276 25 16MB
German Pages 345 [348] Year 1997
BEITRÄGE ZUR KOMMUNIKATIONSGESCHICHTE
Herausgegeben von Bernd Sösemann
BAND 5
W G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1997 DE
JUTTA GRÖSCHL
DIE DEUTSCHLANDPOLITIK DER VIER GROSSMÄCHTE IN DER BERICHTERSTATTUNG DER DEUTSCHEN WOCHENSCHAUEN 1945-1949 Ein Beitrag %ur Diskussion um den Film als historische Quelle
W G Walter de Gruyter · Berlin · New York 1997 DE
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaußahme Gröschl, Jutta: Die Deutschlandpolitik der vier Grossmächte in der Berichterstattung der deutschen Wochenschauen 1945-1949 : ein Beitrag zur Diskussion um den Film als historische Quelle / Jutta Gröschl. Berlin ; New York : de Gruyter, 1997 (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte ; Bd. 5) Zugl.: Glessen, Univ., Diss., 1995 ISBN 3-11-015192-8 NE: GT
© Copyright 1997 by Walter de Gruyter & C a , D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen Printed in Germany Druck: WB-Druck, Rieden Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin
VORWORT
Die vorliegende historisch-journalistische Untersuchung der drei deutschen Wochenschauen zwischen 1945 und 1949 wurde im Sommersemester 1995 als Dissertation vom Fachbereich Mittlere und Neuere Geschichte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen angenommen. Sie ist als ein praxisorientierter Beitrag zur Diskussion um den Film als historische Quelle zu verstehen. Zugleich soll an ihr der wissenschaftliche Wert audiovisueller Uberlieferungen für die historische Forschung aufgezeigt werden. Mein besonderer Dank gilt vor allem Prof. Dr. Hans-Jürgen Schröder, der sich nicht nur bereit erklärt hatte, diese wissenschaftliche Arbeit zu betreuen, sondern vielmehr hat er durch zahlreiche wertvolle Anregungen aktiv zum erfolgreichen Abschluß der Dissertation beigetragen. Mein Dank gilt aber auch der Hanns-Seidel-Stiftung, die mich eineinhalb Jahre lang als Graduiertenstipendatin förderte und deren Seminare mir die Möglichkeit gaben, mich — über Fächergrenzen hinweg — mit anderen Doktoranden auszutauschen. Daneben möchte ich den Mitarbeitern des Bundesarchivs in Koblenz und in Potsdam, des Bundesarchiv-Filmarchiv in Koblenz und Berlin sowie Mme. Sandrine Einhorn-Heiser, Archives de 1'Occupation Fran^aise en Allemagne et en Autriche in Colmar, und den Archivaren des Public Record Office in Kew für Ihre Unterstützung bei der umfangreichen Quellenrecherche danken. Wertvolle wissenschaftliche Hilfe wurde mir zudem durch Dr. Stephan Dolezel, Institut für den Wissenschaftlichen Film in Göttingen, und durch Dr. Gerd Albrecht, Deutsches Institut für Filmkunde in Frankfurt, zuteil. Sehr gefreut hat mich auch, daß Prof. Dr. Bernd Sösemann meine Dissertation in die Buchreihe „Beiträge zur Kommunikationsgeschichte" aufgenommen hat.
VI
Vorwort
Last but not least danke ich aber auch meinen Korrekturlesern, die innerhalb kurzer Zeit, neben ihren beruflichen und familiären Verpflichtungen, das vorliegende Buch auf Fehler hin durchforstet haben.
Rheinbach, im März 1996
Jutta Gröschl
INHALT
VORWORT
V
VERZEICHNIS DER VERWENDETEN ABKÜRZUNGEN
XI
EINLEITUNG
Die Deutschlandpolitik der vier Großmächte 1945—1949 in der Berichterstattung der deutschen Wochenschauen I. Problemstellung
1
II. Aufbau und Abgrenzung
6
III. Quellenlage und Forschungsstand
10
ERSTES KAPITEL
Film und Wochenschau in der Geschichte I. Der Film als historische Quelle 1. Der Quellenbegriff nach Johann Gustav Droysen und das filmische Medium
19
2. Die filmische Quelle im wandelnden Verständnis der deutschen Geschichtswissenschaft
22
3. Der Spielfilm als historische Quelle
35
4. Die filmische Quellenkritik
37
n.Die Umsetzung der Wirklichkeit in der Wochenschau 1. Nachrichten — Abbilder der Realität?
41
УШ
Inhalt
2. Gezielte Effekte im kinemathografischen Bild und Ton a) Der Kinobesucher als „Augenzeuge" — oder filmisches Sehen
43
b) Kameraführung und Bildperspektive
47
c) Die Montage
51
d) Kommentar und O-Ton
53
e) Musik
55
Ш Die historische und technische Entwicklung des Nachrichtenmediums „Wochenschau" in Deutschland 1. Filmstart mit Hindernissen
58
2. Der Erste Weltkrieg als .Geburtshelfer' der deutschen Wochenschau
62
3. Der Aufstieg der Wochenschau-Produktion in der Weimarer Republik
64
4. Durch Ästhetisierung und Dramaturgie zur erklärten Propagandawaffe
67
5. Die Entstehung des Fernsehens als audiovisuelles Konkurrenzmedium
73
6. Im Ringen um die Zuschauer: die Wochenschau nach 1949
77
ZWEITES KAPITEL
Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949 I. Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft am Ende des Zweiten Weltkriegs 1. Geeint gegenüber den Deutschen: Medienpolitik zwischen Konzeption und Umsetzung
85
2. Von einer gemeinsamen westalliierten Kriegspropaganda zur getrennten Mediengestaltung in den Besatzungszonen
94
П. Die Ausgestaltung der Medienpolitik in den vier Besatzungszonen 1. Organisation und Informationspolitik der amerikanischen Information Control Division
100
2. Aufbau und Zielsetzung des britischen Informationssystems in Deutschland
108
3. Die Direction de 1 'Information und ihre Medienziele für die französische Zone
120
4. Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung — Strohorganisation und Ausführende der sowjetischen Informationspolitik
130
Inhalt
DC
Ш. Intention und Umsetzung der Wochenschaupolitik in den vier Besatzungszonen 1. Amerikanisch-britischer .Traum' von einer Vierzonen-Wochenschau 2. Eine amerikanisch-britische Co-Produktion — die Wochenschau Welt im Film a) Militärische Institution im Wandel der Besatzungsjahre b) Von „Schuld und Sühne" zu wirtschaftlichem Optimismus
141 148 159
3. Von den Actualites Franfaises zum Blick in die Welt — französische Wochenschaupolitik in Deutschland a) Von der .Notlösung' zur etablierten Wochenschau b) Blick in die Welt — in Deutschland mit eingeschränkter Sicht
167 178
4. Der Augenzeuge — deutsche Wochenschau-Produktion unter sowjetisch-deutscher Kontrolle a) Vom „Filmaktiv" zur DEFA b) Augenzeuge mit fortschreitender Linsentrübung
184 197
IV. Deutschlandpolitische Themen in der Berichterstattung der drei deutschen Wochenschauen — ein Vergleich 1. Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozeß 1945/46 im Augenzeugen und Welt im Film 2. Berichterstattung des Augenzeugen und der Welt im Film über die Londoner Außenministerkonferenz 1947 3. Widersprüchliche Betrachtungsweisen: Die westliche Währungsreform und die Berlinkrise in den drei Wochenschauen 1948/49
204 210 213
SCHLUSSBETRACHTUNG Im Dienste der vier Großmächte: Die deutschen Wochenschauen 1945—1949 .... 223 QUELLEN-UND LITERATURVERZEICHNIS
235
ANHANG 1: Zeittafel zur Medien- und Wochenschaupolitik der vier Großmächte zwischen 1945 und 1949 ANHANG 2: Organigramme der vier Informationseinheiten ANHANG 3: Drehablaufpläne exemplarisch ausgewählter Wochenschau-Ausgaben PERSONENREGISTER
261 267 275 329
SACHREGISTER
331
ABKÜRZUNGEN
АСА ACC AMFA
= = =
AMZON AOF
= =
BA BAP ВВС ВF N CAD CC CCFA C.C.G CGAAA
= = = = = -
CO COGA DANA DEFA DENA DEP DGPR DI DISCC DMG DNB DZW EAC FFA FO
— = = = = = -
Allied Control Authority (USA) Allied Control Council (USA) Corps d'Administration Militaire Frangaise en Allemagne American Zone of Occupation Archives de l'Occupation Franijaise en Allemagne et en Autriche (Colmar) Bundesarchiv Koblenz Bundesarchiv-Außenstelle Potsdam British Broadcasting Corporation British Forces Network Civil Affairs Division (USA) Control Commission Commandant en Chef Frangais en Allemagne Control Commission for Germany (GB) Commissariat General pour les Affaires Allemandes et Autrichiennes Control Office Control Office for Germany and Austria Deutsche Allgemeine Nachrichtenagentur Deutsche Film-AG Deutsche Nachrichtenagentur Direction de l'Education Publique Director General Public Relations Direction de l'lnformation District Information Services Control Command Deputy Military Governor (GB) Deutsches Nachrichtenbüro Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung European Advisory Commission Forces Fran9aises en Allemagne Foreign Office (GB)
ΧΠ
Abkürzungen
FTM GMZFO
-
Hrsg. ICD ICU ISC ISD JCS KPdSU LPCC M.G. MOI NL NSDAP ODIC
— = = =
OMGUS
-
OWI PIB РШ POQ PORO PRO PRS PURKKA
= = = = -
PWD PWE S.H.A.E.F. SMAD SNB
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UFA UFI
= =
USGCC
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Film, Theater and Music control section (USA) Gouvernement Militaire de la Zone Fran9aise d'Occupation Herausgeber Information Control Division (USA) Information Control Unit (GB) Information Services Control (GB) Information Services Division (GB) Joint Chiefs of Staff (USA) Kommunistische Partei der Sowjetunion London Propaganda Coordination Comitee Military Government Ministry of Information (USA) Nachlaß Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Office of the Director of Information Control (USA) Office of Military Government for Germany (USA) Office of War Information (GB) Political Information Branch (USA) Political Intelligence Department (GB) Public Opinion Quarterly (USA) Public Opinion Research Office (USA) Public Record Office (Kew) Public Relations Service (GB) Politische Hauptverwaltung der Roten Arbeiterund Bauernarmee; ab 1941: Hauptverwaltung für Politische Propaganda Psychological Warfare Division Political Warfare Executive Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force Sowjetische Militäradministration in Deutschland Sowjetisches Nachrichtenbüro bei der sowjetischen Militärverwaltung Universum Film Gesellschaft AG Dachgesellschaft der deutschen Filmwirtschaft nach 1942 United States Group Control Council (USA)
FÜR FRANK U N D PATRICIA, die leider zu früh starb
EINLEITUNG I
Problemstellung: Die Deutschlandpolitik der vier Großmächte 1945—1949 in der Berichterstattung der deutschen Wochenschauen „Allen Filmtheatern, die in den vergangenen 4 Vi Jahren die WELT IM FILM gespielt haben, unsere Anerkennung, allen, die sich in den vergangenen Wochen für das Weiterspielen der WELT IM FILM entschlossen haben, unseren Dank." 1 Mit dieser Werbeanzeige endete 1949 die Ära des besatzungszonalen Wochenschau-Monopols nach dem Zweiten Weltkrieg, und es begann das Endzeitalter eines Nachrichtenmediums, das mit der technischen Entstehung des Films geboren worden war. Uber ein halbes Jahrhundert hinweg hatte die Wochenschau einen stetigen Aufstieg erlebt — bis das Fernsehen, das täglich zu Hause konsumiert werden konnte, zum filmischen Massenmedium wurde. Das, was jahrzehntelang kein Nachteil gegenüber den Printmedien und dem Hörfunk gewesen war, wurde der Wochenschau nun zum Verhängnis: das Fehlen der Tagesaktualität. Denn das Fernsehen bot nicht nur täglich neue Nachrichten, sondern es besaß auch die Eigenschaft, die die Wochenschau zuvor gegenüber den schnelleren Medien ausgezeichnet hatte: Uber den Film erlebten die Zuschauer ein Ereignis mannigfaltig und scheinbar live mit: „Bilder aus fünf Kontinenten spiegeln sich auf ihrer Netzhaut in rasender Folge. Unsichtbare, anonyme Sprecher plaudern und schreien in ihr Ohr. Kreischende, winselnde, peitschende, stampfende Musik drückt die psychischen Schotte ein. Der nächste huschende Lichtfleck überholt die Reflexion und zerfetzt sie."2 Dieses, von Hans Magnus Enzensberger anschaulich beschriebene Phänomen beinhaltet Film-Echo, 6. Oktober 1949, Sonderausgabe, S. 469. Hans Magnus Enzensberger: Die Anatomie einer Wochenschau, in: Frankfurter Hefte, 4 (1957), S. 265—278 (hier S. 265). 1
2
2
Einleitung
jedoch zugleich ein Risiko, da das konzentrierte, filmische Erleben von Nachrichten — wie es besonders im dunklen Kinosaal gegeben ist — dem Betrachter keine Zeit zur Reflexion läßt: „Der Zuschauer muß seine Aufmerksamkeit derart auf den überstürzten Bildablauf konzentrieren, daß jede Reaktion ins Unbewußte abgedrängt wird. Selbst wenn er kritisch ist, er hat keine Möglichkeit, die Information nachzuprüfen. Der Filmbericht bleibt anonym."3 Der Medienwissenschaftler Emil Dovifat resümierte denn auch Ende der sechziger Jahre folgerichtig, daß „die Filmnachricht für die subjektive Färbung viel anfälliger als das gedruckte Wort"4 sei. Schon im Ersten Weltkrieg hatten die deutschen Militärs diese Erkenntnis genutzt und die filmische Kriegsberichterstattung zur Stärkung der Kampfmoral in der Heimat eingesetzt. Autoritäre Regierungssysteme, wie der Nationalsozialismus und der Stalinismus, perfektionierten wenige Jahre später das Medium Wochenschau zum Propagandamittel. Denn über sie konnten sie an einem Ort die größtmögliche Zahl an Rezipienten über einen festgelegten Zeitraum hinweg gezielt und nach ihren Vorstellungen .informieren'. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Wochenschau dann jedoch auch von den westlichen, demokratischen Staaten als ein „publizistisches Führungsmittel" gegen den Hauptkriegsgegner Deutschland — und später zur Beeinflussung der deutschen Kriegsgefangenen — verwandt.5 Die westlichen Alliierten griffen dabei nun ebenso wie die autoritären Systeme auf wissenschaftliche Erkenntnisse, fundierte Methoden und ausgebildetes Personal zurück — wobei die in der Praxis gewonnenen Erfahrungen wiederum wissenschaftlich ausgewertet wurden und neuerlich Anwendung in der filmischen Propaganda fanden.6 Je näher das Kriegsende und die Besetzung Deutschlands rückten, desto konkreter entwickelten schließlich insbesondere die USA Pläne für die Umorientierung der deutschen Bevölke-
Peter Baechlin: News Reals across the World, zit. nach Pierre Kandorfer, Lehrbuch der Filmgestaltung. Theoretisch-technische Grundlage der Filmkunde. Köln 1978, S. 65. 4 Zit. nach Kandorfer, ebd. 5 Vgl. hierzu ausführlich Garth S. Jowett: Propaganda and Communication. The Reemergence of a Research Tradition, in: Communication, 1 (1987), S. 97—114 (hier S. 101). 6 Vgl. hierzu ausführlich Gerhard Maletzke: Propaganda. Eine begriffskritische Analyse, in: Publizistik, 2 (1972), S. 153—164 (hier S. 154). 3
Problemstellung
3
rung mittels des filmischen Mediums — nicht zuletzt, weil die nationalsozialistische Deutsche Wochenschau nachweislich große Resonanz fand. Am 18. Mai7 starteten die amerikanische und die britische Informationseinheit, die bis Mitte Juli 1945 noch in der Psychological Warfare Division (PWD) zusammengeschlossen waren, zunächst eine Testphase ihrer eigenproduzierten Wochenschau Welt im Film in Hamburg und Erlangen. Wenige Wochen später wurde sie flächendeckend8 in den beiden Besatzungszonen vorgeführt. Doch auch in den beiden anderen Zonen kam das Nachrichtenmedium „Wochenschau" schnell wieder in Gang: Nachdem zunächst die sowjetische und französische Fassung mit deutschen Untertiteln in den Kinos der jeweiligen Besatzungsgebiete gezeigt worden waren, begann ab Februar 1946 zunächst die Produktion des ostdeutschen Augenzeugen und ab Frühjahr 1947 die des Blick in die Welt. Jede der drei Wochenschauen hatte während der ganzen Besatzungszeit die Monopolstellung auf dem Gebiet ihrer Produktion. Ein Austausch ganzer Ausgaben oder einzelner Beiträge blieb bis 1949 — auch unter den westlichen Großmächten — unerwünscht. Und selbst entgegen den westlichen, medienpolitischen Prinzipien, eine neuerliche, deutsche Medienkonzentration durch gezielte Lizensierung zu vermeiden, zeichneten sich alle drei Wochenschauen zudem dadurch aus, daß sie während der ganzen viereinhalb Jahre fest in den Händen der vier Großmächte waren. Angesichts dieser Tatsachen erscheint es sinnvoll, die Medienpolitik der vier Großmächte auf die Ursachen dieser gezielten Monopolisierung sowie die drei Wochenschauen auf manipulative Ansätze hin zu analysieren. Dabei stehen zwei Grundthesen im Mittelpunkt der Betrachtung: a) Die drei Wochenschauen Der Augenzeuge, Blick in die Welt und Welt im Film wurden von der jeweiligen Großmacht produziert und nur auf derem Besatzungsgebiet vertrieben. Zudem bestand für sie ein Vorführzwang9. Es ist daher davon auszugehen, daß den drei
7 Die Umstrukturierungsphase der Wochenschau nach dem Dritten Reich setzte folglich viel früher ein als die von Presse und Hörfunk. 8 Zumindestens in den Kinos, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits wieder spielbereit waren. 9 Vgl. beispielsweise Heinrich Bodensieck: Besatzungspropaganda für einen deutschen Weststaat 1948/49? Überlegungen zur Auswertbarkeit von Wochenschaumate-
4
Einleitung
Wochenschauen eine besondere Rolle bei der politischen Umerziehung der deutschen Bevölkerung zukam. Wenngleich auf den ersten Blick (Um-)Erziehung nichts mit Propaganda zu tun zu haben scheint, zeigt jedoch die nähere Betrachtung der Begriffe, daß beide Bereiche unmerklich ineinander übergehen und sich auch weitgehend überschneiden können. So definiert beispielsweise Gerhard Maletzke den Begriff „Propaganda" als „geplante Versuche, durch Kommunikation die Meinung, Attitüden, Verhaltensweisen von Zielgruppen unter politischer Zielsetzung zu beeinflussen."10 Dabei zeigt er auf, daß im Rahmen propagandistischer Beeinflussungsversuche oft auch Faktenwissen vermittelt wird, so daß die Propaganda beiläufig eine Funktion wahrnimmt, die primär der Erziehung zufällt. Diese Tatsache ist nicht zuletzt auf den inhaltlichen Ursprung des Begriffes „Propaganda" (lat.: ausbreiten, verbreiten, erweitern, vermehren) zurückzuführen: Die Entstehung des Wortes geht auf die kirchliche Institution „Sacra Congregatio Christiano de Propaganda Fide" zurück, die Papst Gregor XV. am 22. Juni 1622 gründete, um den katholischen Glauben und die damit verbundenen Herrschaftsansprüche zu verbreiten und zu sichern.11 Eine negative Bedeutung erhielt der Begriff „Propaganda" jedoch erst in Verbindung mit dem Begriff „Manipulation", der als Negativum zur „Information" steht. „Manipulation" wird dabei als „mißbräuchliche Benutzung der meinungsbildenden Wirkung der Massenmedien zur einseitigen Beeinflussung der Zuschauer unter bewußter Vernachlässigung wichtiger Daten, vor allem wenn politisch-gesellschaftliche Probleme dargestellt oder behandelt werden"12, definiert. Wie bereits kurz angerissen, bietet sich gerade das filmische Medium für die einseitige Beeinflussung der Rezipienten an. — Was in
rialien, in: Ders. (Hg.), Preußen, Deutschland und der Westen. Auseinandersetzungen und Beziehungen seit 1789. Göttingen 1980, S. 274. 10
Maletzke (wie Anm. 6), S. 156.
11
Vgl. ebd., S. 156 f.
Peter Borowsky, Barbara Vogel und Heide Wunder: Einführung in die Geschichtswissenschaft I. Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. Opladen 1989 5 , S. 136 f. 12
Problemstellung
5
diesem Jahrhundert schon sehr bald erkannt und mit unterschiedlichen Intentionen von den Produzenten genutzt wurde. Aus dieser Erkenntnis heraus und aus der historischen Betrachtung der Entstehung des „Kalten Krieges" leitet sich auch die zweite Grundthese ab: b) Wegen ihrer zeitgenössischen monopolistischen Vorzugsstellung als filmisches Massenmedium wurden die drei Wochenschauen von den Großmächten auch benutzt, um der deutschen Bevölkerung im jeweiligen Besatzungsgebiet die „Richtigkeit" der eigenen politischen Vorgehensweise zu vermitteln. Anhand der filmischen Wochenschau-Gestaltung kann daher eine gezielte politische Steuerung der deutschen Bevölkerung hin zu den politischen Idealen der jeweiligen Großmacht aufgezeigt sowie tendenziell die politische Entwicklung Deutschlands zu zwei geteilten Staaten nachgewiesen werden. Die Auseinandersetzung mit dieser These setzt die filmische Analyse der drei Wochenschauen voraus. Dabei muß zum einen die schriftlichen Produktionsvorgaben der jeweiligen Informationseinheiten (Auftraggeber / Produzenten) betrachtet werden. Zum anderen gilt es aber auch, detailliert und kritisch die journalistische Wochenschau-Arbeit — von der Nachrichtenauswahl über den Einsatz filmischer Effekte mittels Bildgestaltung, Kommentar, Ton und Schnitt bis hin zur emotionalen Wirkung — zu untersuchen. Erst aufgrund dieser Kombination aus empirischer Recherche und inhaltlicher Vergleichsperspektive kann schließlich ein umfassender Nachweis der politischen Instrumentalisierung der drei Wochenschauen erbracht werden.
π Aufbau und Abgrenzung
Die vorliegende Darstellung ist auch als ein Beitrag zur generellen Diskussion um den Film als historische Quelle zu verstehen. Sie stellt daher zunächst in einem umfassenden theoretischen Teil Grundlagen für die Nutzung des filmischen Mediums im allgemeinen und die Wochenschauen im besonderen vor, die unentbehrlich für einen Historiker, der an schriftliche Quellen gewöhnt ist, sind. Zugleich wird dadurch auch der filmanalytische Teil der Untersuchung historisch-wissenschaftlich nachvollziehbar gestaltet und methodisch abgesichert. Die Beschäftigung mit dem angestrebten Thema erfordert daher zunächst auch eine Darstellung, ob, in welchem Umfang und mit welchen Einschränkungen der Film als historische Quelle heute in der Geschichtswissenschaft anerkannt ist. Im ersten Teil der Darstellung „Film und Wochenschau in der Geschichte" wird daher ausgehend vom historischen Quellenbegriff nach Johann Gustav Droysen das wandelnde Verhältnis der Geschichtswissenschaftler zum Film als Forschungsgrundlage beleuchtet. Hierbei sollen nicht nur die verschiedenen Strömungen der historischen Filmforschung, sondern auch qualitative Beurteilungsmaßstäbe für die filmische Quellenkritik aufgezeigt werden. Sind filmische Nachrichten Abbilder der Realität? Dieser Frage wird im folgenden Kapitel nachgegangen. Dabei wird das parallele Zusammenspiel von Bild, Montage, Kommentar und Musik in einzelne Ebenen zerlegt und auf spezifische Effekte hin untersucht. Auf diese Weise wird die Wirkung bestimmter Kamera-Positionen, Bildausschnitte oder Musikformen vorgestellt, was für die historisch-wissenschaftliche Filmanalyse der Wochenschauen unabdingbar ist. Ein wichtiges Element der filmischen Quellenkritik stellen auch die temporalen, filmtechnischen Möglichkeiten der Wochenschau und die Erwartungshaltung der Rezipienten dar. Diesem Themengebiet widmet sich das dritte Kapitel des ersten Teils, das die historische Entwicklung
Aufbau und Abgrenzung
7
dieses Informationsmediums in Deutschland bis zum Mai 1945 aufzeigt. Der kommunikative Stellenwert innerhalb der Informationsmedien wird dabei ebenso charakterisiert wie die im Laufe der Jahre zunehmende inhaltliche Einflußnahme der Auftraggeber und Produzenten. Ein kurzer Exkurs beschäftigt sich zudem mit der Entwicklung des filmischen Konkurrenzmediums Fernsehen und dem Abstieg des Mediums „Wochenschau" ab 1950. Als Grundlage für die Analyse der drei Wochenschauen sind die anschließenden Kapitel zu verstehen. Denn in ihnen werden die generellen, medienpolitischen Grundlinien der vier Großmächte sowie die Wochenschau-Vorgaben im speziellen aufgezeigt. Dabei wird auch auf die Zielsetzungen, die die alliierten Kriegsverbündeten bereits vor Ende des Zweiten Weltkrieges gemeinsam festlegten, sowie auf die spätere politische Problematik bei deren Umsetzung eingegangen. Begriffsspezifisch wird in diesem Abschnitt deutlich zwischen der Medien- und Informationspolitik zu unterscheiden sein. Denn während die Medienpolitik die generellen Vorgaben und Ziele beschreibt, steht der Begriff „Informationspolitik" für die thematische Steuerung der Berichterstattung. Da die Medienbereiche Presse und Hörfunk — in den westlichen Staaten — nicht nur umfangreich untersucht wurden, sondern auch nebensächlich für das eigentliche Untersuchungsobjekt sind, werden sie in dieser Abhandlung übergangen. Als Quellen für die Darstellung der Medien- und Wochenschaupolitik dienten vorrangig die in Koblenz13, Potsdam14, Colmar15 und Kew16 archivierten Akten der jeweiligen Besat-
13 Im Bundesarchiv in Koblenz liegen die OMGUS-Akten (Office of Military Government for Germany-United States) der amerikanischen Besatzungsbehörden seit 1980 auf Microfiche verfilmt vor. Hier wurden bis März 1995 auch die für diese Untersuchung relevanten Ausgaben der amerikanisch-britischen Wochenschau Welt im Film aufbewahrt. Inzwischen wurden sie jedoch ins Bundesarchiv-Filmarchiv nach Berlin verlegt.
Im Bundesarchiv-Außenstelle Potsdam sind die Akten der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung zugänglich, in deren Zuständigkeitsbereich nach außen hin sowohl die Medien- als auch die Wochenschaupolitik lag. Die ab 1946 erschienenen Ausgaben der Wochenschau Der Augenzeuge werden hingegen im Bundesfilmarchiv-Außenstelle Berlin verwahrt, wo sich inzwischen auch Welt im Film und Blick in die Welt befinden. 15 Erst seit Anfang der achtziger Jahre liegen alle Akten der französischen Besatzungsbehörden im Archives de l'Occupation Franfaise en Allemagne et Autriche in 14
Einleitung
8
zungsbehörden und deutschen Verwaltungsstellen. Sie stellten neben der Sichtung des Wochenschaumaterials den Schwerpunkt der ArchivArbeit für diese Untersuchung, deren Ziel es ist, beide Ebenen der archivalischen Quellen — schriftliche und filmische Nachlässe — wissenschaftlich nutzbringend zusammenzuführen, dar. Ausgehend von den medien- und wochenschaupolitischen Vorgaben der vier Großmächte und den unterschiedlichen, filmsprachlichen Darstellungseffekten werden schließlich ausgewählte Wochenschauberichte auf ihren manipulativen Charakter hin analysiert und die Form der Berichterstattung miteinander verglichen. Grundlegende Voraussetzung für die exemplarische Auswahl und den Vergleich war, daß alle drei Wochenschauen über dasselbe Ereignis berichtet haben. Zudem wurde pro Besatzungsjahr ein Beispiel mit deutschlandpolitischem Bezug ausgewählt, da auf diese Weise die propagandistische Entwicklung der jeweiligen Informationspolitik am deutlichsten nachgewiesen werden kann. Diese zwei Grundbedingungen erfüllten die Themen „Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecher Prozeß 1945/46", „Die Londoner Außenministerkonferenz von 1947", „Die westliche Währungsreform 1948" sowie die „Berlin Krise 1948/49". Die Drehablaufpläne zu diesen Themen, die sich im Anhang dieser Untersuchung befinden, sollen dabei zum einen die filmische Analyse nachvollziehbar gestalten und zum anderen den Lesern, die eigene empirische Forschungen anstellen wollen, die Auswertung erleichtern. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings ein Problem, das nicht unerwähnt bleiben darf: Die Informationseinheiten der vier Großmächte untersuchten zwar generell den propagandistischen Ertrag ihrer Berichterstattung — nicht zuletzt, um hierauf wiederum zielgruppenspezifisch reagieren zu können. In den wenigsten Fällen ist jedoch ein direkter Bezug zu einem Wochenschau-Thema überliefert. Das gleiche gilt auch für die Untersuchung, wieviele Kinobesucher an einem bestimmten Tag den jeweiligen Beitrag rezipiert und wie sie die filmischen Informationen bewertet haben. Denn gerade zu Beginn der Besatzungs-
Colmar, zuvor waren sie größtenteils im Archiv des französischen Außenministeriums am Quai d'Orsay in Paris untergebracht, wo sie für die Forschung kaum zugänglich waren. Seit Sommer 1993 sind die rund 30.000 Akten der britischen Besatzungsbehörden im britischen Public Record Office in Kew bei London für die historische Forschung erschlossen. 16
Aufbau und Abgrenzung
9
zeit kursierten Wochenschau-Ausgaben — aufgrund fehlender Kopien — oft wochenlang in der deutschen Kinolandschaft. Das Bedürfnis nach aktuellen Nachrichten kann folglich nicht allein im Mittelpunkt des Interesses gestanden haben. Enzensberger weist denn auch in seiner Untersuchung zur „Anatomie einer Wochenschau" von 1957 nach, daß die Aktualitätserwartung bei diesem Medium insgesamt gering gewesen sei.17 Der Darstellungszeitraum beginnt mit der bedingungslosen deutschen Kapitulation und dem Start der Probe-Vorführphase von Welt im Film im Mai 1945 und endet mit der Gründung der beiden deutschen Staaten im Herbst 1949. Für die Zäsur am Ende der vierziger Jahre sprechen dabei zwei wesentliche Ereignisse: Am 21. September 1949 verkündete die Alliierte Hohe Kommission in Westdeutschland die publizistische Freiheit der Medien (§ 5 Grundgesetz). Am 10. Dezember 1949 wurde in der Bundesrepublik das Produktionsunternehmen Neue Deutsche Wochenschau gegründet, das erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg wieder unter alleiniger deutscher Regie stand und die gesamte Bundesrepublik mit Kinowochenschau-Ausgaben versorgte.
17
Vgl. Enzensberger (wie Anm. 2), S. 266 f.
ш Quellenlage und Forschungsstand Die wichtigsten Faktoren des Umbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg sind im Rahmen des weltpolitischen Konstellationswandels zwischen 1945 und 1949 — von der Allianz der Siegermächte zu ihrer Konfrontation im Kalten Krieg — in den vergangenen Jahrzehnten bereits oft und detailliert beschrieben worden.18 In den ersten Jahrzehnten der Forschung dominierten vor allem Untersuchungen zur Planung und Zielsetzung alliierter Deutschland- und Besatzungspolitik sowie zu Entscheidungen auf nationaler und internationaler Ebene, die zur Teilung Deutschlands und zur Gründung zweier deutscher Staaten führten. Bedingt durch den frühen, wirtschaftlich bedeutsamen Zusammenschluß der britischen und amerikanischen Besatzungszonen zur Bizone19 1946 sowie durch die großzügigere Freigabeund Veröffentlichungspraxis von Quellenmaterial seitens der amerikanischen und der britischen Regierung, entstanden bereits in den sechziger Jahren detaillierte Studien20 zur amerikanischen und britischen Besatzungspolitik in Deutschland. Während die Fundamente der westdeutschen Historiographie zur Vorgeschichte zunächst vornehmlich von Po-
18 Die Literaturfülle zur Nachkriegszeit kann mittlererweile insgesamt nicht mehr als überschaubar bezeichnet werden. Vgl. beispielsweise Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen (Hg.): Bibliographie zur Deutschlandpolitik 1941—1974, bearb. von Marie-Luise Goldbach. Frankfurt am Main 1975. 1 9 Die Verschmelzung der beiden Besatzungszonen zum „Vereinigten Wirtschaftsgebiet" gilt aufgrund ihrer politischen und ökonomischen Bedeutung als Grundstock für die Bundesrepublik. 2 0 Zu nennen wären hier beispielsweise: John Gimbel: The American Occupation of Germany. Politics and the Military, 1945—1949. Stanford 1968. Hilary Ann Baleshaw: The British Occupation in Germany 1945—1949 with special Reference to Hamburg. Oxford 1972.
Quellenlage und Forschungsstand
11
litikwissenschaftlern 21 gelegt wurden, begann sich ab 1965 die „Zeitgeschichte nach 1945" herauszubilden. 22 In den letzten Jahren — auch bedingt durch den verbesserten Zugang zu den westlichen Archiven — sind verstärkt Untersuchungen zu Teilaspekten wie regionale 23 , parteipolitische 24 oder gesellschafts-politische 25 Entwicklungen während der alliierten Besatzungszeit veröffentlicht worden. Eine erste umfassende Darstellung zur amerikanischen Besetzung, die sowohl die prinzipiellen Vorgaben und Zielsetzungen als auch deren regionale Umsetzung berücksichtigt, erschien schließlich 1995 mit dem rund tausendseitigen Buch von Klaus-Dietmar Henke. 26 Auch die westliche Presse- und Rundfunkpolitik — einschließlich der Nachrichtenagenturen — zählt zu den Feldern der alliierten Nachkriegspolitik, die schon frühzeitig ansatzweise erforscht wurden und in denen schon in den siebziger Jahren fruchtbare wissenschaftliche Erträge zu verzeichnen waren. Die ersten Arbeiten hierzu weisen sich dabei besonders dadurch aus, daß sie von ehemaligen Besatzungsangehörigen geschrieben wurden und den Zeitraum 1945 bis 1949 sowie die Medienpo-
21 1966 legte beispielsweise Hans-Peter Schwarz seine große politikwissenschaftliche Studie „Vom Reich zur Bundesrepublik. Deutschland im Widerstreit der außenpolitischen Konzeptionen in den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945—1949" vor, in der er alliierte Politik, westdeutsche Wünsche und Erwartungen sowie internationale Konstellationen auf der Suche nach historischen Alternativen zur Weststaatsgründung analysierte. 22 Vgl. Anselm Doering-Manteuffel: Deutsche Zeitgeschichte nach 1945. Entwicklung und Problemlagen der historischen Forschung zur Nachkriegszeit, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1 (1993), S. 1—29 (hier S. 3 ff). 23 Zu nennen wären hier beispielsweise: Hans Woller: Gesellschaft und Politik in der amerikanischen Besatzungszone. Die Region Ansbach und Fürth. München 1986. Gerhard Brunn: Nordrhein-Westfalen und seine Anfänge nach 1945/46. Essen 1986. Walther Mühlhausen (Hg.): Ludwig Bergsträsser, Befreiving, Besatzung, Neubeginn. Tagebuch des Darmstädter Regierungspräsidenten 1945—1948. München 1987. Ders. : Hessen 1945-1950. Frankfurt 1985. 24 Beispielsweise: Katrin Kusch: Die Wiedergründimg der SPD in Rheinland-Pfalz nach dem Zweiten Weltkrieg (1945—1951). Mainz 1989. 25 Beispielsweise: Johannes Kahle: Evangelische Kirche und Demokratie. Pfaffenweiler 1988. Alain Lattard: Gewerkschaften und Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz unter französischer Besatzung. Mainz 1988. Ralf Schuster: Der Marshallplan in der westdeutschen Presse, Magisterarbeit. Gießen 1991. 26 Klaus-Dietmar Henke, Die amerikanische Besetzung Deutschlands. München 1995.
12
Einleitung
litik vor allem global darstellen.27 Erst ab 1976 wurden mit den Arbeiten von Barbara Mettler28, Karl-Heinz Harenberg29, Horst Welzel30 und Heinz-Dietrich Fischer31 spezifische Elemente der britischen und amerikanischen Medien- und Informationspolitik wissenschaftlich aufgegriffen und untersucht. In diesem Zusammenhang ist auch die themenspezifisch erste Quellendokumentation von Brewster S. Chamberlin32 zu sehen. Lange vernachlässigt blieb hingegen die Entwicklung der Presse in der französischen Besatzungszone. Dies ist jedoch nicht zuletzt eine Folge der überaus restriktiven französischen Archivpolitik, wodurch insgesamt die Erforschung der französischen Deutschland- und Besatzungspolitik nach 1945 erheblich verzögert wurde. Eine erste ausführliche Darstellung der französischen Pressepolitik lieferte erst 1986 die Dissertation von Stephan Schölzel33. Seine Untersuchung zeichnet sich besonders dadurch aus, daß er erstmals die französischen Zielsetzungen im Bereich der schriftlichen Medien auch in Relation zu denen der beiden anderen westlichen Besatzungszonen stellte. Eine ausführliche und gute Gesamtübersicht über die Pressepolitik in den Besatzungszonen veröffentlichte 1986 auch Kurt Koszyk in der Rei-
2 7 Vgl. beispielsweise Michael Balfour: Vier-Mächte-Kontrolle in Deutschland 1945—1946. Düsseldorf 1959; Harold Hurwitz: Die Stunde Null der deutschen Presse. Die amerikanische Pressepolitik in Deutschland 1945—1949. Köln 1972 oder Earl F. Ziemke: The U.S. Army in the Occupation of Germany 1944—1946. Washington 1975. 2 8 Barbara Mettler, Demokratisierung und kalter Krieg. Zur amerikanischen Informations- und Rundfunkpolitik in Westdeutschland 1945—1949. Berlin 1975. 2 9 Karl-Heinz Harenberg, Die Welt 1946—1953. Eine deutsche oder eine britische Zeitung. Diss. Hamburg 1976. 3 0 Horst Welzel: Rundfunkpolitik in Südwestdeutschland 1945—1952. Zu den Auseinandersetzungen um Struktur und Verfassung des Südwestfunks. Diss. Hannover 1976. 3 1 Heinz-Dietrich Fischer: Reeducations- und Pressepolitik unter britischem Besatzungsstatut. Die Zonenzeitung Die Welt 1946—1950. Konzeption, Artikulation und Rezeption. Düsseldorf 1978. 3 2 Brewster S. Chamberlin: Kultur auf Trümmern. Berliner Berichte der amerikanischen Information Control Section Juli — Dezember 1945. Stuttgart 1979. 3 3 Stephan Schölzel: Die Pressepolitik in der französischen Besatzungszone 1945— 1949, Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland Pfalz, Bd.8. Mainz 1986.
Quellenlage und Forschungsstand
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he „Geschichte der deutschen Presse".34 Besondere Erwähnung muß zudem auch die Dissertation35 von Peter Rzeznitzeck finden, da er mittels der britischen Akten — die zu diesem Zeitpunkt noch kaum erschlossen waren — erstmals die Ziele und Ergebnisse der britischen Medienpolitik intensiv beleuchtet hat. In den letzten beiden Jahrzehnten wurden hingegen vor allem Untersuchungen zu einzelnen journalistischen Institutionen36 sowie zur regional-spezifischen Umsetzung der jeweiligen Medienpolitik37 publiziert. Auf diese Weise erarbeiteten die Autoren zwar einzelne interessante Aspekte der westlichen Medien- und Informationspolitik, eine komplexe Darstellung und ein Vergleich aller vier Informationseinheiten und ihrer Medienziele auf der Basis der heute vorhandenen Quellen wurde demgegenüber bis heute noch nicht geliefert. Diese Lücke versucht die vorliegende Untersuchung ebenfalls zu schließen.38 Uber die Medien- und Informationspolitik in der sowjetischen Zone liegen insgesamt nur einige wenige westdeutsche wissenschaftliche Arbeiten aus den frühen sechziger Jahren sowie aus der Zeit nach der Maueröffnung 1989 vor.39 Bei der Darstellung der sowjetischen Medienpoli-
34 Kurt Koszyk: Pressepolitik für Deutsche 1945—1949. Geschichte der deutschen Presse Teil IV. Berlin 1986. 35 Peter Rzeznitzeck: Von der Rigorosität in den Pragmatismus. Aspekte britischer Presse- und Informationspolitik im Nachkriegs-Deutschland (1945—1949). Diss. Düsseldorf 1989. 36 Vgl. beispielsweise Leo Brawand: Die Spiegel-Story. Wie alles anfing. Düsseldorf 1987; Doris von der Brelie-Lewien: Katholische Zeitschriften in den Westzonen 1945—1949. Ein Beitrag zur politischen Kultur der Nachkriegszeit. Göttingen 1986; Sabine Friedrich: Rundfunk und Besatzungsmacht. Organisation, Programm, Hörer des Südwestfunks 1945 bis 1949. Baden-Baden 1991; Rüdiger Bolz: Rundfunk und Literatur unter amerikanischer Kontrolle. Das Programmangebot von Radio München 1945-1949. Wiesbaden 1991. 37 Vgl. beispielsweise Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-amerikanischen Information Control Division in Württemberg-Baden von 1945—1949. Zwischen militärischem Funktionalismus und schwäbischen Obrigkeitsdenken. Stuttgart 1992; Christian Wrobel: Medien, Politik und Öffentlichkeit im Land Südbaden. Ein Beitrag zur Nachkriegsgeschichte in Südwestdeutschland 1945—1951. Pfaffenweiler 1993. 38 Eine vollständige Darstellung der Medien- und Informationspolitik der vier Großmächte wird jedoch erst dann möglich sein, wenn die Akten der SMAD in Moskau zugänglich sind. 39 Vgl. beispielsweise für die frühen Jahre die beiden Publikationen von Ε. M. Hermann: Die Presse in der SBZ. Bonn 1957, und: Zur Theorie und Praxis der Presse in
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Einleitung
tik w i r d daher vorrangig auf Archivquellen zurückgegriffen — nicht zuletzt, weil die zur Zeiten der D D R entstandenen Publikationen hierzu nur mit Vorbehalt wissenschaftlich nutzbar sind. Denn auch die erst 1990 erschienene Dissertation v o n Günter Jordan 40 belegt, daß die Historiker der D D R die Rolle und Einflußnahme der S M A D in der Zeit zwischen 1945 und 1949 zu banalisieren suchten. Erstaunlich wenig Beachtung in der historischen Erforschung der Nachkriegsjahre hat bis heute die Wochenschau-Politik der vier Großmächte sowie deren Einflußnahme auf dieses Informationsmedium gefunden. 4 1 Im Vergleich zur nationalsozialistischen Informationslenkung in den Wochenschauen zwischen 1933 und 1945 42 , die zweifellos eine der offenkundigsten Manipulationen öffentlicher Meinung in diesem Jahrhundert darstellt, widmeten sich in Westdeutschland bislang v o r allem
der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands. Berlin 1963; sowie die beiden Untersuchungen zum Rundfunk- und Filmwesen von Gerhard Walther: Der Rundfunk in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands. Bonn 1961, und Heinz Kersten: Das Filmwesen in der SBZ. Bonn 1963. 1989 veröffentliche Peter Strunk an der Freien Universität Berlin seine Dissertation „Pressekontrolle und Propagandapolitik der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD): Der politische Kontrollapparat der SMAD und das Pressewesen im sowjetischen Besatzungsgebiet Deutschlands 1945-1947". 40 Günter Jordan: DEFA-Wochenschau und Dokumentarfilm 1946—1949. Neuer deutscher Film in der Nachkriegsgesellschaft zwischen Grundlegung und Wandel von Selbstverständnis, Funktion und Gestalt. Diss. Berlin 1990. 41 In der Literatur über die Jahre 1945 bis 1949 wird meist nur auf die Printmedienund Rundfunkpolitik der vier Großmächte eingegangen — die drei Wochenschauen der vier Besatzungsmächte finden hingegen oftmals keinerlei Erwähnung. 42 Anzumerken ist dabei jedoch, daß die meisten wissenschaftlichen Arbeiten hierzu lediglich als Fachaufsätze erschienen sind. Besonders erwähnenswert sind dabei folgende Untersuchungen: Peter Bucher: Goebbels und die Deutsche Wochenschau, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, 2 (1986), S. 53—69. Ders. : Wochenschau und Staat 1895—1945, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 12 (1984), S. 746— 757. Bianca Piotrow-Emker: Die Sowjetunion in der Propaganda des Dritten Reiches. Das Beispiel der Wochenschau, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 2 (1989), S. 79— 120. Dies. : Das Feindbild im Wandel: Die Sowjetunion in den nationalsozialistischen Wochenschauen 1935—1941, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 12 (1990), S. 337—351. Fritz Terveen: Der Filmbericht über Hitlers 50. Geburtstag, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 3 (1959), S. 75—82.
Quellenlage und
Forschungsstand
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Historiker43, die in enger Verbindung zum Göttinger Institut für den Wissenschaftlichen Film44 stehen, der Erforschung der Nachkriegswochenschauen. Wobei die amerikanisch-britische Wochenschau Welt im Film zunächst ausschließlich Beachtung fand. Erst ab 1990 befaßten sich auch erste Untersuchungen mit den wöchentlichen, filmischen Nachrichtenmedien in der sowjetischen45 und französischen Zone46. Ein wesentlicher Grund für das bislang generell geringere Interesse an dem filmischen Medium dürfte die Tatsache sein, daß man materienspezifische Vorarbeiten vor der eigentlichen Filmanalyse erbringen muß. — Dies bringt die Dreidimensionalität dieser Quelle (Bild, Ton, Montage) mit sich. Ein Aufwand, der nach Ansicht von Norbert Frei im heutigen Zeitalter der Medienvielfalt nicht nur angemessen ist, sondern sich auch lohnt: „Eine aus sozialgeschichtlicher Perspektive betriebene umfassende Mediengeschichtsschreibung, die für das 20. Jahrhundert den vergleichsweise leicht zu erfassenden Printmedien nicht länger unreflektierten Vorrang gegenüber den elektronischen Medien einräumt und die jeweilige politische und gesellschaftspolitische Situation als entscheidende Rahmenbedingungen von Massenkommunikation begreift, könnte zwei-
Vgl. beispielsweise die vier Fachaufsätze von Heinrich Bodensieck, bei denen er teilweise auch mit Stephan Dolezel zusammengearbeitet hat: Erarbeitung eines Tonfilmberichts. Die Ubergabe der „Frankfurter Dokumente" 1948 in der bizonalen Besatzungswochenschau, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 8 (1983), S. 473—500. Ders. und Cornelia Mielke: Besatzungspropaganda für einen deutschen Weststaat? Überlegungen zur Auswertbarkeit von Wochenschaumaterialien, in: Ders. (Hg.), Preußen, Deutschland und der Westen. Göttingen 1980, S. 273—312. Ders. und Stephan Dolezel: Zur historisch-kritischen Analyse von Kinowochenschauen am Beispiel ausgewählter Berichte der anglo-amerikanischen Besatzungswochenschau Welt im Film, in: Rapports I, XVIe Congres International des Sciences Historiques. Stuttgart 1985, S. 189—205. 44 Vgl. in diesem Zusammenhang auch das Buch von Kenneth R.M. Short und Stephan Dolezel: Hitler's fall: the newsreel witness. Beckenham 1988. 45 Vgl. beispielsweise Günter Jordan: DEFA-Wochenschau und Dokumentarfilm 1946—1949. Neuer deutscher Film in der Nachkriegsgesellschaft zwischen Grundlegung und Wandel von Selbstverständnis, Funktion und Gestalt. Diss. Berlin 1990. 46 Vgl. beispielsweise Ester-Beate Körber: Wie interpretiert man eine Wochenschau? Überlegungen an Beispielen aus der Nachkriegszeit, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3 (1994), S. 2 - 1 5 . 43
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Einleitung
fellos erhebliche Beiträge nicht nur zur Kommunikations-, sondern auch zur Geschichtswissenschaft leisten." 47
Norbert Frei: Presse-, Medien-, Kommunikationsgeschichte. Aufbruch in ein interdisziplinäres Forschungsfeld, in: Historische Zeitschrift, 3 (1989), S. 101—114 (hier S. 102). 47
ERSTES KAPITEL
Film und Wochenschau in der Geschichte
I
Der Film als historische Quelle 1. Der Quellenbegriff nach Johann Gustav Droysen und das filmische Medium Bis Mitte des 19. Jahrhunderts stand die Übertragung von Quellentexten in eine gereinigte Form im Mittelpunkt des historischen Interesses. Eine die Uberlieferung kritisch sichtende Philologie erschien als die Voraussetzung für die historische Wahrheitssuche und als Indiz für die Wahrhaftigkeit wissenschaftlichen Tuns.1 Erst im Jahre 1857 definierte Johann Gustav Droysen in seinen später berühmt gewordenen Vorlesungen „Enzyklopädie und Methodologie der historischen Wissenschaften"2 die Quellen nicht nur als Zeugnisse ihrer Zeit, sondern auch als Arbeitsgrundlage für die wissenschaftliche Erforschung der Vergangenheit: „Nach der empirischen Natur unserer Disziplin muß das Material für ihre Forschungen zur empirischen Wahrnehmbarkeit da und bereit sein. [...] Wie unsere Gegenwart, so hatte jede frühere ein gleiches Bedürfnis, das sie in ihrer Weise zu befriedigen verstand oder versuchte. Was derartiges uns noch vorliegt, also was die Rückschau früherer Zeiten in ihre Vergangenheit, die aufgezeichnete
1 Vgl. Hierzu beispielsweise Horst Fuhrmann: Die Sorge um den rechten Text, in: Gerhard Schulz (Hg.): Geschichte heute. Positionen, Tendenzen, Probleme. Göttingen 1973, S. 9 - 2 3 .
Droysen eröffnet seine Historik mit der Gegenüberstellung von Natur und Geschichte als Anschauungsformen. Erstmals im deutschen Historismus gab er damit der Geschichtstheorie eine explizit transzendentale Begründung: von der sinnlich erfahrbaren Wirklichkeit zur erkennenden Vernunft und ihrer Grenzen. Die Geschichte war für ihn nun nicht mehr „Summe der Geschehnisse, nicht aller Verlauf aller Dinge, sondern ein Wissen von dem Geschehenen und das so bewußte Geschehene". Mit dieser Position wandte sich Droysen gegen einen wissenschaftstheoretisch naiven Objektivismus. Vgl. Wolfgang Hardtwig (Hg.): Uber das Studium der Geschichte. München 1990, S. 83 ff. 2
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Vorstellung oder Erinnerung über dieselbe bietet, nennen wir Quelle."3 Da „alles und jedes, was die Spur von Menschengeist und Menschenhand trägt, von der Forschung als Material herangezogen werden" könne, gäbe es auch eine große Anzahl an Uberlieferungsformen. Folglich gälte es für den Historiker, nicht nur Nachlässe gleich welcher Art zu editieren, sondern diese auch auf ihre Aussage für das Verständnis vergangener Zeiten hin auszuwerten. Hierfür müßten jedoch wiederum auch gesellschaftliche Gesichtspunkte und Verständnisfelder miteinbezogen werden. Droysen unterteilte dabei die Gesamtheit aller historischen Uberlieferungen in drei grundlegende Quellengattungen: In Uberreste („was noch unmittelbar vorhanden ist"), in Quellen („was zum Zwecke der Erinnerung überliefert wurde") und in Denkmäler („Dinge, in denen sich beide Formen verbinden").4 Dabei differenzierte er jede Gattung nochmals entsprechend den Umständen ihrer Entstehung oder ihres Verwendungszweckes. Auf diese Weise erhielt er beispielsweise für den Quellenbegriff vier weitere Untergruppen, die sich durch ihre subjektive oder pragmatische Zielsetzung voneinander abhoben. — Zu den pragmatisch ausgerichteten zählte er auch publizistische Erzeugnisse wie Zeitungen, Flugblätter oder politische Broschüren, wobei er jedoch zu bedenken gab, daß diese Quellen prinzipiell nicht als „objektiv" angesehen werden könnten. Es gälte daher immer darauf zu achten, „ob die Mitteilung bestimmt war für einen, oder wenige oder alle, ob zur Feststellung der eigenen Erinnerung oder für die Mitwelt, die Nachwelt, ob zur Belehrung, zur praktischen Verwendung, zur Unterhaltung".5 Mit Hilfe dieser detaillierten Quellendefinition ordnete er damals alle bekannten historischen Uberlieferungsformen den drei Obergruppen „Quellen", „Uberreste" und „Denkmäler" zu. Wenngleich die modernen audiovisuellen Medien aufgrund ihrer technischen Voraussetzungen erst Jahrzehnte später entstanden, kann das Droysensche Schema auch für diese verwandt werden. So ist zunächst feststellen, daß die audiovisuellen Informationsmedien im allgemeinen — und die Wochenschau im besonderen — das Quellenkriterium, ein Ereignis „zum Zwecke der Erinne-
Rudolf Hübner (Hg.): Johann Gustav Droysen, Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologie der Geschichte. Darmstadt I960 4 , S. 37 f. 4 Vgl. Hardtwig (wie Anm. 2), S. 94 ff. 5 Zit. nach ebd., S. 72. 3
Der Film als historische Quelle
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rung" zu referieren bzw. zu kommentieren („das subjektive Element überwiegt über das sachliche"), erfüllen. Da Droysen sich bewußt nicht auf schriftliche Uberlieferungen beschränkte, sondern auch Gegenstände in sein Definitionsschema miteinbezog, läßt sich das filmische Medium konkret zuordnen. Eine Reihe von Historikern 6 hat dies in den vergangenen Jahrzehnten auch getan. Demnach gelten die audiovisuellen Informationsmedien heute als „Denkmäler", da sie Uberreste einer vergangenen Zeit, „aus der sie Zeugnis über einen bestimmten Vorgang geben" sollen, sind. Gerade jedoch die Tatsache, daß das filmische Medium im allgemeinen — und die Wochenschau im speziellen — prinzipiell nicht frei von tendenziellen und subjektiven Einflüssen ist, wurde in der Vergangenheit von zahlreichen Historikern trotz allem zum Anlaß genommen, die audiovisuellen Uberlieferungsformen als Forschungsgrundlage abzulehnen. Droysen hat jedoch in seiner „Enzyklopädie und Methodologie der historischen Wissenschaften" auch deutlich herausgestellt, daß eine Quelle nie alleine für sich verwandt werden darf, da prinzipiell die Gefahr der Fälschung oder Manipulation besteht. Er empfahl daher, alle schriftlichen und sachlichen Uberlieferungsformen zunächst immer mittels anderer Belege dahingehend zu überprüfen, ob und inwieweit sie für die geschichtswissenschaftliche Forschung geeignet sind: „Die Aufgabe der Kritik ist, zu bestimmen, in welchem Verhältnis das zu prüfende Material zu den Willensakten, von denen es seine Formung erhielt, steht. Es fragt sich, ob das Material wirklich das ist, wofür es gehalten wird oder gehalten werden will. Darauf antwortet die Kritik der Echtheit." 7 Wenngleich Droysens Quellendefinition und -kritik als grundlegende Tatsache seit Ende des letzten Jahrhunderts anerkannt ist, tut sich auch heute noch ein Großteil der deutschen Geschichtswissenschaft schwer, den Film als Quelle für die historische Forschung heranzuziehen. Dies
Vgl. beispielsweise: Eberhard Büssem und Michael Neher (Hgg.): Arbeitsbuch Geschichte. Neuzeit. München 1977, S. 140. Peter Bucher: Der Film als Quelle. Audiovisuelle Medien in der deutschen Archiv- und Geschichtswissenschaft, in: Der Archivar, 4 (1988), S. 497—526 (hier S. 497). Ernst Opgenoorth: Einführung in das Studium der neueren Geschichte. Paderborn 1989 3 , S. 103. Margit Szöllösi-Janze: „Aussuchen und Abschießen" — der Heimatfilm der fünfziger Jahre als historische Quelle, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 5 (1993), S. 308—321 (hier S. 308 f.). 6
7
Zit. nach Hartwig (wie Anm. 2), S. 72.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
hängt jedoch auch mit der Entwicklung des deutschen Geschichtsverständnisses zusammen.
2. Die filmische Quelle im wandelnden Verständnis der deutschen Geschichtswissenschaft Wenngleich schon wenige Jahre nach der Erfindung des Films, Anfang des 20. Jahrhunderts, in filmischen Fachkreisen 8 vereinzelt die Ansicht geäußert wurde, daß die historische Wissenschaft durch das filmische Medium nunmehr in der Lage sei, den Verlauf historischer Ereignisse in naturgetreuen Abbildungen nachvollziehen zu können 9 , wies die deutsche Geschichtswissenschaft generell — im Gegensatz beispielsweise zur französischen und amerikanischen — die Übernahme anderer Analyse- und Erklärungsverfahren als den traditionellen ab.10 Erst nachdem im Ersten Weltkrieg der Film zur politischen Propaganda mißbraucht worden und damit zu einer Quelle für die Geschichte der Propaganda sowie der psychologischen Kriegführung geworden war, begannen sich Geschichtswissenschaftler zwischen 1926 und 1932 auf internationalen Historikerkongressen mit dem Film als historische Quelle auseinanderzusetzen. Auf einem dieser Kongresse wurde schließlich eine „Internationale Ikonographische Kommission" gebildet, die den Auftrag erhielt, sich mit den Fragen der Sammlung und Sichtung von Filmaufnahmen für historische Zwecke zu befassen. In erster Linie sprachen sich damals französische Historiker für die Verwendung des Films als historische Quelle aus. Sie versuchten dabei nicht nur, durch eine internationale Umfrage einen ersten Einblick in die allgemeine Materiallage zu erhalten, sondern brachten zugleich auch erste methodische Anregungen
8 Vgl. beispielsweise Friedrich P. Liesegang: Entwicklung, Wesen und Bedeutung des Kinematographen. Düsseldorf 1910, S. 49 f.
' Vgl. Bucher, Der Film als Quelle (wie Anm. 6), S. 499. In vielen naturwissenschaftlichen und medizinischen Fächern fand die Nutzung des Films als wissenschaftliches Dokumentations- und Unterrichtsmittel zu dieser Zeit schon breite Anwendung. 10 Vgl. in diesem Zusammenhang ausführlich Helmut Berdings Darstellung der neohistorischen Phase in Deutschland im Aufsatz „Geschichtsschreibung und Geschichtstheorie. Theodor Mommsen". Aufklären durch Geschichte. Ausgewählte Aufsätze. Göttingen 1990, S. 46.
Der Film als historische Quelle
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zur Archivierung ein.11 In Deutschland fand hingegen die Frage der Nutzbarkeit filmischer Nachlässe wenig Resonanz — trotz der Bemühungen der ikonographischen Kommission, der unter anderem auch die beiden deutschen Historiker Percy Ernst Schramm und Sigfrid H. Steinberg angehörten. Steinberg stellte denn schließlich auch 1931 in einem Aufsatz fest, daß es „ohne die Bedeutung dieser Quellengattung zu unterschätzen", dringendere Aufgaben gäbe: „Indes mag für die deutsche Geschichtswissenschaft die Mahnung nicht überflüssig sein, der Filmsammlung des Reichsarchivs12 mehr Beachtung zu schenken und derem planmäßigen Ausbau zu einem zentralen deutschen Filmarchiv zu fördern." 13 Was ab 1933 auch geschah: In diesem Jahr wurde ein eigenständiges Reichsfilmarchiv gegründet, in dem Filme von Reichs-, Landes-, Kommunalbehörden, Spiel-, Kultur-, Lehr- und Werbefilme sowie Wochenschauen gelagert wurden.14 Ziel dieser Einrichtung war es jedoch nicht, vorrangig den Historikern den Zugang zur Erforschung des Dokumentarfilms zu ermöglichen, sondern die filmischen Quellen im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda interpretierbar zu machen und als Grundlage für die Entstellung historischer Wahrheiten zu verwenden.15 Nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten sich die unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen der Siegermächte auch auf die Entwicklung der historischen Wissenschaften aus: Grundlage der Geschichtswissenschaft in der sowjetischen Besatzungszone und in der späteren D D R wurde die marxistisch-leninistische Theorie. Diese erhob die weltanschaulich und politisch-parteiliche Erforschung der Gesellschaft zum verbindlichen Gegenstand der Historie und damit den dialektischen Materialismus16
11 Ausführliche Sitzungsberichte hierzu finden sich in den Bulletin of the International Committee of Historical Sciences, Paris/Washington, Vol. I—IV, 1926—1932.
Im Reichsarchiv in Potsdam war zwar seit den zwanziger Jahren eine Bild- und Filmsammlung miteingeschlossen; die Beschäftigung mit dem Film war jedoch über die Registrierung des wenigen vorhandenen Materials nicht hinausgegangen. 12
1 3 Zit. nach Wilhelm Treue: Das Filmdokument als Geschichtsquelle, in: Historische Zeitschrift, 4 (1958), S. 308—327 (hier S. 308).
Vgl. Bucher, Der Film als Quelle (wie Anm. 6), S. 501 f. Vgl. hierzu Treue (wie Anm. 13), S. 308 f. 1 6 Vgl. Karl Marx und Friedrich Engels: Aus der Deutschen Ideologie (1846), zit. nach Hardtwig (wie Anm. 2), S. 61—82. 14 15
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
zur alleinigen Methode.17 Die Erforschung und Darstellung aller sozialen und gesellschaftspolitischen Lebensbereiche wurde zu einem wesentlichen Anliegen der Geschichtswissenschaft.18 Doch wenngleich aufgrund dessen nun alle Uberlieferungsformen — auch die audiovisuellen Medien — in der historischen Forschung prinzipiell Beachtung finden sollten, ignorierte die ostdeutsche Geschichtswissenschaft auch weiterhin weitestgehend das filmische Quellenmaterial.19 In den drei westlichen Besatzungszonen und später in der Bundesrepublik knüpfte die historische Forschung nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst nahezu unverändert an die Fragestellungen der zwanziger und dreißiger Jahre an. Daher erschien es auch nicht notwendig, die quellenkundlichen Grundlagen neu zu bestimmen.20 Der wissenschaftliche Umgang mit publizistischen und filmischen Zeugnissen der Vergangenheit wurde vielmehr vorrangig den Archivaren überlassen. So ist es denn auch nicht verwunderlich, daß beispielsweise die filmischen Nachlässe zur Publizistik- und Kommunikationsgeschichte des Zweiten Weltkriegs ausschließlich von Archivaren des Bundesarchivs, wie beispielsweise Heinz Boberach, Willi A. Boelcke oder Wolfgang Kothe editiert wurden.21 Erst Ende der vierziger Jahre wurde in Westdeutschland die Frage des Films als historische Quelle wieder von einzelnen Geschichtswissen-
17 Vgl. Walther Eckermann und Hubert Mohr (Hgg.): Einführung in das Studium der Geschichte. Ostberlin 1969, S. 31 ff. 18 Vgl. hierzu beispielsweise den Beschluß des Zentralkomitees der SED von 1955 zur „Verbesserung der Forschung und Lehre in der Geschichtswissenschaft der Deutschen Demokratischen Republik": „Um die Geschichte unseres Volkes wissenschaftlich richtig, in ihrem ganzen Reichtum und in ihrer Vielfalt darzustellen, ist es vor allem notwendig im Kampf gegen den Persönlichkeitskult und die imperialistische Leugnung der Rolle der Volksmassen in der geschichtlichen Entwicklung die Erforschung und Darstellung des sozialen und nationalen Freiheitskampfes der Werktätigen verstärkt fortzusetzen." Zit. nach Hardtwig (wie Anm. 2), S. 317.
Vgl. Eckermann und Mohr (wie Anm. 17), S. 31 ff. Manfred Hagen sieht zudem einen weiteren Grund hierfür auch in der Erfahrung, die die Historiker zwischen 1933 und 1945 mit der skrupellosen Manipulation von Bildern gemacht hatten. Film-, Foto- und Tonquellen zum 17. Juni 1953 in Berlin. Göttingen 1993, S. 12. 21 Vgl. hierzu auch Wolfgang Kothe: Uber Bild- und Filmarchive, in: Der Archivar, 3 (1963), S. 190—198. 19
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Der Film als historische Quelle
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schaftlern aufgegriffen. So regten beispielsweise Percy Ernst Schramm22, Walther Hubatsch und Wilhelm Treue23 im November 1949 beim Institut für den Wissenschaftlichen Film24 in Göttingen erste gemeinsame Vorarbeiten zur Beschäftigung mit dem Dokumentarfilm als historische Quelle an.25 Als historisch-wissenschaftliche Legitimationsgrundlage für ihre Arbeit diente Hubatsch dabei erstmals die Quellendefinition von Droysen: „Es ist in der Tat eine große Überraschung, daß die Grundregeln der klassischen Quellenkritik in allen Einzelheiten auf den filmischen Stoff übertragbar sind. Das schließt nicht aus, daß diese Regeln dem filmischen Stoff angepaßt und entsprechend dessen Eigenarten weiterentwickelt werden. Wie Droysen können wir die Kritik der Echtheit, die Kritik des Früheren und Späteren, die Kritik des Richtigen und schließlich die Quellenkritik auf den Film beziehen. [··.] Der Filmstreifen ist nicht die absolute Wahrheit, er wird es erst im Vergleich mit anderen Quellen, auch schriftlichen".26 Im ersten größeren Geschichtsprojekt27, das Hubatsch und sein Mitarbeiter Fritz Terveen28 in Zusammenarbeit mit dem Institut für den
2 2 Aufgrund seiner eigenen wissenschaftlichen Betätigung auf dem Gebiet der Erforschung politischer Aussagen anhand mittelalterlicher Bildüberlieferungen setzte sich der Mediävist Percy Ernst Schramm auch für die Analyse des modernen filmischen Mediums intensiv ein. 2 3 Vgl. hierzu beispielsweise die Aufsätze von Walther Hubatsch: Probleme des geschichtswissenschaftlichen Films, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 4 (1955), S. 476—479, und Wilhelm Treue: Das Filmdokument als Geschichtsquelle, in: Historische Zeitschrift 4 (1958), S. 308—327.
Das Institut für den Wissenschaftlichen Film war seit seiner Gründung im Jahre 1936 in erster Linie im naturwissenschaftlichen Bereich tätig gewesen. 24
2 5 Vgl. Karl-Friedrich Reimers: Audio-visuelle Dokumente in der Forschung und Hochschule, in: Günter Moltmann und Karl-Friedrich Reimers (Hgg.): Zeitgeschichte im Film- und Tondokument. Göttingen 1970, S. 112. 2 6 Hubatsch, Probleme des geschichtswissenschaftlichen Films (wie Anm. 23), S. 479. 2 7 1955/56 lagen die Ergebnisse dieser Untersuchung in mehreren Veröffentlichungen vor: „Hindenburg 1917—1918" (vor allem biografische WochenschauAufnahmen), „Hindenburg 1925" (Wochenschau-Dokumente, die den Weg vom Privatmann zum Reichspräsidenten sichtbar machen), „Hindenburg 1925—1931", „Hindenburg 1932", „Hindenburg 1932—1934" (Wochenschau-Aufnahmen, die Hindenburg vor allem bei staatlichen Feier- und Gedenkveranstaltungen sowie die Ehrenwache an seinem Totenbett und die Bestattungsfeierlichkeiten zeigen).
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Wissenschaftlichen Film unternahmen, wurden WochenschauDokumente über Reichspräsident Hindenburg erschlossen und quellenkritisch bearbeitet. Diese erste historisch-sozialwissenschaftliche Dokumentarfilm-Untersuchung diente jedoch in erster Linie für den wissenschaftlichen Unterricht. So lag denn auch das Schwergewicht des Instituts für den Wissenschaftlichen Film zunächst auf der Analyse periodisch erscheinender, audiovisueller Veröffentlichungen und der überwiegend sozialpsychologisch orientierten Erforschung der „öffentlichen Persönlichkeit".29 Demgemäß sah denn auch Terveen 1955 den Nutzen filmischer Nachlässe vor allem in deren Unterstützung anderer Quellen: „Der historische Film gewinnt erst da Interesse, wo man ihn als zusätzliche Bildquelle von besonderer Aussagebegrenzung — aber auch Aussagekraft — betrachtet. Was der historische Filmstreifen tun kann, ist allein dies: ein die sonstigen Quellen ergänzendes und veranschaulichendes Abbild einer bestimmten Person, einer Epoche, eines Vorgangs zu geben."30 Da das audiovisuelle Medium jedoch stets zweckgerichtet sei, stufte es Terveen als eine zweitrangige Quelle ein: „Was so die Kamera dem Historiker im allgemeinen bietet, sind nicht,erste Quellen' im Sinne der Droysenschen Forderung, sondern eher die ,Masse der hin und her flutenden Gerüchte, Meinungen, Auffassungen'. Es muß also durch
Fritz Terveen war einer der ersten Historiker, die aufgrund ihrer wissenschaftlichen Beschäftigung mit Dokumentarfilmen konkrete historisch-wissenschaftliche Fragestellungen entwickelten sowie zugleich Probleme und Grenzen des Dokumentarfilms als historische Quelle aufzeigten. Vgl. hierzu beispielsweise seine Aufsätze: Der Filmbericht über Hitlers 50. Geburtstag. Ein Beispiel nationalsozialistischer Selbstdarstellung und Propaganda, in: Viertel)ahrshefte für Zeitgeschichte, 1 (1959), S. 75—84; Der Film als historisches Dokument. Grenzen und Möglichkeiten, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2 (1955), S. 57—66; sowie Vorschläge zur Archivierung und wissenschaftlichen Aufbereitung von historischen Filmdokumenten, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 2 (1955), S. 169—177. 29 Allein zwischen 1953 und 1961 veröffentlichte das Institut für den Wissenschaftlichen Film beispielsweise rund fünfzig kritisch bearbeitete und editierte Filmdokumente zur deutschen Geschichte von 1895 bis 1945 für Forschungs- und Hochschulzwecke. 30 Terveen, Der Film als historisches Dokument (wie Anm. 28), S. 61. Auch Karl Otmar von Aretin hat 1955 explizit am Beispiel des Nationalsozialismus die Bedeutung von Film- und Tonaufnahmen als wichtiges - wenn auch nur begleitendes — Zeugnis hervorgehoben. Der Film als zeitgeschichtliche Quelle, in: Politische Studien, 9 (1958), S. 254—265. 28
Der Film als historische Quelle
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Kritik, Vergleich mit anderen Zeugnissen festgestellt werden, durch welche .damals und dort herrschenden Vorstellungskreise' die Filmaufnahmen eine besondere Färbung und Stimmung erhalten haben."31 Treue hingegen plädierte drei Jahre später — ebenso wie schon zuvor Hubatsch — dafür, das filmische Medium als eine „echte Geschichtsquelle" anzusehen, die sich von der „geschriebenen oder gedruckten Quelle, vom Kunstgegenstand oder Bauwerk der Gotik oder des Barocks, von der Landkarte oder dem Portrait, vom Kjökkenmöddinger oder der Felszeichnung" allein dadurch unterscheide, daß sie als Gattung „erst vor wenig mehr als einem halben Jahrhundert" 32 entstanden sei. Dabei argumentierte er im Hinblick auf Terveens Kritik an der subjektiven Ausrichtung des filmischen Mediums, daß die Historiker natürlich für das Filmdokument „eine besondere dem Gegenstand angepaßte Quellenkritik" entwickeln müßten — zumal es sich um eine neue und „eine andere Geschichtsquelle als alle bisherigen Quellen" handele. Doch das mache, seiner Ansicht nach, gerade ihren Wert für die Geschichtswissenschaft aus, denn durch audiovisuelle Nachlässe könnten völlig neue Aspekte gewonnen werden: „Die positiven Seiten des Wochenschaufilmes liegen auf der Hand: die Männer, die Wochenschau-Filmchroniken ihrer Zeit mit den diesem Genre seit jeher anhaftenden Stärken und Schwächen [...] drehen, sind im allgemeinen erfahrene Fotografen mit einem geschulten Blick für die treffende Erfassung einer Person oder eines Ereignisses, wobei von der Quellenkritik die Zensur [...] natürlich berücksichtigt werden muß. Die Streifen sind kurz — aber wenige Meter sind gelegentlich so charakteristisch und aufschlußreich, daß der optisch interessierte Historiker sich glücklich schätzt, sie auswerten zu können. [...] Sie können entscheidenden Wert erhalten bei der Diskussion um Termine, bei der Frage, ob Begegnungen stattgefunden haben oder nicht usw."33 Diese ersten, intensiveren Diskussionsansätze hinsichtlich der Nutzung filmischer Nachlässe blieben zunächst jedoch noch Randerscheinungen. Die Mehrheit der deutschen Geschichtswissenschaftler in den fünfziger und zu Beginn der sechziger Jahre verwandte auch weiterhin vorrangig die traditionellen, schriftlichen Materialien für ihre For-
31 32 33
Terveen, ebd. Treue (wie Anm. 23), S. 310 ff. Ebd.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
schungsarbeit. 34 Doch immerhin war der dokumentarische Film — ebenso wie die Tonträger — nun als „audiovisuelles Beiwerk" akzeptiert, über die die Atmosphäre der vergangenen Tage vermittelt werden konnte. 35 Ausgehend von diesem Ansatz entwickelte Bodo Scheurig schließlich 1962 in seiner „Einführung in die Zeitgeschichte" eine Differenzierung in der Bewertung der filmischen Quellen. So stimmte er generell der Ansicht zu, daß das historische Filmdokument in erster Linie dazu diene, die sonstigen Quellen der Forschung zu ergänzen, „indem es ein veranschaulichendes Abbild von Personen und Vorgängen unterbreite". Auf der anderen Seite gab er jedoch zu bedenken, daß audiovisuelle Nachlässe in bestimmten Untersuchungen auch Hauptquelle für das historische Interesse sein könnten: „Für eine Darstellung der nationalsozialistischen Propaganda wären die Propagandafilme eine Primärquelle, ja, in einigen Fällen sind sie die einzige Uberlieferung, über die wir verfügen." 36 Anhand dieses Zitates wird ein genereller Wandel in der westdeutschen Geschichtswissenschaft deutlich, dessen Ursprung nicht zuletzt in dem seit 1945 zunehmenden Einfluß der amerikanisch-britischen Historie zu sehen ist: Die Geschichtswissenschaft in der Bundesrepublik begann sich ab Mitte der sechziger Jahre im stärkeren Maße mit sozialen und ökonomischen Problemen zu beschäftigen. Deren Untersuchung war bis dato zwar als nützlich angesehen, vorher jedoch weitgehend vernachlässigt worden. Statt dessen war die Untersuchung der Staatenbeziehungen untereinander sowie deren politischer Vertreter viele Jahrzehntelang bevorzugter Gegenstand und Zweck der Historie gewesen. Nun wurde dies jedoch nicht länger den geschichts-wissenschaftlichen Bedürfnissen in der Bundesrepublik gerecht. 37 Infolge dessen fanden nach und nach auch Methoden, Begriffe, Modelle und Theorien aus den
Vgl. beispielsweise die gedruckte Rede von Otto Brunner „Das Fach Geschichte und die historischen Wissenschaften" anläßlich der Feier des Rektorwechsels an der Universität Hamburg, Hamburg 1959. 34
3 5 Vgl. beispielsweise die Ausführungen Waldemar Bessons zur „neuen Quellengruppe Filme, Tonbänder bzw. Schallplatten". Geschichte. Frankfurt 1961, S. 302. 3 6 Bodo Scheurig: Einführung in die Zeitgeschichte. Berlin 1962, S. 56 ff. Ausführlicher hat er sich mit dem „Film als historische Quelle" dann 1970 in seiner zweiten überarbeiteten und ergänzten Auflage des Buches beschäftigt. 37
Vgl. Bucher, Der Film als Quelle (wie Anm. 6), S. 506.
Der Film als historische Quelle
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sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen zur historischen Erforschung von Strukturen und Prozessen Anwendung, die lange Zeit von der traditionell eingestellten Historikerschaft vehement negiert worden waren. 38 Ebenso wie es auch neuartiger Quellen bedurfte, um die neuen geschichtswissenschaftlichen Gebiete Ökonomie, Gesellschaftspolitik sowie soziale Verhältnisse untersuchen und darstellen zu können. Hierzu gehörten nun auch explizit die audiovisuellen Medien. 3 ' Dennoch stellte Günter Moltmann 1970 in seinem Aufsatz „Filmund Tondokumente als Quellen zeitgeschichtlicher Forschung" fest, daß „trotz aller methodischer Besinnung auf Film und T o n [...] kaum zu spüren" sei, daß „dieser neue Quellenbereich ernsthaft genutzt" werde: „Die vielen methodischen Hinweise haben im Bereich der Forschung — im Unterschied zur Geschichtspädagogik, wo Filme und Tondokumente stärkere Beachtung gefunden haben — kaum eine nennenswerte Wirkung ausgeübt." 40 An dieser Grundtendenz hat sich im Prinzip auch in den letzten zwei Jahrzehnten kaum etwas geändert, wenngleich 1977 in Tutzing eine Internationale Vereinigung zur Förderung audiovisueller Quellen in der historischen Forschung und Didaktik (IAMHIST 4 1 ) gegründet wurde. Das filmische Medium wird zwar heute kaum mehr als historische Quelle in Frage gestellt 42 . D e r Nutzen für die Geschichtswissenschaft stößt jedoch auch weiterhin auf unterschiedliche Ansichten. — Was nicht zuletzt auch auf die — im Vergleich zu den schriftlichen
3 8 Vgl. hierzu beispielsweise den Aufsatz von Christian Meier: Die Wissenschaft des Historikers und die Verantwortung des Zeitgenossen von 1968. Eine detaillierte Darstellung der Uberwindung des deutschen Neohistorismus in den sechziger Jahren liefert auch Berding in Aufklären durch Geschichte. Göttingen, S. 45 ff. 3 9 Vgl. beispielsweise Egon Boshof, Kurt Düwell und Hans Kloft: Grundlagen des Studiums der Geschichte. Kölnl973, S. 259 f. und Ernst Opgenoorth: Einführung in das Studium der neueren Geschichte. Paderborn 1989 3 , S. 103 ff.
Vgl. Günter Moltmann: Film- und Tondokumente als Quellen zeitgeschichtlicher Forschung, in: Moltmann und Reimers (wie Anm. 25), S. 23. 40
4 1 Vgl. hierzu ausführlich Karsten Fledelius: International Association for AudioVisual Media in Historical Research and Education, in: Rapports II. XVI Congres International des Sciences Historiques, Stuttgart 1985, S. 837. 4 2 Nur Winfried Schulzes „Einführung in die Neuere Geschichte" geht beispielsweise überhaupt nicht auf die Einbeziehung des filmischen Mediums in die historische Arbeit ein. Sie enthält lediglich einen Hinweis auf diese mögliche Quellengattung. Einführung in die Neuere Geschichte. Stuttgart 1991 2 .
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Quellen — technisch aufwendigere Erschließung zurückzuführen ist.43 So scheuen immer noch viele Historiker — im Gegensatz zu den Geschichtsdidaktikern 44 — die Erschließung des Films als historische Quelle. Wenngleich Anfang der siebziger Jahre beispielsweise von Boshof, Düwell und K l o f t explizit dargelegt wurde, daß jede Quelle — auch die audiovisuellen Medien — einer eigenen Kritik bedürfe 45 , werden immer noch einige Eigenarten des Films im allgemeinen und der Wochenschau im speziellen, wie beispielsweise die Beschränkung auf das filmbare Äußerliche, die Schaffung inszenierter Höhepunkte, die Kürze der einzelnen Berichte sowie der Unterhaltungsfaktor, als entscheidende Mängel für deren Erschließung angeführt. 46 Hier setzt jedoch andererseits die Kritik der Geschichtsdidaktiker und Historiker, die sich intensiv mit dem dokumentarischen Film als historische Quelle befaßt haben, an. So sieht beispielsweise Margit SzöllösiJanze gerade das identische Strickmuster jeder Wochenschau-Ausgabe sowie ihre Zusammensetzung aus immer gleichen Einzelstücken als Vor-
43 Vgl. hierzu beispielsweise die Darstellung von Eberhard Büssem und Michael Neher: „Für die Quellenkritik des Films ist eine gewisse Kenntnis seiner technischen Bedingungen Voraussetzung. [...] Die noch sehr in den Anfängen steckende Erschließung bildlicher Quellen hat zumeist auf mühsamem Weg über die Sammlungskataloge von Museen, Bild- und Filmarchiven zu erfolgen. Die Auswertung wird vor allem im Fall fotografischen Materials durch die mangelnde Fürsorge für das Negativmaterial erschwert." Arbeitsbuch Geschichte Neuzeit. München 1977, S. 140. 44 Günter Moltmann untersuchte 1970 in seinem Aufsatz „Film- und Tondokumente als Quellen zeitgeschichtlicher Forschung" diese zögerliche Annäherung der Historiker an das filmische Medium: „Eine besondere Schwierigkeit der Quellenauswertung liegt im Umweg über das distanzlose Miterleben, eine weitere in der Notwendigkeit, VisuellAkustisches mit Worten zu fassen. Diese Schwierigkeiten sind nicht unüberbrückbar, und es ist zu hoffen, daß in der Zukunft nicht nur von der Pädagogik, sondern auch von der eigentlichen Forschung mehr Gebrauch von dem wertvollen, vielfach noch unerschlossenem Material gemacht wird." In: Moltmann und Reimers (wie Anm. 25), S. 23. 45 Vgl. Boshof, Düwell und Kloft (wie Anm. 39), S. 9. 46 Vgl. Heinrich Bodensieck: Erarbeitung eines Tonfilmberichts: Die Ubergabe der „Frankfurter Dokumente" 1948 in der bizonalen Besatzungswochenschau Welt im Film, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 8 (1983), S. 473—500 (hier S. 473).
Der Film als historische Quelle
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teil an, „wenn es darum geht, aus der Analyse einzelner Berichte [...] Inhalte herauszuarbeiten."47 Auch Detlef Endeward und Peter Stettner plädieren in ihrem Aufsatz „Film als historische Quelle" dafür, den Film in seiner existierenden Gestaltung zu sehen und das Filmische als Bedeutungsträger zu nehmen, durch den Geschichte (beispielsweise zeitgeschichtliches Bewußtsein, Mentalität) transportiert werde: „Mit dem Einschalten der Kamera und ihren Bewegungen, dem ,mise en scene', der Montage und Ton-BildMischung entsteht ein gänzlich dynamisch konzipiertes Produkt. [...] Gerade das filmische ,wie\ die besondere Vermittlung und Gestaltungsweise, ist selbst ein wichtiger Bedeutungsträger, der auf seinen Quellenwert zu befragen ist. Ohne diese Vermittlung existiert kein Film, sie ist im und am Film kenntlich zu machen. Eben ,wie' das ,was' gezeigt wird, das macht den Quellenwert des Films aus."48 Bei ihren Legitimationsbemühungen für die Verwendung des filmischen Mediums in historischen Untersuchungen haben sich die Historiker und Geschichtsdidaktiker in den vergangenen Jahren auch immer wieder aufs neue auf den Droysenschen Quellenbegriff und -kritik berufen.49 So definiert beispielsweise Manfred Hagen in seinem Aufsatz „Filme und Tonaufnahmen als Uberrestquellen — Versuch einer thematisch-kritischen Bild- und Tonquellenedition zum 17. Juni 1953" die audiovisuellen Medien als Quelle und Uberrest, da sie sowohl subjektive wie objektive Wesenszüge trügen: „Als Komponente von Tradition würde man wohl bestimmen können, was der Aufnehmende festhalten wollte oder sollte, und mit der Blickrichtung auf politische Propaganda hat die historische Forschung aus dem Bemühen um Aufdeckung solcher Absichten und der mitunter angewandten ,Psychotechniken' erheblichen Gewinn gezogen. Andererseits ist das Aufgenommene das linsen-
4 7 Vgl. Margit Szöllösi-Janze: „Aussuchen und Abschießen" — der Heimatfilm der fünfziger Jahre als historische Quelle, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 5 (1993), S. 3 0 8 - 3 2 1 (hier S. 308 f.). 4 8 Detlef Endeward und Peter Stettner: Film als historische Quelle. Anmerkungen zu Joachim Wendorf/Michael Lina: Probleme einer themengebundenen kritischen Filmquellen-Edition, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 12 (1988), S. 4 9 6 - 4 9 8 (hier S. 497).
Vgl. hierzu ausfuhrlich Esther-Beate Körber: Wie interpretiert man eine Wochenschau? Überlegungen an Beispielen aus der Nachkriegszeit, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3 (1994), S. 1 3 7 - 1 5 0 (hier S. 138 und 150 f.). 49
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
genaue Abbild einer optisch wahrnehmbaren Situation, ein autonomer Abdruck sichtbarer Wirklichkeit. Während das menschliche Auge, auf sofortiges Deuten und adäquates Reagieren angelegt, Unbegriffenes und scheinbar Unwichtiges gewissermaßen gleich ausblendet oder schnell löscht, hält die ,dumme', gewissenhafte Kamera auch das ,scheinbare Unwesentliche' getreulich fest."50 Hagen leitet daraus einen wesenseigenen Unterschied zwischen textlichen und audiovisuellen Quellen ab, wobei er jedoch den Begriff „Text" nicht weiter differenziert: „Texte bestehen aus Worten und sind mithin abstrakt und verallgemeinernd, notwendig mehr oder weniger ungenau, Bild und Ton aber konkret und individuell, damit allerdings dem Grundsatzverdacht ausgesetzt, nur Zufälliges oder Untypisches zu bieten. Texte, an das Nacheinander der Worte gebunden, sind linear und sequentiell, Bild und Ton dagegen komplex und simultan, und erst die Folge läßt Sequenz entstehen. Während Texte stets reflektiert sind, unterliegen Bild- und Tonaufnahmen nur der Bindung an gleichsam objektivierende Apparaturen. Texte entstehen nach dem Geschehen, Bild- und Tonaufnahmen gleichzeitig mit dem Geschehen."51 In seinem Projekt „Edition von Ton- und Filmquellen zum 17. Juni 1953" hat Hagen versucht, filmische Aufnahmen losgelöst von Ton und Text zu analysieren, um auf diese Weise Rückschlüsse auf den tatsächlichen Ablauf des historischen Geschehens zu ziehen. Er steht damit für eine der beiden heute existierenden Formen der Verwendung audiovisueller Medien in der historischen Forschung52: Er beschreibt das im Film Dargestellte, vergleicht es mit anderen Film- und Fotoaufnahmen und deutet das Gesehene.53 Sein Ziel ist es dabei, Foto-
Manfred Hagen: Filme und Tonaufnahmen als Uberrestquellen — Versuch einer thematisch-kritischen Bild- und Tonquellenedition zum 17. Juni 1953, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 6 (1990), S. 3 5 2 - 3 6 9 (hier S. 355). 50
51
Hagen, ebd., S. 355 ff.
Bereits 1970 stellte Harald Witthöft in seinem Aufsatz „Zeitgeschichtliche Dokumente im Geschichtsunterricht" heraus, daß der Film als Orginaldokument für die historische Wissenschaft zweifachen Zeugniswert besitze: „Er ist ein passives ,Abbild' vom Geschehen (ungeachtet der Tatsache, daß er bewußt gestaltet wurde) und .Akteur' im Geschehen kraft seiner ihm durch die Filmidee mittels der Filmsprache verliehenen Wirkung auf die zeitgenössischen Betrachter." Zeitgeschichtliche Dokumente im Geschichtsunterricht, in: Moltmann und Reimers (wie Anm. 25), S. 219. 52
53
Auf dem 37. Historikertag in Bamberg 1988 stellte Hagen eine Edition aller ver-
fügbaren visuellen Dokumente über die Geschichte des 17. Juni 1953 vor, die zahlrei-
Der Film als historische
Quelle
33
grafien, Filme und T o n a u f n a h m e n „aus der dienenden, o f t mißbrauchten Rolle als bloße sinnliche Unterlage f ü r verbale Behauptungen" zu befreien „und in den Rang eigenwertiger und studierbarer — allerdings nach anderen Regeln zu interpretierender Quellen" zu erheben, „die ergänzend oder korrigierend neben die anderen Quellentypen treten". 5 4 A n d e r e Historiker w i e beispielsweise Peter Bucher 5 5 , Bianka PietrowEmker 5 6 oder Heinrich Bodensieck 5 7 nutzen hingegen seit A n f a n g der achtziger Jahre das filmische Medium, indem sie die Darstellung bestimmter Ereignisse auf manipulative Elemente und Aussagen hin analysieren. Daneben verwenden sie aber auch schriftliche Quellen, w i e bei-
che, bislang unbekannte Einzelheiten über den Verlauf des Aufstandes in Berlin aufzeigten und neue Bewertungen der gesamten Vorgänge erforderlich machten. 54 Hagen, Filme und Tonaufnahmen als Uberreste und Quellen (wie Anm. 50), S. 357. Wie bereits schon in den fünfziger Jahren Fritz Terveen mit seinem Projekt über „Hindenburg" verwendet Manfred Hagen dabei das filmische Medium auch für die Erforschung einzelner Persönlichkeiten: „Allgemein bekannt, wenngleich auch von der historischen Forschung bislang wenig beachtet, ist auch der Quellenwert, den Dokumentarfilme für biografische Untersuchungen besitzen. Nicht nur über die äußere Physiognomie geben Filmaufnahmen Auskunft, indem sie das Erscheinungsbild, das Auftreten, die Mimik, die Gestik oder die Redeweise einer Person erhellen; sie können auch charakterliche Eigenschaften sichtbar machen und Gefühle, Empfindungen in einer bestimmten Situation offenlegen." Als Beispiel führt Hagen dabei die Uberlieferung des Veitstanzes, den Hitler nach der Kapitulation Frankreichs am 22. Juni 1940 aufführte, in der Deutschen Wochenschau an. 55 Vgl. beispielsweise die Aufsätze: Die Bedeutung des Films als historische Quelle: Der ewige Jude (1940), in: Heinz Duchardt und Manfred Schlenke (Hgg.), Festschrift für Eberhard Kessel zum 75. Geburtstag, München 1982, S. 300—321. Die Wochenschau als Propaganda-Instrument in der Weimarer Republik, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 6 (1990), S. 329—335. 56 Vgl. beispielsweise die Aufsätze: Die Sowjetunion in der Propaganda des Dritten Reiches: Das Beispiel der Wochenschau, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen, 2 (1989), S. 79—96. Das Feindbild im Wandel: Die Sowjetunion in den nationalsozialistischen Wochenschauen 1935—1941, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 6 (1990), S. 337-351. 57 Vgl. die Aufsätze: Besatzungspropaganda für einen deutschen Weststaat? Überlegungen zur Auswertbarkeit von Wochenschaumaterialien, in: Ders. (Hg.): Preußen, Deutschland und der Westen, Göttingen 1980, S. 273—312. Erarbeitung eines Tonfilmberichts. Die Ubergabe der .Frankfurter Dokumente' 1948 in der bizonalen Besatzungswochenschau, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 8 (1983), S. 473—500. Eine Tonfilm-Quelle und ihre publizistische Nutzung, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 12 (1985), S. 277—291.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
spielsweise politische und propagandistische Vorgaben für die Filmproduzenten, um so die Entstehungsgeschichte und die Zielsetzung der Auftraggeber zu erhellen. Während das Autorenteam Borowsky, Vogel und Wunder in diesem Zusammenhang den Quellenwert audiovisueller Medien auf ihre Zeugnisfähigkeit für „Massen- und Konsumverhalten" beschränken und dabei zugleich auf die Problematik hinweisen, daß durch „die Probleme der inhaltlichen und technischen Manipulierbarkeit der Massenmedien" die Schwierigkeit entstehe, »aus den Uberresten und Traditionen einer so dokumentationsfreudigen Gegenwart eine tragfähige Materialbasis herzustellen"58, ordnet Bodensieck gerade in diesen Fällen dem filmischen Medium — ganz in der Tradition Scheurigs — einen eigenständigen, historischen Quellenwert zu: „Für die Epoche der Tonfilmwochenschau ermöglicht ein [...] erschlossenes Zeugnis audiovisueller Publizistik, bestimmte Situationen in unterschiedlichen Regimen samt ihrer Auswirkungen besser zu begreifen als nur anhand der überlieferten Tages- und Wochenpresse oder von Akten. Denn falls die Regierenden die gesamte Publizistik lenkten oder auch nur auf audiovisuellem Gebiet über das Informationsmonopol verfügten, diente der regelmäßig veröffentlichte Aktualitätenfilm als anschaulichstes und wirksamstes Medium, um den Massen schwerwiegende Botschaften nachhaltig einzuprägen."59 Gerade für diesen Nachweis sind jedoch filmische Spezialkenntnisse und technische Hilfsmittel unabdingbar. Eine Tatsache, die gleichfalls viele Historiker abschreckt, den Film in ihre Forschungstätigkeit miteinzubeziehen.60
58 Einführung in die Geschichtswissenschaft I. Grundprobleme, Arbeitsorganisation, Hilfsmittel. Opladen 1989 s , S. 136 f. 59 Bodensieck, Erarbeitung eines Tonfilmberichts (wie Anm. 57), S. 474 f. Ulrich Schröter fügt dieser Aussage in seinem Aufsatz „Der (Spiel-)Film als sozialwissenschaftlich-historische Quelle" hinzu, daß er als „das Thema der eigentlichen, der hermeneutischen Geschichtswissenschaft" die Interpretation filmischer Dokumente, „nicht als Erschließung von Quellen für die Rekonstruktion vergangener Tatsachen, sondern als Nachverstehen von Sinnmotiven" ansieht. Der (Spiel-)Film als sozialwissenschaftlich-historische Quelle, in: Martin Loiperdinger: Märtyrerlegenden im NSFilm, Opladen 1991, S. 20. 6 0 Bereits 1970 legte Günter Moltmann in seinem Aufsatz „Film- und Tondokumente als Quellen zeitgeschichtlicher Forschung" dar, daß die Auswertung besondere Anforderungen an den Historiker stelle, und belegt dies an der Tatsache, daß „bisher nicht viel auf diesem Gebiet getan worden ist": „Das Problem der unübersichtlichen
Der Film als historische Quelle 3. Der Spielfilm als historische
35
Quelle
Während der Dokumentarfilm in der deutschen Geschichtswissenschaft erst seit Anfang der siebziger Jahre als Quelle generelle Akzeptanz findet, ziehen zahlreiche Historiker des französischen und englischamerikanischen Sprachraums — w o die Analyse von Dokumentarfilmen bereits seit mehreren Jahrzehnten ihren Platz in der Geschichtswissenschaft gefunden hat — inzwischen auch historische Spielfilme zur Forschung heran. Hierbei dominieren zwei grundsätzliche Fragestellungen: einerseits die nach dem Quellenwert des Films für die Geschichte der Zeit, in der er konzipiert, gedreht und gezeigt wurde; andererseits, inwieweit das im Film präsentierte Ereignis im Sinne der Historie objektiv und richtig dargestellt ist.61 Grundlegende Abhandlungen zu beiden Aspekten haben hierzu Marc Ferro 62 , Pierre Solin 63 , Paul Smith 64 sowie John E. Connor und Martin A. Jackson 65 verfaßt. 66
Stoffmasse, die bewältigt sein soll, und das Problem der Perspektive, das sich beim Film und beim Ton besonders kompliziert stellt, sind nicht zu übersehen. Ahnliches kommt hinzu: die Umständlichkeit des Zugangs, die Umständlichkeit der Technik, mit der der Geschichtsforscher ungenügend vertraut ist." In: Moltmann und Reimers (wie Anm. 25), S. 21. Vgl. hierzu auch Martin A. Jackson: Film as a Source Material: Some Preliminary Notes Toward a Methodology, in: The Journal of Interdisciplinary History, 1 (1973), S. 73—80 (hier S. 74). Sowie Wolfgang Benz: Quellen zur Zeitgeschichte, in: Deutsche Geschichte seit dem Ersten Weltkrieg, 3.Bd.. Stuttgart 1973, S. 110. 61 Vgl. Bernd Hey: Geschichte im Spielfilm. Grundsätzliches und ein Beispiel: der Western, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 1 (1988), S. 17—33. 62 Le film, une contre-analyse de la societe?, in: Annales, 1 (1973), S. 109—124. Marc Ferro stellt in diesem Aufsatz die prinzipielle Frage nach dem Quellenwert und der wissenschaftlichen Akzeptanz des Spielfilms innerhalb der Geschichtswissenschaft und resümiert schließlich: „Comme celui des reves, il est d'interpretation incertaine. Mais cette explication ne saurait satisfaire qui connait l'infatigable ardeur des historiens acharnes ä decouvrir de nouveaux domaines, leur capacite a faire parier troncs d'arbre, vieux squelettes, et leur aptitude a considerer comme essentiel ce qu'ils jugeaient jusque-la ininteressant." 63 The Film in History. Restaging the Past. Oxford 1980. M The Historian and Film. Cambridge 1976. 65 American History/American Film. Interpreting the Hollywood Image. New York 19802. 66 Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Artikelserie von Robert A. Rosenstone, David Herlihy, Hayden White, John E. O'Connor und Robert Brent
36
I. Film und Wochenschau in der Geschichte
In Deutschland besitzt hingegen der Spielfilm als historischer Untersuchungsgegenstand eine marginale Rolle.67 Nur einzelne Historiker und Geschichtsdidaktiker, wie beispielsweise Peter Bucher68, Bernd Hey, Rainer Rother 69 oder Margit Szöllösi-Janze, haben sich bisher mit dieser filmischen Gattung wissenschaftlich beschäftigt. Dabei zeigen sich — ähnlich wie bei der Verwendung des dokumentarischen Films als historische Quelle — zwei wissenschaftliche Vorgehensweisen: Hey vertritt die Auffassung, daß ein historischer Film für die Zeit, die er behandelt, nur darstellendes Medium sein kann, „so sehr er sich ggf. auch um Realismus bemüht und sich der (angenommenen) historischen Realität zu nähern versucht". Ein Spielfilm könne jedoch eine historische Quelle für die Zeit sein, in der er gedreht und erstaufgeführt wurde: „So liefert etwa der nicht-historische, also in der Gegenwart seiner Entstehungszeit spielende Film Informationen über den Alltag, die Mode, Verhaltensweisen etc. der damaligen Vergangenheit. Diese Informationen sind oft um so korrekter, wenn sie eher beiläufig und sozusagen unbewußt gegeben werden."70 Während Hey damit in erster Linie für den Spielfilm als unwillkürliche Quelle plädiert, versuchen beispielsweise Bucher und Szöllösi-Janze durch detaillierte Filmanalyse — ähnlich wie beim Dokumentarfilm —, politische und propagandistische Intentionen der Filmproduzenten herauszuarbeiten: „Durch die Analyse der Kameraführung, der Filmmusik, des gesprochenen Kommentars, der Montage etc. lassen sich Erkenntnisse gewinnen, die Rückschlüsse auf das Handeln und Leiden des ,anonymen' Menschens erlauben. Insofern kommt dem
Toplin, die 1989 in American Historical Review erschien, sowie die seit Ende der achtziger Jahre in derselben Zeitschrift unregelmäßig veröffentlichten Rezensionen historischer Filme. 6 7 Vgl. Szöllösi-Janze (wie Anm. 17), S. 308 f. 68 Vgl. Die Bedeutung des Films als historische Quelle: Der ewige Jude (1940), in: Duchardt und Schlenke, Festschrift für Eberhard Kessel, S. 300—329. 69 Bilder schreiben Geschichte: Der Historiker im Kino. Berlin 1991. In diesem Werk beschäftigen sich erstmals mehrere deutsche Historiker und Geschichtsdidaktiker intensiv mit dem Spielfilm als historischer Quelle. Die Aufsätze dokumentieren dabei verschiedenartige Annäherungsweisen an das Problem der filmischen Geschichtsvermittlung: So werden unter verschiedenen Sichtweisen zum einen die Bedeutung eines Werkes sowie zum anderen mehrere Werke aus der gleichen Epoche vorgestellt und in Korrelation zur historischen Erforschung der jeweiligen Zeit gebracht. 70
Hey (wie Anm. 61), S. 320 f.
Der Film als historische
Quelle
37
Film, ebenso wie auch den anderen audiovisuellen Medien, als historische Quelle ein Wert zu, der die [...] vermutete Bedeutung als Milieuschilderung' um einiges übertrifft."71
4. Die
filmische
Quellenkritik
Um historische Quellen auswerten zu können, ist es generell notwendig, auf deren Eigentümlichkeiten als Quellengattungen zu achten.72 Die audiovisuellen Nachlässe unterscheiden sich hierbei in keinster Weise von den schriftlichen oder sachlichen Quellen. Denn so wie generell jede schriftliche Quelle auf ihren Wahrheitsgehalt und den Umstand ihrer Entstehung hin überprüft werden muß, so ist auch das filmische Medium zunächst quellenkritisch zu hinterfragen, bevor es für die wissenschaftliche Forschung benutzt werden kann. Ausgehend von der traditionellen inneren und äußerlichen Quellenkritik bei schriftlich überlieferten Quellen läßt sich denn auch der wissenschaftliche Bewertungsvorgang eines Films in zwei Ebenen73 gliedern: So muß zunächst der Entstehungszusammenhang, daß heißt Entstehungszeit und -ort, Produktionsauftrag, Adressat, technische und finanzielle Voraussetzungen sowie Veröffentlichungszweck geklärt werden.
Bucher, Die Bedeutung des Films als historische Quelle (wie Anm. 68), S. 321. Vgl. hierzu beispielsweise auch den Aufsatz „Und noch einmal: Quellen" von Joachim Rohlfes: „Wer Flugschriften, Petitionen, Beschwerden unbesehen als Beschreibungen der Realität nimmt, die Reden des Thukydides oder Tacitus für authentisch hält, Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit gleichsetzt, muß scheitern, weil er die gattungsspezifischen Spielregeln mißachtet. Gemälde kann man ohne ihren ikonographischen Kontext [...] Statistiken nicht ohne mathematische Grundkenntnisse irrtumsfrei auswerten." In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 5 (1983), S. 330-344 (hier S. 335). 73 Vgl. hierzu auch Stephan Dolezel und Heinrich Bodensieck: Zur historischkritischen Analyse von Kinowochenschauen am Beispiel ausgewählter Berichte der anglo-amerikanischen Besatzungswochenschau Welt im Film, in: Rapports I, XVIe Congres International des Sciences Historiques, Stuttgart 1985, S. 189—205 (hier S. 190). Im Gegensatz zur herrschenden Auffassung sieht Friedrich P. Kahlenberg die Medienwirkung als dritte Untersuchungsebene bei der quellenkritischen Prüfung des filmischen Mediums an, wobei er jedoch zugleich deren Umsetzung in Frage stellt. Zur Methodologie der Kritik und Auswertung audiovisuellen Archivgutes als Geschichtsquelle, in: Der Archivar, 1 (1975), S. 50—52 (hier S. 50 f). 71 72
38
I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Hieraus lassen sich bereits erste Grenzen für die objektive Nutzung der filmischen Quelle ableiten. Nach der Uberprüfung der äußeren Produktionsumstände wendet sich die Quellenkritik dann dem eigentlichen filmischen Produkt zu: Es wird nun die formale und inhaltliche Gestaltung analysiert, die Bildergeschichte in ihre einzelnen Ebenen zerlegt. Denn entgegen den ersten Filmaufnahmen Ende des letzten Jahrhunderts, die aufgrund der einfachen Technik nur einen Ausschnitt des Gesamtgeschehens zeigen konnten, erzählen spätere Dokumentationen74 ganze Geschichten. — Wodurch jedoch auch die Möglichkeit der Tatsachen-Entstellung gegeben ist. Ernst Opgenoorth weist in diesem Zusammenhang jedoch ausdrücklich daraufhin, daß man bei der quellenkritischen Uberprüfung eines Filmbeitrages auch in Erwägung ziehen muß, daß der scheinbar manipulative Zusammenschnitt einzelner Sequenzen für die Vermittlung des Gesamtgeschehens durchaus berechtigt sein kann. Denn nur mittels mehrerer Kameras kann beispielsweise ein Ereignis sowie sein Umfeld vielschichtiger betrachtet werden: „Daraus ergibt sich schon jetzt, daß die Echtheitsfrage immer nur ein Aspekt der quellenkritischen Beschäftigung mit Dokumentarfilmen sein kann, daß sie immer eingebunden werden muß in die Betrachtung der Aussageabsicht des gesamten Films." 75 Jede systematische Inhaltsanalyse sollte daher mit der Erstellung eines Filmprotokolls, das systematisch den Inhalt, Kommentartext und die filmische Gestaltung76 fixiert77, beginnen. Im Vergleich mit anderen
7 4 In den Begriffen „Dokumentarfilm" oder Augenzeuge (für die Wochenschau der sowjetisch besetzten Zone) steckt ein Anspruch, der durch den kombinierten Reizeinfluß von Ton und Bild auf den Menschen bedingt ist und daher seit der Entstehung bewegter Bilder immer wieder zu finden ist: die Vorstellung, das bewegte Bild mache den Zuschauer zum unmittelbaren Zeugen des Geschehens, die Kamera vertrete gewissermaßen das Auge des Zuschauers. Vgl. hierzu auch Ernst Opgenoorth: Zur Quellenkritik von Dokumentarfilmen, in: Arnold, Udo (Hg.), Festschrift für Peter Gerrit Thielen. Göttingen 1990, S. 290 ff. 75
Opgenoorth, Zur Quellenkritik von Dokumentarfilmen (wie Anm. 74), S. 295 ff.
Gerd Albrecht unterschied 1970 in seinem Aufsatz „Sozialwissenschaftliche Ziele und Methoden der systematischen Inhaltsanalyse von Filmen" drei zu untersuchende Bereiche der filmischen Gestaltung: die Elemente (Gliederung, Bild- und Tongestaltung sowie deren simultane Verwendung), das Ergebnis (Erscheinungsbilder von Raum und Zeit sowie der Individuen und ihrer sozialen Beziehungen), Funktionen (Geschehen, kommunikativer Bezugsrahmen, Verständnis, sozialer Bezugsrahmen). 76
Der Film als historische Quelle
39
schriftlichen Quellen können so Diskrepanzen zwischen der filmischen Berichterstattung und dem in den Akten beschriebenen Ablauf aufgezeigt werden, die gezielte Verwendung bestimmter filmischer Effekte nachgewiesen und die Authenzität von Filmaufnahmen überprüft werden. Auf diese Weise können beispielsweise Aufnahmen, die widersprüchlich zur historischen Wahrheit sind, erkannt und mittels schriftlicher Nachlässe verifiziert werden. 78 Auch einzelne Bildfolgen können so vor dem Hintergrund der jeweiligen, technischen Möglichkeiten als nicht zeitgemäß entlarvt werden. Zudem ermöglicht das Filmprotokoll, suggestive, wertende oder sogar implizit falsche Aussagen des Kommentars, die im Moment des Filmbetrachtens dem Zuschauer aufgrund des schnellen Bildablaufes entgehen, zu registrieren und auf ihre Zielsetzung hin zu analysieren. 79
Vgl. Sozialwissenschaftliche Ziele und Methoden der systematischen Inhaltsanalyse von Filmen, in: Moltmann und Reimers (wie Anm. 25), S. 26 f. Bodensieck, der die Methode Albrechts als zu arbeitsaufwendig kritisiert, schlägt hingegen vor, filmische Quellen zunächst quantitativ aufzuschlüsseln, bevor sie anschließend mittels weitergehender, detaillierter Methoden auf die Korrelation Bild-Ton-Aussage hin untersucht werden. Vgl. Besatzungspropaganda für einen deutschen Weststaat 1948/49 (wie Anm. 57), S. 278 ff. 77 Zur Methodik vgl. beispielsweise Terveen: Der Film als historisches Dokument, (wie Anm. 20) S. 61 ff. Albrecht, Sozialwissenschaftliche Ziele und Methoden der systematischen Inhaltsanalyse von Filmen (wie Anm. 76), S. 26 ff. Dolezel und Bodensieck, S. 192 ff. Bodensieck, Besatzungspropaganda für einen deutschen Weststaat 1948/49 (wie Anm. 57), S. 275 ff. Cornelia Mielke: Quantitative Ermittlung von repräsentativen Ausgaben der Kinowochenschau Welt im Film 1948/49, in: Bodensieck, Preußen, Deutschland und der Westen, S. 311 ff. 78 Für die Identifizierung inszenierter Aufnahmen bieten sich formale Charakteristika an, wie beispielsweise eine ungewöhnliche Kamerapositionierung, die nach den Gegebenheiten eines Schauplatzes eigentlich nicht möglich und nur unter Verwendung aufwendiger technischer Hilfmittel zu erklären ist; oder die Ausleuchtung eines Schauplatzes mit Kunstlicht, das nicht situations- oder ortsgegeben ist. Kritisch zu bewerten ist beispielsweise auch eine auffällig kunstvolle Bildkomposition. Denn während ein Kameramann vor Ort keine Möglichkeit hat, in die ihm vorgegebene Wirklichkeit unmittelbar gestalterisch einzugreifen, lassen sich bei inszenierten Szenen die Objekte nach ästhetischen Gesichtspunkten arrangieren. Vgl. hierzu auch Helmut Regel: Die Authenzität dokumentarischer Filmaufnahmen. Methoden einer kritischen Prüfung, in: Aus der Arbeit des Bundesarchivs. Schriftenreihe des Bundesarchivs, Nr. 25. Oberhausen 1979, S. 172 ff. 79 Vgl. Opgenoorth, Zur Quellenkritik von Dokumentarfilmen (wie Anm. 74), S. 301 ff.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Bevor man jedoch ein solches Filmprotokoll erstellen und aufgrund dessen die gewünschten Wochenschau-Beiträge analysieren kann, muß man sich zunächst mit den filmtechnischen Möglichkeiten und dem Nachrichtenbegriff auseinandersetzen.
π Die Umsetzung der Wirklichkeit in der Wochenschau
1. Nachrichten — Abbilder der Realität? Wochenschauen gehören zur Gattung der Dokumentarfilme. Zwei wesentliche Merkmale unterscheiden sie jedoch von diesen: Während Dokumentarfilme einmal über ein bestimmtes Thema berichten, präsentierten die Wochenschauen der Vergangenheit regelmäßig aktuelle Ereignisse in zehn bis 15 Nachrichten. — Nachrichten, die aufgrund ihres dokumentarischen Charakters wiederum implizierten, daß die Rezipienten im Kino das Zeitgeschehen live miterleben würden. Doch wie identisch können filmische Nachrichten tatsächlich reale Vorgänge wiedergeben? Wie kritisch mußten/müssen sie betrachtet werden? Eine Antwort hierauf findet sich zunächst in der Begriffsdefinition. Das deutsche Wort „Nachricht" entwickelte sich in den vergangenen Jahrhunderten aus dem Verb „sich nach etwas richten". Seit der Entstehung der neuzeitlichen Medien implementiert der Begriff „aktuelle Information, Neuigkeit". Während diese moderne Bedeutung beispielsweise in der englischen Sprache („news") oder der französischen („des nouvelles") zum Ausdruck kommt, ist im deutschen Begriff „Nachricht" ein nicht zu unterschätzendes Element erhalten geblieben: Jemand (Sender) möchte, daß anderen (Empfängern) etwas über ein aktuelles, reales Ereignis mitgeteilt wird, was diese unter Umständen in irgendeiner Weise beeinflußt. Der Sender wählt folglich nicht nur aus, was der Rezipient erfahren soll, er trägt auch mehr oder weniger bewußt Verantwortung dafür, daß die Nachricht beim Empfänger eine emotionale oder agierende Reaktion auslöst. Jede Nachrichtenberichterstattung ist daher in keinster Weise auch nur im entferntesten umfassend, geschweige denn ein detailgetreues Abbild der Wirklichkeit. Dies beginnt schon mit der Nachrichtenauswahl, die bereits durch mehrere Faktoren beeinflußt ist: Zum einen wird sie durch die subjektive, persönliche Einstellung und Erwartung des einzel-
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nen Redakteurs definiert, zum anderen aber auch durch organisatorische oder technische Zwänge. Nicht zu vergessen ist dabei auch die sogenannte redaktionelle Linie, die sowohl informell innerhalb einer Redaktion als auch formell — wie im Fall der drei zu untersuchenden Besatzungswochenschauen — durch den Auftraggeber festgelegt sein kann.80 Nachrichtenfaktoren, wie beispielsweise Vereinfachung, Identifikation und Sensationalismus, tragen zudem dazu bei, daß sich das Ereignis, so wie es dem Rezipienten übermittelt wird, im schwächeren oder stärkeren Maß vom realen Ablauf unterscheidet. Aber auch ökonomische und politische Zielsetzungen können die Nachrichtenauswahl wesentlich beeinflussen. So sind wirtschaftlich konkurrierende und politisch eigenständige Medien wesentlich mehr auf das Kaufinteresse und die Themenwünsche ihrer Rezipienten angewiesen als solche, die in einem politischen System mit einer monopolistischen Herrschafts- und Medienstruktur existieren. Was besonders signifikant im Bereich der politischen Nachrichtenberichterstattung zum Ausdruck kommt: „Wenn Nachrichten aus gesellschaftlichen und politischen Prozessen entstehen, dann bedeutet das: in diesen Prozessen kommen Kräfte miteinander oder auch gegeneinander in Bewegung. Diese Kräfte haben ein Interesse daran, daß über ihre Wirksamkeit etwas veröffentlicht wird. [...] Die Träger von Interessen, die ,InteressenVertreter', wie man so unzutreffend in der deutschen Sprache sagt, sind also die wesentlichen Quellen von Nachrichten. Daraus folgt: Die Quellen von Nachrichten sind identisch mit bestimmten Interessen, sie sind dazu da, bestimmte Absichten in die öffentliche Verbreitung von Nachrichten zu bringen."81 Die Nachrichtenübermittlung selbst erfolgt immer über einen Code, über den Sender und Empfänger miteinander kommunizieren. Dieser kann sprachlicher, schriftlicher oder bildlicher Art sein. Entscheidend ist allein, daß beide Kommunikationsteilnehmer diesen verstehen und interpretieren können. Auch das filmische Medium wird durch einen solchen Code bestimmt. Die Elemente sind hier Sprache und Bild. Da beide Komponen-
80 Vgl. Winfried Schulz: Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien. Analyse der aktuellen Berichterstattung. Freiburg/München 1976, S. 8 ff. 81 U. Paetzold: Wie ,objektiv' können Nachrichten sein?, in: Joachim Paech (Hg.): Film- und Fernsehsprache 1, Frankfurt am Main 1975, S. 74 f.
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ten grundsätzlich korrelierend auftreten82 und der Kommunikationsvorgang auch mehrfach nachvollzogen werden kann, bietet das filmische Medium umfassende Möglichkeiten, Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Die Analyse des Filmcodes setzt jedoch ein geschultes Auge voraus. Denn die Macht der Bilder zieht den Zuschauer, dessen Augen und Gehör als dominierende Sinnesorgane in der europäisierten Kultur auf äußere Reize prinzipiell neugierig reagieren, zunächst immer in einen Bann. Dies hat sich die Filmgestaltungstechnik mit der Zeit zu nutzen gemacht und infolge dessen gezielt Darstellungsmittel entwickelt, die anschließend nicht nur in Spielfilmen, sondern auch in erkennbar propagandistischen Filmen und Wochenschauen Anwendung fanden.
2. Gezielte Effekte im kinemathografischen
Bild und Ton
a) Der Kinobesucher als „Augenzeuge" — oder filmisches Sehen Die Faszination des Kinofilms hängt eng mit seiner Fähigkeit zusammen, mehr als jedes andere Medium den Eindruck einer detaillierten Wirklichkeitsvermittlung zu erzeugen. Denn er bietet dem Betrachter eine leicht zugängliche Welt83. Auf diese muß er im verdunkelten Filmtheater84 geradezu zwangsläufig seine ganze Aufmerksamkeit richten.85
82 Die Entschlüsselung speziell der Filmsprache hat daher auch in den letzten beiden Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. — Nicht zuletzt, weil die Forschungsmöglichkeiten durch grundlegende Erkenntnisse der Wahrnehmungspsychologie — schon bereits auf elektro-physiologischem Niveau — erweitert wurden. Einen breiten und intensiven Einblick in die Entwicklung der neueren Film- und Bildsemiotik findet sich bei Brigitta Mühlen-Achs: Filmsprache und Wirklichkeit. Zur Wirkung von filmischen Unterrichtsdokumenten. München 1977, S. 16 f.
Erich Feldmann betrachtet in diesem Zusammenhang den Film als „wirksamsten sozialen Erziehungsfaktor", da er den Rezipienten auch mit völlig neuen sozialen Welten vertraut mache und damit nicht zuletzt dessen Toleranz fördere. Vgl. Theorie der Massenmedien. München/Basel 1962, S. 96. 83
8 4 Aufgrund seiner Ansicht, daß „im verdunkelten Zuschauerraum nur die Bewegung auf der Leinwand sichtbar" sei und „in der völligen Stille allein die Magie des Klanges" herrsche, „so daß das Publikum durch keinerlei fremde Einflüsse abgelenkt" werde, resümierte Walter Hagemann 1952, daß der Film „durch seine spezifischen Ei-
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Mit dem Erlöschen der Kinobeleuchtung beginnt das Filmgeschehen auf der Leinwand den Blick des Zuschauers zu lenken. Für den Rest des Films besitzt er nun nur noch Subjektposition, das heißt die Bilder ziehen an ihm wie im Traum vorbei, ohne daß er eine Eingriffsmöglichkeit hat: „Einerseits ist der Zuschauer von der Leinwand getrennt, andererseits findet er sich dort als Blick wieder: Blick der Kamera, der ihn durch Identifikation mit der Apparatur wie einen Voyeur (sehend, ohne gesehen zu werden) ins Geschehen hineinzieht, wo er sich schließlich, wie im Extremfall der .subjektiven Kamera', an die Stelle eines anderen (im Film) setzt."86 Die magische Anziehungskraft des Films beruht dabei vor allem auf der Wirkung des bewegten Bildes. Es befriedigt die Schaulust des Auges, das prinzipiell immer — auch im ermüdeten Zustand — auf sich verändernde Umweltreize reagiert: „Der Abstand des Bildes von der Seele ist geringer als der Abstand beim Wort. Der Film hat den Umkreis der sichtbaren Welt ins Unermeßliche erweitert. Es gibt keine Ferne mehr, die durch ihn nicht zur Nähe werden könnte. Er führt das Auge an das Verborgene heran und schafft ihm das Unzugängliche herbei. Er preßt und dehnt die Zeit wie ein Gummiband und ermöglicht dadurch Einblicke in Vorgänge, die dem natürlichen Blick wegen ihrer Schnelle oder Langsamkeit vorher entzogen waren."87 In dieser Aussage von Fritz Stückrath wird ein Grundsatz filmischer Gestaltung deutlich: Die Ka-
genschaften zum stärksten Suggestions- und Führungsmittel des zwanzigsten Jahrhunderts geworden" sei. Der Film. Wesen und Gestalt. Heidelberg 1952, S. 195. 8 5 Bereits 1958 verglich Friedhelm Bellingroth den psychischen Zuschauerstatus im Kino mit der Einschlafhaltung oder der Einleitung einer Hypnose. Als Ergebnis einer Versuchsreihe stellte er fest, daß der starre, schräg nach oben gerichtete Blick auf die flimmernde Leinwand die Entstehung hypnoider Wirkungen begünstige, die mit dem Abbau der intellektuellen Einflüsse, einer Steigerung der affektiven Komponenten und einer wachsenden Suggestibilität zusammengehe. Dadurch verringere sich der Kontakt mit der Umwelt: Der Zuschauer werde durch das Bildgeschehen aus seiner räumlichen Umgebung herausgerissen, so daß der ihn umgebende Kinoraum gar nicht mehr existent für ihn sei. Vgl. hierzu ausführlich Gisela Pracelis: Filmforschung als pädagogisches Anliegen, in: Publizistik, 8 (1974), S. 259, und auch Rainer Winter: Filmsoziologie. Eine Einführung in das Verhältnis von Film, Kultur und Gesellschaft. München 1992, S. 60. 8 6 August Ruhs, Bernhard Riff und Gottfried Schlemmer: Das unbewußte Sehen. Texte zu Psychoanalyse, Film, Kino. Wien 1989, S. 17. 87
Fritz Stückrath, Der Film als Erziehungsmacht. Hamburg 1953, S. 9.
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mera rekapituliert das Geschehen nicht von einem festen Standort. Vielmehr spitzt sie das Wesentliche auf den Punkt zu und schafft Sichtmöglichkeiten und Eindrucksqualitäten, die der Mensch in dieser Form normalerweise nicht hat. 88 Durch die Bewegung der Kamera und durch den Schnitt erzeugt der Film zudem einen Eindruck existentieller Gegenwärtigkeit. Denn während beispielsweise Fotos immer auf die Vergangenheit verweisen, verbindet der Film durch technische Mittel die Gegenwart mit Vergangenheit und Zukunft. Die Wirkung des Films beruht jedoch auch auf der Tatsache, daß er weitestgehend alle Darstellungsformen in sich vereinigt: das Bild, die Bewegung, das Wort und den T o n . Dabei treten die einzelnen Elemente nicht nacheinander oder nebeneinander auf, sondern sind zu einer Einheit ineinander verwoben. Das Ergebnis ist ein intensives und eindringliches Filmerlebnis, da dieses vielfältige Ganze über mehrere Sinnesorgane zugleich Informationen vermittelt. 89 Dies wiederum ist jedoch der Grund, warum sich gerade dieses Medium in der Vergangenheit immer wieder zur Manipulation anbot und auch zielgerichtet genutzt wurde. D e r Sender der filmischen Nachricht ist vordergründig immer ein Regisseur, Autor oder Redakteur. Im Hintergrund agieren jedoch noch weitere Beteiligte, wie beispielsweise Produzenten — oder im Falle der im weiteren zu untersuchenden Wochenschauen die vier Großmächte. Dabei muß berücksichtigt werden, daß der Kommunikationsvorgang selbst immer nur einseitig ist, das heißt der Empfänger hat aufgrund des vorgegebenen Filmrahmens keine Möglichkeit der Mitsprache. 90
8 8 1 930 schrieb der Filmkritiker Bela Baläzs, der über Jahrzehnte hinweg die Entwicklung des Films beobachtete, in seinem Artikel „Der Geist des Films": „Gewiß hat der Film eine neue Welt entdeckt, die vor unseren Augen bislang verdeckt gewesen ist. So die sichtbare Umwelt des Menschen und seine Beziehung zu ihr. Raum und Landschaft, das Gesicht der Dinge, den Rhythmus der Massen und den heimlichen Ausdruck des schweigenden Daseins. " Zit. nach Helmut H. Diederichs und Wolfgang Gersch: „Der Geist des Films". Artikel und Aufsätze 1926-1931 Bd.2, München 1984, S. 56. 8 9 In der Filmwissenschaft wird dies auch als Photogenie-Effekt bezeichnet. Vgl. Mühlen-Achs (wie Anm. 3), S. 27. 9 0 Nach Hartmut Winkler beinhaltet die filmische Kommunikationsform einen entscheidenden Unterschied zu derjenigen mittels natürlicher Sprache: „So sprachmächtig ein literarischer Autor seinem Leser gegenübertreten kann, so wenig kann er sein Instrument, die Sprache, als seinen persönlichen Besitz beanspruchen; und eben dies ist im Fall der filmischen Technik anders. Der Zuschauer ist objektiv von den Mitteln
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Durch die Anwendung spezifischer, filmischer Gestaltungskomponenten kann der Sender folglich auch dem Empfänger seine ganz persönliche Meinung über den Inhalt vermitteln oder gar aufzwingen. Selbst Dokumentarfilme, denen der Rezipient in der Regel passives Vertrauen hinsichtlich Authentizität und Objektivität entgegenbringt, sind in Wirklichkeit manipuliert. Denn die Produktion monovalenter Bilder, die Vermeidung evaluativer Schnitte und mehrdeutiger Bilder würde der Zuschauer nicht als höchsten Anspruch an Objektivität zu würdigen wissen; er würde vielmehr den Film als unattraktiv empfinden.91 Stehen jedoch inhaltliche Aussage und gestalterische Mittel in übermäßig starkem Gegensatz zueinander, so wirken sie unecht. Der Zuschauer merkt, daß „etwas nicht stimmt". Ein und derselbe Film wirkt dabei in unterschiedlichen gesellschaftlichen Situationen oder historischen Phasen deutlich different auf das Publikum.92 So löst beispielsweise ein früher Stummfilm heute unter Umständen Heiterkeit oder Langeweile aus, weil das Publikum von den filmischen Gestaltungsmitteln verwöhnt ist und die Stummfilmbilder als stelzig oder dilettantisch empfindet. Sequenzen aus nationalsozialisti-
abgeschnitten, die für die Produktion von Filmen notwendig sind, ja, das ganze Medium zielt darauf ab, den Prozeß der Herstellung und die eingesetzte Technik in wenigen Händen zusammenzuziehen. Das kommunikative Dreieck also hat sich unter der Hand verschoben; die Senderseite hat materiell aufgerüstet und wie im Fall der übrigen Warenwelt bleibt dem Publikum übrig, über dem Glanz der Produkte den Prozeß ihrer Herstellung zu vergessen." Der Zuschauer und die filmische Technik, in: Knut Hickethier und Hartmut Winkler (Hgg.): Filmwahrnehmung. Dokumentation der GFF-Tagung 1989. Berlin 1990, S. 20. Die ersten Filmaufnahmen, die lediglich eine ungeschnittene Sequenz zeigten, waren zunächst nur deshalb für die Rezipienten interessant, weil sie ein neues Medium präsentierten, das an sich schon spannend war. Mit dem wachsenden filmtechnischen Angebot ist jedoch auch der Anspruch der Zuschauer an die filmische Unterhaltung gestiegen. 92 Vgl. Helmut Körte, Möglichkeiten und Bedingungen der systematischen Filmanalyse, in: Ders. (Hg.): Systematische Filmanalyse in der Praxis. Braunschweig 1986, S. 14. Für Jan-Uwe Rogge ist der Filmbesucher folglich auch nicht mehr nur passiver Rezipient: „Filmische Bilder sind Zeichen, die aufgrund ihres Doppelcharakters Anstöße liefern zu einer ,zweiten Produktion' in den Köpfen der Zuschauer. In diesem Sinn rezipiert der Zuschauer nicht den Film, er produziert ihn in seinem Kopf." Praxisbezogene Überlegungen zu Film- und Fernsehsprache als Analyseansatz, in: Horst Dichanz und Günter Kolb (Hgg.): Beiträge zur Medienforschung. Köln 1979, S. 65. 91
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sehen Filmen wirken abschreckend — nicht zuletzt, weil sich die Wertvorstellungen seit dieser Zeit gewandelt haben.93
b) Kameraführung und Bildperspektive Während die ersten Filme Ende des letzten Jahrhunderts aus heutiger Sicht noch als unbearbeitete Dokumentarstreifen zu bezeichnen sind, fanden sich bereits schon nach wenigen Jahren Tendenzen, filmische Geschichten zu erzählen und die Zuschauer auf emotionale Weise anzusprechen.94 So entdeckte man beispielsweise schon früh, daß Kameraperspektive, Einstellungsgröße und Schnittfolge in erheblichem Umfang Einfluß auf die Auffälligkeit und Wahrnehmung einer Darstellung nehmen können. Denn schon durch die Wahl einer bestimmten Einstellung bezieht ein Film bereits Position zum gefilmten Objekt: So bestimmt die Einstellungsgröße die soziale Distanz und damit das Ausmaß an emotionaler Anteilnahme und Identifikation. Eine gezielt positionierte Kamera vermittelt zudem nicht nur psychologische Nebenbedeutungen, sie kann auch zu einem Mittel werden, das die Erzählhaltung des Films, den Grad der Beteiligung des fiktiven Beobachters am Geschehen sowie dessen Identifikation maßgeblich beeinflußt.95 Walter Dadek beschrieb 1968 in
93 In seinem Buch „Der Film als Erziehungsmacht" warnt daher Fritz Stückrath nicht nur vor der Wirkung des filmischen Mediums, er definiert ihn auch als pädagogisches Hilfsmittel. Vgl. Stückrath (wie Anm. 8), S. 3. 94 So zeigten schon sehr früh verschiedene Stummfilm-Regisseure in ihren Filmen auf, daß die Kamera bewußt übertreiben, ja sogar entstellen kann. 95 Vgl. Thomas Kuchenbuch: Filmanalyse. Theorien, Modelle, Kritik. Köln 1978, S. 25. Auch Hans Traub, der im nationalsozialistischen Deutschland einige Jahre später eine wichtige Rolle innerhalb der Filmwirtschaft einnahm (Vgl. „Durch Asthetisierung und Dramaturgie zur erklärten Propagandawaffe"), stellte 1933 nicht nur die medienspezifische Besonderheit des Films beispielsweise gegenüber dem Theater heraus, er warnte auch vor den Folgen: „Die Einstellung hebt den Abstand des Zuschauers vom Bild auf. Das Kino kennt keine Theaterrampe. Wir gehen selbst in der Schilderung umher vermittels der Einstellung. Wir treten sogar in Bezirke ein, die unserem Auge sonst verschlossen bleiben. [...] Ebenso wie die Einstellung das Erleben über Raum und Zeit hinaus gestaltet, ermöglicht sie die Einfühlung in Raum und Zeit mit fast beliebiger Willkür. Sie beherrscht die Perspektive; sie beherrscht in der lebendigen Wandlung der Perspektive die Zeit. Und darüber hinaus können diese Bezogenheiten zum Symbol einer Weltanschauung werden. Leidenschaft und Zurückhaltung,
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seinem Buch „Filmmedium" dieses Phänomen: „Tatsächlich gibt es die in Rede stehenden Effekte des optischen Bildes. Wir haben es also nicht etwa mit einer optischen Täuschung, sondern mit realen Bildphänomenen zu tun. [...] Es handelt sich um die im fotografischen Aufnahmeverfahren virtuell angelegte Eigenschaft, die Oberflächenerscheinung der Gegenstände gewissermaßen zu analysieren, ja zu diagnostizieren, im äußersten Fall sogar gleichsam zu interpretieren, eine Eigenschaft, die jedenfalls dem geübteren Blick auffällt, und die uns bewußter- oder unbewußtermaßen beeindruckt, wenn das Ereignis unser eigenes mentalpsychisches Vorstellungsverhältnis zu dem betreffenden Gegenstand anspricht, sei es, daß es unser Vorstellungsbild bestätigt, sei es, daß es mit ihm kontrastiert."96 Für Balazs wie für viele andere Filmtheoretiker 97 und -praktiker 98 besteht jedoch das Charakteristische des filmischen Mediums gerade darin, daß die Einstellungen und der Blickwinkel der Kamera den Dingen eine bestimmte Form geben können, „und zwar in so hohem Maße, daß zwei unter verschiedenen Blickwinkeln gezeichnete Bilder ein und desselben Gegenstandes einander oft gar nicht ähnlich sind."99 Da der Standpunkt der Kamera in der Regel dem Standpunkt des Zuschauers entspricht, kommt der Perspektive eine große psychologische
Liebe und Haß, Spott und Ernst können durch die ,Malerei' der Einstellung zu uns sprechen." Der Film als politisches Machtmittel. München 1933, S. 13. 96 Das Filmmedium. Zur Begründung einer allgemeinen Filmtheorie. Basel 1968, S. 76. 97 So schrieb beispielsweise auch Stückrath 1953: „Der Film gibt den stummen Dingen eine vernehmbare Sprache: ein zerknülltes Taschentuch, eine zertretene Blume, eine stehengebliebene Uhr, eine nutzlos im Aschenbecher verglimmende Zigarette, alle diese Kleinigkeiten des Alltags können, am richtigen Punkt der Handlung eingesetzt, eine furchtbare Bedeutung erlangen und mehr aussagen als ein lang ausgesponnener Dialog." (wie Anm. 8), S. 37. 98 Im Handbuch für die Ausbildung und Praxis von Fernsehjournalisten findet sich denn auch die Aussage: „Der Fachmann dagegen weiß, daß in der Konzentration auf das Wesentliche das Geheimnis der Gestaltung liegt. In der vermeintlichen Einengung des Blickwinkels liegt die Freiheit, nur das zu zeigen, was man wirklich aussagen möchte. Durch diese Einengung oder, besser gesagt, durch die Ausschließlichkeit des Raumausschnitts hat man eine Chance, sich der gewünschten Aussage anzunähern." Peter Kerstan: Bildsprache, in: Fernseh-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. München 19822, S. 31. 99 Bela Balazs: Der Film. Werden und Wesen einer neuen Kunst. Wien 1976, S. 37.
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Bedeutung100 zu: Jeder Zuschauer will sich zunächst über Ort und Rahmen des Geschehens orientieren. Die Totale verschafft ihm einen Uberblick und führt ihn in die Geschichte ein. Einstellungen, die einen totalen Uberblick geben, sind daher grundsätzlich deutlich länger als Naheinstellungen, nicht zuletzt, weil sie eine Fülle an Einzelinformationen enthalten, die das Auge des Zuschauers erst nacheinander wahrnehmen muß. Während die Totale somit die Funktion eines distanzierten Beobachters einnimmt, rückt die Halbtotale näher an das Objekt heran, um dieses bereits besser charakterisieren zu können. Bei Halbnah-Aufnahmen sind Personen mit etwa zwei Drittel ihrer Gesamthöhe abgebildet. Bei diesem Teilausschnitt spielt noch immer auch die unmittelbare Umgebung des Hauptmotivs für die inhaltliche Aussage eine Rolle. Zeigt die Kamera jedoch den Akteur mit einem Drittel seiner Körpergröße (Naheinstellung), so verläßt die Kamera die Funktion des ,neutralen Beobachters'. Sie fängt nun bereits an, konkret auszuwählen und Wertung abzugeben. Mit der Einstellungsgröße wird daher auch die soziale Distanz und damit das Ausmaß an emotionaler Anteilnahme und Identifikation festgelegt: So erreichen beispielsweise Naheinstellungen bei den Zuschauern größere emotionale Anteilnahme und mehr Identifikation mit dem Dargestellten als Einstellungen in distanzierter Entfernung; Einstellung in Totale und Halbtotale hingegen wirken insgesamt langweiliger und starrer und lösen folglich weniger emotionale Reaktionen aus — die Zuseher bleiben entsprechend ihrer räumlichen Distanz zum Geschehen unbeteiligter und kühler. Die Großaufnahme stellt hingegen einen der enthüllendsten Blickwinkel innerhalb der kameratechnischen Perspektiven dar, denn ein bestimmtes Objekt wird bildfüllend auf der Leinwand gezeigt.101 Da der
100 Karl Nessmann stellte bei einer Untersuchung der Wirkung von Bildungsfilmen fest, daß die Einstellungsgröße von besonderer Bedeutung zu sein scheint: „So bewirken z.B. kleinere Bildausschnitte (Nah- und Großaufnahmen) durchwegs bessere Beurteilungen als distanzierte Einstellungen (Halbtotale, Totale)." Gestaltung und Wirkung von Bildungsfilmen. Ergebnisse der empirischen Forschung. Frankfurt am Main 1988, S. 179. 101 Balazs schrieb über die Großaufnahme bereits Mitte der zwanziger Jahre: „Die Großaufnahme im Film ist die Kunst der Betonung. Es ist ein stummes Hindeuten auf das Wichtige und Bedeutsame, womit das dargestellte Leben zugleich interpretiert wird. Zwei Filme mit der gleichen Handlung, demselben Spiel und denselben Tota-
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Rezipient hieran nicht vorbeisehen kann, sind Großaufnahmen in der Regel den Höhepunkten der Handlung vorbehalten. Einen positiven und homogenen Eindruck vermitteln dabei Aufnahmen, die das Objekt in direkter Augenhöhe und aus der leichten Untersicht (Froschperspektive) zeigen. Einen negativen und diskrepanten bewirken hingegen die Perspektiven aus der starken Untersicht102 oder der starren Draufsicht (Vogelperspektive).103 Verhältnismäßig selten finden sich hingegen in einer filmischen Darstellung Detailaufnahmen, die nochmals vergrößert einen Ausschnitt aus einer Großaufnahme zeigen, denn sie wirken offenkundig demaskierend, emotional und suggestiv. Die Kamerabewegung selbst steht üblicherweise in direkter Relation zum abgebildeten Objekt: Meist gleicht sie sich dessen Bewegungen an, daß heißt, bei stillstehenden Objekten bleibt die Kamera starr, mobilen folgt sie per Schwenk oder Fahrt. Erfolgen die Objekt-Bewegungen dabei in einem schnellen Ablauf, die die Kamera zudem in Großaufnahme zeigt, so sieht der Zuschauer nicht nur diese Einstellung, er spürt sie auch „geradezu in einem Gefühl physischer Erregung".104 Die Kamera kann sich andererseits aber auch vom Objekt lösen und unabhängig von dessen Bewegungen — oder beispielsweise gegenläufig dazu — starr bleiben, schwenken, zoomen oder fahren. Langsame Kamerafahrten nehmen dabei dem Zuschauer das Gefühl für den realen Zeitablauf, sie wirken retardierend. Doch auch der schnelle Schwenk besitzt eine wichtige dramaturgische Funktion: Er löst Überraschung aus, deckt plötzliche Reaktionen der Handelnden auf, konfrontiert Gegner miteinander, zeigt plötzliche Wendungen an oder verfolgt hochdramatische Dialoge.105 Folglich bewirkt die Kamerafahrt — ebenso wie die Kaien, die aber verschiedene Großaufnahmen haben, werden zwei verschiedene Lebensanschauungen ausdrücken." Zit. nach Helmut H. Diederichs u.a. (Hgg.): Bela Balazs. Schriften zum Film, Band I: „Der sichtbare Mensch", Kritiken und Aufsätze 1922— 1926. München 1982, S. 83 f. 1 0 2 Pierre Kandorfer stellt in seinem „Lehrbuch der Filmgestaltung" (Köln 1978, S. 80 f) fest, daß von unten nach oben aufgenommene Personen selbstbewußt, heldenhaft, überlegen, arrogant, diktatorisch oder dämonisch, unheimlich wirken. 1 0 3 Denn die sogenannte Vogelperspektive läßt die Objekte in der Regel als einsam, armselig oder gedemütigt erscheinen. 104 v g l . hierzu ausführlich Christian Mikunda: Kino spüren, in: Hickethier und Winkler (Hgg.): Filmwahrnehmung (wie Anm. 11), S. 88. 105 Vgl. hierzu ausführlich Mikunda, ebd., S. 89, und Kandorfer (wie Anm. 23), S. 87.
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meraperspektive — eine eigenständige erzählerische und stilistische Ebene.106 Dennoch stellen sie prinzipiell im Film eine Einheit dar. Als solche werden sie auch vom Rezipienten aufgenommen. Mit der Kameraführung beginnt jede Film- und WochenschauProduktion, sie ist nicht nur das erste Gestaltungselement, mit ihr werden bereits auch erste zielgerichtete Inhalte impliziert. Im nächsten Produktionsschritt, der Montage, können diese verstärkt oder abgeschwächt bzw. um weitere bildliche Informationen ergänzt werden.
c) Die Montage Die Einstellung107 ist — abgesehen vom einzelnen, vom Auge normalerweise nicht wahrnehmbaren Phasenbild — die kleinste Einheit des Films. Es handelt sich hierbei um eine einzelne Filmeinheit, die durch Bildausschnitt und Kamerastandort definiert sowie durch die zeitliche Dauer begrenzt wird. Eine Sequenz oder Szene108 stetzt sich aus mehreren Einstellungen zusammen und zeichnet sich durch die Einheit von Ort und Zeit aus. Durch die Montage109 werden unterschiedliche Einstellungen zu etwas Neuem verbunden: Etwas Drittes entsteht, das unter Umständen ursprünglich in keiner der beiden Aufnahmen enthalten gewesen war. Zeitbezüge, Beziehungen, Assoziationen gefühlsmäßiger oder intellektueller Art können so visualisiert werden. Durch die Montage kann der Filmemacher auch auf die Gefühle des Zuschauers einwirken: Sie kann ihm beispielsweise einen starken emotionalen Schock versetzen, eine Entwicklung in Aussicht stellen, der er 106 Vgl. hierzu beispielsweise Jan Marie Lambert Peters, der in der Bewegung von Menschen und Dingen sogar das wichtigste „bild-kompositorische Mitteilungsmittel des Films" sieht. Die Struktur der Filmsprache, in: Publizistik, 4 (1962), S. 195—204 (hier S. 199). Der Name „Einstellung" stammt noch aus der Stummfilmzeit, als die Einstellung der Kamera während der gesamten Szenen unverändert blieb. 107
1 0 8 Wie viele filmische Begriffe hat auch die „Szene" ihren Ursprung in der Theatersprache. 1 0 9 Der Film mußte den Schnitt erst für sich entdecken, da er zunächst stark an die Tradition des Theaters gebunden war. So waren die ersten Streifen noch ungeschnittene Bildfolgen, die nur durch das Ende des Materials auf der Filmrolle begrenzt waren.
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mit Spannung entgegensieht, oder ihn mit starken Kontrasten (reich — arm, zärtlich — brutal) konfrontieren. Eine Montage kann aber auch dazu dienen, dem Zuschauer einen idealen Wahrnehmungsstandpunkt zu vermitteln — beispielsweise damit er durch eine bessere Kameraperspektive dem Handlungsablauf besser folgen kann. Die Montage als Ausdrucksmittel trat in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts hervor und fand zunächst besonders unter den sowjetischen Regisseuren, wie beispielsweise Sergej Eisenstein110, Wsewolod I. Pudowkin 1 1 1 — aber auch unter Filmtheoretikern, wie Balazs 112 — Beachtung. Das Induktionsprinzip 113 , demgemäß der Regisseur die Bilderfolge willentlich festlegte, wurde nun zum erklärten modernen, emotionalen Filmanspruch. 114 Filmtechnisch wird bei der Montage zwischen Schnitten und Uberblendungen unterschieden. Beim Schnitt setzt eine Einstellung unmittelbar an der anderen an. Bei der Uberblendung wird hingegen ein weicher Ubergang zwischen den Einstellungen realisiert, um bei den
Vgl. Dialektische Theorie des Films, in: Dieter Prokop: Materialien zur Theorie des Films. Ästhetik, Soziologie, Politik. München 1971, S. 65—80. 111 Vgl. Uber die Filmtechnik, in: Joachim Paech (Hg.): Film- und Fernsehsprache 1. Frankfurt am Main 1975, S. 16-18. 112 1924 schrieb Balazs beispielsweise hierzu prägnant: „Die Bilderführung, das ist die Reihenfolge und ihr Tempo und entspricht dem Stil der Literatur. Wie dieselbe Geschichte ganz verschieden erzählt werden kann und ihre Wirkung eigentlich von der Prägnanz und dem Rhythmus der einzelnen Sätze abhängt, so wird die Bilderführung dem Film seinen rhythmischen Charakter geben. Durch sie wird der Bilderfluß einmal gelassen und breitströmend sein wie die Hexameter eines alten Epos, ein andermal balladenhaft, atemlos aufflackernd und wieder verlöschend oder dramatisch steil getürmt oder kapriziös prickelnd. Die Bilderführung ist der lebendige Atem des Films, und alles hängt von ihr ab." Zit. nach Diederichs, Bd.l (wie Anm. 22), S. 117. 113 Der Realitätserfahrung eines Menschens entspricht es, daß ein Ereignis immer nur zu einem Zeitpunkt in einem Raum mit einem ganz bestimmten (plausiblen) Handlungsablauf stattfinden kann. Rasch aufeinander folgende Einstellungen von Details eines Raums oder eines Handlungsablaufs werden daher im Bewußtsein des Zuschauers zu einem Raum und einem Handlungsablauf zusammengefügt (Induktion), auch wenn es sich tatsächlich um verschiedene Aufnahmeorte handelt und die Szene auf mehrere Drehtage verteilt gedreht wurde. Vgl. Anton Stankowski und Karl Duschek: Visuelle Kommunikation. Ein Design-Handbuch. Berlin 1989, S. 326. 114 Im modernen Spielfilm hingegen ist die Montage als Instrument der Aufmerksamkeitslenkung etwas in den Hintergrund gedrängt worden, dafür wird der Gestaltung der einzelnen Einstellungen mehr Bedeutung beigemessen. 110
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Zuschauern Entspannung hervorzurufen oder die Verständnistiefe zu vergrößern 115 . Harte, schnelle Schnitte werden vor allem dann eingesetzt, wenn hohe Aufmerksamkeit und Anspannung erreicht werden soll und Gegensätze hervorgehoben werden sollen. Sind diese Sequenzen zudem zeitlich sehr kurz gehalten, so sollen sie einerseits zwar — entsprechend dem oberflächlichen menschlichen Sehverhalten — nur einer ersten groben Orientierung dienen, andererseits jedoch auch die Aufmerksamkeit der Zuschauer fesseln. Denn eine Folge kurzer, harter Schnitte bewirkt nachweislich beim Rezipienten ansteigenden Blutdruck und unterschiedliche Werte des elektrischen Hautwiderstandes. So findet man diese Schnittvarianten vor allem in spannungsreichen Spielfilmen 116 wie beispielsweise Krimis und Western — aber beispielsweise auch in der nationalsozialistischen Wochenschau. Auch die Beziehungen zwischen den Personen, die in einem Film agieren, können durch rasche Gegenschnitte intensiviert werden. In diesem Fall bewirkt das Schnittmuster, daß sich die Identifikationsbereitschaft des Zuschauers mit steigender Schnittfrequenz verstärkt — bis er schließlich von der Handlung,mitgerissen' wird. 117 Eine Montage kommt jedoch oftmals erst dann richtig emotional zur Geltung, wenn auch T o n und Kommentar das Gestaltungselement sinnvoll ergänzen.
d) Kommentar und O-Ton Achtzig Prozent aller Eindrücke nimmt der Mensch mit den Augen wahr und auf. Es gibt jedoch auch bildliche Eindrücke, die über den rein optischen Weg keine eindeutige Aussage beinhalten. Diese werden im
115 Vgl. hierzu die sehr sinnbildliche Aussage Baläzs in „Der Geist des Films": „Abblenden ist wie wenn der Erzähler die Stimme nachdenklich leise verklingen läßt. Es ist wie aus dem Rhythmus fallen und versonnen nachblicken. Die Abblendung läßt einen innehalten wie die Gedankenstriche hinter dem Satz. Auch sie ist ein Zeichen dafür, daß man sich etwas dabei denken möge. Und das Bild bekommt eine ,tiefere' Bedeutung, die es von vornherein gar nicht haben muß." Zit. nach Diederichs und Gersch (wie Anm. 22), Bd.2, S. 93 f. Empirische Schnittanalysen haben gezeigt, daß solche Filme über weite Passagen bis zu dreimal schneller geschnitten sind als epische oder dokumentarische. 116
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Vgl. Mühlen-Achs (wie Anm. 3), S. 49.
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filmischen Medium prinzipiell mit Ton unterlegt. Denn Wörter und Geräusche — soweit sie den Erfahrungswerten des Rezipienten entsprechen — wirken unmittelbarer und konkreter.118 So kann der Ton die bildliche Ebene begleiten, ergänzen, verstärken oder die Bildaussage unterstreichen. Er kann aber auch abschwächen oder Akzente setzen. Oftmals wird er zudem über wechselnde Bilder hinweg durchgehalten, um Szenen zu verklammern. — Nicht zuletzt können aber auch einzelne Geräusche immer wieder gleich einem Leitmotiv an bestimmten Stellen des Films auftauchen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Kommentar zu: „Denn ähnlich wie ein Katalysator in einem chemischen Vorgang bringt er in der Regel die bildliche Aussage tendenziell auf den Punkt."119 Die Sprache präzisiert dabei nicht nur das visuell Wahrnehmbare, sie legt auch die konkreten Verhältnisse zwischen den Objekten fest. Divergieren Bild und Ton, so wirkt sich dies auf die Rezeption beim Zuschauer aus. Die Szenen bleiben ihm nur kurze Zeit in Erinnerung. Gezielt eingesetzte Divergenz kann jedoch auch meinungsverändernd beim Publikum wirken. Im Film rangieren Wort und Geräusche eindeutig vor der Musik. Nicht zuletzt, weil der Rezipient es aus seiner natürlichen Umgebung gewohnt ist, daß ein Bewegungsablauf in der Regel mit einem entsprechenden Laut verbunden ist. Dennoch bietet auch die Musik mannigfaltige Möglichkeiten der Zuschauermanipulation120.
Vgl. Ingeborg Faulstich und Werner Faulstich: Modelle der Filmanalyse. München 1977, S. 24 ff. 1 1 9 Ludwig Probst: Der Beitrag des Tons zur Information, in: Fernseh-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. München 1982 2 , S. 63. 1 2 0 Gerade beim Dokumentarfilm sieht daher Norbert Jürgen Schneider die scheinbar prinzipiell „unpolitische" Musik als Gefahr an: „Ein Filmbetrachter ist mit seiner Ratio völlig auf das Verstehen des digitalen Inhalts von Bildern und Texten konzentriert, und merkt nicht, wie unbewußt — als Klima oder Athmosphäre — ihm auf der analogen Ebene .Werte' und .Verhaltensmuster' zugeführt werden. [...] Da jede Filmgestaltung als subjektive Art der Darstellung von Realität .manipulativ' ist, geht es nicht um die Alternative .Manipulation: nein — Manipulation: ja', sondern um die Frage des Grades bzw. der Erkennbarkeit von Manipulation." Handbuch Filmmusik II. Musik im dokumentarischen Film. München 1989, S. 189 ff. 118
Die Umsetzung der Wirklichkeit in der Wochenschau
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e) Musik Film ohne Ton wirkt gespenstisch.121 Daher bedurfte es schon in den Anfängen der Stumm- und Nachrichtenfilme mindestens eines begleitenden Klaviers. Doch auch nachdem sich der Tonfilm durchgesetzt hatte, blieb dieses gestalterische Mittel erhalten. Wenngleich es im Gegensatz zur Stummfilm-Ara inzwischen nur noch als Gestaltungselement im Hintergrund verwandt wird. In den Mittelpunkt tritt es hingegen in der Regel nur dann, wenn die Musik in Form von Reizvokalen eine bildliche oder sprachliche Aussage akzentuieren soll. Hierfür werden dann zumeist musikalische Elemente eingesetzt, die bereits über Jahrzehnte hinweg in immer gleichem Zusammenhang gebraucht wurden, so daß sie mittlerweile eine bestimmte Assoziation besitzen. Dies kann zusätzlich durch die Handlung auf der Leinwand noch bestätigt sein.122 Prinzipiell nimmt die Musik in Spielfilmen und Wochenschauen, nach der Definition von Zofia Lissa123, mindestens eine der vier folgenden Akzentuierungs-Funktionen ein: zum einen als illustratives Element, zum anderen als Ausdrucksmittel psychischer Erlebnisse, daneben als in das Geschehen einführende Komponente oder viertens als Kommentar. In ihrer Funktion als illustratives Element unterstreicht die Musik synchron Bewegungen, stilisiert sie reale Geräusche oder repräsentiert sie bestimmte Ortlichkeiten124. In dieser Aufgabe paßt sie sich dem Bild-
121 Schon 1924 — zu einem Zeitpunkt, als der Tonfilm noch in der Entwicklung war und Filme vorwiegend mit Klavier begleitet wurden — schrieb beispielsweise Balasz in ,Der sichtbare Mensch': „Warum wird während der Filmvorführung immer Musik gespielt? Warum wirkt ein Film ohne Musikbegleitung peinlich? [...] Denn auffallend ist ja, daß wir nur das Fehlen der Musik sofort merken, ihr Dasein beachten wir gar nicht. Jede Musik wird uns zu jeder Szene passen. Nur wenn sie wirklich dazu gestimmt ist, dann horchen wir auf, und es berührt uns meist komisch oder peinlich. Wenn zu einer Begräbnisszene auf dem Film die Kapelle einen Trauermarsch spielt, empfinde ich das als brutal und irgendwie schamlos. Denn die Musik weckt andere Visionen, welche die des Films nur dann stören, wenn sie zu nah aneinander kommen." Zit. nach Diederichs, Bd.l (wie Anm. 22), S. 130. 122 Vgl. Hansjörg Pauli: Filmmusik: Ein historisch-kritischer Abriss, in: HansChristian Schmidt (Hg.): Musik in den Massenmedien. Mainz 1976, S. 107 ff.
Lissas Klassifizierung ist so in der Filmmusik-Theorie allgemein anerkannt. Die Praxis, schauplatztypische Klangfarben, wie beispielsweise Folklore- oder National-Gesänge, gleichsam als musikalisches Zertifikat über die nationale und kul123
124
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
geschehen an, wobei sie sowohl rhythmisch als auch inhaltlich auf die Bildbewegung abgestimmt ist.125 Hans-Christian Schmidt und Werner Faulstich unterscheiden jedoch beim illustrativen Filmmusik-Element nochmals zwischen dem paraphisierenden und polarisierenden: Demnach ist eine Musik paraphisierend, wenn sich ihr Charakter direkt aus der bildlichen Aussage ableiten läßt. Polarisierend ist sie hingegen, wenn sie aufgrund ihres Charakters mehrdeutige, ambivalente Bilder in eine bestimmte Ausdrucksrichtung schiebt. 126 Ist dies allerdings übersteigert, so begleitet sie nicht mehr die Bilder. Sie tritt nunmehr in den Vordergrund und macht den Zuschauer unempfindlich für subtile Aspekte. Die Filmhandlung wird auf ein Klischee reduziert. In ihrer zweiten Funktion dient die Musik als Ausdrucksmittel psychischer Erlebnisse — sei es, als Zeichen für bestimmte Wahrnehmungen, als Sinnbild für Erinnerung und die Widerspiegelung von Phantasievorstellungen oder als ein Mittel zum Ausdruck von Gefühlen. Als Vermittlerin psychischer Erlebnisse gibt die Musik in der Regel nur allgemeine Stimmungen wie beispielsweise Freude oder Trauer, heitere oder düstere Atmosphäre sowie Zustände der Ruhe oder der Erregung wieder. Für die Bilder der Gefährdung und Bedrohung sowie des Schreckens bedient sich die Filmmusik beispielsweise dissonanter Intervalle, extrem tiefer Lagen, im Herzrhythmus schlagender Synkopen oder fahler und greller Klangfarben. 127 Neben der reinen Nachahmung
turelle Identität des Leinwandgeschehens zu verwenden, entstand bereits mit dem Stummfilm. Hans-Christian Schmidt definiert in diesem Fall die Beziehung der Musik zum Bild wie folgt: „Die Musik gibt also, salopp formuliert, dem Film etwas von ihrem musikalischen Wesen ab, lädt diesen kraft ihrer bestimmten Charakteristik so auf, daß die Wahrnehmung des Zuschauers um eine emotionale Komponente bereichert wird. Gleichzeitig erhält aber die Musik, die als autonome Musik ja mehrdeutig ist, von der konkreten visuellen Ebene eine eindeutige Ausrichtung, so daß sie mit Hilfe der Bildinhalte gleichsam .entschlüsselt' wird." Vgl. Musik als Einflußgröße bei der filmischen Wahrnehmung, in: Schmidt (wie Anm. 43), S. 130 f. 126 v g l . Faulstich, Modelle der Filmanalyse (wie Anm. 39), S. 157 f. Besonders deutlich kommt dies beispielsweise in den nationalsozialistischen Filmen zum Ausdruck. Vgl. hierzu ausführlich Konrad Vogelsang: Filmmusik im Dritten Reich. Hamburg 1990, S. 11 ff. 125
127 Vg] Helga de la Motte-Haber und Hans Emons: Filmmusik. Eine systematische Beschreibung. München 1980, S. 140 f.
Die Umsetzung der Wirklichkeit in der Wochenschau
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bloßer Reflexe wird Musik aber auch dazu verwandt, um psychische Ereignisse zu begleiten oder Zumindestens ihre Dynamik, Ablaufkurven und -tempi nachzuzeichnen. In ihrer Funktion als einführendes Element antizipiert die Musik das, was die Zuschauer erst in den nachfolgenden Szenen sehen werden: So läßt beispielsweise ein vorfahrendes Auto, das von dissonanten Akkorden begleitet wird, Furchtbares erahnen. Klänge in irritierender Höhe besagen Verwirrendes, nicht-tonal gesetzt deuten sie auf ein Geheimnis hin. Als Leitmotiv, das immer wieder an bestimmten Stellen im Film erscheint, konkretisiert Musik begriffliche Zustände, wie beispielsweise Schicksal, Liebe oder weist auf das Erscheinen bestimmter Akteure hin. Gemäß der von Zofia Lissa definierten vierten Funktion kann Filmmusik letztendlich auch den bildlichen Inhalt kommentieren sowie Beziehungen stiften, die sich aus dem Bildzusammenhang nicht ohne weiteres ergäben. So wurde beispielsweise in der Vergangenheit Jazz oftmals als ein musikalisches Äquivalent für Sexualität, Drogenabhängigkeit und Gewalt verwandt.128 Mit der detaillierten, vierstufigen Filmmusik-Theorie hat Lissa dem Historiker ein Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, das ebenso wichtig für die Analyse filmischer Nachlässe ist wie die zuvor zitierten Darstellungen zur Kameraführung, Montage und zum Kommentar. Um das vorhandene Wochenschau-Material quellenkritisch beleuchten zu können, ist es jedoch auch erforderlich, vorab die historische und technische Entwicklung dieses Mediums aufzuzeigen. Denn nur so lassen sich eingefügte, zeitlich falsch deklarierte Sequenzen nachweisen.
128
Vgl. ebd., S. 134.
ш Die historische und technische Entwicklung des Nachrichtenmediums „Wochenschau" in Deutschland 1. Filmstart mit Hindernissen Die Entstehung des Dokumentarfilms — und damit die Anfänge der Wochenschau — geht einher mit der Geburt des Films. — Nicht zuletzt, weil die Erfinder ihr neues Medium dadurch zu etablieren und verkaufen suchten, daß sie authentische Begebenheiten dem Publikum filmisch präsentierten. Einer von ihnen, Louis Lumiere, dessen Familie in Lyon eine bedeutende Fabrik für fotografische Produkte besaß, beschäftigte sich seit 1894 intensiv mit der Entwicklung eines Filmapparates. Dabei diente ihm das Kinetoskop von Thomas Alva Edison als Grundlage.129 Das Ergebnis der Forschungsarbeiten von Louis Lumiere war schließlich ein Cinematograph, der zugleich Aufnahmeapparat, Projektor und Kopiergerät war. Diesen stellten er und sein Bruder Auguste am 28. Dezember 1898 erstmals im Pariser Grand Cafe auf dem Boulevard des Capucines öffentlich vor. 130
125 Thomas Alva Edison experimentierte seit 1888 auch auf dem audiovisuellen Gebiet. Er verwandte seit 1889 erstmals lichtempfindliche Zelluloid-Filmbänder. Bis dato war in der Regel nur mit Bildplatten experimentiert worden. 1892 präsentierte Edison seinen ersten fabrikationsreifen Kinetoskopen (griech.: Bewegungsseher) erstmals in der Öffentlichkeit. Hierbei handelte es sich um eine Art Schrank, in den man von oben durch eine Linse hineinblickte. Durch Drehen einer Kurbel bewegte sich am Okular ein hell erleuchteter Film, der über ein Rollensystem geleitet wurde, vorbei. Vgl. Friedrich von Zglinicki: Der Weg des Films. Textband. Hildesheim 1979, S. 203 ff. und Siegfried Zielinski: Audiovisionen. Kino und Fernsehen als Zwischenspiele in der Geschichte. Hamburg 1989, S. 30 ff. 130 Die Brüder Lumiere gelten in der herrschenden filmfachlichen Literatur als die Erfinder des filmischen Mediums, wenngleich ihrem Cinematographen zahllose wichtige Einzelerfindungen, wie beispielsweise das Kinetoskop von Edison oder der Sphyhmograph (griech.: Pulsschreiber) des Franzosen Jules Marey, vorausgegangen
Die Entwicklung des Nachrichtenmediums „ Wochenschau "
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Das neue Medium erregte zunächst breite Aufmerksamkeit. So verkündeten beispielsweise die „Photographischen Mitteilungen" i m April 1896: „ G a n z Paris [...] pilgert nach d e m Boulevard de la Madeleine, u m das neue W u n d e r , die Überraschung der Cinematographie, zu sehen. In diesem engen R a u m , in dieser kurzen Spanne Zeit sieht man eine W e l t an sich vorüberziehen; nicht etwa in starren Bildern ohne Leben und Bewegung, vielmehr eine Welt, die leibt und lebt, webt und schafft, ganz wie die Wirklichkeit. [...] Es grenzt ans Wunderbare." 1 3 1 U m Filmmaterial für die Vorführung ihrer Geräte zu erhalten, beschäftigten die Lumieres bald eine Gruppe v o n Kameraleuten, die zunächst einfache Vorgänge aus dem Alltagsleben, später jedoch auch zeitdokumentarische
Ereignisse
und
kleine
Spielhandlungen
filmten. 1 3 2
Dabei war das Nachstellen v o n Ereignissen schon verbreitet. Diese Szenen sind jedoch heute aufgrund der n o c h sehr einfachen Technik in der Regel leicht zu identifizieren. 133 Die Filmteams der Lumieres in F r a n k reich und die der Berliner Brüder Skladanowskys in Deutschland produ-
waren. Die entscheidende Innovation ihres Cinematographen bestand jedoch darin, daß vor einem größeren Publikum erstmals längere Szenen von beweglichen Photographien vorgeführt werden konnten. Vgl. hierzu Peter Bächlin: Film als Ware. Diss. Basel 1945, S. 19. Der lange Zeit — gerade von deutschen Autoren — gepflegte Anspruch, das filmische Medium sei deutschen Ursprungs, basiert darauf, daß die allererste Filmvorführung vor einem zahlenden Publikum bereits sechs Wochen zuvor, am 1. November 1895, im Rahmen eines Varieteprogramms im Berliner Wintergarten stattgefunden hatte. Der dabei von Max und Emil Skladanowsky benutzte Projektionsapparat war jedoch dem von Louis Lumiere noch weit unterlegen. Zit. nach Zglinicki (wie Anm. 1), S. 218. Die Filmaufnahmen beruhten zu diesem Zeitpunkt noch auf einer einfachen Vorgehensweise: Die Kameraleute wählten ein Ereignis, von dem sie glaubten, es lohne sich, dieses zu filmen, stellten ihren Cinematographen direkt davor auf und drehten so lange, bis das Filmmaterial zu Ende war. Die Filmkamera diente folglich ausschließlich als Aufnahmegerät, dessen einziger Unterschied im Vergleich zur Fotografie darin bestand, daß Bewegungen als solche festhalten wurden. Genaugenommen hätte sich jedoch die Aussage dieser Filme ebenso gut durch einzelne Fotos vermitteln lassen. Erst gegen 1902 wurden im gesamten filmischen Bereich erstmals Filmmontagen dadurch realisiert, daß Sequenzen aus verschiedenen Filmen mit gleichem thematischen Inhalt zusammengeschnitten wurden. Vgl. Karel Reisz und Gavin Miller: Geschichte und Technik der Filmmontage. München 1988, S. 21 ff. 131 132
So wurde beispielsweise 1898 die Zerstörung der spanischen Flotte im spanischamerikanischen Krieg ebenso rekonstruiert wie 1902 die Krönung des englischen Königs Edward VII. Vgl. Georges Sadoul: Geschichte der Filmkunst. Wien 1957, S. 81 f. 133
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
zierten zu diesem Zeitpunkt i m Prinzip schon eine A r t Wochenschau 1 3 4 . Ein technischer Nachteil des frühen Films war jedoch noch, daß die Augen der Zuschauer durch das Bilderflimmern spätestens nach zwei Minuten ermüdeten. Erst ab 1900 wurde die Blenden- und Perforiermaschinentechnik
soweit
verbessert,
daß
man
nur
noch
nach
jeder
Viertelstunde — was der Vorführdauer einer Filmspule entsprach — eine Pause einlegen mußte. 1 3 5 Technische Probleme sowie moralische Bedenken führten in den letzten Monaten des 19. Jahrhunderts zunächst dazu, daß die Filmindustrie in den Städten einen Einbruch erlitt 1 3 6 und nur durch die Wanderkinos der Schausteller in den ländlichen Bereichen überlebte, die z u m Abschluß jeder Vorstellung Atualitätenfilme zeigten. W ä h r e n d v o r allem in Frankreich dann jedoch nach der Jahrhundertwende das filmische Medium schnell als ökonomischer F a k t o r erkannt wurde, genoß nur die deutsche Geräteproduktion aufgrund ihrer Qualität weltweit Ansehen 1 3 7 . Der deutsche Filmmarkt wurde hingegen
1 3 4 Für die Zuschauer war dies wie ein Wunder, da die Bilder aktuelles Geschehen, was sich zumeist an bekannten Orten abspielte, lebendig machten. Max und Emil Skladanowsky bauten daher ab 1897 den Aktualitätenfilm fest in ihr tägliches Programm im Berliner Wintergarten ein. Bei einer dieser Vorführungen wurden die Kinobesucher von der detailgetreuen Vorführung derart fasziniert, daß sie in Schrekkensrufe ausbrachen, als auf der Leinwand ein Vorortzug in den Bahnhof BerlinReinickendorf-Schönholz einfuhr. Vgl. Zglinicki (wie Anm. 1), S. 333 ff.
Vgl. Sadoul (wie Anm. 5), S. 81 f. Im Mai 1897 kam es beispielsweise beim Bazar de la Charite in Paris zu einem Projektorbrand. Daneben wurden einige Filmaufnahmen der Lumieres als „Gefährdung der öffentlichen Moral" angesehen, so daß in der Öffentlichkeit Jugendverbot und Zensur der Filmstreifen gefordert wurde. In Deutschland kam hinzu, daß das gebildete und besitzende Bürgertum, das seit langem mit Buch und Presse über hochentwickelte Kommunikationsmittel verfügte, die neue, technisch größtenteils noch höchst unzulängliche Erfindung nicht annahm. So fand das filmische Medium zunächst in den Vergnügungsstätten der .kleinen Leute' Verwendung. Vgl. Viktor Sidler: Filmgeschichte: ästhetisch — ökonomisch — soziologisch. Von den Anfängen des Films bis zum Tonfilm. Zürich 1982, S. 22. 135
136
137 Der Hauptgrund, warum die Entwicklung der deutschen Filmproduktion vor allem weit hinter der Frankreichs lag, war, daß sich die deutschen Banken gegenüber dem neuen Wirtschaftszweig sehr zurückhaltend verhielten und auch der Staat — im Gegensatz beispielsweise zum amerikanischen — zunächst wenig Interesse zeigte. Vgl. Tobias Behrens: Die Entstehung der Massenmedien in Deutschland. Ein Vergleich von Film, Hörfunk und Fernsehen und ein Ausblick auf die Neuen Medien. Frankfurt am Main 1986, S. 44.
Die Entwicklung des Nachrichtenmediums „ Wochenschau "
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von ausländischen Produzenten — vor allem aus Frankreich, Italien und den USA — beherrscht. Erste immobile Filmvorführstätten entstanden, wenngleich es noch bis 1910 dauerte, bis es flächendeckend feste Filmtheater in Deutschland gab. In der Zwischenzeit entwickelte sich der Aktualitätenfilm inhaltlich weiter: Statt einzelner, kurzer Filmstreifen zu einem einzigen Ereignis produzierte Charles Pathe 138 ab 1908 in Frankreich regelmäßig die Stummfilm-Wochenschau Pathe Journal, die aus mehreren kurzen, aktuellen Berichten mit unterschiedlichem Inhalt bestand. 139 Ab 1910 gab zudem das französische Produktionsunternehmen Gaumont die Gaumont Actualites140 heraus. Erste regelmäßig erscheinende, aktuelle Stummfilm-Nachrichten produzierte in Deutschland ab November 1911 die Deutsche ExpreßFilmgesellschaft unter dem Titel Der Tag im Film, erste deutsche tägliche kinematographische Berichterstattung,141 Ab 1913 gab dann auch die Dürener Rohfilmindustrie in Kooperation mit dem August Scherl Verlag einmal wöchentlich die Eiko-Woche heraus. 142 Diese beiden Wochen-
1 897 hatte Charles Pathe von den Lumieres das Patent des Cinematographen erworben. Überzeugt vom filmischen Medium verkündete er 1901: „Das Kino wird das Theater, die Zeitung und die Schule von morgen sein." Zit. nach Zglinicki (wie Anm. 1), S. 1. 139 Sein Programm dauerte bereits eine „abendfüllende" Vorstellung, statt wie bisher eine halbe Stunde. Ziel der Vorführung war jedoch noch immer, Filmkameras, Projeziergeräte und Filme als ganze Einheit zu verkaufen. Vgl. Sadoul (wie Anm. 5), S. 81 f. und Thomas Schorn Die Film- und Kinoreformbewegung und die deutsche Filmwirtschaft. Eine Analyse des Fachblatts Der Kinematograph (1907—1935) unter pädagogischen und publizistischen Aspekten. Diss. München 1990, S. 16 f. 140 1910 schloß das Produktionsunternehmen Gaumont anläßlich der Krönung Georges V. von England einen Vertrag mit der britischen Eisenbahngesellschaft, woraufhin ein Waggon als Filmlabor eingerichtet wurde, um den Film, der nach den beendeten Feierlichkeiten auf schnellstem Wege zum Zug gebracht worden war, noch während der Fahrt im Expreßzug zu entwickeln und fertigzustellen, damit er am gleichen Abend dem Publikum vorgeführt werden konnte. 138
Wenngleich der wirtschaftliche Erfolg dieses Unternehmens insgesamt eher mäßig war, konnte sie dennoch von sich reden machen, als 1913 ein Kameramann auf Anforderung des griechischen Königs am Balkankrieg teilnahm. Der Film, der dem deutschen Kaiser in einer Sondervorführung gezeigt wurde, präsentierte Bajonettangriffe der Infanterie, Kavalleriepatrouillen, feuernde Artillerie und die Tätigkeit des Roten Kreuzes. Vgl. Zglinicki (wie Anm. 1), S. 336. 142 Durch die Kooperation mit dem Zeitungsverlag sollte der Filmberichterstattung ein einheitliches journalistisches Nachrichtenformat gegeben werden. Daneben profi141
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
schauen waren jedoch zu diesem Zeitpunkt nur unbedeutende Unternehmungen im Vergleich beispielsweise zu ihren französischen Pendants.
2. Der Erste Weltkrieg als,Geburtshelfer' der deutschen
Wochenschauen
Die deutsche Filmwirtschaft stand im August 1914 zunächst v o r einer unerwarteten Situation: Mit Beginn des Ersten Weltkrieges fielen auch die französischen Wochenschauen, die bis dahin den deutschen Filmmarkt beherrscht hatten, weg. In der deutschen Öffentlichkeit wurde daraufhin ein Mangel an nachrichtenfilmischer Information beklagt. 143 Das öffentliche Interesse sowie die Tatsache, daß die deutschen Wirtschaftsführer inzwischen erkannt hatten, daß die Filmproduktion auch in Deutschland ein großer, gewinnbringender Handelszweig sein könnte, führte dazu, daß die Branche an ökonomischem Interesse gewann. 144 Oskar Messter 145 , der bereits seit 1897 Aktualitätenfilme zu Einzelereig-
tierte die Wochenschau vom weitverzweigten Nachrichtendienst der Presse. Die Durchschnittslänge der Eiko-Woche betrug 150 bis 170 Meter mit etwa zehn bis fünfzehn durch Zwischentitel getrennte Sujets. 143 So wurde beispielsweise am 26. August 1914 in der Zeitschrift Der Kinematograph unter anderem die Frage gestellt, warum in illustrierten Zeitungen aktuelle Kriegsbilder zu sehen seien, nicht jedoch in den Lichtspielhäusern. Zugleich forderte der Autor, daß, „wenn sich die Firmen auf diesem wichtigen Gebiet nicht rühren", die deutschen Kinematographen mit eigenen Aufnahmegeräten „Szenen dieser gewaltigen historischen Tage auf eigene Faust aufnehmen" sollten. Vgl. Hans Barkhausen: Filmpropaganda für Deutschland im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Hildesheim 1982, S. 21. 144 Ein Vertreter der Eiko-Woche resümierte 1915: „Es läßt sich jetzt schon sagen, daß der Krieg für die Wertung, für das Ansehen der Kinematographie im öffentlichen Leben unseres Vaterlandes den günstigsten Einfluß, die günstigste Wirkung äußern wird und bereits geäußert hat." Zit. nach Klaus W. Wippermann: Die Entwicklung der Wochenschau in Deutschland: Eiko-Woche — Kriegsausgabe Nr. 36/1915. Göttingen 1970, S. 11. 145 Messter gilt heute in der Literatur als der deutsche Filmpionier. Er schuf den ersten deutschen Projektor, der in Serienfertigung produziert wurde; er baute Aufnahmekameras, Kopier-, Perforier- und Entwicklungsmaschinen; 1896 eröffnete er erste „Bewegungstheater", die in der Öffentlichkeit zunehmend Anklang fanden; 1897 hatte er bereits 84 eigene Aktualitätenfilme produziert. Zudem begann er als erster deutscher Filmproduzent, in eigenen Ateliers kommerzielle Filme herzustellen.
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nissen produzierte, erkannte diese Marktlücke und gab ab September 1914 filmische Dokumente zum Weltkrieg (ab Oktober Messter- WocbeUi) heraus. Als reine Kriegswochenschau berichtete sie in vierzehntägigem Abstand von allen Fronten. Die gezeigten Kampfszenen waren jedoch nicht authentisch, vielmehr wurden sie in der Etappe nachgestellt. Damit erfüllten sie jedoch einen weiteren „nutzbringenden Effekt": Sie trugen zur Heilung verwundeter Soldaten bei, wie ein Militärarzt beschrieb: „Meine Herren melden mir, sie hätten nie so tosendes Gelächter gehört wie dann, wenn jene kinematographischen Bilder aus Schützengräben und ,νοη der Front' vorgeführt werden — Lachen ist aber ein wichtiges Heilmittel."147 Das deutsche Oberkommando unterstützte die WochenschauMitarbeiter bei ihrer Arbeit zunächst kaum: Zwar erlaubte es Filmberichte im Kriegsgebiet zu drehen, die Aufnahmen wurden jedoch sowohl von den militärischen Behörden als auch von der Polizei zensiert. Was letztendlich dazu führte, daß aktuelle Bilder von der Front erst nach Wochen in die Lichtspieltheater gelangten.148 Erst Mitte Juli 1917, nachdem der „Kampf um die Moral" innerhalb des Militärs und der Zivilbevölkerung offiziell als eine vordringliche Maßnahme angesehen worden war, erteilte General Ludendorff den Befehl, die Wochenschau-Mitarbeiter stärker in ihrer Arbeit zu unterstützen: „Der Krieg hat die überragende Macht des Bildes und Films als Aufklärungs- und Beeinflussungsmittel gezeigt. Leider haben unsere Feinde den Vorsprung auf diesem Gebiet so gründlich ausgenutzt, daß schwerer Schaden für uns entstanden ist. [...] Gerade aus diesem Grunde ist es für einen glücklichen Abschluß des Krieges unbedingt erforderlich, daß der Film überall da, wo die deutsche Einwirkung noch möglich ist, mit dem höchsten Nachdruck wirkt."149
146 Mit durchschnittlich zehn bis fünfzehn Sujets hatte die Messter-Woche eine Filmlänge von rund 150 bis 170 Metern. 147 Zit. nach Zglinicki (wie Anm. 1), S. 390. 148 Vgl. Barkhausen (wie Anm. 15), S. 22. 149 Zit. nach Zglinicki (wie Anm. 1), S. 394. Bereits im August 1916 hatte Messter seine reichen Erfahrungen, die er auf dem Gebiet der filmischen Berichterstattung gesammelt hatte, in einer umfangreichen, an die Regierung gerichteten Denkschrift niedergelegt. Seine Ausführungen hatten schließlich auch dazu beigetragen, daß die maßgebenden Regierungs- und Militärstellen von der Werbekraft des Films überzeugt worden waren.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Trotz der erweiterten Möglichkeiten wurde das filmische Kriegsgeschehen auch weiterhin nur aus der Ferne verfolgt. Denn aufgrund der damals üblichen Objektiv-Brennweite von 45 oder 50 Millimeter hätte der Kameramann sein Leben gewagt, wenn er der Kampfhandlung zu nahe gekommen wäre. Der Film 150 selbst wurde dabei mittels Handkurbel abgedreht. Denn ein Schwenkstativ mit Kreiselsystem und Schwungmasse gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zwar konnte man mit Hilfe einer zweiten Kurbel einen Panoramaschwenk machen. Wenn jedoch der Kameramann keine ruhige linke Hand hatte — denn die rechte wurde zum Abkurbeln des Films benötigt —, dann verwackelten die Aufnahmen. So wurden denn auch die Kriegswochenschau-Aufnahmen nach anfänglicher Begeisterung vom Publikum mehrheitlich abgelehnt. Denn auch die Montage und eine Gestaltung der Sequenzen nach künstlerischen oder journalistischen Aspekten war zu diesem Zeitpunkt in der Wochenschau-Berichterstattung noch unbekannt.151 Um das nachlassende Interesse an diesen nur wenig informativen Wochenschauen aufzufangen, wurde ihnen daher in den letzten Kriegsjahren vielfach ein feuilletonistischer Schlußbeitrag angehängt.152
3. Der Aufstieg der Wochenschau-Produktion in der Weimarer Republik Nach Friedensschluß sanken die Besucherzahlen der Messter-Woche sehr schnell, zumal Messter es als Produzent nicht verstand, die Berichterstattung rechtzeitig den veränderten Verhältnissen anzupassen: Das Publikum wollte nun nach den langen Entbehrungen des Krieges aktuel-
1 5 0 Das Filmmaterial selbst war noch von so geringer Sensibilität, daß es nur eine geringe Anzahl von Grauwerten wiedergab. Vgl. Barkhausen (wie Anm. 15), S. 4 f.
Diese grob skizzierten formalen und inhaltlichen Mängel können aus heutiger Sicht für die Verwertung des Films als historische Quelle von Vorteil sein, da durch das Fehlen eines an dramaturgischen Gesichtspunkten orientierten Schnitts, verschiedener Kamera-Einstellungen und anderer gestalterischer Maßnahmen mögliche gezielte subjektive Einflüsse reduziert werden. 151
So beschäftigte beispielsweise die Messter-Produktion einen Zeichner, der aktuelle Ereignisse im humoristisch-satirischen Stil des Simplizissimus karikierte. In der EikoWoche wurde zudem unregelmäßig ein Preisrätsel präsentiert, das auf Zeitereignisse Bezug nahm. Vgl. Wippermann, Eiko-Woche (wie Anm. 16), S. 15. 152
Die Entwicklung des Nachricbtenmediums „ Wochenschau "
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le, unterhaltende Berichte. Zudem war das Bedürfnis nach Informationen über fremde Länder nach der jahrelangen Isolation Deutschlands sehr groß. 153 Finanziell angeschlagen wurde Messters Wochenschau schließlich 1920 v o n der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft übernommen und zunächst noch unter dem Titel Messter-Woche der Deutschen LichtbildGesellschaft weitergeführt 154 , bevor das Produktionshaus ab 1922 eine eigene Deulig-Wochenschau hervorbrachte. 155 A b 17. September 1925 erschien erstmals auch eine UFA Wochenschau, die bis zum 23. März 1933 als Stummfilm-Woche lief, wenngleich parallel dazu seit 10. September 1930 auch eine UFA-Ton-Wochel5h produziert wurde. 1 5 7
153 Vgl. Klaus W. Wippermann: Die Wochenschauen in der Weimarer Republik, in: Publizistik, 1 (1970), S. 34-^4 (hier S. 35). 154 Nachdem die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft 1920 die Messter-Woche übernommen hatte, verkündete sie, daß sie künftig „alle Gebiete deutschen Kultur-, Geistes· und Wirtschaftslebens berücksichtigen und somit dem Ausland zeigen" wolle, „was deutsche Kunst und Wissenschaft bedeuten, wie unsere Industrie fortschreitend bestrebt ist, durch Erfindungen und Verbesserungen der Allgemeinheit zu dienen [...]. Kurz, sie soll ein Instrument zur Verständigung der Völker werden und soll einen wertvollen Faktor bilden bei der Wiederherstellung des alten guten Namens in der ganzen Welt." Zit. nach Günter Jordan: DEFA-Wochenschau und Dokumentarfilm 1946—1949. Neuer deutscher Film in der Nachkriegsgesellschaft zwischen Grundlegung und Wandel von Selbstverständnis, Funktion und Gestalt. Diss. Berlin 1990, S. 9 f. 155 Als 1927 — nach der Übernahme der UFA-Mehrheitsaktien durch den ScherlVerlag, dessen Besitzer der Vorsitzende der Deutschnationalen Volkspartei und Reichstagsabgeordnete Alfred Hugenberg war — eine grundsätzliche Umstellung der UFA auf völlig neuer wirtschaftlicher Grundlage erfolgte, gelangte auch die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft e.V. samt Deulig-Woche, die inzwischen in Deulig-Film AG umfirmiert worden war, in den UFA-Konzern. Vgl. Zglinicki (wie Anm. 1), S. 339 f. 156 UFA-Stumm-Woche und UFA-Ton-Woche liefen solange nebeneinander her, bis alle deutschen Filmtheater auf Tonfilm umgestellt waren. 157 Erste Tonfilmversuche gab es bereits seit 1898. Auguste Baron erfand in diesem Jahr das Graphophonoscope, das ein erstes geschlossenes Tonbildsystem darstellte. Nachteil dieser Bild-Tontechnik war jedoch, daß hiervon keine Filmkopien erstellt werden konnten. Nachfolgende Tonbildsysteme zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten zudem das Problem, daß das Bewegungstempo des projezierten Films herabgesetzt werden mußte, damit der Ton zur Geltung kommen konnte. Wenngleich die deutschen Erfinder Hans Vogt, Joseph Masolle und Jo Engl schon 1921 mit ihrem Tri-ErGon-Verfahren das später allgemein verwandte Lichttonsystem entwickelt hatten, kam der Tonfilm erst über die USA nach Deutschland. Denn die deutsche Industrie
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Die Wochenschau-Technik hatte sich nun — gegenüber den „Aktualitätenfilmen" der Vorkriegszeit und den Kriegswochenschauen — schon erheblich verbessert: So wurde beispielsweise darauf geachtet, durch gezielte Kameraführung bestimmte filmische Effekte zu erreichen. Insbesondere bei sportlichen Ereignissen fanden nun mehrere Kameras in räumlich voneinander entfernten Standorten Verwendung. Denn da es noch immer kein Teleobjektiv gab, mußten Ubersichts- und Nahaufnahmen von verschiedenen Kameras ausgeführt werden. Der Kameraschwenk hingegen konnte nun sowohl horizontal als auch senkrecht vollzogen werden. Auch die Montagetechnik wurde nun in den Wochenschauen eingesetzt, Handlungen durch Schnitte dynamisiert.158 Die einzelnen Nachrichtenbeiträge wurden durch Titel eingeführt. Mit der flächendeckenden Einführung des Tonfilms degenerierten sie jedoch bald zu Schlagzeilen, da der gesprochene Kommentar weitaus mehr die Wirkung der Bilder steigerte. Die Wochenschau-Entwicklung gegen Ende der Weimarer Republik war jedoch nicht nur von der technischen, sondern auch — entsprechend der Stimmung im Land — von einer zunehmenden Politisierung gekennzeichnet: So waren beispielsweise bereits seit 1927 die Wochenschauen der UFA eindeutig nationalistisch eingefärbt und gegen die Republik gerichtet. Zum Ausdruck kam dies vor allem in der häufigen Wiedergabe von Aufmärschen nationaler Verbände, Berichten vom „Grenzland-Deutschtum" oder Informationen über die Aufrüstung und den Nationalismus anderer Staaten. Selbst Veranstaltungen der Republik verwandelten sich in den Berichten der UFA-Wochenschau in nationale Kundgebungen.159
hatte zunächst den Wert dieser Erfindung nicht erkannt, so daß der US-amerikanische Filmproduzent William Fox die Patente mühelos aufkaufen und vermarkten konnte. Vgl. Harald Josse: Die Entstehung des Tonfilms, Beitrag zu einer faktenorientierten Mediengeschichtsschreibung. Freiburg 1984, S. 50 ff. 158 Vgl. Klaus W. Wippermann: Die Entwicklung der Wochenschau in Deutschland: UFA-Wochenschau Nr.3/1926. Göttingen 1970, S. 6 f. 159 In einer Filmzeitschrift wurde die fehlende publizistische Objektivität der UFABerichterstattung damals am Beispiel der Verfassungsfeiern vom August 1928 beklagt: „Und wie es tatsächlich mit der Neutralität der Zeitberichterstattung in den vom Hugenberg-Konzern dirigierten Wochenschauen ,Ufa-Wochenschau', ,Deulig-Woche', ,Opel-Wochenschau' und ,Trianon-Woche' bestellt ist, dafür muß die Wiedergabe der Verfassungsfeier vom 11. August [...] ein höchst geeigneter Prüfstein sein. Alle vier Wochenschauen blenden auf mit dem Giebel des Reichstags und der Inschrift ,Dem
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Die SPD hingegen versuchte, über die Emelka- Wochenschau160 eigenen politischen Einfluß auf das filmische Medium zu gewinnen. So schaltete sich unter dem sozialdemokratischen Reichskanzler Müller das Reichsfinanzministerium in die Verkaufsverhandlungen des Emelka-Konzerns ein, „um zu verhindern, daß der letzte selbständige Rest der deutschen Filmindustrie in die Hände der UFA" übergehe.161
4. Durch Asthetisierung und Dramaturgie zur erklärten Propagandawaffe In den dreißiger Jahren entwickelte sich schließlich die Form der Wochenschau, die auch heute noch Fernsehnachrichten kennzeichnet: Jede Ausgabe enthielt nun mehrere kurze Filme, die nicht unbedingt miteinander in direkter inhaltlicher Beziehung standen.162 Das Material wurde dabei so bearbeitet, daß zum einen das Interesse der Zuschauer geweckt, zum anderen aber auch der Ablauf der Ereignisse deutlich wurde. Die Gesamtlänge lag nun in der Regel bei etwa fünfzehn Minuten.163 Nachdem Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt worden war, und er begonnen hatte, das nationalsozialistische System zu etablieren, gelangte die Wochenschau-Produktion164 in den Einflußbereich Joseph
deutschen Volk*. Wie eine höhnische Satire gehen die Wochenschauen dann über auf den Parademarsch der Reichswehr-Kompanie und zeigen die schwarz-weiß-rote Kriegsflagge mit dem eisernen Kreuz. Die schwarz-rot-goldene Fahne der Republik, die an dem anderen Mast wehte, ist dem Blickfeld der Ufa-Operateure gänzlich entgangen." Zit. nach Wippermann, ebd., S. 21. 1 6 0 Die Emelka-Wochenschau wurde zwischen 1926 und 1931 produziert. 161 Zit. nach Wippermann, Die Wochenschauen in der Weimarer Republik (wie Anm. 25), S. 35. 162 So beschäftigten sich zwischen Juni 1935 und Mai 1936 in der UFA-Tonwoche von 430 Berichten 47 Prozent mit Politik, 16 Prozent mit Wissenschaft und Technik, 27 Prozent mit Sport, sechs Prozent mit feuilletonistischen Beiträgen und fünf Prozent mit Sensationen. Von den durchschnittlich acht Sujets, die die Wochenschau der UFA zeigte, wurde folglich in vier über politische Ereignisse berichtet. Vgl. Gerd Albrecht: NS-Feiertage in Wochenschauen 1933—1945. Materiahen zu einem Filmseminar. Stuttgart 1989, S. 12. 163 Diese standardisierte Dauer erleichterte nicht nur die Programmplanung sowie das Schneiden und Kopieren, es wurden hierdurch auch Versandprobleme umgangen, da die Spulenlänge generell auf fünfzehn Minuten Abspieldauer ausgelegt war. 1 6 4 Während zahlreiche Historiker wie beispielsweise Peter Bucher, Hans Barkhausen oder Karl Stamm die politische Manipulation der Wochenschau im nationalsozia-
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Goebbels', der die Wirkung dieses Mediums hoch einschätzte: „Wir sind der Uberzeugung, daß der Film eines der modernsten und weitreichendsten Mittel zur Beeinflussung der Massen ist, die es überhaupt gibt. Eine Regierung darf deshalb den Film nicht sich selbst überlassen."165 Das Reichs-Lichtspielgesetz 166 von 1920 bildete eine erste Basis für die nun staatliche Kontrolle des filmischen Mediums, was sich beispielsweise im nationalsozialistischen Lichtspielgesetz von 1934 manifestierte. 167 Im Bereich der Wochenschauen liefen die Bestrebungen darauf hinaus, einerseits die Produktionsunternehmen zu kontrollieren und in die eigene Propaganda zu integrieren. 168 Andererseits wurde ihnen jedoch
listischen Deutschland vor allem in den Kriegsausgaben realisiert sehen, stellt Ursula Spormann-Lorenz in ihrer Publikation „Die Entwicklung der Wochenschau in Deutschland: Fox Tönende Wochenschau — Sonderbericht. ,Mussolini in Deutschland' 25.-29. September 1937" ausführlich dar, wie die NSDAP von Anfang an Einfluß auf dieses Medium nahm. So versuchte die Partei zu Beginn ihrer Regierungszeit, eine eigene periodisch erscheinende Bildberichterstattung aufzubauen. Es blieb jedoch dann bei einer einzigen Ausgabe der NS-Tonfilmberichte (22.07.33) — was nach Ansicht von Spormann-Lorenz auf die Überlegung zurückzuführen sei, daß bei den etablierten Wochenschauen eher die Möglichkeit zur Beeinflussung gegeben gewesen sei. Vgl. Göttingen 1976, S. 8. 165 Zit. nach Gerd Albrecht: Der Film im Dritten Reich. Karlsruhe 1979, S. 268. 166 So sah beispielsweise das Reichs-Lichtspielgesetz von 1920 vor, daß Filme prinzipiell dann nicht von den staatlichen Zensurbehörden frei gegeben werden durften, wenn ihre Vorführung geeignet war, die „öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden, das religiöse Empfinden zu verletzten, verrohend und entsittlichend zu wirken, das deutsche Ansehen oder die Beziehungen Deutschlands zu auswärtigen Staaten zu gefährden". Zit. nach Jürgen Spiker: Film und Kapital. Der Weg der deutschen Filmwirtschaft zum nationalsozialistischen Einheitskonzern. Berlin 1975, S. 32. 167 Rechtliche Grundlage für die Filmgesetze und die von der Reichsfilmkammer bzw. dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda erlassenen Anordnungen war eine Weisung Hitlers von Ende Juni 1933, die Goebbels und seine Mitarbeiter ermächtigte, „für alle Aufgaben der geistigen Einwirkung auf die Nation, der Werbung für Staat, Kultur und Wirtschaft, der Unterrichtung der in- und ausländischen Öffentlichkeit über sie und der Verwaltung aller diesen Zwecken dienenden Einrichtungen" zuständig zu sein. Zit. nach Spiker, ebd., S. 110. 168 Wichtiger Bestandteil der nationalsozialistischen Wochenschau-Kontrolle war die Wochenschauzentrale, das sogenannte „Büro Weidmann". Diese stand nicht nur in enger Verbindung zum Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, von hier aus wurden auch an die einzelnen Wochenschau-Gesellschaften Richtlinien für Inhalt und Gestaltung erteilt. Zudem nahm die Wochenschau-Zentrale die Zensur der fertiggestellten Filme sowie die Prädikatsverteilung vor. Letzteres war für die
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auch zugleich finanzielle und organisatorische Erleichterungen bei ihrer Arbeit gewährt. So erhielten die Mitarbeiter der Wochenschau grüne Lichtbildausweise und grüne Armbinden mit der Aufschrift „Filmberichterstatter". An ihren Fahrzeugen hafteten Aufkleber mit dem Hinweis „Amtlich zugelassener Filmberichterstatter", aufgrund dessen sie ungehindert Polizeikontrollen passieren und überall parken konnten. Reichsbahn und Lufthansa waren außerdem verpflichtet, die Filmberichte auf dem schnellsten Weg vom Aufnahmeort zu den Postproduktionsstätten in Berlin zu befördern. 169 Die Wochenschauen selbst waren nun fester Bestandteil jedes Kinoprogramms. 170 Ab 1938 wurde die Vorführung der Wochenschau dann sogar Pflicht. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges kam den deutschen Wochenschauen eine herausragende Rolle zu: Sie wurden zum wichtigsten Propaganda-Instrument des nationalsozialistischen Regimes. Hierfür wurden zunächst die To bis Tonwoche, Deulig-Tonwoche, Fox Tönende Wochenschau171 und die UFA Tonwoche172 inhaltlich vereinheitlicht.
Filmtheaterbesitzer insofern von großer Bedeutung, da die Vorführung prämierter Wochenschauen eine Steuerermäßigung mit sich brachte. Vgl. Spormann-Lorenz (wie Anm. 36), S. 8 f. 169 Vgl. Barkhausen (wie Anm. 15), S. 193. 170 In der Zeitschrift Der Deutsche Film stellte Frank Maraun 1939 die Bedeutung der Wochenschau gegenüber dem Hauptfilm heraus: „Die Wochenschau, wie sie in den letzten Jahren in Deutschland entwickelt wurde — aus dem natürlichen Bestreben, großen Anlässen einen großen Stil der Darbietung zu geben — regt vielleicht mitunter mehr als der Spielfilm [...] an. Die Wochenschau läßt vor allem auch die wesensnahe Verbundenheit des Films mit den dynamischen Kräften unserer Zeit, seine innere Zugeordnetheit zu der Welt der Technik der Massenbewegung und des Massenbekenntnisses, zu den großen Gemeinschaftsformen und ihren revolutionären Impulsen erkennen. Die Zeit, in der die Wochenschau immer noch einmal die Badenixen von Florida, die stierreitenden Cowboys, die Hundeausstellungen, Waldbrände, Schönheitswettbewerbe und Motorbootrennen über die sich vor Langeweile schon fast selbst in Fetzen gähnende Leinwand bemühte, liegt glücklicherweise hinter uns. " Frank Maraun: Die Bedeutung der Wochenschau neben Funk und Presse, in: Der Deutsche Film, 5 (1939), S. 103 ff. Die Fox Tönende Wochenschau, die seit 1930 in Deutschland erschien, konnte trotz ihrer Verbindung zum amerikanischen Mutterkonzern anfänglich im nationalsozialistischen Deutschland bestehen, was mit ihrem Verhalten während des Wahlkampfes 1932 zusammenhing: Denn zu diesem Zeitpunkt war das Produktionsunter171
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Zwar konnten noch einige Monate lang aus urheberrechtlichen Gründen die alten Titelvorspanne vorgeklebt werden, schon bald gab es jedoch nur noch die Deutsche Wochenschau173, für die eigens pro forma das Produktionsunternehmen „Deutsche Wochenschau G m b H " gegründet wurde. — Wenngleich die Herstellung tatsächlich in den Händen der U F A lag. U m mit der Einheits-Wochenschau ein möglichst effektives Propaganda-Instrument zu besitzen, wurde nun auch die Zahl der Kopien auf 1.700 erhöht und zugleich die Laufzeit auf vier Wochen beschränkt. Zuvor war es nicht selten vorgekommen, daß die Wochenschauen eine Laufzeit von bis zu 16 Wochen hatten, was dazu führte, daß gerade ländliche Gemeinden beispielsweise zu Ostern über die Ereignisse der letztj ährigen Weihnachtszeit informiert wurden. 174 Auch die Filmlänge steigerte sich zunächst mit Beginn des Zweiten Weltkrieges: Während die Wochenschauen seit Ende der zwanziger Jahre durchschnittlich eine Länge von rund 300 bis 400 Meter hatten — was einer Vorführdauer von zehn bis fünfzehn Minuten entsprach —, steigerte sich diese nun zunächst auf zwanzig Minuten und in den Jahren 1940 bis 1942 auf fast eine halbe Stunde. Erst 1943 sank die durchschnittliche Dauer wieder auf weniger als 25 Minuten, 1944 dann auf zwanzig Minuten und Anfang 1945 schließlich auf zwölf bis dreizehn Minuten.175 Inhaltlich zeichneten sich die Wochenschauen in der nationalsozialistischen Zeit — im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen — durch ein hohes Maß an gezielter Asthetisierung und Stilisierung aus, was schon mit der Kameraufnahme 176 begann: Es wurde nun nicht nur auf technische
nehmen als einziges bereit gewesen, der NSDAP bei Wahlkundgebungen ihren Tonaufnahmewagen zur Verfügung zu stellen. 172 bereits dargestellt, war bis dato die UFA-Wochenschau die politischste, die Deulig-Wochenschau — wenngleich auch von der U F A produziert — hingegen die unterhaltsamste Wochenschau gewesen. 173 Die Themenverteilung innerhalb der Wochenschauen, die zwischen September 1939 und März 1945 erschienen, zeigt, daß nun insgesamt nur noch zu fünf Prozent über Sport, Mode, Kultur und Sensationen berichtet wurde. Vgl. Albrecht, NSFeiertage in Wochenschauen 1933—1945 (wie Anm. 34), S. 13. 174 Vgl. Barkhausen (wie Anm. 15), S. 214. 175 Vgl. Albrecht, NS-Feiertage in Wochenschauen 1933—1945 (wie Anm. 34), S. 12. 176 Der wissenschaftliche Leiter der UFA-Lehrschau, Hans Traub, beschrieb 1939 die übliche technische Ausstattung eines Aufnahme-Teams, die für einen ausgefeilten Wochenschau-Dreh nötig waren: „Für die Aufnahmen stehen der UFA-Wochenschau
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Perfektion (Schärfe, Belichtung, Bildfrequenz) geachtet, sondern auch auf einen klaren, statischen Bildaufbau sowie auf die Konzentration des Wesentlichen im Bildmittelpunkt. Die Kameraschwenks waren ruhig — außer es sollten dynamische Bewegungseffekte erzielt werden oder das gefilmte Objekt gab eine bestimmte Geschwindigkeit vor.177 Ab September 1940 waren die Kameramänner dann sogar mit leichten Handkameras ausgerüstet, um flexibler von allen Kriegsschauplätzen berichten zu können. Wenngleich ab 1942 vereinzelt auch Farbfilme178 verwandt wurden, ist dennoch nie eine komplette farbige Wochenschau produziert worden — nicht zuletzt, weil Farbfilme einer längeren technischen Bearbeitung bedurften, was die gewünschte aktuelle Veröffentlichung verhindert hätte. Die Wochenschauberichte selbst wurden in der Regel erst nachträglich im Studio vertont. Zudem wurden nun über gezielte Schnittmuster bestimmte filmische Effekte angestrebt. Beispielsweise sollten zu Beginn des Zweiten Weltkrieges kurze Schnitte den raschen, deutschen Vormarsch symbolisieren. Oder es wurden Aufnahmen aus der Heimat unmittelbar — und ohne Zwischentitel — an solche von der Front geschnitten, um so den Eindruck einer geeinten Nation zu wecken. Goebbels selbst widmete der Einheits-Wochenschau besonderes Interesse.179 So ließ er nicht nur publizistische Vorgaben für die Berichterstat-
zahlreiche Kameramänner zur Verfügung. Viele Berichterstattungen können nur mit der Stummfilmkamera bewältigt werden. Wenn möglich, erscheinen aber die Tonfilmwagen mit Bildaufnahmekamera, Tonaufnahmeapparatur, Mikrophonen, 300 Meter Kabel, Akkumulatoren, Zubehör — ein staatlicher Personenkraftwagen, in dem 2 Operateure und ein Fahrer Platz haben, eine komplizierte Maschine der deutschen Technik in einem Wert von RM 160.000,-." Vgl. Ufa-Lehrschau (Hg.): 25 Jahre Wochenschau der Ufa. Geschichte der Ufa-Wochenschauen und Geschichten aus der Wochenschau-Arbeit. Berlin 1939, S. 28. 177 Vgl. Karl Stamm: Das „Erlebnis" des Krieges in der Deutschen Wochenschau. Zur Asthetisierung der Politik im „Dritten Reich", in: Berthold Binz u.a. (Hgg.): Die Dekoration der Gewalt, Kunst und Medien im Faschismus, Gießen 1979, S. 118. Seit 1939 wurde in der Agfa-Rohfilm-Fabrik in Wolfen größere Mengen von Farb-Negativfilmen produziert. 1940 stellte die UFA ihre ersten Kultur- und Spielfilme in Farbe her. Bei den Farbfilmaufnahmen mußten jedoch Kameraschwenks besonders ruhig und langsam ausgeführt werden, da sonst Farbsäume auftraten, die eine Unscharfe auf der Leinwand zur Folge hatten. 179 So lobte Goebbels beispielsweise in einer Rede zur Jahrestagung der Reichskulturkammer und der NS-Gemeinschaft „Kraft durch Freude" vom 27. November 1939 178
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tung verteilen, er zensierte auch persönlich jede Ausgabe vor der Veröffentlichung. Das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda wies außerdem den militärischen Truppen Kriegsberichterstatter zu, obwohl jede der Heeresgruppen nochmals eine eigene Filmeinheit unterhielt. Außerdem wurde im Sommer 1940 in Berlin ein erstes Wochenschau-Kino eröffnet, das zwölfmal am Tag ein einstündiges Nachrichten-Programm anbot. Diesem folgten neun weitere in den kommenden Jahren. Wenngleich die Gründe insgesamt mannigfaltigster Art sind180, verzeichneten die Filmtheater ab Ende 1939 eine zunehmende Zuschauerresonanz. Denn ähnlich wie bereits im Ersten Weltkrieg stieg das Interesse der Bevölkerung an filmischen Informationen schlagartig an: So waren während der ersten acht Kriegsmonate rund 40 Millionen Besucher in den Kinos, in den letzten vier Kriegsmonaten rund siebzig Millionen. 181
5. Die Entstehung des Fernsehens als audiovisuelles Konkurrenzmedium 1839 beobachtete und beschrieb Alexandre Edmond Becquerel die Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie an einer elektrolytischen Zelle, womit der entscheidende Grundstein für die technische Entwicklung des Fernsehens gelegt war. 1843 entwickelte Alexander Bain auf dieser Basis einen Kopiertelegrafen, der bereits zwei wesentliche
die Wochenschau als wöchentlich aktuelles Medium, „das geschichtliches Zeitgeschehen" vermittle: „Dieser deutschen Wochenschau begegnet kaum noch Kritik. Sie ist modern und großzügig aufgebaut. Unsere Kameramänner, die unter Einsatz ihres Lebens mitten in den schwersten Schlachten diese Wochenschauen drehten, verdienen unseren höchsten Dank." In einer anderen Rede anläßlich der Kriegstagung der Reichsfilmkammer am 15. Februar 1941 schilderte Goebbels dann, welche besondere Bedeutung der Wochenschau seit Kriegsbeginn zukam: „Während sie bis dahin nur ein Beistück des Filmprogramms darstellte von im höchsten Fall 300m, vergrößerten wir sie in Zeiten der Offensive zeitweise bis auf 1500m. Während sie bis dahin nur alle 8 Wochen ihre Umlauffrist beendete, verkürzten wir diese Zeit und waren gezwungen, allein für das Reichsgebiet wöchentlich 1700 Kopien herauszugeben, ganz zu schweigen vom deutschen Export." Zit. nach Albrecht, Der Film im Dritten Reich (wie Anm. 37), S. 68 und S. 83. 180 Vgl. hierzu ausführlich Albrecht, NS-Feiertage in Wochenschauen 1933—1945 (wie Anm. 34), S. 25 f. 181
Vgl. ebd., S. 24.
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Merkmale elektrischer Fernseheinrichtung beinhaltete: Die Zeilenabtastung der Bildvorlage und den Gleichlauf zwischen Bildgeber und -Schreiber.182 Paul Nipkow führte seine Untersuchungen auf dieser und vieler weiterer Einzelerfindungen183 fort und schuf schließlich 1884 die entscheidende Grundlage für die Fernsehtechnik: Er tastete mittels einer rotierenden Scheibe mit spiralig angeordneten Löchern die Bildvorlage ab. Das durch die Löcher einfallende Licht wurde dabei auf einer Fotozelle, die hinter der Lochscheibe angebracht war, in elektrische Impulse umgewandelt und über Kabel zum Empfänger weitergeleitet. 1906 wurde schließlich die Kathodenstrahlröhre als Empfängermodul erfunden, wodurch elektrische Ströme nun in ein Leuchtbild verwandelt werden konnten. Zu diesem Zeitpunkt gelang es bereits auf elektronischem Wege, Bilder mit rund dreißig Zeilen zu übertragen. Etwa 1925 — zu einem Zeitpunkt, als der Film bereits seinen ersten ökonomischen und technischen Höhepunkt erreicht hatte — begann sich auch die Industrie für die Fernsehtechnik zu interessieren, was ihr einen ungeheuren Impuls gab und sich darin äußerte, daß immer größere Zeilenzahlen und somit bessere Bildübertragungen erreicht wurden.184 Zur selben Zeit erregten John Logie Baird in England sowie Denes von Mihaly und August Karolus in Deutschland mit öffentlichen Vorführungen der neuen Technik großes Aufsehen: die Tagespresse feierte die Experimente als Sensation und weckte große Erwartungen dahingehend, daß das Fernsehen nun bald für jedermann zugänglich sei. Dabei unterschätzte man jedoch — in allzu schneller Analogie zum Radio — den noch notwendigen Entwicklungszeitraum bis zur Serienreife.185
Vgl. Behrens (wie Anm. 9), S. 215 f. Zu nennen wären beispielsweise die Entdeckung der Lichtempfindlichkeit des chemischen Elementes Selenium durch Willoughby Smith (1873) oder die theoretischen Untersuchungen über Bildgeber und -Schreiber von Le Blanc (1880). 184 Nach einem Zwischenstadium von 180 Zeilen war man 1935 bei 400 Zeilen angelangt. Der zweite Weltkrieg unterbrach weltweit die Fernseh-Entwicklung, bot jedoch zugleich durch die militärische Elektrotechnik Ergebnisse, die nach dem Krieg der Fernsehtechnik zugute kamen, so daß ab Mitte der vierziger Jahre die Bildzeilenzahl auf fünf- bis achthundert gesteigert werden konnte. Vgl. Lotte H. Eisner und Heinz Friedrich (Hgg.); Film Rundfunk Fernsehen. Frankfurt am Main 1958, S. 37. 185 In der Ausgabe vom 03. Januar 1926 der Berliner Illustrierten Zeitung wurde beispielsweise ein Artikel über „Die Welt in 40 Jahren. Ein Blick in die Zukunft" veröffentlicht. Darin wurde unter anderem auch der Gebrauch des Fernsehapparates in jedem Haushalt prognostiziert. Vgl. Monika Eisner, Thomas Müller und Peter M. 182 183
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Denn während auf der Bildgeberseite mittels der Nipkow-Scheibe Bilder von 48 bis 100 Zeilen sowie bis zu 25 Bildwechsel pro Sekunde produziert werden konnten, versagten auf der Empfängerseite noch immer die Lichtquellen der Fernseher. 186 Die erste allgemeine Euphorie wandelte sich daher rasch in Enttäuschung und Desinteresse. Es wurde wieder ruhiger um die Vision „Fernsehen", von deren praktischer Umsetzung lange Zeit unterschiedliche Vorstellungen in der Bevölkerung kursierten. A m 22. März 1935 eröffnete schließlich die nationalsozialistische Reichsrundfunkgesellschaft 187 den regelmäßigen Fernsehbetrieb des Senders Witzleben, der an drei Wochentagen im Großraum Berlin zwischen 20.30 U h r und 22.00 Uhr Abendprogramme, die aus Wochenschaubildern und Filmen bestanden, ausstrahlte. 188 Diese konnten jedoch nicht über private Fernsehgeräte empfangen werden. 189 U m dennoch der deut-
Spangenberg: Zwischen utopischer Phantasie und Medienkonkurrenz. Zur Frühgeschichte des Deutschen Fernsehens (1926—1935), in: Knut Hickethier (Hg.): Fernsehen. Wahrnehmungswelt, Programminstitution und Marktkonkurrenz. Frankfurt am Main 1992, S. 132. 186 Erst nachdem Manfred von Ardenne die Kathodenstrahlröhre sowohl beim Bildgeber wie auch Empfänger einsetzte, konnte sich die Fernsehtechnik weiterentwickeln. 187 Eine erste ausführliche Darstellung der Entwicklung des Fernsehens im nationalsozialistischen Deutschland ist 1994 mit dem Buch von Klaus Winker erschienen. Fernsehen unterm Hakenkreuz. Organisation. Programm. Personal. Köln 1994. 188 Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky telegrafierte daraufhin an Hitler: „Nun ist die Stunde gekommen, in der wir beginnen wollen, mit dem nationalsozialistischen Fernseh-Rundfunk Ihr Bild tief und unauslöschlich in alle Herzen zu pflanzen." Zit. nach Helmut Kreuzer: Von der Nipkow-Scheibe zum Massenmedium, in: Knut Hikkethier (wie Anm. 58), S. 147. Welches große Interesse gerade die Nationalsozialisten an der Entwicklung des Fernsehens hatten, zeigt auch der Entwurf eines Artikels, der für den Völkischen Beobachter verfaßt wurde: „Wenn der Parteitag in Nürnberg zum bildlichen Erlebnis aller Volksgenossen dereinst gemacht werden kann, so werden die Zuschauer und Hörer nicht nur die Eindrücke von den fernen Vorgängen in sich aufnehmen, sondern bei Ablauf der Rede kann das gesprochene Wort durch eine symbolische Bühnenhandlung oder filmische Darstellung im Fernsehen politisch oder künstlerisch wirkungsvoll hervorgehoben werden." Zit. nach Manfred Hempel: Der Braune Kanal. Die Entstehung und Entwicklung des Fernsehens in Deutschland bis zur Zerschlagung des Hitlerregimes. Leipzig 1969, S. 175. 189 In einer geheimen Denkschrift legte die Fernseh A.G. 1938 die Gründe dar, warum Fernsehgeräte noch kein Allgemeingut sein konnten — wenngleich es doch
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sehen Bevölkerung das Fernsehen nahebringen zu können und zugleich das Gemeinschaftsgefühl zu steigern, wurden ab April 1935 in Berlin erste öffentliche Fernsehstuben eingerichtet. 190 In diesen konnten 1936 erstmals auch tagesaktuelle Bilder von der Olympiade 1 9 1 gesehen werden. Elektronische Fernsehkameras in den Stadien ermöglichten dabei die Direktübertragung. Drei Jahre später präsentierte die Funkausstellung schließlich den ersten deutschen serienreifen „Fernseh-Einheitsempfänger". Die schon geplante Massenproduktion wurde jedoch durch den Beginn des Zweiten Weltkrieges verhindert. Zudem wurde 1943 der Berliner Sender Paul Nipkow bei einem Bombenangriff zerstört. 192
der „brennende Wunsch" der deutschen Elektroindustrie sei, „die Ergebnisse von Forschung und Betrieb auf diesem hochbedeutsamen Gebiet so schnell wie möglich breitesten Kreisen zugänglich zu machen." Zumal „doch das Fernsehen in seiner kulturellen und auch politischen Bedeutung dem Film und Rundfunk unmittelbar an die Seite zu stellen" sei. Das Problem sei jedoch, daß, „da auf Grund der verhältnismäßig kleinen Stückzahl von Empfängern die Preise ziemlich hoch" lägen, „natürlich nur die wohlhabendsten Schichten der Bevölkerung erfaßt werden" könnten. Dies war jedoch nicht im Sinne der nationalsozialistischen Politik. Zit. nach Hempel (wie Anm. 58), S. 167. In der Fernseh A.G. hatten sich 1929 zunächst die Robert Bosch AG (Stuttgart), Zeiss Ikon AG (Dresden), Radio A.G.D.S. Loewe (Berlin) und Baird Television Limited (London) zusammengeschlossen. Nach der Machtergreifung der NSDAP schied zunächst die Baird Television Limited aus. 1938 übernahm die Bosch AG die Anteile von Radio A.G.D.S. Loewe, weil deren Besitzer Juden waren sowie der Zeiss Ikon AG, so daß nun im Prinzip die Bosch AG hinter der Fernseh A.G. stand. 190 Die erste, mit dreißig Besucherplätzen ausgestattete Fernsehstube war im Reichspostmuseum im Berlin eingerichtet worden und zog in den ersten Wochen täglich bis zu 3.000 Zuschauer an. Da das Interesse trotz der Eröffnung von vier weiteren Fernsehstuben auch weiterhin unbegrenzt war, begann die Reichspost in einem weiteren Berliner Amt eine Fernseh-Großbildstelle vorzubereiten, in der rund 300 Zuschauer gleichzeitig ein drei mal vier Meter großes Fernsehbild sehen sollten. Vgl. Hempel (wie Anm. 58), S. 59 und Behrens (wie Anm. 9), S. 287 f. 191 Während der Olympischen Spiele in Berlin wurden Fernsehsendungen regelmäßig zwischen 10.00 und 12.00 Uhr, 15.00 und 19.00 Uhr sowie zwischen 20.00 und 22.00 Uhr ausgestrahlt. Tagsüber wurden die Sportereignisse unmittelbar übertragen, abends hingegen nur Zusammenfassungen. Vgl. Hempel, ebd., S. 151. 192 Während sowohl in Frankreich als auch Großbritannien mit Beginn des Krieges der Fernsehbetrieb eingestellt worden war, führte die Deutsche Reichspost diesen weiter, „aus der Erwägung heraus, daß bei siegreicher Beendigung des Krieges ein großer Aufschwung des Fernsehens einsetzen" werde und „um die einmal erworbene
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Nach Kriegsende erließen die vier Großmächte zunächst ein generelles Fernsehverbot. Dennoch begannen sich auf deutscher Seite ab 1946 bereits wieder erste Aktivitäten auf dem Gebiet der technischen Fernsehentwicklung zu regen. Am 1. Januar 1948 wurde schließlich offiziell auf der Grundlage der Verordnung 118 der britischen Militärregierung der NWDR in Hamburg als erste, westdeutsche Fernsehanstalt nach Kriegsende gegründet.193 Sogleich begann der NWDR einen ersten Fernsehversuchsbetrieb, der im Juli 1950 schließlich mit der Übertragung des ersten Testbildes einsetzte, vorzubereiten.194 Der offizielle Sendebetrieb begann jedoch erst am 25. Dezember 1952. Doch nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung konnte die Sendungen sehen, da es zu diesem Zeitpunkt insgesamt nur rund 1.000 Fernsehgeräte gab.195 In der sowjetischen Zone mußte hingegen zunächst auf der technischen Forschung der dreißiger Jahre aufgebaut werden, da die meisten technischen Apparate entweder zerstört oder demontiert worden waren. So wurde beispielsweise das Werk der Fernseh GmbH in Tannwald (Sudetenland) inklusive aller 300 Techniker sofort nach Kriegsende nach Moskau umgesiedelt, wo es nun am Aufbau des russischen Fernsehnetzes mitarbeiten mußte. Erst nachdem am 1. Mai 1949 die Fernsehprogramm-Ausstrahlung in Moskau und kurz darauf auch in Kiew und Leningrad begann, kehrten die meisten Mitarbeiter des Werkes nach Ostdeutschland zurück. Ab Ende 1952 konnte dann auch das Fernsehen der DDR regelmäßig ein öffentliches Versuchsprogramm ausstrahlen, das aus täglichen Sendungen zwischen 20.00 bis 22.00 Uhr bestand. Um möglichst viele Bürger erreichen zu können, wurde wieder der Gemeinschaftsempfang in Betrieben, Kulturhäusern und Parteizentralen einge-
führende Stellung auf dem Fernsehgebiet zu behalten". Zit. nach Hempel, ebd., S. 182. 1 9 3 In der zugleich in Kraft getretenen Satzung wurden die Aufgaben des neuen Senders wie folgt beschrieben: „Die Rundfunksendungen sollen in Sprache und Musik (später, sobald technisch möglich, auch im Bilde) Unterhaltung, Bildung, Belehrung und Nachrichten vermitteln." Zit. nach Behrens (wie Anm. 9), S. 295. 1 9 4 Der Versuchsbetrieb diente jedoch in erster Linie den Industrie-Unternehmen, die während der dreimal wöchentlich übertragenen Sendungen ihre Fernsehempfänger testeten.
Demgegenüber gab es 1951 in den USA bereits 15 Millionen Fernsehgeräte, in Großbritannien über eine Million und in Frankreich rund zwanzig- bis dreißigtausend. 195
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führt. 196 Doch auch in der D D R wurde erst ab Ende der fünfziger Jahre das Fernsehen zum Massenmedium197, wodurch zugleich die Wochenschauen ins publizistische Abseits gedrängt wurden.
6. Im Ringen um die Zuschauer: die Wochenschau nach 1949 Die Amerikaner ließen 1949 für die Bundesrepublik neben Welt im Filmm zunächst die amerikanische Fox Tönende Wochenschau1,9 zu. 1950 folgte die rein deutsche Wochenschau Neue Deutsche Wochenschau20°, die später unter dem Namen Zeitlupe und schließlich als UFA dabei erschien. 201 Auch die französische Gründung Blick in die Welt202 blieb als
Vgl. Behrens (wie Anm. 9), S. 394 f. Waren 1952 nur 75 Fernsehgeräte angemeldet, so steigerte sich ihre Zahl bis 1960 auf rund eine Million. Vgl. Rolf Geserick: 40 Jahre Presse, Rundfunk und Kommunikationspolitik in der DDR. München 1989, S. 68 f. 198 Die amerikanisch subventionierte, ehemalige Besatzungswochenschau stellte am 30. Juni 1952 offiziell ihr Erscheinen ein. Unter ähnlichem Titel produzierte jedoch ab 04. Juli 1952 ihr deutsches Nachfolgeunternehmen Welt im Bild die Wochenschau weiter. 199 Das deutsche Tochterunternehmen der Fox Tönenden Wochenschau war ein amerikanisch strukturiertes Produktionsunternehmen unter amerikanischer Leitung und Chefredaktion. Lediglich die Mitarbeiter waren Deutsche. Sie erhielt die gesamten Auslandsnachrichten von den weltweit verzweigten Produktionsunternehmen der 20th Century Fox. 200 Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel kündigte in seiner Dezember-Ausgabe 1949 auf Seite 40 die Die neue deutsche Wochenschau wie folgt an: „Am 1. Januar soll Start auf der Kino-Leinwand sein: ,Die neue deutsche Wochenschau' beginnt zu laufen. Die Lichtspieltheater werden sich für eine der vier dann existierenden Wochenschauen entscheiden müssen: die neue deutsche, die britisch-amerikanisch kontrollierte Welt im Film, den französisch gelenkten Blick in die Welt oder die wieder ins deutsche Geschäft einsteigende tönende Fox". Die Neue deutsche Wochenschau besaß eine deutsche Chefredaktion. Geschäftlich wurde sie über einen Aufsichtsrat verwaltet, der sich aus Vertretern der Parteien, Gewerkschaften, des Sports, des Films, des Rundfunks und der Presse zusammensetzte. 196 197
201 In dem nun entstehenden Konkurrenzkampf wurden in der Bundesrepublik die alten Besatzungswochenschauen Blick in die Welt und Welt im Film in der ersten Zeit begünstigt, wie ein Artikel, dessen Verfasser nicht genannt wird, von 1950 beklagt: „Bisher gab es keine Leihverträge. Verrechnung und Terminierung erfolgte ,by order of Military Government'. Nun aber, zwei Monate vor dem Stichtag, erschienen plötzlich äußerst liebenswürdige Wochenschauvertreter bei den westdeutschen Theaterbe-
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
Wochenschau bestehen und belieferte bis Mitte der siebziger Jahre achtbis neunhundert Filmtheater.203 Die massenhafte Verbreitung des Fernsehens entzog jedoch der KinoWochenschau in der Bundesrepublik wie in der D D R nach und nach die wirtschaftliche Basis.204 Hatten zunächst Fernsehen und Wochenschau gleichermaßen eine Verzögerung der Ausstrahlung durch die Entwicklung des Filmmaterials in Kauf nehmen müssen, so begann die Überlegenheit des Fernsehens mit der technischen Einführung eines elektronischen Systems, das von der Projektion von Negativen sendefertige Positive abtastete: Denn während die Kosten und der Zeitaufwand für die Herstellung und den Vertrieb bedingten, daß die Wochenschau auch weiterhin nur einmal wöchentlich eine Nachrichten-Zusammenfassung präsentieren konnte, strahlte das Fernsehen nun mühelos — und mit geringerem finanziellen Aufwand — mehrmals täglich eine „Tagesschau" aus. Die wichtigsten Ereignisse waren folglich optisch schon lange durch die Fernsehnachrichten ausgeschöpft, ehe die Wochenschau ins Kino kam. Zudem wurde für die Ausstrahlung im Fernsehen nur eine Kopie benötigt, während die Wochenschaufirmen für die termingerechte Belieferung der Filmtheater eine Vielzahl an Kopien produzieren mußten. Desweiteren besaß das Fernsehen — im Gegensatz zur Wochenschau —
sitzern in Stadt und Land und erklärten ihnen, daß sie auf der Stelle langfristige Lieferverträge abzuschließen hätten, anderenfalls die Belieferung des Theaters mit Wochenschauen ab sofort eingestellt würde. [...] Als zweiter Schlag im Konkurrenzkampf unterstellte man Welt im Film der HICOC und war damit steuerfrei und jedem Gegner gewachsen. Zudem bezog Welt im Film vom ,State Departement' in Washington kostenlos umfangreiches Auslandsmaterial und US-Rohfilm." Kleine Kinowochenschau. Kinohauszeitung, H.4 (1950), S. 2. 202 Wenngleich Blick in die Welt offiziell ab 1950 als eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung fungierte, erhielt die Wochenschau auch weiterhin vom französischen Informationsministerium über Actualites Francaises Subventionen. Zudem war Marcel Colin-Reval, der ehemalige Filmoffizier, der nach 1945 im Auftrag der französischen Militärregierung Blick in die Welt aufgebaut hatte, als Gesellschafter im Handelsregister eingetragen. 203 UFA dabei erreichte hingegen beispielsweise nur maximal 450 Kinos, Fox Tönende Wochenschau zwischen hundert und 150. Vgl. Friedrich Wilhelm Hymme: Wochenschau, in: Medium, 3 (1973), S. 24.
Während 1960 noch 1.600 Erstkopien produziert wurden, erschienen Mitte der siebziger Jahre nur noch 600. Viele Kinos spielten daher aufgrund der LeihgebührRabatte frühestens in der zweiten Woche die Wochenschau. Vgl. Hymme, ebd. 204
Die Entwicklung des Nachrichtenmediums „ Wochenschau "
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die Möglichkeit, aktuelle Ereignisse unmittelbar zu übertragen und diese zugleich individuell durch Archivbilder oder Kommentierung zu ergänzen. Die Wochenschau bestand hingegen immer aus einer, einmal zusammengestellten, unveränderlichen Fassung. Dabei konnte das Fernsehen mit einer einzigen Kopie Millionen von Zuschauern zu Hause erreichen, während das Publikum der Wochenschau immer ein Kino aufsuchen mußte, um diese sehen zu können.205 Das rückläufige Kino- und Wochenschau-Interesse bewirkte zugleich, daß besonders auf dem Lande zahllose Filmtheater schlossen. Der dadurch bedingte Einnahmerückgang traf dabei vor allem die rein deutschen Wochenschauen. Denn beispielsweise für die Fox Tönende Wochenschau unterhielt die amerikanische 20th Century Fox ein weltweites Vertriebsnetz. Die Deutsche Wochenschau GmbH baute daher mit der Zeit die Auftrags- und Eigenproduktion von Dokumentarfilmen aus, so daß Anfang der siebziger Jahre ihre Gesamtkapazität nur noch zu etwa zwanzig Prozent durch die Wochenschau- und zu etwa achtzig Prozent durch sonstige Film- und Fernsehproduktionen ausgelastet wurde.206 Das Produktionsunternehmen der Welt im Bild ließ hingegen nach und nach die Wochenschau-Ausgaben auf vier bis sieben Berichte kürzen. Denn Ziel sollte es nun sein, statt Themenmasse eine ausführliche Darstellung
2 0 5 Hennann P. Reisner resümierte den Abstieg der Wochenschau in seinem Artikel „Das Ende der Wochenschau ist schon in Sicht", der am 05. September 1975 in der Zeitung Welt der Arbeit veröffentlicht wurde: „1956, zu Beginn der Fernseh-Ara war die Wochenschau noch eine publizistische Großmacht. Von den damals rund 6.400 Filmtheatern zeigten 6.000 eine Wochenschau. Diese Kinonachrichten wurden jährlich von etwa 735 Millionen Zuschauern gesehen. 1974 stellten die Gesellschaften, damit verglichen, noch nicht einmal zehn Prozent der Wochenschaukopien her. Von 3.000 Kinos, die überlebt haben, spielen knapp 600 noch eine Wochenschau und erreichen damit nur 28 Millionen Besucher im Jahr. Die Nachrichtensendungen des Fernsehens, die aktueller, knapper und umfassender informieren können, schaffen diese Seherzahl leicht an einem einzigen Abend." 2 0 6 Pro Kopie wurden beispielsweise bei der Deutschen Wochenschau GmbH rund 145 Mark eingespielt. Die Materialkosten für eine Kopie betrugen hingegen siebzig Mark, eine gesamte Wochenschau-Produktion kostete zwischen 15.000 und 22.000 Mark. Vgl. Hanns Lothar Schütz: Sind Wochenschauen noch gefragt?, in: Welt am Sonntag, 22. Februar 1970, S. 15.
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I. Film und Wochenschau in der Geschichte
bedeutender, allgemein interessierender Vorgänge zu bieten und sich dadurch von der Berichterstattung des Fernsehens abzuheben.207 Zur Rettung der Wochenschauen beschloß der Bundestag 1967, die Wochenschau-Produktionsfirmen finanziell ab dem Jahre 1970 mit zunächst 700.000 und ab 1973 mit 900.000 Mark zu fördern. Dabei waren die Subventionen jedoch an die Auflage geknüpft, daß das Programm mindestens zu 25 Prozent politische Themen enthalten und ein Teil der Ausgaben auch im Ausland vertrieben werden mußte.208 Wenngleich durch diese Subventionen die Wochenschau-Etats entlastet wurden, konnte trotz allem der Abstieg nicht gebremst werden: Mitte der siebziger Jahre existierten in der Bundesrepublik noch drei Wochenschauen mit unterschiedlichen Rechtsverhältnissen: Die Blick in die Welt, die in Remagen von sieben Privatunternehmen produziert wurde, die in Hamburg herausgegebene UFA dabei, die sich zu 92 Prozent im Besitz des Bundes209 befand, und die amerikanische Fox Tönende Wochenschau. Im Oktober 1975 kündigte sich schließlich das Ende der Wochenschau-Ära an: „Den drei Wochenschauen in der Bundesrepublik droht nach jahrelangem Siechtum das Ende. In einem Bericht, den das Bundespresse- und Informationsamt auf Anforderung des Haushaltsausschusses zusammengestellt hat, lautet das Resümee, die verschärfte Krise der Wochenschauen sei weder mit marktwirtschaftlichen noch mit den
207 v g i. E m ; i Dovifat (Hg.): Handbuch der Publizistik. Allgemeine Publizistik, Bd.l. Berlin 1968, S. 201. 208 In einem Interview mit dem Beiratsmitglied der Wochenschau UFA dabei, dem SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Rolf Meinecke, stellte dieser den Stellenwert der Wochenschau in der Bundesrepublik dar: „Wenn man die Wochenschau als reines Wirtschaftsobjekt betrachtet, dann ist eine Dauersubvention immer ein Alarmzeichen zum Umdenken. Aber die Wochenschau ist kein Wirtschaftsobjekt, sondern ein Instrument der politischen Information, der staatsbürgerlichen Bildung und der außenpolitisch bedeutsamen Darstellung unseres gesellschaftlichen Lebens im Ausland." Zit. nach Klaus Jelonneck: ... und flimmert für Deutschland, in: Welt der Arbeit, 1. Februar 1974, S. 9. 209 66 Prozent der Anteile hielt das Finanzministerium, 26 Prozent verwaltete ein Treuhänder und acht Prozent die Bertelsmann-Gruppe. Die Teilverstaatlichung der Deutschen Wochenschau GmbH hatte 1950 wirtschaftliche und politische Gründe: Da die private Filmwirtschaft Ende der vierziger Jahre selbst nicht finanziell in der Lage war, eine deutsche Wochenschau zu produzieren, beteiligte sich der Bund daran. Zudem wollte er nicht, daß dieses Informationsmedium ausschließlich ausländischen Unternehmen vorbehalten blieb.
Die Entwicklung
des Nachrichtenmediums
„ Wochenschau "
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bisherigen gesetzlichen Fördermaßnahmen (mit 900.000 DM im Etat 1975) zu beseitigen. Eine wirksame Förderung der Wochenschau auf dem Wege der Gesetzgebung werde kaum möglich sein. Bevor ein Gesetz in Kraft träte und seine Wirksamkeit oder Unwirksamkeit beweisen könnte, käme das Ende."210
2 1 0 Frankfurter Allgemeine Zeitung, „Blick in die Welt" — wie lange noch?, 23. Oktober 1975, Wirtschaftsteil.
ZWEITES KAPITEL
Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945-1949
I Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft am Ende des Zweiten Weltkriegs
1. Geeint gegenüber den Deutschen: Medienpolitik zwischen Konzeption und Umsetzung Als sich ab Ende 1943 die militärische Niederlage Deutschlands abzeichnete, begann sich die Anti-Hitler-Koalition, Großbritannien, USA und Sowjetunion, gemeinsam damit zu beschäftigen, ein Programm für ein einheitliches Vorgehen im besiegten Deutschland zu entwickeln. Die interalliierten Verhandlungen über Deutschland fanden dabei im wesentlichen auf drei Ebenen statt: in den Treffen der sogenannten großen Drei, auf den Treffen der Außenminister und schließlich bei der von den drei Großmächten gegründeten European Advisory Commission1 (EAC), die seit Januar 1944 in London tagte. Deutschland — so die Pläne der Alliierten — sollte zwar wirtschaftlich und politisch vereint bleiben, jedoch dezentral und föderativ strukturiert sein. Für dieses Ziel erarbeitete der amerikanisch-britische Planungsstab des Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force (SHAEF) im Sommer 1944 einen ersten Maßnahmenkatalog, wie die alliierte Medienpolitik im besetzten Deutschland und in Europa nach Kriegsende aussehen sollte. Dabei wurde die aktive Partizipation der Sowjetunion ausdrücklich miteinkalkuliert: „1. The Object of this Memorandum is to detail the British and United States organisations that will be required during the Period of the Supreme Commander's responsability in colloboration with the Russians, to control the German information services, to restore and control the information services in France, Belgium, Luxembourg, Holland and Denmark, in conjunction with the National
1 In der E A C wurden fundamentale Abmachungen wie beispielsweise über die Durchführung der Kapitulation und über die Grundlage der Besetzung und alliierten Kontrolle Deutschlands erarbeitet.
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte
1945—1949
Authorities concerned."2 Die Kontrolle der deutschen Medien war folglich zunächst vorrangiges — wenngleich diffuses Ziel. Eine Kontrolle, die die drei Alliierten gemeinsam von Berlin aus ausüben sollten. Denn ein einheitliches Vorgehen der Alliierten gegenüber dem besiegten deutschen Volk sowie eine gemeinsame Medienverwaltung wurden als Grundbedingung angesehen: „No separate radio and news system exists in either the International Zone of Berlin or the British, United States and Russian Zones; and the two principal medias are located partly in the International Zone of Berlin and partly throughout the whole of the remainder of Germany." 3 Dieses Memorandum, das auch die militärische Bezeichnung „Operation Talisman" hatte, wurde in den kommenden Monaten — entsprechend dem politischen Zusammenspiel zwischen der Sowjetunion und den westlichen Alliierten mehrfach überarbeitet. So wurde beispielsweise in der Korrektur-Ausgabe vom 17. November 1944 eine Kooperation mit der Sowjetunion schon nicht mehr erwartet, wenngleich das westalliierte Supreme Command die Tür für eine spätere Zusammenarbeit handbreit offen ließ: „For these reasons, it is clearly desirable that there should be from the earliest possible moment tripartite (AngloAmerican / Russian) Control of all information services in Germany." 4 Einen erneuten Vorstoß hierzu stellte Ende April 1945 — kurz vor der Kapitulation Deutschlands — ein Planungspapier dar, das der stellvertretende Chef der PWD, William S. Paley, erarbeitet hatte, um es „bei frühestmöglicher Gelegenheit" als Grundlage für Diskussionen mit Vertretern der UdSSR einsetzen zu können. 5 Auch in diesem Konzept stand ein einheitliches Kontroll- und Verwaltungssystem an oberster Stelle. — Auch, weil es sinnvoller erschien, bestimmte Medien nicht auf geographische Grenzen festzulegen und damit gleiche Funktionen nicht von verschiedenen Besatzungsmächten parallel auszuführen. Für eine gemeinsame Medien- und Informationspolitik war es jedoch schon zu spät. Denn längst hatte die sowjetische Regierung begonnen, für Deutschland eigene Pläne zu entwickeln, mit deren Umsetzung sie
2
BA Koblenz, Psychological Warfare requirements and Plan vom 19. August 1944, RG 250 OMGUS, ISD 5/269-1/32. 3 BA Koblenz, ebd. 4 BA Koblenz, ebd. 5 Zit. nach Harold Hurwitz: Eintracht der Siegermächte und die Orientierungsnot der Deutschen 1945-1946. Köln 1984, S. 302.
Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft
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dann auch sogleich nach Kriegsende begann. So mußte das PWD in den folgenden Monaten sehr schnell erkennen, daß die sowjetische Besatzungsarmee — im Gegensatz zur amerikanischen und britischen — eine Annäherung an die deutsche Bevölkerung nicht nur suchte, sondern auch deren Sympathien zu gewinnen begann. Beobachtungen über die offenkundige Förderung des Kulturlebens in der sowjetischen Zone, von ersten Aktivitäten der dortigen Parteien und Gewerkschaften, aber vor allem auch erste Reaktionen der westdeutschen Bevölkerung auf Sendungen von Radio Berlin, die seit Mai relativ leicht zu empfangen waren, gaben denn auch Anlaß zu einer teilweise besorgten Berichterstattung innerhalb der PWD und des SHAEFs. Denn während die amerikanische und britische Informationspolitik zu diesem Zeitpunkt einen harten Kurs gegenüber der deutschen Bevölkerung verfolgte, war die sowjetische Militäradmistration in Deutschland (SMAD) darauf aus, über ihre Medienpolitik ein scheinbar vertrauliches Verhältnis aufzubauen. Mit dem Ergebnis, daß die Deutschen in der sowjetischen Besatzungszone offenkundig empfänglicher für die sowjetische Politik und Propaganda waren. Wenngleich, wie später zu zeigen sei wird, dies die Ursache für den ersten Wandel der westalliierten Medienpolitik war, betonte der oberste Militär der PWD, Robert McClure, in einer Aktennotiz vom Mai 1945: „I do not believe we should change our US-Brit, considered programs to conform to the Russ. Let them conform to us or wait agreement!"6 Auf Kommandanturebene schien es schließlich auch eine Annäherung zu geben, denn McClure berichtete im Frühjahr 1945 optimistisch, daß eine Ubereinkunft über eine gemeinsame Zensur der Besatzungsmächte, über einen freien Austausch von Zeitungen und über die freie Betätigung von Journalisten innerhalb Berlins erzielt worden sei.7 Tatsächlich mußten jedoch die westalliierten Presseoffiziere beispielsweise in Berlin erfahren, daß die Kontaktaufnahme zur sowjetischen Informationseinheit schwierig und eine Zusammenarbeit daher nahezu unmöglich war.8 Denn erst über eine Kontaktaufnahme mit
6
BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 9 - 1 / 1 9 .
Vgl. Peter Rzeznitzeck: Von der Rigorosität in den Pragmatismus. Aspekte britischer Presse- und Informationspolitik im Nachkriegs-Deutschland (1945—1949). Diss. Düsseldorf 1989, S. 5. 7
8 So meldeten die örtlich zuständigen amerikanischen Experten bereits nach wenigen Tagen an das Hauptquartier der PWD in Bad Homburg: „Sollten die Russen eine
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
deutschen Zeitungsredakteuren im Ostsektor erfuhren sie, wer auf sowjetischer Seite ihre Ansprechpartner seien und wo diese zu finden waren. Die amerikanischen Medienplaner stellten schließlich am 16. Juli fest, daß „keine brauchbaren Möglichkeiten" bestünden, mit den Russen über eine gemeinsame Politik und deren Ausführungen zu sprechen.9 Auch Frankreich, das erst auf intensives Drängen von de Gaulle und Churchill ein eigenes Besatzungsgebiet erhalten hatte und daher an der Planung der alliierten Deutschlandpolitik vor Kriegsende ausgeschlossen sowie später auch an der Konferenz von Potsdam nicht beteiligt war, entwickelte eine eigenständige Besatzungs- und Medienpolitik 10 . Die Absicht hierzu hatte die französische Regierung bereits mit der Ablehnung einer gemeinsamen Besatzungskontrolle zum Ausdruck gebracht. Dadurch erreichte sie, daß ihr für ihre Zone zum einen die ungeteilte Verfügungsgewalt erhalten blieb und sich zum anderen die militärischen Sicherheitszonen zu souveränen Hoheitsgebieten der Besatzungsmächte wandelten. 11 Das Mißlingen einer gemeinsamen Medienpolitik kam denn auch bereits in der Kontrollratserklärung über die Niederlage Deutschlands vom
zuständige Organisation haben, so sind keine Kanäle oder Verbindungsstellen geschaffen worden, um einen Gedankenaustausch und die gegenseitige Anpassung unserer Politik zu ermöglichen." Zit. nach Hurwitz, Eintracht der Siegermächte (wie Anm. 5), S. 86. 9 Die deutliche Reserve Moskaus gegenüber allen Versuchen, die Behandlung Deutschlands in interalliierten Gesprächen zu erörtern, trat nicht erst nach der Kapitulation zutage, sondern wurde von kritischen Beobachtern schon 1944 registriert. So weist Walrab von Buttlar in seinem Buch „Ziele und Zielkonflikte in der sowjetischen Deutschlandpolitik 1945—1947" nach, daß bis zu den beiden Reden Molotows am 9. und 10. Juli 1946 in Paris von keinem Sowjetpolitiker zum Deutschlandproblem irgendeine zusammenhängende Stellungnahme abgegeben worden sei, die über schlagwortartige Parolen hinausgegangen wäre. Vgl. S. 58 f. Wie in den folgenden Kapiteln auch im Hinblick auf die Medien- und Wochenschaupolitik zu sehen sein wird, beschränkte sich die sowjetische Regierung in der Regel hingegen darauf, die westlichen Vorschläge anzuhören und gegebenenfalls begutachten zu lassen. 10 Zu den Vorgängen um die Einführung einer französischen Besatzungszone siehe insbesondere: Conrad F. Latour und Thilo Vogelsang: Okkupation und Wiederaufbau. Die Tätigkeit der Militärregierung in der amerikanischen Besatzungszone 1944— 1947. Stuttgart 1973, S. 74 f. 11 Vgl. Horst Welzel: Rundfunkpolitik in Südwestdeutschland 1945—1952. Zu den Auseinandersetzungen um Struktur und Verfassung des Südwestfunks. Diss. Hannover 1976, S. 6 ff.
Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft
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5. Juni 1945 zum Ausdruck. So war es den vier Großmächten beispielsweise nicht gelungen, sich auf eine einheitliche, konstruktive RundfunkKonzeption zu einigen, die über das Verbot deutscher Initiativen und die vage Ankündigung „einer Aufsicht über alle Nachrichtenverkehrsmittel durch die Alliierten" 12 hinausging. Trotzdem hielt besonders die britische Regierung am Ziel der gemeinsamen „Koordinierung der Propaganda- und Informationsarbeit für Deutschland" fest. Denn sie glaubte bereits erste Anhaltspunkte in ihrer Zone dafür gefunden zu haben, daß eine uneinheitliche Medienpolitik dazu führe, daß die sowjetische Regierung in Ostdeutschland nicht nur an Einfluß gewinne, sondern auch, daß die deutsche Bevölkerung die Besatzungsmächte gegeneinander ausspiele: „Die Wirkung der Propaganda aus einer Zone auf die Bevölkerung der benachbarten Zonen ist sehr deutlich sichtbar geworden und hat sich bisher zu unserem Nachteil und zum Vorteil der Russen ausgewirkt. Das rosige Bild, das sowjetische wie sowjetisch kontrollierte Rundfunksendungen in Deutschland ausgemalt haben, zusammen mit der Tatsache, daß der Berliner Sender offenbar von Deutschen betrieben wird, haben den Eindruck erweckt, daß die Russen in ihrer Zone eine liberalere Politik gegenüber der deutschen Bevölkerung eingeschlagen haben als wir und die Amerikaner in unseren Zonen." 13 Die britische Regierung war sich dabei der Problematik, die hinter dem zögerlichen Verhalten Frankreichs und der Sowjetunion hinsichtlich einer gemeinsamen Koordination der Medienpolitik stand, durchaus bewußt. Die britische Delegation sollte daher auf der Potsdamer Konferenz Zumindestens auf einen „regelmäßigen Meinungsaustausch zwischen den zuständigen Mitgliedern des Alliierten Kontrollrats" hinwirken. Gerade diese Institution hielt jedoch das Joint Civil
12 In der sogenannten Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 übernahmen die vier Militärgouverneure (Eisenhower, Schukow, Montgomery, Lattre de Tassigny) die oberste Regierungsgewalt in Deutschland. Zwecks „Gewährleistung der Sicherheit der Alliierten Streitkräfte in Deutschland und zwecks Erfüllung der Aufgaben des Obersten Befehlshabers" war bereits durch das Gesetz Nr. 191 „die Tätigkeit oder der Betrieb [...] von Rundfunk- und Fernsehstationen und Rundfunkeinrichtungen" verboten worden. Vgl. hierzu Welzel, ebd., S. 5 f. 13 Gesprächsunterlage für die britische Delegation „Deutschland — Politische Fragen" vom 12. Juli 1945, in: Bundesminister des Inneren (Hg.): Dokumente zur Deutschlandpolitik. Die Konferenz von Potsdam, 2. Reihe, Bd. 1/3. Kriftel 1992, S. 365. Künftig: Dokumente zur Deutschlandpolitik.
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
Affairs Committee der Vereinigten amerikanischen Stabschefs für den ungeeignetsten Ort, die Koordination der Medienpolitik zu besprechen: „Nach Ansicht hoher Stabsoffiziere beim Obersten Hauptquartier der Alliierten Expeditionsstreitkräfte wird es schwierig sein, im Kontrollrat für Deutschland auch nur über die großen Probleme, die für die deutsche Wirtschaft lebenswichtig sind, Ubereinstimmung zu erzielen. [...] Zwar besteht immer die Hoffnung, daß eine gewisse Koordinierung der Propaganda durch eine dem Kontrollrat für Deutschland unterstellte Abteilung erzielt werden könnte, aber man sollte bei der Prüfung einer solchen Lösung auch abwägen, ob es wünschenswert ist, den Kontrollrat mit nicht unbedingt wichtigen Einzelheiten zu belasten und damit die Aussichten zu vermindern, daß lebenswichtige Fragen wie die des Verkehrswesens, der Währung, der Nahrungsmittel und der Kohle erfolgreich gelöst werden." 14 Eine „vollständige und allgemeine Ubereinstimmung über die Richtlinien und Ziele" der Medienpolitik aller vier Großmächte wurde zudem als „erfolglos" bezeichnet. Da sowohl Frankreich als auch die Sowjetunion offensichtlich danach strebten, „ihre nationalen Bestrebungen und Ideologien" in ihren Besatzungszonen propagandistisch zu verbreiten, könnte man bestenfalls erwarten, „daß die Mächte sich eventuell über bestimmte Ziele einigen" — wobei dies eher die „negativen" sein würden, nämlich die, „die auf Ausrottung des Nazismus und die Beseitigung von Deutschlands Kriegspotential gerichtet sind. Damit bleibt die ,positive' Propaganda außerhalb des Bereichs, in dem eine Einigung wahrscheinlich ist." 15 Das Beharren auf einer Viermächte-Medienpolitik führte dazu, daß in den ersten Besatzungswochen die informations-politische Zielfestlegung der amerkanischen und britischen Militärregierungen retardierte — was innerhalb des amerikanischen Office of War Information (OWI) auch offen beklagt wurde: „Wir planen, so gut wir können; aber wir können nicht sehr weit voraussehen und wir würden einen besseren Anfang machen, wenn wir mehr über die endgültigen Ziele wüßten".16
14 Streng geheimes Memorandum des Joint Civil Affairs Committee der Vereinigten amerikanischen Stabschefs von Ende Juni 1945 über die „Schaffung einer einheitlichen, abgestimmten Propaganda in Deutschland" zur Vorbereitung der Potsdamer Konferenz. In: ebd., S. 324 f.
Ebd. Zit. nach Karl-Ernst Bungenstab: Umerziehung zur Demokratie? Re-educationPolitik im Bildungswesen der US-Zone 1945—49. Düsseldorf 1970, S. 44 f. In einem 15
16
Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft
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Auf der Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) konnten sich die Delegationen der USA, Großbritanniens und der Sowjetunion17 schließlich auf eine prinzipielle, einheitliche Zielrichtung der Medien einigen — die in der Literatur viel zitierte „Umorientierung" des deutschen Volkes: „The purposes of the occupation of Germany by which the Control Council shall be guided are: [...] To convince the German people that they have suffered a total military defeat and that they cannot escape responsibility for what they have brought upon themselves, since their own ruthless warefare and the fanatical Nazi resistance have destroyed Germany economy and made chaos and suffering inevitable. [...] T o prepare for the eventual reconstruction of German political life on a democratic basis and for eventual peaceful cooperation in international life by Germany." 18 Dennoch behielt sich jede Großmacht die Umsetzung der ideologischen Umorientierung des deutschen Volkes in der jeweils eigenen Zone vor, wenngleich das Schlußprotokoll insgesamt von „festeren Banden" und „erweiteter Zusammenarbeit" sprach. Gemeinsam sollte folglich im Kontrollrat über die Zukunft Gesamtdeutschlands bestimmt werden. Sehr schnell wurde jedoch in der Folgezeit in den gemeinsamen Sitzungen deutlich, mit welchen unterschiedlichen Vorstellungen der Begriff „demokratische Umorientierung" belegt war. So berichtete beispielsweise das britische Mitglied des Educational Committee im Alliierten Kontrollrat, Robert Birley, im Rückblick auf diese Zeit: „We meet [...] each month at the Educational Committee of the Allied Control Council. There we passed splendid
Schreiben wandte sich daher auch der Direktor des OWI, Elmer Davis, am 4. Juli 1945 mit der Aufforderung an Präsident Truman, daß die Frage der Umerziehung nun endlich Gegenstand der Verhandlungen in Potsdam sein sollte. 17 Die Leiter der Delegationen waren auf amerikanischer Seite Präsident Harry Truman, der an die Stelle des im April 1945 gestorbenen Franklin D. Roosevelt getreten war, unterstützt von seinem Außenminister James F. Byrnes. Die sowjetischen Gesprächspartner waren Josef W. Stalin und Außenminister Wjatscheslaw Molotow. Die britische Delegation bestand zunächst aus Premierminister Winston Churchill und Außenminister Anthony Eden. Ende Juli, nach dem Sieg der Labour-Party bei den britischen Unterhauswahlen, wurden sie jedoch durch den neuen Regierungschef Clement Attlee und Außenminister Ernest Bevin ersetzt.
Protocol of the Proceedings of the Berlin (Potsdam) Conference, 1. August 1945, in: United States Department of State, Documents on Germany 1944—1985. Washington 1985, S. 56. Künftig: Documents on Germany. 18
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
resolutions about ,democratic* education which did not matter at all as we all had different ideas about what was meant by democracy."19 Dennoch tauchen in den amerikanischen Akten bis Mitte 1946 auch weiterhin immer wieder Pläne für eine vierzonale Medienpolitik auf — wie beispielsweise das Memorandum „Basic Policy for Information and Information Control Operations in Germany" vom 17. Januar 1946: „Efforts will be maintained to establish a quadripartite information directorate. Pending the establishment of such agreement, informal quadripartie discussions with representatives of the information control services of the four occupying Powers will be continued as a means of securing agreement for (a) informational programs to be carried out by the four occupying Powers acting jointly; or (b) action which will be taken by the information control services of each of the four occupying Powers within its own zone."20 Dabei wurde auf britischer und amerikanischer Seite zu diesem Zeitpunkt ausdrücklich noch versucht, jeglichen Argwohn der sowjetischen Regierung zu vermeiden, die beiden westlichen Großmächte wollten gemeinsam die kommunistische Ideologie untergraben: „In order to avoid the suspicion of an anti-Soviet bloc and thereby to facilitate quadripartite negotiations, such joint services as have existed with the British have been discontinued (with the exception of newsreel operations which are shortly expected to be placed on a quadripartite basis by mutual agreement)."21 Dennoch, selbst gemeinsame Kontrollratsbeschlüsse im Bereich der Informationspolitik 22 , wie beispielsweise die Proklamation Nr.2 vom 20.
19 Zit. nach Hans Borchers und Klaus W. Vowe: Die zarte Pflanze Demokratie. Amerikanische Reeducation in Deutschland im Spiegel ausgewählter politischer und literarischer Zeitschriften (1945-1949). Tübingen 1979, S. 45. 2 0 BA Koblenz, Memorandum des Office of the Deputy Military Governor für Heads of Executive Offices, Directors of Functional Offices and Divisions and Headquarters Commandant, RG 260 OMGUS, ISD 5/236—2/20. 2 1 BA Koblenz, Memorandum, ebd. 22 Ausgearbeitet wurden diese Kontrollratsbeschlüsse von einem VierzonenKoordinierungs Komittee, das im Mai 1946 in Berlin ins Leben gerufen wurde. Dieses war gleichfalls eine Notlösung, auf die sich die vier Besatzungsmächte schließlich einigen konnten, wie der monatliche Bericht der britischen PR/ISC Group in Berlin vom 30. März 1946 zeigt: „At the Coordinating Committee Meeting held on the 18th March, the Soviet representative was against the establishment of an independent Directorate of Information Control, and, therefore, pending a final decision on the question the Meeting agreed that an Information Sub-Committee would be established
Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschafi
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September 1945, der zufolge die deutschen Behörden „alle Anweisungen der Vertreter der Alliierten betreffend Anwendung, Kontrolle und Zensur aller Mittel zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, einschließlich Radiosendungen, Presse, Veröffentlichungen"23 zu befolgen hatten, blieben Ausnahmen. — Und selbst in diesen wenigen Fällen blieb der textliche Inhalt auf allgemeine Definitionen beschränkt, wie auch der Befehl Nr.4 vom 13. Mai 1946 zeigt, der die Einbeziehung aller Schriften und anderer Druckerzeugnisse, Filme sowie Diapositive, „welche nationalsozialistische Propaganda, Rassenlehre oder Aufhetzung zur Gewalttätigkeit oder gegen die Vereinten Nationen gerichtete Propaganda enthalten", regelte. Die Direktive Nr.55 vom 25. Juni 1947 über den „Austausch von Druckschriften und Filmen im Interzonenverkehr" vermittelte schließlich zwei Jahre später schon deutlich, wie getrennt die Wege der Mediengestaltung in den vier Besatzungszonen verliefen: „Gemäß dem Beschlüsse des Außenministerrats in Moskau, die Entwicklung der deutschen demokratischen Presse zu fördern und zwecks Schaffung eines freien Austausche von Nachrichten und demokratischen Ideen in ganz Deutschland, genehmigt die Alliierte Kontrollbehörde den freien Aus-
länder the Political Directorate." PRO Kew, Monthly Report, FO 1056, 71. Seine Aufgaben beschränkten sich im wesentlichen auf folgende Bereiche: „Principles of Inter-Allied Censorship of German Films, establishment of an Inter-Allied Music Library, consultation and common action on Press and Radio of all four zones to combat subversive rumours, exchange of Allied films, interzonal circulation of Medical periodicals, responsibility of Reichpost in the field of broadcasting, agreement in principle to the exchange of new bulletins and news files, subject to the the working out of details by a subcommitee, agreement in principle to the exchange of books, subject to the clarification of the present status of the German copyright Law, and to the working out of details by a sub-committee, agreement in principle for the Interzonal exchange of periodicals, subject to the working out of details by a subcommittee, institution of sub-committees to study closer co-operation in the fields of Music and Theatre and of broadcasting." PRO Kew, Monthly Report of PR/ISC Group, 31. Mai 1946, F O 1056, 71. 23 Zit. nach Kurt Koszyk: Kontinuität oder Neubeginn? Massenkommunikation in Deutschland 1945—1949. Siegen 1981, S. 8.
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tausch von Zeitungen, Zeitschriften, Filmen und Büchern, die in den einzelnen Besatzungszonen und in Berlin erscheinen."24 Lediglich die britische und die amerikanische Informationseinheit stimmten in der Anfangszeit der Besatzung ihre Medienziele weitestgehend aufeinander ab — wobei sie diese in den Folgejahren letztendlich auf unterschiedlichem Wege realisierten.
2. Von einer gemeinsamen westalliierten Kriegspropaganda zur getrennten Mediengestaltung in den Besatzungszonen Schon Monate bevor die USA mit eigenen Truppen am Zweiten Weltkrieg teilnahmen, begannen einzelne Planungsstäbe in Washington mit der Vorbereitung einer möglichen späteren Besatzungszeit in Europa. So ließ das US-Verteidigungsministerium bereits im Sommer 1940 ein „Manual for Military Government" erstellen, mit Hilfe dessen eine Wiederholung der Fehler25, die die amerikanische Armee bei der Rheinlandbesetzung nach dem Ersten Weltkrieg gemacht hatte, vermieden werden sollte.26 Die detaillierte Planung der Nachkriegs-Medienpolitik begann 1942 mit der Einrichtung der amerikanisch-britischen Psychological Warfare Division (PWD) of SHAEF, einer Einheit für psychologische Kriegsführung.27 Auch auf diesem Gebiet wollte man die Fehler des Ersten Weltkrieges vermeiden und so entwarfen die PWD-Mitarbeiter neben ihrer Hauptaufgabe, Einfluß auf die gegnerischen Streitkräfte und Bevölke-
2 4 Journal Officiel du Conseil de Control en Allemagne, 1945—1948, S. 296. Das Journal liegt in den Archives de l'Occupation Franfaise en Allemagne et en Autriche in Colmar aus. 2 5 Das „Manual for Military Government" beruhte im wesentlichen auf einem Bericht von Colonel Irwin L. Hunt über die amerikanische Rheinlandbesetzung in der Zeit zwischen 1919 und 1923. Darin hatte dieser vor allem die Unfähigkeit der amerikanischen Armee beklagt, eine funktionstüchtige Militärverwaltung für das besetzte Rheinland aufzubauen. 2 6 Vgl. Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-amerikanischen Information Control Division in Württemberg-Baden von 1945 bis 1949. Zwischen militärischem Funktionalismus und schwäbischem Obrigkeitsdenken. Stuttgart 1992, S. 153.
Da die britische und amerikanische Armee während des Krieges unter einem gemeinsamen Oberkommando standen, war auch die PWD eine von den Amerikanern und Briten gemeinsam betriebene militärische Institution. 27
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rung auszuüben, bereits erste Nachkriegspläne für die Umorganisation der deutschen Medien. Dabei hatten sie sich an den politischen Direktiven, die in den USA vom Office of War Information (OWI)28 und in Großbritannien vom British Political Intelligence Department (PID) sowie vom Ministry of Information (MOI) ausgegeben wurden, zu orientieren.29 Oberster Befehlshaber der Psychological Warfare Division, die vor der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944 zunächst von London, danach von Reims aus operierte, war Brigadegeneral Robert McClure 30 . Der ranghöchste Vertreter Großbritanniens in der ΡWD war Alec W. Bishop. Je konkreter das alliierte Kriegsziel, die militärische Niederwerfung Deutschlands, sich abzeichnete, desto umfassender und detaillierter wurden auch die Nachkriegsvorbereitungen. So wurde ab Januar 1944 im Zuge der militärischen Vorbereitungen der westalliierten Landung in der Normandie die Kommandostruktur der alliierten Streitkräfte in Westeuropa umgestaltet: Oberkommandierender des Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force (SHAEF) wurde General Dwight D. Eisenhower. Zugleich entstand die sogenannte G-5 Division, deren Aufgabe die Planung aller künftigen Zivilangelegenheiten in Westeuropa war. Die „German Country Unit", zu der nun auch die PWD gehörte31, erhielt dabei den Befehl, eine Organisation aufzubauen, die „zur Kontrolle der deutschen Zivilverwaltung von dem Zeitpunkt an notwendig ist, wenn die alliierten Streitkräfte Deutschland betreten, bis zur Übernahme der Kontrolle durch eine Alliierte Hohe Kommission".32 Wie Deutschland nach Kriegsende politisch organisiert und welche Position
Das amerikanische Office of War Information, das für die Organisation der amerikanischen Propaganda zuständig war, hatte schon von Februar 1942 bis zum 26. April 1944 die Anlagen der BBC für eigene Sendungen in deutscher Sprache genutzt. 29 Einige, in dieser Zeit erarbeitete Prämissen beeinflußten auch später noch die Medienpolitik in den beiden Besatzungszonen. 30 McClure war damit auch oberster Dienstherr der britischen Mitarbeiter, die im wesentlichen aus der Political Warfare Executive (P.W.E.) rekrutiert worden waren. Der amerikanische Teil der PWD setzte sich hingegen in erster Linie aus deutschstämmigen Amerikanern und Emigranten zusammen. 31 Ab diesem Zeitpunkt war die Psychological Warfare Division in erster Linie dem Oberbefehlshaber des SHAEFs, Dwight D. Eisenhower, verantwortlich. 32 Zit. nach Bernd Steger: General Clays Stabskonferenzen und die Organisation der amerikanischen Militärregierung in Deutschland. Die „Clay-Minutes" als historische Quelle, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 4 (1979), S. 113—150 (hier S. 113 f.). 28
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die geplante Organisation darin einnehmen sollte, ging jedoch zu diesem Zeitpunkt weder aus dem „Manual for Military Government" noch aus irgendeinem anderen Konzept hervor.33 Infolgedessen besetzte die Psychological Warfare Division personnell zunächst nur die Schlüsselpositionen, die sich mit der Planung der Kommunikationspolitik einschließlich Film, Theater, Literatur, Presse, Nachrichtenwesen und Rundfunk beschäftigen sollten. Zudem entstanden in London und New York Arbeitseinheiten, die für die in Deutschland operierenden Abteilungen Publikationen und Filme zusammenstellten. Doch schon bald sahen sich die beiden westlichen Alliierten mit einem medienpolitischen Hauptproblem konfrontiert, das auf der Durchhalte-Propaganda des nationalsozialistischen Regimes beruhte und die alliierten Streitkräfte bei ihrem Einmarsch in Deutschland bedrohte: Wie konnte die deutsche Bevölkerung zur Aufgabe des Widerstandes überredet werden, wo doch die nationalsozialistischen Medien bis in die letzten Kriegstage hinein stets vor der drohenden Gefahr einer totalen Versklavung durch die gegnerischen Armeen gewarnt hatten?34 Der amerikanisch-britische Planungsstab der PWD entwickelte daraufhin Grundzüge einer alliierten Medienkontrolle, die im „Manual for the Control of German Information Services" am 16. April 1945 veröffentlicht wurden. Daneben war bereits am 24. November 1944 das Gesetz Nr.191 erlassen worden, mit Hilfe dessen im Zuge der westalliierten Einnahme Deutschlands die vorhandenen deutschen Informationsmedien ausgeschaltet werden sollten. 35 Nach diesem ersten „Blackout" sah die Infomationspolitik der PWD dann eine zweiphasige Medienrestaurierung vor: Zunächst sollten allein alliierte Printmedien und Rundfunksendungen das
3 3 Dem andauernden Streit in Washington über die Besatzungsziele der Alliierten ging der amerikanische Präsident, Theodor Roosevelt, durch entschlossene Konzeptionslosigkeit aus dem Weg. Als sich sein Außenminister Cordell Hull im September 1944 hierüber beklagte, erklärte Roosevelt: „Angesichts der Tatsache, daß wir Deutschland noch nicht besetzt haben, kann ich gegenwärtig nichts dazu sagen, welche Art von Deutschland wir in allen Einzelheiten haben wollen. [...] Ich mache ungerne detaillierte Pläne für ein Land, das wir noch nicht besetzt haben." Zit. nach Bausch, Kulturpolitik (wie Anm. 26), S. 160. 34
Vgl. Rzeznitzeck (wie Anm. 7), S. 17.
Das Gesetz Nr.191 verbot „das Drucken, Erzeugen, Veröffentlichen, Vertreiben, Verkaufen und gewerbliche Verleihen von Zeitungen, Magazinen, Zeitschriften, Büchern [...] und sonstigen gedruckten oder mechanisch vervielfältigten Veröffentlichungen." Zit. nach Rzeznitzeck, ebd., S. 17. 35
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Nachrichten-Vakuum füllen. Erst danach dürften wieder deutsche Schriftmedien und lizensierte Rundfunkprogramme 36 unter alliierter Kontrolle erscheinen bzw. ausgestrahlt werden. 37 Diese Phase war jedoch zunächst erst für die Zeit nach Auflösung des Alliierten Oberkommandos vorgesehen.38 Mittels der ersten „Blackout-Phase suchte folglich das PWD der Gefahr deutschen Widerstandes bei der Besetzung entgegenzuwirken und dem nationalsozialistischen Einfluß über die Medien ein Ende zu setzen. In der zweiten Phase sollten die deutschen Massenmedien dann in erster Linie kurzfristigen, vorwiegend militärischen Aufgaben dienen: Sie sollten den Militärkommandeuren dabei helfen, die Ordnung aufrechtzuerhalten, Besatzungsvorschriften zu publizieren und Gerüchten entgegenzuwirken. Daneben sollte die deutsche Bevölkerung über ihr Verhältnis zur Besatzungsmacht und zur Weltgemeinschaft sowie über die verschiedenen Länder und Regionen der Erde informiert werden. 39 Auf diese Weise sollte zum einen der deutschen Bevölkerung klar vor Augen geführt werden, wer Sieger und wer Besiegter sei. Zum anderen sollte sie wieder zu mehr Toleranz gegenüber anderen Völkern erzogen werden. Erst nachdem diese ersten Medienziele erreicht sein würden, sollte mit der Hauptaufgabe begonnen werden: „The destruction of all remains of the Nazi and militarist influence." 40 Sogleich nach Kriegsende begann dann die PWD-Leitung damit, für ihre Mitarbeiter interne Direktiven auszugeben, in denen die medienpo-
36 Ihr erklärtes Ziel, die Sender der Militärregierung in deutsche Hände zu geben, erreichten die Besatzungsmächte mit unterschiedlichen Methoden zu verschiedenen Zeitpunkten. Die Briten und Franzosen schufen über ein Statut jeweils eine zentrale Rundfunkanstalt für ihre Zone. Die Amerikaner organisierten hingegen nach mehr oder weniger harten, aber in jedem Land isoliert geführten Verhandlungen vier Rundfunkanstalten, deren Statut und Aufgaben über Gesetze geregelt wurden. Vgl. Hans Bausch: Rundfunkpolitik nach 1945, Teil I. München 1980, S. 10. 37 Die Lizensierung der deutschen Zeitungen und Radiostationen sowie die Kontrolle wurde dabei im SHAEF-Handbuch den regionalen Kommandanten übertragen. 38 Vgl. Wolf Bierbach: Besatzungszonen und Länder, in: Walter Forst (Hg.): Rundfunk in der Region. Probleme und Möglichkeiten der Regionalität, Köln 1984. S. 103 f. 39 Vgl. Rzeznitzeck (wie Anm. 7), S. 17. 40 Zit. nach Barbara Mettler: Demokratisierung und Kalter Krieg. Zur amerikanischen Informations- und Rundfunkpolitik in Westdeutschland 1945—1949. Berlin 1975, S. 48.
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litischen Ziele den jeweiligen Umständen angepaßt wurden: „This directive is the first of a series which will be issued, as occasion demands, governing the propaganda policy of overt Allied information services in occupied Germany. It covers all media, unless any medium is expressly excluded."41 So wurde in dieser ersten Direktive den PWD-Mitarbeitern vorgegeben, daß es zunächst oberstes Ziel sei, der deutschen Bevölkerung distanziert 42 und objektiv lokale als auch weltweite Nachrichten zu vermitteln. Ihr sollte zunächst deutlich vor Augen geführt werden, daß Deutschland als ganzes für den Krieg und die nationalsozialistischen Verbrechen verantwortlich sei. Mit keinem Satz sollte hingegen in den Medien auf die weitere politische Zukunft des Landes eingegangen werden: „There will be no discussion of the problem of the future of Germany, as a nation, except such as is specifically authorized by Psychological Warfare Division directive."43 Bereits am 28. Mai 1945 wurde diese Anweisung durch eine zweite Direktive konkretisiert: So sollten die PWD-Angehörigen bei ihrer journalistischen Arbeit darauf achten, jeglichen Anschein von Bevormundung oder erneuerter propagandistischer Einflußnahme zu vermeiden. 44 Auch offenkundige Propaganda-
41 BA Koblenz, Vertrauliche Direktive der Psychological Warfare Division vom Mai 1945, RG 260 OMGUS ISD 5/236-2/20. 42 Für die Angehörigen der PWD galt ebenso wie für die regulären militärischen Einheiten das Fraternisierungsverbot. 43 BA Koblenz, Vertrauliche Direktive vom Mai 1945, RG 260 OMGUS ISD 5/236-2/20. 44 Grundlage hierfür war die prinzipielle Feststellung der amerikanischen Militärregierung, den sie in ihrem ersten Bericht verbreitet hatte: „The Germans have been fed propaganda so long that they regard any book or newspaper which are published especially for them as having some ulterior motive." Zit. nach Rzeznitzeck (wie Anm. 7), S. 27 f. Offensichtlich wurde dieses Problem von den zuständigen Stellen in allen Zonen reflektiert, denn in einem späteren Bericht der französischen „Direction de l'Information" von 1946 hieß es: „Comment des lors rehabituer a la verite [...] des esprits intoxiques? L'emploi d'une autre propaganda inverse — outre que се procede n'etait pas conforme ä l'esprit democratique — risquait de secouer si durement le malade que sa raison n'eut pas resite. La verite meme [...] est une therapeutique trop forte. II fallait done que l'Allemand procedait a un reapprentissage progressif de la verite. Le mal de l'esprit ne peut etre gueri que par l'esprit. Une des premieres taches de la Direction de l'lnformation a done ete de creer de toutes pieces [...] une presse allemande nouvelle." Zit. nach Mechthild Rahner: Der Sieger als Arzt: Problematik und Ambivalenz der alliierten Reeducation-Politik im Nachkriegsdeutschland, in: Joseph
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Klischees und Schlagzeilen sollten umgangen werden. Vielmehr seien die Leser über eine geschickte Themenauswahl und tatsachengetreue Schreibweise zu überzeugen.45 Auch in den internen Direktiven wurde offenkundig ab diesem Zeitpunkt darauf geachtet, daß der Begriff „Propaganda" durch positiver klingende Umschreibungen wie „to give the maximum information and enlightment", „the dissemination of suitable news" oder „to present news objectively" 46 ersetzt wurde. Wenngleich die amerkanisch-britische Einheit ΡW D noch bis Sommer 1945 offiziell bestand und die Medienziele auch weiterhin identisch waren, gab jede der beiden Militärregierungen sehr bald nach Kriegsende auch eigenständige Anweisungen an ihre Mitarbeiter aus. Am 14. Juli 1945 endete schließlich mit der Auflösung der Supreme Headquarters Allied Expeditionary Force die Existenz der Psychological Warfare Division. Die britische Sektion wurde zur Information Service Control Branch (ISC), die amerikanische zur Information Control Division (ICD).
Jurt (Hg.): Die „Franzosenzeit" im Lande Baden von 1945 bis heute. Zeitzeugnisse und Forschungsergebnisse. Freiburg 1992, S. 88 f. 45 Vgl. Rzeznitzeck, ebd., S. 27. 4 6 Zit. nach Rzeznitzeck ebd., S. 28.
π Die Ausgestaltung der Medienpolitik in den vier Besatzungszonen 1. Organisation und Informationspolitik Control Division
der amerikanischen
Information
In der amerikanischen Besatzungszone war die Information Control Division (ICD), die ab Mitte Juli von Reims (Frankreich) nach Bad Homburg verlegt worden war, zunächst der United States Forces European Theater (USFET) unterstellt.47 Erst im Dezember 1945, als die amerikanische Besatzungsarmee insgesamt umstrukturiert wurde, kam sie unter die direkte Befehlsgewalt des nun formal neu entstandenen Office of Military Government for Germany (OMGUS). Während nun in Berlin das Office of the Director of Information Control (ODIC) die amerikanische Informationspolitik plante und die Arbeit der einzelnen Mediensektionen koordinierte, war die Information Control Division (ICD) in Bad Homburg überregional für die Umsetzung zuständig. Hierfür waren ihr auf lokaler Ebene Informationsoffiziere48 unterstellt. Die Information Control Division wurde von General Robert A. McClure 3 , der zuvor auch Leiter der PWD gewesen war, geleitet.49
United States Forces European Theater gehörte der U.S. Group Control Council (Germany) (USGCC) an, die nach Kriegsende die zivile Verwaltung in Deutschland übernommen hatte. Zum Militärgouverneur in Deutschland wurde im April 1945 Lucius D. Clay bestellt, der damit zugleich Stellvertreter General Eisenhowers war. 48 Diese District Information Services Control Commands (DISCC) genannten Einheiten hatte es zunächst nur in den beiden militärischen Bezirken, in die die USZone zu Beginn der Besatzungszeit aufgeteilt war, gegeben. 49 Im Mai 1947 verließ McClure die Information Control Division und kehrte als Chief des New York Field Office in die USA zurück. In New York hatte McClure jedoch auch weiterhin engen Kontakt zur ICD — insbesondere zur amerikanischbritischen Wochenschau-Produktionsgesellschaft Welt im Film. Denn er arbeitete im 47
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Auch wenn sich die Bezeichnungen für die verschiedenen Aufgabenbereiche der ICD oft änderten, läßt sich für das Wirken der ICD eine klare Organisationsstruktur beschreiben. Sie gliederte sich in die Bereiche Intelligence/Research Branch, Plans and Operation Branch, Press Control Branch, Publications Branch, Radio Control Branch, Film Control Branch, Theater and Music Branch und ab Sommer 1948 in die Exhibition and Information Center Branch.51 Das ICD hatte zunächst zwei generelle Aufgaben zu erfüllen: Zum einen sollte sie — und dies zunächst, wie dargestellt, vorrangig — die Kommunikation zwischen der Militärregierung und der deutschen Bevölkerung herstellen.52 Zum anderen war die ICD dafür zuständig, die deutschen Medien neu aufzubauen, wobei zugleich den deutschen Journalisten das amerikanische Verständnis vom Zusammenwirken von Medien und Demokratie zu vermitteln war: „U.S. Military Government holds that free access to public information, freedom of expression and the free exchange of ideas throughout Germany and between Germany and other nations are essential to the establishment of a sound and healthy democratic society in which the individual German, made conscious of his responsibilities as a citizen, is encouraged to express his convictions and to take an active and intelligent part in public affairs."53 Ganz in der Tradition der Vereinigten Staaten sollten die Medien in der amerikanischen Zone eine eigenständige und -verantwortliche Stellung innerhalb des aufzubauenden politischen Systems einnehmen. Dabei galt es jedoch zu verhindern, daß sie jemals wieder in die Hand einer Interessensgruppe fallen könnten. Hierfür wurden alle deutschen Journalisten nicht nur auf ihre Rolle in der nationalsozialistischen Zeit hin überprüft, sondern man sah auch vor, daß die Verantwortung über die
Newsreel Unit, Motion Picture Section. McClures Nachfolger in Deutschland wurde Gordon E. Textor. 5 0 Insgesamt gesehen war die personelle Kontinuität zwischen PWD und ICD sehr groß.
Vgl. Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-amerikanischen Information Control Division in Württemberg-Baden von 1945—1949. Zwischen militärischem Funktionalismus und schwäbischen Obrigkeitsdenken. Stuttgart 1992, S. 21 ff. 51
5 2 Vgl. BA Koblenz, Befehl General Eisenhowers an das Hauptquartier von U S F E T vom 28. August, RG 260 OMGUS, ISD 5/233—1/20.
Military Government Regulations vom 5. April 1945, Part 1. In: The Department of State: Germany 1945—1949. The story in documents. Washington 1950, S. 590. Künftig: Germany 1945—1949. 53
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Medien erst dann wieder in deutsche Hände übergehen sollte, wenn sich das amerikanische Demokratieverständnis in den Redaktionen manifestiert haben würde. Bis dahin waren alle journalistischen Bereiche der ICD unterstellt: „Such activities will include the participation of Military Government personnel in the selection, preparation, distribution and sale of information and cultural materials which aid in informing, clarifying and explaining to Germans generally, U.S. foreign policy, U.S. policies and activities in Germany and American cultural, scientific, political, historical and economic developments; [...] production and distribution of newsreels and documentary motion picture films." 54 Durch die Direktive 1067 wurde bereits am 10. Mai 1945 die erste amerikanische, eigenständige „Informations-Marschrichtung" vorgegeben: „It should be brought home to the Germans that Germany's ruthless warfare and the fanatical Nazi resistance have destroyed the German economy and made chaos and suffering inevitable and that the Germans cannot escape responsibility for what they have brought upon themselves. b. Germany will not be occupied for the purpose of liberation but as a defeated enemy nation. Your aim is not oppression but to occupy Germany for the purpose of realizing certain important Allied objectives." 55 Diese Besatzungsrichtlinie war jedoch in den USA in einer Phase formuliert worden, in der die Befürworter eines harten Siegfriedens gegenüber Deutschland dominierten.56 Konfrontiert mit der Besatzungsrealität fanden sich — nicht nur im ICD — sehr schnell auch Vertreter einer gemäßigteren Deutschlandpolitik, die es für medienpolitisch sinnvoller hielten, zwischen der „aktiven Schuld der Verbrechen" und einer „passiven Schuld", die durch Arbeit, nationale Wiedergutmachung und innere Wandlung gesühnt werden könne, zu unterscheiden. Wenngleich diese Auffassung die Arbeit der ICD in der Folgezeit weitestgehend bestimmte 57 , blieb die Direktive 1067 bis Sommer 1947 formal in Kraft.
54
Ebd., S. 591.
United States Department of State: Documents on Germany 1944—1985. Washington 1985, S. 17. Künftig: Documents on Germany. 55
5 6 Vgl. hierzu Barbara Mettler: Zur amerikanischen Informations- und Rundfunkpolitik in Westdeutschland 1945-1949. Berlin 1975 , S. 47 ff.
So finden sich deren Einflüsse beispielsweise bereits in der zweiten PWDDirektive Ende Mai wieder. Vgl. Kapitel „Von einer gemeinsamen westalliierten Kriegspropaganda zur getrennten Mediengestaltung in den Besatzungszonen". Von Regierungsseite erhielt dieses Auffassung im November 1945 durch den Bericht von 57
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Mit der organisatorischen Aufteilung von SHAEF und P W D im Juli 1945 begann die amerikanische Militärregierung in ihrer Besatzungszone eigene, inhaltliche Ziele zu verfolgen: Die amerikanische Lebensweise, das gesellschaftspolitische System und seine Institutionen sollten mittels der Medien zum neuen Vorbild werden. So weist ein vertrauliches Schreiben aus den letzten Tagen der P W D ausdrücklich daraufhin, daß es nun auch Ziel sein müsse, „to remove the individual German's misconceptions about the United States and to guide him in directions desired by United States policy by making him aware of the reasonableness and justice of American institutions."58 In Merkblättern, die die ICD unregelmäßig bis wöchentlich 59 verteilte, wurden an die Informationsoffiziere Hintergrundinformationen, beispielsweise zum deutschamerikanischen Verhältnis, sowie konkrete Richtlinien hinsichtlich der Berichterstattung ausgegeben.60 Dennoch dominierte zu keiner Zeit das
Byron Price, der von Präsident Truman auf eine zehnwöchige Erkundungstour nach Deutschland entsandt worden war, fundamentale Unterstützung. Price forderte darin, daß „die gesamte Grundstruktur der Militärregierung in Deutschland, inclusive das Potsdamer Abkommen, im Lichte der Erfahrung und der neuen Bedingungen erneut überprüft werden" sollte. Denn er habe auf seiner Reise festgestellt, daß die bisherige Deutschlandpolitik keinen Fortschritt, sondern vielmehr „alten und neuen Haß" gebracht hätte. Er empfahl daher: „Unserer eigenen Propaganda muß in zunehmenden Maße ein positiver Charakter gegeben werden, im Gegensatz zu dem lange geübten Versuch, die Deutschen von ihrer Kollektivschuld zu überzeugen — ein Unterfangen, das von nun an mehr Schaden als Nutzen stiften wird." Documents on American Foreign Relations, Bd.8, 1. Juli 1945 — 31. Dezember 1946. Princeton 1948, S. 256— 263. Künftig: Documents on American Foreign Relations. 58 BA Koblenz, German Information plan vom 13. Juli 1945, von William Harlan Haie für Colonel W.S. Paley, RG 260 OMGUS, ISD 5/269-1/19. 59 Die zeitliche Erscheinungsweise kann anhand der heute verfügbaren amerikanischen Akten nicht mehr komplett nachvollzogen werden. 60 So hieß es beispielsweise am 26. Oktober 1945 in einem Merkblatt zum Beginn der Nürnberger Prozesse: „Background: The Nuremberg trials scheduled to start November 20th, will expose the character and consequences of German Nazism and militarism for the world and for the German people. [...] We want to Germans to adopt attitudes and beliefs which will safeguard Germany and the world against any recurrence of Nazism and militarism. [...] Treatment: 6. Report American and world reaction to the trials, but avoid material which calls for a different kind of trial based on different legal principles or which attacks the whole theorectical basis of the trials since this would only to confuse the Germans. [...] 8. Make it clear that this a Four Power, not an American indictment. [...] 10. In picture coverage, care should be taken to
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amerikanische Vorbild in der deutschen Berichterstattung. Es wurde auch dahingehend keine Zensur ausgeübt. Was letztendlich auch dem amerikanischen Demokratieverständnis widersprochen hätte. Zensiert wurde von den Offizieren der ICD in erster Linie dann, wenn in der Berichterstattung nationalsozialistische, antidemokratische oder kriegerische Töne anklangen. Daneben nahmen sie ihre Weisungsmacht auch wahr, wenn sie durch die Berichterstattung die Ordnung in den Besatzungszonen gefährdet sahen oder die amerikanische Besatzungsmacht diskreditiert wurde. Die ICD ließ daher zu jeder Zeit die politische Gesamtentwicklung Deutschlands intensiv beobachten, um situativ Einfluß nehmen zu können. 61 Wenngleich sie ingesamt — im Gegensatz beispielsweise zur britischen Besatzungsverwaltung — pragmatisch darauf ausgerichtet war, die Verantwortung möglichst rasch in deutsche Hände zu übergeben62. Anfang Juli 1946 wurde zudem die Abteilung „Reorientation Branch"63 eingerichtet, deren Aufgabe es war,
use pictures which do not ridicule the defendants or detract from the dignity of the proceedings. " BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/261—2/8. 61 Einem geheimem Protokoll vom Juli 1946 zufolge, in dem im wesentlichen über die Teambesprechung des Office of the Director of the Information Control vom 1. Juli 1946 berichtet wird, hatten Psychologen und Anthropologen seit Sommer 1945 „the German mind and character" beobachtet und analysiert: „Reports have now been completed, and will soon be distributed to all Information Control units. It is felt that these reports will help immeasurably to assist in obtaining the view point of the Germans, and will form an exellent background for all Information Control personnel." BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/239-1/20. 62 Bereits im September 1945 erteilte Clay den Befehl, „den Prozeß der Übertragung der Informationsmedien an Deutsche so weit zu beschleunigen, wie es unter Beibehaltung der gründlichen Überprüfung aller deutschen Lizenzbewerber möglich" sei. Zit. nach Brewster S. Chamberlin: Kultur auf Trümmern. Berliner Berichte der amerikanischen Information Control Section Juli — Dezember 1945. Stuttgart 1979, S. 14 f. Parallel dazu wurden am 4. September 1945 in der amerikanischen Direktive Nr.4 die Grenzen der Pressefreiheit festgelegt. Im Juni 1946 wurde im ICD dann offiziell beschlossen, einige Information Control Aktivitäten, wie Radio, DANA, in deutsche Hände zu übergeben. Andere, wie beispielsweise die Wochenschau sowie der Vertrieb verschiedener amerik. Zeitungen, blieben auch weiterhin OMGUS unterstellt. 63 Die Reorientation Branch gliederte sich in vier Unterabteilungen. Eine davon war die Film- und Theaterabteilung, die die Aufgabe hatte, Filme „for educational and public showings" sowie Dokumentarfilme für Deutschland und Japan herzustellen. Vgl. Karl-Ernst Bungenstab: Umerziehung zur Demokratie. Re-education-Politik im Bildungswesen der US-Zone 1945-1949, Düsseldorf 1970, S. 65.
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aufgrund der Situationsberichte konkrete Pläne, Richtlinien und Direktiven für die ICD zu erstellen.64 Ab Frühjahr 1946 trat die amerikanische Deutschland- und Medienpolitik in eine neue Phase ein, in der neben der Vermittlung eines positiven amerikanischen Bildes die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der deutschen Bevölkerung stand. So hieß es beispielsweise in der inoffiziellen Anweisung „Public Relations Policies and Procedures" vom August 1946: „General Policy, a. Public Relations will be conducted in a liberal and sympathetic manner. It is a function of command and will be decentralized in so far as practicable. Representatives of the press, radio and motion picture services will be treated with courtesy and consideration at all times, and subject to security requirements, will not be placed under arbitrary or unreasonable restrictions. Impartial relations will be maintained with all informational media."65 In diesem Zusammenhang ist auch die „Policy Instruction No.3" vom 30. September 1946 zu sehen, aufgrund derer nun auch öffentliche Kritik an der Politik und am Personal der amerikanischen Militärregierung geäußert werden durfte — solange sie keinen „böswilligen Angriff" darstellte. Die Direktive JCS 1779, die am 11. Juli 1947 die Direktive JCS 1067 endgültig ablöste, übertrug der Information Control Division neben der Kontrolle nun auch die Aufgabe, den deutschen Medien in jeglicher Weise Unterstützung zukommen zu lassen. Zudem hatte Militärgouverneur Lucius D. Clay als oberster amerikanischer Vertreter der Besatzungsregierung im Kontrollrat für „the implementation of the decision of 23 April 1947 of the Council of Foreign Ministers on the free exchange of information and democratic ideas by all media in all of Germany" Rechnung zu tragen.66 Infolge alldessen wurden die Aufgaben der ICD ab September 1947 stärker dezentralisiert und einzelne Bereiche den District Information Services Control Commands (DISCC) auf der Länderebene übertragen: „ICD funds will be dispersed both on OMGUS and Laender level. Functions that are zonal, such as the newsreel, will be handled here. Activities that fall within the Laender will handled by the
64
Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/233-1/20. BA Koblenz, Interne Anweisung des OMGUS-Hauptquartiers, OMGUS, ISD 5/269-3/10. 66 Germany 1945—1949 (wie Anm. 7), S. 41. 65
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Laender and suggestion will be made that they devise programs of their own."67 Das Jahr 1947 steht jedoch im Bereich der amerikanischen Informationspolitik auch für den Beginn der offenen Konfrontation zur sowjetischen Regierung. Schon seit Kriegsende erschwerte der schwelende politische Konflikt zwischen den Westalliierten und der Sowjetunion die Zusammenarbeit im alliierten Kontrollrat. Um ihre eigenen politischen Ziele in Deutschland durchzusetzen, bediente sich die sowjetische Regierung dabei auch der ostdeutschen Medien: „Freedom of information for which our Government stands inevitably involves appeals to public opinion. But at Moscow propaganda appeals to passion and prejudice appeared to take the place of appeals to reason and understanding. Charges were made by the Soviet Delegation and interpretation given the Potsdam and other agreements, which varied completely from the facts as understood or as factually known by the American Delegation."68 1947 brach der schwelende Konflikt im Bereich der Medien dann offen aus: Presse und Rundfunk in der sowjetischen Zone berichteten und kommentierten nunmehr gezielt anti-amerikanisch. Worauf zunächst die US-Militärregierung bewußt nicht in der Öffentlichkeit reagierte. Denn der sich zuspitzende Konflikt zwischen der Sowjetunion und den westlichen Großmächten sollte nicht in den deutschen Medien ausgetragen werden. Clay warnte jedoch am 30. Oktober 1947 in einem Schreiben an Under Secretary William Draper vor der Gefahr, die sich aus der weiteren Negierung bzw. einem defensiven Verhalten gegenüber der sowjetischen Propaganda in Deutschland ergäbe: „We do propose to attack communism and the police state before the German people, whereas in the past we have confined our efforts to presenting the advantages of democracy. [...] Under these conditions we cannot wait for Washington's approval when our adversaries speak to the German public. If I get the Department of the Army in trouble, I will apologize; on the other hand, I shall not let Soviet attacks go unanswered and have both our press and the German people believe that we are afraid to ans-
6 7 BA Koblenz, Protokoll des Information Control Division Staff meetings, 25. September 1947, R G 260 OMGUS, ISD 5 / 2 3 9 - 1 / 2 0 .
Report by Secretary of State Marshall on the Fourth Session of the Council of Foreign Ministers, Moscow Session, 28. April 1947, in: Documents on Germany (wie Anm. 9), S. 122. 68
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wer. There could be nothing more harmful to our success."69 Da die amerikanische Regierung den Demokratisierungsprozess in ihrer Besatzungszone nicht gefährden und ein Uberspringen der sowjetischen Propaganda auf die Westdeutschen vermeiden wollte, stimmte das State Department in einem Telegramm vom 1. November der verstärkten Berichterstattung gegen die sowjetische Politik zu. Ein geheimes Political Information Program legte dabei die Themen der künftigen amerikanischen Informationspolitik in Deutschland fest: „I. Interpreting America: The Land & its People, How American Democracy works, How American Economic System works, American Culture, Significance of Current Events & Trends. II. US Foreign Policy: Overall Objectives, Un & Un Issues, USSR & International Communism, World Trade & Economic Policies. ΙΠ. Marshall Plan: European Recovery — Plans & Progress, Safeguarding Western Civilization, Answering Cominform Challenge. IV. Germany: Democratization, Policies & Aims of Occupying Powers, Political Future, Economic Future, Place in Europe & World. V. Human Rights: Essential to Peace & World Progress, Soviet Communism denies Human Rights, Western Democracy safeguards Human Rights. VI. Other Developments."70 Die zunehmende Konfrontation zwischen den westlichen Großmächten und der UdSSR trug in der amerikanischen Zone schließlich auch mit dazu bei, daß sich ab August 1948 offiziell die Aufgaben der Information Control Division71 wandelten: Es sollte nun keinerlei Kontrolle mehr gegenüber den deutschen Medien und der Bevölkerung ausgeübt werden. Da der Begriff „Kontrolle" auch nicht mehr in Verbindung mit der amerikanischen Militärregierung verwandt werden sollte72, wurde die Information Control Division in Information Services Division (ISD) umbenannt. Zudem wurde die Anzahl der Mitarbeiter aufgrund der nun stark verminderten Aufgaben reduziert. Im September 1949 wurde ISD schließlich dem Office of the U.S. High Commissioner for Germany (HICOG) unterstellt und ins Office
6 9 Jean Edward Smith: The Papers of General Lucius D. Clay. Germany 1945— 1949. Indiana 1974, S. 459 f. 7 0 BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/242-2/28. 71 1948 wurde der Hauptsitz der Information Control Division nach Nürnberg verlegt. Der Leiter der ICD, Gordon E. Textor, residierte ab diesem Zeitpunkt in Berlin. 72 Vgl. BA Koblenz, Anweisung OMGUS-Hauptquartier vom August 1948, RG 260 OMGUS, ISD 5/242-1/41.
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of Public Affairs eingegliedert. Die zweite Phase — die letztendlich die zweite und dritte Etappe der PWD-Medienplanung von 1944/45 umfaßte — wurde als abgeschlossen angesehen. Nun konnte die dritte Phase, die Vermittlung des Amerikabildes über US-Medien und die Amerikahäuser in Deutschland, beginnen: „The U.S. information program in Germany moved into ,Phase Three' during the last months of 1949 as a parliamentary democracy gave Western Germans their first postwar government and the Department of State's High Commission replaced the Department of the Army's Military Government. [...] For Information Services Division, the new phase meant an accelerated program of direct overt information through newspapers, magazines, books, radio and films — closely coordinated with the Department of State's world-wide information program."73 Daneben behielt sich ISD auch weiterhin über die Alliierte Hohe Kommission eine direkte Möglichkeit der Einflußnahme auf die deutsche Medienberichterstattung vor: „Law No. 5, known as the Press, Radio, Information and Entertainment Law, together with Laws 14 and 16, authorized the Allied High Commission to prohibit the publication of anything which might threaten the security and prestige of the Allied Forces, and further call for Allied action in cases of acts hostile or disrespectful to the Allies or those which would tend to revive Nazism, militarism or similar forms of aggression."74
2. Aufbau und Zielsetzung des britischen Informationssystems in Deutschland Wenngleich die amerikanische Regierung schon Anfang der vierziger Jahre den Auftrag gegeben hatte, erste Pläne für den Aufbau einer Besatzungsverwaltung zu erstellen, war die britische Armee von allen Großmächten am besten auf ihre einzelnen Aufgaben im Nachkriegsdeutschland vorbereitet. Denn seit Sommer 1943 bildeten akademische Arbeitsgruppen in Oxford, militärische Stabseinheiten und einzelne ministeriale Abteilungen gemeinsam mit deutschen Emigranten ein informelles Expertengeflecht, das sich im Laufe des Jahres 1944 unter der Aufsicht des Foreign Office zu einer zentralen Planungseinheit zusamB A Koblenz, Semiannual Report der ISD, 1. Juli — 31. Dezember 1949, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 3 3 - 1 / 8 . 73
74
B A Koblenz, ebd.
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menschloß. Das Ergebnis waren schließlich 38 Entwürfe zu Direktiven, die sich auf alle voraussichtlich wichtigen Bereiche der künftigen alliierten Besatzungspolitik75 in Deutschland bezogen und später dann auch weitgehend die praktische Besatzungspolitik prägten.76 Mit der grundsätzlichen Planung der Informationspolitik war das Political Intelligence Department (PID) betraut, für deren Umsetzung hingegen Mitarbeiter der Information Services Control (ISC)77 im PWD verantwortlich.78 Mit der Aufteilung Deutschlands in einzelne Besatzungsgebiete und der damit verbundenen Aufwertung der ISC kam es zu Kompetenz-Unklarheiten zwischen PID und ISC, wie ein Schreiben des Deputy Director der ISC, Colonel L.A. Gibson, vom 16. April 1945 an I. Kirkpatrick, Control Commission for Germany, darstellt: „Is it to be understood that in the post hostilities period — and how long may this be considered to endure? — P.I.D. is responsible for British informational policy, for media based in Britain and in Germany? If so, then I.S.C. [Information Services Control, Anmerk. der Verf.] Branch will receive directives from P.I.D. on the work it is to do in Germany. While it is quite clear that H.M.G. [High Military Government, Anmerk. der Verf.] will order and control the general line of working, I am not convinced that it is desirable for P.W.E. [Political Warfare Executive, Anmerkung der Verf.] to ,plan and execute [...] in all British services'. I.S.C. Branch, under the orders of the Commander in Chief must have a wide discretion as to how it operates, and though P.I.D. and I.S.C. must work close collobaration, I doubt the advisability and practicability of making
Die britische Regierung ging dabei zu diesem Zeitpunkt noch nicht von getrennten, einzeln verwalteten Besatzungszonen in Deutschland aus. 75
7 6 Vgl. Ulrich Reusch: Der Verwaltungsaufbau der britischen Kontrollbehörden in London und der Militärregierung in der britischen Besatzungszone, in: Adolf M. Birke und Eva A. Mayring (Hgg.): Britische Besatzung in Deutschland. Aktenerschliessung und Forschungsfelder. London 1992, S. 35. Daneben gab es — wie bereits dargestellt — die gemeinsame amerikanisch-britische Planung der Informationspolitik im PWD. 7 7 Diese waren — im Gegensatz zur amerikanischen ICD — vorwiegend keine deutschen Emigranten, denn man ging davon aus, daß ein klares Verhältnis zwischen Briten und Deutschen als Sieger und Besiegte von der deutschen Bevölkerung besser akzeptiert werde. 7 8 Vgl. P R O Kew, geheimes Memorandum „Policy of British Information Services for Germany" vom 21. Mai 1945, F O 1049, 79.
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one subordinate to the other."79 Doch erst langsam sollte die ISC, die zunächst gemeinsam mit der Public Relation (PR) Abteilung als PR/ISC Group in der britischen Besatzungszone auftrat, an Eigenverantwortlichkeit gewinnen. Die britische Informationspolitik selbst sah ebenso zunächst vor, daß die deutschen Medien in erster Linie Kommunikationsmittel zwischen Besetzern und Besetzten sein sollten. Im Gegensatz zu den amerikanischen Vorstellungen sollten sie jedoch nicht nur Sprachrohr der eigenen Militärregierung sein. Vielmehr sollten sie auch die Vorgaben und Ziele der gemeinsamen Verwaltung Deutschlands vermitteln.80 — Wobei aufgrund der bereits dargestellten Kooperationsprobleme unter den drei Besatzungsmächten zunächst nur die amerikanische Zone mitanvisiert wurde. So sollte ein alliierter Pressedienst „24 Stunden pro Tag" die Zeitungen und Hörfunksender in den beiden Zonen mit Meldungen versorgen81. Die deutsche Bevölkerung sollte über Sendungen des B.B.C. German Service, Dokumentär- und Nachrichtenfilme sowie Zeitungen informiert werden.82 Erste Leitlinien83 für die journalistische Arbeit, die auch in der britischen Zone zunächst auschließlich von ISCAngehörigen geleistet wurde, legte PID ab 28. Mai vor: Demnach sollten Nachrichten inhaltlich objektiv aufgebaut sein und Kommentierungen nur in den hierfür vorgesehenen Rubriken erfolgen — wobei letztere mit den entsprechenden britischen Stellen vorher abgesprochen werden mußten. Die Medien selbst hatten nicht nur jede Einmischung in deutsche, innenpolitische Auseinandersetzungen zu vermeiden, sie durften auch keine bestimmten Parteien, Gewerkschaften oder Berufsverbände
PRO Kew, FO 1049, 79. Vgl. PRO Kew, „Policy of British Information Services for Germany" vom 21. Mai 1945, FO 1049, 79. 81 Nach dem Memorandum „Organization and Functions of Information Group, Public Relations Branch" vom 18. Januar 1946 sollte der Pressedienst hingegen nur noch für die britische Zone zuständig sein: „News and other material for overt (i.e. directly controlled) and licensed (i.e. subject only to censorship) newspapers, and for the German Broadcasting Service, is provided by the German News Service at Hamburg which is under the direct control of Information Services Control Branch." PRO Kew, FO 1056, 103. 8 2 Vgl. PRO Kew, „Policy of British Information Services for Germany" vom 21. Mai 1945, FO 1049, 79. 8 3 Bemerkenswert an diesen Leitlinien ist, daß die Verfasser offenkundig von keiner zukünftigen Konkurrenz unter den Medien der vier Alliierten ausgingen. 79
80
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fördern.84 Ahnlich wie in der amerikanischen Informationspolitik sollte die Berichterstattung inhaltlich darauf ausgerichtet sein, die nationalsozialistische Ideologie aus dem öffentlichen Bewußtsein zu verbannen, die Deutschen zum Wiederaufbau ihres Landes zu ermuntern, die Einigkeit der Alliierten unter Beweis zu stellen sowie die öffentliche deutsche Meinung in demokratische und internationale Bahnen zu lenken. Daneben sollte das falsche Geschichtsbild der Deutschen — vor allem hinsichtlich der Ursprünge der beiden Weltkriege — korrigiert und ein neues Image von Großbritannien vermittelt werden.85 Nach all diesen Grundsätzen sollten dann im Laufe der Zeit auch wieder deutsche Journalisten ausgebildet werden. In den ersten drei Wochen nach Kriegsende hemmten jedoch zunächst drei Faktoren den raschen Aufbau eines neuen Informationswesens: Ebenso wie die amerikanische Regierung setzte die britische zum einen bis Sommer 1945 darauf, daß die vier Großmächte gemeinsam die Medien in Deutschland neu aufbauen und verwalten würden. Zum anderen arbeitete der Oberbefehlshaber der britischen Truppen in Nordwestdeutschland, Feldmarschall Bernhard L. Montgomery, nur widerwillig mit den Stellen des PID und der PR/ISC Group zusammen.86 Und drittens war die PR/ISC Group die kleinste Informationseinheit der drei westlichen Besatzungsmächten. Während in der amerikanischen Information Control Division zu diesem Zeitpunkt 1.700 Mitarbeiter beschäftigt waren, verfügte die französische Direction d'Information über 160 und die ISC nur über knapp achtzig Kontrolloffiziere.87
84 Vgl. Joachim Görgen: Der britische Einfluß auf den deutschen Rundfunk 1945— 1948. Diss. Berlin 1983, S. 120 f. 85 Vgl. ebd., S. 122. Unumwundener drückte Montgomery in der streng geheimen Note „Propaganda and Information" vom 7. Juli 1945 die Ziele der britischen Informationspolitik aus: „The German people have had National Socialism, and the Nazi doctrines, pumped into them for many years; they have become receptive for propaganda. Suddenly it all ceased; now they have nothing; their minds are blank, and something must fill the void. They are hungry for information; we must give it to them, mixed with good and officially inspired propaganda." PRO Kew, FO 1056, 25. 86 Dies spiegelt sich auch beispielsweise anhand der РШ Direktive „Information and Publicity to Germany and Austria" vom 1. Juni 1945 wider, in der den britischen Einheiten untersagt wurde, öffentlich Stellung zur Entwicklung der deutschen Medien zu nehmen. Feldmarschall Montgomery setzte sich jedoch über diese Anordnung hinweg. Vgl. Rzeznitzeck (wie Anm. 7), S. 32. 87 Vgl. Görgen (wie Anm. 38), S. 133.
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Mit der organisatorischen Aufteilung von SHAEF und PWD wurde die PR/ISC Group eigenständig und -verantwortlicher: „Information Services Control now forms, with Public Relations, a separate Group known as PR/ISC, and is no longer a Branch of Political Division."88 Ahnlich wie traditionell im britischen Journalismus Wert daraufgelegt wird, Kommentar und Nachricht klar voneinander zu trennen, so grenzte auch die Informationseinheit in Deutschland klar die beiden Hauptbereiche Selbstdarstellung und Medienbetreuung voneinander ab — was auch in der Bezeichnung „PR/ISC Group" zum Ausdruck gebracht wurde. So hatte auf der einen Seite die PR Branch die klassischen Gebiete, wie sie heute für die Öffentlichkeitsarbeit definiert werden, inne: „The main function of the Information Group, Public Relations Branch, is to ensure that representatives of press, radio and screen of Great Britain and the world are presented with the accurate facts about the work, achievements and problems of Control Commission / Military Government in the British occupied Zone of Germany — and to provide ISC with such news of an official character as will be of assistance in presenting relevant material to the German public."89 Zur ihr gehörten die „Operation and Liaison Group", die zum einen Verbindung zu den anderen Großmächten hielt und zum anderen „Presse Camps" veranstaltete, die „Information Group", die über Handzettel Meldungen aus den Divisionen an die Medienvertreter weitergab und Interview-Partner vermittelte, sowie der „Public Relations Service", der für die organisatorische Abwicklung von Reisen zuständig war. Zu den Aufgaben der PR Branch gehörte es insgesamt aber auch, Einfluß auf die Berichterstattung nichtdeutscher Medien zu nehmen, soweit sie die britsche Besatzungspolitik betraf: „While control of the press (excluding Germany) is neither practical nor desirable, an important function of the Public Relations Branch is to influence press correspondents against filing articles which might aggravate the relationship between H.G.M. and the Allied Governments, or cause controversy which might jeopardise the work of the
88 PRO Kew, Progress Report für die Zeit vom 31. Juli bis 31. August 1945, FO 1056, 70. Der Sitz der beiden Abteilungen war zunächst in Bünde/Westfalen. 89 PRO Kew, Organization and Functions of Information Group, Public Relations Branch, C C G vom 18. Januar 1946, FO 1014, 195.
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administration of the British Z o n e . " 9 0 Daneben gab die P R B r a n c h auch eigene Publikationen wie beispielsweise The British Zone Review
heraus.
Die Information Services C o n t r o l war auf der anderen Seite zuständig für den Aufbau und die Kontrolle der deutschen Medien. 9 1 Bis O k t o b e r 1946 w a r sie zunächst nur in zwei Untergruppen 9 2 aufgeteilt, wobei die eine die Bereiche Cinema, Theater und Publikationen abdeckte u n d die andere Presse und H ö r f u n k . 9 3 Die jeweilig höchsten Vertreter der einzelnen Mediengebiete bei den Meetings waren Assistant Controller. Das A m t des Chiefs der ISC hatte bis Herbst 1946 zunächst General A l e c W . Bishop 9 4 inne 9 5 . In dieser Funktion w a r er direkt M o n t g o m e r y ^ Chief o f Staff, General Brian H . Robertson 9 6 , unterstellt und verantwortlich. A u f regionaler Ebene, in den C o r p s Districts und in der britischen Z o n e v o n Berlin, gab es zudem Information C o n t r o l Units ( I C U ) , die
PRO Kew, Aufgaben der Public Relation Branch von 1946, F O 1056, 501. In der Note „Organization and Functions of Information Group, Public Relations Branch" vom 18. Januar 1946, die von der Control Commission for Germany herausgegeben wurde, hieß es dazu: „ISC is the responsible agency for disseminating news to the German public." PRO Kew, F O 1014, 195. 9 2 In den britischen Akten aus den ersten Besatzungsmonaten führen die Unterabteilungen in ihrem Namenszug auch immer zusätzlich den Hinweis „I.S. C. Branch". 93 Bis 1949 waren Hörfunk und Presse für die britische Militärverwaltung eindeutig die wichtigsten Medien. — Nicht zuletzt, weil über diese am schnellsten eine Kommunikation zur deutschen Bevölkerung hergestellt werden konnte („Day-to-day information service"). Daher widmete sich zunächst ein Referat allein diesen Bereichen. 9 4 General Bishop war damit sowohl Chief der Information Services innerhalb der Kontroikommission in Berlin, im britischen Berliner Sektor als auch in der britischen Zone. Bishop wurde im Herbst 1946 von seinem Posten in Berlin abberufen und später zum Militärgouverneur in Nordrhein-Westfalen ernannt. 9 5 Im Gegensatz zu den Informationseinheiten der anderen Besatzungsverwaltungen zeichnete sich die britische durch eine hohe personelle Fluktuation aus — was sich besonders deutlich anhand der Besetzung der Leitungsfunktion aufzeigen läßt: So hatte nach Bishop Brigadier W.L. Gibson bis November 1946 die Stelle als Acting Chief PR/ISC Group inne. Ihm folgte C. Sprigge, der bis Ende Juli 1947 regulärer Chief war. Bis November 1947 übernahm die Stelle dann wieder stellvertretend I.C. Edwards, bevor zunächst G.R. Gauntlett und bis Herbst 1948 dann Air Commodore F. Beaumont die Stelle des Chief PR/ISC Group innehatten. Letzterer wurde schließlich von Brigadier W.L. Gibson, der die Stelle bereits 1946 stellvertretend innegehabt hatte, 1949 abgelöst. 90
91
9 6 Robertson übernahm 1947 von Montgomery das Amt des Militärgouverneurs. 1949 war er dann zunächst auch britischer Hoher Kommissar in Bonn.
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zum einen zentral von der ISC Informationen sowie technische Ausstattung erhielten. Zum anderen standen sie auch in engem Kontakt zur jeweilig regionalen Militärverwaltung.97 Außerdem war eine kleine Informationseinheit in Berlin zur Unterstützung der britischen Medienpolitik im Kontrollrat abgestellt. Jeweils ein Informationsoffizier vertrat dabei die einzelnen Medienbereiche.'8 Die organisatorische Aufteilung der PWD brachte zudem einen Wandel innerhalb der britischen Informationspolitik, was sich in einer intensiven Ausgabe von Direktiven" niederschlug. So verkündete Bishop am 20. Juli, daß nun die erste Phase der politischen Härte gegenüber der deutschen Bevölkerung vorüber sei und man nun in die des Neuaufbaus Deutschlands und der deutschen Medien eintrete: „The first phase of austerity, aloofness and rigid restraints is now over. The phase of increasing freedom and hope for the Germans is being entered. [...] Such restrictions as are imposed and maintained must be educative and not punitive, apart from those demanded by military security. Other restrictions will arise from the limiting factors of physical conditions, e.g. shortage of newsprint, films, etc., and from the need for selection of trustworthy Germans. [...] As the earnest of eventual freedom for the Germans, the licensing of suitable Germans in all fields of Information Control will be accelerated. Every opportunity will be given to the
Vgl. PRO Kew, Memorandum on the functions of the Public Relations and Information Services Control Branch of PR/ISC Group, Control Commission for Germany (BE) von Anfang 1946, F O 1056, 103. 9 8 So heißt es beispielsweise in einem vertraulichen Memorandum vom 22. Dezember 1945, angefertigt von Bishop: „The D.M.G. has ordered that PR/ISC Group will, in common with all other Divisions and Groups of the Control Commission, establish a small policy staff at Adv. HQ. in Berlin. [...] As far as the HQ. of the Control Commission (B.E.) is concerned, the policy is formulated at Adv. HQ. in Berlin, the seat of the Quadripartite Government of Germany, and is executed under the direction of Main HQ. in the Zone. [...] Within the near future the existing staff at our Advanced HQ. in Berlin will, on the I.S. C. Policy side, be augmented as follows: One officier for live entertainments, one officier for films, one officier for publications, one liaison officier with the Intelligence Section." PRO Kew, FO 1056, 26. 97
9 9 Diese Direktiven, die zunächst wöchentlich, ab Dezember 1945 vierzehntägig herausgegeben wurden, beinhalteten unter anderem Anweisungen, wie in den Medien über bestimmte Themen zu berichten sei. So hieß es beispielsweise in der ICS Direktive No.30 vom 12. Dezember 1945: „Denazification. News on denazification measures will be given first priority." PRO Kew, FO 1014, 195.
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Germans to learn by practice and from example individual initiative and responsible citizenship."100 Ein „plan for Re-education", der sich sowohl auf das Bildungswesen als auch auf die Informationspolitik bezog, sollte dabei helfen, diese Ziele zu verwirklichen. Dieser sah in seinen wesentlichen Zügen vor, daß die Mitarbeiter der britischen Zonenverwaltung der deutschen Bevölkerung „a British way of looking at society" vermitteln sollten. Neu für die britische Informationspolitik war jedoch die Ansicht, daß die Re-education der Deutschen insgesamt letztendlich nicht von außen, sondern durch Deutsche selbst erfolgen müsse.101 Wenngleich der Verfasser Michael Balfour102 damit zunächst auf interne Kritik stieß, haben die Briten — den Zeitzeugen-Befragungen von Peter Rzeznitzeck zufolge — im weiteren Verlauf der Besatzungszeit tatsächlich im Bereich der Informationspolitik dem Prinzip der indirekten Kontrolle (indirect rule) einen höheren Stellenwert eingeräumt als der direkten Überwachung vor Ort. 103 Im Gegensatz zu der lange Jahre — nicht nur in der Geschichtswissenschaft — verwandten Ubersetzung „Umerziehung" für den Begriff „Re-education" gibt in der neueren Forschung auch Rolf Lutzebäcker zu bedenken, daß die „re-education" der britischen Militärverwaltung stets mehr gewesen sei: „Sie war konzipiert als Ausbildung zum eigenen Denken, zur Selbstverantwortung, in dessen Rahmen auch das fällt, was nach britischer Ansicht der überwiegenden Meinung der Deutschen in den Jahren der Nationalsozialistischen Diktatur gefehlt hatte: Zivilcourage, der Mut, dem eigenen Gewissen zu folgen, der Mut zur Selbstverwaltung."104 Lothar Kettenacker geht aufgrund seiner Aktenauswertung sogar soweit, den Begriff „re-education"
P R O Kew, Standing Directive No.l vom 20. Juli 1945, F O 1039, 58. Die Gründe für den Wandel in der britischen Informationspolitik entsprechen dabei weitestgehend denjenigen, die in der amerikanischen Zone zum Aufbau einer lizensierten deutschen Medienlandschaft führten. Vgl. Kapitel „Geeint gegenüber den Deutschen: Medienpolitik zwischen Konzeption und Umsetzung". 100
101
Vgl. P R O Kew, „plan for Re-education" vom Februar 1946, F O 1056, 25.
Balfour arbeitete von 1936 bis 1939 für das Royal Institute of International Affairs, 1939—42 für das Ministry of Information und kam 1942 zum Foreign Office. 1944 bis 1945 war er Staff Officer in der Ρ W D . In seiner Funktion als Director General ICS (ab 1945) wurde er im Herbst 1947 von K. Kirkness abgelöst. 102
Vgl. Rzeznitzeck (wie Anm. 7), S. 19. Die Bildungspolitik der Britischen Militärregierung im Spannungsfeld zwischen .education' und ,re-education' in ihrer Besatzungszone, insbesondere in SchleswigHolstein und Hamburg in den Jahren 1945—47. Frankfurt am Main 1991, S. 15 f. 103
104
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durch „supervision" zu ersetzen: „In diesem Ausdruck schwingt viel mit von der persönlichen und zugleich situationsbedingten Autorität, welche die Briten durchaus für sich in Anspruch nehmen durften, und die gewiß in hohem Maße dazu beitrug, in Deutschland jenen Gesinnungswandel (,change of heart') herbeizuführen, der wohl den meisten Besatzungsoffizieren als das eigentliche Ziel ihres Wirkens vorschwebte."105 Aufgrund der nun immer umfassender werdenden Aufgabengebiete wurden Anfang Juni 1946 die einzelnen Bereiche der beiden ISC BranchHauptgruppen stärker voneinander abgetrennt und erweitert: „ISC Branch will consist of the following sections: Press and News Policy Section, Broadcasting Representative, Publications Representative, Films Representative, Theatre and Music Adviser, Archives Representative, Counter-Propaganda Representative."106 Wenige Monate später, im Herbst 1946, fand dann eine Neuordnung und Aufwertung der einzelnen Abteilungen statt: Oberste Institution war zwar auch weiterhin die PR/ISC Group. Die Information Services Control Branch setzte sich nun jedoch aus eigenständigen Abteilungen (Press section, Radio Section, Theatre & Music Section, Book Section, Films Section, CounterPropaganda Section und Intelligence Section) zusammen. Während die Zentrale der PR/ISC Group nunmehr in Berlin war und die Abteilungen der PR Branch in Bünde blieben, siedelten die der Information Services Control nach Hamburg um.107 Mit der Etablierung der Bizone 1947 wurde in Frankfurt zudem ein britisch-amerikanisches Informationsbüro, das in erster Linie über die bizonalen Aktivitäten informierte, eingerichtet.108 Im Frühjahr 1948 wurde die PR/ISC Group schließlich noch ein weiteres Mal umstrukturiert. Grund hierfür war, daß sich die Aufgabengebiete der PR Branch und der Press Section im Laufe der Besatzungszeit immer stärker angenähert hatten und sich schließlich teilweise deckten, wie ein Memorandum des Chief PR/ISC Group, Air Commodore F.
Britische Besatzungspolitik im Spannungsverhältnis von Planung und Realität, in: Birke und Mayring (wie Anm. 30), S. 30. 106 p r o Kew, Standing Office Instruction for ISC Branch vom 3. Juni 1946, FO 1056, 28. 1 0 7 Vgl. PRO Kew, Organisationsplan, FO 1056, 517. 108 Britischer Direktor dieser Zweigstelle war zunächst Air Commodore F. Beaumont, der dann jedoch im Herbst 1948 G.R. Gauntlett in der Funktion als Chief der PR/ISC Group nachfolgte. 105
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Beaumont, aufzeigt: „It has long been agreed in principle that PR Branch and German Press Section should be merged into one Press Branch. Except in one respect, which will be reffered to later, their work overlaps considerably. For example, they have to use the same news to prepare handouts, conduct briefings, etc., for the same purpose — publication in the press."109 Mit der Umstrukturierung wurde zugleich auch die gesamte PR/ISC Group in „Information Services Division" umbenannt. Denn ebenso wie in der amerikanischen Militärverwaltung war man nunmehr der Ansicht, daß aufgrund der veränderten politischen Bedingungen „Kontrolle" allein nicht mehr länger ein geeignetes Mittel war, wenn man die deutsche Zonenbevölkerung enger an den Westen binden wollte: „Lastly, and in conclusion, it is proposed that PR/ISC no longer be called PR/ISC but be renamed, quite simply — Information Services Division. That would be a reasonably accurate description and would conform most closely with the nomenclature used by the Foreign Office ,proper'. Though control remains, it no longer has the old emphasis which demands the use of the word in the name of the organisation. It is also considered that the change of name would have a useful psychological effect, not least within the organisation."110 Die veränderte Zielrichtung der britischen Informationspolitik fand denn auch Niederschlag in einer Direktive des britischen Militärgouverneurs Robertson vom 2. September 1948, die die Aufgaben des Chiefs der Information Services Division direkt — und damit indirekt die der ISD — größtenteils neu definierte: Da sich die Medien nunmehr mehrheitlich in deutscher Hand befanden, sollte die Aufgabe der ISD künftig vorrangig darin bestehen, diese von außen in ihrer demokratischen Entwicklung zu unterstützen. Es sollte jedoch auch weiterhin darauf geachtet werden, daß die deutsche Bevölkerung mittels der Medien über die Arbeit der Militärverwaltung und des Kontrollrates sowie über Großbritannien, demokratische Ideen und den Commonwealth informiert werde. Denn eine inoffizielle Kontrollfunktion der ISD sollte so lange bestehen,"until this objective is achieved and full control can be passed to the Germans".111 Zugleich
109 p r o Kew, Memorandum des Chief PR/ISC an Military Governor B.H. Robertson vom März 1948, F O 1056, 1372. Aus den britischen Akten wird ersichtlich, daß Robertson die Vorschläge, die Beaumont in seinem Memorandum hinsichtlich einer Umstrukturierung der PR/ISC Group machte, auch umsetzen ließ. 110
P R O Kew, F O 1056, 1372, ebd.
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P R O Kew, F O 1056, 1372.
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sollte die ISD auch die deutsche Bevölkerung weiterhin im „richtigen Gebrauch der Medien in einem demokratischen Staat" unterweisen und zu mehr „Aktivitäten auf dem Gebiet der Kultur und der Unterhaltung" ermutigen.112 Sehr viel zögerlicher als beispielsweise die amerikanische Zonenverwaltung gab letztendlich die britische Regierung ihre Kontrollinstanz ab.113 So begann sich ISD erst im Sommer 1948 generell mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, daß ihre Kontrollmacht mit dem Inkrafttreten des bundesdeutschen Grundgesetzes 1949 zu Ende gehen werde: „Under the Occupation Statue, Information Services Division would have very few powers of control remaining to it. It was probable that the functions of control would be limited entirely to those which could be said derive legitimately from the principle of the maintenance of the security and prestige of the Occupying Powers. [...] It would be unrealistic planning on our part to base any of our future activities on the assumption that we should continue to have control. We should have to realise that the Germans were running their own show and that our main function would be to ,observe, advise and assist'."114 Mit Inkrafttreten des Besatzungsstatuts wurde denn auch die Mitarbeiterstärke der Information Services Division, die zwischenzeitlich nach Bonn umgezogen war, erheblich reduziert. Ihre Aufgabengebiete wandelten sich im Laufe der nachfolgenden Monate — ebenso wie amerikanischerseits — von der „supervision" des deutschen Medienverhaltens hin zu denen einer „normal organisation of British Information Services in Foreign countries generally".115
PRO Kew, ebd. Dies belegt beispielsweise ein Protokoll über das Meeting der Information Services Division am 15. August 1949 in Hamburg: „As far as the Statute was concerned and especially in the eyes of critical Germans, Information Services have no function where the .Allies reserve the right ..." and the only powers left to us are covered by the clause which states that the Germans must not do anything to endanger ,the prestige and security' of the Allies. " PRO Kew, FO 1050, 1325. 1 1 4 PRO Kew, Protokoll über das Meeting der ISD und Press Policy am 5. Oktober 1948, Statement G.R. Gauntlett, Chief Information Services Division, FO 1056, 293. 1 1 5 Vgl. PRO Kew, Bericht über das ISD Meeting am 24. November 1949, FO 1050, 1339. 112 113
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3. Die Direction de l'Information und ihre Medienziele für die französische Zone Im Gegensatz zu den britischen und amerikanischen Regierungen, die frühzeitig geeignetes Personal hatten rekrutieren und erste Planungsstudien erarbeiten lassen, war die französische Armee zunächst mit ihrer neuen Rolle als Besatzungsmacht in Deutschland überfordert — nicht zuletzt, weil Frankreich bis zum Herbst 1944 selbst ein besetztes Land gewesen war und sich die Exilregierung de Gaulles nach der Befreiung im Paris erst etablieren mußte. Daher stützte sich die französische Führung bei der Einrichtung der Besatzungsverwaltung in Deutschland zunächst auf die Planungsergebnisse der amerikanischen und britischen Regierungen 116 . Sehr bald entwickelte sie diese jedoch eigenständig weiter. D o c h auch innerhalb der Forces Fran^aises en Allemagne (FFA) hatte die französische Regierung mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Denn in der französischen Besatzungsarmee arbeiteten ehemalige ResistanceKämpfer, die zumeist kommunistisch oder sozialistisch geprägt waren, neben ehemaligen Armee-Offizieren und früheren Beamten der VichyRegierung, die die Chance zur Rehabilitierung nutzen wollten. Interne Spannungen und unterschiedliche ideologische Interessen behinderten daher bis zum Ende der Besatzungszeit immer wieder die Arbeit in Deutschland. 11771 Neben diesen innenpolitischen Schwierigkeiten stellte jedoch auch die Zusammensetzung der französischen Zone ein Problem dar: Denn da sie
116 Den Offizieren stand die französische Ausgabe des „Handbook For Military Government in Germany" zur Verfügung. Dieses „A.M.F.A. Memento pour les Officiers de Detachement de Gouvernement Militaire" beinhaltete jedoch nur vage Vorstellungen zu den künftigen Medienziele und ihrer Umsetzung: „Mais helas, sur a peine plus de deux pages, il n'est question que de securite et de renseignement militaires. Absolument rien de precis concernant un systeme de presse et de radio, entierement a refaire". Manuskript eines Referates von Commandant Hemmerle vom November 1973 mit dem Titel „La Presse Allemande en Zone Franfaise D'Occupation". Zit. nach Stephan Schölzel: Die Pressepolitik in der französischen Besatzungszone 1945—1949, Veröffentlichungen der Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz, Bd.8. Mainz 1986, S. 41.
Vgl. Birgit Martens-Schöne: Erzfeind oder Nothelfer? Französische Besatzungspolitik nach dem Zweiten Weltkrieg, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton, 2. Februar 1987. 117
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praktisch ein ,Nebenprodukt' der amerikanischen und britischen Zone war, verfügte sie im Gegensatz zu den anderen Besatzungsgebieten weder über größere zusammengehörige Verwaltungseinheiten noch über eine zusammenhängende Infrastruktur. Auch im Bereich der Medien konnte die französische Armee kaum auf vorhandene Kommunikationsmittel zurückgreifen: „En ce qui concerne plus particulierement la Zone Franfaise, qui allait pendant les deux premieres annees de l'occupation vivre sa vie propre, les difficultes s'aggravaient du fait qu'il s'agissait d'un territoire tres faiblement equipe en moyens d'information, tant a cause de sa situation excentrique et de l'absence de grandes villes, qu'en raison du peu d'interet et de confiance que Berlin temoignait aux populations du Rhin et de la Foret Noire. Aucun des grands journaux, aucun des grands emetteurs de radio ne s'etaient situes dans ce qui est aujourd'hui la Z.F.O."118 Mit der Verordnung Nr.l vom 28. Juli 1945 übernahm General Pierre Koenig als General Commandant en Chef Fran^ais en Allemagne den Oberbefehl. Sein Vorgänger, General Jean de Lattre de Tassigny, war nach nur elfwöchiger Dienstzeit zum Generalinspekteur des Heeres gefördert' worden.119 Erst ab diesem Zeitpunkt begann der effektive Aufbau der französischen Besatzungsverwaltung. Das Commandement en Chef Frangais en Allemagne (C.C.F.A.) unterstand dem in Paris als Koordinierungsstelle gebildeten Commissariat General pour les Affaires Allemandes et Autrichiennes (C.G.A.A.A.), das zunächst von de Gaulle persönlich geleitet wurde. Für die zivilen Belange war Emile Laffon zuständig. In dieser Position war er zwar General Koenig unter-, allen anderen Abteilungen jedoch überstellt.120 Zwischen beiden entwickelte sich in den folgenen Jahren ein immer
1 1 8 A O F Colmar, Rapport sur l'activite des Services de l'Information (1945—1949) der Division de l'Information vom 15. Juni 1949, Affaires Culturelles, A C 658/1. 1 1 5 Die ,Besatzungspolitik' General Jean de Lattre de Tassigny hatte sich in erster Linie durch Vergeltungsambitionen und einen provozierenden Lebensstil der französischen Soldaten und ihrer Familien ausgezeichnet. Dieses Verhalten stieß jedoch auch in Paris auf wenig Verständnis. Koenig war hingegen nach der Abberufung de Lattre de Tassigny von Sommer 1945 bis zum Inkrafttreten des Besatzungsstatuts 1949 Militärgouverneur in Deutschland. 1 2 0 In den britischen Akten wurde diese Konstellation deshalb auch wie folgt bewertet: „Die französische Zone wird bewacht vom Militär und verwaltet von Zivilisten." PRO Kew, Bericht des French Zone Liaison Officier, FO 1056, 57.
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schärferer Konflikt, der zeitweise sogar das Funktionieren des ganzen Verwaltungsapparates in Frage stellte.121 Denn während Koenig als Gaullist eine harte Linie in der Besatzungspolitik vertrat, setzte sich Laffon, der eher sozialistisch geprägt war, für die deutsch-französische Annäherung ein.122 In seiner Funktion als Administrateur General Adjoint leitete Laffon zwölf Divisionen. Darunter auch die Direction de l'Information (DI), die bis Ende Juli 1945 aus dem militärischen Service „Presse et Propagande" bestand und von de Dadelsen geführt wurde. Die eigentliche französische Informationspolitik hatte bis zur Umgestaltung und Erweiterung der Direction de l'Information Ende Juli — in der sogenannten SHAEF-Periode — zunächst bei der Informationsabteilung des Detachement Fran?ais de Gouvernement Militaire de Stuttgart gelegen. Diese Einheit wurde im Zuge der SHAEF-Auflösung Mitte Juli nach Freudenstadt verlegt, wo sie nach der Etablierung der französischen Militärverwaltung in Baden-Baden faktisch keine Rolle mehr spielte.123 Ab August 1945 gliederte sich die DI in sechs voneinander unahängige Unterabteilungen: Section I: Exploitation, Section II: Documentation et Etudes, Section III: Presse, Section IV: Cinema, Section V: Radio, Section VI: Camp de Presse S.P.A. Leiter der DI wurde Mitte Juli Jean Arnaud. In seinem ersten monatlichen Bericht stellte er die bisherige Aufbautätigkeit seiner Direction vor: „La mission et la doctrine une fois definies, le schema d'organisation constitue (avec comme sections la documentation, la presse, la radio, le cinema, le camp de presse) des taches urgentes et connexes se sont imposees.1,124 Als vorrangigstes Ziel gelte es nun, sehr schnell eine französische Zeitung für die Armeeangehörigen, die „von der Heimat getrennt" seien, zu publizieren, damit sie zum einen über das Leben in Frankreich und zum anderen über die deutschen Probleme informiert würden. Parallel
121 v g l . hierzu ausführlich Horst Welzel: Rundfunkpolitik in Südwestdeutschland 1945—1952. Zu den Auseinandersetzungen um Struktur und Verfassung des Südwestfunks. Diss. Hannover 1976, S. 47 ff. 1 2 2 Laffon wurde denn auch, nachdem Robert Schumann den sozialistischen Premierminister Ramadier am 24. November 1947 abgelöste hatte, entlassen und sein Aufgabenbereich aufgelöst. 123
Vgl. Welzel (wie Anm. 75), S. 12 f.
A O F Colmar, Rapports mensuels de la Direction de L'Information vom 31. August 1945, Affaires Culturelles, A C 654, Dossier 7. 124
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dazu sollte damit begonnen werden, Zeitungen für die Deutschen herauszugeben, da diese durch den Mangel an Informationen „verwirrt" und für falsche Gerüchte sehr empfänglich seien. Schließlich nannte er als weitere, dringende medienpolitische Schritte: „c) organiser des emissions en allemand a la radio, d) rouvrir les salles de Cinema pour les allemands, e) recevoir les journalistes francais et etrangers venus faire des enquetes dans notre zone, les loger, les nourir, les piloter et leur fournir tous les documents et renseignements sur la structure de notre organisation en Allemagne et sur les problemes de l'occupation." 125 Dabei rechnete er besonders dem französischen Spielfilm einen großen Einfluß auf die deutsche Umorientierung zu — was zugleich der eigenen Filmbranche einen festen, neuen Absatzmarkt und damit einen wirtschaftlichen Aufschwung bringen werde: „Tres bientot, la section cinema, si eile est pourvue de moyens en personnel et en materiel, peut representer en Allemagne une affaire considerable au point de vue commercial et une possibilite d'influence durable dans le pays que nous occupons [...] La Section Cinema est susceptible d'un grand developpement, eile est appelee a gerer une Industrie dont le chiffre d'affaires sera au minimum de 75 millions de Francs." 126 Gerade am Beispiel des Spielfilms wird denn auch deutlich, daß die französische Militärregierung bestrebt war, ihre Besatzungszone zum Absatzmarkt für französische Produkte zu machen. Diese wirtschaftlichen Felder verteidigte sie denn auch hartnäckig, indem sie den anderen Großmächten den Marktzutritt verwehrte. Dies wird anhand der französischen Wochenschau-Politik noch explizit aufgezeigt werden. Der zügigen Erschließung des Marktes in der französischen Zone standen jedoch zwei wesentliche Hindernisse im Wege: Zum einen mußte sich die französische Wirtschaft nach Kriegsende selbst neu etablieren. Zum anderen schränkte der materielle und strukturelle Mangel die Arbeit der französischen Besatzungsverwaltung ein. So klagte Arnaud in einem Schreiben vom 31. Juli 1945 an den Administrateur general de la Zone frangaise über die schlechten Arbeitsbedingungen seiner Division
1 2 5 Bis ca. Ende 1946 war das Saarland als okkupiertes Land in die Berichte über die zonale Informationspolitik miteingeschlossen, später wird in den französischen Akten nur noch von der „französischen Zone" gesprochen, wobei das Saarland nicht mehr automatisch miteingeschlossen ist. 1 2 6 A O F Colmar, Rapports mensuels de la Direction de L'Information vom 31. August 1945, ebd.
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in Baden-Baden: „L'installation actuelle de la Direction de l'Information est insuffisante et precaire. Je reprends ici la demande que j'avais deja faite precedemment, ä savoir l'affectation d'un hotel de 50 a 60 pieces, avec des dependances pour le logement du materiel."127 Neben Wohnungen, Büromaterial und Komunikationseinrichtungen fehlte es der DI bis 1946 auch an kompetenten zweisprachigen Medienpraktikern. Arnaud befürchtete daher, daß seine Abteilung trotz größtem Engagement im Vergleich mit den anderen Großmächten ins Hintertreffen geraten könnte: „Cette pauvrete de moyens apparaitra mieux encore si Ton compare notre situation avec celle des Americains et des Anglais. — Au mois d'Aout l'effectif total des services americains de Γ,Information Control Division* s'elevait a 1.000 Officiers ou Assimiles Speciaux disposant de 80 bureaux, de 34 villas groupes dans un quartier de Bad Hombourg. — Les Anglais s'etaient installes dans la petite ville de Bünde. Iis avaient aussi un tres nombreux personnel s'occupant a la fois de la „Public Relations Division" (Information tournee vers l'exterieur) et de Γ,Information Service Control' s'adressant aux Allemands."128 Erschwert wurde die Arbeit der DI auch dadurch, daß es — im Gegensatz zu den beiden anderen westlichen Informationsdivisionen — keine Personalunion innerhalb der Entscheidungsträger gab. Denn während McClure und Bishop sowohl die Leitung der Medienpolitik in der jeweiligen Zone innehatten als auch diese in den Vierer-Verhandlungen vertraten, war Arnauds Aufgabenbereich allein auf die französische Zone beschränkt. Dies führte jedoch nicht selten dazu, daß im Laufe der Besatzungsjähre die französischen Vertreter im Kontrollrat Entschlüsse mittrugen, deren Ziele nicht auf die Gegebenheiten in der Besatzungszone abgestimmt waren.12' Die französische Medienpolitik selbst beruhte in den ersten Besatzungsmonaten allein auf dem von den beiden anderen Westmächten im Herbst 1944 ausgearbeiteten „Drei-Stufen-Plan". Erst am 6. August 1945 legte der französische Informationsminister in Paris eigene Richtlinien für die Medienpolitik in der Besatzungszone vor, die wenige Wochen
127
A O F Colmar, Rapports mensuels, ebd.
A O F Colmar, Activite et resultats de la Direction de l'Information du 1er Aout 1945 au 31 Janvier 1946, Affaires Culturelles, A C 654, Dossier 7. 129 v g i . beispielsweise hierzu A O F Colmar, Affaires Culturelles, A C 656/1, Relations intellectuelles et du Livre, Rapports mensuels de la direction de l'Information 1945-1947. 128
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später im Comite interministeriel verabschiedet wurden. Neben detaillierten technischen Anweisungen enthielten sie auch inhaltliche Grundlinien. So wurde beispielsweise festgelegt, daß französischerseits — ähnlich wie in der britischen und amerikanischen Zone — jeglicher Anschein von offensichtlicher Propaganda zu vermeiden sei. In den neuen deutschen Medien sollte vielmehr ausführlich über lokale Themen sowie französische und weltpolitische Belange berichtet werden. Zudem sollte die deutsche Bevölkerung umfassend über den Nationalsozialismus und seine Verbrechen sowie über die dadurch verursachten Probleme des Wiederaufbaus informiert werden. Ausdrücklich untersagt war hingegen die Berichterstattung über interalliierte Gegensätze, über Schwierigkeiten der französischen Politik — auch im globalen Kontext — sowie über Sabotageanschläge.130 Anfang November 1945 verabschiedete das Comite interministeriel zudem umfangreiche Empfehlungen zur Umorientierung der deutschen Bevölkerung in der französischen Zone, die im wesentlichen denen der beiden westlichen Großmächte entsprachen: Auch hier stand im Mittelpunkt die Hinwendung der Deutschen zur Demokratie im westlichen Sinne sowie die Rückführung Deutschlands in die internationale Staatengemeinschaft. Gleichfalls wie in der amerikanischen und britischen Informationspolitik sollte auch in der französischen Zone die Besatzungsmacht als Vorbild dienen.131 Im Gegensatz zur britischen Medienpolitik zeichnete sich die französische jedoch dadurch aus, daß es staatlicherseits keine Direktiven gab, sondern lediglich medienspezifische Einzelanweisungen der DI132 - sieht man einmal von den prinzipiellen Vorgaben des Comite interministeriel und vom PWD-Gesetz Nr.191 133
130 Vgl. Rainer Hudemann: Frühe Direktiven für die französische Besatzung, in: Franz Knipping und Jacques Le Rider: Frankreichs Kulturpolitik in Deutschland 1 9 4 5 - 1 9 5 0 . Tübingen 1987, S. 20. 131
Vgl. ebd, S. 23.
Horst Welzel zog in seiner Dissertation von 1976 aus der Tatsache, daß es in der französischen Besatzungszone keine weiteren Mediengesetze gab, den Schluß, daß es kein „ausgesprochenes Reeducationprogramm" gegeben hätte. Aufgrund der heutigen Aktenlage ist dies — wie im weiteren aufzuzeigen sein wird — so nicht länger haltbar. Vgl. Welzel (wie Anm. 75), S. 47 f. 132
1 3 3 Das PWD-Gesetz Nr.191, das vier Tage nach der deutschen Kapitulation erlassen wurde, erschien in der französischen Zone inhaltlich insoweit abgeändert, als der Rundfunk ausdrücklich miteinbezogen wurde: „Vorbehaltlich anderer Anordnungen durch die Militärregierung wird folgendes verboten: [...] Inbetriebnahmen und Betrieb
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ab. Infolgedessen konnte die französische Besatzungsverwaltung in Deutschland zwar einerseits flexibler auf die örtlichen Situationen reagieren, andererseits trug dies jedoch auch dazu bei, daß es immer wieder aufgrund von unterschiedlichen innerbehördlichen Machtansprüchen zu Kompetenzstreitigkeiten kam. Ein weiterer Unterschied war auch, daß die Direction de l'Information ihren Mitarbeitern nicht verbot, in Zusammenhang mit der Umorientierung der deutschen Bevölkerung das Wort „Propaganda" zu verwenden. Arnaud bekannte sich hingegen offen dazu, wobei er dem Begriff eine positive Sinnrichtung gab: „Bien que la Direction de l'Information ne fasse pas figurer dans son appellation le mot de Propagande, il est certain que c'est une action de propagande qu'elle avait ä exercer au premier chef avec les instruments qui sont les siens: La Presse, l'Edition, la Radio, le Cinema, la Dokumentation. Cette Propagande a un double aspect: une presentation de la France a PAllemagne en mettant en valeur le prestige culturel et politique de notre pays et une reeducation directe des allemands par les meilleurs d'entre eux dans un sens anti-nazi, humaniste et democratique." 134 Als die DI nach einem Jahr Besatzungszeit zu der Auffassung kam, daß die bisherigen Maßnahmen zur Umorientierung der deutschen Bevölkerung noch nicht umfassend greifen und daß infolge dessen die anderen Großmächte bereits größeren Einfluß auf die Deutschen in den jeweiligen Zonen ausüben würden135, beschloß die Militärregierung eine
aller Informationsdienste und Nachrichtenagenturen, drahtloser Sendeanlagen, Niederfrequenzübertragungsanlagen." Zit. nach Sabine Friedrich: Rundfunk und Besatzungsmacht. Organisation, Programm und Hörer des Südwestfunks 1945 bis 1949. Baden-Baden 1991, S. 65. 134 A O F Colmar, Note au sujet des attributions de la Direction de l'Information, en ce qui concerne la Propagande vom 17. Juli 1946, Affaires Culturelles, A C 653/2. Wesentlich nationalbewußter klang hingegen die offizielle Darstellung des Begriffes „propagande" im Commandement en Chef Francis: „II est bien entendu que lorsque nous prononcons le mot propagande, il s'agit en realite d'influence culturelle franfaise, et des principes qui ont fait de la France la champion de la liberte politique et sociale du monde." Zit. nach Christian Wrobel: Medien, Politik und Öffentlichkeit im Land Südbaden. Pfaffenweiler 1993, S. 36. 135 Vgl. A O F Colmar, Projet de creation d'une Section Propagande, Affaires Culturelles, A C 653/2, Relations intellectuelles et du Livre, Organisation de la section 1946-1947.
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eigenständige Abteilung „Propagande"136 einzurichten. Ihr Ziel sollte es nun sein, „de detruire certains prejuges, d'imposer aux masses aussi bien qu'aux elites certaines themes directeurs soigneusement choisis, somme toute d'amener peu a peu, tout un peuple ä adopter, sans qu'il s'en doute, des manieres nouvelles de penser, de sentir et d'agir."137 Die Leiter der anderen Medienabteilungen mußten sich nun mit dem Chef der Section Propagande, Jacques Martin, jeweils hinsichtlich der Themengewichtung, der einzelnen Maßnahmen sowie der auszugebenden Parolen abstimmen.138 Wenngleich immer wieder ausdrücklich betont wurde, daß die Section Propagande nicht das „monopol de la propagande" habe, sondern daß alle Medien dieser Aufgabe dienen würden: „Mais eile a pour fonction d'exercer une action plus directe et plus specialisee, tout en s'efforcant de ne pas apparaitre aux yeux des Allemands comme un organisme de ,bourrage de crane'."139 Auch wenn nun die französische Informationspolitik nach außen hin immer zielgerichteter wirkte und der Aufbau neuer deutscher Medien erfolgreich voranschritt, gelang es der DI intern nicht, eine Corporate Identity aufzubauen. Vielmehr behinderten sowohl die divergierenden gesellschaftspolitischen Ansichten der Offiziere untereinander als auch die Tatsache, daß viele Besatzungsangehörige sich mehr um ihr eigenes Ansehen „que des veritables interets fran^ais"140 kümmerten, die Informationspolitik. So beklagte Arnaud beispielsweise im April 1947, daß Informationen statt an die französische Nachrichtenagentur Südena an die britisch-amerikanische gegeben worden seien: „Si la Direction de l'Information doit tenir ses renseignements en ce qui concerne la politique du Gouvernement Militaire des agences etrangeres, il est certain que,
136 Ende Juli 1946 nahm die neue Section ihre Arbeit auf. Zu ihren Aufgaben gehörte es, anhand von Fotos, Plakaten, Büchern oder Zeitschriften das französische Leben sowie die französische Armee und Besatzung in Deutschland vorzustellen. Zu diesem Zweck organisierte sie auch regelmäßig Ausstellungen in den Centres d'Information, die es nach und nach in jeder größeren Stadt der französischen Besatzungszone gab. 137 AOF Colmar, Centre d'Organisation du Gouvernement Militaire en Allemagne, Division Propagande-Information, „Projet d'Organisation et de Propagande", Affaires Culturelles AC 528/5, Relations artistiques, Propagande 1945—1947. 138 Vgl AOF Colmar, Anweisung Arnauds, Affaires Culturelles, AC 653/2. 139 Vgl. La France en Allemagne, August 1947, Spezialausgabe, S. 49. 140 AOF Colmar, Note Arnauds vom 28. Januar 1947, Affaires Culturelles, AC— RIL 982/7, H.C.R.F.A., Direction Generale des Affaires culturelles, Service des Relations Intellectuelles et du Livre 1946—1948.
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non seulement eile ne peut pas par sa propagande, sa presse et sa radio, presenter les evenements sous le jour le plus favorable, mais que, de plus, eile perd toute autorite sur les agences dont elle a le controle."141 Ab Mitte 1947 traten die Spannungen dann verstärkt zum Vorschein, so daß sogar die Effektivität mancher Medienbereiche offiziell in Frage gestellt wurde.142 Arnaud plädierte daher für eine Umorganisation der DI: „Les conditions de travail du personnel sont de jour en jour plus difficiles, a la suite des compressions, demissions et mutations. La periode des conges complique encore cette situation. II serait urgent d'envisager une reorganisation des services afin de permettre aux organismes des surveillance (Presse et Radio) d'assurer d'une facon plus reguliere le controle des journaux et des emissions."143 Mit dem Dekret vom 12. April 1948 von General Koenig wurde die Direction de l'Information schließlich umstrukturiert — jedoch nicht so, wie es sich Arnaud vorgestellt hatte. Denn sie war nun neben der Division Politique, Division de la Sürete und der l'inspection Generale du Desarmement Koenig direkt unterstellt.144 Zudem wurde Arnaud durch E. Hepp abgelöst. In der Öffentlichkeit wurde die Umorganisation der Abteilungen mit der „Neuorientierung der französischen Politik" begründet, die nun einen Ubergang von der direkten Kontrolle zur indirekten sowie die Förderung des deutschen, politischen Einflußes auf Länderebene vorsähe. Tatsächlich kann auch anhand der Akten aufgezeigt werden, daß ab Ende 1947 die Berichte über die Informationstätigkeit der einzelnen DISektionen abnehmen. Eindeutig wichtiger waren nun hingegen Mitteilungen des C.C.F.A. über das politische Leben in der Zone. Auch der Begriff „propagande" findet sich ab Mitte 1948 nicht mehr in den Akten.
141 A O F Colmar, Schreiben Arnauds an Sabatier vom 11. April 1947, Affaires Culturelles, A C 990/1, Relations intellectuelles et du Livre, Correspondance de la Direction de l'Information, F.I.D.F., Instructions generales 1946—1949. 142 Vgl. A O F Colmar, Note concernant les relations et les projets de la Direction de l'Information vom 2. April 1948, Affaires Culturelles, A C 990/2, Relations intellectuelles et du Livre, Correspondance de la Division Information 1948. 143 A O F Colmar, Vertraulicher monatlicher Bericht an Koenig und die Direction General des Affaires Administratives, Affaires Culturelles, A C 657/2Α.
Bis dato waren zwischen DI und dem Commandement en Chef Francais noch zwei Zwischenadministrationen geschaltet gewesen: Administrateur General Laffon und die Direction Generale des Affaires administratives unter Sabatier. 144
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Stattdessen wird in vermehrten Maße über die deutschen Aktivitäten sowie den interzonalen Austausch berichtet. Die Division de l'Information — wie die ehemalige Direction de l'Information nun hieß — umfaßte nun nur noch vier Abteilungen: Presse, Radio, Relations Intellectuelles et Livre145 sowie das Ressort Spectacles, in der die Untersektionen Musique, Theatre und Cinema zusammengefaßt waren. Daneben gab es noch zwei Einrichtungen, deren Führung Koenig direkt innehatte: Das Informationsbüro für die französischen und ausländischen Medien, das zugleich auch den Kontakt zu den anderen Großmächten unterhielt, sowie die gesamte Verwaltung. 146 Die Hauptaufgabe der Division de l'Information war nun, die einzelnen Abteilungen besser untereinander in ihrer Arbeit zu koordinieren und diese zugleich in Abstimmung zur C.C.F.A. zu bringen. 147 Durch die straffere Organisation und engere Zusammenarbeit sollte vor allem auch die Qualität der publizistischen Erzeugnisse verbessert werden, da nun — je näher das Ende der Besatzungszeit rückte — immer stärker die Konkurrenz anderer deutscher Medien gefürchtet wurde. Daß jedoch die politischen Differenzen bis zuletzt auf die Entwicklung der französischen Besatzungsstruktur Einfluß nahmen, zeigte sich noch einmal deutlich 1949, als Franfois-Poncet zum Hochkommissar bestellt wurde. Denn er nahm 1949 sein Amt in Deutschland erst an, nachdem General Koenig offiziell von der französischen Regierung abberufen worden war.148
4. Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung — Strohorganisation und Ausführende der sowjetischen Informationspolitik Ebenso wie in den drei westlichen Besatzungsgebieten war es auch in der sowjetischen Zone die Militäradministration, die nach ihrer Errich-
In dieser Abteilung ging die ehemalige Hauptabteilung Section Propagande auf. 146 vgl. A O F Colmar, Rapport de la Division de l'Information pour le mois d'Avril 1948 von Hepp vom 3. Juni 1948, Affaires Culturelles, A C 658/2. 1 4 7 Hierfür wurden nun täglich Sitzungen einberufen. Vgl. A O F Colmar, Rapport sur l'activite de la Division de l'lnformation von Hepp, Affaires Culturelles, ebd. 1 4 8 Koenig hatte, gemäß den französischen Akten, Franfois-Poncet beispielsweise im Frühjahr 1949 damit brüskiert, daß er ihm, als dieser zu Besuch in Baden-Baden weilte, nur ein minderwertiges Büro zur Verfügung stellen ließ. 145
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tung im Juni 1945 bis zu ihrer Auflösung im Oktober 1949 die innenpolitische Entwicklung dieser Zone maßgeblich beeinflußte — wenngleich vordergründig deutsche Institutionen dafür zuständig zu sein schienen. Diese Konstellation entwickelte sich noch während der letzten Kriegsjahre: So war im Frühjahr 1940 in der politischen Hauptverwaltung der Roten Armee in Moskau eine selbständige Abteilung aufgebaut worden, die zunächst für die Nachrichtenversorgung der eigenen militärischen Einheiten, später dann auch für die propagandistische Beeinflussung gegnerischer Soldaten und Völker zuständig war.149 Mit der Neugestaltung Deutschlands nach Kriegsende befaßten sich zunächst ab 1944 deutsche Kommunisten, die in der Sowjetunion Exil gefunden hatten. Sie standen dabei in engem Kontakt zur sowjetischen kommunistischen Partei. In der ersten Medienplanung nahmen Presse und Rundfunk eine vorrangige Stellung ein.150 Mit Beginn des Jahres 1945 waren die theoretischen Überlegungen soweit konkretisiert, daß die Exil-KPD einen Kreis von Emigranten auswählte, die in Schulungskursen gezielt auf ihre verschiedenen Aufgaben im besetzten Deutschland vorbereitet wurden. In der Schlußphase des Zweiten Weltkrieges wurde die Nachkriegsplanung der deutschen Exilkommunisten jedoch von der sowjetischen Regierung zurückgestellt und ihre politischen Betätigungsfelder im wesentlichen auf die militärischen Ziele der sowjetischen Regierung ausgerichtet.151
1 4 9 Aus dieser 7. Abteilung rekrutierte sich nach 1945 der größte Teil der Mitarbeiter der Informationsverwaltung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland. Vgl. Peter Strunk: Pressekontrolle und Propagandapolitik der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Der politische Kontrollapparat der SMAD und das Pressewesen im sowjetischen Besatzungsgebiet (1945—1947). Diss. Berlin 1989, S. 13 f. 1 5 0 Als erstes, grundlegendes Treffen, dessen Anlaß die Neugestaltung des kulturellen Lebens im allgemeinen und der Medien im besonderen war, wird in der Literatur immer wieder die Zusammenkunft von Anton Ackermann, Wilhelm Pieck, Walter Ulbricht, Erich Weinert und Alfred Kurella am 25. September 1944 im Moskauer Hotel „Lux" hervorgehoben. Ab Januar 1945 befaßte sich dann offiziell eine Arbeitskommission der KPD mit den „ideologisch-kulturellen" Aufgaben. Ihr gehörten zwanzig Mitglieder an, unter anderem Paul Wandel, Anton Ackermann und Sepp Schwab, die später in der sowjetischen Zone auch wesentlich die Ausgestaltung des kulturellen Lebens und der Medien bestimmten. 151
Vgl. Strunk (wie Anm. 103), S. 13 f.
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Nach Kriegsende zeichnete sich die sowjetische Militärpräsenz in Ostdeutschland zunächst vor allem dadurch aus, daß schneller als in den anderen Zonen damit begonnen wurde, eine innenpolitische und gesellschaftliche Struktur aufzubauen.152 So erschien denn auch wenige Tage nach Kriegsende bereits wieder im sowjetisch besetzten Berlin eine erste deutsche Zeitung und der Hörfunk strahlte Informationssendungen aus. Georg Wuerstlein sieht hierdurch denn auch den Beweis erbracht, daß die sowjetische Führung, für die „eine auf die Regierung völlig eingeschworene Presse" selbstverständlich gewesen sei, viel zielbewußter an den Wiederaufbau der Medien gegangen sei.153 Sergej Tulpanow legt hingegen in seinen Memoiren dar, daß die Offiziere der Roten Armee, die man im Sommer 1945 in die SMAD abkommandiert hatte, nicht auf ihren Dienst in Deutschland vorbereitet gewesen seien. Vielmehr habe sich seine Einheit vielfach gezwungen gesehen, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben „tastend" vorzugehen. Auch Strunk stellt in seiner Untersuchung anhand einer Kontrollratsitzung vom 24. August 1945 dar, daß der sowjetische Vertreter Iwan Filippow gegenüber seinen westlichen Kollegen mit keinen eigenen Vorstellungen hinsichtlich der sowjetischen Medienpolitik habe aufwarten können. Er folgerte daraus, daß es nicht auszuschließen sei, „daß die sowjetische Seite zunächst die Ansichten ihrer westlichen Kollegen hierüber in Erfahrung bringen wollte, um so die eigene Medienkontrollpolitik auf eine bessere organisatorische Grundlage zu stellen".154 Wallrab von Buttlar ist hingegen in seinem neun Jahre älteren Werk davon überzeugt, daß die SMAD-Verwaltung für Propaganda vom ersten Tag der Besatzungszeit in Deutschland an klare Ziele
Nach Ansicht von Walrab von Buttlar besaß die schnelle Neuformierung von Parteien und Organisationen in Ostdeutschland zwar nicht ausschließlich, doch aber primär eine politische Außenwirkung: sie sollte als Signal an die deutsche Bevölkerung verstanden werden. Dem Ziel der Besatzer, die zoneninterne Entwicklung umfassend in den Griff zu bekommen, habe sie hingegen erst in zweiter Linie gedient. Vgl. Ziele und Zielkonflikte der sowjetischen Deutschlandpolitik 1945—1947. Stuttgart 1980, S. 118. Daß das „Ziel der Außenwirkung" offensichtlich bei der Bevölkerung in der sowjetisch besetzten Zone erreicht wurde und schließlich zu einem veränderten medienpolitischen Verhalten der amerikanischen und britischen Besatzungsmächte führte, wurde bereits in Kapitel „Gemeinsame Pläne zur Umgestaltung der Medienlandschaft am Ende des Zweiten Weltkrieges" anschaulich dargelegt. 152
Vgl. Georg Wuerstlein: Zur Problematik der deutschen Presse nach 1945. Diss. Erlangen 1971, S. 41. 153
154
Strunk (wie Anm. 103), S. 64.
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verfolgt habe: „Denn was gerade Tulpanow und seine Helfer seit dem Juni 1945 taten, war die Realisierung eines sorgsam konstruierten Plans zur Expansion des eigenen Einflußbereiches. Indem man die ganze Bevölkerung für das SBZ-Modell einzunehmen gedachte, zielte man auf ein Deutschland, das — im Innern zum Kommunismus tendierend — sich außenpolitisch nach Osten orientieren und so, als ein mit Moskau befreundeter Staat, natürlich ungeteilt bleiben würde."155 Anhand der derzeitigen Quellenlage finden sich für beide Thesen Belege. Wie sorgfältig jedoch die sowjetischen Medienpläne für die Nachkriegszeit in Deutschland ausgearbeitet gewesen sind und wie gezielt deren Umsetzung dann auch erfolgt ist, wird letztendlich erst die Einsichtnahme in die bislang in Moskau noch verschlossenen, sowjetischen Akten, unter denen sich auch die der SMAD befinden, zeigen können. Die offizielle Neukonstituierung der deutschen Medien156 auf dem Gebiet der sowjetisch besetzten Zone (SBZ) begann schließlich indirekt mit dem Befehl Nr. 17, den die sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD)157 am 27. Juli 1945 erließ.158 Diesem zufolge wurde im Laufe des Monats August die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung ( D Z W ) als eine von zwölf verschiedenen, innenpolitischen Verwaltungsbehörden eingerichtet, in deren Aufgabenbereich wenige Monate später auch die Umsetzung der sowjetischen Medienpolitik
Buttlar (wie Anm. 106), S. 258. 156 Vgl speziell zum Aufbau des Pressewesens in der SBZ in den ersten Besatzungsmonaten Strunk (wie Anm. 103), S. 23 ff. 155
1 5 7 A m 9. Juni war die sowjetische Militäradministration in Deutschland offiziell eingerichtet worden. Militärgouverneur war zunächst Marschall Georgij Konstantinowitsch Schukow. Bereits 1946 wurde er in diesem Amt von General Wassili Danilowitsch Sokolowskij abgelöst. 1 5 8 Zwei Jahre später ließ die Zentralverwaltung für Volksbildung in der „Presseinformation des Tages" vom 29. Juli 1947 dieses Gründungsdatums gedenken: „Zwei Jahre Deutsche Verwaltung für Volksbildung. A m 27. Juli 1945 trat an Stelle der früheren Kultus- und Propagandaministerien als völlige Neugründung die Deutsche Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone, an deren Spitze vom ersten Tage an Präsident Paul Wandel steht. Die Schaffung der Einheitsschule und das Gesetz zur Demokratisierung des gesamten Schulwesens gaben der Verwaltung weitgesteckte Aufgaben, in welche die Universität und das Charite-Krankenhaus in Berlin, die Physikalisch-Technische-Reichsanstalt, die Observatorien in Potsdam, die Akademie der Wissenschaften, die Staatsbibliothek, die Zentralschulbildstelle und das Rundfunk- und Verlagswesen miteinbezogen wurden." BA Potsdam, DR2/1053.
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fiel. 159 Zu jeder dieser zwölf Einzelbehörden gab es ein entsprechendes Pendant bei der S M A D in Karlshorst. Obwohl augenscheinlich nur drei der zwölf Behördenchefs der KPD angehörten, fünf dagegen Mitglieder der SPD, jeweils einer der C D U und der LPD sowie zwei formell parteilos waren, wurde über die Besetzung der Stellvertreterposten die Einflußnahme der kommunistischen Ideologie sichergestellt. Denn zehn der insgesamt 1 7 Vizepräsidenten mit personalpolitischen Kompetenzen waren Kommunisten. Zudem unterlagen die zwölf Einzelbehörden der totalen Weisungsbefugnis der SMAD. 1 6 0 Die Informationspolitik selbst wurde ab dem 18. August innerhalb der Sowjetischen Militäradministration von der Verwaltung für Propaganda 161 — später auch Informationsverwaltung genannt — im Sinne der sowjetischen Regierung festgelegt. Die Leitung dieser Einheit hatte Oberst Sergej Iwanowitsch Tulpanow 162 inne. Sie war mit über 150 Mitarbeitern eine der größten Abteilungen der S M A D . Die Mehrzahl ihrer Offiziere 1 6 3 , die im Zivilberuf meist Lehrkräfte und Geisteswissenschaft-
Zunächst hatte die Zentralverwaltung für Volksbildung, gemäß des Befehls Nr.17, die Aufgabe, in erster Linie die übergeordnete „Leitung der Schulen, der Kinderheime und -gärten, der Lehranstalten, der Kunst- und der wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen" zu übernehmen. Schon wenig später wurde der Zentralverwaltung die Abteilung „Kulturelle Aufklärung" angeschlossen. Deren Aufgabe war es — gemäß des DZW-Statuts von 1946 — „öffentlichen Maßnahmen, die sich mit der demokratischen Erziehung der Bevölkerung befassen", zu fördern und zu kontrollieren. Vgl. hierzu ausführlich Strunk (Anm. 103), S. 215 ff. 160 Vgl. Buttlar (wie Anm. 106), S. 120 ff. 161 Der Aufbau der Verwaltung für Propaganda zog sich — ebenso wie der der Propaganda-Abteilungen in den Länderverwaltungen — bis in das Jahr 1946 hinein. Zunächst befand sie sich in der Ehrenfelsstraße in Berlin-Karlshorst. Im September 1947 — inzwischen war sie in Verwaltung für Information umbenannt worden — zog sie in die Normannenstraße nach Berlin-Lichtenberg um. Vgl. Strunk (wie Anm. 103), S. 73 f. und S. 222. 162 Als Leiter der SMAD-Informationsverwaltung hatte er nach 1945 maßgeblichen Anteil an der politischen Umgestaltung der sowjetischen Besatzungszone. Lange Zeit unangefochten, verlor er erst im Frühjahr 1949 an Einfluß und kehrte in die Sowjetunion zurück. Vgl.Stefan Creuzberger: Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland 1945—1949. Melle 1991, S. 35. 163 Unter den Mitarbeitern Tulpanows befanden sich solche, die abgesehen von ihrer Bildung auch aufgrund ihrer Herkunft für die medienpolitische Arbeit in Deutschland besonders geeignet erschienen: Sie gehörten entweder zur Minderheit der Wolgadeutschen in der Sowjetunion oder waren noch als Söhne oder Töchter deutscher 159
Die A usgestaltung der Medienpolitik in den vier Besatzungszonen
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ler gewesen waren, dienten ebenso wie Oberst Sergej Tulpanow während des Krieges bereits in der Aufklärungs- und Propagandaabteilung der Politischen Hauptverwaltung der Roten Armee. Die Verwaltung für Propaganda handelte gemäß den Anweisungen des Militärgouverneurs und des Militärrates der SM AD. Zudem unterstand sie auch direkt der Zentralkomitee-Abteilung für Agitation und Propaganda in Moskau. Diese Führungsstruktur brachte es jedoch mit sich, daß die sowjetischen Vertreter der SMAD-Informationseinheit wenig Vollmachten besaßen, wodurch wiederum die Zusammenarbeit mit den westlichen Alliierten erschwert •wurde. So vermerkte beispielsweise ein französischer Informationsoffizier in einem Bericht, den er über seinen Besuch bei den britischen Information Control Services vom 10.—12. Oktober 1945 angefertigt hatte: „General Bishop emphasized several times the necessity of coordinating the different Information Service policies of the four occupying powers. In practice it is difficult at present to obtain the cooperation of the Russians, because the Russian representatives in Berlin cannot take dicisions and are obliged to refer constantly to Moscow, which involves most unfortunate delays in taking common action."164 Das Aufgabengebiet der sowjetischen Informationseinheit in Deutschland umfaßte Fragen der Ideologie und Propaganda, der Massenmedien und der Kulturpolitik im allgemeinen sowie Kirchen-, Jugend- und Gewerkschaftsangelegenheiten und die Zusammenarbeit mit den örtlichen Verwaltungsorganen im speziellen.165 Daneben erteilte — oder versagte
Emigranten in Deutschland geboren waren. Vgl. Rudolf Reinhard: Zeitungen und Zeiten. Journalist im Berlin der Nachkriegszeit. Köln 1988, S. 33 f. 1 6 4 PRO Kew, Englische Ubersetzung des Berichtes vom 25. Oktober 1945, FO 1056, 57. 165 Vgl. Creuzberger (wie Anm. 116), S. 13 f. 1947 „dankte" denn auch die Zentralverwaltung für Volksbildung offiziel der SMAD-Informationsverwaltung und der sowjetischen Regierung für deren erfolgreiches Wirken im Bereich der Medien, Kultur und Bildung. So meldete die „Presseinformation des Tages" vom 6. November 1947: „Anlässlich der Feier der russischen Oktoberrevolution hat das Präsidium der Deutschen Verwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone im Auftrag aller Mitarbeiter an den Obersten Chef der SMAD und Oberkommandierenden der Gruppe sowjetischer Besatzungstruppen in Deutschland Marschall der Sowjetunion, W . Sokolowskij, Berlin-Karlshorst, das folgende Telegramm gesandt: [...] W i r gedenken vor allem der unausgesetzten Bemühungen des Sowjetstaates und seiner Militärverwaltung, zur demokratischen Erneuerung eines einheitlichen Deutschlands beizutragen, durch aktive Hilfe bei der Durchführung der Schul- und Hochschulreform,
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II. Die Wocbenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
— die SMAD-Verwaltung für Propaganda die Zulassung der einzelnen Medien und übte strenge Vor- und Nachzensur aus.166 Lizenzen wurden dabei grundsätzlich nicht an Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, sondern — von wenigen Ausnahmen abgesehen — nur an politische Parteien und Massenorganisationen gegeben. Dabei war gerade im Bereich der Presse eine deutliche Bevorzugung der KPD bei der Lizenzierung und Papierzuteilung im Vergleich mit den anderen Parteien zu beobachten. Die Zentralverwaltung für Volksbildung, die ausschließlich mit deutschen Mitarbeitern besetzt war, gliederte sich im Herbst 1945 zunächst in die Abteilungen Schulwesen, Kunst und Literatur, Presse/Verlagsabteilung und Präsidialkanzlei. Die Bereiche „Forschung und Wissenschaft" und „Allgemeine Volksbildung" wurden 1946 in „Hochschulen und Wissenschaft" sowie „Kultur- und Volksaufklärung" umbenannt, die Abteilungen „Allgemeine Verwaltung" und „Wirtschaft" zum Sachgebiet „Interne Verwaltung und Wirtschaftsangelegenheiten" zusammengefaßt.167 1946 wurden zusätzlich die Abteilungen Finanzen und Statistik, Volkskunst, Volksaufklärung für Erwachsene, Zentrales Jugendkomitee sowie Zentrales Frauenkomitee eingerichtet.168 Präsident der Zentralverwaltung für Volksaufklärung war von Anfang an Paul Wandel169.
bei der Förderung von Kunst, Literatur, Theater und Film. Durch diese umfassende Hilfe wurden unserem deutschen Volke die Wege zur Entfaltung der Selbsttätigkeit und Initiative für friedliche Aufbauarbeit geöffnet und dadurch der Aufbau einer neuen humanistischen Kultur in Deutschland eingeleitet." BA Potsdam, DR2/1053. 166 1947 wurde zwar die sowjetische Vorzensur offiziell aufgehoben. Die Nachzensur blieb jedoch noch bis 1949 bestehen. Vgl. Elisabeth M. Herrmann: Die Presse in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands. Bonn 1957, S. 40 f. 167 vgl. BA Potsdam, Aufbau der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung, DR2/808. 168 Vgl BA Potsdam, Aufbau der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung, DR2/872. 169 Paul Wandel wurde 1905 in Mannheim geboren. Seit dem 17. Lebensjahr war er zunächst in der sozialistischen Arbeiterbewegung, später als Vorsitzender der Mannheimer Stadtverordneten-Fraktion in der Kommunistischen Partei sowie als Bezirkssekretär der KPD Baden politisch engagiert. Während der Zeit des Nationalsozialismus emigrierte er nach Moskau. Nach Ende des Krieges war er zunächst Chefredakteur der „Deutschen Volkszeitung", bevor er zum Präsident der D Z W avancierte. Vgl. BA Potsdam, DR2/6269.
Die A usgestaltung der Medienpolitik in den vier Besatzungszonen
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Im Gegensatz zu den drei anderen Großmächten .betraute' folglich die SMAD sehr schnell wieder Deutsche mit öffentlichen Aufgaben. Dieses scheinbare Vertrauen auf deutsche Institutionen brachte der sowjetischen Regierung Zuspruch in der deutschen Öffentlichkeit. In der Tat konnte die sowjetische Administration durch eine zentralistisch aufgebaute, deutsche Verwaltungsstruktur zunächst ihre Einflußnahme unmittelbarer steuern als es in einem föderativen System möglich gewesen wäre. Die Durchsetzung ihrer ideellen Ziele gelang ihr jedoch damit langfristig nicht — wenngleich die SMAD im Medienbereich auf unbegrenzte Zeit eine ähnliche Struktur etablierte, wie es sie schon im nationalsozialistischen Deutschland gegeben hatte. Innerhalb der D Z W war man jedoch der Auffassung, daß man mit dem neuen Mediensystem einen deutlichen Schlußstrich unter die Wirkungsepoche des Ministeriums für Volksaufklärung und Propaganda gezogen habe: „Die Besprechung wurde durch Herrn Girnus mit einer Begrüssungsansprache eingeleitet. Darin führte er aus, daß es kein Propaganda-Ministerium geben wird, daß es aber auf den Gebieten, die unter Volksbildung und Volkserziehung zusammengefaßt werden (Verlagswesen, Rundfunk, Presse usw.), einer Regelung bedarf."170 Die Informationspolitik sah prinzipiell zwar vor, die Presse von unten her aufzubauen, es sollte ihr jedoch — wie beispielsweise auch auf dem Gebiet der Bildpropaganda171 — durch einen zentral geleiteten Mitarbeiterstab
1 7 0 BA Potsdam, Protokoll über die Vorbesprechung von Propaganda-Fachleuten anläßlich des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses am 10. Dezember 1945, DR2/756. 1 7 1 Aufgabe des Referates Bildpropaganda, das sich als Pendant zum Bilderdienst der amerikanischen Nachrichtenagentur D A N A verstand, war es, „den einzelnen Landesverwaltungen propagandistische Anregungen zu vermitteln und besonders glückliche Propaganda-Aktionen den Landesverwaltungen der gesamten sowjetischen Okkupationszone weiterzuleiten". Die Hauptbetätigungsfelder gliederten sich dabei zum einen im schriftlichen Bereich in Plakatpropaganda — worunter die „Plakative Gestaltung von kulturpolitischen Aufgaben und Werbung für besondere Probleme, die im Interesse der Allgemeinheit liegen, hauptsächlich Umerziehung und Aufklärung der Bevölkerung im demokratischen Sinne" verstanden wurde —, in Herstellung von Handzetteln, kleineren Maueranschlägen und Siegelmarken. Zum anderen sollte das Referat „andere Zentralverwaltungen bei der Durchführung von PropagandaAktionen unterstützen, beraten" sowie „technische und vertriebsmässige Aufgaben" organisieren. Daneben war die Bildpropaganda auch für die Herstellung von Diapositiv- und Poststempel-Werbung, Ausstellungen, Werbeschauen und Schaufensterwer-
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
das Material zugeleitet werden. Diese Form der Nachrichtenvermittlung wurde innerhalb der D Z W unumwunden als Propaganda-Arbeit bezeichnet, obwohl man sich zugleich von der des nationalsozialistischen Systems zu distanzieren suchte: „Jede Propaganda muß den Endeffekt haben, daß Massen ein höheres Niveau erreichen; deshalb betrachten wir es als ein Teilgebiet der Volkserziehung und Volksbildung allgemein. Eine Propaganda, die dieses Ziel nicht erreicht, taugt nicht, ist schlecht. Andererseits ist es in diesen 12 Jahren so gewesen, daß mit Hilfe dieser künstlerischen ideologischen minderwertigen Propaganda auf dem Gehirn der Massen herumgetrampelt wurde, bis es tatsächlich weich geworden ist."172 Der Begriff „Propaganda" sollte hingegen nun aufgrund der neuen Medienziele eine positive Wortbedeutung erhalten: „Wir müssen eine solche Propaganda treiben, deren Basis die absolute Wahrheit ist, die Wahrheit in absolut unwiderleglicher Form, d.h. sie muß von den Tatsachen selbst ausgehen, sie muß trotzdem amüsant und vielseitig sein. Das rührt daher, daß die Propaganda ein Stück Kunst ist." Dabei sei diese durchaus zielgerichtet und habe „eine Tendenz". Ein Mitarbeiter des Referates „Bildpropaganda" präzisierte die „neue" PropagandaDefinition nochmals im Frühjahr 1946, als er die „Ziele und Aufgaben" seiner Abteilung darstellte: „Die Stichworte und Ideen für die allgemeine Propaganda-Arbeit sollen frühzeitig erkannt und sowohl psychologisch wie künstlerisch durchgeformt werden. Propagandistische Aufgaben, die über beschränkte regionale Bedeutung hinausgehen, sollen einheitlich geformt werden. Zentralistische Volksaufklärung ist jedoch zu vermeiden. Grundsatz: Unangreifbare, auf Tatsachen basierende Wahrhaftigkeit, die aber eigene klare Stellungnahme nicht verleugnet. Volksbildung durch beste künstlerische Gestaltung in Inhalt und Form, um als Nebenwirkung des propagandistischen Zieles das geschmackliche Niveau zu verbessern und die ideologische Mitarbeit zu fördern." 173 Die „zentralgesteuerte" Informationspolitik zeigte sich denn auch beispielsweise darin, daß die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung
bung zuständig. BA Potsdam, Memorandum „Aufgabengebiet des Referates „Bildpropaganda" vom 28. November 1945, Verfasser unleserlich und Aktennotiz „Schaffung eines Film- und Bildarchivs" von Fritz Mammach, 25. März 1946, DR2/756. 172 BA Potsdam, DR2/756, ebd. 173 BA Potsdam, Ziele und Aufgaben des Referates Bildpropaganda von Ernst Wohlgemuth, 23. März 1946, DR2/756—759.
Die Ausgestaltung der Medienpolitik in den vier Besatzungszonen
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von Anfang an Kurzmeldungen der sowjetischen Nachrichtenagentur TASS und des Sowjetischen Nachrichtenbüros bei der Militärverwaltung (SNB) an die Medien ausgab. Diese beinhalteten zumeist Aussagen hochrangiger sowjetischer Militärs und Politiker, berichteten über aktuelle Geschehnisse in der Zone oder zitierten ausländische — meist linksgerichtete — Zeitungen. Ab Juni 1947 gab die Deutsche Verwaltung für Volksbildung — wie sie nun offiziell hieß — für das Besatzungsgebiet zudem eine eigene „Presseinformation des Tages" heraus.174 Einzelne Meldungen wurden dabei auch mit Hinweisen versehen, wie und mit welcher Gewichtung über bestimmte Ereignisse zu berichten sei. So hieß es beispielsweise am 14. August 1947 in einer internen „Presseinformation", „die nicht zur Veröffentlichung bestimmt" war: „Die folgende Wiedergabe der Berichte über die Laienkunstschau [...] stellt das Echo dar, das die Darbietungen der Laienspieler aus Gross-Berlin und den Ländern der Ostzone in der Presse gefunden haben. Zum Teil haben diese Artikel leider nur die Tendenz von blossen Berichten, nicht alle Zeitungen haben das Gebotene durch eine wirklich kritische Stellungnahme gewürdigt. [...] Der schwache Besuch der Veranstaltung hat weiterhin gezeigt, dass das Missverstehen der Laienkunst weit verbreitet ist, das Publikum ist den Vorberichten und zahlreichen Hinweisen in der Presse sowie den Einladungen durch Rundfunk und Plakate nicht im erwarteten Masse gefolgt. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit, zukünftig populärer für Laienkunstveranstaltungen zu werben." 175 Mit der zunehmenden Verschärfung des Ost-West-Konfliktes wurden auch die Vorgaben der SMAD an die D Z W ideologisch ausgerichteter wie ein Protokoll der Schulabteilung über ein Treffen mit der SMAD von November 1947 belegt: „Abschliessende Stellungnahme der SMA: Es ist keine zwanghafte Einführung des Marxismus geplant, noch weniger eine ideologische Sowjetisierung der östlichen Besatzungszone Deutschlands. Der Marxismus soll seine Anziehungskraft lediglich durch
In einem internen Schreiben informierte der Leiter der Pressestelle, Fritzsche, am 11. Juni 1947 den Vizepräsident seiner Behörde, Marquardt, hierüber: „Beiliegend erhalten Sie die von der Pressestelle bisher herausgegebenen schriftlichen Informationen, die selbstverständlich nur einen Teil der Informationsarbeit der Pressestelle darstellen. In diesen Informationen, die Sie von nun ab nach Erscheinen laufend erhalten werden, finden Sie auch Mitteilungen minderwichtigen Charakters, die aber den Bedürfnissen der Redaktionen entsprechen." BA Potsdam, D R 2 / 1 0 5 3 . 174
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seine wissenschaftliche Überlegenheit ausüben. Die Aufgabe bleibt aber eine breitere und intensivere Propaganda des Marxismus. Die Deutsche Verwaltung für Volksbildung hat die Aufgabe zu prüfen, welche Möglichkeiten sich dafür bieten."176 Mit dieser Entwicklung ging auch einher, daß Kontakte zu Vertretern der westlichen Militärverwaltungen immer rarer wurden und nur noch über die SMAD laufen durften. Dies zeigt beispielsweise auch eine interne Weisung Wandels vom 6. April 1948: „Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass die Herren Abteilungsleiter wiederholt [...] angewiesen wurden, keine direkte Fühlung mit anderen Besatzungsbehörden ohne ausdrückliche Zustimmung der Sowjetischen Militärverwaltung und des Präsidenten zu nehmen. [...] Ich weise daher noch einmal darauf hin, dass in jedem Falle die Vertreter der anderen Besatzungsmächte darauf aufmerksam zu machen sind, dass sie ihre Anträge an uns über die Sowjetische Miltärverwaltung stellen müssen und das wir erst in der Lage sind, uns mit der Angelegenheit zu beschäftigen, wenn die Zustimmung der SMA vorliegt."177 1948 hatte sich das sowjetische Vorbild des kommunistischen Wirtschaftssystems nicht nur in der ostdeutschen Zone etabliert, alle gesellschaftlichen Bereiche wurden diesem nun auch unterstellt, wie das Protokoll der DZW-Abteilungsleitersitzung vom 4. Dezember 1948 belegt: „Die Abteilungsleiter haben rechtzeitig für die nächste Ministerkonferenz am 19.12. bei der Präsidialabteilung schriftlich eine chronologische Aufstellung des bereits Geschehenen, aufgeteilt nach positiven und negativen Beispielen aus der Kulturarbeit, zur Unterstützung des grossen Zweijahresplanes einzureichen."178
1 7 6 BA Potsdam, Vermerk der Schulabteilung der D Z W über eine Aussprache mit der SMAD am 12. November 1947 in Karlshorst, DR2/416. 1 7 7 BA Potsdam, Schreiben Wandels an Dr. Reichwaldt, Abteilung Kunst und Literatur, DR2/808. 1 7 8 BA Potsdam, DR2/2123.
ш Intention und Umsetzung der Wochenschaupolitik in den vier Besatzungszonen 1. Amerikanisch-britischer,Traum'von
einer Vierzonen-Wochenschau
Wie bereits dargestellt, gingen die beiden westlichen Kriegsalliierten, USA und Großbritannien, in ihren Nachkriegsplanungen von einer gemeinsamen Informationspolitik aller Besatzungsmächte aus. Dies betraf auch die Herausgabe und Gestaltung einer Wochenschau für Deutschland — wenngleich ab Anfang Februar 1945 auch auf diesem Gebiet bereits die Beteiligung der Sowjetunion in Frage gestellt wurde. Im PWD wurden daher noch vor Kriegsende erste Pläne erarbeitet, wie eine gemeinsame Wochenschau aufgebaut und finanziert werden könnte. Demnach sollte die Produktionsverantwortung allein bei der PWD liegen: »The OWI is prepared to participate in the production of such a real on a similar basis to the arrangements now existing for the ,Free World' newsreels: that is, that the MOI will advance make up, print and other costs to be recouped out of revenue. Net revenue is to be divided equally among the participants, either fifty-fifty, if the Russians do not participate, and three ways if the Russians do participate."179 Entgegen der britischen und amerikanischen Erwartungen schien die sowjetische Regierung zunächst auch Interesse an einer gemeinsamen Wochenschau, die in allen Besatzungszonen vorgeführt würde, zu haben. So berichtete Anfang März der Direktor der PWD Filmdivision, William D. Patterson, daß die sowjetischen Vertreter in informellen Vorgesprächen gebeten hätten, ihrer Regierung einen ausgearbeiteten
BA Koblenz, Schreiben William D. Patterson, Direktor der amerikanischen Filmdivision, an Sidney Bernstein, Films Division, Ministry of Information, 20. Februar 1945, R G 260 OMGUS, ISD 10/17-3/13. 179
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
Vorschlag hierzu zu übergeben.180 Daneben erklärten die drei ehemaligen Kriegsalliierten Ende März gemeinsam ihre Absicht, den „deutschen Geist aus der nationalsozialistischen Versklavung und militärischen Doktrin" zu befreien, wobei dieses Ziel auch über „sorgfältig ausgewählte" Dokumentarfilme und Wochenschauen erreicht werden sollte.181 Unabhängig von diesen ersten, alliierten Überlegungen zeigte sich nach Kriegsende auch die amerikanische Privatwirtschaft interessiert, am Aufbau einer neuen Wochenschau in Deutschland mitzuwirken. So wandten sich im August 1945 die Präsidenten verschiedener Filmproduktionsfirmen mit einem gemeinsamen Schreiben an die Public Relations Abteilung im amerikanischen Verteidigungsministerium. Darin fragten sie an, ob es im Nachkriegsdeutschland eine oder mehrere Wochenschauen geben werde und ob hierfür schon Produzenten vorgesehen seien: „If each Allied country prepares a separate newsreel to circulate only in its own area of occupation, will there be overall Allied understandings as to the nature of material to be included, or will the occupying powers engage in a sort of contest, each attempting to sway the German people to its own national aims?"182 Eine Beteiligung privatwirtschaftlicher Wochenschaufirmen wurde offensichtlich jedoch ernsthaft weder von der britischen noch von der amerikanischen Regierung näher in Erwägung gezogen. Vielmehr weisen vor allem die amerikanischen Akten daraufhin, daß die beiden westlichen Militärs selbst die Wirkung des filmischen Mediums für die Beeinflussung der deutschen Bevölkerung uneingeschränkt nutzen wollten: „Newsreel for Germany
1 8 0 B A Koblenz, Schreiben William D. Pattersons, Director Film Division, an Sidney Bernstein, Films Division, Ministry of Information, vom 9. März 1945 R G 260 OMGUS, ISD 1 0 / 1 7 - 3 / 1 3 . 181 Vgl. BA Koblenz, vertrauliches Memorandum des OWI in London vom 27. März 1945, RG 260 OMGUS, ISD 10/17—3/13. Wie hoch die britische und amerikanische Regierung gerade die propagandistische Wirkung einer gemeinsamen Wochenschau auch später noch einschätzten, belegt ein Protokoll über eine Besprechung des P.I.D. und des O.W.I. vom 29. November 1945: „Everything in our power should be done to put the newsreel on a Four Power basis, beginning with interchange of newsreels and clips and moving toward a quadripartite newsreel for distribution in all four zones. [...] That the world newsreel was the most important contribution we were making for the enlightenment and reeducation of the Germans in the film medium. It was proper, therefore, that it should have priority of resources over feature films. " BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 10/11—1/29. 182
B A Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 3 - 3 / 1 9 .
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presently produced under basic agreement between United States and United Kingdom Govts [Original-Abkürzung im Text, Anmerk. der Verf.] which was recently signed, is so important a vehicle for expression of govt policies that responsibility for producing it should not presently be sublet to any industry sponsored organization."183 Das PWD begann daher auch schon wenige Tage nach Kriegsende mit der Produktion einer eigenen Wochenschau, wobei immer wieder betont wurde, daß dieses Provisorium möglichst bald durch eine Wochenschau aller Großmächte ersetzt werden sollte.184 Mit Etablierung der französischen Besatzungszone wurde auch die Direction de Pinformation in die Wochenschau-Planung miteinbezogen. Lebhaft — so berichtete der französische Leiter der Filmabteilung, Marcel Colin-Reval, in seinem Monatsrapport — hätte der Vertreter der amerikanischen Filmeinheit darauf beharrt, daß die französische „Section Cinema" an den nächsten Gesprächen hierüber teilnehmen solle. Denn Ziel aller Besatzungsmächte müßte es schließlich sein, über eine gemeinsam produzierte Wochenschau sowie kurze Dokumentarfilme „den Zusammenhalt, die Stärke und die Einheit der vier Großmächte" zu vermitteln.185 Die französische Direction de Pinformation war diesem Vorhaben zunächst auch nicht prinzipiell abgeneigt — wenngleich es große Bedenken gab. Denn dadurch, daß es in der französischen Zone keine Filmproduktionsstätte gab, war das Angebot der Amerikaner und Briten einerseits, aus finanzieller Sicht gesehen, verlockend. Andererseits fürchtete man jedoch, daß durch eine gemeinsame Wochenschau die Ziele der französischen Informationspolitik untergraben und die eigenen Filmaktivitäten behindert werden könnten.186 Ein weiteres Mal wandte sich im August 1945 auch der Vertreter der amerikanischen Filmeinheit, Fred Schwartz, an die SMAD, wobei er noch einmal das lebhafte Interesse der britischen und amerikanischen
BA Koblenz, Vertrauliche Telegrafie Clays an A G W A R F O R WDSCA ES vom Oktober 1946, R G 260 OMGUS, ISD 5 / 2 4 2 - 1 / 1 2 . 184 Vgl. hierzu im einzelnen Kapitel „Eine amerikanisch-britische Co-Produktion — die Wochenschau Welt im Film". 185 Vgl A O F Colmar, Rapport mensuel der Section Cinema, Affaires Culturelles, A C 654, Dossier 7. 183
Vgl. A O F Colmar, Monatsbericht der Direction de l'Information vom 31. Oktober 1945, Affaires Culturelles, A C 654, Dossier 7. 186
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte 1945—1949
Regierung an einer Vierzonen-Wochenschau betonte: „Ich unterrichtete Oberst Fradkin, daß die Briten und Amerikaner eine gemeinsame Wochenschau machen und daß beide sehr daran interessiert sind, daß sich die Russen und Franzosen an dieser Produktion und deren Vertrieb beteiligen; daß wir der Meinung sind, daß eine einheitliche Wochenschau in ganz Deutschland gezeigt werden sollte."187 Zugleich stellte er in seinem Gespräch mit dem sowjetischen Vertreter dar, wie eine gemeinsame Produktion aussehen könnte: „Die Russen sollten einen Beauftragten benennen, der in München wohnen könnte und dort mit den Franzosen und uns zusammen in Zensurfragen entscheidet, die Szenen auswählt, die in der Wochenschau aufgenommen werden sollten, die musikalische Untermalung auswählt und alle weiteren Dinge festlegt, die mit der Produktion der Wochenschau zu tun haben."188 Oberst Fradkin, der an diesem Vorhaben interessiert zu sein schien, stellte Schwartz abschließend in Aussicht, „die Angelegenheit seinen Leuten" vorzutragen und sich dann wieder mit ICD in Verbindung zu setzen. Auf den Viermächte-Filmmeetings am 13. und 15. November schien die Idee einer gemeinsamen Wochenschau auch konkrete Züge anzunehmen. Denn Patterson berichtete danach, daß man vereinbart hätte, so schnell wie möglich konkrete Pläne für die Produktion und den Vertrieb ausarbeiten zu lassen.189 Alle vier Großmächte hätten schließlich erkannt „that such a newsreel would serve as a valuable symbol of Allied unity among the German people."190 Wie Patterson weiter berichtet, sollte die gemeinsame Wochenschau aus technischen Gründen auch weiterhin in München produziert werden. Die Klärung weiterer Detailfragen war jedoch auf einen späteren Zeitpunkt verlegt worden.191
1 8 7 Bericht über eine Reise nach Berlin, 1. September 1945, zit. nach Brewster S. Chamberlin: Kultur auf Trümmern. Berliner Berichte der amerikanischen Information Control Section Juli — Dezember 1945. Stuttgart 1979, S. 133 f. 188
Zit. nach ebd.
Entsprechend optimistisch vermeldete das Protokoll über den Bericht des amerikanischen Vertreters der Filmabteilung, den dieser am 18. November 1945 auf einem internen ICD-Meeting abgegeben hatte: „V. Film, Theater and Music: The newsreel organization has been transferred to Munich from London and agreement reached on quadripartite newsreel which needs only French signature which will be forthcoming." BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/239—1/20. 189
190 191
3/10.
BA Koblenz, R G 260 OMGUS, ISD 5 / 2 4 3 - 2 / 1 . Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ebd. und RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 4 -
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Die britische und die amerikanische Militärregierung glaubten, daß nun der Durchbruch für eine gemeinsame Vierzonen-Wochenschau erreicht sei. So vermeldete Anfang Januar 1946 der amerikanische Deputy Chief der F T M Branch: „The joint British-American undertaking is on the way to becoming a quadripartite newsreel. By free exchange of clips the quality of each three newsreel being produced (Russian, French and British-American), has been improved and the possibility of one newsreel for all of Germany brought one step nearer." 192 In der F T M Control Branch wurden daraufhin auch erste konzeptionelle Pläne ausgearbeitet. 193 Diesen zufolge sollte ein Viermächte-Wochenschau-Komitee in Berlin gegründet werden, das zur Aufgabe hätte, jede Ausgabe in einer gemeinsamen Sitzung zu diskutieren. Die Anmerkungen sollten dann an den amerikanischen Leiter der Wochenschau-Produktionsfirma in München 194 weitergegeben werden, damit die Kritikpunkte in den nachfolgenden Ausgaben berücksichtigt würden. Wie die gemeinsame Produktionsarbeit praktisch aussehen könne, stellte Patterson im Februar 1946 in einem Memorandum vor: Sein erster Vorschlag zielte darauf ab, daß das bestehende Produktionsteam, das sich zu diesem Zeitpunkt aus britischen und amerikanischen Mitarbeitern zusammensetzte, in dieser Konstellation bestehen bleiben und dem Vierzonen-Komitee unterstellt sein sollte. Als zweite Möglichkeit sah er an, daß zusätzlich zu seinem ersten Vorschlag französische und sowjetische „politische Berater" regelmäßig nach München reisen sollten. Dort würden sie dann mit dem amerikanischen Verantwortlichen der Wochenschau, Montague, — der diese Funktion auch bei einer Vierzonen-Kooperation innehaben sollte — über die Wochenschaupolitik konferieren und „Verbesserungsvorschläge" einbringen: „The advantage of visits by Russian and French policy advisors would be to give them, if they desire, a greater sense of par-
BA Koblenz, Memorandum Benno D. Franks vom 10. Januar 1946 an McClure, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 3 - 3 / 1 9 . 193 Vgl. BA Koblenz, Bericht Nicholas Nabokoff, Deputy Chief, FTM Control, über die Konzeptausarbeitung seiner Mitarbeiterin Elisabeth Stewart-Roberts, RG 260 OMGUS, ISD 1 0 / 1 1 - 1 / 2 9 . 194 Zu einem späteren Zeitpunkt, so war es vorgesehen, sollte die WochenschauProduktion dann nach Berlin umziehen. BA Koblenz, Memorandum Elisabeth Stewart-Roberts vom 17. Januar 1946 über eine Vierzonen-Wochenschau, RG 260 OMGUS, ISD 1 0 / 1 1 - 1 / 2 9 . 192
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ticipation in the production of the newsreel."195 Dieser Vorschlag war jedoch, seiner Ansicht nach „nicht so wünschenswert wie Möglichkeit ,a'„. Sein dritter Vorschlag beinhaltete schließlich die Entsendung französischer und sowjetischer produktionstechnischer und politischer Berater nach München — wobei diese entscheidungsbevollmächtigt sein, „Wochenschau-Erfahrung" mitbringen und Englisch sprechen sollten. Diese Abgesandten sollten zwar rangmäßig Stellvertreter Montagues sein. Letztendlich sah Patterson jedoch auch in diesem Vorschlag vor, daß der amerikanische Wochenschau-Leiter „would have the final authority and responsability to settle any dispute after adequate discussion and to decide at all times what should go into the newsreel".196 Insgesamt war Patterson selbst davon überzeugt, daß von allen drei Varianten „c" am ehesten die Zustimmung der französischen und sowjetischen Regierung finden würde: „This would, operationally, be the most difficult, but may prove to be the only acceptable to our allies." In der französischen Zone war jedoch ab Anfang 1946 die VierzonenWochenschau kein Thema mehr197. Was Colin-Reval auch schon in einem Gespräch mit dem amerikanischen FTM Deputy Chief im Dezember 1945 angedeutet hatte.198 Das Interesse der französischen Filmeinheit lag ab diesem Zeitpunkt ausschließlich auf der geografischen Verbreitung der Actualites Frangaises und dem interzonalen Austausch von Spielfilmen.199 Erst mit Entstehung der Trizone 1948 entwickelte sich wieder eine ,engere' Zusammenarbeit der drei Westmächte auf dem Gebiet der
BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 10/11-1/29. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ebd. 197 So findet sich beispielsweise im Kurzbericht des Leiters der Direction de l'lnformation, Jean Arnaud, über das Treffen der Viermächte am 26.-28. Juni 1947 in Berlin überhaupt kein Hinweis mehr auf das Vorhaben einer gemeinsamen Vierzonen-Wochenschau. Vgl. AOF Colmar, vertraulicher Rapport trimestriel de la Direction de l'lnformation für die Monate Mai — Juni — Juli 1947, Affaires Culturelles, AC 658/6, Relations intellectuelles et du Livre, Rapports trimestriels de la Direction de l'lnformation 1946—1947. 198 BA Koblenz, Schreiben Eric T. Clark, Deputy Chief Film-Theatre, Music Section, an Lt. Nilson, 3. Dezember 1945, RG 260 OMGUS, ISD 10/17-3/12. 199 v g l. beispielsweise auch AOF Colmar, Schreiben des Ministre des Affaires Etrangeres Commissaire General aux Affairs allemandes et autrichiennes, M. Debre, an Koenig vom 26. September 1947, AC 987, Correspondance generale avec la Direction de l'lnformation 1947. 195 196
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Filmwirtschaft. Wenngleich hierdurch zwar die zwischenzonale Arbeit der Wochenschau-Unternehmen erleichtert wurde, behielten dennoch Welt im Film und die französische Wochenschau Blick in die Welt in ihren jeweiligen Zonen die Monopolstellung: „It is suggested that the cameramen of the newsreel Welt im Film and Film-Wochenschau respectively be permitted to photograph freely throughout the three zones subject only to advising the competent authorities in due time. Immediate exchange of material photographed between the two newsreels to avoid duplication and waste material is recommended."200 Mehr als diese Zugeständnisse wollte die französische Militärverwaltung denn auch nicht machen, wenngleich mit Beginn des Jahres 1949 neuerlich eine Zusammenlegung der drei Informationseinheiten von der amerikanischen Information Services Division angeregt201 und eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegründet wurde. Es kamen jedoch in den kommenden Wochen kaum Treffen zustande. — Was dadurch bedingt war, daß zumeist die französischen Vertreter fehlten.202
200 AOF Colmar, Memorandum über das Treffen der drei BesatzungszonenFilmvertreter am 31. August 1948 in Wiesbaden, AC 29, Cinema. 2 0 1 In seinem Schreiben stellte der Repräsentant der französischen Militärregierung bei den trizonalen Gesprächen, R. Grassot, dem Militärgouverneur der französischen Zone, Hepp, am 26. Februar 1949 die Aufgaben des anvisierten Kommittees vor: „Les fonctions du Comite Tripartite de l'lnformation seront: a) d'echanger des informations dans le but de realiser autant que possible une action unifiee des trois Gouvernements Militaires dans le domaine de l'lnformation, b) de determiner conjointement l'action a mener, dans le domaine de l'lnformation, dans le but d'assurer 1'application uniforme de telles mesures de controle qui pourraient etre necessaires en vertu du Statut d'Occupation et de la legislation, des reglements et des declarations des Gouvernements Militaires, decides en raison du Statut d'Occupation." AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC—RA 552. 2 0 2 BA Koblenz, A.V. Boerner, Deputy for Policy and Multipartite Affairs, in einem Schreiben an Executive Secretary, Committee on Tripartite Military Government Organization vom 15. März 1949, RG 260 OMGUS, ISD 5/264—1/4.
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2. Eine amenkanisch-bntische Film
Co-Produktion — die Wochenschau Welt im
a) Militärische Institution im Wandel der Besatzungsjahre Unabhängig vom Ziel einer gemeinsamen Informationspolitik aller Siegermächte erarbeitete der amerikanische Teil der PWD bereits in den letzten Monaten vor Kriegsende detaillierte Pläne für den Aufbau einer neuen Filmlandschaft in Deutschland. Als Grundlage hierfür dienten statistische Daten zur deutschen Filmindustrie, zur nationalsozialistischen Filmkontrolle, zu Filmkammer und UFA sowie eine Analyse der deutschen Filmproduktionen. Die amerikanische Film, Theatre and Music control section (FTM) stufte aufgrund dessen das filmische Medium als ein gezieltes nationalsozialistisches Mittel zur Beeinflussung der deutschen Bevölkerung ein: „Films in Germany — The Nazi pioneered in the use of films as a weapon for propaganda. They used it effectively all over the world. Fifteen million people a week go to the theater in Germany. (This figure is as of 1943.) The average German goes about 15 times a year. In 1942 there were 6.000 theaters in Germany. The Nazi organized 1.000 mobile film vans which were sent around the country to even the smallest towns."203 Nach Kriegsende sollte daher das filmische Medium auch weiterhin der Beeinflussung dienen — nun aber unter der Regie der britischen und amerikanischen Besatzungsmächte. Dabei sollte zunächst — gleichfalls wie in den anderen Medienbereichen — die Vermittlung der Direktiven im Vordergrund stehen: „Control' propaganda is for the purpose of creating and maintaining order. Newsreel films can implement this type of propaganda by objective and impartial reporting; by the inclusion of stories which show disorder being curbed, or law and order being created or maintained. [...] The essential need here is that an authority is speaking and requiring obedience; an attempted persuasion should be secondary possibly implicit."204
2 0 3 BA Koblenz, Bericht über eine Besprechung bei William D. Patterson am 3. März 1945, RG 260 OMGUS, ISD 10/17-3/13. Veröffentlicht wurden diese Daten im U.S. Civil Affairs Handbook. 2 0 4 BA Koblenz, Memorandum „German Propaganda" von William H. Kennedy, 6. Februar 1945, RG 260 OMGUS, ISD 10/17-3/13.
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In diesem Sinne begannen in London noch vor Kriegsende erste Vorbereitungen für eine eigene amerikanisch-britische Wochenschau — wobei bereits zu diesem Zeitpunkt anvisiert wurde, die Produktionsstätten später nach Berlin zu verlegen.205 Zwei Tage nach der deutschen Kapitulation wandte sich dann McClure an Brigadier General A.C. Neville und forderte aus den beschlagnahmten deutschen Beständen Filmvorführwagen für die Unterhaltung der britischen und amerkanischen Truppen — aber auch schon zur ersten filmischen Information der deutschen Bevölkerung — an: „We have information that there are approximately one thousand mobile motion picture exhibition vans scattered throughout Germany. We understand that these vans have been used by the Propaganda Ministry to show films in localities where adequate cinema facilities were lacking. [...] Whereas it is not our intention to entertain the Germans, it may prove necessary or seem advisable to conduct showings of newsreels and documentaries in certain areas where the motion picture theatre facilities are demolished, damaged, preempted for showings to troops, or non-existent." 206 Denn auch McClure hielt es für eine der wichtigsten Aufgaben der amerikanischen Filmdivision, eine Wochenschau für Deutschland sowie Dokumentarfilme über die Besetzung zu erstellen.207 Ganz offen strebte folglich der amerikanische Teil der PWD gleich nach Kriegsende — im Gegensatz zu den anderen Großmächten — die Beeinflussung der deutschen Bevölkerung über das filmische Medium an. Die Wochenschau war daher der einzige Medienbereich, in dem die P W D ihre Informationspolitik von Anfang an zielgerichtet und ohne Rücksichtsnahme auf die anderen Besatzungsmächte umzusetzen suchte. McClure ließ am 18. Mai zwei unterschiedlich große deutsche Städte auswählen, in denen die britisch-amerikanische Wochenschau sowie alliierte Spiel- und Dokumentarfilme probeweise der deutschen Bevölkerung vorgeführt werden sollten: „We want to undertake experimental showings of British and American Newsreels, documentaries and shorts in Germany immediately. [...] We ask you to suggest as one experimental location a town of between 20.000 and 50.000 population which has suffered comparatively little damage and which is rather thoroughly
205
Vgl. BA Koblenz, ebd. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/267-3/4. 207 Vgl. BA Koblenz, Schreiben an Philip Hamblet, Director of Office of War Information in Paris, vom 10. Mai 1945, RG 260 OMGUS, ISD 5/267-3/4. 206
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Nazi. The other should be as large a city as possible should have mixed political complexion and have suffered damage. It would obviously be necessary to choose localities in which there are exhibition facilities available."208 Entgegen den bisherigen wissenschaftlichen Darstellungen209 zur britisch-amerikanischen Wochenschau Welt im Film wurde folglich Mitte Mai 1945 nicht mit der zonalen Verbreitung begonnen, sondern nur mit ersten Probeläufen in Erlanger und Hamburger Kinos. Diese erste Testphase wurde dabei von der amerikanischen Intelligence Section begleitet, die Fragebogen erstellen und unter den Besuchern verteilen ließ.210 Im Mittelpunkt der neu kreierten Wochenschau Welt im Film stand zunächst die Präsentation der beiden angelsächsischen Großmächte als Mentoren der deutschen Bevölkerung, wobei über die Hälfte der Berichte über britische und amerikanische Themen informierte. Wie die westalliierten Kriegs-Propagandafilme waren auch diese ersten Ausgaben der Wochenschau zunächst nur mit deutschen Untertiteln versehen. Erst ab 30. Juli 1945 wiesen sie einen deutschen Kommentar auf. Um nicht den Eindruck zu erwecken, eine Zone sei weiter entwickelt als die andere, achtete das PWD — sowie später ein gemeinsamer amerikanisch-britischer Ausschuß — darauf, daß die Zahl der Beiträge aus den beiden Zonen in der Regel ausgeglichen war. Dennoch vertrat die britische Seite schon sehr bald die Ansicht, daß die gemeinsame Wochenschau die amerikanischen Interessen stärker widerspiegele als die britischen. So vermerkt beispielsweise das Protokoll über das Joint Meeting PR/ ISC vom 2. Oktober 1945 in Berlin, daß aufgrund des Mißverhältnisses sogar Wochenschau-Ausgaben aus dem Verleih genommen wurden: „News reel copies now being distributed. Owing to unfavourable
2 0 8 BA Koblenz, Schreiben McClures an PWD Colonel Cliff R. Powell, R G 260 OMGUS, ISD 5/267-3/4. 209 Vgl beispielsweise Wolfgang Benz (Hg.): Die Bundesrepublik Deutschland. Geschichte in drei Bänden, Bd.3: Kultur. Frankfurt am Main 1983, S. 359 f. und Helmut Regel: Der Film als Instrument alliierter Besatzungspolitik in Westdeutschland, in: Klaus Jaeger und Helmut Regel (Hgg.): Deutschland in Trümmern. Filmdokumente der Jahre 1945—1949. Oberhausen 1976, S. 44. Aufgrund der Sichtung der amerikanischen Akten muß dieser Feststellung jedoch eindeutig widersprochen werden.
Vgl. BA Koblenz, Semi-Monthly Progress Report of Psychological Warfare Division Sections (Main) vom 7. Juni 1945 an Chief Psychological Warfare Division, SHAEF, über die Zeit vom 16. bis 31. Mai, RG 260 OMGUS, ISD 5/243—1/4. 210
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reception and strong American angle, it was agreed that the older news reels, particularly No. 10, should not be shown further."211 Nachdem die erste Testphase gezeigt hatte, daß Welt im Film beim deutschen Publikum auf Interesse stieß, wurden in der britischen und amerikanischen Zone nun verstärkt Filmtheater aufgebaut und der deutschen Bevölkerung zugänglich gemacht. So waren bis zum 13. August in der amerikanischen Zone insgesamt 40 Kinos wieder geöffnet.212 In der britischen Zone gab es bis Frühjahr 1946 bereits wieder 884 Kinos213. Der zweiwöchentliche Arbeitsbericht der ICD vom 24. Mai 1947 vermeldete schließlich, daß nun in beiden Zonen bereits 2.000 Filmtheater wieder bespielbar seien.214 In Regionen, in denen es zunächst nach Kriegsende keine festen Kinos gab, führten regelmäßig auch weiterhin „Mobile Projection Units" die Wochenschau-Ausgaben und Spielfilme vor. Auch nach der Auflösung von PWD und SHAEF Mitte Juli 1945 blieb Welt im Film ein gemeinsames britisch-amerikanisches Unternehmen — wenngleich in jeder Besatzungszone nun eine eigenständige Filmeinheit tätig und für die Umsetzung der jeweiligen Filmpolitik verantwortlich war.215 Die Frage der politischen Einflußnahme und der gemeinsamen Kontrolle wurde im August in einem Vertrag festgelegt. Demnach sollte sich ein Joint Newsreel Control Board mindestens alle vier Monate am Produktionsort treffen, um dort „die praktische Umsetzung der Direktiven" zu überprüfen.216 Inhaltliches Ziel der gemeinsa-
2UPRO 212
Kew, F O 1056, 513. Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 4 - 3 / 4 .
Vgl. P R O Kew, F O 1056, 70. BA Koblenz, Bi-weekly Operations Report, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 3 — 3 / 1 6 . 215 Vg] beispielsweise P R O Kew, Memorandum on the functions of the Public Relations and Information Services Control Branch of P R / I S C Group von Anfang 1946, F O 1056, 103 und BA Koblenz, Direktive 21 vom 14. September 1948, RG 260 OMGUS ISD 5 / 2 3 6 - 2 / 2 1 . 213 214
Diese sowie weitere britische und amerikanische Aktenbelege stehen damit im Widerspruch zu den Erinnerungen des britischen Wochenschau-Verantwortlichen George F. Salmony, denen zufolge „spezielle alliierte Direktiven von den Zentralen in Washington und London nicht die Regel" gewesen seien, sondern die politische Linie überwiegend in Geiselgasteig bestimmt worden sei. Vgl. Christine Held und Ursula Lorenz: Die Entwicklung der Wochenschau in Deutschland: Wochenschau-Chronik 1947. Göttingen 1974, S. 10 ff. Tatsache ist jedoch, daß die ISD OMGUS Motion Picture in München noch 1949 an den Leiter der Information Services Division, Gor216
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men Wochenschau sollte es sein, die deutsche Bevölkerung über die aktuellen Geschehnisse „which are likely to have abearing on their lives" zu informieren. Um das Zuschauerinteresse zu wecken, sollte dabei jedoch auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommen: „Humour and documentary items, which cannot be classed strictly as news, may be included when they contribute directly to the object of establishing a peaceful, tolerant, and democratic Germany." Die WochenschauProduzenten sollten dabei permanent über die öffentliche deutsche Meinung informiert sein, um aufgrund dessen den Berichten der Welt im Film die „größtmögliche Einwirkung auf die Bevölkerung" geben zu können.217 Die Reaktionen der deutschen Bevölkerung in der amerikanischen und britischen Zone zeigten denn auch, daß die Wochenschau, nachdem sie zuvor im Sommer 1945 zeitweise das Zuschauerinteresse verloren hatte, nach einer inhaltlichen Überarbeitung vom deutschen Publikum angenommen wurde. Was sich jedoch auch darin begründete, daß das filmische Medium sowohl in den Städten als auch auf dem Lande zunächst das einzige Unterhaltungsangebot war. So wies eine Umfrage der Intelligence Branch in der amerikanischen Besatzungszone von Ende August 1946 auf, daß rund ein Fünftel der Deutschen Welt im Film sahen und jeder zehnte Besucher diese auch für „gut" bis „interessant" befand.218 Aufgrund des Publikumsinteresses wurde Anfang 1946 innerhalb der ICD sogar kurzfristig die Produktion einer eigenständigen FrauenWochenschau diskutiert, die ebenfalls unterschwellig dem Ziel der Entnazifizierung dienen sollte. Die Idee wurde dann jedoch aus finanziellen und personellen Gründen fallengelassen.219 Doch bevor Welt im Film in der britischen und amerikanischen Zone Fuß fassen konnte, hatten die beiden Informationseinheiten neben dem
don E. Textor, vor der Veröffentlichung jeder Wochenschau-Ausgabe ein Telegramm mit genauen Angaben zu den einzelnen Wochenschau-Themen sowie zur Länge der einzelnen Beiträge, den Sprechertexten und O-Tönen sandten. Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 4 - 1 / 4 . 2 1 7 BA Koblenz, Basic agreement between WDSCA and Control Office, RG 260 OMGUS, ISD 5/270-2/3. 2 1 8 Vgl. Anna J. Merritt und Richard L. Merritt (Hgg.): Public Opinion in occupied Germany. The OMGUS Surveys 1945—1949. Urbana / Chicago / London 1970, S. 100 f. 2 1 9 Vgl. BA Koblenz, Report on Temporary Duty with IOD, Bavaria, Dealing with Women and Youth Affairs vom 22. Januar 1946 an Director, Information Control Division, RG 260 OMGUS, ISD 5/237-1/10.
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Wiederaufbau der Vorführstätten auch interne Vertriebsproblemen zu bewältigen: Denn die Wochenschau, die in den ersten Besatzungsmonaten noch komplett in London produziert wurde, erreichte eine Vielzahl von Kinos gar nicht oder nur verspätet. Wenngleich bereits ab Sommer 1945 in Geiselgasteig bei München die Kopien für die Filmtheater angefertigt und von hier aus verteilt wurden. So weist der Halbwochenbericht der amerikanischen Information Services Section in Berlin vom 15. August 1945 die Klage auf, daß Mitte August vier Kinos später als geplant eröffnet wurden, da die Filmkopien nicht rechtzeitig eingetroffen waren.220 Im September 1945 wurde daher die gesamte Wochenschauproduktion in die Studios Geiselgasteig verlegt. Verwaltung und technische Organisation unterstanden dem Amerikaner Sam К. Winston221, während der Brite George F. Salmony222 die redaktionelle Leitung innehatte. Ab diesem Zeitpunkt gehörten dem Wochenschau-Team auch 51 deutsche Mitarbeiter, die als Sprecher und Cutter sowie im technischen Bereich beschäftigt waren, an.223 Zudem wurden in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart Zweigbüros — „news-reel desks" — eingerichtet, wobei nur in den amerikanischen Dependancen ebenfalls Deutsche beschäftigt waren. Daneben erhielt die WochenschauGesellschaft in Geiselgasteig jede Woche zusätzlich internationale Filmberichte aus London.224
220 Vgl. Chamberlin (wie Anm. 9), S. 93 f. Auch der Liaison Report No.6 der amerikanischen Liaison Section vermeldete am 13. September 1945: „No prints of ,Die Welt im Film', series 16 and 17 have been received. It is becoming apparent that the process of making up the newsreel in London, flying to Munich for printing and distributing it f r o m there, is proving very unsatisfactory, particulary now that flying weather is becoming less reliable." P R O Kew, F O 1056, 57. 2 2 1 Sam K. Winston kam zum ersten Mal 1930 nach Deutschland, um in BerlinBabelsberg für Josef von Sternberg die Herstellung der englischsprachigen Version des Spielfilms „Der blauen Engel" zu überwachen. 2 2 2 Auch Salmony war in Deutschland kein Unbekannter: Bis zu seiner Emigration 1933 hatte Salmony als Redakteur in Berlin bei der Zeitung BZ am Mittag und Tempo gearbeitet und Filmbesprechungen geschrieben. 2 2 3 Anschaulich beschreibt Christian Hallig die Arbeit bei der Welt im Film sowie die damaligen Lebensumstände in einem Beitrag für das Buch Karl Friedrich Reimers (Hg.): Zweimal Deutschland seit 1945 im Film und Fernsehen. I: Von der Kinowochenschau zum aktuellen Fernsehen. München 1983, S. 43 f. 224
Vgl. Held und Lorenz (wie Anm. 38), S. 10 ff.
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Trotz der Verlagerung der Wochenschau-Produktionsstätte nach Geiselgasteig nahmen jedoch die Meldungen über Vertriebsschwierigkeiten bis 1949 kein Ende. 225 Es wurde daher zeitweise auch die Möglichkeit eines weiteren Kopierortes, beispielsweise Berlin, geprüft. Hatten die ersten Welt im ft/m-Ausgaben zunächst die angelsächsischen Großmächte vorrangig als „Mentoren der Gerechtigkeit" präsentiert, so sollte nun in erster Linie der demokratische Wiederaufbau thematisiert werden. Ein neuerlicher Vertrag zwischen den zuständigen britischen und amerikanischen Behörden — Control Office for Germany and Austria sowie Civil Affairs Division, War Department — verlängerte Anfang März 1947 daher nicht nur die Dauer des gemeinsamen Projektes Welt im Film, sondern legte auch die künftigen inhaltlichen Ziele fest: „In pictures from Allied countries the aim should be to show the Allied purpose, standards and way of life. In pictures from occupied countries the aim should be to assist the control authorities and to show reconstruction and restoration, particulary through the efforts of the local population." 226 Die beiden Besatzungsmächte sollten nun folglich als „Garanten und Helfer des deutschen und österreichischen 227 Wiederaufbaus" dargestellt werden. Dabei sollten Großbritannien und die USA als gesellschaftliche und wirtschaftliche Vorbilder dienen. Wie gezielt in
In den amerikanischen Akten findet sich beispielsweise ein schriftlicher Hinweis, daß in Bayern 471 Kinos mit 33 Kopien versorgt wurden und daher die Wochenschau-Ausgaben bis zu 15-18 Wochen liefen. Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 10/17—1/9. Auch in der britischen Zone wurde das WochenschauVertriebsproblem intern immer wieder heftig diskutiert, wie ein Bericht über die zwölfte Hamburger Konferenz der PR/ISC Branch vom 3. April 1948 zeigt: „Mr. Leeds [zuständig für den Vertrieb, Anmerk. der Verf.] stated that he was finding it impossible to keep 1320 cinemas in the British Zone supplied with the newsreel when we only have 97 prints, of which one is retained. Under these conditions it is impossible to ensure that every cinema plays the newsreel. Mr. Elton (Welt im Film) stated that at Munich recently he had pressed for an increased number of prints by making the newsreel shorter. Lenghts have already dropped to 350m and he felt that an increase of 15 copies could be effected right away. Mr. Leeds stated that he hoped it could be cut to 300m per print." PRO Kew, FO 1056, 302. 225
2 2 6 PRO Kew, Basic agreement between WDSCA and Control Office vom 4. März 1947, FO 1056, 262. 2 2 7 Ab Ende 1947 produzierte die Wochenschau-Produktionsgesellschaft in Geiselgasteig eine eigene Ausgabe für Osterreich, die sich dadurch von der deutschen unterschied, daß neben den internationalen Nachrichten anstatt Berichten aus den Besatzungszonen solche aus Osterreich gebracht wurden.
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diesem Zusammenhang auf amerikanischer Seite Informationen und Berichte ausgewählt wurden, zeigte beispielsweise ein Schreiben von 1948: „United States activities are represented in the newsreel in two ways. First through news material, received from U.S. newsreel companies in the United States and second through coverage by ,Welt im Film' cameramen of U.S. Military Government activities in Germany. The material from U.S. newsreel companies is selected by personnel of the Reorientation Branch, Civil Affairs Division, Army Department, in New York." 228 Daneben stellte das Pentagon ab 1946 umfangreiche Gelder zur Verfügung, um Dokumentarfilme in und für Deutschland herstellen zu lassen. Als inhaltliches Ziel legten die Produktionsrichtlinien dabei fest: „Es soll gezeigt werden, wie die wesentlichsten Aspekte der amerikanischen Demokratie funktionieren, [...] die Menschen in den besetzten Gebieten sollen von der amerikanischen Art und Weise, mit Problemen umzugehen, überzeugt werden."229 Die Erfolge der „Umorientierungspolitik" sollten zudem, nach einem Beschluß des Joint Newsreel Control Board vom März 1947, nun monatlich dokumentiert werden.230 Doch während die Arbeit in den anderen Medienbereichen sowohl in der britischen als auch amerikanischen Zone — wenn auch qualitativ verschieden — immer mehr auf deutsche Redakteure übertragen wurde, blieb Welt im Film auch weiterhin fest in der Hand der beiden Großmächte. Warum sich daran auch in Zukunft nichts ändern sollte, suchte am 22. Mai 1948 ein Artikel in der Neuen Filmwoche der deutschen Bevölkerung zu erklären: „Wenn in dieser Woche die 156. Ausgabe erscheint, feiert die anglo-amerikanische Wochenschau Welt im Film (World im Film) ihr dreijähriges Bestehen. [...] Inzwischen ist von deutschen Fachkreisen wiederholt die Bitte geäußert worden, die Alliierten
228 BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 10/17-1/9. Ab März 1947 erfolgte hierzu auch ein Austausch der Wochenschauberichte mit britischen und amerikanischen Produktionsgesellschaften sowie ab September 1947 mit einem schwedischen Unternehmen. 229 Zit. nach Ulrich M. Bausch: Die Kulturpolitik der US-amerikanischen Information Control Division in Württemberg-Baden von 1945—1949. Zwischen militärischem Funktionalismus und schwäbischen Obrigkeitsdenken. Stuttgart 1992, S. 111. 230 Vgl. BA Koblenz, Protokoll des ICD Staff Meetings vom 4. März 1947, RG 260 OMGUS, ISD 5/239—1/20. In der britischen Zone wurde zudem 1948 erörtert, das Filmmaterial der Wochenschau-Gesellschaft für die Herstellung von „Erziehungsfilmen" zu nutzen. PRO Kew, Protokoll über das 17. Meeting der ISD vom 26. August 1948, FO 1056, 293.
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Behörden möchten die Verantwortlichkeit der Wochenschau einem deutschen Gremium übertragen. Diesem verständlichen Wunsch kann das Filmkontrollamt vorerst jedoch noch nicht entsprechen, da die Frage der Rohfilmbeschaffung sich nach wie vor so schwierig gestaltet, daß ohne die Unterstützung der Besatzungsmächte eine Wochenschau kaum hergestellt werden kann. Außerdem mangelt es Deutschland derzeit an den erforderlichen Verbindungen zum Ausland. Dafür soll nach amerikanischen Bestätigungen der Austausch von ganzen Wochenschauen in den deutschen Besatzungszonen auf breiter Basis erfolgen, so daß immerhin wenigstens die innerdeutschen Möglichkeiten weitgehend intensiviert werden."231 Tatsächlich wollten die beiden Großmächte dieses wichtige Medium der Einflußnahme nicht aufgeben. Zumal Welt im Film in beiden Besatzungszonen nachweislich im Vorprogramm der deutschen Kinos gezeigt werden mußte.232 Doch die amerikanische Militärverwaltung bezeichnete Welt im Film nicht nur aus medienpolitischen Gründen als „äußert profitables Unternehmen" und „unschätzbares Propaganda-Medium". Die Wochenschau rechnete sich auch finanziell für die amerikanische Regierung.233 So gelang es ihr im Laufe der Besatzungsjahre erfolgreich, amerikanische Spielfilme auf dem deutschen Markt zu etablieren.234 Die WochenschauEinnahmen selbst teilten sich die beiden Großmächte von der ersten
231
Die Neue Filmwoche. Informationsblatt für die Lichtspieltheater, 22. Mai 1948,
S. 3. 2 3 2 Inwieweit es auch einen Vorführzwang für öffentliche Einrichtungen, wie beispielsweise Schulen, gab, konnte anhand der gesichteten Akten nicht nachvollzogen werden. 233 Vgl. BA Koblenz, Schreiben Arthur L. Mayer an Colonel Gordon E. Textor, Director Information Services Division, vom 13. Dezember 1948, RG 260 OMGUS, ISD 5/242—1/7. 1949 nahm die Wochenschau-Gesellschaft Welt im Film zwischen 1. Juli und 30. November in der amerikanischen Zone DM 1.494.623,65 ein. Im Vergleich zu den amerikanischen Spielfilmen war die Wochenschau damit 1949 die lukrativere Filmverleih-Einnahmequelle in der amerikanischen Zone. Vgl. BA Koblenz, R G 260 OMGUS, ISD 5 / 2 3 3 - 1 / 8 . 2 3 4 In der amerikanischen Zone war zunächst MPEA für den Vertrieb der Spielfilme und Welt im Film zuständig, in der britischen hingegen Eagle Lion Films. Mit Entstehung der Tri-Zone 1948 konnten sich die beiden Vertriebsgesellschaften sowie die französische „International Film Allianz" dann im Bezug auf den Spielfilm-Verleih auf die jeweils anderen Zonen ausdehnen. Vgl. BA Koblenz, Summary for October 1948, No.40, Information Services Division, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 6 3 - 3 / 2 0 .
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Ausgabe an. Denn trotz des Vorführzwangs hatten die deutschen Filmtheaterbesitzer festgelegte Prozentsätze235 ihrer Einnahmen an die amerikanischen und britischen Filmvertriebs-Gesellschaften zu zahlen236, wobei sich ab Ende 1947 die Abgaben für die Wochenschau je nach Alter der Ausgabe verminderten.237 Die britische Militärverwaltung in Deutschland suchte hingegen spätestens ab 1948 nach Möglichkeiten, sich von der WochenschauProduktion zu trennen.238 So äußerte Arthur Eltons239 im Memorandum „The Future of Welt im Film" vom 16. Oktober 1948 die Ansicht, daß die Wochenschau nun langsam einer unabhängigen Organisation übergeben werden sollte. Dabei meinte er zugleich Vorzeichen ausgemacht zu haben, daß die amerikanische Militärverwaltung durch ein Strohunternehmen Welt im Film übernehmen wolle: „There are signs that the Americans will shortly raise the future of Welt im Film and may launch a fully-prepared plan in the hopes of taking the British by surprise. The plan may well consist of a proposal to hand the newsreel over, or to sell it, to the German Company called Bavariafilm operating at Geiselgasteig. This company holds an American license, is under the influence of Pommer, and is said to have strong U F A associations."240 Er empfahl
2 3 5 Die Prozentsätze basierten auf der Netto-Einnahme der Filmtheater aus dem Eintrittskartenverkauf, die sich aus der Brutto-Einnahme minus 15 Prozent Vergnügungssteuer zusammensetzte. 236 v g i . Film-Echo. Fachzeitschrift für die gesamte Filmwirtschaft, Rubrik „Fachliche Bekanntmachung", März 1947. Die Fachzeitschrift Film-Echo war das offizielle Organ des Wirtschaftsverbandes der Filmtheater e.V. in der britischen Zone und wurde seit März 1947 zunächst monatlich, später wöchentlich, publiziert.
Vgl. Film Echo, Januar 1948, S. 2. Daß die Briten die Produktion der Wochenschau Welt im Film weitestgehend der amerikanischen Motion Picture Section überließen, läßt sich auch daran ablesen, daß es ab 1947 kaum mehr Berichte zur Arbeit der Wochenschau in den PR/ISC Group Meeting-Protokollen gab. Dies kann damit erklärt werden, daß das filmische Medium in der britischen Informationspolitik insgesamt gesehen keine so große Rolle spielte. Wesentlich wichtiger für die Kommunikation mit der deutschen Bevölkerung war für die britische Militärverwaltung — wie bereits in Kapitel „Aufbau und Zielsetzung des britischen Informationssystems in Deutschland" dargelegt — Hörfunk und Presse. 237 238
Ab 21. Januar 1947 war Arthur Elton in seiner Funktion als „Film Adviser" für Welt im Film verantwortlich und vertrat auch die filmischen Interessen Großbritanniens bei den Joint Newsreel Control Boards. Vgl. PRO Kew, F O 1056, 63. 2 4 0 PRO Kew, F O 1056, 262. 239
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daher, eigene Pläne zur Privatisierung der Wochenschau-Gesellschaft auszuarbeiten, die Anfang 1949 dann auch vorlagen. Demnach sollte das Produktionsunternehmen nach der Privatisierung in eine „gemeinnützige GmbH" umgewandelt werden, wobei es in der Ubergangsphase noch von einem britisch-amerikanischen Verwaltungsrat überwacht werden sollte.241 In der Tat stellte sich auch die amerikanische Militärverwaltung ab 1949 auf eine Privatisierung von Welt im Film ein. Als Grund hierfür wurde jedoch die von den USA propagierte prinzipielle ökonomische Freiheit angegeben, wie ein Bericht der amerikanischen Filmeinheit vom 21. März 1949 darlegt: „In spite of the profits accrueing from the operation of a monopoly newsreel and the reorientation values a media of public information, it is the opinion of this Branch that, as believers in free enterprise, we cannot indefinitely continue to bar private initiative from the newsreel field. We are tuning out an excellent reel and one which Military Government can well regard as a genuine contribution to the American mission in Germany."242 Dennoch wollte die amerikanische Militärverwaltung die direkte Kontrolle und Einflußnahme über dieses für sie wichtige Medium nicht ganz verlieren. Es sollte daher auch nach der Privatisierung eine Wochenschau-Zensur beibehalten werden, „not only to eliminate harmful political material but also to permit Military Government suggestions as to the correct method of treating certain news items in accordance with national policy and to the inclusion of material considered desirable as part of our overt activities in Germany".243 Die amerikanische Militärverwaltung erließ daher am 5. April 1949 eine Verordnung, der zufolge Filme jeglicher Art ein „Film Exhibition Certificate" der ISD vorweisen mußten, bevor sie veröffentlicht werden durften.244
P R O Kew, Schreiben des britischen Vertreters der Film Section, G. BucklandSmith, vom 19. Januar 1949 an den Deputy Chief, Information Services Division, F O 1056, 262. 241
2 4 2 BA Koblenz, Motion Picture Branch, Operation Report Projects, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 4 2 - 1 / 7 . 2 4 3 BA Koblenz, ebd. 244 v g l . "The Department of State: Germany 1945—1949. Military Government Supervision of German Film Industry, Military Government Regulations, Part 4. Washington 1950, S. 604.
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Die tatsächliche Privatisierung der Welt im Film erfolgte jedoch erst 1952, als ein deutsches Unternehmen die Wochenschau übernahm. Konkurrenz erhielt Welt im Film allerdings schon ab Ende 1949, nachdem die zonalen Grenzen in Westdeutschland und der Vorführzwang entfallen waren.
b) Von „Schuld und Sühne" zu wirtschaftlichem Optimismus Das deutsche Publikum war an filmtechnisch ausgefeilte Wochenschauen gewöhnt, die mit dem gesamten Repertoir filmischer Elemente spielten. Dies hatte das PWD noch vor Kriegsende erkannt und hierauf baute auch die Gestaltung der Welt im Film (WiF) auf: Das Bildformat führte den Blick des Zuschauers, über Schnitte wurde die Dynamik gestaltet und die Hintergrundmusik unterstützte mit ihrem Charakter die Gesamtaussage des Beitrages. Eine Form der Wochenschau-Gestaltung, wie sie auch in den USA schon seit Jahren mit großer Perfektion praktiziert wurde. Auf den ersten Blick erstaunlich erschien es jedoch, daß die Sprecher der WiF in ihrer Stimmlage und Artikulation denen der deutschen Kriegswochenschau ähnelten. Die amerikanische Filmeinheit setzte aber zunächst bewußt hohe, scharf artikulierende Männerstimmen ein, weil sie befürchtete, durch ein völlig verändertes Erscheinungsbild könnte die Wochenschau ihre Wirkung auf die deutsche Bevölkerung verlieren.245 Dadurch wäre ihr jedoch ein wichtiges Medium der Umorientierung verloren gegangen.246 Die Welt im Film war folglich zunächst bewußt eine Mischung aus Wandel und Kontinuität, was sich am deutlichsten am Vorspann zeigte:
245 Vgl. Ester-Beate Körber: Wie interpretiert man eine Wochenschau? Überlegungen an Beispielen aus der Nachkriegszeit, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 3 (1994), S. 1 3 7 - 1 5 0 (hierS. 150). 246 Vgl. Kapitel „Eine amerikanisch-britische Co-Produktion — die Wochenschau Welt im Film sowie das Schreiben von Lt. J.R. Foss, A.C., an Davidson Taylor, I.C.D., U S F E T , vom 31. Juli 1945: „I saw Newsreel N o . 10 at the Geiselgasteig Studios and felt it was a very poor newsreel considering it is the first Allied picture that the Germans are to see. It was not too good a print, music was quite poor and scratchy in places. In general the subjects were very depressing and moral weakening." BA Koblenz, R G 260 OMGUS, ISD 1 0 / 1 7 - 3 / 3 .
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So drehte sich im Bild — wie schon in der Ufa-Tonwoche — eine Weltkugel. Dazu erklang im Hintergrund die Variation einer WesternMelodie, die den Klang der freien, weiten Welt vermitteln sollte.247 Lag in den ersten IFzTsAusgaben der Themenschwerpunkt noch auf Beiträgen aus den USA und Großbritannien, so verlagerte sich die Berichterstattung bereits nach wenigen Wochen auf Deutschland und die beiden Zonen. Nicht zuletzt, weil nun die amerikanische Informationseinheit selbst die bisherige Zielrichtung ihrer Wochenschau-Berichterstattung und damit die Wirkung in Frage zu stellen begann, wie ein Schreiben an McClure vom 19. Juni 1945 aufzeigt: „Dear Bob, I am not quite clear from the News Reels which have so far seen what is the policy behind the ,Inside Germany' scenes shown in them. Some of the material seems to be selected for its interest to an audience outside rather than inside Germany."248 Ab Ende 1945 bis 1949 bot die WiF dann jedoch eine sehr gute Ubersicht über die politische Entwicklung in den westlichen Zonen bis hin zur Etablierung der Bundesrepublik: So informierte sie ab 1946 über den politischen Aufbau der Bundesländer249, berichtete ab 1947 über die Zusammenlegung der westlichen Zonen250 und zeigte ab 1948 den Weg zum bundesdeutschen Grundgesetz auf251. Helmut Regel kritisiert in diesem Zusammenhang in seinem Aufsatz „Der Film als Instrument alliierter Besatzungspolitik", daß die amerikanisch-britische Wochenschau aufgrund dieser Konzentration auf die westlichen Zonen ihrem Titel, die
Die Titelmelodie von „Jesse James. Mann ohne Gesetz" diente für den musikalischen Vorspann als Vorlage. Vgl. Ursula Spormann-Lorenz und Heinrich Bodensieck: Die staatliche Neuorganisation Deutschlands 1948/49 in der Berichterstattung der britisch-amerikanischen Besatzungswochenschau. Göttingen 1989, S. 7. 247
2 4 8 BA Koblenz, Schreiben Brigadier Geoffrey Neville, Information Control Division, an Brig. Gen. Robert A. McClure, R G 260 OMGUS, ISD 5/267—3/4.
Vgl. beispielsweise „Volksvertretung für Schleswig-Holstein", WiF 42/1946, „40 Städte wählen", WiF 54/1946 und „Hannoverscher Landtag eröffnet", WiF 67/1946. 250 Vgl. beispielsweise „Konferenz des Zweizonenwirtschaftsrates", WiF 89/1947 und „Die Trizone", WiF 170/1948. 249
2 5 1 Vgl. beispielsweise „Die Unterzeichnung des Fünfmächtevertrages", WiF 149/1948, „Die Konferenz der drei westlichen Großmächte in Frankfurt", WiF 164/1948, „Verfassungskonvent von Herrenchiemsee", WiF 170/1948 oder „Konstituierung des parlamentarischen Rates in Bonn", WiF 172/1948.
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Welt im Film zu präsentieren, nicht gerecht geworden sei.252 Zunächst scheint jedoch — Zumindestens britischerseits — eine Medienberichterstattung über wichtige Ereignisse in der sowjetischen Zone generell anvisiert worden zu sein, wie die britische Information Control Policy Directive Nr.18 vom 19. September 1945 ausweist: „Treatment of News from the Russian Zone. The general policy will be to report without comment and according to news value stories from the Russian Zone of general interest, even if such stories imply on the one hand differences of policy between the Russians and the other Allies, and on the other hand criticism of the Russians."253 Die Zuspitzung der politischen Gegensätze einerseits sowie die Verbote andererseits, weder in der sowjetischen Zone selbst zu drehen noch Wochenschau-Material austauschen zu dürfen, haben später jedoch eindeutig dazu beigetragen, daß die Beiträge der WiF letztendlich westlastig waren. Was auch der Nachrichtenbericht „Wirtschaftseinheit Bayern/Thüringen" vom 23. Oktober 1946 belegt.254 Denn in diesem begrüßte der Kommentar ausdrücklich die Grenzöffnung für Geschäftsleute, was durch optimistische Musik im Hintergrund noch emotional unterstützt wurde. Wenngleich die Bildsequenzen offenkundig ausschließlich von der amerikanischen Zone aus gedreht worden waren. Die politischen Beiträge der WiF waren in der Regel im NachrichtenLead-Stil aufgebaut, daß heißt die Hauptaussage stand am Anfang, danach folgten lediglich Erläuterungen. Jeder einzelne Bericht wurde dabei über einen eigenen Titel angekündigt — im Blick in die Welt sind hingegen nur Themenblöcke und im Augenzeugen findet sich dieses Element fast überhaupt nicht. Am Ende eines jeden Jahres faßte eine Sonderausgabe der WiF— ebenso wie auch Der Augenzeuge — die wichtigsten, vergangenen Ereignisse noch einmal zusammen. Zwei Hauptthemen bestimmten 1945 zunächst konstant die Deutschland-Berichterstattung: Die Darstellung der nationalsozialistischen Kriegsverbrechen und die Bestrafung der Täter255 sowie die Selbstcharakterisierung der beiden Großmächte als Mentoren des deutschen Volkes:
252 Vgl. Helmut Regel: Der Film als Instrument alliierter Besatzimgspolitik in Westdeutschland, in: Klaus Jaeger und Helmut Regel (Hgg.): Deutschland in Trümmern. Filmdokumente der Jahre 1945—1949. Oberhausen 1976, S. 45. PRO Kew, FO 1039, 58. Vgl. „Wirtschaftseinheit Bayern/Thüringen", WiF 74/1946. 255 Vgl. hierzu ausführlich Regel (wie Anm. 74), S. 45. 253
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So vermittelten die allerersten U^T-Ausgaben noch ein Bild der Kollektivschuld aller Deutschen, die nun für ihr Denken und Handeln büßen müßten: Sie seien daher auch vorerst unter Aufsicht gestellt und nur die Militärregierungen — „ebenso streng wie gerecht"256 — könnten für Ruhe und Ordnung sorgen. Berichte über dragonische Strafen sollten dabei einerseits deren drastische Lage verdeutlichen.257 Nach Helmut Regel zeigt die WiF andererseits aber auch eine „lehrhafte Vorliebe für symbolträchtige Vorgänge und gleichnishafte Bilder": „Kinder spielen zwischen geborstenen Geschützen, eine Hitlerbüste steht inmitten des Trödels und Plunders einer Auktion."258 Insgesamt vermittelten die ersten Wochenschau-Ausgaben eindringlich, daß sich die beiden ehemaligen, westlichen Kriegsalliierten nun als „Garanten der Gerechtigkeit" in Deutschland verstanden. Erst ab Herbst 1945 fanden sich dann auch einzelne Berichte mit neuer, inhaltlichen Qualität — der zweckfreien Unterrichtung über wichtige Ereignisse in der Welt. Hauptgrund hierfür war, daß Welt im Film zunehmend an Zuschauerinteresse verlor. Daher forderte die amerikanische Filmeinheit die Regierungsstellen in London und Washington auf, ihre Medienpolitik dringend zu überdenken: „Patterson requested that all intelligence reports on audience reaction should be forwarded to London and Washington as soon as possible as these reports may necessitate a policy change particulary in the newsreel, and they would like to make these changes effective as soon as practical. I told Patterson how the attendance had dropped off after four or five days from the first showings."259 Weitere Gründe hierfür waren jedoch auch die Außenwirkung der liberaleren Besatzungspolitik in der sowjetischen Zone sowie die sich zunehmend verschlechternde Versorgungslage in Westdeutsch-
2 5 6 Zit. nach Heinrich Bodensieck: Blickrichtung Westen. Die britisch-amerikanische Wochenschau Welt im Film als Instrument der Umerziehung, in: Unsere Medien, unsere Republik, 2 (1992), S. 4 6 - 4 7 (hier S. 47). 257 v g i . hierzu ausführlich Heinrich Bodensieck: Erarbeitung eines Tonfilmberichts: Die Ubergabe der „Frankfurter Dokumente" 1948 in der bizonalen Besatzungswochenschau Welt im Film, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, 8 (1983), S. 4 7 3 - 5 0 0 (hier S. 477).
Regel (wie Anm. 74), S. 45. BA Koblenz, Schreiben J.R. Foss, Lt. Colonel, AC, Deputy Chief F.T.M Control Section an Davidson Taylor, Information Control Division, vom 25. August 1945, R G 260 OMGUS, ISD 10/17-3/3. 258
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land. Beides hatte in den ersten Monaten keinesfalls dazu beitragen, das Verhältnis zwischen den Militärregierungen und der deutschen Bevölkerung positiv zu fördern. Während sich, gemäß den Untersuchungen von Helmut Regel, in der WiF der ersten Monate „jeweils alle Stories einer Folge — durchschnittlich sind es etwa 10 — dem Zweck der Meinungsführung"260 hatten zuordnen lassen, pendelte sich nun der Anteil der Unterhaltungssujets bis Ende 1946 bei etwa 33 Prozent sowie der der zweckfreien Information bei rund 22 Prozent ein. „Die übrigen 45% machten nach wie vor Berichte mit dem Zweck eindeutiger Beeinflussung im Sinne der Militärregierungen aus."261 Auch in den politischen WiF-Nachrichten vollzog sich nun ein Wandel. So stand die politische262 und wirtschaftliche Erneuerung Deutschlands ab Herbst 1945 eindeutig im Mittelpunkt: Allein 41 Beiträge behandelten 1946 dieses Thema, das sich dabei auf alle Bereiche des Wiederaufbaus — von der Infrastruktur über den Wohnungsbau bis hin zu Industrie und Landwirtschaft — bezog.263 In den Wirtschaftsberichten wurden in der Regel über die einzelnen Kamera-Einstellungen und Sequenzen ganze Produktionsprozesse vorgestellt.264 Während die bildliche Ebene dominierte, blieb der Kommentar zumeist kurzgefaßt und lockerte höchstens bisweilen die nüchterne, bildliche Erzählfolge auf: „Sie [die im Bild gezeigten Lokomotiven, Anmerk. d. Verf.] lösen andere Veteranen der Schienen ab, die einen Urlaub im Ausbesserungswerk nötig haben."265 Die verhältnismäßig schnelle Schnittfolge sowie die optimistisch bis triumphale Musik symbolisierten dabei nicht nur Dynamik, sondern insgesamt auch den Trend „Es geht wieder aufwärts". War anfangs vorrangig der Wandel hin zur Friedenswirtschaft betont worden266, so standen in den späteren BeRegel (wie Anm. 74), S. 45. Ebd. 262 v g i . hierzu beispielsweise auch BA Koblenz, Schreiben Colonel J. H. Hills, Asst. Chief of Division an Chief Information Control with Attention to William Montague, vom 12. Dezember 1945, R G 260 OMGUS, ISD 10/17-3/12. 263 Vgl. Regel (wie Anm. 74), S. 45. 264 v g i . beispielsweise „Die Hanauer Dunlop Reifenwerke produzieren wieder", lTiF41/1946. 265 Kommentartext zum Bericht „Deutschlands Verkehrswesen im Aufbau", WiF 36/1945. 266 Vgl. beispielsweise „Wiederaufbau in Deutschland", WiF 54/1946. Dieser Bericht stellte die industrielle Umarbeitung von Stahlhelmen zu Haushaltssieben vor. 260
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satzungsjahren vor allem innovative Verfahren und Werkstoffe im Vordergrund der Berichterstattung. Fast jeder Beitrag Schloß dabei prinzipiell mit einer Nah- bis Halbnah-Aufnahme von der EndproduktLagerung, wobei die Darstellung der „Masse" die neue, hohe Produktivität der deutschen Industrie symbolisierte und somit ebenfalls wirtschaftlichen Optimismus versinnbildlichte. Ab Mitte 1948 wurden zudem in einzelnen Wirtschaftsberichten die Hilfsmaßnahmen und der ökonomisch positive Einfluß des amerikanischen European Recovering Program dargestellt.267 — Was von den bizonalen Wirtschaftsbehörden auch erwünscht und gefördert wurde, wie das Protokoll der bizonalen Wirtschaftskonferenz vom 25. April 1949 anschaulich darlegt: »The Chairman (W.R. Rider, E.C.A.) announced that to celebrate the anniversary of the first Marshall Plan deliveries to Europe on 4th June, one third of an issue of Welt im Film is to devoted to ERP. Material would be included from England, France and Germany."268 Große filmische Beachtung fand ab Ende 1945 zudem die Nahrungsmittelversorgung. An ihr wurde nun die gewandelte Besatzungspolitik — nicht mehr ausschließlich richtend, sondern helfend zu wirken — besonders deutlich manifestiert. Denn war in den ersten tt^-Ausgaben zunächst betont worden, daß „die knappen Lebensmittel-Vorräte zuerst an jene verteilt würden, die am längsten gehungert" hätten und „Deutschland warten müsse"269, so sollten nun in der Wochenschau vor allem die Importaktivitäten der beiden Großmächte herausgestellt werden: „As pointed out to you in recent conversation by Lt. Nilson and Mr. L. Hauschner it is the desire of General McClure and Col. Hester, Chief of the Food and Agriculture Branch, to show to the German motion picture audiences the large amounts of food, fertilizer, and seeds which are imported from the US for German civilian use."270 Im Beitrag
267 v g l . „Unterzeichnung des Auslandshilfsprogramms der USA durch Truman", WiF 152/1948, „Marshallplan-Beauftragte in Deutschland", WiF 180/1948 oder „Hilfsmaßnahmen des Marshallplans für Deutschland", U^T7 204/1949. 268 p r o Kew, Minutes of the Third Meeting im HQ BICO Building in Frankfurt, FO 1025, 44. Zit. nach Bodensieck, Blickrichtung Westen (wie Anm. 78), S. 47. BA Koblenz, Schreiben Ray A. Ioanes, Chief Rationing Section, an S. K. Winston, Chief Newsreel Section, vom 14. August 1946, RG 260 OMGUS, ISD 10/17— 1/9. 269
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„Ernährungskonferenz" vom 1. Juli 1946 resümierte der Kommentar denn auch die Politik der Großmächte mit folgenden Worten, wobei auf der bildlichen Ebene die beiden Redner Clay und Robertson zu sehen waren: „Der stellvertretende Oberbefehlshaber der britischen Zone, General Robertson, betonte den dringenden Wunsch der englischen Behörden nach einer ausreichenden Ernährung des deutschen Volkes. [...] General Robertson führte weiter aus, daß die britische Zone ihren eigenen Nahrungsmittelbedarf nur etwa zur Hälfte decken könne. Die andere Hälfte muß eingeführt werden. Dann sprach der stellvertretende Oberbefehlshaber der amerikanischen Zone, General Clay. [...] Es soll unser Bemühen sein, Ihnen zu helfen. In dem größten Ausmaß, in dem wir es können. Der Hunger, so sagte er, sei nicht ein Teil der amerikanischen Politik."271 Die deutschen Sonderbeauftragten fanden hingegen im Vergleich zur ausführlichen Darstellung der beiden Besatzungsangehörigen nur kurz bildlich und namentlich Erwähnung — wenngleich der Kommentar am Schluß des Beitrages hervorhob, daß die beiden Großmächte so bald als möglich die Verantwortung auf deutsche Behörden übertragen wollten. Heinrich Bodensieck hat in diesem Zusammenhang für das Jahr 1946 nachgewiesen, daß es einen zonalen Unterschied in der Wochenschau-Berichterstattung über deutsche Mitarbeiter gab: „Aus der britischen Zone ist der Wortlaut der Bekenntnisse und Versprechungen von Deutschen im Orginalton übermittelt worden, während in vergleichbaren Szenen aus der US-Zone die Deutschen kaum gezeigt wurden und bis zum Jahresende gar nicht zu Wort gekommen sind."272 Doch auch in den folgenden Jahren hätten sich die Vertreter der beiden Großmächte, seinen Untersuchungs-Ergebnissen zufolge, in WiFBeiträgen immer wieder herablassend gegenüber deutschen Repräsentanten gezeigt. — Was letztendlich jedoch nicht erstaunt, da die WiF bis zuletzt ein von den Großmächten produziertes Medium gewesen ist und somit die deutschlandpolitische Zielsetzung sowie deren Militärangehörigen auch im Vordergrund zu stehen hatten.
271 272
Kommentar zum Beitrag"Ernährungskonferenz", WiF 58/1946. Bodensieck, Blickrichtung Westen (wie Anm. 78), S. 47.
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3. Von den Actualites Frangaises zum Blick in die Welt — französische Wochenschaupolitik in Deutschland a) Von der Notlösung zur etablierten Wochenschau Im Gegensatz zu den anderen Besatzungszonen waren in der französischen nach Kriegsende so gut wie alle Filmtheater zerstört. Selbst in den größeren Städten, wie Mainz, Ludwigshafen, Koblenz oder Saarbrücken, waren die Kinos nicht mehr spielbereit. Dennoch begann die Division de l'Information Mitte Juli 1945 bereits mit dem Aufbau einer neuen deutschen Filmwirtschaft, indem sie zunächst für die Besatzungszone gezielt französische Spielfilme und Wochenschaubeiträge auswählen ließ: „Dans le domaine du cinema, les travaux preparatoires sont assez avances egalement. Je suis d'accord avec Monsieur Fourre-Cormeray, directeur de la Cinematographic Fran^aise, pour qu'il envoie a Monsieur Colin-Reval, chef du Cinema dans nos services, pour le 15 aout, une Serie de films fran^ais sous-titre, ainsi que les actualites fran^aises selectionnees par mes soins ä Paris avec un commentaire allemand."273 Kurz darauf gab Koenig die Anweisung an die Zivilverwaltung aus, die Filmtheater in der französischen Zone zügig aufbauen zu lassen und der deutschen Bevölkerung zugänglich zu machen. In extrem kurzer Zeit, bis Januar 1946, gelang es denn auch der französischen Section Cinema, in allen Regionen und Städten der französischen Zone wieder spielbereite Kinos zu eröffnen.274 In den Regionen, in denen erst noch Filmtheater erbaut werden mußten, versorgten Wanderkinos die deutsche Bevölkerung mit Spielfilmen und der französischen Wochenschau Actualites Frangaises.
273 AOF Colmar, Schreiben Arnauds an Laffon vom 31. Juli 1945, Affaires Culturelles, AC 654, Dossier 7, Relations intellectuelles et du Livre, Rapports mensuels de la Direction de l'lnformation, Juillet — Decembre 1945. 274 In den „Activites et resultats de la Direction de l'Information du 1er Aoüt 1945 au 31. Janvier 1946" heißt es: „Le Cinema: Au 15 Janvier, soit 5 mois apres l'ordre d'ouverture des cinemas, toutes les salles de la zone qui se trouvaient en etat de fonctionner ont ete reouvertes au public. Soit 372, dont 125 en zone sud, 220 en zone nord, 27 salles viennent egalement de faire leur ouverture a Berlin (Zone Franfaise)." AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC 656/1, Relations intellectuelles et du Livre, Rapports mensuels de la direction de l'Information 1945—1947.
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Wie auch in den anderen Besatzungszonen war in der französischen der Aufbau einer neuen deutschen Kinolandschaft mit der Entnazifizierung der Filmtheaterbesitzer275, die später die Mitarbeiter der ehemaligen deutschen Filmindustrie einschloß, verbunden. Deutsche Filme wurden beschlagnahmt und auf ihre politische Aussage hin überprüft. Wenngleich in der Folgezeit auch weiterhin vereinzelt ausgewählte, deutsche Streifen in den Theatern zu sehen waren, bestand das Kinoprogramm nun zu einem wesentlichen Teil aus französischen Filmen mit deutschen Untertiteln. Diese wurden — ebenso wie die Wochenschauen — über die eigens gegründete Vertriebsgesellschaft Rhin-Danube in Baden-Baden an die Kinobesitzer verteilt.276 Die Zeitschrift La France enAllemagne umschrieb denn auch in einer Spezialausgabe von August 1947 unumwunden die beiden Hauptziele der französischen Filmpolitik in Deutschland: „Des juillet 1945 en effet, la Section Cinema a procede a la reorganisation de l'industrie cinematographique en zone franfaise, en donnant a son action deux buts principaux: — doter le Gouvernement Militaire d'un puissant instrument de propagande; — permettre a l'industrie cinematographique fran^aise de s'installer en Allemagne de fa^on solide et durable."277 Zu diesem Zweck wurde in der französischen Zone ab August 1945 eine deutsche Ausgabe der französischen Wochenschau Actualites Frangaises gezeigt, die mit deutschem Kommentar versehen war.278 Daneben gab es noch eine eigenständig zusammengestellte Ausgabe für das Saarland.279 Ziel der übersetzten Wochenschauen war es, der deutschen
275 Abschluß fand diese Aktion im Herbst 1946. Vgl. AOF Colmar, Monatsbericht der DI, Affaires Culturelles, AC 658/5, Relations intellectuelles et du Livre, Rapport trimestriel de la direction de l'Information 1946. 276 Vgl. AOF Colmar, Note documentaire sur l'Education et Information vom August 1949, Affaires Culturelles, AC 989/3, Relations intellectuelles et du Livre, Correspondence de la Division Information 1949. 277 La France en Allemagne, S. 42 f. Diese Zeitschrift befindet sich in den Archives de l'Occupation Franfaise en Allemagne et en Autriche in Colmar. 278 Völlig unzutreffend berichtete hierzu ein Jahr später die Zeitschrift La France en Allemagne, die von der DI herausgegeben wurde, daß die französische Militärregierung damit die „erste der Besatzungsmächte gewesen sei, die damit begonnen hätte, Wochenschauen in deutscher Sprache zu vertreiben". Vgl. Ausgabe August/September 1946, S. 31 ff. 279 Vgl. AOF Colmar, AC 557, Films. Ab 1948 verselbständigte sich diese in Zusammenarbeit mit den französischen Actualites Frangaises zu einer eigenständigen Wo-
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Bevölkerung den Zugang zur „l'actualite internationale par l'image" zu eröffnen, um auf diese Weise wieder den Blickwinkel der Deutschen zu erweitern. Die Berichte sollten dabei einen möglichst objektiven Standpunkt vermitteln und die demokratischen Grundsätze widerspiegeln.280 Sowohl die zonale als auch die saarländische Fassung wurden in Paris unter der Kontrolle der Direction Politique hergestellt und in BadenBaden nochmals einer Kommission, die sich aus Arnaud sowie verschiedenen Repräsentanten der Militärverwaltung zusammensetzte, zur Endabnahme vorgefühlt. In der Nachzensur korrigierte das Bureau Cinema schließlich nur noch Aussprachefehler oder schlechte technische Filmschnitte.281 Bereits nach vier Wochen, Ende August 1945, wurden von jeder Wochenschau-Ausgabe 15 Kopien in der französischen Zone vertrieben.282 Bis Februar 1946 erhöhte sich diese Anzahl auf 45. Da jedoch alle wiederhergestellten Kinos mit Wochenschauen versorgt werden mußten, zirkulierten auch ältere Ausgaben wochenlang in der französi-
chenschau. Es handelte sich dabei zunächst um kurze Berichte, die in der Regel im Anschluß an die französische Wochenschau gezeigt wurden. Bis August 1949 entwikkelte sich daraus schließlich eine saarländische Wochenschau, die nun fast ausschließlich regionale Themen beinhaltete. Die Saarländische Wochenschau wurde den Filmtheatern kostenlos zur Verfugung gestellt. Da die Saarländische Filmvertriebs-GmbH sie aus eigenen Mitteln nicht finanzieren konnte, mußte jedoch bald die saarländische Regierung für das entstehende Defizit aufkommen. Vgl. hierzu Dietrich Berwanger: Massenkommunikation und Politik im Saarland 1945—1959. Ein Beitrag zur Untersuchung .publizistischer Kontrolle*. Diss. München 1969, S. 104 f. Desweiteren gab es — ebenso wie auf amerikanischer und britischer Seite — eine eigene WochenschauFassung für Osterreich, auf die in dieser Arbeit jedoch nicht näher eingegangen werden wird, da sie nur eine untergeordnete Rolle in der französischen Besatzungspolitik spielte. 280 AOF Colmar, Rapport sur l'oeuvre de Demilitarisation, Denazification et de Democratisation entreprise par la Direction de l'lnformation, 8. Januar 1947, AC 557, Films. 281 Vgl. AOF Colmar, AC 557, Films. Ausführlich stellt auch der britische French Zone Liaison Officier am 23. April in einem vertraulichen Bericht an den Director General ISC, Michael Balfour, die Wochenschau-Produktion in der französischen Zone dar. Vgl. PRO Kew, FO 1056, 57. 282 Vgl. AOF Colmar, Rapport mensuel de la Section Cinema, erstellt von ColinReval, Affaires Culturelles, AC 654, Dossier 7.
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sehen Besatzungszone. So waren beispielsweise Anfang 1946 rund 370 Kopien im Umlauf.283 Wesentlich später als in der britisch-amerikanischen Welt im Film — erst ab September 1945 — fanden sich in der deutschen Actualites Frangaises auch Berichte über das besetzte Deutschland. Dabei handelte es sich jedoch vornehmlich um Nachrichten von internationalem Interesse, wie beispielsweise über die Nürnberger Prozesse. Beeindruckt von der französischen Wochenschau-Arbeit berichtete der britische French Zone Liaison Officier im Herbst 1945: „The newsreel, based on „France Actualites", but with clips from other sources, was of exellent quality, with an unobtrusive German commentary spoken in a conversationel tone. It was well balanced, and included two clips with a British angle."284 Ebenso wie in der amerikanischen und in der britischen Zone gehörten die Kameramänner zunächst ausschließlich der Besatzungsarmee an. Auch, um so die gewünschte Ausrichtung der Berichterstattung zu gewährleisten, wie Arnaud in seinem Monatsbericht vom 3. Oktober 1945 darlegte: „Le service d'Actualites frangaises en Allemagne fonetionne depuis une quinzaine de jours. Deux Operateurs tournent des bandes destinees a la propagande fran^aise en Allemagne et a l'information du public franfais."285 Daß die französische Militärverwaltung das filmische Medium als ein wichtiges Mittel der deutschen Beeinflußung ansah, zeigte sich bereits Mitte August in der Order Koenigs, unverzüglich alle zonalen Kinos wiederaufzubauen. Der Monatsbericht der Section Cinema vom Dezember 1945 hob dann den Wert dieses Medienbereiches als „Propaganda-Instrument ersten Ranges" ausdrücklich hervor, wobei er zugleich auch auf die neuen Absatzchancen für die französische Spielfilmindustrie hinwies: „Conclusion: Le Gouvernement Militaire frangaise en Allemagne dispose des maintenant d'un magnifique reseau de salles en parfait etat, ce qui represente un instrument de propagande de pre-
Vgl. A O F Colmar, Activite et resultats de la Direction de l'information du 1er Aoüt 1945 au 31 Janvier 1946, A C 6 5 6 / 1 . Außer in den Filmtheatern wurden die Wochenschauen später auch in den Centres des Informations vorgeführt. In den französischen Akten findet sich jedoch kein Hinweis, ob auch andere Institutionen, wie beispielsweise Schulen etc., verpflichtet waren, diese zu zeigen. 283
P R O Kew, Information Liaison Report No.3 an den Director ISC, F O 1056, 57. A O F Colmar, Rapport mensuel de la Direction de l'information Affaires Culturelles, A C 654, Dossier 7. 284 285
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mier ordre. Cette propagande est faite regulierement l'intermediaire des actualites, par la projection des documentaires franfais [...] En resume, si le Gouvernement Militaire dispose d'un bei instrument de propagande particulierement efficace, le cinema franfais a trouve des debouches nouveaux ou il peut jouer toute sa chance."286 Doch während das Geschäft mit französischen Spielfilmen in der Besatzungszone florierte, behinderte lange Zeit die bereits beschriebene schlechte Materialausstattung der DI und das Fehlen jeglicher ehemaliger deutscher Produktionsstätten die Wochenschau-Arbeit. Weshalb diese viel länger als in den drei anderen Besatzungszonen außerhalb Deutschlands erfolgte. Um Rohfilmmaterial für neue Produktionen in Deutschland und Frankreich zu erhalten, tauschte die französische Militärverwaltung industrielle Güter ein. So berichtete beispielsweise Arnaud Ende November 1945 in einem Schreiben an den Ministre de l'lnformation in Paris, daß es Colin-Reval gelungen sei, „de negocier environ 500.000 metres de pellicule vierge que les Russes nous fourniront contre du cartonnage et qui pourront etre livre mensuellement au cinema franfais."287 Gerade mit der sowjetisch besetzten Zone besaß die französische Militärverwaltung bis zur Entstehung der Trizone gute Geschäftskontakte. So vermeldete beispielsweise auch der monatliche Bericht der DI im Februar 1947: „En outre, les Autorites Russes ont mis a notre disposition les studios nouvellement equipes a Neubabelsberg pour le doublage des films; les travaux de doublage ont commence dans ces studios."288 Erst in ihrer Ausgabe vom 1. Juni 1946 kündigte die Fachzeitschrift Die Neue Filmwoche289 schließlich die Verlagerung des inhaltlichen Schwerpunkts der französischen Wochenschau auf deutsche Themen
A O F Colmar, A C 654, Dossier 7. In einem Schreiben an General McClure berichtet der amerikanische Major A. Colombet am 2. Januar 1946 in seiner Funktion als French Liaison Officer über die französischen Filmaktivitäten: „There have also been difficulties to overcome in the production of motion pictures, but production has already started in France." BA Koblenz, R G 260 OMGUS, ISD 5/239-1/20. 286
A O F Colmar, Affaires Culturelles, A C 984/2, Relations intellectuelles et du Livre, Correspondance du Cabinet et de la Direction de l'lnformation, 1945—1946. 287
A O F Colmar, Affaires Culturelles, A C 656/1. 289 Neue Filmwoche. Informationsblatt für die Lichtspieltheater" wurde ab März 1946 von der französischen Militärregierung als „Fachblatt für das deutsche Filmwesen" monatlich herausgegeben. Ab Januar 1948 erschien die Zeitschrift dann wöchentlich. Archiviert liegt die Zeitschrift heute im Deutschen Filminstitut in Frankfurt. 288
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sowie eine zunehmende Einbeziehung deutscher Mitarbeiter an: „Im Rahmen der französischen Wochenschau werden künftig mehr und mehr Bilder aus der französischen Besatzungszone Deutschlands gezeigt. Deutsche Kameramänner werden eingesetzt, um politische, sportliche oder kulturelle Tagesereignisse für die Wochenschau zu filmen oder interessante Ausschnitte aus dem Leben in der französischen Zone einzufangen".290 Im „Rapport sur l'oeuvre de Demilitarisation, Denazification et de Democratisation entreprise par la Direction de l'Information" vom 8. Januar 1947 klang die geplante Zusammenstellung des WochenschauTeams dann jedoch etwas nüchterner. Demnach sollten auch weiterhin in erster Linie zwei französische Kameramänner aus der Besatzungszone berichten, wobei sie von deutschen Kollegen unterstützt würden: „Pour rendre plus vivantes ces bandes d'actualites cinematographiques, deux Operateurs fran^ais furent specialement detaches dans la zone pour filmer les principaux evenements de la vie politique, administrative et economique. Ces Operateurs furent bientot secondes par des confreres allemands qui, a l'heure actuelle, assurent une grosse partie du travail."291 Die Erweiterung der Berichterstattung über Deutschland stand in direktem Zusammenhang mit einer diesbezüglichen Forderung des Commissariats aux Affaires Allemandes et Autrichiennes. Denn gemäß verschiedener statistischer Untersuchungen fand die französische Wochenschau nicht das quantitative Publikumsinteresse, das man sich erhofft hatte. So nutzten zu diesem Zeitpunkt, nach Angaben der DIZeitschrift La France en Allemagne, nur etwa rund ein Sechstel der 6,5 Millionen Zonenbewohner jede Woche das Filmangebot.292 In Zusammenhang mit der erweiterten Deutschlandberichterstattung wurde nun auch die Eröffnung eines Wochenschau-Büros in Berlin anvisiert, von dem aus über die Aktivitäten in der „deutschen Hauptstadt" berichtet werden sollte. Außerdem hatte die Produktionsfirma Actualites Frangaises eine Vereinbarung mit der DEFA geschlossen, derzufolge die
Die Neue Filmwoche, Juni 1946, Nr. 10, S. 1. AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC 656/1. 292 Vgl. La France en Allemagne, Ausgabe August/September 1946, S. 31 ff. 1948 nutzte hingegen bereits die Hälfte aller Zonenbewohner das filmische Angebot. Vgl. Die neue Filmwoche, 13 (1948), S. 107. 290
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Wochenschau-Beiträge untereinander ausgetauscht werden sollten.293 — Was tatsächlich jedoch nie realisiert wurde. Ende 1946 beschloß die französische Regierung schließlich die Produktion einer deutschen Zonen-Wochenschau, die die deutsche Fassung der Actualites Frangaises ablösen sollte. Hintergrund hierfür war die Note 5126 vom 17. Oktober 1946, in der Koenig die Erweiterung der Besatzungs-Propaganda durch eine eigene, in Deutschland produzierte Wochenschau gefordert hatte.294 Als Voraussetzung hierfür wurde vom Centre Nationale du Cinema in Paris, der französischen ProduzentenVereinigung und vom Syndicat du Cinema im Februar 1947 zunächst eine privatwirtschaftlich organisierte Filmgesellschaft gegründet, an der auch die Section Cinema beteiligt war. Die „Internationale Filmallianz" (IFA) hatte ihren Geschäftssitz in Baden-Baden und war nach deutschem Recht konstituiert — wobei die Mehrheit der Anteile bei den französischen Gesellschaftern lagen. Zu ihren Aufgaben zählten neben der Wochenschau-Produktion auch die Kinoprogrammgestaltung, die Filmzensur, Werbung sowie der Vertrieb und die Buchhaltung.295 Später bemühte sie sich zudem um einen Austausch mit Verleihfirmen in den anderen Besatzungszonen.296 Insgesamt waren bei der IFA 80 Mitarbeiter angestellt.297 293 Vgl. AOF Colmar, vertraulicher monatlicher Bericht der Direction de l'Information für den Monat März 1946 von Directeur Jean Arnaud an Gouvernement Militaire de la Zone Frangaises d'Occupation et Direction Generale des Affaires Administratives, Affaires Culturelles, AC 657/2A, Relations Intellectuelles et du Livre, Rapports de la Direction de Pinformation 1946—1947. 294 AOF Colmar, AC 28, Cinema. Diese Orginalnote von Koenig ist in den französischen Akten kaum lesbar. 295 Damit übernahm die Internationale Filmallianz auch die Aufgaben der zuvor bestehenden Vertriebsgesellschaft „Rhin-Danube". 296 So versprach sich die Militärverwaltung beispielsweise vom interzonalen Filmaustausch in der Trizone eine wirtschaftliche Erholung ihrer zu diesem Zeitpunkt ökonomisch angeschlagenen Filmbranche, wie es ein Schreiben des Sous Secretariat d'Etat aux Affaires Allemandes et Autrichiennes in Paris ausdrückte: „Les societes IFA et Film-Union ont besoin des rentrees de la bizone pour pouvoir survivre et parfaire leur extension. 11 se peut que vu de Paris, l'on n'ait pas saisi suffisamment la gravite des repercussions de la situation due a la reforme monetaire survenue en morte saison cinematographique. Cette reforme represente pour les entreprises cinematographiques en Allemagne un handicap d'autant plus serieux qu'elle se produit au moment de la decartelisation, ce qui entraine une dispersion des recettes, et de l'extension de la distribution, ce qui necessite des investissements tres importants,
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Noch im Februar 1947 nahm die IFA die Filmproduktion auf.298 Es dauerte jedoch noch einige Wochen, bis die ersten WochenschauAusgaben in die deutschen Kinos kamen. Direktor der Filmwochenschau GmbH „Blick in die Welt"299, die als Tochterunternehmen der IFA gegründet worden war und ihren Sitz ebenfalls in Baden-Baden hatte, wurde Maxime Dely. Dieser war direkt dem Leiter der Section Cinema, Colin-Reval, sowie dem Directeur general des Actualites Fran^aises, M. Mercanton, verantwortlich. Die IFA war daher nur ein teilprivatisiertes Unternehmen. Im Gegensatz zum sowjetischen Filmproduktionshaus DEFA wurde jedoch nicht in der Öffentlichkeit versucht, die Einflußnahme der Besatzungsmacht zu verschleiern. Denn schon anhand der Personalstruktur von Blick in die Welt war die französische Involvierung ablesbar. Die neue Wochenschau beschäftigte in der französischen Zone nun fünf Kameramänner, zwei in Berlin und einen in der auf britischem Gebiet liegenden Stadt Hamburg. Sie besaßen Ausweise, aufgrund derer sie in der französischen Zone bevorzugt reisen konnten. Zugleich waren die Angehörigen der Militärverwaltung verpflichtet, ihnen gute Unterkünfte und Verpflegung zur Verfügung zu stellen. Mit der Gründung der Wochenschau-Gesellschaft erhöhte sich nun auch die Anzahl der deutschen Mitarbeiter, wobei diese, wie Colin-Reval im Februar 1948 betonte, „sont diriges par deux Operateurs franfais."300 Neben der IFA und ihrer Filmwochenschau-Tochter richtete die Section Cinema 1947 auch eigene Studios in der französischen Zone ein, um unabhängiger in Deutschland produzieren und französische Filme synchronisieren zu können. So diente beispielsweise das am 9. Mai in Teningen bei Freiburg eingeweihte Studio der Produktion von kurzen
hors de proportion avec nos recettes actuelles. " AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC-RA 552. 297 Vgl. AOF Colmar, Bericht Colin-Reval vom Februar 1947, AC 28, Cinema. 298 Vgl. AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC 657/2A, Relations Intellectuelles et du Livre, Rapports de la Direction de l'Information 1946—1947. 299 1948 setzte sich die Teilhaberschaft an der Wochenschau-Gesellschaft schließlich wie folgt zusammen: Actualites Franijaises neunzig Prozent und Alfa Films zehn Prozent. 300 AOF Colmar, Colin-Reval, Delegue du Centre National de la Cinematographie Fran^aise pour les Territoires allemands, an M. Simonet, Sous Direction du Controle des Biens et des participations financieres, 14. Februar 1948, AC 29, Cinema 1948.
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Dokumentarfilmen.301 Im Spätherbst desselben Jahres wurde zudem in Remagen ein Synchron-Atelier eröffnet. Beide Produktionsstätten waren der Film-Union AG (IFU)302 unterstellt. Im Gegensatz zur IFA stellte sie die technischen Produktionseinrichtungen, Labors sowie Projektoren zur Verfügung303. Den Aufbau der beiden Filmunternehmen IFA und IFU ließ die DI in ihrer Zeitschrift La France en Allemagne im September 1947 schließlich als erweitertes Medienangebot für die deutsche Bevölkerung, das zugleich der Demokratisierung diene, feiern — wobei wiederum herausgestellt wurde, daß Frankreich die schlechtesten Produktionsvoraussetzungen zu Beginn der Besatzungszeit gehabt hätte: „Cependant, si Ton voulait exercer sur la population de notre zone d'occupation une action a la fois plus profonde et plus etendue, il fallait faire un pas de plus: la synchronisation, le doublage en langue allemande des films frangais les plus remarquables. Mais alors la necessite s'imposait de creer de toutes pieces un studio, aucune entreprise de се genre n'existant en zone fran^aise d'occupation."304 Tatsächlich dienten IFA und IFU jedoch vor allem dem Ziel, den deutschen Markt noch stärker für französische Filme zu öffnen.305 Die Wochenschau Blick in die Welt hatte — ebenso wie bereits zuvor die deutsche Fassung der Actualites Frangaises — innerhalb der französischen Besatzungszone eine Monopolstellung. Einzelne Versuche privater Anbieter, eine weitere Wochenschau zu etablieren, wie der der amerikanischen Firma Metro-Goldwyn306 im Frühjahr 1947, wurden strikt abgelehnt. Anhand der französischen Akten ist zudem ersichtlich, daß zu keinem Zeitpunkt vor 1949 auch die Möglichkeit einer Ausdehnung der Welt im Film oder des Augenzeugens auf das französische Gebiet in Be-
3 0 1 Vgl. A O F Colmar, Affaires Culturelles, A C 6 5 6 / 1 , Relations intellectuelles et du Livre, Rapports mensuels de la direction de l'Information 1945—1947. 3 0 2 Das Grundkapital der Film-Union AG belief sich auf 5.250.000 RMark. Vgl. A O F Colmar, A C 6 5 6 / 1 . 303 Vgl. D f e Neue Filmwoche, „Zwei Jahre nach Kriegsschluß: Die Situation des deutschen Films im französisch-besetzten Gebiet", Mai 1947, S. 1.
La France en Allemagne, 6 (1947), S. 9. Als Beleg hierfür findet sich im Bulletin Mensuel Du Commandement en Chef Francais en Allemagne von Juni 1946 die Feststellung: „Le public allemand prend interet aux projections des actualites frangaises parlees en allemand, par contre il n'apprecie plus les films sous-titres. " A O F Colmar, Bulletin d'Activite et Mensuel du C.C.F.A., 1 9 4 5 - 4 7 , Bd.l, S. 5. 306 vgl. A O F Colmar, Anfrage von Metro-Goldwyn, A C 28, Cinema. 304 305
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tracht gezogen wurde. Das erklärte Ziel der Wochenschau war es, im Auftrag der französischen Militärverwaltung in Deutschland sowie gemäß deren Vorgaben zu berichten. Dabei stand zu jeder Zeit das Ziel der demokratischen Umorientierung der deutschen Bevölkerung und die Darstellung Frankreichs als Vorbild im Mittelpunkt der Medienpolitik. Die Wochenschau „diente" der Militärverwaltung hierbei, indem sie möglichst über alle französischen Aktivitäten in der Besatzungszone berichtete, wie es Arnaud am 7. Oktober 1947 anschaulich beschrieb: „Mr. Mercanton et Mr. Delmasse, Directeurs des Actualites Fran^aises, sont disposes a faire un gros effort dans le domaine de la propagande fran^aise par l'actualite cinematographique en mettant ä la disposition du C.C.F.A. leurs cameramen pour filmer toutes les manifestations qui peuvent avoir un bon effet psychologique sur les populations allemandes et que le Commandement leur indiquera."307 In einer Note vom 17. Oktober bat Arnaud Koenig ausdrücklich, daraufhin zu wirken, daß die „Gouverneurs de Province et les Directeurs des Grands Services" bis zum 15. jeden Monats die Direction de l'Information über nachrichtenwürdige Veranstaltungen informieren sollten: „Au cas ou un sujet serait a filmer dans des delais assez brefs il suffirait d'en avis telephoniquement la Section Cinema du G.M. qui enverrait sur place un Operateur."308 Doch die Arbeit der Wochenschau-Mitarbeiter wurde auf der anderen Seite von der französischen Militärverwaltung auch kritisch beobachtet. So wandte sich beispielsweise der Commissaire General aux Affairs Allemandes et Autrichiennes am 1. Juli 1949 in einem vertraulichen Schreiben an Koenig, um sich über die seiner Ansicht nach unkorrekte Berichterstattung über einen internationalen Kongreß zu beschweren: „Mon attention vient d'etre attiree par ,Les Actualites Franfaises'309 sur la qualite souvent discutable du travail realise par les Operateurs cinematographiques pour cette entreprise en zone franfaise d'occupation. On m'a signale tout particulierement un reportage peu reussi sur le Congres
3 0 7 A O F Colmar, Schreiben an General Navarre, A C 29, Cinema. 308 A O F Colmar, Note „Propagande par l'actualite" vom 17. Oktober 1947, A C 28, Cinema. In den Akten finden sich denn auch immer wieder Telegramme mit der Bitte, daß die Wochenschau über bestimmte Ereignisse berichten solle. Vgl. A O F Colmar, A C 29, Cinema 1947-1949. 3 0 9 In den französischen Akten wird die Wochenschau Blick in die Welt nur in den seltensten Fällen mit diesem Namen genannt. Zumeist wird sie — auch nach 1947 — als les actualites oder Actualites Franfaises bezeichnet.
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International des Ingenieurs de Constance: le choix des images aurait ete plutot malheureux et Penregistrement sonore du discours du General Koenig trop fragmente ( — les passages principaux portant sur les rapports franco-allemands etant, entre autres, coupes —); le discours, moins important, du President Wohleb, a ete, par contre, enrigistre dans sa totalite."310 Im Mittelpunkt von Blick in die Welt sollte die französische Militärverwaltung und ihre Verdienste um das Besatzungsgebiet stehen. Dadurch, daß die Wochenschau konkurrenzlos in den zonalen Kinos war, konnte der Blickwinkel des deutschen Publikums auch auf dieses Ziel hin fokusiert werden. Der Vertrieb von Blick in die Welt erfolgte, wie bei der amerikanischbritischen Wochenschau, im Prinzip nach kaufmännischen Grundsätzen. Allerdings mit der Einschränkung, daß sie infolge des Spielzwangs der Theater auch an solche Kinos verteilt wurde, die — ökonomisch gesehen — uninteressant waren. Aufgrund der Vorführverpflichtung wurden auch die Abrechnungssätze einseitig von der französischen Militärverwaltung festgelegt. Es gab zwar zudem formale Lieferverträge mit den Filmtheaterbesitzern. Letztendlich lag jedoch die Befehlsvollmacht bei der französischen Militärverwaltung — zumal die Geschäftsbeziehung keinen deutschen Rechtsschutz genoß. Für aktuelle WochenschauAusgaben hatten die Kinobesitzer fünf Prozent der NettoTheatereinnahmen zu bezahlen. Mit zunehmendem Alter der Folgen sank dann auch der Prozentsatz.311
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A O F Colmar, A C 29, Cinema 1947—1949.
Die Filmleihmieten waren insgesamt in der französischen Besatzungszone um einige Prozentpunkte niedriger als beispielsweise auf dem Gebiet der amerikanischen und britischen Militärverwaltung. Dies veranlaßte Die neue Filmwoche am 14. Februar 1948 dazu, voller Stolz festzustellen: „Eine Tatsache, die eigentlich doppelt anerkannt werden muß, wenn man bedenkt, daß sich in der französischen Zone nur geringe alte Filmkopiebestände bei der Kapitulation vorfanden, da hier keine Niederlassungen bedeutender Filmverleihfirmen waren und die Kopien erst beschafft werden mußten, um den deutschen Theaterbesitzern in der französischen Zone überhaupt die Vorführung zu ermöglichen. [...] Bedenkt man, daß zunächst die Einrichtung des Verleihs, die Beschaffung der Kopien und des Propagandamaterials große Schwierigkeiten bereiteten, bedenkt man ferner, daß die Anlieferung der Kopien an die Kinos besondere Kosten verursacht und besonders der Transport viel umständlicher als in anderen Zonen war, weil im Südwesten Deutschlands der Wahnsinn der Zerstörung der rückgehenden Truppen wahre Triumphe gefeiert hatte, dann muß zugestanden werden, daß die Beibehaltung der alten Leihmietensätze, die für normale Zeiten gedacht waren, für 311
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Im Gegensatz zu Welt im Film wurde auch in den letzten Besatzungsjahren eine schrittweise Privatisierung der Wochenschau nicht in Erwägung gezogen. Darüber, wie Blick in die Welt nach Aufhebung der Besatzungszonen ohne staatliche Unterstützung gegen die Konkurrenz bestehen könne, begann sich die französische Militärverwaltung erst im Frühjahr 1949 Gedanken zu machen.312 Denn die Ziele der französischen Filmpolitik sollten auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes prinzipiell gleich bleiben, wie Koenig in seinem Schreiben „Avenir du cinema frangais en Allemagne" vom 4. Juni an Hepp darlegte: „Ii est bien entendu que les buts restent les memes, a savoir: — pour-suivre une action culturelle (par le film proprement dit), — etayer les theses politiques franfaises (par le film, le documentaire, les bandes d'actualites), — gagner ä la production franfaise le marche allemand du film."313 Frankreich wollte demnach auch nach Inkrafttreten des Grundgesetzes seine Vorbildrolle weiterhin über die verschiedenen audiovisuellen Möglichkeiten wahren. Da der französischen Militärverwaltung jedoch nach Auflösung der Besatzungszonen die direkten Einflußmöglichkeiten genommen waren, konnte sie in einer Note „Concernant Porientation du cinema Francais en Allemagne" nicht mehr tun, als offiziell den Befehl ausgeben, daß Blick in die Welt künftig durch „Qualität" die Konkurrenz ausstechen müsse.314 b) Blick in die Welt — in Deutschland mit eingeschränkter Sicht Blick in die Welt (BiW) war von ihrer Entstehung 1947 an ein Sprachorgan der französischen Regierung und der Militärverwaltung in Deutschland. So ,empfahl' beispielsweise Koenig am 27. September 1947 der Wochenschau-Produktionsgesellschaft, sowohl in wirtschaflichen als auch gesellschaftspolitischen Berichten immer einen Bezug zu Frank-
den Theaterbesitzer ein Entgegenkommen bedeutete." Die Neue Filmwoche. Fachblatt für das deutsche Filmwesen, 14. Februar 1948, S. 1. 3 1 2 Vgl. AOF Colmar, Rapport sur l'activite de la Division de l'Information vom 15. März 1949, AC 551, Notes de service, Notes d'information / Rapports de la place de Baden-Baden, 1948—1949. 3 1 3 AOF Colmar, Affaires Culturelles, AC-RA 552, Informations, Cinema, Divers 1949. 3 1 4 Vgl. AOF Colmar, AC 29, Cinema 1947-1949.
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reich herzustellen: „Suggestions: Sport: tous les sports Interessent prodigieusement les Allemands. Excellent moyen pour montrer les progres des Frangais dans се domaine, afin de dementir les opinions meprisantes circulant en Allemagne a notre sujet. Reconstruction: Montrer les efforts de la reconstruction en France, de meme que la reconstruction en Allemagne. Rappeler ä cette occasion les destructions faites par les allemands en France."315 So sollte das Publikum ganz im Sinne der französischen Informationspolitik auch filmisch daran erinnert werden, daß Deutschland für die schlechte Situation im eigenen Land sowie in den europäischen Nachbarstaaten verantwortlich sei. Im Hinblick auf die anderen Großmächte wies Koenig zudem daraufhin, daß BiW weiterhin Einigkeit vermitteln sollte — obgleich sich die Kooperation im Kontrollrat und auf internationaler Ebene bereits seit geraumer Zeit verschlechtert hatte. Die Wochenschau-Produzenten sollten jedoch „keine Gelegenheit auslassen" und über gemeinsame Veranstaltungen der Großmächte oder über gegenseitige Besuche berichten.316 Was die WochenschauProduzenten in den ersten zwei Jahren Blick in die Welt auch weitgehend einhielten. Denn eine klare, sprachliche Trennung zwischen West und Ost findet sich in den Wochenschau-Ausgaben erst ab 1949, als die offizielle Aufteilung Deutschlands in zwei deutsche Staaten unmittelbar bevorstand.317 Um die französischen Interessen in der Besatzungszone gewahrt zu sehen, gab die DI in der Folgezeit an die WochenschauProduktionsfirma — ebenso wie an Presse und Hörfunk — gezielt Informationen aus.318 Daneben informierten ranghohe, französische Mili-
3 1 5 A O F Colmar, Assemblee Generale de l'IFA Wochenschau: Critiques et suggestions exprimees par Μ. le Representant du General d'Armee, Commandant en Chef Franfais en Allemagne, A C 28, Cinema. 316
A O F Colmar, A C 28, ebd.
Vgl. beispielsweise den Kommentartext des Beitrages „Blindenhundeschule" in BiW 6/1949. Der Sprecher resümierte darin abschließend: „So etwas gibt es in der Ostzone nicht." 318 v g l . beispielsweise A O F Colmar, Activite de la Division de l'Information relative ä l'opinion publique allemande vom 17. Januar 1949, A C 658/2, Relations intellectuelles et du Livre, Rapports sur l'activite de la division de l'Information 1948— 1949. 317
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tär- und Verwaltungsangehörige regelmäßig die DI-Abteilung Cinema über informationsträchtige Ereignisse in ihren Regionen319. Im Mittelpunkt der Berichterstattung in den ersten Ausgaben standen 1947 zunächst vor allem die französische Besatzungsmacht und ihre „Wohltaten" für die Zone. So informierte beispielsweise Ä'lFNr. 29 die deutsche Bevölkerung über die Umwandlung des ehemaligen nationalsozialistischen Gefangenenlagers Biberach in eine Unterkunft für deutsche Kriegsversehrte: „Das Lager in Biberach wurde von der französischen Militärregierung dem Deutschen Hilfswerk und dem Internationalen Roten Kreuz zur Verfügung gestellt. Hier werden heimkehrende, deutsche Kriegsgefangene beherbergt, erhalten ärztliche Hilfe."320 Dabei wurde im Kommentar mit einem rhetorisch geschicktem Satzgefüge besonders die Vergangenheit dieses Ortes hervorgehoben: „Das Biberacher Lager hat viel traurige Dinge während des Krieges gesehen. Es war [...] für serbische Offiziere, Stalag für russische Gefangene, Konzentrationslager für englische Deportierte." Bildlich zeigte dieser Beitrag verschiedene Szenen, die insgesamt zum Ausdruck brachten, daß die ehemaligen, deutschen Soldaten medizinisch und sozial gut versorgt würden: Die Männer vermittelten Zufriedenheit und wirkten gepflegt. Arzte und Krankenschwestern wurden als äußerst hilfsbereit und freundlich vorgestellt. Der friedliche Gesamteindruck, den dieser rund einminütige Bericht ausstrahlte, wurde zudem durch beschwingte Slow FoxHintergrundmusik abgerundet. Ahnlich wie in Welt im Film verlagerte sich dann ab 1948 der Informations-Schwerpunkt der Wochenschau auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands — wobei jedoch auch hier die französische Unterstützung hervorgehoben wurde. So berichtete BiW ausführlich über den Wiederaufbau von Industrieanlagen und der Infrastruktur. Dabei
319 Vgl. AOF Colmar, Schreiben des Commissaire de la Republique Delegue Superieur pour le Gouvernement Militaire de Bade a Monsieur le General Commandant en Chef Francais en Allemagne — Division de I'Information, Liaison Cinema vom 16. Mai 1949, AC-RA 552/2. 320 Vgl. Kommentar zum Bericht „Lager Biberach" in BiW, 29/1947. Die ersten Jahrgänge der Wochenschau Blick in die Welt liegen im Bundesarchiv-Filmarchiv Koblenz sehr unvollständig vor. Da die Produktionsgesellschaft selbst kein Interesse hat, ihre Bestände zu wissenschaftlichen Zwecken zur Verfügung zu stellen, ist man bislang noch auf die wenigen Ausgaben, die in Koblenz liegen, angewiesen.
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wurde immer wieder das „verbrecherische und sinnlose Verhalten" des nationalsozialistischen Systems in den letzten Kriegstagen betont.321 Zonale Messeberichte322 standen dabei ebenso für den wirtschaftlichen Wiederaufbau wie Beiträge über die Großindustrie und einzelne Unternehmen, die ihre wirtschaftlichen Anfangsprobleme durch innovative Eigeninitiative überwunden hatten: „Die schnell aufstrebende Mainzer Rheinwerft GmbH hat ihren ersten Neubau beendet. Das schmucke Motorschiff,Rheingold' läßt niemanden ahnen, daß zu seiner Konstruktion Teile des im Main versenkten Schiffes Meteor verwendet wurden. Eine Notzeit zwingt eben zu kühnen Lösungen."323 Ebenso wie in der amerikanisch-britischen Wochenschau sollten die Beiträge über den deutschen Wiederaufbau vor allem Optimismus ausstrahlen. Nach dem Motto „Arbeit lohnt sich. Es geht aufwärts" zeigten die Bilder daher auch überwiegend eifrige deutsche Arbeiter, die zum Teil mit bescheidenen Hilfsmitteln ihre Aufgaben erledigten: „Zwei Jahre lang arbeiteten täglich 500 Menschen an der Wiederherstellung der Brücke. Allein der Stahlverbrauch betrug über dreieinhalb Tausend Tonnen."324 Der optimistische Charakter der Beiträge wurde dabei in der Regel mit fröhlicher Hintergrundmusik unterstrichen. Hinsichtlich des infrastrukturellen Wiederaufbaus hat Esther-Beate Körber in ihrer Untersuchung „Wie interpretiert man eine Wochenschau? Überlegungen an Beispielen aus der Nachkriegszeit" festgestellt, daß gerade in der BiW auffallend oft die Rekonstruktion von Brücken gezeigt wird. Ihrer Ansicht nach dienten diese Berichte daher nicht nur der Information über den wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Aufbau, sondern sie sollten auch ein Zeichen für die Völkerverständigung und des Friedens sein.325 Wie bereits in der Empfehlung Koenigs weiter oben dargestellt, spielte von Anfang an auch die Berichterstattung über Sportveranstaltungen
321
Vgl. beispielsweise den Kommentar zum Beitrag „Wiedereröffnung der Hohenzollernbrücke in Köln", BiW24/1948. 322 Vgl. beispielsweise „,Bauen und Wohnen' in Reutlingen", BiW 6/1949 oder „Erste Presse-Avisstellung in Berlin", &ΙΓ31/1949. 323 Kommentar zum Beitrag Jungfernfahrt des Passagierschiffes .Rheingold',,, BIW 5/1949. 324 Kommentar zum Beitrag „Wiedereröffnung der Hohenzollernbrücke in Köln", &1Г24/1948. 325 Vgl. Körber (wie Anm. 67), S. 145 ff.
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eine weitere, wichtige Rolle in der BiW. Jede Woche informierte eine eigene, feste Rubrik über die Leistungen in diesem Bereich. Dabei stand zwar der sportliche Aspekt prinzipiell im Vordergrund, dennoch blieben auch hier sowohl die Großmächte als auch der Erziehungsgedanke bildlich und textlich nicht vernachlässigt: „Das Interesse der Vertreter der Besatzungsbehörden ist groß, der Sport ist eines der guten Mittel friedlicher, internationaler Verständigung. Der hundert Meterlauf der Frauen wird mit großer Spannung verfolgt." 326 Der Sport war in der BiW der einzige Nachrichtenbereich, in dem noch am häufigsten über außerzonale, deutsche Ereignisse berichtet wurde. Ansonsten blieben die nationalen Themen im wesentlichen auf die französische Zone beschränkt. Beiträge aus anderen Besatzungsgebieten fanden sich in der BiW zumeist nur dann, wenn auch ein Bezug zur französischen Zone gegeben war.327 Als in Folge des Inkrafttretens des Besatzungsstatuts328 1949 das Ende der französischen Zone näher rückte, zog BiW anhand eines eineinhalbminütigen Beitrages über die Verabschiedung Koenigs „Resümee". Der Bericht war dabei zunächst im Nachrichten-Lead-Stil aufgebaut: „Der französische Oberkommandierende in Deutschland, General Koenig, nimmt Abschied." 329 Daran anschließend folgten dann jedoch textliche Ausschmückungen mehrerer Sequenzen, die Koenig an zwei verschiedenen, deutschen Stätten französischen Wirkens zeigten: In BadenBaden, dem Sitz der Militärregierung, gab Koenig eine letzte Pressekonferenz und in Freiburg besuchte er nochmals die Universität, die die französische Besatzungsmacht nach Kriegsende wieder ins Leben gerufen hatte. Der Kommentar gab dabei im O F F auch die Abschiedsrede Koenigs wieder: „Die gemeinsame Arbeit habe bereits Früchte getragen, erklärte der General. Es gelte nun im gleichen Sinn zum Wohl unserer beider Völker und ganz Europas weiter zu schaffen." Insgesamt vermittelte die Auswahl der Bilder und der Kommentar des Beitrages, daß
Kommentar zum Bericht über die „Leichtathletik-Meisterschaft in Lahr", BiW 29/1947. 327 v g l . hierzu auch AOF Colmar, Schreiben von M. Blech, Les Actualites Franfaises, an Maxime Dely, Direktor von Blick in die Welt, vom 6. Juli 1949, AC 29, Cinema. 328 Vgl hierzu beispielsweise Gerd Wehner: Die Westalliierten und das Grundgesetz 1948—1949. Die Londoner Sechsmächtekonferenz. Freiburg 1994. 329 Kommentar zum Beitrag „Koenig verläßt Deutschland", 5ilF31/1949. 326
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Frankreich und die deutsche Zone auch weiterhin eng verbunden seien, wobei Koenig als Gestalter der französischen Besatzungspolitik deutlich im Mittelpunkt stand. In den französischen Akten finden sich denn auch Hinweise darauf, daß der Bericht in der Militärverwaltung mit „Lob und Dank" aufgenommen wurde. — Nicht zuletzt, weil sie darin die Ziele ihrer Medienpolitik erfüllt sah: „J'ai le plaisir de vous adresser mes felicitations pour le travail que les Actualites Frangaises et Film-Wochenschau ont fourni au cours des manifestations qui ont marque le depart du General Koenig. Le General Commandement en Chef, tres satisfait de vos prises de vue, m'a charge de vous dire combien il avait apprecie vos efforts et ceux de vos collaborateurs, et de vous transmettre ses remerciements."330 Gerade anhand dieses Beitrages läßt sich jedoch gut nachvollziehen, wie offenkundig die französische Großmacht ihre Deutschlandpolitik zu vermitteln suchte. Denn während hierin zum Ausdruck gebracht wurde, daß Deutschland auch weiterhin mit Frankreich vernetzt und in Europa eingebunden sein sollte, hob Welt im Film am 13. Mai 1949 in ihrem Beitrag über die Verabschiedung des amerikanischen Militärgouverneurs die nun größere Eigenständigkeit der Bundesrepublik hervor: „General Clay sagte in seiner Abschiedsrede: Mit seinem Scheiden beginne eine neue Phase in der Entwicklung Deutschlands. Der Schritt zur Selbstregierung und zur direkten Zusammenarbeit mit den anderen Völkern."331 Dies wurde auch am Aufbau des Berichtes deutlich: In der rund einminütigen Nachricht zeigten die Bilder eine Szene, in der sich Clay vom deutschen Wirtschaftsrat in Frankfurt verabschiedete. Dabei blieb der U^-Beitrag die ganze Zeit über im Nachrichtenstil, wodurch der Bericht insgesamt wesentlich nüchterner wirkte — wenngleich auch hier textlich und bildlich Clay im Mittelpunkt stand.
AOF Colmar, Hepp an Monsieur le Directeur des Actualites Franjaises in Baden-Baden, AC-RA 552/2, Correspondances Generale. 331 Kommentar zum Beitrag „Die Verabschiedung Clays in Frankfurt", WiF 207/1949 330
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4. Der Augenzeuge — deutsche Wochenschau-Produktion unter sowjetischdeutscher Kontrolle a) Vom „Filmaktiv" zur DEFA Wenngleich die ehemalige deutsche Reichshauptstadt und Filmmetropole Berlin in den letzten Wochen und Monaten des Zweiten Weltkrieges heftigen militärischen Angriffen ausgesetzt gewesen war, fand die Rote Armee, die zunächst die alleinige Befehlsgewalt in Berlin innehatte, die zahlreichen Filmstätten in und um Berlin weitestgehend intakt vor.332 Zudem waren noch 22 der ehemals in Berlin vorhandenen sechzig Filmtheater spielbereit.333 Damit besaß die sowjetische Armee von allen vier Großmächten die besten Voraussetzungen für einen zielgerichteten Einsatz des filmischen Mediums bzw. für den Aufbau einer neuen deutschen Filmwirtschaft nach eigenen Vorstellungen. Im Bereich der Filmproduktion machte Moskau jedoch zunächst in erster Linie das Kriegsbeuterecht geltend: Sie ließ die filmproduktionstechnischen Einrichtungen demontieren und in die Sowjetunion transportieren. Auf dem Gebiet der Filmvorführung nutzte sie hingegen das Potential an spielbereiten Kinos, wobei ausschließlich sowjetische Spielfilme sowie die Wochenschau Nowosti dnja (Neues vom Tage), die der sowjetische Filmverleih Sojusintorgkino vertrieb, vorgeführt wurden. Hierfür erteilte die SMAD-Verwaltung für Propaganda im Juni 1945 deutschen Technikern den Befehl, die Voraussetzungen zur Synchronisation russischer Filme zu schaffen.334 Erst nach Aufteilung Berlins in vier Sektoren am 12. Juli 1945 begann der Wiederaufbau einer deutschen Filmwirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone, die die SMAD über die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung (DZW) organisieren ließ. So hatte diese gemäß des Befehls 51 vom 4. September 1945 alle auf dem Gebiet des Theaters, der Musik, des Tanzes, des Films und der bildenden Künste tätigen Personen
3 3 2 Die Filmstudios in Babelsberg, Tempelhof und Johannistal hatten ebenso wie die Kopierwerke in Babelsberg, Köpenick, Spandau und an der Kleiststraße die schweren militärischen Kämpfe in den letzten Kriegstagen fast unbeschädigt überstanden. Lediglich die Tobis-Ateliers in Grunewald waren dabei vollkommen ausgebrannt.
Vgl. Jürgen Spiker: Film und Kapital. Der Weg der deutschen Filmwirtschaft zum nationalsozialistischen Einheitskonzern. Berlin 1975, S. 240. 3 3 4 Vgl. Peter Pleyer: Deutscher Nachkriegsfilm 1946—1948. Münster 1965, S. 31. 333
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zu erfassen und diese Liste der SMAD vorzulegen. Schon wenig später wurde als Keimzelle der neuen ostdeutschen Filmwirtschaft das „Filmaktiv"335, das zunächst nur aus exilkommunistischen Filmschaffenden bestand, gegründet und dem DZW-Filmreferenten Hans Klering336 unterstellt. Parallell zu diesem Vorgang erteilte Stalin Ende Oktober 1945 dem sowjetischen Militärgouverneur Schukow die offizielle Genehmigung zur Bildung einer deutsch-sowjetischen Filmproduktionsfirma, in deren Aufgabengebiet auch die Herstellung einer Wochenschau fallen sollte. Dieses Unternehmen sollte, nach den Vorstellungen der sowjetischen Regierung, eine Aktiengesellschaft sein, da sich diese Gesellschaftsform bereits „in Bulgarien, Ungarn und Rumänien bewährt"337 habe. Aus Moskau erhielt die D Z W in den folgenden Wochen auch Satzungen und Bestimmungen über den Aufbau der geplanten Produktionsfirma sowie Musterverträge.338 Daneben sicherte sich die sowjetische Regierung über zwei Kontrollinstanzen die Möglichkeit der direkten Einflußnahme: Zum einen ließ sie über die SMAD direkt Zensur ausüben und zum anderen mußten sämtliche Filme über Sojusintorgkino (später Sovexport), die anfangs auch die Filmproduktionen gegen Übernahme aller Rechte vorfinanzierte, abgenommen werden.339 Dieser anhand der Aktenlage340 nachvollziehbare Verlauf steht dabei im krassen Mißverhältnis zur Darstellung von Günter Jordan, demzufolge die Sowjetische Militäradministration „gar nicht traurig" gewesen sei, als durch die Initiative deutscher Filmleute die sowjetische Wochen-
335 Das im Herbst 1945 gegründete „Filmaktiv" prüfte zunächst den Zustand der Filmbetriebe, sammelte um sich Filmleute aller Berufe und diskutierte Pläne zur Gründung einer Produktionsfirma. Im Januar 1946 wurde das „Filmaktiv" schließlich offiziel nach bürgerlichem Recht als in die D Z W eingegliederte Gesellschaft eingetragen. 3 3 6 Hans Klering, Kommunist und Schauspieler, war erst Anfang Oktober 1945 aus der Sowjetunion zurückgekehrt. 3 3 7 BA Potsdam, Bericht des Referates Film über die Unterredung mit Major Mogilewer in Karlshorst am 29. Oktober 1945, angefertigt von Klering, DR2/1025. 3 3 8 Vgl. BA Potsdam, ebd. 339 Vgl. Filmmuseum Potsdam (Hg.): Das zweite Leben der Filmstadt Babelsberg. DEFA-Spielfilme 1946—1992. Berlin 1994, S. 12 f. 340 Vgl. beispielsweise auch BA Potsdam, Bericht über die Sitzung am 8. November 1945 von Klering, Referat Film. Thema „Vorschläge über die Besetzungen in der neuen Film AG" in Anwesenheit Oberstleutnant Fradkin, Sojusintorgkino, Major Mogilewer, Abt. Propaganda, und Hauptzensor Hauptmann Barski, DR2/1028.
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schau, „die ja nicht auf die Bedürfnisse des deutschen Publikums im allgemeinen und eines okkupierten Landes im besonderen zugeschnitten war, im Laufe des Jahres 1946 durch den ,Augenzeugen' verdrängt und schließlich aus dem Verleih genommen wurde". 341 Vielmehr ist davon auszugehen, daß die synchronisierte, sowjetische Wochenschau unter der deutschen Bevölkerung — auch aufgrund ihres geringen Informationswertes über die deutsche Besatzungszone — kaum Beachtung fand, was von der SMAD-Verwaltung für Propaganda sicherlich erkannt wurde und diese schließlich zu den dargestellten weiteren Schritten bewog. Dabei kann anhand der Aktenlage eindeutig nachvollzogen werden, daß zu jedem Zeitpunkt die SMAD die aktive Initiative innehatte, die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung und das „Filmaktiv" — sowie später die D E F A — hingegen nur Ausführende waren. So notierte Wandel beispielsweise als Rede-Stichpunkte für eine Sitzung im November 1945: „Notwendig Aufbau auf neuer ideologischer und wirtschaftlicher Basis. [...] Initiative der Zentralverwaltung mit Unterstützung der Sowjetischen Militäradministration diese neue Basis zu schaffen." 342 Eindeutig widersprochen werden muß Jordan auch dahingegend, daß „es bei der SMAD ganz offensichtlich kein Interesse an einer Zuspitzung der alliierten Beziehungen in den Medien und der Benutzung der Deutschen als Handlanger dafür" gegeben hätte. 343 Denn in den westlichen Quellen 344 und den derzeit zugänglichen Akten für die ehemalige sowjetische Zone 345 finden sich durchaus Hinweise darauf, daß die sowjetische Regierung und die SMAD die Zusammenarbeit mit den Informationsein-
3 4 1 Günter Jordan: DEFA-Wochenschau und Dokumentarfilm 1946—1949. Neuer deutscher Film in der Nachkriegsgesellschaft zwischen Grundlegung und Wandel von Selbstverständnis, Funktion und Gestalt. Diss. Berlin 1990, S. 50. 3 4 2 BA Potsdam, Sitzung über Filmfragen am 22.11.1945 im D Z W , DR2/1025. Vgl. in diesem Zusammenhang auch BA Potsdam, Auszug aus dem Protokoll der 29. Vorstandssitzung am 25. Mai 1948, verfaßt von Klering, DR2/1093.
Günter Jordan: Der DEFA-„Augenzeuge" am Beginn des Kalten Krieges, Manuskript für die XIV. IAMHIST-Konferenz in Göttingen 1991, S. 3. 344 Vgl. beispielsweise Kapitel „Geeint gegenüber den Deutschen: Medienpolitik zwischen Konzeption und Umsetzung". 343
3 4 5 So heißt es beispielsweise eindeutig in einem Vermerk der Zentralschulbildstelle hinsichtlich „Fernrufe der SMAD Karlshorst" vom 6. Januar 1948: „Herr Prof. Mitropolsky läßt über den Dolmetscher, Herrn Böltz, mitteilen, daß die SMA die Genehmigung zum Austausch von Bildunterlagen mit der Westzone versagt." BA Potsdam, DR2/6036.
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heiten der drei westlichen Großmächte in der Anfangszeit weitestgehend mieden, ab 1946 eine Konfrontation über die Medien nicht mehr umgingen und diese ab 1947 offen führten. In diesem Zusammenhang kann man die deutschen Journalisten in der sowjetischen Zone durchaus auch als „Handlanger" der sowjetischen Informationspolitik bezeichnen. Wie im weiteren zu sehen sein wird, war auch die sowjetische Zensur eindeutig weitergehender und dominierender als es Jordan in seinen umfassenden Arbeiten zur Wochenschau Der Augenzeuge bislang dargestellt hat.346 Offiziell nahmen 127 deutsche Mitarbeiter am 2. Januar 1946 die Arbeit im „Filmaktiv" auf. Uber das D Z W erhielten die einzelnen Produktionsbereiche von den sowjetischen Stellen neben einem Startkapital von insgesamt zwei Millionen Mark347 auch Rohfilmmaterial. So standen beispielsweise den 19 Mitarbeitern des Wochenschaubereichs, der von Dr. Kurt Maetzig348 geleitet wurde, 12.000 Meter Rohfilm und 50.000 Reichsmark zur Verfügung.349 Ideelle Unterstützung kam ihnen zudem durch eine umfassende, gezielte Pressearbeit zu, wobei mit dieser nicht nur das neue Filmprojekt beworben, sondern auch versucht wurde, Drehgenehmigungen für die anderen Sektoren zu erhalten.350 Ab 15. Februar gelangte schließlich die erste Ausgabe351 der neuen Wochenschau Der Augenzeuge in die Filmtheater der sowjetischen Besat-
3 4 6 So spricht Jordan beispielsweise davon, daß die „Leseart der politischen Ereignisse den Mitarbeitern der D E F A und insonderheit des .Augenzeugens' nicht oktroyiert, sondern im argumentativen Gespräch angeboten" worden sei. Zit. aus: Der DEFAAugenzeuge" am Beginn des Kalten Krieges (wie Anm. 165), S. 3. 347
Vgl. BA Potsdam, Bericht des Referates Film vom 29. Oktober 1945, DR2/1025.
Dr. Kurt Maetzig hatte die nationalsozialistische Zeit versteckt als Halbjude in Deutschland überstanden. 1944 trat er der KPD bei. 348
Vgl. Monatsberichte über Januar 1946, BA Potsdam, DR2/1038. 350 Vgl. Arbeitsbericht der Presseabteilung für Monat Januar 1946 von Dr. Marion Keller, BA Potsdam, DR2/1038. 349
Der Oberbürgermeister von Groß-Belin, Dr. Werner, führte die neue Wochenschau im sowjetischen Sektor mit folgenden Worten ein — wobei er die beiden anderen, bereits vorhandenen Wochenschauen ignorierte: „Der Wiederaufbau stellt besonders uns Berliner vor gigantische Aufgaben. Als Zeitgenossen und Augenzeugen der gewaltigen Arbeitsleistung, welche die uns umgebende Zerstörung erfordert, begrüßen wir die neue deutsche Wochenschau. Wir hoffen von ihr die enge Verknüpfung aller aufbauwilligen Kräfte in Stadt und Land." Zit. nach Jordan, DEFAWochenschau (wie Anm. 163), S. 35. 351
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zungszone 352 . Wenngleich die sowjetische Militärregierung von allen Großmächten die besten Produktionsbedingungen besaß, wurde die filmische Arbeit des „Filmaktivs" durch mangelnde materielle Versorgung sowie durch Kooperationsprobleme mit den sowjetischen Stellen erschwert. So beklagte das „Filmaktiv" am 11. Februar 1946 beispielsweise hinsichtlich der Wochenschauarbeit, daß es nicht gelungen sei, „zwei PKW's zu besorgen, und daß es uns weiter nicht gelungen ist, Apparaturen und Materialien, sowie Schneideausrüstung, Synchron-Tische und Meßmaschinen zu erhalten. Ein besonderes Kapitel ist die Frage des Rohfilms und der Kopieranstalt. [...] Wir halten es für nicht tragbar, daß wir in vielen Fragen unseres Aufbaues in Kollision mit Sojusintorgkino kommen. Es ist z.B. unverträglich, wenn wir eine starke Propaganda für eine neue deutsche Filmgesellschaft machen, wenn wir Verhandlungen mit vielen wichtigen Leuten der Filmindustrie aufnehmen und die Verhandlungen dann plötzlich von Sojusintorgkino auf einer anderen Basis geführt werden". 353 Wie bereits an anderer Stelle aufgezeigt wurde, unterlag die Produktionstechnik jedoch nicht nur der sowjetischen Demontage. Vielmehr wurde insbesondere Rohfilmmaterial auch als Handelsobjekt mit den westlichen Großmächten eingesetzt, um ausländische
352 Einem Memorandum der D Z W von 1949 zufolge kann davon ausgegangen werden, daß am Ende des Zweiten Weltkrieges in der sowjetischen Zone mehr spielbereite Kinos (1.600) zur Verfügung standen als in den westlichen Zonen. Das statistische Mißverhältnis scheint sich jedoch im Laufe der Besatzungsjahre zugunsten der drei Zonen verschoben haben. Denn während in den westlichen Besatzungsgebieten aktiv die Versorgung der Bevölkerung mit Filmtheatern durch Neubau, Instandsetzung und Wanderkinos zu erreichen gesucht wurde, blieb die Anzahl der Kinos in der sowjetischen Zone weitestgehend unverändert: „In der Ostzone sind leider nur unwesentliche Theaterbauten unternommen worden, so dass bis heute manche Orte mit 10 bis 20 000 Einwohnern ohne Kino sind. Auch die Landesregierungen haben es nicht verstanden, die äusserst wichtige Aufgabe der Schaffung von WanderkinoUnternehmen durchzuführen. Man rechnet mit immerhin 3 bis 4 Millionen Menschen, die durch diese Unternehmen erfasst werden könnten. Leider liegen mir die genauen Zahlen der Kinobesucher der letzten Jahre nicht vor, einzelne Erhebungen ergaben aber, dass in den Westzonen durchschnittlich weit mehr Besucher der Kinos verzeichnet werden als in der Ostzone." BA Potsdam, Memorandum „Zur Lage und Entwicklung der deutschen Filmindustrie" vom 16. Juni 1949, Verfasser wird nicht genannt, DR2/1093. Inwieweit Der Augenzeuge auch in anderen, externen Institutionen gezeigt wurde, kann anhand der Aktenlage nicht nachvollzogen werden. 353 BA Potsdam, Bericht des Filmaktivs an den Initiativausschuß zur Vorbereitung der deutschen Filmproduktion, DR2/1038.
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Devisen zu erhalten. Der Materialmangel sowie die unklare Gesellschaftsform und Formierung des „Filmaktivs" führten denn auch zunächst dazu, daß Der Augenzeuge ab der zweiten Ausgabe am 5. März bis Juli 1946 nur zweiwöchig erscheinen konnte. Erst ab August 1946 wurde schließlich ein der „Wochenschau" entsprechender wöchentlicher Erscheinungsrhythmus gewährleistet — wobei dies auch eine positive Folge der DEFA-Konstituierung war. Die unklare rechtliche Struktur des „Filmaktivs" führte nämlich dazu, daß die sowjetische Militärverwaltung befürchtete, die Filmwirtschaft in Ostdeutschland könnte im Vergleich mit den anderen drei Westzonen ins Hintertreff gelangen — was durch die D Z W noch bestärkt wurde, wie ein Schreiben des Leiters der Abteilung Literatur und Kunst, Herbert Volkmann354, belegt: „Am Sonnabend Abend fand gelegentlich der ersten Vorführung der Nummer 1 der Wochenschau eine Besprechung in Karlshorst mit Herrn Oberst Tulpanoff, Herrn Major Demschiz und Herrn Major Mogilewer statt, in der von unserer Seite folgende Fragen als besonders dringlich besprochen wurden: 1.) Schaffung eines endgültigen Statuts für die neue Gesellschaft. Herr Oberst Tulpanoff wird in dieser Frage mit Moskau telefonieren, wir sollen am Mittwoch Bescheid erhalten. Er hofft, dass es jetzt, nachdem die Wahlen in der Sowjet-Union stattgefunden haben, möglich sein wird, schnell zu einer endgültigen Lösung zu kommen. Die Klärung der Frage ist besonders wichtig in Anbetracht der Vorgänge in den anderen Zonen. Zur näheren Erläuterung füge ich die Abschrift eines Briefes nach Karlshorst bei, in dem über Produktionspläne im englischen und amerikanischen Sektor berichtet wird. Diese Pläne sind ernst zu nehmen. Wenn sie durchgeführt werden, ehe wir zum Schuss kommen, besteht wenig Aussicht, dass wir namhafte Filmkräfte in Berlin halten können."355 Der in diesem Brief erwähnte Situationsbericht über das Filmproduktions-Engagement der drei Großmächte ist jedoch äußerst oberflächlich und zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, daß er darlegt, daß der Aufbau der amerikanischen und britischen Produktionsstätten sich „gegen die sowjetische Zone" richte und die Gelder für deren
3 5 4 Herbert Volkmann war in seiner Funktion als Leiter der DZW-Abteilung Literatur und Kunst, zu der auch der Filmbereich gehörte, Hans Klering vorgesetzt. Während der nationalsozialistischen Zeit war er in Deutschland geblieben und hatte für die United Press of America gearbeitet. 3 5 5 BA Potsdam, DR2/1038.
Schreiben Volkmanns an Wandel vom
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Errichtung aus beschlagnahmten deutschen Vermögen stammen würden. Konkrete Filmprojekte in der französischen Zone konnte die Dokumentation hingegen nicht aufzeigen.356 Mitte Mai 1946 wurde schließlich die „Deutsche Film AG in Gründung" (DEFA) ins Leben gerufen und von der SMAD als erste und einzige Filmproduktionsgesellschaft lizensiert.357 Praktisch gesehen war dieser Vorgang jedoch nur die Umbenennung und formaljuristische Etablierung des „Filmaktivs" — wobei dessen fünf Gründungsmitglieder, Alfred Lindemann (Gesamtleitung und Produktionschef)358, Hans Klering (Künstlerische Leitung), Willy Schiller (Chefarchitekt), Karl Hans Bergmann (Wirtschafts- und Personalabteilung)359 und Maetzig, nun in der Öffentlichkeit offiziell als DEFA-Leitung auftraten. Intern blieben die Machtbefugnisse jedoch unverändert: Die DEFA unterstand auch weiterhin der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung und diese wiederum der SMAD. 360 Wenig Änderung brachte dies zunächst auch für die finanzielle Ausstattung der Filmproduktionsfirma, wie Volkmann in einem Memorandum darlegte: „Major Dymschitz [Verantwortlicher für den Filmbereich bei der SMAD-Verwaltung für Propaganda, Anmerk d. Verf.] wurde darauf hingewiesen, daß es dringend nötig ist, daß der DEFA in Anbetracht der groben ProduktionsVorhaben ein gröberes Verfügungs-Kapital zur Verfügung gestellt wird."361 Ein Stammkapital erhielt die DEFA erst drei Monate später, als sie Mitte August aufs Neue — diesmal in eine GmbH — umgewandelt
3 5 6 BA Potsdam, Situationsbericht über die Filmvorhaben in der amerikanischen, englischen und französischen Zone von Film-Aktiv, Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung, an Major Mogilewer, vom 18. Februar 1946, DR2/1038. 3 5 7 Die DEFA blieb während der ganzen sowjetischen Besatzungszeit die einzige lizensierte Filmproduktionsgesellschaft in dieser Zone. 3 5 8 Alfred Lindemann hatte in den zwanziger Jahren zunächst in kommunistischen Spielgruppen mitgewirkt. Während der nationalsozialistischen Zeit war er zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, weil er Angehörige von KZ-Häftlingen unterstützt hatte. 3 5 9 Karl Hans Bergmann hatte von 1935 bis 1939 in Gefängnissen und Lagern gesessen. Nach seiner Freilassung floh er in die Schweiz, wo er bis Kriegsende Vorsitzender der dortigen Bewegung „Freies Deutschland" war. 360 Vgl. hierzu beispielsweise auch das Schreiben Volkmanns, Abteilung Kunst und Literatur, an Wandel vom 13. Mai 1946, BA Potsdam, DR2/1038. 3 6 1 BA Potsdam, Memorandum von Volkmann, Abteilung Kunst und Literatur, an Wandel vom 6. Juni 1946, DR2/1038.
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wurde, wobei deren Gesellschafter nun Lindemann, Bergmann und Volkmann waren. Wenngleich in der Öffentlichkeit dargestellt wurde, daß die DEFA sich im Besitz dieser Direktion befände, war das Stammkapital tatsächlich von der Zentrag, einer Holdings-Gesellschaft der SED gestellt worden. Der Filmvertrieb blieb hingegen während der ganzen Besatzungszeit allein bei der Sojusintorgkino, die ab Ende 1947 Sovexport hieß. Mit der offiziellen Gründung der DEFA Mitte Mai 1946 standen dieser nun die Althoff-Ateliers und ab 25. Oktober 1946 auch die Studios der ehemaligen Tobis Filmkunst GmbH und der Tobis Syndikat GmbH 362 zur Verfügung.363 In den ehemaligen Althoff-Ateliers von Babelsberg fand zu diesem Zweck am 17. Mai eine offizielle Feier statt, bei der der Leiter der SMAD-Abteilung für Propaganda, Tulpanow, die Lizenzurkunde überreichte. In seiner Ansprache betonte er dabei die Notwendigkeit, durch eine Filmproduktionsfirma den Demokratisierungsprozeß in Deutschland zu fördern, wobei er die Potsdamer Beschlüsse als „Eckpfeiler bei der Lösung dieser Aufgabe" bezeichnete: „Die Filmgesellschaft DEFA hat wichtige Aufgaben zu lösen. Die größte von ihnen ist der Kampf für den demokratischen Aufbau Deutschlands, das Ringen um die Erziehung des deutschen Volkes, insbesondere der Jugend, im Sinne der echten Demokratie und Humanität, um damit Achtung zu wecken für andere Völker und Länder. Der Film als Massenkunst muß eine scharfe und mächtige Waffe gegen die Reaktion und für die in der Tiefe wachsende Demokratie, gegen den Krieg und den Militarismus und für Frieden und Freundschaft aller Völker der ganzen Welt werden."364 Der Präsident der D Z W , Wandel, konkretisierte dies anschließend, indem er in seiner Rede hervorhob, daß der Film nicht „Opium des Vergessens sein" dürfe, sondern daß jeder Künstler seinem Film eine politische Tendenz geben müsse: „Parteinahme zu den groben Schicksalsfragen unseres Volkes sei heute ausnahmslos Angelegenheit al-
Als das Fernsehen mit Beginn der fünfziger Jahre an Bedeutung gewann, mußte die D E F A dann jedoch das Tobis-Gelände in Johannisthal wieder räumen. 363 Vgl. Filmmuseum Potsdam (wie Anm. 161), S. 24. Das ehemalige Studiogelände der UFA, das der Sowjetunion durch die Potsdamer Konferenz zur Deckung von Reparationsansprüchen zuerkannt worden war, konnte hingegen von der DEFA erst ab 1948 genutzt werden. 362
3 6 4 BA Potsdam, Artikel „Geburt des neuen deutschen Films" am 18. Mai 1946 in Tägliche Rundschau, S. 3, DR2/1038.
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ler, auch der Künstler, die nicht mehr unpolitsch bleiben können. Auch sie müssen Stellung nehmen und ihre Kraft in den Dienst des Volkes stellen, sich Rechenschaft darüber geben, wo wir heute stehen und wohin wir gekommen wären."365 In dieser Feierstunde wurden auch öffentlich die Ziele der Wochenschau Der Augenzeuge, die als erste neue Produktion der DEFA Erwähnung fand, von Klering dargestellt: „Unsere Schau ist keine bloße Aneinanderreihung aktueller Ereignisse, sondern wir wollen einen streng durchdachten Aufbau, mit neuen künstlerischen Mitteln und aus neuen Gesichtswinkeln gesehen, verwirklichen."366 Damit drückte er zwar aus, daß Der Augenzeuge ,anders' als die nationalsozialistischen Wochenschauen sein sollte. Letztendlich blieb er jedoch in unkonkreten Vorstellungen, wie diese neue Wochenschau aussehen sollte, verhaftet. Eine Folge der DEFA-Gründung war jedoch auch, daß nun die Anzahl der Wochenschau-Mitarbeiter auf sechzig ansteigen konnte. Dadurch bedingt wurden die Redaktion und der Schnitt Anfang Oktober 1946 innerhalb Berlins in ein größeres Gebäude fern der DEFA-Zentrale verlegt. Die Sprachaufnahme und Mischung fanden hingegen weiterhin in Johannisthal statt. Zunächst berichtete Der Augenzeuge jedoch in erster Linie aus dem sowjetischen Sektor und dem Umland Berlins, was unter anderem durch den Mangel an Fortbewegungsmittel bedingt war. Erst Monate später wurden dann auch eigene Redaktionsbüros in Babelsberg, Brandenburg, Dresden, Halle, Leipzig, Schwerin und ab 1948 in Rostock eingerichtet.367 Nachdem Austauschbeziehungen mit westund osteuropäischen Wochenschauen in Gang gekommen waren, fanden sich im Augenzeugen auch ausländische Themen, was im Abspann jeweils besonders hervorgehoben wurde. Ausgeschlossen hiervon blieb hingegen zu jeglichem Zeitpunkt der Kontakt zu Welt im Film sowie Blick in die Welt und damit Beiträge dieser über die drei westlichen Zonen.368 Bilder, die die westlichen Zonen zum Inhalt hatten, wurden statt
BA Potsdam, DR2/1038, ebd. 366 BA Potsdam, DR2/1038, ebd. Mit der 13. Ausgabe, die ab der zweiten Augustwoche 1946 erschien, wurde der für den Augenzeugen typische Slogan „Sie sehen selbst, Sie hören selbst — urteilen Sie selbst" eingeführt. 367 Vgl. Jordan, DEFA-Wochenschau (wie Anm. 163), S. 36 ff. 368 Vg] BA Koblenz, Bericht über ein brit.-amerik. Meeting of the Joint Newsreel Control Board in München vom 21—22. Oktober 1947, RG 260 OMGUS, ISD 365
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dessen über Drittfirmen eingekauft und nachträglich mit eigenem Kommentar versehen. Eine weitere Veränderung der DEFA trat im Herbst 1947 in Folge des Besuchs des sowjetischen Ministers für Filmwesen in Berlin ein: Die D E F A G m b H wurde am 11. November 1947 in eine „Sowjetischdeutsche Aktiengesellschaft für Herstellung, Vertrieb und Verleih von Filmen aller Art" umgewandelt. 369 Die Anteile des Aktienkapitals von 10 Millionen Reichsmark verteilten sich nun zu 55 Prozent auf das Ministerium f ü r Filmindustrie der UdSSR — vertreten durch die sowjetische L I N S A - A G und Sovexport — und zu 45 Prozent auf die Zentrag. Zur DEFA-Direktion gehörten nun auch Alexander Wolkenstein 370 und Ilja Trauberg 371 . Vorstand und Aufsichtsrat wurden nach dem Verhältnis der Aktienanteile besetzt. Ein Zusatzvertrag, der am 3. November zwischen den ehemaligen DEFA-Gesellschaftern und ihren sowjetischen Partnern geschlossen worden war, sah zudem einen Sonderausschuß vor, der beim Zentralsekretariat der SED 372 gebildet werden sollte und als in-
5/264—3/10 und Günter Jordan: Menschen zum Sprechen bringen, in: Unsere Medien — Unsere Republik, 1 (1992), S. 44. 369 Mit Beginn des Jahres 1947 hatte die sowjetische Regierung beschlossen, zweihundert Betriebe, die ihr als Reparationsleistungen zugesprochen worden waren, von der Demontage auszunehmen und in Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) umzuwandeln. Hierunter fiel auch die DEFA. Kurz vor der Umwandlung zur SAG war das gesamte Kapital der DEFA durch die Zentrag erworben worden, um die SED an der Aktiengesellschaft beteiligen zu können. 370 Alexander Wolkenstein war Generaldirektor von Sovexport. 371 Ilja Trauberg war sowjetischer Regisseur. 372 Bernd Bonwetsch und Gennadij Bordjugov haben in diesem Zusammenhang denn auch in der jüngsten Vergangenheit anhand der Protokolle zu Stalins Besuch 1947 in der SBZ nachgewiesen, daß die SED letztendlich die selbstgewählte Funktion einer Marionette der sowjetischen Regierung innehatte: „In Konflikt mit Moskau (oder hinter dem Rücken Moskaus) hat die SED-Führung zweifellos nicht gehandelt. Nichtsdestoweniger war sie auch eine reine Marionette. Aber wenn sie bis zum Tode Stalins einen Spielraum gehabt und genutzt hat, dann im wesentlichen nur aufgrund unklarer Moskauer Weisungen und Meinungsäußerungen, die auf Unschlüssigkeit und möglicherweise auch Meinungsverschiedenheiten im Kreml selbst zurückzuführen waren. Das war wohl häufiger der Fall, als man dem Stalinismus gemeinhin unterstellt. Aber der Wunsch der SED-Führung, in Ubereinstimmung mit Moskau zu handeln, ist dabei doch immer eindeutig gewesen." Stalin und die SBZ. Ein Besuch der SED-Führung in Moskau vom 30. Januar — 4. Februar 1947, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2 (1994), S. 279—303 (hier S. 281).
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ternes Organ der DEFA akzeptiert werden mußte. Diesem Ausschuß waren sowohl die Produktionsplanung als auch die Roh- und Endschnittfassungen der Filme vorzulegen. Die deutschen Aktionäre hatten sich zudem verpflichten müssen, ihre Gesellschafterfunktion lediglich im Auftrag der SED auszuüben und sich „im Rahmen des Gesellschaftervertrages an deren Weisungen widerspruchslos zu halten". In „allen Fragen von grundsätzlicher Bedeutung" war vielmehr „jeweils die Entscheidung der Treuhänderin einzuholen".373 Hierdurch brachte die SED mit Hilfe der sowjetischen Regierung die DEFA uneingeschränkt — wenngleich in der Öffentlichkeit weitestgehend verdeckt — in ihren Kontrollbereich. Die SED übernahm nun in immer stärkerem Maße die Rolle und Aufgaben der SMAD-Verwaltung für Information. Die DEFA blieb zwar formal ein unabhängiges Produktionsunternehmen, sie war jedoch nunmehr den Direktiven der SED Parteiführung direkt unterstellt. Auf Beschluß des Zentralvorstandes der Partei beim Zentralsekretariat der SED wurde hierfür am 10. November 1947 eine Filmkommission (auch DEFA-Kommission genannt) gegründet, deren Vorsitzender Anton Ackermann wurde. Dieser war zugleich im Zentralvorstand der SED für die Propaganda-Arbeit zuständig. Unter den Kommissionsmitgliedern befand sich zudem der Präsident der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung, Wandel. 374 Der wirtschaftlichen Reorganisation folgten in den kommenden Monaten umfassende personelle Veränderungen, bei denen nun ausschließlich politische Gesichtspunkte eine Rolle spielten. Was auch unmißverständlich im Zusatzvertrag vom 3. November vereinbart worden war: „Die Personalpolitik der DEFA wird in Ubereinstimmung mit der personalpolitischen Abteilung beim Zentralvorstand der SED durchgeführt".375 Zunächst wurde im März 1948 Lindemann „wegen Unterschlagung" entlassen, Klering wurde durch den neuen Personalverantwortlichen Reinhard Stier ersetzt, und den „bürgerlichen" Chefdramaturg Wolff von Gordon löste der Kommunist Hans-Robert Bortfeld ab, der zuvor seine politische Zuverlässigkeit als Dramaturg des Nationaltheaters Weimar bewiesen hatte. Ende 1948 schied schließlich auch Bergmann aus dem DEFA-Vorstand aus. Ihm folgte Sepp Schwab, der
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Zit. nach Filmmuseum Potsdam (wie Anm. 161), S. 25. Vgl. ebd., S. 23 f. Zit. nach ebd., S. 24 f.
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zum alleinigen Direktor aufstieg, nachdem zuvor das bisherige System des Vorstandes und des Aufsichtsrates gänzlich aufgelöst worden war.376 Auch die politische Unterstützung bei der Erneuerung der sowjetischen Zone durch den Augenzeugen in den ersten Besatzungsjahren wurde nunmehr in Frage gestellt. So äußerte der Filmreferent Mischke in der Kulturabteilung des Zentralsekretariats der SED auf der Sitzung der Filmkommission des Zentralen Kulturausschusses am 22. Juli 1948 die Ansicht, daß „der politische Kurs nicht kraß genug" sei. Er riet daher dazu, „mehr zum Angriff überzugehen": „Die Beobachtung, daß das Publikum sehr entschieden Stellung gegen politische Reportagen und vor allem politische Kommentare in letzter Zeit zum ,Augenzeugen' nimmt, ist für ihn ein Signal noch krasser vorzugehen."377 Die neue Wochenschauleiterin, Marion Keller378 versuchte daraufhin, die Vorwürfe des SED-Filmreferenten mit der Aufzählung von Produktionsproblemen zu entkräften: „Die Qualität der Wochenschau leidet ganz deutlich 1.) unter dem Fehlen eines politischen Mitarbeiters, 2.) unter der Erschwerung der Arbeit a) dadurch, daß technisch unzureichende Ausrüstung379 gegeben ist, b) durch die Erschwerung von Aufnahmeerlaubnissen deutscher und sowjetischer Stellen, c) durch finanzielle Schwierigkeiten."380 Acker-
376 v g l . Heinz Kersten: Das Filmwesen in der Sowjetischen Besatzungszone. Bonn 1954, S. 8. 3 7 7 BA Potsdam, Bericht über eine Aussprache in der Kommission „Film" in der SED am 22. Juli 1948 von Marion Keller, DR2/1093. 378 Marion Keller war die Ehefrau von Maetzig und hatte das „Film-Aktiv" mitbegründet. Im Januar 1946 leitete sie zunächst die Pressestelle des „Filmaktivs". Ende 1947 übernahm sie dann die Wochenschauleitung von Maetzig, der sich nun mehr der Spielfilmarbeit zuwandte. Im Herbst 1949 wurde Marion Keller in ihrer Position schließlich von Günter Klein abgelöst. 3 7 9 In den Akten finden sich hierzu vereinzelt auch offene, kritische Darstellungen wie beispielsweise in der Presseinformation vom 23. September 1947: „Der Pädagogische Kongress in der Presse. [...] Die DEFA-Wochenschau ,Der Augenzeuge', die ebenfalls eingeladen war, konnte schliesslich die Absicht, Filmaufnahmen zu machen, technischer Schwierigkeiten wegen nicht durchführen." BA Potsdam, D Z W , Presseinformation des Tages, DR2/1053. 3 8 0 BA Potsdam, DR2/1093, ebd. Die finanzielle Lage der Wochenschau wurde neben den bereits erwähnten Faktoren auch dadurch erschwert, daß die Verleihfirma Sovexport nur etwa 3/4 des tatsächlichen Herstellungspreises bezahlte, gleichzeitig jedoch auch hier das Verleihmonopol besaß.
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mann beorderte daraufhin Dr. Gerhard Dengler381 zur Wochenschau nach Berlin, wo dieser die Stelle des politischen Chefredakteurs einnahm. Hatten die Mitarbeiter des Augenzeugens in der Anfangszeit noch relative Freiheit bei der Auswahl der Themen gehabt — wenngleich diese die Zensur der SMAD-Verwaltung für Propaganda bestehen mußten —, so wurde nun über die D Z W konkret Einfluß auf die Zusammenstellung und den Inhalt genommen, wie aus einem Schreiben des Vizepräsidenten der Deutschen Verwaltung für Volksbildung an Wandel hervorgeht: „Der Augenzeuge will in jeder seiner kommenden Nummern ein bis zwei Sujets aus Leben und Arbeit der Kulturschaffenden bringen unter besonderer Berücksichtigung eventueller Preisträger, verdienter Lehrer oder Arzte. Die Volksbildungsministerien, besonders die Abteilungen ,Kulturelle Aufklärung', sind angeschrieben worden, laufend alle Unterlagen, Berichte und Stellungnahmen usw. über die Erfahrung bei der Aufklärung über Sinn und materielle Bedeutung der Kulturverordnung hierher weiterzugeben."382 Daneben sollten Ende 1949 die Filmtheater, die in den ersten Besatzungsjahren bereits größtenteils verstaatlicht und von den jeweiligen Kommunen bzw. eigens gegründeten Vereinigungen383 übernommen worden waren, der zentralen Vereinigung Volkseigener Lichtspielbe-
3 8 1 Dengler war nach der Niederlage der deutschen Armee bei Stalingrad aktiv im Nationalkomitee „Freies Deutschland" gewesen. Im August 1945 wurde er zunächst Redakteur bei der Sächsischen Zeitschrift in Dresden, später Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung. 3 8 2 BA Potsdam, Schreiben des Vizepräsidenten der Verwaltung für Volksbildung, Engels, Abteilung Kulturelle Aufklärung in Berlin, vom 11. Mai 1949 an Präsident Wandel über „Massnahmen von Presse, Funk und Film zur Popularisierung der Kulturverordnung", DR2/1093. Vgl. auch BA Potsdam, Protokoll der Sitzung vom 1. November 1947 über die „Massnahmen zur Durchführung des Befehls 234", DR2/1011. 3 8 3 In Sachsen und Thüringen gehörten alle enteigneten Filmtheater Landesvereinigungen an. In Sachsen-Anhalt waren sie hingegen den Gemeinden und Kreisen unterstellt. In Mecklenburg gehörten die Kinos zu den „Kulturellen Unternehmungen Mecklenburgs", wobei diese Vereinigung auch für die Landesbühnen, die graphischen Werkstätten und für die Buchhandlungen zuständig war. In Brandenburg gab es noch 200 privat betriebene Filmtheater — alle anderen waren entweder den Kommunen oder der W B Kulturstätte Werder unterstellt.
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triebe unterstellt werden.384 Dabei sprach man in der D Z W nicht nur unverblümt davon, das filmische Medium propagandistisch zu nutzen, man suchte auch nach Wegen, den Ertrag der Beeinflussung so hoch wie möglich zu gestalten: „Wenn der Film als eines der bedeutendsten Instrumente zur Bewußtseinsbildung der Massen in progressivem Sinne zur Wirkung kommen und auf dieser Grundlage die größtmöglichen Erträgnisse bringen soll, sind folgende Dinge notwendig: 1) zentrale Planung des Maschineneinsatzes, 2) zentrale Filmdisposition, 3) Entwicklung der Spielstellenleiter zu Kulturfunktionären."385
b) Augenzeuge mit fortschreitender Linsentrübung Etwas neues — .anders' als die nationalsozialistische Wochenschau sollte Der Augenzeuge sein. Statt reiner „Aneinanderreihung aktueller Ereignisse" sollte er einen „durchdachten Aufbau, mit neuen künstlerischen Mitteln und aus neuen Gesichtspunkten gesehen" besitzen. So hatte es Klering auf der DEFA-Eröffnungsfeier im Mai 1946 formuliert.386 Tatsächlich unterschied sich Der Augenzeuge schon in seinem äußerlichen Aufbau sowohl von der Deutschen Wochenschau als auch zu seinen Pendants in den westlichen Besatzungszonen. So wiesen die einzelnen Beiträge beispielsweise viel weniger Schnitte und Sequenzen auf: Statt den Ablauf eines Ereignisses mittels der Bilderfolge zu erzählen, verfolgte in der Regel die Kamera — oftmals von einer statischen Position aus — das Geschehen. Daher dienten viele Sequenzen auch lediglich als Bilderteppiche, während der Kommentar die eigentlichen Informationen vermittelte und durch sprachliche Wendungen für Dramaturgie sorgte. Aufgrund dieses einfachen, filmischen Strickmusters vertrat Heinz Kersten denn auch 1954 die Ansicht, daß Der Augenzeuge „die langweiligste aller Wochenschauen" gewesen sei. Zudem habe er sich auch von An-
384 Vgl. BA Potsdam, Entwurf (2. Fassung): Anordnung über die Bildung von Vereinigungen Volkseigener Lichtspiele vom 26. September 1949, DR2/1093. BA Potsdam, Bericht über „die Entwicklung des Lichtspielwesens in der sowjetischen Besatzungszone" von Breege, Berlin 26. September 1949, DR2/1093. 3 8 6 BA Potsdam, Artikel „Geburt des neuen deutschen Films" am 18. Mai 1946, in: Tägliche Rundschau, S. 3, DR2/1038. 385
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fang an in der Auswahl seiner Reportagen als „einseitig und einfallslos" gezeigt.387 Neben den Berichten, in denen die filmischen Sequenzen nur als Bilderteppiche dienten, gab es im Augenzeugen auch Beiträge, die offenkundig gestellt waren, um eine bestimmte Aussage zu vermitteln. So wurde beispielsweise im Sommer 1946 eine nächtliche, polizeiliche Verfolgungsjagd von Schwarzhändlern inszeniert, die der Sprecher anschaulich kommentierte: „Ein Lastwagen, der die Postensperre durchfährt, ist verdächtig. Los geht die Verfolgungsjagd. Halt! Einer versucht zu entkommen. Na, ich bin neugierig, was die geladen haben. Das ist bestimmt schwarzes Mehl! Na, hier Ihre Papiere stimmen aber nicht! Hände hoch und ab ins Kittchen." 388 Wie in diesem Kommentar bereits deutlich wird, versuchte Der Augenzeuge — im Gegensatz zu den beiden westlichen Wochenschauen — durch scheinbar direkte Kommunikation mit dem Zuschauer das Publikum an sich zu binden: „Trotz Friedenskonferenz und Alterssorgen haben die Pariser Lust und Laune nicht verloren, dem Auge etwas Schönes anzubieten: [...] Na, die hier ist doch Zucker, finden Sie nicht? Wir Männer sind jedenfalls restlos entzückt und die Damen machen Witze, die entfernt an Bosheiten erinnern." 389 Der Kommentar dominierte im Augenzeugen eindeutig die bildliche Ebene. Als Sprecher traten sowohl Männer als auch Frauen390 auf. Wichtige Aussagen politischer Redner wurden ebenso wie Interviews ausführlich im O N wiedergegeben. Die Musik fand hingegen als gestalterisches Element kaum Anwendung. Günter Jordan bezeichnet in seinen Untersuchungen zum Augenzeugen diese, auf den Kommentar fokusierte Präsentationsform als „ein geeignetes Mittel", für den Zuschauer den „inneren Zusammenhang der einzelnen Sujets" herzustellen: „Sie [Die Wochenschau, Anmerk. d. Verf.] eröffnete vielgestaltige Wege zwischen Publikum und Sujet: Zum Originalton des Redners trat der präzise Bericht über ein Ereignis, zum direkten Ansprechen des Publikums (,Nun
Kersten (wie Anm. 198), S. 8. Kommentar zum Bericht „Nächtliche Verfolgungsjagd von Schwarzhändlern", Der Augenzeuge 7/46. 389 Kommentar zum Bericht „Schönheitskonkurrenz in Paris", Der Augenzeuge 20/46. 390 Vgl. Darstellung Marion Kellers, nach welchen Kriterien die Sprecher avisgewählt und eingesetzt wurden. In: Jordan, DEFA-Wochenschau (wie Anm. 163), S. 108. 387
388
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sehen Sie sich nur das Menschengewimmel an! Nanu? Plötzlich die Polizei da? Was denn, will die auch tauschen?') der Selbstkommentar eines im Bild Beteiligten (,Da Przybilski bekanntlich ein sehr schwerer Rechtshandschläger ist, habe ich mich auf die Rechte eingestellt, Sie sehen, wie ich die linke Schulter angezogen habe ...') und selbst das Feuilleton erhielt eine Anbindung (,Und jetzt befinden wir uns im Berliner Rundfunk und wollen einmal Augenzeuge sein, wo wir bisher Ohrenzeuge waren.')." 391 Jordan schließt sich daher auch den Ausführungen des ersten Wochenschauleiters an, denen zufolge der Augenzeugen-Slogan „Sie sehen selbst, Sie hören selbst — urteilen Sie selbst" keine journalistische Marotte gewesen sei, sondern die Kurzfassung des neuen Wochenschau-Konzepts und der Ausdruck eines partnerschaftlichen Verhältnisses zum Zuschauer: „Der .Augenzeuge' ist keine unpersönliche Schau, sondern er ist eine Person. Es ist die Person des Zuschauers selbst, die hier im Namen angerufen wird." 392 Diese betont unterhaltende Form der Informationsvermittlung brachte es jedoch mit sich, daß Nachricht und Meinung miteinander vermischt wurden und somit eine Objektivität der Berichterstattung, wie sie von den westlichen Großmächten propagiert wurde, im Augenzeugen von Anfang an nicht gewährleistet war. Gerade dies ist für Jordan jedoch das „Neue" und Besondere, was den Augenzeugen seiner Ansicht nach auch auszeichnete: „,Der Augenzeuge' hat von Anfang an ein Wirkungs- und Wertungssystem eingebracht und durchgesetzt, das auf Abbildung von Wirklichkeit, auf Einblick für den Zuschauer, auf die Herstellung von Zusammenhängen orientiert war. [...] ,Der Augenzeuge' verstand sich nicht als Sprachrohr neuer Inhalte, er vermittelte sie auf neue, ihnen angemessene Weise. Er machte den neuen Inhalt der Politik als eine neue Politik erlebbar und gab sie den Menschen als Erfahrung weiter. Er hatte den Mut zu kämpferischer Demokratie und wandte sie an." 393 Daß die Wochenschau insgesamt gesehen weniger einen Nachrichtencharakter besaß als die beiden westlichen, zeigte sich zudem darin, daß die Berichterstattung über kulturelle Themen in jeder Ausgabe des Au-
Ebd, S. 39. Günter Jordan: Manuskript „Was ist, was soll, was kann Nachdenken über Dokumentarfilm?" für die 1. Internationalen Leipziger Hochschultage für Medien und Kommunikation 1991 „Unser Jahrhundert in den Medien", S. 3. 393 Jordan, DEFA-Wochenschau (wie Anm. 163), S. 91 ff. 391 392
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genzeugen zwischen einem Viertel und einem Drittel der Gesamtzeit einnahm. Dennoch hält Jordan den Augenzeugen insgesamt aufgrund seiner Nachrichtenauswahl- und berichterstattung zu diesem Zeitpunkt noch für objektiv und ausgewogen: „Wer sich die einzelnen Folgen der DEFA-Wochenschau Der Augenzeuge von Februar 1946 an ansähe, würde bis zum Herbst 1948 nicht mitbekommen, daß es nach dem beendeten heißen Krieg einen kalten Krieg gab und daß der schon lange im Gang war. Ausgewogene Berichte von den internationalen Schauplätzen und Konferenzen machten allenfalls auf Interessenunterschiede aufmerksam."394 In der Tat weist die Wochenschau jedoch von ihrem ersten Erscheinungstag an Züge der sowjetischen Beeinflussung auf, was sich beispielsweise in der Verwendung sozialistischer Begriffe wie „Werktätige" und „Arbeiterschaft" zeigt. Wenngleich sich deren Anzahl erst ab Frühjahr 1947 quantitativ erhöhte. Zudem wurden kommunistische Gedenktage mit ausführlichen Berichten gewürdigt, auch wenn es keine Jahresjubiläen waren.395 Wie Jordan darlegt, wurde zwar von Anfang an im Augenzeugen auch über die westlichen Staaten und Besatzungszonen berichtet. Zumeist wiesen diese Beiträge jedoch einen Bezug zum Kommunismus bzw. zur Sowjetunion auf. So wurden in der ersten Ausgabe 1946 in einem Bericht über den „Weltjugendkongreß in London" nur die Vertreter der Sowjetunion namentlich vorgestellt396. Wenige Monate später berichtete Der Augenzeuge ausführlich über den Besuch von Lord Beveridge in der sowjetischen Zone, der als der „Schöpfer der neuen englischen Sozialreform" bezeichnet wurde.397 Und in einem Beitrag über die „Wohnungsnot in London" legte der Kommentar dar, wie gesellschaftlich ungerecht westliche Demokratien seien: „Die Wohnungsnot in
3 9 4 Jordan, Manuskript „Der DEFA-,Augenzeuge' am Beginn des Kalten Krieges (wie Anm. 214), S. 1.
Vgl. beispielsweise „27. Todestag von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg", Der Augenzeuge 1/46, „24. Todestag Walther Rathenaus", Der Augenzeuge 2 7 / 4 6 und „Gedenkfeier zu Ehren Karl Liebknechts", Der Augenzeuge 38/46. 396 Vgl Kommentar zum Bericht „Weltjugendkongreß in London", Der Augenzeuge 1/46. Ein besonders eindringliches Beispiel hierfür ist auch ein Bericht über die Vollversammlung der U N O 1947 anläßlich des Palästina-Problems. Denn anstatt einer umfassenden Darstellung aller kontroversen Meinungen gab die Wochenschau ausschließlich die Ansicht der Sowjetunion hierzu wieder. Vgl. Der Augenzeuge 55/47. 397 Vgl. Der Augenzeuge 16/46. 395
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London hat die Obdachlosen zu einer Protestaktion getrieben. Sie haben gewaltsam leerstehende luxurieuse Wohnblocks bezogen. Die britische Polizei würde diese Eindringlinge beim Verlassen des Hauses sofort verhaften, aber sie betritt das Haus nicht und hindert auch niemand daran, den Eingeschlossenen Nahrung von aussen zu zuwerfen. Ein dramatisches und drastisches Beispiel bürgerlicher Demokratie."398 Einen Touch von Internationalität sollte zudem ab Ende 1947 der explizite Hinweis im Abspann vermitteln, der ausdrückte, aus welchen Ländern die Berichte kamen. Die Produzenten des Filmmaterials wurden dabei jedoch nicht genannt. Einer intensiven und regelmäßigen Berichterstattung auf internationaler Ebene erfreuten sich hingegen von Anfang an die Sowjetunion und die sozialistischen Länder: Sei es, daß Der Augenzeuge über einen „Maurerwettbewerb in Moskau"399 berichtete oder den neuen „Fünfjahresplan der UdSSR"400 vorstellte, oder sei es, daß das Publikum über den „Bau einer neuen Eisenbahnstrecke in Jugoslawien"401 informiert wurde. Die Berichte vermittelten dabei oftmals Arbeitssituationen, in denen gemäß des Kommentars „große Leistungen" erbracht wurden. Nicht selten folgten darauf dann Bilder, die die „Werktätigen" in ihrer „wohlverdienten" Freizeit — sei es bei gemeinschaftlichen Aktivitäten oder sei es beim Kunstgenuß — zeigten. Jordan begründet die außergewöhnlich intensive Beschäftigung der Wochenschau mit den sozialistischen Ländern damit, daß eine „wichtige Aufgabe" des Augenzeugen darin bestanden hätte, „gegen den von den bisherigen herrschenden Klassen genährten und gezüchteten Antikommunismus und Antisowetismus" anzugehen: „Das war unter den Bedingungen sowjetischer Besatzungsmacht nicht automatisch leichter, stand ihr doch die Mehrzahl der Deutschen zunächst nicht freundlich gegenüber."402 So wertet er es denn auch als einen „klugen Schachzug des Augenzeugens", daß die Aussagen führender SMAD-Vertreter zumeist im O N wiedergegeben wurden und im Kommentar nie das Wort „Besatzungsmacht" verwandt worden sei. Denn während die westlichen Wochenschauen deutlich zum Ausdruck brachten, daß die politische Macht bei den jeweiligen Groß-
Kommentar zu Bericht „Wohnungsnot in London", Der Augenzeuge 30/46. 399 Vgl. Der Augenzeuge 2/46. 4 0 0 Vgl. Der Augenzeuge 11/46. 401 Vgl. Der Augenzeuge 29/46. 4 0 2 Jordan, DEFA-Wochenschau (wie Anm. 163), S. 105 ff. 398
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mächten lag, vermittelte Der Augenzeuge den Eindruck, daß in der sowjetischen Zone der Neuaufbau Deutschlands durch Deutsche erfolge. Auch der zunehmende staatliche Einfluß der SED und ihrer Organisationen vollzog sich in den ersten Jahren noch weitestgehend ,unbemerkt' vom Augenzeugen, wenngleich sie in der Wochenschau ein Podium für die Darstellung ihrer Ansichten und Ziele fand. Erst ab Ende 1947 wurde ausführlich über Veranstaltungen der Partei und der ihr angeschlossenen Institutionen berichtet.403 Eine Zielgruppe, um die sich die Wochenschau besonders bemühte, waren die Kinder und Jugendlichen. So gehörte nicht nur die Rubrik „Kinder suchen ihre Eltern" ab der elften Ausgabe als fester Bestandteil zum Augenzeugen. Auch insgesamt gesehen zeichnete sich die Wochenschau von Anfang an dadurch aus, daß Jugendveranstaltungen quantitativ und qualitativ eine große Beachtung fanden.404 Als eine Begründung hierfür kann sicherlich der Wochenschau-Kommentar zu einem Beitrag über ein „Kinderfest", das im Herbst 1946 stattfand, angesehen werden: „Nur wenn wir unermüdlich zusammen mit allen fortschrittlichen Kräften für den Wiederaufbau arbeiten, werden diese Kinder ein Leben führen können, welches lebenswert ist. Das ist die unausgesprochene Mahnung der Veranstalterin dieses Festes: der SED." 405 Ein weiterer Grund, den der Kommentar auch schon implizierte, war sicherlich, daß innerhalb der deutschen Bevölkerung die Kinder und Jugendlichen die wichtigste Zielgruppe bei der sowjetischen Umorientierung waren. — Zumal sie später die Zukunft des Landes gestalten würden. Denn dadurch, daß sie wenig Lebenserfahrung mitbrachten, konnten sie am einfachsten für die neuen Ideale begeistert werden. Inhaltlich war der wirtschaftliche Wiederaufbau im Augenzeugen ein ebenso wichtiges Thema wie in den beiden westlichen Wochenschauen Welt im Film und Blick in die Welt. Bis 1949 fand er anhand von drei Bereichen Beachtung: über einzelne Unternehmen und Mitarbeiter sowie über die Leipziger Messe.
403 Vgl beispielsweise „Pressekonferenz der SED", Der Augenzeuge 47/47, „Weltjugendwoche der Freien Deutschen Jugend in Halle", Der Augenzeuge 4 9 / 4 7 oder „FDGB-Kongreß in Berlin", Der Augenzeuge 51/47. Vgl. „Jugendsport", Der Augenzeuge 17/46, „Jugendtag in Bautzen", Der Augenzeuge 20/46, „Studentenwählen", Der Augenzeuge 41/47 oder „Jugendparlament in Meißen", Der Augenzeuge 56/47. 404
405
Kommentar zu Beitrag „Kinderfest der SED", Der Augenzeuge 22/46.
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Doch während in den westlichen Wochenschauen durch die bildliche Darstellung von modernen Produktionsstätten und unzählbaren Industriegütern das Motto „Es geht voran" versinnbildlicht wurde, stellte Der Augenzeuge den einzelnen, „mit den Händen schaffenden" Arbeiter heraus. Dabei wurde betont, daß jeder durch die Leistung, die er an seinem Platz erbringt, zur Versorgung und zum Wiederaufbau beitrage.406 Anhand einzelner Personen wurde zudem dargelegt, daß sich intensiver Arbeitseinsatz und -wille auch auszahle: „Der Direktor Reinke hat an diesem Wiederaufbau den stärksten Anteil. Er machte den Anfang und leitete die Arbeiter. Ein Mann, der vor 24 Jahren als Elektriker hier tätig war und sich durch besondere Leistung und besonderen Fleiß zu dem heutigen, hochqualifizierten Posten entwickelt hat."407 Die Leipziger Messe hingegen war für die Wochenschau der Ort, an dem die industriell erbrachte Leistung vorgestellt wurde. Wobei diese Veranstaltung zunächst auch als Synonym für „Frieden"408 diente. Ab 1947 wurde dann die Exportabhängigkeit der Industrie und somit der Ansporn zu noch mehr Leistung herausgestellt: „Die Messe darf nicht nur als innerdeutsche Angelegenheit gewertet werden. Die deutsche Wirtschaft braucht Importe. Ihre Bezahlung erfordert eine entsprechende Steigerung des deutschen Exportes. So ist das Auslandsgeschäft zu einem brennenden Punkt der deutschen Volkswirtschaft geworden."409 In diesem Beitrag kommt die zu Anfang erwähnte Text-Bild-Schere besonders deutlich zum Ausdruck, da zu dem oben dargestellten Kommentar Bilderteppiche allgemeiner Eindrücke aus der Messestadt, wie beispielsweise der Messeturm, Gebäude mit Werbeplakaten und Messebesucher in Leipzigs Straßen, gezeigt wurden. War in den ersten Ausgaben des Augenzeugen noch der Mangel an Waren explizit thematisiert worden, so sprach man ab 1947 — beispielsweise im Bericht über die Leipziger Messe — nun davon, daß die Materialknappheit zu innovativen und flexiblen Produktionslösungen geführt hätte: „Die Materialknappheit hat oft technische Erfindungen veranlaßt. Das vielseitige Jogelit begegnet uns in der Möbelschau als Stuhllehnen-
4 0 6 Vgl. beispielsweise „Wagenbau Gauschat in Neuköln", Der Augenzeuge oder „Mecklenburg hilft Berlin", Der Augenzeuge 3/49.
34/46
Kommentar zum Bericht „Die Zuckerfabrik Töringswerder produziert wieder", Der Augenzeuge 34/46. 408 Vgl. Kommentar zum Bericht „Leipziger Messe", Der Augenzeuge 7/46. 407
409
Kommentar zum Bericht „Leipziger Messe", Der Augenzeuge 45/47.
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Geflecht. Ein wirklich brauchbarer Ersatz für Rohr oder Bast." 410 Die Berichterstattung über die Messe wurde aber auch dazu verwandt, die wirtschaftliche Einheit Deutschlands zu betonen: „Für fünf Tage sind für die Besucher die deutschen Zonengrenzen aufgehoben. Kaiser, Dr. Kühl und Grothewohl richteten eine Ansprache an sie, diese Einheit Deutschlands, die eine neue deutsche Wirtschaft in jeder Weise fördern wird, zu verwirklichen." 411 Dabei zeigten jedoch die bildlichen Sequenzen wiederum nur allgemeine Leipziger Straßenszenen. Doch Der Augenzeuge forderte nicht nur in seiner WirtschaftsBerichterstattung die Einheit Deutschlands. Wie ein roter Faden zieht sich das Streben nach politischer Wiedervereinigung im Sinne der sowjetischen Großmacht durch die Wochenschau-Ausgaben. Eine anschauliche Beschreibung, wie sich die ostdeutsche Medienberichterstattung insgesamt schließlich entwickelte, als das internationale, politische Klima eine Wiedervereinigung Deutschlands zunehmend ausschloß, bietet Walrab von Buttlar in seinem Werk „Ziele und Zielkonflikte in der sowjetischen Deutschlandpolitik 1945—1947": „Aber war die Periode zwischen den Frühjahren 1946 und 1947 vom verwirrenden Doppelgesicht einer einesteils aggressiven, anderenteils aber betont konzilianten Propaganda bestimmt gewesen, so brach die letztere Linie, die vor allem Stalin selber abgestützt hatte, nunmehr unvermittelt ab. Der Wandel vollzog sich sowohl in der Intensität der Attacken, die sich zusehends verstärkten, als auch in ihrer sachlich-ideologischen Substanz. So waren die Adressaten nunmehr nicht länger jene .reaktionären Kreise' und Kriegsbrandstifter', deren Anonymität dazu diente, die politische Wirkung der Angriffe abzuschwächen, vielmehr nahm man nun die westlichen Regierungen selbst ins Visier." 412 Dies drückte sich im Augenzeugen vor allem dadurch aus, daß ab Mai 1947 zunächst in zunehmendem Maße über negative Ereignisse, Streiks und über den Gegensatz zwischen Arm und Reich in den westlichen Staaten berichtet wurde. Wobei der
410
Kommentar zum Bericht „Leipziger Messe", ebd.
Kommentar zum Bericht „Leipziger Messe", ebd. Walrab von Buttlar: Ziele und Zielkonflikte in der sowjetischen Deutschlandpolitik 1945—1949. Stuttgart 1980, S. 228 f. Vgl. hierzu auch das Schreiben Lt.Col. Donald T. Jones an McClure vom 22. Dezember 1947: „In the Soviet licensed newsreel Augenzeuge No. 77 is another example of the use of US material to support a commentary containing accusations of warmongering." BA Koblenz, R G 260 OMGUS, ISD 1 0 / 1 7 — 2 / 1 4 . 411
412
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Kommentar — wie beispielsweise in einem Beitrag über „US-Anleihen für Italien" — die zunehmende Abhängigkeit der europäischen Staaten von der USA herausstellte: „140 Millionen Dollar Anleihe für dringende Staatsaufgaben bringt die Unterschrift. Aber auch Verpflichtungen über die der Streit der Meinungen auch im italienischen Volk selbst hin und her geht. Denn diese Anleihe bringt Italien noch eine grössere wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA." 413 Diese Berichte steigerten sich schließlich nach dem Abbruch der Londoner Außenminister-Konferenz und dem sowjetischen Verlassen des Kontrollrates dahingehend, daß den westlichen Großmächten nun prinzipiell „Kriegstreiberei" unterstellt wurde.414 Jordan sieht hingegen in seinen Untersuchungen einen Wandel in der Berichterstattung erst ab 1948 für gegeben: „Ab Spätherbst 1948 indes wehte ein anderer Wind, veränderte sich das Vokabular, verschwand die argumentierende Haltung. Bei der Erinnerung an die deutsche Novemberrevolution von 1918 .hetzen heute die SPD-Führer' (Nr.131), gerieten turnusmäßige Wahlen zu ,Spalterwahlen' (Nr.135), wurde in New York ein ,amerikanischer Reichstagsbrandprozeß' von einem .amerikanischen Freisler' geführt (Nr.44/49), wurden politische Vorgänge .hinter dem breiten Rücken der Dame Freiheit' böse glossiert (Nr.47/49), wurde aus dem Friedensfreund Montgomery ein übler Kriegshetzer (Nr.26/49), wurden Adenauer, Kaiser und Reuter zu .Goebbelsjungen' und .Lakaien' des amerikanischen Großkapitals."415 Jordan begründet dies damit, daß erst „mit der Jugoslawienkrise, der Verschärfung des Kalten Krieges und der Abkehr der SED von ihren Grundsätzen und Zielen" eine Veränderung im Demokratisierungsprozeß der sowjetischen Zone entstanden sei.416 Denn erst ab diesem Zeitpunkt hätte der Wochenschau-Präambel, die den Zuschauer bis dato zum selbständigen Urteilen aufgefordert habe, der Zwang, sich dem Wahrheits- und Führungsanspruch der SED unterzuordnen, diametral entgegengestanden.
413
Kommentar zum Bericht „US-Anleihe für Italien", Der Augenzeuge 63/47.
Vgl. beispielsweise die Kommentare der Beiträge „Illusionen", Der 12/49, und „Rettet das Ruhrgebiet", Der Augenzeuge 3/49. 414
Augenzeuge
4 1 5 Jordan, Manuskript „Der DEFA-Augenzeuge" am Beginn des Kalten Krieges (wie Anm. 214), S. 1 f.
Günter Jordan: Was ist, was soll, was kann Nachdenken über Dokumentarfilm? Vortragsmanuskript für die 1. Internationalen Leipziger Hochschultage für Medien und Kommunikation 1991, S. 5. 416
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Im Augenzeugen selbst fanden sich ab Mitte 1948 nur noch dann Hinweise auf die „Einheit Deutschlands", wenn die Zonenbevölkerung zu einem bestimmten politischen Verhalten bewegt werden sollte. So zeigte beispielsweise ein Beitrag Anfang Juni 1948 zunächst verschiedene Naturlandschaften aus allen Besatzungszonen. Darunter war fröhliche Musik gelegt. Anschließend erhob der Kommentar die Forderung, daß die Zuschauer im nahenden Volksbegehren für die Einheit Deutschlands stimmen sollten.417 Ansonsten berichtete die Wochenschau nun umfangreich und offen über die Aktivitäten der SED und ihrer Organisationen sowie über die sozialistischen Wirtschaftsziele418. Institutionen und wirtschaftliche Aktivitäten in den westlichen Zonen wurden hingegen als sozial ungerecht bezeichnet: „Im deutschen Westen, den man heute Bizonesien nennt, geschehen sonderbare Dinge. Ist es noch Traum — oder schon Wirklichkeit — daß man den Arbeiter an einen Ort lockt, wo ein paar Herren träumen von ihrem Ruhm in den vergangenen Tagen? Die Großen ihrer Klasse sind schon wieder obenauf — gestützt, gefördert, protegiert."419 Den neuen, inhaltlichen Schwerpunkten angepaßt, erschien Der Augenzeuge auch ab der Ausgabe 5/49 mit einem neuen Vorspann: Die Silhouette eines Kameramannes drehte sich vor einem Hintergrund, der sowohl Felder als auch Industrieanlagen zeigte, zum Zuschauer hin. Wie eine Eröffnungsfanfare erklang dazu der Sozialistenmarsch.420
Vgl. „Das Volksbegehren", Der Augenzeuge 106/48. 418 Vgl. beispielsweise „Verkündigung des Zweijahresplans", Der Augenzeuge 112/48 oder „Bodenreform-Bauprogramm", Der Augenzeuge 5 / 4 9 . 4 1 9 Kommentar zum Bericht „Illusionen", Der Augenzeuge 1 2 / 4 9 . Vgl. hierzu auch die Darstellung der beiden Verfassungen in Der Augenzeuge 133/48. 4 2 0 Vgl. Jordan, DEFA-Wochenschau (wie Anm. 163), S. 160 ff. 417
IV Deutschlandpolitische Themen in der Berichterstattung der drei deutschen Wochenschauen — ein Vergleich 1. Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozeß 1945/46 im Augenzeugen und Welt im Film Schon während des Zweiten Weltkrieges hatten die alliierten Kriegsverbündeten mit den Vorbereitungen für eine Aburteilung der deutschen Verantwortlichen an den nationalsozialistischen Verbrechen begonnen. Am 18. Oktober 1945 trat der Internationale Gerichtshof erstmals im Saal des ehemaligen Volksgerichtshofes in Berlin zusammen, um die Anklage gegen 24 Hauptkriegsverbrecher zu erarbeiten.421 Einen Monat später zog er dann jedoch komplett nach Nürnberg um. Ab diesem Zeitpunkt setzte die Prozeßberichterstattung in der amerikanischbritischen Wochenschau ein. Kontinuierlich berichtete WiF nun — mehr oder weniger ausführlich — über den Prozeßverlauf: Von den technischen Vorbereitungen des Nürnberger Gerichtssaales über die Anklageverlesung und die Zeugenaussagen bis hin zur Urteilsverkündung, der WiF sogar eine ganze Sonderausgabe widmete. Als Grundlage für die Prozeßberichterstattung erließ die britische Informationseinheit Mitte November eine Direktive. Dieser zufolge sollten die Wochenschau-Mitarbeiter objektiv und ausgewogen über das Ereignis berichten, die Angeklagten nicht vorverurteilen und den Begriff „Nazi" sowie offizielle, nationalsozialistische Rangbezeichnungen vermeiden.422 Demgegenüber sollte den rechtlichen und moralischen Grundprinzipien für diesen Prozeß breite Beachtung geschenkt sowie 421 Vgl. £) e r Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg, 14. November 1945 — 1. Oktober 1946. Bd. 1—42, Nürnberg 1947-49. 422 Vgl. p r o Kew, Information Control Policy Directive No.27 vom 21. November 1945, F O 1014, 195.
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die Beteiligung der einzelnen Angeklagten an der Kriegsplanung herausgestellt werden. Tatsächlich zeichnete sich auch die U^F-Berichterstattung'prinzipiell durch eine objektive Darstellung ohne Vorverurteilung der Angeklagten aus. Wenngleich über die musikalische und bildliche Ebene sowie über O-Töne der Angeklagten und ihrer Verteidiger die Wirkung der Beiträge so gelenkt wurde, daß sie beim Zuschauer Abscheu und Verachtung hervorriefen. So zeigte die Wochenschau beispielsweise am 18. Januar 1946 den ehemaligen Chef des Reichssicherheitshauptamtes, Ernst Kaltenbrunner, wie er nur mit einfacher Krankenhausbekleidung und mit Hausschuhen an den Füßen von Militärangehörigen stolpernd und schlurfend zu einem Krankenwagen geführt wurde.423 In WiF 30/ 1945 vom 11. Dezember 1945424 wurde der Antrag des Verteidigers von Ribbentrops im O N übertragen, in dem er darum bat, daß sein Mandant seine Sekretärin zurückerhalten möge. Anschließend führte er zudem aus, daß die Erinnerung von Ribbentrops insgesamt durch die Einnahme von Schlaftabletten gelitten habe. Alle WiFBeiträge zum Nürnberger Prozeß zeichneten sich des weiteren dadurch aus, daß die Hintergrundmusik — im Gegensatz zu den anderen Wochenschau-Berichten — einen bedrohlichen Charakter hatte und die Stimme des Sprechers abgehackt und aggressiv wirkte. Wie in der Direktive gefordert, wurde hingegen in allen WiFAusgaben den vier nach „moralischen und internationalen Gesetzen" richtenden Großmächten eine breite Plattform gewährt. Was in den ersten beiden Beiträgen auch dadurch versinnbildlicht wurde, daß am Anfang zunächst eine gemalte Wand, auf der der Schatten Justitias zu sehen war, gezeigt wurde. Ab dem zweiten U^i7-Beitrag zum Nürnberger Prozeß stellte die Wochenschau dann deutlich heraus, daß nur die Kriegsverbrecher — nicht aber das deutsche Volk — vor Gericht ständen. Aber auch der technische Aufwand, den die vier Großmächte für dieses Ereignis vollbracht hatten, wurde wiederholt bildlich und sprachlich ausführlich thematisiert.425 Den Prozeß selbst bezeichnete der Sprecher immer wieder als „ein einmaliges Ereignis in der Geschichte": „Der (Urteils-) Text ist ein sachlicher, doch profunder Tatsachen- und Ar-
03
Vgl. „Neues vom Nürnberger Prozeß", WiF 36/1946. Im Gegensatz zu Welt im Film sind die Zensurfreigabe-Daten von Der Augenzeuge und Blick in die Welt nicht überliefert. Die Erscheinungstermine dieser beiden Wochenschauen sind daher im folgenden nur wochen- oder monatsgenau. 425 Vgl. beispielsweise „Neues vom Nürnberger Prozeß", WiF 36/46. 424
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beitsbericht. Er bringt den gewaltigen Gesamtkomplex dieses größten und bedeutungsvollsten Prozesses der Geschichte auf klare und einfache Formeln. Er untersucht die Seuchen des Nationalsozialismus vom Keim bis zur Massenvergiftung eines Volkes."426 Ebenso wie zwei Monate später Der Augenzeuge stellte WiF in ihrem ersten Prozeßbericht Anfang Dezember 1945 zunächst die Richter und Angeklagten namentlich vor. Im Gegensatz zu ihrem ostdeutschen Pendant vermied der Kommentar jedoch sorgsam jegliche Vorverurteilung der Angeklagten: „Dem Richtertisch gegenüber die Angeklagten. Untere Reihe von links: Göring mit aufgestütztem Kopf, neben ihm Hess, von Ribbentrop und Keitel. Obere Reihe: Raeder, von Schirach, Sauckel, Jodel, von Papen. Untere Reihe von links: Rosenberg, Frank, Frick, Streicher, Funk, Schacht. Obere Reihe neben von Papen: Speer und von Neurath."427 Während der Kommentar im ganzen Bericht nur die wichtigsten Informationen vermittelte, dominierte die emotionale Wirkung mittels der bildlichen und musikalischen Ebene. Einen Höhepunkt fand dies in den Schlußsequenzen, als der englische Prozeßvorsitzende, Lordrichter Lawrence, im verständlichen O-Ton zu Fairneß aufforderte, was zeitgleich vom deutschen Sprecher übersetzt wurde. Sprachlich wertfrei — so wie es die britische Direktive Mitte November 1945 gefordert hatte — informierte der Kommentar auch in den späteren Prozeßbeiträgen. Nur aus dem Munde der Chefankläger und der Zeugen erfuhr der Zuschauer über die Greueltaten der Angeklagten. Diese betonte Neutralität zeichnete schließlich auch die sprachliche Ebene in der U^-Sonderausgabe zur Urteilsverkündung am 3. Oktober 1946 aus: Denn neben jedem einzelnen Urteil wurde nur noch eine kurze richterliche Begründung verlesen: „Hermann Göring war nebst Hitler der bedeutendste Mann des Nazi-Regimes. Er baute die Gestapo auf, schuf die ersten Konzentrationslager und war die treibende Kraft hinter den Angriffskriegen. [...] Der Gerichtshof sprach den Angeklagten in allen vier Punkten der Anklageschrift schuldig und verurteilte ihn zum Tod durch Strang."428 Die Aufnahmen von den Angeklagten, die die Ur-
Kommentar zur Sonderausgabe „Die Urteile von Nürnberg", WiF 71/1946. Kommentar zum Beitrag „Erster Tag im Nürnberger Prozeß", WiF 29/1945. Vgl. hierzu im Anhang dieser Untersuchung den Drehablaufplan zu WiF 29/1945 auf Seite 37 (künftig: Anhang S.). 426
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Kommentar zur Sonderausgabe „Die Urteile von Nürnberg", WiF
71/1946.
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teilsverlautbarung bildlich begleiteten, beruhten dabei auf Archivbildern vorheriger Prozeßtage — was der Sprecher auch deutlich kennzeichnete. In der ostdeutschen Wochenschau Der Augenzeuge diente hingegen der Nürnberger Hauptkriegsverbrecher-Prozeß eindeutig als Element der Distanzierung vom ehemals nationalsozialistischen Deutschland. So vermittelte Der Augenzeuge — im Gegensatz zu WiF — nur stark verkürzt den Prozeßablauf. Lediglich in drei Beiträgen .informierte' die Wochenschau über dieses Ereignis. — Was jedoch auch damit zusammenhing, daß die erste Ausgabe des Augenzeugen erst im Februar 1946 erschien. Im Gegensatz zu WiF wurden die Angeklagten von Anfang an im Kommentar vorverurteilt: „Im ganzen sitzen auf der Anklagebank zwanzig Haupthitleristen, Mitglieder der Verbrecherregierung des faschistischen Deutschlands."429 Einen eigenen, sechs Sekunden langen Schuldspruch verkündete denn auch Der Augenzeuge bereits Ende Mai 1946. Denn in der Ausgabe 7/1946 wurde noch vor dem eigentlichen Wochenschau-Vorspann ein Kurzbeitrag gezeigt, der unvermittelt mit einer Großaufnahme Görings einsetzte. Dieser folgte ein Bilderteppich mit weiteren Angeklagten in Nah- und Halbtotal-Einstellungen. Dazu erklang bedrohliche, disharmonische Musik, zu der ein Sprecher mit aggressiver Stimme aufforderte: „Vergeßt es nie, schuld sind sie".430 Zur Redundanz war diese Schlagzeile auch über die bildlichen Sequenzen von den Angeklagten eingeblendet. Und wie zur Bestätigung dieser Aufforderung nickte Göring kurz vor der Ausblendung in einer halbnahen Einstellung mit dem Kopf — wobei ein musikalischer Trommelwirbel den dramaturgischen Höhepunkt signifizierte. Dieser Kurzbericht war jedoch kein Zufallsprodukt oder Idee der Wochenschau-Mitarbeiter. Vielmehr war er in seiner filmischen Wirkung genau vorbestimmt. So ließ die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung eine ganze Reihe solcher Kurzfilme erstellen, um das Publikum propagandistisch zu lenken. Für die Produktionsarbeit war die Abteilung Bildpropaganda zuständig, wie eine Aktennotiz vom 26. März 1946 aufzeigt: „Aufgabengebiet: Beschaffung, Einsatz und Verwertung von Propaganda-Filmen als Vorspannfilme vor dem Hauptfilm bzw. der Wochenschau, die sich mit
Kommentar zum Beitrag „Der Nürnberger Prozeß", Der Augenzeuge 1/1946, Anhang S. 7 ff. 4 3 0 Kommentar zum Beitrag „Der Nürnberger Prozeß", Der Augenzeuge 7/1946, Anhang S. 10. 429
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einem allgemein politischen Thema beschäftigen, nach Möglichkeit unter Verwendung von vorliegendem Filmmaterial aus Archiven, unter Einschaltung einprägsamer propagandistischer Motive. Der Film darf 75—100 m Länge nicht überschreiten, da er nicht über 1—2 Minuten Spieldauer hinausgehen soll."431 Der Nürnberger HauptkriegsverbrecherProzeß war nicht nur ein solches „allgemein politisches Thema", er war vielmehr ein besonders wichtiges Ereignis für die zielgerichtete Umorientierung der deutschen Zuschauer: „In gleicher Weise gibt es nun auch auf dem Gebiet der Bildpropaganda Dinge, die zentral betrieben werden müssen. So hat sich jetzt die sehr wichtige Aufgabe der Auswertung des Nürnberger Prozesses für die geistige Umerziehung des deutschen Volkes zur Demokratie ergeben. In engstem Kontakt mit der sowjetischen Militärverwaltung ist die Aufgabe zu lösen, diesen Prozeß in seiner Gesamtheit zu einem Hebel zu machen, um im Volke eine Welle des Hasses und des Abscheus hervorzurufen und es zu zwingen, von sich aus eine Entscheidung über die Schuld an der Katastrophe von 1933 und 1945 zu fällen." 432 Das Ergebnis dieser „Entscheidung über die Schuld" war indes von Prozeßanfang vorgegeben: Alle Angeklagten waren ausnahmslos schuldig. Als „gerechte Strafe" wurde für sie daher auch pauschal das Todesurteil angesehen. Um so empörter zeigte sich denn auch Der Augenzeuge stellvertretend für seine Zuschauer nach der Urteilsverkündung, aufgrund derer sieben Angeklagte „lediglich" zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt und drei sogar freigesprochen wurden. So setzte der Wochenschau-Beitrag der Ausgabe 23/1946 mit Bildern von einem Demonstrationszug in Berlin ein, dessen Teilnehmer gegen die „zu niedrigen Urteile von Nürnberg" protestierten. Daß dies jedoch keine spontane, sondern eine inszenierte Veranstaltung für den Augenzeugen war, zeigte sich besonders an einer Bildsequenz, in der der Menschenzug von hinten sichtbar war. Denn eine Frau trug ihr Plakat so zur Kamera gewandt, daß auf diesem der Schriftzug „Sühne für die Verbrechen am deutschen Volk durch ein deutsches Volksgericht" deutlich zu lesen
4 3 1 BA Potsdam, Aktennotiz über den „Arbeitsplan der Abteilung Bildpropaganda", DR2/756.
BA Potsdam, Protokoll über die Vorbesprechung von Propaganda-Fachleuten anläßlich des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses am 10. Dezember 1945, Vortrag Girnus, DR2/756. 432
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war.433 Eine Forderung, die ein Jahr nach Kriegsende und unter den Vorgaben der Großmächte geradezu grotesk wirkte — nicht zuletzt, weil die drei ehemaligen, alliierten Verbündeten noch vor Kriegsende eine Verurteilung der nationalsozialistischen Kriegsverbrecher durch ein internationales Tribunal — und nicht durch ein deutsches Gericht — beschlossen hatten. Dadurch jedoch, daß Der Augenzeuge eine Verurteilung der Angeklagten durch deutsche Richter forderte, sollte eine Distanz zur nationalsozialistischen Zeit aufgebaut und somit die Etablierung eines neuen Deutschlands signifiziert werden.434 So wurden denn auch die Befürworter der Todesstrafe in dem Wochenschau-Beitrag als „antifaschistische Deutsche" bezeichnet, die „ein anderes, ein besseres Deutschland" aufbauen wollten. Zudem war der filmdramaturgische Höhepunkt dieses Beitrages eine Rede des Präsidenten der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung, Paul Wandel, in der er pathetisch im ON forderte: „Damals saßen die Papen, Schachts und Fritzsche über das deutsche Volk zu Gericht. Diesmal soll in Berlin das Volk zu Gericht sitzen und nach den Gesetzen urteilen, die mit den Tränen der Gequälten und dem Blut der Ermordeten in die Herzen der einfachen Menschen geschrieben wurden."435 Zuvor hatte schon der Kommentar mit,neutraleren Tönen' auf die Rede Wandels hingearbeitet — was durch den MusikcharakterWechsel von locker unterhaltend zu dramatisch unterstützt wurde: „Lange Jahre lebte die Menschheit, die an Gerechtigkeit glaubte, in der Hoffnung, daß der Tag der Sühne kommen werde. Das Urteil des internationalen Gerichtshofes, das Urteil der Völker ist gesprochen. Aber es wurden nicht alle 22 zum Tode verurteilt."436 Eine Urteilsbegründung wurde jedoch — im Gegensatz zu der WiF — in keinem der drei Beiträge gegeben.
433 vgl. Beitrag „Antifaschistischer Protest gegen die Urteile von Nürnberg", Der Augenzeuge 23/1946, Anhang S. 11 ff. 434 v g l . hierzu beispielsweise auch BA Potsdam, Protokoll anläUlich des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses, DR2/756. 435 O-Ton Wandels in „Antifaschistischer Protest gegen die Urteile von Nürnberg", Der Augenzeuge 23/1946, Anhang S. 12 f. 436
Kommentar, Der Augenzeuge 23/1946, Anhang S. 11 f.
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2. Berichterstattung des Augenzeugen und der Welt im Film über die Londoner Außenministerkonferenz 1947 Am 25. November 1947 trafen sich die vier Außenminister, Ernest Bevin, Georges Bidault, George Marshall und Wjatscheslaw Molotow, in London, um ein weiteres Mal über die Meinungsverschiedenheiten der vier Großmächte hinsichtlich der Zukunft Deutschlands zu diskutieren.437 Der Parteivorstand der SED nahm dies zum Anlaß, um einen Tag nach Tagungsbeginn deutscherseits einen „Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden" zu initiieren. Eine Abordnung sollte den vier Großmächten in London eine Entschließung vorlegen, der zufolge unter anderem eine zentrale deutsche Regierung gefordert wurde. Dazu kam es jedoch nicht, denn die Londoner Außenministerkonferenz wurde am 15. Dezember aufgrund der unüberbrückbaren, gegensätzlichen Vorstellungen abgebrochen. Damit trennten sich endgültig die ideologischen und politischen Wege West- und Ostdeutschlands. Einen Tag vor Beginn der Außenministerkonferenz in London verbreitete die amerikanische Informationseinheit eine Presseanweisung, wie über das Ereignis zu berichten sei. Demnach sollte das amerikanische Engagement für Frieden und Stabilität in Europa herausgestellt werden. Daneben sollten aber auch mögliche Versuche der sowjetischen Regierung, die Diskussion in eine bestimmte Richtung zu lenken oder die Konferenz zu Propagandazwecken zu miß brauchen, aufgezeigt werden. Auf jeden Fall sollten jedoch Spekulationen über den Konferenzverlauf oder über die Behandlung einzelner Themen unterlassen werden.438 Entsprechend dieser Pressevorgabe widmete denn auch die amerikanisch-britische Wochenschau den Verhandlungen am 26. Dezember 1947 nur einen Beitrag von 39 Sekunden. Im klassischen Nachrichtenaufbau informierte WiF darin, daß die „Londoner Konferenz der vier Außenminister nach 17 Sitzungen abgebrochen"439 worden sei. Der
437 Vgl. hierzu beispielsweise Ernst Deuerlein: Die Einheit Deutschlands, Bd.l, Die Erörterungen und Entscheidungen der Kriegs- und Nachkriegskonferenzen 1941— 1949. Darstellung und Dokumente. Frankfurt 1961, S. 439 ff. 4 3 8 Vgl. BA Koblenz, Guidance, semi-weekly report on ΟΙΕ (State Dept) treatment of major current issues vom 24. November 1947, RG 260 OMGUS, ISD 5/246—2/20. 4 3 9 Kommentar zum Bericht „Londoner Außenministerkonferenz", WiF 135/1947, Anhang S. 44 f.
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Kommentar stand dabei im Vordergrund, während die Aufnahmen vom Konferenzsaal und den Delegationen nur als Bilderteppiche dienten und die Musik lediglich als tragisches Element zu Beginn des Beitrages auftrat. Insgesamt stellte dieser Wochenschau-Bericht eine reine Proklamation der westlichen Sichtweise zum Abbruch der Verhandlungen dar: „Die Verhandlungen scheiterten an den sowjetischen Forderungen auf Reparationen in Höhe von 10 Milliarden Dollar und am Problem der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands. Der amerikanische Außenminister Marshall gab in seiner Schlußerklärung Sowjetrußland die alleinige Schuld für das Scheitern der Konferenz." 440 Diese eindeutige Schuldzuweisung resultierte auch aus den Empfehlungen der Reorientation Branch, die im Dezember 1947 unter den Berlinern eine „sinkende Moral" festgestellt hatte, „because of a feeling that events are occurring apart from the German people and in a direction over which they have no control." 441 Das Aufzeigen der inakzeptablen, sowjetischen Verhandlungsposition diente daher auch dazu, den Wochenschau-Besuchern zu verdeutlichen, daß die westlichen Großmächte bei ihren Verhandlungen eine ausgewogene politische und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands im Auge hätten und somit zum Wohle der Bevölkerung handeln würden. Ein deutsches Mitspracherecht bei den Verhandlungen der vier Großmächte forderte hingegen Der Augenzeuge ein, der in zwei Wochenschau-Ausgaben über das Ereignis berichtete. In beiden Bei trägen spielte dabei das eigentliche Ereignis — die Londoner Außenministerkonferenz — eine eher untergeordnete Rolle. Denn es wurde zwar im Nachrichten-Lead-Stil kurz über das Geschehen informiert, eindeutig breiteren Raum fand jedoch die Reaktion darauf in Ostdeutschland. So resümierte Der Augenzeuge Ende Dezember über den Abbruch der Verhandlungen, wobei die Bilder zunächst den Londoner Verhandlungsort und abschließend eine Versammlung des Deutschen Volkskongresses zeigten: „Die letzte Chance dieses Jahres für einen Frieden schlug in London fehl. Marshall brach die Konferenz ab. [...] Doch geht der Kampf um die Einheit Deutschlands weiter."442 Insgesamt dominierte in
WiF 135/1947, ebd. Zit. nach Anna J. Merritt und Richard L. Merritt (Hgg.): Public Opinion in occupied Germany. The OMGUS Surveys 1945-1949. Urbana 1970, S. 180 f. 442 Kommentar zum Beitrag „Londoner Konferenz", Der Augenzeuge 84/1947, Anhang S. 17. 440
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diesem zwanzig Sekunden langen Beitrag — ebenso wie auch im WiFBericht vom 26. Dezember — eindeutig der Kommentar, während die Aufnahmen vom Außenministertreffen und dem Deutschen Volkskongreß nur als Bilderteppiche und die Musik nur der Untermalung dienten. Wesentlich länger, über zwei Minuten, hatte sich Der Augenzeuge hingegen dem Beginn der Londoner Konferenz sowie der Konstituierung des Deutschen Volkskongresses in der sowjetischen Zone Anfang Dezember gewidmet: Der Kommentar stellte dabei zunächst die Bedeutung dieser Konferenz für Deutschland heraus. Auf diese Weise sollten Hoffnungen unter den Zuschauern geweckt werden: „Im Lancaster House in London begann dieser Tage die in aller Welt mit größter Spannung erwartete Außenministerkonferenz zur Vorbereitung des deutschen und österreichischen Friedensvertrages."443 Klar getrennt zwischen ost- und westdeutscher Ansicht steuerte der Bericht dann auf das wesentlich größere Engagement der Deutschen in der sowjetischen Zone für die nationale Einheit hin, wobei die Sequenzen Zeitungen aus den verschiedenen Besatzungszonen in Großaufnahme zeigten: „Entgegen den pessimistischen Äußerungen eines Teiles der Weltpresse gelang es den Außenministern in kurzer Zeit in den Fragen der Tagesordnung zu einer Übereinstimmung zu gelangen, die ihren Stellvertretern nicht gelungen war. [...] Unsere Presse steht im Zeichen der Konferenz. Ein deutscher Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden ist am 6. Dezember in Berlin einberufen, der unsere Sache in London vertreten will."444 Der Bericht gipfelte schließlich darin, daß Der Augenzeuge über Statements verschiedener Politiker im ON darstellte, wie das vereinte Deutschland aussehen solle. Wenngleich die vor der Kamera auftretenden Sprecher dabei verschiedenen Parteien angehörten, war die Aneinanderreihung der Statements so angelegt, daß zwei Vertreter der SED (Otto Grotewohl und Wilhelm Pieck) abschließend — und am längsten — ihre Vorstellungen kundtun konnten. Dabei zeigte ihre Wortwahl deutlich auf, wie das zukünftige, vereinte Deutschland politisch und ideologisch ausgerichtet sein sollte: „Vor allem muß Deutschland von den Kriegsverbrechern und aktiven Nazis gesäubert und die Vorherrschaft der Großgrundbesitzer und Monopolkapitalisten gebrochen werKommentar zum Beitrag „Londoner Konferenz", Der Augenzeuge 82/1947, Anhang S. 14 ff. 444 Der Augenzeuge 82/1947, ebd. 443
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den. Das schaffende Volk muß das entscheidende Wort in Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben."445 Unter dieser Zielsetzung mußte die Währungsreform, die wenige Monate später von den westlichen Besatzungsbehörden verwirklicht wurde, geradezu provokant auf die neue politische Führung in der sowjetischen Zone wirken. 3. Widersprüchliche Betrachtungsweisen: Die westliche Währungsreform und die Berlinkrise in den drei Wochenschauen 1948/49 Am 21. Juni 1948 führten die drei westlichen Großmächte in ihren Besatzungszonen eine Währungsreform durch, um zum einen dem seit Jahren bestehenden Schwarzmarkt die Grundlage zu nehmen und um zum anderen eine stabile Basis für die wirtschaftliche Erneuerung Westdeutschlands zu schaffen.446 Drei Tage später erfolgte in der sowjetischen Besatzungszone gleichfalls eine Währungsumstellung. Zugleich blockierte die SMAD ab diesem Tag die Zufahrtswege nach Berlin. Die fast einjährige Blockade der Stadt begann.447 Auf sehr divergierende Weise eigneten sich die drei Wochenschauen dieses Ereignis an. Ihre Berichterstattung spiegelte dabei schon markanter die unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Systeme, auf die Ost- und Westdeutschland zusteuerten, wieder. So brachte WiF zur westlichen Währungsreform zwei in sich abgeschlossene Reportagen, die schon aufgrund der Längen zwischen zweieinhalb und viereinhalb Minuten aus dem Nachrichten-Lead-Stil fielen: Einen Situationsbericht über die letzten Tage vor dem wirtschaftspolitisch wichtigen Ereignis (WiF 161/1948) und einen „zeitgenössischen Bilderbogen" unmittelbar danach (WiF 162/1948). Die beiden Beiträge waren durch ihre Plazierung am Ende der Wochenschau-Ausgabe pointiert. Beide zeichneten sich zudem dadurch aus, daß sie sowohl über die bildliche als auch über die musikalische Ebene Optimismus ausstrahlten: Der „kleine Mann" stand im Mittelpunkt — und nicht die zu erwartenden, großen wirt-
O-Ton Piecks, Der Augenzeuge 82/1947, ebd. 446 Vgl. hierzu als neuesten Beitrag Gerd Hardach: Der Marshall-Plan. Auslandshilfe und Wiederaufbau in Westdeutschland 1948—1950. München 1994. 4 4 7 Vgl. hierzu beispielsweise Josef Foschepoth (Hg.): Kalter Krieg und Deutsche Frage. Deutschland im Widerstreit der Mächte 1945—1952. Göttingen 1985. 445
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schaftlichen Folgen —, was in WiF 161/1948 mehrfach durch Großaufnahmen von einzelnen Menschen manifestiert wurde. In beiden Beiträgen kommentierte der Sprecher die Bilder, wobei auch rhetorische Formen und Wortspiele Anwendung fanden: „Gesteigerte Nervosität, knisternde Spannung, das Gefühl, es ist soweit."448 Als wichtiges, begleitendes Element diente dabei die zumeist freudig erregte Musik, mittels der einzelne sprachliche Aussagen redundierend hervorgehoben wurden. Eine kleine Sensation stellte schließlich in WiF 161/1948 das Statement Dr. Hermann Pünders, eines Vertreters des deutschen Wirtschaftsrates dar, der im ON die neue Währung und ihre Vorteile für die westdeutsche Wirtschaft vorstellte. Denn bis dato waren in der amerikanisch-britischen Wochenschau — im Gegensatz zum Augenzeugen — kaum deutsche Politiker oder Repräsentanten der deutschen Wirtschaft zu Wort gekommen.449 Durch das Statement Pünders sollte nun jedoch versinnbildlicht werden, daß die Währungsreform eine innerdeutsche Angelegenheit sei. Denn dieser, auf die Währungsreform einstimmende Wochenschaubeitrag war sorgfältig und zielgruppenspezifisch vorbereitet worden, wie der ISD-Wochenbericht vom 25. Juni 1948 belegt: „Film: Α special newsreel on the Berlin currency reform was prepared by Welt im Film, with the active assistance of Ρ IB."450 Mit einer viereinhalbminütigen Persiflage auf die Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen, „die seit langem erwartet"451 worden war, antwortete hingegen zunächst Ende Juni 1948 Der Augenzeuge. So berichtete die Ausgabe 109/1948 mittels einer Reportage, bei der viele Sequenzen erkennbar gestellt waren, über den nunmehr veränderten Alltag in Berlin. Zwei verschiedene Sprecher kommentierten dabei mit teilweise bissigen Bemerkungen die Bilder: „Na also, Stimmung ist über-
Kommentar zum Beitrag „Währungsreform", WiF 161/1948, Anhang S. 46 ff. 449 v g l . Martin Loiperdinger: A Note on Allied Currency Reform in West Germany (1948) as Presented by Welt im Film, in: Historical Journal of Film, Radio and Television, 3 (1988), S. 299—309 (hier S. 302 f ) und Heinrich Bodensieck: Blickrichtung Westen. Die britisch-amerikanische Wochen schau Welt im Film als Instrument der Umerziehung, in: Unsere Medien, unsere Republik, 2 (1992), S. 46—47 (hier S. 47). 448
4 5 0 BA Koblenz, „Status of Political Information Program", Gordon E. Textor an Deputy Military Governor, RG 260 OMGUS, ISD 5 / 2 4 5 - 1 / 1 2 . 4 5 1 Kommentar zum Beitrag „Währungsreform in den westlichen Besatzungszonen", Der Augenzeuge 109/1948, Anhang S. 22 ff.
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trieben. Die hier sind reichlich mit den Nerven runter. [...] Wat denn, Kies heißt unsere neue Währung?"452 Filmtricks sollten dabei verdeutlichen, daß das neue westliche Geld nur negative Folgen für den „kleinen Mann" habe. So zeigte eine Sequenz beispielsweise, wie das Geld rasch und unkontrollierbar für den Besitzer aus der Brieftasche verschwinde, eine andere führte vor, daß die Wirte nun mehrere Kassen für die verschiedenen Währungen bräuchten.453 Mittels überdimensionaler Geldstücke sowie Begriffen wie „Berliner Separatkies" und „Marshallplaneten" wurde die neue Westwährung den Zuschauern vorgestellt. Dabei hob der Kommentar auch hervor, daß das neue Geld die Ostberliner sozial benachteilige, weil deren Zahlungsmittel in den Westsektoren der Stadt als geringerwertig angesehen werde. Diese Aussage nahm die Wochenschau-Ausgabe 111/1948 dann auch zwei Wochen später zum Anlaß, um die Blockade der westlichen Sektoren in Berlin zu begründen: „An der Grenze der Ostzone, die unverzüglich Schutzmaßnahmen gegen die inflatorische Überschwemmung mit alten Banknoten ergriff, wurden hunderte illegale Grenzgänger sichergestellt, die kleinere oder größere Beträge in alter und neuer Währung einzuschmuggeln suchten." 454 Zwangsläufig habe daher die sowjetische Zone, die „sich bis zuletzt um eine gesamtdeutsche Regelung bemüht hatte", eine Währungsreform durchgeführt, „die das Gebiet von Groß-Berlin einschließt" 455 . Damit vermittelte der Beitrag deutlich die sowjetische Absicht, alle vier Sektoren Berlins in die ostdeutsche Besatzungszone zu integrieren — was zudem damit begründet wurde, daß „Berlin untrennbar mit den östlichen Wirtschaftsräumen verbunden" 456 sei. Die neue Ostwährung wurde in diesem Bericht als „stark" bezeichnet — weil die „Arbeit der Zone" dahinter stehe —, während hingegen die Deutsche Mark „auf dem Schwarzmarkt gehandelt" werde.457 Zu keinem Zeitpunkt ging Der Augenzeuge jedoch auf die wirtschaftlichen Probleme ein, die eine Währungsreform sowohl in den drei westlichen als auch in der sowjetischen Besatzungszone bedingt hatten, noch berichtete er, daß auch die sowjetische Regierung lange Zeit gemeinsam mit den westli-
Der Augenzeuge 109/1948, ebd. Vgl. Der Augenzeuge 109/1948, Anhang S. 23 ff. 454 Kommentar zu „Die Folgen der West Währung", Der Augenzeuge 111/1948. 455 Der Augenzeuge 111/1948, ebd. 456 Der Augenzeuge 111/1948, ebd. 457 Der Augenzeuge 111/1948, ebd. 452
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chen Großmächten an der Vorbereitung der Währungsreform beteiligt gewesen war. Vielmehr wurde die Einführung der Deutschen Mark als Provokation und ein Element der deutschen Spaltung empfunden, wie auch ein Protokoll über die Sitzung des Gemeinsamen Ausschusses der antifaschistisch-demokratischen Parteien vom 5. August 1948 aufweist: „Wir haben ja leider schon bei der Schaffung der Westwährung gemerkt, daß es sich letzten Endes nicht darum handelte, geordnete Wirtschaftsverhältnisse im Westen zu schaffen, geschweige denn mit dem späteren kuriosen Einfall, diese Westmark auch nach Berlin zu verpflanzen, sondern es war ein Mittel des Kalten Krieges, um unsere Wirtschaft und die östliche Besatzungsmacht in Verlegenheit zu bringen und ihre Aufbaumaßnahmen zu stören."458 In ähnlicher Weise argumentiert denn auch Günter Jordan in seinen Untersuchungen zum Augenzeugen, indem er darstellt, daß es das provokative, einseitige Handeln der drei westlichen Besatzungszonen gewesen sei, das die ostdeutsche Wochenschau veranlaßt habe, mit einer Persiflage anstelle einer neutralen Berichterstattung auf die westdeutsche Währungsreform zu antworten: „Die separate Währungsreform ging ihm so sehr gegen den gesunden Menschenverstand, daß er sich nur mit einer Satire zu helfen wußte."459 Ab Ausgabe 111/1948 hätte die Wochenschau dann jedoch das Thema „sachlich zu erörtern" gesucht — was darin bestand, die negativen, sozialen Folgen für die ost- und westdeutsche Bevölkerung sowie die „Schutzmaßnahmen" der sowjetischen Zone herauszustellen. Mit dieser Form der „sachlichen Erörterung" setzte sich Mitte August 1948 auch eine vertrauliche Information der britischen Information Services Division auseinander, indem sie zum einen die deutschlandpolitische Argumentation der ostdeutschen Medien auflistete und zum anderen den ISDUnterabteilungen Fakten für die Gegendarstellung an die Hand lieferte.460 So empfahl denn auch das Papier, im Bezug auf die BerlinBerichterstattung hervorzuheben, daß es die sowjetische Regierung ge-
Redebeitrag Nuschke, zit. nach Siegfried Suckut: Blockpolitik in der S B Z / D D R 1945—1949. Die Sitzungsprotokolle des zentralen Einheitsfront-Ausschusses. Köln 1985, S. 267. 458
4 5 9 Günter Jordan: „Der ΌΈ.ΈΚ-Augenzeuge am Beginn des Kalten Krieges, Manuskript für die XIV. IAMHIST-Konferenz in Göttngen 1991, S. 1. 460 Vgl. P R O Kew, Vertrauliche Information über die „Conditions in the Russian Zone" der Information Services Division, HQ, Control Commission for Germany (British Element) vom 19. August 1948, F O 1056, 95.
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wesen sei, die entgegen dem Potsdamer Abkommen systematisch ihre Besatzungszone sowohl politisch als auch wirtschaftlich isoliert hätte. Zugleich sollte betont werden, daß aufgrund der Vereinbarungen Berlin zu keinem Zeitpunkt ein Teil des sowjetischen Einflußgebietes gewesen sei noch künftig sein werde: „In agreements made in September and November, 1944, restated in July, 1945, and finally approved by all four Powers, it was clearly laid down that there should be a special Berlin area under joint occupation of the four Powers."461 Die westliche Währungsreform selbst verlief zunächst jedoch nicht so problemlos wie es die amerikanisch-britische Wochenschau in ihren Ausgaben zu vermitteln suchte: Die Preise in den drei westlichen Besatzungszonen schnellten vielmehr in die Höhe, während die Löhne stagnierten und die Arbeitslosigkeit vorläufig noch weiter zunahm. Doch während Der Augenzeuge die sozialen Probleme aufgrund der sowjetischen und kommunistischen Propagandaziele aufbauschte, spielte WiF diese offenkundig herunter. Martin Loiperdinger sieht in seinen Untersuchungen zur Welt im Film damit jedoch eine Form von „Zynismus" verwirklicht, die an Provokation gegenüber dem Publikum grenze.462 Er stellt dabei jedoch zugleich die Frage, ob diese wahrheitsferne Berichterstattung letzten Endes möglicherweise dadurch bedingt gewesen sei, daß die amerikanischen und britischen Wochenschau-Produzenten isoliert von den Deutschen und mit einer anderen Währung ausgestattet gelebt hätten.463 Dies mag sicherlich auch mit dazu beigetragen haben, wenngleich zu diesem Zeitpunkt bereits bei dem amerikanisch-britischen Wochenschau-Produktionsunternehmen eine große Anzahl von deutschen Mitarbeitern beschäftigt war. Der Hauptgrund hierfür dürfte daher in erster Linie darin bestanden haben, daß die Auftraggeber der WiF nicht die für den deutschen wirtschaftlichen Wiederaufbau notwendige Währungsreform gefährdet sehen wollten. Denn ausgehend vom einjährigen Jubiläum des wirtschaftlichen Ereignisses berichtete die WiF 1949 in ihrer Ausgabe 215/1949 anhand verschiedener Städte über den „inzwischen sichtbaren" Erfolg des Wiederaufbaus: „Ein Jahr nach der Währungsreform. Das Gesicht der westdeutschen Städte hat sich grundlegend gewandelt. Einige Beispiele: In Hamburg zeigt die vom Krieg fast
461 462 463
PRO Kew, Vertrauliche Information, ebd. Vgl. Loiperdinger (wie Anm. 29), S. 301. Ebd., S. 302.
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völlig verschonte Innenstadt das Bild geschäftigter Betriebsamkeit."464 Fröhlich-beschwingte Musik untermalte dabei die sprachlichen und bildlichen Aussagen. Während Optimismus und Reportage-Elemente eindeutig alle filmischen Ebenen in der U^-Berichterstattung über die westliche Währungsreform bestimmten, war die Reaktion auf die Blockade Berlins auffallend nüchtern. Emotionale Akzente wurden in erster Linie durch den gezielten Wechsel zwischen bedrohlich und hoffnungsvoll klingender Musik gesetzt. Im Gegensatz zu den Beiträgen über die Währungsreform dominierte nun auch wieder der Kommentar — die Sequenzen dienten hingegen nur als Bilderteppiche: „Berlin in diesen Tagen und Wochen kämpft gegen eine Krise gigantischen Ausmaßes. Nach der Währungsreform in den Westzonen und den sowjetrussischen Gegenmaßnahmen für die Ostzone und Berlin erfüllte zunächst Unsicherheit und Sorge die Stadt. Die Ungewißheit steigerte sich zu drohender Gefahr, als die Russen die Zufuhr zu den westlichen Sektoren sperrten."465 Schon der erste Beitrag zur Blockade Berlins wies jedoch einen klar strukturierten und gezielten Aufbau auf, der sich in ähnlicher Form in den nachfolgenden Ausgaben auch wiederfand: Zunächst wurde über die Bedrohung Berlins informiert, anschließend über das Auftreten der deutschen Bevölkerung in den Westsektoren, danach über eine Krisenbesprechung der vier Kommandanten in Berlin und schließlich über die westliche Luftversorgung, mit der der Beitrag auch endete. Auf diese Weise wurden deutlich die verschiedenen Positionen der Großmächte in der Deutschlandpolitik aufgezeigt: Auf der einen Seite die Bedrohung durch die Sowjetunion und auf der anderen Seite die westlichen Besatzungsmächte, die Berlin nicht verlassen und auch die Berliner Bevölkerung nicht im Stich lassen wollten. Grundaussagen, die bis zum Ende der Berliner Blockade jeder U^iF-Beitrag beinhaltete — wenngleich zudem ab September 1948 die SED als zusätzlicher Störfaktor auf der sowjetischen Seite und die Unterstützung der deutschen Bevölkerung in den westlichen Besatzungszonen für die Westberliner hervorgehoben wurden. So berichtete WiF beispielsweise Mitte Dezember 1948 zunächst über die Wahlen zum Stadtparlament in Berlin, die „gemäß der Verfassung der Stadt alle zwei Jahre" stattzufinden hätten und auch von Kommentar zum Beitrag „Ein Jahr nach der Währungsreform. Städte im Aufbau", WiF 215/1948. 465 Kommentar zum Beitrag „Berlin in der Krise", WiF 163/1948, Anhang S. 55 ff. 464
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den Westberlinern abgehalten würden. Im weiteren Verlauf stellte der Beitrag dann bildlich und sprachlich die unfairen Methoden dar, mittels derer die SED die Wahl boykottiere. So zeigte beispielsweise eine Sequenz in Nahaufnahme, wie ein Schatten einen Zettel unter einer Wohnungstür durchschob. Dazu erklärte der Kommentar: „Doch weder die Pressehetze noch alle Einschüchterungsversuche konnten die Berliner von ihrer Pflicht abhalten."466 Eine Darstellung der sowjetischen Beweggründe für die Isolierung Berlins erfolgte hingegen nicht. Vielmehr wurden nun verstärkt Ungerechtigkeiten der sowjetischen Besatzungsmacht angeprangert.467 Daneben fanden sich auch immer häufiger Statements deutscher Politiker in den U^i7-Berichten, während Stellungnahmen leitender amerikanischer und britischer Besatzungsoffiziere nur im OFF wiedergegeben wurden. Auf diese Weise sollte die Berlinkrise nicht hochgespielt und die deutsche Bevölkerung nicht noch mehr beunruhigt werden, wie eine vertrauliche Presse-Anweisung der britischen Information Services Division vom 27. Juli 1948 darlegt: „Russian Note on Berlin. The Secretary of State does not want any official comment to be given on the Note at this stage. We should not allow anybody to get the impression that we regard the situation as more critical or that we are anything but calm."468 In den Berichten des Augenzeugens wurde hingegen die schlechte Lebenssituation der Westberliner hervorgehoben, die sich — im Gegensatz zum sowjetischen Sektor — seit Kriegsende nicht verbessert hätte. Dabei unterstellte die Wochenschau in ihrer Ausgabe 115/1948 sogar, daß die britischen und amerikanischen Flugzeuge Berlin noch der letzten Rohstoffe beraube. Um die westliche Luftbrücke zu diffamieren, brachte Der Augenzeuge wenige Wochen später dann das Gerücht auf, daß die Flugzeuge nichts weiteres als „neun Zigaretten pro Kopf" transportieren würden und lediglich den Westberliner Politikern eine Möglichkeit böten, sich aus den immer desolater werdenden Westsektoren abzusetzen.469 Denn — im Gegensatz zur WiF, die in ihrer gesamten Berichterstattung zur Berlin Blockade Solidarität mit der Bevölkerung ausstrahlte
Kommentar zum Beitrag „Berlin wählt", WiF 185/1948, Anhang S. 65 f. Vgl. Beitrag „Kundgebung antikommunistischer Jugendverbände", WiF 183/1948. 468 PRO Kew, F O 1056, 95. 469 Vgl. „Die Situation in den Westsektoren Berlins", Der Augenzeuge 122/1948, Anhang S. 27 ff. 466
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II. Die Wochenschaupolitik der vier Großmächte
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— wollte Der Augenzeuge verdeutlichen, daß sowohl die drei westlichen Großmächte als auch der Berliner Senat den „kleinen Mann" im Stich lasse. Gerade in der Wochenschau-Ausgabe 122/1948 wurde diese Aussage immer wieder sowohl sprachlich als auch bildlich durch eine Flugzeug-Sequenz verdeutlicht, die jeweils auf einzelne „Beispiele" sozialer und politischer Mißstände in Westberlin folgte. Als „hoffnungsvolle" Lösung der Berlinkrise bezeichnete der Kommentar schließlich in diesem Beitrag eine Versammlung im sowjetischen Sektor: „Nicht alle schauen zum Himmel. Im Berliner demokratischen Block finden sich tatkräftige Vertreter aller Parteien, um ein Winternotprogramm zu besprechen, denn es gilt, Berlin vor einer Wiederholung der Katastrophe des Winters 46/47 zu bewahren. [...] Wir fordern Taten, so wie es im Sommer 1945 in kritischer Stunde durch entschlossene Antifaschisten vollbracht wurde."470 Um „diese Forderung" noch zusätzlich emotional zu unterstreichen, zeigten die letzten Sequenzen Bilder (halbnahe bis nahe Einstellungen) von eingefrorenem Trinkwasser, einem Herd mit Eiszapfen sowie einem kleinen Jungen, der sich die Hände an einem Ofen wärmte. Dazu erklang im Hintergrund bedrohliche Musik, die zum dramaturgischen Abschluß hochgezogen wurde. Anhand der französischen Wochenschau Blick in die Welt konnte man hingegen bis Ende 1948 keine Zuspitzung des Ost-West-Konfliktes ablesen, denn dieser wurde gänzlich ignoriert.471 5iU^war nicht nur viel zu sehr mit der Berichterstattung aus der eigenen Zone beschäftigt, die französische Regierung wollte in Deutschland auch politische Unabhängigkeit von den angelsächsischen Großmächten beweisen. Daher ließ sie Ende 1947 über Koenig die Weisung ausgeben472, daß in der Wochenschau weiterhin Einigkeit unter den vier Großmächten zu vermitteln sei, auch wenn sich die Kooperation mit der Sowjetunion bereits seit geraumer Zeit offenkundig verschlechtert hatte. So berichtete BiW denn auch beispielsweise im Spätsommer über die „Ersten, allgemeinen Jugendspiele in Berlin", ohne daß mit einem Wort die Blockade Berlins
4 7 0 Kommentar zum Beitrag „Die Situation in den Westsektoren Berlins", Der Augenzeuge 122/1948, Anhang S. 30. 4 7 1 Dieses Ergebnis lassen Zumindestens die derzeit zugänglichen WochenschauAusgaben der BiW zu. 4 7 2 Vgl. A O F Colmar, Assemblee Generale de l'IFA Wochenschau: Critiques et suggestions exprimees par Μ. le Representant du General d'Armee, Commandant en Chef Franfais en Allemagne, AC 28, Cinema.
Deutschlandpolitische Themen in der Berichterstattung
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und ihre Folgen für die Bevölkerung erwähnt wurden. Im Mittelpunkt stand allein der sportliche Wettbewerb. Als schließlich der Konflikt in der Ausgabe 52/1948 thematisiert wurde, fand vor allem das Wirken der französischen Kommandantur Beachtung: Denn während die Bilder 36 Sekunden lang Uberreste eines Stahlturmes, in denen Kinder spielten, zeigten, erklärte der Sprecher ausführlich, daß auf Befehl des französischen Kommandanten in Berlin die beiden Sendetürme des Rundfunks gesprengt worden seien, um den britischen und amerikanischen Transportflugzeugen eine ungefährliche Landung auf dem Flughafen Tegel zu ermöglichen.473 Als die Blockade Berlins am 12. Mai 1949 beendet wurde, widmete WiF diesem Ereignis eine Sonderausgabe. Mit freudig-triumphaler Musik im Hintergrund berichtete der rund elfminütige Beitrag hierüber, wobei die bildliche Ebene zunächst in halbnahen Sequenzen insbesondere fröhliche und lachende Menschen zeigte. Im zweiten Teil stellte die Wochenschau dann umfassend den eifrigen Wiederaufbau der Infrastruktur gen Westen dar — wobei die deutsche Bevölkerung im Mittelpunkt stand, während die Besatzungsangehörigen ihr dabei „lediglich assistierten".474 Die ostdeutsche Wochenschau, Der Augenzeuge, ignorierte hingegen komplett dieses Ereignis.
473 474
Vgl. „Sprengung der Berliner Sendetürme", BiW52/1948, Anhang S. 31 f. Vgl. Sonderausgabe „Das Ende der Blockade", 11^207/1949.
SCHLUSSBETRACHTUNG
Im Dienste der vier Großmächte: Die deutschen Wochenschauen 1945—1949 „Es ist unser unbeugsamer Wille, den deutschen Militarismus und Nationalismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, daß Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören."475 Unter dieser Prämisse begannen die drei Verbündeten der Anti-Hitler-Koalition, Großbritannien, Sowjetunion und USA, nicht nur das letzte Kriegsjahr gegen Deutschland — sie stellte auch den größten gemeinsamen Nenner für die Deutschlandpolitik der Nachkriegszeit dar. Doch während infolgedessen die beiden westlichen Staaten erste Pläne für eine gemeinsame Verwaltung Deutschlands nach Kriegsende entwickelten, schlug die sowjetische Regierung einen deutschen Sonderweg ein, der teils von eigenen Vorstellungen, teils von fehlender Entscheidungs-Hierarchie und nicht zuletzt auch von ideologischem Mißtrauen gegenüber den westlichen Regierungen bestimmt war. Diese Entwicklung läßt sich sowohl anhand der schriftlichen medienpolitischen Vorgaben als auch in den drei Wochenschauen nachzeichnen: So war zunächst vorrangiges — wenngleich auch unkonkretes — Ziel aller drei Großmächte die Kontrolle der deutschen Medien. Ein einheitliches Vorgehen gegenüber der besiegten deutschen Bevölkerung sowie eine gemeinsame Medienverwaltung wurden dabei von allen Seiten als Grundbedingung anerkannt. In diesem Sinne entwickelten daher auch die beiden westlichen Alliierten ihre Medienpolitik für die Nachkriegszeit, wenngleich sich bereits ab Winter 1944/45 abzeichnete, daß sich die sowjetische Regierung nach Erreichen des obersten Kriegsziels — die militärische Niederwerfung des nationalsozialistischen Systems — weniger kooperativ zeigen würde. Dennoch sollte ihr nach Ansicht der
4 7 5 Aus der amtlichen Erklärung von Jalta, zit. nach Herbert Lilge (Hg.): Deutschland 1 9 4 5 - 1 9 6 3 . Hannover 198721, S. 5 f.
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Scblußbetrachtung
amerikanischen und der britischen Regierung auch weiterhin die Möglichkeit gewährt werden, jederzeit an der bis dahin ausgearbeiteten Medien- und Informationspolitik zu partizipieren. Schon bald nach Kriegsende mußten jedoch die beiden westlichen Großmächte erkennen, daß die sowjetische Regierung längst mit Erfolg eine eigenständige, den westlichen Plänen diametrale Deutschlandpolitik verfolgte. Denn während die amerikanische und britische Besatzungsund Medienpolitik zu diesem Zeitpunkt noch einen harten Kurs gegenüber den Deutschen verfolgte, war die sowjetische Militäradmistration in Deutschland (SMAD) darauf aus, über den zügigen Aufbau von neuen deutschen innen- und gesellschaftspolitischen Strukturen ein .vertrauliches' Verhältnis zur Zonenbevölkerung aufzubauen. Auf der Potsdamer Konferenz, zu der Frankreich noch nicht zugelassen war, konnten sich die Delegationen der USA, Großbritannien und der Sowjetunion dann zwar noch auf eine prinzipielle, einheitliche Zielrichtung der Medien einigen — die Umorientierung der deutschen Bevölkerung. Die Art und Weise der Umsetzung der Potsdamer Beschlüsse behielt sich jedoch jede Großmacht selbst vor, womit letztendlich die Entwicklung hin zu zwei getrennten deutschen Staaten, wie sie schließlich bis 1989 existierten, begann. Diese Grundsituation war denn auch Ausgangsbasis für die empirische Archivarbeit und die Analyse der drei deutschen Wochenschauen. Denn während die schriftlichen Quellen im wesentlichen theoretische Vorgaben und Ziele aufzeigten, konnte anhand des filmischen Mediums die Tendenzen der jeweiligen Deutschlandpolitik konkret abgelesen werden. Durch das Zusammenwirken von Aktenauswertung und Filmanalyse wurden die Steuerung und Wirkung der jeweiligen Umorientierungsziele deutlich. So ließ sich anhand der schriftlichen Quelle deutlich zunächst die erste These dieser Untersuchung verifizieren, derzufolge den drei Wochenschauen von Anfang an eine besondere Rolle bei der politischen Beeinflussung der deutschen Bevölkerung zukam. Denn die Akten der vier Besatzungsverwaltungen zeigten auf, daß alle vier Großmächte sogleich nach Kriegsende begannen, über das filmische Medium eigene deutschlandpolitische und ökonomische Ziele zu realisieren: So sah es die französische Direction de l'Information beispielsweise als einen wesentlichen Punkt ihrer Arbeit an, über das filmische Medium Einfluß auf die eigene Zone zu nehmen und verwandte die Wochenschau-Produktion unverhohlen als Propaganda-Instrument. Zugleich suchte sie aber auch die ei-
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gene Zone als Absatzmarkt für die heimische Spielfilm-Industrie zu nutzen, um dieser einerseits einen wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen und andererseits der deutschen Bevölkerung die Kultur, Geschichte und Lebensweise Frankreichs nahezubringen. An diesen beiden medienpolitischen Zielen sowie an dem extrem schnellen Wiederaufbau von Filmtheatern läßt sich denn auch ablesen, welche Rolle die französische Regierung der Wochenschau und dem filmischen Medium zusprach. — Zumal eine Vierzonen-Wochenschau, wie sie lange Zeit von den angelsächsischen Großmächten favorisiert worden war, oder die Vergabe an ein privatwirtschaftliches Unternehmen476 für das kriegsgeschädigte und ehemals besetzte Land wesentlich kostengünstiger gewesen wäre als die Neu-Etablierung einer eigenen zonalen Filmbranche. Es verwundert daher kaum, mit welcher Vehemenz die französische Regierung bis 1949 den Filmmarkt in ihrer Zone gegenüber den anderen Großmächten verteidigte, wenngleich mit Inkrafttreten der Tri-Zone aus ökonomischen Gründen ein westlicher interzonaler Spielfilm-Austausch zugelassen wurde. Die Wochenschau-Produktion selbst blieb jedoch während der ganzen französischen Besatzungszeit nur ein Mittel zum Zweck, wie der Umgang mit diesem Medium eindeutig belegt: Denn erst als die synchronisierte Fassung der Actualites Frangaises 1946 an Zuschauer-Interesse verlor und auch eine erweiterte Berichterstattung den Effekt nicht bremsen konnte, wurde im Februar 1947 die deutschsprachige Zonen-Wochenschau Blick in die Welt von der Direction de l'Information in Kooperation mit der französischen Filmindustrie gegründet. Hintergrund hierfür war, daß die Besatzungsverwaltung sowohl ihren propagandistischen Einfluß als auch das Interesse der deutschen Bevölkerung an französischen Spielfilmen schwinden sah. Mit der zonalen Wochenschau Blick in die Welt besaß sie nun ein Medien-Instrument, daß sie zielgerichtet steuern konnte, was mit der synchronisierten Actualites Frangaises in diesem Ausmaß nicht möglich gewesen war. Wirtschaftliche Gründe spielten auch bei der Etablierung der amerikanisch-britischen Nachkriegs-Wochenschau Welt im Film eine entscheidende Rolle. Denn ebenso wie Frankreich strebten auch die USA
476 Vgl beispielsweise die Anfrage von Metro-Goldwyn an das DI im Frühjahr 1947. A O F Colmar, A C 28, Cinema.
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Schlußbetrachtung
danach, in Deutschland wieder einen festen Spielfilm-Absatzmarkt nach Ende der nationalsozialistischen Phase zu etablieren. Daneben stellte jedoch auch die geschichtliche Entwicklung des filmischen Mediums in Deutschland einen wichtigen Faktor in der amerikanisch-britischen Nachkriegs-Medienplanung dar. Denn aufgrund umfangreicher statistischer Erhebungen hatte die amerikanische Information Control Division erkannt, daß Wochenschauen in der deutschen Nachrichtenvermittlung — besonders im nationalsozialistischen System — eine große propagandistische Rolle gespielt hatten. Das filmische Nachrichtenmedium wurde daher von Anfang an nicht nur fest in die amerikanische Medienpolitik eingeplant, sondern auch als wichtiges und zugleich profitables Propaganda-Instrument eingestuft: So begannen noch vor Kriegsende die in der Psychological Warfare Division zusammengeschlossenen amerikanischen und britischen Informationseinheiten in London mit der Produktion einer ersten NachkriegsWochenschau. Diese wurde in den folgenden Monaten immer wieder filmtechnisch überarbeitet und auf die Zielgruppe ausgerichtet. Auf dem Gebiet der Wochenschau-Produktion hat denn auch das bis Juli 1945 existierende Supreme Headquarters Allied Expeditionary Forces nicht den Fehler begangen, der lange Zeit in allen anderen Medienbereichen den Aufbau einer funktionalen Informationsarbeit hemmte: Rücksicht auf die anderen beiden Besatzungsmächte zu nehmen — in der Hoffnung, daß letztendlich doch alle vier gemeinsam die Besatzungspolitik bestimmen würden. Statt dessen erarbeitete und realisierte die Psychological Warfare Division — und dabei insbesondere die amerikanische Informationseinheit — von Anfang an eine Wochenschau-Politik, die in ihrer Form zwar abänderbar und auf die vier Großmächte erweiterbar gewesen wäre, zugleich jedoch auch eigenständig war. So ging denn auch die Welt im ß/wz-Produktion Ende 1945 unbeiirt und unabhängig weiter, obwohl die Viermächte-Filmverhandlungen für die nahe Zukunft konkrete Ergebnisse hinsichtlich einer Vierzonen-Wochenschau in Aussicht stellten. In der Tat befand sich jedoch der sowjetischerseits initiierte Augenzeuge bereits in der Gründungsphase, und auch Frankreich preferierte schon längst insgeheim die Erweiterung der französischen Actualites Frangaises auf zonale Themen. Daß die amerikanische Information Control Division der Welt im Film eine große Bedeutung bei der deutschen Umorientierung zurechnete, zeigt auch die Tatsache, daß Anfragen privatwirtschaftlicher Filmunternehmen, die Wochenschau-Produktion in Deutschland neu zu eta-
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blieren, seitens der amerikanischen Regierung noch vor Kriegsende entschieden negiert wurden.477 Denn dadurch wäre die amerikanische und britische Deutschland- und Besatzungspolitik sicherlich kritischer betrachtet worden. Dies konnte jedoch nicht im Sinne der beiden Großmächte sein, zumal sie sich selbst als gerechte Mentoren des deutsches Volkes sahen. Daraus ergibt sich jedoch zugleich ein Widerspruch zum traditionellen britischen und amerikanischen Demokratie- und Journalismusverständnis: Obwohl die Information Control Division die journalistische Meinungsfreiheit und Konkurrenz unter den Medien propagierte, wurde die Wochenschau Welt im Film bis 1949 weder in deutsche noch amerikanische privatwirtschaftliche Hände übergeben. Diesen Widerspruch nahm die amerikanische Besatzungsverwaltung jedoch in Kauf. Viel zu hoch schätzte sie die Wirkung des monopolistischen filmischen Informationsmediums ein, als daß sie hierdurch das Erreichen ihrer deutschlandpolitischen Ziele gefährdet hätte. Großbritannien, das sich mit vergleichsweise geringerem Interesse an Welt im Film beteiligte, suchte hingegen ab 1948 nach Möglichkeiten, sich von der Wochenschau-Produktion zu trennen. Denn die schriftlichen Medien und der Hörfunk wurden von der britischen Information Services Control traditionsgemäß — und nicht zuletzt aus finanziellen Gründen — bevorzugt. Dennoch legte sie innerhalb der Wochenschau-Berichterstattung auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen britischen und amerikanischen Themen Wert, worüber ein gemeinsamer Filmausschuß zu wachen hatte. Auch die sowjetische Regierung, die nach Kriegsende die besten Produktionsbedingungen in ihrer Besatzungszone vorfand, hatte zunächst wenig mit einer eigenen, deutschsprachigen Wochenschau-Produktion im Sinn. Vielmehr ließ sie alle filmtechnischen Anlagen demontieren und in die Sowjetunion transportieren. Da jedoch die eigene, importierte Wochenschau Nowosti dnja sowie die synchronisierten, sowjetischen Spielfilme auf wenig Publikumsinteresse stießen und infolgedessen eine westliche Konkurrenz in diesem Medienbereich befürchtet wurde, ließ die SMAD schließlich ein neues deutsches Filmproduktionsunternehmen aufbauen und die Wochenschau Der Augenzeuge herstellen. Während sich jedoch die westlichen Großmächte offen als Führungsund Kontrollinstanz präsentierten, errichtete die SMAD in der Öffentlichkeit zielgerichtet eine Scheinwelt: So schien Der Augenzeuge vorder-
477
Vgl. BA Koblenz, RG 260 OMGUS, ISD 5/263-3/19.
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Schlußbetrachtung
gründig von Deutschen produziert und verantwortet zu werden. Dies wurde durch die publicitywirksame DEFA-Gründung im Mai 1946 und ihrer Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Herbst 1946 noch erfolgreich unterstrichen. In Wirklichkeit dirigierte und kontrollierte jedoch die sowjetische Regierung über die SMAD und die Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung ( D Z W ) zwischen 1945 und 1949 den inhaltlichen Aufbau der Wochenschau sowie die Mitarbeiterstruktur. Ab Herbst 1947, als die SED nunmehr unverhohlen ihre Machtansprüche durchsetzte, übernahm sie dann auch nach und nach die DirektivFunktionen von der SMAD. Zu diesem Zwecke wurde eigens in der Partei eine Filmkommission unter Vorsitz des SED-Chefideologen Anton Ackermann gegründet. Diese von Moskau implementierte zweiseitige Konstellation diente dabei eindeutig propagandistischen Zielen, wobei ein Beweggrund hierfür auch in der nationalsozialistischen Informationspolitik gründete: Denn während die deutsche Propaganda vor 1945 die westlichen Großmächte kaum ernsthaft diffamieren konnte, hatte sie bei den Deutschen ein negatives Image der Sowjetunion manifestiert. Um das Vertrauen und den politischen Zuspruch ihrer Zonenbevölkerung zu gewinnen, begann die sowjetische Regierung daher schon wenige Wochen nach Kriegsende Deutsche — vor allem Angehörige der kommunistischen Partei — in den neuen staatlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Aufbau zu integrieren. Auf diese Weise wurde der Anschein erweckt, daß die SMAD der deutschen Bevölkerung beim Aufbau eines „neuen Deutschlands" nur assistierend zur Seite stehe, während die westlichen Großmächte die Zonen nach ihren Vorstellungen gestalten und beherrschen würden. Die wahren Ziele der sowjetischen Regierung — Demontage einerseits und Erweiterung des ideologischen Einflußbereiches andererseits — ließen sich jedoch in der deutschen Öffentlichkeit letztendlich nicht lange verdecken. Jedoch hatte die SMAD bis zu diesem Zeitpunkt mit Hilfe der deutschen Kommunisten ein so umfassendes gesellschaftspolitisches Netz aufgebaut, daß die Lenkung und Kontrolle der einzelnen staatlichen Bereiche nun auch offen vollzogen werden konnte. Demgegenüber brachten die Besatzungsverwaltungen in den westlichen Zonen von Anfang an offen zum Ausdruck, daß sie nun die staatliche, wirtschaftliche und gesellschaftspolitische Entwicklung dirigierten. Während jedoch die sowjetische Regierung den Einflußbereich in ihrer Zone stetig ausbaute, übertrugen die westlichen Großmächte den Deut-
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sehen im Laufe der Besatzungsjahre immer mehr Verantwortung — außer im Bereich der Wochenschauen: Diese produzierten und vertrieben sie aus den bereits dargestellten Gründen bis 1949 in eigener Verantwortung und konkurrenzlos. Womit die zweite These dieser Untersuchung mittels der filmischen Analyse zu verifizieren wäre, der zufolge anhand der Wochenschau-Gestaltung eine gezielte politische Steuerung der deutschen Bevölkerung hin zu den Zielsetzungen der jeweiligen Großmacht aufgezeigt sowie tendenziell die politische Entwicklung Deutschlands zu zwei geteilten Staaten nachgewiesen werden kann. An dieser Stelle der Untersuchung wird denn auch der nicht zu unterschätzende Wert der filmischen Quelle für die historische Forschung deutlich, da über die Interpretation des audiovisuellen Mediums die Mittel der politischen Gestalter aufzeigt werden, die anhand der empirischen Archiv-Recherche so markant nicht nachweisbar sind.478 So lassen sich denn auch schon sehr frühzeitig in den drei Wochenschauen Tendenzen feststellen, wie die Deutschlandpolitik der vier Großmächte ausgerichtet sein sollte. Denn bereits der äußere Aufbau zeigte deutlich das unterschiedliche Demokratie-Verständnis auf: Schon von seiner ersten Ausgabe an weist der sowjetisch dominierte Augenzeuge eine deutlich differenzierte Grundgestaltung zu den westlichen und allen vorherigen Wochenschauen auf. Dies begründeten seine Produzenten damit, daß das ostdeutsche filmische Nachrichtenmedium „etwas anderes, etwas neues" sein sollte. Denn während Welt im Film und Blick in die Welt im klassischen Wochenschau-Stil als Außenstehende über das aktuelle Zeitgeschehen — mehr oder weniger journalistisch objektiv — informierten, suchte Der Augenzeuge durch gestellte Szenen, Kommentierung und die direkte Ansprache des Zuschauers eine eigene direkte Beteiligung an den Ereignissen zu vermitteln. Auf diese Weise gab die ostdeutsche Wochenschau jedoch den Zuschauern bereits eine Beurteilung des Zeitgeschehen vor. Welt im Film trennte hingegen nicht nur deutlich zwischen Nachricht und Meinung, sie versuchte auch von allen drei Wochenschauen der journalistischen Objektivität mittels des Nachrichten-Lead-Stils am nächsten zu kommen. Demgegenüber lenkte Blick in die Welt mittels ih-
4 7 8 Die Drehablaufpläne im Anhang, die bei jeder filmischen Analyse unabdingbar sind, dienen dabei als wissenschaftliche Beweisführung.
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Schlußbetrachtung
rer Nachrichten-Auswahl das Zuschauer-Interesse zielgerichtet auf die von Frankreich beeinflußten zonalen Ereignisse. Doch auch von ihrer inhaltlichen und filmtechnischen Gestaltung her unterscheiden sich die drei Nachkriegs-Wochenschauen voneinander: So berücksichtigten beispielsweise die amerikanischen Mitarbeiter der Psychological Warfare Division bei ihrer Nachkriegsplanung der Wochenschau, daß das deutsche Publikum an filmtechnisch ausgefeilte Wochenschauen, die mit dem gesamten Repertoire filmischer Elemente spielten, gewöhnt waren. Dies fand sich auch in der Gestaltung der amerikanischbritischen Welt im Film wieder: Das Bildformat führte den Blick des Zuschauers, über Schnitte wurde die Dynamik gestaltet und die Hintergrundmusik unterstützte mit ihrem Charakter die Gesamtaussage des Beitrages. Dabei gelang es ihr von allen drei Wochenschauen am besten, über die einzelnen filmischen Ebenen geschickt die Emotionen der Zuschauer anzusprechen und in deren Unterbewußtsein die gewünschte Aussage zu manifestieren, während der Kommentar sich überwiegend um sprachliche Neutralität bemühte. Im Gegensatz zur filmischen Informationspolitik der beiden anderen Großmächte wurde auch der Themenschwerpunkt sehr schnell von amerikanisch-britischen Nachrichten auf zonale Ereignisse verlagert, wenngleich zunächst vor allem zwei Hauptthemen klar dominierten: Die Darstellung der nationalsozialistischen Kriegsverbrechen sowie die Selbstcharakterisierung der beiden Großmächte als Mentoren des deutschen Volkes. Dies änderte sich erst im Herbst 1945, als die Versorgungslage in Deutschland immer schlechter und infolgedessen das Mißtrauen gegenüber der amerikanischen und britischen Besatzungspolitik immer größer wurde sowie die sowjetische Deutschlandpolitik offenkundig Zuspruch bei der ostdeutschen Bevölkerung fand. Nun begannen sich auch positive Nachrichten, wie beispielsweise der deutsche Wiederaufbau, zu etablieren, so daß man für die restliche Besatzungszeit der Welt im Film eine sehr gute Ubersicht über die politische Entwicklung in den westlichen Zonen konstatieren kann, wenngleich die Berichterstattung insgesamt eindeutig westlastig war. Dies lag jedoch nicht zuletzt daran, daß eine interzonale Berichterstattung — vor allem von Seiten der SMAD — nicht erwünscht war. Den Ost-West-Konflikt selbst suchten die Welt im Film-Produzenten zunächst weitestgehend aus ihrer Berichterstattung auszuklammern — nicht zuletzt, weil dieser nicht in den Medien, sondern auf Regierungsebene ausgetragen werden sollte. Erst als die propagandistischen
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Angriffe der ostdeutschen Medien ab 1948 aus deutschlandpolitischen Erwägungen nicht mehr negierbar waren, reagierte die Welt im Film ihrerseits mit diffamierenden Beiträgen und eindeutigen Schuldzuweisungen. Auf diese Weise sollte nun der deutschen Bevölkerung die Politik und Handlungsweise der westlichen Großmächte verdeutlicht und zugleich die propagandistische Vorgehensweise der ostdeutschen Medien aufgezeigt werden. Schließlich wollten die angelsächsischen Großmächte den bisherigen Wiederaufbau — der sich in den westlichen Zonen zögerlich, aber dennoch positiv entwickelte — nicht durch gelenkte Falschinformationen, die das alleinige Eintreten der sowjetischen Regierung für eine politische Einheit Deutschlands beteuerten, gefährden. Auch anhand der Blick in die Welt läßt sich die Zuspitzung des OstWest-Konfliktes erst sehr spät ablesen, da sie diesen — noch länger als Welt im Film — gänzlich ignorierte und statt dessen die Einheit der Großmächte vorspiegelte. Die französische Regierung wollte auf diese Weise zum einen offenkundig ihre besatzungspolitische Eigenständigkeit verdeutlichen. Zum anderen lag der Themen-Schwerpunkt der Wochenschau klar auf zonalen und französischen Ereignissen, da Blick in die Welt der Besatzungsverwaltung in erster Linie als Sprachrohr zu dienen hatte. Demgemäß war es für das Produktionsunternehmen .journalistisch wichtiger', Frankreich in jeglicher Weise als Vorbild sowie die Arbeit und ,Wohltaten' der Forces Fran^aises en Allemagne zu präsentieren als über die zunehmenden Spannungen unter den vier Großmächten zu berichten — worauf in Paris auch höchstpersönlich geachtet wurde.479 Ahnlich wie in der Welt im Film verlagerte sich im Laufe der Besatzungsjahre der Informations-Schwerpunkt der Blick in die Welt auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands, wobei auch hier die Unterstützung der Besatzungsverwaltung explizit hervorgehoben wurde. Beide Wochenschauen verfolgten damit das Ziel, Optimismus unter den Deutschen zu verbreiten, was jedoch auch dazu führte, daß einzelne Beiträge, wie beispielsweise die der Welt im Film zur Währungsreform, zielgruppengerecht geschönt wurden. Im Mittelpunkt der industriellen Berichterstattung stand dabei der technische Fortschritt, der den wirtschaftlichen Aufschwung in den westlichen Zonen begünstige. Die Dar-
479 Vgl. beispielsweise die Beschwerde des Commissaire General aux Affairs Allemandes et Autrichiennes von 1949. AOF Colmar, A C 29,Cinema 1947—1949.
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Scblußbetrachtung
Stellung modernster Produktionsstätten und unzählbarer IndustriegüterPaletten sollte in diesem Zusammenhang offenkundig symbolisieren, daß es in Westdeutschland nach Jahren der Entbehrung nun wieder „aufwärts gehe". Auch Der Augenzeuge räumte dem wirtschaftlichen Aufschwung in seiner Berichterstattung breiten Raum ein. Im Gegensatz zu den westlichen Wochenschauen konnte er jedoch von Anfang an nicht so große ökonomische Erfolge vorweisen, wobei die Wochenschau zunächst an das Verständnis aller für den schwierigen Start nach Kriegsende plädierte. Ganz im Sinne der ideologischen Ausrichtung der Sowjetunion propagierte sie jedoch zugleich den einzelnen, „mit Händen schaffenden Arbeiter". Zudem finden sich bereits 1946 vereinzelt Begriffe wie „Werktätige" und „Arbeiterschaft", was sich ab Frühjahr 1947 dann sprachlich auffällig ausweitet. Doch auch die außerzonalen Beiträge weisen von Anfang an einen eindeutigen Bezug zur Ideologie der Besatzungsmacht auf. So erfreuten sich nicht nur die Sowjetunion und die sozialistischen Länder besonderer Beachtung, sondern auch kommunistische Veranstaltungen in westlichen Staaten. Uberwiegend ,unbemerkt' vollzog sich hingegen im Augenzeugen der zunehmende staatliche Einfluß der SED und ihrer Organisationen, wenngleich sie in der Wochenschau eindeutig ein publicitywirksames Podium für die Darstellung ihrer Ansichten und Ziele fand. Ab 1947 wurde dann jedoch ausführlich und schwerpunktmäßig über die Veranstaltungen der Partei berichtet. Während sich nach und nach die deutschlandpolitische Kooperationsbereitschaft der vier Großmächte abkühlte und schließlich in Deutschland zum „Kalten Krieg" führte, hielt Der Augenzeuge beharrlich an der Forderung nach staatlicher Einheit fest. So zieht sich das Streben nach politischer Wiedervereinigung im Sinne der sowjetischen Großmacht wie ein roter Faden durch viele Wochenschau-Ausgaben. Daß die Forderung nach staatlicher Einheit letztlich nur Mittel zum Zweck war, zeigte sich deutlich ab Mitte 1948: Denn nun propagierte Der Augenzeuge dieses Thema nur noch, wenn die Zonenbevölkerung zu einer bestimmten politischen Verhaltensweise, wie beispielsweise Volksabstimmung oder Wahlboykott in Berlin, bewegt werden sollte. In den westlichen Wochenschauen wurde hingegen die Einheit Deutschlands zu keinem Zeitpunkt thematisiert. Statt dessen orientierte sich die Berichterstattung der Blick in die Welt und Welt im Film an den jeweils gegenwärtigen Ereignissen, die allerdings auch zu keinem Zeitpunkt zwischen 1945 und 1949 eine Vereinigung aller vier Besatzungszonen konkretisier-
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ten. Zudem entsprach es explizit der amerikanischen und britischen Informationspolitik, keine Hoffnungen in der deutschen Bevölkerung zu erwecken, die nicht erfüllbar waren. Die Besatzungspolitik in den westlichen Zonen bezeichnete Der Augenzeuge in den ersten Besatzungsjahren zwar als sozial ungerecht, er diffamierte sie jedoch noch kaum. Erst Monate nach Abbruch der Londoner Außenminister-Konferenz unterstellte er dann wiederholt den westlichen Großmächten — insbesondere den USA — Kriegstreiberei und bezeichnete sie als schuldig an der deutschen Teilung. Zu keinem Zeitpunkt ging Der Augenzeuge dabei auf die Hintergründe für die deutschlandpolitischen Entscheidungen der westlichen Großmächte ein. Statt dessen stellte er die sowjetische Regierung als die einzige im Sinne des Potsdamer Abkommens „handelnde Besatzungsmacht" dar. In den letzten beiden Besatzungsjahren gab er zudem systematisch falsche Informationen über aktuelle Ereignisse und ihre Ursachen, wie beispielsweise hinsichtlich der Blockade Berlins oder der westlichen Luftbrücke, aus, um das Wochenschau-Publikum zu einer systemkonformen Beurteilung zu bewegen. Hintergrund hierfür war, daß die westlichen Besatzungszonen inzwischen erste ökonomische Erfolge beim Wiederaufbau aufweisen konnten, die wiederum die deutsche Bevölkerung überzeugten, daß die westlichen Großmächte an einer zügigen Erneuerung Deutschlands interessiert waren. In der sowjetischen Zone entwickelte sich demgegenüber der wirtschaftliche Aufbau wesentlich langsamer, was auch den Bewohnern nicht verborgen blieb. Die Diffamierungen im Augenzeugen dienten dabei in erster Linie dazu, auf emotionalem Wege die ostdeutsche Bevölkerung für die neue sozialistische Ideologie zu begeistern, da die sowjetische Besatzungspolitik dies nicht hatte erreichen können. Mit dieser Form der Nachrichtenvermittlung reihte sich Der Augenzeuge jedoch endgültig in die propagandistische Nachfolge der nationalsozialistischen Deutschen Wochenschau ein, wenngleich die politisch Verantwortlichen der sowjetischen Zone immer wieder die Distanz zwischen dem System vor 1945 und dem „neuen Deutschland" betonten. Die Prämisse „anders, etwas neues sein zu wollen", unter der Der Augenzeuge 1946 in der Öffentlichkeit angetreten war, beschränkte sich tatsächlich jedoch darauf, daß er filmtechnisch zwischen 1945 und 1949 mit der ausgefeilten nationalsozialistischen Wochenschau nie konkurrieren konnte.
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Schlußbetrachtung
Doch auch die beiden westlichen Wochenschauen fungierten letztlich aufgrund ihrer erzwungenermaßen unkritischen Wiedergabe der jeweiligen Deutschlandpolitik nicht nur als Instrumente der Demokratisierung und Umorientierung, sondern auch als Propagandainstrument der jeweiligen Besatzungsmächte — selbst wenn sie in ihren WochenschauVorgaben und in ihrer Gestaltung den journalistischen ObjektivitätsMaßstäben insgesamt eindeutig näher kamen als Der Augenzeuge.
QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
1. Archive Benutzt wurden die Bestände aus dem Bundesarchiv in Koblenz (BA), Archives de Γ Occupation Franfaise en Allemagne et en Autriche (AOF) in Colmar, Public Record Office (PRO) in Kew und Bundesarchiv-Außenstelle Potsdam (BAP). Bundesarchiv Koblenz: — RG 260 OMGUS, ISD 5/233-1/8. — RG 260 OMGUS, ISD 5/233-1/20. — RG 260 OMGUS, ISD 5/236-2/20. — RG 260 OMGUS, ISD 5/236-2/21. — RG 260 OMGUS, ISD 5/237-1/10. — RG 260 OMGUS, ISD 5/239-1/20. — RG 260 OMGUS, ISD 5/242-1/4. — RG 260 OMGUS, ISD 5/242-1/7. — RG 260 OMGUS, ISD 5/242-1/10. — RG 260 OMGUS, ISD 5/242-1/41. — RG 260 OMGUS, ISD 5/242—2/28. — RG 260 OMGUS, ISD 5/243-1/4. — RG 260 OMGUS, ISD 5/243-2/1. — RG 260 OMGUS, ISD 5/245-1/12. — RG 260 OMGUS, ISD 5/245-3/22. — RG 260 OMGUS, ISD 5/246-2/20. — RG 260 OMGUS, ISD 5/247-2/3. — RG 260 OMGUS, ISD 5/261-2/8. — RG 260 OMGUS, ISD 5/261-3/24. — RG 260 OMGUS, ISD 5/263-3/16. — RG 260 OMGUS, ISD 5/263-3/19. — RG 260 OMGUS, ISD 5/263-3/20. — RG 260 OMGUS, ISD 5/264—1/4. — RG 260 OMGUS, ISD 5/264-3/7. — RG 260 OMGUS, ISD 5/264-3/10.
Quellen- und Literaturverzeichnis
236
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DR 2/872.
DR 2/1093.
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DR 2/1010.
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DR 2/1011.
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DR 2/6269.
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Archives de l'Occupation Fran9aise en Allemagne et en Autriche, Colmar: —
Affaires Culturelles (AC) 28, Cinema.
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AC 528/5, Relations artistiques, Propagande 1945—1947.
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1056,262. 1056, 292. 1056,293. 1056, 302.
FO FO FO FO FO
1056, 1056, 1056, 1056, 1056,
73. 77. 91 95. 103.
-
FO FO FO FO FO FO
1056,449. 1056, 501. 1056, 515. 1056, 517. 1056, 513. 1056,1372.
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Der A ugenzeuge: 01/1946. 07/1946. 23/1946. 34/1946. 35/1947. 37/1947. 40/1947. 43/1947. 44/1947. 45/1947. 65/1947. 82/1947. 84/1947. 87/1948. Blick in die Welt·. 29/1947. 24/1948. 40/1948. 52/1948. Welt im Film·. 17/1945. 29/1945. 30/1945. 36/1946.
94/1948. 100/1948. 103/1948. 106/1948. 107/1948. 109/1948. 111/1948. 112/1948. 115/1948. 122/1948. 133/1948. 134/1948. 137/1948. 03/1949.
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Hilfsmittel
Benz, Wolfgang: Publizistische Quellen, in: Schulz, Gerhard: Deutsche Geschichte seit dem ersten Weltkrieg, Bd. 3, Stuttgart 1973. Bergmann, Klaus: Handbuch der Geschichtsdidaktik, Bramsche 19853. Bundesministerium für Innerdeutsche Beziehungen (Hg.): Bibliographie zur Deutschlandpolitik 1941—1974, bearb. von Marie-Luise Goldbach, Frankfurt 1975. Dovifat, Emil (Hg.): Handbuch der Publizistik. Allgemeine Publizistik, Bd. 1, Berlin 1968. Eisner, Lotte H. und Friedrich, Heinz: Film — Rundfunk — Fernsehen, Frankfurt 1958. Kampen, Wilhelm van: Film. In: Handbuch der Geschichtsdidaktik, Düsseldorf 1979, S. 79-82. Knopp, Guido und Quandt, Siegfried (Hg.): Geschichte im Fernsehen. Ein Handbuch, Darmstadt 1988. Oxford Companion to Film: Buchers Enzyclopädie des Films, Luzern / Frankfurt 1977. Roeber, Georg und Jacoby, Gerhard: Handbuch der filmwirtschaftlichen Medienbereiche. Die wirtschaftlichen Erscheinungsformen des Films auf den Gebieten der Unterhaltung, der Werbung, der Bildung und des Fernsehens, München 1973. Schneider, Norbert Jürgen: Handbuch Filmmusik Π. Musik im dokumentarischen Film, München 1989. Schult, Gerhard und Buchholz, Axel (Hgg.): Fernseh-Journalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis, München 19822.
258
Quellen- und Literaturverzeichnis
6. Penodika Der Spiegel, 23. Juni 1949. Der Spiegel, Dezember 1949. Deutsche Zeitung und Wirtschaftszeitung, 3. April 1957. Die kleine Wochenschau. Kinohauszeitung, 4 (1950). Die kleine Wochenschau. Kinohauszeitung, 10 (1950). Die Neue Filmwoche. Informationsblatt für die Lichtspieltheater, April 1946. Die Neue Filmwoche, Mai 1946. Die Neue Filmwoche, Juni 1946. Die Neue Filmwoche, Oktober 1946. Die Neue Filmwoche, April 1947. Die Neue Filmwoche, Mai 1947. Die Neue Filmwoche, 19. Dezember 1947. Die Neue Filmwoche. Fachblatt für das deutsche Filmwesen, 10. Januar 1948. Die Neue Filmwoche, 7. Februar 1948. Die Neue Filmwoche, 14. Februar 1948. Die Neue Filmwoche, 6. März 1948. Die Neue Filmwoche, 20. März 1948. Die Neue Filmwoche, 27. März 1948. Die Neue Filmwoche, 10. April 1948. Die Neue Filmwoche, 17. April 1948. Die Neue Filmwoche, 15. Mai 1948. Die Neue Filmwoche, 22. Mai 1948. Die Welt, 25. Januar 1968. Die Welt, 3. Dezember 1975. Die Zeit, 11. Januar 1963. Europa-Archiv, September 1948. Fach-Informationen. Anordnungen und Mitteilungen aus den Westzonen und Berlin, Beilage der „Neuen Filmwoche" für Filmfachkreise, 7. August 1948. Fach-Informationen, 4. September 1948. Fach-Informationen für die deutsche Filmwirtschaft, Beilage der „Illustrierten Filmwoche", 2. Juli 1949. Fach-Informationen, 10. September 1949. Fach-Informationen, 8. Oktober 1949. Fach-Informationen, 26. November 1949. Film-Echo. Fachzeitschrift für die gesamte Filmwirtschaft, Offizielles Organ des Wirtschaftsverbandes der Filmtheater e.V. (Britische Zone), März 1947. Film-Echo, Juni 1947. Film-Echo, September 1947. Film-Echo, Oktober 1947.
Quellen- und Literaturverzeichnis Film-Echo, Januar 1948. Film-Echo, März 1948. Film-Echo, Mai 1948. Film-Echo, Januar 1949. Film-Echo, 10. Mai 1949. Film-Echo, 1. Juni 1949. Film-Echo, 4. Juni 1949. Film-Echo, 10. Juni 1949. Film-Echo, 20. Juni 1949. Film-Echo, 12. August 1949. Film-Echo, 15. September 1949. Film-Echo, 20. September 1949. Film-Echo, 1. Oktober 1949. Film-Echo, Sonderausgabe, 6. Oktober 1949. Film-Echo, 10. November 1949. Film-Echo, 20. November 1949. Film-Echo, 1. Dezember 1949. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. April 1951. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. November 1955. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. August 1956. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Januar 1959. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. April 1959. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. April 1959. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. August 1971. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Oktober 1973. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juni 1974. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23. Oktober 1975. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 2. Februar 1987. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. Juni 1990. Frankfurter Rundschau, 3. Oktober 1975. Frankfurter Rundschau, 10. Oktober 1975. Stuttgarter Nachrichten, 29. Juli 1959. Süddeutsche Zeitung, 13. September 1958. Süddeutsche Zeitung, 6. Oktober 1975. Süddeutsche Zeitung, 18. Juni 1988. Welt am Sonntag, 22. Februar 1970. Welt der Arbeit, 1. Februar 1974. Welt der Arbeit, 5. September 1975. Weltwoche, 19. Januar 1977.
259
ANHANG 1 Zeittafel zur Medien- und Wochenschaupolitik der vier Großmächte zwischen 1945 und 1949 1944 19.08. 25.09. 24.11.
Psychological Warfare requirements and Plan („Operation Talisman"). Treffen von Exilkommunisten in Moskau mit dem Ziel, die Medien in Deutschland neu zu gestalten. Gesetz Nr. 191, mit Hilfe dessen die beiden westlichen Kriegsalliierten die Produktion deutscher Medien verbieten.
1945 16.04. 07./09.05.
Manual for the Control of German Information Services — Handbuch der westalliierten Medienpolitik. Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht in Reims bzw. Berlin-Karlshorst.
10.05.
Amerikanische Direktive 1067: Westalliierte Informationspolitik soll hart mit der deutschen Bevölkerung ins Gericht gehen.
10.05.
PWD-Chef McClure fordert Filmvorführwagen aus den beschlagnahmten deutschen Militärbeständen an. Beginn der Wochenschau-Testphase von „Welt im Film" in Erlangen und Hamburg. Erste britische Leitsätze zur zonalen Medienpolitik. Die vier Großmächte übernehmen die „oberste Regierungsgewalt" in Deutschland; Einteilung Deutschlands in Besatzungszonen und Verwaltungsgebiete, Berlin wird in Sektoren aufgeteilt; Bildung des Alliierten Kontrollrates.
18.05. 28.05. 05.06.
262 09.06. Juli 12.07. 14.07. 17.07,—02.08. 27.07. Ab 30.07. 31.07.
Ab August
04.08. 06.08. 18.08.
04.09. Ende Oktober 13./15.11. Dezember
Anhang 1 Einrichtung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland. Aufbau der Direction de ^Information (DI). Beginn des Wiederaufbaus der deutschen Filmwirtschaft in der sowjetischen Zone. Auflösung von SHAEF und PWD. Potsdamer Konferenz. SMAD-Befehl Nr. 17, der zum Aufbau der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung führt. Welt im Film wird in deutscher Sprache produziert. Befehl des französischen Militärgouverneurs Koenig, die Filmtheater in der französischen Zone wieder aufzubauen. Die französische Wochenschau „Actualites Franjaises" wird in der französischen Zone mit deutschem Kommentar gezeigt. Frankreich tritt dem Potsdamer Abkommen nachträglich bei. Erste französische Richtlinien für die zonale Medienpolitik. Etablierung der offiziellen sowjetischen Medien- und Informationspolitik durch die SMAD-Verwaltung für Propaganda. SMAD-Befehl Nr. 51, aufgrund dessen alle Filmtätigen von der D Z W erfaßt werden müssen. Stalin erteilt die Genehmigung für eine deutschsowjetische Filmproduktionsgesellschaft. Viermächte-Treffen zur Beratung über eine gemeinsame Wochenschau. Umstrukturierung der amerikanischen Besatzungsarmee und Etablierung des Office of Military Government for Germany (OMGUS).
1946 02.01. Februar 15.02.
Arbeitsbeginn des „Filmaktivs" in der sowjetischen Zone. Britischer „plan for Re-education". Erste Ausgabe von Der Augenzeuge.
Zeittafel zur Medien- und Wochenschaupolitik 05.03.
21./22.04. 17.05. Juni 30.06. Juli Juli Mitte August
06.09.
30.09. 17.10. 14.11. 02.12.
263
Churchill spricht erstmals in einer Rede vom „Eisernen Vorhang", der den Kontinent trenne und fordert ein vereinigtes Europa. Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). Gründung der Deutschen Film AG (DEFA). Erste Umstrukturierung der britischen PR/ISC Group. Kontrollrat sperrt auf Ersuchen der SMAD die Demarkationslinie; Einführung des Interzonen-Passes. Etablierung der amerikanischen Reorientation Branch. Etablierung der französischen Section Propagande. Umwandlung der Deutschen Film AG in Gründung in eine GmbH, unter Beteiligung der SED HoldingGesellschaft Zentrag. „Stuttgarter Rede" des amerikanischen Außenministers Byrnes. Darin fordert er, daß die endgültigen Grenzen Deutschlands auf einer Friedenskonferenz festgelegt werden sollen. Policy Instruction No.3: In der amerikanischen Zone erlaubte sie die Kritik an der Besatzungsverwaltung. Note Koenigs, die französische Propaganda durch eine eigene deutsche Wochenschau zu unterstützen. Der Parteivorstand der SED beschließt „Entwurf einer Verfassung für die Deutsche Demokratische Republik". Im „Washingtoner Abkommen" wird die Fusion der amerikanischen und britischen Besatzungszone (Bizone) beschlossen.
1947 01.01. Februar 12.03.
05.06.
Inkrafttreten des Bizonen-Abkommens. Gründung der Internationalen Filmallianz (IFA) und der Filmwochenschau GmbH „Blick in die Welt". US-Präsident Truman verkündet Maßnahmen zur Eindämmung des kommunistischen Expansionsdrangs und zur Unterstützung der freien Völker (containment). Außenminister Marshall kündigt ein umfangreiches wirtschaftliches Wiederaufbau- und Hilfsprogramm der USA für Europa (einschließlich Deutschland) an.
264 11.07.
30.10.
01.11.
10.11. 11.11. 25.11.—15.12.
Anhang 1 Amerikanische Direktive 1779: ICD hat nun neben der Kontrollfunktion auch die Aufgabe der Medienunterstützung. US-Militärgouverneur Clay warnt vor der weiteren Negierung der sowjetischen Propaganda in den ostdeutschen Medien. US-State Department stimmt einer verstärkten Berichterstattung in den westdeutschen Medien gegen die sowjetische Politik in der SBZ zu. Gründung der SED-Filmkommission. Die DEFA GmbH wird in eine Sowjetisch-deutsche Aktiengesellschaft umgewandelt. Außenminister-Konferenz in London.
1948 März 1948
20.03. 12.04. 20.06. 24.06. 24.—28.06. 01.08. August 1948 16.10.
Zweite Umstrukturierung der britischen PR/ISCGroup und Umbenennung in Information Services Division. Der sowjetische Militärgouverneur Sokolowski verläßt im Namen der Sowjetunion den Alliierten Kontrollrat. Umstrukturierung der DI und Umbenennung in Division de l'Information. Währungsreform in den Westzonen. Beginn der Berlin Blockade. Währungsreform in der sowjetischen Zone. Die Bizone wird durch Anschluß der französischen Besatzungszone zur Trizone erweitert. Information Control Division (ICD) wird in Information Services Division (ISD) umbenannt. Erste britische Vorschläge zur Privatisierung von „Welt im Film".
1949 10.04. 12.05. 23.05.
Besatzungsstatut der drei Westmächte. Beendigung der sowjetischen Blockade Berlins. Verkündung des bundesdeutschen Grundgesetzes.
Zeittafel zur Medien- und Wochenschaupolitik 20.06. September 21.09. 07.10. 10.10.
265
Die Alliierte Hohe Kommission tritt an die Stelle der bisherigen Militärregierungen. ISD wird dem Office of the U.S. High Commissioner for Germany unterstellt. Das Besatzungsstatut tritt in Kraft. Gründung der Deutschen Demokratischen Republik. Auflösung der SMAD und Bildung einer Sowjetischen Kontrollkommission (SKK).
ANHANG 2
Organigramme der vier Informationseinheiten
268
Anhang 2
ORGANIGRAMM SOWJETISCHE INFORMATIONSPOLITIK AB HERBST 1945
Organigramme
ORGANIGRAMM INFORMATION CONTROL DIVISION (OMGUS) AB DEZEMBER 1945
269
270
Anhang 2
ORGANIGRAMM BRITISCHE PR/ISC GROUP 1945
Organigramme
271
ORGANIGRAMM BRITISCHE PR/ISC GROUP AB OKTOBER 1946 (Ab Frühjahr 1948 bestand nur noch die Information Services Division)
272
Anhang 2
ORGANIGRAMM DIRECTION DE L 'INFORMATION (DI) AB JULI 1945
Organigramme
ORGANIGRAMM DIRECTION DE L'INFORMATION (DI) AB 12. APRIL 1948
273
ANHANG 3 Drehablaufpläne exemplarisch ausgewählter Wochenschau-Ausgaben
Drehablaufplan Der Augenzeuge a) Berichterstattung zu den Nürnberger Prozessen Der Augenzeuge 1/46 (Länge des Beitrages 1 ' 3 0 " ) Einstel-
Bildinhalt
Sprache
Musik
Auf-
Militärposten vor dem
Im Justizpalast in Nürn-
Beitrag insge-
blendung
Gerichtseingang (seitlich).
berg.
samt ohne
Kamera
lung Weiche
zur
Musik. Prozeß gegen die
Totalen Τ
deutschen ebd. von vorne.
Hauptkriegsverbrecher.
HT
Richterbank von oben.
Das Gericht erscheint.
Die Richter setzen sich.
Das Tribunal setzt sich
HT
Richterbank von vorne.
Leichte
Im Hintergrund die Flag-
Über-
gen der Großmächte.
aus Richtern der Sieger-
sicht
staaten zusammen.
Die Richter
N
Sowjetische Richter.
der UdSSR (...)
N
Englische Richter.
Die Richter von Groß-
N
Amerikanische Richter.
Die Richter der
britannien (...) Vereinigten Staaten von Amerika (...) N
Französische Richter.
Die Richter Frank-
N
Richterbank von der Seite.
In der Mitte des Saales
reichs (...) die Plätze der vier Staats-
Leichte
anwälte und ihrer
Über-
Vertreter.
sicht 10
HT
Gerichtssaal.
11
HT
Pressebank.
Dem Prozeß wohnen Pressevertreter von 31 Staaten bei. Als Ver-
12
HN
Rechtsanwälte-Bank.
treter der Angeklagten fungieren deutsche Rechtsanwälte.
13
HT
Angeklagtenbank.
Anhang 3
278 Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Leichte Übersicht.
Seiner Zeit versammelten sich die Kriegsverbrecher zu ihren faschistischen Zusammenkünften in Nürnberg. Heute sitzen sie auf der Anklagebank. Hermann Göring, Vorsitzender des Ministerrates für Verteidigung. Einer der Urheber des Uberfalls auf die Sowjetunion. Rudolf Hess. Hitlers Stellvertreter bei der faschistischen Partei. Joachim von Ribbentrop, Außenminister. Wilhelm Keitel, Mitglied des Verteidigungsrates. Alfred Rosenberg, Theoretiker der nazistischen Irrlehre. Minister für die besetzten Ostgebiete.
lung
14
N +
Göring.
Schwenk
15
G
Kopf Görings.
16
G
Kopf Hess.
17
G
Kopf Ribbentrops.
18
N
Kopf Keitels.
19
N
Kopf Rosenbergs.
20
N
Frank und Frick
21
N
Streicher und Funk.
22
N
Dönitz.
23
HN Leichte Obersicht
Sauckel.
Hans Frank, Hitlers Statthalter in Polen und Wilhelm Frick, Hitlers Statthalter in Böhmen und Mähren. Julius Streicher, Gauleiter von Franken und Walter Funk, Hitlers Wirtschaftsberater. Karl Dönitz, Großadmiral, Oberbefehlshaber. Fritz Sauckel, Hitlers Generalbevollmächtigter in der Verteilung der Arbeitskraft.
Musik
279
Drehablaufpläne
Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
HN
Jodl
Alfred Jodl, Leiter
lung 24
Leichte
des deutschen Generalsta-
Ober-
bes.
sicht 25
N
Raeder und Schirach
Erich Raeder, Admiralinspekteur der deutschen Marine und Baidur von Schirach, Führer der
26
HN
von Papen
Hitlerjugend. Franz von Papen, ein Hitler-Di-
27
HN
Seyss-Ingwart
plomat. Der Organisator der Spionage und Diversion. Arthur Seyss-Ingwart, Hitlers Statthalter in den besetzten Niederlanden.
28
HN
Speer
Albert Speer, Hitlers Generalbevollmächtiger für die Rüstung.
29
30
HT
HT
Angeklagtenbank. Im
Im ganzen sitzen auf der
Mittelpunkt Göring und
Anklagebank 20 Haupt-
Hess.
hitleristen.
dito, andere Perspektive.
Mitglieder der Verbrecherregierung des faschistischen Deutschlands.
Beitrag bricht unvermittelt ab; eine Fortsetzung fehlt auf der zweiten Filmrolle.
Musik
280
Anhang 3
Der Augenzeuge 23/46 (Länge des Beitrages: 0 ' 0 6 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
Göring mit Schriftzug
Vergeßt es nie.
Bedrohliche,
lung 1
G
„Vergeßt es nie".
disharmonische Musik im HG.
2
N
3
HN
Ribbentrop mit demselben Schriftzug. Zwei weitere Angeklagte mit Schriftzug „Schuld sind sie."
4
HT
Sechs weitere Angeklagte
Schuld sind sie.
mit demselben Schriftzug. 5
HN
Göring, Hess und weitere Angeklagte. Selber Schriftzug. Göring nickt
Mit Trommel-
mit dem Kopf.
wirbel endet der Kurzbeitrag.
Ausblendung und Wechsel zu fröhlicher Musik
Der Augenzeuge 23/46 Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Weiche
Gebäude mit Schriftzug
Sprache
Musik
lung Lockere, unterhaltende
Einblendung
Musik.
„Schacht, Papen, Fritzsch
HT vor ein deutsches Gericht!" HT
Wird zu H G
Demonstranten mit Plakaten.
Ein einminütiger Protest vereinte alle antifaschistischen Parteien gegen die Freisprüche
heruntergefahr
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
281 Musik
lung HN + Schwenk
des Nürnberger Prozeß. Demonstranten mit Plaka-
nach
ten „Nürnberg ein Fehlur-
rechts
teil" und „Tod allen Kriegsverbrechern."
Τ
Redner im Fenster.
Hier spricht Max Fechner, SED, zu den Berlinern
Starke Untersicht Τ+
Demonstranten.
Schwenk nach rechts Starke Obersicht Τ
Demonstrationszug in
über diese Frage.
Starke Obersicht
einer Straße.
Τ
Dito, von hinten. Die Belegschaft und Prä-
Starke Obersicht HT
Dito.
HN +
Kamera schwenkt auf
Schwenk
Menschenzug mit
nach
Plakaten.
sidenten der Zentralverwaltungen kamen zu einer
rechts 10
HN
Zug läuft durchs Bild.
11
HT
Menschenzug (von hinten) läuft durchs Bild. Dabei hält eine Frau ihr Plakat verkehrt herum, so daß es lesbar ist: „Sühne für die Verbrechen am deutschen Volk durch ein deutsches Volksgericht."
Kundgebung.
Lange Jahre wachte die ganze Welt über dieses Urteil der deutschen Hauptkriegsverbrecher. Lange Jahre lebte die Menschheit, die an Gerechtigkeit glaubte, in der Hoffnung, daß der Tag der Sühne kommen werde. Das Urteil des internationalen Gerichtshofes, das Urteil der Völker ist gesprochen. Aber es
Musik wird dramatischer, bleibt aber im HG.
Anhang 3
282 Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung wurden nicht alle 22 zum Tode verurteilt. 12
N + Schwenk
Schriftzug vor Saalvor-
nach rechts,
Dann Schwenk auf Redner.
Drei von ihnen wurden sogar freigesprochen.
Hann
nach unten. Zoom zu HT 13
τ
Zuhörer im Halbdunkel
14
HT
Redner.
15
τ
Zuhörer wie zuvor.
16
HT
Redner.
17
T + Schwenk
Zuhörer.
HN
Anderer Redner.
sitzend.
Schwenk über klatschende
Zuhörer im Halbdunkeln.
19
HN
Redner.
21
Τ
22
HN
Zuhörer dito. Redner.
23
HN
Rednertisch.
20
Paul Wandel, Präsident der Zentralverwaltung für Volksbildung. Hören Sie selbst. REDE O-TON: „Damals saßen die Schachts und Fritzsche über das deutsche Volk zu Gericht. Diesmal soll in Berlin das Volk zu Gericht sitzen und nach den Gesetzen urteilen, die mit den Tränen der Gequälten und dem Blut der Ermordeten in die Herzen der einfachen Menschen geschrieben wurden." REDNER 2, O-TON: „Wir haben Achtung vor dem Recht, wir haben Achtung vor der Gerechtigkeit, wir haben Achtung vor der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Aber wir verstehen nicht, daß Menschen, die zehnfach an den Galgen gehört haben, freigesprochen worden sind. Heute müssen wir unser Haupt verhüllen und vom freigesprochenen Faschismus reden (...)."
Musik endet.
O-TON: Applaus
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
283 Musik
lung 24
REDNER 3 , 0 - T O N :
T + Schwenk
Anderer Redner, dann
„Zeigen wir Kameraden
Schwenk auf Zuhörer.
und Freunde, zeigen wir durch unseren Protest der Welt, daß es ein anderes, ein besseres Deutschland gibt und daß wir Deutsche unser Vaterland dahin bringen wollen, daß es ein anständiges Land wird."
Es folgt noch die Verlesung eines Antrages an den Kontrollrat sowie die Abstimmung der Zuhörer hierüber. Dabei bleiben die KameraEinstellungen weitestgehend die gleichen wie in den Sequenzen zuvor.
b) Berichterstattung zur Londoner Konferenz Der Augenzeuge 82/47 (Länge des Beitrages: 2 ' 1 5 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
HT
Sitzungssaal mit Teilneh-
Im Lancaster-Haus in
Beitrag ohne
Wg
Musik. London begann dieser Tage die in aller Welt mit größter Spannung erN
Konferenzteilnehmer.
wartete Außenministerkonferenz zur Vorbereitung des deutschen und österreichischen Friedensvertrages.
284 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
HT
Sitzungssaal dito.
Entgegen den pessimisti-
Τ
Sitzungssaal, andere Pers-
schen Äußerungen eines
pektive.
Teiles der Weltpresse
lung
gelang es den Außenministern in kurzer Zeit in den Fragen der Tagesordnung zu einer Übereinstimmung zu gelangen,die ihren Stellvertretern N
Molotow mit Delegations-
nicht gelungen war. Wir
teilnehmera.
Deutsche erwarten uns von dieser Konferenz, daß sie uns einen ge-
N
Marshall mit Delegations-
rechten Frieden bringen
teilnehmern.
möge, die Zonengrenzen in unserem Lande aufhebt und uns eine zentrale Regierung ermöglicht.
G +
Schwenk über Pressetitel.
Schwenk
Unsere Presse steht im Zeichen der Konferenz.
nach unten G
Dito, andere Perspektive.
Ein deutscher Volkskongreß für Einheit und gerechten Frieden ist am 6. Dezember in Berlin einberufen, der unsere Sache in London vertre-
Wahlplakat mit Schriftzug:
ten will.
nach
„LPD. Unser Weg zu
Die Vorsitzenden der
unten
Frieden
größten deutschen
und Freiheit."
Parteien bringen die
G + Schwenk
Hoffnung zum Ausdruck 10
N
Dr. Külz stehend.
O-TON DR. KÜLZ: „Wir erwarten von London nichts anderes, als was die Siegermächte selbst schon vor Jahren als
Musik
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
lung Notwendigkeit erkannt und anerkannt haben: Wiederherstellung der wirtschaftlichen und politischen Einheit Deutschlands." Kundgebungsplakat der
11
CDU zu London. 12
N
Lemmer hinter Schreibtisch.
13
14
N+ Schwenk nach unten N
Wahlplakat mit der Aufschrift „SED. Uns gehört die Zukunft". Pieck hinter einem Schreibtisch.
Ernst Lemmer. O-TON ERNST LEMMER: „Deshalb kann ich nur wünschen, daß die Besatzungsmächte in London zu einer Einheit kommen, damit eine zentrale deutsche Regierung und zentrale Verwaltungen gebildet werden kön-
Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl. O-TON PIECK: „Vor allem muß Deutschland von den Kriegsverbrechern und aktiven Nazis gesäubert und die Vorherrschaft Großgrundbesitzer und Monopolkapitalisten gebrochen werden. Das schaffende Volk muß das entscheidende Wort in Wirtschaft, Politik und Verwaltung haben. Nur so wird das demokratische und friedliche Deutschland entstehen."
285 Musik
Anhang 3
286 Einst el-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
N
Grotewohl stehend.
GROTEWOHL:
Musik
lung 15
„Außerdem muß dem deutschen Volk das Recht auf Abstimmung über die Einheit zugebilligt werden. Dreizehn Vaterländer sind dreizehn Käfige. Wir sind ein Volk und wollen ein Vaterland." Weiche SchwarzAusblendung.
Der Augenzeuge 84/47 (Länge des Beitrages: 0 ' 2 0 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
Sitzungssaal, im Mittel-
London. Die letzte Chan-
Leichte
punkt: Molotow.
ce dieses Jahres für
HG-Musik.
lung HT
einen Friedensschluß in London schlug fehl. Sitzungstisch mit Teil-
Marshall brach die
nehmern.
Konferenz ab.
HN + Schwenk
Plakate an einer Hauswand
nach
mit den Aufschriften
Der deutsche Volkskon-
unten
„Deutscher Volkskongreß
greß wurde nicht gehört.
6./7. Dezember, Deutsche Staatsoper" und „Gerechter Friede". HN
Grotewohl am Rednerpult.
Leichte Untersicht N +
Weitere Redner hinter dem
Die fuhrenden Parteien
Mikrofon. Danach
hatten einen gemeinsamen
Schwenk auf Pieck.
Versuch einer gesamt-
Schwenk
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
287 Musik
JiSS Zuhörer im Halbdunkeln
deutschen Vertretung ge-
stimmen ab.
macht. Doch es geht der Kampf um die Einheit Deutschlands weiter.
Weiche SchwarzAusblendung.
c) Berichterstattung zur Berlinkrise und Währungsreform Der Augenzeuge 100/48 (Länge des Beitrages: 2 4 3 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
Eine kleine Gruppe auf der
An den Zonengrenzen.
Leichte HG-
anderen Seite eines Flusses
So ging das seit langem:
lung
Musik. HT
Gruppe überschreitet
Täglich gingen Hunderte,
Bahngleise und läuft auf
Tausende illegal über die
Kamera zu.
Zonengrenzen. Die meisten von ihnen: kleine
HN
Weitere, kleine Gruppe
Hamsterer. Was einer
mit Rucksäcken am glei-
von ihnen im Koffer oder
chen Ort.
im Rucksack davon trug, war nicht viel.
Größere Gruppe an glei-
Aber Tausende und Aber-
chem Ort.
tausende solcher Fälle
HN +
Schild „Berlingerode" und
wurden zu einer Gefahr
Musik wird
Schwenk
Schwenk auf eine Dreier-
für die Ordnung und Ver-
dramatischer.
gruppe mit Fahrrad.
sorgung der Zone.
Polizist kontrolliert die
Nicht immer handelte es
HN
HN
N
Papiere einer weiteren
sich um kleine Hamsterer.
Gruppe.
Unter den illegalen
Dito, andere Perspektive.
Grenzgängern befanden
Anhang 3
288 Einstellung
Kamera
Bildinhalt
Sprache
N+ Schwenk
Einzelner holt seine Papie-
sich Schädlinge, Agenten,
re aus seiner Jacke.
Saboteure.
nach
Kamera-Schwenk zeigt,
unten
wie er sie dem Polizisten
Dramatische Musik wird kurz hochgezogen.
reicht. HN + Schwenk
Polizist packt Bücher aus dessen Aktentasche. Kameraschwenk verfolgt die Handlung des Polizisten, der die Bücher sowie Orden auf einen Tisch legt.
Dieser konnte sich von der verbotenen Naziliteratur nicht trennen. Aber es gab noch schlimmere Fälle: Westbanditen und Schwarzhändler, die die Sabotage im Großen organisierten. Freilich sie gehen dem Augenzeugen nicht vor die Kamera. Mensch, schmeiß die Orden weg. Die haben im heutigen Deutschland nur Alteisenwert.
10
Τ
Polizist hält LKW an.
11
ΗΝ
Polizist prüft die Papiere
Um Ordnung im Interzonen-Verkehr zu schaffen, verfügte die SMA eine exaktere Kontrolle des Personen- und Güterverkehrs.
des LKW-Fahrers.
12 G+ Zoom auf
Titelseite der Westberliner Zeitung „Telegraf". Überschrift eines Artikels wird lesbar.
einzelne Sätze 14 15
Plakat mit Fahne Großbritanniens und der USA. Zug fährt durchs Bild.
Musik
Musik wieder kurz hoch.
An den Berliner Ausfallstraßen und an der Zonengrenze werden Papiere und Waren kontrolliert. Ein Teil der Presse, vor allem in Berlin, legte eine Nervosität an den Tag, als sei sie Vertreterin von Schwarzhändlern und Agenten.
Aber die Versorgungszüge verkehren unbeschränkt nach wie vor.
Musik wird kurz hoch gezogen.
289
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 16
Zug von hinten.
Musik kurz hoch.
17
N +
Hände halten die „Berliner
Am Brandenburger Tor ist
Schwenk
Zeitung". Danach Schwenk
weit und breit nichts
aufs Brandenburger Tor.
vom Eisernen Vorhang zu
Gebäude mit Aufschrift
Reisende mit gültigen
„Berlin Zoologischer
Interzonenpässen können
Garten".
nach wie vor die fahr-
Bahnbeamter schiebt Hin-
planmässigen Interzonen-
weistafel, auf der die Zug-
züge benutzen. Sie haben
bemerken. 18
19
HT
HN
abfahrt nach Paris ver-
keine Ursache, die Ner-
merkt ist, in einen Rah-
vosität zu teilen, die
men. 20
HN
Zug fährt aus dem Bahn-
gewisse Kräfte in Berlin
hof.
befallen haben.
21
HN
Dito, andere Perspektive.
22
Τ
Ein Flugzeug landet.
Musik wird kurz hoch
23
HT
Auf dem Flugplatz Gato
gezogen. - Sie ist
traf der britische Stabs-
nun jedoch
Militärgouverneur steigt
chef, Feldmarschall Mont-
entspannter.
aus dem Flugzeug.
gomery ein, um Besprechungen mit Vertretern seines Landes und der an-
24
25
HN
N
Montgomery vor einer
deren westlichen Besat-
Gruppe. Er schreitet
zungsmächte in Berlin zu
an der Kamera vorbei.
führen.
Montgomery steigt in ein
Musik kurz
Auto.
hoch, endet dann. Einsatz neuer,
26
N
Auto fährt ab.
27
N +
Tafel an einer Wand zeigt
Zu denen, die über die
leichter HG-Musik.
Schwenk
an: Jedes Handeln in mei-
jüngsten Maßnahmen der
nem Lokal ist strengstens
SMA aufgebracht sind, ge-
verboten!". Anschließend
hören auch die Schwarz-
Schwenk auf Hände, die
händler. Ja, seit dem 1.
unter dem Tisch Geld
April sind die Schwarz
gegen Waren tatischen.
Marktpreise gestiegen.
Musik wird
Die alten Preise haben
dramatischer
keine Gültigkeit mehr.
und wird kurz hochgezogen
290 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
HN +
Ein Fülle an Brot in einer
Schwenk
Bäckerei. Danach Schwenk auf die Kundschaft.
Die legale Versorgung der Berliner Bevölkerung verläuft ungestört. Jetzt, wo Ordnung im Güterverkehr zwischen den Zonen und Berlin geschaffen wurde, besteht die Möglichkeit, den InterzonenHandel zu erweitern und die Versorgung der Berliner zu verbessern.
Musik
lung 28
Fokussierende Schwarzblendung.
Der Augenzeuge 109/48 (Länge des Beitrages: 4 ' 3 0 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Schwarz-
Schwarzbild.
SPRECHER 1: Achtung, Achtung, wir erhalten soeben die Nachricht vom Inkrafttreten der Währungsreform, die seit langem erwartet wurde. Das deutsche Geld ist außer Kurs gesetzt. Im Westen gilt die Westwährung, im Osten die Ostwährung. Für Berlin ist ein Sondergeld in Umlauf gesetzt. Wir zeigen Ihnen Stimmungsbilder aus Berlin.
Musik
lung
bild
Aufblendung +
Fahrt durch Lokal auf einen Lautsprecher zu.
Fahrt
Dicker Mann wischt sich seine schwitzende Stirn.
SPRECHER 2: Na, also Stimmung ist übertrieben. Die hier sind reichlich mit den Nerven runter.
Leichte HGMusik setzt
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
D+
Geld verschwindet aus
Schwund in der Briefta-
Trick
Brieftaschen, die auf dem
sche.
N
Tisch liegen. Gastwirt öffnet seine
291 Musik
lung
Rasse. D
Kassenschublade öffnet
N
HN
Gastwirt steht hinter seinen Tresen. Kamerablick von vorne auf ihn. Gast bestellt Bier nach.
HN + Trick
Gastwirt winkt ab. Dito (Seitenperspektive). Plötzlich erscheinen noch
N+
zwei weitere Kassen auf den Tresen. Wirt hängt ein neues Schild
Schwenke nach unten
mit der Aufschrift „Intersektorialer Barbetrieb" auf.
Ein Druck auf die Kasse und schon biste im Druck.
sich.
10
und nach
11
Nee, is nich. Bis zur Klärung der Währung bleibt der Zapfhahn geschlossen.
Dann aber strömt das neue Geld. Moneten und Planeten.
rechts
Schwenk auf die erste
Wat denn, Kies heißt unse-
Musik wird
re neue Währung?
dramatischer,
HN
Kasse, auf der „MarshallPlaneten" steht, dann auf die zweite mit Schild „Berliner Separatkies". Anderer Wirt beschreibt
bleibt aber im HG.
eine Tafel mit den Worten „Hier wird Berliner Separatkies entgegengenommen". 12 13
14
HT
Geschäftsfront: Frau ver-
Wer kein Kies hat, weil er seinen Kies im ande-
G
lädt den Laden. Plakat „Hier nur Fort-
nese.
N +
schritts-Moneten" hängt an der Fensterscheibe. Geschäft für Geschenke.
Schwenk
Am Eingang hängt die Aufschrift „Hier werden Marshallplaneten entgegengenommen".
ren Sektor verdient, ist
Musik wird wieder fröhlicher und kurz hochgezogen.
Anhang 3
292 Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 15
HN + Schwenk
Toreingang mit Plakat
nach
.Umschulungs-Schule für
Ja, ja Sportsfreunde. Geld
rechts
Großschieber".
wird knapp. Man
Davor steht eine Reihe gut
merkt es. Mit dem Schie-
gekleideter Herren
ben ist es erstmal Essig.
und Damen. 16 17
HT Τ
Musik kurz hoch, ist
Mann verlädt einen Stuhl
Wer seine Miete in der
wieder dramati-
auf ein Auto.
jeweils gültigen Währung
scher.
Dito: Mehrere Möbelstük-
nicht zahlen kann, für den
Musik bricht
ke werden verladen.
ist am 15. der erste.
ab. Stattdessen ist ein Pfeifen zu hören
Hier sehen Sie Nachbars
(nachträglich
Fritzchen auf seinem Aus-
aufgespielt).
weg.
Dann setzt leichte
O-TON:
18
N +
Frau (von hinten seitlich)
„Fritzchen Schulte,
Schwenk
an Schreibmaschine. Ein
wohnhaft US-Sektor,
Schatten diktiert. Mit ei-
beantragt östliche (...).
nem Schwenk zeigt die
Besondere Dringlichkeit ist
Kamera das Bild nun von
gegeben."
vorne. 19
N
Mann diktiert. Dann hält er das Blatt vor die Kame-
20
G Obersicht
Erstauntes, schmutziges Jungengesicht.
21
22
Na Gott sei Dank, es wird
N Starke
Bedrohlich wirkender
Unter-
Beamter verschließt Ka-
Ordnung. Neue Fragebo-
sicht
merablick.
gen werden ausgegeben.
HN + Fahrt zu-
Der Junge nimmt das Blatt
rück,
von der Kamera und gibt es
Hann
einer Frau. Dann Ruck-
Ruck-
schwenk auf das Schild
schwenk
»Hier endet der
Frühstücken Sie mit Ihrer
französische Sektor".
Frau oder gleich im Büro.
Musik wieder
293
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
N Starke
Abfahrende Straßenbahn
Bei der Straßenbahn erge-
Unter-
im Vordergrund.
ben sich kleinere Auf-
Musik
lung 23
siebt 24
N +
enthalte. Schilder
Schwenk
„Sektorenwechsel",
nach
Straßenbahnhaltestelle".
Geräusch
rechts
Straßenbahn. Im HG: ankommende Straßenbahn.
25
N
Lautsprecher
26
HT
Menschen steigen aus der
SPRECHER 1: Sektorengrenze, alles aussteigen.
Straßenbahn aus.
Fahrscheine verlieren ab
27
HN
Dito (andere Perspektive).
hier ihre Gültigkeit.
28
HT
Dito.
SPRECHER 2: Na dann 'mal hin zur Sektorengrenze,
29
HN
Dito (von hinten).
30
HN
Menschen am Schalter.
31
G +
Schild „Intersektoriale
Schwenk
Währungswechselbude.
Zentrale-Kontrollverwechselungsstelle".
O - T O N BEAMTER:
Dann Schwenk auf Schal-
„Wohin wollen Sie?" (...) -
terbeamten, der mit einer
Gesprach zwischen Frau
Frau spricht.
und Mann folgt im ON, jedoch ist die Tonqualität schlecht.
32
33
HN Starke
Gleiche Szene von höherer
Obersicht
Stelle.
N
Hand des Beamten gibt Frauenhand einen überdimensionalen Pfennig und Papiergeld.
34
HN Starke
35
Frau dreht sich um, Men-
Obersicht
schen hinter ihr staunen.
HN
Kamerasicht von hinten auf den Beamten. Vor ihm diskutieren die Wartenden.
294 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung
36
HN
Ein Mann aus der Ostzone
(Im ON ironische Diskus-
will ebenfalls Westwäh-
sion der Wartenden, wie-
rung.
viele Währungen es nun
Wartende (seitl. Perspek.).
gibt.)
Leichte Untersicht 37
HN
Blick auf Wartende, die
Leichte
weiter diskutieren.
(Im ON macht sich der
Obersicht
Schließlich nimmt der
Mann lustig über das
Mann einfach das
Geld.)
überdimensionale Geld. 38
HN
Wieder Szene aus Kiosk heraus. Dann gehen
BEAMTER im ON:
die Menschen weg, da
„Mittagspause". Im HG
der Beamte seine Wechsel-
wütende Stimmen.
stube schließt. Sie entrüsten sich jedoch dabei. 39
40
HN
Menschenmenge von hin-
Obersicht
ten.
N
Schließ Vorgang aus der Wechselstube heraus gefilmt.
41
HT
Ein Mann vermietet
O-TON MANN: Jedem
Handwagen.
seine Währung und jedem seinen Roller."
42 43
HN
Menschenbeine nähern sich. SPRECHER 2:
HT Leichte
Mann vermietet seine
Gesagt, getan.
Obersicht
Handwagen.
Auch ohne gewechseltes
N
Dito.
vorübergehend, vorüber-
N
Beine und Handwagen.
gerollt geholfen werden.
Fröhliche Mu-
N
Verkäufer und seine Kun-
Ja, ja, ja. Was alles
wieder ein.
den.
geschehen könnte, wenn
N
Frauenbeine schieben
die Vernunft zeitweise
Roller an.
außer Kurs gesetzt wird.
Geld kann hier 44 45 46 47 48
sik setzt leise
HT
Eine ganze Gruppe rollt
Musik wird
auf Rollern vorbei.
hochgezogen.
295
Drehablaufpläne Einste!-
Kamera
Bildinhalt
HN
Dito (von hinten).
Sprache
Musik
lung 49
Musik endet erst mit Wochenschau-
Weiche Ausblendung
Abspann.
Der Augenzeuge 122/48 (Länge des Beitrages: 3 ' 0 2 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
HT
Amerikanisches Flugzeug
SPRECHER: Seit Juni
Nachsynchroni-
im Landeanflug.
1948 wird Westberlin
siertes Moto-
durch Lufttransporte belie-
rengeräusch.
lung
fert. Lichter erlöschen in den
Leicht bedroh-
Fenstern eines Hauses.
liche Musik setzt ein.
Nachtaufnahmen zeigen nur einzelne Lichterquel-
Die Situation im Septem-
len.
ber. In 24 Stunden vier
HT +
Schatten einer Kirche.
Stunden Strom.
Schwenk
Dann Schwenk auf ein Haus im
Musik wird
Dunkeln.
kurz hochgezogen; wirkt
HN
Kinder und Frauen in
SPRECHERIN: Sprech-
einem
stunde
Wartezimmer. Eine Arzt-
am späten Abend, wenn
sehr bedrohlich.
helferin ruft eine Frau mit Kind herein.
das Licht angeht. SPRECHER: Doch über
Musik endet.
uns die Luftbrücke bringt 9 amerikanische Zigaretten pro Kopf. HT
Nachträglich Selbes Bild von landendem
synchronisier-
Flugzeug wie am Anfang.
tes Motorengeräusch.
296 Einstel-
Anhang 3 Musik
Kamera
Bildinhalt
Sprache
HT
Verlassene Fabrikeinfahrt.
Betriebe im Westen Ber-
Musik setzt
lins, die noch immer
wieder
lung
stilliegen.
ein.
HT
Dito, andere Fabrik.
G
Angespannt blickender
Musik wird
Arbeiterkopf von der Seite.
hochgezogen.
Traurig blickender Alt-
10
Frauenkopf. 11
G Leichte
Junger Arbeiterkopf.
Musik geht in
Unter-
HG.
sicht 12
Τ +
Straßenbild: Demonstrati-
SPRECHERIN: Die Berli-
Schwenk
onszug vor einem Rathaus.
ner haben viele Fra-
nach
gen an ihren Magistrat.
links 13
Τ
Musik kurz hoch.
Leeres Stadtparlament mit
Der Bär ist an seinem
Bär-Wappen im HG.
Platz, doch wo sind die
Flugzeug am Himmel.
SPRECHER: Sollten sie
Stadtväter? 14
Τ Starke Unter-
sich vielleicht nach dem
Kurz Motoren-
sicht
Westen abgesetzt haben?
geräusch.
15
G
Titelseite der »Neuen
SPRECHERIN: Nein,
Zeit".
noch nicht.
16
HT
Auto fährt vor.
SPRECHER: In Westber-
Leichte Musik
lin am Bahnhof Zoo, da
im HG.
läßt sich leichter reden. 17
HT
Mann schreitet durch
SPRECHERIN: Ohne die
Hoteleingang auf Kamera
böse Opposition.
zu. 18
τ +
Straßenszene: Mann ver-
Schwenk
läßt ein Auto.
gen.
links 19
Τ Starke
Flugzeug in der Luft.
UnterG
SPRECHER: Und über sich für alle Fälle die Luft-
sicht 20
Man läßt sich Zeit, man hat ja seinen starken Wa-
nach
brücke. Eine Uhr zeigt sechs Uhr
Die letzte U-Bahn aller-
Musik wird
dings fährt schon um
wieder bedroh-
18 Uhr.
licher.
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildmhalt
HN
Geschlossene U-Bahn-
Sprache
29 7 Musik
lung 21
station, davor ein Polizist (Kamerasicht aus der Station heraus). 22
HN
23
N
SPRECHERIN: Weltstadt Berlin.
Geschlossene Station von außen. Schaufeln lehnen an einer
SPRECHER: Kohlenkeller
Kellerwand.
eines Normalverbrauchers im Berliner Westsektor.
24
G
Eine Tür mit dem Schild
SPRECHERIN:
„Sitzungszimmer" und
Gewisse Volksvertreter
dem Hinweis, daß am
interessieren sich
7. September keiner
nicht fur Realität.
anzutreffen war. 25
Τ Starke
Flugzeug in der Luft (selbe
SPRECHER:
Motorenge-
Unter-
Aufnahme wie zuvor)
Und die Luftbrücke kostet
räusch im HG.
sicht
täglich dreihundert Tausend Dollar.
26 27
Schaufenster einer Wä-
SPRECHERIN: Zwei
scherei.
Währungen
wieder
G +
Schriftzug „Drogerie",
in einer Stadt - auch eine
leichter.
Schwenk
dann Schwenk auf Ausla-
Freude für die Hausfrauen.
HN
Musik wird
gen. 28
HT +
Gut gekleidete Menschen
SPRECHER: Wenigstens
Schwenk
gehen hinter Schuttbergen
ein Geschäft, das gut geht -
nach
entlang, dann Schwenk auf
mit Genehmigung des
rechts
Schild „Wechselstube am
Magistrates.
Zoo". 29
30
N
Sicht aus einem Polizeiwa-
Musik wird
gen heraus, der auf eine
Halt, ein zweites gut
Menschenmenge zufährt.
gehendes Geschäft: Die
N +
Hinweisschild, daß hier der
Razzia geht nur bis zur
Schwenk
amerikanische Sektor
Sektorengrenze.
fröhlich.
endet. Dann Schwenk auf eine Straße im amerikanischen Sektor. Musik wird wieder dramatischer. Kurz im Vordergrund.
298 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Menschen rennen hinter Schuttbergen davon (Ort nicht definierbar.) Straßenzug.
SPRECHER: Ein Sprung über die Straße und man ist in Sicherheit.
HT +
Fahrradfahrer fährt vor
Schwenk
Militärpolizei vorbei.
SPRECHERIN: Ebenso wenn man gut geschützt auf dem Platz der Republik große Worte macht. O-TON eines REDNERS: „Wir haben unsere Pflicht getan
Musik
lung 31
32 33
nach rechts 34 35
Fahrzeuge auf einem Platz. Reichstag von der Seite.
36
Τ Τ Leichte Untersicht HT
37
Τ
Menschenmenge.
38
HT
Drehorgelspieler.
Musik kurz hoch.
und wir werden unsere Pflicht weiter tun." SPRECHER: Und dazu die Melodie, die wir noch
39
Wieder Aufnahme von Flugzeug in der Luft.
40
Dito, jedoch in entgegenge-
gut im Ohr haben.
Männer sitzen auf Tischen und Stühlen in einem Saal. N N
Redner spricht sitzend.
43 44
N
45 46
HN
Eine Frau. Sitzender Redner. Menschen um einen Tisch.
HN
Zwei Redner von der Seite.
Drehorgelmusik setzt kurz ein. Kurz dramatische Musik, dann O-Ton Kriegsbericht über einen Luftangriff. Dann setzt wieder leichte Musik
setzte Richtimg.
42
und endet dann.
Menschenmenge steht um ein Polizeiauto.
41
Musik wird fröhlich
SPRECHERIN: Nicht alle schauen zum Himmel. Im Berliner demokratischen Block finden sich tatkräftige Vertreter aller Parteien, um ein Winternotprogramm zu besprechen. Denn es gilt Berlin vor einer Wiederholung der Katastrophe
Drehablaufpläne
Einst el-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
299
Musik
lung 47 48
Menschengedränge vor
des Winters 46/47 zu be-
einer Tür.
wahren.
Menschen im Saal.
49
HN
50
N
SPRECHER: Die Luft-
Musik wird
brücke ist nicht der
dramatischer
richtige Weg.
im HG.
Mann beim Holzhacken
Wir fordern Taten, so wie
im Winter.
es im Sommer 1945
Eingefrorenes Wasser in
in kritischer Stunde durch
einem Kessel (Archivbild).
entschlossene Anti-
51
HN
Herd mit Eiszapfen.
faschisten vollbracht
52
N
Kleiner Junge wärmt sich
wurde.
Dramatische
seine Hände am Ofen
Musik wird
(Blick von der Seite).
zum Schluß hochgezogen.
Schwarzblende.
300
Anhang 3
Drehablaufplan Welt im Film a) Berichterstattung zu den Nürnberger Prozessen Welt im Film 29/45 (Länge des Beitrages: 3 ' 3 0 " ) Ε inst el-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
N +
Gemalte Mauer, auf der
Bedrohlich
Trick
Justitia als Schatten er-
klingende Strei-
scheint. Darüber der Ti-
chermusik mit
tel„Der Nürnberger Pro-
viel В aß.
zeß", der sich dann in „Erste WochenschauAufnahmen aus dem Gerichtssaal" verändert. 2
Τ
Gebäude.
3
HN
Einzelne Fenster.
Musik endet. Auf dieses Haus sind heute die Augen der Welt gerichtet. Hier im Nürnberger Justizpalast hebt sich der Vorhang über
Τ Leichte
Eingang von der Straße
den Prozeß, der nach den
Obersicht
aus.
Worten des Vorsitzenden, Lordrichter Lawrence, einzig in der Geschichte des Rechts dasteht. Einzig in seiner Bedeutung für die Menschheit.
Gerichtssaal.
Das ist der historische
HT +
Zuhörerschaft, dann
der Verhandlung wurde
Schwenk
Schwenk durch den Gerichtssaal.
HN
Redner.
Gerichtssaal. Vor Beginn hier eine Prozeßprobe abgehalten zur Überprüfung der technischen Einrichtungen. Alliierte Soldaten übernahmen die Rolle der Richter und Angeklagten. Während der gesamten
HN
Zuhörer.
Verhandlungsdauer erfolgt sofortige Übertragung jedes gesprochenen Wortes in drei Sprachen
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
HN
Militärangehörige im Zeu-
durch die Kopfhörer an
genstand.
jedem Platz.
301 Musik
lung 9 10
HN
Richterbank.
Russische und französische
11
HN
Zuhörer.
hangslos).
12
HN
Militärangehörige im Zeu-
Bedrohliche
genstand.
Musik wieder
O-TÖNE (zusammen-
im HG, wird kurz 13
HN
hochgezogen.
Militärangehörige sitzen auf der Anklagebank.
14
HT
15
D
Straße vor dem Gerichtsgebäude. Hinweisschild „No Loitering. Das Herumstehen ist verboten".
16
HT
Amerikanische Militärangehörige und Panzer auf der Straße.
17
HT
Russische Militärangehöri-
Musik wird
Starke
ge lehnen an Panzer.
noch bedrohlicher.
Untersicht 18
19
HT HN
Musik wird
Eingangstor. Militärangehöriger kon-
Das ist die Kontrolle,
zurückge-
die jeder passieren muß.
fahren.
trolliert einen Eintretenden. Musik wird kurz hochgefahren, dann
Ausweis.
20
wieder 21
HT
im HG.
Militärangehörige kontrollieren.
22
HN + Schwenk
Weitere Militärangehörige
nach
treffen ein.
Generalleutnant (?), Befehlshaber der 3. Armee,
links
begibt sich zur Verhandlung. 23
HT
Dito.
Musik kurz hoch, endet dann.
302 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
24
τ
Gerichtssaal.
Brit. O - T O N (zusammen-
25
τ
Richterbank.
lung
hangslos). Der Prozeß beginnt. Die Richter der Vereinigten Staaten, Englands, Frankreichs und der 26
Ν +
Richter gehen an der Ka-
Sowjetunion nehmen ihre
Schwenk
mera vorbei zum
Plätze ein.
nach
Richtertisch. Vorsitzender
rechts Dann Schwenk auf Ange-
ist der englische Lordrich-
klagte.
ter Lawrence.
27
Τ
Gerichtssaal.
28
HT
Richterbank.
Leichte Obersicht 29
HN +
Richterbank.
Schwenk nach rechts 30
HT
Angeklagtenbank.
Dem Richtertisch gegenüber - die Angeklagten. Untere Reihe von links: Göring mit aufgestütztem Kopf, neben ihm Hess, von Ribbentrop und Keitel. Obere Reihe: Raeder, von Schirach, Sauckel, Jodl, von Papen.
31
HT
Dito, andere Perspektive.
Untere Reihe von links: Rosenberg, Frank, Frick, Streicher, Funk, Schacht.
Der Bericht wird noch
Obere Reihe neben von
weitere vier Minuten in
Papen: Speer, von Neurath.
dieser Form weitergeführt. Dabei stellt der Ankläger die Angeklagten zunächst einzeln vor. Abschließend fordert der Vorsitzende Richter im O-Ton zu Fairneß auf.
Musik
Drehablaufpläne
303
Welt im Film 30/45 (Länge des Beitrages: 5 ' 1 0 " ) Einst el-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
N +
Gemalte Wand mit Justitia
Angespannte,
Trick
als Schatten. Schriftein-
dynamische
blendung „Der Nürnberger
Musik.
Prozeß". Schrift wandelt sich dann in „Zweiter Bildbericht aus dem Gerichtssaal". Anwesende im Gerichts-
Ein neuer Gerichtstag in
saal erheben sich.
Nürnberg, eine neue Ta-
Τ +
Gerichtssaal von oben.
gesordnung, ein neuer
Schwenk
Dann Schwenk zum Rich-
Schritt zur Klärung und
nach
tertisch, wo sich die Rich-
Entscheidimg.
rechts.
ter gerade setzen.
Τ
Angeklagtenbank.
HT
Dito, nähere Perspektive.
HT
Weitere Angeklagte.
Musik endet. Die Angeklagten haben immer die gleiche Sitzordnung: sichtbar sind hier Schacht, Funk, Streicher. Untere Reihe von rechts: Frank, Rosenberg, Keitel.
HT
Eine Tafel wird an einer Wand aufgeklappt.
Eine Tafel erläutert die Gliederung von Partei und Staat.
HN
Angeklagtenbank.
O-TON undeutlich im HG.
9
HN
Tafel.
10
N
Dito.
11
HN
Verteidiger spricht.
Der Verteidiger Schachts.
12
HN
Angeklagtenbank.
O-TON, VERTEIDIGER
13
HN
Verteidiger.
stellen zu dürfen.)
14
HN
Angeklagtenbank.
15
Τ
Verteidiger mit Gerichts-
16
HN
Richterbank von der Seite.
17
Τ
Verteidiger mit Gerichts-
18
N
Richterbank.
(Er bittet, eine Objection
saal. O-TON, einzelne, englische Worte eines Richters.
304 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 19
Verteidiger versucht De-
20
fekt am Mikrofon zu be-
Eine kurze, technische
heben.
Störung. Die Kopfhörer,
Angeklagtenbank.
die die Ubersetzung der Dolmetscher vermitteln,
21
Τ
Dito, andere Perspektive.
22
N
Göring, Hess.
funktionieren nicht. O-TON RICHTER im HG.
23
T +
Schwenk durch den Ge-
Schwenk
richtssaal.
nach links 24
N
Ein Militärangehöriger
Englischer O-TON im H G
studiert den Staatsaufbau
(nicht verständlich).
der NSDAP. 25
Τ
Richtertisch.
26
Τ
Angeklagte.
27
ΗΝ
Richtertisch.
Gleich wird am Richtertisch eine Glühbirne aufleuchten. Das Signal ei-
28
ΗΝ
Angeklagte.
nes Ubersetzers, das den Redner veranlaßt, langsamer zu sprechen.
29
Ν
Verteidiger von hinten.
O-TON, VERTEIDIGER RIBBENTROPS. (Er stellt einen Antrag, da£ von Ribbentrop seine Sekretärin zurückerhalten möchte, da dessen Gedächtnis aufgrund von Schlaftabletten-Einnahme gelitten habe.)
30
ΗΝ
Anklagebank mit Göring.
31
Τ
Dito, andere Perspektive.
32
Τ
Angeklagte unterhalten sich untereinander.
Eine Verhandlungspause.
Dramatische Musik setzt wieder ein.
33
Ν
Dito, andere Perspektive.
34
Ν
Weitere Angeklagte.
35
Ν
Dito.
36
Ν
Dito.
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
305 Musik
lung 37
N
Dito.
38
N
Dito.
39
N
Ankläger von hinten.
Musik fährt zurück und Die große Anklage-Rede des amerikanischen Hauptanklägers Robert Jackson wies einige bemerkenswerte Höhepunkte auf:
40
HT
Angeklagte.
Seine Berücksichtigung
41
N +
Kamera schwenkt von
der Männer auf der Ankla-
Schwenk
Angeklagten zu den Rich-
gebank.
nach
tern.
rechts 42
HT +
Kamera schwenkt von
SPRECHER 2: Diese
Schwenk
Angeklagten zum Anklä-
Männer zogen ihr Volk in
nach
ger
ein waghalsiges Spiel um
HT +
Kamera schwenkt über die
lenkten alle sozialen Ener-
Schwenk
Angeklagten.
gien und Quellen der Er-
die Weltherrschaft. Sie
rechts 43
richtung einer nach ihrem Ermessen unbesiegbaren Kriegsmaschine zu. Sie überrannten ihre Nach44
T +
Schwenk über den Ge-
barn. Um die Kriegsma-
Schwenk
richtssaal.
schine der Herrenrasse
nach
aufrechterhalten zu kön-
rechts
nen, versklavten sie Millionen von Menschen und brachten sie nach Deutschland, wo diese unglücklichen Wesen heute als Heimatlose herumirren. Mit der Zeit erreichten Treuebruch und Bestialität ein solches Ausmaß, daß sie die schlummernde Kraft der in Gefahr geratenen Zivilisation erweckte. Ihre vereinten Bestrebungen haben die deutsche Kriegsmaschi-
endet dann.
306 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung nerie in Stücke geschlagen. Der Kampf hinterließ ein zwar befreites, jedoch darnieder liegendes Europa, in dem eine demoralisierende Gesellschaftsordnung darum ringt, weiter zu leben. Dies sind die Früchte der finsteren Mächte, die verkörpert in diesen Angeklagten hier auf der Anklagebank vor uns sitzen. SPRECHER 1: Und schließlich die Erklärung: SPRECHER 2: Wir wollen klarstellen, daß wir nicht beabsichtigen, daß ganze deutsche Volk zu beschuldigen.
Musik setzt kurz wieder ein und endet dann.
Harter, unerwarteter Schnitt.
Welt im Film 38/46 (Länge des Beitrages: 1 ' 2 0 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
T +
Kameraschwenk über
Sprache
Musik
lung
Schwenk T + Schwenk HN Τ
Angeklagte hin zu den Anklägern. Zeuge wird hereingeführt. Kameraschwenk folgt ihm. Richter ruft einen Zeugen auf. Zeuge wird vereidigt.
Die Beweisführung der amerikanischen und britischen Anklage gegen die einzelnen Angeklagten ist abgeschlossen. Im neuen Prozeßabschnitt rief die französische Anklagevertretung eine Reihe von Zeugen vor
Getragene, schwere Musik. Ihr Charakter läßt schlimmes erahnen.
307
Drehablaufpläne Einst el-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 5
HN
Französischer Ankläger
das Gericht, die erschüt-
von hinten.
ternde Einzelheiten hervorbrachten über die Zustände während der deutschen Besatzimg in Frankreich und in anderen Ländern.
Musik wird kurz hoch-
HT
HT
Richterbank.
Angeklagte.
Die französische Anklage
gezogen, dann
begann mit der Feststel-
wieder HG.
lung, daß die Vorfälle
Charakter: sehr
in den Folterkammern der
dramatisch.
Gestapo in allen Ländern gleich gewesen seien. Es müssen Richtlinien der Gewalt und Niederträch8
HT
Dito, andere Pespektive.
tigkeit vorgelegen haben, die von höheren, deutschen Stellen stammten.
HT
Französischer Ankläger.
Am Schluß seiner Anklageverlesung erklärte der französische Ankläger
Zuhörer.
10
Dupot: Eigentlich besteht das Verbrechen dieser Leute darin, daß sie das
Richterbank von oben.
11
deutsche Volk um 12 Jahrhunderte zurückversetzt haben, dafi sie als Re-
12
HN
Französischer Ankläger.
gierungsmittel eine Terrorpolitik ersonnen und verwirklicht haben gegen
13
alle unterjochten Völker
τ + Schwenk
Kameraschwenk über die Angeklagten.
und gegen ihr eigenes Volk.
Musik kurz hoch, endet dann mit Schlußwort.
Weiche Ausblendung.
308
Anhang 3
b) Berichterstattung zur Londoner Konferenz Welt im Film 135/47 (Länge des Beitrages: 0 ' 3 9 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
luPjj 1
Grauer Hintergrund mit
Tragende
Schrift „Zum Abbruch der
Musik.
Londoner Konferenz". Konferenzsaal.
Musik endet. Die Londoner Konferenz der vier Außenminister wurde nach 17 Sitzungen abgebrochen. Die Verhandlungen
HN
Konferenzteilnehmer.
scheiterten an den sowjetischen Forderungen auf Reparationen
Konferenzsaal.
in Höhe von 10 Milliarden Dollar und am Problem der wirtschaftlichen
Τ
Dito, andere Perspektive.
ΗΝ
Marshall.
Einheit Deutschlands. Der amerikanische Außenminister Marshall gab in seiner Schlußerklärung Sowjetrußland die alleinige Schuld für das Scheitern der Konferenz.
ΗΝ
Sowjetische Konferenzteilnehmer.
Sowjetrußland trage die volle Verantwortung dafür, daß auf dieser Konferenz weder über den deutschen noch über den österreichischen Friedensvertrag eine Verständigung
Konferenzsaal.
erzielt werden konnte. (Zum Schluß kurz O-TON-Einblendung im HG).
Weiche Ausblendung
Drehablaufpläne
309
с) Berichterstattung zur Berlinkrise und Währungsreform Welt im Film 161/48 (Länge des Beitrages: 4 ' 4 0 ' ' ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
G
Geldscheine im HG,
Fanfarenmusik.
darüber die Schrift
Musik wird
„"Währungsreform". Straßenbild: Menschen im
zurückgeAm Vorabend des 18. Juni.
2
Τ
Regen.
Überall in den drei
3
Τ
Dito, andere Perspektive.
Westzonen dasselbe Bild,
4
Τ
Dito, andere Perspektive.
5
HN
Passanten studieren Schau-
Gesteigerte Nervosität,
fenster.
knisternde Spannung, das
Köpfe (von hinten) stu-
Gefühl, es ist soweit.
nommen.
dieselben Erscheinungen.
6
N
dieren ausgehängte Zeitungen. 7
D
Musik kurz
Gesichter beim Lesen.
hoch. 8
D
9
Τ
Dito, andere Perspektive. Straßenbild: Passanten warten vor einem Kauf-
Und dann war es soweit.
haus. 10 11
12
HT Τ
HT
Passanten mit Regenschir-
Ein Sturm auf die Geschäf-
men.
te setzt ein.
Passanten stehen in
Jeder will das alte Geld
Schlange vor einem
noch anlegen. Alle kau-
Kaufhaus.
fen alles und die Ge-
Menschen verlassen ein
schäfte schließen vielfach.
Geschäft. Musik wird hoch-
13
HT
Einzelner Mann verläßt ein
gefahren.
Geschäft.
MusikCharakter wandelt sich
14
zu freudig-
HT
Geschäftsfront.
15
D
„Ausverkauf-Schild.
erregt.
16
Τ
Geschäftsstraße.
Musik wird wieder
Anhang 3
310 Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Τ +
Menschenschlangen auf
Schwenk
einem
Auf allen Bahnhöfen
nach
Bahnhof.
herrscht Hochbetrieb.
Musik
lung 17
heruntergefahren.
Privat-, Geschäfts- und
unten
Vergnügungsreisen werden 18
T+
Dito, andere Perspektive.
unterbrochen. Alles fährt zurück in die Heimatorte.
Schwenk nach rechts 19
Τ
Menschenmassen.
Auch in den Kurorten
20
HT
Dito, andere Perspektive.
lungssuchenden,
reisen die wirklich Erhonoch mehr aber die Dauererholungsgäste 21
HT
Dito.
in Scharren ab.
22
HT
Dito.
Die wahren Preise in al-
Musik kurz hoch.
ter Währung erreichten bei den Schwarzhändlern
23 24
D HN
in der elften Stunde
Musik kurz
astronomische Ziffern.
hoch.
Hand nimmt etwas aus
Das letzte Pfund Kirschen
Musik kurz
einer Tasche.
für hundert alte Mark.
hoch.
Menschen beim Rechnen und Geldverteilen.
25
D
Hände bearbeiten etwas.
Dann ruft es mit ein-
26
D
Hände an einer Rotati-
dringlichen Schlagzeilen
onsmaschine.
„Währungsreform".
27
HN
28
HT
Frauen verpacken Zeitungen. Straßenszene.
Und wie man vorher auf jede Ware Jagd machte, so sucht man jetzt, jede Zeitung zu erhäschen.
29
HN
Passanten versuchen, Zei-
Jeder will Einzelheiten
tungen aus einem Auto
wissen. Denn diese Maß-
heraus zu greifen.
nahme geht jeden an.
Musik ist mm dramatischer, wird kurz hoch-
30
Τ
Passanten rennen hinter einem Auto her.
gezogen.
Drehablaufpläne
Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
311
Musik
lung 31
HN
Passanten versuchen, Zeitungen zu greifen.
32
HN
33
HN
Dito, andere Perspektive. Zeitungen werden verteilt.
34
HN
Menschen beim Zeitungs-
35
HN
lesen. Musik strebt
Dito, andere Perspektive.
ihrem dramati36
HN
Dito.
schen Höhe-
37
HN
Dito.
punkt entgegen.
38
HN
Dito.
Musik endet plötzlich.
39
Τ
Wand mit Uhr.
40
D
Uhr nun im HG, im VG
neue Geld, in Risten ver-
eine Kiste.
packt, bündelweise.
41
42
Nun ist es soweit. Das
HT +
Arbeiter tragen Kisten
Musik ist nun
Schwenk
herbei, andere öffnen
triumphierend
nach
Säcke.
fröhlich.
links N
Kisten mit der Aufschrift „Deutsche Mark".
Charakter wandelt sich
43
D
Eine Statue.
zu erlösender
44
D
Geld wird von einer Hand
mit Bläsern im
abgezählt.
HG. Musik
Marschmusik
wird dann 45
D
46
Τ
47
HT
48
Geldsack wird markiert.
In Säcke umgepackt und
wieder herun-
plombiert. Fertig zum
tergezogen.
Geldsäcke werden verla-
Abtransport in die Verteil-
den.
stellen.
Geldsäcke werden zu den
Musik kurz
Lastwagen getragen.
hoch.
T + Schwenk nach links
Münchner Marktplatz.
Im Morgengrauen des Sonntags rollen Wagen und Gefährten unter größten Sicherheitsmaßnahmen mit dem neuen Geld durch Stadt und Land.
312
Einstel·
Anhang 3
Kamera
Bildinhalt
Sprache
T +
Wartende Menschenmenge
Schon lange vor dem Aus-
Fahrt
im Regen.
gabe-Termin des Kopfgel-
Musik
lang 49
des haben sich Schlangen an den Auszahlungsstellen gebildet. Keiner will zu spät dran sein. Jeder möchte bald das neue Geld in der Tasche haben. Über50
Menschenmenge.
all Schlangen - Re-
Musik kurz
kordschlangen.
hoch.
Dann geht es schubweise 51 52
HN
Schwenk
54 55 56
in die Auszahlungsräume
Raum.
hinein. Ausweise, Papiere, altes Geld.
T + nach
53
Menschen betreten einen
unten HN N D G
Kameraschwenk über die
Und da liegen sie, die
Menschen im Auszah-
deutschen Markscheine, 40
lungsraum.
Mark für jeden.
Frau erhält Geld.
Das Startgeld in
Frau unterschreibt.
einen neuen Abschnitt des
Eine Hand zählt Geld.
Daseins. Der erste Schritt
Kopf des Geldausgebers ist
zur Schaffung einer ge-
angespannt.
sunden wirtschaftlichen Basis für die drei west-
57
N
Geldscheine.
58
G
Frauenkopf.
lichen Zonen.
59
G
Gesicht eines alten Man-
Kurz nach der Währungs-
nes.
reform wurde eine Steuer-
Eine Kassette, in der das
ermäßigung bekanntge-
60
alte Geld gesammelt wird. 61
N +
Ein Mann packt mit seiner
Schwenk
Hand das Geld ein.
zum
geben. Seit Kriegsende war kein Ereignis in Deutschland so einschneidend wie die Währungsreform. - Keines so bedeutsam für die zukünf-
Kopf 62
N
Kamerazoom auf das Geld.
63
Τ
Menschen vor einem Ge-
64
N +
Geschäfte werden mit
Schwenk
Waren gefüllt.
schäft.
tige Entwicklung. Die ersten hoffnungsvol-
Musik kurz hoch.
len Anzeichen einer Umstellung der bisher erstarrten Wirtschaft.
nach
Musik kurz
unten
hoch.
Drehablaufpläne Kamera
Bildinhalt
65
N
Schaufenster.
66
N
Dito, andere Perspektive.
67
N
Preistafel.
68
N
Einzelne Person.
Einstel-
Sprache
313 Musik
lung Ihr Charakter ist nun wieder triumphal.
Weiche Uberblendung Führende Persönlichkeiten der Wirtschaft und Politik äußerten sich zur Währungsreform. 69
Kopf und Schulter
Oberdirektor Pünder sagte
Pünders.
in seiner Rundfunkansprache: (O-TON PÜNDERS...)
Weiche Ausblendung
Welt im Film 1 6 2 / 4 8 (Länge des Beitrages: 2 ' 4 0 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
T +
Straßenszene im HG,
Spielfilmhafte
Schrift-
davor Schriftzug
Unterhaltungs-
zug
„Nach der Währungsre-
musik.
form: Ein zeitgenössischer Bilderbogen".
Musik wird
HT
Wochenmarkt
Kurz nach der Währungs-
zurück
N +
In einer Waage wird Ge-
reform macht die Kamera
genommen.
Schwenk
müse abgewogen.
einen Bummel über den
nach
Die Kamera folgt dem
Wochenmarkt und fängt
rechts
Ablauf des Gemüse-
dabei Bilder ein, die noch
Verkaufs.
vor kurzer Zeit wie Trugbilder gewirkt hätten.
HN HN
Eine Bauersfrau wiegt
Gemüse in Hülle und
etwas ab.
Fülle. Alles frisch
Passanten tragen Gemüse
und zum Aussuchen, Ware
mit sich.
von bester Qualität. Man fragt nach dem Preis, kauft und geht befriedigt nach Hause.
314 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
HN
Passant betrachtet prüfend
Sprache
Musik
lung 6
Musik kurz
das Kirsch-Angebot.
hoch.
7
HN
Obst wird verladen.
Mit der Währungsreform
8
N
Zwei Körbe mit Früchten.
das Obst reif.
9
N + Schwenk
Eine Frau verkauft Blu-
10
HN
Schlosserwaren.
11
N
Bügeleisen und Besteck liegen auf einem Verkaufstisch.
12
HN
Menschen vor einem Schaufenster.
13
N
Schaufenster-Auslage.
14
N
Angebotsschild.
15
N
Zigarren-Schilder.
Auch hier blüht das Geschäft. Die Auswahl ist groß, die Bedienung freundlich. Es gibt mit einem Mal wieder Dinge, von denen man bisher nur im Flüsterton sprach, die nur unter dem Ladentisch veräußert wurden. Jetzt ist Geld wieder alles. Die Kundschaft aber ist kritisch, kauft oder streikt. Je nach dem Preis. So wird manche frühere Mangelware heute zum Ladenhüter. In den Schaufenstern dasselbe Bild.
16
N
Uhren und Schmuck.
17
N
Dito, andere Perspektive.
wurde über Nacht auch Musik kurz hoch. men.
Die Regale füllen sich. Die Lager geben her, was so lange nicht zu haben war. Käufer und Ladeninhaber spüren, was die Stunde geschlagen hat.
Musik kurz hoch.
Straßenbahn.
18
19
HN
Wagen vor DroschkenParkplatz.
20
Τ +
Dito, andere Perspektive.
Schwenk nach links
Auch der Verkehr zeigt die Auswirkungen der Währungsreform. Die Trittbrettfahrer sind ausge storben. Fast ein Wunder: Taxen warten auf Fahrtgäste.
Musik wird hochgezogen.
Drehablaufpläne Kamera
Bildinhalt
21
HN
Taxifahrer unterhalten
22
HT
Kofferträger wartet auf
Einstel-
Sprache
315 Musik
lung
sich. Kundschaft.
Musik wird wieder zu-
23
Τ +
Bahnhof mit Gleisen.
Und der Bahnhof zeigt
rückgefahren.
nach den Tagen letzten,
Schwenk nach
gewaltigen Ansturms eine
links
ungewohnte Leere. Man reist wieder angenehm
24
Gleis mit eingefahrenem
oder jedenfalls menschen-
Zug.
würdig. Musik ist nun
25
beschwingt.
N +
Zug fährt neben der
Schwenk
Kamera los.
Wird kurz
Die Kamera schwenkt
hochgezogen.
mit dem ausfahrenden Zug. HT +
Verkaufsstelle eines
Schwenk
Theaters.
haltungsstätten. Nach der
27
D
Plakat „Konzert - Tanz".
Währungsreform wird
28
HT
Leeres Lokal mit warten-
jeder Pfennig umgedreht,
26
den Obern.
Krisenzeit für die Unter-
ehe man sich im Walzer dreht.
29
Τ
Frauen tanzen in einem
Musik kurz
Lokal.
hoch.
30
Τ
Bierausschank.
Auch Dünnbier ist noch
31
Τ
Viele Bierkrüge, im H G
Musik kurz
wartende Ober.
hoch.
nicht stark gefragt.
32
HT
Rummelplatz.
33
ΗΝ
Karussell.
Auf dem Rummelplatz herrscht nur wenig Rummel. Die Karussels haben noch kaum Fahrgäste.
RummelplatzMusik wird
34
HT
Riesenrad.
35
HT
Variete-Wagen.
36
HT +
kurz hochgefahren.
Schwenk
Ein kleines Kind schaut ei-
Der Trapezkünstler arbei-
nach
nem Trapezkünstler zu.
tet für ein kleines, aber
unten
dankbares Publikum.
316
Anhang 3
Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
37
N
Kleines Mädchen.
38
Τ
Pferde-Rennbahn.
Auf dem Rennplatz ist das
39
D
Plakat.
Schild „Eintritt frei"
40
Τ
Rennbahn, Innenansicht.
Gewettet wird allerdings
Geöffneter, aber leerer
noch wenig.
Musik
Musik wird kurz hochgefahren.
ein wirksames Lockmittel. 41
Τ
Wettschalter. 42
Auto fährt in eine Tank-
Und noch eine Folge der
stelle.
Währungsreform: Der Kundendienst lebt wieder auf.
43
нт
Auto wird geputzt.
44
ΗΝ
Tankwart.
45
ΗΝ
Autoscheiben werden
Man ist eifrig und höflich und sagt beim Abschied „Bitte beehren Sie uns wieder". So geschehen im Sommer 1948.
geputzt. Musik endet. Weiche Ausblendung.
Welt im Film 163/48 (Länge des Beitrages: 5 ' 0 9 ' ' ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
Τ +
Bedrohliche
Schrift-
Straßenbild in Berlin.
ein- und
Davor
ausblen-
der Schriftzug „Berlin in
dung
der Krise". Schriftzug ver-
Musik.
schwindet dann.
Musik geht in H G zurück.
HT + Schwenk
Straßenszene.
eine Krise gigantischen
rechts HT
Berlin in diesen Tagen und Wochen kämpft gegen
nach Dito, andere Perspektive.
Ammasses. Nach der Währungsreform in den Westzonen und den sowjetrus-
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
HT
Dito.
sischen Gegenmaßnahmen
317 Musik
lung 4
für die Ostzone und Berlin erfüllte zunächst Unsicherheit und Sorge die Stadt. Die Ungewißheit steigerte sich zu drohender Gefahr als die Russen 5
Τ
Bahnschienen.
die Zufuhren zu den west-
6
N
Einzelnes Bahngleis.
lichen Sektoren sperrten.
7
Τ +
Kontrollpunkt am Transit-
Über zwei Millionen Men-
Schwenk
weg.
schen wurden von Sowjetrußland Hunger und Not ausgesetzt, um politische Vorteile gegenüber den
8
HT
Kontrollpunkt Helmstedt.
westlichen Alliierten zu erlangen. Dieses Vorgehen wurde mit sofortigen Gegenmaßnahmen Amerikas und Englands beantwortet.
9
Τ + Schwenk
Kamera schwenkt über
Die Bevölkerung der West-
eine Menschenansammlung
sektoren behält die Nerven
in Berlin.
und läßt sich nicht einschüchtern. Auf dem Platz des Fußball-Clubs Hertha am Gesundbrunnen erschienen Zehntausende zu einer von der sozialdemokratischen Partei einberufenen Versammlung. Die Redner stellten auf dieser Versammlung klar, daß Sowjetrußland mit der Politik der Blockade aller Westsektoren Berlins nur die deutsche Bevölkerung treffe. Emst Reuter,
10
HN
Redner.
der gewählte, aber von den Sowjetrussen noch nicht bestätigte Bürgermeister von Berlin sagte.
Musik endet.
Anhang 3
318 Einstellung
Kamera
Bildinhalt
Sprache
11
HN
Zuhörer.
O-TON, REUTER (...)
12 13
Τ
Menschenmenge.
ΗΝ ΗΝ
Redner. Redner von hinten.
15 16
Τ
Menschenmenge. Einzelner Zuhörer mit
17
G G
14
Ν
Musik
Pfeife. 18 19 20
G ΗΝ
Krankenschwester. Zwei Zuhörer. Einzelner Zuhörer.
ΗΝ
Mehrere Zuhörer. Redner.
Τ+
Kamera schwenkt über
Ernst Reuter betonte dann
Schwenk
Menschenmenge.
23 24
ΗΝ Τ
Redner. Menschenmenge.
die Entschlossenheit der Berliner, eine
25
Τ
Angriffe und Provokatio-
26
ΗΝ
Dito, andere Perspektive. Einzelne Frau blickt aus Menschenmenge zum
O-TON, REUTER (...)
21 22
27 28 29 30
ΗΝ ΗΝ ΗΝ ΗΝ Τ
feste Haltung gegen alle nen zu bewahren.
Redner. Zuhörer. Dito, andere Perspektive. Dito. Dito.
31 32
ΗΝ
33 34
ΗΝ Τ
Redner von der Seite. Menge applaudiert.
O-Ton.
35
ΗΝ
Zwei Jungen applaudieren
Applaus.
Τ+
begeistert. Kamera schwenkt über Menschenmenge.
36
Schwenk
Menschenmenge. Redner von hinten.
37
Τ
Viele Schirme decken die Menschenmenge ab.
38
Τ+ Fahrt
Kamera fährt an Menschen
39
Τ
mit aufgespannten Schirmen entlang. Außenfront eines Gebäudes, vor dem die britische Fahne gehißt wird.
In weiteren Kundgebungen
Leichte HG-
wurde diese Entschlossen-
Musik setzt
heit unterstrichen.
wieder ein.
So bei einer Versammlung der SPD, LPD, CDU auf dem Fehrbelliner Platz, zu der trotz Regen Tausende gekommen waren. Eine Verschärfung der Berliner Krise brachte die Erklärung des russischen.
Musik kurz hoch.
Drehablaufpläne Kamera
Bildinhalt
40
N
Schild „Kommandantura Berlin".
41
HT + Schwenk
Militärangehörige steigen aus einem Auto aus und schreiten an Kamera, die ihnen mit einem Schwenk folgt, vorbei. Konferenzsaal. Britischer Vertreter.
Einstel-
Sprache
319 Musik
lung
42
HT
43 44 45 46 47 48 49
50
Obersten, Kalinin daß die Berliner Kommandantur nach russischer Ansicht als Verwaltungsbehörde nicht mehr bestehe. Hier Bilder von einer der letzten Sitzungen der Kommandantur. Musik kurz hoch. Der britische Kommandant von Berlin (?).
Musik kurz hoch.
N HN HN N
Französischer Vertreter. Konferenzteilnehmer. Dito, andere Perspektive. Sowjetischer Vertreter.
N
Amerikanischer Vertreter.
HN
Konferenzteilnehmer.
Τ
Konferenzzimmer.
Der französische Kom-
Musik kurz
mandant, General (?).
hoch.
Der russische Kommandant, Kotinkow. Der amerikanische Kommandant, Oberst Howley. Die westlichen Alliierten haben gegen die Aufhebung der Kommandantur Protest eingelegt.
Musik kurz hoch.
Musik kurz hoch.
51
Τ
Amerikanische Militärangehörige
Der amerikanische, ober-
schreiten einen Weg entlang und an Kamera vorbei.
kommandierende General, Clay, hatte fortlaufend Besprechungen mit führenden Politikern.
Und nun beginnt die Versorgung Berlins aus der Luft: Die große Luftbrücke. Auf dem Flugplatz der britischen Luftwaffe in Wunstorf bei Hannover
52
T + Schwenk
Kamera schwenkt über einen Flugplatz.
53
HT
Britische Militärangehörige schreiten an der Kamera vorbei.
Musik wird wieder dramatischer. Sie tritt kurz in den VG.
320 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung besichtigte General Robertson, der in Deutschland britische Oberkommandierende, 54
HT
Britischer Militär-
das Verladen der Lebens-
Lastwagen.
mittel.
55
HN
Verladen von Kartons.
Rund alle zehn Minuten startet eine Maschine mit Lebensmitteln zum Flug nach Berlin.
56
Τ
Startendes Flugzeug.
57
Τ
Flugplatz.
In drei Schichten wird Tag und Nacht gearbeitet. Musik kurz hoch. Derselbe Betrieb auf dem
58
Τ
Ein Flugzeug wird beladen.
Rhein-Main Flugplatz.
59
HT
Verladevorgang.
nischen Maschinen abge-
60
ΗΝ
Säcke werden verladen.
Hier werden die amerikafertigt. Starke Unter-
Tonne für Tonne wichtiger
sicht 61
ΗΝ
Lebensmittel wird Kistenstapel im Hugzeug.
verladen.
Dramatische Musik wird kurz hochgezogen.
62
ΗΝ
Pilot blickt aus dem Fenster.
Maschine für Maschine startet in wenigen Minuten Abstand;
63
HT
Flugzeug beim Starten.
Hunderte von Flügen jeden Tag.
Musik kurz hoch.
64
HT
Flugzeug rollt an Kamera vorbei.
Viermotorige Transporter von den entferntesten Flughäfen wurden
65 66
ΗΝ HT
Flugzeug fliegt über Kame-
für diesen Versorgungs-
ra hinweg.
dienst zusammengezogen.
Weiteres Flugzeug beim Starten.
Musik kurz hoch.
Drehablaufpläne Einst el-
Kamera
Bildinhalt
Τ
Flugzeug fliegt durchs Bild.
Sprache
321 Musik
lung 67
Daneben ertönen auch Motoren-
68 69 70 71 72
Τ
Dito, andere Perspektive.
Τ
Flugzeug landet.
HT
Dito, andere Perspektive.
In Berlin landen die
rückgefahren.
Maschinen in dichter FolHN
Flugzeug rollt in Position.
ge auf dem amerikanischen Flughafen Tempelhof und
HN +
Blick in Tower, dann aufs
dem britischen Flughafen
Schwenk
Flugfeld.
Gato bei Berlin. Die Luftaktion Berlin ist das größte
links
74
Beides wird wieder zu-
nach 73
geräusche.
Τ HT
Flugfeld, andere
Unternehmen der Luft-
Perspektive.
fahrt, das je gestartet
Ausladen der Pakete.
wurde. Allein vom 26. Juni bis zum 4. Juli wurden über 3.300 Tonnen Nahrungsmittel und
75
HN
Auslade-Vorgang.
76
HN
Dito, andere Perspektive.
77
HN
Ein LKW fährt mit Säcken
lebenswichtige Güter nach Berlin geflogen. Dabei wurden über eine Million Hugkilometer zurückgelegt.
fort. 78
Τ
Flugzeug in der Luft.
79
Τ
Dito, jedoch schon weiter
Die Ernährung in den Westsektoren ist gesichert.
entfernt. 80
HN
Flugzeug beim Landen.
81
N
Frauengesichter beobach-
anschließend
ten Flugzeug.
wird eine
Die Frauen freuen sich.
Musik mit
O-Ton Motorengeräusch,
triumphalem Charakter 82
Τ
Hugzeug in der Luft.
83
HN
Lächelnde Menschen beob-
84
Τ
Flugzeug beim Landen.
achten die Flugzeuge.
hochgezogen.
322 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 85
G
Zuversichtlich schauender Junge.
86
Τ
Musik endet.
Flugplatz. Weiche Ausblendung.
Welt im Film 164/48 (Länge des Beitrages: 5 ' 3 0 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
lung 1
Τ +
Straßenszene mit Titel
Kurze Einspie-
Schwenk
„Berlin" im VG.
lung einer dramatischen Musik,
Ausschnitt
die dann abrupt
wird abschließend HT
vergrößert.
Die große Krise Berlins, sie
endet.
hat das Gesicht der Stadt Τ
Andere Straßenszene.
verwandelt.
Dramatische Musik setzt
HN
Menschenmenge in den Straßen Berlins.
Das Straßenbild zeigt die
neuerlich
Fieber-Erscheinungen un-
im H G ein.
ruhig pulsierender Geschäftigkeit und gespannter Erwartung. Berlins
HT
Dito, andere Perspektive.
Organismus läuft auf erhöhten Tourenzahlen.
HN
Drei Männer tauschen
Der Schwarzmarkt, in den
heimlich Geld untereinan-
Westzonen fast ausgestor-
der aus.
ben, besteht in Berlin weiter als Folge der
HT
Mann mit Fahrrad verkauft
sowjetrussischen Wäh-
etwas an eine Frau.
rungspolitik. Man tauscht Ostmark in Westmark oder umgekehrt.
HN
Ein Mann und ein Junge wechseln versteckt Geld.
Man horcht herum, organisiert, handelt und tut auch manches andere schwarz.
Drehablaufpläne Einstellung
10
Kamera
Bildinhalt
HN; Bild ist dunkel gehalten. HT + Schwenk nach links; Bild ist unscharf.
Zwei Männer stehen dicht
11
Sprache
Aus einer Menschenmenge löst sich ein Schwarzhändler, den die Polizei verfolgt.
Und manchmal greift auch
Musik baut sich
die Polizei ein.
im HG dramatisierend auf.
Die Inseln des Schwarzhandelns werden isoliert und abgeräumt.
13
HT
14
HN HN
15 16
17
Einzelner Mann wird von Polizei abgeführt. Mehrere Männer werden von der Polizei auf einen LKW verladen. Männer auf LKW. LKW fährt durchs Bild an Kamera vorbei. LKW mit festgenommenen Männern (Sicht von hinten) fährt weg. Menschen umringen ein Militärfahrzeug mit Lautsprecher.
Musik wird wieder ruhiger, wird dann zurückfahren. Berlins Westsektoren leiden unter größter Einschränkung von Gas und Elektrizität.
18
HN
Dito, andere Perspektive.
19
HN + Schwenk nach rechts
Kamera schwenkt von Menschenmenge zu Militärfahrzeug mit Aufschrift „Rias Berlin".
Doch Berlin bleibt auf dem
N
Ein Mann im Militärfahrzeug spricht in ein Mikrofon.
dem Rundfunk im ameri-
Blick von Rücksitzbank auf dessen Manuskript.
Nachrichten.
20
21
N
Musik auf seinem dramatischen Höhepunkt, nun hochgezogen.
tet. HN
Musik
nebeneinander.
Polizei hat Männer verhaf-
12
323
Laufenden. Am Tage verliest ein Lautsprecherwagen von Rias,
kanischen Sektor, die neuesten
Fröhliche Blasmusik setzt im HG ein.
324 Einstel-
Anhang 3 Kamera
Bildinhalt
Sprache
T +
Kamera schwenkt über
Der Reporter auf Räder
Schwcnk
Menschenmenge.
Musik
lung 22
nach links 23
G
vermittelt den Kontakt mit der großen Politik, die um Berlin kreist.
Älterer Mann hört lächelnd zu.
Fröhliche Blasmusik
24 25
G Τ
Jüngerer Mann hört lä-
wird hochgezo-
chelnd zu.
gen.
Menschen applaudieren,
Zusätzlich O-
wobei die meisten
Ton Applaus.
lächeln. Umschnitt.
Welt im Film 185/48 (Länge des Beitrages: 3 '08 " ) Einstel-
Sprache
Musik
Kamera
Bildinhalt
D +
Bildlicher Ausschnitt aus
Optimistisch
Trick
einer Wahlliste, der nur das
anmutende
Wort „Freiheit" erken-
Musik.
lung
nen läßt. Dann Einblendung der Schrift „Berlin wählt".
In Berlin haben gemäß
Musik wird
HN +
Litfaßsäule mit Wahlliste
der Verfassung der Stadt
zurück-
Schwenk
und -plakaten.
alle zwei Jahre Wahlen
genommen.
zum Parlament stattzufin-
nach
den.
oben HT
Menschenmenge mit SPD-
Da die Amtszeit des 1946
Wahlplakaten.
gewählten Stadtparlaments
Τ
Bürger verlassen einen Saal.
abgelaufen ist, wären
HT
Menschen rollen Wahlpla-
wieder Wahlen für Berlin
HG-Musik
kate ein.
fällig.
wird dramatischer, ist für
Dito, andere Perspektive.
kurze Zeit Eine Hand greift nach
Sowjetrussischer Druck
einem Packen Wahlzetteln.
verhinderte jedoch die
hochgezogen.
Drehablaufpläne Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
HN
Eine Frau gibt Wahlzettel
verfassungsmäßigen Wah-
aus.
len im Ostsektor.
325 Musik
lung
HT +
SPD-Logo über einer Tür.
So fanden die Wahlen nur
Schwenk
Kamera schwenkt zur Tür,
in den drei Westsektoren
•ach
aus der Menschen treten.
statt unter Beteiligung der
Ein Mann klebt ein LPD-
Partei, der liberaldemo-
sozialdemokratischen
unten
10
HN
Wahlplakat an.
kratischen Partei und der christlich-demokra-
HN
Anschließend klebt er ein
tischen Union.
SPD-Wahlplakat an. 12
D +
Ausschnitt des SPD-
Musik wieder
Schwenk
Wahlplakates.
optimistischer.
nach
Anschließend schwenkt die
unten
Kamera über den Schriftzug „Durch
Wird kurz
Berlin fließt immer noch
hochgezogen.
die Spree. Die Wolga aber durch Rußland". Die SED beteiligte sich nicht an dieser Wahl und versuchte darüber hinaus die Bewohner der West13
HT
Mauer, auf der mit Farbe
sektoren mit allen Mitteln
geschrieben steht: „Wähl
von der Wahlurne fernzu-
nicht".
halten.
14
N
Plakat auf Holzwand.
Doch weder die Presse-
15
N
Ein Mann schiebt einen
hetze noch alle Einschüch-
Zettel unter einer Haustür
terungsversuche konnten
hindurch. Es ist jedoch nur
die Berliner von ihrer
sein Schatten dabei zu
Pflicht abhalten.
sehen. Beitrag wird in ähnlicher Weise noch rund zwei Minuten weitergeführt.
326
Anhang 3
Drehablaufplan Blick in die Welt a) Berichterstattung zur Berlinkrise Blick in die Welt 52/48 (Länge des Beitrages: О'ЗО") Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
Auf Befehl des französi-
Musik.
lung Τ +
Zerborstene Stahlkonstruk-
Schwenk
tionen.
nach
Leichte HGschen Kommandanten in Berlin, General Gantval,
links
HN +
Zwei französische Militär-
wurden die beiden Sende-
Schwenk
angehörige. Dann Schwenk
türme des Berliner Rund-
nach
auf die Hinweistafel „Deut-
funks gesprengt.
rechts
sche Reichspost, Grossrundfunk-Sender Berlin".
In unmittelbarer Nähe des
HT +
Kinder spielen vor einem
neuen Flugplatzes Tegel im
Schwenk
Zaun. Hinter diesem sind
französischen Sektor er-
nach
Teile der gesprengten Türme
richtet, stellten sie eine
links
sichtbar.
dauernde Gefährdung des
Τ +
Uberreste der Sprengung.
Luftverkehrs dar.
Überreste liegen in der
In Folge der unmensch-
Landschaft.
lichen Blockade hängt die
Stahlreste werden ausein-
nackte Existenz der Ber-
Schwenk nach links Τ HT HT HT
andergenommen.
liner Bevölkerung von der
Kinder spielen in den Stahl-
ungestörten Versorgung
überresten.
auf dem Luftweg ab.
Kinder sitzen auf einem Zaun und beobachten das Geschehen auf dem Gelände.
In ihrem Interesse und zum Schutze der oft zum Blindflug gezwungenen,
9
N
Teil eines Stahlgerüstes.
alliierten Flieger mußte
10
HT +
Stahl-Überreste.
die Niederlegung der Türme durchgeführt werden.
Schwenk nach links HN
Dito, andere Perspektive. Schwarz-Ausblendung.
Drehablaufpläne
327
Blick in die Welt 5/49 (Länge des Beitrages: 0 ' 2 9 " ) Einstel-
Kamera
Bildinhalt
Sprache
Musik
HT +
Konferenzteilnehmer um
Nach vierwöchentlicher
Leichte HG-
Schwenk
einen Tisch.
Arbeit haben die Außen-
Musik.
lung
minister der vier Groß-
nach
mächte ihre Besprechun-
rechts HN
Einzelne Konferenzteil-
gen in Paris abgeschlos-
nehmer. HN
Dito, andere Perspektive.
HT
Konferenztisch mit Teil-
Sie erreichten Teil-
nehmern.
lösungen des deutschen
HN
Dito, andere Perspektive.
Problems, ermöglichten
HN
Dito.
der neugeschaffenen, westdeutschen Bundesre-
N
Einzelne Köpfe.
publik ungestört an die
HN
Konferenzteilnehmer schüt-
Arbeit zu gehen. Und
teln sich die Hände.
für Berlin scheint damit endgültig die Aufhebung der Blockade gesichert. In der Österreich-Frage sind die vier Außenminister zur Einigung über den Staatsvertrag gelangt. Ein wesentlicher Schritt nach vorwärts ist getan. Musik wird kurz hochgezogen und endet dann.
Schwarz-Blende.
PERSONENREGISTER
Ackermann, Anton 191, 228
Gordon, Wolff von 191
Arnaud, Jean 121,127,168
Grotewohl, Otto 201,212
Baird, John Logie 73
Hagen, Manfred 32 f.
Balazs, Bela 48
Hindenburg, Paul 25
Balfour, Michael 115 Becquerel, Alexandre Edmond 72
Hubatsch, Walter 25 f.
Bergmann, Karl Hans 187 f., 191
Jordan, Günter 182, 195 f., 216
Bevin, Ernest 210 Bidault, Georges 210 Birley, Robert 91
Kaltenbrunner, Ernst 205 Karolus, August 73
Bishop, Alec W. 95, 113 f., 123 Bücher, Peter 33, 36
Keller, Marion 192
Bodensieck, Heinrich 33, 163 Bortfeld, Hans-Robert 191
Koenig, Pierre 120 f., 128, 164, 167, 170, 173 f., 178 f.
Klering, Hans 182,187,189,191,194
Buttlar, Walrab von 130 f., 201 Laffon, Emile 120 f. Churchill, Winston 88
Lindemann Alfred 187 f.
Clay, Lucius D. 105, 163, 180
Lissa, Zofia 55 f. Loiperdinger, Martin 217
Colin-Reval, Marcel 141, 144, 164, 171
Ludendorff, Erich 63 De Gaulle, Charles 88 Dely, Maxime 171 Dengler, Gerhard 193
Lumiere, Louis 59 f.
Draper, William 106
Maetzig, Kurt 184, 187 Marshall, George 210
Droysen, Johann Gustav 19 f.
Martin, Jacques 126 McClure, Robert 87, 95, 100, 123, 147, 158,
Edison, Thomas Alva 59 Eisenhower, Dwight D. 95 Eisenstein, Sergej 52
162 Messter, Oskar 62 Mihäly, Denis von 73
Eltons, Arthur 155
Molotow, Wjatscheslaw 210
Gibson, L.A. 109 Goebbels, Joseph 67 f. Göring, Hermann 206 f.
Montgomery, Bernhard L. 111 Müller, Hermann 67 Niphow, Paul 73, 75
330
Personenregister
Neville, A.C. 147
Schukow, Georgi Konstantinowitsch 182 Stalin, Joseph 182
Paley, William S. 86
Steinberg, Sigfrid H. 23
Pathe, Charles 61
Stier, Reinhard 191
Patterson, William D. 140 f., 142 f., 160 Pieck, Wilhelm 212
Tassigny, Jean de Lattre de 120
Pudowkin, Wsewolod I. 52
Terveen, Fritz 25 f.
Regel, Helmut 158,160 f. Ribbentrop, Joachim von 205 Robertson, Brian H. 117,163
Trauberg, Hja 190 Treue, Wilhelm 25 f. Tulpanow, Sergej 130, 132 f., 186,188 Volkmann, Herbert 186 f.
Salmony, George F. 151 Schüler, Willy 187 Schwab, Sepp 191 Schwarz, Fred 141 Schramm, Percy Ernst 23, 25
Wandel, Paul 134, 183, 188,191, 209 Winston, Sam К. 151 Wolkenstein, Alexander 190
SACHREGISTER
Durchgängig auftretende Namen und Begriffe wie „SMAD", „Information Control Division" oder „Division de l'Information" und die Titel der drei Wochenschauen werden nicht nachgewiesen. Aktiengesellschaft 182, 187 f., 190 Alliierte Hohe Kommission 108 Amerikahäuser 108 Anti-Hitler-Koalition 85, 223 August Scherl Verlag 61
— Einheit 203 Dokumente zum Weltkrieg 63 Eiko-Woche 61 Einstellung 51 EMELKA-Wochenschau 67
B.B.C. German Service 110 Besatzungsstatut 118,179 Bildperspektive 47, 157 Bizone 116 Blackout-Phase 96f. Blenden- und Perforiertechnik 60 British Zone Review 113 Bundespresse- und Informationsamt 80 Bundestag 80 Cinematograph 58 f.
Entnazifizierung 101 f., 150, 165 Ernährungskonferenz (1. Juli 1946) 163 European Advisory Commission 85 Fernseh-Einheitsempfänger 75 Fernsehen 72 f., 78 Filmaktiv 182 f., 184, 187 Film — Aktualitätenfilm 62, 66 — Dokumentarfilm 35, 41 f., 59 — Farbfilm 71 — Filmcode 42 f.
Deutsche Film AG (DEFA) 186 f., 228 Demontage 181 Denkmäler 20 f.
— Filmprotokoll 38 f. — Filmtheaterbesitzer 165 — Filmtheoretiker 52
Der Tag im Film, erste deutsche tägliche kitte-
— Spielfilm 35 f., 167, 225 f.
matographische Berichterstattung 61 Deulig-Tonwoche 69 Deulig-Wochenschau 65 Deutsche Wochenschau 70 f. Deutsche Zentralverwaltung für Volksbildung 131,134 f., 181 f., 186 f. Deutschland
Fox Tönende Wochenschau 69, 77,79
— Bundesrepublik 24,78 - D D R 23,78
GaumontActualites
61
Geschichtsdidaktik 29 Informationsverwaltung (siehe Verwaltung für Propaganda) Internationale Vereinigung zur Förderung audiovisueller Quellen 29
332
Sachregister
Institut für den Wissenschaftlichen Film 25 f. Internationale Filmallianz (IFA) 170 f. Joint Civil Affairs Committee 90
Nachrichten — Nachrichtenfaktoren 211,229
42 f., 159, 196 f.,
— Nachrichtenübermittlung 42 f., 226,233 Neue Deutsche Wochenschau 77 Niphow-Scheibe 74
Kamerabewegung - F a h r t 50
NWDR 76
— Panorama-Schwenk 50
Office of War Information 90, 95 f.
— Schwenk 50, 64, 70 Kamera-Perspektive 49 f.
Olympiade 75
— Detail 49
O-Ton 53,195 f., 198 f., 205,209,212
— Froschperspektive 50 — Großaufnahme 49 f., 214 - H a l b - N a h 49 — Halb-Totale 49, 207 - N a h 49 - T o t a l e 49 — Vogelperspektive 50 Kameraführung 47, 70 Kinetoskop 58 f. Kommunikationsvorgang — Sender 45 — Empfänger 45 Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) 132 f. Kontrollrat 88, 92 f., 105
Operation Talisman 86
Pathe Journal 61 Photographische Mitteilung 59 Political Intelligence Department 95,109 Potsdamer Konferenz 91, 224 Privatisierung 140,156 f., 172,175, 225 f. Produktionsstätten 141, 147, 151 f., 168, 171 f., 181,188 f. Propaganda — amerikanische 99, 140 f. — britische 99 — Erster Weltkrieg 22, 63 f. — französische 125 f., 167 — nationalsozialistische 22 f., 28, 67 f., 96 f., 135 f., 146, 226,233 — sowjetische 106 f., 129
La France en Allemagne 172 Lancaster Ноше 210 f. Lichtspielgesetz — Weimarer Zeit 68 — Nationalsozialismus 68
— Weimarer Republik 66 — Zweiter Weltkrieg 94 f. Psychological Warfare Division (PWD) 87, 94,99,103, 109 Quellen
Manipulation 4, 21, 43 f. Manual for Military Government 94 Manual for the Control of German Information Services 96 Massenmedien 34, 77 Messter-Woche 65
— Quellenkritik 21, 30 f., 37 — Quellenbegriff 20
Messter-Woche der Deutschen Lichtbild-Gesellschaft 65 Ministry of Information 95 Montage 51, 64, 66
Reichsrundfunkgesellschaft 74
Redaktionelle Linie 42 Re-education 115 f. — Indirect Rule 115
Saarland 166 Schnitt 52 f., 71,157,194
Sachregister SED-Filmkommission 191 f. Sender „Paul Niphow" 75 Sender Witzleben 74 SMAD-Befehle - Nr. 17 (27. Juli 1945) 131 - Nr. 51 (04. September 1945) 181 Sportberichterstattung
333
- Gesetz Nr. 191 (24. November 1945) 96, 124 - Direktive 1067 (10. Mai 1945) 102 - Policy Instruction No. 3 (30. September 1946) 105 - Direktive 1779 (11. Juli 1947) 105
- Blick in die Welt 178 f., 220 f. Sowjetisches Nachrichtenbüro bei der Militärverwaltung (SNB) 137
Vertriebsprobleme -Blick in die Welt 168 f.
Stummfilm 46, 55
Verwaltung
Supreme Headquarters Allied Expeditionary Synchronisation 165, 171, 181
SMAD) 130,133,181,183 f. Viermächte-Filmmeeting 142 f., 226 Vorführzwang 157, 174, 194
Tagesschau 78 f.
Wanderkino 60
Force (SHAEF) 85,95, 103, 121,226
- Welt im Film 151 für
Propaganda
(bei
der
TASS 137
Welt im Bild 79
Testphase Welt im Film 148
Wirtschaftsberichterstattung
Tobis Tonwoche 69
- Der Augenzeuge 199 f., 215 f., 219 f., 232
Überreste 20 f., 34 UFA 66 f. UFA dabei 80 UFA-Ton-Woche 65, 69 UFA-Wochenschau 65 US-amerikanische Medienerlasse
- Welt im Film 161 f., 217
- Blick in die Welt 177, 231 Wochenschau-Kino 72 Zuschauerresonanz 8, 150, 160, 169, 225, 227 Zeitlupe 77 Zensur 72,104,134, 156,182 f., 193