Die deutschen Lehnwörter im Serbokroatischen in kulturgeschichtlicher Sicht 9783111693491, 9783111305820


409 23 19MB

German Pages 225 [228] Year 1960

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
VORWORT
INHALT
QUELLENNACHWEIS
ABKÜRZUNGEN
EINLEITUNG
I. DIE LEHNWÖRTER NACH SACHGRUPPEN
II. ZEITLICHE SCHICHTUNG DER ENTLEHNUNGEN
III. ANHANG
Recommend Papers

Die deutschen Lehnwörter im Serbokroatischen in kulturgeschichtlicher Sicht
 9783111693491, 9783111305820

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

SCHNEEWEIS DIE DEUTSCHEN LEHNWÖRTER IM SERBOKROATISCHEN

DIE DEUTSCHEN LEHNWÖRTER IM SERBOKROATISCHEN IN KULTURGESCHICHTLICHER SICHT

von

EDMUND

SCHNEEWEIS

W A L T E R DE G R U Y T E R & CO. VORMALS G. J . GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG

— J . GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG

GEORG REIMER — KARL J . TRÜBNER — VEIT & COMP.

B E R L I N i960

© Archiv-Nr. 440660 Printed in Germany. — Copyright i960 by Walter de Gruyter & Co. — Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, auch auszugsweise, vorbehalten. Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35. Druck: Thormann & Goetsch, Berlin-Neukölln.

VORWORT Das Thema der deutschen Lehnwörter im Serbokroatischen hatte mich schon seit meinem ersten Belgrader Aufenthalt (1912) gefesselt, und ich hatte besonders während meines sechsjährigen Wirkens in Belgrad (1922—1928) Gelegenheit, zahlreiche Lehnwörter aufzuzeichnen. Mein Material ist nicht nur durch Auswertung der einschlägigen gedruckten Quellen (Wörterbücher, schöne Literatur, volkskundliche Sammelbände) zustandegekommen, sondern auch durch eigene Erhebungen im Volke selbst. Eine wertvolle Vorarbeit bot mir der Aufsatz von M. Trivunac, Nemacki uticaji u nasem jeziku (Deutsche Einflüsse in unserer Sprache), erschienen in der Zs. Strani Pregled, Belgrad 1937. Eine gute Vorarbeit stammt auch von Hildegard Striedter-Temps, Deutsche Lehnwörter im Serbokroatischen, Wiesbaden 1959, in der vor allem die Lautlehre ausführlich behandelt wird. Ich war tunlichst bestrebt, das Alter jedes Lehnworts von ungefähr festzustellen, leider ist das maßgebende große Wörterbuch der südslawischen Akademie in Zagreb, das seit dem Jahre 1880 erscheint, und das bei jedem Wort die älteste Belegstelle bringt, erst bis zum Buchstaben S gediehen. Ein wertvolles Hilfsmittel für die Altersbestimmung ist das Wörterbuch von Mazuranic (s. Quellennachweis). Die geographische Verbreitung der behandelten Lehnwörter läßt sich zwar nicht genau angeben — ein serbokroatischer Sprachatlas ist erst in Vorbereitung —•, es läßt sich aber im allgemeinen sagen, ob das Wort in die skr. Schriftsprache eingedrungen ist oder ob es bloß auf die nördlichen und westlichen Landschaften beschränkt ist (Save—Donau-Linie). Daß diese Arbeit erst jetzt gedruckt werden kann, hängt mit den schwierigen Zeitverhältnissen zusammen. EDMUND

SCHNEEWEIS

INHALT Seite

Vorwort des Verfassers Quellennachweis Abkürzungen Einleitung I. D I E L E H N W Ö R T E R NACH SACHGRUPPEN 1. Siedlung, Haus und Hausrat Siedlung Baumaterial Räume des Hauses Nebengebäude Hausrat Sonstige Hausgeräte Beleuchtung Zusammenfassung 2. Tracht und Schmuck Gewebe Herstellung von Geweben und Kleidern Verzierungen an Kleidern Frauenkleidung Männerkleidung Kopfbedeckung Männliche und weibliche Fußbekleidung Schmuck Haartracht Körperpflege Wäsche und Waschen 3. Speise und Trank Zubereitung der Speisen Gemüse und Zuspeisen Gewürze und Zutaten Suppe Fleischspeisen Selchwaren Fische Eierspeisen Mehlspeisen Gebäcksarten Milchprodukte

V XI XV XVI 1 3 3 4 5 6 7 12 13 13 14 15 16 17 17 19 20 21 22 22 23 24 25 25 26 27 28 28 29 29 30 30 31 32

Inhalt

VII Seite

Obst Getränke Mahlzeiten Gasthaus Zusammenfassung 4. Landwirtschaft und Viehzucht Gartenbau Weinbau Weinsorten mit deutschen Namen Tierhaltung Geflügel Hund Zusammenfassung 6. Gewerbe und Industrie Das Handwerk Maurer Zimmermann Zimmermaler Lackierer Kaminfeger Tischler Drechsler Binder Schmied Schleifer Schlosser Klempner, Dreher, Sporenmacher Wagner Weber Schneider Gerber Riemer/Sattler Bortenwirker/Posamentierer Nadler Schuhmacher Kürschner Hutmacher Färber Kammacher Friseur Müller Bäcker Fleischhauer Seiler Glaser Bürstenbinder Buchbinder Optiker Tapezierer

33 33 34 35 36 37 39 40 41 41 42 43 43 44 44 46 47 47 48 48 48 50 51 51 52 52 54 55 56 57 59 60 61 62 62 65 65 66 66 67 67 68 69 69 69 70 70 70 70

VITT

Inhalt Seite

Korbmacher Elektrotechniker Zusammenfassung: Handwerk Buchdruck Fabrik

71 71 71 71 72

6. Verschiedene Berufe und Beschäftigungen

73

7. Bergbau

74

Geschichtliches Bergbautechnik Namen der Erze Von den Bergleuten Werkzeuge und technische Bezeichnungen 8. Handel und Verkehr, Münzen, Maße und Gewichte

74 76 78 78 79 83

Kauf und Verkauf Verpackung und Versand Verkehr Schiffahrt Eisenbahn Automobil und Luftfahrt Münzen Maße Gewichte Zeiteinteilung Zusammenfassung

83 84 86 87 87 88 88 92 94 94 96

9. Familie und Verwandtschaft

95

10. Recht und Verwaltung Gericht Strafen Erbrecht Verwaltung Steuern Sonstige verwaltungstechnische Ausdrücke Zusammenfassung

96 96 96 97 98 100 101 102

11. Kirchenwesen Zusammenfassung

102 105

12. Unterrichtswesen Zusammenfassung

105 108

13. Heilkunde Zusammenfassung

108 111

14. Heerwesen

111

Waffen Truppengattungen Militärmusik

112 116 119

Inhalt

IX Seite

Chargengrade U n i f o r m und A u s r ü s t u n g Militärdienst Feldzug Zusammenfassung 15. K u n s t Musik T h e a t e r und F i l m k u n s t Malerei 16. U n t e r h a l t u n g Tanz Spiel Sport Verschiedene U n t e r h a l t u n g e n R a u c h e n u n d Schnupfen Zeitungslektüre

119 121 122 124 125 126 126 127 128 129 129 130 131 132 133 133

17. G r u ß u n d Anrede

134

18. Schimpf u n d S p o t t

134

19. Volksglaube u n d Volksbrauch

138

20. N a t u r Die unbelebte N a t u r Mineralien u n d Metalle Pflanzen Tiere Vögel Fische Insekten Zusammenfassung 21. A b s t r a k t a Beziehung, Geschehnis Wollen u n d H a n d e l n Sinnesempfindungen A f f e k t e u n d Charaktereigenschaften W a h r h e i t , Falschheit Sprache Gesellschaft u n d Gemeinschaft Anteil Schenken Pflicht Geltung Bewegung 22. Verschiedenes V e r b a auf -ieren, skr. -irati Adverbia Interjektionen

140 140 140 141 142 142 143 143 143 143 144 144 145 145 147 148 148 148 148 148 149 149 149 149 151 152

X

Inhalt Seite

23. Lehnübersetzungen Schule Abstrakta Rechtsleben Krankheit und Leiden Krieg und Abwehrkampf Haus und Hausrat Speisen und Getränke Kleidung Unterhaltung Schimpfnamen Wirtschaft Presse Berufe und Beschäftigungen Titel Verschiedenes Natur

152 1B3 153 164 165 155 155 166 156 156 156 156 167 157 157 157 157

24. Germanismen

169

26. Serbokroatische Bezeichnungen der Deutschen

160

I I . Z E I T L I C H E SCHICHTUNG D E R E N T L E H N U N G E N

163

Entlehnungen in althochdeutscher Zeit Entlehnungen in mittelhochdeutscher Zeit Entlehnungen in neuhochdeutscher Zeit

165 166 170

Handwerk Speise und Trank Heerwesen Handel und Verkehr, Münzen, Maße und Gewichte Recht und Verwaltung Hausbau Landwirtschaft und Viehzucht Heilkunde Unterrichts wesen Kunst Unterhaltung Volksbrauch und Volksglaube Schimpfnamen Natur Abstrakta

171 172 172 173 174 175 176 176 177 177 178 178 178 179 179

I I I . ANHANG

181

Zur Lautlehre der Lehnwörter

183

Register

189

QUELLENNACHWEIS A R . Rjeönik hrvatskoga ili srpskoga jezika (Wörterbuch der kroatischen oder serbischen Sprache), herausgegeben von der Südslawischen Akademie in Zagreb, 1880ff. (Bisher erschienen A—S.) A n g j e l i n o v i c D a n k o , Robovi zemlje (Sklaven der Erde). Zagreb 1933. A n d r i ö , I v o , Pripovetke I, S. K . Z., Nr. 179; II, ib. Nr. 262. A f sl Ph. = Archiv für slawische Philologie. Berlin 18 75 ff. B e r n e k e r = Berneker, Erich, Slavisches etymologisches Wörterbuch. Heidelberg i9oSfi. B i e l f e l d t , H. H., Die deutschen Lehnwörter im Obersorbischen. Leipzig 1933. B j e l o s t j e n a c = Bjelostjenac, J., Gazophylacium seu Latino-Illyricorum onomatum aerarium etc. Zagrabiae 1740. (Das Wörterbuch ist erst nach dem im Jahre 1675 erfolgten Tode des Verfassers gedruckt worden,) B o u 6 , A m i , Die europäische Türkei. Wien 1889. (Deutsche Ausgabe.) B r ü c k n e r , S. E. = Brückner, A., Slownik etymologiczny jijzyka polskiego. (Etymologisches Wörterbuch der polnischen Sprache) Krakau 1927. B u d i s a v i j e v i 6 , B., S licke grude. (Aus der Lika) Zagreb 1913. C r e m o s n i k , Gr., Razvoj srpskog novcarstva do kralja Milutina (Entwicklung des serbischen Münzwesens bis zu König Milutin). Veröffentlichungen der Serbischen Akademie, Band 101, Belgrad 1933. D a n i c i d , R. = Danicic, Djuro, Rjecnik iz knizevnih starina srpskih (Wörterbuch der altserbischen Literaturdenkmäler). Belgrad 1863—1864. 3 Bde. D e z e l i 6 , V., Iz njemackog Zagreba (Aus dem deutschen Zagreb). Zagreb 1901. D j ord j e v i c , T i h o m i r , Arhivska gradja za naselja u Srbiji u vreme prve vlade kneza Milosa (1815—1839) (Archivalische Materialien für die Siedelungen Serbiens zur Zeit der ersten Regierung des Fürsten Milos). SEZb. X X X V I I , Belgrad 1926. D o r n s e i f f , F., Der deutsche Wortschatz nach Sachgruppen. 5. Aufl., Berlin 1959. F i s c h e r , H e r m a n n , Schwäbisches Wörterbuch. 6 Bände. Tübingen 1904. G e s e m a n n , G., Das Deutschtum in Jugoslawien. München 1922. GZM. = Glasnik Zemaljskog Muzeja (Anzeiger des Landesmuseums in Sarajevo). Sarajevo 1889 ff. H a n i k a , J o s e f , Sudetendeutsche Volkstrachten. I. Bd. Reichenberg 1937. H e f e l e , F e r d o , Nasi domadi obrti (Unser Hausgewerbe). Sisak 1896. H e y n e , M., Das altdeutsche Handwerk. Straßburg 1908. S t r i e d t e r - T e m p s , H i l d e g a r d , Deutsche Lehnwörter im Serbokroatischen, Wiesbaden 1959. H o l u b = Holub, J., Strucny slovnik etymologick^ jazyka ceskoslovenskiho. (Kurzgefaßtes etymologisches Wörterbuch der tschechischen und slowakischen Sprache) Prag 1937. H o r v a t - K i s , F., Istarski Puti .(Wanderungen durch Istrien) Zagreb 1919. I g n j a t o v i d , P. = Ignjatovi6, Jakov, Patnica (Die Dulderin). S K Z . Nr. 263/4). I g n j a t o v i c , C. S. = Ignjatovic, J., Cudan svet. (Eine sonderbare Welt) S K Z . Nr. 205. I g n j a t o v i c , V. M. = Ignjatovic, Veciti mladozenja. (Der ewige Bräutigam) S K Z . Nr. 130, Belgrad 1910.

XII

Quellennachweis

I g n j a t o v i ö , MN. = Ignjatovii, Milan NarandZiö, S K Z . Nr. 60, 61, Belgrad 1900. I g n j a t o v i c , M a j s t o r i = Ignjatovic, Stari i novi majstori (Alte und neue Meister). Novi Sad 1883. I B . = Ivekovic, F . und Broz, I., Rjecnik hrvatskoga jezika (Wörterbuch der kroatischen Sprache). Zagreb 1901, 2 Bde. J a m b r e s i ö = Jambresic, A., Lexicon Latinum interpretatione Illyrica, Germanica et Hungarica etc. Zagrabiae 1742. J i n d r a = Jindra, J . , Technisches Wörterbuch aller Fächer 4 . Prag 1928, 2 Bde. J i r e c e k , H. B . = Jirecek, K . J . , Die Handelsstraßen und Bergwerke von Serbien und Bosnien während des Mittelalters. Prag 1916. J i r e c e k , Ist. Srba = Jirecek, Istorija Srba (Geschichte der Serben). Bearbeitet von J . Radonic. Belgrad 1922. 4 Bde. K i p a r s k y = Kiparsky, V., Die gemeinslawischen Lehnwörter aus dem Germanischen. Helsinki 1934. K l u g e = Kluge, Friedrich, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache 1 3 . Bearbeitet von A. Götze. Berlin und Leipzig 1943. K n u t s s o n , K . , Die ältesten germanischen Lehnwörter im Slawischen. Zs. f. sl. Phil. X V (1938) 1 2 1 — 1 4 0 . K o c i d , PI. = Kocic, Petar, S planine i ispod planine. S K Z . Nr. 109, Belgrad 1907. K o r b u t = Korbut, G., W y r a t y niemieckie w j^zyku polskim. Prace filologiczne I V (1893) 345 ff. K o z a r a c , T e n a = Kozarac, J . , Tena i druge pripovijesti (Tena und andere Erzählungen). Zagreb o. J . Verlag Kugli. L a z a r e v i c , P r i p . = Lazarevic, L . K . , Pripovetke, I I . Bd., S K Z . Nr. 53, Belgrad 1899. L e s k i e n , A., Grammatik der serbokroatischen Sprache. Heidelberg 1 9 1 4 . L e x e r = Lexer, M., Mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Leipzig 1872—1878. 3 Bde. L j u b i s a , P r i p . = Ljubisa, S. M., Pripovijesti crnogorske i primorske (Erzählungen aus der Crna Gora und von der Adriaküste). S K Z . 177. Belgrad 1924. L o k o t s c h = Lokotsch, K . , Etymologisches Wörterbuch der europäischen Wörter orientalischen Ursprungs. Heidelberg 1927. M a r e t i c , T., Gramatika i stilistika hrvatskoga ili srpskoga knjizevnog jezika (Grammatik und Stilistik der serbokroatischen Schriftsprache). Zagreb 1899. M a r k o v i c = Markovid-Adamov, P., Na selu i prelu. S K Z . Nr. 69. Belgrad 1901. M a t a v u l j , R . K . = Matavulj, Simo, Iz raznijeh krajeva (Aus verschiedenen Landschaften). S K Z . Nr. 1 7 1 . Belgrad 1923. M a t z e n a u e r = Matzenauer, A., Cizi slova ve slovansk^ch fecech (Die Fremdwörter in den slavischen Sprachen). Brünn 1870. M a z u r a n i c = Mazuranic, Vladimir, Prinosi za hrvatski pravno-povjestni rjecnik (Beiträge zum kroatischen rechtsgeschichtlichen Wörterbuch). Zagreb 1908—1922. M a z u r a n i ö , D o d . = Dodatci uz prinose etc. (Nachträge zu den Beiträgen). Zagreb 1923. M e l i c h = Melich, J . und Lumtzer, V., Deutsche Ortsnamen und Lehnwörter des ungarischen Sprachschatzes. Innsbruck 1900. M e y e r , A n t o n , Die deutschen Lehnwörter im Tschechischen. Reichenberg 1927. M e y e r , K . H., Germanische Wörter in slavischen Sprachräumen. Zs. f. Geopolitik X I X (1942) 316—325. M i k a l j a = Mikalja, Blago jezika slovinskoga etc. Lavreti 1640. M i k l o s i c l i = Miklosich, F., Die Fremdwörter in den slavischen Sprachen. Denkschriften der Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Classe, Bd. X V . Wien 1867. M i k l o s i c h , C h r . T. = Die christliche Terminologie der slavischen Sprachen. (Ebenda Bd. X X I V ) Wien 1876. M i k l o s i c h , E . W. = Etymologisches Wörterbuch der slavischen Sprachen. Wien 1886.

Quellennachweis

XIII

N a r . E n c . = Narodna Enciklopedija srpsko-hrvatsko-slovenacka. Belgrad i g 2 8 f f . N u s i i , P r i p . = Nusic, B., Pripovetke (Erzählungen). S K Z . , Kolo X X X I , Nr. 206. P o p o v i ö , D u s a n , Vojvodina I. Belgrad 1925. P r e i s s i g , E., Deutsche Bergmannswörter in den Balkansprachen nach einem Zeugnis der französischen Renaissance. Germanoslavica I I I 1 4 3 — 1 4 5 . R e l j k o v i i , Gr. = Reljkoviö, M. A., Neue Slawonisch- und deutsche Grammatik. Agram 1767. S c h m e l l e r , = Schmeller, J . A., Bayerisches Wörterbuch 2 , bearbeitet von G. K . Fommann. München 1872. S c h n e e w e i s , E., Grundriß des Volksglaubens und Volksbrauchs der Serbokroaten. Celje 1935. S c h ü t z , J o s e f , Germano-serbica. Die Welt der Slaven, I I (1957) 4 3 f f . S e h w e r s = Sehwers, J . , Sprachlich-kulturhistorische Untersuchungen vornehmlich über den deutschen Einfluß im Lettischen. Leipzig 1936. S k a r i ö = Skaric, Vladislav, Stari turski rukopis o rudarskim poslovima i terminologiji (Eine alte türkische Handschrift über Arbeiten und Terminologie der Bergleute). Spomenik 79. Belgrad 1936. S m a l - S t o c k y j , R o m a n , Die germanisch-deutschen Kultureinflüsse im Spiegel der ukrainischen Sprache. Leipzig 1942. S p a h o = Spaho, Fehim, Turski rudarski zakoni (Die türkischen Berggesetze). GZM. X X V (1913) 1 3 3 — 1 9 4 . S r e m a c , C i r a = Sremac, Stevan, Pop Cira i Pop Spira. Zagreb 1 9 1 7 . Humoristicna kniznica, Bd. 1 0 5 — 1 1 2 . S r e m a c . P r i p . = Pripovetke I — I V (Erzählungen). S r e m a c , Vuk. = Vukadin. Belgrad 1 9 2 1 . S K Z . = Srpska Knjizevna Zadruga (Serbische Buchgemeinschaft). Belgrad. S E Z b . = Srpski Etnografski Zbornik (Serbischer ethnographischer Sammelband). Belgrad i894ff. S t a n k o v i ö , B o r a , Kostana, Sremski Karlovci 1905. S t a n k o v i ö , N. K . = Necista krv (Unreines Blut). Belgrad 1910. S t e n d e r - P e t e r s e n = Stender-Petersen, Adolf, Slavisch-germanische Lehnwortkunde. Göteborg 1927. ä t r e k e l j , L . = Strekelj, Karl, Zur slavischen Lehnwörterkunde. Denkschriften der Wiener Akademie, Phil.-Hist. Classe, 50. Bd., 1—89. Wien 1904. S u l e k = Sulek, B., Jugoslavenski imenik bilja (Wörterbuch der südslavischen Pflanzennamen). Zagreb 1879. T r i v u n a c , N. U. = Trivunac, Milos, Nemacki uticaji u nasem jeziku (Deutsche Einflüsse in unserer Sprache). Zs. Strani Pregled. Belgrad 1937. T r i v u n a c , Deutsche Lehnwortforschung im südslawischen Sprachraum. Belgrad 1941. 24 S. T r o j a n o v i c , S., Starinska srpska jela i piöa (Altertümliche serbische Speisen und Getränke). S E Z b . I I . Belgrad 1896. V a n i c e k , F r . , Spezialgeschichte der Militärgrenze. Wien 1875. 4 Bde. V a n i c e k = Vanicek, Karel, Rukojet' femeslnickiho nazvoslovi 3 (Kurzgefaßte Handwerkerterminologie). Prag 1925. V a s m e r , Max, R E W b . = Russisches Etymologisches Wörterbuch. Heidelberg 1958. V e i t h = Veith, Heinrich, Deutsches Bergwörterbuch. Breslau 1870/71. V e s e l i n o v i ö , S l i k e = Veselinovic, Janko, Slike iz seoskoga zivota I — I I I . S K Z . Nr. 31 (1896), 54 (1899), 199 (1927)V u j a k l i j a = Vujaklija, D., Recnik stranih reci u srpskom jeziku (Wörterbuch der Fremdwörter in der serbischen Sprache). Belgrad o. J .

XIV

Quellennachweis

V u k , R. = Vuk Karadzic^, Srpski rjecnik (Serbisches Wörterbuch). Belgrad 1889. W a l d e , Vgl. Wb. = Walde-Pokorny, Vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Sprachen. Leipzig 1931. 3 Bde. Z b N Z . = Zbornik za narodni zivot i obicaje juznih Slavena (Sammelband für das Volksleben und Brauchtum der Südslaven). Zagreb 1896ff. Z y c h a , Adolf, Das böhmische Bergrecht des Mittelalters auf Grundlage des Bergrechts von Iglau. Berlin 1900. 2 Bde.

ABKÜRZUNGEN Ein Stern (*) vor einem Wort zeigt an, daß dieses bloß erschlossen und nicht belegt ist. abg. = altbulgarisch afr. = altfranzösisch ahd. = althochdeutsch ai. = altindisch alem. = alemannisch arab. = arabisch as. = altsächsisch aw. = awestisch bayr. = bayrisch balt. = baltisch bg. = bulgarisch Dem. = Deminutivum d. = deutsch e. = englisch E. E. = eigene Erhebung ekaw. = ekawisch frz. = französisch germ. = germanisch got. = gotisch gr. = griechisch grr. = großrussisch hd. = hochdeutsch idg. = indogermanisch ikaw. = ikawisch it. = italienisch jekaw. = j ekawisch kajk. = kajkawisch kärnt. = kärntisch kelt. = keltisch klr. = kleinrussisch kr. = kroatisch

ksl. = kirchenslawisch lat. = lateinisch lett. = lettisch lit. = litauisch Ls. = Landschaft magy. = magyarisch md. = mitteldeutsch mgr. = mittelgriechisch mhd. = mittelhochdeutsch mlat. = mittellateinisch mndd. = mittelniederdeutsch ndd. = niederdeutsch ndl. = niederländisch osm. = osmanisch öst. = österreichisch p. = polnisch pers. = persisch r. = russisch rum. = rumänisch s. = serbisch schwed. = schwedisch skr. = serbokroatisch sl. = slowenisch slaw. = slawisch slk. = slowakisch span. = spanisch tsch. = tschechisch tschak. = tschakawisch türk. = türkisch vlat. = vulgärlateinisch Wb. = Wörterbuch

EINLEITUN G Die Zahl der deutschen Lehn- und Fremdwörter im Serbischen und Kroatischen ist verhältnismäßig groß. Sie beträgt schätzungsweise etwa 2000. Trivunac, Nemacki uticaji u nasem jeziku, Belgrad 1937, führt etwa 1000 Schlagwörter an, doch läßt sich diese Zahl durch Heranziehung von Dialektwörtern und Fachausdrücken der Handwerker noch bedeutend vermehren. Was die Zeit der Entlehnung betrifft, so ist der weitaus größte Teil der deutschen Lehnwörter erst in neuerer Zeit übernommen worden. Nicht alle Landschaften wurden in gleicher Weise vom deutschen Einfluß erfaßt. Am stärksten und nachhaltigsten wurden und werden die dem geschlossenen deutschen Sprachgebiet am nächsten sitzenden Kroaten beeinflußt, und zwar häufig durch Vermittlung der in Brückenstellung sitzenden Slowenen. Starke deutsche Einflüsse wurden seit dem 16. Jh. durch die Schaffung der Militärgrenze vermittelt (Statut vom Jahre 1553), in deren Bereich viele deutsche Grenzsoldaten angesiedelt und viele deutsche Schulen unterhalten wurden (Vanicek, Specialgeschichte der Militärgrenze, Bd. 1—4, Wien 1875). Als schützenden Gürtel umspannte dieses Soldatenland den Südsaum der Monarchie und reichte zur Zeit der größten Ausdehnung von Senj (Zengg) an der Adria bis zu den Grenzen der Bukowina. Die Dienstsprache der Militärgrenze, die erst 1873 aufgelöst wurde, war Deutsch. Ein Blick auf die Sprachenkarte Südslawiens vor 1945 zeigt uns, wie stark die Gebiete nördlich der Save und Donau, besonders Slawonien und die Wojwodina ( = Syrmien, Backa und Banat), von deutschen Sprachinseln durchsetzt waren. Die erste Kolonisation erfolgte im 13. Jh. nach der Verwüstung der kroatischen Landschaften durch tatarische Horden. Bela IV., ungarischer und kroatischer König, berief deutsche Siedler in die arg verheerten Dörfer Kroatiens und stattete die Ankömmlinge mit besonderen Vorrechten aus. Im Mittelalter wurden viele deutsche Adelige von den ungarischen Königen mit ausgedehnten Gütern belehnt, besonders in Slawonien. Schon im 13. Jh. kamen deutsche Bergleute nach Serbien und arbeiteten dort bis zum Einfall der Türken mit großem Erfolg; sie haben zahlreiche Spuren in der serbischen Bergmannssprache und in Flurnamen zurückgelassen (s. Kapitel Bergbau). Seit der Niederlage der Türken vor Wien (1683) war der Halbmond im Verblassen. In den folgenden Jahrzehnten mußten sie die fruchtbaren Niederungen Ungarns räumen, vom Jahre 1718—1738 war sogar Serbien bis Nisch in österreichischer Hand. In das während der Türkenzeit größtenteils entvölkerte Südungarn wurden Siedler aus dem ganzen Umkreis des Habsburgerreiches gerufen, unter Leitung des Grafen Mercy wurde von Temeschwar (Temeschburg)

Einleitung

XVII

aus unter Beihilfe des Militärs eine großzügige Kolonisation in die Wege geleitet. Daß diesem Rufe in erster Linie Schwaben Folge leisteten, ist vor allem darin begründet, daß ihnen der billige Wasserweg zur Verfügung stand. (Adam Müller-Gutenbrunn hat uns in seinem Roman „Der große Schwabenzug" die Reise und die ersten Schicksale der deutschen Kolonisten lebenswahr geschildert.) Im Gefolge des ersten Schwabenzugs (1722—1726) wurden im Banat etwa 10000 Kolonisten aus Schwaben, Franken und vom Rhein in 57 Siedlungen angesiedelt, aber auch in die Batschka ergoß sich der Strom der Siedler. Nach Dusan Popovic (Vojvodina, I, 101) war das erste deutsche Dorf in der Batschka Tschatalja, besiedelt 1729—1736. — Sogar südlich von Belgrad wurden einige deutsche Dörfer angelegt, und Belgrad selbst bekam damals den Namen Deutschenstadt, ,,so benamet auf allerhöchsten Befehl". In der Belgrader Nationalbibliothek sah ich 1922 ein handschriftliches Buch mit dem Titel ,,Verzeichnus derer Häuser in Griechisch-Weißenburg oder Deutschenstadt, so benamet auf .allerhoechsten Befehl vom Jahre 1720'". Belgrad hatte übrigens schon im Jahre 1689 74 deutsche Hausbesitzer mit einem deutschen Bürgermeister und Stadtrichter an der Spitze. Das Deutschtum südlich der Donau war aber nur von kurzer Dauer. Als Belgrad im Jahre 1738 vor den anrückenden Türken geräumt wurde, zogen auch die Deutschen aus Stadt und Land über die Donau und Save und siedelten sich vor allem in Zemun (Semlin), Novi Sad ( = Neusatz), Pantschewo und Vrsac ( = Werschetz) an, wo seit jener Zeit sehr starke deutsche Volksgruppen bestanden. Die Theresianische Siedlung währte von 1763—1770 (Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums, S. 129); in 50 neuen und 30 erweiterten Orten wurden etwa 10000 Familien angesiedelt, und zwar hauptsächlich im Banat. Die Josefinische Siedlung (1782—1788), die auch Protestanten ins Land brachte, erfaßte das Banat und die Batschka. Es wurden bis 3000 Familien neu angesiedelt. Der letzte Zustrom deutscher Siedler erfolgte zur Zeit Napoleons. — Über die Herkunft der deutschen Kolonisten, die im 18. und 19. Jh. in das heutige Jugoslawien eingewandert sind, geben die Wiener Akten (Kriegsarchiv) und die Gemeindechroniken genaue Auskunft. Als Heimatgebiete kommen danach hauptsächlich in Betracht: vor allem Württemberg, dann auch Speyer, Trier, Pfalz, Lothringen, Baden, Schwaben, Franken, Hessen, Nassau u. a. (Gesemann, Das Deutschtum in Jugoslawien, 13). Da die Hauptmasse aus Schwaben kam, nennt der Serbe den Deutschen „Svaba". Trotzdem die ersten Kolonisationszüge durch Seuchen stark geschwächt wurden, wie uns die Kirchenchroniken berichten, haben sich die Schwaben im Laufe der Jahrzehnte doch gut eingewöhnt und standen 1945 allein in einer Stärke von 600000 da. Trotzdem sie in der Wojwodina (Syrmien, Batschka, Banat) bloß 27% der Bevölkerung ausmachten, hatten sie über die Hälfte des Grund und Bodens in der Hand. Infolge der fortwährenden Bodenteilung litten manche deutsche Dörfer bereits an Übervölkerung, so daß viele Schwaben gezwungen waren, als Handwerker in die Städte zu gehen.

XVIII

Einleitung

Die ledigen Mädchen wurden auch von serbischen Familien gern als Dienstmädchen aufgenommen, denn sie waren fleißig, reinlich und anspruchslos. Nach dem Weltkrieg hat das rasch wachsende Belgrad (das vor dem ersten Weltkrieg 90000, 1935 aber schon 350000 Einwohner hatte) viel deutschen Geburtenüberschuß aufgenommen: die Zahl der Deutschen in Belgrad betrug etwa 12000, im gegenüberliegenden Semlin mit Franztal ebenfalls 12000. Auf altem Herkommen beruhte das Deutschtum in Zagreb (vgl. V. Dezelic, Iz njemackog Zagreba, Zagreb 1901). Die Amtssprache der Gemeinde Zagreb war zwar bis zum Jahre 1848 Lateinisch bis auf eine kurze Unterbrechung 1786—1790, doch war die Verkehrssprache der gebildeten Oberschicht im 18. und 19. Jh. meist Deutsch. 1749—1860 wurden ausschließlich deutsche Theatervorstellungen gegeben. Die erste Zeitung, die 1789 erschien, „Der kroatische Korrespondent", erschien in deutscher Sprache. Die Festreden bei amtlichen Feiern waren deutsch; eine große Zahl kroatischer Schriftsteller bediente sich der deutschen Sprache (Dezelic, 10 ff.). Das Geschäftsleben in Zagreb war deutsch; nur wer mit den Bauern zu tun hatte, bediente sich der kroatischen Sprache. Alle Aufschriften der Geschäfte waren deutsch, die ersten Hotels hatten deutsche Namen: Zum Kaiserwirt, Zur goldenen Krone, Zum Mohren, Zum weißen Ochsen usw. Was von Zagreb im großen gilt, das gilt auch von den kroatischen Kleinstädten wie Karlovac ( = Karlstadt), dem ehemaligen Sitz der obersten Grenzbehörden, Samobor, Koprivnica, Varazdin u. a. 1849—1860 war Deutsch die Amts- und Schulsprache. Nach dem Versinken der absolutistischen Zeit (1860) kommt die kroatische Sprache in Schule und Amt, auf der Bühne und in der Presse zur Geltung, doch wurde seit 1867 wenigstens in der Oberschicht das Deutsche wiederum ausgiebig gepflegt, und zwar, wie man mir von mehreren Seiten versichert hat, als Gegengewicht gegen die von Budapest ausgehenden Magyarisierungsbestrebungen. Wien, das seit jeher durch eine natürliche Verkehrsader und in neuerer Zeit durch Schienenstränge mit Südslawien verbunden ist, blieb auch nach 1867 für die Kroaten und überhaupt für die Südslawen ein wichtiger Kulturmittelpunkt. Viele kroatische Adelige haben ihre Ausbildung in der Theresianischen Akademie erhalten. Die Wiener Hochschulen haben Tausende von serbokroatischen Akademikern herangebildet. Eine große Zahl von skr. Handwerkern haben bei Wiener Meistern gelernt und ihre Wanderjahre in deutschen Landen verlebt. — Die große Zahl der deutschen Ausdrücke in der kroatischen Handwerkerterrninologie ist zum Teil darin begründet. — Es ist sehr bedeutsam, daß Vuk Karadzic vor hundert Jahren seinen siegreichen Kampf um die Reform der serbischen Schriftsprache von Wien aus geführt hat. Schließlich sei darauf hingewiesen, daß bis zum Jahre 1918 mehrere südslawische Regimenter (besonders aus Bosnien-Herzegowina) in Wien und Graz stationiert waren, während andererseits viele deutsche Soldaten auf südslawischem Gebiete dienten. An den südslawischen Mittelschulen wurde seit 1918 Deutsch ausgiebiger gepflegt als Französisch und Englisch, an allen Universitäten bestehen Lehrkanzeln und Lektorate für deutsche Sprache.

Einleitung

XIX

Was die geographische Verbreitung der deutschen Lehnwörter auf serbokroatischem Volksboden betrifft, so finden wir sie aus den angeführten Gründen massenhaft in Kroatien, Slawonien und in der Wojwodina; südlich der Save und Donau, der alten türkischen Reichsgrenze, herrschen türkische Lehnwörter vor. Nach Bosnien-Herzegowina sind allerdings seit 1878 durch das Militär und durch Beamte deutsche Lehnwörter in größerer Zahl eingedrungen. Die Sprache Dalmatiens, das viele Jahrhunderte unter venetianischer Herrschaft gestanden hat, weist viele italienische, ja sogar noch altdalmatinische Lehnwörter auf. Die Zahl der deutschen Lehnwörter ist dort gering. Es bleibt noch die Frage, wie sich die einzelnen Schichten des Volkes den Lehnwörtern gegenüber verhalten. Es ergibt sich aus leicht erklärlichen Gründen, daß die meisten deutschen Bestandteile in der Sprache des städtischen Handwerks zu finden sind, während die Terminologie der urtümlichen Berufe, der Bauern und Hirten, verhältnismäßig wenig berührt worden ist. Doch hat der südslawische Bauer in der Nähe deutscher Siedlungen von den deutschen Bewohnern auf dem Gebiete des Hausbaus und Hausrats viel gelernt, was sich in den Fachausdrücken deutlich widerspiegelt. Namen von Kleidungsstücken, Speisen usw. sind von den Städten her aufs Land gedrungen. Auch durch das Marktleben wurden viele deutsche Wörter und Sachen vermittelt. — Für die Militär- und Beamtensprache war die deutsche Sprache die Vermittlerin zahlreicher Fremdwörter, die auf das Lateinische, Französische und Italienische zurückgehen. — In die serbische Schriftsprache sind viele deutsche Lehnwörter von Südungarn her eingedrungen, das bekanntlich vor der Befreiung Serbiens vom Türkenjoch das kulturelle Zentrum der Serben war. Werke der aus der Wojwodina stammenden Schriftsteller, wie Vujic, Ignjatovic, Sremac usw., weisen bedeutend mehr deutsche Lehnwörter auf als die Werke der Serben südlich der Donau. Allerdings handelt es sich besonders bei Ignjatovic, Sremac, Krleza („Gospoda Glembajevi"), Budisavljevic („Na lickoj stepi") u. a. um sprachliche Tönung, durch welche die Vorliebe der sprechenden Personen für deutsche Wörter und Redewendungen gekennzeichnet werden soll.

I DIE LEHNWÖRTER NACH SACHGRUPPEN

1. S I E D L U N G , HAUS UND H A U S R A T Siehe auch im Kapitel Handwerk: Maurer, Zimmermann, Maler usw. SIEDLUNG

Das ganze Flurgebiet eines Dorfes samt Feldern, Weiden und Wäldern heißt in der Wojwodina hatar, das über magy. hatär 'Grenze, Feldmark, Gemarkung, Gebiet' aus d. dial. hotter eingedrungen ist (Berneker 386; AR. III 582: belegt seit dem 14. Jh.; Melich 129ff.). — Aus ahd. kataro (gataro) 'Gatter' stammt skr. kotar 'Gebiet, Distrikt, Grenze' (Berneker ib.; AR. V 395: Belege seit dem 14. Jh.). Plac, m. 'Bauplatz' aus d. Platz, mhd. pla(t)z, blaz, m. 'freier Raum', seit Ende des 13. Jh.; über lat. platea 'Straße, Hof' aus gr. nkaxela (OÖOQ) 'breite Straße'; skr. plac besonders in der Wojwodina und in Kroatien (AR. I X 933: plac = placa in der Bedeutung 'Platz, Gasse, Vorstadt'). So heißt auch der Marktplatz und der Platz vor der Kirche. Grünt, m. gruntisöe n. aus d. Grund bezeichnet den 'Feldbesitz einer Gemeinde oder eines einzelnen Besitzers'. Ableitungen: grünt aä 'Grundbesitzer' (ZbNZ. IV 63: Otok; fehlt im AR.); hierher gehört auch grundbuh oder vereinzelt plundruk (letzteres bei Ignjatovic, C. S. 27), auch gruntovnica (J. Andric, Prip. I 81; AR. III 482) oder gruntovne (knjige) genannt (Angjelinovic, R. 78). Mhd. seidner bezeichnet den Bewohner einer selde (Schmeller II 268: "Herberge, die der Besitzer eines größeren Gutes auf seinem Grund und Boden seinen Arbeitsleuten zur Wohnung anwies'), ebenso öst.-bayr. söller\ über magy. sillyer, zsiller 'Einwohner, der auf eines andern Boden wohnt' (Melich 266) ist das Wort ins Skr. eingedrungen: iiljer (JB. II 869) 'inquilinus; der in einem fremden Haus wohnt'. Nach Melich 190 ist skr. palanka 'mit Palisaden befestigte Kleinstadt' über magy. paldnk, plank aus mhd. planke 'Schanze, Damm' übernommen worden; wie Kluge meint, stammt das seit dem 13. Jh. belegte d. Planke entweder aus pikard. planke 'Planke, Umplankung, Befestigung' oder aus dessen Grundwort 1. planca. AR. I X 583 leitet skr. palanka 'palus, oppidum', das auch ins Türk, gedrungen ist (j>alanka) aus ital. palanca ab. Strekelj, L. 43 führt kajk. kr. ostat 'suburbium' (bei Habdelic) überzeugend auf d. Vorstadt zurück. Das Haus heißt allgemein kuca, bloß bei den Kajkaven hiza, hizica, welch letzteres ohne Zweifel aus dem Germanischen stammt; Murko, MAG. 36, S. 93ff. leitet es von ahd. hüs ab (auch AR. III 622), andere von got. *hüsa (Literatur bei Berneker 415). Vielfach wird hiza verächtlich für ein schlechtes, baufälliges Haus gebraucht (ZbN2. V 226: Vrbnik). — Auf ahd. huta 'Hütte' 1*

4

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

beruht kr. huta, hutica (Bjelostjenac 245, 1233) 'Hirtenhütte', heute noch bei den ung. Kroaten (AR. I I I 738). Die Holzmacherhütte bezeichnet man kr. dial. als bajta, bajtica (Angjelinovic, Robovi zemlje, 21) aus d. Gebäude. — Eine hölzerne Marktbude heißt in der Wojwodina buda, f. (AR. I 707: wahrscheinlich aus d. Bude)-, Kluge: mhd. buode 'Hütte, Gezelt'. Skr. blokhauz (Vujaklija 163) bedeutet 1. Wächterhaus, 2. Arrest. BAUMATERIAL

Auf d. Ziegel (mhd. ziegel aus lat. tegula) geht zurück: skr. cigla, ciglja, f., dial. cigal, kajk. cigalj (AR. 1780: seit dem 18. J h . ; ZbNZ. X I I 133: Prigorje). Bei den Kroaten wird das deutsche Wort schriftsprachlich verdrängt durch opeka. Ableitungen: ciglana 'Ziegelei', ciglar 'Ziegelbrenner' (schon bei Bjelostjenac). Aus d. Mörtel, dial. Malter (Schmeller I 1593) stammt kr. malter (AR. VI 426: junge Entlehnung, daneben kr. malta, 18. Jh., aus ital. malta). Aus dem Deutschen stammt auch kr. melta (AR. VI 598: Bjelostjenac: im kroat. Küstenland und auf Krk; meljta in der Lika); kr. dial. mort (Bjelostjenac) geht wohl auf mhd. morter, mortel aus lat. mortarium zurück. Aus lat. caementum stammt d. Zement; daraus skr. cement; cementirati aus d. zementieren. Die zur Herstellung eines Strohdachs verwendeten Strohbündel heißen d. Schaub, ahd. scoub, mhd. schoup. Die ältere Entlehnung ist kr. skopa, skop (Mazuranic 1428; ZbN2. V 173: Cakovac; ib. X I I 175: Prigorje), eine jüngere sop (ib. I I I 89: Trebarjevo; ib. 108: stajne su pokrivene s sopem 'die Ställe sind mit Schaub gedeckt') aus bayr. öst. Schab (Schmeller I I 353); Fischer, Schw. Wb. V 721: schab, schaub. D. Schindel, mhd. schindel (aus lat. scindula) erscheint als skr. sindra (koll.; Danicic, R. III 488: sintdra 'scandula'), auch sindol (Bjelostjenac 1088). Das Schindeldach heißt sindralija, die einzelne Schindel sindrika, auch sindlina deska (Prigorje). Skr. siml(j)a stammt aus ital. scimola (Miklosich, F. 125). Skr. letva, f. 'Dachlatte' aus d. Latte (Berneker 694; AR. VI 22: belegt seit dem 18. Jh.); Ableitungen: letvica 'kleine Latte', letvenjak 'Nagel zum Befestigen der Latten' (AR. VI 22). Der die Dachsparren verbindende Querbalken heißt pant, panta (AR. I X 618) aus mhd. bant; die Nebenform pajvanta, pajanta, f. (AR. I X 561, 564) ist vielleicht eine Kreuzung von d. Band und türk. pers. pajende 'Stütze'. Die Tschechen nennen diesen Querbalken hambalek aus d. Hahnenbalken. Diese Entlehnungen hängen jedenfalls mit der Verdrängung des einheimischen Pfettendaches durch das deutsche Sparrendach zusammen. Der gesamte Dachstuhl heißt in der Ls. Prigorje (ZbN2. X I I 182) cimper (fehlt AR.) aus mhd. zimber 'Bauholz, Holzbau'. Den Unterbau nennt man skr. temelj, daneben auch unterbau (Vujaklija 1191) oder sokla, cokla (ZbNZ. I I 288: Otok) aus mhd. sockel (Kluge: belegt

1. Siedlung, Haus und Hausrat

5

seit dem 18. J h . ; aus fr. socle 'Säulenfuß, unterer Absatz von Gebäuden' aus lat. soculus "kleiner Schuh'). Das Stockwerk heißt einheimisch sprat oder kat (letzteres aus dem Türk.), daneben auch stok, stuk; d. Stockwerk, nach opus contabulatum, seit 1500 belegt; die Bedeutung beruht auf Stock 'Stamm, Balken'. Kollektivistisch ist SfocÄ(werk) das gesamte Ständerwerk eines Hauses im Gegensatz zum gemauerten Fundament. — In der Ls. Prigorje gelten die glatten Ecken des Blockhauses (ohne vorstehende Balkenenden) als deutsch: po nemski zarezani vugli (ZbNZ. X I I 79). Kr. planka aus d. Planke, dieses aus lat. planca (AR. X 6); kr. dial. plajnka (ZbNZ. I I I 71, 107: Trebarjevo). Weitere Entlehnungen: Kr. rust aus d. Gerüst (AR., schon bei Bjelostjenac). Serb. cirate, pl. f. (Vujic, P. I 32, 147; fehlt im AR.) aus gleichbeutendem d. Zierat. Serb. gesims (Vujic, P. I 149; Sremac, Prip. I I 153) aus nhd. Gesims. Serb. gelender aus d. Geländer (Trivunac 47), daneben auch klonter (Ignjatovic, CS. 141) aus bayr.-öst. gelanter (Schmeller I 1486). Kr. erkel (Mazuranic 301: 15. J h . ; fehlt im AR.) aus mhd. erker, dieses aus mlat. arcora. — Serb. erker aus nhd. Erker (Trivunac 47). Skr. blenda 'blindes Fenster, blinde Tür; spanische Wand' aus d. Blende (Vujaklija 162). Serb. riglvand aus d. Riegelwand (Vujaklija 1027). Kr. dial. fersölatj aus d. verschalen (ZbN2. X V I I 42: Samobor: prozori fersolani 'verschalte Fenster'). Kr. dial. slese, pl. f. aus d. Schließe(n) aus Eisen zur Verbindung der Holzwände. Serb. oberliht aus d. Oberlicht 'Öffnung, um Licht in einen geschlossenen Raum zu lassen' (Vujaklija 798). Serb. tirstok aus d. Türstock (Vujaklija 1157), panta, pl. f. 'Türbänder' (Prigorje), serb. driker Türdrücker aus d. Drücker (Vujaklija 335). In der Landschaft Prigorje heißt es: Vrata zarignedu se s kakvim drevim 'die Tür wird mit einem Holz verriegelt' (ZbNZ. X I I 87). — Serb. rigla, f. 'Türriegel aus d. Riegel (Vujaklija 1026); das Deminutivum dazu: riglica (AR.; schon bei Bjelostjenac 297). — Vereinzelt begegnet kr. äibetir aus d. Schiebetür (Trivunac, N. U. 36). Serb. rajber 'Haken zum Schließen der Tür oder des Fensters' aus d. Reiber (Schmeller I I 8). RÄUME DES HAUSES

Das serbokroatische Bauernhaus hatte ursprünglich bloß einen Herdraum ohne Decke, der wie das ganze Haus kuca hieß. Eine heizbare Stube ist einerseits von den Türken her eingedrungen, oda(jä) * genannt, anderseits von den Deutschen: skr. soba stammt aus dem magy. szoba, und dieses über slaw. *istbba aus ahd. stuba 'heizbare Stube, Badestube' (Berneker 436, wo reiche Lit.; Stender-Petersen 249). In Kroatien bezeichnet stuba im 14. J h . 1. 'eine heizbare Kammer', 2. 'eine Badestube', im alten Zagreb 'öffentliches Bad') Mazuranic 1434: erster

6

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Beleg für die genannte Bedeutung aus dem Jahre 1291). Als Synonym zu banja 'Bad' verzeichnet Bjelostjenac kr. paätuba, das ich von d. Badestube ableite; vgl. slowen. pastuba 'Obstdarre' (AR. I X 698). Skr. izba, f. (zu urslaw. *istiba aus ahd. stuba) bezeichnet meist einen unterirdischen Raum 'Keller, Kammer', selten 'Zimmer' wie in den anderen slawischen Sprachen (AR. IV 125: ältester Beleg bei Mikalja; Berneker 436). Unter dem Einfluß des oberdeutschen Hauses ist die Küche übernommen worden: skr. kuhin ja, kuhina, daraus kujna stammt aus ahd. chuhhina und dieses aus spätlat. coqulna (cocina): Berneker 638; AR. V 581: Belege seit dem 15. J h . Neuere Entlehnungen sind: Skr. spajza (aus d. Speis(e)kammer); forcimer aus d. Vorzimmer (Vujaklija 1225); fremdencimer (Trivunac, N. U. 36), slafcimer (Vujaklija 1296), herencimer (Trivunac, N. U. 47), hala 'großes Vorhaus', aus d. Halle, lihthof, verdrängt durch die Lehnübersetzung svetlarnik (Trivunac, N. U. 47). Skr. sala 'Saal' geht ebenso wie ital. sala auf mhd. ahd. sal 'Saal, Halle' zurück (Kluge). D. Gang erscheint im Kr. als gank, ganak (AR. I I I 99: 17. Jh.), ganjak, gajnk, gajncec und bezeichnet in manchen Landschaften (so in Prigorje und um Jajce) eine Hochlaube, gewöhnlich aber eine Tieflaube. — Bei Vujic (P. I 169) heißt es: Kongovi ot obadva sprata jesu siroki 'die Gänge sind in beiden Stockwerken breit'; vgl. magy. gang 'Hausflur, Gang unter der Dachtraufe' (Melich 112). In Zagreb ist seit dem 14. J h . für 'taberna, officina' der Ausdruck lopa, f. bezeugt (Mazuranic I 610), der auf ahd. louba (louppea), f. 'Schutzdach, Halle, Vorbau' zurückgeht; AR. VI 151: lopa 'Schuppen' (in Topolovac), 'Schafstall' (um Karlovac). Serb. vesernica 'Waschküche' ist eine Ableitung zu veS aus d. Wäsche (Trivunac 47). Die Stiege oder Leiter zum Dachboden heißt lojtra (AR. VI 138: schon im 17. J h . bei Kajkaven und ungarischen Kroaten), vgl. slowen. lojtra, slk. lojtra, magy. lajtorija (Melich 163) aus d. Leiter, ahd. leitara; vereinzelt auch ätige, pl. f. aus d. Stiege (Cakovac). Bei Bjelostjenac 301 begegnet stenge, p. f. in der Bedeutung 'Treppe': puzne stenge 'Wendeltreppe'; wohl aus d. Gestänge 'Geländer' (Schmeller I I 770). NEBENGEBÄUDE

Skr. itata 'Stall' ist über ital. stalla aus mhd. ahd. stal(l) entlehnt worden. — Eine Weiterbildung ist serb. stalog (Vuk, R.). Skr. supa, supica 'Schuppen' aus nhd. Schuppen, m. (Kluge: erst nhd., nach dem Md. und Nd.). Für Scheune begegnen mehrere aus dem Deutschen stammende Bezeichnungen : Auf ahd. scugin(a) gehen zurück: kr. skadanj, skedanj, skedanj, äkedenj (Mazuranic 1314; Bjelostjenac 635: skedenj; Medumurje: na ,,skednju";

1. Siedlung, Haus und Hausrat

7

Stupnik bei Zagreb: skedanj 'Schutzdach'. Vgl. sl. skedenj, skegen (Miklosich, EW. 298). Auf ahd. stadal, mhd. stadel beruhen: kr. Stagalj, stagel (Mazuranic 1430: 14. J h . ; Bjelostjenac 635: stagelj, staglinec). Eine neuere Entlehnung aus d. Scheuer (dial. Scheier) ist skr. sajer (ZbNZ. V 187, X V 208: Cakovac; Vujaklija 1289). Bei Relkovich (Gr. 453) findet sich stodola (aus ahd. stadal) = pojata eine Scheuer; vgl. tsch. stodola, p. stodola. Für die Erdgrube, in die man Rüben, Kartoffeln usw. einlegt, begegnet vereinzelt graba, f., aus d. Graben (ZbN2. I I I 227: Trebarjevo; AR. I I I 351: nur in der Bedeutung 'Graben = fossa': Belege seit dem 15. Jh.). Aus lat. turrem, Acc. zu turris T u r m ' wurde afr. Horn entlehnt; aus Ostfrankreich wird um das Jahr 1000 mhd. torn, turn übernommen, daraus skr. turn (so bei Bjelostjenac und Jambresic); über magy. torony- skr. toranj, turanj (Melich 254; Mazuranic I 1475). Vujic (P. 184) hat toronj und toronciö (ib. 149), Reljkovic (Gr. 446) thoran. — Eine neue Entlehnung ist türm aus d. Turm (Vujaklija 1182). Neben schriftsprachlich nuznik 'Anstandsort' begegnet skr. abort (Vujaklija 5) und abtrit (ZbNZ. V 185, Cakovac: abtrit ili kancarelija). Aus mlat. plastrum 'Bindemittel für Steinbau' wird ahd. phlastar, mhd. Pflaster; daraus skr. flastar 'Straßenpflaster' (AR. I I I 60: bei Bjelostjenac); Ableitungen: flastrati 'pflastern', flastarnik 'Pflasterer' (AR. ib.). —• Eine neuere Entlehnung ist parketirati aus d. parkettieren (E. E.). HAUSRAT

Im Osten und Süden des serbokroatischen Volksbodens herrscht heute noch, wenigstens am Lande, das offene Herdfeuer vor. Nach Kroatien, Slawonien und nach der Wojwodina ist mit dem oberdeutschen Haus auch der von der Küche aus beschickte Kachelofen eingedrungen. In neuester Zeit setzt sich allerdings überall der eiserne Sparherd durch. Die Terminologie des einheimischen Herdfeuers und der Herdgeräte ist bis auf wenige Ausnahmen slawisch. Dem serb. raZanj 'Bratspieß' entspricht in Kroatien und in der Wojwodina der rostilj, m. (A.R.) aus schwäbisch roschtl (Fischer V 428; Trivunac, N. U. 43) aus mhd. röst 'Rost, Scheiterhaufen, Glut, Feuer'; vielleicht über magy. rostely (Melich 224). In der im äußersten Westen Kroatiens liegenden Landschaft Prigorje begegnet für 'Dreifuß' der schon bei Bjelostjenac belegte Ausdruck trimfus (mhd. drl-vuo% 'Dreifuß'; der irdene Dreifuß heißt auch serb. serpenja, serpa aus d. Scherbe, ersteres über magy. serpenyö (Trivunac 44). Für d. Schüreisen begegnet — serazlin, sarazlin. Zugleich mit dem Kachelofen ist die deutsche Bezeichnung Kachel übernommen worden: nach Kluge stammt ahd. chachala 'irdener T o p f , mhd. kachel(e) aus vulg. lat. *cac(c)alus 'Kochgeschirr'. Im 13. J h . kam in Oberdeutschland der Kachelofen auf: Der obere Teil des Ofens besteht hierbei aus Tonscheiben mit Vertiefungen, die die Heizfläche vergrößern sollen und die auf der Töpferscheibe gedreht wurden. Neben schriftsprachlichem pecnjak be-

8

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

gegnet kr. kahla, f. (AR. IV 734: schon beiBjelostjenac), skr. kalj, m. (AR. IV 781: Wojwodina), demin. kalic (Otok) oder keljak: turan s keljaki 'Ofenturm' (Prigorje). In Bosnien und Serbien heißen die Konkavkacheln loncici 'Töpfchen'. — Für (Oien)rohr (dimnak) begegnet auch kr. ror, rol aus d. Rohr (A. R.). Die Ofenbank aus Holz, Lehm oder Ziegeln heißt banak, gen. banka aus d. Bank (AR. I 170: jüngere Entlehnung). Der deutsche Sparherd erscheint als skr. sporet, sporat, Sparet, sporert. Die Ofenröhre heißt rerna, f., vereinzelt rol aus d. Rohr, der Ofenring auf der Kochplatte ringla, die Ofenstangen stanjge, pl. f. (Prigorje, Cakovac). Unter serb. mebel (fehlt im AR.) aus d. Möbel, letzteres aus fr. meuble, versteht man eine Salongarnitur, bestehend aus einem Kanapee und einigen Fauteuils. Letzteres geht bekanntlich zurück auf ahd. faltistuol und ist seit 1719 ins Neuhochdeutsche rückentlehnt (Kluge) ; über schwäb. dial. Fotel ist das Wort zu serb. fotelja geworden (Trivunac, N. U. 45; fehlt im AR). Truhe, Schrein heißt skr. skrinja, skrinja, skrinjica aus ahd. skrïni, m., n. dieses aus lat. scrlnium (Kluge: Kiparsky 264). Skr. lada, ladica aus mhd. lade 'Truhe' (Mazuranic I 580; AR. V 865: ladica ist zu Beginn des 15. Jh. in Zagreb bezeugt, in Dalmatien sogar schon 1346, 1359). — Skr. lad (AR. V 864: 17. Jh.; Berneker 682). Skr. samla, samlica aus bayr. öst. schaml 'Schemel' ; dieses über ahd. scamal aus lat. scamellum (Schmeller II 418; Kluge; Trivunac, N. U. 45). Vgl. magy. samli (Melich 232). Neuere Entlehnungen sind: serb. kredenc aus d. Kredenz, f. (Trivunac N. U. 44) ; skr. stender aus d. Ständer (Trivunac, N. U. 45) ; skr. pult aus d. Pult', skr. klajderstok aus d. Kleiderstock (Trivunac, N. U. 45) ; skr. hokla, hoklica, f. aus d. Hockerl (Trivunac, N. U. 46) ; srajptis aus d. Schreibtisch; bihersrank aus d. Bücherschrank (Vujaklija 160); serb. vaskas(t)n aus d. Waschkasten', serb. ajskasten aus d. Eiskasten (Trivunac, N. U. 33); serb. nohkasla (Belgrad) aus d. Nachtkastei ; nahtkasten aus d. Nachtkasten ; noksir aus d. Nachtgeschirr (Trivunac, N. U. 44). Vereinzelt begegnet forslagi (fehlt im AR.) aus d. Verschlage (Cakovac) ; regal aus d. Regal (AR.). Aus Samobor ist der Ausdruck taflpet aus d. Tafelbett und raäpet aus d. Reisebett (AR. respet, sloven. raspet) bezeugt (Schmeller II 139: Raisspettstatt). Skr. vanjkus 'Kopfkissen' geht auf mhd. wangechusse, wanchussen zurück (Schmeller II 958; Miklosich, F. 134); vielleicht über magy. vankos (fehlt bei Melich). •— Der Überzug heißt vanjkusnica, der Einsatz enzec (Samobor). Skr. alt vilahan 'Leintuch' aus mhd. wïl-lachen = lïlachen; vgl. wïle 'Schleier' aus lat. vëlutn (Berneker 721).

1. Siedlung, Haus und Hausrat

9

Skr. matraca, mat(a)rac aus d. Matratze, mhd. mat(e)raz aus ital. materazzo, dieses aus arab. matrah 'Sitzkissen' (Berneker II 27; AR. VI 517 nimmt Entlehnung aus ml. matracium an). Die Roßhaare zum Füllen der Matratze heißen serb. roshar (Vujaklija 1035). Skr. ligestul aus d. Liegestuhl, kr. altfaterstul aus d. Altvaterstuhl (Trivunac 36), saukelstul aus d. Schaukelstuhl (Trivunac 36), skr. kanabe über d. Kanapee (Kluge: bezeugt 1744) aus fr. canapé (Trivunac 45). Die Federn darin heißen federi (Sremac, Cira 37; fehlt im AR.). Der Rahmen für Bilder usw. heißt ram aus mhd. ram, m. f. ; dazu uramiti einrahmen; der einheimische Ausdruck ist okvir, Verbum okviriti; neben ogledalo 'Spiegel' begegnet auch spigl (Vujaklija 1297) aus d. Spiegel (Kluge: aus mlat. spèglum, lat. speculum). Die Tischwäsche heißt kr. tiscajg (Samobor, Prigorje) aus d. Tischzeug, der Tischläufer kr. tislajfer (Zagreb), das Tischtuch tistuh (Vujaklijal 158), in den südwestlichen Landschaften stolnjak, in Serbien carsav (türk.). Der Perser(teppich) heißt kr. perzer; anstatt cilim 'Teppich' (aus türk. kilitn) hört man auch das aus dem Deutschen stammende tepih (Trivunac 44 ; aus d. Läufer stammt skr. laufer (Vujaklija 650). Der Vorhang heißt skr. firanga, f., aus d. dial. Fürhang (fehlt AR.; Trivunac 44; vgl. magv. firhang: Melich 101), kr. auch foranga, f. (Zagreb) aus d. Vorhang, Sehr groß ist die Zahl der von den Deutschen übernommenen Gefäße und Behälter: Skr. éabar, m. (ursl. cóbòrz) 'Zuber' (AR. I 876: belegt seit dem 14. Jh.) aus ahd. zwibar, zubar (Berneker 165). — Ableitungen: cabri 6 'kleiner Zuber', cabrenjak 'Zuberstange', cabronosa, m. 'Zuberträger', cabrica 'Wännchen'. — Neben éabar auch ceber (letzteres schon belegt 1479: Mazuranic 146). Schon eine gemeinslawische Entlehnung aus ahd. *kubil (miluhchubili 'Milchkübel'), dieses aus ml. cupellus, ist ursl. *kibóh, daraus skr. kabao, gen. kabla 'Wassereimer (Berneker 658; Kiparsky 243; AR. III 708: 17. Jh.). Daneben kr. dial. kebao, kebel. — Ableitungen: kablica 'kleiner Kübel', kablar 'Kübelmacher'; eine neuere Entlehnung ist kibla, f. (Vujaklija 564), kiblica 'kleiner Kübel' (Otok), kr. mistkibl (Zagreb). Ob skr. baéva 'großes Faß' (AR. I 143: seit dem 13. Jh. belegt), das in allen Slawinen erscheint, aus dem Deutschen stammt (und zwar nach Uhlenbeck, A. X V 484 aus ahd. *butihha) wird von Berneker 105 angezweifelt; dieser ist geneigt, eine griech. Quelle anzunehmen : entweder mgr. ßovtreq, dem. ßovTteov (nach Vasmer) oder mgr. ßovxaov 'vas, dolium, cupa, lagena'. Kiparsky 231 hält die Herkunft aus dem Germanischen wegen slawisch -b- für unmöglich und will slav. *bscy aus altbayr. *butscha, *butsche (bei Schmeller I 312) ableiten, die nach ihm wiederum auf vulg. lat. *büttia zurückgehen. Ich glaube eher, daß bayr. butsche auf das Slawische zurückgeht. Kroat. äkaf, m. 'Schaff aus ahd. scaf, bei Bjelostjenac 883: skafica 'pelluvium, Gefäß zum Waschen der Füße'. — Eine neuere Entlehnung ist serb. iafolj, savolj aus bayr. öst. Schafft (Schmeller II 375). Vgl. magy. saffely (Melich 234).

10

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Kr. vandl 'kleine Wanne' (Samobor) aus d. dial. Wanndl (Schmeller I I 921). Nordkroat. lajt, lajti6 'Faß' (aus öst. la.it 'Gefäß voll Wasser, worin Fische transportiert werden = fränk. leit 'Gefäß, worin man die Weinbeeren zur Kelter führt' (Schmeller I 1528, 1529; Fischer IV 1168: Leit-Faß); vgl. slowen. läjta, lajt 'Faß für trockene Gegenstände; magy. lajt (Melich 163). Aus südd. ganter, m. (Schmeller I 926: 'Unterlage von Balken für Fässer' Fischer I I I 59) stammt kr. ganter, pl. ganteri (ZbNZ. X I I 90: Prigorje: oben sind diese Lagerhölzer etwas ausgenommen, damit die Fässer ruhig liegen); bei Bjelostjenac 226: gantar; AR. IV 825 verzeichnet kantijer, kantir aus ital. cantiere, erstere belegt seit dem 17. J h . Für den Trichter begegnet im 18. J h . (Luiceva ljekarusa: ZbNZ. X I V 66) die kr. Bezeichnung trahtur; aus südd. trachter (Schmeller I 645; Fischer, Schwäb. Wb. I I 302), dieses aus mlat. tractarius. Aus d. Reibeisen stammt kr. ribezen, ribez, ribaßa, ribaonica (AR.: seit dem 17. Jh.). Serb. slauh 'Gummischlauch zum Ausheben des Weines' aus d. Schlauch (Vujaklija 1296). Die deutsche Reine erscheint als kr. rajna (Miklosich F. 121), das demin. Reindel als kr. ranglija (Bjelostjeilac); rajlek (ZbN2. I I I 111), rajlika (ib. I I 121), räglinak (ib. X I I 82) und randlika, f. (Relkovich, Gr. 439, AR.). Vgl. tsch. rendlik, p. rynka. Kr. dial. protfan aus d. Bratpfanne (ZbNZ. X I I 106: Prigorje). Vgl. poln. brytfana. Serb. supsisla, f. aus d. Suppenschüssel, supntopf aus d. Suppentopf (Trivunac 44) sind zugleich mit der Suppe (daraus serb. supa) übernommen worden. Skr. kanta, f. 'Wassergefäß mit Handhabe', nach Berneker 481 und AR. IV 824 (seit dem 16. J h . belegt) aus d. Kante (heute noch bayr.) 'Geschirr, Kanne', ahd. channata (Kluge, s. v. Kanne). S. skip, m. aus ahd. seif 'Schiff, Gefäß' (Schmeller II, 385; Kluge s. v. Schiff) bedeutet in der Herzegowina und Crna Gora 'Mulde', in der Boka 'Waschtrog' (Vuk, R., s. v. skip). Kr. koflik 'Becher' (Mazuranic 518; fehlt im AR.) nach Berneker 645 aus d. Kufe (ahd. kuofa, mhd. kuofe), das nach Kluge wahrscheinlich auf mlat. cöpa beruht. Skr. kastrola, f. 'Schmortiegel, Bratpfanne' aus d. dial. Kastrol (Trivunac 43; AR. IV 883; Fischer, Schwäb. Wb. IV 251; Kluge: 1701 belegt, Quelle ist fr. casserrolle). S. panica 'irdene Speiseschüssel' gehört zu der gemeinslawischen Entlehnung pany aus ahd. pfanna (Miklosich EW. 231: in allen Slawinen; Mazuranic 893; AR. I X 616: belegt im 14. Jh., Ortsname Panicari, erwähnt im 18. J h . ; Brückner 394; Kiparsky 154). Skr. tegla, f. 'Tiegel' aus mhd. tegel, auch südd. Tegel (Schmeller I 596; Fischer, Schwäb. Wb. I I 128); entlehnt aus spätlat. tegula, dieses aus gr. tiqyavov ^Kluge).

1. Siedlung, Haus und Hausrat

11

S. tasna, tasnica, tacna aus d. Tasse(n), dieses im 16. J h . aus fr. tasse ; s. tasla, iaslica, f. aus d. dial. Tassel. S. soi ja, soljica, kr. äalica 'Kaffeeschale ' aus d. Schale, mhd. schäle. Skr. pehar, m., kr. peharec, dalm. pejar (Poljica) aus mhd. bêcher, ahd. pehhäri 'Becher' aus vulg. lat. *bicarium (Kluge), (AR. I X 757: pehar ist belegt seit dem 15. J h . ; pehar6C6\ 14. J h . ; peharnôkn: 13. Jh.). Lat. lagëna 'Flasche', das selbst auf gr. Xâyvvoç zurückgeht, wurde ins Ahd. als läge(l)la übernommen; daraus stammt (nach Berneker 685) das gemeinslawische Lehnwort *lagÖVÖ: dazu skr. lagav (AR. V 873: belegt seit dem 18. Jh.) neben lagva 'Faß, Gefäß', kajk. lagev; Entsprechungen in allen Slawinen. — Vgl. bayr. u. schwäb. Lägel 'Faß' (Schmeller I 1453; Fischer IV 921). Vulg. lat. *butina, das aus gr. iruTÎvr), tarent. ßurivr| stammt, ist nach Berneker 106 über germ.* budin, ahd. butin, budin 'offenes Daubengefäß' in den verschiedensten Bedeutungen in fast alle slawischen Sprachen gelangt: skr. badanj: 1. 'Bottich', 2. 'hohler Balken, durch den das Wasser fließt, welches das Rad der Wassermühle treibt' (AR. I 145: in ersterer Bedeutung schon seit dem 13. Jh., in der zweiten Bedeutung erst bei Vuk, R.). — Nach Kiparsky 232 ist spätahd.* budin die Quelle des gemslaw.* bidön(a). Aus gr. a/j,(tpi)eis{e). Der süddeutsche Knödel ( = nordd. Kloß) ist nicht bloß zu den Tschechen gedrungen (tsch. knedlik), sondern auch zu den Südslawen: skr. knedla, f. (Trivunac, N. U. 40; fehlt im AR.). — Bei Sremac (Cira 262) begegnen „cveöken-knedle", bei Ignjatovic (Patnica 66) semlknedle, pl. Aus dem Süddeutschen Nockelein (Schmeller I 1723), Nockerl 'kleiner feiner Knödel' stammt skr. nokla, noklica, f. (Trivunac, N. U. 40; fehlt im AR.); serb. snenokle, pl. f. aus d. Schneenockerln (Trivunac, N. U. 40). Serb. nudla, f. aus d. Nudel (Trivunac, N. U. 40), kr. dial. nudlin, mudlin; gebräuchlicher ist heute rezanac, m. (zu rezati 'schneiden'); bei Sremac (Cira 262) begegnet „grundbirn-nudle". Der deutsche Kaiserschmarren erscheint als skr. kajzersmarn, m., heute auch schon in der Lehnübersetzung carske mrvice, pl. f. (Trivunac, N. U. 40). Lat. placenta 'Kuchen' ergab nach Kluge rumän. pläcintä 'Mehlspeise'; über magy. palacsinta wurde daraus d. öst. Palatschinken mit volksetymologischer Anlehnung an Schinken; aus dem Deutschen stammt skr. palaöinka, f. (AR. I X 581: jüngere Entlehnung).

3. Speise und Trank

31

Der Reis heißt skr. pirinac (türk.) oder oriz (aus gr. OQV'QOV) ; d. Reiskoch wurde im Skr. zu rajskoh, m. oder koh od pirinca (Trivunac, N. U. 40). — In der Landschaft Prigorje begegnet reskasa, f. 'Reisbrei' (ZbN2. X I I 108) aus d. dial. Reiskasch, dessen zweiter Teil auf skr. ka§a oder tsch. kase 'Brei' zurückgeht. Kajk. kr. riäkasa, f. schon bei Bjelostjenac. Aus d. Fleck bzw. Fleckerl stammt skr. fiekice, flekle, pl. f. (Trivunac, N. U. 38; Vujaklija 1219; fehlt im AR.). Skr. strudla, f. aus südd. Strudel (Trivunac, N. U. 39). Tacke s pekmezom 'Povideltascherln' aus d. Tasche (ZbNZ. I I 144: Otok). Die deutsche Torte, die im 16. J h . aus Italien übernommen wurde, fital. torta) erscheint als skr. torta; Abarten: rumtorta, f. aus d. Rumtorte, dobostorta aus d. Doboschtorte, benannt nach dem Wiener Konditor Dobosch (Trivunac 41). Torten spritzen heißt s. Spricovati torte (Ignjatovic, Majstori 43). Skr. samrolna, f. aus d. Schaumrolle (Trivunac, N. U. 41). Das deutsche Schaum kehrt auch in serb. Sampita, f. 'eine Art Strudel' wieder. Skr. kremsnita, f. aus d. Cremeschnitte (Trivunac, N. U. 41). Der zweite Teil des Wortes Inita, snitica, f. aus d. Schnitte bedeutet auch 'Brotschnitte'. Skr. indianer aus südd. Indianer 'Bäckerei aus Schokolade und Schlagobers' (Trivunac, N. U. 41). Die (Schokolade)n)//e heißt skr. rolica, f. (Zagreb, E.E.). GEBÄCKSARTEN

Das weiße, mit Milch angemachte Weizenbrot heißt serb. miliprot, m. aus d. Milchbrot, dial. Milichbrot (Trivunac, N. U. 39; Sremac, Cira 37, Vuk. 150). Serb. vekna, f. 'Brotwecken' aus d. dial. Wecken, f., schriftsprachlich Weck, m., mhd. wecke 'Keil, keilförmiges Gebäck' (Trivunac, N. U. 39; Kluge, s. v.). Skr. zemicka, f. 'Semmel' aus d. Semmel, mhd. semel(e), dieses aus mlat. simila 'Weizenbrötchen', lat. simila 'Weizenmehl' (Trivunac, N. U. 39: vielleicht hat bei der Übernahme ins Serbische auch tsch. zemlicka, f. mitgewirkt; Kluge s. v.). Nach Tihomir Djordjevic (SEZb. X X X V I I 76) bewilligte der Stadtrat von Kragujevac dem Bäckermeister Eduard Hein, kgl. preußischem Untertan, am 8. Aug. 1838 die Eröffnung einer Bäckerei unter der Bedingung, daß er sechs Wochen nach der Bewilligung anfangen müsse, Semmeln zu backen; durch sechs Jahre hindurch durfte dort kein anderer Bäcker Semmeln herstellen. — Im nördlichen Kroatien begegnet zemlja (Mazuranic, Dod. 68; ZbNZ. X I I 102, 55), in Samobor zemljicka (ib. X V I I 232). Vielleicht geht auch kr. trenta, f. 'Reihensemmel' (Mazuranic, Dod. 68; Pletersnik) auf das Deutsche zurück: getrennte Semmel. — Bei Sremac (Cira 278) finden wir „semlprezla" aus d. Semmelbrösel. — Die deutsche Kaisersemmel erscheint als s. kajzerica, f. Skr. kifla, kiflica, f. aus d. öst. Kipfel (AR. IV 946; Trivunac 39); vgl. magy. kifli. — Nach Kluge ist dieses Gebäck in lunae modum factus seit dem Jahre 1000 über ganz Deutschland und Frankreich verbreitet (fr. croissant).

32

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Die südd. Bretzel ist über magy. perec zu den Südslawen gedrangen: skr. perec, peretac (pl. pereci), m., pereca, f. (AR. I X 782: schon bei Bjelostjenac; Trivunac 39; Strekelj, L. 46); nach Kluge geht mhd. brezel wahrscheinlich auf mlat. bracellum 'Aermchen' zurück. Ableitung: pereöar, perecar 'Brezelve rkäufer'. Serb. krofna, f. aus d. Krapfen (Trivunac, N. U. 40; fehlt im AR.); nach Kluge stammt das Wort aus ahd. kräpfo, m. 'Haken'; kr. dial. begegnet krapec (ZbN2. X I I 300: Murinsel), bei Sremac puterkrofna, f. aus d. Butterkrapfen (Cira 37), sprickrofna, f. (ib. 38) aus d. Spritzkrapfen', AR. verzeichnet salo-krofna {solo 'Schmalz'). Serb. dukatbuhtlica, f. (Belgrad) aus südd. Dukatenbuchtel. Skr. struca (ZbN2. X I I 106, X I I I 42: Prigorje; J . Andric, Prip. I I 108: Bosnien) aus d. dial. Strutzen, m. 'Striezel' (Schmeller I I 822; Fischer, Schwab. Wb. V 1887); Salzburg. Struzenbrod). Auf der Murinsel kennt man das süddeutsche Kletzenbrot Namen klecinprot (ZbNÄ. X I I 299).

unter dem

Der deutsche Gugelhupf erscheint im Kr. als kuglof, kuglov; kugluv (ZbN2. X I I 106: Prigorje), die Gebäcksform dazu als kuglovka oder kugluvaca, f. (fehlt im AR.). Der deutsche Zwieback wurde als skr. dvopek übersetzt, daneben hört man aber auch cvibak (Vujaklija 40); nach Lopasic geht auch kr. cipov 'Weißbrot' auf d. Zwieback zurück (Mazuranic I 124: Beleg aus dem Jahre 1653: Svakomu tezaku kruha cipov jedan 'jedem Bauern ein Zwieback-Brot'). Vermittelt wurde es vielleicht durch magy. cipö, ebenso wie serb. cipovka, f. 'ein kleiner Laib Brot auf die Reise' und cipovßica, f. 'kleines Weißbrot' (AR. I 802). Kr. vajnkus 'Kissen' aus mhd. wangeküssen, bezeichnet auch eine Mehlspeise (ZbNZ. I I I 244: Trebarjevo). S. pusla, puslica, f. 'ein kleines, süßes Gebäck' aus südd. Busserl (Trivunac, N. U. 40; Schmeller I 295: bayr. öst. Busslein 'eine Art süßen Backwerks': Fischer, Schwab. Wb. I 1558). Serb. stanglica, f. aus südd. Stangl 'Gebäck in Stangenform' (Trivunac 40). MILCHPRODUKTE

Die Erzeugung der Butter ist bei den serbischen Bauern heute noch nicht allgemein gebräuchlich, in den meisten Fällen verwendet man die abgeschöpfte Sahne der gekochten Milch, die nach dem Türkischen quaimaq, serb. kajmak genannt wird. Allerdings begegnet schon seit dem 13. Jh. maslo neben der Bedeutung 'öl' in der Bedeutung 'butyrum', der Unterscheidung halber heißt die Butter auch mlado maslo 'junge Butter'. Aus dem Deutschen stammt die Bezeichnung puter (schon bei Bjelostjenac), putar, in neuester Zeit auch buter. Nach Kluge stammt das deutsche Wort aus lat. butyrum und dieses aus gr. ßovrvQov 'Kuhquark', seinerseits Lehnübersetzung eines skythischen Wortes der pontischen Steppe.

3. Speise und Trank

33

Der Rahm heißt serb. mileram aus d. Milchrahm oder obets(t), obrst aus südd. Obers; Slagobers aus südd. Schlagobers (Trivunac, N. U. 39); statt des letzteren hört man auch kurz älag, z.B. sladoled sa slagom 'Eis mit Schlag'. Aus dem Deutschen stammen folgende Käsesorten: s. svajcerkez aus d. Schweizerkäse (Trivunac, N. U. 40; Vujaklija 1292), liptauer aus d. Liptauer (Käse) (Vujaklija 666); serb. ementaler aus d. Emmentaler (Trivunac, N.U. 40). Serb. topfnkez, m. aus donauschwäb. Topfenkäs[e), 'schwäbischer Käse' genannt (Trivunac, N. U. 40).

auch Svabski sir

OBST

Die slawische Bezeichnung für Obst ist schon altkirchenslawisch ovostb, wahrscheinlich aus ahd. obaj (Miklosich, EW. 228; Brückner, SE. 388), nach Kiparsky 253 aus andd. *ovats, dazu skr. voce, n. 'Obst', vo6ka, f. 'Obstbaum'. Von den Birnensorten erscheint die deutsche Kaiserbirne als kajziperka, f. (ZbNZ. I I 280: Otok), die Lederbirne als lederica, f. (Zagreb, Markt 1937; ZbNZ. X V I I 35: Samobor). Aus Samobor (ib. 36) sind noch bezeugt: fiuterpirn, salcpurgerica, cvergl (nach Sulek 66 cverglin aus d. Zwerglein 'niedrig gezogenes Obst', vgl. AR. I 862). Serb. ribizle, pl. f. (JB. I I 345: Wojwodina; AR. aus südd. Ribisl, n. (Schmeller II 9; Fischer, Schwäb. Wb. V 327) 'Johannisbeeren'. Vgl. magy. ribizli (Melich 222). Skr. mandala, f. 'Mandel' (auch s. badem aus pers. badem) aus ahd. mandala 'Mandel' (AR. VI 439). Nach Abschluß der hochdeutschen Lautverschiebung aus lat. amandula, letzteres aus gr. ä[ivydäXr] (Kluge). Der aus der Quitte hergestellte Quittenkäse erscheint im Serbischen als kitnkez, kitnikez, m. (Trivunac, N. U. 40; Vujaklija 567). Serb. sulc, m. stammt zwar aus d. Sülze, bedeutet aber nicht wie im Deutschen die salzige Fleisch-Gallerte, sondern eine Art süßen Kompotts (Trivunac 40); „sulc" od visanja 'Weichsel-Sulz' (Ignjatovic, Patnica 78). GETRÄNKE

Die hierher gehörigen Entlehnungen sind alle verhältnismäßig jung: Der deutsche Schillerte in erscheint im Serbischen als siler, siljer (Vuk, R.: Syrmien), der Glühwein als glivajn (Vujaklija 240). Allgemein bekannt ist der spricer, m. aus deutsch Spritzer 'mit Sodawasser gemischter Wein'. Bei Sremac (Prip. IV 98) begegnet: karlovacki auspruh aus d. Karlowitzer Ausbruch; sampanjizirati aus d. champagnisieren (ib. I I I 153), Aus d. Malz stammt s. male, dazu malcbir 'Malzbier' und malcbonbon (Vujaklija 691). Anstatt rakija (aus türk. raki) hört man auch snaps aus d. Schnaps (Vujaklija 1296), das nach Kluge zu schnappen gehört und erst Ende des 18. Jh. in Niederdeutschland auftaucht. 3

S c h n e e w e i s , Die deutschen Lehnwörter

34

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Skr. têj bezeichnet vor allem die getrockneten Teeblätter, aber auch das daraus hergestellte Getränk (so kamilntej: Ignjatovié, Patnica 321), das allerdings meist caj genannt wird (Vujaklija 1137; Ignjatovic, Patnica 11, 237). Nach Kluge ist das Wort erst neuhd. und geht ebenso wie fr. thé auf chines. the zurück. Der Kaffeesatz heißt in Samobor zöc od. kave (ZbN2. X V I I 31), aus d. dial. Satz. Skr. puns, punc aus d. Punsch, dieses aus engl, punch (Trivunac 42). Skr. rum aus d. Rum (nach Kluge seit dem 18. J h . bezeugt; aus engl. rum, dieses aus Ost- oder Westindien). Aus dem Deutschen stammen folgende alkoholfreie Getränke: skr. himber, m. aus d. Himbeere (Vujaklija 1258), in Kroatien auch malinovac genannt (zu malina, f. 'Himbeere'). Aus südd. Kracherl 'Sodawasser' stammt skr. kraher, m. (Vujaklija 624). Serb. soda, f. 'Sodawasser' aus d. Soda(wasser) (Trivunac 42). Bei Sremac (Prip. II 128) begegnet „cuker-vaser", ajskafe (Sremac Cira 82) und gefrorenes (ib. 82). Der Lutscher der kleinen Kinder heißt kr. cucl, m. (ZbN2. X V I I 120: Samobor) aus bayr. öst. Zuzel (Schmeller I I 1168 = Sauglappen) oder dudlek, m. aus bayr. öst. Dudel (Schmeller I 490: Dudel, verächtlich für 'Pfeife, Flöte'. MAHLZEITEN

Schon bei Bjelostjenac begegnet skr. frostuk(elj), frostukalj ; froätukljati; jünger ist vrustuk; beides aus d. Frühstück, dial. Fruhstuck(l) (AR. I I I 75, 76; Vujaklija 1231; Trivunac, N. U. 42; Schmeller I 805; Fruestuchlein). Ableitungen: frustukovati ; frostikati (Prigorje). Vgl. magy. frustuk 'Frühstück' (Melich 107). Rückentlehnung liegt vor in serb. jauzna, f., jauzn, m. aus d. Jause{n) (häufig bei Sremac. 84, 142, 163: Wojwodina; fehlt im AR.). Bekanntlich stammt d. Jause aus slowen. skr. juzina 'Mittagessen, Jause' (Miklosich, EW. 106: Ableitung zu jug 'Süd, Mittag'; vgl. lit. fiëtus 'Süd, Mittag, Mittagmahl'; Berneker 457). Ableitung: jauznovati (Sremac, Cira 289). Aus d. Kost stammt s. kost, m., z.B.: kost i kvartir 'Kost und Quartier' (Trivunac 42); kr. kosta, f. (Zagreb). Deutsch Kostgeber erscheint im Serbischen als kostgeber, m., dazu kostgeberka, f. (Trivunac, N. U. 42). Das mit kiesen verwandte kosten 'gustare' erscheint in Kroatien und Slawonien im 18. Jh. als kostati und koätovati (AR. V 387, 388). — Daneben gustirati (vino) aus d. gustieren (Sremac, Trip. I I 120, IV 20); Grundwort ist lat. gustus. Der Appetit 'gustus' heißt kr. tek, bei Bjelostjenac 617 zmah, auch slowen. zmah: Quelle ist meiner Meinung nach südd. Geschmach (Schmeller I I 541; Fischer, Schwab. Wb. I I I 479). Bjelostjenac 278 bezeichnet acuti cibi als zmahne jestvine, pl. 'schmackhafte Speisen': zugrunde liegt südd. geschmach 'schmackhaft' (Schmeller, ib.; Fischer, ib.). — Smekovati aus d. schmecken (Vujaklija 1296), muätrati aus d. mustern (ZbN2. I 133, Stupnik:

3. Speise und Trank

35

Sada svatovi ,,mustraju" /"= kusajujvino 'jetzt kosten die Hochzeiter den Wein'). Serb. fajnsmeker aus d. Feinschmecker (Vujaklija 1196), s. sljemati aus d. schlemmen 'prassen' (ib. 1296). Das deutsche „Bruderschaft trinken" erscheint als brudersaft (Vujaklija 179; häufig bei Sremac). Serb. foräpajs, m. aus d. Vorspeise (Vujaklija 1225 = predjelo, meze). — Bei Sremac (Cira 39) begegnet s. kohbuh aus d. Kochbuch. GASTHAUS

Von den einheimischen Bezeichnungen für Gasthaus ist die älteste krcma (zu altslaw. kncbma, das auch in d. schles. Kretschem erscheint; einheimisch ist ferner gostilnica oder gostionica; aus dem Türkischen stammen kafana und mehana. Vom Norden und Westen her ist im 18. Jh. das deutsche „Wirtshaus" eingedrungen: aus d. Wirt, mhd. ahd. wirt stammt skr. birt, m. (erster Beleg bei Reljkovic). Ableitungen: birtas, m. 'Wirt', birtasica, f. 'Wirtin', birtija, f. 'Wirtshaus' (AR. I 323). — D. Wirtshaus erscheint im Skr. als bircuz, bircauz (AR. I 322), um Trebarjevo als bercuvuz (ZbN2. VI 194, 233); der Wirt heißt daselbst bertaS (ib. 233), die Wirtin bertasica (ib. I I I 249). —• Das Wirtshausschild heißt bircuski cimer, m., nach Berneker aus mhd. cimier(e) 'Helmschmuck, ritterlicher Waffenschmuck', das auf ital. cimiero 'Helmschmuck' zurückgeht, dieses aus ml. cimerium aus lat. cyma, gr. xvßa. Erst im 19. J h . wurde d. Kellner ins Skr. entlehnt als keiner, m. (fehlt bei Vuk und im AR.). Vgl. magy. keiner aus nhd. Kellner (Melich 149). Ableitungen: kelnerka, f. 'Kellnerin', kelnerce, -ete, n. 'Kellnerbursche', kelneraj, m. 'Schanktisch'. — Im Kroatischen suchte man das Lehnwort Kellner durch konobar zu ersetzen, das eigentlich "Gastwirt, Besitzer einer konoba (Weinkeller)' bezeichnet, seit dem 15. Jh. belegt ist und auf mlat. canaba (AR. I 268) beruht. Der Zahlkellner heißt s. calkelner oder auch gospodin cale (Belgrad); cäle hat dann auch die Bedeutung 'außer Abonnement' angenommen; der Gast sagt z. B. an: ,,Strudlu, cale!" 'einen Strudel außer Abonnement!' — Cäle heißt dort auch der jedesmal zahlende Gast im Gegensatz zum Abonnenten. Der Kellner fragt z. B . : ,,Jeste-li vi abonirac ili cale?" 'Sind Sie Abonnent oder zahlend?' — Aus dem Deutschen stammt auch s. oberkelner. m. (Vujaklija 798) und gospodin ober 'Herr Ober'. S. spajzetreger, m. aus d. Speisenträger sankus (Belgrad) aus d. Schankbursch. Über Getränke s. oben S. 33.

(Sremac, Vuk, 180), s. sambus,

In dem Gedicht von M. Vetranic, Lanci Alamani aus dem 16. Jh. heißt es: ,,. . . a necemo od vas platu, ner da s vami potrinkamo." 'Wir wollen von Euch kein Geld, wir wollen nur mit Euch trinken' (Trivunac, N. U. 20). — Trink ide u okolo 'man trinkt in der Runde' (Drziö 262). 3*

36

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

S. cug 'Zug beim Trinken' aus d. Zug (Vujaklija 1283). Ableitung: cugati 'schluckweise trinken' (Vujaklija, ib.). Die zu zahlende Zeche heißt s. ceh, m. (Trivunac 68; Sremac, Prip. IV 133; fehlt in dieser Bedeutung im AR.). Die Faßpiepe heißt skr. pipa (AR. I X 587: schon belegt bei Bjelostjenac, dunkler Herkunft); meiner Meinung nach beruht das Wort auf nhd. Piepe, die, wie Schmeller I 399 wahrscheinlich macht, aus dem Nd. stammt. Die germanischen Wörter gehen zurück auf romanische: vgl. ital. pipa, fr. pipe. —• Die Serben kennen für Piepe auch die Bezeichnung slavina, eigentlich 'Zapfen' (Vuk, R.). — Neben einheimischen Bezeichnungen des Weinhebers, wie nalega(ca), teglica f. begegnet besonders bei den Kroaten hebar aus d. Heber (AR. I I I 587: schon bei Bjelostjenac: kajk. heber 'siphunculus'). Einen starken Zecher bezeichnet der Serbokroate als pijanac oder nach dem Deutschen als trinker (Vujaklija 1174). Bei Vetranic I 250 begegnet tiinkati 'zechen' (AR. X 896). — Aus nhd. lumpen in der Bedeutung 'bummeln, zechen' stammt skr. lumpovati (Trivunac 68); fehlt im AR., aber sehr häufig bei Sremac, Lazarevic u. a.). Hierher gehört auch skr. lumperaj 'Nachtbummel' (Sremac, Vuk. 55) aus d. Lumperei; lumpac, lumpov (Trivunac 68) 'Bummler' aus d. Lump (nach Kluge seit dem 17. J h . in der Bedeutung 'Mensch in zerlumpten Kleidern'). Skr. sljemati aus gleichbed. d. schlemmen (Trivunac, N. U. 68); nach Kluge zuerst 1462 bezeugt. Das dem Kellner entrichtete Trinkgeld heißt baksis 'Geschenk' (türk.) oder trinkeld aus d. Trinkgeld (ZbNZ. X I I 256: Prigorje). Über skr. bilikum 'Willkommtrunk' s. unten unter „Volksbrauch". ZUSAMMENFASSUNG

Wie die Lehnwortverhältnisse zeigen, ist den Serbokroaten die Kartoffel, der Kohl, der Kohlrabi, die Sellerie, der Spargel und die Trüffel durch die Deutschen vermittelt worden, ebenso eine Reihe von Gewürzen: Neugewürz, Senf, Zimt, Kümmel und die Muskatblüte. — Feinere Methoden der Speisenzubereitung sind ebenfalls entlehnt worden: kuhati, pohovati, dinstovati, restovati, tenfati, spikovati, filovati, fasirati, pacati. Welcher guten Aufnahme sich die Wiener Küche bei den Serbokroaten erfreut hat, ersehen wir aus den zahlreichen übernommenen Fleisch- und Mehlspeisen. Wiener Schnitzl, Rostbraten, Krenwürsteln, verschiedene Arten von Knödeln (wie Zwetschkenknödeln, Semmelknödeln, Nockerln, Nudeln, Kaiserschmarren, Palatschinken, Reiskoch, Fleckeln, Strudel, Cremeschnitten, Schaumrolle, Schlagobers, Busserln, Stangeln usw. haben bei den Serbokroaten eine sehr willkommene Aufnahme gefunden. Ebenso die deutschen Gebäcksarten: das deutsche Milchbrot, die Wecken, das Kipfel, die Semmel, der Krapfen (Butterkrapfen), Bretzeln, Zwieback, Gugelhupf. Was die Milchprodukte betrifft, so wurden die Butter und verschiedene Käsearten durch die Deutschen vermittelt: Schweizerkäse, Emmentaler, Liptauer, Topfenkäse usw.

4. Landwirtschaft und Viehzucht

37

Mit dem deutschen Gast- und Kaifeehaus wurden übernommen: der Glühwein, der Gespritzte, der Rum, die Bezeichnung Schnaps, das Kracherl, der Himbeersaft. Mit dem deutschen Gasthaus kamen Bezeichnungen wie birtija, bircuz, birtas, keiner, ober, spajzetreger, trinkeld, lumpovati u. a. Der weitaus größte Teil der hierhergehörigen Lehnwörter ist in neuerer Zeit entlehnt worden. Die Zahl der aus dem Ahd. entlehnten Wörter ist ganz gering: skr. kuhati aus d. kochön; skr. voce, altsl. ovostb aus ahd. obaq. 4. L A N D W I R T S C H A F T UND V I E H Z U C H T Die Landwirtschaft wird heute noch in weiten Gebieten Jugoslawiens sehr urtümlich betrieben, besonders in den Gebirgsgegenden wird der Acker noch mit Hakenpflug (ralo) und Strauchegge bearbeitet. Das Dreschen vollzieht sich auf freiem Feld in der Weise, daß Pferde oder Rinder das auf der improvisierten Tenne (gumno) ausgebreitete Getreide austreten; die Körner werden an Ort und Stelle durch Worfeln gereinigt. Der Heimtransport des ausgedroschenen Getreides geschieht in Säcken, die auf Tragtiere verladen werden; das durch das Treten der Tiere zerkleinerte Stroh wird in großen Körben heimgebracht. Auf den Märkten sieht man ncch häufig die alten zweirädrigen Karren, deren Räder aus wuchtigen Holzscheiben ohne Speichen bestehen. Der Bauer heißt seljak, Ableitung zu selo 'Dorf'; ähnlich heißt der Bauer bei den Tschechen sedldk, bei den Russen seljanin. In der Militärgrenze hieß der Bauer im Gegensatz zum freien Grenzer (dem granicar) paor, paur aus d. Bauer und die Gegend außerhalb der Militärgrenze paorija f.; Ableitungen: paorkinja, f. 'Bäurin', paorski 'bäurisch' (AR. I X 624, 710), popaoriti se 'verbauern' (Sremac, Cira 60). Vgl. magy. för 'Bauer' (Melich 207). Der gesamte Feldbesitz eines Anwesens heißt nördlich der Donau und im Nordwesten grünt, m. aus d. Grund (AR. I I I 481: schon bei Bjelostjenac in der Bedeutung 'fundus'), der Besitzer gruntas; dazu gehört auch gruntovnica, f. 'Grundbuch'. — Ob skr. lanac 'Joch Landes' aus d. Leh(e)n entlehnt ist, ist nach Berneker 689 unsicher. Nach Brückner, SE. 306, ist p. lan 'eine gewisse Fläche bestellten Feldes' über tsch. län 'Landhufe' aus d. Lehn übernommen worden. — Aus dem Slawischen stammen magy. Idnc 'Joch, Morgen' und rum. lan, n. 'Ackerfeld'. — A. R. V 895 meint, daß das in nordöstlichen Landschaften übliche lanac 'Joch' aus dem Magyarischen stamme. — Dunkel. In der Wojwodina begegnet für d. Wirtschaft serb. virsoft, vritsaft, m. (Sremac, Cira 58, 143), dazu virsofter, m. 'Wirtschafter', virsofterka, f. 'Wirtschafterin'. Aus d. Meierhof stammt das in den nordwestlichen Landschaften seit dem 18. J h . gebräuchliche majer, marof (AR. VI 387, 486; marof(ec) schon bei Bjelostjenac, ebenso majerica 'villica'); daneben über magy. major- skr. majur (ib. 395; Melich 172; vgl. auchMazuranic 624: majer, majur, marof).

38

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Schon seit dem 16.Jh. begegnen kr. 2eler,2elir,2eljar,2eljer,2iljer'Siedler' aus südd. Seidner, Sölner "Häusler, Keuschler' (Schmeller II 269: Seidner 'Besitzer einer Seiden ( = Hütte) oder eines Sechzehntel bis Achtel Hofes'; Fischer, Schwab. Wb. V 1347; Belege bei Mazuranic I 1704; Miklosich, F. 137: aus mhd. sidelaere). Der Hakenpflug der indogermanischen Uizeit, der den Boden bloß ritzt, aber nicht wendet, und seiner Form nach auf den Asthaken zurückgeht, heißt skr. ralo (urverwandt mit lat. arätrum, gr. äqoxQov). Eine gemeinslawische Entlehnung aus urdeutsch *plög (daraus ahd. fihluoc) ist ursl. plugi, skr. plug (Brückner, SE. 422; Kluge, s.v.; nach Kiparsky 258 ist slaw. pluga aus ahd. pfluoc oder andd. flog, nach Stender-Petersen 407 aus got. plögs entlehnt worden). — AR. X 89: belegt seit dem 14. Jh.; auch in der Bedeutung 'Feldmaß, Bespannung'. Der germanische Pflug, der den Acker wendete und gründlicher für die Aussaat vorbereitete, war für die Slawen etwas Neuartiges. Mit der neuen Sache wurde auch das neue Wort übernommen. Umstritten ist skr. gredelj 'Pflugdeichsel, Grindel', das in allen Slawinen Entsprechungen hat. Berneker 349 hält eine Entlehnung des slawischen Wortes aus dem Germanischen für möglich, Brückner, SE. 156, ist für Urverwandtschaft; Kiparsky 236 hält eine Entlehnung des urslaw. *gr$deli> aus spätahd. *grindel, *grendel für sicher. Die Entlehnung müsse noch vor dem Schwund der slawischen Nasalvokale, also vor dem 10. Jh., erfolgt sein. Seit dem 18. Jh. ist in den nordwestlichen Landschaften die deutsche Krampe bezeugt, und zwar als kr. kramp, m. (AR. V 463). Ableitungen: krampicak, krampina, f.; Berneker 606 leitet kramp von dial. öst. Krampn 'Spitzhaue' ab. Kr. praha, f. aus d. Brache, ahd. brähha, mhd. bräche; vgl. slowen. praho delati, praho orati 'einen Acker pflügen, um ihn dann brach liegen zu lassen' (Mazuranic 1073; Kluge). Hierzu vielleicht skr. prahati 'die Erde lockern' mit volksetymologischer Anlehnung an skr. prah, m. 'Staub'. Nach AR. X I 358 kommt das Wort bloß bei Jambresic in der Bedeutung 'pulveratio' vor; ich finde es aber auch bei Bjelostjenac 814: lat. novale, n. = praha ili njiva kä jedno leto pociva 'ein Feld, das ein Jahr ausruht'. — Das Wort ist nach AR. heute noch lebendig in den Landschaften Zagorje und Prigorje. In Samobor begegnet rahla zemlja (AR.; ZbNZ. XVII 29). vielleicht aus südd. rogel 'locker' (Schmeller II 75; Fischer, Schwab. Wb. V384); vgl. rüchl 'locker' im Schönhengster Dialekt. Was die durch die Serbokroaten von den Deutschen entlehnten Feldfrüchte betrifft, so wären außer krumpir aus d. Grundbirne (s. oben) noch zu erwähnen: der Buchweizen oder das Heidekorn, Polygonum fagopyrum; aus mhd., frühnhd., schwäb. heidenkorn verkürzt sind bayr. öst. haidn, haidl (Schmeller I 1052); aus älterem nhd. heiin stammt nach Berneker skr. hajda, hajdina. Nach Mazuranic 371 ist das Heidekorn vor dem 15. Jh. in Kroatien unbekannt. Außer hajda, hajdina begegnen bei den Serbokroaten die Bezeichnungen: heljda, heida, jeljda, jelda; sie sind über türk. helde eingedrungen (Berneker 381; Miklosich, TE. I 300; AR. III 590: heida bei Bjelostjenac). — Ableitung: hajdenica 'Brot aus

4. Landwirtschaft und Viehzucht

39

Heidekorn' (AR. I I I 553): bei den ungarischen Kroaten gilt das Sprichwort: Hajdenica dobar kruh, malo popij, pun trbuh, 'H. brot ist ein gutes Brot, trink ein wenig, und du hast den Bauch voll'. Anstatt des einheimischen postat. m. 'Schwaden' erscheint auch kr. £lak, m. aus d. Schlag (Mazuranic 1720). — Das auf einem Schwaden abgemähte Gras heißt in Samobor prosti vikel 'einfacher Wickel'; wenn zwei Grasschwaden zusammenfallen: slozeni vikel 'zusammengesetzter Wickel' (ZbN2. X V I I 32); zugrunde liegt d. Wickel. Die Stangen der Heuharfe (kozlec), auf die das Heu zum Trocknen aufgehängt wird, heißen stange, pl. f. (Samobor). Durch Ausklopfen der Garbe erhält man ein Bündel langen Strohs, skopa genannt (aus ahd. scoub, nhd. Schaub), das zum Dachdecken (s. oben S. 14) und zum Flechten von Körben verwendet wird. Um Samobor heißt die Getreideputzmaschine paitl, das Putzen pajtlati (ZbNZ. X V I I 16); zugrunde liegt wohl d. dial. Beutel, beuteln; vgl. bayr. öst. Beutelmühle (Schmeller I I 305; Fischer, Schwab. Wb. I 983). Über die Terminologie des Wagens s. Kapitel Handwerk, Wagner. Kr. rink, m. aus d. Ring (ZbNZ. X I I 168: Prigorje) heißen die Ringe an dem Pferdekummet. Das Pferdekissen unter dem Kummet heißt in der Landschaft Prigorje kis, m. (ZbNZ. X I I 168; fehlt in den Wb.) aus bayr.-öst. Kiss, n. (Schmeller I 1303), nhd. Kissen, mhd. küssen (Kluge); der Ziehstrang heißt in der Wojwodina und in Kroatien stranjga, f. aus d. Strang, m. ( J B . I I 543; ZbN2. X I I 168: Prigorje). Skr. lanac 'Kette' (seit dem 17. J h . belegt) stammt nach Berneker 689 aus mhd. lanne 'Kette als Werkzeug und als Schmuck'; vgl. bayr. öst. Lanne 'Kette' (Schmeller I 1476; Fischer, Schwäb. Wb. IV 990; Miklosich, E W . 160; A R . V 895 hält Entlehnung aus magy. lancz für wahrscheinlich). —• Vereinzelt begegnet dial. ketina (ZbNZ. X V I I 95: Samobor) aus d. Kette (n), ahd. ketina, dieses aus vulg. lat. cadena (Kluge). Vorspann heißt in der Wojwodina forspan, vo(r)span aus d. Vorspann (Mazuranic I 307; J B . I I 739; AR. I I I 63). Vgl. magy. jorspont (Melich 104). Der Fuhrmann kr. foringas (AR. I I I 62: belegt seit dem 17. J h . in den nördlichen Landschaften), daneben foringa, furingas. Zugrunde liegt d. fahren, vielleicht Fahrung. Schon im 16. J h . begegnet als Tragvorrichtung kr. traglje, pl. f. aus d. dial. Tragi (Belege bei Mazuranic 1458); heute tragle, pl. f. (ZbNZ. I I I 213: Trebarjevo). GARTENBAU

Neben den einheimischen Bezeichnungen des Gärtners wie vrtar und bascovan begegnet auch gertner aus d. Gärtner (Vujaklija 235). Kr. dial. betevce, n. aus d. Beet (ZbN2. I I I 100: Trebarjevo), auch betvo, betve, n. (ib. X I I 177: Prigorje). Über die aus dem Deutschen entlehnten Gemüsearten s. oben S. 26. Der Blumenliebhaber heißt s. blumist, m. zu d. Blume; die Blumenpflege — s. blumistika, f. (Vujaklija 163). —• Blumen mit deutschem Namen:

40

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

fajgel, m. (ZbN2. II 278) aus d. dial. Feigel (Schindler I 833: Feigelein-, Fischer, Schwab. Wb. II 1016); kr. dial. fajgolica, f. (AR. III 40: bei den ungarischen Kroaten). Aus Samobar werden genannt (ZbN2. XVII 31): frgismaniht, hercblumen, imergrin, monatsrozn, hoier (letzteres aus bayr.öst. Holler: Schmeller I 1083). Als Zierpflanze beliebt ist der buspan, puspan, m. aus d. Buchsbaum (Mazuranic I 1199; bei Bjelostjenac: puspanovo drevo); nach Kluge ist ahd. buhsboum vor 600 aus lat. buxus übernommen worden, Grundwort ist gr. nv£og. Das Pfropfen: skr. pelcovati aus südd. pelzen (AR. I X 763; Fischer, Schwab. Wb. I 840; Schmeller I 389: pelzen 'pflanzen, pfropfen'), das Piropfreis — pelcer aus d. Pelzer (Schmeller, ib.; Trivunac 62; Vujaklija 872). — Um Samobor heißt das Pfropfreis der Weinrebe edler, m. aus d. Edler (ZbN2. X V I I 3). In Samobor heißt der Steckling stupfer (ib. 29) aus bayr.-öst. Stupfer (Schmeller I I 775); der Blumentopf heißt dort tegl (ib. 29) aus bayr.-öst. Tegel (Schmeller I 596; Fischer I I 128). Über Obst und Gemüse s. oben im Kapitel „Speise und Trank". WEINBAU

Aus vulg. lat. *vintörem wurde nach Kluge ahd. *winzur; durch Anlehnung an heimische Masculina auf -il unter Anknüpfung an ahd. zeran 'zupfen' entstand winzuril, daraus mhd. winzürl und spätmhd. Winzer. — Die mhd. Form ist über magy. vinceller, vinceler zu kr. vincilir 'vinitor' geworden (Melich 261; lehlt bei J B . ) . Das Besprengen der Weinreben mit Schwefel heißt kr. dial. zveplajne (zu zveplo 'Schwefel') oder sumporejne zu sumpor 'Schwefel' (ZbN2. X V I I 8, Samobor). Das Abrebeln der Weinbeeren heißt kr. dial. reblati aus d. rebeln, die dazugehörige Maschine rebmasina oder ruljaca (ZbNZ. X V I I 21: Samobor). Die Weinkelter, skr. presa, f. aus d. Presse, mhd. (win)presse 'Kelter' aus mlat. pressa (Kluge; AR. X I 739: aus ital. pressa oder d. Presse; Miklosich, F . 120: aus ahd. pressa; Mazuranic 1109: schon 1487 belegt). — Dazu das Verbum presati 'pressen' (AR. X I 740), presovati; kr. presar 'der Weinpresser'. — Das Anziehen der Presse heißt kr. naserafiti 'anschrauben', zu geraf, saraf, sraf 'Schraube' aus südd. Schrauf 'Schraube' (Kluge s. v. Schraube; Trivunac 55; fehlt bei J B . ) . Durch das Pressen gewinnt man den Most, skr. molt, m. aus ahd. most (AR. V I I 23; Kluge s. v. Most: aus lat. [vinurn] musturn 'junger Wein'). — Aut aksl. mbstb beruht auf lat. mustum (AR. VI 503; Kiparsky 117: balkanrom. *musto). Die nach dem Pressen verbleibenden Treber heißen skr. drop, m., schon im 15. J h . belegt (Mazuranic 274; AR. I I 791). Die Quelle ist meiner Meinung nach ahd. *trab, das Kluge (s. v. Treber) als Singular zu ahd. trebir, mhd. treber, pl. erschließt. Neben skr. drop begegnet auch trop (AR. I I 791), tropine, pl. ( J B . I I 594), kr. dial. tripine, pl. (ZbNZ. X I I 92: Prigorje).

4. Landwirtschaft und Viehzucht

41

Eine weitere aus dem Deutschen stammende Bezeichnung für Treber ist trkulj, m. ( J B . I I 592; Vuk, R. 'die Trester'); nach Melich 235 ist das Wort über magy. törköly 'Treber' aus d. Torkel, ahd. torcla 'Weinpresse' entlehnt (Schmeller I 620; Fischer, Schwab. Wb. I I 276), das zu lat. torqueo 'drehen, pressen' gehört. Ein altes Lehnwort aus vulg. lat. cäna 'graue Schmutzschicht auf Wein' ist mhd. kam, nhd. Kahm 'Schimmel auf gegorenen Flüssigkeiten'; letztere Bedeutung hat auch bayr. Kahm (Schmeller I 911). Aus dem Deutschen stammt kajk, kr. kam, m. 'Weinrahm', dazu adj. kaman 'trüb, kahmig' (AR. IV 783: Prigorje; Strekelj, L. 25). WEINSORTEN MIT DEUTSCHEN NAMEN

Skr. silef, siljer, m. ( J B . I I 528) aus d. Schiller (wein), (Schmeller I I 397: „ein bleicher, in andere Farbe spielender Wein"); vgl. magy. silier (Melich 236). Moslavac aus d. Mosel{wein) (Samobor; Fischer, Schwab. Wb. V 836); gutedl aus d. Gutedl (Samobor); rizling aus d. Riesling (Kluge: Reben- und Weinsorte, vom Rhein ausgehend, zuerst in Worms 1490 als rüssling belegt; Ursprung dunkel). Schon bei Bjelostjenac findet sich die Bezeichnung auspurg aus d. Ausbruch = lat. passum „süßer Wein, gepreßt aus Trauben, die an der Sonne getrocknet worden sind". Skr. bermet aus d. Wermut(wein), (AR. I 238: bezeugt seit dem 18. Jh.). — Bei Vuk, R. findet sich puntvajn 'ungegorener Wein, um damit den Wermutwein zu versüßen'; die Herkunft ist mir nicht klar: schwerlich zu bayr. Punz 'Faß' (Schmeller I 397). Serb. selizirati aus d. scheelisieren 'mit Glycerin Wein, Essig oder Bier versüßen', benannt nach dem Chemiker K. W. Scheele, 1742—86 (Vujaklija 1293). Der Zapfen des Fasses heißt kr. cep (nach Berneker aus ital. ceppo) oder stopl, m. aus d. dial. Stoppel, das nach Kluge auf mlat. stuppare 'mit Werg stopfen' zurückgeht. S. oben S. 11. Skr. vizir, m. aus d. Visier(stab) = Eichstab, zu lat. visere 'beschauen' ( J B . I I 723: Wojwodina; AR. I I I 59: bei Bjelostjenac fizer; Schmeller I 848: Visier 'Maß'). Ableitungen: vizirdzija, m. 'der Eicher', vizirina, f. 'Eichgebühr'. Skr. rozine, pl. f. aus d. Rosinen (Vujaklija 1033; Kluge: spätmhd. rosine aus fr. raisin) Grundwort ist lat. racemus 'Kamm der Traube'). TIERHALTUNG

Neben der urlaw. Entlehnung skota 'Vieh' (skr. skot 'Vieh') aus got. skatts, ahd. scaz 'Geld' (Brückner, SE. 495) begegnet sehr früh skr. marha, marva, f. 'Vieh, Ware' aus ahd. mar(i)ha 'Stute, Mähre', und zwar über magy. marha 'Gut, Habe; Vieh, Rind' (Berneker I I 19; AR. VI 472: Belege seit dem 16. Jh.). Serb. frisling, m. 'junges Schwein auf Schinken' aus d. Frischling 'Jungschwein' (Vujaklija 1230; Schmeller I I 828; Fischer, Schwäb. Wb. I I 1775).

42

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Die Gemeindehutweide heißt in den nördlichen Landschaften gmajna, gmana, f. aus mhd. gemeine (Berneker 311: in derselben Bedeutung slowen. gmajna; AR. I I I 213: seit dem 18. J h . belegt). In Slawonien begegnet auch utvajt aus d. Hutweide (ZbNZ. X X V 278: Varos). Nach Miklosich, F. 133 stammt skr. tratina 'Weide, Rasen' aus bayr. Trat 'Viehtrieb, Brache' (Schmeller I 677). J B . I I 583 hält das Wort für einheimisch und stellt es zu trti 'reiben, treten'. Meiner Meinung nach stammt das Wort aus dem Deutschen, dafür sprechen nordische Verwandte des Wortes, so isländ. tradir 'Weide', schwed. traede (Beispiele bei Schmeller, 1. c.). Eine sehr geschätzte Pferderasse sind die Lippizaner, daraus skr. lipicaner, genannt nach dem ehemals österreichischen Gestüt Lipica bei Triest (Vujaklija 660). Ein rotbraunes Pferd heißt fuksa (z. B . in Trebarjevo: ZbNZ. VI 232) aus d. Fuchs. — Der Apfelschimmel heißt skr. grosast konj 'Pferd mit weißen Flecken wie die Silbergroschen' (AR. I I I 463). Ein buckliges Pferd heißt bei Bjelostjenac 502 pukljav konj zu d. Buckel, bucklat (Schmeller I 206). Lat. strigilis 'Schabeisen' (zu stringere 'streichen') ergab ahd. strigil, nhd. Striegel, dazu das Verbum striegeln (Kluge; Schmeller I I 812: strigeln); daraus kr. strigljati konja 'das Pferd striegeln' (bei Bjelostjenac 1051; fehlt bei J B . ) . In der Landschaft Prigorje begegnet die Bezeichnung svajcer für eine aus der Schweiz stammende Rindviehart (ZbN2. X I I 166). In derselben Landschaft werden die Zugtiere angerufen: „cruk-e-e! aus d. dial. zruck 'zurück' (ib. X I I 168); Trivunac, N. U. 68: curuk aus d. zuruck, Verbum curuknuti. Die Streu im Viehstall heißt kr. dial. straja, f. (ZbNZ. X V I I 33: Samobor ib. X I I 62: Prigorje; fehlt in den Wb.) aus d. Streu, f.; Ableitung: strajiti 'einstreuen' (ib. I I I 116: Trebarjevo). Skr. kotar 'Zaun um den Heuschober, um das Vieh abzuhalten' stammt nach Berneker 386 aus ahd. kataro (gataro) 'Gatter'; Gatter ist „ein aus Stäben, Latten und dergleichen hergestellter Verschluß mit Lücken"; auch „Flechte, Hurd, Wagenkorb"; Gatter bezeichnete auch rechtlich die Grenze des Hofbesitzes in gewissen Fällen. GEFLÜGEL

Skr. kopun 'Kapauner' stammt nach Berneker 486 aus mhd. kapün 'verschnittener Hahn, Kapauner', das auf roman. cappöne(m), lat. cafio beruht, bzw. ital. cappone. Vgl. auch AR. V 314, der das Wort aus dem ital. cappone ableitet. — Ohne Zweifel stammt skr. kapun, m. aus ital. cappone (Berneker 486, AR. IV 850). Beide Wörter sind seit dem 16. J h . belegt. Das Schoppen der Gänse heißt sopati (Miskina, Trakavica 67) aus d. schoppen (Schmeller I I 438; Fischer V 1114). Kr. dial. rinkac aus d. Ringeltaube (ZbN2. I 8; Bakar: „rinkac, jer ima bijilu rincicu oko vrata" 'rinkac, denn er hat ein weißes Ringlein um denHals').

4. Landwirtschaft und Viehzucht

43

Kr. perlincica, f. aus d. Perlhuhn (ZbNZ. II 262: Otok; fehlt im AR.). — S. roier, m. aus d. Roller 'Kanarienvogel vom Harz' (Vujaklija 1033; fehlt bei JB.). Für die Begattung des Geflügels begegnet um Zagreb die Bezeichnung rajtati se, wohl aus d. reiten. HUND

Folgende Namen von Hunderassen stammen aus dem Deutschen: bernardinac, m. aus d. Bernhardiner (Vujaklija 150; fehlt im AR.). — Aus d. Pudel stammt skr. pudla (Vujaklija 975), pudlica (bei Sremac), kr. pudel, pudlic (Horvat-Kis, J P . 138); Kluge, s. v. Pudel: das Wort taucht um 1700 auf und gehört zum Verbum pudeln 'im Wasser plätschern'. — S. spie aus d. Spitz (Vujaklija 1298; nach Kluge belegt seit 1780). — S. pineika, f. (häufig bei Sremac, z. B. Cira 262, Prip. I 170, IV 144), pinc, m. aus d. Pintscher. — S. dakl aus d. Dackl (Trivunac 67). Als Hundenamen begegnen auch: Cukrle, Snekla, Lajfer aus d. Läufer (AR. V 877; ib. 868: Lafor). Hierher gehört auch skr. dresura, f. (Lazarevic, Prih. II 134) aus gleichbed. d. Dressur] d. dressieren ist im 18. J h . aus fr. dresser entlehnt worden. ZUSAMMENFASSUNG

Obwohl die skr. Terminologie der Landwirtschaft und Viehzucht zum größten Teil urslawisch ist, ist doch im Laufe der Jahrhunderte eine Reihe von Neuerungen aufgenommen worden — insbesondere auf dem Gebiete des Weinbaus, was in den Lehnwortverhältnissen deutlich zum Ausdruck kommt. Aus dem Deutschen wurden entlehnt: Grund 'fundus' und Grundbuch) Bauer ('leibeigener Bauer'im Gegensatz zum freien Militärgrenzer), Meierhof, Seidner, Beet', Heidekorn, Grundbirne 'Kartoffel'; Schaub 'Garbe', Stange; Pferde-fe'ssew, Ring, Strang, bayr.-öst. Lanne 'Kette'; Vorspann, fahren, Trage', Gärtner, Feigel 'Veilchen', Buchsbaum, pelzen 'propfen'; Weinbau: mhd. wlnzüril, Presse, schwefeln, rebeln, Treber, Schillerwein, Moselwein, Riesling, Ausbruch, Wermutwein, Gutedel, scheelisieren. Auf die Tierhaltung beziehen sich: Mähre, Frischling, Gemeine 'Weide', bayr.-öst. Trat 'Weide', Streu', Kapauner, Ringeltaube, Perlhuhn', Namen von Hunderassen: Bernhardiner, Pudel, Spitz, Pintscher, Dackel. Durch die Deutschen sind einige lateinische Wörter vermittelt worden: Lat. buxus über d. Buchsbaum', 1. vinitorem über mhd. wlnzüril', 1. vinum mustum über d. Most; vulg. lat. cäna über d. Kahm 'Weinschimmel'; mlat. pressa über d. Presse; mlat. stuppare über d. Stoppel', lat. visere über d. Visier-(Stab); 1. strigilis über d. striegeln', roman. cappönem über mhd. kapün. — Fr. raisin wurde den Serbokroaten durch d. Rosinen vermittelt. Einige deutsche Wörter sind über das Magyarische zu den Serbokroaten gelangt: d. Lanne über magy. lancs zu skr. lanac; d. Torkel 'Presse' über magy. törköly zu skr. trkulj; ahd. marha über magy. marha zu skr. marha.

44

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Bis in die althochdeutsche Zeit reichen zurück: urd. *plög zu skr. pflüg; vielleicht ahd. grindel, grendel zu skr. gredelj; ahd. brähha zu kr. praha 'Brachfeld'; ahd. most 'Most' zu skr. most; ahd. mar{i)ha 'Mähre' zu skr. marha 'Vieh'; ahd. kataro 'Gatter' zu skr. kotar.

5. G E W E R B E

UND

INDUSTRIE

DAS HANDWERK

Auf keinem Gebiet fällt der deutsche Kultureinfluß so stark in die Augen wie in der Terminologie des Handwerks. Das gilt vor allem von den westlichen und nördlichen Landschaften, während südlich und östlich der ehemaligen türkischen Grenze (also in Bosnien und Serbien) türkische Handwerksausdrücke vorherrschen. Wir haben oben gehört, daß nicht nur in Zagreb, sondern auch in den meisten Städten Kroatiens, Slawoniens und der Wojwodina das Deutsche als Geschäftssprache galt. Die Zahl der deutschen Firmentafeln war dort ungemein groß. Der deutsche Charakter der Handwerkersprache ist einerseits in der Zuwanderung zahlreicher deutscher Handwerker in die Städte dieser Landschaften begründet, anderseits auch darin, daß viele skr. Handwerker ihre Ausbildung in deutschen Städten (besonders in Wien und Graz) erhielten. Außerdem bestand bekanntlich früher für die Gesellen die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Jahren in der Fremde zuzubringen und zu wandern. Als Wanderziel waren deutsche Landschaften beliebt, da ja gerade dort das Handwerk in hoher Blüte stand. —• Viele deutsche Fachausdrücke sind auch über das Magyarische eingedrungen. Schon die allgemeine Zunftordnung „Opcinske naredbe za skupcinu i drustvo cehov kralestva vugerskoga. Vu Budimu 1813" (Allgemeine Bestimmungen für die Gesamtheit der Zünfte im Königreich Ungarn, Budapest 1813) enthält in ihrer skr. Fassung so viele deutsche Elemente, daß die deutsche Vorlage dieser Zunftordnung überall hindurchschimmert (ausführlich handelt darüber M. Lang im ZbNZ. X V I I 208—236). Deutsch ist vor allem die kr. Bezeichnung der Zunft, kr. ceh, m., während den Serben der türkische Ausdruck esnaf, m. geläufig ist. Mhd. zech(e) bedeutet 'Gesamtheit von Personen desselben Standes, Vereinigung mehrerer zu gemeinsamen Zwecken, auf gemeinschaftliche Kosten: Trink-, Zechgesellschaft, Zunft, Verein, Bruderschaft, Kirchengemeinde usw.' (Lexer, Mhd. Hwb.) und ist in der Bedeutung Zunft in alle slawischen Sprachen eingedrungen: tsch., p., klr., r. cech, slowen. ceh, skr. ceh (Berneker 121). Im Kroatischen ist ceh 'Zunft' seit dem 15. J h . belegt (Mazuranic I 118; AR. I 77G); aus d. Zechmeister stammt kr. cehmestar (Bjelostjenac), serb. cehmajstor (Vuk, R.). Die deutsche Zunftlade erscheint im Skr. als cehovska ladica (ZbN2. X V I I 209). Um Meister zu werden, mußte jeder Geselle mindestens drei Jahre lang wandern; daraus skr. vandrati, vandrovati (fehlt in den Wb.). In einem Beleg aus Varazdin vom Jahre 1775 heißt es: vandranya pokazal 'er hatte Wanderjahre aufzuweisen' (ib. V I I 395); schon bei Bjelostjenac 632 begegnet knjiga vandranja 'Wanderbuch'. — Ableitungen: vandrovka, f. 'Wander-

6. Gewerbe und Industrie

45

schaff (Sremac, Prip. I I I 86, IV 98; fehlt in den Wb.), daraus vandrovkas 'Wanderbursche' (ib. IV 98). — Das Zeugnis heißt in der kr. Zunftordnung kundsaft (ZbN2. X V I I 212; fehlt in den Wb.; bei Sremac, Prip. IV 45: cajgnis), heute mit dem einheimischen Ausdruck svjedodzba. Auf der Wanderschaft mußte sich der Geselle in der Herberge melden, kr. herbek (fehlt in den Wb.), beim herbeksfoter (ZbNZ. X V I I 233). — Die Zunftordnung vom Jahre 1813 verbietet den „plaumontak" (aus d. blauer Montag) zu feiern (ib. X V I I 214; schriltsprachlich: plavi ponedjeljak); in Belgrad hört man pramontluk, also Anlehnung an die türk. Ableitungssilbe -luk. — Streng bestraft wurde der Geselle, der sich gegen seinen Meister auflehnte und seine Mitarbeiter aufwiegelte: „puntarski djetic" (ib. 215); das Wort gehört zu skr. bunt 'Aufruhr' aus mhd. bunt 'Bündnis'; vgl. auch slow, punt 'Aufruhr', puntati 'aufwiegeln', tsch. punt; puntovati se 'sich verschwören' (Berneker 101). Wer Meister werden wollte, mußte sein Meisterstück ablegen, kr. majstorituk (ZbN2. X V I I 216); der Geselle, der einer Witwe das Geschäft führte, hieß verkfirer (ib. 222) aus d. Werkführer. Der monatliche Beitrag in die Zunftkassa hieß aflog aus d. Auflaggeld (ib. 226); vgl. p. auflega (Korbut 363). So hieß auch die monatliche Zusammenkunft, bei der dieser Beitrag erlegt wurde. Die Kassaverwalter, bajzic-majstri genannt (ib. 226), mußten alle drei Monate einen Rechenschaftsbericht ablegen. Wenn ein Geselle zum erstenmal an der monatlichen Zusammenkunft teilnahm, mußte er einen Gulden zahlen, genannt ,,tajc-behar" (ib. 227). — Das Wanderbuch hieß vanderbuh (ib. 227), die Fremde — fremt, m. frent (ib. 227, 231; fehlt in den Wb.). Den Gesellen war es verboten, bei einem Pfuscher — kr. fusar zu arbeiten (ib. 227; Kluge: Pfuscher, belegt seit 1586). Aus Samobor bei Zagreb sind noch folgende deutsche Ausdrücke, die hierher gehören, bezeugt: frajsprihati aus d. freisprechen (ib. 230), lerpup aus d. Lehrbub (ib. 230), daneben türk. segrt; felajzl, m. (ib. 231) aus d. Felleisen in derselben Bedeutung (Kluge: belegt seit 1619; spätmhd. vells, entlehnt aus fr. valise 'Mantelsack'). — Das alljährliche Zunftfest der Meister hieß jortag (ZbNZ. X V I I 233) aus d. Jahrtag. — Wenn sich die Zunftgenossen an einer Prozession beteiligten, trugen die zwei jüngsten Mitglieder je einen Leuchter, bintlih oder vinklih genannt, aus d. Windlicht (ib. 234). Jede Zunft hatte ein Schild, kr. silt (ib. 235) mit dem Bild des Schutzpatrons und den Symbolen der betreifenden Zunft. Wer die Veranstaltungen der Zunft versäumte, mußte Strafe zahlen, platiti strof (ib. 235) aus d. Strafe, öst. Straf. Andere allgemeine Ausdrücke aus der Handwerkersprache: Skr. verkstat (ZbNZ. I I 366: Otok; Sremac, Prip. I I 140, I I I 168, IV 43; fehlt in den Wb.), verstat (ZbN2. X V I I 58: Samobor) aus d. Werkstatt. — Vgl. tsch. vertat, p. warsztat. Das Aushängeschild der Handwerker und Gastwirte heißt skr. cimer, m. (AR. I 796: seit dem 16. J h . in der Bedeutung 'Wappen' bezeugt; in der Bedeutung 'Aushängeschild' seit Vuk gebucht), nach Berneker 129 aus mhd. zimier 'Helmschmuck' und dieses aus ital. ändere 'Helmschmuck, auf dem Helm getragenes Wappenzeichen'); vgl. magy. cimer 'Wappen, Schild' (Melich 78), slk. cimer 'Schild, Wappen', klr. dial. cymer 'Wappen'.

46

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Der Meister heißt allgemein majstor, nach Berneker I I 3 aus gr. fiaiarmg-, daneben begegnet auch dial. majster, so in der Landschaft Prigorje (ZbN2. X I I 181: Posavci zu bas majsteri od toga 'die Anwohner der Save sind Meister darin', nämlich tüchtige Zimmerleute); d. Meister liegt auch vor in kr. majsterltuk. Ein Fehler bei der Ablegung des Meisterstücks hieß falinga, f. (ZbNZ.VII 395: Varazdin 1775; AR. I I I 41: seit dem 18. Jh.), Ableitung zu faliti 'fehlen' aus bayr. dial. falen; daneben auch valinka, falinka (AR. s. v.). Unter dem Einfluß des Türkischen entstanden in Serbien Bildungen mit dem türk. Formans -luk wie snajderluk 'Schneidergewerbe', sloserluk, lecederluk, tislerluk, pinterluk (Serb. X X X V I I 570: Verzeichnis österreichischer Untertanen in Belgrad 1837); molerluk (ib. 545), susterluk (ib. 533). Eine neuere Entlehnung aus d. Patent ist skr. patent; im Deutschen nach Kluge 1574 zuerst belegt; Quelle ist mlat. (Hiera) patens 'offener Brief (des Landesherrn)' zum Schutz der Ware; aus Zusammensetzungen wie Patentknöpfe wird im 19. J h . das Adj. patent abgelöst, das in der serb. Studentensprache als patentan 'tüchtig, nach der Mode' erscheint (Vujaklija 862). MAURER

Die meisten hierhergehörigen Ausdrücke sind bereits oben im Kapitel Haus (S. 4) behandelt worden, s: hiza, bajta, cigla, malter, sokla, erkel usw. — Zu erwähnen wäre noch: skr. palir 'Maurerpolier' (AR. I X 589) aus d. Polier, welch letzteres nach Kluge im 15. J h . mit Anlehnung an polieren aus fr. parlier 'Sprecher' entlehnt worden ist; vgl. magy. polier aus nhd. palier (Melich 190). Palerska znora heißt in der Landschaft Prigorje die 'Schnur des Maurerpoliers' (ZbNZ. X I I 180). — Aus derselben Ls. sind bezeugt: srotvaga, f. aus d. Schrotwage (ib. 181) und vinkl, m. aus d. Winkel (maß), (ib. 181; ib. X V I I 44: Samobor); beide Bezeichnungen fehlen in den Wb. Die eisernen Träger, die beim Hausbau verwendet werden, heißen treger, m. (Trivunac, N. U. 55). Aus östl. dial. Krampn, m. 'Spitzhaue, Pickel' stammt skr. kramp, m. (AR. V 463: seit dem 18. J h . in den nordwestlichen Landschaften; Berneker 607). In Osijek (Essek) in Slawonien sind (nach Frau M. A. Ugrenovic) folgende Fachausdrücke gebräuchlich: stemajzn, m. aus gleichbed. d. Stemmeisen, kr. dlijetlo; stemati aus d. stemmen, kr. dlijetlom udarati; colstok, m. aus d. Zollstock, kr. palcenjak, mjerilo; cirkl, m. aus d. Zirkel, kr. sestar; vinkl, m. aus d. Winkel, kr. kutnjak; vaservaga, f. aus d. Wasserwaage, kr. vodoravna vaga\ mauerhakn, m. aus d. Mauerhaken, kr. napetak', ferpucovati aus d. verputzen, kr. zamazati; malter, m. aus d. Malter, kr. mort, zbuka; soder aus d. dial. Schoder, kr. sljunak; gezims aus d. Gesims, kr. zabat; apcigovati aus d. abziehen, kr. skidati zbuku.

5. Gewerbe und Industrie

47

ZIMMERMANN

Im Kapitel Haus sind bereits behandelt worden: buda, blokhauz, Sindra, letva, pant, cimper, klonter, fersolati, tirstok. Neben skr. drvodelja (seit dem 16. J h . bezeugt), tesar, tesac und türk. dundjer begegnet besonders in den nordwestlichen Landschaften cimerman, m. (Bjelostjenac I 37: cimerman 'aedificator', cimprati z drewa; Vujaklija 1280; ZbNZ. X V I I 41: Samobor; fehlt im AR.). Bei Sremac (Prip. I I I 11) liest man colstok aus d. Zollstock. Eine urslaw. Entlehnung aus ah&.fila 'Feile' ist skr. pila (AR. I X 846: belegt seit dem 15. Jh., tsch. r. pila, p. pila; Ableitungen: skr. piliti 'sägen', pilana 'Sägewerk', piljevina 'Sägespäne'. — Bayr. Säg, ahd. saga, mhd. sage wurde ins Skr. als £aga, zaganica übernommen (Mazuranic I 915: 17. J h . ; Miklosich, F. 137). Einheimische Bezeichnungen sind pila und testera. Auch skr. vandsaga, f. ( J B . I I 697: Syrmien-Slawonien) dürfte aul die Bandsäge zurückgehen; in Belgrad hört man banseg (EE.). — Die Schnur des Zimmermanns heißt kr. znora cimermanska (Bjelostjenac I 86). Lat. planca ist direkt oder über picard. planke ins Deutsche gelangt (Kluge: seit dem 13. Jh.); aus d. Planke stammt skr. planka, f. 'behauenes Brett' (AR. X 6). Ableitung: plankaca, f. 'schwere Axt zum Behauen der Planken' (ib.: Istrien, Kroatien; ZbN2. I I 249, 286: Otok in Slawonien). Bei Bjelostjenac 999 begegnet grust 'Gerüst' aus südd. G(e)rust (Schmeller I I 163; Fischer I I I 435; nach Kluge ahd. gi[h)rusti). Eine neuere Entlehnung ist stafla, f. aus d. Staffel, f. (Zagreb, E . E.); stafna, f. (Belgrad, E. E . ; fehlt in den Wb.). Aus nd. ter(e) wurde frühnhd. Teer (Kluge). Dieses gelangte als ter ins Skr. (Vujaklija 1144). Gebräuchlicher ist das aus dem Türkischen stammende katran. Anstatt skr. podupreti begegnet auch sprajcovati aus d. spreizen (Vujaklija 1298). Aus Osijek (Slawonien) liegen folgende hierhergehörige Fachausdrücke vor: fensterstok aus d. Fensterstock, kr. drvo oko prozora (das ist aber bloß eine Umschreibung); tirstok aus d. Tür stock, kr. dovratak\ lohsege aus d. Lochsäge, kr. listarica za rupe\ torbantsraube aus d. Torbandschraube, kr. torbant Saraf\ kstel aus d. Gestell, kr. polica\ rajspret aus d. Reißbrett, kr. daska za crtanje; stigne, f. pl. aus d. Stiege, kr. stepenice, f. pl.; grif aus d. Griff, kr. rucka\ tram 'Balken' aus d. Tram (Schmeller I 662; Fischer, Schw. Wb. I I 312), kr. greda. ZIMMERMALER

Der Kunstmaler heißt skr. slikar, der gewerbsmäßig arbeitende Zimmermaler aber moler aus d. Maler (AR. VI 912: gebucht bei Vuk, R.). Moler, Moleric begegnet auch als Familienname. Eine Lehnübersetzung ist soboslikar 'Zimmermaler'. — Ableitungen: molerka, f. 'Frau des Malers' (ib.), moleraj, molovati 'malen' (AR. VI 920: schon bei Vuk, R.). — Daneben begegnen Formen mit -a-, so kr. malar 'pictor', und zwar im 14. J h . in Zagreb (Mazu-

48

X. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

ranic I 625); malati 'malen' (AR .VI 412: in den nördlichen Landschaften seit dem 18. Jh.; Berneker II 11). •— Bei Sremac findet sich (Prip. III 64) molerska pemzla 'Malerpinsel' aus d. öst. bemsel, bayr. schwäb. pemsel (Schmeller I 393; Fischer I 844; Kluge: mhd. bensei, pinsel, Grundwort ist lat. penicillus 'Pinsel', eigentlich 'Schwänzchen'). Vgl. magy. pemzli (Melich 198), tsch. pemzllk. — Auch skr. kist 'Pinsel' ist ein Lehnwort, und zwar aus russ. kist', f. Vereinzelt begegnet kr. anstrajhar aus d. Anstreicher (ZbNZ. XVII 44: Samobor). Fachausdrücke der Zimmermaler in Osijek: pemzl, m. aus südd. Pemsel (Fischer I 844), kr. kist; strajhati aus d. streichen, kr. liciti; elfarba aus d. Ölfarbe, kr. uljena boja; cinkvajs aus d. Zinkweiß, kr. cincani spoj; blajvajs aus d. Bleiweiß, kr. olovni spoj; grundirati aus d. grundieren, kr. temeljnom bojorn obojadisati', Ilajfati aus d. schleifen, kr. ostrugati; strajfasto, strafasto aus d. gestreift, dial. gestraft, kr. prugasto; sa mustrom 'mit Muster' aus d. Muster, kr. uzorak. LACKIERER

Dem Zimmermaler steht der Lackierer nahe. Er erscheint im Skr. als lakiret (Trivunac, N. U. 55). AR. V 882 verzeichnet bloß lak, m. aus d. Lack (Kluge: im 14. Jh. aus ital. lacca, vgl. Florentiner Lack; Quelle ist ai. läksä '100 000': so hießen die Insekten, deren Stich auf Quercus coccifera die harzige Absonderung bewirkte, und danach diese selbst; das Zeitwort lackieren erst gegen 1700, vorher lacken); skr. lakovati aus d. lacken (Trivunac, N. U. 55). Skr. iirnajs aus d. öst. Firneis (Kluge: frühnhd. firneis); vgl. magy. firnajz (Melich 101). Skr. giuntirati aus d. grundieren (Trivunac, N. U. 55), grünt aus d. Grund (ib.); polirati — politirati aus d. polieren, bzw. politieren (ib. 55); kletovati, gletovati aus d. glätten (ib.); mustra, f. aus gleichbedeutendem d. Muster (ib.). KAMINFEGER

Aus Samobor, wo nach Aussage des Berichterstatters dieses Gewerbe in den Händen derselben Familie ist (Wintersteiger-Klarn) werden folgende aus dem Deutschen entlehnte Fachausdrücke mitgeteilt: Der Kaminfeger heißt dort dimnjacar, daneben aber auch rafunkirar aus d. Rauchf angkehr er (ZbNZ. X V I I 99: Samobor). Die Kopfbedeckung aus Leinwand heißt kirhajbl aus d. Kehrhäubl (ib.), das Tüchlein, das er sich über Mund und Nase bindet, „mundtihl" (ib.). In Häusern mit Stroh- oder Holzdächern muß der Kamin gründlich gereinigt werden; diese Arbeit heißt um Samobor pecokirati (ib. 99); meiner Meinung nach besteht das Wort aus pec 'Ofen' + okirati aus d. abkehren. TISCHLER

Der Möbeltischler heißt im Westen und Süden Deutschlands Schreiner (aus lat. scrinarius), im Osten Tischler (erst spätmhd.; älter und mundart-

5. Gewerbe und Industrie

49

lieh Tischer). Daraus ist skr. tiiler, tislar entlehnt (letzteres schon im 15. Jh. belegt: Mazuranic I 1453; bei Bjelostjenac und Jambresic: tisljar fehlt im AR). Der einheimische Ausdruck ist stolar (iehlt noch bei Vuk), meiner Meinung nach eine Lehnübersetzung: sto, gen. stola 'Tisch'. Nach G. Korbut. — Aus d. Tischlerei wurde skr. tisleraj (Vujaklija 1158), dial. tislerija (Prigorje); neben tisleraj begegnet in Serbien auch tislerluk (SEZb. X X X V I I 570: 1837 in Belgrad]. Von den Meßwerkzeugen seien hervorgehoben: vinkl aus d. Winkel(ma.Q), cirkl (Vujaklija 1281) aus d. Zirkel, dieses aus lat. circinus, gr. xigxivog (Kluge). Wie der Zimmermann braucht auch der Tischler eine Säge, zaga (ZbNZ. X V I I 44: Samobor) oder pila; in Belgrad hört man laupsek (E. E.) aus d. Laubsäge, in Koprivnica cinksek aus d. Zinkensäge (?), gratsek aus d. Gradsäge, lohsek aus d. Lochsäge, svajfsek aus d. Schweifsäge, vgl. tsch. svaipsek (Vanicek 44), sekfajl aus d. Sägefeile (E. E.). Mhd. hobel dürfte nach Kluge aus dem Nd. stammen, das Verbum hobeln tritt erst im 14. Jh. auf; auf dem Deutschen beruhen skr. hobl, hoblic neben einheimisch strug, türk. erende, ferner das Verbum hoblati 'strugati, erendisati' aus d. hobeln (AR. III 636: 17. Jh.). Die Hobelspäne heißen strugotine, pl. f., aber auch kr. dial. hoblinje, pl. (ZbNZ. I 206: Koprivnica). Ein Tischler in Koprivnica nannte mir als Bezeichnung eines schmalen langen Hobels fuksvanc, wohl aus d. Fuchsschwanz; vgl. tsch. fukhanc (Vanlicek 17). — Die Hobelbank heißt hoblpank (Koprivnica, Samobor) oder auch hanzrle (Samobor) aus d. Hansel(bank) (vgl. tsch. honzik); dabei handelt es sich um eine Personifikation des dem Menschen hilfreichen Geräts; vgl. nordmährisch „der starke Hans" für die Radwinde. — Ähnlich kr. pankneht aus d. Bankknecht (Koprivnica). Andere Werkzeugnamen: stemajzl 'dleto' aus d. Stemmeisen (Vujaklija 1298); ein Tischler in Koprivnica zeigte mir: krajsmasl aus d. Kreismeißel] borvinta aus d. Bohrwinde; lohpajtl 'Breiteisen1 aus d. Lochbeitel; holajzn aus d. Hohleisen. — Als Bezeichnung des Werkzeugstiels aus Holz begegnet auchstilo, n. aus A.Stiel (ZbN2. XVII 48: Samobor). Schon oben im Kapitel „Haus und Hausrat" wurden folgende Möbelstücke behandelt: mebel, skrinja, lada, ladica, samla, kredenc, stender, pult, klajderstok, nohkasla, hokla, hoklica, srajptis, bihersrank, vaskastn, ajskastn, nahtkastn, forslagi, taflpet, raspetl, ligestul, altfaterstul, saukelstul; ram, spigl. Erfordernisse des Tischlers: Über skr. lak aus d. Lack s. oben S. 48. — Nach Kluge geht der makedonische Frauenname Beqev'wr] (für gr. 0£fjeviy.rj 'Siegbringerin') auf ägyptische Königinnen und durch eine von ihnen auf die Stadt in der Kyrenaika über, aus der das späte Altertum den lackartigen Anstrich kennt; mlat. *veronix erscheint als ital. vernice, fr. vernis. Daraus mhd. vernis, virnis, frühnhd. firneis; beide Formen erscheinen im Skr.: firnis, m. 'pokost' (AR. I I I 58) und firnajs (Vujaklija 1217). Skr. lern, m. 'Kitt' (AR. VI 4; Vuk, R.) stammt wahrscheinlich aus d. Leim, schwerlich aus d. Lehm. •— Gewisse Möbelstücke werden mit Leinöl oder mit päc, m. aus d. Beize, öst. Päz gestrichen (ZbNZ. XVII 44: Samobor). 4

S c h n e e w e i s . Die deutschen

Lehnwörter

50

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Auf d. falzen und Falz beruhen skr. foljcati und foljc, m. (ZbN2. X I I 182: Prigorje). In derselben Landschaft erscheint d. Fensterstock vereinfacht als skr. festak (ib. 182). —• Skr. fugna, f. 'Fuge, spoj, zleb' (Vujaklija 1231) aus d. Fuge(n). — D. Sperrplatte erscheint mit Übersetzung des zweiten Teiles als sperploca, f. (Agramer Novosti vom 29. V I I I . 1937, Anzeigenteil). In derselben Zeitung wird angeboten: pokucstvo, glat sperane, fino politirano 'Möbel aus glatten Sperrplatten, fein poliert'. — Humoristisch gemeint ist die Bezeichnung eines Tannensargs als „ibercig od camovine" 'Überzieher aus Tannenholz' (Sremac, Vukadin 61). In Osijek (Slawonien) gebrauchen die Tischler folgende Fachausdrücke (Gewährsmännin Frau Ugrenovic): hoblati aus d. hobeln, kr. blanjati; hoblic aus d. Hobel + Deminutivformans -ic, kr. blanjalo; hoblpank aus d. Hobelbank, kr. blanjaca, strugaca; borer aus d. Bohrer, kr. svrdlo; apslajfati aus d. abschleifen, kr. obrusiti; lojtre, f. pl. aus d. Leiter, kr. Ijestve, f. pl.; spajscimer aus d. Speisezimmer, kr. jestvionica; ilafcimer aus d. Schlafzimmer, kr. spavaonica; herncimer aus d. Herrenzimmer, kr. soba za gospodu; srajptis aus d. Schreibtisch, kr. pisaci sto; stokerl aus d. Stockerl, kr. stolica bez naslona; ligestul aus d. Liegestuhl, kr. stolac za lezanje; stelampa, f. aus d. Stehlampe, kr. svjetiljka koja stoji; rama za prozor aus d. Fensterrahmen, kr. okvir; pult aus d. Pult, kr. tezga; nahtkastl aus dial. Nachtkastl, kr. nocni ormaric; ebetni, m. pl. aus d. Ehebetten, kr. bracni kreveti; biherkastn, m. aus d. Bücherkasten, kr. ormar za knjige; vastis aus d. Waschtisch, kr. sto za pranje; dresesl aus d. Drehsessel, kr. stolica za okretanje. DRECHSLER

Auf schriftsprachlich Drechsler beruht skr. dreksler (Vujaklija 334), auf d. drechseln — drekslovati 'strugati' (ib.). Älter ist die Bezeichnung traksler (Trivunac 53) aus bayr.-öst. Traxler; schon bei Bjelostjenac: drakslar; AR. II 761 verzeichnet aus der Gegend von Fiume: drasljar; vgl. tsch. drakslif (Vanicek 13). — Seine Drehbank heißt drebank oder trakslerska tezga (Vujaklija 334); vgl. tsch. treponk (Jindra I I 231), poln. drybinek (Korbut 363). Der Holzbildhauer heißt im 15. J h . in Kroatien snicar, m. 'sculptor', kr. rezbar (Mazuranic 1428) aus d. Schnitzer, mhd. snitzaere. Aus Osijek liegen mir folgende Termini des Drechslerhandwerks vor: dreksleraj aus d. Drechslerei, kr. tokarstvo\ drepank aus d. Drehbank, kr. tokarska klupa\ spiralborer aus d. Spiralbohrer, kr. spiralno svrdlo; raupank aus d. Rauhbank, kr. strug\ doplhoblic aus d. Doppelhobel, kr. duplas; slihthoblic aus d. Schlichthobel, kr. gladic; puc-hoblic aus d. Putzhobel, kr. gladic; grundhoblic aus d. Grundhobel, kr. izdubac sa sarafom; grathoblic aus d. Grathobel, kr. bridnjak; falchoblic aus d. Falzhobel, kr. utornjak; kitfalchoblic aus d. Kittfalzhobel, kr. utornjak za kit\ lohsege aus d. Lochsäge, kr. listarica za rupe) bandsege aus d. Bandsäge, kr. testera; srankajzn aus d. Schrankeisen, kr. gvozdje za festere (vgl. tsch. srankovnik); dremajzl aus d. Drehmeißel, kr. tokarsko dlijeto; dreror aus d. Drehrohr, kr. tokarski cijev, borervinde aus d. Bohrerwinde, kr. vrtalo; fajla, f. aus d. Feile, kr. turpija (türk.); sraufnciger

5. Gewerbe und Industrie

51

aus d. Schraubenzieher, kr. izvijac; lak, m. aus d. Lack, kr. seboj; lakirati aus d. lackieren, kr. namazati sebojem) polirati aus d. polieren, kr. gladiti] sperholc aus d. Sperrholz, kr. sperovano drvo; hoblspani, m. pl. aus d. Hobelspäne, kr. ostruzina. BINDER

Mit dem einheimischen Namen heißt er bacvar (zu bacva 'Faß') oder kacar (zu ftaca 'Kufe, Wanne'), aber schon im 15. J h . ist die aus d. (FaQ) Binder stammende Bezeichnung pintar bezeugt (Mazuranic I 916; AR. I X 855; heute in Kroatien und Slawonien). Jünger ist die Form pinter, die vielleicht über magyi pinter eingedrungen ist (Melich 202). Ableitung: pintarija, f. 'Binderei' (ZbN2. X V I I 87: Samobor). — Pintar(ic) ist seit dem 17. J h . in Kroatien als Familienname bezeugt. Im Kapitel Hausrat wurden bereits behandelt: cabar, kibla, mistkibl, skaf, safolj, lajt, skip, koflik, doza, lagev. Aus dem kroatischen Städtchen Samobor (M. Lang im ZbNZ. X V I I 87ff.) werden folgende Bezeichnungen von Binderwerkzeugen angeführt: stospank aus d. Stoßbank, auf der die Faßdauben hergerichtet werden; kinöblin aus d. Kienhobel; zur Herstellung der Dauben dient der grotajzlin aus d. Gradeisen und der krumpajzlin aus d. dial. Krumpeisen\ afeiger aus d. Aufziehet (zum Bearbeiten der Dauben); secamor aus d. Setzhammer (zum Antreiben der Faßreifen); rajsmodlin aus d. Reißmodel (zum Skizzieren der Dauben); verschiedene Hobel, hoblidi: strafhoblic aus d. Streifhobel, stemoblin ausd. Stemmhobel. Arbeiten: asfarati aus d. ausfahren 'zuhobeln' (ib. 88); stemati aus d. stemmen (ib.; fehlt in den Wb.); netati (ib.; fehlt in den Wb.) aus d. nieten. SCHMIED

Einheimisch und alt ist die Bezeichnung kovac (zu kovati 'schmieden': in allen Slawinen) und kovacnica, f. 'Schmiede'. Vereinzelt begegnet bei Sremac (Prip. I I I 168: Belgrad) Rade smit 'Schmied Rade'. Im Kapitel Hausrat wurden behandelt: rostilj, trimfus, serazlin, gatra, kramp, federmeser, klinga, skarice. — Wagenbestandteile: lunjak, rink, lanac, sina. Aus Samobor (Kroatien) liegen folgende auf das Schmiedehandwerk bezügliche Fachausdrücke vor [Zb^Z. XVII, 94ff.): jesa, f. (fehlt in den Wb.) aus d. Esse; aus d. Ess(e)eisen — esajzn, esojzin (fehlt in den Wb.); der Schürhaken heißt sirhakl, m. (ähnlich tsch. sirhak); vgl. hierzu das oben (S. 7) genannte Schüreisen, daraus serazlin, sarazlin. Der an einen kurzen Stab gebundene Strohwisch, mit dem die Glut besprengt wird, heißt lesvar: aus d. Lösch + skr. var, m. 'Glut, Hitze'. Zum Schüren und Reinigen des Feuers dient ein spitzer Eisenstab, genannt lespic, m. aus d. Löschspitz. Damit reinigt man das Feuer von cundr, m. aus d. Zunder. Der Blasebalg hat drei Hebel, kr. hebl, fünf Lager, kr. lager, ein Rohr, kr. rör und zwei Zugstangen, kr. eukstanga. Der Amboß heißt nakovalo oder nach dem Deutschen ambos. An der spitzigen Seite des Ambosses werden Ringe geschweißt „svasaju 4*

52

I . Die Lehnwörter nach Sachgruppen

se ringi". (Neben diesem svasati aus d. öst. schwäßen begegnet auch svajsovati aus schriftsprachlichem schweißen: Vujaklija 1292). — Der Amboß hat oben eine Ausnehmung, in die man je nach Bedarf hineinsteckt: ein Spitzstöckl, daraus kr. spicstekl (vgl. auch tsch. spicstekl: Vanicek 40), zur Herstellung von Ringen und Ketten; letztere heißt hier ketina aus d. dial. Ketten (Kluge: ahd. ketina aus vulg. lat. cadena); ein runder Aufsatz auf den Amboß heißt runtstekl aus d. Rundstöckel, ein anderer srotstekl oder srotica aus d. Schrotstöckel; vgl. tsch. srotstekl (Vanicek 40). Hämmern (zu zweit) heißt hier draufslogati aus d. dar auf schlagen) wenn mehrere rasch hämmern, sagt man „kuju francezis" 'sie hämmern französisch. — An der Breitseite des Ambosses werden die Hufeisen gearbeitet: der Griff heißt grif, der Stollen stula, die Herstellung dieser Teile zagrifati bzw. zastulati, die Seitenkappe des Hufeisens heißt sajtnkapa. Deutscher Herkunft ist der srafstuk aus d. Schraubstock, die bormasina (pormasina) aus d. Bohrmaschine, ferner snajdajzn aus d. Schneideisen. Aus Osijek liegen mir folgende Fachausdrücke des Schmiedehandwerks vor: fajercanga, f. aus d. Feuerzange, kr. klijesta za vadjenje zeljeza; traufslaghamer aus d. Draufschlaghammer, kr. cekic za udaranje; bormasina aus d. Bohrmaschine, kr. svrdlo (stroj)', hauhamer aus d. Hauhammer, kr. cekic\ rundajzn aus d. Rundeisen; giterajzn aus d. Gittereisen, kr. zeljezo za resetke; halbrundajzn aus Halbrundeisen; ambos aus d. Amboß, kr. nakovanj', sraupstok aus d. Schraubstock, kr. procijep s vijkom; forfajla aus d. Vorfeile', slihtfajla aus d. Schlichtfeile, kr. turpija za izgladjivanje] gusplatna aus d. Gußplatte, kr. ploca od lijevanoga zeljeza; slagstok aus d. Schlagstock, kr. kalup; beslag aus d. Beschlag, kr. okov; rerna, f. 'Ofenröhre' aus d. Röhre(n), kr. pecnica; sporetplatna aus d. Sparherdplatte, kr. ploca na peci\ rajfajzn aus d. Reifeisen, kr. obrucnjak. Die Bezeichnung des Messerschmieds ist slawisch, nämlich nozar (zu noi 'Messer'); deutscher Herkunft ist federmeser (Sremac, Prip. I 85, I I 12: federmeser iz Solingerove fabrike). SCHLEIFER

Der Schleifer heißt brusac, ostrac, vereinzelt auch slajfer, seine Tätigkeit slajfovati aus d. schleifen (Trivunac, N. U. 53; Vujaklija 1295). SCHLOSSER

Die einheimische Bezeichnung ist bravar (zu brava, f. 'Türschloß'), daneben slosar, sloser (Trivunac 53), besonders in den nördlichen und westlichen Landschaften, aus nhd. Schlosser', slos 'Türschloß' aus d. Schloß (Vujaklija 1296). Im Kapitel Haus und Hausrat wurden bereits behandelt: gatre, pl. f. 'Gitter', rigla 'Riegel', rajber 'Fensterwirbel'. Hierher gehören ferner: skr. pant, m. 'Eisenband an der Tür' (AR. I X 618) aus d. Band.

5. Gewerbe und Industrie

53

Lat. scröfa 'Mutterschwein' hat nach Kluge it. siz. scrufina, rätoromanisch scroy 'Schraubenmutter' ergeben: das Schraubengewinde ist geringelt wie ein Sauschwanz. — Aus dem Romanischen stammt mhd. schrube (nach 1400) schrawff; dieses lebt fort in bayr. sehr auf en, schwäbisch sehrauf (Fischer, Schw. Wb. V 1132). Aus dem Deutschen stammt skr. sraf, m. 'Schraube, Schraubstock' = saraf (fehlt beides in den Wb.); letzteres kann nach Strekelj, L. 60, nur über magy. *saraf aus d. Schrauf gekommen sein. Obwohl das heutige Magy. nur srof 'Schraube' und soröfos 'mit Schrauben versehen' kennt (Melich 242), so ist doch nach dem Vorbild von saraglya aus d. Schrägen, taraglya aus d. Trage ein älteres oder dial. magy. saraf anzusetzen. — Als Bezeichnung der Schraubenmutter begegnet muter (ZbN2. 241: Otok). Auf d. Schraubstock beruht sraubstok, srafstok (fehlt in den Wb.); ein Belgrader Schlosser nannte mir den deutschen Ausdruck srafstok, aber auch den türk. mengene (nach AR. VI 601 bedeutet skr. mendjele, f. pl. 'Presse' aus türk. mengene 'Maschine, Presse'). Für den Stahl haben die Serbokroaten die türkische Bezeichnung celik, vereinzelt ocal (AR. V I I I 501); dieses beruht ebenso wie abg. octlb, tsch. ocel nach Miklosich, F. 114 und Brückner 373 auf ahd. ecchil, dieses aus mlat. acuale. — Mit spiglajzn aus d. Spiegeleisen bezeichnet man Roheisen, das unter 20% Mangan enthält (Vujaklija 1297), mit spiglmetal eine Legierung aus Kupfer und Zinn für Metallspiegel (Vujaklija 1297). Bei einem Schlosser in Koprivnica (Kroatien) konnte ich im Sommer 1937 folgende Werkzeuge und Vorrichtungen feststellen: drebonk aus d. Drehbank (auch in Belgrad); majzl aus d. Meißel; srotmasl aus d. Schrotmeißel', hamer aus d. Hammer, mhd. hamer; holchamer aus d. Holzhammer', forslaghamer aus d. Vorschlaghammer', hanthamer aus d. Handhammer', kombinircange; runtfajla aus d. Rundfeile', alberuntfajla aus d. Halbrundfeile; forfajla aus d. Vorfeile', fajlkloben aus d. Feilkloben; vgl. tsch. fajlklupna (Jindra I I 306); iubler aus d. Schublehre', vgl. tsch. supier (ib. I I 843); plehsere pl. aus d. Blechschere', dratbirst, m. aus d. Drahtbürste', vinkl, m. 'Winkelmaß aus Eisen' aus d. Winkel; stekslisli, pl. m. aus d. Steckschlüssel', lohcirkl aus d. Lochzirkel', snajdajzn aus d. Schneideisen', (in Belgrad hörte ich dafür snajdes und auch türk. hete); bognzek aus d. Bogensäge', letlampa aus d. Lötlampe; letkolben aus d. Lötkolben; svajsaparat aus d. Schweißapparat', gvintborer aus d. Gewindebohrer; spiralborer aus d. Spiralbohrer', durslagi pl. m. aus d. Durchschlüge) saber aus d. Schaber (aus Eisen) ; nitneiger aus d. Nie'enzieher; kapnmaher aus d. Kappenmachey 'mit dem die Kappen auf die Nieten gemacht werden); smirglsajba aus d. Schmirgelscheibe', kirner aus d. Kerner tauch bei Vujaklija 567); srafcvinger aus d. Schraubenzwinger 'Schraubknecht'. In Osijek (Slawonien) sind folgende Fachausdrücke gebräuchlich: mutersrauba, f. aus d. Mutterschraube, kr. matica\ borer aus d. Bohrer, kr. svrdlo; sraubnslisl aus d. Schraubenschlüssel, kr. kljuc za sarafljenje; gevintborer aus d. Gewindebohrer, kr. celicno svrdlo za maticu (Umschreibung!); stelsrauba, f. aus d. Stellschraube; segefajla, f. aus d. Sägefeile', tirkegl aus

54

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

d. Türkegel, kr. cunj za vrata) fensterhakn, m. aus d. Fensterhaken, napetak; ilos aus d. Schloß, kr. brava.

kr.

K L E M P N E R , D R E H E R , SPORENMACHER

Nach Kluge heißt der Blechschmied oberd. im 15. J h . clampfer, im 17. J h . klampferer. Aul d. klampfer beruht kr. klamfar, klanfar (Mazuranic I 503; im Jahre 1495 wird ein Johannes clamfar genannt; AR. V 28: bei Bjelostjenac: 'brakteator, laminarius faber'; in der Lika: klampar; in Kroatien gibt es ein Dorf Klanfari). Bei Sremac (z. B. Prip. I 121) begegnet klomfer aus südd. Klämpfer. — In den südöstlichen Landschaften ist die Bezeichnung golanfer geläufig, die ebenfalls auf d. Klampfer zurückgeht, und zwar mit volksetymologischer Anlehnung an go(l) 'nackt' (Trivunac 83); daneben auch glanfer (ib.). Eine neuere Entlehnung ist Spengler aus d. Spengler (Vujaklija 1297). — Einheimische Bezeichnungen des Klempners sind limar (zu lim 'Zinnblech') und kalajdzija) zu türk. kalaj 'Zinn'). Aus d. Blech, mhd. blech stammt skr. pleh 'Blech' = skr. lim (AR. X 38: pleh schon im Wörterbuch Bjelostjenac), seltener bleh, piek; Ableitung plehan, plekan, plehnat, blehan 'blechern'. D. Draht, mhd. drät erscheint im Skr. als drot, m. 'zica' (AR. I I 791: schon im Wörterbuch Bjelostjenac; vgl. magy. drot, das nach Melich 88 aus bayr. Draht stammt). — Jünger sind die Formen mit -a-: drat (AR. I I 761). D. löten, mhd. loeten ergab im Skr. lotati (AR. VI 160: schon bei Bjelostjenac) und als neuere Entlehnung letovati (Vujaklija 658). Ein Klempner in Karlovac (Karlstadt), der sich als klimar bezeichnet {limar + klamfar?), zeigte und nannte mir folgende Geräte: slegl 'Holzschlägel', salajzn, m. aus d. Schareisen; pertlajzn, m. 'Eisen zum Umbörteln des Blechs' aus d. Börteleisen; flachcangl aus d. Flachzange-, slihthamer, m. aus d. Schlichthammer', cignhamer aus d. Ziegelhammer', apikmasin aus d. Abbiegemaschine', riflmasin aus d. Riffelmaschine', ampos, srafstok, cirkl, pank 'Bank' usw. M. Lang berichtet aus Samobor (ZbNZ. X V I I 97) folgende deutsche Fachausdrücke des Klempnerhandwerks: cinkpleh aus d. Zinnblech', ribezen 'Reibeisen' aus mhd. ribisen (Miklosich, F. 122); samrinen aus d. Saumrinne', hengrinen aus d. Hängerinne; ror 'Abzugsrohr für das Regenwasser' aus d. Rohr\ seil aus d. Schäffel; modl aus d. Model, dieses aus lat. modulus; pahlefl aus d. Backlöffel', svammodl aus d. Schwammodel = Schwammerlform, protfan aus d. Bratpfanne', piksl 'Büchse' aus d. dial. Büchsei', sprica, f. aus d. Spritze. Aus einer Spenglerwerkstätte in Osijek wurden mir folgende Fachausdrücke berichtet: letovati aus d. löten', plehser, m. aus d. Blechschere, kr. skare za rezanje lima\ letkolbn, m. aus d. Lötkolben; kupferpleh, m. aus d. Kupferblech, kr. bakreni lim; vajspleh, m. aus d. Weißblech, kr. bijeli lim', drot, m. aus d. Draht, kr. zica; letror aus d. Lötrohr, kr. puhaljka; lot, m. aus d. Lot, kr. olovnica; letlampa aus d. Lötlampe; letvas(e)r, m. aus d. Lötwasser', snelot,

5. Gewerbe und Industrie

55

m. aus d. Schneilot; vajhlot, m. aus d. Weichlot; hartlot, m. aus d. Hartlot, kr. tvrdi lot; snelsider, m. aus d. Schnellsieder, kr. kuhalo; rina, f. aus d. Rinne, kr. zlijeb; amper, m. 'Eimer' aus bayr.-öst. Amper (Schmeller I 75, 80), kr. kabao, cabar; vajndling 'tiefe Schüssel' aus bayr.-öst. Weitling, Weigling (Schmeller II 878: Weitling 'weite Schüssel zur rahmansetzenden Milch'; Fischer, Schwäb. Wb. VI/1 581); kanta f. aus d. Kante; badevana, f. aus d. Badewanne, kr. kada; badeofn, m. aus d. Badeofen, kr. pec u kupaonici; sprica, f. aus d. Spritze, kr. smrk; misafla, f. aus d. Mistschaufel, kr. lopatica za smece. Der Sporenmacher hieß kr. ostrugar (belegt seit dem 14. Jh.), daneben begegnen seit dem 15. Jh. (Mazuranic I 1430) die auf d. Sporer beruhenden Bezeichnungen sporar, spolar, spoljar. -— Aus d. Dreher stammt serb. dteer (Trivunac 53). — Eine Ableitung zu drot 'Draht' ist drotar 'Drahtarbeiter, Drahtbinder'. WAGNER

Die Wagnerei ist ein urtümliches, eng mit der Landwirtschaft verknüpftes Gewerbe. Die Terminologie des primitiven Holzwagens mit Scheibenrädern und ohne Eisenteile, wie man ihn heute noch in Bosnien und Herzegowina sehen kann, ist slawisch; dagegen weist der aus Mitteleuropa vor allem in die ebenen Landschaften Südslawiens eingedrungene Wagen mit Speichenrädern, Wagenfassung und Eisenbeschlag viele deutsche Bezeichnungen auf. Die Wagenleitern heißen lojtre, f. pl. aus d. Leiter, kämt, loitr (Berneker 729; AR. VI 138; Mazuranic I 608: schon im 14. J h . begegnet in Agram als Spitzname für einen Dieb Lojtra); in der Wojwodina herrscht lotre vor ( J B . I 635). Bayr.-öst. schragl 'Schrägen' (Schmeller I I 600) ist über magy. saraglya (Melich 233: Vokaleinschub wie bei taraglya aus d. Trage) ins Skr. übernommen worden: saraglje, f. pl. 'Schrägen, clathri' (Bjelostjenac 375; Vuk. R.), sarage (JB. s.v.), sereglje (ZbNZ. VI 91: Kalje in Bosnien). Das Untergestell des Wagens heißt gestel = kstel (ZbNZ. X V I I 97: Samobor) aus d. Gestell; sajbngestel beim Kutschwagen (ib. 98). — Der Wagensitz heißt in der Wojwodina sie, m. (Sremac, Cira, 156, 200; fehlt in den Wb.). — Der rückwärtige gegabelte Teil der Deichselstange heißt skarici, m. pl., eigentlich 'Schere' aus ahd. skär, pl. skäri (JB. s. v.). — Skr. levea, lijevca, f. 'Wagenleu(ch)se' ist nach AR. VI 87 dunkler Herkunft. Da p. lusnja, lusznja auf mhd. liuhse zurückgeht (Brückner, SE. 304), ebenso tsch. liseh f. (Holub, s. v.), so halte ich es für wahrscheinlich, daß auch skr. levea und slowak. levea auf d. Leuchse zurückgehen. Ein Pflock zum Anziehen der die Wagenleitern verbindenden Ketten heißt kr. dial. ratl, ratlin (ZbNZ. X V I I 20: Samobor); ich stelle es zu bayr.-öst. Reutel (Schmeller I I 181), das auch in meiner Heimat, dem Schönhengstgau, vorkommt: Rätl(steckn) 'Stock zum Anziehen der Wagenketten'. Mit steel bezeichnet man in Kroatien und Slawonien die eiserne Büchse, die auf das Ende der Radachse gesteckt wird (ZbNZ. I I 241: Otok; ib. X V I I 97:

56

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Samobor; fehlt in den Wb.). Das Wort stammt aus d. dial. Stützl, Ableitung zu Stutzen (vgl. Schmeller I I 802: Stützl 'Vorsteckärmel'; im Schönhengstgau heißt er Handstützla). — Der Achsnagel, d. Lünse genannt, heißt kr. lunjak, lunjek; nach Berneker 745 aus mhd. lun(e), nhd. dial. lunn, südd. loner, lonnagel (Fischer, Schwab. Wb. IV 1283); vgl. Kluge s. v. Lünse. — Aus nhd. Schiene wurde skr. sina, f. 'Radschiene' entlehnt (schon im Jahre 1363 aus Zagreb bezeugt: Mazuranic I 1425). •— Die Federn des Wagens heißen federi, m.pl. aus d.Feder (Stankovic, NK. 43; fehlt AR.). — In den nordwestl Landschaften kennt man den Steirerwagen, stajerska kola oder stajervagn genannt (Sremac, Cira 197,201); vgl. magy. stajer-vagli, stajer-kocsi, rum. s/aeffMelich 242). Aus Samobor (ZbNZ. X V I I 97ff.) werden noch folgende deutsche Fachausdrücke berichtet: troksire (Acc. pl.) aus d. Tragschiene (?); svepstange aus d. Schwebestange; kotfrigl, m. aus d. Kotflügel', pogn, m. 'Holzbügel zum Tragen des Leinwanddachs' aus d. Bogen; das Abrinden des Holzstammes heißt dort zringlati, wohl aus d. rindein (Rinde); spandl, 'Latte zwischen den zu trocknenden Brettern': ich sehe darin d. Spant, n., Spanten, pl. 'Dachrippe' (s. Kluge 571); curihtati aus d. zurichten', rampa, f. 'Erhöhung, auf der der Wagner sein Holzmaterial trocknet' aus d. Rampe, dieses im 18. J h . zunächst als Wort des Festungsbaus entlehnt aus fr. rampe, f. 'Erdaufwurf, Auffahrt' (Kluge). Aus d. Teer (erst frühnhd., gebucht 1556) stammt skr. ter; verbreiteter ist das aus dem Osmanischen entlehnte katran. Fachausdrücke der Wagner aus Osijek (aufgezeichnet von Frau M. A. Ugrenovic): vagner, m. aus d. Wagner, kr. kolar; sragl, saraglje aus d. Schrägen, Schräget, kr. nosaci; stica, f. aus d. Stütze, kr. potporanj', valcajzn, m. aus d. Walzeisen', vindborer, m. aus d. Gewindebohrer', dreajzn, m. aus d. Dreheisen', hoblajzn, m. aus d. Hobeleisen, kr. gvozdje za struganje; cugrigla, f. aus d. Zugriegel, kr. zapor\ snajcajk, m. aus d. Schneidzeug, kr. sprava za rezanje; srankajzn aus d. Schrankeisen, kr. gvozdje za testere; cirkl, m. aus d. Zirkel, kr. sestar\ prednji i straznji stel aus d. Vorder- und Hintergestell (des Wagens); subkarn aus d. Schubkarren, kr. tacke, f. pl.; itrafvagn, m. 'Streifwagen' aus d. dial. Sträfwagen, kr. teretna kola, vgl. tsch. strafka. WEBER

Das Weben gehört zu den urtümlichen Beschäftigungen und reicht, wie sich aus einigen Wortgleichungen feststellen läßt, bis in die indogermanische Urzeit zurück. In den patriarchalischen Landschaften Südslawiens wurden die Kleider und Wäschestücke fast durchweg von den Frauen und Mädchen im Hausfleiß aus selbstgebautem Lein oder Hanf und aus der Wolle der eigenen Schafe hergestellt. Nur in den nordwestlichen Landschaften ist die Weberei auch handwerksmäßig betrieben worden, doch ist sie heute wegen der fortschreitenden Industrialisierung in Verfall geraten. Die Terminologie des Webens ist in den skr. Kernlandschaften fast rein slawisch, in den nordwestlichen Landschaften lassen sich deutsche Einflüsse nachweisen. So heißt die Wickelhaspel um Samobor vikel (ZbN2. X V I I 77; fehlt in den Wb.); ebenda heißt ein Garnbüschel pusl aus d. dial. Büschel (ib. 79), eine Garnsträhne strena, f. (ib. 46) aus d. Strähne, einheimisch povesmo. — Das Garn

5. Gewerbe und Industrie

57

selbst heißt mit dem einheimischen Namen precia, f. (zu predern "ich spinne'), daneben auch garn aus d.Garn (Vujaklija225). Einen Faden spinnen heißt upredati konac, daneben begegnet auch drilirati aus d. drillen (Vujaklija 355; fehlt AR.). Die Bank, auf der der Weber sitzt, heißt in Samobor zicpang (ib. 75) ; ein anderer Teil des Webstuhls heißt hilo (zu biti 'schlagen') oder auch álaga, f. (ib. 75), wohl aus d. Schlag] die Schnüre an dem Webstuhl ánore, pl. (sing, ¿ñora) aus d. Schnur (ib. 76; fehlt in den Wb.). — An dem Webstuhl hängt das rajpholc, m. (ib. 76) aus d. Reibholz, das mit einer Ausnehmung versehen ist, genannt luknica, f. (ib. 76), demin. zu lukna, f. aus obd. Lücke 'Lücke'. — Sichakl (ib. 76) aus d. dial. Schützhákl nennt man einen eisernen Haken, mit dem man das herabgefallene Weberschiffchen (die Schütze) aufhebt. •— Eine an dem Webstuhl hängende Leinentasche, in der ein schwerer Stein liegt, heißt henker (ib. 76) aus d. Hänger. — Eine Vorrichtung zum Drehen des Garnbaums heißt vinta, f. (ib. 76) aus d. Winde. Das Untergestell der Garnwinde heißt in der Lika und Krbava steljica (Hefele, NDO. 8), wohl aus d. dial. G'stell. — Eine weitere Vorrichtung mit deutschem Namen ist der strikstul (ib. 77) aus d. Strickstuhl : auf ihm wird das Webertrumm hergerichtet (Vuk, R. s. v. nititi). •— Auf d. (Weber)blatt, 'Weberkamm', pecten textorium, beruht platl (ZbNZ. XVII 80), das sonst allgemein brdo heißt. Aus Samobor sind ferner bezeugt (ib. 80ff. :) Eine Lehnübersetzung des lat. Adj. billx (= bi-licium 'zweifädig') isz ahd. zwillh 'zweifädig', daraus durch Substantivierung ahd. zwilih, mhd. zwil(i)ch; das daraus entlehnte kroatische cvilih (AR. I 869) ist schon bei Bjelostjenac (17. Jh.) bezeugt. Analog ist lat. trilix, -licis 'dreifädig' zu ahd. drillch, mhd. dril(i)ch 'mit dreifachem Faden gewobene Leinwand' geworden; daraus skr. drilih (Vujaklija 335; fehlt AR.). Feine Leinwandsorten bezeichnet das Volk entsprechend ihrer Verwendung als tiscajg (ZbNZ. XVII 80: Samobor). — Ein Baumwollgewebe mit eingewobenem Muster heißt d. Gradl (fehlt bei Kluge), daraus skr. gradl (Vujaklija 247; fehlt AR.), auch tsch. grddl. — Auf mittellat. parchanus (aus arab. barrakän 'grober Stoff) beruht mhd. barchan(t) (Kluge); daraus ist skr. barhet, porket, parket entlehnt (letzteres AR. I X 652: Lika). Die fertige Leinwand wird gemessen und zusammengelegt zu Ballen, skr. bala, f. (AR. I 161: seit dem 16. Jh.) ; das Wort ist über ital. bala aus d. Ballen, mhd. balle entlehnt, auf dem auch fr. balle beruht. Bei Bjelostjenac 912 begegnet für 'Leinwandballen' die Bezeichnung stiklec platna; aus d. dial. Stickl, Stückl (Schmeller II 730). Berneker 721 verzeichnet mit Berufung auf Miklosich EW. 169 kr. vilahan 'Leintuch' aus mhd. wlllachen (vgl. wïle 'Schleier' aus lat. vélum). — Aus nhd. bleichen (mhd. blichen) stammt skr. plajhati (AR. I X 946: schon bei Bjelostjenac). SCHNEIDER

Über Bezeichnungen von Geweben, Kleidungsstücken, Verzierungen usw. s. oben im Kapitel Kleidung (S. 15ff.). Der Schneider heißt skr. krojac (verwandt damit ist tsch. krejci, p. krawiec) zum Verbum krojiti 'zuschneiden'; daneben wird türk. terzija für einen

58

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Schneider gebraucht, der bloß Volkstrachten zu nähen versteht, während skr. snajder (fehlt in den Wb.; 1837 empfiehlt Fürst Milos einen snajder zur Anfertigung von Uniformen. SEZb. X X X V I I 77) einen Schneider bezeichnet, der europäische, städtische Kleider und Uniformen näht; dazu snajdarica, f. (ZbNZ. X V I I 91). Eine mit spöttischem Nebensinn gebrauchte Kurzform zu snajder ist skr. snajca, m. (Trivunac, N. U. 34; vgl. suca = Suster 'Schuster', brica 'Rasierer' zu brijac). Eine ältere Entlehnung ist altkr. snidar, znidar aus mhd. snlder (Mazuranic 343). Ahd. skäri, pl. zu skär (vgl. d. Pflugschar) ergab skr. skare, f. pl. 'Schere' (Miklosich, EW. 298; Mazuranic 1426: bezeugt seit 1108), dem. skarice, f. pl.; neben dieser in den nordwestlichen Landschaften üblichen Bezeichnung herrscht das einheimische nozice, f. pl. und türk. makaze, f. pl. Aus Samobor (ZbNZ. X V I I 90) werden folgende deutsche Fachausdrücke aus der Schneiderwerkstätte berichtet: krajda aus d. Kreide; risati 'zeichnen' (fehlt in den Wb.) aus mhd. riyen 'reißen, zeichnen'; Snit, m. aus d. Schnitt (einheimisch kroj)\ stih, m. aus d. Stich; not 'sav' aus d. Naht; zastöpati aus d. stopfen, dial. stoppen; — das Bügeleisen heißt dort tigla za peglajne: tigla, f. ( J B . I I 569: = türk. utija) bedeutet erstens 'Ziegel', zweitens 'Bügeleisen', das Verbum dazu ist tiglati. Vgl. hierzu tsch. cihlicka, f. und slowak. tchlina. Aus d. dial. fegein 'bügeln' stammt skr. peglati (s. oben im Kapitel Kleidung); aus d. Bügeleisen — peglajz oder pegla. In der Wojwodina heißt der Stahl des Bügeleisens stogl, m. oder stogla oder peglaj2a (Sremac, Cira, 55, 161; fehlt in den Wb.); stogl beruht auf d. dial. Schlögl. Das Kissen zum Bügeln der Ärmel heißt van(j)kus; das Wort bedeutet auch 'Kissen' schlechtweg und geht auf mhd. wangeküssen, ahd. kusst(n) zurück (Miklosich, EW. 375: vgl. slowen. vanjkus, slk. vankus, tsch. vankus), vielleicht über magy. vankos. In der Bedeutung Kissen ist kr. van[j)kus schon bei Bjelostjenac gebucht; ebenda (S. 88) begegnet vankusac in der Bedeutung 'Einlage, die der Schneider einnäht, um ungleiche Schultern auszugleichen'. In Karlovac (Karlstadt) hörte ich außer skare, pegla, vankus, auch noch pupa, f. 'Kleiderstock zum Anprobieren' aus d. Puppe; machunk in der Bedeutung 'Macherlohn'; in Zagreb und Belgrad hörte ich cuger, m. aus d. Zugehör; vgl. tsch. cukher (Vanicek 12). — Vujaklija verzeichnet: pasovati (S. 869) aus nhd. passen-, pasend (S. 859) aus nhd. passend; falta, falda, f. 'bora' (ib. 1198) aus d. Falte; fleka, f. 'Schmutzfleck, pega' (ib. 1219) aus d. Fleck', futer, m. 'Unterfutter = postava za odelo' (ib. 1234) aus d. Futter, mhd. vuoter. — Strekelj, L. 19 leitet kajk. kr. fura, f. 'Unterfutter' (fehlt AR.) aus bayr. die Fuer ab. Zahlreiche Fachausdrücke, die sich auf das Nähen beziehen, liegen mir aus Osijek vor: snajder aus d. Schneider, kr. krojac; stikati aus d. sticken, kr. vesti', stepati aus d. steppen, kr. prosivati, tegeljati; stepsajda, f. aus d. Steppseide, kr. svila za sivanje; stepstih, m. aus d. Steppstich, kr. stiga; vendati aus d. wenden, kr. preokrenuti'. vindlati aus d. (über)windeln, kr. opsivati] heftati aus d. heften, kr. zrucati, jemcati, bazdatt, suvalati; slingati aus d. schlingen.

6. Gewerbe und Industrie

59

kr. viti, ovijati; stafirati aus d. staffieren, kr. nutamju stranu izraditi 'die innere Seite ausarbeiten'; fingerhut aus d. Fingerhut, kr. naprstak; futer aus d. Futter, kr. postava; futrati 'füttern' aus d. dial.futtern, kr. postavljati; peglati 'bügeln' aus d. dial. pegeln, kr. glacati, utijati; pegla, f. 'Bügeleisen', kr. glacalo, utija; pikirati aus d. pikieren, kr. prosivati, vgl. tsch. pikyrka, f. 'Pikiernadel'; stekragn aus d. Stehkragen, kr. tvrda ogrlica; mantl, m. aus d. Mantel, kr. kaput, ogrtac; mantlklajt aus d. Mantelkleid, kr. haljina u obliku kaputa 'Kleid in Form eines Mantels' (Umschreibung); iberciger aus d. Überzieher', spanga, f. aus d. Spange, kr. kopca; snala, f. aus d. Schnalle, kr. kohca; stof, m. aus d. Stoff, kr. sukno; porket aus d. Barchent', steknadla aus d. Stecknadel, kr. gumbasica) spenadla, f. aus bayr.-öst. Spen-nadel (Schmeller II 674), kr. gumbasica', cugeher aus d. Zugehör, kr. pribor\ snit aus d. Schnitt, kr. skrojka\ mustra aus d. Muster-, cvikla, f. aus d. Zwickel, kr. uskrtak', lajsta, f., lajstl, m. aus d. Leiste, Leistl, kr. jecica', cugovane falte (faljde) aus d. gezogene Falten, kr. sitne kale: legovane falte aus d. gelegte Falten, kr. mrske grespe, grotulje; stih aus d. Stich, kr. suvalj, zabodak\ endlati aus d. endein, kr. pretiziti, preomuziti', nat aus d. Naht, kr. sav, säm, m. (d. Saum, dial. Sdm), kr. porub', akslflek aus d. Achselfleck, kr. barjacak; slus aus d. Schluß, kr. struk; pertla, f. aus d. Börtel, kr. vrpca; pandla, f. aus d. dial. Bandl, kr. vrpca; franze, f. pl. aus d. Fransen, kr. rese, pl.; ajnzac, m. aus d. Einsatz, kr. usivalo. GERBER

Er heißt skr. kozar (Ableitung zu ursl. koza, f. "Haut, Fell', dieses zu koza, f. 'Ziege'), das Gewerbe kozarstvo, seine Werkstätte kozarnica, f. — Bei Mazuranic I 888 begegnet als Bezeichnung des Gerbers pajsar 'Beizer': d. beizen, d.-öst. päzen, daraus kr. pacati. — Aus dem Türkischen stammt skr. tabak 'Gerber'. Einer der ältesten Fachausdrücke ist die Bezeichnung der gegerbten Schafshaut: skr. irha (AR. III 853; Mazuranic 438: belegt seit dem 15. Jh.), ira (Vuk); nach Berneker 432 aus mhd. irch, erch, erich, ahd. irah 'feines weiß gegerbtes Leder', dieses aus lat. *(h)ircus 'Bock'. — Dieses Lehnwort findet sich in fast allen Slawinen. —Dazu kajk. jirhar 'Weißgerber' (Bjelostjenac 74). — Aus d. Lederer 'Rotgerber' (Schmeller I 1440) stammt serb. leder (SEZb. X X X V I I 75: 16. 9. 1835 wird an Knez Milos über Josif Korman, leder [dondija] berichtet; ib. 76: 1837 wird ledermajstor J . Rajmbond mit der Leitung der Gerberei in Kragujevac betraut. Die Geräte des Gerbers liegen in einer genauen Darstellung aus Samobor (Kroatien) vor (ZbNZ. XVII 52ff.), sie gilt natürlich auch für die anderen nordwestlichen Landschaften. Zum Schaben 'abfleischen' (söbati) der Häute dient das söbanec oder struganec genannte Schabeisen, das zwei Handhaben (heft) besitzt; söbati ist entlehnt aus d. schaben, söbanec ist eine Ableitung dazu (beide fehlen in den Wb.); kr. heft aus d. Heft (Kluge: zur Wurzel haf in heben und haben). — Ein ähnliches Schabmesser zum Enthaaren des Felles heißt dort horanec,

60

I , Die Lehnwörter nach Sachgruppen

haranec, m., das Schaben damit heißt härati (fehlt in den Wb.) aus d. haaren', die ausgewaschenen Haare werden an Sattler und Hutmacher als harovica verkauft. — Zum Abfleischen des Fells dient auch der seranec (fehlt in den Wb.), ein 1 m langes, sehr scharfes Schabeisen. Die Tätigkeit heißt serati: ich stelle es zu d. scharren 'scharren, kratzen' (Kluge). Wir sollten eigentlich sarati erwarten, doch bedeutet sarati im Skr. 'bemalen'. — Ein Schabeisen zum Reinigen des Fells von Haaren und Kalk heißt itrikanec, 'Stricheisen'. Die Arbeit damit strihati (beides fehlt in den Wb.); ich stelle es zu mhd. strichen 'glätten, streichen'. — Stosanec 'Stoßeisen' fehlt in den Wb.) heißt ein stumpfes Messer, mit dem man die Haut glättet: stösati, stesati; zugrunde liegt d. stoßen, stößt. Ein 60 cm langes, scharfes Messer heißt folc, falc (fehlt in den Wb.) aus d. Falz; dazu das Verbum folcati 'Schaben und Glätten der Haut'. Das geschieht auf der Falzbank, daraus kr. folcpank. Zum Schärfen des falc dient der stogl 'Stahl, eingesetzt in eine hölzerne Handhabe'; letzteres aus d. dial. Schlögl. Ein großer Bottich aus Eichenholz, in dem die rohen Häute eingeweicht werden, heißt fris. Dieser Behälter wird mittels eines langstieligen Schöpfgefäßes, sefer genannt, aus d. Schöpfer, mhd. schephaere, entleert. — Ein länglicher Bottich für die Treibbrühe heißt trajpsir (trepsir, trepsirl), wohl aus d. Treibgeschirr(l); das Umrühren und Wenden der darin befindlichen Häute nennt man trajbati aus d. treiben. Das Herausfischen der Rinde aus diesem Bottich heißt fisati aus d. fischen, der Korb aus Drahtgeflecht, mit dem man dies tut, fisanec (Ableitung zu fisati), der große Ring daran •— rinka, f.; die herausgefischte Rinde wird in die kripa aus d. Krippe gelegt (Kluge: Grundbedeutung ist 'Flechtwerk', vgl. mhd. kr'ebe 'Korb'), die einem Wagenkorb ähnelt. Die Flüssigkeit in dem Bottich, die dann auch aus der Krippe tropft, heißt cajg (ich vermute aus d. Zeug). — Das Anfeuchten der Häute heißt nafajtati zu d. feucht. Die Häute werden mit fistran (frühnhd. Fischtran, 1562 bezeugt) und mit tegras (?) eingerieben. Der als Farbmittel verwendete Galitzenstein (Kluge: so genannt nach seiner Herkunft aus Galicien in Spanien; in Deutschland seit dem 15. J h . bezeugt) erscheint bei den Skr. als galic, m. (Bjelostjenac), galica (AR. I I I 94: Vuk, R . ; ZbN2. X V I I 55: Samobor). Eine Ableitung zu d. Glanz ist kr. glancati 'glänzend machen' (ib. 55; Vujaklija 239: subst. glanc aus d. Glanz). Weitere deutsche Ausdrücke sind: spaltmasina aus d. Spaltmaschine (zum Spalten des Leders); mit Oberleder bezeichnet man fein ausgearbeitetes Leder (ib. 57). — Die Schürze des Gerbers heißt surc, m. (ib. 57) aus d. Schurz, einheimisch pregaca. RIEMER (SATTLER)

Der Riemer heißt remenar, Ableitung zu remen 'Riemen' (anstatt remen wird häufig kaiS, m. aus türk. kajys gebraucht). Entsprechungen zu skr. remen finden sich in allen Slawinen: abg. remen6, bg. remen, tsch. fernen p. rzemien, usw.; nach Brückner, SE. 475 schon eine urslaw. Entlehnung aus ahd. riomo, jedoch nicht überzeugend. Slaw. remen 6 kann auch auf idg.

6. Gewerbe und Industrie

61

*ar(o)men- zurückgehen (Walde, vgl. Wb. I 73: idg. *ar- 'fügen, fassen' lat. arma, gr. aQfno^co, abg. jar6m5 'Joch'). — Der Sattler heißt sedlar, vereinzelt auch satler (so bei Sremac, Vukadin 63, Prip. I I 121). — Aus dem Türk, stammt sarac 'Sattler'. — Mazuranic I 343 verzeichnet gurtljar aus d. Gürtler, Gürtler. In Samobor sind folgende Fachausdrücke des Riemerhandwerks aufgezeichnet worden (ZbN2. X V I I 64ff.): Die Arbeitsbank, auf welcher der Riemer im Reitsitz näht, heißt sivatica, f. (zu skr. üti 'nähen'), daneben auch resl, m. aus d. dial. Rößl. Auf d. Pfriem, m. beruht frim (ib. 65). — Serfati aus d. schärfen heißt das Abschrägen der beiden Lederkanten, die man zusammennähen will. — Zum Messen des Leders dient der cirkl (aus d. Zirkel, dieses aus lat. circinus: Kluge). — Mit dem rajscirkl aus d. Reißzirkel werden Zierfurchen ins Leder eingedrückt. — Zum Beschneiden der Kanten dient der kantnciger (ib. 65) aus d. Kantenzieher. — Das Zusammenkleben von zwei Lederschichten heißt pöpati aus d. pappen; nachher werden sie in die Presse, daraus presa, presica, eingelegt. — Rädl (ib. 65) aus Rädel heißt eine Vorrichtung, mit der man Verzierungen wie Sterne, Punkte usw. ins Leder eindrückt; vgl. tsch. rad.Uk, radelko. — An Zangen hat der Riemer eine lohcange und eine flahcange (ib. 66). — Zum Durchlochen des Riemens dient das lohajzn aus d. Locheisen, einheimisch probojec, prebojec genannt. — Verzierungen an dem Riemen: kapsei aus d. Kapsel (im 15. J h . bezeugt), ezn, m. aus d. (Ösen(n) (spätmhd. Öse 'Henkel, Griff), rincica, f. 'Ringlein', dem. zu rinka, f. aus d. Ring. — Vorher zeichnet man mit dem Messer an, wohin die Verzierungen kommen sollen: iscajhnati (zu d. zeichnen 'mit Zeichen versehen'). — Zum Schärfen der Ahlen und Nadeln dient die Raspe (erst nhd., aus tr.raspe), daraus raspa, Verbum: obräspati. — Mit einer grünen Glaskugel, glaznata zelena kugla, wird dem gefärbten Leder Glanz verliehen. — Zum öffnen der Riemensch laufen (slef aus d. Schlaufe, bayr. dial. auch Schlaiffen: Schmeller II 508) dient das slefno drevo (ib. 66). — Mit dem pemzlstajn (ib. 66) aus d. Bimsstein werden Peitschenschnüre abgerieben und geglättet. Das Beizen des Leders heißt dort päcati (ib. 66) aus d. dial. päzen. — Ein rotes Farbmittel heißt rotholc (ib. 67). Erzeugnisse: Das Pferdegeschirr heißt dort konjska orma oder nach d. Geschirr — ksir (ib. 67), die Blenden an dem Pferdehalfter naocale, pl. oder blenten'ni (aus nhd. Blende), der Zugstrang — strajnga aus d. Strang, mhd. stränge, m. f.; rukremen 'Rückenriemen' aus d. Ruck + remen' Riemen'. Bei Bjelostjenac 618: cugel, cuglec '1. habena' aus mhd. zugel (Kluge). Aus d. dial. Brieftaschl stammt pristafl, aus d. lackieren skr. lagirati (Sremac), lakovati (Tiivunac 55). Der Erzeuger von Taschen heißt heute mosnjar) Mazuranic I 1443 verzeichnet altkr. taskar (14. Jh.) zu taska, f. 'Tasche'. Daneben auch tasljar (ib. 343). BORTENWIRKER

(POSAMENTIERER)

Es handelt sich hier um den Erzeuger von Verschnürungen und Hafteln, wie sie früher an den Uniformen und Volkstrachten ausgiebig getragen wurden. Heute ist dieses Gewerbe in Verfall.

62

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

D. Schnur, mhd. snuor erscheint im Kr. als snora; znora (beides schon bei Bjelostjenac; ebenda S. 1287: znorar = pojasar, 1. 'zonarius'), d. Böriel (dem. zu Borte 'Band, Saum', vgl. Schmeller I 284) als pertla, f., kr. dial. perkl (ZbN2. X V I I 82: Samobor); beide Bezeichnungen fehlen in den Wb., denn herrschend ist türk. gajtan (seit dem 16. Jh.) = skr. vrvca. Aus Samobor (ib. 82ff.) liegen folgende Fachausdrücke vor: tokl, m. 'Holzspule mit Garn' aus d. dial. Tockl = Döckchen (Kluge S. 108; Schmeller I 488). Die Gewichte, welche die Fäden spannen, heißen gvihti, pl. aus d. Gewicht; strena, f. (ib. 83) aus d. Strähne, f.; spula, f. aus d. Spule; heknadl aus d. Häkelnadel; volcer, m. 'Walze, auf der die Wolle aufgewickelt ist' aus d. dial. Walzer 'Walze'; presa, f. 'Presse, in der die fertigen Schnüre gepreßt werden, damit sie flach werden', aus d. Presse; eine flache Schnur heißt dort flah znora (ib. 84); glanc aus d. Glanz-, cof, m. 'Quaste, Fahnenquaste' (ib. 83) aus d. Zopf) snola, f. aus gleichbedeutendem d. Schnalle; slinga, f. aus d. Schlinge. NADLER

Nadel heißt skr. igla, f., der Nadelmacher iglar. Die Nadler von Samobor erzeugten besonders Schmucknadeln und belieferten damit die Märkte der näheren und weiteren Umgebung. An deutschen Fachausdrücken der dortigen Nadler finden sich verzeichnet (ZbNZ. X V I I 85ff.): eine Raspe zum Spitzen der Nadeln heißt raspa; kuferni drot aus d. Kupferdraht', eine Drahtschere skare za rezanje drota; stikperl, m. 'Halsband aus Stickperlen'; zum Auffädeln der Perlen dient ein stajnzica genannter Draht (dem. zu stajnga aus d. Stange). SCHUHMACHER

Im Kapitel Kleidung wurden bereits behandelt: strufle, slape, stikla, flekla, anola, spanga, vihs, komocue. Die älteste und primitivste Fußbekleidung, die bis in die urslawische Zeit zurückreicht, ist der Bundschuh, skr. opanak (zur Wurzel pen- 'spannen'). Opanken gehören auch heute noch zur südslawischen Volkstracht, die kroatische Bauernbewegung hat sie auch in jenen Dörfern, wo sie schon verschwunden waren, wieder eingeführt. Der Erzeuger der Opanken heißt opancar. Die Terminologie der Opankenerzeugung weist bei den Serben fast nur einheimische Wörter auf, bei den Kroaten sind von der deutsch beeinflußten Schuherzeugung her einige deutsche Fachausdrücke eingedrungen (ZbN2. X V I I 61ff.). Einheimisch ist auch die Bezeichnung crevljar zu crevlja, f. 'calceus' (belegt im 13. Jh.). Slawisch ist ferner die Bezeichnung obuca, f. 'Fußbekleidung', dazu obucar 'Schuhmacher' (erst im 19. Jh. belegt), schließlich posto, -ola 'Schuh', dazu postolar (16. Jh.); auf türk. papuc 'Pantoffel' beruht papucar (16. Jh.), auf türk. cizme 'Stiefel', cizmar (16. Jh.). Aus magy. cipellö 'Schuh' stammt skr. cipele, pl. f., dazu cipelar 'Schuhmacher'. Schon im 14. Jh. ist altkr. sostar, sostar, belegt (Mazuranic 1429; bei Bjelostjenac, 17. Jh., sostar) aus d. Schuster, dial. Schoster, Vorstufe mhd. schuoch-sütaere, der zweite Teil des Wortes aus lat. sutor 'Flickschuster'

5. Gewerbe und Industrie

63

(Kluge). — Heute begegnet kr. dial. sostar, häufiger aber in der Umgangssprache bei Serben und Kroaten suster (Trivunac 53; Sremac, Prip. I 4, IV 113, 124, Vuk 175). Analog zu snajca 'Schneider' wurde die Kurzform suca, m. 'Schuster' gebildet (Trivunac 34). Die Zahl der deutschen Termini des Schuhmachergewerbes ist besonders bei den Kroaten ungemein groß. In der beschreibenden Darstellung von M. Lang (ZbN2. X V I I 58 ff., 89ff.) aus Samobor sehe ich über 60 Bezeichnungen, die aus dem Deutschen stammen. Die meisten davon sind mir bei meinen eigenen Erhebungen in Karlovac, Zagreb, Koprivnica usw. wieder begegnet. Von den Ledergattungen haben deutsche Namen: hirsleder, kalpleder, viksleder, spiglleder, lak; zum Flicken verwendet man vasleder und halpfuntleder; Spaltleder heißt kalana ko%a oder spalt, m. (ib. 60). In der Werkstätte (verstat) begegnen folgende Werkzeuge und Behelfe: (ZbN2. X V I I 58ff.): der niedrige Schustertisch heißt ponkn aus d. Bank, dial. Ponk(n); raspa, f. aus d. Raspe; knajpraspa "dreikantige Feile zum Schärfen des Kneips', knajp 'Schustermesser' (aus d. Kneip, Kneif; vgl. tsch. knejp); mit der holcraspa aus d. Holzraspe werden die Holznägel außen abgeraspelt, mit der azraipa (aus d. Ausraspe(l)) im Innern des Schuhs; das Feilen heißt raspati. Eine Ahle zum Durchlochen des Leders nennt man porer aus d. Bohrer; zum Festhalten des Leders beim Steppen dient die klema, f. aus d. Klemme; das Vorzeichnen der Linie vor dem Steppen heißt zacajhnati; mit dem messerförmigen virslsnajder aus d. Würstelschneider (vgl. tsch. biUlsnajt: Vanicek 10) werden schmale Riemen abgeschnitten; die folccange aus d. Falzzange dient zum Spannen des Leders; klopstajn aus d. Klopf stein (Jindra I I 514); ein Glätteisen, mit dem man die Schuhsohlen vorne und an den Seiten glättet, heißt fornerom aus d. Vornherum; ampus aus d. Amboß heißt ein Eisen, mit dem man die Absätze glättet; last, m. 'Schuhleisten' aus d. öst. Last, mhd. leist, m. (Kluge: Grundbedeutung 'Fußspur') ; der Leisten wird mit dem lasthakl aus d. öst. Lästhäkl aus dem Schuh gezogen; ein Stückchen Leder, das aut den Leisten angeschlagen wird, wenn der Schuh wegen Hühneraugen an der betreffenden Stelle größer sein soll, heißt sinica, f., zu d. Schiene (Kluge: Grundbedeutung 'kleines Stück Holz, Knochen oder Metall'). — Der fertige Schuh wird in den Rahmen gespannt: rämä se na ramu: rama, f. aus d. Rahmen, mhd. rame, m. f., ahd. rama, f.; dazu das Verbum rämati aus d. rahmen. — Der untere Teil des Rahmens heißt fisl; ich leite es ab von d. dial. Füssel, dem. zu Fuß] vgl. Schmeller I 769: Füeßlein (Fiessl) in der Bedeutung 'Fußsohle'. (In einem Belgrader Schaufenster sah ich angepriesen: ramsivene cipele; 'rahmengenähte Schuhe'.) Sterpöpa, f. aus d. Stärkepappe; auch einfach popa, f. Schuhnägel: nhd. Zweck, mhd. zweck 'Nagel' erscheint als cvek, m. (AR. I 862: seit dem 16. J h . belegt); Ableitung: cvikanec, m. (ZbNZ. X V I I 60: Samobor), und zwar werden dort verschiedene Sorten genannt: romnegel'li, pl. aus d. Rahmennägel', spicstefti aus d. Spitzstifte (mhd. steft); apsacstefti ausd. Absatzstifte', 'mit Zwecken beschlagen' heißt kr. dial. pocvekati (ZbNZ. X I I 115: Prigorje). — Kr. sunogl, sunegl bezeichnet nicht bloß einen Schuhnagel, sondern jeden kleinen Nagel überhaupt (E. E.).

64

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Aus südd. Strupfe stammt skr. strufl, m., strufla, f. Zu mhd. wichsen 'glänzend machen' wurde ein Subst. Wichs gebildet (Kluge); beides erscheint im Skr.: biks, m., 'Wichs' biksati 'wichsen'. Manche Stiefelschäfte erhalten oben eine Einfassung aus Lackleder, ajnfas od laka; dieses 'Einfassen' heißt ajnfasati. — Die Brandsohle auf den Leisten nageln heißt: cvikat brantzoln (prantzoln, pranzolne) na last (ib. 60). •— Der Knieriemen, mit dem der Schuh während der Arbeit festgehalten wird, wird dort lapsl genannt, wohl aus d. dial. Lappsl (vgl. Schmeller I 1496; Kluge: mhd. läppe, m. f.); röm (fehlt in den Wb.) heißt das Leder zwischen Sohle und Oberleder: vielleicht aus d. Rahme[n). Das Benageln der Schuhe nennt man dort ponöglati oder zbiti (ib. 60). Die Schuhsohle wird mit Glaspapier ( = glazevina, f.) abgerieben. •— Die letzte Lederscheibe des Schuhabsatzes heißt oberflek, der Teil zwischen Absatz und Sohle licl (wohl zu d. Litze, f.). — Eine spitzige Kappe am Schuh oder an den Opanken nennt man spickapica, f. (ib. 63). Teile des hohen Stiefels: kr. strufl 'Strupfe', fordertäl 'Vorderteil der Stiefelröhre', hintertäl 'rückwärtiger Teil der Stiefelröhre'; beim Fußteil unterscheidet man vorne das Oberleder und den Fersenteil, afterleder genannt (ib. 61). Vielfach werden die Stiefel durch Steppen verziert: stepati aus d. steppen. — Das Aufnähen neuer Sohlen heißt dort potumplat ausd. doppeln. In einer Schusterwerkstätte in Karlovac konnte ich folgende deutsche Fachausdrücke feststellen: knajp, vornerom, ampos, holcraspa, folcangle, pl. aus d. Falzzangl; pajcangle, pl. aus d. Beißzangl; stufer 'Werkzeug, mit dem rund um den Schuh geputzt wird' aus d. Stupf er (vgl. Schmeller II 775: der Stupfer 'der Stoß, oberflächliche Stich; Werkzeug dazu'); stiftenfajler 'Feile zum Abfeilen der Holzstifte'; apsistift aus d. Absatzstift; abnemer 'Messer zum Schneiden des Leders' aus d. Abnehmer; kracer 'eine Art Ahle, an der Spitze umgebogen' aus d. Kratzer; srafnciger aus d. Schraubenzieher; repandl 'Knochen zum Glätten' aus d. Reibbeindl (s. Jindra I I 745); cvikcveki 'Nägel, mit denen der Schuhoberteil auf den Leisten geheftet wird' aus d. Zwickzweck ( = Zwicknagel: Jindra II 1122); fedrvajs aus d. Federweiß; presa aus d. Presse, presati 'pressen'; brenceg aus gleichbedeutendem d. Brennzeug (s. Jindra II 184). In Koprivnica hörte ich außerdem noch: läsciger aus d. Leistenzieher; virslsnajder aus d. Würstelschneider', stiftnfajl aus d. Stiftenfeile. Schon seit dem 17. Jh. ist skr. dretva, f. ikavisch dritva bezeugt (AR. II 771: aus d. Draht, mhd. drät + 8va; Berneker 221: Entsprechungen in allen Slawinen; die Formen mit e-Vokalismus wie skr. dretva beruhen wohl auf der Umlautsform Drähte); kr. dial. begegnet auch dreta, f. (ZbNZ. X I I 116: Prigorje; schon bei Bjelostjenac 273: sostarska dreta). In Osijek (Slawonien) werden folgende Fachausdrücke gebraucht: raspla aus d. Raspe, kr. turpija; holcraspa aus d. Holzraspe-, knajf aus d. Kneif, kr. britva; knajpcanga, f. aus d. Kneipzange, Kneifzange, kr. kljesta za hvatanje; cvikcanga, f. aus d. Zwickzange; brenati pete 'die Absätze brennen' aus d. brennen, kr. paliti; panklic aus d. Bankl, kr. klupcica; brandzolna, f. aus

5. Gewerbe und Industrie

65

d. Brandsohle, kr. uloiak 'Einlage'; forsibati aus d. vorschieben, kr. naglaviti; steklica, f. aus d. Stöckl (am Absatz), kr. petica; susterpap, m. aus d. Schusterpapp, kr. Ijepilo; klajster aus d. Kleister, kr. Ijepilo; kaplica, f. 'Schuhkappe' aus d. Kappl, kr. kapica\ firtlice, f. pl. aus d. Viertel{schuhe), kr. izrezane cipele 'ausgeschnittene Schuhe'; halpsue, f. pl. aus d. Halbschuhe, kr. polucipele; spangesue aus d. Spangenschuhe, cipele s kopcom; snesue aus d. Schneeschuhe, kr. cipele za snijeg; haussue aus d. Hausschuhe, kr. kucne papuce; supantle, f. pl. aus d. dial. Schuhbandl, kr. vrpce za cipele. KÜRSCHNER

Aus der Kürschnerwerkstätte in Samobor (ZbNZ. X V I I 69ff.) liegen folgende deutsche Fachausdrücke vor: skaf 'ein gekrümmtes Schabeisen' = mhd. schabe, ahd. scaba, scapa\ kr. skaf, wohl zu einer d. oder germ. Dialektform mit -f-: vgl. mnd. schave, nnl. schaaf, ags. sceafa, anord. skafa; dieses Schabeisen dient zum Abfleischen der Felle: oilajsati. Skare, pl. 'Schere' (Erklärung s. oben S. 58); steft zum Schneiden der Felle aus d. Stift \ pemzl aus d. Pinsel, bayr. Pemsel (s. Schmeller I 393); malati aus d. malen; päcati 'beizen' (ib. 70) aus d. öst. päzen; das Anfeuchten der Häute heißt dort nafajhtati koze (ib. 70); bei Bjelostjenac (Wb.) hat fajtati auch die Bedeutung 'färben'. Beim Färben (farbati) werden dort folgende Farbmittel und Methoden angewendet: cinzalc aus d. Zinnsalz; gruntirati aus d. grundieren 'die Grundfarbe geben'; karmincinobr; svajnfurtergrin aus d. Schweinfurter Grün (s. Jindra II 852). Zu den Erzeugnissen des Kürschners gehört auch der Muff (nach Kluge wurde fr. moufle über mnl. muffel 'Halbhandschuh' zu frühnhd. muffel; die gekürzte Form Muff, m. ist seit 1664 belegt), ins Skr. entlehnt als muf, m. (ib. 70; fehlt in den Wb.). HUTMACHER

Deutsche Fachausdrücke aus einer Hutmacherwerkstätte in Samobor (ZbN2. XVII 72): Restl nennt man eine mit Drahtzähnen versehene Vorrichtung zum Reinigen der Wolle: Wahrscheinlich aus d. Rößl (vgl. oben unter „Sattler"). Mit einem Schlagholz, genannt slagholc, slager oder einheimisch udarac wird die Wolle geschlagen. Das Ausfachen der Wolle heißt isfahati, das Fachsieb — fahsito (ib. 73). — File (allgemein; fehlt im AR.) aus d. Filz (Vujaklija 1216), mhd. vilz (Kluge: germ. *felti 'Gestampftes'), filcati aus d. filzen 'die Wolle festmachen'; die eiserne Platte, auf der die Wolle gefilzt wird, heißt filcbleh aus d. Filzblech (s. Jindra II 318). — Valttabla f. aus d. Walktafel (Jindra II 1041) nennt man das als Unterlage beim Walken verwendete Brett; der Kessel, in dem das beim Walken verwendete Wasser erhitzt wird, heißt valdkesl aus d. Walkkessel (Jindra, ib.). — Mit dem rolstok aus d. Rollstock wird das heiße Wasser aus dem Filz gepreßt. Mit dem formband, furmband 'Formband' bindet man den ausgearbeiteten Filz an die hölzerne Hutform; die so gewonnene Stumpe heißt auch skr. stumpa, f., kr. dial. 5

S c h n e e w e i s , Die deutschen Lehnwörter

66

I. Die Lehnwörter nach Sachgrupper

stumpl (ib. 73). Zum Antreiben des Bandes auf die Stumpe dient das trajpajzn (aus d. Treibeisen) oder stumfor (aus d. Stumpfer) genannte Werkzeug. Mit dem hölzernen pantstekl (aus d. Bandstöckl) wird die Krempe ausgeglichen. Eine Waage, vaga, f. dient zum Abwiegen der Wolle und des Filzes. — Der Raum, in dem die ausgearbeiteten Hüte getrocknet werden, heißt drukstubl (aus d. Trockenstube, in einer unumgelauteten Dialektform). — Mit dem rajppapir bzw. glaspapir (aus d. Reibpapier) werden die Hüte gerieben und geglättet. Weitere Ausdrücke: päcati aus d. beizen; pemzl za gumiranje 'Pinsel zum Gummieren'; biglajzn za peglajne "Bügeleisen zum Bügeln' (ib. 74); ein wie ein Kipfel gekrümmtes Bügeleisen heißt kiflajzn, ein raaiförmiges Bügeleisen zum Bügeln der Krempe radajzn. Zum Gleichen der Hutkrempe und zum Befestigen der Hutschnur dient das drukholc aus d. Druckholz; eine dicke Holzplatte, auf der die Hutkrempe hergerichtet wird, heißt satl aus d. Sattel; zum Formen der Hutkrempe dient ferner das rastl (aus d. Rastel); curiht-tabla aus d. Zurichttafel; kracl aus d. Kratzl 'Kratzbürste' (vgl. tsch. kracle, kraclicka: Jindra I I 539) heißt eine eiserne Bürste zum Kämmen der haarigen Filzhüte; das snajdbretl aus d. Schneidbrettl wird vor dem Beschneiden der Krempe auf diese aufgelegt. Zum Färben der Hüte verwendet man blauholcekstrakt (s. Jindra I I 160); grinspan (aus d. Grünspan, dieses nach Kluge aus älterem Spangrün, Lehnübersetzung aus mlat. viride hispanicum, weil im Handel mit Spanien Kupferoxyd zuerst nach Deutschland kam), kupfervaser 'Vitriol', sajdevaser (vgl. tsch. salvostr : Jindra I I 800) usw. (ib. 74). Ein Bestandteil des Hutes heißt svicleder aus d. Schwitzleder. Von einschlägigen Arbeiten werden erwähnt: vagati 'abwägen'; apcufati aus d. abzupfen (und zwar der Knötchen aus dem Filz); nafilcati 'ausfilzen'; auspresati aus d. auspressen; rolati aus d. rollen; apcigati aus d. abziehen; ribati aus mhd. riben, nhd. reiben; ausklofati aus d. ausklopfen; stajfati aus d. steifen; dunstati aus d. dunsten; ancigati aus d. anziehen-, visovati aus d. wischen. Zu den Erzeugnissen der Hutmacher gehören außer Hüten: filcuhe, f. pl. aus d. Filzschuhe; ibersuhe, f. pl. aus d. Überschuhe; slape, f. pl. aus d. Schlappen "bequeme Hausschuhe' (Schmeller I I 530; Kluge: aus nd. slappen zu nd. slapp, adj. 'schlaff'; vgl. kämt. Släpfn 'Pantoffeln'); rajtflek 'wollener Reibfleck zum Reiben der Pferde' aus d. Reibfleck. FÄRBER

Auf d. Farbe, mhd. varwe beruht skr. farba, f. (AR. I I I 44: seit dem 16. J h . belegt; einheimisch boja, mast); Ableitungen dazu sind: farbar 'mastilac, Färber' (seit dem 18. Jh.), in derselben Bedeutung kajkawisch farbavac, farbitelj; seit dem 16. J h . erscheint farbati 'färben, mastiti, bojadisati, sarati'. KAMM-MACHER

Die meisten Namen der einzelnen Kammgattungen sind deutschen Ursprungs: frizirkam, stapkam aus d. Staubkamm, tasnkam, stilkam aus d.

5. Gewerbe und Industrie

67

Stielkamm, subflkam mit zwei Kämmen, kinderkam, roskam aus d. Roßkamm (ZbNZ. VVII 91: Samobor). An sonstigen Erzeugnissen des Kamm-Machers werden genannt: harnadle, f. pl. aus d. Haarnadeln; pulferhorn; stehet 'Lorgnon' aus d. Stecher, vgl. Feldstecher; jagarski tog nach d. Jägerhorn. FRISEUR

Fr. friser 'kräuseln' ist im 17. J h . wahrscheinlich über nl. friseeren zu d. frisieren entlehnt worden (Kluge); eine Ableitung dazu ist Friseur (fr. heißt der Friseur jedoch coiffeur); auf d. Friseur beruht skr. frizer, damenfrizer. Die alteinheimische Bezeichnung ist brijac (zu brijati 'rasieren') und berberin aus türk. berber); frizirati aus d. frisieren; das Knüpfen der Haare an den Leinwandteil der Perücke heißt knifati aus d. knüpfen (ZbNZ. X V I I 92: Samobor); stucovati aus d. stutzen (Vujaklija 1299), stucati (schon bei Bjelostjenac 363). Bei einem Friseur in Karlovac konnte ich aufzeichnen: sprica, f. (Spritze für Kölnischwasser' aus d. Spritze; nulerica, f. aus d. Nuller-Schere; drajerica, f. '3-mm-Schere' aus d. Dreier schere', trajna rolna, f. aus d. Dauerrolle, wobei der erste Teil des Wortes übersetzt worden ist: trajati 'dauern'. In Osijek gebraucht man noch folgende Wörter: brenser, m. aus d. Brennschere; brenati aus d. brennen, kr. gvozdjem ondulirati; lokne, f. pl. aus d. Locken, kr. uvojci] dauervelne, f. pl. aus d. Dauerwellen, kr. trajna ondulaeija; vaservelne, f. pl. aus d. Wasserwellen, kr. vodena ondulaeija; stucati aus d. stutzen, kr. podrezati; sajtl, m. aus d. Scheitel, kr. razdjeljak; bubikopf, m. aus d. Bubikopf, kr. kratko podrezano 'kurz gestutzt'. MÜLLER

Ahd. muli(n) 'Mühle' ist im 4. J h . aus spätlat. molina bzw. aus dessen PI. moline entlehnt worden (Kluge). Aus dem Ahd. stammt skr. mlin 'Mühle', cakawisch malin, kajkawisch melin (AR. VI 842: mlin seit dem 14. J h . belegt), ähnlich in allen Slawinen; der slawische Ausdruck für Handmühle war abg. zarny (mit Entsprechungen in allen Slawinen), urverwandt mit got. quairnus. Eine Ableitung zu mlin ist mlinar 'Müller' (AR. VI 843: belegt seit dem 14. Jh.). — Eine neuere Entlehnung ist damfmil aus d. Dampfmühte; eine Lehnübersetzung dazu ist paromlin (ZbN2. XVII 48, 50 (zu para 'Dampf. In der Beschreibung aus Samobor (ib. 48ff.) stammen folgende Fachausdrücke aus dem Deutschen: £aga, f. 'Säge'. Man schneidet damit sajbe (Sing, sajba aus d. Scheibe) und spind'le (Sg. spindl 'vertikale Achse aus Holz' aus d. Spindel); hoblic aus d. Hobel, hoblati aus d. hobeln; cirkl aus d. Zirkel; raspa aus d. Raspe; piksl, m. = pikslin aus d. Büchsl; vinkel aus d. Winkel(maß); stanga zeljezna 'Eisenstange' aus d. Stange; valec, m. aus d.Walz{e), forvalec aus d. Vorwalze (verwendet beim Weiterschieben der Mühlsteine); hoblpank aus d. Hobelbank; eine Art Schnitzbank heißt hanzlbank; väga, f. aus d. Waage. 5*

68

I . Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Für „feines Mahlen" ist aus Vinkovci (Slawonien) die Bezeichnung pajdlovati aus d. beuteln bezeugt (AR. I X 562). — Wenn das Mehl mit Unterbrechungen unter dem Mühlstein hervorkommt, so nennt man das snofati (Hefele, NDO. 117), wohl aus d. schnauben, schnaufen 'sich schneuzen'. — Über Bezeichnungen von Mahlprodukten wie melja, mutmel(j), gris, s. oben S. 30. BÄCKER

D. Bäcker ist eine Ableitung zu backen, mhd. backen, ahd. backan. Skr. pekar ist ebenso wie tsch. pekaf aus d. Bäcker entlehnt (AR. I X 760: seit dem 18. J h . belegt; Holub 195). Hierzu stimmt, daß in Serbien nur jener Bäcker als pekat bezeichnet wird, der Semmeln, Kipfel, Milchbrot usw. bäckt; jeder andere Brotbäcker heißt dort furundzija, m. zu furuna 'Ofen' (Trivunac 54). Aus d. dial. Bäck, bayr. Pek stammt skr. pek, slowen. pek (AR. I X 760: schon bei Bjelostjenac; Miklosich, EWb. 234); beide Bezeichnungen sind verhältnismäßig jung, älter ist pekohljeb 'pistor' (Mazuranic I 909: belegt 1360), hlebopek (ib. 909: im 14. J h . in Zagreb). — Schon im 15. J h . ist in Zagreb die Bezeichnung fistar, fister 'pistor' bezeugt (Mazuranic 306); sie ist entlehnt aus mhd. pfister und dieses vor der hd. Lautverschiebung aus lat. pistor (Kluge); Ableitungen: fistarnica 'Bäckerei', fistrovica 'Frau des Bäckers'. Über Gebäcksarten wie miliprot, vekna, zemicka, kajzerica, kifla, perec, krofna, struca, kuglof, cvibak, s. oben im Kapitel 'Essen und Trinken' S. 31. In Osijek (Slawonien) werden folgende Wörter gebraucht: kifla, f. aus d. Kipfel, kr. roscic; kajzerica, f. aus d. Kaiser(semmel); stricla, f. aus d. Strützel, dem. zu Strutz (Schmeller I I 822), kr. pletenica\ monstricla aus d. Mohnstrützel; germa, f. 'Hefe' (fehlt in den Wb.) aus bayr.-öst. Germ (Schmeller I 934), kr. kvas; germtajh aus d. Germteig, kr. kolac sa kvascom; semplprezli, m. pl. aus d. Semmelbrösel, kr. mrvice, f. pl.; puterkifia, f. aus d. Butterkipfel, kr. roscic s maslom; milihprot aus d. Milchbrot; salcstangla, f. aus d. dial. Salzstangl, kr. prutic sa soli. Der Prezelverkäufer heißt perecar, perecar (AR. I X 783: Kroatien und Slawonien). — Aus dem Deutschen stammt skr. cukerbeker, cukerbekeraj (Sremac, Cira 80; fehlt AR.) und cukerpokerka, f. = pokerka 'Zuckerbäckerin' (Ignajatovic, Patnica 76). Auf d. Lebzelter, südd. Lezelter (Fischer, Schwäb. Wb. IV 1080) beruht skr. leceder (Sremac, Cira 30, 50, Vukadin 119, 120; fehlt AR); vgl. magy. liciter (Melich 170); bei Vujic, P. I 22 begegnet lepcelder; 1833 wird in Belgrad der lepcelder Jovan Mitrovic genannt (SEZb. X X X V I I 6), sein Gewerbe heißt dort lecederluk (ib. 570). Die Gebäckform heißt modl, m. (Vujaklija 745) oder modlica, f. (ZbNZ. V 312: Slawonien), beides aus d. Model, dieses aus lat. modulus. Über Erzeugnisse des Zuckerbäckers wie torta, samrolna, kremsnita, rolica u. a. s. oben S. 30 ff.

5. Gewerbe und Industrie

69

FLEISCHHAUER

Wie oben im Kapitel „Essen und Trinken" (S. 25ff.) ausgeführt worden ist, stammen aus dem Deutschen: sunka, parizer, jegervurst, spek, sulc usw.; neuartig waren für die Südslawen die Wiener Würsteln, die als virsle, f. pl. krenvirsle übernommen wurden. Dazu stimmt auch skr. virsler (Sremac, Prip. I 135) aus d. Würstler. Hierher gehört auch zeiher aus d. Selcher (Vujaklija 427). — Die beim Wurstmacher verwendete Spritze wurde übernommen als sprica, f. (ZbNZ. III 222: Trebarjevo). —Die Winde, an der das geschlachtete Tier hochgezogen wird, heißt gvint (ZbNZ. X I I 95: Prigorje ausd. Gewinde). Bei den Fleischhauern in Osijek sind folgende Ausdrücke gebräuchlich: strajher, m. aus d. Streicher, kr. celicni brus 'Wetzer aus Stahl'; srothakn aus d. Schrothaken, kr. kvaka; glokna 'ein Aufhängehaken' aus d. Glocke; saber aus d. Schaber, kr. strugac; vigmeser aus d. Wiegmesser; henkvaga, f., aus d. Häng(e)waage; staldrot-pirstna aus d. Stahldrahtbürste; kvecmasina aus d. Quetschmaschine, kr. gnjecalica; faiirmasina aus d. Faschiermaschine; mismasina aus d. Mischmaschine, kr. mjesalica; vurstspricna aus d. Wurstpritze, kr. masina za kobasice; hakstok aus d. Hackstock, kr. mesarska klupa; hakbajl aus d. Hackbeil, kr. sjekira; svajnskare aus d. Schweins-carree, kr. svinjski kare; karmanatl aus bayr.-öst. Karmanadl (Schmeller I 1292), kr. komad od rebara 'Rippenstück'; vajsbratn aus d. Weißbraten, kr. dio bez rebra 'Teil ohne Rippen'; sulterplat aus d. Schulterblatt, kr. plecka; tafelspic, m. aus d. Tafelspitz; hiftnsvanc aus d. Hüftenschwanz; rostbratn aus d. Rostbraten, kr. przolica; lungenbratn aus d. Lungenbraten; pauhflek aus d. Bauchfleck, kr. trbusni dio; spicbrust aus d. Spitzbrust, kr. vrsak pluca. — Wurstarten: pratvurst aus d. Bratwurst, kr. mesnatica, f.; selhvurst aus d. Selchwurst, kr. susena kobasa 'getrocknete Wurst'; sinkenvurst aus d. Schinkenwurst; somersalama aus d. Sommer-Salami; knakvurst aus d. Knackwurst', krenvirsle, f. pl. aus d. Krenwürsteln, kr. hrenovke, f. pl.; parizervurst aus d. Pariserwurst, kr. pariska kobasa. — paprikaspek aus d. Paprikaspeck', kinpaklspek aus d. Kinnbacklspeck; hamburger-spek aus d. Hamburger Speck, kr. hamburska slanina; selhspek aus d. Selchspeck, kr. susena slanina. SEILER

Skr. uzar. In Slawonien begegnet saler 'Seiler' aus d. dial. Säler (ZbNZ. I I 285, 291: Otok; ib. X I I 289: Podgajci). — Aus d. Strang kommt skr. stranjga, f. (ib. II 258: Otok). GLASER

Der Erzeuger oder Verkäufer von Glaswaren heißt staklar, daneben begegnet vereinzelt auch klozer (Sremac, Prip. III 26) aus d. Glaser; aus d. geschliffen stammt slifovan 'geschliffen' und slifovati 'schleifen' (allgemein); sajba, f. (Prigorje) aus d. Scheibe', kit, m. aus d. Kitt (EE., Belgrad; fehlt AR.). — Skr. ram, m. (auch rama, f.) 'Fensterrahmen' ist entlehnt aus d. Rahmen, mhd. ram(e), m. f.; einheimische Bezeichnung ist okvir. Ableitung zu ram: uramiti 'einrahmen'.

70

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen BÜRSTENBINDER

Die schriftsprachliche Bezeichnung kefar 'Bürstenbinder' gehört zu kefa 'Bürste' (aus magy. kefe 'Bürste', dieses aus osm. k'efe: Berneker 499). Volkstümlich heißt er pirstenpinder (ZbN2. XVII 90: Samobor); bekannt ist auch hier das Sprichwort: Piju kak pirstnpinderi 'sie trinken wie die Bürstenbinder'. Von dem Material, das er verwendet, wird erwähnt: verdjinstro aus d. Virginiastroh (ZbNZ. XVII 90: Samobor), drot 'Draht' aus d. öst. Dräht. Skr. portvis, porvis (letzteres bei Sremac, Prip. III 138: Belgrad; fehlt in den Wb.) aus d. Bartwisch. BUCHBINDER

Sein Gewerbe ist verhältnismäßig jung und an die Stadtkultur gebunden; die Anzahl der deutschen Fachausdrücke ist daher ziemlich groß. Schriftsprachlich heißt er knjigovezac, daneben begegnet auch buhbinder (Vujaklija 185). Die deutsche Bezeichnung Pappendeckel rührt von den dicken Kleisterschichten her (Pappe, eigentlich 'Brei'), die die Papierlagen verbinden, solange dieser Werkstoff im Handbetrieb hergestellt wurde (Kluge); daraus stammt skr. papendekl (Vujaklija 845), die einheimische Bezeichnung ist Ijepenka.— Nhd. Kleister ergab skr. klajster (ZbN2. X V I I 92: Samobor; fehlt AR.). Aus einer Buchbinderwerkstätte in Samobor werden noch folgende Fachausdrücke berichtet: Als Material braucht man gradllajvant (1. c. 92); slisa, f. 'Buchschließe, zaklop' aus d. Schließe-, als Grundlage bei der Bereitung des Kleisters dient Weizenstärke, skr. sterka. Der Buchbinder konnte früher auch Galanteriewaren erzeugen wie: vizittasn, cigarotasn, briftasin, lihtsirm, strikkerbl, imuksatula usw. (alle genannten Ausdrücke aus Samobor: ZbNZ. XVII 93); deutsch ist auch der Ausdruck kverformat aus Querformat (ib.). — Allgemein bekannt ist der Ausdruck falcovati aus d. falzen, dazu falcmasina (Vujaklija 1198). OPTIKER

Die Bezeichnung opticar (fehlt in den Wb.) beruht jedenfalls auf d. Optiker. — Eine Lehnübersetzung aus fr. pince-nez ist d. Nasenzwicker, daraus verkürzt Zwicker (Kluge: Mitte des 19. Jh.); darauf beruht skr. cviker (Sremac, Prip. II 27; fehlt in den Wb.). — Der Sucher auf dem Fotoapparat heißt skr. zuher (Vujaklija 431), die Lupe (im 19. Jh. aus fr. loupe, eigentlich 'Wölfin' entlehnt), skr. lupa, f. (Sremac, Prip. I 90). — Eine neuere Entlehnung ist auch skr. veker 'Weckuhr' aus d. Wecker (Vujaklija 195). TAPEZIERER

Auf vulg. lat. tap[p)etum beruht d. Tapet(e), aber auch Teppich (Kluge); eine jüngere Entlehnung ist d. tapezieren aus ital. tappezzare. Aus dem Deutschen stammen skr. tapeta, f., tapecirer (Vujaklija 1133), tapetar (Trivunac 53) und tapecirati (Sremac, Prip. II 65).

5. Gewerbe und Industrie

71

KORBMACHER

Der Korbmacher heißt skr. korpar, m. (Sremac, Prip. I 169), eine Ableitung zu korpa, f. 'Korb' (schon bei Bjelostjenac). ELEKTROTECHNIKER

Deutsche Fachausdrücke: skr. salter 'prekidac' aus d. Schalter (Vujaklija 1289) ; lajter aus d. Leiter (ib. 641) ; kurcslus , 'kratak spoj ' aus d. Kurzschluß (ib. 638); glajstrom (Vujaklija 239); dislmotor aus d. Diesel-Motor (Vujaklija 300: genannt nach dem deutschen Ing. Diesel 1858—1913); stekontakt aus d. Steckkontakt; siherung aus d. Sicherung, skr. osigurac; izolircanga aus d. Isolierzange. Mazuranic I 343 verzeichnet aus dem alten Zagreb als Bezeichnungen von Handwerkern: bognar, pugnar 'lukar' (zu luk 'Bogen' aus d. Bogner; platar, platner 'armorum parator' aus d. Plattner. ZUSAMMENFASSUNG

(HANDWERK)

Die Terminologie des Handwerks weist weit über 700 aus dem Deutschen stammende Lehnwörter auf, die allerdings zum größten Teil in neuerer Zeit (seit dem 18. Jh.) übernommen worden sind. Auf das Ahd. und Mhd. gehen nur wenige Entlehnungen zurück: Skr. pintar aus mhd. binder\ skr. klamfar aus mhd. klampfer; altkr. snidar aus mhd. snlder (eine neuere Entlehnung ist snajder); kr. sostar aus mhd. schuster, schuoch-sutaere; kr. fistar aus mhd. pfister. — Werkzeuge: skr. pila aus ahd. fila', skr. skare aus ahd. skäri; skr. zaga aus ahd. saga; kr. ribezen aus mhd. ribisen. Andere Ausdrücke: skr. ceh aus mhd. zeche 'Zunft'; skr. mlin aus ahd. mulin; skr. drot aus mhd. drät; skr. lojtre, f. pl. (14. Jh.) aus kämt. dial. loitr. Allerdings gehören in das Kapitel Handwerk auch alte Lehnwörter, die schon oben unter ,,Haus und Hausrat" behandelt worden sind: skr. cigla aus mhd. ziegel) skr. skrinja aus ahd. skrxni\ skr. cabar aus ahd. zwibar ; skr. skaf aus ahd. scaf \ skr. skip aus ahd. seif. Über das Magy. sind nur wenige deutsche Wörter ins Skr. gelangt: skr. saraf über magy. saraf aus bayr.-öst. Sehrauf ; skr. vankus über magy. vdnkos aus ahd. wangekussin. BUCHDRUCK

Allgemein heißt die Buchdruckerei heute itamparija, f..drucken stampati, die Presse stampa; der älteste Beleg für stampati 'drucken' stammt (nach Mazuranic I 1430) aus dem Jahre 1496; Quelle ist ital. stampa, stampare, diese aus d. Stampfe, stampfen. Aus dem Russischen entlehnt ist serb. pecatnja, f. 'Druckerei' (bei Vuk belegt 1835; noch bei Sremac, Prip. I 170: Vozaroviceva knjigopecatnja), pecatati 'drucken'. •— Schon bei Bjelostjenac 271 begegnet drukar 'chalcographus'. Neuere Entlehnungen sind buhdruker, buhdrukeraj (Vujaklija 185; 1831 wird in einer amtlichen Meldung an Fürst Milos der huhdrukar Berman erwähnt: SEZb. X X X V I I 22), druker, drukfeler, druko-

72

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

vati (ib. 336), truker, trukerka, trukovati (Trivunac 53; sehr häufig bei Sremac); zugrunde liegt die unumgelautete oberdeutsche Form drucken, die sich gegenüber drücken durchgesetzt hat, da die wichtigen Mittelpunkte des frühen Buchdrucks in Oberdeutschland liegen (Kluge). Bei Sremac (Prip. I 138, 170: Belgrad) begegnet ajnlegerka, f. als Bezeichnung der Einlegerin in der Druckerei. Eine Metallvorrichtung zum Anordnen des Satzes heißt sif aus d. Schiff (Vujaklija 1295). Den Winkelhaken, den der Handsetzer in der linken Hand hält, und in den er die Buchstaben hineinsetzt, nennt man skr. vintlag (Vujaklija 208). Eine neuere Entlehnung ist snelpresa aus d. Schnellpresse druk aus d. Flachdruck (ib. 1219).

(ib. 567); flah-

FABRIK

Französisch fabrique (aus lat. fabrica 'Handwerkerarbeit') gelangt im 17. J h . nach Deutschland in der Bedeutung 'Herstellung(sart)', die sich seit Anfang des 18. J h . wandelt in "Gebäude zur Herstellung von Waren' (Kluge); die Ableitung Fabrikant erscheint im Skr. als fabrikan(a)t, während skr. fabrika entlehnt aus ital. fabbrica) schon im 16. J h . belegt ist (AR. I I I 39). Kr. dial. begegnet glazuta aus d. Glashütte (ZbNZ. X V I I 75: Samobor); vgl. hierzu glaz, m. 'Glasgefäß' aus d. Glas (AR. I I I 185: bei einem Schriftsteller des 17. Jh.). Mittels des Formans -ana wurden gebildet: cigljana, f. 'Ziegelfabrik' (daneben auch ringofen aus d. Ringofen: Vujaklija 1029) zu ciglja, f. aus d. Ziegel (s. o. S. 4); der Ziegeleibesitzer heißt ciglar, m. (Trivunac, N. U. 56; AR. I 780: nach 'Ziegelmacher', opekar') aus d. Ziegler (Schmeller I I 1096). papirana, f. 'Papierfabrik' zu papir aus d. Papier. — Das Zagreber Gaswerk heißt im Volke Zagrebacka gasfabrika (ZbNZ. X V I I 95: Samobor). — Den Heizer nennt man skr. lozac, daneben auch hajeer (Vujaklija 1237). Namen von Maschinen: abkantmasina (Belgrad, Anzeigenteil der Politika vom 15. September 1937), bormasina (ib.), slajfmasina (ib.), polirmasina (ib.), svajsaparat (ib.), saugas-motor aus d. Sauggas-Motor (ib.), blehsere = astalske makaze (ib.), rihtplatna aus d. Richtplatte (ib.); kran 'dizalica, Hebevorrichtung' (Zagreber Zeitung Novosti vom 29. V I I I 1937; fehlt AR.) aus d. Kran (Kluge: der alte Name des Kranichs ist im 14. J h . am Nieder- oder Mittelrhein auf das Hebezeug übertragen worden, wie schon gr. yeqavoQ und lat. grüs Vogel- und Gerätenamen zugleich waren). — Die Krämpelmaschine zum Kämmen der Roßhaare heißt krampl-s^o/ (ib.) mit Übersetzung des zweiten Teils; dem ersten Teil liegt die unumgelautete Form Krampl zugrunde. Hierher gehört auch skr. strajk-breher aus d. Streikbrecher (Vujaklija 1299; nach Kluge bekannt seit dem Ausstand der Hamburger Hafenarbeiter im November 1896; d. Streik, in dieser Form seit 1875 bezeugt, seit 1844. Sinke beruht auf engl, strike 'Arbeitseinstellung', eigentlich "Streichen der Segel').

6. Verschiedene Berufe und Beschäftigungen

73

6. V E R S C H I E D E N E B E R U F E UND B E S C H Ä F T I G U N G E N Der Hausmeister heißt in der Umgangssprache allgemein hauzmajstor, m., seine Frau hauzmajstorka (fehlt AR.); eine von Kroatien ausgehende Neubildung ist pazikuca, m. [paziti 'hüten, auf etwas achten' und kuca 'Haus'; AR. I X 721). — Skr. portir ist über gleichbed. d. Portier aus fr. portier entlehnt worden (Trivunac 56; fehlt im AR.). Für d. Diener begegnet skr. diner (Vujaklija 310), pedinter (Trivunac, N. U. 591, Sremac, Cira 98); vgl. magy. bedinter, nach Melich 67 "ein Diener, der nicht um Geld, sondern lür die dargereichte Kost kleinere Küchenarbeiten verrichtet' aus südd. der Bediente (Fischer, Schwäb. Wb. I 750). — Die Bedienerin heißt in Belgrad bedinerka, f. (Trivunac, N. U. 59; fehlt im AR.), die Bedienung — bedinovanje, bedinung (Belgrader Politika vom 15. I X . 1937). — Auf d. Lohndiener beruht skr. londiner (Trivunac, N. U. 59). Der Träger oder Dienstmann heißt schriftsprachlich nosac, daneben aber auch treger (Vujaklija 1770) oder dinstman (ib. 310). Das Kinderfräulein wird heute kinderfrajla genannt (Belgrader Politika vom 15. I X . 1937), bei Sremac häufig kincmadla (Prip. III, 125, IV 7, 48, Belgrad), ebenso stumadla, f. (Sremac, Vukadin 68) aus d. dial. Stubenmadl. In den nördlichen Landschaften ist schon im 18. Jh. die Bezeichnung lokaj 'Lakai' geläufig (AR. VI 138); d. Lakais aus fr. laquais 'Diener', Quelle ist türk. ulak 'Läufer, Eilbote': in deutschen Texten erscheinen 1513 lagegen 'Fußsoldaten', seit Sachs 1541 'Diener in Livrée' (Kluge); vgl. magy. lakdj, lokdj 'herrschaftlicher Diener' aus bayr. Lackai (Melich 164; Schmeller I 1432). Hierher gehört kr. kamerdiner (Trivunac, N. U. 36: Zagreb). Als Bezeichnung des Nachtwächters begegnet bei Sremac bakter (Cira 106) und bokter (ib. 132) ; zugrunde liegt bayr.-öst. Wächter (Schmeller II 842), das auch ins Magy. als bakter entlehnt worden ist (Melich 64) ; skr. bokteraj 'Wächteramt' (Sremac, Cira 189) aus d. Wachterei. Eine ältere Entlehnung ist vahtar. Bei Bjelostjenac 369 begegnet trogar, koi kose nosi 'Träger, der Körbe trägt'; aus bayr.-öst. Träger (Schmeller I 653). Der Fischer heißt allgemein ribar, vereinzelt aber auch fiser (ZbNZ. II 226: Otok). Neben einheimischem mreza 'Netz' begegnet auch nec aus d. Netz (Vujaklija 781). Jäger. Der Jäger heißt skr. lovac, in den nördlichen Landschaften seit dem 18. Jh. auch jagar aus d. öst. Jäger (AR. IV 407; Mazuranic 455); vgl. magy. jdger (Melich 142). Hierher gehört auch istrianisch jaga, f. 'Jagd' (AR. IV 405). — In der Landschaft Prigorje begegnet: slinga aus nhd. Schlinge (ZbN2. X I I 69). Aus d. Bettler stammt kr. petljar (AR. I X 816: belegt bei Bjelostjenac), istrianisch petljer; kr. dial. auch pekljar (ib. 761: Istrien; Prigorje) ; Verbum: petljati (bei Bjelostjenac) aus d. betteln, auch petljarisati (in der Lika). Schriftsprachlich heißt der Bettler prosjak, betteln prositi. — Selten ist fehtati 'betteln' aus d. fechten (die Bedeutung „bettelnd wandern" haben nach Kluge

74

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Handwerker des 16. J h . erzielt, indem sie „fechten" von ihren Fechtspielen auf ihren Wanderbettel übertrugen; gebucht ist diese Bedeutung seit 1678). Der Schinder heißt allgemein sinter, m. ( J B . I I 529: besonders in der Wojwodina), in der Landschaft Prigorje sintar (ZbNZ. X I I 165); wenig gebräuchlich ist der schriftsprachliche Ausdruck strvoder (Trivunac, N. U. 55) oder iivoder. Vgl. auch magy. sinter aus d. dial. Schinter (Melich 236).

7.

B E R G B A U

GESCHICHTLICHES

Schon zur Römerzeit bestand im heutigen Bosnien und Serbien ein reger Bergbau. Wie uns Plinius der Ältere berichtet (gest. 79), fand man zur Zeit des Kaisers Nero in der Nähe des heutigen Gornji Vakuf Gold an der Oberfläche des Erdbodens (in summa tellure protinus) in solchen Mengen, daß man oft täglich fünfzig Pfund davon gewann (Jirecek, HB. 42). Römische Inschriften im heutigen Rudnik und römische Thermen in der Nähe des Kopaonik beweisen, daß den Römern die dortigen Silberlager bekannt waren. Das Verdienst, die serbischen Bergwerke während des Mittelalters hochgebracht zu haben, gebührt den deutschen Bergleuten, welche unter dem Namen Sachsen (serb. Sasi) berufen wurden. Aus den Urkunden läßt sich ihre Anwesenheit allerdings erst unter König Stephan Uros I (1243—1276) nachweisen, wahrscheinlich sind sie aber schon früher ins Land gekommen, und zwar aus Ungarn. Die bekanntesten mittelalterlichen Bergwerke waren: in Bosnien Fojnica, Olovo, Srebrnica (zu srebro 'Silber'), Zvornik, in Serbien Brskovo, Rudnik (serb. ruda 'Erz'), das Gebirge Kopaonik (zu serb. kopati 'graben'), Novo Brdo = Novus Möns = Nyenberge (der sächsischen Bergleute), welch letzteres zwischen 1350—1450 die größte und berühmteste städtische Siedlung des ganzen Inneren der Balkanhalbinsel war. Der Franzose Brocquiere (1433) berichtet, daß die dortigen Gold- und Silberminen jährlich 200000 Dukaten Reingewinn lieferten (Jirecek, HB. 55; Preissig in Germanoslavica I I I , 1935, S. 142). Schließlich wäre noch Kucevo bei Pozarevac zu erwähnen. Die sächsischen Bergleute werden als purgari (ital. borghezani) aus mhd. burgaere bezeichnet. Sie waren mit bedeutenden Privilegien ausgestattet und hatten ihr eigenes Gericht (Curia Teotonicorum). In der Türkenzeit verfielen die blühenden Bergstädte Serbiens, und zwar aus verschiedenen Gründen: Abwanderung und Verschleppung vieler Bürger, Ausfuhrverbot von Metallen, Minenbetrieb mit Fronarbeitern usw.; um 1600 war die deutsche Sprache in den Bergstädten verklungen. Der größte Teil der Sachsen war ausgewandert (nach Ungarn oder Dalmatien), der restliche Teil war serbisiert worden. Nachkommen der Sachsen sieht Jirecek (Ist. Srba I I 21) in den 400 katholischen Familien von Janjevo bei Pristina, wo ein seit 1303 erwähntes Silberbergwerk bestanden hat. Auch in Ortsnamen wie Sasi bei Srebrnica, Visegrad, Studnica, Kratovo; Sasin-polje 'Sachsenfeld' bei Plevlje; Saska-reka 'Sachsenbach' bei Srebrnica und Majdanpek lebt die

7. Bergbau

75

Erinnerung an sie fort (Jirecek, Istorija Srba I I I 108—109). Aus der Bergmannsprache dieser Sachsen ist uns eine große Zahl von Fachausdrücken überliefert, von denen manche bis heute weiterleben. Die ergiebigsten Quellen für die deutschen Fachausdrücke im Bergbau Südslawiens sind zwei türkische Handschriften, die eine aus dem Jahre 1536, allerdings nicht im Original erhalten, sondern in einer Abschrift vom Ende des 17. Jh., die andere aus dem Jahre 1751 1752. Erstere enthält vier Bergbaugesetze, in denen türkische, slawische und deutsche Vorschriften verbunden erscheinen. Am stärksten ist der deutsche Anteil, das vierte Gesetz trägt sogar die Überschrift „Kanun sds" 'sächsisches Gesetz'. — Das Vorbild für dieses Gesetz war das Bergrecht von Schemnitz und Kremnitz (Jirecek, Istorija Srba I I 21), das bekanntlich letzten Endes auf dem Iglauer Bergrecht fußt. Die Handschrift ist von F. Spaho im Glasnik Zemaljskog Muzeja X X V (1913) 133ff. in türkischer Schrift mit skr. Übersetzung herausgegeben worden. In dem ersten Gesetz wendet sich der Sultan an die Richter der Bergwerke und Münzstätten in Novo Brdo und Kratovo, in dem zweiten Gesetz an die Leitungen der Bergwerke in Kratovo, Sedrkisa (?), Novo Brdo, Janjevo, Zezna, Zablana, Blasica, Trijepca, Bosna, Brvenik, Srebrnica, Rudnik u. a., in dem dritten allgemein an alle Bergwerke; das vierte Gesetz trägt die Überschrift „Das alte sächsische Gesetz und die volkstümlichen Bergwerkssitten". Nach dem hohen Befehl und allerhöchsten Ferman des Sultans der Sultane, des Sultans Sulejman, des Sohns des Selim-han wird bestimmt, daß in den Bergwerken so wie früher das sächsische Gesetz vollzogen werde, das über allerhöchsten Auftrag schon seit alter Zeit eingeführt ist; daher wird dieses Gesetz hier erklärt und dargelegt. (Dieses sächsische Gesetz umfaßt allein 22 Druckseiten, während die anderen drei Gesetze zusammen bloß neun Seiten ausmachen.) Wie stark der deutsche Einfluß auf das Bergrecht und auf die Technik des Bergbaus war, ersieht man aus der großen Zahl der in der genannten Handschrift vorkommenden deutschen Fachausdrücke. Ganz sicher stammen aus dem Deutschen: Vatrog, rost, slakna, vark, lesna, kluchta, slag, sturt, ferste, zol, kracna, trajbar, kram, hutman, smecar, safar, paun, kabal, surf, urbarer, zamkost, kilava, marsajt, lemsat, zajl, mulloh, pruh, hemplak, stolna, litloh, sajbina, lehnovar = lehvar, farna, stonorna, havdina, hunta. Die aufgezählten Fachausdrücke (ich zitiere sie später mit Spaho) sollen gemeinsam mit den in der Handschrift vom Jahre 1751 vorkommenden besprochen werden, da sie sich größtenteils darin wiederholen. Diese zweite türkische Handschrift stellt eine Abschrift einer noch älteren Handschrift dar, die ohne Zweifel einen bosnischen Kadi zum Verfasser hat, der sich zu seinem Dienstgebrauch ein Verzeichnis bergmännischer Fachausdrücke angelegt hat. Skaric hat diese türkische Abschrift sehr sorgfältig und gewissenhaft mit einer skr. Übersetzung und einem Kommentar der einzelnen Termini im Spo-

76

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

menik der Belgrader Akademie, Nr. 79 (Belgrad 1936) herausgegeben. Ich entnehme daraus folgende aus dem Deutschen beruhende Fachausdrücke (Skariö S. 13ff.): BERGBAUTECHNIK

muloh 'Stollenmundloch' aus d. Mundloch (Veith 344); bei Spaho 177, 185: mulloh. stona "horizontaler Zugang zu einem Grubenbau', bisweilen auch stolna, aus A.Stollen (Veith 465); bei Spaho 180: stolna. Die Grundbedeutung von d. Stolle(n), mhd. stalle ist 'Stütze, Pfosten', in der Fachsprache des Bergmanns 'waagrecht in den Berg getriebener Gang' (Kluge).—Vgl. tsch. stola. sajbina 'Gang, der an der Erdoberfläche mündet'; bei Spaho 181, 182: sajbina. Etymologisch gehört das Wort zu d. Scheibe (mhd. schiben 'drehend bewegen'), z. B. Seilscheibe eines Göpels oder einer Fördermaschine (Veith 405); der Name der Seilscheibe ist 'hier offenbar auf den Ort seiner Aufstellung übertragen worden. Dasselbe gilt von dem Fachausdruck haspula, ursprünglich 'Haspel, Winde', später 'innerer Stollen'; zugrunde liegt d. Haspel (Zycha, Das böhmische Bergrecht II 191: Haspel; Veith 264): storat 'Ende des Stollens'; bei Spaho 188, 190, 191: stonorna, stonorta. Zugrunde liegt d. Stoll-ort 'Ende des Stollens' (Veith 359). ort, orat 'Ende des Grubenbaus' (Veith 355); in Bosnien begegnet heute noch in der Nähe alter Bergwerke der Flurname Orti (Filipovic M. in Naselja X X V I 17). Die Grundbedeutung des d. Ort, mhd. ort ist 'Spitze, Ende'. io\ 'Sohle eines Stollens'; bei Spaho 167: zol: aus d. Sohle (Veith 450) ahd. sola, dieses aus lat. *sola, einer Nebenform zu solea 'Schnürsohle', abgeleitet von solum 'Boden' (Kluge). — Gornji zol 'obere Sohle' heißt in der genannten Handschrift ein in den Stollen eingebauter horizontaler Spreizbalken (S. 16). koruna — kruna 'oberer Teil des Stollens'; ahd. coröna, mhd. kröne aus lat. coröna 'Kranz, Krone', dieses aus gr. xoqdivr) 'Ring'. Dieselbe Bedeutung hat pisti; Spaho 167 hat ferste (Veith 186: Förste oder Firste nennt der Bergmann alles, was er in einem Raum unter der Erde über sich hat); nach Skaric zu d. First 'Rücken, Gipfel', in der Bergmannsprache 'oberer Teil der Orte'. hagunat 'das Hangende eines Ganges'; in den Berggesetzen der Stadt Schemnitz aus dem 13. J h . begegnen: Hangunde und Ligunde. Auch im Iglauer Berggesetz heißt es: hangendes oder legundes ercze (Zycha, Das böhmische Bergrecht I I 15). Veith, 262: Hangend. ligunat 'das Liegende eines Ganges'. — Veith 327: Liegendes, das Gestein unter dem Gang, worauf der Gang gleichsam liegt. slag 'Seitenstollen', in der öst. Bergmannssprache 'Strecke' genannt; aus d. Schlag (Skaric 14); bei Spaho S. 167: slag. — Veith 416. kluhta 'erzhaltiger Fels' (Veith 290: Erzkluft, eine Erze enthaltende Kluft); eine klingende Gesteinsart heißt glasovita kluhta, nach Skaric ist damit vielleicht der Phonolith 'Klingstein' gemeint. Bei Spaho 166: pusta kluhta 'taube Kluft', wenn das Erz mit Stein vermischt ist (Veith 290: faule

7. Bergbau

77

Kluft); aus d. Klucht, Kluft 'Spalt, Höhle', verwandt mit klieben 'spalten' (Kluge). kvarac aus d. Quarz. (Kluge: mhd. quarz tritt im 14. J h . auf und ist Koseform zu Zwerg, md. querch.) borovcica 'ein in vielen Krümmungen verlaufender Stollen'. Skaric 16 stellt das Wort zu d. Bahre, ich bin eher geneigt, es zu d. bohren zu stellen. plinat 'eine Gesteinsart, die sehr wenig Erz enthält'; nach Skaric 16 aus d. Flint (Stein); meiner Meinung nach eher zu d. blind. letloh 'Lichtschacht' aus d. Lichtloch (Veith 326); bei Spaho 180: litloh. — Auch im Iglauer Bergrecht (Zycha, 1. c. I I 12: liechtloch = ml. fovea\ vgl. tsch. litloch (Jindra I I 586). slam 'Erde und Abfälle in einem Wasserlauf' aus d. Schlamm. (Kluge: seit Beginn des 14. J h . md. slam 'weicher, nasser Bodensatz'; Luther hat das Wort in der heutigen Bedeutung in die Schriftsprache eingeführt.) hemplak, auch bei Spaho 179: hemplak. Skaric hält das Wort für eine Verstümmelung aus d. Hängebank (Veith 263), das ist nach H. Ermisch (Das sächsische Bergrecht des Mittelalters, S. 229) 'die an der Schachtmündung quer über die Pfühlbäume eines Haspels liegende, zum Aufsetzen der anund abzuhängenden Kübel bestimmte Pfoste; dann überhaupt die Schachtmündung und deren nächste Umgebung. — Vgl. tsch. hejponk (Jindra I I s. v. Hebebank) (fehlt bei Veith). pos 'Pfosten, an den man sich beim Abstieg in die Sohle anhält'; nach Skaric 16 aus d. Pfosten; das ist richtig, nur liegt eine ältere Stufe, nämlich phost(e) zugrunde, das auf lat. postis 'Türpfosten' zurückgeht. Die in den Pfosten eingesetzten Sprossen heißen stube oder stupe, pl.; zugrunde liegt d. Stupfe, Stufe (Veith 477: Stufe, Stuffe", 1. ein Stück Gestein; 2. ein in das Gestein eingehauenes Zeichen). cimrovi 'Zimmerung an der linken und rechten Seite des Schachtes', dem entspricht d. Grubenzimmerung (Veith 590: Zimmerung). bruh 'mit Erde vermischtes Erz' aus d. Bruch 'in zerbrochenen Stücken liegende Steine'; bei Spaho 179: pruh. kasna 'Behälter im Stollen, in welchen der abgehauene Bruch geschüttet wird'; entlehnt aus d. Kasten, mhd .käste 'Behälter' (Veith 285). Zum bergmännischen Gebrauch des Wortes verweist Kluge auf Zs. f. d. Wortf. X I I I 111. — Vgl. c. kasna. kocak 'Behälter, in den man den Bruch schüttet'; Skaric stellt es zu d. Kotze 'Tragkrob'. (Kluge: mhd. koetze 'Korb'.) — Fehlt bei Veith. krik 1. 'das Graben fremden Erzes', 2. 'Abgraben fremden Erzes, für das der Besitzer entschädigt wird'. Zugrunde liegt d. Krieg (Grundbedeutung 'Anstrengung'), ein Terminus der d. Bergmannsprache: 'Streit, der entsteht, wenn von zwei benachbarten Bergwerksbesitzern der eine unter der Erde in den Bereich des andern hineingräbt; das war zwar erlaubt, wenn aber die Gegenstollen zusammenstießen, mußten sie die Arbeit an der betreffenden Stelle einstellen und die Leiter (Urbarer und Hutmann) des Bergwerks zur Schlichtung der Angelegenheit herbeiholen'. —• Das Wort fehlt bei Veith.

78

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

surf 'eine zum erstenmal in Betrieb genommene Erzgrube' aus d. Schürf (Veith 430); bei Spaho 172: surf. marsajat 'die Grenze zwischen zwei Gruben' aus d. Markscheide 334), (mhd. marke 'Grenze'). Bei Spaho 175: marsajt.

(Veith

stuvnia 'Zeichen, das gemacht wird, wenn der Bergmann eine ausbedungene Grubenarbeit beginnt'; aus d. Stuffe (s. Jindra II 934); d. Gedingstufe in der Bedeutung 'Gemerk'. — Siehe oben s. v. stube. haubolac 'Holzmaterial unter dem hemplak') Skaric 17 sieht in dem zweiten Teil des Wortes d. Bolzen (mhd. bolz), in dem ersten entweder ein mit englisch haul 'ziehen' oder englisch hole 'Grube' verwandtes Wort(P). haodina 'Gesteinsabfälle, die vor die Grube geworfen werden'; aus d. Halde (Veith 257). — Bei Spaho 189: havdina. — Vgl. tsch. halda (Jindra I I 417). svad 'Grubengas' aus A.Schwaden (Veith 437; mhd. swadem 'Dunst'), sumsat 'Verlöschen der Kerze infolge Grubengases'; Skaric 17 sieht in dem Wort eine Verstümmelung des d. Sumpfschacht. Dieses Wort fehlt bei Veith. letna 'graublauer Lehm' = serb. gnjila; aus d. Letten 'Lehmboden, Tonerde'. NAMEN DER E R Z E

(Skaric 18ff.)

glera "im Bach aufgefundenes, weggeschwemmtes Erz'; aus d. Gerolle (Veith 229). gfinat 'mit Sand vermischtes Erz'; aus d. Grind (Kluge: nnl. grind, grint 'grober Sand, grobes Mehl'). — Fehlt bei Veith. vanta 'großes Erzstück, große Felswand'; aus d. Wand (Veith 551). ganak 'dicker Erzgang' aus d. Gang (Veith 212); fehlt in dieser Bedeutung im AR. s. v. ganak. slaknja, aus gleichbedeutendem d. Schlacke (Kluge: mnd. slagge 'beim Schlagen abspringender Metallsplitter'; 1523, schlacken bei Luther). — Bei Spaho 164: slagna. — Belon erwähnt 1555 slakna als Bergmannswort, das schon allen Balkanbewohnern geläufig war (Preissig in Germanoslavica I I I 1935, S. 144). — Fehlt bei Veith. stos 1. 'im Bruch befindliches Erz', 2. 'Stelle, wo noch Erz zurückbleibt'; aus d. Stoß; Veith 469. VON DEN BERGLEUTEN

varak 'Grubenbesitzer' aus d. Gewerk 'Besitzer eines Kuxes' (Zycha I 255); bei Spaho S. 182 gevark, S. 184 kivark, aber auch öfter vark (Veith 239). hutman 'zum Vermittler gewählter bergmännischer Fachmann'; bei Spaho 168: hutman\ aus d. Hutmann 'Aufseher der Bergarbeiter' Zycha I 265; Veith 280). — Abwegig sind die Erklärungen im AR. und IB., die hutman von Hüttenmann ableiten; daß das Wort zu hüten gehört, ersieht man auch daraus, daß es ml. custos heißt. — Vgl. tsch. hutman.

79

7. Bergbau

zol-safar 'staatlicher Aufseher der Gruben', zol aus d. Sohle; der zweite Teil beruht aui mhd. schaffaere "Aufseher, Anordner', zu schaffen. Bei Spaho 169: safar.—Veith 88: Berg-schaffer. lemsadnik 'Lehenhauer; einer, dem gegen Entgelt die Ausbeutung eines Teils des Bergwerks überlassen wird'; zugrunde liegt d. Lehenschafi(er) (Veith 324), das als lemsad, lemsat einige Male bei Spaho (kanun sas) erscheint; dieselbe Bedeutung hat lenhvar (Skaric 20) aus d. lehenhouwer, lenheuwer (Veith 268). Spaho 181: lehnovar, 185: lehvar. — Nach Zycha, Das böhmische Bergrecht I 187, „ist unter Lehenschaft ein seitens der Gewerkschaft zu selbständigem Abbau gegen eine Quote der Förderung hingegebener größerer oder geringerer Teil des Grubenfeldes bzw. die Bergbauberechtigung in demselben zu verstehen". vatrug 'Erzkäufer'. Bei Spaho 164: vatrog, 168, 171: vatrok; Jirecek, HB. 45: valturchi, valturzi, vaoturchi; nach Skaric 22 aus d. Waltwerk 'Hüttenbetrieb' oder waltworchte 'Hüttenbesitzer'. Bei Zycha, Das böhmische Bergrecht. I 275: Waltwerk. Skr. valturzi stammt also nicht, wie Jirecek annimmt, 3M!5 dem Italienischen, sondern aus dem Deutschen. — Fehlt bei Veith. ortnik 'Bergmann, der mit Schlegel und Keilhaue arbeitet'; Ableitung zu ort 'Ende eines Stollens' (Veith 355). huntar 'Bergmann, der das Erz mittels des Huntes aus der Grube schleppt'; Ableitung zu huta, f., oder hunat, m. 'Grubenhunt' aus d. Hunt (Veith 277). Bei Spaho 189: hunta. — Vgl. tsch.hunt. hornar 'Bergmann, der mittels des horanj 'Winde' Erz aus der Grube fördert; letzteres aus d.Horn 'Kurbel' (desHaspels), also pars pro toto. Nach Skaric 20 gebrauchen die Bergleute in der Bosanska Krajina (um Stara Rijeka und Ljubija) heute noch den Ausdruck horanj. — Bei Zycha I I 115 heißt es: ,,di do arbeiten in dem scheibelinge hörne". — Heute noch bedeutet Hornhaspel 'Haspel mit Kurbel'. —• Veith 275: Haspelhorn. drum 1. 'Bergmann, der das Seil der Winde zieht', 2. 'das Seil der Winde', 3. 'eine Umdrehung der Winde'; nach Skaric 20 aus d. Trum 'Ende jedes von den beiden Seilen, welches in einem Förderschacht mit daranhängenden Gefäßen auf- und niedergeht; auch wenn es nur die beiden Enden eines und desselben Seiles sind, dessen mittlerer Teil sich über einen Rundbaum wickelt' (Veith 505: Trumm, Drume). urbar, m. 'Beamter, der die Grube vermißt'; bei Spaho immer urbarer. Aus d. Urbarer, Bergbeamter, dem die Einziehung der Urbar oblag (Veith 517). So hieß auch der höchste Bergbeamte in Iglau. — Jirecek, Ist. Srba I I I 108 erwähnt einen Stojak urborar in Rudnik und einen Ivan Urborar in Trepca. W E R K Z E U G E UND TECHNISCHE BEZEICHNUNGEN

(Skaric 20ff.)

sledj 'eiserner Hammer zum Abschlagen des Erzes und Gesteins'; Skaric stellt es zu engl, sledge 'großer Schmiede-, Zuschlaghammer, Fäustel'. Bei J . Strukic heißt ein großer Hammer sljeganj (wohl aus d. Schläge', Veith 416).

80

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

kilavica 'Hammer', bei Spaho 173 kilava: letzterer leitet es ab von d. Kilhauwe 'Keilhaue' (Veith 287; Kluge: mhd. kll 'Keil', houwen 'hauen'). — Vgl. tsch. kylhof (Jindra II 496). pulhina 'Balg zum Herausziehen des Wassers' aus d. Bulge, f. 'lederner Wasserbehälter' (Veith 123; Kluge: ahd. bulga 'Ledersack' über lat. bulga 'Ledersack' aus gall. bulga). — Zycha I 294: Bulge 'Lederbehälter für Wasser'. ¿akna 'Rinderbalg zur Beförderung von Erz, Erde oder Wasser' aus d. Sack (Veith 391). rat 'Radwinde' aus d. Rad, mhd. rat. dajizna 'Balken im Göpel, woran das Pferd gespannt wird'; Skaric 21 vermutet irrigerweise Herkunft von d. Deichsel, frühnhd. deis(t)el. — Überzeugender ist die Deuturg von Joseph Schütz (Die Welt der Slawen IV 1959, S. 14): In dajizna liegt ein entlehntes Kompositum mhd. *diech-isen vor, aus diech, -hes m. 'Schenkel' und isen n. 'Eisen'. tinjak 'Eisen zur Befestigung des Pferdriemens' aus mhd. rinc 'Spange, Schnalle'. kavna "gedecktes Gebäude'; aus d. Kaue (Veith 285; Kluge: frühnhd. kaue, in der Bergmannsprache 'Hütte über dem Schacht' aus lat. cavea 'Verschlag'). kram 'Hütte neben der Grube als Unterkunft für die Bergleute'; aus d. Kram 'Bude' (Veith 297). Bei Spaho 167: kram. hub 'Stelle im Kram, wo das Erz liegt'; nach Schütz zu mhd. hufe, houfe 'Haufen'. Dieselbe Bedeutung hat sturac, wohl zu d. Sturz, stürzen (Veith 482; Sturz, Stürze; ib. 260: Haldensturz); bei Spaho 167: sturt 'seitliche Erzader'. kisna 'Schaufel zum Waschen des Erzes'; aus d. Kiste, 'Abhubkiste, Streichblech mit einem Stiel'. — Fehlt bei Veith. buia 'vierter Teil des Tages und der Nacht, Schicht'; aus mhd. fiüse(e), f. 'Zwischenzeit, Rast'. (Kluge: letzteres über afr. ftose aus lat. pausa, dieses aus gr. Ttavaig 'Aufhören'.) sinta, richtiger sihta aus gleichbedeutendem d. Schicht (Kluge: aus 'Steinschicht, die in einem Arbeitsgang abgebaut wird' entwickelt sich in erzgebirgischen Bergwerken schon um 1300 schichtige) 'Arbeitsfrist für Bergleute', dann auch 'Belegschaft, die gemeinsam ein- und ausfährt'). — Veith 406. Vgl. tsch. sichta. branat 'hartes Erz, das vor dem Abschlagen angebrannt und dadurch erweicht werden muß'; aus d. Brand, mhd. brant. — Veith 113. zamkos, bei Spaho zamkos[t), £amkos(t), zamkosde; aus d. Samm{e)kost 'gemeinsamer Aufwand für Anschaffungen' (Veith 392), vgl. auch Zycha I 266: Samkost. klubstajn 'Klaubstein', auf dem die Bergleute Erz zerkleinern, klauben (Kluge: mhd. klüben 'spalten', im Ablaut dazu klieben, Kluft). Vgl. d. Klauberz. — Fehlt bei Veith. lezvarak 'krummes Eisen, mit dem man die Bleiglätte schürt'; Skaric 22 leitet den ersten Teil des Wortes ganz richtig von d. löschen ab, den zweiten Teil jedoch abwegig aus d. Werk. Ich deute -ak als Formans, skr. var bedeutet 'Glut, Hitze'; für die Richtigkeit meiner Deutung spricht der heute noch

7. Bergbau

81

von den kroatischen Schmieden gebrauchte lesvar 'ein an einen kurzen Stab gebundener Strohwisch, mit dem die Glut besprengt wird' (ZbNZ. X V I I 94) und kr. lespic 'spitzer Eisenstab zum Schüren und Reinigen des Feuers' aus d. Löschspitz (ib. 94). Auf mhd. röst, m. 'Rost, Scheiterhaufen, Glut' (Kluge) beruhen meiner Meinung nach: rost 'das Rösten des Erzes', rosnjak 'Stelle, wo das Erz geröstet wird, Röstbett', rostar 'Bergmann, der das Rösten des Erzes vornimmt'. Bei Spaho 164: rost. fitrar 'Bergmann, der das geröstete Erz in den Hochofen trägt; Ableitung zu d. füttern (Fachausdruck: „den Hochofen füttern = mit der nötigen Nahrung für das Feuer versehen"). kibil 'eine Erzlast, getragen von zwei Pferden'; aus d. Kübel (Veith 301). smiocar 'Mann, der den Schmelzofen bedient' aus d. Schmelzer; bei Spaho 168: smecar. — Vgl. tsch. smelcif. Carh-safar 'staatlicher Aufseher des Hochofens'; der zweite Teil des Wortes Safar aus d. Schaff er, mhd. schaffaere 'Verwalter'. dritava Seil, das entfernt und versiegelt wird, damit nicht ohne Aufsicht Silber aus dem Schmelzofen entnommen werde'. Nach Schütz liegt mhd. *dri(h)tou 'Tau, das (aus drei Strängen) geflochten ist', zugrunde. plika 'Blicksilber, bergfeines Silber'; nach Zycha, Das böhmische Bergrecht I 220 ist Blicksilber ungebranntes Silber, genannt nach dem Silberblick beim Treiben; beim Feinbrennen ergab sich ein bedeutender Abgang. — AR. X 63: plik, Adj. 'rein, glänzend, fein (vom Silber)': in den Urkunden des 15. Jh., aus mhd. blick 'Glanz'; nach Danicic, R . I I 314 bedeutet skr. plik 'Silber, das in Form von Kuchen aus dem Treibofen herausgenommen wird; es muß nachher noch raffiniert werden, da es noch Blei u. a. enthält'; Mazuranic I 1205; in einer lat. Urkunde vom Jahre 1533 ist die Rede davon, daß Pankracij Lustaller 40 Mark „argenti in plicis" als Pfand erhält. — Vgl. hierzu Schütz in der Zs. Die Welt der Slaven, I I (1957) 46. spur 'Spuren des abgekühlten Silbers oder Bleis'; Skaric 23, nach R. W. 287: 'Spur eines Spurofens, Spurherd'. — D. Spur (bergmänn.) bedeutet 'Ausfluß des Hochofens'. — Fehlt in dieser Bedeutung bei Veith. ranta 1. 'Kruste des geschmolzenen Bleis', 2. 'nach dem Schmelzen zurückbleibende Asche'; Skaric 23 leitet es von d. Ranft ab. Ich stelle es zu d. Rand, mhd. rant, das allerdings mit Ranft (s. Kluge) verwandt ist. — Fehlt bei Veith. gleta, gledja 'spuma argenti, protoxydum plumbi'; AR. I I I 195: gledja = gleta, nach Berneker 301 aus nhd.Glätte, mhd. glete. maza 'ein von Bleiglätte gereinigtes Stück Blei'; Skaric 23 vergleicht hierzu skr. madia 'das erste Eisen, das aus dem Schmelzofen fließt', aus d. Maß, Massel (massa ferri) 'Stücke von Eisen, die in gewöhnlichen Schmelzöfen geschmolzen worden sind', und beruft sich bezüglich der deutschen Ausdrücke auf L. Beck, Die Geschichte des Eisens in technischer und kulturgeschichtlicher Beziehung I 751: belegt aus Steiermark 1182. — Nach Kluge bedeutet ahd. massa, mhd. masse, f. 'ungestalteter Stoff, Metallklumpen' und 6

S c h n e e w e i s , Die deutschen

Lehnwörter

82

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

stammt aus lat. massa 'Teig, Klumpen'; Grandwort ist gr. fiä^a 'Brotteig' zu fiäoaeiv 'kneten'. — Bezeichnungen von Mischhölzern sind: mesni bovac 'ein drei Ellen langes Mischholz'; der erste Teil gehört zu skr. mesati 'mischen', der zweite stammt aus mhd. bolz 'Bolzen'. tribovac 'ein zwei Ellen langes Mischholz'; aus mhd. trlb-holz. — Fehlt bei Veith. sutbolac 'ein eine Elle langes Mischholz'; Skaric 23 gibt keine Ableitung, ich sehe im ersten Teil das Verbum schütteln. finjat(i) 'Reinigen (des Silbers)'; Skaric 23 vergleicht d. feinbrennen) Kluge: mhd. fin über afr. fin 'erlesen'. Grundwort ist lat.finire 'beenden'; AR. III 56: fino, belegt seit dem 15. Jh.; bei Danicic, R. ist fin 6 = ml. 'finus, puras', belegt aus dem Jahre 1466: Dva plika fina srebra 'zwei Klumpen feinen Silbers'. pulhina f. 'Ledersack, mit dem das Wasser hochgeschafft wird', Skaric (1936) 20. Nach Schütz aus mhd. bulge f. (wohl mundartlich bulcha 'Sack von Leder'). koiak m. 'eine Kiste im Stollen für Bruch und Erdmassen' Skaric (1936) 16. Nach Schütz aus mhd. kotze f. 'Rückenkoib'. Es erübrigt sich noch, folgende deutsche Fachausdrücke aus der Handschrift vom Jahre 1536 zu erklären: lesna (Spaho 166) — 'onoj rudi, koja bude u sredini a bez kamena, vele lesna' = 'jenes Erz, das in der Mitte ist und ohne Steine, heißt lesna'. Dunkel. Vielleicht zu d. löschen. trajbar (Spaho 167) 'onogo sto okrece vito, zovu trajbar' = 'jenen, der die Winde dreht, nennt man traibar'; aus d. Treiber (Veith 500: Göpeltreiber). kracna, f. (Spaho 167) aus d. Kratze 'Haue' (Veith 297). kon 'ein Stock, auf den sich der Bergmann stützt, wenn er in den Stollen geht'. Nach Schütz liegt mhd. kon f. 'Weib, Eheweib' vor, wie die Bergleute ihren treuen Begleiter scherzweise nennen mochten. paun (Spaho 170) aus d. bauen 'schürfen'; ,,rovovi koji mogu biti paun" = 'Gruben, welche abbauwürdig sind'. — Veith 56: bauen = Bergbau treiben, kabal 'Kübel' (Spaho 171) aus ahd. kubil (s. o. S. 9). zajl (Spaho 175) aus mhd. seil. — Das Zuwerfen des Seils galt als Symbol für den Beginn der Bergmannsarbeit. farna (Spaho 182) in der Wendung: uciniti jarnu 'einfahren', vgl. tsch. (s)fdrat. — Aus d. fahren, ins Bergwerk einfahren (Veith 166). Viele deutsche Fachausdrücke der Bergmannsprache haben sich bis heute erhalten, so in Kresevo (Bosnien): slag 'Schlag', slegelj 'Schlegel', siber 'Schiefer' usw. (Jirecek, Ist. Srba II 42); hutman, karan, orat (Jukic, Zemljopis 6). Skr. ceh 'Bergwerkgenossenschaft, Bergwerk' aus mhd. zeche 'Gesellschaft zu gemeinschaftlichen Zwecken' (AR. I 766: ceh = fodina, 16. Jh.; Veith 583). — Das Wort lebt bis heute in serb. Flurnamen fort: Ceovci beim Berg Kopaonik; Ceovine heißt ein Abhang bei Plana (Jirecek, Ist. Srba II 42); nach einem Beleg bei Danicic, Rj. I 377 verlief die Grenze des Dorfes Crinilovfcci beim zehovi potok.6.

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

83

Nach Mazuranic I 1269 arbeiteten auch bei Samobor in Kroatien deutsche Bergleute, die aber schon im 16. J h . kroatisiert waren. Der Flurname Hamor = Regovicev brijeg (ZbNZ. X V I I 28) bei Samobor weist noch auf den ehemaligen Berg- und Hüttenbetrieb hin. Der altserb. Ausdruck glamtsko srebro (Danicic, R j . I 207) geht nach J . Schütz (Zs. Welt der Slaven, I I , 1957, S. 47) auf mhd. glam 'Bergspalte' zurück und bezeichnet das aus der glam gewonnene oder abgebaute Silber. Vujaklija verzeichnet in seinem Fremdwörterbuch noch folgende deutsche Fachausdrücke: bruhgold 'unverarbeitetes Gold'; gatirati aus d. gattieren "verschiedene Erzarten vor dem Schmelzen vermischen, so daß der Schmelzprozeß leichter vor sich geht'; giht 'Menge des Erzes oder der Kohle, die man auf einmal in den Ofen wirft' aus gleichbedeutendem d. Gicht', vgl. tsch. kychta. saht, m. aus d. Schacht (Veith 395ff.). Weitere Namen von Mineralien s. im Kapitel Natur, S. 140: tuf, alun, pehblenda, kufar, ein, cinober, zvehlo u. a. Die angeführten Fachausdrücke der Bergmansprache gehen auf mhd. und frühnhd. Wörter zurück. Einen besonders altertümlichen Eindruck machen: skr. ceh, purgar, vatrog, rost, slakna, (ge)vark, pluhta, slag, zol, hutman, smecar, kabal, lurf, samkost, kilava, marsajt, lemsat, mulloh, pruh, hemplak, stolna, litloh, lehnovar, farna, ort, stonorta, hunta, hagunat, ligunat, havdina, kavna, buza, dritava, plik, maza, tribovac.

8. H A N D E L U N D V E R K E H R MÜNZEN, MASZE UND

GEWICHTE

Die große Zahl der hierhergehörigen deutschen Lehnwörter spricht für die innigen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschen und Serbokroaten von den ältesten Zeiten bis zum heutigen Tage. K A U F UND VERKAUF

Aus d. kram, mhd. krärn 'Krambude, Handelsgeschäft, Ware', das auf slaw. ehram, urslaw. *chormz> zurückgeht, stammt skr. alt und dial. krama, f. 'Handel, Kaufmannsware' (Berneker 606); Ableitungen: kramar 'Händler', kramariti 'handeln'. Vgl. auch AR. V 462: seit dem 16. J h . belegt, heute noch üblich in Istrien; als Name schon im 13. J h . : Sudac Kramar (Mon. Croat. 24; Mazuranic I 536). D. Stand, m. erscheint im Kr. als stant 'Marktstand' (ZbN2. X V I I 61: Samobor; bei Bjelostjenac 113 in der Bedeutung 'cella vinaria, apotheca'). Der Marktplatz heißt neben pijaca aus ital. piazza und türk. pazar auch plac, m. oder placa, f. aus d. Platz (AR. I X 933; Mazuranic I 929: seit dem 15. J h . bezeugt); nach Kluge scheint d. Platz im 13. J h . entlehnt worden zu sein: Quelle ist lat. platea, auf das auch ital. piazza und fr. place zurückgeht. 6*

84

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Ableitung: Vuk, R. verzeichnet für die Landschaft Lika den Ausdruck placarina, f. 'Marktzoll'. Skr. kostati, kostovati 'kosten, zu stehen kommen' aus d. kosten (AR. V 387: belegt seit dem 18. Jh.); mhd. kosten aus mlat. costare, dieses aus lat. constare (Kluge). — Aus ahd. werd 'dignus' stammt skr. alt vredi.ni, "würdig; wert' (Danicic, R. I 163: vöse toi bilo je tri sta dukatö vr&dno "das alles war 300 Dukaten wert'). S. sacovati 'schätzen' stammt aus d. dial. schätzen (Fischer, Schwab. Wb. V 713; Trivunac, N. U. 65; Bjelostjenac 45: sacati 'aestimare'). Für Hausieren kennt das Skr. den einheimischen Ausdruck torbariti zu torba, f. 'Tasche', daneben auch den Ausdruck hauzirati aus d. hausieren (Vujaklija 1241; fehlt im AR.). Bei Sremac begegnet „kseft" (Prip. II 66) aus d. Geschäft (fehlt in den Wb.); allerdings handelt es sich dem Autor hier darum, das Milieu des jüdischen Händlers Abersaum zu charakterisieren. Skr. profitirati aus d. profitieren. Aus dem Deutschen „es gilt" stammt der in den nördlichen Landschaften übliche Ruf beim Abschluß eines Kaufes: „gilta" (AR. III 133; Vujaklija 237). Vgl. magy. gilt 'gültig' (beim Spiel), Melich 116. Auf den mhd. litkouf genannten Kauftrunk gehen zurück: kr. likof, likuf, likov(o), (AR. VI 90; Mazuranic 597: schon im Statut von Vinodol aus dem Jahre 1280 begegnet die Form likuf). Vgl. slowen. likof, tsch. litkup. Bjelostjenac 203 verzeichnet: na porgu kupovati 'auf Borg kaufen' (fehlt im AR.). VERPACKUNG UND VERSAND

Skr. pakovati aus d. packen (Trivunac, N. U. 65); Ableitung: pakpapir, pakung, paktreger (Vujaklija 835); paklo, n., paklica, f. aus d. dial. Packl, (Trivunac 65; Sremac, Prip. II 57: paklic duvana 'ein Packl Tabak'). S. rolna, f. 'zusammengerolltes Paket' aus d. Rolle (Vujaklija 1033). Die Papiertüte heißt s. skanicl, m. aus d. dial. Stanitzel (Vujaklija 1295; fehlt in den Wörterbüchern). Schmeller II 469: Stanizl, Scharnützlein aus ital. scarnuzzo. Weintrauben befördert man in hölzernen Steigen, s. stajgna, f. aus südd. Steigen (Belgrad). Schmeller II 743: die Steigen, f. 'Verschlag, in dem Geflügel auf den Markt gebracht wird'; Fischer, Schwäb. Wb. V 1702. Das Muster heißt s. mustra, mustra, f. aus d. Muster, z. B. bei Sremac, Prip. III 37: mustra bez vrednosti 'Muster ohne Wert'. AR. VII 175: mustra schon bei Bjelostjenac, heute in Kroatien und Slawonien; Kluge: das Wort ist erst frühnhd. und stammt aus gleichbedeutendem ital. mostra 'Probestück', dieses aus lat. monstrare. Aus lat. plumbum 'Blei' wurde fr. plomber 'mit Blei verschließen', das im 18. Jh. d. plombieren ergab; dazu die Rückbildung Plombe, auf der skr. plomba 'Waggonplombe' (J. Andric, Prip. II 9) beruht.

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

85

Der Zoll heißt skr. col, m. aus d. Zoll (Trivunac 68); Kluge: ahd. zol aus vulg. lat. tolöneum. In einem kr. Denkmal des 16. J h . begegnet colnar aus mhd. zolnaere (AR. I 820). Ursl. *myto ist entlehnt aus ahd. müta, f. 'Zoll, Maut' und erscheint in allen slawischen Sprachen (Miklosich, EW. 208; Kiparsky 250, 271), so auch im Skr., und zwar hier als mito, n. (AR. VI 778) in der Bedeutung 'vectigal, donum, corruptela'. Belege seit dem 13. J h . (Danicic, R. I I 102). Zu den obliquen Fällen wurde ein Nom. mit, m. 'Bestechung' (AR. VI 775: seit dem 14. Jh.) neu gebildet, vereinzelt auch mita, f. (Bjelostjenac). Ableitungen: mitar, m. 'Mautner' (Buchwort aus dem Altksl.: belegt seit dem 13. Jh.); mititi 'bestechen' (seit Mikalja belegt); mitnica, f. 'Zollhaus' (nicht volkstümlich); mitnik 'Zöllner, käuflicher Mensch' (AR. VI 777: bei Bjelostjenoac in der Bedeutung'Zöllner'; Vuk, R. 'käuflicher Mensch'); mitnicar 'Zöllner, Zollbeamter' (Angjelinovic, Robovi 220: fehlt im AR.). Auf d. Maut beruht wohl auch kr. malta, f. 'Zoll' (AR. VI 425: belegt seit dem 18. Jh.), das über einen slowenischen Dialekt eingedrungen zu sein scheint. Den Schmuggler bezeichnet man als svercer aus d. Schwärzer, seine Tätigkeit als svercovati aus d. schwärzen oder als sverc, m. (Trivunac, N. U. 66; Vujaklija 1292; fehlt in den Wb.). Schmeller I I 649: schwerzen 'Waren ohne Zoll über die Grenze bringen', Schwerzer 'Schmuggler': ob der sonderbare Ausdruck aus der Gaunersprache, wo die Schwärz für Nacht gebraucht wird, oder von den angeschwärzten Gesichtern entlehnt sein mag ?" Fischer, Schwab. Wb. V 1248. — Skr. smugler (Vujaklija 1296) aus d. Schmuggler; schmuggeln 'Waren heimlich über eine Zollgrenze schaffen' ist nach Kluge ein Nordseewort (dafür öst. schwärzen), das erst 1804 belegt ist; Schmuggel ist aus dem Zeitwort rückgebildet. Die Warensorte heißt skr. sorta, f. aus d. Sorte; aus d. sortieren (seit 1558) stammt auch skr. sortirati; Kluge: frühnhd. Sorl(e), seit 1534 aus ital. sorta, frühnhd. sortirn aus ital. sortire. S. speceraj, m. 'Lebensmittel, Kolonialwaren' aus d. Spezeri (Vujaklija 1297; fehlt in den Wb.); Kluge: mhd. specerle, f. aus ital. spezierie, pl. f. aus spätlat. species 'Gewürz'. Skr. grosist, m. aus d. Grossist 'der en gros handelt' (Vujaklija 254). Skr. agent, agen(a)t, m. aus d. Agent, dieses aus fr. l'agent (Trivunac 58; fehlt im AR.). Mit serb. maher aus d. Macher bezeichnet man einen Menschen, der die verschiedensten Geschäfte auch zum Schaden eines andern durchführt, dazu maheraj 'Betrug' (Vujaklija 706). Der Handlungsreisende heißt skr. rajzender aus d. Reisender', d. reisen — skr. rajzovati (Vujaklija 984; fehlt in den Wb.); vereinzelt ist skr. rajzinger, m. 'Reisender' (ZbN¿. X X V 280: Varos in Slawonien). Aus d. liefern stammt skr. lif(e)rovati, aus d. Lieferant (seit 1712) — s. liferant, aus d . L i e f e r u n g — liferacija (Vujaklija 669; fehlt in den Wb.); Kluge: frühnhd. liefern aus fr. livrer, dieses aus lat. liberare 'befreien, entledigen'. Stoffreste heißen skr. restlovi stofova (Belgrad), zugrunde liegt d. dial. Restl.

86

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Für Mustermesse gebrauchen die Serben den Ausdruck veliki vasar (aus magy. väsar 'Markt': Miklosich, EW. 376), die Kroaten sajam, man liest aber auch Zagrebacki mes 'die Zagreber Messe' aus d. Messe; mhd. mèsse 'Jahrmarkt' aus mlat. missa 'Jahrmarkt', Einzelheiten bei Kluge 388. VERKEHR

Über Wagen s. oben im Kapitel Handwerk, Wagner, S. 55. Der Kutschwagen heißt fijaker aus d. Fiaker (Trivunac 63; fehlt in den Wb.); Kluge: d. Fiaker, erster Beleg 1728, stammt aus ir. fiacre, eine Bezeichnung der Lohnkutschen, die in Paris um 1650 aufkam, benannt nach dem hl. Fiacrius, dessen Bild in Paris das Zeichen eines Hauses war, wo man Lohnkutschen haben konnte. •— Skr. kocirati (ZbNZ. X X V 286: Varos) aus nhd. kutschieren (nach Kluge seit 1678 geläufig). S. landauer aus d. Landauer (Vujaklija 645; fehlt in den Wb.). Angeblich so benannt, weil Kaiser Josef I. (1705—1711) in einem solchen Wagen nach dem belagerten Landau fuhr. Kluge: Goethe deutet ihn 1798 in Hermann und Dorothea 1, 56: „Im geöffneten Wagen, er war in Landau verfertigt." Der Wagensitz heißt s. sie aus d. Sitz (Trivunac 63; häufig bei Sremac, so Cira 233, Prip. II 65; fehlt in den Wb.), der Kutschbock — s. bok aus d. Bock (Trivunac 63; Kluge: gebucht 1741). Die Reisedecke heißt in Serbien herdek, m. aus d. Pferdedecke (mitgeteilt von Frau V. Ljackij). Der s. Ausdruck für Schotter, soder (Vujaklija 1296; fehlt in den Wb.) stammt aus bayr.-öst. Schódd (Schmeller II 487) = schriftsprachlich Schotter. S. stek 'Steg' aus d. Steg, mhd. stec (Trivunac 63). Skr. posta, f. ist ebenso wie das deutsche Post im 16. Jh. aus ital. pos(i)ta, f. (dieses aus lat. posita [mansio] 'festgesetzter Aufenthaltsort' übernommen worden), die Bezeichnung Postmeister (nach Kluge 1561 gebucht) erscheint als skr. postamester (Bjelostjenac: 17. Jh.), in neuerer Zeit als postmajster (Vujic, P. I 129) ; in der Militärgrenze wurde der Postverkehr in der zweiten Hälfte des 17. Jh. eingeführt, und zwar begann er mit der Reitpost (Vanicek, Spezialgeschichte I 408). In demselben J h . erscheint skr. kurir, m. (AR. V 813) aus d. Kurier (seit 1583 bezeugt, Grundwort ist lat. currere 'laufen'). Skr. frankirati aus d. frankieren (Trivunac 69) ; seit 1663 nach ital. francare 'freimachen' (Kluge). In neuester Zeit entlehnt ist skr. taster 'Taster beim Telegraphenapparat' (Vujaklija 1134). Erst in neuerer Zeit taucht skr. kofer, kufer, kofric auf, über d. Kuffer, Koffer aus fr. coffre entlehnt (Vujaklija 622) ; im Deutschen erscheint das Wort im 17. J h . als Kuffer: Einzelheiten bei Kluge. Vereinzelt begegnet anstatt zavezljaj s. pinkl, m. 'Bündel' aus südd. Pinkl (Schmeller I 394; Pünkel, Binkel; Fischer, Schwäb. Wb. I 1522). Ignjatovic, Patnica 337: dace mi „pinkl" na leda pa da idem u sluzbu 'er wird mir einen Pinkl auf den Rücken geben, damit ich in den Dienst gehe'. — Vgl. magy. pinkli aus öst. Pinkl (Melich 202).

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

87

SCHIFFAHRT

Von den skr. Bezeichnungen für Schiffsgattungen stammen aus dem Deutschen: neben einheimischem lada 'Schiff begegnet als Fremdwort sif, m. aus d. Schiff, mhd. schif (Vujaklija 1295; fehlt in den Wb.). S. soner, m. aus d. Schoner 'Zweimaster' (Vujaklija 1297; fehlt in den Wb.). Kluge: erst nhd. (1779) aus engl, schooner, das von Nordamerika ausgeht, wo 1713 der erste Schoner gebaut worden ist. D. Dampfschiff erscheint in der skr. Schriftsprache als Lehnübersetzung, parobrod, in der Volkssprache auch als damsif (Trivunac, N. U. 63), damcik (AR. 246; Lazarevic, Prip. I I 171). Skr. jahta, f. aus nhd. Jacht (Trivunac, N. U. 63); Kluge: schnell fahrende Schiffe heißen im 16. J h . Jage, Jachtschiff, seit 1523 gekürzt zu facht, entsprechend nnl. jaghte (1599), engl, yacht (seit 1669). Aus ndl. wrak stammt nhd. Wrack (belegt seit 1669), daraus skr. vrak (Vujaklija 216). Skr. slep, m. aus d. Schleppschiff), Schlepper (Trivunac, N. U. 63; fehlt in den Wb.). Der Längsbalken durch die Barke heißt kr. rigla, f. (Hefele, NDO. 70) aus d. Riegel 'Querholz zum Verschließen'. In der Baranja heißen die Schiffsrippen an der Innenwand bokonj, m. (AR. I 521). Das Wort ist über das gleichbedeutende magy. bokony = bdlkony aus mhd. balke, ahd. balko entlehnt (vgl. Melich 65). S. dek, m. aus nhd. Deck (Vujaklija 269; fehlt in den Wb.); nach Kluge 1716 bezeugt, Quelle ist ndl. dek (1675), das seinerseits auf d. Verdeck zurückgeht. S. rak aus d. Rack 'Eisengabel' zur Befestigung des Seitenmastes an dem Hauptmast' (Vujaklija 985), s. tegeling, m. aus d. Regeling 'Einfassung am Schiff (Vujaklija 998). Das Ziehen der Schiffe durch Pferde heißt skr. fura, f. aus nhd. Fuhre (Berneker 286; AR. I I I 79), der dazugehörige Fuhrmann furas (Hefele, NDO. 63; fehlen in den Wb.). S. loc, m. aus d. Lotse (Vujaklija 675); nach Kluge wurde das Wort im 17. J h . als Lootsmann, gekürzt Lootse aus ndl. loots, loods entlehnt, das auf engl, loadsman 'Steuermann' beruht. S. pegel aus d. Pegel 'Maß zum Messen des Wasserstands' (Vujaklija 867); erst nhd. (18. Jh.), aus dem gleichlautenden ndd. Wort, Einzelheiten bei Kluge. Aus d .Floß, n., mhd. VI03, m. n. stammt skr. flos (AR. I I I 61: bei Bjelostjenac fljos) \ der Flößer heißt fljosar (ib.) oder flosar (ZbNZ. I I I 126: Trebarjevo). EISENBAHN

Die Eisenbahnschiene heißt skr. sina, f. aus d. Schiene (Trivunac, N. U. 63; Vujaklija 1294; Kluge: nhd. Schiene 'schmale Holz- oder Metalleiste'), kr. dial. sin ja, f. (so bei Kozarac, Tena 50, 223), die Bahnschwellen — s. sveleri, pl. m. aus d. Schwelle (Vujaklija 1292; fehlt in den Wb.).

88

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

S. streka, f. 'Eisenbahnstrecke' aus nhd. Strecke (Vujaklija 1299; fehlt in den Wb.). Den Bahnhof nennen die Serben stanica, f., die Kroaten kolodvor (Lehnübersetzung aus d. Bahnhof); kr. dial. begegnet auch banjöf (ZbNZ. X I I 267: Prigorje). D. Rampe, im 18. Jh. als Wort des Festungsbaus aus fr. rampe 'Erdaufwurf, Auffahrt' (zu ramper 'klettern') erscheint als skr. rampa, f. (Belgrad; fehlt in den Wb.); nach Kluge beruht das romanische Grundwort rampo 'Haken' auf Entlehnung aus dem Germanischen. Das Geleise der Straßenbahn heißt in Zagreb glajs, m. aus d. G(e)leis(e). S. tunel, m. aus d. Tunnel-, Kluge: d. Tunnel 1839 aus dem gleichbedeutenden engl, tunnel übernommen, voraus liegt fr. tonneile 'Gewölbe'. In der Wojwodina begegnet für Eisenbahn s. dial. ajzliban, m. (häufig bei Sremac, Cira 205, 220; Ignjatovic, Patnica 109, C. S. 141). Der Schnellzug heißt brzi voz, daneben hört man auch snelcug (Vujaklija 1296); neben spavaci voz 'Schlafwagen' hört man auch slafvagn, m. (Vujaklija 1296). Skr. bremza, f. aus d. Bremse (Trivunac, N. U. 63), bremzovati aus d. bremsen (ib.). Das Zwicken der Karten heißt skr. cvikovati aus d. zwicken (Vujaklija 1275). AUTOMOBIL UND LUFTFAHRT

Zugleich mit dem Auto sind auch einige deutsche Bezeichnungen der Autobestandteile eingedrungen: skr. cilinder aus d. Zylinder. — Skr. vergazer, m., aus d. Vergaser (Vujaklija 1206). — Skr. saugas, m. aus d. Sauggas. — Skr. kiler, m., aus d. Kühler (Vujaklija 565). — S. cvajzicer aus d. Zweisitzer (Belgrader Politika, Anzeigenteil). — Der Freilauf beim Fahrrad heißt s. frajlauf (Vujaklija 1227). S. luftbalon aus d. Luftballon (Trivunac, N. U. 63; Sremac, Prip. I 39). MÜNZEN

Die Zahl der aus dem Deutschen ins Serbokroatische entlehnten Münzbezeichnungen ist verhältnismäßig groß. Eine gem.-slawische Entlehnung aus ahd. Pfenning (nach Kiparsky 256 aus andd. penning) ist urslaw. *penggs, *pen(d'z'ö mit Entsprechungen in allen slawischen Sprachen (Miklosich, EW. 245); skr. pjenez, penez, pinez 'denarius, nummus'; penezi, pl. 'pecunia' (Belege über die einzelnen Bedeutungen im AR. I X 913; Danicic, R. II 518: altserb. penezö 'pecunia', belegt seit dem 15. Jh.; Ableitung: kr. pjeneznica 'Kassa' (Mazuranic 296: erster Beleg 1704). — In der heutigen Schriftsprache gilt novac, m. 'Münze', novci, pl. 'Geld'. — Nach Kluge wurde lat. moneta 'Münze' über *mtinita zu ahd. munizza, mhd. münze\ aus letzterem wurde skr. minca 'Münze' entlehnt (AR. VI 715: schon bei Mikalja, Belin und Bjelostjenac). Ableitung: mincar 'Geizhals'. Vgl. Vasmer in der Zs. f. slav. Phil. X I I I 332.

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

89

Kroatische Denkmäler des 15. J h . erwähnen eine Münze ort, m., ortonec, m. aus mhd. ort 'Ecke, Viertel einer Münze' (Mazuranic 307: Pro duodecim florenis auri minus uno orth, seu minus quarta parte floreni); die Bedeutung „Viertel-Gulden" ging von den viereckigen, durch ein Kreuz in vier Orte ( = Ecken) geteilten Münzen aus. Als in Österreich 1849 die Guldenscheine zerrissen umliefen, hießen die Viertelstücke Oertel oder Eckele (Kluge). Vgl. magy. ort 'Viertel-Gulden' (Melich 187: seit dem 17. Jh.). Aus mhd. grosch(e) 'Groschen' stammt skr. gros (Berneker 354; AR. I I I 462: Belege seit dem 16. J h . ; Vujaklija 254: der serb. Groschen galt 20 Para eines Dinars), Demin. grosic (AR. I I I 463: seit dem 18. Jh.). — Eine jüngere Entlehnung desselben Wortes ist skr. gresljika, f. 'Silbermünze im Werte von drei Kreuzern' aus d. öst.Gröschel (AR. I I I 420: seit dem 18. J h . ; zur Zeit Vujic, vgl. P. I 78 vom Jahre 1826 hatte eine türkische Para den Wert einer greSljika, sie galt den vierten Teil eines öst. grosic: letzterer galt siebzehn Para eines Dinars). — Kluge: Lat. grossus 'dick' steckt im Namen des seit 1266 in Tours geprägten denarius grossus. Darauf beruhen ital. grosso, fr. gros, spätmhd. gros(se). Einem tschechischen Lautgesetz, das s zu s wandelt und demnach tsch. gros ergibt, dankt die böhmische Kanzlei des 14. J h . die Form grosck(e), gemeindeutsch geworden, weil der böhmische Groschen Vorbild des deutschen wurde. Kr. guldin, m. 'Gulden' (AR. I I I 497: seit dem 17. J h . belegt) aus mhd. guldin, gülden, eigentlich „der Goldene" (z. B. guldin Pfenning). — In der Landschaft Prigorje heißt der Gulden räncki (forint) aus d. rheinischer (Gulden), ältere Belege bei Mazuranic I 308: rajnicki, rajnski (forint) 'florenus rhenanus. Im 16. J h . belegt kr. rajnicak (AR.); vgl. tsch. dial. rensky 'Gulden'. — Der Joachimsthaler Gulden, der seit 1519 geprägt wurde und seit 1540 als Taler belegt ist, drang auch zu den Serbokroaten, wo er schon 1568 als talir bezeugt ist (Mazuranic 1439: Nebenformen talier, taler, tol(j)ar; AR. I I I 497: bei Bjelostjenac). In Dalmatien heißt er vorwiegend talijer, taljer. In den nördlichen Landschaften war seit dem 16. Jh. der Kreuzer, mhd. kriuzer bekannt, skr. krajcar (Mazuranic I 535, erster Beleg 1585: ein Gulden hatte damals 100 Kreuzer), daneben seit dem 18. J h . auch krajcara, f. (AR.). Vgl. slowen. krajcar, tsch. krejcar, magy. krajcar (Melich 157). Vereinzelt begegnet seit dem 16. J h . kr. marka, f. 'eine Münzensorte' aus d. Mark (AR. VI 481); Kluge: mhd. marc 'ein halbes Pfund Silbers', später 'Silbermünze von bestimmtem Gewicht'; Grundbedeutung 'Zeichen', dann 'Metallbarren mit behördlichem Stempel'. Eine neuere Entlehnung aus d. Pfennig ist skr. fenek 'kleine Kupfermünze' (Vuk, R . : Wojwodina) und fendik (Vuk. R . : Boka). Der frühere öst. Zwanziger 'Silbermünze im Werte von zwanzig Kreuzern' erscheint als cvancika, f. cvancik, m. (AR. I 860), seltener als cvanciger, nach Vuk, R. auch vancika (Crna Gora), francika (Crna Gora), prancika (Herzegowina). Die durch die öst. Kronenwährung außer Kurs gesetzte Silbermünze, Sechser genannt, hieß bei den Serbokroaten sekser, zekser, m. (AR.; häufig bei Sremac, Cira 32, 46; ZbN2. X V I I 85: Samobor).

90

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Die öst. Krone hieß skr. kruna, f. aus d. Krone, mhd. kröne 'Münze mit aufgeprägter Krone' (AR. V 670; Berneker 574). Der Heller hieß skr. filer, filjer, filir, das über magy. filier aus d. Vierer 'viennensis quadrans' stammt (Mazuranic 306: 18. J h . ; AR. I I I 53: bei Bjelostjenac; Melich 101). Eine junge Entlehnung ist niklic = niklen novac 'Nickelmünze' aus d. Nickel (Sremac, Prip. IV 129; J . Andric, Prip. I 72; fehlt in den Wb.); das deutsche Wort ist erst nhd.; Kluge: Von dem schwedischen Mineralogen von Cronstedt, der 1751 das Metall rein dargestellt hatte, 1754 gekürzt aus schwed. kopparnickel, m., dieses nach Kupfernickel, gebucht seit 1741. Im Erzgebirge waren die Silber suchenden Knappen auf das Mineral gestoßen, aus dem sie trotz seiner Kupferfarbe kein Kupfer gewinnen konnten und das sie darum ähnlich wie Kobalt und Wolfram mit einem Scheltnamen belegten, der aus dem Namen Nikolaus entwickelt ist. Die Banknote heißt skr. banknota (Trivunac, N. U. 62), abgekürzt banka ( J B . I 31), letzteres in Belgrad auch in der Bedeutung 'zehn Dinar'; d. Banknote, im Deutschen belegt seit 1778, entlehnt aus engl, bank-note (Kluge). Vereinzelt begegnet skr. tauzenderka, f. aus d. Tausender (Sremac, Prip. IV 48: Belgrad). In der s. Volkssprache begegnet für Papiergeld der Ausdruck sajn, m. aus d.Schein (Vujic, P. I 61: im Jahre 1826; Sremac, Cira 244; fehlt in den Wb.). Nach Melich 229 tritt d. Schein in der Bedeutung 'Banknote' im Jahre 1811 auf und fußt auf der damaligen Gelddevalvation; zu dieser Zeit wurden Einlösungs- und Anticipationsscheine ausgegeben; aus d. Schein stammt auch magy. sajn. Gotisch leihva 'Darlehen' ist in der Bedeutung 'Wucher' in alle slawischen Sprachen eingedrungen (Berneker 717): skr. lihva 'Wucher', lihvar 'Wucherer'. — Auf nhd. leihen, mhd. lihen 'auf Borg nehmen' beruht skr. lajhati 'betrügen' (Mazuranic 581: Belege aus dem Jahre 1585; Ableitungen: lajhar 'Betrüger', lajharija 'Betrug', lajhariti 'betrügen'; AR. V 877). Der deutsche Studentenausdruck pumpen (nach Kluge belegt seit 1781) erscheint im Skr. als pumpati (Matavulj, R K . 247; fehlt in den Wb.). Skr. forsus, m. aus d. Vorschuß (Vujaklija 1225; Sremac, Prip. II 43; fehlt in den Wb.). Auf d. Kredit (seit dem 16. Jh.) beruht skr. kredit 'veresija' (AR. V 500), dazu das Verbum kreditirati aus d. kreditieren. Neben dem einheimischen stediti 'sparen' begegnet in der Umgangssprache skr. sparati (Trivunac, N. U. 62), sparovati, sporovati (letzteres häufig bei Sremac). Bjelostjenac hat sparati 'cumulo' nesparavac 'Mensch, der nicht spart', nespornik 'Verschwender'; die Formen mit -a- beruhen auf d. sparen, die mit -o- auf obd. sparen. — Skr. sparkasa, sporkasa, f. aus d. Sparkassa (Trivunac, N. U. 62). — D i e Wertheimer Kassa heißt s. verthajmova kasa oder verthajmovaca (Lazarevic, Prip. I I 42). — Der Kassier heißt skr. blagajnik, m., daneben auch kasir aus d. Kassier (AR. IV 880); kasirati aus d. kassieren (letzteres belegt im 17. Jh.).

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

91

Die Brieftasche, Geldtasche, heißt in der Wojwodina auch slajbuk, m. (Ignjatovic, C. S. 28: slaze banke u slajbuk 'er legt die Banknoten in die Brieftasche'), slajpik (Sremac, Cira 237, Prip. I V 127, Vuk. 169, 212); meiner Meinung nach stammt das Wort, das die Wörterbücher nicht bringen, aus nhd. Schreibbuch mit Dissimilation des r zu 1. Wer kein Geld mehr hat, ist svorc aus d. schwarz (Trivunac, N. U. 64; fehlt in den Wörterbüchern); svorcirati "schwarz sein'. Schmeller II 649: „schwarz angeschrieben, schuldig sein", eigentlich „auf der schwarzen Wirtshaustafel angeschrieben sein". Wer seine Schulden zurückgezahlt hat, ist mit dem Gläubiger kvit aus d. quitt (AR. V 855: belegt seit dem 18. Jh.); mhd. quit 'los, ledig, frei', um 1200 entlehnt aus gleichbedeutendem afr. quitte, das auf lat. quietus 'ruhig' zurückgeht (Kluge). Der Geldwechsler heißt heute s. menjac, vor hundert Jahren hieß er veksler, m. (Vujic, P. I 17; fehlt in den Wb.). — Der Wechsel (belegt seit 1712) heißt neben schriftsprachlich menica, f. auch veksla, f. (Vujaklija 195; fehlt in den Wb.); d. Keller-Wechsel 'Wechsel, auf dem nur die Unterschrift des letzten echt ist', erscheint im Serbischen als kelet-menica, f. (Vujaklija 561). Skr. bankrot, m. aus d. Bankerott (AR. I 174); erst frühnhd. aus ital. banca rotta (Kluge); bankrotirati aus d. bankerottieren. Skr. krah, m. aus d. Krach (Trivunac 67); Kluge: Krach 'Bankkrise' seit 1857, Schlagwort seit dem 'großen Krach' in Wien im Jahre 1873. Mnl. burse 'Zusammenkunft der Kaufleute in Antwerpen' (1409 bezeugt) dringt im 16. J h . über Hamburg, Lübeck und Danzig nach Deutschland, zunächst in der Form Börs, die dem mnl. beurs entspricht (Kluge); aus d. Börse ist skr. ber2a entlehnt (Trivunac 62). Ableitung: skr. berzijanac, m. 'Börsenmann' ; berzanski artikal (Sremac, Prip. III 27) aus d. Börsenartikel. Ein Börsenspieler, der auf das Fallen der Papiere spekuliert, heißt skr. fikser, m. aus d. Fixer (Vujaklija 1212; fehlt in den Wb.); skr. Spekulant aus d. Spekulant. — Skr. makler, m. aus nhd. Makler 'Vermittler' (Vujaklija 687); kurs-makler (ib. 637), makein, mekeln 'Maklergeschäfte verrichten' ist nach Kluge erst nhd., stammt aus gleichbedeutendem ndl. makein, dieses zu maken 'machen'; Ableitung: skr. makleraza, mekleraza, f. 'Maklergebühr'. Der Makler, der Getreidehändler heißt s. grosicar, m. (AR. III 463), zu gros 'Groschen'; Ableitung: grosicariti 'makein'. Erst eine neuere Entlehnung ist skr. loz, m. aus d. Los (Vujaklija 672 = s. srecka; Trivunac, N. U. 62). Neben s. glavna srecka hört man auch haupttrefer (Trivunac, N. U. 62). Beide Ausdrücke fehlen in den Wörterbüchern. Skr. renta, f. aus d. Rente, mhd. rente, das über afr. rente 'Einkünfte, Gewinn' aus lat.reddere 'zurückgeben' entlehnt ist (Kluge); skr. rentirati se aus d. sich rentieren. Skr. milijoner (Matavulj, R K . 101) aus gleichbed. d. Millionär (nach Kluge um 1767 nach dem wenig älteren franz. Vorbild).

92

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen MASZE

Längenmaße: Aus d. Zoll (belegt im 16. Jh. in der Bedeutung 'Daumenbreite') stammt skr. col, colstok (Vujaklija 1283; fehlt in den Wörterbüchern), dial. colStik (Prigorje). S. fus aus d. Fuß (Vujaklija 1233) bezeichnet ein Längenmaß, erscheint aber auch als Flächenmaß beim Messen der Häute: ein Quadrat, dessen Seite 0,3048 m beträgt. Bei den Zimmerleuten begegnet als Längenmaß auch kr. dial. suv, m. aus d. Schuh (ZbN2. II 288, 289, 291, 293: Otok; fehlt in den Wb.). Weitverbreitet ist skr. klaftar, klafter aus mhd. klafter, n. m. f., bzw. nhd. Klafter 'Armspanne' (Berneker 508; AR. V 27: schon bei Bjelostjenac klafter; im 18. Jh. vereinzelt: kloftor und klovter). — Einheimisch hvat, m., daneben auch türk. kolac. Skr. metar aus d. Meter, dieses aus gr. fiergov (AR. VI 621); kr. dial. metra, f. (ZbNZ. VI 93). Aus nhd. Reif 'Meßleine', altes Längenmaß zum Messen der Leinwand und des Tuches' (vgl. Schmeller II 65: Rai ff 'Längenmaß in der LeinwandSchauanstalt Immenstadt; Fischer, Schwäb. Wb. V 260; Kluge, s. v. Reif, m. 'ringförmiges Band', mhd. reif) stammt magy. ref 'Elle' (Melich 219). Matzenauer und Miklosich leiten die slawischen Wörter wie skr. rlf 'Elle' (Vuk, R.: in der Wojwodina), slowen. ref, slk. ryf, klr. rif von magy. ref, röf ab. — Z. Simonyi (Vossische Zeitung vom 2. VII. 1916) nimmt an, daß das deutsche Wort für Ungarn durch die Slawen vermittelt worden ist (Mazuranic I 1240). Eine Vorrichtung zum genauen Messen besonders kleiner Längen heißt s. subler (Vujaklija 1299), wohl aus d. Schublehre. Vgl. tsch. supler. Flächenmaße: Skr. frtalj, vttalj, m., über magy. fertäly aus d. Vierteil, dial.Viertäl (AR. III 75; Fischer, Schwäb. Wb. II 1479; Schmeller I 845: „das Viertel Ackers oder halbe Lehen") wird in den nördlichen Landschaften auch als Landmaß gebraucht, z. B. bei Ignjatovic, C. S. 6: od oca je nasledio Ava vrtalja sesionala 'vom Vater hatte er zwei Viertel Session geerbt'; ib. 19: dva vrtalja zemlje 'zwei Viertel Ackers'. Hohlmaße: Von den im Kapitel Hausrat genannten Gefäßen erscheinen einige auch als Hohlmaße: kr. pehar (Mazuranic 909: Belege aus dem Jahre 1556); cabar 'Zuber' Mazuranic I 146: war ein Maß für die Abgaben der leibeigenen Bauern, belegt 1479); ebenso ist der Kübel, kr. kabal, kablenka, keblenka im 17. Jh. als Getreide- und als Weinmaß bezeugt (Mazuranic I 473). Andere von den Deutschen stammende Hohlmaße: Seit dem 18. Jh. kennt man in den nördlichen Landschaften die holba, f., dial. olba, f. aus d. Halbe (AR. III 648: sie entsprach einer halben Oka, diese war gleich 1,28 kg). Ein Viertel eines Kruges heißt in den nördlichen Landschaften (aber auch bei serbischen Schriftstellern wie Stankovic und Veselinovic) satljik, m. aus bayr.-öst. Seidel (JB. I I 383; AR.; Schmeller II 224). In Slawonien ist sajtluk

8. Handel u. Verkehr; Münzen, Maße u. Gewichte

93

(A. R.) bezeugt. Kluge: spätmhd. sidel, n. aus lat. situla 'Eimer zum Wasserschöpfen'. Vgl. tsch. zejdlik. Dieselbe Bedeutung hat kr. maslic, m. "ein Viertel Krug' aus d. dial. Maßt (AR. VI 497; Schmeller I 1661), Demin. zu spätmhd. mä^, n. (Kluge; Schindler I 1659: 1 / 60 eines Eimers); bei den Kroaten in Ungarn begegnet die Form meselj, m., das über magy. messzely aus d. dial. Mäßl übernommen worden ist (AR.VI 609; Melich 182). Bjelostjenac hat maslin und mecelj 'sextarius'; letzteres kann auch auf südd. Metzl, Metzlein (Schmeller I 1704; Fischer, Schwab. Wb. IV 1643) zurückgehen. Vereinzelt begegnet als Bezeichnung für die Hälfte einer „olba" der Ausdruck frakl (ZbNZ. I I 123: Otok; Schmeller I 806: Fräckelein aus Fläckelein [aus flacon] = ein Viertel einer Maß; 1789 bezeugt: ein Frackäl Brandwein). Skr. frtaljce, vrtaljce, n. 'Viertel' (Vuk, R. 'Faß von vier Eimern'), über magy. fertaly 'quadrans' (Melich 98) aus d. Viertel (AR. I I I 75: schon bei Bjelostjenac: fertalj, frtalj; Schmeller I 845: „das Viertel Bier oder Wein beträgt vier Seidlein oder zwei gewöhnliche Maß"; ib. I 600: Vierttail). Nach Miklosich, F. 127, geht auch der skr. star, m. 'modius', der in Primorje ein Getreidemaß von 120 venetianischen Litern bezeichnete (Vuk, R. s.v. star; J B . I I 466) auf ahd. sehstäri, sehtäri, aus lat. sextarius 'ein Sechstel des römischen congius' zurück (vgl. Kluge s. v. Sechter). Skr. krigla, f. 'ein halber Liter', (gewöhnlich im Bierausschank) aus d. dial. Knigel (Vujaklija 626; fehlt in den Wb.). Vujaklija verzeichnet für das deutsche Weinmaß Ohm — serb. om '100—160 Liter' (Vujaklija 808; fehlt in den Wb.). Kluge: mhd. öme, f. m. n. 'Hohl-, Flüssigkeitsmaß' aus mlat. ama 'Gefäß, Weinmaß' aus lat. (h)ama 'Feuereimer', das dem gr. äfir] 'Wassereimer' entlehnt ist. Bei Ignjatovic (VM. 12) begegnet strikla, f. aus d. Stricht zur Bezeichnung des Kontrollstrichs an einem Gefäß. Zählmaße: Skr. par, m. 'Paar' aus d. Paar, mhd. ahd. fiar 'zwei von gleicher Beschaffenheit' aus lat. fiar 'Paar' (Trivunac 67; AR. I X 634: leitet das Wort direkt vom Lateinischen ab). Ableitungen: paran 'paarweise'; (s)pariti 'paaren' (Trivunac, N. U. 67; letzteres auch A. R I X 650). — Aus dem Deutschen stammt jedenfalls auch skr. par in der Bedeutung 'ein Paar, einige', z . B . : Stajali su jedno firama drugome na fiar koraka 'sie standen einander einige Schritte gegenüber' (Angjelinovic, Robovi 204). In der Volkssprache lebt skr. tuce, n. gen. tuceta aus d. Dutzend, dial. tutzet (Trivunac, N. U. 65; fehlt in den Wb.). Kluge: altfr. dozaine (Grundwort lat. duodecim) tritt im Elsaß im 14. Jh. als totzen auf; im 18. Jh. setzt sich die seit 1734 gebuchte Form Dutzend durch. Serb. fis (hartije) 'ein Ries Papier' aus d. Ries, n. (Vujaklija 1030; Trivunac, N. U. 65; fehlt in den Wb.), statt dessen auch s. deme (türk. demet). Kluge: spätmhd. ris aus gleichbedeutendem mlat. risma, dieses aus arab. rizma 'Paket, Ballen, Bündel'. Aus d. dial. Tai 'Teil' stammt skr. täl, m ( J B . II 552; Bjelostjenac 936: tal 'portio', talec 'portiuncula'; Trivunac, N. U. 66; Schmeller I 599).

94

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen GEWICHTE

Der einheimische Ausdruck für Waage: mjerila, pl. n. wurde verdrängt durch das aus ahd. wäga stammende vaga, f. (Kiparsky 267, wo viel Literatur; Mazuranic I 1535: belegt seit dem 16. Jh.) und türk. terazije; Ableitung: vagnuti, vagati 'abwägen' (bei Bjelostjenac); skr. vazan 'wichtig', vaznost, f. 'Wichtigkeit'. Vgl. slowen. vaga 'Waage, Gewicht', bg. väza 'wichtig sein, gelten', tsch. vaha 'Waage, Gewicht'. — Eine neuere Entlehnung ist s. dial. cubok 'Zuwaage* aus d. dial. Zuwög (Belgrad, E. E.). Seit dem 18. J h . ist skr. lot, m. ' 1 / 30 eines Pfundes' aus d. Lot, mhd. löt 'leicht schmelzbares Metall, Meßblei, Gewicht' bezeugt (AR. VI 159: bei Bjelostjenac; Berneker 743). Skr. funta, f., fun(a)t, m. aus mhd. pfunt (Mazuranic 312: ältester Beleg 1425; AR. I I I 78: bei Bjelostjenac: funt 'libra'). Kluge: ahd. -phunt aus lat. pondo 'Pfund' (zu pendere 'wägen'). Skr. centa, f. 'der Zentner, hundert Pfund' (AR. I 768: Wojwodina) aus d. Zentner, dial. Zenten (Schmeller I I 1139). Kluge: mhd. zentenaere aus mlat. centenarius '100 Pfund schwer'. S. tona, f. 'Tonne' (Belgrad, E. E . ; fehlt in den Wb.) aus d. Tonne. ZEITEINTEILUNG

Neben dem allgemein gebräuchlichen skr. vreme 'Zeit' begegnet kr. dial. auch cajt, m. aus d. Zeit (ZbNZ. X I I 80, 131, 162: Ls. Prigorje; ib. V I I I 127: um Krizevci; fehlt in den Wb.). Neben türk. sahat wird auch ura, f. 'Uhr, Stunde' aus nhd. Uhr gebraucht (Mazuranic I 1507: ältester Beleg 1504, ura 'Stunde'; Vujaklija 1191); neben türk. sajdiija — skr. urar, urmaher (ib. 1193; J B . I I 657: urar). Kluge: Uhr erst nhd., nach mnd. ür(e) 'Uhr, Stunde', zugrunde liegt lat. hora. — Den Uhrzeiger nennt man schriftsprachlich skazaljka, f., dial. auch cajger, m. aus d. Zeiger (Vujaklija 1275; AR. I 766: cegar, m. bei Bjelostjenac und Jambresic); das Zifferblatt heißt sajba, f. aus d. Scheibe (Vujaklija 1289; fehlt in den Wb.). — Die Viertelstunde bezeichnet man mit s. frtalj sata oder frtalj (v[ure aus d. Viertel']-Stunde). Aus d. Feierabend, bayr.öst. Feirabmd (Schmeller I 743) stammt s. dial. fajrant 'Feierabend, Sperrstunde der Gasthäuser' (Vujaklija 1196; Trivunac 82: fajront; fehlt in den Wb.). Kluge: frühnhd. Feterabend 'Ruhezeit am Abend' aus spätmhd. vir-äbent "Vorabend eines Festes'. In den westlichen und nördlichen Landschaften begegnet hip, m. in der Bedeutung 'Augenblick' (AR. I I I 606: schon bei den ragusanischen Dichtern häufig; Mazuranic I 391: Belege seit dem 15. Jh.); Berneker 387 leitet es von d. hieb ab, das nach Kluge im 15. J h . aus d. hauen, Praet. hieb rückgebildet ist; Schmeller I 1038: alli Hieb 'alle Augenblicke'. Vgl. Strekelj, L. 78: auch slowen. hip 'momentum' beruht auf d. Hieb. — Ableitungen: hipac 'kleiner Augenblick' (AR. I I I 607: belegt im 15. Jh.); kr. dial. hipcec (ZbN2. X V I I 210, Samobor: nijedan hipcec 'nicht einen Augenblick').

9. Familie und Verwandtschaft

95

ZUSAMMENFASSUNG

Die engen Wirtschaftsbeziehungen, die zwischen Deutschen und Serbokroaten durch Jahrhunderte hindurch bestanden und noch bestehen, spiegeln sich vor allem in der großen Zahl der Münzbezeichnungen wider, Pfennig, Orth, Groschen, Gulden, Taler, Kreuzer, Mark, Zwanziger, Sechser, Krone, der Wiener Vierer, die Banknoten und Scheine haben bei den Serbokroaten Aufnahme gefunden. Sehr zahlreich sind auch die Maßbezeichnungen: Zoll, Fuß, Schuh, Klafter, Reif, Meter; Becher, Zuber, Kübel, Halbe, Seidel, Maßl, Frackl, Krügl, Sechter, Ohm u. a. erscheinen in serbokroatischem Gewände, von den Zählmaßen das Paar, das Dutzend und das Ries. Schon in althochdeutscher Zeit ist die Waage übernommen worden, später das Lot und das Pfund, der Zentner und die Tonne. Als Zeitmesser wurde die Uhr und die Bezeichnungen des Zeigers und der Scheibe mit den Ziffern entlehnt. Für viele Ausdrücke waren die Deutschen bloß die Vermittler: lat. constare wurde über d. kosten, 1. monstrare über d. Muster, 1. plumbum über d. Plombe, 1. tolöneum über d. Zoll, 1. species über d. Spezerei, 1. liberare über d. liefern, mlat. grossus (denarius) über d. Groschen übernommen. Ital. scarnuzzo wurde den Serbokroaten durch d. Skanizl, ital. sorta durch d. Sorte vermittelt, fr. fiacre durch d. Fiaker, fr. coffre durch d. Koffer, engl, tunnel durch d. Tunnel, engl, bank-note durch d. Banknote. — Aus dem Nl. stammen d. Börse und vor allem auf die Schiffahrt bezügliche Ausdrücke wie Wrack, Deck, Lotse, Pegel. — Einige deutsche Wörter sind den Serbokroaten durch die Magyaren vermittelt worden: skr. bokonj, fertalj, filer. Die Entlehnungen aus dem Deutschen beginnen bereits in ahd. Zeit: ahd. müta wird zu skr. mito, ahd. Pfenning zu skr. p(j)enez, ahd. behhäri zu skr. pehar, ahd. zwibar zu skr. cabar, ahd. s'ehtäri zu skr. star, ahd. wäga zu skr. vaga. 9. F A M I L I E U N D

VERWANDTSCHAFT

Die skr. Terminologie der Verwandtschaftsbezeichnungen reicht bis auf wenige Ausnahmen bis in die urslawische Zeit zurück, was wohl mit dem langen Fortleben der indogermanischen Großfamilie (skr. zadruga) zusammenhängt. Eine aus dem Deutschen stammende Verwandtschaftsbezeichnung ist skr. sogor, m. 'Schwager', sogorica, f. 'Schwägerin' (Wojwodina), das über magy. sögor aus d. Schwager, ursprünglich 'Bruder der Frau' entlehnt ist ( J B . I I 536); unter deutschem Einfluß erscheint auch ivogor, svogorica (so in Samobor), svugor (Trebarjevo). Da das Serbokroatische eigene Bezeichnungen für den Bruder der Frau, nämlich iura = surak, für den Mann der Schwester, zet, und den Mann der Schwägerin, pasenog, besitzt, sind durch die Aufnahme des Wortes sogor die genannten drei Ausdrücke durch einen ersetzt worden: ähnlich verhält es sich mit sogorica, das an die Stelle folgender einheimischer Bezeichnungen getreten ist: svastika, f. 'Schwester der Frau', snaha, f. 'Frau des Bruders', surnaja 'Frau des Schwagers', zaova 'Schwester des Manns' und jetrva (die Frauen

96

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

zweier Brüder sind einander jetrve). Allerdings ist diese Vereinfachung gleichzeitig mit einer Verarmung der Sprache verbunden (Trivunac 76). In einer glagolitischen Handschrift aus dem Jahre 1468 begegnet als Bezeichnung für 'Ehegattin' die Dualform malzena, m.; nach Miklosich, F. 36 — Berneker I I 13 widerspricht dem nicht — ist der erste Bestandteil des Wortes entlehnt aus ahd. mahal {mal) 'foedus nuptiarum', das auch in ahd. gi-mahalo, nhd. Gemahl vorliegt. — Vgl. ksl. mal(ö)zena, nom. dualis, 'Eheleute', tsch. manzele 'die Ehegatten', p. malznkowie 'Eheleute'. Im Skr. hat sich das Wort nicht durchgesetzt, für Eheleute sagt man muz i zena 'Mann und Frau', für Gemahlin supruga.

10. R E C H T

UND

VERWALTUNG

GERICHT

Der Richter heißt heute allgemein sudija (zu sud 'Gericht'), aber in kroatischen Akten des 15. und 16. J h . begegnet auch die Bezeichnung rihtar, m. (schon 1209 die latinisierte Form rihtardus: Mazuranic I 342: Varazdin; AR.) aus d. Richter (Mazuranic 1248: auf der Murinsel hieß der Richter im 16. J h . lihtar, m.; der judex generalis hieß dort landrihter: ib. 584, Beleg aus dem Jahre 1598; AR. VI 58). Das Gericht sowie die Gerichtsgewalt hießen kr. rihta, f. (Mazuranic, ib.; AR.). STRAFEN

An Strafen wurden verhängt: Rutenstreiche als Strafe begegnen schon in Dusans Gesetzbuch im 14. J h . : ,,Da se bijet stapi" 'Daß er mit Ruten geschlagen werde' (Danicic R. I I I 164; Mazuranic 1431). Der Pranger hieß in Agram prangar, m. aus d. Pranger (Mazuranic 101; Bjelostjenac 311); aus dem Deutschen stammt auch kr. pelengir, m., das über magy. pelengir eingedrungen ist (AR. I X 764: eine solche Prangersäule war früher in Novi Sad zu sehen). Vgl. tsch. pranyr, p. prggierz. Kr. prange, f. pl. begegnet auch als Bezeichnung des Halseisens und prangje, f. pl. als Bezeichnung des Fußblocks für den Sträfling (AR. X I 366). An der Adriaküste nennt man den Pranger b(e)rlina, f. aus ital. berlina. Auf mhd. marter beruht mantra, f. = muka 'Qual, Marter' (AR. VI 447), dazu die Ableitungen: mantrovati 'quälen', mantra mi se 'mir dreht sich der Kopf'. Das Gefängnis heißt schriftsprachlich zatvor, aber kr. dial. auch stokauz (Mazuranic, Dod. 58; ZbNZ. X I 302: Lika), stokavuz (ib. X I 213: Cakovac) aus d. Stockhaus. Vgl. magy. stokhäz (Melich 243). — Kr. arest, arest, ariste, n. (Wojwodina), serb. rest (Vujaklija 1026) aus d. Arrest (1520 bezeugt), dieses aus mlat. arrestum (AR. I 104). Neben skr. vjesala, pl. n. 'Galgen' begegnen kr. galge, pl. f. aus d. Galgen, mhd. galge, seit dem 14. J h . galgen (AR. I I I 94: Belege seit dem 17. J h . ; Mazuranic 314: neben galge auch galde).

10. Recht und Verwaltung

97

Bei slawonischen Schriftstellern des 18. J h . findet sich kr. henkar, m. aus d. Henker (AR. I I I 590: bei Bjelostjenac; Mazuranic 377: henkar, belegt 1704). — Eine ältere Entlehnung ist kr. hahar 'Henker' (Mazuranic 370: belegt 1657; AR. I I I 546: bei nördlichen Cakaven und bei den Kajkaven) aus mhd. hahaere; vgl. auch südd. Häher (Schmeller I 1072; Fischer, Schwab. Wb. I I I 1043) zu ahd. hahan 'aufhängen'. Ableitungen: hahariti 'hinrichten', haharija, f. 'Hinrichtung', haharnica, f. 'Richtplatz' (alle bei Bjelostjenac). Vgl. slowen. hahar, magy. hohdr, hoher 'Scharfrichter' (Melich 136: erster Beleg aus dem 16. Jh.). In Dubrovnik (Ragusa) hieß der Scharfrichter manigöd(o) (AR. VI 444: seit dem 16. J h . bezeugt); nach Berneker I I 12 aus ital. manigoldo als 'Henker', heute 'Schurke', das auf dem ad. Eigennamen Managolt(d) beruht ebenso wie der d. Pflanzenname Mangold, m., 'Beta vulgaris', die zu ahd. manag 'viel' und waltan 'herrschen' gehören (Kluge). AR. verzeichnet kr. rajman 'Henker' aus d. Freimann. Schriftsprachlich gilt heute skr. dzelat (türk.) 'Scharfrichter, Henker'. Auf ahd. bann 'Gebot unter Strafandrohung, Verbot, Gerichtsbarkeit und deren Gebiet' (Kluge) geht zurück: kr. band 'Bann, Strafe', und zwar durch italienische Vermittlung: ital. bando aus ml. bannus, bandus, dieses aus ahd. bann (Mazuranic 31: zahlreiche Belege für die verschiedenen Bedeutungen des Wortes; schon 1288 im Statut von Vinodol in der Bedeutung 'Vergehen'). Eine neuere Entlehnung ist strof, m. aus d. Strafe, öst. dial. ströf (Sremac, Cira 199, 263; -placd strof 'er zahlt Strafe'-, ZbNZ. X I I 64: Prigorje; fehlt in den Wb.); strofovati (ZbNZ. X X V 334: Varos) aus d. strafen. Lat. sequestratio wird wiedergegeben als ferpot, ferpod aus d. Verbot (AR. I I I 50: Belegt 1808). Vereinzelt begegnet kr. dial. standrit aus d. Standrecht (ZbNZ. X I 213: Cakovac). ERBRECHT

Der Erbe heißt skr. bastinik, m., daneben in den nördlichen Landschaften auch erbic, m. aus d. Erbe (AR. I I I 30: Dazu das Verbum erbati 'erben'; Mazuranic 382); bei Sremac findet sich serb. erbsaft, m. aus d. Erbschaft (Cira 264, Prip. IV 83) und erbovati 'erben' (Cira 255); beide Ausdrücke fehlen in den Wb. Aus mhd. erbe 'Erbe' stammt im Grunde genommen auch skr. grb, m. 'Wappen', und zwar auf Umwegen: aus mhd. erbe wurde alttsch. (h)erb 'Erbe, Wappen', daraus p. herb 'Wappen', Hausgeschlecht', dial. 'Erbe', daraus russ. gerb 'Wappen, Stempel' und daraus skr. grb 'Wappen' (Berneker 378; AR. I I I 391). Skr. leno, n. 'Lehen' aus nhd. Lehen (vielleicht nach dem Vorbild von tsch. leno) taucht erst bei Schriftstellern des 19. J h . auf (AR. VI 8); jung sind auch Ableitungen wie lenovac 'Lehensmann', lenski, adj. 'Lehens-'. Der Anteil heißt in den nördlichen Landschaften täl(j), m. aus d. dial. Täl, mhd. teil (Mazuranic 1439: belegt 1599; häufig im Drautal; ib. I I 552; häufig bei Sremac, so Cira 255, 294). 7

Schneeweis,

Die deutschen Lehnwörter

98

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen VERWALTUNG

Die skr. Bezeichnung des Königs, kralj (in allen Slawinen) ist erst 1100 belegt, vorher begegnet bloß die lat. Bezeichnung rex. Das Wort kralj dürfte doch, wie schon Dobrovsky erkannt hat, trotz aller Einwände (zuletzt StenderPetersen, S. G. L. 206ff., der es von urgerm. *karlaz 'freier Mann' ablehnen will) auf den Namen Karls des Großen zurückgehen (Berneker 572, wo Lit. — zustimmend Kiparsky 240). „Daß die Liquidametathese als latente oder spontane Tendenz, als analogisches Ausgleichungsstreben des Sprachgefühls noch lange nach der prinzipiellen, gesetzmäßigen Durchführung derselben vorhanden war", gibt auch Stender-Petersen (S. 212) zu. Für die Herleitung vom Namen Karls des Großen spricht auch der Umstand, daß als Übersetzung des gr. ßaaiXevQ in den ältesten altkirchenslawischen Texten cesar6 verwendet wird und nicht kralj. Ableitungen zu kralj im AR. V 449ff. Skr. princ 'Prinz' und princesa, princeza 'Prinzessin' sind durch deutsche Vermittlung (Kluge: Prinz in der Bedeutung 'Fürstensohn' seit dem 17. Jh., Prinzessin gegenüber älterem Prinzin kaum vor Beginn des 17. Jh.) aus afr. prince 'Fürst' entlehnt; Grundwort ist lat. princeps aus *prtmocaps. Der höchste Würdenträger nach dem (ung.) König war der herceg 'Herzog'; das Wort ist über magy. herceg aus mhd. herzöge entlehnt worden; in lateinischen Quellen wurde er dux genannt (AR. I I I 591: herceg, belegt seit dem 14. J h . ; Mazuranic 378; Melich 134). Im Jahre 1448 verlieh Kaiser Friedrich I I I . dem Knez Stjepan Vukcic von Hum den Titel herceg, sein Land heißt seit dieser Zeit Hercegovina. Der Graf heißt skr. grof (AR. I I I 456; Mazuranic 361: älteste Belege im 15. Jh., an Stelle des einheimischen knez) aus d. Graf, mhd. gräve, vielleicht über magy. gróf; Ableitungen grofica, f. 'Gräfin', grofstvo, grofija, grofovina 'Grafschaft'. — Seit dem 17. J h . begegnet auch graf: AR. I I I 378. —- Der Markgraf von Brandenburg heißt in einer kr. Urkunde vom Jahre 1527: markulab aus d .Markgraf (Mazuranic 633; AR. VI 485). — AR. V I I 10: 1537 ist bezeugt kr. morkolab, m., das über magy. morkoláb aus mhd. marcgräve entlehnt worden ist (Melich 184). — Aus dem mlat. margravius stammt kr. margravij (AR. VI 472: bei A. Tomikovic, 2ivot Petra Velikoga, Osijek 1794). — Deutsch Burggraf wird über magy. porkolab (Strekelj, L. 56) zu kr. porkolab, porkulab, m. in der Bedeutung 'Burgvogt, Wachkommandant' (Mazuranic 1010: 15. J h . ; AR. X 863; bei Bjelostjenac 503: porkulab nad suznji 'Kerkermeister'). Vgl. tsch. purkrabi 'Burggraf'. Was den Adel im allgemeinen betrifft, so heißt der Adelige heute skr. vlastelin oder plemic (Ableitung zu pleme, n. 'Stamm'); im Altkroat. begegnet auch ilahta, zlajhta, f. 'Adel', Ableitung zlahtan 'nobilis' (Mazuranic 1719: letzteres belegt 1275). Das Wort stammt ebenso wie p. szlachta, tsch. slechta 'Adel', slowen. zlaht 'edel' aus ahd. gislahti, *ga-slahta (Kluge). Auf ahd. waltpoto, mhd. waltpode beruht kr. valpot (Nebenformen: valput, volpot, valpet, vapet) 'stellvertretender Abgesandter eines Herrschers oder Adeligen', das schon 1209 als Beiname belegt ist (Mazuranic 1538: Crakoni Valpot; Miklosich, F. 134); dazu valputija 'Dienst des V.; Steuer, die er

10. Recht und Verwaltung

99

einsammelt'; die Bezeichnung ist später herabgesunken zur Bedeutung 'Wächter, Trabant'. Noch heute sind im nordwestlichen Kroatien Spuren des Wortes vorhanden. Eingedrungen ist es wahrscheinlich unter dem Einfluß der Ritterorden. Eine Art Schloß Verwalter wird im 17. J h . als flegat aus d. Pfleger bezeichnet (Mazuranic 307: Beleg aus dem Jahre 1663); Ableitung: flegarija, f. Wohnung des Pflegers. — Eine weitere Bezeichnung eines Verwalters der Besitzungen des Königs oder des Adels ist kr. hofmestar, m. aus d. Hofmeister (AR. I I I 647: Beleg aus dem Jahre 1572). Nebenformen: ohmestar (Mazuranic 399: 1450 belegt; AR. V I I I 792), hohmestar (Mazuranic 399, belegt 1437: Senj). Ein Stellvertreter des Grundbesitzers ist der safar, m. aus mhd. sckaffaere 'Anordner, Aufseher' (Mazuranic 1421; schon belegt im 17. J h . : 'Er verwaltet das Einkommen des Herrn'). Der Stellvertreter des Kapitan von Kastav hieß verbeser, m. aus d. Verweser (Mazuranic 1563: Statut Kastavski 186, P. 32); er hatte auch richterliche Funktionen. In Turopolje hieß der das Abzapfen des Biers beaufsichtigende Beamte sacmester 'aestimator' aus d. Schätzmeister (Mazuranic 1421: Beleg aus dem Jahre 1651); bei Bjelostjenac 58 wird sacmester übersetzt mit 'aedilis = pohistva cuvar', also 'Hausverwalter'; ib. 260: sacati = lat. censeo 'die Steuer bemessen'. Zusammensetzungen mittels d. Ober stellen dar: serb. oher knez, ohotknez aus d. Ober u. s. knez (AR. V I I I 429; Vuk, R. s. v. knez: „in der Türkenzeit stand an der Spitze jeder kneZina ein knez, der zum Unterschied von den Dorfältesten, die ebenfalls knez hießen, den Titel ohotknez hatte; Fürst Milos führte an Stelle dieses Titels den Titel kapetan ein und an Stelle des seoski knez 'Dorfältester' die Bezeichnung kmet." Vgl. Bildungen wie oberkapitan (AR. V I I I 324: bei Reljkovic), o b e r e s « 'Kommandant der kroatischen Grenzwächter gegen die Türken' (Vuk, R. s. Serezani). Kr. frajman(ac), m. aus d. Freimann (Mazuranic I 311: Belege aus dem Jahre 1676, 1708; fehlt im AR.) ist die Bezeichnung eines nicht leibeigenen Bauern. In neuerer Zeit wurden folgende Titel und Amtsbezeichnungen entlehnt: skr. kajzer 'Kaiser, besonders Wilhelm II.', aus d. Kaiser (Vujaklija 517). Skr. erchercog aus d. Erzherzog (Sremac, Prip. I 143). Neben knez 'Fürst', das auf got. kuniggas zurückgeht, begegnet skr. baron aus d. Baron; Kluge: letzteres um 1600 aus fr. baron, das seinerseits auf ahd. baro 'Mann, streitbarer Mann' beruht. Erst bei neueren Schriftstellern findet sich skr. riter (so bei Sremac, Lazarevic, Nusic), aus nhd. Ritter. Neben der offiziellen Bezeichnung des Gemeindevorstehers, predsednik opstine 'Vorsitzender der Gemeinde', begegnet in der Wojwodina auch birgermajster; kr. purgarmestar (Mazuranic 1198). Der Stadtbürger heißt heute gradjanin, früher auch purgar aus mhd. burgaere (Mazuranic 1197: belegt seit 1295; Danicic, R. II 511: purari von Novo Brdo werden in einer ragu7*

100

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

sanischen Urkunde vom Jahre 1388 erwähnt). Auch heute noch erscheint purgar in der Bedeutung 'Stadtbewohner' (ZbNZ. X I I 115: Prigorje), in der Wojwodina auch pulger (Sremac, Cira 72, 180, 273) und pugler (ib. 72). Seit dem 18. J h . wird in den nördlichen Landschaften skr. magistrat aus d. Magistrat geläufig (AR. VI 364). Über bakter aus d. Wächter s. oben S. 73. Auf d. per Schub beruht serb. persubovati 'jemand abschieben' (Sremac, Prip. IV 45: da jednog podajnika srpskog persubujete iliti proterate 'daß Ihr einen serbischen Untertan abschiebet oder vertreibet'). Neben cinovnik erscheint auch beamter (häufig bei Sremac: dieser verwendet auch amt aus d. Amt', nach Melich 67 wurde der Beamte in Ungarn in der Zeit von 1849—1860 beamter genannt, heute nennt man ihn mehr spottweise so). — In der Wojwodina begegnet auch häufig serb. rang 'Rangstufe' aus d. Rang (fehlt in den Wb.; nach Kluge im Dreißigjährigen Krieg aus fr. rang entlehnt). STEUERN

Wichtig waren für den Staatsbetrieb seit jeher die Abgaben und Steuern. Neben einheimischen Wörtern wie daca, f. (zu dati 'geben'), porez, m. eigentlich 'Einschnitt am Kerbholz' wurden sehr früh fremde Bezeichnungen übernommen: schon im 15. J h . ist kr. stivra, stibra bezeugt, das auf mhd. stiura, f. 'Unterstützung, Abgabe' zurückgeht (Mazuranic 1432; Bjelostjenac 260: stibrena knjiga 'Steuerbuch'; Miklosich, F. 130; fehlt bei J . B.). Kr. dial. lebt das Wort stibra 'Steuer' bis heute fort: ZbNZ. X I I 194 (Prigorje), ib. XVII 113 (Samobor). 1591 wird in Varazdin eine Steuer für die Grenzwächter erwähnt, skarta genannt (Mazuranic 1315); die Steuer war bestimmt für die skartleit 'Scharwache' ; zugrunde liegt ahd. skara, f. 'Schar'. Kr. cinz, m. 'feneratio' findet sich bloß bei Bjelostjenac (17. Jh.), es stammt aus d. Zins, mhd. ahd. zins 'Abgabe, Tribut', dieses aus lat. census (Kluge). Eine Art Militärtaxe, die den Bürgern der Agramer Burgstadt auferlegt wurde, hieß bewd (Mazuranic 53: Belege aus dem Jahre 1390 und 1391; 1395 heißt diese Steuer beud). Mazuranic stellt das Wort zu d. bede 'Steuer', durch welche sich freie Leute vom Militärdienst loskauften, nach Schröder, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, seit dem 9. Jh. belegt. Nach Littre ist auch das seit 1432 bezeugte skr. gabela 'Steuer, Maut' über ital. gabella, mlat. gablum aus ahd. gaful, gafal, gaffel (zu d. geben) übernommen worden (Mazuranic 313); das Wort ist auch zum Ortsnamen geworden: Gabela in Dalmatien, außerdem bezeichnet es in Risano (Bucht von Kotor) den Marktplatz (AR. I I I 81). Vereinzelt begegnet in neuerer Zeit stajeromt aus d. Steuer amt (Sremac, Cira 90). Kr. dial. ajnkomen 'Einkommensteuer' aus d. Einkommen (ZbNZ. XVII 113: Samobor) anstatt dohodarina.

10. R e c h t und Verwaltung

101

Das Grandbuch heißt skr. gruntovnica, f., daneben in der Wojwodina auch grundup, m. (Sremac, Cira 256; fehlt in denWb.); der Grundbuchführer — gruntovni cinovnik, die Grundsteuer kr. dial. grunkasa, f. (ZbNZ. X I 204).

SONSTIGE VERWALTUNGSTECHNISCHE AUSDRÜCKE

In das Kapitel Recht und Verwaltung gehört auch skr. bunt 'Aufruhr' aus nhd. Bund, mhd. bunt 'Bündnis' (Berneker 101; AR. I 737). Ableitungen: buntas, buntovnik 'Aufrührer'; im 18. J h . sind Formen wie punta 'Aufruhr', puntar 'Aufrührer' puntarija, puntariti se 'abfallen' bezeugt (Mazuranic 1196; Bjelostjenac). Meiner Meinung nach spielt volksetymologische Anlehnung an skr. buniti se 'sich empören' herein. Ein Synonym für Aufruhr ist skr. alt (und wieder belebt) kramola; nach Berneker 573 stammt das Wort, das in allen Slawinen Entsprechungen hat, aus mlat. carmula (carmulus) 'Empörung, Aufstand' (Lex Bajuv. 2, 3); Berneker hält das Wort für deutsch: dazu gehört nhd. dial. Karmen 'Wehklagen, Jammern'; Fischer, Schwab. Wb. I V 228: K. = Trauergedicht; as. karm 'Wehklage'; Miklosich, F . 101; AR. V 463: Belege seit dem 14. J h . , in neuerer Zeit bei Schriftstellern. Bei vielen Bezeichnungen von Beamtenkategorien hat das Deutsche bloß vermittelt: praktikant 'Praktikant', kasit 'Kassier', finanac 'Finanzer', oficijant, kancelist, asistent, policaj, penzijonar = penzijonisac u. ä. — Den Geometer nennt das Volk kilometar oder genimetar (ZbNZ. VI 268). Seit dem 18. J h . kennt man den Reisepaß, skr. pasos (AR. I X 671: in der Lika pasus) aus d. Paß] Kluge: Paß, im NO. pass-brif (1430), im NW. Pass (1617 belegt), im Einklang mit ndl. pas 'Erlaubnis zum Durchgang', das auf lat. passus 'Schritt, Gang' beruht. Der Amtsschreiber, Sekretär heißt einheimisch pisar, in der Wojwodina auch slajber (Sremac, Cira 46: ,,a paori su ga zvali slajber, kaz'ti pisar" 'und die Bauern nannten ihn Schreiber, das heißt pisar'). In neuerer Zeit sind eingedrungen: srajbtis = schriftsprachlich pisaci sto (Vujaklija 1298); srajbmasina, schriftsprachlich masina za pisanje (ib. 1298). Die deutsche Tippmamsell heißt skr. tipkacica (allgemein), der Buchhalter buhalter oder buhfirer (Vujaklija 185); bei Sremac begegnet auch „buhalteraj" (Cira 72). — Aus d. Pult stammt skr. pult (fehlt in den Wb.); nach Kluge ist spätmhd. pult, mhd. pulpit eine junge Entlehnung aus lat. pulpitum 'Brettergerüst'. Skr. stempl, m. 1. = pecat 'Stempel', 2. 'Stempelmarke', schriftsprachlich taksena marka (Vujaklija 1298); Ableitung: stemplirati 'stempeln'; nach Kluge ist das Wort Stempel erst nhd., es stammt aus dem Ndd.; mhd. erscheint stempfei, so noch bei Luther. — Auch skr. marka, f. 'Briefmarke' wurde in neuerer Zeit aus d. Marke übernommen (AR. V I 481); mit marka, f. bezeichnet man auch die Hundemarke.

102

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Weitere Kanzleiausdriicke: skr. papir, m. aus d. Papier (nach Kluge stammt spätmhd. papir, n. aus lat. gr. papyrum: im 14. J h . wurde der Gebrauch des Papiers allgemein); Ableitungen: papiran 'aus Papier', z. B . papirni novac 'Papiergeld', papirana, f. 'Papierfabrik' (AR. I X 628). Kr. lista, f. 'Liste' aus d. Liste, Lista 'Verzeichnis in Streifenform' oder aus ital. lista (AR. VI 113). Jedenfalls geht auch ital. lista 'bandförmiger Streifen' auf ahd. lista 'Streifen, Saum' zurück (Kluge). Die Partei 'Kundschaft' heißt skr. partaja, f. aus d. Partei (AR. I X 659; Kluge: mhd. partle, f. aus fr. partie\ Grundwort ist lat. partlri 'teilen'), während skr. partija auf russ. partija zurückgeht (ib.). Verba aus der d. Kanzleisprache: apelirati, registrirati, licitirati. ZUSAMMENFASSUNG

In die Terminologie des altererbten südslawischen Volksrechts sind sehr früh Ausdrücke des deutschen Rechtslebens eingedrungen. In kroatischem Gewände begegnet uns der Richter und eine ganze Reihe von Strafmitteln: der Stab, der Pranger, das Stockhaus, die Marter, der Galgen und der Henker, der Bann u. a. Aus dem deutschen Erbrecht wurden die Bezeichnungen Erbe und Lehen übernommen. Besonders viele alte deutsche Ausdrücke wurden auf dem Gebiet der Verwaltung entlehnt: der Name Karls des Großen (wie bei allen Slawen) als Bezeichnung des Königs, der Herzog, der Graf mit dem Markgraf und Burggraf, der Hofmeister und der Schatzmeister, der Pfleger, der Verweser, der Schaffer. Der schöne ahd. Ausdruck waltpoto tritt in allen möglichen Verballhornungen entgegen. Mit der deutschen Stadtkultur kam auch die Bezeichnung des Bürgers, purgar, und des Bürgermeisters. Zahlreiche lateinische und französische Amtsbezeichnungen wurden den Serbokroaten durch die Deutschen vermittelt, anderseits sind viele deutsche Ausdrücke über das Magyarische zu den Serbokroaten gelangt: mhd. pranger über magy. pelenger, mhd. herzöge über magy. herceg, mhd. gräve über magy. gröf, mhd. burcgräve über magy. porkolab, mhd. marcgrave über magy. morkolab. Die Entlehnungen aus dem Deutschen beginnen bereits in ahd. Zeit: ahd. bann über mlat. bandus zu kr. band; ahd. gi-slahti zu kr. zlahta 'Adel', zlahtan 'adelig'; ahd. waltpoto 'Beauftragter' zu kr. valpot; ahd. gafal 'Steuer' zu skr. gabela.

11. K I R C H E N W E S E N Das Christentum wurde den Südslawen bekanntlich von zwei Zentren aus vermittelt: einerseits von Rom her, anderseits von Byzanz. Als die Slawenapostel Cyrill und Method im 9.Jh. nach Mähren und Pannonien kamen, fanden sie die von Rom aus durch deutsche Vermittlung angebahnte Christianisierung in vollem Gange. Das Lateinische war zwar Kirchensprache, doch können wir

11. Kirchenwesen

103

mit Sicherheit annehmen, daß der Gebrauch der Volkssprache bei der Predigt und Beichte nicht bloß erlaubt, sondern sogar verlangt wurde (Miklosich, Christliche Terminologie 3). Und so werden auch die deutschen Missionare die Slowenen mit Hilfe von Dolmetschern in slowenischer Sprache unterrichtet haben. So erklärt sich das Eindringen einer Reihe von ahd. Wörtern in die christliche Terminologie der Südslawen. Der größte Teil dieser deutschen Lehnwörter geht auf das Lateinische bzw. Griechische zurück ; die deutsche Sprache hat auf diesem Gebiete also mehr als Vermittlerin gewirkt. Hierher gehören folgende Wörter: Skr. crkva, f. 'templum, ecclesia' geht entweder auf got. *kyrikö zurück (Berneker 132; Mikkola; Vondräk) oder auf ahd. chirichä (Miklosich, ChT. 17; AR. I 828: über ahd. chirichä aus gr. xvqiaxióv, ältester Beleg aus dem 12. J h . ; im Altskr. begegnen crikav und crikva, AR. I 825: letzteres belegt seit dem 14. J h . ; Kiparsky 244, wo viel Literatur, setzt ein slaw. *kórky, *córky, an, das auf frühahd. *kirkün zurückgeht; nach Schwarz, A. 40, 288 beruht slaw. *córky auf altbayr. *kirkö; auch Brückner ist für die Herleitung aus dem Ahd.). Nach Jagic, Entstehungsgeschichte 156, stammt das slaw. Wort unmittelbar aus gr. XVQIXÓV. Auch über die Herkunft von skr. pop 'Priester' (seit dem 13. J h . belegt und in allen Slawinen vertreten) sind die Meinungen der Forscher geteilt. Ahd. pfaffo nehmen als Quelle an: Miklosich, ChT. 13; Jagic, A. 23, 537; Vondrak, Vgl. Gr. 2 I 109; Brückner, SE. 430; Kiparsky 259; AR. X 776: bezeugt seit dem 13. Jh., nimmt das Wort vom 18. J h . an eine verächtliche Bedeutung an (vgl. d. Pfaffe) und wird ersetzt durch svestenik 'Geistlicher' oder paroh 'Pfarrer'. Vasmer, Jzv. 12, 2 leitet slaw. popò von gr. Ttanäg ab. — Nach Kluge ist ahd. pfaffo über die gotischen Arianer aus der Terminologie der griechischen Kirche übernommen worden, die seit dem 4. J h . nanäg 'clericus minor' von nanaq 'Papst' unterschied. E. Schwarz, A. 41, 124ff. nimmt eine doppelte Entlehnung an: Das aus gr. Ttamäs stammende *popà sei durch popi (aus ahd.pfaffo) verdrängt worden und nur in spärlichen Resten erhalten. Daß griechischer Einfluß vorhanden war, beweist russ. popadójd, skr. popàdija 'Frau des Popen' aus gr. nanaòià. Skr. biskup 'Bischof aus ahd. biscof ; skr. alt jepiskop, jepiskup, piskup direkt aus gr. èniaxonoQ, ngr. nioxonoQ (Berneker 58, wo Literatur; AR. I 327: bei den Kroaten belegt seit dem 13. J h . ; Weingart, Slavia I X 31, nimmt an, daß das Wort biskup über das Romanische zu den Slawen gelangt sei und nicht über das Germanische; vgl. auch Zs. Byzant.-Slavica VI 24; nach Kiparsky 141 „ist das -b- aus Umdeutung der gelehrten Form *piscopo zu einem quasi-einheimischen bi-skop zu erklären; mhd. Texte bringen auch pischolf"). Der Name got. Christus gelangt (nach Kluge) mit der arianischen Mission nach Deutschland, verliert durch die Auslautsgesetze um 500 seine Endung und lautet demgemäß ahd. Krist. Darauf beruht skr. krst 'Kreuz (bei den Griechisch-Orthodoxen), Christus, Taufe' (nach Berneker 634 ist der Bedeutungswandel zu 'Kreuz' auf slawischem Boden erfolgt; AR. V 632ff.). Skr. krstiti 'taufen' aus mhd. (ahd. nicht belegt) kristen 'zum Christen machen'

104

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

(Berneker 634; AR. V 632, 635; Miklosich, Chr. T. 29); nach Kiparsky 234, der alle bisherigen Erklärungsversuche zusammenfaßt, geht slaw. króstì entweder auf eine gotische oder (wahrscheinlich) auf eine noch nicht verschobene ältere ahd. Form zurück. Kr. berma, f. 'Firmung', bermati 'firmen' aus ahd. jirmön, dieses aus lat. firmare (Miklosich, Chr. T. 30; Berneker 50; AR. I 237: älteste Belege aus dem 16. Jh.). — Kr. dial. bermani kum 'Firmpate' (ZbNZ. X V 217: Cakovac); fermani kum (ib. X I I I 21: Prigorje; fehlt im AR.). Aus lat. operäri (vulg. lat. oprare) wurde ahd. opfarön und aus dem Zeitwort rückgebildet ahd. opfar\ darauf beruht kr. ofar, m. 'Opfer, Almosen' (belegt 1275: Mazuranic 810), das in fast allen slawischen Sprachen Entsprechungen hat (Miklosich, E W . 220). Ableitungen: of(a)rnica, f. 'Schachtel, in die man das Opfer wirft'; ofrati 'opfern' aus d. opfern. Skr. almuzno, n. 'Almosen' (14. Jh.) = almustvo, almustvo, almostvo (14., lö.Jh.) aus ahd. alamuosan, dieses aus mlat. alimosina aus gr. eXerj/ioavvrj (Berneker, EW. 27; Miklosich, Chr. T. 47; Mazuranic 4; AR. I 75; nach Kiparsky 141 entlehnt nach 900: slaw. -a- entspricht schon ahd. -a-, die Liquida-Metathese ist bereits unterblieben). Skr. oltar 'Altar', altbg. oldtarö aus ahd. altäri, dieses im 8 . J K aus lat. altare (Miklosich, F. 114: in allen Slawinen; Mazuranic 823: belegt 1457; AR. V I I I 897; Kiparsky 120 mit Literatur: die Entlehnung muß wegen des Schwankens slaw. o, a ~ lat. [germ.] ä und der beibehaltenen tolt-Gruppe erst um 900 stattgefunden haben). — Nebenform: otar (AR. I X 349: älteste Belege aus der ersten Hälfte des 16. Jh.). Skr. orgulje, f. pl. 'Orgel' aus mhd. orgel, ahd. orgelen, f. pl., durch Dissimilation aus orgenen, dieses entlehnt aus lat. Organum; Grundwort ist gr. ögyavov (AR. I X 165: 17. J h . ; Ableitungen: orguljas 'Orgelspieler, Orgelbauer', orguljati 'Orgel spielen'). Dieselbe Bedeutung hat kr. organ, m. aus lat. Organum, dieses aus gr. oqyavov (AR. I X 165; Mazuranic 838: schon 1359 wird in Agram ein organista Nikolaus erwähnt). Skr. post ,m. 'Fasten' aus ahd. fasto (so Brückner, SE. 432; Schwarz, Reibelaute 9 ; Janko in der Slavia I X 352 ; nach Stender-Petersen 430 ist abg. postiti se aus got. (sik)fastan 'fasten' entlehnt, slaw. posti sei selbständig davon abgeleitet; AR. X I 20 s. v. post, ib. 45 s. v. postiti', Danicic, R. I I 387); Ableitung: opòstiti 'Reinigen der Gefäße von Fleischresten vor Beginn der Fastenzeit'. Kr. britqf, brutif aus ahd. vrït-hof 'eingefriedigtes Grundstück' (Miklosich, Chr. T. 19; Berneker 86; AR. I 655: britof, bloß einmal belegt im 17. J h . ; brutif fehlt im AR.). Kr. klostar 'Kloster' aus ahd. klöstar, im 6. J h . aus lat. rom. claustrum entlehnt (Berneker 524; Miklosich, Chr. T. 19; Mazuranic 507; AR. V 90: seit dem 15. J h . belegt in den nordwestlichen Landschaften). Jüngere Entlehnungen sind kr. klostar (bei Mikalja) und kr. kloster (Bjelostjenac 295). Die Griechisch-Orthodoxen nennen das Kloster monastir, manastir, m. aus gr. fiovaaTrjQiov,

¡xavaaxriQiov.

11. Kirchenwesen

105

Kr. mnih 'Mönch' aus ahd. munih, dieses nach Kluge aus mlat. monicus, Nebenform zu monachus aus gr. fiova%oq 'Einsiedler' (Miklosich, EW. 207; Mazuranic I 672; AR. VI 852: Belege seit dem 13. J h . ; Kiparsky 152: allgemein abgeleitet von ahd. munih). — Die Orthodoxen nennen den Mönch kaludjer aus gr. xa^oyrjQog. Zu mlat. mansio 'Aufenthaltsort' gehört mansionarius' 'custos et conservator aedis sacrae'; nach dem anlautenden m fällt das erste n aus: mlat. *masionarius ergibt über spätahd. *mesinäri mhd. mesnaere 'Küster' (Kluge). Daraus kr. mezn(j)ar, m. 'Mesner' (Berneker I I 42; Miklosich, EW. 194; Mazuranic 650: belegt 1484; AR. VI 640). Ableitungen: meznjarica, f. 'Frau des M.', meznjarija, f. 'Lohn des M.'). Kr. dial. fara 'Pfarre', farnjik 'Pfarrkind', farof 'Pfarrhof' (ZbNZ. X I I I 46, 49: Prigorje; Bjelostjenac 873: farof 'plebanuska hisa'; fehlt im AR.; Miklosich, EW. 57: slowen. fara aus ahd. pharra\ die Kroaten gebrauchen dafür sonst das Wort -paroh, m. aus gr. naQ0%0q), die genannten Formen sind bloß von der slowenischen Sprachgrenze bezeugt; slowen. far 'Priester' (in neuerer Zeit verächtlich) geht zurück auf d. Pfarr, mhd. pfarre (Strekelj, L. 17). Serb. vice, pl. f. 'purgatorium' aus ahd. wlzi, n., mhd. wize 'poena, purgatorium'; vgl. nhd. bayr. Weiz(e) 'Fegefeuer' (Miklosich, F. 135; Schmeller I I 1029: die Weiße 'Strafe, Pein'). Neuere Entlehnungen sind: cinklek, m. 'Totenglocke' (ZbN2. I 206: Koprivnica; fehlt im AR.). Ich stelle es zu südd. Zügenglöcklein (Schmeller I I 1098; Fischer, Schwab. Wb. VI, 1315), vielleicht mit volksetymologischer Anlehnung an Zinn. Kr. lajter 'Kirchenleuchter' aus d. Leuchter, dial. laichter (ZbN2. X V 246: Cakovac; fehlt im AR.). Skr. lutoran 'der Lutheraner' aus d. Lutheraner = lutor, luter, luteran (AR. VI 230: lutor seit dem 18. J h . ; ZbNZ. X I I 274: Prigorje: lutiran). Kr. dial. tragle, pl. f. 'Totenbahre' (ZbNZ. X I I I 67: Prigorje) aus d. dial. Traget. ZUSAMMENFASSUNG

Aus den hier angeführten Lehnwörtern geht deutlich hervor, daß das Christentum den westlichen südslawischen Stämmen durch die Deutschen vermittelt worden ist, und zwar in ahd. Zeit. Es handelt sich zumeist um griechische und lateinische Termini. Auf deutschen bzw. germanischen Wörtern beruhen bloß skr. post, s. vice, kr. britof sowie kr. dial. cinklek und lajter. 12. U N T E R R I C H T S W E S E N Da die Hochschulen in Zagreb und Belgrad nach deutschem bzw. österreichischem Muster organisiert worden sind, darf es uns nicht wundern, daß auch die Terminologie des Hochschulwesens viele deutsche Ausdrücke aufweist, die allerdings zum größten Teil auf das Lateinische zurückgehen. Hierher gehören:

106

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Serb. universitet aus d. Universität, dieses aus lat. universitas; die Kroaten gebrauchen die Lehnübersetzung sveuciliste (sve 'alles', uciti 'lehren'). Skr. fakultet aus d. Fakultät, dieses aus lat. facultas 'Forschungsgebiet'. Skr. rektor aus d. Rektor, dieses nach Kluge aus mlat. rector (magistrorum et scholarium); dazu rektorat. Skr. dekan aus d. Dekan, dieses nach Kluge aus lat. decänus, ursprünglich 'Vorgesetzter von zehn Mönchen', später 'Vorsteher des Domkapitels', dann 'Vorsitzender der Fakultät'. Skr. docent aus d. Dozent. Skr. lektor aus d. Lektor, dazu lektorat. Skr. asistent aus d. Assistent. Skr. Student (früher Student) aus d. Student; studirati (früher studirati, heute nur noch in der Bedeutung 'nachdenken') aus d. studieren, letzteres aus lat. studere. Nach Kluge ist lat. studentes seit dem 14. J h . der amtliche Name der früheren schuler [scholares). Skr. suplent aus d. Supplent. Skr. hemija, f. aus gleichbed. d. Chemie; hemik aus gleichbed. d. Chemiker, übersetzt durch lucbar (AR. I I I 590). Skr. maturant aus d. Maturant (Trivunac, N. U. 64). Der Volksschullehrer heißt heute allgemein ucitelj, zu uciti 'lehren', früher hieß er auch mester, mestar; ersteres nach AR. V I 617 belegt seit dem 14. J h . : über magy. mester aus d. Meister, ahd. meistar, dieses aus lat. magister. Bei Sremac (Cira 155, allerdings mit humoristischem Beigeschmack) begegnet her-lerer. Skr. ferije, f. pl. beruht nach Trivunac, N. U. 64 auf d. Ferien; Kluge: seit 1521 belegt in der Bedeutung 'geschäftsfreie Tage', erst im 18. J h . werden Schulferien eingeführt. AR. I I I 50 leitet skr. ferija, f. 'Festtag' von lat. feria ab: älteste Belege seit dem 16. J h . Neben skolski drug begegnet das aus dem Deutschen stammende sulkolega (Vujaklija 1299). Der Gebrauch des Papiers wurde erst im 14. J h . allgemein: spätmhd. papir stammt aus lat. gr. papyrum (Kluge); die skr. Bezeichnung papir aus d. Papier wird heute hauptsächlich für Zigarettenpapier verwendet (Trivunac 65), das Schreibpapier heißt hartija, schon abg. hartija aus gr. xaQrl> plXaQTid (Berneker 385, wo Lit.). Bei Sremac (Vukadin 187) begegnet minister-papir; bei demselben Schriftsteller (Vukadin 208) „pakndekl", das meiner Meinung nach über magy. pakondekli (Melich 193) aus d. Pappendeckel entlehnt ist. Skr. tinta, f. 'Tinte' stammt entweder aus ital. tinta oder aus d. tinte (aus mlat. tincta {aqua), tingere 'färben'). In jüngster Zeit wurde die Füllfeder — skr. filfeder, m. übernommen, daneben hört man auch stilo (Vujaklija 1216). Der Bleistift heißt in älteren Nürnberger Protokollen (z. B . 1662) Bleyweißstefft; Adelung bucht 1774 in gleicher Bedeutung neben Bleifeder, Bleistift auch Bleiweiß (Kluge); Wort und Sache wurden über magy. plajbdsz (bei Melich 205) zu skr. plajbas, m. 'Bleistift' (AR. I X 947: bei Bjelostjenac

12. Unterrichtswesen

107

in der Bedeutung "weiße Bleifarbe', bei Voltigjija aus dem Jahre 1805 'Bleistift'). Direkt aus dem Deutschen stammt skr. plajvaz 'Bleistift' (Vuk, R.). Der Ausdruck wird verdrängt durch schriftsprachliches olovka, pisaljka. Junge Entlehnungen sind skr. blaj stift aus d. Bleistift (Trivunac 64) und serb. Stift aus d. Stift (Vujaklija 1298). Auf d. schraffieren beruht skr. srafirati (Vujaklija 1298); Kluge: schraffieren erscheint zuerst 1477; es stammt aus ndl. schraffeeren und dieses aus ital. sgraffiare, das nach Meyer-Lübke germanischer Herkunft ist. Ein Stoß Bücher oder Hefte heißt serb. stos aus d. Stoß (Vujaklija 1299). Den Zeichenblock nennt man blok aus d. Block (fehlt in den Wb.). Deutscher Herkunft sind die Bezeichnungen rajsbret aus d. Reißbrett (letzteres belegt 1610), rajsnegl, rajspapir, rajsfeder (Vujaklija 984). Eine Lehnübersetzung ist kr. risaca sprava aus d. Reißzeug (Agram 1937, E. E.). Zu lat. linea gehört das Adjektivum lineälis 'mit Linien gemacht', dessen subst. Neutrum mlat. *lineäle (neben llneärium) Ausgangspunkt für Lineal geworden ist, das 1468 zuerst belegt ist (Kluge). Schmeller I 1480: Linier, Lenivr 'Lineal', daraus skr. lenjir 'Lineal, pravacnik' (AR. VI 8: Ableitung: lenirisati 'linieren'), lineal, linoval (AR. VI 96: bei Bjelostjenac). Skr. kreda, f. kann nach Berneker 609 aus d. Kreide stammen, doch läßt er auch die Möglichkeit der Entlehnung aus ital. creda als unmittelbarer Quelle zu (AR. V 500: belegt seit dem 18. Jh.). Sicher stammt aus dem Deutschen kr. krajda, f. 'Kreide' aus nhd. Kreide (AR. V 442: bei Bjelstjenac). Kluge: mhd. kride aus vulg. lat. creda, dieses aus lat. [terra) creta 'gesiebte Erde', zu cernere 'sichten'. Der Atlas als Benennung von Erdkarten geht nach Kluge auf Mercators kartographisches Werk „Atlas", Duisburg 1595, zurück, das nach einem mythischen König Atlas von Mauretanien benannt ist; im Deutschen ist das Wort zuerst von Sperander 1727 verzeichnet; auf d. Atlas beruht skr. atlas, atlaz (letzteres bei Sremac, Vuk. 108). Anstatt svedocanstvo 'Zeugnis' begegnet bei Sremac (Cira 264) in humoristischer Absicht cajgnis (fehlt in den Wb.). In dieses Kapitel gehört auch kr. pelda, f. 'Beispiel', das (nach AR. I X 763) über magy. pelda 'Beispiel' (Melich 197) aus d. Bild, mhd. bilde übernommen worden ist. Ältester kr. Beleg 1541 (s. Mazuranic I 909). Bei den Kajkavcen um Zagreb ist das Wort heute noch lebendig, z. B.: Zemi se peldu od Jureka 'Nimm dir ein Beispiel an Georg!' (AR. s. v. pelda). Bei Schriftstellern aus der Wojwodina, so bei Ignjatovic (Patnica 29) und Sremac (Cira 77, 90, 299) findet sich die Bezeichnung des Mädchenpensionats serb. 1er, m., wohl aus d. Lehre (fehlt in den Wb.); um Cakovac wird 1er dialektisch für 'Lehrer' gebraucht, z. B. prvi ler je bil isluzeni feljbaba 'der erste Lehrer (des Dorfes) war ein ausgedienter Feldwebel' (ZbNZ. X I 217). In das Gebiet des Unterrichtswesens gehören noch folgende Lehnwörter: Skr. tekst aus d. Text, dieses in spätmhd. Zeit entlehnt aus lat. textus 'Gewebe', dann 'Wortlaut'. Skr. lektira, f. aus d. Lektüre (Sremac. Vuk. 163: AR. VI 1 hat bloß lektura 'citanje').

108

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Skr. citirati (Sremac, Prip. III 52; fehlt im AR.) aus d. zitieren; skr. citat, m. (Nusic, Prip. 36) aus d. Zitat. Skr. diktirati aus gleichbed. d. diktieren; nach Kluge ergab lat. dictare 'zum Nachschreiben vorsagen' vor Ende des 15. Jh. gleichbed. dictiren. Skr. kopirati 'kopieren, prepisivati' aus d. kopieren (AR. V 300). Kluge: 1. cöpia 'Fülle, Vorrat' ist im Kanzleilatein über 'Vervielfältigung' zu 'Abschrift' geworden und erscheint seit 1380 als copie, copay in amtlichen und kautmänischen Quellen. Skr. notica, f. (Lazarevic, Prip. II 194) aus gleichbed. d. Notiz. Zu gr. naveiv 'aufhören' gehört navaig, f. 'aufhören', das über lat. pausa, aL.ir.pose 'Zwischenzeit, Rast' im 13. Jh. mhd. püs{e), f. ergibt (Kluge); aus nhd. Pause ist skr. pauza, f. entlehnt worden (Nusic, Prip. 29; fehlt im AR.). ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Terminologie des Schulwesens bei den Serbokroaten erst in neuerer Zeit deutsche Lehnwörter aufgenommen hat, und zwar handelt es sich größtenteils um lat. gr. Wörter, die durch das Deutsche vermittelt worden sind. Nachhaltige Einflüsse mögen vom 16. Jh. an von der Militärgrenze ausgegangen sein, in der sehr viele deutsche Schulen bestanden (Vanicek, Spezialgeschichte der Militärgrenze, II 575ff., 590).

13. H E I L K U N D E Die furchtbarste Krankheit, mit der die Südslawen allerdings erst in ihren neuen Wohnsitzen am Balkan bekannt wurden, war die Pest, skr. kuga. Nach Berneker 638 stammt die Bezeichnung aus mhd. koge 'contagio', vgl. dial. bayr. kog, kogen 'Aas' (Schmeller I 1231), westf. kuggeln 'kränkeln'; der Ursprung des deutschen Wortes ist unbekannt. Bei den Skr. ist kuga seit dem 14. J h . belegt. Die Syphilis wurde erst durch spanische Matrosen des Columbus 1493 nach Spanien gebracht. Durch französische Söldner wurde die Krankheit nach Italien, daher Mal franzoso genannt, und Süddeutschland verschleppt (1495). Der Plural „Franzosen" in der Bedeutung 'Lustseuche, Syphilis' kommt 1519 bei Murner vor. Aus dem Deutschen ist das Wort zu den östlichen Völkern gedrungen. Bei den Skr. begegnet es als francüzi, pl., auch als franc, vranc, franca (letzteres seit dem 18. Jh.: AR. I I I 65). Aus nhd. Schanker (dieses aus fr. chancre) stammt kr. dial. cankir, m. (ZbNZ. V 129, Slawonien; fehlt im AR.). Die Gonorrhöe heißt kapavac, aber auch triper (Vujaklija 1175), dial. tripli (ZbN2. V 129: Gradiste in Slawonien). Das Wort Pocken ist nd. und ist erst in nhd. Zeit ins Hd. übernommen worden (Sehwers 356). Ins Skr. ist das Wort in Anlehnung an boginja 'Göttin' als boginje, pl. f. übernommen worden (Berneker 66); die einheimische Bezeichnung ist ospice, f. pl. — Eine Lehnübersetzung ist kr. koze, kozice, eigentlich 'Ziegen', übersetzt aus d. Bocke, Bockel (AR. V 417).

13. Heilkunde

109

Die skr. Bezeichnung für 'impfen', pelcovati, die auch für 'pfropfen' verwendet wird, beruht auf bayr.-öst. pelzen (Kluge: mhd. beizen; Schmeller I 389). Weitere aus dem Deutschen stammende Namen von Hautleiden sind: neben dem einheimischen krasta, f. begegnet grinta, f. 'Grind', belegt seit dem 17. J h . aus nhd. Grind (Kluge: mhd. grint\ AR. I I I 432). Vuk, Rj., verzeichnet das Wort grinta bloß als Namen einer Geflügelkrankheit (Risano in der Bucht von Kotor). — Ein bestimmter Hautausschlag, der 40 Tage dauert, heißt bei den Serben fircig (ZbNZ. V 93: um Leskovac) oder firciger (Vujaklija 1217; fehlt in den Wb.). — Hierher gehört auch serb. miteser aus d. Mitesser (Vujaklija 742). Bei Sremac begegnet s. apcerung aus d. Abzehrung (Cira 81; Prip. I I I 175). Allgemein heißen die Fraisen fras, vras, m. aus d. öst. Fraß (AR. I I I 69), daneben auch fräst (Otok in Slawonien), fräst (ZbN2. X I I 76: Prigorje); vgl. magy. frdsz, jräz 'Fraisen' aus öst .fräs (Melich 106), vgl. Schmeller I 826: Frais. Aus dem d. Schlag(fluß) stammt skr. slog, seltener slag (Trivunac 62; Vujaklija 1295; Angjelinovic, Robovi 44) oder zlag (ZbNZ. X I I I 21: Prigorje); dazu das Verbum slogirati (Ignjatovic, Patnica 16). 'Der Schlag hat ihn getroffen' heißt bei den Kroaten slag ga je trefil, bei den Serben slog ga je udario. — Aus d. Brand, dial. Bront stammen brand, bront (Vujaklija 172, 178), pront (Ignjatovic, Patnica 358); fehlt im AR. — S. giht aus nhd. Gicht, mh&.giht (Vujaklija 239), fehlt im AR. Auf d. Hexenschuß beruht heksensus (Vujaklija 1243), einheimisch proiisli, probadi. Der Bandwurm heißt pantljicara oder pantljikara\ pantljika, f. aus d. öst. Bändel (AR. I X 619: erst in neuerer Zeit belegt). Deutscher Herkunft sind die Bezeichnungen platfus = serb. dustaban (türk.), (Vujaklija 906); in Zagreb sah ich 1937 in der Auslage einer Drogerie Plattfußeinlagen angepriesen als uloske za platfus (ravno stopalo). — D. Rotlauf erscheint als rotlauf = s. crveni vetar 'roter Wind' (Vujaklija 1036); placangst aus d. Platzangst (Vujaklija 906). In einem kr. Arzneibuch des 18. J h . begegnet muntvolj aus d. Mundfäule (ZbNZ. X I V 71: Luiceva, ljekarusa aus dem J . 1746; fehlt in den Wb.). Mnd. wetac 'Schmerz', das in heutigen deutschen Dialekten fortlebt (Schmeller I 594, 595; auch in meiner Heimat, dem Schönhengstgau: wltik 'Abszeß'), ist nach Strekelj, L. 5, über magy. beleg 'krank' ins Kroatische eingedrungen: kr. beteg, m. 'Krankheit, Schmerz, Gebrechen' mit Ableitungen wie betegovati 'krank sein'; betezan 'krank' ist schon im 16. J h . belegt (AR. I 257). Der ausgehustete Schleim heißt auch s. slajm aus nhd. Schleim (Trivunac, N. U. 62). Das d. Kbeschunden' erscheint in der Ls. Prigorje als posundrani (ZbNZ. X I I 86). Die Schußwunde heißt unter anderem auch sus aus nhd. Schuß (Vujaklija 1299).

110

T. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Auf den nhd. Feldscher(er), belegt im 16. Jh., geht skr. felcer zurück (AR. I I I 47: belegt im 18. Jh.), Nebenformen felcer, velcer (Wojwodina) und feljcar (ZbNZ. X I I I 155: Gospic); vgl. magy. felcser aus nhd. Feldscher (Melich 97). — Seit dem 15. J h . begegnet skr. doktor, doktur in der Bedeutung „Arzt"; das Wort ist wohl über d. Doktor aus dem Lat. gekommen (AR. I I 600). — Dialektisch ist fuser, m. aus d. Pfuscher (Ignjatovic, Patnica 15; fehlt im AR.); nach Kluge ist das Wort pfuschen erst 1691 belegt. Skr. spitalj, m. stammt vom d. Spital, mhd. spitäl und dieses aus 1. hospitale; der einheimische Ausdruck ist bolnica (Vujaklija 1298; J B . I I 537). — Apotheken (Quelle ist gr. lat. apotheca 'Aufbewahrungsort') kamen in Deutschland erst nach 1300 auf und verbreiteten sich von da nach dem slawischen Osten. Bei den Skr. ist das Wort erst im 18. J h . verzeichnet als apateka, apoteka aus d. Apotheke (AR. I 94; Trivunac 62). Für Kinderpulver begegnet kr. dial. die Bezeichnung stöp, m. aus d. Staub, mhd. stoup; Ableitung: postopati 'bestauben' (ZbN2. X V I I 121, Samobor: cesto puta se djetetu upali koza na tjelu, osobito medju nogama; onda ga onuda postopaju stopom iz Ijekarnice ili brasnom 'oft entzündet sich die Haut des Kindes, besonders zwischen den Beinen; dann bestaubt man es mit Pulver aus der Apotheke oder mit Mehl'); das Wort fehlt in den Wb. Seit dem 18. J h . ist in den nördlichen Landschaften flastar, flastar bezeugt (AR. I I I 60); kajk. flaster, in der Wojwodina flaster; d. Pflaster ist etwa im 8. J h . aus gr. lat. EfjmXaaxqov entlehnt worden (Kluge). Neben dem einheimischen mast, f. 'Salbe' begegnet kr. dial. smir, m. aus d. Schmiere oder Schmeer, mhd. smer (ZbNZ. I 149, Stupnik). Das kr. Arzneibuch von Luic (1746) empfiehlt, auf Wunden plajbas aufzulegen (ZbNZ. X I V 87); das Wort ist nach AR. I X 946 über magy. plajbäsz aus d. Bleiweiß übernommen worden; plajvas bedeutet heute 'Bleistift' (s. oben S. 107). In demselben Arzneibuch heißt das Aufstreichen der Salbe auf ein Pflaster strihati, nastrihati aus d. streichen, gestrichen, vielleicht schon aus mhd. strichen (Strihati fehlt in den Wb.). Als Heilmittel gegen Abszesse empfehlen die kroatischen Bauern heißen Kuhmist aufzulegen: kravji drek aus d. Kuhdreck (Andjelinovic, Robovi 123; fehlt in den Wb.); in der Ls. Prigorje setzen sie dem ersten Linsengericht, das die Wöchnerin ißt, etwas Mäusekot zu, mlsi drek (ZbNZ. X I I I 43). Als Volksheilmittel gilt auch das Kümmelöl, kr. kimlovo ulje (ib. I 150: Stupnik; das AR. IV 953 kennt bloß kimino, kimlin, kimljen). Über Kümmel s. oben S. 27. Kr. klister, m. 'Klystier' (AR. V 82: bei Bjelostjenac); meiner Meinung nach aus bayr.-öst. Klister, n. (Schmeller I 1340). Zu gr. yJ.v^eiv 'spülen' gehört xXvarrjQiov, das über lat. clysterium Fachwort der mittelalterlichen Heilkunde wird: mhd. Klister (Kluge). Eine junge Entlehnung ist skr. vata, f. aus nhd. Watte (nach Kluge erst nhd. aus ndl. watte) vatirati aus d. wattieren (Vujaklija 193). Skr. kafra, f. geht meiner Meinung nach entweder auf mhd. gaffer aus fr. camphre zurück oder auf it. canfora (AR. IV 734; Kluge s. v. Kampfer).

14. Heerwesen

111

Das obengenannte Arzneibuch von Luic nennt als Heilmittel satboser aus d. Scheidewasser = aqua fortis (ZbNZ. X I V 106; fehlt in den Wb.). Ein kr. Arzneibuch vom J . 1822 (ZbN2. X I V 242, 251) nennt als Heilmittel kr. granagel aus d. Krähenäugelein, dial. Krahnagln. Die Krücke heißt skr. staka, f., auch sljaka, skljaka; ersteres geht meiner Meinung nach auf d. staken zurück (Kluge: im 17.—18. J h . aufkommend, eigentlich ein ndd. Wort, vgl. ndl. staak. angels. staca, engl, stake, aschwed. staki 'Pfahl'), vielleicht über it. stacca, das aus der genannten germanischen Sippe stammt (Belege bei J B . I I 537: auch der Bischofsstab heißt staka). — Der Stelzfuß heißt skr. stula, f. Ich halte es für eine Entlehnung aus d. Stolle, mhd. stolle, m. 'Stütze, Pfosten'. Die Pluralform stule (gen. stülä) bedeutet 'Stelzen'. Doch begegnet auch stelcne, f. pl. aus d. Stehen (Vujaklija 1298). Eine junge Entlehnung ist rendgen aus d. Röntgen (Vujaklija 1010) mit Ableitungen: rendgenisirati, Rendgenovi zraci 'R.strahlen' usw. Vujaklija verzeichnet kajzersnit, Sectio caesarea. Über Heilpflanzen, deren Namen aus dem Deutschen stammen, s. unten S. 141. Der Geisteskranke oder Narr heißt schriftsprachlich mähnit oder lud, in den westlichen Landschaften auch norac, m., norica, f. (AR. V I I I 228: seit dem 17. Jh.) aus nhd. Narr in der südd. Aussprache Narr. Aus der lat. gr. Gelehrtensprache sind viele medizinische Termini über das Deutsche ins Serbokroatische eingedrungen; hierher gehören z . B . p u l s aus d. Puls (aus 1. ftulsus), sanitet 'Sanität', recept 'Rezept', diagnoza, internista, psihiater, operisati 'operieren', hirurg, rekonvalescent, apces 'Abszeß', dijabeticar 'Diabetiker' usw. ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß auf dem Gebiete des Medizinalwesens vom Mittelalter angefangen gleichmäßig fortlaufende deutsche Einflüsse wirksam waren. 14. H E E R W E S E N Die Zahl der hierhergehörigen Lehnwörter ist ziemlich groß. Das erklärt sich vor allem aus dem engen Zusammenleben der Deutschen und Serbokroaten im Rahmen der ehemaligen Militärgrenze, die über 300 Jahre bestanden hat (1553—1873). Das Gebiet dieser Militärgrenze hieß vojnicka ivojna) krajina, granica (granicar 'Grenzwächter'), soldacija (im Gegensatz zur faorija); Mazuranic 538 verzeichnet dafür kr. kristel(j), kriztelj, m. (ältester Beleg 1698) aus d. Kriegstelle. — Deutsch war überdies bis zum Jahre 1918 die Dienst- und Kommandosprache des k. u. k. Heeres. — Aber auch schon im Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit sind viele deutsche militärische Fachausdrücke ins Serbokroatische eingedrungen (s. unten s. v. helam, halaparda, stuk {puska), graba, zoldinar, soldat, vahtar, lonckneht, sereg, perman, knap, harcu. a.).—Bekanntlich bestand die Leibwache des serbischen Zaren

112

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Stefan Dusan (1331—1355) aus 300 Deutschen. 1341—1350 gehörte zur serbischen Besatzung von Ber (Mazedonien) eine Abteilung deutscher Ritter. Ihr Befehlshaber war der deutsche Ritter Palman, der 1333—1355 öfters erwähnt wird (Jirecek, Ist. S. I I 25, 26, 70). — Unter Despot Djuradj (15. Jh.) bestand die Besatzung Belgrads zumeist aus Deutschen (ib. I I 132). WAFFEN

Seit dem 16. J h . ist skr. pancer, m. (AR. I X 612) aus d. Panzer, mhd. fanzer belegt; die d. Formen gehen zurück auf ital. fanciera, das zu oberit. panza "Bauch, Leib' gehört (Kluge). Der Panzer war also ursprünglich dazu bestimmt, den Unterleib zu schützen. Skr. pancijer und pancir stammen unmittelbar aus dem Italienischen. — Mazuranic 893 verzeichnet pancerar, m. Tanzermacher', 15. Jh., Bjelostjenac 500: fancerska rubaca 'Panzerhemd', 17. J h . Zum Schutz der Brust diente die Brünne, ahd. brunia; aus letzterem stammt urslaw. brhna, brnje, f. pl. 'Panzer aus Ringen oder Platten' (Mazuranic 101: 14. Jh.). AR. I 664 verzeichnet bloß die seit dem 16. J h . belegte Sg.-Form bröna, brnica, f. 'Ring, Ohrring, Haarschmuck'. —Auch Berneker 90 (wo Entsprechungen in den einzelnen Slawinen) hat bloß die Sg.-Form brnjica 'Ring', nach ihm auch Stender-Petersen, SGL. 225. Skr. brnje, pl. hatte also ebenso wie aksl. branje, pl. und alttsch. brni, pl. ursprünglich die Bedeutung 'die Ringe'. Die germanische Brünne muß also, wie Stender-Petersen ganz richtig annimmt, zur Zeit ihrer Entlehnung ein aus Eisenringen bestehendes Panzerwams gewesen sein. Urslaw. brmja, sg., bezeichnete ursprünglich wohl den einzelnen Ring, der Plural brnsje hatte die Bedeutung 'die Ringe, der Panzer'. — Auch das litauische Wort wird nach Stender-Petersen 226 nur pluralisch als Bezeichnung des Panzerharnisches gebraucht. Schon im 15. J h . begegnet kr. helam, m. 'Helm' aus mhd. heim (Mazuranic I 377; AR. I I I 588: daneben im 16. J h . hejam, m.); die einheimische Bezeichnung ist kacija, f. — Es ist bemerkenswert, daß das Wort für Helm schon früher einmal ins Slawische entlehnt worden ist: aus urgerm. *chelmawurde urslaw. *chelmö, slemö, das in allen Slawinen erscheint: aksl. slfrm3 'cassis', skr. slem, sljem 'Helm' (weitere Entsprechungen bei StenderPetersen SGL. 227). Mlat. collarium 'Halsrüstung' (zu lat. Collum 'Hals' ergibt mhd. koller, bayr.-öst. Goller (Schmeller I 893; Kluge); darauf beruht kr. goler (Jambresic 119) und goleric (Bjelostjenac 308), beide fehlen im AR. Angriffswaffen. Die bei den Kroaten um 1700 bezeugte halaparda, f. 'Hellebarde' (Mazuranic 1735; Bjelostjenac 86: haloparda fehlt im AR.: geht zurück auf mhd. helmbarte, das heißt 'Streitaxt mit langem Stiel' (13. Jh.). Aus dem Deutschen stammt auch fr. hallebarde (Kluge), tsch. halafiartna. — Bei Horvat-Kis (JP. 147) begegnet helebarda. Skr. sablja stammt zwar aus magy. szdblya, aber kr. klinga, f. aus d. Klinge (AR. V 78: belegt um 1700), heute gvozdje u sablje 'Säbelklinge', gvozdje unoza 'Messerklinge'.

14. Heerwesen

113

D. Büchse (nach Kluge stammt ahd. buhsa aus vulglat. buxis, gr. nv£ig 'Dose aus Buchsbaumholz') hat die Bedeutung 'Feuerrohr zum Schießen' erst seit der zweiten Hälfte des 14. J h . über die Bedeutung 'Hohlzylinder' entwickelt. In dieser Bedeutung ist das Wort in die slaw. Sprachen gedrungen und erscheint im Skr. als puska, f. 'Feuergewehr' (AR.). Mazuranic 1194 verzeichnet aus dem 15. J h . puksmester 'Büchsenmeister', aus dem 16. J h . puksa, pukiica, aus dem 17. J h . puksar 'Büchsenmacher'. Entsprechungen aus anderen Slawinen bei Miklosich, EWb. 268: im Russischen hat puska. die Bedeutung 'Kanone'. Im 17. J h . kam die Zündung des Gewehrs mittels eines Feuersteinhahns auf. Nach Deutschland scheint diese neue Errungenschaft aus den Niederlanden gekommen zu sein. Der Feuerstein heißt ndl. flint, das neuartige Gewehr benannte man danach Flinte (Kluge). Bei den Skr. begegnet flinta, vlinta, f. in den nördlichen Landschaften (AR. I I I 61); Bjelostjenac 1215 hat flinka 'tormentum manuarium'. Aus d. Stutz 'Büchse, Stutzen' stammt skr. stuc (Vuk, R . ; J B . I I 543). Der Scharfschütze heißt skr. sicar, m. (Vuk, R.); sica, f. 'Gewehr' ist meiner Meinung nach entweder eine Neubildung dazu oder eine Kurzform zu d. Schieß-Gewehr; in derselben Bedeutung erscheint soca, f., vielleicht umgeformt aus sica unter dem Einfluß von d. geschossen. — Der Schuß heißt skr. pucanj, m., zum Verbum pucati 'schießen', aber auch sus (Vujaklija 1299). Die Pistole (nach Kluge zuerst in schlesischen Geschichtsquellen zwischen 1421—1429 belegt) heißt skr. pistola (17., 18. Jh.), pistola, pistolija, pistolja, ferner auch pistolj, m. (AR. I X 891); Grundwort ist nach Kluge tsch. pistal 'Pfeife', das nach Erfinduug der Feuerwaffen die Bedeutung 'kurzes Handrohr' annimmt und während der Hussitenkriege zu den Nachbarn gelangt. Nach Seliwers ist das Grundwort ital. pistola, das auf die durch die Waffenfabriken berühmte Stadt Pistoja zurückgeht. Die Gewehrkugel nennen die Serben kursum (türk.), tane (türk.), puscano zrno, in der Wojwodina auch kugla, f. aus nhd. Kugel (Adamov, SP. 162; Sremac, Cira 128: topovske kugle 'Kanonenkugeln'). Aus d. Schrot (um 1600 belegt) stammt srot, doch werden vorwiegend die türk. Ausdrücke sacma oder dratnlija gebraucht (Vujaklija 1298; fehlt in den Wb.). Bei Reljkovic, Gr. 452 (18. Jh.) begegnet sharaf ( = Saraj) in der Bedeutung 'Kugelzieher'; zugrunde liegt d. Schraube in einer Dialektform, z. B. schwäb. Schrauf, bayr. Schraufen. In der Terminologie des Handwerks heißt s(a)raf 'Schraube' (fehlt in den Wb.). Die d. Patronentasche erscheint als patrontas, m. (AR. I X 706), daneben auch türk. fisekluk, fiseklija. — In derselben Bedeutung begegnet serb. ledunge, wohl aus d. Ladung (in einem Aufsatz des Glasnik istoriskog drustva, Novi Sad, X 55). Ein weiteres Synonym ist das seit dem 18. J h . in Dalmatien und Bosnien gebrauchte kehar, m. aus nhd. Köcher 'Behälter' (AR. IV 933: Nebenformen sind keharac, kejar, ker). 8

S c h n e e w e i s , Die deutschen

Lehnwörter

Ü4

Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Der Amerikaner Colt erfand 1828 die Drehpistole und benannte sie nach dem englischen Zeitwort revolve "sich drehen' Revolver. Der R. ist über d. Revolver zu den Skr. gelangt und erscheint hier als revolver,revorver; levorver (Lazarevic, Prip. I I 9), laforfer (ib. I I 161), levover (Sremac, Prip. I I 73, Vukadin 63). Das Geschütz heißt bei den Serben heute top (türk.), bei den Kroaten kolna puska, eigentlich 'Wagenbüchse'. Mazuranic 1435 führt kroat. stuk, m., aus d. Stuck an (letzteres 1578 belegt in der Bedeutung „Kanone": Sehwers 383) und betont, daß in seiner Jugend (also um 1850) stuk in Zagreb die häufigste Bezeichnung für 'Kanone' war. Es ist daher auffallend, daß das Wort bei Ivekovic-Broz fehlt. Bjelostjenac 1215 (um 1700) übersetzt Stuk mit Hormentum, velika puska', Jambresic 989 mit 'velika taborska puska'. — Als Name einer Geschützgattung verzeichnet Vuk und nach ihm AR. VI 218 lunta, f.; das Wort geht zurück auf d. Lunte 'Lampendocht, Zündschnur': es scheint also die Bezeichnung für die Zündschnur auf das ganze Geschütz, für das es keinen einheimischen Namen gegeben hatte, übertragen worden zu sein. — Der d. Ausdruck für die Zündkapsel, durch welche die Pulverladung des Geschützes in Brand gesteckt wurde, war Brandl (noch zu Beginn des Weltkrieges bei den früheren österreichischen schweren Haubitzen); darauf beruht skr. brandla, f. 'Lunte, Zündkapsel' (AR. I 585). Seit dem 18. J h . ist kr. haubica, f., obica, f. belegt (AR. I I I 583). Diese Geschützbezeichnung geht zurück auf d. Haubitze, im 15. J h . als hüfnitze, hauf(e)nitz bezeugt und durch die Hussitenkriege aus tsch. houfnice 'Steinschleuder' eingeführt (Kluge). Allerdings steckt in tsch. houfnice mhd. houf, m. 'Haufe'. — Das Untergestell des Geschützes heißt lafeta, f. (AR. V 868) aus d. Lavete (Kluge: seit 1634). Als Bezeichnung eines großkalibrigen Geschützes, aber auch des Stampfmörsers begegnet seit dem 17. J h . kr. mozar, muiar, m., einheimisch fr an gija; das Wort ist über magy. moszdr aus d. Mörser, mhd. morsaere eingedrungen; letzteres geht auf lat. mortarium zurück (AR. V I I 31; Kluge: Mörser als Bezeichnung einer großkalibrigen Kanone seit dem 15. Jh.). Heute hat mozar die Bedeutung 'Böller'. Im Weltkrieg wurde das Wort zum zweitenmal übernommen : Den 42-cm-Mörser, der zu Beginn des Weltkriegs bei der Beschießung der belgischen Festungen Aufsehen erregt hat, nennen die Serbokroaten ebenfalls merzer (Vujaklija 718). Junge Entlehnungen sind ferner masin(en)gever (ib. 707), minenverfer (ib. 735), tromlfajer — skr. 'bubnjarska vatra' (ib. 1178), kanonenfuter (ib. 529); auch bei Sremac, Cira 87. Seit dem 18. J h . ist skr. kartac, m., kartaca, f. 'Geschützladung für den Nahkampf, bestehend aus vielen kleinen Geschossen' bezeugt (AR. IV 872). Das Wort stammt aus d. Kartätsche 'Artilleriegeschoß' (seit 1611) über engl. cartage (seit dem 16. Jh.) aus ital. cartoccia 'grobes Papier' (Kluge). — Skr. bombardirati aus d. bombardieren (Kluge: seit dem 17. Jh.); skr. kapitulirati aus d. kapitulieren (nach Kluge kaum vor 1724). Skr. cilj, m. (AR. I 795) ist schon im 16. J h . bezeugt und stammt aus d. Ziel, mhd. zil\ in demselben J h . begegnet auch schon das Verbum ciljati

14. Heerwesen

H5

'zielen', und zwar in wörtlicher und in übertragener Bedeutung (AR. I 796); daneben auch das aus dem Türk, stammende nisan 'Ziel', dazu das Verbum nisaniti. — Treffen heißt pogoditi, vereinzelt auch trefiti, strefiiti (fehlt in den Wb.) aus d. treffen, mhd. treffen. Ein guter Schütze heißt trefer (Vujaklija 1171). Von den Schutzbefestigungen ist vor allem die Schanze zu erwähnen. Das Wort hatte ursprünglich die Bedeutung 'Reisigbündel' (Kluge: westfälisch schantse 'Holzbündel'), erst gegen Ausgang des Mittelalters erhält es die Bedeutung 'Schutzbefestigung' (Sehwers 387; vgl. d. Faschine 'Damm aus Reisigbündeln' aus ital. fascina). Aus d. Schanze stammt skr. sanac, m., gen. sanca (IB. I I 519; Vuk, R. 862); Ableitung: usanciti se 'sich verschanzen' (Vuk, R.), obsancati 'mit Schanzen umgeben' (Bjelostjenac 245).—Daneben wird das aus dem Magy. stammende sarampov gebraucht. — Wie im Deutschen Wall und Graben häufig gleichzeitig genannt werden, so im Skr. sanac s grabami. Graba, f. 'Graben', einheimisch auch prokop oder jarak (aus türk. jaryk) stammt aus mhd. grabe (AR. I I I 351: schon im 15. J h . in den nordwestlichen Landschaften bezeugt). Auch der Name Zagrab, Zagreb hängt damit zusammen. — Ich glaube, daß sich auch die zweite Bedeutung des Wortes graba 'Zwangsarbeit' aus der ersten ableiten läßt und daß das Wort nicht, wie Danicic (Osn. 18, Kor. 61) meint, zu grabiti gehört: bei Mazuranic, Dodatci 57 findet sich als Strafe verzeichnet: suditi na sanac 'zu Schanzarbeiten verurteilen'; da Schanze und Graben nach dem Obigen zusammengehören, ist es logisch, daß graba, f. die Bedeutung 'Grabenarbeit' erhalten kann. — Außer 'Festungsgraben' bedeutet graba auch den gewöhnlichen Graben. Über d. Bastei (Kluge: im 14. J h . entlehnt aus ital. bastia) ist skr. bastaje, f. pl. eingedrungen; das Wort fehlt in den Wb., begegnet aber bei Schriftstellern aus der Wojwodina (vgl. Adamov, SP. 56). — Ähnlich ist serb. palisad, palisat, m., auch palasat, palasak (in der Lika) (AR. I X 589, 583; Vuk. R.), über d. Palisade (dicht vor dem Dreißigjährigen Krieg) aus fr. palissade entlehnt worden (Kluge: dieses aus ital. palizzata\ Grundwort ist lat. palus 'Pfahl'. —• Neben dem einheimischen tvrdava 'Festung' begegnet auch festung (Vujaklija 1208), älter festunga, f. (Bjelostjenac 232, 243: = 'castellum'). Über skr. palanka s. oben S. 3, über skr. turn S. 7. Da skr. mina 'Mine' schon im 16. J h . bei dem dalmatinischen Schriftsteller Sasin bezeugt ist, in Deutschland das Wort Mine aber erst 1597 gebucht ist (Kluge), so ist die Herleitung des Wortes aus ital. mina, wie sie AR. VI 715 vorschlägt, anzunehmen; deutschen Ursprungs dagegen ist das Verbum minirati (das in den Wb. fehlt) aus d. minieren. Das einheimische Wort für Lager, nämlich okol, m., ist durch logor, m. (AR. V I I 1 3 5 : seit dem 18. J h . in den nördlichen Landschaften) zurückgedrängt worden; letzteres kann erst auf nhd. Lager zurückgehen, denn die mhd. Form ist leger. Ableitungen zu logor: logoriste 'Lagerplatz', ulogoriti se 'sich lagern', logorovati, intr. 'lagern'. — Relkovich (Gr. 448) übersetzt logor mit lehaje. — Neu ist koncentracioni logor aus d. Konzentrationslager; das Wort logor erscheint auch für 'Parteilager', lager, m. in der Bedeutung 'Warenlager' (Vujaklija 671). 8*

116

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Die Friedensgarnison heißt skr. garnizon (schon bei Vujic, P. I 51; fehlt in den Wb.) aus d. Garnison, das nach Kluge 1602 in der Bedeutung Besatzung aus fr. garnison (zu garnir 'besetzen') entlehnt worden ist. Aus fr. caserne wurde d. Kaserne (Kluge: 1695), daraus skr. kasarna, f. (AR. IV 878: seit dem 18. Jh.), seltener kasarma\ letzteres vielleicht direkt aus ital. caserma (AR. IV 878). D. Quartier (Kluge: mhd. quartier um 1210 aus fr. quartier 'Viertel, der vierte Teil') erscheint seit dem 18. J h . im Skr. als kvartir 'Wohnung, Unterkunft' (AR. V 581; jünger ist die dissimilierte Form kvartil, 19. Jh.). Ableitung: kvartirati 'einquartieren' (Vujaklija 556). — Aus der d. Militärsprache stammt auch skr. kantonirati 'übernachten' (Ignjatovic, Patnica 380; fehlt in den Wb.), das auf d. kantonieren zurückgeht. — Der Sitz des Regiments hieß in der Militärgrenze stapsort aus d. Stabsort (ZbN2. X I I I 155: Gospic je tada [1864—1866] bio „stapsort prve krajiske regimente", 'Gospic war damals Stabsort des ersten Grenzregiments'). — D. Zeughaus erscheint als skr. cajkus (Sremac, Prip. I I 130; fehlt in den Wb.). TRUPPENGATTUNGEN

Die allgemeine Bezeichnung des Soldaten ist skr. soldat, m., über frühnhd. Soldat aus ital. soldato 'Söldner', dem ml. sol(i)datis zugrunde liegt, Part. pf. p. zu ml. solidare 'besolden'. Ableitungen: soldatija 1. 'Militärgrenze', im Gegensatz zur paorija 'Bauernland', 2. 'das Soldatenvolk'; soldacija, f. 'Soldatenleben', soldatusa, f. 'Soldatenfrau' ( J B . I I 443). — Älter mutet die Bezeichnung zoldinar, m. an (Mazuranic I 1720), das auf d. Söldner, mhd. soldenaere zurückgeht. — Aus frühnhd. drabant, trabant 'Krieger zu Fuß' (nach Berneker 218 aus ital. trabante \ nach Kluge entlehnt aus dem gleichbedeutenden, bereits im 15. J h . belegten tsch. drabant, für das nach einem fremden Vorbild zu suchen ist) stammt skr. draban(a)t (AR. I I 734; Mazuranic 274: belegt 1521). Nebenformen: drobanat, graban(a)t, belegt 1530; letzeres dürfte nach Berneker volksetymologisch an grabiti 'rauben' angelehnt sein. — Neben den drabanti werden als Unterstellte des Burggrafen auch vahtari genannt (Mazuranic 11010: Anleitung für die Burggraten aus dem 17. Jh., angeordnet von Fürst Franjo Frankapan); vahtar aus mhd. wachtaere oder Ableitung zu kr. vahta, f. aus d. wachte, f. (Mazuranic 1537); als Name erscheint Vahten im Altserb.: Rambot& Vahterj (Danicic, R. I. 105). Vgl. bayr.-öst. Wächter (Schmeller I I 842). Der d. Landsknecht, eigentlich 'Soldat im Dienste des Landes', nach Kluge seit dem 15. J h . bezeugt, erscheint bei den Skr. als lonckneht (AR. VI 148: 1527 in den Mon. croat. 225; Mazuranic I 609). Ein ital.-span. Schimpfwort der deutschen Landsknechte und der Deutschen überhaupt war seit dem 16. J h . Lantz(t), ital. lanzo (Kluge). Auch bei den Skr. hießen die Söldner aus Deutschland, lanci, m. pl., gen. lanaca; in Dubrovnik wurden sie einige Zeit als Wächter und Soldaten gehalten, außerdem waren sie Musikanten oder hatten solche bei sich (AR. V 896: bei Vetranic I, 248, einem ragusanischen Dichter des 16. J h . heißt es: Lanci Alemani, trumbetari i pifari 'deutsche Landsknechte, Trommler und Pfeifer').

14. Heerwesen

117

Eine Ableitung zu d. Schar, ahd. skara, ist Scherge, mhd. scherge, das seit dem 13. J h . besonders auf bayr. öst. Boden als Bezeichnung für Gerichtspersonen vom Amtsvorsteher bis zum Henker erscheint (Kluge); über magy. sereg ist das Wort ins Skr. gedrungen, wo es in verschiedenen Bedeutungen auftritt. Nach Mazuranic 1424 hat sereg, m. im 16. J h . die Bedeutung 'Kompagnie, Heeresabteilung', eine Ableitung dazu ist serezanin 'Soldat', der im Sereg dient'. Als Bezeichnung des ungarischen Fußvolks des Bathory ist das Wort im 17. J h . nach Polen gedrungen: p. szereg 'Reihe, Glied', szeregowiec 'Infanterist' (Brückner, SE. 547). Aus d. werben wird skr. bermati (17. Jh.), birmati (18. Jh.); Ableitungen dazu sind vrbovka, bermanac, f. ( J B . II 745) 'Werbung; (Mazuranic 54, 1720), birmanac 'Liniensoldat' (AR. I 323). — Wahrscheinlich gehört hierher auch die Bezeichnung perman, prman 'Söldner, bewaffneter Wächter', die schon im Statut von Vinodol (13. Jh., Hs. aus dem 16. Jh.) vorkommt (Mazuranic I 911; AR. I X 791). Oder darf man an d. Wehrmann denken? Die Steuer zur Unterhaltung dieser Wächter hieß permanija, f. (Mazuranic 911; fehlt im AR.). Ein Freibauer, der seinen adeligen Grundherrn in den Krieg begleiten mußte, hieß knap, m. (Mazuranic 513: belegt 1606) aus d. Knappe, vgl. Schildknappe. AR. V 109 kennt bloß den Familiennamen Knapic (16. Jh.) und den Dorfnamen Knapic bei Varazdin. Eine allgemeine Bezeichnung der militärischen Truppen ist trupa, f. aus d. Truppe (Vujaklija 1179), das im 17. J h . aus fr. troupe entlehnt worden ist (Kluge); Vuk, R., verzeichnet trumpa, f. 'Trupp, Haufen'. Auf d. Regiment beruht skr. regemenat, m. oder regementa, f. (Vuk, R . ; J B . I I 340). Nhd. Schwadron, nach Kluge gebucht 1616, aus ital. squadrono, eigentlich 'großes Viereck' erscheint im Skr. als svadron, m. (Vujaklija 1292). , Der Zug heißt s. cug, m., einheimisch vod (Vujaklija 1283). Aus dem D. stammt auch magy. cug in derselben Bedeutung (Melich 80). Skr. rota, f. (Vujaklija 1036) aus nhd. Rotte 'Schar, Abteilung', das auf afr. rote 'Abteilung, Truppe' zurückgeht. Aus dem d. militärischen Fachausdruck Glied 'Reihe' stammt das seit dem 18. J h . in den nordwestlichen Landschaften belegte glida, f. 'vojnicki niz' = 'Soldatenreihe' (AR. I I I 197; Bjelostjenac 850: glide vojnicke, pl. 'ordines militum'). Eine Gruppe von Soldaten heißt grupa, f. (Vujaklija 1227) aus d. Gruppe und dieses aus fr. groupe; das einheimische Wort ist gomila, skupina. Skr. kor, m. 'Truppenkörper, bestehend aus 2—3 Divisionen' ist in neuerer Zeit über d. Korps aus fr. corps eingedrungen (AR. V 315). Schon seit dem 18. J h . ist in den nördlichen Landschaften die Bezeichnung frajkor, vrajkor, m. aus d. Freicorps bekannt (Vuk, R . ; AR. I I I 64). Der serb. Name ist ceta. Ableitungen: frajkorac, m. 'Mitglied eines F . ' , frajkorija, f., coli, zu frajkor. — In Bosnien organisierte die öst. Armee nach der Okkupation des Landes Streifkorps und Schutzkorps, die auch von den Bewohnern strajfkor, m. (Andric, Prip. I I 81: U kasamu je stigao odred strajfkora 'in die Kaserne kam eine Abteilung des St.') und suckor genannt werden (Andric, Prip. I I 18).

118

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Viele Namen von Truppengattungen sind entweder d. oder durch die Deutsehen vermittelt worden: Als Bezeichnung für einen 'Soldaten im Dienste eines Adeligen, Wächter' begegnet in den kr. Stadtbüchern der Ausdruck jagar (Mazuranic 454; im AR. IV 405 nur in der Bedeutung 'venator' aus d. öst. jager); im serb. Heer hieß der Vorläufer des serb. Infanteristen jeger (Sremac, Prip. I 14: Govore dalje o starim „jegerima", rodu vojske koji je zamenjen danasnjom pesadijom, 'sie sprechen ferner von den alten Jägern, einer Truppengattung, die durch die heutige Infanterie abgelöst worden ist'). Auf lat. musca 'Fliege' geht der Name eines wie mit Fliegen gesprenkelten Sperbers zurück. M. lat. muscke(t)a bezeichnet ein Wurfgeschoß. Später wird der Name übertragen auf die Luntenflinte, welche Herzog Alba 1567 als span. mosqueta an Stelle der Arkebuse einführte. In Deutschland ist Muscete zuerst 1575 bei Fischart, Gargantua 284 bezeugt. Aus d. Muscete stammt skr. musket 'kurzes Gewehr', skr. muskatir, -ira aus d. Musketier, dieses aus fr. musquetaire oder ital. moschetiere (AR. VII 171: belegt im 18. Jh.). Ital. granatiere ist einerseits über d. Grenadier 'Granatenwerfer' (Kluge: seit dem Dreißigjährigen Kriege) ins Skr. gelangt, als skr. granadir, granatir (seit dem 18. Jh. in der Wojwodina), anderseits direkt ins Dalmatinische granatijer (Dubrovnik und Bucht von Kotor); vgl. AR. I I I 385. D. Artillerist erscheint im Skr. als artilerist (AR. I 114: 18. Jh.). In den skr. Wb. fehlt pioner aus d. Pionier, auch in der Bedeutung Vorkämpfer gebraucht (so bei Matavulj, R K . 119: Pioner toga napretka jest energicni Amrus, 'Pionier dieses Fortschritts ist der energische A.'). In den skr. Wb. fehlt kurazir (Ignjatovic, CS. 62) aus d. Kürassier, das nach Kluge 1616 zuerst gebucht ist: Küraß 'Lederwams' aus fr. cuirasse (cuire 'Leder'). Der Kavallerist heißt skr. konjanik (zu konj 'Pferd'), daneben begegnet im 18. Jh. rajtar (AR. VII 171) und in der öst.-ung. Armee dragoner (fehlt in den Wb.) aus d. Dragoner (Kluge: fr. dragon 'feuerspeiender Drache' war zuerst der Name einer Feuerwaffe, seit dem 16. Jh. des damit ausgerüsteten leichten Reiters; Draguner, ursprünglich Plural, seit 1616 belegt). — Skr. (h)ulaner aus d. Ulaner 'Lanzenreiter' fehlt in den Wb., begegnet aber häufig bei serb. Schriftstellern aus der Wojwodina, so bei Ignjatovic, Patnica 380; Sremac, Cira 87, 97, 189. Die Quelle des Wortes ist türk. oglan 'junger Mann' (zum Stamm ogh 'Kind'); das Wort wird auf leichte Reiter angewendet und entlehnt zu poln. ulan 'Kavallerist in tatarischer Kleidung'. Von August dem Starken wurde die Truppe ins sächsische, von Friedrich dem Großen ins preußische Heer eingeführt; d. Ulan seit 1745. Durch die Militärsprache ist wohl auch d. Reitpeitsche eingedrungen: skr. rajtpajc, m. (fehlt in den Wb., begegnet aber bei Sremac, Cira 97); Peitsche ist bekanntlich ein Lehnwort aus slaw. bic (zum Stamm bi- 'schlagen'), belegt seit dem 15. J h . (Kluge). Ital. provianda, f. 'Mundvorrat eines Heeres' erscheint 1474 als d. prowandt', aus diesem stammt skr. profont, profunt (Mazuranic 1167: 17. Jh.), profunta, provunta, 'Kommißbrot', profunat, m. 'Proviant, Kommißbrot' ( J B . II 247) unter volksetymologischer Anlehnung an skr. funta, vunta, f.

14. Heerwesen

119

'Pfund'; aus dem D. stammt auch magy. projont 'Proviant', unter Anlehnung an magy. font 'Pfund' (Melich 211: hält Entlehnung des Skr. über das Magy. für wahrscheinlich). — 1596 wird Fürst Marko Bencic als Profont ferboljter 'Proviantverwalter' der kr. Landschaften bezeichnet (Mazuranic 985). — Skr. fasovati 'Fassen des Proviants' (Vujaklija 1202) aus d. fassen, ursprünglich 'in ein Gefäß tun'. Im Gefolge der Truppen befand sich der Marketender (Kluge: seit dem 16. J h . aus ital. mercatante 'Händler'), skr. margetan (AR. VI 472: seit dem 18. J h . in der Wojwodina); Ableitung: margetanica, f. 'Marketenderin'. Aus d. furier 'Quartiermacher' (Kluge: schon im 16. J h . allgemein üblich, aus fr. fourrier) stammt skr. furir (AR. III 80: seit dem 18. J h . in der Wojwodina). — Neuere Entlehnungen sind skr. intendant, intendantura, auditor u. a. (Trivunac 61); sanitet aus d. Sanität (ib. 62). — Über felcer, velcer aus d. Feldscher er s. o. S. 110. MILITÄRMUSIK

1670 ist in Bakar (Buccari) der herpaukar aus d. Heerpauker bezeugt; dazu herpauka 'Trommel', herpaukati 'trommeln' (Mazuranic 390; fehlt in den Wb.). In neuerer Zeit begegnet man dem herrschenden aus dem Türk, entlehnten dobos, m., auch troml aus d. Trommel (Kluge: spätmhd. trum(b)el aus ahd. trumba, das in die romanischen Sprachen entlehnt worden ist: ital. tromba, fr. trompe). Nhd. Trompete ist eine Rückentlehnung aus dem Romanischen : fr. trompette, ital. trombette; aus letzterem stammt skr. trumbeta 'Trompete'. Direkt aus ahd. trumba stammt abg. trqba, serb. truba (Miklosich, EW. 362). Ableitungen: trubac 'Trompeter', trubiti 'trompeten'. — Mazuranic I 1470 verzeichnet truba in der Bedeutung 'Trompete' (Danicic, R . ; Stulic), auch in der Bedeutung 'Leinwandrolle' (siehe auch J B . I I 596). — Im 16. J h . werden in einem Maskenumzug in Ragusa erwähnt: Lanci Alemani trumbetari i pifari (Vetranic I 248, nach AR. V 896). Pifar nach AR. I X 834 aus ital. piffero 'Pfeife', skr. svirala. Zu dem obigen Vers paßt aber besser die Bedeutung 'Pfeifer', so daß pifar meiner Meinung nach direkt oder über das Ital. auf ahd. pftfdri, mhd. pfifaere zurückgehen kann (Kluge: ahd. pflfa als Name einer Flöte entlehnt aus *pipa, einer gemeinromanischen Rückbildung zu pipäre 'piepen'. Skr. mars m. bedeutet einerseits 'zurückgelegte Wegstrecke', andererseits die 'Marschmelodie' (AR. VI 487). D. Marsch ist gleichzeitig mit marschieren im 17. Jh. aus fr. marche, f. (dunklen Ursprungs) entlehnt worden. — Für das alte öst. Kaiserlied begegnet bei den Kroaten kajzermars (ZbNZ. X I I I 85: Prigorje). — Die Militärkapelle wird volkstümlich banda genannt (Trivunac, N. H. 60; fehlt in denWb.) aus d. Bande Musikanten (bezeugt 1729). CHARGENGRADE

Der gemeine Soldat heißt vojnik, früher auch gemajner (so in einem Rapport an Knez Milos vom Jahre 1821 aus Sabac: SEZb. 37, S. 240) aus d. Gemeiner (Soldat).—Der Gefreite ( = von groben Arbeiten Befreite) erscheint

120

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

bei den Skr. seit dem 18. J h . in den nördlichen Landschaften als frajt, vrajt (AR.III 64); Name: Frajtovic. Ital. caporale (capo 'Haupt') ist über fr. corporal (Anlehnung an corps) um 1600 zu d. Korporal geworden. Direkt aus ital. caporale stammt deutsch-dial. Kaprai, das wahrscheinlich über magy. kdplär ins Skr. gedrungen ist: kaplar, m. 'desetnik', belegt seit dem 18. J h . (AR. IV 846). Daneben begegnet seit dem 18. J h . kapral (ib. 848). Der Zugführer heißt fir (Reljkovic, Gr. 447: 18. J h . ; fehlt im AR.) oder firar (ZbNZ. X I I 266: Prigorje; Vujaklija 1217), firer (Mazuranic 306: 1639; Sremac, Cira 67), filer (ib. 189). Nach Weigand, Wb. 6 , I I 1194 kommt d. Wachtmeister 'der oberste Unteroffizier bei der Reiterei', ursprünglich 'der, welcher die Wachen beaufsichtigt', im D. im 16. J h . auf. Auf skr. Gebiet ist vohmestar im Jahre 1639 belegt, bohmestar im Jahre 1687 (Mazuranic 73); in neuerer Zeit vahtmajster (Vujaklija 193) und vakmajstor (Angjelinovic, Robovi 83). In der kaiserlichen Armee hieß er vor dem Weltkrieg strazmestar ( J B . I I 481), strazmester (Vujic, P I 56), also mit Übersetzung des ersten Teils: skr. straza, f. 'Wache'. D. Feldwebel (nach Kluge frühnhd. Feldweibel) wurde ins Skr. entlehnt als feldbabel (Bjelostjenac 12), feljbaba (ZbNZ. X I 217), felbebl (Vujaklija 1205), filebr (Wojwodina, eig. Erhebung). — Der Rechnungsunteroffizier hieß in der d. Soldatensprache der kaiserlichen Armee scherzweise Rechtsum, daraus skr. rehcum (Belgrad, Wojwodina: eig. Erhebung). Offizier ist nach Kluge nach der Mitte des 16. J h . aus fr. officier 'Beamter', dann 'Befehlshaber über Soldaten', das auf mlat. officiarius 'Bediensteter, Beamteter' zurückgeht, ins D. entlehnt worden und hat sich im Dreißigjährigen Krieg in Deutschland eingebürgert. Von hier ist das Wort ins Skr. übergegangen, wo es schon im 17. J h . als oficir erscheint (AR. V I I I 733; ib. I X 490: ovicir, in der Lika; Kocic, PI. 23, Bosnien: ovincir). Fähnrich, Fähndrich ist nach Kluge eine erst nhd. Bildung aus der kürzeren Form mhd. venre, ahd. faneri, und zwar unter dem Einfluß von Eigennamen wie Friedrich, Dietrich usw.: aus d. Fähndrich wurde kr. fendrik entlehnt, das sich aber gegenüber dem aus dem Türk, übernommenen barjaktar (zu barjak 'Fahne') nicht durchsetzen konnte. Heute ist fendrik in der Ls. Prigorje die Bezeichnung für den Fahnenträger im Hochzeitszug (ZbNZ. X I I 64, ib. X I I I 53; das Wort fehlt in den Wb.). Leutenant, Leutenampt ist um 1500 aus fr. lieutenant 'Stellvertreter eines militärischen Führers' entlehnt worden (Kluge). Ins Skr. wurde das Wort als lajtnant, lajtman übernommen (AR. V 878: erst bei Vuk, R. verzeichnet); aus lajtman wurde durch Metathesis lacman (ib. V 864), doch dürfte meiner Meinung nach hierbei auch Anlehnung an lacman aus d. Landsmann mitgewirkt haben. — Der Oberleutnant heißt dementsprechend oborlacman (Vuk, R.: Lika), aber auch obrlajtman (AR. V I I I 464: Lika) und obrlajtnant (Sremac, Prip. IV 83). — Analog skr. oberarc aus d. Oberarzt (ZbN2. X I I I 155: Gospic; fehlt in den Wb.). — In der heutigen jugoslawischen Armee heißt der Leutnant porucik, eine Neubildung zum Verbum poruciti 'befehlen'.

14. Heerwesen

121

Vereinzelt begegnet ritmajster (Sremac, Cira 177; fehlt in den Wb.) aus d. Rittmeister (nach Kluge seit 1545 in der Bedeutung 'Hauptmann der Kavallerie' bezeugt; das erste Wortglied frühnhd. rit, m. bedeutet 'Schwadron'). — Bei Reljkovic, Sat. 23 begegnet kr. oberkapitan aus d. Oberkapitän (AR. V I I I 324). Major ist in Deutschland im 16. J h . gebucht (Kluge: es geht zurück auf span. mayor 'höherer Offizier' und verdrängt seit 1577 den älteren Titel Oberwachtmeister). Das Wort wurde als major ins Skr. entlehnt (AR. VI 392). Oberst, Obrister ist ein substantivierter Superlativ vom Adj. ober und ist in Deutschland seit dem 16. J h . als Bezeichnung des Regimentskommandanten üblich (Sehwers 390). Seit 1700 erscheint das Wort im Skr. als ob(e)rstar, obrstar, ob(e)rster (AR. V I I I 324, 469, 470) aus d. Obrister. Das Wort ist verdrängt worden durch das einheimische -pukovnik, zu ftuk 'Regiment'. — Ähnlich heißt der frühere oberstlajtnant (Reljkovic, Gr. 447; fehlt in den Wb.) heute potpukovnik. D. General wurde aus ïr. général übernommen (Kluge: die Nachbildung General-Oberst erscheint seit 1555, die Kürzung General seit 1608). Aus dem D. stammt skr. général (AR. I I I 128: seit dem 17. Jh.), aus ital. generale skr. gjenerao (ib. 533). — Auf d. Stab (schriftsprachlich) beruht skr. stab, auch in der Zusammensetzung generalstab (Trivunac 60). D. Marschall ist nach Kluge unter teilweiser Einwirkung von fr. maréchal entstanden aus mhd. marschalc, ahd. marah-scalc 'Pferdeknecht', später 'Aufseher über das Gesinde auf Reisen und Heerzügen'. Aus dem D. ist skr. marsal (AR. VI 487) entlehnt. Der d. Feldmarschall wurde übernommen als feldmarsal (Vujic, P. I 158), fetmasar (AR. I I I 51: in einem montenegrinischen Volksepos); im Volksmund wurde das Wort zu vermas (Jb. I I 709; Strekelj, L 55; Miklosich, F. 135). Für d. Rang (aus fr. rang, das selbst aus dem d. Ring entstammt, als Fachwort der Heeressprache im Dreißigjährigen Krieg entlehnt, seit 1665 gebucht) gibt es im Skr. ein seit dem 13. J h . belegtes einheimisches Wort, nämlich ein, m., das auch in der kirchlichen Hierarchie gebraucht wird. Daneben begegnet in neuerer Zeit rang aus d. Rang (Sremac, Cira 149; Angjelinovic, Rob. 130; fehlt in den Wb.). — Skr. salutirati aus d. salutieren (Trivunac 62) ; Quelle: fr. salut 'Gruß'. UNIFORM UND AUSRÜSTUNG

Die Uniform des Soldaten heißt skr. uniforma aus d. Uniform (Trivunac 61) oder mundir, also ebenso wie r. mundir ; Quelle ist nhd. montieren, Montierung, wahrscheinlich über r. mundir (Trivunac 61) oder magy. mundir, mundér (Melich 183). Magy. mondur geht wohl ebenso wie tsch. p. mundur direkt auf d. Montur zurück, das aus ital. montura stammt (AR. V I I 152, 18. J h . ; in Slawonien nennt man scherzweise die mit den Schalen gekochten Kartoffeln krumpiri s mundirom). — Das Monturdepot heißt serb. obmundirovno slagaliste (Nusic, Prip. 59). Der d. Waffenrock wurde ins Skr. entlehnt als vaf(e)nrok (Trivunac 36; Vujaklija 193). — Bei Vujic wird bei der Beschreibung der serb. Uniform

1-22

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

vom J . 1826 eine Art Waffenrock unter dem Namen jankel genannt (Vujic, P. I 56: . ..podugacki militarski jankel sa zuti dugmeti i ugasito crveni aufslozi, 'ein langer militärischer Jankel mit gelben Knöpfen und dunkelroten Aufschlägen'); jankel stammt aus d. öst. Jankerl, vielleicht über magy. jankli (vgl. Melich 142). — Über prusluk 'Weste' (Vujic, P. I 56) aus d. Brustfleck s. oben S. 18. Vuk, R. verzeichnet sarpelj, m. 'Achselschärpe, die man trägt, damit die Flinte nicht unmittelbar die Kleidung berühre und beschädige'. Das Wort stammt aus d. Schärfe, Schärpe, das nach Kluge im 17. Jh. aus dem gleichbedeutenden fr. echarpe 'Armbinde' entlehnt worden ist. Die Aufschläge der Uniform werden bisweilen als aufslozi bezeichnet (Vujic, P. I 57 aus dem J . 1826); auch Sg. obslag (Glasnik Istoriskog Drustva X 55: im Rahmen einer alten Beschreibung der Ausrüstung der TrenkPanduren, vielleicht über russ. obslag. D. Tornister, erst im 18. Jh. zunächst als militärisches Wort aufkommend, beruht auf mittelgriechisch rdyiarQov 'Futtersack der Reiter', abgelenkt durch spätgr. xdviatQov 'aus Rohr geflochtener Korb' (Kluge); aus dem D. stammt skr. tornister, auch telecak 'Kalbsfelltornister' oder ranac genannt (Vujaklija 1162); letzteres ist entlehnt aus d. Ranz 'Tragsack zum Umhängen' (Kluge: rotwelsch rantz 'Sack' seit 1510 vom Elsaß bis Schlesien; Trivunac 61; ranac fehlt in den Wb.). D. Orden 'Auszeichnung' geht zurück auf lat. ordin-em; in neuerer Zeit wurde das Wort als orden ins Skr. entlehnt (AR. I X 161; fehlt in den früheren Wb.), jetzt wird es verdrängt durch skr. red. MILITÄRDIENST

Die Einreihung der Truppen erfolgte früher nach vorangegangener Werbung. Aus d. werben wurde skr. bermati (17. Jh.), birmati (18. Jh.), vrbovati (s. oben S. 117). — In neuerer Zeit ist an Stelle der Werbung die Rekrutierung und Assentierung getreten. Aus d. rekrutieren (Quelle: fr. recruter) wurde skr. regrutitati, rekrutovati; der Rekrut heißt rekrut, regrut oder einheimisch vojnik-novajlija 'Neuling' (Vujaklija 997). Aus d. visitieren 'untersuchen' stammt vizitirati (Ignjatovic, CS. 53), aus d. assentieren (aus lat. assentiri) skr. asentirati, asentiranje (Vujaklija 107), asentirung (Sremac, Cira 26, 87; fehlt in den Wb.). — Bei Sremac (Cira 87) begegnet vereinzelt auch untauglih. Einen wesentlichen Bestandteil des Dienstes bildet im Frieden das Exerzieren. Das Wort ist im Dreißigjährigen Krieg aufgekommen und beruht auf lat. exercere 'üben, ohne Rasten beschäftigen' (Kluge). Aus dem D. stammt skr. egzercirati (Vujaklija 350), Ableitung egzerciriste, n. 'Exerzierplatz'; J B . I 288 verzeichnet eksercir, m. 'das Exerzieren', das schon 1826 bei Vujic, P. I 55 belegt ist: da sada i Serblji uce eksercir, 'daß jetzt auch die Serben exerzieren lernen'. — Ein zweiter Ausdruck für Exerzieren ist skr. mustrati aus d. mustern (Sehwers 394: mustern ist schon 1449 verzeichnet; aus ital. mostrare, dieses aus lat. monstrare); Subst. mustra, f. 'Heerschau, das

14. Heerwesen

123

Exerzieren' (Mazuranic I 694; A R . V I I 175: 16. J h . ) ; eine Nebenform dazu ist mustra, f. 'Heeresmusterung' (ib. V I I 167: 18. Jh.). — Eine neuere Entlehnung ist abrihtovati aus d. abrichten (Vujaklija 6). D. marschieren für älteres 'gleich schreiten' ist seit 1608 belegt (Kluge aus fr. marcher 'gehen', dessen Ursprung dunkel ist). Darauf beruht skr. marsirati (AR. VI 487), dial. masirati. Hierher gehören auch marsruta, f. aus d. Marschroute (ib.), marsordra, f. aus d. Marschor Are (ib.) und der Kommandoruf m a r s ! — Aus fr. fiarade ist im 17. J h . d. Parade als militärisches Wort entlehnt worden (Kluge); auf letzterem beruht skr. parada; Ableitung: paraditi 'in Parade stellen' (AR. I X 638). — Aus d. stärken stammt kr. sterkati, strkati; 1633 schreibt Graf Keglevic: „cim sam regiment sterkal", 'sobald ich das Regiment (durch Rekrutierung) gestärkt hatte' (Mazuranic, Dod. 57). D. Kommandant, kommandieren ist während des Dreißigjährigen Krieges allgemein üblich geworden, es geht zurück auf fr. commandant, Commander; Quelle ist vulg. lat. commandare gleich lat. commendare (Kluge). Aus dem D. ist das Wort ins Skr. entlehnt worden: komandirati (AR. V 235: dazu gebildet komandir 'Kommandant' oder aus fr. Commandern), komendirati (IB. I 534). — Neben skr. naredba, f. 'Befehl' begegnet auch befel aus d. Befehl (Andric, Prip. I I 89: Bosnien). — Aus dem öst. Exerzierreglement sind in die Volkssprache eingedrungen: mars; fertig (Vujaklija 1207), einheimisch gotov, aptak (Matavulj, R K . 74; Angjelinovic, Rob. 184) aus d. habt Acht!; vgl. magy. ha-ptäk aus derselben Quelle (Melich 128); olbrekc (Sremac, Cira 99) aus d. halbrechts) holt! (ZbNZ. X I I 293: um Esseg) aus d. halt! Skr. fehtati se, fektati se 'fechten' (AR. III 47: schon bei Bjelostjenac) aus d. fechten; Ableitung: fektas, fektavec 'der Fechter' (Bjelostjenac). Auf d. manövrieren beruht skr. manevrirati, manevrovati (AR. VI 442). Aus d. Schildwache, mhd. schiltwache (ursprünglich 'das Wachen in voller Rüstung mit Schild') stammt skr. siljbok, m. ( J B . I I 529), einheimisch straza 'Wache', strazar 'Wächter'. Ableitungen: silbociti 'Schildwache stehen', siljbokana 'Schilderhaus' aus d. Schildwache + türk. (h)ana, jetzt strazara, f. — Vgl. magy. silbak, das ebenfalls aus dem Deutschen entlehnt ist (Melich 235). D. Losung 'Erkennungsruf' aus spätmhd. losunge, f., das im 15. J h . auftritt (Kluge); darauf beruht skr. lozinka, f. 'Losung', das zuerst bei Vuk, R . verzeichnet ist. — Der deutsche Ruf der Wache „Wer da ?" wurde im Munde der skr. Soldaten zu berdo (vgl. auch magy. berdo: Melich 67); Ableitung: berdokati '„Wer d a " rufen'; aus dem Ruf „Patrolle vorbei!" wurde skr. patrol povrbaj! (AR. I 235: belegt bei Vuk, R.). — D. Patrolle geht auf fr. patrouille zurück. Aus dem D. ist skr. patrola, f. in derselben Bedeutung entlehnt worden, aus d. fatrollieren •— skr. patrolirati; Ableitungen: patrolac 'Mitglied der Patrolle' (Lika, Slawonien), patrolgjija, m. (Sabac); patrolana, f. Hütte, in der sich die Patrolle sammelt' (AR. I X 706). — Aus dem Deutschen stammen wohl auch folgende Synonyma für „bewachen": varati 'hüten, bewachen', später auch 'täuschen' (Bjelostjenac, 17. J h . ) ; skr. varovati 'hüten'

124

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

(Mazuranic 1543: belegt 1590 in Varazdin, varovati se 'sich hüten' (Danicic, R. I 102) und vardati 'bewachen' (Mazuranic I 1541: belegt im 15. J h . in der Herzegowina). Alle drei genannten Wörter beruhen auf d. wahren, mhd. warn, ahd. nur in bewarön (ahd. wara 'Aufmerksamkeit, Obhut'). — Skr. vardati vielleicht über ital. guarda aus ahd. warten 'ausschauen, erwarten', vgl. magy. varda—varta (Melich 259: „der Wandel rt—rd läßt sich auch aus dem Deutschen erklären. Sievers hat diesen für die Sonderung der fränkischen Dialekte wichtigen Lautwandel festgestellt und bis auf das Mnd. hinauf verfolgt, doch scheinen Anzeichen für dessen Vorwalten selbst im Ahd. zu sprechen, da sich unser Wort bei Förstemann, Ahd. Namenbuch, sowohl als warta, als auch als warda belegen läßt"). Hierher gehört auch skr. garda, f. 'Schutzwache des Königs' (AR. I I I 105: bei Vuk, NP. V 321; Trivunac, N. U. 60) aus d. Garde; letzteres erscheint im 16., 17. J h . meist als Guardia oder Guarde aus fr. garde oder ital. guardia (Quelle ist germ. warda). — Über vahta, f. aus mhd. wachte, f. und kroat. vahtar, m. s. o. S. 73. Aus d. melden stammt skr. meldovati 'der vorgesetzten Behörde melden' (AR. VI 596: Lika). — Fr. rapport, m. ist über d. Rapport ins Skr. entlehnt worden: raport, m. 'amtlicher Bericht', einheimisch izvestaj (ib. I I 300); raportirati aus d. rapportieren (Trivunac 62). Deutsch Alarm wurde im 15., 16. J h . aus ital. allarme 'zu den Waffen!' entlehnt (Kluge); aus dem D. wurde skr. alarm und das Verbum alarmirati übernommen. Auf einer älteren deutschen Nebenform Larman oder Alarma (16. Jh.) beruht skr. larma 'Alarm, Lärm' (AR. V 903: Bjelostjenac); Ableitung: larmati 'lärmen'. FELDZUG

D. Plan 'Kriegsplan' geht nach Kluge zurück auf fr. plan, dieses aus lat. planta 'Fußsohle, Grundriß'; aus dem D. stammt skr. plan, m. 'Kriegsplan' (AR. I X 956: belegt bei Vuk, Danica). D. Front (nach Kluge belegt zu Beginn des 17. Jh.) beruht auf fr. front 'Stirn(seite)'; aus dem D. ist skr. front entlehnt (fehlt im AR.). Aus d. Sturm (mhd. stürm 'Unwetter, Kampf') stammt skr. stürm (Vujaklija 1299), gebräuchlicher ist aber das aus dem Türk, entlehnte juriL — Für ' K a m p f begegnet im Kr. seit dem 16. J h . harc, harac, m., dazu ein Verbum harcovati 'kämpfen' (Mazuranic 373: letzteres belegt 1578). Berneker 377 glaubt, daß südsl. harc über magy. harc 'Streit, Kampf aus mhd. harc, Interj., gekürzt aus harze, herze 'herzu!' entlehnt sei; anders Melich 128 (schon vor ihm Asboth: Berneker 377): magy. harc aus d. Hätz 'Hetze'; aus dem Magy. stammen danach die slaw. Formen mit r. — Holub, SE. 58 denkt an den d. Schlachtruf ,,Her(aus)", der im Tsch. hr! vorliegt. •— Skr. harati 'plündern, verwüsten' (AR. I I I 574: belegt seit dem 15. J h . ; Vuk, R . : arati 'plündern') kann nach Berneker 384 auf ahd. harjön, herjön 'mit Heeresmacht überziehen, verheeren, plündern' zurückgehen. Im 17. J h . begegnet bei zwei tschakawischen Schriftstellern in derselben Bedeutung har, m. 'Verwüstung' (AR. I I I 568). — Nach Kluge wurde ahd. roubön, mhd. rouben zu

14. Heerwesen

125

ital. rubare 'rauben'; daraus altkroat. rubati, rubiti (Vermischung mit slaw. rgbiti 'schlagen'): Mazuranic I 1267: belegt 1275; Ableitung: rubez, m. 'executio'; heute rubacina, f. 'Execution' ( J B . I I 356). D. Schlag erscheint bei Bjelostjenac 923 als kr. slak 'Hieb, Wunde'. — Lat. plaga. Aus nhd. Beute stammt skr. pajt, m., pajta, f. 'Beute, Plünderung' (AR. I X 563: einheimisch dobit, pljacka)', Ableitung: pajtovati 'plündern' aus d. beuten (ib. 563: Bosanska Krajina); hierher gehört wohl auch pajtas, pajdas 'Genosse', ursprünglich 'Genosse beim Teilen der Beute' (AR. I X 562: seit dem 16. Jh., über magy. pajtds; Mazuranic 887: 17. Jh.); vereinzelt begegnet pajdas in der Bedeutung 'Beute', einheimisch plen (AR. I X 562: 16. Jh.). D. Strapaze, f. ist im 17. J h . aus ital. strapazzo, m. 'Abarbeitung, Anstrengung' entlehnt worden; auf dem D. beruht skr. strapac, m. (Vujaklija 1299), einheimisch 'naprezanje'. — Skr. marodan 'krank' (AR. VI 486: heute in der Lika), einheimisch bolestan, aus öst. marod{e), das wahrscheinlich im Dreißigjährigen Krieg aus fr. maraud übernommen worden ist (Melich 179: aus dem D. stammt auch magy. marödi); skr. marodirati aus d. marodieren. Neben schriftsprachlichem otsutstvo, n. 'Urlaub', eigentlich 'Abwesenheit', begegnet urlaub (Vujaklija 1193; Ignjatovic, CS. 5; fehlt in den Wb.) aus nhd. Urlaub; kr. frlab (ZbNZ. X I 97: Cakovac) stammt meiner Meinung nach aus d. Verlaub', vgl. magy. felldb aus nhd. Verlaub, öst. falaub 'Erlaubnis' (Melich 98). — Skr. opsit, m. 'Abschied, Entlassung' aus d. Abschied (Ignjatovic, CS. 26; fehlt in den Wb.). Der Späher hieß ahd. speho (spehön 'spähen', speha, f. 'Auskundschaftung'). Nach Kluge stammt aus der germanischen Sippe ital. Spione (fr. espion), woraus im Dreißigjährigen Krieg d. Spion rückentlehnt wurde. Ins Skr. wurde das Wort aus dem D. als spijon, spijun übernommen (gebucht bei Vuk, R.); Ableitung: spijuniti 'spionieren'; daneben begegnet das aus dem D. entlehnte spijunirati (Trivunac 60). Aus der Militärsprache stammt schließlich das heute nicht mehr gebräuchliche Schimpfwort seljam, seljmen, das auf d. Schelm, eigentlich 'toter Tierkörper' zurückgeht. Die Militärgrenzer pflegten zu schwören: „Ein Schelm, der nicht halt" (Mazuranic 1423: belegt aus dem J . 1737). ZUSAMMENFASSUNG

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß auf dem Gebiete des Kriegs- und Waffenwesens starke deutsche Einflüsse wirken, besonders seit der Zeit des Aufkommens der Feuerwaffen: stuk, puska, flinta, lunta, cilj, trefiti, musket, loncknehti = lanci, logor u. a. In vielen Fällen haben die Deutschen den Serbokroaten militärische Bezeichnungen aus den romanischen Sprachen übermittelt: kasarna, kvartir, soldat, regementa, svadron, kor, frajkor, granadir, kaplar, oficir, lajtnant, major, asentirati, egzercirati, mars, marsirati, komandirati u. a. Über das Magy. ist aus dem Deutschen eingedrungen: skr. sereg, über das Russische: skr. mundir, obslag.

126

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen 15. K U N S T

(MUSIK,

THEATER,

MALEREI)

MUSIK

Nach Kluge ist die Bezeichnung Kapellmeister (zu ital. cappella 'Musikgesellschaft') seit 1570 in Deutschland bezeugt; daraus stammt skr. kapelmajstor (Nusic, Prip. 5; Matavulj, RK. 118; fehlt im AR.). Auf ital. concerto 'Wettstreit (der Stimmen)' beruht d. Konzert, das seit 1619 bezeugt ist; daraus ist entlehnt skr. koncert (schon bei Vujic, P. I 37: koncert muzikalni), koncerat (JB. I 557). Bei Sremac (Cira 155; Prip. II 45) begegnet bleh-instrument (fehlt im AR.), ebenso fligorna, f. (Sremac, Prip. III 179) aus d. Flügelhorn', fligornist (Prip. I 173) aus d. Flügelhornist', auch diese beiden Ausdrücke verzeichnet das AR. nicht. — Serb. klapna, f. aus d. Klappe(n) (Trivunac, N. U. 63). Zu den Blasinstrumenten gehört auch die Flöte (nach Kluge seit 1511 belegt), mhd. floite (schon im Nibelungenlied), das auf afr. fleute zurückgeht, Grundwort ist 1. flatus 'blasen'; aus dem Deutschen ist skr. fletna entlehnt (ZbNZ. X I I I 85: Prigorje; fehlt in den Wb.). Serb. pozauna, f. (Vujaklija 915; fehlt im AR.) stammt aus d. Posaune (durch Luther schriftsprachlich geworden), mhd. busüne aus afr. buisine, f. dieses aus lat. bücina aus *bovi-cina, zu bös 'Rind' und canere 'singen', also 'Hirtenhorn' (Kluge). Aus ahd. trumba 'Trompete' sind die slawischen Ausdrücke abg. trgba, skr. truba 'Trompete' (Kiparsky 267) entlehnt. — Aus spätmhd. trumbel stammt nach Berneker skr. drombulja 'Maultrommel', slowen. dromlja, 'Schalmei', slk. drumbla, dromblicka 'Maultrommel' (Berneker 227; AR. II 790). Auf d. Schwegel, f. ahd. swegala 'Rohr, Flöte', beruht kr. zvegla 'Schwegelpfeife' (fehlt in den Wb.). Neben dem einheimischen rog begegnet auch horn (Vujaklija 1269) und hornist (ib.). Saiteninstrumente: Die germanische Harfe, ahd. harpha ist ins Skr. als (h)ärfa (AR. I 104: belegt seit dem 17. Jh.) übernommen worden; skr. arpa (AR. I 112: seit dem 16. Jh.) ist über ital. arpa entlehnt worden. Dafür, daß skr. violine aus d. Violine (nach Kluge seit 1682 belegt: aus ital. violino) entlehnt ist, spricht das gleiche Geschlecht: ital. violino ist Masculinum ebenso wie fr. violon (Trivunac, N. U. 63). Aus der schon im 17. Jh. geläufigen Zusammensetzung Baßgeige (Kluge: Quelle ist ital. basso aus mlat. bassus 'niedrig') ist d. Baß als Name des Streichinstrumentes verkürzt; aus dem Deutschen stammt skr. bas 'Baßgeige' (Vujaklija 142; fehlt im AR.), kr. dial. bajs 'Baßgeige', bajzar 'Baßgeigenspieler' (ZbNZ. I 129, 173). Neben skr. dempfer aus d. Dämpfer gebraucht man die einheimische Bezeichnung muzicki cesalj 'Musikkamm' (Vujaklija 279; ersteres fehlt im AR.). Arab. al-'üd (zu 'iId 'Holz') 'Instrument aus Holz, Zither, Laute' erscheint im Ital. als liuto, im Afr. als leüt und gelangt als spätmhd. lüte, f. zu uns; aus

15. Kunst (Musik, Theater, Malerei)

127

nhd. Laute stammt skr. lauta, f. (Vujaklija 649), laut, m. (AR. V 926: 17. Jh.), direkt aus ital.liuto ist skr. leüt, m. (AR. VI 22; 15. Jh.) entlehnt. Skr. strajh-orkestar (Vujaklija 1299) aus d. Streich-Orchester (nach Kluge ist Orchester in der Bedeutung Musikkapelle seit 1758 bezeugt). D. Klavier 'Saiteninstrument, dessen Saiten mit Hilfe von Tasten angeschlagen werden', ist in seiner heutigen Bedeutung seit 1677 bezeugt; es geht zurück auf fr. clavier 'Tastenreihe (zunächst der Orgel)', das 1511 ins Nhd. entlehnt wird. Quelle ist lat. clavis 'Schlüssel', das im Mlat. die Bedeutung 'Schlüssel zum Ventil der Orgelpfeife' und weiter 'Taste' erhält; aus d. Klavier stammt skr. klavir, m. (AR. V 46 junge Entlehnung; Sremac, Vukadin 114 nennt es sva-pski klavir im Gegensatz zur serb. gusle). Flügel heißt eine Art Klavier wegen der Gestalt, belegt seit 1778 (Kluge); aus dem Deutschen stammt skr. fligl (Vujaklija 1220; fehlt im AR.). — Der Klavierstimmer heißt serb. stimer aus d. Stimmer (Vujaklija 1298), dazu das Verbum stimovati aus d. stimmen (ib.), rastimovati 'verstimmen' (Trivunac, N. U. 63). Skr. kiks, kikser aus d. Kickser (Vujaklija 564). Deutsch Triangel aus lat. triangulus ergab skr. triangel (Vujaklija 1171; Vujic, P. I 37: jedan trijangel iliti fitosto reci sadzak 'ein Triangel' oder kurz gesagt 'Dreifuß'). Hierher gehören ferner muzikan(a)t aus d. Musikant (AR. VII 185) und musicirati aus d. musizieren. — Skr. mars aus d. Marsch (AR. VI 487). — Skr. kamermusik (Vujaklija 526). — Skr. trauermars (Vujaklija 1169). — Skr. nahtmusika 'Ständchen' (Sremac, Cira 141, 147) aus d. Nachtmusik. — Skr. stendhen (Vujaklija 1298; Kluge: Ständichen seit 1619). — Skr. sraml aus d. öst. Schrammet. — Skr. ton 'Ton' aus d. Ton (Kluge: mhd. tön geht zurück auf lat. tonus, dieses auf gr. rovog). Skr. lajtmotiv (Vujaklija 641) aus d. Leitmotiv. Aus d. triler (Kluge: gebucht seit 1678 aus ital. trillo) stammt skr. triler (Vujaklija 1174). Aus lat. tactus stammt frühnhd. lad; daraus skr. takt (Vujaklija 1129; fehlt in den Wb.). Auf d. Wergl (aus ital. vergula 'Drehorgel') beruht skr. vergl 'Leierkasten' (Vujaklija 199), verkl (Lazarevic, Prip. II 10); Ableitung verglas 'Werkelmann' (Trivunac, N. U. 63; Sremac, Cira 90). Seit der Einführung des Radios, also in neuester Zeit, sind entlehnt worden: skr. lautspreher, lautfersterker (Vujaklija 649). Auf lat. mutare beruht d. mutieren 'die Stimme ändern'; aus dem Deutschen ist skr. mutirati entlehnt. Über Militärmusik s. im Kapitel Heerwesen. THEATER UND FILMKUNST

Das Theater nennen die Serben pozoriste, n. 'Schaubühne' (Stamm zor'schauen'), die Kroaten kazaliste, n. (zu kazati 'sprechen'), früher hieß es nach dem Deutschen teatar (IB. I I 560), teater; Ignjatovic (Patnica 109) hat

128

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

teator. — Die deutsche Bühne, im 18. J h . verkürzt aus Schaubühne (Kluge), heißt skr. pozornica, f. daneben begegnet aber auch noch bina, f. (Sremac, Prip. I I 39, IV 152); die Drehbühne, die erst 1896 von Lautenschlager erfunden worden ist, erscheint als drebina, f. oder in der Lehnübersetzung als okretna pozornica (Vujaklija 334). Der Schauspieler heißt glumac (belegt seit dem 16. Jh.), selten sauspiler (Vujaklija 1292); Bjelostjenac hat glumac = norcak 'histrio' (zu d. Narr). Skr. trupa aus d. Truppe (Vujaklija 1179; Sremac, Prip. IV 140; fehlt in den Wb.), skr. partner aus d. Partner (ib. 140), skr. sminka aus d. Schminke (Vujaklija 1296: schriftsprachlich rumenilo). Skr. slager aus d. Schlager (Vujaklija 1295), kasastik 'Zugstück* aus d. Kassastück (ib. 543), cvajakter aus d. Zweiakter (Vujaklija 1275 = pozorisni komad u dva cina 'Theaterstück in zwei Akten'), cvisnakt aus d. Zwischenakt (Vujaklija 1275 = medjucin), forspil aus d. Vorspiel (ib. 1225 = predigra). D. gastieren galt in der alten transitiven Bedeutung 'bewirten' noch bei Goethe, die neue intransitive 'eine Gastrolle geben' wurde von Jean Paul 1795 verbreitet (Kluge); aus d. gastieren stammt skr. gastirati (Sremac, Prip. I I 18, 56; fehlt in den Wb.). Das Wort Rolle (Bürger-, Muster-, Stamm-, Steuerrolle) weist in die Zeit der Pergamenturkunde, die gerollt aufbewahrt werden konnte; im 17. J h . wurde der Anteil des Schauspielers am Spiel auf einen Papierstreifen geschrieben, von dem man auf den Proben die eben gebrauchte Stelle sichtbar hielt, das übrige aufrollte (Kluge, s. v. Rolle); aus d. Rolle wurde skr. rola entlehnt (Vujaklija 1033: einheimisch uloga, f. 'Aufgabe' . Aus d. Probe (Kluge: spätmhd. probe nach gleichbed. mlat. proba) stammt skr. proba (Vujaklija 950), aus d. Stichwort — skr. stihvort (Vujaklija 1298), aus d. sufflieren — skr. suflirati (Sremac, Prip. I I 55), aus d. Applaus — skr. aplauz (Sremac, Vuk. 216), aus d. applaudieren — skr. aplaudirati. Das Geld, das der Schauspieler außer seinem Gehalt für sein Auftreten bekommt, heißt d. Spielhonorar, daraus skr. spilhonorar (Vujaklija 1297). Ganz jung ist die Bezeichnung tonbioskop für ein Kino mit Tonfilmen (Belgrad, E. E.). MALEREI

D. Maler begegnet schon im 14. J h . als kr. malar 'pictor' (Mazuranic 265), in derselben Bedeutung bei Bjelostjenac (17. Jh.); eine jüngere Entlehnung aus d. öst. Maler ist skr. moler 'slikar' (Vuk, R.). Heute bezeichnet man mit moler bloß einen handwerksmäßig arbeitenden Zimmermaler, wänrend man den Künstler slikar oder maier nennt (Vujaklija 690). Die Tätigkeit des Künstlers heißt mal(j)ati aus d. malen (AR. VI 412: seit dem 18. J h . in den nördlichen Landschaften; Berneker I I 11), die Tätigkeit des Zimmermalers molovati. Das Bild heißt heute slika, bei Bjelostjenac begegnet auch pelda, f. 'effigies, Bild, Statue, Beispiel' (vgl. auch Mazuranic 909; belegt im Jahre 1541); das Wort dürfte über magy. pelda, belda aus d. Bild(e) entlehnt sein,

16. Unterhaltung

129

ebenso wie pelda bei den ung. Slowenen (Melicli 197). Ableitung: peldovati 'Statuen machen' (Bjelostjenac). Skr. stafelaj, m. (Vujaklija 1298) aus d. Staffelei (nach Kluge frühnhd. Weiterbildung zu Staffel, zuerst 1647 gebucht). Skr. stil-lebn aus ¿..Stilleben (Vujaklija 1298); nach Kluge zu Beginn des 18. J h . aus engl, still-life entlehnt. Skr. satirati (Vujaklija 1292) aus gleichbed. d. schattieren; letzteres ist eine Ableitung zu 'Schatten' mit fremder Endung und ist seit 1618 gebräuchlich. — Nach d. Ton (der Farbe) wird auch skr. ton in derselben Bedeutung gebraucht (Vujaklija 1160). Bezeichnungen von Farben: Skr. grao aus d. grau (Trivunac, N. U. 55; fehlt in den Wb.). Skr. plav (AR. X 23) bedeutet 1. blaß, fahl, 2. gelblich, blond, 3. blau. Das Wort gehört zur idg. Wurzel *pel- "grau, schwärzlich, fahl' (Walde, Vgl. Wb. I I 53) und ist urverwandt mit lat. pallcre 'blaß sein', d. fahl. — Skr. und slowen. plav haben wahrscheinlich unter dem Einfluß von mhd. blä(wer) die Bedeutung 'blau' angenommen. Die ältesten Belege für diese Bedeutung stammen aus dem 16. J h . Skr. braon aus nhd. braun (Trivunac, N. U. 55; fehlt in den Wb.). Aus dem Germanischen stammen auch ital. bruno, fr. brun (Kluge). Skr. violet aus d. violett (Trivunac, N. U. 55; fehlt in den Wb.); Kluge: zu lat. viola entsteht das Farbadj. fr. violet, das als spätmhd. fiolet entlehnt, aber erst seit dem 17. J h . häufig wird. Schon bei Bjelostjenac 217 begegnet crlena farba cinober 'rote Farbe Zinnober' aus d. Zinnober (AR. I 798), mhd. zinober. Weitere Farbbezeichnungen s. oben im Kapitel Handwerk (Zimmermaler). 16.

UNTERHALTUNG TANZ

Nach Kluge wurden mhd. tanz, tanzen als höfische Modewörter des Rittertums um 1200 aus afr. danse, danser übernommen; das Fr. nach Littre (und beistimmend Gamillscheg) aus ahd. dansön 'ziehen'. Aus dem Deutschen ist das Wort Tanz ins Kroatische gedrungen: seit dem 17. J h . ist tanac bezeugt (Mazuranic I 1441; Bjelostjenac 235: tanec; J B . I I 555). — Einheimische Ausdrücke sind igra und ples (vgl. got. plinsjan, entlehnt aus dem Slawischen); Ableitungen: tancati 'tanzen', tancalac 'Tänzer'. — Neuere Entlehnungen sind: skr. tencer aus d. Tänzer (häufig bei Sremac, so Cira 92, Prip. I I I 173, 182); tencerka, f. 'Tänzerin', tancmajstor aus d. Tanzmeister, tancul aus d. Tanzschule (Vujaklija 1132). Der Wiener Walzer hat seit dem Ende des 18. J h . seinen Siegeszug in die ganze Welt angetreten. Aus dem Nhd. stammen engl, waltz, fr. valse (Kluge) und auch skr. valcer, m. Bei Sremac (Cira 92) werden als deutsche Tänze sotis-polka und tajc genannt: Jula je znala od svapskih igara samo nekakvu sotis-polku i neki tajc 'Jula kannte von deutschen Tänzen nur irgendeine Schottisch-Polka und den 9

S c h n e e w e i s , Die deutschen

Lehnwörter

130

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

„tajc"'. Letzterer ist auch im Prigorje bekannt (ZbN2. X I I I 85: tajc = täc); sotis verzeichnet auch Vujaklija 1297. Der Polstertanz heißt skr. vanjkuiac (ZbNZ. IV 103: Otok), vanjkusec (ib. I 306: Koprivnica), eigentlich Polster: zugrunde liegt magy. vankos aus mhd. wangeküssen, ahd. wange-kussin (Miklosich F. 134). Aus der Landschaft Prigorje wird von einer judenpoljka berichtet ZbNZ. X I I I 85). Der Tanzpartner heißt skr. partner aus d. Partner, dieses aus engl, partner (fehlt in den skr. Wb.). Skr. bat, bao 'Ballfest' ist zwar schon im 16. J h . aus ital. ballo entlehnt worden, doch stammt skr. maskenbal (Vujaklija 702) ohne Zweifel aus dem Deutschen; eine Lehnübersetzung ist kr. maskirani ples 'Maskenball' (HorvatKis, J P . 168). — Bei Sremac (Prip. III 165) begegnet „frajmuzika" aus d. Freimusik. SPIEL

Da das Wort igra im Skr. sowohl 'Tanz' als auch 'Spiel' bedeutet, hat sich das deutsche Wort spil in der Bedeutung 'Spiel, Kartenspiel' leicht durchsetzen können. Die Spielkarte heißt karta (AR. IV 871: seit dem 15. Jh.) aus d.Karte, dieses aus ix. carte 'steifes Blatt' (Kluge); Ableitungen: kartar = kartas 'Kartenspieler', kartati se 'Karten spielen', kartara 'Kartenaufschlägerin'. — Die Farbe im Kartenspiel heißt skr. farba, f. (Vujaklija 1200), die 'Herz' im Kartenspiel skr. (h)erc (Trivunac, N. U. 64), der Bube — pub (Trivunac, N. U. 64); auf d. Farbl, Färbl 'Hasardspiel' beruht skr. farbl (Trivunac, N. U. 64), auf d. Stich — skr. stih (Vujaklija 1298), auf d. Trumpf — skr. trumf (Kluge: fr. triomphe 'triumphierende Karte' ergab frühnhd. triumpf, belegt seit dem 16. Jh.). Dieselbe Bedeutung hat d. Atout (nach Kluge 1644 bezeugt: Lehnwort des Dreißigjährigen Krieges aus fr. ä tout), d. öst. Adutt, daraus skr. adut, dazu das Verbum adutirati aus d. aduttieren (Trivunac, N. U. 64). Ein heute sehr beliebtes Hasardspiel ist „frische Viere", daraus skr. frise fire (Trivunac, N. U. 64). — Der deutsche Terminus „kann gehen" erscheint im Skr. als kongen (Trivunac, N. U. 64). Der Zuschauer beim Kartenspiel: d. Kiebitz, daraus skr. kibic(er), Ableitung kibicovati 'kiebitzen' (Trivunac, N. U. 64); vgl. magy. kibic in derselben Bedeutung (Melich 149). Deutsche Namen von Kartenspielen sind: fircig (Sremac, Cira 40) aus d. Vierzig', kr. snapsler (Zagreb 1937, E. E.) aus d. Schnapsler; der Gewinner heißt snapslkenig. Die Geldbüchse auf dem Spieltisch heißt piksla, f. (Trivunac, N. U. 64; Lazarevic, Prip. I I 22) aus d. öst. Büchsl. — Skr. secovati aus d. setzen. Aus dem Deutschen stammt auch der Name des Schachspiels: skr. sah (Trivunac, N. U. 64), ebenso der Name einer Figur: skr. laufer aus d. Laufer, Läufer (Trivunac, N. U. 64). Für das Kegelspiel besitzt das Skr. zwei aus dem Deutschen stammende Bezeichnungen: keglati se und kuglati se (letzteres aus bayr.-öst. kugeln,

16. Unterhaltung

131

verzeichnet bei Schmeller I 1232). Da bei diesem Spiel Kugeln und Kegel vorkommen, wurden beide Ausdrücke vermischt; die Kegelbahn heißt skr. keglana oder kugl(j)ana, kugliste, die Kugel — kugla, kuglja (AR. V 748; seit dem 18. Jh.) oder kegla, f. (AR. IV 932: Lika); der Kegel heißt s. kegl, m. (Vujaklija 564), der Kegelklub — kuglaski klub (Zagreb, E. E.). — Auch die Kugel im Billardspiel heißt skr. kugla. Der Kindergarten: skr. decje zabaviste, aber auch spilsul aus d. Spielschule. — Kr. spancirati se aus d. spazieren (AR.). Die Spritze als Kinderspielzeug nennt man spricaljka, f. (ZbNZ. X I I 63: Prigorje), eine Ableitung zu spricati aus d. spritzen, mhd. sprülzen. In der Ls. Prigorje heißt das bei den deutschen Soldaten als „Schinken klopfen" bekannte Spiel — igrati riktera "den Richter spielen' (ib. X I I I 82,192). Aus d. Rakettel stammt skr. raketla (AR.). Von den Glücksspielen wäre vor allem die Lotterie zu nennen, die im 16. Jh. unter dem Namen loterija aus Holland (lot 'Loos') zu uns gekommen ist; skr. lutrija (mit u anstatt o) ist aus einem süddeutschen Dialekt übernommen worden (AR. VI 230: Wojwodina; Trivunac, N. U. 02). Skr. loz, m. (Trivunac, N. U. 62; fehlt im AR.) aus nhd. Los; der einheimische Ausdruck ist srecka, zu sreca 'glückhafte Begegnung, Glück'. — Aus nhd. trefer stammt skr. trefer, tref (Vujaklija 1171), einheimisch zgoditak; haupttrefer aus d. Haupttreffer (Trivunac, N. U. 62). SPORT

Turnvater Jahn ersetzte im Jahre 1811 das Fremdwort Gymnastik durch Turnen; aus nhd. Turner stammt skr. turner (Vujaklija 1182), das neben gimnasticar und soko 'Falke' ( = Mitglied des durch die Tschechen eingeführten Sokolverbands) gebraucht wird. In Anlehnung an Barre, f. (um 1200 aus fr. harre 'Schranke' entlehnt, das seinerseits auf ahd. bara 'umhegtes Stück Land' beruht) hat Jahn das bekannte Turngerät Barren, m. genannt (Kluge); daraus stammt skr. barne, f. pl. (Trivunac, N. U. 67). Skr. handle, f. pl. aus d. Hantel, f. 'Turngerät'; Kluge: nhd. hantel 'Handhabe' hat Jahn 1816 in die Turnsprache übernommen. Aus d. Kippe, skr. kipe, f. pl. (Vujaklija 566), aus d. Riesenwelle, skr. riznvele 'veleobrtanje, velikovrtljaj' (Vujaklija 1027). Das Turnen nach dem System Müller (1866) heißt skr. milerovanje (Vujaklija 733). Skr. snesue, f. pl. ist entlehnt aus d. Schneeschuhe (Trivunac, N. U. 50), sl(j)icuge (weniger gebräuchlich ledenjaci) aus d. Schlittschuhe (Trivunac 50; nach Kluge aus älteren Schrittschuhe, die Form Schlittschuhe kaum vor 1678). Eine neue Entlehnung ist skr. fusbal aus d. Fußball (Vujaklija 1233: einheimisch nogomet). — Ein Strafstoß aus einer Entfernung von l i m heißt d. Elfer, daraus skr. elfer (Vujaklija 382). Reitsport: Skr. traber aus d. Traber (Vujaklija 1163), trap aus d. Trab (Vujaklija 1169: einheimisch kas, kasanje). Skr. galopirati aus d. galoppieren 9*

132

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

(Trivunac 69); Kluge: 1548 entlehnt aus ital. galoppäre. — Aus dem Deutschen stammen auch: rajter aus d. Reiter, gebräuchlicher ist skr.jahac; rajtancug, rajthozne, f. pl. (Vujaklija 984), stalmajstor 'Stallmeister, Reitlehrer' (Vujaklija 1298). Der Platz für den Ringkampf: skr. ring, einheimisch bonliste 'Kampfplatz' (Vujaklija 1029). Die deutschen Schwimmhosen erscheinen als svimhozne, f. pl., einheimisch gacice za kupanje (Vujaklija 1299), der Badestrand als Strand (Vujaklija 1299) oder plaza, letzteres aus fr. plage. VERSCHIEDENE UNTERHALTUNGEN

Schon aus dem Altserbischen (13. Jh.) ist bezeugt: spilman aus mhd. spilman (Trivunac 8: vielleicht zur Zeit der Kreuzzüge entlehnt). Auf nhd. Gaukler beruht skr. kaukljer in derselben Bedeutung (AR. IV 902: 17. Jh.). Nach Kluge wurde mhd. tüsentlisteler, das im 13. Jh. erschien, im 15. bis 16. J h . abgelöst durch Tausendkünsteier (gern vom Teufel gebraucht): daraus ist entlehnt skr. tauzendkinstler (Vujaklija 1154). Bei Sremac (Vuk. 215) begegnet tauzendkinstleraj, auch kaucukman (ib.), kumstovi komedijaski (ib. 210); die Einzahl zu kumstovi ist kumst, m. 'Kunststück' aus d. Kunst (Trivunac 67), Ableitung: iskumstirati 'Kunststücke aufführen'; vgl. tsch. kumsty, m. pl. 'Kunststücke'. Aus dem Deutschen stammt auch der folkssenger bzw. die folkssengerka, einheimisch pevacica 'Sängerin' (Sremac, Prip. I 136). Die Tasse, mit der eingesammelt wird, heißt taslica (Sremac, Prip. I 134) aus d. dial. tassel. „Tingeltangel" kommt nach 1870 in Berlin als Bezeichnung zweifelhafter Singhallen auf; mit dem lautmalenden Namen wird die aus diesen Gaststätten dringende Musik mit Beckenschlag und Schellenbaum nachgebildet" (Kluge). Aus dem Deutschen ist skr. tingltangl entlehnt (Vujaklija 1154). Mhd. bort 'Brett' ist nach Kluge ins Romanische entlehnt worden und entwickelt dort mlat. bordellum, fr. bordel 'Hüttchen'; daraus frühnhd. Bordäl (bei Fischer I 1575) das mhd. vrouwenhüs verdrängt. Das Wort ist dann den Rhein hinauf und die Donau hinuntergewandert und erscheint bei den Skr. als burdelj, m. (schon bei Bjelostjenac); AR. I 739 will das Wort vom ital. bordello ableiten, aber überzeugender ist die Herleitung aus dem Deutschen (Trivunac, N. U. 68). Das Bordell heißt skr. kupleraj, wahrscheinlich über magy. kupieraj (Melich 160) aus nhd. Kupplerei; skr. kupier aus d. Kuppler (Trivunac 58). Ein Synonym ist skr. puf aus d. Puff 'Bordell', früher 'Brettspiel': im Übergang stehen nach Kluge frühnhd. Wendungen wie „mit ir aniahen im pret zu spilen". Sich unterhalten heißt skr. zabavljati se, datür begegnet bei Sremac häufig unterhaltovati se (Cira 92, 104, 275).Aus d. hofieren stammt skr. hofirati (Vujaklija 1270); Lehnübersetzung: udvarati se (dvor 'Hof'); aus d. Eroberung skr. eroberung (Sremac, Cira 91, 92, 104, 276); skr. kurmaher aus d. Kurmacher (Sremac, Cira 55, 83), Ableitung: kurmaheraj (ib. 266).

16. Unterhaltung

133

Schmeicheln heißt skr. laskati, daneben begegnet bei Sremac (Cira 85, 158) auch smajhlovati; Subst. smajhler. Skr. koketirati aus d. kokettieren (Ignjatovic 41; d. kokett 'gefallsüchtig' (1694 bezeugt) aus fr. coquet 'hahnenhaft'). Der Witz heißt schriftsprachlich dosetka oder duhovita sala, daneben aber auch nach dem Deutschen vic (Vujaklija 212; häufig bei Sremac). — D. Spaß, das im 17. Jh. aus ital. spasso 'Vergnügen' entlehnt worden ist, erscheint kajk. dial. als spajs (ZbNZ. XII 216: Prigorje), Verb spajsati se (ib. 77, 192), Adj. spajsan 'lustig' (ib. XIII 24). Vujaklija 221 verzeichnet als Fremdwort galgn-humor, das im D. verhältnismäßig jung ist (nach Kluge erst 1879 gebucht). Auf d. Narr beruhen kajk. dial. norija, f. 'Dummheit, Spaß' (ZbNZ. XII 239: Prigorje). — Ein Synonym ist das wienerische Hetz (nach Kluge erst nhd. aus dem Zeitwort hetzen rückgebildet), das bei Sremac (Cira 72) als „hec" erscheint. — Ein vereinzeltes Synonym ist kajk. dial. uncmaterija, f. 'Dummheit, Spaß', dem wobl kr. huncut, huncmut, m. aus d. Hundsfott (Ar. III 735) zugrunde liegt. S. unten S. 134. Der gesellschaftliche Schliff: skr. slif (Vujaklija 1296), einheimisch finoca u ponasanju 'Feinheit des Benehmens'. — Hierher gehört auch skr. vizitkarta ausd. Visitkarte (Matavulj, R. K. 23). RAUCHEN UND SCHNUPFEN

Die Tabakspfeife heißt bei den Skr. meist lula (aus osman. lüle) oder pipa (aus ital. pipa), daneben begegnet aber auch fajfa (ZbN2. X I I 128: Prigorje; ib. VI 166: Vrbnik; Adamov, S. P. 21: fajka; fehlt in den Wb.), das aus d. Pfeife entlehnt ist. Die Zigarren- bzw. die Zigarettenspitze nennt man mustikla, f. aus d. dial. Mundstückl (Trivunac, N. U. 54); merkwürdig, daß kein Wörterbuch dieses so bekannte Wort verzeichnet, das auch in der Literatur oft begegnet: Sremac, Prip. I 62, 76, II 12, 131, III 7; Stankovic, Kostana 21, Nusic, Prip. 112. — Eine Lehnübersetzung ist cigaretna spica aus d. Zigarettenspitze. Skr. paklic duvana 'ein Päckchen Tabak' aus d. dial. Packl. Das Schnupfen des Tabaks ist im 16. Jh. aufgekommen: als erster Schnupfer gilt König Franz II. von Frankreich, f 1560 (Kluge); aus d .schnupfen stammt skr. snupati (Ignjatovic, CS. 57), dial. snjofati, dazu snjofac 'Schnupfer' (ZbN2. X I I 128: Prigorje). Der einheimische Ausdruck ist smrkati. Der Schnupftabak heißt burmut (türk.) oder snuf; bei Sremac (Prip. III 96) begegnet auch ,,vinerpac". ZEITUNGSLEKTÜRE

In der Landschaft Prigorje (ZbNZ. X I I 267) sagt man für d. 'Zeitung lesen' citati cajtunge. - BeiVujic (P. P. I 15) heißt der Abonnent prenumerant nach d. Praenumerant, heute allgemein abonent, abonirati nach dem deutschen Abonnent, abonnieren. — Aus dem Deutschen stammen ferner die Bezeichnungen lokalblat (bei Sremac, Prip. IV 51), revolverblat revolverski list (Vujaklija 995).

134

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

17. G R U S S U N D A N R E D E Starker deutscher Einfluß äußert sich in den Grußformen der gebildeten Schichten. Auch auf den kroatischen Dörfern ist es vielfach üblich, auf das Klopfen an der Tür „harajn!" zu rufen (ZbN2. X V 284: um Osijek) oder auch „erajn!" (ib. X I I I 30: Prigorje). Bei Sremac (Cira 157, 210: Banat) begegnet öfters der Gruß: „Kis ti hant!" 'Küß' die Hand!'. ,,Dobar apetit!" beruht auf d. „Guten Appetit" und dieses auf fr. appétit, nach Kluge in der ersten Hälfte des 16. J h . in Südwestdeutschland belegt. Die Serben gebrauchen heute statt dessen schon allgemein die Wunschformel ,,Prijatno!" 'Angenehm!', die Kroaten wünschen ,,Dobar tek!" 'Guten Appetit!' Die deutsche Anrede „gnädige Frau" begegnet häufig im Banat (z. B. Sremac, Cira 150: „Fala, gnedige!" 'Danke, Gnädige!'. Mhd. vrouwelln als Dem. zu vrouwe 'Herrin' geht nach Kluge im 12. J h . von oberdeutschen Höfen aus. Im 19. J h . bedeutet Fräulein nur noch 'Mädchen bürgerlichen Standes'. In dieser Bedeutung begegnet skr. frajla, frajlica in den nördlichen und westlichen Landschaften (AR. I I I 64). Vgl. auch magy. frajla, das Melich 106 auf d. dial. (Preßburg) fräule zurückführt. — Die alte Jungfer heißt in der Stadt stara frajla (Ignjatovic, Patnica 39). Die Serben in der Wojwodina grüßen einander mit „Zdravo, läco!" 'Grüß dich, Landsmann!' Von dem Reichsserben (südlich der Donau) wird der Serbe der Wojwodina deshalb spottweise laca, m. genannt; das Wort ist wohl eine Abkürzung zu lacman aus d. Landsmann. Per du mit jemand sein — sich duzen — erscheint im Skr. als per-tu, z. B. : ,,per-tu" je s jednim ministrom 'er ist mit einem Minister auf Du' (Sremac Prip. I I 21; ähnlich ib. I 8, 16, I I I 178). Der Kuß heißt skr. poljubac, Verbum poljubiti; daneben begegnet in Istrien und an der kroat. Küste busac 'Kuß' aus d. Büß (AR. I 746); busati 'küssen'; busnuti (bei Mikalja, 17. Jh.) aus d. bussen (Schmeller I 295; Fischer, Schwäb. Wb. I 1558) ; nach Kluge eine friihnhd. Ableitung zum Kinderwort Büß 'Kuß'. 18. S C H I M P F U N D S P O T T Für d. schimpfen kennt das Kroatische schon seit dem 14. J h . den aus dem Deutschen stammenden Ausdruck spot, m. aus mhd. spot (Mazuranic I 1430) ; dazu das Verbum spotati, ospotati 'schimpfen, spotten' (schon bei Bjelostjenac 156). Heute bedeutet spot 'Schande' (ZbNZ. X I I 128, 188, X I I I 17: Prigorje). — Der einheimische Ausdruck für schimpfen ist bei den Serben und Kroaten psovati (Ableitung zu pas 'Hund'). Spottlieder, die Bjelostjenac als spotne pesme 'famosa carmina' bezeichnet, heißen heute im Banat pesme na froncle (Sremac, Cira 34) ; meines Erachtens beruht die Bezeichnung auf d. frozzeln. Ein alter und in den nordwestlichen Landschaften noch heute sehr verbreiteter Schimpfname ist (h)uncut, (h)uncutin 'Hundsfott, Halunke' (AR.

18. Schimpf und Spott

135

I I I 735); in der Wojwodina begegnen die Formen vuncut, Ableitung vuncutarija 'Hundsfötterei'. Die Quelle ist d. Hundsfott 'Feigling', nach Kluge seit dem 16. J h . belegt: „dabei ist die Schelte von dem Verächtlichsten, der cunnus canis genommen". Vgl. magy. huncfut und slk. huncüt (Melich 139). Aus d. Schelm 'toter Tierkörper', woraus sich nach Kluge die Bedeutung 'Todwürdiger' entwickelt hat (vgl. Aas, Luder usw.), stammt skr. seljam, seljmen; in der Schwurformel der Militärgrenze kam der Satz vor: „ein Schelm, der nicht halt" (Mazuranic 1423: Beleg aus dem Jahre 1737). Mit stranga, strangov bezeichnet man einen Menschen, der leichtsinnige Streiche macht; aus d. Strang (vgl. Galgenstrick). Aus mhd. loter 'locker, leichtsinnig; Schelm' stammt skr. lotar, m. 'Räuber, Hurer, Trunkenbold, Faulpelz' (AR. VI 159: zahlreiche Belege seit dem 16. J h . ; Mazuranic 611; Berneker 735; Strekelj, L. 78); Ableitungen: lotarstvo 'Verbrechen' (seit dem 15. Jh.), lottak 'Faulpelz', lotren 'liederlich' seit dem 16. Jh.), lotrija 'Liederlichkeit' (seit dem 16. Jh.), lotriti 'faulenzen' (seit dem 17. Jh.), lotrojstvo 'Faulheit, Liederlichkeit' (16. Jh.), lotrovati 'liederlich sein' (AR. VI 162: seit dem 16. Jh.). Ein gemeiner Mensch wird hman clovek genannt (Bjelostjenac 52; ZbN2. X V 107; Mazuranic I 395: 18. Jh., Ableitung: hmanjoca 'Gemeinheit'; fehlt im AR.); meines Erachtens liegt d. gemein (bayr.gmas~: Schmeller I 1612) zugrunde. In neuerer Zeit wurden entlehnt: Skr. suft, m. = 'podlac, nitkov' (Vujaklija 1299) aus d. Schuft, ursprünglich 'lichtscheuer Raubritter, armer Edelmann', seit dem 18. J h . 'Lumpenhund'. Skr. gauner (Vujaklija 228) aus nhd. Gauner 'Betrüger', schriftsprachlich seit Lessings Jungem Gelehrten, 1753 (Kluge: Quelle hebr. jönö 'betrügen'). Skr. svindler (Trivunac, N. U. 68; Vujaklija 1292) aus nhd. Schwindler; dazu gehören: svindl, svindleraj (Sremac, Prip. I V 143), svindlovati. Viele Schimpfnamen sollen die Dummheit des Beschimpften ausdrücken: aus d. Trottel 'Schwachsinniger' (nach Kluge aus den Tälern der Ostalpen ins Nhd. des 19. J h . gelangt) stammt skr. trotl (Vujaklija 1178). — Auf d. öst. Totti, Dotl 'blödsinniger, ungeschickter Mensch' (Schmeller I 631: Totel, Adj. tottelt) beruht nach Strekelj (L. 68) kajk. kr. tutljek, m. 'Tölpel', slo-wen. tuta 'Tölpel'; ich bin geneigt, auch skr. tutljav, adj. (Syrmien) 'träger Mensch'hierher zu stellen. Bayr. schwäb. lali 'Laffe, unausrichtsame Person' (Schmeller I 1469; Fischer, Schwäb. Wb. IV 932) bzw. öst. lälli 'Tölpel' ergab im Magy. Idle 'Tölpel, Maulaffe' (Melich 164); ich halte es für wahrscheinlich, daß auch serb. lola, m. 'dummer Mensch' und lolo, m. 'liederlicher Mensch' (AR. VI 142) über magy. läle aus dem Deutschen übernommen worden ist. Als humanistische Scherzbildung zu d. grob kam Ende des 15. J h . Grobianus auf, daraus Grobian (Kluge); mit Anlehnung an das einheimische grub 'grob' wurde im Skr. daraus grubijan 'grober Mensch' (AR. III 476), grobijan (Vujaklija 253). Seit dem 17. J h . ist die Ableitung grubijanstvo 'Grobheit' bezeugt.

136

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Als Ableitung zu paor, m. 'Bauer' aus d. Bauer (s. oben S. 37) begegnet paorenda, m. 'grober Bauer' und paorusa, f. (AR. I X 624). Skr. fuser aus gleichbed. d. Pfuscher (Trivunac, N. U. 68); Kluge: Pfuscher ist belegt seit 1586; fuseraj aus d. Pfuscherei. — Kr. auch fusar (ZbN2. XVII 227). Deutsch Stutzer, literarisch seit Moscherosch 1650, bedeutet ursprünglich „einen Mann, der einen gestutzten Bart trägt" (Kluge). Ins Skr. gelangt das Wort als stucer (Sremac, Cira 157, 275, 276; Vujaklija 1299: = skr. kicos) in der Bedeutung 'Kurmacher'. Aus dem wienerischen Gigerl stammt skr. gigerl (Vujaklija 236; Sremac, Prip. III 157). Bei Sremac (Prip. I 35) begegnet stiglic als Spottname des Ofiiziers, wohl wegen der bunten Uniform. D. Hochstapler (Kluge: im Sinne der vornehmen Bettelei 1806 von Jahn in die Schrittsprache eingeführt) ergibt skr. hohstapler (Trivunac 68; fehlt in den Wb.). Skr. streber aus nhd. Streber (Trivunac, N. U. 68; Vujaklija 1299); Verb Strebati; skr. smajhler aus nhd. Schmeichler (ib. 1296); skr. salbader 'lästiger Schwätzer' (Vujaklija 1043) aus nhd. Salbader (Kluge: in dieser Bedeutung seit 1689 belegt). Als Schimpfwort erscheint auch skr. mustra, f. (fehlt in den Wb., doch sehr häufig bei Sremac, z. B. Cira 72, 105, 117, 216) aus d. Muster (Kluge: frühnhd. mustre 'Äußeres, Gestalt, Probe', Quelle lat. monstrare). Skr. spiclov, m. (Trivunac, N. U. 68; Vujaklija 1298) bedeutet 'geheimer Polizist, raffinierter Mensch'; das Wort ist in der Bedeutung 'Polizeispitzel' von Wien ausgegangen, wo es 1815 bezeugt ist. Offenbar ist Spitz(el) eins mit dem Hundenamen und als 'Aufpasser' zu deuten (Kluge). Aus nhd. Narr, in der südd. Aussprache Narr, stammt skr. nor, adj.' verrückt* (AR. VIII 228: seit dem 17. Jh.); Ableitungen: norac 'Narr' = budala (17. Jh.); norija, norcija, ±. 'Verrücktheit'; noriti, norovati 'Narrheiten treiben' (AR. VIII 230: letzteres seit dem 17. Jh.). Vereinzelt begegnet als Bezeichnung für einen Halbnaren sus aus d. Schuß (ZbNZ. X I I 208: Prigorje: bedak ili sus, to jos ni bil norac 'bedak oder sus, das war noch kein Narr'). Schimpfnamen auf Grund körperlicher Gebrechen sind: skr. kripl (Vujaklija 627: = bogalj, sakat covek) aus nhd. Krüppel; ein Mensch mit krummen Beinen heißt skr. krumpak (AR. V 666: schon bei Bjelostjenac) aus bayr.-öst. krump 'krumm, hinkend' (Schmeller I 1370). Skr. pehista, m. (Vujaklija 890) beruht auf d. Pechvogel. Die Bedeutung 'Unglück' erlangt Pech in der Studentensprache des 18. Jh.; den Bedeutungsübergang vermittelt der zunächst ebenfalls studentische Pechvogel, das ist der am Vogelpech hängen bleibende (Kluge). Skr. pislicar, m. 'kleinlicher Mensch' (AR. I X 879: Slawonien: — sitnicar) bedeutet von Haus aus einen Menschen, der alles kleinweise tut, kauft, ver-

18. Schimpf und Spott

137

kauft; Ableitung: pislicariti. Zugrunde liegt südd. Bissl 'ein wenig' (Schmeller I 281; Fischer, Schwab. Wb. I 1140). D. Pfuscher (nach Kluge seit Mathesius 1586) ergibt skr. fuser (Vujaklija 1234: = 'nadrimajstor'). Seit dem 17. J h . ist skr. bitanga, m. in der Bedeutung 'Faulpelz, Vagabund' bezeugt; nach AR. I 337 ist es aus gleichbed. magy. bitang übernommen; Melich 68 hält es für möglich, daß magy. bitang auf md. bitang bzw. mhd. biutunge 'Erbeutung, Beute' zurückgeht. Kr. petjar aus d. Bettler (ZbNZ. 39, S. 399). Weitere Namen für 'Vagabund' sind: skr. vandrokas (Sremac, Cira 42) zu d. Wanderer, vgl. tsch. vandrdk; kr. fremtar (ZbNZ. X V I I 203: Samobor) aus nhd. Fremder. Svabo nennt das Volk etwas verächtlich nicht bloß den Deutschen (eigentlich den Schwaben), sondern jeden Fremden, der in städtischer Kleidung, also nicht in der Volkstracht, daherkommt. In Montenegro und in der Boka bezeichnet man den Deutschen, Italiener oder überhaupt den Westeuropäer etwas verächtlich als lacman(in) (AR. V 862); zugrunde liegt (nach Berneker 682; Strekelj, L. 35) d. Landsmann in der Anrede „Landsmann, Herr Landsmann!" Bezeichnungen eines leichten Frauenzimmers: skr. flandra, flandretina (AR. I I I 60: Nach Vuk, R. in den Städten der Wojwodina gebräuchlich) beruht wohl wie slowen. und tsch. flandra, f. 'leichtes Frauenzimmer' auf d. Flandern, ähnlich wie tsch. flamendr 'Nachtbummler' auf d. Flamländer, die im Dreißigjährigen Krieg durch ihre wüste Lebensführung berüchtigt waren; kajk. dial. begegnet fljundra, f. 'leichtes Frauenzimmer' (ZbN2. X I I 273, X I I I 26: Prigorje); vgl. p. flqdra, flondra 'eine Fischart' aus nd. Flunder, dann übertragen auf den Menschen in der Bedeutung 'leichtes Frauenzimmer' (Brückner, E. S. 123); vgl. slowen. flundra 'Fetzen' (Wolf-Pletersnik I 201). In der Bedeutung 'leichtfertiges Frauenzimmer' begegnen ferner ilinta, f. 'Flinte' (Trivunac 68; Vujaklija 1220) und fuksa, f. (ib. 1232) aus d. Fuchs? Es handelt sich wahrscheinlich um Metaphern. — Skr. copa, f. 'convicium in mulierem' (AR. I 820; schon bei Vuk, R.) aus nhd. Zofe (Kluge: heutige Aussprache und Bedeutung seit Zesen 1645). — Vereinzelt begegnet soca. f. in der Bedeutung 'Hure' (ZbN2. VI 270; Trivunac, N. U. 68: auch socara)', zugrunde liegt wahrscheinlich d. Schätz. Es ist bemerkenswert, daß sowohl soca als auch ilinta beide Bedeutungen haben: 'Schatz, Flinte' (s. oben S. 113). Aus d. dial. Freimädl ist skr. frajmadla, f. 'Dirne' entlehnt (Kozarac, Tena 118: Slawonien). Kr. parta, f. aus d. Borte heißt das Stirnband des ledigen Mädchens; Wenn dieses sitzen bleibt und seine parta weiter tragen muß, nennt man es spottweise stara parta 'altes Stirnband' (allgemein). Ein junges Mädchen heißt nach dem Deutschen bakfis (Vujaklija 133: = siparica). Schon mhd. ist der Spottname des unehelichen Kindes banchart, m., eigentlich 'auf der Bank, nicht im (Ehe)bett erzeugtes Kind'; der zweite Teil ist das im Eigennamen häufige -hart und beruht auf Nachbildung und An-

138

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

gleichung an Bastard (Kluge). D. Bankert erscheint im Skr. als pankert (AR. I X 617: belegt seit dem 17. Jh.), kajk. pankrt, pajnkert, einheimisch kopile. Bei Sremac (Vuk 39) begegnet „bofl" als Bezeichnung minderwertiger Ware; aus bayr.-öst. Pofel 'alte Ausschußware' (Schmeller I 384). 19. V O L K S G L A U B E UND V O L K S B R A U C H Die Terminologie des Volksglaubens weist verhältnismäßig geringe deutsche Einflüsse auf, am meisten noch bei den kajkawischen Kroaten. Zaubern heißt dort coprati (Mazuranic 129: 16. Jh.) aus mhd.zoubern; coprnica, f. 'Hexe' (AR. I 20: seit dem 16. Jh. bezeugt) aus d. Zauberin; dazu coprnik 'Zauberer' (seit dem 16. Jh.), coprija = coprnija 'Zauberei'. Sonst nennen die Skr. die Hexe mit einem slawischen Erbwort vjeStica, eigentlich 'die Wissende' (zu urslaw. *vid 'wissen'), den Hexer vjestac, — Hexenprozesse haben bei den Serben keine stattgefunden, wohl aber in Kroatien und Dalmatien. Schon das Statut von Poljica aus dem 14. Jh. enthält im § 88 den Befehl, Hexen zu verbrennen. Aus Zagreb ist schon im Jahre 1360 ein Hexenprozeß bezeugt. Nach dem Erscheinen des berüchtigten Hexenhammers (Malleus maleficaram, Straßburg 1487) werden die Prozesse häufiger und strenger (Folter!), erst 1758 wurden sie über kaiserlichen Befehl gänzlich abgeschafft. Der Zauberstab heißt skr. magijski stapic (allgemein). Nach dem Volksglauben um Samobor (ZbNZ. X I X 127) ziehen Jäger, welche den Sonn- und Feiertag nicht geheiligt haben oder welche dadurch zu Freischützen geworden sind, daß sie eine Hostie ins Gewehr geladen und den ersten Schuß auf ein Kreuz abgegeben haben, nach ihrem Tode als nocni jagati (aus d. 'Nachtjäger') in der Zeit des erneuten Mondes unter großem Lärm, aber unsichtbar, über Berg und Tal. Aus d. ledig (mhd. l'edic 'frei, ungehindert') stammt skr. ledican (Vujaklija 654; ZbNZ. X I I I 16; Prigorje; ib. VIII 126: um Krizevci; fehlt im AR.). Um ein Mädchen werben, freien heißt allgemein prositi devojku 'um ein Mädchen bitten', bloß an der kroatischen Küste und in Istrien kennt man auch den Ausdruck fraj, m., frajati 'freien' (AR. III 64), der auf nhd. frei[en) zurückgeht; Fischer, Wb. II 1721; Schmeller I 817: die Frey 'das Freien um eine Person des andern Geschlechts'; ib. ein Lied: ,,Af d' Frey bin i ganga~, usw." Skr. frajar (AR. III 64) aus d. Freier. Vgl. tsch. frejif 'Buhler', frejovati 'buhlen', daraus p. frajerz, fryjowac (Berneker 283). In der Hochzeitsterminologie von Samobor begegnet jagar, m. 'Werber' aus d. dial. Jäger, in der Landschaft Prigorje krancfrajla aus d. Kranzfräulein, fendrik 'Fahnenträger' aus d. Fähnrich, slar, m. aus gleichbed. d. Schleier', in Hlebine (Kroatien) cimer 'Hutschmuck des Bräutigams' aus mhd. cimier 'Helmschmuck, ritterlicher Waffenschmuck', dieses (nach Berneker 129) über ital. cimiero, cimiere 'Helmschmuck' aus mlat. cimerium, cimetia von lat. cyma, gr. y.vfia. Ein unberührtes Mädchen heißt volkstümlich junfer (Trivunac 68), junferica, f. (vgl. Schmeller I 804; Jumpfer), aber in der Schriftsprache ist das Wort verpönt.

19. Volksglaube und Volksbrauch

139

Vereinzelt begegnet bei Ignjatovic (Majstori 189) s. „moring" für d. Morgengabe. •— Der deutsche Christbaum erscheint Ende des 19. J h . bei den Kroaten als krizbam (fehlt im AR.). Der bayr.-öst. Name der Fastnacht ist Faschang (Schmeller I 770), Fasching, mhd. vastschanc, ursprünglich 'Ausschenken des Fastentrunks'; a der zweiten Silbe herrscht in den alten Belegen wie in der Schriftsprache, i als Folge der Angleichung an das Suffix -mg kaum vor Abraham a S. Clara (Kluge). Bei den Kroaten begegnen in der Volkssprache und in der älteren Schriftsprache (16.—17. Jh.) Formen mit a, e, erst seit dem 18. J h . auch Formen mit i: fasanke, f. pl. (Sremac, Prip. 1176), fasange, f. pl. (Ignjatovic, Patnica 109), fasnjak (ZbN2. X I I I 33: Prigorje); fasenak, gen. fasenka (AR. I I I 45: schon bei Bjelostjenac); fasinak, gen. fasinka aus d. Fasching (AR. I I I 45: 18. Jh.), kr. dial. fasnik (ZbN2.1 120: Stupnik bei Zagreb; Miskina, Trakavica 68). Ableitungen: fasenkovati 'sich zur Faschingszeit belustigen' (bei Bjelostjenac), fasingar 'Faschingsnarr' (AR. I I I 45: 18. Jh.), dial. safingar (ZbNZ. X X V 295: Varos in Slawonien). Vgl. magy. fassang aus bayr. faschang (Melich 95; Schmeller I 770), slk.fasang. Bei Bjelostjenac 779, 850 begegnen: fasenske noci 'Faschingsnächte' und fasenske zene, lat. 'mimallones', kr. %mesopustne zene'. — Im Fastnachtsumzug zu Otok (Slawonien) waren früher zu sehen: ein ferster aus d. Förster (ZbNZ. I I 398; ib. X X V 295: in Varos hieß er fester) und eine frajla mit Sonnenschirm (ib.). — Die Maske der Faschingsnarren heißt kr. lafra, f. aus d. Larve; Kluge: mhd. larfe, im 14. J h . aus lat. larva entlehnt und im humanistischen Zeitalter häufig. — Skr. maskiran 'maskiert' (Sremac, Prip. I I 40). — In Ermangelung einer Maske trug man früher in Slawonien eine tilangla, f. (ZbNZ. X X V 295: Varos): ich leite es ab von d. Tüll-hangel (vgl. Schmeller I 1130: Hangel 'Geiferfleck'). In Kroatien wird einem gern gesehenen Gast, der zum erstenmal einer Mahlzeit im Hause beiwohnt, der bilikum (aus d. Willkommen, mhd. willekume, vielleicht über magy. billikum) oder die dobrodoüica geboten: während der Mahlzeit stellt der Hausvater oder der Tisch älteste ein Glas Wein auf einen Teller, legt Brot, Salz und den Hausschlüssel dazu und begrüßt den Gast mit dem Bemerken, daß ihm dieses Haus von nun an jederzeit, bei Tag und Nacht, offenstehe. Der Gast spricht einige Worte des Dankes und trinkt den Wein auf einen Zug (oder auch auf drei Züge) aus. Ich hatte selbst die Ehre, im Jahre 1927 auf dem Schloß des Barons Kis-Sabloveckij in der Landschaft Zagorje mit einem solchen billikum begrüßt zu werden. Bjelostjenac X X 928 hat bilik 'poculum, dobrodosnica'.Vgl. magy. billikom, billikum 'prächtig ausgestatteter Becher' nach Melich 67 aus bayr. schwäb. Willkum 'der Pokal, in welchem auf der Herberge dem Zugewanderten der Willkommtrunk unter gewissen Zeremonien gereicht wurde'. Nach Melich 68 stammt kr. bilkum (fehlt im AR.) aus dem Magyarischen. Vom Trinken in der Runde mit einem Becher, wie es die deutschen Landsknechte im Dienste Dubrovniks (Ragusas) taten, heißt es bei Drzi6 262: trink ide u okolo "man trinkt in der Runde'.

140

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

20. N A T U R D I E UNBELEBTE

NATUR

Skr. lavina, f. 'Lawine' (schriftsprachliches Wort) stammt nach AR. V 928 aus ital. lavina oder aus d. Lawine', aus spätlat. (7. Jh.) läbina 'Erdrutsch' zu läbi 'gleiten' wurde d. dial. Lauwine] seit Schiller gilt schriftsprachlich Lawine (Kluge). AR. führt als einheimischen Ausdruck skr. usov an. Anstatt des einheimischen vazduh begegnet auch luft aus nhd. Luft (Sremac, Prip. 170: da promenim vozduh, luft da promenim 'daß ich die Luft verändere'; Vujaklija 679: luft, luftbad, luftbalon, luftirati 'lüften', luftlinija, luftsif; Trivunac 67: luftirati).—Für d. Zug = Luftzug erscheint vereinzelt s. cug (Sremac, Prip. II 153: ima l'vlage, cuga; Sremac, Vuk 92: da ga je uhvatio cug 'daß ihn der Zug gepackt habe'; fehlt im AR.). S. sljam, m. 'Schlamm' aus nhd. Schlamm (Trivunac 66; Vujaklija 1296; fehlt in den Wb.), einheimisch kal, blato. — Bjelostjenac 217 verzeichnet kr. morost 'Sumpf (fehlt im AR.) aus d. Morast; dieses nach Kluge seit Ende des 16. Jh. aus fr. marasc, Grundwort ist lat. mariscus. — Auf mhd. riet 'sumpfiger Grund' beruht magy. rit, ret 'Wiese' (nach Melich 220 schon im 13. Jh. belegt), daraus skr. rit 'sumpfiger Grund, Röhricht' (vgl. Schmeller II 184: bayr. riet 'mit Schilf bewachsener Grund'). M I N E R A L I E N UND M E T A L L E

Einige Wörter wurden bereits im Kapitel Bergbau behandelt. Außerdem wären zu erwähnen: S. kvarc, m. aus d. Quarz, das im 14. Jh. als Koseform zu Zwerg auftritt (Kluge); Ableitungen: kvarclampa neben s. kremena svetiljka; kvarcovati 'bestrahlen mit der Quarzlampe' (Vujaklija 556). S. tuf, m. aus d. Tuff (Stein), (Vujaklija 1183). Skr. alun, m. 'Alaun' aus mhd. alün, dieses aus lat. alümen (Berneker 28; AR. I 77). Skr. pehblenda, f. aus d. Pechblende (Vujaklija 890). Skr. feldspati, pl. m. aus d. Feldspat (Vujaklija 1205). Neben schriftsprachlichem mjed und bakar (letzteres aus dem Türk.) 'Kupfer' begegnet skr. kufar, kajk. kufer (AR. V 746: seit dem 17. Jh.) aus d. Kupfer; Ableitung: kufren 'kupfern' (ib.). Neben schriftsprachlichem kositer (aus gr. xaaaireQog), kalaj (türk.) begegnet in der Wojwodina ein, m. aus d. Zinn (AR. I 797; Berneker 130); Ableitung cinjasti 'aus Zinn' (ZbNZ. XIV 66, 67: Luicewa ljekarusa aus dem J. 1746; fehlt im AR.), daneben einen 'aus Zinn' (Vuk, R.: Syrmien). Skr. cinober, m. aus d.Zinnober (AR. I 798: 18. Jh.); Quelle: lat. cinnäbaris aus gr. xivvdßagi. S. cin(a)k, m. aus d. Zink (Vujaklija 1281; fehlt im AR.; Kluge: Zink ist erst nhd.); Ableitung: cinkograf (Vujaklija, ib.). Über skr. pleh aus d. Blech siehe oben im Kapitel Handwerk S. 54. Kr. 2veplo, n. (Mazuranic I 1727; ZbN2. X I I 131, 170: Prigorje; ib. XVII 24: Samobor; fehlt im IB.) aus südd.Schwebel (Schmeller II 622; Fischer,

20. Natur

141

Schwäb. Wb. V 1255), mhd. swebel, ahd. swebal; vgl. magy. svdbel 'Zündholz, das ebenfalls aus dem Deutschen stammt (Melich 247). Über Bernstein s. im Kapitel Tracht und Schmuck. Auf gr. XlOoç (iayvfjriç 'Stein aus Magnesia' beruht nach Kluge lat. magnés, -ëtis und d. Magnet, das sich seit Paracelsus (f 1541) durchgesetzt hat; aus dem D. wurde skr. magnet, m. entlehnt; skr. magnetisirati aus d. magnetisieren. PFLANZEN

Außer den oben im Kapitel Nahrung (Gemüse, Gewürz, Obst) und Landwirtschaft genannten Pflanzen (kelj, keleraba, celer, paradajs, spargla; senf, cimet, lorber, muskaplet, kim; lederica, ribizle, mandata; fajgolica, puspan) wären noch zu erwähnen: Kr. bingulja aus d. Bingelkraut (Sulek 16). Skr. cinkrot, m. 'equisetum hiemale' aus d. Zinnkraut (Sulek 42; AR. I 798); vgl. magy. cingrat (Melich 79). Kr. grintavac, m. = grintava trava aus d. Grindkraut (Sulek 102 : grintava trava = Senecio Jacobaea; Luiceva ljekarusa aus dem Jahre 1746). Skr. kvenda = majcina dusica aus d. Quendel (AR. V 854: Bjelostjenac). Skr. kres, m. aus d. Kresse (Berneker 610; AR. V 522: seit dem 17. Jh.), daneben kresica, f. (Sulek 171). — Kr. punkres 'Nasturtium aquaticum' aus d. Brunnenkresse (Sulek 319). Kr. krfulica 'Anthriscus cerefolium' aus d. Kerbel, Karfeikraut, dieses aus gr. lat. chaerophyllon (Sulek 172; AR. V 530). Gr. nvQedgov 'Fieberwurzel' wurde über lat. pyrethrum ins D. entlehnt und an den ahd. Männernamen Berhtram angeglichen: so entstand ahd., mhd. berhtram, nhd. Bertram (Kluge) ; darauf beruht skr. peltramic, peltranic, bertranka 'Anacyclus pyrethrum' (Sulek s. v.). Vgl. tsch. pertram (AR. I X 768). Kr. riglec, riglecek 'bellis perennis' aus d. Ringelblume (Sulek 303). Kr. ritenspor 'consolida regalis' aus d. Rittersporn (Bjelostjenac 209; Sulek 334; AR.). Kr. puspan aus d. Buchsbaum (AR.; Bjelostjenac). Kr. spajka 'Asarum europeum' aus d. Speik (Sulek 396). Die Lilie ist den Skr. von mehreren Seiten vermittelt worden: skr. lilija (AR. VI 91: in den nördlichen Landschaften seit dem 16. Jh.) geht über d. Lilie auf lat. lllium zurück, skr. zilj auf ital. giglio, skr. lîr = lijer auf gr. Xeiqiov (Berneker 721). Auf d. Appich, Eppich beruht kr. opih (AR. I X 55: Bjelostjenac), daneben seien genannt; aus dem D. stammt auch p. tsch. russ. opich. Ein umstrittenes Wort ist ursl. *avorz 'Ahorn', dazu skr. javor (AR. IV 497: gebucht bei Mikalja, 16. J h . ; in der Crna Gora auch jahor: ib. 419). Brückner, S. E. 202 und Stender-Petersen 47 nehmen Urverwandtschaft an, Berneker 35 und Schräder, R. L. 2 I 38 Entlehnung aus ahd. ähorn 'platanus'; Schwarz, Reibelaute 64 und nach ihm Kiparsky 229 sind für Entlehnung aus altbayr. *ähor. Für die Entlehnung des slawischen Wortes aus dem D.

142

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

spricht nach Kiparsky auch der Umstand, daß der Baum in der Ukraina auch n&neckij klen genannt wird. Skr. murva, f. 'Maulbeere' (AR. V I I 162: belegt seit dem 16. Jh.) aus ahd. mür; dieses ist nach Kluge über lat. mörum aus gr. fimqov entlehnt. Die Feige heißt skr. smokva aus got. smakka, in Kroatien auch figa (AR. I I I 52: belegt bei Bjelostjenac), das nach Berneker 281 auf mhd. vige, ahd. figa beruht, das wiederum über provenc;. figa aus lat. ficus entlehnt worden ist. TIERE

Über Haustiere s. oben im Kapitel Landwirtschaft und Viehzucht. Den Affen nennen die Skr. heute majmun (türk.), selten simija (in der Boka) aus lat. simia oder opica (AR. I X 54: bei Bjelostjenac), das auch im Tsch. als opice, im Altruss. als opica erscheint; die Annahme Kluges, daß d. Affe aus dem Slawischen stamme, ist nicht sicher; Kiparsky 251 und vor ihm Miklosich, Hirt, Brückner, Schwarz führen es auf ahd. affo zurück. Aus avest. tigri 'Pfeil' stammt gr. xiyoiQ, daraus lat. tigris, das im Ahd. als tigirtior, mhd. tigertier erscheint. Erst im 17. J h . wird das Wort durch einfaches Tiger ersetzt (Kluge); aus dem Nhd. ist skr. tigar entlehnt worden. Skr. gemsa, f. aus d. Gemse (Vujaklija 229; fehlt im AR.); zugrunde liegt nach Kluge das vorromanische Alpenwort camox (belegt 448 n. Chr.). Bei den ung. Kroaten begegnet cajzel, m. (AR. I 753) aus d. Zeisel(maus); letzteres geht nach Brückner 526 auf tsch. sysel zurück, mit dem p. susel und russ. susol verwandt sind. Das Tier taucht erst zu Beginn des 19. J h . an der deutschen Ostgrenze auf. Der deutsche Name Ziesel-, Zeiselmaus stammt aus dem Slawischen (Kluge). VÖGEL

Skr. fazan, m. aus d. Fasan, mhd. fasän (AR. I I I 46: bei Vrancic im J . 1595; Trivunac, N. U. 67); Kluge: Quelle ist gr. (paaiavog nach der Stadt Phasis am Ostufer des Schwarzen Meeres. Der Storch heißt s. roda, f., daneben auch strk, m. (Danicic, R. I I I 492), kr. dial. strok (Bjelostjenac 279); nach Trivunac, N. U. 83 gelten die Formen strk, strok heute für Provinzialismen, während die Form strklja, f. von der Schriftsprache bevorzugt wird. Es sind Entlehnungen aus obd. Stork (Schmeller I I 782). Nach Strekelj, L. 63 wurde die unbeliebte Lautfolge tort durch trot ersetzt, was auf junge Entlehnung hinweist, ja in slowen. storklja wurde sogar die fremde Lautfolge beibehalten. Unsicher ist, ob abg. stmkt und altruss. sterki germanischer Herkunft sind (Miklosich, EW. 322; Kiparsky 162). Skr. stiglic, m. (Trivunac, N. U. 67; Bjelostjenac 12; Miklosich, EW. 342; fehlt bei IB.) aus d. Stieglitz, dieses nach Brückner, SE. 545 im 15., 16. J h . durch die schlesischen Deutschen aus p. szczygiel entlehnt (Stamm *(s)kig, auf dem auch p. czyzyk, daraus d. Zeisig, beruht); s. schriftsprachlich heißt der Vogel cesljugar.

21. Abstrakta

143

Kr. cajzel, cajzic 'fringilla spinus' (AR. I 753), cajzlek (Bjelostjenac 753) aus bayr.-öst. Zeisel (Schmeller II 1156); allerdings ist mhd. zise, zisec nach Berneker 159 aus dem Westslawischen entlehnt: tsch. ciz(ek), p. czyz{yk). S. gimpel, m. aus d. Gimpel, mhd. gümpel (Vujaklija 237; fehlt im AR.). Der Fink, 'fringilla caelebs', heißt skr. zeba, bei den Kroaten auch fmk (Bjelostjenac, Jambresic) und finka, f. (AR. III 57) aus d. Fink, mhd. vinke; der Name ist schallnachahmend ebenso wie gr. cmiyyoq, ital. pincione, tsch. p&nkava (Walde, Vergleichendes Wörterbuch II 682 setzt idg. *(s)pingo an). Die Schnepfe heißt schriftsprachlich skr. sljuka, bei Bjelostjenac auch snef aus d. Schnepfe. Für den Grünspecht führen Bjelostjenac und Jambresic den Namen gringlin an, der auf d. Grünling zurückgeht (AR. I I I 432). D. Papagei (nach Kluge im 15. Jh. als Papagey aus dem Fr. entlehnt, das auf arab. babaghä zurückgeht) wurde ins Skr. als papagaj übernommen (Vuk, R.), daneben kr. papagao, -ala aus ital. pappagallo (AR. I X 625: seit dem 16. Jh. gebucht). Kr. golub-tiriksic aus d. Ringeltaube (AR.). FISCHE

S. oben im Kapitel Speise und Trank, S. 29. INSEKTEN

Kr. kebar 'Käfer' aus d. Käfer, mhd. kever, Schweiz, chäber (AR. IV 930: seit dem 17. Jh.; Mazuranic I 499: in der Landschaft Zagorje krebar). Die Küchenschabe heißt s. bubina, in der Wojwodina svaba (Vuk, R.). Letzteres ist meiner Meinung nach entlehnt aus südd. Schwab 'Küchenschabe' (Schmeller II 619; Fischer, Schwäb. Wb. V 1223). ZUSAMMENFASSUNG

Ein naturverbundenes Bauernvolk wie die Serbokroaten besitzt für die meisten Erscheinungen der belebten und unbelebten Natur seine eigene Terminologie. Durch den deutschen Bergbau wurden ihnen einige Namen von Mineralien und Metallen vermittelt. Was die aus dem Deutschen entlehnten Pflanzennamen betrifft (Gemüse, Gewürze, Heilkräuter, Obst), handelt es sich größtenteils um gr. lat. Namen, die durch die Deutschen vermittelt wurden: kelj, keleraba, celer, spargla, cimet, lorber, kirn, ribizle, mandala, krfulica, peltramic, lilija, murva, figa u. a. In ähnlicher Weise wurden Namen von exotischen Tieren durch die Deutschen vermittelt: tigar, opica, fasan, papagaj. Bei stiglic und cajzel handelt es sich um Rückentlehnung slawischer Vogelnamen in deutschem Gewände. 21. A B S T R A K T A Hier werden bloß solche Abstrakta angeführt, die sich in die oben behandelten Kapitel nicht oder nur schwer einreihen lassen.

144

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen B E Z I E H U N G , GESCHEHNIS

Nhd. passen 'angemessen, gelegen sein' beruht auf fr. passer 'vorübergehen' (zu lat. passus 'Schritt'), das im 13. Jh. ein nrhein. (ge)passen 'zum Ziel kommen, erreichen' ergeben hat (Kluge); aus nhd. passen stammt das gleichbed. skr. pasovati 'prilikovati' (AR. I X 671: Lika; ZbNZ. II 299: Otok; ib.: = pasati; Sremac, Prip. I 159, Cira 258). Aus fr. se passer stammt d. passieren 'sich zutragen'; daraus ist entlehnt skr. pasirati 'geschehen' (Sremac, Prip. II 25, III 107, IV 154; fehlt im AR.). Nhd. treffen 'begegnen' ergibt skr. trefiti 'sresti' (Vujaklija 1171); auf d. sich treffen 'sich ereignen' beruht skr. trefiti se 'dogoditi se' (ib. 1171; ZbN2. III 64, 117, 219: Trebarjevo; fehlt in den Wb.), bei Sremac strefiti se (z. B. Sremac, Vuk. 11, 33, 64, 155, Cira 60, 123, 205, Prip. I I I 25, 81). Vereinzelt begegnet bei Sremac stikl, m. aus d. Stückl in der Bedeutung 'Erlebnis' (Cira 81). Skr. punkat (IB. I I 283) aus d. Punkt, dieses aus lat. punctum; u ovom punktu 'in diesem Punkte, in dieser Beziehung' (Obradovic, Z. 97). W O L L E N UND HANDELN

Aus nhd. Ziel, mhd. zil, m. stammt skr. cilj, m. 'Ziel' in wörtlicher und übertragener Bedeutung (AR. I 795: seit dem 16. Jh.); die Wörterbücher verzeichnen bloß cilj, m., doch verwenden neuere Schriftsteller cilj und celj in übertragener Bedeutung meist als Femininum, so Sremac, Prip. I 89: humana celj 'humanes Ziel'; Lazarevic, Prip. II 59: opaziti krajnju celj 'das Endziel im Auge haben'; Nusic, Prip. 10: krajnja celj; Ignjatovic, Patnica 121: Tatjanina je cilj bila 'das Ziel Tatjanas war'. Fr. plan ergibt d. Plan 'Grundriß, Entwurf, Absicht', nach Kluge seit 1727 gebucht; daraus skr. plan 'Plan, Absicht' = 'osnova, namera' (AR. I X 956; Vuk, R . ; ein Buchwort); Ignjatovic, Patnica 123 hat planirati (fehlt in den Wb.) aus d. planen. Bei Sremac findet sich häufig eroberung aus d. Eroberung (des um Liebe Werbenden). Skr. faliti (valiti) 'fehlen' (AR. I I I 51: Belege seit dem 15. Jh.); falinka (valinka), falinga 'Fehler, Irrtum' (ib. I I I 41: belegt seit Bjelostjenac); nach Berneker 278 aus bayr.-öst. fälen (vgl. auch Schmeller I 702), das über das Fr. aas lat. fallere 'täuschen' entlehnt ist (Kluge). Skr. falinga führt Berneker auf mhd. *vaelunge, md. *velinge zurück. — Eine neuere Entlehnung ist skr. feler, m. (Vujaklija 1205; häufig bei Sremac; fehlt im AR.) aus gleichbed. nhd. Fehler (Kluge: um 1500 in der Bedeutung 'Fehlschuß' als Gegenwort zu Treffer aufgekommen; in der heutigen Bedeutung kaum vor 1561). Eine sehr frühe Entlehnung aus abd. scado 'Schaden, Verderben, Nachteil' steckt in skr. skoda, f. 'Schaden' (Wojwodina), skoditi 'schaden' (Danicic, R. I I I 489; Mazuranic I 1427: schon im 13. Jh. belegt; Miklosich, EW. 340: in alle slaw. Sprachen eingedrungen); schriftsprachlich heute steta, f. 'Schaden'. Aus südd. Vortl 'Vorteil, Kunstgriff' (Schmeller I 549; Fischer, Schwab. Wb. II 1682) ist kr. dial. fortil "Vorteil, korist' (AR. I I I 63: belegt 1525),

21. Abstrakta

145

fortelj, m. (Bjelostjenac) entlehnt worden. Vgl. tsch. fortel 'Vorteil, Nutzen, List', daraus p. fortel "Kunstgriff, List, Kniff' aus älterem nhd. vortel (Berneker 283). Bei Bjelostjenac 363 begegnet nucati 'benützen' (fehlt im AR.) aus gleichbed. bayr.-öst. nutzen (Schmeller I 1776). SINNESEMPFINDUNGEN

Skr. larma (AR. V 903: Bjelostjenac) hat neben der militärischen Bedeutung 'Alarm' (s. oben im Kapitel Heerwesen) auch die Bedeutung 'Lärm, tumultus' (Vuk, R.); dazu das Verbum larmati 'lärmen'. Skr. kljukati 'klopfen' (AR. V 101) geht nach Strekelj, L. 28 auf bayr.schwäb. klocken, klucken 'anstoßen, schallen' zurück (vgl. Schmeller I 1324; Fischer, Schwab. Wb. IV 496). 'Etwas im Auge behalten, aufmerken' heißt skr. merkati aus d. merken (AR. VI 606: seit dem 16. Jh.; Berneker II 38: in den meisten Slawinen); Kluge: mhd. merken 'achthaben, wahrnehmen, verstehen'; Ableitung: merkavec 'observator' (bei Bjelostjenac). AFFEKTE UND CHARAKTEREIGENSCHAFTEN

Skr. dial. habati se 'sich hüten' (AR. III 543: gebucht bei Bjelostjenac; bei Kajkaven, ungarischen Kroaten und in Slawonien) stammt nach Kiparsky 145 wahrscheinlich aus spätahd. gahaben 'abstinere, retinere, prudenter agere'. Daneben kr. habati 'achtgeben, faziti, slusati' (AR. III 543: auf der Insel Krk). Skr. trucati 'trotzen, zu Fleiß machen, nötigen' (Vujaklija 1179; sehr häufig bei den Kajkaven: ZbN2. X I I 219, X I I I 24, 60: Prigorje; ib. X V I I 1 0 7 : Samobor) aus südd. trutzen (Schmeller I 682; Fischer, Schwäb. Wb. II 430); u truc 'zum Trotz' (Sremac, Cira 74); Ableitung: trucirati 'trotzen' (Sremac, Cira 155). Die skr. Redensart imati pik na koga 'einen Pick auf jemand haben' ist seit dem 18. Jh. bezeugt (AR. I X 844) und stammt aus dem Deutschen: Schmeller I 381: Pick = Groll; Kluge: seit 1598 nach fr. pique, das sich (wie ital. fiicca) von 'Spieß' zu 'Groll' entwickelt hatte. Vereinzelt begegnet ajferovati 'eifersüchtig sein' (Sremac, Prip. III 173) aus d. eifern. Skr. smajhlovati (Sremac, Cira 263) aus nhd. schmeicheln. In einem Volkslied der ungarischen Kroaten begegnet frgunati aus gleichbed. d. vergönnen (AR. III 72), eigentlich bayr.-öst. vergunnen (Schmeller I 919). Skr. svermer 'sanjalica' aus gleichbed. nhd. Schwärmer, skr. svermovati aus d. schwärmen (Vujaklija 1292). Bei einem tschakavischen Schriftsteller des 16. Jh. findet sich frajati se 'lustig und zügellos leben' aus d. sich freuen (AR. III 64). Berneker 611 leitet slowen. krgvalj 'Haken, Schürhaken' aus d. Kreuel 'eine Art Gabel' ab (vgl. Schmeller I 1357: bayrisch Krauel) und stellt dazu skr. kreveljiti se 'mit verzogenem Munde weinen' (AR. V 529: Vuk, R.). 10

S c h n e e w e i s . Die deutschen

Lehnwörter

146

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Skr. alt karbba 'cura' (AR. IV 862) ist nach Berneker 487 aus ahd. kara, chara (heute noch in Karfreitag) 'Wehklage, Trauer', (got. kara 'Sorge') entlehnt; aber skr. kar, m. 'Not, Sorge' geht auf osm. kar 'Sorge, Kummer' zurück. Auf d. Witz beruht skr. vie, m., dazu vickast 'witzig' (Sremac, Prip. I 35). Skr. karakter 'cud, narav' (AR. IV 854) aus d. Charakter 'Haupteigenschaft', dieses vor 1700 aus fr. caractère; Grundwort ist gr. yafm-nTqrj 'Gepräge' (Kluge). Aus d. Phlegmatiker stammt skr. flegmatik (AR. I I I 60), Ableitung flegmatican 'phlegmatisch' ; bei Sremac (Cira 267) auch flegmatis. Für d. fade 'langweilig' begegnet skr. fadan (so bei Matavulj, R. K. 242: taj izraz fadne, burzoaske duse 'dieser Ausdruck einer faden Bourgeois-Seele'; fehlt in den Wb.); d. fade ist nach Kluge im 18. J h . aus ix. fade entlehnt (spätlat. *fatidus aus lat. fatuus 'mit Dummheit geschlagen, ungesalzen'), im d. Südosten auch auf Menschen angewendet. Ein Mensch von altem Schlag heißt skr. auch covek starog slaga (Vujaklija 1295). Eine alte Entlehnung ist skr. vredan 'würdig, tüchtig, fleißig' (Danicic, R. I 163: auch in der Bedeutung 'wert sein, kosten'; I B . I I 748), das auf ahd. werd 'dignus' zurückgeht. Das Wort ist zuerst von den Slowenen (slowen. vreddn) übernommen worden und von ihnen zu den Serbokroaten und Bulgaren (bg. vréden) gewandert (Miklosich, EW. 383; Kiparsky 163); Ableitung vrediti 'wert sein', vrednost 'Wert'. Mhd. frum 'tüchtig, rechtschaffen, wacker' wurde ins Skr. entlehnt als bruman, alt und dial. 'tüchtig, brav, wacker' (Berneker 89; AR. I 685: heute in Istrien; noch im 15. J h . als Adverb brumno); nach Kiparsky 189 liegt ahd. fruma 'Nutzen, Vorteil' zugrunde. In der Bedeutung 'hübsch, artig, galant' begegnet bei Obradovic, Ignjatovic, Sremac u. a. fajn aus d .fein, das (nach Kluge) über afr. fin 'erlesen' auf lat. fïnïre 'beenden' zurückgeht. Das Wort fehlt bei Vuk und im AR., bloß Vujaklija 1196 verzeichnet fajn 'zart, schön'. Nach Kluge stammt öst. fesch (zuerst bei Gutzkow 1838) aus engl, fashionable; daraus skr. fes (Vujaklija 1209; fehlt im AR., doch häufig bei Ignjatovic und Sremac, z. B . Prip. I I I 163, IV 115: bio je „fes" podnarednik 'er war ein fescher Unteroffizier'); vgl. magy. fess, tsch. fesdk 'fescher Bursch', fesanda 'fesches Mädchen'. Auf d. frisch, ahd. frisc beruht das in den nördlichen Landschaften verbreitete skr. frisak (AR. I I I 72: seit dem 16. Jh.), frizak (seit dem 17. Jh.), fris (Vujaklija 1229), daneben vrisak ( J B . I I 750); es bedeutet nicht bloß 'frisch' von Lebensmitteln, Wasser, Luft usw., sondern als Attribut eines Menschen 'lebendig, gesund, munter' (z. B. Vujic, P. I 70: jedan starac ot osamdeset godina, obace tako frisak, kako kakav covek ot 40 godina 'ein Greis von 80 Jahren, aber doch so frisch wie ein Mensch von 40 Jahren'). Skr. pfifig aus nhd. pfiffig (letzteres 1778 gebucht); pfifikus 'geschickter, hinterlistiger Mensch' aus d. Pfiffikus (Vujaklija 980), nach Kluge burschensprachliches Substantivum zu pfiffig.

21. Abstrakta

147

Lat. nitidus glänzend' wird über fr. net zu mnl. net, das vor Ende des 15. J h . nach Deutschland gelangt und im Dreißigjährigen Krieg Modewort wird; daraus in neuester Zeit skr. net 'schön, rein, hell, günstig' (Vujaklija 779; fehlt im AR.). Skr. hercig 'mio, umiljat' aus d. herzig (Vujaklija 1250); nach Kluge ein Lieblingswort des Südwestens (vgl. Schmeller I 1171: herzig 'liebenswürdig und beliebt'; Fischer, Schwäb. Wb. I I I 1531), das mit Goethe, Hauff u . a . in die Schriftsprache gelangt. Skr. sljampav 'neuredan, unordentlich' aus d. schlampig (Vujaklija 1296); vgl. südd. schlamp, schlampst 'nachlässig' (Schmeller I I 523; Fischer, Schwäb. Wb. V 889). Auf südd. zarten, zärteln (Schmeller I I 1153; Fischer, Schwäb. Wb. VI/1 1054) beruht kr. dial. cärtlati 'verwöhnen', rescartlan 'verzärtelt, verwöhnt' (ZbNZ. X V I I 122: Samobor). Bei Sremac begegnet häufig haglih 'wählerisch, von zarter Gesundheit' (Sremac, Cira 98, 126, 153, 156, 243, 275); das Wort stammt aus d. dial. häkelich (Kluge), ha3gl (Schmeller I 1071; Fischer, Schwäb. Wb. I I I 1346), schriftsprachlich heikel. Vereinzelt bei Sremac: najgirig (Cira 119, 158) aus d. neugierig; praktis (ib. 277) aus d. praktisch. — Bei Ignjatovic, P. 235: nobl 'vornehm' aus d. nobel (Kluge: im 17. J h . aus fr. noble, das auf lat. nöbilis 'kenntlich, adelig, vornehm' zurückgeht). Zahlreiche Bezeichnungen von Menschen mit schlechten Eigenschaften wurden bereits oben im Kapitel „Schimpf und Spott" behandelt: streber, smajhler, sus, grubijan; trotl, tutljek und tutljav, lola, lotar, suft, gauner, svindler. WAHRHEIT,

FALSCHHEIT

Skr. proba, f. 'Probe, Versuch' ( J B . I I 242) aus d. Probe, dieses nach mlat. proba; dazu dasVerbum skr. probati, probovati 'proben, probieren, versuchen' (z. B . Wein, Medizin u. ä.). In Trebarjevo sagt man von einem Verrückten, „daß er nicht den ganzen Verstand (frstec) im Kopfe habe" (ZbNZ. I I I 124: „. . . ona znd, gde ne bas celoga frsteca v glave", "sie weiß, wo nicht der ganze Verstand im Kopfe ist'). Zugrunde liegt d. verstehts. Über norac 'Narr, Verrückter' s. oben im Kapitel „Schimpf und Spott". Auf d. falsch, das über das Afr. auf lat. falsus zurückgeht (Kluge), beruht skr. fals (Vujaklija 1198); falisan, falizan, falican (AR. I I I 41, 42: seit dem 18. Jh.). Nebenformen: falsiv (16. Jh.), falsljiv (17. Jh.); Ableitungen: falisnost, faliznost (18. Jh.), falsljivost (17. Jh.), falisija (bei den ung. Kroaten). — Vgl. slowen. fols, tsch. falesny, p. faleszny, r. fal'sivyj, nach Berneker 279 alle aus mhd. valsch, nhd. falsch. Das oben (S. 23) besprochene kr. fajtati 'befeuchten, schminken' hat auch die Bedeutung 'fälschen', eigentlich 'mit falscher Farbe versehen' (Mazuranic I 303). 10«

148

X. Die Lehnwörter nach Sachgruppen SPRACHE

Eine Art Lehnübersetzung ist skr. §tof za razgovor nach dem d. Gesprächsstoff (Vujaklija 1299, Sremac, Vuk. 194, 208). Skr. slagvort 'krilatica' (eigentlich 'geflügeltes Wort') aus d. Schlagwort (Vujaklija 1295); in der Bühnensprache 'Wort, das einem Schauspieler die Losung zum Auftreten gibt' (1768 zuerst belegt; 'Wort, das eine Lage schlagartig erhellt', kaum vor Jean Paul, 1807). GESELLSCHAFT UND GEMEINSCHAFT

D. Ton ist nicht nur in der Bedeutung 'Stimmton', sondern auch in der Bedeutung 'Art und Weise' in neuerer Zeit ins Skr. gelangt: J B . I I 578; häufig bei Ignjatovic und Sremac. Aus dem D. stammt auch skr. takt 'Feingefühl, gutes Benehmen' (bei Ignjatovic und Sremac, fehlt in den Wb.); Kluge: frühnhd. Takt 'Berührung' aus lat. tactus ist 1571 belegt, erst unter dem Eintluß des fr. tact nimmt es die Bedeutung 'Feingefühl' an. Skr. pun takta (Sremac, Prip. I 7) ist eine Lehnübersetzung aus d. taktvoll. Aus afr. maniere, f. 'Art, Betragen' wurde mhd. maniere (zuerst in Gottfrieds Tristan belegt). Seit dem 17. Jh. gilt Manier von guter, gesellschaftlicher Sitle (Kluge); aus dem Deutschen stammt skr. maniri, m. pl. 'Benehmen' (Sremac, Vuk 63, 67; fehlt in den Wb.). Skr. sikovati se 'sich schicken, geziemen, dolikovati' aus d. sich schicken (Vuk, R.); kr. dial. sikati se 'sich schicken' (ZbNZ. X I I I 18: Prigorje). Über spotati 'verspotten, tadeln' s. oben im Kapitel „Schimpf und Spott". ANTEIL

Der Anteil heißt skr. täl, m. = skr. dijel (Vuk, R. = 'pars, portio'; J B . I I 552) aus d. dial. Täl (Schmeller I 599); nach d. 'größtenteils' — skr. vecim talom (z. B. ZbNZ. X X V 272: Varos); Verbum rastaliti 'zerteilen, zum Schmelzen bringen ' (ZbN2. X I V 77, 107: Luiceva ljekarusa vom J . 1746). SCHENKEN

Mhd. schenken 'zu trinken geben', später allgemein 'schenken'; auf nhd. schenken beruht skr. senkovati 'darovati, pokloniti' (Vuk, R.: in der Baranja; J B . I I 524). •— Kr. sparati aus d. sparen (AR.). Kr. dial. spenderati 'schenken' (ZbNZ. X I I I 65: Prigorje) aus d. spendieren (Schmeller I I 677; Fischer, Schwäb. Wb. V 1513; Kluge: nicht vor 1603 nachgewiesen). PFLICHT

Für skr. morati 'müssen' wird in den nördlichen Landschaften scherzweise musiti gebraucht; Vuk, R. und AR. VII 165 führen es auf slowak. musiti zurück, das ebenso wie tsch. musiti und p. musiec auf d. müssen, muß, ahd.

149

22. Verschiedenes

muoqan zurückgeht (Miklosich, EW. 205). Auf d. 'es muß sein' beruht kr. musaj (ZbNZ. I I I 84: Trebarjevo), vielleicht über magy. muszdj 'es muß sein'; vgl. slk. musaj. GELTUNG

In den nördlichen Landschaften findet man allgemein das Verbum gil(j)tati "gelten, vrediti' aus d. gelten, gilt (AR. I I I 133; ZbN2. X X V 257: Varos in Slawonien; ib. I I I 242: Trebarjevo; fehlt noch bei Vuk). Skr. stimati aus d. stimmen (fehlt in den Wb.), Stima 'es stimmt'. BEWEGUNG

Skr. alt cükati 'trgati' aus gleichbed. d. zucken (AR. I 858: bei Bjelostjenac und Jambresic). Skr. pendeljiti 'einherwackeln' (AR. I X 770: verzeichnet bei Vuk, R.); wahrscheinlich aus d. pendeln und nicht onomatopoetisch, wie AR. annimmt.

22. V E R S C H I E D E N E S I.

V E R B A AUF -IEREN, SKR. -IRATI

(vgl. Trivunac 69)

Eine große Anzahl von Verben ist durch die deutsche Kanzlei- und Schulsprache aus dem Lateinischen oder aus neueren romanischen Sprachen vermittelt worden. adresirati aus d. adressieren, das auf fr. adresse beruht (nach Kluge im Dreißigjährigen Krieg entlehnt); analizirati aus d. analysieren', aspirirati aus d. aspirieren; bankrotirati aus d. bankerottiefen-, blamirati (se) aus d. (sich) blamieren (dieses aus fr. blamer 'tadeln', seit 1616); citirati aus d. zitieren; datirati aus d. datieren (Kluge: seit 1571); datirati se, intrans. aus d. datieren; dominirati aus d. dominieren; dresirati aus d. dressieren; ekspedirati aus d. expedieren; fantazirati aus d. phantasieren (schon frühnhd.); flksirati 'scharf ansehen' aus d. fixieren (nach fr. fixer les yeux, zunächst ein Wort der Bühnenanweisungen: 1789); formirati aus d. formieren (Trivunac 69); frankirati aus d. frankieren (Trivunac 69); frapirati aus d. frappieren (Kluge: dieses seit 1719 aus ir.frapper, das aber selbst auf nd., nl. fläppen, 'klappen' zurückgeht); galopirati aus d. galoppieren (Trivunac 69); Kluge: 1548 entlehnt aus ital. galoppäre;

150

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

garnirati aus d. garnieren (Trivunac 41); Kluge: um 1700 als garnieren 'verzieren' aus fr. garnir 'mit etwas versehen', Grundwort ist germ. *warnjan, vgl. ahd. warnön 'Sorge tragen'; gustirati aus d. gustieren; honorirati aus d. honorieren; hofirati aus d. hofieren; informirati aus d. informieren; intabulirati aus d. intabulieren; intrigirati aus d. intrigieren (Trivunac 67); dieses über fr. intriguer aus lat. intricäre 'verwickeln, verwirren'; nhd. Intrigue seit Leibniz 1670 aus fr. intrigue, f. 'Truggewebe'; kapricirati se aus d. sich kaprizieren; kasirati aus d. kassieren (dieses im 17. J h . abgeleitet von Kasse); kontrolirati (AR. V 279) aus d. kontrollieren', korumpirati aus d. korrumpieren; kritizirati aus d. kritisieren; kucirati aus d. kutschieren (Trivunac 63); nach Kluge im 16. J h . kutschen, im 17. J h . setzt sich kutschieren durch; lagirati aus d. lackieren (um 1700, vorher lacken); lamantirati aus d. lamentieren (AR. V 893: bei den nördlichen Tschakawen); legitimirati se (AR. V 957) aus d. sich legitimieren; maltretirati aus d. malträtieren (Trivunac 69); markirati 'markieren andeuten' aus d. markieren; maturirati aus d. maturieren; mutirati aus d. mutieren (Trivunac 62); muzicirati aus d. musizieren; organiziiati aus d. organisieren) paradirati aus d. paradieren; parcelirati aus d. parzellieren; pasirati geschehen aus d. passieren (dieses nach fr. se passer); politizirati aus d. politisieren (Trivunac 69); producirati (se) aus d. (sich) produzieren', profitirati aus d. profitieren (Trivunac 63); prolongirati aus d. prolongieren', prosperirati aus d. prosperieren; protestirati aus d. protestieren', publicirati aus d. publizieren', raportirati aus d. rapportieren (Trivunac 62); rentirati se aus d. sich rentieren', reparitati 'reparieren, restaurieren' aus d. reparieren (Kluge: aus lat. reparare 'wiederherstellen', gebucht seit 1537); riskirati = reskirati aus d. riskieten (Kluge: aus fr. risquer, seit 1676); revanzirati se aus d. sich revanchieren; ruinitati aus d. ruinieren (Trivunac 69); salutirati aus d. salutieren-, sekundirati aus d. sekundieren (Trivunac 63);

22. Verschiedenes

151

skicirati aus d. skizzieren (Trivunac 69) ; beruht nach Kluge auf ital. schizzo, m. 'erster Entwurf; sortirati aus d. sortieren ; suflirati aus d. soufflieren ; sugerirati aus d. suggerieren ; sumirati aus d. summieren (Trivunac 67), dieses nach lat. summäre; spacirati aus d. spazieren (Trivunac 69); Kluge: mhd. spacziren über ital. spaziari aus lat. spatiäri 'sich ergehen'; spekulirati aus d. spekulieren ; spijunirati aus à. spionieren (Trivunac 61); taksirati aus d. taxieren (Trivunac 69) ; talentiran (Sremac, Prip. II 140) aus gleichbed. d. talentiert ; tetovirati aus d. tätowieren (Kluge: im 18. J h . wurde zu tahit. tatau 'Zeichen, Malerei, zeichnen' das Zeitwort gebildet, das noch bei Goethe tatuiren lautet) ; trandzirati aus d. tranchieren

(seit dem 16. J h . aus fr. trancher

'schneidend

zerlegen') ; triumfirati aus d. triumphieren; serb. dial. vandzirati 'avancieren' (Sremac, Prip. II 108) aus d. avancieren', verziran aus d. versiert ; vizitirati aus d. visitieren ; zenirati se aus d. sich genieren (Kluge: seit 1776 sich geniren 'sich Zwang antun' aus fr. gener 'martern)'. I I . ADVERBIA

Sehr verbreitet ist in den nördlichen Landschaften das Adv. furt, fort 'in einem fort' aus südd. furt (Schmeller I 762; Fischer, Schwab. Wb. I I 1679) ; es fehlt in den Wb., ist aber häufig in der Volkssprache: ZbN2. I I I 72: Trebarjevo; ib. V I I I 126: um Krizevci; X I I 179, X I I I 62: Prigorje; X V 292: um Osijek; ib. X X V 272: Varos in Slawonien; Sremac, Cira 166); vgl. magy. furt (Melich 108), tsch. dial .furt 'fortwährend'. Aus d. fest 'tüchtig, kräftig' stammt skr. dial. fest in derselben Bedeutung (Vujaklija 1208; fehlt im AR.; ZbNZ. I I I 248: Trebarjevo; ib. X I I 91, 133, X I I I 30: Prigorje). Kr. gli(h), kli 'gleich' aus mhd. gellh (Mazuranic I 322: Beleg aus dem Jahre 1527: moji neprijatelji, da bi mogli, kli bi me pogubili, 'meine Feinde würden mich gleich vernichten, wenn sie könnten'). — Wenn der Serbe sagen will, daß eine Sache lange dauert, sagt er spöttisch „klaj klaj" (Trivunac 68; Lektor G. Ruzicic, Prag); zugrunde liegt bayr.-öst. glei 'gleich' (Schmeller I 1423). Vuk, R. 471 verzeichnet für die Wojwodina den Ausdruck oles ajnc aus d. alles eins. Skr. frket 'verkehrt' (Terminus beim Stricken: Trivunac, N. U. 86) aus d. verkehrt.

152

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

Im Gegensatz zur soliden Art des doppelt gedeckten Daches heißt das einfache Decken pokriti ajfuh (ZbN2. III 108: Trebarjevo) aus d. einfach. Bei Kocic, PI. 99, begegnet neben nista 'nichts' auch niks aus d. nichts, dial. nix. 'Umsonst, frei' heißt schriftsprachlich besplatno, dia.be (türk.) oder fraj aus d. frei (Vujaklija 1227; Sremac, Cira 131; fehlt im AR.). Als Füllwort begegnet bei Sremac (z. B. Cira 239, 255) rihtih, rihtig aus d. richtig. Skr. curuk 'zurück' aus d. dial. zuruck (Trivunac 35). S. oben im Kapitel , .Landwirtsch af t " . Neben prosto 'einfach, gerade' wird auch klot aus d. glatt gebraucht (Trivunac, N. U. 35; Sremac, Prip. IV 19); daneben wird das Wort auch im wörtlichen Sinne verwendet: klot k'o jurget 'glatt wie ein Kürbis' (Sremac, Cira 192). I I I . INTERJEKTIONEN

Vuk, R. verzeichnet izmicauz 'auf und davon!' — Das ist eine scherzhafte Bildung aus izmicati 'davonlaufen' und d. aus (AR. IV 238). Aus bayr.-öst. hoppen 'hüpfen', hoppsasa! (Schmeller I 1142; Fischer, Schwab. Wb. III 1810) stammt skr. hop 'Ruf beim Springen' und hopsasa! (AR. III 650).

23. L E H N Ü B E R S E T Z U N G E N Der starke deutsche Einfluß spiegelt sich auch in den zahlreichen Lehnübersetzungen wider, denen wir schon in der altkirchenslawischen christlichen Terminologie begegnen, z. B. altbg. neprijazm, f. 'das Abgeneigtsein' (zu prijaznfc = evvöia) entspricht genau ahd. unholdä, f. 'inimicus, diabolus' in den ahd. Hymnen: Miklosich, Christliche Terminologie 42; Telovo 'Fronleichnamsfest' zu telo 'Leib' gebildet nach mhd. frönlicham: Miklosich, Fr. 132; sreda, f. 'Mittwoch' nach d. Mittwoch: Miklosich, Christliche Terminologie 20. — Hierher gehören vor allem die dem slawischen Sprachgeist widersprechenden Zusammensetzungen von Substantiven, die für die germanischen Sprachen so charakteristisch sind. Besonders die Kroaten haben unter dem Einfluß der Deutschen sehr viele solcher Zusammensetzungen geprägt, während die Serben in dieser Beziehung zurückhaltender waren: kr. kolodvor beruht auf d. Bahnhof-, die Serben nennen ihn stanica, f. 'Haltestelle, Station'. Trivunac hat den Lehnübersetzungen ein eigenes umfangreiches Kapitel gewidmet (S. 69-—78); er unterscheidet drei Hauptgruppen: Lehnübersetzungen, die sich beziehen 1. auf das Geistesleben, 2. auf Krankheiten, 3. auf Wirtschaft und Handel. — Ich möchte als vierte Gruppe Speisenamen hinzufügen und schließlich als fünfte Gruppe Natur (besonders Pflanzennamen, die ich in dem großen Pflanzennamenbuch von Sulek gefunden habe).

23. Lehnübersetzungen SCHULE

krasnopis oder lepopisanje — das Schönschreiben; pravopis — Rechtschreibung; rukopis — Handschrift; razredni staresina — der Klassenvorstand; dva kroz tri — zwei durch drei = 2/3; imenitelj —-der Nenner; brojitelj — der Zähler; jednacina — Gleichung; trougao — das Dreieck; tlocrt — Grundriß; samoglasnik — Selbstlaut; navodni znak — Anführungszeichen; pismeni zadatak — die schriftliche Aufgabe; uvod — Einleitung; ispit zrelosti — die Reifeprüfung veronauka — die Religionslehre; veroucitelj — der Religionslehrer; redovan profesor — ordentlicher Professor; vanredan profesor — außerordentlicher Professor; raspored casova — der Stundenplan; ocigledna nastava — Anschauungsunterricht; prevod — Übersetzung; nalivpero — Füllfeder; ätrojopisac — Maschinenschreiber; klavirski kljuc — Klavierschlüssel; violinski kljuc — Violinschlüssel. ABSTRAKTA

samoradnja — die Selbsttätigkeit; nagon samoodrzanja — der Selbsterhaltungstrieb; samoodricanje — Selbstverleugnung; samoobmana — die Selbsttäuschung; velikodusnost — die Großmut; izdanje — Ausgabe, Auflage; samovolja — Eigenwille; predstava — die Vorstellung; izgovor — die Aussprache, Ausrede; uticaj, upliv — Einfluß; zalopojka — das Klagelied; izuzetak — die Ausnahme; svetogled — die Weltanschauung; samostalan — selbständig; merodavan — maßgebend; velikodusan — großmütig;

154

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

dugotrajan — langwierig; s voj erucni— eigenhändig; prosecan — durchschnittlich; neophodan — unumgänglich; celishodan — zweckmäßig; ptvoklasan, prvorazredan — erstklassig; istovremeni — gleichzeitig; raznovrstan - verschiedenartig; nemoguc(an) unmöglich; neumoran — unermüdlich; neumoljiv — unerbittlich; posredan — mittelbar; neposredan — unmittelbar; preuranjen -— verfrüht; neodvisan — unabhängig; privlacan — anziehend; dirljiv — rührend; punoletan — vollj ährig; maloletan — minderj ährig; privlacan — - anziehend; neduzan —- unschuldig; napadan - - auffallend; znatizeljan — neugierig; navesti, navoditi — anführen, zitieren; oporocavati — lästern; omalovazavati — geringschätzen; pretpostaviti — voraussetzen; preceniti, precenjivati — überschätzen; potceniti, potcenjivati — unterschätzen; nagovoriti — anreden; nazvati — anrufen (im Telefon); upotpuniti — vervollständigen. RECHTSLEBEN

pravozastupnik — Rechtsvertreter, Rechtsanwalt pravni osnov — Rechtsgrund; pravovaljan — rechtsgültig; sudski postupak — das Gerichtsverfahren; punovazan — vollgültig; punomoöje, punomocstvo — die Vollmacht; priziv — die Berufung; iskaz — die Aussage; pravomocan, pravosnazan — rechtskräftig; plativ — zahlbar; tuziv — klagbar;

155

23. Lehnübersetzungen

verovnik — der Gläubiger; kaznjenik — der Sträfling (nach Trivunac, N. U. 73 besser: osudenik oder zatvorenik); provalnik — der Einbrecher (nach Trivunac, N. U. 73 besser: obijac); verodostojan — glaubwürdig; poslodavac — der Arbeitgeber; sugradanin — der Mitbürger; sukrivac — der Mitschuldige; protivreciti — widersprechen; protivrecnost — der Widerspruch; bespredmetan — gegenstandslos; dohod(arina) — das Einkommen (Steuer) (ZbNZ. XVII 133; Samobor); KRANKHEITEN UND L E I D E N

glavobolja - Kopfweh; zubobolja — das Zahnweh; gusobolja — das Halsweh; grudobolja — die Brustschmerzen; grudobolan — brustleidend; umobolan — geisteskrank; kratkovid — kurzsichtig; kratkovidost — die Kurzsichtigkeit; daljnovid — weitsichtig; izrastao — der Auswuchs; nahladit se — sich erkälten (besser: nazepsti). Eine alte Lehnübersetzung ist koze, pl. f. 'Pocken' zu d. Bocke, (AR. V 417: schon bei Bjelostjenac).

Bockel

K R I E G UND ABWEHRKAMPF

grudobran — die Brustwehr; stajaca vojska — das stehende Heer; vojskovoda — der Heerführer; dvoboj — der Zweikampf; strazmestar — der Wachtmeister (bei Rljkovich). H A U S UND HAUSRAT

munjovod — der Blitzableiter; svetlarnik — der Lichthof; nuzpiostorijc — pl. — die Nebenräume (Trivunac, N. U. 84); hodnik — der Gang (Korridor); hladnjak, hladnjaca — der Eiskasten; Kühlschrank; stednjak — der Sparherd (neben sporet); palidrvce — Zündhölzchen (AR. II 5: belegt seit dem Jahre 1880).

156

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen S P E I S E N UND G E T R Ä N K E

dvopek — Zwieback (AR. II 937: schon bei Stulic "nauticus panis'); nepusac — der Nichtraucher; predjelo — die Vorspeise; koh od pirinca — der Reiskoch; carske mrvice — der Kaiserschmarren; bela kafa — der weiße Kaffee; zitna karta — die Brotkarte (Andric, Prip. II 11); vinska karta — die Weinkarte (ib. I 108). kafeni mlin — die Kaffeemühle; paromlin — die Dampfmühle. KLEIDUNG

vrhkaput — der Überrock (Trivunac, N. U. 49). UNTERHALTUNG

izlet — der Ausflug; maskiran bal — der Maskenball (J. Andri6, Prip. I 80); maskirani ples (Horvat-Kis, J . P. 168); pjevoigra — das Singspiel (Dezeliö 8); rukoljub — der Handkuß (Trivunac, N. U. 82). SCHIMPFNAMEN

cepidlaka — der Haarspalter; cepidlacenje — die Haarspalterei. WIRTSCHAFT

kucedomadin, kucevlasnik — der Hausbesitzer; izvoz — Ausfuhr; uvoz —• Einfuhr; parobrod — das Dampfschiff; bi odolom — Schiffbruch; paromjer — der Dampfmesser; vlakovoda — der Zugführer; delovoda — der Werkführer; poslovoda — der Geschäftsführer; otplata — die Abzahlung; otplatiti — abzahlen; uplata — die Einzahlung; uplatiti —• einzahlen; uterati — eintreiben (Trivunac, N. U. 82: Provinzialismus); izdatak — die Ausgabe; ulog — die Einlage; izlog — die Auslage; vodovod — die Wasserleitung;

23. Lehnübersetzungen

157

kamenolom — der Steinbruch; verovnik — der Gläubiger; lebdeci dug •— die schwebende Schuld (AR. V 943); papirvreéa— der Papiersack; karta razglednica — die Ansichtskarte (in Belgrad auch anzihtskarta); poduzeti — unternehmen; poduzimljiv — unternehmend; unosan — einträglich. Unter dem Einfluß von d. Zug (Eisenbahn) hat auch skr. vlak, das bei Vuk, R. 'Fischernetz* bedeutet, die deutsche Bedeutung angenommen. Vielleicht hat auch tsch. vlak 'Eisenbahnzug' eingewirkt. PRESSE

uvodni clanak — der Leitartikel; prilog — die Beilage; saradnik — der Mitarbeiter. B E R U F E UND BESCHÄFTIGUNGEN

knigovezac — der Buchbinder; soboslikar — der Zimmermaler; pismoslikar — der Schriftenmaler (Zagreb); firmopisac — der Firmenmaler (Belgrad); kotlokrp — d e r Kesselflicker (AR. V 399: Backa); slagac — der Setzer (Trivunac, N. U. 79); namestenik — der Angestellte (Trivunac, N. U. 83); dusebriznik — der Seelsorger; stolar — der Tischler (Trivunac 33); bravar — der Schlosser (ib.). TITEL

prestolonaslednik — der Thronfolger. VERSCHIEDENES

trajna rolna — die Dauerrolle (Haartracht); posvednevno — alltäglich ; dvonozan — zweifüßig; navodno — angeblich; prema vani — nach außen (Trivunac, N. U. 82: Provinzialismus). NATUR

Eine große Zahl von skr. Pflanzennamen sind nach deutschem Vorbild geschaffen worden: Adamova jabuka — der Adamsapfel — (Sulek 1); bodeca jabuka — Stechapfel, Datura stramonium (Sulek 21); brada bozja — Herrgottsbärtlein, Pimpinella Sanguisorba (Sulek 28);

158

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

brada kozja — Bocksbart, Geißbart, Spiraea aruncus (ib. 29); brezvrimenka — Herbstzeitlose (ib. 31); dan-i-noc — Tag und Nacht, Viola tricolor (ib. 62); dan-i-nocka — Tag- und -Nachtkraut, Parietaria off. (ib. 62); dtvo cudno — Wunderbaum, Palma Christi (ib. 76); drvo sircetovo — Essigbaum, Rhus typhina (ib. 76); duhovska ruza — die Pfingstrose, Paeonia off. (ib. 78); Gospina stelja — Unser Frauen Bettstroh, Galium verum (ib. 96); groznicavka — Fieberkraut, Erythraea Centaurium (ib. 104); gusja ruzica — Gänseblümchen, Bellis perennis (ib. 106); gusa golubja — Taubenkropf, Corydalis bulbosa (ib. 107); grozdje ivanjsko — Johannisbeere, Ribes rubrum (ib. 104. 115); kaziput — Wegweiser, Cichoria Intybus (ib. 142); kiseli trn — Sauerdorn, Oxyacantha (ib. 144); kljucarica — Schlüsselblume, Primula veris (ib. 147); konjska metica — Roßminze, Mentha sylv. (ib. 153); konjsko rebro — Roßrippe, Plantago lanceolata (ib. 153); koren jelenski — Hirschwurz, Laserpitium selinoides (ib. 158); kozoder — Fellriß, Althaea rosea (ib. 168); koren kriini — Kreuzdorn, Senecio Jacobea (ib. 159); kravski koren — Kuhwurz, Inula helenium (ib. 171); krvokapka — Bluttröpfchen, Sanguisorba off. (ib. 180); kurjaca — Wolfskraut, 1. Impatiens noli me tangere L., 2. Atropa belladonna L. (ib. 186); kurjacja jagoda — Wolfsbeere, Paris quadrifolia (ib. 187); mlieko vucje — Wolfsmilch, Euphorbia Esula, L. (ib. 243); okasce jelinsko — Hirschauge, Athamanta cervaria (ib. 263); pasji trn — Hundsdorn, Rhamnus catharica, L. (ib. 282); posranka — Scheißkraut, Treibkraut, Euphorbia Lathyris, L. (ib. 305); sedmoprst, sedmeroprstna trava(Bjelostjenac) —Siebenfingerkraut,Tormentilla erecta (ib. 348); slinavi koren — Speichelwurz, Anacyclux Pyrethrum (ib. 360); teleca glava — Kalbskopf, Antirrhinum (ib. 402); teleci nos — Kalbsnase (ib. 402); trava kositerna — Zinnkraut, Equisetum hiemale (ib. 409); vretenika, vretenikovo drvo — Spindelbaum, Evonymus europaeus (ib. 447); zecja salata — Hasenlattich, Sonchus L. (ib. 455); zecje uho — Hasenohr, Bupleurum (ib. 455); zecji kruh — Hasenbrot, Aegilops L. (ib. 455); zecji kupus — Hasenkohl, Sonchus L. (ib. 455); zlatni koren — Goldwurz, Chelidonium majus (ib. 464); zlatni vlas — Goldhaar, 1. Polytrichum commune, 2. Amarantus purpureus L. (ib. 464); zablji zlicnjak — Froschlöffel, Alisma plantago L. (ib. 471); zeljezanka — Eisenkraut, Verbena off. (ib. 473).

24. Germanismen

159

24. G E R M A N I S M E N Die nachlässige Sprechweise (insbesondere der Stadtbewohner: Trivunac, N. U. 74) duldet ganze Redewendungen, deren Herkunft unschwer zu erraten ist, z. B. : poslati nesto kroz svoga s l u g u "etwas durch seinen Diener schicken' (Trivunac, N. U. 74); pasti s vratima u k u c u 'mit der Tür ins Haus fallen' (ib.) — richtig: s neba pa u rebra 'vom Himmel in die Rippen'; doci na zelenu granu 'auf einen grünen Zweig kommen', besser: imati uspeha, uspeti 'Erfolg haben' (ib. 75); izvuci krace 'den kürzeren ziehen' (ib.); kako d u g o 'wie lang', anstatt: koliko vremena 'wieviel Zeit' (ib.); nastupiti 'eine Stellung antreten', besser: stupiti n a . . . ' (ib.); ispostavilo se 'es hat sich herausgesetellt', besser: pokazalo se 'es hat sich gezeigt' (ib.); Viele von diesen Lehnübersetzungen haben sich durchgesetzt, so: praviti se vazan 'sich wichtig machen' (ib.); dobro m u ide 'es geht ihm gut' (ib.); dati korpu 'einen Korb geben'; dobiti korpu 'einen Korb bekommen'; cuvati postelju 'das Bett hüten' (ib.); pola dva 'halb zwei'; cetvrt na dva 'ein Viertel auf zwei' (ib.); uspelo m i je 'es ist mir gelungen' (ib.); zahvaliti se 'sich bedanken' (ib. 76); (u)padati u rec 'ins Wort fallen' (ib.); ici na t u k u 'an die Hand gehen' (ib.); doci k sebi 'zu sich kommen'; doci do reci 'zu Worte kommen'; doslo mi je do usiju 'es ist mir zu Ohren gekommen' (ib.); uzimati k znanju 'zur Kenntnis nehmen' (ib.); doci do eil ja 'zum Ziele kommen'; doci do novaca 'zu Geld kommen' (ib.) biti u stanju 'imstande sein' (ib.); bez da 'ohne daß' (ib.); imati smisla za nesto 'Sinn für etwas haben' (ib.); besser: osecanje (razumevanje) za nesto 'Gefühl (Verständnis) haben für etwas (ib.); od neeega zakljucivati za nesto 'aus etwas auf etwas schließen' (ib.); gostionica k lavu 'Gasthaus zum Löwen' (ib. 82). Nach dem Vorbild deutscher Wörter wurden manche serbokroatische Wörter gebildet (Trivunac, N. U. 77), z. B . : kisobran 'Regenschirm' (kisa, f. 'Regen', braniti "abwehren, schirmen'); kolodvor 'Bahnhof' (kolo 'Rad', dvor 'Hof');

160

I. Die Lehnwörter nach Sachgruppen

olovka 'Bleistift' (olovo 'Blei'); dobrovoljac 'der Freiwillige'. Zahlreiche Germanismen finden sich in neueren juridischen Werken, die aus dem Deutschen übersetzt sind (Näheres bei Trivunac, N. U. 81) und bei neueren Schriftstellern (ib.). Aus meiner eigenen Lektüre führe ich eine Reihe von Germanismen an: da vidi, hoce 1' skoro Milosu kucnuti poslednji cas 'um zu sehen, ob dem Milos bald die letzte Stunde schlagen werde' (Ignjatovic, Patnica 166); krokodilska suza joj iz oka kanu 'eine Krokodilsträne rann ihr aus dem Auge' (ib. 12.1); na „visoj nozi" ziveti 'auf höherem (größerem) Fuße leben' (ib. 106); bio je pod „papucom" 'er war unter dem Pantoffel' (ib. 95); u takovoj kuci ima dosta cankoliza 'in einem solchen Hause gibt es genug Tellerlecker' (ib. 23); valjda je to samo izmisljotina da nju na probu mece 'wahrscheinlich ist das bloß erfunden, um sie auf die Probe zu stellen' (ib. 73); u modi je davala ton 'in der Mode gab sie den Ton an' (ib. 230); pravice mi prebacivanja 'er wird mir Vorwürfe machen' (ib. 183); uzeti k srcu 'zu Herzen nehmen' (Ignjatovic, VM. 121); sto je tako primio srcu 'weil er sich so zu Herzen genommen hatte' (Lazarevic, Pripovetke I I 30); gri£a savesti 'Gewissensbiß' (ib. I I 51); dosao do zelene grane 'er kam auf einen grünen Zweig' (ib. I I 95); govoriti moralne predike 'Moralpredigten halten' (ib. 196); kad smo izigravali teator 'als wir Theater spielten' (ib. I I 200); dzeparac 'Taschengeld', zu dzep 'Tasche' (Sremac, Prip. I I I 76); gledalo se malo i kroz prste 'man sah auch ein wenig durch die Finger' (ib. I I I 77); so tim sam formalno, sto rek'o Nemac, „ekser u glavu strefio!" 'Damit habe ich formell, wie der Deutsche sagt, „den Nagel auf den Kopf getroffen'" (ib. IV 51); dobili neki pik na mene 'sie bekamen einen Pik auf mich' (Nusic, Prip. 66); ama ne driite vi mene opet bas za tolikog magarca 'aber halten Sie mich nicht wieder für gar so einen Esel' (Kozarac, Tena 223). 25. S E R B O K R O A T I S C H E B E Z E I C H N U N G E N DER DEUTSCHEN Der erste deutsche Stamm, mit dem die Serbokroaten nach ihrer Abwanderung auf den Balkan in Fühlung traten, waren die F r a n k e n , deren Reich unter Karl dem Großen bis zum heutigen Semlin reichte. Die Fruska Gora in Syrmien hat den Namen der Franken bis heute bewahrt. Der Franke hieß mgr. &(>dyyos, altkirchslaw. Fragi, daraus altserb. Frugb (Danicic, R.

26. Serbokroatische Bezeichnungen

161

I I I 406; AR. I I I 75: älteste Belege erst aus dem 13. J h . ; Miklosich, EW. 58); dazu das Adj. altserb. fruzbsksj (AR. I I I 76: seit dem 15. J h . gebucht), daraus fruski. — Fruska Gora, mgr. &Qayyoxd>Qiov, bedeutet also eigentlich 'Frankenwald, Frankengebirge'. Erst seit dem 14. J h . ist die Bezeichnung Nümcb (heute Nemac-, Nijemac) 'der Deutsche' belegt (Danicic, R. I I 178; AR. V I I I 1 7 3 ) , die aber in Wirklichkeit viel älter ist und bis in die urslawische Zeit zurückreicht; das beweisen die Entsprechungen in allen slawischen Sprachen, vor allem der Beleg in der altrussischen Nestor-Chronik (Miklosich, EW. 215; Brückner, SE. 360: als n&tni 'stumm, fremd' bezeichneten schon die Slawen in der Urheimat die mit ihnen in Berührung kommenden Germanen). Die deutschen Bergleute, die im 13. J h . nach Serbien kamen, wurden von den Serben Sasi (Sg. Sasinb) aus d. Sachse genannt. Die Ragusaner nannten sie Theotonici oder Tedeschi (Jirecek, Ist. Srba I I 20). Seit dem 16. J h . begegnet in Ragusa die Bezeichnung Alaman, Aleman (AR. I 66: so bei Vetranic: lanci Alemani 'die deutschen Landsknechte'), wohl nach mlat. Alamannus; dazu Alamanja 'Deutschland' (AR. I 62: 16. Jh.) und alamanski 'deutsch' (Danicic, R . I I I 551: 15. Jh.). Vuk verzeichnet für die südwestlichen Landschaften das Sprichwort: Pije kao TudeSak 'er zecht wie ein Deutscher'; nach I B . I I 602 aus ital. Todesco; Fem. TudeSkinja 'die Deutsche', Adj. tudeSki 'deutsch'. Ähnlich wie die Magyaren den Deutschen spöttisch als Sväb bezeichnen, dieses aus südd. Schwab (Melich 247; Schmeller I I 616; Fischer, Schwäb. Wb. V 1220), nennen ihn die Serbokroaten Svabo oder Svaba. Diese Bezeichnung dürfte erst im 18. J h . zur Zeit der großen Scbwabenzüge nach Südungarn üblich geworden sein. Allerdings bezeichnet der Südslawe mit Svabo nicht bloß den Deutschen, sondern überhaupt den Fremden, der in europäischer (städtischer) Kleidung kommt. Im Gegensatz zur Volkstracht heißt die städtische Kleidung &vapske haljine. In ähnlicher Weise nennen die Bewohner der Boka und der Crna Gora einen städtisch gekleideten Europäer (Deutschen oder Italiener) lacmanin, was wahrscheinlich auf deutsch Landsmann beruht (AR. V 862).

11

S c h n e e w e i s , Die deutschen Lehnwörter

II ZEITLICHE SCHICHTUNG DER ENTLEHNUNGEN

ii*

E N T L E H N U N G E N IN A L T H O C H D E U T S C H E R

ZEIT

Wir wissen, daß die Serbokroaten zuerst unter Karl dem Großen mit den Franken in engere Fühlung traten: Im Namen der Fruska Gora lebt der Name der Franken bis heute fort. Der Name Karls des Großen wurde zum Appellativum, zur Bezeichnung des Herrschers, des Königs: skr. kralj 'König' (bei den Kroaten erst im 10. Jh.) hat Entsprechungen in allen Slawinen (s. Berneker, E. W. 572, wo viel Lit.). Die altkirchenslawische Bibelübersetzung (863) übersetzt gr. ßaaiksvg noch mit cesan. Es ist bekannt, daß das Christentum den Slowenen und Kroaten (mit Ausnahme Dalmatiens) durch die Deutschen vermittelt worden ist. Das spiegelt sich in zahlreichen Lehnwörtern aus dem Ahd. wider, von denen die meisten allerdings auf das Lateinische und Griechische zurückgehen. Beispiele: Skr. pop 'Priester' aus ahd. pfaffo; skr. biskup 'Bischof aus ahd. biscof; aus ahd. Krist stammt abg. Christa 'Christus', skr. krst 'Kreuz' (nach Berneker 634 ist der Bedeutungswandel zu 'Kreuz' auf slawischem Boden erfolgt); kr. bermati 'firmen' aus ahd. ftrmön; kr. ofar 'Opfer, Almosen' aus ahd. opfar; skr. almuzno 'Almosen' aus ahd. alamuosan; skr. oltar 'Altar' aus ahd. altäri; skr. post 'Fasten' aus ahd. fasto; kr. britov aus ahd. vrit-hof\ kr. klostar 'Kloster' aus ahd. klöstar; kr. mnih 'Mönch' aus ahd. munih; skr. crkva 'Kirche' kann auf ahd. chirichä zurückgehen (nach Miklosich, Kiparsky, Brückner), aber auch auf got. *kyrikö (Berneker, Mikkola, Vondräk). In der kirchlichen Sphäre ist auch ahd. gotauueppi als skr. godovablb, m. 'Seide' (belegt erst im 16. Jh.) entlehnt worden; heute heißt die Seide bvila. Schon in althochdeutscher Zeit sind Einrichtungen des H a u s e s und verschiedener H a u s r a t entlehnt worden. Unter dem Einfluß des oberdeutschen Hauses wurde vor allem die Küche übernommen: skr. kuhinja = kujna stammt aus ahd. chuhhina, dieses aus spätlat. coqulna (cocina); dazu skr. kuhati 'Speisen zubereiten' aus ahd. kochon. Was die Nebengebäude betrifft, so begegnen für die Scheune mehrere aus dem Deutschen stammende Bezeichnungen: auf ahd. scugin(a) gehen zurück: kr. skadanj, skedanj, auch slowen. skedenj, skedenj, skegen. Auf ahd. stadal (mhd. stadel) beruhen kr. stagalj (allerdings erst im 14. J h . belegt), stagel; vgl. tsch. stodola, p. stodola. Aus der deutschen Art, das Strohdach herzustellen, stammt kr. skopa, entlehnt aus ahd. scoub 'Strohbündel'; jünger ist kr. sop aus d. öst. Schab. Eine Bereicherung des serbokroatischen Hausrats erfolgte durch eine Reihe von Entlehnungen: skr. skrinja, skrinja 'Schrein' aus ahd. skrini; skr. pehar

166

II. Zeitliche Schichtung der Entlehnungen

'Becher' (im 13. Jh. bezeugt) aus ahd. pehhäri) altkr. kelih aus ahd. kelich; skr. cabar 'Zuber' aus ahd. zwibar; skr. kabao 'Kübel' aus ahd. *kubil (vgl. tsch. kbel 'Kübel'); kr. §kaf 'Schaff' aus ahd. scaf (daraus auch tscb. skopek in derselben Bedeutung); eine gemeinslawische Entlehnung aus ahd. longa 'Lauge' ist nach Berneker 744 skr. lüg mit Entsprechnungen in allen Slawinen. Werkzeuge: skr. pila 'Säge' aus ahd. fila 'Feile'; s.u. kr. zaga 'Säge' aus ahd. saga oder mhd. sage] skr. skate, f. pl. 'Schere' (schon 1108 belegt) aus ahd. skare, pl. zu skar (vgl. nhd. Pflug-schar). Auf dem Gebiete der L a n d w i r t s c h a f t und V i e h z u c h t ist die Zahl der Entlehnungen aus dem Ahd. gering: s. u. kr. kotar 'Zaun um den Heuschober' aus ahd. kataro (gataro) 'Zaun, Hürde, Grenze des Hofbesitzes'. — Ahd. mar(i)ha 'Stute, Mähre' ist über magy. marha zu skr. marha, marva 'Vieh' geworden. — Auf ahd.muli(n) 'Mühle' beruht s. u. kr. mlin; verbreiteter ist heute allerdings die Bezeichnung vodenica, f. 'Wassermühle'. Auf dem Gebiete des H a n d e l s und V e r k e h r s sind die Beeinflussungen in althochdeutscher Zeit gering: ahd. müta 'Maut, Zoll' ergibt skr. mito 'Abgabe, Bestechungsgeld' (bereits urslawische Entlehnung); skr. p(j)enez 'Münze' geht zurück auf ahd. Pfenning; skr. vaga, f. 'Waage' auf ahd. wäga. Auf allen andern Lebensgebieten sind Entlehnungen aus dem Ahd. vereinzelt: skr. Skoda 'Schaden' belegt im 13. Jh. geht zurück auf ahd. scado 'Schaden'. Skr. opica 'Affe' aus ahd. affo. Im ersten Teil des skr. mal-Zena 'Ehegattin' steckt ahd. mahal {mal), das auch in ahd. gi-tnahalo vorliegt. — Auf dem Gebiete des H e e r w e s e n s wäre zu nennen: skr. truba 'Trompete' aus gleichbed. ahd. trumba; ahd. brunja 'Brünne' erscheint im Skr. als brnje, pl., 'die R i n g e , der Panzer'. Schließlich wäre noch zu erwähnen, daß ahd. werd 'dignus' über slow. vriden zu skr. vredan geworden ist.

E N T L E H N U N G E N IN M I T T E L H O C H D E U T S C H E R

ZEIT

Viel stärker strömen deutsche Kultureinflüsse in mittelhochdeutscher Zeit auf die Serbokroaten ein. Durch die Berufung deutscher Bergleute nach Serbien und Bosnien (seit dem 13. Jh.) wurden die Bodenschätze dieser Länder erschlossen, die den serbischen Herrschern zu Reichtum und Macht verhallen. Die größten dieser Bergwerke waren in Bosnien Fojnica, Olovo, Srebrnica und Zvornik, in Serbien Brskovo, Rudnik, Kopaonik und vor allem Novo Brdo, d. Nyenberge, welch letzteres zwischen 1350—1450 die größte und berühmteste städtische Siedlung des ganzen Inneren der Balkanhalbinsel war; die dortigen Gold- und Silberminen ergaben jährlich 200000 Dukaten. Die deutschen Bergleute waren freie Bürger, s. purgeri (aus mhd. burgaere) und hatten ihre eigene Gerichtsbarkeit. Aus der Fachsprache dieser Sachsen ist uns eine große Zahl von deutschen Fachausdrücken überliefert, von denen manche bis heute weiterleben. Auch das türkische Bergrecht, das in den eroberten südslawischen Provinzen in Geltung kam, enthält zahlreiche deutsche Elemente. Das Vorbild dafür war

Entlehnungen in mittelhochdeutscher Zeit

167

das Bergrecht von Schemnitz und Kremnitz, das bekanntlich auf das Iglauer Bergrecht zurückgeht. Die Zahl der aus der mhd. Bergmannssprache ins Serbische entlehnten Fachausdrucke ist sehr groß (s. oben S. 76ff.), ich führe hier bloß die wichtigsten an: stona, f. aus mhd. stolle, m.; orat 'Ende des Grubenbaues' aus mhd. ort, m. 'Ende, Spitze'; Ableitung ortnik 'Bergmann, der mit Schlegel oder Keilhaue arbeitet'. — Skr. cimrovi, pl. m. 'Zimmerung zu beiden Seiten des Schachtes' aus mhd. zimber, eigentlich 'Bauholz'; slaknja, f. aus mhd. schlacken (schon 1433 allen Bergleuten auf dem Balkan geläufig); kasna, f. 'Erzbehälter' aus mhd. käste, n. 'Behälter'; marsajat 'Grenze zwischen zwei Gruben' aus mhd. markscheide; vanta, f. 'große Felswand' aus mhd. want\ ganak 'dicker Erzgang' aus mhd. ganc; lenhvar 'Ausbeuter eines Bergwerks' aus mhd. lehenhouwer; kilava, f. 'Keilhaue' aus mhd. kll-houwe 'keilförmig zugespitzte Hacke') (vgl. tsch. k-ylhof); rat, n. 'Radwinde' aus mhd. rat\ sihta, f. 'Arbeitsschicht' aus mhd. schiht; branat, m. 'hartes Erz, das vor dem Abschlagen angebrannt und dadurch erweicht wird', aus mhd. brant; auf mhd. rost, m. 'Rost, Scheiterhaufen, Glut' beruhen skr. rost 'das Rösten des Erzes', Ableitung rostar 'Röster des Erzes'; plika, f. 'bergfeines Silber' (im 15. Jh. belegt) aus mhd. blic, Gen. blickes 'Glanz'; gleta, f. 'spuma argenti' aus mhd. glete 'glänzende Bleischlacke'; zajl, m. aus mhd. seil, n.; ceh 'Bergwerksgenossenschaft, Bergwerk', aus mhd. zech(e), f. 'Gesellschaft zu gemeinschaftlichen Zwecken'. Auch auf allen andern Lebensgebieten war der deutsche Kultureinfluß in mittelhochdeutscher Zeit sehr stark. Schon im Mittelalter kamen zahlreiche deutsche Handwerker nach Kroatien, besonders nach Zagreb, das sich aus der Burgstadt Gradac entwickelt hat. Nach dem Statut dieser Stadt wurde der Stadtrichter 1377—1436 jährlich abwechselnd einer der vier Nationen entnommen: 1. lingua slavonica, 2. lingua hungarica, 3. lingua theutonica, 4. lingua latina = gallica. 1391 war z. B. Johann, der Sohn Jakobs, deutscher Stadtrichter. Die Anzahl der Deutschen muß also ziemlich groß gewesen sein, sonst hätte man sie bei der Besetzung der Ämter nicht herangezogen. 1437 hatte allerdings das slawische Element schon weitaus die Mehrheit, und um 1600 nahm man auf die nichtslawischen Nationen keine Rücksicht mehr. — Der Stadtbürger nannte sich purgar (erster Beleg 1295) aus mhd. burgaere. Im Altkroatischen begegnen schon folgende aus dem Deutschen stammende Handwerkerbezeichnungen: tislar (15. Jh.) aus spätmhd. tischler; snicar 'Holzbildhauer' (15. Jh.) aus mhd. snitzaere 'Bildschnitzer'; pintar 'Faßbinder' (15. Jh.) aus mhd. finter; klamfar (1495 belegt) aus spätmhd. klampfer; äporar 'Sporenmacher' (15. Jh.) aus mhd. sporaere; snidar = znidar aus mhd. snldaere, in neuhochdeutscher Zeit verdrängt durch snajder aus nhd. Schneider', sostar, sostar (14. Jh.) aus mhd. schuoster: die heutige Hauptstraße Duga ulica 'Lange Gasse' in Zagreb hieß im Mittelalter 5oStarska ves oder Njemacka ves 'Deutschendorf'. Schuster heißt heute suster oder einheimisch obucar. — Altkr. fistar (im 15. Jh. belegt in Zagreb) aus mhd. pfister, vister 'Bäcker'; bogner = pugnar aus mhd. pogner, bogenaere 'Armbrustmacher'; kr. plat(n)ar 'Brustharnischmacher' aus mhd. blatner. Mhd. tnälaere erscheint im 14. Jh. als kr. malar.

168

II. Zeitliche Schichtung der Entlehnungen

Wie ersichtlich ist, beschränken sich diese Entlehnungen auf die Kroaten, die dem deutschen Sprachgebiet näher siedeln, im Altserbischen sind diese Handwerksnamen noch unbekannt. Weitere auf das Handwerk bezügliche Ausdrücke: kr. ceh 'Zunft' (15. Jh.) aus mhd. zëch(e) 'Zunft'; skr. cimer 'Aushängeschild' (seit dem 16. Jh. belegt) aus mhd. zimier 'Helmschmuck'; s.u. kr.pleh aus mhd. blich; skr. drot aus mhd. dräi; kr. cvilih aus mhd. zwil(i)h\ kr. vilahan 'Leintuch' aus mhd. wll-lahen (Berneker 721) ; kr. risati 'zeichnen' aus mhd. rïqen 'ritzen, schreiben, zeichnen'; s. u. kr. irha 'feines, weiß gegerbtes Leder' (seit dem 15. Jh.) aus gleichbed. mhd. irch; kr. cvek 'Schuhnagel' aus mhd. zwëc 'Nagel'; skr. farba 'Farbe' aus mhd. varwe. Auf dem Gebiete des H a u s b a u s und H a u s r a t s wurden in mittelhochdeutscher Zeit entlehnt: skr. sindra 'Schindel' aus mhd. schindel; skr. sokla aus gleichbed. mhd. sockel\ kr. erkel 'Erker' (15. Jh.) aus mhd. erker. Kr. stuba bedeutete im 14. Jh. 1. 'heizbare Kammer', 2. 'Badstube' (im alten Zagreb in dieser Bedeutung schon 1291 belegt) aus mhd. stube 'Stube, Badstube'. H a u s r a t : kr. ribez(anj) 'Reibeisen' aus mhd. rïbïsen, dazu kr. ribati 'reiben' aus mhd. rïben; skr. lada 'Truhe' aus mhd. lade\ skr. vanjkus über magy. vankos aus mhd. wangküss) s.u.kr. lanac 'Kette' (allerdings erst im 17.Jh. belegt), nach Berneker 689 aus mhd. lanne, f. 'Kette'; da Lojtra als Spitzname für einen Dieb in Agram schon im 14. Jh. belegt ist, ist kr. lojtre 'Leiter' aus kämt, loitr (Berneker 729) sicher schon im Mittelalter eingedrungen. Auch auf dem Gebiete der Tracht werden schon im Mittelalter einige deutsche Sachen und Wörter übernommen: aus mhd. kitel, das nach Kluge im 13. Jh. auftritt, stammt kr. kitel (zuerst 1447 bezeugt); kr. zlojer 'Schleier' geht zurück auf mhd. slojer, s. u. kr. suba 'Pelz' auf mhd. Schübe. Der W e i n b a u ist den Serbokroaten hauptsächlich durch die Romanen über Dalmatien vermittelt worden, doch sind einige Wörter auch übe r das Mittelhochdeutsche eingedrungen: kr. vincilir 'Winzer' über magy. vinclér aus mhd. wm-zürel 'Winzer', letzteres aus vulg. lat. *vintorem; skr. most aus mhd. oder schon ahd. most, dieses aus lat. (vinum) mustum. Auf die V i e h z u c h t beziehen sich: s. u. kr. gmajna 'Gemeindehutweide' aus mhd. gemeine (Berneker 311); s. u. kr. kopun 'Kapauner' (erst belegt seit dem 16. Jh.) aus mhd. kapün (Berneker 486). Für die regen H a n d e l s b e z i e h u n g e n zwischen Deutschen und Serbokroaten im Mittelalter sprechen folgende Lehnwörter: s. u. kr. krama, f. 'Handel, Ware, Hütte' (seit dem 16. Jh. belegt) aus mhd. kräm 'Krambude, Handelsgeschäft, Ware' (Berneker 606). Kr. likuf 'Leihkauf' (erster Beleg 1280) aus mhd. lltkouf; kr. colnar (seit dem 16. Jh. bezeugt) aus mhd. zolnaere. M ü n z e n : mhd. ort 'Viertel einer Münze' erscheint schon im 15. Jh. als kr. ott(onec) ; kr. guldin (erst im 17. Jh. belegt) aus mhd. guldin. M a ß e und G e w i c h t e : mhd. kläjter erscheint als s. u. kr. klaftar; skr. funt 'Pfund' (1425 belegt) aus mhd. pfunt\ skr. ura 'Uhr, Stunde' (seit 1504 belegt) aus mhd. ür(e), Ableitung urar 'Uhrmacher'; skr. hîp(ac) 'Augenblick' (seit dem 15. Jh.) aus mhd. hieb.

Entlehnungen in mittelhochdeutscher Zeit

169

Viel zahlreicher sind die mittelalterlichen Entlehnungen auf dem Gebiete der V e r w a l t u n g und des R e c h t s . In ihnen spiegelt sich die Entwicklung des staatlichen Lebens vom primitiven Stammesverband zum Staat. Viele der hierbergehörigen Ausdrücke sind über das Magyarische eingedrungen, denn Kroatien war seit 1102 mit Ungarn durch Personalunion verbunden. Mhd. herzöge wurde über magy. herceg zu s. u. kr. herceg 'dux' (belegt seit dem 14. J h . ) : Kaiser Friedrich I I I . verlieh im Jahre 1448 dem Knez Stjepan Vukcic von Hum den Titel Herceg, daher heißt sein Land seit dieser Zeit Hercegovina. —• In ähnlicher Weise ist skr. grof (belegt seit dem 15. Jh.) über magy. gröf aus mhd. gräve übernommen worden, ähnlich kr. porkolab (seit dem 15. Jh.) über magy. porkolab aus mhd. burcgräve, auch (h)ohmestar (15. Jh.) aus mhd. hofmeister. Kr. valpot 'Vogt' (seit 1209 belegt) aus mhd. walpote. walibote 'Bevollmächtigter des Herrschers'; heute bedeutet kr. valput 'Aufseher auf einem H o f (ZbN2. 39, S. 407, Landschaft Kastavstina); kr. safar (erst im 17. J h . belegt) 'Schaffer' aus mhd. schaffaere 'Aufseher'; kr. stivra (seit dem 15. J h . belegt) aus'mhd. stiura 'Abgabe'; kr. cinz aus mhd. zins. Aus mhd. rihtaere wurde kr. rihtar (üblich im 15. und 16. Jh.), aber schon 1209 begegnet in Varazdin die latinisierte Form rihtardus; das Gericht hieß rihta, heute allgemein bloß sud 'Gericht', sudija 'Richter'. Auf mhd. hähaere 'Henker' geht kr. hahar (belegt 1657) zurück, auf mhd. galge, m. kr. galge, f. pl. (Belege allerdings erst seit dem 17. Jh.). Auf mhd. marter beruht s. u. kr. mantra 'Qual, Marter'. Auf dem Gebiete des K i r c h e n w e s e n s ist der deutsche Einfluß im Mittelalter sehr gering: hervorzuheben ist kr. meznjar, d. Mesner (erster Beleg 1484) aus mhd. mesnaere; auf mhd. orgel beruht skr. orgulja, f. pl., allerdings erst seit dem 17. J h . belegt. Von K r a n k h e i t s n a m e n erscheint schon im 14. J h . kr. kuga 'Pest', das nach Berneker auf mhd. koge, m. 'ansteckende Krankheit' zurückgeht. — Mhd. wetac 'Schmerz' ist über magy. beteg 'krank' in Kroatische gedrungen: kr. beteg 'Schmerz, Krankheit' (belegt seit dem 16. Jh.). Ziemlich stark wurde das H e e r w e s e n von den Deutschen beeinflußt: Kr. pancer (dazu pancerar 'Panzermacher', 15. Jh.) aus mhd. panzer, n.; kr. helam (15. Jh.) aus mhd. heim] aus mhd. buhse, bühse "Feuerrohr zum Schießen' stammt kr. puksa (im 16. J h . belegt), im 15. J h . schon puksmester; skr. cilj 'Ziel' (seit dem 16. J h . belegt) aus mhd. zil) skr. graba 'Graben' (seit dem 15. Jh.) aus mhd. grabe, m.; kr. perman 'Söldner' (13. Jh.) gehört wahrscheinlich zu bermati 'werben'; skr. varovati 'hüten, bewachen' (1590) aus mhd. warn 'aufmerken, achten a u f . U n t e r h a l t u n g : altserb. spilman (13. Jh.) aus mhd. spilman; skr. drombulja 'Maultrommel' aus spätmhd. trumbel, f. Für schimpfen, spotten kennt der Kroate schon seit dem 14. J h . den Ausdruck spot aus mhd. spot, dazu das Verbum spotati. Schon in mittelhochdeutscher Zeit dürfte der skr. Schimpfname lotar eingedrungen sein, der uns im serbokroatischen Gewand allerdings erst im 15.—16. J h . entgegentritt: skr.

170

II. Zeitliche Schichtung der Entlehnungen

lotar 'Räuber, Hurer, Trunkenbold, Faulpelz' (16. Jh.), Ableitung lotarstvo 'Luderei' (15. Jh.) aus mhd. loier 'locker, leichtsinnig, Schelm'. A b s t r a c t a : skr. faliti 'fehlen' (seit dem 15.Jh.) aus bayr.-öst. fälen\ dazu das Substantivum falinga, das Berneker auf mhd. *vaelunge zurückführt; Lexer hat failunge 'Irrtum, Lüge'. — Skr. bruman (im 15. Jh. belegt: brumno aus mhd. frum 'tüchtig'. — Kr. gli(h), kli 'gleich' (1527 bezeugt) aus mhd. gellh. E N T L E H N U N G E N IN N E U H O C H D E U T S C H E R

ZEIT

Während sich für die althochdeutsche Zeit nur etwa vierzig und für die mittelhochdeutsche Zeit über hundert Lehnwörter feststellen lassen, schwillt die Zahl der neuhochdeutschen Lehnwörter im Serbokroatischen ganz mächtig an. Das ist verständlich, denn 1526 geriet Ungarn samt Kroatien und Slawonien in engere Verbindung mit dem Reich der Habsburger, die zum Schutz gegen die Türkengefahr vom 16. Jahrhundert an die Militärgrenze organisierten, die von der Adria (Zengg) längs der Una—Sawe—Donau-Linie verlief. 1579 wurde die Festung Karlstadt (Karlovac) gegründet, benannt nach dem österreichischen Erzherzog Karl. Der erste Kommandant war Johann Fernberg — ein deutsches und ein kroatisches Fähnlein bildete die erste Besatzung. Der Zuzug der Deutschen nach Karlstadt blieb auch später stark, so wurden dort im Jahre 1645 über 300 deutsche Familien angesiedelt. Unter den Handwerkern und Kaufleuten waren im 18. J h . sehr viele Deutsche, besonders Schlosser, Bäcker und Schneider. Die Festungskommandanten waren größtenteils Deutsche: General Herberstein, Graf Edling (1691), General Auersperg (1701), General L. Scherzer (1672), General Böck (1766), Baron Engelshofen, General Baron Preis (1770). Als erster „Postferderer" wird 1580 Johann Ströbl genannt. Viele deutsche Familien hatten in Karlstadt ihre Wohnhäuser, in die sie sich in gefährlichen Zeiten von ihren Landgütern zurückziehen konnten: Graf Paradaiser (Petazzi, Strassoldo, Verguzi), Seetal, Melzbach, Portner, Molitor u. a. — Als Karlstadt im Jahre 1778 königliche Freistadt mit eigenem Statut wurde, wurde Joh. Gutterer von Guttenfeld erster Stadtrichter. — Auf Anregung der deutschen Handwerksmeister wurde 1800 eine Bürgergarde von 180 Mann gebildet. — 1798—1801 spielte hier eine deutsche Schauspieltruppe in deutscher Sprache. Die Proklamation Napoleons an die Kroaten im Jahre 1809 war ebenfalls deutsch, und während der französischen Besetzung (1810—1813) wurden die Gesetze in französischer Sprache mit deutscher und kroatischer Übersetzung veröffentlicht. 1814 wurde Kroatien nördlich der Sawe an Österreich angeschlossen, und es wurde die deutsche Amts- und Kommandosprache eingeführt. 1822 wurden auch die kroatischen Gebiete, die zu Illyrien gehört hatten, mit Kroatien vereinigt. Daß auch die anderen kroatischen Städte, vor allem Agram, Samobor, Varazdin, Koprivnica, im 18. und 19. J h . (bis 1867) deutschen Charakter hatten, wurde bereits oben erwähnt.

Entlehnungen in neuhochdeutscher Zeit

171

Eine große Stärkung erfuhr das deutsche Element der Militärgrenze im 18. Jh., als nach dem Abzug der Türken aus den Gebieten nördlich der Sawe und Donau weite Flächen für die Kolonisation zur Verfügung standen. Da das deutsche Element hier bäuerlich verankert wurde, hat es sich nicht bloß gut erhalten, sondern sogar ungemein vermehrt. Wie schon oben erwähnt worden ist, betrug die Zahl der Deutschen in der Wojwodina 1940 über 600000. — Der Verkehr der Deutschen und der Serben in dieser Landschaft war immer sehr rege, denn viele deutsche Kolonien waren durch Erweiterung bestehender serb. Dörfer entstanden. Überdies hatten alle Städte der genannten Landschaft starke deutsche Minderheiten: Neusatz zählte 6000Deutsche, Semlin mit Franztal über 10000, Pancewo etwa 10000, Verschetz 14000. Reger Verkehr der verschiedenen Nationen der Wojwodina ergab sich vor allem auf den gut besuchten Wochenmärkten. Diese innigen Beziehungen der Deutschen und Südslawen innerhalb der Militärgrenze hatten zur Folge, daß starke deutsche Kultureinflüsse durch Jahrhunderte in alle Bereiche des Lebens der Serben und Kroaten einströmten. So erklärt sich die große Fülle deutscher Lehnund Fremdwörter, die besonders im 18. und 19. J h . eingedrungen sind. Durch die Serben nördlich der Donau, die ja bekanntlich bis zur Befreiung der südlich der Donau sitzenden Serben vom Türkenjoch die Hauptträger und Bewahrer der serbischen Sprache und Literatur waren, gelangten viele deutsche Lehnwörter in die Schriftsprache und führen dort bis heute trotz starker puristischer Bestrebungen ein zähes Leben. Mit der Ausdehnung der serbischen Staatsgrenzen nach Süden hat auch die skr. Schriftsprache nach dieser Richtung hin an Geltung gewonnen, und mit ihr sind auch die gebräuchlichsten deutschen Lehnwörter nach Altserbien und Mazedonien eingedrungen. Die Belgrader Speisekarte z. B . mit den vielen deutschen Speisenamen (snicla, knedla, vajsbratne, krenvirsle usw.) lag auch in Prizren, Ohrid und Bitolj auf. HANDWERK

Am stärksten äußert sich der deutsche Einfluß auf dem Gebiete der materiellen Kultur, und zwar vor allem in den verschiedenen Handwerkszweigen. Die Zahl der hierhergehörigen Lehnwörter (Werkzeuge und Erzeugnisse) beträgt viele Hunderte. Die Terminologie des Schuhmacherhandwerks allein enthält über 70 deutsche Fachausdrücke. Das hängt damit zusammen, daß der städtische bzw. mitteleuropäische Schuh gegenüber dem einheimischen Bundschuh (opanak) etwas Neuartiges war. In ähnlicher Weise war die städtische Tracht gegenüber der bodenständigen im Hausfleiß hergestellten Volkstracht etwas Neues. Von den größeren und kleineren Städten her dringt die deutsche Stadttracht (svapsko odelo) aufs Land vor und ist heute im Begriffe, die alte Volkstracht, vor allem die männliche, zu verdrängen. Die Terminologie des Schneiderhandwerks (Gewebe, Männer- und Frauenkleider, Wäsche) enthält über 110 deutsche Ausdrücke. Es handelt sich um feinere Arbeitsmethoden wie Häkeln, Schlingen, Steppen, Netzen, Endeln usw., ferner um neuartige Verzierungen wie Spitzen, Schnüre, Borten, Bänder, Quasten, Fransen u. a. — Neuerungen, die mit der deutschen Frauentracht einzogen: der deutsche

172

II. Zeitliche Schichtung der Entlehnungen

Frauenrock mit Leibchen, dem auf südslawischer Seite das Frauenhemd mit Schürze und zubun (ärmelloser langer Mantel) gegenüberstand, das Fürtuch, das Mieder, der Schleier, die Borte 'Stirnband der Mädchen', der Muff usw. Auch Bestandteile der deutschen Männertracht sind eingedrungen: die Pluderhosen, die Hosenträger, der Janker, der Spenser, Kragen (in neuerer Zeit der Frack, der Gehrock, der Salonrock, der Überzieher, der Zylinder und der Halskragen samt Schleife oder Masche). Neuerungen waren für die Serbokroaten die Fußsocken, die Strumpfbänder, die Stiefeletten, die Pantoffeln, ferner die Haarnadeln, das Brenneisen, dasSchminken, der Fächer, der Zwicker usw. Von den Deutschen lernten die Südslawen verfeinerte Wäschemethoden kennen: das Stärken (stirkati) und Bügeln (peglati) bzw. Rollen (rolati) (Bosnien). — Für viele Gewebe waren die Deutschen die Vermittler: Samt, Plüsch, Barchent, Tüll, Zitz u. a. (s. S. 15). Die nordwestlichen Landschaften wurden auf dem Gebiete des Bekleidungswesens stärker vom deutschen Einfluß erfaßt als die Gebiete südlich der Sawe—Donau-Linie, wohin die deutschen Einflüsse erst nach der Befreiung dieser Landschaften vom Türkenjoch vordrangen. SPEISE UND TRANK

Von der süddeutschen Küche her dringen feinere Methoden der Speisenzubereitung ein: pohovati, dinstovati, restovati, tenfati, spikovati, filovati, fasirati, päcati 'beizen' u. a. •— Zahlreiche Namen von Speisen lassen die deutsche Herkunft deutlich erkennen: skr. snicla, rozbratna, ajmakac 'Eingemachtes', rinflajs 'gekochtes Fleisch überhaupt', krenvirsle, pl. f., sunka 'Schinken'. Mehlspeisen und Gebäckarten: skr. knedla, nokla, nudla, kajzersmarn (Lehnübersetzung: carske mrvice), strudla, zemicka, kifla, s. miliprot, vekna, krofna u. a. Der altslawische Name des Gasthauses, krcma, wird im Osten verdrängt durch türk. kafana, mehana, im Nordwesten durch birtija, bircuz aus d. Wirtshaus; s. u. kr. gostionica scheint eine Lehnübersetzung aus d. Gasthaus zu sein. Auf d. Wirt beruht s. u. kr. birtas. Junge Entlehnungen sind s. u. kr. keiner, spajzetreger. HEERWESEN

Im Rahmen der von der Adria bis Siebenbürgen reichenden Militärgrenze, in der deutsche und serbokroatische Wehrbauern Schulter an Schulter durch Jahrhunderte hindurch Europa gegen die Türkengefahr verteidigt haben, wurden vom 16.—17. J h . an zahlreiche Ausdrücke des Soldatenlebens übernommen, denn die Amts- und Kommandosprache war deutsch. Skr. flinta, skr. stuc 'Stutzen', skr. saraf 'Kugelzieher', kr. stuk 'Kanone' aus d. Stuck seit dem 16. Jh.). Aus d. Schanze stammt skr. sanac, aus d. Lager skr. logor (seit dem 18. Jh.). Schon im 16. J h . begegnet in Ragusa die Bezeichnung lanci, pl. m. aus d. Landsknechte. — Skr. frajkorac 'Mitglied eines Freikorps' (seit dem 18. Jh.).

E n t l e h n u n g e n in n e u h o c h d e u t s c h e r Zeit

173

Für viele Bezeichnungen waren die Deutschen bloß die Vermittler: skr. muskatir (18. Jh.), s. u. kr. granadier (18. Jh.), artilerist (18. Jh.), dragoner, (h) ulaner usw. Aus dem Deutschen stammt auch s. u. kr. felcer 'Feldscher' (18. Jh.) und skr. margetan 'Marketender' (18. Jh.). Skr. gemajner, frajt (18. Jh.), kaplar = kapral (18. Jh.), firer (17. Jh.), vohmestar (17. Jh.), neuer vahtmajstor = strazmester; felbebl = veljbaba == filebr 'Feldwebel'; kr. fendrik (verdrängt durch türk. barjaktar), skr. oficir (17. Jh.), lajtnant = lajtman, obrlajtnant, oberarc, ritmajster, major, oberstlajtnant, obrstar (seit 1700), general (seit dem 17. Jh.), marsal, fetmasar 'Feldmarschall'. Skr. vaf(e)nrok, sarpelj 'Achselschärpe', aufslozi 'Aufschläge', tornister = ranac 'Ranzen'. Aus d. Orden 'Auszeichnung' stammt skr. orden. Skr. regrutirati, egzercirati, marsirati, patrolirati, komandirati, manevrirati, meldovati (in der Lika) = raportirati, alarmirati, pajtovati 'Beute machen, plündern', marodirati. •— Man sieht, daß das Deutsche sehr viel soldatische Ausdrücke aus dem Französischen und Italienischen vermittelt hat. Skr. siljbok 'Schildwache', lozinka, f. 'Losung', berdokati 'Wer-darufen'; plan 'Kriegsplan', front, strapac, opsit 'Abschied', kr. frlap = urlaub. HANDEL UND VERKEHR; MÜNZEN, MASZE UND GEWICHTE

Auch hier sind die meisten deutschen Ausdrücke seit dem 18. J h . eingedrungen. Hierher gehören: skr.pakovati 'packen', paklica'Packl', s. stajgna aus d. dial. Steigen 'hölzerner Verschlag'; plomba, svercer 'Schmuggler', svercovati 'schmuggeln', lif(e)rovati, liferant. Neu ist skr. kufer (Spitzname für den Fremden: kuferas), s. pinkl. Eine neuartige Sache war für die Serben und Kroaten an der Sawe und Donau das Dampfschiff, das in der Volkssprache damiif, in der Schriftsprache parobrod (Lehnübersetzung!) genannt wird; aus dem Deutschen stammen ferner jahta, vrak, slep, dek. — Das Ziehen der Schiffe durch Pferde heißt s. u. kr. fura, der dazu gehörige Fuhrmann furar, der Flößer kr. dial. flosar. Hierher gehören ferner s. loc 'Lotse', s. pegel 'Pegel'. Auch mit dem Eisenbahnbetrieb wurden die Serbokroaten durch die Deutschen bekannt: s. streka 'Strecke', skr. sina 'Schiene', sveleri, pl. m. 'die Schwellen', skr. rampa. Den Bahnhof nennen die Kroaten kolodvor (Lehnübersetzung), kr. dial. auch banjof (Landschaft Prigorje). In der Wojwodina begegnet für Eisenbahn s. dial. ajzliban; skr. bremza aus d. Bremse. Die älteren Kraftwagenlenker gebrauchen für die Autobestandteile fast lauter deutsche Ausdrücke, die jüngeren bereits weniger, denn sie werden durch Kurse geschult, in denen die deutschen Fachausdrücke, z. B. cilinder, saugas, fergazer, durch einheimische ersetzt werden. Zu Beginn der Neuzeit wirken auf dem Boden des heutigen Sudslawiens verschiedene Münzsysteme: Im Norden das magyarische und nach der Vereinigung Ungarns mit Österreich (1526) das deutsche Münzsystem, in Dalmatien und den angrenzenden Gebieten das venezianische und ragusanische,

174

II. Zeitliche Schichtung der Entlehnungen

im Südosten das türkische. Die Vermischung und Kreuzung dieser verschiedenen Münzsysteme ergab eine große Buntheit von Münzbezeichnungen. Auf deutschem Einfluß beruhen: skr. gros (seit dem 16. Jh.) aus nhd. Grosch\ skr. talir (1563 bezeugt) aus d. Taler (Joachimstaler), geprägt seit 1519; neben forint (Florinus) begegnet auch rajnski 'rheinischer Gulden'; der Gulden hatte hundert Kreuzer, skr. krajcar (in den nördlichen Landschaften schon 1585 belegt); seit dem 18. Jh. auch krajcara. Seit dem 16. Jh. begegnet auch kr. marka 'eine Münzsorte' aus d. Mark. Im 18. und 19. Jh. herrschte in den südslawischen Gebieten, die zu Österreich gehörten, das österreichische Münzsystem, auf welches zahlreiche skr. Münzbezeichnungen zurückgehen: der österreichische Zwanziger' Silbermünze im Werte von zwanzig Kreuzern' erscheint als cvancik(a), vancika, der österreichische Sechser als sekser, zekser. Die 1892 eingeführte österreichische Krone heißt skr. kruna, f., der Heller skr. filer (schon im 18. Jh. belegt) über magy. filier aus d. Vierer 'viennensis quadrans' entlehnt. Das befreite Serbien hatte unter Fürst Milos (seit 1815) keine eigene Währung, sondern es kursierten neben dem türkischen Geld verschiedene Münzen der europäischen Staaten, und zwar zehn verschiedene Goldmünzen, 28 Arten von Silbermünzen und fünferlei Kupfergeld. Ihr Wert wurde gemessen an dem serbischen gros, der die Münzeinheit bildete. Erst 1868 ließ Fürst Mihajlo Kupfergeld mit seinem Bildnis prägen, und zwar in Wien. 1873 erfolgt der Anschluß an die lateinische Münzunion: dem französischen Franc entspricht der s. dinar = 100 para. Die Crna Gora (Montenegro) dagegen gehörte dem österreichischen Münzsystem an. Die Einheit war der Gulden (forinta) und nach Einführung der österreichischen Kronenwährung der perper = 100 para. Seit 1918 ist in ganz Südslawien der Dinar die Münzeinheit. Für Papiergeld begegnet in der serbischen Volkssprache der Ausdruck sajn aus d. Schein (in der Bedeutung 'Banknote' seit der Gelddevalvation im Jahre 1811). Aus d. Banknote stammt s. banknota, abgekürzt banka, letzteres in der speziellen Bedeutung 'zehn Dinar'. In neuerer Zeit wurden übernommen: skr. col, fus, suv 'Schuh'. Flächenmaße: skr. frtalj 'ein Viertel Ackers' über magy. fertäly aus d. dial. Viertäl. Hohlmaße: skr. holba 'Halbe', skr. satljik 'Seidl', kr. masli