985, 167, 187; Damm, ZHR 154 (1990), 412, 417.

128

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

oder Kompetenzstreitigkeiten im Hinblick auf die permanente Erfüllungswirkung durch Zeitablauf nicht gerecht werden. Auf der Grundlage eines einheitlichen Gefährdungstatbestandes ist unter Abwägung der beiderseitigen Interessen und unter Berücksichtigung institutioneller Zusammenhänge die gefahrspezifische Verfügungsmaßnahme anzuordnen. Die Erfüllungswirkung steht einer einstweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Verfügung somit nicht entgegen.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung Voraussetzung einer arbeitsgerichtlichen einstweiligen Verfügung ist ein Verfügungsanspruch des Arbeitgebers. Vor dem Hintergrund der Diskussion um einen allgemeinen betriebsverfassungsrechtlichen Unterlassungsanspruch sind die Anforderungen an diesen Verfügungsanspruch, insbesondere für die in sozialen Angelegenheiten besonders bedeutsame Regelungsverfügung, zu bestimmen. Nachdem mögliche Ausschlußgründe einer einstweiligen Verfügung in Mitbestimmungsangelegenheiten kurz dargelegt wurden (unter I.), ist im folgenden auf das Verhältnis von Verfügungsgrund bzw. Rechtsverhältnis und dem materiellrechtlichen Anspruch einzugehen (unter II.). Sodann gilt es (unter III.) die formale Struktur eines einheitlichen Anspruchsbegriffs nachzuzeichnen und an § 87 Abs. 1 BetrVG exemplarisch aufzuzeigen. Dies bildet den Ausgangspunkt, um den verhandlungsorientierten Anspruch auf Mitbestimmung als Grundlage einer einstweiligen Verfügung in sozialen Angelegenheiten inhaltlich zu konkretisieren und in das Anspruchssystem der Betriebsverfassung zu integrieren (unter IV.), wobei ein Vergleich zum einstweiligen Rechtsschutz im Personalvertretungsrecht gezogen und die Reichweite der Anspruchsprüfung dargelegt wird (unter V. und VI.). Abschließend ist nach Ausführungen zum Verfügungsgrund (unter VII.) auf den Entscheidungsinhalt einer einstweiligen Verfügung einzugehen und die Regelungskompetenz des Arbeitsgerichts zu begründen (unter VIII.) I. Ausschluß einstweiliger Verfügungen ? Der Erlaß einer einstweiligen Verfügung könnte in Mitbestimmungsangelegenheiten unzulässig sein, wenn kraft der zu bewältigenden Rechtsmaterie einstweilige Maßnahmen nicht angeordnet werden dürften oder sich aus der Gesamtregelung eine abschließende Konzeption ergäbe. 1. Ausschluß kraft Rechtsmaterie Wie in manchen Rechtsmaterien, etwa dem Wettbewerbsrecht, dem einstweiligen Verfügungsverfahren gegenüber dem Hauptverfahren eindeutig der Vor-

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

129

rang zur Streitschlichtung zukommt, sind andere Rechtsmaterien, etwa das Patentrecht, anzutreffen, in denen die einstweilige Verfügung nur eine untergeordnete Rolle spielt. Im Wettbewerbsrecht sind die Tatbestände klar formuliert oder mittels Fallgruppen konkretisiert, auf subjektive Voraussetzungen wird im Gesetzestext verzichtet, so daß bei meist unstrittigen Tatsachen eine schnelle Entscheidung möglich ist.1 Demgegenüber führen schwierige tatsächliche, technische oder rechtliche Fragen, unbestimmte Rechtsbegriffe oder das Ersatzrisiko aus § 945 ZPO zu einer restriktiven Handhabung des einstweiligen Rechtsschutzes im Patentrecht.2 Es läßt sich indessen kein Rechtsbereich benennen, für den aufgrund der Schwierigkeit der Rechtsmaterie auf die Unzulässigkeit einstweiliger Maßnahmen geschlossen wird. Im Bereich des Arbeitsrechts geht die h.M. 3 für das Arbeitskampfrecht von der Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen aus, wenn auch eine zurückhaltende Handhabung befürwortet wird. 4 Grundlage dieser Zurückhaltung bilden die tatsächlich und rechtlich schwierigen Fragen im Bereich des Richterrechts 5, die besonders hervortretende Zeitgebundenheit des Streikgeschehens für beide Tarifvertragsparteien und die damit verbundene Endgültigkeit einer vorläufigen Entscheidung sowie das weitgehende Leerlaufen einer Schadensersatzsanktion über § 945 ZPO für Arbeitgeber und Gewerkschaften, denen der Nachweis eines kausalen Schadens meist kaum möglich ist.6 Alle Faktoren sind im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung sorgfältig im Einzelfall zu gewichten.7 Selbst eine Einschränkung des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Aspekt der Offensichtlichkeit der Rechtswidrigkeit der Arbeitskampfmaßnahme unterliegt erheblichen Zweifeln. 8 1

Ahrens, S. 437 ff., 442 ff., 452. Benkard, § 139 Rn. 150 ff.; Baur in: Dunkl, H Rn. 110; Piehlen S. 87 ff., 258 ff., 266 ff. 3 MünchArbR-Otto, § 285 Rn. 27 m.w.Nw. 4 Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 92; MünchArbR-Ofto, § 285 Rn. 29 ff. m.w.Nw. 5 Zur Problematik inwieweit Richterrecht im Eilverfahren angewandt und fortgebildet werden kann MünchArbR-Oito, § 285 Rn. 26, 30; einerseits Luckscheiter, S. 124 ff., andererseits Henniges, S. 58 ff., 62 f.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO20, vor § 935 Rn. 71 f. warnt eindringlich davor, Unzulänglichkeiten des materiellen Rechts über das Verfahrensrecht zu korrigieren; Heinze, RdA 1986, 273, 284 lehnt die Klärung umstrittener Rechtsfragen im Verfügungsverfahren ab. 6 Henniges, S. 80 ff.; MünchArbR-Oito, § 285 Rn. 26. 7 Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 92; MünchArbR-Otfo, § 285 Rn. 32; Luckscheiter, S. 139 ff., 149 ff. 8 MünchArbR-Ofto, § 285 Rz 30 m.w.Nw.; Henniges, S. 76 ff.; Luckscheiter, S. 129 ff., 139 ff.; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 62 Rn. 91 f.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO20, vor § 935 Rn. 71; Piehler, S. 83 ff., 254 ff.; Zöller-Vollkommen ZPO19, § 940 Rn. 8 Stichwort Arbeitskampf; Baur in: Dunkl, Β Rn. 209 f. 2

9 Schwonberg

130

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Zwar weisen die betriebsverfassungsrechtlichen Regelungsstreitigkeiten Parallelen zum Streikgeschen auf. Aus den jeweiligen Sach- und Rechtsfragen folgt indes kein Ausschluß des einstweiligen Rechtsschutzes. 2. Umkehrschluß aus §§ 100 Abs. 1,115 Abs. 7 Nr. 4 BetrVG Die mung ist zu pierte

§§100 Abs. 1 und 115 Abs. 7 Nr. 4 BetrVG können auf die Mitbestimin sozialen Angelegenheiten nicht analog angewandt werden. 9 Nunmehr klären, ob im Umkehrschluß eine vom Gesetzgeber abschließend konziRegelung aller vorläufigen Eilmaßnahmen vorliegt.

Aus dem Wortlaut der Normen läßt sich ein abschließender Charakter nicht entnehmen, da nicht formuliert wurde, "nur in personellen Maßnahmen ..." oder "nur für die Seeschiffahrt kann..." Die Entstehungsgeschichte wie die Systematik ergeben diesbezüglich kaum ausreichende Anhaltspunkte, wenn auch auf den prozessualen und vollstreckungsrechtlichen Charakter von § 101 BetrVG hingewiesen wird. 10 Der Sinn und Zweck der Vorschriften ist auf ganz spezifische betriebliche Situationen und Maßnahmen abgestimmt. Daher verbietet sich der Umkehrschluß in gleicher Weise wie eine analoge Anwendung: Es ist zwar richtig, daß der Gesetzgeber in den genannten Bereichen kurzfristige Regelungsmöglichkeiten getroffen und das Problem der Notwendigkeit schneller Entscheidungen erkennbar gesehen hat. Einer für das gesamte Betriebsverfassungsrecht abschließenden Regelung steht die materiell- und verfahrensrechtlich auf personelle Maßnahmen ausdifferenzierte und begrenzte Regelung des § 100 BetrVG entgegen. Weiterhin bestimmt der 1972 eingeführte § 85 Abs. 2 Satz 1 ArbGG grundsätzlich die Zulässigkeit einstweiliger Verfügungen im Beschlußverfahren. Mit der Regelung reagierte der Gesetzgeber auf die Kontroverse zum BetrVG 1952. Diese bezog sich inhaltlich zwar nicht auf die Zulässigkeit regelnder richterlicher Tätigkeit, sondern im wesenlichen auf heute anerkannte Fallgruppen der einstweiligen Verfügung. 11 § 85 Abs. 2 ArbGG sollte mithin eine Klarstellung herbeiführen, folglich den Anwendungsbereich nicht begrenzen. 12

9 10

11

Siehe oben § 4 III 2 c (S. 54 ff.). Raab, S. 204 ff.

Siehe oben § 5 vor I (S. 90). "Überwiegend anerkannt ist dagegen, daß auch im Beschlußverfahren ein Bedürfnis für Eilmaßnahmen besteht. Von den Arbeitsgerichten werden solche auch erlassen. Die in Nummer 8 vorgesehene Ergänzung des § 85 Satz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes soll die bestehende Gesetzeslücke schließen" (BR-Drucksache 715/70, S. 60). 12

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

131

Die Regelungssystematik läßt ebenfalls den Schluß auf eine umfassende Anwendung der §§ 916 ff. ZPO zu. § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG verweist nicht pauschal auf das achte Buch der ZPO, sondern mit Rücksicht auf betriebsverfassungsrechtliche Besonderheiten im Verhältnis Arbeitgeber und Betriebsrat die Anwendbarkeit des § 945 ZPO ausdrücklich ausgenommen. Hätte der Gesetzgeber jegliche regelnde Tätigkeit des Arbeitsgerichts ausschließen wollen, wäre zwar ein Ausschluß des § 938 ZPO nicht in Betracht gekommen, da es sich um die zentrale Rechtsfolgennorm handelt. Wohl aber wäre eine klare Stellungnahme in den Materialien zu erwarten gewesen. Hieran fehlt es, so daß davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber die einstweilige Verfügung in ihrem üblichen Anwendungsbereich übertragen wollte. Da die Regelungsverfügung neben der Sicherungs- und Befriedigungsverfügung zum festen Bestand einstweiliger gerichtlicher Maßnahmen gehörte, hat der Gesetzgeber auf sämtliche Entscheidungsinhalte verwiesen. 3. Ausschluß kraft Zweckmäßigkeitsentscheidung Mit einer regelnden Verfügungsentscheidung nähme das Arbeitsgericht den Entscheidungsspielraum der Betriebspartner bzw. der Einigungsstelle wahr. Daher könnte eine Regelungsverfügung aufgrund der "Gewaltenteilung" zwischen betrieblicher Ebene und Gericht ausgeschlossen sein, wie dies für Ermessensentscheidungen im Verwaltungsrecht vertreten wird. Ermessensentscheidungen einer Behörde können vom Verwaltungsgericht nur auf Ermessensfehler überprüft werden; grundsätzlich ist dem Gericht eine eigene Ermessensentscheidung in der Sache als Ausdruck der Gewaltenteilung untersagt (§§ 113 Abs. 4 Satz 2, 114 VwGO). 13 In Ermessensentscheidungen der Behörden können daher nur Bescheidungsurteile ergehen. Diese Ausgangslage im Hauptverfahren hat weitreichende Konsequenzen für den einstweiligen Rechtsschutz gegen Ermessensentscheidungen. Nach h.M. ist eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts in Ermessensentscheidungen ausgeschlossen,14 weil das Vorwegnahmeverbot sowie die Tatsache, daß der Antragsteller im Eilverfahren mehr bekäme, als er im Hauptverfahren erlangen könnte, eine Sachentscheidung ausschlössen. Daß mit dem Vorwegnahmeverbot und der Außerachtlassung des Zeitmoments für Ermessensent-

13

Kopp, VwGO, § 114 Rn. 1, 9 ff.; Eyermann/Fröhler, VwGO, § 114 Rn. 1; § 113 Rn. 62 b, 64. 14 BVerwG v. 16.8.1978, BVerwGE 63, 110, 112; OVG Berlin v. 6.5.1986, NVwZ 1987, 440 f.; ausführliche Nachweise bei Schoch, S. 1674 m. Fn. 644; Eyermann/Fröhler, VwGO, § 123 Rn. 14; Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 123 Rn. 8, aber Rechtsschutz auf Sicherung ermessensfehlerfreie Entscheidung durch Untersagung fehlerhafter Entscheidungen Rn. 8a.

132

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Scheidungen der einstweilige Rechtsschutz aufgegeben wird, wird dabei bewußt in Kauf genommen.15 Es mehren sich die Stimmen, die auch in der Zwischenzeit bis zur Hauptsacheentscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis anerkennen. 16 Die Behörde dürfe sich nicht durch bloßes Nichtstun der Verantwortung entziehen.17 Zutreffend stellt Kopp 18 fest, daß dem Antragsteller mit einem Bescheidungsurteil im Eilverfahren nicht geholfen sei. Zum einen gebe es ihm kein wirksames Sanktionsmittel 19 , zum anderen fordere das Gebot des effektiven Rechtsschutzes grundsätzlich sofort eingreifende, wirksame Maßnahmen, auch und gerade im Ermessensbereich. Die Gewährung wie die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes schaffe vollendete Tatsachen.20 Jeder glaubhaft gemachte Anspruch müsse auch sicherungsfähig sein. Dogmatisch ebne das "freie Ermessen" des § 938 ZPO, auf den § 123 Abs. 3 VwGO verweise, bezüglich der anzuordnenden Maßnahme den Weg für ein über das im Hauptsacheverfahren hinausgehende Rechtsschutzziel.21 Einer nachfolgenden Ermessensentscheidung werde nicht vorgegriffen, wenn keine endgültige, für die Zukunft irreversible Maßnahme angeordnet werde. 22 Von daher bieten sich für Hochschul- oder Prüfungszulassungen sowie Schulversetzungen oder Genehmigungsentscheidungen vorläufige Zulassungen, Versetzungen oder Genehmigungen an. Im Beamtenrecht wird einstweiliger Rechtsschutz nicht über eine vorläufige Ernennung und einer damit verbundenen gerichtlichen Auswahlentscheidung gewährleistet, sondern durch die Untersagung der Ernennung eines Mitbewerbers bis zur Hauptsacheentscheidung.23 Im Ergebnis soll einstweiliger Rechtsschutz im Verwaltungsrecht durch zeitlich begrenzte und damit vorläufige Maßnahmen bewirkt werden. Auch wenn originär regelnde Tätigkeit im Sinne einer vorläufigen Auswahlentscheidung

15

Insoweit krit. Schoch, S. 1674, 1677; Huba, JuS 1990, 983, 988. Dazu Schoch, S. 1673 ff. 17 Grunsky, JuS 1977,217,221. 18 Kopp, JuS 1983, 673, 678; ders., VwGO, § 123 Rn. 12 ff., 14; Schoch, S. 1677; OVG Münster v. 19.12.1986, NJW 1988, 89. 19 Zur Möglichkeit der Bescheidungsverfügung im Rahmen des § 938 ZPO Huba, JuS 1990, 983, 989; krit. Schoch, S. 1675 m.w.Nw. 20 So auch Rohmeyer, DVB1. 1968, 265 ff.; krit. VG Saarland v. 11.10.1967, DVB1. 1968, 264 f.; Schoch, S. 1777 m. Fn. 654. 21 Schoch, S. 1678.; ders., VerwArch 82 (1991), 145, 173 f.; Huba, JuS 1990, 983, 989. 22 Schoch, S. 1678 f.; ders., VerwArch 82 (1991), 145, 173 f. 23 Finkelnburg/Jank, Rn. 921 m.w.Nw. Nach Ernennung eines Beamten scheidet nach ständiger Rechtsprechung ein einstweiliger Rechtsschutz aus; Sächisches OVG v. 15.12.1993, PersR 1994, 137 ff. 16

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

133

oder einer gestaltenden Tätigkeit im Bauplanungsrecht bisher nicht erwogen wird, begründet allein die Tatsache, das Ermessen auszuüben ist, keinen Ausschluß des einstweiligen Rechtsschutzes. I I . Voraussetzung eines materiellrechtlichen Anspruchs Im Rahmen des einheitlichen Gefährdungstatbestandes sind Verfügungsanspruch und -grund die Voraussetzungen für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung. Die Anforderungen an den Verfügungsanspruch haben in der betriebsverfassungsrechtlichen Diskussion um den einstweiligen Rechtsschutz der Betriebspartner besondere Bedeutung erlangt. In diesem Zusammenhang stellt insbesondere Heinze auf die enge Verknüpfung von prozessualem Verfügungsanspruch und materiell-rechtlichem Anspruch der Betriebspartner ab und gelangt auf dieser dogmatischen Grundlage zu einer starken Begrenzung des einstweiligen Rechtsschutzes in Mitbestimmungsangelegenheiten, da es an einem sicherungsfähigen betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch fehle. 24 Daher ist das Verhältnis von Verfügungsanspruch und materiell-rechtlichem Anspruch zu bestimmen. Auf die Problematik käme es jedoch überhaupt nicht an, wenn eine arbeitsgerichtliche Verfügung unabhängig von einem Anspruch erlassen werden könnte. 1. Anspruchslose Verfügungsmaßnahmen Eine arbeitsgerichtliche Eilentscheidung wäre denkbar, folgte man einem von Baur schon Ende der sechziger Jahre geäußerten Gedanken. Baur 25 hat die unter § 940 ZPO fallenden Verfügungen danach unterschieden, ob es sich um Rechtsverhältnisse aus gemeinschaftlicher "Sachbeziehung mehrerer Personen" oder aus Personenverbindungen mit gemeinsamer Zielsetzung handelt und diesen die Regelung aufgrund von Gestaltungsrechten sowie die Befriedigungsverfügung gegenübergestellt. Aus dem "rechtspolizeilichen Charakter" der Regelung von Dauerrechtsbeziehungen will er zumindest in dringenden Fällen ohne genauere Prüfung des materiellen Rechts Maßnahmen gegen den Störer zulassen.26 Die hier betrachteten Kompetenzkonflikte zwischen den Betriebspartnern sind der Gruppe der Personenverbindungen mit gemeinsamer Zielsetzung zuzuordnen, so daß nach diesen Grundsätzen in dringenden Fällen eine Regelung ohne Prüfung eines Anspruchs in Betracht käme.

24

RdA 1986, 273, 285 f., 289 ff.; MünchKomm-ZPO-//emze, § 935 Rn. 112 ff. Studien, S. 28 ff., 34. 26 Studien, S. 34; Baur/Stürner, Rn. 914; Dütz, NZA 1986, 209, 213; Olderog, NZA 1985, 753, 759; OLG Frankfurt v. 25.9.1990, ZIP 1990, 1393, 1395. 25

134

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Als Teil des zivilprozessualen Rechtsschutzes, der der Durchsetzung von Ansprüchen dient, kann allerdings auch im auf Personengemeinschaften ausgerichteten Eilverfahren nicht auf das Erfordernis des Verfügungsanspruchs verzichtet werden. 27 Insofern steht der Regelungsverfügung nicht "das Denken in Ansprüchen" fern. 28 Sie sichert gerade nur einen Teil der aus der inhaltlich oder zeitlich komplexen Rechtsbeziehung entstandenen oder in Zukunft entstehenden Rechte. Ist eine bestimmte Rechtsstellung in gewisser Hinsicht aus der Rechtsbeziehung heraus in keinem Fall denkbar, darf eine darauf zielende Regelungsverfügung nicht ergehen. 2. Verfügungsanspruch und materiell-rechtlicher Anspruch Ist somit eine "anspruchslose" Verfügung ausgeschlossen, gilt es das Verhältnis von Verfügungsanspruch bzw. streitigem Rechtsverhältnis und materiellrechtlichem Anspruch zu bestimmen. Die h.M. unterscheidet zwischen der Sicherungs- und Regelungsverfügung. Aus dem Wortlaut von § 935 ZPO ("Verwirklichung des Rechtes") und der inhaltlichen Abgrenzung zum Arrest ergibt sich, daß der Sicherungsverfügung ein auf eine Individualleistung gerichteter materiell-rechtlicher Anspruch zugrunde liegt. 29 Der Antragsteller kann jedes ihm zustehende subjektive Recht, jeden Anspruch auf Leistung, Handlung, Duldung oder Unterlassung, unabhängig von seiner Rechtsgrundlage geltend machen.30 Für die Regelungsverfügung i.S. des § 940 ZPO stellt der Gesetzestext auf das streitige Rechtsverhältnis ab. Demzufolge ist nach h.M. ein spezifisch auf die Verfügungsmaßnahme gerichteter, materiell-rechtlicher Anspruch nicht erforderlich. 31 Die Verbindung zwischen Prozeßrecht und materiellem Recht besteht darin, daß aus dem Rechtsverhältnis ein Anspruch entstehen kann, dessen Realisierung mittelbar gesichert wird. 3 2

27 28 29

Walker, Rn. 115. mit Nw. für die ganz h.M. Baur, Studien, S. 31. Brox/Walker,

Rn.1581; Baur/Stüner,

Rn. 904 f.; Rosenberg/ Gaul!Schilken, § 76 II

1 a ; Stein/Jonas/Grüns ky, ZPO 20 , § 935 Rn. 2; WieczorekJSchütze, § 935 Anm. A I; MünchKomm-ZPO-T/e/nze, § 935 Rn. 7; Walker, Rn. 222; Zöller-Vollkommer, ZPO 17 , § 935 Rn. 6. 30

Stein/Jonas/Grüns

ky, ZPO 20 , § 935 Rn. 2; Rosenberg/Gaul/Schliken,

Zöller-Vollkommer, ZPO 17 , § 935 Rn. 6. 31

Baur/Stürner,

Rn. 911, 913; Brox/Walker,

§ 76 II 1 a;

Rn. 1591 [dem Verfügungsgläubiger

müsse ein besseres Recht aus dem Rechtsverhältnis zustehen]; Rosenberg/ Gaul!Schilken, § 76 II 2; Zöller- Vollkommer, ZPO 17 , § 940 Rn. 2. 32 Stein/Jonas/Grüns ky, ZPO 20 , § 940 Rn. 1; Zöller- Vollkommer, ZPO 17 , § 940 Rn. 2.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

135

Entgegen der h.M. faßt Heinze den Zusammenhang von Rechtsverhältnis und materiell-rechtlichem Anspruch deutlich enger. Wie § 935 ZPO habe auch § 940 ZPO allein die "Sicherung der Verwirklichung des Rechts einer Partei" zum Ziel. Die Regelungs Verfügung bezwecke die Sicherung eines bestimmten, aus dem Rechtsverhältnis erwachsenden individuellen Anspruchs. Im Ergebnis ergänze § 940 ZPO damit die nach § 938 Abs. 2 ZPO zulässigen Verfügungsmaßnahmen.33 Die Bedeutung des materiell-rechtlichen Anspruchs läßt nur den Schluß zu, daß Heinze wie für die Sicherungsverfügung einen spezifischen, die Maßnahme rechtfertigenden Zusammenhang zwischen materiell-rechtlichem Anspruch und der Verfügungsentscheidung verlangt. Dieser Ansicht von Heinze kann nicht gefolgt werden. Für den Erlaß einer Regelungsverfügung ist es ausreichend, daß aus dem Rechtsverhältnis selbst ein Anspruch entstehen kann, der es angesichts der drohenden Gefährdung des möglichen Anspruchs gebietet, das Rechtsverhältnis einstweilen zu regeln. Die einstweilige Verfügung dient grundsätzlich der Sicherung von Rechten. Im Gegensatz zur Sicherungsverfügung ist durch das Erfordernis eines Anspruchs eine Begrenzung der Regelungsverfügung nicht vorbestimmt. Ein spezifischer Zusammenhang zwischen dem materiell-rechtlichen Anspruch und der Verfügungsmaßnahme besteht weder bei der Sicherungs- noch bei der Regelungsverfügung. Die im Rahmen einer Sicherungsverfügung möglichen Maßnahmen lassen sich jedenfalls nicht vollständig auf einen materiell-rechtlichen Anspruch zurückführen. Zwar liegt der Herausgabe von Gegenständen an einen Sequester ein Anspruch auf Herausgabe zugrunde. Auch der Verpflichtung, Zubehör nicht vom haftenden Grundstück (§§ 1120 ff. BGB) zu entfernen, entspricht ein originärer Anspruch des Hypotheken- und Grundschuldgläubigers aus § 1004 BGB analog i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 136 Abs. 1 StGB. 34 Wird dem Mieter zur Sicherung des Vermieterpfandrechts das Verbot auferlegt, die eingebrachten Gegenstände nicht aus den gemieteten Räumen fortzuschaffen, besteht hierauf zwar kein Anspruch aus dem Mietvertrag oder § 559 BGB. Der Unterlassungsanspruch ist jedoch aus § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB begründet, da das Vermieterpfandrecht als sonstiges Recht i.S. des § 823 Abs. 1 BGB anerkannt ist. 35

33

RdA 1986, 273, 285; MünchKomm-ZPO-Z/emze, § 935 Rn. 4 ff. OLG Köln v. 22.12.1986, NJW-RR 1987, 751, 753. 35 MünchKomm-Mertens, § 823 Rn. 114; Palandt-Thomas, § 823 Rn. 12; BGH v. 31.5.1965, WM 1965, 701, 704 (für einen Schadensersatzanspruch); undeutlich OLG Celle v. 12.6.1986, NJW-RR 1987, 447 f., wonach Ansprüche aus dem Mietverhältnis genügen. 34

136

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Allerdings lassen sich Beispiele anführen, die keinen derartigen Zusammenhang aufweisen. Aus einem Grundstückskaufvertrag kann man weder einen Anspruch auf Eintragung einer Vormerkung noch aus § 894 BGB auf Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks als Sicherungsmaßnahme herleiten. 36 In gleicher Weise gilt dies für die Sequestration oder Verfügungs- oder Erwerbsverbote nach § 938 Abs. 2 ZPO. 3 7 Lassen sich letztere noch aus unselbständigen Nebenleistungspflichten - also keinen Ansprüchen - herleiten, besteht ein originärer Anspruch auf Sicherstellung und Verwaltung weder aus Eigentum noch aus einem Vertrag. 38 Noch weiter entfernen sich Verfügungsanspruch und materiell-rechtlicher Anspruch bei der Regelungsverfügung. 39 Soweit Dauerschuldverhältnisse oder Personenbeziehungen als streitige Rechtsverhältnisse durch eine einstweilige Verfügung gestaltet werden, 4(1 besteht ein originärer Anspruch auf die konkrete Gestaltung (Nutzung einer Sache oder Einsicht in Geschäftsbücher zu einer bestimmten Zeit) i.d.R. nicht. Schließlich beruhen die auch von Heinze anerkannten Gestaltungsverfügungen ebenfalls nicht auf materiell-rechtlichen Ansprüchen. Wird ein einstweilige Verfügung auf Entziehung der gesellschaftsrechtlichen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis begehrt, ist die Grundlage des Verfügungsanspruchs das Gestaltungsklagerecht aus §§ 117, 127 HGB. 4 1 In gleicher Weise stellt die vorläufige Amtsenthebung eines Betriebsratsmitglieds gemäß § 23 Abs. 1 36

OLG München v. 19.5.1965, NJW 1966, 1030 f. Vergi, dazu Stein/Jonas/Grw>w*y, ZPO 20 , § 935 Rn. 21 ff., 25 ff.; Zöller-Vollkommen ZPO 17 , § 938 Rn. 13. 38 Heinze selbst (MünchKomm-ZPO § 935 Rn. 30 ff.) legt nicht dar, inwiefern Ansprüche auf die konkreten Maßnahmen bestehen. 39 In den Fällen der §§ 1382 Abs. 3, 1389, 1390 BGB hat der Gesetzgeber den Zusammenhang zwischen dem Anspruch auf Zugewinnausgleich (§ 1378 Abs. 1 BGB ) und der Sicherung des Anspruchs im Fall der Stundung bzw. des vorzeitigen Zugewinnausgleichs durch die Anordnung der Sicherheitsleistung völlig gelöst. Nunmehr kann die Erbringung der Sicherheitsleistung im Eil verfahren gesichert werden (zur Frage, ob die Sicherung mittels Arrests oder einstweiliger Verfügung erfolgt OLG Düsseldorf v. 9.11.1990, NJW 1991, 2028; Zöller-Vollkommer, ZPO 17 , § 916 Rn. 5; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , vor § 935 Rn. 4 jeweils m.w.Nw.). 40 Dazu Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , § 940 Rn. 6 ff. 41 BGH v. 11.7.1960, BGHZ 33, 105, 107; Stein/Jonas/GrM/wty, ZPO 20 , § 938 Rn. 7 m.w.Nw.; MünchKomm-ZPO-Z/emzi?, § 935 Rn. 144 ff.; ZöUer-Vollkommer, ZPO 17 , § 940 Rn. 8 Stichwort Gesellschaftsrecht; während OLG Hamm v. 10.11.1976, DB 1977, 765 f., auf § 43 Abs. 1 GmbHG abstellt. Im Fall der Abberufung von Geschäftsführern oder von Vorstandsmitgliedern kommen demgegenüber auch vertragliche Grundlagen (OLG Frankfurt v. 27.11.1991, NJW-RR 1992, 934 f.; OLG Stuttgart v. 15.4.1985, BB 1985, 879) oder auf Mitgliedschaftsrechte (OLG Düsseldorf v. 19.1.1988, NJW-RR 1988, 1271 ff.) in Betracht. 37

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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BetrVG ein "Gestaltungsrecht" dar. 42 Ausdrücklich führt das LAG München aus, daß der Verfügungsanspruch im Antragsrecht des Arbeitgeber auf Ausschluß des Betriebsratsmitglieds zu sehen sei. 43 Entgegen seinen allgemein gehaltenen Ausführungen, daß der Verfügungsanspruch einen Klaganspruch für eine Leistungs-, Gestaltungs- oder Feststellungsklage voraussetze,44 beharrt Heinze in den betriebsverfassungsrechtlichen Ausführungen auf der engen Verbindung zum materiell-rechtlichen Anspruch. 45 Dabei liegt ein Vergleich mit den Gestaltungsrechten nahe, weil die Regelungsverfügung etwa im Fall der Anordnung von Kurzarbeit die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer selbst begründet bzw. verändert (§ 77 Abs. 4 BetrVG) und damit gestaltet.46 Zusammenfassend ist damit festzustellen, daß ein spezifischer, auf die konkrete Regelung gerichteter Anspruch für eine Regelungsverfügung in Mitbestimmungsangelegenheiten nicht erforderlich ist. Aus dem Rechtsverhältnis muß der Arbeitgeber überhaupt einen Anspruch herleiten können. Welcher Art der Anspruch ist, hat demgegenüber keine Bedeutung.47 Wenn die Rechtsprechung darauf abstellt, daß aus dem Rechtsverhältnis ein Anspruch entstehen können muß, soll die Möglichkeit, im Hauptverfahren zu obsiegen, nicht gänzlich ausgeschlossen sein und die "Popular-Verfügung" verhindert werden. 48 I I I . Formale Struktur des subjektiven Rechts Bevor geklärt werden kann, ob in Mitbestimmungsangelegenheiten ein sicherungsfähiger Anspruch besteht, sind die Kriterien zur Bestimmung eines Anspruchs näher darzulegen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Unterscheidung von Heinze in Bewertungs- und Bestimmungsnormen ausführlich einzugehen.

42

Zur vorläufigen Untersagung der Betriebsratstätigkeit schon BAG ν. 29.4.1968, AP Nr. 9 zu § 23 BetrVG; LAG Hamm v. 18.9.1975, EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 2; ArbG München v. 19.7.1979, EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 8; GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 77 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG6, § 23 Rn. 42; MünchKomm-ZPO-Heinze, § 935 Rn. 109. 43 V. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29. 44 MünchKomm-ZPO-tfewze, § 935 Rn. 7. 45 RdA 1986, 273, 285. 46 Vergi, dazu unten § 7 III 2 (S. 225 ff.). 47 Stein/ionas/Grunsky y ZPO20, § 940 Rn. 2. 48 OLG Koblenz v. 24.4.1986, NJW-RR 1986, 1039 ff. Zur Frage des Hauptverfahrens im Fall der Regelungsverfügung siehe unten § 6 VIII 3 a aa (S. 207 ff.).

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen 1. Merkmale eines einheitlichen Anspruchsbegriffs 49

Die h.M. definiert das subjektive Recht als die von der Rechtsordnung dem einzelnen verliehene Willens- oder Rechtsmacht zur Durchsetzung bestimmter menschlicher Interessen und verbindet damit die Definition von Windscheid 50 und Jhering 51. Larenz hat demgegenüber schon deutlich gemacht, daß die Begriffe der Willensmacht und des Interesses als "Rahmenbegriffe" keine klare Definition bieten können und bestimmte Kriterien voraussetzen. 52 Wenn daneben als rechtsphilosophischer Aspekt der freiheitsbegründende und freiheitswahrende Charakter des subjektiven Rechts betont wird, 5 3 kommt dem Gesichtspunkt in deflatorischer Hinsicht keine eigenständige, begriffsbildende Funktion zu. Er verdeutlicht lediglich die besondere Wirkung und Notwendigkeit des subjektiven Rechts. 54 Ob die Rechtsordnung ein subjektives Recht bzw. einen Anspruch 55 zuweisen will, ist primär dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck einer Vorschrift zu entnehmen. Der Begünstigungs- oder Schutzzweck einer Norm führt jedoch nicht notwendig zu einer Berechtigung, den Willen gegenüber einem anderen durchsetzen zu können. 56 J. Schmidt 51 und Dörner 3* haben aus der Verhaltensberechtigung und der Ausschließlichkeit eine einheitliche Anspruchsdefinition abgeleitet. 59 Anders als Windscheicf 0, der unabhängig von einer Verletzung einer dinglichen Rechtsstellung Ansprüche des dinglich Berechtigten gegen jedermann annahm und die Einheitlichkeit aus der Berechtigung unabhängig von einer Verletzung herleitete, begründet Dörner die Einheitlichkeit aus der formalen Struktur: Dinglichen Rechten wie Forderungsrechten sei eine Doppelstruktur aus Verhaltensberechtigung und Ausschließlichkeitswirkung eigen: Jene eröffne einen 49 Ennecerus/Nipperdey, § 76 [S. 428 f]; Larenz, AT, § 13 I; Medicus, Rn. 70 ff., der auf die Verknüpfung von Wille und Zweck hinweist. 5( 1 Windscheid/Kipp, § 37 [S. 155 f. m. Fn. 3]. 51 Jhering, § 60 [S. 339 ff.]. 52 Larenz, AT, § 13 I. 53 Coing , S. 46 ff.; Raiser , JZ 1961,465,466. 54 Schulz-Gardyan, S. 60. 55 Von den Herrschafts- und Gestaltungsrechten kann bei der Fragestellung abgesehen werden. 56 Ennecerus/Nipperdey, § 72 I 1 [S. 430 f.]; vergi. BAG v. 17.5.1983, AP Nr. 9 zu § 80 BetrVG 1972. 57 Staud-Schmidt, Einl. vor §§ 241 ff. Rn. 378 ff., 387. 58 Dörner, S. 25 ff., 34 ff., 46 ff. 59 Diesen folgend Bork, § 8 A I [S. 192 ff]; ders., ZGR 1989, 1, 10 ff.; SchulzGardyan, S. 62. 60 Windscheid/Kipp, § 43 1. [S. 184 ff.].

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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Handlungsspielraum, indem sie den einzelnen in Form einer Erlaubnisnorm zu faktischem Handeln oder als Ermächtigungsnorm zu rechtlichem Handeln berechtige. Diese konstituiere ein Störungsverbot, das bei tatsächlichem Handeln in repressiver Form ausgestaltet sei, während es bei Forderungsrechten in Form einer Inkompetenznorm präventiv wirke, indem die Berechtigung nicht durch einen anderen als den durch das subjektive Recht Begünstigten ausgeübt werden könne. 61 Zu einem subjektiven Recht werde das Störungsverbot des § 823 Abs. 1 BGB oder des § 1004 Abs. 1 BGB erst dadurch, daß die Verletzung eines geschützten Rechtsguts die Rechtsbeziehung "verdichte" bzw. konkretisiere. 2. Unterscheidung zwischen Bewertungs- und Bestimmungsnormen Im Gegensatz zu dieser formalen Struktur des zivilrechtlichen Anspruchs unterscheidet Heinze 62 zwischen der bloßen Begünstigung auf der einen und der einen anderen verpflichtenden Berechtigung auf der anderen Seite. Die Entscheidung, welcher Meinung zur Konkretisierung eines Anspruchs zu folgen ist, bestimmt sich danach, ob der Unterscheidung von Bewertungs- und Bestimmungsnormen formal wie hinsichtlich der konkreten Ergebnisse im Zivilund Betriebsverfassungsrecht zu folgen ist. a) Begriffsbestimmung

Ob eine gesetzliche Regelung im Betriebsverfassungsrecht einen Anspruch begründe, entscheide sich danach, ob es sich um eine Bewertungs- oder eine Bestimmungsnorm handele.63 Nur aus einer Bestimmungsnorm könne ein Anspruch eines Rechtssubjekts gegen ein anderes hergeleitet werden. Bewertungsnormen hingegen schaffen lediglich eine Berechtigung, die das Innenverhältnis zwischen Person und Rechtsgut betreffe. 64 Erst die konkretisierende Bestimmungsnorm bewirke eine der Berechtigung spiegelbildliche Verpflichtung,

61

Dörner, S. 46 ff. Die Relativität der Forderung bezieht sich dabei nur auf die Erlaubnis· oder Ermächtigungsnorm, die nur gegenüber dem jeweils anderen bestehen kann. Dem steht ein generelles Störungsverbot nicht entgegen, sondern ist gerade daraus zu begründen, daß nur dem Begünstigten eine bestimmte Berechtigung zukommt und damit gerade allen anderen nicht (S. 48 f.). 62

DB 1983, Beil. 9, S. 3 ff.; ders., RdA 1986, 273, 285; ders., ZfA 1988, 53, 80;

MünchKomm-ZPO-/fewze, § 935 Rn. 80 ff., 112 ff.; ders., Rechtsnachfolge S. 39 ff. 63 Auf dem Hintergrund haftungsbegründenden Verhaltens sieht Münzberg, S. 62 ff., die Bewertung eines Erfolgs nicht als Inhalt einer Bewertungsnorm, sondern als ihren Entstehungsgrund an. Erst die Bestimmungsnorm ist für den einzelnen von Bedeutung, da sie Maßstäbe für die Einstufung eines Verhaltens als rechtmäßig oder rechtswidrig liefert (zur Bedeutung der Imperativentheorie S. 49 ff.; Heinze, Rechtsnachfolge, S. 29 ff.; krit. Larenz, Methodenlehre, S. 130 ff.; Engisch, S. 21 ff.). 64 Ausführlich Heinze, Rechtsnachfolge, S. 29 ff.

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

führe zur Rechtsgewährung in Form eines Anspruchs. Nicht jede Bewertungsnorm korrespondiere mit einer Bestimmungsnorm, einem Anspruch. Die Anspruchsstruktur ergebe sich einerseits aus einem Tatbestand, in dem das "Geschehensprogramm" als Innenberechtigung - die implizierte Bewertungsnorm - und das Zurechnungsprinzip festgeschrieben werden, sowie andererseits aus einer Rechtsfolgenanordnung, mittels derer der Begünstigte einen anderen in Anspruch nehmen könne.65 Zu einem Ge- oder Verbot werde die Norm erst dadurch, daß auf der Rechtsfolgenseite ein Haftungsgrund festgelegt sei. 66 Auf § 903 BGB beispielhaft angewendet bedeutet dies, daß es sich "nur" um eine Bewertungsnorm handelt, da auf der Tatbestandseite das Zurechnungsprinzip und auf der Rechtsfolgenseite die Inpflichtnahme fehlt, wenn es heißt, daß der Eigentümer mit einer Sache nach Belieben verfahren und andere ausschließen kann. 67 b) Folgerungen fur das Betriebsverfassungsrecht

Ausgehend von der Unterscheidung zwischen Bewertungs- und Bestimmungsnormen verneint Heinze in erheblichem Umfang selbständige Ansprüche im BetrVG, da nur Berechtigungen des Betriebsrats oder Verpflichtungen des Arbeitgebers statuiert würden, ohne daß sie zu Bestimmungsnormen verdichtet seien. Bestimmungsnormen seien nur die unmittelbaren Leistungsansprüche aus den §§ 20 Abs. 3, 40, 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG, soweit der Betriebsrat nicht unmittelbar das Arbeitsgericht oder die Einigungsstelle anrufen könne.68 Ausreichenden Rechtsschutz für die Bewertungsnormen gewähre § 23 Abs. 3 BetrVG. In seinen früheren Entscheidungen zum allgemeinen Unterlassungsanspruch ging das BAG 6 9 ebenfalls von dieser Unterscheidung aus, bejahte jedoch über Heinze hinaus zahlreiche Ansprüche in der Betriebsverfassung. 70

65

Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 4 f. DB 1983, Beil. 9, S. 3 f.; ders., Rechtsnachfolge, S. 39 ff. 67 DB 1983, Beil. 9, S. 5. Gleiches gelte für § 611 a Abs. 1 BGB, da es an einer Rechtsfolgenanordnung fehle, die erst in Abs. 2 erfolgt. 68 Demgegenüber lehnt er, DB 1983, Beil. 9, S. 14 ff., dies für § 37 BetrVG ab, da es sich um einen Anspruch des Arbeitnehmers handele, sowie allgemein für die §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 2, 42 ff., 74, 75, 80 Abs. 1 und 2, 87, 89, 90, 92, 94, 99, 106 ff. BetrVG. 69 V. 22.2.1983, EzA § 23 BetrVG Nr. 9 m. Anm. von Rüthers/Henssler = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972 m. Anm. von v.Hoyningen-Huene = SAE 1984, 187 ff. m. Anm. von Büchner, diese Rechtsprechung wurde vom BAG ausdrücklich aufgegeben (v. 3.5.1994 DB 12994, 2450 ff. = NZA 1995,40 ff.; v. 6.12.1994 NZA 1995,488 f.). 66

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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c) Kritik M i t der Unterscheidung zwischen Bewertungs- und Bestimmungsnormen hat Heinze eine wichtige dogmatische Grundlage zur Einordnung gesetzlicher Regelungen in der Diskussion geliefert, auch wenn in den Stellungnahmen auf diesen Ausgangspunkt nahezu gar nicht eingegangen wird. 71 Heinze unterschlägt allerdings die Begrenztheit seiner Unterscheidung und geht anderen Begründungen nicht weiter nach. Raab72 hat jüngst darauf hingewiesen, daß mit der vorgenommenen Unterscheidung nur ein Teil der existenten Anspruchsgrundlagen erfaßt werden kann. Ein Anspruch besteht nur, wenn die in der Bestimmungsnom im Tatbestand enthaltene Berechtigung - implizierte Bewertungsnorm - mit einer bestimmten Rechtsfolgenanordnung verknüpft ist. Dann können all jene Normen per definitionem keine Ansprüche darstellen, die eine solche Berechtigung erst schaffen. Die Beeinträchtigung einer vorgegebenen Berechtigungslage erfaßt im Ergebnis nur dingliche Ansprüche (die Verletzung einer vorgegebenen Rechtssphäre), nicht hingegen die vertraglichen Erfüllungsansprüche des Schuldrechts, da das Forderungsrecht erst die Berechtigung bewirkt. Dieser Konsequenz kann Heinze nur dadurch entgehen, daß eine Verpflichtung auch auf einem rechtsgeschäftlichen Tatbestand beruhen könne, soweit sie gesetzlich sanktioniert sei, wie dies für vertragliche Erfüllungsansprüche bei Verzug, Nicht- und Schlechtleistung geschehe.73 Im BetrVG kann Heinze daher nur Unterlassungsansprüche, nicht aber Handlungspflichten erfassen. Kritik trifft nicht nur den begrenzten Anwendungsbereich der von Heinze vertretenen Anspruchsstruktur, sondern auch die betriebsverfassungsrechtlichen Konkretisierungen. Unsere Rechtsordnung, insbesondere das Zivilrecht, besteht aus einer Vielzahl von Rechtssätzen, die erst in ihrer Gesamtheit verständlich sind und gerade auch aus dieser Sicht interpretiert werden müssen. Nicht alle Normen lassen sich auf Verpflichtungen zurückführen. 74 Zur Bestimmung des Norminhalts als Anspruch ist primär auf den Wortlaut und die Systematik abzustellen. Dabei kann der Anspruch sowohl aus der Sicht des Gläubigers, daß er unter bestimm70

BAG, a.a.O., unter II 2 aus §§ 2 Abs. 2, 20 Abs. 3, 29 Abs. 3, 40, 44, 74 Abs. 2, 80 Abs. 2, 89 Abs. 2, 93, 90 und § 111 BetrVG; für § 109 BetrVG: BAG ν. 8.8.1989, DB 1989, 2621, 2622. 71 Konzen, Leistungsansprüche, S. 4 f., ihm folgend Raab, S. 77, bescheinigt Heinze eine formal korrekte Beschreibung, kritisiert jedoch das Fehlen einer teleologischen Absicherung des Ergebnisses; vergi Sacher, S. 31 ff. 72 S. 77 ff. 73

74

Heinze, S. 43 ff.

Larenz, Methodenlehre, S. 257 ff.

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

ten Voraussetzungen soll Schadensersatz beanspruchen können (§ 538 BGB), wie aus der Sicht des Schuldners formuliert werden, daß dieser zu einem bestimmten Tun oder Unterlassen verpflichtet sei (§ 536 BGB). 75 Zumindest bei Formulierungen wie "hat zu ... ", "muß ...", "ist verpflichtet ...", "soll ...", wird angenommen, daß es sich um "Schlüsselwörter" des Normativen handele, die einen Anspruch begründen. 76 Eine abweichende Beurteilung kann sich aus der Entstehungsgeschichte oder dem konkreten Regelungszusammenhang ergeben, wenn etwa § 611 a Abs. 1 BGB ("der Arbeitgeber darf ... nicht ") schon deswegen keinen Anspruch begründet, weil nach Konzeption des Gesetzgebers erst in Abs. 2 die Rechtsfolgenanordnung erfolgt. Legt man diese Begrifflichkeit zugrunde, um Ansprüche zu bestimmen, so kann der Einordnung von Heinze nicht gefolgt werden, da der Wortlaut zahlreicher Normen des Betriebsverfassungsrechts einen unmittelbar verpflichtenden Charakter aufweist. So heißt es in vielen Normen "ist zu gewähren ...", "ist zu unterrichten ...", "hat vorzulegen ...", "ist mitzuteilen ...", "hat zu beraten ...", " sind freizustellen ...", "kann verlangen ...", "sind verpflichtet..." und schließlich "hat mitzubestimmen ...". Der Wortlaut spricht bei dieser Terminologie klar für einen Anspruch. Gestützt wird die Annahme eines Anspruchs aus § 87 Abs. 1 BetrVG durch teleologische Erwägungen. Zumindest soweit, wie sich bestimmte Anspruchsinhalte konkretisieren lassen,77 bedarf das Kernstück der Betriebsverfassung in seiner Ausformung als Mitbestimmungstatbestand über die dem eigentlichen Regelungsvorgang vorgelagerten Unterrichtungs- und Beratungsansprüche hinaus der funktionellen Absicherung. Doch selbst wenn man den Prämissen von Heinze folgt und die betriebsverfassungsrechtlichen Normen auf ihren Tatbestand, das Zurechnungsprinzip, als Verschuldens- oder Risikohaftung, und den Haftungsgrund hin untersucht, gelangt man zu abweichenden Ergebnissen. Für eine Vielzahl von Situationen und Konstellationen muß das Zivilrecht abstrakte Regelungen enthalten, um Störungen von Rechtsverhältnissen oder die Verletzung von Rechtsgütern einem interessengerechten Ausgleich zuzuführen.

75

Umstritten ist allerdings im Schuldrecht des BGB, ob es sich bei den Formulierungen der unterschiedlichen Vertragstypen um Anspruchsgrundlagen handelt, wofür der Wortlaut durchaus spricht, wenn es in § 433 Abs. 1 und 2 BGB heißt, daß Verkäufer und Käufer zu bestimmten Handlungen "verpflichtet" seien, oder ob es sich, wie Larenz, Methodenlehre, S. 258 f., meint, um Definitionen des Gesetzes handele, was unter bestimmten Vertragstypen zu verstehen sei, die Verpflichtung sich mithin aus der rechtsgeschäftlichen Abrede zwischen den Vertragsparteien ergäbe. 76 Larenz, Methodenlehre, S. 252; a.A. Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 5. 77 Dazu unten § 6IV 1 und 2 (S. 159 ff., 161 ff.).

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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Zur Individualisierung von Ansprüchen müssen geschützte Rechtsgüter, die Zurechnung, die Rechtswidrigkeit und das Verschulden aufeinander abgestimmt sein. Im Gegensatz zum bürgerlichen Recht hat der Gesetzgeber im BetrVG den Arbeitgeber und den Betriebsrat mit gesetzlich zugewiesenen Rechten einander unmittelbar gegenüberstellt. Eine Zufälligkeit des Aufeinandertreffens ist von vornherein ausgeschlossen, so daß Konflikte allein zwischen ihnen denkbar sind. An der Weitläufigkeit und Unbestimmtheit zivilrechtlicher Haftungsregeln fehlt es im Betriebsverfassungsrecht. Diesen Besonderheiten sind das Zurechnungs- und Haftungsprinzip anzupassen. So genügt wegen der unmittelbaren Rechtsbeziehung grundsätzlich die objektive Pflichtwidrigkeit (§ 23 Abs. 1 und 3 BetrVG). Die Widersprüchlichkeit der Konzeption von Heinze läßt sich an § 74 Abs. 2 und § 80 Abs. 2 BetrVG aufzeigen. 78 Für § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bejaht Heinze einen Unterlassungsanspruch. 79 Der Haftungsgrund kann nur in den den Arbeitsablauf oder Betriebsfrieden störenden oder beeinträchtigenden Handlungen oder innerbetrieblichen Arbeitskampfmaßnahmen liegen. Das Zurechnungsprinzip ist nach Heinze erfüllt, weil der jeweilige Störer den Störungstatbestand vollständig beherrschen könne und ausnahmsweise eine Reduzierung auf einen groben Verstoß (§ 23 Abs. 3 BetrVG) nicht erfolgt sei. Gänzlich anders urteilt er für den allgemeinen Unterrichtungsanspruch nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Hier seien weder Haftungs- noch Zurechnungsgrund gesetzlich verdeutlicht. 80 Diese Differenzierung überrascht angesichts des vergleichbaren Wortlauts "Arbeitgeber und Betriebsrat haben ... zu unterlassen" und "vom Arbeitgeber zu unterrichten" bzw. "sind ... zur Verfügung zu stellen" - aber auch hinsichtlich des Haftungs- und Zurechnungsgrundes. Als Haftungsgrund genügt die Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassung durch entsprechende Handlungsverpflichtungen sowie die aus dem unmittelbaren und auf die Betriebspartner beschränkten Gegenüber bei der jeweiligen Aufgabenerfüllung. 81 Der Betriebsrat kann seine Arbeit nur dann sinnvoll und interessengerecht durchführen, wenn ihm der Arbeit-geber die notwendigen Informationen und erforderlichen Unterlagen fortwährend zur Verfügung stellt. Reduziert man jedoch die Norm auf eine bloße Berechtigung, stellt man Grundlagen der Betriebsratsarbeit in Frage. 78 Daß es sich vom Norminhalt her einmal um eine Unterlassungs-, das andere mal um eine Handlungspflicht handelt, hat für die Ausführungen keine weitergehende Bedeutung. 79 Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 15. 80 DB 1983, Beil. 9, S. 16. 81 Nach Raab, S. 97 ff., fehlt es an der spezifischen Innenberechtigung, so daß der Berechtigte problematisch sei.

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Der Zurechnungsgrund ist in Form objektiver Pflichtwidrigkeit zu bejahen. Ebenso, wie bei § 23 Abs. 1 und 3 BetrVG auf ein Verschuldenserfordernis nahezu einhellig zugunsten einer objektiven Pflichtwidrigkeit verzichtet wird, muß dies für andere Primärpflichten gelten. 82 Die Begründung wird durch die Argumentation von Konzen 83 aus der historische Entwicklung gestützt. Es hätte keinen Sinn gehabt, "denknotwendige Informationsansprüche" zu schaffen, wenn diesen nicht eine entsprechende Pflicht des Arbeitgebers entsprochen hätte. Da schon zum BetrVG 1952 von einem Unterrichtungsanspruch ausgegangen worden sei, könne man, zumal der Gesetzgeber Abweichungen von Ansichten in Rechtsprechung und Literatur ansonsten deutlich zum Ausdruck gebracht hätte, von einem Unterrichtungsanspruch des Betriebsrats aus § 80 Abs. 2 BetrVG, wie er auch vom B A G neben § 23 Abs. 3 BetrVG und von der h.M. anerkannt wird, ausgehen.84 Schließlich sei auf die von Heinze behauptete Risikozurechnung durch § 23 Abs. 3 BetrVG eingegangen. Die Reduzierung auf einen groben Verstoß in § 23 Abs. 3 BetrVG entspreche einem allgemeinen Prinzip. Sobald ein Beherrschbarkeitsvorsprung einer Partei nicht mehr gegeben sei oder die Einflußmöglichkeit auf einen Pflichtenkreis in gleicher Weise beiden Parteien eröffnet würde, führe dies zu einer Reduzierung der jeweiligen Verantwortlichkeit. 85 Ein Beherrschbarkeitsvorsprung besteht im Gegensatz zu den sonstigen Beteiligungsrechten erst im Bereich der Mitbestimmungsrechte nicht mehr, denn der Betriebsrat kann rechtlich einseitigen Maßnahmen des Arbeitgebers entgegentreten. Hier können Einwirkungsmöglichkeiten beider Betriebspartner bestehen, die ein Übergewicht einer Seite nicht erkennen lassen. Das gilt aber nicht für die grundlegenden Informations-, Beratungs- und Leistungsrechte, die nach der betrieblichen Organisations- und Leitungsmacht dem Arbeitgeber die alleinige Steuerungsmöglichkeit überantworten. 86

82

Heinzes Konzeption ist zwar insofern konsequent, als § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG gegenüber dem groben Pflichtverstoß des § 23 Abs. 3 BetrVG einer Reduzierung auf eine Risikozurechnung entspricht. Daß setzt jedoch voraus, daß die grobe Pflichtverletzung Voraussetzung fur einen Anspruch in sonstigen Fällen ist und bei weitergehender Anspruchskonzeption kein sinnvoller Anwendungsbereich der Norm verbliebe (dazu § 6 IV 3 [S. 168 ff.]). 83 S. 54 f. 84 BAG v. 17.5.1983, EzA § 80 BetrVG Nr. 25 = AP Nr. 9 zu § 80 BetrVG 1972 = DB 1983, 1986 ff.; GK-BetrVG 4-tfra/i, § 80 Rn. 51; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 80 Rn. 42; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 80 Rn. 29. 85 Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 10 f. 86 Die Risikozurechnung im BGB, auf die sich Heinze beruft, beruht dagegen überwiegend auf dem Bagatellcharakter der Beeinträchtigung bzw. der Unentgeltlichkeit der Leistung und nur in § 712 BGB auf der engen Verbindung der Personen.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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Weder den konkreten Ergebnissen noch der Bestimmung von Tatbestand, Zurechnungs- und Haftungsgrund ist zu folgen, weil sie nicht alle Ansprüche zu erfassen vermag, die Begrenzung der Normen des BetrVG auf die Betriebspartner außer Acht läßt und damit zu zweifelhaften, dem Wortlaut und der Funktionsfähigkeit widersprechenden Ergebnissen gelangt. Zusammenfassend betrachtet könnte man daran denken, die formale Struktur des Anspruchs aus Zuweisungs- und Schutznorm (nach Dörner) einerseits sowie die Bewertungs- und Bestimmungsnorm (nach Heinze) gleichzusetzen. Dabei übersähe man jedoch, daß weder die Zuweisung einer Verhaltensberechtigung mit der Bewertungsnorm noch die Schutznorm mit dem Zurechnungsprinzip und der Rechtsfolgenanordnung identisch ist. Außerdem vermag der von Dörner verfolgte Ansatz in größerem Maße systematische Überlegungen zu berücksichtigen. 3. Folgerungen für das Betriebsverfassungsrecht Nachdem sich bisher gezeigt hat, daß für den Erlaß einer Regelungsverfügung ein materiell-rechtlicher Anspruch aus dem streitigen Rechtsverhältnis erforderlich ist und dieser aus der formalen Anspruchsstruktur - bestehend aus Verhaltensberechtigung und Schutznorm - herzuleiten ist, gilt es nunmehr für einzelne Normen des BetrVG diese Struktur nachzuweisen. Wie sich zeigen wird, stehen einem betriebsverfassungsrechtlichen Anspruch weder die fehlende Rechtsfähigkeit des Betriebsrats noch die Tatsache entgegen, daß die Struktur des Gesetzes auf Organisations- und Kompetenznormen hindeutet. Die Ansicht von Thiele* 1, wonach der Begriff des subjektiven Rechts die eigentliche Mitbestimmung nicht adäquat erfassen könne, erweist sich nur insoweit als zutreffend, wie der eigentliche, ergebnisoffene Regelungsvorgang der Betriebspartner erfaßt wird. Vorliegend steht die Herleitung eines sicherungsfähigen verhandlungsorientierten Anspruchs auf Mitbestimmung im Mittelpunkt, der maßgeblich auf der Ausdifferenzierung des Mitbestimmungsrechts in einzelne Rechte und Ansprüche basiert. 88 Dabei ist die besondere Konzeption des Betriebsverfassungsrechts als kollektives Arbeitsrecht im Gegensatz zum Individualarbeitsrecht und dem allgemeinen Zivilrecht zu berücksichtigen. Das BetrVG hat gelöst vom typischen Zwei87 GK-BetrVG4-77wé?/é?, Einl. Rn. 97; Konzen, Leistungspflichten, S. 26 ff., 28; a.A. Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 1 Rn. 13; Eich, DB 1983, 657 ff., 659; Däubler, AuR 1982, 6, 10 f. 88 Krit. insoweit Derleder, AuR 1995, 13, 15; Dütz, Überprüfung, S. 96 ff., plädiert für einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Ausübung der gesetzlich gegebenen Schlichtungsbefugnis, während Pahle, NZA 1990, 51 f., das Mitbestimmungsrecht als sicherungsfähig ansieht.

10 Schwonberg

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3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Personen-Verhältnis des Zivilrechts die Mehrpersonen-Beziehung in einer Gemeinschaft zum Regelungsgegenstand.89 a) Berechtigung und Auschließlichkeit Nach dem dargelegten formalen Aufbau des subjektiven Rechts ist im Einzelfall zu prüfen, ob einem Betriebspartner eine bestimmte, mit besonderem Schutz oder Ausschließlichkeit ausgestattete Verhaltensberechtigung zugewiesen ist. Für die unmittelbaren Leistungsansprüche auf Information, Unterrichtung und Beratung ergibt schon der Normtext, daß dem Betriebsrat ein Berechtigung verliehen wurde. Ein Eingriff in diese Rechte kann allein durch Unterlassungen des Arbeitgebers erfolgen. Demgemäß ergibt der Sinn und Zweck der Regelungen die Ausschließlichkeit.90 Sie gründet auf der Tatsache, daß die "Hilfsrechte" die notwendigen Voraussetzungen der Tätigkeit des Betriebsrats und der Funktionsfähigkeit der Betriebsverfassung schaffen sowie eine Partizipation an der Entscheidungsfindung erst ermöglichen. 91 In gleicher Weise läßt sich den Mitbestimmungsrechten ein Doppelnormcharakter entnehmen. Sie bilden die Grundlage der gemeinschaftlichen innerbetrieblichen Entscheidungsfindung und stellen i.d.S. Kompetenzen des Betriebsrats dar. Allerdings geht es im hiesigen Zusammenhang nicht um die beim Organstreit häufig behandelte Frage, ob diesen Kompetenzen subjektive Abwehrrechte im Falle des Eingriffs entsprechen,92 sondern um die noch vorgelagerte und auch für den hier nicht behandelten einstweiligen Rechtsschutz des

89

Wiedemann , Organverantwortung, S. 42, betont für das Gesellschaftsrecht, daß man das sachliche Recht und das Verfahrensrecht vom bilateralen Vertrags- zum multilateralen Organisationsmodell durchstoßen und die vorgegebenen Rechtsinstitute dafür anpassen oder weiterentwickeln müsse. Im gleichen Sinn hat Konzen, Leistungsansprüche, S. 25 ff., auf die Schwierigkeiten hingewiesen, Argumentationen aus dem Privatrechtssystem zu übernehmen. 90 So auch BAG ν. 22.2.1983, EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 9 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972 unter II 2 der Gründe für die §§ 2 Abs. 1, 20 Abs. 3, 29 Abs. 3, 40, 44, 74 Abs. 2, 89 Abs. 2, 93, 90 und 111 BetrVG. Hinsichtlich der Leistungsansprüche präzisiert durch den Beschluß v. 17.5.1983, EzA § 23 BetrVG Nr. 10 m.zust. Anm. von v. Hoyningen-Huene. 91

Der Schutz der Auskunftsrechte kommt durch die Bestimmung des § 121 BetrVG zum Ausdruck, der die Verletzung von Auskunftsrechten als Ordnungswidrigkeiten ahndet. Zu den Hilfsrechten aus den §§ 90, 111, 170 AktG vergi. Bork, ZGR 1989, 1, 15 ff. 92 Bork, ZGR 1989, 1,18 m.w.Nw.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

147

Betriebsrats entscheidende Frage, ob der Kompetenz überhaupt ein subjektives Recht entspringt 93 und worauf dieses ggf. gerichtet ist. Mit der Formulierung "der Betriebsrat hat ... mitzubestimmen" legt das Gesetz eindeutig und in unbestrittener Weise eine Verhaltensberechtigung des Betriebsrats fest. Zweifelhaft ist hingegen, ob dieser Berechtigung eine Verpflichtung des Arbeitgebers entspricht. Die Verpflichtungslage ist aus der Schutz- und Ausschließlichkeitsgewähr der jeweiligen Rechtsposition herzuleiten. Das Störungsverbot i.S. der Doppelnorm des subjektiven Rechts ergibt sich aus dem den Betriebspartnern zugewiesenen Rechtskreis. § 87 Abs. 1 BetrVG setzt voraus, daß den Betriebspartnern ein eigener Entscheidungsbereich eingeräumt ist und allein zusteht. In Mitbestimmungsangelegenheiten ist beiden Betriebspartnern jeweils die eigene Willensbildung vorbehalten, die in die Verhandlungs- und Regelungsphase mündet. Dabei unterscheidet sich die Gesetzesformulierung dadurch von sonstigen Kompetenznormen, daß nicht nur eine bestimmte Aufgabe normiert, sondern zugleich der Prozeß festgelegt ist. Der vorgelagerte Willensbildungsprozeß wie auch die Teilhabe am Entscheidungsprozeß sind beiden Seiten jeweils völlig selbständig zugewiesen. Die Ausschließlichkeit der Norm bezieht sich im Betriebsverfassungsrecht auf den Teilhabeaspekt an der gemeinschaftlichen Regelung. Der eigenständige Bereich ergibt sich weiterhin aus der jeweiligen Interessenverfolgung durch Arbeitgeber und Betriebsrat. Sie vertreten, grundsätzlich die berechtigten Belange des anderen beachtend, jeweils eigene Interessen. Der Betriebsrat stellt nicht lediglich ein Gremium im betrieblichen Ordnungsgefüge dar, das eine reibungslose Entscheidungsfindung ermöglichen will, sondern ist ein unabhängiger Funktionsträger, der gegenläufige Interessen in die betriebliche Entscheidungsfindung einzubringen hat. Besonders deutlich wird die Ausschließlichkeit der Rechtszuweisung der innerbetrieblichen Willens- und Normbildung an den Rechtsfolgen eines Verstoßes. Die Rechte des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG werden unmittelbar durch die Wirksamkeitsvoraussetzung der Mitbestimmung, durch das Zustimmungserfordernis im Rahmen von § 99 Abs. 1 BetrVG sowie für die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten durch die Sanktion des Nachteilsausgleichs gem. § 113 BetrVG gesichert. Dabei handelt es sich zwar um rein individualrechtlich wirkende Mechanismen. Sie sichern jedoch den Rechtskreis des Betriebsrats und begründen die anspruchskonstitutive Ausschließlich-

93

Dies bejaht das BAG in seiner Entscheidung v. 3.5.1994, DB 1994, 2450 ff., Inzident unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung.

148

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

keit mit. 9 4 Das Störungsverbot findet letztlich in §§ 87 Abs. 2 und 76 Abs. 5 BetrVG seine Bestätigung, wonach beide Betriebspartner die Einigungsstelle anrufen können. Sie gewährleistet im Wege der betrieblichen Schlichtung die Sicherung des zugewiesenen Teilhabeanspruchs. Die Ausschließlichkeit i.S. der Anspruchsdefinition hat ihren Ausdruck in der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung sowie der innerbetrieblichen Schlichtung gefunden und berechtigt gerade nicht zu dem überwiegend vorgenommenen Umkehrschluß, daß es neben der Unwirksamkeit der Maßnahme keines originären Anspruchs aus § 87 Abs. 1 BetrVG bedürfe. Vielmehr ist die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung Folge der sich aus § 87 Abs. 1 BetrVG zu Lasten des Arbeitgebers ergebenden Inkompetenznorm zu einseitigem Handeln. Angesichts des Wortlauts und der teleologischen Erwägungen wäre es völlig unverständlich, wollte der Gesetzgeber mit der Rechtseinräumung nicht zugleich die Rechtsverwirklichung mittels originärer Ansprüche sichern. 95 Dabei gilt es jedoch die Begrenzung des Anspruchs auf seinen konkreten Inhalt zu beachten. Demgegenüber konnte das BAG über ein Jahrzehnt seit seiner heftig umstrittenen 96 Entscheidung vom 22.2.1983 97 zum allgemeinen betriebsverfassungs-

94

Zur Begründung der Wirksamkeitsvoraussetzung siehe oben § 2 II 1 a (S. 13 f.). Über den Umfang des Anspruchs ist damit noch nichts gesagt. Wie sich aus dem Gedankengang ergibt, ist er jedoch auf die Vorphase der Einigung bezogen, da insoweit eine Eigenständigkeit besteht. 95 So nunmehr auch BAG ν. 3.5.1994, DB 1994, 2450, 2451, unter II Β III 2 a der Gründe; Salje, DB 1988, 909, 911: Aus dem Recht folge die Pflicht, so daß die Nichtdurchsetzbarkeit die Ausnahme sei. Die von Salje darüber hinaus gezogene Konsequenz eines Unterlassungsanspruchs ist indes nicht in gleichem Maße selbstverständlich. 96 Umfassende Nachweise bei GK-BetrVG4-Wiese, § 87 Rn. 109 ff.; LAG Berlin v. 12.8.1986, LAGE § 87 BetrVG 1972 Kontrolleinrichtung Nr. 8; v. 22.4.1987, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 8; LAG Bremen v. 25.7.1980, LAGE § 23 BetrVG Nr. 7; v. 15.6.1984, DB 1984, 1935 f.; LAG Frankfurt v. 11.8.1987, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 12; v. 19.4.1988, DB 1989, 128; v. 12.7.1988, LAGE § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 10; v. 24.10.1989, DB 1990, 2126 = LAGE § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 17; v. 14.8.1990, LAGE § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 21; LAG Hamburg v. 9.5.1989, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 26; LAG Köln v. 22.4.1986, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 4; ArbG Bielefeld v. 23.3.1995, AiB 1995, 600; Kumpel, AuR 1985, 78 ff. m.w.Nw. zur instanzgerichtlichen Rechtsprechung; Derleder, AuR 1985, 65 ff.; ders., AuR 1983, 289 ff. Dütz, Gutachten 1983, ders., Gutachten 1984; ders., DB 1984, 115 ff.; Faecks, NZA 1985 Beil. 3, S. 6, 12 f.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 23 Rn. 80 ff.; Herbst/Reiter/Schindele Rn. 560 ff; Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4, § 87 Rn. 7; Trittin/Blanke in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4, § 23 Rn. 114 ff.; Leisten, BB 1992, 266, 270 f.; Salje, DB 1988, 909 ff.; Staud-Richardi,

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

149

rechtlichen Unterlassungsanspruch in den Mitwirkungsrechten, die Mitbestimmungs-, Zustimmungs-, Beratungs- Anhörungs- und Unterrichtungsrechte umfaßten und deren Inhalt sich nicht präzise erfassen lasse, nur Berechtigungslagen erkennen, ohne daß diesen zugleich eine damit korrespondierende Verpflichtung des Arbeitgebers entspreche. Der Wortlaut sei zwar nicht der einzige Anknüpfungspunkt, aber die Herleitung von Ansprüchen dürfe den speziell normierten Anspruchsgrundlagen, wie sie für Unterlassungsansprüche in § 23 Abs. 3 BetrVG als materiell-rechtlicher Norm Ausdruck gefunden habe, nicht widersprechen. 98 Für die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG gelangt Konzen zu demselben Ergebnis wie die frühere Rechtsprechung des BAG, begründet sie jedoch mit einer vom Gesetzgeber bewußt in Kauf genommene Regelungslücke, zu deren Sicherung individualrechtliche Sanktionen ausreichten, 99 so daß allein Leistungs-, Informations-, Unterrichtungs- und Beratungsrechte als Ansprüche zu klassifizieren seien.100 Seine Rechtsprechung zum allgemeinen Unterlassungssanspruch hat das BAG mit dem Beschluß vom 3.5.1994 101 ausdrücklich aufgegeben. Es mißt § 23 Abs. 3 BetrVG keine abschließende Bedeutung mehr zu und leitet für § 87 Abs. 1 Vorbem. zu § 611 Rn. 1422 ff.; Weiss/Weyand, BetrVG3, § 87 Rn. 24 ff., 27; offengelassen Wlotzke, BetrVG2, Anm. 5 a. 97 EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 9 m. zust. Anm. von Rüthers/Henssler = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972 m. zust. Anm. von v.Hoyningen-Huene = SAE 1984, 187 ff. m. Anm. von Buchner, noch offengelassen BAG ν. 8.6.1982, EzA § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 12; bestätigt BAG ν. 22.10.1991, NZA 1992, 376, 378; ν. 17.3.1987, NZA 1987, 786; zust. LAG Hamburg v. 12.12.1983, DB 1984, 567; v. 28.5.1984, DB 1984, 1579 ff.; LAG Niedersachsen v. 5.6.1987, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 11; Hess/ Schlochauer/Glaubitz, BetrVG4, § 23 Rn. 80 ff., 84; Konzen/Rupp, DB 1984, 2695, 2696 ff.; a.A. jedoch der 6. Senat des BAG ν. 18.4.1985, EzA § 23 BetrVG Nr. 10 m. abl. Anm. von Konzen = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972 m. abl. Anm. von v.HoyningenHuene.

98 Die Rechtsfolgen von Pflichtverstößen, so das BAG, seien an zahlreichen Stellen (§§ 101, 98 Abs. 5, 102 Abs. 1, 113, 91, 119 Abs. 1 Nr. 2, 121 BetrVG und durch die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung des § 87 Abs. 1 BetrVG) detailliert geregelt. 99 S. 50 ff., 54 ff. Eine Ausnahme stellt insoweit nur die Regelung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, für die Konzen, Leistungsansprüche, S. 96 ff., angesichts der fehlenden individuellen Sanktionsmöglichkeit über die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung einen Unterlassungsanspruch befürwortet. 100 Leistungsansprüche, S. 50 f. Über das BAG hinaus bejaht er Ansprüche aus den §§ 92 Abs. 1, 99 Abs. 1 Satz 1, 110, 105, 96 Abs. 1 Satz 2, 97, 37 Abs. 2, 3 und 6, 38, 77 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, während er dies für die §§ 78 Satz 2, 2 Abs. 1, 43 Abs. 2 Satz 2, 74 Abs. 2 Satz 2 und 75 BetrVG ausdrücklich ablehnt. Ders., Anm. zu AP Nr. 10 zu § 23 BetrVG 1972. Krit. zur Argumentation allein über die Wirksamkeitsvoraussetzung

Buchner, SAE 1984, 187, 189. 101

DB 1994, 2450 ff.; dazu Bauer/Diller,

13 ff. ; Rie hardi, N Z A 1995, 8 ff.

ZIP 1995, 95 ff.; Däubler, AuR 1995,

150

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

BetrVG aus dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) eine Nebenpflicht her, "alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung des konkreten Mitbestimmungsrechts entgegensteht".102 Anders als der Beschluß aus dem Jahr 1983 stützt sich die Argumentation des BAG nunmehr allein auf sytematische Erwägungen, ohne daß es auf die Wertungswidersprüche zu § 23 Abs. 3 BetrVG eingeht. Zusammenfassend stellt das BAG darauf ab, daß einerseits eine hinreichende Sicherung der Mitbestimmung auf anderen Wegen nicht gewährleistet sei und andererseits eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme auch nicht zeitweise oder vorläufig ohne Beteiligung des Betriebsrats durchgeführt werden solle. Im hiesigen Zusammenhang ist die Rechtsprechung des BAG zum allgemeinen Unterlassungsanspruch nur insoweit von Bedeutung, als das BAG Aussagen zur Bestimmung der Anspruchsstruktur von Normen des BetrVG macht. 103 Einen selbständig durchsetzbaren Unterlassungsanspruch kann das BAG jedoch nur aus einer Nebenpflicht herleiten, wenn es inzident nunmehr einen - dann beiderseits bestehenden - Anspruch auf Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 BetrVG unterstellt. Insofern ist davon auszugehen, daß das BAG von einem durch einstweilige Verfügung sicherungsfähigen Anspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG ausgeht. Gegen die frühere Argumentation des BAG, daß die Mitbestimmungsrechte lediglich Berechtigungslagen darstellen, ist im übrigen einzuwenden, daß allein die inhaltliche Unbestimmtheit nicht gegen einen Anspruch spricht, wenn eine Präzisierung des Anspruchsinhalts möglich ist. Der von Dütz m an der früheren BAG-Rechtsprechung geäußerten Kritik, daß nicht zwischen den unmittelbaren Leistungsansprüchen, den eigenständigen Unterlassungsansprüchen und weiteren Unterlassungsansprüchen unterschieden werden könne, kann nicht überzeugen. Primär geht es um die Begründung von Ansprüchen überhaupt und in einem weiteren Schritt um deren inhatliche Konkretisierung. b) Beteiligungsrechte

als Kompetenzen

Dieser Standpunkt wird durch weitere Überlegungen, wie sie für den Bereich des Organstreits herausgearbeitet wurden, unterstützt. Neben die schon darge102

BAG, a.a.O., unter II Β III 1; so schon der 6. Senat des BAG ν. 18.4.1985, EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 10 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972; insoweit abl. Richardi, NZA 1995, 8, 9 . 103 Die bisherige Diskussion leidet nicht unerheblich darunter, daß nicht zwischen der Herleitung und Bestimmung von Ansprüchen der Betriebspartner und der davon zu trennenden Frage etwaiger Unterlassungsansprüche unterschieden wird (Buchner, SAE 1984, 187, 189; v.Hoyningen-Huene, Anm. zu AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972). 104 DB 1984, 114, 116 f.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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stellte betriebliche Interessenpluralität tritt als tragender, auch für den Bereich der Betriebsverfassung anwendbarer Gesichtspunkt die Gewaltenteilung. 105 Sie ist ein fundamentaler und allgemeiner Grundsatz der Gerechtigkeit, wonach Macht wegen der Mißbrauchsgefahr nicht unkontrolliert gewährt werden darf. Die Machtbegrenzung ergibt sich inhaltlich aus dem hinter ihr stehenden Zweck sowie verfahrensmäßig aus der Kontrolle der Macht i.S. der "iustitia protective. 1 0 6 Für das Betriebsverfassungsrecht wird häufig betont, daß es sich um ein reines Organisationsrecht handele, dem nur (Wahrnehmungs-) Zuständigkeiten zu entnehmen seien. 107 Der Begriff der Zuständigkeit wird in bewußten Gegensatz zum subjektiven Recht gestellt. Wie die lange Diskussion um den Organstreit im Staats-, Verwaltungs- und Gesellschaftsrecht gezeigt hat, schließt die Einordnung von Normen als Zuständigkeiten oder genauer als Kompetenzen eine Anspruchsstruktur und einen Rechtsschutz nicht aus. In allen Rechtsgebieten wird gegen den Organstreit immer wieder angeführt, daß den Organen deswegen keine subjektiven Rechte zustünden, weil es am für das subjektive Recht erforderlichen eigenen Interesse des Organs fehle. Aus der rechtlichen Integration eines Organs in die Struktur einer juristischen Person ergibt sich keineswegs zwingend, daß eine Interessenunterordnung des Organs rechtlich mit der Folge der Versagung von internen Leistungsansprüchen anzuerkennen wäre. Ganz im Gegenteil kann gerade ein besonderes Bedürfnis bestehen, die durch das jeweilige Organ repräsentierten Interessen gegenüber anderen Organen durchzusetzen zu können. 108 Ein solches Bedürfnis wird jedenfalls für "Kontrastorgane", deren Funktion gerade in der gegenseitige Kontrollfunktion besteht (z.B. Aufsichtsrat, Gemeinderat, Gemeindedirektor, Ratsfraktion, Ratsmitglied u.ä.), anerkannt. 1()9

105 Für das Gesellschaftsrecht Uwerenz, S. 62 ff.; Bork, ZGR 1989, 1, 14 ff.; für das öffentiche Recht Bleutge, S. 81 ff., 94 ff., 98 ff.; Kisker, S. 34 ff. Auf das Betriebsverfassungsrecht unter dem Aspekt des negatorischen Rechtsschutzes des Betriebsrats übertragend Raab, S. 134 ff., 146 ff. 106 Coing , Rechtsphilosophie, Kap. IV, IV 3. 107 Nikisch, S. 18; Söllner, § 20 I 1; GK-BetrVG4-Thiele, Einl. Rn. 35, 51 f., der im Gegensatz zu den Mitwirkungsrechten in den Mitbestimmungsrechten nur (Mit-) Zuständigkeiten sieht. 108 Im übrigen verfängt die Argumentation aus einer Organbetrachtung schon deswegen nicht, weil es sich bei dem Betriebsrat nicht um ein Organ eines übergeordneten, rechtlich anerkannten Gebildes handelt. 1() 9 Bethge, § 24 (S. 179) spricht von einer gesicherten Erkenntnis; Kisker, S. 38 ff., 42.

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

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Auch im Gesellschaftsrecht lassen sich diese Grundstrukturen nachweisen. Während der BGH in seiner "Opel-Entscheidung" 110 im Gesellschaftsrecht für den Organstreit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand einer A G die Prozeßführungsbefugnis einzelner Aufsichtsratsmitglieder verneinte, reichen die Aufassungen in der Literatur von der Klage der Gesellschaft vertreten durch den Aufsichtsrat gegen die Vorstandsmitglieder 111 über die Klage des Organs in Prozeßstandschaft für die Gesellschaft 112 bis zur Klage aus eigenem Recht des Organs 113 . Bei allen Argumentationsunterschieden im Detail stimmen die grundsätzlichen Gedanken insoweit überein, als die gesellschaftsrechtliche Gewaltenteilung zwischen Aufsichtsrat, Vorstand und Hauptversammlung und die damit bezweckte Kompetenzverteilung zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Ordnungsgefüges es erfordert, die verselbständigten Kompetenzschutzinteressen zur Wahrung des Kräfte- und Machtverhältnisses als subjektive Ansprüche zu erfassen. Versteht man Gewaltenteilung nicht nur als die herkömmliche Dreiteilung der Gewalten im Staatsgefüge, sondern allgemein im Sinne der Kontrolle durch Verteilung der Macht auf verschiedene Funktionsträger, um Mißbrauch entgegenzuwirken, 114 so ist das Betriebsverfassungsrecht als kollektives Arbeitsrecht zur Wiederherstellung der Vertragsparität zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und zur Verhinderung von Machtmißbrauch durch den Arbeitgeber als geschichtlich gewachsenes System dieses Prinzips anzusehen. Der Gewaltenteilungsgedanke gilt im gesetzlich bestimmten Maß für das BetrVG, so daß die Klassifizierung der Rechte als "Kompetenzen" der Anspruchsstruktur nicht entgegensteht, da sie zur gegenseitigen Kontrolle institutionalisiert wurden. 115 c) Anspruchsausschließende innerorganisatorische

Streitentscheidung

Für die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten wird ein Anspruch der Betriebspartner von der h.M. überwiegend mit dem Hinweis darauf verneint, daß das Einigungsstellenverfahren ein durchsetzbares subjektives Recht

110

BGH v. 28.11.1988, BGHZ 106, 54, 62 ff m.w.Nw.

111

Lewerenz, S. 108 f.

112 113

114

Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 275 ff. Bauer, S. 67 ff.; Bork,, ZGR 1989, 14 ff., 22 ff.

In diesem Sinn Lewerenz, S. 81 ff.; Bleutge, S. 98 ff.; Coing , Rechtsphilosophie, Kap. IV, IV 3; krit. zum Begriff der Gewaltenteilung und für den Begriff der Funktionentrennung Hommelhoff,\ ZHR 143 (1979), 288, 307 f.; Häsemeyer, ZHR 144 (1980), 265, 279. 115 Raab, S. 134 ff., 146 ff. Ob dem eine Demokratisierung des Betriebes entspricht, wie dies z.T. behauptet wird (Hueck/Nipperdey-Säcker, ArbR 7, II/2, S. 1086; Münch ArbR-v.Hoyningen-Huene, § 289 Rn. 1) erscheint trotz demokratischer Wahlen fraglich CKreutz, S. 27).

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ausschließe.116 Der offene, nicht justitiable Entscheidungsinhalt stehe einem Anspruch entgegen. Heinze entnimmt § 87 Abs. 1 BetrVG lediglich eine Verhandlungsberechtigung, die sich im Falle der Weigerung der anderen Seite in einen Anspruch auf Anrufung der Einigungsstelle umwandele. Erst aus dem Spruch der Einigungsstelle könnten zu sichernde Ansprüche erwachsen. 117 Konzen 118 verneint einen Anspruch mit der Begründung, das Gesetz kenne keine Ansprüche, die Zustimmung einzuholen oder eine Anhörung durchzuführen, da diese Rechte im wesentlichen zur Sicherung individualrechtlicher Positionen gewährt würden und nur in diesem Bereich Rechtsfolgen bewirkten. 119 Der Verweis auf die Möglichkeit, die Einigungsstelle zur innerbetrieblichen Streitschlichtung anzurufen, hat indes keine Auswirkungen auf die Charakterisierung einer Norm als Anspruch. Sie hat lediglich zur Folge, daß der Anspruch selbst grundsätzlich nicht einklagbar ist. 120 Anspruch und Klagbarkeit sind zwei getrennte Gesichtspunkte. Ausdrücklich oder konkludent kann sich aus dem Gesetz oder aus einer zulässigen Parteivereinbarung ergeben, daß Ansprüche nicht einklagbar sind. Der Verwendungsanspruch des Besitzers aus § 1001 BGB und die Bestimmung des Käufers gemäß § 375 HGB werden hierfür als Beispiele genannt. Der wesentliche Gesichtspunkt für die fehlende Klagbarkeit ist die außergerichtliche Durchsetzungs- und Befriedigungsmöglichkeit. 121 Walker 122 verlangt auch die Klagbarkeit des Anspruchs für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes, da sich aus dem funktionsbezogenen Gleichlauf von Verfügungs- und Hauptverfahren die gegenwärtige Durchsetzbarkeit des Rechts ergeben müsse.

116

Heinze, DB 1983 Beil. 9, S. 16 f.; MünchKomm-ZPO-tfemze, vor § 916 Rn.

26 ff.; § 935 Rn. 114; Konzen., Leistungsansprüche, S. 109 f.; Belling, S. 347 ff.; Raab,

S. 159, indem in § 87 Abs. 1 keine Leistungspflicht inhaltlich, sondern verfahrenstechnisch normiert sei; GK-BetrVG 4- Wiese, § 87 Rn. 116. 117

Heinze, RdA 1986, 273, 289 ff.; ders., RdA 1990, 262, 280; ders., DB 1983, Beil.

9, S. 16 f. ; MünchKomm-ZPO-Z/emze, § 935 Rn. 112 ff.; Olderog, NZA 1985, 753, 758 f. 118 S. 52. Für möglich hält er auch die analoge Anwendung der §§ 98 Abs. 5 und 101 BetrVG für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche für den Fall einer Gesetzeslücke. 119 Dem entspricht der Gedanke, daß Kompetenzen nur in dem Umfang zu Ansprüchen erstarken, wie eine anderweitige Streitentscheidung gesetzlich nicht gewährleistet ist (Lewerenz, S. 88; Bork, ZGR 1989, 18, 21. 120

Zur Klagbarkeit von Ansprüchen Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 92 III; Stech, ZZP 77 (1964), 161 ff. Unklagbare Ansprüche im heutigen Recht; Ballon, 1980, S. 103 ff. 121

Rosenberg/Schwab/Gottwald,

§ 92 III; Stech, ZZP 77 (1964), 161, 200 ff. Stech,

S. 164, unterscheidet unvollkommene Verbindlichkeiten mangels Rechtsqualität und solche mangels Rechtsgarantie (fehlende Klagbarkeit). 122 Rn. 830 ff., 832 (für das Recht auf Verhandlung), 214, 225.

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M i t dem Begriff der Klagbarkeit ist indes im Bereich der Betriebsverfassung die falsche Kategorie gewählt. Für den verfassungsrechtlich gebotenen rechtzeitigen Rechtsschutz kann es hinsichtlich der Qualifizierung als Anspruch nicht auf die gegenwärtige Klagbarkeit, sondern allein darauf ankommen, ob der Anspruch in einem gesetzlich anerkannten Verfahren grundsätzlich durchgesetzt werden kann. Der Verhandlungsanspruch mit nachgeschaltetem Einigungsstellenverfahren zu dessen Durchsetzung erfüllt unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen eines Verfügungsanspruchs in gleicher Weise wie ein allein im Schiedsverfahren durchsetzbarer Anspruch. 123 Für Arbeitgeber und Betriebsrat ist es über die Einigungsstelle normalerweise möglich, ihren "Anspruch" auf Mitbestimmung, Verhandlung oder Regelung einer Angelegenheit durchzusetzen, wenn die Einigungsstelle verbindlich entscheidet. Gemäß § 111 Abs. 4 Satz 3 AktG entscheidet die Hauptversammlung bei einem Streit zwischen Aufsichtsrat und Vorstand über das Zustimmungserfordernis eines Geschäfts. Die verfahrensrechtliche Gestaltung über Einigungsstelle und Hauptversammlung ist Ausdruck des innerbetrieblichen bzw. gesellschaftsrechtlichen Regelungsvorrangs und der Zurückdrängung staatlichen Eingreifens. 124 Sie besagt allerdings noch nichts über die diesem Verfahren zugrundeliegenden Ansprüche. Die Anspruchsqualität unter Berufung auf die entsprechenden verfahrensrechtlichen Wege zu verneinen, ist unzulässig, solange nicht selbständig und unabhängig vom nachgeschalteten Verfahren der Anspruchscharakter untersucht worden ist. Die alleinige Betrachtung einer anderweitig zur Verfügung stehender Streitentscheidung läuft darauf hinaus, Ursache und Wirkung zu verwechseln. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Einigungsstelle zur innerbetrieblichen Streitschlichtung zu berufen, ist von Zweckmäßigkeitserwägungen geleitet, ohne daß daraus Schlußfolgerungen auf die Anspruchsstruktur oder den einstweiligen Rechtsschutz gezogen werden könnten. Ein Widerspruch besteht auch nicht darin, daß bei fehlender Klagbarkeit nicht die Erhebung der Klage gemäß § 926 ZPO aufgegeben werden kann. Diesem Erfordernis wird durch die Anrufung der Einigungsstelle als Voraussetzung einer Verfügung Genüge getan. Zwar ist es vorstellbar, daß der Gesetzgeber durch verfahrensrechtliche Regelungen bewußt Subjekte Rechte ausschließen wollte. Entgegen Heinze 125 ist der 123

Dütz, ZfA 1972, 247, 266 f. Dem Einwand von Walker, daß vor Schiedsstellen grundsätzlich auch gerichtlich durchsetzbare Ansprüche geltend gemacht werden, ist entgegenzuhalten, daß Schiedsgericht und Einigungstelle trotz aller Unterschiede hinsichtlich der Durchsetzbarkeit des originären Anspruchs vergleichbar sind. 124 Der Subsidiaritätsgesichtspunkt staatlichen Eingreifens kommt auch im Abstimmungsverhalten des Vorsitzenden wie es in § 76 Abs. 3 Satz 2 1. HS geregelt ist, zum Ausdruck. 125 MünchKomm-ZPO-/temze, § 935 Rn. 113.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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amtlichen Begründung jedoch nichts darüber zu entnehmen, ob den Normen Ansprüche der Betriebspartner zugrunde liegen. Die rein individualrechtliche Wirkung hat Konzen primär im Zusammenhang mit dem negatorischen Rechtsschutz des Betriebsrats vertreten. Damit verengt er den Blick auf Unterlassungsansprüche, ohne auf die Anspruchsqualität der Mitbestimmungsrechte selbst einzugehen. Auch der Kompensationsgedanke durch das Einigungsstellenverfahren, wie er Konzen, Heinze und Belling offenbar vorschwebt, kann die Begründunglast nicht verschieben. Vielmehr ist strikt zwischen dem gewährleisteten Recht auf Herbeiführung einer Einigung und einem möglichen Unterlassungsanspruch zu unterscheiden. Interessanterweise will Konzen den instrumentalen Unterschied zwischen Verfügungsanspruch und Mibestimmungsrecht für den einstweiligen Rechtsschutz des Betriebsrats mit der Folge vernachlässigen, daß dieser sein Initiativrecht unabhängig von einem Anspruch durchsetzen könne. 126 Wie die Klagbarkeit durch das Kriterium der Durchsetzbarkeit zu ersetzen ist, ist das Vollstreckbarkeitserfordernis dem Beschlußverfahren anzupassen. Nach Walker spricht gegen ein sicherungsfähiges Recht auf Mitbestimmung, daß ein solches Recht nicht vollstreckt und daher nur festgestellt werden könne. 127 Der Betonung der Vollstreckbarkeit eines Anspruchs liegt die Fixierung auf den zivilrechtlichen Zweipersonenrechtsschutz zugrunde, wie er über die Leistungsklage erfolgt. Demgegenüber muß die Bestimmung des einstweiligen Rechtsschutzes aus dem jeweiligen materiellen Recht und Verfahrensrecht, d.h. für die Betriebsverfassung aus dem Beschlußverfahren erfolgen. In diesem herrscht neben Leistungs- und Gestaltungsanträgen der Feststellungsantrag vor, so daß schon von daher die Vollstreckungsvoraussetzung ins Leere läuft. Erfolgt im Hauptverfahren die Verhaltenssteuerung mittels Feststellungsantrag, 128 kann der gerade neben dem Einigungsstellenverfahren notwendige einstweilige Rechtschutz nicht unter Hinweis auf die fehlende Vollstreckbarkeit versagt werden. Die Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert es im Beschlußverfahren nicht, daß der zu sichernde Anspruch vollstreckbar sein muß. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen 129 zum einstweiligen Rechtsschutz bekräftigen das gefundene Ergebnis. Schlösse man einerseits jegliche Ansprüche im Bereich der sozialen Angelegenheiten aus und verlangt man andererseits für jede einstweilige Verfügung einen materiell-rechtlichen Anspruch, hätte dies zwangsläufig den Ausschluß des einstweiligen Rechtsschutzes in diesem

126

Leistungsansprüche, S. 54. Rn. 830 f.; zum Vollstreckbarkeitserfordernis schon Baur, Studien, S. 28; LAG Hamburg v. 3.9.1987, LAGE § 888 ZPO Nr. 11 = NZA 1988, 371 f. 128 Vergi, zur Verhaltenssteuerung unten § 7 IV 2 (S. 278 ff.). 129 Oben § 3 (S. 51 ff.). 127

156

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

besonders brisanten Bereich der Betriebsverfassung zur Folge, der wie gezeigt durch das Einigungsstellenverfahren nicht adäquat ausgeglichen werden kann. Da § 87 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch zu entnehmen ist, führt die Möglichkeit der innerbetrieblichen Schlichtung nur dazu, daß dieser Anspruch grundsätzlich nicht vor dem Arbeitsgericht eingeklagt werden kann. Er bleibt jedoch über den einstweiligen Rechtsschutz sicherungsfähig, denn der Ausschluß der außergerichtlichen Durchsetzbarkeit beruht auf der Funktionsfähigkeit und Effektivität des spezifischen Instrumentariums des Einigungsstellenverfahrens. Soweit einstweilige Maßnahmen erforderlich werden, verbleibt es bei den prozessual anwendbaren Wegen. d) Rechtssubjektivität

des Betriebsrats

Die fehlende Rechts- und Vermögensfähigkeit des Betriebsrats, wie sie von der ganz h.M. 1 3 0 angenommen wird, steht der Zuweisung von subjektiven Rechten an den Betriebsrat nicht entgegen. Der Betriebsrat ist handelndes Rechtssubjekt der Betriebsverfassung. Soweit ihm nach dem BetrVG obliegt, selbst Rechte geltend zu machen, ist seine Rechtssubjektivität gesetzlich anerkannt. Die Rechtsfähigkeit als Grundbegriff der Rechtsordnung wird als die Fähigkeit verstanden, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können 1 3 1 , wobei der Umfang der Zuordnung Einschränkungen auf Grund der Eigenart des Subjekts

130

BAG v. 24.4.1986, AP Nr. 7 zu § 87 BetrVG 1972 Sozialeinrichtung m. Anm. v. Mühl = EzA § 1 BetrVG 1972 Nr. 4 m. Anm. v. Weber; v. 9.9.1975, AP Nr. 6 zu § 83 ArbGG 1953 unter II 2; v. 21.11.1978, AP Nr. 35 zu § 37 BetrVG 1972 unter III 5; LAG Baden-Württemberg v. 22.6.1964, BB 1964, 963; LAG Hamburg v. 19.10.1976, DB 1977, 1056; wohl auch LAG Berlin v. 26.3.1984, NZA 1984, 333; LAG Hamm v. 19.10.1989, DB 1989, 1472; Münch ArbR-v.Hoyningen-Huene, § 291 Rn. 19 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 26 Rn. 8; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 1 6 Rn. 105; Galperin/Löwisch, BetrVG , vor § 1 Rn. 21; offengelassen Grunsky, ArbGG 6, § 85 Rn. 3 f.; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 85 Rn. 11; Gramm, AR-Blattei [D] Betriebsverfassung VII Β I; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, vor § 1 Rn. 27; Hueck/Nipperdey-Säcker, ArbR 7, II/2 S. 1091, 1106; ausführlich Jahnke, Zwangsvollstreckung, S. 42 ff. m.w.Nw. (S. 20 Fn. 9 zur Zwangsvollstreckung); ders., RdA 1975, 343 f.; GK-BetrVG 5-Ära/i, § 1 Rn. 72 ff.; Neumann-Duesberg, S. 334; Nikisch, S. 16 ff., 172; Schaub, § 220 V 6 I; Weiss, RdA 1974, 269, 270; hinsichtlich des Ausschlußes der Zwangsvollstreckung: Dietz/Nikisch, ArbGG, § 85 Rn. 19; Dersch/Volkmar, ArbGG 6, § 85 Rz 1; Flatow/Joachim, § 84 Anm. 1 (S. 422); Paschke, AcP 187 (1987), 60, 75 ff.; für Österreich Schrammel, FS für Strasser, S. 295, 304 f. 131 Larenz, AT, § 5 I; Medicus, Rn. 1039; Enneccerus/Nipperdey, § 83 I (S. 477 ff.), § 105; grundlegend anders Fabricius, S. 44; Münch Komm- Gitter § 1 Rn. 5 m.w.Nw.; Heinze, Rechtsnachfolge, S. 101.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

157

erfährt. 132 Die Funktion der Rechtsfähigkeit besteht in der gesetzlichen Vermutung einer umfassenden Zuständigkeit 133 und der Bestimmung des Zuordnungsendpunkts von Rechten und Pflichten. 134 Die Teilrechtsfähigkeit wird als Einzelzuweisung von Rechten und Pflichten angesehen.135 Gegen den Dualismus von rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen sozialen Gebilden wendet sich Fabricius m mit der Begründung, daß Inhalt und Umfang der Rechtsfähigkeit des einzelnen Subjekts nur induktiv aus den einzelnen Rechtssätzen gewonnen werden könnten. 137 Für Organisationen sei ausgehend von den jeweiligen Normen zu klären, inwieweit das Gebilde als Einheit im Rechtsverkehr zu betrachten sei. 138 Vor dem Hintergrund der Diskussion um die (Teil-)Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts 139 sind Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität nicht gleichzusetzen. Vielmehr ist von den jeweiligen gesetzlichen Regelungen ausgehend zu bestimmen, welchen rechtlichen Gebilden der Gesetzgeber konkrete Rechte und Pflichten zugewiesen und dadurch ihre Rechtssubjektivität anerkannt hat. 140

132

133 134

135

Mummenhoff\ S. 5.; Fabricius, S. 61; Rittner, S. 251 ff., 267.

Dazu ausführlich Mummenhoff\ S. 6 ff., 13, der von einer Indizwirkung spricht. Mummenhoff, S. 3 ff., 6 ff.

Bachof AöR 44 (1958), 208, 264.; dagegen Mummenhoff, S. 4 f., da sie keine Aussage über die Zuordnung von Rechten und Pflichten enthalte und nur beschreibenden Charakter habe, bzw. dazu diene, die Selbständigkeit von Organisation und Mitglied zu begründen; ein Gesichtspunkt der aber gerade zu bestimmen sei. Krit. auch K.Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V. 136

137

Fabricius, S. 2 ff.; Rosset, S. 55 ff.; Bittner, S. 93 ff.

Ders., S. 52 f.. Als Gehalt einer allgemeinen Rechtsfähigkeit vermag er nur den engen Bereich des Vermögensrechts anzusehen. 138

139

Ders., S. 62, 64.

Die neuere geselschaftsrechtliche Literatur hält den Begriff der Rechtsfähigkeit für ungeeignet. Entscheidend sei die im Gesetz zum Ausdruck kommende Wertung, ob ein rechtliches Gebilde im Rechtsverkehr auftreten können soll, indem ihm bestimmte Befugnisse zugeschrieben werden. Gefordert wird daher, den auf dem Primat des subjektiven Rechts fußenden einheitlichen Begriff der Rechtsfähigkeit aufzugeben und allein auf die "konkreten organisatorischen Zusammenhänge der einzelnen Personifikationen abzustellen." Als Kriterien für die Anerkennung im Rechtsverkehr nennt John, S. 72 ff., 221 ff. die Handlungsorganisation, den Haftungsverbund und die Identitätsausstattung. Zur Diskussion vergi. Reinhard, S. 19 ff., 27 ff.; K.Schmidt, JZ 1985, 913 ff.; ders., Ge-

sellschaftsrecht § 58 II 4, IV (rechtspolitisch). Abl. BAG ν. 5.3.1987, NZA 1988, 32 ff. dagegen wiederum Habersack, JuS 1990, 180 ff. 140 So Rosset, S. 53 f.; Bachof, AöR 44 (1958), 208, 263 ff., der auf die Unentbehrlichkeit des rechtstheoretischen Begriffs der Teilrechtsfähigkeit zum Verständnis des Verbandsrechts hinweist. Krit. zur Eignung des Begriffs Konzen, ZHR 150 (1986), 387, 388 f.

158

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Dem Betriebsrat werden zahlreiche Rechte zugewiesen, so daß er durch die gesetzliche Regelung Rechtssubjektivität erlangt hat. 141 Der Zuordnung eines Anspruchs aus § 87 Abs. 1 BetrVG entspricht es, daß der Betriebsrat Träger der Mitbestimmungsrechte der Betriebsverfassung ist. 1 4 2 Letztlich lassen sich die rechtsgeschäftlichen Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats, wie sie sich aus den innerbetrieblichen Absprachen, 143 der Vertragskonstruktion der Betriebs Vereinbarung, 144 des Sozialplans 145 und des Interessenausgleichs 146 und den nach außen gerichteten Vertragsbeziehungen des Betriebsrats zu Rechtsanwälten147 und Sachverständigen 148 ergeben, nur dann widerspruchsfrei erklären, wenn man dem Betriebsrat die Rechte selbst zuweist und ihn als Rechtsträger anerkennt. 149

141

Für eine Teilrechtsfähigkeit oder Rechtssubjektivität Dütz/Säcker, DB 1972, Beil. 17, S. 15 f.; GK-BetrVG5-Wiese, § 40 Rn. 129 ff. m.w.Nw.; Däubler, AuR 1982, 6, 10; Jahnke, RdA 1975, 343, 344; LAG Schleswig-Holstein v. 17.7.1973, DB 1973, 2147 f.; zum Personalvertretungsrecht Simianer, PersV 1994, 390 ff. 142 Dazu schon § 3 II (S. 54 ff.). 143 Zu nennen sind Einigung, Einverständnis, Einvernehmen, Verständigung, Abstimmung und Beratung. Dazu Birk, ZfA 1986, 73 ff. 144 Heute ganz h.M. (GK-BetrVG 4-Kreutz, § 77 Rn. 31 m.w.Nw.; ders., S. 15; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 77 Rn. 22 ff.). 145 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 112 Rn. 20 ff.; a.A. GK-Betr\G*-Fabricius, §§112, 112 a Rn. 22. 146 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 112 Rn. 22; a.A. BAG ν. 28.8.1991, NZA 1992, 41 f. 147 Zu den unterschiedlichen Konstruktionen der Rechtsprechung BAG ν. 18.4.1968, AP Nr. 7 zu § 39 BetrVG 1952 (Anspruch abgelehnt); v. 6.4.1973, EzA § 76 BetrVG Nr. 2 (aus § 2 Abs. 1 BetrVG und Durchgriffshaftung); bestätigt von BAG v. 11.5.1976, EzA § 76 BetrVG Nr. 8; LAG Hamm v. 20.2.1979, EzA § 76 BetrVG Nr. 4; BAG ν. 15.12.1978, EzA § 76 BetrVG Nr. 23; v. 13.1.1981, EzA § 76 BetrVG Nr. 31; v. 21.6.1989, EzA § 76 BetrVG Nr. 49; v. 21.6.1989, EzA § 76 BetrVG Nr. 53, wonach durch die Anrufung der Einigungsstelle ein besonderes betriebsverfassungs-rechtliches Rechtsverhältnis entstehe, kraft dessen aus § 76 Abs. 2 BetrVG die Befugnis entstehe, Beisitzer zu bestellen und Honorarvereinbarungen zu treffen, ohne daß eine vertragliche Beziehung zwischen Betriebsrat und Beisitzer entstehe. Jahnke, RdA 1975, 347 f. plädiert für eine gesetzliche Stellvertretung, die von der h.M. (GK-BetrVG5-Wiese, § 40 Rn. 13; GK-BetrVG5-A>a//, § 1 Rn. 74; Dietz/Richardi, BetrVG 6, Vorbem. § 26 Rn. 9) abgelehnt wird. Für die Einigungsstelle besteht nunmehr die Vergütungsregelung gemäß § 76 a BetrvG. 148 Dazu Jahnke, RdA 1975, 345 ff. 149 Eine Lösung über einen Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 BGB) bereitet hinsichtlich des Leistungsanspruchs und möglicher Leistungsstörungen Probleme. Haftungsrechtliche Probleme werden selbst über diese Konstruktion nicht umgangen, da zwischen Betriebsrat und Drittem ein vertragsähnliches Schuld Verhältnis entstünde (MünchKomm-Gottwald, § 328 Rn. 25; Stmd-Kaduk, Vor §§ 328 Rn. 20). Zum Ganzen Rosset, S. 28 ff.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

159

IV. Anspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG Die vorstehenden Überlegungen haben ergeben, daß aufgrund der Teilhabe der Betriebspartner an betrieblichen Regelungen, der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung wie teleologischen Erwägungen § 87 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch zu entnehmen ist, dem weder die innerbetriebliche Schlichtung noch die fehlende Rechtsfähigkeit des Betriebsrats entgegenstehen. Nunmehr ist dieser Anspruch inhaltlich zu konkretisieren, da die h.M. offensichtlich auch aus diesem Grund davon absieht, aus § 87 Abs. 1 BetrVG einen Anspruch herzuleiten. Der Anspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG ist auf Teilhabe am Mitbestimmungsverfahren gerichtet. Anspruchsgrundlage für einen solchen verhandlungsorientierten Mitbestimmungsanspruch ist § 87 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. 1. Stufenbau und Konkretisierung des Anspruchs Ein sicherungsfähiger Anspruch des Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 BetrVG ergibt sich aus dem Stufenbau des Mitbestimmungsrechts. Die Rechte des Betriebsrats lassen sich grob in die allgemeinen Beteiligungsrechte, unmittelbaren Leistungsrechte und die besonderen Mitwirkungs- und Mibestimmungsrechte unterteilen. Zu den allgemeinen Beteiligungsrechten zählen die Informations-, Einsichts-, Vorschlags-, Beratungs- und Teilnahmerechte. 150 Diese Rechte bewirken eine Verpflichtung des Arbeitgebers zum jeweils geforderten Handeln, zeitigen bei einem Verstoß aber regelmäßig keine auf die Maßnahme bezogenen Rechtsfolgen. Demgegenüber gewähren die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte eine wesentliche stärkere Rechtsposition. Überwiegend hängt die Wirksamkeit der geplanten oder durchgeführten Maßnahme von der Beteiligung des Betriebsrats an der Entscheidungsfindung ab. Für die Informationsrechte aus § 80 Abs. 2 BetrVG wurde schon aus Wortlaut, Sinn sowie Zweck und der Entstehungsgeschichte die Anspruchsqualität nachgewiesen.151 Ebenso sprechen Wortlaut und Funktion der Beratungsrechte für Ansprüche des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber, wenn es heißt, daß der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat zu beraten habe. 152 Seine Funktion, die Arbeitnehmerinteressen in den Entscheidungsprozeß des Arbeitgebers einzubrin150

Dietz/Richardi, BetrVG6, Vor § 74 Rn. 15; Fitting/ Auffar th/Kaiser/Heither, 17 BetrVG , § 1 Rn. 119 ff.; Münch ArbR-Matthes, § 318 Rn. 1; Konzen, Leistungspflichten, S. 50. 151 Ausführlich Konzen, Leistungspflichten, S. 54 ff. Dies gilt in gleicher Weise für spezielle Normierungen des Gedankens in den §§ 89 Abs. 2„ 90 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 99 Abs. 1, 100 Abs. 2 Satz 1, 105, 110, 111 BetrVG. 152 §§ 90 Satz 1, 92 Abs. 1 Satz 2, 96 Abs. 1 Satz 2, 97 oder 111 Satz 1 BetrVG.

160

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

gen, kann der Betriebsrat nur wahrnehmen, wenn man ihm durchsetzbare Ansprüche gewährt. Entscheidend ist neben dem Wortlaut und der Funktion der Sachzusammenhang mit den Informationsansprüchen selbst. 153 Inhaltlich verpflichtet die Beratung beide Seiten, ihre Argumente zu Sachfragen vorzutragen und zu den Argumenten der Gegenseite Stellung zunehmen.154 Zu fragen ist nunmehr, ob den weitergehenden Mitbestimmungsrechten aus ihrem Verhältnis zu den Beteiligungsrechten zumindest inhaltlich teilweise Anspruchsqualität zukommt. Die Mitbestimmungsrechte sind die umfassende Normierung der Teilhabe der Arbeitnehmervertretung am betrieblichen Entscheidungsfindungsprozeß. Stellt das Mitbestimmungsrecht ein derart herausragendes und umfassendes Recht dar, sind in ihm die Gewährleistungen der allgemeinen Beteiligungsrechte aufgegangen und enthalten. Das heißt aber nichts anderes, als daß jedem Mitbestimmungsrecht, auch wenn dies im Normtext nicht erwähnt ist, ein Recht auf Information, ein Recht auf Anhörung bzw. Beratung immanent ist. 155 Geht es um die Gewährleistung des Mitbestimmungsrechts im Ganzen, so geht es zugleich um die Sicherstellung auch dieser vom Tatbestand umfaßten Rechtspositionen. Die Informations- und Beratungsansprüche verlieren durch die Einbeziehung in das weitergehende Mitbestimmungsrecht nicht ihren Anspruchscharakter, so daß zumindest insoweit entsprechende gegenseitige Ansprüche bestehen. 156 Bildlich kann man sich die Mitbestimmungsrechte ähnlich einer Pyramide vorstellen, an deren Spitze, von den darunter liegenden Beteiligungsrechten getragen, sich das gleichberechtigte Partizipationsrecht an den betrieblichen Entscheidungen, das Mitbestimmungsrecht, befindet. So wird das Mitbestimmungsrecht inhaltlich vorbestimmt durch ein auf den jeweiligen Mitbestimmungstatbestand zielendes Informations-, Anhörungs- und Beratungsrecht. Über den sich aus diesen Teilrechten ergebenden Anspruchsinhalt hinaus gewährt § 87 Abs. 1 BetrVG das Recht zur gleichberechtigten Teilhabe an der Entscheidungsfindung und -formulierung. Diesem weitergehenden Recht läßt sich mangels inhaltlicher Konkretisierung kein Anspruch entnehmen, da eine Verpflichtung einer Seite zu einer bestimmten Gestaltung einer Maßnahme

153

Konzen, Leistungspflichten, S. 54. Der Umfang der Beratungspflicht ist nach Eingriffsstärke und Belastungen der Arbeitnehmer auf der einen Seite und Dringlichkeit der Maßnahme auf der anderen Seite zu bestimmen (Konzen, Leistungspflichten, S. 57). 155 Ähnlich Buchner, SAE 1986, 129, 130; ders., SAE 1984, 187, 190; Däubler, AuR 1982, 6, 10 f. 156 Entsprechende Leistungsanträge des Betriebsrats im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren unterliegen keinen Bedenken. 154

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

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nicht geschaffen werden sollte. Eine Einigung unterliegt den jeweiligen betrieblichen Zweckmäßigkeitserwägungen und entzieht sich einer gesetzlichen Normierung. Besteht ein weiter Bereich möglicher Entscheidungen 157 , steht in allen Fällen den Betriebspartnern ein Gestaltungsermessen zu, auf welchem Weg sie ein in Aussicht genommenes Ziel erreichen wollen. Dem Wortlaut, der Entstehungsgeschichte sowie der Systematik der Vorschrift lassen sich keine weiteren Erkenntnisse über einen möglichen Anspruchsinhalt entnehmen. 2. Anspruchsinhalt Eine nähere inhaltliche Konkretisierung des Anspruchs auf verhandlungsorientierte Mitbestimmung, wie sie schon im Stufenbau der betriebsverfassungsrechtlichen Ansprüche angedeutet ist, ist über § 87 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG bestimmbar. Danach haben die Betriebspartner über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Entgegen der h.M. 1 5 8 läßt sich hieraus ein sicherungsfähiger Verhandlungsanspruch des Arbeitgebers herleiten. Während § 74 Abs. 1 Satz 1 BetrVG als nicht sanktionsbewährte Sollvorschrift monatliche Besprechungen festschreibt, regelt Satz 2 über den Bereich des Satz 1 hinausgehend die Verfahrensgrundsätze, um Meinungsverschiedenheiten beizulegen. Die Betriebspartner haben thematisch begrenzt über sämtliche strittigen Fragen, die sich aus dem betrieblichen Alltag ergeben oder sich hierauf beziehen, zu verhandeln. Mit der Formulierung "haben zu verhandeln ..." wählt das Gesetz eine gegenüber Satz 1 deutlich schärfere Ausdrucksweise, die für einen Verhandlungsanspruch spricht. 159 Verpflichteter und Berechtigter stehen im betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis fest. Die monatliche Besprechung und die Verhandlungspflicht sind als Präventivmaßnahmen an die Stelle der Notwendigkeit nach altem Recht getreten, einen Einigungsversuch unternommen zu

157

Etwa über die Ausgestaltung einer Betriebsbußenordnung, über Beginn und Ende der Arbeitzeit, die Verteilung des Urlaubs, die Ausgestaltung von Sozialeinrichtungen usw. 158 Belling , S. 335 ff., 349 ff.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 74 Rn. 10 f.; 17 Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG , § 74 Rn. 3; Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 16 f.; ders., RdA 1986, 273, 289; MünchKomm-ZPO-//ewze, Vor § 916 Rn. 27 f., § 935 Rn. 112 ff.; GK-BetrVG 4-Kreutz, § 74 Rn. 26; Konzen, Leistungspflichten, S. 83 ff. 159 Siehe oben § 6 IV (S. 159 ff.). 11 Schwonberg

162

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

haben, bevor eine außerbetriebliche Stelle angerufen werden konnte (§ 49 Abs. 4 BetrVG 1952). 160 § 74 Abs. 1 BetrVG ist die gesetzliche Konkretisierung des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit aus § 2 Abs. 1 BetrVG für den Bereich der Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. 161 Es geht nicht nur um Besprechungen, in denen Anliegen abgestimmt werden können. Gefordert sind Verhandlungen. Diese unterscheiden sich von Besprechungen durch ihre Themenzentrierung und Ergebnisorientierung. Im Gegensatz zu Besprechungen steht bei Verhandlungen das Erreichenwollen eines Ergebnisses deutlich im Vordergrund. Das Gespräch zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat findet nicht in einem freien Raum statt, sondern hat grundsätzlich die Lösung eines konkreten Problems vor Augen. Hieraus erklärt sich das weitere Erfordernis des ernsten Willens zur Einigung und der konstruktive Aspekt, Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten zu machen. Nach der ganz h.M. ist dies i.S. einer Erörterungsund Einlassungspflicht zu verstehen, der eine Kompromißpflicht jedoch nicht nachgeschaltet ist. 1 6 2 Einen Zwang zur Einigung schafft der Verhandlungsanspruch über § 74 Abs. 1 BetrVG nicht, denn diesen Weg eröffnet allein die Einigungsstelle. § 74 BetrVG stellt neben § 2 Abs. 1 BetrVG die Kooperationsverpflichtung der Betriebspartner auf. Eine bloße Berechtigung, die erst mit einem mehrfachen Verstoß über § 23 Abs. 3 oder § 23 Abs. 1 BetrVG sanktioniert werden könnte, 163 wird der grundlegenden Bedeutung der Pflicht nicht gerecht. Gegen einen Verhandlungsanspruch kann man nicht einwenden, daß er dem Prinzip der Vertrags- und Privatautonomie widerspreche, da ein Kontrahierungszwang, den das Zivilrecht grundsätzlich nicht kennt, mittels eines Verhandlungsanspruchs, der nur die Vorphase erfaßt, gerade nicht begründet wird. Auch die kollektivrechtliche Ausgestaltung spricht nicht gegen einen Verhandlungsanspruch. Allerdings ist der kollektivrechtliche Verhandlungsanspruch der Tarifvertragsparteien ebenfalls umstritten. Das BAG verneint in ständiger Rechtsprechung einen Anspruch der Tarifvertragsparteien auf Aufnahme und Führung von Verhandlungen. Es begründet

160

Für die Fortgeltung Belling , S. 348 f. Zur Regelung von § 49 Abs. 3 BetrVG 1952 Dietz, BetrVG 4, § 49 Rn. 22 f. 161 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 74 Rn. 1 f.; GK-Betr MG*-Kreutz, § 74 Rn. 1. 162 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 74 Rn. 10 ff.; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, 17 BetrVG , § 74 Rn. 3; GK-BetrVG4-A>é?w/z, § 74 Rn. 25; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 74 Rn. 7. 163 So allerdings GK-BetrVG4-Kreutz, § 74 Rn. 26.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

163

seine Auffassung im wesentlichen mit der fehlenden inhaltlichen Konkretisierbarkeit eines solchen Anspruchs, der Gefahr einer gerichtlichen Inhaltskontrolle als unzulässigem Eingriff in die Tarifautonomie bzw. der fehlenden Justitiabilität. Weder könne ein Abschlußzwang bejaht werden, noch würden durch die Rechtsprechung kleine Gewerkschaften benachteiligt. 164 Die Meinungen in der Literatur sind geteilt. Während die einen dem BAG wegen einer fehlenden Rechtsgrundlage und dem Gebot des freien Spiels der Kräfte, das sich auf Inhalt und Zustandekommen von Tarifverträgen beziehe, folgen, weist die Gegenansicht auf die funktionelle Koalitionsgarantie, die den Tarifjparteien überantwortete Normsetzungsbefugnis, die Ordnungsfiinktion, das ultima-ratio- Prinzip sowie die ggf. bestehende Dauerrechtsbeziehung hin. 1 6 5 Der Streit ist hier nicht zu entscheiden. Zumindest beruft man sich in dieser Diskussion auf den Gegensatz zum Betriebsverfassungsrecht, der nur darin bestehen kann, daß es dort eine Anspruchsgrundlage und damit auch einen Verhandlungsanspruch gibt. 1 6 6 Die Ablehnung eines Verhandlungsanspruchs durch die h.M. mag weitgehend auf einer unklaren inhaltlichen Ausgestaltung des Rechts beruhen. Diese darf indes nicht zur Verneinung eines Anspruchs, sondern muß zu dessen Konkretisierung führen. Anknüpfungspunkt einer Konkretisierung ist der gesetzliche Tatbestand. Schon begrifflich begründet der Verhandlungsanspruch "nur" einen Einlassungszwang, nicht hingegen einen Einigungszwang, da das Ergebnis der Verhandlungen offen ist und nicht zu einer Zwangsschlichtung führt. Ein ernster Wille zur Einigung verlangt mehr als nur die physische Beteiligung an einem Verhandlungsgeschehen. Beide Seiten haben ihre Positionen und notwendige Unterlagen dem anderen Betriebspartner zu unterbreiten. Dabei müssen sie mit Verständnis für die andere Seite (§ 2 Abs. 1 BetrVG) deren Standpunkt zur Kenntnis nehmen. Zum ernsten Willen der Einigung gehört ebenso, sich in die Ausgangslage der anderen Seite zu versetzen, ihre Bedürfnisse, Ziele und materiellen Notwendigkeiten zu erkennen und bei der eigenen Standpunktbestimmung zu berücksichtigen. 167 Von diesem Ausgangspunkt des ernsthaften

164

BAG vom 14.7.1981, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Verhandlungspflicht; v. 19.6.1984, AP Nr. 3 zu § 1 TVG Verhandlungspflicht; v. 14.2.1989, NZA 1989, 601 ff.; Doubler, Tarifvertragsrecht, Rn. 108; MünchArbR-Löwisch, § 239 Rn. 91 ff.; Löwisch/Rieble, TVG, Gründl. Rn. 39 f. (der Arbeitskampf sei das Mittel zur Überwindung der Sprachlosigkeit), § 1 Rn. 291. 165

Zum Meinungsstand Hottgenroth,

S. 17 ff.; Coester, ZfA 1977, 87 ff.; Mayer-

Maly, FS für Molitor, S. 239 ff.; Zöllner/Loritz, 166

167

ArbR 4, § 33 III 4.

Coester, ZfA 1977, 87, 94.

Staudacher in: Glaubrecht/Halberstadt/Zander 1 Rn. 179.

164

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Willens wird es überhaupt erst möglich, Verständigungsvorschläge zu machen. 168 Hierbei muß es sich um vernünftige und sachbezogene Vorschläge handeln. Da die Verhandlungen auf eine Einigung ausgerichtet sind, müssen die Betriebspartner ihren eigenen Standpunkt argumentativ verdeutlichen und auf die Gegenposition inhaltlich eingehen.169 Unter dem Aspekt der Verständigungsvorschläge ist die Einordnung kompromißlosen Verhandeins nicht unproblematisch. 170 Da die Verständigung auf eine Einigung beider widerstreitenden Ansichten angelegt ist, widerspricht die Einstellung, vom eigenen Standpunkt nicht abweichen zu wollen oder zu können, dem gesetzlichen Anliegen. 171 Gerade im Hinblick auf den Spruch der Einigungsstelle, der häufig Kompromißcharakter tragen wird, besteht eine gesetzliche Verpflichtung, schon im Vorfeld Kompromißmöglichkeiten zu diskutieren. Neben den eigenen Regelungsvorschlägen sind deshalb Kompromisse unter Berücksichtigung der Interessen der jeweils anderen Seite zu erörtern. Allerdings beschränkt sich hierauf auch schon die gesetzliche Pflicht. 172 Über Kompromißmöglichkeiten muß im soeben aufgezeigten Rahmen verhandelt werden; sie dürfen nicht von einer Seite verweigert werden. Andererseits stellt es keine Pflichtverletzung dar, wenn beide Seiten nach Austausch der Argumente ihren Standpunkt nicht aufgeben, 173 denn Verhandeln hat Kompromißcharakter und trägt zugleich die Möglichkeit des Scheiterns in sich, zumal es in Regelungsfragen selten richtige oder falsche, sondern nur mehr oder weniger zweckmäßige Lösungen gibt. Neben dieser Inhaltsbestimmung läßt sich die Verhandlungspflicht durch einige Negativabgrenzungen objektivieren. 174 Am ernsten Einigungswillen fehlt es, wenn eine Seite die Verhandlungen abbricht, bevor die beiderseitigen Standpunkte und die Kompromißmöglichkeiten ausgetauscht wurden. Bei Äußerungen im Betrieb ist beiderseits Zurückhaltung zu üben, um die Verhandlungssituation nicht zu belasten. Verhandlungsdruck oder Verzögerungstaktiken durch Ausdehnen der Verhandlungen über marginale Punkte sind unzu168 Çalperin/Lôwisch , BetrVG6, § 74 Rn. 5; Heinze, ZfA Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG4, § 74 Rn. 3. 169

170

1988, 53, 85;

Brossette, ZfA 1992, 379, 398.

Dietz,, BetrVG4, § 49 Rn. 23 m.w.Nw. Hottgenroth, S. 190, der auf diese Verhandlungsstrategie ("Boulwarism") unter Tarifparteien in den USA hinweist. 172 In diesem Sinn ist eine "harte Verhandlungstaktik" (Dietz, BetrVG4, § 49 Rn. 22) unzulässig. 173 GK-BetrVG 4-Kreutz, § 74 Rn. 23; BAG ν. 27.11.1973, AP Nr. 4 zu § 40 BetrVG 1972. 171

174

Coester, ZfA

1977, 87, 101 ff. (für die USA); Hottgenroth,

S. 184 ff.

(rechtsvergleichend). § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist daher Ausdruck von Verhandlungen mit "redlicher Gesinnung" (good faith, bonne foi).

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

165

lässig. Abgesehen von unbedingt notwendigen Maßnahmen darf der Arbeitgeber nicht einseitig Tatsachen schaffen, die die Verhandlungen belasten; insofern trifft ihn aus §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ebenso eine Rücksichtnahmepflicht, wie der Betriebsrat nicht auf die Arbeitnehmer einwirken darf. 175 Der 6. Senat des B A G 1 7 6 hat schon 1985 aus § 87 Abs. 1 BetrVG die Pflicht hergeleitet, daß "beide Seiten jeweils diejenigen Maßnahmen zu unterlassen haben, die geeignet sind, diese gemeinsam auszuübende Normsetzungsbefugnis inhaltlich auszuschließen oder ihre Wahrnehmung unmöglich zu machen." Das unbegründete oder völlig unsachliche Ablehnen von gebräuchlichen Regelungen ist ebensowenig mit einem ernsthaften Verständigungsversuch zu vereinbaren. Für den hier nicht näher erörterten einstweiligen Rechtsschutz des Betriebsrats hat der verhandlungsorientierte Mitbestimmungsanspruch folgende Auswirkungen: Vom hiesigen Ansatz kann der Betriebsrat unproblematisch eine Feststellungsverfügung 177 hinsichtlich seiner Informations-, Unterrichtungs- und Beratungsrechte erwirken. Diese wäre indes auf die Zeit bis zur Anrufung der Einigungsstelle beschränkt, da der sicherungsfähige Verhandlungsanspruch in diesem Fall erlischt. Davon zu unterscheiden ist die Frage des einstweiligen negatorischen Rechtsschutzes über eine entsprechende Unterlassungspflicht des Arbeitgebers. Aus der Konzeption und Konkretisierung des Verhandlungsanspruchs aus § 87 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ergibt sich, daß beide Seiten in der Verhandlungsphase verpflichtet sind, Beeinträchtigungen zu unterlassen. 178 Diese Unterlassungsnebenpflicht, die das B A G nunmehr aus § 87 Abs. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 BetrVG herleitet, 179 ist über § 935 ZPO sicherungsfähig. 180 Allerdings

175

Eine Nebenpflicht aus § 87 Abs. 1 BetrVG, Störungshandlungen zu unterlassen, bejahen das LAG Frankfurt v. 14.8.1990, LAGE § 98 BetrVG 1972 Arbeitszeit Nr. 21; v. 19.4.1988, DB 1989, 128; ArbG Münster v. 8.9.1986, BB 1987, 61 f.; Derleder, AuR 1983, 289, 298; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 87 Rn. 161; Leisten, BB 1992, 266, 271. Rechtsfortbildend begründet Raab, S 153 ff. eine Unterlassungsnebenpflicht; Hottgenroth, S. 189 (USA), 194 f. (Frankreich), 210 ff., 216. 176 V. 18.4.1985, EzA § 23 BetrVG 1972 Nr. 10 = AP Nr. 5 zu § 23 BetrVG 1972. 177 Siehe unten § 7 IV (S. 277 ff.). 178 Der verhandlungsorientierte Mitbestimmungsanspruch stellt die von Richardi, NZA 1995, 8, 10, geforderte Rechtsposition dar, die der Arbeitgeber bei mitbestimmungswidrigem Handeln verletzt. 179 BAG v. 3.5.1994, DB 1994, 2450, 2451 = NZA 1995, 40 ff.; bestätigt durch BAG v. 6.12.1994 NZA 1995, 488, 489; während nach hiesiger Ansicht § 74 Abs. 1 BetrVG als lex specialis vorrangig ist. In seiner Anmerkung zu diesem Beschluß hebt Richardi, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972, die Unterscheidung zwischen Beseitigungs- und zukunfstgerichtetem Unterlassungsanspruch zu Recht hervor. Demgegenüber weist Walker, DB 1995, 1961, 1963 sowie SAE 1995, 99, 102, auf die bewußte Entscheidung des Gesetzgebers gegen einen lückenlosen Rechtsschutz bis zur Entscheidung der Eini-

166

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

wird der einstweilige Rechtsschutz des Betriebsrats durch das Erfordernis des Verfügungsgrundes dahingehend eingeschränkt, daß der bloße Rechtsverstoß bzw. -verlust nicht ausreicht, sondern besondere, die Dringlichkeit begründende Faktoren vorliegen müssen, die eine sofortige gerichtliche Eilmaßnahme rechtfertigen. 181 Hierauf hat auch das B A G ausdrücklich hingewiesen, um eine "Blockadepolitik" des Betriebsrats durch Unterlassungsverfügungen zu verhindern. Im Rahmen des Verfügungsgrundes seien das Gewicht des drohenden Verstoßes sowie die Bedeutung der umstrittenen Maßnahme für Arbeitgeber und die Belegschaft angemessen zu berücksichtigen. 182 Nach anderen Ansichten findet ein Unterlassungsanspruch seine Grundlage in § 78 BetrVG 1 8 3 , in § 823 Abs. 1 i.V.m. § 1004 BGB analog 184 oder im gesetzlichen Schuldverhältnis zwischen den Betriebspartnern. 185 Raabm erkennt rechtfortbildend einen Unterlassungsanspruch an, mit dem jedoch nicht in andere Kompetenzbereiche eingegriffen werden dürfe. In jedem Fall spricht für einen Unterlassungsanspruch, daß es mit der Existenz eines Rechtes auf kollektiver Ebene kaum zu vereinbaren ist, wenn man die Sicherung des Rechtes auf der Rechtsfolgenseite allein den betroffenen Arbeitnehmern überläßt. 187 Gegen eine Verhandlungspflicht wird die besondere Gefahr der gerichtlichen Inhaltskontrolle im jeweiligen Autonomiebreich vorgebracht, 188 da eine Abgrenzung zwischen materieller Verhandlungspflicht sowie Abschluß- und Konzessionszwang nicht immer möglich sei. Eine solche Gefahr besteht sicherlich, so daß ihr durch entsprechende Anforderungen an die bestehende Pflicht vorzubeugen ist. Einer Inhaltskontrolle kann dadurch begegnet werden, daß weitestgehend nur eine formale Kontrolle des Verhandlungsgeschehens vorgenommen gungsstelle hin, der Ausdruck eines mitbestimmungsfreien Kerns der Unternehmensautonomie sei. 180 Ähnlich Derleder, AuR 1983, Herbst/Reiter/Schindele, Rn. 564 ff., 578.

181

182

289,

300

ff.;

Etzel,

Rn.

580;

Aus Sicht des Arbeitgebers siehe unten § 7 III 2 b (S. 229 ff.). BAG v. 3.5.1994, DB 1994, 2450, 2452, unter II Β III 3 der Gründe; hierzu krit.

Walker, SAE 1995, 99, 102. 183 Dütz, DB 1984, 119 ff.; ders., Gutachten 1983, S. 30 ff. 184

Otto, NZA 1992,97, 111. GK-BetrVG 5- Wiese, § 23 Rn. 131 ff. 186 S. 152 ff., 164 ff. 187 BAG v. 3.5.1994, unter II Β III 2 c (insoweit in DB 1994, 2450, 2452 nicht abgedruckt). 188 BAG v. 14.7.1981, AP Nr. 1 zu § 1 TVG Verhandlungspflicht; erhebliche Bedenken äußert auch Coester, ZfA 1977, 77, 107, in seinen abschließenden Thesen. Dagegen Wiedemann, Anm. zu AP Nr. 1 zu § 1 TVG Verhandlungspflicht, durch Begrenzung auf "tarifvertragliches Gehör". 185

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

167

wird. Die Verständigungsvorschläge sind der Bewertung - abgesehen von einer u.U. ganz offensichtlichen Unsachlichkeit - der Überprüfung entzogen, so daß allein das dargelegte Verhandlungsverhalten durch schriftliche Unterlagen und Verhandlungsprotokolle zu kontrollieren ist. Lehnt der Betriebsrat Regelungen des Arbeitgebers "in Bausch und Bogen" ohne jede Begründung und ohne eigene Vorschläge ab, fehlt es am ernsthaften Verhandlungswillen und Verständigungsversuch. Daß ein inhaltlich konkretisierter und begrenzter, aber auch durchsetzbarer Verhandlungsanspruch nicht so ungewöhnlich ist, wie dies auf den ersten Blick scheint, zeigt ein Blick über die Grenzen. In den USA hat man mit dem National Labour Relations Act von 1935 versucht, dem Verhandlungsanspruch der Tarifvertragsparteien Konturen zu verleihen, der sich auf eine Negativkontrolle nach objektiven Kriterien beschränkt. 189 Seit der Tarifrechtsreform von 1982 kennt auch Frankreich einen zivil- und strafrechtlich sanktionsbewährten Verhandlungszwang der Tarifpartner. 190 Auf Branchen- 191 und weitergehend auf Unternehmensebene trifft den Arbeitgeber die Rechtspflicht, zu Verhandlungen einzuladen, um über den Effektivlohn, die Arbeitszeit und sonstige Arbeitsbedingungen zu verhandeln. 192 Das Gesetz regelt dabei den Verhandlungsabiauf, die Terminplanung und den vorbereitenden Informationsaustausch sowie das Verhandlungsverhalten. 193 Danach sind die Tagesordnung und Verhandlungspositionen vertieft zu erörtern, Vorschläge und Gegenvorschläge zu formulieren, analysieren und erörtern; die Verhandlungen dürfen nicht "pro forma" geführt werden. 194 Während der Verhandlungen ist das Direktionsrecht des Arbeitgebers bezüglich des Verhandlungsgegenstandes auf Eilmaßnahmen beschränkt. 195 Da kein Abschlußzwang besteht, ist im Falle des Scheiterns der Verhandlungen ein Protokoll über die zuletzt gestellten Forderungen und die beabsichtigten Maßnahmen des Arbeitgebers bei der zuständigen Behörde zu hinterlegen. 196 Interessanterweise ist der Verhandlungsanspruch als Erfüllungsanspruch auch im Eilverfahren im Wege der "demande en référé" durchsetzbar. 197

189

Dazu Coester, ZfA 1977, 77, 98 ff., 108 f., der allerdings auch auf die völlig anderen Rahmenbedingungen im Tarifrecht, dem Arbeitsschutzrecht und der Sozialpartnerschaft aufmerksam macht. Hottgenroth, S. 187 ff. 190

191

Krieger, S. 134 ff., 138 ff.; Hottgenroth, S. 190 ff.

Art. L. 132-12 Absatz 1 Code du Travail (zitiert nach Krieger, S. 138). Artt. L. 132-27 bis L 132-29 Code du Travail (zitiert nach Krieger, m.w.Nw.). 193 Art. L. 132-28 Code du Travail (zitiert nach Krieger, S. 148 f. m.w.Nw.). 192

194

195 196 197

Krieger, S. 148 ff.

Art. L. 132-29 Absatz 1 Code du Travail (zitiert nach Krieger, S. 149). Art. L. 132-29 Absatz 2 Code du Travail (zitiert nach Krieger, S. 150 f.). Krieger, S. 139 f. (Art. 808, 809 Nouv. C. pr. civ. zitiert nach Krieger).

S. 142

168

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Mit der Feststellung, daß sich eine Partei bei den Verhandlungen betriebsverfassungswidrig verhalten habe, wird kein unzulässiger Druck auf die Verhandlungen oder die Betriebspartner selbst ausgeübt, sondern es werden lediglich die bestehenden Pflichten verdeutlicht. Trotz der rechtlichen Konkretisierungsmöglichkeiten bleibt ein Unbehagen gegenüber einem wie auch immer durchsetzbaren Anspruch auf Verhandlungen. Gerichtlich erzwungene Verhandlungen stehen unter einem schlechten Omen. Für sie kann die Verhandlungsweigerung, die Diskussionsverweigerung und ganz besonders die fehlende Konsensbereitschaft vorausprogrammiert sein. Eine Verweigerungshaltung im Rahmen vorgetäuschter Verhandlungen läßt sich kaschieren, indem die Verhandlungstermine intern nicht vorbereitet, keine auch nur entfernt annehmbaren Verständigungsmöglichkeiten bedacht werden oder sich einer der Betriebspartner hinter vorgeschobenen Positionen versteckt. Der Sinn eines Verhandlungsanspruchs besteht daher in folgendem: Das Recht kann sich nicht hinter Umgehungsmöglichkeiten verstecken und muß seine Anforderungen an eine funktionsfähige Betriebsverfassung positiv formulieren. Wie für den Feststellungsantrag im Beschlußverfahren allgemein muß prinzipiell davon ausgegangen werden, daß beide Betriebspartner sich einer autoritativen Anordnung durch das Gericht beugen und nunmehr, auch um weitere Sanktionen zu vermeiden (§ 23 BetrVG), konstruktiv aus ihrer Sicht an den Verhandlungen teilnehmen. Ein dritter Aspekt besteht in der prohibitiven Wirkung der rechtlichen Anordnung und seiner präventiven Verhaltenssteuerung kraft Existenz und Anordnungsmöglichkeit überhaupt. Ist es den Betriebspartnern bewußt, sich durch eine Verhandlungsweigerung pflichtwidrig zu verhalten, kann die Wirkung des Rechtssatzes schlicht in seiner Beachtung bestehen.198 Abschließend bleibt festzustellen, daß sich aus § 87 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ein auf das Mitbestimmungsrecht gerichteter Verhandlungsanspruch nachweisen und konkretisieren läßt. 3. Verbleibender Anwendungsbereich von § 23 Abs. 3 BetrVG Die weitergehende Anerkennung von Ansprüchen, insbesondere von Unterlassungsansprüchen, ist nunmehr mit dem Erfordernis in Einklang zu bringen, daß die Regelung des § 23 Abs. 3 BetrVG nicht vollständig überflüssig sein

198

Vergi, etwa die Angaben von Krieger, S. 154 f., zur Befolgung der Verhandlungspflicht durch die französischen Tarifvertragsparteien.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

169

kann oder durch Auslegung werden darf, da dies der Intention des Gesetzgebers zuwiderläuft. 199 Wenn Heinze und das B A G in seiner früheren Rechtsprechung § 23 Abs. 3 BetrVG in den Mittelpunkt des Anspruchsdenkens rücken und damit Wortlaut und Wertungen des BetrVG außer Acht lassen, und die Gegenansicht § 23 Abs. 3 BetrVG zu einer bloß verfahrensrechtlichen Norm degradiert, die lediglich der Gewerkschaft die Stellung eines gesetzlichen Prozeßstandschafters mit dann abgemilderten vollstreckungsrechtlichen Folgen nach § 23 Abs. 3 Satz 2 bis 5 BetrVG zuweist, 2(K) so verkennen beide Seiten den konkreten Anwendungsbereich. Der hier vertretenen formalen Anspruchsstruktur und der Konkretisierung des verhandlungsorientierten Mitbestimmungsanspruchs steht die Regelung von § 23 Abs. 3 BetrVG nicht entgegen. Primär ist § 23 Abs. 3 BetrVG Hilfs- bzw. Anspruchsnorm für alle die Rechte, denen ein Anspruchscharakter nicht nachgewiesen werden kann, so daß Arbeitgeber oder Betriebsrat bei groben Verstößen gegen die Pflicht mit Sanktionen gem. § 23 Abs. 1 bzw. 3 BetrVG zu rechnen haben. Derartig unselbständige Normen lassen sich nachweisen. Weiterhin ist § 23 Abs. 3 BetrVG mit der erhöhten Anforderung des groben Verstosses heranzuziehen für die Fälle des negatorischen Rechtsschutzes, in denen sich den Normen selbst ein Unterlassungsanspruch nicht entnehmen läßt. 201 Schließlich kommt die Vorschrift als zukunftsgerichtete Anspruchssicherung in Betracht. Allein über § 23 Abs. 1 oder 3 BetrVG durchsetzbare Rechte lassen sich im BetrVG nachweisen. 202 Aus einer strikt historischen Argumentation will Konzen in § 74 Abs. 2 Satz 2 BetrVG eine unselbständige Norm erblicken, die nur über § 23 Abs. 3 BetrVG einen Unterlassungsanspruch gewährleistet. Nach der Regelung des § 51 Satz 2 BetrVG 1952 bestand keine Möglichkeit einen Unterlassungsanspruch, der eine parteipolitische Betätigung untersagte, gegen den Arbeitgeber durchzusetzen, da es insoweit an einer Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 4 lit. i ArbGG 1953 i.V.m. 82 Abs. 1 lit. i BetrVG 1952 fehlte. 203 Da der Gesetzgeber aber dieses Beispiel ausdrücklich zur Begründung des § 23 Abs. 3 BetrVG unter dem Aspekt der sog. Gleichgewichtsthese angeführt hat, ist nach Konzen nur bei groben Verstößen gegen die

199

Vergi. Walker, Rn. 840 ff.; ders. DB 1995, 1661 f. Auf diese Problematik geht das BAG v. 3.5.1994, DB 1994, 2450 ff., in seiner neuen Rechtsprechung zum Unterlassungsanspruch nicht ein. 200 Dütz, AuR 1973, 353, 356. 201 Vergi. Konzen, Leistungspflichten, S. 60 f. 202 Vergi. Raab, S. 89 ff.; Konzen, Leistungspflichten, S. 39 ff., 47 f.; Walker, Rn. 847 ff. 203 Eingehend Konzen, Leistungspflichten, S. 39 ff.

170

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Pflichten aus § 74 Abs. 2 BetrVG ein Unterlassungsanspruch gegeben. Raab™ ergänzt die Argumentation durch die Unbestimmtheit des Berechtigten. M i t der h.M. ist der Anspruchscharakter nach dem eindeutigen Wortlaut, der Systematik und Funktion der Vorschrift zu bejahen. 205 Aufgrund der Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat fehlt es an einer hinreichenden Bestimmtheit des jeweils Berechtigten nicht. Schließlich kommt innerhalb der Auslegungscanones der historischen Auslegung nur eine Auffangfunktion zu, soweit nicht andere Auslegungsmodi zu einem klaren Ergebnis führen. Weiterhin gewährt § 78 BetrVG dem Betriebsrat keinen Anspruch. Dieser gibt ihm keine eigenständige Rechtsposition, legt vielmehr dem Arbeitgeber und Dritten die Pflicht auf, den genannten Personenkreis weder zu behindern oder zu benachteiligen noch zu begünstigen. Eine einzelne mitbestimmungswidrige Maßnahme stellt jedoch keine Beeinträchtigung der Betriebsratstätigkeit als solcher dar. 206 Aus der Anerkennung als Schutzgesetz207 will Dütz § 78 Satz 1 BetrVG zur Grundlage des negatorischen Rechtsschutzes des Betriebsrats machen, indem § 78 Satz 1 BetrVG die gesamte Betriebsratstätgkeit schütze. 208 § 78 Satz 1 BetrVG ist eine Verbotsnorm, die ein Störungs- und Behinderungsverbot aufstellt. Der Ausweitung des Schutzgesetzcharakters zugunsten der gesamten Betriebsratstätigkeit wird jedoch deshalb widersprochen, 2()9 weil Wertungen des BetrVG übergangen würden und weiterer Rechtsschutz nicht über eine globale Verknüpfung der einzelnen Rechte mit § 78 Satz 1 BetrVG erreicht werden könne. 210 Als weitere selbständige Funktion ermöglicht § 23 Abs. 3 BetrVG darüber hinaus den Gewerkschaften, im Wege der gesetzlichen Prozeßstandschaft gegen

204

S. 97 ff. Ähnlich Walker, Rn. 848 für einen Unterlassungsanspruch, da der Arbeitsablauf nicht beein-trächtigt werde. 205 Vergi, oben § 6 III 2 c (S. 141 ff.). Berg in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4, § 74 Rn. 60; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 74 Rn. 15; GK-BetrVG 4Kreutz, § 87 Rn. 76 m.w.Nw.; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 74 Rn. 22, 47. 2() 6 Walker, Rn. 847. 207 Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 78 Rn. 32; GK-BetrVG 4-Kreutz, § 78 Rn. 56; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG 4, § 78 Rn. 13; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, 17 BetrVG , § 78 Rn. 14. 208 Dütz, DB 1984, 115, 118 ff.; ders., Gutachten 1983, S. 30 ff. 2(19 Ausführlich Konzen, Leistungspflichten, S. 61 ff., 64 f.; krit. Derleder, AuR 1983, 287, 300; Heinze, DB 1983, Beil. 9, S. 15 f. 210 In diesem Zusammenhang sind weiter die §§ 2 Abs. 1, 43 Abs. 2 Satz 2 und 75 BetrVG zu nennen, die lediglich Berechtigungen verleihen. Einer abschließenden Aufzählung bedarf es in dieser Arbeit nicht (ausführlich Konzen, Leistungspflichten, S. 65 ff.; Raab, S. 94 ff.; Walken Rn. 846 ff.).

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

171

alle groben betriebsverfassungsrechtlichen Verstöße des Arbeitgebers vorzugehen. 211 Schließlich erlangt § 23 Abs. 3 BetrVG eigenständige Bedeutung für die zukünftige Sicherung recht- und pflichtmäßigen Verhaltens durch den Arbeitgeber im Verhältnis zu dem eigenständigen Beseitigungsanspruch aus § 101 BetrVG. 2 1 2 Aus dem Sinn als Auffangtatbestand für bloße Berechtigungen und der Statuierung einer gesetzlichen Prozeßstandschaft lassen sich auch die herabgesetzten Rechtsfolgen im Vollstreckungsverfahren nach § 23 Abs. 3 BetrVG erklären. Die Begrenzung des Ordnungsgeldes auf einen Betrag von 20.000 D M bringt die historisch verständliche Nähe zum Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 121 BetrVG zum Ausdruck. 213 Je nachdem, welche Rechte von wem geltend gemacht werden, kommt § 23 Abs. 3 BetrVG eine materiell-rechtliche Bedeutung 214 oder nur eine verfahrensrechtliche Bedeutung z u 2 1 5 . V. Vergleich mit dem Personalvertretungsrecht Die hier verfolgte Konzeption eines im einstweiligen Verfügungsverfahren sicherungsfähigen verhandlungsorientierten Mitbestimmungsanspruchs wird durch einen Vergleich mit dem Personalvertretungsrecht untermauert. Einen gewichtigen Hinweis für einen effektiven Rechtsschutz der Personalvertretungen hat das BVerwG in seiner viel diskutierten eingangs erwähnten Entscheidung vom 27.7.1990 gegeben. Für das Personalvertretungsrecht führt es zum wirksamen Rechtsschutz aus: "Der Charakter des Beschlußverfahrens als eines objektiven Verfahrens steht nach der Rechtsprechung des BVerwG zwar einem materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch entgegen; er hindert aber nicht den Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit verfahrensrechtlichem Inhalt in dem Sinne, daß er sich nur auf Verfahrenshandlungen bezieht. So käme etwa in Betracht, daß der Dienststellenleiter (bei Vorliegen hier nicht zu

211

Konzen, Leistungspflichten, S. 47; Dietz/Richardi, BetrVG 6, § 23 Rn. 26 5 (undeutlich); GK-BetrVG -Wiese, § 23 Rn. 61; Derleder, AuR 1983, 289, 293; Dütz, DB 1984, 115, 116; Walker, Rn. 843. 212

BAG v. 18.4.1985, EzA § 23 BetrVG Nr. 10; v. 17.3.1985, EzA § 23 BetrVG

1972 Nr. 16; Raab, S. 103 ff.; Richardi, NZA 1995, 8, 9.

213 Konzen, Leistungspflichten, S. 42. Umgekehrt begrenzt das LAG Frankfurt v. 26.3.1992, BB 1993, 648 das Zwangsgeld zur Erzwingung betriebsverfassungsrechtlicher Handlungspflichten auf 20.000 DM. 214 So BAG ν. 22.2.1983, EzA § 23 BetrVG Nr. 9. 215 So GK-BetrVG5-Wiese, § 23 Rn. 124; Derleder, AuR 1983, 289, 293.

172

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

erläuternder Voraussetzungen) verpflichtet wirddas Beteiligungsverfahren einzuleiten und/oder ihm einstweilen Fortgang zu geben." 216 Vor dem Hintergrund des Gebots wirksamen Rechtsschutzes in angemessener Zeit (Art. 20 Abs. 3 GG) ist es nach Ansicht des BVerwG ohne materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage 217 möglich, die Beteiligungsrechte des Personalrats wirksam zu schützen. Dem obiter dictum des BVerwG wurde überwiegend entgegengehalten, daß es sich in Widerspruch zum verneinten Unterlassungsanspruch setze. Welchen Sinn solle das Gebot, das Beteiligungsverfahren einzuleiten oder fortzusetzen haben, wenn nicht zwischenzeitlich der Dienststellenleiter gehalten wäre, die angestrebte Maßnahme nicht durchzuführen ? 2 1 8 Aus erläuternden Anmerkungen des Senatsmitglieds Albers 219 ergibt sich als authentische Auslegung, daß das BVerwG nicht von einer einstweiligen Verfügung ohne jeglichen Anspruch ausgeht, sondern dem materiellrechtlich nicht bestehenden Unterlassungsanspruch auf Grund des unterschiedlichen Rechtscharakters einen "verfahrensrechtlichen Erfüllungsanspruch" gegenüberstellen will. 2 2 0 Die Nähe der Entscheidung zum Anspruchsdenken kommt auch darin zum Ausdruck, daß Albers in der Einordnung als objektives Verfahren keinen

216 ZBR 1990, 354, 355; dem folgend: VG Ansbach v. 28.1.1991, PersR 1991, 103 f. (Versetzung); VG Mainz v. 11.4.1991, PersR 1991, 181 f. (Einführung eines zentralen Anordnungswesens); grds. bejahend, aber konkret verneint BayVGH v. 26.4.1991, PersR 1991, 303; dass. v. 19.2.1992, PersR 1992, 459 (2. LS); OVG Berlin v. 18.7.1991, PersR 1991, 422 f. (Leistungsüberwachung); OVG Bremen v. 28.5.1991, PersR 1991, 472 f. (unabweisbare Dringlichkeit); OVG Lüneburg v. 24.2.1993, PersR 1994, 30 ff. mit dem Hinweis auf die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum; Bosch, PersR 1994, 455 ff. unter Hinweis auf die Notwendigkeit eines gesetzlich geregelten Unterlassungsanspruchs. 217 Einen Unterlassungsanspruch hat das BVerwG v. 15.12.1978, PersV 1980, 145 ff. verneint. 218 OVG Bremen v. 14.11.1985, PersV 1986, 108 ff.; BayVGH v. 26.3.1990, PersR 1990, 236 f.; OVG Saarlouis v. 12.7.1989, PersR 1990, 15; OVG Münster v. 14.10.1991, PersR 1992, 68, 70; VGH Baden-Württemberg v. 26.11.1991, PersR 1992, 258, 259 f.; OVG Lüneburg v. 20.8.1991, PersR 1992, 25, 26; VG Kassel v. 7.6.1995,

PersR 1995, 392; OVG Rheinland-Pfalz

v. 22.6.1995, PersR 1995, 348; Dannhäuser,

PersV 1991, 193, 197, 201, der von einem Anspruch auf Feststellung des Bestehens oder der Verletzung eines Beteiligungsrechts ausgeht; Hess.VGH v. 17.3.1994, PersR 1994, 376 ff., plädiert für eine vorläufige Feststellung; dass. v. 1.6.1994, PersR 1994, 431 ff. 219 ZBR 1990, 356 ff.; PersV 1993,487 ff.; zust. Richter, PersR 1991, 12 f. 220 ZBR 1990, 357 f. Siehe oben § 3 II (S. 54 ff.).

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

173

Widerspruch zur "Durchsetzung von Rechtspositionen im konkreten Einzelfall" sieht. 221 Gegen die Kritik, daß die Rechtsprechung zum Unterlassungsanspruch umgangen würde, wendet Albers ein, daß sich an die gerichtliche Erkenntnis über das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts die objektive Folge anschließe, daß der Dienststellenleiter zur Einleitung oder Fortführung des Einigungsstellenverfahrens verpflichtet sei, ohne daß dies Gegenstand der gerichtlichen Feststellung wäre. 222 Die Rechtsprechung des BVerwG läßt sich aus dem Verhältnis des Mitbestimmungsrechts zur konkreten Maßnahme erfassen. Materielle Rechtspositionen hinsichtlich der geplanten Maßnahme stehen dem Personalrat nicht zu. Durch die gesetzliche Regelung sind ihm lediglich Verfahrenspositionen, diese aber wiederum mit subjektivrechtlicher Substanz zugewiesen.223 Damit handelt es sich nicht mehr um "anspruchslose" Verfügungen, die das BVerwG für möglich hält. Die verfahrensrechtliche Konzeption des BVerwG weist starke Parallelen zum hier vertretenen verhandlungsorientierten Mitbestimmungsrecht auf. Wie die Information des Personalrats erfaßt das BVerwG die Unterrichtung vor dem Antrag über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme nach § 69 Abs. 1 BPersVG als Anspruch, da Unterrichtung und Antrag auf das engste miteinander zusammenhängen. In diesen Rechten erblickt das BVerwG Ansprüche verfahrensrechtlicher Natur. Diese Rechte erweisen sich letztlich als materiellrechtliche Ansprüche auf Teilhabe an der Entscheidungsfindung und können vom Verhandlungsanspruch im hier dargelegten Sinn inhaltlich kaum unterschieden werden. 224 VI. Umfang der Anspruchsprüfung Eng mit der Frage, ob überhaupt eine Anspruch dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren zugrunde liegen muß, hängt das Problem zusammen, in welchem Umfang der Verfügungsrichter im Zivilprozeß die materielle Rechtslage zu prüfen hat.

221

ZBR 1990, 357. PersV 1993,487,491. 223 Albers, PersV 1993,487, 492 ff. Siehe oben § 3 II (S. 54 ff.). 224 Der Wortlaut von § 69 Abs. 1 BPersVG erlaubt weniger eine Anknüpfung an einen materiellen Anspruch, so daß das BVerwG wohl die verfahrensrechtliche Konzeption gewählt hat. Das Ergebnis eines materiellen Anspruchs auf Information, Unterrichtung und Verhandlung über eine konkrete Maßnahme ist wohl auch mittels Auslegung, insbes. i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 3 BPersVG, herzuleiten. 222

174

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Der Antragsteller hat die für seinen Antrag tatsächlichen Voraussetzungen mittels der durch § 294 ZPO zugelassenen Beweismittel glaubhaft zu machen (§ 920 Abs. 2 i.V.m. § 936 ZPO). In welchem Umfang der Richter die Rechtslage einer Prüfung unterzieht, ist damit noch nicht abgesteckt. Die h.M. geht davon aus, daß das Gericht die materiell-rechtlichen Verhältnisse mit der gleichen Vollständigkeit und Gründlichkeit zu prüfen hat, wie dies im ordentlichen Hauptverfahren geschieht; Einschränkungen erfolgen nicht. 225 Demgegenüber lehnen Leipold und andere 226 eine vollständige, obligatorische Prüfung der materiellen Rechtslage ab. Sofern die Rechtslage eindeutig und klar sei, müsse als materiell-akzessorische Entscheidung eine einstweilige Verfügung erlassen oder abgelehnt werden. Eine nur auf einer Interessenabwägung beruhende sog. offene Verfügungsentscheidung soll in den übrigen durch tatsächliche oder rechtliche Unsicherheiten gekennzeich-neten Fällen ergehen. Dieses dualistische Prinzip wird mit der Eilbedürftigkeit der zu erlassenden Entscheidung sowie mit den Unsicherheiten des Verfahrens auf der einen und prozeßpolitischen Erwägungen auf der anderen Seite begründet. Im Eilverfahren, insbesondere wenn der Gegner nicht angehört wird, ließen sich wegen der durch § 294 ZPO herabgesetzten Anforderungen der Glaubhaftmachung die Voraussetzungen für einen Eingriff in eine fremde Rechtssphäre nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen. Die unsichere Tatsachenfeststellung müsse zu einer ebenso unsicheren rechtlichen Beurteilung führen. 227 Diese von Leipold allerdings nicht näher belegten 228 prozeßsituativen Argumente ergänzt er mittels prozeßpolitischer Überlegungen in Form der Selbstbindung des Gerichts für das nachfolgende Hauptverfahren. 229 Die h.M. benachteilige die Position des Antragsgegners, der bei unsicherer Rechtslage Eingriffe in seine Rechtsgüter hinnehmen müsse und dessen Interessen mittels eines Schadensersatzanspruchs aus

225

Arens, FS für Caemmerer, S. 86; Baumbach/Lauterbach-ZfarfmaAw, ZPO 50 , § 920

Anm. 2 A; Piehler, S. 30 ff., 40, 287 ff.; Rosenberg/GauUSchilken,

§ 74 IV 1; Schilken,

S. 116 ff.; Schoch, S. 1561 ff., 1566; Thomas/Putzo, ZPO 17 , § 920 Rn. 4; ausführlich Walker, Rn. 309 ff. m.w.Nw.; LAG München v. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29. 226 S. 86 ff.; ders., ZZP 90 (1977), 258, 266 ff.; Baumann/Brehm, § 15 II 2 a; Baur, BB 1964, 607, 608; Compensis, S. 149 ff., 153 ff.; Finkelnburg/Jank,

Rn. 309; Gießler,

Rn. 85, 87; Minnerop, S. 59 ff.; Zöller-Vollkommer, ZPO 19 , § 922 Rn. 6. 227 Leipold, Grundlagen, S. 86 ff.; ders., ZZP 90 (1977), 258, 266 ff. 228 Ahrens, S. 288.; krit. insoweit auch Arens, FS für Caemmerer, S. 75, 83; AKZPO-Damm, Vor § 916 Rn. 24. 229 Leipold, Grundlagen, S. 91 f. Einer Präjudizierung der Hauptsache unter dem Aspekt des psychologischen Entscheidungszwanges hält Schoch, S. 1352 ff., 1357, entgegen, daß dies weder rechtlich noch faktisch zu belegen sei, es sich um unterschiedliche Argumentationsebenen handele, und man nur an die Richter appellieren könne.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

175

§ 945 ZPO nicht angemessen gesichert werden könnten. 230 Ziel der offenen Verfügung sei eine interessengerechte Zwischenregelung. 231 Die bei Versagen der einsweiligen Verfügung und späterem Obsiegen in der Hauptsache entstehenden Nachteile des Antragstellers seien mit den Rechtseinbußen des Antragsgegners bei Erlaß der einstweiligen Verfügung und nachfolgender Entscheidung zu Lasten des Antragstellers abzuwägen. 232 Neben den Möglichkeiten der materiellakzessorischen Verfügung muß nach Leipold "jedenfalls der Bestand des behaupteten Rechts möglich" sein. 233 Eine vermittelnde Ansicht will das starre Entweder-Oder-Schema aufbrechen, in dem der Erlaß einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich des zu schützenden Rechtsguts ebenso von der Wahrscheinlickeit der Gefährdung wie von der Gewißheit des Obsiegens in der Hauptsache abhänge. Beide Kriterien ergänzten sich. 234 Eine Evidenzkontrolle obliegt dem Gericht damit in jedem Fall. 2 3 5 An den prozeßsituativen Argumenten Leipolds können unabhängig von rechtstatsächlichen Belegen kaum Zweifel bestehen. Die rechtliche Bewertung hängt in jedem Fall von den vorgetragenen Tatsachen ab und determiniert damit die Rechtserkenntnis. Die Problematik der Divergenz von Sach- und Rechtlage in Verfügungs- und Hauptverfahren stellt sich nur dann nicht, wenn die Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig sind. 236 Soweit Ar ens237 zweckorientiert Zweifel daran hegt, daß durch eine offene Entscheidung die Parteien eher bewegt werden könnten, das Hauptverfahren durchzuführen, und besonderes Gewicht auf die vorherige Kenntnis der Parteien von der Rechtsansicht des Gerichts legt, handelt es sich ebenfalls um unbewiesene spekulative, prozeßpolitische Überlegungen.

230

Leipold, Grundlagen, S. 90. Leipold, Grundlagen, S. 94. 232 Leipold, Grundlagen, S. 96., der sich dabei auf § 920 Abs. 2 und 921 Abs. 2 ZPO stützt, die die Glaubhaftmachung nicht auf die Tatsachen beschränke, sondern auch auf die rechtliche Seite beziehe und Parallelen zur verfassungs- (§ 32 BVerfGG) und verwaltungsrechtlichen (§ 80 Abs. 5 VwGO) Eilentscheidung zieht. Hingegen ist die Rechtsprechung in § 80 Abs. 5 VwGO zu einer materiell-akzessorisehen Prüfung des Sachverhalts übergegangen, soweit die Entscheidung vollendete Tatsachen schafft (ausführlich Schock, S. 1326 f. m.w.Nw. in Fn. 41,42). 233 Leipold, Grundlagen, S. 94. 234 Grunsky, JuS 1976, 277, 282; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , § 935 Rn. 6 ff., 9; Compensis, S. 156 f.; Ahrens, S. 290 ff.; Morbach, S. 89 ff.; andeutungsweise Leipold, ZZP 90 (1977), 258, 268. 235 Für unterschiedliche Anforderungen bei Sicherungs- und Regelungsverfügung 231

Brox/Walker, 236 237

Rn. 1615, 1631; Baur/Stürner,

Rn. 921, 905.

Für das Wettbewerbsrecht Ahrens, S. 437 ff. FS für Caemmerer, S. 75, 84 ff.; Schock, S. 1561 ff., 1565 f.; Piehler, S. 287 ff.

176

3. Teil: Voraussetzungen und Inhalt einstweiliger Verfügungen

Das Ziel, die Stellung des Antragsgegners über eine offene Verfügung durch eine interessengerechte Entscheidung zu verbessern, scheint zweifelhaft 238 , da eine vollständige Schlüssigkeitsprüfung eher zur Abweisung des Antrags führen wird. Gegen Leipold spricht, daß, ist die entscheidende Rechtsfrage erst einmal formuliert, ihre Klärung in kürzerer Zeit nicht unmöglich scheint. 239 Dabei wird es in der Mehrzahl der Fälle nicht um Entscheidungen gehen, die innerhalb weniger Stunden zu fallen sind. Überwiegend werden je nach Dringlichkeit mehrere Tage, ggf. Wochen zur Verfügung stehen. Zumindest innerhalb eines solchen Zeitraums sollte es einem Gericht möglich sein, sich auf einer im Entscheidungszeitpunkt als abschließend zu betrachtenden Tatsachengrundlage eine Rechtsansicht zu bilden. Mehr Zeit zur intensiven Prüfung einer Rechtsfrage wird dem Gericht auch im ordentlichen Prozeß nur selten verbleiben. Die einstweilige Verfügung stellt die rechtsstaatlich erforderliche Möglichkeit zur Durchbrechung des gewöhnlichen gerichtlichen "Geschäftsverteilungsplanes" - i.S. der zeitlichen Abfolge der Entscheidungen - dar, sofern den Rechtsgütern des Antragstellers durch Zeitablauf oder Verhalten des Antragsgegners Schaden droht. Der Antragsteller verschafft sich unter diesen Umständen eine vorzugsweise Behandlung seines Rechtsanliegens. Möglicherweise verbleibende Unsicherheiten nach dem Vortrag des Antragstellers sind durch interessenabhängige und beeinträchtigungsbezogene Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Verfügungsanspruch und -grund weitgehend auszugleichen. Gerade über diesen Weg werden die Interessen des Antragsgegners effektiver geschützt, als dies bei einer offenen Verfügung möglich wäre. 240 Daß sich die Eilentscheidung auf Grund der vorläufigen Tatsachengrundlage als falsch erweisen kann, hat der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Regelung in § 921 ZPO in Kauf genommen und damit eine Abwägung zwischen Schnelligkeit und Richtigkeit bei Minimierung des Fehlentscheidungsrisikos bewußt getroffen. 241

238

Stein/Jonas/Grunsky,

ZPO 2 0 , § 935 Rn. 8; ders., JuS 1976, 277, 282; PiefOer,

286 f.

239

Bei der Entscheidung ist das Verfugungsgericht nicht gehalten, den Streitstand nach Literatur und Rechtsprechung erschöpfend zu verarbeiten und zu erörtern (BVerfG v. 24.10.1990, NJW 1991,415,416). 240 In diesem Sinn ist wohl auch die h.M. zu verstehen. Stein/Jonas/Grw/ijfcy, ZPO 20 , § 935 Rn. 8 ff.; ders., JuS 1976, 277, 282; Compensis, S. 154 ff. für eine offene Unterhaltsverfügung. 241 Walker, Rn. 317, der weiterhin darauf hinweist, daß die Ausgewogenheit des Rechtsschutzes und die Probleme der Abstufung der Schlüssigkeitsprüfung für eine vollständige Schlüssigkeitsprüfung sprechen.

S.

§ 6 Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung

177

Für das BetrVG ist wiederum zwischen Rechts- und Regelungsfiragen zu unterscheiden. Für Rechtsfragen kann ein Unterschied zu den einstweiligen Verfügungen des allgemeinen Zivilprozesses nicht festgestellt werden. Ist hingegen, vorbehaltlich der Zulässigkeit einer derartigen Entscheidung, über eine Regelungsfrage zu entscheiden, muß sich das Gericht in viel stärkerem Maße auf den tatsächlichen Vortrag konzentrieren. An die Stelle rechtlicher Probleme tritt die Komplexität tatsächlicher und wirtschaftlicher Faktoren. Damit handelt es sich nicht mehr um eine Frage der Schlüssigkeitsprüfung, sondern der Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes mittels entsprechender Tatsachen und einer Interessenabwägung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahme. 242 V I I . Verfügungsgrund Die bisherigen Ausführungen haben ergeben, daß für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung ein materiell-rechtlicher Anspruch erforderlich ist und sich ein solcher für die Mitbestimmungsangelegenheiten im verhandlungsorientierten Mitbestimmungsanspruch aus § 87 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG herleiten läßt. Daneben setzt eine einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung das Bestehen eines Verfügungsgrunds voraus. 243 Ein Verfügungsgrund ist gegeben, wenn ein Anspruch im oben dargelegten Sinn 2 4 4 durch die Veränderung oder Beibehaltung des bestehenden Zustandes gefährdet ist. Wie für den Zivilprozeß gilt auch im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren, daß allein ein Verfügungsanspruch, d.h. ein drohendes oder bestehendes rechtswidriges Verhalten, nicht für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung genügt. Zum Verfügungsanspruch müssen weitere Umstände hinzutreten, die es rechtfertigen, Rechtsschutz schon vor Abschluß des Hauptverfahrens zu gewähren. Daher sind neben der Rechtsverletzung grundsätzlich weitere gefährdende Umstände erforderlich.

242

Zu den Anforderungen an die Glaubhaftmachung siehe unten § 11 V (S. 342 f.). Auf die Frage, ob es sich beim Verfügungsgrund um eine Zulässigkeits- oder Begründetheits Voraussetzung handelt, ist hier nicht ausführlicher einzugehen (Begründetheit: Zöller -Vollkommer, ZPO 19 , § 917 Rn. 3; Rosenberg/GauUSchilken, § 75 II 2; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , § 917 Rn. 2, § 940 Rn. 7; Thomas/Putzo, ZPO 1 8 , § 916 Rn. 1; Baur, Studien, S. 77; Zulässigkeit: Baumbach/Lauterbach-//arim>, ZPO 20 , § 935 Rn. 60.

326

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

fahren geht. Für die gerichtliche Beurteilung sind die tatsächlichen Verhältnisse und Planungen von besonderer Bedeutung. Hinsichtlich dieser Tatsachengrundlage muß der Arbeitsrichter eine Überzeugung erlangen, die der im Hauptverfahren entspricht. Kommt das Arbeitsgericht aufgrund der vorgelegten Tatsachen zu der Überzeugung, daß der Betriebsrat nicht zu beteiligen ist, besteht kein Grund für eine Bindung an das Erfordernis der zwingenden Gründe i.S.v. § 113 Abs. 1 BetrVG. Die durch die Verhaltenssteuerung bedingte Endgültigkeit der Maßnahme rechtfertigt eine Feststellungsverfügung jedoch nur, wenn dem Arbeitgeber ganz erhebliche Vermögensschäden drohen. c) Bindungswirkung

des Beschlusses

Hat der Arbeitgeber vor den Arbeitsgerichten eine einstweilige Feststellungsverfügung dahingehend erstritten, daß er nicht zur Anrufung der Einigungsstelle verpflichtet ist, ist nunmehr zu fragen, ob diese Entscheidung zu seinen Lasten in nachfolgenden Verfahren konterkariert werden kann. Da die Feststellungsverfügung ihre Funktion nur erfüllen kann, wenn sie endgültig ist, scheidet eine abweichende Beurteilung im kollektiven Hauptverfahren aus, so daß allein das Verhältnis zum Urteilsverfahren über den Nachteilsausgleich zu beurteilen ist. Bevor die Rechtslage im Verfügungsverfahren betrachtet wird, ist auf das Verhältnis des normalen Beschlußverfahrens zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat zum Urteilsverfahren zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzugehen. aa) Rechtskrafterstreckung kraft materieller Abhängigkeit Am Beschlußverfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind die betroffenen Arbeitnehmer nicht beteiligt und der rechtskräftige Beschluß des Arbeitsgerichts äußert Rechtskraftwirkungen gem. § 325 Abs. 1 ZPO nur zwischen den Verfahrensbeteiligten, so daß die Arbeitnehmer vom Beschlußverfahren nicht unmittelbar betroffen sind. 93 M i t seiner in der Literatur wegen der praktischen Ergebnisse begrüßten 94 , aber auch hinsichtlich der Begründung kritisierten 95 Entscheidung vom

93

BAG ν. 27.1.1981, AP Nr. 2 zu § 80 AbrGG 1979; v. 1.2.1983, AP Nr. 14 zu § 322 ZPO; Grunsky, ArbGG 6, § 80 Rn. 50; Stein/JonasILeipold, § 322 Rn. 325; a.A. Germelmann/Matthes/ Prutting, ArbGG, § 84 Rn. 25 ff., 27, dehnt die Rechtskraft im Beschlußverfahren über § 325 Abs. 1 ZPO auf die materiell Beteiligten aus, da es sich grundsätzlich um einen kollektivrechtlichen Streit oder die Feststellung eines Rechtsverhältnisses handeln müsse, die "für das Individualrechtsverhältnis nach materiellem Recht relevant" seien. 94 Zeiss , SAE 1988, 230 [praktikabel, aber mißachte Verfahrensrecht]; Leipold, Anm. AP Nr. 15 zu § 113 BetrVG 1972; Otto, RdA 1989, 247, 254.

§ 9 Einstweilige Verfügung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

327

10.11.1987 96 hat das B A G eine "materielle ΒindungsWirkung" der Entscheidung im Beschlußverfahren für ein nachfolgendes Urteilsverfahren bejaht. Zwar, so das BAG, folge dies nicht aus der Rechtskraft der Entscheidung des Beschlußverfahrens selbst, wohl aber aus einer "präjudiziellen Bindungswirkung", die sich aus dem besonderen Charakter des Anspruchs des § 113 Abs. 3 BetrVG sowie aus dem allgemeinen Grundsatz, widersprechende Entscheidungen zu vermeiden, ergebe. Die Bestimmung der Beteiligungsrechte sei Vorfrage eines Anspruchs auf Nachteilsausgleich und das Beschlußverfahren für eine bindende Feststellung geeignet. Eine gesetzlich angeordnete Rechtskrafterstreckung liegt ebensowenig vor wie eine Rechtskrafterstreckung über die Tatbestandswirkung 97 der Entscheidung im Beschlußverfahren auf die Entscheidung im Urteilsverfahren, da § 113 BetrVG hierfür keinerlei Anhalt bietet. 98 Aus der Repräsentation 99 des Betriebsrats könnte man eine Parallele zur Rechtskrafterstreckung des im Prozeß des Prozeßstandschafters erstrittenen Urteils gegenüber dem Rechtsinhaber herleiten. liX) Fallen Rechtsträgerschaft und Prozeßführungsbefugnis auseinander, entfaltet das erstrittene Urteil auch gegenüber dem Rechtsträger Wirkung. 1 0 1 Die Prozeßführung geht auf den Willen des Rechtsinhabers zurück und bindet ihn später. 102 In der Wahl des Betriebsrats durch die Arbeitnehmer könnte man einen vergleichbaren Willensakt erblicken. Dem steht allerdings entgegen, daß der Betriebsrat selbst Rechtsträger der ihm durch das Gesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten ist und im Beschlußverfahren eigene Rechte geltend macht. 103 Die von Schwab vertretene Ansicht einer Drittwirkung der Rechtskraft 1()4 , die auf die Maßgeblichkeit der Entscheidung gegenüber der anderen Partei und

95

Jox, NZA 1990,424 ff.; ders., S. 83 ff.; Prutting, RdA 1991, 257 ff. AP Nr. 15 zu § 113 BetrVG 1972; Berufungsgericht LAG v. 4.3.1986, Frankfurt DB 1987, 102 f. 97 Dazu Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 149 V. 98 Jox, NZA 1990,424, 425. 99 Zust. Leipold, Anm. zu AP Nr. 15 zu § 113 BetrVG 1972; Dütz, FS Gnade, S. 487, 497 ff. (zu §§111 und 87 BetrVG); abl.: Jox, NZA 1990, 424, 425, Prütting, RdA 1991,257, 264. 100 Stein/Jonas/Leipold, ZPO 20 , § 325 Rn. 51 m.w.Nw. 101 Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 46 V 2, diff. Stein/Jonas/ Leipold, ZPO 20 , § 325 Rn. 54 ff. 102 Zöller-Vollkommer, ZPO 19 , Vor § 50 Rn. 54; BGH v. 3.7.1980, BGHZ 78, 1, 7. 103 Siehe oben § 3 II (S. 54 ff.); ebenso Jox, NZA 1990, 424, 425 f.; Prütting, RdA 1991,257, 260 ff. 104 Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 157 II. 96

328

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

Dritten abstellt, wird überwiegend wegen ihrer nahezu absoluten RechtskraftWirkung zu Recht abgelehnt.105 Eine Rechtskrafterstreckung auf Individualklagen ließe sich nur über ein präjudizielles Rechtsverhältnis herleiten. Zur Begriffsbestimmung bestehen in der Literatur unterschiedliche Ansichten 106 , ohne daß es im hiesigen Zusammenhang entscheidend darauf ankäme. Dem präjudiziellen Rechtsverhältnis muß eine besondere Bedeutung zukommen. Die jeweilige Vorfrage ist Teil des Streitgegenstandes, der der Rechtskraft der Erstentscheidung fähig ist. 107 Die Feststellung im Beschlußverfahren darf nicht nur Vorfrage sein, wie sie sich auch im Klageverfahren auf Nachteilsausgleich stellt, sondern das Vorliegen einer Betriebsänderung muß in Rechtskraft erwachsen. Stellt der Betriebsrat beim Arbeitsgericht den Antrag, festzustellen, daß ein Beteiligungsrecht wegen der geplanten Maßnahme bestehe, steht dies außer Frage. W i l l der Betriebsrat hingegen sein Beteiligungsrecht durchsetzen, könnte man meinen, die Feststellung über das Vorliegen einer Betriebsänderung sei lediglich Vorfrage und erwachse nicht in Rechtskraft. In beiden Fällen ist die Qualifikation einer Maßnahme als Betriebsänderung rechtskraftfähig, da sie entscheidende Grundlage des Beteiligungsrechts des Betriebsrats ist und zu den tragenden Gründen des jeweiligen Beschlusses gehört. Schon die Tenorierung läßt erkennen, daß dieser direkte Zusammenhang zwischen Betriebsänderung und Beteiligungsrecht besteht. Während die wohl h.M. eine Rechtskrafterstreckung auf Dritte in diesen Fällen ohne ausdrückliche Anordnung ablehnt, 108 wollen Bettermann m und Blomeyer 110 die Rechtskraft eines Urteils dann einem Dritten entgegenhalten, wenn die Parteien des Vorprozeßes die Wirkung auch rechtsgeschäftlich hätten herbeiführen können oder dem Dritten eine Rechtskrafterstreckung zugemutet werden könne. Das Ergebnis dieser Meinung auf den vorliegenden Fall ist nicht so eindeutig, wie es angesichts der Normsetzungskompetenz der Betriebspartner

105

Stein/Jonas/L*i/>0/ sieht die spezifische Abhängigkeit in der lediglich akzessorischen Sanktion des Nachteilsausgleichs für die Mißachtung der Beteiligungsrechte. Da die Beteiligung durch den Betriebsrat dem Schutz der Arbeitnehmer dient, stellt der Nachteilsausgleich eine Reaktion auf Verletzungen dieser Pflicht dar und will auf diesem Weg das Beteiligungsrecht selbst schützen (Sanktionswirkung). Über die normative Wirkung des Sozialplans (§112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) können die Betriebspartner auch nach einer Betriebsänderung noch die Anspruchsvoraussetzungen für den Nachteilsausgleich im Wege der Anrechnung rechtlich beeinflussen und damit mit unmittelbarer Wirkung gegenüber den Arbeitnehmern handeln. Demgegenüber hält Prütting eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung für erforderlich und verweist darauf, daß nicht jede materiell-rechtliche Regelungsmöglichkeit auch prozessual zu erreichen sei. 114 Jox zieht aus den Regeln der §§ 325, 148 f. ZPO den Umkehrschluß, daß der Gesetzgeber gerade keine allgemeine Regel der Rechtskrafterstreckung getroffen habe. Für eine unabhängige und selbständige Klärung im Urteilsverfahren spreche der Kompensationsgedanke des Nachteilsausgleichs.115 Diese Einwände können nicht überzeugen. Das Argument einer abschließenden gesetzlichen Regelung oder eines Umkehrschlusses bedarf ebenfalls der inhaltlichen Begründung. Daß mit der gesetzlichen Regelung jeglicher Rechtskrafterstreckung der Boden entzogen sein soll, ist bisher nicht hinreichend dargetan. Gegen Jox spricht, daß er sich nicht auf den Kompensationsgedanken des Nachteilsausgleichs berufen kann, wenn nicht geklärt ist, ob eine Betriebsänderung vorliegt, so daß seine Argumentation ein Zirkelschluß ist. Dabei unterliegt

111

Otto, RdA 1989,249,254. Zu den Fallgruppen vergi. Zöller -Vollkommer, Stein/Jonas/Leipold, ZPO20, § 325 Rn. 92 ff. 113 RdA 1989, 249, 254 m. Fn. 68. 112

114

115

ZPO19, § 325 Rn. 31 ff;

Prütting, RdA 1991, 257, 263, f.

Jox, NZA 1990,424,428; Prütting, RdA 1991, 257, 264 f.

330

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

der Kompensationsgedanke wegen der Möglichkeit, nachträglich einen Sozialplan zu erzwingen, 116 seinerseits weiteren Zweifeln. Einer Rechtskrafterstreckung im Beschlußverfahren über die Feststellung einer Betriebsänderung steht die Tatsache, daß das BAG eine Rechtskrafterstreckung zwischen Zustimmungsersetzungsverfahren bei einer Eingruppierung (§ 99 BetrVG) 117 und der Lohnzahlungsklage verneint hat, hingegen für die Zustimmungsersetzung gemäß § 103 Abs. 2 BetrVG angenommen hat, nicht entgegen.118 Die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds kann nur ersetzt werden, wenn festgestellt ist, daß ein wichtiger Grund i.S. von § 626 BGB gegeben ist. Damit trifft jedoch schon das Beschlußverfahren die entscheidenden Feststellungen.119 Anders verhält es sich bei personellen Einzelmaßnahmen. Neben dem individuellen Aspekt der Richtigkeitsgewähr einer Eingruppierung steht die Gewährleistung der innerbetrieblichen Lohngerechtigkeit. Das Zustimmungsersetzungsverfahren entscheidet über das Vorliegen von Verweigerungsgründen i.S. des § 99 Abs. 2 BetrVG, nicht aber insgesamt über die richtige Rechtsanwendung.120 Damit erfaßt das Ersetzungsverfahren nicht alle für das Individualverfahren erheblichen Faktoren. 121 Neben der Wahrung individueller Rechte überwiegen im Beschlußverfahren über ein Zustimmungsverweigerungsrecht kollektive Gesichtspunkte (§ 99 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3, 5 und 6 BetrVG), während allein der Nr. 4 ein unmittelbarer Individualschutz zu entnehmen ist. Den richtigen Bezugspunkt bildet entgegen Jox 122 nicht der Anspruch auf Nachteilsausgleich, sondern der Regelungsgegenstand im jeweiligen Beschlußverfahren, mithin die Feststellung der Betriebsänderung bzw. die Zustimmungsersetzung. Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Feststellung im Beschlußverfahren zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über die Verletzung von Beteiligungsrechten der §§ 111 ff. BetrVG auf Grund der materiell-rechtlichen Abhängigkeit und der Repräsentationsfunktion des Betriebsrats ΒindungsWirkung für das Individualverfahren einzelner Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber entfaltet.

116

LAG Hamm v. 1.3.1972, AP Nr. 1 zu § 112 BetrVG 1972; BAG ν. 15.10.1979, AP Nr. 5 zu § 111 BetrVG 1972; Dietz/Richardi, BetrVG6, § 112 Rn. 42; Fitting/ Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG 17, § 112 Rn. 16. 117 BAG ν. 13.5.1981, AP Nr. 24 zu § 59 HGB; v. 3.5.1994, NZA 1995, 484, 486 f.; Jox, S. 59. 118 AP Nr. 15 zu § 113 BetrVG 1972 unter 2 g. 119 BAG v. 24.4.1975, AP Nr. 3 zu § 103 BetrVG 1972; v. 9.2.1993, DB 1993, 1294. 120 Dies gilt für die Ersetzung der Zustimmung wie für die Ablehnung eines Antrags. 121 BAG v. 25.2.1987, AP Nr. 16 zu § 1 TVG Einzelhandel; v. 28.1.1986 AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972. 122 NZA 1990,424,427 f.

§ 9 Einstweilige Verfügung in wirtschaftlichen Angelegenheiten

331

bb) Bindungswirkung eines einstweiligen feststellenden Beschlusses Für die Frage der Bindungswirkung einer Feststellungsverfügung sind wiederum die Besonderheiten des Regelungsbereichs zu beachten. Diese will nicht eine aufgrund gesetzlicher Regelung versperrte Handlungsmöglichkeit eröffnen (§ 87 Abs. 1 BetrVG), sondern i.S. der Verhaltenssteuerung durch gerichtliche Feststellung Handlungssicherheit und Handlungsgewißheit geben. Damit ist die Zielsetzung grundlegender und elementarer. Im Verhältnis zu den sozialen Angelegenheiten erstrebt der Arbeitgeber mit der Feststellungsverfügung einerseits weniger, da seine Handlungsfähigkeit besteht, andererseits mehr, weil ihm nur eine schnelle und endgültige Entscheidung Rechtsschutz gewähren kann. Durch verhaltenssteuernde Entscheidungen erlangt der Arbeitgeber Rechtsgewißheit, sich bei der Durchführung einer Betriebsänderung rechtmäßig zu verhalten. Diese Sicherheit ist gerade im verfassungsrechtlich neuralgischen Bereich der wirtschaftlichen Entscheidungen deswegen von besonderer Wichtigkeit, weil die Sanktion des Nachteilsausgleichs mittelbar erheblichen Entscheidungsdruck auf die Maßnahme selbst ausübt. Da sich das Gericht über die Rechtslage vollständige Gewißheit verschaffen muß, 123 können Bedenken gegen eine Bindungswirkung zwischen Eil- und Urteilsverfahren allein aus den fehlenden Richtigkeitsgarantien auf tatsächlichem Gebiet herrühren. Nach dem dargestellten Zweck der Feststellungsverfügung, nämlich der Rechtsgewißheit, steht die fehlende Einstweiligkeit ausnahmsweise der endgültigen Verfügungsentscheidung nicht entgegen.124 Mängel des Verfügungsverfahrens greifen nicht entscheidend durch. Geht es darum, das Scheitern der Verhandlungen festzustellen, fallen Mängel bezüglich der Richtigkeitsgewähr oder faktische Unzulänglichkeiten kaum ins Gewicht; ihnen kann mit entsprechenden Anforderungen im Verfügungsverfahren und dem Untersuchungsgrundsatz effektiv begegnet werden. Das Scheitern der Verhandlungen nach rechtzeitiger und umfassender Unterrichtung sowie die Beratung von Konsensmöglichkeiten lassen sich vom Arbeitgeber durch Vorlage entsprechender Unterlagen hinreichend glaubhaft machen, wobei der Grad der Überzeugung angesichts der endgültigen Wirkung der Feststellungsverfügung an den Beweis der Tatsache heranreichen muß. Dem kann der Betriebsrat ggf. substantiiert widersprechen. Weiteren Schutz bieten die Verpflichtungen aus dem Untersuchungsgrundsatz. Erkenntnisdefizite können jedoch bei der Beurteilung einer Maßnahme als Betriebsänderung im Eilverfahren nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Zahlreiche betriebswirtschaftliche Faktoren sind zu ermitteln und zu wichten, so daß

123

Siehe oben § 6 VI (S. 163 ff).

124

Grunsky, JuS 1976, 276, 284.

332

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

eine diesbezügliche Entscheidung wegen der Mängel der tatsächlichen Feststellungen unmöglich sein kann. Dies führt angesichts der hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung, die die Überzeugung des Hauptverfahrens erreichen muß, im Zweifel zur Abweisung eines entsprechenden Antrags. Soweit die tatsächlichen Verhältnisse feststehen, ist jedoch kein Grund ersichtlich, jeglichen Rechtsschutz zur Verhaltenssteuerung zu versagen. Die rein zivilrechtliche Betrachtung der Bindung späterer Verfahren an eine Feststellungsverfügung wird der verhaltenssteuernden Wirkung in wirtschaftlichen Angelegenheiten nicht gerecht. Die Einflußmöglichkeiten durch den mittelbaren Druck des Nachteilsausgleichs auf die kollektivrechtliche Ebene finden im allgemeinen Zivilrecht keine Entsprechung. Während der Verfügungsgläubiger bei Versagung einer Eilmaßnahme sein Interesse später über Schadensersatzansprüche oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verwirklichen kann, fehlt dem Arbeitgeber nahezu jegliche Möglichkeit, die durch die Verzögerung entstehenden Schäden von Dritten einzufordern. Allein eine das Urteilsverfahren bindende Feststellung im Verfügungsverfahren entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot nach effektivem und rechtzeitigem Rechtsschutz.125 Wird dem Arbeitgeber arbeitsgerichtlich bescheinigt, daß er zur Anrufung der Einigungsstelle nicht verpflichtet sei, widerspräche es dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes, käme ein Gericht in einem späteren Individualprozeß inzidenter zu einer gegenteiligen, mit entsprechenden Haftungsfolgen verbundenen Entscheidung. Tatsächlich erfolgt nur die praktisch erforderliche Verbindung von Rechtskrafterstreckung zwischen Beschluß und Urteilsverfahren einerseits und der Anerkennung der endgültigen Wirkung der Feststellungsentscheidung andererseits. V. Zusammenfassung Die Gewährleistung der dem Arbeitgeber in wirtschaftlichen Angelegenheiten rechtlich zugewiesenen Handlungsmöglichkeiten erfordert entsprechende Äquivalente im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes. Es hat sich gezeigt, daß dem Arbeitgeber im Rahmen der wirtschaftlichen Angelegenheiten mittels einer Feststellungsverfügung nur ausnahmsweise geholfen werden kann. Zwar kann sie als endgültig und spätere Verfahren bindend konzipierte Eilentscheidung die notwendige Rechtssicherheit gewährleisten. Ihr steht allerdings gerade im Rahmen von Sanierungsverfahren häufig das zeitliche Moment entgegen, um die Betriebsänderung selbst noch kurzfristig durchführen zu können. Weitere Kausalitätsprobleme treten ebenfalls in den Fällen der Auftragsdurchführung

125

Siehe oben § 3 (S. 52 ff.).

§ 10 Folgewirkungen einstweiliger Verfügung im Betriebsverfassungsrecht

333

wie des Personalabbaus auf. Soweit beide Maßnahmen allein an der Anrufung und Bildung der Einigungsstelle scheitern, ist eine Feststellungsverfügung gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber auf die Durchführung der Betriebsänderung zwingend (§113 Abs. 1 BetrVG) angewiesen ist. Vor dem Hintergrund des schmalen Anwendungsbereichs einer Feststellungsverfügung sollte dem Arbeitgeber dadurch hinreichender Rechtsschutz gewährt werden, daß in den dargestellten Ausnahmefällen "zwingende Gründe" i.S.v. §113 Abs. 1 und 3 BetrVG vorliegen, die den Arbeitgeber entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BAG von der Verpflichtung zum Nachteilsausgleich befreien. Dabei könnten die Anforderungen an einen "zwingenden Grund" i.S. des § 113 Abs. 3 BetrVG möglicherweise restriktiver als in Abs. 1 der Vorschrift zu fassen sein.

§ 10 Folgewirkungen einer einstweiligen Verfügung im Betriebsverfassungsrecht Nachdem der neben anderen Rechtsschutzmöglichkeiten praktisch wohl nur recht schmale Anwendungsbereich einstweiliger Verfügungen zugunsten des Arbeitgebers in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten umrissen ist, soll im folgenden kurz auf mögliche negative Folgen arbeitsgerichtlicher Eingriffe in das Kompetenzgefüge der Betriebsverfassung eingegangen werden. Im Vordergrund stehen rechtliche und tatsächliche Beschränkungen der Beteiligungsrechte sowie die Möglichkeiten nachfolgender Einigungen der Betriebspartner. I. Auswirkungen einstweiliger Verfügungen auf Mitbestimmungsrechte 1. Befürchtungen Als eines der wesentlichen Argumente neben den schon oben angeführten dogmatischen Einwänden wird die Sorge geäußert, daß über den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes der Spielraum betrieblicher Einigungen erheblich eingeschränkt werde 1 . Es läßt sich nicht verkennen, daß durch einen arbeitsgerichtlichen Eingriff die Verhandlungspositionen und damit die Strategie der Verhandlungsführung verändert werden. Stritt zuvor die Unwirksamkeitslehre bzw. der Nachteilsausgleich für den Betriebsrat i.d.S., daß der Arbeitgeber an der konkreten Umsetzung einer Maßnahme gehindert war, eröffnet nunmehr die einstweilige Verfügung dem Arbeitgeber diese Handlungsmöglichkeit wieder und versucht dadurch zugleich, die Kooperationspflicht des Betriebsrats zu rea-

1

ArbG Dieburg v. 3.3.1975, DB 1975, 555, das jedoch nach Ausschöpfung der Verhandlungsmöglichkeiten und bei erheblichem Zeitdruck eine einstweilige Verfügung nicht ausschließt.

334

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

lisieren. Insofern ist es verständlich, wenn von einer Beeinträchtigung der Rechtsstellung gesprochen wird. Allein diese Behauptung kann sachlich rechtfertigenden Gründen, wie sie im Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund zum Ausdruck kommen, nicht entgegenstehen. 2. Funktion des Betriebsrats und Kompensationsmöglichkeiten Die behaupteten Beeinträchtigungen relativieren sich, wenn man bedenkt, daß durch den Erlaß einer einstweiligen Verfügung im Bereich der Beteiligungsrechte die Arbeitnehmer keineswegs schutzlos sind. Zum einen sind die Beteiligungsrechte kein Selbstzweck zugunsten und in den Händen des Betriebsrats. Ihnen liegt die historisch gewachsene Aufgabe zugrunde, die fehlende Vertragsparität auszugleichen und eine Teilhabe am betrieblichen Entscheidungsprozeß zu gewährleisten. Von daher muß der Betriebsrat grundsätzlich im Interesse der Arbeitnehmer handeln. Zum anderen würden die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer nur dann schutzlos dem Arbeitgeber preisgegeben, übertrüge man ihm ein Alleinentscheidungsrecht. Durch die arbeitsgerichtliche Kontrolle können die Arbeitnehmerinteressen der drängenden Situation angemessen berücksichtigt werden. Die Richtigkeitsgewähr, die dem Verhandlungsergebnis zwischen den Betriebspartnern entspringt, 2 ist durch die arbeitsgerichtliche Kontrolle substituiert. Einem Mißbrauch des einstweiligen Rechtsschutzes auf Arbeitgeberseite wird durch inhaltlich strenge Anforderungen im Verfügungsverfahren vorgebeugt. Von einer restituierten Alleinherrschaft des Arbeitgebers über den Weg des einstweiligen Rechtsschutzes kann deshalb keine Rede sein. Schließlich ist dem Betriebsrat die Einflußnahme keineswegs verstellt. Sie stand ihm während der Verhandlungsphase offen, und bleibt ihm während des Verfügungsverfahrens erhalten, wenn sich die Betriebspartner im Wege des gerichtlichen Vergleichs einigen sollten. Nach Erlaß der zeitlich und/oder inhaltlich begrenzten Verfügungsentscheidung kann der Betriebsrat letztlich eine eigenständige betriebliche Lösung mit dem Arbeitgeber zu erreichen suchen, wobei für den Verfügungszeitraum die Verhandlungsinteressen nicht allein zu Lasten des Betriebsrat verschoben sind. Vielmehr haben auf Grund der zeitlichen und inhaltlichen Begrenzung der Maßnahme beide Seiten ein erhebliches Interesse an einer verbindlichen und unbefristeten betrieblichen Regelung. II. Präjudizierende Wirkung einstweiliger Verfügungen Ein weiterer Einwand besteht in der präjudizierenden Wirkung einer Verfügung, insbesondere einer Regelungsverfügung, auf den betrieblich autonomen

2

Auch wenn das BAG in ständiger Rechtsprechung an einer Billigkeitskontrolle von Betriebsvereinbarungen festhält (siehe oben § 6 VIII1 b aa [S. 189 f.] m.w.Nw.).

§ 10 Folgewirkungen einstweiliger Verfügung im Betriebsverfassungsrecht

335

Entscheidungsprozeß.3 Je nach Sichtweise und Standpunkt könnte dem Entscheidungsinhalt die Maximal- oder Minimalgrenze späterer Einigungen der Betriebspartner entnommen werden. 4 Daß der Entscheidungsinhalt für die Betriebspartner Richtschnur sein kann, ist angesichts des gerichtlichen Regelungsinhalts psychologisch verständlich und für den Verfügungszeitraum beabsichtigt. Rechtlich zwingend ist eine Präjudizwirkung für spätere betriebliche Regelungen dagegen keinesfalls. Das Arbeitsgericht hat auf eine konkrete, betrieblich dringende Situation reagiert, deren inhaltliche Reichweite sich auf den Entscheidungszeitraum beschränkt. Gerade nach Erlaß einer einstweiligen Verfügung wird es darauf ankommen, sich von starren Bindungen an eigene Prämissen zu lösen und eine betriebsangemessene Regelung zu finden. Sie kann regelmäßig nur im Kompromiß der Betriebspartnern, nicht im Beharren auf überholten Entscheidungsinhalten liegen. Die Verhandlungssituation hat sich durch den Erlaß der einstweiligen Verfügung entscheidend verändert, da nunmehr beide Betriebspartner ein gesteigertes Interesse an einer betrieblichen Einigung haben: Auf Seiten des Arbeitgebers ist die Handlungssperre durch die Regelungsverfügung entfallen. Ihm wird weiterhin an einer betrieblichen Einigung gelegen sein, weil die Regelungsverfügung zeitlich begrenzt ist und ihm nur die Minimalvoraussetzungen schaffen darf, um der Konfliktsituation zu entgehen. Vor Erlaß der Regelungsverfügung stritt die Zeit für den Betriebsrat, da der Arbeitgeber im Rahmen von § 87 Abs. 1 BetrVG Maßnahmen nicht wirksam umsetzen konnte. Mit Erlaß der Verfügungsentscheidung kann der Betriebsrat seinen eigenen Einfluß auf die betriebliche Regelung nur mittels eines neuen, modifizierten und seinen Interessen Rechnung tragenden Entscheidungsvorschlags ausüben. War vorher das wirksame Druckmittel des Betriebsrats, eine Einigung zu verweigern, muß er sich nunmehr auf die Folgeregelungen konzentrieren. Das Alles-oder-Nichts-Prinzip von § 87 Abs. 1 BetrVG wird durch eine Regelungsverfügung zugunsten einer größeren Kompromißbereitschaft beider Seiten aufgelöst. Eine weitere positive Auswirkung einer einstweiligen Verfügung besteht in der Befriedung der Betriebspartner in der Verhandlungsphase. Naturgemäß wird die Anrufung des Arbeitsgerichts zur Verhärtung der Fronten führen und verhandlungspsychologisch negative Auswirkungen haben. In der Verfügung sind jedoch rechtliche Maßstäbe, sei es zum Umfang des Mitbestimmungsrechts, sei es zum Regelungsspielraum der Betriebspartner, angeführt, die ihnen

3

Siehe schon § 6 VIII 1 c (S. 203 ff.). Das BAG ging in seiner Entscheidung vom 22.2.1983, EzA § 23 BetrVG Nr. 9 = AP Nr. 2 zu § 23 BetrVG 1972, in der es einen allgemeinen Unterlassungsanspruch verneinte, von "faktischen Zwängen und mitbestimmungswidrigen Zuständen, die jedenfalls für die Vergangenheit nicht rückgängig gemacht oder beseitigt werden können", aus. 4 Vergi, für die Fälle vorläufiger Regelungen der Einigungsstelle Fiebig, S. 33.

336

4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

als Maßstab für ihre nachfolgenden Verhandlungen oder das Einigungsstellenverfahren dienen können und verhaltenssteuernd wirken. Die arbeitsgerichtliche Verfügungsentscheidung fördert die Verhandlungsbereitschaft und zeigt den Betriebspartnern den Rahmen ihrer Einigungsmöglichkeiten auf. Ihre autonome Entscheidungsfreiheit wird weder elementar berührt noch wesentlich eingeengt. I I I . Ausgleichsfunktion nachfolgender Betriebsvereinbarungen Ein übermäßiger Eingriff in die Betriebsautonomie liegt schon deswegen nicht vor, weil es den Betriebspartnern und der Einigungsstelle nachfolgend freisteht, die Folgen einer Eilentscheidung für den Betrieb und die betroffenen Arbeitnehmer zu modifizieren. Zwischen zwei Regelungsaufgaben ist zu unterscheiden: Einerseits ist eine Regelung für die Zukunft zu finden, wenn die Regelungsverfügung befristet oder nicht den Vorstellungen beider Betriebspartner entspricht, andererseits können Modifikationen der Regelungsverfügung für die zurückliegende Zeit z.B. durch Ausgleichsleistungen freiwillig vereinbart werden. Der Umfang rückwirkend ausgleichender Vereinbarungen hängt vom Regelungsgegenstand und dem konkreten Inhalt der einstweiligen Verfügung ab. Da die gerichtliche Entscheidung nicht notwendig den gesamten Bereich eines Mitbestimmungsrechts ausfüllen muß, können beide Betriebspartner über die Einigungsstelle erzwingbar den gesamten, der Mitbestimmung unterliegenden Bereich neu festlegen. Gehen die Forderungen über diesen Bereich hinaus - etwa bei Forderungen nach Ausgleichszahlungen -, können solche Forderungen, soweit nicht tarifVertraglich vorgeschrieben, nicht erzwungen und daher nur freiwillig vereinbart werden. Sofern die Maßnahme noch fortwirkt, kann nach einzelnen Maßnahmen wie Überstunden- oder Kurzarbeitseinführung oder der Einführung technischer Überwachungseinrichtungen unterschieden werden. Für die zukünftige Regelung sind sämtliche oben angeführten Fragen5 neu zu klären. Die Erforderlichkeit und der Umfang der Maßnahme, der Kreis der betroffenen Arbeitnehmer oder die Festlegung von Auswahlkriterien, von Schutz- oder Ausgleichmaßnahmen sind erneut zu überprüfen und ggf. zu modifizieren. Der Aufgabenbereich unterscheidet sich in keiner Weise von der auch ursprünglich zu treffenden Entscheidung.

5

Siehe oben § 7 III 4 a (S. 257 ff.).

§ 10 Folgewirkungen einstweiliger Verfügung im Betriebsverfassungsrecht

337

Im Bereich der technischen Überwachungseinrichtungen wird die Außerbetriebsetzung einer neuangeschafften Maschine nur selten eine sinnvolle oder ermessenfehlerfreie Entscheidung sein. Maßgeblich wird es auf die Begrenzung der erfaßten Daten und deren kontrollierte Verwendung ankommen. Rückwirkend klären können die Betriebspartner allein, ob erfaßte, bisher nicht genutzte Daten nunmehr dem Arbeitgeber zur inhaltlich beschränkten Nutzung bei personellen Entscheidungen zur Verfügung stehen sollen. Für die Feststellungsverfügung im Bereich der wirtschaftlichen Angelegenheiten stellt sich ein rückwirkendes oder zukünftiges Regelungsproblem gar nicht erst. Soweit man überhaupt einen Eingriff in die Betriebsautonomie durch eine Regelungsverfügung bejaht, steht den Betriebspartnern über den Weg einer nachfolgenden und modifizierenden Betriebsvereinbarung ein weites Feld von innerbetrieblichen Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung. IV. Einstweilige Verfügungen aufgrund der Initiative des Betriebsrats Da das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG beiden Betriebspartnern in gleicher Weise zusteht, ist zu überlegen, ob es dem Betriebsrat aufgrund seines unstreitig bestehenden Initiativrechts möglich ist, eine Regelungsverfügung zu beantragen und damit ursächlich für kurzfristige betriebliche Gestaltungen zu werden. Nach der Rechtsprechung des BAG und der überwiegenden Meinung in der Literatur sind Reichweite des Mitbestimmungsrechts und des Initiativrechts deckungsgleich.6 Der Verfügungsanspruch bestimmt sich für den Betriebsrat in gleicher Weise wie für den Arbeitgeber, da das Initiativrecht dem Betriebsrat einen Regelungsanspruch bezüglich der einzelnen Tatbestände gewährt. Die praktische Relevanz läßt sich von vornherein nur für einzelne Mitbestimmungsrechte von § 87 Abs. 1 BetrVG ausschließen.7 Bedenken könnten sich gegen eine durch den Betriebsrat erwirkte einstweilige Verfügung erheben, weil der Betriebsrat über diesen Weg einen entgegen § 77 Abs. 1 Satz 2 BetrVG sehr viel weitergehenderen Einfluß auf die Führung des Betriebes erhalten könnte. Strukturelle Unterschiede sind bei der Durchsetzung des Initiativrechts im Eilverfahren jedoch nicht zu erkennen, da der Ein-

6 7

Siehe oben § 2 II 1 b (S. 32 f.). Zu § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG siehe oben § 2 II 1 b cc (S. 35).

22 Schwonberg

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

fluß mit der Anerkennung des Initiativrechts verbunden ist und sich nur die zeitliche Dimension verschiebt. Da keine grundlegenden Bedenken gegen eine Initiative des Betriebsrats bestehen, kann der Erlaß einer einstweiligen Verfügung nur an deren Voraussetzungen selbst scheitern. Aufgrund des Verhandlungsverhaltens des Arbeitgebers müßte der Verhandlungs- und Regelungsanspruch in Gestalt des Initiativrechts gefährdet oder erheblich beeinträchtigt sein. Nach den obigen Ausführungen 8 genügt für den Verfügungsgrund der bloße Rechtsverlust durch Zeitablauf im Betriebsverfassungsrecht nicht. Es müssen weitere Umstände hinzutreten, die eine besondere Gefährdung begründen. Der Betriebsrat könnte geltend machen, daß ganz elementare Interessen der von ihm vertretenen Arbeitnehmer ohne Regelungsverfügung mißachtet und unwiderbringlich verletzt würden. Derart existentielle Entscheidungen kommen, soweit überhaupt praktisch denkbar, nur beim Verlust des Arbeitsplatzes in Betracht, den der Betriebsrat verhindern will. In diesem Fall sind die Interessen jedoch über den Kündigungsschutz der Arbeitnehmer hinreichend gesichert. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats erstreckt sich jedenfalls im Eilverfahren nicht auf eine so weitgehende Einflußnahme unternehmerischen Handelns. Daß der Arbeitgeber schneller wirksam wird kündigen können, als ein Initiativrecht - ggf. über die Einigungsstelle durchgesetzt sollte eingreifen können, ist praktisch kaum vorstellbar, so daß es an der Dringlichkeit fehlt. Daneben und entscheidend ist zu bedenken, daß der Betriebsrat durch eine derartige Einflußnahme die Position eines Mitunternehmers einnehmen würde, ohne selbst Vollziehungsschuldner sein zu können (§ 85 Abs. 2 ArbGG). Daher sind einstweilige Regelungsverfügungen seitens des Betriebsrats nicht möglich.

8

Siehe oben § 7 III 2 (S. 225 ff.).

§ 11 Verfahrensrechtliche Aspekte

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§ 11 Verfahrensrechtliche Aspekte Dem Arbeitgeber kann im dargestellten Umfang unter bestimmten Bedingungen einstweiliger Rechtsschutz gewährt werden. Abschließend seien einige, besonders wichtige Aspekte des Verfügungsverfahrens kurz skizziert. I. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist gem. § 937 ZPO für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung das Gericht der Hauptsache zuständig. In der Regel wird sich die örtliche Zuständigkeit gemäß § 82 ArbGG aus der Lage des Betriebs eindeutig ergeben.1 Bis 1991 war umstritten, ob sich aus § 942 ZPO für die einstweilige Verfügung eine Zuständigkeit des Amtsgerichts der "belegenen Sache" ergab.2 Seit 1991 haben die Zuständigkeitsbestimmungen des ArbGG eine grundlegende Änderung erfahren. 3 § 48 Abs. 1 ArbGG, der aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 80 Abs. 3 ArbGG auch im Beschlußverfahren Anwendung findet, verweist für Fragen des Rechtswegs, der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit auf die §§ 17 - 17b GVG. Die Frage der Zuständig-keit zwischen Arbeits- und Amtsgericht ist nicht mehr eine solche der sachlichen Zuständigkeit, sondern des Rechtswegs. Durch die Regelungen in den §§ 17 ff. GVG ist eine strikte Trennung und die Hervorhebung der Gleichwertigkeit der Rechtswege normativ festgelegt worden. 4 Weiterhin sprechen Wortlaut und systematische Erwägungen für eine Trennung der Rechtswege zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und den Arbeitsgerichten. Damit ist das Amtsgericht gem. § 942 ZPO nicht mehr für den Erlaß einstweiliger betriebsverfassungsrechtlicher Verfügungen zuständig.5

1 Grunsky, ArbGG6, § 82 Rn. 2. Nur in Ausnahmefällen der hier in Frage stehenden Probleme wird der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat betroffen sein (§ 82 Satz 2 ArbGG). 2 Die wohl h.M. bejahte dies: Dütz, ZfA 1972, 247, 252; Germelmann/Matthes/Prüt-

ting, ArbGG, § 85 Rn. 42; Heinze, RdA 1986, 273, 275; Schaub, Formularsammlung,

§ 118, 2; Walker, Rn. 880 f. m.w.Nw.; LAG Bremen v. 8.3.1982, BB 1982, 2188; a.A. Grunsky, ArbGG6, § 85 Rn. 17 unter Hinweis auf die Unanwendbarkeit der §§ 80 ff. ArbGG und eine Verpflichtung zu einem jederzeit erreichbaren Bereitschaftsdienst der Arbeitsgerichtsbarkeit. 3 Ausführlich Walker, Rn. 732 ff. m.w.Nw., 881. 4 5

Kissel, NJW 1991, 945, 947. Koch, NJW 1991, 1856, 1858; Zöller- Vollkommer,

ZPO 1 9 , § 942 Rn. 1; Drygala,

NZA 1992, 294, 295; ebenso für die Problematik der Aufrechnung mit rechtswegfremden Forderungen Schenke/Ruthig, NJW 1992, 2505, 2509.

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

II. Antrag Der Arbeitgeber muß einen Antrag beim Arbeitsgericht stellen. In ihm muß er den Verfügungsanspruch und den Verfügungsgrund schlüssig6 darlegen und glaubhaft machen.7 Hinsichtlich des vom Antragsteller begehrten Rechtsschutzziels sind die Anforderungen von der Art der Verfügung abhängig. Während bei der Sicherungsund Regelungsverfügung allein das Rechtsschutzziel zu umschreiben ist, ist für eine Leistungsverfügung der Bestimmtheitgrad einer Leistungsklage zugrunde zu legen.8 Somit ist für die Bestimmtheit des Antrags i.S. des § 253 Abs. 1 ZPO ebenfalls nach dem Regelungsbegehren des Arbeitgebers zu unterscheiden. Da eine gestaltende Regelungsverfügung in weiten Teilen erfüllender Charakter zukommt, muß der Arbeitgeber mit Rücksicht auf die Regelung des § 308 ZPO seine konkret begehrte Maßnahme hinsichtlich Gegenstand, Personen, Umfang usw. benennen. Im Rahmen der Feststellungsverfügung ist aus den dargelegten Gründen des Rechtsschutzumfangs ebenfalls ein hinreichend bestimmt formulierter Antrag erforderlich. Die Anforderungen sind weiterhin vom Inhalt des geltend gemachten Rechts, den Wirkungen einer Gewährung oder Versagung für den Antragsteller sowie den korrespondierenden Wirkungen für den Antragsgegner abhängig zu machen, wobei die Anforderungen mit der Eingriffsbelastung oder Beeinträchtigung steigen.9 Kann der Arbeitgeber die notwendigen Voraussetzungen nicht hinreichen schlüssig darlegen, muß der Antrag unabhängig von den Erfordernissen des Untersuchungsgrundsatzes als unbegründet zurückgewiesen werden. 10 I I I . Alleinentscheidung des Vorsitzenden Weiterhin umstritten ist die Abgrenzung von § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG, wonach die Entscheidungen über den Erlaß einer einstweiligen Verfügung durch Beschluß der Kammer ergehen, und § 944 ZPO, der eine Entscheidung allein durch den Vorsitzenden eines Kollegialgerichts ermöglicht. Die h.M. versteht die Regelung dahingehend, daß grundsätzlich eine Kammerentscheidung entgegen § 53 Abs. 1 ArbGG auch dann zu erfolgen habe, 6

Zu den Anforderungen der Schlüssigkeitsprüfung Brox/Walker, Rn. 1631, die nach der Eingriffsintensität unterscheiden. 7 Umfassend Walker, Rn. 879 ff.; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 85 Rn. 44. 8

Brox/Walker, Rn.1629; Walker, Rn. 151 f. Dazu Heinze, RdA 1986, 273, 276; Grunsky, JuS 1976, 277, 280. 10 Walker, Rn. 890.

9

§ 11 Verfahrensrechtliche Aspekte

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wenn eine mündliche Verhandlung nicht stattfindet. Die Alleinentscheidung des Vorsitzenden in dringenden Fällen soll allerdings nicht berührt sein.11 Zu Recht geht Walker 12 vom Wortlaut des § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG aus, der in der Tat für eine Kammerentscheidung spricht, hält aber den Zweck des Eilverfahrens für vorrangig. Die Dringlichkeit i.S. des § 944 ZPO bestehe in einer weiteren Gefährdung durch den Zusammentritt der Kammer; ein Faktor, der im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren durch die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter deutlich stärker ins Gewicht fällt, als in zivilrechtlichen Streitigkeiten. 13 Von daher spricht grundsätzlich der Zweck für eine Alleinentscheidung des Vorsitzenden gemäß § 944 ZPO. Demgegenüber betont das BAG den Vorrang von § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG vor § 944 ZPO, verweist wegen der ehrenamtlichen Richter auf eine entsprechende Gerichtsorganisation und hält grundsätzlich eine Entscheidung der vollbesetzten Kammer für erforderlich. 14 Für den Bereich der Regelungsstreitigkeiten, in denen das Gericht gerade eine der Dringlichkeit und den betrieblichen Erfordernissen angemessene Regelung finden soll, ist das Sachwissen der ehrenamtlichen Richter von besonderer Bedeutung. Dies gilt zum einen für die Beurteilung des Verfügungsgrunds, zum anderen für die Angemessenheit und Effektivität einer konkret zu findenden und gestaltenden Regelung.15 Gegen das Erfordernis einer Kammerentscheidung spricht auch nicht, daß bei entsprechender Dringlichkeit durch eine Nichtentscheidung gegen den Arbeitgeber entschieden würde, 16 da verfahrensrechtlich die Kompetenz des Arbeitsgerichts gewährleistet werden muß. Ein Alleinentscheidungsrecht des Vorsitzenden kommt daher allenfalls in solchen Fällen in Betracht, die in der Nähe zur Notfallkompetenz des Arbeitgebers liegen.

11

Dütz ZfA 1972, 247, 256 f., der daraufhinweist, daß die Dringlichkeit in § 937 Abs. 2 und § 944 ZPO unterschiedliche Bedeutung haben; Grunsky, ArbGG6, § 85 Rn. 18: MünchKomm-ZPO-//ewze, § 935 Rn. 35. Das Arbeitsgericht Böblingen v. 15.5.1984, AiB 1984, 84 f., hat ohne mündliche Verhandlung eine außerordentliche Betriebsversammlung untersagt. 12 Rn. 884 f. 13 So schon Dütz, ZÌA 1972, 247, 257. 14 BAG v. 28.8.1991, NZA 1992, 41 f.; ebenso Colneric in: Däubler, Arbeitskampfrecht, Rn. 743u ff.; Ehrich, BB 1993, 356, 359. 15 Insoweit ist der Gegenansicht (BAG ν. 28.8.1991, BB 1991, 2306, 2308; Klebe in: Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG4, Einl. Rn. 183 ff.; MünchKomm-ZPOHeinze, § 944 Rn. 6), die auf die schwerwiegenden und endgültigen Folgen der Entscheidung und die Beteiligung der ehrenamtlichen Richter abstellt, für die regelnde und gestaltende Tätigkeit zu folgen. 16

Walker, Rz 886.

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

IV. Erfordernis einer mündlichen Verhandlung Fraglich ist ferner, ob die einstweilige Verfügung auch ohne mündliche Verhandlung erlassen werden kann. Unter der Geltung des Art. 103 GG und des darin verbrieften Rechts auf rechtliches Gehör, wird man die Regelungen der §§ 921 Abs. 1 und 937 Abs. 2 ZPO dahin verstehen müssen, daß einstweiliger Rechtsschutz grundsätzlich erst nach einer mündlichen Verhandlung erfolgen soll. 17 Dem Antragsgegner muß Gelegenheit gegeben werden, zu den vorgebrachten Tatsachen Stellung zu nehmen.18 Allerdings geht ein wesentlicher Vorteil durch die mündliche Verhandlung für den Gläubiger verloren, da der Überraschungseffekt der einstweiligen Verfügung für den Schuldner nicht mehr genutzt werden und dieser einer effektiven Sicherung des bedrohten Rechts entgegenwirken kann. 19 Die Dringlichkeit i.S.v. § 937 Abs. 2 ZPO ergibt sich demgemäß, wenn das behauptete Recht gerade auch dadurch vereitelt oder beeinträchtigt werden könnte, daß erst eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird oder der einstweilige Rechtsschutz gerade den Überraschungseffekt voraussetzt. 20 Daher muß der Antragsteller eine entprechend weitergehende besondere Dringlichkeit der Entscheidung glaubhaft machen.21 Grundsätzlich können einstweilige Verfügungen auch im Beschlußverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen. 22 Für die hier zu behandelnden Fälle bedürfen diese Grundsätze allerdings einer weiteren Konkretisierung. Sicherungs- und Feststellungsverfügung haben sich in sozialen Angelegenheiten als für den einstweiligen Rechtsschutz untauglich erwiesen. Anders verhält es sich in den Fällen der Regelungsverfügung in sozialen und der Feststellungsverfügung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die Attraktivität des Instituts oder seine Effektivität wird durch eine mündliche Verhandlung nicht in Frage gestellt. In den dargestellten Regelungsfragen treffen ganz heterogene Interessen aufeinander. Eine verläßliche Tatsachengrundlage kann das Arbeitsge17 Zur Einschränkung des Rechtes auf rechtliches Gehör durch gleichrangige aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Rechte, wie dem Recht auf effektiven Rechtsschutz jüngst, Walker, Rn. 279 ff., 282 ff.; BVerfG v. 24.7.1957, BVerfGE 7, 95, 99; v. 18.6.1985, BVerfGE 70, 188, 189. 18 Im Wettbewerbsprozeß geschieht dies häufig in Ermangelung einer mündlichen Verhandlung durch eine dem Gericht unterbreitete Schutzschrift. Dazu Zöller- Vollkommen ZPO19, § 937 Rn. 4; Ahrens, S. 198 ff. m.w.Nw. 19

20

Grunsky, JuS 1976, 277.

Thomas/Putzo, ZPO 18 , § 937 Rn. 2; Zöller -Vollkommen ZPO19, § 937 Rn. 2 m.w.Nw. 21 Walken Rn. 284 ff., 288, der entgegen dem Wortlaut von § 921 Abs. 1 ZPO im Wege verfassungskonformer Auslegung ebenfalls eine besondere Dringlichkeit verlangt. 22 BAG v. 28.8.1991, BB 1991, 2306 ff.; Grunsky, ArbGG6, § 85 Rn. 19 f.

§ 11 Verfahrensrechtliche Aspekte

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rieht nicht allein aufgrund des Vortrags des Arbeitgebers erhalten. Um die betrieblichen Verhältnisse oder das Verhandlungsgeschehen einschätzen zu können, ist das Gericht auf die Darstellung beider Betriebspartner zwingend angewiesen. Gerade wenn eine arbeitsgerichtliche Regelung erfolgen soll, ist die Kenntnis der beiderseitigen Interessenlage für eine angemessene Regelung Voraussetzung. Demgegenüber kommen die Gesichtspunkte der besonderen Dringlichkeit oder des Überraschungseffektes nicht zum Tragen. Die mündliche Verhandlung in Mitbestimmungsangelegenheiten ist für die Ausgewogenheit des Rechtsschutzes und die Minimierung des Fehlentscheidungsrisikos 23 sachlich und verfassungsrechtlich zwingend geboten. V. Glaubhaftmachung Eine ganz wesentliche Beschleunigung für die Entscheidungsfindung bietet die Regelung der §§ 920 Abs. 2, 936 i.V.m. 294 ZPO, wonach im Verfügungsverfahren der Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund nur glaubhaft zu machen sind. Die Beschleunigungswirkung ergibt sich aus den Modifikationen hinsichtlich der Beweismittel sowie des Beweismaßes.24 Die grundsätzlich über den Verweis in § 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG anwendbaren Normen geraten im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren in Konflikt mit dem Untersuchungsgrundsatz. 25 Soweit das Beschlußverfahren Wirkung über die Verfahrensbeteiligten hinaus hat, führt die Mitwirkungspflicht nach § 83 Abs. 1 Satz 2 ArbGG zu keinen wesentlichen Einschränkungen des Untersuchungsgrundsatzes.26 Für die hier untersuchten Fallgestaltungen kommt den Auswirkungen des Untersuchungsgrundsatzes unterschiedliche Bedeutung zu. Der Ausgangspunkt, welche tatsächlichen Behauptungen i.S. des § 294 Abs. 1 ZPO vom Antragsteller im Verfügungsverfahren glaubhaft zu machen sind, ist unter dem Begriff der Glaubhaftmachungslast umstritten. 27 Angesichts der obligatorischen mündlichen Verhandlung in Regelungstreitigkeiten reduziert sich der Streit auf zwei Meinungen. Dabei tritt die h.M. 2 8 für die Identität von

23

Schoch, S. 1314 ff.; Walker, Rn. 887; Schlochauer in: Die Arbeitsgerichtsbarkeit, S. 373, 382. 24 Vergi. Walker, Rn. 319 ff.; Compensis, S. 177 ff. 25 Eylert/Fenski, BB 1990, 2401 ff.; Walker, Rn. 891 ff.; für grundsätzliche Geltung MünchKomm-ZPO-tfemzi?, § 920 Rn. 22. 26 Eylert/Fenski, BB 1990, 2401, 2404 ff. m.w.Nw. 27 Ausführlich Walker, Rn. 630 ff. m.w.Nw. 28 Baur/Stürner, Rn. 848; Brox/Walker, Rn. 1512; Compensis, S. 188 ff. m.w.Nw.; Stein/Jonas/Grunsky, ZPO 20 , § 920 Rn. 10; Zöller-Vollkommer, ZPO 19 , vor § 916 Rn. 6a; vermittelnd bei Beschlußentscheidung Thomas/Putzo, ZPO 18 , vor § 916 Rn. 9.

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

Glaubhaftmachungs- und Beweislast ein, während die andere Ansicht 29 in § 920 Abs. 2 ZPO eine abschließende und eigenständige Glaubhaftmachungsregel erblickt, wonach der Antragsteller sämtliche Tatsachen und damit auch das Fehlen von Einreden oder Einwendungen glaubhaft zu machen hat. Aufgrund des Untersuchungsgrundsatzes kommt dem Streit keine Bedeutung zu, da das Gericht im Rahmen der Parteivorträge sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen zu ermitteln hat.3(1 Die Frage der Beweisbedürftigkeit 31 spielt insofern im Beschlußverfahren keine Rolle. Untersuchungsgrundsatz und Verfahrensbeschleunigung sind auch hinsichtlich der Beschränkung von § 294 Abs. 2 ZPO auf präsente Beweismittel dahingehend in Einklang zu bringen, daß bei unklarem Ermittlungsergebnis ein weiterer Verhandlungstermin der Dringlichkeit der Entscheidung entsprechend kurzfristig anzuberaumen ist. 32 Auf die Ausweitung der zulässigen Beweismittel und die Herabsetzung des Beweismaßes hat der Untersuchungsgrundsatz indes keinen Einfluß. Sie sind für die hiesigen Regelungs- und Feststellungsverfügungen jedoch von nicht geringer Bedeutung. Über § 294 Abs. 1 ZPO ist das Gericht nicht an den Strengbeweis des Hauptverfahrens gebunden, sondern erlangt über die zulässige Versicherung an Eides Statt, die Weiterungen des Zeugen- und Urkundenbeweises33 und der Zulässigkeit gerichtlicher Auskünfte 34 die Reichweite des Freibeweises. Diesen Freiheiten kommt angesichts der zu beurteilenden wirtschaftlichen Einschätzungen erhebliche Bedeutung zu, indem das Arbeitsgericht außerhalb der mündlichen Verhandlung Auskünfte bei Steuerberaterkammern oder der Industrie- und Handelskammer einholen kann, um die vorgelegten betrieblichen Daten einordnen zu können.

29 Hinz, NJW 1986, 110, 112 f.; MünchKomm-ZPO-Prwm^, § 294 Rn. 12; Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO 5 2 , § 920 Anm. Rz. 5 ff. (begrenzt durch § 294 ZPO). 30 Eylert/Fenski, BB 1990, 2401; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 83 Rn. 85 ff., 89 ff.; Grunsky, ArbGG6, § 83 Rn. 3, 5; Walker, Rn. 894. 31 BAG v. 10.12.1992, DB 1993, 889 ff, wonach bei übereinstimmendem Vortrag, der keinen Anhaltspunkt für eigene Ermittlungen bietet, kein Beweis erforderlich ist. Grunsky, ArbGG6, § 83 Rn. 7; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 83 Rn. 96; ausführlich Walker, Rn. 323 ff. 32 BAG ν. 28.8.1991, BB 1991, 2306, 2307; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 85 Rn. 44; Wenzel, NZA 1984, 112, 116; Walker, Rn. 892 tritt in Fällen des Rechtsmißbrauchs für die Möglichkeit der Zurückweisung wegen Verspätung ein. 33 MünchKomm-ZPO-/Vwta>ig, § 294 Rn. 15 f., wonach eine Bindung an die Formvorschriften nicht besteht und der Zeugenbeweis auch durch Vorlage einer schriftlichen Aussage genügt. 34 ZöWcr-Stephan, ZPO19, § 294 Rn. 3; Gießler, Rn. 52 ff.; dazu BGH v. 14.3.1958, NJW 1958,712.

§ 11 Verfahrensrechtliche Aspekte

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Weiterhin wird die Verfahrensbeschleunigung durch die Herabsetzung des Beweismaßes auch im Beschlußverfahren bewirkt. 1 An Stelle des Vollbeweises, der Zweifeln Schweigen gebieten müsse,2 ist nach h.M. die überwiegende Wahrscheinlichkeit erforderlich. 3 Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung sind darüber hinaus in Relation zu den Voraussetzungen an Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund zu setzen. Läßt sich nach der mündlichen Verhandlung eine überwiegende Wahrscheinlichkeit nicht oder nicht eindeutig feststellen, kann u.U. allein aufgrund der Gefährdung und der betroffenen Interessen eine Maßnahme erlassen werden. 4 Ob man dabei mit Compensis 5 soweit gehen kann, daß in den Fällen der Leistungsverfügung mit ihren besonders strengen Anforderungen an die Eilmaßnahme ein geringeres Maß richterlicher Überzeugung genüge, ist angesichts der Rechtsfolgen zweifelhaft. Entscheidend ist, daß nicht allein die Beweismittel, sondern auch die Gefährdung und die betroffenen Rechtsgüter in die richterliche Überzeugung einfließen. Gerade die Beurteilung wirtschaftlicher Daten oder deren Prognose (Sanierungsaussichten) kann schwierig sein. Stehen dann besonders gravierende Interessen des Arbeitgebers relativ geringe Belastungen der betroffenen Arbeitnehmer gegenüber, kann vor diesem Hintergrund eine Verfügungsmaßnahme erlassen werden. V I . Ergebnis Im Verhältnis zu den einstweiligen Verfügungen der Zivilgerichte weist das betriebsverfassungsrechtliche Eilverfahren einige Besonderheiten auf, so daß § 942 ZPO (Zuständigkeit des Amtsgerichts) und § 944 ZPO (Alleinentscheidung durch den Vorsitzenden) keine Anwendung finden. Schließlich ist wegen der besonderen betrieblichen Situation einerseits und Wirkung der Verfügung andererseits eine mündliche Verhandlung zwingend erforderlich.

1

Zur Würdigung der Glaubhaftmachungsmittel Walker, Rn. 335 ff. BGH v. 17.2.1979, BGHZ 53, 245, 251. 3 BGH v. 5.5.1976, VersR 1976, 928 f.; LAG München v. 26.8.1992, LAGE § 23 BetrVG 1972 Nr. 29 verlangt sehr hohe Wahrscheinlichkeit, die dem Beweis nahekommt; Baumbach/Lauterbach -Hartmann, ZPO 5 2 , § 920 Rn. 1; Gießler, Rn. 55 f.; Grunsky, JuS 1976, 277, 282; MünchKomm-ZPO-//emze, § 920 Rn. 12 ff.; MünchKomm-ZPO-Prwtfwg, § 294 Rn. 23; Zöller -Stephan, ZPO 19 , § 294 Rn. 6; Walker, Rn. 321; weitergehend soll nach Compensis, S. 185, wegen der Zulassung der eidesstattlichen Versicherung allein feststehen, daß der Antragsteller nicht leichtfertig, schikanös oder aus Arglist handelt. 4 Compensis, S. 182, spricht von der "Notwendigkeit einer umgekehrten Proportionalität"; Grunsky, JuS 1976, 277, 282; MünchKomm-ZPO-Heinze, § 920 Rn. 14 von einer Pattsituation. 5 S. 183. 2

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

§ 12 Zusammenfassung I. Arbeitgeber und Betriebsrat stehen aufgrund der umfangreichen Beteiligungsrechte nach dem BetrVG in einem Rechtsverhältnis, in dem beide Betriebspartner auf die Einhaltung und Erfüllung der dem jeweils anderen gesetzlich obliegenden Pflichten angewiesen sind. Zum Wohle der Arbeitnehmer wie zum Wohle des Betriebs basiert der Erfolg ihres Wirkens auf der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Vor diesem Hintergrund ist gerichtlicher Rechtsschutz ein Fremdkörper im betrieblichen Geschehen, da er punktuell in eine auf Dauer angelegte Rechtsbeziehung eingreifen muß. An seiner Notwendigkeit kann indes kein Zweifel bestehen, da die Interessengegensätze von Arbeitgebern einerseits und Arbeitnehmern andererseits durch die Konstituierung des Betriebsrats nicht aufgehoben sind. Sinn und Zweck der Beteiligungsrechte ist die Einflußnahme auf die Entscheidungsfindung des Arbeitgebers. Darüber hinaus eröffnen die Mitbestimmungsrechte, die in nahezu allen die Arbeitnehmer im betrieblichen Alltag besonders berührenden Angelegenheiten bestehen, dem Betriebsrat die Möglichkeit, Entscheidungen des Arbeitgebers zu verhindern oder jedenfalls über das Einigungsstellenverfahren erheblich zu verzögern. Während dies den Arbeitgeber bei längerfristigen Planungen weniger beeinträchtigt, lassen sich für den betrieblichen Alltag zahlreiche Situationen (z.B. die Anordnung von Überstunden oder Kurzarbeit) benennen, in denen der Arbeitgeber innerhalb kurzer Zeit eine betriebliche Regelung benötigt, diese jedoch nicht mehr kraft seines Direktionsrecht einseitig, sondern nur gemeinsam mit dem Betriebsrat herbeiführen kann. In allen Fällen steht der Arbeitgeber in dem Konflikt zwischen der nach den Mitbestimmungsrechten bestehenden Handlungssperre und der Notwendigkeit zeitangemessenen und marktbezogenen Handelns. II. Wie für den Betriebsrat bei der mitbestimmungswidrigen einseitigen Anordnung von Maßnahmen stellt sich in diesen Fällen für den Arbeitgeber die Frage nach dem einstweiligen Rechtsschutz. Dieser wird ihm überwiegend unter Hinweis auf die Betriebsautonomie verweigert. Da es allein Aufgabe der Betriebspartner sei, eine betriebliche Regelung zu finden und zu vereinbaren, fehle es an einem zu schützenden Anspruch, der Regelungskompetenz des angerufenen Arbeitsgerichts sowie angesichts des Einigungsstellenverfahrens an der erforderlichen Dringlichkeit. Keiner dieser Gründe kann letztlich überzeugen und den verfassungsrechtlich garantierten einstweiligen Rechtsschutz des Arbeitgebers vollständig ausschließen.

§ 12 Zusammenfassung

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Es hat sich gezeigt, daß in sozialen Angelegenheiten nach § 87 Abs. 1 BetrVG die nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten allein vergangenheitsorientiert konzipiert sind. Ein Alleinentscheidungsrecht des Arbeitgebers besteht weder in Eilfällen, da der Begriff des Eilfalls zur Einschränkung der Mitbestimmungsrechte zu unbestimmt ist, noch bei rechtsmißbräuchlichem Verhalten des Betriebsrats, da dieser Rechtsfolge der Schutzauftrag der Mitbestimmungsrechte entgegensteht. Dem Arbeitgeber ist über den begrenzten Wegfall der Vergütungspflicht ebensowenig geholfen wie durch tatbestandlich zweifelhafte und letztlich nicht realisierbare Schadensersatzansprüche gegen die Betriebsratsmitglieder. Somit eröffnet allein die autonome Regelung der Betriebspartner in einer Betriebsvereinbarung eine adäquate Reaktion auf dringende Situationen. Der Schutzauftrag der Mitbestimmungsrechte erfordert substantielle Maßstäbe für die spätere Arbeitgebermaßnahme, die durch eine Orientierung an den Grundsätzen zu Art. 80 Abs. 1 GG ermittelt werden können. Den danach erforderlichen Mindestvorgaben wird der Begriff "aus betrieblichen Gründen" nicht gerecht. Arbeitgeber und Betriebsrat müssen folglich regelbeispielartig bestimmte Mindesterfordernisse für häufig wiederkehrende betriebliche Situationen festlegen, die dann den Arbeitgeber zu einseitigem Handeln berechtigen. Allerdings verbleiben auch in diesem Fall Rechtsschutzdefizite, wenn Unklarheiten über den Inhalt der Rahmenbetriebsvereinbarung entstehen oder eine solche nicht vereinbart worden ist. Während sich in wirtschaftlichen Angelegenheiten aufgrund der Anrufungspflicht der Einigungsstelle Regelungsprobleme nicht stellen, ermöglicht § 100 BetrVG dem Arbeitgeber für personelle Einzelmaßnahmen in dringenden Fällen ausreichende Handlungsmöglichkeiten. III. Einer einstweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Verfügung stehen keine grundsätzlichen dogmatischen Bedenken entgegen. Für das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG wurde exemplarisch dargelegt, daß aus diesem ein zu sichernder Anspruch abzuleiten ist. Zwar ist für den Fall der Regelungsverfügung ein spezifisch auf die Verfügungsmaßnahme gerichteter Anspruch nicht erforderlich, als insoweit allein das bestehende Rechtsverhältnis Grundlage einer Verfügungsentscheidung ist. Es ist jedoch notwendig, daß aus dem Rechtsverhältnis überhaupt Ansprüche entstehen können, da der einstweilige Rechtsschutz dem Schutz subjektiver Rechte dient. Ein solcher Anspruch läßt sich aufgrund der formalen Struktur subjektiver Rechte, die auf einer zugewiesenen Verhaltensberechtigung einerseits und einer Ausschließlichkeitswirkung andererseits beruhen, im verhandlungsorientierten Anspruch auf Mitbestimmung aus § 87 Abs. 1 i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 2 BetrVG herleiten. Einem Anspruch aus § 87 Abs. 1 BetrVG steht das Einigungsstellenverfahren nicht entgegen, da die innerbetriebliche Schlichtung allein zum Ausschluß der

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

Klagbarkeit des Anspruchs, nicht hingegen zur Verneinung der Anspruchsstruktur führt. Vielmehr spricht die innerbetriebliche Gewaltenteilung für durchsetzbare Rechtspositionen. Die überwiegend bestrittene Regelungskompetenz des Arbeitsgerichts findet für den einstweiligen Rechtsschutz in § 938 ZPO ihre gesetzliche Grundlage, wonach die Anordnung im "freien Ermessen" des Gerichts steht. Ein Vergleich mit regelnden Entscheidungen des Arbeitsgerichts im Beschlußverfahren wie des Zivilgerichts in streitigen Verfahren nach der ZPO und dem FGG hat gezeigt, daß dieser Ermessenspielraum Voraussetzung für eine gestaltende Entscheidung ist. Die Behauptung, daß der Arbeitgeber mittels einer Regelungsverfügung in sozialen Angelegenheiten vor Gericht mehr erhalten könnte, als ihm im Hauptverfahren zustünde, ist aus zwei Gründe unzutreffend. Zum einen ist das zu sichernde Hauptverfahren das innerbetriebliche Einigungsstellenverfahren. Zum anderen ist das sog. Vorwegnahmeverbot nicht überzeugend zu begründen. Es wird den hier in Rede stehenden Kompetenzkonflikten in keiner Weise gerecht, da jede Entscheidung kraft Zeitablaufs fortwährend endgültig wirkt. IV. Vor diesem Hintergrund wurde der Anwendungsbereich einer einstweiligen Verfügung bestimmt. In sozialen Angelegenheiten kommt der sichernden und verhaltensbezogenen einstweiligen Verfügung keine Bedeutung zu, da die notwendige Dringlichkeit als Verfügungsgrund allein aus der Regelungsbedürftigkeit selbst begründet ist. Demgegenüber haben sich für die Regelungsverfügung aus einer auf Art. 12 GG bezogenen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Existenzvernichtung, die wirtschaftliche Notlage, der eklatant hohe Schaden durch einen entgangenen Auftrag als allein wirtschaftlich gerechtfertigte Verfügungsgründe ergeben, die durch einen Wirtschaftsprüfer als Sachverständigen mittels betrieblicher Bilanzkennzahlen im Verfügungsverfahren kontrolliert werden können. Darüber hinaus stellen die begründungslose oder offensichtlich unsachliche Ablehnung eines Regelungsvorschlags sowie die offensichtliche Unbilligkeit eines Regelungsvorschlags des Betriebsrats verhandlungsorientierte Verftlgungsgründe dar. Da die Regelungsverfügung die Einigung der Betriebspartner oder den Spruch der Einigungsstelle ersetzt, wirkt sie wie eine Betriebsvereinbarung normativ, d.h. sie gestaltet mit Wirkung für spätere Verfahren vorläufig die Rechtslage. Allein im Anfechtungsverfahren analog § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG kann der Betriebsrat die rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen überprüfen lassen, wobei die Tatsachengrundlage und mögliche Prognoserisiken der betrieblichen Entscheidung einer adäquaten Berücksichtigung im Beschlußverfahren bedürfen. Für die individuelle Lohnzahlungs- oder Schadensersatzklage entfaltet die Regelungs Verfügung hingegen Bindungswirkung.

§ 12 Zusammenfassung

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Dem Arbeitgeber ist auch für die zukünftige Verhaltenssteuerung aus der Mitverantwortlichkeit des Betriebsrats für die Einhaltung der Mitbestimmungsrechte die Möglichkeit einer Feststellungsverfügung zu eröffnen. Diese soll dem Arbeitgeber Rechtsgewißheit darüber verschaffen, ob eine konkret geplante Maßnahme der Mitbestimmung unterliegt. Angesichts der Unsicherheiten der späteren Umsetzung kann sie nur in begrenztem Umfang Rechtssicherheit gewähren. Da sie endgültig wirken muß, sind an ihren Erlaß besonders strenge Anforderungen zu stellen. V. In wirtschaftlichen Angelegenheiten kann die Anrufungspflicht der Einigungsstelle dazu führen, daß eine geplante Betriebsänderung nicht mehr durchgeführt werden kann. Die verhaltenssteuernde Verfügung kann in seltenen Fällen das Scheitern der Einigungsbemühungen feststellen, wenn gerade die Anrufung der Einigungsstelle dazu führt, daß der drohende Konkurs nicht mehr abgewendet werden kann, der Arbeitgeber zuvor den Betriebsrat unterrichtet und mit ihm über einen Interessenausgleich verhandelt hat. Es ist allerdings erforderlich, daß die Betriebsänderung Teil eines erfolgversprechenden Sanierungskonzepts ist. Schließlich kann eine Feststellungsverfügung auch in anderen Konstellationen, wie etwa einer Personalreduzierung oder der Anschaffung einer neuen Maschine gerechtfertigt sein, wenn zwingende Gründe i.S. des § 113 Abs. 1 BetrVG diese Maßnahme geboten erscheinen lassen. Aufgrund der Verhaltenssteuerung ist die Verfügungsentscheidung für das Hauptverfahren und für Individualklagen auf Nachteilsausgleich aufgrund materiell-rechtlicher Abhängigkeit bindend. VI. Die einstweilige betriebsverfassungsrechtliche Verfügung führt zu keinen dauerhaften negativen Beeinträchtigungen der Betriebsautonomie, zumal vor Gericht eine vergleichsweise Einigung möglich ist. Vielmehr sichert sie durch ihre vorläufig befriedende Wirkung die Verhandlungsbereitschaft beider Seiten, da dem Arbeitgeber an einer endgültigen Regelung gelegen ist, während der Betriebsrat seinen Einfluß auf die konkrete Maßnahme aktualisieren will. Die einstweilige Verfügung des Arbeitgebers wird nur in Extremfällen Einsatz finden können und Erfolg versprechen. Sie ergänzt jedoch das bestehende Rechtsschutzinstrumentarium. Gerade in Fällen eines propagierten Alleinentscheidungsrechts, insbesondere den Fällen rechtsmißbräuchlichen Verhaltens, ermöglicht die Regelungsverfügung, den in den Mitbestimmungsrechten verkörperten Schutzauftrag zugunsten der betroffenen Arbeitnehmer aufrecht zu erhalten. Darüber hinaus kann einstweiliger Rechtsschutz in Zukunft in verstärktem Maße notwendig werden, wenn die Rechtsstellung des Betriebsrats insbesondere im Hinblick auf unternehmerische wie marktbezogene Entscheidungen ausgeweitet wird, ohne dem Arbeitgeber zugleich angemessenen Rechtsschutz zu gewähren, wie dies z.B. die Gesetzgebungsentwürfe des Jahres 1988 zur Änderung des BetrVG z.T. vorgesehen hatten.

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4. Teil: Einstweilige Verfügungen in Mitbestimmungsangelegenheiten

Die Arbeit versteht sich darüber hinaus auch als ein Beitrag zur Diskussion um den einstweiligen Rechtsschutz des Betriebsrats. Dieser wird durch die Entscheidung des BAG vom 3.5.1994 zum allgemeinen Unterlassungsanspruch zunehmend Bedeutung erlangen. Die in der Arbeit aufgezeigten Maßstäbe und Elemente für die Interessenabwägung im Rahmen des Verfügungsgrunds und die Folgerungen aus dem verhandlungsorientierten Anspruch auf Mitbestimmung können auch für diese Problematik nutzbar gemacht werden. Vorrangig will die Arbeit durch die Präzisierung der Pflichten beider Seiten in dringenden Situationen dazu beitragen, daß gerichtliches Eingreifen nicht erforderlich wird, sondern die Regelung der autonomen Entscheidung von Betriebsrat und Arbeitgeber vorbehalten bleibt.

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arverzeichnis Akzessorische und offene Verfügungsentscheidung Alleinentscheidungsrechts - des Arbeitgebers 70,211 - des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts 340 Amtsenthebung 65 Analogie 71 Anfechtungsverfahren 267 Anrufungspflicht 309,311 Anspruch 133 - (siehe Verfügungsanspruch ) - anspruchslose Verfügungen 133 - Ausschließlichkeit 138 - Leistungsansprüche 147 - Mitbestimmungsrechte 148 - betriebsverfassungsrechtlicher 142 ff - Bewertungs- und Bestimmungsnormen 139 - einheitliche Begriffsbestimmung 138 - Einigungsstelle 152 - innerorganisatorische Streitentscheidung 152 - Klagbarkeit 153 - Kompentenzen 150 - Mitbestimmungsrechte 161 - Verhaltensberechtigung 138 - Verhandlungsanspruch 161 - Umfang der Anspruchsprüfung 173 Antrag auf einstweilige Verfügung 340 Arbeitsbedingungen, formelle 30 Arbeitskampfrecht 128,260 Arbeitskampfrisiko 80 Arbeitskleidung 32 Arbeitszeit 32 Auftragslage 240 Befriedigungsverfügung 122 Begründungslosigkeit 243 Beschlußverfahren 55 - Rechtsschutz 64 Besetzungsregelungen 85

Besetzungsverfahren - einstweilige Verfügung 81 - Verfahren 82 - Vefügungsanspruch und -grund 83 Bestimmgunsnormen 139 Beteiligungsrechte - Rechtsträger 55 Betriebsänderung - wirtschaftliche Angelegenheiten 38 - Eilfall 68 Betriebsrat - europäischer 43 - Rechtssubjektivität 156 - Träger der Beteiligungsrechte 55 Betriebsrisikolehre 80 Betriebsverfassungsgesetz 1952 37 Bewertungsnormen 13 9 Bilanzkennzahlen 248 Bindungswirkung 265 - Arbeitnehmer 268 - Betriebsrat 265 - Feststellungsverfügung 326 - Gestaltungswirkung 271 - soziale Angelegenheiten 265 - wirtschaftliche Angelegenheiten 326 Dauerschuldverhältnis 134 Dringlichkeitsvermutung 180 Einigungsstelle 46 - Besetzungsverfahren 47 - betriebsverfassungsrechtlicher Anspruch 152 - Verfahren 46 - Verzögerungen 46 - vorläufige Regelungen 86 einstweiliger Rechtsschutz 51 - und Verfahrensgestaltung 62 einstweilige Verfügung 106 - Befriedigungsverfügung 122 - betriebsverfassungsrechtliche Aspekte 114

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Sachw