Die Disposition der Aristotelischen Prinzipien [Reprint 2019 ed.] 9783111554617, 9783111184920


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German Pages 106 [108] Year 1910

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Inhalt
Einleitendes
I. Die Kategorien
II. Vom πρότερον πρός ήμάς zum πρότερον άπλώς
III. Die Substanz
IV. Die Prinzipien der Substanz
V. Begriff und Form
VI. Die Materie
VII. Das Ding und die Prinzipien
VIII. Kausalität und Zweck
IX. Die Energie
X. Das System
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Die Disposition der Aristotelischen Prinzipien [Reprint 2019 ed.]
 9783111554617, 9783111184920

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Die Disposition der

Aristotelischen Prinzipien von

Wladyslaw Tatarkiewicz Dr. phil.

Gießen 1910 Verlag von Alfred Töpelmann (vormals J. Ricker)

Philosophische

Arbeiten

herausgegeben von

Hermann Cohen

und Paul Natorp

in Marburg

in Marburg

IV. Band

2. Heft

I n h a l t . Seite

Einleitendes

i

Geschichte der Philosophie als Entdeckungsgeschichte der Begriffe i. — Zwei Methoden der geschichtlichen Behandlung 2. — Das Problem der Disposition 3. — Die Eigentümlichkeiten des aristotelischen Stiles 3. — Die Schichten des aristotelischen Systems 4. —

I. Die Kategorien

4

Kategorien als die erste Schicht der philosophischen Untersuchung 4. — Das populäre Denken und die Arbeit der Philosophie 6. — Kategorien als Inbegriff der Probleme 7. — Der Gebrauch der Kategorien 1) Einzelkategorie 8. — Substanz ist nicht Kategorie 9. — 2) Die Tafel der Kategorien 11. — Der philosophische Wert der aristotelischen Kategorien 12. — II. V o m

71QÔXEQOV 71Q0Ç

f j f l â ç ZUOl JIQOTSQOV âjiXœç

. . . .

13

Hinausgehen über die Dinge der Wahrnehmung 13. — Die subjektive Ordnung und die Ordnung des Seienden 14. — Die Methode der Ttgorega und voxsga 15. —• Hinaufführung von der Wahrnehmung zum Denken und das Verhältnis beider 16. — Transzendenz der Dinge 19. — Das Denken und die Transzendenz der Vernunft 20. — Das Objekt der Wahrnehmung 21. —

III. Die Substanz

22

Momente des Substanzbegriffes: begriffliche Identität 22. — d i n g l i c h e K o n k r e t h e i t 23. — xode xi 24. — îôtov, xwqioxov

25. —

Die Doppelheit in der Anlage des Substanzproblems 26. vjtoxeifisrov

26. — vnoxetuevov

o')ç rôde

als Inbegriff der Forderungen 29. —

n 28. —



Substanzbegriff

IV. Die Prinzipien der Substanz dvaloytav

3 5 . — ¿QXal

KaL

31

* a i alrta 33. — Die Geltung xaz'

v belegt wird, die auch an so und so vielen Stellen wiederholt werden. A b e r im Rationalismus liegt noch nicht die Erlösung. Bei A r i s t o t e l e s wird die F r a g e noch durch jene sensualistischen V o r b e r e i t u n g e n kompliziert. Man m u ß f r a g e n : wie verhält sich das D e n k e n zu der W a h r n e h m u n g , soll es nicht etwa nur A b s t r a k t i o n des in der W a h r n e h m u n g G e g e b e n e n sein? Bekanntlich wird Aristoteles beschuldigt, er habe e b e n das D e n k e n so verstanden und es damit aller Selbständigkeit beraubt. In einem K a p i t e l der A n a l y t i k ( A n . Post. I, 18) wird die T h e s e aufgestellt, d a ß w o E m p f i n d u n g fehlt, da auch die Erkenntnis nicht zustande k o m m e n kann. Angenommen, daß hier nicht das Schicksal eines pathologischen Individuums, sondern die W e g e der W i s s e n s c h a f t gemeint s i n d , was allein die A n a l y t i k zu b e s c h ä f t i g e n hat, so läßt sich die T h e s e durch d e n Hinweis auf ganze G e b i e t e der P h y s i k erledigen. Gleichviel — die T h e s e läßt sich auch günstig v e r s t e h e n ; so fällt es T h e m i stius nicht schwer, sie platonisch zu interpretieren: nach seiner U m s c h r e i b u n g „ e r w e c k e n " die aio&rjoeis, „ s e t z e n in B e w e g u n g " „ d e n verborgenen F u n k e n der E r k e n n t n i s " , „reizen die S e e l e zum Hinauswerfen der mit ihr substantiell verbundenen B e g r i f f e P a r a d i g m e n " . E s ist — meint T h e m i s t i u s — im P h a e d o zur G e n ü g e gezeigt worden, d a ß die S e e l e die Erkenntnis nicht v o n den D i n g e n der W a h r n e h m u n g beziehen kann. Mehrere K a p i t e l weiter wird das P r o b l e m wieder a u f g e nommen, und, scheinbar, noch günstiger gelöst: wenn wir auch alles sehen k ö n n t e n , — z. B. den G r u n d der Durchsichtigkeit des Glases — so m ü ß t e n wir d o c h zu der W a h r n e h m u n g , die i m m e r %cof>t? icp' ¿xäotrjs ist, die A l l g e m e i n h e i t hinzudenken (vofjaai 6' ä/ia ort enl naamv ovtcos). S o ist es die A l l g e m e i n heit und die N o t w e n d i g k e i t , das Nicht-anders-sein-können, die das wahre Sein (s keyexai), d a ß sie sowohl die A n f a n g s s t e l l e als den A u s g a n g s p u n k t einer T ä t i g k e i t bedeuten k a n n , wie auch den fundamentalen Bestandteil einer S a c h e (wie die G r u n d m a u e r im Hause), und eine V e r a n l a s s u n g , die von außen wirkt, und das, w o v o n ein E n t s c h l u ß abhängt, und nicht am w e n i g s t e n auch d a s , w a s in der E r k e n n t n i s v o r a u f g e h t , wie die V o r a u s s e t z u n g e n für B e w e i s e . Aid rj te v xcöv Xoycov ev xfj yv%fj, I 0 4 0 a 4 ) . Man k a n n oft g e n u g sehen, wie dieser T e r m i n u s bei Aristoteles auf die subjektive Seite der Erkenntnis g e h t , das subjektive K o r r e l a t d e s S e i n s v e r t r i t t ( 1 0 3 6 * 8 , 7 1 5 " 5 etc.). Nicht weniger a b e r a l s d i e s u b j e k t i v e B e z i e h u n g , ist f ü r d e n Xoyos s e i n G e s e t z e s c h a r a k t e r b e z e i c h n e n d ; er ist d e r U r a u s d r u c k f ü r G e setz und Methode. Nicht nur R e d e , sondern ebenso R e c h n u n g und R e c h e n s c h a f t bedeutet das W o r t . Im L o g o s kann man die T a t s a c h e d e r „ l o g i s c h e n " , b e g r i f f l i c h e n U n t e r s u c h u n g (ol Xoyoi) s e h e n , — (ohne d a ß darin schon der Seinswert dieser Untersuchung bezeichnet und begründet wäre). Besssario übersetzt immer: r a t i o ; wie denn auch ratio die v o m L o g o s ü b e r n o m m e n e D o p p e l b e d e u t u n g hat. — A l s o Q o g tritt d e r B e g r i f f in d a s G e f l e c h t l o g i s c h e r A b leitungen. E s e r w e i s t s i c h , d a ß s e i n W e r t n i c h t in d e r S e l b s t ä n d i g k e i t l i e g t , s o n d e r n , u m g e k e h r t , darin, d a ß er ein „ T e r m i n u s " , e i n E l e m e n t in d e n g e d a n k l i c h e n Z u s a m m e n h ä n g e n ist. — D u r c h die A n a l y t i k g e l ä u t e r t w i r d d e r oqoq z u m Ö Q i a / x o e ( D e f i n i t i o n ) . S o s e h r die b e i d e n B e g r i f f e i n e i n a n d e r k o n t i n u i e r lich ü b e r g e h e n u n d s o g a r f ü r e i n a n d e r g e b r a u c h t w e r d e n , s o l i e g t d o c h d e r S y l l o g i s m u s d a z w i s c h e n (Prantl), a l s o d e r g a n z e

98

W. Tatarkiewicz,

[40

Apparat der logischen Methoden und Werkzeuge. Die Definition ist nämlich (An. Post. II 10) I. sowohl der Xoyos avanodeixxos xov xi §0x1, wie 2. der Syllogismus (ovXXoyiofiog xov xi eaxi), wie endlich 3. der Schlußsatz desselben. — Man kann den ogiofios als denjenigen Begriff betrachten, der das Gebiet der Analytik und dessen Interessen in der Metaphysik vertritt. Das alles war aber nur Vorspiel. Worauf es ankommt, ist der G e h a l t des xi eaxi, des Xoyos, des ogos, des ogiofidg. Und der wird als eldos bezeichnet. Als sokratische Grundentdeckurig geht dieses sachliche Problem des Begriffs zu Plato über; und Aristoteles, indem er diesen Begriff übernimmt, will offenbar in derselben Bahn der Probleme bleiben. Man darf nicht vergessen, daß Aristoteles auch die Ideen meistens als eidrj bezeichnet. — Das eldos bedeutet sowohl Begriff wie Art; dies ist aber keine Zweideutigkeit: der „Begriff", wie er bei Sokrates entsteht und zu Aristoteles übergeht, ist erst durch die Rücksichtnahme auf die Art konstituiert. Die klassischen Übersetzer, unbeirrt durch den mannigfachen Sinneswandel, haben auch immer für eldos: species. Die Art ist aber nichts Einfaches: sie besteht aus der Gattung und den differentiae (141 b 27; l 4 4 b l o ) ; sie entsteht aus beiden durch die logische Einteilung (diaigeois). Der Gedanke an diesen Prozeß verbindet die Arten in ein Netz, in ein System. Und da die differentiae, die die Arten determinieren, sich als Qualitäten fassen lassen ( 1 0 2 0 * 3 3 ; I 2 2 b i 6 ; 1 2 8 * 2 6 ) , so lassen sich auch die Arten als ein System begrifflicher Q u a l i t ä t e n bezeichnen. Vom Standpunkt der Logik gesehen ist alles Wißbare und Seiende ein solches System von Arten. Was man von der Substanz erkennen, was man an ihr durch reine logische Verfahrungsweisen bestimmen kann, ist immer nur eldos. Aristoteles folgert: das eldos ist Prinzip der Substanz. Damit ist der gewaltige Schritt von dem Element im Prozesse der Einteilung zu einem Seinsprinzip vollzogen. Die logische Leistung, die sich im eldos ausspricht, ist: i. die Fassung des Mannigfaltigen in denkgemäße Einheiten (ev xaxä navxos), 2. die Herausholung des Wesentlichen, d. h. des Beharrlichen und des Konstituierenden an den Dingen (xo avxö) (xa^ avxä d' öoa v7iäQ%ei xe ev xä> xi eoxiv, olov xQiydyvco yga/xfi^ xal ygafi/nfj oxiyfj,rj 7 3 * 34). Die beiden Momente

hat Aristoteles in Einem Begriffe zusammengefaßt: dem des (An. Post. I, 4). Das xa&oXov bildet nun einen Gegensatz zu dem xa&' exaaxov, das aber doch als Merkmal der Sub-

xa&öXov

Die Disposition der aristotelischen Prinzipien.

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stanz aufgestellt wurde. Das eldog aber, das in den l6yoi seinen Ursprung hat, mußte selbstverständlich die andere Seite in der Doppelanlage des Substanzproblems vertreten. Die weitere Untersuchung wird noch anderes bringen müssen, das aber, was durch das eldog erfaßt wird, ist das Erste, Sicherste und Reinste an der Substanz: fj jigcorrj ovoia (eldog de Xeyto ro ri t]v elvai exaarov xal rijv nQcbrrjv ovaiav I032b x). Denn das eben nennt Aristoteles JIQWTT) ovoia: was durch das eldog rein erkannt werden kann, was mit andren Prinzipien nicht vermischt ist (Metaph. Z, 1 1 : 1 0 3 7 a 27ff.). Das ständige Beispiel der Ersten Substanz ist die Seele (1037® 5; 1 0 3 7 ® 28); und an einer Stelle heißt es: ai JTQCOTCU ovalen evegyeiai ävev dvva/iecog (23 a 24), ein Satz, dessen vollen Sinn wir erst später erkennen können. 1 Im y.a-d' avzo und xaßolov entspringt der Begriff des Wesens. In der Mannigfaltigkeit der Bestimmungen an den Dingen wird eine den Gesetzen des logischen Denkens gemäße Auswahl getroffen. Um nun das „Wesen", wie es im eldog entsteht, auszudrücken, hat Aristoteles einen besonderen Begriff: ro ri fjv elvai. Mit dem eldog ist dieser Begriff äquipollent ( i ° 3 5 b 32); daß aber Aristoteles bei dem eldog nicht stehen bleibt, hat historischen und polemischen Sinn: das eldog ist ihm nämlich vieldeutig und durch seine platonische Bedeutung belastet, und er will die Änderung, die er an diesem Begriffe macht, durch einen neuen Terminus fixieren. — To ri r\v elvai ist ein Begriff, der aus der Logik stammt (ex rcöv Xoycov, cf. 1 0 4 2 a 1 2 ) , und der andrerseits, wie der Name schon sagt, direkt auf das Sein gehen will; so bezeichnet er den Einheitspunkt beider, des Denkens und des Seins, also: die E r k e n n t n i s , den Inbegriff des Erkannten an der Substanz (emorrj/jir] yag exaarov earlv orav ro ri rjv elvai yvcö/nev. I 0 3 l b 6 ) . 2 ') Die Schrift von den Kategorien stellt diese Terminologie auf den K o p f : w a s sonst izgdjzai ovoiat heißt, entspricht d e m , w a s dort devregai ovoiai genannt wird. — Allerdings ließe sich auch über den Sinn der jrpeOTRJ ovoia in dem polemischen Kapitel Z. 13 der Metaphysik — JIQWTI) fikv yctg ovoia % XSios exaarov — diskutieren. — 2 ) Interessant ist das Verhältnis des ti rjv efoat zur D e f i n i t i o n und zum ri ¿ort; mit beiden Begriffen berührt es sich so nah, daß es oft als mit ihnen gleichbedeutend gebraucht wird. Die Definition basiert „qpvoei" auf dem ri f/v sivai der Dinge; für den L o g i k e r ist sie das Mittel dasselbe zu fassen. W a s sie in explizierter F o r m , durch Aufzählung logischer Bestandteile, gibt, das schaut ro ri tjv sivai zur Einheit zusammen (Alexander, zitiert im S c h w e g l e r s Kommentar

IOO

W . Tatarkiewicz,

[42

Damit ist aber der Sinn des ri fjv elvai nicht erschöpft. Als der endgültige Ausdruck des Prinzips, muß es der andren Gruppe der Motive, die in diesem Prinzip wirken, genügen. — Daß To rt qv elvai eine Substanz, ein Prinzip an der Substanz sei — sagt Aristoteles, indem er alles, was für die Substanz in Betracht kommt, durchmustert (Metaph. H, 1), — das folgt aus den loyoi, — d. h. aus der Reflexion auf die Zusammenhänge der Forschung und auf den Charakter ihrer Werkzeuge und Ergebnisse. Indessen drängt noch ein ganz andres Motiv zu Bestimmungen, die sich in derselben Richtung bewegen. Es handelt sich um die Prinzipien der Physik. Von dem allgemeinsten Begriff der Natur, vom Werden ausgehend, führt Aristoteles in dem 1. Buche der „Physik" die Ableitung dieser Prinzipien. Das Werden — so lautet das Ergebnis — das in Gegensätzen verläuft, setzt sowohl eine U n t e r l a g e , im Sinne des Bodens für die gegensätzlichen Gestaltungen, wie, zweitens, diese Gestaltungen selbst. Was so für das Werden deduziert wurde, wird dann auf jedes einzelne g e w o r d e n e Sein in seinem statischen Zustande übertragen, das einen Einschnitt im Werdeprozesse bildet. Die Prinzipien des Werdens werden zu Prinzipien des Seins. Im Prinzip der Unterlage (vnoxeifievov) wird das Problem der Materie erkannt, die Formung dann mit dem Gegenstand des Begriffes in Verbindung gesetzt. Die Verbindung, Identifizierung der F o r m (1uog xi eaxi xaxrjyoQovvzai, eaque suo ordine disposuerimus, ipsam habemus xov fjv elvai definitionem." Und in einer andren Schrift sagt er: „Ti eaxi fragt nach wesentlichen Bestimmungen, x0 xi r/v elvai gibt die Bestimmung des Wesens."

xi

43]

Die Disposition der aristotelischen Prinzipien.

IOI

b e d e u t u n g e n des Formprinzips, obwohl er sie mit andren Terminis v e r k n ü p f t : to zi rjv elvai vertritt bei ihm das logische Interesse und eldog evvkov — das physikalische und metaphysische). W a s F o r m und Begriff verbindet, was ihnen gemeinsam ist, ist, d a ß beide Q u a l i t ä t e n , B e s t i m m t h e i t e n sind. D i e F o r m geht auch in d e m Begriffe nicht a u f , sie entwickelt auch selbständig ihr spezifisches Motiv. E s liegt ihr nämlich außer der R ü c k s i c h t auf die Bedürfnisse des W e r d e n s noch ein andrer schlichter G e d a n k e z u g r u n d e : Dieselbe Materie kann verschiedene Gestaltungen annehmen, aus E r z kann sowohl eine S t a t u e wie ein G e f ä ß w e r d e n , aus K n o c h e n und Blut können sowohl Menschen wie O c h s e n bestehen. D i e Gestaltungen, F o r m a t i o n e n lassen sich aus d e m b l o ß e n S t o f f nicht erklären, und doch bilden sie e b e n s o g u t eine Seite an der Natur, wie der ihnen indifferente Stoff. In dieser A l l g e m e i n h e i t der F a s s u n g k o n n t e das Motiv der F o r m der wissenschaftlichen Bearbeitung nicht zugänglich sein. E s wird aber durch einen andren Begriff weiter entwickelt und präzisiert. Tr/v de fj.OQ 998b 12, cf. besonders Metaph. Z, 10). Begriffliche Teile konstituieren, gestalten den Gegenstand; abstrahiert man aber von diesem seinem begrifflichen Sinn, von seiner Bedeutung als eigenartig gestaltetes Ganze, betrachtet man ihn als räumliche Zusammensetzung von Teilen, so hat man es mit der Materie zu tun. Durch diese Bestimmung behält die aristotelische Materie, die von den physikalischen Bedürfnissen sich so weit entfernt hat, doch immer Beziehung zu diesen. Allenfalls nur als Fixierung des Problems, denn es bedarf ja gatiz andrer Mittel um die physikalische und chemische Forschung In Bewegung zu setzen: sie würden schon auf der Seite der Form zu finden sein. Was aber naturwissenschaftlich der aristotelische Begriff der Materie zu bedeuten vermag, das wird durch ihren Sirin als tnot^eTov am genauesten ausgedrückt. Die vier Elemente sind daher immer die Materie xctz Qoyftv, weil sie immer als Bestandteile der Dinge und nie als gestaltete Einzelobjekte erscheinen (Metaph. Z, r6 Anf.) Die Materie ist so sehr P r i n z i p der T e i l u n g und der Teile, daß sie selbst von Aristoteles vielfach als mit T e i l gleichbedeutend bezeichnet wird (207 a 28; 1035*27; io84 b 2o). Mit Teilbarkeit geht Vielheit zusammen: im Gegensatz zur Einheit der Form vertritt die Materie das Prinzip der V i e l h e i t , ist ihr Wechselbegriff (80a ägid/uco nokXd, vXrjv e%ei 1074*33; Sacov f j ovaia Iv vÄfl lariv, nkeim kal äfteiga dvza tä ofioeidi}). Wenn die Materie die Vielheit nicht verschaffte, so wäre alles Eines, denn das andre Prinzip verleiht den Dingen eben nur Einheit (1069b 30). Aber allerdihgs steht die Vielheit in notwendiger und unzertrennbarer Korrelation mit der Einheit: das ist einer der tiefsten Gründe, warum Aristoteles die Doppelheit der Prinzipien annehmen tu müssen glaubt; und zugleich ist es die exakteste, wissenschaftlichste Fassung der Korrelation von Materie und Form. Metaiph. Z 17 ( i 0 4 i b n — 33)-

Die Disposition der aristotelischen Prinzipien.

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Man kann hier m e r k e n , wie die Materie, i n d e m sie s o mannigfache A n s p r ü c h e v e r t r i t t , von der U n b e s t i m m t h e i t allmählich a b g e h t und d e n G e g e n s t ä n d e n näher k o m m t . S i e ist j a E r z für eine Bildsäule, Z i e g e l für eine Mauer. U n d wieder für die Z i e g e l ist S a n d die Materie, die Mauer ist aber wieder Materie für ein. Haus, T&V ytÌQ TIQÓZ TU fj iiXi] • äXXcp yàg eidei ä U r j vXrj (Phys. II, 2). S o m i t ergibt sich der wichtigste S c h r i t t : die Materie r e l a t i v i e r t sich, — und zwar in d e m g u t e n S i n n e : sie bleibt identisch als R i c h t u n g , als G e s i c h t s p u n k t , b e k o m m t aber von Fall zu Fall neuen Inhalt. W i e d e r h o l e n t ü c h sagt A r i s t o t e l e s , d a ß es bei der F r a g e nach der Materie nicht auf die „ e r s t e " u n b e k a n n t e U r m a t e r i e , sondern auf die „ l e t z t e " , der letzten F o r m u n g zugrundeliegende Materie a n k o m m t . Und ü b e r h a u p t : w i e steht es mit de? „ e r s t e n M a t e r i e " ? Sie hat d o p p e l t e n G e b r a u c h : ij ngòs avrò n^WZRJ rj oXcog JZQÓZÌ], ohv TÜJV %ahuóv %Qya>v JiQÒg avrà fièv ngmzog 6 PJAAXÒ?, OLA)? d'I'OFOG vòzrj vlrj wird j a ein empirisch bekannter S t o f f genannt. Daß aber dieser als erster und unableitbarer g e s e t z t w i r d , ist (wie man h e u t e sagen würde) eine chemische H y p o t h e s e . D i e „ l e t z t e " Materie bildet aber ein schon erworbenes, ang e h ä u f t e s Besitztum an F o r m u n g e n das einer j e d e n n,eu hinzuk o m m e n d e n F o r m u n g zur V e r f ü g u n g s t e h t als Boden, auf d e m diese sich abzuspielen hat. Darin m ö c h t e latent eine H a u p t b e d e u t u n g des aristotelilischen „ m a t e r i e l l e n P r i n z i p s " enthalten zein. die Materie vertritt die R e a l i t ä t a n d e r Substanz, „ R e a l i t ä t " in der u r s p r ü n g lichen W o r t b e d e u t u n g : als d a s entscheidende K o n s t i t u e n s d e r Dinglichkeit. S u b s t a n z ist i m m e r noch P r o b l e m was an ihr faßbar ist, das sind die zwei Prinzipien an ihr. Sollte n u n F o r m die „ R e a l i t ä t " v e r t r e t e n ? Sie ist j a nur die jeweilige, letzte G e s t a l t u n g , während der ganze sonstige z u g r u n d e l i e g e n d e Inhalt d e s G e g e n s t a n d e s seine Materie ist. Und sollte das eidos die R e a l i t ä t sein, so hätte ja Plato R e c h t behalten: es soll j a aber e b e n , nach A r i s t o t e l e s , sein Hauptirrtum sein, d a ß er die el'dt] abgetrennt h a t , die für sich keinen Bestand haben. ') „Stoff d. h. Inbegriff der ihm angeeigneten Bestimmtheiten und der daraus sich entwickelnden Kräfte" sagt Brandis (Gesch. Bd. II. S. 715) .

112

W . Tatarkiewicz,

[54

Wovon aber abgetrennt? Womit will sie Aristoteles verbinden, was hat er zu bieten, um aus den Phantasmen reelle Dinge entstehen zu lassen? Es bleibt einzig und allein das andre Prinzip: die Materie. Daher wird sie zuallererst für die Substanz vorgeschlagen (Metaph. Z, 3); sie reicht aber für sich allein nicht aus. ovr' ävsv vXrjg xä zoiavrza ovzs xazä rrjv vXrjv (Phys. II, 2). Nur in bezug auf die Form ist die Materie überhaupt denkbar; nicht nur weil die Materie allein als Boden für die kommende Formung Sinn hat, sondern auch weil sie selbst in vollzogenen Formungen besteht. So hat die Materie einen weiten W e g hinter sich: vom Urdasein zum Prinzip der Realität. Oder sollte es ein Rückfall sein? ist sie vielleicht eben als Urdasein Realität? Mag dieses Motiv auch an seinem Teil mitgewirkt haben, wir halten daran fest, daß wir es mit P r i n z i p i e n zu tun haben. Einen Gegensatz zum Denken können wir in der Materie nicht mehr erblicken, wo sie die A u f s p e i c h e r u n g v o l l z o g e n e r F o r m u n g e n bedeutet. 1 Daher sehen wir auch keine Gefahr in der Fixierung der Realität in der Materie. — Ehe wir aber die letzte Rechnung in dieser Frage ziehen, wollen wir noch einige Züge betrachten, durch die Aristoteles sein materielles Prinzip charakterisiert. Daß die Materie unentstanden und unzerstörlich ist, das folgt direkt aus ihrer Bedeutung als Prinzip. Sie ist ja angenommen worden, um das Werden zu erklären, wie sollte sie denn selbst wieder dem Werden unterworfen sein: sie würde dann wieder der Prinzipien, wieder einer Zugrundelegung bedürfen, und die Erklärung ginge ins Unendliche. Und das hieße aus dem Prinzip, aus einer methodischen Abstraktion ein Ding, eine Wirklichkeit machen. ') Trotz dieser Bestimmung bleibt der Gegensatz von Materie und F o r m dennoch bestehen, der Dualismus wird nicht überwunden. Dies hätte nur dann geschehen können, wenn jene reinste Wendung der Materie streng und allgemein durchgeführt wäre. Dies ist aber nicht der Fall; die andren Bedeutungen der Materie sind durch diese keinesw e g s überwunden; sie stehen nebeneinander in den aristotelischen W e r k e n . Je nach dem Problem und nach der W e n d u n g der Untersuchung tritt die eine oder die andere Bedeutung in den Vordergrund. F ü r Aristoteles, der von beiden Enden — sowohl von den Prinzipien, wie von den Dingen — je nach Problem und Disziplin, die Untersuchung anfängt, ist dies leicht möglich. Und die beiden extremen Bedeutungen der aristotelischen Materie entsprechen genau den beiden Ausgangspunkten seiner Metaphysik.

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Die Disposition der aristotelischen Prinzipien.

113

D e r Mangel, das Fehlen einer Bestimmtheit (areQrjaig), die einen Zustand im W e r d e n dem nachfolgenden gegenüber charakterisieren, wird offenbar aufgehoben (Phys. I, 9): die leere Stelle wird durch eine Bestimmung ersetzt. Dies ist aber nur die negative Seite an dem Substrat, während die Materie die positive vertritt. Diese beiden Momente e i n e r Sache unterscheiden sich scharf voneinander, und im Gegensatz zur Privation k o m m t ein wichtiges Moment an der Materie zur A u s zeichnung: sie ist ein S e i n , während im W e s e n jener das ovx ov liegt, sie ist „ b e i n a h und g e w i s s e r m a ß e n " Substanz, während jene unmöglich auf Substanzialität Anspruch erheben kann (Phys. I, 9). S o wird durch die Zerteilung in zwei Momente die Positivität und der Seinscharakter der Materie bewahrt. E s kommt also bei ihr nicht darauf an, was ihr zu weiteren Bestimmungen und Gestaltungen fehlt, sondern was sie schon besitzt, was sie der weiteren Gestaltung als deren Grundlage zur V e r f ü g u n g stellt. Die Unterscheidung jener zwei Momente ist aber vor allem dadurch begründet, daß die Materie im Prozesse des W e r d e n s zwei Interessen vertritt: den einheitlichen B o d e n , den T r ä g e r des Prozesses und zugleich einen der G e g e n s ä t z e , in denen sich der Prozeß vollzieht: denn wenn man die hinzukommende Bestimmtheit wegnimmt, so bleibt, als ihr Gegensatz, negativ — die änovaia der Bestimmtheit, und positiv — eben der Träger, eari de r0 vnoxeifjievov ägid/tcp fikv ev, eidei de dvo (Phys. I, 7). W a s nun in der Materie an Bestimmungen angehäuft ist, was sie an Ansprüchen und an prinzipiellem Sinn enthält, das soll alles Einen Begriff bilden: die Materie ist Ein Prinzip. Das ist klar: der T r ä g e r der Veränderung muß Einer sein, sonst zerfällt diese. D a ß aber Aristoteles dies betont, hat polemischen Sinn. E s ist zwar eine uralte Meinung, daß das E i n s , das Zuviel und das Zuwenig — Prinzipien des Seienden sind; die ersten Philosophen haben diese Dreiheit richtig disponiert, sie nahmen nämlich das Paar der Gegensätze als tätig, das Eine als leidend; die späteren aber verfuhren umgekehrt und so verfehlten sie sowohl den Gegensatzcharakter der Bestimmungen wie die Einheit des Substrates (Phys. I, 6). Das ist gegen Plato gerichtet (cf. Simplicius). 1 ') A u c h den Verfechtern des L e e r e n gegenüber betont Aristoteles, daß die Materie Eine und identisch ist (uia, fiia ägiß/uco, fj avxrj), und zwar nicht nur für qualitativ Verschiedenes, für warm und kalt, für L u f t und W a s s e r , sondern ebenso für das Mehr und W e n i g e r ; die Dichtigkeits-

W . Tatarkiewicz,

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Die weitere Charakterisierung' an der Materie beginnt Aristoteles nun Wieder an der Hand einer historischen Orientierung über sein Problem. Den bedeutsamen Satz: man müsse, um die zwei gegensätzlichen Formprinzipien aufrecht zu erhalten, ein drittes ihnen zugrtmdelegen, setzt er unmittelbar so fort: „etwa wie diejenigen, welche sagen, die Natur des Gesamten sei Eine, wie z. B. Wasser oder Feuer oder das Mitteldmg zwischen diesen; eher aber scheint es noch das Mittelding zu sein, denn Feuer und Erde und Luft und Wasser sind schon mit Gegensätzlichkeiten verflochten: darum verfahren jene nicht ohne Grund, welche das Substrat zu einem von diesen vier Elementen verschiedenen machen, von den übrigen aber diejenigen, die die Luft dafür annehmen, denn die Luft hat unter den übrigen Elementen am wenigsten sinnlich wahrnehmbare Unterschiede" (Phys. 1,6). Es ist selbstverständlich, daß man sich bei der Bestimmung des Prinzips auf die Data der Sinnlichkeit nicht verlassen will. Ist es aber nicht Widerspruch, wenn trotzdem die vXfj durchgängig aia^rjrij genannt wird? Nein; alr Xpycov aw&v ä&avaxov xal äyrjQCüv nafiog ev rjfüv, 15 D), gleichsam eine Brücke in dem ewig fortschreitenden Prozeß der Erkenntnis geschlagen, welcher Fortgang entweder von der Einheit (der Grundfunktion) ausgebt und zur Bestimmung des Unbegrenzten strebt, oder, durch beliebige Unterscheidungen am Unbegrenzten festen

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F u ß fassend, von da aas sich stufenweise zur Einheit zurückwendet. Wir sehen: der B o d e n , auf dem sich dieser Prozeß abspielt, ist der W e g der Wissenschaft; er bewegt sich in Erkenntnissen, die konkreten Dinge sind sein letztes Interesse. Anders bei Aristoteles: sein Gebiet sind die Dinge, die Individuen, auf diese soll die Bestimmung des Unbestimmten direkt hinauslaufen. Dementsprechend ist auch das Begrenzende bei Plato eine Grundlegung, eine Grundfunktion des Bewußtseins, in einem W o r t e , die Idee, bei Aristoteles — die begriffliche Fassung eines individuellen Seins., also das., was für Plato schon das Resultat, und zwar das letzte, der Begrenzung ist: die mit dem Problem in Gemeinschaft getretene Idee. Und auch das Unbegrenzte: für Plato ist es das Gebiet der Sinnlichkeit, an der die wissenschaftliche Bestimmung ansetzt; Aristoteles brauoht es für andre Z w e c k e , es soll ihm alles das vertreten, was an d e m individuellen Sein nach der Ausscheidung der F o r m bleibt. Das Resultat der Begrenzung, ro EX TOWOJV, endlich,, um es nochmals zu sagen, ist bei P l a t o eine in der wissenschaftlichen Arbeit angewandte 'Idee, ¡für Aristoteles — wird es ein K o n k r e t u m sein müssen. — -Der Hauptunterschied ist klar: Aristoteles will ein Netz von Bestimmungen, eine Ordnung von Begriffen schaffen, für jedes Einzelne will er dessen spezifisches Sein ermitteln, nach der Art der biologischen Klassifikation. Die Frage nach der Quelle, nach der Einheit des Ursprungs dieser Bestimmungen, nach der ihnen zugrunde liegenden M e t h o d e , k o m m t für ihn nur an zweiter Stelle: und das war eben die wissenschaftliche T a t Piatos. Das ist auch der Unterschied zwischen eldos und löea. Aristoteles geht auf S o k r a t e s zurück und führt seinen Gedanken aus, ohne die E n t wicklung Piatos mitzumachen. Und während Plato sich an das äocpaXhs xfjg vnoMaecog hält, läßt sich Aristoteles von vornherein durch das Problem des Einzeldinges leiten. Plato hat nur soviel von den Dingen, wieviel die Erkenntnis im Fortschritt erobert h a t ; Aristoteles — obwohl er die Inkongruenz von Erkenntnis und Dingproblem erkennt und duröh die aneigca der Materie begründet — hält beide für gleich berechtigte und gleich primäre Ansprüche. Plato hat bei der „Bestimmung des Unbestimmten" das Problem der Erscheinungen im Sinne, denn die Substanz ist ihm durch die n e g a t a , durch die Ideen, gewährt; Aristoteles aber zielt gerade auf die Substanz, denn ihm reichen die neQOna für diese nicht aus. Plato zeigt in diesem Prozesse der

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B e s t i m m u n g , wie logische und mathematische Begriffe für d i e E r k e n n t n i s fruchtbar w e r d e n , A r i s t o t e l e s benutzt die „ B e s t i m m u n g des U n b e s t i m m t e n " , u m damit unmittelbar Biologie zu machen. D a s dürfte — in schroffster F o r m — der Unterschied sein, der trotz gleicher Disposition der Grundprinzipien, zwischen den beiden D e n k e r n besteht. U n d nun wollen wir genauer a u f den aristotelischen Begriff des „ex rovxcov" eingehen. D i e A u f g a b e i s t : die S u b s t a n z , d. h. das S e i n eines j e d e n D i n g e s , vollständig in Erkenntnisgebilde aufzulösen. D i e Mittel dazu sind aber die beiden Prinzipien, F o r m und Materie, — und ihre V e r e i n i g u n g . W i e ist nun mit diesen Mitteln die A u f g a b e zu lösen? E s müssen a b e r dabei bei A r i s t o t e l e s z w e i F r a g e n auseinandergehalten w e r d e n : 1. W i e ist die V e r e i n i g u n g der Prinzipien zu d e n k e n . " 2. Ist die Einzelsubstanz in die beiden Prinzipien auflösbar, und wie? M. a. W . : W i e lassen sich die Prinzipien 1. zur Einheit und 2. zur Einzelheit vereinigen? (Der K o m m e n t a t o r faßt die beiden F r a g e n z u s a m m e n : n&g yiyvexai xal eonv ex aar ov xcöv alc&rjx G>v, ä oXa eaxlv e£ a/xcpmeQOiv rovraiv, noxeQov avvxe'&evxcov fj xqad'evra>v xovxcov fj ¡xiyßivxwv, RJ xlg O TQÖTIOS xad1' ov FJ vir] DS^A/XIVR) xä el'drj yiyvexai A yiyvexai;.... xixo evovv xal ovve%ov xo eldos ev vkrj; A l e x , z u M e t a p h . 9 9 9 b 2 0 ) . D i e A u f g a b e n müssen lösbar sein. D e n n , d a ß das D i n g (nqnyjxa) — sagt A r i s t o t e l e s — eine Einheit ist, ist offenbar, die F r a g e ist nur, w o d u r c h es dies ist (1037* 19). E s g e n ü g t aber, die Einheit (und die Einzelheit) für die S u b s t a n z zu begründen, die übrigen D a t a f ü g e n sich schon ein, ev yaQ anavxa a>v 17 ovaia fiia (999b 21). D i e F r a g e nach der Einheit der F o r m und der Materie innerhalb der S u b s t a n z ist vor allem schon dadurch b e a n t w o r t e t , d a ß sich die eine nur in Beziehung auf die andre definieren läßt. Ihre W i r k s a m k e i t k a n n nur dann von statten gehen, wenn sie einander stützen, wenn sie als Einheit verstanden werden. In d e m Begriffe der Materie liegt es klar, d a ß sie von der F o r m nicht abtrennbar ist, d a ß sie, wenn getrennt, zu einem N i c h t s z u s a m m e n s c h r u m p f t (namentlich in der P h y s i k sind die K o n s e quenzen h i e r v o n , bei der Untersuchung des R a u m e s , d e s L e e r e n etc. mit aller Schärfe g e z o g e n ) ; aber auch das eldog ist nur XÖYTP XCOQIOXOV, d. h. nur für logische Z w e c k e , und es wird dann zu einem b l o ß e n G e d a n k e n . Seinen O r t im R ä u m e kann man von einem D i n g e abtrennen, nicht aber die es zustandebringenden K o m p o n e n t e n : F o r m und Stoff. „ D i e F o r m

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und die Materie lassen sich vom Dinge nicht abtrennen" heißt es in der Physik (20gh n ) ; und was ist das Ding? Nichts als das Zusammen von Form und Materie. 1 Die Einheit beider Prinzipien geht so weit, daß die Übergänge bisweilen flüssig werden und die Zweiheit der Prinzipien in beiden Richtungen zur Auflösung in ein Prinzip zu tendieren scheint. Unter den Vorgängern des Aristoteles gab es solche, die auch das Stetige und die geometrische Linie auf die Seite der Materie stellten; andre wieder lösten die Materie gänzlich in die Form auf (Met. Z, xi). Es ist verständlich, daß sich Aristoteles dagegen sträubt: die eine Behauptung hebt ihm sein System der Begriffe, der Arten auf, die andre — die Möglichkeit des Werdens und (wie wir noch sehen werden) der individuellen Unterschiede. Die Unzertrennbarkeit der beiden Prinzipien ist allerdings nur in den Naturgegenständen, vor allem in den biologischen Individuen, eine zweifellose, während bei den Gegenständen der Technik, die den zweiten, ebenso einflußreichen Ausgangspunkt für die Ableitung der aristotelischen Prinzipien bildeten, Form und Materie in loserem Zusammenhange stehen, z. B. das Erz und die künstlerische Absicht, dasselbe zu gestalten. Es ist aber unaristotelisch, hier zwei getrennte, aufeinander wirkende Prinzipien zu sehen. Sie sind Stoff und Form, eben w e i l sie vereinigt werden. Allerdings läßt es sich behaupten, daß Aristoteles die Unterscheidung von Form und Stoff aus der Technik, und ihre Einheit — aus der Biologie schöpft. Wie ist nun diese Einheit darstellbar? Die Einheiten bestimmt die Definition (Met. Z, 12), und nicht von vornherein das Ding. An. Post. II, 13 zeigt, wie die Definition das Kriterium der Einheit des Dinges bildet: wenn sie an einem Dinge nicht einheitlich durchführbar ist, so ist das ein Zeichen, daß das Ding falsch abgegrenzt wurde, daß das G e s u c h t e nicht eine Einheit, sondern eine Vielheit war. So sieht man, wie das Ding vor ') Ein Bürge der Einheit von Form und Stoff ist der Begriff der oteQTjois. E r ist eingeführt worden, um die V e r m i t t l u n g zwischen beiden abzugeben. E r ist einerseits eine Form, er vertritt nämlich einen der Gegensätze, in denen sich das Werden vollzieht (1032t' 3), und zwar denjenigen, der in dem Werdeprozesse überwunden und durch den anderen ersetzt wird. Andrerseits ist er Materie, weil er, wie der Name schon sagt, die (relative) Bestimmungslosigkeit, den Mangel der Gestaltung bedeutet, die eben noch zu erfolgen hat. So ist er gleichsam ein Schema, in dem sich die beiden Prinzipien treffen: er ist berufen, d i e M a t e r i e v o m G e s i c h t s p u n k t e d e r F o r m a u s zu f a s s e n . Cf. Alexander 7 7 3 a 26.

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seiner Definition nur-Gesuchtes, nur Problem ist. — Nun fragt e s sich, ob solche Definitionseinheiten die Materie zugleich mit der Form ausdrücken. Aristoteles kennt beide Fälle: wo die Definition auch die Materie eindeutig bestimmt (der biologische T y p u s ) , und wo sie es nicht tut (der technische Typus). In letzterem Falle ist die Einheit von Form und Materie durch zwei Definitionen darstellbar (cf. Met. 1043® 18—21). — Jetzt erhebt sich aber das zweite Problem: wie kann die E i n h e i t , die F o r m und Materie zusammen bilden, und die immer eine begriffliche, allgemeine ist, die E i n z e l h e i t fassen? Aristoteles hat eine ganze Reihe von Ausdrücken für jenes „Dritte aus Beiden", die ein Suchen verraten und die immer auf ein „Zusammen" in verschiedenen Wendungen hinauslaufen. Schon die aus beiden Komponenten bestehenden, aber noch unverschmol zenen Ausdrücke — ^ ev vkf] fiogoQov bezeichnet; auch wird dafür ein andrer A u s d r u c k , TO azo/j,ov, herangezogen, um den definitiven Charakter des Individuums zu charakterisieren. Mit ihm wird dann ein weiterer verbunden, der wieder auf die Progressivität der Dingbestimmungen hinweist und besonders geeignet ist, das avvoXov d>g xaty exaaxov vom avvoXov cbg xaftöXov zu unterscheiden: TO eaxaxov. Endlich taucht hier noch ein A u s d r u c k a u f , der schon zur Fixierung des Substanzproblems benutzt wurde: ägid/tco ev; so kehren die Merkmale der Substanz nunmehr wieder, um von den Prinzipien ihre Begründung zu erlangen. V o n dem xa&' exaaxov heißt es in der Analytik (72 "3), daß es eyyvxdxco xrjg alo&rjoeoos ist; wohlverstanden: am nächsten der Wahrnehmung, aber nicht durchaus mit ihr identisch; d. h. das exaaxov bleibt doch ein Problem der gedanklichen Erkenntnis. — Damit treten wir aber jetzt an eine Richtung des Bewußtseins heran, deren Anspruch an dieser Stelle nicht abgewiesen werden darf. W i r trafen anfangs die Sinnlichkeit an der Schwelle der Prinzipienforschung; dort mußte über sie hinausgegangen werden; jetzt kehrt sie w i e d e r , nachdem der große U m w e g ü b e r d i e E r k e n n t n i s d e r P r i n z i p i e n gemacht wurde. Die Erkenntnis hat für das Problem des sinnlichen Einzeldinges den W e g gewiesen, eine Reihe von Denkmitteln dafür begründet, — und doch muß sie an dieser Stelle einen V e r g l e i c h mit der Sinnlichkeit eingehen. Das begriffliche D e n k e n kann es sich nicht zum Ziel machen, den sinnlichen Daten der Dinge in j e d e m Schritte nachzugehen und sie in eigner Sprache adäquat wiederzugeben. Die W e l t der Phänomene ist für Aristoteles ein Zusammen von Unwandelbarem und W a n d e l b a r e m : während nun die Erkenntnis das Unwandelbare adäquat zur Darstellung bringt, ist es bei dem W a n d e l baren nicht der Fall. Das Denken bearbeitet und fixiert begrifflich das Veränderliche, aber seinem K o m m e n und G e h e n kann es sich nur approximativ anpassen; die Sinne allein g e b e n dafür den u n m i t t e l b a r e n Ausdruck (1040®2), — allerdings

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nicht einen selbstgenugsamen, denn dann wäre die ganze Arbeit des Denkens unnötig, zu der doch vielmehr die Daten der Wahrnehmung treiben. Hermann Cohen hat das geschichtliche Verdienst des Aristoteles so bestimmt, daß dieser „dem Sensualismus in berechtigten Schranken Wort und Geltung verschafft hat" (Kants Theorie der Erfahrung, II. Aufl. S. 18). Dies soll gewiß nicht so verstanden werden, als ob seinem Vorgänger, Plato, die Rücksicht auf die Sinnlichkeit fremd wäre, — man braucht nur den Phaedo daraufhin zu lesen, — Plato drängt aber mit aller Energie auf die Leistung der Erkenntnis; ebensowenig wird auch von Aristoteles die gedankliche Erkenntnis vergessen, wenn er die andre Seite ausführt und betont. — Die Prinzipien des Denkens in Beziehung auf die Sinnlichkeit führen zur Erkenntnis der Sinnendinge, der konkreten Dinge, Dinge der Wirklichkeit; Formen, wenn im Verein mit dem materiellen Prinzip, konstituieren die materiellen Dinge; die Vereinigung beider Prinzipien muß aber so gedacht werden, daß sie Einzeldinge zu verbürgen vermag; an der Materie liegt es, daß die Dinge veränderliche, entstehende und vergehende sind, und in der Abgrenzung ihrer Unbegrenztheit durch Formen werden geformte, körperliche Dinge — die Körper — ermöglicht.

VIII. Kausalität und Zweck. So haben von den vier dß^at xal ahiai, die Aristoteles anführt, zwei ihre Deduktion und Bewährung gefunden. Ihre Leistung erwies sich als sehr umfassend, sie enthalten eine ganze Anzahl von Begriffen, sie begründen die Identität und die Veränderung, die Allgemeinheit der Erkenntnis und die Individualität der Dinge. Kann es denn noch, auf gleicher Stufe mit ihnen, andre Prinzipien geben? Wir sahen schon früher, daß die Vierheit der ahiai kein einheitliches, ihre Zahl und Ordnung notwendig forderndes System bildet. Sie ist in der Orientierung an historischer Begriffsbildung, und allenfalls auch in der Besinnung auf allgemeine philosophische Fragerichtungen entstanden. Und es ist eben das bedeutende an diesen ahiai, daß sie reine Fragerichtungen, Gesichtspunkte, Methoden der Forschung sind, die nichts Abgeschlossenes, Fertiges in sich tragen. B r a n d i s , von dem das Beste in der Ausdeutung der Disposition des aristotelischen

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Prinzipiensystems stammt, hat diese vier äQ%ai xal atrial (Begründungsweisen) als vorbereitende „Hilfsbegriffe" erkannt. Davon sind F o r m und Materie als Prinzipien der Substanz, als konstituierende Momente des Seins erwiesen worden. Führen nun auch die andren Frage- und Begründungsweisen — „woher die Bewegung?", „um weswillen?" — zu selbständigen Momenten am Seienden? Die F o r m und die Materie sind für die Bewegung begründet worden: indessen bezeichnen sie nur die Termini, zwischen denen die Bewegung verläuft, aber nicht das, was ihr den A n stoß gibt, was macht, daß sie vonstatten geht. — Aristoteles schildert es ausführlich, wie in der Geschichte der philosophischen Prinzipien diese Frage unumgänglich geworden ist. Die Sache selbst und der Zwang der Wahrheit wurden den Philosophen zum Wegweiser. Ehe noch der „Begriff" bekannt war — er hätte aber das Problem nach dem A n f a n g der Bewegung nicht ersetzt — kamen die Forscher auf die bewegende Ursache: mag die Bewegung so oder so verlaufen, mag der Stoff, aus dem alles entsteht, einheitlich oder mannigfach sein, warum erfolgt sie, was ist das ainov davon? Denn das Substrat kann sich nicht selbst zur Veränderung bringen, das Erz macht keine Bildsäule, noch ist Feuer und E r d e der Grund des Guten und Schönen. Und wenn also einer s a g t e , es sei ein vovg, wie in den L e b e w e s e n , so in der Natur, als Grund des K o s m o s und seiner ganzen Ordnung, so mußte er gleichsam wie ein Nüchterner erscheinen neben den blind darauf losredenden Vorgängern. Ja, es muß im Seienden eine Ursache enthalten sein, um die Dinge zu bewegen und zusammenzubringen ({¡Tis mvrjOEi xal ovvägei rä ngay/xaia. 984 b 30 cf. 984" 19—27, b 1 1 — 1 8 ) . Das Verhängnisvolle an dieser Bewegungsrücksicht ist nur, daß sie hinzukommt, nachdem die Individuen schon konstituiert sind. Sie sind als isolierte ausgebaut: jetzt gilt es diese Isolierung zu überwinden und den Grund dazu zu legen, d a ß ein Individuum auf ein anderes einwirke und es in B e w e g u n g setze. Die bisherigen Prinzipien (auch die zwischen ihnen vermittelnde oTSQrjoi; einbegriffen) werden als immanent, einwohnend, innerlich (ivvnaQ%ovxa, axoi%tia) bezeichnet und dem gegenüber werden äußere (rä exrog) gefordert und angenommen (Met. A, 4). — E s tritt hier der Begriff des A n d e r e n (äXXo) auf; es ist nicht jenes eiegov, das die Verschiedenheit der Individuen bis auf das Äußerste trieb; es tritt auf mit der Absicht auf die

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V e r b i n d u n g , es ist das A n d r e , das es zu verbinden gilt. V e r räterischerweise taucht es erst jetzt auf und soll auf ausgebildete D i n g e A n w e n d u n g gewinnen, und nicht mit der mathematischen Mehrheit, die der Dingeinheit erst zugrunde g e l e g t werden m u ß . D u r c h dieses äXXo wird nun die „ b e w e g e n d e U r s a c h e " definiert: agyal yag fxexaßXrjxixai elatv ev äXXcp fj f j äXXo (i04Ö b 4 cf. 1 0 2 0 * 4 , I046 a 14, I049 b 7). W e n n diese F o r m u l i e r u n g mehr auf die räumliche T r e n n u n g , die es zu ü b e r b r ü c k e n gilt, zu g e h e n scheint, zielt eine andre mehr auf das z e i t l i c h e Verhältnis des B e w e g e n d e n und des B e w e g t e n . E s w e r d e n nämlich die mvovvza avua als nQoyeyevrjjueva ovza b e z e i c h n e t , und v o n den (bs 0 Xöyos, die äfia sind, unterschieden (Met. A. 3). E i n e andre Stelle der M e t a p h y s i k , die sich auf das V o r a u s g e h e n der Ursache bezieht ( Z , 8), verbindet damit das Problem der Erhaltung. F ü r die Materie ist die Erhaltung in ihrem Begriffe b e g r ü n d e t , nicht aber für die F o r m , die, an sich immer identisch, dennoch frei zu k o m m e n und zu g e h e n scheint. E b e n dieser scheinbaren W i l l k ü r soll das Einspannen des G e g e n s t a n d e s in die Reihe b e w e g e n d e r Ursachen abhelfen und die E r h a l t u n g der F o r m e n , der A r t e n begründen. "Avd-Qomog yäg äv&gcojzov yervä, sagt Aristoteles. D i e F r a g e ist n u n : was ist diese b e w e g e n d e Ursache, dieses äXXo und nQoyeyevrjfievov, das eine V e r ä n d e r u n g hervorbringt. U m darauf eine A n t w o r t zu geben, bezieht sich A r i s t o t e l e s nicht auf den Fall s c h w e r e r K ö r p e r (es sind nur E l e m e n t e , die zu ihrem natürlichen O r t streben) und nicht auf die B e w e g u n g der Gestirne (dafür wird zuletzt von den D ä m o n e n gesorgt), sondern auf zwei A r t e n der veränderlichen, individuellen S u b s t a n z e n : er glaubt die F r a g e öfter fj xivrjoig an der E n t w i c k l u n g der L e b e w e s e n und an der Hervorbringung der K u n s t g e g e n s t ä n d e ermitteln zu können. E r stellt nun f e s t , d a ß es in einem Falle der S a m e eines L e b e w e s e n s von derselben A r t (o/ioisidijg) ist, in d e m andren der F o r m g e d a n k e des K ü n s t l e r s , der das Bew e g e n d e ausmacht. D i e „ w i r k e n d e n U r s a c h e n " bilden ein so wichtiges Ingredienz der aristotelischen Biologie, d a ß es sogar scheinen k ö n n t e , als o b sie das S p e z i f i k u m des Organischen wären. D i e s ist aber nicht der Fall. Der ganze K o s m o s soll in solche Beziehungen aufgelöst w e r d e n : jene organischen W e r d e p r o z e s s e sind nur die am nächsten liegenden Beispiele. — S o sehr man erkennen muß, d a ß nach Stellung im S y s t e m und naturwissen-

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schaftlicher Beziehung Aristoteles das Bewegungsproblem verfehlt hat, so verstand er doch dieser Fassung derselben auch günstige Seiten abzugewinnen. Zunächst gewann er daraus die Antwort auf die Frage, wie sich das bewegende Prinzip zu den zwei Prinzipien der Substanz verhält, ob es als Form, als Materie oder vielleicht als etwas von beiden Verschiedenes zu denken ist. Denn, was ist es, was in der Kunst das Bewegende ist? TO eldog TO ev x f j tpvxfj (i032 b 23), die Form, die nur Form der Materie werden muß, um den Kunstgegenstand auszumachen. So ist auch z. B. die Gesundheit ein in der Seele, in der Erkenntnis enthaltener Xoyog (o ev x f j ipvyjj Xöyog xal ev x f j ¿7110x1/] f^rj, 1032 b 5); man denkt diesen Xoyog bis zu Ende (xal ovxcog äel voei, ecog äv äyäyfj efe xovxo o avxög övvaxai eo%axov noieiv, b8j, dann setzt die noirjoig selbst ein. Und so kommt es, daß in gewissem Sinne aus Gesundheit Gesundheit und aus Haus Haus wird, nämlich aus dem Immateriellen das Materielle (xrjg avev vkrjg xfjv syovaav vXrjv, ^12): denn die Heilkunst und die Baukunst sind die Formen der Gesundheit und des Hauses. — Aber nicht anders wie mit der noirjoig der menschlichen Technik verhält es sich mit dem Werden der Natur. Es ist ja eine der Bedeutungen der „90 b 19). A r i s t o t e l e s scheint die Natur als eine ägxrj noirjxixrj, als einen e r z e u g e n d e n Grund zu v e r s t e h e n , wenn er sie oft neben die diävoia stellt, die eine schaffende Quelle!, nämlich der menschlichen Erzeugnisse, bildet. — D i e s e Zusammenstellung führt aber vielmehr die Interpretation in die e n t g e g e n g e s e t z t e R i c h t u n g : die 9ovoig wird „ A n f a n g der B e w e g u n g " genannt, nicht aus jener systematischen R ü c k s i c h t , sondern aus mehr populären Gründen, u m nämlich die Naturerscheinungen von den T ä t i g k e i t e n und Erzeugnissen der T e c h n i k zu unterscheiden

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(waneg yag re%vrj Aeyetai ro y.ara re^vrjv xal rd reyvixbv, ovroy xal tptioig TO xarä tpvaiv Xeyexai xal ro tpvaixöv. Phys. II, i). P r i n z i p , dg/rj xal ahia, bleibt dabei die Natur im vollsten Maße, — s o sehr, daß schon das P r o d u k t der Prinzipien wohl qrvoei, nicht mehr aber tpvaig genannt wird. Sie ist aber k e i n s e l b s t ä n d i g e s P r i n z i p , sondern vielmehr nur eine A n w e n d u n g der Prinzipien. Wie der Dingbegriff in allen seinen Stadien die Prinzipien nur benutzt, auf das Einzelne anwendet, und so der Wandlung und Entwicklung der Prinzipien pari passu nachgeht, so tut dies nach der andren Seite, der des Ganzen, der Begriff der Natur. So hat schon die Stufe der Kategorien eine Spiegelung in dem Naturproblem: „das Relative ist eine tpvaig unter dem Seienden wie ebenso das Was und das Qualitative" (ro jtgög n fiia tpvaig rä>v OVTCOV wansQ xal ro ri xal ro noiov, io89 b 7). Aber ganz parallel mit der Entwicklung der Prinzipien entstehen Unterschiede innerhalb dieser primitiven Fassung der Natur: so ist die Kategorie des Relativen von allen Kategorien doch am wenigsten Natur und Substanz (ro de Jigög n ndvzmv tjxiora tpvaig ng fj ovaia rä>v xarrjyoQi&v iori, 1088 a 22). Die Substanz wird dagegen zur tpvaig im engeren Sinne: keyerai fj tpvaig fj r&v (pvaei ovrmv ovaia ( i o i 4 b 36); und damit geht die tpvaig in das eigentliche Gebiet der Prinzipien über. So ist es zunächst die Materie, dann aber in höherem Sinne noch, die Form, die als Natur erkannt wird (cf. Phys. II, 1 ; De part. anim. I, 1 ; Metaph. V , 3 etc.). Gleich aber mit der Einführung des Kausal- und des Zweckbegriffes in die Physik wird eine Anwendung dieser Eroberung auf den Begriff der Natur gemacht, die zu dem Schlüsse führt, daß die tpvaig eine evexd rov ist (Phys. II, 7). — Man findet in den aristotelischen Schriften eine Stelle, wo alle diese Prinzipienbedeutungen der Natur aufgezählt werden: älkcog re xal rrjg tpvaecog biy&g ksyofievrjg xal ovatjg rfjg fiev d>g virjg rrjg S'cog ovaiag. xal sariv avrt] xal d>g fj xivovaa xal ? yeveaig QÖOS iaxiv eis s", — und wer die Naturdinge nicht aus Grund und Prinzip, sondern aus Zufall entstehen läßt, der he|>t die Natur und die Naturwesen auf (ävaigel rä