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German Pages 699 [700] Year 2023
Andreas Erb Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts
Hallesche Beiträge zur Europäischen Aufklärung
Schriftenreihe des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Herausgegeben von Daniel Cyranka, Elisabeth Décultot, Jörg Dierken, Robert Fajen, Ottfried Fraisse, Daniel Fulda, Frank Grunert, Wolfgang Hirschmann, Heiner F. Klemme, Till Kössler, Andreas Pečar, Jürgen Stolzenberg, Sabine Volk-Birke, Daniel Weidner, Wiebke Windorf Wissenschaftlicher Beirat Albrecht Beutel, Colas Duflo, Corey Dyck, Nathalie Ferrand, Marian Füssel, Avi Lifschitz, Robert Louden, Laurenz Lütteken, Steffen Martus, Laura Stevens
Band 69
Andreas Erb
Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts Ein Gruppenbild
ISBN 978-3-11-077613-3 e-ISBN (PDF) 978-3-11-077621-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-077626-3 ISSN 0948-6070 Library of Congress Control Number: 2023934968 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Druckvorlage: Aleksandra Ambrozy Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com
| „Morgens bei Büchner die Briefe von Lenz an Salzmann im Morgenblatt und das Protokoll der Deutschen Gesellschaft in Straßburg, bei welcher Lenz Secretair war, gelesen: darüber ganz melancholisch und nichts getan.“ Aufzeichnung Georg Feins vom 11. Mai 1835, zit. nach: Michael Will: „Autopsie“ und „reproduktive Phantasie“: Quellenstudien zu Georg Büchner. Würzburg 2000, S. 42.
„Die gelehrte Geschichte von der Gesellschaft muß doch auch ihre Schreiber haben. Vielleicht wartet hie oder da die Welt darauf.“ Johann Heinrich Oest: Versuch einer kritischen Prosodie. Frankfurt am Main 1765, Vorrede, o.P.
Vorwort Die Ursprünge dieses Buchs reichen weit zurück und liegen im Forschungsprojekt der Stiftung Volkswagenwerk „Bruch oder Kontinuität? – Zum Wandel des südwestdeutschen Raumes im Zeichen von Ancien Régime, Französischer Revolution und Empire“, in dessen Rahmen ich Mitte der 90er Jahre die Protokolle der Mannheimer Deutschen Gesellschaft bearbeitet habe. Schnell wurde klar, dass für eine Einordnung dieser Gesellschaft in den Kontext der Deutschen Gesellschaften zahlreiche Voraussetzungen fehlten und eine Gesamtdarstellung erforderlich sein würde. Die Arbeit daran begleitete mich fortan über viele Unterbrechungen und Durststrecken hinweg. Meine Einbindung in die Aktivitäten der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg und in die Historische Kommission für SachsenAnhalt gab schließlich den Impuls, das Werk zu vollenden. 2020 wurde die Arbeit von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg als Habilitationsschrift angenommen. Die Dankesschuld, die sich in diesem langen Zeitraum angehäuft hat, reicht weit über die in einzelnen Anmerkungen ausgesprochenen Referenzen hinaus. In Mannheim hat mich Wilhelm Kreutz zu diesem Thema geführt. Andreas Pečar fand sich gerne bereit, die Arbeit zu betreuen. Ihm, Holger Zaunstöck und Winfried Müller danke ich nicht nur für die Übernahme der Gutachten im Habilitationsverfahren und vielfältige praktische Hilfe, sondern auch für viele Gespräche, die mein Verständnis für das 18. Jahrhundert vertieft und geschärft haben. Andreas Pečar und allen Mitherausgebern der Halleschen Beiträge zur Europäischen Aufklärung danke ich für die Aufnahme in ihre Schriftreihe. Frau Aleksandra Ambrozy und Frau Andrea Thiele seitens des Interdisziplinären Zentrums für die Erforschung der Europäischen Aufklärung sowie der Verlag De Gruyter haben die vielfältigen redaktionellen und koordinatorischen Arbeiten engagiert und kompetent wahrgenommen. Herrn Rüdiger Otto und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Arbeitsstelle „Edition des Briefwechsels von Johann Christoph Gottsched“ bin ich zu Dank für viele Auskünfte und Einschätzungen verpflichtet. Nicht zuletzt gilt dankbare Erinnerung auch ihrem 2015 verstorbenen Begründer Detlef Döring. Jan Brademann, Paul Beckus, Rüdiger Otto und Andrea Tonert haben sich dankenswerterweise dem mühseligen Geschäft unterzogen, die verschiedenen Entwürfe kritisch zu lesen. Mein Dank gilt nicht zuletzt allen Kolleginnen und Kollegen in den Archiven und Bibliotheken, die mich – häufig weit über das Maß des heute üblichen hinaus – mit Recherchen, Auskünften und Reproduktionen versorgt haben.
https://doi.org/10.1515/9783110776218-202
VIII | Vorwort
Gerade eine Arbeit, die aus weit verstreuten Quellen schöpfen muss, ist auf ihre Unterstützung angewiesen. Der größte Dank jedoch gehört meiner Lebensgefährtin Andrea Tonert. Sie hat die Genese des Werks über Jahre immer wieder durch geduldiges Zuhören, aufmunternden Zuspruch, tatkräftige Unterstützung und kritische Lektüre begleitet und befördert. Nicht nur deswegen ist die Arbeit ihr gewidmet.
Inhalt Vorwort | VII Abkürzungsverzeichnis | XI Einleitung | 1 Untersuchungsgegenstand und Fragestellung | 1 Methoden und Darstellungsweisen | 13 Quellen | 17 Forschungsstand | 22 1 1.1 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.3 1.2.4
Beginnen | 35 Hintergründe und Vordenker | 35 Gründen | 59 Zweierlei Anfang | 59 Projekte Schmieden | 65 Rahmen Finden | 69 Sich Ausbreiten | 87
2 2.1 2.1.1 2.1.2 2.1.3 2.1.4 2.2
Regeln | 103 Festsetzen | 103 Satzungen | 103 Ämter | 106 Mitgliedschaftsstatus | 112 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied | 122 Durchsetzen | 139
3 3.1 3.2 3.3 3.3.1 3.3.2 3.3.3 3.3.4 3.3.5 3.3.6
Beitreten | 162 Motive | 162 Der Weg in die Gesellschaft | 188 Die Mitgliederschaft | 212 Größe und Frequenz | 212 Gelehrtheit | 232 Stand | 250 Konfession | 266 Region | 274 Geschlecht | 284
X | Inhalt
4 4.1 4.1.1 4.1.2 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.3.1 4.3.2 4.3.3 4.3.4
Arbeiten | 294 Ermöglichen | 294 Finanzieren | 294 Sammeln | 303 Texten | 321 Sitzungen | 321 Sprachen | 331 Gesellenstücke oder Meisterwerke? | 347 Handeln durch Sprechen | 353 Der Ansatz | 353 Gattungen | 355 Themen | 361 Publikationsverhalten | 374
5 5.1 5.2 5.3
Folgen | 392 Abstammen | 392 Leitbild Leipzig? | 400 Vernetzen | 417
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.6
Ehren | 437 Ansehen | 437 Privilegieren | 439 Protegieren | 454 Krönen | 467 Inszenieren | 473 Integrieren | 487
7 7.1 7.2
Enden | 512 Verlieren | 512 Beerben | 521
Schlussbetrachtung: Üben. Nutzen. Gelten | 527 Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln | 541 Quellen und Literatur | 605 Sachregister | 673 Personenregister | 681
Abkürzungsverzeichnis ADB ALB Anm. Art. Aufl. BB Bd. bearb. DBA Ders. / Dies. Diss. Ebd. EdN f. GHA GLAK GBW
GNM PBO GStA PK HAB Hg. Hg. v. Hs. (Hss.) HStA HWRh Kap. LA BW LASA masch. N.F. o.D. o.O. o.S. SächsStA-D SB PK Sign. SLUB StA StadtA
Allgemeine Deutsche Biographie. 56 Bde. Leipzig 1875–1912 Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Anhaltische Landesbücherei Dessau Anmerkung / Fußnote Artikel Auflage Behördenbibliothek Band bearbeitet Deutsches Biographisches Archiv Derselbe/Dieselbe(n) Dissertation Ebenda Enzyklopädie der Neuzeit. Hg. v. Friedrich Jaeger. 16 Bde. Stuttgart 2005–2012 folgende Seite Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Abt. III Geheimes Hausarchiv Landesarchiv Baden-Württemberg – Generallandesarchiv Karlsruhe Johann Christoph Gottsched: Briefwechsel. Unter Einschluß des Briefwechsels von Luise Adelgunde Victorie Gottsched. Hg. v. Detlef Döring, Caroline Köhler, Franziska Menzel, Rüdiger Otto u. Michael Schlott. 16 Bde. Berlin u. Boston 2007–2022 Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Archiv des Pegnesischen Blumenordens Geheimes Staatsarchiv – Preußischer Kulturbesitz Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Herausgeber herausgegeben von Handschrift(en) Hauptstaatsarchiv Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Hg. v. Gert Ueding. 15 Bde. Tübingen 1992–2015 Kapitel Landesarchiv Baden-Württemberg Landesarchiv Sachsen-Anhalt maschinenschriftlich Neue Folge ohne Datum ohne Ort ohne Seitennummerierung Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz Signatur Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden Staatsarchiv Stadtarchiv
https://doi.org/10.1515/9783110776218-204
XII | Abkürzungsverzeichnis
StAW StB SUB Bremen SUB Göttingen SUB Hamburg ThULB UA UAJ UB UB Erlangen Vgl. ZB Zürich
Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Wolfenbüttel Stadtbibliothek Staats- und Universitätsbibliothek Bremen Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg „Carl von Ossietzky“ Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena Universitätsarchiv Universitätsarchiv Jena Universitätsbibliothek Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Handschriftenabteilung Vergleiche Zentralbibliothek Zürich
Einleitung Untersuchungsgegenstand und Fragestellung „Man könnte also deutsche Gesellschaften als ein Kabinett ansehen worin oft ein philosophischer Ältester junge Affen in ihrer Überzeugung große Geister zu sein, wie in einem leichten Spiritus aufbewahrt, […].“1 Eine solche, wenig schmeichelhafte Charakterisierung, wie sie Georg Christoph Lichtenberg in seine Sudelbücher eintrug, fand Widerhall auch in den Erfolgsbüchern ihrer Epoche wie Christoph Martin Wielands Don Sylvio von Rosalva: „So bald er zu reden anfing, lallte er Epigrammen, und sein Witz wurde nach und nach so stachlig, daß ihm keine Biene mehr gewachsen war, obgleich die dümmste im ganzen Korbe zum wenigsten so viel Witz hatte als ein Mitglied der Deutschen Gesellschaft zu ***.“2 Dass zwei derart prominente Aufklärer sich so abfällig über die Deutschen Gesellschaften äußerten, lässt eine Beschäftigung mit diesen wenig erquicklich erscheinen. Horden dilettierender Kleingeister tauchen vor dem geistigen Auge auf, die hinter dem Pedanten und Leithammel Gottsched einher trotten und jegliches dichterisches Talent in einer Wasserflut mediokrer Massenproduktion zu ertränken üben – weit entfernt davon, ja entgegengesetzt dazu, den Weg zum gesellschaftlichen Fortschritt oder in den literarischen Olymp zu weisen. Dennoch will es nicht gelingen, sie aus der Geschichtsschreibung zur deutschen Aufklärung in die Fußnoten einiger weniger hochspezialisierter Werke abzudrängen. Zu häufig tauchen sie auf, in Dichterbiographien und in der gelehrten Publizistik, in Überblicksdarstellungen und auf Titelkupfern, und drängeln sich auf das Gruppenbild der deutschen Aufklärer. Ihnen dort einen angemessenen Platz zuzuweisen, ist bislang nicht gelungen. Selbst elementare Angaben wie Mitgliederzahlen, innere Verfassung, Umfang und Ausrichtung der Textproduktion, institutionelle Verortung, territoriale Ausdehnung und Vernetzung fehlen, bleiben im Dunkeln oder sind lückenhaft. Nicht zuletzt fehlt eine allgemein anerkannte Definition dieses Sozietätstypus. Eben dies, nämlich den Untersuchungsgegenstand „Deutsche Gesellschaft“ räumlich, zeitlich und sachlich so klar als möglich abzugrenzen, ist für deren Beschreibung aber unerlässlich.
|| 1 Georg Christoph Lichtenberg: Sudelbücher B 306. In: Ders.: Schriften und Briefe. Bd. 1. Hg. v. Wolfgang Promies. München 1980, S. 126. 2 Christoph Martin Wieland: C. M. Wielands Sämmtliche Werke. 39 Bde. u. 6 Supplemente. Leipzig 1795–1811, hier Bd. 12: Don Sylvio von Rosalva. Erster Theil (1795), S. 116 (Buch VI, 1). https://doi.org/10.1515/9783110776218-001
2 | Einleitung
Sozialformationen welcher Art auch immer zu benennen, zu klassifizieren und zu definieren scheint eines der mühseligsten und undankbarsten Geschäfte jeder Gesellschaftswissenschaft zu sein. Aufgeklärte Gesellschaften etwa von humanistischen Sodalitäten oder den Vereinen des 19. Jahrhunderts abzugrenzen, ist und bleibt Gegenstand reger Debatten.3 Eine Bestimmung des Untertypus ‚Deutsche Gesellschaft‘, die es anhand bestimmter Merkmale ermöglicht, einzelne Vereinigungen diesem Sozietätstyp zuzuordnen oder sie von ihm auszuschließen, wird, will man sich nicht mit Lichtenbergs Verdikt begnügen, nicht einfacher. Formale und eindeutige Kriterien wie Mitgliederzahl, Vorhandensein von Statuten oder Gründungsdatum grenzen sie von anderen Gesellschaften ihrer Zeit in keiner Weise ab. Affinitäten zu anderen Sozietätsformen der Aufklärung wie Akademien, Gelehrten Gesellschaften und Rednergesellschaften liegen dagegen auf der Hand. Die ausgiebige Selbstthematisierung gelehrter Bemühungen und die Neigung der zeitgenössischen Philosophen zu Systematisierungen und klaren Begriffen lassen eigentlich eine oder gar mehrere zeitgenössische Definitionen erwarten. Sie finden sich jedoch nicht, selbst Zedlers Universal-Lexicon beschränkt sich darauf, die Leipziger und Jenaer Gründung in separaten Artikeln zu behandeln.4 Johann Andreas Fabricius, der selbst mehreren Deutschen und Gelehrten Gesellschaften angehörte, näherte sich 1754 in seiner Historie der Gelehrsamkeit dem Thema zwar systematisch-klassifikatorisch, beschränkte sich aber darauf, mehrere Deutsche Gesellschaften aufzuzählen.5
|| 3 Vgl. etwa Klaus Garber: Sozietät und Geistes-Adel. Von Dante zum Jakobiner-Club. Der frühneuzeitliche Diskurs de vera nobilitate und seine institutionelle Ausformung zur gelehrten Akademie. In: Ders., Heinz Wismann u. Winfried Siebers (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Die europäischen Akademien der Frühen Neuzeit zwischen Frührenaissance und Spätaufklärung. Bd. 1. Tübingen 1996, S. 1–39; Bernhard Jahn: Zur Typologie und Funktion von Sozietäten. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 24 (1999), S. 153–160; Holger Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen. Die mitteldeutschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert. Tübingen 1999, S. 34–82. 4 Vgl. die Artikel in Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschaften und Künste, welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden [...]. 64 Bde. Leipzig u. Halle 1732–1750, hier Bd. 38, Sp. 174 u. 190–192 sowie Bd. 42, Sp. 1820. Ebd., Sp. 1819, werden auch die Bemühungen der Berliner Akademie der Wissenschaften um die deutsche Sprache in einem Artikel „Teutsche Gesellschaft zu Berlin“ behandelt. 5 Vgl. Johann Andreas Fabricius: Abriß einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit. 3 Bde. Leipzig 1752–1754, hier Bd. 3 (1754), S. 772–781. In einem gedruckten Sozietätsprojekt an seinem neuen Wirkungsort Nordhausen ergänzte er diese Auflistung: Ders.: Der Kaiserlichen Freyen
Untersuchungsgegenstand und Fragestellung | 3
Mag dieser Mangel noch der zeitlichen Nähe zum Gegenstand geschuldet sein, fällt er in der älteren wie neueren Forschung als gravierendes Defizit auf. Klare Abgrenzungen des Begriffs fehlen durchgängig und selbst dort, wo der enzyklopädische Charakter mancher Arbeiten dies erwarten ließe.6 In der Regel begnügte sich die Forschung damit, im Kielwasser Fabricius’ mehr oder weniger umfangreiche und vollständige Auflistungen einzelner Gesellschaften zu liefern. Wolfram Suchier, der als einer der ersten systematischeren Erforscher der Sozietätsbewegung gelten kann, hat sich wie Fabricius mit einer Reihe von Einzelnennungen begnügt und diese mit der Nennung von „ähnlichen Vereinen mit anderen Namen“7 erweitert. Auch in zahlreichen neueren Arbeiten dominieren Aufstellungen der Gesellschaften, verbunden mit der Darstellung und Diskussion einzelner Merkmale, ohne eine klare Bestimmung des Untersuchungsgegenstands zu leisten.8 Prima vista immerhin bieten die Deutschen Gesellschaften die besten Voraussetzungen dafür, definitorische Probleme elegant zu meistern. Zum einen ist „Deutsche Gesellschaft“ (bzw. „Teutsche Gesellschaft“) ein Quellenterminus und spiegelt sowohl die Selbstwahrnehmung dieser Formation als auch die Wahrnehmung der Zeitgenossen, ohne dass Schablonen und Kampfbegriffe späterer Epochen den Begriff verzerren. Zum anderen scheint es fast, als wollten die Namensgeber selbst im Geiste des frühaufklärerischen Rationalismus einer Definition die Wege ebnen, indem sie den Namen an die klassische aristotelische Struktur einer Definition nach genus proximum und differentia specifica anlehnten. Die zeitgenössischen Begriffe „Gesellschaft“ bzw. „Sozietät“ sind in der Forschung zum 18. Jahrhundert klar von der aus dem Mittelalter rührenden Korporation als Form des Zusammenschlusses geschieden. Ist die Mitgliedschaft in einer Korporation für den Einzelnen durch die Geburt in einem be-
|| Reichsstadt Nordhausen Hoch Edelg. und Hochweisen Rath […] will hiedurch zur Anhörung einiger Reden welche den 13ten des Weinmonats 1763 nach geendigter Prüfung in dem großen Hörsale öffentlich sollen gehalten werden […] einladen. Nordhausen [1763], S. 6f. Eine weitere Ergänzung bildet der von seinem Verfasser Johann Christian Messerschmidt als anonyme Einsendung deklarierte „Beytrag von Teutschen Gesellschaften zu dem VII. Artickel des zweyten Stücks der Critischen Bibliothek, p. 188“. In: Critische Bibliothek. Bd. 1 (1749), S. 395–398. 6 Vgl. etwa Carl Diesch: Art. Deutsche Gesellschaften. In: Paul Merker u. Wolfgang Stammler (Hg.): Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Bd. 1, S. 229–231; Wolfgang Hardtwig: Art. Deutsche Gesellschaften. In: EdN 2 (2005), Sp. 936–938. 7 Wolfram Suchier: Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft zu Göttingen von 1738 bis Anfang 1755. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 81 (1916), S. 48. 8 Vgl. etwa Dieter Cherubim u. Ariane Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung. Die Deutsche Gesellschaft in Göttingen im 18. Jahrhundert. Göttingen 2004.
4 | Einleitung
stimmten Stand festgelegt bzw. ausgeschlossen, so kann dieser bei Gesellschaften bzw. Sozietäten sich grundsätzlich frei für oder gegen den Beginn, die Fortführung und Beendigung einer Mitgliedschaft entscheiden. Neben der Freiwilligkeit seitens der Mitglieder wird seitens der Gesellschaft eine hinreichende organisatorische Verfestigung, meist über schriftlich niedergelegte Statuten, als konstitutives Merkmal angesehen. Gilt trotz Vorläufern im 16. und 17. Jahrhundert die Epoche der Aufklärung als saeculum aureum der Sozietäten, ja geradezu als das „gesellige Jahrhundert“,9 tritt im 19. Jahrhundert der Begriff des Vereins in den Vordergrund. Ihn dadurch abzugrenzen, dass man seine vorwiegend speziellen Zwecke gegenüber einer eher universellen Zielsetzung aufklärerischer Gesellschaften betont, verkennt, dass schon in der Frühaufklärung zahlreiche Gründungen klar definierte Einzelziele verfolgten. Dass andererseits die Deutschen Gesellschaften in Leipzig und Königsberg mit Ausrichtung auf vaterländische Altertümer bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestanden,10 zeigt, wie fließend sich die Übergänge im Einzelfall gestalteten. Lassen sich bei dem Begriff Gesellschaft noch eine Reihe gut anwendbarer Merkmale anführen, liegt mit „deutsch“ wohl einer der umstrittensten Begriffe der mitteleuropäischen Historiographiegeschichte vor. Das eigene Wirkungsfeld oder den eigenen Mitgliederstamm damit ethnisch oder national abzugrenzen, wie es die Deutsche Gesellschaft in Pennsylvanien tat,11 wäre im deutschen Sprachraum schlicht sinnlos gewesen. Überdies nahmen die Deutschen Gesellschaften immer wieder Gelehrte aus anderen Teilen Europas auf. Ihn als Bezeichnung des Trägers zu verstehen, führt nur auf andere Abwege, da das Heilige Römische Reich Deutscher Nation weder institutioneller Träger dieser Gesellschaften war, noch sich deren Ausbreitung auf den Boden des Alten Reichs beschränkte. Dass Bedeutung und Schreibweise des Wortes „deutsch“ Gegenstand der Diskussion in den Deutschen Gesellschaften selbst waren, zeigt, dass es keine allgemein akzeptierten Realitäten und Voraussetzungen beschrieb, sondern ein
|| 9 Ulrich Im Hof: Das gesellige Jahrhundert. Gesellschaft und Gesellschaften im Zeitalter der Aufklärung. München 1982. 10 Vgl. zur Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Königsberg bis 1945 Carl Diesch: Die Staats- und Universitätsbibliothek und das wissenschaftliche Leben in Königsberg 1927–1945. Eingeleitet u. kommentiert v. Manfred Komorowski. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 18 (1994), S. 380f. 11 Diese Deutsche Gesellschaft verstand sich nach Ausweis ihrer Präambel von 1764 als eine „Gesellschaft zur Hülffe und Beystand der armen Frembdlinge Teutscher Nation in Pensylvanien“. – Vgl. Oswald Seidensticker: Geschichte der Deutschen Gesellschaft von Pensylvanien von der Zeit der Gründung 1764 bis zum Jahre 1876. Philadelphia 1876, S. 40.
Untersuchungsgegenstand und Fragestellung | 5
Programm. Analog zu anderen Sozietätstypen der Aufklärung wie den Lesegesellschaften oder den Ökonomischen Gesellschaften war „deutsch“ nicht Ausgangspunkt, sondern Zielsetzung dieser Gesellschaften. Eine nähere Bestimmung dieses Ziels leisteten viele Statuten mit der häufig gebrauchten Formulierung „Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ – und eben mit der Selbstbenennung als „Deutsche Gesellschaft“. Auf Grundlage dieser Überlegungen sollen die Deutschen Gesellschaften wie folgt definiert werden: Unter Deutschen Gesellschaften ist eine Bewegung aufgeklärter Sozietäten im deutschen Sprachraum zu verstehen, deren im Gesellschaftsnamen erklärtes Ziel und Tätigkeitsschwerpunkt die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit war. Eine derart enge Anlehnung an den Gesellschaftsnamen mag einer solchen Definition den Vorwurf zuziehen, in fast tautologischer Verengung ein komplexes Bündel von Sozietätsmerkmalen mit bloßer Wortklauberei unzulässig zu vereinfachen und Variationen dieses Sozietätsmodells ebenso wie dessen Adaptionen in anderen Kontexten zu ignorieren. Eine Definition ‚dem Namen nach‘ leistet jedoch durchaus mehr als nur eine einfache Handhabbarkeit; als Definition ‚von innen‘ folgt sie dem Selbstverständnis der Deutschen Gesellschaften und zeigt so an, dass sich ihre Mitglieder zumindest zum Zeitpunkt der Gründung dieser Geselligkeitsform zurechneten und sich ihren Zielen verschrieben. Sie steht zudem in der Forschungstradition, aufgeklärte Sozietäten nach ihren Zielsetzungen einzuteilen.12 Bewusst ausgeklammert bleibt in diesem Kontext die Frage, ob und inwieweit die Gesellschaften ihre selbstgesteckten Programme tatsächlich einlösten. Ohne späteren Ergebnissen vorzugreifen, sind auf diesem Feld teils erhebliche Abweichungen zu konstatieren. Regionale, institutionelle und individuelle Besonderheiten, aber auch strukturelle Gründe haben eine Rolle dabei gespielt, dass sich manche Deutschen Gesellschaften thematisch ausweiteten und fernab ihrer erklärten Gründungsziele agierten. Gerade solche Divergenzen aber lenken den Blick zurück auf den programmatischen Ausgangspunkt als einigende Klammer und legen es umso näher, die Bewegung nach ihrem Antrieb zu charakterisieren.
|| 12 Vgl. mit Aufführung der älteren Literatur Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 38.
6 | Einleitung
Schwierigkeiten hingegen bereitet der Versuch, auf dieser Basis aus der Fülle der aufgeklärten Sozietäten die einzelnen Deutschen Gesellschaften herauszulösen und diese nicht intensional mit einer abstrakten Definition, sondern extensional nach ihrem konkreten Umfang zu bestimmen.13 Eben diesen Weg haben die meisten Darstellungen beschritten und sich dabei keineswegs auf ausdrücklich als „Deutsche Gesellschaft“ titulierte Sozietäten beschränkt. So hat Wolfram Suchier in seiner Aufstellung von „ähnlichen Vereinen mit anderen Namen“ gesprochen.14 Dazu gehören etwa die Gegengründungen, die Johann Andreas Fabricius mit der Vertrauten Rednergesellschaft in Thüringen in Jena oder Christian Heinrich Gütther in Königsberg mit der Freyen Gesellschaft vornahmen. Als Gründung neben der in Leipzig existierenden Deutschen Gesellschaft kann die Gesellschaft der schönen Wissenschaften und der freyen Künste begriffen werden, die gemeinsam mit anderen Sozietäten gleichen Namens in Kiel und Öttingen am Ries in zahlreichen Aufzählungen als verwandte Gesellschaften erscheinen.15 Seltener tauchten die Rednergesellschaften in Leipzig, Brieg oder Nordhausen und ausgesprochene Literaturgesellschaften wie Marburg in den Listen auf. Unklar blieb auch die Grenze zu Gelehrten Gesellschaften, insbesondere wenn diese sich der deutschen Sprache zuwandten; schon Zedlers Enzyklopädie hatte die Deutsche Klasse der Berliner Akademie als „Deutsche Gesellschaft“ bezeichnet,16 Fabricius sie „in gewisser Masse“ als zugehörig angesehen.17 Die Gottscheds Zielen nahestehende Zittauer „Lehrbegierige Gesellschaft“ wurde in der Lokalgeschichtsschreibung als „Collegium Teutoniko-Poeticum“18 bezeichnet, die Duisburgische Gelehrte Gesellschaft sah Eugen Wolff als einen „Seitentrieb dieses Gesellschaftslebens“19 an. Diese wiederum führten Suchier, der seinerseits die Berliner Akademieklasse ausschloss, sowie Cherubim und Walsdorf in ihren
|| 13 Vgl. zum Komplex der intensionalen und extensionalen Definitionen einführend Edmund Rungaldier: Analytische Sprachphilosophie. Stuttgart, Berlin u. Köln 1990, S. 82–88. 14 Suchier: Mitglieder, S. 48. 15 Vgl. Eugen Wolff: Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben. Bd. 2. Kiel u. Leipzig 1897, S. 3. 16 Vgl. Art. Teutsche Gesellschaft zu Berlin. In: Zedler: Universal-Lexicon. Bd. 42, Sp. 1819f. 17 Fabricius: Historie der Gelehrsamkeit. Bd. 3, S. 777. 18 Vgl. Christian Gottlieb May: Zittau, im Literar-Verhältnis der Vorzeit und Gegenwart. Zittau u. Leipzig [o.J.], S. 17. 19 Vgl. Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 5. Vgl. dazu auch die Einschätzung in Johann Christian Christoph Rüdiger: Neuester Zuwachs der teutschen, fremden und allgemeinen Sprachkunde in eigenen Aufsätzen, Bücheranzeigen und Nachrichten. Viertes Stück. Leipzig 1785, S. 167: „Sie ist zwar nicht bloß aber doch zugleich teutsche Gesellschaft.“
Untersuchungsgegenstand und Fragestellung | 7
Katalogen Deutscher Gesellschaften auf.20 Es klingt wie eine Kapitulation vor der Unabgrenzbarkeit dieser Sozietätsbewegung, wenn Carl Diesch seine Aufzählung mit der pauschalen Nennung anderer Gesellschaften beschließt, „die mit mehr oder weniger Recht dem Kreise der D.G. zugezählt werden können“.21 In der vorliegenden Arbeit werden ausschließlich Sozietäten behandelt, die sich der deutschen Sprache und Literatur widmeten. So reizvoll es wäre, eine im europäischen Maßstab vergleichende Untersuchung dieses Sozietätstypus etwa im Blick auf die Accademia della Crusca, die Select Society for Promoting the Reading and Speaking of the English Language in Scotland,22 den ungarischen Verein und Gesellschaft zur Pflege der slowakischen Sprache in Preßburg23 oder die Gesellschaft zur Verbesserung der dänischen Geschichte und Sprache anzustellen – es würde den Rahmen dieser Studie sprengen. Aus dem gleichen Grund bleiben die Lateinischen, Englischen oder Französischen Gesellschaften im deutschen Sprachraum außen vor, obwohl diese strukturell teilweise ähnlich waren. Das Vorhaben, eine Vielzahl von Sozietäten und Sozietätstypen mit teils sehr ähnlichen Merkmalen begrifflich klar voneinander zu scheiden und zu klassifizieren, mag Zusammenhänge herstellen; es zerstört aber zugleich andere Zusammenhänge und bleibt letztlich willkürlich. Wenn im Folgenden eine engere Auslegung des Begriffs „Deutsche Gesellschaft“ den Kreis der behandelten Gesellschaften begrenzt, sollen deren teilweise starken Affinitäten zu Gesellschaften der schönen Wissenschaften, Rednergesellschaften oder anderen Gelehrten Gesellschaften in keiner Weise geleugnet werden. Letztlich schafft aber eine Einbeziehung dieser Sozietätsformen keine klareren und praktikableren Grenzen, sondern wirft nur neue und wohl auch größere Abgrenzungsprobleme zu den Geselligkeitsformen auf, die den letztgenannten nahestanden, etwa zu Predigergesellschaften oder vielen anderen Gelehrten Gesellschaften, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts immer weiter der deutschen Sprache öffneten. Den zahlreichen Ähnlichkeiten zwischen den oben genannten Sozietätsformen soll Rechnung getragen werden, indem in einem eigenen Abschnitt die Deutschen Gesellschaften im engeren Sinne mit den ihnen affinen Sozietätsformen verglichen werden. || 20 Vgl. Suchier: Mitglieder, S. 47; Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 152. 21 Diesch: Deutsche Gesellschaften, S. 231. 22 Vgl. zu dieser Iris Fleßenkämper: Considerations – Encouragements – Improvements. Die Select Society in Edinburgh 1754–1764. Soziale Zusammensetzung und kommunikative Praxis einer schottischen Gelehrtengesellschaft zur Zeit der Aufklärung. Berlin 2010, S. 310–315. 23 Vgl. zu diesen Josef Schroedl: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde A.B. zu Pozsony/Preßburg. Teil II: Einzeldarstellungen aus der inneren Geschichte der Gemeinde. Preßburg 1906, S. 306–310.
8 | Einleitung
Eine engere Auswahl wurde nicht getroffen, vielmehr wurden alle ermittelten Deutschen Gesellschaften mit ihren Mitgliedern und Werken in die Studie einbezogen. Ein Katalog der behandelten Sozietäten im Anhang führt die als Deutsche Gesellschaften im engeren Sinne bezeichneten auf. Da die Überlieferungslage zu den einzelnen Gesellschaften sehr unterschiedlich ausfällt und diese deshalb auch in entsprechend unterschiedlicher Breite und Tiefe behandelt werden können, soll dieser Katalog zugleich als kurze Geschichte der jeweiligen Gesellschaft und Vademecum für weitere Forschungen dienen. Verführerisch erscheint es vor diesem Hintergrund, eine histoire totale der Sozietätsbewegung „Deutsche Gesellschaft“ zu verfassen, die ihre Genese, ihre Organisationsformen, ihren Mitgliederstamm und ihre Vernetzungen ebenso in den Blick nimmt wie eine Katalogisierung und Einordnung ihrer Werke in die Literatur- und Wissenschaftsgeschichte. Zahlreiche dieser Aspekte sollen zur Sprache kommen, manche Themenfelder, die eher der Sprach- und Literaturwissenschaft zuzurechnen sind, werden aber auch ausgeblendet. Insbesondere muss eine Einordnung in eine Literaturgeschichte als reine Textgeschichte genauso unterbleiben wie die in die Geschichte der Sprachwissenschaft. Reizvoll wäre es etwa gewesen, der Frage nachzugehen, wie sich der Anspruch auf die Pflege einer Hochsprache mit der sprachlichen Wirklichkeit der gesellschaftlichen Ausarbeitungen vertrug. Einzelne Äußerungen über das Vorkommen von Regionalismen mögen einiges erhellen können, sind aber keine tragfähige Basis für die Klärung dieser Fragen, die einer sprachwissenschaftlichen Analyse der gedruckten und handschriftlichen Arbeiten der Mitglieder in repräsentativer Auswahl vorbehalten bleiben muss. Die Inventarisierung dieser Arbeiten stellt immerhin einen wichtigen ersten Schritt in diese Richtung dar. Nicht weniger interessante Ergebnisse verspräche eine inhaltliche Auswertung der über 5000 erfassten Arbeiten, die nur zum Bruchteil Eingang in die Literaturgeschichte oder die Geschichte ihrer jeweiligen Fachdisziplin gefunden haben. Auch unter der Voraussetzung, dass die in den Gesellschaften entstandenen Texte kaum als Höhepunkte der Geschichte ihrer Gattung gelten können, liegt hier ein einzigartiger Fundus von Quellen vor, der die Geschichte der jeweiligen Disziplin aus der Sicht der Lernenden und ‚Dilettanten‘ beleuchten kann. Gleiches gilt für die Geschichte der Philosophie; zahlreiche Texte werfen Licht auf die Geschichte des Wolffianismus und die Popularphilosophie der deutschen Aufklärung. Epochemachend sind sie kaum zu nennen, epochentypisch allerdings unbedingt. Mit Abhandlungen zu theologischen, historischen, rechtlichen bis hin zu naturwissenschaftlichen Fragen ließe sich die Reihe in gleicher Weise fortsetzen. Die vorliegende Arbeit blendet diese sprach-, literatur-, philosophie- und wissenschaftsgeschichtlichen Aspekte zwar nicht völlig aus, vernachlässigt sie
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jedoch bewusst und behandelt die Texte der Deutschen Gesellschaften als Sprechakte im Sinne John L. Austins, mit deren Hilfe die Sozietäten versuchten, sich im gelehrten Feld bestmöglich aufzustellen.24 Deutlich unterbelichtet erscheinen in dieser Arbeit ferner die lokalen Zusammenhänge am jeweiligen Sozietätssitz. Dass die einzelnen Deutschen Gesellschaften Teil einer gesamtdeutschen Sozietätsbewegung waren, bedeutete keinesfalls, dass sie von ihrer jeweiligen regionalen Umgebung abgehoben existierten. Zweifellos spielten regionale und lokale Besonderheiten in die Geschichte dieser Gesellschaften hinein und beeinflussten diese zum Teil erheblich. Sie alle zu würdigen würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit völlig sprengen, so dass die Auseinandersetzung mit diesen Besonderheiten gesonderten Studien zu Einzelsozietäten vorbehalten bleiben muss. Auch fehlt der Vergleich mit affinen Sozietätsformen in Europa, die allerdings für das 18. Jahrhundert sehr selten gewesen zu sein scheinen.25 All diesen Lücken zum Trotz erhebt die vorliegende Arbeit den Anspruch, als eine erste Gesamtdarstellung dieser Sozietätsbewegung wesentliche Aspekte ebenso zusammenhängend wie differenziert zur Sprache zu bringen. Nicht weniger verführerisch als der Gedanke einer Gesamtdarstellung mag es sein, die Bedeutung des Forschungsgegenstandes „Deutsche Gesellschaften“ dadurch aufzuwerten, dass man ihre Bedeutung für die ‚Moderne‘ herausarbeitet. Unter dem Paradigma eines ‚Aufstiegs des Bürgertums‘ galten und gelten aufgeklärte Sozietäten mit freiwilliger Mitgliedschaft, egalitärer Geselligkeit und geschriebenen Statuten als ‚Protoverfassungen‘ häufig als Vorreiter der bürgerlicher Emanzipation.26 Zuschreibungen aus dieser Sicht sind zwar nicht so häufig wie bei den Sozietätsformen der Freimaurer oder dem Illuminatenorden, dominieren – und verstellen – aber bislang in unterschiedlicher Form den Blick auf die Deutschen Gesellschaften. So hieß es über ihre Statuten: „Demokrati-
|| 24 Vgl. dazu Kap. 4.2 Reden und Schreiben. 25 Vgl. Wolfgang Hardtwig: Art. Deutsche Gesellschaften. In: EdN 2 (2005), Sp. 938. 26 Vgl. bspw. Fred E. Schrader: Die Formierung der bürgerlichen Gesellschaft 1550–1850. Frankfurt a.M. 1996, S. 76–92; Emanuel Peter: Geselligkeiten. Literatur, Gruppenbildung und kultureller Wandel im 18. Jahrhundert. Tübingen 1999, aber auch die Germanistik der DDR, in denen in den Deutschen Gesellschaften eine „Tendenz zur bürgerlichen Sprachnation“ erkennbar werden soll. – Werner Bahner u. Werner Neumann (Hg.): Sprachwissenschaftliche Germanistik. Ihre Herausbildung und Begründung. Berlin 1985, S. 216. Wiederholt wird diese Auffassung der Deutschen Gesellschaften als „Teil einer zunehmenden Selbstorganisation des gebildeten städtischen Bürgertums“ noch jüngst bei Nina Hahne: Der Rede-Essay als Selbsttechnik in Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts. In: Markus Meumann u. Olaf Simons (Hg.): Aufsatzpraktiken im 18. Jahrhundert. Hamburg 2017, S. 191.
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sche Verhaltensregeln steuerten den Bildungsprozeß“27 und auch die „kritische gegenseitige Kontrolle“28 habe eine Geselligkeitsform des Ancien Régime als „Mittelpunkt moderner intellektueller Bestrebungen“29 im Vorzimmer einer entwickelten demokratischen Gesellschaft platziert. Andere Vereinnahmungen traten hinzu, so universitätsgeschichtlich jene als „Vorform seminaristischen Betriebs“30 der modernen Universität. Es ist nicht zu leugnen, dass einzelne Merkmale der Deutschen Gesellschaften sich als Vorboten oder Anfänge späterer Entwicklungen ansehen lassen. Eine Deutung im Lichte des Vorscheins lässt jedoch maßgebliche Aspekte im Dunkeln und leidet an dem Gebrechen jeglicher Teleologie, dass keine Zukunft Ursache einer Vergangenheit oder Gegenwart sein kann. Auf diesem Wege kann nur eine Vorgeschichte der jeweiligen Gegenwart, nicht aber eine Geschichte der Sozietätsbewegung selbst entstehen.31 Demgegenüber versteht die vorliegende Studie die Deutschen Gesellschaften dezidiert als eine Erscheinung des 18. Jahrhunderts und versucht, deren Entwicklung aus der Eigenlogik der damaligen Ständegesellschaft heraus zu deuten. Dabei geht sie von der institutionellen und sozialen Basis aus, der Ge-
|| 27 Richard van Dülmen: Die Gesellschaft der Aufklärer. Zur bürgerlichen Emanzipation und aufklärerischen Kultur in Deutschland. Frankfurt a.M. 1986, S. 52, aufgegriffen von Wolfgang Hardtwig: „In der Tat intendierten die Gesellschaften über die philologische Arbeit hinaus einen gemeinsamen, von demokratischen Verfahrensregeln gesteuerten Bildungsprozeß.“ – Wolfgang Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein in Deutschland. Bd. 1: Vom Spätmittelalter bis zur Französischen Revolution. München 1997, S. 229. Auch Thomas Charles Rauter: The Eighteenth-Century „Deutsche Gesellschaft“: A Literary Society of the German Middle Class. Diss. Urbana, Illinois 1970, spricht S. 77 von „vigorously democratic principles of the society’s statutes“. Vgl. auch jüngst Fleßenkämper: Considerations – Encouragements – Improvements, S. 36; Marc Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik. Der Strukturwandel der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743 bis 1820 und die Danziger Aufklärung. Wiesbaden 2018, S. 39. 28 Dülmen: Gesellschaft der Aufklärer, S. 50. 29 Rolf Engelsing: Der Bürger als Leser. Lesergeschichte in Deutschland 1500 bis 1800. Stuttgart 1974, S. 110. 30 Klaus Weimar: Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Paderborn 2003, S. 50. Ausführlich zu diesem Thema mit gleicher Stoßrichtung Wilhelm Erben: Die Entstehung der Universitäts-Seminare. In: Internationale Monatsschrift für Wissenschaft, Kunst und Technik 7 (1913), Sp. 1262. 31 Vgl. zur Kritik moderner Vereinnahmungen der Aufklärung Andreas Pečar u. Damien Tricoire: Falsche Freunde. War die Aufklärung wirklich die Geburtsstunde der Moderne? Frankfurt a.M. 2015; Dan Edelstein: The Enlightenment. A Genealogy. Chicago 2010, S. 95. Vgl. zur Kritik von Teleologie grundlegend Karl Löwith: Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie. Stuttgart 1953.
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lehrsamkeit, die sich in erster Linie an den deutschen Universitäten und Gymnasien, aber auch an den Höfen und in privaten Zirkeln organisierte. Ziel der Deutschen Gesellschaften war es, so lautet die These der Arbeit, über die „Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ die Gelehrten aus den Schranken der Latinität zu größerer Beachtung und Achtung in der Ständegesellschaft zu führen. Dabei war die Hinwendung zur Muttersprachlichkeit Teil einer umfassenden Habitusänderung der Gelehrten, die sich an den Idealen von Klarheit und Nutzen für das Gemeinwesen orientieren sollte. Ihre Mitglieder sollten so über ihre in den Gesellschaften erworbenen bzw. geschulten intellektuellen und moralischen Qualitäten den Gelehrtenstand als neue nobilitas literaria distinguieren und zu einer zentralen gesellschaftlichen Kraft aufwerten. Indem sie dieses Ziel verfolgten, entwickelten die Gesellschaften Normen und Praktiken, die teilweise an die in der gelehrten Welt vorgefundenen anknüpften, diese teilweise aber auch unter ihren Idealen von Klarheit und Nutzen transformierten. Damit zieht diese Arbeit die Theorie des französischen Soziologen Pierre Bourdieu über die „feinen Unterschiede“32 sowie seine „Theorie der Praxis“33 heran, die schon seit längerem in den historischen Disziplinen auf die Gesellschaften der Vormoderne angewendet werden.34 Sie setzen sich von einer kritiklosen Übernahme subjektiver ‚Erlebnisse‘ der Handelnden ebenso ab wie gegen eine Überfrachtung mit theoretischen Vorannahmen. Der praxeologische Ansatz begreift die Praktiken als wechselseitige Bedingtheiten objektiver Bedin-
|| 32 Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft. Frankfurt a.M. 1987 (zuerst 1979). 33 Ders.: Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1979 (zuerst 1972). 34 Pierre Bourdieu hat nur einen Aufsatz publiziert, der sich explizit mit der Geschichte der Frühen Neuzeit befasst: Von der königlichen Hausmacht zur Staatsraison. Ein Modell der Genese des bürokratischen Feldes. In: Ders.: Schwierige Interdisziplinarität. Zum Verhältnis von Soziologie und Geschichtswissenschaft. Hg. v. Elke Ohnacker u. Franz Schultheis. Münster 2004, S. 24–47. Vgl. zur Anwendbarkeit von Bourdieus Theorien in der Frühneuzeitforschung Marian Füssel: Die feinen Unterschiede in der Ständegesellschaft. Der praxeologische Ansatz Pierre Bourdieus. In: Ders. u. Thomas Weller (Hg.): Soziale Ungleichheit und ständische Gesellschaft. Theorien und Debatten in der Frühneuzeitforschung. Frankfurt a.M. 2011, S. 24–46; ders.: Praxeologische Perspektiven in der Frühneuzeitforschung. In: Arndt Brendecke (Hg.): Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte. Köln, Weimar u. Wien 2015, S. 21–33; Arndt Brendecke: Von Postulaten zu Praktiken. Eine Einführung. In: Ebd., S. 13–20; Sven Reichardt: Bourdieu für Historiker? Ein kultursoziologisches Angebot an die Sozialgeschichte. In: Thomas Mergel u. Thomas Welskopp (Hg.): Geschichte zwischen Kultur und Gesellschaft: Beiträge zur Theoriedebatte. München 1997, S. 71–93.
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gungen und der Wahrnehmungsweisen der Akteure: Deren Handlungsweisen folgen eigenen Logiken, die ihren – von objektiven Bedingungen geformten – Wahrnehmungen eben dieser objektiven Bedingungen verpflichtet sind.35 Schlüssel zum Verständnis dieser Logiken sind die Handlungen: „Im opus operatum und in ihm allein enthüllt sich der modus operandi […].“36 Dabei griffe es jedoch zu kurz, die Vielfalt der Orte, Jahrzehnte und Personen zu leugnen und diese Sozietätsbewegung als monolithischen Block zu behandeln, deren Mitglieder von den Schlüsselfiguren über die Studenten bis hin zum weit entfernten Ehrenmitglied auf ein einziges Programm und eine einheitliche Praxis eingeschworen waren. Vielmehr traten zahlreiche Ziele, Wünsche und Ängste der unterschiedlichen Akteure hinzu, koexistierten und durchdrangen sich, behinderten, ergänzten und verstärkten einander. Der Weg der Gelehrten aus dem Elfenbeinturm soll deshalb nicht als ‚Siegeszug einer Idee‘ beschrieben werden. Anspruch und Wirklichkeit dieser Sozietätsbewegung sollen gleichermaßen und in ihren Wechselwirkungen thematisiert und dabei auch Antworten darauf gegeben werden, ob das Auslaufen dieses Sozietätsmodells gegen Ende des 18. Jahrhunderts als Zeichen seines Scheiterns oder seines Erfolges zu werten ist. In seiner Studie über Die feinen Unterschiede hat Bourdieu Formen des Kapitals von Persönlichkeiten oder Gruppen analysiert, die sich als anschlussfähig nicht nur für die hochgradig distinktive Gesellschaft der Frühen Neuzeit erwiesen haben. So hat der Begriff des sozialen Kapitals Eingang in die Netzwerkforschung gefunden,37 deren Ansätze und Methoden sich auf mehreren Ebenen für eine Analyse der erhobenen Mitgliedsdaten fruchtbar machen lassen. Als Teil und Instrument des persönlichen Netzwerks eines Mitglieds spielten die Deutschen Gesellschaften genauso eine Rolle, wie sie selbst durch einflussreiche Protektoren und prominente Ehrenmitglieder sowie durch Mehrfachmitgliedschaften und andere Kooperationsformen mit anderen Deutschen Gesellschaften Netzwerke aufbauten und pflegten. Der Ansatz Bourdieus, den Habitus als eine zentrale Beschreibungskategorie und das Streben nach Distinktion als einen Schlüssel des Handelns anzusehen, hat sich in der Frühneuzeitforschung als ebenso fruchtbar erwiesen wie der Versuch, soziales Handeln aus der Eigenlogik der untersuchten und nicht den wechselnden Interessen der untersuchenden Personen und Gesellschaften
|| 35 Vgl. Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis, S. 257. 36 Ebd., S. 209. 37 Vgl. zum Zusammenspiel von Netzwerk und sozialem Kapital Dorothea Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse. Grundlagen, Methoden, Forschungsbeispiele. 3. Aufl. Wiesbaden 2006.
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zu begreifen. Ihr Reiz für die vorliegende Arbeit liegt zum einen in der fundamentalen Opposition, in der ihre Anwendung zum gängigen Bild aufgeklärter Sozietäten als Kritiker des Ancien Régime und Wegbereiter bürgerlicher Gleichberechtigung steht. Zum anderen ermöglicht es gerade dieser Ansatz, eine Deutung aus dem ständisch-distinktiv geprägten Selbstverständnis der Verfechter, Gegner und Zuschauer dieser Sozietätsbewegung heraus zu entwickeln und nicht modernere Kategorien an die Akteure heranzutragen.
Methoden und Darstellungsweisen Gemäß ihrem Ansatz, die Deutschen Gesellschaften in ihrer Eigenlogik zu erfassen und zu interpretieren, will sich die vorliegende Arbeit nicht auf isolierte Einzelgesichtspunkte beschränken. Im Gegenteil sollen wenn auch nicht alle, so doch zahlreiche Facetten in ihrem Zusammenspiel dargestellt werden. Dies erfordert auch eine methodische Pluralität, die sich in drei Hauptstränge aufgliedert. Unverzichtbare Grundlage ist die aus den Quellen geschöpfte Rekonstruktion der Ereignisse und deren zusammenhängende Erzählung. Für eine Gesamtdarstellung dieser Bewegung aber erweist sich eine rein chronologische Erzählung als Darstellungsform nicht nur deshalb als unangemessen, weil mehrere fast zeitgleich ablaufende und häufig ähnliche Erzählstränge nicht auszubreiten sind, ohne ein kaum zu entwirrendes Knäuel an Einzelgeschichten zu präsentieren. Es fiele so auch schwer, systematische Fragestellungen zu verfolgen und den Gesellschaften gemeinsame Strukturen und Probleme herauszuarbeiten. Die Arbeit ist deshalb nicht chronologisch, sondern systematisch nach verschiedenen Handlungsfeldern gegliedert. Beabsichtigt ist, diese Felder nicht für sich stehen zu lassen, sondern in ihren wechselseitigen Verflechtungen vorzuführen. In ihrer Abfolge aufeinander aufbauend, soll so ein möglichst dichtes Bild dieser Sozietätsbewegung entstehen. Die einzelnen Deutschen Gesellschaften freilich erscheinen in einer solchen Bildkomposition gezwungenermaßen unterbelichtet. Ihre individuellen Geschichten werden nicht zusammenhängend erzählt, sondern von Fall zu Fall illustrierend herangezogen. Gleiches gilt für ihre Umgebung, wohl wissend, dass die einzelnen Sozietäten nicht nur Teil einer Sozietätsbewegung waren, sondern auch Teil der jeweiligen Sozietätslandschaft, ihres gelehrten Umfelds, des jeweiligen Ortes, Territoriums und einer bestimmten Region. Diesem Defizit soll wenigstens teilweise abgeholfen werden, indem in einem Katalog der Deutschen Gesellschaften die Grundzüge ihrer Geschichte mit Angaben zu ihrer Mitgliederschaft, ihren Publikationen sowie den einschlägigen Quellen und Darstellungen im Anhang aufgeführt werden.
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Mit dem Anspruch der Deutschen Gesellschaften, die deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit zu pflegen, stand fest, worin ihre Tätigkeit sich niederzuschlagen hatte. Ihr wesentliches Produkt waren die von den Mitgliedern verfassten, vorgetragenen und teilweise publizierten Texte. Es liegt also mehr als nahe, ihre Lektüre und Interpretation zu einer zentralen Methode dieser Arbeit zu machen. Kaum eine zeitgenössische Textgattung blieb von den Deutschen Gesellschaften unbearbeitet, das Spektrum reicht von den normativen Texten der Statuten über gelehrte Abhandlungen in zahlreichen Disziplinen bis hin zu Wörterbüchern, von Gelegenheitsgedichten bis zu Versepen. Ähnliches gilt für das sprachliche und gedankliche Niveau der gesellschaftlichen Produkte. Bald nach Erscheinen kanonisierte Texte wie Schillers Abhandlung über die „Schaubühne als eine moralische Anstalt“ stehen neben unbeholfenen literarischen Erstlingen. Deren Untersuchung nach Vorbildern, bewussten und unbewussten Voraussetzungen und Intentionen verspricht Aufschlüsse über das Selbstverständnis der Vereinigungen und ihrer Mitglieder. Zugleich lassen die Texte es zu, Konsens und Dissens innerhalb der Gesellschaften, aber auch ihren Rang in der gelehrten Welt zu verorten. Ihre Zahl geht in die Tausende, so dass Vollständigkeit zwar in der bibliographischen Erfassung versucht wurde, in der Lektüre aber von vornherein utopisch ist. Die Auswahl der herangezogenen Texte gründet sich auf eine Vielzahl von Faktoren wie dem gelehrten und dem innergesellschaftlichen Rang des Autors, Samples nach Gesellschaften, Textgattungen, behandelten Themen etc. sowie einer breiten Zufallsauswahl. Eine literarische Höhenkammwanderung soll so ebenso vermieden werden wie die schon von spöttischen Zeitgenossen geübte Abqualifizierung als peinlicher Dilettantismus. Aller Reflexion einer solchen Auswahl zum Trotz bleibt beim Verfahren klassischer Textinterpretation das Problem, die weit überwiegende Zahl der Texte nicht zu Wort kommen zu lassen und der Masse des Geschriebenen nicht gerecht zu werden. Ähnlich könnte der Vorwurf hinsichtlich der Mitglieder lauten: Angesichts von über dreißig Gesellschaften, mehreren tausend Mitgliedern und Mitgliedschaften muss eine belastbare Analyse prosopographisch vorgehen und eher auf die Gruppen, Durchschnittswerte und Strukturen zielen als auf die wenigen prominenten Personen. Zahlen und Figuren sind methodisch nicht der einzige, aber ein legitimer Schlüssel der Kreaturen, die in ihrer Summe die Deutschen Gesellschaften bewegten und von ihnen bewegt wurden. Quantifizierende Verfahren sollen auf mehreren Feldern zur Anwendung kommen, wobei zahlreiche Segmentierungen, Differenzierungen und Kombinationen der Einzelmerkmale möglich sind.
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Die ermittelten Daten sind in einer Access-Datenbank zusammengefasst, die sie in fünf Tabellen organisiert. Ausgangspunkt ist eine Tabelle über die Sozietäten, die deren Namen, Ort, Territorium, institutionelle Verortung, zeitliche Dauer und Mitgliederzahl aufführt. Die Organisation der Gesellschaften über schriftliche Statuten ist Gegenstand einer weiteren Tabelle, die neben Stammdaten wie Sozietät, Verfasser, Titel, Datum, Umfang oder Überlieferungsform die behandelten Felder der Organisation und die zu vergebenden Ämter, aber auch die Beeinflussung durch die Statuten anderer Deutscher Gesellschaften systematisiert. Ungleich größer sind die hierauf folgenden Tabellen, als deren Basis diejenige zu den Mitgliedern gelten kann. Neben dem Namen und den Lebensdaten des Mitglieds erfasst sie dessen lokale und territoriale Herkunft, seine Konfession, die eventuelle Zugehörigkeit zum Adel, Beginn und Ort des Universitätsbzw. Gymnasialbesuchs sowie das Vorhandensein von Publikationen. Diesen Angaben zugeordnet sind relationale Daten zu den Mitgliedschaften, die aus Daten zur Sozietät, dem Eintritts- und Austrittsdatum, den in der Gesellschaft bekleideten Funktionen sowie dem zum Eintrittszeitpunkt wahrgenommenen Beruf, akademischen Status und Aufenthaltsort sowie aus Daten zum Status als ordentliches, auswärtiges oder Ehrenmitglied bestehen.38 Die Tabelle zu den Werken schließlich führt die in der Gesellschaft entstandenen Ausarbeitungen mit den gängigen bibliographischen Angaben zur persönlichen und gesellschaftlichen Urheberschaft, zu Titel, Erscheinungsort und Jahr sowie gegebenenfalls zum übergeordneten Werk auf. Hinzu kommen Klassifikationen der Ausarbeitungen nach Textgattung und thematischer Ausrichtung. Allen fünf Tabellen gemeinsam sind Angaben zu Quellen und Literatur sowie Felder für nicht weiter quantifizierbare Bemerkungen. Diese Tabellen sind miteinander verknüpft und können nicht nur für sich ausgewertet, sondern auch in die unterschiedlichsten Beziehungen zueinander gesetzt werden, beispielsweise Anzahl und Muster von Mehrfachmitgliedschaften, Beziehungen zwischen Größe der Sozietät und der Existenz von Satzungen, Studienrichtung und Publikationsthemen der Mitglieder etc. Auf die Bildung von Samples wurde verzichtet, alle erreichbaren Daten wurden eingegeben und ausgewertet. Dass die Zufälle der Überlieferung auch für diese Arbeit ein Sample eigener Art gebildet haben, sei damit natürlich nicht geleugnet. Auch innerhalb der erhobenen Daten bestehen überlieferungsbedingte Ungleichgewichte. Für viele Gesellschaften ist man bei der Bestimmung ihrer Dau-
|| 38 Vgl. zu den Charakteristika relationaler Daten Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse, S. 59.
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er auf einzelne Erwähnungen angewiesen, wobei das Ende der meisten Gesellschaften nur schwer zu datieren ist. Präzise Mitgliederzahlen sind nur selten zu bestimmen, da selbst umfangreiche Mitgliederlisten nur Momentaufnahmen erlauben. Manche Statuten sind nicht überliefert, sondern können nur ihrer Existenz nach oder über die Erwähnung einzelner Bestimmungen vage erschlossen werden. Erlauben es die Listen beispielsweise, den Beruf und den akademischen Status der Mitglieder annähernd vollständig zu erheben, geben sie eher weniger Auskunft zum Datum ihres Eintritts. Vollständige Lebensdaten sind in großer Dichte, aber bei weitem nicht vollständig aus den zahlreichen Gelehrtenlexika, Adelskalendern oder Pfarrerbüchern39 zu erheben, die regionale Herkunft der Mitglieder lässt sich häufig aus den Matrikel40 ablesen, wohingegen ihre Konfession bei weitem nicht immer genannt wird. Während die gedruckten Werke der Gesellschaften sich bis auf wenige Kriegsverluste präzise einordnen lassen, sind deren ungedruckte Hinterlassenschaften nicht nur wesentlich zufälliger überliefert, sondern auch aufwändiger und weniger präzise zu beschreiben. In noch höherem Maße gilt dies für die Ausarbeitungen, von deren Existenz nur noch Einträge in den Protokollen oder Erwähnungen in anderen Quellen zeugen. Dennoch erlaubt es die umfangreiche Überlieferung, ein hinreichend dichtes Bild der Gesellschaften zu zeichnen, das weit über die Reihung punktueller Erkenntnisse hinausgeht. So sind die Angaben zur Herkunft, dem Beruf und akademischen Status der Mitglieder mit 99% quasi komplett, ihre Eintrittsdaten zu etwa 95% bekannt. Zu mehr als 80% der Mitglieder konnten die oben genannten biographischen Angaben vollständig ermittelt werden. Schwieriger sind dagegen Aussagen über die Dauer der Mitgliedschaften zu treffen, da das Datum des formellen Austritts aus der Gesellschaft nur über kontinuierliche Protokollserien fassbar wird und zahlreiche Mitgliedschaften tatsächlich schon lange vor dem Tod des Mitglieds erloschen waren, so dass hier lediglich Stichproben gemacht werden können. Die Aura des Exakten, die Tabellen, Grafiken und Diagramme verströmen, trügt zuweilen. Karteileichen verleihen sie gleiches Gewicht wie engagierten Mitgliedern, überführen Lücken der Überlieferung in Nullpunkte der Entwick-
|| 39 Vgl. zur Quellenkunde der Pfarrerbücher mit ausführlicher bibliographischer Erfassung Heinrich Löber: Bibliographie der Pfarrerbücher deutscher Landeskirchen nebst evangelischer Kirchen im europäischen Ausland. In: Aus evangelischen Archiven 53 (2013), S. 21–42. 40 Vgl. zu Matrikeln aus quellenkundlicher Sicht mit Hinweisen auf ältere Literatur Matthias Asche u. Susanne Häcker: Matrikeln. In: Ulrich Rasche (Hg.): Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte. Typen, Bestände, Forschungsperspektiven. Wiesbaden 2011, S. 243–267.
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lung oder geben Gesellschaften am Rande der Wahrnehmbarkeit den Schein ungebrochener Kontinuität. Die Daten selbst, ihre Klassifizierung und Aggregierung können nicht unkommentiert für sich stehen, sondern bedürfen stets ihrer Ergänzung, Qualifizierung und Würdigung durch andere Quellen und Einordnung in größere Zusammenhänge. Insofern werden die genannten Methoden zwar immer wieder thematisch bezogene Schwerpunkte bilden, letztlich aber immer miteinander verwoben bleiben. Die Felder, auf denen die Sozietäten, ihre Mitglieder und ihre Zeitgenossen agierten, waren keineswegs in einer Systematik aufeinander bezogen, die eine bruchlose Bändigung der Faktenmassen in einer wissenschaftlichen Arbeit ermöglicht. Die zahlreichen Aspekte dieser Sozietätsbewegung schichten sich nicht übereinander, sondern sind wechselseitig in vielen Verknüpfungen aufeinander bezogen. Dem Forscher präsentieren sie sich als Konglomerat wie als Netz wechselseitiger Kausalitäten, Koppelungen und Interdependenzen, als Mit- oder Gegen-, als Von- oder Nebeneinander. Sie in das lineare Nacheinander eines Buchs zu überführen, lässt ihn stets zwischen einer Deformierung dieser Strukturen und einem Sichverheddern in ihnen lavieren. Gleichzeitig melden elf Jahrzehnte, fast vierzig Gesellschaften, zweitausendachthundert namentlich bekannte Mitglieder, politisch-kulturelle Räume von der Schweiz bis nach Königsberg und von der Wesermündung bis zu den Karpaten, drei hauptsächlich vertretene Bekenntnisse und unterschiedliche Träger einen enormen Differenzierungsbedarf.
Quellen Mit einer unbefriedigenden Quellenlage lässt sich die bisherige Vernachlässigung der Deutschen Gesellschaften kaum erklären. Im Gegenteil, zu etlichen Deutschen Gesellschaften liegt – auch und gerade im Vergleich zu anderen, besser erforschten Sozietätstypen – mit gedruckten und ungedruckten gesellschaftlichen Arbeiten, Statuten, Mitgliederlisten, Protokollen, Umläufen, Briefen, Memoiren und ähnlichem Material eine in die Breite und Tiefe gehende Quellenbasis vor, die Auskünfte zu den verschiedensten Fragen gibt, vom Programm der Bewegung bis hin zu den Banalitäten des gesellschaftlichen Alltags. Neben ihrem beachtlichen Umfang und der Fülle der in diesen Quellen berührten Themen sind die Vorteile dieses nach Quellentypen weit aufgefächerten Corpus nicht zuletzt quellensystematischer Natur; sie erlauben es zum einen, sowohl normativ die Zielvorstellungen der Akteure als auch deskriptiv das tatsächliche Geschehen in den Blick zu nehmen und somit Anspruch und Wirklichkeit nebeneinander zu stellen. Zum anderen nehmen sie unterschiedliche Perspektiven ein. Die Sicht der genehmigenden Obrigkeiten ist ebenso vertreten
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wie die der aufgeklärten Publizistik, diejenige der gesellschaftlichen Protagonisten ebenso wie die Voten der einfachen Mitglieder. Wie kommt diese Fülle zustande? Gelehrtengeschichtliche Arbeiten können in der Regel schon deshalb auf eine befriedigende Quellenlage41 zurückgreifen, da die Produktion, Publikation und Konsumtion von Texten ureigene Aufgabe der Gelehrten und deren Speicherung zentrales Anliegen war. Die Translokalität der gelehrten Welten hat die Entstehung und den Ausbau von Kommunikationsmedien wie Briefen42 und Rezensionen begünstigt. Die meisten Gesellschaften waren darauf ausgerichtet, in ihrer Umgebung positiv und dauerhaft wahrgenommen zu werden, veranstalteten also häufig öffentliche Sitzungen und gaben eifrig ihre Statuten, Mitgliederlisten, Einladungsschriften und sonstigen Werke in den Druck. Ihre Absicht, den Stil der Mitglieder durch Kritik zu schulen, begünstigte die schriftliche Niederlegung der Arbeiten und ihrer Beurteilungen. Ein weiterer Grund für den Quellenreichtum liegt in der institutionellen Anbindung der Gesellschaften. Die Deutschen Gesellschaften verstanden sich häufig als Einrichtungen einer übergeordneten Institution, in der Regel der Universität oder des Hofes. Deren Aufsichtsführung hat die Forschung Informationen etwa zu den Statuten, Mitgliedern und Finanzen der Deutschen Gesellschaften zu verdanken. Nicht zuletzt wurzelt diese günstige Quellenlage in der hohen Priorität, die die Gesellschaften Fragen ihrer eigenen Verfassung einräumten und dazu häufig auf Nachprüfbarkeit und somit Schriftlichkeit setzten, so dass regelrechte Gesellschaftsarchive wie in Bremen, Göttingen, Helmstedt, Königsberg oder Jena entstanden, in denen sich Protokolle, Rechnungsbücher, Umläufe, Mitgliederlisten und Schriftwechsel finden. Manchmal wurde das Archiv der Gesellschaft nach deren Ende der Bibliothek oder dem Archiv der Hochschule zur Verfügung gestellt. Die meisten dieser Archive haben sich in großem Umfang erhalten, als Verluste müssen lediglich die Archive der Deutschen Gesellschaften in Königsberg43 sowie in Teilen der Leipziger Gründung angesehen werden. Für das Archiv der Göttinger Deutschen Gesellschaft sind aufgrund des Fehlens etwa der Gottschediana und in anderen Zusammenhängen aufgetauchten Schriften gezielte Vernichtungen und Entfremdungen anzu|| 41 Vgl. zur Quellenkunde mit Schwerpunkt auf die Universitäten Rasche (Hg.): Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte. Eine Bestandsaufnahme und Typologie von Quellen zu akademischen Sozietäten fehlen. 42 Vgl. dazu Detlef Döring: Gelehrtenkorrespondenz. In: Ebd., S. 315–340. 43 Das Archiv der Deutschen Gesellschaft in Königsberg befand sich in der dortigen Stadtbibliothek. – Vgl. Erich Jenisch: Ein unbekannter Jugendaufsatz Zacharias Werners. In: Euphorion 34 (1933), S. 413–437, der eine Handschrift Zacharias Werners als bei den Akten der Deutschen Gesellschaft in der Stadtbibliothek Königsberg befindlich erwähnt (S. 420).
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nehmen.44 Hinzu kommen Nachlässe der in den Deutschen Gesellschaften tätigen Gelehrten wie der Gottscheds in der Universitätsbibliothek Leipzig, der des Mannheimer Geschäftsverwesers Anton von Klein in der Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg oder der des Altdorfer Vorstehers Georg Andreas Will in der Stadtbibliothek Nürnberg mit Briefwechseln und anderem Schriftgut mit gesellschaftlichem Bezug. Die meisten Deutschen Gesellschaften haben sich Statuten gegeben, aus denen ihre Zielsetzungen, ihre Organisation und ihr Selbstverständnis hervorgehen. Die dort enthaltenen Anleihen bei anderen Statuten geben Aufschluss über die vorbildgebenden Gesellschaften und können Filiationsverhältnisse erhellen. Es handelt sich dabei allerdings um normative Quellen, die nicht immer die tatsächlichen Abläufe wiedergeben müssen, und gerade in derart überschaubaren Gruppen, wie es die Deutschen Gesellschaften waren, konnten sich Einzelne immer wieder einen ‚in der Verfassung nicht vorgesehenen‘ Einfluss verschaffen. Häufig sind Mitgliederlisten veröffentlicht worden oder anderweitig überlie45 fert, die über die Größe hinaus soziale und konfessionelle Zusammensetzung verraten. Die quantitative und qualitative Entwicklung der Mitglieder lässt nicht nur Rückschlüsse auf Blüte und Verfall der Gesellschaften zu; sie ist zugleich Indikator von Schwerpunktverlagerungen in der Zusammensetzung und den Interessen, Öffnungen und Abschottungen des gesellschaftlichen Lebens sowie deren Stellung im Gesamtkontext der Deutschen Gesellschaften wie der aufklärerischen Gesellschaften überhaupt. Die Einrichtung der auswärtigen Mitgliedschaft, von der die Deutschen Gesellschaften häufigen Gebrauch machten, zeigt anhand ihrer Ausbreitung und wechselseitiger Mitgliedschaften deren Vernetzung untereinander und mit anderen Gesellschaftstypen wie Freimaurern, Akademien und vor allem den benachbarten Sozietätstypen wie den Literarischen Gesellschaften und den Gesellschaften der schönen Wissenschaften und der freien Künste.46 Die geistes- und literaturgeschichtliche Einordnung der Deutschen Gesellschaften kann anhand ihrer Veröffentlichungen vollzogen werden.47 Sie sind in
|| 44 Vgl. Paul Otto: Die deutsche Gesellschaft in Göttingen (1738–1758). München 1898, S. Vf. 45 Vgl. zur Überlieferung der Mitgliederlisten die Einzelaufstellung im Anhang. Über gedruckte und handschriftlich überlieferte Listen konnten über 2700 Mitglieder namhaft gemacht werden. Da zu vielen Gesellschaften keine oder höchst unvollständige Verzeichnisse vorliegen, dürfte sich die tatsächliche Zahl weitaus höher bewegen. 46 Als Datenquelle für Netzwerkanalysen sind Mitgliederverzeichnisse in der einschlägigen Forschung seit langem anerkannt. – Vgl. Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse, S. 70. 47 Bereits 1754 hat Johann Andreas Fabricius, selbst Mitglied der Jenaer Deutschen Gesellschaft, eine Zusammenstellung der einzelnen Deutschen Gesellschaften mit einer Auswahl aus
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Quantität und Qualität stark unterschiedlich; während in Leipzig und Mannheim eigene Periodika erschienen, konnten viele Gesellschaften nur sporadisch oder gar nicht mit Eigenpublikationen aufwarten. Daneben blieben viele Produktionen der Mitglieder ungedruckt; gerade diese indes ermöglichen Einblicke in das sprachlich-literarische Durchschnittsniveau der gesellschaftlichen Produktionen.48 Die Stellung der gesellschaftlichen Arbeiten in der deutschen Aufklärung wird durch die Aufnahme erhellt, die ihre Publikationen und anderweitigen Aktivitäten in den Zeitschriften und Veröffentlichungen des 18. Jahrhunderts fanden. Von äußerst hohem Quellenwert, aber auch seltener überliefert sind die Sitzungsprotokolle der Gesellschaften. Viele der aus vorher genannten Quellen gewonnenen Erkenntnisse können mit ihrer Hilfe noch wesentlich verfeinert werden. Zu den Protokollen treten die Umläufe der Entscheidungsvorschläge unter den Mitgliedern, an denen diese sich rege beteiligten und dem heutigen Leser differenzierte Stimmungsbilder ermöglichen. Die Veröffentlichungen sind in ihrer Genese nachzuvollziehen, daneben kann man die Lektüren der Deutschen Gesellschaften sowie deren Urteile darüber ersehen. Die Diskussion über die Aufnahme neuer Mitglieder, interne Querelen und eine Fülle anderer Details ermöglichen aus anderen Quellen nicht zu gewinnende Nahaufnahmen. Viele Gesellschaften führten mit ihren auswärtigen Mitgliedern, Mitgliedschaftskan|| deren Publikationen veröffentlicht. – Ders.: Abriß einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit. Bd. 3. Leipzig 1754, S. 772–781. Eine Spezialbibliographie der Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft existiert nicht; zu einzelnen Gesellschaften wurden in anderen Zusammenhängen Bibliographien erstellt: Wilhelm Erman u. Ewald Horn (Hg.): Bibliographie der deutschen Universitäten. Bd. 2. Leipzig u. Berlin 1904 (für universitär angebundene Deutsche Gesellschaften); Johannes Müller: Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen. Bd. 1. Berlin 1883, S. 302–314 u. 718f. (Königsberg) sowie S. 326–331 (Leipzig); themengebunden werden Einzelpublikationen aufgeführt bei Jeremias David Reuss: Repertorium commentationum a societatibus litterariis editarum. 16 Bde. Göttingen 1801–1821, insb. Bd. 8 u. 9 (1810). Eine breite Auswahl findet sich ferner in der Bibliographie von Rauter: The Eighteenth-Century ‚Deutsche Gesellschaft‘. 48 Größere Sammlungen ungedruckter Ausarbeitungen existieren von den Gesellschaften in Altdorf, Bremen, Erlangen, Göttingen, Helmstedt, Jena und Zürich. Ihre systematische Erfassung blieb in der Regel aus, eine Ausnahme bilden die Manuskripte der Deutschen Gesellschaften in Altdorf. – Vgl. Otto Pültz: Die deutschen Handschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. Hg. v. Armin Dietzel u. Günther Bauer. Wiesbaden 1973, S. 63–71. Ihre geringe Wertschätzung bezeugt auch eine in ihrer Willkürlichkeit kurios zu nennende Entscheidung der Jenaer Universitätsbibliothek von 1823, zur Platzersparnis die ungedruckten Arbeiten der Jenaer Deutschen Gesellschaft im Folioformat zu kassieren. – Vgl. den Eintrag im Findhilfsmittel der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung.
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didaten sowie mit anderen Sozietäten Korrespondenzen, aus denen sich die Außenwahrnehmung der Gesellschaften ebenso entnehmen lässt wie Modalitäten der Aufnahme oder die Beziehungen zwischen den Gesellschaften. Ergänzend treten Quellen wie Bibliothekskataloge hinzu. Sie enthalten neben den inhaltlichen Schwerpunkten der gesellschaftlichen Arbeit auch Informationen über das Schenkungsverhalten der Mitglieder und Gönner, aber auch über die Intensität ihrer Sammlungstätigkeit. Eine obrigkeitliche Sicht vermitteln die Akten, die die universitären oder territorialen Verwaltungen über die Gesellschaften anlegten. Ihre Genese verdanken sie meist deren Bemühungen um obrigkeitliche Anerkennung und Privilegierung, so dass dort die genehmigungspflichtigen bzw. genehmigungsfähigen Informationen wie Statuten und Mitgliederlisten dominieren. Da ihre Privilegierung gelegentlich Streit etwa um ihre Ausnahme von der universitären Zensur provozierte, lassen sich diesen Akten aber auch Informationen über ihren Einfluss, ihren Ruf und über ihr Konfliktverhalten entnehmen. Dem stehen die persönlichen Dokumente einzelner Mitglieder wie Memoiren und Briefe entgegen, die bei weitem nicht nur Informationen aus einer ‚Froschperspektive‘ liefern. Gerade die Nachlässe der Gründer bzw. der leitenden Mitglieder können mit den Korrespondenzen die gesellschaftliche Überlieferung in wesentlichen Punkten bereichern.49 Nur wenige Dokumente aus der Sicht des durchschnittlichen Mitglieds haben sich erhalten. Diese sind jedoch umso wertvoller, da ihr subjektiver Charakter die Wahrnehmung einer Gesellschaft durch ihre eigenen Mitglieder widerspiegelt, aber auch Interna mitteilt, die selbst in den manchmal geglätteten Protokollen nicht zu finden sind. Ihrem Umfang und der Vielfalt zum Trotz zeichnen die Quellen nicht nur ein detailgetreues Bild dieser Gesellschaften, sondern deformieren es in mancher Hinsicht auch. Das Schwergewicht der Überlieferung liegt auf denjenigen Gesellschaften, die dauerhafte Strukturen mit ausgeprägter Schriftlichkeit hervorbrachten und öffentliche Beachtung fanden. Kleinere und kurzlebige Gesellschaften sind dagegen meist nur sehr punktuell und damit hochselektiv in
|| 49 Neben den bereits erwähnten Nachlässen Gottscheds, Kleins und Wills liefert etwa der Nachlass des mehrfachen Sozietätsmitglieds Albrecht von Haller in der Burgerbibliothek Bern wertvolle Einzelinformationen. – Vgl. Repertorium zu Albrecht von Hallers Korrespondenz 1724–1777. Hg. v. Urs Boschung u.a. Basel 2002. Als besonders aussagekräftige Memoiren können diejenigen von Augustin von Balthasar für Greifswald und Stephan von Stengel für Mannheim gelten. – Vgl. [Augustin von Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar. Die Lebensgeschichte des Augustin von Balthasar (1701–1786) von ihm selbst erzählt. Hg. v. Dirk Alvermann. Greifswald 2003; Stephan Freiherr von Stengel: Denkwürdigkeiten. Hg. v. Günther Ebersold. Mannheim 1993.
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eigenen Druckschriften, der Publizistik oder über Streitigkeiten mit anderen Einrichtungen erwähnt und bleiben ansonsten im Dunkeln.50 Entsprechend bleibt das Bild der Sozietätsbewegung trotz umfangreicher Recherchen gerade zu diesen Sozietäten auf die großen und ‚erfolgreichen‘ Sozietäten fokussiert.
Forschungsstand Die Deutschen Gesellschaften waren eine Sozietätsbewegung, die von Gelehrten getragen wurde; so war es nur folgerichtig, dass eben diese sich mit ihnen befassten. Podien boten die in der Frühaufklärung geschätzte Historia literaria als Medium der Selbstthematisierung ebenso wie Rezensionen oder sprachwissenschaftliche Arbeiten. Zwischen Quelle und Darstellung je nach Blickwinkel changierend, unternahmen sie erste zusammenhängende Darstellungen und Standortbestimmungen, deren Kenntnisstand und Urteile immer wieder als Referenzpunkt späterer Forschungen dienten.51 Gleiches gilt für die ‚Autobiographien‘ der Deutschen Gesellschaften, die zuerst als Einleitungen eigener Publikationen auftraten und später in eigenständige Gesellschaftsgeschichten mündeten. Da die meisten Deutschen Gesellschaften am Ende des 18. Jahrhunderts erloschen waren, etablierte sich allerdings keine vereinseigene Chronistik, wie sie in der Historiographiegeschichte anderer Vereinigungen bis heute einen prominenten Platz beansprucht.52 Die Verankerung der Deutschen Gesellschaften in der gelehrten Welt bedeutete im Umkehrschluss, dass durch den Bedeutungsverlust dieser Gelehr-
|| 50 Vgl. Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 10. 51 Exemplarisch dafür können die beiden unter dem Namen von Nicolaus Hieronymus Gundling erschienenen Historiae literariae stehen, die – selbst außerhalb der Gesellschaften stehend – einerseits versuchten, dem Leser eine zusammenhängende Darstellung dieser Sozietätsbewegung zu bieten, für eine Gesellschaft wie die Hallesche Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit andererseits heute als Hauptquelle fungieren. – Vgl. Andreas Erb: Die „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle. In: Jahrbuch für hallische Stadtgeschichte 2012, S. 47–77. Ebenfalls zu erwähnen ist der Versuch einer Historie der deutschen Sprachkunst (Hamburg 1747), des mehrfachen Gesellschaftsmitglieds Elias Caspar Reichard, der an mehreren Stellen seines Werks auf die Deutschen Gesellschaften Bezug nimmt. 52 Als Ausnahme kann die Festschrift zum 150-jährigen Bestehen der Deutschen Gesellschaft in Königsberg gelten: Gottlieb Krause: Gottsched und Flottwell, die Begründer der Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Leipzig 1893. Als Nachfolgerin der Deutschen Gesellschaft in Leipzig publiziert der Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer 1902 die frühen Mitgliederlisten der Deutschen Gesellschaft.
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tenkultur mit Fortgang des 18. Jahrhunderts die Beschäftigung mit dieser Sozietätsform nach und nach zum Erliegen kam. Die eingangs des 19. Jahrhunderts von Ernst Moritz Arndt inspirierten Deutschen Gesellschaften nahmen auf ihre Namensvorgänger keinerlei Bezug mehr,53 auch die sich etablierende Germanistik strafte sie in der Regel mit Nichtachtung, wenn nicht gar Verachtung.54 Lichtenbergs prophetischer Titeleintrag in einen Meßkatalog des Jahres 1868 schien sich zu bewahrheiten: „Abhandlung von den im vorigen Jahrhundert üblichen so genannten Deutschen Gesellschaften, und ob in Jena eine gewesen, welches geleugnet wird.“55 Das ausgehende 19. Jahrhundert strafte den Propheten indes Lügen; der Goetheforscher Johann Froitzheim ließ zwei Jahrzehnte später ein Denkmal des Dichterfürsten vor seinen Augen entstehen: Gegenüber dem Kaiser-WilhelmDenkmal in Straßburg stand Goethe, umringt von Helden der Geniezeit, „unter denen Jakob Michael Reinhold Lenz, das Protokoll der deutschen Gesellschaft in Händen, einen Ehrenplatz beanspruchen darf.“56 Schon der Denkmalsstandort freilich verrät, dass die Straßburger Gründung kaum aus rein philologischen Gründen zu solchen Ehren kommen sollte; es war die Annexion des Elsass nach der Reichseinigung, die den Anstoß zu einer erneuten Beschäftigung mit den Deutschen Gesellschaften gab. Sie setzte eine ebenso eifrige wie eifernde Diskussion um Mittel und Ziele der Sprachpflege in Gang, in deren Folge breitenwirksame Vereine wie der Allgemeine Deutsche Sprachverein entstanden, aber auch die germanistische Fachwissenschaft auf die Suche nach den Wurzeln der deutschen Sprachpflege ging. Vorreiter waren die Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts, die schon in der Jahrhundertmitte das Interesse einzelner
|| 53 Vgl. zu diesen Gesellschaften Friedrich Meinecke: Die Deutschen Gesellschaften und der Hoffmannsche Bund. Stuttgart 1891. 54 Vgl. exemplarisch die Wertung von Robert Eduard Prutz, der der Göttinger Deutschen Gesellschaft attestierte, sie habe „der Litteratur auch nicht die kleinste Frucht getragen“. – Ders.: Der Göttinger Dichterbund. Zur Geschichte der Deutschen Literatur. Leipzig 1841, S. 186. Eine wenigstens kurze Behandlung erfahren die Deutschen Gesellschaften bei Karl Heinrich Ludwig Pölitz: Das Gesammtgebiet der teutschen Sprache, nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und practisch dargestellt. Bd. 1: Philosophie der Sprache. Leipzig 1825, S. 110–113, und bei Friedrich Bouterwek: Geschichte der Poesie und Beredsamkeit seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Bd. 11. Göttingen 1819, S. 17–19. 55 Georg Christoph Lichtenberg: Prophetische Blicke in einen Meß-Catalog vom Jahr 1868 (Im Jahr 1768 geschrieben). In: Ders.: Vermischte Schriften. Bd. 2. Hg. v. Friedrich Kries. Göttingen 1801, S. 366. 56 Johann Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode 1770–1776. Urkundliche Forschungen nebst einem ungedruckten Briefwechsel der Straßburgerin Luise König mit Karoline Herder aus dem Herder- und Röderer-Nachlaß. Straßburg 1888, S. 32.
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Forscher weckten.57 Während der Allgemeine Deutsche Sprachverein nur wenig Interesse daran zeigte, die Deutschen Gesellschaften in seine Ahnengalerie aufzunehmen,58 erschienen an den germanistischen Lehrstühlen etwa von Rudolf Meißner59 in Königsberg, Gustav Ehrismann60 in Greifswald oder Gustav Röthe61 in Göttingen Dissertationen zu einzelnen Sozietäten. Flankiert wurden diese Monographien von kleineren Arbeiten zu einzelnen Sozietäten.62 Hans Droysen, der an der Universität Halle eine geschichtswissenschaftliche Dissertation über die Bernburger Deutsche Gesellschaft betreute,63 rechtfertigte die Befassung mit ihr ebenso allgemein wie lapidar, dass sie „bei aller Unbedeutend|| 57 Eine Darstellung des parallelen Gangs der Forschung zu den Sprachgesellschaften des 17. und 18. Jahrhunderts liefert Corinna Fricke: Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts – ein Forschungsdesiderat. In: Klaus D. Dutz (Hg.): Sprachwissenschaft im 18. Jahrhundert. Fallstudien und Überblicke. Münster 1993, S. 77–98. 58 Als einzige Arbeit ist die Miszelle von Robert Petsch: Zur Pflege der Muttersprache in der „Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft“ zu Mannheim in Schillers Zeit. In: Wissenschaftliche Beihefte zur Zeitschrift des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins 5 (1918), Heft 38/40, S. 290– 295, zu nennen. Generell blieben der breitenwirksame Sprachverein und die universitäre Germanistik meistens auf Distanz zueinander. – Vgl. Jürgen Storost: Der Allgemeine Deutsche Sprachverein. In: Lingua et traditio. Geschichte der Sprachwissenschaft und neueren Philologien. Festschrift für Hans Helmut Christmann. Tübingen 1994, S. 827–843. 59 Franz Weber: Die bremische Deutsche Gesellschaft 1748–1793. Diss. Königsberg 1910; über Weber konnten keine näheren Angaben ermittelt werden. Vgl. zu Meißner Jens Eike Schnall: Art. Georg Paul Rudolf Meißner. In: Christoph König (Hg.): Internationales Germanistenlexikon 1800–1950. Bd. 2. Berlin u. New York 2003, S. 1195f. 60 Richard Schultz: Die Deutsche Gesellschaft in Greifswald. Diss. Greifswald 1914. Über Richard Schultz konnten keine näheren Angaben ermittelt werden. Vgl. zu Gustav Adolph Ehrismann Otfrid Ehrismann: Die Stille der Provinz. Gustav Ehrismann, Germanist in Greifswald (1909–1924). In: Ders. u. Rolf Brauer (Hg.): Mediävistische Literaturgeschichtsschreibung. Gustav Ehrismann zum Gedächtnis. Göppingen 1992, S. 17–50; dort S. 29f. nur allgemein über die von ihm betreuten Dissertationen. 61 Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen. Vgl. zu dessen Betreuer Roethe Jörg Judersleben: Philologie als Nationalpädagogik. Gustav Roethe zwischen Wissenschaft und Politik. Frankfurt a.M. 2000. 62 Vgl. bspw. Bernhard Seuffert: Geschichte der deutschen Gesellschaft in Mannheim. In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 6 (1880), S. 276–296 sowie 8 (1882), S. 167f.; Carl Frommann: Die Altdorfer Deutsche Gesellschaft. In: Festgruß dem Rektor des Gymnasiums Herrn Oberstudienrat Dr. Heinrich Heerwagen zur 25. Feier seines Amtsantritts, Erlangen 1882, S. 31–58. 63 Walter Hecht: Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. Diss. Halle a.d.S. 1907. – Vgl. zu dieser Dissertation Andreas Erb: „[...] zur Verbesserung und Wiederherstellung der deutschen Sprache und des guten Geschmacks in unserm Anhalt etwas beitragen [...]“ – Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 18 (2009), S. 134, Anm. 14.
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heit und Philistrosität“ doch das Bestreben zeige, „vorwärts zu kommen, und geistige Früchte zu zeitigen“.64 Im Geiste des literaturwissenschaftlichen Positivismus verfasst und an die nationalpädagogischen Zielsetzungen der Disziplin anklingend, beschränkten sich diese Arbeiten meist auf die Auflistung gesellschaftlicher Statuten, Mitglieder, Publikationen und Tätigkeiten und stießen kaum zu weiterführenden sozietätstypologischen, literaturgeschichtlichen oder sonstigen Einordnungen vor. Es bleibt ihnen aber das Verdienst, die einschlägigen Quellencorpora benannt und zusammenhängende Darstellungen einiger Deutscher Gesellschaften erarbeitet zu haben. Als unermüdlicher Bibliograph wandte sich der Hallische und Erfurter Bibliothekar Wolfram Suchier65 diesen Sozietäten zu. Er edierte nicht nur die Matrikel der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, sondern trug in der dazugehörigen Einleitung auch entlegenste gedruckte Erwähnungen zu allen ihm bekannten Sozietäten zusammen. Zu den beiden Gesellschaften in Wittenberg publizierte er einen eigenen Aufsatz, während Arbeiten zu denen in Halle, Marburg und Rinteln ungedruckt blieben.66 Stückwerk blieb in dieser Zeit auch eine geplante Arbeit des Mannheimer Stadtarchivars Friedrich Walter.67 Einen gänzlich anderen Weg schlug der Germanist Eugen Wolff68 ein, der als Vertreter des literarischen Naturalismus und Mitbegründer eines literarischen Vereins die Deutschen Gesellschaften als Pioniere in die Dienste seiner eigenen Bestrebungen nahm, „nicht litterarische Genies, sondern litterarische
|| 64 Gutachten von Hans Droysen zur Dissertation von Walter Hecht vom 13. Juli 1906, UA Halle-Wittenberg, Rep. 21 Nr. 617. 65 Vgl. zu seiner Bio- und Bibliographie Erhard Selbmann u. Magdalena Anke: Wolfram Suchier. Lebensabriss und bibliographischer Überblick. Halle a.d.S. 1956. 66 Von diesen konnte trotz intensiver Nachforschungen nur die Arbeit zur Halleschen Gesellschaft für Deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit in seinem Teilnachlass in der Berliner Staatsbibliothek ermittelt werden. – Vgl. Erb: „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle, S. 47–77. 67 Die Fragmente sind überliefert im MARCHIVUM, Nachlass Friedrich Walter, Zugang 3/1956_00721. 68 Vgl. zu ihm Dorit Müller: „Lufthiebe streitbarer Privatdocenten“: Kontroversen um die theoretische Grundlegung der Literaturwissenschaft (1890–1910). In: Ralf Klausnitzer u. Carlos Spoerhase (Hg.): Kontroversen in der Literaturtheorie/Literaturtheorie in der Kontroverse. Bern 2007, S. 149–169. Als seine umfangreichste Auseinandersetzung mit diesem Themenkomplex kann seine zweibändige Arbeit Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben gelten. Zu den Deutschen Gesellschaften in Altdorf und Erlangen steuerte Wolff außerdem einen Aufsatz bei: Eugen Wolff: Die Deutschen Gesellschaften zu Erlangen und Altdorf im XVIII. Jahrhundert. In: Monatshefte der Comenius-Gesellschaft 8 (1899), S. 209–220.
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Gesellschaften […] zu züchten“69 und gegen den elitären Dünkel der Fachgermanistik Literatur „hinunter in’s Volk“70 zu tragen. Daneben gerieten die Deutschen Gesellschaften vor allem dann in den Blick der Literaturgeschichtsschreibung, wenn sie eine prominente Rolle in einem anderen Themenkreis wie etwa den Moralischen Wochenschriften71 oder in der Biographie eines ‚großen‘ Dichters wie etwa Jakob Michael Reinhard Lenz72 oder Friedrich Schiller73 spielten. Am meisten gilt das für Johann Christoph Gottsched, dessen Biographik74 immer wieder das Interesse der Forscher auf die Leipziger Deutsche Gesellschaft und deren Ableger lenkte.75 Als seine vermeintlichen Trabanten waren sie allerdings auch in das Verdikt eingeschlossen, das Lessings 17. Literaturbrief 1759 über Gottsched fällte und dem die Literaturgeschichtsschreibung lange Zeit verhaftet blieb. Dass die Beschäftigung mit den Deutschen Gesellschaften schon in den 1920er Jahren abebbte,76 dürfte dieser Konstellation jedoch nicht ausschließlich geschuldet sein.
|| 69 Eugen Wolff: Die Deutschen Gesellschaften des achtzehnten Jahrhunderts. In: Nord und Süd 99 (1901), S. 226. 70 So zitiert Wolff zustimmend den Professor Hans Friedrich Gottlieb Lehmann über die Deutsche Gesellschaft in Königsberg in: Ebd., S. 354. In einer Rezension zu Wanieks GottschedBiographie urteilt Wolff: „Namentlich treten die ‚Deutschen gesellschaften‘ in grundsätzlich andere beleuchtung, wenn man sie nicht […] in erster linie nach ihren dichterischen leistungen und ihrer ästhetischen stellungnahme, sondern nach ihrer mitwirkung an der kultur der sprache sowie an erweckung von interesse für litteratur- und bildungsbestrebungen beurteilt.“ – Eugen Wolff: [Rez.] Gustav Waniek: Gottsched und die deutsche Litteratur seiner Zeit. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 31 (1899), S. 119. 71 Ludwig Keller: Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts und die moralischen Wochenschriften. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Bildungslebens. In: Monatshefte der Comenius-Gesellschaft 9 (1900), S. 222–242. Zur Kritik dieser Zuschreibung vgl. S. 378–380 in dieser Arbeit. 72 Vgl. Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode. 73 Bernhard Seuffert: Klein und Schiller. In: Festschrift für Ludwig Urlichs. Würzburg 1880, S. 218–229. 74 Vgl. zur Rezeptionsgeschichte Gottscheds Rüdiger Otto: Nachleben im Bild: ein Überblick über posthume Bildnisse und Beurteilungen Gottscheds. In: Manfred Rudersdorf (Hg.): Johann Christoph Gottsched in seiner Zeit. Neue Beiträge zu Leben, Werk und Wirkung. Berlin u. New York 2007, S. 375–429. 75 Im Fahrwasser der Gottschedforschung entstand auch eine der ersten quellengesättigten Skizzen zu den Deutschen Gesellschaften, nämlich das Kapitel „Die deutsche Gesellschaft in Leipzig und ihre Nachfolgerinnen“ in Theodor Wilhelm Danzel: Gottsched und seine Zeit. Auszüge aus seinem Briefwechsel. Leipzig, S. 74–114. 76 Als letzte Dissertation ist zu nennen Elisabeth Liebler: Die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft in Mannheim. Diss. Freiburg i.Br. 1920. Im gleichen Jahr werden die Deutschen Gesellschaften in Sigmund von Lempickis Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum
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Die Wanderwege auf dem wissenschaftlich-literarischen Parnass, denen die Disziplin bis weit in das 20. Jahrhundert hinein folgte, führten an den Deutschen Gesellschaften vorbei, so dass selbst in Klassikern der Literaturgeschichtsschreibung nur unklare, zum Teil sogar grundfalsche Vorstellungen über diesen Sozietätstyp kursierten77 oder er komplett ignoriert wurde.78 Für nationalistische Zwecke blieben sie aller prima vista nationalen Programmatik zum Trotz nur in engen Grenzen ausschlachtbar, so dass die Germanistik im Nationalsozialismus an ihnen vorüberging. Ähnliches galt für die Geschichtswissenschaft, in der die gesamte Aufklärung bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts als ‚vernünftelnd‘ und ‚undeutsch‘ mehr Missachtung als Beachtung erfuhr.79 Wenn man sich mit den Institutionen der Aufklärung befasste, standen die Deutschen Gesellschaften wie die Gelehrten Gesellschaften meist im Schatten der publizistisch besser dokumentierten und mit größerer Strahlkraft wirkenden Akademien.80 Ihr vordergründig auf Sprache, Rhetorik und Literatur fixierter Wirkungsbereich hat zusätzlich dazu beigetragen, sie aus der Zuständigkeit und dem Blickfeld der klassischen Historiographie zu entlassen.
|| Ende des 18. Jahrhunderts (2. Aufl. Göttingen 1968 [zuerst 1920]), nur mit den Beyträgen zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit aus den Reihen der Leipziger Deutschen Gesellschaft erwähnt. – Ebd., S. 249–251. 77 Als Beispiel seien die seinerzeit vielgelesene Soziologie der literarischen Geschmacksbildung von Levin L. Schücking benannt, die zu den Deutschen Gesellschaften in offenkundigem Widerspruch zu allen Quellen und Darstellungen behauptete: „Eine ihrer Hauptaufgaben ist, dem Publikum die persönliche Bekanntschaft des Dichters zu vermitteln, der für ein bestimmtes Entgelt seine Schöpfungen vorliest.“ – Ders.: Soziologie der literarischen Geschmacksbildung. 3. Aufl. Bern 1961, S. 99, sowie Ernst Manheims Studien über die Träger der öffentlichen Meinung, in denen unter den Mitgliedern „die städtische Ehrbarkeit“ überwiegt. – Ernst Manheim: Die Träger der öffentlichen Meinung. Studien zur Soziologie der Öffentlichkeit. Brünn u.a. 1933, S. 90. 78 So bei Walter H. Bruford: Germany in the Eighteenth Century. The Social Background of the Literary Revival. London 1935. 79 Vgl. zur Rezeptions- und Forschungsgeschichte der Aufklärung Winfried Müller: Die Aufklärung. München 2002, S. 63–76. 80 Vgl. Harald Dickerhof: Gelehrte Gesellschaften, Akademien, Ordensstudien und Universitäten. Zur so genannten „Akademiebewegung“ vornehmlich im bayerischen Raum. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 45 (1982), S. 37–66; Detlef Döring: Die mitteldeutschen gelehrten Kollegien des 17. und frühen 18. Jahrhunderts als Vorläufer und Vorbilder der wissenschaftlichen Akademien. In: Holger Zaunstöck u. Markus Meumann (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation. Neue Forschungen zur Vergesellschaftung im Jahrhundert der Aufklärung. Tübingen 2003, S. 13–42.
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Im Gefolge der gesellschaftskritischen Bewegungen der 1960er Jahre setzte eine breite Neubewertung und eingehendere Erforschung der Aufklärung in allen geisteswissenschaftlichen Disziplinen ein, die nun nicht mehr als Irrweg, sondern Vorschein der eigenen Ziele und Vorstellungen gewertet wurde.81 Die Habilitationsschrift von Jürgen Habermas zum Strukturwandel der Öffentlichkeit82 darf als bis heute diskutierter Klassiker dieser Strömungen gelten. Zunächst nahmen ‚politische‘ Sozietätsformen wie Freimaurer und Illuminaten breiten Raum ein, während unter den Gelehrten Gesellschaften die Akademien als Forschungsgegenstand dominierten.83 Die Deutschen Gesellschaften profitierten zunächst kaum von dem erwachenden Interesse, die einschlägigen Publikationen gaben sich zumeist damit zufrieden, bereits bekanntes Material zusammenzutragen und im Kontext anderer aufgeklärter Gesellschaften zu interpretieren.84 Deren Wiederentdeckung setzte 1970 in den USA mit der Dissertation von Thomas Charles Rauter ein, in der dieser, Eugen Wolffs Faden auf-
|| 81 Vgl. Müller: Aufklärung, S. 72f. Als typisch für diese Herangehensweise kann etwa die Arbeit von Robert Galitz: Literarische Basisöffentlichkeit als politische Kraft. Lesegesellschaften des 17ten bis 19ten Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung des 18ten Jahrhunderts. Frankfurt a.M., Bern u. New York 1986, gelten. Wie langlebig diese Tendenz blieb, verdeutlicht die Arbeit von Jost Hermand über die deutschen Dichterbünde, der noch 1998 die Deutschen Gesellschaften über den Leisten eines „Avantgarde-Konzepts“ schlug, in dem an die Deutschen Gesellschaften für ihre schlechten Dichtungen und ihre „Zugeständnisse an die herrschenden Schichten“ nur schlechte Noten vergeben wurden. – Vgl. Jost Hermand: Die deutschen Dichterbünde. Von den Meistersingern bis zum PEN-Club. Köln, Weimar u. Wien 1998, S. 47–51. 82 Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt a.M. 1990 (zuerst 1962), dort auf S. 95 einige Bemerkungen zu den Deutschen Gesellschaften, die als Anknüpfung an die Sprachgesellschaften des 18. Jahrhunderts begriffen werden. – Vgl. aber auch Ute Daniel: How bourgeois was the public sphere of the Eighteenth Century? Or: Why it is important to historicize Strukturwandel der Öffentlichkeit. In: Das achtzehnte Jahrhundert 26 (2002), S. 9–17; eine pointierte Kritik bei Heinrich Bosse: Die gelehrte Republik. In: Hans-Wolf Jäger (Hg.): „Öffentlichkeit“ im 18. Jahrhundert. Göttingen 1997, S. 65. 83 Vgl. Holger Zaunstöck: Gelehrte Gesellschaften im Jahrhundert der Aufklärung. Strukturuntersuchungen zum mitteldeutschen Raum. In: Detlef Döring u. Kurt Nowak (Hg.): Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum (1650–1820). 3 Bde. Stuttgart u. Leipzig 2000–2002, hier Bd. 2, S. 8f. Vgl. zum Gang der Sozietätsforschung auch Angela Borgstedt: Das Zeitalter der Aufklärung. Darmstadt 2004, S. 62–70. Eine Zusammenstellung der Geschichte gelehrter Sozietäten bietet Klaus Garber: Art. Sozietäten, Akademien, Sprachgesellschaften. In: Hans Jörg Sandkühler (Hg.): Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaft. Bd. 4. Hamburg 1990, S. 366–384. 84 van Dülmen: Gesellschaft der Aufklärer, S. 48–54; Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein, S. 224–238.
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nehmend, die Deutschen Gesellschaften als eine frühe Form der im 20. Jahrhundert voll ausgeprägten Literarischen Gesellschaften ansah.85 Auch wenn diese teleologische Sicht nicht zu überzeugen vermag und die Quellenrecherche sich auf die Publikationen der Gesellschaft beschränkt, kommt der Arbeit das Verdienst zu, die erste und bislang einzige umfangreichere Gesamtdarstellung dieser Sozietätsbewegung zu sein. Noch 1993 musste eine sprachwissenschaftliche Untersuchung die Deutschen Gesellschaften insgesamt als Forschungsdesiderat reklamieren und konstatieren, „daß in den behandelten wissenschaftlichen Arbeiten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts keine wesentlichen Fortschritte bei der Aufarbeitung der Sprachgesellschaften gemacht werden können.“86 Wichtige Impulse gab Wolfgang Hardtwigs Werk über das Vereinswesen in Deutschland;87 es ordnete die Deutschen Gesellschaften in den Kontext der Gelehrten Gesellschaften der Frühen Neuzeit ein und lieferte wichtige Ansätze zur Sozietätstypologie. Dabei war die Verortung der Deutschen Gesellschaften in der Gelehrsamkeit ein ebenso wichtiger Schritt wie der Hinweis darauf, dass diese Sozietäten wie die Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts Sprachpflege nicht als Selbstzweck, sondern als Medium moralisch-pädagogischer Ziele betrieben. Vieles dagegen erscheint zu sehr im Lichte des 19. Jahrhunderts, wie die postulierte Rolle der Deutschen Gesellschaften bei einer „Verbürgerlichung der Kultur“88 und der Bildung eines „Zusammenhang[s] von Bürgerlichkeit, Gelehrsamkeit und Nationalität“.89 Erstmals zum Gegenstand einer eigenen Konferenz wurde diese Sozietätsbewegung 2001 in einer Kolloquienreihe des Preisschriftenprojekts am Forschungszentrum Europäische Aufklärung in Potsdam, aus der lediglich der Beitrag von Detlef Döring im Druck erschien.90 In einer Ausstellung an der Universitätsbibliothek Göttingen 2004 behandelten Dieter Cherubim und Ariane Walsdorf die Deutschen Gesellschaften mit Schwerpunkt auf der dortigen Sozie-
|| 85 Rauter: The Eighteenth-Century „Deutsche Gesellschaft“, S. 17. 86 Fricke: Die Deutschen Gesellschaften, S. 86. 87 Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein, S. 224–238. 88 So die Überschrift des einschlägigen Kapitels. 89 Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein, S. 237. 90 Vgl. URL: http://www.uni-potsdam.de/u/fea/preisschriften/abst1dg.htm [12.05.2004]; Detlef Döring: Die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig und die von ihr vergebenen Auszeichnungen für Poesie und Beredsamkeit 1728–1738. Ein frühes deutsches Beispiel der Auslobung akademischer Preisfragen. In: Karlheinz Blaschke u. Detlef Döring (Hg.): Universitäten und Wissenschaften im mitteldeutschen Raum in der Frühen Neuzeit. Ehrenkolloquium zum 80. Geburtstag von Günter Mühlpfordt. Stuttgart 2004, S. 187–225.
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tät91 und stellten diese in die wissenschaftsgeschichtlichen Kontexte der Germanistik. Da die Begleitpublikation jedoch wie Rauter auf die Auswertung des ungedruckten Materials weitgehend verzichtete, ging sie trotz interessanter Ansätze nur wenig über die Inventarisierung und Bilanzierung der bisherigen Forschung hinaus92 und musste letztlich resümieren, dass eine befriedigende Gesamtdarstellung ein Desiderat bleibt.93 Von einer regen und facettenreichen Rezeptions- und Forschungsgeschichte kann also bislang kaum die Rede sein. Das Sujet „Deutsche Gesellschaften“ erwies sich weder für nationalistische Instrumentalisierungen noch für die emanzipatorischen Anliegen der neueren Sozietätsforschungen als dauerhaft anschlussfähig. Der Quantität und Qualität ihrer Erforschung hat dies sicher nicht gutgetan. So entwickelte sich aber auch kein gängiges Narrativ, das die Beschäftigung mit diesen Vereinigungen von vornherein in gewünschte Richtungen gelenkt und deren Bild auf diese Weise ebenso geformt wie deformiert hätte. Substantielle Erkenntnisfortschritte wurden dagegen in der Beschäftigung mit einzelnen Deutschen Gesellschaften erzielt, die die ungedruckten Quellen verstärkt einbezog.94 Lokalpatriotischer Ehrgeiz hat dabei zuweilen eine unglückliche Rolle gespielt und die jeweiligen Gesellschaften für städtische Traditionsbildungen vereinnahmt.95 Viele Studien jedoch haben in Kenntnis der örtlichen Zusammenhänge und der Quellenlage fundierte und maßgebliche Arbeiten vorlegen können. An erster Stelle ist hier Detlef Döring mit seiner grundlegenden und ausführlichen Studie über die von Gottsched reformierte und in vielem vorbildgebende Deutsche Gesellschaft in Leipzig zu nennen, die leider Fragment geblieben ist.96 Zu den Deutschen Gesellschaften in Leipzig, Greifswald und Helmstedt hat er im Rahmen seiner Forschungen zu den Gelehr-
|| 91 Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung. 92 Vgl. Martin Stuber: [Rez.] Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung. In: sehepunkte 7/5 (2007). URL: http://www.sehepunkte.de/2007/05/10397.html [01.10.2015]. 93 Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 148. 94 Vgl. die nach Sozietäten gegliederte Aufführung bei Nicole Haase: Die „Königliche Deutsche Gesellschaft in Greifswald“. Untersuchungen zu den „Critischen Versuchen“ als Dokument aufklärerischer Sprachreflexion. Staatsexamensarbeit. Greifswald 2005, S. 6–9. 95 So gab bspw. die gegen Ende der 90er Jahre geführte Debatte um die deutsche Rechtschreibung Gelegenheit, Mannheim als Standort des Instituts für deutsche Sprache und des DudenVerlags kraft der Deutschen Gesellschaft als „dank der Historie mehr als legitimiert“ anzusehen. – Hans Weckesser: Sprachkunst als „fergnügender gefärt der einsamkeit“. Die Deutsche Gesellschaft in Mannheim in Mannheim bemühte sich schon seit 1775 um eine bessere Orthographie. In: Mannheimer Morgen, Nr. 25, 31. Januar/1. Februar 1998. 96 Detlef Döring: Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Von der Gründung bis in die ersten Jahre des Seniorats Johann Christoph Gottscheds. Tübingen 2002.
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ten Gesellschaften des mitteldeutschen Raumes weitere Forschungen beigesteuert.97 Hervorzuheben sind daneben die Arbeiten von Felicitas Marwinski zur Deutschen Gesellschaft in Jena,98 Eva Wedel-Schaper zur Erlanger Gründung99 und von Robert Seidel zur Gießener Sozietät.100 Gerade diese Einzelstudien allerdings lassen eine Gesamtdarstellung dieses Sozietätstypus nur umso dringlicher erscheinen.101 Eine Beschäftigung mit den Deutschen Gesellschaften kann auf Ergebnisse zurückgreifen, die die Erforschung der deutschen Aufklärungsgesellschaften gerade in den letzten Jahren erarbeitet hat. Hier wurde in Anlehnung an das neue Leitmedium Internet mit dem Begriff des Netzwerks ein Paradigma formuliert, mit dessen Hilfe die „Gesellschaft der Aufklärer“ in neuem Licht betrachtet werden kann.102 Obwohl deren Vernetzung regelmäßig in einschlägigen Publikationen erwähnt wird, kann bisher nur auf wenige Studien verwiesen werden, die sie zum Gegenstand einer eigenen Untersuchung machen.103 Beispielgebend
|| 97 Ders.: Gelehrte Gesellschaften in Pommern im Zeitalter der Aufklärung. In: Dirk Alvermann, Nils Jörn u. Jens E. Olesen (Hg.): Die Universität Greifswald in der Bildungslandschaft des Ostseeraums. Berlin 2007, S. 123–153; ders.: Die Rolle der Universität bei der Herausbildung der modernen Wissenschaft im 17. und 18. Jahrhundert. Das Beispiel Helmstedt. In: Jens Bruning u. Ulrike Gleixner (Hg.): Das Athen der Welfen. Die Reformuniversität Helmstedt 1576– 1810. Wolfenbüttel 2010, S. 46–51, sowie insb. die von Detlef Döring und Kurt Nowak herausgegebenen drei Bände: Dies. (Hg.): Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum 98 Felicitas Marwinski: Johann Andreas Fabricius und die Jenaer gelehrten Gesellschaften des 18. Jahrhunderts. Jena 1989; dies.: Der Deutschen Gesellschaft zu Jena ansehnlicher Bücherschatz. Bestandsverzeichnis mit Chronologie zur Gesellschaftsgeschichte und Mitgliederübersicht. Jena 1999. 99 Eva Wedel-Schaper: …das Nützliche mit dem Angenehmen zu verbinden – Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 53 (1992), S. 249–263. 100 Robert Seidel: Gelehrtensozietät oder Seminar? – Die Teutsche Gesellschaft in Gießen (1763–1765). In: Meumann u. Zaunstöck (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation, S. 43–56. 101 Das Desiderat einer Gesamtdarstellung betonen bspw. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 43; Detlef Döring: Der Literaturstreit zwischen Leipzig und Zürich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Neue Untersuchungen zu einem alten Thema. In: Anett Lütteken u. Barbara Mahlmann-Bauer (Hg.): Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger im Netzwerk der europäischen Aufklärung. Göttingen 2009, S. 61; Heinrich Bosse: Die Stunde der Autodidakten. Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Freiburg im 18. Jahrhundert. In: Ders.: Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. v. Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012, S. 289, Anm. 11. 102 Vgl. Holger Zaunstöck: Zur Einleitung: Neue Wege in der Sozietätsgeschichte. In: Meumann u. Zaunstöck (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation, S. 1–10. 103 Vgl. z.B. Jürgen Voss: Deutsche in französischen Akademien und Franzosen in deutschen Akademien 1700–1800. In: Jean-Marie Valentin, Jean Mondot u. Jürgen Voss (Hg.): Deutsche in Frankreich. Franzosen in Deutschland 1715–1789. Paris 1986, S. 149–166; Wilhelm Kreutz: Von
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hat Holger Zaunstöck eine Studie über die mitteldeutschen Aufklärungsgesellschaften vorgelegt, die den hohen Grad der Vernetzung dieser Sozietäten anhand eines breiten Datenmaterials bezogen auf die – gerade auch für die Deutschen Gesellschaften maßgebliche – mitteldeutsche Region herausarbeitet.104 Belebung verspricht außerdem ein gerade für gelehrte Zusammenschlüsse wie die Deutschen Gesellschaften wichtiger Ansatz: In den letzten Jahren nähert sich die Forschung der Geschichte der Gelehrsamkeit in mehreren geisteswissenschaftlichen Disziplinen. Auf der Ebene der einzelnen Autoren hat das dazu geführt, dass für die Deutschen Gesellschaften wichtige Ideengeber wie Johann Christoph Gottsched,105 Gottfried Wilhelm Leibniz,106 Christian Thomasius107 oder Christian Wolff fachübergreifend in Germanistik, Philosophie und Geschichte thematisiert werden. Seitens der Germanistik hat sich die Tendenz verstärkt, die Kontexte frühneuzeitlicher Sprachentwicklung und Literaturproduktion zu betrachten. Besonderes Augenmerk fiel auf die enge Verbindung von Literatur und Gelehrsamkeit, deren gegen Ende des 18. Jahrhunderts beginnendes Auseinandertreten lange den Blick auf das Selbstverständnis der poetae docti verstellte.108 Die intensive
|| der höfischen Institution zur bürgerlichen Sozietät – Das regionale Netzwerk der kurpfälzischen Aufklärung. In: Mannheimer Geschichtsblätter N.F. 3 (1996), S. 235–254; James Edward McClellan: Science reorganized. Scientific Societies in the Eighteenth Century. New York 1985. 104 Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen. 105 Hier ist an erster Stelle die von Detlef Döring ins Leben gerufene und von Rüdiger Otto geleitete Arbeitsstelle Gottsched-Briefwechsel der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu nennen, die inzwischen vierzehn Bände seiner Korrespondenz bis zum Jahr 1749 umfasst. 106 Vgl. mit Nennung älterer Literatur Andreas Erb: Eine unabhängige Umsetzung unvorgreiflicher Gedanken? Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts und die Leibniz’schen Reformpläne. In: Daniel Fulda u. Pirmin Stekeler-Weithofer (Hg.): Theatrum naturae et artis – Leibniz und die Schauplätze der Aufklärung. Stuttgart u. Leipzig 2019, S. 376–394. 107 Frank Grunert: Die Pragmatisierung der Gelehrsamkeit. Zum Gelehrsamkeitskonzept von Christian Thomasius und im Thomasianismus. In: Ulrich Johannes Schneider (Hg.): Kultur der Kommunikation. Die europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter von Leibniz und Lessing. Wiesbaden 2005, S. 131–153. 108 Vgl. Gunter E. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland. Untersuchungen zum Wandel ihres Verhältnisses vom Humanismus bis zur Frühaufklärung. Tübingen 1983; ders.: Vom Schulfuchs zum Menschheitslehrer. Zum Wandel des Gelehrtentums zwischen Barock und Aufklärung. In: Hans Erich Bödeker u. Ulrich Herrmann (Hg.): Über den Prozess der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Personen, Institutionen und Medien. Göttingen 1987, S. 14–38; ders.: Letternkultur. Wissenschaftskritik und antigelehrtes Dichten in Deutschland von der Renaissance bis zum Sturm und Drang. Tübingen 1998; Bosse: Die gelehrte Republik; ders.: Gelehrte und Gebildete – die Kinder des 1. Standes. In: Das achtzehnte Jahrhundert 32 (2008), S. 13–37; ders.: Bildungsrevolution, insb. S. 15–46; Wilfried Barner: Barockrhetorik. Untersu-
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Rezeption der Schriften Pierre Bourdieus in den Geisteswissenschaften hat neue Akzente auf die Praktiken der Gelehrsamkeit gesetzt.109 In den letzten Jahren ist so eine neu konzipierte Gelehrtengeschichte als wichtiger Faktor nicht zuletzt für die vorliegende Arbeit hinzugekommen, die ebenso interdisziplinär aufgestellt ist. Dabei geht es kaum noch darum, gelehrte Ahnengalerien abzustauben, aufzufüllen und neu zu ordnen.110 Im Vordergrund steht der Wandlungsprozess, den der Habitus des Gelehrten in der Frühaufklärung durchlief und der weg vom Feindbild des Pedanten hin zu einem der Allgemeinheit nützlichen Weltmann führen sollte.111 In diesen Kontexten können die Deutschen Gesellschaften Erkenntnisse über die Programmatik dieses Wandels hinaus zu dessen praktischer Umsetzung versprechen. Die Programme eines Leibniz, Thomasius oder Gottsched kamen in diesen Sozietäten auf die Erde nieder. Dass die Konzepte nicht in Reinkultur verwirklicht wurden, dürfte niemanden überraschen. Es entstand aber eine Sozietätsbewegung, die nicht nur ihrer Größe, sondern auch ihrer Vielschichtigkeit wegen Beachtung verdient. Zudem erlaubt es die Quellenlage in hohem Maße, im Einklang mit neuen Tendenzen der Sozietätsforschung112 die
|| chungen zu ihren geschichtlichen Grundlagen. 2. Aufl. Tübingen 2002; ders.: Lessing zwischen Bürgerlichkeit und Gelehrtheit. In: Rudolf Vierhaus (Hg.): Bürger und Bürgerlichkeit im Zeitalter der Aufklärung. Heidelberg 1981, S. 165–204; Helmut Zedelmaier u. Martin Mulsow (Hg.): Die Praktiken der Gelehrsamkeit in der Frühen Neuzeit. Tübingen 2001; Marian Füssel: Einleitung. In: Ders. u. Martin Mulsow (Hg.): Gelehrtenrepublik. Hamburg 2015, S. 5–16. 109 Marian Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis. Rang, Ritual und Konflikt an der Universität der Frühen Neuzeit. Darmstadt 2006. 110 Vgl. zur Kritik der traditionellen Gelehrtengeschichte Ulrich Johannes Schneider: Anmerkungen zur Geschichte der Gelehrsamkeit. In: Frank Grunert u. Friedrich Vollhardt (Hg.): Historia literaria. Neuordnungen des Wissens im 17. und 18. Jahrhundert. Berlin 2007, S. 265–270. 111 Daniel Fulda: Von der Polyhistorie zur modernen Wissenschaft. Zum politisch-galanten Gelehrtenideal der Frühaufklärung. In: Ulrich Johannes Schneider (Hg.): Kulturen des Wissens im 18. Jahrhundert. Berlin u. New York 2008, S. 281–288; Grunert u. Vollhardt (Hg.): Historia literaria; Marian Füssel: Die zwei Körper des Professors – Zur Geschichte des akademischen Habitus in der Frühen Neuzeit. In: Horst Carl u. Friedrich Lenger (Hg.): Universalität in der Provinz. Die vormoderne Landesuniversität Gießen zwischen korporativer Autonomie, staatlicher Abhängigkeit und gelehrten Lebenswelten. Darmstadt 2009, S. 209–231; ders.: Akademische Aufklärung. Die Universitäten des 18. Jahrhunderts im Spannungsfeld von funktionaler Differenzierung, Ökonomie und Habitus. In: Wolfgang Hardtwig (Hg.): Die Aufklärung und ihre Weltwirkung. Göttingen 2010, S. 47–73. 112 Vgl. Marian Füssel: Zwischen lokaler Vergesellschaftung und translokaler Vernetzung. Die Wiener Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ als kulturelle Kontaktzone. In: Dieter Breuer u. Gábor Tüskés (Hg.): Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa. Berlin u. Boston 2019, S. 274.
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Praktiken dieser Gesellschaften von der Mitgliedsaufnahme, der Regeldurchsetzung bis hin zum Publikationsverhalten unter die Lupe zu nehmen. In den neuen Zusammenhängen erweist sich der alte Malus einer disziplinären Unbehaustheit als Bonus dergestalt, dass eine Befassung mit diesem Sozietätstypus für mehrere historisch ausgerichtete Disziplinen, beginnend mit der Sozietätsforschung und der Universitäts- und Schulgeschichte über die Geschichte der Rhetorik und Philosophie, bis hin zur Sprach- und Literaturgeschichte einschließlich deren Disziplingeschichte zugleich Aufschlüsse verspricht.
1 Beginnen 1.1 Hintergründe und Vordenker Es gibt kein Manifest der Deutschen Gesellschaft, keinen Gründungsaufruf, keine allein gültige Programmschrift, die in einer Erörterung der Gründungsmotive bequem zu referieren und zu erläutern wäre. Die Bewegung lässt sich nicht auf einen Ausfluss der Texte eines großen Vordenkers reduzieren, selbst und gerade Persönlichkeiten wie Gottsched sind an den meisten Punkten in erster Linie wichtige Multiplikatoren. Stattdessen verteilen sich die Referenztexte auf zahlreiche Personen, Zeitschichten und Regionen. Viele sprechen gar nicht von den Deutschen Gesellschaften, ihre Verfasser haben an der Bewegung keinen Anteil genommen, während andere Texte, die sich ausdrücklich mit Deutschen Gesellschaften befassen, kaum zur Kenntnis genommen wurden. Ohnehin wäre es zu textgläubig, die Antriebe für eine umfangreiche Sozietätsbewegung nur aus einzelnen Dokumenten herausdestillieren zu wollen. Da sie stets in einem Geflecht von Handlungen und Strukturen entstehen und wirken, sollten die Situation und die Verhaltensweisen derjenigen, die diese Bewegung ausmachten, auch auf unausgesprochene Motive abgeklopft werden. Dieses Kapitel versteht sich somit in einem ersten Schritt als Rekonstruktionsversuch einer Programmatik, der sowohl die Ideengeber und Vordenker dieser Sozietätsbewegung einbezieht als auch die Zielvorstellungen ihrer Verfechter vor Ort. Aller gebotenen Skepsis zum Trotz: Als programmatische Grundlagen, organisatorische Hilfsmittel und vor allem Produkte der gesellschaftlichen Tätigkeit weisen die Texte doch den Weg zu der Sozialformation, die sie produzierte und rezipierte, die sie weitergab und die sich von ihnen ernährte – den Gelehrten. Als Gruppe zu bestimmen sind sie im Untersuchungszeitraum nicht nur über schriftstellerische Autorschaft; traditionell verlief die Grenze zwischen Gelehrten und Ungelehrten entlang der Demarkationslinie der Latinität, also zwischen den litterati und den illiterati.1 Das Philosophische Lexikon Johann Georg Walchs ergänzt, dass „derienige vor einen gelehrten gehalten wird, der erstlich in der lateinischen Sprache etwas begrieffen, und dann nach der ge-
|| 1 Vgl. ausführlich Herbert Grundmann: Litteratus – illiteratus. Der Wandel einer Bildungsnorm vom Altertum zum Mittelalter. In: Archiv für Kulturgeschichte 40 (1958), S. 1–65. Aus dem Blickwinkel einer Formierung als eigenes, gelehrtes Feld skizzieren sie Marian Füssel u. Ingo Trüter: Das gelehrte Feld der Vormoderne. Möglichkeiten und Grenzen von Feldanalysen in der Geschichtswissenschaft. In: Stefan Bernhard u. Christian Schmidt-Wellenburg (Hg.): Feldanalyse als Forschungsprogramm 1: Der programmatische Kern. Wiesbaden 2012, S. 321–344. https://doi.org/10.1515/9783110776218-002
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wöhnlichen Manier eine Zeitlang auf Academien studieret hat“.2 Diese zeitgenössischen Kriterien ermöglichen zwar für Einzelpersonen recht gut handhabbare Zuordnungen, entziehen sie aber einer eindeutigen Verortung als Gruppe.3 Nur ein kleiner Teil lehrte und forschte an Universitäten oder Akademien und kann als Stand im engeren Sinne betrachtet werden. Dem Adel konnten Gelehrte im weiteren Sinne ebenso entstammen wie städtischem Patriziat, dem Pfarrhaushalt ebenso wie dem Verwaltungsapparat. Der Variationsbreite der Herkünfte entspricht die der zukünftigen Funktionen und Erwerbsquellen als HöfHöflinge, Verwalter, Pfarrer, Ärzte, Lehrer oder gar Soldaten. Da Gelehrte nur sehr eingeschränkt über die Geburt bestimmbar sind, stehen sie in mancher Hinsicht quer zur ständischen Gesellschaft; dem Stand der Universitätsangehörigen mit eigenen Privilegien gehörten sie in ihrer überwiegenden Zahl nur zeitweise an. Latinität, Studium und Autorschaft beziehen sich auf Kompetenzen, Fertigkeiten und Handlungen, die in einem bestimmten Lebensabschnitt erworben werden und im weiteren Lebenslauf von Vorteil sein sollen. Losgelöst von der ständischen Gesellschaft sind sie jedoch keineswegs; als von ihr Geformte und von ihr Ernährte, als diese Ausbildende und Beratende sind Gelehrte vielmehr integraler Bestandteil dieser Gesellschaft, ohne dass ihr Status damit festgeschrieben wäre. Diesen Status zu verteidigen, zu festigen und auszubauen, gehört vielmehr zu den Daueraufgaben des Gelehrtenstands, den sich auch die Deutschen Gesellschaften auf ihre Fahnen geheftet hatten. Als Akademiker Akademiker akademisch zu beschreiben, war und ist nicht unmöglich, sondern seit Jahrhunderten geübte Praxis und Gegenstand einer eigenen historischen Disziplin, die, als Historia literaria beginnend, sich heute in verschiedene Teilbereiche aufgefächert mit eigenen Lehrstühlen und Publikationsorganen präsentiert. Das erkenntnistheoretische Dilemma einer wissen|| 2 Johann Georg Walch: Philosophisches Lexicon. Darinnen Die in allen Theilen der Philosophie, als Logic, Metaphysic, Physic, Pnevmatic, Ethic, natürlichen Theologie und RechtsGelehrsamkeit, wie auch Politic fürkommenden Materien und Kunst-Wörter erkläret und aus der Historie erläutert; die Streitigkeiten der ältern und neuern Philosophen erzehlet, die dahin gehörigen Bücher und Schrifften angeführet, und alles nach Alphabetischer Ordnung vorgestellet werden. Leipzig 1726, Sp. 1156. 3 Vgl. zu dieser Problematik Bosse: Gelehrte und Gebildete. Begriffe wie Bildungsbürgertum oder bürgerliche Intelligenz stellen demgegenüber an Karl Marx angelehnte Rückprojektionen dessen dar, was in der Frühen Neuzeit als Gelehrte definiert war. Vgl. zur Kritik dieser Terminologie Barner: Lessing zwischen Bürgerlichkeit und Gelehrtheit, S. 168. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde die Gruppe der Gelehrten mit ca. 80.000 Personen beziffert. – Vgl. die entsprechende Auswertung der Universitätsmatrikel bei Andreas Gestrich: Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Göttingen 1994, S. 100.
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schaftlichen ‚objektiven’ Selbstbeschreibung ist ihr immer treu geblieben. Gelehrte sind jedenfalls nicht als wertneutrale Wissensproduzenten und vermittler anzusehen, die stets gesellschaftlich freischwebend und interesselos dem Allgemeinwohl verpflichtet waren. Sie lebten in, mit und von der Gesellschaft des Ancien Régime. Es kann nicht genug betont werden, dass die Universitäten als privilegierte Korporationen hierarchisch in die ständische Gesellschaft eingebunden waren und allen, die lehrend und lernend mit ihr in Berührung kamen, ihre ständische Qualität in abgestufter Form übertragen haben. Professoren und Studenten trieb nicht nur der famor scientiae, sondern auch die Aussicht auf Status, Renommee, Ehre und Rang des akademischen Standes.4
Von den mittelalterlichen Ursprüngen an war der clericus mit hohem Geltungsanspruch aufgetreten und konnte durch die Professionalisierung nützlicher Kenntnisse mit wachsendem Erfolg in Konkurrenz zu anderen Eliten, namentlich dem Adel, treten.5 Martin Luther konnte für ein Studium damit werben, dass studierte Juristen „mit der that die herrn auff erden [sind], ob sie es wol der person, geburt und stands halben nicht sind“.6 Im Verlauf des 17. Jahrhunderts sah sich dieses Geltungsstreben immer stärkerem Gegenwind ausgesetzt. Einerseits griff der Adel durch häufigeres Studium und die Einrichtung eigener Bildungsinstitute zunehmend Gelehrsamkeit auf. Andererseits kollidierten die Ansprüche von Hof und Staat an ‚brauchbare Subjecte‘ immer offensichtlicher mit einer sprachlich und habituell von diesen geschiedenen Gelehrtenwelt. Universitäten und Gelehrte sahen sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts einem wachsenden
|| 4 Ulrich Rasche: Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft. Über institutionengeschichtliche und sozioökonomische Dimensionen von Zeugnissen. Dissertationen und Promotionen in der Frühen Neuzeit. In: Rainer A. Müller (Hg.): Bilder – Daten – Promotionen. Studien zum Promotionswesen an deutschen Universitäten der frühen Neuzeit. Stuttgart 2007, S. 151. 5 Vgl. Otto Gerhard Oexle: Alteuropäische Voraussetzungen des Bildungsbürgertums – Universitäten, Gelehrte und Studierte. In: Werner Conze u. Jürgen Kocka (Hg.): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert. Teil I: Bildungssystem und Professionalisierung in internationalen Vergleichen. Stuttgart 1985, S. 71–78; Hermann Lange: Vom Adel des doctor. In: Klaus Luig u. Detlef Liebs (Hg.): Das Profil des Juristen in der europäischen Tradition. Symposion aus Anlaß des 70. Geburtstages von Franz Wieacker. Ebelsbach 1980, S. 279–294. Laetitia Boehm hat von einer quasiadeligen Stellung der Gelehrten zumindest in ihrer Selbstwahrnehmung gesprochen. – Dies.: Libertas scholastica und Negotium scholare. Entstehung und Sozialprestige des akademischen Standes im Mittelalter. In: Dies.: Geschichtsdenken. Bildungsgeschichte. Wissenschaftsorganisation. Ausgewählte Aufsätze von Laetitia Boehm anläßlich ihres 65. Geburtstages. Berlin 1996, S. 621. 6 Martin Luther: Eine Predigt, daß man Kinder zur Schulen halten solle (1530), zit. nach: Bosse: Die gelehrte Republik, S. 56.
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Ökonomisierungsdruck unter kameralistischer Optik ausgesetzt.7 Den Wert der Gelehrten gerade in seiner Funktion als Ausbilder künftiger Eliten stellte die Debatte über eine vorgebliche Akademikerschwemme8 massiv in Frage: […] es bleibt doch immer noch eine weit grössere Anzahl übrig, als der Staat braucht, und von disen müssen also nothwendig viele unnütze Mitglieder des Staats werden, oder Bedienungen annehmen, zu welchen eigentlich nichts als eine Kenntniß von Lesen, Schreiben und Rechnen erfordert wird [...] ich glaube, man kann es jetzt dreist sagen, daß ein Mensch mit dem Meissel oder Hobel dem Staate ebenso nützlich seyn könne, als mit der Feder.9
So bestritt Albrecht Friedrich Gustav Rautenberg die Notwendigkeit derart vieler Akademiker. Versahen bis zum Ende des 17. Jahrhunderts noch zahlreiche Gelehrte diplomatische Missionen, verdrängte der Adel sie danach zusehends aus diesem Bereich.10 In den Residenzen galten sie immer häufiger als unnütz und standen bei manchen im Ruf, eine Art Hofnarren zu sein.11 Legendär wurde der Akademiepräsident Jacob Paul Gundling, der am Hof Friedrich Wilhelms I. zahlreiche auf seine Gelehrsamkeit gerichtete Erniedrigungen erdulden musste.12 Habituskritik und Habitusreformdiskussionen waren im Gelehrtenstand selbst keineswegs neu, hatten doch schon die Humanisten gegen die Scholastik oder
|| 7 Vgl. Marian Füssel: Bergwerke, Fabriken, Handelshäuser. Die Universitäten im Ökonomisierungsdiskurs des 18. Jahrhunderts. In: Elizabeth Harding (Hg.): Kalkulierte Gelehrsamkeit. Zur Ökonomisierung der Universitäten im 18. Jahrhundert. Wiesbaden 2016, S. 41–59. 8 Vgl. zu dieser Diskussion v.a. für das ausgehende 18. Jahrhundert Hartmut Titze: Der Akademikerzyklus. Historische Untersuchungen über die Wiederkehr von Überfüllung und Mangel in akademischen Karrieren. Göttingen 1990, S. 198–205; Willem Frijhoff: Der Lebensweg der Studenten. In: Walter Rüegg (Hg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. 2: Von der Reformation zur Französischen Revolution (1500–1800). München 1996, S. 317–319; ders.: Surplus ou deficit? Hypotheses sur le nombre réel des étudiants en Allemagne à l’epoque moderne (1576–1815). In: Francia 7 (1979), S. 173–218. 9 Albrecht Friedrich Gustav Rautenberg: Von der Menge der Studirenden in Deutschland, zit. nach: Laetitia Boehm: Die deutschen Universitäten im Sozialgefüge des absolutistischen Fürstenstaates. Zwischen scholastischer Tradition, normativer Wissenschaftsorganisation, adeligen und bürgerlichen Bildungsansprüchen. In: Wilfried Barner (Hg.): Tradition, Norm, Innovation. Soziales und literarisches Traditionsverhalten in der Frühzeit der deutschen Aufklärung. München 1989, S. 262. 10 Vgl. Sven Externbrink: Humanismus, Gelehrtenrepublik und Diplomatie. Überlegungen zu ihren Beziehungen in der Frühen Neuzeit. In: Hillard von Thiessen u. Christian Windler (Hg.): Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel. Köln, Weimar u. Wien 2010, S. 133–149. 11 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 729. 12 Vgl. Martin Sabrow: Herr und Hanswurst. Das tragische Schicksal des Hofgelehrten Jacob Paul von Gundling. Stuttgart u. München 2001.
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Späthumanisten gegen klassische Humanisten polemisiert. Da auch andere Gruppen, namentlich der Adel, ihre eigene Verhaltenskultur immer aufs Neue hinterfragten, weiterentwickelten und verbreiteten, sollten die Polemiken der Zeitgenossen nicht unhinterfragt bleiben.13 Vielmehr ist von einer jahrhundertelangen Statuskonkurrenz zwischen Adel und Gelehrtenstand auszugehen, die nicht nur von Opposition, sondern auch von wechselseitiger Annäherung und Lernbereitschaft, ja teilweise von Osmose14 geprägt war. Chiffre gelehrter Nutzlosigkeit war in diesen Diskussionen häufig das Latein als Sprache der Gelehrten, ursprünglich von diesen gebraucht, um sich vom ungelehrten Volk hör- und lesbar abzugrenzen. Dieser feine Unterschied allerdings zog nicht nur nach unten eine Grenze, sondern blockierte auch zusehends Wege in die Zentren der Macht. Dem in Verhaltensfragen bei Hofe Rat suchenden Leser empfahl Julius Bernhard von Rohr: So „prahl er ja nicht mit der Lateinischen Sprache. Diese gilt wahrhafftig in den Antichambren und bey den Tafeln vieler Fürstlichen Höfe in Teutschland heutiges Tages blutwenig“.15 Die Misere blieb nicht unbemerkt. Seit Ende des 17. Jahrhunderts begannen einzelne Gelehrte, über die Ursachen dieses Abstiegs nachzudenken und auf Gegenmittel zu sinnen.16 Eben in der Sprachfrage setzten sie ein. Heute noch bekannt sind Leibniz’ Unvorgreiffliche Gedanken,17 die die Pflege der deutschen Sprache zum patriotischen Ziel ausriefen und zum Gegenstand einer eigenen Sozietät erklären wollten. Dass diese „für eine gewisse Art der Gelehrten und Liebhaber allein gehöret“,18 siedelte sie vor allem, aber nicht nur, in gelehrten
|| 13 Vgl. Andreas Herz: Der edle Palmenbaum und die kritische Mühle. Die Fruchtbringende Gesellschaft als Netzwerk höfisch adeliger Wissenskultur der Frühen Neuzeit. In: Gabriele Ball u.a. (Hg.): Fruchtbringende Gesellschaft (1617–1680). Hundert Jahre nach der Reformation. Wiesbaden 2017, S. 100. 14 Vgl. Jacob Schilling: Vom Adel des Professors. Nobilitierungen an mitteldeutschen Universitäten im 18. Jahrhundert. In: Paul Beckus u. Thomas Grunewald (Hg.): Niederadel im mitteldeutschen Raum (um 1700–1806). Halle a.d.S. 2019, S. 47–70. 15 Julius Bernhard von Rohr: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft der Privat-Personen. Berlin 1728, S. 219. 16 Vgl. Hans Bots: Die respublica litteraria. Wunschbild der europäischen Gelehrtenwelt. In: Jean-Pierre Schobinger (Hg.): Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 1: Allgemeine Themen. Iberische Halbinsel. Italien. Basel 1998, S. 44f. 17 Vgl. einführend zu dieser Schrift Ines Böger: „Ein seculum … da man zu Sozietäten Lust hat“. Darstellung und Analyse der leibnizischen Sozietätspläne vor dem Hintergrund der europäischen Akademiebewegung im 17. und frühen 18. Jahrhundert. München 1997, S. 160–180. 18 Gottfried Wilhelm Leibniz: Unvorgreifflichen Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache. In: Illustris viri Godofr. Guilelmi Leibnitii Collectanea Etymologica, illustrationi linguarum, veteris celticae, germanicae, gallicae, aliarumque inser-
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Milieus an. Referenzpunkt waren weniger die (von ihm wenig geschätzten) Universitäten; nach Leibniz’ Vorstellungen sollte die Gründung „einer gewissen Versammlung oder Vereinigung aus Anregung eines hocherleuchteten vornehmen Haupts“ erfolgen.19 Der Text selbst freilich kursierte nur handschriftlich in gelehrten Korrespondenznetzwerken.20 Gelehrtenkritik und Sprachreflexion jedenfalls standen auf der Agenda, und als deren mit Abstand bekanntester Exponent darf Christian Thomasius gelten. Ihm schwebte ein gelehrter Habitus vor, der sich am Ideal des galanten Hofmanns orientierte. Verhaltensnorm für den Gelehrten sollte die Galanterie, die „Ethik der höfischen Gesellschaft“,21 sein, mit deren Hilfe er hoffte, als Gelehrter wieder zu den Eliten aufschließen zu können. Als mögliche Antwort auf den eingetretenen und drohenden Bedeutungsverlust formulierte und praktizierte Thomasius ein neues, dem Gemeinwesen zugewandtes Selbstverständnis von Gelehrsamkeit: „Ich halte den für einen gelehrten Mann / der etliche wenige Wahrheiten gewiß weiß / die er zum gemeinen Nutzen anwenden […] kan […].“22 Dem Dialog mit Ungelehrten dachte er in diesem Konzept eine wichtige Rolle zu. Er räumte ein, dass der Unterschied der Stände denen meisten so viel zu thun giebt / daß sie die Zeit / so zu Erlangung der Gelahrtheit erfordert wird / dem gemeinen Wesen zum besten zu was andern anwenden müssen. […] Jedoch sollen sich auch diese bemühen / daß ihre Ungelahrtheit für keine grobe Unwissenheit gehalten werden könne / und solcher Gestalt durch tägliche Erfahrung und Rathfragung der Gelehrten / so viel erkennen / daß sie ihres Orts nach ihrem Stande soviel möglich / die gemeine und ihre eigene Glückseeligkeit befördern können […].23
Die nunmehr am Gemeinwohl orientierten litterati glichen einerseits im Streben nach dem bonum commune ihren Zeitgenossen, sollten von diesen aber auch zu
|| vientia, cum praefatione Jo. Georgii Eccardi. Hannover 1717, S. 275. Vgl. auch ebd., S. 291, § 65, wonach diese Aufgaben „gewissen gelehrten Leuten aufzutragen“ wären, sowie S. 296, § 76, wonach die Pflege des erweiterten Wortschatzes „durch grundgelehrter Kenner Urtheil, Ansehen und Beyspiel“ geschehen solle. 19 Ebd., S. 272. 20 Vgl. Böger: „Ein seculum...“, S. 169. 21 Vgl. zu dieser Problematik Jörn Steigerwald: Galanterie. Die Fabrikation einer natürlichen Ethik der höfischen Gesellschaft (1650–1710). Heidelberg 2011, S. 224–246; eine Kurzfassung bei dems.: Galanterie als Kristallisations- und Kreuzungspunkt um 1700: eine Problemskizze. In: Daniel Fulda (Hg.): Galanterie und Frühaufklärung. Halle a.d.S. 2009, S. 51–79. 22 Christian Thomasius: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle a.d.S. 1691, S. 78. Vgl. zu Thomasius’ Konzept von Gelehrsamkeit Grunert: Pragmatisierung der Gelehrsamkeit. 23 Thomasius: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre, S. 79.
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Rate gezogen werden. Gelehrte also sollten sich zu einem gefragten Stand im doppelten Sinne des Wortes ausbilden und auf den Bühnen der höfischen Gesellschaft eine gute Figur machen.24 Gefragt zu werden, setzt voraus, die Sprache des Fragenden zu sprechen;25 um als Gelehrter für nützlichere Studien keine Zeit mit dem Erlernen von Latein zu verschwenden26 und solche Ergebnisse in die Breite zu streuen, kündigte Thomasius 1687 eine Lehrveranstaltung in deutscher Sprache an und ging so als Gründervater wissenschaftlicher Deutschsprachigkeit nicht nur in die Sprachgeschichte ein.27 Spätere Deutungen antizipierend, behauptete er, da er „aus gründlichen Ursachen nach der gemeinen Art und Weise meine Collegia nicht einrichten wollen, in grossen Haß und Feindschafft gefallen“ zu sein.28 Es ist schwer einzuschätzen, ob der Widerspruch seiner Kollegen wirklich so vehement war.29 Auf keinen Fall begründete er eine Tradition gänzlich neu; vereinzelte Vorlesungen in deutscher Sprache sind schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts nachweisbar,30 in der Kommunikation mit der landesherrlichen Verwaltung und dem städtischen Umfeld hat man auch an den Universitäten ohnehin meist Deutsch gebraucht.31
|| 24 Vgl. Fulda: Von der Polyhistorie zur modernen Wissenschaft; Kasper Risbjerg Eskildsen: How Germany Left the Republic of Letters. In: Journal of the History of Ideas 65 (2004), S. 421–432. 25 Jürgen Habermas hat in diesem Zusammenhang die Muttersprache als „Medium der Verständigung zwischen den Menschen als Menschen“ tituliert. – Ders.: Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 95. 26 Vgl. Steffen Martus: Gründlichkeit. J. C. Gottscheds Reform von Zeit und Wissen. In: Scientia poetica 6 (2002), S. 32. 27 Winfried Müller hat den Vortrag als „Thesenanschlag der deutschen Aufklärung“ bezeichnet. – Ders.: Aufklärung, S. 8. 28 Christian Thomasius an das Oberkonsistorium Dresden, den 25. Januar 1688. In: Christian Thomasius: Briefwechsel. Hg. v. Frank Grunert, Matthias Hambrock u. Martin Kühnel. Berlin u. New York 2017, S. 49. 29 Da sich die Literatur ausschließlich auf Thomasius’ eigene Äußerungen, nicht aber auf die universitäre Überlieferung stützt, bezweifelt dies Detlef Döring: Christian Thomasius und die Universität Leipzig am Ende des 17. Jahrhunderts. In: Heiner Lück (Hg.): Christian Thomasius (1655–1728). Gelehrter Bürger in Leipzig und Halle. Stuttgart u. Leipzig 2008, S. 72–74. Rolf Lieberwirth: Christian Thomasius’ Leipziger Streitigkeiten. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 3 (1953/54), S. 155–159, referiert ebenso lediglich Thomasius’ eigene Sichtweise, zeigt sich bei der Darstellung seiner angeblichen Flucht aus Leipzig aus den gleichen Gründen aber skeptisch gegen Thomasius. 30 Vgl. zu dieser Problematik ausführlich Richard Hodermann: Universitätsvorlesungen in deutscher Sprache um die Wende des 17. Jahrhunderts. Friedrichroda 1891. 31 Vgl. Jürgen Schiewe: Sprachenwechsel – Funktionswandel – Austausch der Denkstile. Die Universität Freiburg zwischen Latein und Deutsch. Tübingen 1996, S. 278.
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Die Betitelung seines deutschsprachigen Vortrags jedenfalls mutete paradox an: „Christian Thomas eröffnet Der Studirenden Jugend zu Leipzig in einem Discours Welcher Gestalt man denen Frantzosen in gemeinem Leben und Wandel nachahmen solle? ein Collegium über des Gratians Grund-Reguln/ Vernünfftig/ klug und artig zu leben.“32 Damit drängten sich zahlreiche Gesichtspunkte in einem Vorlesungstitel und schlugen den Generalbass einer noch nicht gegründeten Sozietätsbewegung an. Die Etablierung der deutschen Sprache als eine Unterrichts- und Publikationssprache an Universitäten war eben nicht als Selbstzweck gedacht. Weit darüberhinausgehend, war sie Teil eines Konzepts, in dem sprachliche, patriotische, pädagogische und ständische Zielsetzungen zusammenfanden. Seine Gedanken hatte Thomasius „Der Studirenden Jugend zu Leipzig“ eröffnet und so für seine Vaterstadt den Kreis gezogen, an den seine Vorlesungen überall in erster Linie adressiert waren. In ihm befanden sich diejenigen Akademiker, die nach Abschluss ihrer Studien „in gemeinem Leben und Wandel“ bestehen sollten. Dieser Kreis sollte, wie noch auszuführen sein wird,33 von den Deutschen Gesellschaften enger- oder weitergezogen werden – Ausgangspunkt, Träger und Adressat dieser Gedanken waren und blieben stets Gelehrte, die Orte und Veranstaltungsformate der Gelehrsamkeit vorfanden, nutzten, weiterentwickelten und neu gründeten. Es gehört zu den Paradoxien der Deutschen Gesellschaften und der Nationalbewegung überhaupt, dass die Rückbesinnung auf deutsche Sprache und Kultur ihre Anstöße aus dem Kulturkreis erhielt, von dem man sich eben emanzipieren wollte, nämlich aus dem Frankreich des siècle de Louis XIV. Für diese Haltung ist jüngst der Begriff des Gallotropismus geprägt worden, der die Einheit und Ambivalenz deutscher Frankreichrezeption bewusst in einem Wort konzentrieren und nicht in das Begriffspaar Gallophilie und Gallophobie zerlegen soll.34 Für die Verfechter einer erneuerten Gelehrsamkeit kulminierte der Gallotropismus in der französischen Sprache, die in zahlreichen Sparten und den tonangebenden Schichten dominierte.35 Mit der Gründung der Académie
|| 32 [Leipzig] [1690]. 33 Vgl. Kap. 3.3 Mitgliederschaft. 34 Vgl. dazu die Einführung von Wolfgang Adam u. Jean Mondot: Der Gallotropismus. Nutzen und Tragweite des Begriffs. In: Wolfgang Adam, Ruth Florack u. Jean Mondot (Hg.): Gallotropismus – Bestandteile eines Zivilisationsmodells und die Formen der Artikulation/Gallotropisme – Les composantes d’un modèle civilisationel et les formes de ses manifestations. Heidelberg 2016, S. 1–35. 35 Vgl. Walter Kuhfuß: Eine Kulturgeschichte des Französischunterrichts in der Frühen Neuzeit. Französischlernen am Fürstenhof, auf dem Marktplatz und in der Schule in Deutschland. Göttingen 2014, S. 284.
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française hatte der französische Staat zudem eine durchsetzungskräftige Einrichtung zur Normierung und Pflege einer einheitlichen französischen Sprache geschaffen, deren Vorbild man auch im Heiligen Römischen Reich aufgriff. In Brandenburg-Preußen stellte König Friedrich I. der Berliner Akademie die Aufgabe, „dass man […] auf die Cultur der Teutschen Sprache bey dieser Fundation gedencken möchte, gleichwie in Frankreich eine eigene Academie hiezu gestifftet“.36 Der von Frankreich unverhohlen vorgetragene kulturelle Überlegenheitsanspruch rief aber auch und mitunter gerade bei dessen deutschen Bewunderern Abwehrreaktionen hervor.37 Gut in Erinnerung waren die Reichskriege gegen Louis XIV und die willkürlichen Zerstörungen seiner Truppen. Bereits im Görlitzischen Collegium Poeticum sind Bemühungen zu erkennen, das Deutsche gegen die Dominanz des Französischen in Schutz zu nehmen.38 Einig waren sich Bewunderer und Gegner Frankreichs, dass es galt, das Deutsche und mit ihm die deutsche Nation aufzuwerten und damit „Deutschlands Ehre auch in Ausübung und Verherrlichung seiner Sprache zu suchen“.39 Hier setzten die Gelehrten die aus dem Humanismus rührende Tradition fort, die Verdienste der eigenen Nation zu würdigen und gegenüber dem Ausland herauszustellen.40 Die gelehrten Vorkämpfer beseelte indes nicht allein die selbstlose Aufopferung für die Sache des Vaterlandes. Ein politisch geeintes Deutschland blieb ohnehin außerhalb der Grenzen des auch nur denkbaren.41
|| 36 Zit. nach: Gunhild Ginschel: Schwerpunkte der Entwicklung der Sprachwissenschaft an der Akademie. In: Joachim Schildt (Hg.): Erbe Vermächtnis und Verpflichtung. Zur sprachwiss. Forschung in der Geschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR. Berlin 1977, S. 13. 37 Vgl. Erich Haase: Zur Frage, ob ein Deutscher ein bel esprit sein kann. In: GermanischRomanische Monatsschrift N.F. 9 (1959), S. 360–375. 38 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 86. 39 Johann Friedrich May an Georg Ernst von Heynitz, den 12. November 1732, LASA, H 60 Gutsarchiv Dröschkau, Nr. 643. 40 Vgl. Caspar Hirschi: Das humanistische Nationskonstrukt vor dem Hintergrund modernistischer Nationalismustheorien. In: Historisches Jahrbuch 122 (2002), S. 355–396. 41 Vgl. Helga Schultz: Mythos und Aufklärung. Frühformen des Nationalismus in Deutschland. In: Historische Zeitschrift 263 (1996), S. 37: „Aber ging nicht gerade vom gelehrten Deutschland ein Aufschwung des Nationalgefühls aus, eine regelrechte Deutsche Bewegung? […] Unzweifelhaft war die Formierung der nationalen Gelehrtenrepubliken, der nationalen Literaturen und Buchmärkte und der nationalen bürgerlichen Nationen und Nationalstaaten. Die volkssprachliche Differenzierung der ursprünglich lateinischen europäischen Kultur war Bedingung für die Literarisierung der städtischen und ländlichen Mittelschichten und damit für die große bürgerliche Modernisierung. Doch es hieße die Entwicklung vom Ergebnis her beurteilen, wenn man diese Prozesse protonational interpretierte, sie als Formierung einer Kulturnation deutete. Denn die Bewohner der Gelehrtenrepublik dachten keineswegs daran,
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Für sie wie für alle nationalen Bewegungen galt und gilt: „Wer sich um die Nation verdient macht, veredelt nicht nur diese, sondern adelt auch sich selbst.“42 So sehr die humanistischen Gelehrten die Deutschen gerühmt hatten, das Deutsche als Verständigungsmittel unter ihresgleichen stand nicht hoch im Kurs. Eine erste Korrektur in den protestantischen Regionen brachte Luthers Bibelübersetzung, nach und nach erschienen Wörterbücher und Grammatiken. Eine literarische Aufwertung erfuhr das Deutsche durch die Programmschriften und poetische Praxis von Martin Opitz. Die enge Verbindung von Gelehrsamkeit und Literatur, die dieser aufgriff und ausbaute, machte das Deutsche in Gelehrtenkreisen hoffähiger. In anwendungsbezogenen Wissenschaften wie dem Bergbau fand die Muttersprache ohnehin schon länger Anwendung.43 Mit dem langsamen Eindringen des Deutschen in den gelehrten Raum stellte sich freilich die Frage, welches Deutsch denn als das maßgebliche zu gelten habe; der Versuch, die Nation unter der Flagge ihrer Sprache zu versammeln, konfrontierte seine Vorkämpfer mit einem ganzen Wald von Flaggen, der mehr als Irrgarten und Minenfeld denn als Ort der Sammlung zu taugen schien. Gelehrte waren stets Teil dieses Problems, schienen gerade deswegen aber durch ihr eigenes Schreiben und Sprechen zumindest sensibilisiert, aus Sicht mancher geradezu auserkoren unter den Ständen.44 Friedrich Wilhelm Ellenberger stilisierte die Muttersprachlichkeit später zum Prüfstein wahrer Gelehrsamkeit: „es komt mir vor, als ob seine Muttersprache unrichtig, und eben dadurch ungelehrt zu reden und zu schreiben, eine nicht geringe Beschimpfung des Namens eines Gelehrten sey.“45 Der häufige überregionale Austausch der Gelehrtenrepublik, so sahen sie
|| diese mit den Grenzen eines politischen Gemeinwesens zur Deckung zu bringen, wie es das moderne Verständnis der Nation erfordert.“ 42 Hirschi: Das humanistische Nationskonstrukt, S. 392. 43 Vgl. dazu Wolf Peter Klein: Die deutsche Sprache in der Gelehrsamkeit der frühen Neuzeit. Von der lingua barbarica zur HaubtSprache. In: Herbert Jaumann (Hg.): Diskurse der Gelehrtenkultur in der Frühen Neuzeit. Ein Handbuch. Berlin u. New York 2011, S. 465–516; Wolfgang Walter Menzel: Vernakuläre Wissenschaft. Christian Wolffs Bedeutung für die Herausbildung und Durchsetzung des Deutschen als Wissenschaftssprache. Tübingen 1996, S. 2. 44 So fragte rhetorisch Johann Ludwig Anton Rust: „Wenn die Gelehrten selbst sich solcher sprachkünstlichen Sünden theilhaftig machen, was soll man von dem Ungelehrten, dem Mittelmanne, dem gemeinen Manne sagen?“ – Johann Ludwig Anton Rust: Historisch-literarische Nachrichten von den jetzt lebenden Anhaltischen Schriftstellern. Bd. 1. Wittenberg u. Zerbst 1776, S. 40. 45 Friedrich Wilhelm Ellenberger: Eine nach unsern Zeiten eingerichtete Natürliche Gottesgelahrtheit: empfohlen nebst Nachrichten von einer auf hiesiger Friedrichs-Universität errichteten deutschen Geselschaft schöner Wissenschaften. Halle a.d.S. 1759, S. 73.
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es, hatte eine über den Dialekten stehende Ausgleichssprache hervorgebracht, die als eine Art Hochsprache Verbindlichkeit beanspruchen könne.46 Sprach- und Literaturpflege jedoch waren, wie schon angedeutet, kein Selbstzweck, sondern Vehikel, mit dem der Gelehrtenstand seine Krise meistern sollte. In der Aufklärung war der Zusammenhang zwischen Sprache und Denken Voraussetzung und Gegenstand zahlreicher Untersuchungen; die Sprache einer Person galt geradezu „als Indikator seiner moralischen Integrität“.47 Wie stark die Deutschen Gesellschaften in ihren Praktiken als „Gesittungs- und Disziplinierungsbewegung“48 zu verstehen sind, sollen die Folgekapitel erweisen. Aus Sicht eines um seine gesellschaftliche Stellung bangenden Gelehrtenstandes war es höchst angeraten, die Nähe von Hof und Staat zu suchen. Sich der deutschen Sprache zuzuwenden, bedeutete, sich in den Staat als ‚brauchbare‘ Untertanen zu integrieren und zugleich, einige Schritte weg vom Status als autonome Korporation zu tun.49 Statusgewinn und -verlust winkten und drohten auf diesem Weg gleichermaßen; die sich in der Praxis ergebenden Ambivalenzen werden Gegenstand eines eigenen Kapitels sein.50 Der gelehrte Blick richtete sich dabei keineswegs nur nach oben, sondern auch auf die sich allmählich erweiternde Leserschaft außerhalb des Gelehrten-
|| 46 Jahre nach Gründung der Deutschen Gesellschaft formulierte Gottsched diesen Anspruch so: „Doch ist noch zu merken, daß man auch eine gewisse eklektische, oder ausgesuchte und auserlesene Art zu reden, die in keiner Provinz völlig im Schwange geht, die Mundart der Gelehrten, oder auch wohl der Höfe zu nennen pflegt. Diese hat jederzeit den rechten Kern einer Sprache ausgemachet.“ – Johann Christoph Gottsched: Vollständigere und neuerläuterte deutsche Sprachkunst. 5. Aufl. Leipzig 1762, S. 2. 47 Anja Stukenbrock: Sprachnationalismus. Sprachreflexion als Medium kollektiver Identitätsstiftung in Deutschland (1617–1945). Berlin u. New York 2005, S. 212. 48 So konstatiert es für die studentischen Orden Wolfgang Hardtwig: Studentenschaft und Aufklärung: Landsmannschaft und Studentenorden in Deutschland im 18. Jahrhundert. In: Étienne François (Hg.): Sociabilité et société bourgeoise en France, en Allemagne et en Suisse, 1750–1850. Paris 1986, S. 252. Vgl. auch ders.: Auf dem Weg zum Bildungsbürgertum. Die Lebensführungsart der jugendlichen Bildungsschicht 1750–1819. In: Mario Rainer Lepsius (Hg.): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert. Teil III: Lebensführung und ständische Vergesellschaftung. Stuttgart 1992, S. 19–41. Zum Wandel studentischer Mentalitäten seit 1740 vgl. Horst Steinhilber: Von der Tugend zur Freiheit. Studentische Mentalitäten an deutschen Universitäten 1740–1800. Hildesheim 1995; Marian Füssel: Studentenkultur als Ort hegemonialer Männlichkeit? Überlegungen zum Wandel akademischer Habitusformen vom Ancien Régime zur Moderne. In: Martin Dinges (Hg.): Männer – Macht – Körper. Hegemoniale Männlichkeiten vom Mittelalter bis heute. Frankfurt a.M. 2005, S. 85–100. 49 Vgl. Schiewe: Sprachenwechsel – Funktionswandel – Austausch der Denkstile, S. 278. 50 Vgl. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied.
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standes.51 Für diese war „der Codewechsel vom Lateinischen zur Volkssprache notwendig“.52 Keinesfalls hingegen war mit der Hinwendung zur deutschen Sprache und Literatur eine ‚Solidarisierung‘ mit den nichtgelehrten Schichten verbunden. Es war vielmehr eine Herablassung zu den Ungelehrten, die die Dignität des Gelehrtenstandes nur umso stärker betonen sollte. Wie Heinrich Bosse zu Luthers Verdeutschungen treffend formuliert: „Man kann aber die Grenze nicht aufheben; denn es ist die Universitätsbildung selber, die einen qualifiziert, sie zu übertreten. Wie der Hof einen Mond, so umgibt die diffuse Fülle der illiterati, die sich im Dunkel verliert, jene klar abgegrenzte Lichtquelle der litteratura, die der Wahrheit zugewandt ist.“53 Auch der von Gottsched so verehrte Opitz „schottet sich bei seiner Reform ‚von der dicken schar des armen volckes‘ ab, das ‚an der erden klebt‘“,54 und sein Anhänger sah den Wert seiner Regelwerke nicht zuletzt darin, „etwas richtiger, als der Pöbel, zu reden und zu schreiben“.55 ‚Volkstümlichkeit‘ also war allenfalls selektiv zu verstehen. Noch 1760 grenzte Joseph von Sonnenfels die Wiener Sozietätsgründung vom auch moralisch minderwertigen ‚Pöbel‘ ab: Ich rede hier nicht vom Pöbel, der gegen die Reizungen der Ehre fühllos ist. Von denen rede ich, welche über ihren Umgang, ihre Sitten, über alle Geschäfte, durch den Anstand, mit dem sie solche verrichten, einen gewissen Geschmack, etwas reizendes Herrschen lassen wollen, wodurch sie sich vom Pöbel zu unterscheiden suchen.56
Solche Vordenker der ‚Volkssprachlichkeit‘ sollten später viele tatsächlich volkstümliche Formen wie das Stegreiftheater bekämpfen.
|| 51 Kästner schrieb an Klein, als dieser ihm die Gründung der Deutschen Gesellschaft in Mannheim mitteilte, es „sollten sich solche Gesellschaften nicht lediglich auf Zierlichkeit der Sprache, Dichtung und Beredsamkeit einschränken, sondern […] die Absicht sey, nicht neue Erfindungen zu machen, aber das Bekannte durch faßlichen und angenehmen Vortrag allgemeiner zu machen und so nützliche Kenntnisse auszubreiten. Diesen Plan hat wenigsten die hiesige deutsche Gesellschaft immer gehabt, […].“ – Abraham Gotthelf Kästner an Anton von Klein, den 19. April 1776. In: Abraham Gotthelf Kästner: Briefe aus sechs Jahrzehnten 1745– 1800. Berlin 1912, S. 108. 52 Bosse: Die gelehrte Republik, S. 62. 53 Ebd., S. 53. 54 Rudolf Drux: Die Dichtungsreform des Martin Opitz zwischen nationalem Anspruch und territorialer Ausrichtung. In: Helmut Scheuer (Hg.): Die Dichter und ihre Nation. Frankfurt a.M. 1993, S. 56. 55 Gottsched: Sprachkunst, Nachricht von der zweyten Auflage, o.S. 56 Joseph von Sonnenfels: Ankündigung einer deutschen Gesellschaft in Wien. In der ersten feyerlichen Versammlung den 2. Jäner 1761 abgelesen. Wien 1761, S. 19.
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Gelehrsamkeit also sollte im Medium der Volkssprache politischgesellschaftlich nützlicher gemacht und in ihrem Rang aufgewertet werden. Hier ist es Zeit, zum eingangs behandelten Christian Thomasius zurückzukehren. Mit seiner Rede hatte er 1687 Strömungen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Provenienz zusammengeführt und auf einen Punkt gebracht, der als Endpunkt einer Vernachlässigung des Deutschen als Wissenschaftssprache ebenso gut dienen konnte wie als Ausgangspunkt einer neuen Bewegung im Gelehrtenstand.57 Thomasius indes hatte keine Deutsche Gesellschaft begründet, ja eine solche oder ähnliche noch nicht einmal explizit angeregt. Dies blieb einem anderen vorbehalten, der seine Gedanken aufgriff, ihnen eine andere Richtung gab und in die Tat umsetzte. 1724 trat der vor preußischen Werbern geflohene Johann Christoph Gottsched in die Leipziger Teutschübende Poetische Gesellschaft ein. Rasch nutzte er sein schriftstellerisches und organisatorisches Talent dazu, sie in eine „Deutsche Gesellschaft“ umzuwandeln. Schon bald nach seiner Ankunft in Leipzig gab er mit den Vernünfftigen Tadlerinnen eine Wochenschrift heraus, in der er gegen den ebenso populären wie abgedroschenen Begriff der Galanterie zu Felde zog.58 Das ‚galante‘ Auftreten wies er just auf dem politischen Feld in seine Schranken: Jocoso kunte wohl tantzen und reiten. […] Er sprach fertig frantzösisch / und hielte sich schöne in Kleidungen. Er meldete sich bey erwehnten Staats=Manne an einem vornehmen Teutschen Hofe. Dieser vernahm sein Begehren / und stellte ihn auf die Probe. Dieselbe war dreyfach. Er sollte erstlich von vorgegebenen Materien einen teutschen / frantzösischen und lateinischen Brief schreiben. So dann ein gewißes Stück aus der Reichs=Historie erzehlen / und letztlich eine verworrene Rechnung in Ordnung bringen. Hier brach dem Herrn Jocoso der Angst=Schweiß aus.
Schon den zeitgenössischen Leser sollte das Prüfungsergebnis nicht überrascht haben. „Mein Herr / sagte der Minister / ich weiß sie zu nichts zu gebrauchen. Sie müssen anderwerts / und nicht bey Hofe ihr Glück suchen.“59 Der galante Weg war demnach versperrt, die in der Prüfung aufgezeigten Alternativen wa-
|| 57 Seine Wirkung in Leipziger philosophischen Dissertationen dokumentiert unter verschiedenen Aspekten Hanspeter Marti: Das Bild des Gelehrten in Leipziger philosophischen Dissertationen der Übergangszeit vom 17. zum 18. Jahrhundert. In: Ders. u. Detlef Döring (Hg.): Die Universität Leipzig und ihr gelehrtes Umfeld 1680–1780. Basel 2004, S. 55–109. 58 Vgl. Ruth Florack: ‚Galant‘ um 1700 – eine Mode à la française? In: Dies., Adam u. Mondot (Hg.): Gallotropismus – Bestandteile eines Zivilisationsmodells, S. 121f. 59 [Johann Christoph Gottsched]: Unbetitelter Art. In: Die Vernünfftigen Tadlerinnen. Stück X vom 7. März 1725, S. 80.
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ren freilich für Gelehrte ohnehin attraktiver, mussten sie doch nicht einen gänzlich fremden Habitus nachahmen, sondern konnten einen mit Sprach-, Geschichts- und Rechenkenntnis weit vertrauteren Weg einschlagen. Den Degen, mit dem Thomasius in seinen Vorlesungen erschienen war, hatte Gottsched so gegen den Schreibkiel eingetauscht. Es waren allerdings eher die Mittel, bei deren Wahl Gottsched eine abrupte Kehrtwendung vollzog; das Ziel, eine Geltendmachung der Gelehrten und der Gelehrsamkeit in der Gesellschaft des Ancien Régime, blieb. Gleich blieb auch das Bestreben, die deutsche Nation gegenüber dem ebenso vorbildgebenden wie ungeliebten Frankreich aufzuwerten.60 Um dies zu erreichen, schlug Gottsched einen neuen Weg ein, der vielleicht weniger ‚galant‘ wirkte, dem Gelehrtenstand aber auf jeden Fall gemäßer war. Konnte schon Thomasius nicht als originärer und alleiniger Schöpfer seiner in der Leipziger Vorlesung geäußerten Ideen gelten, traf dies für Gottsched noch weniger zu. Sein Gewährsmann nicht nur in sprachpflegerischen Fragen war der deutsche Philosoph und Universalgelehrte Christian Wolff. Mit seinen nach und nach erscheinenden Vernünftigen Gedanken schrieb er sich in die Geschichte zahlreicher naturwissenschaftlicher, juristischer, ethischer und ästhetischer Diskussionen ein. Gottsched pries ihn: In der That aber hat der hochsel. Freyherr dadurch kein geringes Verdienst um unsere Muttersprache erlanget: daß er alle Gelehrten in den Stand gesetzet, itzo von allen freyen Künsten und Wissenschaften ein reines Deutsch zu reden, und von den abstractesten und schwersten Sachen deutlich und verständlich zu schreiben. Wäre das vor seiner Zeit wohl möglich gewesen? Auch mir, der ich in die schönen Wissenschaften ein reines Deutsch einzuführen gesuchet, hat seine Metaphysik zum Muster gedienet, ja mich dazu geschickt gemachet.61
Heute noch gewürdigt werden Wolffs Verdienste um die Ausbildung einer begrifflich geschärften und weithin verständlichen deutschen Wissenschaftssprache.62 Auch nach seinem erzwungenen Weggang aus Halle verbuchten Wolff und sein philosophisches System immer mehr Anhänger in der höfischen und gelehrten Öffentlichkeit. Gottsched legte mit den „Ersten Gründen der gesamm-
|| 60 Vgl. dazu ausführlich Rüdiger Otto: Leibniz, Gottsched und die deutsche Kulturnation. Hannover 2012; Günter Gawlick: Johann Christoph Gottsched als Vermittler der französischen Aufklärung. In: Wolfgang Martens (Hg.): Leipzig. Aufklärung und Bürgerlichkeit. Heidelberg 1990, S. 179–204. 61 [Johann Christoph Gottsched]: Historische Lobschrift des weiland hoch= und wohlgebohrnen Herrn Christians, des H. R. R. Freyherrn von Wolf. Halle a.d.S. 1755, S. 48. 62 Vgl. dazu Menzel: Vernakuläre Wissenschaft. Tübingen 1996.
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ten Weltweisheit“ eines der wichtigsten Werke zur Popularisierung der Wolff’schen Philosophie vor.63 Dass Gottsched dabei eigene ‚Anpassungen‘ vornahm, ist Teil der Geschichte des Wolffianismus, der mit der ‚eigentlichen‘ Philosophie Wolffs keineswegs deckungsgleich ist.64 Die Wolff-Rezeption Gottscheds soll im Folgenden einerseits auf die für die Deutschen Gesellschaften als grundlegend anzusehenden Teile seines Denkens verengt betrachtet werden. Dem zum Trotz oder eben damit erweist sich die Konzeption Gottscheds und seiner Anhänger als eine, die wie schon bei Thomasius mehrere Ebenen von der Sprachpflege über den Patriotismus bis zu einer durch Habitusänderung erneuerten Gelehrsamkeit zusammendachte.65 Sprachkunst, Redekunst und Dichtkunst rechnete Gottsched zu den freien Künsten, die ihrerseits Segment der Gelehrsamkeit66 und somit den Regeln der Wolff’schen Philosophie unterworfen waren.67 Die Gebote der strengen Regelmäßigkeit und Gründlichkeit,68 die die neue Lehre Wolffs verfocht,69 wollte sein Popularisator auch in den freien Künsten und in deren Studium verwirklicht
|| 63 Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, darinn alle philosophische Wissenschaften, in ihrer natürlichen Verknüpfung, in zweyen Theilen abgehandelt werden. 4. Aufl. Leipzig 1743. Vgl. zu Gottscheds Ersten Gründen Sandra Pott: Reformierte Morallehren und deutsche Literatur von Jean Barbeyrac bis Christoph Martin Wieland. Tübingen 2002, S. 110–114; Joachim Birke: Gottscheds Neuorientierung der deutschen Poetik an der Philosophie Wolffs. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 85 (1966), S. 560–573. 64 Wie stark Wolffs Philosophie als Arsenal für durchaus unterschiedliche Positionen genutzt wurde, zeigt Annabel Falkenhagen: Philosophischer Eklektizismus. Wolff und die Literaturtheorie der Frühaufklärung. In: Jürgen Stolzenberg u. Oliver-Pierre Rudolph (Hg.): Christian Wolff und die europäische Aufklärung. Akten des 1. Internationalen Christian-WolffKongresses, Halle a.d.S., 4.–8. April 2004. Hildesheim, Zürich u. New York 2008, S. 341–359. 65 Ähnlich schätzt Andres Straßberger die Verflochtenheit von Sprache und Philosophie bei Gottsched ein mit der Feststellung, dass „bei Gottsched Denk- und Sprachreform eine unlösbare Einheit bildeten“ – Ders.: Johann Christoph Gottsched und die „philosophische“ Predigt. Studien zur aufklärerischen Transformation der protestantischen Homiletik im Spannungsfeld von Theologie, Philosophie, Rhetorik und Politik. Tübingen 2010, S. 287. 66 Vgl. Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, S. 82: „Durch die Gelehrsamkeit versteht man den Inbegriff aller Wissenschaften und freyen Künste“, sowie S. 82f.: „Es ist bekannt, daß heutiges Tages eigentlich die Sprachkunst, Dichtkunst und Redekunst, nebst der Historie und Critik zu den freyen Künsten gerechnet werden.“ 67 „Die Philosophie hält aber den Grund der Regeln in sich, darnach gelehrte Kunstwerke verfertiget werden müssen: Also hält die Philosophie den Grund der freyen Künste in sich.“ – Ebd., S. 81. 68 Vgl. Martus: Gründlichkeit, S. 28–58. 69 Steffen Martus hat auch und gerade in der Betonung des Regelhaften eine „Abstoßung von Tradition“ gesehen. – Ebd., S. 54.
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wissen.70 Die Wolff’schen Gebote genossen dabei absoluten Vorrang vor den sonst wichtigen Fragen des Effekts: „Gleichwohl ist die Fertigkeit im Reden, und ein starker Strom von Worten […] noch kein untrügliches Zeichen eines guten Lehrers. Wenn nämlich in den Sachen, die ein solcher vorbringet, keine Deutlichkeit, Ordnung und Gründlichkeit ist: so ist es eine bloße Windmacherey.“71 Sich nach feststehenden Regeln und mit Angabe von Gründen auszudrücken, war somit dringend geboten. Aus Sicht eines akademischen Dozenten war dies seit jeher lehr- und lernbar,72 so dass es nahelag, eine Schulung in dieser Ausdrucksweise als noch zu verortenden Teil der akademischen Lehre anzubieten. Dort und nur dort konnte eine erneuerte Rhetorik in Gottscheds Augen überhaupt gedeihen: „Wo nun keine Gelehrsamkeit blühet, da kann unmöglich die wahre Beredsamkeit im Schwange gehen!“73 Für angehende Gelehrte bedeutete dies nicht einfach ein weiteres Propädeutikum, sondern rührte an die im 18. Jahrhundert immer dringendere Sinnfrage gelehrter Tätigkeit. Wolff war es wichtig, mit der Gelehrsamkeit Nutzen zu stiften – für die Gelehrten aufgrund ihrer entsprechenden Kompetenzen gleichermaßen ein Privileg wie eine Pflicht.74 Doch er sah diesen Imperativ im gelehrten Handeln keineswegs als eingelöst an, sondern formulierte an anderer Stelle eine harsche Kritik an gelehrter Eigenbrötlerei und Zanksucht: „Denn ich habe es für einen schädlichen Wahn gehalten, als wenn man sie bloß darzu erlernen solte, damit man in Gesellschaften Materien zu discurriren, in dem Schulen Materien zu disputiren und in der verkehrten gelehrten Welt Materien zu Zanckereyen hätte.“75
|| 70 „Und derjenige wird gründlich studiren, der sich in Erlernung der Wissenschaften und freyen Künste, um die Gründe aller Wahrheiten bekümmert, die darinn vorkommen; nicht aber mit dem bloßen Auswendiglernen zufrieden ist.“ – Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, S. 83. 71 Ebd., S. 113. 72 Barner: Barockrhetorik, S. 238. 73 Johann Christoph Gottsched: Ausgewählte Werke. Bd. VII, 1: Ausführliche Redekunst I § 22. Hg. v. Philipp Marshall Mitchell. Bd. VII, 1. Berlin u. New York 1975, S. 75. Vgl. auch sein Insistieren auf diesem Punkt im II § 2, der Ausführlichen Redekunst: „Ich habe gesagt, ein Redner sey ein gelehrter Mann; und dadurch behaupte ich: daß kein Ungelehrter ein Redner seyn könne.“ – Ebd., S. 103. 74 „Auch müssen wir bedencken, daß die natürliche Verbindlichkeit, welche auf das ganze menschliche Geschlecht und nicht einen jeden insonderheit gehet, dergleichen die Vermehrung und Besserung der Wissenschafften und Künste ist, hauptsächlich diejenigen angehet, die es in ihrer Gewalt haben.“ – Christian Wolff: Vernünfftige Gedancken von der Menschen Thun und Lassen, zu Beförderung ihrer Glückseeligkeit. Frankfurt u. Leipzig 1736, S. 358. 75 Christian Wolff: Ausführliche Nachricht von seinen eigenen Schrifften die er in deutscher Sprache von den verschiedenen Theilen der Welt=Weißheit heraus gegeben. Frankfurt a.M. 1733, S. 180.
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Der Rhetorik als Inhalte vermittelnde Disziplin war schon vor Wolff, etwa bei Thomasius und Christian Weise, eine ständig wachsende Bedeutung zugekommen.76 Für viele ambitionierte Akademiker galt sie als ein „Hauptmittel des sozialen Aufstiegs“.77 Regeln der Rhetorik und auch der Poetik nach Gründen zu erlernen, diese in Wort und Schrift anzuwenden, die eigenen Erzeugnisse durch fremde Kritik zu verbessern und in der kritischen Auseinandersetzung den Regeln der Höflichkeit zu folgen – dies war im hergebrachten akademischen Lehrplan nur unzulänglich berücksichtigt. Hier setzte Gottsched mit dem Gedanken ein, die an vielen Orten und seit jeher bestehenden Formen akademischer Geselligkeit aufzugreifen und Gesellschaften zu gründen, die diesen Zielen konsequent nacheiferten.78 Christian Wolff selbst war diesen Schritt nicht gegangen. Die Gründung von Akademien hatte er sogar sehr skeptisch und als seinen Nützlichkeitsvorstellungen zuwiderlaufend betrachtet: „Man siehet bey dergleichen Societäten nicht auf den allgemeinen Nutzen des menschlichen Geschlechtes, sondern auf das, was parade macht unter den Gelehrten“.79 Einer Deutschen Gesellschaft trat er weder bei, noch scheint er je von ihnen Notiz genommen zu haben. Sein Anhänger Gottsched hingegen sah die Neugründung oder – im Leipziger Fall – Umgründung als sehr geeigneten Hebel an, solche Vorstellungen in die gelehrte Tat umzusetzen. Zunächst aber interessiert, ob und inwieweit dieses Konglomerat von Gedanken über Gottsched hinaus die Mitglieder oder auch nur die Hauptakteure überhaupt erreichte. Dass mehrere tausend Mitglieder eine ‚flächendeckende‘ Antwort nicht zulassen, versteht sich. Ebenso wenig sollte die Polemik der Gegner Wolffs ausschlaggebend sein.80 Begibt man sich hingegen auf die Ebene der
|| 76 Vgl. Barner: Barockrhetorik, S. 167. 77 Ebd., S. 226. 78 Gottsched verhielt sich hier wie auf dem Feld der Ethikpopularisierung. Dabei „geht es vor allem um die Übung einer Tüchtigkeit, die mit der Hilfe von „bequemen“ – d.h. angemessenen – „Vorschlägen“ erreicht wird.“ – Frank Grunert: Anleitung zur Moral – mit und ohne Wolff. Zur praktischen Philosophie von Johann Christoph Gottsched. In: Eric Achermann (Hg.): Johann Christoph Gottsched (1700–1766). Philosophie, Poetik und Wissenschaft. Berlin 2014, S. 79. 79 Christian Wolff an Ernst Christoph von Manteuffel, den 15. Juni 1740. In: Der Briefwechsel zwischen Christian Wolff und Ernst Christoph von Manteuffel 1738 bis 1748. Hg. v. Jürgen Stolzenberg, Detlef Döring, Katharina Middell u. Hanns-Peter Neumann. Hildesheim 2019, Nr. 70. URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:14-qucosa-106475 [14.12.2022]. 80 Vgl. bspw. Joachim Oporin an Bernhard Raupach, den 16. April 1741, zit. nach: Rüdiger Otto: Gottsched und die zeitgenössische Publizistik. In: Achermann (Hg.): Johann Christoph Gottsched (1700–1766), S. 306, Anm. 77: „Ich habe diese ferien erst in ihre vorigen Jahrs Zeitungen eingeblicket, und gesehen, wie der regierende Philosophische u. teutsch-gesellschafts-
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Gründer oder auch nur eifrig agierender Mitglieder, so lässt sich durchaus konstatieren, dass „die Deutschen Gesellschaften generell dem Wolffianismus nahestanden“.81 Der wolffianisch-gottschedischen Gedankenwelt waren zahlreiche Mitglieder, unter ihnen viele Pioniere der Sozietätsbewegung, verpflichtet. Es ist schwer zu entscheiden, fällt aber auch wenig ins Gewicht, ob Gottscheds kreative Aneignung der Wolff’schen Gedanken schulbildend wirkte, oder ob die Mitglieder auf einem der zahlreichen anderen Wege zu solchen Gedanken gefunden hatten. Als Transmissionsriemen für die Wolff’sche Philosophie waren die Deutschen Gesellschaften in den Augen vieler Gründer bestens geeignet. Für Friedrich Wilhelm Ellenberger, der an der Universität Halle eine Deutsche Gesellschaft der schönen Wissenschaften neu begründete, boten solche Sozietäten den Mitgliedern die Möglichkeit, ihre „Versuche nicht blos durch Eigenliebe geschmeichelt, sondern auch durch andre zur Prüfung und Tadel viel aufgelegtere Personen, doch zugleich auf erwiesene Regeln gebauete Gedancken beurtheilt zu finden.“82 Eine verbesserte Regelbefolgung war gewährleistet, „wenn man deutlich zeiget, ob und wie weit eine gewisse Abhandlung den bey ihr nöthigen Regeln gemäß eingerichtet sey, so kann man sich bald auf eine Geschicklichkeit Regeln anzuwenden Rechnung machen.“83 Explizit formuliert wurde Wolffs Ideengeberschaft, als Stephan Freiherr von Stengel, der auch in anderen Zusammenhängen als Wolffianer hervortrat,84 seine Sicht der Gründungsgeschichte in seinen Memoiren darlegte: Herr Hemmer hatte mir das freundschaftliche Anerbieten gemacht, die Metaphysik nach Wolff mit mir durchzugehen. […] Wir legten Wolffs vernünftige Gedanken von Gott, der
|| geist Sie auch von monaht zu monaht mehr einzunehmen scheinet. Doch das ist der Gazettier u. Journalisten eigenthüml. Geist, und aus dieser leuthe posaunen besteht ein theil der Wolfianischen Macht.“ 81 Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 141. Vgl. auch Horst Langer: Gelehrte Sozietäten in Schwedisch-Pommern. Programmatik und Realität. In: Garber, Wismann u. Siebers (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Bd. 2, S. 1561: „Das Ziel bestand in Wahrheitsfindung und –verbreitung, in der Annäherung an den von Christian Wolff postulierten Zustand der Vollkommenheit als dem höchsten Gut des Menschen.“ 82 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 71. 83 Ebd., S. 75. In Verbindung mit Leibniz wird Wolff als eine der „des Namens der Gelehrten würdigste Personen“ genannt. – Ebd., S. 66. 84 Vgl. zu seiner Orientierung an Wolff Monika Groening: Karl Theodors stumme Revolution. Stephan Freiherr von Stengel (1750–1822) und seine staats- und wirtschaftspolitischen Initiativen in Bayern. Ubstadt-Weiher 2001, S. 51–58.
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Welt und der Sele des Menschen zu grunde und brachten den grösten Theil unserer Winterabende mit diesen erhabenen Gegenständen auf die angenehmste Art hin. In diesen Abend Stunden reifte auch unter uns der erste Gedanke der Stiftung einer deutschen Gesellschaft in meiner Vatterstadt.85
Durchmustert man die Reihen prominenter Sozietätsmitglieder, meint man, fast ein Who’s who des Wolffianismus zu studieren, aus dem in der Folge nur einige wenige Vertreter angeführt werden können. Als eine Hochburg kann Leipzig angesehen werden, wo mit Mencke, Gottsched und May Wolffianer die Geschicke der Deutschen Gesellschaft maßgeblich bestimmten.86 In der Teutschen Gesellschaft in Jena definierte das Gründungsmitglied Hermann Adolph LeFèvre die gesellschaftlichen Ziele in seiner ersten Rede als Wolffianer,87 spätere Funktionsträger folgten ihm darin. Johann Bernhard Wiedeburg las nach der theoretischen Physik Wolffs,88 Basilius Christian Bernhard Wiedeburg nach dessen Mathematik.89 Noch in den 1750er Jahren bekannte sich Karl Gotthelf Müller als Anhänger Wolffs und Baumgartens.90 Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr, Mitglied der Leipziger und Gründer der Frankfurter Deutschen Gesellschaft, übersetzte eine von Wolffs mathematischen Schriften ins Deutsche.91 Entschiedener Wolffianer war auch der Gründer der Deutschen Gesellschaft in Königsberg, Cölestin Christian Flottwell.92 In die
|| 85 Stengel: Denkwürdigkeiten, S. 74. 86 Vgl. Detlef Döring: Der Wolffianismus in Leipzig. Anhänger und Gegner. In: Hans-Martin Gerlach (Hg.): Christian Wolff – seine Schule und seine Gegner. Hamburg 2001, S. 51–76, sowie Johannes Bronisch: Der Mäzen der Aufklärung. Ernst Christoph von Manteuffel und das Netzwerk des Wolffianismus. Berlin u. New York 2010, S. 170–180. 87 Vgl. Marwinski: Fabricius, S. 26f. Die Satzungen der Teutschen Gesellschaft Jena tragen auch ein Zitat aus Wolffs Vernünftigen Gedanken als Vorspruch. – Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena. Nebst einem Vorbericht und Anhange von ihren jetzigen Umständen. Jena 1730, o.S. 88 Vgl. Otto Knopf: Die Astronomie an der Universität Jena von der Gründung der Universität im Jahre 1558 bis zur Entpflichtung des Verfassers im Jahre 1927. Jena 1937, S. 96. 89 Vgl. ebd., S. 98. 90 Vgl. Max Wundt: Die Philosophie an der Universität Jena in ihrem geschichtlichen Verlauf dargestellt. Jena 1932, S. 98–100. 91 Des Reichsfrey- und edlen Herrn von Wolf vernünftige Gedanken von der nützlichen Erlernung und Anwendung der mathematischen Wissenschaften [...] aus dem Lateinischen übers. Halle a.d.S. 1747. Steinwehr erscheint auch auf der von Carl Günther Ludovici publizierten Liste von Wolffianern. – Vgl. ders.: Ausführlicher Entwurff einer vollständigen Historie der Wolffischen Philosophie. Leipzig 1737, S. 334. 92 James Jakob Fehr: „Ein wunderlicher Nexus rerum“. Aufklärung und Pietismus in Königsberg unter Franz Albert Schulz. Hildesheim, Zürich u. New York 2005, S. 196f.
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Reihe der an Wolffs Philosophie orientierten Gesellschaftsgründer sind ferner Georg Andreas Will93 in Altdorf, Christian Ernst von Windheim94 in Helmstedt und später in Erlangen sowie Georg Heinrich Behr95 in Straßburg einzuordnen. Wer Christian Wolff zu den spiritus rectores einer Bewegung rechnet, musste die Pietisten aus diesem Kreis eigentlich geradezu reflexhaft verstoßen. Die Königsberger Rede „Die Secten als gefährliche Insecten der Gesellschaft“96 dürfte diese Aversion am plastischsten illustrieren. Die wechselseitigen Bannflüche beider Parteien dürfen sich nicht nur auf die Fehden an der Universität Halle stützen, sondern können auch die antipietistischen Aktivitäten des Ehepaars Gottsched97 oder Cölestin Christian Flottwells Streitigkeiten in Königsberg98 zitieren. Im Streit um die Wolff verpflichtete so genannte „Wertheimer Bibel“ trat die Deutsche Gesellschaft Leipzig publizistisch nicht hervor. Einzelne Mitglieder unterstützen ihn auf der Flucht,99 das Verhalten der Gesellschaft aber blieb uneindeutig.100 Auch in andere Streitigkeiten zwischen Wolffs Anhängern und Gegnern scheinen die Deutschen Gesellschaften nur über einzelne Mitglieder involviert gewesen, nicht aber als Sozietät hervorgetreten zu sein.101
|| 93 Vgl. Johann Carl Siegmund Kiefhaber: Leben und Verdienste Georg Andreas Will’s. Nürnberg 1799, S. 9; Karl Schornbaum: Das Eindringen der Wolfischen Philosophie in Nürnberg. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 39 (1944), S. 249–251. 94 Vgl. Michael Albrecht: Wolff an den deutschsprachigen Universitäten. In: Robert Theis u. Alexander Aichele (Hg.): Handbuch Christian Wolff. Wiesbaden 2018, S. 440. 95 Vgl. Joseph Lefftz: Die gelehrten und literarischen Gesellschaften im Elsass vor 1870. Heidelberg 1931, S. 64. 96 So der Titel eines Vortrags, den Christian Friedrich Kannholtz am 27. Juni 1742 in der Deutschen Gesellschaft Königsberg hielt. Die Rede selbst ist nicht überliefert. – Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 105. 97 Vgl. William E. Petig: Literary Antipietism in Germany during the First Half of the Eighteenth Century. New York u.a. 1984. 98 Vgl. zu diesen Streitigkeiten Fehr: „Ein wunderlicher Nexus rerum“, S. 196f. 99 Vgl. Döring: Wolffianismus in Leipzig, S. 71f. 100 Gottsched stand im Briefwechsel mit dem Übersetzer Lorenz Schmidt, wahrscheinlich steuerte die Deutsche Gesellschaft Leipzig ein Gutachten zum Gebrauch der Eigennamen in dessen Bibelübersetzung bei, auf das Schmidt in einer eigenen Abhandlung antwortete. – Vgl. dazu Ursula Goldenbaum: Der Skandal der Wertheimer Bibel. Die philosophisch-theologische Entscheidungsschlacht zwischen Pietisten und Wolffianern. In: Dies.: Appell an das Publikum. Die öffentliche Debatte in der deutschen Aufklärung 1687–1796. Teil 1. Berlin 2004, S. 364. 101 So fehlen sie bei Martin Mulsow: Freigeister im Gottsched-Kreis. Wolffianismus, studentische Aktivitäten und Religionskritik in Leipzig 1740–1745. Inwieweit Wolff von den Deutschen Gesellschaft überhaupt Kenntnis genommen hat, ist angesichts der schlechten Editionslage seiner Briefe und Selbstzeugnisse ungeklärt. – Vgl. zur Quellenlage Bronisch: Mäzen der Aufklärung, S. 28f.
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Es sind jedoch mehr als nur argumenta e silentio, die Zweifel an der Geschlossenheit prowolffianischer und antipietistischer Haltungen in den Deutschen Gesellschaften hervorrufen; der Baseler Sozietätsgründer Johann Jakob Spreng etwa war Pietist,102 und in der Deutschen Gesellschaft in Leipzig sind durchaus Gegner Wolffs nachweisbar.103 Erst recht muss der Befund für Halle differenziert werden, wo mit dem Haus Langes104 die Höhle des pietistischen Löwen als Versammlungsort diente. Zudem hat das Moment, das der Gesellschaft noch die meisten Erwähnungen in der Literatur sicherte, seine Wurzeln im Pietismus: die Dichterfreundschaft zwischen Pyra und Lange, aus der später „Thirsis und Damons Freundschaftliche Lieder“ hervorgegangen sind.105 Die wenigen Quellen lassen den Schluss zu, dass bei den Werken wie bei den Mitgliedern mindestens eine reibungsarme Koexistenz herrschte. Dies sollte nicht zuletzt vor dem Hintergrund gesehen werden, dass seit Beginn der 1730er Jahre die Auseinandersetzungen zwischen Pietisten und ihren Gegnern an Schärfe verloren.106 Ähnliches ist in Greifswald zu beobachten. An der Wiege der dortigen Gesellschaft stand die ausgeprägte pietistische Frömmigkeit Augustin von Balthasars.107 Umgekehrt bestand sie aus vielen Wolffianern,108 auf die die Aufnahme
|| 102 Vgl. Petig: Literary Antipietism, S. 194. 103 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 240–242. 104 „Hn. Jo. Joach. Langens, Mathem. P. P. O., (in dessen Hause, diese Zusammenkunft angefangen, und, bis hieher, beständig fortgesetzet worden)“ – Nicolaus Hieronymus Gundling: Collegium historico-literarium oder Ausführliche Discourse über die vornehmsten Wissenschaften und besonders die Rechtsgelahrtheit. Bremen 1738, S. 5. 105 Vgl. zum Problem der Verwobenheit des Säkularen und des Religiösen Hans-Georg Kemper: Der Himmel auf Erden und seine poetische Heiligung. Säkularisierungstendenzen in den Freundschaftlichen Liedern von Immanuel Jakob Pyra und Samuel Gotthold Lange. In: Gudrun Busch u. Wolfgang Miersemann (Hg.): „Geist=reicher“ Gesang. Halle und das pietistische Lied. Tübingen 1997, S. 269–285. 106 Vgl. u.a. Monika Neugebauer-Wölk: Der Kampf um die Aufklärung. Die Universität Halle 1730–1806. In: Gunnar Berg u. Hans-Hermann Hartwich (Hg.): Martin-Luther-Universität. Von der Gründung bis zur Neugestaltung nach zwei Diktaturen. Opladen 1994, S. 30f.; Martin Brecht: Der Hallische Pietismus in der Mitte des 18. Jahrhunderts – seine Ausstrahlung und sein Niedergang. In: Martin Brecht u. Klaus Deppermann (Hg.): Der Pietismus im 18. Jahrhundert. Göttingen 1995, S. 319–357. 107 Vgl. [Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar. Vgl. zu den Frontstellungen dort Helmut Lother: Pietistische Streitigkeiten in Greifswald: Ein Beitrag zur Geschichte des Pietismus in der Provinz Pommern. Gütersloh 1925. 108 Vgl. Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 65. Die Rolle von Wolffianismus und Pietismus der Greifswalder Gesellschaft thematisiert Theodor Pyl: Dr. iur. Augustin Balthasar’s Leben und Schriften nach dessen Selbstbiographie und andern urkundlichen Quellen. In:
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des Wolff-Förderers Ernst Christoph von Manteuffel zurückgehen dürfte. Dieser verehrte der Gesellschaft eine von der Societas Alethophilorum geprägte Denkmünze auf Johann Gustav Reinbeck109 und bekräftigte so die Nähe der Greifswalder Societät zu diesem stark auf Wolff ausgerichteten Sozietätstypus.110 Eine abschließende Wertung dieses Neben, Mit- und Gegeneinanders muss künftigen Forschungen vorbehalten bleiben. Blickt man allerdings auf die angeführten Gründungsmotive, zeigen sich Gemeinsamkeiten von Pietismus und Wolffianismus. Sie schlugen sich auf ähnlichen Feldern, und die größtmögliche Ausbreitung ihrer Ideen war den beiden Kontrahenten ebenso ein Anliegen wie das Schärfen der Waffen. Sie trafen sich somit in einem Punkt: der Wertschätzung der deutschen Sprache. Philipp Jakob Speners Ansinnen, dass „Disputationes auff Academien auch in Teutscher Sprach gehalten würden / damit die Studiosi sich der hierzu diensamen terminorum gebrauchen lerneten / da ihnen in dem Ampt schwer wird / wo sie auff der Cantzel etwas von einer Controvers gedencken / und die Sache deutsch der Gemeinde vortragen sollen“,111 gehörte zu den Pia Desideria nicht nur der Pietisten. Die Wertschätzung deutscher Sprache, Poesie und Beredsamkeit mochte Gelehrte verschiedener protestantischer Lager einen – die katholische Gelehrsamkeit hatte in diesen Konzepten nicht nur keinen Platz, Thomasius Gelehrsamkeitskonzept trug sogar eine ausgesprochen antikonfessionelle Spitze, sei es doch „der allgemeine Irrtum gewesen, gelehrte Sachen ließen sich nicht in der deutschen Sprache vortragen. Es ist ein Irrtum, bei dem wir nicht gemerkt haben, daß er aus den geheimen Staatsstreichen des Papstes herrührt.“112 Dass
|| Pommersche Geschichtsdenkmäler. Bd. V. Greifswald 1875, S. 74–78. Nur erwähnt wird sie bei Bronisch: Mäzen der Aufklärung, S. 149. 109 [Johann Carl Dähnert]: Greifswald. In: Pommersche Nachrichten von gelehrten Sachen. Stück 20 vom 12. März 1743, S. 160. 110 Eine große Nähe nimmt Horst Langer an: Literatur in Pommern während der Frühen Neuzeit. Voraussetzungen, Erscheinungsbilder, Wirkungsfelder. In: Ders. u. Wilhelm Kühlmann (Hg.): Pommern in der Frühen Neuzeit. Literatur und Kultur in Stadt und Region. Tübingen 1994, S. 22. 111 Philipp Jakob Spener: Pia Desideria, zit. nach: Gerhard Kaiser: Pietismus und Patriotismus im literarischen Deutschland. Ein Beitrag zum Problem der Säkularisation. Frankfurt a.M. 1973, S. 188. 112 Christian Thomasius: Vorrede. In: De Jure belli ac pacis libri tres. Drei Bücher vom Recht des Krieges und des Friedens. Paris 1625. Nebst einer Vorrede von Christian Thomasius zur ersten deutschen Ausgabe des Grotius vom Jahre 1707. Neuer deutscher Text und Einleitung v. Walter Schätzel. Tübingen 1950, S. 26. Vgl. zur Religionsauffassung von Thomasius Frank Grunert: Antiklerikalismus und christlicher Anspruch im Werk von Christian Thomasius. In: Jean Mondot (Hg.): Les Lumières et leur combat. La critique de la religion et des Églises à
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Fragen des Sprachgebrauchs Gegenstand derart heftiger Polemik waren, hatte Tradition. Schon vor der Reformation, seither aber verstärkt, war eine Wendung von der Latinität weg zum Deutschen verbunden gewesen mit einer antipäpstlichen Stoßrichtung.113 Das Zeitalter der Aufklärung dagegen als den fälligen Durchbruch der religiösen Toleranz zu sehen, wäre eine teleologisch motivierte Verkürzung.114 Konfessionelle Gegensätze blieben trotz einer nach und nach fortschreitenden Säkularisierung keinesfalls eine quantité négligeable, sondern stellten auch im vermeintlich rational operierenden Wissenschaftsbetrieb einen entscheidenden Antrieb dar.115 Das Abflauen konfessioneller Querelen ist häufig eher – und auch dort mit teils erheblichen Einschränkungen – auf dem Feld der protestantischen Bikonfessionalität zu beobachten.116 Thomasius also stand weder mit seinem antirömischen Affekt noch mit dessen sprachpolitischer Färbung in der deutschen Gelehrtenlandschaft alleine da. Gottsched selbst sah die Deutschen Gesellschaften durchaus als Fortsetzer der Reformation an: „So viel aber ist gewiß, daß seit den Zeiten der heilsamen Reformation die deutsche Sprache reiner, angenehmer und zierlicher geschrieben worden, nachdem Lutherus selbst auch in diesem Stücke den Grund zu einer glückseligen Verbesserung geleget hat“.117 Sein Adept Flottwell, Gründer der Deutschen Gesellschaft in Königsberg, widmete der Sprachpflege Luthers eine eigene Arbeit.118 Trotz des
|| l’époque des Lumières/Der Kampf um die Aufklärung. Kirchenkritik und Religionskritik zur Aufklärungszeit. Berlin 2004, S. 39–56. 113 Vgl. Hirschi: Das humanistische Nationskonstrukt, S. 373. 114 Vgl. zur Kritik des Säkularisierungs- und Toleranzparadigmas Pečar u. Tricoire: Falsche Freunde, S. 63–104. 115 Vgl. Detlef Döring: Anmerkungen zur Bedeutung von Religion und Theologie in der Geschichte der Akademie der Frühen Neuzeit. In: Beiträge zur musikalischen Quellenforschung. Bd. 4. Hg. v. der Forschungs- und Gedenkstätte Heinrich-Schütz-Haus. Bad Köstritz 1998, S. 15– 27. 116 Vgl. dazu Jan Brademann u. Marianne Taatz-Jacobi (Hg.): Konjunkturen konfessioneller Differenz? Lutheraner und Reformierte zwischen Westfälischem Frieden und Union. Münster 2018. 117 Johann Christoph Gottsched: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig ausführliche Erläuterung, Ihrer bisherigen Absichten, Anstalten und der davon zu verhoffenden Vortheile. In: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesamlete Reden und Gedichte, Welche bey dem Eintritte und Abschiede ihrer Mitglieder pflegen abgelesen zu werden. Leipzig 1732, § 4, o.S. 118 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 57f. Vgl. auch die Gottsched und Flottwell ähnlichen Ausführungen in der Rede des Pfortaer Schülers Christian Friedrich Krause: Von der Schwierigkeit, den guten Geschmack in der Muttersprache bei den Deutschen einzuführen, zit. bei Hermann Peter: Die Pflege der deutschen Poesie auf den sächsischen Fürstenschulen im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen. Bd. 1. Heft 3 (1884), S. 56.
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späteren Übergreifens der Sozietätsbewegung in den katholischen Kulturkreis blieben solche Ressentiments im Schwange. Dem Jenaer Mitglied und Erlanger Gründer Caspar Jacob Huth attestierte man später sogar einen „antikatholischen Komplex“.119 Die Langlebigkeit der Opposition von lateinischem Katholizismus und deutscher Nationalliteratur überdauerte die Deutschen Gesellschaften, wurde selbst von den katholischen Aufklärern übernommen und zählte lange zu den feststehenden Topoi einer jeden Literaturgeschichte.120 Dass eine so vielschichtige (und mit weiteren Zitaten ad libitum vermehrbare) Programmatik dennoch nicht allen Beteiligten in allen Verästelungen gleichermaßen bewusst und wichtig war, liegt auf der Hand. Das nie formulierte Programm präsentiert sich auch im Rekonstruktionsversuch nur als eine Umrisszeichnung, an deren Konturen verschiedene Akteure aus verschiedenen Richtungen mit verschiedenen Schwerpunkten mitwirkten. Was in der Perspektive ‚klassischer‘ Geistesgeschichte als Defekt daherkommen mag, sollte eher als Stärke begriffen werden. Die Programmatik war und blieb in ihren Grundzügen durchaus kohärent und aufeinander aufbauend; die verschiedenen Ebenen und Aspekte machten sie eben auch flexibler und boten für viele und vieles mehr Anknüpfungspunkte, als es einem monolithischen System möglich gewesen wäre. Vor allem aber zielte diese Programmatik ihrem Wesen nach gar nicht auf das Denken, sondern auf das Handeln der Mitglieder. Die Pflege von Sprache und Literatur begriff man keineswegs isoliert, sondern zielte mit ihr und durch sie auf eine grundlegende Verhaltensänderung innerhalb des Gelehrtenstandes. Aus dieser Überlegung heraus sollen im Folgenden die philosophischen sowie sprach- und literaturwissenschaftlichen Aspekte zugunsten einer Untersuchung der Praktiken in den Deutschen Gesellschaften in den Hintergrund treten. Weder soll damit die Relevanz der erstgenannten geleugnet werden, noch sollen diese Aspekte gänzlich aus der Arbeit verbannt werden. Vielmehr liegt der Schwerpunkt darauf, sie nach dem Konzept von Pierre Bourdieus Entwurf einer Theorie der Praxis in ihren Wechselbeziehungen darzustellen. Ziel ist es einerseits, die Praktiken in den Deutschen Gesellschaften als Vollzug eines impliziten, aber nie voll ausformulierten Programms zu begreifen, andererseits aber auch aufzuzeigen, wie sehr die Praktiken in den Sozietäten das Programm ihrerseits formten.
|| 119 Ottfried Jordahn: Georg Friedrich Seilers Kindheit, Ausbildung und erste Amtsjahre 1733– 1770. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 28 (1968), S. 138. 120 Vgl. Dieter Breuer: Deutsche Nationalliteratur und katholischer Kulturkreis. In: Klaus Garber (Hg.): Nation und Literatur im Europa der Frühen Neuzeit. Tübingen 1989, S. 701–703.
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1.2 Gründen 1.2.1 Zweierlei Anfang Es lässt sich trefflich darüber streiten, womit eine Geschichte der Deutschen Gesellschaften zu beginnen habe. Als sich 1697 Görlitzer Studenten in Leipzig zu einem Collegium Poeticum zusammenfanden, war eine Sozietät des Typus Deutsche Gesellschaft weder beabsichtigt noch absehbar. Als 1727 neue Statuten und der neue Name „Deutsche Gesellschaft“ für die Leipziger Gründung beschlossen wurden, war dies nur der vorläufige Abschluss eines lang dauernden und mehrere Schritte zählenden Prozesses. Währenddessen hatte sich 1715 in Hamburg die Teutschübende Gesellschaft als Zirkel von sechs Personen zusammengefunden und war schon 1717 wieder auseinandergegangen. Anciennitätsstreitigkeiten zwischen diesen beiden Zentren der deutschen Frühaufklärung fochten die Zeitgenossen somit niemals aus, sondern überließen dieses Geschäft dem Historiker. Die Gründungsgeschichten jedenfalls lesen sich völlig anders. In Hamburg konstituierte sich die Teutschübende Gesellschaft ohne nennenswerten Vorlauf als gelehrter Freundeskreis, wie es Michael Richey berichtete: […] diese beyden verdienten Männer, Fabricius und Hübner, waren es, welche sich damals mit ihm durch das Band einer genaueren Freundschaft in wöchentlichen gelehrten Zusammenkünften vereinigten, bey welcher Gelegenheit im Jahre 1715 der Grund zu der sogenannten deutschübenden Gesellschaft geleget wurde.121
Diese gab sich zwar schriftliche Regeln, tagte aber als informeller Zirkel nur ein gutes Jahr lang. Die Begrenzung auf sechs Teilnehmer hielt den Zirkel klein, so dass nach dem Abgang einiger Mitglieder die Aktivität bald abflaute. Als Modell für Deutsche Gesellschaften war der gelehrte Freundeskreis damit keineswegs gleich wieder ausgestorben, sondern tauchte in der zweiten Jahrhunderthälfte in Wien, Bernburg oder als studentische Deutsche Privatgesellschaft in Altdorf und Heidelberg wieder auf, ohne dass der Blick dieser Sozietät sich auf die Teutschübende Gesellschaft in der Hansestadt gerichtet hätte; selbst eine spätere Vereinigung am Hamburger Gymnasium steht in keiner Kontinuität zu ihr. Hamburg formte also nicht das Modell, das den frühesten und meisten Gründungen zu Grunde lag. Nicht nur ihr Name jedoch verbietet es, sie aus der Ahnengalerie der
|| 121 Michael Richey: Deutsche Gedichte Zweyter Theil, mit einer Vorrede Gottfried Schützens. Hamburg 1764, Vorrede, S. XXIIf.
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Sozietätsbewegung zu verbannen: Ziel und Stil der Gesellschaft fügen sich nahtlos in die Programmatik und Praktiken der späteren Gesellschaften. Die Leipziger Teutschübende Poetische Gesellschaft hatte vermutlich über verschiedene Kanäle Kenntnis von den Aktivitäten in Hamburg,122 und Christian Clodius hat sie in seiner Programmschrift Schediasma lobend erwähnt.123 Die Gründung und Entwicklung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig erstreckt sich im Gegensatz zur Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg über Jahrzehnte und ist dank der Forschungen von Detlef Döring minutiös aufgearbeitet, so dass hier lediglich einige Charakteristika herausgearbeitet werden müssen. Als sich das Görlitzische Collegium Poeticum 1697 etablierte, geschah das in einer Stadt, in der gelehrte Gesellschaften fester Bestandteil des akademischen Lebens waren.124 Als Folie diente die universitäre Lehrveranstaltung; dass sich dort in regelmäßigen Zusammenkünften Gemeinschaften mit einem spezifischen Bildungsziel konstituierten, kann als Ausgangspunkt sowohl der inhaltlichen Zielsetzungen als auch der personellen Zusammensetzung gelten. Die erste in den Quellen belegte Sozietät gründete sich 1624 unter dem Namen Montägliches Predigerkollegium, das angehende Theologen auf ihre homiletischen Aufgaben vorbereiten sollte. In der Folge entstanden zahlreiche weitere Predigergesellschaften und weitere fachlich spezialisierte Vereinigungen. Bereits 1641 versammelte sich mit dem Collegium Gellianum erstmals ein Kreis, der ohne enge disziplinäre Bindung die verschiedensten Fachgebiete in seinen Sitzungen behandelte.125 In ihm und ähnlichen Organisationen wie dem Collegium Anthologicum und dem Collegium Conferentium war es Brauch, zu be-
|| 122 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 123–125. 123 Vgl. Christian Clodius: Schediasma de instituto Societatis philoteutonico-poeticae, quae sub praesidio […] Johann, Burchardi Menckenii […] Lipsiae congregatur, anno 1722. Leipzig 1722, S. 43–45. Indizien für eine Beobachtung der Aktivitäten in Leipzig durch die Hamburger Gesellschaft konnten nicht ermittelt werden. 124 Vgl. zum Folgenden Detlef Döring: Der junge Leibniz und die Gelehrtengesellschaften in Leipzig und Jena. In: Hans Poser u. Kurt Nowak (Hg.): Wissenschaft und Weltgestaltung. Internationales Symposium zum 350. Geburtstag von Gottfried Wilhelm Leibniz vom 9. bis 11. April 1996 in Leipzig. Hildesheim 1999, S. 69–92; ders.: Die mitteldeutschen gelehrten Kollegien; ders.: Samuel Pufendorf und die Leipziger Gelehrtengesellschaften in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Berlin 1989; Riccarda Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig. Eine „Gottschedsche“ Sozietät als Beispiel des aufklärerischen Wissenschaftsdiskurses. Stuttgart 2014, S. 39–61; dies.: Sozietätswesen im 18. Jahrhundert. In: Detlef Döring (Hg.): Stadt und Universität Leipzig. Beiträge zu einer 600jährigen wechselvollen Geschichte. Leipzig 2010, S. 185–220. 125 Vgl. zum Collegium Gellianum Maximilian Görmar: Das Collegium Gellianum in Leipzig (1641–1679) – Ein Beitrag zur Gelliusrezeption im 17. Jahrhundert. In: International Journal of the Classical Tradition 25 (2018), S. 127–57.
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stimmten Anlässen Mitglieder dichterisch zu ehren. Den bereits bestehenden Kollegien ähnlich und sozusagen Predigergesellschaften in säkularisierter Form waren die Rednergesellschaften,126 als deren erster Vertreter die Teutsche Rednergesellschaft aus dem Jahr 1673 gelten kann, weitere Gründungen von 1682 und 1694 belegen den Erfolg eines Gesellschaftsmodells, in dessen Rahmen die Mitglieder ihre sprachlich-rhetorischen Kompetenzen schulen konnten.127 Die dichterisch-rhetorischen Impetus griffen auch aus der Oberlausitz stammende Studenten auf, die sich als ehemalige Schüler des Görlitzer Gymnasiums zu einer landsmannschaftlichen Gesellschaft zusammenschlossen. Das Vertraute Görlitzische Collegium Poeticum von 1697 war also keineswegs ein Solitär, sondern nur eine Stimme in einem ganzen Konzert von Geselligkeitsformen, aus dem es Elemente wie eine schriftliche Verfassung, regelmäßige Zusammenkünfte oder die Integration von literarischen Ausarbeitungen in das Sozietätsleben entnahm. Damit war auch der soziale Rahmen abgesteckt, in dem sich die Gesellschaft auch nach der Aufweichung ihrer Aufnahmekriterien bewegen sollte, nämlich die gelehrte Welt. So übernahm sie aber auch die Spannungspole, zwischen denen sich diese Sozietäten bewegten; auf der einen Seite eine dezidierte fachliche Ausrichtung und Spezialisierung auf ein einzelnes gelehrtes Gebiet wie etwa die Homiletik oder Exegese, als dessen Gegenpol eine thematisch und disziplinär ungebundene Tätigkeit. Der Zweck der letzteren markierte zugleich einen weiteren Spannungspol; derartige Gesellschaften verstanden sich als Übungsgesellschaften, in denen vor allem praktische Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt und eingeübt werden sollten. Dies war Zweck der Gelehrten Gesellschaften, in denen geforscht und wissenschaftlich publiziert wurde. Die Oppositionspaare Spezialisierung und Ungebundenheit in der Themenwahl sowie Übungsgesellschaft und Gelehrte Gesellschaft in den Anforderungen traten indes höchst selten in Reinkultur auf. Die Gesellschaften verorteten sich in ihrer Programmatik und in ihrer Praxis zwischen beiden Polen und existierten mit, trotz und neben dieser Spannung. Die Leipziger Gründung stand hier nicht abseits: Gerade für die Geschichte der Deutschen Gesellschaften war dieses Spannungsfeld, wie noch zu zeigen sein wird, eines der wichtigsten, wenn nicht das wesentliche Antriebsmoment ihrer Entwicklung.
|| 126 Eine Geschichte der Rednergesellschaften nicht nur in Leipzig muss als Desiderat bezeichnet werden. – Vgl. einführend zu diesem Thema Björn Hambsch: Art. Rednergesellschaften. In: HWRh 7 (2005), Sp. 1070–1074, sowie für die Leipziger Vertraute Rednergesellschaft Rüdiger Otto: Gottsched und die vertraute deutsche Rednergesellschaft. In: Leipziger Stadtgeschichte. Jahrbuch 2012, S. 83–136. 127 Vgl. Kap. 4.2.1 Sitzungen.
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Als 1717 dieser Kreis den Professor Johann Burckhardt Mencke und Christian Clodius an ihre Spitze brachten, setzte eine Entwicklung ein, die die Gesellschaft weit über ihren bisherigen Wirkungskreis hinaus bekannt machen sollte. Beide formulierten eine ambitionierte Agenda, als deren Kernpunkte die Aufhebung landsmannschaftlicher Beschränkungen und eine entschieden gelehrte Neuausrichtung gelten können. Mit der Zulassung von Prosatexten, der Etablierung von Sprache und Literatur als Hauptthema und der Einrichtung einer Bibliothek orientierte sich die Gesellschaft an der Académie française. Publizität wollte die Gesellschaft mit einem zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum von Clodius verfassten Schediasma gewinnen, in dem sich eine Fülle gelehrter Projekte aufgeführt fand. Dass unter diesen nur der Druck eines Bibliothekskatalogs zum Abschluss kam, zeigt, dass diese Zielsetzungen die realen Möglichkeiten einer nach wie vor hauptsächlich aus Studenten bestehenden Gesellschaft überforderten und in eine Krise manövrierten. Dass die Gesellschaft erneuert aus dieser Krise hervorging, war einem ostpreußischen Magister zu verdanken, der 1724 Aufnahme fand; Johann Christoph Gottsched war schon in Königsberg zu einem Anhänger der Ideen Christian Wolffs geworden, an deren Verbreitung er sich mit seiner akademischen Lehrtätigkeit, der Redaktion einer moralischen Wochenschrift und Bemühungen zur Reform des Theaterwesens beteiligte. Mit Johann Burckhardt Mencke stieß er auf einen akademischen Lehrer, der selbst als Wolffianer unter anderem mit seiner Satire De charlataneria eruditorum und seiner Tätigkeit auf dem Gebiet der Historia literaria um eine Reform des Gelehrtenstandes bemüht war, und erfuhr von diesem lebhafte Unterstützung.128 Wie die Anteile an der kommenden Reform der Teutschübenden Poetischen Gesellschaft zwischen Mencke, Clodius und Gottsched zu bemessen sind, ist schwer zu entscheiden. Gottsched hat sich schon früh als eigentlicher Gründer der Deutschen Gesellschaft in Leipzig dargestellt, auch wenn es in der Gesellschaft stets Stimmen gab, die an die Görlitzer Ursprünge erinnerten.129 Die Erzählung einer Gottsched’schen Schöpfung hat
|| 128 Vgl. bspw. aus Gottscheds Sicht die Schilderung einer Disputation Menckes zu dessen Gunsten: Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Praktischer Theil, Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Hg. v. Philipp Marshall Mitchell. Bd. V/3. Berlin u. New York 1989, S. 254. Vgl. zu Menckes Geschichtsphilosophie und Unterrichtspraxis Markus Huttner: Geschichte als akademische Disziplin. Historische Studien und historisches Studium an der Universität Leipzig vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Leipzig 2007, S. 232–242; zu seiner Schrift Marian Füssel: ‚Charlataneria Eruditorum‘. Zur sozialen Semantik des gelehrten Betrugs im 17. und 18. Jahrhundert. In: Berichte zur Wissenschaftsgeschichte 27 (2004), S. 119–135. 129 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 43. Vgl. zu den gelehrten Gesellschaften der Oberlausitz ders.: Gelehrte Sozietäten in der Oberlausitz vor der Gründung
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sich in der Forschung bis zu ihrer Dekonstruktion durch Dörings Studie über die Frühzeit der Gesellschaft festgesetzt.130 Gottscheds Stunde schlug im Jahr 1727, als er zum Nachfolger des nach Zwickau gegangenen Christian Clodius ernannt wurde: So bald ich also die Sorgfalt für die Aufnahme dieser Gesellschaft übernahm, war ich darauf bedacht, wie sie durch bessere Einrichtungen gemeinnütziger werden, und in mehrern Flor kommen möchte. Bis dahin hatte sie, so zu reden, in der Stille gearbeitet, ja auch ihre Schrift: de Instituto Societatis Philoteutonicae, 1723 in lateinischer Sprache geschrieben. Auf meinen Vorschlag aber trug die Gesellschaft es mir, und dreyen ihrer ältesten Mitglieder auf, ihre Gesetze zu übersehen; und sie zu verbessern; […]. Dieß geschah nun in vielen besondern Zusammenkünften: und als der Entwurf dieser neuen Einrichtungen, den ich aufsetzete, fertig war, trug ich ihn der ganzen Versammlung vor. Es kostete einige Mühe, ihn allen Mitgliedern als annehmlich und rathsam vorzubilden: weil wenige von ihnen auf die großen Absichten einen innerlichen Beruf fühleten, ganz Deutschland zu einer Besserung seiner Sprache zu bereden, und ihm das Exempel zu geben; oder gar einen Anspruch darauf machen wollten. Endlich ward er dennoch von allen unterschrieben, und von dem sel. Hofr. Joh. Burch. Mencken, als ihrem Vorsteher, gebilliget.131
Selbst in der harmonisierenden Rückschau klingt an, dass erhebliche Widerstände in den Reihen derer zu überwinden waren, denen dieses gelehrte Programm schlicht zu anspruchsvoll war oder die die deutsche Sprache und Dichtung nicht der gelehrten Beschäftigung wert erachteten.132 Die reformierte und nunmehr als Deutsche Gesellschaft bezeichnete Sozietät entfaltete in der Folge eine rege Aktivität. Indem sie fortan „nicht einen jeden ohne Unterscheid zum Mitgliede“ annahm, sondern „nur lauter geschickten Leuten einen Platz“ ge-
|| der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften (1779). In: Neues Lausitzisches Magazin 8 (2005), S. 61–93. 130 Vgl. ders.: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 1–4, dort auch im Folgenden über die Identifikation der gesamten Gesellschaftsgeschichte mit Gottsched. AgnesHermine Hermes: Johann Burkhard Mencke in seiner Zeit. Diss. Frankfurt a.M. 1934, S. 82f., weist Mencke eine wichtige Rolle zu. Die von ihr als Beleg angeführten Äußerungen Mays aus der Zeit nach Gottscheds Austritt lassen sich jedoch ebenso als Zeugnisse eines Kampfes um die Erinnerung verstehen wie die Ausführungen Gottscheds zu seiner eigenen Rolle. Vgl. S. 380f. in dieser Arbeit. 131 Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Praktischer Theil), Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. V/3, S. 262. 132 Letztere Gruppe betont Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 206– 213.
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währte,133 erfand sie sich als eine elitäre gelehrte Vereinigung neu. Ihr Senior Gottsched beschritt mit der Aufnahme prominenter Fachgelehrter und einflussreicher Persönlichkeiten den Weg zu einer Akademie und führte der Gesellschaft wichtige Mitglieder ebenso zu, wie er sein persönliches Netzwerk durch Mitgliedschaftsverleihungen pflegte und ausbaute.134 Neben den gedruckten Statuten sorgten mehrere Sammelpublikationen von in der Gesellschaft verlesenen Reden und Gedichten sowie die Fachzeitschrift Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit für einen hohen Bekanntheitsgrad und einen guten Ruf in der gelehrten Welt. Projekte allerdings wie eine gemeinsam mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften avisierte Normierung der deutschen Orthografie scheiterten. Dennoch schien das schon von Mencke und Clodius verfolgte Ziel, die Gesellschaft zu einer Art Akademie aufzuwerten, nahe gerückt. Diese Rangerhöhung allerdings benötigte höfische Protektion, die Gottsched durch die Aufnahme vieler adeliger Mitglieder, ausgedehnte Korrespondenzen mit Persönlichkeiten des Dresdener Hofes und eine Supplik gewinnen wollte. Dass Gottscheds Bittschrift von 1732 in Dresden ohne sichtbare Bearbeitung zu den Akten genommen wurde,135 versinnbildlicht, dass seine Bemühungen auf diesem Feld fruchtlos blieben. Ende der 1730er Jahre musste er zudem erfahren, dass auch seine Position innerhalb der Gesellschaft keineswegs unangefochten war. In einer Polemik mit dem Biographen des Dichters Johann Christian Günther, Christoph Ernst Steinbach, versuchte er, seine weitgehenden Forderungen schließlich mit der Drohung seines Austritts durchzusetzen. Damit hatte Gottsched den Bogen überspannt; die Mitglieder akzeptierten schlicht seinen Austritt und wählten seinen Vertrauten Johann Friedrich May zum neuen Oberhaupt. Aus Sicht des Gesellschaftspräsidenten Mosheim hatte das „Feuer […], wo ich recht muthmasse, schon von beyden Seiten unter der Asche geglimmet: und die in Breslau gedruckte Schrift ist […] nur die Luft gewesen, welche die Flamme rege gemacht.“136 Unter dessen Führung verlor die Gesellschaft rapide an Einfluss und Mitgliedern, so dass
|| 133 § 1 der Statuten der Deutschen Gesellschaft Leipzig in: Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung. Hg. durch die Mitglieder derselben. Leipzig 1727, S. 12. 134 Eine systematische Analyse des Briefnetzwerks Gottscheds im Hinblick auf die Deutsche Gesellschaft fehlt. — Vgl. die Einleitungen Detlef Dörings zu den Bänden seines Briefwechsels: Bd. 1 (2007), S. XLVI–L; Bd. 2 (2008), S. XI–XXI; Bd. 3 (2009), S. X-XII; Bd. 4 (2010), S. XII– XXIV; Bd. 5 (2011), S. VII–XXVII. 135 Vgl. SächsStA-D, 10025 Geheimes Konsilium, Loc. 4558/1. 136 Johann Lorenz Mosheim an Johann Friedrich May, den 12. Juli 1738, UB Leipzig, Rep. VI 16bb.
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Gottsched von ihr urteilte, dass sie „nur seelzaget, seitdem ich die Hand von ihr abgezogen habe“.137 Ihre Tätigkeit kam gleichwohl nicht gänzlich zum Erliegen, sondern setzte sich bis zu ihrer Vereinigung mit dem sächsischen Altertumsverein 1827 fort. Der Austritt Gottscheds und der Niedergang der Leipziger Deutschen Gesellschaft läuteten indes nicht das Ende der Sozietätsbewegung ein. Im Gegenteil, die meisten Vereinigungen setzten in den 1740er Jahren ein, und seit dieser Zeit schraubten sich auch die Mitgliederzahlen und der Ausstoß an Publikationen in vorher unbekannte Höhen. Die Deutung dieser paradoxen Rolle, die die Leipziger Gesellschaft und ihr Senior Gottsched für die Sozietätsbewegung spielten, soll zu einem späteren Zeitpunkt auf breiterer Materialbasis erfolgen.138 Schon die Übernahme und Variierung ihres Namens aber zeigt, dass man in Leipzig eine Sozietätsbewegung angestoßen hatte, die sich vielfältig ausdifferenzierte. Die chronologische Erzählung an dieser Stelle fortzusetzen, würde deshalb eine ebenso ermüdende wie verwirrende Chronik produzieren. Stattdessen soll versucht werden, in einer systematischen Darstellung die Grundzüge und Hauptmerkmale der Gründung und Ausbreitung dieser Sozietätsbewegung herauszuarbeiten.139
1.2.2 Projekte Schmieden Mit Hamburg und Leipzig liegen zwei alternative Wege vor, Deutsche Gesellschaften ins Leben zu rufen, nämlich Neugründung oder Umformung einer bereits bestehenden Gesellschaft. Letzteres lässt sich neben Leipzig nur im Falle der zweiten Straßburger Sozietät nachweisen, die aus einer Kette verschiedener Zirkel und Sozietäten hervorging. Als Keimzelle kann dort ein Lesezirkel betrachtet werden, der sich 1767 als Société de Philosophie et de Belles Lettres bzw. Gesellschaft der schönen Wissenschaften konstituierte und unter der Ägide von Jakob Michael Reinhold Lenz 1775 als Deutsche Gesellschaft hervortrat.140 Trans-
|| 137 Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 1. Dezember 1744. In: GBW 10, S. 283. 138 Vgl. Kap. 5.2 Leitbild Leipzig? 139 Die Darstellung der einzelnen Sozietätsgeschichten erfolgt in der anhängenden Einzelaufstellung mit Nennung weiterführender Literatur. 140 Die Tischgesellschaft des Aktuars Johann Daniel Salzmann wurde lange fälschlich als Keimzelle der Gesellschaft der schönen Wissenschaften angesehen. – Vgl. Wieńczysław A. Niemirowski: Salzmannsche Tischgesellschaft und Gesellschaft der schönen Wissenschaften in
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formationen in Leipzig und Straßburg blieben aber die Ausnahme; weitaus häufiger kam es vor, dass sich aus Deutschen Gesellschaften Sozietäten anderen Typus’ entwickelten.141 Die meisten Deutschen Gesellschaften waren also in aller Regel keine Umbenennungen, sondern echte Neugründungen ohne direkte Vorläufer. Aus dem Nichts sind diese Gründungen deshalb noch lange nicht erfolgt. Wie und vor welchem Hintergrund die Pioniere agierten, soll deshalb Gegenstand der folgenden Betrachtung sein. Nur selten berichten die Quellen so konkret über die Gründungsschritte, wie es der Berner Gabriel Hürner gegenüber Johann Jakob Bodmer tat: Unsere deutsche Gesellschaft ist nun zum stande gekommen. Nachdem ich einen entwurf von der nothwendigkeit und verfassung überhaupt herumgehen lassen. Unter denen, die man zu diesem Geschäfte die besten zu sein geglaubt hat, haben sich dazu zehen gefunden, fünfe unter den geistlichen und ebensoviele von den weltlichen. […] Wir haben vor allen dingen eine äußerliche und innerliche einrichtung gemacht, uns gewisse bücher angeschaftt und eine Casse aufgerichtet.142
Im Folgenden soll als erster Schritt nach den Hintergründen und Mechanismen gefragt werden, unter denen die Mitglieder zusammenfanden. Die zu einer späteren Phase der Etablierung gehörenden Schritte der Statutengebung und der Einholung obrigkeitlicher Bestätigung sollen systematisch getrennt in den Kapiteln Regeln und Gelten behandelt werden.143 Dass eine gelungene Gründung mehr als das Wohlwollen der Willigen erforderte, mussten mehrere Gelehrte erfahren. Seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert waren Gesellschaften zur Sprach- und Literaturpflege beliebter Gegenstand der Projektemacherei. Neben den Denkschriften von Leibniz und Heräus kursierten Sozietätsprojekte wie das von Johann August Egenolff,144 in der Schweiz versuchte Johann Rudolf Iselin von Basel aus, den Zürcher Arzt Johann Jacob Scheuchzer zu einer gemeinsamen Gründung zu bewegen.145 Dass zwischen den vielen, || Straßburg. Versuch einer Klärung eines Kapitels der deutschen Literaturgeschichte im 18. Jahrhundert. In: Lubelskie Materiały Neofilologiczne 1985, S. 137–146. 141 Vgl. Kap. 7.5 Beerben. 142 Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 2b.21. 143 Vgl. die Kap. 2.1.1 Satzungen und 6.2 Privilegieren. 144 Vgl. zu Egenolffs Projekt Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 110– 120. 145 Vgl. Johann Rudolf Iselin an Johann Jacob Scheuchzer, den 20. Juni 1724: „[…] an spes aliqua adpareat, Tiguri reperiri posse aliquot viros doctos, inter quos Te V.C. primum numero, qui talem nobiscum inire vellent societatem“. – ZB Zürich, Ms H 317, S. 119. Vgl. ebd., S. 115– 118, ein von anderer Hand ausgearbeitetes Sozietätsprojekt.
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teils ambitionierten Projekten und der Realität eine immer merklichere Lücke klaffte, beklagte Gottsched selbst in seiner Zeitschrift Die Vernünfftigen Tadlerinnen noch im Jahr vor der großen Reform der Leipziger Gesellschaft: „Was die Gesellschaften anlanget, die zur Verbesserung unserer Muttersprache gestiftet werden sollten, so wird es wohl bei allem Anscheine nach bei lauter Vorschlägen bleiben.“146 Es ist davon auszugehen, dass weit mehr derartige Vorschläge und Projekte ventiliert wurden, als es heute noch in den Quellen nachvollzogen werden kann.147 Diese lenken den Blick vor allem dann auf gescheiterte Gründungen, wenn Gesellschaften in einem späteren Anlauf doch noch zur Reife gelangten und mögliche Vorläufer ins Gespräch brachten. So erwähnte Will 1756 in seiner Eröffnungsrede zur Altdorfer Deutschen Gesellschaft ein früheres Projekt.148 Auch im Vorfeld der Mannheimer Gesellschaftsgründung gedachte der Geistliche, Orthographiereformer und Meteorologe Johann Jakob Hemmer zweier fehlgeschlagener Etablierungsversuche.149 Über die Ursachen der Misserfolge || 146 Gottsched im II. Stück der Tadlerinnen, zit. nach: Gustav Waniek: Gottsched und die deutsche Litteratur seiner Zeit. Leipzig 1897, S. 83. 147 So wurde auch seit Ende der 1760er Jahre an der Universität Tübingen die Gründung einer gelehrten Gesellschaft ventiliert, wobei in den Diskussionen immer wieder das Projekt einer Deutschen Gesellschaft auftauchte. – Vgl. Paul Gehring: Pläne zu einer Württembergischen Gesellschaft der Wissenschaften unter Herzog Karl (1767–70). In: Hans Bihl (Hg.): Beiträge zur Geschichte, Literatur und Sprachkunde vornehmlich Württembergs. Festgabe für Karl Bohnenberger. Tübingen 1938, S. 92–106. 148 „Bereits vor dreißig Jahren schien es, als ob unter der Aufsicht des damaligen Inspectors allhier, des seeligen Herrn M. Johann Carl Böheims eine deutsche Gesellschaft sollte errichtet werden; allein die Sache gewann keinen Fortgang, so geschickt auch die Personen waren, die sich zusammen zu treffen entschlossen hatten.“ – Georg Andreas Will: Eingangs-Rede (1756), UB Erlangen, B 78/1, f. 2. Johann Karl Böheim muss dieses Projekt zwischen seiner Berufung zum Nürnberger Diakon in St. Sebald 1729 und seinem Tod 1737 betrieben haben. – Vgl. Carl Christian Hirsch u. Andreas Würfel: Lebensbeschreibungen aller Herren Geistlichen, welche in der Reichs-Stadt Nürnberg seit der Reformation Lutheri gedienet […]. Nürnberg 1756, S. 164. 149 Vgl. Johann Jakob Hemmer: Vertheidigung seiner Abhandlung über die deutsche Sprache, wider die Anmerkungen eines sogenannten Liebhabers der Wahrheit. Mannheim 1771, Vorrede, S. IV: „Man hat sogar in zwoen vornehmen Städten unserer Pfalz Vorschläge zur Errichtung einer gelehrten deutschen Gesellschaft gemachet, die vielleicht schon zu Stande gekommen wäre; wenn sich nicht Hindernisse in den Weg geleget hätten, die sich erst nach einiger Zeit werden heben lassen.“ Vgl. zu Hemmer Michio Kamitake: Johann Jakob Hemmer und sein Beitrag zur Verbreitung der neuhochdeutschen Schriftsprache in der Pfalz. Frankfurt a.M. 1987; Gerhard Bauer: „Di Fernunft siget.“ Johann Jakob Hemmers Kampf für die Durchsetzung der neuhochdeutschen Schriftsprache in der Kurpfalz. In: Mannheimer Hefte 1991, S. 45–59; Kai Budde: Johan Jakob Hemmer. Geistlicher, Sprachforscher, Physiker und Meteorologe. Horbach 2008; Academia Domitor – Studienforum Johann Jakob Hemmer e.V. (Hg.): Johann Jakob Hem-
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schweigen die Quellen sich in der Regel aus; erst zwei Berichte über spätere Gründungen lassen nähere Rückschlüsse zu. Wieder ist es der Blick letztendlichen Erfolgs auf vorangegangenes Scheitern, wenn Johann Ludwig Anton Rust über seine ersten Versuche in Anhalt schreibt: Als er in den Jahren 1751 und 1752 sich zu Dessau als Regierungs-Anwalt aufhielt, hatte er Gelegenheit, dieses sein Anliegen guten Freunden zu verstehen zu geben, er fand auch bei einigen Neigung dazu, jedoch die wenige Anzahl derselben und ihre Amtsverrichtungen, der Mangel eines Buchladens und eines gelehrten Briefwechsels, nebst andern Hindernissen machten auch dieses Unternehmen rückgängig, besonders da Unterschriebener nicht lange darauf als Gerichtshalter nach Gröbzig kam, wo er wegen seiner beschwerlichen und mühsamen Amtsverrichtungen um so weniger an dergleichen gelehrte Beschäftigungen denken konnte.150
Rusts Ambitionen erhielten erst wieder Nahrung, als er 1755 in Bernburg als Regierungskanzlist, später als Bibliothekar und Archivar151 arbeitete und mit dem Regierungs-Assessor und Anwalt Johann Gottfried Friedrich Spiegel den Plan zu einer Sozietätsgründung ventilieren konnte. „Allerhand widrige Zufälle“152 sowie Spiegels Berufung als Amtmann nach Plötzkau153 ließen Rusts Pläne wieder scheitern. Eben diese Amtsversetzungen brachten den bisherigen Gernroder Gerichtsamtmann Johann Friedrich Leberecht Reupsch als Regierungsund Konsistorialsekretär nach Bernburg. Mit diesem konnte Rust das Projekt schließlich verwirklichen.
|| mer (1733–1790) Geistlicher, Sprachforscher, erfolgreicher Physiker, Meteorologe und Vollender des Blitzableiters. Aachen 2008; Gerhard Bauer: Schreiben in Mannheim und in der Kurpfalz Karl Theodors. In: Alfred Wieczorek u.a. (Hg.): Lebenslust und Frömmigkeit. Kurfürst Karl Theodor (1724–1799) zwischen Barock und Aufklärung. 2 Bde. Bd. 1: Handbuch. Regensburg 1999, S. 373–385; Andreas Erb: Johann Jakob Hemmer und die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft in Mannheim. In: Gerhard Bauer u.a. (Hg.): „Di Fernunft Siget“. Der kurpfälzische Universalgelehrte Johann Jakob Hemmer (1733–1790) und sein Werk. Bern u. Berlin u.a. 2010, S. 125–148. 150 Aufzeichnung Johann Ludwig Anton Rusts vom 10. Juni 1761, LASA, Z 18 Abt. Bernburg, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 1f. 151 Vgl. LASA, Z 18, A 14 Nr. 7. 152 LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 2. 153 Spiegel immatrikulierte sich in Halle am 15. Juni 1746. – Vgl. UA Halle-Wittenberg, Rep. 46 Nr. 75: Alphabetisches Verzeichnis der Studierenden zu den Matrikeln der Universität Halle 1744–1825. Spiegel beklagte diese Versetzung später in einem Gesuch um Entlassung aus diesen Diensten u.a. mit der Anspruchslosigkeit seiner Tätigkeiten („durch diesen Beamten Dienst, welcher mehrenteils in kleinen und beständig ermüdenden Beschäftigungen bestehet, behindert worden, die nöthige Zeit auf gründliche Studia zu wenden, und meine erlernte Wissenschaften zu erweitern“). – Johann Gottfried Friedrich Spiegel an Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg, den 7. September 1762, LASA, Z 18, C 2b I Nr. 1, f. 42.
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Auch der Weg zu einer Sozietätsgründung am Gymnasium in Karlsruhe verlief alles andere als geradlinig, schwebte ihrem Initiator Johann Lorenz Böckmann doch eine höfische Institution vor. Böckmann hatte in den 1760er Jahren in Jena studiert154 und war der dortigen Deutschen Gesellschaft beigetreten.155 Nach seiner Ernennung zum Professor am Karlsruher Gymnasium reichte er bei Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach eine Denkschrift ein, deren Anliegen angesichts konkurrierender Sozietätsprojekte letztlich kein Gehör fand. Rust und Böckmann gelang es schließlich dennoch, eine Gesellschaft zu gründen: Rust, indem er in Bernburg am Hof und in der Stadt eine genügende Zahl von Personen antraf, die für sein Projekt zu begeistern waren, Böckmann vermutlich, indem er als Gymnasiallehrer genügend Schüler gewinnen konnte. In beiden Fällen waren es Änderungen des Umfelds, die den zweiten Anlauf zum Erfolg werden ließen. Die Gründungen vollzogen sich nicht im luftleeren Raum, sondern setzten ein Umfeld voraus, in dem man mit ausreichend Gleichgesinnten rechnen konnte, das aber auch die Möglichkeiten strukturierte und begrenzte.156 Im Folgenden soll die systematische Betrachtung der Gründungsprozesse daher entlang des Gründungumfelds erfolgen.
1.2.3 Rahmen Finden 1755, auf dem Höhepunkt der Mitgliederentwicklung, stellte das Göttinger Gesellschaftsmitglied Georg Adam Junker zu den Deutschen Gesellschaften selbstbewusst fest, „daß sie selten an Orten, wo keine hohen Schulen sind, zu einigem Flore gelangen“.157 Auch wenn die weitere Entwicklung der Sozietätsbewegung diesen Befund etwas relativieren sollte, bleibt festzuhalten: 20 von 38 Deut-
|| 154 Vgl. Friedrich Wilhelm Wucherer: Dem Angedenken des Verewigten Herrn Geheime Hofrath Böckmanns gewidmet. In: Magazin von und für Baden. Bd. 1 (1803), S. 5. 155 Die Mitgliedschaft belegt ein Stammbucheintrag vom 15. August 1764, StadtA Göttingen, StaBu 042, S. 114. 156 Für die Deutsche Gesellschaft in Bern führte Gabriel Hürner im Vorfeld der Gründung eine derjenigen von Rust sehr ähnliche Klage: „Die Bürgerschaft ist klein, und der größte Theil derselben genießet von den Einkünften des Standes oder suchet davon zu genießen, und hat in seinen Freunden und Verwandten, die am Ruder sitzen, eine Art von Vergnügen und Verbindung, die ihm nicht zuläßt, etwas Literarisches vorzunehmen.“ – Gabriel Hürner an Johann Jacob Bodmer, 1739, zit. nach: Johann Caspar Mörikofer: Die Schweizerische Literatur des achtzehnten Jahrhunderts. Leipzig 1861, S. 10. 157 Georg Adam Junker: Die Vortheile welche deutsche Gesellschaften hohen Schulen bringen. Göttingen 1755, S. 6.
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schen Gesellschaft wirkten in Universitätsstädten und waren auf verschiedenen Wegen mit der dortigen Universität verbunden, und diese zwanzig Gesellschaften machten 82 % der nachgewiesenen Mitgliedschaften aus. Aus der Sicht der Hochschulen sind an 17 von den 43 im deutschen Sprachraum um 1750 existierenden Universitäten Deutsche Gesellschaften entstanden.158 Der Anteil erhöht sich erheblich, wenn man die katholischen Universitäten, an denen sich keine Deutschen Gesellschaften gründeten, in Abzug bringt;159 nur wenige protestantische Hochschulen wie Duisburg, Rostock, Bützow und Herborn sind keine Gründungsorte geworden. In Kiel und Tübingen konstituierten sich Gesellschaften der schönen Wissenschaften, die den Zielen der Deutschen Gesellschaften nahestanden.160 Betrachtet man unter den protestantischen Universitäten die höher frequentierten, so sind sie alle zum Gründungsort einer Deutschen Gesellschaft geworden.161 Die Palette reichte von studentischen Zirkeln über nach universitärem Muster frei agierenden Zusammenschlüssen bis hin zu universitär privilegierten und fest in den Lektionskatalog integrierten Organisationen. Auch wenn nur wenige nominell als Einrichtung ihrer Hochschule gelten können, hatten alle die Existenz einer Universität am Sozietätssitz zur Voraussetzung, so dass es gerechtfertigt erscheint, Universitäten als wichtigste institutio-
|| 158 Die Zahl der Universitäten im deutschen Sprachraum hat das Jahr 1750 als Stichjahr und folgt Hanspeter Marti: Philosophieunterricht und philosophische Dissertationen im 17. und 18. Jahrhundert. In: Rainer Christoph Schwinges (Hg.): Artisten und Philosophen. Wissenschafts- und Wirkungsgeschichte einer Fakultät vom 13. bis zum 19. Jahrhundert. Basel 1999, S. 210. 159 Vgl. Kap. 3.3.4 Konfession; Harald Dickerhof: Die katholischen Universitäten im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation des 18. Jahrhunderts. In: Notker Hammerstein (Hg.): Universitäten und Aufklärung. Göttingen 1995, S. 21–47. Unter den paritätischen Universitäten Erfurt und Heidelberg hatte Heidelberg eine späte Gründung aufzuweisen. 160 Beide Gesellschaften haben zwar Sammelbände ihrer Schriften publiziert, müssen jedoch als unerforscht gelten. Vgl. zur Kieler Gründung Karl Jordan u. Erich Hofmann (Bearb.): Geschichte der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665–1965. Bd. 5, 2: Geschichte der Philosophischen Fakultät. Neumünster 1969; Schriften der Kielischen Gesellschaft der Schönen Wissenschaften. Kiel und Altona 1757; Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 8.1 Nr. 268 u. Abt. 47 Nr. 149; zur Tübinger Gesellschaft Bernhard Seuffert: Mitteilungen aus Wielands Jünglingsalter. In: Euphorion 14 (1907), S. 23–37; Johann Gottlieb Faber: Gedichte und Abhandlungen in ungebundener Schreibart. Tübingen 1753. 161 Anton Schindling unterteilt die Universitäten nach ihrer Immatrikulationsfrequenz; über 200 gleichzeitig immatrikulierte Studenten zählten die Universitäten Helmstedt, Tübingen, Straßburg, Königsberg und Wittenberg, während Leipzig, Jena, Halle und Göttingen über 600 Studenten aufweisen konnten. – Ders.: Die protestantischen Universitäten im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation im Zeitalter der Aufklärung. In: Hammerstein (Hg.): Universitäten und Aufklärung, S. 13.
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nelle Gründungsorte anzusprechen. Diesen Befund bestätigt die Selbstwahrnehmung der Gesellschaften, es dürften aber hohe Schulen aus vielen Gründen solchen einen bequemern Sitz zu ihrem Flore darbieten, wenn würdige Kenner von den Werken des Redners und Dichters unter den Lehrers derselben sich befinden, und man von einem Lehrer der Beredtsamkeit und Dichtkunst etwas mehreres fordert, als daß er in der Sprache der Gelehrten und den Alterthümern ein reichlich angefülltes SchulGedächtniß besitze.162
Dem „Hochschulwesen im weiteren Sinne“163 zuzurechnen sind die akademischen Gymnasien oder Gymnasia illustria, die mit den Universitäten eng verwandt und von diesen häufig nur durch das fehlende Promotionsrecht zu unterscheiden waren. Im Heiligen Römischen Reich war dies häufig der dezidiert calvinistischen Ausrichtung ihrer Stifter geschuldet, für die „Festigkeit im Bekenntnis und in der Gelehrtensprache“164 im Vordergrund standen. Das Latein als einzige Gelehrtensprache geriet auch dort zusehends in die Kritik.165 Für die Pflege der deutschen Sprache, Dichtung und Rhetorik bestanden somit den Universitäten ähnliche Voraussetzungen, verankert war diese Pflege zudem in der Sitte der Valediktionen, den Schulabschlussreden.166 Weniger günstig für die Etablierung Deutscher Gesellschaften stellte sich die geringe Größe der Insti-
|| 162 Johann Christian Stock: Der teutschen Gesellschaft zu Jena feyerlichste Begehung des zweyten Jubel Festes der Jenaischen hohen Schule kündigt in dieser Einladungs Schrift an. Jena 1758, S. 8f. 163 Willem Frijhoff: Grundlagen. In: Rüegg (Hg.): Geschichte der Universität in Europa. Bd. 2, S. 72. 164 So Friedrich Paulsen nach Jens Bruning: Das protestantische Gelehrtenschulwesen im 18. Jahrhundert: Pietismus – Aufklärung – Neuhumanismus. In: Notker Hammerstein u. Ulrich Herrmann (Hg.): Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte. Bd. 2: 18. Jahrhundert. Vom späten 17. Jahrhundert bis zur Neuordnung Deutschlands um 1800. München 2005, S. 282. Vgl. exemplarisch für das Gymnasium illustre in Zerbst Joachim Castan: Hochschulwesen und reformierte Konfessionalisierung. Das Gymnasium Illustre des Fürstentums Anhalt in Zerbst, 1582–1652. Halle a.d.S. 1999. 165 Vgl. exemplarisch Michael Rocher: Introducing the Teaching of Foreign Languages in Grammar Schools. A Comparison between the Holy Roman Empire and the Governorate of Estonia (Estonia). In: Vladislav Rjéoutski u. Willem Frijhoff (Hg.): Language Choice in Enlightenment Europe. Education, Sociability, and Governance. Amsterdam 2018, S. 143–167; Andreas Erb: Deutsche Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 92 (2021), S. 479–498. 166 Vgl. Heinrich Bosse: Dichter kann man nicht bilden. Zur Veränderung der Schulrhetorik nach 1770. In: Ders.: Bildungsrevolution, S. 195. Diese Valediktionen sind bspw. im Archiv der Landesschule Pforta überliefert. Ein Bezug zu der gleichzeitigen Deutschen Gesellschaft ist jedoch nicht festzustellen. – Vgl. die dortigen Valediktionen 1740/1741.
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tute mit häufig weniger als hundert Schülern167 dar. Insgesamt ist für die gymnasialen Deutschen Gesellschaften auch eine schlechtere Quellenlage zu konstatieren, die häufig in einzelnen Schulprogrammen und Erwähnungen besteht.168 Lediglich die 1748 am Bremer Gymnasium gegründete Gesellschaft kann als vergleichsweise gut dokumentiert gelten. Mit insgesamt zwölf bekannten Sozietäten, die knapp zehn Prozent der insgesamt nachweisbaren Mitgliedschaften ausmachen, waren sie jedoch keineswegs marginal. Wie stark diese Sozietäten an den Universitäten und Gymnasien tatsächlich integriert waren, soll später betrachtet werden.169 Damit ist allerdings noch keine Aussage getroffen, welche Persönlichkeiten oder Gruppen an den Hochschulen bei den Gesellschaftsgründungen denn tatsächlich treibende Kraft waren. Wenn Friedrich Wilhelm Ellenberger 1759 in seiner Vorstellung der Deutschen Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Halle „einige Liebhaber der schönen Wisenschaften und der deutschen Sprache“ als Anreger nannte,170 zeugt dies eher von der Scheu, ein schwieriges Thema zu berühren. Zwar mangelt es zu vielen Gründungsprozessen nicht an Akteuren, die aus der Erinnerung berichten. Über die mit dieser Quellengattung häufig einhergehenden Vereinfachungen und Verklärungen hinaus aber sind sie mit Vorsicht heranzuziehen, weil sich manche Deutsche Gesellschaften mit ihren Gründern und Vorstehern entzweiten und ihnen die Ehre der Gründung gerne aberkannten. Dass die Wahrheit in diesem Kampf um Erinnerung und Deutungshoheit keineswegs immer die Gewinnerin war, liegt auf der Hand. Ebenso verbittert wie öffentlichkeitswirksam wurde die Auseinandersetzung in Jena ausgetragen, wo Johann Andreas Fabricius nach internen Machtkämpfen aus der Teutschen Gesellschaft ausgeschieden war. Schon das Protokoll seiner Amtsniederlegung liest sich als Schlachtfeld im Kampf um die Memoria. Bescheinigte der ursprüngliche Eintrag des Buchhalters Johann Matthäus Apfel ihm noch eine vornehme Mitgliedschaft „in Ansehung der geschehenen Stiftung der Gesellschaft“, so versah der später eingetretene Sekretär Johann Michael Keck diesen Eintrag mit der Anmerkung „ein Zusatz des damaligen untreuen Buchhalters“.171 || 167 Vgl. Bruning: Das protestantische Gelehrtenschulwesen, S. 309 168 Vgl. exemplarisch zu den Quellen- und Darstellungsproblemen Erb: Deutsche Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. 169 Vgl. Kap. 6.6 Integrieren. 170 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 71. 171 Protokolleintrag vom 15. Juli 1730, ThULB Ms. Prov. q 78, f. 11r, mit undatierter Anmerkung, die entsprechend den Mitgliedschaftsdaten Kecks zwischen Dezember 1730 und Juni 1733 entstanden sein muss.
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Abb. 1: Protokolleintrag und Nachträge zu den Streitigkeiten um Fabricius, 1730, 1733, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 11r
Protokolleintrag und Nachträge zu den Streitigkeiten um Fabricius, 1730, 1733, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 11r Der Streit um die Urheberschaft blieb nicht im Protokollbuch verschlossen.172 Ein Kreis schlesischer Studenten publizierte eine Version der Entstehungsgeschichte, die Fabricius nur als anonyme Person kannte, dessen „wunderliche Aufführung“173 viele Mitglieder der Gesellschaft entfremdet habe. Der Beleidigte reklamierte in den Altonaischen Gelehrten Zeitungen seine eigenen Verdienste und forderte eine Gegendarstellung heraus.174 Nach einer weiteren Polemik Fabricius’175 sah sich auch seine Hochschule, das Braunschweiger Collegium Carolinum, genötigt einzuschreiten.176 Nach eigener Darstellung versuchte Johann Andreas Fabricius als Mitglied der Leipziger Deutschen Gesellschaft seit 1725, eine ähnliche Sozietät an seinem neuen Wirkungsort Jena zu gründen.177 Seine rhetorischen Lehrbücher178 empfahlen ebenfalls die Bildung von || 172 Vgl. ausführlich Marwinski: Fabricius, S. 42–45. 173 Vom Leben und Absterben wie auch andern Veränderungen derer Hrn. Gelehrten. In: Gelehrte Neuigkeiten Schlesiens. Im December 1734, S. 463. 174 Vgl. die Würdigung von Hermann Adolf LeFèvre in: Altonaische Gelehrte Zeitungen auf das Jahr 1745. Stück LVIII vom 29. Juli, S. 473, sowie einen angeblich von einem Freund Fabricius’ stammenden Brief in: Ebd. Stück LXXVI vom 30. September, S. 619–621, und die Replik in: Stück LXXXVII vom 8. November, S. 709–711. 175 [Johann Andreas Fabricius]: Vertrauter Brieff-Wechsel über einige unvernünftige Recensiones in den Altonaischen so genanten Gelehrten Zeitungen, Freiberg [Helmstedt] 1746. 176 Vgl. dazu StAW, 2 Alt 16163; Dieter Cherubim: Gottsched in Braunschweig. In: Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte 88 (2007), S. 120–128. 177 Vgl. Schreiben von Johann Andreas Fabricius [ohne Titel]. In: Thüringische Nachrichten von Gelehrten Sachen auf das Jahr 1736. Num. III, S. 85.
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Gesellschaften zur Einübung dieser Fertigkeiten. Der ersten Versammlung wohnte er nicht bei,179 er hatte aber an der Abfassung der Gesetze maßgeblichen Anteil, und schon früh fanden die Versammlungen in seinem Hörsaal statt.180 Eine maßgebliche Rolle bei der Gründung als Ideengeber und Organisator dürfte ihm also zu attestieren sein.181 Einer ähnlichen Konfliktlage begegnet man in Bremen. Auch dort verzichtete der Vorsteher Samuel Christian Lappenberg aus nicht mehr bekannten Gründen auf sein Amt.182 Seine Abschiedsrede handelte „von der Ehrfurcht, die man der Nachwelt schuldig ist“.183 Dass er wider die Satzung nicht zu einem Stiftungsfest eingeladen worden war, nahm er 1752 zum Anlass, sich in beleidigtem Ton gänzlich aus der Gesellschaft zurückzuziehen.184 Nach und nach verfiel er der damnatio memoriae: Der noch kurz vor Lappenbergs Amtsniederlegung eingetretene spätere Sekretär Johann Philipp Cassel thematisierte Lappenbergs Part bei der Entstehung nicht.185 Johann Heinrich Oest stellte die Idee zur Gründung als sein eigenes Werk und das des Mitgymnasiasten Eoban Christian Achenbach dar. Die || 178 Johann Andreas Fabricius: Philosophische Oratorie, Das ist: Vernünftige Anleitung zur gelehrten und galanten Beredsamkeit, wie sich selbige so wohl in öffentlichen reden, als auch im täglichen umgang, bey allerhand materien, auf mancherley art [...] zeigen müsse. Leipzig 1724; ders.: Vernünftige Grundregeln zum Parentiren. Jena 1728. 179 Vgl. die Liste bei Marwinski: Fabricius, S. 21. 180 Vgl. ebd., S. 23. 181 Auch sein Nachfolger Gottlieb Stolle, der von seinen Gegnern als Aufseher vorgeschlagen worden war, bescheinigte ihm, er habe „den Grund dazu geleget.“ – Ders.: Gantz neue Zusätze und Ausbesserungen der Historie der Philosophischen Gelahrtheit. Jena 1736, S. 34. Stolles spätere Rolle hat dazu geführt, ihn vorschnell als Gründer der Teutschen Gesellschaft zu bezeichnen. – Vgl. Joachim Bauer, Gerhard Müller u. Thomas Pester: Jena. In: Handbuch kultureller Zentren der Frühen Neuzeit. Städte und Residenzen im alten deutschen Sprachraum. Bd. 2. Berlin u. Boston 2012, S. 1010. 182 Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 39f., der unter den möglichen Ursachen auch eine Liebesbeziehung Lappenbergs anführt. 183 Protokolleintrag vom 3. September 1749 bei Heinrich Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft. In: Mitteilungen aus der Stadtbibliothek in Bremen 3 (1911), S. 68. 184 „Ich zähle schon die Menge der gelehrten Arbeiten, und die Zahl der schönen Geister und großen Männer, die aus dieser vortrefflichen Gesellschaft hervorquillen werden, und ich kann es Ihnen nicht genug beschreiben, mit was vor einer obwaltenden Ehrfurcht ich mir eine solche Gestalt der Gesellschaft vorstelle, davon die alte ehemalige Gesellschaft, welche auch mich unter ihren Mitgliedern zählete, nur ein dunkles Schattenbild gewesen ist.“ – Lappenberg an die Deutsche Gesellschaft Bremen, den 22. Juli 1752, SUB Bremen, Bremensia b 440 Nr. III, f. 180. Das ebd., f. 181f., befindliche Antwortschreiben der Gesellschaft versuchte, noch Brücken zu bauen, führte aber offenkundig nicht zum Erfolg. 185 Vgl. Johann Philipp Cassel: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft in Bremen und deren bisherigen Mitgliedern, SUB Bremen, Bremensia b 439, f. 1, der lediglich zwölf Studierende als Gründungsmitglieder nennt.
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Mitglieder suchten „einen Mann in der Stadt […], der Ansehen und Haushaltung besäß“; die Wahl fiel auf Oests Rat hin auf „Herrn Subrector Lappenberg“.186 Ihres geringen Ranges halber ließen sie ihm brieflich eine anonyme Werbung zustellen, auf deren Basis sie mit ihm ins Gespräch kamen und ihn für den Vorsitz gewinnen konnten. Oests Darstellung scheint plausibel; sie widerspricht nicht den übrigen Quellen, und eine Urheberschaft Lappenbergs für die Gesellschaft hat dieser selbst offenbar nie behauptet. Einer Gründung durch ihn steht überdies entgegen, dass Lappenberg gar nicht an dem reformierten Gymnasium illustre unterrichtete, wo die Mitglieder studierten, sondern an der lutherischen Konkurrenzgründung, dem Athenäum. Als bloße Galionsfigur sollte er gleichwohl nicht betrachtet werden, räumt doch selbst Oest Lappenberg als ehemaligem Mitglied der Deutschen Gesellschaft Göttingen Anteil an der Endfassung der Gesetze ein, und an den Sitzungen hat er von Anfang an teilgenommen. Es waren nicht immer nur spätere Konflikte, die die Sicht auf die Gründungsvorgänge verstellen konnten. In Leipzig setzte sich in der gesellschaftlichen Chronistik schon im 18. Jahrhundert eine teleologische Sicht durch, nach der diese sich von Beginn an unter der Aufsicht Johann Burckhardt Menckes der Pflege und Besserung der deutschen Sprache gewidmet hätten.187 Die erste Nachricht in Christoph Ernst Siculs Leipziger Annalen hingegen schildert Geschehnisse, die den Vorgängen in Jena und Bremen sehr ähneln: […] da ein paar gute Freunde / namentlich Joh. Christoph Haßfurth und Joh. Christoph Urban […] / zusammen kamen / und durch allerhand Poetische Einfälle sich die Abend Stunden dermaßen nutzbar verkürtzten / daß einer des andern Arbeit scharff doch wohlmeynend beurtheilte. Wie sichs nun eben zu der Zeit zutrug / daß von […] Joh. Burchard Mencken P.P. / […] ein Collegium poeticum angeschlagen ward / und sich in demselben […] durch besondere Fügung lauter Görlitzer einfanden; Also wurde die beliebte Vers=Übung nicht allein währenden Collegio fleißig getrieben / sondern auch / nach dessen Endschafft von den nun einmal zusammen gewohnten Gliedern desselben dergestalt fortgesetzet / daß sie gewisse leges […] machten: […] Um aber dieses löbliche Werck in noch mehrere Aufnahme zu setzen […] hat sich der vorher gedachte Rath Mencke / in Ansehen / daß er dieß Collegium mit veranlasset / auf jüngst beschehenes Ersuchen gefallen lassen / das Patrocinium über dasselbe zu übernehmen / mithin ihm benötigten Rath und Hülffe zu gönnen und zu leisten.188
|| 186 Vgl. Johann Heinrich Oest: Versuch einer Kritischen Prosodie, oder Anmerkungen und Regeln über das Syllbenmaaß der Alten, vornehmlich Griechen und Lateiner nebst einer Beurtheilung des neueren Deutschen Hexameters und der vermischten feineren Syllben-Grössen bey einigen unserer jüngeren Dichter. Frankfurt a.M. 1765, Neuere Vorrede, o.S. 187 Vgl. zu dieser Deutung und ihrer Kritik Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 45f. 188 Christoph Ernst Sicul: Leipziger Jahr=Geschichte 1719 oder des bisherigen Leipziger Jahr=Buchs zu dessen Andern Bande Erste Fortsetzung. Leipzig 1720, S. 55f.
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In der Darstellung des offensichtlich gut informierten Sicul189 geht die Gründung von Görlitzer Studenten aus, die sich zwar in Menckes Kollegium zusammenfinden, durch ihn aber nicht zu einer Gesellschaft geformt werden. Gegen eine Urheberschaft Menckes sprechen nicht nur Sicul, sondern auch der Umstand, dass diese sich dezidiert auf Absolventen des Görlitzer Gymnasiums beschränkte; ein Grund für Mencke, ‚seine‘ Sozietät landsmannschaftlich anzugrenzen, ist nicht zu erkennen. Wesentlich plausibler ist, dass die studentischen Gründer die Protektion ihres ‚Taufpaten‘ suchten, um eine ständig in ihren Mitgliedern fluktuierende Gesellschaft institutionell zu verfestigen. Menckes Renommee und seine kontinuierliche Ausübung des Vorsitzes haben das ihre dazu beigetragen, ihn in den Augen der Nachwelt auch zum Gründer zu stilisieren. Parallele Entstehungskonstellationen sind in Göttingen zu beobachten, nachdem dort ein von dem Helmstedter Theologen und Ehrenpräsidenten der Leipziger Deutschen Gesellschaft, Johann Lorenz von Mosheim, angeregtes Sozietätsprojekt auf dem Papier geblieben war. Bald nach Gründung der Universität ergriffen Studenten des Philologischen Seminars die Initiative, sie beschlossen eine Gründung und die dazugehörigen Statuten, wählten den Senior des Seminars, Johann Christian Brösted, zum Senior der Gesellschaft und den Theologiestudenten Carl Ludwig Harding zu deren Sekretär. Letzterer protokollierte: „Habe ich auf Gutbefinden der Gesellschaft, unser Vorhaben und redliche Absichten den Herrn Profeßor Geßner eröffnet, dem selben die Praesidenten Stelle angetragen, und den Entwurff unser Gesetze vorgezeiget.“190 Da Präsident und Gesellschaft fortan einvernehmlich agierten, entstanden auch keine abweichenden Gründungserzählungen, so dass Johann Mathias Gesner der folgenden Mitgliedergeneration offen berichtete: Ernstlicher von der Sache zu reden, so war bey dem Anfange der Gesellschaft niemand vorhanden, zu dem sich die Mitglieder derselben mit mehrerem Vertrauen wenden können, als zu mir. Sie waren alle aus andern Ursachen schon meine Freunde und Bekannte. Bey ihren gar kleinen Umständen durften sie es nicht wagen eine sonst ansehnliche Person zu ihrem vorsitzenden Mitgliede zu erwehlen. Sie musten sich besorgen fast auf eben die Art abgewiesen zu werden, als die Bäume in der heiligen Fabel des Jotham.191
Gesner also griff diese Initiative auf und konnte der Neugründung mit den Studenten des von ihm geleiteten philologischen Seminars ein wesentliches Rekrutierungsfeld verschaffen. Zugleich ermöglichte es ihm diese Position, binnen zwei Jahren eine königliche Bestätigung zu erreichen. || 189 So kann er auch die Namen der ersten Mitglieder angeben. – Vgl. ebd., S. 56f. 190 Protokolleintrag vom 21. Juni 1738, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 69. 191 Johann Matthias Gesner: Als Herr Professor Claproth das Seniorat derselben übernahm. In: Ders.: Kleine Schriften. Göttingen u. Leipzig 1756, S. 217.
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Gerade an Gymnasien kam es häufig vor, dass Schüler sich ohne Konsultierung eines Lehrers als Zirkel zusammenfanden und schließlich eine Sozietät begründeten. Erneut kommt man für die Frühgeschichte an Hamburg nicht vorbei, an dessen Gymnasium von dem Schüler Peter Amsinck mit der Gesellschaft zur Aufnahme der deutschen Sprache und der freien Künste 1737 die erste gymnasiale Deutsche Gesellschaft überhaupt gegründet wurde. Zwei Jahre später schlossen sich fünf Schüler in einem Freundschaftsbund an der Landesschule Pforta zusammen, während sich am Zürcher Collegium Carolinum drei Schüler zur Wachsenden Deutschen Gesellschaft und 1752 in Danzig ebenfalls drei Schüler zur Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften vereinigten. Die Leitung gymnasialer Gesellschaften durch Mitglieder des Lehrkörpers ist dagegen neben der bereits geschilderten Bremer Gesellschaft noch an der Meißener Fürstenschule St. Afra mit dem Lehrer der Tertia, Christian Friedrich Weiße,192 sowie Kronstadt unter Vorsitz des Orators Stephan von Closius um 1766193 nachweisbar. Seltener dagegen kam es vor, dass Universitätsstudenten eine Gesellschaft ins Leben riefen und sie ohne Anleitung aus dem Lehrkörper weiterführten. In den Quellen belegt ist dies in der zweiten Jahrhunderthälfte für die Universitäten Altdorf und Heidelberg, wo beide Gesellschaften sich wohl nicht zuletzt deswegen als Deutsche Privatgesellschaft bezeichneten. Beide Vereinigungen waren indes weit eher als Freundeszirkel ähnlich dem Göttinger Hainbund ausgelegt und ohne Kontinuität versprechende Dozenten nicht von langer Dauer. Ihr Beispiel wirft Licht auf die Frage nach der ‚Autorschaft‘ Deutscher Gesellschaften. Sie können keinesfalls als das Werk eines Einzelnen bezeichnet werden, der – ob Student oder Dozent – eine Gesellschaft im Alleingang aus dem Boden gestampft hätte. Auch in den schemenhaften und nachträglich verzeichneten Umrissen erscheint die Gründung als Zusammenwirken von Schülern und Lehrern. Erstere haben die Gründung offensichtlich angeregt, sich versammelt und die weitere Entwicklung getragen. Sie benötigten aber eine Lehrerpersönlichkeit, die über ausreichend Reputation und Erfahrung an der Hochschule verfügte und als Dozent die Kontinuität auf der Leitungsebene sicherstellen konnte. Johann Andreas Fabricius und Johann Matthias Gesner konnten außerdem darauf verweisen, bereits in der Leipziger Muttergesellschaft mit dieser Geselligkeitsform bekannt geworden zu sein. Selbst wenn spätere || 192 Vgl. Peter: Pflege der deutschen Poesie auf den sächsischen Fürstenschulen, S. 23–69; Detlef Döring: Die Fürstenschule in Meißen zur Zeit des jungen Lessing. In: Jonas Flöter u. Günther Wartenberg (Hg.): Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen. Interaktion von lutherisch-humanistischem Erziehungsideal und Eliten-Bildung. Leipzig 2004, S. 83–110. 193 Vgl. Julius Groß: Georg Michael Gottlieb von Herrmann und seine Familie. Kronstädter Kultur- und Lebensbilder. In: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde N.F. 22 (1889), S. 125, Anm. 1.
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Konfrontationen es nicht gerade nahelegen, waren die Gründungen das Werk beider Parteien, die mindestens in der formativen Phase einander auch brauchten. An den Universitäten lag es nahe, die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit in die Hände eines Dozenten für Rhetorik und Poesie zu legen, galten diese doch als Motoren für „‚literarisch‘ ausgerichtete Veranstaltungen“.194 Da die Rhetorik zudem Teil des akademischen Propädeutikums war, das jeder angehende Gelehrte zu durchlaufen hatte, boten sie auch die Möglichkeit, Studenten jeder fachlichen Ausrichtung mit den Angeboten der Deutschen Gesellschaften zu erreichen.195 Der philosophischen Fakultät, an der diese Fächer angesiedelt waren, gehörten auch die meisten Gründer bzw. Leiter an, allen voran natürlich Johann Christoph Gottsched, der als Magister legens an der Universität Leipzig wirkte.196 Zu nennen sind als Mitglieder des Lehrkörpers der Philosophischen Fakultät etwa für Helmstedt Christian Ernst von Windheim,197 in Göttingen der Leiter des Philologischen Seminars Johann Matthias Gesner198 oder in Halle der außerordentliche Professor für Philosophie Friedrich Wilhelm Ellenberger.199 Johann Daniel Titius gehörte auch als Professor der niederen Mathematik der philosophischen Fakultät in Wittenberg an.200 Ausgewiesener Rhetorik- und Poetikprofessor war dagegen Johann Georg Bechthold in Gießen,201 und Georg Andreas Will übernahm im Jahr nach der Gesellschaftsgründung das ordentliche Lehramt der Poetik in Altdorf.202 In Königsberg gründete Cölestin Christian Flottwell die Deutsche Gesellschaft im Kontext der Einrichtung einer Professur für deutsche Beredsamkeit.203
|| 194 Robert Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat – Funktionszusammenhänge des Literaturbetriebs in Hessen-Darmstadt zur Zeit der Spätaufklärung. Tübingen 2003, S. 101, der sich hier auf die Universität Gießen bezieht. 195 Vgl. Barner: Barockrhetorik, S. 409. 196 Vgl. dazu ausführlich Hanspeter Marti: Gottsched als Universitätslehrer. In: Achermann (Hg.): Johann Christoph Gottsched (1700–1766), S. 269–292. 197 Vgl. Paul Tschackert: Art. Christian Ernst von Windheim. In: ADB 43 (1898), S. 388–390; Professorenkatalog der Universität Helmstedt. URL: http://uni-helmstedt.hab.de/index.php? suche1=name&pnd1=&muster1=Windheim&submit=Suchen [28.12.2018]. 198 Vgl. Reinhold Friedrich: Johann Matthias Gesner. Sein Leben und sein Werk, Roth 1991. 199 Vgl. Julia Schopferer: Art. Friedrich Wilhelm Ellenberger von Zinnendorf. In: Catalogus professorum Halensis. URL: http://www.catalogus-professorum-halensis.de/ellenberger-friedrichwilhelm.html [27.12.2019]. 200 Vgl. Andreas Erb: Titius (Tietz, Tietze), Johann Daniel. In: Sächsische Biografie. Hg. v. Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde e.V. Bearb. v. Martina Schattkowsky. URL: http://www.isgv.de/saebi/ [27.12.2019]. 201 Vgl. Seidel: Gelehrtensozietät oder Seminar?, S. 47f. 202 Vgl. zu ihm Manfred Laske: Georg Andreas Will (1727–1798) – sein Wirken an der Universi-
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Auch in den Lebensläufen anderer Gründergestalten war die Philosophische Fakultät keineswegs reine Durchgangsstation gewesen. Auch wenn Johann Nicolaus Seip später den Pfarrberuf ergriff, las er in Marburg über Philosophie.204 Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr versah in Frankfurt an der Oder zwar die Professur für Geschichte und des Natur- sowie Völkerrechts, hatte seine bisherige Laufbahn in Wittenberg, Leipzig und Göttingen aber an der Philosophischen Fakultät absolviert. Die Erlanger Deutsche Gesellschaft leitete Kaspar Jacob Huth zwar als Professor für Theologie, er hatte zuvor in Jena aber über Rhetorik und Poesie gelesen.205 Als Ausnahmen sind dagegen der Juradozent Augustin Balthasar in Greifswald und Johann Jakob Plitt in Rinteln als Theologieprofessor206 zu nennen. In Jena sah man die Verortung der Teutschen Gesellschaft an der Philosophischen Fakultät als unbedingt erforderlich an und wollte es gegenüber dem ursprünglichen Statutenentwurf ausdrücklich festgeschrieben wissen, dass „den [Aufseher] man niemales, ohne Noth, außer der Hochlöbl. Philosophischen Facultät erwählen wird“.207 Die Philosophische Fakultät, die man daher am ehesten als institutionellen Ort der Deutschen Gesellschaften an den Universitäten bezeichnen kann, war in der Hierarchie der Fakultäten und der materiellen Ausstattung ihrer Dozenten von allen vier Fakultäten am schlechtesten gestellt. Es waren meist keine fest etablierten Hochschullehrer, sondern ambitionierte Vertreter des ‚Mittelbaus‘; Fabricius etwa verkörperte das „Musterbeispiel für eine Gelehrtenexistenz in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf der mittleren Ebene“.208 Inwieweit sie eine Deutsche Gesellschaft als Leiter ihres gelehrten Aufstiegs betrachteten, lässt sich nur vermuten. Auch die Annahme, die 1750 erfolgte Berufung von Rudolf Wedekind auf eine außerordentliche Professur sei seinem Engagement
|| tät Altdorf. In: Altnürnberger Landschaft e.V., Mitteilungen 50 (2001), S. 594–612; Friedrich Bock: Georg Andreas Will. Ein Lebensbild aus der Spätzeit der Universität Altdorf. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 41 (1950), S. 404–427. 203 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 14f., 23f. In den einschlägigen Akten wird allerdings weder seitens Flottwells noch seiner Gegner an der Universität auf die Gesellschaft Bezug genommen. – Vgl. Archiwum Państwowe w Olsztynie, Uniwersytet Albrechta w Królewcu, 42/1646/427. 204 Vgl. Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte, seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Bd. 14. Kassel 1804, S. 171. 205 Vgl. Jordahn: Georg Friedrich Seilers Kindheit, S. 137. 206 Vgl. Hermann Dechent: Art. Johann Jakob Plitt. In: ADB 26 (1888), S. 307–309. 207 Abänderungen der Universität am Entwurf der Gesetze, 29. Dezember 1729, Art. 4, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (1), f. 5. 208 Marwinski: Fabricius, S. 94.
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in der Deutschen Gesellschaft zu verdanken, ist nicht gesichert.209 Dass die meisten Schlüsselfiguren der Deutschen Gesellschaften diese an der philosophischen Fakultät ansiedelten, hängt vor allem mit dem Anspruch zusammen, den diese Fakultät im Verlauf des 18. Jahrhunderts immer stärker verfocht.210 Wieder ist Christian Wolff Kronzeuge, wenn er die überkommene Rolle dieser Fakultät als Propädeutikum in die einer unverzichtbaren Grundlagenwissenschaft umwertet, die „aus vielfältigen Ursachen als eine Haupt=Facultät anzusehen“211 sei. Den Hauptfakultäten erkannte er zwar eine wichtige Rolle bei der Berufsqualifizierung für Kirche, Justiz und Medizinalwesen zu, wollte die verbliebenen Tätigkeiten im Staatsdienst aber in die Hände der Philosophischen Fakultät gelegt wissen. Gemäß dem Akzent, den Wolff auf logisches, ‚gründliches‘ Denken und eine präzise Begrifflichkeit legt, wird man finden, daß dasjenige, was bey denen übrigen Facultäten nicht zu erhalten, bey der Philosophischen gesucht werden muß, und solchergestalt sie diejenigen Gelehrten erziehen muß, die man zu Staats=Bedienungen, zum Cammer= und Finanzien=Wesen zu Verwaltung des Policey=Wesens, zum Kriege und zu Schul=Leuten brauchen kann.212
Da diese Brauchbarkeit muttersprachliche Kompetenz einschloss, war es nicht nur die Anhängerschaft vieler Fakultätsmitglieder an Christian Wolff, sondern auch nur folgerichtig, die nützliche Pflege der deutschen Sprache, Literatur und Beredsamkeit gerade dort anzusiedeln, wo ihnen eben dieser Nutzen am größten schien. || 209 Vgl. Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 34. 210 Vgl. dazu Regina Meyer: Das Licht der Philosophie. Reformgedanken zur Fakultätenhierarchie im 18. Jahrhundert von Christian Wolff bis Immanuel Kant. In: Hammerstein (Hg.): Universitäten und Aufklärung, S. 97–124. Gegenstand der Arbeit sind v.a. die einschlägigen Programmschriften, deren Häufigkeit eher eine Nichtumsetzung dieser Programme für den Untersuchungszeitraum vermuten lässt. Eine institutionengeschichtliche Untersuchung dieser Frage bleibt ein Desiderat. Den Versuch einer Aufwertung der Philosophischen Fakultät anhand der Leipziger gedruckten Dissertationen diskutiert Marti: Das Bild des Gelehrten, S. 65–69. 211 Christian Wolff: Unmaßgebliche Gedancken von Einrichtung einer Universität in Deutschland. In: Des Weyland Reichs-Freyherrn übrige theils noch gefundene Kleine Schriften und Einzelne Betrachtungen zur Verbesserung der Wissenschaften. Halle a.d.S. 1755, S. 62. Vgl. auch Albrecht: Wolff an den deutschsprachigen Universitäten, S. 428. 212 Wolff: Unmaßgebliche Gedancken, S. 60. Vgl. zur Frage der Berufsqualifizierung an der Philosophischen Fakultät aus soziologischer Sicht Rudolf Stichweh: Die soziale Rolle des Professors der philosophischen Fakultät. Ein Fall von Professionalisierung? Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert. In: Schwinges (Hg.): Artisten und Philosophen, S. 335–350; Grimm: Letternkultur, S. 150–153; einführend zur Bedeutung der Philosophischen Fakultät Notker Hammerstein: Vom Rang der Wissenschaften. Zum Aufstieg der Philosophischen Fakultät. In: Ders.: Geschichte als Arsenal. Ausgewählte Aufsätze zu Reich, Hof und Universitäten der Frühen Neuzeit. Hg. v. Michael Maaser u. Gerrit Walther. Göttingen 2010, S. 185–197.
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Die ausgeprägte fachliche Nähe der Schlüsselfiguren zu solchen Tätigkeitsfeldern ist jedoch nicht das einzige Moment, das den universitären Betrieb mit den Deutschen Gesellschaften verband. Nicht zu unterschätzen sind die Strukturen des gemeinschaftlichen Lehrens, Lernens und Lebens, die vielen Gründungen mehr als nur förderlich gewesen sein dürfte. Üblicherweise boten Dozenten neben den öffentlichen Lehrveranstaltungen gegen Entgelt auch Privatvorlesungen an.213 In Gießen betrieb der sonst wenig angesehene Johann Georg Bechthold214 eine Gesellschaftsgründung nach diesem Muster, da er „sich durch das attraktive Angebot eine Vermehrung seiner Studentenzahlen (und damit der Hörergelder) versprechen mochte und seine Lehrveranstaltungen offenbar allmählich mit den Aktivitäten der Gesellschaft abstimmte“.215 In Wittenberg ging die zweite Gründung von dem Kreis aus, der sich um den Professor Johann Daniel Titius zu oratorischen Übungen versammelte.216 Noch die Übungen im deutschen Stil, die Friedrich August Wiedeburg 1777 ankündigte, können als Versuche gelesen werden, die kaum noch bestehende Teutsche Gesellschaft in Jena zu beleben.217 Eine wohl noch wichtigere Rolle spielte die Praxis mancher Lehrenden, sogenannte Tischgesellschaften zu unterhalten. Dort wurden in einer überschaubaren Gruppe bei gemeinsamem Mahl Texte verlesen und Kasualproduktionen für Mitglieder verfertigt, die Gruppe verfügte über ein Beitragssystem und einen Senior mit disziplinarischer Kompetenz, der auch Strafgelder bei Versäumnissen der Teilnehmer abfordern konnte.218 Solche Parallelen zu den Praktiken der || 213 Vgl. dazu die Darstellung der einzelnen Schattierung universitärer Lehrbeziehungen für Jena bei Stefan Wallentin: Fürstliche Normen und akademische „Observanzen“. Die Verfassung der Universität Jena 1630–1730. Köln, Weimar u. Wien 2009, S. 205–238; Johan Lange: Die Gefahren der akademischen Freiheit. Ratgeberliteratur für Studenten im Zeitalter der Aufklärung (1670–1820). Sigmaringen 2017, S. 60; Ewald Horn: Kolleg und Honorar. Ein Beitrag zur Verfassungsgeschichte der deutschen Universitäten. München 1897. 214 Bechthold war als „Herr Stax“, „Quodammodarius“ oder „Grundsuppenschwabe“ verschrien. – Vgl. Friedrich Christian Laukhard: Leben und Schicksale: von ihm selbst beschrieben, und zur Warnung für Eltern und studierende Jünglinge herausgegeben. Teil 1. Halle a.d.S. 1792, S. 81. 215 Seidel: Gelehrtensozietät oder Seminar?, S. 47f. 216 Vgl. Adolph Günther von Haugwitz: Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Wittenberg. Wittenberg 1763, S. 11. 217 Wiedeburg spricht zwar von einer Vorlesung, legt diese jedoch durch eigene Ausarbeitungen der Studenten und wechselseitige Kritik wie die von ihm geleitete Teutsche Gesellschaft an und bezeichnet die Teilnehmer der Übung auch als „Mitgliede[r] der Gesellschaft“. – Friedrich August Wiedeburg: Ueber das Studium des deutschen Stils aus einer Vorlesung in der herzoglichen deutschen Gesellschaft zu Jena. Jena [1777], S. 14. 218 Vgl. dazu ausführlich Felicitas Marwinski: Die Jenaer Tischgesellschaften des 17. Jahrhunderts als Vorläufer studentischer Organisationen. In: Ernst Schmutzer (Hg.): Jena soll leben. Beiträge zum historischen Studentenleben an der Universität Jena. Jena 1991, S. 95–121; Elizabeth
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Deutschen Gesellschaften waren alles andere als zufällig; vielmehr lässt sich in mehreren Fällen nachweisen, dass diese ihre Keimzelle in universitären Tischgesellschaften besaßen. In Helmstedt war es der Haushalt des Theologieprofessors Johann Lorenz von Mosheim, wo dessen Schüler und Schwiegersohn Christian Ernst von Windheim eine Deutsche Gesellschaft gründete, die nach Auskunft ihrer Mitglieder „aus der Mosheimischen Familie und deren Hausgesellschaft“219 bestand. Der Greifswalder Dozent Augustin Balthasar unterhielt eine Tischgesellschaft, die unter anderem aus den in Greifswald studierenden Grafen Malte Friedrich und Anselm Karl von Putbus samt ihrem Lehrer bestand.220 Dass die Gesellschaft unter seinem Vorsitz in seinem Hause mit den beiden Grafen als Mitgliedern tagte, macht eine tragende Rolle der Tischgesellschaft Balthasars mehr als wahrscheinlich. Umgekehrt konnten bestehende Deutsche Gesellschaften die Haushalte ‚ihrer‘ Dozenten als Rekrutierungsfeld nutzen; 1746 begründete der neu verheiratete Flottwell in Königsberg eine Tischgesellschaft, die vor allem Adelige aus Kurland aufnahm. Diese sind später auch häufig in der Deutschen Gesellschaft zu finden.221 Die Zufälligkeit, mit der solche Osmosen zwischen Tischgesellschaft und Deutscher Gesellschaft in den Quellen auftauchen, macht es plausibel, dass sie gerade dort, wo Versammlungsort und Haushalt des Dozenten identisch waren,222 weitaus öfter bestanden. Noch im 17. Jahrhundert war der Hof den Gründern und Projektemachern als der geeignete Ort erschienen, Gesellschaften zur Förderung der deutschen Sprache und Literatur zu inaugurieren. Dabei wirkte nicht allein das Muster der am Weimarer und Köthener Hof gegründeten Fruchtbringenden Gesellschaft nach, sondern auch das der Académie française. Projekte wie die von Leibniz
|| Harding: Die etwas andere Trinkstube. Tischgemeinschaften in Professorenhäusern und ihre Geltungsansprüche in den Universitätsstädten der Frühen Neuzeit. In: Kirsten Bernhard, Barbara Krug-Richter u. Ruth-E. Mohrmann (Hg.): Gastlichkeit und Geselligkeit im akademischen Milieu in der Frühen Neuzeit. Münster u. a. 2013, S. 133–152; Martin Mulsow: Von der Tischgesellschaft zum Oberseminar. Zur historischen Anthropologie mündlicher Wissenschaftskommunikation. In: Ders.: Die unanständige Gelehrtenrepublik. Wissen, Libertinage und Kommunikation in der Frühen Neuzeit. Stuttgart u. Weimar 2007, S. 121–142. 219 Brief der Mitglieder der Deutschen Gesellschaft an Christoph Timotheus Seidel, Helmstedt, den 4. Dezember 1747, StAW, 37 Alt 976, f. 8. 220 Vgl. [Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar, S. 102; Martin Wehrmann: Wissenschaftliche Vereinigungen älterer Art in Pommern. Beitrag zur Geschichte der Wissenschaften im 17. und 18. Jahrhundert. Stettin 1900, S. 18. 221 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 42. Für die Zeit nach 1746 bis zum Tod Flottwells sind in den Mitgliederlisten acht kurländische Adelige nachzuweisen. Hinzu kommen vier weitere Adelige aus Kurland, die vor 1746 eingetreten sind. 222 Vgl. S. 502.
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und Heräus kreisten um den Hof. So schien es nur folgerichtig, wenn man in Zedlers Universal-Lexikon seit 1744 lesen konnte: „Bey Aufrichtung der Königl. Preußischen Societät der Wissenschaften ist von ihrem Preißwürdigen Stifter, dem Hochseel. Könige in Preussen anbefohlen worden, auch auf die teutsche Sprache und deren Flor bedacht zu seyn.“223 Der Artikel war mit „Teutsche Gesellschaft zu Berlin“ überschrieben, bezog sich aber auf die HistorischPhilologisch-Deutsche Klasse der Berliner Akademie, deren Sekretär Johann Theodor Jablonski 1719 einen Versuch Zu einer ordentlichen und beständigen Richtigkeit Der Hochteutschen Sprache verfasste und unter den Mitgliedern zirkulieren ließ.224 Versuche, mit den Deutschen Gesellschaften in Leipzig und Jena zusammenzuarbeiten, verliefen im Sande.225 Als eigenständige Gründung einer Deutschen Gesellschaft lässt sich diese Akademieklasse keinesfalls ansehen. Demgegenüber hatte sich 1775 in Mannheim eine Deutsche Gesellschaft formiert, deren Gründer, der Hofkaplan Johann Jakob Hemmer und der Staatsrat Stephan von Stengel, über eine gute Position am dortigen Hof verfügten.226 Ihr Gesuch um kurfürstliche Privilegierung wurde ohne Änderungen der Statuten bewilligt und der Gesellschaft aus dem Topf der Mannheimer Akademie jährlich 600 Gulden zugewiesen.227 Kam der Deutschen Gesellschaft somit der „Charakter einer verkappten belletristischen Klasse“228 der Akademie zu?
|| 223 Art. Teutsche Gesellschaft zu Berlin. In: Zedler: Universal-Lexicon. Bd. 42, Sp. 1819. Der Artikel folgt wörtlich den Ausführungen von Stolle: Gantz neue Zusätze, S. 34. Dieser bezieht sich auf das Stiftungsdiplom vom 11. Juli 1700: „[Es] soll bey dieser Societet unter anderen nützlichen Studien, was zu erhaltung der Teutschen Sprache in Ihrer anständigen reinigkeit, auch zur ehre und zierde der Teutschen Nation gereichet, absonderlich mitbesorget werden, also daß es eine Teutsch gesinnete Societet der Scientien seye“. – Zit. nach: Hans-Stefan Brather (Hg.): Leibniz und seine Akademie. Ausgewählte Quellen zur Geschichte der Berliner Sozietät der Wissenschaften 1697–1716. Berlin 1993, S. 88. 224 [Johann Theodor Jablonski]: Versuch Zu einer ordentlichen und beständigen Richtigkeit Der Hochteutschen Sprache / Im Reden und Schreiben zu gelangen / Den Liebhabern ihrer eigenen Vaterländischen Sprache Zu bedächtiger Prüfung und bescheidener Beurteilung mitgeteilet. Berlin 1719. 225 Vgl. S. 409f. in dieser Arbeit. Eine eigene Studie zu dieser Klasse der Akademie muss als Desiderat bezeichnet werden. 226 Stephan von Stengel war möglicherweise ein natürlicher Sohn des Kurfürsten. – Vgl. zu dieser Frage Groening: Karl Theodors stumme Revolution, S. 28–43. 227 Vgl. Der Haushalt der Mannheimer Akademie vom Jahre 1782. In: Mannheimer Geschichtsblätter 8 (1907), Sp. 132f.; Landesarchiv Speyer A 17 Nr. 260 f. 41r. Vgl. zum Auszahlungsmodus: Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften II/3 (1792/92), f. 61. 228 Wilhelm Kreutz: Die Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften im Kontext der regionalen, nationalen und europäischen Aufklärungsprozesse. In: Hans Erich Bödeker u. Étienne François (Hg.): Aufklärung/Lumières und Politik. Zur politischen Kultur der deutschen und französischen Aufklärung. Leipzig 1996, S. 291. Vgl. zur Diskussion dieser Frage Andreas Erb: Die Kurfürstliche
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Obwohl eine formelle Zuordnung und eine Einstufung als Klasse nie vorgenommen wurden, war sie durch finanzielle Zuweisungen aus dem Topf der Akademie, Benutzung ihrer Bibliothek und zahlreiche Doppelmitgliedschaften mit der Kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften verzahnt. Der Mainzer Weihbischof Stefan Alexander Würdtwein etwa wurde gleichzeitig in die Akademie und die Deutsche Gesellschaft aufgenommen.229 Damit trug die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft Mannheim ein Doppelgesicht; all diesen Verbindungen zum Trotz gab es nie eine Koordinierung oder Kontrolle ihrer Aktivitäten durch die Akademie. Änderungen der Statuten und Neuaufnahmen von Mitgliedern nahm die Gesellschaft in einem ersten Schritt eigenständig vor; deren Bestätigung erfolgte aber nicht durch die Akademie, sondern durch die kurfürstlichen Behörden.230 Angesichts einer unbefriedigenden Quellenlage und ihrer kurzen Dauer ist es nicht möglich, für die 1761 ins Leben gerufene Deutsche Gesellschaft in Wien Genaueres über ihre institutionelle Anbindung auszusagen. Dass zum Namensfest von Maria Theresia die Protagonisten Riegger und Sonnenfels in der Gesellschaft Lobreden und -gedichte auf die Kaiserin vortrugen,231 legt die Vermutung nahe, dass eine Nähe zur Landesmutter von beiden schon aus Karriereabsichten232 zumindest gesucht wurde. Eindeutig herrschte die Orientierung am Territorialherrn im anhaltischen Bernburg vor, wo der Registrator Johann Ludwig Anton Rust und der Gerichtsamtmann Johann Friedrich Leberecht Reupsch 1761 die ersten Mitglieder anwarben und Rust Fürst Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg um Bestätigung ansuchte.233 Mit Bernburg, Wien und Mannheim waren so drei Deutsche Gesellschaften in Residenzstädten gegründet worden, während an der Universität Wien offenkundig keine und an den Hochschulen Anhalts und der Kurpfalz nur sehr kurzlebige
|| Deutsche Gesellschaft – Eine verkappte belletristische Klasse der Akademie? In: Jörg Kreutz, Wilhelm Kreutz u. Hermann Wiegand (Hg.): In omnibus veritas: 250 Jahre Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften in Mannheim (1763–1806). Mannheim 2014, S. 191–204. 229 Vgl. UB Johann Christian Senckenberg Frankfurt a.M., Nachlass Stephan Alexander Würdtwein A 27, Briefe 41–44. 230 Vgl. GLAK 77/6397. 231 Vgl. Joseph von Sonnenfels: Rede auf Marien Theresien, Kaiserinn, Königinn von Hungarn und Böheim: An Ihrem Geburtstage in der feyerlichen Versammlung der deutschen Gesellschaft in Wien gehalten. Wien 1762; Joseph Anton Riegger: Theresia die Heldinn, ein Lobgedicht. Den 15ten des Weinmonats, 1761. In: Ders.: Festliche Gedichte. Wien 1764, o.S. Vgl. auch Wolfram Mauser: Konzepte aufgeklärter Lebensführung. Literarische Kultur im frühmodernen Deutschland. Würzburg 2000, S. 137–140. 232 Vgl. Simon Karstens: Lehrer – Schriftsteller – Staatsreformer. Die Karriere des Joseph von Sonnenfels. Köln, Weimar u. Wien 2011, S. 54. 233 Vgl. zum Gang des Bestätigungsverfahrens S. 441–443 in dieser Arbeit.
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Vereinigungen dieses Zuschnitts bestanden. Schon mittelfristig ist es allerdings nicht dazu gekommen, dass der Hof sich als institutioneller Ort zu Lasten der Hochschulen hätte etablieren können. Die Bernburger und Mannheimer Deutschen Gesellschaften waren schon nach drei bzw. vier Jahren von Residenzverlegungen betroffen; Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg zog umgehend nach seinem Regierungsantritt 1765 nach Ballenstedt, und Kurfürst Karl Theodor trat 1778 das Erbe von Kurfürst Max III. Joseph von Bayern in München an. Beide hinterließen eine Deutsche Gesellschaft, die unmittelbarer Bindung an den Landesherrn und zahlreicher am Hof agierender Mitglieder beraubt war. Der dynastische Zufall mochte in diese Entwicklung hineinregiert haben – auch und gerade als Zufall aber war er Strukturelement der höfischen Welt, in der sich einzelner Anläufe ungeachtet keine Kontinuität für diesen Sozietätstypus herausbildete. Diese aber wirkten weiter, in beiden Fällen die meiste Zeit ihres Bestehens, ohne einen Hof vor Ort, als mehr oder weniger freischwebender Zirkel lokaler Honoratioren – damit schließt sich ein Kreis, der von der 1715 entstandenen Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg ausgeht und in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder begegnet, in Kategorien einer institutionellen Anbindung aber kaum zu fassen ist. Es bot sich in vielerlei Hinsicht an, die sprach- und dichtungsfördernden Aktivitäten einer Gesellschaft an eine größere Einrichtung anzudocken, dennoch war es stets möglich, auch ohne institutionelle Anbindung oder Unterstützung eine Sozietät ins Leben zu rufen. Als freie Vereinigung haben sich neben Hamburg nachweisbar der Freundeskreis um Karl Friedrich Drollinger in Basel234 sowie Kreise um Johann Georg Altmann in Bern und Georg Heinrich Behr in Straßburg konstituiert. Da sie weder mit einer Institution als Ansprechpartner korrespondierten noch ihre Hinterlassenschaften einer solchen vermachen konnten, werden sie meist nur über verstreute Erwähnungen greifbar. Dennoch waren sie vor Ort schon deswegen alles andere als unsichtbar, weil sich ihr Mitgliederstamm vor allem aus lokal agierenden Honoratioren rekrutierte, deren Tätigkeiten im städtischen Umfeld nicht unbemerkt blieben. In Bern riefen sie Polemiken und Streitigkeiten hervor, die sich mit anderen politischen Konflikten verquickten.235 In Hamburg bildeten sie die Keimzelle des Kreises, der später als Patriotische Gesellschaft für Aufsehen sorgte.236
|| 234 Vgl. Adolf Socin: Johann Jakob Spreng. Ein baslerischer Gelehrter und Dichter aus dem 18. Jahrhundert. In: Basler Jahrbuch 1893, S. 238, sowie Johann Jacob Spreng: Herrn Carl Friedrich Drollingers Gedichte, samt andern dazu gehörigen Stücken, wie auch einer Gedächtnißrede auf denselben. Basel 1743, Zuschrift, o.S. 235 Vgl. S. 334–336 in dieser Arbeit. 236 Vgl. S. 522 in dieser Arbeit.
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Aufgeklärte Sozietäten nach ihrer institutionellen Anbindung aufzufächern, widerstreitet ihren gängigen Definitionen als freien und nicht korporativ gebundenen Assoziationen. Tatsächlich ist es unmöglich, in einem verwaltungsoder organisationsgeschichtlichen Sinne den Deutschen Gesellschaften einen genau definierten Ort innerhalb einer Institution zuzuweisen. Häufig erstrebten sie Privilegierungen, regelrechte Unterstellungen oder formalisierte Kooperationen gab es jedoch nicht.237 Mit Geschäftsverteilungsplänen und Organigrammen sind sie nicht zu fassen. Stattdessen präsentiert sich dem Betrachter ein Geflecht an Zu-, Bei- und Unterordnungen, Kooperationen und Frontstellungen, die nur selten schriftlich niedergelegt waren und stets neu ausgehandelt werden mussten. Vielmehr ist zu beobachten, dass sie an vorhandene Strukturen andockten238 und von diesen zu profitieren versuchten. Freischwebend waren sie damit keineswegs. Als eine Bewegung zur Reform des Gelehrtenstandes standen Orte der Gelehrsamkeit wie Universitäten und Gymnasien im Vordergrund. Als Teil des dortigen Personenverbands lebten und lehrten die Schlüsselfiguren, dort bot sich ein Rekrutierungsfeld für Mitglieder, dort gab es mit Lehrveranstaltungen, Collegien und Tischgesellschaften Veranstaltungs- und Organisationsformate, auf die sie aufsetzen konnten. Damit waren die gelehrten Institutionen Ausgangspunkt und Ziel der Bewegung in einem.239 Dass die Deutschen Gesellschaften zuerst und hauptsächlich an den Universitäten entstanden,240 relativiert so denn auch die Anschauung, die Universitäten seien im Zeitalter der Aufklärung völlig erstarrt gewesen.241In einem
|| 237 Vgl. Langer: Gelehrte Sozietäten in Schwedisch-Pommern, S. 1561: „[...] drückten Bestrebungen aus, gelehrte Bildung in zwar enger Beziehung zum institutionalisierten Wissenschaftsbetrieb (hier: der örtlichen Universität), aber letzten Endes doch unabhängig von den ihm anhaftenden Zwängen in disziplinenübergreifender Weise für einen spezifischen Bereich gesellschaftlich-sozialer Praxis produktiv zu machen.“ 238 Robert Seidel hat es eine „mehr oder weniger enge Anbindung an den universitären Lehrbetrieb“ genannt. – Ders.: Gelehrtensozietät oder Seminar?, S. 46. 239 Für die gelehrten Gesellschaften insgesamt hat Dickerhof: Gelehrte Gesellschaften, Akademien, Ordensstudien und Universitäten, S. 50, die „universitären Societäten, einen Praxisbezug, Wissenschaftsgeist und neue Stoffgebiete der Universität zuführende Reformbewegung“ genannt. 240 Vgl. Detlef Döring: Die Anfänge der literatur- und sprachwissenschaftlichen Studien an der Universität Leipzig bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für internationale Germanistik 44/1 (2012), S. 111, der sie sogar „mit wenigen Ausnahmen nur in Universitätsstädten angesiedelt“ sieht. 241 Dies bestreiten auch Detlef Döring: Universitäten und gelehrte Sozietäten im 17. Jahrhundert. In: Acta Leopoldina 49 (2008), S. 43–61; ders.: Rolle der Universitäten; ders.: Die mitteldeutschen gelehrten Kollegien; Notker Hammerstein: Universitäten. In: Handbuch der deutschen Bildungs-
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höfischen oder städtischen Umfeld boten sich vor allem die dortigen Eliten als mögliche Mitglieder an, während ein Zugriff auf gelehrte Infrastruktur kaum möglich war. Für eine Durchsetzung der eigenen Ziele konnten die Deutschen Gesellschaften dort allerdings auf wirksamere Unterstützung hoffen. Gemessen an ihren Zielen, erscheint dieses Vorgehen auch sinnvoll. Eine starre Einbindung in die gelehrten, höfischen oder städtischen Strukturen hätte die Deutschen Gesellschaften dort sicher stärker integriert, sie diesen aber auch stärker untergeordnet; mit einer eher vagen Zuordnung dagegen konnten sie hoffen, mit institutioneller Unterstützung zu agieren, ohne bloße Vollstrecker eines institutionellen Willens zu sein.
1.2.4 Sich Ausbreiten Schon die zahlreichen und weit voneinander entfernten Ortsnamen im vorigen Abschnitt deuten an, wie weit sich die Sozietätsbewegung „Deutsche Gesellschaft“ ausbreitete. Ihre Grenzen waren nicht diejenigen des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, sondern bezogen auch außerhalb liegende Gebiete der Habsburgermonarchie und Preußens, aber auch der Schweiz, Frankreichs und der polnisch-litauischen Rzeczpospolita mit ein.242 Die Grenzen wurden gemäß den gesellschaftlichen Zielen weit eher durch die Ausdehnung || geschichte. Bd. 2: 18. Jahrhundert. München 2005, S. 393f.; Notker Hammerstein: Innovation und Tradition. Akademien und Universitäten im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation. In: Historische Zeitschrift 278 (2004), S. 591–623. Zu Recht warnt allerdings Marianna Taatz-Jacobi vor dem gegenteiligen Extrem, das 18. Jahrhundert als ein Reformjahrhundert der Universitäten mit den Eckpunkten Halle – Göttingen – Berlin anzusehen. – Dies.: Erwünschte Harmonie. Die Gründung der Friedrichs-Universität Halle als Instrument brandenburg-preußischer Konfessionspolitik – Motive, Verfahren, Mythos (1680–1713). Berlin 2014, S. 20–25. 242 Hinzu kommt, dass die Deutsche Gesellschaft Greifswald in Vorpommern in einem Territorium agierte, das als ewiges Reichslehen an die Krone Schweden gegeben war, so dass Angelegenheiten dieser Gesellschaft auch in Stockholm verhandelt wurden. Unklar sind der Charakter und der Verbleib eines Zirkels im russischen St. Petersburg. Einem Brief an Gottsched zufolge war dort „bereits seit einiger Zeit eine gute Anzahl von Liebhabern der deutschen Sprache zusammen getreten, die sich gemeinschaftlich in ihrer Ausübung unterstützen, und es in der Schönheit und Richtigkeit derselben weit gebracht haben.“ – Entscheidung einer grammatischen Anfrage, an den Herausgeber dieses Büchersaals, die aus Petersburg eingelaufen. In: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 9 (1750), S. 70. Die Orientierung der der Krone Polen unterstehenden Gebiete an den Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich betont Miloš Řezník: Patriotismus und Identität in Westpreußen. In: Otto Dann, Miroslav Hroch u. Johannes Kroll (Hg.): Patriotismus und Nationsbildung am Ende des Heiligen Römischen Reiches. Köln 2003, S. 246.
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des deutschen Sprachraums bestimmt. Die konkrete geographische Ausbreitung der Deutschen Gesellschaften wird auf nachstehender Karte erfasst.243
Schon auf den ersten Blick fällt auf: Deutsche Gesellschaften gründeten sich im gesamten deutschen Sprachraum, sie aber als „geographisch ausgewogen präsent“244 zu bezeichnen, führt in die Irre. Während Gebiete wie etwa Österreich, Bayern oder Schlesien nicht oder kaum vertreten waren, gab es in Städten wie Altdorf, Halle, Hamburg, Straßburg oder Wittenberg neben- oder nacheinander mindestens zwei derartige Sozietäten. Als Region mit der höchsten Dichte ist der mitteldeutsche Raum auszumachen. Somit bestätigt sich die für die Gesamtlandschaft der aufge-
|| 243 Als Orientierung eingezeichnet sind die Grenzen des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation sowie der Schweizer Eidgenossenschaft nach dem Westfälischen Frieden. Um den Maßstab in einer angemessenen Größe zu halten, wurde die Gesellschaft im siebenbürgischen Kronstadt eingeblendet. Orte, die als umrahmter Punkt dargestellt sind, waren Ort zweier Deutscher Gesellschaften. 244 So Beate Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz – Sprachkritische Konzeptionen in der Sprachreflexion des 18. Jahrhunderts. Ein Beitrag zur Sprachbewußtseinsgeschichte. Frankfurt a.M. u.a. 2005, S. 147.
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klärten Sozietäten getroffene Einschätzung Holger Zaunstöcks, der Mitteldeutschland als „Kerngebiet der Gesellschaftsbewegung im 18. Jahrhundert“245 ansieht, aber auch dessen Urteil, der mitteldeutsche Raum habe für diesen Sozietätstypus „eine überragende Rolle“246 gespielt. Wie sich die Schwerpunkte auf die damaligen Territorien verteilten, geht aus folgender Tabelle hervor: Soz. Territorium
Sozietätssitz(e)
7
Kursachsen
Annaberg, Chemnitz, Leipzig, Meißen, Schulpforta, Wittenberg (2)
4
Preußen
Frankfurt/Oder, Halle (2), Königsberg
4
Eidgenossenschaft
Basel, Bern (2), Zürich
3
Habsburgermonarchie
Kronstadt, Preßburg, Wien
2
Frankreich
Straßburg (2)
2
Hamburg
Hamburg (2)
2
Kurpfalz
Heidelberg, Mannheim
2
Nürnberg
Altdorf
2
Hessen-Kassel
Marburg, Rinteln (gem. mit Schaumburg-Lippe)
1
Anhalt-Bernburg
Bernburg
1
Baden
Karlsruhe
1
Brandenburg-Ansbach
Erlangen
1
Braunschweig-Wolfenbüttel Helmstedt
1
Braunschweig-Lüneburg
Göttingen
1
Bremen
Bremen
1
Hessen-Darmstadt
Gießen
1
Polen
Danzig
1
Sachsen-WeimarEisenach
Jena
1
Schwedisch-Pommern
Greifswald
1
Schaumburg-Lippe
Rinteln (gemeinsam mit Hessen-Kassel)
Deutlich wird auch mit geänderter Perspektive: Zwar waren die größeren Territorien und auf breiter Basis auch die mittleren Territorien in der Bewegung vertreten, eine Ausgewogenheit nach Flächengröße oder Einwohnerzahl ist aber nicht zu beobachten.
|| 245 Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 113. 246 Ebd., S. 114. Zaunstöck bezieht in dieses Urteil auch die literarischen Gesellschaften mit ein, deren Nichtberücksichtigung in dieser Studie an der Gültigkeit dieses Urteils jedoch nichts ändert.
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In flächenmäßiger und auf Territorien bezogener Betrachtung ergibt sich so das inkonsistente Bild einer großen, aber stark ungleichgewichtigen Ausbreitung. Erst unter anderen Blickwinkeln kehrt Konsistenz ein. Zunächst kann man (neben Hamburg) Mitteldeutschland mit Leipzig als Ausgangspunkt der Sozietätsbewegung festmachen, die Frage nach dem Warum bleibt damit aber noch unbeantwortet. Der Schlüssel dürfte in der in Mitteldeutschland sehr hohen Konzentration von Einrichtungen zu suchen sein, die den ideellen und institutionellen Kern der Sozietätsbewegung ausmachten: die protestantischen Universitäten und akademischen Gymnasien. Es ist darum nur folgerichtig, wenn im gesamten Verbreitungsgebiet diejenigen Orte das Bild beherrschten, an denen solche Einrichtungen ansässig waren, und wenn die Territorien dominierten, die über ein ausdifferenziertes protestantisches Gelehrtenschulwesen verfügten. So lässt sich diese Karte in Teilen auch als Karte der Zentren gelehrter protestantischer Aufklärung und ihrer Rezeption lesen.
Die diachrone Perspektive untermauert, dass gelehrte Orte auch am Anfang der Sozietätsbewegung standen und dass andere Anbindungen bzw. freie Zirkel, sieht man von der Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg ab, erst spät und auch nur in geringer Zahl eine Rolle spielten:
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Rollt man die diachrone Perspektive wiederum auf einer Karte des deutschen Sprachraums aus, bestätigt sich diese Diagnose nur noch einmal. Während um 1730 lediglich die Deutschen Gesellschaften in Leipzig und Jena tätig sind und die Teutschübende Gesellschaft in Hamburg schon wieder erloschen ist, stellt sich die Ausbreitung des Sozietätsmodells für das Jahr 1740 wie folgt dar:
Hamburg und der mitteldeutsche Raum können damit nicht nur als Schwerpunkte, sondern auch als Ausgangspunkte Deutscher Gesellschaften benannt werden;
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die Zentren der deutschen Frühaufklärung sind somit auch die frühesten Zentren dieser Sozietätsbewegung. Es wäre jedoch überzogen, darin ältere Urteile über mangelnde Sprachpflege im oberdeutschen Raum247 bestätigt zu finden. Bereits in den 1740er Jahren greift die Bewegung in die Schweiz und das Elsass über, setzt ihre Expansion im mittel- und norddeutschen Raum aber auch fort:
In der zweiten Jahrhunderthälfte verdichtete sich die Sozietätslandschaft in Mittel- und Norddeutschland weiter, indem einerseits mit Bernburg der Hof als Gründungsort dazu kam, man an den Hochschulen andererseits zwischenzeitlich erloschene Deutsche Gesellschaften wie in Halle und Wittenberg neu auflegte und in Danzig und Annaberg weitere gymnasial angebundene Sozietäten ins Leben rief. Das protestantische Gelehrtenschulwesen blieb somit in der zweiten Jahrhunderthälfte der Hauptverbreitungsweg, was sich gerade im süddeutschen Raum mit Gründungen an den Universitäten Straßburg, Erlangen, Altdorf und
|| 247 Vgl. Günter Hess: Deutsche Nationalliteratur und oberdeutsche Provinz. Zu Geschichte und Grenzen eines Vorurteils. In: Jahrbuch für Volkskunde N.F. 8 (1985), S. 7–30.
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Heidelberg sowie den Gymnasien in Karlsruhe, Kronstadt und schließlich Preßburg niederschlug. Im katholischen Raum waren es dagegen die Residenzstädte Wien und Mannheim, in denen sich Deutsche Gesellschaften konstituierten.
Die Motive für die Gründung einer eigenen Deutschen Gesellschaft vor Ort ähnelten einander in ihrem Bestreben, die deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit zu fördern. Liest man in den Gründungserzählungen, so taucht dort ein regional- oder lokalpatriotischer Ehrgeiz als zusätzliche Komponente auf, der einer empfundenen Rückständigkeit abhelfen wollte – darin den späteren Bestrebungen im katholischen Kulturraum durchaus vergleichbar. Samuel Christian Lappenberg etwa eröffnete die Deutsche Gesellschaft in Bremen: Lange genug haben die bremischen Musen ihren trozigen Nachbarn zum Gelächter dienen müßen. […] Endlich einmahl fangen wir an auch andern Städten Deutschlands nachzuahmen und öffentliche Übungen zur Verbeßerung der deutschen Sprache und zur Aufnahme der schönen Wissenschaften unter uns anzustellen.248
|| 248 Samuel Christian Lappenberg: Rede bei der Eröffnung der deutschen Gesellschaft in Bremen, den 1. Februar 1748, zit. nach: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen
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In das gleiche Horn stieß Johann Ludwig Anton Rust mit Blick auf Anhalt.249 In der Schweiz, deren Dialekt sich heftiger Kritik aus Mitteldeutschland ausgesetzt sah, schien die Gründung einer Deutschen Gesellschaft ein probates Mittel, sich im Literaturstreit zu behaupten. Dem Anwalt der Schweizer Sache – Johann Jakob Bodmer – gegenüber rühmte Gabriel Hürner die Berner Sozietät als Zeugnis für das „Unterfangen, welches zum aufnahmen der schönen Wissenschaften in unserm Schweizerland, und zum ruhme desselbigen abgesehen ist“.250 Vom Baseler Theologen Jakob Christoph Beck konnte er sich bescheinigen lassen: Die Ausländer werden einmahl sehen, daß nicht nur einzelne Persohnen in der Schweitz sich einer reineren Schreibart befleißigen, als sonst insgemein gebräuchlich ist. Sie werden aufhören, dem werthen Volk der Eydsgenossen eine ungeschliffene Sprache vorzuwerfen. Unsere Burger selbst werden dadurch gebessert werden.251
Eine Deutsche Gesellschaft zu gründen, bedeutete also, nicht nur mit Blick auf Frankreich aufzuholen, sondern auch auf Augenhöhe mit den deutschen Regionen zu gelangen, die als aufgeklärter galten. Damit war in der ‚Gesellschaft der Aufklärer‘ eine Eigendynamik etabliert, die in den Territorien, Regionen und Institutionen eine Kette von Sozietätsgründungen anstieß mit dem Ziel „daß wir dessen [des guten Geschmacks] Verbreitung auch in unseren Gegenden wünschen“.252 Entsprechend häufig legitimierte die Existenz anderer Deutscher Ge|| Gesellschaft, S. 6. Johann Heinrich Oest bestätigte ungewollt die Diagnose des ungeliebten einstigen Vorstehers Lappenberg: „[...] entsprang auch einmal der Wunsch, daß doch auch eine Gesellschaft, gleich denen zu Leipzig, zu Halle, zu Königsberg, zu Göttingen, zu Helmstadt, und ich weiß nicht wo mehr in der halben Welt, die damals mit einander so zu reden aus Einem Eye aus gingen und gegen eynander, auf den Fuß zu Bremen sich hervortun möchte. Gesagt, gethan!“ – Oest: Versuch einer Kritischen Prosodie, Vorrede. 249 Vgl. Rust: Historisch-literarische Nachrichten. Bd. 1, S. 40f.: „Was die Landessprache oder die Anhaltische Mundart betrift, so haben uns die Auswärtigen schon vorlängst den Vorwurf gemacht, dass bey uns noch die allermehresten Unrichtigkeiten und Fehler im Schwange gingen. So geneigt ich auch bin, den Vorwurf abzulehnen, so wenig bin ich doch im Stande, meinen Landesleuten hier das Wort zu reden; weil dieser Vorwurf leider! Durch die Erfahrung Tag täglich bestättiget wird.“ – Vgl. auch den ähnlichen Gründungsbericht Stephan von Stengels für Mannheim: „Wir [Stephan von Stengel und Johann Jakob Hemmer] fühlten beide gleich stark das Bedürfnis, uns mit Männern von Geist und Talenten zu vereinigen, um sowohl die Mundart unserer Landsleute, als auch besonders den barbarischen Geschäftsstyl zu reinigen und zu verfeinern und zu berichtigen.“ – Stengel: Denkwürdigkeiten, S. 74. 250 Uriel Freudenberger an Johann Jakob Bodmer, den 26. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26. 251 Jakob Christoph Beck an Gabriel Hürner, den 5. Februar 1740. In: Ernst Staehelin: Die Korrespondenz des Basler Professors Jakob Christoph Beck 1711–1785. Basel 1968, S. 166. 252 Sonnenfels: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft, S. 3.
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sellschaften eine Gründung aus dem Geiste der Konkurrenzfähigkeit, etwa wenn Friedrich Wilhelm Ellenberger „die reitzenden und würdigen Muster, die ich von solchen Geselschaften fast auf allen ansehnlichen Universitäten Deutschlandes nur nicht in Halle antraf“,253 ins Feld führte. Dass die Altdorfer Gründung eine Reaktion auf die unmittelbar zuvor erfolgte Gründung im benachbarten und konkurrierenden Erlangen darstellte,254 darf mit Blick auf die räumliche und zeitliche Nähe beider Gründungen unterstellt werden. So liest es sich nur noch als konsequenter Abschluss, wenn zu einer der spätesten universitären Gründungen in Gießen ein „Votum“ vermerkt ist, wonach diese „zu wünschen“ sei, „zumahl da auf den mehrsten teutschen Universitäten dergleichen Gesellschaften sind“.255 Dass diese Gründungswelle sich in einer Art Schneeballeffekt mit ausgeprägtem Bezug auf bereits existierende Sozietäten dieses Typus über den deutschen Sprachraum ausbreitete, wirft die Frage auf, wie beschaffen diese Bezüge genau waren. Welche Kanäle transportierten nicht nur das Wissen um die Existenz dieser Gesellschaften, sondern auch die Überzeugung, die Gründung einer neuen Deutschen Gesellschaft sei am jeweiligen Heimatort erforderlich? In erster Linie wird man die Publikationen der Deutschen Gesellschaft zu nennen haben, darunter die gedruckte Nachricht von der Deutschen Gesellschaft in Leipzig,256 welcher der geneigte Leser nicht nur die Programmatik der Sozietät entnehmen konnte, sondern mit den abgedruckten Statuten auch anwendbare Muster für die Organisation fand, während die Schriftenreihe derselben gleichermaßen eine ‚Leistungsschau‘ wie eine Blaupause für die sprachlich-literarische Praxis lieferte. Mit der Publikation ihrer Statuten und Werke eiferten ihr viele andere Gesellschaften nach, so dass nach und nach ein Korpus von Publikationen entstand, das als Rüstkammer und Steinbruch nachahmenswerter und nachahmbarer Programme und Praktiken dienen konnte.257
|| 253 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 72. 254 Vgl. Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel: Literarische Gruppenbildungen an der Universität Altdorf. In: Hanns Christof Brennecke, Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel (Hg.): Akademie und Universität Altdorf. Studien zur Hochschulgeschichte Nürnbergs. Köln, Weimar u. Wien 2011, S. 270f. 255 Votum von Ludwig Gottfried Mogen zur Gründung der Deutschen Gesellschaft Giessen, UA Giessen, Allg. Nr. 784. 256 Nachricht von der itzigen Verfassung der erneuerten Deutschen Gesellschafft in Leipzig. Leipzig 1727. 257 Vgl. zur Ausbreitung der Statuten Kap. 5.2 Leitbild Leipzig?
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Die persönliche Anschauung und das Mitwirken in Deutschen Gesellschaften konnten sie freilich nicht ersetzen. Hier bot die Praxis der peregrinatio academica einen Transmissionsriemen, der das persönliche Erleben von Ort zu Ort beförderte. Immer wieder waren Mitglieder einer Deutschen Gesellschaft nach dem Wegzug vom Sozietätssitz gewillt, an ihrem neuen Studien- oder Wirkungsort eine Sozietät zu gründen. Johann Christoph Gottleber war schon als Chemnitzer Gymnasiast Mitglied der dortigen Deutschen Gesellschaft unter Johann Georg Hager258 gewesen und trat nur drei Wochen nach seiner Immatrikulation der Deutschen Gesellschaft in Altdorf bei.259 Nach Abschluss seiner Studien ging er an das Gymnasium in Annaberg und gründete dort eine eigene Deutsche Gesellschaft.260 Gleich zweifacher Gründer war der aus der Oberpfalz stammende Jurastudent Johann Wolfgang Helmes; er gehörte von Beginn an der Altdorfer Deutschen Privatgesellschaft an, ehe er an seinem neuen Studienort Heidelberg eine Teutsche Privatgesellschaft gründete.261 Samuel Christian Lappenberg sollte nicht als eigentlicher Gründer der Bremer Gesellschaft angesehen werden. Dass man ihm den Vorsitz antrug, dürfte aber auch der Tatsache geschuldet sein, dass er vor seinem Gang nach Bremen Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Göttingen gewesen war.262 Eine Reihe von Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft Halle hatte in Jena studiert, ohne selbst Mitglied der dortigen Teutschen Gesellschaft gewesen zu sein.263 Es fällt allerdings auf, dass die Gründungsmitglieder Nicolaus Friedrich Stöhr und die Gebrüder Hagen gemeinsam
|| 258 Vgl. dessen Eintrag als Mitglied Nr. 27 in: Johann Georg Hager: Zu einer Redeübung, welche zum Andencken Des Hochedlen, Hochachtbaren und Hochgelahrten Herrn Herrn Salomon Siegels […] allhier den 8. Hornung 1742, als an dessen Nahmenstag in gebundenen und ungebundenen Reden soll angestellet werden, wollte hiermit einladen. Chemnitz 1742, o.S. 259 Vgl. den Matrikeleintrag vom 24. Juni 1761 in: Die Matrikel der Universität Altdorf. Hg. v. Elias von Steinmeyer. Bd. 1. Würzburg 1912, S. 613, sowie den Eintrag in: Matrikel der Deutschen Gesellschaft, UB Erlangen, B 178, S. 111. 260 Vgl. Moritz Julius Spieß: Unterrichtsweise des Lyceums zu Annaberg. In: Dreizehnter Bericht über die Progymnasial= und Realschulanstalt zu Annaberg, Annaberg 1856, S. 20. 261 Vgl. Andreas Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg. In: Mannheimer Geschichtsblätter remmagazin 15 (2008), S. 78. 262 Vgl. Henry Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen. In: Jahrbuch der bremischen Sammlungen. Bd. 1.2 (1908), S. 41. Vgl. zu Lappenberg Gerhard Schmolze: Samuel Christian Lappenberg 1720–1788. Umrisse seines Lebens und Denkens. In: Hans-Martin Schäfer (Hg.): St. Martini in Lesum, 1779–1979. Bremen 1979, S. 84–121. 263 Sie fehlen in der bei Marwinski: Bücherschatz, edierten Matrikel der Gesellschaft. Auch im für diese Jahre sehr gut überlieferten Archiv der Gesellschaft in der Handschriftenabteilung der ThULB konnte kein Hinweis ermittelt werden.
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in Halle ankamen, so dass die gebürtigen Franken sich höchstwahrscheinlich schon an der Salana kennengelernt hatten und von der dortigen sich neu formierenden Deutschen Gesellschaft Kunde erlangen konnten.264 Dass Gottlieb Friedrich Hagen viel zur halleschen Gesellschaft beitrug,265 stützt die Annahme, die genannten Studenten hätten eine maßgebliche Rolle gespielt.266 Gesichert ist der Export des Jenaer Sozietätsmodells nach Erlangen, wo gleich mehrere Mitglieder an der Gründung beteiligt waren.267 Kaspar Jakob Huth268 wurde anderthalb Jahre nach seiner Immatrikulation als Theologiestudent in die Teutsche Gesellschaft Jena aufgenommen, an deren Schriften er sich mit über dreißig gedruckten und ungedruckten Werken beteiligte. 1736 avancierte er zum Senior dieser Gesellschaft. Als Huth mit dem Berner Gabriel Hürner eine Sozietätsgründung in dessen Heimat ventilierte, plädierte er mit Nachdruck dafür, die Neugründung eng an diejenige in Jena anzulehnen.269 1743 ging er als Theologieprofessor an die neu gegründete Universität Erlangen; im Gepäck führte er den Gedanken, dort nach Jenaer Vorbild eine Deutsche Gesellschaft einzurichten. Deren Einweihung schildert er einem offenkundig in Jena wohnenden Freund und deutet ihm gegenüber an: „Und wer weiß hören Sie auch wohl in der Zeit von einer neuangelegten Akademie der Teutschen Litteratur.“270
|| 264 Die Verbundenheit Stöhrs mit den beiden Brüdern bezeugt auch eine Leichenpredigt, die er zwei Jahre später auf ein Mitglied der Familie Hagen hielt. – Nicolaus Friedrich Stöhr: Standrede bey Beerdigung Wilh. Wolfgang. Hagen’s, der Arzneykunde Beflissenen. Halle a.d.S. 1732. 265 Vgl. Nicolaus Hieronymus Gundling: Vollständige Historie der Gelahrtheit, oder ausführliche Discourse, so er in verschiedenen Collegiis litterariis […] gehalten. Bd. 4. Frankfurt u. Leipzig 1736, S. 5646: „Der dasige Herr Adjunctus Facult. Philosoph. Hagen, will Viel, darzu, contribuiret haben“. 266 Vgl. Erb: „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle, S. 55f. 267 Vgl. zum Gründungsprozess Wedel-Schaper: Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen, S. 249–253. 268 Vgl. zu seiner Biographie: Geschichte des Herrn Caspar Jacob Huth, der Gottesgelehrtheit Doctors […]. In: Johann Strodtmann (Hg.): Das neue gelehrte Europa. Bd. 4. Theil 16. Wolfenbüttel 1752, S. 1032–1040. 269 Vgl. Rüdiger Otto: Gesprächsprotokolle. Die Tagebuchaufzeichnungen des Schweizer Theologen Gabriel Hürner während seines Aufenthaltes in Leipzig im Mai 1738. In: Leipziger Stadtgeschichte. Jahrbuch 2010, S. 85f. 270 C[aspar] J [acob] H[uth]: Nachricht von der Einweihung und dem gegenwärtigen Zustand der Friedrichs Universität Erlangen, in einem Schreiben an einen auswärtigen Freund. [o.O.] [1743], S. 42.
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Abb. 2: Jacob Andreas Friderich (Stecher), Caspar Jakob Huth, nach 1760, UB Leipzig, Porträtstichsammlung, Inv.-Nr. 24/15
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Es dauerte allerdings noch zehn Jahre bis zum Eintreffen von Johann Ernst Basilius Wiedeburg in Erlangen. Dieser, ein Sohn des frühen Jenaer Ehrenmitglieds Johann Bernhard Wiedeburg,271 war während seines Studiums der Teutschen Gesellschaft Jena beigetreten und 1753 nach Erlangen gegangen, wo ihn Christian Ernst von Windheim zum Magister promovierte. Windheim hatte die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt inauguriert und gehörte seit Beginn der 1750er Jahre auch den Gesellschaften in Göttingen und Jena als Ehrenmitglied an. Johann Ernst Basilius Wiedeburg wohnte bei dem Jenaer Ehrenmitglied Karl Adolf Braun und versammelte einen Kreis Gleichgesinnter um sich, dessen sich der Erlanger Professor Johann Justin Schierschmidt annahm, der in seiner Studienzeit wiederum selbst zu den frühesten Mitgliedern der Teutschen Gesellschaft Jena gehört hatte.272 Mit dem Übergang des Prorektorats an Braun hielt Wiedeburg den Zeitpunkt für gekommen, seinem Zirkel einen offizielleren Charakter zu geben, und beantragte im akademischen Senat einen Redeakt zur Hochzeit des Erbprinzen,273 in dessen Folge sich die Gesellschaft konstituierte. Mit der Wahl Huths zum Direktor schloss sich der Kreis. In Jena selbst reklamierte Karl Gotthelf Müller im Folgejahr die Verdienste für ‚seine‘ Teutsche Gesellschaft Jena.274 Spielten die territorialen Grenzen offenkundig keine nennenswerte Rolle, so waren die konfessionellen Grenzen schon von den Vordenkern der Deutschen Gesellschaften wesentlich schärfer gezogen.275 Tatsächlich waren einer Erneuerung des Gelehrtenstandes über die Pflege der Muttersprache durch die dominante Stellung der Latinität im Bildungswesen Steine in den Weg gelegt, die sich nicht ohne weiteres ausräumen ließen. Zu einem Übergreifen der Deutschen Gesellschaften auf die katholischen Universitäten und Gymnasien ist es
|| 271 Vgl. zu ihm Siegmund Günther: Art. Johann Bernhard Wiedeburg. In: ADB 42 (1897), S. 379f. 272 Schierschmidts Aktivitäten in den Deutschen Gesellschaften erwähnt kurz Heinrich Friedrich Delius: Leben und Charakter des seligen Herrn Geheimen Hofraths Schierschmid. Erlangen 1779, S. 15. 273 Vgl. dessen Schreiben an den Prorektor vom 19. November 1754, UA Erlangen A1/20 Nr. 1a. 274 Vgl. Carl Gotthelf Müller: Das Würdige in der ersten Jubel Feyer der Jenaischen Teutschen Gesellschaft, als dieselbe den 19ten des Aprils 1755 auf der hohen Schule zu Jena so freudigst als würdigst begangen wurde. Jena [o.J.], S. 14f.: „Vielleicht könnte man verschiedene Akademien und andere Städte Teutschlands nennen, welche die Errichtung ihrer teutschen Gesellschaften, zum wenigsten ihrer Einrichtung nach, der hiesigen zu danken haben; wo nicht gar ihre Stifter Mitglieder derselben, oder fleißige Besucher ihrer öffentlichen Versammlungen gewesen sind.“ 275 Vgl. Kap. 3.3.4 Konfession.
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nicht gekommen.276 In der katholisch dominierten Habsburgermonarchie waren es protestantische Gymnasien in Kronstadt und Preßburg, an denen es zu Sozietätsgründungen kam. Dennoch folgte man voreilig dem Verdikt protestantischer Aufklärer, wenn man eine muttersprachliche gelehrte Bewegung für unvereinbar mit dem lateinischen Katholizismus erklärte. Dies hieße, ähnliche Bestrebungen im katholischen Deutschland, die sich nicht als Deutsche Gesellschaften organisierten,277 zu ignorieren. Teil eines erst Jahrzehnte später verwirklichten bayerischen Akademieprojekts war die Zeitschrift Parnassus Boicus, die noch vor Gottscheds Reform der Leipziger Teutschübenden Gesellschaft als Ziel ausgab, „die sogenanntes Belles lettres in vnserem Vatterlande desto baß floriren zu machen wenigist in vnserer Mutter=Sprach“.278 Querelen über die Einschätzung Luthers führten jedoch schon früh einen Bruch mit Gottsched herbei.279 Eine schlichte Übertragung des evangelisch-mitteldeutschen Sozietätsmodells stand somit vor einem schier unüberwindlichen Graben. Eine erste Brücke schlug die 1746 im mährischen Olmütz gegründete Societas Incognitorum.280 Diese gelehrte Gesellschaft orientierte sich zwar an Gottsched und wurde von vielen als Deutsche Gesellschaft angesehen, wich aber
|| 276 Die Teutsche Privatgesellschaft an der paritätischen Universität Heidelberg war nicht katholisch ausgerichtet. 277 Generell wurde für den katholischen Raum eine große Zahl informeller Zirkel, dementgegen aber eine geringe Zahl institutionalisierter Gesellschaften konstatiert. – Vgl. Dieter Breuer: Aufgeklärte Sozietäten im katholischen Deutschland des 18. Jahrhunderts. In: Garber, Wismann u. Siebers (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Bd. 2, S. 1625. 278 Nothwendiger Vorbericht von Eröffnung gegenwärtigen Parnassi Boici, oder neu=erscheinenden Musen=Bergs. In: Parnassus Boicus oder Neu=eröffneter Musen=Berg. Erste Unterredung (1722), S. 7. Vgl. Walter Tauber: Mundart und Schriftsprache in Bayern (1450–1800). Untersuchungen zur Sprachnorm und Sprachnormierung im Frühneuhochdeutschen. Berlin u. New York 1993, S. 226–232. 279 Vgl. Tauber: Mundart und Schriftsprache in Bayern, S. 254. 280 Vgl. zu dieser Gesellschaft Felix Freude: Die Societas Incognitorum (1746–51) nach Actenstücken und Briefen. Ein Beitrag zur Cultur- und Literatur-Geschichte in Österreich. Hss. Diss. Wien 1887, UB Wien, D 13136; Walter Schamschula: Die Anfänge der tschechischen Erneuerung und das deutsche Geistesleben (1740–1800). München 1973; Antonin Kostlán: Societas incognitorum. První učená společnost v českých zemích. Prag 1996; ders.: Die Societas eruditorum incognitorum in terris Austriacis und die Benediktiner. In: Bernhard Löffler u. Maria Rottler (Hg.): Netzwerke gelehrter Mönche. St. Emmeram im Zeitalter der Aufklärung. München 2015, S. 201–222; Andreas Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie. Wandlungen einer Sozietätsbewegung zwischen Österreich, Mähren und Siebenbürgen. In: Breuer u. Tüskés (Hg.): Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa, S. 122–125.
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nicht nur in ihrer Selbstbezeichnung von diesem Sozietätstypus merklich ab.281 Franz Christoph von Scheyb, eines ihrer Wiener Mitglieder, sah ihre Bestrebungen in einem Brief an Gottsched auf verlorenem Posten: Die Schutzgötter des alten Schlendrians wissen so erstaunliche Minen zu legen, […]. Zum beÿspiel will ich nur diese ihre gedanckens art anführen, lernt man deutsch, so leidet das latein, hierdurch vermindert sich die zahl der Schüler, […]. Der Nahme einer gesellschaft erweckt schon diese mächtigen feinde, und rufft sie zum gewöhr. Derjenige, welcher sich zum Anführer solcher Neuerung aufwirfft, sezt sich in gefahr von 100000 menschen entweder für einen Narren, oder für einen Atheisten gehalten zu werden.282
Obwohl die Societas Incognitorum teilweise mit Maria Theresias Protektion agieren konnte,283 räumte Scheyb ihrem Fortgang ebenso wenig Möglichkeiten ein wie einem Gründungsprojekt in Wien selbst: Was soll ich nun auf dero sehr gegründten Beweis, allhier eine deutsche Geßellschaft stifften zu können, antworten? Man ist allhier unter allen denen, die d[er]gleichen angelegenheiten wohl einsehen, der einhelligen Meinung, daß es unmöglich seÿ; und daß die von E. M. angeführte gründe nur in Leipzig nicht aber hier zulangen.284
Tatsächlich dauerte es bis 1761, ehe in Wien eine Deutsche Gesellschaft als Honoratiorenzirkel im höfischen Umfeld ins Leben trat. Ihre Protagonisten, die noch jungen Joseph von Sonnenfels und Joseph Anton Stephan von Riegger,285 wurden in ihren Funktionen als Staatsreformer und Universitätslehrer auch als führende Persönlichkeiten der Aufklärung in der Donaumonarchie bekannt.
|| 281 Vgl. zur Diskussion dieser Frage Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie, S. 122. 282 Franz Christoph von Scheyb an Johann Christoph Gottsched, den 1. Februar 1749. In: GBW 14, S. 156. 283 Auf eine Anzeige des Olmützer Kreishauptmanns Franz Anton Schubirz Freiherr von Chobinie vom 20. Februar 1747 reagierte Maria Theresia mit einem Reskript vom 16. März 1747, „dass dieser errichteten Societät nicht nur nichts in Weege geleget, sondern dieselbe Vielmehr in allen billigen Sachen geschützet, und ihr dermahlen anfangender Fleiss noch mehr und mehr aufgemuntert werden solle.“ – Zit. nach: Christian d’Elvert: Die Gelehrten-Gesellschaft in Olmütz. In: NotizenBlatt der historisch-statistischen Sektion der kaiserlich-königlichen mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde 1859, Nr. 9, S. 68. 284 Franz Christoph von Scheyb an Johann Christoph Gottsched, den 1. Februar 1749. In: GBW 14, S. 155. 285 Vgl. den Nekrolog auf Joseph Anton Stephan Ritter von Riegger in: Nekrolog auf das Jahr 1795. Gotha 1797, S. 75–123; Biographie der beiden Ritter von Riegger. Hg. v. Joseph Wander von Grunwald. Prag u. Wien 1798; Schiewe: Sprachenwechsel – Funktionswandel – Austausch der Denkstile.
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Sonnenfels’ Eröffnungsrede zeigte klar, dass er die Deutsche Gesellschaft als einen Beitrag zu dem Projekt verstand, die Habsburgermonarchie mit Blick auf den protestantischen Norden zu modernisieren.286 Wohl aufgrund interner Frontstellungen löste sich die Gesellschaft allerdings recht schnell wieder auf.287 Gründungen Deutscher Gesellschaften in einem dezidiert katholischen Umfeld blieben somit eher eine Ausnahme, doch ebbten die konfessionellen Vorbehalte so weit ab, dass in Mannheim die katholischen Wolffianer, der Jurist Stephan von Stengel und der Hofkaplan Johann Jakob Hemmer, eine am Hof orientierte Sozietät ins Leben riefen und deren Privilegierung durch einen katholischen Landesherrn erreichen konnten. Die Gesellschaft bestand zwar aus Mitgliedern aller christlichen Bekenntnisse, religiös motivierte Querelen blieben aber nicht aus.288 Das protestantische ‚Format‘ Deutsche Gesellschaft war also durchaus in den katholischen Raum eingedrungen, wo Verfechter der dortigen Aufklärung es ihren Zwecken dienlich machen wollten. Das ursprüngliche Ziel, eine Aufwertung des Gelehrtenstandes, war schon aufgrund der fehlenden Anbindung an Gelehrtenschulen in den Hintergrund getreten. Aufgegriffen wurde das Sozietätsmodell unter geänderten Vorzeichen vor allem als Vehikel, um zum als ‚aufgeklärter‘ geltenden Norden aufzuschließen. Im katholischen Kulturkreis etablierte es sich also insgesamt später, in geringerem Umfang und mit erheblichen Metamorphosen. Betrachtet man die Deutschen Gesellschaften im Hinblick auf ihre Gründung und Ausbreitung, so zeigt sich, dass diese Sozietätsbewegung als genuin gelehrte Bewegung ins Leben trat und es weitestgehend blieb. Ihre Vordenker orientierten sich an der Situation des Gelehrtenstandes und konzipierten die Gesellschaften als gelehrte Reformbewegungen. Das Sozietätsmodell ging von den gelehrten Orten der Universitäten und Gymnasien aus, griff deren Formen der Soziabilität auf und verbreitete sich in der protestantischen Hochschullandschaft, wobei man sich der gelehrten Transmissionsriemen Publizistik und peregrinatio academica bediente. Erst später erreichte es den katholischen Raum und griff auf Höfe und Honoratiorenzirkel über. Ob diese Konfessionsgebundenheit auch für den Mitgliederstamm zutrifft, wird in einem Folgekapitel zu klären sein.289
|| 286 Vgl. zu dieser Programmatik der Rede Faulstich: Konzepte des Hochdeutschen, S. 177f.; Karstens: Sonnenfels, S. 57. 287 Vgl. zur Diskussion der Ursachen Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie, S. 128–131. 288 Vgl. Kap. 3.3.4 Konfession. 289 Vgl. Kap. 3 Beitreten.
2 Regeln 2.1
Festsetzen
2.1.1
Satzungen
Freundschaft bedarf keiner Gesetze […] Bey Gesellschaften aber, als welche zu einiger Beförderung eines gewissen Guten aufgerichtet worden, sind dieselben unentbehrlich; Theils, was das äußerliche betriftt, weil es hier in der That verschiedene Wege giebt, zu dem begehrten Guten zu gelangen. […] Theils, was das innerliche angeht, weil, so verschieden die Neigungen der Menschen sind, so verschiedene Meynungen sich auch von denen Dingen, die zu Erlangung desjenigen, wornach man strebt, nöthig sind finden.1
Selbst der Kreis miteinander befreundeter Schüler, der sich an der Landesschule Pforta zu einer Deutschen Gesellschaft zusammenfand, wollte nicht auf schriftlich niedergelegte Regeln für seine Zusammenkünfte verzichten. Gleiches galt für die auf sechs Mitglieder beschränkte Teutschübende Gesellschaft in Hamburg oder die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg. Was für derart überschaubare Zirkel zutraf, galt erst recht für die mitgliederstärkeren Gesellschaften in den großen Universitätsstädten. Die Existenz von Satzungen ist für die meisten Gesellschaften bezeugt. Lediglich die Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften in Danzig strebte sie zwar an, konnte sie aber nicht verabschieden;2 ob die Ankündigung von Jakob Michael Reinhold Lenz „einer sich selbst durch gewisse Regeln bindenden Gesellschaft“3 verwirklicht wurde, ist wegen des Fehlens weiterer Erwähnungen in den Protokollen zu bezweifeln. Was für diese Sozietätsbewegung mit nur wenigen Ausnahmen zutrifft, sollte nicht als selbstverständlich angesehen werden, sondern verlangt nach einer Erklärung.4 Zunächst waren sie damit alles andere als Pioniere. Schriftlich nie-
|| 1 Einleitung zu den Gesetzen der Deutschen Gesellschaft Schulpforta. In: Peter: Pflege der deutschen Poesie auf den sächsischen Fürstenschulen, S. 54. 2 Vgl. Theodor Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig während des 18. Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins 4 (1905), S. 38–55, hier S. 42. In weniger gut dokumentierten Gesellschaften (Basel, Frankfurt a.O., Kronstadt, Marburg, Meißen, Wien) fehlen Belege für deren Existenz. 3 Jakob Michael Reinhold Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache. In: Ders.: Werke und Briefe in 3 Bänden. Hg. v. Sigrid Damm. Frankfurt a.M. 1987, hier Bd. 2, S. 777. 4 Vgl. zu Sozietätsstatuten der Aufklärung einführend Markus Meumann: Zur Poetologie von Verhaltensregeln und Hierarchien in der Aufklärung: Konstitutionsschriften von Gesellschaften, Logen und Geheimbünden des späten 18. Jahrhunderts. In: Meumann u. Zaunstöck (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation, S. 127–139. https://doi.org/10.1515/9783110776218-003
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dergelegte Regeln sind seit dem Mittelalter Bestandteil unterschiedlichster Soziabilitätsformen wie klösterlicher Gemeinschaften, Zünfte, Gilden oder Schützengesellschaften. Aus den überkommenen Gepflogenheiten allein ließen sich schriftlich niedergelegte Statuten jedoch nicht zwingend ableiten. Während beispielsweise die Görlitzer Studenten zugleich mit ihrer Konstituierung im Jahr 1697 den Schritt zu einer schriftlichen Satzung vollzogen,5 wirkten in Leipzig zahlreiche so genannte Kränzchen6 nach informellen Regeln. Daneben verfügte die vormoderne Gesellschaftsordnung über eine Fülle von Ritualen, die „Ordnung und Gemeinschaft“7 stifteten und insbesondere an Universitäten weit verbreitet waren.8 Informelle Regeln und Rituale standen als Alternativen zu formellen Gesetzen also durchaus im Raum. Dass die Deutschen Gesellschaften zu letzteren griffen, war deren bewusste Entscheidung, über die man sich nicht nur in Schulpforta Rechenschaft ablegte. Aufschlussreich ist, wie die Deutsche Gesellschaft in Greifswald den Erlass ihrer Gesetze begründete: „Damit aber diese Gesellschaft desto dauerhafter sey; damit ihre Absichten desto besser können erhalten werden; damit die Einigkeit der Gemüther, als das nothwendigste Stück eines gesegneten Fortgangs, desto besser möge gegründet werden; So sind gewisse Ordnungen von der Gesellschaft beliebet worden“.9 Der erste Gesichtspunkt, die Dauerhaftigkeit, sollte nicht als Floskel abgetan werden. Legt man die am Sitz der Sozietät tatsächlich agierenden ordentlichen Mitglieder zugrunde, handelte es sich in ihrer großen Mehrzahl um Studenten, deren Aufenthaltsdauer an der Universität und Wirkungsdauer in der Gesellschaft auf wenige Jahre, häufig nur Monate, begrenzt war.10 Die hohe Fluktuation der Mitglieder begleitete die Deutschen Gesellschaften als ein Strukturproblem durch ihre ganze Geschichte. Schon die Suche der studentischen Gründungsmitglieder nach einem Dozenten, der ihrer Gesellschaft Konti|| 5 „Also wurde die beliebte Vers=Übung nicht allein währenden Collegio fleißig getrieben/ sondern auch/ nach dessen Endschafft von den nun einmal zusammen gewohnten Gliedern desselben dergestalt fortgesetzet/ daß sie gewisse leges […] machten: […].“ – Christoph Ernst Sicul: Leipziger Jahr=Geschichte 1719 oder des bisherigen Leipziger Jahr=Buchs zu dessen Andern Bande Erste Fortsetzung. Leipzig 1720, S. 55. 6 Hinweise auf solche Kränzchen in Leipzig stellt Döring: Die mitteldeutschen gelehrten Kollegien, S. 17f., zusammen. 7 Gerd Althoff u. Barbara Stollberg-Rilinger: Spektakel der Macht? Einleitung. In: Dies. u.a. (Hg.): Spektakel der Macht. Rituale im alten Europa 800–1800. Darmstadt 2008, S. 18. 8 Vgl. Marian Füssel: Akademische Rituale. Deposition, Promotion und Rektorwahl an der vormodernen Universität. In: Ebd., S. 39–43. 9 Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald. Greifswald [1740], S. 12, § 2. 10 Vgl. zur Mitgliederzusammensetzung Kap. 3.3 Mitgliederschaft, zur Aufenthaltsdauer insb. Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz.
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nuität über die wechselnden Studentengenerationen hinweg garantieren konnte, bezeugt diese Sorge.11 Schriftlich niedergelegte Statuten waren ebenso geeignet, den ihrer Mitgliederstruktur nach instabilen Sozietäten institutionelle Verfestigung und mithin Dauer zu verleihen, während informelle Regeln und Rituale einen langen Etablierungszeitraum benötigten und von einer Studentengeneration zur nächsten eben auch außer Gebrauch kommen konnten. Mit dem nächsten Gesichtspunkt, der besseren Erreichung ihrer Absichten, grenzte sich die Deutsche Gesellschaft in Greifswald von einer reinen, zweckfreien Geselligkeit ab.12 Wie im Einzelnen noch zu zeigen sein wird, sollten Bestimmungen wie die zu den Aufnahmeregularien ein zielgerichtetes Arbeiten, nämlich die Pflege der deutschen Sprache und Literatur, mit dazu geeigneten Mitgliedern ermöglichen.13 Die Einigkeit der Gesellschaft mutet ebenso floskelhaft an wie deren Dauerhaftigkeit, beschwört aber im gleichen Maß etwas, das die Gründer nicht für selbstverständlich hielten, da viele Gelehrte und Universitäten durch häufige Streitereien in schlechtem Ruf standen.14 Hinzu kam, dass die wechselseitige Kritik unter den Mitgliedern zwar unabdingbar zum sprachpflegerischen Maßnahmenpaket der Gesellschaften gehörte, damit aber auch immer konfliktträchtig war. Der Dämon gelehrter Streitsucht sollte also nicht zuletzt mit Hilfe der Satzungen gebannt werden.15 Die Wichtigkeit, die die Deutschen Gesellschaften den Satzungen beimaßen, ist nicht allein an deren Häufigkeit abzulesen, sondern auch an ihrer prominenten Rolle in der jeweiligen Sozietätsgeschichte. Überall dort, wo die Gründungsvorgänge etwas besser dokumentiert sind, ist die Konzeption von Statuten deren integraler Bestandteil.16 In Leipzig waren sie nicht nur 1697 ein Medium der Verfestigung des Görlitzer Freundeskreises, sondern sollten auch 1727 den Weg aus der Krise weisen, als die Gesellschaft eine dreiköpfige Kom-
|| 11 Vgl. dazu Kap. 1.2.3 Rahmen Finden. 12 Ähnlich argumentiert Johann Friedrich Eisenhart in einem Schreiben an die Deutsche Gesellschaft Göttingen: „Eine Gesellschaft, sie mag auch noch so geringe und unansehnlich seyn, muß dennoch in einer gewissen Ordnung erhalten werden, wenn sie anders ihren Endzweck erreichen will.“ – Ders.: Glückwünschungsschreiben an die königl. deutsche Gesellschaft zu Göttingen, bei ihrer zehnjährigen Jubelfeier (1749). In: Ders.: Kleine Schriften. Hg. v. Rudolf Wedekind. Erfurt 1751, S. 115. 13 Vgl. Kap. 3.2 Der Weg in die Gesellschaft. 14 So für die Sozietäten des 17. Jahrhunderts Döring: Universitäten und gelehrte Sozietäten. 15 Vgl. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied. 16 Vgl. bspw. für Mannheim Stengel: Denkwürdigkeiten, S. 75f.
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mission einsetzte, um neue Statuten zu erarbeiten.17 Zugleich waren sie für die universitäre oder landesherrliche Bestätigung von hoher Wichtigkeit.18 Die in diesen Kontexten entstandenen Dokumente variieren stark in Umfang und Regelungsdichte. Die Statuten landesherrlich bestätigter Gesellschaften führen in der Regel einleitend die ihnen erteilten Privilegien an.19 Andere Gesetze beginnen fast immer mit Passagen, die als eine Art Präambel die sprach- und dichtungspflegerischen Ziele der Gesellschaft darlegen. Die Zahl der Einzelregelungen schwankt zwischen 10 in der Mannheimer Satzung von 177520 und 90 in der Deutschen Gesellschaft Gießen.21 Geregelte Bereiche sind fast immer die gesellschaftlichen Ämter und deren Kompetenzen.22 In der Regel folgen ihnen Bestimmungen über die Aufnahme von Mitgliedern sowie deren Pflichten. Neben regelmäßigem Vortrag von Texten und deren Kritik führen sie, teils sehr detailliert, Gebühren und Strafgelder für die Mitgliedschaft bzw. für im Einzelnen genannte Versäumnisse auf. Weitere Festlegungen betreffen Ort und Zeit der Zusammenkünfte sowie die Einrichtung der Bibliothek, manchmal auch des Archivs. Auf den folgenden Seiten sollen zunächst diejenigen Bestimmungen zur Sprache kommen, die die gesellschaftlichen Ämter und deren Kompetenzen sowie die Binnengliederung der Sozietät betreffen und als eine Art Verfassung der Gesellschaften beschrieben werden können. Andere Regelungsbereiche sollen in späteren Abschnitten im Zusammenhang mit ihrer tatsächlichen Durchführung betrachtet werden und somit auch ein Stück ‚Verfassungswirklichkeit‘ wiedergeben.
2.1.2
Ämter
Schon bei der ersten Lektüre solcher Statuten fällt die Vielzahl gesellschaftlicher Ämter auf. Genannt werden Protektoren, Präsidenten, Obervorsteher, Direktoren, Senioren, Aufseher und Vorsteher sowie Sekretäre und Kassenfiskale, ohne dass
|| 17 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 11. 18 Vgl. Kap. 6.2 Privilegieren. 19 Vgl. Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, o.S.; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen. Bremen 1752, o.S. Eingangs erwähnt wird die landesherrliche Bestätigung in: Der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze. [Helmstedt] 1746; Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 22–24. 20 Vgl. Gesetze der kuhrpfälzischen deutschen Gesellschaft, 1775, GLAK 77/6397 f. 30. 21 Vgl. Wilhelm Diehl: Die ‚Teutsche Gesellschaft’ zu Gießen. In: Wochenbeilage der „Darmstädter Zeitung“ 5 (1910), Nr. 7, S. 26. 22 Ausnahmen stellten die sich als Zirkel von Freunden verstehende Teutschübende Gesellschaft in Hamburg und die Gesellschaft in Schulpforta dar.
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man deren Zahl als lediglich abweichende Bezeichnungen für gleiche oder sehr ähnliche Funktionen ansehen könnte. Eine solche Ämtervielfalt ist im Falle Erlangens belächelt worden: „Die kleine Gesellschaft hatte sich eine recht großspurig klingende Ordnung gegeben. Sie sah einen Obervorsteher als Ehrenpräsidenten, den Vorsteher und den Senior sowie einen Sekretär vor – bei den damals zehn Leuten, aus denen der Kreis bestand, ein etwas kopflastiges und aufwendiges Präsidium.“23 Dass die Deutschen Gesellschaften je nach Blickwinkel derart ausdifferenzierte oder aufgeblähte Strukturen unterhielten, ist interpretationsbedürftig. Dazu sollen die Funktionen der zahlreichen Ämter dargestellt werden. An oberster Stelle führen die Statuten häufig einen Schirmherrn, Präsidenten, Protektor oder Obervorsteher. Wohl am funktionalsten hat die Deutsche Gesellschaft in Bremen dieses Amt als „Patron“ bezeichnet, „welcher durch seinen Stand und Ansehn, ihr zur Zierde und zum Schutze gereichet“.24 Zu diesen gehörten Kurfürst Karl Theodor von Pfalzbayern, der sachsen-weimarische Prinzenerzieher Johann Eustach Graf von Schlitz gen. Goertz für Jena, der Obermarschall des Königreichs Preußen oder Johann Ernst von Wallenrodt in Königsberg.25 Viele von ihnen weilten gar nicht am Gesellschaftsort und scheinen sich mit einer Rolle als Galionsfigur begnügt zu haben. Die Gesetze räumten ihnen allerdings häufig echte Entscheidungsbefugnisse ein, so konnten sie Mitglieder ernennen26 und Themen für Preisausschreiben vergeben.27 Die Leiter vor Ort führten Briefwechsel mit ihren Protektoren, um sich ihrer Gewogenheit und Zustimmung für ihr Handeln zu versichern, wie etwa Johann Christoph Gottsched mit dem Präsidenten Johann Lorenz von Mosheim28 oder Georg Andreas Will mit Heinrich XIII. Fürst von Reuß ä.L.29
|| 23 Jordahn: Georg Friedrich Seilers Kindheit, S. 148. Ursprünglich war sogar eine größere Ämterzahl vorgesehen, auf Beschluss des akademischen Senats vom 20. März 1755 sollte aber „das Amt des Aufsehers […] wegbleiben und mit dem Amt des Vorstehers vereiniget werden“. – UA Erlangen, A1/3 Nr. 24. 24 Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § 3. Ganz ähnlich spricht die Teutsche Gesellschaft Erlangen von ihrem Obervorsteher als von einem „Mäcenaten, der durch sein Ansehen und eigene Gelehrsamkeit den Flor und die Aufnahme der Gesellschaft unterstütze“. – Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. II § 1. 25 Vgl. Kap. 6.3 Protegieren. 26 Vgl. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. II § 4. 27 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 18, Vierte Abt., § IXL. 28 Vgl. Alexander Bitzel: Gelehrtenfreundschaft und Netzwerkarbeit in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts am Beispiel der Briefe von Johann Lorenz von Mosheim und Gabriel Wilhelm Goetten an Johann Christoph Gottsched. In: Das achtzehnte Jahrhundert 44 (2020), S. 24–26. 29 Vgl. den Schriftwechsel, UB Erlangen, Ms 1879.
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An den regulären Sitzungen haben diese, häufig schon aufgrund ihres entfernten Wohnorts, nur selten teilgenommen.30 Die eigentliche Leitung der Gesellschaft oblag einer Gruppe von Amtsträgern, die als Direktor, Aufseher, Vorsteher oder Senior firmierten. Deren Benennung und Aufgabenzuschnitt changierte zwischen den Gesellschaften, so dass diese Ämtergruppe nur in groben Umrissen wiedergegeben werden soll. Das Amt des Seniors war in Leipzig von Gottsched wahrgenommen worden und wurde in den Gesellschaften Jena, Göttingen, Königsberg, Erlangen und Altdorf als Bezeichnung aufgegriffen. In Leipzig oblag es ihm, die Sitzungen vorzubereiten und Streitigkeiten zu schlichten. Gottsched war kraft dieses Amts außerdem Bibliothekar der Gesellschaft und gab ihre Schriften heraus.31 Neben dem Senior bzw. Ältesten versahen andernorts Vorsteher, Aufseher oder Direktoren diese Aufgaben, die sich in der Regel nur dem Namen nach unterschieden.32 Manchmal konstituierten die Amtsinhaber eine Art Doppelspitze; so gab es in Erlangen einen Vorsteher und einen Ältesten,33 während in Altdorf je ein Vorsteher und ein Aufseher34 sowie in Bremen ein Obervorsteher und ein Vorsitzer35 sich in die Aufgaben teilten. In Mannheim hielten die Mitglieder des Vorstands eigene Versammlungen ab.36 Für die Beaufsichtigung der Sitzungen und die Vertretung der Gesellschaft in ihrem unmittelbaren Umfeld sahen die Satzungen häufig ausdrücklich einen ortsansässigen Gelehrten vor.37 Geeignet machte ihn für diese Aufgabe, dass er || 30 Eine Ausnahme stellte die Teutsche Gesellschaft in Jena dar, wo der Obervorsteher „aus den alhier studierenden Herren Grafen“ gewählt und nach seinem Abgang von der Universität von einem anderen Grafen ersetzt wurde. – Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 27, § III. In diesem Amt fungierten Lorenz Ernst Friedrich Graf von Brockdorff, Heinrich Graf von Bünau, Gustav Adolf Graf von Gotter, Erdmann Karl Graf von Reder und Johann Eustach Graf von Schlitz gen. Goertz. 31 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 19f., Fünfte Abt. 32 In Altdorf sprach man explizit vom „Amt des Vorstehers, der zugleich der Aelteste genennet wird“ sowie vom „Amt des Aufsehers, der zugleich der Mitaelteste genennet wird“. – Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178. 33 Vgl. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. III u. V. 34 Vgl. Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178. 35 Vgl. Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § IIII u. V. 36 Vgl. Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 42, § 19, sowie die auch die Vorstandssitzungen beinhaltenden Protokolle der Deutschen Gesellschaft, MARCHIVUM, Zugang 29/2020. 37 Vgl. Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 13f. § 5; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. III; Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178, Das Amt des Vorstehers.
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als voraussichtlich kontinuierliches und angesehenes Mitglied vor Ort ein Fortbestehen und die Reputation der Gesellschaft weit besser gewährleisten konnte als die nur wenige Jahre auf der Hochschule verweilenden Studenten. Mit diesen Ämtern aber waren die alltäglich in einer Gesellschaft anfallenden Aufgaben noch keineswegs abgedeckt. Mit zunehmender Größe und Aktivität fielen in den Gesellschaften immer mehr Schreib- und Organisationsarbeiten an, die einem eigenen Gesellschaftssekretär übertragen wurden.38 Unter den wechselnden Namen des Sekretärs, Schreibers,39 Geschäftsverwesers,40 Geheimschreibers41 oder Buch-42 bzw. Urkundenhalters43 tauchte dessen Amt am häufigsten und in seinem Aufgabenzuschnitt am konstantesten in den Satzungen der Deutschen Gesellschaften auf. Der Aufgabenkatalog umfasste in der Regel die Führung der Protokolle, Rechnungen, Umläufe und Korrespondenzen, häufig auch die Registratur und die Bibliothek der Gesellschaft.44 Somit war eine Fülle von Aufgaben in einer Hand vereinigt, was ab einer bestimmten Größe wiederum eine Erweiterung des Personenkreises verlangte. Häufig differenzierte man die anfallenden Arbeiten weiter nach Ämtern aus. Manche Gesellschaften ernannten einen eigenen Schatzmeister, wie in Straßburg, wo ein oder zwei Rechnungsführer quartalsmäßig Rechenschaft ablegen sollten.45 Die Deutsche Gesellschaft in Bremen verteilte die Aufgaben eines Sekretärs auf zwei Personen,46 während es in Göttingen 1750 für erforderlich gehalten wurde, neben den
|| 38 „Damit aber der Aufseher der Gesellschaft nicht mit gar zu vielen Geschäften überhäufet werde, so erwählt die Gesellschaft aus ihren gegenwärtigen Mitgliedern einen Sekretär.“ – Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 14, § 6. 39 So umriss es Lenz 1775: „Amt des Schreibers […] das heißt, die jedesmal eingelieferten Aufsätze in das Buch eintrage, alle viertel Jahre einen Schattenriss einer Geschichte der Gesellschaft ablese, im erforderlichen Fall den Briefwechsel führe u.s.f.“ – Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 781. 40 Gesetze der kuhrpfälzischen deutschen Gesellschaft, 1775, GLAK 77/6397, f. 30, § 4. 41 Vgl. Gesätze der Wachsenden Gesellschaft in Zürich, 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6, Äußere Gesätze, § III. 42 Vg. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 46f., Sechster Auszug. 43 Vgl. Nachricht von der Einrichtung, dem Vorhaben, und den Satzungen der Fürstl. Anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Bernburg 1762, S. 19 §, 12. 44 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 14, § 6; Verfassung und Gesetze der Herzoglichen deutschen Gesellschaft zu Helmstädt. Helmstedt 1786, S. 8, § 6; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VI; Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178, Das Amt des Sekretärs betreffend. 45 Vgl. Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 781. 46 Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § 7 u. 8.
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beiden Sekretären Isaak von Colom Duclos und Just Friedrich Veit Breithaupt mit Johann Philipp Murray einen dritten Sekretär zu bestellen.47 Ging es um Verrichtungen, die aus der Sicht gelehrten Standesbewusstseins als niedrig einzuschätzen waren, griffen manche Gesellschaften dazu, Diener anzustellen. Die Deutsche Gesellschaft in Mannheim ernannte und bezahlte mit Konrad Wieber,48 Georg Christian Römer49 und Joseph Jung50 im Laufe ihres Bestehens drei Gesellschaftsdiener, zu deren Pflichten ein Vertrag aus dem Jahr 1782 überliefert ist.51 Demnach hatte ein Gesellschaftsdiener die Mitglieder von den Sitzungen zu unterrichten, den Sitzungssaal vor- und nachzubereiten, die Bibliothek vor unbefugtem Zugriff zu schützen und regelmäßig die maßgeblichen Gesellschaftsmitglieder nach anstehenden Aufgaben zu fragen. Die Deutsche Gesellschaft in Altdorf übertrug kontinuierlich Schreibarbeiten an einen gewissen Schrötel,52 für ein Gastmahl im Jahr 1763 wird einem Pedell das Läuten bezahlt.53 Ihrem Sekretär stellte die Göttinger Gründung, weil „die Arbeit in der Gesellschaft sich mehr und mehr häufet“,54 einen Gehilfen zur Seite. Für das Jahr 1750 ist ein Gesellschaftsbedienter namens Künssel erwähnt,55 ein weiterer Pedell der Deutschen Gesellschaft, Johann Georg Seidekampff, wurde unter die Bürger der Universität aufgenommen.56 In Helmstedt diente ein gewisser Pierre
|| 47 Vgl. Isaak von Colom Duclos an den Präsidenten Johann Matthias Gesner, den 31. Januar 1750, Tartu Ülikooli Raamatukogu, Epistolae autographae CC Philosophorum cel. III. F3 Mrg CCCLIVa. 48 Konrad Wieber war bis 1782 Gesellschaftsdiener. – Vgl. den Protokolleintrag zur Vorstandssitzung 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 91. Er ist 1783 als Amtsreiter im kurpfälzischen Amt Mosbach nachweisbar. – Vgl. Seiner Churfürstlichen Durchleucht zu Pfalz etc. Hofund Staats-Kalender für das Jahr 1783, S. 142. 49 Georg Christian Römer (1766 – nach 1816) verrichtete diese Arbeit bis etwa zu seinem 16. Lebensjahr und war später in kurpfälzischen und badischen Diensten Oberbergamts- und Ministerialsekretär sowie Deutschlehrer der Großherzogin von Baden. Daneben wirkte er als Schriftsteller zu Theaterfragen. – Vgl. zu ihm Theodor Conrad Hartleben: Litterärisches Karlsruhe. In: Statistisches Gemälde der Residenzstadt Karlsruhe und ihrer Umgebungen. Karlsruhe 1815, S. 67. 50 Jung (1740/1741–1804) war daneben auch Bibliotheksdiener und Diener der Mannheimer Akademie. – Vgl. Landesarchiv Speyer A 17 Nr. 17 u. 31. 51 Vgl. „Vorschrift für den Gesellschaftsdiener, wozu sich derselbe bei seiner Pflichtnehmung verbunden hat“, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 93f. 52 Vgl. die Einträge im Kassenbuch der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 179. 53 Vgl. den Eintrag von 1763 im Kassenbuch der Deutschen Gesellschaft Altdorf, ebd., f. 8. 54 Protokolleintrag von 1747, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 196. 55 Vgl. Protokolleintrag vom 7. März 1750, ebd., f. 244. 56 Vgl. UA Göttingen, Sek 433 (4) [Datum unleserlich]. Vgl. zur Situation Bediensteter an der Universität Göttingen Silke Wagener: Pedell, Mägde und Lakaien. Das Dienstpersonal an der Georg-August-Universität Göttingen (1737–1866). Göttingen 1994.
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Savoy der Gesellschaft als Pedell; er hat sich als Verfasser einer der Deutschen Gesellschaft gewidmeten Schrift betätigt.57 Die Aufgabenvielfalt, die sich einem Gesellschaftssekretär stellte, gab ihm nicht einfach nur viel Arbeit. Die Art und Weise, wie er seine Obliegenheiten ausführte, gab ihm überdies vielfältige informelle Lenkungsmöglichkeiten an die Hand. Seine schreiberischen Tätigkeiten konnten ihm somit eine Federführung im doppelten Sinn einbringen. Die meisten Entscheidungen fielen jedoch unter den Mitgliedern in den Versammlungen und Umläufen. Auch die Bestimmung, welche Person diese Ämter übernahm, wurde durchweg durch eine Mehrheitswahl58 getroffen, zu der alle ordentlichen Mitglieder gleichermaßen stimmberechtigt waren.59 Leiter konnten nur bei Stimmenparität den Ausschlag geben.60 Damit war ein Gegengewicht geschaffen, das einem Machtmissbrauch einzelner Amtsinhaber einen Riegel vorschieben sollte. Manche Gesellschaften kennen aus der Mitte ihrer Mitglieder noch Abgeordnete, die als Bevollmächtigte der ordentlichen Mitglieder handeln und häufig wechseln sollten.61 Bei der Benennung der Ämter lehnten sich die Deutschen Gesellschaften an Begriffe und Verfahren an, die sie in den Ämterhierarchien in ihrem akademischen oder städtischen Umfeld vorfanden. Die Wachsende Deutsche Gesellschaft in Zürich nannte ihren für die Kasse Zuständigen nach dem entsprechenden städtischen Amt Sekelmeister.62 Das oft zentrale Leitungsamt des Seniors an den universitären Deutschen Gesellschaften war als „Titulatur für das Ober-
|| 57 Pierre Savoy [Pedell der Gesellschaft]: Bey dem Eintritt des 1750ten Jahres wollte der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt seine Ergebenheit in einem Glückwunsch bezeugen. Helmstedt 1750. Vgl. auch die Zahlungen der Gesellschaft an ihn im Rechnungsbuch der Deutschen Gesellschaft, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 407–413. 58 Dabei dürfte es sich im Regelfall um eine einfache Mehrheit gehandelt haben. In Mannheim wurde eine Zweidrittelmehrheit verlangt. – Vgl. Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 41, § 14. 59 In Zürich sollte das Amt des Vorstehers alle vier Wochen unter den Mitgliedern wechseln. – Vgl. Gesätze der Wachsenden Gesellschaft in Zürich, 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6, Äußere Gesätze § II. 60 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 27, § IV; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. III, § 12; Nachricht von der Einrichtung, dem Vorhaben, und den Satzungen der Fürstl. Anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Bernburg 1762, S. 16, § 8. 61 Vgl. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VII; Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 45f., Fünfter Auszug. 62 Vgl. Gesätze der Wachsenden Gesellschaft in Zürich, 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6, Äußere Gesätze, § IV.
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haupt einer studentischen Verbindung“63 schon im 17. Jahrhundert in Gebrauch. Mit einem nominellen und einem tatsächlich als Leiter agierenden Vorstand orientierten sie sich an der Universitätsverfassung, die den Landesherrn bzw. andere Adelige als nominellen Rektor und eine tatsächliche Rektorenschaft als Prorektor kannte.64 Entscheidungen mit Stimmenmehrheit zu treffen, ähnelte den Entscheidungsfindungen des akademischen Senats, dessen Missiven die Deutschen Gesellschaften in ihren Umläufen kopierten.65 Die Funktionen der Ämter lassen sich in repräsentative, leitende und alltagsorganisatorische aufteilen. Ihre Vielzahl leitet sich aus der Vielgesichtigkeit der Deutschen Gesellschaften ab. Um ihre Regelwerke fest- und durchzusetzen und den gesellschaftlichen Alltag möglichst reibungslos zu organisieren, benötigten sie Instrumente wie Protokolle, Umläufe, Rechnungsbücher und Korrespondenzen, und diese sollten von eigens dazu bestellten Mitgliedern à jour gehalten werden. Die eigentliche Geschäftsführung und Leitung der Sitzungen waren den Vorstehern, Aufsehern und Senioren bzw. Ältesten zugedacht. Diese Ämter nahmen in den an Hochschulen angesiedelten Gesellschaften Mitglieder des Lehrkörpers, in Residenzen ranghohe Mitglieder wahr, die eine bessere Stellung der akademischen und lokalen Gesellschaft garantieren sollten und somit Leitungstätigkeit nach innen und eine repräsentative Schauseite nach außen vereinten. Mit den Präsidenten, Obervorstehern, Protektoren und Patronen waren dagegen Ämter eingerichtet worden, die die Gesellschaften repräsentieren und prominent verorten sollten. Die Ämtervielfalt an Bord der Deutschen Gesellschaften vereinigte also Schreiber, Steuermänner und Galionsfiguren und sollte eine effektive Arbeitsweise ebenso sicherstellen wie einen möglichst hohen Rang in Gelehrtenwelt und ständischer Gesellschaft.
2.1.3
Mitgliedschaftsstatus
Die hohe Binnendifferenzierung, die diese Ämtervielfalt anzeigt, setzte sich in den unterschiedlichsten Stufen fort, in denen man einer Deutschen Gesellschaft angehören konnte. Kern einer jeden Gesellschaft waren stets diejenigen Mitglieder, die an den Sitzungen teilnahmen und eigene Werke vorlegten. Eine Ausdifferenzierung der Mitgliederschaft setzte ein, als sie mehr sein wollten als
|| 63 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 58. 64 Vgl. für das Beispiel Jena Wallentin: Fürstliche Normen und akademische „Observanzen“, S. 244f. 65 Vgl. ebd., S. 239f.
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ein auf den Sitzungsort beschränkter Freundeskreis wie die Teutschübende Gesellschaft in Hamburg und das Görlitzische Collegium Poeticum. Gottscheds Bestrebungen, die Deutsche Gesellschaft in Leipzig zu einer Art Akademie für deutsche Sprache zu machen, erforderten es in seinen Augen, auch die Mitgliedschaftsstrukturen denen einer Akademie anzupassen. Die von ihm 1727 redigierten Statuten sahen vor: „Auch solche Liebhaber der Deutschen Sprache und Poesie, die sich nicht beständig in Leipzig aufhalten, sollen in die Gesellschaft aufgenommen werden, wenn sie dazu, doch auf eben diese Bedingungen, ein Belieben tragen sollten.“66 Ihre Pflichten beschränkten sich auf eine Teilnahme an den Sitzungen während eventueller Aufenthalte in der Pleißestadt, wohingegen das Einreichen eigener Arbeiten ihrem Belieben anheimgestellt war.67 Diese vagen Bestimmungen öffneten eine Tür, die das sich dahinter auftuende Feld nur erahnen ließ. In Sicht kamen aber schon hier jene Pole, zwischen denen sich alle künftigen Regelungen zum Mitgliedschaftsstatus bewegen sollten. Als mögliche Kriterien einer Statusdifferenzierung schienen zwei Begriffspaare auf, nämlich „ortsansässig“ und „nicht ortsansässig“ sowie „Pflicht“ und „Belieben“. Man kann diese als Ecken eines Quadrats beschreiben, in dem sich die verschiedenen Mitgliedschaftsstatus bewegten. An erster Stelle, der Chronologie und der Bedeutung nach, stehen die so genannten ordentlichen Mitglieder. Sie lebten am Gesellschaftsort68 und bestritten mit ihren Beiträgen die Sitzungen. Ihnen oblagen die meisten Pflichten, indem sie regelmäßige Beiträge an Geld und vorzutragenden Arbeiten zu entrichten hatten. Vereinzelt ist von diesen eine Gruppe Ortsansässiger zu unterscheiden, die zwar Beiträge zu entrichten hatte, ihrer angeblich noch nicht ausgereiften sprachschöpferischen Fähigkeiten halber aber nicht durch eigene Vorträge und Kritik hervortreten durfte. Diese Statuszuweisung lässt sich als Versuch begreifen, Mitglieder an die Gesellschaft zu binden, ohne sie durch Sanktionen an eine zu erwartende Versäumnis ihrer Pflichten erinnern zu müssen. Am ausgiebigsten machte die Deutsche Gesellschaft in Göttingen von diesem Zwischenstatus Gebrauch, dem sie einen eigenen Anhang ihrer sonst an den
|| 66 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 13, Erste Abt., § IX. 67 Vgl. ebd., S. 13, Erste Abt., § X sowie S. 15, Andre Abt., § XXIII. 68 Als eine Ausnahme sahen die Satzungen der Deutschen Gesellschaft in Königsberg eine Unterteilung der ordentlichen Mitglieder in Abwesende und Gegenwärtige vor. – Vgl. Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg. [o.O.] [o.J.], im Folgenden zit. nach: GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, hier f. 2, § 1.
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Leipziger Statuten orientierten Satzung widmete.69 Die so genannten freien Mitglieder oder ordentlichen Zuhörer mussten sich um ihre Mitgliedschaft bewerben, über die die Gesellschaft mündlich abstimmte. An den Sitzungen konnten sie teilnehmen, ohne zu regelmäßigen Ausarbeitungen verpflichtet zu sein, ihre Beiträge waren, gemessen an denen der ordentlichen Mitglieder, halbiert. Ziele waren, dass diejenigen, welche bis daher ordentliche Mitglieder gewesen, doch aber nicht im Stande wären, unsern Absichten gemäs zu arbeiten, wiederum so lange in die Ordnung der freyen Mitglieder treten sollten, bis die Gesellschaft nach einiger Zeit wahrnehme, daß eine solche Person gnugsam im Stande sey, mit den übrigen ordentlichen Mitgliedern einerley Arbeiten zu unternehmen. 2.) daß man dieienigen hinkünftig nicht brauche abzuweisen, welche Mitglieder zu seyn wünschen, doch aber die gehörige Geschicklichkeit noch nicht besitzen [...].70
Als ‚Schnuppermitgliedschaft‘ und Sprungbrett in den engeren Kreis nahm auch der Jurastudent Adam Gottlieb von Rheden dieses Angebot wahr: „Ob ich mich nun zwar nicht im Stande befinde, dero Absichten zu befördern; so hoffe doch, daß sie mir das Vergnügen gönnen werden, so lange einen Zuhörer in ihrer Gesellschaft abzugeben, bis ich durch Nachahmung ihrer geschickten Muster etwas selbst zu verfertigen vermögend seyn werde.“71 Unter den etwa zwanzig bekannten freien Mitgliedern avancierten einige wie Esdras Heinrich Mutzenbecher zum ordentlichen Mitglied,72 andere kündigten diesen Status.73 Den Sitzungen auch als völliges Nichtmitglied beizuwohnen und kleinere Beiträge zu liefern, scheint in Göttingen in Ausnahmefällen möglich gewesen zu sein.74
|| 69 Vgl. die Regelungen in den Statuten von 1738 in: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 21–23. 70 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 83f. 71 Vgl. Adam Gottlieb von Rheden an die Deutsche Gesellschaft Göttingen, den 24. August 1739, ebd., Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 1b, f. 24. 72 Vgl. August Mutzenbecher: Zur Erinnerung an den Generalsuperintendenten Esdras Heinrich Mutzenbecher in Oldenburg: Oldenburg u. Leipzig [1897], S. 8. 73 Vgl. Protokolleintrag vom 27. Juni 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 90. 74 „Die deutsche Gesellschaft versammlete sich alle Sonnabend um 2 Uhr Nachmittags, und sahe es gerne, wenn man ihren Zusammenkünften beywohnte. Dies geschahe von ihm um so viel lieber, da der Secretair derselben, Herr Prof. Isaak de Colom du Clos, als der Senior Herr Prof. Wedekind seine guten Freunde waren. Ob er nun gleich kein Mitglied derselben war noch werden wollte, so erlaubte man ihm doch dann und wann kleine Ausarbeitungen, welche […] in der Wochenschrift […]: die Welt, von Herrn Prof. Wedekind eingerückt wurden.“ – Art. Georg Detharding. In: Jetztlebendes gelehrtes Mecklenburg. Hg. v. Johann Christian Koppe. Bd. 3.
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Zur gleichen Zeit sah die Deutsche Gesellschaft in Königsberg außerordentliche Mitglieder als eine analoge Zugehörigkeitsvariante in ihren Gesetzen vor. Diese seien blosse Auscultanten, die nur zur deutschen Beredsamkeit vorbereitet werden, damit die Gesellschaft würdige Glieder bekomme. Sie sitzen auch weder am Tische der Gesellschaft, sondern unter den fremden Zuhörern noch haben sie Votum, wenn es nicht der Director ausdrücklich verlanget. Indessen ist ihnen erlaubt zuweilen zur Probe eine Arbeit zu liefern, bey allen Conferentzen der Gesellschaft gegenwärtig zu seyn.75
Quellen über die Handhabung dieses Status liegen nicht vor, die gedruckten Mitgliederlisten der Gesellschaft weisen sie jedenfalls nicht aus. Festzuhalten bleibt, dass dieser Mitgliedschaftsstatus unter den Deutschen Gesellschaften nicht weiterverfolgt wurde, vermutlich weil Aspiranten ebenso ausblieben wie das Interesse der Gesellschaften an voll zahlenden und arbeitenden Mitgliedern auch dann groß war, wenn diese den Ansprüchen (noch) nicht genügten.76 Dass eine Deutsche Gesellschaft lediglich aus ordentlichen, vor Ort wirkenden Mitgliedern bestand, war insbesondere unter den kleineren Gründungen, Privatgesellschaften und Schülerzirkeln eher die Regel.77 Doch selbst sichtlich kleinere Gesellschaften wie an den Universitäten Halle und Frankfurt an der Oder haben nicht auf Mitglieder außerhalb ihrer Universitätsstadt verzichtet. In Gießen sahen die Satzungen die Aufnahme solcher Gelehrter vor,78 Beitritte sind jedoch nicht nachzuweisen. Von Straßburg aus warb Jakob Michael Reinhold Lenz um neue Mitglieder aus Colmar und Freiburg.79 Eine Mitarbeit aus der Ferne musste sich von vornherein auf Korrespondenzen und die gelegentliche Einsendung von Arbeiten beschränken. Da Möglichkeiten der Kontrolle und Sanktionierung nicht existierten, blieb dies vermutlich in engen Grenzen. Die Erwartungen an die gelehrt-literarische Produktivität || Rostock und Leipzig 1784, S. 96f. Detharding wurde später als Professor in Rostock Mitglied der Deutschen Gesellschaft Göttingen. – Vgl. Suchier: Mitglieder, S. 110. 75 Vgl. Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § I; Rechte und Gesetze der 1741 gestifteten, 1743 von Sr. Königl. Majestaet bestätigten Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen (Fassung 1757), zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 101. 76 Vgl. Kap. 3.2 Der Weg in die Gesellschaft. 77 Hier sind u.a. die Deutschen Privatgesellschaften in Altdorf und Heidelberg oder die Schülerzirkel in Meißen und Naumburg zu nennen. 78 Vgl. Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft. In: Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten. Stück 12, Giessen 1764, S. 89, § 17. 79 Vgl. Jakob Michael Reinhold Lenz an Heinrich Christian Boie, Ende Dezember 1775. In: Lenz: Werke und Briefe. Bd. 3, S. 359.
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dürften also nur selten höher gespannt gewesen sein. Otto Friedrich Hörner, selbst auswärtiges Mitglied, stimmte sie dem Altdorfer Vorsteher Georg Andreas Will gegenüber herunter: Vieleicht daß, wenn schon für auswärtige d.g. respectable Ehrenmitglieder kein eigentlich bestimmtes onus eingesandter od. kritisierbarer Ausarbeitungen Zweck ist, diese literarisch, nicht unerfreuliche Begebenheit, doch mit Fügung der Zeit und Umstände, einen Anlaß zu manchen gemeinnützigen communicationen und zu einem gewissen commercio literario der Theilnehmer geben könnte.80
Mit der Aufnahme von Ehren- oder außerordentlichen Mitgliedern81 ahmten diese Gesellschaften nur etwas nach, was die größeren oder ambitionierteren Gesellschaften wesentlich ausgiebiger praktizierten. Auf Mitglieder verweisen zu können, die gar nicht oder nur in Grenzen82 aktiv am Sozietätsleben in den Sitzungen partizipierten, erschien nur auf den ersten Blick paradox, den Deutschen Gesellschaften jedenfalls aus unterschiedlichen Gründen attraktiv. Zum einen konnten so als wichtig eingeschätzte Persönlichkeiten in den unterschiedlichsten Konstellationen auf die Seite der Gesellschaft gezogen werden; diese konnten ihrerseits teils durch ihre Fürsprache, teils durch gelehrte Dienste die Gesellschaft bei ihren sprachpflegerischen Ambitionen unterstützen. Zum anderen hoffte man, dass eine Vielzahl möglichst prominenter und ranghoher Mitglieder auch möglichst großen Glanz auf die Gesellschaft werfen würde: „Man wird keine Ehrenmitglieder […] annehmen […], von deren Verdiensten man sich nicht viel versprechen könnte.“83
|| 80 Otto Friedrich Hörner an Georg Andreas Will, den 14. November 1781, StB Nürnberg, Will VIII.87. Autogr. (Umschlag 18,3). 81 Eine Trennung außerordentlicher, auswärtiger und Ehrenmitglieder steht nicht nur vor der Schwierigkeit, dass viele Mitglieder es mit der Benennung ihres eigenen Status nicht allzu genau nahmen. Schon die Statuten selbst sprechen von „außerordentlichen, oder Ehrenmitgliedern“ (Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § VIIII) bzw. über „ausserordentliche, welche letztere auch Ehrenmitglieder genannt werden“. – Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 15, § 7. 82 Teilweise nahmen Ehrenmitglieder besuchsweise an den Sitzungen teil, so bspw. Johann Friedrich Börner in Wolfenbüttel an den Sitzungen der Deutschen Gesellschaft Göttingen. – Johann Friedrich Börner an Johann Christoph Gottsched, den 22. September 1752, UB Leipzig, Ms 0342 XVII, f. 468: „Die hiesige deutsche Gesellschaft, die mir die Ehre gethan, mich zu ihrem Mitglied auff zu nehmen, hat auch einen Anfang, der mit der Zeit auch ganz ansehnlich werden wird. Sie ist in guten Umständen, und ich habe ihren Versammlungen zu wiederholten mahlen beygewohnet und mich ungemein vergnüget.“ 83 Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 11. Vgl. dazu ausführlich Kap. 6.3 Protegieren.
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Aufgrund dieser Ziele sahen die Sozietäten davon ab, ihren Ehrenmitgliedern in größerem Umfang finanzielle oder Verfasserpflichten aufzubürden. Einige befreiten sie gänzlich von Pflichten und setzten auf freiwillige Beiträge,84 andere verbanden sie durchaus zur Übersendung ihrer Publikationen und Zahlung von Eintrittsgeldern.85 In allen Fällen war es zuweilen günstig, aber nicht zwingend erforderlich, dass diese Mitgliedergruppe am Ort der Gesellschaft wirkte. In Helmstedt vermerkten es die Satzungen ausdrücklich, dass Ehrenmitglieder „sowohl gegenwärtige als abwesende“ sein konnten.86 In Helmstedt selbst waren es 15 von 96 Ehrenmitgliedern, die vor Ort lebten, für Jena konnten unter 169 Ehrenmitgliedern 28 mit Wohnsitz in Jena nachgewiesen werden. Bei den meisten handelte es sich um Angehörige des Lehrkörpers, bei denen mit einer Teilnahme an den Sitzungen nicht unbedingt zu rechnen war, die aber der Sozietät verbunden sein sollten. Ähnlich war der Anteil ortsansässiger Ehrenmitglieder in Göttingen mit 63 von 305, dort handelte es sich allerdings nicht nur um Dozenten, sondern auch um adelige Studenten. Deutlich wird dabei vor allem die Undeutlichkeit der Trennlinien,87 bei denen das Wohnen am Gesellschaftsort als Kriterium für den Mitgliedschaftsstatus zwar nahe liegend und entsprechend häufig, aber nicht allein ausschlaggebend war. Prioritär scheint weit eher der Wunsch gewesen zu sein, Persönlichkeiten, die man als Mitglied begehrte, einen besonders ehrenhaften, diese aber auch von Pflichten weitgehend entbindenden Status
|| 84 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 28, § VII; Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178, Besondere Einrichtungen § 13; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. IV § 2. In Göttingen schrieb Johann Stephan Pütter nach dem Siebenjährigen Krieg über die dort so genannten freien Mitglieder, diese seien „berühmte Gelehrten oder andere distinguierte Personen, welche die Absicht der Gesellschaft durch ihr Ansehen und gegebene Beyspiele oder Muster befördern, ohne sich zu Arbeiten verbindlich zu machen“. – Johann Stephan Pütter: Versuch einer akademischen Gelehrten-Geschichte der Georg-AugustusUniversität zu Göttingen. Göttingen 1765, S. 271. In Greifswald war nur ein Buch als Antrittsgabe obligatorisch. – Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 17f., § 13. 85 Vgl. etwa Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 11. Einen Mittelweg ging die Deutsche Gesellschaft in Altdorf. Sie „setzte vest, daß in Zukunft jedes Ehrenmitglied, das die Aufnahme selbst verlangen würde, der Casse einen Species Ducaten erlegen sollte“. – Protokolleintrag vom 19. Mai 1762, UB Erlangen, B 177. 86 Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 11. 87 Völlig unklar blieb der Mitgliedschaftsstatus Auswärtiger in der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, deren Mitgliedsurkunden die Ernannten „in die Zahl ihrer Glieder“ aufnahmen. – Vgl. die Urkunde über die Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Greifswald für Elias Caspar Reichard (Abschrift), StadtA Magdeburg, Rep. A I, R 112, o.S.
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zuzuweisen. Dies galt auch dann, wenn diese trotz ihres Lebens am Gesellschaftsort den Sitzungen fernblieben. Trennschärfe bestand nur zwischen denjenigen, die die Sitzungen regelmäßig besuchten, und denen, die es nicht taten. Wechselte ein Mitglied diese Seiten, sahen sich die Gesellschaften häufig zum formellen Wechsel des Mitgliedschaftsstatus veranlasst. Seltener kam es vor, dass ein Mitglied von einer auswärtigen in eine ordentliche Mitgliedschaft wechselte, wie im Falle Johann Heinrich Jung-Stillings, der mit Verlegung der Kameralhochschule nach Heidelberg gekommen war und nun an den Sitzungen der Mannheimer Deutschen Gesellschaft teilnehmen konnte.88 Weniger generös, aber dieser Logik verpflichtet, entschied sie im Falle des Freiherrn von Knigge, der 1785 in die Deutsche Gesellschaft Mannheim gewählt werden sollte. Seiner baldigen Abreise nach Niedersachsen wegen ermöglichte sie ihm trotz seines Aufenthalts im nahen Heidelberg keine ordentliche Mitgliedschaft.89 Der Dessauer Karl Ludwig von L’Estocq legte seine Mitgliedschaft in der Bernburger Gesellschaft gänzlich nieder, als er 1762 eine Stelle in Königsberg antrat.90 Dass ordentliche Mitglieder die Stadt und die Hochschule verließen, warf das Problem an universitären Deutschen Gesellschaften stets von neuem auf. Eine Sitzungsteilnahme kam fortan kaum in Frage, ebenso wenig ein simples Beendigen der Mitgliedschaft. Im Gegenteil war den Deutschen Gesellschaften daran gelegen, auch nach dem Abgang der studentischen Mitglieder von der Universität brieflichen Kontakt aufrecht zu erhalten. „So aber sind wir überzeuget, daß Sie unserer Gesellschaft auch in Zukunft nützlich zu seyn nicht ablassen werden“,91 heißt es in einer Abschiedsrede in Altdorf, ein Wunsch, dessen Erfüllung allerdings nur selten bezeugt ist.92 So wurde der Theologiestudent und Helmstedter Senior Gerd Weser bei seinem Abgang zum auswärtigen Mitglied mit einem neuen Diplom ver|| 88 Vgl. Protokolleintrag vom 13. November 1784, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 3, f. 13. 89 Vgl. Protokolleintrag vom 17. Dezember 1785, ebd., Nr. 4, f. 25. Zu Knigges Aufenthalt in Heidelberg vgl. Wilhelm Kreutz: Adolph Freiherr Knigges Heidelberger Jahre. In: Heidelberg. Jahrbuch zur Geschichte der Stadt 7 (2002), S. 33–51. 90 Vgl. Protokolleintrag vom 13. Januar 1763 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 19. Zu L’Estocq vgl. Brunhild Höhling: Erziehung zum aufgeklärten Fürsten. Lehrer des Erbprinzen Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau. In: Dessauer Kalender 57 (2013), S. 52–61. 91 [Johann Christoph Martini]: Kurzgefaßte Nachricht von dem reichen Spital zu S. Leonhard in Lauf, welche dem Wohledlen und Wohlgelehrten Herrn Ludwig Miller: […] beym Abschiede von hiesiger Hohenschule mit redlichen Wünschen zuschreibt die Altdorfische Deutsche Gesellschaft. Altdorf 1763, Vorrede, o.S. 92 So erhielt Gottlob Jakob Sahme 1744 eine Stelle als Sekretär in Berlin, übersandte der Gesellschaft in Königsberg jedoch noch bis 1751 eigene Arbeiten und hielt den Kontakt. – Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 91.
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sehen, „weil er als ihr ordentliches Mitglied an ihren Arbeiten für die Wissenschaften und für die deutsche Sprache thätigen Antheil genommen und solchen auch in der der Entfernung von ihr fortzuführen versprochen“.93 In Göttingen wollte man die Ausgeschiedenen sogar dazu verpflichten, vier Jahre nach ihrem Abzug „alle Jahr eine Ausarbeitung in deutscher Sprache zu schicken“.94 Der Wechsel vom ordentlichen zum auswärtigen oder Ehrenmitglied wies in der Tat einen gangbaren Ausweg aus dem Dilemma und war in einigen Regelwerken ausdrücklich vorgesehen.95 Gegenüber dieser Ämter- und Statusvielfalt aber war man bestrebt, auf der Ebene der ordentlichen Mitglieder keine eigene Binnendifferenzierung vorzunehmen. Sonsten aber werden in dieser Gesellschaft, die sich eben dadurch von einer politischen unterscheidet, keine Obere und Untere verstattet. Alle Mitglieder werden ohne Unterscheid des Standes, Alters und Ansehens nach der Zeit, da sie in die Gesellschaft eingetreten sind, betrachtet. Jedoch wird man die Hochachtung, so man geehrten Männern, die der Gesellschaft die Ehre ihres Beytritts gönnen, vor andern schuldig ist, keineswegs aus der Acht lassen.96
Dieser Passus aus den Gesetzen der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, durchaus repräsentativ für die Binnenordnung Deutscher Gesellschaften,97 verdient Beachtung in mehrfacher Hinsicht. Dass Stand, Rang und Alter explizit zurückgesetzt werden, lässt aufhorchen und mag manchem als Vorschein einer sich egalitär verstehenden späteren Zeit daherkommen. Wie andere aufgeklärte Gesellschaften erscheinen sie in dieser Blickweise als Experimentierräume, in denen man eine neue Gesellschaftsordnung gleichsam unter Laborbedingungen erprobte. Dagegen lässt sich einiges einwenden. Zunächst ist festzuhalten, dass diese Gesellschaften durchaus ein Prinzip kannten, das Ordnung und Vorrang herstellte. Die Reihenfolge des Gesellschaftseintritts, die die Reihenfolge des Vorlesens und teilweise auch der öffentlichen Nennung in Mitgliederlisten bestimmte, stellte eine überkommene
|| 93 Mitgliedsdiplom für Gerd Weser vom 13. Dezember 1805, zit. nach: Neuer Nekrolog der Deutschen 19 auf das Jahr 1841. Weimar 1843, S. 722f. 94 Protokolleintrag vom 8. August 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 92. 95 Vgl. Verfassung und Gesetze der Herzoglichen deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 12, § 27; Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 89, § 16. 96 Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 14f., § 7. 97 Vgl. bspw. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 7; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 19f., § 13; Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 781f.
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und vielerorts bewährte Ordnungsmethode dar. Mit ihr befolgte man das Prinzip der Anciennität, wie es unter Gelehrten nicht unüblich war. Als vorteilhaft erwies sich das Eintrittsdatum nicht zuletzt, weil es eindeutig und klar handhabbar war. So bannte es einen Dämon, der die gesellschaftliche Arbeit lähmen konnte: Schon unter den Gelehrten waren die Potentiale von Rangstreitigkeiten sehr groß, die entlang der Konfliktlinien akademischer Grad, Dauer der Universitätszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu Fakultäten und Nationen etc. hätten ausbrechen können. Die Zugehörigkeit von Mitgliedern landesherrlicher Familien, Adeligen und Personen mit hoher sprachlich-literarischer Reputation barg zusätzlichen Sprengstoff. Neben Störungen der gesellschaftlichen Arbeit setzte man mit deren Zulassung das zentrale gesellschaftliche Anliegen aufs Spiel, den zänkischen Pedanten aus der Gelehrtenwelt auszutreiben.98 Johann Ludwig Anton Rust brachte es für die Bernburger Gesellschaft auf den Punkt: Dort sollten „alle Mitglieder ohne Unterschied des Standes, Alters, Ansehens, und der Würde, oder Bedienung“99 nur nach Eintrittsdatum gereiht werden, als wodurch sich hauptsächlich die Gelehrten Gesellschaften von den politischen unterscheiden; damit das gute Vernehmen unter den Gesellschaftern desto besser unterhalten, und alle aus dem Gepräge entstehende Weitläufigkeiten und Zerrüttungen sammt dem Vorurtheil des Ansehens, vermieden werden mögen.100
Die Gleichheit der Mitglieder also verkörperte keinen Eigenwert, sie diente vielmehr dazu, bestehende und anerkannte Rangunterschiede als gefährliche Störfaktoren des gesellschaftlichen Lebens zu suspendieren. Außerhalb der Gesellschaft sah Rust selbst keinen Platz für die Gleichheit. In seiner Begründung unterschied er die gelehrten von den politischen Gesellschaften ausdrücklich und betonte so Grenzen, die den ‚protodemokratischen‘ Charakter solcher Vereinigungen fragwürdig erscheinen lassen. Das Maß an Gleichheit, das im Raum der Sozietäten galt, galt nur innerhalb der gelehrten Mitgliedergruppe und war auch keine Neuerung der Aufklärung.101 Vielmehr
|| 98 Vgl. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied. 99 § 13 der Satzungen, LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 1, f. 14. 100 Ebd., f. 14f. 101 Für die weit frühere, in ihren Zielsetzungen aber verwandte Fruchtbringende Gesellschaft, die schon aufgrund ihrer Zusammensetzung wohl kaum als Gegner der ständischen Gesellschaft gelten kann, hat Andreas Herz angesichts ihrer Reihung der Mitglieder nach Eintrittsdatum festgestellt: „Dies bedeutet natürlich mitnichten, dass die FG einen Kampf gegen die Ständeordnung und das Zeremonialwesen aufgenommen hätte: verschiedene soziale Interaktionsfelder erlauben verschiedene Interaktionsregularien derselben Akteure.“ – Andreas Herz:
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stellte es ein Medium der Abschottung gegenüber anderen gesellschaftlichen Räumen dar und postulierte eine gesellschaftliche Sphäre eigenen Rechts. Die in den Sozietäten geltende Anciennität beruhte auf als gleichwertig gedachten Mitgliedern, ordnete diese ohne Einmischung von außen und stellte damit Homogenität und Autonomie einer Gruppe her.102 Andere Bereiche der ständischen Gesellschaft waren davon gerade nicht berührt, die Deutschen Gesellschaften wollten keine rebellische Sozietät gegen das Ancien Régime, sondern eine eigengesetzliche Sozietät in ihm verkörpern. Die ‚feinen Unterschiede‘ der ständischen Gesellschaft waren also in den Sozietäten nur temporär aufgehoben, und auch das galt dem Anspruch nach in erster Linie für den gesellschaftlichen Binnenraum. Betrat die Gesellschaft bei öffentlichen Versammlungen oder mit Publikationen den öffentlichen Raum, galten die überkommenen Standesunterschiede fort; die Publikation der Mitgliederlisten geschah – wohl nach dem Vorbild der Vorlesungsverzeichnisse103 – nach Rang und unter Voransetzung der ‚vornehmen‘ Mitglieder, die Oden der Deutschen Gesellschaft in Leipzig waren in solche auf „gekrönte und durchlauchte Häupter“, „hohen und niedern Adel“ sowie „Mittelstand“ gegliedert.104 Anzuzweifeln ist ferner, ob denn die Deutschen Gesellschaften wirklich hierarchiefreie Räume oder herrschaftsfreie Diskurse verkörperten. Waren sie schon entlang des unterschiedlichen Mitgliedschaftsstatus nach Rechten und Pflichten differenziert, so dürfte sich dies in den Sitzungen der ordentlichen Mitglieder an den Hochschulen fortgesetzt haben. Der oder die Leiter waren häufig Mitglied des Lehrkörpers, so dass das Verhältnis von Lehrer zu Schüler informell allen anderslautenden Regelungen zum Trotz sehr wirkmächtig geblieben sein dürfte und eher ein „Wechselspiel von Subordination und Mitentscheidung“105 anzunehmen ist. Schon aufgrund dieser Erwägungen ist Georg Seiderers Diagnose
|| „Edle Ritter dieser Zunft“. Beobachtungen zur sozietären Performanz der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Claudius Sittig u. Christian Wieland (Hg.): Die ‚Kunst des Adels‘ in der Frühen Neuzeit. Wiesbaden 2018, S. 98. 102 Vgl. Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis, S. 52. 103 Vgl. Rasche: Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft, S. 152. 104 Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Oden und Cantaten in vier Büchern. Nebst einer Vorrede über die Frage: Ob man auch in ungebundener Rede Oden machen könne? Leipzig 1738, Vorrede, o.S. 105 Jens Riederer: Aufgeklärte Sozietäten und gesellige Vereine in Jena und Weimar zwischen Geheimnis und Öffentlichkeit 1730–1830. Sozialstrukturelle Untersuchungen und ein Beitrag zur politischen Kultur eines Kleinstaates. Diss. Jena 1993, S. 157, für die von Müller vorgestellte Verfassung der Teutschen Gesellschaft Jena.
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zuzustimmen, die Sozietäten seien „weit davon entfernt Muster einer gewissermaßen ‚demokratisch‘ selbstverwalteten Organisation zu sein“.106
2.1.4
Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied
Durchmustert man die teils äußerst ausgefeilten Bestimmungen in den Statuten, stößt man immer wieder auf Passagen, die in heutigen Vereinssatzungen allenfalls am Rande vorkommen. Sie betreffen das Verhalten der Mitglieder innerhalb und außerhalb der Sitzungen; Anweisungen zu richtigem Verhalten stehen neben Verboten, die teils ausführlich mit Strafen bewehrt sind. Sie als rhetorisches Beiwerk abzutun, verbietet nicht nur ihr prominenter Platz in den Statuten. Gemeinsam mit anderen programmatischen Zeugnissen der Deutschen Gesellschaften gelesen, rücken sie vielmehr immer weiter in das Zentrum des gesellschaftlichen Selbstverständnisses vor. In diesem war, so die Kernthese dieser Arbeit, die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit kein Selbstzweck, sondern Teil einer umfassenden Reform des Gelehrtenstandes.107 In deren Mitte stand das, was heute in Anlehnung an Pierre Bourdieus Untersuchung über Die feinen Unterschiede als Habitus bezeichnet wird. Weit über das äußere Erscheinungsbild einer Person oder Gruppe hinausgehend, begreift der französische Soziologe darunter die Gesamtheit ihrer Einstellungen, Dispositionen sowie Geschmacks- und Verhaltensmustern. Nach ihm ist der Habitus ebenso geprägt wie prägend; als opus operatum ist er Ergebnis, hervorgebracht und bestimmt durch die gesellschaftlichen Bedingtheiten der eigenen Existenz, als modus operandi erzeugt und modelliert er Handlungsweisen und wirkt so auf seine Außenwelt ein. Da opus operatum und modus operandi nur zwei Seiten einer Medaille zeigen, sind sie auch als Ganzes in ihrer wechselseitigen Bedingtheit beschreib- und verstehbar. Mehr noch: Als opus operatum ist der Habitus prinzipiell formbar, und nicht zuletzt darauf zielten die Deutschen Gesellschaften. „Diese Gesellschaft soll sowol eine Schule der Tugend, als der Gelehrsamkeit seyn“,108 verkündeten die Statuten der Teutschen Gesellschaft in Erlangen und warfen mit der Tugend eines der meistzitierten Schlagworte der || 106 Georg Seiderer: Formen der Aufklärung in den fränkischen Städten. Ansbach, Bamberg und Nürnberg im Vergleich. München 1997, S. 153. 107 Vgl. zusammenfassend Andreas Erb: Auf dem Weg zu einer neuen Gelehrtengeneration. Die Deutschen Gesellschaften des 18. Jahrhunderts als Reformer gelehrter Sprache und Verhaltens. In: Le stagioni dell’erudizione e le generazioni degli eruditi. Una storia europea (secoli XV-XIX) [Manuskript eingereicht]. 108 Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. I, § 6.
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deutschen Aufklärung in den Ring.109 Ebenso klangvoll wie inhaltsleer, konnte es aus sich heraus kaum begreiflich machen, welche Verhaltensweisen man favorisierte und welche in der Kritik standen. Die Verbindung von Tugend und Gelehrsamkeit, wie sie nicht nur in Erlangen erstrebt wurde, besaß einen Gegenpol und ein Feindbild, das umso wohlfeiler war, je weniger es Verteidiger fand. Zielscheibe eifriger Kritik war der gelehrte Pedant, ein weniger durch übertriebene Genauigkeit als durch Weltabgewandtheit, Ungeselligkeit, schlechte Manieren und Streitsucht gekennzeichneter Topos der Gelehrtenkritik.110 Er war Negativfolie zu einem Benehmen, das sich am Idealbild eines Welt- und Hofmanns orientierte. ‚Höflichkeit‘ als Verhaltensideal entsprang also nicht abstrakten ethischen Erwägungen und war von den Realitäten der Ständegesellschaft keineswegs losgelöst, sondern ist im Lichte der im Mittelalter einsetzenden Statuskonkurrenz zwischen Adel und Gelehrten zu sehen. Schon im 17. Jahrhundert ist zu beobachten, dass der Adel im Experiment mit neuen Geselligkeitsformen eine „Übereinkunft zwischen Tugend und Adel“111 postuliert und die ‚teutsche Redlichkeit‘ beschwört.112 Das Gegensatzpaar von Höflichkeit und Pedanterie hatte demnach einen sozialen Ort. Der der Höflichkeit befand sich bei Hofe, der der Pedanterie an der Hochschule. Es zeugt vom Bedeutungsverlust des Gelehrtenstandes, dass er sich mit den ihm nachgesagten Verhaltensweisen auf der Verliererseite wiederfand und sich Kritik und Spott zuzog. Das Stilideal der ‚Höflichkeit‘ impliziert eine zunehmend scharfe Kritik des akademischen ‚Pedantismus‘. Die ‚Einsambkeit‘ des Gelehrten, die zahllosen, über Büchern verbrachten Nachtstunden […] verleihen keine Würde mehr, sondern treten in Gegensatz zur Gesellschaftsfähigkeit des Hofmanns.113
|| 109 Norbert Hinske hat die Aufklärung als „die erste große Schlagwortschmiede für unser eigenes Jahrhundert“ bezeichnet. – Ders.: Die tragenden Grundideen der deutschen Aufklärung. Versuch einer Typologie. In: Raffaele Ciafardone (Hg.): Die Philosophie der deutschen Aufklärung. Texte und Darstellung. Stuttgart 1990, S. 412. 110 Vgl. zur Gelehrtenkritik Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis, S. 352–387; Martin Gierl: Pietismus und Aufklärung. Theologische Polemik und die Kommunikationsreform der Wissenschaft am Ende des 17. Jahrhunderts. Göttingen 1997, S. 543–574. 111 Gabriele Ball: Die Tugendliche Gesellschaft. Zur Programmatik eines adeligen Frauennetzwerkes in der Frühen Neuzeit. In: Ball u.a. (Hg.): Fruchtbringende Gesellschaft (1617– 1680), S. 205. 112 Vgl. dazu ausführlich Andreas Herz: Aufrichtigkeit, Vertrauen, Frieden. Eine historische Spurensuche im Umkreis der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Ebd., S. 111–142. 113 Volkhard Wels: Versreform und höfisches Ideal bei Martin Opitz. In: Sittig u. Wieland (Hg.): Die ‚Kunst des Adels‘ in der Frühen Neuzeit, S. 68.
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Eine solche Gelehrtenkritik erschöpfte sich keineswegs darin, akademische Schrullen aufzuspießen und so zur öffentlichen Erheiterung beizutragen. Pedanteriekritik war keine moralisch neutrale Stilkritik, sondern hatte explizit „eine praktische – d.h. pragmatische und moralische – Orientierung“.114 Der Vorwurf, „es würden dergleichen Leute durch die Studia ungeschickt, der Republic sowohl zu Kriegs= als Friedens=Zeiten mit Nutzen vorzustehen“,115 stellte ihr Wissen und ihre Kompetenzen als unbrauchbar, wenn nicht gar schädlich für das Gemeinwesen dar. Widerstand aus den Reihen der Gelehrten ließ nicht auf sich warten, erfolgte aber auch in einer defensiven Haltung. Diesen Vorwürfen die eigenen so schlecht beleumundeten Verhaltensweisen als die eigentlich besseren entgegenzusetzen, dürfte als chancenlos erschienen sein. Viele Gelehrte hielten es für aussichtsreicher, diese Kritik aufzugreifen und mit Selbstkritik in die Offensive zu gehen. Der Habitus des Pedanten sollte auch in ihren Reihen der Ablehnung anheimfallen, die Gelehrten selbst sollten keine Pedanten mehr sein. Somit übernahm man ein gelehrtenfeindliches Klischee und deutete es zum Feind im eigenen Lager um, dessen Existenz man zwar einräumte, mit dem man aber nicht pauschal identifiziert werden wollte. Zedlers Universal-Lexicon, selbst ein gelehrtes Unternehmen,116 verteidigte den eigenen Stand: Man habe „dieses Wort bisher den Gelehrten nur allein zum Spott nachgesaget, und viele in die Classe der Pädanten gesetzet, welche so schlechterdings dahin nicht gehören“.117 Indem man sich Kritik und Forderungen der höfischen Vorstellungswelt zu eigen machte, akzeptierte man freilich deren Primat. Vieles von dem, was gerade unter dem Vorzeichen des Nutzens später zu einem genuin ‚bürgerlichen‘ Wertekanon gerechnet wurde, stellt sich so weniger als Gegenentwurf zu adeliger Lebensweise dar, sondern eher als deren in den Gelehrtenstand übernommene Fortsetzung. Einen Teil dieser gelehrten Selbstkritik und versuchten Habitusänderung verkörperten, so die Ausgangsthese, die Deutschen Gesellschaften. Ihre Bestrebungen sind nicht nur programmatisch in den Satzungen, sondern auch in den in ihnen behandelten Themen und gesellschaftlichen Praktiken deutlich zu erkennen. || 114 Frank Grunert: Von ‚guten‘ Büchern. Zum moralischen Anspruch der Gelehrsamkeitsgeschichte. In: Grunert u. Vollhardt (Hg.): Historia literaria, S. 76. 115 Art. Pädanterey. In: Zedler: Universal-Lexicon. Bd. 26, Sp. 190. 116 Vgl. dazu Ulrich Johannes Schneider: Zedlers Universal-Lexicon und die Gelehrtenkultur des 18. Jahrhunderts. In: Ders. u. Döring (Hg.): Die Universität Leipzig und ihr gelehrtes Umfeld, S. 195–213. 117 Art. Pädanterey. In: Zedler: Universal-Lexicon. Bd. 26, Sp. 189f.
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Bereits die Präambeln der Statuten enthalten bei weitem nicht nur sprachlich-literarische, sondern auch ethische Zielsetzungen. Religiöse Elemente dagegen fanden sich in der Programmatik nur gelegentlich, fehlten aber keineswegs gänzlich; die Deutsche Gesellschaft in Königsberg versicherte, es sei „ihre Hauptabsicht aber auf die Ehre des Höchsten, und die Verehrung ihres allerhuldreichsten Stifters gerichtet“.118 In Bernburg vermeldeten die Satzungen, sie sei „in GOttes Namen […] dem Vaterlande zu Ehren“ gegründet worden,119 in Altdorf benannten die Gesetze die „Ehre Gottes“ und „Nutzen des Staates“ als Ziel.120 Das Gedenkbuch der Danziger Deutschen Gesellschaft beginnt mit einem Gebet an den dreieinigen Gott.121 Noch 1775 hielt es Jakob Michael Reinhold Lenz für erforderlich, im Protokollbuch eingangs zu versichern, die Gesellschaft sei „mit göttlichem Beistande“122 eröffnet worden. Weitaus häufiger aber war die Rückbindung an eine innerweltliche Ethik, die sich mit den gesellschaftlichen Auffassungen von Gelehrsamkeit amalgamierte und durch diese Verbindung ihr Ansehen zu erhöhen strebte. Dass die Teutsche Gesellschaft Jena „in dem Anwachse gesitteter und gelehrter ordentlicher Mitglieder ihre Ehre sucht“,123 war kein Einzelfall. Ein entsprechender Habitus wurde auch in Bremen von den angehenden Mitgliedern erwartet: Insonderheit vereinigt sich die Gesellschaft in diesem Grundgesetze: keine andere Mitglieder jemals aufzunehmen, als von einer solchen vernünftigen und gesitteten Aufführung, welche Liebhabern der schönen Wissenschaften anständig ist, und welche der Gesellschaft Ehre machet.124
Man mag solche Passagen in den Präambeln als Tugendrhetorik abtun, die letztlich unverbindlich bleibt; unter den Einzelbestimmungen allerdings sticht ein Aspekt hervor, der regelmäßig mit moralischen Geboten untersetzt und teilweise sogar mit Strafen bewehrt ist: Wenn die Mitglieder ihre Ausarbeitungen verlasen
|| 118 Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § II. 119 Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 13, Vorbericht. 120 Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 1, § 1. Gleiches gilt für die Hamburger Teutschübende Gesellschaft, deren Protokolle mit einer Anrufung Gottes beginnen. – Vgl. Det Kongelige Bibliotek, Fabricius 61 20. 121 Vgl. Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 40. 122 Protokolleintrag vom 2. November 1775. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 47. 123 Carl Gotthelf Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena und der ietzigen Verfassung derselben. Jena 1753, S. 54. Vgl. dazu am Beispiel der Teutschen Gesellschaft Jena auch Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 144. 124 Statuten der Bremischen Deutschen Gesellschaft, SUB Bremen, Bremensia a 224, f. 3.
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oder herumgaben, hatte sich daran eine schriftliche oder mündliche Kritik der übrigen Mitglieder anzuschließen. Sie zielte darauf, das Niveau des vorliegenden Textes anzuheben,125 aber auch, das Kritisieren und Kritisiertwerden bei allen Mitgliedern einzuüben. Damit begaben sich die Deutschen Gesellschaften auf eines der Hauptfelder der Pedanteriekritik, dem Gelehrtengezänk. Streitigkeiten unter ihnen gehörten zum festen Bestandteil akademischen Lebens, die Grenzen zwischen sachlicher Kontroverse, persönlichen Animositäten und Rangstreitigkeiten waren fließend und wurden ständig neu gezogen.126 Was auf Reichstagen und in Kirchenräumen üblich blieb, sah sich im gelehrten Feld immer stärker dem Vorwurf der Pedanterie ausgesetzt. Mit der formalen Gleichstellung der ordentlichen Mitglieder und der Binnenordnung nach Eintrittsdatum hatte man Rangstreitigkeiten über die Reihenfolge der Nennung oder des Vorlesens ein gutes Stück Boden entzogen. Auch die nicht weniger schwierigen und konflikterzeugenden Fragen der ‚korrekten‘ Anrede sollten nach dem Willen des Bernburger Gesellschaftsgründers Johann Ludwig Anton Rust ausgehebelt sein, indem er das Elsässer Mitglied Jeremias Jakob Oberlin bat, „alle überflüssige Titulaturen und Wortgepränge [zu vermeiden], dergleichen sich meines Erachtens ohnedieß für den gelehrten Briefwechsel nicht schicken“.127 Weiterhin aber standen die Deutschen Gesellschaften vor einer Quadratur des Kreises; zu ihren Zielen und Methoden gehörte die Einübung wechselseitiger Kritik, die der Besserung des Beurteilten diente. Andererseits konnte Kritik, in falschem Ton vorgebracht, die Freundschaft zwischen den Gesprächspartnern und den Zusammenhalt der ganzen Gesellschaft aufs Spiel setzen. Es galt also, einen freundlichen und angemessenen Ton in den kritischen Erörterungen zu finden. Die Angst vor Entgleisungen saß allerdings tief. Der Passus „Es versteht sich von selbst, wie unanständig alle Zanksucht und Unhöflichkeit, Liebhabern der schönen Wissenschaften sei“128 in den Gesetzen der Deutschen Gesellschaft in Bremen war keinesfalls eine nüchterne Feststellung, sondern liest sich vor diesen Hintergründen eher als eine Beschwörung. Bereits die Leipziger
|| 125 Vgl. bspw. Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S.: „Eine gesunde Critik bleibt das Wesentliche einer solchen Gesellschaft, und ohne dieselbe würde unsere Sprache niemalen zu derjenigen Hoheit gekommen seyn, die sie gleichwol nunmehro schon in ziemlicher Masse erreicht hat.“ 126 Vgl. Sebastian Kühn: Provokation und verletzte Ehre. Über Rituale der Unhöflichkeit bei frühneuzeitlichen Gelehrten. In: Gisela Engel u.a. (Hg.): Konjunkturen der Höflichkeit in der Frühen Neuzeit. Frankfurt a.M. 2009, S. 424–439. 127 Vgl. Johann Ludwig Anton Rust an Jeremias Jakob Oberlin, den 2. September 1781, Bibliothèque nationale de France, Allemand 201, f. 136 (4). 128 Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XXV.
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Gesellschaft versuchte, auf dem Weg der Satzung eine konfliktfreie Kritik der vorgetragenen Werke sicherzustellen. Den Referenten sollte man nicht „mit anzüglichen Worten antasten: vielweniger satirische Abbildungen von einem derselben machen“.129 Ähnlich regelte es die Helmstedter Gesellschaft, die eine Kritik „ohne Bitterkeit und beißenden Spott“ von ihren Mitgliedern forderte.130 Wesentlich schärfer fasste die Greifswalder Sozietät die entsprechende Bestimmung und versah sie sogleich mit Androhung der Höchststrafe: Doch ein hämisches Durchziehen, ein hönisches Spotten und eine jede beißende satyrische Beurtheilung […] wird man niemals gut heißen. Die Gesellschaft wird vielmehr denjenigen, der dergleichen blicken läßt, ernstlich erinnern, und ihn wohl gar des Rechts und der Ehre eines Mitglieds solcher Gesellschaft entsetzen, die die Wahrheit zum Zwecke hat, und Liebe und Eintracht zur Grundfeste gebrauchet.131
Diesen Gefahren wollte man sich indes keineswegs entziehen, sondern sie durch ihr Wirken bändigen und für nützliche Zwecke kanalisieren. „Die Streitigkeiten der Gelehrten sind einem Lande mehr nützlich, als schädlich, wenn sie nur ohne Erbitterung geführt werden“,132 schlug Johann Lorenz von Mosheim der Deutschen Gesellschaft in Leipzig nach Gottscheds Austritt als Thema eines Preisausschreibens vor. Als eine Schule des produktiven und nützlichen Streitens versuchte er, die Gründung einer Deutschen Gesellschaft in der Gründungsphase der Universität Göttingen dem Minister Münchhausen schmackhaft zu machen: Allein es muß ein Verständnis und Freundschaft zwischen denen seyn, die eine solche Sache ernst unternehmen, und ein Wille, des anderen Gutachten und Meinung zu hören. Ich weiß aus der Erfahrung, daß diese guten Gaben fast nirgends schwerer, als unter Gelehrten, die einander gleich, unterhalten werden können.133
|| 129 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 15, Andre Abt., § XXI. 130 Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 3. 131 Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 21, § 19. Eine Strafandrohung findet sich auch in: Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 27, § 25. Vgl. auch den „Vorbericht“ in: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1. (1742), o.S.: „Wir glauben vielmehr, daß unsere Landesleute durch einen freundschaftlichen Streitwechsel weit glücklicher erbauet werden, als wenn unsere Gelehrte durch ein erhitztes Schmähen und höhnisches Durchziehen sich selbst untereinander lächerlich machen.“ 132 Johann Lorenz Mosheim an die Deutsche Gesellschaft Leipzig, den 22. Juli 1738, UB Leipzig, Rep. VI 16bb. 133 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 25. April 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen. Entwürfe, Berichte und Briefe der Zeitgenos-
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Aus Sicht der Mitglieder führte es Georg Adam Junker in der Göttinger Sozietät aus: Und wie schwer ist auch nicht die Kunst, über gelehrte Meinungen sich freundschaftlich zu unterreden; seine Zweifel bescheidentlich vorzutragen; anderer Einwürfe mit einer anständigen Unempfindlichkeit anzuhören; und seine Sätze entweder sittsam zu verteidigen, so lange man sie für wahr hält: oder herzhaft zu verlassen, wenn man von ihrer Unrichtigkeit überführet worden? Ich werde nicht irren, wenn ich glaube, daß diese Geschicklichkeit der schönste Schmuck eines Gelehrten sey; und daß derjenige, der sie nicht besitzet, kaum den Namen eines Gelehrten verdiene, wenn er gleich viele Wissenschaft haben sollte. Unsere Gesellschaften […] sind eine vortreffliche Schule in dieser liebenswürdigen Kunst; ja sie sind in so fern allen Disputirübungen weit vorzusetzen. Diese lehren nur den Angriff und die Vertheidigung gelehrter Meinungen; in den Gesellschaften wird die Warheit und Schönheit der Gedanken geprüfet. […] Dort wird der Gelehrte mehr streitbar; hier umgänglicher und gefälliger.134
Den Dämon gelehrter Streitsucht und Entzweiung in einen guten Geist wechselseitiger Besserung und Festigung der Freundschaft zu verwandeln, gehörte zu den Ansprüchen, die die gesamte literarische Kritik der Frühaufklärung an sich selbst stellte.135 Als eine nach außen abgeschlossene Sozietät hofften die Deutschen Gesellschaften, im geschützten Binnenraum die erforderliche Kritik weit rücksichtsvoller anbringen zu können. Die Statuten in Königsberg sahen es ausdrücklich vor, dass Abhandlungen öffentlich vorgetragen werden, zur kritischen Beurteilung aber alle Nichtmitglieder den Raum verlassen sollten.136 Öffentliche und möglicherweise bloßstellende Kritik wich so der innersozietären correctio fraterna, wie sie bereits in der Benediktinerregel verankert ist. In säkularisierter Form propagierte sie Gottsched: „Solche Schwachheiten kleben uns Schriftstellern so lange an, als wir Menschen sind; und wir sind glücklich, wenn wir Freunde finden, die sie uns auf eine so liebreiche Art entdecken, daß wir sie ohne Beschämung annehmen können.“137 Vertrieben werden also sollte die Zwietracht, gestärkt werden aber die Freundschaft. Schon eine Stichwortsuche unter den Titeln der gesellschaftli-
|| sen. Zur Geschichte des Wissenschaftslebens im XVIII. Jahrhundert. Hg. v. Emil Franz Rössler. Göttingen 1855, S. 204. 134 Junker: Die Vortheile, S. 13f. 135 Vgl. Eva-Maria de Voss: Die frühe Literaturkritik der Aufklärung. Untersuchungen zu ihrem Selbstverständnis und zu ihrer Funktion im bürgerlichen Emanzipationsprozess. Diss. Bonn 1975, S. 36–56. 136 Vgl. Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § 3. 137 Gottsched: Sprachkunst, Vorrede der vierten Auflage, o.S.
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chen Arbeiten fördert um die hundert Treffer zutage, die von der Adressierung von Freunden in Gelegenheitsgedichten bis zu Erörterungen über das Wesen der Freundschaft reichen. Als Gegenbild zum zänkischen Gelehrten war sie jedenfalls sehr präsent, etwa wenn die Deutsche Gesellschaft in Königsberg ihren Satzungen zufolge „auf die Ausbesserung der Sitten und Erhaltung der Freundschaft“ gerichtet war;138 der Bremer Vorsitzende Johann Philipp Cassel bezeichnete sie als „die Grundsäule, worauf die Gesellschaft bisher geruhet“.139 Im Koordinatensystem der Deutschen Gesellschaften verstand es sich, dass damit keine gemeinsame Trinkseligkeit fernab gelehrter Tätigkeit gemeint war. Ganz im Gegenteil schwächte eine recht verstandene Gelehrsamkeit nicht die freundschaftliche Verbundenheit, sondern stärkte sie, wie das Wittenberger Gesellschaftsmitglied Karl Gottlob Just herausstrich: „Gewiß Hochgeehrteste Herren! wenn der Trieb der Natur uns schon zur Freundschaft anreizet; wie enge muß nicht die unsrige seyn, da sie eine vereinte Bemühung in den schönen Wissenschaften noch fester geknüpfet hat.“140 In der Tat war das Konzept der Freundschaft in seiner langen Begriffsgeschichte immer wieder in gelehrten Kontexten beschworen worden, die über den humanistischen Freundschaftskult bis auf Aristoteles und Cicero zurückreichten.141 Inwieweit er tatsächlich seinem Ursprung nach gelehrt ist142 und welche Rolle auch hier höfische und
|| 138 Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § 2. 139 Johann Philipp Cassel: Beantwortung auf die Eintrittsreden bei der teutschen Gesellschaft der Mitglieder Herrn Iken und Heineken am 8. November 1769, SUB Bremen, CS 83 Nr. 24, S. 5. 140 Karl Gottlob Just: Daß ein wahrer Rechtsgelehrter nothwendig ein vollkommener Freund seyn müsse, in einer Abschiedsrede aus der Deutschübenden Gesellschaft gezeiget. In: Vier Aufsätze von der Deutschübenden Gesellschaft zu Wittenberg herausgegeben. Leipzig 1758, S. 29. 141 Vgl. Wolfdietrich Rasch: Freundschaftskult und Freundschaftsdichtung im deutschen Schrifttum des 19. Jahrhunderts. Halle a.d.S. 1936, S. 5. Entgegen älterer Literatur, die pauschal von einem bürgerlichen Lieblingsthema sprach, hat Wilfried Barner darauf hingewiesen, dass dabei die Gelehrten die führende Rolle spielten. – Vgl. Wilfried Barner: Gelehrte Freundschaft im 18. Jahrhundert. Zu ihren traditionalen Voraussetzungen. In: Wolfram Mauser u. Barbara Becker-Cantarino (Hg.): Frauenfreundschaft – Männerfreundschaft. Literarische Diskurse im 18. Jahrhundert. Tübingen 1991, S. 23–45. Vgl. auch Eckhardt Meyer-Krentler: Freundschaft im 18. Jahrhundert. Zur Einführung in die Forschungsdiskussion. In: Ebd., S. 8, der einräumt: „Über Freundschaft als Alltagsverhalten von Hinz und Kunz wissen wir buchstäblich nichts. Jenseits der Literatur haben wir so gut wie keine sozialgeschichtlichen Quellen.“ 142 „Das Konzept aktiv vorangebrachter, gepflegter ‚geistiger‘, ‚freundschaftlicher‘ Verbundenheit über weite Räume hinweg erscheint als Element eines Diskurses – wenn man den Mythos einmal ausklammert – nicht an den Höfen oder im mittleren Bürgertum, sondern unter den Gelehrten.“ – Barner: Gelehrte Freundschaft im 18. Jahrhundert, S. 35.
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adelige Verhaltensweisen gespielt haben,143 kann im Rahmen dieser Arbeit ebenso wenig erörtert werden wie dessen genaue Rolle in den Deutschen Gesellschaften. Diese haben den Freundschaftsgedanken über ein Jahrhundert in seiner Entwicklung begleitet, ja, über alle Wandlungen hinweg an ihm festgehalten. Der erste Band der Dichtungen des Görlitzischen Collegium Poeticum nennt die „Conversation [...] zur Aufrichtung als Erhaltung wahrer Freundschafft“ als Grund, sich in einer Gesellschaft zusammenzufinden.144 Es waren zwei Mitglieder der Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit in Halle, Jakob Immanuel Pyra und Samuel Gotthold Lange, deren Werke aus dem Freundschaftsdenken der Frühaufklärung nicht wegzudenken sind.145 Die Gedichte, die Johann Heinrich Oest in der Jahrhundertmitte an seine Mitschüler und Sozietätsmitglieder in Bremen gerichtet hat,146 entsprangen dieser Strömung ebenso wie „der ausgesprochen sentimentale Duktus der Freundschaftsbekundungen“147 in der Deutschen Privatgesellschaft Altdorf, die sich selbst primär als „eine zu errichtende Freundegesellschaft, in welchem vom sogenannten Purschencomment schlechterdings nichts vorkomme“,148 verstanden wissen wollte. Mit der Verwandlung des zänkischen Pedanten in einen belehrenden Freund griffen die Deutschen Gesellschaften in ihrem Selbstverständnis auf jeden Fall ein zentrales Element der Pedanteriedebatte auf und wendeten es in Anknüpfung an andere gelehrte Traditionen in sein Gegenteil. Streitsucht unter Bedingungen der gelehrten Geselligkeit in ihr Gegenteil zu drehen, erschöpfte das Reservoir der Gelehrtenkritik jedoch nicht. Ein Medium gelehrter Selbstbesinnung und Selbstbestimmung verkörperte die Gattung der Historia literaria, die vielfältige Inhalte und Methoden vermittelte. Über die Kanonisierung bestimmter Gelehrter und Bücher vermittelte sie zugleich wissenschaftliche Wertkriterien.149 Was vordergründig nur als eine Mischung als Einführungsschrift, || 143 Vgl. zu diesem Thema Christian Kühner: Politische Freundschaft bei Hofe. Repräsentation und Praxis einer sozialen Beziehung im französischen Adel des 17. Jahrhunderts. Göttingen 2013. 144 Vorrede zum Gedichtband von 1697, zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 48. 145 Vgl. bspw. für Samuel Gotthold Langes und Immanuel Jakob Pyras Gemeinschaftswerke „Thirsis und Damons Freundschaftliche Lieder“ und „Freundschaftliche Briefe“ und deren Ort in der Hallenser Gründung Erb: Die „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“, S. 66–68. 146 Vgl. Johann Heinrich Oest: Bremische Gedichte. Hamburg 1751. Der Band wie auch einzelne Gedichte sind mehreren Mitgliedern der Bremischen Deutschen Gesellschaft gewidmet. 147 Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 313. 148 Johann Wolfgang Helmes: Pinselstriche zur Charakteristik der teutschen Privatgesellschaft, zit. nach: Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 82. 149 Vgl. Marti: Das Bild des Gelehrten, S. 66.
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Wissenschaftsgeschichte und Bibliographie erscheint, sollte die Disziplinen nicht nur beschreiben, sondern in und mit der Beschreibung zugleich lenken. Die Wege, die die Historia literaria dem Leser ebnete, wies sie ihm auch, und sie blieb nicht in der reinen Fachdiskussion stecken.150 Gelehrtes Selbstverständnis zu ventilieren, bedeutete unweigerlich, dessen Habitus und moralisches Verhalten lenken zu wollen.151 Dass im Verlauf des 18. Jahrhunderts solche Texte immer häufiger in deutscher Sprache erschienen, zeigt, wie sehr sie sich als Sprachrohre einer erneuerten Gelehrsamkeit verstanden. Diese Nähe zu den Anliegen der Deutschen Gesellschaften zeigte sich auch darin, dass viele ihrer Leiter wie Burckhardt Mencke,152 Gottlieb Stolle153 und Johann Andreas Fabricius154 in Jena, Georg Andreas Will in Altdorf155 oder Johann Ludwig Anton Rust in Anhalt-Bernburg156 selbst als Autoren auf diesem Feld tätig waren. Umgekehrt nahmen auch die Historiae literariae von den Deutschen Gesellschaften wohlwollend Notiz und integrierten sie in ihre Darstellungen. Im Fall von Johann Andreas Fabricius als Leiter der Teutschen Gesellschaft in Jena mag dies nicht überraschen, Nicolaus Hieronymus Gundling jedoch gehörte keiner Deutschen Gesellschaft an, berichtete in seinen Gelehrtengeschichten jedoch über die aktuellen Sozietäten und stellt für die erste Deutsche Gesellschaft in Halle sogar die Hauptquelle dar.157 Wohl kaum ein Vorwurf war den Deutschen Gesellschaften verhasster als der, sie würden unordentlich und ausschweifend leben. Christian Friedrich Weisse, Tertius an der Fürstenschule Meißen, verwahrte sich gegen Beschuldigungen, die die von ihm gegründete Deutsche Gesellschaft treffen sollten:
|| 150 Vgl. dazu Gierl: Pietismus und Aufklärung, S. 514–542; Grunert u. Vollhardt (Hg.): Historia literaria. 151 Vgl. dazu Frank Grunert: Von ‚guten‘ Büchern. Zum moralischen Anspruch der Gelehrsamkeitsgeschichte. In: Ders. u. Vollhardt (Hg.): Historia literaria, S. 65–88. 152 Johann Burckhard Mencke: Compendiöses Gelehrten-Lexicon, Darinnen Die Gelehrten, als Fürsten und Staats=Leute […] beschrieben werden. Leipzig 1715 (seither unter Mitarbeit von Christian Gottlieb Jöcher weitere Auflagen). 153 Vgl. Gottlieb Stolle: Kurtze Anleitung Zur Historie der Gelahrtheit, denen zum besten so den Freyen Künsten und der Philosophie obliegen. Halle a.d.S. 1718, sowie zahlreiche weitere ähnliche Werke zu einzelnen Disziplinen. 154 Vgl. Abriss einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit. 3 Bde. Leipzig 1752–1754. 155 Vgl. Dietrich Blaufuß: „Jöcher“ specialis. Das „Nürnbergische Gelehrten-Lexicon“ von Georg Andreas Will 1755–1758. Reichsstädtische Biographik am Ende des Alten Reichs. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 73 (1986), S. 77–93. 156 Vgl. Rust: Historisch-literarische Nachrichten. Bd. 1. 157 Vgl. Erb: „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle, S. 47–77.
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Diese zu mir bisweilen eingeladene Alumni […] sehen, hören und thun bei mir nichts böses. Ich bin bey denenselben zugegen, sie versäumen keine Lehrstunden; sie stellen sich zu rechter Zeit wieder in der Schule ein; wir reden miteinander etwas nützliches, angenehmes und erbauliches; es gehet alles ernsthafft, bescheiden, mäßig und erbar zu, und man siehet nirgends eine Spur der Frechheit und der Ausschweiffung.158
Damit war ein weiteres Feld betreten, das den Ruf der protestantischen Hochschulen erheblich schmälerte. Durch die Auflösung der Magisterfamilia im 16. Jahrhundert und fehlende bzw. schwach ausgeprägte andere collegeähnliche Strukturen genossen Studenten an ihnen ein hohes Maß an Freiheit sowohl gegenüber ihren Lehrern als auch gegenüber der sonstigen Umwelt. Seit dem Dreißigjährigen Krieg und mit steigendem Regulierungsanspruch des Staates sah sich der studentische Habitus dem Vorwurf ausgesetzt, durch zahllose Extravaganzen etwa in Kleidung, Alkoholkonsum oder Duellen an einem wahrgenommenen Verfall der akademischen Sitten Schuld zu sein.159 Ursachen und Berechtigung dieser Anschuldigungen sind nicht Gegenstand dieser Arbeit; die Angehörigen der Hochschulen jedenfalls waren mit ihnen konfrontiert und sahen es als ihre Aufgabe an, sie auszuräumen.160 Seit Ende des 17. Jahrhunderts erlebte die Textgattung der Ratgeberliteratur für Studenten eine Konjunktur; angesichts unzulänglicher strafrechtlicher Sanktionsmöglichkeiten versuchten ihre Verfasser, Studenten durch praktische und moralische Ratschläge von deviantem Verhalten abzubringen.161 Es überrascht nicht, unter den Autoren Protagonisten der Deutschen Gesellschaften zu finden. So sind etwa Martin Schmeitzel in Halle162 oder August Wilhelm Ferber
|| 158 Rechtfertigung Weissens vom 5. April 1752, SächsStA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900, f. 44. 159 Vgl. dazu Marian Füssel: Akademischer Sittenverfall? Studentenkultur vor, in und nach der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit 15/1 (2011), S. 124–146, dort auch ältere Literatur. 160 Vgl. zur Disziplinierung der Studenten Ulrich Rasche: Cornelius relegatus und die Disziplinierung der deutschen Studenten (16. bis frühes 19. Jahrhundert). Zugleich ein Beitrag zur Ikonologie studentischer Memoria. In: Barbara Krug-Richter u. Ruth-E. Mohrmann (Hg.): Frühneuzeitliche Universitätskulturen. Köln, Weimar u. Wien 2009, S. 157–221, zur Frage der Anwendbarkeit des Konzepts der Sozialdisziplinierung S. 160–163; Hardtwig: Studentenschaft und Aufklärung, S. 252. Vgl. auch ders.: Auf dem Weg zum Bildungsbürgertum: Die Lebensführungsart der jugendlichen Bildungsschicht 1750–1819. In: Mario Rainer Lepsius (Hg.): Bildungsbürgertum im 19. Jahrhundert. Teil III: Lebensführung und ständische Vergesellschaftung. Stuttgart 1992, S. 19–41. 161 Vgl. dazu Lange: Gefahren der akademischen Freiheit. 162 Vgl. dessen Publikationen Anleitung, wie ein academischer Student seine Studien und Leben gehörig einzurichten habe (Halle a.d.S. 1735) und Der rechtschaffene Academicus (Halle a.d.S. 1738). Schmeitzel trat auch in der Gattung der Historia literaria mit der Publikation Ver-
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in Helmstedt163 in beiden Rollen hervorgetreten. Hodegetiken und akademische Sozietäten waren zwei mögliche Kanäle, den studentischen Habitus zu formen. In den Deutschen Gesellschaften konnte man hoffen, schon durch den direkten Zugriff auf die Mitglieder effektiv und nachhaltig einzuwirken. Dabei war die Einübung in eine zivilisierte Diskussionskultur nur ein Aspekt. Schon die wöchentliche Teilnahme an Sitzungen war dazu geeignet, die Mitglieder zu Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit zu erziehen.164 Möglichkeiten, dies auch durchzusetzen, waren durchaus gegeben, begab sich das Mitglied doch häufig unter die Aufsicht eines Mitglieds des akademischen Lehrkörpers, dessen Urteil für das Gelingen des Studiums relevant sein konnte. Im Umgang mit Mitgliedern anderer Herkunft und mit anderen Ansichten konnten sie regionale und andere Besonderheiten abschleifen. In der Sitzung fanden sich die Studenten, so konnte unterstellt werden, in Gesellschaft Gleichgesinnter, die auf sie einen weitaus besseren Einfluss ausüben konnte als die tugendbedrohende Wirtshausgeselligkeit, deren Teilnehmern „volle Gläser und eine so genannte fidele Compagnie näher am Herzen gelegen“ waren.165 Den unter dem Schlagwort des Pennalismus verrufenen Sitten setzten die Deutschen Gesellschaften eine zivilisierte und zivilisierende Geselligkeit entgegen. Eintrittsreden sollten barbarische Depositionsriten166 ersetzen, Lyrikgenuss den Alkoholkonsum, Diskussionen die Duelle, öffentliche Vorlesungen den nächtlichen Tumult. Anlässlich der Privilegierung der Teutschen Gesellschaft in Gießen 1764 stand die Bewegung schon im Ruf, zur „Cultivierung der studierenden Jugend“ beizutragen.167 Diese Agenda schlug sich selbst in der Emblematik der Sozietäten nieder. Die Deutsche Gesellschaft in Göttingen bildete auf ihrem Siegel einen Genius mit einem Senkblei ab, das zusammen mit der Inschrift „Ungezwungen und richtig“ den Mitgliedern als Programm und Richtschnur diente.168 In Zürich setzte das Mit-
|| such zu einer Historie der Gelehrtheit (Jena 1728), hervor. Vgl. zu dessen hodegetischer Tätigkeit Lange: Gefahren der akademischen Freiheit, S. 129–132. 163 Vgl. zu dessen hodegetischer Tätigkeit ebd., S. 136f. 164 „The objective of the ‚Deutsche Gesellschaft‘ […] was the cultivation of the German language, of the virtues of moderation, and of a balanced way of life.“ – Robert T. Clark: Herder. His life and thought. Berkeley u. Los Angeles 1969, S. 43. 165 Beitrag Basilius Christian Bernhard Wiedeburgs im Zirkular Karl Gotthelf Müllers vom 28. August 1759, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 251. 166 Vgl. zu den Depositionsriten Marian Füssel: Riten der Gewalt. Zur Geschichte der akademischen Deposition und des Pennalismus in der frühen Neuzeit. In: Zeitschrift für historische Forschung 32 (2005), S. 605–648. 167 Empfehlung der Universität zur Privilegierung der Teutschen Gesellschaft in Giessen an den Landesherrn vom 28. Dezember 1764, UA Giessen, Allg. Nr. 784. 168 Vgl. die Abbildung im Anhang dieser Arbeit (Eintrag zu Göttingen). Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 152, Anm. 163, interpretiert dieses Siegel als Bekenntnis zur Prosa, dies
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glied Johann Heinrich Landolt dieses Kultivierungsprogramm zeichnerisch um; wie aus dem Setzling am Ende ein Baum werden sollte, sollten auch die Mitglieder der Gesellschaft, von fachkundiger Hand beschnitten und gepflegt, zu wohlgewachsenen Gelehrten heranreifen:
Abb. 3: Johann Heinrich Landolt, Federzeichnung auf dem Titelblatt der handschriftlichen Fassung der Gesetze von 1745, ZB Zürich, Ms T 413.6
|| ist allerdings angesichts der Gattungsvorschriften und der Praxis der Textproduktion in Göttingen unhaltbar. Zuzustimmen ist eher Dieter Cherubim und Ariane Walsdorf, die diese Inschrift als Pedanteriekritik ansehen. – Vgl. dies.: Sprachkritik als Aufklärung, S. 114.
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Dass die Gesellschaft diese Metapher auf dem Titelblatt ihrer Gesetze platzierte und in abgewandelter Form wohl auch als Siegel verwendete,169 zeigt, dass die erzieherische Komponente in ihrem Programm alles andere als Beiwerk war. Diese pädagogischen Ambitionen blieben nicht allein auf der formalen Ebene des pünktlichen Besuchs der Sitzungen und dortigen guten Betragens. Weit mehr als mit Fragen der Sprache und Literatur beschäftigten sich gerade die studentischen Gesellschaften damit, Fragen des ‚richtigen‘ Lebens in ihren Redebeiträgen und den folgenden Diskussionen zu erörtern. „Die Tugend in Gesellschaft betrachtet“ war der Titel einer Rede des Altdorfer Leiters Georg Andreas Will zum ersten Stiftungstag der Gesellschaft,170 und 50 Altdorfer Manuskripte in der Universitätsbibliothek Erlangen befassten sich mit ethischen Fragen. Von knapp 4.500 aus allen Gesellschaften überlieferten Arbeiten sind über 650 schon in ihrem Titel ethischen Problemen gewidmet; es ist davon auszugehen, dass Fragen des richtigen Verhaltens auch unter anderen Titeln ventiliert wurden.171 Sie nahmen also breitesten Raum in den Vorträgen und Diskussionen ein.172 Dem steht auch nicht entgegen, dass die weitaus meisten dieser Abhandlungen wohl zurecht ungedruckt blieben. Tiefergehende Diskussionen über komplexere ethische Probleme waren nicht die Sache der Deutschen Gesellschaften, und dies gilt nicht nur für die dort vertretenen Studenten, sondern auch für die Köpfe dieser Sozietäten. Selbst Gottscheds Autorität gründet sich bis heute nicht in seiner Bedeutung für eine ‚reine‘ Philosophiegeschichte, sondern auf sein Wirken als praxisorientierter und wirkmächtiger Popularisierer von Wolffs Philosophie.173 Die Frage drängt sich allerdings auf, wo in diesen Kontexten eigentlich das erklärte gesellschaftliche Ziel, nämlich die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit, zu verorten sei. Zog die ausgiebige Thematisierung des gelehrten Habitus nicht unnötig Arbeitskraft von diesem Ziel ab, und war eine Befassung mit dem Blendwerk der Sprache dem Gedanken reiner Tugend nicht eher abträglich, so dass sich Theorie und Praxis der Sozietäten am Ende wechselseitig durchkreuzten? In der Auffassung vieler Vordenker der Sozietätsbewegung war das Gegenteil der Fall. Die Pflege von Sprache und Literatur wurde nie nur als wertneutrale Fachaufgabe verstanden, sondern war mit ethischen und || 169 Vgl. den Eintrag zur Wachsenden Deutschen Gesellschaft im Anhang. 170 Georg Andreas Will: Die Tugend in Gesellschaft betrachtet, eine Rede. In: Einige Schriften der Altdorfischen deutschen Gesellschaft. Altdorf u. Nürnberg 1760, S. 18–30. 171 Vgl. zu den Fragen der Themenschwerpunkte Kap. 4.3.3 Themen. 172 Robert Seidel hat für die Gesellschaft in Gießen „ihre moralisch-pädagogische Ausrichtung im Sinne der Frühaufklärung“ betont. – Ders.: Gelehrtensozietät oder Seminar?, S. 46. 173 Vgl. Grunert: Anleitung zur Moral, S. 61–80.
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patriotischen Zielsetzungen seit jeher hochgradig aufgeladen.174 Bereits die Grundsätze der Fruchtbringenden Gesellschaft verpflichteten die Mitglieder zuallerst zu ehrbarem Handeln, während die Pflege der hochdeutschen Sprache erst das zweite Statut ausmachte,175 weshalb es angebracht ist, ihre Mitglieder „als Träger und Vermittler der ethisch-ästhetischen Zielsetzung“176 anzusehen. Ähnliches galt für die Akademiebewegung.177 Die ‚Reinigkeit‘ der Sprache verstanden ihre Verfechter in ihrer doppelten Bedeutung als sprachliche und moralische Kategorie.178 Mit der Dualität von Sprachpflege und Tugendpropagierung standen die Deutschen Gesellschaften also in einer langen Tradition. „Daß ein Wohlredner kein echter Redner sei“,179 wie es das Jenaer Gesellschaftsmitglied Johann Möller 1751 ausführte, war, schenkt man den zahlreichen mit ähnlichen Titeln versehenen Abhandlungen180 Glauben, in den Deutschen Gesellschaften Konsens. Rhetorikübungen wurden von Gottsched nicht als Kunst des Blendens, sondern als eine Schule für „wahre Erkenntnis und moralisches Verhalten, Tugendhaftigkeit“ angesehen.181 Zugleich war damit die
|| 174 Für die Tätigkeit des Wiener Gesellschaftsgründers Joseph von Sonnenfels hat Katja Faulstich konstatiert: „Die Sprachverbesserung ist seiner Ansicht nach die Bedingung der Möglichkeit wissenschaftlichen Fortschritts. Sie solle außerdem die staatliche Autorität und das Ansehen der Regierung stärken und der Bevölkerung insgesamt dienen, darüber hinaus solle sie die Religion und die Tugend bzw. die Sitten stärken und durch die Verbesserung der Rechtssprache auch die Gerechtigkeit befördern. Die Sprachnormierung, die von Sonnenfels beabsichtigt, ist somit eingebunden in ein umfassendes moralisch–sittliches und gesellschaftspolitisches Programm.“ – Dies.: Konzepte des Hochdeutschen. Der Sprachnormierungsdiskurs im 18. Jahrhundert. Berlin u. New York 2008, S. 177. 175 Vgl. Der Fruchtbringenden Gesellschaft Vorhaben, Namen, Gemälde und Wörter. Faksimile des ersten Bandes des im Historischen Museum Köthen aufbewahrten Gesellschaftsbuches Fürst Ludwigs I. von Anhalt–Köthen. Hg. v. Klaus Conermann. Weinheim 1985, o.S. 176 Gabriele Ball: Die Impresistik in den Gesellschaftsbüchern der Fruchtbringenden und Tugendlichen Gesellschaft – ein Vergleich. In: Ingrid Hoepel u. Simon McKeown (Hg.): Emblems and Impact. Bd. 1: Von Zentrum und Peripherie der Emblematik. Cambridge 2017, S. 520. 177 Vgl. Gerhard Kanthak: Der Akademiegedanke zwischen utopischem Entwurf und barocker Projektmacherei. Zur Geistesgeschichte der Akademie–Bewegung des 17. Jahrhunderts. Berlin 1987, S. 69. 178 Vgl. Peter Burke: Wörter machen Leute. Gesellschaft und Sprachen im Europa der Frühen Neuzeit. Berlin 2006, S. 158–160. Für die französische Akademie bestätigt dies Kuhfuß: Kulturgeschichte des Französischunterrichts, S. 293. 179 Vgl. den Eintrag im Protokollbuch vom 14. August 1751, ThULB, Ms. Prov q 78, f. 81. 180 Die Publikationen und anderen Quellen verzeichnen etwa sechzig Titel, die sich mit der Rolle des Redners befassen. 181 Marti: Gottsched als Universitätslehrer, S. 286. Vgl. auch Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 590.
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Abkehr vom unbeholfenen Studierstubengelehrten hin zum sich gewandt und geläufig ausdrückenden Weltmann verbunden. So wie eine angemessene Sprechweise als opus operatum Ausdruck eines geläuterten gelehrten Habitus zu sein hatte, so sehr sollte die Einübung in diese als modus operandi den gelehrten Habitus verbessern. Was auf den ersten Blick als beziehungslos oder gar gegenläufig erscheinen mag, stellte sich im Horizont der Deutschen Gesellschaften – und nicht nur ihrem – als wechselseitige Verstärkung dar. Weit über das Erlernen von Rhetorik, Dichtung und Diskussion hinaus sollten die Mitglieder in Theorie und Praxis soziabel werden. Die so erreichte Gesellschaftsfähigkeit war, wie schon einleitend gesagt, kein Selbstzweck, und der Gelehrtenstand sollte in den neuen Kleidern nicht einfach weiter seine Nischen bevölkern. Die Ankündigung der Deutschen Gesellschaft in Göttingen deutete die weitergehenden Absichten an: Nemlich die Zusammenkünfte und Übungen einer solchen Gesellschaft tragen überaus vieles bey zu einer geschickten Aufführung bey andern Versammlungen, wozu allerhand Ehrenämter Gelegenheit geben, und überhaupt zu einem vernünftigen und beliebten Umgang, wodurch bey gewissen Gelegenheiten ia so viel, als durch die größte Gelehrsamkeit, ausgerichtet wird.182
Ein gewandteres Betragen also sollte über die akademischen Schranken hinausführen und die Mitglieder auch unter den Eliten angesehen machen. Sprachliche Reinheit, freundschaftliche Umgangsformen, Tugend, Weltgewandtheit waren in einem erneuerten gelehrten Habitus auf das engste miteinander verbunden. Dieser sollte die Gelehrten wieder zu gefragten Staatsdienern und somit zu einer gesellschaftlich relevanten Gruppe erheben. Verbunden, ja fast synonym mit der Habitusänderung war eine Hintanstellung der ständischkorporativen Sonderstellung der Gelehrten. Viele von ihnen sahen sich vor einem Dilemma, nämlich einerseits den eigenen Habitus und mit ihm auch ein Stück Identität des Gelehrtenstandes aufzugeben und sich stärker dem expandierenden und nivellierenden Staat anzudienen oder andererseits gelehrten Habitus und Identität um den Preis zu bewahren, als Stand marginalisiert zu
|| 182 Der Königlichen Georg=Augustus=Universität in Göttingen dermahliger Prorector Magnus Crusius D. zeiget hiedurch öffentlich an, daß auf erhaltenen Befehl und Vollmacht der Königlichen Regierung die allhiesige Deutsche Gesellschaft am 13. Febr. 1740 eingeführt und bestätigt werden soll; giebt von deren Beschaffenheit einige Nachricht, […]. Göttingen [1740], o.S.
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werden.183 Karl Gotthelf Müller, Leiter der Teutschen Gesellschaft in Jena, skizzierte eine mögliche Lösung, ein nicht gemeiner Eifer die Ehre des teutschen Vaterlandes zu verherrlichen, ein uneigennütziger Vorsatz die schönen Künste auch auf der Jenaischen hohen Schule von ihrem nicht unmerklichen Verfalle zu retten, und unter den Studirenden ihnen mehr Liebhaber zu erwecken; kurz ein großmuthsvolles Verlangen, dem Staate in dem Dienst der schönen Wissenschaften recht brauchbar gewordene Bürger bilden zu helfen.184
Die Deutschen Gesellschaften, so propagierten es Müller und viele andere ihrer Mitglieder,185 wiesen einen Ausweg aus diesem Dilemma: eine Anpassung des eigenen Verhaltens in patriotisch-staatsdienerischer Absicht, nicht in der Aufgabe gelehrter Identität, sondern „in dem Dienst der schönen Wissenschaften“ aus gelehrten Wurzeln von Tugend, Freundschaft und Patriotismus erwachsen. „Thue, was die Wohlfahrt der Gesellschaft befördert: unterlaße, was ihr hinderlich, oder sonst nachtheilig ist“, zitierte die Teutsche Gesellschaft in Jena Christian Wolffs Vernünftige Gedanken von dem gesellschaftlichen Leben der Menschen als Motto ihrer Satzungen.186 Der Weg dorthin war freilich noch weit, und Widerstand und Beharrung innerhalb der Hochschulen wie auch innerhalb der Sozietäten selbst standen zu erwarten.
|| 183 „Wenn sich Graduierte noch irgendwelche Vorrechte bewahren konnten, dann nicht kraft ihres Gelehrtseins, sondern kraft ihres zivilrechtlichen Amtes, das sie an einem Hof oder in einer der großen Städte innehatten. Die von einer Privilegierung des eximierten Gelehrtenstatus zu einer Bevorrechtung des integrierten Beamtentums führende Entwicklung ist an den Aufstieg absolutistischer Territorialstaaten geknüpft. Vorrechte kamen letztlich in diesen Staaten nur den Personen und Institutionen zu, die einen erkennbaren Nutzwert für den Staat selbst hatten.“ – Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 45. 184 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 7f. 185 Vgl. bspw. auch Johann Lorenz Böckmann: Unterthänigster Vorschlag zur Errichtung einer teutschen Gesellschaft. In: Robert Goldschmit: Der älteste Plan zur Gründung einer Akademie der deutschen Sprache in Karlsruhe. In: Gymnasium Karlsruhe. Jahresbericht für das Schuljahr 1901/02, Beilage, S. 22: „Ein gebohrner Teutscher, der zugleich ein Verehrer der Gelehrsamkeit seyn will, hat hierzu eine doppelte Verbindlichkeit, weil es ihm zur Schande gereichen würde, seine eigene Muttersprache nicht zu kennen, und weil man von ihm als ersten diese Verbesserung verlangen und erwarten kann. Es ist genugsam bekannt, wie groß die Aufmunterung sey, wenn man mit einigen würdigen Männern seine Kräfte vereinigen kann, um irgend einen Endzweck zu erreichen. Es ist aber beynahe auch eine Nothwendigkeit, wenn man ein so weitläufiges Feld zu bearbeiten hat, als die Ausbesserung der deutschen Sprache ist. Daher wird man am besten hierinn die gewünschte Absicht erreichen können, wenn man in eine Gesellschaft zusammentritt, wo einer dem andern die Hände bieten kann.“ 186 Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, o.S.
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2.2
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Regelwerke der Frühen Neuzeit zu untersuchen, ist stets von der Skepsis überschattet, ob die so wohldeliberierten Paragraphen denn auch ihren Weg in die Wirklichkeit gefunden haben.187 In der einschlägigen Forschungsdebatte, die sich sehr stark auf die staatliche und kirchliche Ebene konzentrierte, wird mittlerweile eine differenzierte Sichtweise vertreten. Ihr zufolge bewirkt der Erlass von Regelungen zwar nicht deren durchgängige Umsetzung, wohl aber deren Präsenz bei den Adressaten, ferner ist zwischen der beabsichtigten Wirksamkeit und mehreren möglichen (Neben)wirkungen zu differenzieren.188 Fraglich bleibt aber, ob diese Befunde auch in einem überschaubaren Umfeld zutreffen, in dem eine engmaschige Kontrolle der Regelumsetzung möglich war, und dessen Teilnehmer sich die Befolgung von Regeln in dichterischer Produktion und Lebenswandel auf die Fahnen geschrieben hatten. Nicht zuletzt wurden die Statuten weder von der Universität noch vom Landesherrn oktroyiert, sondern unter den Mitgliedern ausgehandelt, so dass auch mit einer höheren Akzeptanz und somit auch alltäglichen Befolgung zu rechnen ist.189 Die Aushandelbarkeit brachte es mit sich, dass in den Deutschen Gesellschaften die eigenen Statuten mit ihrer Festsetzung keineswegs eingefroren waren. Zahlreiche Diskussionen, Sanktionen, aber auch Änderungen der Satzungen bezeugen, dass man diese nicht als unverbindliche Schauseite ansah. Die Umsetzung der Regelwerke fand auf verschiedenen Ebenen statt. Zunächst mussten die geltenden Regeln allen Mitgliedern bekannt sein, wie die Teutsche Gesellschaft in Jena feststellte: „Auch die allernützlichsten Verordnungen sind ohne Frucht, wenn man sie nicht erkennet, und die schärffste Verbindung höret auf, wenn man mit Grund eine Unwissenheit seiner Pflicht vorschützen kann.“190 Aus diesen Erwägungen beschloss sie schon früh eine Drucklegung ihrer Gesetze,191 und immer wieder zeigte sich, dass diese Sorgen nicht ohne Grund bestanden. Als später in Jena die Ursachen häufigen Sitzungsausfalls
|| 187 Vgl. Jürgen Schlumbohm: Gesetze, die nicht durchgesetzt werden – ein Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates?. In: Geschichte und Gesellschaft 23 (1997), S. 647–663. 188 Vgl. Achim Landwehr: „Normdurchsetzung“ in der Frühen Neuzeit? Kritik eines Begriffs. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 48 (2000), S. 146–162. 189 Vgl. Wolfgang Hardtwig: Sozialverhalten und Wertwandel der jugendlichen Bildungsschicht im Übergang zur bürgerlichen Gesellschaft (17.–19. Jahrhundert). In: Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 73 (1986), S. 306. Ähnlich für die Select Society in Edinburgh Fleßenkämper: Considerations – Encouragements – Improvements, S. 262f. 190 Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 9. 191 Vgl. den Protokolleintrag vom 11. März 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 6r.
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erörtert wurden, brachte das Mitglied Johann Achatius Felix Bielke vor, dass die Gesetze nicht bekannt und ihre Druckfassung nicht mehr im Handel zu haben seien, und regte eine Neuauflage an.192 In eben diesem Sinne konnte auch ein Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Helmstedt behaupten, er habe „gewiß keine übertretten, weil ich sie leider noch nicht gesehen habe“.193 Um das Wissen um die Gesetze zu verstetigen, integrierte man deren Lektüre in bestimmte Sitzungen; in Hamburg wurden „die Verfassungen unserer Gesellschaft verlesen, um die einem jeden Mitglied obliegende Pflichten desto frischer im Gedächtnisse zu erhalten“.194 In Mannheim erhielten die Mitglieder eine Abschrift der Gesetze, die in jeder Sitzung „auf dem Gesellschaftstische zum Nachsehen bereitliegen“195 und vierteljährlich verlesen werden sollten. In zahlreichen Gesellschaften gehörte es zum Aufnahmeritual, die Gesetze zu unterschreiben. Als effektivstes Mittel der Bekanntmachung gesellschaftlicher Regelungen aber bot sich der Druck an. Damit griff man die akademische Praxis auf, die disziplinarischen Belehrungen bei der Immatrikulation in gedruckter Form dem Studenten auszuhändigen.196 Insgesamt zehn Deutsche Gesellschaften machten ihre Gesetze durch den Druck bekannt, diejenigen in Altdorf, Helmstedt und Jena sogar zweimal in geänderten Fassungen,197 in Zürich ließ die Wachsende Gesellschaft eine Prachthandschrift ihrer Gesetze fertigen.198 Die Druckpublikation der Gesetze zielte in erster Linie darauf ab, die eigenen Mitglieder auf diese einzuschwören.199 Eine Außenwirkung in das Umfeld der Gesellschaft war gleichwohl nicht ausgeschlossen, so sollten sie „zu desto mehrerer Nachricht auswärtiger Mitglieder“200 und zur Orientierung für beitrittswillige Kandidaten dienen.201 Zugleich konnten sich die Deutschen Gesell-
|| 192 Vgl. das Zirkular Caspar Jacob Huths vom 22. Januar 1741, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 88. 193 Eintrag von Paul Friedrich Birkner in einem Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 281. 194 Protokolleintrag vom 13. Januar 1717, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 85. 195 Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 43, § 21. 196 Vgl. Rasche: Cornelius relegatus, S. 168–171. 197 Vgl. die Auflistung der zeitgenössischen Statutendrucke im Anhang dieser Arbeit, dort auch die Angaben zu späteren Abdrucken und Editionen. 198 Sie ist überliefert in der ZB Zürich, Ms T 413.6. 199 „Diese Blätter sind nur hauptsächlich dem Dienste unserer Mitglieder gewidmet“. – Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, Vorbericht, o.S. 200 Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze. 201 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 10.
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schaften damit von den argwöhnisch beäugten arkanen Gesellschaften absetzen, wie Friedrich Wilhelm Ellenberger es für Halle formulierte: [W]eder der Endzweck dieser Gesellschaft […] noch auch die gantze Einrichtung […] sind von der Art, daß sie den Heimlichkeiten verdienten beygesetzet zu werden, und das Licht scheuen sollten; noch sonst eine eigensinnige Neigung dererjenigen, auf welche diese Gesellschaft beruhet, dringt auf ein Stillschweigen.202
Die Transparenz, die die Gesetze für alle Mitglieder haben sollten, sollte im Gegenzug auch für das Verhalten der Mitglieder gelten. Um die Regeln durchzusetzen, musste das tatsächliche Ausmaß ihrer Befolgung oder Nichtbefolgung bekannt und jederzeit nachvollziehbar sein. Auf das Gedächtnis der Versammelten zu setzen, war schon angesichts der hohen Mitgliederfluktuation nicht praktikabel. Häufig lehnten sich die Gesellschaften daher an die in Hochschule und Verwaltung übliche Praxis der Protokollierung und verankerte diese in ihren Satzungen.203 Unter den Namen „Tagebuch“, „Journal“, „Protokoll“ oder „Diarium“ wurde „ein Buch gehalten, worin alles dasjenige aufgezeichnet wird, was diese Geselschaft angehet, und in derselbigen vorgetragen wird“-204 Selbst in den eher als freundschaftliche Zirkel organisierten Gesellschaften wie Hamburg205 oder Heidelberg206 wollte man auf diese Instrumente nicht verzichten. Teils wurden sie aufwändig gestaltet.207 Sie sind für die Deutschen Gesellschaften in Jena, Göttingen, Hamburg, Mannheim, Altdorf, Bernburg, Bremen, Straßburg und Zürich überliefert, die für Danzig und Königsberg müssen als Kriegsverlust gelten.208 In auf die verlesenen Titel verknappter Form wurden die
|| 202 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 76. 203 Vgl. bspw. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 31, § XII; Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, Vorbericht, o.S.; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 19 § 12; Gesätze der Wachsenden Gesellschaft in Zürich, 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6, Äußere Gesätze III; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § VII. 204 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 79. 205 Das Protokoll in Hamberg wurde sogar abgeschrieben und der Jahrgang 1715 zur besseren Bearbeitung mit einem Register versehen. – Det Kongelige Bibliotek, Fabricius 61 20. 206 Vgl. Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 83, Anm. II, mit einer Festlegung der in einem Protokoll aufzuführenden Punkte. Ob und in welchem Umfang tatsächlich Protokolle geführt wurden, ist unklar. 207 Die Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften in Danzig beschloss bereits auf der von drei Schülern bestrittenen ersten Sitzung die Führung eines Protokolls und schaffte ein in Leder gebundenes Quartheft mit Goldschnitt an, das als Protokollbuch dienen sollte. – Vgl. Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 40. 208 Vgl. die Angaben zur Protokollüberlieferung in der Einzelaufstellung im Anhang.
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Protokolle der Deutschen Gesellschaft Greifswald in den Pommerschen Nachrichten von gelehrten Sachen veröffentlicht.209 Den mit Abstand größten Raum nimmt in dieser Quellengattung die Protokollierung der dort verlesenen Werke und der neu aufgenommenen und verabschiedeten Mitglieder ein, sie verzeichnen aber auch Diskussionen über die alltägliche Praxis, mögliche Änderungen der Satzung sowie das Fehlverhalten einzelner Mitglieder. Auskunft konnten sie damit zum einen über den Bestand an Mitgliedern und verlesenen Schriften geben und eigene Publikationen unterstützen. „Hierdurch entspringt eine nicht unnütze Geschichte derselben“,210 strich Friedrich Wilhelm Ellenberger diesen Aspekt heraus, und der Historiker kann das bestätigen. Die Protokollführung oblag in der Regel dem Sekretär. Ausführlichkeit und sprachliche Gestalt schwankten erheblich, bis hin zu längeren Lücken im Protokoll. So hieß es über den Göttinger Gesellschaftssekretär Philipp Ernst Hölty, dass er seine Protokolle über ein halbes Jahr nicht geführt hatte.211 Auch in Jena musste die Gesellschaft im Fall des ausgestoßenen Sekretärs Johann Christoph Jahn nach dessen Ausscheiden feststellen, dass sich in den Protokollen „nichts vermerket findet“212 und man gezwungen war, die Geschichte der Gesellschaft für die zurückliegenden drei Jahre aus dem Gedächtnis zu ergänzen. Dass diese Sitzungsjournale auch als disziplinarisches Instrument fungieren konnten, war den Mitgliedern bewusst. Protokolliertes Fehlverhalten konnte das benannte Mitglied in dauerhaften Misskredit setzen, weshalb eine sensible Handhabung geboten war; häufig finden sich daher in den Protokollen Formulierungen wie „durch einen Zufall“213 oder ähnliches, die offensichtlich missliebige Vorgänge bemänteln. In Göttingen wurden vereinzelt unliebsame Einträge in den Protokollen durchgestrichen.214 In Straßburg dagegen enthielt das Protokoll „Rand- und Zwischenbemerkungen vertraulichsten Inhalts“,215 die || 209 Vgl. bspw. Pommersche Nachrichten von gelehrten Sachen. Stück XXVI vom 2. April 1743, S. 210f.; Stück CI vom 24. Dezember 1743, S. 833f. 210 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 79. 211 „Unter seinem Secretariat ists in der Gesellschaft mit allen, was dahin gehört, sehr unordentlich zugegangen.“ – Protokolleintrag um 1742, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 124. 212 Undatierter Protokolleintrag (ca. 1734), ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 18r. Vgl. dazu Jahn: Zur Typologie und Funktion von Sozietäten, S. 139. 213 Protokolleintrag vom 16. April 1749. In: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 62. 214 Vgl. die missglückte Aufnahme Schreibers 1738 im Protokolleintrag, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 70f. 215 Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 33. Eine „getreue Abschrift“ der Protokolle lag Lenz´ Biographen August Stöber nach dessen eigenen Bekundungen für sein Werk Der Dichter Lenz und Friedericke von Sesenheim (Basel 1842), vor, der sie auch edierte.
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die Familie Matter, Besitzerin der handschriftlichen Originalprotokolle der Straßburger Deutschen Gesellschaft, dazu veranlassten, Johannes Froitzheim, ihrem späteren Herausgeber, lediglich Abweichungen des Originals vom bereits vorliegenden Abdruck mitzuteilen. Zahlreiche weitere, weiter unten aufgeführte Konflikte sind in den Protokollen ausführlich dokumentiert. In den Regelwerken wird dieser Aspekt in den Satzungen der Deutschen Gesellschaft in Bremen fassbar, denen zufolge als Strafe für das Nichthalten einer Abschiedsrede der Name des säumigen Mitglieds „im Protokoll, zum ewigen Andenken, angeschrieben werden“ sollte.216 Allen Unzulänglichkeiten der Protokollführung zum Trotz bauten diese Aufzeichnungen also für die auf ihr Ansehen bedachten Mitglieder eine nicht zu vernachlässigende Drohkulisse auf; Schriftlichkeit und Nachvollziehbarkeit fungierten als Werkzeug der gesellschaftlichen Arbeit ebenso wie als Zuchtrute. Selbst bei einem hohen Bekanntheitsgrad der Satzungen und funktionierenden Kontrollinstrumenten musste noch nicht viel gewonnen und ein regelgerecht funktionierender Gesellschaftsbetrieb sichergestellt sein. Die Satzungen beanspruchten Gültigkeit und Autorität auf mehreren Ebenen. Geregelt werden sollten etwa die Kompetenzen der einzelnen Amtsinhaber, eine Staffelung der Rechte und Pflichten je nach Mitgliedschaftsstatus, der Verlauf der Sitzungen und die Entleihe aus der gesellschaftlichen Bibliothek, die Satzungen sahen aber auch Verhaltensmaßregeln und disziplinarische Maßnahmen vor. Die gesellschaftlichen Gesetze reglementierten also gleichermaßen organisatorische Details wie Fragen der richtigen Lebensführung, so dass schon die bloße Reichweite ihres Geltungsanspruchs auf Kollisionen mit der Alltagspraxis ausgelegt war. Insbesondere die ehrgeizigen Ziele hinsichtlich des gelehrten Habitus bedeuteten eben keine Kanalisierung gängiger Verhaltensweisen für die Zwecke der Sozietät, sondern eine Änderung eben dieser Verhaltensweisen als einen der Hauptzwecke der Deutschen Gesellschaften. Konflikte waren somit vorprogrammiert und stellten sich auf mehreren der in den Satzungen beschrittenen Ebenen ein. Die Eintracht zwischen den Mitgliedern wurde zwar häufig beschworen, sah sich aber immer wieder in Frage gestellt. Gerade das Verfahren wechselseitiger Kritik konnte, wie in Zürich, eben nicht immer freundschaftlich ausgestaltet werden:
|| Johann Froitzheim ermittelte, ausgehend von Ungereimtheiten dieses Abdrucks, das Original im Besitz der Familie Matter. 216 Vgl. § XLVIII der Statuten, SUB Bremen, Bremensia a 224, f. 32.
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Herr Hirtzel hatte wieder Schultheß eine bittere Klage, die er gegen ihn da er seine Critik zu beantworten anfing per parenthesie anbrachte. Daß er in seiner Critik über seinen Discurs von dem zufriedenen Leben eines Weisen allzu spröd seye, daß es unter Mitgliedern einer Gesellschaft unerträglich seye; er beschuldigte ihn des Hochmuths, und allerhand schlimmer Absichten und Schultheß befremdete sich dessen sehr und fand sich außer stand vieles wieder die unvermuthete Vorwürffe zu antworten, er begehrte [...] daß man in gegenwärtiger Beantwortung fortfahre und diese Sach verschiebe […]. Dieser sagte aber, daß er eine solche grobe Critik nicht beantworten wollen, und deswegen Herrn Landolt zu beantworten gegeben, damit es unpartheyisch und unpassioniert geschehe. Schultheß aber sagte ihm, es seye ihm gleich ob Landolt oder selbst sie beurtheile, weil er wol wisse, was für eine sonderbare Vertrauligkeit zwischen ihnen beiden sey, und was für Obligation Landolt ihm habe. Hirtzel öffnete ihm die Wahl einen andern auszuwehlen, der sie beantworte.217
In Jena ermahnte man 1733 die Mitglieder, „künftig in dem Beurtheilen ordentlich zu verfahren, und einander nicht in die Rede zu fallen“.218 Solche Situationen blieben nicht auf die gymnasiale oder studentische Jugend beschränkt. Auch im Mannheimer Schloss eskalierten die Streitigkeiten über die Beurteilung eines Gedichts, endeten jedoch damit, dass „Herr Schwan sich seines blöden Gesichtes wegen entschuldigte“.219 Dass das Gespenst der Streitsucht gerade im Bereich institutionalisierter Kritik kaum zu bannen war, überrascht kaum. Die meisten dieser Streitigkeiten dürften ohnehin gar nicht erst den Weg in die Quellen gefunden haben. Erkennbar werden in den dokumentierten Fällen aber die Bemühungen innerhalb der Gesellschaft, die Streitigkeiten durch die Wahl eines anderen Beurteilers oder durch Ermahnung zu regelgerechtem und versöhnlichem Verhalten zu schlichten. Hingegen lassen sich in den Quellen kaum Fälle ‚klassischer‘ Rang- oder Zeremonialstreitigkeiten finden, sie blieben wie in Helmstedt aber als Drohkulisse am Horizont. Dort hoffte der Gesellschaftssekretär Heinrich Philipp Konrad Henke anlässlich einer konkurrierenden Aufnahme der Studenten Joachim Friedrich Görz und Johann Georg David Ellisen einerseits und August Wilhelm Heinrich Cappe andererseits, daß unser Institut sich aus dem gefährlichen Agon, der ihm drohte, erholen werde. Um Herrn Görz, und Herrn Ellisen zu gewinnen, habe ich ihnen eine kleine Ungerechtigkeit zu begehen, versprechen müssen; sie wollten nicht unter Herrn Cappen sitzen, und da zu diesen bedenklichen Zeitläuften uns jeder Zuwachs der Gesellschaft willkommen sein muß, Herr Cappe aber nicht mehr zurückgewiesen werden konnte, so sagte ich ihnen den
|| 217 Protokolleintrag vom 15. Mai 1744, ZB Zürich, Ms T 413.7. 218 Protokolleintrag vom 19. August 1733, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 28. 219 Protokolleintrag vom 7. Dezember 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 17.
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Vorrang über denselben zu, den ihnen ohnehin ihre aus den Briefen und Probestücken sichtbare Geschicklichkeit zu erkennt. Herr Cappe soll übrigens von seiner Zurücksetzung nichts erfahren, und murret er ja drüber, so will ich ihm durch freundliche Vorstellungen und Vorwände zufrieden sprechen, daß er sich nicht für beleidigt halten soll.220
Ein offener Ausbruch des Konflikts ist in den Quellen nicht nachzuweisen – Cappe, Görz und Ellisen wurden aufgenommen. Es griffe jedoch zu kurz, Machtund Geltungsbedürfnis deswegen als aus den Deutschen Gesellschaften verbannt anzusehen. Mit der teilweise großen Zahl gesellschaftlicher Ämter ermunterte man manche Amtsträger, einen ‚in der Verfassung nicht vorgesehenen‘ Einfluss auszuüben. In Mannheim gab es neben dem Präsidenten und dem Obervorsteher auch den Posten des Geschäftsverwesers. Sein Amt erfuhr eine erhebliche Aufwertung, als 1782 der bisherige Geschäftsverweser Johann Jakob Häffelin starb und Anton von Klein die Nachfolge antrat. Eine daraufhin durchgeführte weitgehende Neufassung der Statuten besagte, „daß er die Seele des ganzen Geschäfts ausmachen müsse“.221 Klein nutzte diese Position, um die dortige Deutsche Gesellschaft – langfristig zu deren Schaden – immer stärker zu dominieren und zu einem Instrument seiner publizistisch-literarischen Bestrebungen umzuformen.222 Der Obervorsteher Wolfgang Heribert von Dalberg dagegen verlor zusehends an Einfluss, während der Präsident Philipp Anton von Dalwigk-Lichtenfels vermutlich schon seines Aufenthalts in den niederrheinischen Landesteilen wegen nicht in Erscheinung trat. Rückschauend ging der kurpfälzische Bibliothekar Karl Theodor von Traitteur in einem Gutachten für die pfalzbayerische Regierung mit Klein äußerst hart ins Gericht. Die Mannheimer Gesellschaft hätte sich durchaus mehr Ruhm erwerben können, wenn nicht der Tit. von Klein durch sein Betragen, durch seine Handlungsweise, alles besser wissen wollend, alles verachtend, durch seine Händel mit Recensenten, Buchhändlern und Buchdruckern sich selbst in üblen Ruf gebracht, folglich auch einen Schatten auf die deutsche Gesellschaft geworfen hätte, da er ihr wesentlichstes Mitglied, ihr beständiger Secretaire war, [...].223
|| 220 Zirkular von Heinrich Philipp Konrad Henke, 6. Juni 1777, HAB Cod. Guelf. 357 Novi, f. 234f. 221 Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 43, § 20. 222 Vgl. ausführlich Andreas Erb: Anton von Klein und die „Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft“. In: Mannheimer Geschichtsblätter 16 (2008), S. 82–91. 223 GHA, Traitteur’sche Papiere, Hs 215 Abt. II. f. 137.
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Die Schäden innerhalb der Gesellschaft waren nicht weniger verheerend, habe er doch „somit alle Gesellschafts Mitglieder gegen sich aufgebracht und gewissermaßen gleichgültig gegen das ganze Institut gemacht“.224 Tatsächlich ebbten mit zunehmender Amtsdauer Kleins die gesellschaftlichen Aktivitäten ab; die Protokolle, die zuvor rege Diskussionen unter den Mitgliedern verzeichneten, wandelten sich mehr und mehr zu sterilen Verlautbarungen der Lesestoffe und Neuaufnahmen. Mochten Machtkämpfe auf der Ebene der Amtsinhaber erwartbar gewesen sein, so überraschen sie im Verhältnis zwischen den leitenden Dozenten und den in der Gesellschaft versammelten Schülern und Studenten. Ihre höchste Eskalationsstufe dürften sie in Jena225 erreicht haben, wo Johann Andreas Fabricius eine maßgebliche Rolle bei der Gründung gespielt hatte, es aber bereits in den ersten Monaten bei der Ausformulierung der Gesetze zu Auseinandersetzungen zwischen ihm und den studentischen Mitgliedern kam. Einer von ihnen, Hermann Adolf LeFèvre, setzte Gottlieb Stolle, in dessen Tischgesellschaft er speiste, als Aufseher durch.226 Anlässlich von dessen Einführung polemisierte Fabricius gegen seine studentischen Gegner: „Die kühnheit unterstützte oft einen mäßigen verstand, der kaum angefangen hatte, sich auf das nachdenken zu legen, daß er vermeinte, mit weit grösserem nachdenken und einsichten begabt zu sein, als sein anführer.“227 Die Autorität, die er gegen angeblich unreife Auszubildende ins Feld führte, schwand jedoch schnell. Als er den Schleizer Rektor Johann Christoph Haynisch ohne Rücksprache in die Gesellschaft aufnahm, versagte ihm diese ihre Zustimmung, worauf Fabricius seine Stelle als Senior niederlegte. Allen Querelen zum Trotz schien sich der Abschied noch für beide Seiten gesichtswahrend zu gestalten: „Die Mitglieder nahmen dieses Abdanken allerseits an, mit der Versicherung, dass der Herr M. Fabricius in Ansehung der geschehenen Stiftung der Gesellschaft als das erste vornehme Mitglied betrachtet werden solle […].“ Dass dieser Protokolleintrag zu einem späteren Zeitpunkt mit „ein Zusatz des damaligen untreuen Buchhalters“228 kommentiert wurde, bezeugt, wie schnell sich die Fronten verhärteten.229 Fabricius rief eine
|| 224 Ebd. 225 Vgl. die ausführliche Darstellung der Vorgänge bei Marwinski: Fabricius, S. 30–45. 226 Vgl. Schreiben (ohne Titel) von Johann Andreas Fabricius in: Thüringische Nachrichten von Gelehrten Sachen auf das Jahr 1736. Num. III, S. 87. 227 Johann Andreas Fabricius: Rede, bei der einführung der Teutschen gesellschaft in Jena bei ihrem aufseher dem damaligen Herrn Prorector Stollen gehalten, den 11. Febr. 1730. In: Ders.: Philosophische Redekunst. Leipzig 1739, S. 318. 228 Protokolleinträge vom 15. Juli 1730 sowie undatiert, ThULB, Ms. Prov. q. 78, f. 11. 229 Vgl. zur publizistischen Kontroverse um die Gründung S. 72f. in dieser Arbeit.
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„Vertraute Rednergesellschaft in Thüringen“230 als Gegengründung ins Leben, die seinen Abgang als Rektor nach Braunschweig 1740 aber wohl nicht überdauerte. Dieser Konflikt illustriert, dass Studenten in den Deutschen Gesellschaften nicht einfach willenlose Belehrte waren, die ihren Oberhäuptern blind folgten, sondern dass sie wie bei den Gründungsvorgängen durchaus die Initiative ergreifen und ihre Interessen durchsetzen konnten. Deutlich wird aber auch, dass die teils ausführlichen und breit gestreuten Kompetenzfestlegungen Machtkämpfe keinesfalls verhinderten. Im Gegenteil war es zuweilen eben die Vielfalt der Ämter, die mehrere Kandidaten auf einmal im Wettbewerb um die tatsächliche Macht in einer Deutschen Gesellschaft zuließ, ja geradezu herausforderte. Nicht immer aber war es die Machtfrage, die für Konflikte in den Deutschen Gesellschaften sorgte. Die Visionen über freundschaftlichen Umgang und die versuchte Disziplinierung zu regelmäßigem Vortrag standen studentischen Vorstellungen von akademischer Freiheit diametral entgegen, so dass Regelverstöße geradezu systematisch angelegt waren. Da diese den Kern des gesellschaftlichen Anliegens in Frage stellten, war ein Darüber-Hinwegsehen, wie es an den Hochschulen bei studentischem Fehlverhalten sonst häufig geübt wurde,231 keine Antwort. Wie oft man es trotzdem praktizierte, lässt sich nicht sagen, da es sich kaum in schriftlichen Quellen niederschlug und vereinzelt die Tendenz feststellbar ist, solche Konflikte selbst in den internen Unterlagen der damnatio memoriae zu überantworten.232 Angesichts der geringen Mitgliederzahlen lag es aber nahe, nicht gleich disziplinarisch aktiv zu werden. Es ist daher anzunehmen, dass vor allem diejenigen Konflikte dokumentiert und überliefert wurden, deren Ausgang den weiteren Gang des gesellschaftlichen Lebens maßgeblich bestimmte. Zwischen Beschweigen und Bestrafen lag der Appell, der die Regeln des Zusammenarbeitens in Erinnerung brachte, ohne den Regelverletzer direkt anzugehen. Als der frankreichfreundliche Isaac Haffner eine anonyme polemische Schrift gegen den neuen Zweck der Deutschen Gesellschaft Straßburg vorlas, beschwor Lenz den Zusammenhalt der neugegründeten Vereinigung: || 230 Zu deren Geschichte ist nur wenig bekannt. Vgl. zu ihr Marwinski: Fabricius, S. 82–84. 231 Vgl. zu dieser Problematik Stefan Brüdermann: Göttinger Studenten und akademische Gerichtsbarkeit im 18. Jahrhundert. Göttingen 1990. 232 In den Protokollen der Deutschen Gesellschaft Göttingen sind umfangreiche Tilgungen und Unkenntlichmachungen verzeichnet. Für die Konflikte Wedekinds mit der Deutschen Gesellschaft vermutet Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 44, eine gezielte Bereinigung der gesellschaftlichen Akten. Da diese allerdings ohnehin ‚gefleddert‘ wurden, ist diese Vermutung nicht überprüfbar.
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Noch mehr aber müssen wir gleich anfangs bei allen unseren Mitgliedern […] alle Anzüglichkeiten […] ernstlich verbeten haben, weil sie allen Gesetzen einer auf die Dauer gehenden Gesellschaft schnurstracks entgegenlaufen […] da die gegenseitige Achtung, die wir einander, und nun am meisten, die einer allen schuldig ist, die einzige Grundsäule ist, auf der unsere ganze Verbindung beruht.233
Eskalationen konnten so vorläufig vermieden werden; zur Abstellung von Missständen taugten sie aber auch wenig, so dass Georg Andreas Will gleichermaßen appellierte und resignierte: Hoffentlich werden die Herren Gesellschafter diese Vorstellungen Platz finden lassen, wenn gleich jüngst iemand glauben wollte, daß Vorstellungen wenig helfen. Wobey nicht unerinnert lassen kan, daß wegen der Vorlesungen und Besuchungen der Versammlungen andere Entschließungen gefaßt werden müssen; indem es durchaus nicht angeht, Gesetz und Ordnung und Endzweck nach bloßem Willkühr hintanzusetzen. Mein Eifer für das Wohl der Gesellschaft und der Name so berühmter und großer Männer, die an unserm Vorhaben Theil nehmen wollten, möchte ein besseres verdienen.234
Als nächsten Schritt bot es sich an, mit dem Mitglied ein Gespräch zu suchen und ihm mündlich einige monita paterna zukommen zu lassen. In den weitaus meisten Fällen hat es in den Quellen keinen Niederschlag gefunden, belegt ist lediglich brieflich, dass Flottwell in Königsberg Gottsched bat, seine Autorität durch ein mahnendes Schreiben an das säumige Mitglied und Gottscheds Protegé Georg Leonhard Nordhof in die Waagschale zu werfen.235 Es dürfte also || 233 Jakob Michael Reinhold Lenz: Über den Zweck der neuen Straßburger Gesellschaft. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 783. 234 Zirkular Georg Andreas Wills vom 15. Juni 1763, UB Erlangen, Ms 1879, o.S. 235 „Hiebeÿ kann ich es nicht vorenthalten, daß ich mit Nordhof nicht so gar wohl zufrieden bin. Ich habe auf ihre gütige Empfehlung ihn sogleich allhier zu einer vor Cönigsb. fetten Condition verholfen ich habe ihn beÿ einem Mann versorget, der an vieler redlichen Glük zu arbeiten im Stande ist, ich habe ihm einen Platz in der Gesellschaft geschaffet, und außer einigen Critischen Anmerkungen hat Er nicht viele heldenthaten ausgerichtet. In betracht seiner guten hand habe ich Ihm das Secretariat der Gesellschaft gegeben. Auf einmahl kriegt er einen Raptum, schreibt an die Gesellschaft und dankt ab, er könnte nicht mehr ordentlich erscheinen, arbeiten v. etwas vor die Gesellschaft schreiben wolte Er wohl, aber nicht wöchentlich kommen v. an keine Gesetze der Gesellschaft mehr gebunden seÿn. Ich redte mit ihm v. er wuste keine andere Entschuldigung als, daß sein bruder ihn in Schulden gesetzt v. die müste er bezahlen, folgl. könnte Er nicht mehr monathl. den beÿtrag à 4 g. geben. Die Sache ist beÿ der Gesellschaft noch nicht abgemacht, v. ich laß ihn ausgrillisiren. Er ist in seiner Condition nach wie vor, v. ich werde deswegen nicht müde werden, vor Ihn zu sorgen. Nur, daß er nicht ad altiora adspirirt, verdrüst mich. Vielleicht wird eine kleine Mercuriale von ihrer hand gelegentl. Ihn zur Raison bringen.“ – Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 8. April 1746. In: GBW 11, S. 327f.
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häufig vorgekommen sein, dass abweichendes Verhalten der studentischen Mitglieder ignoriert oder in Gesprächen geklärt wurde. Eben weil aber ein geläuterter Habitus zentrales Ziel der Deutschen Gesellschaften war, hatten diese ihre Gesetze von vornherein mit Strafen bewehrt und waren zumindest willens, sie auch durchzusetzen. Dass Disziplinierung keine unverbindliche und zahnlose Absichtserklärung war, bezeugen ganze Kataloge strafwürdiger Verhaltensweisen mit teils differenziert gestaffelten Strafmaßen.236 Die Deutsche Gesellschaft Leipzig verankerte 1727 in ihren Statuten keine konkreten Strafgelder; ein Passus aber, dass säumige Zahler „nach Beschaffenheit der Umstände bestrafet, auch wohl gar ausgeschlossen werden“,237 legt nahe, dass Strafen durchaus vorgesehen waren und ausgesprochen wurden. Der Statutenentwurf für die Teutsche Gesellschaft Jena von 1728 sah dagegen bereits einen umfangreichen Strafgeldkatalog vor, der Strafen für das Ausbleiben bei Sitzungen (gegliedert nach ordentlichen und außerordentlichen Sitzungen) ebenso vorsah wie für Verspätungen, falsche Auskünfte über die bestehenden Regeln, Geheimnisbruch oder Zahlungsverzug.238 Solche Gebühren waren in den meisten anderen Regelwerken, etwa in Helmstedt239 oder Zürich,240 vorgesehen. In Erlangen stellten es die Satzungen den Mitgliedern frei, „sich durch Verträge gewiße Strafen auszumachen“.241 Bezogen waren solche Strafgelder fast ausnahmslos auf Fehlverhalten und Verstöße gegen die gesellschaftliche Disziplin, vor allem das Ausbleiben in den Versammlungen. In Göttingen, wo schon im zweiten Jahr des Bestehens die Mitglieder häufig fernblieben, legte die Gesellschaft Strafgelder auch für diejenigen fest, die Reisen, Krankheiten oder andere Termine als Entschuldigung anführen konnten.242 Selbst dort, wo wie in Königsberg rhetorische Missgriffe mit Strafgebühren belegt wurden, waren sie mit Fragen des akademischen Habitus engstens verschlungen:
|| 236 Als Gegenbeispiel kann die Deutsche Gesellschaft in Königsberg dienen, die ihre Mitglieder dazu verpflichtet, „zur bestimmten Zeit bey Strafe [zu] erscheinen“, ohne allerdings ein Strafmaß festzusetzen. – Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2f., § III. 237 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 16, § 26. 238 Protokolleintrag vom 19. August 1733, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 28. Vgl. auch Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 31–33. 239 Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 2, bzw. HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 407r (1750). 240 Vgl. Protokolleintrag vom 19. März 1744, ZB Zürich, Ms T 413.5. 241 Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 13. 242 Protokolleintrag vom 28. Januar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 80.
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Damit übrigens alle Geheimnisse des äußerlichen Wohlstandes von jedem Redner in Acht genommen werden, soll der Redner sein Concept leserlich schreiben, memorialem localem sich machen, mit Hut und Handschuh reden, und fals er im Lesen stottert, soll er in eine besondere Strafe von 15 gr. verfallen seyn.243
Ähnliches galt für die Göttinger Gründung, die 1743 Strafgelder für „Sprachfehler in der Gesellschaft, für fremde Wörter, Nachlässigkeit in Lieferung der Ausarbeitung, oder des Missivs“ diskutierte,244 aber nicht erließ. Strafwürdig an sich waren dichterisch-rhetorische Fehlleistungen nicht, sondern verfielen erst im Kontext nachlässigen Verhaltens und Auftretens der gesellschaftlichen Rüge. Trotz oder gerade wegen der Strafbewehrtheit dieser Gesetze ist die Frage zu stellen, ob und inwieweit diese Gesetze nicht auf dem Papier blieben. Diesen Verdacht scheinen Praktiken zu bestätigen, die den Vollzug der Strafen durch mahnende Worte ersetzten und Gelegenheit zu ‚tätiger Reue‘ gaben. In Bernburg etwa sollte das satzungsgemäß mit Strafgeldern belegte Ausbleiben245 in der Praxis zunächst nur „eine freundliche Erinnerung für die Zukunft“246 nach sich ziehen. In Hamburg konnte man sich von Zahlungen für ausgebliebene Vorträge dadurch befreien, dass man diese in der Folgesitzung nachholte.247 Konsequenter scheint man dagegen in den studentischen Deutschen Gesellschaften vorgegangen zu sein. Die Eintreibung gestaltete sich jedoch ähnlich schwierig wie bei anderen studentischen Außenständen,248 etwa wenn die Schuldner ihren Verpflichtungen durch Wechsel des Studienortes zu entkommen versuchten. So konstatierte Friedrich August Wiedeburg um 1782 für die Helmstedter Gesellschaft: „Es ist schade, daß diejenigen Mitglieder, von welchen die Gesellschaft nach der vorgelegten Rechnung Strafgelder zu fordern hat, alle schon abgegangen sind.“249 Diese problemlos weiter vermehrbaren Beispiele sollten jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass Strafgelder nach Ausweis der gesellschaftlichen Rechnungen in aller Regel bezahlt worden zu sein scheinen; schon, dass offene Schulden dokumentiert wurden, zeigt, dass man diese nicht ohne weiteres auf
|| 243 Gesetze der DG Königsberg, zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 104. 244 Protokolleintrag vom 9. März 1743, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 137. 245 Vgl. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 26, § 22. 246 Vgl. Protokolleintrag vom 27. Januar 1762 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 11. 247 Vgl. Protokolleintrag vom 8. Februar 1716, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 51f. 248 Vgl. exemplarisch Sandra Salomo: Die Maßnahmen der Universität Jena wider das übermäßige Schuldenmachen und die Wechselverheimlichung der Studenten im 18. Jahrhundert. In: Harding (Hg.): Kalkulierte Gelehrsamkeit, S. 159–173. 249 Eintrag Friedrich August Wiedeburgs in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt um 1782, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 284.
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sich beruhen ließ. Dass gerade studentische Schuldner den Vertretern der Gesellschaft im akademischen Alltag kaum ausweichen konnten und in vielfältigen Abhängigkeiten zu ihnen standen, dürfte die Zahlungsmoral häufig befördert haben. Wo Einnahmerechungen wie in der Teutschen Gesellschaft Jena überliefert sind, verzeichnen diese regelmäßige Eingänge von Strafgeldern.250 In Helmstedt argumentierte man unverhohlen: „Es könnte wenigstens dadurch das Capital der Gesellschaft verstärket werden.“251 In Göttingen machten sie in den ersten Jahren 17 % der Einnahmen und damit einen echten Aktivposten im Etat aus.252 Die Durchsetzungskraft dieses disziplinarischen Instruments schwankte sicher je nach Gesellschaft, Schuldnern und Schulden Eintreibenden und kann schon deshalb nicht beziffert werden, weil eine Dunkelziffer nie in die Quellen gelangter Schulden sowie nicht mit Strafgeldern belegter Verfehlungen anzunehmen ist. Dass Strafgelder aber satzungsmäßig festgelegt, bei Regelverstößen erlassen und häufig auch entrichtet wurden, erweist sie jedenfalls als ein durchaus funktionierendes Disziplinierungsinstrument. Es erwies sich jedoch nur für leichtere Verstöße gegen die Satzungen als angemessen. Stellte sich jedoch heraus, dass ein Mitglied wiederholt und grob dem Buchstaben und dem Geist der Gesetze zuwiderhandelte, sahen die meisten Satzungen stärkere Sanktionen vor. Kaspar Jakob Huth installierte in Jena eine Art Pranger, mittels dessen „undankbare öffentlich citiert, auch wohl in den Catalogum ingratorum gesetzt worden“.253 Welcher Art genau und wie öffentlich dieses Instrument war, lässt sich mangels anderer Quellen nicht sagen. Die Möglichkeiten, empfindlichere Strafen zu erlassen, waren für die Deutschen Gesellschaften stark eingeengt und mussten sich auf Maßnahmen in Hinsicht auf den gesellschaftlichen Status beschränken. Dieser konnte bei Amtsträgern herabgesetzt werden wie im Fall des Helmstedter Gesellschaftssekretärs Johann Ludolf Martens, den man wegen häufigen Fehlens und schlampiger Amtsführung in absentia abwählte.254 Erwiesen sich bei ordentlichen Mitgliedern scharfe Ermahnungen und Verweise als erfolglos, stand als ultima ratio nur noch der
|| 250 Vgl. die Einträge in der ThULB, Ms. Prov. f. 132 (3). 251 Eintrag von Johann Joachim Bostel in einem Zirkular um 1755, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 150. 252 Vgl. die gesellschaftliche Rechnung der Jahre 1738/39, SUB Göttingen, Deutsche Gesellschaft 1. 253 Zirkular Lorenz Johann Daniel Suckows, 17. Oktober 1761, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 303. 254 Vgl. das Zirkular Friedrich August Wiedeburgs, HAB Cod. Guelf. 357 Novi, f. 297.
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Ausschluss aus der Gesellschaft zur Wahl. Dieser war in zahlreichen Satzungen verankert,255 die in Greifswald sogar ein entsprechendes Verfahren vorgaben.256 Da viele Satzungen mit dem Ausschluss aus der Gesellschaft auch die Streichung des Mitgliedsnamens verbanden,257 lassen sich Aussagen über die Gesamtzahl ausgeschlossener Mitglieder nur schwer treffen. In Publikationen räumte man diese, in den gedruckten Statuten ja auch vorgesehene, Praxis ein, marginalisierte sie aber im Interesse ihrer Reputation. So behauptete Karl Gotthelf Müller für die Teutsche Gesellschaft in Jena, daß sie dabey iederzeit auf gute Ordnung, sowie auf Gelahrheit und Tugend bey ihren Mitgliedern gesehen; dahero auch wiewohl selten, dieienigen, die aus der Art geschlagen, und ihrer Pflicht zur Ehre der Gesellschaft zu leben uneingedenk worden, aus ihrer Gemeinschaft ausgeschlossen und ihre Namen aus dem Verzeichnisse ihrer Mitglieder ausgestrichen.258
Gerade in Jena aber zeichnen die Protokolle ein anderes Bild. Ausschlüsse waren dort zwar nicht gerade alltäglich, fanden sich aber wesentlich häufiger als andernorts auf der Tagesordnung. Unstrittig waren Gesellschaftsausschlüsse, wenn die zur Last gelegten Vergehen offenkundig krimineller Natur waren, wie das Verhalten Johann Heinrich Friedrich Schumachers, der die ihm zur Abschrift übergebenen Gesetze und in Verwahrung gegebenen Gelder veruntreut hatte und als „Schandflecken der Gesellschaft aus der Zahl der Mitglieder ausgestrichen“259 wurde. Am selben Tag wurde Matthias Hermann Bolten wegen „liederliche[r] Streiche und Entwendung einiger Bücher“260 ausgestoßen. An noch offene Wunden rührte Johann Christoph Jahn, der Mitglied der von Fabricius gegründeten Vertrauten Rednergesellschaft geworden war. Er hatte versucht, die akademische Zensur für eine unter Fabricius’ Anleitung gehaltene Lobrede dadurch zu umgehen, dass er diese als Werk der Teutschen Gesellschaft ausgab. Nach Entdeckung des Betrugs stellte man ihn vor die Wahl, eine
|| 255 Vgl. bspw. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 30, § 29. 256 Vgl. Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 23, § 23, die einen Ausschluss nach Abstimmung mit Mehrheit der Stimmen vorsehen. 257 Die Teutsche Gesellschaft Jena diskutierte die Frage, ob ausgestoßene Mitglieder in den Mitgliederlisten zu führen seien, ein verworfener Vorschlag ging dahin, die Mitglieder zu nummerieren und die Nummern ausgestoßener Mitglieder leer zu lassen. Ein Beschluss ist nicht verzeichnet. – Vgl. Protokolleintrag vom 21. April 1753, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 87r. 258 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 28. 259 Protokolleintrag vom Januar 1735, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 37r. 260 Ebd.
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der beiden Gesellschaften zu verlassen. Er entschied sich für die Teutsche Gesellschaft, es kam aber erneut zum Eklat, als er eine in mehreren Hinsichten von der Gesellschaft beanstandete eigene Rede ohne Einarbeitung der Monita im Namen der Gesellschaft drucken ließ. Die Gesellschaft schloss ihn hierauf aus.261 Schwieriger gestaltete sich der Ausschluss des adeligen Studenten Magnus Adolph von Eberhardt. Dieser stand nicht nur wegen der parallelen Gründung eines „teutschen Bierkränzgens“262 in der innergesellschaftlichen Kritik, sondern auch wegen nicht näher bekannter Verfehlungen am Rande einer Relegation von der Universität Jena. Zunächst riet der Senior Karl Gotthelf Müller zu Geduld, um einem entsprechenden Urteil der Universität nicht vorzugreifen.263 In der Teutschen Gesellschaft war von Eberhardt bereits durch eine Beleidigung des Seniors aufgefallen, hatte sich aber offenbar brieflich dafür entschuldigt. Da sein Betragen sich aber nicht änderte, plädierte Müller bereits zehn Tage später für seinen Ausschluss: „Heute nacht habe ich die erste Fenster Music in den hintern Fenstern des Auditorii bekommen; und wird ohn Zweifel der unruhige und ehrvergessene Geist des Eberhards nebst seinem Spiesgesellen gespukt haben. Ich weiß aber die Gespenster schon zu vertreiben.“264 Das Ausschlussschreiben betonte, man habe „seit einem halben Jahre in ihm einen Feind aller guten Sitten und insbesondere [Durchstreichung auf Rat des Sekretärs Basilius Christian Bernhard Wiedeburg] ihrer eigenen Gesetze und Mitglieder wahrgenommen“.265 Letztlich wurde von Eberhardt allerdings nicht ausgeschlossen, sondern blieb in der Gesellschaft unter anderem durch Vorträge „Von der Torheit der Zweikämpfe“266 aktiv; aus dem Jahr 1748 ist ein Abschiedsgedicht im Namen der Gesellschaft überliefert, das keinen Bezug auf die vergangenen Querelen nahm.267 Seine Mitgliedschaft in der Jenaer wie auch in der von Jenaer Mitgliedern betriebenen Teutschen Gesellschaft in Erlangen nahm er noch Jahre
|| 261 Protokolleintrag vom September 1732, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 22f. 262 Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 11. November 1746, ThULB Ms. Prov. f. 132 (10), f. 107. 263 „Ich glaube wir treiben unsere Rechte zu weit, wenn wir Vergehungen die noch nicht untersuchet sind (und diese Untersuchung gehört für die Hochlöbliche Akademie und nicht für uns) bestrafen wollen.“ – Ebd. 264 Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 21. November 1746, ThULB Ms. Prov. f. 132 (10), f. 111. 265 Ebd. 266 Vgl. Protokolleintrag vom 29. Juli 1747, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 70. 267 Florens Arnold Consbruch: Auf die Abreise des Hrn. Magnus Adolph von Eberhard aus Schlesien, von Jena nach Erlangen, 1748. Im Nahmen der deutschen Gesellschaft. In: [Ders.]: Versuche in Westphälischen Gedichten, von E. C. Frankfurt a.M. 1751, S. 39–41. Vgl. auch den Protokolleintrag über seine Verabschiedung vom 8. Juni 1748, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 70f.
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später in Anspruch,268 bis zu seinem Lebensende war er als Fechtmeister in Erlangen tätig.269 Welche Gesichtspunkte für seinen letztlichen Verbleib in der Teutschen Gesellschaft den Ausschlag gaben, geht aus den Quellen nicht hervor. Nur zu vermuten ist, dass die offenkundig ausgebliebene Relegation auch die Teutsche Gesellschaft und ihren Senior Müller bewog, ihrerseits ‚Gnade vor Recht‘ ergehen zu lassen. Wunsch und Wirklichkeit der Disziplinierung im Spannungsfeld von Hochschule und Sozietät werden deutlich im Falle des anakreontischen Dichters Christian Nicolaus Naumann.270 Dieser hatte 1750 trotz der Aufforderung, für ein erkranktes Mitglied zu lesen, am vereinbarten Termin keine Vorlesung parat, so dass der Senior Müller selbst einspringen musste. „Herr M. Naumann führte sich da dies geschahe, auf eine höchst ungezogene, verächtliche und anzügliche Art gegen die Gesellschaft auf, und dies brachte ihm sogar die Aufmerksamkeit aller Zuhörer zu wege, aber gewiß auf keine ihm und durch ihn uns selbst, rühmliche Weise.“271 Später verlas er Abhandlungen, ohne zugelassen zu sein. Die Gesellschaft beschloss daher, ihn aus der Gesellschaft auszuschliessen, wogegen Naumann sich an die Universität wandte und vortrug, dass sein Ausschluss „auf eine meiner Ehre nachtheilige Art“ geschehe, nahmentlich, in den öffentlichen Vorlesungen, und vor allen Zuhörern, zu gedenken: In den gesellschaftlichen Gesetzen […] meinen Namen unter den Benennungen der andern Mitglieder eigenmächtig hinwegzulassen: […] auch über dieses, bis ietzt, mein Diploma auszuferttigen, und mir gewöhnlich zustellen zu laßen, sich verweigern.272
Dass er sich an die Universität wandte und den Streit auf dieser Ebene eskalieren ließ, musste die Gesellschaft ihrerseits in ihrem Ansehen empfindlich treffen. Dass die Universität beschloss, der Gesellschaft die förmliche Ausstoßung Naumanns zu untersagen und auf eine einvernehmliche Trennung hinzuwirken, ließ sie zweifeln, „ob mit einem Antrag von der Art, die Ehre und das Ansehen der Gesellschaft bestehen kann“.273 Auch wenn der eigentliche Ausgang
|| 268 In seiner Schrift Einige wohlgemeinte Betrachtungen über den Hauptsatz: Vernunft und Gelehrsamkeit bei dem andern Geschlechte (Erlangen 1757) nannte er sich in der Zuschrift „Mitglied der Teutschen Gesellschaft zu Jena und Erlangen“. 269 Vgl. Akademische Nachrichten auf das Jahr 1773 und 74. Erlangen [o.J.], S. 41. 270 Vgl. zu ihm Franz Muncker: Art. Christian Nicolaus Naumann. In: ADB 23 (1886), S. 302– 305. 271 Deutsche Gesellschaft Jena an die Universität, den 5. Oktober 1750, UAJ, A Nr. 1329, f. 5r. 272 Christian Nicolaus Naumann an die Universität Jena, den 24. September 1750, ebd., f. 2v. 273 Deutsche Gesellschaft Jena an die Universität, den 22. Oktober 1750, UAJ, A Nr. 1329, f. 10v. Eine Reaktion der Universität ist aus den Akten nicht ersichtlich.
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der causa Naumanns aus den Akten nicht ersichtlich wird,274 zeigt schon die Eskalation bis hin zu den akademischen Gerichten an, dass für beide Seiten viel auf dem Spiel stand. Dass Naumann einerseits es nicht mit einem Verlassen der Gesellschaft auf sich beruhen ließ, zeigt, dass ihm zumindest an den äußeren Zeichen seiner Mitgliedschaft, deren Verweigerung er beklagte, durchaus gelegen war, und dass Ausgeschlossene den gesellschaftlichen Bannstrahl nicht immer achselzuckend hinnahmen. Für die Gesellschaft andererseits bedeutete Naumanns Betragen angesichts anderer Zuhörer einen Verlust an Ansehen, den sie, anders als in rein internen Sitzungen, nicht hinzunehmen bereit war.275 Sowohl bei von Eberhardt als auch bei Naumann ist zu beobachten, dass sich die disziplinarischen Maßnahmen der Teutschen Gesellschaft Jena in Abhängigkeit von denen der Universität vollzogen. Gerade Dozenten wie Karl Gotthelf Müller befanden sich in einem Dilemma. Zum einen sahen sie sich genötigt, ein von der Jenaer akademischen Gerichtsbarkeit gesetztes Strafmaß nicht durch in der Gesellschaft verhängte schwerere oder leichtere Strafen infrage zu stellen. Mit der Appellation an die universitäre Jurisdiktion griff Naumann aber diese Konstellation auf bedrohte zum anderen die korporative Eigenständigkeit der Teutschen Gesellschaft, die so nicht selbständig Mitglieder ausschließen konnten.
|| 274 Redebeiträge Naumanns sind in den Protokollen nicht über Jahr 1750 hinaus nachweisbar, was letztlich aber nur das Ende seiner aktiven Mitwirkung in der Gesellschaft, nicht jedoch den formellen Verlust seiner Mitgliedschaft anzeigt. 275 Ähnlich gelagert war ein Fall in Helmstedt, bei dem der Theologiestudent Gustav Anton Wachsel aus angeblich gesundheitlichen Gründen von ihm zu bestreitende Vorlesetermine versäumte: „Es ist Ihnen allerseits bekannt, was für Unordnung in der Gesellschaft entstanden, seitdem Herr Wachsel in dieselbe getreten ist: ja ich darf mit Wahrheit sagen, daß die 8 Jahre hindurch, die ich in der Gesellschaft bin, kein Mitglied sich unterstanden hat, so wenig Achtung gegen sie zu bezeugen. Sie wissen es, meine Herren, was sich zugetragen hat, da Herr Braes in die Gesellschaft trat, und daß Herr Wachsel, welcher die Gegenrede halten sollte, ausblieb, unerachtet der Anschlag an dem Brete war, und sich auch die Gesellschaft ordentlich versammlet hatte. Ein Fall, der sich meines Wissens noch nie zugetragen, und der uns zu vielem Nachtheile hätte gereichen können, wenn nicht zu allem Glücke die Anzahl der Zuhörer geringe gewesen wäre. Sie wissen ferner, daß wir im letzten Jahre einmal nacheinander die Gesellschaft aussetzen mußten, weil Herr Wachsel ablesen sollte, und uns in der letzten Stunde noch absagen lies. [...] Mich deucht, wenn Herr Wachsel seiner Gesundheits Umstände wegen den Geschäften der Gesellschaft selten abwarten kann; so wäre es besser, wenn wir ihn bäten, sich für kein Mitglied von uns zu bekennen.“ – Eintrag im Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt von 1761, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 255f. Die Gesellschaft beschloss, ihn im Wiederholungsfall auszuschließen, der weitere Verlauf der Angelegenheit ist nicht bekannt.
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Der Jurastudent Johann Christoph Gritsch kam schon in der Gründungsphase der Teutschen Gesellschaft in Erlangen in den Karzer und wurde im Folgejahr erneut Gegenstand einer Sitzung des akademischen Senats, weil er „heillos auf die Soldaten geschimpft“276 haben soll. Nach erneutem Streit mit einem anderen Studenten drohte ihm wiederholter Karzer, was den Gesellschaftsvorsitzenden Christian Ernst von Windheim zweifeln ließ, ob „es der teutschen Gesellschaft Ehre einbringen werde, einen candidato carcerio unter ihren Mitgliedern darzustellen“.277 Ein Ausschluß Gritschs wurde jedoch nicht vollzogen, möglicherweise weil er schon früh Erlangen wieder verlassen hatte. Als er in seiner Heimatstadt Regensburg eine Stelle antrat, nahm ihn die Deutsche Gesellschaft an der Nachbaruniversität Altdorf als Ehrenmitglied auf.278 Die Deutsche Gesellschaft in Göttingen lehnte sich früh eng an die Jurisdiktion ihrer Hochschule an und beschloss, daß ein Mitglied im geringsten kein Mitglied seyn und bleiben könnte, wenn es von dem academischen Senat verwiesen worden; daß überdem keine Person, welche bey der Academie solcher Laster wegen angeklaget worden, welche aus einem gottlosen und verdorbenen Willen stammen, ferner ein Mitglied von dieser Gesellschaft heißen könnte.279
In vorauseilendem Gehorsam sollte einer Aufnahme in die gesellschaftlichen Reihen eine Erkundigung bei der akademischen Gerichtsbarkeit vorausgehen. Die Rückbindung an die Hochschule erwies sich so als zweischneidiges Schwert. Einerseits einte die Universitäten und die Deutschen Gesellschaften allen Unzulänglichkeiten im Vollzug zum Trotz der Wille, studentisches Fehlverhalten zu sanktionieren, und eine Unterstützung der Sozietäten durch Informationen war zumindest möglich. Andererseits produzierte diese Parallelität Abhängigkeiten und unklare Zuständigkeiten, so dass beide Einrichtungen gegeneinander ausgespielt werden konnten. Weniger eng an ihre Hochschule angebundene Sozietäten waren von solchen Rücksichten befreit. Die Gesellschaft am Danziger Gymnasium beschloss 1754,
|| 276 Schreiben von Karl Adolf Braun, den 25. Februar 1755, zit. nach: Wedel-Schaper: Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen, S. 255. 277 Rundschreiben von Christian Ernst von Windheim, den 18. April 1755, zit. nach: Ebd., S. 255. 278 Vgl. das Mitgliederverzeichnis der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 116. 279 Protokolleintrag der Deutschen Gesellschaft Göttingen vom 12. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 86f. Ein Zusammenhang mit einer konkreten disziplinarischen Maßnahme ist aus dem Protokoll nicht ersichtlich.
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die beiden Herren Gralathe, Theodor Ludwig und Daniel, ihrer Versäumnis der gesellschaftlichen Pflichten, Faulheit bei den Zusammenkünften, öfteren Ausbleibens, ihrer bösen Gesellschaft, der sie sich ergaben, ihrer übeln Lebensart und Ausschweifungen wegen unserer Verbindung hinfüro unwürdig zu halten, sie von den Versammlungen und allen Rechten eines Mitglieds auszuschließen und sie niemals hinfüro auf irgend eine Art für Mitglieder zu erkennen.280
Auch am Gymnasium in Zürich führte die Wachsende Gesellschaft neben mangelndem Engagement ausdrücklich die Nichtachtung der Statuten als Grund an, ein Mitglied aus ihrem Kreis zu verbannen: So war es auch der wachsenden Gesellschaft nicht anständig, ihne länger als ein Mitglied zu erkennen, weil er anderwerts schon sich nicht als ein fleissiges Mitglied verhalten, und hier ausdrücklich den Gesetzen welche zu aufnam unsrer Gesellschaft dienen, die alle übrige Mitglieder für solche erkennen und unterschrieben (Er hat es zwar nicht gethan; des Tages da sie von den andern Mitgliedern unterschrieben worden war er nicht zugegen, und seither geschah es nie) und welche wir diesmahl eifrig handhaben, sich wiedersetzt. Es ward [...] erkannt, daß er aus unserer Gesellschaft ausgestoßen werden solle.281
Die Entscheidungen der Gesellschaft scheinen in diesen Fällen durchgeführt und von den Ausgestoßenen auch hingenommen worden zu sein. Die Heidelberger Teutsche Privatgesellschaft konnte nach dem Bericht ihres Chronisten Johann Wolfgang Helmes ein ausgeschlossenes Mitglied sogar reintegrieren: Kurz vor Balbachs Aufnahme wurde Angerer über zu Schuld gebrachten Leichtsinn gegen die Gesellschaft vermittels eines unter gesellschaftlichen Kollektivnamen zugefertigten Verweises förmlich ausgeschlossen. Angerer aber bereuete seinen Fehltritt bald wieder, daher er um die Erlaubnis bat, durch eine Rede um Verzeihung und abermalige Aufnahme bitten zu dürfen. Dies wurde ihm auch gestattet und die Aufnahme neuerdings gewährt.282
Wie oft sich Deutsche Gesellschaften zu dieser letzten Stufe der Disziplinierung entschlossen, muss im Ungefähren bleiben. Die angeführten Beispiele belegen aber, dass dieses Instrument in vielen Gesellschaften vorgesehen, bei gravierenden oder wiederholten Verstößen in Erwägung gezogen und in manchen auch tatsächlich praktiziert wurde. Das Spektrum ausschlusswürdiger Vergehen reichte von Sitzungs- und Vorleseversäumnissen bis hin zu kriminellen Handlungen der Sozietät gegenüber. Auch wenn viele Ausschlussverfahren vermut-
|| 280 Beschluss der Gesellschaft vom 11. Februar 1754, zit. nach: Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 41. 281 Protokollnotiz, o.D., ZB Zürich, Ms T 413.7. 282 Johann Wolfgang Helmes: Pinselstriche zur Charakteristik der teutschen Privatgesellschaft, zit. nach: Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 82.
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lich im Sande verliefen, wird wie bei den Strafgeldern allen Mängeln akademischer Disziplin zum Trotz der Wille deutlich, den gesellschaftlichen Gesetzen auch Geltung zu verschaffen. Scheinbar gegenläufig, aber von der gleichen Absicht getragen, war eine andere Variante der Gesellschaft im Umgang mit ihren Gesetzen. Wenn man schon das tatsächliche Geschehen in den Deutschen Gesellschaften nicht ihren Gesetzen anpassen konnte, schien es dann nicht einfacher, man passte die Gesetze dem Geschehen an? In Stein gemeißelt waren diese Gesetze ja nicht, sondern unter den Mitgliedern ausgehandelt und als solche auch stets von neuem verhandelbar. Am deutlichsten wurde dies in den später beispielgebenden Regeln der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Schon die ersten Regelungen erhielten zahlreiche Zusatzparagraphen. Die weitgehenden Neuerungen von 1727 waren in der Gesellschaft selbst Gegenstand erbitterter Debatten, in deren Folge zahlreiche Mitglieder die Gesellschaft verließen.283 Im benachbarten Jena waren die gesellschaftlichen Gesetze ebenso sehr Gegenstand weitläufiger Debatten, die mit deren Druck von 1730 nicht endeten. Ganz im Gegenteil signalisierte man dort den Lesern vielmehr die Bereitschaft, eben diese zu ändern, und berichtete, dass man dies auch schon getan habe.284 Weitere Änderungen blieben nicht aus. Es war beispielsweise zwar satzungsgemäß geregelt, dass zu haltende Vorlesungen zwei Wochen im Voraus einzureichen waren. In den nachfolgenden Zeiten, war sie aus der Übung gekommen: nachdem aber die Gesellschaft die daraus erwachsenden Unordnungen eingesehen, und wahrnehmen müssen, wie dadurch verschiedene Mitglieder veranlasset worden, die Arbeit bis auf die letzte Stunde zu verspahren; so dachte sie auf Wiedereinführen dieses Herkommens.285
|| 283 Vgl. die Rede Johann Friedrich Mays: „Wir können freylich nicht läugnen, daß durch den Verlust so vieler Mitglieder die Anzahl unserer Gesellschafft ungemein geschwächt worden: Allein was fehlt uns, da wir dieselben so vortreflich ersetzet sehen!“ – Zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 319. Gottsched gab später an, vor allem die weitreichenden sprachpflegerischen Ziele seien vielen fremd gewesen: „Es kostete einige Mühe, ihn allen Mitgliedern als annehmlich und rathsam vorzubilden: weil wenige von ihnen auf die großen Absichten einen innerlichen Beruf fühleten, ganz Deutschland zu einer Besserung seiner Sprache zu bereden, und ihm das Exempel zu geben; oder gar einen Anspruch darauf machen wollten.“ – Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Praktischer Theil, Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. V/3, S. 262. 284 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 14f. 285 Deutsche Gesellschaft Jena an die Universität, den 5. Oktober 1750, UAJ, A Nr. 1329, f. 4v.
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Im Zuge einer Orientierung an akademischen Standards kam es sogar zu einer fast völligen Neuformulierung der Statuten.286 Die Mannheimer Gründung verpflichtete in einer Neufassung ihrer Statuten ihre Mitglieder sogar darauf, eigeninitiativ Verbesserungsvorschläge einzureichen.287 Selbst Vereinigungen wie die Deutsche Privatgesellschaft in Altdorf, die mit lediglich einem Sekretär als primus inter pares keine ausgefeilten Hierarchien kannte, revidierte ihre Statuten nach zwei Jahren Gültigkeit.288 Gänzliche Neufassungen jedoch bedurften nicht nur ausführlicher gesellschaftlicher Diskussionen, sondern häufig auch der Rückversicherung bei der Universität oder dem Landesherrn, die die alten Gesetze bestätigt hatten. In Mannheim waren die Gesetze Bestandteil des von Kurfürst Karl Theodor erlassenen Stiftungsbriefes, den man nicht ohne weiteres aufheben konnte, auch wenn man großen Reformbedarf sah. Die Mitglieder konnten diese Klippe umschiffen, indem sie die Neufassung als eine Erweiterung der fortbestehenden alten Gesetze ausgaben und sich diese landesherrlich verbriefen ließen.289 Dies sollte auch für eine spätere Änderung gelten, über deren Zustandekommen aber nichts überliefert ist.290 Weitaus häufiger als fundamentale Änderungen waren solche, die sich aus Problemen der alltäglichen Gesellschaftsarbeit ergaben. In Göttingen etwa monierten einzelne Mitglieder eine Stimmabgabe zur Mitgliederwahl per Brief, weil diese gegen die Satzung verstoße.291 Die davon betroffenen Mitglieder protestier|| 286 Vgl. dazu Felicitas Marwinski: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena – eine „Akademie der höhern Wissenschaften“? Über gelehrte Preisfragen im Rahmen des Akademie-Konzepts. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 58 (2004), S. 83–122. 287 Vgl. Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 42, § 17. 288 Vgl. Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 311. Die ursprüngliche Satzung ist nicht erhalten. Einige Rückschlüsse lassen sich aus dem Aufsatz von Johann Adam Götz: Scherflein zur Revision der Gesetze der deutschen Gesellschaft, GNM PBO LXXX, ziehen. Weitere komplette Neufassungen fanden in Zürich und Helmstedt statt. – Vgl. die in der Einzelaufstellung im Anhang (Eintrag zu Altdorf) verzeichneten Fassungen der Statuten. 289 Vgl. den Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 38, Einleitung. 290 „Der Geschäftsverweser las die Gesetze der deutschen Gesellschaft. Verschiedene Mitglieder machten die Bemerkung, daß in den Gesetzen wenig Ordnung, viele derselben unbestimmt, und manche Fehler wider Sprache und Rechtschreibung darin seyen. Es wurde beschlossen, daß der Geschäftsverweser die Gesetze in ein System und gute Ordnung bringe, und daß desselben Aufsatz, nach gesellschaftlicher Genehmigung, zu den gnädigsten Händen Sr Kurfürstl. Durchleucht zur Bestättigung gesendet werde.“ – Protokolleintrag vom 20. November 1790, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, 1790/91, f. 2. 291 Vgl. Protokolleintrag vom 24. Januar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 77.
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ten, dass die vorzulesenden Proben ihnen schon vor der Wahl bekannt gewesen seien, und erreichten in einer gesonderten Sitzung, dass in solchen Fällen auch eine briefliche Stimme zu gelten habe.292 Ähnliches galt in Bremen, wo man gleich eine ganze Reihe von Neuregelungen traf, damit „den eingerissenen Unordnungen ein Ziel gesetzt werden könnte; es wurden deswegen durch die Mehrheit der Stimmen verschiedene neue Geseze beschlossen und vest gestellt, wovon das TagBuch der Gesellschaft kann nach gesehen werden“.293 Es ist schwer einzuschätzen, ob in Bremen und andernorts solche Arbeiten an den Statuten ihre hochgesteckten Ziele auch erreichten. Festzuhalten aber bleibt: Arbeit an den Regeln für die Mitglieder und Regelungsarbeit an den Mitgliedern standen zueinander nicht im Gegensatz, sondern ergänzten einander komplementär. Beiden lag die Überzeugung von der Wirkungskraft solcher Regeln zugrunde, die über die gesamte Dauer der Sozietätsbewegung anhielt. Gerade eine Änderung der Statuten zeugte davon, dass man diese nicht einfach als vor längerer Zeit niedergelegte, nur noch auf dem Papier bestehende Paragrafen ohne bindende Kraft ansah. Natürlich schwankte das Maß, in dem die gesellschaftlichen Statuten ernst genommen wurden. Zahlreiche Verstöße dürften im gesellschaftlichen Alltag ohne weitere Sanktionen, ja ohne überhaupt bemerkt zu werden, toleriert worden sein, und zahlreiche Regelungen erlaubten eine Vielzahl mehr oder weniger regelkonformer Praktiken. Dennoch lässt sich ein inniges Verhältnis der Deutschen Gesellschaften zu ihren Statuten konstatieren. Eine ausgebildete Organisation mochte für aufgeklärte Sozietäten jeglicher Couleur typisch sein.294 In den Statuten der Deutschen Gesellschaften allerdings waren nicht nur die Methoden niedergelegt, mit denen man zu dem Ziel einer erneuerten Gelehrsamkeit zu gelangen hoffte. Die Befolgung der in den Statuten niedergelegten Regeln gehörte selbst zu diesen Zielen. Das ideale Mitglied folgte nicht einfach nur diesen Regeln, sondern wandelte sich im Zuge der Befolgung dieser Regeln zu einem zuverlässig, freundschaftlich und weltgewandt agierenden Gelehrten, der seinem Stand keine Schande mehr machte. Wunschgemäß trug er, wenn er an der Reihe war, eine den Zuhörern verständliche und angenehme Rede vor, auf deren sachliche und konstruktive Kritik er ebenso sachlich und konstruktiv zu antworten wusste. Die Durchsetzung der gesellschaftlichen Statuten diente ihrem Selbstverständnis nach also keinem um sich selbst kreisenden Formalismus, keinen
|| 292 Vgl. Protokolleintrag vom 28. Januar 1739, ebd., f. 79. 293 Protokolleintrag vom 17. Februar 1751. In: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 79. 294 Jahn: Zur Typologie und Funktion von Sozietäten, S. 159.
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Bedürfnissen einzelner Amtsträger nach bedingungslosem Gehorsam, sondern war ein Kernanliegen dieses Sozietätstypus. So überrascht es kaum, dass die Deutschen Gesellschaften sich nicht nur zumeist Satzungen gaben, sondern auch in vielen Punkten nicht auf deren rein freiwillige Befolgung setzten. Eine Reihe teils gestaffelter Strafen wurde festgelegt und bei Verstößen auch erlassen. Über den Grad ihrer Durchsetzung kann nur spekuliert werden. Dass sie aber von den Gesellschaften mit Nachdruck verfolgt und in vielen Fällen auch erfolgreich waren, legen nicht nur die Einkünfte an Strafgeldern und vollzogene Ausschlüsse von Mitgliedern nahe. Auch dass Regelverstöße offenbar nicht massenhaft vorkamen und ausgetragene Konflikte in keine existenzbedrohenden Krisen mündeten, spricht für eine weitgehende Akzeptanz und Befolgung der gesellschaftlichen Regeln. Dem erklärten Ziel, den gelehrten Habitus neu zu gestalten, mochte man hier und da nähergekommen sein, in vielerlei Hinsicht blieb es aber in weiter Ferne, und dies nicht allein deshalb, weil der gesellschaftliche Wirkungsradius auf die Zahl der Mitglieder beschränkt blieb. Der Verwirklichung dieser Ideale innerhalb der Gesellschaft und in der gelehrten Welt stellten sich auch die Unzulänglichkeiten der Normdurchsetzung in den Weg, die diese Welt kennzeichneten. Disziplinarische Gewalt stieß stets an die Grenzen, die ihr durch die akademische Freiheit gesetzt waren und die sich unter anderem in schlecht funktionierendem Eintreiben von Schulden und einer nachgiebigen universitären Gerichtsbarkeit manifestierten. Die Deutschen Gesellschaften, die sich anschickten, die Gelehrtengemeinschaft zu erneuern, erwiesen sich so denn auch in der Durchsetzung dieser Neuerungen als integraler Teil dieser Gemeinschaft.
3 Beitreten 3.1 Motive Es ist einem Liebhaber der schönen Wissenschaften nichts vortheilhafter, als wenn er das Glück haben kann, mit solchen Personen in einer genauen Verbindung zu stehen, deren einzige Beschäftigung dahin gerichtet ist, den Reiz der Wissenschaften immer vorzüglicher zu machen.1
Glaubt man dem Theologiestudenten Ferdinand Ernst Westphal, so war es die Liebe zu den schönen Wissenschaften und zu deren gemeinsamer Pflege, die eine Mitgliedschaft erstrebenswert machte. Sein Brief ist Teil eines kleinen Konvoluts von Schreiben in der Herzog-August-Bibliothek, mit denen Kandidaten sich um eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Helmstedt bewarben, und er kann als typisch gelten. Ob der Idealismus Westphals und seiner Mitbewerber echt war, lässt sich weder bestreiten noch bestätigen; Idealismus und Eifer für eines oder mehrere der gesellschaftlichen Ziele mögen gewiss eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben, um eine Mitgliedschaft anzusuchen. Offen muss mangels einschlägiger Quellen außerdem die Frage bleiben, inwieweit Mitgliedschaften schlicht unter sozialem Druck zustande kamen, wie er etwa in Tischgesellschaften oder privaten Lehrveranstaltungen geherrscht haben dürfte. Dass mehrere tausend Personen sich dieser Sozietätsbewegung anschlossen, legt allerdings auch die Vermutung nahe, dass ein Eintritt sich in irgendeiner Form ‚gelohnt‘ haben muss. Will man die Motive der Kandidaten ergründen, können deren Selbstzeugnisse nur gemeinsam mit den Praktiken interpretiert werden, die mit einer Mitgliedschaft verbunden waren. Was ein Mitglied für seine Mitgliedschaft aufzuwenden bereit war, musste in einem von ihm als günstig eingeschätzten Verhältnis zum erhofften Nutzen stehen. Offenkundig entzieht sich diese Relation aber einer einfachen Umrechnung in Geldbeträge oder Zeitanteile, sondern vollzieht sich auf mehreren Ebenen. Um diese als wechselseitig konvertierbar darzustellen, hat Pierre Bourdieu ein Beschreibungsmodell entworfen, mit dessen Hilfe sich eine Kosten-NutzenRechnung nachvollziehen lässt.2 Sie legt einen weiten Begriff von Kapital als
|| 1 Ferdinand Ernst Westphal an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 24. Mai 1756, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 155. 2 Vgl. ausführlich Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Eine Kurzdarstellung der verschiedenen Kapitalformen bietet: Ders.: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Reinhard Kreckel (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen 1983, S. 183–198. https://doi.org/10.1515/9783110776218-004
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akkumulierte Arbeit zugrunde, den Bourdieu in ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital ausdifferenziert, und kann so auch den Eintritt in eine Deutsche Gesellschaft als Tausch unterschiedlicher Kapitalformen beschreibbar machen. Im Mittelpunkt dieser Analyse sollen die in den Satzungen so genannten ordentlichen Mitglieder stehen, die durch Beiträge und Engagement aktiver zum gesellschaftlichen Leben vor Ort beitrugen, sich durch die Teilnahme an den Sitzungen zugleich aber auch mehr versprechen konnten. Auswärtige und Ehrenmitglieder hingegen leisteten weit geringere Beiträge, konnten im Gegenzug aber auch nicht von den Inhalten der Sitzungen profitieren. Sie sollen deshalb nur bei einzelnen Aspekten dieser Tauschbeziehung in den Blick kommen. Eingangs ist zu fragen, welches Kapital ein Beitrittskandidat in diese Tauschbeziehung einzubringen hatte. Zunächst war es ökonomisches Kapital in Gestalt der Eintrittsgelder, die die Statuten den neuen Mitgliedern auferlegten. Was diese Summen für einen studentischen Haushalt bedeuteten, ist schwer zu benennen; in Rechnung zu stellen sind nicht nur Schwankungen zwischen den individuellen Einkommen der Studenten und ihrer Wirtschaftsweise, sondern auch mitunter stark abweichende Lebenshaltungskosten an den unterschiedlichen Universitätsstandorten.3 Die dafür nötigen Aufwendungen lassen sich zumindest der Struktur nach mit denen für den Besuch von Privatvorlesungen vergleichen.4 In vielen studentischen Budgets jedenfalls dürfte diese Summe einen echten Aktivposten bedeutet haben.5 Friedrich August Wiedeburg räumte für Jena ein, es könnten „die zu allen diesen zwekkmäßigen Aufwande erforderlichen Kosten, manchen geschikkten Jüngling von dem Beitritt zur Gesellschaft wieder seinen Willen zurükk halten“.6 Friedrich Wilhelm Ellenberger sah sich hinsichtlich seiner Hallenser Gründung offenkundig unter Rechtfertigungsdruck, als er beteuerte: „Die Kosten sind in einem Grade gemäßiget, als es nur immer möglich gewesen ist.“7 Begabte, aber arme Kandidaten konnten ohne Beiträge aufgenommen werden.8
|| 3 Vgl. Lange: Gefahren der akademischen Freiheit, S.173f. 4 Vgl. ebd., S. 60; Horn: Kolleg und Honorar. 5 Auch dass die Sitte des Anschreibenlassens weit verbreitet war, bezeugt, dass viele Studenten mit dem ihnen zur Verfügung gestellten Geld ihre Bedürfnisse nicht befriedigen konnten. Vgl. dazu Sandra Salomo: Die Ökonomie des knappen Geldes. Studentische Schulden in Jena 1770–1830. Köln, Weimar u. Wien 2016. 6 Friedrich August Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, an ihre im J. 1784 verlorne Mitglieder insonderheit an die Verdienste ihres Aufsehers Herrn Johann Christoph Stokkhausen. Eine am 8ten Jenner 1785 gehaltene Vorlesung. Helmstedt 1785, S. 14. 7 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 85. 8 Vgl. ebd., S. 85.
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Nicht zu unterschätzen ist daneben der Faktor Zeit. Wer als Student eine Mitgliedschaft einging und diese ernst nahm, handelte sich für die Dauer seines Studiums die Verpflichtung ein, in einem festen Turnus, in der Regel wöchentlich, zu festgelegten Zeiten zu den Sitzungen zu erscheinen, wollte er nicht zu Strafgeldern verpflichtet werden. Es war keineswegs damit getan, in diesen Sitzungen bloße physische Präsenz zu zeigen. Erwartet wurden vom Mitglied regelmäßige eigene sprachlichdichterische Beiträge, deren Ausarbeitung je nach Aufgabenstellung, individuellem Talent und Motivation viele Stunden in Anspruch nehmen konnte. Die Lektüre und Kritik anderer Texte oder die schriftlichen Stellungnahmen zu Fragen des gesellschaftlichen Lebens banden weitere Stunden, die für die eigentlichen Studien oder andere Dinge des Lebens nicht mehr zur Verfügung stand. Jakob Michael Reinhold Lenz bagatellisierte die Verpflichtungen, als er für die Mitgliedschaft in Straßburg damit warb, man verpflichte sich „weiter zu nichts als unsere gesellschaftlichen Bemühungen für die Aufnahme einer gebildeten deutschen Sprache in diesen Gegenden durch schriftliche oder mündliche Beiträge oder auch nur durch ihr Ansehen und Vorspruch zu unterstützen.“9 Musste ein Student für eine Mitgliedschaft seine knappen Ressourcen an Geld und Zeit in Anschlag bringen, war von ihm und anderen damit zugleich gefordert, auch das eigene persönliche Gewicht für die Sache der Gesellschaft in die Waagschale zu werfen. Dass man „mit seiner Person bezahlt“,10 war sichtlich der Preis einer ordentlichen Mitgliedschaft. Damit steht die Frage im Raum, was den Beitrittskandidaten als Äquivalent winkte. Eine direkte Erstattung der investierten Geldbeträge und Arbeitsstunden war in keiner Weise vorgesehen und wurde auch nicht erwartet. War es also nicht unmittelbar ökonomisches Kapital, das den Aspiranten als lohnend erscheinen konnte, mussten ein oder mehrere Äquivalente diese Funktion als Kapital erfüllen. Sie sollen nun entlang der von Bourdieu entwickelten Klassifikation ausgeführt werden. Das kulturelle Kapital als Akkumulation kultureller Kompetenzen zerfällt in seiner Theorie in drei Formen. Objektiviertes kulturelles Kapital etwa in Gestalt von Bibliotheken oder Gemäldesammlungen stand Gesellschaftsmitgliedern allenfalls indirekt als Gelegenheit zur Ausleihe von Büchern zur Verfügung und kann deshalb außer Betracht bleiben. Weitaus näher liegt das inkorporierte
|| 9 Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 777f. 10 So bezeichnet Bourdieu diesen Einsatz des gesamten persönlichen Kapitals in Anlehnung an die französische Redewendung „payer de sa personne“ in ders.: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, S. 186.
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kulturelle Kapital als Anhäufung von Wissen und Kompetenzen, die ihr Inhaber sich in aufwändigen Lernprozessen selbst erarbeitet und verinnerlicht hat. Dass die Deutschen Gesellschaften ihren Mitgliedern auf dem Feld der Sprache, Dichtung und Rhetorik spezifische Kompetenzen vermitteln konnten, haben die Beitrittskandidaten nicht nur gesehen, sondern auch offen angesprochen. In Helmstedt hoffte Johann Bernhard Hassel, „daß Sie die Güte haben werden, meine geringe Einsicht in der Teutschen Sprache zu verbessern“.11 Vortrag und Kritik der eigenen Produkte, wie sie in den Sozietäten eingeübt wurden, schienen eine sehr geeignete Methode, dieses Ziel zu erreichen. Ohne beleidigenden Tadel und Sanktionen fürchten zu müssen, betraten die Mitglieder einen Raum, in dem sie ihre Fähigkeiten entwickeln, Fehler machen, diese bei anderen beobachten und aus ihnen lernen konnten: „Allein hierzu wird auch erfordert, daß man anfange, selbst in derselben etwas auszuarbeiten, und daß man suche, die hierin begangenen Fehler zu verbessern. Aber, wer entdeckt uns diese Fehler? Wer zeigt uns solche auf eine freundschaftliche Art?“12 Öffentliche Danksagungen wie die von Johann Samuel Patzke an die Deutsche Gesellschaft in Frankfurt/Oder konnten dies bestätigen: „Sollten diese Lieder einigen Beyfall verdienen, so wird die Gesellschaft, und der Herr Hofrath von Steinwehr einen großen Antheil daran haben. Dieser schöne Geist […] hat an der Verbesserung meines Geschmacks gearbeitet.“13 Einem späteren Selbstverständnis des L’art pour l’art läuft es zuwider, sprachliche Fertigkeiten in ökonomische Kategorien zu fassen, erschienen Künste und Wissenschaften ihren Verfechtern doch als Inbegriff der Uneigennützigkeit. Demgegenüber gestand man sich in den Deutschen Gesellschaften von den Vorstehern bis zu den einfachen Mitgliedern durchaus ein, Zwecke zu verfolgen:
|| 11 Schreiben von Johann Bernhard Hassel an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 8. Juli 1749, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 60. 12 Schreiben von Johann Samuel Jacob Schulze an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 23. Juni 1756, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 157. Vgl. auch die Rede von Junker: Die Vortheile, S. 12: „Die Art, wie dieses alles geschiehet, ist ungemein vortheilhaft, und kann in den gewöhnlichen Lehrstunden nicht auf gleiche Weise befolget werden. Denn indem in der Gesellschaft ein jeder das Recht hat, die Aufsätze des andern freymüthig zu beurtheilen, so zündet immer einer dem andern ein Licht der Erkenntniß an; wobey die Warheit ein Vieles gewinnet.“ 13 Johann Samuel Patzke: Lieder und Erzählungen. Halle a.d.S. 1752, Vorbericht, o.S. Vgl. auch die Danksagung von Just: Daß ein wahrer Rechtsgelehrter nothwendig ein vollkommener Freund seyn müsse, S. 28: „Ihnen danke ich den Beyfall meiner Freunde, wenn sie mir, durch die Verbesserung der Fehler in meinen Arbeiten den Weg der Natur gezeigt, und auch in den Stand gesetzt haben, durch vermeidung des gezwungenen, des armen, des niedrigen, des schwülstigen, ihnen die Aufmerksamkeit angenehmer zu machen, mit der sie mich iederzeit zu hören, gewürdiget haben.“
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Ich habe es schon lange eingesehen, daß einem Deutschen die Kenntniß seiner Muttersprache nicht nur eine Zierde, sondern in der That vollkommen nöthig sey. Allein so sehr ich mir auch bisher diese Vollkommenheit gewünscht habe; so ist doch mein Wunsch vergeblich gewesen, weil mir dieienige Anweisung gefehlet hat, die einem Anfänger unentbehrlich ist. Ich bin versichert, diese Anführung in der hiesigen hochlöblichen deutschen Gesellschaft am besten zu finden, da dieselbe aus Meistern und Kennern der schönen Wissenschaften bestehet.14
In diesem Sinne warben auch gesellschaftliche Amtsträger wie Basilius Christian Bernhard Wiedeburg in seiner Universitätsbeschreibung Jenas um einen Beitritt: Bey einer so vielfältigen Abwechselung der Arten des Vortrages und der Materien, ist wohl nicht ein Capittel oder Paragraphe in der Rede= oder Dichtkunst, welcher nicht dadurch in ein besseres Licht gesetzet werden sollte. Hier lernet man erst die Anwendung der Regeln, die uns ohne jene zu nichts dienen: und diß ist ein Nutzen, welcher allen anwesenden Mitgliedern zugleich zu statten kommt.15
Damit war gleichzeitig die Kategorie des Nutzens eingeführt, den der erfolgreiche Erwerb dieser Kenntnisse in Deutschen Gesellschaften versprach. Im alltäglichen deutschen Sprachgebrauch oszilliert Bourdieus Begriff des inkorporierten kulturellen Kapitals zwischen Bildung und Qualifikation, zwischen vorgeblich zweckfreiem Wissensschatz und berufsbezogener Fachkompetenz, und die vorgestellten Bewerbungsschreiben dokumentieren einen fließenden Übergang, lassen die konkrete Anwendbarkeit solcher Kenntnisse aber im Ungefähren. Die tatsächliche Bedeutung dichterischer Kompetenz war eminent, war doch das Dichten in jener Zeit meist keine Angelegenheit um seiner selbst willen, keine Beschäftigung müßiger Stunden, keine Tätigkeit einiger weniger Berufener oder sich für berufen haltender Musenjünger, sondern eine notwendige Fähigkeit und Fertigkeit für das Fortkommen im gesellschaftlichen Leben, über die jeder Hochschulabsolvent wenigstens ansatzweise verfügen mußte.16
Umso mehr galt dies für die Rhetorik. „Die Notwendigkeit sprachpraktischer Exerzitien außerhalb des obligatorischen Lehrbetriebs war für alle ‚Redner‘ in || 14 Gustav Christian Kirsch an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 3. Juni 1750, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 86. 15 Basilius Christian Bernhard Wiedeburg: Ausführliche Nachricht von dem gegenwärtigen Zustande der jenaischen Akademie. Jena 1751, S. 73. 16 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 53.
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staatlichen Diensten, also Lehrer, Juristen und Pfarrer, evident.“17 Wenn Johann Christian Claproth für die Deutsche Gesellschaft Göttingen behauptete, „daß diese Uebungen unstreitig, als eine gute Vorbereitung zu der künftigen Arbeit in Geschäften angesehen werden“ könne,18 warb er mit einer Selbstverständlichkeit. Splittet man die Betrachtung des beruflichen Nutzens der von den Deutschen Gesellschaften unterrichteten Kenntnisse nach einzelnen Studienrichtungen und Berufsfeldern auf,19 zeigt sich, dass die disziplinäre und somit berufliche Orientierung des Studenten die Entscheidung, einer Deutschen Gesellschaft beizutreten, erheblich beeinflusst hat.
Deutlich wird: Die Mitgliedschaft in einer Deutschen Gesellschaft war in erster Linie für angehende Juristen und Theologen attraktiv, wenn auch nicht auf diese beschränkt. Dass gerade diese sich von einer sprachlichen und rhetorischen Schulung besonders viel versprachen, überrascht nicht; öffentliches Reden und Schreiben wurden einerseits mit hoher Selbstverständlichkeit von
|| 17 Seidel: Literarische Kommunikation im Territorialstaat, S. 122. 18 Johann Christian Claproth: Der gegenwärtige Zustand der Göttingischen Universität, in zweenen Briefen an einen vornehmen Herrn im Reiche. Göttingen 1748, S. 40. 19 Untenstehendes Diagramm zeigt die Anteile der disziplinären Ausrichtungen unter den studentischen Mitgliedern der Deutschen Gesellschaften, für die umfangreichere Daten vorliegen. Grundlage für die Bestimmung waren die Angaben der Universitätsmatrikel, Angaben zu deren späterem beruflichen Werdegang aus biographischen Sammelwerken und Publikationen der Mitglieder. Eine Analyse der frühen Mitglieder der Leipziger Deutschen Gesellschaft nach Studienrichtungen unternimmt Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 60.
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ihnen erwartet, während die Hochschule andererseits sie dafür nur in Ansätzen ausbildete. Über die reine Übung hinaus boten viele Gesellschaften den befähigteren Mitgliedern zudem Möglichkeiten, ihre eigenen Werke günstig publiziert zu sehen.20 Nur geringe Modifikationen sind bei den ordentlichen Mitgliedern anzubringen, die einer an einem Hof angesiedelten Deutschen Gesellschaft angehörten. Auch dort dominierten Jura und Theologie; der höhere Anteil von Medizinern dürfte darauf zurückzuführen sein, dass auch diese in einem höfischen Umfeld in ihrer Sprachgewandtheit stärker gefordert waren.
Wohl jeder Theologiestudent dürfte sich klar darüber gewesen sein, dass er als angehender Pfarrer auch sprachlich-rhetorisch gefordert war. Bereits im 17. Jahrhundert hatte man deshalb Predigergesellschaften mit stark ähnelnden Zielsetzungen gegründet.21 Johann Jakob Plitt formulierte also in seiner Werbung für die von ihm gegründete Deutsche Gesellschaft in Rinteln nur allseits Bekanntes:
|| 20 Vgl. Ferdinand Josef Schneider: Die deutsche Dichtung der Aufklärungszeit. 2. Aufl. Stuttgart 1948, S. 88, sowie Kap. 4.3.4 Publikationsvehalten. 21 Vgl. zu diesem Gesellschaftstypus Björn Hambsch: Predigergesellschaften. In: HWRh 7 (2005), Sp. 39–45.
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Niemand muß vermöge seines Amtes öfterer in den Deutschen Sprache öffentlich reden, als die Lehrer der Christlichen Kirche. Niemand hat deswegen auch eine grösere Obliegenheit, sich in dieser Sprache recht fest zu setzen und fleißig zu üben, als diejenigen, welche sich zu dem Dienste der Christlichen Kirche vorbereiten lassen.22
Entsprechend handelten auch mehrere in den Sitzungen vorgetragenen Abhandlungen „Vom Nutzen der Beredsamkeit auf der Kanzel“.23 Breiten Raum nahmen die in Predigten dominierenden ethischen Themen ein, während theologische Fragestellungen im engeren Sinne eher selten berührt wurden.24 Wer ein geistliches Amt anstrebte, konnte sich von den Deutschen Gesellschaften also ein durchaus geeignetes Übungsfeld erhoffen. In Helmstedt fühlte man sich sogar an der Speerspitze der disziplinären Entwicklung und schrieb sich den Aufstieg der geistlichen Rhetorik auf die eigenen Fahnen: Einen vollkomnern Gebrauch können freilich die davon machen, die sich dem öffentlichen Vortrage der Religion gewidmet haben. Es würde ohnstreitig unbillig und wider alle Erfahrung sein, wenn man nicht auch dieser Gesellschaft einen Theil des glücklichen Fortgangs der Kanzelberedsamkeit unter uns, als ein ihr vorzüglichen Verdienste, beilegen wollte, […].25
Es ist noch eine offene Frage, wie stark die Schulung durch die von Gottsched inspirierten Gesellschaften tatsächlich auf die Predigtpraxis eingewirkt hat,26 ein attraktives Angebot für künftige Prediger konnten die Deutschen Gesellschaften aber in jedem Fall unterbreiten. Aus Sicht vieler Rechtsgelehrten bestand ebenfalls erheblicher Lern- und Übungsbedarf. Muttersprachliche Kenntnisse im Staatsdienst wurden seit Ende des 17. Jahrhunderts immer wichtiger,27 wohingegen sich in den Kanzleien ein eigener Stil verfestigt hatte, der zusehends Zielscheibe der Kritik wurde. Gott-
|| 22 Johann Jakob Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes bei den Sprachen der Menschen und ihrer Verschiedenheit; nebst einer Anzeige, wie es mit der zu Rinteln aufzurichtenden deutschen Gesellschaft gehalten werden solle. Rinteln 1756, S. 16. 23 So der protokollarisch festgehaltene Titel einer Abhandlung von Philipp Ernst Hölty vom 9. April 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 111. 24 Vgl. Kap. 4.3.3 Themen. 25 Ueber die Ausbreitung des guten Geschmacks im Herzogthum Braunschweig-Wolfenbüttel unter der Regierung des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Herrn Karls weiland regierenden Herzogs in Braunschweig und Lüneburg etc., redete ... Friedrich August Wiedeburg. Helmstedt 1780, S. 18. 26 Vgl. Straßberger: Johann Christoph Gottsched und die „philosophische“ Predigt, S. 302, 310. 27 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 317.
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sched klagte: „Und ist es wohl ein Wunder, wenn hernach auch Fürsten und Herrn, lieber alles in französischer Sprache lesen? Da ihre deutschen Concipienten lauter solch fürchterliches Zeug zu Markte bringen, aus welchem mehrmals kein Verstande zu erzwingen ist.“28 Verwaltung stattdessen in einem gefälligen Deutsch zu vollziehen, bedeutete für Gottscheds Anhänger Joseph von Sonnenfels nicht zuletzt, sie leistungsfähiger und transparenter zu machen.29 Weiter hergeholt waren die Ausführungen des Altdorfer Sozietätsgründers Georg Andreas Will, der den Gebrauch der Muttersprache mit einem Beschluss Kaiser Rudolfs von Habsburg begründete, dass Reichsabschiede künftig deutsch ausgefertigt werden sollten, wonach „der Ursprung des allgemeinern Gebrauchs der deutschen Sprache kaiserlich“ sei und eine Geringschätzung des Deutschen einen „Befehl des Kaisers […] gröblich entehret“.30 Es setzte eine Reformbewegung ein, die die Rechtssprache klarer und verständlicher zu machen bestrebt war.31 Den Anteil der Deutschen Gesellschaften daran veranschlagte Friedrich August Wiedeburg sehr hoch: Manche haben davon selbst in denjenigen Arten schriftlicher Vorträge, in welchen, wie man gemeiniglich glaubt, die Barbarei des Ausdrucks unentbehrlich und gesetzmässig ist, einen glücklichern Gebrauch gemacht, die abentheuerliche Karrikatur des Kanzleistils wenigstens gemildert und gezeigt, dass wer die Sprache in seiner Gewalt hat, sie jedem Stoff anpassen könne.32
Sprachgewalt indes wies nicht nur den Weg aus der Enge des Kanzleistils, sondern auch den zum Erfolg bei Hofe. Dieser stellte zahlreiche Bühnen bereit, auf denen ein sprachgewandtes Mitglied eine gute Figur machen konnte.33 Neben einer höheren persönlichen Überzeugungskraft in Audienzen und anderen Gesprächen boten die häufigen Festakte im höfischen Kalender dem rhetorisch geübten Höfling Gelegenheiten in Fülle, sich mit solchen Kompetenzen zu empfehlen, wie auch die Ratgeberliteratur einräumte:
|| 28 Gottsched: Sprachkunst, S. 180. 29 Faulstich: Konzepte des Hochdeutschen, S. 177. 30 Georg Andreas Will: Das Glück der deutschen Musen unter dem … Erzhause Österreich, StB Nürnberg, Will V 1339. 31 Vgl. dazu Martin Johannes Heller: Reform der deutschen Rechtssprache im 18. Jahrhundert. Frankfurt a.M. u.a. 1992, zu Gottsched und den Deutschen Gesellschaften kurz und allgemein S. 164–168. 32 Wiedeburg: Ueber die Ausbreitung des guten Geschmacks, S. 17f. 33 Vgl. dazu Georg Braungart: Hofberedsamkeit. Studien zur Praxis höfisch-politischer Rede im deutschen Territorialabsolutismus. Tübingen 1988.
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Die Oratorie ist vor einen Hof=Mann ein nützlich Studium. […] so ereignen sich doch mancherley Gelegenheiten, daß ein Cavalier, der in den studiis etwas getan, bey Hofe öffentlich reden muß. Bald wird er bey der Beerdigung einer adelichen Leiche zu einem Parentator ausgebeten, bald muß er bey einem Fürstlichen Sarge eine Stand-Rede halten; bald im Nahmen eines Collegii einer Herrschafft, an ihrem Geburths=Tage, Nahmens=Tage, u.s.w. einen Glücks=Wunsch abstatten; bald statt eines Pagen, der wehrhafft gemacht wird, sich bedancken.34
Weitaus weniger auf der Hand lagen die Vorteile, die angehende Mediziner sich von deutscher Sprache und Literatur zu erhoffen hatten, auch wenn Medizin und Philologie seit dem 17. Jahrhundert durchaus Verbindungen aufzuweisen hatten.35 Friedrich Börner, Mitglied der Helmstedter Deutschen Gesellschaft, sah den Nutzen größerer sprachlicher Klarheit auch in den medizinischen Schriften: Würde man anfangen die theoretischen Wissenschaften in gutem reinen Deutsch vorzutragen, und sowohl mündlich als auch schriftlich suchen begreiflich zu machen; ich wette, es würden der Stümper weniger werden, und die Kirchhöffe würden nicht mehr durch Verwahrlosungen so ungewaschner Hände angefüllet werden.36
Der in dieser Schrift vorgestellte Straßburger Mediziner Georg Heinrich Behr hatte selbst eine Schrift über „Die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit der deutsch geschriebnen Arzneibücher“37 verfasst. Aus der Verpflichtung, auf seine Gesundheit „bestens Achtung zu geben“,38 leitete er die Notwendigkeit ab, populärwissenschaftliche Handbücher in deutscher Sprache zu publizieren. Religiöse Motive waren in seiner Argumentation verwoben, als er darlegte, es sei noch besser, ein solcher Stümpler stümple aus Deutschen Artzney-Büchern gut und recht, als aus den Lateinischen Schriften verkehrt und schlecht. Er zernichtet doch hiedurch den Tempel Gottes, ich meine seinen Neben-Christen, nicht so unverantwortlicher Weise, und stürtzet ihn nicht vor der Zeit in die Grube.39
|| 34 Rohr: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft der Privat-Personen, S. 235f. 35 Vgl. dazu Herbert Jaumann: Iatrophilologia. Medicus philologus und analoge Konzepte in der Frühen Neuzeit. In: Ralph Häfner (Hg.): Philologie und Erkenntnis. Beiträge zu Begriff und Problem frühneuzeitlicher ‚Philologie‘. Tübingen 2001, S. 151–176. 36 Art. George Heinrich Behr. In: Friedrich Börner: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften Jeztlebender berühmter Aerzte und Naturforscher in und um Deutschland. Bd. 2. Wolfenbüttel 1752, S. 22. 37 Publiziert als Vorrede in: Franz Balthasar von Lindern: Medicinischer Passe-Par-Tout, oder Haupt-Schlüssel aller Kranckheiten des menschlichen Leibes. Straßburg 1739. 38 Art. George Heinrich Behr. In: Börner: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen. Bd. 2, S. 14. 39 Ebd., S. 18f.
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Zielscheibe seiner Kritik war ebenso das Französische, dessen Gebrauch er in seiner Satire Die schwache Wissenschaft der heutigen Ärzte aufs Korn nahm.40 So nachdrücklich diese Argumente auch vorgetragen wurden, so weit verfehlten sie ihr Ziel, angehenden Medizinern eine Mitgliedschaft schmackhaft zu machen. Dazu waren diese Argumente zu sehr von Erwägungen des öffentlichen Nutzens einer deutschsprachigen medizinischen Fachliteratur getragen, während der konkrete persönliche Nutzen für einen Medizinstudenten nicht greifbar wurde. Wenn auch gestaffelt nach angestrebten oder ausgeübten Tätigkeiten, bot eine Mitgliedschaft in einer Deutschen Gesellschaft also durchaus Chancen, sich nützliche Kenntnisse und Kompetenzen anzueignen und so das eigene kulturelle Kapital zu erhöhen. Gerade für Studenten galt es aber, dieses andernorts unter Beweis zu stellen, und hier war mit einer bloßen Versicherung solcher Fähigkeiten wenig geholfen. Es bedurfte eines Nachweises dieser Mitgliedschaft, um das erworbene Kapital zu sichern und dauerhaft nutzbar zu machen. Bourdieu hat dies als institutionalisiertes kulturelles Kapital bezeichnet, das das inkorporierte kulturelle Kapital in Form von Zeugnissen und Titeln nach außen sichtbar macht und dauerhaft garantiert. Dass solche Objektivierungen der Mitgliedschaft begehrt und wichtig waren, war den Schlüsselfiguren in der Gesellschaft bewusst, und sie haben diesem institutionalisierten und objektivierten Aspekt der Mitgliedschaft auffallend viel Aufmerksamkeit gewidmet. Abgesehen von den kleineren, eher als private Zirkel anzusehenden Sozietäten, stellten die Deutschen Gesellschaften ihren Mitgliedern teils aufwändig gestaltete Diplome aus. Schon in den ersten Monaten ihres Bestehens erörterte die Göttinger Gesellschaft die Frage, ob es nicht nöthig seyn würde, daß ein ordentliches Mitglied einen Beweis in Händen hätte, wodurch es beweisen könnte, daß es in der Gesellschaft in Göttingen ein Ordentliches Mitglied sey; und ob man daher nicht einen jeden ordentlichen Mitgliede ein gedrucktes Diploma aushändigen könnte, welches der Herr Präsident, der Herr Senior und der Secretär eigenhändig unterschrieben und mit der Gesellschaft Insigel bekräftiget worden.41
Über einen einfachen unterschriebenen Zettel als bloße Quittierung der Mitgliedschaft gingen diese Vorstellungen weit hinaus, angestrebt und erreicht
|| 40 Vgl. Irmhild Rueß: Der Straßburger gelehrte Arzt Georg Heinrich Behr (1708–1761) und seine medizinische Satire „Die schwache Wissenschaft der heutigen Ärzte“ (1753). Diss. Freiburg i.Br. 1966, S. 72f. 41 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 85.
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wurden Diplome, deren Ausstattung an ‚klassische‘ Urkunden42 heranreichte. Dass ihre Gestaltung in den Sitzungen diskutiert wurde, belegen Protokolleinträge in der Teutschen Gesellschaft Jena43 sowie in der Kurpfälzischen Deutschen Gesellschaft Mannheim, die für die Anfertigung solcher Diplome die Beauftragung des Landschaftsmalers, Radierers und Kupferstechers Jakob Rieger erwog.44 Mit kurfürstlichem Etat ausgestattet, konnte diese Gesellschaft handschriftliche Urkunden in einem Rahmen mit Mäanderdruck45 ausstellen. Angesichts steigender Mitgliederzahlen gingen viele Gesellschaften dazu über, mit gedruckten Formularen zu agieren, wie es für Jena,46 Göttingen,47 Helmstedt,48
|| 42 Vgl. zu diesen Rasche: Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft, S. 157–175. 43 Vgl. Protokolleintrag vom 31. August 1748, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 72r. 44 Vgl. Protokolleintrag vom 28. Dezember 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 28. Jacob Rieger (1754–1811) illustrierte u.a. Bücher der Mannheimer Hof- und akademischen Buchdruckerei. – Vgl. Helmut Tenner: Mannheimer Kunstsammler und Kunsthändler bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Heidelberg 1966, S. 237. 45 Vgl. bspw. das Mitgliedsdiplom für Friedrich Schiller in: Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, MAV U 1784, Abbildung bei Liselotte Homering: Aufnahme Friedrich Schillers in die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft. In: Wieczorek u.a. (Hg.): Lebenslust und Frömmigkeit. Bd. 2: Katalog, S. 401. 46 Mitgliedsdiplome der Deutschen Gesellschaft Jena sind überliefert für: Johann Jakob Bodmer: ZB Zürich, Ms Bodmer 2.6; für Johann Jacob Breitinger: Ebd., Ms Bodmer 22.58; für Johann Carl Dähnert: Riksarkivet Stockholm, Gadebusch Samlingen vol. 205; für Friedrich Justin Bertuch: Goethe- und Schiller-Archiv Weimar, 6/2258; für Joseph Andreas Załuski: Biblioteka Narodowa Warszawa, rekopis 3215, karta 15, Wiedergabe bei Marwinski: Fabricius, S. 74; für Balthasar Haug: Deutsches Literaturarchiv Marbach, A: Haug, Balthasar, Transkription in: Ders.: Briefwechsel. Hg. v. John F. Reynolds. Bd. 1 (1740–1755). Berlin u. New York 1983, S. 362f.; für Gottfried Daniel Hoffmann: LA BW, Abt. HStA Stuttgart, J 53-30 Bü 2; für August Friedrich Böck vom 4. Dezember 1766: Ebd., Q 3/40 D 1. 47 Mitgliedsdiplome der Deutschen Gesellschaft Göttingen sind überliefert: für Gottfried August Bürger: SUB Göttingen, 2 Cod. Ms. 182; für Johann Stephan Pütter: Ebd., Cod. Ms. 2005.21:2; für Johann Georg Röderer: Ebd., Cod. Ms. philos. A.L. Schlözer 1,1:68; für Christian Friedrich Karl Graf und Friedrich Wilhelm von Hohenlohe: LA BW, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, Ki 100 Bü 133, 400; für Joseph Anselm von Adelmann: Ebd., Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, PL 12 II Bü 1440; für August Friedrich Böck: Ebd., Abt. HStA Stuttgart, Q 3/40 D 1; für Louise Sophie von Hagen: Statens Arkiver – Rigsarkivet Kopenhagen, Hagen, Louise Sophie gift med Jens Michelsen Beck, Nr. 131. Im Sammelband der SUB Göttingen Duo Volumina continentia scripta varia ad historiam Societatis Germanicae Gottingensis spectantia: studio privato collecta befinden sich Mitgliedsurkunden für Georg Behrmann (I, 9), Anton Adam von Mannsberg (I, 10) und Johann Christian Cuno (I, 5). 48 Diplom für August Christian Bartels: HAB H: 293 Helmst. Dr. (15); für August Friedrich Böck: LA BW, Abt. HStA Stuttgart, Q 3/40 D 1; für Friedrich Valentin Molter: StAW, 30 Slg, 15 Nr. 161.
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Altdorf,49 Bernburg50 und später auch für Mannheim51 nachweisbar ist.52 Für die Deutsche Gesellschaft Göttingen ist belegt, dass sie einen kleineren Vorrat an gedruckten Formularen unterhielt.53 Mit aufwändig gestalteten Diplomen antworteten die Deutschen Gesellschaften nur auf einen Wunsch, den ihre Mitglieder aus vielen Gründen hegten. Ausnahme dürfte ihre Verwendbarkeit als Passersatz auf Reisen gewesen sein, wie sie Friedrich Karl von Strombeck im Freihafen Triest praktizierte.54 Als wesentlich vitaler schätzte Friedrich Schiller sein Mitgliedsdiplom ein, da er der festen Ansicht war, mit der Aufnahme in die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft ein kurfürstliches Indigenat erlangt55 und den Vorteil erreicht zu haben, dass er sich „des unmittelbaren Churfürstlichen Schutzes erfreute, wodurch denn der Dichter, im Falle er noch von dem Herzog von Wirtemberg angefoch-
|| 49 Zwei Aufnahmescheine der Deutschen Gesellschaft Altdorf sind überliefert in: StB Nürnberg, Will V, 1336; Mitgliedsdiplom für August Friedrich Böck vom 23. März 1766 in: LA BW, Abt. HStA Stuttgart, Q 3/40 D 1. 50 Vgl. Aufzeichnung Rusts vom 10. März 1761 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 6. 51 Vgl. das Mitgliedsdiplom der Deutschen Gesellschaft Mannheim für: Johann Hyacinth Kistemaker, UA Münster, Bestand 185 Nachlass Johann Hyacinth Kistemaker Nr. 9. 52 Dem Autor nur in Textwiedergaben bekannt sind: Diplome der Deutschen Gesellschaften in Greifswald (Abdruck des Textes für Anna Christina Ehrenfried von Balthasar bei Johann Carl Conrad Oelrichs: Historische Nachrichten vom Pommerschen gelehrten Frauenzimmer. In: Historisch-Diplomatische Beyträge zur literarischen Geschichte, fürnehmlich des Herzogthums Pommern. Erster Theil. Berlin 1790, S. 10); Diplome für Bern (Text abgedruckt bei Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 164f.); Diplome fürErlangen (Mitgliedsdiplom für Heinrich Friedrich Delius: StadtA Schweinfurt, Nachlass Delius Nr. 40. – Vgl. Uwe Müller: Der Nachlaß des Professors der Medizin zu Erlangen und Präsidenten der Leopoldina Heinrich Friedrich Delius (1720–1791) im Stadtarchiv Schweinfurt. In: Ders., Ernst Petersen u. Erich Schneider (Hg.): Aus vier Jahrhunderten Schweinfurter Geschichte. Festschrift Wilhelm Böhm. Schweinfurt 1994, S. 47). 53 Vgl. Verzeichnis aller der K. D. Gesellschaft zugehörigen Sachen (1745): „Vorrath von Diploma, 44 Stück an der Zahl“, Protokolleintrag, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 173. 54 So dessen Schilderung einer Reise nach Wien, die er ohne Pass unternommen hatte. Ohne diesen drohte jedoch die Umkehr, so dass er sich „an den Grafen Brigido von Bresowitz, den Civilhauptmann, Militair-Commandanten u. Gouverneur des freien Seehafens und der Stadt Triest, wandte, welcher, nachdem er mein Patent als Mitglied der Deutschen Gesellschaft zu Helmstedt nicht ohne Lächeln eingesehen, und mit mir über den Herzog Karl Wilhelm Ferdinand gesprochen hatte, mir mit der größten Freundlichkeit einen stattlichen Paß, den ichbis auf den heutigen Tag besitze, ausfertigen ließ“. – Friedrich Karl von Strombeck: Darstellungen aus meinem Leben und meiner Zeit. Bd. 1. Braunschweig 1833, S. 118f. 55 Vgl. Wilhelm Kreutz: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft und das Nationaltheater. In: Thomas Wortmann (Hg.): Mannheimer Anfänge. Beiträge zu den Gründungsjahren des Nationaltheaters Mannheim 1777–1820. Göttingen 2017, S. 63.
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ten worden wäre, wenigstens einigen Schutz hätte erwarten dürfen“.56 Zu einer Nagelprobe freilich ist es nie gekommen. Für Studenten bezogen die Diplome ihren Reiz daraus, dass sie als sichtund greifbares Zeugnis ihrer gelehrten Bemühungen in einem Studium gelten konnten, in dem ein verbriefter Abschluss nicht die Regel war.57 Wer die horrenden Kosten für eine akademische Graduierung nicht aufbringen konnte, tat sich schwer, ein ‚erfolgreiches‘ Studium nachzuweisen. Als Inhaber einer Mitgliedsurkunde dagegen hofften sie, beglaubigen zu können, dass man im Studium durchaus gelehrtes Engagement an den Tag gelegt hatte. Wenn Studienratgeber wie Sigmund Jacob Apin forderten, „daß fast ein jeder Studiosus, der nur ein wenig Ehre im Leibe hat und die dazu gehörigen Mittel besitzet, ein specimen academicum ableget“,58 boten die Deutschen Gesellschaften hierfür eine günstige Gelegenheit. Die aufwändig gestaltete Mitgliedsurkunde also dürfte in vielen Fällen das eindrucksvollste Dokument gewesen sein, das man nach Verlassen der Universität vorweisen konnte. Hinzu kamen die in vielen Satzungen vorgesehenen gedruckten Antrittsund Abschiedsreden, die über die bloße Mitgliedschaft hinaus die Aktivitäten des Mitglieds dokumentierten. Wie Mitgliedsurkunden als Surrogat schwer zu erlangender Abschlussdiplome gelten konnten, konnten diese Schriften bis zu einem gewissen Grad als Kompensat fehlender Dissertationen und Disputationen gewertet werden. Häufig waren sie auch Gegenstand des Gabentauschs und sind in Nachlässen anderer Gelehrter und hochgestellter Persönlichkeiten überliefert.59 Für die Mitgliedsdiplome, aber auch die gedruckten Antritts- und Ab-
|| 56 Vgl. Andreas Streichers Schiller-Biographie. Hg. v. Herbert Kraft. Mannheim 1974, S. 102. 57 Vgl. zur Frage der Studienabschlüsse Lange: Gefahren der akademischen Freiheit. Frijhoff: Der Lebensweg der Studenten, S. 304–306, sieht einen im europäischen Maßstab langfristig ansteigenden Anteil von Graduierungen unter den Studenten. Davon, dass ein Studienabschluss die Regel darstellt, kann jedoch keine Rede sein. 58 Sigmund Jacob Apin: Unvorgreifliche Gedanken wie man sowohl alte als neue Dissertationes academicas mit Nutzen sammeln und einen guten Indicem darüber halten soll. Nürnberg 1719, zit. nach: Rasche: Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft, S. 162. 59 Vgl. bspw. die im Stadtarchiv Stralsund unter „HS0472 Gedichte, Briefe und andere Schriften des Johann Lucas Kühl“ oder unter der Signatur „HS0327 Verschiedene Druckschriften und Schriftstücke zu den Krönungsfeierlichkeiten am 26./27. November 1751 in Stockholm, aus der Bibliothek des Landrats Johann Ehrenfried Charisius“ überlieferten Gelegenheitsschriften; vgl. ferner Beim Eintritt in die Deutsche Gesellschaft [in Göttingen] vom 6. September 1760 (Redemanuskript), Bibliothek der Hansestadt Lübeck, Nachlass Johann Bernhard Köhler; Das ehrwürdige Alter der Dichtkunst ein Beweiß, daß die Welt lange klug gewesen bey dem Eintritt in die Teutsche Gesellschaft zu Jena in einer Rede dargethan von August Friedrich North d. R. B. aus Rudolstadt, StadtA Erfurt, 5/110 Familie North N 6- 47. Im Landesarchiv Thüringen – StA
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schiedsreden dürfte also ähnliches gelten, was Ulrich Rasche für die Programme, Dissertationen und Doktorurkunden konstatiert hat: „Auch sie versahen ihre Inhaber mit der Aura der Gelehrsamkeit und der Ehre des akademischen Standes.“60 Sowohl für die ordentlichen als auch für die Ehrenmitglieder Deutscher Gesellschaften lag es nahe, das institutionalisierte kulturelle Kapital einer Mitgliedschaft zur Stärkung des eigenen Rufs auszumünzen. Der urkundlich beglaubigte Titel „Mitglied der Deutschen Gesellschaft“ signalisierte Zugehörigkeit zur gelehrten Welt, wenn nicht gar gelehrte Verdienste, so dass die aktive Führung dieses Titels Ruhm und Ehre nicht nur unter Gelehrten versprach.61 „Sehr lieb wäre mir diese Ehre und dieser Titel, wenn ich ihn nur führen könnte“,62 brachte es ein Aspirant auf eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Mannheim auf den Punkt. Bourdieu hat das institutionalisierte Kapital der Titel und Diplome in erster Linie im Hinblick auf seine Konvertierbarkeit in ökonomisches Kapital betrachtet, die er anhand finanzieller Aufwendungen für einen akademischen Abschluss sowie im Gegenzug die Ausmünzung dieser Kapitalform zum Gewinn besser dotierter Positionen beschreibt. Ebenso und gerade in gelehrten Kontexten lassen Titel und Diplome sich als Schnittstelle und Konversionsmöglichkeit von kultureller mit der dritten von Bourdieu beschriebenen Kapitalform begreifen, dem sozialen Kapital. Diese Kapitalform hat er als Gesamtheit der Ressourcen verstanden, „die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind“.63 Um letzteres, das Anerkennen, soll es nun in einem ersten Schritt gehen.
|| Greiz, Hausarchiv Obergreiz und Untergreiz Nr. 93, befindet sich eine Trauerrede auf den Tod von Sophie Elisabeth Gräfin von Reuß ä.L., geb. Gräfin von Stolberg, die Johann Gottlieb Klose 1729 in der Teutschen Gesellschaft Jena hielt. 60 Rasche: Die deutschen Universitäten und die ständische Gesellschaft, S. 166. 61 Hierin dürfte auch einer der Gründe dafür liegen, dass die Mitglieder auf die Führung eines eigenen Gesellschaftsnamens analog etwa zur Fruchtbringenden Gesellschaft verzichteten, der den Mitgliedern keine ‚Eigenwerbung‘ ermöglichte. 62 Johann Hyacinth Kistemaker an Anton Klein über seine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Mannheim, den 30 Mai 1789. In: Merkwürdige Autografen. Bisher noch nicht veröffentlichte Schreiben der berühmtesten Männer des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts. In: Bibliothek der Neuesten Weltkunde. Hg. v. Heinrich Müller Malten. Aarau 1840, Bd. 2, S. 440. 63 Bourdieu: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, S. 190.
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Seinen Titel eines Mitglieds einer Deutschen Gesellschaft in akademischen Zusammenhängen bekannt zu machen, in Ergänzung oder als Ersatz der Nennung akademischer Grade und der bekleideten Funktionen, dürfte vielen Mitgliedern als verlockend erschienen sein. Innerhalb einer Hochschule bot sich ein Anschlag am schwarzen Brett an, eine Option, die in der Göttinger Gesellschaft diskutiert, aber letztlich abgelehnt wurde.64 Hauptmedium war die gedruckte Veröffentlichung, die gelehrte Reputation über die eigene Lehranstalt hinaus in Aussicht stellte. Häufig wurde der Name auf dem Titel eigener Publikationen um die Nennung der Mitgliedschaft(en) erweitert, auch dann, wenn wie bei Ehrenmitgliedern die Gesellschaft gar nicht beteiligt war.65 In der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft Mannheim setzte der Pfarrer Georg David Kaibel es sogar durch, die Mitwirkung der Sozietät aus Zeitgründen zu unterbinden, obwohl er sich auf dem Titelblatt mit seiner Mitgliedschaft schmückte.66 Nicht weniger kühn war das Ansinnen des Aufnahmekandidaten Ehrenreich Christian Leberecht Speiser, der „um eine baldige Resolution [ersucht], da dieser Mann noch in dieser Woche eine piece drucken zu lassen gedenket, auf welche der besagte Titel prangen soll“.67 Wie viel manche sich von diesem Namenszusatz versprachen, gestand gegenüber Gottsched Heinrich Richard Märtens ein, als er hoffte, dass seine „Sammlung deutscher Gedichte bey vielen Lesern eine geneigte Aufnahme finden würde, dafern der Heraus=Geber derselben die Ehre haben sollte, sich Ein Mit-Glied der Deutschen Gesellschaft in Leipzig nennen zu dürfen“.68 Die Nennung der Mitglied-
|| 64 Protokolleintrag vom 9. März 1743, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 135. 65 Eine Recherche in deutschen Bibliotheksverbünden erbrachte ca. 30 Titel dieser Kategorie, die sich durch Fortschritte in der Katalogisierung und Ausweitung der Recherchen noch erweitern dürfte. Eine Ausnahme dürfte dem eigenen Bekunden nach Christian Felix Weiße gebildet haben: „Da er nichts für den Ruhm oder die Nützlichkeit dieser Gesellschaft gethan hat, so hat er auch Bedenken getragen, von der Erlaubniß, sich als ein Mitglied derselben unterschreiben zu dürfen, Gebrauch zu machen.“ – Christian Felix Weißens Selbstbiographie. Hg. v. Christian Ernst Weiße. Leipzig 1806, S. 151. 66 Vgl. den Protokolleintrag vom 13. Dezember 1783, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, 1783/84, f. 27: „Herr Kaibel, der einen Band seiner Predigten herausgiebt, äußerte das Verlangen, zu seinem Namen, Mitglied der kurfürstlichen deutschen Gesellschaft zu sezen. Man machte dem Herrn Kaibel den Vorschlag, wenigstens einem Gliede der Gesellschaft diese Predigten zum Durchsehen zu übergeben. Auf die Anzeige, daß die Predigten schon wirklich gedruckt sind, wurde das Begehren ohne weitere Prüfung gestattet.“ 67 Zirkular Lorenz Johann Daniel Suckows vom 13. Juli 1761, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 295. 68 Heinrich Richard Märtens an Johann Christoph Gottsched, den 15. April 1730. In: GBW 1, S. 343.
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schaft(en) also sollte den Verfasser in gutes Ansehen stellen und für seine schriftstellerischen Produkte werben. Dies konnte sich vereinzelt sogar soweit verselbständigen, dass Mitglieder anonym, aber mit Angabe ihrer Mitgliedschaften publizierten.69 Die Praxis jedenfalls, Publikationen und ihre Verfasser durch Angabe der Mitgliedschaft(en) aufzuwerten, blieb weder unbemerkt noch unwidersprochen. Helfrich Peter Sturz spottete: „Ich könnte meinen Claß noch erinnern, sich bey Zeiten zu bemühen ein Mitglied einer deutschen Gesellschaft zu werden. Dieses hat den Vortheil, daß sein Name vor seinen künftigen Werken nicht so kahl da steht“.70 Publiziert wurden auch Gelehrtenporträts, deren Erläuterung ebenfalls Gelegenheit gab, die Mitgliedschaft zu erwähnen. Als Vorsteher der Deutschen Gesellschaft in Straßburg führte der Mediziner Georg Heinrich Behr diese Funktion gleichauf mit seiner Mitgliedschaft in der Leopoldina auf.71 Ähnlich agierte der Altdorfer Gesellschaftsvorsteher Georg Andreas Will, der nebst seiner Mitgliedschaft in der Akademie zu Roveredo auch diejenigen in den Deutschen Gesellschaften in Jena und Helmstedt aufzählte und die Liste mit seinem Vorsteheramt in Altdorf schloss.72 Der Lübecker Archidiakon Johann Jacob von Melle ließ 1750 auf seinem Porträt nicht nur seinen Ehrentitel als poeta laureatus in die Unterschrift aufnehmen, sondern auch seine Ehrenmitgliedschaften in den Deutschen Gesellschaften in Jena und Göttingen.
|| 69 Vgl. etwa [Johann Wilhelm Hecker]: Die Religion der Vernunft, entworfen von einem Mitgliede der königl. deutschen Gesellschaften zu Königsberg und Göttingen. Berlin 1752; Kurzgefaßte Grundregeln der deutschen Rechtschreibung, ausgefertigt von einem Mitgliede der Königlichen deutschen Gesellschaft. Königsberg 1754; Zwey Weiber auf einen Tag, eine Geschichte von einem Mitgliede der deutschen Gesellschaft in Göttingen. Frankfurt u. Leipzig 1754; Der Aeneis, eines Heldengedichtes des Publ. Virgilius Maro, Erstes Buch, in deutsche Verse übers., u. hg. v. einem Mitgliede der königlichen Deutschen Gesellschaft in Göttingen. Göttingen 1750. 70 Helfrich Peter Sturz: Der nordische Sittenfreund Nr. II (1767). In: Ders.: Schriften. Zweyte Sammlung. Carlsruhe 1784, S. 69. 71 Vgl. Johann Stridbeck (Stecher), Kupferstichporträt Georg Heinrich Behrs mit Angabe seiner Mitgliedschaften, um 1736, StB Trier, Port 230. 72 Vgl. den Stich mit einem Porträt Wills von Georg Martin Preißler, ebd., Port 4335. URL: http://www.tripota.uni-trier.de/single_picture.php?signatur=121_port_4335 [05.11.2018].
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Abb. 4: Jürgen Matthias von der Hude (Maler), Johann Christoph Sysang (Stecher), Porträt Johann Jacob von Melles mit Angabe seiner Mitgliedschaften, um 1750, HAB, A 13882
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Melle griff noch zu einem anderen Medium, um seine Mitgliedschaften, wenn nicht zu publizieren, so doch bekannter zu machen. Nachweisbar ist eine Nennung seiner Göttinger und Jenaer Sozietätsmitgliedschaft in einem Stammbuch von Johann Philipp Murray,73 womit er keineswegs allein dastand. In Stammbüchern74 finden sich gelegentlich Eintragungen von Mitgliedern, die die Mitgliedschaft als Namenszusatz führen.75 Die Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Bremen ließ August Wilhelm Albrecht Wöniger bei seiner Eintragung in die Matrikel der Universität Wittenberg vermerken.76 Ähnlich handhabte es die Dichterin Friederike Marie Charlotte Schenck zu Lemsell in ihrer Korrespondenz mit Königin Maria Amalia Augusta von Sachsen, die ihre Ehrenmitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Helmstedt in die Unterschrift integrierte.77 Christian Clodius verzichtete in seiner Korrespondenz mit dem Verlagshaus Gebauer-Schwetschke ebenso wenig auf die Nennung seiner Mitgliedschaften und seiner Funktion als Bibliothekar der Deutschen Gesellschaft Leipzig.78 Eine Mitgliedschaft also nahm schnell die Eigenschaft eines Titels an, der natürlich auch außerhalb des akademischen Feldes Verwendung fand. Dass die an Rang und Würden orientierten Hofkalender solche Mitgliedschaften nicht übergingen, überrascht nicht. Entsprechende Anzeigen finden sich etwa für Justus Christian Hennings im Hofkalender von Sachsen-Weimar-Eisenach79 oder für Johann Andreas Tafinger und Balthasar Haug im Staatshandbuch des schwäbischen Krei|| 73 Vgl. den Eintrag Melles vom 24. September 1747 als „Poeta Laur. Caes. Societatis Teutonica Jenensis et Göttingensis Membrum“ in: StadtA Göttingen, StaBu 40, f. 77r. 74 Vgl. zur Quellengattung Stammbuch Werner Wilhelm Schnabel: Stammbücher. In: Rasche (Hg.): Quellen zur frühneuzeitlichen Universitätsgeschichte, S. 421–452. 75 Exemplarisch wurde die Stammbuchsammlung des Stadtarchivs Göttingen durchgesehen, wo sich bspw. folgende Einträge fanden: Heinrich Moritz Weipke nennt sich am 2. Juli 1750 „Societ. Reg. Teuton. Götting. Membr.“ (StaBu 82, f. 93), Paul Jakob Bruns zitiert 1764 Young und nennt sich „Fellow of de deutsch society of Jena“ (StaBu 42 f. 81), Heinrich Johann Jannau nennt sich am 27. September 1773 „Societ. reg. teut. assessor“ (StaBu 177, f. 21). Weitere einfache Nennungen der Mitgliedschaft sind häufig, sie wird allerdings an keiner bekannten Stelle weitergehend thematisiert. Weitere Nennungen verzeichnet das Repertorium alborum amicorum (URL: https://raa.gf-franken.de/de/startseite.html [28.03.2023]). 76 Vgl. den Matrikeleintrag von August Wilhelm Albrecht Wöniger vom 30. April 1772 in: Album Academiae Vitebergensis. Jüngere Reihe. Teil 3: 1710–1812. Hg. v. Bernhard Weissenborn u. Fritz Juntke. Magdeburg 1966, S. 518. 77 Vgl. Friederike Marie Charlotte Schenck zu Lemsell an Königin Maria Amalia Augusta von Sachsen, 1780, SächsStA-D, 12542 Fürstennachlass Maria Amalia Augusta, Königin von Sachsen, Nr. 24. 78 Vgl. Christian Clodius an den Verlag Gebauer-Schwetschke, den 1. Mai 1778, StadtA Halle, Verlagsarchiv Gebauer-Schwetschke, A 6.2.6. Nr. 16011. 79 Vgl. Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Adreß-Calender, auf das Jahr 1806. Jena [o.J.], S. 107.
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ses.80 Der hohenlohische Pfarrer Philipp Christian Johann Hirsch versäumte nicht, seine Ehrenmitgliedschaft in Jena seinem Landesfürsten anzuzeigen, sondern auch als eine große Ehre darzustellen.81 Gegenüber dem Magdeburger Rat empfahl sich Elias Caspar Reichard für seine Rektorenbewerbung, indem er seine vier Mitgliedsurkunden über Ehrenmitgliedschaften in Deutschen Gesellschaften abschriftlich beilegte,82 und selbst in einem Stipendiengesuch an das reformierte Kirchenkollegium hielt es der Theologiestudent Benjamin Dirksen für hilfreich, auf seine Mitgliedschaft in Königsberg zu verweisen.83 Es war somit nur konsequent, die Mitgliedschaftsnennungen auch in die Memoria aufzunehmen. Zuweilen fanden sie selbst auch auf Epitaphen Erwähnung, so in Nördlingen bei Albrecht Friedrich Thilo,84 während der lutherische Prediger Johann Georg Müller seine Zugehörigkeit zur Deutschen Gesellschaft Erlangen sogar auf seinem Grabstein im karibischen Curaçao verewigen ließ.85 Dass solche Praktiken durchaus auch Spott hervorriefen und ein anonymer Verfasser über die Mitgliedschaften schrieb, sie hätten „meistens nur dazu gedient, den Titel angehender Docenten und angehender Schriftsteller zu verlängern“,86 verwundert nicht.87 Nichtsdestotrotz sahen viele Mitglieder darin eine ihnen erwie-
|| 80 Vgl. Des Hochlöbl. Schwäbischen Crayses vollständiges Staats- und Addreß-Buch auf das Jahr 1777. Ulm 1777, S. 136. 81 „Ich weiß nicht ist es eine Schwachheit von mir, oder eine gegründete Meinung, ich schätze mir diese Aufnahme zur Ehre, weil sich diese teutsche Gesellschaft, von welcher des Herrn Herzogs von Braunschweig Hochfürstliche Durchlaucht, Protector sind, und der Herr Graf von Bünau Präsident waren, bey denen Gelehrten durch ihre Arbeiten ein gutes Ansehen erworben hat. Um desto zuversichtlicher getröste mich auch Euer Hochfürstl. Durchlaucht gnädigsten Zufriedenheit hierüber.“ – Philipp Christian Johann Hirsch an den Fürsten von Hohenlohe, den 26. Juli 1762, LA BW, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, Wa 80 Bü 458. 82 Vgl. StadtA Magdeburg, Rep. A I, R 112, o.S. 83 Vgl. Georg Conrad: Geschichte der Familie Dirksen und der Adelsfamilie von Dirksen. Bd. 1: Familiengeschichte. Görlitz 1905, S. 46. 84 Vgl. die Nennung seiner Ehrenmitgliedschaften in Jena und Altdorf in Daniel Eberhard Beyschlag: Beyträge zur Nördlingischen Geschlechterhistorie die Nördlingischen Familien und Epitaphien enthaltend […]. Teil 2. Nördlingen 1803, S. 489. 85 Vgl. die Inschrift „IOHANNES GEORGIUS MULLERUS I: A: C: PRIM: CURAC: PASTOR ET SOCIETAT: TEUT: ERLANG: MEMBRUM“, zit. nach: De Maandelykse Nederlandsche Mercurius. Amsterdam 1766, S. 110. Vgl. auch Johann Georg Müller an die Deutsche Gesellschaft Erlangen, den 1. August 1761 (mit Dank für die Aufnahme), UA Erlangen A1/20 Nr. 1a. 86 Anonym: Über deutsche Akademien, und Akademien der deutschen Litteratur. In: Journal von und für Deutschland. Bd. 9. Stück 11 (1792), S. 980–985, hier S. 981. 87 So spottete auch Wilhelm Ludwig Wekhrlin über den fiktiven Magister Stift aus Tübingen, der diverse Mitgliedschaften in Deutschen Gesellschaften bei seiner Vorstellung in einem
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sene Ehre. Die Dichterin Sophie Elisabeth Leonhart übersandte der Deutschen Gesellschaft in Göttingen eine gedruckte Dankesode, die in einem Samteinband mit Goldbrokat das gesellschaftliche Emblem in Silberstickerei zeigte.
Abb. 5: Sophia Elisabeth Leonhart: Der hochlöblichen deutschen Gesellschaft wollte für die am 17ten Tage des Wein-Monats im Jahre 1747 geschehene Aufnahme zu ihrem Mit-Gliede derselben mittelst nachfolgender Ode ihre schuldigste Danksagung abstatten. Hannover 1747, Exemplar in: SUB Göttingen, 4 P Germ. I, 6445 Einband Rara
|| Totengespräch mit Tacitus anführt. – Vgl. ders.: Todtengespräch. In: Karl Julius Weber: Der Geist Wilhelm Ludwig Wekhrlins, von Wekhrlin junior. Stuttgart 1837, S. 34.
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Selbst in der kritischen Rückschau räumte ein chronischer Spötter wie August von Kotzebue ein, seine Zugehörigkeit zur Teutschen Gesellschaft Jena als Ehre empfunden zu haben.88 Dass viele Ernannte eine Mitgliedschaft als „eine Ehre, welche sie mir vor den Augen aller Welt erwiesen haben“,89 ansahen und damit ein Anreiz zum Beitritt geschaffen wurde, war den Akteuren in den Gesellschaften bewusst. Ehrungen wurden von ihnen nicht nur implizit mit Verleihung einer Mitgliedschaft vorgenommen, sondern manche Aufnahmen sogar feierlich inszeniert. Beliebt waren über die Aufnahme hinaus Glückwunschgedichte, die manche Mitglieder zu besonderen Anlässen erhielten.90 Zuweilen musste man sogar mancherlei Auswüchse eindämmen; als Peter Wolfter in die Deutsche Gesellschaft Göttingen aufgenommen werden wollte, legte der Theologiedozent Johann Georg Heinrich Feder Wert auf kritische Anmerkungen zu seiner Probeschrift, „daß er sich nicht bey der Erklärung zum Mitgliede einer teutschen Gesellschaft zu viel einbildete“.91 Bewegte sich die mit dem Titel einer Mitgliedschaft verbundene Ehre noch an der Schnittstelle zwischen kulturellem und sozialem Kapital, so waren einige andere Motive eindeutiger dem Bereich des sozialen Kapitals zuzuordnen, den Bourdieu auf Gruppenzugehörigkeit gegründet sieht.92 ‚Mitglied der Deutschen Gesellschaft zu …‘ bezeichnete nicht nur einen Titel, sondern auch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe. Bereits als Student, natürlich aber auch in späteren Lebensabschnitten einer Sozietät anzugehören, sollte den Grundstock oder Teil eines Netzwerks bilden, welches sich immer auszahlen konnte. „Wer ihr beitrat, plante möglicherweise für länger.“93 Wie berechtigt solche Hoffnun|| 88 „In meinem achtzehnten Iahre wurde ich Mitglied der deutschen Gesellschaft zu Iena, welches ich damals für eine große Ehre hielt, ein Irrthum, von dem ich schon längst zurückgekommen bin.“ – August von Kotzebue: Mein literarischer Lebenslauf. In: Ders.: Ausgewählte prosaische Schriften. Bd. 26. Wien 1843, S. 150. 89 Aus einer Widmung an die Deutsche Gesellschaft in Jena und die Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Leipzig in: Johann Augustin Köselitz: Zwote Sammlung ausgelesener Kanzelreden. Wittenberg u. Zerbst 1755, o.S. 90 Vgl. dazu die Ausführungen im Kap. 4.3.2 Gattungen. 91 Anmerkung Johann Georg Heinrich Feders zur Probeschrift von Peter Wolfter, SUB Göttingen Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 4g, f. 17. 92 Ähnliches wurde auch für die naturwissenschaftlichen Sozietäten im ausgehenden 17. Jahrhundert beobachtet: „Glaubwürdigkeit beruhte nun nicht länger ausschließlich auf dem persönlichen Status oder auf der persönlichen Beziehung zu einem Schirmherrn, sondern zunehmend auf der Mitgliedschaft in wissenschaftlichen Körperschaften wie den frühen Akademien.“ – Mario Biagioli: Galilei, der Höfling. Entdeckungen und Etikette: Vom Aufstieg der neuen Wissenschaft. Frankfurt a.M. 1999, S. 378. 93 Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 152. Vgl. auch Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 200.
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gen waren, entzieht sich einer klaren Antwort nicht nur aufgrund hunderter daraufhin zu prüfender Einzelbiographien; die fördernde Rolle einer Deutschen Gesellschaft dürfte sich auch dann nur in Einzelfällen klar herausarbeiten lassen. Immerhin: Es gab sie. So blieb die in der Deutschen Gesellschaft Göttingen gehaltene Rede des Finnen Magnus Alopäus auf Zarin Katharina II. und seine Nachricht von der alten, mittleren und neuen Dichtkunst der Russen „nicht ohne Beachtung in St. Petersburg und beeinflussten den beruflichen Aufstieg des jungen Mannes“.94 Den späteren Theologieprofessor Georg Friedrich Seiler ermunterte in der Deutschen Gesellschaft Erlangen deren Vorsteher Caspar Jacob Huth, angesichts seiner Begabung „den akademischen Lehr=Stuhl zu betreten“.95 Die gemeinsame Mitgliedschaft in der Königsberger Gesellschaft dürfte es begünstigt haben, dass Georg Ernst Sigismund Hennig 1770 von Fabian Abraham von Braxein zum Pfarrer auf dessen Güter in Tharau berufen wurde.96 In Kenntnis seiner Mitgliedschaft in der Leipziger Gesellschaft erkundigte sich Michael Richey bei Gottsched nach dem Mitglied und Bewerber Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr, der zwei Prinzen auf einer Reise begleiten sollte.97 Nur als Behauptung in der Sekundärliteratur steht im Raum, dass eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Göttingen bei Beförderungen dienlich war98 – ein Empfehlungsschreiben Naumanns an Kästner nimmt auf die Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft ausdrücklich Bezug.99 Entscheidend aber war, dass die Aspiranten auf eine Mitgliedschaft sich solche Effekte erhofften. Mit dem Bezug einer Universität standen sie vor der Herausforderung, neue Netzwerke an ihrem Studienort aufzubauen, in den || 94 Simo Heininen: Finnische Gelehrte in Göttingen während des 18. Jahrhunderts. In: Esko Häkli (Hg.): Gelehrte Kontakte zwischen Finnland und Göttingen zur Zeit der Aufklärung. Ausstellung aus Anlaß des 500jährigen Jubiläums des finnischen Buches. Göttingen 1988, S. 54. – Vgl. auch Pavel N. Berkov: M. Alopäus’ Vorlesung über russische Poesie in Göttingen im Jahre 1769. Zur Geschichte der deutschen Erforschung russischer Literatur im 18. Jh. In: Germanoslavica 2 (1932/33), S. 551. 95 Art. Georg Friedrich Seiler. In: Gelehrtes Fürstenthum Baireut oder Biographische und Literarische Nachrichten von allen Schriftstellern, welche in dem Fürstenthum Baireut geboren sind und in oder ausser demselben gelebet haben und noch leben. Bd. 9. Nürnberg 1804, S. 6. 96 Vgl. Johannes Sembritzki: Wedeke und Hennig, zwei Schriftsteller im Oberlande vor hundert Jahren. In: Oberländische Geschichtsblätter IV (1902), S. 110. 97 Vgl. Michael Richey an Johann Christoph Gottsched, den 7. Januar 1735. In: GBW 3, S. 291. 98 Vgl. Otto: Göttingen, S. 71. 99 Vgl. bspw. Christian Nikolaus Naumann an Abraham Gotthelf Kästner, den 20. Mai 1753: „Er hat die satyrischen Erzählungen des Cervantes übersetzet und ist Mitglied der deutschen Gesellschaft in Göttingen. Noch hat er die Feile, die Critik und den Unterricht Euer Hochwohlgeb. so wohl in der Rechtsgelehrtheit, als in der schönen Erkenntnis sehr nöthig, [...].“ – StadtA Göttingen, Autographen: Christian Nikolaus Naumann.
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meisten Fällen ohne auf verwandtschaftliche oder andere bereits vorhandene Strukturen aufsetzen zu können. Mit dem Beitritt zu einer Sozietät konnten Kontakte zu anderen Studenten geknüpft und gepflegt werden. Gegenüber den in der Gesellschaft vertretenen Dozenten eröffneten sich Möglichkeiten, sie außerhalb der Lehrveranstaltungen kennenzulernen und durch eigene Beiträge auf sich aufmerksam zu machen. Gesellschaften mit einem größeren Stamm von Ehrenmitgliedern ließen zusätzliche Empfehlungen bis in höhere Kreise hinein am Horizont erscheinen. Es war somit ein ganzes Bündel tatsächlicher oder vermeintlicher Vorteile, die sich ein Aspirant von einer Mitgliedschaft in einer Deutschen Gesellschaft versprechen konnte. Bereits die Doppelgesichtigkeit des Mitgliedstitels als Scharnier zwischen kulturellem und sozialem Kapital führt vor, wie fließend die Übergänge und somit auch Tausch- und Konversionsmöglichkeiten zwischen den einzelnen Kapitalformen waren. Möglich waren als Tausch auf gleicher Ebene der ‚Handel‘ mit Mitgliedschaften, den gerade auswärtige und Ehrenmitglieder teils exzessiv betrieben und sich auf diesem Weg ein weit gestreutes persönliches Netzwerk aufbauten. Das Kapital einer Mitgliedschaft konnte ebenso Glied einer längeren und weiter verzweigten Kette von Konversionen sein; in die Gesellschaft eingezahlte Beiträge erwarben die Fähigkeit, gefällige und unaufwändige Kasualpoesie zu liefern, die als Quelle für Nebeneinnahmen genauso lockte, wie sie das soziale Kapital des Schreibers erhöhen konnte. Mitgliedschaften konnten den Einfluss in der Gelehrtenwelt oder bei Hofe steigern, was sich in das ökonomische Kapital besser dotierter Posten ausmünzen ließ. Als Tauschwährung gebrauchte sie noch in der napoleonischen Ära Gabriel Gottfried Bredow, als er im Königreich Westfalen Staatsminister Johannes von Müller die Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Helmstedt anbot und sich so dessen Gunst für seine Deutsche Gesellschaft und die von der Auflösung bedrohte Universität versichern wollte.100 So häufig Tauschgeschäfte zwischen den Kapitalformen im Kontext der Mitgliedschaften waren, so groß war die Versuchung, diese zu den eigenen Gunsten zu betreiben. Seitens der Mitglieder bot es sich an, das einzubringende Kapital auf vielfältige Weise zu reduzieren. Grundsätzlich stand es ihnen frei, die Zeit für die Erarbeitung von Vorträgen und den Besuch der Sitzungen nach eigenem Ermessen hoch oder niedrig zu halten. Geradezu stereotyp sind daher die Klagen und Appelle der Gesellschaftsleiter angesichts geringer Teilnehmer-
|| 100 Vgl. Gabriel Gottfried Bredow an Johannes von Müller, den 24. September 1805. In: Briefe an Johann von Müller (Supplement zu dessen sämmtlichen Werken). Hg. v. Johann H. MaurerConstant. Bd. 3. Schaffhausen 1839, S. 135f.
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zahlen,101 der Vorwurf der Faulheit hat sich bis in die ältere Sekundärliteratur erhalten.102 Vitaler für die Gesellschaften wie für ihre Mitglieder waren die zu entrichtenden Beiträge und Strafgelder, deren Eintreibung sich schwierig gestalten konnte. Eine offenkundig beliebte studentische Praxis brachte die Deutschen Gesellschaften in Konflikt mit ihren eigenen Maximen. So kam es immer wieder vor, dass Studenten unmittelbar vor ihrem Abzug von der Universität noch die Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft begehrten; es war sicher individuell verschieden, ob dabei eher eine ‚Spätberufung‘ oder vielmehr die Kalkulation eine Rolle spielte, auf diesem Wege zu dem begehrten Diplom zu kommen – nur gegen Geld und ohne kontinuierliche gesellschaftliche Pflichten. Aus Sicht der Gesellschaft stand die Aussicht auf eine Aufnahmegebühr gegen die Gefahr, die Mitgliedschaft so ihres eigentlichen Sinns zu berauben. Im Falle des Studenten Rolof schloss sich die Teutsche Gesellschaft in Jena dem Votum ihres Sekretärs Johann Michael Kecks an: Es kommt nicht darauf an, daß iemand sagen kann, er sey ein Mitglied der teutschen Gesellschaft in Jena, sondern ob andere und zwar eifersüchtige Richter gestehen müssen, er sey ein würdiges Mitglied und besitze die Eigenschaften, die man bey denselbigen suchen kann. Das auswärtige Ansehn der Gesellschaft ist ihrem Vortheil in Absicht auf das angebothene Geld fürzuziehen, denn eines betrifft die Ehre, dieses befördert nur den Gewicht in der Casse, welcher ein Nebenwerk ist.103
Um solchen allzu kurzen Gastspielen in ihrer Gesellschaft entgegenzuwirken, verlangte die Teutsche Gesellschaft Jena bei einer Neuformulierung ihrer Statuten von den Kandidaten, mindestens anderthalb Jahre nach ihrem Eintritt auf der Universität zu verweilen.104 Schon im Folgejahr jedoch musste der Vorsteher Carl Gotthelf Müller mahnen, man solle „künftig darauf sehen, daß künftig den Statuten gemäß, unsre Mitglieder eine Zeitlang bey uns bleiben. Sonst dürfte ein jeder kurz vor seinem Abzug sich zur Aufnahme melden, und unsre Gesellschaft würde endlich arm oder auch wohl gar leer an gegenwärtigen Mitgliedern wer-
|| 101 Vgl. Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz. 102 Vgl. bspw. Hermann Grußendorf: Die Helmstedter Deutsche Gesellschaft. In: Braunschweigisches Magazin 22 (1916), S. 58. 103 Zirkular Johann Michael Kecks vom 16. September 1737, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 80. Bei dem in Frage stehenden Kandidaten handelt es sich vermutlich um den am 19. Mai 1737 an der Universität eingeschriebenen Studenten Friedrich Wilhelm Roloff aus Hamburg, dessen Aufnahme nicht zustande gekommen zu sein scheint. – Vgl. Die Matrikel der Universität Jena. Bd. 3: 1723 bis 1764. Bearb. v. Otto Köhler. München u.a. 1992, S. 276. 104 Vgl. Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 50.
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den“.105 Der zur Debatte stehende Kandidat August Friedrich North wurde letztlich doch in die Gesellschaft aufgenommen. Dass es also nicht unüblich war, für das institutionalisierte kulturelle Kapital eines Diploms lediglich Geld, aber nur minimal Zeit und Mühen aufzuwenden, war den Sozietäten also bewusst. In Göttingen wurde erörtert, ob neue Mitglieder für das Diplom nicht extra zahlen sollten.106 Rigide verfuhr die Deutsche Gesellschaft in Bremen angesichts der Praxis, nach Erhalt des Diploms Bremen und die Gesellschaft zu verlassen. Ohne Abschiedsrede abgehende Mitglieder sollten satzungsgemäß kein Diplom erhalten. In Bremen nutzte man so die Ausreichung des Diploms, das bis zur Abschiedsrede unterschrieben im gesellschaftlichen Archiv aufbewahrt wurde, als Druckmittel.107 Ich habe bishero den weisen Bemühungen, wodurch Sie sich vielen beneidenswerth machen, von Ferne zugesehen. Ich habe die Blumencränze, welche Sie den schönen Künsten geflochten, mit Entzückung betrachtet; und da ward ein Trieb in mir rege, in eine nähere mir so vortheilhafte Verbindung zu treten.108
Entzückung und Vorteil, die sich hier die Hände reichen, steckten ein Feld ab, auf dem sich sehr unterschiedliche Motivationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten tummelten. Wenn Gottlieb Christian Karl Link über seine Mitgliedschaft in der Teutschen Privatgesellschaft Altdorf resümierte, dass sie ihm „Vergnügen, Nutzen, Belehrung und freundschaftliche Unterhaltung gewährte“,109 dürfte dies Glauben verdienen; in den in vielerlei Hinsicht eher als Zirkel anzusprechenden Deutschen Privatgesellschaften etwa in Heidelberg und Altdorf, aber auch vielen kleineren Gründungen an den Gymnasien, denen die mit der Publizität der Diplome und Schriften verbundenen Vorteile nicht zu Gebote standen, ging es eher darum, die eigenen Mühen durch das gemeinsame Lernen und die Freuden der Geselligkeit belohnt zu sehen. Die ganze Palette dürfte nur wenigen Aufnahmewilligen vor Augen gestanden haben, noch weniger haben sie als solche benannt. Die Attraktivität, die kulturelles Kapital in Form dichterisch-rhetorischer Fähigkeiten und als urkundlich verbriefter Titel besaß, erweist sich auch ohne ausdrückliche For|| 105 Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 17. April 1754, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 185. 106 Protokolleintrag vom 23. März 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 110. 107 Vgl. § XLIX der Statuten, SUB Bremen, Bremensia a 224, f. 32. Auch die Deutsche Gesellschaft Helmstedt gab die Mitgliedsdiplome ihren Satzungen gemäß erst zum Abzug aus. – Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 15. 108 Fabian Reinhold Sieverding: Eintritts Rede in die teutsche Gesellschaft zu Jena. Von dem Nutzen der schönen Wissenschaften in der Rechtsgelahrtheit. Jena 1752, S. 10. 109 Aufzeichnung Gottlieb Christian Karl Links vom 5. Mai 1784, GNM PBO LXXX.
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mulierung schon durch die soziale Praxis; die Aspiranten rekrutierten sich vor allem aus den Reihen derer, die sich von solchen Kompetenzen berufliche Vorteile erhoffen konnten. Nicht weniger stark wirkte die Kraft der Titel und Diplome, deren Begehrtheit ihre teils prunkvolle Ausgestaltung und exzessive Verwendung hinreichend bezeugt. Dass die Aufnahme in eine Sozietät zahlreiche nützliche Kontakte versprach, liegt auch für alle Geselligkeitsformen auf der Hand. Der Eintritt lässt sich somit als einen für günstig gehaltenen Tausch von ökonomischem gegen kulturelles und soziales Kapital beschreiben. Dieser stand jedoch nur am Anfang einer sich immer weiter verzweigenden Kette von Konversionen, in denen die erworbenen Kompetenzen und die Führung des Mitgliedschaftstitels soziales Ansehen einbrachten, das sich wiederum in lukrativen Posten ausmünzen konnte. Beachtung und Achtung in der Ständegesellschaft schienen denjenigen zu winken, die Kosten und Mühen einer Mitgliedschaft nicht scheuten. Die Deutschen Gesellschaften haben diese Erwartungshaltung nach Kräften gefördert; wenn sie allerdings immer aufs Neue gegen Missbräuche ankämpfen mussten, so bezeugt dies auch, dass es Geister waren, die sie mit solchen Aussichten gerufen hatten.
3.2 Der Weg in die Gesellschaft Wie aber fanden Beitrittswillige und Sozietäten den Weg zueinander? Dass aufgeklärte Gesellschaften auf Freiwilligkeit der Mitgliedschaft basierten, stellte diese ebenso wie die Beitrittswilligen vor die Frage, unter welchen Bedingungen und nach welchem Verfahren eine Aufnahme vonstattengehen solle. Eine Art Automatismus waltete nur in den frühen Jahren des Görlitzischen Collegii Poetici, dem die an der Universität Leipzig studierenden Absolventen des Görlitzer Gymnasiums nach Zahlung einer Eintrittsgebühr angehörten,110 wobei die älteren korporativ-landsmannschaftlichen Elemente solcher Vereinigungen noch dominierten. Eine völlige Offenheit praktizierte sehr viel später Jakob Michael Reinhold Lenz, der die Besucher der Gründungsversammlung in Straßburg bat, dass diejenigen „die sich für unser Unternehmen und dessen Ausführung interessieren, so gütig sein ihre Namen eigenhändig nach alphabetischer Ordnung in das von mir dazu bestellte Buch einzuzeichnen“.111 || 110 Vgl. § II der Satzungen von 1697, abgedruckt bei Bruno Stübel: Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig von ihrem Entstehen bis zur Gegenwart. In: Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Sprache und Alterthümer in Leipzig 6 (1877), S. 10. 111 Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 777. Auch in späteren Sitzungen wird eine Neuaufnahme ohne Eignungsprüfungen durch Einzeichnung in die Mitgliederliste proto-
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Obwohl fast alle Deutschen Gesellschaften an einem Mitgliederzuwachs interessiert waren,112 war man wie in Leipzig fast durchgehend der Meinung, die „Gesellschaft soll nicht einen jeden ohne Unterscheid zum Mitgliede annehmen, sondern darauf bedacht seyn, daß sie nur lauter geschickten Leuten einen Platz vergönne“.113 Eine Entscheidung darüber, wer als ‚geschickt‘ anzusehen sei, war nur schwer ad hoc zu fällen, zumal die meisten Kandidaten auf eine ordentliche Mitgliedschaft keine renommierten Litterati, sondern bekennende Anfänger waren. Einmal mehr setzten die Deutschen Gesellschaften auf schriftliche Festlegungen und Verfahren und regelten die Aufnahme in ihren Satzungen, und einmal mehr war es die Satzung der Leipziger Deutschen Gesellschaft, deren Lösungsansatz zum Leitmodell für Aufnahmeverfahren wurde.114 Um eine hinreichende Eignung des Kandidaten sicherzustellen, verlangte man vom Beitrittskandidaten, „eine Probe seiner Geschicklichkeit ein[zu]senden“.115 Als Messlatte lag also eine Probeschrift auf, die zur Beurteilung unter den Mitgliedern kursierte. Gewählt werden solle er nur, wenn „die verlesene Schrifft den Beyfall der Gesellschaft findet, auch sonst wieder die Person des Verfassers nichts zu erinnern ist“.116 Dass dies keine reine Formsache war, bezeugen die in
|| kolliert. – Vgl. den Protokolleintrag vom 16. November 1775. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 48. 112 Vgl. zu den Einschränkungen Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz. 113 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 12, § I. 114 Die Teutschübende Gesellschaft Hamburg hatte in ihren Statuten lediglich verfügt, dass für eine Neuaufnahme niemand „ohne der gantzen Gesellschaft Genehmhaltung“ aufgenommen wird. – Beliebte Verfassung einer Teutsch=übenden Gesellschaft“. In: Petersen: Hamburg, S. 536, § 2. Das neu aufzunehmende Mitglied Johann Hübner wohnte zuerst einer Sitzung bei und wurde anschließend zu seiner Bereitschaft befragt. – Vgl. Protokolleintrag vom 2. November 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 37. 115 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 12, § II. 116 Ebd., § IV. Ähnliche Bestimmungen finden sich bspw. in: Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 29, § VIII; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XVII–XVIII; Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 15, § 8 (dort unter Vorschaltung eines Gesprächs des Kandidaten mit dem Aufseher); Rechte und Gesetze der 1741 gestifteten, 1743 von Sr. Königl. Majestaet bestätigten Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen, zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 100; Statuten der Deutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg GAB Nr. 5243, VIII, 2a) u. 2b); Grundregeln der Deutschen Gesellschaft in Göttingen von 1738, Erste Abteilung; Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 7; Verfassung und Gesetze der Herzoglichen deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 8, § 10; Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 88, § 9; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 2; Gesätze der Wachsenden Gesellschaft in Zürich, 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6,
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manchen Gesellschaftsarchiven erhaltenen Umläufe, die teilweise kontroverse Diskussionen über die sprachlich-dichterische Qualität des Aspiranten enthalten. Damit war das Prinzip der Kooptation als einziger Weg zu Neuaufnahmen festgelegt.117 Dieses Verfahren, das Ernennungen durch Dritte, selbst jene durch die universitäre oder landesherrliche Obrigkeit, ausschloss, haben fast alle Deutschen Gesellschaften, deren Statuten ermittelbar waren, konsequent befolgt.118 Mit einer solchen Selbstergänzung sicherte man sich sowohl gegen äußere Einflüsse als auch gegen Wildwuchs im Innern ab; die Ziele der Gesellschaft drohten zu verwässern, wenn Personen ohne Interesse und Begabung ungefiltert eintraten. Das ‚Geschick‘ der Aspiranten fungierte als Kriterium in Satzungen, die sonst große Offenheit in allen anderen Hinsichten bezeigten. Nicht unerheblich war, wie die Satzungen in Giessen bewiesen, der Leumund der Aufnahmewilligen: „Alle Mitglieder müssen wegen ihrer gesitteten Aufführung in einem guten Ruf stehen, und besonders wird von den Studierenden erfordert, daß sie sich durch Fleis und Tugend hervorgethan, damit man von ihrem künftigen Bezeigen der Gesellschaft viel Ehre versprechen könne.“119 Explizite Beschränkungen der Personenkreise sah lediglich die am orthodoxen Luthertum orientierte Bernburger Gesellschaft vor: „Alle Mitglieder müssen sich zu einer von in Deutschland festgesetzten 3 Religionen bekennen. Die so genannten Frey-Geister aber, die neueren Heiden, und andere Irrgläubige sind gänzlich ausgeschlossen.“120 Als ordentliche Mitglieder sollten überdies || Gesätze welch die Annehmung neuer Mitgliedern angehen, § III; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 20f., §§ 14–16. 117 Vgl. zum Prinzip der Kooptation Karl Loewenstein: Kooptation und Zuwahl. Über die autonome Bildung privilegierter Gruppen. Frankfurt a.M. 1973, zum kulturellen Bereich insb. S. 131–145. 118 Eine Ausnahme stellt die eingangs genannte Praxis der Deutschen Gesellschaft in Straßburg dar. 119 § 8 der Statuten. In: Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 88. Für Erlangen ist belegt, dass ein schlechter Ruf für Caspar Jakob Huth als Ausschlusskriterium diente: „Er [Huth] sah aber doch sehr auf den Wandel seiner jungen Theologen, und nahm einen, nachmals als Schriftsteller berühmt gewordenen, Jüngling nicht auf in die Deutsche Gesellschaft, deren Vorsteher er war, weil sein sittliches Betragen in übelem Rufe stand.“ – J[ohann] G[eorg] H[einrich] Feder’s Leben, Natur und Grundsätze. Zur Belehrung und Ermunterung seiner lieben Nachkommen, auch anderer die Nutzbares daraus anzunehmen geneigt sind. Leipzig, Hannover u. Darmstadt 1825, S. 34f. Möglicherweise ist damit der am 24. Oktober 1758 als Theologiestudent eingeschriebene Christoph Friedrich Daniel Schubart gemeint. – Vgl. Wedel-Schaper: Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen, S. 255, Anm. 49. 120 § 6 der Satzungen, LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 1, f. 12. Ob diese Regelung auf bestimmte Personen in Bernburg und Umgebung zielte oder lediglich die orthodoxe Gesinnung Rusts und anderer Mitglieder zum Ausdruck brachte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. In der gedruck-
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nur Anhalter in Frage kommen, eine Regelung, die im Falle des im mit Anhalt verbundenen Jever geborenen Köselitz aber durchbrochen wurde.121 Die Statuten modellierten ein Verfahren, das durch ihre häufige Publikation interessierten Außenstehenden zugänglich war. Tatsächlich ist in mehreren Gesellschaftsarchiven nachvollziehbar, dass sich ein satzungsgemäßes Aufnahmeverfahren etablierte. Als Muster lässt sich herausarbeiten, dass der Aspirant ein schriftliches Aufnahmegesuch mit einer Probeschrift an die Gesellschaft richtete, in der er sich vorstellte und seine Motivation zum Eintritt erläuterte.122 Ein oder mehrere Amtsträger lasen das Probestück und gaben es unter den ordentlichen Mitgliedern der Gesellschaft in Umlauf mit der Frage, ob gegen eine Aufnahme Bedenken bestünden. Manche verbanden dies bereits mit einer Empfehlung für den Kandidaten.123 Die Mitglieder notierten ihre Voten auf das Rundschreiben, auf dessen Basis eine Entscheidung getroffen wurde.124 „Zumindest in Jena bedeutete das Einreichen des Probestückes keineswegs eine bloße Formalität.“125 Dies bewies das Aufnahmegesuchs eines Barons von Müffling, der sein Probegedicht nicht von der versammelten Mitgliederschaft
|| ten Fassung fehlt der zweite Satz. – Vgl. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 16, § 6. 121 Vgl. Protokolleintrag vom 21. März 1763 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 20. 122 Vgl. die Zitate aus diesen Schreiben in Kap. 3.1 Motive. Einzelne Bewerbungsschreiben bekannterer Persönlichkeiten sind ediert, vgl. etwa Ludwig Christoph Heinrich Hölty an die Deutsche Gesellschaft Göttingen, den 24. Oktober 1770. In: Ders.: Werke und Briefe. Hg. v. Uwe Berger. Berlin u. Weimar 1966, S. 223; Aufnahmegesuch Zacharias Werners von 1787, zit. nach: Arthur Warda: Zacharias Werner in der Königlichen Deutschen Gesellschaft. In: Königsberger Hartungsche Zeitung. Nr. 47, Sonntagsbeilage, Drittes Blatt vom 25. Februar 1923. 123 So sprach der Vorsitzende Kästner in der Deutschen Gesellschaft Göttingen in seinen Rundschreiben Empfehlungen zur Aufnahme aus. – Vgl. Abraham Gotthelf Kästner an die Deutsche Gesellschaft Göttingen, StadtA Hannover, zu Nr. 897a. 124 Einzelne Aufnahmeverfahren bekannterer Persönlichkeiten sind in Werkausgaben oder Biographien im Druck dokumentiert. Im Zusammenhang mit der Aufnahme Gottfried August Bürgers und Ludwig Höltys in die Deutsche Gesellschaft und dem Wirken Johann Heinrich Mercks in der Erlanger Deutschen Gesellschaft sind einige wenige Beispiele dieser Praxis in den Druck gelangt. – Johann Heinrich Merck: Gesammelte Schriften. Bd. 1: 1760–1775. Hg. v. Ulrike Leuschner unter Mitarbeit v. Amélie Krebs. Göttingen 2012, S. 7–9; August Kluckhohn: Bürgers und Höltys Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft zu Göttingen. In: Archiv für Litteraturgeschichte 12 (1884), S. 61–84; partiell korrigierte Neuedition der einschlägigen Dokumente in: Gottfried August Bürger: Briefwechsel. Hg. v. Ulrich Joost u. Udo Wargenau. Bd. 1: 1760– 1776. Göttingen 2015, S. 34–37; Johanna-Luise Brockmann: Esdras Heinrich Mutzenbecher (1744–1801). Ein Beitrag zur Geschichte des Bildungswesens im Zeitalter der Aufklärung. Oldenburg 1959, S. 34. 125 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 228.
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beurteilt wissen wollte: „Weil aber der Herr Senior wie billig es für nöthig erachtete, dass alle Mitglieder dasselbe erst zu sehen bekamen, welches ihm nicht gelegen war, blieb sein Vorsatz in die Gesellschaft zu treten unerfüllt.“126 Dass die Teutsche Gesellschaft Jena eine möglicherweise lukrative und prestigeträchtige adelige Bewerbung ausschlug, bezeugt, dass sie ihre einschlägigen Regelungen durchaus ernst nahm. Ähnlich reagierte die Göttinger Gründung auf ein entsprechendes Ansinnen von Konrad Gerhard von Hugo mit der Resolution, „daß man kein ordentliches Mitglied auf einen bloßen Brief annähme, sondern nur Zuhörer. Er wurde demnach auf eine ordentliche Probe verwiesen, welche er auch einschickete.“127 Andere Probestücke fielen in Göttingen schlicht durch.128 Zweite Anläufe sind in der Deutschen Gesellschaft in Helmstedt bezeugt.129 Ein ausdrücklicher Erlass des Probestücks ist nur in den Fällen bekannt, in denen der Anwärter bereits auf eigene Publikationen verweisen konnte.130 Aspiranten, die sich zu einem eigenen Text nicht in der Lage fühlten, griffen mitunter zum Plagiat131 oder beauftragten Dritte. Kuriose Blüten trieb diese Pra-
|| 126 ThULB, Ms. Prov. q. 78, f. 69. 127 Antwortentwurf auf einem Schreiben von Hugo an die Deutsche Gesellschaft Göttingen, den 16. November 1747, SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 2a, f. 50. 128 Vgl. Protokolleintrag vom 22. März 1749, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 221: „Man las endlich eine Probe vor, welche aber mit 17 Stimmen gegen 6 verworfen wurde, daher der Verfasser nicht genannt wurde.“ Eine andere Schrift über die Mäßigung fiel im ersten Durchgang durch. – Vgl. Protokolleintrag vom 17. Januar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 76. Auch als die Wahl auf Bitten des Präsidenten Johann Matthias Gesner eine Woche später wiederholt wurde, fiel sie „eben so schlecht aus, als das vorige mahl.“ – Protokolleintrag vom 24. Januar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 77. 129 Dies gilt für Johann Christian Schulz aus Lüneburg (vgl. dessen Aufnahmegesuch, o.D. [nach dessen Immatrikulation 1762], HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 114) und Heinrich Christian Herbst (vgl. dessen Aufnahmegesuch, 1763, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 118f.). In beiden Fällen wird der Erfolg dieser zweiten Bewerbung nicht klar. 130 So wurde der Schriftsteller und Kirchenlieddichter Daniel Schiebeler 1765 ohne Probeschrift aufgrund bereits existierender Publikationen in die Deutsche Gesellschaft Göttingen aufgenommen. – Vgl. Gottfried Schmidtmann: Daniel Schiebeler. Diss. Göttingen 1909, S. 22. 131 Ein Kandidat versuchte, über den Geschäftsverweser Anton von Klein mit einer in dessen Zeitschrift Pfälzisches Museum bereits gedruckten Abhandlung Zutritt in die Mannheimer Deutsche Gesellschaft zu erlangen. Sie erwies sich als Plagiat: „Herr Lamey brachte jene Abhandlung von Entstehung des Erzbistums Mainz zurück, und zeigte an, dieselbe sei aus Herrn Kremers Rheinischem Franzien abgeschrieben; indem nur hie und da, doch selten genug, ein Wort mit einem andern, nach des Verfassers Gutdünken vieleicht bessern, vertauscht sey.“ – Protokolleintrag vom 14. Februar 1784, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 2, f. 50. Lameys Beobachtung war richtig; die Abhandlung ist fast identisch mit Christoph Jakob Kremer: Ge-
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xis in Königsberg, als das Gesellschaftsmitglied Ludwig von Baczko und ein gewisser Kraus aufgefordert wurden, für einen Baron eine Probeschrift anzufertigen. Da sie ihn nicht von seinem Vorhaben abbringen konnten, verfertigten sie gemeinschaftlich eine Satire, die dem Baron aber nicht als solche auffiel, und die der Vorsitzende Lindner als Beleidigung zurückwies. Schließlich klärte ein russischer Baron den Geprellten über den satirischen Charakter der Verse auf, wurde von diesem aber als Dank in eine Schlägerei verwickelt und verwundet.132 Glimpflicher erging es Herrmann Adolf Schmackpfeffer, der 1761 durchfiel, da sich der Verdacht regte, „daß er das Probestück [...] ausgeschrieben habe“.133 Trotz des Vorwurfs, „die Gesellschaft hintergangen“ zu haben,134 beschloss man, ihm ein neues Probestück mit einem von der Gesellschaft gestellten Thema aufzutragen. Schmackpfeffer wurde schließlich auf ein zweites Schreiben hin aufgenommen. Wenn Rudolf Wedekind in Göttingen den Verdacht hegte, dass einige der eingereichten Texte „von einem tertio ausgearbeitet sind“,135 war dies keineswegs aus der Luft gegriffen. Im Gegenzug verpflichteten die statutarisch festgelegten Verfahren ihre Mitglieder, Persönlichkeiten ihrer Wahl nicht ohne Rücksprache, nach eigenem Gutdünken, zum Mitglied zu erklären. Vor allem für die Vorsitzenden dürfte die Versuchung groß gewesen sein. In Jena war die eigenmächtige Aufnahme des Schleizer Rektors Johann Christoph Haynisch durch den Ältesten Johann Andreas Fabricius der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Gesellschaft verweigerte sich diesem Vorgehen, woraufhin Fabricius sein Amt niederlegte.136 Dass die Deutsche Gesellschaft Bernburg ein ähnliches Vorgehen ihres Vorstehers Johann Ludwig Anton Rust im Fall des Hamburger Geistlichen Christian Ziegra billigte,137 kann als Zeichen seiner unangefochtenen Stellung in der schrumpfenden Bernburger Sozietät gewertet werden; auch er aber hielt es für || schichte des Rheinischen Franziens. Mannheim 1778, S. 383–392, Erster Anhang. Vom Ursprunge des Erzbistums zu Mainz. 132 Vgl. Ludwig von Baczko: Geschichte meines Lebens. Bd. 1. Königsberg 1824, S. 231f. 133 Eintrag eines gewissen Schulz in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, 1761, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 144. 134 Vgl. Beschluss der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, 1761, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 143. 135 Äußerung Wedekinds aus dem Jahr 1753, zit. nach: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 36. 136 „Der Älteste hatte ihm den Schein als einem vornehmen Mitgliede wieder die unter dem 30. May angeführte Erinnerung schon eigenmächtig ausgehändiget, und als die Mitglieder dagegen gesprochen dankte er seine Ältesten Stelle ab.“ – Randnotiz des Sekretär Johann Michael Keck zum Protokolleintrag über die Aufnahme Haynischs, ThULB, Ms. Prov. q. 78, f. 11. 137 Vgl. Protokolleintrag vom 21. Juni 1763 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 19.
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erforderlich, sein Handeln wenigstens im Nachhinein der nur noch selten zusammenkommenden Gesellschaft anzuzeigen. Die Protokolle und Umläufe in den erhaltenen Gesellschaftsarchiven bezeugen insgesamt, dass die eigenen Festlegungen auch befolgt wurden. Hatte er die Hürden der Probestücke einmal genommen, blieb dem Anwärter in fast allen Statuten noch, eine Eintrittsrede zu halten, die von einem anderen Gesellschaftsmitglied mit einer Gegenrede beantwortet wurde.138 Meistens musste er anschließend die Satzungen der Gesellschaft unterschreiben.139 In Jena schrieben die Neumitglieder sich auch in das Protokollbuch ein.
Abb. 6: Eigenhändige Eintrittserklärungen neuer Mitglieder in der Teutschen Gesellschaft Jena, 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 13v
Formloser ging es in Bern zu, wo vier neue Mitglieder bei einem „repas philosophique“ aufgenommen wurden, das ohne Langeweile und Unordnung bis 3 Uhr morgens gedauert haben soll.140
|| 138 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 16, § 11. 139 Vgl. ebd., § 10; Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 3, § V. 140 Vgl. Franz Ludwig Steiger an Albrecht von Haller, den 13. Januar 1740, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller 105.59.
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Für Gesellschaften mit ausführlich dokumentiertem Aufnahmeverfahren legen es die zahlreichen statutenkonform geführten Dokumente nahe, dass diese zumindest auf die Förmlichkeit der Aufnahme hohen Wert legten. Es greift allerdings zu kurz, den Weg der Mitglieder in die Gesellschaft nur als geordneten Vollzug statutarischer Festlegungen zu deuten. Die Gefahr, damit nur eine wohlgeordnete Schauseite zu beschreiben, liegt bei Bewerbungsverfahren auf der Hand. In einigen Fällen erlauben es informelle Quellen, Blicke hinter diese Fassaden zu werfen und die Wege, auf denen Mitgliedschaften zustande kamen, zu erhellen. Zunächst ist zu hinterfragen, ob die Kandidatur um eine Mitgliedschaft als eine Einbahnstraße anzusehen ist oder ob die Gesellschaften nicht ihrerseits aktiv Mitglieder einwarben. Dazu standen ihnen zahlreiche Mittel zu Gebote. Regelrechte Beitrittsaufrufe oder gar entsprechende Kampagnen der Gesellschaften sind nicht bekannt, ihre Publikationen insbesondere der Statuten und Sammelbände waren allerdings durchaus als Reklame in eigener Sache zu verstehen. In einem überschaubaren akademischen Umfeld dürfte gedruckte Werbung eine geringere Rolle gespielt haben. Präsenter und wirksamer, heute aber kaum noch erkennbar, waren die zahlreichen Gesprächsforen, die sich vor Ort boten. So berichtete das Berner Mitglied Franz Ludwig Steiger über erfolgreiche Anwerbung vierer neuer Mitglieder in Bern durch das Mitglied Albrecht Herport.141 Es ist davon auszugehen, dass gerade an den Hochschulorten die den Gesellschaften vorstehenden Dozenten in ihren Tischgesellschaften, Seminaren und Vorlesungen auf die Gesellschaften und die mit einer Mitgliedschaft verbundenen Vorteile aufmerksam machten.142 Dies bestätigen in ihren Erinnerungen beispielsweise Ludwig Suhl für seine Vorlesungen bei Basilius Christian Bernhard Wiedeburg in Jena143 oder Gottfried Förster und Johann Heinrich Winkler für Leipzig.144 Im Fall von Wilhelm Ernst Christiani war es seine seit 1751
|| 141 Ebd. 142 Vgl. zur konstitutiven Rolle solcher Gemeinschaften S. 81f. 143 „Wiedeburg ein gutmüthiger Mann führte mich in die Deutsche Gesellschaft, auch mit einigem Erfolge.“ – Ludwig Suhl: Sammlung einiger selbstbiographischer Bemerkungen. Hg. v. Björn R. Kommer. In: Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte und Altertumskunde 69 (1989), S. 129. 144 „[…] bey Herr Professor Gottscheden lernten und übten wir die Wohlredenheit, und waren die ersten Auditores bey ihm in diesem Collegio, kamen auch bey ihm als damaligem Seniore der deutschen Gesellschaft hernach unter die Zahl derselben als Mitglieder.“ – Gottfried Förster: Art. Gottfried Förster. In: Ders.: Analecta Freystadiensia, oder Freystädtische Chronica. Lissa [1751], S. 270.
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bestehende Hausgenossenschaft mit dem zeitweiligen Jenaer Gesellschaftsaufseher Johann Peter Reusch, die ihn zum Beitritt im Folgejahr veranlasste.145 Mit der Aufnahme in das philologische Seminar etwa wurde bei Karl Benedikt Hase zugleich jene in die Helmstedter Deutsche Gesellschaft betrieben, wie dieser selbst süffisant darstellte: Es florirt, oder vielmehr es schwindsüchtelt dort eine sogenannte deutsche Gesellschaft unter Wiedeburg’s Präsidentschaft, der nichts eifriger betrieb, als meinen Beytritt zu derselben. Ich müßte, hieß es, um in die Zahl der Gesalbten aufgenommen zu werden, eine gutgeschriebene […] Bittschrift bey ihr einreichen und ein Specimen […] beylegen. Ich frage, von welcher Art es ungefähr sein müsse. Nun fingen der Herr Präsident an, sich aus der Ferne zu erkundigen, ob ich wohl schon einige Anweisung (seine eignen Worte) genoßen hätte, wie man die Kunst erlernen solle --- die Oden des Horaz metrisch zu übersetzen!!!??? Beynahe wäre ich so boshaft gewesen, nein zu sagen. Als ich ihm aber Hoffnung machte, daß ich wahrscheinlich ein originelles Poema ihm zu Füßen legen würde, da hatten der Herr Präsident einen Jubel, daß seine Augen davon wiederglänzten, nicht anders als ob Quintus Horatius Flaccus selbst mit – zu der Gesellschaft hätte treten wollen. Ich bin eben jetzt beschäftigt, seine sehnliche Erwartung zu befriedigen.146
Erwartungshaltungen bestanden auch gegenüber dem vielversprechenden Studenten Esdras Heinrich Mutzenbecher, wie aus den Diskussionen über dessen Aufnahmegesuch in Göttingen ersichtlich wird: So „würde ich ihm, eben aus dem Grunde meine Stimme versagen, daß er sich so spät meldet, denn es gibt ein nachtheiliges Exempel. Er verdient aber wol, daß man es übersehe“. Der Vorsitzende Abraham Gotthelf Kästner bestätigte: „Ich hätte ihn lange bei uns gewünscht“.147 Nur wenige allerdings dürften schon zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme in so gutem Ruf gestanden haben wie Mutzenbecher. Die Studenten, die sich um eine ordentliche Mitgliedschaft bewarben, waren meist unbeschriebene Blätter und verfügten noch nicht über eine gelehrte Reputation, die ihnen den Weg geebnet hätte. Weiter zurückreichende Verbindungen zur Gesellschaft, wie etwa eine vorangegangene Mitgliedschaft des Vaters, waren eine Ausnahme, die in den
|| 145 Vgl. Register zu Wilhelm Ernst Christiani’s Geschichte der Herzogthümer Schleswig und Holstein. Mit einer Nachricht von dem Leben und den Schriften ihres Verfassers. Hg. v. Valentin August Heinze. Kiel 1797, S. XII. 146 Karl Benedikt Hase an Wilhelm Erdmann, um 1798. In: Karl Alfred von Hase: Unsere Hauschronik. Geschichte der Familie Hase in vier Jahrhunderten. Leipzig 1898, S. 85. 147 Beide Voten aus dem Zirkular zur Aufnahme Mutzenbechers von 1768, zit. nach: Brockmann: Esdras Heinrich Mutzenbecher, S. 34, Anm. 52.
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Fällen von Ludwig Hölty,148 Just Christian Friedrich Stuß149 in Göttingen und dem Sohn des Helmstedter Präsidenten Christoph Timotheus Seidel, Johann August,150 allerdings wohlwollend bemerkt wurde.151 Als die Aufnahme von Polyxena Christiane Dilthey in Göttingen diskutiert wurde, gehörte zu den zuerst gestellten Fragen, ob sie mit dem Gesellschaftsmitglied Johann Eberwein Dilthey verwandt sei.152 Vater und Sohn Johann Georg Eck wurden gleichzeitig 1801 in die Deutsche Gesellschaft Königsberg aufgenommen.153 Im Fall von Johann Ernst Bernhard Emminghaus’ Aufnahme in Jena dürfte die Ehrenmitgliedschaft seines Vaters Heinrich Theodor ebenfalls eine Rolle gespielt haben.154 Häufiger war eine Aufnahme des jüngeren Bruders, wie sie bereits im Collegium Poeticum in Leipzig anzunehmen ist.155 In Helmstedt ist sie mit den Brüdern Just Friedrich Veit, Johann Paul Wilhelm und Karl Peter Theodor Breithaupt genealogisch fassbar,156 vermutlich gilt dort gleiches für Julius Georg Paul und Johann Philipp Duroi. Ähnliches lässt sich an den gymnasial angesiedelten Deutschen Gesellschaften beobachten.157
|| 148 Zum Aufnahmegesuch Ludwig Höltys bemerkte der Gesellschaftssekretär Isaak von Colom Duclos, dass schon Höltys Vater Philipp Ernst zu den frühen Mitgliedern der Gesellschaft gehört hatte. – Vgl. Kluckhohn: Bürgers und Höltys Aufnahme, S. 65. 149 „Ohne Zweifel hat ihn das Beyspiel seines Herrn Vaters, der Mitglied unserer Gesellschaft ist, zu diesem Wunsche veranlaßt.“ – Bemerkung Abraham Gotthelf Kästners zum Aufnahmegesuch von Just Christian Friedrich Stuß, um 1780, SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 4g. Der Vater, Just Christian Stuß, war als Theologiestudent 1742 Mitglied geworden. – Vgl. Suchier: Mitglieder, S. 97. 150 Vgl. das Zirkular, um 1749, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 50f. Viele Mitglieder begründen ihr Votum mit eben dieser Abstammung. 151 Ähnlich dürften die Dinge bei der Aufnahme Karl Philipp Cassels, Sohn des Beständigen Sekretärs Johann Philipp Cassel, in Bremen gewesen sein. 152 Vgl. den Fragenkatalog von unbekannter Hand, um 1751, SUB Göttingen, 8 Poet. Germ. III 7430. 153 Vgl. Beförderungen und Ehrenbezeugungen. In: Intelligenzblatt der Allgemeinen Literatur-Zeitung. Nr. 47 vom 11. März 1801, Sp. 384. 154 Vgl. zu Heinrich Theodor Emminghaus Rolf Straubel: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. Teil 1: Biographien A–L. München 2009, S. 246f.; zu Johann Ernst Bernhard Emminghaus Christoph Weidlich: Biographische Nachrichten von den jetzlebenden Rechts-Gelehrten. Dritter Theil. Halle a.d.S. 1783, S. 66f. 155 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 61. 156 Vgl. Theodor Breithaupt: Chronik der Familie Breithaupt in Biographien. Hannover 1898, S. 89. 157 In Chemnitz war Johann Victorin Vorgänger seines vermutlichen Bruders Christoph August Facilides. – Vgl. Hager: Zu einer Redeübung, o.S. In Bremen lassen sich mehrere Mitglieder Familie Iken in der Gesellschaft nachweisen.
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Andere wiederum fanden als begleitende Hofmeister158 ihrer aufgenommenen adeligen Zöglinge Zugang zur Gesellschaft. Insgesamt sind vierzig Personen in dieser Stellung identifizierbar, direkte Beziehungen als Hofmeister zu einem aufgenommenen Mitglied lassen sich für Karl August Fabarius als Hofmeister von Lorenz Ernst Friedrich Graf von Brockdorf und Ehrhard Friedrich Weinland als derjenige von Eberhard Gottfried Freiherr von Holtz nachweisen.159 Da viele sich ohne Nachweis dieser Funktion immatrikulierten, ist jedoch mit mehr Fällen zu rechnen. Anders gelagert waren die Verhältnisse im Falle der auswärtigen und Ehrenmitgliedschaften. Gottsched vermeldete erstmals 1732, dass Persönlichkeiten ohne deren eigenes Ansuchen nur ihrer wissenschaftlichen Verdienste halber zu Ehrenmitgliedern ernannt wurden.160 Die Deutsche Gesellschaft Göttingen fügte der sonst weitgehend den Leipziger Statuten verpflichteten Grundregeln ausdrücklich den Satz hinzu: „Die Gesellschaft behält sichs vor, Leute von bekannter Geschicklichkeit selbst vor ihre Mitglieder zu erklären.“161 In Bremen und Greifswald war für sie ebenso wenig ein Bewerbungsverfahren vorgesehen, sie wurden lediglich ob ihrer Verdienste gewählt.162 Auch hier also galt das Prinzip der Kooptation, das noch dadurch verstärkt wurde, dass die Initiative zumindest den Statuten nach gänzlich in gesellschaftlicher Hand lag. Ein Vorschlagsrecht war nicht geregelt und dürfte allen Mitgliedern offen gestanden haben, es waren jedoch in erster Linie die graduierten Dozenten und Schlüsselfiguren, die aufgrund ihrer Kenntnis der gelehrten Welt Kandidaten ausmachten und der Gesellschaft präsentierten.163 Da eine Initiative des Bei-
|| 158 Vgl. dazu exemplarisch anhand zweier Autobiographien Heinrich Bosse: Zwei Hauslehrer und sechs Adelshaushalte. Johann Christian Müller (1720–1772) in Pommern und Johann Wilhelm (von) Krause in Livland (1757–1828). In: Das achtzehnte Jahrhundert 44 (2020), S. 31–50. 159 Vgl. zu Fabarius Marwinski: Fabricius, S. 73; zu Weinland Simon August David Tissot: Vertheidigte Einpfropfung der Blattern, wider den Graf Roncalli. Leipzig 1771, S. IV. 160 Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesamlete Reden und Gedichte, Vorrede, o.S. 161 Grundregeln der Deutschen Gesellschaft in Göttingen von 1738, Erste Abteilung, § 9. In: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 11. 162 Vgl. Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XV; Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 17, § 12. 163 „Wenn sich jemand von Liebhabern aus dem Schweizerland zu einem Ehrengliede wollte aufnehmen lassen, so wird sich die gesellschaft auf ihr begehren eine freude machen, rechtschaffene leute, die sich die aufnahm des guten geschmacks in der Schweiz angelegen seyn lassen, aufzunehmen.“ – Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, zit. nach: Rudolf Ischer: Johann Georg Altmann (1695–1758). Die Deutsche Gesellschaft und die moralischen Wochenschriften in Bern. Bern 1902, S. 51. Vgl. auch Johann Georg Altmann an
Der Weg in die Gesellschaft | 199
trittskandidaten nicht erforderlich war, ließ sich die Aufnahme eines Ehrenmitglieds dem Grunde nach als ein einseitiger Akt der Gesellschaft ohne Mitwirkung, ja selbst ohne Kenntnis des Kandidaten vollziehen. Tatsächlich fanden sich immer wieder Mitglieder der Gelehrtenwelt plötzlich und unerwartet als Mitglied einer Gesellschaft wieder, zu der sie zuvor keine Beziehungen unterhalten hatten. Joseph von Petrasch drückte wohl die Gedanken vieler frisch ernannter Ehrenmitglieder aus, als er der Deutschen Gesellschaft in Altdorf schrieb: „Ich weis nicht, wie dieselbe auf mich verfallen konnten, der ich mich nicht zu erinnern weis, jemals das mindeste zu ihrem löblichen Absehen beigetragen zu haben.“164 Martin Frobenius Ledermüller etwa erhielt im Jahr 1759 unverhofft ein Paket mit einem Mitgliedsdiplom der Altdorfer Deutschen Gesellschaft, „ohne daß ich nur ein Wort davon gewußt, geschweig denn solches verlangt haben sollte“.165 Schwierigkeiten der Postzustellung der Mitgliedsurkunde brachten es mit sich, dass Johann Jakob Spreng in Basel erst nach vier Jahren von seiner Ernennung zum Mitglied der Leipziger Deutschen Gesellschaft erfuhr,166 und Karl Friedrich Drollinger musste seine dortige Mitgliedschaft in den von ihm erworbenen Band der Leipziger Schriftenreihe lesen.167 Die Aufnahme Christoph Otto von Schönaichs in die Deutsche Gesellschaft Bernburg scheiterte schlicht daran, dass dessen Postadresse nicht bekannt war.168 Man wird in vielen Fällen davon ausgehen können, dass einer Ernennung zum Ehrenmitglied Sondierungen bei den ins Auge gefassten Personen vorausgingen.169 Eine Suche nach geeigneten Ehrenmitgliedern begann häufig im un-
|| Jakob Christoph Beck, den 1. Januar 1740: „Extra urbem nostram et exotica colligere membra stat animus.“ – Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 162. 164 Joseph von Petrasch an die Deutsche Gesellschaft Altdorf, den 18. Februar 1763, UB Erlangen, Ms. 1880. 165 Autobiographie von Martin Frobenius Ledermüller. In: Neues aus der Zopfzeit. Gottscheds Briefwechsel mit dem Nürnberger Naturforscher Martin Frobenius Ledermüller und dessen seltsame Lebensschicksale. Hg. v. Emil Reiche. Leipzig 1923, S. 135. 166 Vgl. Johann Jakob Spreng an Johann Christoph Gottsched, den 14. September 1737. In: GBW 4, S. 421. 167 Vgl. Spreng: Drollingers Gedichte, S. 322. 168 Vgl. Johann Ludwig Anton Rust an Johann Christoph Gottsched, den 30. Juli 1764, Tartu Ülikooli Raamatukogu, Epistolae autographae CC eruditorum cel. F 3, Mrg CCCLIVb, f. 298f. 169 Vgl. bspw. das Briefkonzept der Deutschen Gesellschaft Altdorf an Friedrich Wilhelm Ellenberger, mit dem dessen Ernennung zum Ehrenmitglied angezeigt wird mit der Begründung, dass „Miller von Augsburg, dero ehemaliger Zuhörer, die angenehme Versicherung gab, dieselbe würden solches nicht ungnädig bemerken“, um 1764, UB Erlangen, B 177, ad Hs 1646 (Einlage), f. 11. In Göttingen fühlte Isaac Colom Duclos bei Jean Henri Samuel Formey vor, um
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mittelbaren universitären Umfeld und dürfte meistens über persönliche Gespräche geführt worden sein. Manche Mitgliedschaften, wie etwa die einiger Wiener Aufklärer in der Mannheimer Deutschen Gesellschaft, ergaben sich aus Reisekontakten, die deren Geschäftsverweser Anton von Klein in der Habsburgermonarchie geknüpft hatte.170 Umgekehrt konnten renommierte Gelehrte wie Johann Karl Konrad Oelrichs am Rande eines Besuchs in Göttingen in die Deutsche Gesellschaft aufgenommen werden.171 Weit besser dokumentiert sind die Ernennungen, die in den gelehrten Briefwechseln vermittelt wurden. In ihnen blühte eine regelrechte Börse des sozialen Kapitals von Mitgliedschaften, auf der sich die gesellschaftlichen Protagonisten nach geeigneten Persönlichkeiten erkundigten, Auskünfte über diese einholten und ihrerseits Empfehlungen aussprachen. Teilweise sind in diesen Netzwerken ausgesprochene Makler zu erkennen, die in ihren Schreiben ebenso Mitgliedschaften empfahlen und vermittelten, wie sie ihre eigene Aufnahme in Sozietäten betrieben. Dritte konnten allerdings auch vor ‚schwarzen Schafen‘ warnen, wie Georg Venzky es bei dem „in seinem Verstande nicht richtig[en]“ Halberstädter Ratsschulkollegen Johann Wilhelm Rolief tat, da er befürchtete, dieser würde sich um eine Mitgliedschaft bewerben.172 Natürlich haben die Schlüsselfiguren der Gesellschaften wie Johann Christoph Gottsched,173 Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr174 oder Georg Andreas
|| die Aufnahme von Johann Philipp Kahler in Rinteln vorzubereiten. – Vgl. Colom Duclos an Formey, den 14. Juli 1750, Biblioteka Jagiellońska Kraków, Rkp. VS 48. 170 Vgl. Emil Horner: Anton von Klein in Wien. In: Forschungen zur neueren Litteraturgeschichte. Festgabe für Richard Heinzel. Weimar 1898, S. 272. 171 Oelrichs nennt einen Besuch bei Colom du Clos, „woselbst mir das Diploma von der hiesigen königl. deutschen Gesellschaft, worinn man mich ohnverdient aufgenommen, zugestellet worden.“ – Johann Carl Conrad Oelrichs: Tagebuch einer gelehrten Reise 1750 durch einen Theil von Ober- und Nieder-Sachsen. In: Johann Bernoulli’s Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntniß dienender Nachrichten. Bd. 5. Berlin u. Dessau 1782, S. 133. Vgl. zu diesem Besuch auch die Erwähnung in Isaac Colom Duclos an Jean Henri Samuel Formey, den 7. Oktober 1750, Biblioteka Jagiellońska Kraków, Rkp. VS 48. Vgl. zu Oelrichs Andreas Erb: Art. Johann Carl Conrad Oelrichs. In: Dirk Alvermann u. Nils Jörn (Hg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Bd. 1. Köln, Weimar u. Wien 2013, S. 208–211. 172 Vgl. Georg Venzky an Johann Christoph Gottsched, den 1. Juni 1738. In: GBW 5, S. 137f. 173 Vgl. zu dessen Tätigkeit als Makler S. 403f. in dieser Arbeit. 174 Die Aufnahme von Friedrich Johann Buck in die Deutsche Gesellschaft in Frankfurt an der Oder ergab sich aus Korrespondenzen mit Steinwehr, die er wegen seiner Promotion führte. – Vgl. Geschichte des Herrn Friedrich Johann Buck. In: Des neuen gelehrten Europa Zwanzigster Theil. Braunschweig u. Wolfenbüttel 1775, S. 1021f.
Der Weg in die Gesellschaft | 201
Will selbst aktiv an dieser Börse partizipiert. Basilius Christian Bernhard Wiedeburg, Gesellschaftssekretär in Jena, beschrieb diese Mechanismen, nach denen ich insbesondere eifrig dahin bedacht gewesen bin, auswärtige Gelehrte mit uns zu vereinigen: und in diesen Bemühungen ist es mir soweit gelungen, daß ich schon vor ohngefehr einem Jahr, Herrn Prof. Meier und den Pastor Lange in Laublingen mit uns verbunden habe, deren bewiesenen Eifer für unsere Gesellschaft ich nicht genug rühmen kann. Ich verdanke es insbesondere dem erstern, daß er mir Gelegenheit verschaffet hat, vor einiger Zeit den Herrn Klopstock den Namen unserer Mitglieder einzuverleiben.175
Wiedeburg räumte also selbst ein, mit der Anwerbung Klopstocks durch Georg Friedrich Meier eine Ernennungskette angestoßen zu haben, und eben diese Ketten waren es auch, die den Deutschen Gesellschaften einen Großteil ihrer Ehrenmitglieder zuführten. Mächtige Glieder einer solchen Kette waren die adeligen Ehrenmitglieder und Ehrenvorsitzenden; so vermittelte der Hofrat am Reichskammergericht, Gustav Georg König von Königsthal, Adelige wie Friedrich Kasimir Karl von Kreutz, Heinrich Christian von Senckenberg oder Friedrich Karl von Moser als Mitglieder der Deutschen Gesellschaft Altdorf.176 Belegt sind für Göttingen Empfehlungen des Obervorstehers Heinrich XI. Reuß ä.L. für die reussischen Staatsdiener Georg Heinrich Riesenbeck und Anton von Geusau.177 Im Fall der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft Bernburg lässt sich dank einer vermutlich vollständigen Überlieferung der gesellschaftlichen Korrespondenzen die Genese und Struktur dieser Mitgliedschaftsbörse gut nachvollziehen.178 Welche Eigendynamik sie entwickeln konnte, zeigte sich bei der Aufnahme in Hamburg wohnender Miglieder. Der orthodoxe Lutheraner Christian Ziegra schlug Mitte der 70er Jahre einige Hamburger Kollegen und Gesinnungsgenossen vor, unter denen Gottfried Schütze179 bereits vier Mitglied-
|| 175 Basilius Christian Bernhard Wiedeburg an Johann Jacob Breitinger, den 10. August 1749, ZB Zürich, Ms Bodmer 22.58. 176 Vgl. Gustav Georg König von Königsthal an Georg Andreas Will, den 5. Dezember 1761, den 28. Februar 1762 u. den 14. Mai 1762, StB Nürnberg, Will III. 454. Autogr. (Umschlag 12). Zur Vermittlung Senckenbergs vgl. auch UB Erlangen, B 78/7, f. 76. 177 Vgl. Wedekind an den hannoverschen Großvogt, den 19. Februar 1748, UA Göttingen Sek 433 (4), f. 5. 178 Vgl. zum Netzwerk dieser Gesellschaft Andreas Erb: Nahaufnahmen eines Netzwerks der Aufklärung. Die fürstliche Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Claudia Brinkervon der Heyde u.a. (Hg.): Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen Kulturtransfers. Stuttgart 2014, S. 137–160. 179 Vgl. zu Schütze Carsten Erich Carstens: Art. Gottfried Schütze. In: ADB 33 (1891), S. 142f.; Richard Batka: Altnordische Stoffe und Studien in Deutschland. 1. Von Gottfried Schütze bis Klopstock. In: Euphorion Ergänzungsheft 2 (1896), S. 1–70.
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schaften alleine in Deutschen Gesellschaften180 verbuchen konnte. Mit entwaffnender Offenheit schildert Ziegra den Vorgang: Weil er [Schütze] just bey mir war, da ich dero Brief empfing, so ward er begierig, die Schriften der Gesellschaft zu sehen, die ich ihm auch mit zu Hause gab, und gab nicht undeutlich zu verstehen, dass er, weil er doch von so vielen Gesellschaften ein Mitglied wäre, auch in die Anhaltische aufgenommen zu werden wünsche.181
Rust gab dem Wunsch statt und erhielt nur wenige Monate später ein Schreiben Schützes, in dem dieser nicht weniger offen die Mechanismen der Mitgliederwerbung in Hamburg beschrieb und zugleich um Aufnahme bat: Seit dem man es erfahren, und zuletzt auch in den hiesigen freywilligen gelehrten Beyträgen gelesen hat, dass mich die Fürstliche Anhaltische gelehrte Gesellschaft ihren Mitgliedern beygezehlet, so hat man daraus den Schluß gemacht, dass ich mit Ew. Hochedelbegeb., als dem würdigen Ältesten der Gesellschaft eine vertraute Bekanntschaft unterhalunterhalten müsse. Da mir eine Bekanntschaft von dieser Art rühmlich und angenehm ist, so widerspreche ich auch dem nicht, was man davon glaubt, aber nun ist auch die weitere Folge davon, dass die, welche gerne in die Gesellschaft als Mitglieder treten wollen, sich an mich wenden, und durch meine Fürsprache ihre Wünsche erfüllet wissen wollen. Ins besondere habe ich zwey würdige Freunde, die mir ihre Wünsche entdeckt haben.182
Die tragende Rolle, die solche Makler beim Zustandekommen von Mitgliedschaften spielten, lässt danach fragen, wer in der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft hauptsächlich auf diesem Felde agierte und welche Rekrutierungsgebiete für externe Mitgliedschaften er abdeckte. Äußerst selten in der Überlieferung aufgeklärter Gesellschaften ist die Auflistung der Vorschlagenden zu fast jeder externen Mitgliedschaft:183
|| 180 Schütze verfocht in seinen Schriften eine Ehrenrettung der germanischen Frühzeit, die er gegen das Verdikt der Barbarei in Schutz nehmen wollte. Sein Ruf als „Advokat der alten deutschen und nordischen Völker“ machte ihn zum Mitglied der Deutschen Gesellschaften in Bremen, Erlangen, Helmstedt, Jena und Königsberg sowie in der Gesellschaft der freyen Künste in Leipzig. 181 Christian Ziegra an die Deutsche Gesellschaft Bernburg, Hamburg, den 2. Juni 1776, ALB BB 10719, f. 2. 182 Gottfried Schütze an Johann Ludwig Anton Rust, Hamburg, den 14. Januar 1777, ebd., f. 15. 183 V.a. mit Hilfe der von Rust angelegten ‚Mitgliedsakten‘ zu den auswärtigen Mitgliedern, aber auch mit Hilfe von Rusts Korrespondenzen konnten 97 der 110 externen Mitglieder einem Vermittler der Mitgliedschaft zugeordnet werden.
Der Weg in die Gesellschaft | 203
Vermittelte Mitgliedschaften
Mitgliedsname
23
Martini, Johann Christoph
20
Hörner, Otto Friedrich
20
Köselitz, Johann Augustin
15
Rust, Johann Ludwig Anton
4
Ziegra, Christian
3
Huch, Ernst Ludwig Daniel
2
Hecht, Christian Heinrich
2
Schütze, Gottfried
1
Petri, Gottfried
1
Pie(h)l, Johann Friedrich
1
Meister, Christian Georg Ludwig
1
Mortczini, Friedrich Joseph von
1
Gottsched, Johann Christoph
1
Happach, Lorenz Phillip Gottfried
Deutlich wird in dieser Aufstellung der hohe Grad an Verselbständigung dieser Mitgliedschaftsbörsen. Vollmitglied unter den aktiven Vermittlern war nur der Gesellschaftsälteste und Führer des Briefwechsels der Gesellschaft: Johann Ludwig Anton Rust. Seiner Aktivität war es zu verdanken, dass mit Köselitz, Martini und Hörner die drei bedeutendsten Vermittler der Gesellschaft beitraten. Ebenfalls Gründungsmitglied, allerdings mit Aufenthalt in Zerbst, war der Geistliche Johann Augustin Köselitz,184 der zwanzig Mitglieder vorschlug. Dieser war schon in seiner Leipziger Studienzeit Mitglied von Gottscheds nachmittägiger Rednergesellschaft und dort zu einem Schüler und Anhänger Gottscheds geworden.185 Seine Kontakte stellte er wiederum in den Dienst der Bernburger
|| 184 Köselitz war auch Mitglied der Teutschen Gesellschaft in Jena. – Vgl. die Mitgliederverzeichnisse bei Marwinski: Bücherschatz, S. 35–57. Eine Zusammenstellung seiner zahlreichen Gelegenheitsschriften befindet sich in: ALB BB 10770 B. 185 Vgl. das Mitgliederverzeichnis in: Proben der Beredsamkeit, welche in einer Gesellschaft guter Freunde, unter der Aufsicht Sr. Hochedl. Herrn Prof. Gottscheds, sind abgelegt worden. Leipzig 1738, o.S., Mitglied Nr. 113. Vgl. zu dieser Gesellschaft Berthold Grosser: Gottscheds Redeschule. Studien zur Geschichte der deutschen Beredsamkeit in der Zeit der Aufklärung. Diss. Greifswald 1932, S. 91–168. Einflüsse Gottscheds bemerkt man in seinen Ausführungen über die Adressatenbezogenheit einer Rede in seiner Predigtsammlung. – Vgl. Köselitz: Zwote Sammlung ausgelesener Kanzelreden, S. 5.
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Gesellschaft:186 „Ich will auf meiner Seite es an nichts ermangeln lassen, was nur je zur mehreren Ausbreitung und merklichern Aufnehmen unserer werthesten Gesellschaft […] gereichen kann. [...] Ich hoffe auch nach und nach mehr Mitglieder selbst oder durch andere zu verschaffen.“187 Erfolgreicher waren zwei Mitglieder, die selbst nur eine externe Mitgliedschaft aufweisen konnten und in weiter Entfernung von Bernburg lebten. Johann Christoph Martini, Pfarrer im oberpfälzischen Kerkhofen, war noch von Rust selbst für die Mitgliedschaft vorgeschlagen worden. Schon vorher unterhielt er einen ausgedehnten Briefwechsel mit Gelehrten,188 für den die Mitgliedschaft in der Bernburger Gesellschaft durch das Ausgreifen nach Mitteldeutschland neue Perspektiven versprach. Martinis Verbindungen in den süddeutschen Sprachraum führten fortan ununterbrochen zur Aufnahme weiterer Mitglieder. Dazu gehörten zum einen Persönlichkeiten aus seiner oberpfälzer Umgebung wie die Geistlichen Georg Adam Korhammer und Matthias Kaltenbeck.189 Seiner konfessionellen Toleranz verdankt sich aber auch die Aufnahme von Katholiken, womit die Gesellschaft vor allem in die Habsburgermonarchie übergreifen konnte. Ein weiteres Charakteristikum seiner Empfehlungen war die Aufnahme ganzer Gruppen von Mitgliedern aus Gesellschaften, denen er selbst angehörte, wie der Sittlich-ökonomischen Gesellschaft in Oettingen190 oder der Deutschen Gesellschaft in Altdorf. Der ebenfalls von Rust angeworbene Augsburger Geistliche Otto Friedrich Hörner191 erbot sich von Beginn an, „unter andern die Gesellschaft mit Gliedern zu vermehren oder dazu an meinem geringen Theile etwas beytragen zu können“.192 Als Verfasser eines Gelehrtenlexikons für Schwaben verfügte er über weitreichende Kontakte im süddeutschen Raum und hatte Rust zugleich ein Vorbild für des-
|| 186 Köselitz muss einen ausgedehnten Briefwechsel im Sinne der Gesellschaft unterhalten haben, da er im Gegenzug von regelmäßigen Beiträgen für die gesellschaftliche Bibliothek befreit war. – Vgl. ALB BB 10721, f. 35. 187 Köselitz an Rust, den 13. März 1762, ebd. 10739, f. 113f. 188 Vgl. DBA I 808, 437. 189 Vgl. zu Korhammer: Register zur Matrikel der Universität Erlangen 1743–1843. Bearb. v. Karl Wagner. Würzburg 1918, S. 97; zu Kaltenbeck: Landeskirchliches Archiv der EvangelischLutherischen Kirche in Bayern, Vorarbeiten zum Pfarrerbuch der Grafschaft Wolfstein. – Freundliche Auskunft vom 13. Februar 2009. 190 Diese bestand zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen noch als „Gesellschaft der schönen Wissenschaften“. Vgl. zu ihrer Geschichte in dieser Phase Sieglinde Graf: Die Gesellschaft der schönen Wissenschaften zu Oettingen am Inn (1765–1769). Eine Studie zur Aufklärung in Bayern. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte 46 (1983), S. 81–137. 191 Eine wissenschaftliche Biographie Hörners fehlt. Vgl. zu ihm DBA I 549, 327–330. 192 Hörner an Rust, den 25. November 1777, ALB BB 10719, f. 20.
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sen Anhaltisches Schriftstellerlexikon geliefert.193 Schwerpunkt seiner Werbungen waren die süddeutschen Reichsstädte und Württemberg, wo er in erster Linie Geistliche, Schulmänner und Professoren zur Aufnahme vorschlug. Das Netzwerk, das so entstanden war, verdankte sich also nur zu einem geringen Teil direkt den Bemühungen in Bernburg. Die meisten Ehrenmitglieder fanden nicht durch unmittelbaren persönlichen Kontakt oder Briefwechsel mit den Vorsitzenden, sondern über sekundäre oder gar tertiäre Kontakte den Weg in eine Gesellschaft, von der sie häufig erst im Kontext ihrer Aufnahme gehört hatten. Wie repräsentativ dieser Befund ist, lässt sich mangels ähnlich auskunftsfreudiger Quellencorpora zu anderen Gesellschaften nicht mit Sicherheit sagen. Gleiche Mechanismen zeichnen sich in Umrissen jedenfalls bei der Deutschen Gesellschaft in Greifswald ab. Für sie wirkte Jacques de Perard, Prediger der hugenottischen Gemeinde in Stettin.194 Er vermittelte unter anderem den polnischen Geistlichen Joseph Andreas Załuski,195 den Kardinal Angelo Maria Quirini196 und Albrecht von Haller197 an die Greifswalder Sozietät, während er für die Greifswalder Mitglieder Anna Christina Ehrenfried von Balthasar und Johann Carl Dähnert Aufnahmen in die Teutsche Gesellschaft Jena empfahl.198
|| 193 Vgl. Hörner an Georg Theodor Strobel, den 1. März 1777: „Mein Schwäbisch Lexikon hat Hr. Archivarius Rust in Anhalt (wie ehe Hr. J. Moser in Absicht auf Würtemberg) in Absicht auf sein Vaterland nachgeahmt.“ – Anton Ruland: Zur Geschichte der Italiänischen Uebersetzung von Melanchthonis Loci theologici. In: Serapeum. Zeitschrift für Bibliothekwissenschaft, Handschriftenkunde und Ältere Litteratur 18 (1857), S. 236. 194 Vgl. zu seinen Aktivitäten in den Sozietäten der Aufklärung Pierre-Yves Beaurepaire: „J’étais trop communicatif“: Jacques Perard (1713–1766), un Européen au siècle des Lumières. URL: http://www.academia.edu/2315636/_J%C3%A9tais_trop_communicatif_._Jacques_P%C3%A9rar d_1713-1766_un_Euop%C3%A9en_au_si%C3%A8cle_des_Lumi%C3%A8res [13.11.2018], dort auch eine Kartierung seiner Mitgliedschaften; Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 144–147. 195 Vgl. Heinz Lemke: Die Brüder Załuski und ihre Beziehungen zu Gelehrten in Deutschland und Danzig. Studien zur polnischen Frühaufklärung. Berlin 1958, S. 133. Perard vermittelte ihm auch eine Mitgliedschaft in der Teutschen Gesellschaft Jena. 196 Vgl. zu dessen Kontakten Pierre-Yves Beaurepaire: Can Erudite Friendship Break down Interconfessional Barriers and Promote Ecumenical Dialogue? The Case of the Correspondence of Cardinal Querini, Bishop of Brescia, with the Pastors of the French Reformed Churches of Prussia in the Eighteenth Century. In: Ders., Katsumi Fukasawa u. Benjamin J. Kaplan (Hg.): Religious Interactions in Europe and the Mediterranean World. Coexistence and Dialogue from the Twelfth to the Twentieth Centuries. London 2017, S. 153–162. 197 Vgl. den Brief Perards an Albrecht von Haller vom 31. August 1750, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller 105.46. 198 Vgl. Andreas Erb: Art. Anna Christina Ehrenfried von Balthasar. In: Dirk Alvermann u. Nils Jörn (Hg.): Biographisches Lexikon für Pommern. Bd. 3. Köln, Weimar u. Wien 2019, S. 27–31.
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Fehlte eine ausdrückliche Empfehlung, musste ein Kandidat sich selbst empfehlen. Nur den wenigsten dürfte es gereicht haben, mit einschlägigen Publikationen hervorzutreten und auf eine Ernennung zu warten. Gerne half man nach, indem man eigene Publikationen der Gesellschaft übermittelte, ganz so wie Johann Jakob Bodmer, der Gottsched zwei Gelegenheitsgedichte über das mit ihm korrespondierende Gesellschaftsmitglied Johann Georg Schelhorn zukommen ließ.199 Auch Karl Heinrich Lange in Lübeck sandte der Jenaer Gesellschaft häufig seine Werke ein, worauf ihn die Gesellschaft zum Mitglied erklärte.200 Für auswärtige und Ehrenmitglieder fehlten somit auf weiter Strecke Mechanismen, die eine hinreichende Prüfung der Eignung des Kandidaten ermöglichten. Faktisches Kriterium einer Aufnahme war nicht allein ein guter Ruf in der Gelehrtenrepublik.201 Häufig genug produzierten die Netzwerke der Mitgliedschaftsbörsen Aufnahmen von Personen, deren ‚Qualifikation‘ vorrangig in der Zugehörigkeit zu einem Netzwerk bestand, das von der Gelehrtenrepublik im engeren Sinne bis hin zu den städtischen und territorialstaatlichen Honoratiorenzirkeln reichen konnte. Dass potentielle Mitglieder von sich aus auf einen Beitritt verzichteten, konnte viele Gründe haben. Eine unbekannte Frau lehnte die Ernennung zum Mitglied der Deutschen Gesellschaft Helmstedt mit den Worten ab, „da ich nach der überzeugenden Erkänntnis, die ich von mir habe, diese Ehre als ganz unverdient ansehen muß“.202 Der Ballenstedter Oberprediger Johann Emanuel Focke hatte nach Sondierungen seines Diakons Christoph Georg Ludwig Meister hinsichtlich einer Aufnahme in die Bernburger Gesellschaft „keine Lust dazu verspürt und abgelehnt“.203 Prominentester Verweigerer war Friedrich von Hagedorn, der Gottscheds Bemühungen um seinen Eintritt in Leipzig abwehrte, da er in London zu sehr den Gefahren der Sprachmengerei ausgesetzt sei und zu wenig Zeit zum Schreiben habe.204 Abfällige Äußerungen Hagedorns über die
|| 199 Vgl. Johann Jakob Bodmer an Johann Georg Schelhorn, den 19. März 1735. In: D. Johann Georg Schelhorn’s Briefwechsel. Hg. v. Friedrich Braun. München 1930, S. 574. 200 ThULB, Ms. Prov. q. 78, f. 75. 201 Vgl. zur Problematisierung dieses Begriffs Herbert Jaumann: Respublica litteraria/Republic of Letters. Concepts and Perspectives of Research. In: Ders. (Hg.): Die Europäische Gelehrtenrepublik im Zeitalter des Konfessionalismus. Wiesbaden 2001, S. 11–19. 202 Schreiben einer Frau an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 14. November 1749, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 16f. Die Unterschriftszeile ist abgerissen, lediglich „Dienerin …ten“ ist erkennbar. 203 Protokolleintrag vom 23. Mai 1764, LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 25. 204 Vgl. Friedrich von Hagedorn an Johann Christoph Gottsched, den 19. November 1730. In: Friedrich von Hagedorn: Briefe. Hg. v. Horst Gronemeyer. Bd. 1. Berlin u. New York 1997, S. 17f.
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Leipziger Sozietät in anderen Kontexten legen indes nahe, seine Ablehnung als Zeichen seiner Abneigung zu sehen.205 Da seitens der Erwählten nur selten Gründe bestanden, eine solche Mitgliedschaft abzulehnen, war einer Inflation solcher Mitgliedschaftsernennungen Tür und Tor geöffnet, und es war nicht nur die Bernburger Sozietät, die durch diese Tür auch ging. Rekordhalter dürfte die Göttinger Deutsche Gesellschaft sein, die am 8. November 1749 gleich 16 Personen zu Ehrenmitgliedern ernannte.206 In Altdorf stand man ihr zehn Jahre später mit zwölf Ehrenmitgliedern nur wenig nach,207 Erlangen nahm im gleichen Jahr an einem Tag neun Professoren der eigenen Lehranstalt auf.208 Ähnliches beobachtete der Theologe und Kirchenlieddichter Johann Joachim Spalding in Greifswald: […] es ward eine junge Fräulein von Balthasar zum Mitgliede und auf Perards Vorschlag auch der Cardinal Quirini, der Graf Zaluski, der Herr von Bielefeld, Formey, unser Maaß etc. aufgenommen. Hätten Sie mich durch ihr längeres Stillschweigen böse gemacht, so hätt’ ich Sie zugleich auch aufnehmen lassen.209
Der Spott, den er gegenüber seinem Briefpartner Gleim über diese Aufnahmepraxis ausgoss, spiegelte nur eine Kritik, die die Sozietäten teils von den Geehrten selbst über sich ergehen lassen mussten. Joseph von Petrasch bescheinigte der Altdorfer Gesellschaft in seiner Antwort auf die unverhoffte Aufnahme, sie sei demnach darin zu bedauren, daß, da alle berühmte Gesellschaften, folglich auch die ihrige, sonst vornehmlich darauf bedacht sind eher wenige und sonderbare Männer mit dem Vorzug ihres ansehnlichen Besitzes zu beehren, als eine ungeprüfte große Anzahl mittelmäßiger Geister der Welt darzustellen [...].210
In den Gesellschaften selbst gab es schon früh Diskussionen um die Praktiken der Aufnahme sowohl der ordentlichen als auch der externen Mitglieder. Ver-
|| 205 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 229. 206 Vgl. Protokolleintrag vom 8. November 1749, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 231f. 207 Vgl. Protokolleintrag vom 16. Februar 1759, UB Erlangen, B 177. Selbst ein wohlwollender Biograph Wills urteilte später, dass „man bey Aufnahme neuer Mitglieder vielleicht zu gefällig war“. – Kiefhaber: Leben und Verdienste Georg Andreas Will’s, S. 27, Anm. *. 208 Insgesamt waren achtzehn Professoren Ehrenmitglieder der Deutschen Gesellschaft an ihrem Tätigkeitsort Erlangen. – Vgl. Olaf Willet: Sozialgeschichte Erlanger Professoren. Göttingen 2001, S. 305. 209 Johann Joachim Spalding an Gleim, 16. Juli 1750. In: Johann Joachim Spalding: Briefe. Hg. v. Albrecht Beutel u. Olga Söntgerath. Tübingen 2018, S. 79. 210 Joseph von Petrasch an die Deutsche Gesellschaft Altdorf, den 18. Februar 1763, UB Erlangen, Ms 1880.
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fechter einer weitherzigen Aufnahmepolitik konnten höhere Mitgliederzahlen und damit ein Mehr an Reputation und Einnahmen ins Feld führen, wie es in der Leipziger Deutschen Gesellschaft der Ehrenpräsident Mosheim riet: „Sind die Leute nur einigermassen geschickt, so ists besser, daß man sie aufnehme, als abweise. Je stärcker die Anzahl der äusserlichen Mittglieder, je mehr wird sich, meines wenigen Erachtens, die Ehre und der Ruhm der Gesellschafft ausbreiten und fester setzen.“211 Ob die bloße Zahl an Mitgliedern dem Ruf wirklich so förderlich sei, musste Mosheim vier Jahre später allerdings selbst relativieren: „Es ist, meines Erachtens, gar nicht rathsam, daß alle, die sich zu MitGliedern der Deutschen Gesellschaft angeben, in dieselbe aufgenommen werden. Die Sache würde dadurch allgemählig verächtlich werden.“212 Adressiert waren beide Schreiben an Gottsched, der ihn regelmäßig über seine Aufnahmepläne informierte. Der Leipziger Senior war seinerseits daran interessiert, zahlreiche Mitglieder in Deutsche Gesellschaften aufzunehmen und als seine Anhänger verbuchen zu können. Die vorsichtige Ernennungspraxis seines Korrespondenzpartners Cölestin Christian Flottwell in Königsberg kritisierte er: Daß die Königsb. deutsche Gesellschaft so gewissenhaft, in Vergebung ihrer Stellen ist, ist zwar sehr gut; allein wie? […] Ich dächte Männern, die schon in öffentlichen Bedienungen stehen, und sonst lustbezeigten Glieder der Gesellschaft zu werden, kann man auch ohne Proben dazu machen. So hat es wenigsten die hiesige Gesellschaft gemacht, als ich noch ihr Vorsteher war.213
Abschließend zu entscheiden waren solche Diskussionen weder in Grundsatzdebatten ihrer Protagonisten noch in der alltäglichen Aufnahmepraxis vor Ort. Dort flammten diese Kontroversen immer dann auf, wenn die geringen sprachlich-literarischen Qualitäten des studentischen Probanden auffielen. So wetterte der Helmstedter Jurastudent Johann Friedrich Gebhard Zenk, „allein ich weiß nicht, weswegen man bei einem so schlechtgerathenen und elenden Stücke, mit dem Se. Hochwohlgeb. Herr Franz Jacob von Cramm, uns zu beehren es gewagt hat, die Augen gantzlich zu schließen soll“.214 Eine Aufnahme allein zur Ver-
|| 211 Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 22. April 1733. In: GBW 2, S. 427. 212 Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 2. Oktober 1737. In: GBW 4, S. 466f. 213 Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 28. Juli 1745. In: GBW 10, S. 510. 214 Eintrag von Johann Friedrich Gebhard Zenk in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt vom 20. Februar 1768, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 150f.
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mehrung der Mitgliederzahlen lehne er ab, andernfalls könne man die Probeschriften ja gleich erlassen. Solchen Stimmen standen moderatere Töne gegenüber, wie sie bei der Aufnahme eines der Gebrüder Gans zu Putlitz anklangen. Dieser reichte eine Probeschrift ein, die von vielen Mitgliedern als mangelhaft gerügt wurde; damit stand die Ablehnung eines adeligen Bewerbers im Raum. Eine Randbemerkung lautete dagegen: „Darin kann ich nicht willigen. [...] Die Gesellschaft ist zu dem Ende gestiftet, daß junge Leute die zu denen schönen Wissenschaften Lust bezeugen sich noch erst zu üben Gelegenheit haben mögen.“215 Es ist gewiss in Rechnung zu stellen, dass die Gesellschaft hier einem Adeligen über die von ihr selbst aufgestellten Hürden hinweg helfen wollte, um einen Eklat zu vermeiden. Das Argument, dass die meist studentischen Anwärter auf eine Mitgliedschaft nun einmal weit eher Lehrlinge als Meister waren, konnte zugleich schwer von der Hand gewiesen werden. Erneut prallten 1782 die Positionen aufeinander, als man die Variante diskutierte, die in Helmstedt ansässigen Mitglieder in ordentliche und außerordentliche je nach ihrer sprachlichen Reife einzuteilen. Der gesellschaftliche Aufseher Johann Karl Christoph Ferber sah eine solche Teilung als demotivierend für die dringend benötigten Eintrittswilligen an: Der Unterschied zwischen ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern mögte wohl der kürzeste Weg seyn, das Institut seinem völligen Untergang näher zu bringen. Wie wenige seit einigen Jahren Neigung gehabt, in unsere Gesellschaft zu treten, ist leider bekannt. [...] Wer würde aber alsdem noch Lust haben unter der Bedingung in die Gesellschaft zu treten, daß er vor erst ein außerordentliches Mitglied werde, und vielleicht, so lange er hier studiert, bleiben müsse; daß er von dem Vorrechte, eine öffentliche Rede zu halten, und die Arbeiten anderer zu beurtheilen ausgeschlossen seyn solle?216
Der Theologiestudent und Gesellschaftssekretär Johann Otto Thiess konterte: Wie soll einer von dem andern lernen; wie soll sich einer dem andern nützlich machen; wenn eine so große Verschiedenheit statt finden darf, daß man bei dem einen und dem andern nur auf seinen guten Willen zu sehen hat? Auch das Ansehen des Instituts verliert auf eine solche Art natürlicher Weise. Eben daher, weil gerade ein ieder, der sich nur meldet, er sei und könne übrigens, wer und was er wolle, in die deutsche Gesellschaft aufgenommen wird, und weil es daher auch Mitglieder gegeben hat, die sich und die Gesellschaft durch ihren guten Willen lächerlich gemacht haben, eben daher rührt es, daß nicht ein ieder, der sich etwas mehr als eines bloßen guten Willens bewusst ist, in eine solche
|| 215 Vgl. den Eintrag in einem Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, 1761, ebd., Cod. Guelf. 356 Novi, f. 143. 216 Eintrag Johann Karl Christoph Ferbers in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, um 1782, ebd., f. 377.
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Gesellschaft eintreten mag, und daß die Gesellschaft bei vielen, ich möchte fast sagen den mehresten der hier Studierenden, und vielleicht auch nicht ohne Grund, in keiner sonderlichen Achtung steht.217
Der gute Wille also war als Argument häufig in Gebrauch, ließ sich aber ebenso gut als das Gegenteil guten Handelns in Szene setzen, das die Reputation einer Deutschen Gesellschaft schnell untergraben konnte. In diesen Fällen standen sich die in den Augen vieler Mitglieder geringen sprachlich-literarische Qualitäten des Probanden und das persönliche oder gesellschaftliche Interesse an einer Aufnahme gegenüber. Eine klare Linie wurde nicht gefunden und war aufgrund wechselnder Aufnahmekonstellationen auch nicht zu finden. Die Entscheidungen fielen fallbezogen und orientierten sich häufig an den Persönlichkeiten der Vorgeschlagenen und Vorschlagenden. Für Bewerber von außen stellte sich eine Bewerbung als ein Spiel mit offenem und nicht kalkulierbarem Ausgang dar. Besonders deutlich musste dies Peter Wolfter erfahren, der seinerseits in Göttingen Mitglied geworden war218 und nun auf eine Aufnahme in Mannheim ansuchte. Dort wies man seiner Probeschrift nach, dass es sich lediglich um eine Übersetzung aus dem Französischen handelte, und wählte ihn nicht.219 Für durchgefallene Bewerber konnten solche Wahlergebnisse eine empfindliche Verletzung darstellen. Trotz eines satzungsmäßig geregelten Aufnahmeverfahrens blieb es für die Aspiranten brisant, sich initiativ um eine Mitgliedschaft zu bewerben, da Verschwiegenheit zwar behauptet, in den vor Ort überschaubaren Milieus aber keineswegs garantiert war, so dass die Aspirantin Anna Elisabeth von Brinken etwa sich in Helmstedt durch eine Indiskretion bloßgestellt sah.220 || 217 Eintrag von Johann Otto Thiess in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, um 1782, ebd. 218 Peter Wolfter wurde am 18. Juni 1781 in die Deutsche Gesellschaft in Göttingen aufgenommen, nachdem er sich dort mit zwei Schreiben beworben hatte. – Vgl. SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 4g, f. 14–18. 219 Vgl. Protokolleintrag vom 30. September 1783, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 13: „Dies würde aber nicht hindern Herrn Wolfter einigen Anspruch auf die Aufnahme in die deutsche Gesellschaft zuzugestehen, wenn die Übersezung gut gerathen wäre. Das Gegentheil fiel aber zu offenbar in die Augen. Der Verfasser wurde einstimmig von der Wahl ausgeschloßen.“ 220 Vgl. Anna Elisabeth von Brinken an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 25. März 1750, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 80f.: „Denn, vor vier Wochen wurde ich von einigen meiner Anverwanten überredet, der deutschen Gesellschaft in Hellmstädt, einige von meinen Gedichten zeigen zu lassen. Da ich nun zu der Bewerkstelligung dieser Sache, meinem Vettern, den Studiosum von Brinken, ersahe, so hat auch derselbe den Sekretär Hr. Nissenius, meine, im zu dem Ende, übersandte Schrifften geliefert, aber wider meinen Willen, zu gleich meinen Nah-
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Grundsätzlicher ging die Deutsche Gesellschaft in Mannheim das Problem an, als namhaften Schauspielern des Mannheimer Nationaltheaters nach längeren Kontroversen die Aufnahme verweigert wurde. Das Protokoll konstatierte: Die Art der gesellschaftlichen Wahlen neuer Mitglieder war bisher sehr unangenehmen Folgen ausgesetzt. Nach derselben kann der verdienstvollste Mann, ohne daß ers verlangt, in Anschlag gebracht, verworfen, und also vor dem Publikum mit unverdientem Unglimpfe durch uns behandelt werden. Eine Art zu wählen und nicht zu wählen, ohne zu verwerfen, wäre freilich erwünschlicher, als unsere gewöhnliche, besonders wenn sie noch mit unsern Gesetzen übereinstimmte.221
Man wählte einen Modus, nach dem angesichts einer konstant zu haltenden Zahl ordentlicher Mitglieder die nachrückenden Mitglieder aus mehreren Bewerbern ausgewählt werden sollten, wobei dem Zweitplatzierten die Kandidatur für die folgende Wahl eingeräumt wurde. Die Einrichtung sey ungefehr so, daß, wie bei anderen Akademien eine solche Zahl Mitglieder bestimmt werde, damit bei Erledigung eines Platzes unter mehrern Concurrenten einer gewählt werde. Dies wäre alsdann gleichsam ein Preis der Ehre, der Wetteifer erwekte, und wodurch, indem einer den Vorzug erhielt, die andern nicht durch Verwerfung verunglimpft würden, vielmehr eine Art Accessit, und hätten Hoffnung zu einer andern Zeit gewählt zu werden.222
Eine direkte und offene Verwerfung eines Beitrittskandidaten erschien so ausgeschlossen, während für auswärtige Mitglieder ein Drittel der Stimmen als hinreichend bestimmt wurde. Umgesetzt scheinen diese Bestimmungen allerdings nicht geworden zu sein, da auch weiterhin Mitgliedsaufnahmen ohne Kontingentierungen erfolgten. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Statuten und Praktiken der Deutschen Gesellschaften dem Ziel verpflichtet waren, den Gelehrtenstand zu reformieren.
|| men, von sich, erzwingen lassen. Darnach habe ich erfahren, daß mein Gedichte, an den gehörigen Orthe, verlesen sind, und daß mein Nahmen, dabei gar dreiste, bekand gemacht worden; ferner aber kann ich keinen Entschluß von der preiswürdigen Gesellschaft, meinentwegen, in Erfahrung bringen. Ob ich nun so wohl in der deutschen Sprache, als in der Dichtkunst, mich als eine schwache Schülerin zu betrachten habe, so erkenne ich mich doch, gegen mir selbst verpflichtet, bei Ew. Hochwürdige Magnificence, meine einzige Zuflucht zu nehmen, und mich hiedurch gehorsamst zu erkundigen, ob meine Gedichte etwas zu mager gewesen, darauf zu achten, oder, ob die zu frühzeitige Entdeckung meines Nahmens, meinem, vielleicht da seienden heimligen Feinden, Gelegenheit gegeben hat, durch eine listige, und strafbahre Hintertreibung meines Verlangens, mir ein schädliges Nachtheil zu erwekken.“ 221 Protokolleintrag vom 18. Februar 1786, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 4, f. 7. 222 Protokolleintrag vom 25. Februar 1786, ebd., f. 41.
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Die sonst fast völlig unbestimmten Zugangskriterien formulierten als zentrale Eintrittsbedingung eine Probeschrift als gelehrtes Gesellenstück, über dessen Qualität die Sozietät sich verständigen und damit zugleich die Höhe der Messlatte bestimmen konnte. Mit diesem kooptativen Verfahren schien eine Profilierung als gelehrte Gesellschaft auch dann erreichbar, wenn sich die Praktiken der Aufnahme angesichts geringer Kandidatenzahlen immer wieder mit Kompromissen zufriedengeben mussten. Als gelehrte Gesellschaften erwiesen sich die Deutschen Gesellschaften auch darin, dass ihre Rekrutierungsfelder und -methoden sich auf dem Terrain der Gelehrtenrepublik bewegten; war dieses für die ordentlichen Mitglieder vor allem die Hochschule mitsamt ihren Foren und Netzwerken vor Ort, nutzte man für die Anwerbung externer Mitglieder die gelehrten Korrespondenznetzwerke als Hebel. Verfahren also, Mitglieder für die eigene Gesellschaft zu gewinnen, ohne dabei in Beliebigkeit zu verfallen, hatte man geschaffen. Wie aber stand es um das Ergebnis dieser Verfahrensweisen? Welche Personen fanden ihren Weg durch diese Kanäle? Eine Antwort versucht das folgende Kapitel zu geben.
3.3 Die Mitgliederschaft 3.3.1 Größe und Frequenz Die deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit zu pflegen und auf diesem Weg den Gelehrtenstand zu erneuern, war nicht als Werk Einzelner angelegt. Es bedurfte vieler Mitstreiter, die man am effektivsten an sich band, wenn man sie zu Mitgliedern machte. Die Gefahr allerdings, durch zu viele Mitglieder den Überblick im gesellschaftlichen Alltag zu verlieren und das gesellschaftliche Anliegen zu verwässern, wurde immer gesehen, weshalb neben den oben skizzierten Aufnahmeverfahren manche Sozietäten die Zahl ihrer Mitglieder von vornherein kontingentierten. Dies ist besonders in den Anfangsphasen der Deutschen Gesellschaften zu beobachten. Das Görlitzische Collegium Poeticum war schon dadurch in seiner Mitgliederzahl eingeschränkt, dass es nur Absolventen des Görlitzer Gymnasiums akzeptierte. Die Ausgangssatzung der Teutschen Gesellschaft Jena von 1728, die später mehrere hundert Mitglieder zählte, wollte ihren Kreis nicht über acht Mitglieder stark wissen,223 in Annaberg sollten
|| 223 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft Jena, Fassung vom 31. Juli 1728, abgedruckt bei Marwinski: Fabricius, S. 22, § 1. In der Satzung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig findet sich keine entsprechende Festlegung.
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es nicht mehr als sechs Mitglieder sein.224 Ähnlich beschränkte man sich in Danzig auf sieben Gymnasiasten; dem neu eingetretenen Daniel Gralath verkündete das Mitglied Christian Bernhard Bücher: „Die Gesellschaft sieht nicht auf Vermehrung sondern auf Besetzung durch solche Glieder, die ein besonderer Verstand und Gelehrsamkeit auszeichnet.“225 In diesen und anderen Fällen226 dürfte dies durch den Charakter eines Freundeszirkels mitbedingt gewesen sein. In Jena rückte man schon 1730 von einer Kontingentierung ab und sprach von „so vielen ordentlichen und ausserordentlichen Mitgliedern, als die Gesellschaft vor gut befinden wird“.227 Diesen Weg haben die meisten Deutschen Gesellschaften beschritten und sich keine Beschränkungen auferlegt. Sie verankerten dies auch in ihren Satzungen228 oder verkündeten es ihrem Umfeld.229 Einen Überblick über die Mitglieder zu besitzen, war organisatorisch und fiskalisch unerlässlich. Nur so konnten Umläufe auf den Weg gebracht, Einladungen ausgesprochen oder ausstehende Beiträge eingetrieben werden. Als Johann Friedrich Scholz 1755 sein Amt als Sekretär in Helmstedt antrat, nahm er als eine der ersten Amtshandlungen ein brauchbares Mitgliederverzeichnis in Angriff.230 In den gesellschaftlichen Archiven finden sich aus diesen Erwägungen zahlreiche Mitgliederlisten.231 Da eine hohe Mitgliederzahl zugleich als werbewirksamer Ausweis eines florierenden Gesellschaftslebens gelten konnte, haben zahlreiche Sozietäten ihre Mitgliederverzeichnisse publiziert.232 Potentiel|| 224 Vgl. die Statuten der Deutschen Gesellschaft in Annaberg, zit. nach: Spieß: Unterrichtsweise des Lyceums zu Annaberg, S. 20, Anm. *. Dort allerdings wird auch die Möglichkeit eröffnet, ‚überzählige‘ Kandidaten zu außerordentlichen Mitgliedern zu ernennen. Ob und inwieweit davon Gebrauch gemacht wurde, lässt sich mangels Quellen nicht sagen. 225 Zit. nach: Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 40. 226 Eine Begrenzung der Mitgliederzahlen scheint auch in der Deutschen Privatgesellschaft in Heidelberg bestanden zu haben, obwohl „die würdigsten Kandidaten das Konsortium des Instituts ambirten“. – Johann Wolfgang Helmes: Pinselstriche zur Charakteristik der deutschen Privatgesellschaft zu Heidelberg, zit. nach: Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 83, Anm. II. 227 Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 26, Art. II. 228 Vgl. bspw. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 16, § 7; Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 12, § 3; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § X. 229 „Die Gesellschaft ist an keine Zahl gebunden, und wird sich mit anwesenden Gliedern gern vermehren, so sich tüchtige dazu darstellen.“ – Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26. 230 Vgl. den Eintrag von Johann Friedrich Scholz im Zirkular von 1755, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 149. 231 Vgl. die Übersicht im Anhang. 232 Vgl. ebd.
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len Kandidaten verschafften sie damit zugleich den Anreiz, den eigenen Namen ‚in guter Gesellschaft‘ gedruckt zu sehen.233 Aufgrund dieser Praktiken liegt für viele Gesellschaften eine gute Übersicht zu Zahl und Identität ihrer Mitglieder vor, auf deren Basis die folgenden Analysen zu ihrer Größe und Zusammensetzung beruhen. Nach derzeitigem Kenntnisstand sind 2821 Mitglieder namentlich bekannt.234 Da viele Mitglieder zwei oder mehr Gesellschaften angehörten, liegen Angaben zu 3319 Mitgliedschaften vor, die sich auf die Jahre von 1697 bis 1809 in Zehnjahresschnitten wie folgt verteilen:
Zu beobachten sind mehrere Dinge. Sowohl die Zahl der Gründungen als auch die der Beitritte steigen zur Jahrhundertmitte hin an und gehen im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts fast auf Null zurück, wobei die Gründungen früher als die Beitritte ansteigen und abfallen.235 Der hohe Ausschlag der Kurve zur Jahrhundertmitte zeigt einen Höhepunkt der Bewegung an, hängt aber mit der Verteilung der Beitrittszahlen auf unterschiedliche Formen der Mitgliedschaft zusammen. Trennt man die vor Ort aktiven Mitgliedern von den auswärtigen und Ehrenmitgliedern, ergibt sich folgendes Bild:
|| 233 Vgl. dazu Kap. 3.1 Motive. 234 Nicht in die Datenbank aufgenommen wurden abgewiesene Kandidaten um eine Mitgliedschaft, gegen deren Einbeziehung neben ihrer Nichtzugehörigkeit auch erhebliche prosopographische Schwierigkeiten bei deren Identifizierung sprechen. Dass eine gestaffelte Einbeziehung dieser Gruppe bei entsprechender Quellenlage aufschlussreich sein kann, erweist die Analyse bei Fleßenkämper: Considerations – Encouragements – Improvements, S. 128–164. 235 Dies hängt v.a. damit zusammen, dass zahlreiche Gründungen der 1730er und 1740er Jahre nur wenig namentlich bekannte Mitglieder aufzuweisen haben.
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Wenn man die Entwicklung der ordentlichen Mitglieder betrachtet, nimmt die Kurve zwar eine auf die Jahrzehnte verteilt ähnliche Auf- und Abwärtsbewegung, flacht jedoch gerade bei den Höchstwerten um die Jahrhundertmitte viel stärker ab als in den ersten und letzten Jahrzehnten. Deutlich wird, dass die hohen Aufnahmezahlen der 1740er bis 1760er Jahre weit überproportional auf die Praxis der Ernennung von auswärtigen und Ehrenmitgliedern zurückgehen.236 Wie aber verteilten sich diese Mitgliederzahlen auf die einzelnen Gesellschaften? Die folgende Tabelle gibt, von der mitgliederstärksten Gesellschaft abwärts, die Zahl der namentlich bekannten Mitglieder pro Sozietät wieder: Namentlich bekannte Mitgliedschaften / Sozietäten Anzahl Mitglieder Gesellschaftsname
Sitz
604 Königliche Deutsche Gesellschaft
Göttingen
484 Teutsche Gesellschaft
Jena
344 Herzogliche Deutsche Gesellschaft
Helmstedt
337 Deutsche Gesellschaft
Leipzig
315 Königliche Deutsche Gesellschaft
Königsberg
256 Deutsche Gesellschaft
Altdorf
173 Bremische Deutsche Gesellschaft
Bremen
134 Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft
Bernburg
112 Königlich Deutsche Gesellschaft
Greifswald
|| 236 Vgl. zu den Ehrenmitgliedern die Kap. 2.1.3 Mitgliedschaftsstatus und 6.3 Protegieren.
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Namentlich bekannte Mitgliedschaften / Sozietäten Anzahl Mitglieder Gesellschaftsname
Sitz
79 Teutsche Gesellschaft
Erlangen
77 Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft
Mannheim
45 Wachsende Deutsche Gesellschaft
Zürich
44 Deutsche Gesellschaft
Chemnitz
37 Vergnügte Deutsche Gesellschaft
Bern
34 Deutschübende Gesellschaft, gegr. 1756
Wittenberg
32 Deutsche Gesellschaft, gegr. 1775
Straßburg
30 Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit
Halle
26 Deutsche Privatgesellschaft
Altdorf
23 Deutsche Gesellschaft
Bern
23 Deutsche Gesellschaft der Freunde der schönen Wissenschaften
Halle
19 Deutsche Gesellschaft
Wien
12 Deutsche Gesellschaft
Basel
11 Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften
Danzig
10 Deutsche Gesellschaft
Gießen
9 Deutsche Gesellschaft, gegr. 1738
Wittenberg
8 Deutsche Gesellschaft
Frankfurt/Oder
8 Teutsch-übende Gesellschaft
Hamburg
7 Teutsche Privatgesellschaft
Heidelberg
5 Deutsche Gesellschaft
Schulpforta
5 Deutsche Gesellschaft, gegr. 1741
Straßburg
5 Gesellschaft zur Aufnahme der deutschen Sprache und der freien Künste
Hamburg
2 Deutsche Gesellschaft
Rinteln
2 Deutsche Gesellschaft
Kronstadt
2 Deutsche Gesellschaft
Karlsruhe
1 Deutsche Gesellschaft
Meißen
1 Deutsche Gesellschaft
Annaberg
1 Deutsche Gesellschaft
Marburg
1 Deutsche Gesellschaft
Preßburg
Dieses Zahlenmaterial kann nur Tendenzen wiedergeben und darf keinesfalls überinterpretiert werden, reflektiert es doch eine Mischung aus tatsächlicher
Die Mitgliederschaft | 217
Größe und zwischen den Sozietäten schwankendem Kenntnisstand.237 Weitgehend vollständige Mitgliederlisten lassen sich nur für die Teutschübende Gesellschaft in Hamburg sowie die Deutschen Gesellschaften in Bernburg und Mannheim, mit Einschränkungen auch für die Deutsche Gesellschaft in Altdorf annehmen. Nur gemutmaßt werden können die Mitgliederzahlen der schlecht dokumentierten gymnasialen Gründungen in Annaberg, Karlsruhe, Kronstadt, Meißen oder Preßburg. Dass in Chemnitz Johann Georg Hager zwölf Jahre nach Gründung 44 Mitglieder anführen konnte, berechtigt auch für diese Orte zur Annahme von weit mehr Mitgliedern – dies muss aber Spekulation bleiben. Ähnliches lässt sich für die Deutschen Gesellschaften in Marburg, Rinteln oder Frankfurt an der Oder auch dann unterstellen, wenn sie schon den Zeitgenossen weitgehend unbekannt blieben. Richtig wiedergegeben wird allerdings die enorme Spannbreite, die zwischen den Gesellschaften bestand. Viele der mit einstelligen oder niedrigen zweistelligen Mitgliederzahlen aufgeführten Gründungen dürften schon wegen ihrer kurzen Dauer in diesem Bereich verblieben sein, während gerade für die Gesellschaften mit mehreren hundert Mitgliedern noch nicht einmal in den Gesellschaften selbst präzise Kenntnisse über die eigene Mitgliederzahl vorlagen. Deutlich wird das Übergewicht des mittel- und norddeutschen Raumes nicht nur in der Anzahl und frühen Gründung der Sozietäten, sondern auch in deren Mitgliederzahlen; lediglich Nürnberg kann mit knapp 300 Mitgliedern der beiden Altdorfer Gesellschaften eine vergleichbare Mitgliederzahl aufweisen. Die angeführten Größenunterschiede zwischen den Gesellschaften begründeten natürlich eminente Unterschiede hinsichtlich ihres Bekanntheitsgrades und auch ihrer Wirkungsmöglichkeiten. Konstituierten sie ähnliche Unterschiede im gesellschaftlichen Alltag, der je nach Mitgliederzahl zwischen Massenbetrieb und intimem Zirkel oszillierte? Hierzu müssen zwei erhebliche Differenzierungen getroffen werden, die die absolute Mitgliederzahl auf die in einer konkreten Situation vor Ort wirkenden Personen zurückführen. Zum einen betrifft dies die Zahl der ordentlichen Mitglieder, die an den Sitzungen teilnehmen und die Gesellschaft mit Leben füllen konnten, was für die meisten auswärtigen und Ehrenmitgliedschaften nicht zutraf. Zum anderen ist natürlich die Dauer des Bestehens einer Sozietät in Rechnung zu stellen. Einer realistischen Schätzung der Alltagsstärke der einzelnen Sozietäten kommt man so in jedem Fall näher; es bleiben bei einer Zahl an ‚ordentlichen Mitgliedern pro Jahr des Bestehens‘ allerdings weitere Unschärfen, so die Einberechnung schlecht oder gar
|| 237 Vgl. die Einschätzung des jeweiligen Kenntnisstandes zu den einzelnen Sozietäten in der Einzelaufstellung im Anhang.
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nicht dokumentierter Jahrgänge oder die tatsächliche Dauer einer Mitgliedschaft von der Aufnahme bis zum Abschied. Offen ist außerdem, ob und inwiefern die Mitglieder ihren Verpflichtungen zur regelmäßigen Teilnahme nachkamen und ‚Karteileichen‘ nicht ein geschöntes Bild zeichnen. Im Folgenden sollen daher verschiedene Berechnungsmodelle diskutiert und mit den verfügbaren Quellen zum Sitzungsbesuch konfrontiert werden. Eine erste Annäherung ermöglichen die Durchschnittswerte, die man aus der Gesamtzahl der Eintritte ordentlicher Mitglieder und der Dauer ihres Bestehens gewinnen kann. Die im Anhang wiedergegebenen Diagramme zur Mitgliederentwicklung größerer Sozietäten liefern solche Zahlen, zeigen aber fast überall Überlieferungslücken zur Mitgliederentwicklung, die sich teils über Jahrzehnte erstrecken und das Gesamtbild erheblich verzerren können. Anhand der nachweisbaren Eintritte ordentlicher Mitglieder in den gut frequentierten und dokumentierten Sozietäten in Jena und Göttingen lässt sich diese Problematik sehr gut modellieren. Die Statistik für die Deutsche Gesellschaft in Göttingen ist in mehreren Hinsichten von der Quellenlage geprägt; ermöglicht für die Jahre bis zum Siebenjährigen Krieg eine vorhandene Matrikel ein recht genaues Bild, wird es für die nachfolgenden Jahre immer unvollständiger. Dass während des Krieges die gesellschaftliche Aktivität zeitweise zum Erliegen kam, ist aus anderen Quellen gesichert. Unter dem neuen Senior Abraham Gotthelf Kästner sind aus den Umläufen vereinzelt und unvollständig weitere Aufnahmen zu verzeichnen. Die letzten Jahre dagegen sind nur durch das formelle Ende dokumentiert, ohne dass klar wird, ob überhaupt noch Mitglieder aufgenommen wurden.
Ähnlich einzuschätzen sind die Zahlen für die Teutsche Gesellschaft Jena, die ebenfalls bis in die 1750er Jahre eine Matrikel führte, deren Mitgliedsaufnahmen danach aber nur sporadisch dokumentiert sind. Wenn Johann Ernst Basilius Wiedeburg anlässlich einer der letzten dokumentierten Neuaufnahmen 1777
Die Mitgliederschaft | 219
bemerkte, dass die Gesellschaft einem „auszehrenden Gerippe nicht unähnlich sah“,238 bezeugt dies den geringen Zuspruch, aber auch, dass er durchaus noch ein Auditorium ansprach, das in den überlieferten Mitgliedsdaten nicht mehr auffindbar ist.
Es bietet sich also an, die nur durch zusammenhangslose Funde mit Eintritten dokumentierten Perioden auszublenden und diejenigen Jahre in den Blick zu nehmen, zu denen eine dichte Überlieferung vorliegt. Diese Perioden indes können als Blütezeiten angesehen werden, in denen eine funktionierende Nachweisführung über die Mitglieder als Indiz einer mitgliederstarken und lebendigen Sozietät an einer stark frequentierten Hochschule gelten darf. Eine Fokussierung auf diese Zeiten liefert demnach Zahlen, die den tatsächlichen Durchschnitt über die Gesamtdauer des Bestehens einer Gesellschaft hinweg in schwer einzuschätzendem Umfang anhebt. Hält man sich diesen Umstand vor Augen, lassen sich für die beiden Gesellschaften Jena und Göttingen über einen Zeitraum von etwa zwanzig Jahren durchschnittlich 6,8 jährliche Eintritte für erstere und 11,6 jährliche Eintritte für letztere als verlässliche Werte für universitär orientierte und gut frequentierte Deutsche Gesellschaften benennen. Eine kleinere Universität wie Altdorf hingegen, deren Deutsche Gesellschaft ebenfalls hervorragend dokumentiert ist, bot ein wesentlich kleineres Rekrutierungsfeld; nach einer ersten Eintrittswelle von 25 Personen anlässlich der Gründung traten dort nur noch durchschnittlich 3,3 Mitglieder im Jahr ein.239 Will man allerdings die Stärke einer jeglichen Deut-
|| 238 Johann Ernst Basilius Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften auf Akademien bey der Aufnahme des Herrn von Utterodt in die jenaische teutsche Gesellschaft den 20. Dezember 1777. Jena 1777, S. 22. 239 Berechnet man das Gründungsjahr mit ein, handelt es sich um fünf Eintritte pro Jahr.
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schen Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt schätzen, ist es nicht damit getan, die jährlichen Zugänge aufzuaddieren. Sie müssen vielmehr in Beziehung gesetzt werden zur Zahl der Abgänge. Die fast lückenlose und kontinuierliche Dokumentation der Altdorfer Gesellschaft in ihren Protokollen und Mitgliederlisten erlaubt eine präzisere und eingehendere Analyse der Mitgliederbewegungen. Diese lassen eine schwierige Balance erahnen. Die hohe Zahl von zu Beginn Aufgenommenen berechtigte zwar zu Hoffnungen; da es sich aber großteils um Studenten handelte, zeichnete sich immer auch deren Abgang am Horizont ab. Häufig überwogen die Abgänge ordentlicher Mitglieder zahlenmäßig die der Neuaufnahmen,240 so dass das Fortbestehen der Gesellschaft mit zunehmender Dauer immer weniger von dem anfänglichen Mitgliederstamm zehren konnte.
Da nur von 43 der 63 aufgenommenen ordentlichen Mitglieder die Daten ihres Abgangs vorliegen und somit weitere ‚stille‘ Abgänge ohne protokollarisch festgehaltene Abschiedsrede einkalkuliert werden müssen, war es für das Weiterbestehen der Gesellschaft unabdingbar, regelmäßig neue Mitglieder anzuwerben. Die häufig zu beobachtende ‚Großzügigkeit‘ in der Aufnahmepolitik findet hierin eine weitere Begründung. Diese Diagnose bestätigt sich mit einem Wechsel in die Mitgliederperspektive. Deren Verbleib in der Gesellschaft war in aller Regel mit dem Verlassen der Hochschule ein Ende gesetzt. Ein Gegenstück zum Immatrikulationsdatum fehlt aber fast immer, und eine Berechnung der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer
|| 240 Die Zahlen zu Aufnahmen und Abgängen folgen den Protokollen der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 177, f. 2r–17v.
Die Mitgliederschaft | 221
an der Universität wird als sehr problematisch eingeschätzt.241 Einen Halt aber finden Berechnungen der Mitgliedschaftsdauer in den Protokollen, die bei 32 Mitgliedschaften und damit bei mehr als der Hälfte der Altdorfer Mitgliedschaften eine taggenaue Angabe ihrer Dauer erlauben:
Mitgliedschaftsdauer in Jahren
bis 1
1–2
2–3
3–4
4–5
über 5
Anzahl der Mitglieder
6
9
8
4
4
1
Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Mitgliedschaftsdauer von 2,28 Jahren. Die Zahlen für Altdorf ruhen so auf einer dichten Überlieferung, wie sehr aber können sie als repräsentativ gelten? Für die Gesellschaften in Göttingen, Helmstedt und Jena liegen zahlreiche verstreute datierte Abschiedsreden vor, die in Kombination mit dem Aufnahmedatum Orientierung über die Dauer der Mitgliedschaft geben können.242
Deutlich wird: Die Mitgliedschaften in den Deutschen Gesellschaften waren in ihrer Dauer eng an den Aufenthalt am Hochschulort gebunden und erstreckten sich daher nur über wenige Jahre, zumal nur die wenigsten unmittelbar nach der Immatrikulation einer Deutschen Gesellschaft beitraten. Wahrscheinlich
|| 241 Vgl. Uwe Alschner: Universitätsbesuch in Helmstedt 1576–1810. Modell einer Matrikelanalyse am Beispiel einer norddeutschen Universität. Braunschweig 1998, S. 26f. 242 In Göttingen sind es v.a. auf Basis der Protokolle 32 Mitgliedschaften, in Helmstedt v.a. auf Basis der von Grußendorf: Helmstedt, erstellten Mitgliederliste 114 Mitgliedschaften und in Jena v.a. auf Basis der Protokolle 90 Mitgliedschaften.
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müssen selbst diese Zahlen nach unten korrigiert werden, da sie hauptsächlich jene Mitglieder in den Blick nehmen, die ihre Mitgliedschaft ordnungsgemäß mit einer Abschiedsrede beendeten und nicht schon bald nach ihrem Eintritt mit dem Besuch der Sitzungen aufhörten. Der Göttinger Theologiestudent Christian Gottfried Ernst dürfte im Juni 1738 mit einer dreiundzwanzigtägigen Mitgliedschaft nur die dokumentierte Spitze eines Eisbergs kurzlebiger Mitgliedschaften gewesen sein.243 Eine punktuelle Bestätigung finden diese Berechnungen in einer Diskussion der Göttinger Sozietät über einen Erlass der Quartalsgelder für mehr als zweijährige Mitglieder, „weil es selten komme, daß einer zwei Jahre in der Gesellschaft gegenwärtig sey.“244 In Jena hingegen versuchte man, allzu kurzen Mitgliedschaften dadurch zu begegnen, dass die Aspiranten „zum wenigsten noch anderthalb Jahr auf hiesiger hohen Schule sich verweilen können“.245 Da eine solche Vorschrift unbewehrt war, dürfte sie angesichts einer in Jena üblichen Studiendauer von zwei bis zweieinhalb Jahren246 kaum wirksam geworden sein. Schwankungen der durchschnittlichen Mitgliedschaftsdauer innerhalb dieses eng gesetzten Rahmens sind gleichwohl zu beobachten:
Auffällig ist die lange Verweildauer in Helmstedt, die sich in erster Linie auf Helmstedter Dozenten wie Friedrich August Wiedeburg oder Johann Heinrich
|| 243 Christian Gottfried Ernst aus Einbeck trat am 4. Juni 1738 in die Deutsche Gesellschaft ein und am 27. Juni 1738 wieder aus. – Vgl. Suchier: Mitglieder, S. 94, Nr. 11. 244 Protokolleintrag vom 23. März 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 110. 245 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 50. 246 Vgl. Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 152.
Die Mitgliederschaft | 223
Philipp Seidenstücker zurückführen lässt, die bereits als Studenten der Deutschen Gesellschaft beitraten und noch später in ihr Ämter wahrnahmen. Ähnlich gelagert sind die Fälle des späteren Amtsinhabers Caspar Jacob Huth in Jena und Erlangen sowie die der späteren Funktionsträger Johann Philipp Murray und Rudolf Wedekind in Göttingen. Bei allen Schwankungen tritt doch ein Problem der ordentlichen Mitgliedschaften an den Hochschulen deutlich zutage. Die davon betroffenen Deutschen Gesellschaften waren von hoher Fluktuation geprägt, ein größerer fester Mitgliederstamm, der allein ein mehrjähriges planvolles Agieren hätte ermöglichen können, existierte allenfalls auf der Ebene der Amtsträger. Länger andauernde und viele Arbeitskräfte fordernde gelehrte Projekte, wie Akademien sie in Angriff nahmen, waren für solche Gesellschaften schlicht undenkbar. Stattdessen war schon viel gewonnen, wenn einer Gesellschaft regelmäßig neue Mitglieder zugeführt werden konnten. Blieben diese aus, war bereits nach wenigen Jahren eine kritische Größe erreicht, die die Existenz der Gesellschaft infrage stellte. Die Deutschen Privatgesellschaften in Altdorf247 und Heidelberg oder die Vereinigungen in Schulpforta248 und Bern,249 die sich eher als institutionalisierte Freundeskreise betrachteten, hatten so denn auch nicht lange Bestand, denn sie waren auf keine längere Dauer ausgelegt als die des Verweilens ihrer jeweiligen Mitglieder an der Universität. Auch in Zürich „schwand dieser Zirkel durch den Hingang zur höhern Bildung […]. Alter, Veränderungen und Berufspflichten nöthigten auch uns, diesen einst fruchtbaren Baum […] gänzlich zu fällen“.250 Ein relativ schnelles Ende fanden allerdings auch viele Gesellschaften, die mit dem Anspruch auf ein dauerhafteres Wirken angetreten waren. Eine große Zahl von zum Gründungszeitpunkt eingetretenen Mitgliedern mochte gegenteilige Hoffnungen wecken, die Mitgliederentwicklung in den besser dokumentierten Deutschen Gesellschaften in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens zeigte jedoch, dass ein verheißungsvoller Anfang kein Selbstläufer war:
|| 247 Vgl. Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 315. 248 Vgl. Peter: Die Pflege der deutschen Poesie, S. 66. 249 Vgl. Vergnügte Deutsche Gesellschaft an Wachsende Deutsche Gesellschaft, den 13. Dezember 1745, ZB Zürich, Ms T 413b. 250 Johann Kaspar Hirzel: Die Gütleins- und Schnecken=Gesellschaft an die Zürcherische Hülfs=Gesellschaft. In: Fünfte Vorlesung vor der Zürcherischen Hülfs=Gesellschaft, am fünften Jahresfeste derselben. Zürich 1805, S. 56f.
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In allen Gesellschaften ist vielmehr ein deutlicher Abfall in der Zahl der Eintritte festzustellen, in der Regel wird schon mittelfristig nicht einmal mehr deren Hälfte erreicht. Auch und gerade die Anstiege der Eintritte in Göttingen251 und Helmstedt252 bestätigen dies; beide Deutschen Gesellschaften mussten bereits nach wenigen Jahren aufgeben und konnten erst nach einem zweiten Anlauf eine stetige Entwicklung nehmen. Möglicherweise trifft dies auch für die Wachsende Deutsche Gesellschaft in Zürich zu.253 Ausschlaggebend war, ob es den Leitern gelang, über ihre Lehrveranstaltungen, Tischgesellschaften und andere Kanäle kontinuierlich Mitglieder zu rekrutieren und einen regelmäßigen Sitzungsbetrieb zu installieren. Damit aber waren sie selbst Teil der strukturellen Instabilität, unter der die Deutschen Gesellschaften litten.254 Wechselten die leitenden Persönlichkeiten ihre Hochschu|| 251 Vgl. dazu die Darstellung von Rudolf Wedekind an den hannoverschen Großvogt vom 19. Februar 1748, UA Göttingen, Kur. 7536, f. 14: „Bei meiner Zurückkunft von Nordheim hieher, fund ich zwar den letzten Überrest der ganzen Gesellschaft: den Sekretär Hölty, mit 3 Mitgliedern: Schumann, Order und Seidler. Es waren aber fast in einem ganzen halben Jahre keine Zusammenkünfte mehr gehalten. In dieser Situation blieb sie noch ein volles halbes Jahr: und unter eben dieser Gestalt wurde sie mir beim Antritte meines Sekretariats auch überliefert.“ 252 Vgl. zu Helmstedt: Göttingische Zeitungen von Gelehrten Sachen. Stück 30 (1748), S. 240. 253 Vgl. Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 78. 254 So sorgte sich Johann Gottlieb Krause in einem Brief an Johann Christoph Gottsched vom 23. August 1733 über einen möglichen Weggang Gottscheds aus Leipzig: „Wie wird es aber alsdenn um die deutsche Gesellschaft stehen. Ich fürchte sehr, dieselbe werde gar eingehen, wenn sie ihre vornehmste Stütze und Zierde an ihrem bißherigen Seniore verlieren sollte; wo sie nicht durch dessen eigne Vorsorge mit einer Anzahl von geschickten Membris praesentibus versehen wird.“ – GBW 2, S. 491.
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le, bedeutete dies wie in Helmstedt mit Christian Ernst von Windheim255 oder in Wittenberg mit Friedrich Wilhelm Sartorius und Samuel Ephraim From256 einen Bruch, der das gesellschaftliche Weiterbestehen infrage stellte. In Rinteln waren offenbar die Abgänge von Johann Philipp Kahler und Johann Jakob Plitt in beiden Fällen für das Ende der dortigen Deutschen Gesellschaften verantwortlich.257 Gleiches könnte für die nach dem Wegzug des Orators Stephan von Closius aus Kronstadt nicht mehr nachweisbare dortige Gesellschaft und die von Johann Nicolaus Seip gegründete Marburger Sozietät gelten. In den bisherigen Überlegungen und Berechnungen zur Gesellschaftsgröße wurde von einer ‚Sollstärke‘ ausgegangen, die unterstellt, alle in die Matrikel eingetragenen ordentlichen Mitglieder seien während ihres Aufenthalts an der Hochschule zugleich regelmäßige Besucher der gesellschaftlichen Veranstaltungen gewesen. Schon wer sich die zahlreichen disziplinarischen Maßnahmen in Erinnerung ruft, muss Zweifel anmelden, ob die Mitglieder in der gewünschten Vollständigkeit zu den Sitzungen erschienen. Abraham Gotthelf Kästner fand es immerhin der Erwähnung wert, dass Johann Philipp Murray nie eine Sitzung der Göttinger Deutschen Gesellschaft versäumt hatte.258 Einen Faktor stellten sicher Reisen an den Heimatort dar, die im Juli 1738 in Göttingen den Ausfall einer Sitzung herbeiführten.259 Die Berner Vergnügte Deutsche Gesellschaft tagte in den Sommermonaten nur selten, da „ein jeder bey uns während dem Sommer unstät und flüchtig“260 sei. Durch pünktliche schriftliche Entschuldigungen glänzte der spätere romantische Dramatiker Zacharias Werner in Königsberg und gab beispielsweise „eine kleine Lustreise“ oder „äußerst hefti-
|| 255 „Allein der Abzug ihres Presidenten und Aufsehers, der vor einiger Zeit erfolgt, und von der Abreise vieler Mitglieder begleitet worden, hat derselben einen solchen Stos versetzt, daß sie bisher gleichsam in einer Ohnmacht gelegen.“ – Schreiben der Deutschen Gesellschaft Helmstedt an Christoph Timotheus Seidel, den 4. Januar 1747, StAW, 37 Alt 976. 256 Vgl. Wolfram Suchier: Die beiden Deutschen Gesellschaften in Wittenberg (1738/40 und 1756/84). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe VI/5 (1957), S. 832. 257 Vgl. Art. Johann Jakob Plitt. In: Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Bd. 9. Kassel 1797, S. 103. 258 Vgl. Abraham Gotthelf Kästner: Der Erinnerung Johann Philipp Murrays, ordentlichen Professors der Philosophie; Mitgliedes der Königlichen Societät der Wissenschaften, und der Königlichen Deutschen Gesellschaft, nach dessen den 12. Januar 1776 erfolgten Ableben, in einer Versammlung der Kön. Deutschen Gesellschaft gewidmet. Göttingen 1776, o.S. 259 „Weil viele von den Mitgliedern verreiset, ist heute keine Versammlung gehalten.“ – Protokolleintrag vom 25. Juli 1738, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 71. 260 Vgl. Vergnügte Deutsche Gesellschaft an Wachsende Deutsche Gesellschaft, 13. Dezember 1745, ZB Zürich, Ms T 413b.
226 | Beitreten
ger Zahnschmerz“ als Grund an.261 Dass er es „nicht für schicklich hielte, mit einem geschwollenen Gesichte zu erscheinen“,262 führte Matthias Claudius in Jena als Entschuldigungsgrund an. Nicht diese Abwesenheiten waren jedoch der Grund für schlecht besuchte Sitzungen und verärgerte Sitzungsleiter, Krankheit oder Reise waren vielmehr in manchen Satzungen als Hinderungsgrund ausdrücklich anerkannt.263 Es war weit eher die mangelnde Disziplin, die für spärlich besetzte Sitzungsräume und verärgerte Anwesende sorgte. Die Teutsche Gesellschaft in Jena hatte wiederholt mit Mangel an tätigen Mitgliedern zu kämpfen; so sind für das Spätjahr 1739 zahlreiche Sitzungsausfälle verzeichnet.264 Ihr Sekretär Johann Michael Keck monierte, „es verunehret unseren gesellschaftlichen Cörper, der bey der Ermangelung so vieler seiner Glieder mit einem verstümmelten Krüppel nicht unrecht verglichen werden kann“.265 Nur kurze Zeit später wiederholte der neue Senior Caspar Jacob Huth diese Vorhaltungen: „Unsere Vorfahren waren weit eifriger: und es ergeht uns fast wie der abnehmenden Kirche, die um so viel mehr der Reformation bedarf, je älter sie wird.“266 In beiden Diskussionen brachten die Jenaer Mitglieder Strafgelder als Regulativ ins Spiel, ohne dass das Problem aus der Welt geschaffen werden konnte. Gegen Ende der 1750er Jahre wetterte Carl Gotthelf Müller in einem Zirkular: „Wir haben am Sonnabend abermahlen eine Versammlung in unsrer Gesellschaft gehalten, welche zahlreich an leeren Stühlen aber desto entblöster an Mitgliedern war.“ Viele verhielten sich, als wäre die Gesellschaft ein Kränzgen, in der man kommen dürfte nach Belieben, auch nach eigenem Gutbefinden aus solchem weg bleiben. Unser sonstiger schöner Ruhm ist in Jena so weit verfallen, daß ich selbst gestehen muß, eine andere Gesellschaft übertrifft uns an Artigkeit und an Eifer ihrer Mitglieder gar sehr; und ich habe mir dieses in einer vornehmen Gesellschaft müssen vorwerfen lassen.267
|| 261 Zacharias Werner an die Deutsche Gesellschaft Königsberg, den 8. und 28. September 1790, zit. nach: Warda: Zacharias Werner. 262 Eintrag von Matthias Claudius in einem Zirkular Suckows vom 17. Oktober 1761, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 304. 263 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 13, § X; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XXII. 264 Vgl. Protokolleinträge von 1739, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 52r. 265 Zirkular Johann Michael Kecks, zweite Hälfte 1730er Jahre, ebd., Ms. Prov. f. 132 (10), f. 64. 266 Zirkular Huths vom 22. Januar 1741, ebd., Ms. Prov. f. 132 (10), f. 88. 267 Zirkular Karl Gotthelf Müllers vom 28. August 1759, ebd., f. 251. Mit der anderen Gesellschaft ist vermutlich die Lateinische Gesellschaft in Jena gemeint.
Die Mitgliederschaft | 227
In Müllers Unmut mischte sich der über den Niedergang der Gesellschaft und den Verlust an eigener Reputation mit jenem über den Mangel an Disziplin in der Mitgliederschaft. Andere Gesellschaften suchten einen geordneten Rückzug, indem man die Schlagzahl der Sitzungen senkte. Die Deutsche Gesellschaft in Altdorf streckte 1766 ihre Sitzungsfrequenz auf einmal monatlich,268 und diejenige in Straßburg beschloss nach häufigem Sitzungsausfall, „sich ohnfehlbar alle 14 Tage zu versammeln, u. nicht, als um dringender Ursachen willen, auszusetzen“.269 Die Klagen über faule und säumige Mitglieder lassen sich beliebig fortsetzen. Es liegt allerdings nahe, solche Klagen als vorübergehend und punktuell, als Ausdruck unangemessener Erwartungshaltungen oder als Ermunterungen mit dem Zeigefinger aufzufassen. Wenig hingegen lässt sich darüber sagen, wie viele Mitglieder tatsächlich fehlten, und mit wie vielen Mitgliedern Sitzungen regulär stattfanden. Wieder ist es Altdorf, dessen Protokolle die Abwesenheiten im ersten Jahr des Bestehens festhalten und Rückschlüsse erlauben. Die mit 25 Mitgliedern begonnene Sozietät verlor in diesem Zeitraum Philipp Michael Wolshofer, der unter die Soldaten ging,270 sowie Samuel Preu. Durchschnittlich fehlten 5,1 Mitglieder in den Sitzungen, wobei die Spanne von einer von allen Mitgliedern besuchten Eröffnungssitzung bis zu zwölf Abwesenden in der Sitzung nach Weihnachten reichte. Setzt man voraus, dass die nicht als fehlend vermerkten Mitglieder anwesend waren, dürfte also mit durchschnittlich fünfzehn bis zwanzig Sitzungsteilnehmern zu rechnen gewesen sein. Schon aufgrund der nachlassenden Neuaufnahmen freilich dürfte diese in den kommenden Jahren rapide gesunken sein. Aufschlussreich ist eine Ansprache von Friedrich August Wiedeburg an die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt vom Januar 1785. Zu dieser Sitzung kamen neun Teilnehmer, von denen fünf im vergangenen Jahr eingetreten waren, „mit welchem Zuwachse wir desto zufriedener sind, weil wir mehrern vielleicht nicht würden hinlänglichen Antheil an unseren Uebungen geben können“.271 Zu diesem Zeitpunkt also waren die Möglichkeiten der Gesellschaft offenkundig auf nicht mehr als zehn aktive Mitglieder ausgelegt. Eine gänzlich andere Welt erwartet man zu betreten, wenn man sich den in Residenz- und anderen Städten angesiedelten Deutschen Gesellschaften zu-
|| 268 Aufzeichnung Georg Andreas Wills vom 19. März 1766, UB Erlangen, Ms 1880. Eine Aufführung der Sitzungsansetzungen liefert Fromann: Altdorfer Deutsche Gesellschaft, S. 44. 269 Vgl. den Protokolleintrag vom 13. Juni 1776. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 51. 270 Vgl. den Protokolleintrag vom 27. Oktober 1756, UB Erlangen, B 177. 271 Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 4.
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wendet. Stabilität des Mitgliederstamms mag man ebenso erhoffen wie von einem konstanten Umfeld kontrollierte und zuverlässig arbeitende, sozusagen ‚ordentliche‘ ordentliche Mitglieder. Christian Friedrich Daniel Schubart war der Ansicht, kraft der kurfürstlichen Stiftung sei die Mannheimer Gründung über die Probleme der Hochschulen erhaben: „Unsere deutschen Gesellschaften sind bishero nur von Professoren, Magistern und Studenten gestiftet worden; konnten also weder Dauer noch Wirkung haben. Da dieß also die erste deutsche Gesellschaft, die ein deutscher Fürst begünstigt; so läßt sich sehr vieles von ihr erwarten.“272 Trifft dies zu? Mit hoher Wahrscheinlichkeit über den gesamten Zeitraum ihres Bestehens vollständig dokumentiert sind die Deutschen Gesellschaften in den Residenzstädten Bernburg und Mannheim. Da die Fluktuation der vor Ort infrage kommenden Personen im Vergleich zu einer Hochschule erheblich geringer war, ergaben sich auch andere Verlaufskurven, die wie in Bernburg eine hohe Eintrittszahl zur Gründung, in der Folge aber nur noch gelegentlich Neuzugänge zu verzeichnen hatte.
Die sich daraus ergebende Durchschnittszahl von 3,7 jährlichen Neuaufnahmen bildet die Mitgliederbewegung kaum ab, die vor allem durch die Verlegung der Residenz von Bernburg nach Ballenstedt durch Fürst Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg 1765 fast gänzlich zum Erliegen kam. Ähnliche Voraussetzungen galten für die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft in Mannheim, die ebenfalls den Weggang ihres Regenten, des Kurfürsten Karl Theodor, nach München 1778 zu verkraften hatte.
|| 272 Art. Pfalz. In: Deutsche Chronik. Bd. 2, Stück 92 vom 16. November 1775, S. 730 textgleicher Abdruck in: Art. VIII: Von gelehrten Sachen. In: Churbaierisches Intelligenzblatt Num. XXXVII vom 25. November 1775, S. 447.
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Insbesondere Angehörige des Hofes und der Zentralverwaltung folgten ihrem Landesherrn und standen der Gesellschaft nicht mehr als arbeitende Mitglieder zur Verfügung. Noch Jahre später klagte der Mannheimer Obervorsteher Wolfgang Heribert von Dalberg gegenüber dem kurpfälzischen Statthalter Franz Albert Leopold von Oberndorff: „Die Zahl der Glieder dieser Gesellschaft ist freylich ziemlich stark, aber nur wenige darunter sind; die würcklich arbeiten, und besonders jene, die am fleißigsten waren, sind abgegangen; mithin mangelt es an Mitgliedern, wenn der Zweck unserer Gesetzen sol erfüllt werden.“273 Dass Dalberg diese Klage acht Jahre nach seinem Weggang im Kontext einer strittigen Mitgliederaufnahme führte, zeigt allerdings, dass die in Mannheim verbliebenen Mitglieder aktiv blieben; die Protokolle enden erst 1794 inmitten der Revolutionskriege, bis über die Mitte der 1780er Jahre hinaus verzeichnen sie rege Diskussionen, und publizistische Aktivitäten setzten sogar erst 1778 ein. Trotz weniger Neuaufnahmen nach der Residenzverlegung also ist von einem stabilen Mitgliederstamm auszugehen. Präziser lässt sich über die Bernburger Deutsche Gesellschaft urteilen, zu der als einziger Sozietät Anwesenheitslisten der Sitzungen mit folgenden Jahresdurchschnitten vorliegen:
|| 273 Vgl. Wolfgang Heribert von Dalberg an Franz Albert Leopold von Oberndorff, den 26. März 1786, GLAK 69 v. Oberndorff 366.
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Selbst diese Zahlen zeichnen ein geschöntes Bild, repräsentieren sie doch einen Jahresdurchschnitt, der vor allem durch die mit in der Regel über zehn Mitgliedern relativ gut besuchten öffentlichen Sitzungen zustande kam.274 Bereits 1762 nannte Reupsch die Gesellschaft ironisch „das kleine Häuflein der Gerechten“.275 Häufig fanden Sitzungen nur als Treffen von Rust mit einem oder zwei anderen Personen statt, und immer häufiger mussten auch Sitzungen ausfallen, obwohl die Statuten regelmäßige Zusammenkünfte ausdrücklich vorsahen. Der 1763 unternommene Versuch, zusätzlich zu den regulären Sitzungen „besondere wöchentliche Zusammenkünfte“ zu etablieren, scheiterte schon nach einem Jahr, als sich nach anfänglich bis zu sieben Teilnehmern Rust zuletzt allein wiederfand.276 Noch spärlicher fiel schon aufgrund des dünnen Mitgliederstamms die Sitzungsfrequenz in Hamburg aus. Die nach Ablauf von zwei Jahren „bisher verspürte Laulichkeit in Abwartung der Zusammenkünfte“277 konnte auch durch Appelle nicht gebessert werden, „da der Mitglieder nur so wenige waren, und in kurtzer Zeit, durch absterben und verreisen, noch weniger wurden“.278 Als nach dem im Jahr zuvor gegangenen Johann Ulrich König auch Johann Hübner seinen Austritt erklärte, bedeutete das das Ende des Zirkels.279 Gerade im Berufsleben stehende Mitglieder blieben den Sitzungen häufig fern, wie Cölestin Christian Flottwell es für die gemischt zusammengesetzte Königsberger Gesellschaft beklagte.280 Erwartungen also, wonach sich die nicht an Hochschulen angesie-
|| 274 Darauf ist auch der vermeintliche Anstieg im letzten protokollierten Jahr zurückzuführen, in dem nicht mehr alle Sitzungen, wohl aber die öffentliche Sitzung protokolliert wurde. 275 Reupsch an Nettelbeck, den 19. September 1762, ALB BB 10710, f. 228. 276 Vgl. zu diesen Sitzungen: ALB BB 10738. 277 Protokolleintrag vom 21. August 1717, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4a, f. 92. 278 Michael Richey: Idioticon Hamburgense: oder, Wörter-Buch zur Erklärung der eigenen, in und Hamburg gebräuchlichen, Nieder=Sächsischen Mund=Art. 2. Aufl. Hamburg 1755, S. XIII. 279 Vgl. Martin Krieger: Patriotismus in Hamburg. Identitätsbildung im Zeitalter der Frühaufklärung. Köln, Weimar u. Wien 2008, S. 108. 280 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 25.–28. Juni 1746. In: GBW 11, S. 467: „Nun gebe ich gern zu, daß Membra in bedienung, Magistri, Schulmänner uns viel helfen könnten v. würden. Aber, liebster Gönner, lauter solche in bedienung stehende Mitglieder würden unseren ordentl. Versammlungen nicht beӱ wohnen, nicht ordentl. sondern nach Gefallen arbeiten; und unser band würde bald gantz zerreißen. Wir werden ohnfehlbar solche Mitglieder sammeln, die beständig wegen der bedienung sind. Allein wir sehen es schon jetzo an 2en Advocaten, die in unsrer Gesellschaft verpflichtet sind, wie selten sie erscheinen und arbeiten. Quaerimus, wie verbindet man gegenwärtige v. abwesende in bedienung stehende Mitglieder, daß sie ordentlich einmahl in der Woche hora destinata erscheinen, oder tempore iusto Arbeiten einliefern? Dieser Zweifel hat mir schon oft schlaflose Nächte gekostet, weil
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delten Deutschen Gesellschaften in puncto Mitgliederzahl und Frequenz positiv abheben würden, sind nicht gerechtfertigt. Über die Jahrzehnte, Regionen und institutionellen Anbindungen hinweg lässt sich festhalten: Der hohen Gesamtmitgliederzahl zum Trotz gab es in der konkreten Situation und erst recht in den Sitzungen nur eine überschaubare Zahl ordentlicher Mitglieder, die durch eigene Arbeiten und regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen die gesellschaftlichen Programme mit Leben erfüllen konnten. Die Deutschen Gesellschaften sahen sich durch die studentische Fluktuation an den Hochschulen, ja selbst durch Residenz- oder Wohnortwechsel der Mitglieder permanent herausgefordert, eine lebens- und arbeitsfähige Größe zu erhalten. Stabilität des Mitgliederbestandes war zu kaum einem Zeitpunkt gegeben, an den Hochschulen kann fluktuationsbedingt sogar von einer strukturellen Instabilität gesprochen werden. So war der Jubiliarsstolz in Jena zum zehnjährigen Bestehen umso größer, „je geringer die Anzahl solcher Gesellschaften unter den Teutschen ist, die sich rühmen können, daß sie ihr Alter auf zehen Jahre gebracht hätten“.281 Alle Gesellschaften waren somit darauf angewiesen, den bestehenden Mitgliederstamm zu halten und zugleich neue Mitglieder zu gewinnen, wollte man nicht eine kritische Größe unterschreiten. Viele der in den vorangegangenen Abschnitten beobachteten Phänomene dürften in dieser Konstellation ihren Ursprung haben. Brauchte die Gesellschaft regelmäßig neue Mitglieder, erschien es angeraten, bei den Bewerbern keine allzu strengen Maßstäbe an die Qualität der eingereichten Probeschriften anzulegen. Wollte sie diese halten, war die Bestrafung studentischen Fehlverhaltens zwar den gesellschaftlichen Zielen nach geboten, erforderte aber zumindest Fingerspitzengefühl in der Handhabung, wenn nicht gar gelegentliches Wegsehen. So wie die Mitglieder ‚ihre‘ Deutschen Gesellschaften für die Erlernung sprachlich-rhetorischer Fähigkeiten, die Pflege nützlicher Beziehungen und die Erhöhung ihrer Reputation brauchten, so brauchten die Sozietäten im Gegenzug jedes einzelne Mitglied, um ihren Fortbestand und ihre Arbeitsfähigkeit sicherzustellen. Der geringen tatsächlichen Größe also war es geschuldet, dass Gesellschaften und Mitglieder wechselseitig aufeinander angewiesen waren. Anforderungen der Gesellschaft und Erwartungen der Mitglieder konnten so nicht hierarchisch entschieden, sondern mussten fallweise ausgehandelt werden.
|| ich mir gewis eine Last auf den Hals gebürdet, indem ich so lange ich lebe ein so gut geme ntes Institutum nicht gern will fahren laßen.“ 281 Anonym: Aus der Teutschen Gesellschaft. In: Nova Jenensium litteraria Bd. 1 (1740), S. 83.
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3.3.2 Gelehrtheit Ohne Mitgliederverluste war es nicht abgegangen. Die einschneidenden Neuerungen, die Gottsched, May und Clodius 1727 mit der gänzlichen Neufassung der Satzungen durchgesetzt hatten, veranlassten zahlreiche bisherige Mitglieder, der Gesellschaft den Rücken zu kehren.282 Für den Neuanfang standen acht Studenten, sieben Magister und sieben adelige Mitglieder zur Verfügung.283 Bislang hatten im Görlitzischen Collegium Poeticum und der Teutschübenden Gesellschaft Studenten dominiert. Wollte die neu eingerichtete Gesellschaft aber auf Augenhöhe zu einer Akademie gelangen, konnte die bisherige Zusammensetzung keineswegs beibehalten werden. Ziel der neuen Aufnahmepolitik, die erklärtermaßen „nicht einen jeden ohne Unterscheid zum Mitgliede“ aufnehmen, sondern „nur lauter geschickten Leuten einen Platz“ geben wollte, 284 war eine Mischung aus angesehenen Gelehrten und einflussreichen adeligen Fürsprechern.285 In der publizierten Mitgliederliste sind 79 Aufnahmen in den Jahren 1728 bis 1738 verzeichnet, die einen schnellen Wandel belegen. Nur 25 unter ihnen können als Studenten angesehen werden, deren Eintritte in nur wenigen Jahren rapide abnahmen.286 Stattdessen nahm die Gesellschaft neben Adeligen immer mehr Gelehrte von Rang und Namen auf.287 Nur zehn von ihnen wirkten in Leip|| 282 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 222. Da die Austritte in der publizierten Mitgliederliste nicht vermerkt sind, bietet diese auch keine Anhaltspunkte für eine Bestimmung der tatsächlich noch aktiven Mitglieder. 283 Gottsched spricht in der Rückschau davon, dass die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Drucklegung acht Studenten, sieben Magister und sieben adelige Mitglieder zählte. – Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Praktischer Theil, Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. V/3, S. 263. 284 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 12, § 1. 285 Vgl. zu den adeligen Fürsprechern Kap. 6.3 Protegieren. 286 Die meisten wurden in den ersten Jahren des Übergangs aufgenommen, nach 1730 sind lediglich neun Aufnahmen von Studenten bezeugt, unter denen zahlreiche weiter in ihrem Studium fortgeschrittene zu verzeichnen sind. 287 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 303: „An die Stelle der Studenten waren in der Mehrheit Männer getreten, die ihre Ausbildung bereits beendet hatten, die das Schreiben von Gedichten nicht nur als einen wenig anspruchsvollen amüsanten Zeitvertreib betrachteten, die ihren höchsten Ehrgeiz nicht auf ein biederes Honoratiorendasein in ihrer Heimat richteten, die vielmehr nach außen wirken wollten, d. h. unter den Studenten, auf andere Gelehrte und Gelehrtenkreise, innerhalb der für die Literatur aufgeschlossenen bürgerlichen Kreise, auf die bisher vom Bildungswesen weithin ausgeschlossenen Frauen. Es ging jetzt nicht mehr um das Einüben im Versedrechseln, um mit dieser Fähigkeit im weiteren Leben bestehen zu können, sondern um eine exemplarische Beschäftigung sowohl mit der
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zig, was die gesellschaftliche Arbeit immer wieder hemmte und häufig auf Briefwechsel beschränkte. Der Weg zu einer Art Akademie der deutschen Sprache war mit der Aufnahme renommierter Gelehrter, der Publikation von Schriftenreihen und dem Anwachsen eines gelehrten Netzwerks gleichwohl beschritten. Widerstände jedoch waren von Anfang an vorhanden,288 und mit Gottscheds Austritt 1738 war dieser Weg schon früh an sein Ende gelangt, und in Leipzig konnte man unter der Leitung von Johann Friedrich May nicht daran anknüpfen. Anstelle hochrangiger Gelehrter traten offenkundig wieder verstärkt Studenten in die Gesellschaft.289 Die Frage der Mitgliederzusammensetzung also war für den gelehrten Rang einer Sozietät von entscheidender Bedeutung. „Gelehrte Gesellschaften haben dies mit Krieges Schulen gemein, daß, wenn man beider Werth erhebt, hier nach Helden, die in ihnen gezogen worden, dort nach großen Männern gefragt wird, die ihre Mitglieder gewesen“,290 bemerkte Carl Gotthelf Müller, Senior der Jenaer Teutschen Gesellschaft. Wer dagegen vor allem Studenten um sich versammelte, konnte kaum damit rechnen, wissenschaftliches Renommee zu erlangen. Deshalb fehlte es nicht an Kritikern einer solchen Aufnahmepraxis. In seiner Schilderung der Deutschen Gesellschaft in Halle bemerkte Christian Friedrich Hempel: Da sie aber nicht, nach Art der Leipziger Societät, nur solche membra recipiren, die sich, durch öffentlich abgelegte specimina, unter denen Gelehrten, bekannt gemacht, sondern auch angehende studiosos mit aufnehmen; so dürften sie ihren Zweck wohl schwerlich, mit so gutem Successe, als andere dergleichen instituta, erreichen.291
|| Dichtkunst als auch mit dem Verfassen von Prosatexten, die den Anspruch zu erheben versuchte, nationale Verbindlichkeit zu besitzen.“ 288 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 304: „Es ist auch davon auszugehen, daß für nicht wenige der Mitglieder die Tätigkeit des lockeren gemeinschaftlichen Poetisierens der Hauptinhalt des Gesellschaftslebens bleibt. Nicht alle sind auf die ehrgeizigen Ziele ihres Seniors eingeschworen; der allmähliche aber sichere Niedergang der Gesellschaft nach Gottscheds Austritt (1738) spricht hier eine deutliche Sprache.“ 289 Die publizierte Mitgliederliste reicht nur bis 1741 und nennt vor allem Studenten. Für die Jahre ab 1741 fehlen Daten, die eine verantwortbare Schätzung der Anteile erlauben. 290 Müller: Das Würdige, S. 15. 291 Nicolaus Hieronymus Gundling: Fortgesetzte Historie der Gelahrtheit, worinnen nicht nur diese ausgebessert, und mehr ergäntzet, sondern auch aufs neue hinzugethan worden [...]. Frankfurt u. Leipzig 1746, S. 5646f. – Vgl. zur Zusammensetzung der Deutschen Gesellschaft in Halle Erb: „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle, S. 47–77.
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Das Streben nach einer Gesellschaft, die ausschließlich mit ausgewiesenen Gelehrten und Dichtern besetzt war, blieb eine Konstante in der Geschichte der Sozietätsbewegung. Noch 1793 nahm die Deutsche Gesellschaft in Königsberg Änderungen vor, nach denen sie sich „nicht mehr ein Institut, blos zur Uebung junger Studirenden im deutschen Stil“ verstand; vielmehr hatte sie „seit einiger Zeit Einrichtungen getroffen, die ihr mehr Ehre bringend“ erschienen.292 Als sich die Göttinger Deutsche Gesellschaft nach dem Siebenjährigen Krieg neu konstituierte, beschloss man, zur Hebung des Niveaus keine Studenten mehr aufzunehmen. Ihr Vorsitzender Abraham Gotthelf Kästner musste jedoch angesichts sinkender Mitgliederzahlen bald eingestehen, dass „es unumgänglich sey, wiederum Studierende in die Gesellschaft aufzunehmen“.293 Die Gesellschaft entschloss sich, wieder Studenten aufzunehmen, die in der Folge als Beisitzer tituliert wurden. Ein Mehr an gelehrter Reputation reichte gerade an kleineren Universitäten offenkundig nicht, eine akzeptable Größe zu erreichen. Einmal mehr machte es die schlichte Lebens- und Arbeitsfähigkeit unumgänglich, einschneidende Kompromisse in der Auswahl der Mitglieder einzugehen. Tatsächlich waren es also in überwältigender Mehrheit Studenten, die die Deutschen Gesellschaften bevölkerten.294 Folgende Tabelle zeigt die Anteile der Studenten und Dozenten für die universitären Deutschen Gesellschaften, zu denen Mitgliederlisten vorliegen.295
|| 292 Oeffentliche Anstalten. In: Intelligenzblatt der Allgemeinen Literatur-Zeitung. Nr. 61 vom 22. Juni 1793, Sp. 481. 293 Zirkular Abraham Gotthelf Kästners, o.D., zit. nach: Rainer Baasner: Abraham Gotthelf Kästner, Aufklärer (1719–1800). Tübingen 1991, S. 460, Anm. 224. 294 Vgl. auch die Einschätzung von Holger Zaunstöck: Die halleschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert. Eine Strukturanalyse. In: Erich Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Bd. 5. Köln, Weimar u. Wien 1999, S. 57: „Im mitteldeutschen Kontext läßt sich beispielsweise ein starkes Engagement von Studenten in Deutschen und Literarischen Gesellschaften sowie in Akademischen Logen, besonders aber in Gelehrten Sozietäten nachweisen […].“ 295 Einzelanalysen der Mitgliederschaft Deutscher Gesellschaften sind bislang selten. – Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 116–118. Auch wenn die Datenbasis v.a. durch die Einbeziehung der späteren Aufnahmen verbreitert werden konnte, behalten die Ergebnisse ihre Gültigkeit. Vgl. auch für die zweite Wittenberger Gründung die Aufstellung bei Heinz Kathe: Die Wittenberger Philosophische Fakultät 1501–1817. Köln 2002, S. 410.
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Da die Tabelle unterschiedliche Gesellschaftsgrößen und Überlieferungsdichten vereinigt, kann sie lediglich Tendenzen anzeigen. Diese aber sprechen eine klare Sprache. Als Anreger, Gründer und Leiter haben Dozenten in der Geschichte dieser Gesellschaften stets wichtige, wenn nicht sogar maßgebliche Rollen gespielt. Diese Sozietäten aber als Vereinigungen hochrangiger Gelehrter anzusprechen, führt in die Irre; zusammen fanden sich in den Gesellschaften mehrheitlich deren Studenten. Es ist sogar davon auszugehen, dass deren Gewicht noch größer war, ist die Mitgliedschaft von Dozenten doch schon aufgrund ihrer größeren Prominenz auch besser dokumentiert. Gerade in den weniger dicht dokumentierten Gesellschaften wie Gießen296 oder Königsberg dürften verhältnismäßig weitaus mehr studentische Mitglieder vereinigt gewesen sein, und die möglicherweise vollständig dokumentierte Altdorfer Gründung weist auch den stärksten Studentenanteil auf. Zu berücksichtigen sind ferner die nur aus Studenten bestehenden Deutschen Privatgesellschaften in Altdorf und Heidelberg. Für die Gymnasien liegen weit weniger Zahlen vor; lediglich in Bremen lassen 68 überlieferte Mitgliedsnamen eine Einschätzung zu. Mit zwei Hofmeistern, vier Lehrern und 62 Studenten bestätigen sich die für die Universitäten geltenden Proportionen. Eine publizierte Mitgliederliste, die für die späteren
|| 296 Volker Press urteilt sogar: „unverkennbar auf die Gewinnung von Studenten gerichtet, fand sie wenig Anklang im Kreis der Professoren“. – Ders.: Die Hessische Gelehrte Gesellschaft. Das Gießener Akademieprojekt im 18. Jahrhundert. In: Peter Moraw u. Volker Press (Hg.): Academia Gissensis. Beiträge zur älteren Gießener Universitätsgeschichte. Marburg 1982, S. 322.
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Jahre aber sicher weiter zu ergänzen wäre, weist am Gymnasium in Chemnitz neben dem Lehrer Johann Georg Hager nur 43 Schüler als weitere Mitglieder aus.297 An der Fürstenschule in Meißen versammelte Christian Friedrich Weiße acht Alumnen zu den gesellschaftlichen Treffen in seiner Wohnung.298 Das Modell eines einzelnen Lehrers, der in einer von ihm gegründeten Gesellschaft Schüler um sich versammelt, scheint auch in Annaberg, Karlsruhe und Kronstadt verwirklicht worden zu sein.299 Auch an den Schulen dieses Typus wie in Schulpforta, Danzig, Preßburg, Zürich und der Gesellschaft zur Aufnahme der deutschen Sprache und der freien Künste in Hamburg sind häufig Gesellschaften als reine Schülerzirkel aktiv gewesen. Lässt sich denn wenigstens feststellen, dass die in den Deutschen Gesellschaften versammelten Studenten als Fortgeschrittene oder zumindest vielversprechende Talente anzusehen waren? Für letzteres lassen sich Namen von Studenten ins Feld führen, die später tatsächlich zu gelehrter oder literarischer Bedeutung gelangten. Unter ihnen wären beispielsweise Joachim Heinrich Campe, Matthias Claudius, Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, August von Kotzebue, Johann Georg Krünitz, Samuel Gotthold Lange, Johann Heinrich Merck oder Zacharias Werner hervorzuheben. Von diesen Einzelnen auf die anderen Studenten zu schließen, ist jedoch nicht nur deswegen hochproblematisch, weil die Begabung der Mitglieder sich weder messen noch quantifizieren lässt. Wie bereits hervorgehoben, waren die Deutschen Gesellschaften ihrer geringen Größe wegen zudem häufig bereit, auch weniger talentierte Bewerber in Hoffnung auf Besserung aufzunehmen. Belastbarer sind Aussagen über den zeitlichen Studienfortschritt: Als Orientierung kann aller methodischen Schwierigkeiten zum Trotz das Immatrikulationsdatum an der jeweiligen Universität dienen.300 Dies ist in Verbindung mit einem taggenauen Eintrittsdatum301 in 698 || 297 Vgl. Johann Georg Hager: Zuverlässige Nachricht von der gegenwärtigen Verfassung der lateinischen Stadtschule zu Chemnitz, wodurch zugleich alle vornehme Gönner, güthige Wohlthäter und Liebhaber der freyen Künste und Wissenschaften zu Anhörung einiger teutschen Reden, welche den 17. April um 10 Uhr in der obersten Classe gehalten werden sollen, ehrerbietigst einladet. Chemnitz 1755, o.S. 298 Vgl. Christian Friedrich Weiße an den Rektor der Fürstenschule, den 5. April 1752, Sächs StA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900, o.S. 299 Für diese Gesellschaften liegen nur spärliche Quellenbelege vor. Dass sie lediglich im Kontext des Wirkens dieser Lehrer erwähnt werden, legt eine solche Struktur jedoch nahe. 300 Vgl. zu diesem Fragenkomplex Ulrich Rasche: Über die deutschen, insbesondere die Jenaer Universitätsmatrikel. In: Genealogie 25 (2001), S. 29–46 u. 84–109. 301 Als Aufnahmedatum können das der Wahl, des Diploms oder der Eintrittsrede gelten. Da sich diese Kette meist sehr schnell vollzog, sind die daraus entstehenden Ungenauigkeiten für eine quantitative Auswertung vertretbar.
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Fällen überliefert. Die durchschnittliche Studiendauer von 1,44 Jahren vor dem Eintritt302 lässt sich in folgende Zeitblöcke aufteilen: Studiendauer in Jahren bis Eintritt
1/2
1
1 1/2
2
2½
3
4
5
Anzahl der Studenten
182
120
98
81
75
67
71
4
Fächert man diese zusammengefassten Zahlen nach einigen besser dokumentierten Gesellschaften auf, ergeben sich einige Differenzierungen:
Schwankungen resultieren zum einen aus der unterschiedlichen Erhebungsgröße, sowohl absolut als auch im Verhältnis zur Gesellschaftsgröße.303 Teilweise dürften zum anderen auch Spezifika der jeweiligen Universität eine Rolle gespielt haben. So ist der hohe Anteil von gleich nach Studienbeginn aufgenommenen Leipziger Studenten darauf zurückzuführen, dass in den frühen Jahren die Absolventen des Görlitzer Gymnasiums als eine Art Landsmannschaft unmit-
|| 302 Mit einer leichten Anhebung der durchschnittlichen Studiendauer vor Eintritt ist zu rechnen, wenn man die vorangegangenen Besuche anderer Universitäten in Rechnung stellt. Da mehrfache Universitätsbesuche nicht systematisch erhoben wurden, lassen sich entsprechende Berechnungen mit dem verfügbaren Zahlenmaterial nicht durchführen. 303 Sie beträgt für Altdorf 76, für Göttingen 183, für Helmstedt 32, für Jena 134, für Leipzig 163 und für Wittenberg 22 Studenten mit taggenauem Immatrikulationsdatum und Eintrittsdaten. Für Wittenberg liegt mit 22 von 34 Mitgliedern überhaupt ein sehr hoher Anteil taggenau erfassbarer Daten vor.
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telbar nach Studienbeginn in die Leipziger Deutsche Gesellschaft eintraten.304 Über alle Unterschiede hinweg bleibt jedoch festzuhalten: Davon, dass man in den Deutschen Gesellschaften bevorzugt fortgeschrittene Studenten aufgenommen hätte, kann keine Rede sein; das Gegenteil ist der Fall. Über ein Viertel der Neumitglieder war vor weniger als einem halben Jahr immatrikuliert worden, über die Hälfte studierte noch keine anderthalb Jahre. Ergänzen lassen sich diese Zahlen durch Berechnungen über das durchschnittliche Eintrittsalter der studierenden ordentlichen Mitglieder, das in 1037 Fällen taggenau feststellbar ist:
Die Zahlen zur Studiendauer vor Eintritt können so bestätigt und ergänzt werden. Ablesbar ist, dass die weitaus meisten Mitglieder in einem Alter eintraten, in dem eigene Forschungen und Schriften eine absolute Ausnahme bildeten; ein nicht unerheblicher Teil war sogar weniger als 18 Jahre alt. Angesichts der eher kurzen durchschnittlichen Mitgliedschaftsdauer ist überdies davon auszugehen, dass die meisten die Gesellschaft in nicht wesentlich höherem Alter wieder verließen. Weniger als ein Viertel der Neumitglieder war 25 Jahre und älter, das Gros trat in einem Alter von rund 20 Jahren ein. Unabweisbar ist somit, dass Gottscheds Ambitionen auf eine Akademie der deutschen Sprache mit diesen Mitgliederstämmen nicht zu realisieren waren. Den Deutschen Gesellschaften, wie sie sich spätestens nach seinem Austritt in || 304 Vgl. § II der Satzungen von 1697, abgedruckt bei Stübel: Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig, S. 10.
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Leipzig und an anderen Universitäten konstituierten, fehlte es nicht nur eklatant an renommierten Gelehrten unter den ordentlichen Mitgliedern, sondern auch unter den dort versammelten Studenten an gelehrter Versiertheit. Verfehlt aber wäre es, damit ein völliges Scheitern zu konstatieren und die Bemühungen der Mitglieder der Lächerlichkeit preiszugeben. Vielmehr sollte man sich die schon im Leipzig des 17. Jahrhunderts praktizierenden gelehrten Übungsgesellschaften und deren Spannungsverhältnis in den ersten Jahrzehnten der späteren Deutschen Gesellschaft in Erinnerung rufen. Neben ihr bestanden seit langem zahlreiche Prediger- und Rednergesellschaften, Gottsched selbst rief solche Einrichtungen wie die Vormittägliche und Nachmittägliche Rednergesellschaft neben der Deutschen Gesellschaft ins Leben, zum Teil, um sie als Rekrutierungsbecken für die ambitioniertere Deutsche Gesellschaft zu gebrauchen.305 Es war nicht sein Austritt allein, der im Spannungsfeld zwischen Akademie und Übungsgesellschaft die Gewichte verschob. Während in Halle die Ausrichtung der Mitgliederschaft auf Dozenten oder Studenten diskutiert wurde,306 war das studentische Gewicht in Jena und zahlreichen anderen universitären oder gymnasialen Deutschen Gesellschaften von der Gründung an erheblich.307 Diese Spannungen durchzogen auch die Statuten. Dort wurden dezidiert anspruchsvolle gelehrte Ziele formuliert und detaillierte Vorgaben etwa über die zu wählenden Gattungen und Dialekte gemacht, die die Produktionen in eine erwünschte Richtung lenken sollten. Die Teutsche Gesellschaft in Jena stand in den gedruckten Statuten keineswegs zurück: „Die Absicht der Gesellschaft ist, durch eine gründliche Untersuchung der Teutschen Sprache, und aller darin möglichen Schreibarten, die Vollkommenheit einer vernünftigen Beredsamkeit und Tichtkunst in derselben zu befördern.“308 Angekündigt wurden unter anderem ein Werk zur Sprachkunst und ein Wörterbuch. Sie erschienen nie. Wesentlich bescheidener steckte die Königsberger Sozietät ihre Ziele ab „auf die Richtigkeit und Reinigkeit der deutschen Sprache, auf die Untersuchung der deutschen und Preußischen Alterthümer“, aber ebenso „auf die Übungen in der deutschen Beredsamkeit, beydes in einer gebundenen und ungebundenen Schreibart“.309 Schon diesem normativen Text war der Gedanke || 305 Vgl. zu den Rednergesellschaften Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig, S. 67–75, sowie die in Anm. 126 zitierte Literatur. 306 Vgl. S. 233 in dieser Arbeit. 307 Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 10: „Die jeweils wirtschaftlich, kulturell und sozial strukturprägenden Sozialklassen, in Weimar die Beamten, in Jena die Akademiker und Studenten beherrschten in überwältigender Weise auch die assoziativen Profile dieser Städte.“ 308 Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 16, I. Art. 309 Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § II.
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eingeschrieben, dass die sprachlich-dichterischen Kompetenzen nicht immer vorausgesetzt, sondern erst eingeübt werden mussten. Soweit in den überlieferten Protokollen und Umläufen erkennbar, haben die an Hochschulen angesiedelten Deutschen Gesellschaften ihre Sitzungen so eingerichtet, dass in ihnen nicht ausgereifte Gelehrsamkeit dargeboten, sondern gelehrte Gehübungen erst zur Trittsicherheit gebracht wurden. Das studentische Mitglied Georg Adam Junker pries dieses Verfahren: Alle diese Fertigkeiten erfordern Uebungen; welche nirgends mit so gutem Erfolge angestellet werden können, als in unsern Gesellschaften; weil hier beydes, die Beurtheilung und das Beyspiel hinzukömmt; wodurch so wohl unsere Einsicht verbessert, als eine edle Nacheiferung erwecket, und der Fleiß angefeuert wird.310
Dem entsprach das Vorlesen in festgelegter Reihenfolge, mit dem alle Mitglieder unterschiedlichster Fähigkeiten gleichermaßen die Chance erhielten wie verpflichtet wurden, regelmäßig eigene Fingerübungen vorzustellen.311 Dem entsprach insbesondere das durch die gesellschaftliche Diskussion und begleitende Zirkulare institutionalisierte Verfahren wechselseitiger Kritik: Den Autoren einerseits machte es auf die Mängel seines Vortragstextes und seiner Vortragsweise aufmerksam, worauf eine gründlichere Kritik des schriftlich herumgereichten Textes erfolgte, so dass auch kleinere und kleinste Fehler und Unvollkommenheiten bemerkt werden konnten. Die zur Kritik versammelten Mitglieder ihrerseits erlernten, einem Vortrag aufmerksam zu folgen und die Regeln der Kritik bei erstem Anhören und späterer gründlicher Lektüre auf ihn anzuwenden. Entdeckte Fehler und Unvollkommenheiten mussten zudem in einem angemessenen Ton und stichhaltigen Gründen vorgetragen werden. Nicht zuletzt erhielt das kritisierende Mitglied so die Gelegenheit, aus den Fehlern anderer zu lernen.312 Damit wurden die Deutschen Gesellschaften zuweilen
|| 310 Junker: Die Vortheile, S. 13. 311 Johann Matthias Gesner als Präsident der Deutschen Gesellschaft in Göttingen hob diese Möglichkeiten zur Diskussion hervor: „Es ist moeglich, daß ein Studirender die ganze Zeit seines academischen Aufenthaltes ein wahrhaftig Pythagorisches Stillschweigen hält. Wenige lassen sich in solche Collegien ein, da gefragt oder disputirt wird.“ – Johann Matthias Gesner: Zu der Einführung der Deutschen Gesellschaft, 12. Februar 1740. In: Ders.: Kleine Deutsche Schriften. Göttingen u. Leipzig 1756, S. 62. 312 Dieses Verfahren wurde auch am Gymnasium in Bern von den Mitgliedern der Vergnügten Deutschen Gesellschaft praktiziert. Ihre Arbeiten wurden „nachwerts von der Gesellschaft ausgebessert, beurtheilt und hernach in die behörigen Bücher eingetragen“. – Johann Beckh an Isaak Iselin, den 21. Dezember 1744. In: Eduard Bähler: Briefe Johann Beckhs an Isaak Iselin aus den Jahren 1744–1748. In: Neues Berner Taschenbuch auf das Jahr 1917 (22), S. 37f.
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als Alternativen zum rezeptiv orientierten Hochschulbetrieb angesehen.313 Sie zu Pionieren akademischer Lehrformen zu erklären, gewissermaßen als „Vorform seminaristischen Betriebs“ zu werten,314 führt freilich schon deshalb in die Irre, weil die frühneuzeitliche Universität ihren Angehörigen etwa mit Disputationen, Kollegien oder Tischgesellschaften durchaus Gelegenheiten bot, aktiv an der Entstehung gelehrter Inhalte mitzuwirken.315 Vielmehr ist zu konstatieren, dass die Deutschen Gesellschaft einmal mehr auf bestehende Formen des gelehrten Unterrichts aufsetzten und diese ihren Zwecken dienlich machten. Keinesfalls aber kann die Rede von einem kategorischen Unterschied zwischen Sozietäten und Universitäten sein, demzufolge die ersteren „zu keiner Zeit als Ausbildungseinrichtungen fungierten“.316 Der Deutschen Gesellschaft in Frankfurt an der Oder attestierte der Biograph ihres Gründers und Gottschedfreunds Wolf Balthasar von Steinwehr später, dieser habe sie „in lingua patria exercitiorum causa“ gegründet.317 Nicht alle Protagonisten in den Gesellschaften aber gaben sich mit mehr oder weniger unbeholfenen gelehrten Gehversuchen zufrieden. Die Blütezeit der Leipziger Gesellschaft hatte ihres jähen Abbruchs ungeachtet Standards gesetzt, an die die Gesellschaften immer wieder anzuknüpfen suchten. So unternahmen es Karl Gotthelf Müller in Jena mit der „Akademie der höhern Wissenschaften“ als oberer Klasse der Teutschen Gesellschaft und Abraham Gotthelf Kästner in Göttingen nach dem Siebenjährigen Krieg, die von ihnen geführten Deutschen Gesellschaften nach dem Muster von Akademien einzurichten. „Es beruht aber in Universitätsnotorität, daß seitdem diese neue Einrichtung gemacht worden, unsere Vorlesungen gänzlich aufgehört haben“,318 musste Kästner bald einge-
|| 313 „Das aktive Gesellschaftsleben wurde damit von Studenten unter Aufsicht engagierter ortsansässiger Akademiker gestaltet; es diente der Einübung einer Diskussionskultur, die in dieser Form an der stärker auf Rezeption ausgerichteten Universität nicht vermittelt wurde.“ – Georg Seiderer: Repräsentant der Aufklärung in Altdorf: Georg Andreas Will (1727–1798). In: Brennecke u.a. (Hg.): Akademie und Universität Altdorf, S. 235. 314 Weimar: Literaturwissenschaft, S. 50. 315 Vgl. Marian Füssel: Lehre ohne Forschung? Zu den Praktiken des Wissens an der Universität der Frühen Neuzeit. In: Martin Kintzinger u. Sita Steckel (Hg.): Akademische Wissenskulturen. Praktiken des Lehrens und Forschens vom Mittelalter bis zur Moderne. Basel 2015, S. 59– 87; Hanspeter Marti: Art. Disputation. In: HWRh 2 (1994), S. 866–880. 316 Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik, S. 48. 317 Wilhelm Crichton: Virorum de re publica bene meritorum Ioannis Friderici Polaci et Wolf Balthasar Adolphi Steinwehri memoriam regiae academiae viadrinae rectoris directoris et senatus auctoritate viris doctis commendat. Berlin 1771, S. 22. 318 Zirkular Abraham Gotthelf Kästners, o.D., zit. nach: Baasner: Abraham Gotthelf Kästner, S. 460, Anm. 224.
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stehen, und auch Müllers Ambitionen war kein dauerhafter Erfolg beschieden.319 Trotz mehrerer Versuche also, mit den Deutschen Gesellschaften anspruchsvollere Gelehrtengesellschaften zu betreiben, setzte sich immer wieder der wissenschaftlich anspruchslosere, aber offenkundig ‚robustere‘ Typus der Übungsgesellschaft durch. An anspruchsvollen Programmen fehlte es nicht, die Praktiken der Deutschen Gesellschaften aber wiesen diese als Übungsgesellschaften aus. Wissenschaftsgeschichtliche Wanderungen auf den Höhenkämmen führen also über weite Strecken an ihnen vorbei; sie damit weiterer Beschäftigung nicht mehr für wert zu halten, verkennt nicht nur die zahlreichen kleineren Beiträge. Pierre Bourdieu hat in seinem Entwurf einer Theorie der Praxis die vielschichtigen Wechselbeziehungen skizziert, in dem erklärte Programme und ihre Umsetzungen in den jeweiligen vorgefundenen Wirklichkeiten stehen. Kern seiner Überlegungen ist es dabei, Abweichungen des ursprünglich formulierten Programms nicht als Unzulänglichkeit abzuqualifizieren, sondern als einen essentiellen Teil von dessen Umsetzung zu begreifen, in dem sich das tatsächliche Programm offenbart. Die Praxis erweist sich so als das implizite Programm: „Im opus operatum und in ihm allein enthüllt sich der modus operandi […].“320 Das Spannungsverhältnis zwischen Akademien und Übungsgesellschaften, an dem sich die Deutschen Gesellschaften abarbeiteten, kann so eine Auflösung erfahren, die einen zentralen Aspekt sprach- und literaturpflegerischen Wirkens einbezieht. Dieses Wirken war zu keinem Zeitpunkt Selbstzweck; wie schon ausgeführt,321 flossen in hohem Maße ethisch-pädagogische Überlegungen in diese Konzepte ein. Das ideale Mitglied war nicht einfach nur gelehrt, sondern auch tugendhaft, und ein angemessener gelehrter Habitus war keineswegs akzidentiell, sondern essenziell für die Bestrebungen der Gesellschaft. An diesen Punkt aber waren diejenigen Praktiken der Übungsgesellschaften bestens angepasst, die auf sprachlich-rhetorisches Können ebenso wie auf angemessenes Verhalten zielten. Dieses implizite Programm fand seine Praktiken, und in den Übungsgesellschaften fanden sich seine idealen Adressaten zusammen. Bildeten die Studenten und Gymnasiasten eine Gruppe, die der charakterlichen Formung in höchstem Maße bedürftig erschien, war sie aufgrund ihres Alters aber auch empfänglicher und formbar. Johann Lorenz von Mosheim wies diese Aufgabe in seinem Programm für die Göttinger Gesellschaft den die Gesellschaft leitenden Dozenten zu: „Daher habe ich eine Ge-
|| 319 Vgl. zu Müllers Projekt Marwinski: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena. 320 Bourdieu: Entwurf einer Theorie der Praxis, S. 209. 321 Vgl. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als Mitglied.
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sellschaft vorgeschlagen von solchen Leuten, die erst etwas werden wollen und ein Haupt haben, das mehr gilt, als die Glieder. Diese laßen sich eher lenken und in einer gewißen Ordnung halten.“322 Der Versuch dagegen, eine Gesellschaft von vornherein aus einer gelehrten Avantgarde zu bilden, blieb Episode. Der Tross angehender Gelehrter hingegen wurde erreicht, und das war keine Unzulänglichkeit eines ambitionierten gelehrten, sondern die geeignete Umsetzung eines gelehrt-pädagogischen Programms, das schon der pädagogischen Komponente wegen eher in Ausbreitung als in Vertiefung seine Erfüllung suchte. Wie schon in Fragen der Größe und Frequenz, drängt sich auch und gerade hinsichtlich des gelehrten Status bei den an Höfen und in Städten angesiedelten Deutschen Gesellschaften die Frage auf, ob hier nicht eine gänzlich andere, weit mehr an eine Akademie angelehnte Gelehrtenkultur herrschte. Liefern an den Hochschulen schon die Angaben zum akademischen Status als Dozent oder Student sowie die zur Studiendauer, zum Eintrittszeitpunkt und zum Alter verwertbare Anhaltspunkte über deren gelehrten Rang der Mitglieder, fehlen dort solche markanten Merkmale. Die in den Gesellschaften versammelten Höflinge, Verwaltungsbediensteten und Geistlichen konnten, mussten aber keine renommierten Gelehrten sein; im Gegenteil erlaubte es die fehlende Anbindung an die institutionellen Orte der Gelehrsamkeit zumindest prinzipiell, gänzlich ohne ein Hochschulstudium in die Gesellschaft aufgenommen zu werden. Die acht Mitglieder der Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg hatten durchweg eine Universität absolviert; für vier Mitglieder sind Magister- bzw. Doktortitel nachweisbar, so dass die Sozietät als entschieden gelehrter Zirkel angesprochen werden kann. Mit Barthold Heinrich Brockes, Johann Albert Fabricius und Michael Richey handelte es sich zudem um nicht nur unter den Zeitgenossen prominente Gelehrte und Dichter. In Bern hatten der Gründer Johann Georg Altmann und die meisten anderen Mitglieder323 die zur Theologenausbildung im 16. Jahrhundert gegründete Hohe Schule Berns besucht, woran sich in Einzelfällen ein Studium in Basel oder an einer niederländischen Universität anschloss. Beide Gesellschaften bestanden an Orten, die zwar keine Universität, wohl aber ein höherrangiges Gymnasium und zahlreiche Gelehrte unter ihren Eliten aufwiesen.
|| 322 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 25. April 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 204. 323 Eine Ausnahme bildet der aus Arisdorf bei Basel stammende und in Kleinbasel wohnende August Johann Buxtorf, der sein Studium in Basel absolvierte.
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Diesen Städten gegenüber konnte Mannheim mit der 1763 gegründeten Kurfürstlichen Akademie der Wissenschaften aufwarten, mit der die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft lose verbunden war. Zahlreiche Gelehrte von Rang wie Andreas Lamey, Christoph Jakob Kremer oder Johann Jakob Hemmer wirkten in beiden Gesellschaften.324 Mit der Übernahme des Geschäftsverweseramtes durch den elsässischen Schriftsteller und Verleger Anton von Klein gewann die literarische Seite an Gewicht, die sich beispielsweise in der Aufnahme Friedrich Schillers manifestierte. Was den Grad der in der Gesellschaft versammelten Gelehrsamkeit betraf, fächerte er sich gegenüber früheren Deutschen Gesellschaften enorm auf und vereinte neben den Absolventen von Universitäten vor allem des süddeutschen Raumes auch ehemalige Jesuiten mit ordensinterner Ausbildung sowie Adelige und Hofbeamte ohne akademischen Hintergrund; somit hatten neun von 45 ordentlichen Mitgliedern keine Universität besucht. Dass das Gewicht der Gelehrsamkeit damit gesunken wäre, ist nicht nur deshalb ein Fehlschluss, weil viele der formal betrachtet ungelehrten Mitglieder wie Johann Jakob Hemmer oder Anton von Klein in gelehrten Kontexten publizierten oder ein Adeliger wie Wolfgang Heribert von Dalberg als Dramenschriftsteller hervortrat. Als dieser nämlich die Aufnahme der Schauspieler August Wilhelm Iffland und Heinrich Christian Beck betrieb, scheiterte er nicht nur an der Gegnerschaft Kleins, der die erforderliche kurfürstliche Bestätigung zu hintertreiben wusste. Schon im Umfeld der Wahl waren Vorbehalte unter den Mitgliedern zutage getreten, die nicht zuletzt in Vorurteilen gegenüber Schauspielern begründet gewesen sein dürften.325 Das anhaltische Bernburg hingegen verfügte über keine höherrangigen Bildungseinrichtungen; das im Nachbarterritorium gelegene Gymnasium illustre in Zerbst übernahm zahlreiche gelehrte Funktionen. Selbst unter diesen Voraussetzungen war eine Hochschulbildung unter den Mitgliedern vorherrschend; unter 48 ordentlichen Mitgliedern sind lediglich zwei ohne Hochschulabschluss nachzuweisen. Gerade das Mitglied Johann Dietrich Hauptmann aus Zerbst hatte zwar keine höhere Schule absolviert, stand aber im Briefwechsel mit Gottsched und strich ihm gegenüber heraus, er habe „von ieher durch einen natürlichen Trieb meine öfters müßigen Stunden mit Lesung witzreicher Schriften
|| 324 Vgl. im einzelnen Erb: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft, S. 194. 325 „Er [Dalberg] zeigte, wie nachtheilig und wie wenig gemäß es ihrem Verdienste wäre, wenn sie bei der Wahl durchfielen, und machte den Antrag, die Gesellschaft, wenn sie nicht geneigt wäre sie zu wählen, möchte gar nicht zur Wahl schreiten.“ – Protokolleintrag vom 25. Februar 1786, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 4, f. 42.. Vgl. Kreutz: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft und das Nationaltheater, S. 64–66.
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zurückgeleget“.326 In einem Bittgesuch an Herzog Peter von Biron unterzeichnete er mit dem Namenszusatz „ein Ungelehrter“327 und erkundigte sich bei seiner Aufnahme in Bernburg, ob dies ein Hindernis sei. Bezeichnend ist die liberal anmutende Antwort des Vorsitzenden Rust: „Mitnichten, die Gelehrsamkeit ist weder an eine Akademie, noch sonst an einen anderen Ort gebunden.“328 Dass Hauptmann aber darüber im Vorfeld nicht sicher war und auch später unter den Mitgliedern mit seinem Ausbildungsstand fast alleine stand und gelehrte Gehversuche unternahm, erweist eher das Gegenteil. Gelehrsamkeit als Aufnahmekriterium für eine ordentliche Mitgliedschaft war und blieb in allen Gesellschaften die absolute Regel, die einzelne Ausnahmen nur bestätigten. Wurden diese recht straffen Zügel gelockert, wenn es um auswärtige und Ehrenmitgliedschaften ging? Da hier eine Teilnahme an den Sitzungen die Ausnahme blieb und viele Aufnahmen mit Blick auf ein starkes Netzwerk und Protektion geschahen, liegt diese Annahme nahe. Blickt man auf die Zahl von 1718 bekannten nicht ordentlichen Mitgliedschaften, so gibt es neben 15 in ihrem gelehrten Status nicht näher bestimmbaren Mitgliedschaften 98 Mitgliedschaften, deren Inhaber keine Hochschule besucht hatten. Selbst in diesem geringen Anteil von unter sechs Prozent sind zahlreiche Personen in Rechnung zu stellen, die sich wie Karl Gottlieb Windisch oder Christoph Otto von Schönaich einen Namen in der gelehrten Welt verschafft hatten. Analog zu den ordentlichen Mitgliedschaften dürften viele von ihnen eine vergleichsweise solide Ausbildung, teilweise mit Lateinkenntnissen genossen und zumindest über gelehrte Ambitionen verfügt haben. 45 dieser 98 ‚ungelehrten‘ Mitgliedschaften entfallen auf Frauen, die trotz fehlenden Studiums durchaus mit Publikationen hervortraten.329 Nähe zu gelehrten Milieus ist selbst bei Mitgliedern aus der Kaufmannschaft festzustellen. Von dem Hamburger Kaufmann Hinrich Evers, den die Bremische Deutsche Gesellschaft 1765 als Mitglied aufnahm, ist ein Kupferstich überliefert, der nach seinem Tod angefertigt wurde.
|| 326 Johann Dietrich Hauptmann an Johann Christoph Gottsched, den 7. März 1756, UB Leipzig, Ms 0342 XXI, f. 195. Vgl. zu Hauptmann Paul Beckus: Land ohne Herr – Fürst ohne Hof? Friedrich August von Anhalt-Zerbst und sein Fürstentum. Halle a.d.S. 2018, S. 404f. 327 Vgl. Johann Dietrich Hauptmann an Herzog Peter von Biron, den 24. April 1787, Tartu Ülikooli Raamatukogu, R Est.B-245 II. 328 Johann Ludwig Anton Rust an Johann Dietrich Hauptmann, den 3. März 1763, ALB BB 10734. 329 Vgl. Kap. 3.3.6 Geschlecht.
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Abb. 7: Johann Christian Gottfried Fritzsch, Kupferstichporträt von Hinrich Evers, nach 1766, SUB Hamburg P 21 : E 27
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Dieser hebt ihn als „ahnsehnlicher Kaufmann“ hervor, aber auch als „Besitzer eines vortreflichen Naturalien Cabinets“. Das Porträt zeigt ihn nicht mit den Attributen eines Kaufmanns, sondern mit Stücken seiner Naturalienkammer. Die darunter gesetzten Verse sowie die Einleitung zu seinem Sammlungskatalog, beide aus der Feder des Hamburger Schulmanns und mehrfachen Gesellschaftsmitglieds Gottfried Schütze,330 deuten auf eine Verankerung in den Hamburger gelehrten Milieus ebenso hin wie die Verse, die auf seine Mitgliedsernennung in den Druck gingen.331 Der 1763 in die Deutsche Gesellschaft Altdorf aufgenommene Elias Wolfgang Sackh stammt möglicherweise aus Regensburg332 und besaß um 1773 ein Handelsunternehmen in Nürnberg.333 Über einen Stammbucheintrag ist ein Kontakt zu dem Magister und späteren Konrektor der Nürnberger Sebaldschule, Johann Friedrich Konrad Christoph Jacobi, nachweisbar.334 Noch enger versuchte das in vier Gesellschaften aufgenommene Mitglied Johann Christian Cuno335 in Amsterdam die Bande der Kaufmannschaft zu knüpfen, indem er mit seiner Göttinger Aufnahmeschrift den Satz „die Gelehrsamkeit hilft die Handlung auf“336 ausführte.
|| 330 Vgl. Verzeichniß einer sehr ansehnlichen Sammlung von Naturalien aus allen Reichen der Natur: welche nach dem seligen Ableben ihres ehemaligen Besitzers Herrn Hinrich Evers weiland Kauf- und Handelsmanns in Hamburg und Mitgliedes der deutschen Gesellschaft in Bremen entweder unzertrennt oder durch eine öffentliche Auction am 7ten März und folgende Tage 1768 in dem Hause des sel. Besitzers auf dem Holländischen Brook in Hamburg öffentlich an die Meistbietenden verkauft werden sollen. Hamburg [1768], S. V–XII. 331 „Gelehrten, die Verdienste kennen, / Kann nicht Dein Werth verborgen seyn. / Du hörst sie ihren Freund Dich nennen, / und trittst in ihre Würden ein.“ – Ernst Hinrich Lofft: Die Grösse Gottes in der Natur, eine Ode an Se. Edelgebohrnen Hinrich Evers, hochansehnlichen Handelsherrn in Hamburg, als Derselbe von der Deutschen Gesellschaft in Bremen zu einem Ehren-Mitgliede war ernannt worden. Hamburg 1765. 332 Für das Jahr 1744 ist ein Elias Wolfgang Sack als Schüler des Kantors der Regensburger Poetenschule, Christoph Stolzenberg, nachweisbar. – Vgl. Das funfzigjährige Amtsjubelfest des Wohlehrenvesten und Wohlgelahrten Herrn Christoph Stolzenbergs, wohlverdienten Cantors und Mitarbeiters an der evangelischen Poetenschule zu Regensburg. Regensburg [1764], S. 56. 333 Vgl. Herbert Koch: Handelsbeziehungen zwischen Nürnberg und Jena 1769–1780. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 60 (1950), S. 376, 378. 334 Vgl. Lotte Kuras: Die Handschriften des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. Bd. 5: Die Stammbücher. Teil 2. Wiesbaden 1994, S. 49. 335 Vgl. zu Cuno August Scheler: Johann Christian Cuno. In: Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Litteratur und Kunst 4 (1856), S. 189–201. 336 Rudolf Wedekind: Schreiben an Tit. Herrn Johann Christian Cuno zu Amsterdam: Worin von dem gegenwärtigen Zustande der Königlich Deutschen Gesellschaft zu Göttingen, fernere Nachricht erteilt wird. Göttingen 1749, S. 7.
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Derart ostentative Bekenntnisse zur Gelehrsamkeit trugen nicht dazu bei, Interessierte ohne Hochschulabschluss zu einer Kandidatur zu ermutigen. Wie Johann Dietrich Hauptmann in Bernburg erkundigten sich diese Beitrittswilligen im Vorfeld, ob ein Aufnahmegesuch erfolgversprechend sei. In Helmstedt wollte der Gesellschaftssekretär Johann Franz Wagner 1761 „melden, daß zum voraus bey mir Nachricht eingehohlet worden ist, ob einer, der nicht von Profession ein Gelehrter, aber doch ein Verehrer und Kenner der schönen Wissenschaften sey, die Aufnahme von uns sich versprechen könne. Weil wir nun der Exempel mehr haben, so ist die Frage in allgemeinen Ausdrücken von mir bejahet worden“.337 Doch selbst das Aufnahmegesuch des Aspiranten Julius Balthasar Knust rechtfertigte noch wortreich seine mangelnde Gelehrsamkeit: Als ein Ungelehrter erbat ich mir die Ehre, in eine Gesellschaft aufgenommen zu werden, die aus lauter gelehrten Männern bestehet. Sie, meine Herren! werden sich über einen solchen Einfall gewiß gewundert haben, und ich wundere mich in der That zuweilen selbst darüber, daß ich mich wie ein Elster (ich glaube, so hieß der Vogel) unter die prächtigste Arten Vögeln gewagt habe (verzeihen Sie diese Vergleichung, sie wird aus Liebe zum Äsop gebraucht.) [...] Wer ein Kenner der deutschen Sprache ist, und wer darin eine Fertigkeit in der Beredsamkeit erlangt hat, der muß nothwendig ein Liebhaber seyn, und kann in die Gesellschaft aufgenommen werden.338
Nach Fürsprache Wagners waren die Mitglieder mit der Aufnahme einverstanden. Nimmt man die Gesamtheit der Mitgliedschaften, so lassen sich nur 117 feststellen, die ohne Hochschulbesuch zustande kamen, während 18 Mitgliedschaften mit ungeklärtem akademischem Status zu verbuchen sind.339 Viele angeführte Beispiele erweisen, dass selbst ein fehlender Hochschulabschluss häufig mit einer starken Affinität zu gelehrten Zielen und Praktiken einherging. Hinzu kam, dass Autorschaft an Publikationen als ein weiteres Kriterium für Gelehrsamkeit im Laufe des 18. Jahrhunderts an Boden gewann.340 Eine Betrachtung der Aufnahmen von Mitgliedern ohne Hochschulabschluss legt nahe, dass diese langsame Ausweitung des Gelehrsamkeitsbegriffs und die etwas liberalere Aufnahmepolitik parallel liefen: Unter den 111 Aufnahmen kamen lediglich 21 bis
|| 337 Schreiben Johann Franz Wagners an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, 1761, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 255. 338 Julius Balthasar Knust an die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, Februar 1761, ebd., Cod. Guelf. 357 Novi, f. 76. 339 Da nicht alle Studenten sich in eine Matrikel eintrugen, könnten unter ihnen durchaus weitere Personen, die in keiner Matrikel auftauchen, als Gelehrte verbucht werden. 340 Vgl. Bosse: Gelehrte und Gebildete, S. 15–17.
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1750, 41 in den Jahren bis 1760, 20 in den Jahren bis 1770, 18 bis 1780 und 11 bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches zustande. Da unsere Absicht anfänglich keine andere ist, als uns selbst in der gesunden deutschen Beredsamkeit und Dichtkunst zu üben, und unseren eigenen Geschmack zu bilden: so wird nicht gefordert, daß nur lauter solche Mitglieder sollen angenommen werden, welche schon eine besondere Stärke in den schönen Wissenschaften haben. Nicht nur Anfänger in der Beredsamkeit und Dichtkunst; sondern auch solche, welche die Gelehrsamkeit nicht als ihr Hauptwerk treiben, können Mitglieder der Gesellschaft werden, wenn sie nur sonst des Endzwecks der Gesellschaft fähig sind.341
Trotz solcher programmatischen Bekundungen und trotz der stets präsenten Mitgliederknappheit haben die Deutschen Gesellschaften ihre Reihen offenkundig nie auf breiter Front für Ungelehrte geöffnet. Beabsichtigten sie Änderungen in der gelehrten Zusammensetzung, so zielten sie weit eher auf eine Stärkung der fortgeschrittenen Gelehrten zu Lasten der Studenten. ‚Offen für alle‘ waren die Deutschen Gesellschaften nie.342 „Geselligkeit hob auch und gerade im Jahrhundert der Aufklärung nicht nur soziale Grenzen auf, sondern zog zur gleichen Zeit neue Distinktionen.“343 Sprachkritik als „öffentliches Anliegen“344 zu bezeichnen, ist als aktuelle Forderung berechtigt, verfehlt aber das Anliegen der Deutschen Gesellschaften. Die Popularisierung entsprechender Inhalte diente in erster Linie dem Ziel, die Gelehrten als deren Träger und somit als Praeceptores Germaniae zu profilieren. Eine Demokratisierung von Bildungsinhalten war ihre Sache nicht. Ihnen ging es um eine Reformierung des Gelehrtenstandes, der im Medium der Sprach- und Literaturpflege zu höherer gesellschaftlicher Geltung gelangen wollte. Da diese Bestrebungen die Gelehrten betrafen, waren diese Begründer, Antreiber und Zielgruppe in einem. Somit sind sie bei aller Flexibilität im Einzelnen immer Gesellschaften von Gelehrten für Gelehrte geblieben.
|| 341 Statuten der Deutschen Gesellschaft Bremen, SUB Bremen, Bremensia a 224, f. 3. 342 Monika Neugebauer-Wölk: Literaturbericht: Absolutismus und Aufklärung. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 49 (1998), S. 712. 343 Marian Füssel: Von der Sodalitas zur Loge. Professorale Geselligkeit an der vormodernen Universität. In: Matthias Asche u. Dietmar Klenke (Hg.): Von Professorenzirkeln, Studentenkneipen und akademischem Networking. Universitäre Geselligkeiten von der Aufklärung bis zur Gegenwart. Köln, Weimar u. Wien 2017, S. 63. 344 Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 147.
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3.3.3 Stand Dass die Deutschen Gesellschaften von Gelehrten ausgingen und an diese adressiert waren, weist ihren Mitgliedern in der frühneuzeitlichen Ständegesellschaft einen, aber nicht den einzig möglichen sozialen Ort zu. Vielmehr bezeichnete das Attribut ‚gelehrt‘ ein in aller Regel durch Studium erworbenes Merkmal, das die jeweilige Person – allenfalls mit Ausnahme der Dozenten – nur anteilig ausmachte.345 Gerade weil die meisten ordentlichen Mitglieder sich als Studenten in einem biographischen Durchgangsstadium befanden, ist deren Einteilung in Gelehrte und Ungelehrte ein wichtiges, aber nicht die einzig mögliche ihrer sozialen Verortungen. Ein wesentliches Merkmal war auch während des Studiums die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zum Adel. Diese Fragestellung mag den überraschen, der den Adel im 18. Jahrhundert als muttersprachlich abstinent und die Schrift De la litterature allemande Friedrichs II. von Preußen zum Kronzeugen aufruft. Aus den Reihen der Deutschen Gesellschaften bestätigt dies Gottsched selbst: Diese Zahl [der Bewunderer alles Ausländischen] ist gewiß in Deutschland größer, als mir lieb ist; und ihr Urtheil ist mir desto gefährlicher, je vornehmer diejenigen zu seyn pflegen, die es fällen. Unsere Höfe, und der gereiste Adel, sind insgemein die geschwohrnen Anbeter des fremden, und ekele Verächter des deutschen Witzes […].346
Dass es eben Gottsched war, dessen Aufnahmepraxis erstmals zahlreiche Adelige in die von ihm umgestaltete Deutsche Gesellschaft in Leipzig brachte, lässt aufhorchen. Es ist zunächst die bloße Zahl der in Deutsche Gesellschaften aufgenommenen Adeligen, die nach näherer Betrachtung verlangt; unter 3318 Mitgliedschaften in Deutschen Gesellschaften entfallen 502 und damit über 15 % auf Adelige, womit dieser Stand im Gesamtbevölkerungsmaßstab weit überrepräsentiert ist. Dieser Anteil wird nur etwas geringer, wenn man die aus Gründen von Prestige und Protektion aufgenommenen Ehrenmitglieder in Abzug bringt und sich auf die ordentlichen Mitglieder beschränkt. Unter den 1889 nachgewiesenen ordentlichen Mitgliedschaften wurden 244 an Adelige verliehen, die damit knapp 13 % ausmachten. Die Spannbreite des Adels reichte dabei von vereinzelt als Schirmherren agierenden Landesfürsten wie Karl Theodor von Pfalzbayern und
|| 345 Vgl. Bosse: Gelehrte und Gebildete, S. 13–37. 346 Johann Christoph Gottsched: Nöthiger Vorrath zur Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst. Leipzig 1757, Vorrede, o.S.
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Ernst August Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach bis hin zu Mitgliedern, deren Adelserhebung nicht lange zurücklag.347 Nicht in diese Zahlen eingeflossen sind Mitglieder des städtischen Patriziats, auch wenn diese in vielfacher Hinsicht eine adelsähnliche Stellung innehatten und somit die ‚Nobilität‘ etwa der an der reichsstädtischen Universität Altdorf agierenden Deutschen Gesellschaft erhöht haben dürften. Fächert man die Gesamtzahlen der ordentlichen Mitgliedschaften nach ausgewählten, gut dokumentierten Sozietäten auf, ergibt sich folgendes Bild:
Zunächst sind große Schwankungen von mehr als der Hälfte in Wien bis hin zu weniger als 10 % in Helmstedt zu verzeichnen. Eine einheitliche Aufnahmepolitik lässt sich ebenso wenig erkennen wie Gesetzmäßigkeiten etwa nach Größe oder institutioneller Zuordnung. Lediglich als Tendenz lässt sich herausarbeiten, dass der Adelsanteil an den Sozietäten in Residenzstädten höher ist, wobei Bernburg eine Ausnahme darstellt. Innerhalb der universitären Gesellschaften ist es nicht die Gründung im von Adeligen stark frequentierten Göttingen, sondern diejenige in Greifswald, die den vergleichsweise größten Adelsanteil aufwies. Hier war es die Aufnahmepolitik des später selbst geadelten Augustin von Balthasar, der die Gesellschaft unter Einbeziehung zweier junger Grafen von Putbus gründete und auch in der Folge offenkundig gezielt Adelige vor allem aus Schweden für seine Gesellschaft anwarb. Ausgeklammert blieben in diesem Diagramm die Gründungen an Gymnasien. Sie weisen, ihrem Sitz geschuldet,
|| 347 Auf eine systematische Erhebung der Adelsränge wurde verzichtet. In einer ersten Recherche fassbar sind neben den genannten Angehörigen von Fürstenhäusern zehn Barone, 37 Grafen und 70 Freiherren.
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zwar kaum Adelige auf, setzten sich aber weit überwiegend aus den jungen Mitgliedern des städtischen Patriziats zusammen.348 Legt man die Gesamtheit aller mitteldeutschen Sozietäten jedweden Typus mit einer Adelsquote von 22,1 % zugrunde,349 wird man die Deutschen Gesellschaften nicht als ausgesprochen adelsaffine Gesellschaften bezeichnen können. An den auf den Adel zugeschnittenen Ritterakademien konnten auch keine Deutschen Gesellschaften ermittelt werden. Schon die Anzahl adeliger Mitglieder in diesen Sozietäten aber widerspricht älteren Klischees, nach denen adelige Ausbildung die Angelegenheit von Hauslehrern und Fechtmeistern war und die deutsche Sprache allenfalls im Gespräch mit dem Stallknecht Verwendung fand. Die neuere Forschung zum Adel hat an diesem Bild allerdings grundlegende Korrekturen anbringen können.350 Ihrer teilweisen sachlichen Berechtigung ungeachtet, erweisen sich viele Momente der Adelskritik als Teil einer Strategie der Selbstaufwertung nichtadeliger Gelehrter. Ohnehin ist anzumerken, dass adelige Ausbildung nicht nur abweichende Bildungsinhalte wie Tanzen oder Fechten kannte, sondern auch bei deren Vermittlung andere Wege wie etwa den der Kavalierstour ging. Dennoch sind im Verlauf der Frühen Neuzeit Konvergenzen zu beobachten; Universitäten wurden mit zunehmender Komplexität der Territorialstaaten und erhöhten Qualifikationsanforderungen für den Adel seit Ende des 17. Jahrhunderts wieder attraktiv.351 In Kursachsen etwa war es durchaus üblich und für eine Karriere im Staatsdienst erforderlich, dass der Adel eine Universität besuchte.352 Als widerlegt kann ebenso das Vorurteil gelten, Literatur sei eine fast ausschließlich ‚bürgerliche‘ Angelegenheit gewesen. Der europäische Adel, so der erreichte Konsens, hat durchaus Schriftstellerei betrieben,353 und der deut-
|| 348 Vgl. S. 262 in dieser Arbeit. 349 Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 163. 350 Angesichts der Komplexität des Themas und der Fülle einschlägiger Publikationen sei hier nur auf zwei Überblicksdarstellungen verwiesen: Ronald G. Asch: Europäischer Adel in der Frühen Neuzeit. Eine Einführung. Köln 2008, dort S. 132–135 ein Überblick über die Adelskritik in der Frühen Neuzeit; Michael Sikora: Der Adel in der Frühen Neuzeit. Darmstadt 2009. 351 Vgl. Notker Hammerstein: Der Wandel der Wissenschafts-Hierarchie und das bürgerliche Selbstbewußtsein. Anmerkungen zur aufgeklärten Universitäts-Landschaft. In: Barner (Hg.): Tradition, Norm, Innovation, S. 286. 352 Vgl. Josef Matzerath: Was bildet den Adel? Gruppentypische Ausbildungswege und Bindekräfte. In: Ivo Cerman u. Luboš Velek (Hg.): Adelige Ausbildung. Die Herausforderung der Aufklärung und ihre Folgen. München 2006, S. 85f. 353 Vgl. dazu Barner: Barockrhetorik, S. 230; Edoardo Costadura: Der Edelmann am Schreibpult. Zum Selbstverständnis aristokratischer Literaten zwischen Renaissance und Revolution. Tübingen 2006; Claudius Sittig: Überlegungen zu einer Literaturgeschichte des Adels in der Frühen Neuzeit. In: Ders. u. Wieland (Hg.): Die ‚Kunst des Adels‘ in der Frühen Neuzeit, S. 127–145.
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sche stand nicht abseits, wofür nur beispielhaft Namen wie Christian Ludwig von Hagedorn, Ewald von Kleist und Dietrich von dem Werder stehen sollen. Lässt sich dieser Befund auf die Deutschen Gesellschaften übertragen? Da mehrere tausend Titel, teils nur in protokollarischer Nennung, erhalten sind, ist eine Gegenüberstellung adeliger und nichtadeliger Texte ihrer gelehrtdichterischen Qualität nach nicht zu leisten. Für einige Gesellschaften aber erlaubt es die Quellendichte, eine belastbare quantitative Einschätzung der literarischen Produktivität vorzunehmen. Auf deren Grundlage kann gefragt werden, wie sich unter den ordentlichen Mitgliedern der Anteil von Publikationen aus adeliger Feder zu denen von Nichtadeligen verhielt. Für die Teutsche Gesellschaft Jena sind 1076 Titel bekannt, von denen 1046 Verfassern zugeordnet werden können. 154 dieser Publikationen und somit knapp 15 % können 30 adeligen Autoren zugeordnet werden. Da bei 40 von 251 ordentlichen Mitgliedern ein Adelsanteil von knapp 16 % nachweisbar ist, kann man daraus schlussfolgern, dass Adelige sich nur minimal geringer an der gesellschaftlichen Textproduktion beteiligt haben. Dies ist auch nicht auf vereinzelte ‚Vielschreiber‘ zurückzuführen, denen eine ausgeglichenere Produktion unter den nicht adeligen Mitgliedern entgegenzuhalten wäre. Das Ungleichgewicht zwischen produktiven Autoren und Mitgliedern, die nur einen oder wenige Texte vorlegten, verteilt sich in Jena zwischen den beiden Gruppen wie folgt:
Auch in diesem Verteilungsmuster sind nur geringfügige Abweichungen festzustellen. Adelige Abkunft war in der Jenaer Gesellschaft somit keine Scheidelinie, die fleißige ‚bürgerliche‘ Studenten von lediglich ihren Namen hergebenden adeligen Studenten trennte. Wie verhält sich dies in einer Gesellschaft mit höherem Adelsanteil wie in Greifswald? Dort stehen sieben Titel von Adeligen 25 von Nichtadeligen gegenüber, die bei einem Adelsanteil von knapp 40 % die Gewichte klar zuungunsten
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des Adels verschieben. Hier allerdings liegen nur gedruckte Titel zugrunde, die ein bereits vorgefiltertes Bild liefern, in dem einerseits davon auszugehen ist, dass es nur die als höherwertig eingestuften Texte zeigt, andererseits aber Adelige vermutlich eine höhere Publikationschance hatten. Wie diese Faktoren gegeneinander zu gewichten sind, muss mangels weiterer Quellen spekulativ bleiben. Ein ähnliches Bild liefert die Deutsche Gesellschaft Leipzig nach Gottscheds Umgestaltung im Jahr 1727, in deren 612 seither publizierten Werken 60 aus adeliger Feder stammen. Diese knapp 10 % liegen unter dem Adelsanteil der nach 1727 aufgenommenen Mitglieder, der mit knapp 17 % deutlich höher ausfällt. Hier ist allerdings eine Bevorzugung adeliger Autoren anzunehmen, die auch unter den Mustern in der Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung vertreten sind.354 Für die Deutsche Gesellschaft in Erlangen liegen 50 Werke vor, unter denen 26 % aus adeliger Feder den Adelsanteil von knapp 23 % sogar übertreffen. Höher war der Adelsanteil unter der Mitgliedschaft in den Residenzstädten. War seine Mitwirkung in den Deutschen Gesellschaften dort eher eine repräsentative Angelegenheit, oder lassen sich ähnliche Beobachtungen anstellen? Von den Texten der Deutschen Gesellschaft in Wien, die den höchsten Adelsanteil aufwies, ist wenig bekannt,355 die Offenheit des dortigen Adels gegenüber literarischen Strömungen lässt sich aber für das Feld Lesen und Theaterbesuch bestätigen.356 Genauere Konturen werden bei der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim anhand ihrer Protokolle sichtbar, die zusammen mit den Publikationen 97 Werke ausweisen. Hier fällt der Anteil adeliger Verfasserschaft mit dem adeliger Mitglieder mit 40 % zusammen. Auch wenn die Zahlen für die Deutschen Gesellschaften je nach Erhebungsgröße, Quellenlage und unterschiedlichen Verhältnissen in der jeweiligen Gesellschaft schwanken, ist eine erhebliche Partizipation der adeligen Mitglieder an der gesellschaftlichen Arbeit festzustellen. Adelige gefielen sich dort nicht in einer privilegierten Zuschauerrolle, sondern nahmen aktiv an der Textproduktion teil. Schwieriger einzuschätzen ist die gestaltende Rolle, die sie im Sozietätsleben gespielt haben. Viele Adelige sind als Funktionsträger nachweisbar, dabei || 354 Dort finden sich Beiträge von Hans Carl von Kirchbach: Die nöthige Verbindung der Beredsamkeit mit der Gelehrsamkeit eine Pliniusübersetzung von Christian Ludwig von Seckendorff und ein Brief von Martin Zacharias Wanckhel von Seeberg. 355 Vgl. Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie, S. 128– 132. 356 Vgl. Ivo Cerman: Habsburgischer Adel und Aufklärung. Bildungsverhalten des Wiener Hofadels im 18. Jahrhundert. Stuttgart 2010, S. 175–202.
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handelte es sich aber meist wie bei dem Grafen Heinrich XI. von Reuß um Ehrenämter.357 Dass unter den Gründern und Leitern an Hochschulen die Dozenten dominieren, wurde bereits ausgeführt.358 Nur vermuten lässt sich adeliges Engagement für eine Deutsche Gesellschaft in der hohenlohischen Kleinstadt Widdern, die mutmaßlich der in der Teutschen Gesellschaft Jena zum Ehrenmitglied aufgenommene Baron Georg Ludwig von Lettow inaugurieren wollte.359 Mit der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim allerdings ist eine Sozietät nachweislich von einem Adeligen ins Leben gerufen worden. Stephan von Stengel hatte in Gesprächen mit dem Hofkaplan Johann Jakob Hemmer die Idee zur Gründung gefasst und diese bei Hofe vorangetrieben. Als ein natürlicher Sohn des Kurfürsten Karl Theodor360 konnte er mit Unterstützung rechnen. Dieser hatte seine Mutter mit dem Akademiedirektor Johann Georg von Stengel verheiratet, dessen Familie 1740 in den erblichen Adelsstand erhoben worden war. Als von Stengel 1778 Karl Theodor nach München folgte, übernahm mit Wolfgang Heribert von Dalberg361 ein Mitglied einer selbst im Reichsmaßstab ranghohen Familie das Amt des Obervorstehers der Gesellschaft.362 Auch wenn er sich mit seinen Vorstellungen über eine Kooperation mit dem von ihm geleiteten Nationaltheater nicht gegen seinen Kontrahenten Anton von Klein durchsetzen konnte, bezeugen die Protokolle ein reges Engagement des Reichsfreiherrn und Bühnenschriftstellers. War Stephan von Stengel Mitglied einer erst vor wenigen Jahrzehnten in den Adelsstand erhobenen Familie, so befanden sich andere Gründergestalten an der Schwelle zur Nobilitierung. Paul Joseph von Riegger, gemeinsam mit seinem Sohn Josef Anton zumindest Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft in Wien, wurde drei Jahre nach deren Eröffnung 1764 als Ritter von Riegger
|| 357 „Ob es unsere Gesellschaft nicht ein größeres Ansehen geben würde, wenn wir uns, von denen sich hieselbst aufhaltenden Herren Graffens, einen zum Obervorsteher unserer Gesellschaft erwehlten?“ – Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 82. Die Mitglieder erwählten ihn. 358 Vgl. Kap. 2.1.2 Ämter. 359 Zu dieser Gesellschaft existiert lediglich eine gedruckte Ode: Gedanken über den Frieden, Bey dem Friedens=Fest, Welches in Widdern, den 8ten May im Jahr, 1763, gefeyert wurde, Von einem Freund der schönen Wissenschaften: Und Mitglied der neuen Teutschen Gesellschaft in Widdern. S. Oehringen [1763], Exemplar in: LA BW, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, GA 97 Nr. 836. 360 Vgl. dazu Groening: Karl Theodors stumme Revolution, S. 28f. 361 Vgl. zu Dalberg Herbert Stubenrauch: Wolfgang Heribert von Dalberg. Lebensskizze und Lebenszeugnisse. Mannheim 1956. 362 Vgl. Uwe Distler: Franz Albert Leopold von Oberndorff. Kaiserslautern 2000, S. 122 sowie GLAK 77/6397, f. 20.
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geadelt.363 Ähnliches gilt für den Greifswalder Juristen und Gesellschaftsgründer Augustin Balthasar, dessen Familie 1746 den Adelstitel erhielt.364 Friedrich Wilhelm Ellenberger, Gründer der Deutschen Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Halle, versuchte, einen Adelsbrief zu erlangen, durfte nach königlicher Anweisung aber lediglich den Zusatz Kellner von Zinnendorff in seinem Namen führen.365 Direkte Kausalitäten zwischen Sozietätsgründung und Nobilitierung zu behaupten, verbietet die Quellenlage, und die Tätigkeit in einer Deutschen Gesellschaft dürfte kaum mehr als einen Mosaikstein für die erhoffte oder erreichte Nobilitierung beigetragen haben. Dass der Aufstiegswille der oben Genannten neben zahlreichen anderen Aktivitäten auch Engagement in diesen Sozietäten beinhaltete, zeigt aber, dass dieses als lohnend eingeschätzt wurde. Was aber konnte Adelige motivieren, einer Deutschen Gesellschaft beizutreten? Die meisten Motive sind schon genannt worden;366 am eigenen Habitus und der eigenen Eloquenz zu arbeiten und somit das eigene kulturelle und soziale Kapital zu vergrößern, war Adeligen genauso wichtig wie Nichtadeligen. Darüber hinaus war es für Adelige durchaus attraktiv, sich auch als Förderer und Teilhaber von Gelehrsamkeit zu profilieren. Entsprechend nutzten Persönlichkeiten wie Ernst Christoph von Manteuffel ihren Briefwechsel mit Christian Wolff nicht zuletzt zur Selbstdarstellung, indem sie die Korrespondenz in ihren Netzwerken weiterverbreiteten.367 In den Deutschen Gesellschaften bot sich schon den studierenden Adeligen wie Lorenz Ernst Friedrich Graf von Brockdorff in Jena oder Heinrich XI. Reuss von Plauen in Göttingen die Gelegenheit, sich als Mäzene und Patrone in Szene zu setzen. Geldspenden scheinen selten gewesen zu sein und sind nur in Altdorf durch Zahlungen neu aufgenommener adeliger Ehrenmitglieder nachweisbar.368 Manche führten ihre Funktionen in || 363 Vgl. Eckhart Seifert: Paul Joseph Riegger (1705–1775). Ein Beitrag zur theoretischen Grundlegung des josephinischen Staatskirchenrechts. Berlin 1973, S. 225f. 364 Vgl. [Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar, S. 21. 365 Vgl. Ferdinand Runkel: Geschichte der Freimaurerei in Deutschland. Bd. 2. Berlin 1932, S. 90–92. Vgl. zum Themenkomplex Gelehrte und Nobilitierung Schilling: Vom Adel des Professors. 366 Vgl. Kap. 3.1 Motive. 367 Johannes Bronisch hat die Reziprozität des Verhältnisses von Adel und Gelehrsamkeit am Beispiel der Beziehungen Graf von Manteuffels zu Christian Wolff überzeugend dargelegt. – Vgl. Johannes Bronisch: „La trompette de la vérité“. Zur Korrespondenz Ernst Christoph Graf von Manteuffels mit Christian Wolff 1738–1748. In: Cerman u. Velek (Hg.): Adelige Ausbildung, S. 257–278. 368 Vgl. die Einträge im Einnahmenteil des Rechnungsbuchs der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 179.
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den Deutschen Gesellschaften in Adelskalendern und Staatshandbüchern auf, so noch Jahrzehnte später Heinrich XI. Reuss von Plauen als Obervorsteher der Deutschen Gesellschaft in Göttingen369 und Wolfgang Heribert von Dalberg als Obervorsteher der Deutschen Gesellschaft in Mannheim.370 Zu dieser adeligen Distinktionsstrategie gehörte es nicht nur, das eigene Klientel- und Patronagenetzwerk ostentativ zur Schau zu stellen. Den eigenen Rang kehrte man auch dadurch heraus, dass man ‚Geschmack‘ und ‚Kennerschaft‘ an den Tag legte, was sich nicht nur in Kleidung, Kunstsammlungen und Bauten, sondern auch in gelehrt-dichterischer Produktion und Konsumtion erweisen sollte.371 Geschmack und Kennerschaft als distinktive Eigenschaften wollten jedoch erst erworben werden. Hierfür boten die Deutschen Gesellschaften eine geradezu ideale Bühne, auf der sie sich mit neuen Tendenzen in Dichtung, Rhetorik und Gelehrsamkeit bekannt machen und einüben konnten. Sie konnten sich so nicht nur in ihrem Selbstverständnis einer literarisch-ästhetischen Avantgarde zurechnen, sondern diese Zugehörigkeit in ihren eigenen Netzwerken, publizierten Mitgliederlisten und öffentlichen Reden in Szene setzen. Die Deutschen Gesellschaften haben die Bereitschaft Adeliger gerne aufgegriffen, bot eine adelige Mitgliedschaft doch weit mehr als eine Erhöhung der Mitgliederzahlen durch anzunehmende pünktliche Beitragszahler als „Hoffnungsträger für literarisches Sponsoring“372 und fleißige Textlieferanten. Der eigenen „Gesellschaft mit vornehmen Mitgliedern aufzuhelfen“,373 hatte mehrere Dimensionen. Es gehörte zu den Eckpunkten von Gottscheds Reform der Leipziger Gesellschaft, den Adel zu ihrem festen Bestandteil zu machen.
|| 369 Vgl. Neues Genealogisches Reichs- und Staats=Handbuch auf das Jahr 1796. Teil 1. Frankfurt a.M. 1796, S. 270. 370 Vgl. Christian Friedrich Jacobi: Europäisches Genealogisches Handbuch, in welchem die neuesten Nachrichten von allen Häusern […]. Leipzig 1794, S. 193. 371 Vgl. Asch: Europäischer Adel, S. 156f. Ulrich Oevermann hat die Eingleisigkeit kritisiert, mit der in der bisherigen Forschung das Mäzenatentum als einseitiges Abhängigkeitsverhältnis der Geförderten von den Fördernden gesehen wurde. Er plädiert dafür, wechselseitige Abhängigkeiten anzuerkennen und zu untersuchen, wobei er dem Begriff der ‚Kennerschaft‘ große Bedeutung als Ebene der Verständigung beider Parteien einräumt. – Vgl. Ulrich Overmann: Für ein neues Modell von Kunst- und Kulturpatronage. In: Ders. u.a. (Hg.): Die Kunst der Mächtigen und die Macht der Kunst. Untersuchungen zu Mäzenatentum und Kulturpatronage. Berlin 2007, S. 13–23. 372 So Kerstin Heldt über die Rolle, die Gottsched dem Mitglied Christian Gottlieb von Holtzendorff zugedacht hatte. – Vgl. dies.: Der vollkommene Regent. Studien zur panegyrischen Casuallyrik am Beispiel des Dresdner Hofes Augusts des Starken (1670–1733). Berlin u. New York 1997, S. 37. 373 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 82.
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Die von Gottsched, May und den anderen führenden Köpfen der Gesellschaft angestrebte Aufwertung der Sozietät zu einer Akademie nationaler Bedeutung erforderte, den Zeitumständen entsprechend, die Protektion dieses Vorhabens durch Vertreter der gesellschaftlichen Elite des Landes.374
May gab als Ziel aus, „den großen des Landes bekant werden, ja nicht nur bekant, sondern angenehm werden; ja nicht nur angenehm werden, sondern sie bewegen, unsere Bemühungen ihres Beystandes, Rathes, Schutzes und Gnade zu würdigen“.375 Ihnen spielte in die Hände, dass in der Leipziger Aufklärung der Adel ohnehin eine wesentliche Rolle spielte.376 Entsprechend hoch war dessen Anteil unter den nach der Reform von 1727 Aufgenommenen.
Während bis dahin nur vereinzelt Adelige aufgenommen worden waren, sind die ersten Jahre bis 1734 von regelmäßigen Beitritten Adeliger gekennzeichnet, die seit Mitte der 1730er Jahre zurückgehen und mit Gottscheds Austritt aufhören. Bei diesen Adeligen handelte es sich nicht um Mitgliedschaften der Ehre halber; über Prestige und Protektion hinaus sollten sie aktive Mitgestalter des Gesellschaftslebens sein und als solche sichtbar werden. Ihre Produktionen fanden sich regelmäßig in den Schriften der Gesellschaft, teils sogar unter Musterschriften,377 wieder. Exponiertes Beispiel war der 1727 aufgenommene spätere || 374 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 231. Vgl. auch Georg Witkowski: Geschichte des literarischen Lebens in Leipzig. Leipzig u. Berlin 1909, S. 368. 375 Rede Mays, zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 231. 376 Vgl. Detlef Döring: Die Leipziger Lebenswelt der Luise Adelgunde Victorie Gottsched. In: Gabriele Ball, Helga Brandes u. Katherine R. Goodman (Hg.): Diskurse der Aufklärung. Luise Adelgunde Victorie und Johann Christoph Gottsched. Wiesbaden 2006, S. 49. 377 So wurde eine Pliniusübersetzung von Christoph Ludwig Baron von Seckendorff und eine Antwort auf eine Abschiedsrede aus der Feder von Martin Zacharias Wanckhel von Seeberg unter den Mustern abgedruckt. – Nachricht von der itzigen Verfassung der erneuerten Deutschen Gesellschafft in Leipzig, S. 69–74.
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sächsische Berghauptmann Hans Carl von Kirchbach.378 Zur Trauerfeier für die sächsische Kurfürsten Christiane Eberhardine hatte er parallel zu der auf Gottsched zurückgehenden und von Johann Sebastian Bach komponierten Kantate eine Trauerrede gehalten, die die Deutsche Gesellschaft in ihrer Schriftenreihe wieder abdruckte.379 1729 erhielt Kirchbach für seine Rede von Unterschiede der Bewunderung und der Liebe den von der Deutschen Gesellschaft verliehenen Preis für Beredsamkeit.380 Auch nach Aufnahme seiner Tätigkeit in Freiberg blieb er in Kontakt zu Gottsched und dichtete bergmännische Lieder. Die Mitgliedschaft Adeliger wurde bereits 1727 in der Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft und 1736 in Goettens Das jetzt-lebende gelehrte Europa publiziert. Solche Publikationen aber führten die Deutschen Gesellschaften auf ein Terrain, das ein hohes Maß an Trittsicherheit in Fragen der richtigen Anrede und distinktiven Nennung des Namens erforderte. Zu diesen protokollarischen Schwierigkeiten kam ein diametral entgegengesetztes Verständnis von der Reihung in diesen Mitgliederlisten. Seitens der Deutschen Gesellschaften drückten diese häufig nach Eintrittsdatum angeordneten Verzeichnisse ihre Auffassung aus, dass innerhalb der Gesellschaft Gleichheit zu herrschen habe. Adelige konnten sich in dieser Logik zwar als Mitglieder genannt und geehrt finden, rangierten dort aber zuweilen gleichauf mit Nichtadeligen und konnten so ihr Distinktionsbedürfnis nicht befriedigt finden. In der Regel behalfen sich die Gesellschaften damit, adelige Mitglieder von den übrigen Ehrenmitgliedern getrennt aufzuführen. Wiederum war es der dem Adel zugeneigte381 Gottsched, der die neu aufgenommenen unter einer eigenen Ru-
|| 378 Vgl. zu ihm das Korrespondentenregister zum Gottschedbriefwechsel. URL: https:// www.saw-leipzig.de/de/projekte/edition-des-briefwechsels-von-johann-christoph-gottsched/ gottsched-briefwechsel_bio-bibliographisches-korrespondentenverzeichnis-1-10.pdf [30.11.2019]. 379 Hans Carl von Kirchbach: Lob- und Trauer-Rede der [...] Fürstin [...] Christianen Eberhardinen, Königin in Pohlen und Churfürstin zu Sachsen [...], als Ihro Königl. Maj. den 5. Sept. i. J. 1727 [...] aus dieser Zeitlichkeit entrissen worden: den 17. Oct. hierauff [...] in der UniversitätsKirche zu Leipzig gehalten. Leipzig 1728. Die Rede wurde in den Schriften der Deutschen Gesellschaft erneut abgedruckt: Der Deutschen Gesellschaft eigene Schriften. Bd. 1. Leipzig 1730, S. 94–111. – Vgl. zur Schilderung der Zeremonie mit Aufführung einer Kantate von Johann Sebastian Bach Waniek: Gottsched, S. 89; Suzanne van Kempen: Bach – musikpädagogisch betrachtet. Frankfurt a.M. 2009, S. 88f. 380 Hn. Hans Carls von Kirchbach: Des Königl. und Churfl. Berggerichts zu Freyberg Assessors, Rede Vom Unterschiede Der Bewunderung und der Liebe, Und wie beydes gegen Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen vereiniget sey: wodurch Derselbe als ein Mitglied der Deutschen Gesellschafft zu Leipzig im Jahr 1729. den 12. May, als an Sr. Majestät hohem Geburts-Tage den Preis der Beredsamkeit erhalten hat. Leipzig [1729]. 381 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 676.
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brik „Adeliche Mitglieder“382 führte und den meisten anderen Gesellschaften das Muster vorgab. Lessing hielt der Ausgabe von Gottscheds Gedichten später vor, ihre Unterteilung nach in den Gedichten angeredeten Ständen würde „der schärfsten Hof-Etiquette Ehre machen“.383 Georg Andreas Will hingegen musste sich hinsichtlich der Altdorfer Matrikel vom Reichshofrat Gustav Georg König von Königsthal vorhalten lassen, das „Matricular-Verzeichniß“ sei für Adelige wenig attraktiv und „schrecket solche Männer ab, weil es noch viel zu bunt nach einander läuft“ und „so verschiedene vornehme Ehren-Mitglieder von Grafen, Baronen, Reichshofräten, Doctorn und Pfarrern durcheinander stehen“.384 Eine Veröffentlichung der eigenen adeligen Mitgliedschaft in einer gelehrten Vereinigung rief bei manchen auch Abwehrreaktionen hervor, so wie bei Georg Ernst von Heynitz, der Wert darauf legte, dass seine Mitgliedschaft geheim gehalten werde.385 Adelige Eigenständigkeit konnte sich durch solche Zugehörigkeiten infrage gestellt sehen und führte zu einem „Modus der ‚distanzierten Teilnahme‘“.386 Stand Gottsched mit seiner adelsfreundlichen Politik also allein? Ein Blick in das benachbarte Jena zeigt, dass die Bestrebungen dort ganz ähnliche waren. Dort hatte man den studierenden Grafen Lorenz Ernst Friedrich von Brockdorff zum Präsidenten der neu bestätigten Gesellschaft gemacht und rekrutierte ihre Präsidenten auch weiterhin aus den Reihen der jeweils in Jena studierenden Grafen.387 Dass man adelige Mitglieder in Ehren zu halten bestrebt war, belegt ein Brief ihres Sekretärs Johann Michael Keck an Gottsched: Es ist sich indessen zu verwundern, daß da zu Leipzig so viele Adliche sich in dieser Art von Gelehrsamkeit hervor thun, hier so wenige gefunden werden welche sich darauf legen, zumahl itzo eine sehr grose Anzahl Schlesischer von Adel allhier studiret. Doch wird auch unter selbigen mit der Zeit der Trieb nach Ehre erreget, zumahl der H. von Böhlau ein Chur Sächsischer von Adel Ihnen mit seinem edlen Beispiel vorleuchtet.388
|| 382 Vgl. Nachricht von der itzigen Verfassung der erneuerten Deutschen Gesellschafft in Leipzig, S. 76. 383 Gotthold Ephraim Lessing: [Rez.] Gottsched, Gedichte [1751]. In: Ders.: Werke in drei Bänden. Hg. v. Herbert G. Göpfert. Bd. 2. München 2003, S. 523. 384 Gustav Georg König von Königsthal an Georg Andreas Will, den 4. Mai 1762, StB Nürnberg, Will III. 454. Autogr. (Umschlag 12). 385 Vgl. Johann Friedrich May an Georg Ernst von Heynitz, den 12. November 1732, LASA, H 60, Nr. 643. 386 Sittig: Überlegungen zu einer Literaturgeschichte des Adels, S. 137. 387 Vgl. Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 35. 388 Johann Michael Keck an Johann Christoph Gottsched, den 8. März 1731. In: GBW 2, S. 18.
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Christoph Dietrich von Böhlau389 wurde von der Gesellschaft hochgeschätzt und hochgehalten. Das Mitglied Johann David Fabarius brachte 1740 eine Sammlung seiner Gedichte unter dem Titel Herrn Christoph Dietrichs von Böhlau Poetische Jugend-Früchte bei verschiedenen Gelegenheiten gesammlet heraus, die zahlreiche in der Gesellschaft vorgetragene und zum Teil bereits in der Sammlung von 1732 veröffentlichte und danach überarbeitete Werke Böhlaus enthielt.390 In dieser Tradition ehrte man in Jena auch den Grafen Karl von Zinzendorf, der 1757 aufgenommen wurde und an den Sitzungen regelmäßig teilnahm. Häufig speiste er im Anschluss an die Sitzungen mit den der Sozietät angehörigen Professoren Carl Gotthelf Müller, Joachim Georg Daries und Lorenz Johann Daniel Suckow.391 Parallelen finden sich im ohnehin von Adeligen stark frequentierten Göttingen, wo die Gesellschaft Heinrich XI. Reuß zum Obervorsteher ernannte392 und ihr Leiter Johann Matthias Gesner die adelsfreundliche Aufnahmepolitik öffentlich herausstrich.393 Adelige sind in großer Zahl in die Deutschen Gesellschaften eingetreten, haben sich dort engagiert und sind in den Gesellschaften geehrt worden. Adelskritische Abhandlungen hingegen konnten nicht ermittelt werden bzw. sind anhand der überlieferten Titel nicht erkennbar. Keinesfalls also sind die Deutschen Gesellschaften als eine adelskritische oder gar -feindliche Bewegung einzustufen, die auf eine Abschaffung oder Nivellierung der ständischen Gesellschaft hingearbeitet hätten. Diesen Befund allerdings lediglich als Kotau vor dem Adel zu verstehen, greift zu kurz; wie und in welchem Ausmaß Adelige Teil einer Repräsentationsstrategie der Deutschen Gesellschaften waren, soll an anderer Stelle behandelt werden.394 Auch wenn also ein hoher Anteil Adeliger unter der Mitgliederschaft festzuhalten ist, stellten Nichtadelige in den Deutschen Gesellschaften fast durchweg
|| 389 Vgl. zu ihm Thilo Krieg: Das gelehrte und geehrte Coburg. Bd. 2. Coburg 1929, S. 11–13. 390 Vgl. Johann David Fabarius: Vorbericht. In: Herrn Christoph Dietrichs von Böhlau Poetische Jugend-Früchte bei verschiedenen Gelegenheiten gesammlet. Coburg u. Leipzig [1740], o.S. 391 Vgl. dessen Tagebucheinträge in Karl Graf von Zinzendorf: Aus den Jugendtagebüchern 1747, 1752 bis 1763. Hg. v. Maria Breunlich u. Marieluise Mader. Köln, Weimar u. Wien 1997, S. 127, 130, 132, 134–136, 141, 165, 177. 392 Vgl. S. 458f. in dieser Arbeit. 393 Vgl. Johann Matthias Gesner: Auf den Stiftungstag der deutschen Gesellschaft. In: Ders.: Kleine deutsche Schriften, S. 134f.: „Auch die hiesige Deutsche Gesellschaft ehret in den wenigen Jahren, die sie von ihrem Ursprunge an zehlet, eine so beträchtliche Anzahl solcher Personen, welche Geblüth und Stand erhöhen, dass unsere Nachkommen auch aus dem Verzeichnis der Mitglieder derselben alleine einen Beweis werden hernehmen können, in was vor einem Ansehen zu unseren Zeiten die Bemühungen der Deutschen um ihre Landessprache gewesen.“ 394 Vgl. Kap. 6.3 Protegieren.
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die große Mehrheit.395 Auch damit jedoch ist nur eine unter vielen möglich Zuordnungen getroffen. Wenig präzise ist es, die übrigen Mitglieder pauschal dem ‚Bürgertum‘ oder einer ‚Mittelklasse‘396 zuzuschlagen, selbst wenn Bauern und Unterschichten in den Deutschen Gesellschaften gänzlich fehlen. Von einem Bürgertum zu sprechen, erscheint nur dort sinnvoll, wo in den Sozietäten das Patriziat ihrer Heimatstadt in Erscheinung tritt, das Bürgertum somit nicht in Rückprojektion späterer Stratifikationen als Klasse, sondern als ein in der jeweiligen Stadt angesiedelter Stand angesprochen werden kann. Dieses Patriziat war vor allem dann in den Sozietäten präsent, wenn es wie bei den Gymnasia illustria das Gros der Schülerschaft stellte. Deutlich zu beobachten ist dies in Danzig397 und in Bremen.398 Besonders homogen waren die Schweizer Sozietäten, deren Schüler und damit deren Rekrutierungsfeld sich vor allem aus dem Nachwuchs des städtischen Patriziats zusammensetzte.399 Gänzlich anders war es in der Deutschen Privatgesellschaft Altdorf, wo es über die Aufnahme des Nürnberger Patriziers Karl Friedrich Wilhelm Grundherr von Altenthann sogar zu einem Eklat kam, als mehrere Mitglieder ihre Ablehnung erklärten, ohne dass dafür in den Quellen Gründe ersichtlich werden. Gottlieb Christian Karl Link monierte in einem späteren Umlauf, „die Ausschließung der Patrizier, die man izt als Grundgesetz bei uns annimmt“, könne „noch mehrere als entehrende Folgen bringen“.400 Grundherr von Altenthann wurde schließlich in die Gesellschaft aufgenommen. Will man eine weitere ständische Unterteilung der weder dem Adel noch dem Patriziat zuweisbaren ordentlichen Mitglieder vornehmen, ist der Begriff des Bürgertums wenig hilfreich. Von einer bürgerlichen Bewegung zu sprechen, bedeutet, neben Patriziern Hochschullehrer, Studenten, Pfarrer, Schullehrer, Verwaltungsangestellte, Kaufleute und Handwerker gedanklich miteinzubeziehen und zu vermen|| 395 Vgl. Kap. 3.3.3 Stand. 396 Vgl. bspw. Rauter: The Eighteenth-Century „Deutsche Gesellschaft“, S. 2: „came from various social strata, although representatives of the middle classes (jurists, physicians, pastors, teachers, professors, civil servants, and some businessmen) comprised the majority.“ 397 Für Danzig bestätigt dies Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 40. Vgl. zur weitgehenden Deckung von Bildungselite und Patriziat in Danzig Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik, S. 57. 398 Vgl. Andreas Schulz: Vormundschaft und Protektion. Eliten und Bürger in Bremen 1750– 1880. München 2002, S. 212, der die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft aber völlig falsch als ehemalige Schüler bezeichnet. 399 Vgl. für das Berner Gymnasium Hanspeter Stucker: Die Berner hohe Schule zwischen Orthodoxie und Aufklärung 1690–1750. Diss. Bern 1984, S. 156. 400 Gottlieb Christian Karl Link: Beilage zur Geschichte der t. Gesellschaft, die ohne gewisse Seitenstüke allen außer uns unverständlich sein wird, 13. Juni 1780, GNM PBO LXXX.
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gen. Beschreibung und Deutung der gesellschaftlichen Trägergruppen werden so eher verwässert als präzisiert. Die beiden letzten Gruppierungen etwa waren praktisch nicht vertreten,401 während die Deutschen Gesellschaften an den Hochschulen fast ausschließlich aus praktizierenden und angehenden Gelehrten bestanden. Diese bildeten, wenn auch teilweise nur zeitlich begrenzt, durchaus einen eigenen Stand mit eigenen Kompetenzen, eigenem Habitus, eigenen Rechten und Pflichten und einem eigenen Selbstverständnis,402 während ihre soziale Herkunft am Sozietätsort in den Hintergrund trat. Da ihr Status als Studenten nur sehr vage Rückschlüsse darauf erlaubt, lässt sich mit vertretbarem Aufwand wenig Systematisches ermitteln.403 Die Spannbreite dürfte auch in finanzieller Hinsicht aber sehr groß gewesen sein und reichte von reichen Patriziernachkommen bis zu vermutlich wenig vermögenden Pfarrerssöhnen. Unterschiede im Einkommensgefüge der Herkunftsregionen, in der Dosierung der elterlichen Zuwendungen und im individuellen studentischen Umgang mit dem zur Verfügung stehenden Geld dürften diese weiter vermehrt haben. Eintrittsgebühren dürften viele Arme von einem Eintritt abgehalten haben; die Einräumung von Rabatten für eintrittswillige Arme404 und häufige Zahlungsschwierigkeiten weisen in eine ähnliche Richtung wie die Tatsache, dass die als universitas pauperum geltende Hochschule in Jena mit einer der mitgliedsstärksten Gesellschaften an der Sozietätsbewegung partizipierte. Dass vom Hochadel bis zum Pfarrhaus unterschiedlichste soziale Sphären in den Sitzungen nebeneinandersaßen, sollte nicht als Indiz eines Fallens ständischer Schranken gewertet werden. Ständische, Herkunfts- und finanzielle Unterschiede waren im Raum der Sozietäten nur zeitweise aufgehoben. Eine ‚bunte‘ Gesellschaft haben sie aber auch dann keineswegs gebildet. Einigende Klammer war und blieb ein Element der Ständegesellschaft: Bis auf sehr vereinzelte Ausnahmen waren sie Gelehrte.
|| 401 Vgl. zu den Kaufleuten S. 245–247 in dieser Arbeit. Als Handwerker kann allenfalls der Buchbinderlehrling Christian Sigismund Spener angesehen werden, der 1775 der neu gegründeten Deutschen Gesellschaft in Straßburg beitrat. Vgl. zu ihm Karl Harraeus: Beiträge zur Geschichte der Familie Spener. München 1973. 402 Vgl. Bosse: Gelehrte und Gebildete, S. 13–37. Bosse hat pointiert die Forschungstradition problematisiert, „dass, in einer historischen Ungeduld des Herzens, fast alles dem ‚Bürgertum‘ zugesprochen worden ist, was dem gelehrten Stand gebührt.“ – Ders.: Zwei Hauslehrer und sechs Adelshaushalte, S. 32f. 403 Die meisten Daten liefern die Pfarrerbücher, mit denen allerdings der Blick auf eine sich in hohem Grad selbst reproduzierende Gruppe gerichtet und das Gesamtbild eher verzerrt wird. Ähnliches gilt für die ausführlicheren Einträge in den biographischen Nachschlagewerken, die Angaben zum elterlichen Hausstand machen. Sie konzentrieren sich auf ‚prominentere‘ Persönlichkeiten mit geringer Repräsentativität, einer Gewichtung dieser Einzelbeobachtungen fehlt die quantitative Basis. 404 Vgl. Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 85.
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Dieses Band einte die Mitgliederschaft nach innen, zog aber auch Grenzen nach außen. Insofern sind die Deutschen Gesellschaften als eine neue Form der Geselligkeit nicht als radikaler Bruch mit der ständischen Ordnung zu verstehen, vielmehr verstärkten sie bestehende Ungleichheiten noch.405 Ein geläuterter Habitus und eine gepflegte Muttersprache sollten gerade keine ‚Volksnähe‘ herstellen, sondern ihre Träger ganz im Gegenteil vom ‚Pöbel‘ schärfer abgrenzen.406 Damit sind die Gesellschaften ihrer sozialen Zusammensetzung nach weit schärfer konturierbar, als es der Begriff des Bürgertums erlaubt, der die Mitgliederschaft in einen zu breiten Rahmen stellt – dass dieser Rahmen in Wirklichkeit aus dem Stand der Gelehrten bestand, haben selbst diejenigen eingeräumt, die das Paradigma vom Aufstieg des Bürgertums nur allzu gern pflegten.407 Nur wenige Modifikationen sind anzubringen, wenn man mit der Zuweisung zu Tätigkeiten ein weiteres Merkmal heranzieht, das neben den bereits verwendeten wie Grad der Gelehrsamkeit, Stand und Vermögen eine weitere Gliederungsebene einzieht. Die an den Hochschulen wirkenden ordentlichen Mitglieder bestanden fast ausschließlich aus Lehrenden und Lernenden und sind damit im Mittelpunkt gelehrter Tätigkeit zu verorten. Differenzierter werden die Konturen der Mitgliederschaft in den Gesellschaften, die weder eine Universität noch ein Gymnasium illustre aufzuweisen hatten. Den Berufen nach fächern sich diese unter den ordentlichen Mitgliedern wie folgt auf:
|| 405 Vgl. für die gelehrte Geselligkeit überhaupt Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis, S. 396. 406 Dies bestätigt bspw. für das Selbstverständnis Gottscheds Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 680. 407 So Richard van Dülmen: Die Aufklärungsgesellschaften in Deutschland als Forschungsproblem. In: Ulrich Herrmann (Hg.): „Die Bildung des Bürgers“. Die Formierung der bürgerlichen Gesellschaft und die gebildeten im 18. Jahrhundert. Weinheim u. Basel 1989, S. 82: „auch wenn sie entsprechend der gesellschaftlichen Situation im deutschen 18. Jahrhundert ihren weitgehend gelehrten Charakter fast bis zum Ende des Jahrhunderts beibehielten“.
Die Mitgliederschaft | 265
Auf den ersten Blick fallen zahlreiche Ungleichgewichte zwischen den Sozietäten auf, die dem unterschiedlichen Charakter der Sozietätsorte von Hamburg bis Wien geschuldet sind. Zunächst ist festzuhalten, dass dort, wo sich bedeutendere Gymnasien oder Universitäten befanden, deren Lehrerschaft in den Gesellschaften selbst dann mitwirkte, wenn die Anbindung an die Hochschule fehlte. Geistliche spielten in protestantisch geprägten Städten wie in Bern, Bernburg und Hamburg eine wichtige Rolle, fehlten in Wien jedoch gänzlich, vermutlich weil man dort religiösen Kontroversen aus dem Weg gehen wollte.408 Die Zusammensetzung der Mitgliederschaft ist also weit weniger homogen als an den Hochschulen. Aber auch zwischen Bernburg und Wien wirkte die Verklammerung als Gelehrtenstand über die unterschiedlichen Tätigkeitsfelder hinweg, setzten die ausgeübten Berufe fast durchweg einen gelehrten Hintergrund voraus. In den Städten, wo wie in Wien und Bern gelehrte Institutionen angesiedelt oder wie in Mannheim mit der Universitätsstadt Heidelberg benachbart waren, machten Gelehrte im engeren Sinn wie etwa Universitätsdozenten und Gymnasiallehrer überdies einen hohen Anteil aus. Versucht man also, mit klassischen Analyseinstrumenten wie dem Oppositionspaar Adel/Bürgertum oder ausgeübten Berufen die Mitgliederschaft sozial zu verorten, entrollt sich ein buntes Bild des Sowohl-als-auch, das lediglich eine Abgrenzung gegenüber unteren Schichten, jedoch keinen eigentlichen archimedischen Punkt erkennen lässt. Eine klare Dominanz einzelner Berufsgruppen ist ebenso wenig auszumachen wie eine entschiedene Adelsfreundlichkeit oder -ablehnung. Die Mitgliederschaft deshalb als ein Panoptikum der Ober- und Mittelschichten des 18. Jahrhunderts zu werten, greift entschieden zu kurz. Dass in einer hochgradig distinktiven Gesellschaft wie der frühneuzeitlichen Rang und Beruf keine Rolle gespielt hätten, ist unwahrscheinlich. Näher liegt es, ständische Elemente anzunehmen, die die angesprochenen Merkmale im Binnenraum der Sozietäten überlagerten – ohne sie freilich gänzlich außer Geltung zu setzen. Ein solches Element ist die Gelehrsamkeit, die fast durchweg eine ordentliche Mitgliederschaft erst ermöglichte. Die Deutschen Gesellschaften haben so in und mit der Ständegesellschaft der Frühen Neuzeit gewirkt, ohne deren Ordnung in Frage zu stellen. Vielmehr ging es darum, innerhalb dieser Ständegesellschaft einen bestimmten Stand, nämlich den gelehrten, in seinen Kompetenzen, seinem Habitus und mittelbar auch seiner gesellschaftlichen Bedeutung aufzuwerten. Dass dabei innerhalb des Gelehrtenstandes eine breite Streuung vom jungen Baron zum mittellosen Pfarrerssohn angesprochen und integriert werden konnte, war ebenso nötig wie nützlich. || 408 Vgl. Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie, S. 128.
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3.3.4 Konfession Die Trennung nach Ständen war bei weitem nicht die einzige, die die Gesellschaft des deutschsprachigen Raumes segmentierte. Seit der Reformation zerfiel diese in mehrere Konfessionen, die sich auf politischer und akademischer Ebene, aber auch im städtischen und dörflichen Alltag teils heftig befehdeten. Seit dem Dreißigjährigen Krieg nahmen zwar Bestrebungen zu, konfessionelle Gräben zu überbrücken, Spannungen aber blieben auf vielen Feldern bestehen und konnten immer wieder eskalieren. Dies gilt auch und insbesondere für die Gelehrten. Die „konfessionelle Konstruktion von Bildungslandschaften“409 blieb auch im Jahrhundert der Aufklärung dominant und wurde nur an wenigen Orten aufgeweicht. Bereits angesprochen wurde, wie sehr die Pflege der deutschen Sprache von zahlreichen Schlüsselfiguren der Deutschen Gesellschaften als ein genuin protestantisches Anliegen betrachtet und offensiv verfochten wurde.410 Mittel- und Norddeutschland als Ausgangsregion und Herkunftsraum der weitaus meisten Mitglieder lässt vermuten, dass das evangelische Bekenntnis ein erdrückendes Übergewicht in der Mitgliederschaft besaß. Es rät allerdings zur Vorsicht, dass das Sozietätsmodel nach der Jahrhundertmitte in den katholischen Raum übergriff. Lässt sich also die Frage dahin wenden, ob die Gelehrsamkeit als das zentrale Aufnahmekriterium nicht vielmehr konfessionelle Grenzen ebenso durchlässig gestaltete, wie sie es zwischen Adel und Nichtadeligen getan hatte? Eine Analyse der Mitgliederschaft nach konfessioneller Zugehörigkeit stützt sich dank des hohen Anteils von Theologen unter den Mitgliedern und ihren Familienangehörigen sowie Konfessionszuweisungen in Adelskalendern und Gelehrtenlexika auf eine solide Datengrundlage, die über 99 % der Mitglieder einem Bekenntnis zuordnet, wobei nicht zwischen Lutheranern und Reformierten differenziert wurde. Für die gesamte Mitgliederschaft ergibt sich somit folgendes Bild:
|| 409 Anton Schindling: Katholische und protestantische Kulturlandschaften im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. In: Peter Claus Hartmann (Hg.): Religion und Kultur im Europa des 17. und 18. Jahrhunderts. Frankfurt a.M. 2004, S. 34. Vgl. auch Jürgen Luh: Unheiliges Römisches Reich. Der konfessionelle Gegensatz 1648 bis 1806. Potsdam 1995. 410 Vgl. S. 56–58 in dieser Arbeit.
Die Mitgliederschaft | 267
Ein erster Blick auf die Zahlen bestätigt das Bild einer protestantisch inspirierten und dominierten Sozietätsbewegung. Katholiken waren zwar deutlich in der Unterzahl, können aber keinesfalls als quantité négligeable behandelt werden. Die folgende Darstellung der Eintrittsbewegung unter Katholiken zeigt somit einen erheblichen Differenzierungsbedarf, der zunächst in Zehnjahresschnitten chronologisch und getrennt nach Mitgliedschaftsstatus vorgenommen werden soll.
Die ersten Jahrzehnte bestätigen die Einschätzung der Deutschen Gesellschaften als genuin protestantische Sozietätsbewegung vollauf. Dies ist nicht nur den Sozietätsorten und der regionalen Herkunft der Mitglieder geschuldet: Schlesien etwa, aus dem zahlreiche Mitglieder der Teutschen Gesellschaft zu Jena kamen, ist als eine konfessionell gemischte Region anzusprechen – Eintritte
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aber sind nur für protestantische Schlesier gesichert.411 Aus dem tirolischen Kufstein stammte Johann Mittermayr, der zwar katholisch getauft war, später aber konvertierte und als Schüler des Görlitzer Gymnasiums während seines Leipziger Studiums in die Deutsche Gesellschaft aufgenommen wurde. Seinen Glaubenswechsel hat er noch auf dem Gymnasium in einer eigenen Schrift verarbeitet.412 Dass diese konfessionelle Ausrichtung nicht vor antikatholischen Spitzen haltmachte, belegt der Theologe und spätere Konrektor des Gymnasiums in Speyer, Georg Litzel. Schon vor seinem Wechsel vom Gymnasium auf die Universität Straßburg hatte er in einer versifizierten Rede mit dem Titel Das gedoppelte Jubelfest der teutschen Poesie Luther als Sprach- und Religionsverbesserer gefeiert. In Straßburg zum poeta laureatus gekrönt, begann er eine peregrinatio academica an die mitteldeutschen Universitäten, die ihn auch nach Jena führte.413 Dort wurde er als eines der ersten Ehrenmitglieder Deutscher Gesellschaften überhaupt auf eigenen Wunsch hin am 21. Februar 1730 aufgenommen414 und schloss im Dezember 1730 eine unter dem Pseudonym Megalissus erscheinende Polemik Der Undeutsche Catholik415 ab. In ihr zog er wortreich gegen Sprachgebrauch und Dichtung der katholischen Deutschen, in erster Linie der Jesuiten, zu Felde.416 Seine Empfehlungen, literarische Neuerscheinungen als eine Art Pflichtexemplar der Leipziger Deutschen Gesellschaft sowie „der jüngsthin in Jena aufgerichteten deutschen Gesellschaft“417 zu übersenden und teilweise den Deutschen Gesellschaften eine Art sprachliche Vorzensur zu
|| 411 Unklar ist die Konfession des schlesischen Adeligen Kaspar Friedrich Paczenzky von Tenczyn, der am 2. Juni 1731 in die Teutsche Gesellschaft zu Jena aufgenommen wird und dessen Familie Zweige beider Konfessionen aufweist. 412 Vgl. seine autobiographischen Schilderungen: Wunderliche Führungen Gottes, eines zu Wasser und zu Lande gereißten und nunmehro nach angenommener evangelisch-lutherischen allein seligmachenden Religion auf dem Görlitzischen Gymnasio unter der Anführung Samuel Grossers studirenden Johann Mittermayer aus Tyrolen. [o.O.] [um 1717]. 413 Vgl. zu diesem Abschnitt seiner Biographie August Ferdinand Milster: Erinnerung an das Leben und die Verdienste des M. Georg Litzel. Speyer 1826, S. 4f. 414 Protokolleintrag der Teutschen Gesellschaft Jena vom 21. Februar 1730, ThULB Ms. Prov. q 78, f. 4. 415 Megalissus [Georg Litzel]: Der Undeutsche Catholik Oder Historischer Bericht von der allzu großen Nachläßigkeit der römisch-katholischen Insonderheit unter der Clerisey der Jesuiten in Verbesserung der deutschen Sprache und Poesie. Jena 1731. 416 Vgl. dazu auch Dieter Breuer: Der Streit über die Frage, „wo das beste Teutsch zu finden“. In: Jürgen Macha, Anna-Maria Balbach u. Sarah Horstkamp (Hg.): Konfession und Sprache in der Frühen Neuzeit. Interdisziplinäre Perspektiven. Münster u.a. 2012, S. 33f. 417 Litzel: Der Undeutsche Catholik, S. 34.
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übertragen,418 verraten, wie sehr er von der Vorstellung einer nationalen Sprachakademie unter protestantischer Ägide angetan war.419 Es dauerte bis Mitte der 1730er Jahre, bis ein Katholik Eingang in eine Deutsche Gesellschaft fand. Es war Gottsched vorbehalten, sich als erster über eine ungeschriebene Regel hinwegzusetzen, als der Wiener Reichshofratsagent und Sprachforscher Johann Baltasar Antesperg mit dem Entwurf einer Sprachtabelle und der Bitte um dessen Verbesserung an die Deutsche Gesellschaft herantrat.420 Es dürfte neben der Anerkennung von Antespergs Arbeit auch dem Interesse an einem hochrangigen Fürsprecher in Wien gewesen sein, der die Gesellschaft dazu veranlasste, ihn einstimmig zum Mitglied zu erklären.421 Die Korrespondenz jedoch versandete bald, und Antesperg blieb für die nächsten Jahre das einzige katholische Mitglied. Dass die Anfangsjahre der Deutschen Gesellschaften eine protestantische Angelegenheit waren, verleitet dazu, die überkommenen Vorurteile von katholischer Ignoranz der Muttersprache gegenüber zu bekräftigen. An rein katholischen Universitäten ist es nie zu einer Sozietätsgründung gekommen.422 Bestrebungen hin zu einer Pflege muttersprachlicher Gelehrsamkeit waren allerdings auch im katholischen Raum zu verzeichnen, artikulierten sich aber meist in anderen Formen. Dass diese ihrerseits in konfessionelle Polemik verstrickt waren, erwies das Beispiel des Parnassus Boicus. Dieser verfocht dezidiert einen katholisch-oberdeutschen Standpunkt, als man gegen Luther polemisierte, welcher in seiner Teutschen Affter-Bibl / wie leichtlich abzumercken / keine andere Absicht gehabt / als seiner Ober-Sächsischen Teutschen Sprach die universal Monarchi in
|| 418 Vgl. ebd., S. 102. 419 Vgl. zu Litzels Vorschlag einer Sprachakademie Traugott Flamm: Eine deutsche Sprachakademie. Gründungsversuche und Ursachen des Scheiterns (von den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts bis 1945). Frankfurt a.M. u.a. 1994, S. 99–105. 420 Vgl. Johann Balthasar Antesperg an Johann Christoph Gottsched, den 4. August 1734. In: GBW 1, S. 141f. 421 Vgl. Johann Christoph Gottsched an Johann Balthasar Antesperg, den 5. September 1734. In: Ebd., S. 160. Dort allerdings sagt Gottsched, dass „Eure Hochwohlgebohrnen selbst verlanget haben ein Mitglied unserer Gesellschaft zu werden“, was aus dem oben erwähnten Brief nicht hervorgeht. 422 Möglicherweise hängt dies neben konfessionellen Aspekten auch mit der stärker ausgeprägten Collegestruktur der katholischen Universitäten zusammen, die bessere Möglichkeiten der Disziplinierung studentischer Zöglinge bot. Johan Lange hat den Gegensatz zum ‚Autonomie-System‘ der protestantischen Hochschulen hervorgehoben und damit die Notwendigkeit, andere Formen der Kontrolle und Disziplinierung auszuüben. – Vgl. Lange: Gefahren der akademischen Freiheit, S. 72–78. Dass diese Mechanismen auch auf die Disziplinierungsfunktionen der Deutschen Gesellschaften anwendbar sind, ist möglich, muss aber offenbleiben.
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dem Hoch-Teutschen einzuraumen / wie dann jhme seine Lands-Leuthe in solche Meynung noch heut zu Tag nachahmen.423
Gottsched kanzelte diese Äußerung als Zeichen von „Parteylichkeit und Hirnrißigkeit“424 ab und vertiefte nur noch die konfessionellen Gräben. Im katholischen Luzern geriet der Geistliche Bernhard Ludwig Göldlin 1747 zwischen die Fronten, als er eine Mitgliedschaft in der dortigen Wachsenden Deutschen Gesellschaft ablehnen zu müssen glaubte, da „ihm zu Luzern seine Bekanntschaft mit Zürichern sehr übel gedeutet werde, weil man daraus ein Misstrauen in seiner Lauterkeit in der Religion fassen könnte“. Deswegen „denke er, daß er unsern Antrag ihn zum Mitglied aufzunehmen nicht annehmen könne“.425 So überrascht es nicht, dass von 1741 bis 1750 trotz stetigen Mitgliederzuwachses nur vierzehn Aufnahmen katholischer Persönlichkeiten bezeugt sind. Und selbst für diese ist eine erhebliche Einschränkung zu treffen: Alle wurden als auswärtige oder Ehrenmitglieder aufgenommen, partizipierten also wenig an der alltäglichen Gesellschaftsarbeit vor Ort. Selbst ihre Aufnahme war Gegenstand heftiger Kontroversen, etwa in Greifswald, wo der Gesellschaftsgründer Augustin Balthasar und der Theologieprofessor Lorenz Stenzler gegen die Aufnahme des Kardinals Angelo Maria Quirini opponierten. Dieser pflegte zwar umfangreiche Briefwechsel mit protestantischen Gelehrten, verfolgte aber das Fernziel einer Wiedervereinigung der Konfessionen unter katholischen Vorzeichen.426 Dessen Polemik gegen Luther in seinen Briefen an den Berliner
|| 423 Parnassus Boicus. Neunte Unterredung (1724), zit. nach: Breuer: Streit über die Frage, „wo das beste Teutsch zu finden“, S. 37. Vgl. zur konfessionellen Polemik im Parnassus auch Andreas Beck. Katholisch-bayerische Prosapropaganda in opitzianisch-poetologischer Tradition: Gelasius Hiebers „Sprach-Lehr“ und „Von der Teutschen Poetery“ (1723–25) im „Parnassus Boicus“. In: Thomas Althaus u. Nicola Kaminski (Hg.): Spielregeln barocker Prosa. Historische Konzepte und theoriefähige Texturen ‚ungebundener‘ Rede in der Literatur des 17. Jahrhunderts. Bern 2012, S. 309–332; Markus Christopher Müller: Gottsched und der Parnassus Boicus. Gelehrte Rezensionspraxis zwischen Leipzig und München. In: Katrin Löffler (Hg.): Wissen in Bewegung. Gelehrte Journale, Debatten und der Buchhandel der Aufklärung. Stuttgart 2020, S. 187–200. 424 [Johann Christoph Gottsched]: [Rez.] Parnassus Boicus oder Neu=eröffneter Musen=Berg. In: Beyträge zur critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 13 (1735), S. 273. 425 Protokolleintrag vom März 1747, ZB Zürich, Ms T 413.5. In einem Brief an Bodmer findet sich lediglich: „daß mir schwör fallen würde, ein ehrenmitglied der teutschen Academie in Zürich zu werden“. – Bernhard Ludwig Göldlin an Johann Jakob Bodmer, den 22. Februar 1747, ebd., Ms Bodmer 2.14. 426 Vgl. Beaurepaire: Can Erudite Friendship Break down Interconfessional Barriers, S. 153– 162; Friedrich Lauchert: Die irenischen Bestrebungen des Kardinals Angelo Maria Quirini (O.S.B.) speziell in seinem Verkehr mit deutschen protestantischen Gelehrten. In: Studien und
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Akademiesekretär Formey brachte Balthasar und Stenzler in Rage: „Uns betrübet es, daß man durch solche Flatterien einem römischen Cardinal Gelegenheit giebet, unserer Religion, unser Kirchen und unsers seel. Lutheri zu spotten.“427 Ihr Schreiben mündete in der Drohung: Sollte aber die teutsche Gesellschaft dennoch resolviren, des Herrn v. Perard Vorschlag itzo zu erfüllen: so finden wir Ursach zu declariren, daß wir uns künftig denen Versammlungen der teutschen Gesellschaft entziehen und nicht mehr darin erscheinen, noch an denen Geschäften und Arbeiten derselben Theil nehmen werden.428
Der weitere Verlauf der Kontroversen ist nicht mehr zu rekonstruieren, es kam aber zu einer Aufnahme Quirinis. Als Dank vermachte er der Gesellschaft 25 Bände und vier Kupferstiche, die er mit einer eigenen lateinischen Widmungsinschrift versah. Die Deutsche Gesellschaft machte diese Schenkung und somit seine Mitgliedschaft öffentlich429 und bedankte sich mit einem lateinischen Schreiben.430 Augustin von Balthasar setzte trotz seiner heftigen Einwände sein Wirken in der Gesellschaft nicht nur fort, seine Tochter Anna Christina Ehrenfried trat sogar in Briefwechsel mit dem neuen Mitglied. Mit Joseph Andreas Załuski nahm die Gesellschaft 1750 einen weiteren geistlichen Würdenträger in die Reihen ihrer auswärtigen Mitglieder auf.431 Als weiteres Zeichen einer einsetzenden katholischen Partizipation ist die 1746 in Olmütz gegründete Societas Incognitorum zu werten, eine Gesellschaft, die den Zielen der Deutschen Gesellschaften nahestand.432 Die langsam einsetzende Integration von Katholiken als Zeichen einer wachsenden konfessionellen Toleranz auch in genuin protestantischen Bewegungen zu deuten, wäre jedoch zu optimistisch. Deren Vorkämpfer fanden, wenn überhaupt, dann wie Quirini nur unter Überwindung von Widerständen Eingang. Die
|| Mitteilungen aus dem Benediktiner- und Zisterzienser-Orden 24 (1903), S. 243–275. Einen Überblick über seine gesamte Korrespondenz bietet Alfred Baudrillart: De Cardinalis Quirini vita et operibus. Paris 1889. 427 Augustin von Balthasar und Laurentius Stenzler an Johann Carl Dähnert, den 23. Juli 1750. In: Erklärung zweier Greifswaldischen Theologen gegen einen Römischen Cardinal. In: Zeitschrift für die historische Theologie 7 (1837), S. 170. 428 Ebd., S. 172. 429 Vgl. die Auflistung der Bände und Nennung der Inschrift in: Pommersche Bibliothek. Bd. 1 (1752), S. 165–169. 430 Deutsche Gesellschaft Greifswald an Angelo Maria Quirini, den 25. September 1751, Brescia, Biblioteca Civica Queriniana, ms. E.IV.1, f. 10r. 431 Vgl. Lemke: Die Brüder Załuski, S. 133. 432 Vgl. S. 100f. in dieser Arbeit.
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ersten aufgenommenen Katholiken zeichneten sich mehrheitlich durch ein anderes Merkmal aus: Bereits unter den 14 bis 1750 Aufgenommenen befanden sich neun Adelige, die die Deutsche Gesellschaft Göttingen aufnahm und das Renommee etwa zweier Grafen von Stadion oder zweier Mitglieder des Grafengeschlechts von Wolfegg-Waldsee über konfessionelle Bedenken an einer ohnehin wenig konfessionell ausgerichteten Hochschule stellte.433 Adel dominierte auch im Folgejahrzehnt, als vier Katholiken eine ordentliche Mitgliedschaft erreichten und somit nach Antesperg erstmals Eingang in den inneren Zirkel der Sozietätsbewegung fanden. Drei davon waren adeliger Abkunft; dass sie an den neugegründeten und weniger konfessionell geprägten Universitäten Göttingen434 und Erlangen geschahen, kann als Indiz dafür gewertet werden, wie tief konfessionelle Vorbehalte an den älteren Hochschulstandorten noch immer verwurzelt waren. Unter den nicht ordentlichen Mitgliedern stellten Adelige mindestens fünf von elf katholischen Neuaufnahmen. Es war der von den Universitäten und den Deutschen Gesellschaften gleichermaßen umworbene Adel, der Katholiken die Bahn brach. Vorreiter einer konfessionellen Toleranz waren die Deutschen Gesellschaften über die größten Strecken ihrer Geschichte definitiv nicht. Es war keine konfessionelle Öffnung hin zu einer ‚moderneren‘ Gesellschaftsordnung, sondern adeliger Glanz, der als Strukturmerkmal der traditionellen ständischen Gesellschaft konfessionelle Belange überlagern konnte. Es dauerte bis 1761, als in Wien erstmals eine Deutsche Gesellschaft mit einem katholischen Mitgliederstamm gegründet wurde. Dass sich unter den 19 bekannten Mitgliedern fünf aus Kursachsen stammende Protestanten befanden, aber keine Geistlichen, zeigt, dass an einer dezidiert katholischen Ausrichtung kein Interesse bestand. Deren Regentin Maria Theresia herrschte ebenso über ein konfessionell uneinheitliches Territorium wie Karl Theodor von Pfalzbayern, dessen 1775 gegründete Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft mit 40 katholischen gegen 37 evangelische Mitglieder geradezu paritätisch besetzt war, ohne dass sich in der Mitgliederentwicklung eine konfessionelle Homogenität erkennen ließe. Sie verlängerte damit in der Kurpfalz die gemischtkonfessionelle Zusammensetzung der Mannheimer Akademie und der Universität Heidelberg. Gleiches gilt für die Heidelberger Deutsche Privatgesellschaft, deren sieben Mitglieder fünf Protestanten und zwei Katholiken zählten.
|| 433 Vgl. Suchier: Mitglieder, S. 79. 434 Mit Johann und Stepanus von Basilewsky wurden 1775 sogar zwei aus der Ukraine stammende adelige Angehörige orthodoxen Glaubens in die Deutsche Gesellschaft aufgenommen. – Vgl. SUB Göttingen, Deutsche Gesellschaft 4.
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In anderen Deutschen Gesellschaften ist es auch seit den 1760er Jahren kaum zu Aufnahmen von Katholiken gekommen; die Altdorfer Gesellschaft nahm seit 1762, also sechs Jahre nach ihrer Gründung, zwölf Katholiken aus dem süddeutschen Raum als Ehrenmitglieder auf, während der Stamm ordentlicher Mitglieder rein protestantisch blieb. Gleiches gilt für die Deutsche Gesellschaft in Bernburg, die im zehnten Jahr ihres Bestehens bis zu ihrem Erlöschen 13 katholische Mitglieder aufnahm, deren größter Teil Zöglinge des Wiener Theresianums sowie Mitglieder der Churpfalzbaierischen Gesellschaft Sittlich- und Landwirthschaftlicher Wissenschaften zu Burghausen waren.435 In den Jahren nach 1790 bis zum Ende des Alten Reichs nahm keine Deutsche Gesellschaft Katholiken auf. Wirksam blieb auch die ausgeprägte Feindschaft zum Jesuitenorden,436 lediglich der Lehrer der Dicht- und Redekunst im Profeßhause des Ordens, Karl Mastalier, wurde zu Beginn der 1770er Jahre in die Leipziger Deutsche Gesellschaft aufgenommen.437 Als der Jesuit und kurpfälzische Hofastronom Christian Mayer 1777 in die Mannheimer Deutsche Gesellschaft eintrat, war der Orden bereits aufgehoben worden.438 Es lässt sich somit nicht sagen, dass in den Deutschen Gesellschaften konfessionelle Grenzen in gleichem oder auch nur ähnlichem Maße aufgehoben oder zumindest suspendiert waren, wie es bei allen Einschränkungen für die ständischen Schranken gilt. Die Deutschen Gesellschaften begannen als dezidiert protestantische gelehrte Bewegung mit vernehmbar antikatholischen Tönen und blieben hinsichtlich ihres Bekenntnisses mit vermutlich nur einer einzigen Ausnahme jahrzehntelang konfessionell homogen. Eine schleppende Öffnung setzte erst mit der Ausweitung der Beitritte ein, beschränkte sich aber zunächst auf auswärtige und Ehrenmitgliedschaften. Dass katholische Adelige und deren Renommee dabei das ‚Zugpferd‘ abgaben, zeigt, dass weiterbestehende Vorbehalte nur durch übergeordnete Erwägungen aufgeweicht werden konnten. Katholische Gelehrte sahen sich also erheblichen Reserven aus dem protestantischen Lager, aber auch aus den eigenen Reihen ausgesetzt, wo man teils an der überkommenen Latinität festhielt, aber auch eigene Wege abseits des Sozietätsmodells Deutsche Gesellschaft beschritt. So dauerte es bis weit in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, bis in Territorien mit einem katholischen || 435 Vgl. zur Aufnahmepolitik der Bernburger Gesellschaft Erb: Nahaufnahmen. 436 Vgl. Richard van Dülmen: Antijesuitismus und katholische Aufklärung in Deutschland. In: Historisches Jahrbuch 89 (1969), S. 52–80. 437 Vgl. Leipziger Adreß-, Post- und Reise-Kalender auf das Jahr 1773. Leipzig [o.J.], S. 92. 438 Vgl. zu Mayer Alexander Moutchnik: Forschung und Lehre in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Naturwissenschaftler und Universitätsprofessor Christian Mayer SJ (1719– 1783). Augsburg 2006.
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Landesherrn Gesellschaften entstanden, die schon aufgrund ihrer Orientierung am Hof einen starken katholischen Mitgliederstamm hatten, evangelische Kandidaten allerdings in großer Zahl in ihren Reihen duldeten. Der Weg zu einer überkonfessionellen Gelehrtenrepublik allerdings blieb weit, und die Deutschen Gesellschaften beschritten ihn nicht als Vorreiter.
3.3.5 Region Auch in regionaler Hinsicht begann es äußerst homogen. Die Keimzelle der Deutschen Gesellschaften, das Görlitzische Collegium Poeticum, war seinem Namen und den Statuten439 nach landsmannschaftlich festgelegt, erst 1717 lockerte man die Beschränkung auf Absolventen des Görlitzer Gymnasiums,440 deren Anteil nach der Umgestaltung von 1727 merklich zurückging.441 Mit dem neu erklärten Ziel, die deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit zu pflegen, wollte eine landsmannschaftliche Beschränkung nicht zusammenpassen. Die neuen Statuten trafen auch keine Festlegungen über die geographische Herkunft der Mitglieder,442 so dass eine Deutsche Gesellschaft Mitglieder aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, ja sogar über diesen hinaus, in ihren Reihen vereinigen konnte. Bestrebungen nach einem ‚Abschleifen‘ dialektaler Eigentümlichkeiten zugunsten einer überregionalen deutschen Hochsprache schien somit ein guter Boden bereitet. Diese Aussichten kollidierten allerdings mit einem deutschen Sprachraum, den nicht nur Stände und Konfessionen, sondern auch zahlreiche Territorien mit unterschiedlicher kultureller Ausrichtung und gelehrter Infrastruktur fraktionierten. Zwar verfügten bei weitem nicht alle Territorien über eine eigene Hochschule, und keine Hochschule nahm ausschließlich Landeskinder auf, regional begrenzte Einzugsbereiche waren jedoch die Regel, und landesherrliche Anweisungen zum Studium an der Landesuniversität sowie andere Faktoren verstärkten diese Regionalisierung des Hochschulwesens im Verlauf des
|| 439 „Niemand außer ein geborener Lausitzer oder Schlesier und von dem Görlitzischen Gymnasium nach Leipzig gezogner, wird in die Gesellschaft aufgenommen.“ – § I der Satzungen von 1697, abgedruckt bei Stübel: Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig, S. 10. 440 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 122. 441 Vgl. ebd., S. 233. 442 In den Bestimmungen über die Reimarten führen die Statuten das Lausitzische, Schlesische, Schwäbische, Meißnische, Niedersächsische, Brandenburgische und Preußische auf und umreißen damit den Erwartungshorizont für die Leipziger Gesellschaft. – Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 14, § XVII.
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18. Jahrhunderts.443 Wie verhielten sich diese Faktoren zu einer gelehrten Sozietätsbewegung, deren Ambitionen Territorien übergreifend ausgerichtet waren? Um Antworten auf diese Frage zu geben, soll die Herkunft der Mitglieder quantifizierend betrachtet werden. Dabei wurden die Herkunftsangaben neben biographischen Nachschlagewerken vor allem den Matrikeln entnommen. Diese dürfen jedoch nicht immer als präziser Hinweis auf den Herkunftsort angesehen werden – zuweilen geben sie eher das Selbstverständnis der Herkunft des Immatrikulierten wieder, als dass sie eine ortsgenaue Angabe lieferten;444 dies dürfte im Übrigen auch bei Eintragungen in die gesellschaftlichen Matrikeln der Fall sein. Da die Auswertung aber nicht den Herkunftsort, sondern das Territorium445 zugrunde legt und auch das Selbstverständnis durchaus von Interesse ist, kann diese Unschärfe toleriert werden.446 Der erste Blick fällt auf die Gesamtheit der Territorien und Mitgliedschaftsformen, wobei nur Territorien mit zehn und mehr Mitgliedschaften aufgeführt werden. Berücksichtigt wurden auch Staaten außerhalb des Heiligen Römischen Reichs. Territoriale Herkunft der Mitglieder Mitglieder Territorium
Mitglieder Territorium
409 Preußen
36 Brandenburg-Bayreuth
409 Sachsen
36 Hessen-Kassel
168 Braunschweig-Lüneburg
35 Lübeck
145 Braunschweig-Wolfenbüttel
31 Erzstift Mainz
137 Habsburgermonarchie
24 Brandenburg-Ansbach
132 Nürnberg
22 Hessen-Darmstadt
86 Eidgenossenschaft
17 Hohenlohe
83 Polen
17 Hochstift Hildesheim
82 Bremen
17 Frankfurt a.M.
71 Dänemark
16 Oettingen
67 Sachsen-Weimar-Eisenach
14 Reuß
57 Hamburg
14 Oldenburg
54 Anhalt
13 Ulm
|| 443 Vgl. Frijhoff: Der Lebensweg der Studenten, S. 316. 444 Vgl. Rasche: Universitätsmatrikel, S. 33f. 445 Als Herkunftsterritorium wurde das Territorium angegeben, dem der Ort zum Zeitpunkt des Eintritts angehörte. Im Falle Schlesiens bedeutet dies, dass die fast immer vor 1740 zustande gekommenen Mitgliedschaften der Habsburgermonarchie zugerechnet wurden. 446 Angaben zum Herkunftsort konnten in über 99 % der Fälle ermittelt werden.
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Territoriale Herkunft der Mitglieder Mitglieder Territorium
Mitglieder Territorium
51 Schweden
13 Schwarzburg-Rudolstadt
49 Mecklenburg
11 Regensburg
47 Russland
11 Waldeck
44 Kurpfalz
11 Sachsen-Hildburghausen
40 Württemberg
11 Stift Quedlinburg
39 Frankreich
11 Augsburg
38 Sachsen-Gotha-Altenburg
10 Nassau
Da die Einwohnerzahl der Territorien teilweise stark voneinander abwich, stammen auch mehr Mitglieder aus größeren Territorien wie Preußen und der Habsburgermonarchie. Solchen Unausgewogenheiten zum Trotz zeigt die Tabelle einige Schwerpunkte unter der Mitgliederschaft. So wird deutlich, dass Territorien wie Kursachsen, Sachsen-Weimar-Eisenach oder BraunschweigWolfenbüttel, an deren Hochschulen es zu Gesellschaftsgründungen kam, in diesen auch weit überproportional zur Mitgliederschaft beitrugen.447 Wie die Aufstellung aber auch zeigt, waren die Territorien, in denen eine Hochschule mit Deutscher Gesellschaft bestand, bei weitem nicht die einzigen, die Mitglieder stellten; die Sozietätsbewegung kann keinesfalls als Summe territorialer Inselgründungen abgetan werden. 119 Territorien und Staaten finden sich insgesamt in der Sozietätsbewegung vertreten, davon 42 mit über zehn Mitgliedern. Die größten Mitgliederzahlen sind deutlich im mittel- und norddeutschen Raum zu verorten, der sowohl den Sozietätsstandorten als auch der Mitgliederschaft nach als Schwerpunktregion gelten kann.448 Deutlich geringer sind der süd- und westdeutsche Raum vertreten, auch hier aber haben Gelehrte aus Franken, der Kurpfalz und Württemberg in größerem Umfang an den Deutschen Gesellschaften partizipiert. Mit Ausnahme Nürnbergs, das über eine eigene Universität mit Deutscher Gesellschaft verfügte, sind die süddeutschen Reichsstädte nur in geringer Anzahl vertreten. Staaten außerhalb des Heiligen Römischen Reiches mit deutschsprachigen Bevölkerungsteilen sind wie die Schweiz, Schweden, Dänemark und die polnische Rzeczpospolita von Beginn mit eigenen Gründungen und Mitgliedsbeitritten in der Sozietätsbewegung vertreten.
|| 447 Erst mit Dänemark und Mecklenburg erscheinen Gebiete, die keine eigene Gründung aufzuweisen hatten. 448 Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 113f.
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Der bereits aufgezeigte geringe Anteil katholischer Mitglieder spiegelt sich auch darin, dass geistliche Territorien kaum vertreten sind, während Kurbayern als einziges weltliches katholisch geprägtes Kurfürstentum lediglich auf neun Mitgliedschaften verweisen kann. War diese territoriale Vielfalt von Anfang an gegeben? Die folgende Tabelle spiegelt nach Jahrzehnten gegliedert die Entwicklung der Anteile einzelner Territorien bzw. Territoriengruppen.449
|| 449 Territorien wurden nur dann aufgeführt, wenn sie in einem Jahrzehnt auf drei und mehr Mitgliedsaufnahmen verweisen können. Andernfalls werden sie unter Sonstige aufgeführt. Nicht eingeflossen sind die insgesamt fünfzehn Mitglieder, über deren Herkunft sich keine Aussagen treffen lassen.
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Deutlich wird: Die territoriale Ausdifferenzierung war nicht von Beginn an gegeben, sondern ist erst das Produkt einer Ausbreitung des Sozietätsmodells und der Zunahme der Mitgliederzahlen. Die Mitgliederschaft der Sozietätsbewegung ging von der Oberlausitz und Schlesien aus und verbreiterte ihre Grundlage nach und nach zunächst über den mittel- und norddeutschen Raum, bis sie in den 1750er Jahren auch den süddeutschen Raum auf breiterer Basis einbezog. Mit rückläufigen Eintrittszahlen ging auch die Ausdifferenzierung zwar zurück, schrumpfte aber nicht mehr auf den Ausgangsstand; in den 1790 Jahren kamen neu aufgenommene Mitglieder aus 19, in den 1800er Jahren aus zwölf Territorien. Wenn auch mit deutlich erkennbaren Schwerpunkten in den Territorien der Gründungsorte, lässt sich so eine fortschreitende Einbeziehung fast aller Teile des deutschen Sprachraums konstatieren. Aus dem Blickwinkel des Kaiserreichs hat Eugen Wolff die Deutschen Gesellschaften als Beitrag zur Integration von Nord- und Süddeutschland gewürdigt.450 Die bisherigen Ausführungen bestätigen dies für die Gesamtheit des deutschsprachigen Raumes, lassen aber die Frage offen, ob die Mitglieder der verschiedenen Territorien denn auch in einer einzelnen Gesellschaft vor Ort als ordentliche Mitglieder zusammentrafen. Michael Richey bestätigte genau dies und pries die regionale Vielfalt der Hamburger Teutschübenden Gesellschaft, da sie eine hohe Pluralität gerade bei sprachlichen Themen gewährleiste.451 Eine Begrüßungsrede aus den 1770er Jahren wurde noch emphatischer: „Küssenswerther Anblick! den Freund aus Osten, den aus Westen finden, und sich einander umhalsen sehen! - - dort und da, weit entfernt, vor einander gebohren – bestimmt vor einander, durch gleich edle Empfindung.“452 Johann Ernst Basilius Wiedeburg sprach diese Worte vor der Teutschen Gesellschaft in Jena, dessen Universität von Studenten aus der näheren mitteldeutschen Umgebung, aber auch von Schlesiern, Franken, Hessen und Untertanen der Ostseeanrainerstaaten frequentiert wurde. Bildet sich der universitäre Einzugsbereich in der Teutschen Gesellschaft ab? Folgendes Diagramm vereint alle Territorien, die mehr als fünf ordentliche Mitglieder in der Sozietät stellten.453
|| 450 Vgl. Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 12. 451 Vgl. Richey: Idioticon Hamburgense, S. XII. Von den acht Mitgliedern der Teutschübenden Gesellschaft stammten drei aus Hamburg und zwei aus Kursachsen, während Schweden, Preußen und Esslingen je ein Mitglied stellten. 452 Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften, S. 29. 453 Insgesamt kamen ordentliche Mitglieder der teutschen Gesellschaft aus fünfzig Territorien.
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Die Frage kann für Jena bejaht werden. Weit über die Untertanen der die Universität tragenden ernestinischen Fürstentümer hinaus versammelten Sozietät und Universität Studenten von der Ostseeküste bis nach Franken. Es wäre jedoch vorschnell, diesen Befund für repräsentativ zu erklären, weist die Jenaer Teutsche Gesellschaft doch ein Spezifikum auf: Als offenkundig einzige Sozietät verankerte sie eine Gliederung nach Landsmannschaften454 in ihren Statuten und behielt diese auch bei. Noch 1753 sind Wahlen belegt.455 Diese Abweichung von den Leipziger Statuten entsprach der Rolle Jenas als „Zentralort der Landsmannschaften“456 mit einem großen Einzugsbereich. Ein eigenes Profil dieser Landsmannschaften ist jedoch mit zunehmender Dauer immer weniger zu erkennen,457 offensichtlich entfaltete lediglich die Schlesische Klasse eine größere Aktivität.458 Weitere Sozietäten sind also einzubeziehen. || 454 Vgl. zu diesen Hardtwig: Studentenschaft und Aufklärung, S. 239–259. 455 Vgl. Protokolleintrag vom 17. Februar 1753, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 86r. 456 Rainer A. Müller: Landsmannschaften und studentische Orden an deutschen Universitäten des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Harm-Hinrich Brandt u. Matthias Stickler (Hg.): „Der Burschen Herrlichkeit“. Geschichte und Gegenwart des studentischen Korporationswesens. Würzburg 1998, S. 23. 457 Vgl. Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 148. 458 Vgl. Joseph Becker: Schlesier in der Deutschen Gesellschaft zu Jena. Ein Beitrag zur schlesischen Geistesgeschichte. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens 64 (1930), S. 144f.
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Ähnlich breit gestreut war die Herkunft der Studenten in Göttingen. Eine Aufschlüsselung der Herkunft nach den gleichen Kriterien459 zeigt ein zwar weniger stark aufgefächertes, aber doch ähnliches Bild:
In Helmstedt lässt sich anhand der von Uwe Alschner460 durchgeführten Matrikelanalyse eine Gegenüberstellung durchführen. Die von ihm in einer Stichprobe erhobenen Zahlen umfassen zwar einen um ein Jahrzehnt vergrößerten Zeitraum und richten ihren Blick auf andere Territorien, erlauben jedoch einen belastbaren Vergleich der Herkunftsschwerpunkte der Studenten und Gesellschaftsmitglieder in Helmstedt:
|| 459 Insgesamt entstammen die ordentlichen Mitglieder 46 Territorien. 460 Vgl. die Angaben bei Alschner: Universitätsbesuch in Helmstedt.
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Ungeachtet der oben genannten Einschränkungen ist klar zu erkennen, dass die jeweilige Zusammensetzung der Studenten und der ordentlichen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft zwar nicht deckungsgleich waren, aber sich doch sehr ähnelten. In beiden dominierten die Studenten aus Braunschweig-Lüneburg, also dem Territorium des Hochschulortes, und den benachbarten bzw. durch das welfische Gesamthaus verbundenen Territorien. In Altdorf machten die nürnbergischen Landeskinder 40 % der Mitglieder aus, die sich fast ausschließlich aus fränkisch-süddeutschen Territorien rekrutierten:
Ein vergleichbares Herkunftsprofil ist für die Nachbaruniversität Erlangen festzustellen, wo die fränkischen Hohenzollernbesitztümer mit 14 von 53 Mitgliedern den Schwerpunkt bildeten und die Einwohner der fränkischen Reichsstädte und Kleinterritorien (neben fünf Untertanen der Habsburgermonarchie aus Wien und Siebenbürgen) fast vollständig den Rest bestritten. Ähnlichen Strukturen begegnet man auch in Greifswald. Dort waren von 25 vor Ort agierenden Mitgliedern 17 schwedische Untertanen, fünf stammten aus dem benachbarten Mecklenburg, je einer aus Preußen und Frankfurt am Main.
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Dieses Bild ändert sich nicht, wenn man die in Residenzstädten agierenden Gesellschaften ansieht. In Mannheim rekrutierten sich die 45 ordentlichen Mitglieder aus 20 gebürtigen Kurpfälzern, weitere 14 aus angrenzenden Territorien, während Preußen nur zwei und Kursachsen und die Habsburgermonarchie nur je ein Mitglied stellten. Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg zählte unter 48 ordentlichen Mitgliedern 32 aus Anhalt Stammende, je drei weitere Mitglieder kamen aus den Nachbarstaaten Preußen und Kursachsen. An den Gymnasia illustria hingegen waren die Herkunftskreise enger gezogen, und dies beeinflusste auch die regionale Zusammensetzung der dort agierenden Deutschen Gesellschaften. Ein Höchstmaß an Geschlossenheit herrschte am Collegium Carolinum in Zürich, wo fast nur Zürcher studierten,461 so dass mit Ausnahme des aus dem unter Zürcher Herrschaft stehenden Winterthur stammenden Christoph Erhard auch sämtliche Gesellschaftsmitglieder gebürtige Züricher waren. Gleiches gilt für Danzig, aus dem alle Mitglieder der am dortigen Gymnasium versammelten Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften kamen. Über 90 % der 44 ermittelten Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Chemnitz stammten aus Kursachsen, vor allem aus den Erzgebirgsstädten. Eine gewisse Ausnahme bildet das Gymnasium illustre in Bremen, das sehr viele Schüler aus dem deutschen Sprachraum reformierter Konfession anzog und von dessen 68 ordentlichen Mitgliedern 41 aus Bremen stammten. Mit acht Mitgliedern aus Anhalt, je vier aus Preußen und Nassau und anderen aus der Schweiz, Hessen-Kassel oder Braunschweig-Lüneburg lässt sich aber eine den universitären Gesellschaften ähnliche Pluralität der Herkunftsorte erblicken. Die Fragmentierung, die das Heilige Römische Reich Deutscher Nation kennzeichnete, trug nicht gerade dazu bei, dass dessen Territorien zusammen ein harmonisches Konzert abgegeben hätten. Viele Mitglieder standen entweder in staatlichen Diensten oder erhofften sich dies, so dass ein zumindest gefühlter Erwartungsdruck bestand, dem eigenen Herkunftsterritorium gegenüber auch im Kontext der gesamtdeutsch angelegten Deutschen Gesellschaften Loyalität zu bekunden. Das häufig vorgetragene Fürstenlob stellte im Kreis der ordentlichen Mitglieder in aller Regel kein Problem dar. Schwieriger wurde es, sobald es im weiter gezogenen Kreis der auswärtigen und Ehrenmitglieder artikuliert wurde. In eine prekäre Situation sah sich etwa die Deutsche Gesellschaft in Greifswald durch das Neumitglied Ludwig Friedrich Hudemann gebracht, als
|| 461 Vgl. Hanspeter Marti: Einleitung. In: Ders. u. Karin Marti-Weissenbach (Hg.): Reformierte Orthodoxie und Aufklärung. Die Zürcher Hohe Schule im 17. und 18. Jahrhundert. Köln, Weimar u. Wien 2012, S. 16.
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dieser ein episches Gedicht auf den dänischen König Friedrich III. in der vom schwedischen König protegierten Sozietät einreichte. Obwohl die Gesellschaft das Werk als eine Herabwürdigung Schwedens missbilligte und dem Verfasser zurücksandte, hinderte dies den Letzteren nicht daran, es unter Nennung seiner Mitgliedschaft in der Leipziger und Greifswalder Deutschen Gesellschaft zu veröffentlichen.462 Um keine Zweifel an der Loyalität der Gesellschaft zur Krone Schweden aufkommen zu lassen, publizierte der Gesellschaftssekretär Johann Carl Dähnert eine scharfe Zurückweisung.463 Im jahrzehntelangen Konflikt um Schlesien kamen viele bislang schwelende Konflikte offen zum Ausbruch. Dass diese Fronten mitten durch die Deutschen Gesellschaften verliefen, mussten insbesondere die preußischen und österreichischen Sozietäten erfahren. Die Deutsche Gesellschaft in Königsberg brachte den niederösterreichischen Regierungssekretär Franz Christoph von Scheyb mit der Ernennung zum Ehrenmitglied in eine heikle Lage, wie dieser gegenüber Gottsched beklagte: Und hört man, daß ich ein preussisches Mitglied geworden, so nennt man mich gar einen Verräther, oder wenigst Suspecten des Preussischen Hofs. Derowegen vermeinte ich, mich der Ehre zu entschlag[en] od[er] wenigstens hier vorzugeben, daß ich das Diploma zuruck geschickt habe. Wer will die Leute bekehren, welche die Sachen nur nach ihrem Sinn und zum Nachtheil des dritten auslegen?464
|| 462 Der Grossmüthige Friederich der dritte, König zu Dännemark, etc. in einem Heldengedichte entworfen von Ludwig Friedrich Hudemann, der deutschen Gesellschaft zu Leipzig, wie auch der königlichen deutschen Gesellschaft zu Greifswalde, Mitgliede. Altona u. Flensburg 1750. 463 „Obgleich die hiesige Gesellschaft gar wohl glaubte, daß er der Mann nicht sey, welcher der Schwedischen Nation Ehre und Ansehen schwächen werde, so sahe sie es doch als eine Dreistigkeit an, daß man ihr ein Gedicht vorlegte, und die Einwilligung zu dessen Druck abforderte, in welchem, mit einer unanständigen Freyheit und Verletzung der Historischen Wahrheit, der Charakter eines glorwürdigen Schwedischen Königes und der Ruhm seines Volkes heruntergesetzt wird.“ – Johann Carl Dähnert: [Rez.] Der Grossmüthige Friederich der dritte, König zu Dännemark, etc. in einem Heldengedichte entworfen von Ludwig Friedrich Hudemann. Altona u. Flensburg 1750. In: Critische Nachrichten. Bd. 1 Stück 10 (1750), S. 78. Vgl. auch die Schilderung des Vorgangs durch Robert Hasenjaeger: Aus dem litterarischen und wissenschaftlichen Leben Greifswalds im zweiten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts. In: Pommersche Jahrbücher 8 (1907), S. 141f. 464 Franz Christoph von Scheyb an Johann Christoph Gottsched, den 23. Juni 1751, UB Leipzig, Ms 0342 XVI, f. 257f.
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Für ihn blieb es eine äußerst delikate Angelegenheit, in der er Gottsched wiederholt um Rat bat.465 Schließlich nahm er die Mitgliedschaft 1751 an und schenkte der preußischen Gesellschaft im Folgejahr sinnigerweise ein Exemplar seiner Theresiade, eines Lobgedichts auf Kaiserin Maria Theresia.466 Im Siebenjährigen Krieg ergriff die ostpreußische Gesellschaft erwartungsgemäß die Partei Friedrichs II., ihr Stiftungsfest am 21. November 1757 stand unter dem Eindruck des Sieges bei Roßbach, was die Redner dazu ermunterte, „Über die Ehre der Musen, die den Helden im Kriege begleiten“ und „Über die Menschenliebe im Krieg“ zu sprechen.467 Ähnlich verhielt sich Friedrich Wilhelm Ellenberger in seiner Ankündigungsschrift der Deutschen Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Halle, in der er auf einen Sieg der preußischen Waffen hoffte.468 Bricht man die Vielzahl der vertretenen Gebiete auf die Konstellationen am Sozietätsort herunter, bestätigt sich die Pluralität zwar teilweise, reduziert sich andernteils aber erheblich. Die Spannbreite reicht dabei von völliger Homogenität der Herkunft in Zürich bis zur Integration großer Teile des deutschen Sprachraums in Jena. Trotzdem lässt sich ein gemeinsamer Nenner in den Gegebenheiten am Sozietätsort erkennen; gerade an den Hochschulorten spiegelte die territoriale Herkunft der Mitglieder diejenige der dort Lernenden wider. Spannungen zwischen den Territorien konnten die Mitglieder stets vor Loyalitätsfragen stellen. Die geographischen und politischen Grenzen des Sozietätsortes bestimmten so die Grenzen der ordentlichen Mitgliederschaft. Damit erweiterten die Deutschen Gesellschaft die Gegebenheiten vor Ort zwar nicht, nahmen aber auch keine auf Einheimische fixierte provinzielle Verengung vor, sondern wussten die Möglichkeiten einer regionalen Pluralisierung durchaus zu nutzen.
3.3.6 Geschlecht Glaubt man Gottscheds Vernünfftigen Tadlerinnen, so hat das weibliche Geschlecht die erste Deutsche Gesellschaft begründet. In deren zweitem Stück || 465 Franz Christoph von Scheyb an Johann Christoph Gottsched, den 9. August 1751, ebd., f. 301, sowie Scheyb an Gottsched, den 30. November 1751, ebd. f. 472–476, 486f. 466 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 278, Anm. 4, dort auch Auszüge aus seinem Dankschreiben vom 1. Juli 1751. 467 Vgl. zu dieser Feier Xaver von Hasenkamp: Ostpreußen unter dem Doppelaar. Historische Skizze der russischen Invasion in den Tagen des siebenjährigen Krieges. Königsberg 1866, S. 246f. 468 Vgl. Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 87.
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wird von einer „Gesellschaft der teutschen Musen“ berichtet, die von einigen Damen gegründet wurde, um sich „in der Reinigkeit unserer Mutter-Sprache zu üben, und eine Vernunfftmäßige Art des Ausdrucks der Gedanken einzuführen“.469 Die dort mitgeteilten Regeln waren mit einzureichendem Probestück, regelmäßigen Versammlungen und der Forderung nach reinem Deutsch der zwei Jahre später entstandenen Deutschen Gesellschaft in Leipzig erstaunlich nah. Eine real existierende Frauensozietät, wie sie im 17. Jahrhundert als Tugendliche Gesellschaft auch Spracharbeit betrieb,470 dürfte allerdings nicht gemeint gewesen sein. Auf jeden Fall ließ Gottsched in seiner Zeitschrift früh Frauen an der Sprach- und Dichtungspflege teilhaben, obwohl ihnen ohne Hochschulzugang eine Teilhabe an gelehrter Selbstverständigung eigentlich hätte verschlossen sein müssen. Aus den gelehrten Diskussionen der Frühen Neuzeit waren sie allerdings nicht verbannt. Thomasius bezog Frauen ausdrücklich in sein Bildungsprogramm ein, die dem Reden und Schreiben der erneuerten Gelehrten zugänglich sein sollten.471 Im frühen 18. Jahrhundert entwickelte sich eine rege Diskussion über die Teilhabe von Frauen an gelehrten Inhalten und Praktiken.472 Nicht nur die Konzepte Thomasius’, auch der Wolffianismus standen hier nicht abseits; Jean Henri Samuel Formeys La belle Wolfienne ist das bekannteste Beispiel für die Bestrebungen, dessen Philosophie unter dem weiblichen Publikum zu verbreiten. Gottsched war im Einklang mit diesen Tendenzen, wenn er schrieb, dass das „Frauenzimmer […] nicht unwürdig ist, seine Muttersprache etwas besser und richtiger schreiben zu lernen als seine Mägde“.473 In der Deutschen Gesellschaft in Leipzig war außerdem sein Freund Johann Friedrich May bestrebt, Frauen an Gelehrsamkeit teilhaben zu lassen.474 Als Zielgruppe für die Deutschen Gesellschaften standen Frauen also insgesamt nicht im Zentrum, die Scheidelinie der Gelehrsamkeit war jedoch nicht undurchlässig. Im Laufe der Sozietätsgeschichte kam es zu 49 Aufnahmen von 34 Frauen, die sich nach Sozietäten, Zeitscheiben und Mitgliedschaftsstatus wie folgt verteilen:
|| 469 Anonymer Beitrag ohne Titel in: Die Vernünfftigen Tadlerinnen. Bd. 1, Stück II vom 10. Januar 1725, S. 15. 470 Vgl. zu ihr Ball: Die Tugendliche Gesellschaft; zu den Vernünfftigen Tadlerinnen, ebd., S. 192. 471 Vgl. Steigerwald: Galanterie, S. 238. 472 Vgl. dazu mit Nennung älterer Literatur Sabine Koloch: Kommunikation, Macht, Bildung. Frauen im Kulturprozess der Frühen Neuzeit. Berlin 2011. 473 Gottsched: Sprachkunst, Vorrede der ersten Ausgabe, o.S. 474 Vgl. Koloch: Kommunikation, Macht, Bildung, S. 94–97.
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Weibliche Mitglieder Sozietät
Weibliche Mitglieder Sozietät
12 Göttingen
3 Greifswald
11 Altdorf
1 Königsberg
8 Jena
1 Erlangen
6 Helmstedt
1 Mannheim
3 Bremen
1 Leipzig
Es praktizierten also mehrere, aber bei weitem nicht alle Deutschen Gesellschaften die Aufnahme weiblicher Mitglieder. Abgesehen von einer frühen Aufnahme in die Leipziger Deutsche Gesellschaft, setzt die Ernennung von Frauen in den Deutschen Gesellschaften erst Mitte der 1740er Jahre ein und erreicht um 1750 einen ersten Höhepunkt. Aufnahmen von Frauen flauten in der zweiten Jahrhunderthälfte parallel zu den sonstigen Eintritten zwar zahlenmäßig ab, kamen aber weiter vor. Den Anfang machte wiederum Gottsched, als er 1730 Christiana Mariana von Ziegler in die Leipziger Deutsche Gesellschaft aufnahm. Die in den Adel eingeheiratete Tochter des ehemaligen Leipziger Bürgermeisters Romanus unterhielt einen Salon, in dem auch Gottsched und Johann Friedrich May verkehrten, und war schon durch Publikationen hervorgetreten. Diesen Beschluss fasst die Deutsche Gesellschaft zwar, den Neuen Zeitungen von Gelehrten Sachen nach, „durch einhellige Wahl und aus eigener Bewegung“,475 es deutet jedoch vieles darauf hin, dass dies keine Mitgliedschaft wie andere war. Ihre Antritts-
|| 475 Art. Leipzig. In: Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen. N. XCII vom 16. Nov. 1730, S. 816.
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rede hatte sie eingesandt, wer sie tatsächlich vorlas, bleibt unklar,476 und die Antwortrede ließ offen, ob sie an den Sitzungen regelmäßig würde teilnehmen können – trotz ihrer Ortsansässigkeit.477 Die Zweifel, die sie in der Antrittsrede äußerte, teilten offenkundig auch viele Mitglieder.478 Gottsched gab aber nicht nach, sondern empfahl Ziegler der Universität Wittenberg zur Dichterkrönung. In der Folge konnte sie als einziges Mitglied zweimal Preise der Deutschen Gesellschaft erringen.479 Das kontroverse Echo scheint Gottsched jedenfalls nicht entmutigt zu haben, denn 1733 bemühte er sich um die Aufnahme einer weiteren Frau, der Dichterin Sidonie Hedwig Zäunemann. Dass sie nicht zustande kam, liegt vermutlich an der schlechten Kritik des beauftragten Vermittlers Johann Georg Sachse.480 Es lag für Gottsched nahe, auch seine aus Danzig zu ihm nach Leipzig gezogene spätere Gattin Louise Adelgunde in die Gesellschaft aufzunehmen. Das Angebot ihres Ehemannes lehnte sie jedoch mit der Begründung ab, in den Grenzen ihres Geschlechts bleiben zu wollen.481 Über die tatsächlichen Gründe, etwa eine Rivalität zu der bereits aufgenommenen Christiana Mariana von Ziegler, lässt sich nur spekulieren; sie partizipierte aber indirekt an den gesellschaftlichen Arbeiten ihres Gatten.482 Weibliche Mitgliedschaft in der Leipziger Deutschen Gesellschaft sollte bis zu Gottscheds Austritt eine Ausnahme bleiben.
|| 476 Vgl. ebd. 477 Vgl. Karl Heinrich von Seherr-Thoß: Antwort aufs Vorhergehende [Antrittsrede von Christiana Mariana von Ziegler]. In: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig gesammlete Reden und Gedichte, S. 301. 478 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 246f. 479 Vgl. zu diesem Aspekt ihrer Mitgliedschaft Cornelia Caroline Köhler: Frauengelehrsamkeit im Leipzig der Frühaufklärung. Möglichkeiten und Grenzen am Fallbeispiel des Schmähschriftenprozesses im Zusammenhang mit der Dichterkrönung Christiana Mariana von Zieglers. Leipzig 2007, S. 89. 480 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 251. 481 Vgl. Louise Adelgunde Kulmus an Johann Christoph Gottsched, den 19. Juli 1732: „Die Frau von Ziegler kann mit Recht die Aufnahme in die deutsche Gesellschaft eben so hoch schätzen, als wenn sie von irgendeiner Academie den Doctorhut erhalten hätte. Aber gewiß, Sie halten mich für sehr verwegen, wenn Sie mir zutrauen, an dergleichen Ehre zu denken. Nein, dieser Einfall soll bey mir nicht aufkommen. Ich erlaube meinem Geschlechte einen kleinen Umweg zu nehmen; allein, wo wir unsere Grenzen aus dem Gesichte verlieren, so gerathen wir in ein Labyrinth, und verliehren den Leitfaden unserer schwachen Vernunft, die uns doch glücklich ans Ende bringen sollte. Ich will mich hüten, von dem Strom hingerissen zu werden. Aus diesem Grunde versichere ich Sie, daß ich meinen Nahmen nie unter den Mitgliedern der dt. Gesellschaft wissen will.“ – GBW 2, S. 268. Vgl. zur Diskussion der Gründe Döring: Die Leipziger Lebenswelt der Luise Adelgunde Victorie Gottsched, S. 55, Anm. 56. 482 Belegt ist, dass sie die Arbeiten der Deutschen Gesellschaft in Königsberg für ihren Gatten redigierte. – Vgl. Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 1. Januar 1744. In: GBW 9, S. 469.
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Dagegen hatte die Deutsche Gesellschaft in Göttingen bereits fünf Jahre nach ihrer Gründung mit Traugott Christiane Dorothea Löber und Magdalene Sibylle Rieger483 zwei Persönlichkeiten aufgenommen, die kurz zuvor an der Universität Göttingen jeweils zur poeta laureata gekrönt worden waren. Bis zum Siebenjährigen Krieg nahm die Sozietät weitere neun Frauen auf. Die Aufnahme von Anna Christina Ehrenfried Balthasar484 in die Deutsche Gesellschaft Greifswald am 10. Juli 1750 löste eine regelrechte Welle von Ernennungen weiblicher Mitglieder aus. Die zu diesem Zeitpunkt dreizehnjährige Tochter des dortigen Juraprofessors und Gesellschaftsgründers Augustin Balthasar war zuvor durch eine lateinische Festrede hervorgetreten und in den Mops-Orden aufgenommen worden. Zu ihrer Aufnahme hielten nicht nur sie selbst und ihr Vater eine Ansprache, sondern auch der Stettiner Hofprediger Jacques de Perard. Als eifriger Makler von Mitgliedschaften erreichte er ihre Aufnahme in die Sozietäten in Königsberg und Jena. An der Saale setzte Perard eine grundsätzliche Debatte über die Mitgliedschaft von Frauen in Gang. Unter dem Aufseher Gottlieb Stolle hatte sich die Gesellschaft in den 1730er Jahren noch gegen die Aufnahme von Christiana Mariana von Ziegler und Sidonie Hedwig Zäunemann gesperrt,485 um 1750 schlug man einen anderen Weg ein: Die Mitglieder der hiesigen teutschen Gesellschaft sind noch bis vor wenigen Wochen wahrhafte Mönche gewesen. Wir hatten kein Frauenzimmer in unserm Orden und fürchten uns davor wie ein Capuciner. Allein nunmehro haben wir unsern Irrthümern abgesagt. Der Herr Hofprediger von Perard ward unser Reformator, und wir wurden seine willige Bekehrten. Seitdem haben wir angefangen, den Verdiensten des schönen Geschlechts Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und öffentlich zu bekennen, daß wir in dem Beytritt desselben zu unsrer Gesellschaft eine besondere Ehre und Zierde für uns finden.486
Die adressierte Anna Dorothea Lange, Ehefrau des Dichters, Pfarrers und ehemaligen Hallenser Gesellschaftsmitglieds Samuel Gotthold Lange, gehörte ge-
|| 483 Vgl. zu ihr Martin H. Jung: Magdalena Sibylla Rieger. In: Ders.: Frauen des Pietismus. Zehn Porträts von Johanna Regina Bengel bis Erdmuthe Dorothea von Zinzendorf. Gütersloh 1998, S. 97–107. 484 Vgl. zu ihr Erb: Art. Anna Christina Ehrenfried von Balthasar. 485 Vgl. Felicitas Marwinski: Gelehrte Frauen in der Deutschen Gesellschaft zu Jena. Die Gruppe um Anna Christina Ehrenfried von Balthasar, Trägerin des Titels „Baccalaurea artium et philosophiae“. In: Sabine Koloch (Hg.): Frauen, Philosophie und Bildung im Zeitalter der Aufklärung. Berlin 2010, S. 221–224. 486 Basilius Christian Bernhard Wiedeburg an Anna Dorothea Lange, den 26. April 1752. In: Samuel Gotthold Lange: Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe. Erster Theil. Halle a.d.S. 1769, S. 249f.
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meinsam mit der Tochter Balthasars zu einer Gruppe von sieben Frauen, deren Aufnahme der Senior Karl Gotthelf Müller 1753 verkündete.487 Ähnlich der Göttinger Sozietät agierte die Deutsche Gesellschaft in Altdorf, die vier Jahre nach Gründung mit der Rekrutierung weiblicher Ehrenmitglieder begann und bis 1767 insgesamt elf solcher aufgenommen hatte. Als chronologisch letzte Aufnahme einer Frau ist die von Sophie LaRoche anzusehen, die 1782 mit ihrem Ehemann Frank LaRoche Eingang in die Mannheimer Deutsche Gesellschaft fand. Dass ihre Wahl auf keine Widerstände stoßen würde, zeigte das Ansinnen Wolfgang Heribert von Dalbergs, „dieselbe in Ansehung ihres Ruhmes und Geschlechts ohne weitere Wahl, als Ehrenmitglied unserer Gesellschaft einstimmig zu ernennen. Der Vorschlag ward allgemein angenommen.“488 Dass Dalberg in der Sitzung sogleich ein Dankschreiben489 der Aufgenommenen parat hatte und verlas, zeigt, wie sehr die Aufnahme für „die berühmte Schriftstellerin Frau von La Roche, und den verdienstvollen Herrn von La Roche“490 reine Formsache war. Betrachtet man die Gesamtheit der Aufnahmen, so fällt auf, dass sie fast ausschließlich mit dem Status als auswärtiges oder Ehrenmitglied verbunden waren.491 Hervor sticht außerdem der hohe Anteil von Mehrfachmitgliedschaften; fünf Frauen waren gleich in drei Sozietäten Mitglied, auf Doppelmitgliedschaften konnten sechs verweisen. Die Aufnahme der ‚ungelehrten‘ Frauen wurde nicht dadurch behindert, dass die Deutschen Gesellschaften sonst nur äußerst sparsam Mitglieder ohne akademischen Hintergrund in ihren Reihen zuließen. Unter dieser Gruppe machten Frauen mit 49 vom 117 ‚ungelehrten‘ Mitgliedschaften sogar einen großen Anteil aus. Auf welchen Wegen kamen sie zu diesen Ehren? Zunächst waren es ihre Schriften und Publikationen, die ihnen Reputation einbrachten und über die man in den Deutschen Gesellschaften auf sie auf-
|| 487 Vgl. Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 45f., sowie Marwinski: Gelehrte Frauen. 488 Protokolleintrag vom 14. Dezember 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 23f. 489 Sophie von La Roche an Wolfgang Heribert von Dalberg, Speyer, den 6. Dezember 1782. In: Ich bin mehr Herz als Kopf. Sophie von La Roche. Ein Lebensbild in Briefen. Hg. v. Michael Maurer. München 1983, S. 246f. 490 Protokolleintrag der zweiten Vorstandssitzung des Jahres 1782 [vermutlich 30. September 1782], MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 97. 491 Dies wird noch dadurch gestärkt, dass die in der Tabelle als ordentliche Mitglieder angeführten Christiana Mariana von Ziegler und Anna Christina Ehrenfried Balthasar Gesellschaften beitraten, in denen diese Statusdifferenzierung unbekannt war bzw. in den Quellen nicht klar erkennbar wird.
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merksam wurde. Eine Abhandlung von Anna Juliane Elisabeth Listn wurde in Göttingen vorgelesen und bewirkte deren Ernennung.492 Rudolf Wedekind, Senior der Göttinger Deutschen Gesellschaft, las ein poetisches Sendschreiben von Dorothea Fuhrken und schrieb Albrecht von Haller begeistert: „Aber Ew. Hochwohlgeboren Gnaden beschwören wir, daß Sie uns diese Person in die Deutsche Gesellschaft verschaffen.“493 Ihre feierliche Aufnahme wurde auf dem Schloss in Varel vollzogen – gemeinsam mit der Ernennung zur Kaiserlich gekrönten Poetin.494 Dichterkrönungen, die im Zusammenhang mit Deutschen Gesellschaften stehen, waren häufig an Frauen adressiert.495 Es war offenkundig aber nicht die gelehrt-dichterische Qualität allein, die manchen Frauen den Weg in eine Deutsche Gesellschaft ebnete. Im Verfahren der Kooptation war Unterstützung durch etablierte Mitglieder erforderlich. Hilfreich bei einer Aufnahme waren wie bei einigen männlichen Mitgliedern496 verwandtschaftliche Beziehungen, die die Gesellschaft und die Aspirantin aufeinander aufmerksam und für eine Mitgliedschaft geneigt stimmen konnten.497 Solche sind im Fall von Anna Christina Ehrenfried Balthasar als Tochter des Gesellschaftsgründers und von Anna Dorothea Lange als Ehefrau von Samuel Gotthold Lange bereits begegnet, Verwandtschaftsbeziehungen lassen sich aber noch in vielen anderen Fällen belegen. Langes Frau Anna Dorothea und Amalia Magdalena Wilhelmine Silber, Letztere ebenso Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, waren miteinander verschwistert; Silber sollte später ein Leichengedicht auf ihre Schwester verfassen,498 Samuel Gotthold Lange war Autor der Leichenpredigt seiner Schwägerin.499 Zu nennen wäre auch die gebür-
|| 492 „Verlas ich eine überaus wolgerathene Abhandlung von der Fr. Amtsverwalterin Listen zu Gelliehausen im Gericht Altengleich. […] Die Gesellschaft urtheilete von dieser Arbeit, daß ein männlicher Geist darinnen herrschete, […] Die Frau Verfasserin wurde für eine Zierde ihres Geschlechts erkant, und mit einmüthigen Stimmen zum Ehrenmitglied aufgenommen.“ – Protokolleintrag vom 30. Oktober 1745, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 186. 493 Rudolf Wedekind an Albrecht von Haller, den 24. November 1749, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller, 105.68. 494 Vgl. zu dieser Ehrung Rathe: Dorothea Fuhrken. In: Ostfriesisches Monatsblatt für provinzielle Interessen 6 (1878), S. 550–554. 495 Vgl. Kap. 6.4 Krönen. 496 Vgl. S. 196f. in dieser Arbeit. 497 Die Rolle der Verwandtschaft bei diesen Aufnahmen betont als Desiderat Koloch: Kommunikation, Macht, Bildung, S. 108. 498 UB Leipzig, Fam. 737(K) 86. Vgl. den Eintrag in der Datenbank GESA. URL: www.personalschriften.de/datenbanken/gesa/gesa-registersuche.html [14.12.2022]. 499 Vgl. Bibliothek der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Arnstadt, Nr. 1080, nach GESA. URL: www.personalschriften.de/datenbanken/gesa/gesa-registersuche.html [14.12.2022].
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tige Jenaerin Charlotta Maria Blaufuß, Schwester von Jakob Wilhelm Blaufuß, dem Bibliotheksaufseher der Jenaer Teutschen Gesellschaft; ihre Aufnahme in die Gesellschaft erfolgte 1753. 1759 heiratete sie Nicolaus Ehregott Bagge aus Göteborg, der wie ihr Bruder Mitte der 1740er Jahre der Jenaer Gesellschaft beigetreten war.500 Deutlich sichtbar ist der Einfluss bei Johanne Charlotte Unzer, der Nichte von Johann Gottlob Krüger, dem Prorektor der Universität Helmstedt und Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaften in Helmstedt und Göttingen, außerdem einem Lehrer ihres Gatten.501 Dass er ihre Aufnahme in beide Gesellschaften beförderte, ist anzunehmen; dass er ihre Dichterkrönung veranlasste, darf als gesichert gelten.502 Er steuerte später eine Vorrede zu ihrem Grundriß einer Weltweisheit für das Frauenzimmer bei.503 Am Beispiel von Charlotta Maria Blaufuß wurde bereits deutlich, dass Verwandtschaft in den Kontexten Deutscher Gesellschaften auch erst entstehen konnte; Sophie Eleonore Walther heiratete zwei Jahre nach ihrer Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft Göttingen das Gesellschaftsmitglied Gottfried Achenwall, „deren gedruckte Gedichte ihm einen Character, wie er ihn von einer Gehülfinn wünschte, an Tag zu legen schienen“.504 Im Fall der Dichterin Polyxena Christiane Dilthey, deren späterer Ehemann Anton Friedrich Büsching sie mit einem Druck ihrer Gedichte505 bei der Deutschen Gesellschaft Göttingen empfahl, ließ die Gesellschaft einen mehrere Punkte umfassenden Fragenkatalog zu ihren Lebensumständen und ihrem Charakter beantworten, den der Superintendent ihres Wohnorts Stadthagen beantwortete.506 Für Frauen führten also durchaus Wege in eine Deutsche Gesellschaft, auch wenn diese fast immer vor den Türen des Sitzungssaals endeten. Dass aus Sicht
|| 500 Vgl. zu ihr Isolde Kalter: „Gelehrtes Frauenzimmer“: Charlotta Maria Bagge (1726–1761). In: Gaby Franger, Edmund Frey u. Brigitte Maisch (Hg.): „Seien Sie doch vernünftig!“ Frauen der Coburger Geschichte. Coburg 2008, S. 100–107. 501 Vgl. Koloch: Kommunikation, Macht, Bildung, S. 101–104; Thomas Gehring: Johanne Charlotte Unzer-Ziegler 1725–1782. Ein Ausschnitt aus dem literarischen Leben in Halle. Göttingen u. Altona 1973. 502 Vgl. Johann Gottlob Krüger: Dichterkranz ertheilet Frauen Johanne Charlotte Unzerin gebohrne Zieglerin nebst einer Ode von eben Derselben. Halle a.d.S. 1753. 503 Johann Gottlob Krüger: Vorrede. In: Johanne Charlotte Unzer: Grundriß einer Weltweisheit für das Frauenzimmer. Halle a.d.S. 1767, o.S. 504 Johann Stephan Pütter: Selbstbiographie zur dankbaren Jubelfeier seiner 50-jährigen Professorstelle zu Göttingen. Bd. 1. Göttingen 1798, S. 247. 505 Polyxena Christiane Dilthey: Proben poetischer Uebungen eines Frauenzimmers. Altona 1751. 506 Vgl. die Fragen und deren Beantwortung, um 1751, SUB Göttingen, 8 Poet. Germ. III 7430, sowie Gehring: Johanne Charlotte Unzer-Ziegler, S. 51–54.
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der dort versammelten Männer Gelehrsamkeit bei Frauen keine selbstverständliche Anerkennung genoss, bezeugen nicht nur der niedrige Frauenanteil insgesamt sowie der Umstand, dass viele Gesellschaften sich der Aufnahme von Frauen schlichtweg verweigerten oder ihnen erst spät bzw. nur ausnahmsweise Zutritt gewährten. Dass Anna Christina Ehrenfried Balthasars geschichtliche Abhandlung über die Chronik des Stralsunder Bürgermeisters Sastrow bei einer späteren Bemusterung des Textarchivs in Königsberg „vermöge der Kritik für unbrauchbar befunden“507 wurde, muss nicht zwingend ihrem Geschlecht geschuldet sein. Vorbehalte gegen ‚weibliche‘ Gelehrsamkeit traten auch und gerade in Gesten der Anerkennung zutage. So annoncierte die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt in den Braunschweigischen Gelehrten Anzeigen über ein Gedicht des Neumitglieds Traugott Christiane Dorothee Löber, „die beygefügten Anmerkungen [zeugten] von einer seltenen Belesenheit dieses Frauenzimmers, welches vor einigen Wochen zum Mitgliede der Gesellschaft erkläret worden“.508 Ähnlich gönnerhaft hieß es über die Schriften von Anna Juliane Elisabeth Listn, „daß ein männlicher Geist darinnen herrschete […]. Die Frau Verfasserin wurde für eine Zierde ihres Geschlechts erkant, und mit einmüthigen Stimmen zum Ehrenmitglied aufgenommen.“509 Ein gedrucktes poetisches Sendschreiben von Sophia Eleonore Walther an Traugott Christiane Dorothee Löber vereinigte demgegenüber ostentative Bescheidenheit mit selbstbewusstem Optimismus: Die Künste steigen stets, der Wissenschaften Flor Kommt durch Versuch und Fleiß noch immer mehr empor. Ja auch der schwächste Theil, das weibliche Geschlechte Prangt durch Gelehrsamkeit und ehret ihre Rechte. Es liebt die Tugend jetzt, nicht darum weil es soll, Es prüfet ihren Werth, und sie gefällt ihm wohl. Sonst hatte es sich nie zu forschen unterwunden, Als ihm der Männer Neid die Augen zugebunden, Und ob man es gleich in engen Grenzen hält; So dringt es dennoch durch; kennt GOtt, sich und die Welt; Es hat aus eignem Trieb den dicken Finsternissen Von Tand und Vorurteil sich rühmlich selbst entrissen.510
|| 507 Urteil des Gesellschaftsmitglieds Karl Friedrich Benjamin Wutschky von 1784 [sic!], zit. nach: Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 59. 508 Braunschweigische Anzeigen. Stück 28, 8. April 1750, S. 565. 509 Protokolleintrag vom 30. Oktober 1745, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 186. 510 Sophia Eleonore Walther: Die herzogliche deutsche Gesellschaft in Helmstädt antwortet auf die verbindliche Zuschrift der Hochedelgebohrnen Jungfer Traugott Christiane Dorothee Löberin aus Altenburg. Helmstedt 1750, o.S.
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Zugleich spiegelt das Gedicht wider, wie eng Gelehrsamkeit und Tugend auch für die von den Gesellschaften adressierten Frauen miteinander verbunden waren. Dass die hier besungene Löber in einem eigenen Gedicht dieser Art äußerte, „ein sündlicher Roman“511 werde wohl kaum den Weg auf der Weisheitsbahn weisen, bestätigt dies nur. Das Ideal des tugendhaften Gelehrten sollte innerhalb der Gelehrtenschaft propagiert und eingeübt werden, von dort aus aber auch in deren Umgebung verkündet werden. Das verwandtschaftliche Umfeld, in dem viele Mitgliedschaften zustande kamen, war geradezu prädestiniert dafür, dieses Ideal auf einer breiteren Basis zu etablieren. Als Vorkämpfer der Frauenemanzipation im heutigen Sinne sind die Deutschen Gesellschaften also schwerlich anzusprechen. Die Diskussionen um weibliche Gelehrsamkeit haben sie verfolgt und seit den 1750er Jahren mehrere Frauen als Mitglieder in ihre Reihen aufgenommen; hier ist ihnen tatsächlich eine Vorreiterrolle zuzusprechen. Der Zahl512 und dem Mitgliedschaftsstatus nach bleiben diese jedoch ein Randphänomen, am gesellschaftlichen Leben vor Ort partizipierten sie offenkundig nicht. Daran änderten auch deren ostentative Ehrungen durch Dichterkrönungen, Publikationen und die Weitervermittlung an andere Deutsche Gesellschaften nur wenig.513 Deren Bemühungen bezogen Frauen durchaus mit ein, eine tragende Rolle aber war ihnen in diesem Konzept nicht zugedacht. Die Gelehrsamkeit sollte auch für Frauen erneuert werden; durch Frauen allerdings sollte dies nicht geschehen.
|| 511 Gedicht von Traugott Christiane Dorothee Löber auf die Aufnahme von Sophie Elisabeth Leonhart, zit. nach: Gehring: Johanne Charlotte Unzer-Ziegler, S. 47. 512 Vgl. Koloch: Kommunikation, Macht, Bildung, S. 79. 513 Vgl. die für das Studium parallele Wertung: „[…] an eine Zulassung zum Studium oder gar zur Lehre dachte dabei natürlich keiner: dichtende Damen waren ein modischer Schmuck in gelehrten, literarischen Kreisen.“ – Barbara Becker-Cantarino: Der lange Weg zur Mündigkeit. Frau und Literatur (1500–1800). Stuttgart 1987, S. 272.
4 Arbeiten 4.1 Ermöglichen 4.1.1 Finanzieren Die Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit war zunächst ein immaterielles Ziel. Um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen, bedurfte es in erster Linie des Talents, des Fleißes und der Unterstützung der versammelten Mitglieder. Deren Handeln aber entbehrte durchaus nicht einer materiellen und finanziellen Dimension. Für die Korrespondenzen und Pakete waren Beförderungsentgelte zu entrichten, Diplome mussten gestaltet und geschrieben, eigene Publikationen gedruckt, fremde erworben werden; Versammlungsräume mussten auch dann geheizt werden, wenn sich die Mitglieder für die deutsche Sprache erwärmen konnten. Die Finanzierung der gesellschaftlichen Arbeit war ebenso notwendig wie schwierig. Nur die wenigsten Deutschen Gesellschaften konnten sich substanzieller landesherrlicher Unterstützung erfreuen, ein entsprechendes Privileg bedeutete nur in seltenen Fällen eine direkte finanzielle Unterstützung. Als Ausnahme zu nennen wäre der Stiftungsbrief des Herzogs Karl von Braunschweig-Wolfenbüttel für die Deutsche Gesellschaft Helmstedt, dessen 18. Bestimmung dieser 50 Taler aus den dotis academiae als ‚Startkapital‘ zuwies.1 In vielen anderen Fällen waren mit solchen Privilegien allerdings Einsparungen hinsichtlich Raummiete und anderen Dingen verbunden, die den Etat der Sozietäten entlasten konnten. Kontinuierliche landesherrliche Zuwendungen erhielt offenbar lediglich die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft in Mannheim, bei der sich die Nähe zur Akademie auszahlte. Aus deren Topf erhielt die Deutsche Gesellschaft seit 1776 eine zunächst auf drei Jahre befristete2 jährliche Zahlung von 600 Gulden, die 1779 erneuert und vierteljährlich ausbezahlt wurde.3 Davon waren 150 Gulden für den Geschäftsverweser vorgesehen, und 50 Gulden entfielen auf „Correspondenz- und Frachtgelder“.4 Es ist anzunehmen,
|| 1 Vgl. HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 8. 2 Vgl. Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften II/2 (1777). 3 Vgl. Der Haushalt der Mannheimer Akademie vom Jahre 1782; Landesarchiv Speyer A 17 Nr. 260, f. 41r. Zum Auszahlungsmodus vgl. Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften II/3 (1792/92), f. 61. 4 Vgl. GLAK 213 Akten Mannheim Stadt, Nr. 93. https://doi.org/10.1515/9783110776218-005
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dass mit dem Ende dieser Zuwendungen auch die gesellschaftliche Tätigkeit selbst vollständig zum Erliegen kam.5 Die meisten Deutschen Gesellschaften mussten für ihre Unterhaltung andere Einnahmequellen generieren. Spenden, vor allem aus den Reihen ihrer Ehrenmitglieder, scheinen eher selten gewesen zu sein und beschränkten sich zudem häufig auf Buchgeschenke.6 Spenden wie diese beruhten überdies auf einer gewissen Gegenseitigkeit und konnten Verpflichtungen gegenüber den Gebern etwa durch Schenkung eigener Publikationen nach sich ziehen.7 Eine unorthodoxe Methode der Mittelbeschaffung war die Teilnahme an Lotterien durch die Teutsche Gesellschaft in Jena.8 Letztlich waren die Sozietäten auf ihre Mitglieder angewiesen, die in den Satzungen9 zu Beiträgen verpflichtet wurden. Am häufigsten erhoben wurden Aufnahmegebühren. Sie betrugen etwa in Helmstedt zwei Taler,10 in Altdorf und Greifswald einen Taler11 und in Königsberg drei Dukaten;12 in Straßburg waren drei Livres für jedes eingeschriebene Mitglied beschlossen worden.13 Hinzu kamen so genannte Monatsgelder als regelmäßige Einnahmequellen, die für Helmstedt in Höhe von vier Kreuzern für die Jahre um 1750
|| 5 Eine kurfürstliche Verfügung vom 24. Februar 1794 erließ der finanzschwachen Akademie die jährliche Zahlung von 600 Gulden an die Deutsche Gesellschaft. – Vgl. Landesarchiv Speyer A 17 Nr. 260, f. 195. 6 Eine Aufstellung kleinerer Spenden an die Deutsche Gesellschaft Altdorf findet sich bei Fromann: Altdorfer Deutsche Gesellschaft, S. 40. Vgl. für die Spenden von Adeligen S. 256, für Bücherspenden S. 307–309 in dieser Arbeit. Johann Joachim Schwabe bedachte die Deutsche Gesellschaft in Leipzig in seinem Testament mit 200 Talern. – Vgl. Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig, S. 102, Anm. 79. 7 Magdalena Sibylla Rieger spendete nach ihrer Aufnahme drei württembergische Dukaten. – Vgl. Rechnungseintrag vom 12. März 1750, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 404. Offensichtlich gab sie auch ein Bild ihrer Person dazu, das die Gesellschaft wiederum auf eigene Kosten rahmen ließ. – Vgl. Rechnungseintrag vom 18. März 1750, ebd., f. 411. 8 Ein Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 3. März 1753, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 148, erinnert die Gesellschaft daran, ihre drei Schulzischen Lotterielose zu erneuern. Solche Lotterielose befinden sich in: Ebd., Ms. Prov. f. 132 (3). 9 Nicht alle Deutschen Gesellschaften haben diese Beiträge bzw. deren Höhe in den Satzungen niedergelegt, oft ist ihre Höhe aus den Rechnungsbüchern zu ersehen. Möglicherweise hielt man sich hinsichtlich ihrer Höhe mit dieser Praxis flexibel und ging dem Problem aus dem Weg, dass Änderungen der Beiträge Satzungsänderungen bis hin zu deren Neudruck bedeutet hätten. 10 Vgl. bspw. HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 404r (um 1750). 11 Vgl. für Altdorf UB Erlangen, Ms B 179, f. 2r (um 1756); für Greifswald Schulz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 32. 12 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 100. 13 Vgl. Protokolleintrag vom 16. November 1775. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 48.
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überliefert sind.14 In Greifswald wurden solche Beiträge als Vierteljahresbeitrag von 16 Schilling erhoben.15 In Altdorf sind zahlreiche regelmäßige, aber nicht weiter spezifizierte Einzahlungen der Mitglieder verzeichnet, die unter diese Rubrik fallen dürften.16 Einige Sozietäten wie die Deutsche Gesellschaft Helmstedt erwarteten selbst für den Abschied eines Mitglieds Abzugsgelder in Höhe von über einem Taler.17 Anlassbezogene zusätzliche Forderungen kamen wie in Göttingen ebenfalls vor.18 Hinzu kamen Einnahmen aus der Hand Dritter, vor allem durch den Verkauf von Publikationen. Durch landesherrliche Privilegierung nahm die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt Zensurgebühren ein.19 Wie sind nun diese Einnahmen gegeneinander zu gewichten? Viele Gesellschaften erzielten vor allem in den Anfangsjahren ohne Ehrenmitglieder ihre Einnahmen weitestgehend aus den verschiedenen Beitragsformen ihrer Mitgliederschaft. Die Rechnung der Sozietät in Göttingen aus den Anfangsjahren 1738/3920 zeigt, dass diese vollständig auf die Zahlungen ihrer Mitglieder angewiesen war:
|| 14 Vgl. bspw. HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 404v, sowie Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 9. 15 Vgl. Schulz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 32. 16 Vgl. UB Erlangen, Ms B 179. 17 Vgl. bspw. HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 407r (um 1750). 18 „[Es] wurde für nöthig erachtet, daß ein jedes Mitglied acht Ggl. zur gemeinen Ausgabe der Gesellschaft erlegen sollte; welches auch sogleich geschahe.“ – Protokolleintrag vom 12. Juli 1738, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 70. 19 Vgl. Rechnungseintrag vom 30. September und 8. Dezember 1749, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 407. 20 SUB Göttingen, Deutsche Gesellschaft 1a.
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Das gleiche musste Cölestin Christian Flottwell für die Frühphase der Deutschen Gesellschaft in Königsberg berichten.21 Ähnlich gelagert waren die Verhältnisse im ersten Jahr der Gesellschaft in Helmstedt. Dort machten die reinen Mitgliedsbeiträge vier Fünftel der Einnahmen aus, durch Abzugsgelder, Strafgelder und außerordentliche Beiträge zur Eröffnungsfeier beliefen sich die von den Mitgliedern geleisteten Zahlungen auf fast sieben Achtel.22 Diese Angaben aus der Frühphase müssen allerdings relativiert werden, weil die Gesellschaften mit zunehmender Dauer ihres Bestehens bekannter wurden und Spenden erhalten konnten. In Jena zeigt sich schon für die ersten Jahre,23 dass Zuwendungen von außen neben einer breit gefächerten Beitragsstruktur24 langsam eine Rolle im gesellschaftlichen Etat zu spielen begannen:
|| 21 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 10. Mai 1743. In: GBW 9, S. 219f.: „Unsere jetzige Einkünfte kommen blos von Antritts-, Monath v. Strafgeldern her; […].“ 22 Vgl. die Rechnung der Einnahmen, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 404–407. 23 Vgl. ThULB, Ms. Prov. f. 132 (3). 24 Nicht ermittelt werden konnte, welcher Natur Scheingelder und „Exemplar Gelder“ waren. Vermutlich handelt es sich bei den Scheingeldern um die im vierten Auszug der gesellschaftlichen Gesetze vorgesehenen vier Groschen für den Aufnahmeschein. – Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 44.
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Über einen Zeitraum von dreizehn Jahren dokumentiert sind Einnahmen und Ausgaben der Deutschen Gesellschaft Altdorf.25 Sie rekrutierten sich neben den Mitgliedsbeiträgen und Strafgeldern zu einem geringen Teil auch aus Spenden sowie dem Verkauf von Publikationen.26 Dennoch zeigen die überlieferten gesellschaftlichen Rechnungen deutlich, dass die Mitgliederbeiträge das Standbein der Finanzen Deutscher Gesellschaften ausmachten. Wesentlich breiter gefächert waren die Ausgabeposten, für die wiederum die ersten Jahre der Teutschen Gesellschaft Jena herangezogen werden sollen:
Erhebliche Ausgabeposten waren die satzungsgemäßen Zahlungen an den Gesellschaftsaufseher und den Senior, die allerdings erheblich schwankten.27 Gebühren zu entrichten waren außerdem an die Universität Jena für die Bestäti-
|| 25 Vgl. das Rechnungsbuch der Gesellschaft, UB Erlangen, B 179. 26 Nicht alle Posten in diesem Rechnungsbuch waren klar zu identifizieren, so dass eine genaue Aufschlüsselung unterbleiben muss. 27 Hinsichtlich des Aufsehers hatte sich die Teutsche Gesellschaft Jena verpflichtet, „nach ihrem Vermögen ein Geschenck zur schuldigen Erkentlichkeit“ zu geben, was angesichts der Kassensituation bald unterblieb. – Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 41. Für den Senior waren monatlich zwei Gulden vorgesehen. – Vgl. ebd., S. 43, sowie das Schreiben (ohne Titel) von Johann Andreas Fabricius in: Thüringische Nachrichten von Gelehrten Sachen auf das Jahr 1736, Num. III, S. 88f.
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gung der gesellschaftlichen Gesetze.28 Zu Buche schlugen ferner die häufigen Publikationen der Gesellschaften, deren Anwachsen in den Folgejahren eher größere Summen erfordert haben dürfte. Gut greifbar in Höhe und Zusammensetzung sind die Ausgaben der Deutschen Gesellschaft Altdorf:
Sie bestanden aus den Kosten für das Anschaffen und Publizieren von Büchern wie Buchbindearbeiten, Schreibarbeiten, Buchanschaffungen und Zeitschriftenabonnements, für den Geschäftsbedarf wie Papier, Leuchtmittel und Porto sowie einer Miete für das Bibliothekszimmer. Wie in Jena gab es eine „Erkenntlichkeit für den Vorsteher, Aufseher und Secretär Zuschuss aus der Casse 14,45“,29 sowie für einen Pedell.30 Deutlich werden im Rechnungsbuch wie in Jena erhebliche Schwankungen in der Zusammensetzung dieser Kosten, da Kostenfaktoren wie Publikationen nicht regelmäßig in vergleichbarer Höhe auftraten und Geschäftsbedarf häufig auf Vorrat angeschafft worden sein dürfte. Was aber bedeuteten diese diversen Einnahmen und Ausgaben ‚unterm Strich‘? Lässt sich sagen, ob die Deutschen Gesellschaften mit Gewinn wirt-
|| 28 Dabei handelte es sich um einen Taler 18 Groschen. – Vgl. Protokolleintrag vom 11. Februar 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 3. 29 Rechnungsbuch der Gesellschaft, UB Erlangen, B 179, f. 6. 30 Vgl. ebd., f. 8.
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schafteten oder gar in nennenswertem Umfang Kapital akkumulierten? Über die meisten lassen sich keine Aussagen treffen, so dass im Wesentlichen die bereits angeführten Sozietäten hierauf befragt werden sollen.31 Eine dank kurfürstlicher Zuwendung kapitalstärkere Vereinigung wie die Mannheimer Deutsche Gesellschaft sah sogar Autorenhonorare vor.32 Friedrich Schiller gegenüber konnte sie als Geldverleiher auftreten; 1785 und 1787 lieh er sich von ihr je 132 Gulden,33 später 12 Louis d’or für die Herausgabe der Thalia.34 Repräsentativer jedoch dürften die Gesellschaften in Altdorf, Jena und Helmstedt gewesen sein. Für erstere lässt sich die gesamte Tätigkeitsdauer als Bilanz abbilden:
Für die ersten Jahre der Teutschen Gesellschaft Jena lässt sich ebenfalls die Kassenentwicklung beobachten:35
|| 31 Da in den an Hochschulen angesiedelten Deutschen Gesellschaften die Mitgliederstruktur sehr ähnlich war, ist von ähnlich gelagerten Möglichkeiten und Problemen auszugehen. 32 Die neuen Statuten von 1781 sahen vor, für Beiträger zu den gesellschaftlichen Werken drei Dukaten pro Druckbogen zu bezahlen. – Vgl. Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 41, § 11. 33 Vgl. Ludwig Stern: Autographa Schillers in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. In: Zentralblatt für Bibliothekswesen 22 (1905), S. 268f. 34 Vgl. Kreutz: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft und das Nationaltheater, S. 69. 35 Die Angaben folgen den überlieferten halbjährlichen Rechnungen für die Jahre 1730 bis 1733, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (3), f. 25–128. Angaben für Groschen und Pfennige wurden gerundet.
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Nur eine Einzelbeobachtung ist hingegen bei der Deutschen Gesellschaft Helmstedt möglich, die ihr erstes Jahr 1749/50 mit dem minimalen Überschuss von fünf Groschen und acht Pfennigen abschließen konnte.36 Alle drei Sozietäten zeigen den engen Spielraum, innerhalb dessen die wohl meisten Deutschen Gesellschaften wirtschaften konnten. Die Einnahmen überstiegen die Ausgaben bestenfalls um geringe Beträge. Die finanzielle Verfügungsmasse war somit zu Beginn verschwindend klein. Erheblich sind die Schwankungen, im Trend ist allerdings eine Konsolidierung der Finanzen erkennbar; 1735 fühlte sich die Teutsche Gesellschaft Jena finanzstark genug, um künftig Preise ausschreiben zu können.37 In Helmstedt hingegen musste man noch Jahrzehnte später einen „gänzlichen Mangel eines Fonds zur Bestreitung des nöthigen Kostenaufwands“ einräumen.38 Das bedeutete, dass die Gesellschaften vor allem einen hohen Mitgliederstand brauchten, um handlungsfähig zu bleiben. Auch dies erklärt die häufig zu beobachtende ‚Großzügigkeit‘, wenn sich Personen bewarben, die den Mitgliedern alles andere als geeignet erschienen oder offenkundig gar nicht daran dachten, die Mitgliedschaft mit Leben zu erfüllen. Wichtig war es ferner, die aufgelaufenen Beitragsrückstände und Schulden im Auge zu behalten; nicht nur in Jena dürfte der Verdacht bestanden haben, dass einzelne die Gesellschaft um Beiträge betrogen.39 Offene Schulden
|| 36 Vgl. den Rechnungseintrag zum Jahresabschluss, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 413. 37 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Februar 1735, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 38r. 38 Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 14. 39 Vgl. das Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 28. August 1759, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 252.
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wurden teilweise quittiert40 und andere Mitglieder in die Pflicht genommen, Außenstände zu begleichen.41 Bei säumigen Schuldnern setzte man häufig auf Freiwilligkeit, was zuweilen auch Erfolg hatte.42 Gegen den Bremer Verleger Georg Ludwig Förster strengte die dortige Deutsche Gesellschaft um 1768 sogar einen förmlichen Prozess an. Dieser hatte den Verlag ihres Versuchs eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuches übernommen und vertraglich versprochen, bei über 200 Pränumeranten einen Taler statt des sonst vereinbarten halben Talers zu zahlen. Deren Anzahl belief sich auf 113,43 da viele aber gleich mehrere Exemplare abnahmen, konnte Förster keine genauen Angaben mehr machen.44 In welchem Umfang diese Außenstände eingetrieben werden konnten, wird nicht mehr klar. Förster aber blieb Verleger des Wörterbuchs. Blieben die Erfolge bei Mitgliederwerbung und Schuldeneintreibung bescheiden, waren die Gesellschaften gezwungen, die Ausgaben entsprechend gering zu halten. Bei vielen Posten waren sie durch ihre eigenen Satzungen etwa zum Druck von Antrittsreden und anderen Gelegenheitsschriften verpflichtet, andere Ausgaben wiederum, beispielsweise für die Bibliothek, konnten den gesellschaftlichen Möglichkeiten angepasst werden. Auch Zahlungen an Aufseher und Senioren konnten reduziert werden, manchmal mussten diese sogar aus eigener Kasse zuschießen.45 Das Haushalten in den Deutschen Gesellschaften war also ein Spiel mit mehreren Unbekannten, das Austarieren der Einnahmen und Ausgaben erforderte stets von neuem Improvisationstalent. Noch am berechenbarsten waren die Beiträge der ordentlichen Mitglieder, die auch den Stamm der Einnahmen bildeten. Und selbst diese waren nicht nur wegen häufig ausbleibender Entrichtung nicht genau vorauszusehen, sondern auch wegen der offenen Zahl der Einund Austritte. Eine Erhöhung der Beiträge konnte zwar mehr Geld in die Kasse || 40 Vgl. bspw. den Zettel: „Herr Grimmeisen ist der Deutschen Gesellschaft schuldig“ – StAW, 298 N 22. 41 Vgl. für die Teutsche Gesellschaft Jena den Protokolleintrag vom 4. März 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 5v, sowie die hinhaltende Reaktion des Gemahnten im Protokolleintrag vom 18. März 1730, ebd., f. 6v. 42 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Januar 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 99. 43 Vgl. die Subskribentenliste in: Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs, worin nicht nur die in und um Bremen, sondern auch fast in ganz Niedersachsen gebräuchliche eigenthümliche Mundart nebst den schon veralteten Wörtern und Redensarten in bremischen Gesetzen, Urkunden, und Diplomen, gesammelt, zugleich auch nach einer behutsamen Sprachforschung, und aus Vergleichung alter und neuer verwandter Dialekte, erkläret sind. Hg. v. der bremischen deutschen Gesellschaft. Bd. 3. Bremen 1768, o.S. 44 Vgl. Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.d.1.b. 45 Vgl. Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 14.
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bringen, zugleich aber Mitglieder zu säumiger Zahlung oder zum Austritt bewegen oder potenzielle Mitglieder abschrecken. Vollends unkalkulierbar waren Spenden, schwer einzuschätzen die Einnahmen aus dem Verkauf der Publikationen, die ihrerseits durch Druck- und Distributionskosten die Gesellschaftskasse belasten konnten. Angesichts der geringen Beträge, die zur Disposition standen, konnten selbst lässliche Sünden in der Wirtschaftsführung gravierende Auswirkungen auf den Etat haben. Mit diesen Charakteristika bewegten sich die Etats der Deutschen Gesellschaften völlig innerhalb der Grenzen gelehrter Milieus: Einnahmen aus der Hand von Dritten etwa über landesherrliche Zuschüsse und Spenden blieben die Ausnahme. Die ehrgeizigen Projekte, wie sie unter Gottscheds Führung in Leipzig ventiliert wurden, blieben in den Folgegründungen auch finanziell völlig außer Reichweite. Ohne einen zahlungskräftigen Apparat im Hintergrund blieben die Deutschen Gesellschaften auf die Gelder angewiesen, die die Gelehrten vor Ort erbringen konnten oder wollten. Dies verblieb im Grunde in den Grenzen des Budgets und der Zahlungsmoral ihrer studentischen Mitglieder, der Verkauf von Publikationen war aufwändig und die Einnahmen ungewiss.
4.1.2 Sammeln Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaften verstanden sich nicht als voraussetzungslos erfindende und dichtende Originalgenies. Als Gelehrte fühlten sie sich und standen auch tatsächlich in einer jahrhundertealten Tradition, die sie kennen und anzuerkennen bestrebt waren. Diese Tradition, aber auch neue Tendenzen und praktische Hilfsmittel mussten bekannt und verfügbar sein. Da aber nicht ein ieder, zumal unter den annoch Studirenden, im Stande ist, sich einen nöthigen Vorrath von guten Büchern anzuschaffen, die besonders in die schönen Wissenschaften einschlagen; so ist die teutsche Gesellschaft seit ihrer Stiftung darauf bedacht gewesen, zum Gebrauch derselben eine Bibliothek von Schriften, welche sowohl zur nöthigen Sprachkunde, als auch zur Kritik, zur Geschichte, und zu den Werken des Redners und Dichters gehören, nach und nach zu errichten.46
Was der Jenaer Senior Karl Gotthelf Müller aus der Rückschau auf zwei Jahrzehnte kontinuierlicher gesellschaftlicher Sammeltätigkeit hier formulierte, galt für fast alle Sozietäten in sonst nicht selbstverständlicher Einheitlichkeit. „Daß
|| 46 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 28.
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die Gesellschaft auf einen Büchervorrath bedacht seyn müßte“,47 war nicht nur zwischen den großen Gründungen in Jena und Göttingen Konsens. Selbst in der vermutlich sehr kleinen Deutschen Gesellschaft am Gymnasium in Preßburg wurde eine „Sammlung der vorzüglichsten Deutschen Stylisten angelegt“48 und eine Zeitung gehalten. Gleichwohl gehörten Büchersammlungen nicht zur Grundausstattung der Sozietätsbewegung. Die Mitglieder der Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg brachten ihre eigenen Bücher in die Sitzungen mit, bezeugten so aber „daß bey jeder Versammlung einige zum Nachschlagen erforderte Bücher bey der Hand seyn sollten“.49 Über wichtige Werke sollte eine Bibliographie als ‚virtuelle‘ Bibliothek geführt werden.50 In Leipzig betrieb Christian Clodius um 1717 die Gründung einer eigenen Bibliothek,51 verspürte aber seiner eigenen Darstellung nach Gegenwind aus den Reihen derer, die die Versammlungen in erster Linie als Symposien ansahen. Ob er einen Streit darüber vor dem Rektor wirklich mit dem Dictum „poetando, non potando Marones fieri“52 zu seinen Gunsten entscheiden konnte, sei dahingestellt. Dass er mit dem Aufbau einer gesellschaftseigenen Bibliothek indes einen Meilenstein auf dem Weg zur Deutschen Gesellschaft Gottsched’scher Prägung gesetzt hatte, ist sicher. Schon 1724 war die Sammlung bedeutend genug, um einen Katalog ihrer Bestände zu publizieren.53
|| 47 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 85. 48 Johann Georg Wenrich: Jakob Glatz, eine biographische Skizze. Wien 1834, S. 19. 49 Protokolleintrag vom 25. Januar 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 5, sowie Ingrid Schröder: Michael Richey und die Teutsch-übende Gesellschaft. In: Johann Anselm Steiger (Hg.): Das Akademische Gymnasium zu Hamburg (gegr. 1613) im Kontext frühneuzeitlicher Wissenschafts- und Bildungsgeschichte. Berlin u. New York 2017, S. 202. 50 In der Hamburger Teutschübenden Gesellschaft gab man zu Protokoll, „daß es nützlich seyn würde, von allen Scribenten, die zur Teutschen Sprache, Oratorie und Poesie gehören, einen ordentlichen, und so viel möglich completen Catalogum zu haben, welcher mit ad acta geleget, und fernerhin bey allen Vorfällen continuiret werden könnte.“ – Protokolleintrag vom 9. Februar 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 7. Johann Albert Fabricius’ Zusage, diesen Katalog aus seinen Beständen heraus in Angriff zu nehmen, wurde nicht weiter verfolgt. 51 Vgl. zu dieser Bibliothek Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 177– 189; Friedrich Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“ – Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. In: Thomas Fuchs u. Christoph Mackert (Hg.): Leipziger, Eure Bücher! Zwölf Kapitel zur Bestandsgeschichte der Leipziger Stadtbibliothek. Leipzig 2009, S. 66–83, 152–159. 52 Christian Clodius: Sub discessum suum ad almam Cygneam ultimum vale dicturus, zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 177. Mit Marones bezieht er sich auf Publius Vergilius Maro. 53 Verzeichniss aller teutschen Poetischen Schrifften, welche die unter Joh. Burch. Mencken in Leipzig florirende Poetische Gesellschaft 1719–23 gesammlet hat. Leipzig 1724.
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Tatsächlich sind von allen besser dokumentierten Deutschen Gesellschaften Bibliotheken bekannt, und von vielen Deutschen Gesellschaften sind teils umfangreiche Kataloge ihrer Bibliotheken erhalten geblieben.54 Im Vergleich zu den anderen Tätigkeitsfeldern sind diese vergleichsweise gut erforscht,55 und der Bibliothekskatalog der Leipziger Deutschen Gesellschaft wurde noch in den 1970er Jahren publiziert.56 Damit spiegelt die Forschung ein Aufgabenfeld, das sich die Sozietäten selbst gesetzt hatten. Viele Satzungen sahen nicht nur die Gründung einer Bibliothek vor, sondern enthielten auch teils detaillierte Bestimmungen über deren Betrieb und verpflichteten die Mitglieder zu Buch- und Geldleistungen über den ohnehin bestehenden Anteil an den Gesamtausgaben hinaus.57 Mit dieser Regelung legten sie einen Grundstock zu teilweise umfangreichen Bibliotheksbeständen. Die Band- oder Titelzahlen variieren je nach Erhebungszeitpunkt und -grundlagen, lassen die Größenordnungen aber erahnen. Nur ca. 70 Bücher sind in Helmstedt durch Schenkungseinträge der Deutschen Gesellschaft zuzuweisen, mit Sicherheit waren es deutlich mehr Bücher.58 In Königsberg, deren Gesellschaft allerdings durch Bibliotheksdiebstähle und zwei Unterbrechungen ihrer Tätigkeit vermutlich erhebliche Buchverluste erlitt,59
|| 54 Die Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich verfertigte 1744 einen Katalog ihrer Büchersammlung. – Vgl. Protokolleintrag vom 19. März 1744, ZB Zürich, Ms T 413.5. Vgl. auch das Bücherverzeichnis der Wachsenden Deutschen Gesellschaft Zürich von 1744, ebd., Ms T 109.1. In Helmstedt beschloss man 1761, ein Bibliotheksregister anzulegen. – Vgl. den Eintrag in einem Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, 1761, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 143. 55 An eigens mit den Gesellschaftsbibliotheken befassten Darstellungen sind zu nennen: Holger Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen (1739–1791). In: Göttinger Jahrbuch 36 (1988), S. 95–129; Marwinski: Bücherschatz; Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“. 56 Katalog der Büchersammlung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Nach dem von Ernst Kroker bearbeiteten handschriftlichen Bestandsverzeichnis der UB Leipzig. Hg. vom Zentralantiquariat der DDR. 2 Bde. Leipzig 1971. Dabei handelt es sich um einen Druck des vom Gesellschaftsmitglied Ernst Kroker 1911 erstellten Katalogs. 57 Vgl. zum Anteil der Ausgaben für die Bibliothek S. 298 in dieser Arbeit. Für die Deutsche Gesellschaft in Straßburg regte Jakob Michael Reinhold Lenz an, dass die Mitglieder aus ihren Beiträgen „eine ausgewählte Büchersammlung zum Behuf unserer Sprachkenntnis anschaffen möchten“. –Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 781. Für Bernburg vgl. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 22f., § 18. 58 Vgl. die Trefferliste bei Helmstedter Drucke online. URL: https://www.hab.de/helmstedterdrucke-online/ [18.03.2023]. 59 Vgl. zu den Verlusten: Ueber die deutsche Gesellschaft in Königsberg. In: Morgenblatt für gebildete Stände 3 (1809) Nro. 9, S. 34f.
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wurden 1782 etwa 300 Titel gezählt.60 Bemerkenswert ist, dass eine Gesellschaft von Schülern wie die Wachsende Deutsche Gesellschaft in Zürich 1744 340 Titel in ihrem Katalog anführen konnte.61 In Greifswald umfasste die Bibliothek bei ihrem Übergang in die Universitätsbibliothek 1752 468 Werke,62 für Altdorf zählte die Universitätsbibliothek Erlangen 646 Bände.63 Eine mehrstellige Zahl an Büchern besaßen die großen Deutschen Gesellschaften in Jena mit 600-700 Bänden,64 in Göttingen mit 1200 Titeln,65 und Leipzig mit weit über 1000 Bänden.66 Nicht nur hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung, sondern auch bezüglich der Literaturversorgung konnten die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Mannheim aus dem Vollen schöpfen, nachdem Kurfürst Karl Theodor die Benutzung der Hofbibliothek bewilligt hatte.67 Überdies befahl er „den Vorstehern der Bibliothek […], diejenigen Bücher, die in der Kurfürstlichen Bibliothek noch nicht vorhanden sind, und von der deutschen Gesellschaft oder ihren Gliedern verlangt werden, anzuschaffen“.68 Als einzige bekannte Gesellschaft
|| 60 Vgl. Johann Friedrich Goldbeck: Nachrichten von der Königlichen Universität zu Königsberg in Preußen und den daselbst befindlichen Lehr-, Schul- und Erziehungsanstalten. Königsberg 1782, S. 149. Laut Maria Strutyńska: Struktura proweniencyjna zbioru starych druków Biblioteki Uniweryteckiej w Toruniu. Przewodnik po zespołach. Problemy badawcze i metodologiczne. Toruń 1999, S. 17, befinden sich in dem in der UB Toruń verwahrten Bestand der Königsberger Deutschen Gesellschaft bis ins 18. Jahrhundert 304 Titel in 279 Bänden; hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass es sich nicht um den Gesamtbestand handelt. Das Verzeichnis der Bücher der Kgl. deutschen Gesellschaft in Königsberg gibt ohne weitere Angaben lediglich den seinerzeitigen Buchbestand wieder. – Vgl. Verzeichnis der Bücher der Kgl. deutschen Gesellschaft in Königsberg. I. Druckschriften. Königsberg 1902. Die Praxis der Signaturvergabe nach numerus currens erlaubt eine allerdings nur unscharfe und mehrfach durchbrochene Rekonstruktion der Erwerbsreihenfolge, bestätigt jedoch die in der Nachricht Goldbecks genannte Größenordnung. 61 Vgl. das Bücherverzeichnis der Wachsenden Deutschen Gesellschaft Zürich von 1744, ZB Zürich, Ms T 109.1. 62 Vgl. Max Perlbach: Versuch einer Geschichte der Universitäts-Bibliothek zu Greifswald. Greifswald 1882, S. 52. 63 Vgl. Gunda Werner u. Eleonore Schmidt-Herrling: Die Bibliotheken der Universität Altdorf. Leipzig 1937, S. 85. 64 Vgl. Marwinski: Bücherschatz, S. 12. 65 Vgl. Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 97. 66 Heute erhalten sind 1353 Bände mit ca. 1600 Titeln. Christian Clodius hat dagegen bereits für die Frühzeit der Bibliothek behauptet, etwa 1500 Bücher gesammelt zu haben. – Vgl. Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“, S. 69, 72. 67 Vgl. GLAK 77/6397 f. 3. Vgl. zur Hofbibliothek Wolfgang Schibel: Die Hofbibliothek Carl Theodors und ihr Umfeld. In: Wieczorek u.a. (Hg.): Lebenslust und Frömmigkeit. Bd. 1: Handbuch, S. 325–336, dort auch ältere Literatur. Beschaffungen für die Bibliothek sind nur vereinzelt in den Protokollen belegt und erlauben keine quantifizierenden Aussagen. 68 Protokolleintrag vom 30. September 1783, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 13.
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konnte sie es sich leisten, allen Gesellschaftsmitgliedern Johann Georg Sulzers Allgemeine Theorie der schönen Künste als Grundlagenwerk zur Verfügung zu stellen.69 Wie kamen Sammlungen dieser Größe zustande? Eine wesentliche Rolle spielten Abgaben und Schenkungen ihrer Mitglieder sowie Buchspenden Dritter. In vielen Satzungen war es als Pflicht festgeschrieben, der Bibliothek ein Buch zum Eintritt zu überreichen.70 In Bernburg sollten die Mitglieder über die der Bibliothek zu schenkenden Bücher Vorabsprachen treffen, um Mehrfachschenkungen eines Titels zu vermeiden.71 Im Rahmen solcher ‚Pflichtübungen‘ dürften viele Mitglieder aus ihren eigenen Buchbeständen nicht benötigte Literatur und Dubletten.72 Wie sehr das Engagement der Mitglieder auf diesem Felde schwankte, zeigt eine Aufstellung der durch die Mitglieder gestifteten Bücher. Deren Zahl reichte von 45 im Fall von Johann Heinrich Schinz oder 29 in jenem von Johann Kaspar Hirzel bis hinunter zu mehreren Mitgliedern, die jeweils nur ein Exemplar in die gesellschaftseigene Büchersammlung einbrachten.73 Schon aufgrund der kurzen Dauer mancher Mitgliedschaften ist von ähnlichen Unwuchten in den anderen Gesellschaften auszugehen. Vor allem publizierende Ehrenmitglieder übersandten der Gesellschaft eigene Werke,74 was auch in manchen Satzungen festgelegt war.75 Belegt ist aber
|| 69 Protokolleintrag vom 5. April 1783, ebd., f. 66. 70 Vgl. bspw. Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 2f., § 6; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 23, § 18; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XXXI. Für Erlangen vgl. die Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 14; Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 4, § VIII. 71 Vgl. Aufzeichnung Rusts vom 10. März 1761 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 5. 72 Für Göttingen ist dieses Verhalten in den Protokollen festgehalten. – Vgl. Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 85. Vgl. auch Basilius Christian Bernhard Wiedeburg an Samuel Gotthold Lange, Jena, den 28. Juli 1752. In: Lange: Sammlung gelehrter und freundschaftlicher Briefe. Erster Theil, S. 249: „Da mir inzwischen auf die Weise zwey Exemplare [von Langes Horaz-Übersetzung] zu Theil geworden sind, so habe ich mir die Freyheit genommen, das eine in die Bibliothek unserer Gesellschaft zu geben. In Hoffnung einer geneigten Genehmigung habe ich den Mitgliedern gemeldet, wie Sie mit diesem schönen Werke unsern Büchervorrat bereichert hätten, dafür ich im Namen unsrer ganzen Gesellschaft den gehorsamsten Dank abstatten soll.“ 73 Vgl. das Bücherverzeichnis der Wachsenden Deutschen Gesellschaft Zürich von 1744, ZB Zürich, Ms T 109.1. 74 Dies ist bspw. bei Johann Gottwerth Müller bezeugt. – Vgl. den Eintrag „Der Büchersammlung der Herzogl. Deutschen Gesellschaft bestimmt dieses Buch der Verfasser“ in Müllers Gedichte der Freundschaft, der Liebe, und dem Scherze gesungen (Helmstedt u. Magdeburg 1770), Exemplar in: HAB, H: P 1676bb80 Helmst. Ein weiteres Beispiel ist der Schenkungsein-
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auch, dass manche Ehrenmitglieder wie Georg Litzel ihre Geschenke auf das erwartete inhaltliche Profil dieser Sammlungen zuschnitten und mit der Gesellschaft abstimmten.76 Die Schenkungen kamen zumeist aus dem Kreis der Mitglieder, bekanntere Deutsche Gesellschaften konnten aber auch Buchspenden von Dritten erhalten,77 teilweise auch durch testamentarische Verfügung.78 Dass mit solchen Geschenken Werbung in eigener Sache verbunden war, zeigen Gottscheds Schenkungen seiner eigenen Werke und seltener Handschriften79 an die Königsberger Deutsche Gesellschaft ebenso wie diejenigen seiner Schweizer Gegner. Johann Jakob Bodmer spendete der Wachsenden Deutschen || trag in: Den herrlichen Nutzen einer unzertrennlichen Vereinigung der Wissenschaft und Tugend und ihre unumgängliche Nohtwendigkeit zu Beförderung der wahren Glückseligkeit eines Regenten und seiner Staaten suchte bei seinem Eintritt in die Königliche deutsche Gesellschaft in Göttingen am Stiftungsfeste derselben in einer Rede zu schildern Simon Causid Lehrer der Durchlauchtigsten Prinzen von Hessen-Cassel. Kopenhagen 1757, Exemplar in: SUB Göttingen, Philos. VI, 6935. 75 Vgl. bspw. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 16, Dritte Abt., § XXVIII; Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XIIII; Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 36 § XXI; Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 4, § IX; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 23, § 18. 76 Dabei handelte es sich um Oden der Leipziger Deutschen Gesellschaft und Johann Georg Wachters Glossarium germanicum. – Vgl. Protokolleintrag vom 21. Februar 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 4v. 77 So sind für die Deutsche Gesellschaft Leipzig Schenkungen von Personen bezeugt, die nicht in den Mitgliederlisten dieser Jahre auftauchen. – Vgl. Thomas Fuchs: Katalog der Handschriften der Universitäts-Bibliothek Leipzig. Handschriften und Urkunden der Stadtbibliothek Leipzig in der Universitätsbibliothek Leipzig: Neuzugänge nach 1838. Wiesbaden 2009, S. 1, 4, 5, 254. Friederike Caroline Neuber übergab der Gesellschaft Leipzig 1733 eine Seneca-Ausgabe, eine Petrarca-Ausgabe und eine aus dem Französischen übersetzte Sittenlehre mit gereimter Widmung. – Vgl. die Dedikationsverse vom 16. und 31. Dezember 1733 in: Friederike Caroline Neuber: Das Lebenswerk der Bühnenreformerin. Poetische Urkunden. Teil 1. Hg. v. Bärbel Rudin u. Marion Schulz. Reichenbach 1997, S. 29–31. Die Herausgeberinnen vermuten einen Zusammenhang mit dem zu dieser Zeit drohenden Verlust der Leipziger Spielstätte der Neuberin. Knapp die Hälfte der in der Bibliothek der Deutschen Gesellschaft Leipzig nachgewiesenen Schenkungen stammte von Dritten. – Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 181. 78 „Durch das Vermächtnis des seeligen Candidaten Stuckerts erhielt der Büchervorrath der Gesellschaft [in Altdorf] einen beträchtlichen Zuwachs.“ – Protokolleintrag vom 31. Januar 1759, UB Erlangen, B 177. 79 Gottsched vermachte bei seinem Besuch in Königsberg der dortigen Deutschen Gesellschaft Handschriften, die bislang „nur wenigen Augen des größten Hofes von Deutschland bekannt worden“. – Johann Christoph Gottsched: Gesammlete Neueste Gedichte. Hg. v. der Königlichen deutschen Gesellschaft.Königsberg 1750, Vorbericht an den Leser, o.S.
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Gesellschaft seine eigenen Schriften sowie die Breitingers,80 Albrecht von Haller schenkte der Göttinger Gesellschaftsbibliothek gezielt Werke von Gottscheds Schweizer Antipoden.81 Alle diese Gaben als Ausfluss reinen Idealismus anzusehen, verkennt die beim Bücherschenken durchaus eigennützig verfolgten Zwecke. Das Buch, das man schenkte, tauschte man gegen viele Formen der Ehre; manche hofften auf diejenige einer Mitgliedsernennung oder eine andere Geste der Gesellschaft, ihnen „bey vorfallender Gelegenheit eine Ehre zu erweisen“.82 Solche Ehren konnten darin bestehen, die Schenkung in gelehrten Organen publik zu machen, wie es Johann Karl Dähnert bei einer Spende des sächsischen Grafen Brühl durch ein Widmungsschreiben seiner Critischen Nachrichten tat.83 Dass damit zugleich für Schenkungen weiterer Personen geworben und die Präsenz der Gesellschaften in den gelehrten Organen gestärkt wurde, war als Glied einer Kette sich wechselseitig verstärkender Gaben und Ehrerweise gedacht. Als Einbandprägung mit Initialen der Schenker84 und durch handschriftliche Widmungen konnten sie ihr Andenken am und im Buch selbst verewigen mit der Aussicht, in einer hoffentlich renommierten Büchersammlung vertreten zu sein, wie es vor allem in Leipzig mit publizierten Bibliothekskatalogen als lohnend erschien. Diese Schenkungen mochten Geld sparen und die eigene Reputation stärken – sie blieben dennoch punktuell und erlaubten keinen gezielten Bestandsaufbau. Sollte die Bibliothek als Arbeitsinstrument ihren Zweck erfüllen, konnte man bei den für die tägliche Arbeit benötigten Werken nicht auf Spenden warten, sondern musste diese aus den gesellschaftlichen Mitteln selbst erwerben. Angesichts der knappen Gelder sollten die wenigen Bücher, die sich die Gesellschaft leisten konnte, von möglichst hohem Nutzwert für die tägliche Arbeit
|| 80 Vgl. das Bücherverzeichnis der Wachsenden Deutschen Gesellschaft Zürich von 1744, ZB Zürich, Ms T 109.1. 81 Vgl. Erwin Thyssen: Christlob Mylius. Sein Leben und Wirken. Ein Beitrag zur Kenntnis der Entwicklung der deutschen Kultur, besonders aber der deutschen Literatur in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Diss. Marburg 1912, S. 109. 82 So der Beschluss der Deutschen Gesellschaft in Göttingen nach dem aus 19 Titeln bestehenden Büchergeschenk des Verwalters Jobst Böse in Hofgeismar. – Protokolleintrag mit Auflistung der geschenkten Titel vom 5. März 1743, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 133. 83 Vgl. [Johann Carl Dähnert]: An Seinen Erlauchten den Hochgebornen Grafen und Herrn Heinrich des Heiligen Römischen Reichs Grafen von Ocinszyno-Brühl. In: Critische Nachrichten. Bd. 4 (1753), o.S. Vgl. auch die Schenkung des Kardinals Quirini, S. 271 in dieser Arbeit. 84 Dies ist in Leipzig in 171 Fällen belegt. – Vgl. Pollack, „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“, S. 72, Anm. 14.
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sein. Wie sich die Gewichte zwischen dem Erwerb im Buchhandel und dem Zuwachs durch Schenkungen verhielten, lässt sich nicht sagen und dürfte zwischen den Sozietäten geschwankt haben.85 Christian Clodius, der viele Bücher auf Reisen offenbar ohne weitere Absprache ankaufte, geriet darüber mit der Leipziger Gesellschaft in Konflikt.86 Die Wachsende Deutsche Gesellschaft hingegen stimmte über einzelne Buchanschaffungen ab87 und erteilte ihrem Mitglied Johann Kaspar Heß die Vollmacht, auf seiner Reise nach Leipzig für die Gesellschaft nützliche Bücher zu kaufen.88 Jakob Michael Reinhold Lenz schlug in Straßburg vor, einen Zettel mit Anschaffungsvorschlägen in Umlauf zu geben.89 Als Desiderate sah er selbst „Glossarien, merkwürdige alte Bücher und die Schriften neuerer Philologen“ an.90 Welches Bestandsprofil aber sollte eine gesellschaftliche Bibliothek aufweisen, und wie realistisch war dies vor dem Hintergrund der zahlreichen Zufälligkeiten und Unzulänglichkeiten beim Büchererwerb? Am ambitioniertesten war sicher Clodius’ Absicht, „der gemeinsame Büchervorrat [solle] zur zentralen Sammelstelle aller deutschsprachigen poetischen und prosaischen Literatur gedeihen“.91 Bereits Gottsched hatte einen pragmatischeren Weg eingeschlagen, und trotz häufiger Klagen über unzureichende Möglichkeiten sollte eine Bibliothek zustande kommen, die als „eine der ältesten germanistischen Fachbibliotheken der Welt“92 angesehen werden kann. Einmal mehr tat sich zwischen den hochgespannten Ambitionen in Leipzig und den bescheideneren Möglichkeiten andernorts eine Kluft auf. In Göttingen konzentrierte sich die Gesellschaft offenkundig darauf, für die Mitglieder eine Arbeitsbibliothek einzurichten, und wählte als deren Grundstock Gottscheds Critische Dichtkunst und die Oden der Deutschen Gesellschaft in Leipzig.93 Die Bibliothek deckte folgende Sachgebiete ab:94
|| 85 So ist für die Deutsche Gesellschaft Göttingen lediglich ein Kauf belegt. – Vgl. Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 99, Anm. 31. 86 Vgl. Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“, S. 72. 87 Vgl. Protokolleintrag vom 24. März 1744, ZB Zürich, Ms T 413.7. 88 Protokolleintrag vom 12. März 1744, ebd., Ms T 413.5. 89 Vgl. Lenz: Über den Zweck der neuen Straßburger Gesellschaft. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 786. 90 Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache, S. 781. 91 Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“, S. 73. 92 Ebd., S. 66. 93 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 85. 94 Die Zahlen folgen Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 100.
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Tatsächlich machten literarisch-dichterische Werke einen hohen Anteil der vorhandenen Werke aus, und auch Sprachforschung, Rhetorik und Literaturtheorie sind breit vertreten. Auffällig sind aber auch hohe Anteile theologischer, geschichtlicher und philosophischer Schriften. Sie erklären sich zum einen daraus, dass unter den Autoren die Schriften der Mitglieder überwogen, unter denen viele Theologie studierten.95 Sie zeigen aber auch, dass sich die Deutschen Gesellschaften in ihrem Bestreben nach Erneuerung der Gelehrsamkeit Rat auch aus historischen, theologischen und philosophischen Schriften holten. Nicht zuletzt sollte man die ermittelte Systematik nicht überinterpretieren, zeigt sie doch ein „Bild von Inseln, die sich durch die Schenkungen der Mitglieder gebildet hatten und das eine Mal ausgesprochen wertvolles und das andere Mal völlig belangloses Schrifttum umfaßten“.96 Wenig lässt sich beim derzeitigen Forschungsstand über das Profil anderer Gesellschaftsbibliotheken sagen. Ob der Eintrag im Geschenkbuch der Universitätsbibliothek Greifswald, wonach die Bücher „Zur deutschen Literatur, Kritik und den schönen Wissenschaften gehörig“97 seien, auf einer Autopsie beruhte oder schlicht aus dem Programm der Sozietät abgeleitet war, bleibt offen. Ähnlich schwierig gestaltet sich aufgrund der Kriegsverluste und späteren nur fragmentarischen Nachweise98 eine Aussage über die Königsberger Bibliothek.99
|| 95 Vgl. ebd., S. 121. 96 Ebd., S. 125. 97 Eintrag von Johann Carl Dähnert im Geschenkbuch der UB Greifswald, zit. nach: Perlbach: Versuch einer Geschichte der Universitäts-Bibliothek zu Greifswald, S. 52. 98 Vgl. zu vorhandenen Restbeständen Maria Strutyńska: Alte Drucke Königsberger Provenienz in den Beständen der Universitätsbibliothek Toruń. In: Axel E. Walther (Hg.): Königsberger Buch- und Bibliotheksgeschichte. Köln, Weimar u. Wien 2004, S. 547–562; Stefania Sychta:
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Deutlich wird am Beispiel Königsberg allerdings, dass die Buchbestände der Deutschen Gesellschaften durchaus historische Tiefe aufweisen konnten.100 In Mannheim kaufte man eine Augsburger Inkunabel an und ließ diese auf gesellschaftliche Kosten restaurieren.101 Reich an historischen Drucken war natürlich auch die renommierteste Büchersammlung, die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft Leipzig.102 Der Sinn einer solchen Sammeltätigkeit erschöpfte sich längst nicht darin, den gesellschaftlichen Forschungen interessantes Material bereitzustellen. Eine nicht weniger wichtige Funktion war es, den gelehrten Rang der Gesellschaft sichtbar und greifbar zu machen. Besonders ausgeprägt war diese Dimension in Leipzig, wo die Bibliothek Reisenden vorgeführt wurde, wie etwa dem Schweizer Gabriel Hürner.103 Die Prestigeträchtigkeit dieser Büchersammlung strich man auch dem Landesherrn gegenüber heraus, als man sich um dessen Förderung bemühte, weil „Dero geliebten Universität Leipzig unter andern Vorzügen auch hierdurch ein gantz besonderer Ruhm zu wächst, daß in ihr, als dem Hauptsitze der zierlichen Muttersprache, ein solcher Schatz aufbehalten wird“.104 Eine Unterstützung der Bibliothek durch Friedrich August
|| Die Bestände Königsberger Provenienz in der Danziger Bibliothek der Polnischen Akademie der Wissenschaften. In: Ebd., S. 565. 99 Das Verzeichnis der Bücher der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Königsberg (Königsberg 1830) führt die Bücher systematisch und alphabetisch auf, erlaubt es angesichts der zahlreichen Brüche in der Gesellschaftsgeschichte jedoch nicht, einen älteren Zustand zu rekonstruieren. 100 In der UB Toruń sind aus deren ehemaligen Beständen zwei Inkunabeln und neun Drucke des 16. Jahrhunderts überliefert. – Vgl. Strutyńska: Struktura proweniencyjna zbioru starych druków Biblioteki Uniweryteckiej w Toruniu, S. 17. 101 Vgl. Protokolleintrag vom 13. März 1784, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 2, f. 62: „Herr Lamey legte der Gesellschaft eine gedruckte Bibel von dem Jahre 1487 zu Augsburg vor; er brachte solche als ein Werk, welches Rücksicht verdiene, und als eine Urkund und Monument der Sprache in die Büchersammlung der Gesellschaft aufgenommen zu werden; es enthalte viele veraltete, auch ganz vergessene Wörter und Ausdrücke. Die Gesellschaft erkannte dieses Werkes Verdienste und nahm solches für II Gulden in ihre Sammlung auf. Herrn von Stengel dem jüngern ward aufgetragen, den sehr verdorbenen Einband derselben ausbessern zu lassen, und dann solches den gesellschaftlichen Werken beizustellen.“ Dabei handelt es sich um die Biblia, deutsch. Augsburg: Johann Schönsperger, St. Urban (25. Mai) 1487, 2o. Sie ist beschrieben bei Georg Wolfgang Panzer: Annalen der ältern deutschen Litteratur oder Anzeige und Beschreibung derjenigen Bücher welche von Erfindung der Buchdruckerkunst bis MDXX in deutscher Sprache gedruckt worden sind. Bd. 1. Nürnberg 1788, S. 165. 102 Vgl. Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“, S. 81f. 103 Vgl. Tagebuchaufzeichnung von Gabriel Hürner vom 1. Mai 1738. In: Otto: Gesprächsprotokolle, S. 102. 104 Johann Christoph Gottsched und weitere Mitglieder der Deutschen Gesellschaft an König Friedrich August II., den 28. Dezember 1736. In: GBW 4, S. 241.
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blieb freilich aus, als Kompensation regte Gottscheds Korrespondenzpartner Bernhard Walther Marperger an, für sie um einen Platz „in denen aedificiis academicis“105 zu bitten. Auch dieser Vorschlag kam nicht zur Reife, die Bücher verblieben in Verwahrung bei ihrem Senior Gottsched bis zu dessen Ausscheiden.106 Wirklich repräsentative Aufbewahrungsorte, wie es die Mitbenutzung eines Zimmers im Königsberger Schloss war, blieben die Ausnahme. Überdies hatte diese Regelung den Nachteil, dass der Ort als Verhörzimmer Dritten offenstand und es zu Diebstählen gekommen zu sein scheint.107 In Jena forderte Carl Gotthelf Müller angesichts ähnlicher Probleme einen Aufseher: „So lange aber ihr Ort Perückenmachern, Jungen, Magden und allen offen stehet, ist dieses [eine sichere Aufbewahrung] nicht möglich.“108 Häufig sollten darüber hinaus eigene Exlibris das Eigentum der Gesellschaft an den Büchern sicherstellen.109 Die Regel war denn auch wie in Leipzig die Aufbewahrung in den Räumlichkeiten gesellschaftlicher Amtsträger; so war die Bibliothek in Göttingen beim Sekretär110 oder in Greifswald beim Aufseher untergebracht.111 In Jena wurden die Bücher zusammen mit anderen Gerätschaften der Gesellschaft im Auditorium des Aufsehers Gottlieb Stolle verwahrt.112 In Altdorf war die Bibliothek in universitären Räumlichkeiten eingemietet,113 angesichts der Mietkosten aber ventilierte ihr Leiter Will die Möglichkeit, die Bücher gegen eine geringere Miete in sei-
|| 105 Bernhard Walther Marperger an Johann Christoph Gottsched, den 3. Januar 1737. In: Ebd., S. 248. 106 Vgl. Johann Christoph Gottsched an die Deutsche Gesellschaft Leipzig, den 25. Juni 1738. In: GBW 5, S. 178. 107 Vgl. Anonym: Über die deutsche Gesellschaft in Königsberg. In: Morgenblatt für gebildete Stände. Bd. 3 (1809) Nro. 9, S. 34f. 108 Zirkular Carl Gotthelf Müllers vom 28. August 1759, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 252. 109 Vgl. für Leipzig bspw. die entsprechend gekennzeichneten Handschriften bei Fuchs: Katalog der Handschriften der Universitäts-Bibliothek Leipzig. In Königsberg waren Exlibris sogar durch die Statuten vorgeschrieben. – Vgl. Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 4, § VIII, sowie die Abbildung einiger dieser Exlibris bei Strutyńska: Alte Drucke Königsberger Provenienz, S. 565. Für Göttingen bemerkte Kästner anlässlich der depositarischen Übergabe an die UB, dass in fast allen Büchern Eigentumsvermerke der Gesellschaft angebracht seien. – Vgl. das Zirkular Kästners vom Juli 1791, SUB Göttingen, Cod. Ms. Bibl.-Arch. A, 33 c 8, f. 2. 110 Protokolleintrag vom 22. Januar 1745, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 176. 111 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 18, § 15. 112 Nach dessen Tod wurden gegen Bezahlung die Schänke aus seinem Auditorium geschafft. – Vgl. die Rechnung in: ThULB, Ms. Prov. f. 132 (3), f. 8. 113 Vgl. die jährlichen Einträge ab 1760, UB Erlangen, B 179, f. 6f.
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ner neuen Kollegienwohnung unterzubringen.114 Mobiliar für die Aufbewahrung schafften die Gesellschaften auf eigene Kosten an.115 Wenig ist über die Nutzung dieser Bibliotheken bekannt. In vielen Satzungen war sie ausdrücklich vorgesehen und durch Leihfristen und Nachweisführung geregelt. In Greifswald sollten Neumitglieder ein handschriftliches Bücherverzeichnis erhalten, um über die bestehenden Möglichkeiten im Bilde zu sein.116 In vielen Fällen waren Leihscheine vorgesehen,117 nicht überall konnten so ‚Dauerentleihungen‘ verhindert werden.118 Für die Gesellschaftsmitglieder bedeuteten die katalogisierten und nach Hause entleihbaren Bibliotheksbestände eine von den Universitätsbibliotheken kaum angebotene Möglichkeit der Literaturversorgung. Eine werbende Wirkung auf potenzielle Mitglieder ist nicht nachweisbar, kann aber angenommen werden. Aussagen über die Praxis der Bibliotheksbenutzung erlaubt das Ausleihbuch der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, nach dem etwa ein Drittel der ordentlichen Gesellschaftsmitglieder Bücher entlieh.119 Lektüren in den Räumen || 114 Vgl. den Eintrag von Georg Andreas Will im Kassenbuch der Deutschen Gesellschaft Altdorf für das Jahr 1768, ebd., f. 11. 115 Die Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich kaufte einen „Kasten zu ihren Bücheren“. – Protokolleintrag vom 12. März 1744, ZB Zürich, Ms T 413.5. In Altdorf wurden Schreinerleistungen mehrmals in Anspruch genommen. – Vgl. den Eintrag im Kassenbuch der Deutschen Gesellschaft Altdorf für das Jahr 1756, UB Erlangen, B 179, f. 2. 1762 schaffte man ein „Repositorium für die Bibliothek“ an. – Eintrag für das Jahr 1762/63, ebd., f. 7v. 1768 wurden erneut Schreinerleistungen für ein Repositorium in Anspruch genommen. – Vgl. den Eintrag für das Jahr 1768, ebd., f. 11. 1761 schaffte die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt ein neues Bücherregal an. – Vgl. den Eintrag in einem Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, 1761, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 143. Für Königsberg vgl. den Brief von Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched vom 21. Dezember 1745: „Unsre Bibliothek ist in ordentlichen Schränken aufgestellet.“ – GBW 11, S. 129f. Die Teutsche Gesellschaft in Jena beschloss 1730, „einen Schrank machen zu lassen, worinnen die Sachen der Gesellschaft verwahret werden könnten“. – Protokolleintrag vom 18. Juli 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 11v. Vgl. auch die Rechnung für den Schrank vom 31. Juli 1730, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (3), f. 72. Dessen Fächer dienten offenbar auch als Grundlage der inneren Ordnung; in der Überlieferung der Teutschen Gesellschaft Jena hat sich ein Katalog der Bibliothek erhalten, der nach Regalfächern gegliedert ist. – Vgl. ThULB, Ms. Prov. f. 132 (2). 116 Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 18f., § 15. 117 Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 14, o.S.; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 24, § 20. Leihscheine sind für die Teutsche Gesellschaft Jena überliefert. – Vgl. ThULB Ms. Prov. f. 132 (2), f. 18–20. 118 Vgl. die Notiz Wedekinds, dass einzelne Bücher nicht zurückgegeben wurden, im Ausleihbuch der Bibliothek der Deutschen Gesellschaft, ca. 1748/49, SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 1a. 119 Vgl. Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 126.
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der Bibliothek sowie deren Konsultation in den Sitzungen dürften hinzuzurechnen sein. Die Büchersammlung wurde also nicht von allen, aber von vielen Mitgliedern als Arbeitsinstrument genutzt. Nicht zu unterschätzen ist, dass die Bibliotheken schon durch ihr bloßes Vorhandensein ein Moment der Kontinuität in der Gesellschaft darstellten, das eine beständige Pflege und Weiterentwicklung erforderte: Man verhoffte nicht ohne Ursache, daß ihre Dauer desto beständiger, und eine gäntzliche Trennung ihrer Glieder desto weniger zu befürchten seyn würde: wenn sie gleichsam ein solches Palladium vor Augen hätten, dessen Trefflichkeit nicht nur viele Fremde zum Eintritte in die Gesellschaft locken; sondern auch die sämmtlichen Glieder zur Erhaltung einer so löblichen Anstalt reitzen und anfeuern könnte.120
So verkörperten sie in gleicher Weise die Tradition, den Besitz und die Aufgabe der Gesellschaft. Konnten Gesellschaften ohne gemeinsamen Besitz einfach ‚einschlafen‘, so verfügten Gesellschaften mit einer nennenswerten eigenen Bibliothek selbst in ihrer Agonie noch über etwas Gemeinsames, über das man sich abstimmen musste. Über diese Rolle als stabilisierendes Moment belehrte Johann Friedrich May den Schweizer Gabriel Hürner bei seinem Besuch in Leipzig: „Wenn sie nicht die Bibliothec hätten so wurden sie gewiß auseinander gehen aber so will niemand dem andern die bücher laßen.“121 Als physisch greifbare Verkörperung der Gesellschaft war sie der einzige Gegenstand, für den im Fall des Endes der Gesellschaft Regelungen getroffen und häufig auch umgesetzt wurden. In Königsberg ergänzte, vermutlich auf Betreiben des Amateurarchäologen Jakob Ludwig Pisanski,122 eine „Naturalien- und Alterthumersammlung […], die sich hauptsächlich auf Preußens Naturproducte und hier gefundene Seltenheiten, auch ausgegrabene Münzen, alte preußische Ringe und ehedem gebrauchte Streichinstrumente und dergl. zu verbreiten sucht“,123 die Gesellschaftsbiblio-
|| 120 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 5. 121 Tagebuchaufzeichnung von Gabriel Hürner vom 7. Mai 1738. In: Otto: Gesprächsprotokolle, S. 116. Über die Rolle Mays sorgte sich Abraham Gotthelf Kästner in einem Brief an den Nachfolger Christian Gottlieb Ludwig: „Ist denn mit dem Senior der Deutschen Gesellschaft auch die Bibliothek und das Capital das Herr Stübner vermacht hatte gestorben? Ich sehe doch nicht warum dieses Hr. Mays Erben zufallen soll […].“ – Abraham Gotthelf Kästner an Christian Gottlieb Ludwig, den 30. Mai 1762, UB Leipzig, Ms 01308/90. 122 Vgl. zu seiner Tätigkeit Wojciech Nowakowski: „Die Entdeckung der Grab-Huegel gereichte einem Lande […] zur besondern Ehre“. Die Archäologie in der Königsberger Literatur des 18. Jahrhunderts. In: Walther (Hg.): Königsberger Buch- und Bibliotheksgeschichte, S. 626f. 123 Vgl. Intelligenzblatt der Allgemeinen Literatur-Zeitung. Nr. 61 (22. Juni 1793), Sp. 483.
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thek. Anreicherung erfuhr sie vor allem durch Schenkungen,124 thematisch nahm sie damit die langfristige Umprofilierung dieser Sozietät zu einem Altertumsverein voraus.125 Erlaubten Bibliotheken und Sammlungen den Zugriff auf fremdes Wissen und Handeln, so waren die Deutschen Gesellschaften nicht weniger darauf angewiesen, ihre eigenen Texte und Taten stets griffbereit in einem Archiv oder einer Registratur126 versammelt zu haben. Als gesellschaftliches Gedächtnis versah es vielfältige Aufgaben und war in vielen Satzungen ausdrücklich vorgesehen. Die „Schriften der Gesellschaft in der richtigen Ordnung zu halten“,127 war in der Regel den Senioren128 und den Sekretären129 zugewiesen. Eine wesentlich geringere Rolle als bei den Bibliotheken spielten hier Schauwert und Prestige; nur in Einzelfällen wurden wichtige Manuskripte wie die Gesetze der Wachsenden Deutschen Gesellschaft in Zürich130 oder die Matrikel der Teutschen Gesellschaft in Jena131 als Prachthandschrift gefertigt. Für die alltägliche Arbeit gewährleistete eine Registratur einen Überblick über die finanziellen Verhältnisse, über das vorhandene Inventar,132 über
|| 124 So schenkte August Adolf Leopold Graf von Lehndorff 1791 der Gesellschaft Wappen und Siegelsammlungen, Kupferstiche, Münzen etc, 1793 sogar eine bei Ausgrabungen gefundene Streitaxt. – Vgl. Johannes Sembritzki: Die ostpreußische Dichtung 1770–1800. In: Altpreußische Monatsschrift 45 (1908), S. 369. Das Ehrenmitglied Johann Melchior Pancritius schenkte der Deutschen Gesellschaft um 1793 eine in Insterburg gefundene römische Kupfermünze, eine Pfeilspitze und das Stück einer Totenkrone. – Vgl. Abraham Ernst Hennig: Topographischhistorische Beschreibung der Stadt Insterburg. Königsberg 1794, S. 40. 125 Vgl. Kap. 7.2 Beerben. 126 Die Begriffe changieren in den Texten. So wird in Helmstedt im handschriftlichen Entwurf der Satzungen „Archiv“ durchgestrichen und durch „Registratur“ ersetzt. – Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 17. 127 Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 14, § 6. 128 Vgl. bspw. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 42, § VII. In Leipzig verwahrte Gottsched das Archiv und gab nach seinem Austritt „den verschlossenen Pult mit den geschriebenen Sachen so ich gesammlet habe“ an die Gesellschaft zurück. – Johann Christoph Gottsched an die Deutsche Gesellschaft Leipzig, den 25. Juni 1738. In: GBW 5, S. 178. 129 Johann Ludwig Anton Rust, der als Urkundenhalter der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft fungierte, war zugleich Archivar des Fürstentums Anhalt-Bernburg. – Vgl. die Aufzählung der Funktionen des Urkundenhalters in: Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 18, § 12. In Hamburg verwahrte der Protokollführer Michael Richey das gesellschaftliche Archiv. – Vgl. Protokolleintrag vom 12. Januar 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 2. 130 Vgl. ZB Zürich, Ms T 413.6. 131 ThULB Ms. Prov. f. 130. Die Matrikel ist abgebildet bei Marwinski: Fabricius, Titelseite. 132 In der Göttinger Gesellschaft hat sich ein „Verzeichnis aller der K.D. Gesellschaft zugehörigen Sachen“ erhalten, das v.a. die Archivalien und Bücher summarisch auflistet, daneben
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Außenstände und eigene Schulden. Die tatsächliche Reihenfolge der Vorlesungen der einzelnen Mitglieder konnte man so ebenso sicher nachvollziehen wie deren Eintrittsdatum.133 Langfristig konnten die Manuskripte der verlesenen Werke im Archiv aufbewahrt und für spätere Sammelbände noch lange nach dem Ausscheiden der Mitglieder verwendet werden. Indem Verfehlungen einzelner Mitglieder dort protokolliert wurden, erwies es sich auch als disziplinarisches Instrument. In lange existierenden Gesellschaften diente es bei Jubiläen und Rückblicken überdies als Quellenmaterial.134 Dieser mehrfachen Relevanz eines funktionierenden Archivs waren sich die Gesellschaften nicht nur dann bewusst, wenn sie ihre Satzungen niederlegten. Zahlreiche gesellschaftliche Archive sind, teilweise sogar nahezu vollständig, überliefert worden. In Bernburg unter der Leitung von Johann Ludwig Anton Rust, der zudem selbst Archivar war,135 oder in Altdorf unter Georg Andreas Will wurde eine geschlossene Überlieferung noch dadurch begünstigt, dass das Schriftgut über die gesamte Gesellschaftsdauer in einer Hand blieb. Für die über einen längeren Zeitraum existierenden Gesellschaften in Göttingen, Jena, Bremen oder Helmstedt sind die Überlieferungen weniger geschlossen, reichen aber trotzdem bis zu den Anfängen zurück. Langfristig wichtige Unterlagen wie Protokolle und Mitgliederlisten sind dort in der Regel erhalten geblieben, häufig gilt dies auch für ephemere Dokumente wie Umläufe und Rechnungen.136 Dass derart viel Material erhalten geblieben ist, hängt natürlich auch damit zusammen, dass in den gelehrten Kontexten für nachgelassene Papiere häufig Interessenten und verwahrende Institutionen parat standen, die Manuskripten und Korrespondenzen einen hohen Wert beizumessen bereit waren. Dazu allerdings wäre es nicht gekommen, wenn die Deutschen Gesellschaften mit ihren Unterlagen leichtfertiger umgegangen wären. Dagegen sprachen jedoch nicht nur die oben angeführten Gründe, sondern auch ein anderer Aspekt ihrer Tätigkeit, auf
|| aber auch das Siegel und die Kästen. – Protokolleintrag, um 1745, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 172–174. 133 In Helmstedt war es ausdrücklich vorgesehen, während der Versammlungen auf das Archiv zugreifen zu können. – Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, § 17. 134 So griff Friedrich August Wiedeburg für seine Gedenkrede auf Johann Christoph Stockhausen auf das Archiv der Gesellschaft zurück. – Vgl. Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 16. 135 Vgl. zu Rusts Tätigkeit als Archivar in Bernburg Jan Brademann: Von den Schwierigkeiten mit der Ordnung. Archive und Archivare ‚Kleiner‘ Fürsten im späten 18. Jahrhundert. In: Jahrbuch für die Geschichte Mittel- und Ostdeutschlands 66 (2020), S. 41–100. 136 Vgl. zur Überlieferungslage die Angaben im Anhang.
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den zwei Beispiele Licht werfen. In Zürich legte die Wachsende Deutsche Gesellschaft äußersten Wert auf ihre Registratur; selbst die Beantwortungen der in der Gesellschaft vorgebrachten Kritiken sollte von einem Schreiber kopiert und jahrgangsweise gebunden werden.137 Angesichts der in die Höhe gehenden Schreiberkosten waren die Mitglieder gezwungen, diese Schreibarbeiten selbst oder auf eigene Kosten zu bestreiten138 – Verzicht auf diese aufwändige Nachweisführung wollte man hingegen nicht leisten. Drohte das Archiv oder Teile davon verloren zu gehen, unternahm die Gesellschaft selbst auf höherer Ebene Anstrengungen, um dies zu verhindern, wie es für die Göttinger Deutsche Gesellschaft belegt ist. Dort übergab der Sekretär Karl Ludwig Harding vor seiner plötzlich veranlassten Abreise den Großteil des Archivs an den Senior Johann Christian Bröstedt.139 Die bei Hardings ehemaligem Gastgeber verwahrten Papiere wurden von seinem Nachfolger August Gesenius dort abgeholt. Da sie versiegelt waren, öffnete er die Papiere der Gesellschaft im Beisein mehrerer Mitglieder.140 Als Bröstedt seinerseits die Universität verließ, hinterließ er bei seinem Vermieter Harresen die Vorarbeiten zum ersten Sammelband der Gesellschaft. Harresen wollte die Papiere solange nicht aus seiner Wohnung herausgeben, bevor nicht der Prorektor selbst dies anordnen würde.141 Nach längeren Korrespondenzen mit Bröstedt und Harresen142 und einer gescheiterten Übernahme in Harresens Haus konnte per Erlass des Prorektors143 eine erneute Abholung angesetzt werden, bei der jedoch nur Fragmente des gesellschaftlichen Archivs gefunden wurden.144 Zu einer Konsolidierung des Archivs scheinen diese Vorgänge nicht geführt zu haben, der spätere Sekretär Isaac von Colom Duclos sah sich acht Jahre später genötigt, die durcheinander gekommenen Unterlagen erst wieder in Ordnung zu bringen.145 Die Göttinger und Züricher Beispiele, in denen die Praktiken und Probleme der gesellschaftlichen Schriftgutverwaltung am deutlichsten fassbar werden, lassen ein gemeinsames Charakteristikum erken-
|| 137 Protokolleintrag vom 19. Dezember 1743, ZB Zürich, Ms T 413.5. 138 Vgl. Protokolleintrag vom 19. März 1744, ebd. 139 Protokolleintrag vom 8. Oktober 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 94. 140 Vgl. Protokolleintrag vom 21. November 1739, ebd., f. 97. 141 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Januar 1740, ebd., f. 99. 142 Vgl. die Korrespondenzen in: SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 1c, f. 41–72. 143 Vgl. den Abdruck des Erlasses bei Otto: Göttingen, S. 71. 144 Vgl. zur letzten Abholung Protokolleintrag vom 14. Mai 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 113. 145 Vgl. Isaac von Colom Duclos an Albrecht von Haller, um 1748, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller 105.10: „je trouvai les Archives de cette societé dans un très grand désordre, en partie chez feu l’ancien de la societé en partie chez le Secretaire.“
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nen. Sich um die eigenen Dokumente zu kümmern, zielte in erster Linie auf die Manuskripte der Mitglieder als gelehrte Essenz ihrer Tätigkeit. Als Reservoir für eventuelle spätere Publikationen sollten die Texte und die Diskussionen um ihre Verbesserungen langfristig greifbar und für spätere Mitglieder nachvollziehbar sein. Tatsächlich sind diese in den gesellschaftlichen Archiven in großer Zahl vorhanden. Vielerorts wurden Verzeichnisse dieser Werke angelegt, ihre Auflistung beanspruchte in den erhaltenen Protokollen regelmäßig breitesten Raum, die Grenzen zu den Gesellschaftsbibliotheken mit den gedruckten eigenen Publikationen verschwammen zusehends. Zu den letzten Lebenszeichen der Deutschen Gesellschaft Helmstedt gehörte eine Bitte um die Aufstockung ihres Literaturetats: „Ich halte dies für einen bedeutenden Mangel, daß auf deutschen Universitäten selten oder gar nicht deutsche Literaturgeschichte gelesen wird, daß Universitätsbibliotheken selten Lessing, Klopstock u. s. w. haben.“146 Die Namen der kanonisierten Schriftsteller mochten sich geändert haben, die Gesellschaft nur noch verschwindend klein gewesen sein – die Bedeutung der Bibliotheken der Deutschen Gesellschaften zeigte sich in ungebrochener Kontinuität. Und auch wenn die Pflege der deutschen Sprache, Literatur und Beredsamkeit in den Hochschulbibliotheken kaum Unterstützung fand, so war für die diese Pflege betreibenden Gelehrten eine Bücherei als Arbeitsinstrument unabdingbar. Konsequent griffen die Deutschen Gesellschaften zur Selbsthilfe und richteten eigene Bibliotheken ein, auf deren Bestückung und Unterhaltung erhebliche Anteile an den ohnehin knappen Etats und an Arbeitszeit verwendet wurden. Das gesellschaftliche Programm einer erneuerten Gelehrsamkeit ließ sie am gelehrten Büchersammeln selbstverständlich teilhaben und ihre Bestände den Mitgliedern zur Benutzung öffnen. Die Deutschen Gesellschaften in Leipzig,147 Greifswald,148 Göttingen,149
|| 146 Gottfried Gabriel Bredow an Johannes von Müller, den 18. November 1808. In: Briefe an Johann von Müller. Bd. 3, S. 175f. 147 In Leipzig wurde eine solche Lösung schon zur Zeit ihres Niedergangs angestrebt. – F. C. Weißens Selbstbiographie, S. 152. 148 In Greifswald ging die gesellschaftliche Bibliothek auf Initiative ihres Sekretärs Dähnert in die Bestände der UB über, die sich im Gegenzug dazu verpflichtete, diese separat zu katalogisieren und die Mitglieder bei der Benutzung zu unterstützen. – Vgl. UA Greifswald, R 1483, f. 10–15. Die Überführung geschah am 28. Januar 1752. – Vgl. Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 66. 149 1791 schlug Abraham Gotthelf Kästner in einem Rundschreiben an die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft Göttingen vor, diese depositarisch an die UB zu übergeben. – Vgl. Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 99, Anm. 26. Der Sekretär Johann Carl von Volborth bot an, sie in seinen Haushalt zu übernehmen und die seit 1772 nicht
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Bremen,150 Altdorf151 und Jena152 vermachten ihre Buchbestände und Archive den örtlichen Hochschulbibliotheken und sicherten sich so ein Weiterleben in der Gelehrtenrepublik.153 Der Aufbau und die Pflege der gesellschaftlichen Bibliotheken und Archive dienten primär der Literaturversorgung der Mitglieder für ihre gelehrtdichterischen Fingerübungen und der Organisation des Gesellschaftsbetriebs, waren aber auch eingebunden in das Räderwerk gelehrter Ehrgewinnung, insofern sie ihren Unterstützern durch ostentative Bücherschenkungen Bühnen für eine Selbstinszenierung als Mäzene boten. Indem die Deutschen Gesellschaften mit der Bibliothek ihren gelehrten Rang dem Lesepublikum und Besuchern gegenüber zur Schau stellten, verorteten sie sich auf der gelehrten Landkarte und stärkten ihren Ruf.154 Ähnliches gilt für die publizistisch herausgestellte Sammlung der Königsberger Deutschen Gesellschaft, mit Abstrichen sogar für die Archive, die wichtige handschriftliche Einzelstücke ästhetisch aufwerteten. So waren sie allesamt Instrumente gelehrten gesellschaftlichen Handelns, die nach innen die alltägliche Arbeit ermöglichten und unterstützten, zugleich aber nach außen als glänzende Werkzeuge die gesellschaftliche Reputation untermauern sollten.
|| mehr genutzte Bibliothek zu aktivieren, pflichtete dem Vorschlag Kästners zugleich bei. – Vgl. das Votum Volborths vom Juli 1791, SUB Göttingen, Cod. Ms. Bibl.-Arch. A, 33 c 8, f. 5. 150 Dass die Bibliothek der Bremischen Deutschen Gesellschaft der Ratsbibliothek zu übergeben sei, wurde in dem letzten erhaltenen Umlauf unter den verbliebenen Mitgliedern abgestimmt. – Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 43f. Hans Wegener: Bremer Bibliotheken der Aufklärungszeit. In: Jahrbuch der Bremischen Wissenschaft 1 (1955), S. 396, konstatiert einen Aufwuchs der gesellschaftlichen Bibliothek bis mindestens 1834 und schließt daraus eine inoffizielle weiterbestehende Gesellschaft. Der Zuwachs kann jedoch auch auf Zuordnung durch Dritte zurückgeführt werden. 151 Für die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft Altdorf war ein Übergang in diejenige der Philosophischen Fakultät festgelegt worden. – Vgl. Werner u. Schmidt-Herrling: Bibliotheken der Universität Altdorf, S. 85. 152 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 36f., § XXII. 153 Die Bibliothek der im 19. Jahrhundert als gelehrter Honoratiorenverein bestehenden Deutschen Gesellschaft in Königsberg wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt in die dortige Stadtbibliothek überführt. – Vgl. Axel E. Walter: Das Schicksal der Königsberger Archive und Bibliotheken – eine Zwischenbilanz. In: Ders. (Hg.): Königsberger Buch- und Bibliotheksgeschichte, S. 8. 154 Ähnliches beobachtet für die Bibliothek des pommerschen Adligen Friedrich Wilhelm von Osten Vanessa de Senarclens: Spinoza in Hinterpommern: Ein wiederaufgetauchter Bibliothekskatalog von 1756 in kulturwissenschaftlicher Perspektive. In: Das achtzehnte Jahrhundert 44 (2020), S. 63f.
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4.2 Texten 4.2.1 Sitzungen Die im Kontext der Deutschen Gesellschaften entstandenen Texte werden heute in geschriebener Form rezipiert. Das ist keineswegs völlig unangemessen, denn niedergeschrieben wurden sie in der Tat sowohl zum Zwecke der innergesellschaftlichen Kritik als auch im Hinblick auf eine Publikation. In die Welt traten die Texte jedoch zuerst als gesprochenes Wort, als gesprochener Vortrag im Rahmen der Versammlungen, und auch die erste Kritik dieser Werke vollzog sich mündlich. Deswegen zu behaupten, sie hätten „in erster Linie“ die „gesprochene Sprache gepflegt“,155 ist jedoch fragwürdig. Vielmehr ist zu ermitteln – und dies soll im Folgenden geschehen –, wo genau die Praktiken der Deutschen Gesellschaften zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit angesiedelt waren. Beide sind nie in Reinkultur anzutreffen, sondern immer nur in unterschiedlichen Graden der wechselseitigen Beeinflussung.156 Ausgangspunkt sollen die Sitzungen der Deutschen Gesellschaften sein. Diese fanden zumeist wöchentlich an einem festgelegten Tag zu einer festgelegten Uhrzeit statt.157 Die Veranstaltungsdauer war auf eine, manchmal zwei158 Stunden angesetzt, in Bremen dauerten die Versammlungen zwei bis drei Stunden.159 An den Hochschulen wurde darauf geachtet, dass sich die Sitzungen nicht mit anderen Lehrveranstaltungen überschnitten.160
|| 155 Vgl. Irmgard Weithase: Zur Geschichte der gesprochenen deutschen Sprache. Tübingen 1961, S. 310f. 156 Vgl. Hellmut Geißner: Art. Mündlichkeit. In: HWRh 5 (2001), Sp. 1502. 157 Vgl. für Greifswald Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 47. 158 In Wittenberg wurden die Sitzungen mittwochs „von 2–4 Uhr gehalten“. – Vgl. die Ankündigungen in: Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes, z.B. Bd. 6, Stück 19 vom 14. Mai 1773, S. 155, Stück 44 vom 5. November, S. 358, belegt für 1772–1782. 159 Vgl. Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen, S. 45. 160 Vgl. bspw.: „Erstlich kommen wir wöchentlich Sonnabends von 3. bis 4. Uhr zusammen. Wir wehlen diese Zeit als eine solche, zu der andre in den übrigen Wochentagen gewöhnliche Vorlesungen auf unserer Universität ausfallen.“ – Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 77. Samstagnachmittage wurden auch in Jena, Göttingen und Rinteln angesetzt. –Wiedeburg: Ausführliche Nachricht, S. 73: „jeden Sonnabend […] nachmittags von zwey bis drey Uhr zusammen“; Protokolleintrag vom 25. Oktober 1738, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 73; Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes, S. 16.
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Anhand der Protokolle und weiterer Einzelbeschreibungen lässt sich ein hinreichend scharfes Bild der Sitzungsverläufe konturieren, das sich in vielerlei Hinsicht an das anderer gelehrter Gesellschaften anlehnte.161 Kern der Versammlung war der mündliche Vortrag eines Gedichts oder einer Rede durch ein Mitglied. Es scheint die Regel gewesen zu sein, dass die Mitglieder wie an der Hochschule von einem Katheder aus vortrugen und die Mitglieder auf Bänken saßen. In der Regel dürften sie die vorhandene Ausstattung der Vorlesungsräume mitgenutzt haben, gelegentlich haben sie selbst Mobiliar anfertigen lassen.162 Grundsätzlich waren alle Mitglieder zum Vortrag verpflichtet, die Reihenfolge richtete sich dabei nach dem Alphabet, der Eintrittsreihenfolge oder der aus dieser abgeleiteten Sitzordnung.163 Auf die ‚richtige‘ Reihenfolge legte man nicht nur in den Satzungen großen Wert, sondern stärkte sie auch, indem man wie in Hamburg „zur Beibehaltung einer richtigen Ordnung […] eine silberne oder kupferne Medaille herum gehen“164 ließ. Die Praxis des Vorlesens nach Eintrittsdatum legt nahe, dass jedes Mitglied regelmäßig an die Reihe kam und nur die unterschiedliche Aufenthaltsdauer in der Gesellschaft sowie Schwankungen der Gesellschaftsgröße einer ausgeglichenen Verteilung der Texte unter der Mitgliederschaft entgegenstanden. Nimmt man jedoch die namentlich überlieferten Texte unter der Fragestellung zur Hand, wie viele Mitglieder wie viele Arbeiten vorlegten, ergibt sich ein gänzlich anderes Gesamtbild:
|| 161 Wie fließend die Grenzen hier waren, zeigt das Beispiel mancher Freimaurerlogen, die ihrerseits von ihren Mitgliedern Vorträge erwarteten und diesem Aspekt ihrer gesellschaftlichen Tätigkeit einen hohen Rang einräumten. – Vgl. dazu Markus Meumann: Logenreden und Übungslogen. Zur Praxis des Sprechens und Schreibens über vorgegebene Themen in der Freimaurerei des 18. Jahrhunderts. In: Ders. u. Olaf Simons (Hg.): Aufsatzpraktiken im 18. Jahrhundert. Hamburg 2017, S. 239–274. Gleiches gilt für eine Gothaer „Privatgesellschaft“, die als eine der Keimzellen des dortigen Zweiges des Illuminatenordens gelten kann. – Vgl. ders.: Die Gothaer Illuminaten als fortgeführte „gemeinnützige Privatgesellschaft“? Die Aufsatzpraxis der Gothaer Sozietät von 1778 und die Minervalkirche von 1783–1787. In: Ebd., S. 343–360. 162 Um 1750 wurde ein Katheder in Göttingen für die Vorträge angeschafft. – Vgl. Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 33. Im gleichen Jahr ließ sich die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt von einem Tischler Bänke fertigen. – Vgl. den Rechnungseintrag vom 24. Februar 1750, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 410. 163 Vgl. bspw. für Erlangen die Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 8. 164 Protokolleintrag vom 28. September 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 32.
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Über ein Drittel der Mitglieder hat demnach nur einen einzigen überlieferten Text aufzuweisen, fast drei Viertel können auf vier oder weniger Texte verweisen. Dagegen ließe sich nun vorbringen, es seien Überlieferungslücken dadurch entstanden, dass in den Gesellschaften ‚wertvolle‘ Arbeiten vermeintlich talentierterer Mitglieder ausgesiebt wurden; eine derart verzerrte Überlieferungslage erlaube es nicht, eine realistische Sicht auf den Grad der Ausgeglichenheit zu gewinnen. Eine Selektion gesellschaftlicher Arbeiten ist in der Tat schon dadurch gegeben, dass die Werke schlechter dokumentierter Gesellschaften meist nur im Druck bekannt sind, bei dessen Vorbereitung von gezielter Selektion auszugehen ist. Orientiert man sich dagegen an überschaubaren und reich überlieferten Einzelgesellschaften, schärft sich das Bild. In der Universitätsbibliothek Erlangen sind die handschriftlichen Arbeiten der Altdorfer Mitglieder in großer Dichte, möglicherweise sogar vollständig vorhanden165 und ermöglichen eine genauere Darstellung. Fächert man es nach der Anzahl der überlieferten Arbeiten auf, zeigt sich ein ausgeprägtes Ungleichgewicht, das sich auch durch mögliche Überlieferungslücken kaum ändern dürfte: || 165 Insgesamt sind von dieser Gesellschaft 409 Titel bekannt, unter denen 70 anonyme Titel für eine Analyse ausscheiden.
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Der Eindruck aus der Gesamtschau der erhaltenen Werke findet sich in dieser Nahaufnahme bestätigt. Die sieben produktivsten Mitglieder machten knapp die Hälfte aller Werke aus. Dass Georg Andreas Will mit 93 Titeln die weitaus meisten Arbeiten beisteuerte, zeigt, wie sehr er sich nicht nur als Leiter, sondern auch als arbeitendes Mitglied verstand. Ein ähnliches Bild zeichnet die ebenfalls sehr dichte Aufführung der Schriften für die Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg:
Mitglied
Eingereichte Arbeiten
Meister, Christian Georg Ludwig
15
Rust, Johann Ludwig Anton
11
Reupsch, Johann Friedrich Leberecht
10
L’Estocq, Karl Ludwig von
9
Köselitz, Johann Augustin
5
Diese fünf Mitglieder lieferten die Hälfte aller Arbeiten, die die Gesellschaft insgesamt vorlegte. Wie in Altdorf findet sich hier der Stamm der Personen wie-
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der, die das gesellschaftliche Leben auch in anderen Bereichen wie Organisation und Korrespondenz, Mitgliederwerbung und regelmäßige Sitzungsteilnahme am Leben hielten.166 Besonders ausgeprägt war die Ungleichverteilung in Straßburg, wo Jakob Michael Reinhold Lenz in den acht von ihm besuchten Sitzungen insgesamt fünfmal, meist wegen ausgefallener Referenten, vortrug.167 Zu konstatieren ist damit, dass unter den Mitgliedern der Deutschen Gesellschaften ein erhebliches Gefälle hinsichtlich ihrer schriftstellerischen Aktivitäten bestand. Einzelnen Engagierten stand eine größere Zahl an Mitgliedern entgegen, die sich kaum über das zum Verbleib nötige Maß hinaus in die Gesellschaft einbrachten. Als ein Grundproblem solcher Vereinigungen war dies den Sozietäten von Anfang an bewusst, und viele belegten das Ausbleiben vorgesehener Arbeiten mit Strafen.168 Seitens der säumigen Mitglieder finden sich häufig mehr oder weniger floskelhafte Entschuldigungen für ausbleibende Manuskripte,169 Mitglieder, die schon im Berufsleben standen, verweisen auf „tägliche und mühsälige Ampts=Verrichtungen“.170 Wenn die Untätigkeit unter den Mitgliedern ein gewisses Maß überschritt, konnten Saumselige ihren fehlenden Eifer eben damit rechtfertigen.171 Dass die Produktivität der gesamten Gesell-
|| 166 Vgl. Erb: Nahaufnahmen, S. 158f. 167 Vgl. Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 27. 168 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 2, § 3; Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 32, § XIII; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 26, § 22; Grundregeln der Deutschen Gesellschaft in Göttingen von 1738, Zweite Abteilung, § 27. In: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 16. 169 Vgl. Martin Zacharias Baron Wanckel von Seeberg an Gottsched, Hermannstadt, den 24. Dezember 1732: „Ich habe schon eine fast lange Zeit weder unserer werthen Gesellschaft etwas eingeschickt, [...] wird mich nicht unsere gelahrte deutsche Gesellschaft vor faul und für ein undüchtiges Mit-Glied [halten]“. – Zit. nach: Jakab Bleyer: Gottsched hazankban, irodalomtörteneti tanulmany irta. Budapest 1909, S. 114. 170 Richey: Idioticon Hamburgense, S. XIII. 171 „[…] unangenehm ist es mir auch zugleich, und wird es vielleicht mehreren Mitgliederns seyn, den Vorwurf einer unrühmlichen Nachlässigkeit zu haben. Es ist wahr, ich habe seit meiner Antrittsrede nichts weiter abgelesen; allein, verdiene ich deshalb sogleich diesen Vorwurf, und wird mir nicht der Herr Sekretär selbst das Zeugniß geben können, wie oft ich diese Schlafsucht der Gesellschaft bedauret, und mit Mißvergnügen die Unwürcksamkeit derselben gesehen habe? So lange ich nunmehr die Ehre habe ein Mitglied von der Gesellschaft zu seyn, hat mich die Reihe noch nicht wieder getroffen etwas abzulesen; und Herr Stallmann sagt ja selbst, er habe sich nicht zudrängen wollen, warum verlangt er es dann von andern?“ – Eintrag von Joachim Friedrich Görz in ein Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt, um 1777, HAB Cod. Guelf. 356 Novi, f. 281.
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schaft darunter litt, war häufig Gegenstand interner Diskussionen,172 und einzelne Mitglieder wie Gabriel Hürner in Bern machten selbst gegenüber Außenstehenden daraus keinen Hehl: Unsere Gesellschaft erhält sich mehr durch ihre Einigkeit als durch ihre Arbeit. […] Ich kann Ew. Hochedl. nicht versichern, daß unsere Gesellschaft so geschwinde etwas herausgebe. Es sind abgebrochene Stücke vorhanden. […] Eine Gesellschaft von zwanzig die die deutsche Sprache lieben, sind noch keine Meister: […].173
Gottsched, der diese Zeilen vier Jahre nach seinem Ausscheiden aus der Deutschen Gesellschaft Leipzig empfing, musste so feststellen, dass seine Pläne für eine Art Akademie der deutschen Sprache unter diesen Voraussetzungen zum Scheitern verurteilt waren. Auch auf diesem Feld stießen sich weitreichende Ambitionen an den Realitäten der Übungsgesellschaften. Als solche allerdings konnten die Deutschen Gesellschaften fast 1000 Personen nachweislich zu Autoren machen, und viele von ihnen wurden ein erstes Mal mit dem Verfassen und kritischen Einschätzen von Texten konfrontiert. Gemäß den Bestimmungen in Königsberg sollten Beiträge zwischen einer viertel und einer halben Stunde dauern, was auch für andere Sozietäten realistisch erscheint.174 Daran schlossen sich Kritiken und deren Diskussion an, die später durch die Lektüre und schriftliche Kritik im Umlauf ergänzt wurden.175 Alternativ zu den Ausarbeitungen der Mitglieder, die stets ausfallen konnten, las man in der Gesellschaft die Schriften Dritter,176 häufig Artikel aus aktuellen
|| 172 Vgl. bspw. für Hamburg: „untersuchet man den Fleiß des abgewichenen Jahres, welches durch viele Verhinderungen etwas mehr unterbrochen zu seyn schien, als des ersten.“ – Protokolleintrag vom 13. Januar 1717, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 85. 173 Gabriel Hürner an Johann Christoph Gottsched, den 17. April 1742. In: GBW 8, S. 207. 174 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 104. Die Einschätzung als realistisch fußt auf einer überschlägigen Schätzung der Vorlesedauer gedruckter Beiträge. Nicht überliefert sind Angaben dazu, ob einzelne Mitglieder ‚überzogen‘. Überliefert ist die Selbsteinschätzung einer Rededauer von einer Viertelstunde, die Isaak Iselin für einen Beitrag vor der den Schweizer Deutschen Gesellschaften verbrüderten Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Basel gehalten hat. – Vgl. Rede von dem Einflusse der schönen Wissenschaften in die Glückseligkeit der Menschen, welche den 2. Jänners 1746 bey Eröffnung der Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Basel ist gehalten worden von I. Iselin d.Z. Vorsteher, 1746, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, PA 98, Nr. 16. 175 In Bremen wurde Kritik an auswärtigen Mitgliedern nach dem Umlauf vom Sekretär zusammengefasst und dem Mitglied brieflich mitgeteilt. – Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 74, exemplarisch dazu die Beurteilung des Epos „Gerichte des Herrn“ von Abraham Friedrich Rückersfelder, S. 75–78. Eine ähnliche Praxis ist für die Deutsche Gesellschaft Leipzig belegt. – Vgl. Johann Friedrich May an Georg Ernst von Heynitz, den 14. Februar 1733, LASA, H 60, Nr. 643. 176 Den Verlauf der Sitzungen in der Deutschen Gesellschaft in Bern hat ihr Mitglied Gabriel
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Zeitungen.177 Dies konnte, musste aber nicht als Ersatz für Mitgliederarbeiten dienen; im Sozietätsprojekt Johann Jakob Plitts für Rinteln war ausdrücklich vorgesehen, dass „wir alle Sonnabend Nachmittag um zwei Uhr zusammen kommen wollen, da dann von einem ordentlichen Mitgliede eine Rede gehalten, oder eine andere Ausarbeitung bekannt gemachet, und der freundschaftlichen Beurteilung der übrigen Mitglieder unterworfen wird“.178 Diese Praxis schulte die Mitglieder zwar nicht an ihren eigenen Fehlern, stellte ihnen aber Muster vor die Augen, von denen man sich eine Besserung des eigenen Geschmacks und Schärfung des kritischen Vermögens erwartete. An diesen Übungsteil schlossen sich eher informelle Teile an, in denen Fragen der gesellschaftlichen Organisation, der Mitgliederaufnahme oder disziplinarischer Maßnahmen erörtert und entschieden wurden. Den Abschluss dürfte häufig ein ‚gemütliches Beisammensein‘ gebildet haben; in Jena schaffte man eigens Porzellangeschirr und Löffel dazu an.179 In einer Rechnung finden sich Ausgaben für Tabak, Kaffee, Wein, Branntwein, Bier, Brot, Gänsebraten, Fische und Zucker.180 Zur Stärkung des Freundschaftsgedankens unter den Mitgliedern richtete die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt eigene Versammlungen ein: Da sie ganz von ihren Mitgliedern, von dem Eifer derselben und ihrer Verträglichkeit und Freundschaft untereinander abhing, so erforderte es die Klugheit neben den gelehrten Zusammenkünften zuweilen auch bloße freundschaftliche zu halten und es dabei nicht an denjenigen Vergnügungen fehlen zu lassen, durch welche auch edle Herzen erwärmet und einer vertrautern Freundschaft geöffnet werden.181
|| Hürner geschildert: „Unsere übungen werden wöchentlich einmahl gehalten. Sie sind aber nicht von einer art. Das erstemahl lesen wir fremde schriften, die entweder sistematisch abgefasset sind und zur deutschen sprache gehören, oder einzelne stücke, die von gliedern der deutschen Leipziger gesellschaft verfertiget sind. Das andere mahl sind wir mit ablesung unserer eigenen schriften beschäftiget. Über beide bringt ein jeder seine anmerkungen, die in eine buch gesammelt werden.“ – Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 2b.21. Eine ähnliche Praxis zeigen die Protokolle der Gesellschaften in Hamburg und Mannheim. 177 Für Jena hat Felicitas Marwinski eine Liste der gelesenen Periodika erstellt: Dies.: Lesen und Geselligkeit. Jena 1991, S. 8f. 178 Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes, S. 16. 179 Vgl. die Rechnung des Goldschmidts Johann Heinrich Dill von 1730, ThULB Ms. Prov. f. 132 (3), f. 91. 180 Ebd. Ms. Prov. o 9, Leges membra acta et rationes societatis oratorie praeside M. Iohanne Andrea Fabricio, f. 70. 181 Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 14.
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Noch in diesen Erwähnungen geselliger Vergnügungen sind Freundschaft und Geselligkeit unlösbar mit Nützlichkeitserwägungen verbunden, und auch die Bernburger Deutsche Gesellschaft sah sich gezwungen, Genuss und Nutzen zu vereinen und mit „einem Glase Wein, nebst einem Stück Kuchen, bei einer freundschaftlichen und zu dem Vorhaben derselben dienlichen und nützlichen Unterredung vorlieb zu nehmen“.182 Von den öffentlichen Sitzungen abgesehen, blieben die Mitglieder unter sich, nur partiell eine Ausnahme machte die Deutsche Gesellschaft in Göttingen, die Außenstehenden erlaubte, die Versammlungen zu besuchen, nicht aber den Beurteilungen beizuwohnen.183 Ausnahmen kamen also vor: Als in Altdorf „der berühmte Nürnbergische Künstler, Herr Rösel von Rosenhof die Gesellschaft“ – durchaus satzungskonform184 – aufsuchte, lenkte Georg Andreas Will „eine Unterredung auf die Bahn, von dem Unterschiede der Künste und Wissenschaften, ihrer gegenseitigen Verhältnis und Verbindung mit einander“.185 In der Regel sollten die Besucher an einen Ort zusammengesetzt werden, „überhaupt der Ordnung und Wohlstands wegen, theils auch, damit sich die Fremden nach abgelesenen Ausarbeitungen desto anständiger und bequemer entfernen können“.186 In Bremen wechselten rein interne Sitzungen mit solchen, in denen bereits ‚verbesserte‘ Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit zur Kritik vorgestellt wurden. Diese Praxis bewährte sich offensichtlich nicht; im Folgejahr 1749 schloss man fremde Zuhörer von der Beurteilung aus.187 Der Charakter als Übungsgesellschaft bedeutete eben auch, einen geschützten Raum zu schaffen, in dem die gelehrten Gehversuche nicht- oder nur teilöffentlich vorgeführt und kritisiert wurden. Offener scheinen sich dagegen die gelehrten Zirkel verhalten zu haben. So fanden in Basel die ungarischen Grafen Samuel Teleki und
|| 182 Protokolleintrag vom 28. Oktober 1761, LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 10. 183 Vgl. Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 87. Unklar ist, wieweit die Teilnahmemöglichkeit für Außenstehende in Gießen reichte, deren Sitzungen gemäß den publizierten Satzungen allen Interessenten offenstanden. – Vgl. Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 89f., § 22. 184 Vgl. Gesetze, besondere Einrichtung und Mitglieder der deutschen Gesellschaft in Altdorf, 1756, UB Erlangen, B 178, Besondere Einrichtungen, § 11. 185 Protokolleintrag vom 19. Juli 1758, UB Erlangen, B 177. 186 Protokolleintrag vom 4. Juli 1744, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 164. Ähnliches sehen die Statuten der Deutschen Gesellschaft in Königsberg vor. – Vgl. Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § III. 187 Vgl. Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen, S. 446f. Eine ähnliche Praxis sah die Teutsche Gesellschaft in Erlangen vor. – Vgl. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. I, § 7.
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Elek Kendeffi regelmäßigen Zugang zu deren Sitzungen, Teleki lud nach halbjähriger Teilnahme diese sogar zu einer Sitzung in seine Wohnung ein.188 Für die Vergnügte Deutsche Gesellschaft in Bern war deren Mitglied Uriel Freudenberger darum bemüht, seinem Korrespondenzpartner Johann Jakob Bodmer ein Bild zwangloser Sitzungen zu vermitteln: „Wir selbst, die wir doch ordentlich zusammen kommen, sind in völliger Freyheit, und ein jeder arbeitet nach seinem Gutbefinden.“189 Nach dem zuvor Dargelegten darf dies für die meisten Deutschen Gesellschaften bezweifelt werden. Ort und Zeit der Zusammenkünfte, ihre Inhalte und Abläufe waren teilweise bis in Details geregelt, Abweichungen und Versäumnisse etwa in der Vorlesungsreihenfolge wurden genau beobachtet und mit Strafen versehen. Als Ziel formulierte man in Königsberg, dass man „die angehenden Redner in den Reglen des äußeren Wohlstandes durch Muster und Uebung festsetzet“.190 Für die Mitglieder bedeutete dies einen festen Rahmen, der ihnen einerseits Orientierung und einen geschützten Raum für die ersten rhetorisch-dichterischen Schritte bot, sie aber andererseits in vieler Hinsicht einengte und bevormundete. Dass diese Organisation nicht ohne Rückwirkung auf die Textproduktion sein konnte, liegt nahe. Wenn Gotthold Ephraim Lessing über Gottscheds Theaterreformen urteilt, „er legte seinen Fluch auf das Extemporieren“,191 stellt sich die Frage, ob nicht Ähnliches für die Redepraxis der Deutschen Gesellschaften galt. Gänzlich einheitlich war diese nicht. Über die Antritts- und Abzugsreden in der Deutschen Gesellschaft Leipzig bemerkte Gottsched, dass „alle diese Anreden niemals auswendig gehalten, sondern nur in den Versammlungen abgelesen worden“.192 Zur gleichen Zeit wurden Reden in Jena „aus freiem Gedächtnis gehalten“.193 Verpönt war das Ablesen in Königsberg in einem sehr konkreten Sinn: Die Möglichkeit des Ablesens kostete siebeneinhalb Groschen, und man durfte kostenfrei lediglich dreimal in das Manuskript sehen.194
|| 188 Vgl. das Reisetagebuch von Samuel Teleki in: Otto Spiess: Basel anno 1760. Nach den Tagebüchern der ungarischen Grafen Joseph und Samuel Teleki. Basel 1936, S. 136. 189 Uriel Freudenberger an Johann Jakob Bodmer, den 30. Dezember 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26. 190 Regeln der Deutschen Gesellschaft in Königsberg von 1743, zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 104. 191 Gotthold Ephraim Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend. Siebzehnter Brief vom 16. Februar 1759. In: Ders.: Werke. Bd. 2, S. 623. 192 Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesamlete Reden und Gedichte, Vorrede, o.S. 193 Leges membra acta et rationes societatis oratorie praeside M. Iohanne Andrea Fabricio, ThULB Ms. Prov. o 9, f. 22. 194 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 104.
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Wer die in den gesellschaftlichen Archiven überlieferten handschriftlichen Reden und Abhandlungen bemustert, dem fällt auf, wie konsequent nahezu alles ausformuliert ist.195 Thesen oder Stichwortzettel, wie sie selbst in schriftbegeisterten Verwaltungen gang und gäbe sind, fehlen, selbst floskelhafte Wendungen sind in den Manuskripten konsequent ausbuchstabiert. Ein freier Vortrag der eigenen Gedanken, Assoziationen, Exkurse oder spontanes Reagieren auf die Sprechsituation schienen nicht vorgesehen gewesen zu sein. Die Teutsche Gesellschaft in Jena beschloss, es „solte jedes Mitglied seine Rede so ausarbeiten, wie es glaubte, daß solche gedruckt werden könnte“.196 Mündlichkeit stand so stets an der Schwelle zu kontrollierter und korrigierter Schriftlichkeit, ja man ist geradezu versucht, von einer Diktatur der Schriftlichkeit zu sprechen, die selbst dort waltete, wo keine Druckerpresse wartete. In erster Linie ist dies dem Brauch geschuldet, die Ausarbeitungen unter den Mitgliedern zur kritischen Lektüre zirkulieren zu lassen. Für die Redner bedeutete das zusätzliche Arbeit in der Konzeption und Reinschrift ihrer Reden, für die sie zuweilen bei Schreibern noch bezahlen mussten. Ihre Zuhörer wiederum verwandelten sich in Leser, die zu genauer Lektüre und oft zur schriftlichen Formulierung ihrer Urteile angehalten waren. Was beiden Seiten erheblichen Aufwand zumutete und dennoch weithin praktiziert wurde, verlangt nach einer Erklärung. Im Streben der Deutschen Gesellschaften nach einer erneuerten Gelehrsamkeit war einer angemessenen Sprache ein prominenter Platz zugedacht. Sie sollte eine goldene Mitte zwischen ‚Schwulst‘ und dem ‚Gemeinen‘ finden,197 in der sich das gelehrte Reden und Schreiben klar von dem der volkstümlichen Literatur absetzte.198 Dass Schriftlichkeit in der gelehrten Kommunikation von jeher stärkere Bedeutung zukam als in anderen gesellschaftlichen Sphären, liegt auf der Hand. Sie hatte aber auch eine pädagogische und Habitus formende Dimension. Die Organisation der Zusammenkünfte schuf einen aus Vorschriften und Routinen fest gefügten Rahmen, den das Gebot der Schriftlichkeit noch enger zog. Die Überprüfung, Diskussion und Korrektur der Ausarbeitungen konnte so auf eine feste Basis gestellt, das Ziel einer angemessenen gelehrten Sprache und Gedankenführung bis in Details kontrolliert und reglementiert werden, womit barockes Gepränge und Improvisation aus dem Reden und Schreiben verbannt werden sollten. So rahmte man das Porträt eines erneuerten
|| 195 Vgl. Weithase: Zur Geschichte der gesprochenen deutschen Sprache, S. 299: „[…] die Reden wurden als druckfertige Aufsätze verfaßt“. 196 Protokolleintrag vom 22. April 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 9r. 197 Vgl. Grimm: Letternkultur, S. 269. 198 Vgl. ebd., S. 264.
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Gelehrten, der neben den Geboten der Freundschaft auch die der Pünktlichkeit und Regelgerechtigkeit kannte und befolgte.
4.2.2 Sprachen Den verwendeten Sprachen in einer Abhandlung über die Deutschen Gesellschaften ein eigenes Kapitel zu widmen, mag bei einer Sozietätsbewegung, die sich dezidiert der Pflege der deutschen Sprache verschrieb, verwundern. Deutsch als Gelehrtensprache zu befördern, war zwar das Ziel, und die weitaus meisten Publikationen sind in deutscher Sprache verfasst. Diese Regel bestätigen jedoch einige Ausnahmen, die eine nähere Betrachtung lohnen. So sind sowohl die erste als auch die letzte Publikation der Deutschen Gesellschaft in Leipzig in lateinischer Sprache verfasst,199 war die Person, die die zweitmeisten Mitgliedschaften auf sich vereinigen konnte, französischer Herkunft. Die Korrespondenz zweier Göttinger Gesellschaftsmitglieder, Werlhof und Haller, konfrontierte humoristisch Anspruch und Wirklichkeit der Sozietätsbewegung: Da ich diesen geschriebenen Brief noch einmahl durchlese, muß ich lachen, in dem ich teutsch, frantzösisch, englisch, latein, italiänisch darinnen erblicke: a babilonish dialect, wie Hudibras sprach. Man kann wol merken, daß ein Mitglied der teutschen Gesellschaft an das andere schreibet.200
Die Deutschen Gesellschaften waren auch und gerade in ihrem Bezug auf den deutschen Sprachraum europäisch bedingt. Vorbild und Provokation waren Frankreich und seine Akademie, seine gereinigte Sprache und der Habitus seiner Eliten. Vor allem für Gottsched201 war die Académie française durch renommierte Mitglieder und königliche Förderung die maßgebliche Einrichtung, nach deren Vorbild er, „das deutsche Unterlegenheitsbewußtsein zur Vorausset-
|| 199 Clodius: Schediasma; Johann Georg Eck: De Societate Germanica. In: Ders.: Ad Renunciationem Magistrorum L.L.A.A. Doctorumque Philosophiae D III. Martii MDCCCVIII […] Inest Symbolarum ad historiam Litt. Lipsiensem Pars V. Leipzig 1808. 200 Paul Gottlieb Werlhof an Albrecht von Haller, den 25. Januar 1737. In: Claudia Profos: Die „ungelenksame“ deutsche Sprache und der „babilonish dialect“. Zur inneren und äußeren Mehrsprachigkeit in der Korrespondenz Albrecht von Hallers. In: Martin Stuber, Stefan Hächler u. Luc Lienhard (Hg.): Hallers Netz. Ein europäischer Gelehrtenbriefwechsel zur Zeit der Aufklärung. Basel 2005, S. 433. 201 Vgl. zur Ambivalenz von Gottscheds Stellung zu Frankreich auch Gabriele Ball: Moralische Küsse. Gottsched als Zeitschriftenherausgeber und literarischer Vermittler. Göttingen 2000, S. 324; Otto: Leibniz, Gottsched und die deutsche Kulturnation, S. 17–22.
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zung“,202 die Leipziger Deutsche Gesellschaft umzugestalten trachtete. Mit dem ebenso schlichten wie anspruchsvollen Namen „Deutsche Gesellschaft“ bezog er sich auf das Vorbild der Académie française und markierte damit das Fernziel der von ihm neu gestalteten Gesellschaft: „Nun verlangen wir uns zwar weder unserer Fähigkeit, noch unseres Ansehens halben einer so großen Academie an die Seite zu setzen. Wir kennen unsre Schwäche gar zu wohl; unsre Absichten aber sind zum wenigsten mit den ihrigen einerley.“203 Auch die Königsberger Gesellschaft räumte ein, dass „das Beispiel Frankreichs einige Gemüter ermuntert, an das große Werk der Verbesserung ihrer Sprache Hand anzulegen“.204 Noch in den 1760er Jahren galten die Deutschen Gesellschaften ihrem Altdorfer Gründer Georg Andreas Will als „eine Nachahmung der französischen Akademien“.205 Eben jener Will aber war es, der diese Beziehung auch in drastischere Worte fassen konnte, war ihm zufolge doch „der Deutsche […] nur ein Affe, der vor den Pariser Spiegel tritt“.206 Ein Blick auf die gesellschaftlichen Praktiken zeigt allerdings, dass die Deutschen Gesellschaften sowohl den Spiegel als auch dessen Bilder auf dem Weg zu einer eigenen Nationalliteratur eifrig studiert und sich durchaus unäffisch mit ihnen auseinandergesetzt haben.207 Dies begann bereits auf der Ebene der Mitglieder. Sieben französischsprachige Personen waren Mitglieder teilweise mehrerer Deutscher Gesellschaften. Neben solchen, die wie Jacques-François Reynier und Louis François Ramond de Carbonnières als Studenten eintraten, sind es vor allem emigrierte hugenottische Gelehrte wie der Berliner Akademiesekretär Jean Henri Samuel Formey, die sich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation etabliert hatten. Einzelne beobachteten aufmerksam dessen sprachlich-literarische Entwicklungen und versuchten, den Ruf der Deutschen durch Zeitschriften wie die Bibliothèque germanique zu bessern.208 Deren He|| 202 Martin Disselkamp: Die Stadt der Gelehrten. Studien zu Johann Joachim Winckelmanns Briefen aus Rom. Tübingen 1993, S. 48. Vgl. dazu auch Gonthier-Louis Fink: Vom universalen zum nationalen Literaturmodell im deutsch-französischen Konkurrenzkampf (1680–1770). In: Barner (Hg.): Tradition, Norm, Innovation, S. 33–70. 203 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 24. 204 Rede Wallenrodts zur Einweihung der Gesellschaft, zit. nach: Philipp Zorn: Die Königlich Deutsche Gesellschaft zu Königsberg i.Pr. In: Ders.: Im neuen Reich. Reden und Aufsätze zur preußisch-deutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Bonn 1902, S. 298f. 205 Georg Andreas Will: Versuch über den Geschmack der Deutschen. In: Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1. Altdorf 1762, S. 6. 206 Ebd., S. 4. 207 Vgl. Fink: Vom universalen zum nationalen Literaturmodell. 208 Vgl. Rolf Geißler: „…il n’est pas possible qu’un Allemand ait de l’esprit…“. Beiträge zur Überwindung eines Vorurteils im Frankreich des 18. Jahrhunderts (Grimm – Beausobre –
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rausgeber, der Hofprediger Jacques de Pérard,209 vereinigte die Mitgliedsdiplome von gleich sechs Deutschen Gesellschaften an seinem Wirkungsort Stettin und war rühriger Makler von Mitgliedschaften anderer.210 Dies war sicher kein Versuch, seine französische Identität auszulöschen, lehnte er doch die ihm von Gottsched angetragene Bezeichnung eines „Landsmanns“ ab.211 Dass seine Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft in Greifswald umgekehrt eine Wendung zum Kosmopolitismus signalisiert hätte,212 dürfte allerdings zu hoch gegriffen sein. Eine ähnliche Vermittlerrolle wie Pérard spielte Louis de Beausobre,213 den Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr 1749 als Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Frankfurt/Oder aufnahm.214 Ähnliches galt für den deutschen Muttersprachler Jacob Friedrich Freiherr von Bielfeld, dessen Abhandlungen wie Progrès des Allemands oder Progrès de la littérature allemande den Deutschen Gesellschaften ausdrückliche Anerkennung zuteil werden ließen215 und ihm wiederum Eingang in die Sozietäten in Greifswald und Königsberg verschafften. Vereinzelt wurden auch französische Sprachmeister wie Pierre Provansal216 in Jena aufgenommen.217 Dort betrieb der Französischlehrer François Roux eine
|| Bielefeld). In: Henning Kraus (Hg.): Offene Gefüge. Literatursystem und Lebenswirklichkeit. Festschrift für Fritz Nies zum 60. Geburtstag. Tübingen 1994, S. 357–375. Vgl. auch Otto: Gottsched und die zeitgenössische Publizistik, S. 313. 209 Vgl. zu ihm Pierre-Yves Beaurepaire: The Networks and the Reputation of an Ambitious Republican of Letters: Jacques de Pérard (Paris, 1713–Stettin, 1766). In: Chloe Edmondson und Dan Edelstein (Hg.): Networks of Enlightenment. Digital Approaches to the Republic of Letters. Oxford 2019, S. 107–136. 210 Vgl. S. 205 und 421 in dieser Arbeit. 211 Vgl. Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 140, Anm. 62. 212 So Andreas Önnerfors: Svenska Pommern. Kulturmöten och identifikation 1720–1815. Lund 2003, S. 131f. 213 Vgl. zu ihm Jean-Loup Seban: Les Beausobre et la vie intellectuelle de Berlin. In: Schneider (Hg.): Kultur der Kommunikation, S. 29–47. 214 Vgl. Louis de Beausobre an Jean Henri Samuel Formey, den 30. Dezember 1749, SB PK, Sammlung Darmstaedter 2a 1759. 215 „[…] des Sociétés, ou plutôt des Académies Allemandes, se sont formées, témoins celles de Leipsick, de Jena, de Gottingue, de Greifswalde, de Konigsberg en Prusse, &c. toutes ont pour objet la perfection de la Langue, & toutes jouissent de la satisfaction de voir les fruits de leurs travaux. L’art de bien parler en Allemand fait des progrès de tous côtés; […]“ – Jakob Friedrich von Bielfeld : Progrès des Allemands, dans les sciences, les belles-lettres et les arts. Leyden 1768, S. 10. 216 Vgl. zu ihm Jürgen Storost: [Rez.] Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. In: Romanistisches Jahrbuch 53 (2002), S. 226f.; Wolfgang H. Strauß: Beiträge zur Geschichte des Fremdsprachstudiums. In: Ders.: (Hg.): Von Lungershausen bis Kirchner. Persönlichkeitsbilder Jenaer Fremdsprachenlehrer. Jena 1990, S. 39f.; Silke
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einmal wöchentlich zusammentretende Französische Gesellschaft,218 während Gesellschaften ähnlichen Zuschnitts eher selten waren.219 Französische Literatur wurde nicht nur gelesen, sondern auch häufig übersetzt. In der alltäglichen Praxis der Sitzungen allerdings orientierte man auf Deutschsprachigkeit, eine französischsprachige Einrichtung wie die Berliner Akademie galt nicht als erstrebenswert.220 Mitglieder, die sich des Französischen in ihren Korrespondenzen mit anderen Mitgliedern bedienten, wurden zuweilen gezielt darauf angesprochen. Konfliktträchtige Situationen freilich fehlten vor allem an den Sozietätsorten nicht, wo Deutsch und Französisch sich berührten. Im hugenottisch geprägten Erlangen221 scheinen diese ausgeblieben zu sein. In Bern dominierte in den
|| Schöttle: Männer von Welt: Exerzitien- und Sprachmeister am Collegium Illustre und an der Universität Tübingen 1594–1819. Stuttgart 2016. 217 Dessen Dankschreiben nimmt auf seine sprachliche Sonderstellung Bezug: „Die Ehre, die mir widerfähret, wann berühmte deutsche Gesellschaften mich einer Stelle unter ihren Mitgliedern würdigen, ist für mich um so empfindlicher und rührender, je weniger ich als ein Frantzose von Nation und Geburt mir mit der Hoffnung einer solchen Ehre ohne Eitelkeit schmeicheln darf.“ – ThULB, Ms. Prov. f. 132(9), f. 221. 218 Vgl. Strauß: Beiträge zur Geschichte des Fremdsprachstudiums, S. 28. 219 In Stralsund existierte ein Liebhaberkreis, der französische und englische Literatur übersetzte, eine kleine Bibliothek zusammentrug und als Schäferpaare Ausflüge in die ländliche Umgebung durchführte. – Vgl. Fritz Curschmann: Johann Albert Dinnies. In: Pommersche Jahrbücher 28 (1934), S. 72–76. 220 Vgl. bspw. den Brief von Johann Ludwig Anton Rust an Gottsched vom 30. Juli 1764, Tartu Ülikooli Raamatukogu, Epistolae autographae CC eruditorum cel. F 3, Mrg CCCLIVb, f. 296–301, zit. nach: Detlef Döring: Johann Christoph Gottsched und die deutsche Aufklärung. In: Achermann (Hg.): Johann Christoph Gottsched (1700–1766), S. 398: „Ist es an dem, daß in Dresden durch höchstrühmliche Fürsorge Ihrer Königl. Hoheit, des Herrn Administrators und Vormundes, eine Gesellschaft der Wissenschaften angeleget werden soll; so wünsche ich Sachsen Glück dazu. Möchten doch Eure Hochedelgeb. Magnificenz beÿ Einrichtung derselben, und besonders der Deutschen Klasse, mit zu Rathe gezogen werden! Es ist nicht zu zweifeln, daß die Deutsche Gelehrsamkeit dadurch ein großes gewinnen würde. Wir könnten vielmehr zuversichtlich hoffen, daß auf solche Art, wie es sich gebühret, in Deutschland eine wirkliche Deutsche Akademie werde angeleget werden, wovon man nicht befürchten dürfte, daß, wie es mit einer andern bekannten leider! geschehen ist, mit der Zeit eine Französische daraus entstehen würde.“ 221 „Unser Erlang, ob es schon kein Paris ist, so wohnen doch hier viel rechtschaffene Leute, die vordem in Frankreich zu Hause waren. Man gehet wohl öfters eine gantze Gasse durch, ohne ein deutsches Wort sprechen zu hören, und die Gelegenheit, die Französische Sprache zu profitieren, ist unstreitig eine der besten.“ – Anonymer Zeitungsbeitrag kurz vor Eröffnung der Universität Erlangen, zit. nach: Andreas Jacob: „Daß die Lehrer dieser Universität den Lehrern der Universität Altdorf ihre beständige Freundschaft schenken möchten.“ Die Universität Erlangen und ihr Verhältnis zu Altdorf. In: Brennecke u.a. (Hg.): Akademie und Universität Altdorf, S. 370.
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1750er Jahren das Französische,222 so dass Gabriel Hürner die dortige Gründung von vornherein in Frontstellung sah.223 Und dennoch, so zumindest die Wahrnehmung des Mitglieds Isaak Steiger, wurden die Aktivitäten der Berner Deutschen Gesellschaft als die einer assemblée de beaux esprit, auch unter der Bezeichnung als Freimaurer, durchaus zur Kenntnis genommen und diskutiert. Den Beinamen „Die Herren von der Wörter Commission“ interpretierte er als Zeichen wachsender Anerkennung.224 Bald allerdings geriet die Gesellschaft zwischen die vielfältigen Fronten, die sich in Bern und der Eidgenossenschaft um die Fragen nach Deutsch oder Französisch, der Berner Diglossie, der Stellung der Schweizer Idiome zum von den Gottschedianern verfochtenen Hochdeutsch, um die Person ihres Gründers Johann Georg Altmann und nicht zuletzt um innerbernische Streitigkeiten aufbauten.225 Im Streit zwischen Leipzig und Zürich hatte sich Altmann nach anfänglichem Werben um die Unterstützung226 Gottscheds – so hatte er diesem seine Wochenschrift Der Brachmann gewidmet – aber auch durch abschätzige Urteile über Zürich als „das Helvetische Sibirien“227 positioniert, die Gottsched anonym publizierte. Altmann, dessen Urheberschaft trotz seines Dementis gegenüber Breitinger228 vermutet wurde, zog so den Unmut der Befürworter einer eigenständigen zweisprachigen Berner Kultur auf sich. Gottscheds Widmung eines Bandes seiner Beyträge an die Berner Deut-
|| 222 Vgl. die Äußerungen Karl Victor von Bonstettens in seinen Souvenirs nach Karl Geiser: Beiträge zur bernischen Kulturgeschichte des XVIII. Jahrhunderts. Bern 1890 (= Neujahrsblatt der Literarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1891), S. 19. 223 „Eine Gesellschaft, deren Glieder […] in einem Lande wohnen, das eine fremde Sprache liebet, und die seinige lange Zeit, mehr nicht als zur täglichen Nothdurft, getrieben hat […].“ – Gabriel Hürner an Johann Christoph Gottsched, den 21. Juli 1742. In: GBW 8, S. 345. 224 Vgl. Isaak Steiger an Albrecht von Haller, den 13. Januar 1740, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller, 105.59. 225 Vgl. zu den Vorgängen in Bern mit einer Edition der Streitschriften Barbara MahlmannBauer: Berner Gallophilie und Germanophobie – der Sprachen- und Literaturstreit zwischen Gottsched und den Schweizern aus Berner Sicht. In: Dies. u. Michèle Crogiez Labarthe (Hg.): Gallotropismus aus helvetischer Sicht/Le gallotropisme dans une perspective helvétique. Heidelberg 2017, S. 103–219. 226 Bodmer zeigte sich reserviert, als Uriel Freudenberger ihn um eine Mitgliedschaft anschrieb. An Laurenz Zellweger schreibt er dazu: „Wir fürchteten nämlich, daß wir uns durch den Beitritt in die Berner Gesellschaft verpflichteten, das Fatum ihrer künftigen Arbeiten mit ihnen zu teilen.“ – Johann Jacob Bodmer an Laurenz Zellweger, den 10. Dezember 1739, zit. nach: Emil Ermatinger: Dichtung und Geistesleben der deutschen Schweiz. München 1993, S. 369. 227 Johann Georg Altmann an Johann Christoph Gottsched, den 1. November 1741. In: GBW 8, S. 5. 228 Vgl. Johann Georg Altmann an Johann Jakob Breitinger, den 9. Juni 1742, ZB Zürich, Ms Bodmer 21.1.
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sche Gesellschaft und der Plan, Bern durch einen Magister aus Leipzig zu ‚missionieren‘, riefen die Berner Politiker und Schriftsteller Samuel Henzi und Samuel König auf den Plan, die in steter Abstimmung mit Bodmer zunächst ein Spottgedicht Le silence lancierten und nach einer Gegenpolemik der Deutschen Gesellschaft diese in der Satire Salmis ou Panégirique de la Ligue autrement dite Société Teutonique verspotteten. In dieser versuchten deren Mitglieder vergeblich, das Wort Salmis (ein Ragout vom Geflügelwildbret) unter Anrufung des für Gottsched stehenden Teutoboc zu verdeutschen. Die Angriffe galten in erster Linie Altmann; sie zogen aber die Deutsche Gesellschaft selbst, über die König anfangs noch ein weit differenzierteres Urteil gefällt hatte,229 massiv in Mitleidenschaft.230 Die französischen Polemiken waren dabei weniger gegen den Gebrauch des Deutschen in Bern gerichtet, sondern sollten vor allem Gottsched und seine Anhänger in ihrer auf das (Leipziger) Deutsch beschränkten Provinzialität vorführen und die Berner Vielsprachigkeit verteidigen. Bereits im Dezember 1743 hatte sich eine Bodmer nahestehende Fraktion unter dem Namen „Vergnügte Deutsche Gesellschaft“ von Altmanns Gründung abgespalten, die die Nachwehen dieser Kontroverse am eigenen Leib verspürte: „Es kostete uns in der That anfangs auch nicht geringe Mühe, ehe unsere Gesellschaft im Flore wie jetzo stuhnde. Wir hatten den Vorwurf der Pedanterie, deutscher Sonderlinge und dergleichen zu verdäuen, ehe sie recht gegründet ware.“231 Anders als Bern lebten in der Kurpfalz weit weniger Frankophone, dafür aber viele Erinnerungen an die politisch-militärische Expansion Ludwigs XIV. und deren zerstörerische Folgen, die sich in der Deutschen Gesellschaft mit den
|| 229 Vgl. Samuel König an Johann Jakob Bodmer, den 8. Oktober 1741: „Die hiesige deutsche Gesellschaft, ihrer Gottschedianer ungeachtet, fängt an und tut die Augen auf, sed sine ductore errant. […] wenn Ihr Herren hier wäret, so würde man bald was anderst sehen.“ – Zit. nach: Ischer: Altmann, S. 58. 230 Samuel König triumphierte in einem Brief an Bodmer: „Wisset überhaupt, […] daß die mine mit unglaublichem succes gesprungen, der größte Teil des Tempels ist weg, die priester rennen wehklagend durch die straßen, das salmis sitzt ihnen wie Herculi sein feurig kleid auf der Haut. […] Ihre erste resolution war, – man wolle der obrigkeit anhalten, daß sie die schrift durch den henker verbrennen lasse. Nachdem sie aber in Erfahrung gebracht, daß viele Rathsherren in Gedanken stehen, man soll vom Rath aus dieser gesellschaft ein end machen, damit hinfort die Stadt Bern mit dergl. Satiren verschont bleibe, so haben sie gut gefunden, mit der schon gemachten supplication einzuhalten.“ – Samuel König an Johann Jakob Bodmer, o.D., zit. nach: Ebd., S. 66. Vgl. dagegen Uriel Freudenberger an Jakob Christoph Beck, den 31. Mai 1743. In: Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 201: „Man lacht hier nur darüber. Der Herr Altmann allein hat geschienen, böse zu seyn, weil man ihn den Doctor Schmiero heißt.“ 231 Johann Beckh an Isaak Iselin, den 21. Dezember 1744. In: Bähler: Briefe Johann Beckhs, S. 36.
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sprachpflegerischen Zielen amalgamierten. In deren erster öffentlicher Sitzung schlug Stephan von Stengel scharfe Töne an: Wir vergasen unsre Heldensprache, und nur die Sprache eines Volkes, das noch erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts mit der Brandfackel der Verheerung zu uns gekommen ware, um auf den Trümmern unserer Städte Denkmäler seiner Grausamkeit aufzustellen, nur die Sprache dieses Volkes dünkte uns würdig, die Sprache unserer Fürsten und sanft genug, die Sprache unserer Höfe zu sein.232
Solche Worte riefen den französischen Gesandten Ô Dune auf den Plan, der sich bei dem Kurfürsten beschwerte. Den Druck der vollständigen Rede untersagte Karl Theodor, weiterreichende Folgen für von Stengel oder die Gesellschaft blieben hingegen aus.233 Von Stengel sprach vor einem Hof, dessen Kurfürst im Ruf stand, die deutsche Sprache und Literatur zu fördern, so dass er die Dominanz des Französischen im Tempus der Vergangenheit schildern zu können glaubte. Alles andere als vergangen war diese Vorherrschaft in Straßburg.234 Schon Mitte der 1740er Jahre hatte sich dort eine allerdings kurzlebige Deutsche Gesellschaft konstituiert, die in Gottscheds Neuem Büchersaal als Akt der Beharrung gegen die offizielle Sprachpolitik gewürdigt wurde.235 1775 gründete sich abermals eine Deutsche Gesellschaft, deren Vorkämpfer Jakob Michael Reinhold Lenz ebenso auf Selbstbehauptung setzte: Wir alle sind Deutsche. Mit Vergnügen, […] habe ich […] ersehen, daß selbst die Obermacht einer herrschenden, und was noch weit mehr ist, verfeinerten Sprache den alten Hang zu dem mütterlichen Boden Ihres Geistes, ich meine, zu unserer nervichten deutschen Sprache, nicht habe ersticken können. Bleiben Sie ihm treu.
|| 232 Vgl. Stengel: Denkwürdigkeiten, S. 97f. Die Rede ist abgedruckt in: Rheinische Beiträge zur Gelehrsamkeit Zweiter Jahrgang Heft 1, 1778, S. 3–11. In GHA, Stengel-Archiv VI.a.1., Anlagen, Teil 1, befindet sich lediglich eine Abschrift der gedruckten Fassung. Vgl. Groening: Karl Theodors stumme Revolution, S. 51 u. 62, die die Rede entgegen dem Text der Memoiren auf das Jahr 1775 datiert. 233 Vgl. Stengel: Denkwürdigkeiten, S. 97f. 234 Vgl. zu dieser Situation Franklin L. Ford: Strasbourg in Transition 1648–1789. Cambridge, Mass. 1958, S. 207–234. 235 „Da man meynen sollte, die deutsche Sprache würde nun in Straßburg bald ins Vergessen gerathen, da die neue Herrschaft insgemein auch eine neue Sprache einzuführen pflegt: siehe so fängt sie gleichsam an, ihr Haupt recht empor zu heben, und sich in verschiedenen glücklichen Proben der Poesie und Beredsamkeit zu zeigen.“ – Über die Neujahrsrede von Elias Christoph Lautz in Straßburg. Teil der Sammelrezension Nachrichten von einigen hieher gehörigen Sachen. In: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 1 (1745), S. 282.
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Wie Gottsched aber erkannte er den hohen Entwicklungsstand der französischen Sprache voll an und gab seinen Zuhörern den Rat, aus dieser Not gerade im Grenzraum eine Tugend zu machen: „Vielmehr kann Ihnen diese Nachbarschaft, diese vertraute Bekanntschaft mit einer fremden gebildeten Sprache, zur Bearbeitung Ihrer eigenen große Hülfsmittel an die Hand bieten, deren manche Ihrer Landsleute entbehren.“236 Die Sitzungen gestalteten sich jedoch gerade in dieser Frage wenig einvernehmlich. Als ein Mitglied zum Verlesen seiner französischen Abhandlung ansetzte, musste es nach einer Ermahnung versprechen, seine Abhandlung in Deutsch fortzusetzen.237 Nachdem sich in einer anonymen Schrift auch innergesellschaftlicher Widerstand regte, stellte Lenz heraus, dass in den Verhandlungen eine Sprache gesprochen werden müsse, und er sich nicht sicher sei, dass alle Französisch auf dem Niveau einer gelehrten Versammlung sprechen würden.238 Querelen um die Ausschließlichkeit des Deutschen als Sitzungssprache dauerten jedoch an; Haffner, der die besagte, anonyme Abhandlung verlesen hatte, stellte den Dichter Ramond und seine in französischer Sprache verfassten Werke in der Gesellschaft vor, ohne dass Lenz dies verhinderte oder sanktionierte.239 Als Mittel zur Hebung des Nationalgeists empfahl sie Lenz nichtsdestotrotz für das übrige Elsass.240 Die ambivalente Stellung der Sozietätsbewegung zum Französischen stellt sich bei den meisten Gesellschaften als eine produktive Auseinandersetzung dar, in deren Rahmen französische Publikationen gelesen und übersetzt, gelegentlich sogar französischsprachige Mitglieder aufgenommen wurden, die sich ihrerseits durch Mitgliedervermittlung und Berichterstattung erkenntlich zeigten. Dort allerdings, wo beide Sprachen aneinandergrenzten, blieben Konflikte um die
|| 236 Jakob Michael Reinhold Lenz: Über die Bearbeitung der deutschen Sprache im Elsaß, Breisgau und den benachbarten Gegenden. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 770f. 237 Vgl. Protokolleintrag vom 2. November 1775. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 48. 238 Vgl. Lenz: Über den Zweck der neuen Straßburger Gesellschaft. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 785. 239 Vgl. Protokolleintrag vom 21. Dezember 1775. In: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 50. Vgl. dazu Cuthbert Girdlestone: Poésie, Politique, Pyrénéess. LouisFrançois Ramond (1755–1827). Sa vie, son œuvre littéraire et politique. Paris 1968, S. 25–27. Vgl. zur Sprachkonzeption von Lenz Joachim Scharloth: Deutsche Sprache, deutsche Sitten. Die Sprachkonzeption von J.M.R. Lenz im Kontext der Sprachnormendebatte des 18. Jahrhunderts. In: Lenz-Jahrbuch. Sturm und Drang Studien. Bd. 12, 2002/03, S. 89–118. 240 „Eine ähnliche Gesellschaft unter Ihrer Aufsicht würde Colmar und Ihnen Ehre und die Hochachtung der Deutschen erwerben, bei denen der Nationalgeist rege wird.“ – Jakob Michael Reinhold Lenz an Gottlieb Konrad Pfeffel, Ende November 1776, zit. nach: Ders.: Über den Zweck der neuen Straßburger Gesellschaft. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 3, S. 515.
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Vorrangstellung nicht aus. Diese eskalierten weniger in den gelehrten als in den städtischen und höfischen Kontexten, wo sie sich mit politischen Konflikten zwischen den dortigen Deutschsprachigen und Frankophonen amalgamierten. Angesichts dieser Spannweiten zwischen Kooperation und Konflikt fällt die Suche nach einem kleinsten gemeinsamen Nenner der Analyse schwer. Die Widersprüchlichkeit im Verhältnis zu Frankreich lag zunächst in der Sache begründet: Was aus der Rückschau wie eine nationalistische Verengung anmuten mag, lässt sich auch als ein Aufschließen zum Nachbarn ansehen. Die dortige Aufwertung der Muttersprache importierte man aus Frankreich, stellte sich mit einer selbstbewussteren Verwendung der eigenen – deutschen – Muttersprache aber, gerade in den Grenzgebieten, zugleich gegen dessen Anspruch auf Suprematie. Der umgewandelte Import wandte sich so zusehends gegen sein Ursprungsland. Für die Pflege des Deutschen und die Besserung des Gelehrtenstandes fungierte Frankreich als ein Arsenal nachahmenswerter literarischer, gelehrter und organisatorischer Vorbilder; zugleich aber diente es als Drohkulisse einer fortgesetzten sprachlichen Unterordnung und Unselbständigkeit. Beides zielte allenfalls sekundär auf Frankreich,241 das in diesen Kontexten weit mehr als Topos in gelehrten Kontexten denn als realer Staat diente und so wenig Konflikte hervorrief. Dort jedoch, wo die Ambitionen der Deutschen Gesellschaften besonders in den Grenzregionen auf reale und starke französischsprachige Milieus trafen, waren Konflikte vorprogrammiert und blieben nicht aus. Gegenüber anderen Sprachen bestanden diese Konstellationen nicht, so dass Konflikte hier ausblieben und Kandidaten auch dann Aufnahme fanden, wenn sie keine deutschen Muttersprachler waren.242 In Göttingen hielt es Abraham Gotthelf Kästner für „gut, wenn die Verbindung mit uns so entfernten Ländern als eine Ehre gesucht wird“.243 Dieser Maxime folgend, ließ er sogar ein estnisches Buch als Probeschrift durchgehen.244 Ähnlich wurden in Königsberg „oft junge Russen und Liefländer als Mitglieder aufgenommen, ohngeachtet sie
|| 241 Vgl. für Gottsched Catherine Julliard: Johann Christoph Gottsched: conscience du manque culturel et gallotropisme. Trois cautions françaises: René Rapin, Bernard Lamy et Charles Rollin. In: Adam u.a. (Hg.): Gallotropismus – Bestandteile eines Zivilisationsmodells, S. 184. 242 In Toruń soll sich die den Deutschen Gesellschaften affine Gesellschaft der Bestrebenden um eine Einbeziehung des Polnischen bemüht haben. – Vgl. Stanisław Salmonowicz: Toruńskie Gimnazjum Akademickie w latach 1681–1817. Studium z dziejów nauki i oświaty. Poznań 1973, S. 245. 243 Abraham Gotthelf Kästner über die Aufnahme des aus Estland stammenden Theologiestudenten Friedrich Wilhelm Willmann, zit. nach: Otto Alexander Webermann: Ein estnisches Unikum in Göttingen. In: Ural-altaische Jahrbücher 31 (1959), S. 495. 244 Vgl. ebd.
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der deutschen Sprache nicht ganz mächtig waren“.245 In Greifswald traten der Gesellschaft schon früh schwedische Muttersprachler bei.246 Die Sprachen der benachbarten Länder waren jedoch bei weitem nicht die einzigen Konkurrenten eines geläuterten Deutsch. Johann Wolfgang Helmes’ Pinselstriche zur Charakteristik der teutschen Privatgesellschaft zeugen davon, dass eine weitere ‚Fremdsprache‘ sich hartnäckig auf den Universitäten hielt – die Burschensprache –, von der seine Ausführungen noch gänzlich durchsetzt sind.247 Nur spekulieren lässt sich ferner darüber, ob und in welchem Ausmaß Dialekte in den Sitzungen gesprochen wurden.248 Die gelehrte Orientierung der Deutschen Gesellschaften jedenfalls konfrontierte diese mit dem Lateinischen als der seit Jahrhunderten in ganz Europa verwendeten Sprache der litterati.249 In späterer Sicht baute sich hier ein schier übermächtiger Gegner des Deutschen auf, den die deutschen Gelehrten und Schriftsteller im Laufe des 18. Jahrhunderts in schwerem Kampf überwunden hätten. Eine solche Sichtweise kollidiert jedoch massiv mit dem Selbstverständnis und der Praxis des Gelehrtenstandes. Latein aus dem gelehrten Betrieb gänzlich zu verbannen, hätte nicht nur die Transnationalität der Gelehrtenrepublik in Frage gestellt, sondern auch einen gravierenden Bruch mit akademischen Gepflogenheiten bedeutet. Als die Teutsche Gesellschaft sich zur Geburtstagsfeier des Erbprinzen den theologischen Hörsaal oder die Kollegienkirche sichern wollte, machte ihr der Senat zur Bedingung, dass die Einladungsschrift in Latein verfasst sein müsse.250 Es war jedoch nicht einfach Anpassung an die Usancen des Hochschulbetriebes, dass sich keine radikalen Stimmen gegen das Latein erhoben. Auch und gerade die Ideengeber und Gründer der Sozietätsbewegung waren nicht darauf aus, die lateinische Tradition zu verdrängen. Dies gilt schon für den häufig als Stammvater deutscher Gelehrsamkeit angesehenen Martin Opitz,251 für den eine gründliche Kenntnis des Lateinischen und Griechischen unabdingbare Voraussetzung gelehrten Wirkens war.252 Selbst für Christian Wolff, dessen opus das Deutsche als Gelehrtensprache erheblich beförderte, stand „die Existenzberech-
|| 245 Samuel Gottlieb Wald: Geschichte der königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen. In: Preußisches Archiv IV, 1793, S. 867. 246 Vgl. Önnerfors: Svenska Pommern, S. 124f. 247 Vgl. Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 79. 248 Anhand der zahlreichen überlieferten Werkmanuskripte in den gesellschaftlichen Archiven ließen sich immerhin Beobachtungen zum schriftlichen Dialektgebrauch machen. 249 Vgl. zur Wortgeschichte auch Grundmann: Litteratus – illiteratus. 250 Vgl. ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 79. 251 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 119. 252 Vgl. Drux: Die Dichtungsreform des Martin Opitz, S. 56.
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tigung des Lateins als überregionaler Wissenschaftssprache“253 nicht in Frage. Die Leipziger Anfänge der Sozietätsbewegung verzeichnen neben deutschen Arbeiten auch lateinische, griechische und französische Übungen,254 und deren erster Reformer Christian Clodius kann noch als Repräsentant der lateinisch orientierten Gelehrtenkultur gelten.255 Gottsched vollzog zwar eine weit stärkere Orientierung zum Deutschen hin, publizierte aber während seiner ganzen Laufbahn zahlreiche lateinische Schriften, die in seiner Werkausgabe zu Unrecht als randständig eingestuft wurden.256 Auch die Hodegetiken für Akademiker, deren Ratschläge auf eine erneuerte Gelehrsamkeit zielten, stellten das Latein als Gelehrtensprache keineswegs in Frage.257 Als Sprache des akademischen Unterrichts, der Dissertationen und Disputationen behielt das Latein über das gesamte 18. Jahrhundert hinweg eine wichtige Position.258 Sehr viele Mitglieder pflegten eine zweisprachige Korrespondenz. Als repräsentative Momentaufnahme kann der Briefwechsel von Jakob Christoph Beck mit dem Berner Gesellschaftsgründer Johann Georg Altmann gelten. Beck erachtete nach seiner Aufnahme für seine Schuldigkeit, demselben nun in deutscher Sprache zu schreiben. Denn obwohl [ich] nicht läugnen kann, daß mir die lateinische Schreibart geläuffiger ist als die deutsche, […] so erfordert nun der Wohlstand, daß ich der Ehre eines Mittglieds der Deutschen Gesellschaft mich würdig zu machen trachte.259
Altmann selbst räumte in seinem Antwortschreiben ein, bislang mit nur zwei Freunden in deutscher Sprache zu korrespondieren.260 Dieser status quo wirkte immer wieder in die Deutschen Gesellschaften selbst hinein. Der Briefwechsel
|| 253 Menzel: Vernakuläre Wissenschaft, S. 42. 254 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 78. Hermes: Johann Burkhard Mencke, S. 80, führt für den ersten Band der gesellschaftlichen Gedichtsammlung sieben griechische und vierundfünfzig lateinische Gedichte auf. 255 „Clodius ist viel stärker als Gottsched noch der früheren an den klassischen Sprachen orientierten Gelehrtenkultur verpflichtet.“ – Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 213. 256 Vgl. Marti: Gottsched als Universitätslehrer, S. 271, dort auch ein Überblick über die akademischen lateinischen Schriften Gottscheds. 257 Vgl. Lange: Gefahren der akademischen Freiheit, S. 155. 258 Vgl. Hanspeter Marti: Frühneuzeitliches Disputationswesen und Fremdsprachen an der Universität Halle. In: Mark Häberlein u. Holger Zaunstöck (Hg.): Halle als Zentrum der Mehrsprachigkeit im langen 18. Jahrhundert. Halle a.d.S. 2017, S. 35. 259 Jakob Christoph Beck an Johann Georg Altmann, den 11. März 1740. In: Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 168f. 260 Vgl. Johann Georg Altmann an Jakob Christoph Beck, den 18. März 1740. In: Ebd., S. 169.
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des Helmstedter Neumitglieds Heinrich Philipp Conrad Henkes mit Johann Ernst Basilius Wiedeburg wurde lateinisch geführt.261 In der Gesellschaft am Hamburger Gymnasium wurden deutsche und lateinische Abhandlungen vorgetragen.262 Zum Tod von Heinrich Eilhard Schröder schilderte der Gesellschaftsleiter Johann Matthias Gesner dessen Wirken in der Deutschen Gesellschaft in einer lateinischen Rede.263 Mit einer Ausweitung des Themenspektrums in den 1750er Jahren ging in Göttingen eine sprachliche einher: „Sie wird hinführo auch lateinische Ausarbeitungen annehmen, damit eine Sprache, von der die unsrige alle ihre Schönheiten abgeborget, in ihrem Werth erhalten werde.“ Dies provozierte freilich die Rückfrage: „Wie kommt aber dies mit dem erwehlten Namen der Deutschen Gesellschaft überein?“264 Sowohl aus dem Französischen als auch aus dem Lateinischen also kamen Normen, Praktiken und Werke, die ebenso anregend wie lähmend wirken konnten. Sich an ihnen abzuarbeiten, erschien den Vordenkern der Bewegung mit gutem Grund geboten; dabei spielte das Übersetzen als Akt produktiver Aneignung eine wesentliche Rolle. Bereits in den Poetiken des Barock stand es „als eigene poetische Leistung“ hoch im Kurs,265 und Leibniz hatte es als ersten Schritt einer Strategie empfohlen, die mit dem Übersetzen anfing, um darüber zu eigenen Werken zu kommen und am Ende selbst nachahmungswürdige Werke vorzulegen.266 Diese und ähnliche Überlegungen setzten die Deutschen Gesellschaften konsequent in die Praxis um. In der frühen Hamburger Grün-
|| 261 Vgl. Heinrich Philipp Conrad Henke: Denkwürdigkeiten aus seinem Leben und dankbare Erinnerungen an seine Verdienste von zweien seiner Schüler Georg Karl Bollmann und Heinrich Wilhelm Justus Wolff. Helmstedt u. Leipzig 1816, S. 68. Henke war 1772 in die Deutsche Gesellschaft Helmstedt aufgenommen worden. 262 Vgl. die Manuskripte des Mitglieds Justus Johannes Corthum, SUB Hamburg, Sup. Ep. 113, f. 161r–164v u. 171r–173v. 263 Johann Matthias Gesner: Memoria Henrici Eilhardi Schroederi Lubecensis sacrarum humaniorumque literarum consulti societatis germanicae ac seminarii philologici sodalis […]. Göttingen 1753. 264 Johann Philipp Murray an Johann Friedrich Hermann von Uffenbach, sowie Uffenbach an Murray, 1751, zit. nach: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 35. 265 Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 173. 266 Vgl. Gottfried Wilhelm Leibniz an einen unbekannten Adressaten, o.D.: „faire des traductions des anciens et même les excellens modernes, et enfin à faire quelque chose de notre crǔ, qui meritǎt d’estre traduit en autres langues“. – Eduard Bodemann: Zwei Briefe von Leibniz betr. Eine „Teutsche Gesellschaft“ zu Wolfenbüttel nebst zwei Briefen von J. G. Schottelius an Herzog August von Braunschweig-Wolfenbüttel. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 1899, S. 301.
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dung waren 20 % der vorgetragenen Werke Übersetzungen,267 und in Leipzig ermunterte Gottsched in seiner Orientierung an der Académie française der späteren Polemik Lessings zufolge „alles, was reimen und Oui Monsieur verstehen konnte, gleichfalls zu übersetzen“.268 Ganz im Sinne Leibnizens hatte die Deutsche Gesellschaft in Bern mit Übersetzungen begonnen: „Wenn wir eine Zeitlang mit dieser Art von Übungen umgegangen, so werden wir zu unseren eigenen Arbeiten schreiten.“269 Die Göttinger Gesellschaft sah Übersetzungen in ihren Satzungen sogar ausdrücklich vor und verpflichtete die Referenten zu rechtzeitiger Ankündigung, um den übrigen Mitgliedern eine Überprüfung anhand des Ausgangstextes zu ermöglichen.270 Auch als gegen Ende des Jahrhunderts beispielgebende deutsche Tetxe in größerer Zahl vorlagen, hörte man mit dem Übersetzen nicht auf, sondern erweiterte den Kanon durch Modeliteratur wie die fingierten Texte Ossians, eine englische Pseudoübersetzung aus der Feder von James Macpherson, die der gebürtige Ire und in pfälzischen Diensten stehende Major Edmund von Harold für die Mannheimer Gesellschaft ins Deutsche übertrug.271 Ein weiteres Mitglied, Johann Heinrich Jung-Stilling, übersetzte Vergils Georgica in deutsche Hexameter.272 Übersetzungen von 224 prosaischen und 132 poetischen Werken sind mit einem Anteil von 7,5 % an den insgesamt ermittelten Titeln nachweisbar. Es ist allerdings davon auszugehen, dass es sich bei vielen weiteren, nur dem Titel nach bekannten Werken um nicht mehr als solche erkennbare Übersetzungen handelt. Demnach erscheint das Übersetzen nicht als dominierende, so doch fest in der Textproduktion der Deutschen Gesellschaften verankerte Praxis. Die übersetzten Texte verteilen sich dabei auf folgende Sprachen:273
|| 267 Vgl. Schröder: Michael Richey, S. 204. 268 Lessing: Briefe, die neueste Literatur betreffend. Siebzehnter Brief vom 16. Februar 1759. In: Ders.: Werke. Bd. 2. München 2003, S. 623. 269 Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26. 270 Vgl. Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 13, § 15. 271 Vgl. zu Harold und seinen Ossian-Übersetzungen Alexander Gillies: Herder und Ossian. Diss. Göttingen 1933, S. 97. 272 Vgl. Gustav Adolf Benrath: Jung-Stilling in Kaiserlautern 1778–1784. In: Pfälzer Heimat 41 (1991), S. 71. 273 Unsicher ist dabei, ob manchen Übersetzungen nicht bereits eine Übersetzung in eine andere, dabei als Brücke fungierende Sprache zugrunde lag.
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Mit etwa zwei Dritteln überwiegen die alten Sprachen Hebräisch,274 Griechisch und insbesondere die klassische Gelehrtensprache Latein deutlich. Unter den modernen Fremdsprachen nimmt das Französische den mit Abstand größten Raum ein. Die klassische Antike und das Frankreich Ludwigs XIV. waren eindeutig nicht nur Bezugspunkt der Erörterungen der gesellschaftlichen Vordenker, sondern auch der Schreibpraxis der Mitglieder, wie es Gabriel Hürner für Bern bestätigt: „Auf dieses fingen wir mit den Übersetzungen über Scribenten an die die Gesellschaft zuvor gut geheißen. Diese sind noch zur Zeit nur aus lateinischen und französischen genommen. Aus den erstern haben wir insonderheit die Redner und Dichter erwehlet.“275 Damit griffen die Deutschen Gesellschaften ebenso bestehende Vorbilder auf, wie sie ihrerseits durch ihre Übersetzungen die Dominanz dieser Literaturen propagierten und verstärkten.276
|| 274 Bei den in der Regel aus dem Alten Testament stammenden Übersetzungen ist davon auszugehen, dass ein nicht näher bestimmbarer Teil aus der Septuaginta bzw. Vulgata übersetzt wurde und somit eher den Übersetzungen aus dem Griechischen bzw. Lateinischen zugerechnet werden kann. 275 Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 25. Februar 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26. 276 Georg Friedrich Meier erinnerte sich: „Und als damals die Schriften der deutschen Gesellschaft in Leipzig, und diejenigen, die zu den gottschedischen Streitigkeiten gehören, grosses Aufsehen machten; so las ich dieselben, und ward dadurch angetrieben, die Alten und die Franzosen zu lesen.“ – Samuel Gotthold Lange: Leben Georg Friedrich Meiers. Halle a.d.S. 1778, S. 40.
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Über den Verlauf des 18. Jahrhunderts ist ein kontinuierliches Vordringen des Deutschen als gelehrte Sprache zu beobachten. In seiner Projektskizze zur Gründung der Universität Halle hatte Thomasius bereits die Verwendung des Deutschen eingefordert.277 An der sächsischen Fürstenschule Meißen mussten die wenigen Gesellschaftsmitglieder sich noch den Vorwurf gefallen lassen, „ein Liebhaber von der deutschen Micheley“278 zu sein. Auch in gymnasialen Redeübungen ist ein Vordringen des Deutschen festzustellen.279 Noch 1711 beobachtete die Universität Leipzig argwöhnisch die Praxis deutscher Vorlesungen, ihre Resolution aber räumte sinnvolle Fälle der Verwendung des Deutschen ein.280 Durch derart geöffnete Türen begann so auch an den Hochschulen ein langsamer Vormarsch des Deutschen. Die Gründe waren häufig pragmatischer Natur; immer wieder musste man feststellen, dass belastbare Lateinkenntnisse nicht mehr die Regel waren und der Gebrauch des Deutschen schlicht der beste Weg war, die Studenten zu erreichen.281 Die Kommunikation mit landesherrlichen Behörden erfolgte ohnehin schon lange in deutscher Sprache. Diese Entwicklung schlug sich nach und nach in den gelehrten Publikationen nieder, wo ein allmählicher Rückgang des Anteils lateinischer Schriften
|| 277 Vgl. Unterthänigste Vorschläge wegen auffrichtung einer Neuen Academie zu Halle. [Erster Entwurf, April/Mai 1690]. Marienbibliothek MS 50, S. 42–54 (Abschrift). In: Friedrich de Boor: Die ersten Vorschläge von Christian Thomasius „wegen auffrichtung einer neuen Academie zu Halle“ aus dem Jahre 1690. In: Erich Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Bd. 4: Deutsche Aufklärung. Köln, Weimar u. Wien 1997, S. 83. Vgl. zur Einordnung Andreas Pečar: Die Universitäten Halle und Wittenberg – Aufbruch versus Beharrung? Ein Vergleich der Vorlesungsverzeichnisse der Juristischen Fakultäten (1694–1740). In: Daniel Fulda u. Andreas Pečar (Hg.): Innovationsuniversität Halle? Neuheit und Innovation als historische und als historiographische Kategorien. Berlin u. Boston 2020, S. 203f. 278 Schreiben des Rektors der Fürstenschule Meißen vom 13. Juli 1752, SächsStA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900, f. 71. 279 Vgl. Weithase: Zur Geschichte der gesprochenen deutschen Sprache, S. 296f. 280 Richard Hodermann: Universitätsvorlesungen in deutscher Sprache um die Wende des 17. Jahrhunderts. Friedrichroda 1891, S. 31–33. 281 „Denn es ist nicht zu leugnen, daß heute zu Tage viele auf Universitæten kommen, welche in der lateinischen Sprache es nicht so weit gebracht, daß sie den lateinischen Vortrag verstehen können, und die wenigsten sind darinnen so geübet, daß sie, was lateinisch vorgetragen wird, eben so wohl verstünden, als wenn man es ihnen in ihrer Mutter-Sprache vorgetragen hätte.“ –Wolff: Ausführliche Nachricht von seinen eigenen Schrifften, S. 25. 1774 bezifferte Justus Christian Hennings den Anteil der lateinkundigen Studenten auf lediglich 5 %. – Ders.: Kritisch-historisches Lehrbuch der theoretischen Philosophie. Leipzig 1774, S. 4. Vgl. zu den Klagen über nachlassende Lateinkenntnisse Thorsten Roelcke: Latein, Griechisch, Hebräisch. Studien und Dokumentationen zur deutschen Sprachreflexion in Barock und Aufklärung. Berlin u. Boston 2014, S. 91–94.
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dokumentiert ist.282 Das so häufig in den Gesellschaften praktizierte Übersetzen schlug dabei ebenso Brücken, wie es die durch den Rückgang entstehenden Lücken zu schließen half.283 Welche Rolle aber kam den Deutschen Gesellschaften in diesem jahrzehntelangen Prozess zu? Sie wird aus sprachwissenschaftlicher Sicht heute eher in der alltäglichen praktischen Spracharbeit gesehen – als Beitrag zur „Entwicklung des Deutschen zur gemeinsam anerkannten, öffentlichen Kultursprache“.284 Die Fülle der in diesem Prozess zusammenwirkenden Faktoren gegeneinander zu gewichten, erfordert es, zahlreiche Faktoren einzubeziehen. Im Falle der Deutschen Gesellschaften muss zudem konstatiert werden, dass die gedruckten und vor allem die ‚ungeschliffeneren‘ handschriftlichen Ausarbeitungen ihrer Mitglieder in sprachwissenschaftlicher Hinsicht noch als terra incognita zu gelten haben. Ob und inwieweit in ihnen dialektale Eigenheiten oder Fremdwortgebrauch tatsächlich zurückgedrängt wurden oder Gottscheds Sprachkunst gültige Richtschnur war, harrt noch einer Erforschung durch die diachrone Sprachwissenschaft und kann in diesem Rahmen nicht geleistet werden. Als Beobachtungen allgemeiner Natur kann lediglich festgehalten werden, dass die Deutschen Gesellschaften an diesen Prozessen insofern mitwirkten, als in Gesellschaften mit Mitgliedern aus mehreren Regionen die Abschleifung lokaler und regionaler Eigenheiten und eine stilistische Schulung durch die gesellschaftliche Kritik und Diskussion sicher befördert wurde. Nicht zu unterschätzen ist ferner die Multiplikatorenfunktion der Gesellschaftsmitglieder, die die in den Sitzungen erworbenen Gepflogenheiten und Standards auf der Kanzel, am Katheder und in der Amtsstube bewusst oder unbewusst weitergaben. Wie schwierig es allerdings ist, diesen Prozess in eine direkte Kausalbeziehung zum Wirken der Deutschen Gesellschaften zu setzen, zeigt das Beispiel Helmstedt; im Gründungsjahr der dortigen Deutschen Gesellschaft 1745 betrug der Anteil deutschsprachiger Schriften den Angaben von Beate Leweling zufolge noch sieben Prozent, der vier Jahre später auf 22 % ansteigen sollte. Dass Gesellschaftsmitglieder als Verfasser dieser Texte häufig auftraten, legt nahe, die Sozietät als Trägerin dieser Prozesse anzusehen.285 Dass die Gesellschaft allerdings mit einem sehr kleinen Kreis begann und schon anderthalb Jahre später ausei|| 282 Vgl. die exemplarische Tabelle für die Universität Göttingen Margrit Rollmann: Der Gelehrte als Schriftsteller. Die Publikationen der Göttinger Professoren im 18. Jahrhundert. Diss. Göttingen 1988, S. 133. 283 Vgl. Schiewe: Sprachenwechsel – Funktionswandel – Austausch der Denkstile, S. 279. 284 Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 13. 285 In diesem Sinne argumentiert – ohne Nachweis der Zahlen – Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 151.
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nanderging, bis sie 1749 neu gegründet wurde, sollte vorsichtiger stimmen. Tatsächlich konnten nur 18 Werke mit direktem Bezug zur Deutschen Gesellschaft ermittelt werden, unter denen acht Manuskripte zudem unpubliziert blieben. Eine Führungsrolle dieser zunächst instabilen Gründung im sprachlichen Übergang darf für diese Momentaufnahme daher bezweifelt werden. Dass es sich beim Vordringen des Deutschen um ein Verdienst der Deutschen Gesellschaften handelte, sollte also cum grano salis betrachtet werden. Angemessener dürfte es sein, diese Sozietätsbewegung sowohl als Ursache als auch als Folge dieser Entwicklungen anzusehen. Sie griff gedankliche Strömungen und organisatorische Vorbilder auf, um dem Vordringen des Deutschen ein Forum der Selbstverständigung und einen institutionellen Rahmen zu geben. Sie lag im Trend und stärkte ihn so. Als Bilderstürmer freilich können die Deutschen Gesellschaften nicht betrachtet werden. Allem Eifer für die deutsche Sprache zum Trotz gilt auch für sie, „dass die traditionelle Gelehrtensprache, trotz ihres immer wieder betonten massiven Bedeutungsschwunds, während des ganzen 18. Jahrhunderts ein beachtenswertes Medium wissenschaftlicher Kommunikation, namentlich vieler Repräsentanten der Aufklärung, blieb“.286 Das Ziel der Sozietätsbewegung – eine Aufwertung des Gelehrtenstandes – sollte sprachlich dadurch erreicht werden, dass sich die Gelehrten mit der Verwendung des Deutschen breiteren Einfluss sichern wollten. Dies erweiterte letztlich das Profil mehr, als dass es dessen völlige Änderung bewirkte. Gottscheds Biedermann „versteht verschiedene alte und neue Sprachen, liebet aber keine mehr, als seine Muttersprache“.287 Mit einer deutschsprachigen Gelehrsamkeit sollten eher neue Wirkungsräume erschlossen, als die alten aufgegeben werden. Die Etablierung des Deutschen als gelehrte Sprache vollzog sich so weder in den Programmatiken noch in den Praktiken als radikaler Bruch, sondern als langsamer Prozess der Ergänzung und partiellen Ersetzung des Lateinischen, der am Ende des 18. Jahrhunderts von einem Abschluss weit entfernt war.
4.2.3 Gesellenstücke oder Meisterwerke? Wenn die Ausarbeitungen der Gesellschaftsmitglieder in den Sitzungen vorgetragen und der Kritik der Zuhörerschaft unterworfen wurden, sollten damit nicht nur regelgerechte, sondern auch ansprechende Texte entstehen. Friedrich Wilhelm Ellenberger verkündete den Anspruch, „daß die schönen Wissenschaf-
|| 286 Marti: Frühneuzeitliches Disputationswesen, S. 35. 287 Johann Christoph Gottsched: Biedermann, zit. nach: Grimm: Letternkultur, S. 252.
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ten der Gelehrsamkeit und Gründlichkeit ein einnehmendes und beliebtes Kleid ertheilten, daß sie Gelehrte und Ungelehrte mit Anmuth erfülten, und daß dadurch das Trockene in der Gelehrsamkeit […] am besten könne vermieden werden“.288 Die Nachwelt allerdings hat ein geradezu vernichtendes Urteil über die Werke der Deutschen Gesellschaften gesprochen. Selbst der Gottsched-Biograph Gustav Waniek kanzelte die Oden der Leipziger Deutschen Gesellschaft mit der Bemerkung ab, deren Leser wandele „zwischen verfallenen litterarischen Gräbern“.289 Einige Werke wurden in der Rückschau sogar für Satiren gehalten.290 Diese Kritik späterer Epochen konnte auf negative Urteile aufsetzen, die schon früh und in zunehmendem Maße gegen Werke der Deutschen Gesellschaften gefällt wurden.291 Es klingt wie eine spöttische Antwort auf Ellenbergers „einnehmendes und beliebtes Kleid“, wenn Paul Gottlieb Werlhof, selbst Ehrenmitglied in Leipzig und Göttingen, urteilt: „The fellows do very well to stile themselves not the poetical Society. Their rimed Prose is very good German. Rimed as it is, and well mesured, it eats still like a very mean Prose, as Sir Hans’s Swineflesh, boiled, roasted, or broiled, eats still like Bacon.“292 In den eigenen Reihen war man sich immer klar darüber, dass die eigenen Hervorbringungen oft hinter den Möglichkeiten zurückblieben. Johann Ernst Basilius Wiedeburg gestand seinen Zuhörern gegenüber ein: „Wahrheit ist’s, daß die Sammlungen der Produkte derselben kein günstiges Vorurtheil vor diese Institute selbst geben - - Die Verbrechens Leiber liegen ja da!“293 Selbst auf der Ebene der studentischen Mitglieder führte die Qualität der eingereichten Arbeiten zu Frustrationen: „Bisweilen wird es mir entsetzlich sauer eine Ausarbeitung durchzulesen, und einige sind so schlecht und unordentlich geschrieben, daß ich sie gar
|| 288 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 72f. 289 Waniek: Gottsched, S. 90. Ähnlich urteilte der Verfasser einer Dissertation über die Bremische Deutsche Gesellschaft über deren Werke, sie seien „nichts als nachahmende, nachempfindende Dilettantenpoesie, die uns hier überall entgegentritt“. – Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 48. 290 Vgl. Christoph u. Gabriele Suhre: Regionalgeschichtliche und literaturgesellschaftliche Verhältnisse. Dargestellt an Vergleichen Geras und Jenas zwischen 1725 und 1750. Diss. Erfurt u. Mühlhausen 1983, S. 184–187. 291 Vgl. Kap. 6.6 Integrieren. 292 Paul Gottlieb Werlhof an Albrecht von Haller, den 1. Februar 1737. In: Paul Gottlieb Werlhof’s Letters to Albrecht von Haller. Hg. v. Otto Sonntag. Basel 2014, S. 513. 293 Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften, S. 25. Vgl. auch die Selbsteinschätzung von Friedrich Karl von Strombeck: Darstellungen aus meinem Leben und meiner Zeit. Bd. 1. Braunschweig 1833, S. 60: „Alles dieses ist verloren gegangen, und war auch – obwohl ich jetzt diesen Verlust sehr beklage – in literarischer Hinsicht des Aufbewahrens wenig wert.“
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[nicht] lesen kann.“294 Probleme mit der Qualität der vorgelegten Texte bestanden also nicht allein für einen auf hohe Literatur geeichten Leser, sondern wurden auch von den Zeitgenossen,295 ja selbst innerhalb der Gesellschaft wahrgenommen und thematisiert. Sie flankierten und verstärkten zudem die Unzulänglichkeiten, die sich für die gesellschaftliche Tätigkeit aus dem Ausbleiben vieler geforderter Arbeiten ergaben. Untätigkeit und Unfähigkeit scheinen sich in einem solchen Szenario die Hände zu reichen und die Missachtung und das Vergessen dieser Sozietäten nachträglich zu rechtfertigen. Doch eine solche Sichtweise verkennt nicht allein, dass es neben faulen und unbegabten Mitgliedern unstrittig auch engagierte und talentierte gab. Ignoriert wird überdies, dass viele Gesellschaften das Problem sehr wohl erkannten, diskutierten und entsprechende Maßnahmen zu deren Behebung trafen. Strafgelder wie die für ausbleibende Arbeiten konnten für schlechte nicht verfügt werden. Schon die Struktur der gesellschaftlichen Sitzungen aber war wesentlich darauf ausgerichtet, die Qualität des vorgelesenen dichterischgelehrten Rohlings zu veredeln. Der Vortragende war gehalten, sich mit der geäußerten Kritik produktiv auseinanderzusetzen, und viele Gesellschaften institutionalisierten die Kritik nicht nur in den Sitzungen selbst, sondern auch in den Umläufen. In der Altdorfer Deutschen Privatgesellschaft löste dies ausufernde Diskussionen aus, so dass zu einzelnen Vorträgen nicht nur deren Rezension, sondern auch Repliken und Dupliken überliefert sind.296 In Erlangen erwies sich Johann Heinrich Merck als fleißiger schriftlicher Kritiker.297 Besserung durch wechselseitige Kritik war für die Deutschen Gesellschaften der Kern ihres ‚Qualitätsmanagements‘. Stellte sich heraus, dass zu wenige brauchbare Kritiken einliefen, bot sich eine ganze Palette von Maßnahmen an. Zunächst konnte man Verantwortlichkeiten schaffen und einzelne Mitglieder als leitende Kritiker verbindlich festlegen. Am Gymnasium in Bremen bei-
|| 294 Georg Christian Wagner in einem Helmstedter Zirkular um 1755, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 150. 295 Vgl. bspw. Christoph Martin Wieland an Johann Christian Volz, den 2. Juni 1752. In: Wielands Briefwechsel. Bd. 1. Hg. v. Hans Werner Seiffert. Berlin 1963, S. 82f.: „Es könnte zwar gut scheinen, daß so viele junge Studirende, sonderl. Personen vom Stande, in sie gezogen werden, und zum mindesten einigen Geschmack an dem Schönen in den Wissensch. u: Künsten bekommen; allein die Menge junger mittelmäßiger Poeten u: gekrönter Versemacher, welche sie uns gleich dem April, der eine Menge Ungeziefer ausbrütet, […] verdunkelt das gute gar sehr.“ 296 Vgl. Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 313. 297 Vgl. den Abschnitt „Diskussionsbeiträge in der Teutschen Gesellschaft zu Erlangen (1766)“ in Merck: Gesammelte Schriften. Bd. 1, S. 7–9. Weitere Diskussionsbeiträge anderer Mitglieder sind überliefert in: UA Erlangen, A1/20 Nr. 1c u. 1d.
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spielsweise begegneten die Statuten einem „Mangel der Kritiken“298 dadurch, dass der vorhergehende Redner eine schriftliche Kritik einreichen sollte. In Königsberg wählte der Redner einen Beurteiler aus, für dessen Handeln genau festgelegte Regeln galten.299 Die Helmstedter Deutsche Gesellschaft legte die Beurteiler namentlich im Voraus fest.300 In Gießen schaltete man die Kritik der vorzutragenden Stücke ihrer eigentlichen Präsentation vor; sie sollten dem Aufseher vorgelegt werden, „damit soviel als möglich ist, nur lesenswürdige Stücke die Versammlung unterhalten mögen“.301 Auch in Helmstedt scheint eine Art Vorkritik als Filter bestanden zu haben.302 Damit freilich ging für die Zuhörer sehr viel an potentieller Reibungsfläche verloren; dass sie mit Werken konfrontiert wurden, die in der vorgetragenen Fassung schon eine Billigung des Aufsehers gefunden hatten, dürfte zudem manche Kritik entmutigt haben. Ein anderer Weg war es, dem Beurteilungsverfahren mehr Zeit einzuräumen; als in der Jenaer Gesellschaft zusehends „verschiedene Arbeiten so ausfielen, daß sie der Gesellschaft bey den Zuhörern eben die gröseste Ehre nicht brachten, […] ward schriftlich berathschlaget“303 und die Fristen zum Einreichen auf vierzehn Tage hochgesetzt, um eine gründlichere Kritik gewährleisten zu können. Angesichts säumiger Einzelner wurde es allerdings zum Problem, die Umläufe mit den kritischen Bemerkungen aller Mitglieder zügig abzuschließen; in Erlangen liefen einzelne Manuskripte zwei bis vier Monate um.304 Auch die Übung von Kritik also erforderte Übung in Kritik. Eine weitere Komponente war die Auseinandersetzung mit Werken, die als mustergültig galten. Sich an Autoritäten abzuarbeiten, gehörte ohnehin zu den konstitutiven Momenten des gelehrten und dichterischen Betriebs. Die gesellschaftliche Lektüre und Diskussion bot die Möglichkeit, über stille oder kritiklose Bewunderung hinaus das Handwerk an ausgewählten Beispielen zu erlernen:
|| 298 Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XLIX. 299 Vgl. den Abdruck dieser Regeln bei Krause: Gottsched und Flottwell, S. 103. Zumindest im Falle von Zacharias Werner haben sich diese Gepflogenheiten auch bis Ende der 1780er Jahre erhalten. – Vgl. die Schilderung der kritischen Verfahren in der Gesellschaft bei Warda: Zacharias Werner. 300 Vgl. die Aufstellung der Beurteiler in: HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 278, 290. 301 Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 88f., § 13. 302 Friedrich Karl von Strombeck erwähnt, dass er sich dieser bei dem Professor Paul Jakob Bruns unterziehen musste. – Vgl. ders.: Darstellungen aus meinem Leben und meiner Zeit. Bd. 1. Braunschweig 1833, S. 59f. 303 Teutsche Gesellschaft Jena an die Universität, den 5. Oktober 1750, UAJ, A Nr. 1329, f. 5r. 304 Vgl. Hermann Bräuning-Oktavio: Johann Heinrich Merck, der Erlanger Student, und seine frühesten Kritiken aus dem Jahre 1760. In: Euphorion 46 (1952), S. 409.
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Da der gute Geschmack durch nichts so sehr Gefahr leidet als durch lauter eigene Ausarbeitungen und durch Anhörung gar zu vieler mittelmäßiger Stücke, so findet die Gesellschaft für gut, bei jeder Zusammenkunft den Geschmack an der Vorlesung eines auserlesenen Stücks aus den Alten zu schärfen. So machet sich ein jedes Mitglied der Ordnung nach bereit, aus einem alten griechischen und insonderheit aus einem lateinischen Schriftsteller, vornämlich aus einem alten Dichter etwas vorzulesen, zu erklären und die Schönheiten desselben zu entwickeln.305
Vertieft wurde diese Praxis noch dadurch, dass viele Mitglieder sich solche vorbildgebenden Werke zur Übersetzung vornahmen. Gottsched ging so weit, in seinen Kompendien Beispieltexte zu publizieren, die in gesellschaftlichen Debatten zuvor diskutiert und korrigiert worden waren und nun ihrerseits belehrend wirken sollten.306 Leuchtende Vorbilder und abschreckende Beispiele, Vorführung von Mustern und Kritik minderwertiger Texte sollten so im Wechselspiel das gelehrt-dichterische und das kritische Vermögen schulen und verbessern. Den Protagonisten der Gesellschaften dürfte von vornherein klar gewesen sein, dass die angewandten und perfektionierten Verfahren angesichts der kurzen Verweildauer der ordentlichen Mitglieder auf der Hochschule ihrem Wesen nach eine Sisyphusarbeit waren. Ein fester Mitgliederstamm, der über Jahre kontinuierlichen, koordinierten und konzentrierten Arbeitens hinweg ausgereifte Werke hätte erarbeiten können, war Utopie.307 Bescheidenheit war also angeraten. Gegenüber der Wachsenden Deutschen Gesellschaft erklärte sich die Vergnügte deutsche Gesellschaft in Bern: „Wir schätzen uns hiezu desto untüchtiger, da unsere Gesellschaft aus Anfängern besteht, welche aus bloßer Lehrbegierde sich öffentlich versammlen und nach und nach in den Wissenschaften vollkommener zu werden trachten.“308 Johann Gotthelf Lindner rechtfertigte die Fabrikate der wiedergegründeten Deutschen Gesellschaft in Königsberg in Anknüpfung an Horaz’ In magnis et voluisse sat est: „In wichtigen Unternehmungen ist der Wille schon gut, und bey Friedrichs Thaten heißt Stammeln – beredt seyn.“309
|| 305 Statuten der Bremischen Deutschen Gesellschaft, zit. nach: Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen, S. 45. 306 Vgl. Marti: Gottsched als Universitätslehrer, S. 285. 307 Vgl. die Zahlen zur Mitgliedschaftsdauer in Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz. 308 Vergnügte deutsche Gesellschaft an Wachsende deutsche Gesellschaft, den 24. Dezember 1743. In: Leo Weiß: Erwachende Schweizer Jugend im 18. Jahrhundert. In: Neue Zürcher Zeitung vom 5. Juni 1938, Bl. 6. Zurückgewiesen wurde ein regelmäßiger Briefwechsel mit Johann Jakob Bodmer. Vgl. auch Gottlieb Stolle an Johann Christoph Gottsched, Mai 1731. In: GBW 2, S. 227: „Unser Anfang ist schlecht, wir hoffen aber der Fortgang solle besser seyn.“ 309 Johann Gotthelf Lindner: Eröfnung. In: Feier des Königlichen Geburtstages und der er-
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Es waren allerdings immer wieder selbstbewusstere Töne zu vernehmen, und diese speisten sich aus einem anderen Selbstverständnis. Ebenso realistisch wie pragmatisch verstanden viele Leiter ihre Vereinigungen als Gesellschaften, die sich in den poetischen und rhetorischen Disziplinen übten und nicht in ihnen brillierten. Karl Gotthelf Müller, Senior der Teutschen Gesellschaft in Jena, strich diesen Charakter heraus, wenn er sagte: Die „Arbeiten der studirenden Mitglieder sind meistens Uebungen, durch die solche erst zu einer nöthigen Stärke nach und nach gelangen wollen; und die Gesellschaft erhält durch ihren Beytritt keine Meister in den Werken des Redners und Dichters“.310 Dass eine Deutsche Gesellschaft meist mit Lehrlingen begann und diese meist Lehrlinge blieben, haben ihr spätere Generationen als Zeichen des Scheiterns ausgelegt, und nur wenige haben ihren Charakter als Übungsgesellschaften zu würdigen gewusst.311 Abfällig äußerte sich der Berner Professor Samuel König gegenüber Johann Jakob Bodmer über die dortige Gesellschaft: „Die Furie gesellschaften zu machen ist wie der handwerker ihre Zunfte zu haben, damit die mittelmäßigen Meister, neben den excellirenden bestehen mögen“.312 Seine Polemik aber traf einen Kern der Sozietätsbewegung, rührte an ihr innerstes Selbstverständnis: Gelehrsamkeit und Dichtung waren für das Gros der Begründer wie der Mitglieder ein Handwerk, und „Wissenschaft war […] ein im Kreis der Gelehrten zunftmäßig verwalteter Gegenstand“.313 Meisterwerke blieben in der Regel aus, da bei der Aufnahme keine allzu strengen Kriterien angelegt wurden und viele Mitglieder nur kurz verweilten. Der Betrieb der Deutschen Gesellschaften zielte auf die eintretenden Lehrlinge, denen das gelehrte Hand-
|| neuerten Stiftung von der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen. Dritte Sammlung. Königsberg 1769, o.S. 310 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 25. Vgl. auch die Äußerung von Rudolf Wedekind in Göttingen: „Das Wesen einer solchen Gesellschaft, wie diese ist, und wie die übrigen von der Art alle sind, bestehet hauptsächlich in der Vereinigung einiger jungen Leute, die deswegen auf Universitäten sind, dass sie sich einen Vorrath von Gelehrsamkeit samlen, und mit diesem Geschäfte ihre wenigen und so flüchtigen als theuren Universitätsjahre zubringen sollen: und man fordert von ihnen, dass sie schon Gelehrsamkeit zeigen, dass sie schreiben, dass sie öffentliche Lehrer und Belustiger der Welt abgeben sollen! welche übereilete und unbillige Forderung!“ – Gottlieb Christoph Schmahling: Ilfelds Leid und Freude, nebst einer Vorrede Herrn M. Rudolf Wedekinds, worin von der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Göttingen eine vorläufige Nachricht ertheilet wird. Göttingen 1748, Vorrede, S. 5. 311 Vgl. dagegen Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 91, der die Kritik, die er als berechtigt ansieht, mit ihrem Charakter als Übungsgesellschaften zusammenbringt. 312 Samuel König an Johann Jakob Bodmer, den 27. August 1743, zit. nach: Mahlmann-Bauer: Berner Gallophilie und Germanophobie, S. 142. 313 Schiewe: Sprachenwechsel – Funktionswandel – Austausch der Denkstile, S. 278.
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werk mit Akzenten auf einen geänderten Habitus erst in seinen Grundzügen beigebracht werden musste. Wie viele Meister diese Übungen machten, ist kaum einzuschätzen, es darf aber davon ausgegangen werden, dass selbst weniger fleißige und begabte Mitglieder für Fragen der literarischen Kritik und Qualität zumindest sensibilisiert wurden und dafür in ihren späteren Berufen als Multiplikator dienten. Auch hier also gelang das, was als gelehrte hohe Leistung konzipiert war, an der akademischen Basis in der Breite.
4.3 Handeln durch Sprechen 4.3.1 Der Ansatz Vereinigungen wie die Deutschen Gesellschaften, die sich in ihren Satzungen der Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit verschrieben, wurden und werden an ihren Texten gemessen. Dass die Rezeptions- und die Forschungsgeschichte lange auf diesem Pfad wandelte und wandelt, verwundert also nicht. Ebenso wenig überraschend ist, dass die Reden und Schriften der Deutschen Gesellschaften recht schnell an Aufmerksamkeit einbüßten. Hinsichtlich ihrer ästhetisch-intellektuellen Substanz bieten die Texte freilich kaum Anlass, aus der Vergessenheit geholt zu werden. Als eine der wenigen Ausnahmen kann neben den von Gottsched herausgegebenen Beyträgen zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit Schillers Rede über die Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet angesehen werden, die dieser in einer öffentlichen Sitzung der Mannheimer Deutschen Gesellschaft hielt. Die meisten von Gottscheds heute noch bekannten Texten hat er nicht im Rahmen ‚seiner‘ Deutschen Gesellschaft publiziert. Die aus dieser Sozietätsbewegung hervorgegangenen Arbeiten versprechen somit wenig Lesevergnügen, können aber als Massenquellen vielseitiges Interesse beanspruchen. Wer sich die Regeln und Taktzeiten der gesellschaftlichen Texterstellung vor Augen hält, wird bei knapp 3000 Mitgliedern ein Vielfaches an Werken errechnen können. Da diese freilich nicht annähernd vollständig im Druck oder Manuskript erhalten, noch über andere Quellen dokumentiert sind, ist deren einstige Zahl nicht zu ermitteln. Ähnlich den Mitgliederzahlen, stehen außerordentlich dicht überlieferte Sozietäten neben solchen, von denen keine Arbeiten ihrem Titel nach bekannt sind. Unterschiedlich sind ebenso die Modi des Überlieferns; sie reichen vom vollständig im Druck oder als Manuskript erhaltenen Text bis hin zu dessen häufig vager Erwähnung in einem Protokoll oder Brief. In die Datenbank aufgenommen wurden alle in den Quellen ermittelten Werke, zu denen Daten fassbar waren; dass so zahlreiche anonyme oder undatierte Texte,
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häufig ohne aussagekräftige Titel, in der Gesamtmenge vertreten sind, wurde in Kauf genommen. Neben den in den Gesellschaften produzierten Werken sind auch solche in die Datenbank eingegangen, deren Verfasser sich als Mitglied einer oder mehrerer Deutscher Gesellschaften auf dem Titelblatt bezeichnen, keine Aufnahme fanden hingegen die in den Sitzungen verlesene Werke Dritter sowie Rezensionen von Schriften Deutscher Gesellschaften. Auf diese Weise konnten 4753 Titel314 in der Datenbank erfasst werden. Für Auswertungen unter den verschiedensten Fragestellungen und Forschungsansätzen bieten diese Erhebungen ein beachtliches Reservoir, das im Folgenden mit Blick auf den thematischen Schwerpunkt der Studie und der eingangs formulierten Fragen ausgeschöpft werden soll. Zunächst sind das die Geschichten der Disziplinen, denen sich die einzelnen Texte zuordnen lassen und dort zahlreiche Erkenntnisse vor allem über die populäre Rezeption der jeweils gängigen Paradigmata in Aussicht stellen. Eine befriedigende Einordnung dieser Textmassen in die Literatur- und Wissenschaftsgeschichte(n) ist hier allerdings nicht zu leisten. Der Fokus der Arbeit, die Deutschen Gesellschaften als eine Reformbewegung des Gelehrtenstandes zu deuten, lässt einen anderen Ansatz vielversprechend erscheinen. Gemeint ist die Theorie der Sprechakte des Philosophen John Langshaw Austin, der seine Aufmerksamkeit der Frage gewidmet hat, „was es alles bedeuten kann, daß etwas Sagen etwas Tun heißt; daß man etwas tut, indem man etwas sagt; ja dass man dadurch, daß man etwas sagt, etwas tut“.315 Texte und andere sprachliche Äußerungen werden so nicht als von ihrem Umfeld isolierte Produkte, sondern als gezielte Handlungen ihrer Urheber verstanden, die in ihrem Feld bestimmte Wirkungen erzielen wollen.316 Versteht man die Reden und Veröffentlichungen in diesem Sinne als Sprechakte der Gesellschaften, kann man diese als deren Versuche werten, sich im gelehrten Feld möglichst gut aufzustellen und in der
|| 314 In den besser überlieferten Deutschen Gesellschaften sind häufig sowohl die gedruckten Texte, die Manuskripte und ihre Erwähnungen in den Protokollen und anderen Quellen greifbar. Da alle verfügbaren Quellen in die Datenbank eingeflossen sind, können Werke unter verschiedenen Titeln und Bezeichnungen zwei- oder gar mehrmal vorkommen. Durch eine Gegenüberstellung der unter einem Autor bzw. einem Thema verzeichneten Titel einer Gesellschaft dürfte dieses Problem jedoch weitgehend ausgeräumt sein. 315 John Langshaw Austin: Zur Theorie der Sprechakte (How to do things with Words). Dt. Bearb. v. Eike von Savigny. Stuttgart 1972, S. 112. 316 Dass dieser Ansatz auch für Texte der Aufklärung fruchtbar gemacht werden kann, hat Andreas Pečar am Beispiel der Werke Friedrichs II. von Preußen unter Beweis gestellt. – Vgl. ders.: Die Masken des Königs. Friedrich II. von Preußen als Schriftsteller. Frankfurt u. New York 2016.
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Folge den Gelehrtenstand selbst aufzuwerten. Zu fragen ist also weniger nach den wissenschaftlich-literarischen Qualitäten und Implikationen einzelner Texte, sondern danach, wie die einzelnen Mitglieder und die Gesellschaften durch verwendete Gattungen, gewählte Themen, Präsentationsweisen und Publikationsstrategien als Individuum wie als Sozietät ihr Ansehen und ihren Einfluss aufbauen und ausbauen wollten.
4.3.2 Gattungen Als die Deutsche Gesellschaft in Göttingen sich gedrängt fühlte, mit eigenen Publikationen hervorzutreten, ventilierte man die Frage, mit welcher Textgattung man am besten den Anfang mache: „Einige hielten es vor guth, zuerst lauter Uebersetzungen, andere aber wollten lieber einen Band von allerley Arten der Poesien liefern. Der Herr Präsident aber hielt davor, den Anfang mit Critischen Beyträgen zu machen […].“317 Letztlich entschied sie sich für einen „Band von poetischen Proben“.318 Die Heterogenität der diskutierten Textformen jedenfalls erweist: Es stand den Sozietäten eine breite, im Wesentlichen heute noch gebräuchliche Palette von Textgattungen zu Gebote. Klassische gelehrte Formate wie Abhandlungen oder Rezensionen standen neben Gedichten, Theaterstücken und Erzählungen, deren Erforschung die Literaturgeschichte älteren Stils fast ausschließlich in Anspruch nahm. Eine wichtige Rolle spielten außerdem Gelegenheitsschriften und Übersetzungen. Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaften standen also stets vor der Wahl, welche Gattungen zu bevorzugen wären. Deren Verwendung war allerdings nicht einfach in die Hände des gelehrt-dichterischen Eigensinns der Mitglieder gelegt oder den Erfordernissen des Themas abgelauscht. Mit der Wahl von Gattungen verortete man sich stets in einer literarischen und sozialen Hierarchie, und dies konnten und wollten die Deutschen Gesellschaften in ihrem gelehrten Profilierungswillen natürlich nicht ignorieren. In Rechnung zu stellen waren freilich einige Rahmenbedingungen. Die Länge der in Sitzungen vortragbaren Texte war begrenzt; ein Vorlesen in Fortsetzungen war zwar grundsätzlich möglich und wurde zuweilen auch praktiziert,319 vertrug sich aber schlecht mit der Anforderung, dass jeder gleichberech-
|| 317 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 81. 318 Ebd., f. 82. 319 Anton von Klein las in den letzten protokollierten Jahrgängen bspw. die Beiträge für ein biographisches Sammelwerk seines Verlags über mehrere Sitzungen verteilt vor. – Vgl. MAR-
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tigt zum Vortrag kommen solle. Der häufige Charakter einer Übungsgesellschaft wies in eine ähnliche Richtung. Längere, komplexere und anspruchsvollere Arbeiten drohten, die zeitlichen Möglichkeiten der Studenten und Gymnasiasten sowie deren geringe schriftstellerische Versiertheit zu überfordern und die ohnehin bestehenden Qualitätsprobleme320 weiter zu verschärfen. Dem stand der Anspruch entgegen, auch und gerade auf den Gattungsfeldern aufzutreten, auf denen gelehrt-literarische Anerkennung winkte. Johann Christoph Gottsched entwickelte ein ehrgeiziges Programm. Hatte noch die Leipziger Teutschübende Gesellschaft alle seinerzeit gängigen Gattungen verwendet,321 so legten die neuen Satzungen zu vermeidende und zu bevorzugende Textsorten detailliert fest. Unter den Prosagattungen nannten sie zahlreiche gelehrte Kleinformen wie Briefe, „kleine Reden, allerley Briefe, kurze Ubersetzungen“.322 Unter den poetischen Gattungen waren in großer Breite „Heroische Lobschriften, Elegien, Briefe, Satyren, Schäfergedichte, Oden, Cantaten, Serenaten, Sonnette, Sinngedichte und Uberschriften“323 angeführt. Dieser Katalog gewinnt erst Kontur, wenn man ihn mit dem unmittelbar folgenden Negativkatalog konfrontiert, der „Chronosticha, Acrosticha, Anagrammata, Sechsstinnen, Quodlibete, Ringel-Reime, Bilder-Reime, mit Wortspielen angefüllte SinnGedichte, und andere dergleichen Poetische Mißgeburten […] aus der Gesellschaft gänzlich verbannet“324 wissen wollte. Die polemische Abgrenzung erfolgte also keineswegs nach oben gegenüber den traditionell als ‚hohe‘ Dichtung und Prosa geltenden Textsorten, sondern nach unten gegenüber populären Sprachspielen und Stegreifformen – ganz im Stile einer Vortragspraxis, die auf festgeschriebene Arbeiten im doppelten Wortsinne setzte, und im Sinne eines Literaturverständnisses, dem es fremd war, ‚dem Volk aufs Maul zu schauen‘. Die Gesellschaft in Göttingen übernahm Gottscheds Aufstellung zunächst;325 ihre späteren Satzungen sahen jedoch davon ab, Gattungen vorzuschreiben. Es waren also in erster Linie die ehrgeizigen Bestrebungen nach einer Art Akade-
|| CHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 7–9. Jakob Wilhelm Blaufuß las 1750 in Jena sein Trauerspiel Brutus. – Vgl. ThULB, Ms. Prov q 78, f. 76. Johann Ludwig Schlosser trug 1758 ein Schauspiel in der Teutschen Gesellschaft Jena vor. – Vgl. ders.: Nachricht an das Publicum betreffend des Hamburgischen Herrn Pastors und Senior Herrn Johann Melchior Goeze theologische Untersuchung der Sittlichkeit der heutigen teutschen Schaubühne. Hamburg 1769, S. 2. 320 Vgl. Kap. 4.2.3 Gesellenstücke oder Meisterwerke? 321 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 77f. 322 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 14, § XV. 323 Ebd., § XIII. 324 Ebd., § XIV. 325 Vgl. den Abdruck der Statuten bei Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 12.
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mie der deutschen Sprache und Literatur im Fahrwasser Gottscheds, die bestimmte Arten von Texten als verbindlich erklärten. Soweit freilich die Theorie – wie aber stand es um die tatsächliche Praxis? Inwieweit setzten die Deutschen Gesellschaften die von Leipzig aus verkündeten Literaturideale auch wirklich um? Eine umfassende und verlässliche Antwort lassen die häufig nur ihrem Titel und nicht ihrer Gattung nach bekannten Werke nicht zu;326 lediglich an zwei, für die Fragestellungen dieser Arbeit relevanteren Beispielen soll, soweit es die überlieferten Werke und Daten erkennen lassen, eine Antwort versucht werden. Vor der eigentlichen Gattung stand die Frage, ob die Arbeit in gebundener oder ungebundener Rede, in Poesie oder Prosa abzufassen wäre. Beides wollten die Leipziger Satzungen in ihren Reihen vertreten wissen, nicht ohne allerdings den Nutzen der Gelehrten für das Gemeinwesen aus den Augen zu lassen: „Ein großes Land kann sich mit wenig Poeten behelfen; aber ie mehr gut Prosaische Scribenten es hat, desto besser ist es.“327 In der eigenen Praxis hielten sich beide Formen allerdings durchaus die Waage:
|| 326 Eine Analyse der verwendeten Gattungen für die Hamburger Teutschübende Gesellschaft unternimmt Schröder: Michael Richey, S. 204f. Es ist jedoch problematisch, von den Ergebnissen dieser frühen und anders als die meisten und größeren Deutschen Gesellschaften zusammengesetzten Gründung auf die gesamte Sozietätsbewegung zu schließen. 327 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 23. Vgl. auch für die Berner Deutsche Gesellschaft: Uriel Freudenberger an Jakob Christoph Beck, den 2. April 1740. In: Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 170: „Um die Dichtkunst bekümmern wir uns nicht viel […].“
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Sowohl in Leipzig als auch in den Deutschen Gesellschaften insgesamt herrschte ein Nebeneinander von Poesie und Prosa,328 ein Entweder-oder wurde offenkundig weder angemahnt noch je praktiziert. Erfolgreich scheinen die Leipziger Vorschriften auch darin gewesen zu sein, die volkstümlicheren poetischen Kleinstformen aus der gesellschaftlichen Textproduktion zu verbannen; dass sie in den Überlieferungen nicht nachzuweisen sind, muss allerdings nicht bedeuten, dass sie nicht vereinzelt vorkamen. Vorherrschend waren auf jeden Fall in Prosa verfasste Abhandlungen, die von einfachen Eintritts- und Abschiedsreden mit thematischem Bezug bis zu umfänglichen gelehrten Abhandlungen reichen konnten. Diese versprachen neben einer leichteren Herstellbarkeit scheinbar auch einen größeren Nutzen, sowohl für die eigene Produktivität im Studium als auch für die Nützlichkeit der gesamten Gesellschaft. Dass sich gebundene und ungebundene Rede dennoch einigermaßen die Waage hielten, ist nicht zuletzt einer Spielart der Poesie geschuldet, die in der gesamten Frühen Neuzeit ebenso beliebt wie hinterfragt war, der Kasuallyrik.329 Diese Dichtung begleitete wichtige biographische Ereignisse ihrer Adressaten und war aus der literarischen Kommunikation der Vormoderne nicht wegzudenken. Ihr Erfolg ist schon an ihrem massenhaften Vorkommen ablesbar, das erst nach und nach wieder in das Bewusstsein der Literaturgeschichte rückt.330 Diese Omnipräsenz rief aber auch Kritiker auf den Plan, in deren Augen sie „heutiges Tages größtentheils zu einem Staats- und Gewohnheits=Werck geworden“.331 In ihre Reihen stellte sich auch Gottsched und die Leipziger Deutsche Gesellschaft, deren Statuten „keine gemeine Hochzeit= und andere dergleichen Verse“332 vorgetragen wissen wollten. Viele Mitglieder dürften die kritischen Diskussionen über dieses Genre verfolgt haben, vereinzelt finden sich sogar Spuren einer solchen Diskussion: So nahm die Deutsche Gesellschaft in Greifswald eine Satire, Die Glückseligkeit der Hochzeitdichter333, in ihr Periodikum Critischer Versuch zur Aufnahme der
|| 328 Darüber hinaus ist in vier Fällen eine Verwendung von Mischformen belegt. 329 Vgl. zu diesem Themenkomplex Wulf Segebrecht: Das Gelegenheitsgedicht. Ein Beitrag zur Geschichte und Poetik der deutschen Lyrik. Stuttgart 1977; Rudolf Drux: Art. Gelegenheitsgedicht. In: HWRh 3 (1996), Sp. 653–667; Stefanie Stockhorst: Art. Gelegenheitsdichtung. In: EdN 4 (2006), Sp. 354–362. 330 Vgl. bspw. das seit 2001 erscheinende 31bändige Handbuch des personalen Gelegenheitsschrifttums in europäischen Bibliotheken und Archiven oder die Tätigkeit der Marburger Forschungsstelle für Personalschriften. 331 Rohr: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschaft der Privat-Personen, S. 667. 332 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 14, § XII. Vgl. auch: Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 21, § 15. 333 Marx Wünschler: Die Glückseligkeit der Hochzeitdichter. So bündig, daß eine Demonstra-
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deutschen Sprache auf und Jakob Wilhelm Blaufuß trug 1748 in Jena eine Abhandlung mit dem Titel Gelegenheitsgedichte verderben nicht den Geschmack334 vor. Von Anfang an aber waren solche Werke fest in der dichterischen Praxis verankert. Unter 363 bekannten Dichtungen der Deutschen Gesellschaft Leipzig können 304 und somit 84% als Gelegenheitsgedichte eingestuft werden. Der Blick auf die Gesamtheit der von Deutschen Gesellschaften nachgewiesenen Titel bestätigt die wichtige Rolle der Casualcarmina. Von insgesamt 1670 ermittelten Werken in gebundener Sprache konnten 862, also über die Hälfte, einem konkreten biographischen Anlass zugeordnet werden. Schon die in weiten Teilen unvollständige Überlieferung der Titel legt nahe, einen noch größeren Anteil von Kasuallyrik anzunehmen,335 die damit entgegen den ursprünglichen Intentionen die lyrische Praxis in den Gesellschaften dominierte. Nicht wesentlich anders gestaltet sich das Bild der Werke in Prosa. Dort sind mit 892 von 2864 Werken 31% erkennbar anlassgebunden, und auch hier dürfte von weit mehr derartigen Werken auszugehen sein. In Hamburg eröffnete eine Kasualproduktion die Reihe der gesellschaftlichen Dichtungen. Schon in einer der ersten Sitzungen hatte man „verabredet, daß, wenn iemand aus unserm Mittel Ehren=Freuden oder Trauer=Fälle begegnen sollten, als dann ein ieder gehalten seyn wolle in Teutschen Versen etwas gutes, ob gleich nur Kurtzes, darauf zu verfertigen, welches dann zusammen auf gemeine Unkosten der Gesellschaft gedruckt werden solle“.336 Auf den Tod der Tochter von Barthold Heinrich Brockes dichtete Samuel Triewald ein Schuldigstes Beileid, das als erstes in einer Deutschen Gesellschaft entstandene Werk den Weg unter die Druckerpresse fand.337 Diese prominente, ja dominierende Stellung von Gelegenheitsproduktionen trotz weit verbreiteter Kritik verlangt nach einer Erklärung. Zunächst ist mit Blick auf den Produktionsaufwand festzuhalten, dass solche Werke nach Um-
|| tion daraus könnte gemacht werden. In: Critischer Versuch zur Aufnahme der deutschen Sprache. Bd. 2 (1744), S. 331–356. 334 Vgl. Protokolleintrag vom 6. Juli 1748, ThULB, Ms. Prov q 78, f. 72. 335 Dies legt auch der weitaus höhere Anteil von Kasuallyrik in Leipzig nahe, wo die überwiegend gedruckten Werke ihren Anlass regelmäßig benennen. 336 Protokolleintrag vom 16. März 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 11. Vgl. auch Krieger: Patriotismus in Hamburg, S. 107, sowie Anna Linton: Poetry and Parental Bereavement in Early Modern Lutheran Germany. Oxford 2008, S. 63–67. 337 Schuldigstes Beileid Über Das frühzeitige Absterben Des erstgebohrnen und einzigen Töchterleins S.T. Herrn Barthold Heinrich Brockes/Beider Rechten Licentiaten/Als ihres wehrtesten Mitgliedes/abgestattet Von der Teutsch-übenden Gesellschafft/Und/Mit Beybehaltung der Reim-Schlüsse/beantwortet Von Obbenanntem Mitgliede B.H. Brockes, Exemplar mit handschriftlichen Ergänzungen und Urfassungen, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 2° 4c.
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fang und Machart recht schnell von der Hand gegangen sein dürften – nicht zuletzt konnten viele Studenten daran anknüpfen, dass Kasualdichtung immer auch fester Bestandteil des frühneuzeitlichen Schulunterrichts war und man daher schon früh mit ihr in Berührung kam. Als sicherlich wichtigster Grund für ihre Omnipräsenz ist indes die Wichtigkeit anlassbezogener Textproduktion zum Ziel der Deutschen Gesellschaften anzunehmen, gelehrtes Handeln im gesellschaftlichen Kontext aufzuwerten. Es war ihre konsequente Bezogenheit auf das gesellschaftliche Umfeld, die die von manchen so verachtete Kasualpoesie für ihre Verwendung durch ambitionierte Gelehrte geradezu prädestinierte. Ein Gelegenheitsgedicht „muß im Hinblick auf seine äußere Gestalt, seine Sprache, seinen Inhalt und seine Absicht allgemein zugänglich und öffentlich sein“.338 Für die Zuhörer musste es nicht nur unmittelbar verständlich, sondern auch grundsätzlich ‚im Eigenbau‘ herstellbar sein. Dem gesellschaftlichen Programm, Gelehrsamkeit zu mehr Präsenz und Relevanz zu führen, war Kasualdichtung damit auf den Leib geschnitten. Literatur war eine Domäne der litterati, auf der diese ureigenste Kompetenzen ins Feld führen konnten, um größere Publizität zu erlangen. Der Verbreitung literarischer Produkte sekundierten nicht nur Medien wie vergleichsweise günstig herzustellende Einblattdrucke, sondern auch der sukzessive Wechsel von lateinischen zu deutschsprachigen Druckwerken, womit ein breiteres Publikum angesprochen werden konnte.339 Im höfisch-politischen Raum waren Gelegenheitsgedichte seit jeher ein probates Mittel, um Aufmerksamkeit zu generieren.340 Dass stattliche 332 an fürstliche Personen adressierte Werke ermittelbar sind, muss also nicht weiter überraschen. Aus Sicht des individuellen Mitglieds kam die Möglichkeit hinzu, sich mit solchen Gedichten bei ‚wichtigen‘ Personen als aufmerksamer Klient und begabter Anwalt oder Prediger zu empfehlen.341 Zahlreiche Statuten garantierten ihren Mitgliedern, zu wichtigen Anlässen eine Gelegenheitsdichtung aus gesellschaftlicher Feder zu erhalten342 – und viele
|| 338 Segebrecht: Gelegenheitsgedicht, S. 76. 339 Gottsched selbst, der im Kontext der Deutschen Gesellschaften nicht weniger als 49 Gelegenheitsgedichte verfasste, sah die Massenhaftigkeit als Möglichkeit an, auch breitere Schichten mit Poesie in Bekanntschaft zu bringen. – Vgl. ebd., S. 264f. 340 Vgl. Heldt: Der vollkommene Regent. 341 „Solange sozialer Aufstieg nur über persönliche Empfehlung möglich ist, solange zu vielen Ämtern, namentlich Predigerstellen die Zustimmung des Patrons, also Patronage erforderlich ist, solange kann auch ein Gedicht als Begabungsnachweis dienen und dem Verfasser Beachtung, Gönner, Patronage verschaffen.“ –Bosse: Dichter kann man nicht bilden.: , S. 211. 342 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 7, Besondere Einrichtung, § 7; Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 16, Dritte
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Mitglieder forderten dies auch ausdrücklich ein.343 Vorauseilend wies Heinrich Richard Märtens Gottsched eigens auf den Regierungsantritt Herzog Ludwig Rudolphs von Braunschweig-Lüneburg hin.344 In diesen kommunikativen Prozessen mischten sich Reputationsgewinn, Kontaktpflege und Gabentausch mit den Mechanismen von Klientel und Patronage, wie sie für die Gesellschaften ebenso virulent wurden345 wie für die angehenden Juristen und Theologen.
4.3.3 Themen „Und was kömmt endlich mit den Absichten einer deutschen Gesellschaft genauer überein, als critische Untersuchungen, welche die deutsche Sprache, Dichtkunst und Beredsamkeit betreffen!“346 Diese geradezu tautologisch anmutende Frage in der ersten Nummer der Critischen Versuche nimmt ihre Antwort schon vorweg. Über weite Strecken ist die Sekundärliteratur vor allem aus germanistischer Perspektive dieser Spur gefolgt und hat diese Sozietätsbewegung so für die Geschichte der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft vereinnahmt mit durchaus naheliegenden Gründen. Verengt eine solche Praxis jedoch nicht eher den Blickwinkel? Gerade vor dem Hintergrund dessen, was bereits etwa über die Ziele einer Habitusänderung oder die Zusammensetzung und gelehrte Kompetenzen der Mitgliederschaft vorgetragen wurde, scheint es ratsam, die in den Sitzungen tatsächlich behandelten Themen eingehender zu betrachten.
|| Abt., § XXIX; Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 34, § XIV; Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. VIII, § 11; Grundregeln der Deutschen Gesellschaft in Göttingen von 1738, Dritte Abteilung, § 29f. In: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 16f. 343 So äußerte der Baron Martin Zacharias Wanckel von Seeberg noch dreizehn Jahre nach Gottscheds Austritt aus der Leipziger Deutschen Gesellschaft den Wunsch, ein Gedicht auf seine Promotion zu erhalten. – Vgl. Martin Zacharias Wanckel an Johann Christoph Gottsched, Wien, den 20. April 1751. In: Bleyer: Gottsched hazankban, S. 119; Heinrich Richard Märtens wünschte sich von Gottsched erfolgreich ein Glückwunschgedicht der Gesellschaft auf die Erlangung des Seniorats im Kloster Michaelstein. – Heinrich Richard Märtens an Johann Christoph Gottsched, den 9. April 1731. In: GBW 2, S. 39f.; Justus Israel Beyer forderte dies ebenfalls, ohne dass ein solches Gedicht nachweisbar wäre. – Vgl. Justus Israel Beyer an Johann Christoph Gottsched, den 21. März 1738. In: GBW 5, S. 63. 344 Vgl. Heinrich Richard Märtens an Johann Christoph Gottsched, den 9. April 1731. In: GBW 2, S. 41. 345 Vgl. Kap. 6.3 Protegieren. 346 Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S.
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Die gesellschaftlichen Satzungen gaben zwar häufig die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit vor, wirkliche inhaltliche Bestimmungen wurden damit jedoch nicht getroffen, da eine solche Sprachpflege ja auch dann praktiziert wurde, wenn man sich beispielsweise zum Ziel nahm, eine Predigt in einem regelgerechten Deutsch abzufassen. In Basel stand die Themenwahl den Mitgliedern ausdrücklich frei und durfte sich an deren sonstigen Tätigkeiten und Interessen orientieren.347 Präzise Festlegungen betreffen lediglich den Ausschluss theologischer Streitigkeiten. Diese, häufig erbittert geführten Auseinandersetzungen liefen dem Ziel einer freundschaftlich geprägten Diskussionskultur zuwider und drohten, Gesellschaften mit Mitgliedern verschiedener protestantischer Bekenntnisse zu sprengen.348 In Anhalt-Bernburg etwa sahen die Satzungen vor, „daß bei der Anhaltischen Kirchengeschichte keine polemischen Sachen mit unterlaufen“.349 Damit grenzte deren Verfasser Johann Ludwig Anton Rust ein Themenfeld aus, das im refomiert und lutheranisch gemischten Anhalt-Bernburg seit jeher ein Minenfeld war,350 und dessen Behandlung die Gesellschaft in ein schwieriges Fahrwasser gebracht hätte. Die programmatischen Schwerpunkte lagen in den Deutschen Gesellschaften auf dem, was heute gemeinhin als Sprach- und Literaturwissenschaft firmiert, und die bekannteren Veröffentlichungen aus der Zeit legen es durchaus nahe, die Tätigkeiten der Deutschen Gesellschaften als „early philological and literary studies“351 anzusehen. Gerade in den ersten Jahren der Sozietätsbewegung haben diese Themen auch eine maßgebliche Rolle in deren schriftstellerischen Praxis gespielt, was nicht weiter überrascht, waren sie doch zugleich Spiegelbild des allgemeinen Zeitgeists. Die Befassung mit der Muttersprache unter den verschiedensten Aspekten hatte nach 1700 regelrecht Konjunktur.
|| 347 Vgl. [Daniel Bruckner]: Anrede an die Deutsche Gesellschaft in Basel. In: [Ders.]: Versuch einer Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Basel 1748, o.S. 348 Auch in Akademien waren theologische Themen satzungsgemäß ausgeschlossen. – Vgl. Döring: Anmerkungen zur Bedeutung von Religion und Theologie, S. 15. 349 Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 14, § 3. 350 Vgl. bspw. Andreas Erb: Zwei Konfessionen, vier Parteien. Pfarrstreitigkeiten in Hecklingen (Anhalt) im Spannungsfeld von Landesherr, Gutsherr, Pfarrer und Untertanen (17./18. Jahrhundert). In: Brademann u. Taatz-Jacobi (Hg.): Konjunkturen Konfessioneller Differenz, S. 105–123. 351 Rauter: The Eighteenth-Century „Deutsche Gesellschaft“, S. 17. Vgl. auch Döring: Johann Christoph Gottsched und die deutsche Aufklärung, S. 398: „Wenn auch die ›Deutsche Gesellschaft‹ in Leipzig nicht alle ihre Ziele umsetzen konnte, vor allem nicht den Rang einer sozusagen nationalen Akademie zu erlangen vermochte, so steht sie doch am Beginn der neuzeitlichen Literaturwissenschaft in Deutschland.“
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Das Deutsche wurde in bislang ungewohntem Umfang behandelt, rückte dabei sogar in einen wissenschaftlichen Betrachtungszusammenhang: Fortan wurde es nicht nur gesprochen und ‚gepflegt‘, sondern auch seziert, systematisiert und reglementiert.352 Einer Befassung mit Sprache standen somit Wege in mehrere Richtungen offen – und die Deutschen Gesellschaften sind auch mehrere Wege gegangen. ‚Klassisch‘ waren sprachwissenschaftliche Studien im engeren gelehrten Sinne, wie sie die 1727 reformierte Deutsche Gesellschaft in Leipzig353 mit den Beyträgen betrieben und als Vorbild aufgestellt hatte.354 Da deren Ausgaben im Druck vorliegen, lassen sich die tatsächlichen Anteile der behandelten Themen präziser bestimmen. Von 839 ermittelbaren Titel sind 110 der Erforschung der Sprache, 162 der der schönen Literatur gewidmet.355 Noch heute wird den Beyträgen attestiert, dass sie „als erste germanistische Fachzeitschrift von großer Bedeutung für die Durchsetzung des Deutschen als Wissenschaftssprache war“.356 Die Critischen Versuche zur Aufnahme der deutschen Sprache, die die Deutsche Gesellschaft in Greifswald herausgab, wiesen ein ähnliches Themenprofil auf.357
|| 352 Vgl. Ulrich Knoop: Von einer verstehbaren zur richtigen Sprache. Zum sprachhistorischen Vorurteil über die deutsche Sprache vor 1700. In: Norbert Oellers (Hg.): Germanistik und Deutschunterricht im Zeitalter der Technologie. Selbstbestimmung und Anpassung. Bd. 2. Tübingen 1988, S. 407. 353 Für das bis dahin in Leipzig bestehende Collegium Poeticum gilt dies nicht. – Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 86. 354 Eine ausführlichere Darstellung für alle Deutschen Gesellschaften liefert Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 163–228. 355 Insgesamt sind von 4753 Titeln 312 Titel der Erforschung der Sprache und 882 der Erforschung der Literatur gewidmet. 356 Ball: Moralische Küsse, S. 100, mit Aufführung mehrerer anderer Würdigungen. Unter diesen ist die in der frühen Wissenschaftsgeschichte von Zygmunt von Łempicki hervorzuheben. – Sigmund von Łempicki: Geschichte der deutschen Literaturwissenschaft bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Göttingen 1920, S. 250–256. Vgl. zu dieser Zeitschrift eingehend die (allerdings ohne Hinzuziehung des seinerzeit als verschollen eingeschätzten Briefwechsels Gottscheds operierende) Dissertation von Fritz Struth: Gottscheds „Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ 1732–44. Ein Beitrag zur Würdigung seiner Verdienste um die Geschichte der deutschen Philologie. Diss. Marburg 1947; Detlef Döring: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache. Zum 275. Jahrestag der Herausgabe der ersten Fachzeitschrift für die deutsche Sprache und Literatur. In: Jubiläen 2007. Personen/Ereignisse. Hg. v. der Universität Leipzig. Leipzig 2007, S. 93–96. 357 Haase: Die „Königliche Deutsche Gesellschaft in Greifswald“, S. 27–58, dort, Anhang 2, auch eine Übersicht über die Themenkomplexe. Vgl. auch Ernst Zunker: Die Greifswalder wissenschaftlichen Zeitschriften und periodischen Veröffentlichungen. Ein Beitrag zur Universitätsgeschichte. In: Festschrift zur 500–Jahrfeier der Universität Greifswald 17.10.1956. Bd. 1.
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Eine gelehrte Befassung358 mit solchen Themen fand in den Deutschen Gesellschaften also statt, stieß aber schon aufgrund des studentischen Mitgliederstamms schnell an Grenzen. Projekte wie die Herausgabe der Jenaer Liederhandschrift blieben die Ausnahme.359 Zwar konnten sich 160 Mitglieder einen Platz in der Geschichte der Sprachwissenschaft sichern,360 ob die Mitgliedschaft in der Sozietät jedoch eher Ursache oder Folge ihres gelehrten Wirkens war, wäre für jeden Einzelfall noch zu untersuchen.361 Ungeachtet dessen sind umgekehrt weit über 90 % der Mitgliederschaft in keiner Weise als Sprachforscher in Erscheinung getreten, als Sprachakademien sind die Deutschen Gesellschaften also in keinem Fall anzusprechen. Davon unbeeindruckt, nutzte man freilich die Chancen, die das Zusammentreffen angehender Gelehrter aus verschiedenen Orten und Regionen bot, um den individuellen und gemeinsamen Sprachgebrauch zu konstatieren, zu dokumentieren und zu reflektieren. In Bern legte man dazu Materialsammlungen an, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgewertet werden sollten.362 Ein ebenso praktikables wie nützliches Feld eröffnete sich den Deutschen Gesellschaften mit der Sammlung von regionalspezifischen Wörtern, deren Publikation als Wörterbuch die Diskussionen über das ‚richtige‘ Deutsch auf eine empirische Grundlage stellen konnte. Zugleich demonstrierten sie den Reichtum der deut-
|| Greifswald 1956, S. 267: Thematisch behandelten die Periodika „zum größten Teil Fragen der Sprach- und Literaturgeschichte“. 358 Vgl. zur Diskussion der Frage, ob und inwieweit den Studien der Deutschen Gesellschaften Wissenschaftlichkeit zukomme, Döring: Die Anfänge der literatur- und sprachwissenschaftlichen Studien an der Universität Leipzig. 359 Vgl. Basilius Christian Bernhard Wiedeburg (Hg.): Ausführliche Nachricht von einigen alten teutschen poetischen Manuscripten aus dem dreyzehenden und vierzehenden Jahrhunderte welche in der Jenaischen akademischen Bibliothek aufbehalten werden. Jena 1754, Vorrede, o.S. Vgl. dazu auch den Briefwechsel in der ZB Zürich, Ms Bodmer 22.58. Vgl. dazu auch Jens Haustein: J und seine frühen Editionen. Mit einem Editionsanhang (B. Chr. B. Wiedeburg an J. J. Bodmer und J. J. Breitinger). In: Jens Haustein u. Franz Körndle (Hg.): Die Jenaer Liederhandschrift. Codex – Geschichte – Umfeld. Berlin u. New York 2010, S. 205–235. 360 Als Kriterium hierfür dient ein Eintrag aus: Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. Hg. v. Herbert E. Brekle, Hans-Jürgen Höller u. Helmut Weiß. Tübingen 1998–2005. 361 Diese 160 Mitglieder brachten es zu 266 Mitgliedschaften, unter denen mit 105 weniger als die Hälfte auf ordentliche Mitgliedschaften entfiel. Der überproportional hohe Anteil auswärtiger und Ehrenmitgliedschaften weist eher darauf hin, dass diese Mitgliedschaften in Anerkennung bereits geleisteter gelehrter Verdienste verliehen wurden. 362 „Bey uns werden indessen alle diese Verschiedenheiten angemerket und bis zu einer genauern Prüfung unentschieden in ein Buch getragen.“ – Gabriel Hürner an Johann Jakob Bodmer, den 29. Juni 1739, ZB Zürich, Ms Bodmer 2b.21.
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schen Sprache wie den ihrer regionalen Ausprägungen, was solchen regionalsprachlichen Wörterbüchern im 18. Jahrhundert im Allgemeinen und in den Deutschen Gesellschaften im Besonderen eine gewisse Konjunktur bescherte.363 Die Académie française stets im Blick, formulierten schon die Zeitgenossen unmissverständlich den Erwartungshorizont: Doch wollte ich wünschen, daß in den Teutschen Wörterbüchern die Worterklärungen [...] sonderlich aber der Provinzialwörter nicht vergessen müßte, dergleichen Arbeit ein Werk einer Teutschen Gesellschaft wäre, damit sie sich verewigen könnte. […] ich habe von allen unsern Teutschen Gesellschaften noch nichts gesehen, das den Bemühungen der einzigen Französischen Gesellschaft gleich käme.364
Einer solchen Aufmunterung bedurfte es freilich nicht. Schon Michael Richeys Idioticon Hamburgense, das erste Wörterbuch der hamburgischen niederdeutschen Stadtsprache,365 wurde nach Aussage seines Verfassers von der Hamburgischen Teutschübenden Gesellschaft auf den Weg gebracht.366 Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig hat ein Wörterbuch dem eigenen Bekunden nach „vor eine ihrer vornehmsten Schuldigkeiten gehalten“,367 und auch die Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena benannten 1730 gleich im ersten Artikel ein Wörterbuch als Ziel.368 Projekte wie diese ziehen sich fast wie ein roter Faden durch die Geschichte der Sozietätsbewegung. Belegt sind sie für Basel,369 Göttingen370 und Königsberg.371 Als Projektidee ‚wanderten‘ sie zuweilen sogar zwischen den || 363 Vgl. zu diesem Thema Walter Haas (Hg.): Provinzialwörter. Idiotikensammlungen des 18. Jahrhunderts. Berlin u. New York 1994. 364 Anonym: Untersuchung von dem Ursprunge des Teutschen Wortes: Stolz. In: Critische Bibliothek. Bd. 1 Stück 1 (1748), S. 33f. 365 Vgl. sowie Schröder: Michael Richey, S. 197. 366 Vgl. Richey: Idioticon Hamburgense, S. XIII. 367 Johann Christoph Gottsched und Johann Friedrich May an Peter Reichard Cramer, den 9. Januar 1730. In: GBW 1, S. 289. 368 Eine erste Beratung zu diesem Projekt hatte schon am 3. September 1729 stattgefunden. – Vgl. Leges membra acta et rationes societatis oratorie praeside M. Iohanne Andrea Fabricio, ThULB Ms. Prov. o 9, f. 25. Vgl. auch die Überlegungen zum Wörterbuch bei Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 23f. 369 Vgl. Johann Jacob Spreng: Drollingers Gedichte, Zuschrift, o.S. 370 Die Deutsche Gesellschaft Göttingen unternahm eine Sammlung mit dem Titel „Ein hundert solcher Wörter und Redensarten, so in Hannover besonders üblich sind“ – Vgl. die Auszüge bei Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 68f. 371 Bald nach der Gründung hielt Cölestin Christian Flottwell eine Rede über die Abfassung eines Wörterbuchs. Für die folgende Zeit verzeichnen die Protokolle rege Diskussionen, die jedoch schon 1744 abebben. – Vgl. die Auszüge der am 18. Dezember 1743 gehaltenen Rede bei Krause: Gottsched und Flottwell, S. 60f.
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Gesellschaften. So ist anzunehmen, dass der in den Statuten verankerte Vorsatz der Jenaer Filialgründung in Erlangen, ein Wörterbuch zu verfassen,372 auf das Vorbild in den Jenaer Satzungen zurückgeht. Bereits während seines Aufenthalts in Göttingen hatte Johann Lorenz Blessig, angeregt vom Wörterbuch der Bremischen Deutschen Gesellschaft, das Projekt eines elsässischen Idiotikons ins Auge gefasst.373 In der Straßburger Gesellschaft wurde es von Jakob Michael Reinhold Lenz aufgegriffen,374 aber nicht zu Ende geführt. Jeremias Jakob Oberlins Untersuchung des Patois Lorraine brachte ihm gar die Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft Bernburg ein.375 Dass die meisten dieser Vorhaben „bei der dafür ungeeigneten Mitgliederkonstellation nicht zustande“376 gekommen seien, wäre allerdings zu pauschal geurteilt. Mehrere Deutsche Gesellschaften haben Wörterbücher vorgelegt, die die Anerkennung nicht nur der Zeitgenossen fanden. Neben dem von der Teutschübenden Gesellschaft zumindest angeregten Idioticon Hamburgense ist das mehrbändige Bremisch-Niedersächsische Wörterbuch377 zu nennen. Unklar ist, inwieweit das von Georg Ernst Sigismund Hennig „im Namen der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg“ herausgegebene Preußische Wörterbuch auf die Arbeiten der Deutschen Gesellschaft zurückgeht.378 In Mannheim ging
|| 372 Vgl. Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. I, § 4; Wedel-Schaper: Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen, S. 256f. 373 Vgl. Carl Maximilian Fritz: Leben D. Johann Lorenz Blessig’s. Teil 1. Straßburg 1818, S. 69. 374 Dieser schrieb an Gottlieb Konrad Pfeffel mit der Bitte, Beiträge zu einem elsäßischen Idiotikon zu liefern. –Vgl. Jakob Michael Reinhold Lenz an Gottlieb Konrad Pfeffel, den 13. Oktober 1775, zit. nach: Lenz: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 940. 375 Vgl. Johann Ludwig Anton Rust an Jeremias Jakob Oberlin, den 2. September 1781, Bibliothèque nationale de France, Allemand 201, f. 136 (4). 376 So für Jena Marwinski: Fabricius, S. 96. 377 Eberhard Tilling: Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs, worin nicht nur die in und um Bremen, sondern auch fast in ganz Niedersachsen gebräuchliche eigenthümliche Mundart nebst den schon veralteten Wörtern und Redensarten in bremischen Gesetzen, Urkunden, und Diplomen, gesammelt, zugleich auch nach einer behutsamen Sprachforschung, und aus Vergleichung alter und neuer verwandter Dialekte, erkläret sind. 5 Bde. Bremen 1767–1771. – Vgl. dazu Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 85–93. Später wurde das Wörterbuch als die bedeutendste Leistung der Gesellschaft angesehen. – Vgl. Wilhelm Olbers Focke: Rückblick auf die Geschichte der Naturforschung in Bremen. In: Naturwissenschaftlicher Verein zu Bremen (Hg.): Festschrift zur Feier des 25jährigen Bestehens des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Bremen. Bremen 1889, S. 5f. 378 Preußisches Wörterbuch, worinnen nicht nur die in Preußen gebräuchliche eigenthümliche Mundart und was sie sonst mit der niedersächsischen gemein hat, angezeigt, sondern auch manche in preußischen Schriftstellern, Urkunden, Documenten und Verordnungen vorkommende veraltete Wörter, Redensarten, Gebräuche und Alterthümer erklärt werden, im Namen
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die dortige Gesellschaft so weit, nach ersten und vereinzelten Sammlungen von Dialektismen379 ein die Provinzen übergreifendes Dialektwörterbuch herauszugeben.380 Aus einer ihrer Preisfragen ging außerdem ein Synonymwörterbuch hervor, das auch später noch Beachtung finden sollte.381 Auch wenn diese lexikographischen Bestrebungen in Teilen in die Geschichte der Sprachwissenschaft eingegangen sind, zielten sie weniger auf ‚reine‘ Gelehrsamkeit als vielmehr anwendungsbezogen auf Sprachverbesserung.382 Diese wurde in erster Linie als Sprachreinigung gedacht.383 Dabei spielte der im 17. Jahrhundert betriebene und an der Wende zum 19. Jahrhundert dominant werdende Fremdwortpurismus384 eine eher geringe Rolle385 und beschränkte sich auf Einzelfälle. Das Deutsche etwa als Sprache in den Naturwissenschaften zu etablieren, erforderte eine muttersprachliche Fachterminologie. So formulierte Christian Gottlieb Ludwig in Leipzig die Anforderung, „daß es nöthig sey, die Botanik und ihre verschiedenen Kunstworte deutsch zu machen, auch daß dieses schon ein Werk vor die deutsche Gesellschaft sey“.386 In Mannheim beschäftigte sich die Gesellschaft mit Erforschung des Ursprungs dieser Wörter, der Verwandschaft, und Ahnlichkeit derselben mit den Hochdeutschen, mit Bemerkung der Neu-
|| der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg herausgegeben von G[eorg] E[rnst] S[igismund] Hennig. Königsberg 1785. Die Gesellschaft war erst 1783 von Hennig wieder ins Leben gerufen worden. 379 „Herr Vorsteher von Stengel versprach der Gesellschaft eine Sammlung baierischer Wörter, die neues Licht über die hochdeutsche Sprache verbreiten, derselben Reichthum vermehren, und zu wichtigen kritischen Untersuchungen Anlas geben sollen. Die Wörter vom Salzwesen allein machten schon ein beträchtliches Werk aus. Herr Schwan erinnerte, daß man darauf denken sollte, solche Sammlungen von jeder Provinz zu erhalten, wie sie schon von einigen vorhanden sind, um ein allgemeines Wörterbuch dieser Art zu Stande zu bringen.“ – Protokolleintrag vom Oktober 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 1, f. 5. 380 Deutsches Provinzialwörterbuch. Hg. v. Anton Klein. Frankfurt a.M. 1792. 381 Vgl. Marion Hahn: Die Synonymenlexikographie vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. Historische Entwicklung und kommentierte Bio-Bibliografie. Heidelberg 2002, S. 121–124. 382 Vgl. Dieter Cherubim: „Deutsche Philologie“ im 18. Jahrhundert: Sprachtheorie, Sprachkritik, Sprachgeschichte. Am Beispiel der Universität Göttingen. In: Reinhard Lauer (Hg.): Philologie in Göttingen. Sprach- und Literaturwissenschaft an der Georgia August im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Göttingen 2001, S. 34 u. 46f. 383 Peter Burke hat „Zusammenhänge zwischen Purismus und Puritanismus“ konstatiert. – Vgl. Burke: Wörter machen Leute, S. 175. 384 Vgl. Alan Kirkness: Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. Hg. v. Werner Besch u.a. Berlin u. New York 1998, S. 407. 385 Vgl. für die Hamburger Teutschübende Gesellschaft Schröder: Michael Richey, S. 216. 386 Christian Gottlieb Ludwig an Abraham Gotthelf Kästner (?), den 11. Januar 1768, StadtA Göttingen, Autographen: Ludwig, Christian Gottlieb.
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heit verschiedener, und des glücklichen Gebrauches, den man zur Ausmusterung und zum Ersaz so vieler fremden Wörter, die man bisher für unentbehrlich hielt, machen kann.387
Insgesamt aber blieben eigene Beiträge zur Thematik des Fremdwortpurismus die Ausnahme, lediglich sechs sind bezeugt, von denen sich zwei mit der Sprachreinigung des 17. Jahrhunderts befassen. Gemessen an dem Anspruch, mit dem man vor allem in Leipzig angetreten war, mussten die Deutschen Gesellschaften also Enttäuschungen nicht nur ihres Mitglieds Samuel Gotthold Lange hervorrufen: „Warum setzte man Untersuchungen der deutschen Sprache, und die deutsche Sprachkunst, oder Grammatik, so ganz an die Seite? Warum dachte man nicht an die alte deutsche Litteratur, und gebrauchte sich der öffentlichen Büchersammlungen?“388 Einmal mehr liegt eine Antwort darin, dass die ambitionierten Pläne für eine Art Sprachakademie, die man sein wollte, sich mit dem tatsächlich vorhandenen Mitgliederstamm nicht verwirklichen ließen. Gegenüber den im engeren Sinne sprach- oder literaturwissenschaftlichen Themenstellungen dominierten vielmehr anwendungsbezogene und auf die Möglichkeiten von Übungsgesellschaften zugeschnittene Arbeiten. Eine andere Antwort auf diese Frage geht von den zahlreichen Beiträgen aus, die eben nicht mit Sprache und Literatur befasst waren.389 Das Themenspektrum, das die Deutschen Gesellschaften bedienten, war wesentlich breiter. Vereinzelt waren Erweiterungen des Themenkatalogs sogar in den Satzungen vorgesehen.390 Zunächst ist ein großer Anteil von Arbeiten zu verzeichnen, die als Antritts- oder Abschiedsreden, als Widmungen und Jubiläumsschriften die eigene Gesellschaft thematisieren, indem sie Erwartungen artikulieren, Freude über die Aufnahme und Bedauern über den Abschied ausdrücken oder die Bedeutung der eigenen Sozietät herausstellen. 884 Beiträge und somit über 18% aller erfassten Titel lassen sich einem solchen Themenblock zuordnen. Hinzu kommt, dass in vielen eigentlich andere Themen behandelnden Arbeiten ebenso die gesellschaftliche Tätigkeit erwähnt oder herausgehoben wird. || 387 Protokolleintrag vom 26. Oktober 1782, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr.1, f. 8. Vgl. auch den Protokolleintrag vom 28. November 1783, ebd., Nr. 2, f. 21: „Für das Wort Statue suchte man ein urdeutsches Wort. Einige gaben es mit Standbild, andere mit Bildsäule, Bildnis. Das erste ward als kein gutes Wort erkannt, auch in Adelung nicht gefunden.“ 388 Lange: Leben Georg Friedrich Meiers, S. 44f. 389 Dies bestätigen auch die Arbeiten, deren Fokus auf der Sprachpflege der Deutschen Gesellschaften liegt. – Vgl. Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 154. 390 So nahm die Fürstliche Anhaltische Deutsche Gesellschaft die anhaltische Landesgeschichte als Gegenstand in ihre Satzungen auf. – Vgl. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 14, § 3.
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Ein noch erheblicherer Anteil entfällt auf Werke, die Fragen der Religion, der Tugend, des richtigen Habitus und des Gemeinwohls berühren. Allein die in ihrem Titel als solche explizit ausgewiesenen Abhandlungen und Dichtungen belaufen sich auf 921 und somit auf über 19 %. Und dass selbst unter nicht ausdrücklich damit befassten Traktaten Themen wie diese eine wesentliche Rolle spielten, zeigen die überlieferten Antritts- und Abschiedsreden, die Fragen der Ethik und der Gemeinwohlorientierung bei der gesellschaftlichen Selbstthematisierung hohes Gewicht geben. Diese Themen reichen insbesondere weit in jene Disziplinen hinein, die erklärtermaßen den eigentlichen Schwerpunkt der gesellschaftlichen Tätigkeit bildeten, nämlich die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Es lässt sich auch und gerade in diesen Disziplinen ein Block von Themenstellungen identifizieren, die deren Nutzen für das Gemeinwohl behandeln und herausstellen. So befassen sich 85 mit dem gesellschaftlichen Nutzen der schönen Literatur sowie 97 mit dem der Beredsamkeit. Selbst dort also, wo am ehesten ‚reine‘ Fachliteratur zu erwarten wäre, spielen ethisch-moralische Fragestellungen eine wichtige Rolle. Diesen Befund bestätigt ein weiterer eigenständiger Themenkomplex, der als gelehrte Selbstthematisierung bezeichnet werden kann. Ohne dass die eben angesprochenen Themenstellungen zur ethischen Dimension der Sprach- und Literaturpflege hierin einberechnet wurden, machen solche Arbeiten allein ca. 5 % der gesamten Titel aus. Auch dort werden Fragen ‚richtigen‘ gelehrten Verhaltens und des gesellschaftlichen Nutzens der Gelehrsamkeit extensiv thematisiert. Eine solche Betrachtung der in den Gesellschaften behandelten Themenfelder kann weder quantitativ noch qualitativ erschöpfend sein. Abgesehen davon, dass bei weitem nicht alle Texte überliefert sind, lässt ihre schiere Menge eine auch nur annähernd vollständige Lektüre nicht zu. Hinzu kommt, dass eine eindeutige thematische Zuordnung selbst der überlieferten Texte häufig schwierig bis unmöglich ist. Gerade die näher untersuchten Texte zeigen häufig, wie stark fachlich-gelehrte Spezialthemen immer auch unter der übergeordneten Fragestellung von Ethik, Habitus und gesamtgesellschaftlichem Nutzen betrachtet werden. Geschichte, oder genauer, Wissenschaftsgeschichte konnte so nicht geschrieben werden, auf solche Höhen aber gelangten die gelehrten Kompetenzen und Erfahrungen der meisten Mitglieder ohnehin. So war es nicht Gottscheds Ideal einer Art Sprach- und Dichtungsakademie, sondern die Realität einer Übungsgesellschaft, die ihren noch formbaren jungen Mitgliedern anwendungsbezogene und bewältigbare Themen stellte und so auf die Ideale einer erneuerten Gelehrsamkeit einschwören wollte. Die Tendenz, sich von den selbstgesteckten Zielen der Sprach- und Literaturpflege zu entfernen, erfuhr Mitte der 1750er Jahre noch eine weitere Verstär-
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kung. Hier scheint der Deutschen Gesellschaft in Greifswald eine Führungsrolle zugekommen zu sein.391 Zugleich ist zu beobachten, dass viele durchaus verwandte Sozietätsgründungen der 1750er Jahre schon programmatisch eine Ausweitung ihres Themenspektrums vornahmen und sich trotz vieler Ähnlichkeiten nicht mehr als Deutsche Gesellschaften bezeichneten.392 Legt man den Gesellschaftsnamen zugrunde, so ist es Gottsched, der mit seiner 1752 in Leipzig gegründeten Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig das Muster vorgibt.393 Der Bezug auf die so genannten ‚schönen Wissenschaften‘ als „all diejenigen Disziplinen, mit denen der ästhetisch gebildete Laie Umgang hat“,394 signalisierte ein gegenüber den Deutschen Gesellschaften erweitertes Aufgabenfeld. Zahlreiche Gründungen von Gesellschaften dieses Namens erfolgten im gesamten deutschen Sprachraum, bislang bekannt sind die „Gesellschaft der schönen Wissenschaften“ in Oettingen im Ries,395 die „Kielische Gesellschaft der schönen Wissenschaften“,396 die „Gesellschaft der freyen Künste in Kassel“,397 „Gesellschaft der Liebhaber löblicher Wissenschaften“398 im siebenbürgischen Hermannstadt
|| 391 „Die Greifswalder stehen damit in einem Trend, oder führen ihn gar an, die Deutschen Gesellschaften aus ihrer Bindung an die Beschäftigung mit Sprache und Literatur hinauszuführen und einer größeren Breite der Wissenschaften zu öffnen. Er lässt sich in der Mitte des Jahrhunderts bei verschiedenen Gesellschaften beobachten, so u.a. in Jena und Göttingen.“ – Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 139. Döring räumt zugleich ein: „Zu den Ursachen dieser Entwicklung läßt sich gegenwärtig schwer etwas feststellen.“ – Thomas Heinrich Gadebusch: Schwedischpommersche Staatskunde. Zweyter Theil. Greifswald 1788, S. 178, datiert diese Bestrebung später, und zwar auf das Jahr 1763: „Im Jahr 1763 suchte sie ihren Wirkungskreis zu erweitern und wollte sich nicht bloß mit der teutschen Sprache und schönen Wissenschaften, sondern auch mit den übrigen Wissenschaften beschäftigen“. 392 Sie sind deshalb allen Ähnlichkeiten zum Trotz auch nicht in dieser Arbeit behandelt. 393 Vgl. zu dieser Sozietät ausführlich Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig. 394 Werner Strube: Die Geschichte des Begriffs „Schöne Wissenschaften“. In: Archiv für Begriffsgeschichte 33 (1990), S. 156. 395 Vgl. deren Eigenpublikation: Gesammlete Früchte einer zu Oettingen im Ries vereinigten Gesellschaft der schönen Wissenschaften. Nürnberg 1751, sowie Paul Schattenmann: Georg Adam Michel, Generalsuperintendent, und sein gelehrter Briefwechsel. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des 18. Jahrhunderts. Nürnberg 1962, S. 33–43. 396 Vgl. zu dieser Sozietät Anm. 160 in dieser Arbeit. 397 Vgl. zu dieser Sozietät Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig, S. 137–151; August Woringer: Johann Christoph Gottscheds Beziehungen zu Kassel. Aufgrund der Gottsched’schen Briefsammlung. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde N.F. 36 (1912), S. 57–102. 398 So die Selbstbenennung in einem gedruckten Trauergedicht auf das Mitglied Lucas Bartholomäus von Seulen, Archiv der Honterus-Gemeinde in Brașov, Sign. IV.F.1.Tf.53/II. 15. Vgl. zu dieser Sozietät Julius Groß: Georg Michael Gottlieb von Herrmann und seine Familie. Kron-
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oder die „Gesellschaft der schönen Wissenschaften“ zu Oettingen am Inn.399 Dass viele dieser Gesellschaften nur sporadisch in Quellen und Literatur auftauchen, schließt zumindest nicht aus, dass es zu weiteren Gründungen dieses Typus kam.400 Die in diesem Trend zur Themenausweitung wichtige Greifswalder Deutsche Gesellschaft wurde vereinzelt nunmehr als Gesellschaft der schönen Wissenschaften angesehen.401 Dass auch manche dieser Gesellschaften „die reine Deutsche MutterSprache in unsern Gegenden nach Möglichkeit ins reine zu bringen“402 bestrebt waren, ist aus Sicht der von den Deutschen Gesellschaften verfolgten Ziele Erfolg und Misserfolg zugleich. Die Gründungswelle signalisierte einerseits eine zunehmende Akzeptanz und Ausbreitung sprach- und literaturpflegerischer Ziele über die anfänglichen Absichten hinaus auf weitere Felder der Gelehrsamkeit; sie schwächte aber auch die Bestrebungen, in thematischer Konzentration auf Sprache und Literatur auf diesem Feld einen akademieähnlichen Rang zu erreichen. Als Ursachen für diesen Trend sind für Greifswald die bislang als zu eng empfundene Themensetzung und die Hoffnung auf einen Mitgliederzuwachs, den eine Erweiterung des Themenspektrums bewirken würde, auszumachen.403 Die Annahme findet ihre Bestätigung in Passagen aus der Antrittsrede von Konrad Iken als Vorsitzender der Bremischen Deutschen Gesellschaft im Herbst 1750. Als er die Frage nach den Ursachen dafür erörtert „warum die Gesellschaft
|| städter Kultur- und Lebensbilder. In: Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde N.F. 22 (1889), S. 123f. 399 Vgl. zu dieser Sozietät Graf: Die Gesellschaft der schönen Wissenschaften; Dies.: Aufklärung in der Provinz. Die kurbayerische „Gesellschaft sitllich- und landwirtschaftlicher Wissenschaften“ von Altötting und Burghausen (1765–1802). Diss. München 1982. 400 Eine zusammenfassende Behandlung der Gesellschaften dieses Namenstypus muss als Desiderat der Sozietätsforschung bezeichnet werden. 401 Vgl. Johann Joachim Spalding an Johann Wilhelm Ludwig Gleim, 16. Juli 1750. In: Spalding: Briefe, S. 79: „Ich bin auf schriftliches und mündliches Versprechen an den Herrn von Perard aus Stettin die vorige Woche bey seiner Anwesenheit in Greifswald auch da gewesen. Er hielt bey einer zahlreichen Versammlung in der deutschen Gesellschaft (daraus aber nunmehro eine allgemeinere Gesellschaft der schönen Wissenschaften geworden) eine gute deutsche Rede.“ 402 § I der Gesetze der Gesellschaft in einem Brief von Johann Martin Strixner an Johann Caspar von Lippert vom 28. Oktober 1765, zit. nach: Briefe an den Geh. Rat Joh. Caspar v. Lippert in den Jahren 1758–1800. Ein Beitrag zur Geistes- und Kulturgeschichte Bayerns in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bearb. v. Richard Messerer. München 1972, S. 662. 403 Vgl. Helmut Beug: Heinrich Ehrenfried Warnekros und die pommersche Geistesgeschichte in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diss. Greifswald 1938, S. 83.
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bisher mehr zurück als vorwärts gekommen“,404 macht er das rein wissenschaftliche Bemühen um Sprache als Grund des geringen Interesses in der Jugend aus. Die Kontexte freilich, in denen sich diese Themenausweitung vollzog, weisen in eine andere Richtung. In Jena bezog Karl Gotthelf Müller sich auf Greifswald als Vorbild405 und argumentierte damit, dass sich die Deutschen Gesellschaften so von dem Vorwurf befreien könnten, nur für ihr ureigenes Gebiet der Sprachforschung relevant zu sein: In der That, die Erfahrung dürfte uns nicht triegen, wenn wir behaupten, dass bey Unverständigen ein ungünstiges Vorurtheil das Ansehen der teutschen Gesellschaften noch jetzo zu verdunkeln sucht, als ob solche nur elende SprachKrämer unterhielten, und in SpielWerken des Dichters, und in schönen Worten des Redners, die ganze Nahrung für die kleinen Seelen ihrer Mitglieder bestände.406
Seine Äußerungen allerdings tätigte Müller im Zusammenhang eines Projekts, das die Teutsche Gesellschaft in Jena zu einer Art Akademie emporbringen wollte, die nicht nur schöne, sondern auch höhere Wissenschaften einbeziehen sollte.407 Ähnliches konstatierte Johann Stephan Pütter für die Gesellschaft in Göttingen, wo man „auch seit 1762 den Umfang ihrer Bemühungen noch etwas weiter ausgedehnet hat, indem sie denselben überhaupt in der Teutschen Litteratur setzt, und darunter nicht nur die Sprache, Beredsamkeit und Dichtkunst, sondern auch die Länderkunde, Geschichte, Alterthümer und Rechte unsers Vaterlandes begreift“.408 Sowohl der Göttinger Vorsitzende Abraham Gotthelf Kästner als auch Karl Gotthelf Müller in Jena verstanden die Themenausweitung als Teil einer Strategie, den Ballast thematischer Spezialisierung und Ein-
|| 404 Zit. nach: Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 30. 405 Vgl. Karl Gotthelf Müller: Dass die teutschen Gesellschaften zu unsern Zeiten nicht allein den schönen sondern auch den höhern Wissenschaften gewidmet seyn sollten. In: Schriften der Teutschen Gesellschaft zu Jena aus den schönen Wissenschaften. Jena 1754, S. 5f. 406 Ebd., S. 11. 407 Vgl. zu Müllers Projekt Marwinski: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena. 408 Pütter: Versuch, S. 270. Bestätigt findet sich diese Darstellung in einem Mitgliedsdiplom der Deutschen Gesellschaft Göttingen für August Friedrich Böck vom 18. März 1767, LA BW, HStA Stuttgart, Q 3/40 D 1. Die Deutsche Gesellschaft Göttingen „hält für natürliche Bestimmungen einer Deutschen Gesellschaft, sich mit der gelehrten Untersuchung unserer Sprache, mit der Geschichte, den Alterthümern, den Rechten, der Länderkunde unsers Vaterlands, zu beschäfftigen, und, den alten und vom ganzen Europa erkannten Vorzügen des Deutschen, Fleisse und Gründlichkeit, auch die Anmuth des Vortrages beyzufügen. Sie ist daher sicher, daß in diesem weiten Felde der Deutschen Gelehrsamkeit, jeder der sich mit ihr vereinigt, Stellen findet, wo er seine Geschicklichkeit, und seinen patriotischen Eifer zeigen kann.“
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schränkung über Bord zu werfen und ihre Gesellschaft zu höherer Bedeutung zu führen. Verbunden damit war eine Stärkung arrivierter Gelehrter in der Mitgliederschaft, ein Projekt, das in beiden Fällen scheiterte. Doch auch dort, wo wie in Gießen elitärere Zirkel nicht explizit vorgesehen waren, verfolgte man mit der Themenausweitung die Strategie, mehr Mitglieder und eine höhere Relevanz zu erzielen.409 Es fehlte nicht an Kritikern dieses Kurses, wie das mehrfache Gesellschaftsmitglied Johann Friedrich Börner, der über die Göttinger Gesellschaft an Gottsched schreibt: Die deutsche Gesellschaft daselbst hat sich, wie ich durch Briefe vernehme, nach meiner Abreise ungemein verändert, und ich an meinen theils, bin damit gar nicht zufrieden. [...] hat sie die erste Absicht ihrer Stiftung aus den Augen gesetzt, […] ia sie will die dasige Societät der Wissenschaften und künfftig hier auch die Mahlerey, Bildhauerkunst, und so ferner in sich begreifen. Es ist gut, aber mich deucht, es ist wieder den Endzweck einer deutschen Gesellschaft.410
Die Verbreiterung des Themenspektrums sollte dennoch in der zweiten Jahrhunderthälfte dominieren; auch die nach dem Siebenjährigen Krieg in Königsberg neu gegründete Deutsche Gesellschaft erklärte als ihren „Hauptzweck die Verbindung der Cultur der deutschen Sprache und der Aesthetik mit der Gelehrsamkeit und ihren Disciplinen“.411 Bereits in den 1780er Jahren konzentrierte sie sich „nicht blos auf Ausbildung der deutschen Sprache durch Beredsamkeit und Dichtkunst, sondern auch auf Untersuchung der preußischen Geschichte und Alterthümer“.412 Auf die Geschichte der eigenen Region richtete sich auch Johann Philipp Cassel in Bremen aus.413 Anton von Klein verband in der Mannheimer Deutschen Gesellschaft seine Position als Geschäftsverweser mit seinen
|| 409 „Um ihre Anstalten gemeinnütziger zu machen, auch noch mehreren hier studierenden Gelegenheit zu geben, an ihren Arbeiten mit Theil zu nehmen, macht es sich die Gesellschaft zu einem Gesetze, mit den bereits angezeigten Uibungen in den schönen Wissenschaften auch diejenige in den höhern Wissenschaften zu verbinden, […]“ – Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 87, § 3. 410 Johann Friedrich Börner an Johann Christoph Gottsched, den 28. Januar 1753, UB Leipzig, Ms 0342 XVIII, f. 59. 411 Anonym: Vorbericht. In: Abhandlungen und Poesien. Königsberg 1771, o.S. 412 Deutsche Gesellschaft Königsberg an Ludwig Ernst von Borowski, den 1. November 1784, GStA PK, VI Nachlass Borowski, Nr. 18. 413 Vgl. Thomas Elsmann: Johann Philipp Cassel (1707–1783). Der Aufklärer. In: Ders. (Hg.): Im Schatten des Kaufmanns. Bremische Gelehrte 1600–1900. Bremen 2012, S. 100–121.
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Neigungen als Kunstsammler414 und las Beschreibungen von Kupferstichen.415 Gänzlich im Beliebigen bewegte sich Friedrich August Wiedeburg für die Helmstedter Sozietät, als er 1785 „die Beförderung schätzbarer Kenntnisse und Fertigkeiten zum Zwekk“ erklärte.416 Schon die Zeitgenossen haben die mangelnde Konzentration der Sozietäten auf ihre selbsterklärten Sujets beklagt. Es mag zwar naheliegen, die Gesellschaften an ihren selbsterklärten Zielen zu messen und ihnen Versagen vorzuwerfen, verkennt aber Wesenszüge dieser Sozietäten. Die Praxis, gelehrte Themen vor allem anwendungsbezogen und mit Fragen des richtigen Verhaltens zu verbinden, war kein Akt des Ausweichens, sondern Vollzug des impliziten Programms, den Gelehrtenstand zu erneuern und ihn so zu stärkerer Beachtung und Bedeutung in der Ständegesellschaft zu führen. Im Sinne dieser Programmatik ist diese Akzentsetzung also absolut folgerichtig. Ebenso konsequent erschien es den Deutschen Gesellschaften, ihre Mitgliederbasis und ihren Einfluss zu verbreitern, indem sie sich in ihrer Themenwahl zunehmend entgrenzten. Ein erneuter Aufstieg allerdings gelang damit nicht.
4.3.4 Publikationsverhalten Vor die Frage gestellt, ob die zahlreich und regelmäßig produzierten Texte veröffentlicht werden sollten, befanden sich die Deutschen Gesellschaften in einem veritablen Dilemma. Einerseits war ihnen in aller Regel sehr gut bewusst, dass ihre Texte eher als gelehrte Fingerübungen denn als Meisterwerke gelten konnten. „Die Materien werden nicht allemal so ausgearbeitet, daß man die darüber verfertigten Stücke vor jedermann dörfte sehen lasen“,417 räumte die Wachsende Gesellschaft in Zürich gegenüber der Berner Vergnügten Deutschen Gesellschaft ein, als diese deren Schriften einsehen wollte. Folgerichtig sahen viele Gesellschaften gänzlich von Publikationen ab.418 Noch zehn Jahre nach ihrer Gründung vertrat man in Göttingen die Auffassung:
|| 414 Vgl. zu diesem Thema Ulf Sölter: Anton von Klein und seine kunstgeschichtliche Lehrsammlung im Zeitalter der Aufklärung, Worms 2007. 415 Vgl. bspw. den Protokolleintrag vom 9. Januar 1790, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 7, f. 20. 416 Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 3. 417 Vergnügte Deutsche Gesellschaft an Wachsende Deutsche Gesellschaft, den 1. Dezember 1744, ZB Zürich, Ms T 413b. 418 Von sechzehn Deutschen Gesellschaften konnten keine Publikationen ermittelt werden.
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Wer sind aber die ordentlichen Mitglieder einer auf den Universitäten blühenden Deutschen Gesellschaft? Gemeiniglich solche, welche noch mit der Ausbesserung ihres Geschmacks beschäftiget sind. […] Es ist mit solchen Gesellschaften ganz anders beschaffen, als mit denen, welche aus lauter reif gewordenen verdienten Mitgliedern bestehen. Bey diesen ist die obige Forderung [nach Publikationen] eben so gerecht, als sie bey den andern ungerecht ist.419
Dass „uns keine Drucksucht plage“,420 verkündete Friedrich Wilhelm Ellenberger für seine Gründung in Halle sogar als Programm und verwahrte sich so gegen den häufig an Gelehrte gerichteten Vorwurf der Vielschreiberei.421 Auch in Bremen übte man sich in Bescheidenheit und stellte Förderung der Mitglieder durch Kritik über den äußeren Glanz.422 Der Umstand allein, dass alle diese Belege Drucken entnommen sind, weist jedoch in eine andere Richtung. Die Motive, die eigenen Werke in den Druck zu geben, waren dabei weit gefächert. Als angehende Gelehrte hatten die Mitglieder ein Metier ergriffen, das auf der Verbreitung und Zirkulation der erarbeiteten Ergebnisse ruhte, und Veröffentlichungen erreichten ein weit größeres Publikum, als es Gespräche, Versammlungen oder Briefwechsel vermochten. Dass die Bernburger Statuten ihre Publikationsabsichten aber damit begründeten, „die Arbeiten der Gesellschaft gemein nütziger zu machen“,423 muss nicht bedeuten, dass die Werke ohne eigennützige Absichten im Druck erschienen. Auf diesem Weg an der Gemeinnützigkeit teilzuhaben, bedeutete nämlich durchaus auch, die eigene Deutsche Gesellschaft sichtbarer und unverzichtbarer zu machen. Publikationen konnten so über den reinen gelehrt-dichterischen Ehrgeiz hinaus Teil einer Strategie sein, die das Wohl der gesamten Gesellschaft mit dem der Deutschen Gesellschaften verband und letztere zu einem Agenten der ersteren machte. Auch als Dilettanten konnten die Mitglieder so auf Anerkennung und Ermunterung hoffen.424 || 419 [Johann Christian Claproth]: Der gegenwärtige Zustand der Göttingischen Universität, in zweenen Briefen an einen vornehmen Herrn im Reiche. Göttingen 1748, S. 66. 420 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 86. 421 Vgl. Grimm: Letternkultur, S. 176–178. 422 „Es hätte die Gesellschaft aus dem Vorrath ihrer Ausarbeitungen auch wol nach dem Beispiel anderer Gesellschaften Reden und Abhandlungen herausgeben können; sie hat aber Bedenken getragen, weil sie nicht so sehr auf den äußerlichen Glanz gesehen, als vielmehr auf die innere Ausbesserung ihres Genies und Geschmacks.“ – Johann Philipp Cassel: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft in Bremen und deren bisherigen Mitgliedern, SUB Bremen, Bremensia b 439, f. 11. 423 § 4 der Statuten, LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 1, f. 11. 424 „Biß hieher hat sie sich vergnügt, in der Arbeit ihrer Mitglieder eine stille und verborgene Lust zusuchen. Warum wollen wir uns nicht einmahl, wie wir es bereits beschlossen haben der
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Für die meisten Deutschen Gesellschaften waren Publikationen deshalb Programm und Praxis. Schon die Hamburger Teutschübende Gesellschaft diskutierte die Möglichkeit, „von der Arbeit unserer Gesellschaft etwas der Welt mitzutheilen“.425 Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig hatte nur wenig Eiligeres zu tun, als ihr neues Programm samt Statuten und Anwendungsbeispielen noch im Jahr ihrer Reform zu publizieren.426 Fortan veröffentlichte sie regelmäßig eigene Schriften. Die nur wenig später gegründete Teutsche Gesellschaft Jena sah in ihren Statuten von Beginn an Publikationen vor427 und legte 1732 eine eigene Sammlung vor.428 Auch in Altdorf, Königsberg, Bernburg und Mannheim war das Publizieren in den Statuten verankert.429 Über die programmatische Selbstverpflichtung hinaus sahen sich die Deutschen Gesellschaften mit dem Erwartungsdruck konfrontiert, auf den von Leipzig und Jena gewiesenen Pfaden zu wandeln. Gottsched selbst sah regelmäßig und vielerorts erscheinende Publikationen als Demonstration der Zahl und Leistungsfähigkeit seiner Adepten an und drängte die Königsberger Deutsche Gesellschaft wiederholt zu einer eigenen Veröffentlichung.430
|| gelehrten Welt öfentlich vorlegen, worinnen unsere Beschäftigungen bißher bestanden haben. Last uns versuchen, ob wir geschickt sind, den Beyfall der vernünftigen zu erwerben und uns diesen als denn einander zur beständigen Aufmunterung vorhalten. Sind unsere Schriften noch nicht gantz vollkommen; Genug daß wir einen Anfang gemacht, und in Ausarbeitung derselben nach der Vollkommenheit gestrebt haben. Können sie uns nicht die Gewogenheit der meisten unserer Landesleute erwerben: Wir wollen zufrieden seyn, wenn nur etliche Kenner dieser Arbeit ihr Gefallen darüber bezeugen.“ – Rede Johann Friedrich Mays, zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 320. 425 Protokolleintrag vom 2. September 1716, SUB Hamburg Cod. hist. litt. 4b, f. 70. Vgl. auch Schröder: Michael Richey, S. 201, Anm. 22. 426 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig. 427 Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 35, § XVIII. 428 Gottlieb Stolle (Hg.): Sammlung der Schriften der Teutschen Gesellschaft in Jena. In gebundener und ungebundener Schreibart. Jena 1732. 429 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 7, Besondere Einrichtung, § 6; Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 3, § IV; Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 14f., § 4; Entwurf gesellschaftlicher Verordnungen für die ordentlichen Mitglieder der Kurpfälzischen Teutschen Gesellschaft, 1781, GLAK 77/6397 f. 40, § 8. 430 Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 113. – Vgl. bspw. Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 1. Dezember 1744. In: GBW 10, S. 282: „Nachdem nämlich die Stiftung und Einweihung derselben bekannt gemacht worden, so ist Deutschland begierig von allem nähere Nachrichten zu bekommen. Bleiben aber dieselben so lange aus, so vergißt man sie gar, und es bleibt bey dem alten; Borussi nihil scribunt, et nihil sciunt oder Parturiunt montes etc.“
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Die Mitglieder und Anhänger der Sozietätsbewegung erhofften sich also und forderten zur Stärkung ihrer Reputation möglichst zahlreiche publizierte Werke.431 Dass Gegner und Skeptiker greif- und lesbare Taten sehen wollten, war den Gesellschaften ebenso klar.432 Angesichts dieser Programmatik und Erwartungshaltung haben alle größeren und sehr viele kleinere Deutsche Gesellschaften ausgewählte Werke aus ihren Reihen veröffentlicht. Insgesamt sind so vom Sinngedicht bis hin zur mehrhundertseitigen Abhandlung über 2000 Titel im Druck erschienen. Die Spannbreite reicht dabei von 819 Titeln der Deutschen Gesellschaft in Leipzig hin zu Gesellschaften, die wie die Deutschen Gesellschaften in Erlangen und Wien nur drei bzw. vier Drucke herausbrachten. Welche Wege des Publizierens beschritten die Deutschen Gesellschaften dabei? In ihren Sitzungen wurden vor allem kleinere Formate geringen Umfangs vorgetragen, die die reguläre Buchpublikation einer einzelnen Arbeit nicht rechtfertigten. Während Veröffentlichungen über 100 Seiten somit selten sind und vor allem in Wörterbüchern bestehen, dominieren mit ca. zwei Dritteln Drucke mit einer lediglich einstelligen Seitenzahl, bei denen es sich in aller Regel um Gelegenheitsschriften handelt. Die Beliebtheit, der sich diese Gattung unter den gesellschaftlichen Werken insgesamt erfreute, ebnete ihr so auch den Weg unter die Druckerpresse. Viele Gesellschaften hatten zudem ihren Mitglie-
|| 431 So räumt die Greifswalder Deutsche Gesellschaft in der Vorrede zu ihren Critischen Versuchen ein: „Endlich liefern wir unsern Lesern diejenige Monathsschrift, die wir schon seit einer geraumen Zeit versprochen haben, und deren Aufschub uns bereits einigemal von unsern Freunden ist fürgeworfen worden.“ Welcher Personenkreis diese Vorwürfe der Untätigkeit erhob, bleibt offen. – Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S. Vgl. auch die Korrespondenz des Jenaer Mitglieds Johann Christian Blasche mit dem auswärtigen Mitglied Christian Ernst Hansselmann, in der Blasche erklärt, es seien „bisher gewisser Verhinderungen wegen keine Sammlung und kein Verzeichnis im Druck erschienen.“ – Ders. an Hanselmann, Oktober 1765, LA BW, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, GA 45 Nachlass Christian Ernst Hansselmann, Bü 46. Von Missachtung einer nichtpublizierenden Gesellschaft zeugt der Eintrag des Professors Johannes Hermann in einen Band von Behrs Zwey Bücher von der Materia medica, vor 1800, Exemplar der Bibliotheque nationale et universitaire Strasbourg, zit. nach: Lefftz: Die gelehrten und literarischen Gesellschaften im Elsass, S. 59: „Das war eine Societas, wovon hin und wieder in auswärtigen Schriften geredet wird und die in Straßburg selbst niemand bekannt war. […] Aber gewiss artete diese Gesellschaft bald in eine Tabagie- und Spiel-Gesellschaft aus, und niemals ist etwas von derselben im Druck erschienen.“ 432 Vgl. bspw. für die Deutsche Gesellschaft Göttingen: „Es sey ein allgemeiner und gewöhnlicher Vorwurf, welchen man hier sowohl als an andern Oertern, unserer Gesellschaft machte, daß sie sich bis daher durch Schriften der Welt nicht hätte bekannt gemacht. Es würde nöthig seyn, daß man dieser übeln Rede ein Ende machte, und einen Band von unsern Schriften an das Licht stellete.“ – Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 81.
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dern satzungsgemäß den Druck einer Rede oder eines Gedichts zu ihrem Eintritt oder Abschied garantiert und hielten sich daran.433 Für die studentischen Mitglieder bedeutete es die Möglichkeit, auf diesem Weg relativ schnell und unproblematisch den eigenen Namen auf einem Titelblatt wiederzufinden und ähnlich den repräsentativen Mitgliedsdiplomen ein billet d’entrée in die Gelehrtenrepublik zu erwerben. Für kleinere Schriften, wie sie die Deutschen Gesellschaften publizierten, schienen Zeitschriften als Publikationsmedium hervorragend geeignet. Gerade gelehrte Zeitschriften standen im frühen 18. Jahrhundert in zunehmender Zahl bereit,434 und es bot sich an, die in den Sitzungen produzierten Arbeiten über diese Organe zu publizieren. Dies konnte am besten im Rahmen einer eigenen Zeitschrift der Gesellschaft geschehen. „Gedichte verfertigen, Reden ausarbeiten, dieselben an den gesetzten Tagen ablesen, aus deren Vorrath von etlichen die beßten herausnehmen und sie ans Licht treten lassen“435 – so suggerierte das Vorwort der Greifswalder Zeitschrift kontinuierliche und einfache Produktionsabläufe. Für eine andere Realität indes sprach, dass die Herausgabe einer Zeitschrift erhebliche Ressourcen an Arbeitskraft und Geld band, über die kleinere Gesellschaften nicht verfügten. Ihr regelmäßiges Erscheinen setzte überdies voraus, dass in ausreichender Zahl publikationswürdige Beiträge aus den eigenen Reihen vorlagen, und eben dies führte die Sozietäten häufig an ihre Grenzen. Um in diesem Spannungsfeld am Medium Zeitschriften zu partizipieren, wählten die Deutschen Gesellschaften unterschiedliche Optionen, die von der eigenverantwortlichen Herausgabe über die Zugehörigkeit einzelner Mitglieder zum Herausgeberkreis reichten. Diese zahlreichen Schattierungen sind meist nur schwer eindeutig zu bestimmen und haben häufig zu voreiligen Gleichsetzungen von Zeitschrift und Sozietät geführt. Prominentestes und bis heute gängiges Beispiel sind die so genannten Moralischen Wochenschriften.436 Inhaltlich
|| 433 Vgl. bspw. die Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 34, § XIV. 434 Vgl. die auf URL: https://gelehrte-journale.de/zeitschriften/ publizierten und regelmäßig aktualisierten Aufstellungen. 435 Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S. 436 Vgl. explizit Keller: Deutsche Gesellschaften, der einen Text des Leipziger Sozietätsmitglieds Johann Joachim Schwabe abdruckt und interpretiert, aber nicht belegt, dass es sich bei der dort benannten Gesellschaft um die Deutsche Gesellschaft in Leipzig handelt. Noch jüngst wurden Deutsche Gesellschaften und Moralische Wochenschriften gemeinsam behandelt, lediglich mit der Begründung der zeitgleichen Tätigkeit Gottscheds auf beiden Feldern. – Hahne: Rede-Essay, S. 193–198.
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teilte dieser Zeitschriftentyp durchaus gemeinsame spracherzieherische und sprachreinigende Zielsetzungen mit den Deutschen Gesellschaften,437 während umgekehrt Fragen des richtigen Verhaltens in den Sozietäten breit diskutiert wurden. Doch ungeachtet der gemeinsamen Ziele haben die Deutschen Gesellschaften keine Periodika dieses Typs in den Druck gegeben. Die posthume Zusammenschau beider Einrichtungen ist vor allem personellen Überschneidungen zwischen Herausgebern und Sozietätsmitgliedern geschuldet, an deren Beginn die Herausgabe des Hamburger Patrioten durch Mitglieder der zu diesem Zeitpunkt allerdings schon aufgelösten Teutschübenden Gesellschaft stand.438 Dass Gottsched sich mit den Vernünftigen Tadlerinnen auf diesem Feld hervortat, lässt sich von seiner Tätigkeit in der Leipziger Deutschen Gesellschaft ebenso klar trennen.439 Und ebenso wenig sind die von Bodmer und Breitinger herausgegeben Discourse der Mahlern mit den Deutschen Gesellschaften in Verbindung zu bringen.440 Ähnlich gelagert war dieser Sachverhalt in der Göttinger Deutschen Gesellschaft, in deren Reihen sich Beiträger zu den Wochenschriften befanden, was aus diesen dennoch keine Organe der Sozietät macht.441 Im Fall der Berner Deutschen Gesellschaft neigten schon die Zeitgenossen dazu, die Rollen von Johann Georg Altmann als Herausgeber der Wochenschrift Der Brachmann und als Vorsteher eben jener Gesellschaft so auszulegen, als wäre das Periodikum ureigenes Produkt dieser Sozietät. Deren Mitglieder fühlten sich so bemüßigt, die Urheberschaft ihrer Gesellschaft zu dementieren.442 || 437 Vgl. Wolfgang Martens: Die Botschaft der Tugend. Die Aufklärung im Spiegel der deutschen Moralischen Wochenschriften. Stuttgart 1971, S. 415; ders.: Der Hochgeehrte Herr Freymäurer. Über Freimaurerei und Moralische Wochenschriften. In: Euphorion 56 (1962), S. 284, dort auch Nennung von infrage kommenden Beispielen. 438 Vgl. Kap. 7.2 Beerben. 439 Vgl. Ball: Moralische Küsse, S. 49–75. 440 Dies behauptet wiederum Keller: Deutsche Gesellschaften, und begründet es mit der Feststellung, dass Bodmer und Breitinger „aus der Geschichte der ‚Deutschen Gesellschaften’ hinreichend bekannt sind.“ – Ebd., S. 235. Zum Zeitpunkt des Erscheinens der Zeitschrift war die Deutsche Gesellschaft in Leipzig außerhalb Leipzigs kaum bekannt, und in der Schweiz existierten solche Gesellschaften noch nicht. Auch sind Bodmer und Breitinger zwar gerne ernannte Ehrenmitglieder gewesen, waren aber selbst in Zürich keine aktiv am Gesellschaftsleben teilnehmenden Mitglieder. 441 Vgl. Otto: Göttingen, S. 69. 442 Vgl. Uriel Freudenberger an Johann Jakob Bodmer, den 13. Brachmonat 1740: „Der Brachmann beschäftiget uns nicht. Wir überlassen die Sorge davon dem H. Prof. Altmann, der zwar noch andere Hülfe hat.“ – Zit. nach: Ischer: Altmann, S. 56. In einem Brief von Franz Ludwig Steiger an Albrecht von Haller weist dieser die Autorschaft der Deutschen Gesellschaft zurück und distanziert sich von der kalten Strenge des Organs. – Franz Ludwig Steiger an Albrecht von Haller, den 13. Januar 1740, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller 105.59.
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Die fraglos vorhandenen Überlappungen der Ziele und Personen sollten also nicht zur posthumen Vereinigung der Moralischen Wochenschriften mit den Deutschen Gesellschaften führen. Eher sollten sie so verstanden werden, dass deren Verfechter die eigenen Ziele auf verschiedenen Kanälen anstrebten und mit den Wochenschriften ein breiteres Publikum zu erreichen versuchten, während die Deutschen Gesellschaften eher auf gelehrte Selbstverständigung zielten, auf deren Basis erst Breitenwirkung möglich sein würde. Weitaus enger waren da schon angesichts der Zusammensetzung und Ansiedelung der Gesellschaften deren Affinitäten zu gelehrten Journalen. Als mit Abstand bekanntestes Periodikum in diesem Kontext können die Beyträge zur critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit gelten. Ihre Zuordnung als Werk der Deutschen Gesellschaft in Leipzig wurde Gegenstand einer Kontroverse. Schon die Formulierung im Titel herausgegeben von einigen Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft legt nahe, dass der Herausgeberstab nicht mit der Gesellschaft identisch war. Gottsched selbst hat nach seinem Austritt die Mitarbeiter benannt und das Verhältnis der Zeitschrift zu den Beiträgen wie folgt charakterisiert: Da nun diese alle auch Mitglieder der Deutschen Gesellschaft waren; so konnte es noch allemal bey der Unterschrift bleiben. Indessen kamen freylich viele dadurch auf den Gedanken, daß diese kritischen Beyträge ein gemeinschaftliches Werk der deutschen Gesellschaft wären. Gleichwohl war weder die Entschließung eine solche Schrift herauszugeben, durch einen gemeinschaftlichen Schluß der Gesellschaft gefasset, noch ihre Einrichtung in Ueberlegung gezogen, und gebilliget, noch waren jemals alle Mitglieder derselben um ihre Beyhülfe angesprochen worden. Ja, weder bey den Zueignungsschriften ganzer Bände, war die Gesellschaft zu Rathe gezogen; noch jemals eine Rechnung, für die Bezahlung derselben, der Gesellschaft abgeleget worden. Kurz, alles wieß nur gar zu deutlich, daß dieß Werk eine Privatunternehmung weniger einzelnen Mitglieder, nicht aber ein gemeinschaftliches Werk der deutschen Gesellschaft wäre.443
Sein Nachfolger Johann Friedrich May scheint dies zumindest hinsichtlich der Finanzierung zu bestätigen: „Die beyträge werden von keinem eintrag für die gesellschafft. Jeder der etwas einschikt bekommt pro rata etwas von seiner Erfindung.“444 Gottscheds Ausführungen sind allerdings durchaus als Versuch zu
|| 443 Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Praktischer Theil, Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. V/3, S. 278. Vgl. auch ders.: Vorrede. In: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 21. Leipzig 1739, o.S. 444 Tagebuchaufzeichnung von Gabriel Hürner vom 7. Mai 1738. In: Otto: Gesprächsprotokolle, S. 116.
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werten, die Beyträge für eine Stelle an der Berliner Akademie ‚mitzunehmen‘ und als sein alleiniges Werk zu reklamieren. Detlef Döring hat dem entgegengehalten, dass die Zeitschrift als Werk der Gesellschaft angekündigt und während ihrer Laufzeit in internen Korrespondenzen auch als solche betrachtet wurde. Zudem hatten sich die Beyträge selbst als ein Organ betrachtet, das von den Bemühungen der Gesellschaft Rechenschaft ablegt.445 Gottscheds Einspruch, dass nicht jedes Mitglied der Deutschen Gesellschaft, sondern nur ein engerer Kreis aktiv an der Herausgabe teilnahm, beschreibt letztlich nur etwas, was für Zeitschriften einer Vereinigung typisch war. Nach Gottscheds Austritt kündigte die Gesellschaft an, die Zeitschrift in Eigenregie fortzusetzen.446 Doch dazu kam es nicht: Gottsched selbst führte die Zeitschrift ab 1739 mit dem Zusatz herausgegeben von einigen Liebhabern der deutschen Litteratur bis 1744 weiter. Den Beyträgen als Vorbild ausdrücklich verpflichtet447 und in ihrer Ausrichtung eng verwandt waren die Critische Versuche448 der Deutschen Gesellschaft in Greifswald. Mit dem offensichtlich den Leipziger Beyträgen entlehnten Titelzusatz ausgefertiget durch Einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald war beabsichtigt, das Organ zwar in den Händen der Mitglieder zu behalten, zugleich aber „erbötig [zu sein], einer jeden eingeschickten Abhandlung, wenn sie nur sonsten ihren Absichten vollkommen gemäß ist, in dieser Monathsschrift willig Platz zu gönnen“.449 Neben den Fällen, in denen die Deutschen Gesellschaften ausdrücklich als Herausgeber auf den Titelblättern erschienen, gab es zahlreiche Mitwirkungen von Mitgliedern an anderen Zeitschriften, die der Gesellschaft publizistische Präsenz sichern konnten. In Jena arbeiteten zu Beginn der 1750er Jahre sechs Mitglieder der dortigen Teutschen Gesellschaft an den Jenaischen Gelehrten Anzeigen mit.450 Beiträge von Mitgliedern erschienen dort ebenso, wie Neuauf-
|| 445 Vgl. kritisch zu dieser Deutung Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 274–278. 446 Vgl. Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 9. August 1738. In: GBW 5, S. 208f. 447 Vgl. Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S. 448 Zunächst Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, ab 1744 Critischer Versuch zur Aufnahme der deutschen Sprache, erschienen 1741 bis 1746 unregelmäßig in 15 Stücken. Vgl. zu dieser Zeitschrift eingehend mit Aufführung älterer Literatur Haase: Die „Königliche Deutsche Gesellschaft in Greifswald“. 449 Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S. 450 Vgl. Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 29, Anm. *.
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nahmen und öffentliche Versammlungen annonciert wurden. Dass die „Zeitung […] gewissermaßen ein Gesellschaftsorgan dar[stellte]“,451 dürfte indes zu hoch gegriffen sein. Eher dürften die personellen Verflechtungen vom wechselseitigen Nutzen zeugen, den die Gesellschaft aus einer stärkeren öffentlichen Beachtung und die Zeitschrift durch aktuelle und exklusive Informationen aus einem Teil der Gelehrtenrepublik zogen.452 Einer ähnlichen Konstellation begegnet man in Straßburg, wo in der Redaktion des Wochenblatts Der Bürgerfreund453 die Mitglieder Johann Lorenz Blessig und Johann von Türckheim vertreten waren und sich insgesamt zehn Beiträge der Deutschen Gesellschaft zuweisen lassen. Diese Mitwirkung allein rechtfertigt jedoch nicht, die Zeitschrift als „émanation de cette societé“454 zu bezeichnen, fehlt doch nicht nur der ausdrückliche Bezug zur Gesellschaft, sondern auch jede weitere Thematisierung ihrer Tätigkeiten. Im Umfeld der Deutschen Gesellschaft Mannheim erschienen seit 1777 die Rheinischen Beyträge zur Gelehrsamkeit, die den Institutionen der kurpfälzischen Aufklärung ein gemeinsames Sprachrohr bot.455 Ihr folgte das von dem Geschäftsverweser der Gesellschaft, Anton von Klein, redigierte Periodikum Pfälzisches bzw. Pfalzbairisches Museum.456 Die stärker auf die schönen Wissenschaften ausgerichtete Zeitschrift druckte zahlreiche der in der Gesellschaft vorgetragenen Beiträge, zugleich aber sorgte Kleins Praxis, solche Arbeiten ohne weitere Absprache im Pfälzischen Museum abzudrucken, für Unmut innerhalb der Sozietät. So fürchtete man dort, es
|| 451 Marwinski: Fabricius, S. 63. So auch Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 143. 452 Vgl. Riccarda Henkel: Sozietätsgeschichte und Zeitschriften. Der Nutzen von gelehrten Journalen zur Sozietätsforschung am Beispiel der Jenaischen gelehrten Zeitungen. In: Claire Gantet u. Flemming Schock (Hg.): Zeitschriften, Journalismus und gelehrte Kommunikation im 18. Jahrhundert. Festschrift für Thomas Habel. Bremen 2014, S. 110. 453 Vgl. zu dieser Zeitschrift Claudie Villard: Der Bürgerfreund. Eine Strassburgische Wochenschrift (1776–1777). In: Pierre Grappin (Hg.): L’Allemagne des Lumières. Périodiques, correspondances, témoignages. Paris 1982, S. 265–298. 454 Vgl. Nicole Sourdive: Un périodique strasbourgeois à la fin du XVIIIe siècle: Le Bürgerfreund (1776–1777). In: Les lettres en Alsace. Straßburg 1962, S. 270. 455 In den Rheinischen Beyträgen erschienen nicht nur Aufsätze von Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft, sondern auch der Kameralhochschule Kaiserslautern, der Mannheimer Akademie oder des Nationaltheaters. –Vgl. die den Bänden beigedruckte Nachricht. Vgl. zu der Zeitschrift Christel Hess: Presse und Publizistik in der Kurpfalz in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Frankfurt a.M. 1987, S. 66–73. 456 Vgl. zu dieser Zeitschrift Pierre-André Bois: Une revue ‚éclairée‘. Le Pfalzbaierisches Museum (1783–1790). In: Grappin (Hg.): L’Allemagne des Lumières, S. 337–364.
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erhielte sich, besonders bei auswärtigen, der Irrwahn, die Gesellschaft habe unmittelbaren Antheil an dem Museum. Herr Klein habe sich zwar in demselben gut erklärt, daß er der allein Herausgeber sey, allein, diese sey auswärts nicht genug verstanden worden. Die Gesellschaft beschlos hierauf folgende Weisung an Herrn Klein: „Herr Klein soll keine der gesellschaftlichen Arbeiten ohne ausdrückliche Einwilligung der Gesellschaft, und des Verfassers zum öffentlichen Drucke bringen, und wenn er solche zum Beispiele seinem Museum alsdann einrücke, dazusezen: Mit Genehmigung der deutschen Gesellschaft.“457
Als Gesellschaftszeitschrift im engeren Sinne kann wiederum das Preußische Archiv gelten, das ab 1790 „in Verlag und auf Kosten der Gesellschaft“ durch die Deutsche Gesellschaft in Königsberg herausgegeben wurde.458 1792 rekrutierte sie aus ihren Reihen eine „Censur-Commission“, die „die ins Archiv aufzunehmende Aufsäzz beurtheilt“.459 Wegen Mangels an Abonnenten musste die Zeitschrift jedoch mit dem Jahr 1798 eingestellt werden.460 Da ein Redaktionsarchiv in keinem der untersuchten Fälle erhalten ist, fällt eine präzise Bestimmung des Verhältnisses dieser Periodika zu den jeweiligen Deutschen Gesellschaften schwer.461 Selbst dort, wo wie bei den Beyträgen ausführlichere Charakteristiken dieser Beziehung vorliegen, sind die Quellen als interessegeleitet einzustufen. Erkennen aber lassen sich Konturen, aus denen hervorgeht, dass diese Zeitschriften von einem engeren Kreis der Gesellschaft redigiert wurden, Dritten aber grundsätzlich offenstanden. Beiträge von Nichtmitgliedern konnten einerseits helfen, einem Mangel geeigneter Beiträge aus den eigenen Reihen gegenzusteuern. Zugleich konnten so Interessierte an die Gesellschaft gebunden und zu weiterer Mitarbeit bis hin zur Mitgliedschaft ermuntert werden. Ebenso wird deutlich, dass die Interessen der jeweiligen Deutschen Gesellschaft einerseits und der Zeitschriftenherausgeber andererseits trotz deren Mitgliedschaft alles andere als deckungsgleich waren. Redakteure neigten in den besser dokumentierten Fällen dazu, die Zeitschrift vor den Kar-
|| 457 Protokolleintrag vom 21. Februar 1784, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Jg. 9, f. 54f. 458 Preußisches Archiv. Hg. v. der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Königsberg 1790–1798. 459 Zacharias Werner an die Deutsche Gesellschaft Königsberg, den 11. Juli 1792, zit. nach: Warda: Zacharias Werner. 460 Vgl. Art. Gelehrte Gesellschaften. In: Intelligenzblatt der Neuen Allgemeinen Deutschen Bibliothek. Nr. 27 (1799), S. 224. 461 Vgl. zu dieser Problematik exemplarisch anhand der Leipziger Sozietäten und deren Zusammenhang mit dem Mitarbeiterstab der Acta eruditorum die Untersuchung von Maximilian Görmar: Die Vor- und Frühgeschichte der Acta Eruditoum im Kontext der Leipziger Sozietätslandschaft des 17. Jahrhunderts. Zum Verhältnis von journalistischer Rezensions- und sozietärer Vortragspraxis. In: Löffler (Hg.): Wissen in Bewegung, S. 31–43.
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ren ihrer eigenen publizistischen Interessen zu spannen und die anderen Mitglieder nicht einzubinden, was Spannungen erzeugen oder verstärken konnte. Es bot sich jedoch eine Lösung an, um solchen Irritationen vorzubeugen und zugleich dem notorischen Mangel an brauchbaren Manuskripten zu begegnen: Sammelbände von Beiträgen der Mitglieder entlasteten von regelmäßigem Publikationsdruck und ermöglichten es, ausgewählte Arbeiten zu einem ausgewählten Zeitpunkt zu veröffentlichen. Bereits in Hamburg war ein „Vorschlag dahingegangen, daß man eine Centurie von Piecen, und insonderheit von observationibus zur Probe in die Welt schicken sollte“.462 Viele Gedichte aus den Reihen der Hamburger Sozietät wurden jedoch erst später in Christian Friedrich Weichmanns Sammlung Poesie der Niedersachsen publiziert,463 so dass diese häufig mit der Teutschübenden Gesellschaft in Verbindung gebracht wurde. Und doch ist auch sie keineswegs als originäres Werk der Gesellschaft anzusehen, selbst wenn deren Mitglieder zahlreiche Beiträge lieferten und manche die Kritik der Hamburger Sozietät durchlaufen hatten.464 Angesichts dessen, dass viele der von ursprünglichen Mitgliedern beigesteuerten Texte erst nach dem Auseinandergehen der Teutschübenden Gesellschaft entstanden, wäre es also korrekter, die Zeitschrift als einen der vielen Zirkel anzusehen, die zu dieser Sammlung beisteuerten. Bei den Sammelbänden bestehen derartige Zuordnungsprobleme insgesamt wesentlich seltener, da die Deutschen Gesellschaften bei diesem Medium größten Wert darauflegten, als korporativer Herausgeber zu erscheinen. Mit solchen Bänden465 traten besonders die Deutschen Gesellschaften in Leipzig, Jena, Königsberg, Altdorf, Bernburg und Mannheim hervor. Hierfür griff man auf die im eigenen Archiv lagernden Manuskripte zurück, teilweise sogar auf weit zurückliegende Arbeiten.466 Eine Auswahl unter thematischen oder Gattungsgesichts|| 462 Protokolleintrag vom 2. September 1716, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 70. 463 Vgl. Richey: Idioticon Hamburgense, S. XIII. 464 Nach einer Aufstellung von Jürgen Rathje lassen sich 169 von insgesamt 849 Gedichten und 18 von insgesamt 35 Prosaarbeiten Mitgliedern der Teutschübenden Gesellschaft zuordnen. – Vgl. ders.: Brockes’ Bücherkatalog als Quelle zu Hamburgs geistigem Leben im frühen 18. Jahrhundert am Beispiel der Poesie der Nieder-Sachsen. In: Hans-Georg Kemper (Hg.): Barthold Heinrich Brockes (1680–1747) im Spiegel seiner Bibliothek und Bildergalerie. Bd. 1. Wiesbaden 1998, S. 83–123. 465 Vgl. die Aufführung dieser Bände im Anhang. 466 Die Königsberger Deutsche Gesellschaft bemusterte, offensichtlich für einen geplanten Sammelband, sogar die 30 Jahre alte Einsendung von Anna Christina Ehrenfried von Balthasar. – Vgl. die Kritik von Karl Friedrich Benjamin Wutschky in Herrmann Müller: Anna Christina Ehrenfried v. Balthasar’s (Baccalaurea der Philosophie und Mitgliedes der deutschen Gesellschaften zu Greifswald, Königsberg und Jena, geb. 1737, † 1808) Bedeutung als Gelehrte und
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punkten wurde hierbei nicht getroffen; die Sammelbände nahmen die gegebene Vielfalt hin und bildeten sie ab. Sie vereinigten so völlig disparate Themenkreise, die lediglich die gemeinsame Zugehörigkeit der Autoren zur herausgebenden Gesellschaft miteinander verklammerte. Was unter Aspekten inhaltlicher Geschlossenheit als Defizit erscheinen mag, war zumindest teilweise Programm. Es ging bei diesen Sammelbänden weniger darum, eine bestimmte Fachdisziplin als die eigene Gesellschaft zu fördern, und dies auf doppelte Weise: Dem Mitglied gegenüber bot sich so die Chance, über Kasualschriften hinaus seine gelehrt-dichterischen Bemühungen gedruckt und durch die Auswahl für den Band ausgezeichnet zu sehen. Die Sozietät wiederum konnte sich von einer solchen Publikation als gesellschaftlicher Leistungsschau eine erhöhte Reputation versprechen, was nicht ohne Rückwirkung auf die Zahl ihrer Mitglieder und Unterstützer bleiben sollte. Johann Ludwig Anton Rust drängte auf eine Veröffentlichung der Arbeiten, „weil man bestimmt wisse, daß sofort nach dem Erscheinen von Arbeiten der Gesellschaft die Zahl ihrer Mitglieder und Gönner sich vermehren wird“.467 Diese hochgesteckten Ziele setzten aber nicht nur ein über einen längeren Zeitraum funktionierendes Archiv voraus, sondern auch eine eingespielte Gesamtorganisation für das Heraussuchen, Beurteilen und die redaktionellen Abstimmungen mit den Autoren. Sozietäten mit einer starken Mitglieder- und somit Verfasserfluktuation stießen schnell an ihre Grenzen, wie Rudolf Wedekind für Göttingen zu berichten wusste: Ich habe es auf alle mögliche Weise mehr als einmahl versucht, die bei einer öffentlichen Herausgabe vorfallende Arbeiten zu vertheilen, und überhaupt alle Anstalten dabei zu machen, die mir möglich sind. Aber es komt nichts dabei heraus. Es gehet zu langsam; es wird vergessen; die Stücke kommen von Handen; die censores und Gesuchten ziehen darüber weg.468
Zwei Jahre später bildete man ein Komitee von sechs Personen, die aus den eingereichten Schriften eine Auswahl treffen sollten,469 doch selbst auf diesem Wege kam kein Sammelband zustande. Über einen Mangel an Publizität freilich konnte sich die Göttinger Gründung nicht beklagen. In den überregional vielge|| Schriftstellerin: in einer biographischen Skizze untersucht, durch Beifügung ihrer selten gewordenen Schriften, sowie durch die Herausgabe einer bisher ungedruckten Arbeit belegt und als Beitrag zur Geschichte gelehrter Frauen veröffentlicht. Greifswald 1876, S. 80f., Anm. 1. 467 Vgl. Protokolleintrag vom 21. März 1762 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 12. 468 Rudolf Wedekind an den hannoverschen Großvogt, den 19. Februar 1748, UA Göttingen, Kur. 7536, f. 15. 469 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Januar 1750, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 239.
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lesenen Göttinger Gelehrten Anzeigen war sie präsent, und dort attestierte man ihr auch, sie „fähret immer fort, sich in ihren würdigen Mitgliedern zu zeigen, und Scribenten aufzustellen, die dem Vaterlande Ehre machen“.470 Als das Mitglied Gottlieb Christoph Schmaling eine Nachricht über das Gymnasium in Ilfeld veröffentlichen wollte, ergriff Rudolf Wedekind die Gelegenheit und fügte in der gleichen Ausgabe eine Nachricht über die Deutsche Gesellschaft Göttingen hinzu.471 Das gleiche Andocken an gänzlich andere Publikationsformen praktizierten die Gesellschaftsvorsteher in Halle und Rinteln, wo sie jeweils Nachrichten von ihrer Sozietät an sich eigenständigen theologischen Publikationen als Anhang beifügten.472 Gerade wenn die jeweilige Sozietät noch in ihrer Gründungsphase und zu substantiellen eigenen Veröffentlichungen auf absehbare Zeit nicht in der Lage war, bot sich ein solch ungewöhnliches Verfahren an. Ein anderes Mittel, dem Mangel an Texten abzuhelfen, ohne die Möglichkeiten der eigenen Mitglieder zu sehr strapazieren zu müssen, war es, die Werke derer herauszugeben, die der Gesellschaft als Ehrenmitglieder angehörten, also ohne dass diese Schriften unmittelbar in gesellschaftlichen Kontexten entstanden wären. Hier übernahm erneut die Göttinger Gründung eine Vorreiterrolle, indem sie die Gedichte des Hannoveraner Arztes und Ehrenmitglieds Paul Gottlieb Werlhof drucken ließ, die wiederum das Ehrenmitglied Albrecht von Haller mit einer Vorrede versah.473 Ähnlich verfuhr die Deutsche Gesellschaft in Altdorf mit den Dramen des erst kurz zuvor aufgenommenen Joseph von Petrasch,474 die sie in zwei Bänden herausgab. In ihrem Drang aufs Titelblatt bewiesen die Deutschen Gesellschaften also durchaus Kreativität. Wenig ist in buchkundlicher Hinsicht über die Veröffentlichungspraxis der Deutschen Gesellschaften bekannt, da Korrespondenzen mit Verlagen nicht überliefert sind. Eine eigene Druckerei oder einen eigenen Verlag zu betreiben, ist angesichts der wenigen separaten Veröffentlichungen nur kurzfristig von der Deutschen Gesellschaft in Königsberg erwogen,475 aber von keiner Sozietät um-
|| 470 Anonym: [Rez.] Oden und Lieder des Gesellschaftsmitglieds Christoph Eusebius Suppius. In: Göttingische Zeitungen von gelehrten Sachen. Stück 121 (1749), S. 961. 471 Vgl. Schmahling: Ilfelds Leid und Freude. 472 Vgl. Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit; Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes. 473 Paul Gottlieb Werlhof: Gedichte herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft in Göttingen mit einer Vorrede Herrn D. Albrecht Hallers. Hannover 1749. 474 Des Freyherrn Joseph von Petrasch sämtliche Lustspiele. Hg. v. der deutschen Gesellschaft zu Altdorf. 2 Bde. Nürnberg 1765. Vgl. dazu ausführlich Felix Freude: Die Schaubühne des Freiherrn von Petrasch. Brünn 1916. 475 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 8. April 1746. In: GBW 11, S. 329.
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gesetzt worden. Angaben zur Auflagenhöhe liegen nur für die Gelegenheitsschriften der Teutschen Gesellschaft in Jena mit durchschnittlich 150 Stück vor, die von einer Menge von 100 bis 400 Exemplaren reichten.476 Für ein Programm zum Geburtstag des Erbprinzen sah die Teutsche Gesellschaft lediglich 50 Drucken vor. Solche niedrigen Zahlen dürften aber nur hinsichtlich der für einen kleinen Adressatenkreis gedruckten Kasualschriften gelten. Manche Schriften der Deutschen Gesellschaft in Leipzig hingegen fanden einen so breiten Abnehmerkreis, dass eine Neuauflage erforderlich wurde477 und die Gesellschaft eine eigene Preisliste ihrer Arbeiten führte.478 Mit Folgeauflagen rechnete ebenso die Deutsche Gesellschaft in Göttingen, die diesen Fall eigens im Vertrag mit Nicolai Försters und Sohns Hofbuchhandlung über die Herausgabe der Gedichte Werlhofs regelte.479 Exemplare des Buchs wurden an die vor Ort anwesenden Mitglieder ausgereicht.480 Sehr gut dokumentiert für die Gesamtheit der gesellschaftlichen Drucke ist deren Format. Bis auf die in unterschiedlichen Größen vorliegenden Kasualschriften sind die Publikationen im Oktavformat veröffentlicht. Im Fahrwasser der Polemik Gottscheds gegen „Werke, die einen schon mit der Last und Anzahl ihrer Bände abschrecken können“,481 grenzte man sich so gleichermaßen von der gelehrten Schwere der Folianten wie von den „verspielten Kleinigkeiten“482 des Duodezformats ab.483 Die Produkte einer erneuerten Gelehrsamkeit sollten nicht nur dem Stil nach gut lesbar, sondern auch dem Format nach handlich sein. Auf welches Publikum die Deutschen Gesellschaften zielten, geht nicht aus ihren Äußerungen unmittelbar hervor. Quellen wie Subskriptionslisten, die die anvisierte Leserschaft dieser Publikationen konkret fassbar machen könnten, liegen nicht vor. Schon die gattungsmäßige und thematische Heterogenität
|| 476 Vgl. Marwinski: Fabricius, S. 63. 477 Vgl. Johann Christoph Gottsched: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Praktischer Theil, Vorrede. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. V/3, S. 277. 478 Vgl. Johann Friedrich May an Georg Ernst von Heynitz, o.D. [um 1732], LASA, H 60, Nr. 643. 479 Vgl. den „Vergleich mit den Försterischen Erben vom 28. März 1749“, Protokolleintrag vom 7. April 1749, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 222. Er sah für die uneingeschränkte Überlassung des Manuskripts eine Zahlung von einem Dukaten pro Druckbogen für die erste Auflage vor, der sich bei Folgeauflagen auf einen Reichsthaler verringerte. 480 Vgl. Protokolleintrag vom 6. September 1749, ebd., f. 228. 481 Johann Christoph Gottsched: Akademische Rede zum Lobe der Weltweisheit (1728). In: Ders.: Gesamlete Reden. Leipzig 1749, S. 472. 482 Martens: Botschaft der Tugend, S. 102. 483 Vgl. zum Buchformat als Medium der Distinktion Gérard Genette: Paratexte: Das Buch vom Beiwerk des Buches. Frankfurt a.M. 1989, S. 23f.
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ihrer Schriften legt es nahe, dass deren Adressatenkreis nicht einheitlich war; vielmehr nutzten die Deutschen Gesellschaften unterschiedliche Kanäle, um unterschiedliche Personen und Gruppen zu erreichen. Für das gelehrte Publikum an der eigenen Hochschule bestimmt und dem Verbreitungsgrad nach wahrscheinlich auch auf sie beschränkt waren die gedruckten Einladungen und Gelegenheitsschriften zu Ereignissen an der Hochschule selbst. Adressaten waren stets auch die Gönner im Adel und bei Hof, denen zahlreiche Lobschriften und Widmungen galten. Fachzeitschriften wie die Beyträge und gesellschaftliche Sammelbände hatten in erster Linie die Gelehrten im deutschen Sprachraum vor Augen. Das gesellschaftliche Programm, einem erneuerten Gelehrtenstand zu größerer gesellschaftlicher Bedeutung zu verhelfen, adressierte Gelehrte wie Nichtgelehrte gleichermaßen. Die Propagierung des Deutschen als gelehrter Sprache zielte ihrem Wesen nach auf eine Verbeiterung des Rezipientenkreises, nämlich „auf die literarisch Interessierbaren als eine über den eigenen Stand weit hinausreichende Gruppe“.484 Diese sollten den Resonanzboden abgeben für eine erneuerte Gelehrsamkeit, und hierfür spielten die im engeren Sinne gelehrten Qualitäten keine ausschlaggebende Rolle mehr. Die häufigen Gedichte und Abhandlungen über Fragen des richtigen Verhaltens, des Nutzens der Gelehrsamkeit und des Gebrauchs der Muttersprache sollten weniger dem fachlichen Fortschritt dienen als den Gelehrten eine wichtige, wenn nicht gar die Führungsrolle in diesen Diskussionen verschaffen. Innerhalb der gelehrten Kreise wiederum beanspruchten die Deutschen Gesellschaften, mit diesen Akzentsetzungen eine Avantgarde zu bilden. Nicht vergessen werden sollte, dass die sozietätseigenen Veröffentlichungen auch in die Gesellschaft selbst hinein zielten. Sie boten den Mitgliedern ein Forum, das ihre Arbeiten entgegennahm, kritisch las und gegebenenfalls veröffentlichte. So schafften die Publikationen zugleich Anreize für eine Mitgliedschaft, für Engagement innerhalb der Sozietät und – für neue Publikationen. Dass sich die Deutschen Gesellschaften den Mitgliedern so als Vehikel für jeweils eigene publizistische Ambitionen anboten, rief auch Personen auf den Plan, die diese Möglichkeiten auf Kosten der Gesellschaft wahrnahmen. Manchen Mitgliedern erschien es attraktiv, eigene Publikationen oder Sammlungen im Namen der Deutschen Gesellschaft herauszugeben, auch wenn diese das Werk zuvor gar nicht autorisiert hatte. So veröffentlichte der Jenaer Magister
|| 484 Daniel Fulda: Die Erschaffung der Nation als Literaturgesellschaft. Zu einer meist übergangenen Leistung des Publizisten Gottsched. In: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften 4 (2010), S. 23.
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Christian Nikolaus Naumann485 1750 einen Sammelband mit dem Titel Nacheifrungen in den zierlichen Wissenschaften, dessen Zusatz „herausgegeben von einigen Mitgliedern der teutschen Gesellschaft in Jena“ den Band zwar nicht als gesellschaftliche Publikation im engeren Sinne auswies, mit dem Ruf der Sozietät aber gleichwohl renommierte.486 Die Gesellschaft ergriff zwar keine disziplinarischen Maßnahmen, brachte die Angelegenheit anlässlich eines späteren Konflikts mit Naumann jedoch vor und erinnert, es hätte ihre Ahndung verdient gehabt, daß er wider den Rath der Mitglieder; wider den durch den Senior ihm ertheilten Befehl der Gesellschaft; ja selbst wider den Willen derer, die er zum Beytrag vermocht hatte, durch die bekannte Unterschrift diesem Bogen bey Auswärtigen das Ansehen geben wollen, als ob sie ein Werk wären, daran die Gesellschaft Antheil nahm.487
Die Bernburger Gesellschaft verbot solche Publikationspraktiken schon in ihren Satzungen.488 In Göttingen ging man wesentlich weiter und verhängte Strafgelder für eine nicht von der Gesellschaft autorisierte Setzung des Namenszusatzes „Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Göttingen“.489 Ähnlich gelagert waren Auseinandersetzungen über die Verwertung von Texten der Mitglieder, so in Mannheim, wo Anton von Klein als Geschäftsverweser und Redakteur des Periodikums Pfälzisches Museum häufig Beiträge ohne vorherige Konsultation der Autoren in seine Zeitschrift aufnahm. Schnell wechselte die Diskussion zu grundsätzlichen Fragen: Herr Schwan und andere waren der Meinung, daß dasjenige ein Eigenthum der Gesellschaft sey, was darin vorgelesen wird, und daß der Verfasser ohne Erlaubnis der Gesellschaft dasselbe nicht benuzen könne. Der Geschäftsverweser behauptete, daß das Vorlesen dem Verfasser weder das Recht über seine Schrift nehmen, noch es der Gesellschaft geben könne, daß dies nicht einmal durch Mehrheit der Stimmen entschieden werde, und daß jeder Verfasser sein Recht nicht anders, als durch ausdrückliche Hingebung verlieren könne.490
|| 485 Vgl. zu Naumann Franz Muncker: Art. Christian Nicolaus Naumann. In: ADB 23 (1886), S. 302–305. 486 [Christian Nikolaus Naumann (Hg.)]: Nacheifrungen in den zierlichen Wissenschaften, hg. v. einigen Mitgliedern der teutschen Gesellschaft in Jena. Jena 1750. 487 Deutsche Gesellschaft Jena an die Universität, den 5. Oktober 1750, UAJ, A Nr. 1329, f. 4v. 488 Vgl. Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 29, § 28. 489 Vgl. Protokolleintrag von Michaelis, 1743, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 150. 490 Protokolleintrag vom 5. Juni 1784, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, Nr. 2, f. 87f.
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Auch wenn Klein hier Positionen modernen Urheberrechts vorwegzunehmen scheint, rechtfertigte er doch in erster Linie seinen eigenmächtigen Umgang mit diesen Arbeiten; Autorenrechte berücksichtigte er selbst als eifriger Nachdrucker491 in seinem eigenen verlegerischen Handeln kaum. Die Praxis der Deutschen Gesellschaften, als eigene Körperschaft publizistisch hervorzutreten, aber auch die mancher Autoren, die Gesellschaft für ihre persönlichen Projekte zu instrumentalisieren, warfen Fragen der Grenzziehung zwischen Autor und Gesellschaft auf. Autorschaft wurde in den Sozietäten zu einem Gegenstand der Reflexion sowohl hinsichtlich ihrer Verwertung als auch Verantwortlichkeit. Die Greifswalder Deutsche Gesellschaft bemühte sich in ihren Critischen Versuchen, ihre redaktionelle Arbeit von den publizierten Inhalten zu trennen: Die ganze Gesellschaft macht sich zwar überhaupt zur Aufsicht über diese Arbeit anheischig, und sie wird Sorge tragen, daß die Religion so wenig, als der Staat beleidiget werde. Einer jeden besondern Meynung aber macht sie sich nicht theilhaftig, sondern ein jedes Stück, wenn es sollte Wiederspruch finden, wird demjenigen zur Vertheidigung überlassen, der es ausgearbeitet hat.492
Durchkreuzt wurden solche Bemühungen jedoch von der Praxis, die eigene Mitgliedschaft auf dem Titelblatt zu platzieren. Ludwig Friedrich Hudemanns Huldigung an den dänischen König mit Nennung der unter schwedischer Herrschaft stehenden pommerschen Gesellschaft wies Letztere öffentlich zurück.493 Selbst bei durchaus vorhandenem Problembewusstsein scheiterte eine stringente Abgrenzung an der nebeneinander bestehenden Vielzahl publizistischer Praktiken. Dass eine gute Reputation dem Mitglied wie der Gesellschaft gleichermaßen nutzte, wurde erstrebt, fand sich aber häufig genug als Zankapfel im Kampf um gelehrtes Ansehen wieder. Die Deutschen Gesellschaften haben sich den Erwartungen nach Publikationen gestellt und aktiv am publizistischen Geschehen des 18. Jahrhunderts partizipiert. Eine Publikationsstrategie der gesamten Sozietätsbewegung hat es nie gegeben, stattdessen finden sich einzelne Strategieelemente. In realistischer Selbsteinschätzung ebenso wie bewusster Programmatik verzichteten sie auf
|| 491 Vgl. über Kleins Verlag Ursula Hartwieg: Nachdruck oder Aufklärung? Die Verbreitung englischer Literatur durch den Verlag Anton von Kleins am Ende des 18. Jahrhunderts. In: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 50 (1998), S. 1–147. 492 Vorbericht. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), o.S. 493 Vgl. S. 282f. in dieser Arbeit.
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‚schwere‘ gelehrte Arbeiten, die nicht nur ihre personellen Möglichkeiten überfordert hätten. Als Zeichen einer erneuerten Gelehrsamkeit sollten ‚schlanke‘ und flexible Publikationsformate in deutscher Sprache deren Vorkämpfern höhere Aufmerksamkeit und Wirksamkeit sichern. Diesem Ziel dienten auch die Gelegenheitsschriften, die enger gefasste und für einflussreich gehaltene Adressatenkreise ansprechen sollten. Ebenso zielten sie von Beginn an darauf ab, durch ‚geschlossenes‘ Publizieren in eigenen als gesellschaftliche Veröffentlichungen ausgewiesenen Zeitschriften, Schriftenreihen und Sammelbänden wahrnehmbar zu werden. Probleme blieben dabei nicht aus; gerade Zeitschriften führten unter der Ägide ihrer Redakteure häufig ein Eigenleben oder wurden, wenn überhaupt, in unterschiedlichem Maße und mit unterschiedlicher Berechtigung als Organe der Gesellschaft wahrgenommen. Mit der Herausgabe von Sammelbänden legte man ausgewiesene Eigenpublikationen der Gesellschaft vor. Die Dualität der gesellschaftlichen und individuellen Interessen an Veröffentlichungen ließ sich in der Regel unter einem solchen Dach vereinen, und auch Eigenpublikationen der Mitglieder mit bloßer Nennung der Mitgliedschaft konnten den Bekanntheitsgrad ihrer Sozietät erhöhen. Das vielfältige ökonomische, kulturelle und soziale Kapital der Gesellschaft hinsichtlich ihrer finanziellen Ausstattung, ihrer Kompetenzen bei der Textkritik und ihrer Reputation verleitete aber auch viele Mitglieder, es für ureigene Zwecke auszunutzen. Versuche, Grenzen zu ziehen, waren zwar vorhanden und wurden durchaus reflektiert; was aber blieb, war eine Pluralität von Vorgehensweisen, die sich zu keiner Gesamtstrategie rundeten.
5 Folgen 5.1 Abstammen 1727 erschien in Leipzig eine Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung. Eine Deutsche Gesellschaft, wie der Titel sie ankündigte, war in Leipzig neu und erneuert zugleich. Was an ihren Zielsetzungen neu sein sollte, erläuterte ihr Senior Johann Christoph Gottsched ebenso, wie er die bisherige Geschichte von der Gründung als Vertrautes Görlitzisches Collegium Poeticum bis zur 1717 erfolgten Umbenennung in eine Teutschübende Poetische Gesellschaft darstellte. In die Zukunft gerichtete programmatische Diskussionen standen also ebenso am Beginn dieser Sozietätsbewegung wie Rückbezüge auf Traditionen und Anregungen unterschiedlichster Art und Provenienz. Dabei war eine nachverfolgbare personelle, ideelle und institutionelle Kontinuität die Ausnahme; dass die weitaus meisten Gesellschaften sich ohne direkte Vorläufer neu gründeten, hat indes weder die Gesellschaften selbst noch ihre Erforscher davon abgehalten, sie in Ahnengalerien einzuhängen. Ihr Charakter als Neugründung verpflichtete sie auf keine bestimmte Sozietätstradition und gab ihnen die Chance, ihre eigene Genealogie kreativ zu gestalten. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bot sich eine breite Palette von Vorbildern an, die Sozietätsprojekte wie die von Leibniz und Heräus noch ergänzten. Einer „invention of tradition“1 standen die Türen so weit offen. Aufgenommen und umgesetzt werden musste nur das, was den eigenen Zielsetzungen zweckdienlich und der konkreten Situation der jeweiligen Gründung angemessen erschien. Die Schriften und Äußerungen der Mitglieder zu den Vorläufersozietäten und Projekten stellen somit eine Quelle dar, die keineswegs unhinterfragt und unergänzt bleiben sollte. Sie verdienen eine kritische Betrachtung wie alle Genealogien der Frühen Neuzeit. Wie bei diesen, sollte am Ende einer solchen Ahnenprobe allerdings keine reine Prüfung auf deren Wahrheitsgehalt stehen, sondern der Versuch, die Stammtafeln der Deutschen Gesellschaften als programmatische Versuche gesellschaftlicher Aufwertung, Abgrenzung und Verortung zu begreifen und zu betrachten. An erster Stelle in einer solchen Ahnenreihe standen und stehen die Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts, unter denen die Fruchtbringende Gesellschaft die prominenteste war. Berufen kann sich diese Genealogie auf Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, der Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg
|| 1 Eric Hobsbawm u. Terence Ranger (Hg.): The Invention of Tradition. Cambridge 1983. https://doi.org/10.1515/9783110776218-006
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gegenüber verkündete, dass er „diese gesellschaft nechst ihrem bekanten nahmen (der fruchtbringenden) auch die deutsche nenne“.2 Clodius’ Schediasma referierte in aller Breite die Aktivitäten vorangegangener Sprachgesellschaften. Gottscheds Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig bezog die Gesellschaften des 17. Jahrhunderts ebenso in eine Genealogie der Sozietätsbewegung mit ein,3 wie sie sein Antipode Johann Andreas Fabricius in seiner Gelehrtengeschichte gemeinsam mit den Deutschen Gesellschaften aufführte.4 Gänzlich unberechtigt ist diese Verklammerung nicht; es handelte sich sowohl im 17. als auch – wie bereits sichtbar wurde – im 18. Jahrhundert nicht nur um Gesellschaften mit dem Ziel der Sprach- und Literaturpflege, sondern auch um eine Sozietätsbewegung,5 der diese Pflege nicht Selbstzweck, sondern Medium einer Arbeit am ständischen Habitus war.6 An den Ständen freilich schieden sie sich. Der Fruchtbringenden Gesellschaft hat man zu Recht bescheinigt, sie sei „im engeren Sinne keine gelehrte Gesellschaft“, sie „repräsentiert vielmehr eine im Europa der Frühen Neuzeit anzutreffende, aristokratisch geprägte Wissens-, Verhaltens- und Geselligkeitskultur“.7 Für eine dezidiert gelehrte Sozietätsbewegung wie die späteren Deutschen Gesellschaften war damit eine Vorreiterfunktion genauso wie eine Grenze markiert.
|| 2 Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen an Fürst Christian II. von Anhalt, den 29. August 1623, zit. nach: Klaus Conermann: Die Fruchtbringende Gesellschaft und ihr Köthener Gesellschaftsbuch. Eine Einleitung. In: Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650. Hg. v. Klaus Conermann. 3 Bde. Leipzig 1985, hier Bd. 1, S. 89. Vgl. Winand von Polhelm (der Entnehmende) an Fürst Ludwig von Anhalt-Köthen, den 5. März 1645: „[…] weillen der Entnehmende die hohe gnadt empfangen, daß Er in die hochahnsehende und geehrte Deutsche Gesellschafft, mit aufgenommen worden“. – Der Fruchtbringenden Gesellschaft ältester Ertzschrein. Briefe, Devisen und anderweitige Schriftstücke von den Fürsten Ludwig, Christian et al. Leipzig 1855, S. 48. Gottfried Vockerodt nennt die Fruchtbringende Gesellschaft bereits 1687 eine Teutonica Societas. – Ders.: Introductio in notitiam Societatum litterariarum. Jena 1687, f. C 3v. – Freundlicher Hinweis von Maximilian Görmar, M. Ed. 3 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 8f. 4 Fabricius: Abriß. Bd. 3, S. 781f. 5 Vgl. zum Charakter als Sozietätsbewegung Jörg Jochen Berns: Zur Tradition der deutschen Sozietätsbewegung im 17. Jahrhundert. In: Martin Bircher u. Ferdinand von Ingen (Hg.): Sprachgesellschaften, Sozietäten, Dichtergruppen. Hamburg 1978, S. 54: „Von einer Bewegung zu sprechen, erscheint mir deshalb sinnvoll, weil die Sozietäten einander ähneln, miteinander konkurrieren oder sich gegenseitig ergänzen, einander verdrängen und sich ablösen.“ 6 So hat Maximilian Görmar in seiner Studie über das Leipziger Collegium Gellianum zahlreiche Merkmale dieser Gesellschaft wie etwa hoher Studentenanteil, Einübung in gelehrte Techniken oder Gelegenheitspoesie aufgeführt, die auch den Deutschen Gesellschaften zuzuschreiben sind. – Vgl. ders.: Das Collegium Gellianum in Leipzig (1641–1679). 7 Herz: Der edle Palmenbaum und die kritische Mühle, S. 92.
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Johann Christoph Gottsched hatte sich mit den Gesellschaften des 17. Jahrhunderts ausführlich beschäftigt und in den Beyträgen eine Programmschrift des Dresdner Leopoldenordens ausführlich referiert.8 Den Schriften des Fruchtbringers Martin Opitz entnahm er zahlreiche Anregungen.9 Indem er dessen Werke propagierte, war er allerdings durchaus Anwalt seiner eigenen Politik.10 Den im 17. Jahrhundert aus seiner Sicht herrschenden ‚Schwulst‘ abzulehnen, war ebenso eherner Bestandteil seines Literaturprogramms, und diesem Verdikt verfielen auch die Sprachgesellschaften: „Die Glieder der Fruchtbr. Gesellsch. wurden auch nicht sowohl dadurch lächerlich, weil sie alles deutsch geben wollten; als weil sie es bisweilen auf eine seltsame Art thaten, die der deutschen Sprache nicht gemäß war.“11 Die barocke Emblematik der Fruchtbringer war aus dem gleichen Grund Gegenstand seines Spottes.12 Als Ursache für die Unzulänglichkeiten der Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts sah der Wolffianer Gottsched den unzureichenden Stand der Gelehrsamkeit und vor allem der Philosophie an: „Wie wäre es möglich gewesen besser zu schreiben, als man gedacht hat?“13 Engere Traditionsbezüge herzustellen, bot sich vor allem an Orten und in Regionen an, die im 17. und 18. Jahrhundert gleichermaßen an den Sozietätsbewegungen partizipiert hatten. Häufig aber scheint genau dies ausgeblieben zu sein, oder es zeigte sich wie in Greifswald14 und Helmstedt,15 dass die voran|| 8 Kurze Nachricht von dem, am Ende des vorigen Jahrhunderts, zu Dresden im Werke gewesenen Leopolden=Orden. In: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 5 (1733), S. 168–190. 9 Vgl. zur Opitz-Rezeption Gottscheds mit Aufführung älterer Literatur Klaus Conermann: Martin Opitz: Patria – Nation – Europäische Renaissance. Neue biographische Forschungen zur Stellung des ‚Gekrönten‘ in der Literaturgeschichte. In: Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft 64 (2011), S. 37–62. 10 Vgl. Ludwig Stockinger: Gottscheds Stellung in der deutschen Literaturgeschichte. In: Kurt Nowak u. Ludwig Stockinger (Hg.): Gottsched-Tag. Wissenschaftliche Veranstaltung zum 300. Geburtstag von Johann Christoph Gottsched am 17. Februar 2000 in der Alten Handelsbörse in Leipzig. Stuttgart u. Leipzig 2002, S. 41. 11 Gottsched: Sprachkunst, S. 194. 12 Vgl. Ball: Die Impresistik in den Gesellschaftsbüchern der Fruchtbringenden und Tugendlichen Gesellschaft, S. 517. 13 Kurze Nachricht von dem, am Ende des vorigen Jahrhunderts, zu Dresden im Werke gewesenen Leopolden=Orden. In: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 5 (1733), S. 175. 14 „Um das Jahr 1678 war hier in Greifswald eine Teutsche Gesellschaft, ich weis aber weder von ihrer Einrichtung noch von ihren Arbeiten einige Nachricht zu geben, eben so wenig weis ich, ob sie mit einer anderen, die hier im Jahre 1659 gewesen seyn soll, zusammenhängt oder nicht.“ – Gadebusch: Schwedischpommersche Staatskunde. Zweyter Theil, S. 177.
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gegangenen Gründungen nur noch schemenhaft bekannt waren. An die in Köthen und in Weimar angesiedelten, gut bekannten Fruchtbringenden Gesellschaften konnten die in diesen Territorien wirkenden Deutschen Gesellschaften in Bernburg und Jena ohne Weiteres anknüpfen. In Jena lassen sich ähnliche Deutungsmuster wie bei Gottsched in Leipzig beobachten. Zur Eröffnung mahnte das neugewählte Jenaer Mitglied Gottlieb Stolle mit Seitenhieb auf die Fruchtbringer, „daß wir, weil bishero schon so viele dergleichen Unternehmungen fruchtlos gewesen, bey Untersuchung der teutschen Sprache auch die Regeln der Klugheit vor Augen haben sollten“.16 Karl Gotthelf Müller hingegen adressierte die weimarischen Obrigkeiten und sah die Teutsche Gesellschaft Jena in einem Territorium wirken, „dessen Durchlauchtigster Ahnherr, Herzog Wilhelm der Vierte […] sich selbst einer der ältesten und grösesten teutschen Gesellschaften, die den Namen des Palmen Ordens führte, und so gar in der Weimarischen Herzoglichen Residenz gestiftet worden, zum ruhmvollesten Oberhaupte schenkte“.17 Offenkundig war es nicht die Achtung vor den gelehrtliterarischen Verdiensten der Fruchtbringer, sondern das unverhohlene Schielen nach fürstlicher Protektion, die Müller hier und andernorts18 eine Lanze für diese Gesellschaft brechen ließ. Die anhaltischen Wurzeln der Fruchtbringenden Gesellschaft griff man im Bernburger Teilfürstentum ebenso gerne und nicht weniger ausführlich auf, als es galt, Fürst Karl Georg Leberecht, Nachfolger von Fürst Ludwig von AnhaltKöthen, für eine neue Deutsche Gesellschaft zu gewinnen. Dieser nahm das Ansinnen jedoch eher distanziert auf. Ohne es rundweg abzulehnen, forderte er, die Gesellschaft möge sich zunächst um anerkannte Ehrenmitglieder kümmern, und legte damit die Messlatte ihrer berühmten Vorgängerin an das Gründungsprojekt. Eine Privilegierung durch Anhalt-Köthen kam nicht zustande,19 die nun || 15 Einer späteren Darstellung Wiedeburgs zufolge entstand die Deutsche Gesellschaft aus übriggebliebenen Mitgliedern der Societas Conantium, die zunächst Mosheim um Bestätigung bat, was dieser aber wegen Arbeitsüberlastung ablehnte. – Vgl. Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 8. 16 Protokolleintrag vom 18. Februar 1730, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 4r. 17 Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 30. 18 Vgl. Karl Gotthelf Müller: Dass die teutschen Gesellschaften zu unsern Zeiten nicht allein den schönen sondern auch den höhern Wissenschaften gewidmet seyn sollten. In: Schriften aus den schönen Wissenschaften, S. 8: „Wem ist wohl unter Ihnen, in den Geschichten kundige Zuhörer! die erste und größeste teutsche Gesellschaft unbekannt, die unter den Namen des PalmenOrdens die höchste Zierde des vorigen Jahrhundertes war, in welcher auch Könige und Fürsten, als durchlauchtigste Mitglieder, sich nicht schämten zur Aufnahme der Sprache unsers Vaterlandes das ihre beyzutragen?“ 19 Vgl. den Schriftwechsel zum Genehmigungsverfahren in: LASA, Z 70 Abt. Köthen, C 9m Nr. 2.
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auf Bernburg beschränkte Sozietät aber sah ihre Arbeit unverdrossen „auf den Schultern dieser berühmten Vorarbeiter“20 ruhen. Auf dem Gebiet der Reichsstadt Nürnberg bewegten sich die Altdorfer Deutschen Gesellschaften in einer anderen Konstellation. Der dort 1644 gegründete Pegnesische Blumenorden bestand, wenn auch in einer Krise, unvermindert fort.21 Strodtmanns Gelehrtengeschichte bezeichnete sie Mitte der 1740er Jahre als „schon über hundert Jahre bestehende deutsche Gesellschaft“.22 Solche Einschätzungen stellten die Frage in den Raum, wie das Verhältnis dieser Sozietäten ausgestaltet werden sollte. Gottsched, der in seiner Critischen Dichtkunst den Orden mit Spott überzogen hatte,23 war um eine Antwort nicht verlegen: Da die Pegnitzschäfer Gesellschaft in Nürnberg ihrem Ende ziemlich nahe zu seyn scheint: Könnte denn nicht das angenehme Kraftshof, als ein wichtiges Alterthum des poetischen Witzes der Vorfahren, von der löbl. Altdorfischen Gesellschaft erworben werden? Um den Begriff des Schäferwesens nicht gänzlich zu vertilgen, könnte man […] den Namen einer Deutschen Arcadischen Gesellschaft, annehmen, und durch diese Veränderung, eine Anstalt erneuern und angenehm machen, die im ersten Grunde etwas sehr löbliches und schätzbares gewesen ist […].24
Es gibt allerdings in der dichten Überlieferung zur Altdorfer Sozietät keinen Hinweis darauf, dass ein solches Projekt, das schließlich zwei gänzlich anders zusammengesetzte Sozietäten vereinigt hätte, je ernsthaft verfolgt wurde. Erst nach dem Ende der Altdorfer Deutschen Privatgesellschaft engagierten sich manche ihrer Mitglieder bei der Reform des Blumenordens.25 Georg Andreas Will, der Vorsteher der Altdorfer Deutschen Gesellschaft, verfasste eine Nachricht von einer Nürnbergischen Deutschen Gesellschaft, bezog sich damit aber auf eine andere, erloschene Gründung: die Deutschliebende Gesellschaft.26 Sein Manu-
|| 20 Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 11. 21 Vgl. dazu Werner Kügel: Geschichte und Gedichte des Pegnesischen Blumenordens. Erstes Buch: 1699 bis 1794. Nürnberg 1998. 22 Von dem Hirten- und Blumenorden an der Pegnitz in Nürnberg. In: Geschichte jeztlebender Gelehrten. Hg. v. Johann Christoph Strodtmann. Teil 9. Celle 1745, S. 475. 23 Vgl. Johann Christoph Gottsched: Versuch einer critischen Dichtkunst durchgehends mit den Exempeln unserer besten Dichter erläutert. Leipzig 1751, S. 236f. Vgl. dagegen Johann Friedrich Stoy in einem Brief an Johann Christoph Gottsched, den 26. Januar 1736. In: GBW 4, S. 489–494. 24 Johann Christoph Gottsched an Georg Andreas Will, den 27. April 1761. In: Ledermüller: Neues aus der Zopfzeit, S. 166. Will war selbst ein (allerdings offenbar passives) Mitglied des Blumenordens. – Vgl. Kügel: Geschichte und Gedichte, S. 137. 25 Vgl. ebd., S. 185–252. 26 Vgl. Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 264–267; Manuskript in: UB Erlangen, B 78. Bd. 2, f. 184–190.
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skript lieferte vor allem Angaben zu deren Mitgliedern und Werken, verriet aber ein nicht geringes Maß an Herablassung, wenn er urteilte, „daß die ganze Gesellschaft eben so merkwürdig in der Geschichte der Gelahrtheit nicht sey und daß ihre Arbeiten durchgehends den Geschmack ihrer Zeit verraten“.27 Dass ihre „Mitglieder nur heutzutage hätten leben dürfen, um den schönen Wissenschaften und der deutschen Sprache nützlicher zu seyn“,28 offenbart das Selbstbewusstsein, mit dem die Deutschen Gesellschaften ihren Ahnen gegenübertraten. Unter den Vordenkern der Sozietätsbewegung ist Gottfried Wilhelm Leibniz der bekannteste.29 Seine Unvorgreiflichen Gedancken, betreffend die Ausübung und Verbesserung der Teutschen Sprache gehörten und gehören zu den wichtigsten Texten in der Geschichte der Sprachpflege, deren Herausgabe die Leipziger Deutsche Gesellschaft bereits 1722 in ihrem Schediasma zu ihrem Ziel erkoren hatte.30 Gottsched, laut Jean Henri Samuel Formey „un des principaux soutiens de Leibnitzianisme“,31 druckte die Schrift schließlich in den Beyträgen ab32 und konnte ihre Bekanntheit so wesentlich steigern. Aller bekundeten Verehrung für den Leipziger Universalgelehrten zum Trotz stellte Gottsched ihn keineswegs als den Ideengeber der Leipziger Deutschen Gesellschaft dar. Die Unvorgreiflichen Gedanken enthielten Gottscheds Worten nach „Vorschläge und Anmerkungen […], die man sich bey unserer Gesellschaft längst zur Regel dienen lassen.“ Er stellte somit lediglich viele Gemeinsamkeiten fest und nahm den Autor der Unvorgreiflichen Gedanken zur Legitimation seiner eigenen Ziele in Beschlag.33 „Was der Analytiker Leibniz als Therapie empfiehlt, […] wird hier bereits als gängige Praxis verstanden.“34 Leibniz also galt ihm nicht als Gründervater, sondern als Bündnispartner.
|| 27 Ebd., f. 189. 28 Ebd. 29 Vgl. zum Verhältnis der Deutschen Gesellschaften zu Leibniz ausführlich Erb: Eine unabhängige Umsetzung unvorgreiflicher Gedanken? 30 „Hac absoluta, virorum celeberrimorum consilia ad emendationem linguae patriae, ejusdemque Poeseos spectantia, cum Epicrisi, prelo subjicienda curabimus.“ – Clodius: Schediasma, S. 48. 31 Jean Henri Samuel Formey an Johann Christoph Gottsched, den 23. September 1746. In: GBW 11, S. 568. 32 Johann Christoph Gottsched: Ill. V. Godofr. Guilelmi Leibnitii Collectanea Etymologica illustrationi linguarum, veteris Celticae, Germanicae, Gallicae, aliarumque inseruientia Hannover 1717. In: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 3 (1732), S. 357–411. 33 Vgl. Klaus D. Dutz: Die Chiffre der Sympathie liegt in der Proportion: Leibniz und seine Rezeption in der Sprachwissenschaft, Münster 1983, S. 5. 34 Otto: Leibniz, Gottsched und die deutsche Kulturnation, S. 16.
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Als man in Göttingen eine Gesellschaftsgründung ventilierte, bedachte man, es „können des Hrn. von Leibniz Vorschläge […] dabey genützet werden“.35 Hinsichtlich der anderen Deutschen Gesellschaften muss allerdings konstatiert werden, dass die Auseinandersetzung mit Leibniz nach Gottscheds Austritt 1739 insgesamt abgeflaut war. Im Briefwechsel mit Leibniz entstanden36 und dessen Schriften nicht nur im Titel ähnlich waren die „Unvorgreifflichen Gedanken über die Auf- und Einrichtung einer Teutschen Sprach-Gesellschaft“ von Carl Gustav Heräus.37 Unter Protektion des Reichsoberhaupts sollte eine Gesellschaft entstehen, die nicht aus Personen mit „Schul=Art“ bestehe, sondern „solche Männer, welche der Vorzug des Standes, die Erfahrung in Aemtern, und der Umgang mit Leuten, deren Sprache und Sitten eine gleiche Zierlichkeit haben“38 in ihren Reihen führen sollte. Obwohl also keineswegs eine universitäre oder gymnasiale Gründung ins Auge gefasst war, griff Gottsched die Schrift begeistert auf und druckte sie nur elf Jahre nach ihrem ersten Erscheinen in seinen Beyträgen erneut ab, versehen mit dem Lob, sie seien „um so viel mehr werth, je weniger ihnen irgend eine Eigenschaft mangelt, bey verständigen, und die Ehre ihres Vaterlandes liebenden Deutschen, einen vollkommenen Beyfall zu erhalten“.39 Auf diesem Weg das Projekt einer landesherrlichen Akademie zu lancieren, stand keineswegs quer zur universitär geprägten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, sondern war als publizistische Begleitmusik zu den in diesen Jahren unternommenen Anläufen gedacht, durch Aufnahme gerade adeliger Mitglieder kurfürstlich-sächsische Bestätigung für die eigene Gesellschaft zu erlangen. Geradezu als Initialtext für die Deutschen Gesellschaften wurde die Gracian-Vorlesung von Christian Thomasius gesehen.40 Tatsächlich finden sich unter den Schlüsselfiguren der Sozietätsbewegung Anhänger seiner Lehre, wie etwa
|| 35 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 13. Februar 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 191. 36 Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 46. 37 Carl Gustav Heräus: Unvorgreifliche Gedanken über die Auf- und Einrichtung einer Teutschen Sprach-Gesellschaft/wie solche einem vornehmen Minister sind überreichet worden. In: Ders.: Gedichte und Lateinische Inschriften. Nürnberg 1721, S. 264–276. 38 Ebd., S. 271. 39 Johann Christoph Gottsched: Einleitung zu Carl Gustav Heräi, kaiserl. Raths, auch Medaillen= und Antiquitäten-Inspectors, unvorgreifliche Gedanken über die Auf- und Einrichtung einer deutschen Sprachgesellschaft, wie solche einem vornehmen Minister sind überreichet worden. In: Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Stück 2 (1732), S. 264–276, hier S. 268. 40 Vgl. Kap. 1.1 Hintergründe und Vordenker.
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Gottlieb Stolle in der Teutschen Gesellschaft Jena.41 Mit einer Lobrede auf Thomasius verabschiedete sich der Theologiestudent Georg Gabriel Grieshammer 1728 aus dieser Gesellschaft.42 Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig publizierte in ihrer Sammlung eine Trauerode auf den späteren Hallenser, die seine gelehrten Verdienste pries, seine Verdienste um das Deutsche auf dem akademischen Lehrpult aber aussparte.43 Diese nahmen die Beyträge zur critischen Historie der Deutschen Sprache hingegen in den Blick und attestierten Thomasius, die „deutsche Sprache habe durch seinen Dienst zu einem neuen, ihr gar vortheilhaften Schicksale, Anlaß bekommen, indem er einen vernünftigen Gebrauch derselben, auf den hohen Schulen unsers Vaterlandes, durch seine Feder, und durch sein Exempel, zu allererst eingeführet hat“.44 Ausdrücklich nannte der Verfasser die Leipziger Vorlesung, nicht ohne darauf zu verweisen, dass Thomasius’ Pessimismus angesichts der nun in Gang gekommenen Bestrebungen nicht mehr angebracht sei.45 Ob die 1760 erfolgte Aufnahme seiner Nichte Maria Regina Thomasius in die Altdorfer Deutsche Gesellschaft ein später Reflex der Verehrung war,46 sei dahingestellt. Das bei diesem Anlass entstandene Lobgedicht47 nimmt ebenso wenig Bezug auf ihren berühmten Verwandten wie ihr Brief an Gottsched.48 Wahrscheinlich hörten die Verbeugungen der Deutschen Gesellschaften vor Thomasius bereits in den 1730er Jahren auf, und das aus mehreren Gründen. Zum einen hat er weder aktiv eine solche Gesellschaft gegründet oder auch nur ihre Gründung ermuntert, zum anderen kann er mit seiner deutschsprachigen Vorlesung bereits zu seiner Zeit zwar als prägnanter und erfolgreicher Verfechter, nicht aber als einziger Exponent dieser vielschichtigen Bestrebungen angesehen werden.
|| 41 Vgl. Wundt: Die Philosophie an der Universität Jena, S. 80f. 42 Manuskript in: ThULB, Ms. Prov. o 9. 43 Vgl. Johann Viktor Krause: Auf das Absterben des Herrn Geh. Raths Thomasius. In: Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Oden und Cantaten in vier Büchern. Bd. 3, S. 285–288. 44 [Johann Christoph Gottsched?]: [Rez.] Christian Thomasens kleine deutsche Schriften, mit Fleiß zu sammen getragen, und zum andernmale gedruckt. Halle a.d.S. 1707. In: Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit 10 (1734), S. 350. 45 Vgl. ebd., S. 355. 46 So sieht es Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 275. Deren Vorsteher bescheinigte ihr: „In der That dichtete die Thomasius schöner, als Gottsched […].“ – Georg Andreas Will: Begebenheiten die Gesellschaft betreffend, UB Erlangen, B 78 Bd. 12, f. 38v. 47 Vgl. An das wohlgeborene Fräulein Regina Thomasius, auf Wiedersberg und Troschenreuth; bei ihrer Aufnahme in die berühmte deutsche Gesellschaft zu Altdorf. In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit 10 (1760), S. 771–772. 48 Vgl. Maria Regina Thomasius an Johann Christoph Gottsched, den 28. Juni 1749, UB Leipzig, Ms 0342 XIV, f. 212f.
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Auch wenn die Deutschen Gesellschaften durchaus eifrig die Geschichte der Wissenschaften, der Literatur und der Sprachpflege nach Vorbildern durchmusterten: Einen einzigen Text, eine einzige Gesellschaft oder eine einzige Persönlichkeit als klar definierten Referenzpunkt hat es nicht gegeben. Stattdessen bediente man sich situativ und selektiv verstreuter Organisationen, Persönlichkeiten und Texte, ohne dass diese unbedingt in einer Kontinuität oder einem Zusammenhang miteinander hätten stehen müssen. Rückversicherung bei den vermeintlichen Ahnen stand unvermittelt neben Abgrenzung von barockem ‚Schwulst‘. Häufig machte man sich den adeligen Charakter der Sprachgesellschaften oder die Nähe eines Leibniz oder Heräus zum Hofe zunutze, um mit Verweis auf diese zugleich um Unterstützung in diesen Kreisen zu werben. Die Bezugnahmen blieben jedoch vereinzelt und mündeten weder in eine innergesellschaftliche Diskussion noch in Versuche, eine systematische Genealogie zu erstellen. Letztlich bildete die Pluralität der dazu ernannten Ahnen eine Vielfalt gesellschaftlicher Zusammensetzungen und Aktivitäten ab. Sucht man nach einem gemeinsamen Nenner, ließe sich der für die genealogische Praxis des europäischen Adels konstatierte Befund auf die Deutschen Gesellschaften übertragen, demzufolge für die Adelshäuser „das Alter und die edle Abstammung der eigenen Familie bedeutsame Attribute der Selbstdarstellung“49 verkörperten. Es erscheint also nur folgerichtig, dass die Deutschen Gesellschaften sich nicht hinter einer Fahne versammelten, sondern mit einem vielfeldrigen Wappen ihre Ziele verfochten.
5.2 Leitbild Leipzig? Die Leipziger Deutsche Gesellschaft und ihr langjähriger Senior Gottsched haben in ihren Schriften wichtige Muster für den Umgang mit ihren Vordenkern und Vorreitern erbracht. Dass die ab 1727 erscheinenden Schriften und der Senior persönlich den expliziten Anspruch erhoben, selbst ein Muster abzugeben, wirft die Frage auf, ob und inwieweit dies tatsächlich zutrifft. Mencke und Gottsched setzten es durch, dass sich die Leipziger Gesellschaft weg von landsmannschaftlicher Geselligkeit mit der Einübung dichterischliterarischer Fertigkeiten bewegte hin zu einer disziplinär ausgerichteten gelehrten Gesellschaft mit ehrgeizigem Forschungs- und Publikationsprogramm. || 49 Andreas Pečar: Genealogie als Instrument fürstlicher Selbstdarstellung. Möglichkeiten genealogischer Repräsentation am Beispiel Herzog Ulrichs von Mecklenburg. In: zeitenblicke 4/2 (2005), Themenheft: Selbstverständnis – Selbstdarstellung – Selbstbehauptung. Der Adel in der Vormoderne I. Hg. v. Gudrun Gersmann u. Michael Kaiser. URL: http://www.zeitenblicke.de/ 2005/2/Pecar/index_html [16.08.2018].
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In dieser Form war die Gesellschaft eine Größe in der gelehrten Welt und konnte in eben dieser die Beschäftigung mit deutscher Sprache, Poesie und Beredsamkeit etablieren und maßgeblich vorantreiben. So ist sie in die Literaturgeschichte eingegangen und hat das Thema ‚Deutsche Gesellschaften‘ dominiert, ja deformiert. Dies ging so weit, dass ältere Forschungen zu diesem Thema eigentlich nur von Gottscheds Reformvorhaben und ‚seiner‘ Leipziger Gesellschaft zu berichten wussten, ohne die anderen Gesellschaften und ihre Mitglieder zu erwähnen.50 Dass die „Deutschen Gesellschaften in Zielsetzung und Ausrichtung am Zentrum Leipzig orientiert“ gewesen seien,51 wird selbst in manchen neueren Forschungen nicht hinterfragt. Der Forschung bekannt ist allerdings auch der jähe Absturz dieser Gesellschaft nach Gottscheds Austritt 1738. Er bedeutete aber keineswegs das Ende dieser Sozietätsbewegung; ganz im Gegenteil erfolgten die meisten Gründungen Deutscher Gesellschaften erst nach 1738. Jedenfalls darf man sich fragen, welchen Stellenwert eine berühmte, über die meiste Zeit der Sozietätsbewegung hinweg aber kaum existente Gesellschaft für die zahlreichen Deutschen Gesellschaften besaß. Ihr ehemaliger Senior Gottsched war um eine Antwort nicht verlegen: „Alle andre deutsche Gesellschaften, die nach der Zeit, fast auf allen hohen Schulen entstanden, sind gleichsam für Töchter derselben anzusehen, und haben sich destomehr gehoben, jemehr sie auf der guten Bahn geblieben, die jene ihnen gewiesen hatte.“52 Zweifel an dieser selbstbewussten Äußerung ihres einstigen spiritus rector sind schon aufgrund der räumlichen und zeitlichen Distanz der meisten Gründungen angebracht. Selbst wer Gottsched Glauben schenkt, muss erklären, auf welchen Wegen die Leipziger Gesellschaft diese Bahn denn wies. Ob und in welcher Hinsicht sie also die Sozietätsbewegung als solche formte, soll im Folgenden skizziert werden.53 Begonnen werden soll mit dem Zitatgeber selbst, Johann Christoph Gottsched. Keine Einzelpersönlichkeit ist für die Ausformung und Entwicklung des Sozietätstypus Deutsche Gesellschaft von größerer Relevanz gewesen als er. Seine Niederle-
|| 50 Vgl. dazu etwa Eric A. Blackall: Die Entwicklung des Deutschen zur Literatursprache 1700– 1775. Mit einem Bericht über neue Forschungsergebnisse 1955–1964 von Dieter Kimpel. Stuttgart 1966, S. 80–82. 51 Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 142. 52 Gottsched: Sprachkunst, S. 388. 53 Vgl. Detlef Döring: Die Anfänge der literatur- und sprachwissenschaftlichen Studien an der Universität Leipzig bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. In: Jahrbuch für internationale Germanistik 44/1 (2012), S. 117, Anm. 53, der Klaus Weimars Bezeichnung der Deutschen Gesellschaften als reine Übungsgesellschaften mit dem Verweis auf die Leipziger Gesellschaft widerspricht und sich somit genau an dieser Bruchstelle bewegt.
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gung des Seniorenamts in Leipzig war zwar kein Geheimnis,54 vielen Zeitgenossen aber nicht bekannt; noch Jahre später wurde Gottsched in Sachen Deutsche Gesellschaft Leipzig angeschrieben.55 Ebenso hat er weit über seinen Austritt hinaus die Deutschen Gesellschaften mit wechselndem Erfolg zu fördern, zu steuern oder zu beeinflussen versucht, übernahm es immer wieder, in seinen Organen auf Neugründungen und Publikationen Deutscher Gesellschaften hinzuweisen.56 In der Wahrnehmung mancher Zeitgenossen, nicht zuletzt aber in weiten Teilen der späteren Forschung, verschwammen beider Konturen mitunter bis zur Unkenntlichkeit und haben den solcherart mit der Person Gottscheds gleichgesetzten Deutschen Gesellschaften nicht immer die beste Presse beschert. In der Tat hat Gottsched in enormem Ausmaß polarisiert, was jedoch nicht dazu führen soll, den deutschen Sprachraum deshalb in Jünger, Apostaten und Ketzer zu teilen. Vielmehr markierten die konträren Pole ein Feld, in dem sich die einzelnen Akteure positionieren und bewegen konnten. Entwicklungen im Verhältnis zu Gottsched gab es ebenso wie partielle Anerkennungen seines Wirkens. Sein schroffes Agieren verprellte selbst diejenigen, die seine Verdienste um Gelehrsamkeit und Literatur durchaus zu schätzen wussten. Nicht zuletzt war es so vielen Personen und Gesellschaften möglich, die eigene Stellung zu Gottsched ostentativ zur Schau zu tragen und darüber ihr Profil zu schärfen. Diese Palette an Verhaltensweisen bot sich auch den Deutschen Gesellschaften an, die einerseits von Gottscheds weit ausgebreitetem Korrespondenznetzwerk57 und seinen Zeitschriften58 profitieren konnten, || 54 So inserierten die Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen in der Ausgabe LXI vom 31. Juli 1738, S. 553, dass Briefe an die Deutsche Gesellschaft nach Gottscheds Austritt künftig an Johann Friedrich May zu adressieren seien. 55 Vgl. bspw. Johann Gottlieb Vorsatz an Johann Christoph Gottsched, den 12. Juli 1745. In: GBW 10, S. 487. 56 Vgl. bspw. über die Deutsche Gesellschaft Altdorf die wohlwollende Rezension von Versuch in Beyträgen zur deutschen Sprachlehre, Beredsamkeit und Geschichte in: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit Bd. VI (1757), S. 487–492; über die Deutsche Gesellschaft in Königsberg: Hieher gehörige Neuigkeiten. In: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 7 (1748), S. 579, oder die Rezension von Der Königl. Deutschen Gesellschaft in Königsberg Eigene Schriften in: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit 1754, S. 582–594. 57 Vgl. Detlef Döring: Der Briefwechsel von Johann Christoph Gottsched. Die Geschichte seiner Erschließung und seine Stellung in der Entwicklung der Korrespondenz. In: Hans-Gert Roloff u. Renate Meincke (Hg.): Editionsdesiderate zur Frühen Neuzeit. Beiträge zur Tagung der Kommission für die Edition von Texten der Frühen Neuzeit. 1. Teil. Amsterdam u. Atlanta 1997, S. 297–318; Gabriele Ball: „Befehlen Sie mir, so sollen meine geringen Kräfte alle Zeit zu dero Diensten bereit seyn“ – Gottscheds literarische Vermittler- und Multiplikatorrolle im Spiegel seiner Briefsammlung in Leipzig. In: Das achtzehnte Jahrhundert 18/1 (1994), S. 11–18; Marianne Wehr: Johann Christoph Gottscheds Briefwechsel. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Frühaufklärung. Diss. masch. Leipzig 1965.
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andererseits befürchten mussten, als seine Trabanten zu gelten und in dessen zahlreichen Fehden selbst Imageschaden zu erleiden. Zu seinen Korrespondenzpartnern zählten über 200 Mitglieder Deutscher Gesellschaften,59 unter denen 31 Korrespondenten Funktionen in 15 Deutschen Gesellschaften bekleideten. Auch wenn ein Briefwechsel mit Gottsched und eine Mitgliedschaft in einer Deutschen Gesellschaft äußerst selten einander bedingten und die weitaus meisten dieser Briefe die Sozietäten gar nicht zum Gegenstand hatten, bezeugt allein die Anzahl, dass seine Stimme in der Mitgliederschaft durchaus gesucht und gehört wurde. Neben seiner Rolle in der Leipziger Deutschen Gesellschaft war er von Beginn an Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft in Königsberg und ab 1748 auch der Deutschen Gesellschaft in Göttingen. Beiden Einrichtungen widmete er die erste Auflage seiner Sprachkunst.60 In diesen Sozietäten schien ihm als korrespondierendes Mitglied ein Hebel in die Hand gegeben, seine Vorstellungen auch ohne persönliche Leitung zu verwirklichen. Am ausgeprägtesten geschah dies in seiner ostpreußischen Heimat in Königsberg, wo sich die dortige Gründung einem Besuch der Professoren Johann Jacob Quandt und Cölestin Christian Flottwell bei Gottsched in Leipzig verdankt. Mit Letzterem entspann sich ein Briefwechsel, der wie keine zweite Quelle die Deutschen Gesellschaften als beflissene und servile Jünger des Leipziger Literaturpapstes erscheinen lässt. Dies war auch nicht dem späteren Königsberger Gesellschaftsvorsteher Samuel Gottlieb Wald entgangen, in dessen Chronik sich dankbare Anerkennung mit Süffisanz mischte: Dieser (G.) nahm sich vorzüglich der neuen Gesellschaft an, interessirte sich für die Verbreitung ihrer Schriften, censirte diese auch bisweilen, beschenkte die Gesellschaftsbibliothek, aber vorzüglich war er geschäftig in der Ernennung neuer Mitglieder, und ängstlich besorgt, daß sich nicht irgend ein falscher Bruder, der es mit den Schweizern oder Göttingern hielte, einschliche.61
|| 58 Vgl. dazu ausführlich Ball: Moralische Küsse. 59 Die Auszählung erfolgte durch einen Abgleich der Mitgliederdatenbank mit Wolfram Suchier: Gottscheds Korrespondenten. Alphabetisches Absenderregister zur Gottschedschen Briefsammlung in der Universitätsbibliothek Leipzig. Mit einem Vorwort v. Dietmar Debes. Leipzig 1971. Mit mehr Korrespondenten ist zu rechnen, da diese Briefsammlung nicht alle bekannten Briefe von und an Gottsched umfasst und von zahlreichen verloren gegangenen Briefen auszugehen ist. 60 Vgl. Johann Christoph Gottsched: Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst, nach den Mustern der besten Schriftsteller des vorigen und jetzigen Jahrhunderts abgefasset. Leipzig 1748, o.S. 61 Wald: Geschichte der königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen, S. 859.
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In der Tat betätigte sich Gottsched als fleißiger Makler, bei dem sich Flottwell überschwänglich bedankte: „Die uns recommand. membra honor. sind heilig aufbehalten v. werden wir durch ihre Vorsprache immer mehr Freunde sammlen.“62 Flottwell folgte zahlreichen der Empfehlungen aus Leipzig.63 Dass Gottsched in Königsberg als Drehscheibe fungierte, war kein Geheimnis; Georg August Detharding vermutete Gottscheds Mitwirkung bei seiner Aufnahme64 ebenso, wie Friedrich Gedicke ihn ausdrücklich auf Maklerdienste ansprach.65 Seinen Einfluss allerdings machte er ebenso in der Abwehr ihm weniger genehmer Aufnahmen geltend. Im Fall von Christian Friedrich Stisser, dessen in Stettin gehaltene Rede auf das Königsberger Universitätsjubiläum Gottsched „sehr hallerisch, daß ist dunkel und gezwungen“66 fand, riet dieser von einer Aufnahme in die Königsberger Gesellschaft mit der fadenscheinigen Begründung ab, dass Stisser ja schon ein Mitglied der Greifswalder Gesellschaft sei.67 Der Erfolg von Gottscheds Verdikt bleibt im Dunkeln; in anderen Fällen befolgte man seine Empfehlungen von Mitgliedern entweder gar nicht68 oder mit erheblicher Verspätung.69 Der devote Tonfall Flottwells70 und die Versuche Gottscheds
|| 62 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 17. November 1744. In: GBW 10, S. 263. 63 Vgl. für Ludolf Bernhard Kemna Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 10. August 1744. In: Ebd., S. 186; für Johann Daniel Denso Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 12. September 1744. In: Ebd., S. 216; für Magnus Gottfried Lichtwer dessen Brief an Johann Christoph Gottsched, den 2. Januar und 19. Mai 1752. In: Magnus Gottfried Lichtwer u. Johann Christoph Gottsched: Briefwechsel, Fabeln, Rezensionen. Hg. v. Walter Hettche. Bielefeld 2002, S. 10f. 64 Vgl. Georg August Detharding an Johann Christoph Gottsched, den 3. April 1744. In: GBW 10, S. 48. 65 Vgl. Friedrich Gedicke an Johann Christoph Gottsched, den 30. April 1746. In: GBW 11, S. 387. 66 Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 12. September 1744. In: GBW 10, S. 216. 67 Der Mitgliedschaftsstatus Stissers wird in den Quellen nicht klar. 1745 berichtet das ehemalige Mitglied Nikolaus Boltz an Flottwell, dass es Stisser erfolgreich für die Deutsche Gesellschaft Königsberg angeworben habe, und bittet, ihm ein Diplom zuzufertigen. – Vgl. Krause: Gottsched und Flottwell, S. 265f. Ob und wann dies geschah, ist nicht klar, erst 1752 publizierte die Deutsche Gesellschaft seine Mitgliedschaft. Als gesichert können hingegen seine Mitgliedschaften in den Deutschen Gesellschaften Jena und Greifswald gelten. – Vgl. GBW 10, S. 216, Anm. 25. 68 Nicht vollzogen wurde etwa die von Gottsched empfohlene Aufnahme von Nathanael Baumgarten. – Vgl. Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 12. September 1744. In: GBW 10, S. 216f. 69 Die Empfehlung für Johann Wilhelm Ludwig Gleim wurde erst elf Jahre später umgesetzt. – Vgl. ebd., S. 217. Mit einer Verspätung von vier Jahren erfolgte die von Gottsched angeratene
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einer massiven Einflussnahme sollten also keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass sich die Gesellschaft ganz und gar nicht zur Erbin der Leipziger Gründung entwickeln wollte. Zwar wurden ihm bei seinem Besuch in Königsberg durch die Gesellschaft alle Ehren erwiesen, und das Mitglied George Rump hielt eine Rede auf Gottscheds Geburtstag.71 Getrübt aber wurde der Besuch nicht nur durch die ausbleibende landesherrliche Unterstützung und eine Terminverschiebung, die Gottscheds Teilnahme an den eigentlichen Festlichkeiten unmöglich machten. Auch das von Gottsched an die Gesellschaft herangetragene Projekt, zum Jubiläum der Universität Königsberg eine Lobeshymne als Preis auszuloben, brachte kein Ergebnis, so dass Gottsched selbst zur Feder greifen musste.72 Mit einer Übersetzung der Reden des französischen Bischofs und Kanzelredners Valentin Esprit Fléchier sollte Flottwells Sozietät hingegen dem Vorbild Gottscheds folgen, der Fléchiers Rede auf Turenne ins Deutsche übertragen und als Muster seinem rhetorischen Lehrbuch einverleibt hatte.73 Gottsched beschenkte seinerseits die Königsberger Bibliothek mit eigenen Werken,74 erhoffte sich von der dortigen Sozietät aber vergebens das Zustandekommen eines Sammelbands, mit dem sie in die Fußstapfen ‚seiner‘ Leipziger Gesellschaft hätte treten können. Durch wiederholtes Drängen brachte er es immerhin soweit, dass ihm Arbeiten einzelner Mitglieder übersandt wurden, die
|| Aufnahme von Samuel Ephraim From. – Vgl. Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 13. März 1745. In: Ebd., S. 392. 70 Vgl. Rüdiger Otto: Band 10 der Gottschedkorrespondenz – Inhalt und Beobachtungen. In: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften 19 (2018), S. 21: „Dessen [Flottwells, AE] Verehrung Gottscheds trägt bisweilen Züge einer Apotheose.“ 71 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 8. April 1743. In: GBW 9, S. 167. 72 Vgl. dazu Otto: Band 10 der Gottschedkorrespondenz, S. 24–27. 73 Vgl. die Übersetzung der von Gottsched als mustergültig angesehenen Rede: Lob=Rede Auf den Königl. Französischen General=Feld=Marschall, Grafen von Turenne. In: Johann Christoph Gottsched: Grundriß zu einer vernunfftmäßigen Redekunst. Hannover 1729, S. 257–309. In Königsberg legte Flottwell den Grundstein zu einer längeren Reihe von Übersetzungen von Reden Fléchiers: Esprit Fleschiers Lob- und Trauerreden. Nebst dem Leben desselben von einigen Mitgliedern der königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg übersetzt und mit einer Vorrede Hrn. Prof. Gottscheds ans Licht gestellt von Christian Cölestin Flottwellen. Leipzig u. Liegnitz 1749. Anreger war vermutlich ihr Präsident Johann Jakob Quandt. – Vgl. Albert Nietzki: D. Johann Jakob Quandt. Generalsuperintendent von Preussen und Oberhofprediger in Königsberg 1686–1772. Ein Bild seines Lebens und seiner Zeit insbesondere der Herrschaft des Pietismus in Preussen. Königsberg 1905, S. 132; Krause: Gottsched und Flottwell, S. 108–110. 74 Vgl. Verzeichnis der Bücher der Kgl. deutschen Gesellschaft in Königsberg. I. Druckschriften, S. 50.
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er durch eingehende Korrekturen seinen Vorstellungen anzupassen suchte.75 Flottwell seinerseits betonte den „Vortheil, daß jede Linie der Aufsicht eines so großen Kenners unterthan bleibe“76 – zu einer Publikation jedenfalls kam es zu Gottscheds unverhohlenem Verdruss erst viel später.77 Als Mitte der 1730er Jahre die Pläne zu einer Universitätsgründung in Göttingen Gestalt annahmen, schien den Deutschen Gesellschaften ein prominenter Platz reserviert. Johann Lorenz von Mosheim, Präsident der Leipziger Deutschen Gesellschaft und Professor in Helmstedt, ventilierte im Schriftwechsel mit dem Premierminister Gerlach Adolph von Münchhausen die Gründung einer institutionell fest verankerten Deutschen Gesellschaft.78 Seine Ambitionen, die Leipziger Deutsche Gesellschaft komplett nach Göttingen zu verlegen, zerschlugen sich jedoch.79 Es blieb einer Gruppe von Mitgliedern des Philologischen Seminars vorbehalten, 1738 eine eigene Deutsche Gesellschaft ins Leben zu rufen. Johann Matthias Gesner, Leiter des Seminars und der Gesellschaft, hatte zuvor als Rektor der Leipziger Thomasschule gewirkt, so dass ihm die dortige Deutsche Gesellschaft bekannt war. Als ein Neustart der in Leipzig gerade in Turbulenzen geratenen Gesellschaft sah sich die Göttinger Gründung aber keineswegs. Mit deutlicher Spitze gegen Gottsched begründete 1740 eine Einladungsschrift die Schwäche der Sozietätsbewegung eben damit, „weil man sich zu bald einer gewissen Macht Gesetze zu geben angemasset, und andern Regeln vorschreiben wollen, wie sie reden oder schreiben sollen; da doch die Menschen eine gewisse Art der Freyheit darinnen behaupten, daß sie nicht nach anderer Gutdüncken, sondern wie es gewohnet, und gleichsam in dem Besitze sind, reden und schreiben wollen.80 Am Lehrstuhl für Anatomie, Chirurgie und Bota-
|| 75 Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 20. August 1746. In: GBW 11, S. 513f. Vgl. auch die Ausführungen von Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 1. Januar 1744. In: GBW 9, S. 469f. 76 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 6. Oktober 1744. In: GBW 10, S. 238. 77 Der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Königsberg eigene Schriften in ungebundener und gebundener Schreibart. Königsberg 1754. 78 Vgl. Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 13. Februar 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 191. Vgl. zu diesen Gründungsversuchen Cherubim: „Deutsche Philologie“ im 18. Jahrhundert, S. 41–43. 79 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 24. März 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 201. 80 Der Königlichen Georg=Augustus=Universität in Göttingen dermahliger Prorector Magnus Crusius D. zeiget hiedurch öffentlich an, daß auf erhaltenen Befehl und Vollmacht der Königlichen Regierung die allhiesige Deutsche Gesellschaft am 13. Febr. 1740 eingeführt und bestätigt werden soll; giebt von deren Beschaffenheit einige Nachricht […]. Göttingen [1740], o.S.
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nik der Universität Göttingen wirkte hingegen der gelehrte Dichter Albrecht von Haller, der als einer der bedeutendsten Opponenten Gottscheds galt und 1743 in die Deutsche Gesellschaft aufgenommen wurde. Erst fünf Jahre später erfolgte die Aufnahme Gottscheds, die Gesner als Zeichen dafür auslegte, dass die Gesellschaft nunmehr die Partei der Unparteilichkeit ergriffen habe: Die zwey Häupter zweyer Parteien, welche seit etlichen Jahren einen ihnen selbst nicht allezeit angenehmen, aber der Vollkommenheit unserer Sprache und Besserung des Geschmackes sehr nützlich gewordenen Krieg geführet haben, sind beide unsere geehrten Mitglieder. Des einen vortrefliche und erhabene Muster, des andern nützliche Anmerkungen, sonderlich die unserer Gesellschaft mit gewidmete Sprachlehre, kommen uns in den meisten Versammlungen zustatten.81
Dies blieb Wunschdenken: Nach einem Schlagabtausch mit Haller in den Leipziger und Göttinger Zeitschriften zog Gottsched im Jahr nach seiner Aufnahme seine Widmung an die Deutsche Gesellschaft Göttingen in der zweiten Auflage seiner Sprachkunst zurück.82 Über Gesner und den Göttinger Senior Rudolf Wedekind riss der Gesprächsfaden gleichwohl nicht ab, und nach Hallers Weggang aus Göttingen suchte anlässlich einer Festsitzung zum fünfjährigen Jubiläum des Besuchs des englischen Königs am 1. August 1753 Gottsched die Gesellschaft auf. Dort empfing ihn deren Sekretär Johann Philipp Murray mit einer Rede, und Gottsched trug eine Ode über Hessens Kleinode vor.83 Erneute Querelen entsponnen sich ab 1759 um die Kritik von Johann Michael Heinze an Gottscheds Deutscher Sprachkunst, auf die Gottsched im Neuesten aus der anmuthigen Gelehrsamkeit mit der Drohung antwortete, seine Ehrenmitgliedschaft niederzulegen. Lessings Kommentar „Ich glaube, sie würde darüber zu einer wendischen. Denn wie kann eine deutsche Gesellschaft ohne Gottscheden bestehen?“ avancierte zu den Klassikern der Gottschedkritik.84 Einflussmöglichkeiten besaß Gottsched weit über Königsberg und Göttingen hinaus. Insbesondere unter den Gesellschaftsgründern und -leitern bestanden zahlreiche Lehrer-Schüler-Verhältnisse und Briefwechsel. Bei ihm studiert hatte
|| 81 Johann Matthias Gesner: Als Herr Prof. Wedekind Senior, und die Herren von Colom und Hornbostel Secretarien wurden, von dem Studentenfreunde. In: Ders.: Kleine Schriften, S. 237. 82 Vgl. Otto: Gottsched und die zeitgenössische Publizistik, S. 328f.; Cherubim: Gottsched in Braunschweig, S. 131. 83 Johann Christoph Gottsched: Hessens Kleinode in einer Ode besungen. In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit IX (1753), S. 666–674. Vgl. Art. Göttingen. In: Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen. Stück 102 vom 23. August 1753, S. 921; Ferdinand Frensdorff: Gottsched in Göttingen. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 82 (1917), S. 207–209. 84 Vgl. die Schilderung des Streits bei Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 100–102.
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Johann Ludwig Anton Rust,85 der in Bernburg eine solche Gesellschaft gründete und darüber mit seinem Lehrer in Briefwechsel trat.86 Die Antworten des Leipziger spiritus rectoris wurden in den gesellschaftlichen Sitzungen referiert.87 Ähnlich verhielt es sich mit der Deutschen Gesellschaft in Altdorf, deren Vorsteher Georg Andreas Will „Gottscheds Freundschaft gegen ihn“88 rühmte, die er ihm bei seinem Studium in Leipzig bewiesen habe. Auch Will blieb mit seinem Leipziger Lehrer im Briefwechsel und trug dessen Schreiben in die Sitzungen: Das von Herrn Professor Gottsched an den Herrn Vorsteher abgelassene höfliche Antwortschreiben wurde gleichfalls vorgelesen, worinnen unter andern Herr Gottsched seine Freude über die neu errichtete Altdorfer Gesellschaft bezeugt. Ihre Beyträge in dem Neuesten zu beurteilen verspricht, und sich Hofnung macht, ins künftige aus Frankenland regelmäßiger deutsche Schriften zu lesen, die seiner Meinung nach noch immer etwas rauhes an sich haben. Zur Versicherung seines Beyfalls verehrte er der Bibliothek die neueste Ausgabe Seiner Sprachlehre, das Verzeichnis von deutschen Schauspielen und den sterbenden Cato.89
Deutlich wird noch in der Paraphrase die Kombination aus Aufmunterung, Beschenkung und Lenkung, mit der Gottsched die neue Sozietät auf seine Linie zu bringen hoffte. Gerade in den Gründungsphasen scheinen die Akteure vor Ort häufiger den Rat oder zumindest die Aufmerksamkeit des 'Altmeisters' gesucht zu haben. In Wittenberg adressierte Johann Daniel Titius Gottsched mit seinem Projekt, „eine kleine Gesellschaft zu unterrichten, die auf dero Grundsätze ihre Sprachrichtigkeit durchaus bauet“.90 Auf ähnlichem Wege erfuhr Gottsched von der anstehenden Gründung in Erlangen über seinen Korrespondenzpartner, das Jenaer Gesellschaftsmitglied Kaspar Jacob Huth.91 Ein kontinuierlicher Briefwechsel, in dem Gottsched seine Strategie des Förderns und Lenkens konsequent verfolgt hätte, scheint sich jedoch in keinem dieser Fälle entsponnen zu haben.
|| 85 Vgl. Rust: Historisch-literarische Nachrichten. Bd. 1, S. 153. 86 Einzelne Briefe haben sich erhalten in: Tartu Ülikooli Raamatukogu, Epistolae autographae CC eruditorum cel. F 3, Mrg CCCLIVb, f. 296ff. 87 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Mai 1764 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 25. 88 Kiefhaber: Leben und Verdienste Georg Andreas Will’s, S. 17. 89 Protokolleintrag vom 8. Juni 1757, UB Erlangen, B 177. Die Möglichkeit einer Einflussnahme während eines Besuchs in Altdorf diskutiert Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 274f. 90 Johann Daniel Titius an Johann Christoph Gottsched, den 13. Dezember 1757, Tartu Ülikooli Raamatukogu, Epistolae autographae CC Philosophorum cel. III. F3. Mrg CCCLIVa, f. 404. Vgl. zum Einfluss Gottscheds auch Suchier: Wittenberg, S. 834. 91 Vgl. Hermann Brödel: Erlanger im Briefwechsel mit Joh. Christoph Gottsched. Beiträge zur Geschichte Frankens im 18. Jahrhundert. In: Erlanger Heimatblätter Nr. 19 vom 24. Juni 1936, S. 51f.
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Auch ohne eine nachgewiesene Korrespondenz über die eigenen Gründungen lassen sich zahlreiche Indizien dafür anführen, dass Gottsched unter den Protagonisten und Mitgliedern der Deutschen Gesellschaften Unterstützung genoss. So sollte man Samuel Gotthold Langes und Jakob Immanuel Pyras Gegnerschaft zur ‚Gottschedianischen Secte‘ keineswegs in die Zeit ihrer Mitgliedschaft vorverlegen, als „Langens damalige Versuche noch ziemlich Gottschedisch“92 waren, während Pyra selbst mit Gottsched noch korrespondierte und ihn als spiritus rector vollauf anerkannte.93 Gottfried Schütze, mehrfaches Ehrenmitglied, war Anhänger Gottscheds.94 Vor allem dessen Sprach-, Rede- und Dichtkunst waren in den Bibliotheken der Deutschen Gesellschaften präsent und dienten dort den Mitgliedern als Richtschnur.95 Johann Nicolaus Seip etwa, der als Dozent in Marburg eine Deutsche Gesellschaft gründete, plante sogar eine Übersetzung von Gottscheds Sprachkunst ins Lateinische.96 Die Danziger Deutsche Gesellschaft orientierte sich in ihren Ausarbeitungen offenkundig ebenso an Gottsched.97 Maßgeblich blieben sie weit über seinen Tod hinaus; noch Andreas Lamey, als Akademiesekretär ein maßgebliches Mitglied der Mannheimer Deutschen Gesellschaft, wurde mit den Anfangsgründen der gesamten Weltweisheit auf Gottsched geeicht.98 Wie groß die Erwartungen an Gottsched als spiritus rector einerseits waren und wie polarisierend er andererseits wirken konnte, zeigen die Bemühungen
|| 92 Art. Jakob Immanuel Pyra. In: Christian Heinrich Schmid: Biographie der Dichter. Bd. 2. Leipzig 1770, S. 276. Vgl. auch Karl Heinrich Lange an Johann Christoph Gottsched, den 9. Februar 1728. In: GBW 1, S. 103f. 93 Erst mit einem Streit über eine in den Critischen Beyträgen publizierte und kritisierte VergilÜbersetzung Pyras begann deren Gegnerschaft. – Vgl. dazu Erb: „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle, S. 67f. 94 Vgl. Batka: Altnordische Stoffe und Studien in Deutschland, S. 17. Vgl. zu Schützes Rolle bei der Formierung des Germanenmythos außerdem Klaus Düwel u. Harro Zimmermann: Germanenbild und Patriotismus in der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts. In: Heinrich Beck (Hg.): Germanenprobleme in heutiger Sicht. Berlin u. New York 1986, S. 378f. 95 So stellte sich Wolff Christoph von Trebra Gottsched gegenüber vor: „Nach denen darinne enthaltenen Regeln bin als Mitglied der teutschen Gesellschaft in Jena jedesmahl bemühet gewesen meine Gedichte aus zu arbeiten, um selbigen ehemals den Beifall des seel. Prof. Stollens, und des noch jetzo zu Erlangen lebenden Herrn Prof. Huths zu wege zu bringen.“ – Wolff Christoph von Trebra an Johann Christoph Gottsched, den 27. Mai 1744. In: GBW 10, S. 120. 96 Vgl. Johann Nikolaus Seip an Johann Christoph Gottsched, den 12. Juli 1752, UB Leipzig, Ms 0342. XVII, f. 357–358. 97 Vgl. Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 41. Eine Überprüfung dieses Befundes ist aufgrund des Verlusts der einschlägigen Quellen nicht mehr möglich. 98 Vgl. Jürgen Voss: Vom Küfersohn aus Münster im Gregorienthal zum Mannheimer Akademiesekretär und Gelehrten von europäischem Rang: Andreas Lamey (1726–1802). In: Annuaire de la Société d’Histoire du Val de la Ville de Munster 1995, S. 76.
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um eine Normierung der Rechtschreibung. Auf Initiative von Daniel Ernst Jablonski projektierte die Sprach- und Geschichtsforschungs-Klasse der Berliner Akademie der Wissenschaften eine diesbezügliche Zusammenarbeit mit der Leipziger Gesellschaft, die zeitweilig sogar die Teutsche Gesellschaft in Jena einbezog, letztlich aber im Sande verlief.99 In einem Schreiben nach Jena machte die Akademie ihrer Verärgerung über das Gebaren Gottscheds Luft: Der Briefwechsel unter dergleichen Gesellschafften ist sehr nöthig, damit wir in den wenigen puncten gar einig werden. Der Herrn Leipziger Satyrische Art in einem der ersten Beyträge, in ihrer Lucianischen Gerichts Anstallt, hat viel abgeschreckt ein rechtes Vertrauen zu ihnen zu haben. Es ist γελωτορον. Es leidet diese Arbeit in der Teutschen Sprach in ihrer Freyheit so wenig einen Schöpfen-Stuhl als ein Schöpfen-Gericht und Urtheil. Es ist hier nicht wie bey den Münzen, da alles nach dem Leipziger Fuß seyn muß.100
Bot eine Anlehnung an Gottsched somit anfangs eine klare und handhabbare Richtschnur für die eigene Praxis und vielfältige Möglichkeiten der Förderung, so war dieser ab den 1730er Jahren doch zunehmend umstritten. Durch eine sich ausdifferenzierende Literaturlandschaft und Sprachforschung sah Gottsched seinen Anspruch auf Deutungshoheit in mehreren Kontroversen infrage gestellt, zu deren Eskalation sein Mangel an Konzilianz erheblich beitrug. Eine offene Parteinahme für ihren Förderer setzte die Deutschen Gesellschaften der Gefahr aus, sich in das Fehdewesen ihres Mentors zu verstricken und an ihrem eigenen Ansehen Schaden zu nehmen. Es verwundert daher nicht, wenn viele Gesellschaften versuchten, zwischen den sich aufbauenden Fronten zu lavieren. In der Schweiz, wo mit Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger zwei der prominentesten Gegner Gottscheds wirkten, schien die Distanz am ausgeprägtesten.101 Dass die Wachsende Deutsche Gesellschaft in Zürich sich an Bodmer orientierte, erstaunt kaum. Auch im Basel des Sozietätsgründers Johann Jakob Spreng wurden „ein gewisser sächsischer oder preußischer Kunstrichter“ und seine „dictatorische Dreistigkeit“ sehr kritisch gesehen.102 Schon
|| 99 Vgl. zu diesem Kooperationsversuch Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 291–297; ders.: Daniel Ernst Jablonski, die Brandenburgische Sozietät der Wissenschaften und die Leipziger Gelehrtenwelt. In: Joachim Bahlcke u. Werner Korthaase (Hg.): Daniel Ernst Jablonski. Religion, Wissenschaft und Politik um 1700. Wiesbaden 2008, S. 450–443. 100 Berliner Akademie an Deutsche Gesellschaft Jena, den 17. Juli 1734, zit. nach: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 297. 101 Vgl. dazu Detlef Döring: Der Literaturstreit aus Leipziger Sicht. In: Schweizer Monatshefte 03/04 (2007), S. 54–56; ders.: Der Literaturstreit zwischen Leipzig und Zürich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. 102 Spreng: Drollingers Gedichte, Zuschrift, o.S.
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aufgrund der erheblichen Differenzen zwischen den eidgenössischen Zentren aber ginge man fehl, alle Schweizer Deutschen Gesellschaften unterschiedslos als Anhänger Bodmers einzustufen.103 In doppelter Hinsicht zerklüftet stellte sich die Landschaft in Bern dar, wo sich der Sozietätsgründer Johann Georg Altmann der Polemik der frankophonen Partei ausgesetzt sah.104 Als ein Anhänger Gottscheds versuchte er, über diesen noch Jahre nach dessen Austritt eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft Leipzig zu erwirken.105 Gegenüber dessen Gegner Johann Jakob Breitinger hingegen spielte Altmann die Beziehungen seiner Gesellschaft zu Gottsched herunter: „Etwan 4 haben Correspondentz mit ihme, allein nicht mehr als des Jahrs etwan einmahl.“106 Die Kontroversen erreichten schließlich die Berner Sozietät selbst. Dort vertrat etwa Uriel Freudenberger, in dessen Stube man sich traf, die Ansicht, Liscow und Hagedorn wären weitaus kompetentere Richter in Sachen Dichtung.107 Mit der Abspaltung der Vergnügten Deutschen Gesellschaft unter Freudenbergers Beteiligung führten die Streitigkeiten letztlich sogar zum endgültigen Bruch und bestätigten so, wie sehr Gottsched selbst über große Distanzen polarisieren konnte.108 Wesentlich umsichtiger agierte die Deutsche Gesellschaft in Greifswald. Die von ihr in der ersten Hälfte der 1740er Jahre herausgegebene Zeitschrift Critische Versuche widerspiegelte in diesen Kontroversen ein recht breites und unabhängiges Meinungsspektrum.109 Deshalb im Einklang mit späteren Selbstbeschreibungen der Gesellschaft110 eine „völlige Absage“111 an Gottsched zu diagnostizie|| 103 So die Ansicht von Ulrich Im Hof: Aufklärung in der Schweiz. Bern 1970, S. 36. 104 Von Samuel König wird überliefert, dass ihm zufolge die Gesellschaft „in einem traumlosen Schlafe hindämmerte, und deren Tätigkeit im Abhalten von Versammlungen, Tee trinken und in der Bewunderung Gottschedischer Werke bestand.“ – Maria Krebs: Henzi und Lessing. Eine historisch-litterarische Studie. Bern 1903 (= Neujahrs-Blatt der Litterarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1904), S. 10. 105 Vgl. Johann Georg Altmann an Johann Christoph Gottsched, den 24. Februar 1744. In: GBW 9, S. 511. 106 Johann Georg Altmann an Johann Jacob Breitinger, den 9. Juni 1742, ZB Zürich, Ms Bodmer 21.1, f. 17a. 107 Vgl. Uriel Freudenberger an Jakob Christoph Beck, den 2. April 1740. In: Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 171. 108 Viele dieser Konflikte hat Gottsched etwa durch gezielte Indiskretionen auch bewusst geschürt. – Vgl. Döring: Literaturstreit, S. 81f. 109 Vgl. Horst Langer: Literarisches Leben in Greifswald während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Erscheinungsbilder – Fragen – Forschungsaufgaben. In: Klaus Garber (Hg.): Stadt und Literatur im deutschen Sprachraum in der Frühen Neuzeit. Bd. 2. Tübingen 1998, S. 742; ders.: Gelehrte Sozietäten in Schwedisch-Pommern. 110 Johann Carl Dähnert verteidigte nach dem Ende der Gesellschaft gegenüber Lavater: „Er versicherte, daß sie nichts weniger, als Gottschedianer gewesen, wie es anfangs geschienen
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ren, führt jedoch weit über das Ziel hinaus. Von Beginn an orientierten sich ihre Mitglieder an seinen Lehrbüchern112 und richteten mehrere Briefe an ihn, die ihn durchaus als ihren spiritus rector ansprachen.113 Eine ähnliche Strategie betrieb Joseph von Sonnenfels, der für die im Siebenjährigen Krieg gegründete Deutsche Gesellschaft in Wien sehr vorsichtig zwischen den Aufklärern der Habsburgermonarchie, Friedrich Nicolai in Berlin und Gottsched in Leipzig lavierte.114 In der öffentlichen Ankündigung der Gesellschaft trug er Letzerem gegenüber wohlwollende Neutralität zur Schau: „Das Ansehen berühmter Sprachlehrer ehren wir, ohne an ihren Streitigkeiten Theil zu nehmen.“115 Dem Leser aber präsentierte sich ein Titelkupfer, auf dem die Namen und Schriften vieler seiner Gegner, nicht aber sein eigener prangten:
Abb. 8: Joseph Edler von Sonnenfels: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft in Wien. Wien 1761, Titelkupfer.
|| hätte, sondern daß sie mehr auf der schweizerischen Seite gewesen.“ – Johann Caspar Lavater: Reisetagebücher. Hg. v. Horst Weigelt. Teil I: Tagebuch von der Studien- und Bildungsreise nach Deutschland 1763 und 1764. Göttingen 1997, S. 734. 111 Hasenjaeger: Aus dem litterarischen und wissenschaftlichen Leben Greifswalds, S. 149. 112 Detlef Döring hat eine „bis in die fünfziger Jahre hinein eine bleibende Orientierung an Gottscheds Schriften“ konstatiert. – Ders.: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 138. 113 Vgl. Deutsche Gesellschaft Greifswald an Johann Christoph Gottsched, den 24. November 1742. In: GBW 9, S. 34f. 114 Vgl. Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie, S. 129–131. 115 Sonnenfels: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft, S. 5.
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Dass eine Deutsche Gesellschaft Gottsched aus einem großen Bücherstapel verbannte, zeigt, wie stark dessen Autorität selbst in ‚seinen‘ Deutschen Gesellschaften inzwischen erodiert war. In den Reihen mancher unentwegter Anhänger Gottscheds galten diese schon vorher als Apostaten, wie beispielsweise das Wörterbuch Christoph Ottos von Schönaich Die ganze Ästhetik in einer Nuß zeigt, nach dessen Eintrag „Jüngerschaft, die himmlische […] viele deutsche Gesellschaften heissen, die bey lebendigem Leibe schon himmlische Jünger sind; d.i. klopstockisiren“.116 Diese Polemik sollte allenfalls als Ausdruck wachsender Verbitterung im Lager der Gottschedianer und keinesfalls als literarische Analyse gelesen werden. Wesentlich besser eignet sie sich, allzu eindeutige Einschätzungen von Gottscheds Autorität in den Deutschen Gesellschaften heilsam zu verwirren. Eine Inventarisierung der Sozietätsbewegung nach Jüngern und Gegnern des Literaturpapstes ist schon nach dieser reichlich unvollständigen Darstellung zum Scheitern verurteilt. Keinesfalls waren die Deutschen Gesellschaften ein Uhrwerk, das von Gottsched aufgezogen wurde und das dann herunterschnurrte. Allen Bevormundungsversuchen aus Leipzig und dem zusehenden Verlust seines Ansehens zum Trotz kam es aber auch nie zu einer einhelligen Abnabelung oder gar Ablehnung. Wie man sich zu ihm stellte, war nicht allein den jeweils eigenen sprachlich-literarischen Positionen oder der Qualität möglicher persönlicher Beziehungen zu Gottsched geschuldet. Dass jener den Gesellschaften ebenso nützlich wie schädlich sein konnte, motivierte diese, seine Person und seine Positionen situativ und selektiv heranzuziehen. Gottsched, der die Vorgänger und Vordenker der Deutschen Gesellschaften je nach Brauchbarkeit in seine Programmatik integriert hatte, fand sich zunehmend selbst als durchaus disponibles Element gesellschaftlicher Identität wieder. Obwohl Friktionen so nicht ausblieben, war es so möglich, dass die Deutschen Gesellschaften in eine sich ausdifferenzierende Literaturlandschaft einbezogen werden konnten. Als Steuermann der Deutschen Gesellschaften also hatte Gottsched fast völligen Schiffbruch erlitten. Als deren Galionsfigur hat er sich in beiderlei Gestalt als Leuchtturm und Buhmann bis weit in die Sekundärliteratur behaupten können. Bis 1738 und teils darüber hinaus war die Wahrnehmung der Deutschen Gesellschaft Leipzig wiederum mit der Gottscheds untrennbar verklumpt. Mit ihrem gedruckten Programm, dem imponierenden Bibliothekskatalog und zahlreichen Publikationen war sie in der Sozietätsbewegung allerdings auch jenseits
|| 116 Christoph Otto von Schönaich: Die ganze Ästhetik in einer Nuß, oder Neologisches Wörterbuch. [Breslau] 1754, S. 236.
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ihres Seniors als publizierende Einrichtung präsent.117 Diese konnten allen Deutschen Gesellschaften als Muster dienen, traten sie doch nicht nur als zuerst veröffentlichte, sondern auch programmatisch profilierteste Schriften hervor. Unter ihnen sind die in der Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig und ihrer ietzigen Verfassung gedruckten gesellschaftlichen Gesetze der zentrale normative Text, über dessen Verbreitung zahlreiche Zeugnisse vorliegen. Als im Jahr nach dessen Druck sich in Jena die Teutsche Gesellschaft gründete, nahm sie sich die Leipziger Statuten zum Vorbild.118 In den aufgegriffenen Themen und getroffenen Festlegungen etwa zu Ämterstrukturen und Aufnahmeverfahren war dies deutlich zu merken, die Binnengliederung des Textes und ausführliche Erläuterungen hingegen wiesen sie als ein Dokument aus, dem eine eingehende und selbständige Auseinandersetzung mit den Leipziger Satzungen vorausgegangen war. Demgegenüber lehnten sich die Göttinger Statuten aufs Engste an Leipzig an. Bereits Mosheim als Präsident der Leipziger Gesellschaft hatte in den Gründungsdiskussionen für Göttingen darauf hingewiesen, es könnten „die Gesetze der Leipziger-Gesellschaft dabey genützet werden“.119 Dort übernahm man den Text über weite Strecken sogar wörtlich.120 Ähnlich scheinen es die Deutschen Gesellschaften in Wittenberg121 und Straßburg122 gehandhabt zu haben. Und auch in Bern räumte man ein, „daß wir in der äußerlichen Einrichtung in etwas auf diese erste Gesellschaft gesehen haben“.123 Damit hatten die Satzungen der Deutschen Gesellschaft in Leipzig eine kaum angefochtene Vorbildfunktion inne. Mit zunehmender Dauer allerdings dürfte sich deren Erhältlichkeit im Handel schwieriger gestaltet haben,124 und es
|| 117 In der Bibliothek der Göttinger Deutschen Gesellschaft dominierten die Schriften der Deutschen Gesellschaft gegenüber denen anderer Sozietäten. – Vgl. Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, S. 112. 118 Vgl. Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, S. 10. 119 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 13. Februar 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 191. 120 Vgl. die Synopse beider Statuten bei Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 8–23. 121 Vgl. Suchier: Die beiden Deutschen Gesellschaften in Wittenberg, S. 830. 122 Dies dürfte auch für die Sozietät in Straßburg zutreffen, die nach den Worten ihres Gründers Georg Heinrich Behr „ihrem Beyspiel nach“ organisiert wurde. – Art. George Heinrich Behr. In: Börner: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen. Bd. 2, S. 40. 123 Uriel Freudenberger an Jakob Christoph Beck, den 2. April 1740. In: Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 170. 124 Für die so genannte Freye Gesellschaft erbat sich deren Gründer Christian Heinrich Gütther von Gottsched, ihm ein Exemplar der Statuten zu übersenden. – Vgl. Christian Heinrich Gütther an Johann Christoph Gottsched, den 13. April 1744. In: GBW 10, S. 81.
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lagen mehrere Statuten Deutscher Gesellschaften im Druck vor, so dass angehende Gründer immer stärker aus zwar ähnlichen, aber eben nicht identischen Texten auswählen und zusammenstellen konnten. Dass die Greifswalder Statuten ausdrücklich auf Leipzig und Jena als Vorbilder verwiesen125 und Johann Ludwig Anton Rust in Bernburg sich seinerseits auf Leipzig und Greifswald bezog, bezeugt diese beginnende Pluralisierung. In Helmstedt hatte sich Christian Ernst von Windheim an den Jenaer Statuten orientiert,126 in Königsberg lehnte man sich an die Greifswalder Gesetze an.127 Exemplarisch für diese Gemengelage dürften die Verhältnisse in Bremen gewesen sein, wo der Vorsteher Lappenberg die von Leipzig übernommenen Göttinger Statuten aus seinem dortigen Studium ‚mitgebracht‘ hatte.128 Als die Bremer Gesellschaft ihr Mitglied Gerhard von dem Busch um die Recherche nach weiteren Statuten in der Universitätsbibliothek seines Studienorts Göttingen bat, fand dieser dort verstreute Nachrichten über Leipzig und Jena sowie die Gesetze der Deutschen Gesellschaft Helmstedt.129 Im Ergebnis waren somit zahlreiche Statuten im Umlauf, die einander in vieler Hinsicht ähnelten; als mit der Teutschen Gesellschaft in Gießen eine späte Gründung um Privilegierung bat, konnte sie die Kenntnis solcher Satzungen in den Reihen der Prüfenden voraussetzen: „In den Statuten der löbl. deutschen Gesellschaft sehe ich nichts, was von andern ähnlichen Gesellschaften confirmirten Statuten abgienge.“130 Auf der Ebene der normativen Texte also hatte Leipzig zwar keine Monopolstellung mehr, gehörte aber in der ganzen Dauer der Sozietätsbewegung zu den unbestrittenen Referenzpunkten. Es hieße jedoch, die tatsächlichen Praktiken der Sozietäten zu ignorieren, wenn man daraus ableiten würde, dass über die Leipziger Statuten hinaus deren gesamtes Sozietätsmodell dominant geblieben wäre. Schon für die stark an Leipzig orientierten Gesellschaften in Jena und Göttingen bestand ein erheblicher „Unterschied zur elitärer strukturierten Leipziger Gesellschaft, die weniger Laien ausbilden, sondern einflussreiche programmatische Arbeiten produzieren
|| 125 Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, § 1, o.S. 126 „Bei Errichtung der Geselschaft habe ich auf die Einrichtung der berühmten Jenaischen teutschen Geselschaft, so viel ich davon habe Nachricht bekommen, und nach hiesiger Universität Beschaffenheit hat geschehen können, zum Grunde gelegt […].“ – Christian Ernst von Windheim, den 14. November 1745, StAW, 37 Alt 976, f. 2. 127 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 19. März 1743. In: GBW 9, S. 143. 128 Vgl. Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen, S. 44. 129 Vgl. Gerhard von dem Busch an Abraham Friedrich Rückersfelder, den 14. Juni 1751, SUB Bremen, Bremensia b 440 nr. III, f. 171. 130 Gutachten von Johann Georg Hofmann, 1764, UA Giessen, Allg. Nr. 784.
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und verbreiten will“.131 Wie bereits ausgeführt, erlaubten es die Verhältnisse an den Hochschulen kaum, eine elitäre Gelehrtenschicht zu versammeln. Die Statuten mochten ähnliche Verfahren der Mitgliedsaufnahme festschreiben; die Höhe der Messlatte, die an einen Probanden gelegt wurde, legte man an jedem Ort entsprechend den Verhältnissen fest. Hatte Gottsched nach seiner Reform 1727 besonderen Wert darauf gelegt, um Sprachforschung und Literatur verdiente Persönlichkeiten aufzunehmen, so setzten sich die Deutschen Gesellschaften an den Hochschulen von Beginn an weitestgehend aus der eigenen Studentenschaft zusammen, so dass die Leipziger Ambitionen auf eine Art Akademie der deutschen Sprache dort keinen Nährboden finden konnten. Vom Anspruch, Sprachlehrer der Nation zu sein, musste man sich so verabschieden, und beschied sich damit, Sprachlehrer der eigenen Mitglieder zu sein: Die hiesige Gesellschaft hat also mehr guten, bereits festgesetzten Regeln zu folgen, als vor der Hand neue zu machen sich vorgesetzt, da sie zumahlen bisher größten theils aus solchen Personen bestanden hat, die um ihres Alters, Bescheidenheit, und anderer Umstände willen, mehr auf das Lernen als auf das Lehren sich zu befleissigen, vor gut befunden. Sie überlässet der vortrefflichen Gesellschaft in Leipzig, und andern Männern, die in Gemeinschaft oder einzeln unserm Vaterlande durch gute deutsche Schriften Ehre machen, gar gerne den gebührenden Vorzug; sie suchet auf deren Regeln und Vorschriften zu bauen, durch derselben Muster sich zu bessern; [...].132
In Göttingen und andernorts gebot es also die Zusammensetzung der Mitgliederschaft, kleinere Brötchen zu backen, wenn auch nach Leipziger Rezeptur. Was dort als eine Art Akademieprojekt konzipiert worden war, verwirklichte sich andernorts als Übungsgesellschaft.133 Es muss offenbleiben, ob eine zentral von Leipzig aus gesteuerte Sozietätsbewegung an die Bedeutung einer Académie française herangereicht hätte. Zweifel allerdings sind schon insofern angebracht, als jegliche Instrumente zur Durchsetzung zentral gefasster Beschlüsse fehlten. Der politisch, konfessionell, literarisch und dialektal vielfach zersplitterte deutsche Sprachraum war Frankreich nicht vergleichbar, und weder die Deutsche Gesellschaft in Leipzig noch andere Gründungen konnten die landesweite Geltung einer Académie française auch nur beanspruchen. In einer grundsätzlich auf Freiwilligkeit gebauten Bewegung hätten territorienübergreifende Machtsprüche selbst mit landesherrlicher Unterstützung nur eine sehr begrenzte Reichweite gehabt. Ohne kaiserliche oder auch nur kurfürstliche Bestätigung und seit 1738 zudem ohne eine Leitfigur || 131 Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 150. 132 Gesner: Zu der Einführung der deutschen Gesellschaft, S. 58. 133 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 53. Für das Gebiet der Rhetorik vgl. auch Wolff: Gottscheds Stellung. Bd. 2, S. 11.
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fehlten in Leipzig fast alle Voraussetzungen, die eigenen Ziele andernorts zu implementieren. Stattdessen erfuhr das Modell Leipzig vielfache Modifikationen in institutionellen Anbindungen, Mitgliederzusammensetzung, behandelten Themen und anderem. Merkwürdig kontrastiert dazu, dass die Deutschen Gesellschaften gerne auf Leipzig und die dort entstandenen Publikationen Bezug nahmen. Programmatische Verlautbarungen und im Sozietätsalltag geübte Praxis kamen hinsichtlich der Vorbildfunktion Leipzigs nicht zur Deckung, existierten aber auch nicht beziehungslos nebeneinander. Im Gegenteil, die Deutsche Gesellschaft in Leipzig stellte ihren Nachfolgegründungen ein Büffet von Organisations- und Verhaltensweisen sowie Texten zur Verfügung, die von diesen nach ihren eigenen Möglichkeiten und Belieben ausgewählt, genutzt, anverwandelt oder auch liegengelassen werden konnten. Dass die Leipziger ‚Muttergesellschaft‘ nach Gottscheds Austritt, also zum Zeitpunkt der meisten Gründungen und des größten Mitgliederzuspruchs in der Sozietätsbewegung, ohne Einfluss, ja kaum mehr wahrnehmbar war, begünstigte diese Anverwandlungen sogar. Gerade ihre nur noch schemenhafte Existenz machte sie instrumentalisierbar für Zuschreibungen aller Art, und damit war der Sozietätsbewegung am besten gedient. Deren Ausbreitung über politische, konfessionelle und institutionelle Grenzen hinweg von Zürich bis Königsberg und von Bremen bis Kronstadt zeigt einem weitgehenden programmatischen Konsens zum Trotz eine hohe Flexibilität in der konkreten Ausgestaltung.
5.3 Vernetzen Greift man die Filiationsverhältnisse der gesellschaftlichen Gesetze erneut auf, fallen nicht nur die relativ starke Stellung der Leipziger Statuten, sondern auch viele Querbezüge zwischen den Sozietäten auf. Verweisen diese auf ein Netz der Deutschen Gesellschaften, wie es in der Forschung immer wieder unterstellt,134 zugleich aber auch als Desiderat benannt wurde?135 Seit langem besteht in der Forschung Konsens darüber, „Aufklärung als Kommunikationsprozeß“136 gerade in den gelehrt-literarischen Zirkeln zu betrachten.137 Mit der Ausbreitung des
|| 134 So Haase: Die „Königliche Deutsche Gesellschaft in Greifswald“, S. 61; Leweling: Reichtum, Reinigkeit und Glanz, S. 161. 135 Vgl. Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 148. 136 Hans Erich Bödeker: Aufklärung als Kommunikationsprozeß. In: Aufklärung 2/2 (1988), S. 89–111. 137 Vgl. Holger Zaunstöck: Die vernetzte Gesellschaft. Überlegungen zur Kommunikationsgeschichte des 18. Jahrhunderts. In: Joachim Berger u. Klaus Jürgen Grün (Hg.): Geheime Gesellschaft. Weimar und die deutsche Freimaurerei. Weimar 2002, S. 148.
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Internets und von Datenbankanwendungen ist nicht nur der Netzwerkbegriff in vielen Verästelungen reflektiert worden,138 sondern es sind inzwischen zahlreiche empirisch fundierte Studien erschienen, unter denen die Dissertation von Holger Zaunstöck über die mitteldeutschen aufgeklärten Sozietäten auch in methodischer Hinsicht als richtungsweisend angesehen werden kann.139 Begreift man ein Netzwerk von Sozietäten als die Gesamtheit der diese miteinander verbindenden Kommunikationsformen, so liegt mit den Deutschen Gesellschaften eine Sozietätsbewegung vor, deren Namensbestandteil ‚deutsch‘ einen überregionalen Anspruch und eine einheitliche Programmatik suggerierte.140 Als Vereinigungen von Gelehrten konnten sie auf die traditionellen Korrespondenz- und Publikationsnetzwerke aufsetzen, und schon der gemeinsamen Ziele wegen schien es angeraten, nicht getrennt oder gar gegeneinander141 zu agieren. Niemand Geringeres als Friedrich Gottlieb Klopstock formulierte diese Anspruchshaltung: Wir haben nun, wenn ich nicht irre, sieben deutsche Gesellschaften. […] Allein das kömmt mir sehr wahrscheinlich vor, daß diese Frage vielleicht nicht mehr aufgeworfen werden könnte, wenn sich diese Gesellschaften, oder mindstens die meisten, auf einen gewissen Fuß vereinigten, u[nd] gemeinschaftlich an Critischen Werken arbeiteten, die ihren Namen führten.142
|| 138 Vgl. bspw. zu den wechselnden politisch-moralischen Wertungen von Netzwerken Arne Karsten u. Hillard von Thiessen: Einleitung. In: Dies. (Hg.): Nützliche Netzwerke und korrupte Seilschaften. Göttingen 2006, S. 7–17. Einen Überblick über Aktivitäten auf diesem Gebiet bietet die Website http://www.historicalnetworkresearch.org [30.09.2019]. Zur Geschichte und einzelnen Problemen der historischen Netzwerkanalyse vgl. Chloe Edmondson u. Dan Edelstein: Introduction: Historical Network Analysis and Social Groups in the Enlightenment. In: Dies. (Hg.): Networks of Enlightenment, S. 1–20; Wolfgang Reinhard: Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600. München 1979. 139 Zaunstöck: Sozietätslandschaften und Mitgliederstrukturen. Vgl. ferner Kreutz: Von der höfischen Institution zur bürgerlichen Sozietät; Riederer: Aufgeklärte Sozietäten. 140 Gottsched rechtfertigte die Umbenennung von Deutschübende Poetische Gesellschaft zu Deutsche Gesellschaft damit, dass die Befassung der Sozietät sowohl mit deutschsprachiger Poesie als auch mit deutschsprachiger Prosa im übergreifenden Namen besser zum Ausdruck komme. – Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 23. 141 Der Jenaer Aufseher Gottlieb Stolle mahnte die Solidarität der Gesellschaften bei gegenseitigen Rezensionen an: „[…] und ich bin der gänzlichen Meinung daß wenn die teutschen Gesellschaften tauren sollen, keine von der anderen in öffentlichen Schriften schlimm sprechen müsse.“ – Gottlieb Stolle an Johann Christoph Gottsched, den 18. April 1733. In: GBW 2, S. 417. 142 Friedrich Gottlieb Klopstock an Johann Heinrich Oest, den 19. Dezember 1752. In: Friedrich Gottlieb Klopstock: Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausgabe. Abt. Briefe. Bd. 2: 1751– 1752. Hg. v. Rainer Schmidt. Hg. v. Rainer Schmidt. Berlin u. New York 1985, S. 233.
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Die starken Ähnlichkeiten unter den Statuen und die geringen Variationen des Namenstypus wiesen in die gleiche Richtung. Die Angabe des Gesellschaftsortes ließ sich damit weniger als Betonung lokaler Eigenheiten denn als Filiale einer Gesamtbewegung auslegen. Translokalität und Netzwerkbildung gehörten, so scheint es, zum Wesen dieser Sozietäten. Die folgenden Betrachtungen nehmen hauptsächlich die Formen der Kommunikation und Kooperation zwischen den Gesellschaften in den Blick; dass auf der Ebene der einzelnen Mitglieder ebenfalls Netzwerke zur Steigerung des sozialen Kapitals geknüpft wurden und die Deutschen Gesellschaften dabei eine maßgebliche Rolle als Vehikel spielten, soll damit nicht bestritten werden. Da Deutsche Gesellschaften nur im deutschen Sprachraum auftraten und nur vereinzelt nichtdeutsche Gelehrte aufnahmen,143 ist der geographische Raum des Netzwerks relativ klar auf eben diesen deutschen Sprachraum einzugrenzen.144 Damit aber waren Distanzen vorgegeben, deren physische Überbrückung einen Ausnahmefall darstellen musste. Einander besucht und gesehen haben sich die Gesellschaften als Gesellschaften nach derzeitigem Wissensstand nie, selbst Besuche auswärtiger Mitglieder im Kontext gelehrter Reisen blieben eine Ausnahme.145 Enge Zusammenarbeit in direkter Kommunikation war also nur den Gesellschaften in den nahegelegenen Orten überhaupt möglich, ein Netzwerk zwischen Deutschen Gesellschaften hatte von vornherein auf Schriftlichkeit zu setzen. Was der Dichte und Qualität des Netzwerks abträglich sein mochte, erweist sich aus Sicht des Historikers als vorteilhaft, da mit den gesellschaftlichen Korrespondenzen auch solche mit den Teilnehmern ihrer Netzwerke erhalten sind. Den anfänglichen Annahmen lässt sich auf einer ebenso breiten wie dichten Quellenbasis nachgehen. Diese erlaubt nicht nur, die Netzwerke anhand von Mitgliederlisten quantitativ, sondern anhand weiterer Quellen auch qualitativ zu beschreiben und zu analysieren.146 Die Bildung eines Netzwerks setzt zunächst ganz banal voraus, dass dessen Akteure, in diesem Fall also die Deutschen Gesellschaften, voneinander wissen. Doch auch wenn durch die Eigenpublikationen der Gesellschaften und zahlreiche Mitteilungen in den gelehrten Journalen ein großer Fundus an Wissen verfügbar || 143 Vgl. Kap. 4.2.2 Sprachen. 144 Vgl. zu den Ausnahmen S. 332–334 in dieser Arbeit. 145 Ermittelt werden konnten nur wenige Fälle. In Bernburg erhielt die Deutsche Gesellschaft Besuch von dem auswärtigen Mitglied Johann Simeon Lindinger. – Vgl. Protokolleintrag vom 29. Juni 1763 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 21. Johann Carl Conrad Oelrichs nahm 1750 an einer Sitzung der Deutschen Gesellschaft in Jena teil. – Vgl. ders.: Tagebuch einer gelehrten Reise 1750 durch einen Theil von Ober- und Nieder-Sachsen, S. 85f. 146 Aus soziologischer Sicht vgl. dazu Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse.
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war, beschränkten sich diese Informationen häufig auf die größeren Gesellschaften, waren punktuell, häufig veraltet und nicht ohne weiteres zu beschaffen. Systematische Übersichten fanden sich in manchen Historiae literariae, auch diese aber gingen nur selten über Erwähnungen hinaus und boten wenig Ansatzpunkte für eine gezielte Recherche, die sich selbst für renommierte Gelehrte schwierig gestalten konnte.147 Gerade kleinere Sozietäten kamen daher für Netzwerkbildungen oft gar nicht erst in den Blick potentieller Kooperationspartner. Woran nun lässt sich ablesen, zwischen welchen Gesellschaften Netzwerke bestanden und ob gar von einem regelrechten System vernetzter Deutscher Gesellschaften gesprochen werden kann? Mit guten Gründen hat man die Zahl der Doppel- und Mehrfachmitgliedschaften als Indikator für netzwerkartige Strukturen gesehen und auf verschiedenen Ebenen, etwa einer Einzelsozietät oder einer Sozietätslandschaft, untersucht.148 Eben dies soll im Folgenden für die Sozietätsbewegung Deutsche Gesellschaften versucht werden. Deren 2821 namentlich bekannte Mitglieder haben 3319 bekannte Mitgliedschaften aufzuweisen, womit ein Mitglied durchschnittlich 1,18 Deutschen Gesellschaften als Mitglied angehörte.149 Schon diese Zahl deutet an, dass Doppelund Mehrfachmitgliedschaften keine Ausnahme, aber eben auch nicht die Regel waren. Belegt ist die Mitgliedschaft in mehr als einer Deutschen Gesellschaft für 387 namentlich bekannte Mitglieder, also 14% der Gesamtzahl. Diese 387 Personen schlüsseln sich nach der Zahl ihrer Mitgliedschaften wie folgt auf: Anzahl Mitgliedschaften
7
6
5
4
3
2
Anzahl ihrer Inhaber
1
2
6
18
59
301
|| 147 So konnte Christian Adolf Klotz auf eine Anfrage von Georg Andreas Will zu Informationen über die Teutsche Gesellschaft in Jena nur die Namen der Vorsteher nennen. – Vgl. Christian Adolf Klotz an Georg Andreas Wil, den 23. Dezember 1761, StB Nürnberg, Will III. 454. Autogr. (Umschlag 71). Für Wills Altdorfer Gesellschaft lässt sich zudem belegen, dass dort viele Publikationen anderer Deutscher Gesellschaften für die Bibliothek angeschafft wurden. – Vgl. die Einträge im Kassenbuch der Gesellschaft für die Schriften der Wittenberger Deutschen Gesellschaft, UB Erlangen, B 179, f. 3v; der Leipziger und Jenaer Deutschen Gesellschaft, ebd., f. 4v; der Bernburger Deutschen Gesellschaft, ebd., f. 9r. 148 Vgl. McClellan: Science reorganized, S 178. Fallstudien sind bspw. Erb: Nahaufnahmen; Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen; Kreutz: Von der höfischen Institution zur bürgerlichen Sozietät. 149 Für die Gesamtheit der mitteldeutschen aufgeklärten Gesellschaften lassen sich mit Holger Zaunstöck 1,13 Mitgliedschaften pro Mitglied ansetzen. – Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 210.
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Richtet man den Blick auf die drei Personen, die die meisten Mitgliedschaften auf sich vereinigen konnten, ergibt sich ein überraschender Befund – sie waren im Gesellschaftsleben fast gar nicht aktiv. Unter den sieben Mitgliedschaften des ‚Rekordhalters‘ Elias Caspar Reichard kann nur seine erste in der Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit als aktive Partizipation am gesellschaftlichen Leben bezeichnet werden, während alle anderen späteren als auswärtige oder Ehrenmitgliedschaften keine Teilnahme an den Sitzungen mit sich brachten.150 Jacques de Pérard in Stettin und Gottfried Schütze in Altona mit je sechs auswärtigen oder Ehrenmitgliedschaften nahmen weder an ihrem Heimatort noch andernorts am gesellschaftlichen Alltag teil. Muss man also die ermittelten Doppel- und Mehrfachmitgliedschaften als Friedhof von Karteileichen betrachten? Differenzierungen sind in beide Richtungen angebracht. So groß die Gefahr ist, festgestellte Doppel- und Mehrfachmitgliedschaften zu überschätzen, so wenig sollte man sie einfach abtun. Auch außerhalb der Sitzungen setzten sich Doppel- und Mehrfachmitglieder durchaus für die gesellschaftlichen Belange ein. Elias Caspar Reichard etwa hat seine Sprachkunst gleich fünf Deutschen Gesellschaften gewidmet.151 Jacques de Pérard wirkte von Stettin aus als eifriger Makler von Mitgliedschaften und nahm für sich in Anspruch, der Deutschen Gesellschaft in Greifswald aufgeholfen zu haben.152 Dass eine reine Ehrenmitgliedschaft Partizipation am Netzwerk bedeuten konnte, verdeutlicht das Beispiel des Wittenberger Gymnasiallehrers Johann Christian Messerschmidt,153 der Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaften in Jena und Königsberg154 sowie in Bernburg155 war. Durch Widmungen156 und als Berichterstatter über die Tätigkei-
|| 150 Dies muss wahrscheinlich auch für die ordentliche Mitgliedschaft in der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft Bernburg gelten, die in ihren Protokollen keine Teilnahme des in Magdeburg wirkenden Reichard verzeichnen. 151 Vgl. Reichard: Versuch. Träger der Widmung sind die Deutschen Gesellschaften in Leipzig, Jena, Göttingen, Greifswald und Helmstedt, die in einer Rezension um diejenigen in Halle, Bern, Königsberg und Frankfurt an der Oder ergänzt wurden. – Vgl. die Rezension in: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 5 (1747), S. 341. 152 Vgl. Jacques Perard an Johann Christoph Gottsched, den 1. Oktober 1750, zit. nach: Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 139, Anm. 57: „Greifswald, ou j’ai eu le bonheur de reveiller la Societé Royale Allemande de l’espéce de lethargie où elle etoit plongée depuis plus de cinq ans.“ 153 Vgl. zu Messerschmidt Andreas Erb: Art. Johann Christian Messerschmidt. In: Konstantin Hermann (Hg.): Sächsische Lebensbilder. Bd. 8 [Manuskript eingereicht]. 154 Vgl. die Nennungen dieser Mitgliedschaften auf den Titelblättern seiner Publikationen und den von ihm selbst verfassten lateinischen Lebenslauf, LASA, A 29a, I Nr. 1471. 155 Vgl. Rust: Historisch-literarische Nachrichten, S. 155f.
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ten Deutscher Gesellschaften157 stellte er öffentlich wahrnehmbar Verbindungen zwischen diesen Sozietäten her. Was sich auf der Ebene der einzelnen Mitglieder in biographischer Recherche zuweilen präzisieren lässt, wirft bei der Beschreibung der zwischen den Sozietäten bestehenden Netzwerke gravierende methodische Probleme auf. Zu ihrer Erörterung soll zunächst ein Gesamttableau der Doppel- und Mehrfachmitgliedschaften zwischen den Deutschen Gesellschaften entrollt werden. Die 38 Deutschen Gesellschaften ermöglichen insgesamt 703 Überschneidungen der Mitgliedschaft zwischen zwei Sozietäten. Von den Deutschen Gesellschaften in Kronstadt, Preßburg, Meißen und der ersten Straßburger Gründung sind keine Doppelmitgliedschaften mit anderen Gesellschaften gleichen Typs bekannt. In 105 Fällen hingegen ist es tatsächlich zu solchen Doppelungen gekommen, die sich allerdings äußerst ungleich über die ‚Sozietätspaare‘ verteilen, wie folgende Tabelle ausweist. Doppelmitgliedschaften pro Sozietätspaar
Fälle
Doppelmitgliedschaften pro Sozietätspaar
Fälle
1
43
21 bis 30
5
2 bis 5
33
31 bis 40
1
6 bis 10
8
41 bis 50
2
11 bis 20
12
über 50
1
Deutlich wird, dass zwischen den weitaus meisten Deutschen Gesellschaften nur geringe Doppelungen der Mitgliedschaft bestanden, die nicht auf eine systematische Netzwerkbildung hindeuten. Nicht unerheblich aber ist die Zahl der Sozietätspaare, zwischen denen eine teils hohe zweistellige Zahl solcher Doppelmitgliedschaften existierte und die sich kaum als Zufälligkeiten wegerklären lassen. Diese Konstellationen sollen deshalb anhand einer vereinfachten kartographischen Darstellung158 eingehender betrachtet werden.
|| 156 Vgl. die Widmung an die Deutschen Gesellschaften in Jena und Königsberg in Johann Gaichiès: Grundsätze zur geistlichen Beredsamkeit, aus dem Französischen übers [...] v. Johann Christian Messerschmied. Leipzig 1756. 157 Vgl. [Messerschmidt]: Beytrag von Teutschen Gesellschaften, S. 395–398. 158 Die Karte visualisiert anhand der Dicke der Verbindungsstriche lediglich die Sozietätspaare, zwischen denen über fünf Doppelmitgliedschaften bestanden.
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Das Bild, das diese Karte zeigt, ist in vielerlei Hinsicht ausdeutbar. Zunächst ist festzuhalten, dass das Netzwerk nicht einen, sondern mehrere zentrale Akteure kennt,159 unter denen die mitgliederstarken Gesellschaften in Jena, Göttingen, Helmstedt, Königsberg, Bremen und Altdorf dominieren. Hält man die fehlenden bzw. gering ausgeprägten Vernetzungen dagegen, bestätigt sich das eingangs Gesagte, dass die kleineren Deutschen Gesellschaften wenig bis gar nicht an den Netzwerken teilhatten.160 Wenig überraschend ist ferner, dass Gesellschaften mit längerer Dauer wie Bremen, Göttingen, Jena und Helmstedt auch stärker an den Netzwerken partizipierten. Im Umkehrschluss erklärt dies die vergleichsweise geringe Einbindung der in vielen anderen Dingen maßgeblichen Deutschen Gesellschaft in Leipzig, die nach 1738 nicht mehr an ihre frühere Rolle anknüpfen konnte. Als Ausgangspunkt der Sozietätsbewegung bleibt der mittel- und norddeutsche Raum in den Netzwerken dominierend. Vor allem wegen des späten Vordringens des Sozietätsmodells in den Süden des Alten
|| 159 Vgl. zur Zentralität von Netzwerken Jansen: Einführung in die Netzwerkanalyse, S. 127–162. 160 Dies dürfte nur in geringem Maße darauf zurückzuführen sein, dass die Quellenlage zu ihnen weniger günstig ist. Zum einen hängt ihre Einbindung in Netzwerke mit ihrem Bekanntheitsgrad zusammen, der für die kleineren Sozietäten geringer ist, zum anderen mit der häufig geringeren Dauer ihres Bestehens, die den Aufbau eines Netzwerks behinderte. In den besser überlieferten kleineren Sozietäten werden Netzwerke zudem nicht thematisiert.
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Reichs beschränkt sich deren Einbindung auf die Gesellschaften in Altdorf und Erlangen, während diejenigen in der Schweiz lediglich untereinander Netzwerke knüpften. Typologisch betrachtet, überwiegen die Netzwerke zwischen den an Universitäten angesiedelten Gesellschaften, lediglich die Gesellschaft am Gymnasium illustre in Bremen und die Deutschen Gesellschaften in der Schweiz nehmen in größerem Ausmaß am Netz teil. Letztere sind auch der einzige Fall, in dem räumliche Nähe die Bildung eines Netzwerks befördert hat. Zahlenmäßig gering sind auch jene Netzwerke, die konfessionelle Grenzen überschreiten. Eine weiter reichende Interpretation stößt jedoch schnell an methodische Grenzen. Die simple Tatsache, dass eine Person mehreren Sozietäten angehörte, kann als Indiz, muss aber nicht als Beleg für Zusammenhänge zwischen diesen Sozietäten angesehen werden. Nur bei einer guten Quellenlage lässt sich herauszufiltern, welche Mehrfachmitgliedschaften tatsächlich als Ergebnis einer Netzwerkpolitik einzelner Personen oder Sozietäten angesehen werden können. Ebenso gut können sie ohne Kenntnis der betroffenen Gesellschaften rein zufällig zustande gekommen sein, ohne dass also diese Sozietäten durch mehr als ihre Wertschätzung für das aufgenommene Mitglied und dessen Bestrebungen miteinander verbunden gewesen wären. Selbst damit jedoch bezeugen die Gesellschaften bereits eine starke Konvergenz ihrer Interessen und Positionen und eine wachsende Verdichtung der gelehrten Netzwerke. Angesichts dieser methodischen Ambivalenzen sollen diese Doppel- und Mehrfachmitgliedschaften in der Folge neutraler als Mitgliedschaftsüberschneidungen bezeichnet und nach ihrem Zuschnitt differenziert betrachtet werden. Ausgeblendet werden sollten zunächst die sich überschneidenden beiden Mitgliedschaften zwischen der Deutschen und der Vergnügten Deutschen Gesellschaft in Bern, die sich einer Abspaltung aus ersterer verdankt.161 Obwohl ein Zusammenhang besteht, lassen sich derartige Doppelungen daher keineswegs als Indiz für dicht geknüpfte Netzwerke, sondern eher für zerrissene Bande betrachten. Bereits betrachtet wurden Überschneidungen, die sich daraus ergaben, dass ein Mitglied einer Gesellschaft entweder im Rahmen seiner peregrinatio academica angehörte oder nach seinem Berufsantritt als Hochschullehrer an einem anderen Ort eine eigene Deutsche Gesellschaft gründete.162 Trotz dieses engen Nexus sind kaum weiterführende Netzwerke zu beobachten, lediglich zwischen Jena und Erlangen sind dreizehn Mitgliedschaftsüberschneidungen zu konstatieren, die in erster Linie aus der Gründungskonstellation herrühren.
|| 161 Diese werden in der kartographischen Darstellung des identischen Standorts wegen gar nicht erst erfasst. 162 Vgl. S. 96f.
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Um die übrigen Mitgliedschaftsüberschneidungen differenziert in den Blick zu nehmen,163 bietet sich ein Merkmal besonders an: der Mitgliedschaftsstatus. Einzelnen Gegenbeispielen zum Trotz ermöglicht er es in quantifizierender Betrachtung, zwischen vor Ort tätigen Personen und solchen, die lediglich mit einer Mitgliedschaft geehrt und zu keinen Arbeiten verpflichtet wurden, zu unterscheiden. Bereits bei der Diskussion der ‚Rekordhalter‘ ist das häufige Phänomen der doppelten bzw. mehrfachen Ehrenmitgliedschaften zur Sprache gekommen. Für diese gilt in besonderem Maße, dass sie für sich genommen nicht unbedingt ein Netzwerk zwischen zweien oder mehreren Deutschen Gesellschaften anzeigen. Von Seiten der Ernannten wurde eine Mitgliedschaft häufig gar nicht angestrebt, und die Sozietäten, die sie zu Mitgliedern ernannten, waren über deren weitere Mitgliedschaften wesentlich schlechter informiert als über die ihrer ordentlichen Mitglieder, so dass viele Mitgliedschaftsüberschneidungen zufälliger Natur waren. Gerade die ‚Rekordhalter‘ aber konnten durchaus Zusammenhänge zwischen Gesellschaften anbahnen und vertiefen. Wie häufig eine solche gezielte Vernetzung vorlag und wie viele Doppelungen sich eher zufällig ergaben, lässt sich mit dem zur Verfügung stehenden Quellenmaterial nicht sagen. Präzisere Aussagen lassen sich treffen, wenn man eine andere Merkmalskombination in den Blick nimmt, deren Zustandekommen besser dokumentiert ist. Betrachtet man die Karte der Mitgliedschaftsüberschneidungen nochmals, fallen die hohen Zahlen zwischen den Deutschen Gesellschaften in Jena, Göttingen, Helmstedt und Bremen ins Auge. Unter diesen wiederum folgen viele dem Muster, dass das betroffene Mitglied in einer Gesellschaft ein ordentliches und in einer anderen ein Ehrenmitglied ist. Diese Überlappungen lassen sich anhand weiterführender Quellen als Zeugnisse einer zumindest beabsichtigten engeren Zusammenarbeit interpretieren. Zwischen den beiden an welfischen Universitäten bestehenden Gründungen in Göttingen und Helmstedt etwa begann eine solche, als die Helmstedter Sozietät einen Bericht über ihr Einweihungsfest nach Göttingen mit der Absichtsbekundung übersandte, dass sie „an dem Flor einer Gesellschaft Theil nehmen werden, die mit denenselben einen gleichmäßig rühmlichen Endzweck hat“.164 Zum Dank übersandte die Göttinger Deutsche Gesellschaft nicht nur ihre Schriften, sondern auch Ehrenmitgliedschaftsdiplome an den Präsidenten Christoph Timotheus Seidel und den Aufse-
|| 163 Vgl. zur Aufschlüsselung von Differenzierungsmerkmalen Reinhard: Freunde und Kreaturen, S. 24–32. 164 Deutsche Gesellschaft Helmstedt an Deutsche Gesellschaft Göttingen, den 15. Juli 1749, SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 2c, f. 91.
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her Johann Christoph Stockhausen,165 worauf die Helmstedter Schwestergesellschaft ihrerseits mit einem Dankschreiben reagierte.166 Schnell etablierte sich auf den Ebenen der Mitgliedschaften und der Bibliotheken ein Tauschhandel, in dessen Rahmen die ältere Göttinger Gesellschaft Dubletten aus der eigenen Bibliothek nach Helmstedt gab.167 Unter der Mitgliederschaft gehörten 50 Personen beiden Sozietäten an, in 23 Fällen waren sie in beiden Gesellschaften Ehrenmitglieder. Ausgeprägt war die oben schon angeklungene Praxis, Funktionsträger der jeweils anderen Gesellschaft als Ehrenmitglieder in die eigene aufzunehmen. Sowohl Göttingen als auch Helmstedt haben dies in jeweils sieben Fällen praktiziert, während 13 Personen eine ordentliche Mitgliedschaft in beiden Sozietäten erhielten. Dies geht auf eine Praxis zurück, die der Bremer Gerhard von dem Busch beobachtete: „Die Helmstädtische lebet sehr vertraulich mit der hiesigen, und beiderseits Mitglieder haben aus diesem schwesterlichen Bande das Vorrecht, daß sie ohne Probestück, wenn sie gegenwärtig, und solches verlangen, in die eine und andere aufgenommen werden.“168 Von dem Busch beschrieb mit diesem Brief an den Bremer Gesellschaftssekretär Abraham Friedrich Rückersfelder allerdings nicht allein die zwischen Göttingen und Helmstedt geknüpften Bande, sondern betrieb zugleich das Projekt, die Bremer Gesellschaft zum Dritten in diesem Bunde zu machen. Der Erfolg blieb nicht aus, und die Deutsche Gesellschaft in Göttingen schrieb 1753 nach Bremen, sie thun Ihnen unter andern den Vorschlag, den die Herzoglich Helmstädtische deutsche Gesellschaft mit uns eingegangen ist; daß nemlich dero Mitglieder welche bey uns, und die unsrigen, welche bey Ihnen verlangen sollten aufgenommen zu werden, um dazu zu gelangen keine weitere Probe aufzuweisen brauchen; nur daß sie, wenn sie sich allhier oder in Bremen befinden, sich den eingeführten Gesetzen unterwerfen.169
Die Bremische Gesellschaft nahm ihn wenige Wochen später an.170 Das so eingeleitete Netzwerk der Doppelmitgliedschaften zwischen Göttingen und Bremen
|| 165 Protokolleintrag vom 25. Juli 1749, ebd., Hist. lit. 115, f. 227. 166 Vgl. Deutsche Gesellschaft Helmstedt an Deutsche Gesellschaft Göttingen, den 15. November 1749, ebd., Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 2c, f. 114, sowie den Protokolleintrag vom 6. Dezember 1749, ebd., Hist. lit. 115, f. 234. 167 Vgl. Deutsche Gesellschaft Göttingen an Deutsche Gesellschaft Helmstedt, den 4. April 1750, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 82f. 168 Gerhard von dem Busch an Abraham Friedrich Rückersfelder, den 14. Juni 1751, SUB Bremen, Bremensia b 440 Nr. III, f. 172f. 169 Isaak von Colom Duclos an die Deutsche Gesellschaft Bremen, den 31. Januar 1753, ebd., f. 189. 170 Vgl. ebd., f. 195f. Aus der Rückschau beschrieb der Bremer Beständige Sekretär Johann Philipp Cassel den Erfolg dieses Unternehmens so: „Im Anfange des 1753sten Jahrs hatte die
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war mit 48 Fällen in Größe und Zusammensetzung jenem zwischen Göttingen und Helmstedt ähnlich.171 Die Vereinbarung über die ordentliche Mitgliedschaft von Bremer Gymnasiasten, die nach Göttingen gehen, ist in drei Fällen, unter ihnen Gerhard von dem Busch, angewandt worden. Flankiert wurde diese Praxis von einer offenbar regelmäßigen Übersendung neuerer gesellschaftlicher Schriften.172 Partiell weitete sich diese Verbindung zu einem Dreieck zwischen Bremen, Göttingen und Helmstedt aus, in dem neun Personen allen drei Sozietäten angehörten. In dieser Konstellation dominierte ein Muster, nach dem ein Mitglied in einer Gesellschaft ordentliches, in den beiden anderen hingegen Ehren- oder auswärtiges Mitglied war.173 Während die Genese dieser Verbindung recht gut nachvollziehbar ist, lassen sich andere, an Mitgliedschaftsüberschneidungen ähnlich reiche Verbindungen zwischen Sozietäten ausmachen, ohne dass deren Entstehung in den Quellen deutlich wird. Dies gilt insbesondere für die Verbindung zwischen den mitgliederstarken Sozietäten in Göttingen und Jena mit 68 Doppelmitgliedschaften, aber auch für die Deutsche Gesellschaft in Greifswald, deren Sekretär Johann Karl Dähnert schon 1749 erfolgreich um die Ernennung zum Ehrenmitglied bat.174 Trotz 18 nachgewiesener Mitgliedschaftsüberschneidungen blieb diese Doppelmitgliedschaft die einzige eines ordentlichen Mitglieds, vermutlich weil die Greifswalder Sozietät sich in den 1750er Jahren im Niedergang befand. Plausibel, wenn auch wegen des Verlusts des Königsberger Gesellschaftsarchivs nicht näher beschreibbar, ist die Behauptung ihres Chronisten Krause, die dortige Deutsche Gesellschaft habe mit denjenigen in Jena, Greifswald und
|| Gesellschaft die besondere Ehre, daß die schwesterliche Vereinigung unserer mit der hochpreisl. Königl. deutschen Gesellschaft in Göttingen zu Stande kam, worüber man einige Zeit vorher schon Briefe gewechselt hatte. Die Unterhaltung eines schriftlichen Umgangs, die Zusendung der gedruckten Schriften von beiden Seiten, mit den neuen Entdeckungen, und besondern Ausarbeitungen sollten der Endzweck dieser löblichen Vergeschwisterung sein.“ – Johann Philipp Cassel: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft in Bremen und deren bisherigen Mitgliedern, ebd., Bremensia b. 439, f. 12. 171 24 Mitglieder waren in beiden Gesellschaften Ehren- bzw. auswärtige Mitglieder, in elf Fällen waren ordentliche Mitglieder in Göttingen auswärtige bzw. Ehrenmitglieder in Bremen, in acht Fällen waren ordentliche Mitglieder in Bremen zugleich Ehrenmitglieder in Göttingen. 172 So befinden sich zahlreiche Drucke der Göttinger Gründung, die in Göttingen selbst nicht nachweisbar sind, unter der Signatur 99.Z.25 in einem Konvolut der SUB Bremen. 173 Lediglich der Helmstedter Sekretär Christoph Matthias Seidel war sowohl in Göttingen als auch in Helmstedt ordentliches Mitglied, Magdalene Sibylle Rieger war in allen drei Gesellschaften Ehrenmitglied. 174 Vgl. Protokolleintrag vom 24. Dezember 1749, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 236.
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Helmstedt eine Korrespondenz mit wechselseitigem Schriftentausch gepflegt.175 Trotz ihrer vergleichsweise späten Gründung suchte und fand die Deutsche Gesellschaft in Altdorf Anschluss an die in diesem Zeitraum noch aktiven Gesellschaften in Helmstedt und Bernburg, aus denen 15 bzw. 14 Mitgliedschaftsüberschneidungen erkennbar sind, während sich zur Gesellschaft im benachbarten Erlangen nur sieben ergaben.176 Im Falle Helmstedts waren die wechselseitigen Aufnahmen nicht nur beabsichtigt, sondern sogar Gegenstand eines festlichen Aktes.177 Dem adeligen Dichter und Ehrenmitglied beider Gesellschaften Friedrich Kasimir Karl Freiherr von Kreutz gegenüber strich der Altdorfer Vorsteher Georg Andreas Will diesen – bereits im Falle Göttingens skizzierten – Charakter des Netzwerks nicht ohne Stolz heraus: Hat gleich die hiesige deutsche Gesellschaft bei ihrem sechsjährigen Alter noch wenig Ruhm und Verdienste, so stehet sie doch mit der Herzoglich deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, die Euer Excellenz auch unter ihre Ehrenmitglieder zu zählen das Glück hat, in einer genauen, von jener ihr selbst angetragenen Verbindung, nach welcher beider Gesellschaften Vorsteher, Aufseher und Secretär alle Zeit gegenseitig Ehrenmitglieder sind und hierdurch die Gesellschaften zu gemeinschaftlichen Arbeiten, genauer Freundschaft und Briefwechsel verbinden.178
Als engste Form der Zusammenarbeit bot sich der Zusammenschluss aller oder einzelner Gründungen zu einer Gesamtsozietät mit Filialen an, wie es von ein-
|| 175 Vgl. ohne nähere Angaben Krause: Gottsched und Flottwell, S. 117. Aus späterer Zeit ist belegt, dass der Königsberger Vorstand Kaspar Gottlieb Lindner seine öffentlichen Reden als Mitglied der Königsberger Deutschen Gesellschaft der Göttinger Deutschen Gesellschaft mit handschriftlicher Widmung zusandte. – Vgl. Hans Graubner: Patriotische Panegyrik in Riga. Zur politischen Bedeutung der Schulactus des Rigaer Domschulrectors Johann Gotthelf Lindner (1775–1764). In: Roland Borgards u. Johannes Friedrich Lehmann (Hg.): Diskrete Gebote. Geschichten der Macht um 1800. Festschrift für Heinrich Bosse. Würzburg 2002, S. 223, Anm. 78. 176 Eine weitere Zusammenarbeit dieser Gesellschaften ist nicht bekannt. – Vgl. Jacob: „Daß die Lehrer dieser Universität den Lehrern der Universität Altdorf ihre beständige Freundschaft schenken möchten“. Die Universität Erlangen und ihr Verhältnis zu Altdorf, S. 384. 177 Vgl. den Protokolleintrag vom 16. Februar 1760, UB Erlangen, B 177: „Sechs neue Ehrenmitglieder wurden zuletzt noch feyerlich ernennet. Unter diesen waren Herr Dr. Eisenhart, Vorsteher, und Herr M[agister] Wagner, Secretär der Helmstädter Deutschen Gesellschaft, welche die Aufnahm selbst gesucht und dafür dem Herrn Vorsteher der Altdorfer Deutschen Gesellschaft unter ihre Ehrenmitglieder aufzunehmen sich anheischig gemacht.“ – Vgl. dazu auch das undatierte Schreiben von Georg Andreas Will an den Magistrat der Stadt Nürnberg, UB Erlangen, Ms 1879. 178 Georg Andreas Will an Friedrich Kasimir Karl Freiherr von Kreutz, den 20. Februar 1762 (Entwurf), StB Nürnberg, Will III. 449, 41.
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zelnen Seiten,179 nicht zuletzt von dem Leipziger Gesellschaftspräsidenten Johann Lorenz von Mosheim,180 ventiliert wurde. Solche Projekte kamen über bloßes Wunschdenken nicht hinaus. Lediglich für die Deutsche Gesellschaft in Königsberg wird, allerdings ohne näheren Beleg, eine Filiale in Kurland genannt.181 Dass die Berner Deutsche Gesellschaft eine Vereinigung mit der Leipziger anstrebte,182 darf als polemische Unterstellung ihres Gegners Samuel König gewertet werden. Als intensivste belegbare Kooperation kann diejenige unter den Schweizer Gesellschaften bezeichnet werden, wo gesamthelvetische Bestrebungen auf vergleichsweise kurze Wege trafen. Johann Jakob Spreng, der Gründer der Deutschen Gesellschaft in Basel, beabsichtigte, mit der Berner Gesellschaft Johann Georg Altmanns in Briefwechsel zu treten: Daneben fände man auch rathsam, auch aus andern Städten unsern Vaterlandes gelehrte und arbeitsame Liebhaber unserer Muttersprache allmählig in diese Gemeinschaft zu ziehen, und mit selbigen eine solche Einrichtung zu treffen, daß endlich eine helvetische deutsche Gesellschaft errichtet würde.183
Spreng versuchte auch, Johann Jakob Bodmer in Zürich für seine Helvetische Gesellschaft in Basel zu gewinnen, dieser allerdings ging darauf nicht ein.184 Realisiert wurde eine Zusammenarbeit im Folgejahr zwischen den an den Gymnasien agierenden Sozietäten, der Wachsenden Deutschen Gesellschaft in Zürich und der Vergnügten Deutschen Gesellschaft in Bern, die sich 1744 wechselseitig zu Mitgliedern erklärten.185 Dieser Akt blieb keine folgenlose Ab-
|| 179 Als einen Beitrag zur verbesserten Durchsetzungskraft der Reichsgesetze lancierte ein anonymer Autor ein Projekt, „daß eine allgemeine Deutsche Gesellschaft von des deutschen Reiches allerhöchstem Oberhaupte und den Ständen desselben gestiftet, und mit dem nöthigen Ansehen begabet würde“. – J.F.T.H.O.H.: Betrachtung über den fruchtbaren Einfluß der Bemühungen der deutschen Gesellschaften in das deutsche Staatsrecht. In: Baierische Sammlungen und Auszüge zum Unterricht und Vergnügen 2 (1765), S. 722. 180 Mosheim stellte Überlegungen an, die neu zu gründende Deutsche Gesellschaft in Göttingen mit der Leipziger zu vereinigen, diese allerdings gediehen nie zur Reife. – Vgl. Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 24. August 1735. In: GBW 3, S. 398f. 181 Vgl. Irene Neander: Christoph Friedrich Neander, ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung in Kurland. Diss. Jena 1931, S. 35. Vorsitzender soll ein Herr von Buttlar auf Kruten gewesen sein. 182 Vgl. Samuel König an Johann Jakob Bodmer, den 7. April 1742, zit. nach: MahlmannBauer: Berner Gallophilie und Germanophobie, S. 127. 183 Spreng: Drollingers Gedichte, Zuschrift, o.S. Der Berner Deutschen Gesellschaft wurde überdies die Ausgabe der Gedichte Drollingers gewidmet. 184 Vgl. dessen Briefe an Bodmer, ZB Zürich, Ms Bodmer 5.7. 185 Vgl. Protokolleintrag vom 5. März 1744, ebd., Ms T 413.5: „Weil diese Gesellschaft nach unserem Begehrung ihre Ehren-Namen überschrieben, so wurden sie von uns zu außerordent-
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sichtserklärung, sondern leitete eine Zusammenarbeit auf nahezu allen Ebenen ein. Die Korrespondenzen zwischen den Gesellschaften erstreckten sich über vier Jahre bis zu deren Ende.186 Ein Angebot der Berner Vergnügten Deutschen Gesellschaft, den Zürchern ihre „Grundgesetze als übrige Schriften mitzuteilen“,187 wurde prompt umgesetzt, so dass man einander „die Freude damit gemacht zu ersehen, wie ähnlich sie mit den unseren, wie nahe also Ihre Gesellschaft der unseren verwandt seyn. In einigen willkührlichen Punkten sind wir noch verschieden; diese aber wird keine Gesellschaft der anderen aufbürden wollen.“188 Eine Berner Einladung zu wechselseitigem Besuch189 nahmen die Züricher an; ihr Mitglied Johann Heinrich Schinz besuchte die Berner Gesellschaft im Rahmen einer Schweizreise,190 die Berner Mitglieder Johann Rudolf Ernst und Georg Langhans besuchten wiederum die Sitzungen der Wachsenden Gesellschaft in Zürich.191 Aufgegriffen wurde auch das Angebot der Zürcher, ihre Arbeiten der Vergnügten Deutschen Gesellschaft zur kritischen Lektüre zu übergeben.192 Noch einen Schritt weiter ging man mit wechselseitigen Themenvorgaben. Auf Wunsch der Vergnügten Deutschen Gesellschaft Bern gab die Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich ihr zur Aufgabe die Beantwortung der Frage: „Wie die Verbesserung unserer Muttersprach zur Aufnahm unsers Vaterlands gereichen könne?“193 Die Berner ‚revanchierten‘ sich mit der Preisfrage:
|| lichen Mitgliedern der wachsenden Gesellschaft einhellig aufgenommen.“ – Vgl. auch Johann Beckh an Isaak Iselin, den 21. Dezember 1744, zit. nach: Hans Métraux: Schweizer Jugendleben in fünf Jahrhunderten. Geschichte und Eigenart der Jugend und ihrer Bünde im Gebiet der protestantischen deutschen Schweiz. Aarau 1942, S. 177: „Wir haben uns mit Zürich vereiniget und suchen durch genaue Correspondenz dasjenige zu ersetzen, was sonst unserer Entfernung nach die Vereinigung schwierig machen könnte.“ 186 Abdruck mehrerer Briefe bei Weiß: Erwachende Schweizer Jugend. 187 Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern an Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich, den 12. Januar 1744. In: Ebd. 188 Vgl. Wachsende Deutsche Gesellschaft an Vergnügte Deutsche Gesellschaft, den 13. Februar 1745, ZB Zürich, Ms T 413b. 189 Vgl. Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern an Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich, den 12. Januar 1744. In: Weiß: Erwachende Schweizer Jugend. 190 Vgl. die Ankündigung der Wachsenden Deutschen Gesellschaft an die Vergnügte Deutsche Gesellschaft, um 1747, ZB Zürich, Ms T 413b. 191 Vgl. Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern an Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich, den 29. September 1744, ebd. 192 Vgl. Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich an Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern, den 12. Januar 1744. In: Weiß: Erwachende Schweizer Jugend. 193 Vgl. die Briefe der beiden Gesellschaften vom 24. Dezember 1743 und 12. Januar 1744. In: Weiß: Erwachende Schweizer Jugend. Vgl. auch den dort abgedruckten Antwortbrief der Berner Gesellschaft vom 5. Februar 1744, die diese Materie einem Mitglied zur Bearbeitung übertragen hatte.
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„Welches die besten und sichersten Mittel seyen, die deutsche Sprache zur Aufnahm und zur Vollkommenheit zu bringen?“194 Dabei nahm die Zürcher Sozietät ihre Berner ‚Schwester‘ in die Pflicht, wie jedes auswärtige Mitglied jährlich zwei Abhandlungen einzusenden.195 Da Ulysses von Salis-Marschlins zugleich Mitglied in der Wachsenden Gesellschaft und in der Vergnügten Deutschen Gesellschaft in Bern geworden war, fragte er in Zürich an, ob man in Bern nun ein Probestück von ihm erwarte.196 Diese Praxis der Schriftenversendung und beurteilung über Sozietätsgrenzen hinweg pflegte die Vergnügte Deutsche Gesellschaft selbst gegenüber der Berner Deutschen Gesellschaft Altmanns, indem die Mitglieder der ersteren jährlich eine Preisfrage stellten, deren Preisschrift dann von der letzteren beurteilt wurde.197 In Korrespondenzen mit dem Baseler Isaak Iselin hatte das Berner Mitglied Johann Beckh schon 1744 angeregt, auch in Basel eine solche Gesellschaft zu errichten.198 Iselins Schriften wurden in der Vergnügten Deutschen Gesellschaft vorgelesen und kritisiert,199 eine Zusammenarbeit mit Basel nach dem Muster derjenigen mit der Wachsenden Deutschen Gesellschaft in Zürich wünschte man in Bern ausdrücklich.200 1747 schließlich kam diese Gründung als Freie Gesellschaft Basel zustande, und Bern und Zürich nahmen sie in ihren Bund auf.201 Da die Gesellschaft in Bern wegen Weggangs vieler Gymnasiasten bald auseinanderging, nahm eine Zusammenarbeit in diesem Dreieck keine Fahrt mehr auf. Mit den Schweizer Gründungen verschwand diese enge zwischenge-
|| 194 Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern an Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich, den 4. März 1744, ZB Zürich, Ms T 413b. 195 Vgl. Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich an Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern, den 17. März 1744, ebd. 196 Vgl. Ulysses von Salis-Marschlins an die Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich, ebd., Ms T 413.5. 197 Vgl. Johann Beckh an Isaak Iselin, den 21. Dezember 1744. In: Bähler: Briefe Johann Beckhs, S. 38, sowie Vergnügte Deutsche Gesellschaft an Isaak Iselin, den 7. Mai 1746, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, PA 98, Nr. 22. 198 Vgl. Johann Beckh an Isaak Iselin, den 21. Dezember 1744. In: Bähler: Briefe Johann Beckhs, S. 35. 199 Ebd., S. 41. 200 „Wir wünschen nichts mehr als daß selbige bald zu Stand komme und wir in einen vertrauten Briefwechsel mit derselben treten können.“ – Vergnügte Deutsche Gesellschaft an Isaak Iselin, den 7. Mai 1746, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, PA 98, Nr. 22. 201 Vgl. Ulrich Im Hof: Isaak Iselin. Sein Leben und die Entwicklung seines Denkens bis zur Abfassung der „Geschichte der Menschheit“ von 1764. Basel 1947, S. 48; Wachsende Deutsche Gesellschaft an Isaak Iselin, den 15. Mai 1747, Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt, PA 98, Nr. 22.
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sellschaftliche Zusammenarbeit aus der Praxis der Sozietätsbewegung, ohne eine Fortsetzung zu erleben. Ausgestorben waren die dahinterstehenden Überlegungen keineswegs. 1748 schrieb Karl Gotthelf Müller an die Königsberger Deutsche Gesellschaft: Ich kann nicht bergen, daß, so lange ich der hiesigen teutschen Gesellschaft vorgestanden bin, ich immer eine nähere Vereinigung aller teutschen Gesellschaften mit einander gewünscht habe; weil ich mit Recht geglaubt, die grösesten und Besten Werke, die mann von solchen erwarten könne, z.E. ein gemeinnütziges und von allen Gesellschaften gebilligtes Wörterbuch u. d. m. würden eher zu hoffen seyn, wenn sie ihre Kräfte vereinigt, und nicht mehr zertheilt zu solchen anwendeten.202
Ein direkter Austausch zwischen den Gesellschaften in Jena und Königsberg ist indes nicht nachweisbar; dass Müller aber 1753 nachhakte, dürfte den Anstoß dazu gegeben haben, dass die Königsberger Gesellschaft in einer Sitzung vom 15. Mai 1754 eigene Rechtschreibregeln verabschiedete und in den Druck gab.203 Was als gemeinsames Projekt eines Wörterbuchs angeregt wurde, mündete offenbar in eine orthographische Insellösung. Als Wunsch freilich führte ein solches Projekt weiterhin ein zähes Eigenleben und wurde beispielsweise vom Bremer Vorsteher Johann Philipp Cassel mit erwartbar ausbleibendem Effekt aufgegriffen.204 Hämisch glossierten Zeitgenossen die angekündigten, aber ausbleibenden Grundlagenwerke. „Man wartet wohl vergebens, auf eine Vereinigung in der Hauptsache, da die Kleinigkeiten von deutschen Gesellschaften unentschieden bleiben. Sie wissen selbst nicht, ob sie deutsch oder teutsch reden, […].“205 Die Wunde, in die hier der Finger gelegt wurde, geht auf Kontro-
|| 202 Karl Gotthelf Müller an Cölestin Christian Flottwell, den 2. Mai 1748, zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 61. 203 Vgl. ebd., S. 111f. Sie erschienen unter dem Titel Kurzgefaßte Grundregeln der deutschen Rechtschreibung: ausgefertigt von einem Mitgliede der Königlichen deutschen Gesellschaft (Königsberg 1754). Das Vorwort ist mit C unterzeichnet, demnach kämen die damaligen Mitglieder Ernst Heinrich Cannot und Wilhelm Crichton in Frage. Die Genese des Werks wird in der Vorrede nicht thematisiert. 204 „Zugleich nahm er [Cassel] an, mit der Gesellschaft an einem neuen und vollständigen kritischen Deutschen Wörterbuch zu arbeiten, und seinen gesammleten und noch zu sammlenden Vorrath dazu herzugeben. Ein solches Werk wäre allerdings sehr zu wünschen, und es ist kein besser Mittel, um dasselbige zu einiger Vollkommenheit zu bringen, als, wenn sich ganze Gesellschaften dazu zusammen thun, und ein in verschiednen Sprachen wohl erfahrner Mann, […] die Direction darüber führet.“ – Zur Geschichte des Herrn Johann Philipp Cassel. In: Des neuen gelehrten Europa Neunzehnter Theil. Braunschweig u. Wolfenbüttel 1773, S. 697–707, hier S. 698f. 205 Schreiben eines Ungenannten an die Verfasser des critischen Versuchs. In: Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald Bd. 1 (1742), S. 363.
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versen innerhalb der Deutschen Gesellschaft in Leipzig zurück, anlässlich derer Gottsched einen Artikel mit einem Votum für die Schreibweise „deutsch“ publizierte.206 Vermutlich hat sein Gegner Johann Andreas Fabricius in Jena die alternative Schreibweise „teutsch“ im Gesellschaftsnamen verankert. Über die Jenaer Filialgründungen in Erlangen und Karlsruhe blieb diese Alternative bestehen; noch 1776 bat Jakob Michael Reinhold Lenz das Straßburger Mitglied Isaak Haffner, nach dem Vorbild Wielands „den Namen unseres Vaterlandes künftig hin nicht mehr mit einem weichen D sondern mit einem harten T zu schreiben“.207 Was als orthographische Quisquilie erscheint, verweist in Wirklichkeit also auf Konkurrenz und Gegnerschaft innerhalb der Sozietätsbewegung, in denen vor allem die Lehre und Person Gottscheds desintegrierend wirkte. Noch unberührt, obwohl zu den klassischen Präliminarien von Netzwerkstudien gehörig, ist die Frage der Abgrenzung. Die eingangs gegebene Definition legt den zu untersuchenden Personenkreis fest; so aber wird das Netzwerk nominalistisch verengt, bleibt der Untersuchungsrahmen auf einen typologisch bestimmten Ausschnitt der Gesamtsozietätslandschaft des deutschen Sprachraums beschränkt. Andere Netzwerke der Deutschen Gesellschaften und ihrer Mitglieder vor Ort und in der Region werden wenn nicht geleugnet, so doch ausgeblendet. Diesen Punkt in der gebotenen Dichte zu behandeln, würde eine Gesamtdatenbank der Mitglieder aufgeklärter Sozietäten erfordern; im Rahmen dieser Arbeit können nur einige wenige Blicke über den Tellerrand der Deutschen Gesellschaften hinaus geworfen werden. Als in ihrem Netzwerkcharakter gut erforscht können die mitteldeutschen Gesellschaften gelten, die auch für die Sozietätsbewegung Deutsche Gesellschaften eine tragende Rolle spielten. Dort hat Holger Zaunstöck eine wesentliche Rolle im Trägernetz der aufgeklärten Gesellschaften ermitteln können.208 Für Jena hat Jens Riederer eine „hohe gegenseitige Permeabilität von Deutscher und Lateinischer Gesellschaft“ ausgemacht.209 In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatte sich die Sozietätslandschaft weiter ausdifferenziert, so dass die Möglichkeiten von Kooperation und Mehr-
|| 206 Johann Christoph Gottsched: Erörterung der Orthographischen Frage: Ob man Deutsch oder Teutsch schreiben solle? In: Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 56–68. 207 Jakob Michael Reinhold Lenz an Isaak Haffner, den 13. Dezember 1776. In: Lenz: Werke und Briefe. Bd. 3, S. 520. 208 Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 216f. 209 Riederer: Aufgeklärte Sozietäten, S. 232. Zur Lateinischen Gesellschaft vgl. Herbert Jaumann: Die Societas Latina Jenensis (1734–1848). In: Döring u. Nowak (Hg.): Gelehrte Gesellschaften im mitteldeutschen Raum II, S. 33–70.
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fachmitgliedschaft größer waren. Beobachten lässt sich dies bei der Kurpfälzischen Deutschen Gesellschaft in Mannheim, die schon durch die Finanzierung eng mit der Mannheimer Akademie verklammert war. Entsprechend zahlreich finden sich Mitgliedschaftsüberschneidungen nicht nur zur Akademie, sondern auch zu anderen gelehrten Institutionen der Kurpfalz wie zum Lehrkörper der Kameralhochschule in Kaiserlautern und der Universität Heidelberg.210 Es waren jedoch nicht nur ‚offizielle‘ Korporationen und Gesellschaften, denen die Mitglieder der Kurpfälzischen Deutschen Gesellschaft angehörten. Zulauf aus ihren Reihen erhielten auch die kurpfälzischen Freimaurerlogen211 und sogar der Illuminatenorden.212 Auch wenn sich hier nur Momentaufnahmen ohne Anspruch auf Flächendeckung aneinanderreihen lassen, wird deutlich, dass die Deutschen Gesellschaften als Sozietätsbewegung alles andere als eine Insel darstellten, die Kooperation und Mehrfachmitgliedschaften ausschloss oder erschwerte. Diese gestalteten sich insbesondere bei affinen Sozietätsformen wie den Gesellschaften der schönen Wissenschaften, aber auch den Akademien und Societates latinae enger. Was diese [die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft Mannheim] und andre früher gestiftete, deutsche Gesellschaften für die Sprache thaten, verdient ohne Zweifel Achtung und Dank; obgleich die sonst von vereinter Kraft zu erwartende größere Stärke sich in diesem Falle den erregten Hofnungen nicht sonderlich gemäß bewies.213
Die Enttäuschung, die in diesem durchaus wohlwollenden Urteil über die Deutschen Gesellschaften mitschwingt, gründete sich vor allem in der vergebenen Chance zu gesellschaftsübergreifender Kooperation. In der zeitgenössischen Publizistik dominierten solche Töne, die das Ausbleiben gemeinsamer Werke der Deutschen Gesellschaften als Zeichen dafür werteten, dass überhaupt keine Zusammenarbeit zwischen den Gesellschaften bestand.214 Dass dies vor allem
|| 210 Vgl. ausführlich Erb: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft – Eine verkappte belletristische Klasse der Akademie?, S. 191–204. 211 Beispiele nennt Kreutz: Von der höfischen Institution zur bürgerlichen Sozietät, S. 244. 212 Vgl. Hans-Jürgen Schings: Die Brüder des Marquis Posa. Schiller und der Geheimbund der Illuminaten. Tübingen 1996; Hermann Schüttler: Johann Friedrich Mieg und die Organisation des Illuminatenordens in der Kurpfalz. In: Meumann u. Zaunstöck (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation, S. 150f. 213 Grundzüge eines Gemäldes der deutschen Literatur und Geschmacksbildung während der drey letzten Iahrzehenden. Dritter Brief. In: Minerva. Ein Journal historischen und politischen Inhalts. Bd. 2 (1795), S. 51. 214 Vgl. auch das Urteil von Friedrich Nicolai: Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland mit einer Vorrede von Gottlob Samuel Nicolai (1755). In: Ders.:
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fehlenden Kenntnissen über das Innenleben der Gesellschaften geschuldet war, liegt nach dem bisher Gesagten auf der Hand. Wechselseitige Kommunikation und Zusammenarbeit vollzogen sich in der Sozietätsbewegung auf mehreren Ebenen, die von freundlichen Korrespondenzen und anderen Gesten über Mitgliedschaftsnetzwerke bis hin zu gemeinsamen Publikationsprojekten reichten. Dass diese allerdings Projekte blieben, wirft Licht auf die Grenzen dieser Zusammenarbeit. Entfernungen und schwierige Verkehrswege mochten die direkte Kommunikation zwischen den Mitgliedern erschweren, ja bei weiter auseinanderliegenden Orten unmöglich machen. Dem innergelehrten Austausch über Briefe und Publikationen standen sie allerdings ebenso wenig im Wege wie territoriale Grenzen. Der Grund für die geringe Intensität der Zusammenarbeit zwischen den Deutschen Gesellschaften dürfte einmal mehr in ihrem Charakter als Übungsgesellschaften gelegen haben. Dem Ziel, an den eigenen gelehrtdichterischen Fähigkeiten und damit zugleich am eigenen gelehrten Habitus zu arbeiten, konnte man in den Sitzungen vor Ort noch immer am besten gerecht werden. Überregionale Zusammenarbeit war auf dieser Ebene schlicht nicht erforderlich, sondern blieb in der Regel auf die Protagonisten beschränkt, die mit der Gesellschaft ambitioniertere gelehrte Ziele verfolgten und durchaus bestrebt waren, für und über die Gesellschaften gelehrte Netzwerke aufzubauen. Diese gingen eher von vereinzelten Sozietäten aus und bezogen sich auf solche, die diesen affin waren; universale Bestrebungen im Blick auf alle Deutschen Gesellschaften waren ihnen ebenso fremd wie anderen gelehrten Netzwerken. Nach sechs Jahren an der Spitze der Deutschen Gesellschaft in Altdorf bilanzierte Georg Andreas Will mit bitterem Humor: Man hat den Vorschlag gethan, die deutschen Gesellschaften sollen sich vereinigen, um in dieser Verbindung ein deutsches Wörterbuch liefern zu können. Man las ihn, aber weiter that man nichts. Schier ist es eben so gut: denn man hätte sich bey dem Zusammentretten ganz gewiß über das Directorium gezanket, und zu erst wol über den Ort und die Art des Congreßes. Sachsen hätte außer Zweifel Franken, Schwaben und vor allem die Pfalz von der Beschickung des Congreßes ausgeschlossen: wäre man ia endlich zusammengekommen, so würden sich gar bald Protestanten unter den Gesellschaften gefunden haben, die das ius eundi in partes behaubtet hätten; die übrigen aber würden vermuthlich eine Lige, und mit derselben einen Machtspruch über die Ketzer unter den Gesellschaften gemachet haben.215
|| Sämtliche Werke. Briefe. Dokumente. Hg. v. Philipp Marshall Mitchell, Hans-Gert Roloff u. Erhard Weidl. Bd. 3. Berlin 1991, S. 125: „es bekümmert sich keine Gesellschaft sonderlich um die andere, und dis ist auch eben so gut, denn da eine immer andere Meinungen hat als die andere, so würden sie einander beständig in den Haaren liegen, und Pasquille aufeinander schreiben, wovon wir schon Exempel haben.“ 215 Will: Versuch über den Geschmack der Deutschen, S. 7.
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Was Will hier noch mit Bildern aus den Strukturen des Alten Reichs beschrieben hatte, traf auf die Gelehrtenrepublik nicht weniger zu: Die Eintracht unter Gleichgesinnten war viel beschworenes Ziel, kam über zaghafte Versuche aber nie hinaus. Es fehlte zunächst eine steuernde, ordnende und schlichtende Hand. Gottsched und die Leipziger Deutsche Gesellschaft sind mit diesem Anspruch aufgetreten, konnten ihn auf Dauer aber nicht einlösen. Ein „gewaltiger Schriftverkehr über Sprachfragen“216 etablierte sich ebenso wenig wie ein Mechanismus, der eine gesellschaftsübergreifende Zusammenarbeit erzwungen oder nur gefördert hätte. Die Sozietätsbewegung organisierte sich vielmehr dezentral ohne hierarchische Beziehungen zwischen ihren Einzelgründungen, und Kooperation gestaltete sich eher spontan auf Initiative einzelner Persönlichkeiten und Gesellschaften als systematisch. Die einzelnen Gesellschaften mochten zwar voneinander angeregt sein, standen aber vor Ort auf eigenen Füßen. So konnte sich der Jenaer Aufseher Gottlieb Stolle nach dem Scheitern der Kooperation mit Leipzig damit trösten, daß man auch die heutigen [Deutschen Gesellschaften] nicht leicht mit einander vermengen, und eine vor die andere ansehen werde, so sehr sie auch in Eintracht zu leben sich angelegen seyn lassen, ist ohne alle Schwierigkeit zu glauben. Diese Eintracht erfordert auch eben keine vollkommene Gleichheit; sondern es ist genug, daß man sowohl zu Leipzig und Jena, als zu Berlin die Verbesserung der teutschen Sprache zum Endzwecke hat.217
|| 216 Blackall: Entwicklung des Deutschen zur Literatursprache, S. 81. 217 Gottlieb Stolle: Sammlung der Schriften der teutschen Gesellschaft in Jena. Jena 1732, Vorrede, o.S.
6 Ehren 6.1 Ansehen Quellen zu den Deutschen Gesellschaften sind Legion, schwanken zwischen den einzelnen Sozietäten aber enorm. Einzelne Gesellschaften können in ihrem Mitgliederstamm und ihren Aktivitäten detailliert rekonstruiert werden, während viele Gesellschaften sich nur noch erahnen lassen und andere allenfalls in ihrer nächsten Umgebung sichtbar gewesen sein dürften. Zudem scheinen Verwechselungen mit anderen Sozietäten relativ häufig gewesen zu sein.1 Abweichungen in der Häufigkeit und Deutlichkeit der hinterlassenen Spuren ergeben sich nicht allein aus den Wechselfällen der Überlieferungsgeschichte oder der Größe der jeweiligen Gesellschaften; sie resultieren auch aus deren Bereitschaft und Willen, solche Spuren zu setzen und öffentlich sichtbar zu sein. Eher als Freundeskreis organisierte Zusammenschlüsse wie die Deutsche Privatgesellschaft in Heidelberg legten auf Publizität keinen Wert und sind nur zufällig über die Aufzeichnungen eines ihrer Mitglieder überhaupt noch fassbar. Die anzunehmende Dunkelziffer solcher Vereinigungen dürfte also wohl in den meisten Fällen Ergebnis eines entsprechenden Wunsches sein, im Dunkel zu bleiben. Andere Deutsche Gesellschaften haben das Licht der Öffentlichkeit gesucht, die meisten der in dieser Arbeit behandelten haben es gefunden. Zum Sichtbarseinwollen gehörte das Hervorbringen, Organisieren und gezielte Überliefern der eigenen Hinterlassenschaften im gesellschaftlichen Innenleben, es schlug sich aber ebenso in einer Vielzahl außenwirksamer Strategien und Maßnahmen nieder, die weit über das Publizieren2 hinausreichten.3 Es ist bereits zur Sprache gekommen, dass die Deutschen Gesellschaften ihren Mitgliedern durch Publikationen, Diplome und Führung der Mitgliedschaft als Titel vielfältige Möglichkeiten gaben, soziales Kapital aufzubauen
|| 1 So für die Verwechselungen der Leipziger Deutschen Gesellschaft mit der Leipziger Vertrauten Rednergesellschaft Rüdiger Otto: Gottsched und die vertraute deutsche Rednergesellschaft. In: Leipziger Stadtgeschichte. Jahrbuch 2012, S. 93. Eine Schauspielertruppe in Danzig durfte sich sogar nicht Deutsche Gesellschaft nennen, da der Bürgermeister Karl Gottlieb Ehler sich eine Namensgleichheit verbat. – Vgl. Johann Adam Kulmus an Johann Christoph Gottsched, den 26. August 1741. In: GBW 7, S. 508. 2 Vgl. Kap. 4.3.4 Publikationsverhalten. 3 Vgl. ähnlich Jahn: Zur Typologie und Funktion von Sozietäten, S. 159: „Viertens bilden frühneuzeitliche Sozietäten Repräsentationen aus, um sich selbst zu definieren und gegenüber anderen darzustellen.“ https://doi.org/10.1515/9783110776218-007
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bzw. zu erhöhen.4 Dass die Sozietäten ihrerseits als Einrichtungen nach größerer Geltung strebten, war schon deshalb folgerichtig, weil bedeutungslose Gesellschaften ihren Mitgliedern nur wenig soziales Kapital anbieten konnten. Die gesellschaftlichen Ziele einer Pflege der deutschen Sprache und Literatur sowie der Erneuerung des Gelehrtenstandes hätten außerdem kaum auf Durchsetzung hoffen können, wenn ihre Verfechter nur über eine geringe Reputation verfügt hätten. Nicht zuletzt waren Ehre und Ansehen auch und gerade um ihrer selbst willen erklärtes und eifrig verfolgtes Ziel vormoderner Personen und Institutionen.5 Mit Blick auf die von ihm in Straßburg gegründete Deutsche Gesellschaft äußerte Jakob Michael Reinhold Lenz: „[W]elche Wonne würde ich haben, mit dieser Baumschule dereinst Ehre einzulegen.“6 Als Gelehrte in der frühneuzeitlichen Gesellschaft Geltung zu erlangen und zu behaupten, hieß zunächst, sich über den Adressatenkreis klar zu werden. Ehre und Ansehen besaß man nicht im luftleeren Raum, sondern stets in bestimmten Kreisen, die ihrerseits über ausreichend soziales Kapital verfügten. Ansehen zu besitzen bedeutete stets, von den ‚Richtigen‘ angesehen zu werden. Der Blick richtete sich somit auf die gelehrten und politisch-gesellschaftlichen Eliten.7 Nicht nur Joseph von Sonnenfels grenzte den „Pöbel, der gegen die Reizungen der Ehre fühllos ist“,8 bewusst aus dem Adressatenkreis aus. Dieser tauchte schon bei Gottsched nur als Objekt der Belehrung auf. Die Eliten hingegen galt es vom Nutzen und Wert der Deutschen Gesellschaften zu überzeugen, und in der Verfolgung dieses Ziels entwickelten und praktizierten diese einen umfangreichen und nach Adressaten und Zielen abgestuften Katalog von Maßnahmen, der im Folgenden aufgefächert werden soll.
|| 4 Vgl. Kap. 3.1 Motive. 5 Auf eine eingehende Erörterung der unterschiedlichen Ehrkonzepte muss aus Platzgründen an dieser Stelle verzichtet werden. – Vgl. zur Einführung Wolfgang E. J. Weber: Art. Ehre. In: EdN 3 (2006), Sp. 77–83. 6 Jakob Michael Reinhold Lenz an Heinrich Christian Boie, den 2. Oktober 1775. In: Lenz: Werke und Briefe. Bd. 3, S. 343. 7 Ähnlich urteilt für die französische Aufklärung Edelstein: The Enlightenment, S. 88: […] the stated goal of Enlightenment philosophy was to infuence and change elite beliefs and practices“. 8 Sonnenfels: Ankündigung einer deutschen Gesellschaft, S. 19.
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6.2 Privilegieren Mein gnädigster Herr fand aber ein innigstes Vergnügen an diesen Academien, wohnte selbst den Versammlungen bey und ließ sich nicht selten von mir Reden aufsetzen, die er darin herlas. Es wurden einheimische und auswärtige Mitglieder aufgenommen, unter denen Einige kaum ihren Namen schreiben konnten. Auch wurde eine teutsche Gesellschaft errichtet, welche zu Vervollkommnung der Sprache Schriften herausgab, die auf jeder Seite von grammaticalischen Fehlern wimmelten.9
Es liegt auf der Hand, dass Adolph Freiherr Knigge die Gründung einer Deutschen Gesellschaft nicht nur satirisch überspitzte, sondern völlig verfehlt beschrieb.10 Weder Fürsten noch städtische Obrigkeiten haben eine Deutsche Gesellschaft von sich aus ins Leben gerufen.11 In der älteren Sozietätsforschung wurde im Gegenteil sogar betont, dass die Deutschen Gesellschaften – hierin anderen aufgeklärten Gesellschaften gleich – versucht hätten, „eine bürgerliche Gegenkultur zum Hof zu etablieren“12 oder „bei der Herausbildung einer bürgerlichen Öffentlichkeit in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts“13 eine tragende Rolle zu spielen. Der Deutschen Gesellschaft in Königsberg wurde bescheinigt, sie verkörpere „nicht eine ständische Korporation […], sondern die erste freie bürgerliche Vereinigung in der Geschichte Königsbergs“.14 Da diese Sozietätsbewegung den Gebrauch des Deutschen propagierte, hat man darin auch Spitzen gegen die französisch geprägte höfische Gesellschaft gesehen; Wolfgang Hardtwig formulierte pointiert: „Die ‚patriotischgesinnete‘ Deutsche Gesellschaft ist insofern zugleich eine antihöfische Gesellschaft.“15
|| 9 Adolph Freiherr Knigge: Geschichte Peter Clausens. In: Ders.: Ausgewählte Werke. Bd. 1. Hg. v. Wolfgang Fenner. Hannover 1991, S. 296. 10 Vgl. Kap. 1.2 Gründen. 11 Anderes behauptet für Bremen Schulz: Vormundschaft und Protektion, S. 213, ohne nähere Beschreibung der Gründung. 12 Reiner Wild: Stadtkultur, Bildungswesen und Aufklärungsgesellschaften. In: Rolf Grimminger (Hg.): Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Bd. 3: Deutsche Aufklärung bis zur Französischen Revolution 1680–1789. München 1980, S. 117. 13 Heldt: Der vollkommene Regent, S. 237. 14 So zitiert zustimmend Klaus Garber den Königsberger Stadthistoriker Fritz Gause. – Vgl. Klaus Garber: Das alte Königsberg. Erinnerungsbuch einer untergegangenen Stadt. Köln, Weimar u. Wien 2008, S. 96. 15 Wolfgang Hardtwig: Wie deutsch war die deutsche Aufklärung. In: Helmut Neuhaus (Hg.): Aufbruch aus dem Ancien régime. Beiträge zur Geschichte des 18. Jahrhunderts. Köln, Weimar u. Wien 1993, S. 182.
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Es fehlt allerdings auch nicht an Stimmen, die diese Sicht relativieren. Schon Jürgen Habermas bescheinigte der literarischen Öffentlichkeit, sie sei „keine autochthon bürgerliche, sie wahrt eine gewisse Kontinuität zu der repräsentativen Öffentlichkeit des fürstlichen Hofes. Die Kunst des öffentlichen Räsonnements erlernt die bürgerliche Avantgarde des gebildeten Mittelstandes in Kommunikation mit der ‚eleganten Welt‘.“16 Seinen Ansatz, starre Fronten zwischen adelig-höfischen Eliten und dem aufstrebenden Bürgertum durch einen Prozess der Kommunikation zu ersetzen, haben Teile der Sozietätsforschung aufgegriffen und im Verhältnis des Staates zu den Sozietäten in der Aufklärung zahlreiche Schattierungen entdeckt.17 Wo in diesem Spannungsfeld der ständischen Gesellschaft positionierten sich nun die Deutschen Gesellschaften? Suchten sie Anschluss an ihre landesherrlichen, behördlichen und universitären Obrigkeiten, oder betonten sie ihre akademischen Freiheiten und legten Wert auf größtmögliche Autonomie? Als ‚freischwebend‘ können mit einigem Recht die kleineren Deutschen Gesellschaften wie die sich selbst so nennenden Privatgesellschaften und zahlreiche Gesellschaften an den Gymnasien bezeichnet werden. Die Wachsende Deutsche Gesellschaft in Zürich beteuerte aller Dankbarkeit für Bodmer zum Trotz, „es hänget also unsere Gesellschaft von keinem höhern ab“.18 Die dort agierenden überschaubaren Zirkel dürften sich in aller Regel selbst genug gewesen sein, obrigkeitlicher Schutz war weder erforderlich, noch wurde er erstrebt. Eine signifikante Ausnahme allerdings bildete diejenige Sozietät an den Gymnasien, die alle anderen an Mitgliederzahl, Bekanntheit und publizistischer Produktivität weit übertraf: die Bremische Deutsche Gesellschaft. Sie erstrebte und erreichte ohne erkennbare Widerstände das Patrocinium eines Bürgermeisters19 sowie weitere Privilegien wie Bestätigung der Gesetze, Führung eines Siegels und Abhaltung öffentlicher Feierlichkeiten mit Druckwerken.20 Was anderen an Gymnasien angesiedelten Gesellschaften nicht erforderlich schien, war in den Augen
|| 16 Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 88f. 17 Vgl. Jahn: Zur Typologie und Funktion von Sozietäten, S. 158. 18 Wachsende Deutsche Gesellschaft Zürich an Vergnügte Deutsche Gesellschaft Bern, den 12. Januar 1744. In: Weiß: Erwachende Schweizer Jugend. 19 Ein Bremer Bürgermeister wird in Rotermunds Bremischem Gelehrtenlexikon als „ein besonderer Beförderer“ der Gesellschaft ausdrücklich benannt, ohne ihr offenbar als Mitglied angehört zu haben. – Heinrich Wilhelm Rotermund: Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, nebst Nachrichten von gebohrnen Bremern, die in andern Ländern Ehrenstellen bekleideten. Teil 2. Bremen 1818, S. 47. 20 Vgl. Auszug des Protokolls der Wittheit vom 19. Januar 1752, Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.g., Nr. 6 Auszug des Protokolls der Wittheit vom 19. Januar 1752.
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des Bremer Vorsitzenden Konrad Iken unabdingbar. Zum Einweihungsfest der Gesellschaft behauptete er: „Nichts war einer solchen Gesellschaft zu ihrem Bestehen und Aufnahme nöthiger, als der Schutz und die Gewogenheit, der hiesigen Hohen Landes-Obrigkeit.“21 Als Einzelmeinung kann man dies allenfalls unter den gymnasialen Gesellschaften bezeichnen.22 Die großen und besser überlieferten Deutschen Gesellschaften haben, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, eine obrigkeitliche Anerkennung und Privilegierung zumindest angestrebt. Wirkten diese Gesellschaften im Umfeld eines Hofes, bestanden keine Zweifel, welche Obrigkeit zu adressieren war. Der Landesherr war nicht nur räumlich nah, sondern stand auch in der Hierarchie am höchsten und häufig mit den Leitern der Sozietät in persönlichem Kontakt. Gründung und Privilegierung einer Deutschen Gesellschaft waren in diesen Fällen eng miteinander verwoben. In Mannheim war Stephan von Stengel, eine der Gründerfiguren, sogar natürlicher Sohn des Kurfürsten Karl Theodor, der der neueren deutschen Literatur offen gegenüberstand.23 Die Gesellschaft erhielt ohne weiteres nicht nur den erhofften Stiftungsbrief,24 sondern auch eine komfortable finanzielle Ausstattung. In Bernburg schwebte Johann Ludwig Anton Rust als Archivar und Registrator des Fürstentums Anhalt-Bernburg ein Stiftungsbrief aller vier anhaltischen Fürstentümer vor. Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg unterstützte das Projekt und übernahm es, bei den anderen anhaltinischen Linien die Bestätigungen „dieser an sich nicht zu tadelnden viel mehr zur Verbreitung der Wissenschaften Verbesserung der deutschen Sprache und auf den Ruhm und das beste Anhalts gerichteten Absicht“25 einzuwerben. Rusts Vorhaben geriet damit allerdings in die langsam und schwer berechenbar mahlenden Mühlen inneranhaltischer Politik; während die Köthener und Zerbster Linien hinhaltend reagierten, erhob Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau Bedenken gegen eine allzu großzügige Handhabung der Zensur und mahnte, „solches dahin zu restringiren, daß sie wenigstens diejenigen Schriften, so in die Historie oder Gerechtsahme des unsers Gesamten Fürstlichen Hauses es seye directe oder per indirecte einschlagen nicht eher public machen und drucken lassen dürfen,
|| 21 Konrad Iken: Zu dem öffentlichen Einweihungsfeste der Bremischen Teutschen Gesellschaft welches Dieselbe am 21 des Brach-Monats 1752 feirete […]. Bremen [1752], o.S. 22 Selbst dort können angesichts der vergleichsweise dürftigen Quellenlage ähnliche Bestrebungen vorhanden gewesen, aber nicht überliefert worden sein. 23 Vgl. Stefan Mörz: Aufgeklärter Absolutismus in der Kurpfalz während der Regierungszeit des Kurfürsten Karl Theodor (1742–1777). Stuttgart 1991, S. 56f. 24 Transliteration von Grit Arnscheidt: Stiftungsbrief der Kurpfälzischen Deutschen Gesellschaft. In: Wieczorek u.a. (Hg.): Lebenslust und Frömmigkeit. Bd. 2: Katalog, S. 396. 25 LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 1, f. 24.
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bevor nicht selbige von uns sämtlich genehm gehalten worden“.26 Victor Friedrich gegenüber konnte Rust die Einwände der anderen Häuser ausräumen27 und den Stiftungsbrief der Gesellschaft erwirken. Erst im Nachgang informierte der Bernburger Fürst die anderen Linien, verärgerte sie mit diesem fait accompli jedoch mehr, als sie zu überzeugen. Der Köthener Fürst stellte immerhin die Teilnahme an einer von allen getragenen Bestätigung in Aussicht, machte aber aus seiner Verwunderung über Bernburgs eigenmächtiges Vorgehen keinen Hehl.28 In Dessau hingegen beharrte Leopold Friedrich Franz auf seinen Bedenken und verweigerte die Bestätigung.29 Gegenüber der Gesellschaft mussten die Gründer erklären, „allerhand Umstände, und besonders die Abwesenheit Ihro Hochfürstl. Durchl. zu Anhalt-Zerbst scheinen dieses vor der Hand noch zu verhindern, und verursachen, dass man solches bis zu einer andern Zeit ausgesetzet seyn lassen muß“.30 Diese andere Zeit kam nie – nach dem Tod Viktor Friedrichs erwog die Gesellschaft sogar, einen neuen Stiftungsbrief des neuen Landesherrn zu erbitten.31 Noch weniger Erfolg war dem Vorhaben von Johann Lorenz Böckmann beschieden, in Karlsruhe eine Deutsche Gesellschaft ins Leben zu rufen. Am Karlsruher Hof reichte er einen „Unterthänigste[n] Vorschlag zur Errichtung einer teutschen Gesellschaft“ ein.32 Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach gab sie dem Hofrat von Schmidt zur Lektüre, der seinerseits schon die Gründung || 26 Ebd., Z 44 Abt. Dessau, A 18a Nr. 39, f. 25f. Vgl. zur Politik des Fürsten Leopold Friedrich Franz gegenüber aufgeklärten Gesellschaften Andreas Erb: Gesellig aufgeklärt? - Sozietäten in AnhaltDessau während der Regierungszeit von Leopold Friedrich Franz. In: Paul Beckus u. Fabian Schubert (Hg.): Reformen auf dem Prüfstand. Kontext und Wirkung der Reformpolitik Franz von Anhalt-Dessaus im Spiegel der neueren Forschung, Halle 2023 [Manuskript eingereicht]. 27 Vgl. die Denkschrift an Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg, den 24. Juli 1761, ALB BB 10710, f. 71–78. 28 LASA, Z 70, C 9m Nr. 2, f. 24f.: „[...] ob wir nun wohl wünschten, daß es Sr. Des Herrn Senioris Liebden hätte gefallen mögen, sothane Bestätigungs Acte herkömmlichermaßen zuforderst zu communiciren und deshalb die allerseitige Beystimmung einzuholen“. 29 Vgl. ebd., Z 44, A 18a Nr. 39, f. 27. 30 Johann Ludwig Anton Rust, Johann Friedrich Leberecht Reupsch und Georg Christian Friedrich Nettelbeck an die Mitglieder, den 26. Oktober 1761, ALB BB 10710, f. 97. Noch 1765 druckte die Gesellschaft ein Sendschreiben von Johann Augustin Köselitz ab, der in einem Sendschreiben von 1762 die baldige Bestätigung durch die anderen anhaltischen Linien erwartete. – Vgl. Johann Augustin Köselitz: Sendschreiben an die Fürstlich anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Schriften der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Bd. 1. Quedlinburg u. Bernburg 1764, S. 49–63. 31 Vgl. Protokolleintrag vom 5. Juni 1765 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 30. 32 GLAK, Hfk-HS Nr. 399. Vgl. dazu Goldschmit: Der älteste Plan zur Gründung einer Akademie der deutschen Sprache in Karlsruhe.
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einer Gesellschaft der schönen Wissenschaften erwogen hatte. Da die „Zahl der Gelehrten eben nicht sehr groß seie“,33 plädierte von Schmidt dafür, die Deutsche Gesellschaft in sein eigenes Sozietätsprojekt zu integrieren. Bei einem Gespräch am folgenden Abend wurde Johann August Schlettwein, ein Förderer Böckmanns,34 hinzugezogen, „und da wurde eben nicht viel ausgemacht, weil Schmidt mehr auf die schönen Wissenschaften überhaupt, Schlettwein aber nur hauptsächlich auf die deutsche Sprache seine Absicht gerichtet hat“.35 Offenbar wurde das Thema nicht mehr weiterverfolgt. Noch weniger weit gediehen diese Absichten in Wien, wo Sonnenfels in seiner Ankündigungsschrift36 und andere Mitglieder in Lobgedichten auf Maria Theresia entsprechende Avancen an den Kaiserhof machten, ohne dass ein formelles Gesuch um Privilegierung bekannt wäre. Die meisten der vier skizzierten Gründungs- und Privilegierungsvorgänge zeigen, dass die adressierten Höfe solchen Projekten grundsätzlich offen gegenüberstanden, eine erfolgreiche Privilegierung aber keineswegs gesichert war. Einzig Stephan von Stengel konnte, wohl aufgrund seiner verwandtschaftlichen Nähe zum Kurfürsten, sein Anliegen ohne Abstriche verwirklichen. Johann Ludwig Anton Rust dagegen hatte die inneranhaltischen Befindlichkeiten ebenso unterschätzt wie sein Landesherr, so dass sein Vorhaben hinter den selbstgesteckten Ansprüchen zurückblieb. Johann Lorenz Böckmann, der seine Denkschrift umgehend nach seinem Dienstantritt eingereicht hatte, versäumte es wahrscheinlich, zunächst geeignete Personen auf seine Seite zu ziehen. Die gelehrten Projekte ließen sich in der höfischen Welt keineswegs bruchlos verwirklichen, ihre Realisierung verlangte von den Gelehrten Kenntnisse und Kontakte auf einer Bühne, auf der sie mit ihren Projekten nur zögerlich heimisch werden wollten. Wirkten die Gesellschaften hingegen an einer Hochschule, bewegte man sich auf vertrauterem Terrain und konnte zudem zwischen Landesherrn und Hochschulleitung wählen. Mit dem Anliegen, die Gelehrsamkeit zu pflegen und ihr Ansehen zu stärken, hätten sie allerorts auf offene Ohren und Türen stoßen müssen – so zumindest ein plausibler Anfangsverdacht. Es wäre jedoch schon aus damaliger Sicht sehr blauäugig gewesen, Hof und Hochschule als in sich || 33 Tagebucheintrag Markgraf Karl Friedrichs von Baden vom 17. Dezember 1764, zit. nach: Ein Tagebuch des Markgrafen Karl Friedrich [von Baden] vom Jahre 1764. Im Auszuge mitgeteilt von [...] Karl Obser [...]. In: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der rheinischen Pfalz 9 (1911), S. 244. 34 Vgl. Wucherer: Dem Angedenken des Verewigten Herrn Geheime Hofrath Böckmanns, S. 6. 35 Tagebucheintrag Markgraf Karl Friedrichs von Baden vom 18. Dezember 1764, zit. nach: Tagebuch des Markgrafen Karl Friedrich [...] mitgeteilt von Karl Obser, S. 244. 36 Vgl. Sonnenfels: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft, S. 3f.
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und miteinander eng und harmonisch zusammenarbeitende Institutionen mit identischen Zielsetzungen zu betrachten. Dem Landesherrn galten Hochschulen als Korporation eigenen Rechts, die seinen Bestrebungen zur herrschaftlichen Durchdringung des eigenen Territoriums im Weg stand, während die Hochschulen ihrerseits auf den Erhalt ihrer überkommenen Rechte pochten und sich staatlichem Zugriff möglichst entziehen wollten. Weder Hof noch Hochschule wiederum bildeten monolithische Blöcke, sondern zerfielen in mehrere Parteien mit teils stark konträren Zielsetzungen und offen ausgetragenen Feindseligkeiten. Wer sich hier behaupten wollte, war gut beraten, das Terrain zu sondieren und die ‚richtigen‘ Bündnispartner zu wählen. Abgesehen von den lokalen Koalitionen und Frontstellungen, befanden sich die Deutschen Gesellschaften in einer schwierigen Konstellation. Der Marsch durch die Institutionen stellte sich den Deutschen Gesellschaften keineswegs als Spaziergang dar. Einerseits bot die Anlehnung an den Landesherrn weitreichende und nur schwer anfechtbare Privilegien und Reputationsgewinne, die von der Führung des landesherrlichen Titels im eigenen Namen bis zur Befreiung von Zensur reichen konnten. Vor allem mit Letzterem aber entzog man sich dem Zugriff der Universität, deren Wohlwollen und Unterstützung als der maßgeblichen Einrichtung vor Ort äußerst wichtig war. Sich mit einer Anerkennung und Privilegierung durch die eigene Universität zu begnügen, hätte vermutlich ein reibungsloseres Zusammenwirken mit den gelehrten Einrichtungen vor Ort und möglicherweise auch einen größeren Zulauf an Mitgliedern bedeutet. Nicht nur die an Höfen angesiedelten Deutschen Gesellschaften aber erstrebten eine Privilegierung durch ihren Landesherrn; dass sie dafür erheblichen diplomatischen Aufwand betrieben und teils folgenreiche Spannungen im Verhältnis zur Hochschule in Kauf nahmen, verlangt nach einer Erklärung. Sie liegt in der Zielsetzung der Deutschen Gesellschaften begründet, einem erneuerten Gelehrtenstand zu größerer gesellschaftlicher Bedeutung zu verhelfen. Anerkennung ausschließlich bei der eigenen Hochschule zu suchen, wäre dieser Absicht diametral zuwidergelaufen. Hof und Landesherr hingegen boten nicht nur ein weiteres, sondern das für das gesellschaftliche Ansehen wichtigste Podium überhaupt. Eine Nähe zum Hof war unter Gelehrten seit jeher gesucht; im deutschen Sprachraum pflegten bereits die Humanisten gute Kontakte zum Kaiserhof, dem sie „Gutachten sowie Propagandareden“37 lieferten. Gottfried Wilhelm Leibniz äußerte in den Unvorgreifflichen Gedanken den Wunsch, eine Sprachgesellschaft möge „einige Beförderung von hoher Hand“ erhalten.38 In diese Tradition
|| 37 Hirschi: Das humanistische Nationskonstrukt, S. 387. 38 Leibniz: Unvorgreifliche Gedancken, S. 285.
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stellten sich Johann Christoph Gottsched und die Leipziger Deutsche Gesellschaft, wenn sie in ihrer Programmschrift darauf hofften, „daß sie mit der Zeit, irgend von einem großmüthigen Printzen, eines höhern Beystandes gewürdiget werden sollte“.39 Dies wollte man nicht dem Zufall überlassen, man nahm zahlreiche Adelige auf und suchte die Nähe zum Dresdner Hof. 1732 hielt Gottsched die Zeit für gekommen, ein Gesuch an das Oberkonsistorium zu richten, die Leipziger Deutsche Gesellschaft „mit dem Beynahmen einer Königl. oder Churfürstl. Gesellschaft, nebst einer beliebigen Stifftung zu den jährlichen Preisen der Poesie und Beredsamkeit zu begnadigen“.40 Der weitere Gang der Entscheidung ist unklar, zu einer landesherrlichen Privilegierung ist es jedoch nie gekommen. 1735 bedeutete man Gottsched, „eine bequehmere Gelegenheit annoch abzuwarten“.41 Diese kam nie.42 Im Folgejahr verlief ein Versuch, über den Oberhofprediger Bernhard Walther Marperger wenigstens zu einem Zuschuss für die Bibliothek zu kommen, im Sande.43 Jahrzehnte später resümierte Gottsched resigniert: „Hier in Sachsen haben wir seit mehr als zwanzig ja dreißig Jahren, umsonst nach einer Bestätigung entweder der vormaligen Deutschen Gesellschaft; […] gearbeitet und gestrebet. Aller Mühe ungeachtet sind uns alle Götter und Göttinnen, ja alle Sterne in ihren Kreisen, ungeneigt gewesen.“44 Während Gottsched sein als eine Art Akademie konzipiertes Vorhaben von vornherein gar nicht an der Universität Leipzig lokalisieren wollte und diese offenkundig nie in seine diesbezüglichen Pläne einband, versuchte die Teutsche Gesellschaft Jena früh, sich in den universitären Betrieb einzufügen. Im Oktober 1729, nur knapp über ein Jahr nach der ersten Zusammenkunft, reichte die Gesellschaft bei der Philosophischen Fakultät in Jena ihre Gesetze zur Bestätigung ein. Deren Diskussionen verliefen ambivalent. Eine solche Gründung würde eine schwer einzuschätzende Eigenständigkeit und Eigendynamik im Leben der Fakultät beanspruchen, so dass ein Votum einen „statum in statu zu
|| 39 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 3. 40 Johann Christoph Gottsched an das Oberkonsistorium, den 21. Januar 1732, SächsStA-D, 10025 Geheimes Konsilium, Loc. 4558/1, Die teutsche Gesellschaft zu Leipzig betr. 1732. Vgl. auch Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 288–290. 41 Bernhard Walther Marperger an Johann Christoph Gottsched, den 17. Juli 1734. In: GBW 3, S. 124f. 42 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 288–290. 43 Vgl. Johann Christoph Gottsched und weitere Mitglieder der Deutschen Gesellschaft an König Friedrich August II., den 28. Dezember 1736. In: GBW 4, S. 240f. 44 Johann Christoph Gottsched an Johann Georg Lori, Leipzig, den 23. August 1759. In: Electoralis Academiae Scientiarum Boicae Primordia. Briefe aus der Gründungszeit der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Hg. v. Max Spindler. München 1959, S. 137.
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formiren allemahl bedencklich“45 fand. Andererseits drohten landesherrliche Interventionen bei einer Weigerung ebenso, wie Reputationsgewinn für die Hochschule lockte. Eine andere Stimme hielt es deshalb für rathsam, dieselbe nicht abzuschlagen, weil die Herrn Interessenten sich sonst an die Durchlauchtigsten Höfe wenden und eine vielleicht uns praeiudicirliche confirmation herausbringen dörfte. Was die Sache selbst anlangt, so ist ein solch institutum eben nicht undienlich, so wohl in Betrachtung derer zu excolirenden Sprache, als auch ratione der Academie, damit derselben an nichts gebrechen möchte, was etwa auf andern Academien noch ein gut Aufsehen macht.46
Die mit Änderungsauflagen versehenen Gesetze wurden an die Gesellschaft zurückgespielt, deren Neufassung zu Beginn des Folgejahres der Prorektor bestätigte. Jenas erfolgreiche und publizierte47 Bestätigung ermunterte viele Neugründungen. Nur aus zweiter Hand ist überliefert, dass sich die bald nach Jena formierte Deutsche Gesellschaft in Halle um landesherrliche Protektion bekümmert haben soll.48 Wesentlich deutlicher werden die Konturen für die vom Leipziger Gesellschaftspräsidenten Johann Lorenz von Mosheim betriebene Privilegierung der Deutschen Gesellschaft in Göttingen. Aus den Leipziger Erfahrungen heraus argumentierte er: „Die deutsche Gesellschaft in Leipzig ist nur eine privat-Einrichtung, die nicht bestehen kann, weil es ihr am Grunde fehlet. In Göttingen wird man es anders machen müßen, wo das Werk bleiben soll.“49 Das Vorhaben wurde zunächst als „Klapper-Werk“ abgelehnt,50 seinen guten Kontakten zum Minister Gerlach Adolph von Münchhausen dürfte es aber zuzuschreiben sein, dass die aus studentischer Initiative hervorgegangene Deutsche Gesellschaft von der Regierung in Hannover am 27. Januar 1740 ihre
|| 45 Johann Jacob Syrbius, Professor der Logik und Methaphysik, an die Universität Jena, UAJ, M 74, f. 58v. 46 Johann Jacob Lehmann an die Universität Jena, den 25. November 1729, ebd., f. 57v. 47 Der Bestätigungsbrief wurde abgedruckt in: Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 22–24. 48 Gundling: Vollständige Historie der Gelahrheit. Bd. 4, S. 5646. 49 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 13. Februar 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 191. 50 Vgl. das anonyme Gutachten zur Universitätsgründung, zit. nach: Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 4: „Weil der Abt Mosheim nochmals der deutschen Gesellschaft gedenket, so kann doch unobserviret nicht lassen, wie ich nimmermehr wahr zu seyn befinde, was ich sonst schon gesaget, nehmlich dass dieses Klapper-Werk die Leute von den studiis und von der Gelehrsamkeit abführe, oder hinderlich sey, dass man nicht dazu gelange.“
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Privilegien erhielt; die Universität bestätigte sie erst im Nachgang sechs Tage später.51 Ein klar geregeltes Verfahren für Privilegierungen war also weder festgelegt, noch etablierte sich ein solches bei späteren Gründungen. Im Gegenteil, die Protagonisten der Deutschen Gesellschaften konnten die skizzierten Probleme nicht lösen, sondern eskalierten sie teilweise sogar. Wie spannungsreich sich solche Vorgänge gestalten konnten, zeigt das Beispiel der Deutschen Gesellschaft in Greifswald. Ihr Gründer Augustin Balthasar erinnerte sich, wie der Sekretär Ehrenreich Christoph Koch wenige Wochen nach der Konstituierung der Sozietät eine Rede zum zweihundertsten Jubiläum der Wiedereröffnung der Universität halten wollte und Balthasar ein entsprechendes Programm drucken ließ. Die Philosophische Fakultät warf dem Juristen Balthasar vor, in ihre überkommenen Rechte einzugreifen. Mit einem entsprechenden Dementi52 war das Terrain jedoch noch keineswegs befriedet, fehlten doch bei dem eigentlichen Redeakt alle anderen Mitglieder der Juristischen Fakultät. Mit diesen lag Balthasar seit Jahren in einem Streit, in dem sich persönliche Animositäten, religiöse Differenzen zwischen Pietismus und orthodoxem Luthertum amalgamierten mit der Konkurrenz zwischen den aus Stockholm berufenen proschwedischen Professoren und den an der mitteldeutschen Aufklärung orientierten ‚Eingesessenen‘.53 Balthasar war sich völlig darüber im Klaren, dass seine Gründung in diesen dauerhaften Querelen Rückhalt von oben benötigte: Wie man aber nicht ohne Ursache besorgen musste, daß die Gesellschaft, ohne eine fügliche Bestätigung des Obern, nicht füglich Bestand haben, sondern mit dem Unternehmen derer Vorfahren gleiches Schicksahl erleben, und also in ihrem ersten Anfange auch zugleich ihr Ende finden möchte, zumalen derselben allerhand Schwürigkeiten, wegen der öffentlichen Anstellung der Zusammenkünfte und Haltung öffentlicher Reden, wie auch derselben vorgängigen Beurtheilungen und dazu abzulassenden Einladungen derselben bevorstanden, [...].54
|| 51 UA Göttingen, Sek 433 (4). 52 Vgl. [Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar, S. 102: „[...] indem sie mir nicht zugestehen wollten, daß ich, als Decanus Facultatis juridicae ad actum oratorium eines Studiosi invitiren sollte. Damit nun dieser actus wehrender controverse nicht aufgehalten werden mochte, so declarirte mich gegen der Facultät, daß […] dieser actus der Facultät zu keinem prejudice gereichen sollte.“ 53 Vgl. zur Schilderung dieses Streits ebd., S. 85–99; Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 127–130. 54 Augustin Balthasar: Eröffnungsrede bey der ersten Versammlung der Deutschen Gesellschaft, den 2. September 1739 gehalten. In: Ders.: Rituale academicum. Greifswald 1742, S. 434.{fehlt in der BIB!!!}
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So ging er den direkten Weg zum Landesherrn und ersuchte über den pommerschen Generalgouverneur, Grafen Meyerfelt,55 die königlich schwedische Bestätigung. Als die königliche Regierung ihn mit seinem Anliegen an die Universität zurückverweisen wollte, fürchtete Balthasar, „daß die übrige Mitglieder der Academie bey jetzigen Umbständen unserm Vorhaben mehr behinderlich als beforderlich sein dürften, so trugen wir Bedencken, dieses Rescriptum zu insinuiren und wandten uns dagegen unter der adresse und assistence des Herrn Cammer Rath von Gyllen patrons unmittelbahr an Ihre Königliche Majestät“.56 König Friedrich von Schweden nahm die Gesellschaft in seinen Schutz auf, bestätigte ihre Gesetze, erlaubte ihr die Führung eines Siegels und die von ihr gebilligten Schriften „dem Druck zu übergeben, ohne daß eine weitere Beurtheilung und Genehmhaltung darf eingeholt werden“.57 Dass letztere Privilegien die universitäre Zensurbefugnis aushöhlten und ihre Einholung den universitären Gremien erst im Nachgang angezeigt wurde, stimmte diese nicht gerade günstig für die Neugründung. Im Umlauf wurde man sich an der Universität einig, das Prädikat einer Königlichen Deutschen Gesellschaft, das sich die Gesellschaft ohne ausdrückliche Verleihung im königlichen Stiftungsbrief beilegte, zu ignorieren.58 In Anlehnung an die Greifswalder Praktiken59 lavierte die Deutsche Gesellschaft in Königsberg, auf deren Ansuchen König Friedrich II. die Königsberger Regierung anwies, die neue Gesellschaft zu unterstützen.60 Dem vor Ort umstrittenen Rhetorikprofessor Cölestin Christian Flottwell gelang es, eine königliche Privilegierung unter Umgehung der Universität zu erreichen. „Und auch darüber speyen die Feinde Galle, daß Augustus uns so ein gracieuses diploma ertheilet […]“,61 jubilierte er gegenüber seinem Briefpartner Gottsched. Weniger Erfolg war Georg Andreas Will mit seiner Deutschen Gesellschaft in Altdorf beschieden. Seine noch im Gründungsjahr an das Vormundamt der
|| 55 Diesem wurde in später in einem Schreiben ausdrücklich gedankt. – Vgl. Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 40. 56 [Balthasar]: Im Hause des Herrn immerdar, S. 105. 57 König Friedrich von Schweden an die Deutsche Gesellschaft Greifswand, den 18. August 1740, UA Greifswald, R 1483, f. 5. Ein Druck des Schreibens befindet sich in den Collectanea Paltheniana im Landesarchiv Greifswald, Rep. 40 VI Nr. 4, f. 432f. 58 UA Greifswald, R 1483, f. 1. 59 Die Vorbildfunktion Greifswalds erwähnt Krause: Gottsched und Flottwell, S. 28. 60 Vgl. König Friedrich II. von Preußen an die Regierung in Königsberg, den 18. August 1743, GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 82. 61 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 23. September 1743. In: GBW 9, S. 357.
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Stadt Nürnberg62 eingereichte Bitte antwortete, man wolle vorerst die Proben ihrer Dichtkunst und Beredsamkeit abwarten, und schränkte zugleich den möglichen Themenkreis dahingehend ein, dass Predigten nicht erlaubt sein sollten.63 Offensichtlich lagen der Ablehnung nicht weiter ausgeführte Bedenken der Universität zugrunde, daß Wills Gründung „den legibus et statutis academicis habe zu nahe tretten“64 wollen. Sein Angebot, in einer Besprechung diese Bedenken auszuräumen, schlug der akademische Senat rundweg aus, denn dies bedeute eine Befassung „mit einem Privat=Instituto, dafür, und für nichts anderes“.65 Noch bis in das vermutlich letzte Jahr ihres Bestehens erneuerte Georg Andreas Will immer wieder seine Bitte, der Nürnberger Rat möge der Gesellschaft einen bereits 1758 zugesagten Freiheitsbrief ausstellen.66 Auch seine Bemühungen, über den Reichshofrat Gustav Georg König von Königsthal zu einer kaiserlichen Privilegierung zu kommen und damit den Nürnberger Rat unter Druck setzen zu können, scheiterten, da der Hofrat eine nürnbergische Privilegierung als Voraussetzung verlangte.67 Im Konsens von Landesherr und Universität ging hingegen die Privilegierung in Gießen vor sich, wo Bechthold zuerst den Landgrafen von HessenDarmstadt darum ersucht hatte, der Gesellschaft möge „das Ansehen einer öffentlichen privilegierten academischen Anstalt verliehen und ihre gleichzeitig in Abschrift mitübersandten Gesetze bestätigt werden“.68 Auf Rückfrage des Landgrafen votierte die Universität für eine landesherrliche Privilegierung.69 Möglicherweise fungierte Jena einmal mehr als Vorbild für die Erlanger Filialgründung, als diese im Gegensatz zu den soeben angeführten Gesellschaften zuerst an der Universität um Bestätigung nachsuchte. Diese erfolgte allerdings
|| 62 Vgl. zu den Verwaltungsstrukturen in Nürnberg Peter Fleischmann: Das Verhältnis des Nürnberger Rats zur Universität Altdorf. In: Brennecke u.a. (Hg.): Akademie und Universität Altdorf, S. 7–28. 63 Schreiben des Vormundamts an Georg Andreas Will, den 20. Oktober 1756, UB Erlangen, Ms 1879, in Auszügen zitiert bei Fromann: Altdorfer Deutsche Gesellschaft, S. 35. 64 Schreiben von Georg Andreas Will an den Magistrat der Stadt Nürnberg von 1758 bis 1763, UB Erlangen, Ms 1879. 65 Senatsbeschluss vom 16. Dezember 1756, ebd., Ms 1880. 66 Georg Andreas Will an den Magistrat der Stadt Nürnberg, den 14. Dezember 1756, ebd., Ms 1879. 67 Vgl. Gustav Georg König von Königsthal an Georg Andreas Will, den 4. Mai 1762, StB Nürnberg, Will III. 454. Autogr. (Umschlag 12). 68 Antrag Bechtholds von 1764, zit. nach: Diehl: Die ‚Teutsche Gesellschaft‘ zu Gießen, S. 26. Die Akten im Darmstädter Staatsarchiv müssen als Kriegsverlust gelten, weshalb Details der Bestätigung nicht mehr rekonstruiert werden können. 69 Vgl. das Votum der Universität vom 28. Dezember 1764, UA Giessen, Allg. Nr. 784.
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problemlos am 3. April 1755 durch die Hochschule70 und wenige Tage später am 10. April 1755 durch den Landesherrn.71 In Rinteln sondierte Johann Jakob Plitt für seine Wiedergründung, indem er sein Projekt in den Vorlesungsverzeichnissen bekanntgab. Erst nachdem „dieses Vorhaben nicht misbilliget“72 wurde, betrieb er es weiter und holte die Genehmigung des Kurators der Universität ein.73 Am Lyzeum in Preßburg ließ Jakob Glatz die Statuten der von ihm ins Leben gerufenen Deutschen Gesellschaft von den dortigen Professoren durchsehen und genehmigen.74 Wolfram Suchier hat es unternommen, die Deutschen Gesellschaften nach landesherrlichen anerkannten und privaten einzuteilen, seine Einteilung aber nicht näher ausgeführt.75 Die hier angeführten Beispiele lassen diese fraglich erscheinen, da sie Gesellschaften nicht nach ihren durchaus gemeinsamen Zielen, sondern nach ihrem jeweiligen Erfolg einem anderen Typus zuordnet und so voneinander trennt. Dieser Erfolg aber hing von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, unter denen die Herkunft und das persönliche Geschick der Protagonisten ebenso eine Rolle spielen konnten wie politische Konstellationen innerhalb oder zwischen den Höfen. Mehr oder weniger geschicktes Lavieren zwischen Hochschule und Landesherr oder zwischen Parteien innerhalb dieser Institutionen entschied weit eher über das Gelingen als die Überzeugungskraft des Sozietätsprojekts selbst. Ablesbar ist an den geschilderten Vorgängen zudem, dass die Gesellschaften das Ziel einer Privilegierung auch im Falle eines Misserfolgs hartnäckig weiterverfolgten und teils selbst gegen ‚ihre‘ Universität durchzusetzen bestrebt waren. Zumindest für die größeren und besser überlieferten Deutschen Gesellschaften kann also keine Rede davon sein, dass diese auf Distanz zu ihren Obrigkeiten operieren wollten. Ganz im Gegenteil wurden nicht nur gute Beziehungen zu diesen, sondern auch ein formeller Akt der Anerkennung gesucht, der über Einweihungsfeierlichkeiten und Drucke der Statuten publik gemacht. Aus welchem Grund aber investierten die Deutschen Gesellschaft so viel Energie in ein Ziel, das mit der erklärten Absicht, deutsche Sprache, Poesie und Beredsamkeit zu pflegen, nichts gemein zu haben schien? Um Antworten zu finden, ist es nötig, die Inhalte dieser Privilegien zu betrachten. Ausführlich || 70 Vgl. UA Erlangen, A1/20, Nr. 1a. 71 Vgl. ebd., Nr. 1b. 72 Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes, S. 16. 73 Vgl. Art. Johann Jakob Plitt. In: Strieder: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte. Bd. 9, S. 103. 74 Wenrich: Jakob Glatz, S. 19. 75 Vgl. Suchier: Wittenberg, S. 844.
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und exemplarisch76 finden sie sich im Stiftungsbrief für die Deutsche Gesellschaft in Greifswald behandelt, in dem die königliche Kanzlei in Stockholm die von der Gesellschaft an sie herangetragenen Anliegen vor deren Bestätigung nochmals referiert.77 Als nicht nur der Reihenfolge nach erste von vier Bitten stand jene um Genehmigung, „hohen Schutz und kräftige Beforderung“. Sie bildete einen Rahmen um die folgenden, konkreteren Rechte. Die zweite Bitte richtete sich darauf, die „Gesellschaftregeln durch einen offenen Brief [zu] bestätigen“, womit die gesellschaftlichen Regelungen nicht nur anerkannt, sondern durch die Form des offenen Briefs Teil eines Textcorpus obrigkeitlicher Regeln waren. Aus dem Kreis der um die Regeln ihrer Zusammenarbeit ringenden Mitglieder waren die dort verabschiedeten Statuten herausgetreten und konnten nun als an der eigenen Hochschule, ja teils im ganzen Territorium gültige Regeln gelten. In diese Richtung wies die dritte Bitte um die Erlaubnis, in ihren Dokumenten ein eigenes Siegel führen zu dürfen. Auch damit waren die Gesellschaften keine rein privaten Zusammenschlüsse mehr, sondern eine anerkannte und mit eigenen Hoheitszeichen ausgestattete Korporation, deren Entscheidungen Verbindlichkeit zumindest beanspruchen konnten. Die so privilegierten Gesellschaften haben häufig Siegel mit territorialen Hoheitszeichen geführt,78 so das Siegel in Königsberg, das „im Zentrum einen Adler auf einem Postament“79 zeigte, oder jenes in Bernburg, das den askanischen Bären führte. Obwohl die Deutsche Gesellschaft in Altdorf keine Bestätigung erreichen konnte, führte sie ein großes und ein kleines Siegel mit Abbildung der Norica.80 Andere Gesellschaften wie die in Göttingen reflektierten „auf ein uns anständiges Sinnbild“81
|| 76 Durch die häufigen Publikationen dieser Privilegien nach dem Beispiel Jenas waren die Möglichkeiten vorhanden, sich über deren Inhalte zu informieren und sich an ihnen zu orientieren. Als bspw. in Bremen der Präsident einen Freiheitsbrief erteilen wollte, verlangte er, „daß ihm von den FreiheitsBriefen anderer teutschen Gesellschaften einige Nachricht ertheilet würde, deswegen verschiedene von den Mitgliedern aufnamen, theils nach Jena und Helmstädt, theils nach Göttingen und Königsberg zu schreiben und von deren Einrichtung in Ansehung ihrer FreiheitsBriefe Kundschaft einzuziehen“. – Protokolleintrag vom 10. Februar 1751. In: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 79. Tatsächlich finden sich in den ermittelten Privilegien sehr ähnliche Inhalte. 77 Die folgenden Zitate stammen aus dem königlichen Begnadigungsbrief vom 18. April 1740, abgedruckt in: Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald. 78 Vgl. die Aufführung der Siegel im Anhang. 79 Strutyńska: Alte Drucke Königsberger Provenienz, S. 554. 80 Vgl. Christian Gottlieb Müller: Verzeichnis der Nürnbergischen topographisch-historischen Kupferstichen und Holzschnitten. Nürnberg 1791, S. 188. 81 Protokolleintrag vom 17. Februar 1739, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 82.
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und präsentierten ein Siegel, das „ein Senckblei mit der Ueberschrift Richtig und ungezwungen“82 zeigte. Auch dort allerdings befolgte man den Rat des Präsidenten Grafen Heinrich XI. von Reuss, der dafür plädirte, dass man „das Senkblei auf dem Siegel der Gesellschaft nicht von einer blossen Hand, sondern durch einen Genium herabfallen ließe, weil die Franzosen dergleichen Sinnbilder zu tadeln pflegten, welche nicht lebhaft genug wären“.83 Gelehrte Autonomie beanspruchte die vierte und letzte Bitte der Greifswalder um eine Druckerlaubnis für die von der Gesellschaft gebilligten Werke, „ohne daß eine weitere Beurtheilung und Genehmhaltung darf eingeholt werden“. Damit war nicht weniger als das Recht verbunden, die universitären und/oder landesherrlichen Zensurgremien übergehen zu können. Den mit diesem Privileg versehenen Deutschen Gesellschaften wurde so ein Recht eingeräumt, das sie anderen Einrichtungen, in erster Linie der Universität gegenüber unabhängig machte. Verbunden war damit außerdem das obrigkeitliche Vertrauen auf die Loyalität der Gesellschaft und der von ihr herausgegebenen Schriften. Es war zugleich das am wenigsten selbstverständliche Privileg; bereits in Anhalt hatte der Dessauer Fürst solche Rechte scharf missbilligt, in Greifswald hatte ein Konflikt um die universitäre Zensur geradezu den Anlass für die Privilegierung gegeben. Die aus solchen Regelungen resultierenden Konflikte sollen später eingehender behandelt werden. Weitere Privilegien, wie beispielsweise die Zuweisung von Räumlichkeiten in landesherrlichen Schlössern, kamen in anderen Stiftungsbriefen hinzu.84 Über die einzelnen gewährten Rechte hinaus besaßen diese Privilegien einen Eigenwert allein dadurch, dass sie Einverständnis und Unterstützung der Obrigkeit signalisierten. Dieses Signal konnte das soziale Kapital der Gesellschaft und damit der Mitglieder beträchtlich anheben, durfte aber gerade deshalb nicht in den Sitzungsräumen verbleiben, sondern musste sichtbar nach außen kommuniziert werden. Häufig warteten Deutsche Gesellschaften deshalb mit einer Veröffentlichung ihrer Statuten, bis sie diesen ein obrigkeitliches Privileg voranstellen konnten.85 Eine Möglichkeit, auf die Existenz eines landesherrlichen Privilegs in verkürzter Form hinzuweisen, bot die Führung des Zusatzes Königlich, Herzoglich oder Fürstlich im Gesellschaftsnamen. Landesherrliche Unterstützung konnte so jenseits der publizierten Privilegien über Mitgliederdiplome, Bekanntma-
|| 82 Protokolleintrag vom 8. August 1739, ebd., f. 91. 83 Vgl. Protokolleintrag vom 14. Februar 1740, ebd., f. 105. 84 Vgl. zu beiden letztgenannten Punkten Kap. 6.6 Integrieren. 85 Vgl. neben dem Beispiel Greifswald die vorgedruckten gesellschaftlichen Privilegien im Fall von Jena: Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 22–24.
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chungen und Buchtitel anderer Veröffentlichungen weiteren Kreisen signalisiert werden.86 Bezeichnenderweise verzichtete die Bernburger Sozietät darauf, das nur für Anhalt-Bernburg gültige Privileg der Publikation der eigenen Statuten voranzusetzen, sondern äußerte lediglich im letzten Paragraphen der Gesetze die ursprüngliche Absicht, sich „um hohen Landesherrlichen Schutz zu bewerben“.87 Indem sie allerdings auf den Namenszusatz „Fürstlich Anhaltische“ nicht verzichtete, hielt sie den prekären Status ihrer Privilegierung nach außen hin in der Schwebe. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die universitären oder landesherrlichen Begnadigungen hatten zunächst eine erhebliche Wirkung in die Sozietät hinein, indem sie eine Mitgliedschaft weit über den Rang akademischer oder sonstiger Geselligkeit hinaushoben und bloße Kränzchen nunmehr als landesherrliche Institute gelten konnten. Das soziale Kapital, das die Zugehörigkeit zu einer privilegierten Deutschen Gesellschaft mit sich brachte, betrug so ein Vielfaches einer lediglich privaten oder halbprivaten Vereinigung. Wie dieses sich ausformte, formulierte der Helmstedter Gesellschaftssekretär Johann Friedrich Eisenhart folgendermaßen: Es bestehet selbige [notwendigste Eigenschaft] darin, dass sie von dem Landesherrn rechtmäßig bestättiget worden ist. Die Wirkung einer solchen geschehenen Bestättigung ist, dass sie jeder als eine ordentliche Zunft ansehen muss, welcher alle Gerechtsame und Freiheiten zukommen, so die hohen Gesetzgeber den öffentlichen Gesellschaften verliehen haben.88
Dass ein prominentes Mitglied seine Gesellschaft mit dem Wort Zunft titulierte, mag überraschen, zeigt aber, wie sehr auch und gerade die Deutschen Gesellschaften in der Logik der ständischen Gesellschaft dachten und agierten. Ohne die Privilegien für die Deutschen Gesellschaften als Innungsbriefe einer poetischen Schusterinnung zu titulieren, sind strukturelle Parallelen doch unübersehbar: Hier wie dort bestätigt eine Obrigkeit auf Ansuchen einer Vereinigung deren selbst gegebene Gesetze, verleiht ihr Hoheitszeichen und Rechte, mit
|| 86 Vgl. die Aufführung der Gesellschaftsnamen im Anhang. Die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt führte den Namenszusatz Herzoglich, erwähnte das Privileg aber lediglich im Druck ihrer Statuten. – Vgl. Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze, Vorrede, o.S. 87 So die Satzung vom 5. Dezember 1760, die nach dem Scheitern dieser Bemühungen publiziert wurde: Nachricht von der Einrichtung der Anhaltischen Deutschen Gesellschaft, S. 32, § 33. 88 Johann Friedrich Eisenhart: Von den gelehrten Gesellschaften, und derselben fürnehmsten Gerechtsamen. In: Ders.: Kleine Schriften, S. 115.
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denen sie sich gegenüber konkurrierenden Einrichtungen abgrenzen kann. Erstrebt haben die Deutschen Gesellschaften in diesem Punkt keine universell gültigen Rechte, sondern die eigene Korporation hervorhebende Privilegien, in denen der Aussteller als hoheitliche Quelle und sie als obrigkeitlich Begnadigte erschienen. Die der Ständegesellschaft inhärente Ungleichheit war so nicht nur akzeptiert, sondern fester Bestandteil der eigenen Ziele und des eigenen Handelns. Schon der Eifer und die Beharrlichkeit, mit der die größeren Deutschen Gesellschaften obrigkeitliche Privilegien anstrebten, offenbaren, dass sie weit eher einen respektablen Platz in der Gesellschaft des Ancien Régime anstrebten, als dieses ernsthaft infrage zu stellen. Für die Frühaufklärung wurde jüngst konstatiert: „Denn tatsächlich formierte sich die bürgerliche Gesellschaft und mithin ihre Zusammenschlüsse nicht gegen, sondern innerhalb der Lebenswelt des Ancien Régime.“89 Die Deutschen Gesellschaften machten hier keine Ausnahme.
6.3 Protegieren Mit einer obrigkeitlichen Bestätigung und Rechteverleihung hatten die angeführten Gesellschaften einen verheißungsvollen Auftakt erreicht und ein erhebliches soziales Startkapital angehäuft. Es hing jedoch von der weiteren Handhabung ab, ob es im Verlauf der Gesellschaftsgeschichte verzinst oder aufgebraucht werden würde. Vielen Mitgliedern dürfte vor Augen gestanden haben, dass nur die deutschen Sozietäten des 17. Jahrhunderts sich als langlebig erwiesen hatten, die sich einer dauerhaften Protektion durch ihre Landesherren erfreuen konnten.90 Gerade die im Dreieck von Landesherr, Universität und Deutscher Gesellschaft umstrittenen Privilegierungen standen in Gefahr, immer wieder Anfechtungen im Hochschulalltag ausgesetzt zu sein. Konkurrierende Zuständigkeiten in der landesherrlichen und universitären Aufsicht und Gerichtsbarkeit, aber auch Parteien an Hof und Hochschule formten eine permanente Drohkulisse, die die vermeintlich wohlerworbenen Rechte zu unterhöhlen oder auszuhebeln imstande war. Erforderlich war es in jedem Fall, sich nicht auf den Lorbeeren einmal erteilter Begnadigungen auszuruhen, sondern diese in stets neuen Handlungen mit Leben zu erfüllen. Ob und auf welchen Wegen dies gelang, soll Gegenstand der folgenden Kapitel sein.
|| 89 Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik, S. 17. 90 Dabei handelt es sich um die Academia Naturae Curiosorum, die Preußische Akademie der Wissenschaften und den Pegnesischen Schäferorden. – Vgl. Berns: Zur Tradition der deutschen Sozietätsbewegung im 17. Jahrhundert, S. 69.
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Als Aussteller der Privilegien kam dem Landesherrn oder Prorektor der Hochschule natürlich die entscheidende Bedeutung zu. Gelang es den Gesellschaften, ihren Landesherrn auch als formellen Protektor zu gewinnen, war dies ein großer Erfolg.91 Dass die Teutsche Gesellschaft in Jena ihre Tätigkeit „in süsestem Schatten“ des Herzogs Ernst August Constantin von Sachsen-WeimarEisenach ausüben konnte, hob sie mit einer Deckfarbenzeichnung auf einer Prunkhandschrift ihrer Matrikel hervor.
Abb. 9: Matricul der Teutschen Gesellschafft zu Jena, um 1750, ThULB, Ms. Prov. f. 130, Titelblatt
|| 91 Vgl. zur Gewinnung des Erbprinzen Ernst August Constantin: Art. Jena. In: Jenaische Gelehrte Zeitungen. Stück 13 vom 13. Februar 1751, S. 112 In Mannheim fungierte Kurfürst Karl Theodor als Stifter und Schützer. – Vgl. bspw. Kurpfälzischer Hof- und Staatskalender auf das Jahr 1777, S. 201.
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Es war jedoch wenig praktikabel, ja möglicherweise kontraproduktiv, permanent ein Votum des Landesherrn und seine Unterstützung in alltäglichen Angelegenheiten anzufordern. Erforderlich waren daher Persönlichkeiten, die als Mittler fungierten und über ausreichenden Einfluss und Reputation verfügten, um erfolgreich ihre schützende Hand über die Gesellschaft halten zu können, ein Mittler also, der, wie es die Statuten in Bremen vorsahen, „durch seinen Stand und Ansehn, ihr zur Zierde und zum Schuze gereicht.“92 Wichtig war den Deutschen Gesellschaften von Beginn an, sich in ein Netzwerk von Protektion und Patronage zu begeben.93 Dabei bedienten sie eine ganze Klaviatur von Techniken, angesehene und einflussreiche Persönlichkeiten an sich zu binden. Unter diesen stellte die Person des Präsidenten das mit Abstand stärkste Bindemittel dar. Die „Konstruktion, an die Spitze der Gesellschaft so etwas wie einen Ehrenvorsitzenden zu stellen, der allerdings in der Regel kaum Einfluss auf das konkrete Geschehen nehmen konnte bzw. wollte, bot die Möglichkeit, einen Vertreter des ersten Standes als Repräsentationsfigur aufstellen zu können“.94 Satzungsgemäß auf nur eine Person beschränkt, signalisierte sie gerade durch diese Exklusivität einen aus gesellschaftlicher Sicht hervorgehobenen Status. Es greift entschieden zu kurz, dieses Amt und andere Mechanismen von Protektion und Patronage zu reinen Äußerlichkeiten herunterzuspielen.95 Protektor und Protegierte lebten in enger Symbiose.96 Unstrittig und gut erforscht ist, dass Wissenschaften und Künste von jeher darauf angewiesen waren, zur Verfolgung und Durchsetzung ihrer Ziele auf die Ressourcen der politisch und ökonomisch Mächtigen zugreifen zu können. Umgekehrt waren Mächtige aber auch auf gelehrt-künstlerische Begründung, Darstellung und Propagierung angewiesen.97 Mit dem Aufgreifen und Fördern neuer Bewegungen, wie sie die Deutschen Gesellschaften zu verkörpern behaupteten, konnten die Eliten zugleich ihre ‚Zukunftsfähigkeit‘ unter Beweis stellen. Dass dieser Mechanismus
|| 92 Vgl. § III der Statuten, SUB Bremen, Bremensia a 224, f. 29. 93 Nach Rauter: The Eighteenth-Century „Deutsche Gesellschaft“, S. 25, hingegen standen die Deutschen Gesellschaften im Gegensatz zu den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts nicht in Patronageverhältnissen. 94 Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 136. 95 So bspw. Marwinski: Fabricius, S. 81: „Von ihrem ‚Überbau‘, der in den 1. Statuten nicht vorgesehen war und der sich zeitbedingt ausformte, hatte die TGJ keinen unmittelbaren Nutzen, er verlieh ihr lediglich öffentlichen Glanz.“ 96 Für die Naturwissenschaften des 17. Jahrhunderts spricht Mario Biagioli sogar von „Patronage als Sozialsystem der vorinstitutionellen Wissenschaft“. – Ders.: Galilei, der Höfling, S. 377. 97 Vgl. dazu ausführlich Oevermann: Für ein neues Modell von Kunst- und Kulturpatronage.
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den Akteuren selbst keineswegs unbekannt war, zeigte Gottscheds Offenheit, mit der er auf Kardinal Richelieu und die Académie française verwies: „Was würde nun diese erneuerte Deutsche Gesellschaft nicht vor einen Glanz erlangen, wenn ein so großer Staats-Minister bey ihr diejenige Stelle vertreten wollte, die ein berühmter Cardinal und Premier=Minister in Franckreich, bey der bekannten Französischen Academie vertreten hat.“ Eine solche Protektion würde schließlich dem Protektor selbst zur Ehre gereichen, der „seinen Nahmen dadurch nicht weniger, als durch seine unvergleichliche Staats=Klugheit verewiget“.98 Dieses Angebot unterbreitete Gottsched dem Adeligen Ernst Christoph von Manteuffel, den er über Johann Ulrich König als Widmungsträger gewonnen hatte.99 Manteuffel, der ein Jahr später zum Minister für auswärtige Angelegenheiten in Sachsen avancierte, wurde als deutscher Scipio tituliert,100 wegen eines Zerwürfnisses zwischen Gottsched und König wurde das Projekt jedoch nicht weiter verfolgt.101 Im höfisch-politischen Raum schien vorerst keine Möglichkeit vorhanden, landesherrliche Protektion zu erlangen. Nach dem Tod des Präsidenten Johann Burckhardt Mencke gelang es Gottsched, mit Johann Lorenz von Mosheim einen in der gelehrten Welt renommierten Amtsträger zu gewinnen. Der Jenaer Aufseher Gottlieb Stolle zeigte sich mit der Wahl zufrieden, da „dieser berühmte Mann allerdings vor einen Obermeister in der teutschen Beredsamkeit passiren kann“.102 Über die ihm zugedachte Rolle war der Ernannte sich von Anfang an im Klaren: „Mich haben diese Herren fast gezwungen, ihr Praesident zu seyn, in der Meinung, daß sie besser bestehen würden und weil sie niemanden fast finden können. Ich bin ihnen aber zu nichts nütze und genieße außerdem diese Ehre nur unter der Bedingung, daß ich sie, wenn ich will, niederlegen kann.“103 Obwohl Mosheim sich in Leipzig, Göttingen und Helmstedt für die Belange Deutscher Gesellschaften einsetzte, vermied er es, sich von Helmstedt aus in die inneren gesellschaftlichen Belange einzumischen.104 Als
|| 98 Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, Vorrede, o.S. 99 Johann Ulrich König an Johann Christoph Gottsched, Januar/Februar 1728. In: GBW 1, S. 108f. Vgl. zur Rolle Manteufels als Mäzen der Universität Leipzig Bronisch: Mäzen der Aufklärung, S. 181–190. Vgl. auch Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 283–285. 100 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, Widmungsschreiben, o.S. 101 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 286. 102 Gottlieb Stolle an Johann Christoph Gottsched, den 18. April 1733. In: GBW 2, S. 417. 103 Johann Lorenz von Mosheim an Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen, den 13. Februar 1735. In: Die Gründung der Universität Göttingen, S. 191. 104 Mosheim oblag es bspw., zur Aufnahme vorgeschlagene Mitglieder zu bestätigen, er hielt dieses Prozedere aber für überflüssig. – Vgl. Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 26. Januar 1736. In: GBW 4, S. 398f.
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Gottsched mit seiner Beförderung zum Professor eine Rangerhöhung erfuhr, bot Mosheim ihm das Präsidentenamt an, da er ihm nun nicht mehr übergeordnet sein könne, ließ aber alles letztlich beim Alten.105 Anders als in Leipzig richteten sich die Ambitionen der Teutschen Gesellschaft in Jena zunächst auf eine angesehene Stellung an ihrer eigenen Hochschule. Für das Aufseheramt wurde deshalb mit Gottlieb Stolle ein angesehener Dozent gewonnen, um, so Johann Andreas Fabricius in seiner Einführungsrede, „uns der aufsicht eines solchen hauptes zu unterwerfen, darunter wir ungestört und unangetastet, mit desto grösserem ansehen unsere versamlungen fortsezen und uns dadurch dem vaterlande nutzbar machen möchten“.106 Das dem Leipziger Präsidenten analoge Amt des Obervorstehers hingegen besetzte man mit dem in Jena studierenden Grafen Lorenz Ernst Friedrich von Brockdorff. Die Motive dafür waren denen in Leipzig mehr als ähnlich: „Die Gesellschaft wehlet einen Obervorsteher nicht allein, durch desselben Wahl ihre Hochachtung gegen dessen vornehme Person zu bezeugen; sondern auch ihr eigenes Ansehen durch ein solches Oberhaupt mit zu erhalten und zu vermehren.“107 Die Praxis, akademisch gebildete Standespersonen an die Spitze der Gesellschaft zu wählen, hatte die Deutsche Gesellschaft in Greifswald sowohl in ihren Satzungen festgeschrieben als auch mit der Ernennung von Malte Friedrich von Putbus in die Tat umgesetzt.108 Der gleichen Praxis begegnet man in der Deutschen Gesellschaft in Göttingen, wo man 1748 den studierenden Reichsgrafen Heinrich XI. Reuß zum Obervorsteher ernannte.109 Seine hervorgehobene Stellung betonte die Gesellschaft in mehreren Kontexten; so führten ihre Mitgliedsdiplome ihn als Aussteller an,110 ein dem Reichsgrafen gewidmetes Gedichtexemplar ließ die Gesellschaft „auf weissen Atlas […] drucken, und in corrosin rothen Samt binden und mit goldenen Tressen besetzen“.111 Auch nach der Wieder-
|| 105 Vgl. Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 21. Mai 1734. In: GBW 3, S. 97. 106 Fabricius: Rede, S. 318. 107 Gutachten von Johann Georg Zur Linden, um 1729/30, ThULB, Ms. Prov. f. 132 (10), f. 19. 108 Vgl. Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, S. 13, § 4. 109 Vgl. Kurzgefaßte Historie der Königl. deutschen Gesellschaft in Göttingen. In: Beyträge zur Historie der Gelahrtheit, worinnen die Geschichte der Gelehrten beschrieben werden. Zweyter Theil. Hamburg 1748, S. 254-264, hier S. 256; Claproth: Der gegenwärtige Zustand der Göttingischen Universität, S. 39. 110 Vgl. bspw. die Ernennungsurkunde für Gottfried August Bürger vom 22. Mai 1788, SUB Göttingen, 20 Cod. Ms. philos. 182: A. G. Kaestner, 22. Mai 1788. In welchem Zusammenhang die Urkunde für den schon 1769 aufgenommenen Bürger 1788 neu ausgestellt wurde, ist nicht klar. 111 Protokolleintrag vom 13. Februar 1740, ebd., Hist. lit. 115, f. 104.
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gründung suchte der neue Leiter Abraham Gotthelf Kästner alsbald die Verbindung zu ihm.112 Ein Studium an der eigenen Hochschule war keineswegs zwingend. In Altdorf fiel diese Rolle Heinrich XIII. Graf Reuss ä.L. zu, den Georg Andreas Will regelmäßig über den Stand der Dinge unterrichtete.113 Reuss übernahm sogar die Patenschaft für Wills Sohn Heinrich Friedrich.114 Der schriftstellernde dänische Statthalter und Oberlanddrost Graf Rochus Friedrich von Lynar wurde während seines Aufenthalts in Delmenhorst 1759 vom Ehrenmitglied Johann Friedrich Reiffstein als Obervorsteher der Bremischen Deutschen Gesellschaft gewonnen,115 die ähnlich der Göttinger Gesellschaft die Patronage durch Stadtrat und Obervorsteher herauszustellen nicht müde wurde. So lang uns Lynars Huld beglückt und Bremens Rat mit Beifall auf uns blickt steigt unser Wohl mit jedem Tag empor.116
So dichtete die Sozietät in einer zu dessen Amtsübernahme verfassten Kantate. Sein Mitgliedsdiplom wurde außerordentlich repräsentativ gestaltet und auf Seide gedruckt (siehe Abb. 10). Auf eine andere Weise löste man die doppelte Anforderung von Adel und Gelehrsamkeit in Königsberg, wo das Privileg vorsah, „einen Protectorem, aus dem Mittel unserer Preußischen Regierung, und einen Präsidenten, unter denen Professoren, der Universität Königsberg, nach eigener Willkühr zu erwählen“.117 Während das Präsidentenamt der Königsberger Dozent und Gesellschaftsmitbegründer Johann Jakob Quandt wahrnahm, konnte man das neue Regierungsmitglied Johann Ernst von Wallenrodt als Protektor gewinnen. Inwieweit ihm die gelungene Privilegierung der Deutschen Gesellschaft zuzuschreiben ist, muss offenbleiben.
|| 112 Vgl. das Dankschreiben von Fürst Heinrich XI. Reuß ä.L. an Abraham Gotthelf Kästner, den 28. Februar 1769, ebd., 20 Cod. Ms. philos. 182: Heinrich XI. Fürst zu Reuß ä.L. 113 Vgl. die Schreiben Wills, UB Erlangen, Ms 1879. 114 Vgl. die Briefentwürfe von Georg Andreas Will an Heinrich XIII. Graf Reuß ä.L. von 1757 und 1760, StB Nürnberg, Will III. 455 (Umschlag 67), sowie die Antworten des Grafen, ebd., Will III. 485 (Umschlag 68). 115 Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 41f. 116 Festkantate zur Amtsübernahme Lynars, zit. nach: Ebd., S. 42. 117 Privileg Friedrichs II. von Preußen für die Deutsche Gesellschaft Königsberg vom 18. August 1743, GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 83.
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Abb. 10: Auf Seide gedrucktes Mitgliedsdiplom der Deutschen Gesellschaft in Bremen für Rochus Friedrich von Lynar, 1759, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 37 Lübbenau 4882
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Als es an die Neugründung der Deutschen Gesellschaft in Helmstedt ging, bat man Christoph Timotheus Seidel um Protektion: Es fehlet uns aber am besten, nämlich an einem Oberhaupt, dessen großer Nahme einen Theil seines Glanzes auf unsere Gesellschaft zurückwerfen, und derselben auch von Auswärtigen ein günstiges Vorurtheil zuwenden könne. Denn es ist bekandt, daß auch an sich geringschätzige Gesellschaften unter dem Schutze großer Männer blühen und gros werden.118
Die Rechnung ging auf – dass in späteren Verlautbarungen der Direktor der ersten Gründung,119 der Leipziger Gesellschaftspräsident Johann Lorenz von Mosheim, als derjenige erschien, der das herzogliche Privileg erwirkt hatte,120 untermauert die Überlegungen der Gesellschaft letztlich nur mit einem anderen Namen. Einflussreiche Persönlichkeiten mit glanzvollen Namen standen hoch im Kurs, wenn es galt, die Gunst der Obrigkeit und der gelehrten Umgebung zu erringen und zu behaupten. Mit der Vergabe eines Präsidentenamtes hatte man hierfür ein durchaus geeignetes Instrument geschaffen, dessen Inhaber zwar viele Möglichkeiten eröffnete, andere Optionen der Patronage und Protektion aber nicht berührte oder gar verschloss. Wichtig war es daher, daneben mit weniger exklusiven, aber breiter gestreuten Ehrungen eine größere Zahl potenzieller Protektoren und Förderer anzusprechen. Ein beliebtes Medium, Verbindungen zu potenziellen Protektoren aufzubauen und zu halten, waren Gelegenheitsgedichte und Widmungen. Das individuelle Einüben in literarische Konventionen fand sich dort mit der gesellschaftlichen Suche nach Patronage zusammen. Auch dabei wurden renommierte Gelehrte wie Ernst Salomon Cyprian,121 aber auch Adelige und höfische Funk-
|| 118 Schreiben der Deutschen Gesellschaft Helmstedt an Christoph Timotheus Seidel, den 4. Januar 1747, StAW, 37 Alt 976. 119 Vgl. Christian Ernst von Windheim an unbekannt, den 14. November 1745, ebd., f. 2: „Nachdem ich diesen Beifall erblickt, so habe ich, um dieser Gesellschaft ein besonderes Ansehen zu verschaffen, den Herrn Abt Mosheim gebeten, das Amt eines Directoris in dieser Geselschaft zu übernemen, welches sie auch gütigst angenommen haben.“ 120 „Dem Hn. Abt hat es eben die Gesellschaft zu danken, daß sie gleichsam aus der Asche wieder aufgestanden ist […] indem sie derselbe wieder in Ordnung gebracht, sich zu ihrem Oberhaupte erklären lassen und ihr den Schutz des Durchlauchtigsten Herzogs erworben. Sie bezeugen ihm also hierdurch ihre Ehrfurcht und Dankbarkeit […]“. – Mehrere Helmstädtische Sachen VII. In: Braunschweigische Anzeigen. Stück 87 vom 30. Oktober 1748, Sp. 1750f. 121 Vgl. das Widmungsschreiben der Teutschen Gesellschaft Jena an Ernst Salomon Cyprian vom 12. August 1730, Forschungsbibliothek Gotha, Chart. A 431, f. 150r–151v.
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tionsträger adressiert.122 Für Gottsched waren solche Adelswidmungen ein „virtuos gehandhabtes Instrument seiner Literaturpolitik“.123 Carl Gotthelf Müller widmete seine Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena und der ietzigen Verfassung derselben kurzerhand allen Gönnern der Sozietät.124 Stärkere Bande ließen sich über die bereits behandelte Vergabe von Ehrenmitgliedschaften knüpfen. Dass es auch auf diesem Feld weniger um gelehrtdichterische Belange im engeren Sinne ging, sondern um eine bessere Aufstellung der Gesellschaft, bezeugt eine Lobschrift auf den Helmstedter Aufseher Johann Christoph Stockhausen: Allein weit über Eitelkeiten erhaben, suchte der vernünftige Mann dadurch nichts geringeres, als die Festigkeit und stete Dauer seiner Anstalt, zu bewirken. Diese konnte, so lange das ganze Unternehmen allein mit dem Eifer und dem hiesigen Auffenthalt weniger studirenden Jünglinge, höchstens mit dem Leben des Aufsehers stand und fiel, eben so wenig gehoft werden, als sie vormals durch alle hier gemachten Versuche erreicht war. Sehr vernünftig war es daher die Zahl der Interessenten und Stützen des Instituts zu vermehren; dem Gebäude einen weitern Umfang zu geben, um zugleich eine ausgedehntere und daher sicherere Grundfläche zu erhalten.125
Schlüsselt man die Mitgliederbewegung etwa der Altdorfer, Göttinger, Bernburger oder Mannheimer Gesellschaft nach dem Mitgliedschaftsstatus auf,126 sieht man, dass sich nach überstandener Gründungs- und Konsolidierungsphase eine Welle der Aufnahme von Ehrenmitgliedern einstellte, die die Zahl der ordentlichen sehr häufig überstieg. In Göttingen sind 305 Ehrenmitglieder nachgewiesen, die eine differenzierte Betrachtung erlauben.
|| 122 So wollte sich Georg Andreas Will in den Schriften der Deutschen Gesellschaft Altdorf adeliger Gunst gleich zweifach versichern. Zum einen zierte ein Porträt des Nürnberger Patriziers und Reichsrechtlers Gustav Georg König von Königsthal den Band, zum anderen war er dem kursächsischen Rat Grafen Friedrich Ludwig von Solms-Tecklenburg gewidmet. – Vgl. Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1. 123 Reinhard Wittmann: Der Gönner als Leser. Buchwidmungen als Quelle der Lesergeschichte. In: Ders., Monika Estermann u. Ernst Fischer (Hg.): Parallelwelten des Buches. Beiträge zu Buchpolitik, Verlagsgeschichte, Bibliophilie und Buchkunst. Festschrift für Wulf D. v. Lucius. Wiesbaden 2008, S. 12. Vgl. zum Phänomen der Widmung auch Genette: Paratexte, S. 116–140. 124 „Den sämtlichen auswärtigen Mitgliedern der teutschen Gesellschaft zu Jena, den patriotisch gesinnten Beförderern ihres Flores den würdigsten Freunden und Kennern der Wissenschaften Meinen höchst und hochzuehrenden Gönnern und Freunden“ – Müller: Nachricht von der Teutschen Gesellschaft zu Jena, Widmung, o.S. 125 Wiedeburg: Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 10. 126 Vgl. die Tabellen im Anhang.
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Gegenüber den meist studierenden ordentlichen Mitgliedern fällt eine weit größere Differenzierung nach Tätigkeitsfeldern auf. Unter den Ehrenmitgliedern überwogen Personen, die bereits im Berufsleben standen, auch wenn deren Tätigkeit zumeist eine gelehrte Ausbildung voraussetzten.127 Eine weitere Eingrenzung indes scheitert; weder sind die mit einer Mitgliedschaft Geehrten durchgängig oder auch nur dem Schwerpunkt nach an Hochschulen oder Gymnasien als Gelehrte tätig, noch lässt sich ein Schwerpunkt auf Geistliche oder Hofbedienstete beobachten. Der Anteil Adeliger ist mit 57 Personen zwar hoch, doch kann auch hier weder von Dominanz noch von Marginalisierung die Rede sein. Als gemeinsamer Nenner ist eher eine weitgehende Streuung zu beobachten; sie ist Ergebnis einer Aufnahmepolitik, mit der man auf möglichst vielen für die Arbeit der Gesellschaft und ihre Mitglieder relevanten Feldern Förderer und Fürsprecher einwarb. Gerade die Mischung von renommierten Gelehrten, Verwaltungsbeamten, Pfarrern, Lehrern und Ärzten bot den Mitgliedern ein attraktives Netzwerk für die spätere Laufbahn und der Gesellschaft eine breite Unterstützung unter den gesellschaftlichen Eliten. Dass unter den 27 studierenden Ehrenmitgliedern 19 dem Adel angehörten und diese Hoffnungen so zusätzlich nährten, unterstreicht den Befund nur noch. Wie bei Präsidenten und Protektoren, waren solche Ernennungen als wechselseitige Ehrung konzipiert. Wie geehrt sich manches Neumitglied fühlte, illustriert die feierliche Aufnahme Georg Ludwig von Lettows in die Teutsche Gesell-
|| 127 Vgl. Kap. 3.3.2 Gelehrtheit.
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schaft Jena; so wurde ihm in Hohenlohe das Mitgliedsdiplom „auf einem silbernen Credenz Teller“ vom Fürsten von Hohenlohe überreicht.128 Eine ähnliche Ehrung erfuhr bald darauf der hohenlohische Konsistorialrat Christian Ernst Hanselmann.129 Als Ehre konnte es auch von Dritten betrachtet werden; so erhielt Karl Heinrich Lange aus Lübeck für die Ehrenmitgliedschaft in Jena ein Glückwunschgedicht aus der Feder des Lübecker Pastors Christoph Gotthilf Kohlreif.130 Die freigebige Verteilung von Ehrenmitgliedschaften weist diese als beliebtes Instrument aus; anders als die Aufnahme ordentlicher Mitglieder, die sich im Wechselspiel von bewerberischer Eigeninitiative und deren Beurteilung vollzog, konnte eine Ehrenmitgliedschaft als einseitiger Akt durch die Deutschen Gesellschaften initiiert werden und bedurfte lediglich der (häufig passiven) Zustimmung des Geehrten. Ein zeitgenössischer Kritiker kommentierte: Es ist ein allgemeines Verderbnis, daß die meisten heutigen Gesellschaften, besonders die deutschen, mehr zu glänzen, als nützlich zu seyn suchen. Sie bewerben sich um ein paar hundert Ehrenglieder, das heißt, um solche, die entweder hoch graduirt sind, oder wenigsten den Rectordienst in einem kleinen Städtchen bekleiden. Es gehet dieses auch gar leicht an. Eine Gesellschaft darf nur dreiste, und das Ehrenglied höflich, oder von dem innern Zustande der Gesellschaft nicht recht unterrichtet seyn; so ist der Antrag und die Einwilligung da.131
|| 128 Bericht Lorenz Johann Daniel Suckows über die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft an Georg Ludwig von Lettow, den 11. September 1762, ThULB Ms. Prov. 132 (10), f. 328. 129 Vgl. Marwinski: Fabricius, S. 81. 130 Die Immerwährende Tugend der Redlichkeit, eines mit der Jugend es ehrlich meynenden Lehrers, wurde an dem Beyspiele Des Hochedlen und Hochgelahrten Herrn, Herrn Carl Heinrich Langen, der Weltweisheit Magister, des Lübeckischen Gymnasii hochverdienten Conrectorn, der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, der Lateinischen in Jena, und der Königl. Großbritannischen Deutschen Gesellschaft in Göttingen berühmten Ehrenmitgliedes, als Derselbe von der Deutschen Gesellschaft in Jena 1750 den 21. März zu Ihrem vornehmen Mitgliede war ernannt worden, zum Zeugniß seiner Ergebenheit und inniger Freude an dem Wohlergehen des Langischen Hauses glückwünschend entworfen. Lübeck 1750. 131 Anonym: Art. Jena. In: Freye Urtheile und Nachrichten zum Aufnehmen der Wissenschaften und Historie überhaupt. Bd. 11 (1754), S. 402f. Vgl. auch: „Welch eine nöthige Lection ist dis nicht, für unsere viele kleine deutsche Gesellschaften, und dergleichen, die sich jede in ihrem Städtgen nichts gewisser einbilden, als daß sie auf den Geschmack der Deutschen den wichtigsten Einfluß haben. Die Anzahl derselben vermehrt sich täglich; kaum hat ein Magister auf seiner Universität sich einiges Ansehen verschaffet, als er einige seiner Zuhörer in eine Gesellschaft zusammen bringt, allenfalls wenn schon eine deutsche Gesellschaft im Orte ist, einen neuen pomphaften Namen erdenkt; und hernach unter Beistand zehn unbärtiger Mitglieder, das eilfte mit mehrerer Ernsthaftigkeit, und mit eben so viel Feierlichkeit aufnimmt, als wenn
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Zahlreiche Ehrenmitglieder wie Johann Stephan Pütter132 haben denn auch bekannt, die Mitgliedschaft nie mit Leben erfüllt zu haben. Einerseits ist so der Einschätzung zuzustimmen: „Zu einem neuen Aufschwung des Vereinslebens haben diese neuen und illustren Mitgliedschaften […] nicht geführt.“133 Für Bernburg muss sogar diagnostiziert werden, dass die Kurven der geradezu inflationären Neuaufnahmen eher gegenläufig zum tatsächlichen Niedergang verliefen als ihn aufhielten; Johann Ludwig Anton Rust bekannte gegenüber dem Dessauer Arzt Karl Ludwig von L’Estocq: Sie erhält unter den Auswärtigen von Tage zu Tage immer mehr und mehr Beyfall, von denen seit einigen Jahren, so gar aus entfernten Gegenden Deutschlandes eine nicht geringe Anzahl gelehrter und zum Theil berühmter Leute von freyen Stücken zu ihr getreten ist [...] Es ist nur zu beklagen, dass die Gesellschaft unter Landesleuten selbst so wenig Beyhülfe und Unterstützung findet.134
Es würde andererseits der Logik dieser Ernennungspraxis zuwiderlaufen, von ihr ein Aufblühen der Arbeit vor Ort zu erwarten. Die symbolische Komponente und der prognostizierte Gewinn an sozialem Kapital für die Gesellschaft standen eindeutig in Vordergrund. Wie im Falle der Präsidentschaften auch, sollte es eine für beide Seiten gleichermaßen zinsbringende Mitgliedschaft sein. Die Teutsche Gesellschaft versprach sich mit ihren Mitgliederdiplomen „sowohl diesen [Ehrenmitgliedern], als auch sich selbsten, durch diese erwünschte Aufnahme, ein neues Wachsthum an Glück und Ehre“.135 Wie immer sensibel in Rangfragen, behielt Gottsched in den Mitgliederlisten die Signalwirkung der Ehrenmitgliedschaft fest im Blick und „wollte aber rathen, erst alle membra honoraria, sodann die ordinaria auch besonders drucken zu lassen: weil das bloße Sternchen die vornehmen von Adel unter sovielen jungen Gelehrten nicht
|| ein Herzog und Pair, der eben Director der französischen Akademie ist, den größten Schriftsteller der Nation aufnimmt.“ – Briefe, die neueste Litteratur betreffend. Theil 16 (1763), S. 54f. 132 Vgl. Pütter: Selbstbiographie. Bd. 1, S. 182: „Was in diesem gedruckten Formulare von der ‚Liebe zur Teutschen Sprache und Geschicklichkeit deren Aufnahme zu befördern,‘ für bekannt angenommen wurde, mußte ich erst in der Folge wahr zu machen suchen. – Meine Hauptbestimmung ließ mir aber zu wenige Nebenstunden übrig, die ich darauf hätte verwenden können, um nicht bloß in den Gränzen eines Ehrenmitgliedes stehen zu bleiben.“ 133 Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 140. 134 Johann Ludwig Anton Rust an Karl Ludwig von L’Estocq, den 2. Juni 1776, ALB BB 10744, f. 27f. 135 Mitgliedsdiplom der Teutschen Gesellschaft Jena für Gottfried Daniel Hoffmann vom 2. Juni 1751, LA BW – Abt. HStA Stuttgart, J 53-30 Bü 2.
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sattsam unterscheidet“.136 Der Sinn dieser Aufnahmepraktiken stand bei weitem nicht nur den Protagonisten der Deutschen Gesellschaften vor Augen. Das Mitglied Matthias Ludwig Maier brachte es anlässlich der Aufnahme des Abtes Johann Ernst Schubert auf den Punkt: Ich weiß nicht, wie sich ein Ehrenmitglied anders der Gesellschaft annehmen sollte, als daß es seinen Namen hergiebt und sich mit Vergnügen zu der Gesellschaft bekennt. […] In so fern ein Ehrenmitglied das Ansehen einer Gesellschaft befördert, sind der Herr Abt ein vollkommenes. Ich weiß auch, daß andere Gesellschaften blos ihres Ansehens halber Ehrenmitglieder erbitten und es alsdann gänzlich in deren Belieben stellen, ob sie dieselben besuchen wollen oder nicht, und eben dadurch sind sie von allen Gesetzen frey gesprochen, die zur Ausarbeitung und Herlesung sonst verbinden.137
Auch ‚einfache‘ Mitglieder konnten sich Fürsprache und Schutz für ihre Gesellschaft und Teilhabe an einem weit und eng geknüpften Netzwerk für die eigene Laufbahn versprechen. Die zahlreichen Ehrenmitgliedschaften mancher Gesellschaften als Fassade abzukanzeln, verkennt, dass eben diese Fassade kein Zeichen von Substanzlosigkeit, sondern ureigenes Ziel der Sozietät selbst war. Es war keine simple Feststellung, sondern bedeutete einen Reputationszugewinn für die Deutsche Gesellschaft in Göttingen, „sehr viel an Stande, und Verdiensten um den Staat, und um die Gelehrsamkeit hochansehnliche Männer unter die Zahl ihrer Glieder“138 zu zählen. Deren Position versprach nur selten regelmäßigen Sitzungsbesuch und schriftstellerische Erträge. Ob die Beteuerung von Friedrich Wilhelm Ellenberger, „die gütigen und zufriedenen Gesinnungen hoher Gönner eine so nützliche Versamlung auf hiesiger Universität angerichtet zu sehen“139 hätten ihn zur Gründung ermutigt, der Wahrheit entsprechen, ist unklar, aber in diesem Zusammenhang auch keiner Klärung bedürftig; Ellenbergers Ziel war es, mit dem Verweis auf Protektion seine Gründung aufzuwerten. Schutz und Schild der Deutschen Gesellschaften konnte sie auch dann sein, wenn sie nur als Wappenschild vorangetragen wurden.
|| 136 Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 3. Mai 1752, zit. nach: Krause: Gottsched und Flottwell, S. 246. 137 Eintrag Matthias Ludwig Maiers in einem Zirkular der Deutschen Gesellschaft Helmstedt über die Aufnahme des Abts Schubert, um 1750, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 276. 138 Anonym [mglw. Johann Christoph Gottsched]: Hieher gehörige Neuigkeiten. In: Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Bd. 7 (1748), S. 575. 139 Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 73.
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6.4 Krönen Präsidenten- und Protektorenwürden, Lobgedichte, Widmungen und Ehrenmitgliedschaften waren Teil eines Systems wechselseitiger Ehrbezeigungen, das sich sowohl auf angesehene Gelehrte als auch auf andere Persönlichkeiten an Hof, in Verwaltung und Kirche erstrecken konnte. Kompetenzen und Verdienste auf dem Feld der Gelehrsamkeit wurden zwar gerne ins Feld geführt, bezogen sich aber selten auf konkrete Leistungen. Vereinzelt aber griffen die Deutschen Gesellschaften zu einem Instrument, das die Académie française in großem Stil eingesetzt hatte, dem Stellen von Preisfragen. Sie ermöglichten es den Deutschen Gesellschaften, die Aufmerksamkeit der Gelehrtenrepublik auf sich zu lenken und die Gewinner über eine öffentliche Ehrung in dieses System einzubeziehen. Diese Akte schärften gegenüber anderen, erkennbar politisch motivierten Ehrungen das gelehrte Profil der Gesellschaft. Es war die Deutsche Gesellschaft in Leipzig unter ihrem Senior Gottsched, die diese im 18. Jahrhundert häufig geübte Praxis in Deutschland installierte.140 Offenbar von dem Erfolg eines 1726 durchgeführten Trauerakts auf den Tod der Kurfürstin Christiane Eberhardine beeindruckt, wandte sich die Universität im Folgejahr an die Gesellschaft mit der Bitte, eine Ode auf den anstehenden Besuch Augusts des Starken von verschiedenen Mitgliedern verfertigen zu lassen und die beste auszuwählen. Dieses Verfahren nahm Gottsched umgehend in die 1727 erneuerten Satzungen auf, so dass bereits ein Jahr später in den Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen ein Aufruf zu einem Gedicht und einem Prosatext mit panegyrischem Inhalt erschien. Der Teilnehmerkreis war bis 1736 auf die Mitglieder der Gesellschaft beschränkt, die mehrheitlich über den Preisträger entschieden. Detlef Döring hat zu Recht darauf verwiesen, dass hier noch die Traditionen der gelehrten Kollegien weiterwirken, die ihre schriftstellerischen Übungen agonal gestalteten.141 Als Preis winkten je eine Medaille für die beste poetische und prosaische Arbeit sowie die Publikation des Textes in einer eigenen Reihe der Deutschen Gesellschaft. Damit sollten die Preisaufgaben einerseits die Mitglieder motivieren, vorbildliche Texte einzureichen, andererseits aber eine „als notwendig angesehene propagandistische Wirkung zugunsten der Deutschen Gesellschaft“142 erzielt werden.143 Die Ausweitung des Einsenderkreises schließ-
|| 140 Vgl. zu den Preisaufgaben der Deutschen Gesellschaft Leipzig Döring: Die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig und die von ihr vergebenen Auszeichnungen für Poesie und Beredsamkeit. 141 Vgl. Döring: Auszeichnungen, S. 201f. 142 Ebd., S. 194.
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lich sollte der Gesellschaft neue Mitglieder zuführen und zugleich die Rolle der Gesellschaft als eine Akademie von nationalem Rang stärken. Diese Praxis dauerte jedoch nur zwei Jahre; bereits im Jahr des Austritts Gottscheds findet sich der Teilnehmerkreis wieder auf die Gesellschaftsmitglieder beschränkt, zugleich war dies die letzte Preisvergabe.144 Zur gleichen Zeit ventilierte man in der Teutschen Gesellschaft Jena die Möglichkeit, nach dem Leipziger Vorbild einen Preis „in der Beredsamkeit und Dichtkunst“ auszusetzen.145 Entsprechende Pläne gelangten jedoch erst zur Reife, als der 1743 zum Senior gewählte Carl Gotthelf Müller das Projekt verfolgte, die Gesellschaft in eine Akademie der höheren Wissenschaften umzuwandeln.146 1753 setzte sie einen Preis von zwölf Dukaten auf das beste Gedicht zum Jenaer Universitätsjubiläum aus, weitere Themenstellungen waren die Folge. Zu einer Preisverleihung scheint es indes nicht gekommen zu sein. Als fester Posten auf der Agenda Deutscher Gesellschaften freilich konnten sich Preisfragen nicht etablieren; sie blieben punktuell. So stellte die Altdorfer Sozietät die Frage, ob die Stadt Nürnberg wirklich vorhatte, Gustav Adolf in Lützen ein Denkmal zu setzen. Als Preis winkte ein Abdruck der Abhandlung in den Schriften der Deutschen Gesellschaft,147 was auch eingelöst wurde.148 In größerem Stil setzte die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft in Mannheim seit 1779 jährlich Preisfragen aus.149 Die besten Einsendungen wurden nicht nur in || 143 Gottsched selbst formulierte es in einer Antwort auf eine Antrittsrede: „Ich will nur des Guten gedenken, welches durch den blossen Ruf davon durch das vermittelst öffentlicher Zeitungen ausgebreitete Gerüchte entstanden ist.“ – Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesammlete Reden und Gedichte, S. 379f. 144 In einem Brief an Gottsched erwähnt May einen Prediger, der beabsichtigte, der Gesellschaft eine Stiftung für Preisausschreiben zu machen. Das Projekt scheint nicht weiter gediehen zu sein. – Vgl. Johann Friedrich May an Johann Christoph Gottsched, den 2. April 1735. In: GBW 3, S. 341. 145 Vgl. Protokolleintrag vom 23. Februar 1735, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 38r. 146 Vgl. dazu ausführlich Marwinski: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena. 147 Aufgabe. In: Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1, S. 99f. Ohne Angaben zum weiteren Verfahren werden in diesem Werk auch im späteren Band weitere Aufgaben gestellt: Ebd. Bd. 2. Altdorf 1762, S. 92, 311. 148 M.: Beantwortung der Aufgabe, welche im Ersten Stück, S. 99, gemacht worden ist. In: Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1, S. 473–477. Über den Verfasser und den Verlauf dieser Aufgabenstellung konnte nichts ermittelt werden. 149 Vgl. Andreas Erb: Die Preisaufgaben der der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim. In: Hermann Wiegand, Hiram Kümper u. Jörg Kreutz (Hg.): Reformation – Aufklärung – Revolution – Emanzipation. Beiträge zur Kultur-, politischen Ideen- und südwestdeutschen Landesgeschichte. Festschrift für Wilhelm Kreutz zum 70. Geburtstag. Ubstadt-Weiher 2020, S. 107–118.
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der seit 1787 erscheinenden gesellschaftlichen Schriftenreihe publiziert, sondern erhielten eine Denkmünze150 und einen Geldpreis.151
Abb. 11: Anton Schäffer, Preismedaille des Kurfürsten Carl Theodor für die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft, 1781/82, Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, III g, o.Nr.
Diese Praxis wurde bis zum Ende der Gesellschaft fortgeführt, ja von Anton von Klein noch ein Jahrzehnt nach dem tatsächlichen Ende der Gesellschaft dazu gebraucht, um Beiträge für ein biographisches Sammelwerk einzuwerben.152 Als kontinuierliche Praxis sind Preisaufgaben also nur dort zu beobachten, wo eine Nähe zu Akademien wie in Mannheim gegeben oder wie in Leipzig und Jena angestrebt wurde. Die Medaille, die die Deutsche Gesellschaft in Leipzig ihren Preisträgern verlieh, hatte nicht nur in materieller Hinsicht zwei Seiten. Merkurstab und Lorbeerkranz auf der einen Seite galten dem besten Beantworter der Preisfra-
|| 150 Abbildung bei Inga Gesche u. Liselotte Homering: Preismedaille des Kurfürsten Carl Theodor für die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft. In: Wieczorek u.a. (Hg.): Lebenslust und Frömmigkeit. Bd. 2, S. 396; weitere Beschreibung bei Rudolf Haas: Die Prägungen der Mannheimer Münzstätten ca. 1390, 1608–1610, 1735–1826. Mannheim 1974, S. 82. 151 Vgl. die durchgängigen Einträge zu den Preisaussetzungen in den Protokollen, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, passim. 152 Vgl. Augsburgische Ordinari-Postzeitung, von Staats-, gelehrten, historisch u. ökonomischen Neuigkeiten. Nro. 303 vom 19. Dezember 1804, o.S.
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gen, während auf der anderen Seite der Name der Deutschen Gesellschaft prangte.
Abb. 12: Medaille der Deutschen Gesellschaft Leipzig, 1732, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Inv.-Nr. MS/156/2003
Sinnfälliger konnte es sich kaum ausprägen, dass Ehren immer auch bedeutet, sich selbst zu ehren. Nicht nur, indem ihr Name in einem Medium publiziert wurde, war die „Medaille somit auch ein Mittel der Werbung für die Gesellschaft“.153 Dass die Deutschen Gesellschaften sich so die Kompetenz zusprachen, über Preiswürdiges und Nichtpreiswürdiges zu richten, zeugte von ihrem Anspruch, eine gelehrte Avantgarde zu verkörpern. Häufig griffen die Deutschen Gesellschaften eine weitaus ältere Form der Ehrung auf, die Verleihung des Titels poeta laureatus.154 Sie stammt aus der Renaissance und wurde von Kaiser Maximilian I. in größerem Stil betrieben. Deutlich ist in den Dichterkrönungen die wechselseitige Ehrung zu erkennen. Während die humanistischen Dichter den Ruhm des Kaisers verkünden sollten, wertete dieser ihre Tätigkeit auf, indem er „Lorbeer zum verpflichtenden Vorschuss“155 gab. Diese Praxis verlor durch teils inflationäre Vergabe und Delegie-
|| 153 Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 226. 154 Vgl. zu diesem Titel John L. Flood: Poets Laureate in the Holy Roman Empire: A BioBibliographical Handbook. Berlin 2006. 155 Christoph Schubert: Art. Dichterkrönung. In: Albrecht Cordes u.a. (Hg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG). Bd. 1. 2. Aufl. Berlin 2008, Sp. 1033.
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rung an Hofpfalzgrafen und Universitäten an Kredit, blieb aber Reminiszenz an eine Zeit, in der Gelehrte und Kaiserhof enge Beziehungen pflegten.156 Für die Deutschen Gesellschaften waren sie damit ein höchst geeignetes Instrument, sich als diejenigen zu inszenieren, die an diese Zeit anknüpften. Da sie aber nicht über die institutionelle Autorität verfügten, solche Krönungen selbst vorzunehmen, mussten die Prorektoren oder andere Befugte dafür gewonnen werden. Leichter war es, bereits gekrönte Häupter aufzunehmen und deren Glanz auf die eigene Gesellschaft abstrahlen zu lassen. Der Baseler Gelehrte und Gesellschaftsgründer Johann Jakob Spreng hingegen war schon 1723, also lange vor seinem Engagement, gekrönt worden, und Johann Philipp Kahler gründete die Deutsche Gesellschaft in Rinteln im Jahr nach seiner Ehrung.157 Damit aber steht die Frage im Raum, wie die insgesamt 27 Gesellschaftsmitglieder, die auch poetae laureati waren, in diesem Spektrum einzuordnen sind. Nur in wenigen Fällen erlauben es die Quellen, einen Zusammenhang zwischen Dichterkrönung und Aufnahme in die Gesellschaft herzustellen. Dass angesichts von 57 Dichterkrönungen seit Gründung der Hamburger Deutschen Gesellschaft fast die Hälfte der Gekrönten Mitglied Deutscher Gesellschaften war oder wurde, bezeugt jedoch eine starke Affinität der Sozietätsbewegung zu diesem Titel. Gewicht besaß der Titel selbst dann, wenn sein Träger, wie bei der Aufnahme des von Haller gekrönten Christoph Philipp Hoester, nicht sonderlich geschätzt wurde: „Die Gedichte des Herrn D. Hösters sind zwar ziemlich gedankenarm, weil er doch aber den poetischen Lorbeer Kranz auf unserer hohen Schule erhalten hat, so möchte es unserer Gesellschaft vielleicht zum Nachteil gereichen, wen sie ihm abschlägige Antwort gäbe.“158 In anderen Fällen spielte gerade die Deutsche Gesellschaft in Göttingen eine aktive Rolle, wenn es um die Verleihung dieses Ehrentitels ging. Den Anfang hatte jedoch 1733 die Deutsche Gesellschaft in Leipzig mit der Krönung von Christiane Mariane von Ziegler gemacht, der die Gesellschaft bereits im Vorjahr einen Preis zuerkannt hatte.159 In der Folge lassen sich einige Titelvergaben an Frauen feststellen, bei denen den Deutschen Gesellschaften vor allem in Göttingen und Helmstedt eine maßgebliche Rolle zukam. An letzt|| 156 Vgl. Hirschi: Das humanistische Nationskonstrukt, S. 388. 157 Vgl. Flood: Poets Laureate, S. 958. 158 Votum von Christian August Hankel vom Januar 1749, zit. nach: Wolfram Suchier: Dr. Christoph Philipp Hoester. Ein deutscher kaiserlich gekrönter Dichter des 18. Jahrhunderts. Borna u. Leipzig 1918, S. 19. 159 Vgl. Flood: Poets laureate, S. 2307–2311. Vgl. zur Krönung Rüdiger Otto: Johann Gottlieb Krause und die Neuen Zeitungen von gelehrten Sachsen. In: Universität Leipzig und ihr gelehrtes Umfeld, S. 264–267.
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genannter Universität scheint es die Deutsche Gesellschaft gewesen zu sein, die das in Vergessenheit geratene Instrument wiederbelebte und drei Frauen den Dichterlorbeer überreichte.160 Ähnlich agierte die Deutsche Gesellschaft in Göttingen, bei der Krönung und Mitgliedsaufnahme häufig in enger zeitlicher Aufeinanderfolge standen.161 Unkompliziert und auch in den Quellen klar nachvollziehbar gestaltete sich das Verfahren in Altdorf, wo der Vorsteher Georg Andreas Will seit 1756 das Amt des Kaiserlichen Hofpfalzgrafen versah.162 Im Folgejahr nutzte Will dieses Amt, um den inspector alumnorum und Gesellschaftsaufseher Johann Conrad Löhe zum poeta laureatus zu krönen.163 Um zu erweisen, welche Talente in den Reihen seiner Deutschen Gesellschaft wirkten, nahm er eine öffentliche Feier zum Anlass, kraft seines Amtes eine ungewöhnliche Dichterkrönung vorzunehmen: Wurde diesmal an dem Stiftungstag zugleich der Nahmenstag des Erlauchten Herrn Präsidenten mit Trompeten und Paucken und einem Gastmahl feierlich begangen. Die Redner waren der Herr Vorsteher und Sekretär, und Herr Siebenkäs zeigte sich dabey als ein Dichter. Eben dieses Mitglied krönten am Ende der Herr Vorsteher als Caiserlicher Hof- und Pfalzgraf mit dem poetischen Lorbeerkranz.164
Der so geehrte Lorenz Siebenkees starb 1762 an einer Lungenentzündung und wurde mit einer Ode, einem Grablied sowie einer ausführlichen Lebensbeschreibung als frühvollendetes Genie gefeiert.165 Dass hier lediglich ein begabter Student so hohe Ehren empfing, fand den Spott des Kreises um Friedrich Nicolai im 288. Literaturbrief: „[…] ‚welcher auch seinen Namen in der Dichtkunst allezeit grünend erhalten wird‘ Sollte dies der poetische Lorbeer vermögen, o wie viele schlechte Köpfe, die zu kaiserlichen Poeten gekrönet worden, müßten der Nachwelt bekannt bleiben.“166 || 160 Vgl. Flood: Poets laureate, S. CXLI. 161 Das Krönungsdiplom von Charlottte Wilhelmine Amalia von Donop (nicht verzeichnet bei Flood: Poets Laureate) nennt bereits ihre Mitgliedschaft in der Deutsche Gesellschaft in Göttingen. – Vgl. SUB Göttingen, 20 HLP VIII 362/10: 2 Rara, f. 18. 162 Vgl. Werner Wilhelm Schnabel: Die Handschriften der Stadtbibliothek Nürnberg: Die Stammbücher und Stammbuchfragmente der Stadtbibliothek Nürnberg. Wiesbaden 1995, S 606. 163 Vgl. Flood: Poets Laureate, S. 1181f. 164 Protokolleintrag vom 19. Juli 1761, UB Erlangen, B 177. 165 Vgl. Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 281f. 166 S., Zwey hundert und acht und achtzigster Brief. Critische Beurtheilung der Altdorfischen Bibliothek der schönen Wissenschaften; Einige Stellen von ihren unerwarteten Beschreibungen, Gedichten und Talenten zur Biographie werden angeführt. In: Briefe, die neueste Litteratur betreffend. Theil 19 (1764), S. 74.
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Solche kritischen Stimmen aus literaturhistorisch prominentem Munde legen es nahe, die Pflege solcher überlieferten Repräsentations- und Verhaltensmuster als zumindest unzeitgemäß anzusehen, diese Praktiken allenfalls als „Schutzschild“167 für die neuen Ideen zu deuten. Sie bewegten sich jedoch vollkommen in der Logik dessen, was die Deutschen Gesellschaften für sich und den Gelehrtenstand in der ständischen Gesellschaft erreichen wollten. Indem sie die Verleihung dieses scheinbar antiquierten Titels betrieben, installierten sie nicht nur eine weitere Komponente in ihrem System wechselseitiger Ehrbezeigungen. Ihr Anspruch, die Gelehrten zu größerer gesellschaftlicher Bedeutung zu führen, erschien im Licht dieser Praktiken auch als der Versuch einer Wiederaufnahme eines Zustands, der in der Tradition verankert und ‚nur‘ inaktiv gewesen war.
6.5 Inszenieren „Ich ging mit [Nicolovius] gleich nach der Predigt in die Königliche Deutsche Gesellschaft, musten aber warten, bis wir endlich hineingedrängt wurden. Lange hernach, wie der Canzler Korf kam, stürzte der ganze Haufe herein u. es wurde sehr voll.“168 Was der Königsberger Pfarrer Christian Friedrich Puttlich niederschrieb, steht in auffälligem Kontrast zu den sonst eher zurückhaltend besuchten Sitzungen Deutscher Gesellschaften.169 Die am Karfreitag 1783 abgehaltene Veranstaltung war musikalisch untermalt und mit dem gesellschaftlichen Protektor und Kanzler Friedrich Alexander von Korff170 hochrangig besucht. Georg Ernst Sigismund Hennig, der im gleichen Jahr die inaktive Deutsche Gesellschaft wiederzubeleben versuchte, hatte offensichtlich zum richtigen Instrument gegriffen. Erfunden hatten dieses Instrument freilich weder Hennig noch die Deutschen Gesellschaften. Eine auch Nichtmitgliedern zugängliche Sitzung kopierte und transformierte Feste und Rituale, wie sie sich in der höfischen Gesellschaft herausgebildet hatten und ihrer Selbstdarstellung dienten. „Im Fest stellt sie dar, was sie sein möchte, was sie vielleicht zu sein glaubt, was sie in jedem Fall
|| 167 Marwinski: Jenaer Tischgesellschaften, S. 119. 168 Tagebuchaufzeichnung von Christian Friedrich Puttlich, zit. nach: Arthur Warda: Aus dem Leben des Pfarrers Christian Friedrich Puttlich. In: Altpreußische Monatsschrift 42 (1905), S. 279. 169 Vgl. Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz. 170 Dessen regelmäßigen Sitzungsbesuch belegen bspw. Königsbergische Gelehrte und Politische Zeitungen. Stück 14 vom 15. Februar 1768, S. 55; Stück 9 vom 30. Januar 1767, S. 34.
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zu sein scheinen möchte.“171 In der gelehrten Sphäre lief der universitäre actus publicus mit ihnen parallel,172 den man als „eine Art Hybridform von kirchlichen, weltlich-adeligen und bürgerlich-genossenschaftlichen Wurzeln“173 ansehen kann. Wie ihre Vorbilder verfolgten die Deutschen Gesellschaften mehrere Zwecke, wenn sie öffentliche Sitzungen abhielten. Um diese analysieren zu können, soll zunächst dargestellt werden, wie die meisten dieser Sitzungen konzipiert waren und abliefen. Kern dieser Veranstaltungen war ein Redeakt, in dem vor geladenem Publikum ein oder mehrere Mitglieder in der Gesellschaft erarbeitete Texte vortrugen. Zeremoniell umrahmt wurden diese Reden zuweilen von Prozessionen zum Redeort, von der Übergabe von Insignien oder der feierlichen Ernennung neuer Mitglieder. Diese Sitzungen sind dabei nicht als spielerisches Beiwerk abzutun, sondern waren in Programm und Praxis der Deutschen Gesellschaften fest verankert. In vielen Satzungen waren außerordentliche Sitzungen für „gewisse Tage, die die Gesellschaft feyerlich zu begehen sich verbunden erachtet“,174 eigens vorgesehen. Die Gesellschaft in Bremen orientierte sich dabei an den Wünschen der Obrigkeit und bat den städtischen Rat um Festsetzung eines Tages zum Jahrestag der Stiftung.175 Religiöse Feste wie der Karfreitag in Königsberg bildeten unter ihnen eine Ausnahme, bevorzugt wurden säkulare Jubiläumstage. Sie lassen sich grob in auf die Sozietät und auf ihre Obrigkeit orientierte unterteilen. Unter ersteren dominierte der Stiftungstag der eigenen Gesellschaft,176 gelegentlich auch der Geburtstag des Präsidenten. Die zweite Gruppe fächerte sich je nach der adressierten Obrigkeit in Universitätsjubiläen177
|| 171 Richard Alewyn u. Karl Sälzle: Das große Welttheater. Die Epoche der höfischen Feste in Dokument und Deutung. Hamburg 1959, S. 14. 172 Vgl. Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis, S. 18. 173 Ders.: Rang, Ritual und Wissen. Zur Rolle symbolischer Kommunikation für die Formierung des Gelehrtenhabitus an der spätmittelalterlichen Universität. In: Frank Rexroth (Hg.): Beiträge zur Kulturgeschichte der Gelehrten im späten Mittelalter. Ostfildern 2010, S. 241. 174 Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft, S. 90, § 24. 175 Vgl. Auszug des Protokolls der Wittheit vom 23. Juni 1753, Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.g. Nr. 10. 176 Die Deutsche Gesellschaft in Bremen feierte das Andenken ihrer öffentlichen Einweihung zu Johannis. – Vgl. Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen, § XXVIIII. Vgl. für die gleiche Praxis in Erlangen die Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. I § 8; in Altdorf: Gesetze der Deutschen Gesellschaft Altdorf, UB Erlangen, B 178, S. 8, Besondere Einrichtung, § 8. 177 Das Stiftungsfest der Universität wurde in Erlangen und Helmstedt begangen. – Vgl. für Erlangen die Statuten der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, GAB 5243, Abt. I, § 8. Vgl. für Helmstedt Christoph Timotheus Seidel: Das Stiftungs Fest der Julius Carls Hohen Schu-
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oder in Jahrestage der Landesherrschaft wie den Geburtstag des Landesherrn178 oder andere für das Territorium wichtige Ereignisse und Jubiläen wie den Westfälischen Frieden.179 In Greifswald feierte die Gesellschaft 1744 die Vermählung des schwedischen Thronfolgers Adolph Friedrich mit der preußischen Prinzessin Luise Ulrike.180 Nur wenige Gesellschaften feierten im inneren Zirkel wie die Teutsche Privatgesellschaft Altdorf, die ihren Jahrestag 1783 mit „einer Besichtigung der Festung Rothenberg und Laufs“181 beging. Beabsichtigt war meistens eine Veranstaltung mit möglichst großer Resonanz; um diese sicherzustellen, druckte die Gesellschaft eigene Einladungsschriften. Diese konnten nur in einem gedruckten Zettel bestehen, der vermutlich am Schwarzen Brett der Universität aushing.182 Früh kam es dazu, dass diese Schriften Gedichte und Abhandlungen zum Anlass der Versammlung beisteuerten.183 Nach und nach etablierte sich die
|| le wird durch eine öffentliche Rede am 16. October 1749. Morgens um 10 Uhr im Namen der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstedt gepriesen von M. Johann Christoph Stockhausen. Helmstedt 1749. Noch am Vorabend ihrer Auflösung im Königreich Westfalen beging die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt den Stiftungstag ihrer Universität und huldigte Jerome Bonaparte, indem ihr Mitglied August Friedrich Adolf Schobelt in einer Rede „Über den Geist der Gesetze“ die neuen Regelungen im Königreich Westfalen pries. – Vgl. Gabriel Gottfried Bredow an Johannes von Müller, 16. November 1808. In: Briefe an Johann von Müller. Bd. 3, S. 174. Vgl. für Jena: Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 34f., § XVI. 178 In Wien trugen zum Namensfest von Maria Theresia Joseph Anton Stephan von Riegger und Joseph von Sonnenfels Lobreden und –gedichte auf die Kaiserin vor. – Vgl. Joseph Anton Riegger: Theresia die Heldinn, ein Lobgedicht. Den 15ten des Weinmonats, 1761. In: Ders.: Festliche Gedichte. Wien 1764, o.S. In Helmstedt feierte man den eigenen Stiftungstag, aber auch den Geburtstag des Regenten. – Vgl. Verfassung und Gesetze der Herzoglichen deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, S. 12, § 24; Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 17, Dritte Abt., § XXXI. 179 In Bremen wurde neben dem Stiftungstag auch der Westfälische Friede begangen. So „hielt H. Jacob Coch in Gegenwart eines Hochedl. und Hochweisen Raths dieser Stadt nach einer vorhergegangenen Vokal- und Instrumental Musik seine Gedächtnisrede: Von den Vorteilen, welche Bremen aus dem Westphäl. Frieden gezogen. Worauf nach einer kurzen Symphonie H. Eberhard Tiling auftrat und seine Jubelode vorstellete. Den Beschluß dieser öffentlichen Feier machte eine wohlgesetzte Nachtmusik.“ – Protokolleintrag vom 24. Oktober 1748. In: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 59. 180 Vgl. Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 49. 181 „Dritte Musterung der teutschen Gesellschaft und ihrer Glieder“ Gottlieb Christian Karl Links vom 16. Juli 1783, GNM PBO LXXX. 182 Vgl. den Abdruck eines Einladungszettels von 1730 in der Publikation der Gesetze, Wiedergabe bei Marwinski: Fabricius, S. 34. 183 Vgl. bspw.: Zu der öffentlichen Feyer und Versammlung, bey welcher an den Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König, Churfürsten und Herrn, Herrn Friedrich Augustus, König in Pohlen,
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Praxis, eigens Abhandlungen auszuarbeiten,184 deren Thema mit den in der Versammlung behandelten nichts zu tun hatte185 und somit ein eigenes Publikationsforum bildete. Den Kreis der Eingeladenen definierte die Helmstedter Gesellschaft als „alle hohe Gönner und Freunde, wie auch die sämtlich hier Studirende“;186 in Bremen rief Konrad Iken dazu auf, „das Fest ihrer öffentlichen Einweihung, durch eine zahlreiche Gegenwart Dero Hochansehnl Mitglieder [zu] beehren; Was aber in dieser Stadt sonst Vornehm, Geehrt und den Wissenschaften zugethan ist, dem Beispiele dieser schätzbaren Vorgänger folgen“.187 Als Publikum dieser Versammlungen waren also neben den Gelehrten und Hochschulangehörigen ausdrücklich die lokalen und regionalen Honoratioren und (potentielle) Gönner gedacht; die Teutsche Gesellschaft in Jena erwog für eine Feier sogar, solche Ehrengäste in einer Kutsche abholen zu lassen.188 Wer solche Gäste empfing, tat gut daran, für einen respektablen Rahmen der Veranstaltung zu sorgen. Gerade für die kleineren und nicht von Universität und Landesherrn privilegierten Sozietäten gestaltete sich dies schwierig; ihre schwache Position an Hof und Hochschule sowie wohl auch mangelnde Geldmittel hinderten sie daran, eben diese Position durch öffentliche Versammlungen zu stärken. Häufig kamen nur die Privatwohnungen der Leiter infrage, was wie im Fall des Altdorfer Vorstehers Georg Andreas Will sehr alltägliche Probleme aufwarf: || Groß-Hertzog in Litthauen, Reussen, Preussen [...] Hertzog zu Sachsen, Jülich, Cleve und Berg [...] Unsern Allergnädigsten Herrn, wegen Ihrer Majest. hohen Geburts-Fests so instehenden 12. May dieses ietztlaufenden 1730. Jahres höchstfeyerlich wird begangen werden, im Nahmen der Deutschen Gesellschafft so unter Menckischer Obsicht auf hiesiger Universität Leipzig blühet, der Hochwohlgebohrne Carl Heinrich Freyherr von Sehrr Thoß, eben den 12. May in der Kirche zu St. Paul einen allerunterthänigsten Glückwunsch öffentlich abzulegen entschlossen, wird hiermit gebührend eingeladen von L. Gottlob Friedrich Jenichen, Moral. und Polit. Prof. Publ. und der Philosophischen Facult. der Zeit Decano. Leipzig 1730 (Exemplar in der ULB Halle als Verlust geführt). 184 Offenkundig spielte auch hier die Übernahme von Praktiken anderer Sozietäten eine Rolle. Geplant war in Jena, „ein Programma dazu zu verfertigen, so wie dieses von der Göttingischen und Helmstädtischen Gesellschaft ehe dem auch geschehen war.“ – Protokolleintrag vom 16. Mai 1751, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 78v. 185 Vgl. bspw. die Einladungsschriften der Deutschen Gesellschaften in Helmstedt (recherchierbar über die Datenbank Helmstedter Drucke Online der Herzog August Bibliothek) sowie die Einladungsschriften von Johann Philipp Cassel in Bremen. – Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 109f. 186 Vgl. Zu der Feyerlichen Rede, in welcher wegen der am 23. April 1749 zu Wolfenbüttel glücklich vollzogenen Vermählung des [...] Ernst Friederichs, Herzogen zu Sachsen, [...] mit der [...] Sophie Antoinette, gebohrnen Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg. Helmstedt 1749. 187 Iken: Zu dem öffentlichen Einweihungsfeste der Bremischen Teutschen Gesellschaft, o.S. 188 Protokolleintrag vom 16. Mai 1751, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 79r.
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Die Musik in meinem Hause wollte ich noch einmal recht sehr verbitten. Es macht Getöse, Unruhe, Kosten, und es ist vielleicht eine Person dabey, die nicht allezeit sicher in einem Hause zu haben ist. […] Caffee, Taback und Bier macht einen Unterschied von etlichen fl. und mir mehrere Unruhe, weil man im Tafel-Zimmer nicht rauchen und Caffee trinken kann und ich deswegen noch ein Paar andere Zimmer bereiten müßte.189
In Frankfurt an der Oder organisierte die Gesellschaft einen Festzug von der Wohnung des Gesellschaftsältesten Borchard zu der des Leiters Steinwehr.190 Die Wittenberger Gesellschaft beging ihre öffentliche Versammlung 1768 in den Privaträumen des Mitglieds Ernst Friedrich Wernsdorf. 191 Repräsentativer gestalteten sich die Versammlungen, die in den Räumlichkeiten des Hofes oder der Hochschule abgehalten werden konnten, wie es für das Schloss in Königsberg192 oder für Hörsäle in Gießen193 oder Göttingen194 bezeugt ist. In Bremen erbat sich die Gesellschaft von der Stadt die Stellung von vier Grenadieren „an der Thüre“.195 Wie in Frankfurt an der Oder waren zu Beginn der Feierlichkeiten Prozessionen zum Versammlungsort vorgesehen. In Göttingen war dazu ein ausgefeiltes Zeremoniell erarbeitet worden,196 das die universitäre Rangordnung abbilden und der Deutschen Gesellschaft einen Platz in ihr zuweisen sollte: Als geleutet wurde, verfügte man sich in folgender Ordnung in das iuristische Auditorium, daß der Herr Prorector und der Herr Prof. Gesner den Herrn Grafen, und der Herr Prof. Oporinus den Herrn Senior führten, die sämtlichen Herren Professores nachfolgten, und endlich ich und Herr Koken nebst den übrigen Mitgliedern der Gesellschaft nach ihrer Ordnung, die ganze Reihe beschlossen. Herr Koken und ich, als die beiden Redner, haben Erlaubnis erhalten, uns in die Schranken zu setzen, die anderen Mitglieder aber setzten sich in die Opponentenbank.197
|| 189 Umlauf von Georg Andreas Will an die Deutsche Gesellschaft Altdorf vom 6. Juli 1763, UB Erlangen, Ms 1879. 190 Vgl. zu dieser Zeremonie die Schilderung bei Anonym: Art. Frankfurt an der Oder. In: Critische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit auf das Jahr 1751. Stück 4 S. 30f. 191 Vgl. Von der Wittenbergischen Universität und Stadt. In: Wittenbergisches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes. Stück 14 vom 8. April 1768, S. 122. 192 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 7. Februar 1746. In: GBW 11, S. 237. 193 In Gießen stellte die Universität der Gesellschaft einen Hörsaal für die Feier des Ludwigstages zur Verfügung – Vgl. Diehl: Die ‚Teutsche Gesellschaft’ zu Gießen, S. 26. 194 Dort diente vermutlich der Hörsaal des philologischen Seminars zur Einweihungssitzung. – Vgl. Gesner: Zu der Einführung der Deutschen Gesellschaft. In: Ders.: Kleine Schriften, S. 55. 195 Vgl. Auszug des Protokolls der Wittheit vom 23. Juni 1753, Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.g. Nr. 10. 196 Vgl. das Gesuch Johann Mathias Gesners vom 25. Januar 1740, UA Göttingen, Sek 433 (4), f. 24. 197 Vgl. Protokolleintrag vom 13. Februar 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 104f. Ähnlich lautet die Schilderung des Stiftungsfestes vom 15. Februar 1749, ebd., f. 218.
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In ihrer Inszenierung setzten die Deutschen Gesellschaften nicht nur auf die bloße Teilnahme hochrangiger Persönlichkeiten, sondern waren auch bestrebt, deren Rang im Zeremoniell abzubilden. So sollte in Greifswald der Rektor in seiner Position sichtbar gemacht werden und die Versammlung beehren, wenn Augustin Balthasar ihn bat, „der hiesigen Gesellschaft die besondere Gewogenheit zu erweisen, und durch Anlegung dero Pallii Rectoralis bey der Procession, und dabey verknüpfte Vortragung derer akademischen Scepter, diesen actum so viel solenner zu machen“.198 Feierlicher gestalten und die offizielle Anerkennung unterstreichen sollte die Festivitäten auch ein Läuten der Glocken als Auftakt der öffentlichen Sitzung, wie es für Altdorf,199 Göttingen und Helmstedt200 belegt ist. Es war kostspielig, erschien den Gesellschaften aber eindrucksvoll, die Versammlungen musikalisch zu begleiten. Nachweisbar sind Bemühungen um musikalische Untermalung beispielsweise in Altdorf,201 Bernburg,202 Bremen,203 Frankfurt an der Oder,204 Göttingen,205 Helmstedt,206 Königsberg,207 Wittenberg208 und Jena. Letztgenannte Gesellschaft beging die Geburtstage ihres Protektors Ernst August Constantin von Sachsen-Weimar-Eisenach seit Beginn der 1750er Jahre. Dabei konnte sie sich nicht nur der Jenaer Kolle-
|| 198 Augustin Balthasar an den Rektor der Universität Greifswald, den 3. November 1740, UA Greifswald, R 1483, f. 8. 199 Umlauf von Georg Andreas Will an die Deutsche Gesellschaft Altdorf vom 11. Juli 1763, UB Erlangen, Ms 1879. 200 Vgl. Rechnungseintrag vom 11. August 1749, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 408. 201 Vgl. Protokolleintrag vom 19. Juli 1761, UB Erlangen, B 177. 202 Eine Anfrage Johann Friedrich Leberecht Reupschs, ob die Gesellschaft künftig auch auf die bernburgische Hofmusik zurückgreifen könne, beantwortete der Kabinettsrat Georg Christian Friedrich Nettelbeck ausweichend. – Vgl. Reupsch an Nettelbeck, den 19. September 1762, ALB BB 10710, f. 228b. 203 Vgl. Auszug des Protokolls der Wittheit vom 23. Juni 1753, Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.g. Nr. 10. 204 Vgl. die Schilderung in: Art. Frankfurt an der Oder. In: Critische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit auf das Jahr 1751. Stück 4, S. 30f. 205 „Darauf trat der Herr Prorector, der Herr Dr. Crusius, unter Trompeten- und Paukenschall auf die obere Catheder, hielt eine gelehrte Rede, […].“ – Protokolleintrag vom 13. Februar 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 104f. 206 Für Helmstedt weisen die gesellschaftlichen Rechnungen den Stadtmusikanten König als Ausführenden aus. – Vgl. die Rechnungseinträge, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 54, 408–414. 207 Vgl. die Tagebuchaufzeichnung von Christian Friedrich Puttlich, zit. nach: Warda: Aus dem Leben des Pfarrers Christian Friedrich Puttlich, S. 279. 208 Vgl. Von der Wittenbergischen Universität und Stadt. In: Wittenbergisches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes. Stück 14 vom 8. April 1768, S. 122.
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gienkirche als Veranstaltungsort versichern, sondern auch der musikalischen Begleitung durch das universitäre Collegium musicum. Zu den Kantatentexten der Mitglieder erklang eine eigens209 von dem Komponisten Karl Friedrich Agthe komponierte Musik.210 Aufführungsmaterial ist aus den Jahren 1751 bis 1755 überliefert, das eine ungefähre Orientierung über die Vokal- und Instrumentalbesetzung der Aufführungen ermöglicht.211 Demnach führte das Collegium musicum 1752 etwa eine aus zehn Nummern bestehende Kantate mit elf Instrumental- und fünf Vokalstimmen auf. Schwierigkeiten ergaben sich 1756 aus dem Einsatz von Pauken in der Teutschen Gesellschaft Jena, da diese im Verdacht standen, unnötigen Tumult zu verursachen. Da man versicherte, dass die Musik im Hause bliebe und nicht auf den Straßen stattfände, konnten die Bedenken ausgeräumt werden.212 Der prominente Versammlungsort und die aufwändige musikalische Unterstützung dieser Sitzungen mochten nur als Begleitung der öffentlichen Sitzungen dienen. Gerade als Rahmen dieser Feiern aber zeigten sie an, wie sicht-(und hör)bar die Teutsche Gesellschaft an der Universität Jena geworden war.
|| 209 Auch dort ist allerdings die Konvention zu beobachten, Kompositionen mehrfach zu verwenden. So verwendete der Komponist Karl Friedrich Agthe 1753 für die Kantate „Entzück uns mit göttlicher Wonne“ die Chöre und Arien der Cantate „Im Jauchzen durch festliche Reihen“ von 1751 mit neuem Text. Vgl. URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do? methodToCall=showHit&curPos=3&identifier=251_SOLR_SERVER_2112848827 [18.10.2017]. 210 Vgl. Erich Wennig: Chronik des musikalischen Lebens der Stadt Jena. Teil 1: Von den Anfängen bis zum Jahre 1750. Jena [1937], S. 97. Vgl. zu Karl Friedrich Agthe (1724–1787) aus Hettstedt den Eintrag im Landeskirchenarchiv Eisenach, 31–003, Nachlass Pfarrer Johannes Löffler, Nr. 75. 1760 ging er nach Reval. – Vgl. Helmut Scheunchen: Lexikon deutschbaltischer Musik. Ostfildern 2002, S. 25. 211 ThULB Ms. Prov. f. 24 (1a bis 3,5). Vgl. die eingehende Beschreibung des Aufführungsmaterials in der Datenbank Répertoire International des Sources Musicales: Im Jauchzen durch festliche Reihen (1751). URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do?methodToCall= showHit&curPos=2&identifier=251_SOLR_SERVER_172036155; Singt frohe Musen singt (1752). URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=2&identifier= 251_SOLR_SERVER_803323608; Entzück uns mit göttlicher Wonne (1753). URL: https://opac. rism.info/metaopac/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=3&identifier=251_SOLR_SE RVER_477202624; Ertönt ihr Jubellieder (1754). URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do? methodToCall=showHit&curPos=4&identifier=251_SOLR_SERVER_414735642; Auf eile mit hurtigen Schritten (1755). URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do?methodToCall=show Hit&curPos=5&identifier=251_SOLR_SERVER_1785986733 [12.07.2018]. Ersichtlich ist aus den Materialien die Anzahl der Stimmen, nicht aber durchgängig die jeweilige Stärke ihrer Besetzung, die bei einigen Stimmen mehrfach gewesen sein dürfte. Für die Unterstützung bei der Interpretation des Notenmaterials danke ich Frau Barbara Reul und Herrn Brian Clark. 212 Vgl. HStA Weimar, Weimarer Archiv A 8341.
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Kern der öffentlichen Sitzungen aber waren die dort vorgetragenen Gedichte und Reden. Dies war nicht nur den akademischen Disputationen und anderen Festakten entlehnt, sondern auch eine Zurschaustellung dessen, was die Deutschen Gesellschaften für die Hochschule und das gesamte Gemeinwesen zu leisten beanspruchten. Die Übungsgesellschaften führten hier die Früchte ihrer Bemühungen vor, und deren Qualität sollte das Auditorium vom Erfolg und von der Nützlichkeit dieser Übungen überzeugen. Um einen möglichst guten Eindruck zu erzielen, brauchte man überzeugende Texte, die aus den vorhandenen und großenteils archivierten gelehrt-dichterischen Fingerübungen ausgewählt werden mussten. Deren Verfasser mussten zudem noch in der Gesellschaft aktiv und mindestens akzeptable Redner sein, so dass sich die ohnehin bestehenden Qualitätsprobleme verschärften; so ließ man in Bernburg ab 1766 die öffentlichen Sitzungen wegen leerer Kassen, aber auch aus Mangel an geeigneten Reden ausfallen.213 Häufig betraten die rhetorisch versierteren Vorsteher das Rednerpult. Mit diesen Reden einher gingen Rituale und Verkündigungen, die die Gesellschaft für alle Anwesenden sicht- und hörbar in ihrem gesellschaftlichen und gelehrten Umfeld verorteten. Wieder geben die Gründungsfeierlichkeiten der Göttinger Sozietät genauere Auskunft: Nach einer angenehmen und vollständigen Instrumentalmusik betrat ich die untere Catheder, und hielt eine kurze Rede, worin ich von dem Anfang, dem Fortgange und den bisherigen vortheilhaften Begebenheiten der Gesellschaft das nöthige beibrachte, und endlich der Herr Prorector im Namen der ganzen Gesellschaft um die von Königl. Regierung verstattete öffentliche Bestätigung gebührend anhielt. Darauf trat der Herr Prorector, der Herr Dr. Crusius, unter Trompeten- und Paukenschall auf die obere Catheder, hielt eine gelehrte Rede, verlas das Reskript von Hannover, übergab mir die Grundregeln, welche Sr. Hochgräflich Gnaden auf Pergament schreiben und in Samt haben binden lassen, bestätigte selbige, gab mir das Siegel der Gesellschaft, welches der Herr Rollin der Gesellschaft geschenket, wozu ihm aber der großmüthige Herr Graf das Silber gegeben, verlas die Namen der sämtlichen Mitglieder, und schloss endlich seine Rede, und trat unter Trompetenund Paukenschall endlich wieder an seinen Platz. [Schilderung der Rede Kokens] Endlich wurde die ganze Handlung mit völliger Musik beschlossen.214
Die Gründung der Deutschen Gesellschaft war damit vor den Augen und Ohren der Göttinger Zuhörerschaft nochmals symbolisch vollzogen, ihre landesherrliche und universitäre Unterstützung ebenso sinnfällig wie ihre bereits begonnenen Übungen erlebbar gemacht worden. Später verbuchte es die Gesellschaft
|| 213 Vgl. LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 38. 214 Vgl. Protokolleintrag vom 13. Februar 1740, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 104f. Ähnlich lautet die Schilderung des Stiftungsfestes vom 15. Februar 1749, ebd., f. 218.
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als Imageerfolg, dass sie beim Besuch des britischen Königs an ihrer Universität ihn als Gast einer öffentlichen Sitzung begrüßen konnte, womit sie in die Europäische Fama Eingang fanden.215 Dass diese Feier im Konsens von Landesherr und Universität gelang, soll nicht den Blick darauf verstellen, dass dergleichen Rituale trotz vorangegangener Absprachen keineswegs immer mit vorprogrammiertem Erfolg abliefen. Der universitäre actus publicus sollte als „Demonstration von Sein und Leistung“216 die eigene Gesellschaft bekannt und angesehen machen. Wer auf diese Bühne trat, begab sich zugleich auf Glatteis, denn schließlich ging es bei diesen Akten darum, der jeweiligen Institution ihren Platz in der universitären Ordnung für alle sichtbar zuzuweisen.217 Die Abbildung des realen und die Imagination des gewünschten Rangs standen dabei in einem konfliktträchtigen Spannungsverhältnis.218 Wo dieser umstritten war, wanderten öffentliche Sitzungen auf einem schmalen Grat zwischen Prestigeerfolg und Eklat, so dass nach deren Erfolg zu fragen ist. Bemisst man diesen nach den Teilnehmerzahlen, so lassen sich nur verstreute Hinweise zusammentragen, die eher auf eine gute Resonanz hindeuten. Zahlenmäßig fassbar sind eine öffentliche Sitzung der Deutschen Gesellschaft in Göttingen und eine in Bernburg mit je etwa 50 Teilnehmern.219 In Wittenberg war wie im eingangs referierten Königsberger Beispiel der Saal sehr voll, einige Zuhörer mussten stehen.220 In Jena sah man sogar von einer Einladung über das Schwarze Brett ab, um nicht zu viele Zuhörer anzuziehen.221 Dagegen erwog man 1781 in Helmstedt, die Reden zum Universitätsjubiläum wegen mangelnder Aufmerksamkeit einzustellen.222 Als Gradmesser des Erfolgs registrierten die Quellen den Besuch hochrangiger Persönlichkeiten. Nicht alle konnten ihre Landesherren wie den König von England in Göttingen oder den Kurfürsten Karl || 215 Vgl. Die neue europäische Fama welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe entdecket, 157. Theil, 1748, S. 95. 216 Laetitia Boehm: Der „actus publicus“ im akademischen Leben. Historische Streiflichter zum Selbstverständnis und zur gesellschaftlichen Kommunikation der Universitäten. In: Dies.: Geschichtsdenken. Bildungsgeschichte. Wissenschaftsorganisation, S. 676. 217 Vgl. ebd., S. 683. 218 Vgl. Füssel: Gelehrtenkultur als symbolische Praxis, S. 28. 219 Vgl. Oelrichs: Tagebuch einer gelehrten Reise, S. 118f. Vgl. zu Bernburg die Einladungsliste zur öffentlichen Sitzung, ALB BB 10710, f. 219, mit Angabe der Resonanz. 220 Vgl. Feyerliches Denkmaal der Ehrfurcht und Treue Dem glorreichsten Gedächtnisse, Friedrich August [...] von der deutschen Gesellschaft zu Wittenberg pflichtschuldigst gewidmet. Leipzig 1764, Vorbericht von Johann Daniel Titius, o.S. 221 Vgl. Protokolleintrag vom 5. Februar 1735, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 37v. 222 Vgl. StAW, 37 Alt 976, f. 179.
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Theodor in Mannheim223 willkommen heißen. Die kleinere Deutsche Gesellschaft in Wittenberg vermeldete stolz, dass „ein zahlreiches Auditorium von hiesigen vornehmen Gelehrten und Standespersonen, wie auch der hier studierenden Herren“ erschienen war.224 Insbesondere versprach die Anwesenheit des Oberkonsistorialvizepräsidenten Freiherrn von Hohenthal anhaltende obrigkeitliche Gunst. Bereits vier Jahre zuvor hatte eine Gedenkveranstaltung an König Friedrich August III. von Polen schon nach der Versendung der Einladungen Anklang bei den Obrigkeiten gefunden.225 Die Bernburger Sozietät konnte unter anderem die Besitzer der Güter Hecklingen und Hohenerxleben226 als Gäste und gesellschaftlichen Erfolg verbuchen. Vereinzelt sind sogar greifbare Erfolge bezeugt: In Helmstedt konnte man nicht nur den ehemaligen Vorsteher Christoph Timotheus Seidel als Gast begrüßen,227 sondern mit dem Hofrat Johann Beckmann einen Gast für eine Aufnahme erwärmen.228 Mit ihrer Feier des Stiftungstages 1750 konnte die Bremische Deutsche Gesellschaft noch einen weit größeren Erfolg erzielen: Zwei der vier Bürgermeister der Hansestadt waren zugegen, die wohlwollenden Äußerungen der Anwesenden ermunterten die Mitglieder, um die letztlich erfolgreiche städtische Bestätigung der Gesellschaft anzusuchen.229 Im Kampf um obrigkeitliche Privilegierung und Unterstützung stellten eine hochrangige Gästeschaft und öffentliche Gunsterweise wichtige Etappensiege dar. Die Stiftung der Deutschen Gesellschaft Königsberg hatte sich ohne universitäre Mitwirkung vollzogen und war vor Ort umstritten. Da die Gesellschaft „öffentlicher Dispute wegen, noch nicht bekannt gemachet worden“,230 erreichte es Cölestin Christian Flottwell, dass der Etats- und Kriegsmi-
|| 223 Vgl. zu diesem Besuch Hans Rall: Kurfürst Karl Theodor. Regierender Herr in sieben Ländern. Mannheim u.a. 1993, S. 247. 224 Von der Wittenbergischen Universität und Stadt. In: Wittenbergisches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes. Stück 14 vom 8. April 1768, S. 122. 225 Vgl. Feyerliches Denkmaal, Vorbericht von Johann Daniel Titius, o.S.: „[...] die sämtliche Universität, das damals hier befindliche Gouvernement, das Amt, der Stadtmagistrat, die Geistlichkeit, und andere Vornehme des Ortes, zu geneigter Gegenwart eingeladen; welche auch insgesammt, mit freundlicher Bereitwilligkeit, das Unternehmen der Gesellschaft zu befördern versprachen.“ 226 Vgl. die Einladungsliste zur öffentlichen Sitzung, ALB BB 10710, f. 219. 227 Friedrich August Wiedeburg: Charakterzüge Herrn Christoph Matthias Seidels Doktors b. R. Bürgermeisters und Syndikus der Stadt Helmstädt und ältesten Mitgliedes der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft daselbst nach dessen am 27sten Februar 1797 erfolgtem Tode der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zur steten Erinnerung vorgelegt. Helmstedt 1797, S. 5. 228 Vgl. das Zirkular Wiedeburgs vom 26. Juni 1798, HAB, Cod. Guelf. 357 Novi, f. 314. 229 Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 31f. 230 Flottwell an die Regierung Königsberg, den 10. November 1743, GSTA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 85.
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nister und Obermarschall Johann Ernst von Wallenrodt die Gesellschaft inaugurieren und sie damit öffentlich vor ihren Gegnern der königlichen Gunst versichern sollte. Die Einweihung mit Verlesung der königlichen Gunstbeweise fand in Gegenwart Wallenrodts und des Präsidenten der Kriegs- und Domänenkammer, Johann Friedrich von Lesgewang, statt.231 Als eine weitere öffentliche Sitzung erstmals auf dem Königsberger Schloss stattfand und die Nähe zum Königshaus sinnfällig machte, triumphierte Flottwell: „Wir haben durch diesen Actum viele Feinde gedemüthiget. Die Versammlung war an Stand und Zahl unvergleichlich und diese erste öffentliche Versammlung auf dem Schloß hat uns viele Aufmerksamkeit bewürcket.“232 Weit weniger Glück war der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft in Bernburg mit ihren öffentlichen Sitzungen beschieden. Nach der ersten Veranstaltung 1762 kam es zum Streit mit anhaltischen Geistlichen, die eine dort gehaltene Rede über die Musik angriffen, weil darin angeblich die Existenz des Teufels geleugnet wurde. Der Obervorsteher Georg Christian Friedrich Nettelbeck erteilte den Geistlichen am Ende der Sitzung einen Verweis. Johann Ludwig Anton Rust, der versucht hatte, die Situation zu entschärfen, war entsetzt, „zu was für Ausschweifungen und thörigten Unternehmungen übermäßige Hitze und ein unzeitiger und blinder Religionseifer die Gelehrten auch in unseren so aufgeklärten Zeiten habe verleiten können“.233 Gleichwohl blieb die Rede ungedruckt.234 Zum Eklat kam es, als man den Geburtstag des neuen Regenten Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg in einer öffentlichen Sitzung feiern wollte. Der Bernburger Diakon Johann Andreas Möller235 hatte sich bereit erklärt, vor den geladenen Gästen eine Rede über die Frage „Welches ist wohl die beste und bequemste Regierungs-Art bey einem Volke“ zu halten.236 Der über dieses Thema besorgte Rust fühlte bei Möller vor, ob seine Behandlung des Themas auch wirklich unverfänglich sei. Als am 15. August 1766 die öffentliche Sitzung statt-
|| 231 Vgl. die Schilderung der Einweihung bei Gundling: Fortgesetzte Historie, S 458f., sowie in: [Andreas Lazarus von Imhof]: Des Neu=eröfneten Historischen Bilder=Saals Zehenden Theils Zweyter Periodus oder Zeit=Begriff […], o.O., o.D., S. 1120f.; Krause: Gottsched und Flottwell, S. 31f. Vgl. auch die Schilderung der Zeremonie in einem Brief von Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 28. November 1743. In: GBW 9, S. 414–416. 232 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 7. Februar 1746. In: GBW 11, S. 237. 233 Zusatz zum Protokoll der öffentlichen Versammlung vom 20. August 1764, ALB BB 10710, f. 422. 234 Vgl. ebd., f. 481. 235 Vgl. zu Möller Graf: Anhaltisches Pfarrerbuch, S. 356; Albert Hinze: Altes und Neues von der Marienkirche zu Bernburg. Ein Beitrag zur Geschichte der Stadt. Dessau 1902, S. 160. 236 Vgl. ALB BB 10749, f. 43.
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fand, war Möller weit davon entfernt, eine der üblichen Huldigungsreden an seinen Regenten zu halten. Unbeirrt von der höfischen Präsenz benannte er die Möglichkeiten zu sinnlosen Eroberungszügen und Willkürherrschaft als Strukturmerkmal der Monarchie. Unter Anführung einer Fülle von Beispielen aus antiken Schriftstellern und Beispielen aus der aktuellen Politik resümierte er: „Wenn ich also aus alle dem was ich gesagt habe den Schluß ziehe, so giebt es sich, daß die Regierungs Verfassung, in welcher die höchste Gewalt nicht bey einem einzigen, sondern bey mehrern ist, die beste und bequemste sey.“237 Gegen Ende der Rede räumt er ein, es könnte ihm jemand den Vorwurf machen, er stachele „zum Aufruhr und revolution“238 auf, und wies den Vorwurf mit einer kurzen Huldigungsadresse an Friedrich Albrecht zurück. Er schloss mit den Worten: „Wenn ja die monarchische Verfassung einige Fehler hat, so werden dieselben ungemein erträglich gemacht, wenn die Regenten weise, vernünftig und gütig sind.“239 Wie sehr Möller hier der Illusion erlegen war, damit einen versöhnlichen Ausklang vor dem Hof gefunden zu haben, erwies sich nur allzu bald. Das Konsistorium in Bernburg forderte Möller auf, seine Abhandlung umgehend einzureichen. Derart unter Zeitdruck gesetzt, schickte er Rust seine Rede und bat ihn: „Mäßigen Sie das was Ihnen etwa bedenklich scheinen möchte. [...] denn ich möchte selbige wohl gar einschicken müssen. Hannibal ante Portas. Möller“.240 Rust, dem klar war, dass zu viele die Rede gehört hatten, um eine völlig unverfängliche Version vorzulegen, schlug einige Dinge vor, etwa die „Rebellion“ zu „Ungehorsam der Untertanen“ abmilderte, und die Einschränkung empfahl, „dass man nur von Monarchien, und unumschränkten Staten geredet habe, und folglich das Gesagte auf unsere Verfassung ganz und gar nicht angewendet werden könne“.241 Möller arbeitete offensichtlich noch die Verbesserungsvorschläge ein; seinen Versuch, eine geglättete Abschrift einzureichen, wiesen die Mitglieder des Konsistoriums zurück und erreichten schließlich, dass Möller das Original vorlegte.242 Nach dessen Prüfung forderte Friedrich Albrecht das Konsistorium auf, Möller seine „in vilerley Absichten unschicklichen und anstößigen Rede vorzubescheiden, ihme seine unzeitige, und besonders einem Prediger unanständige darinne geäußerte sentiments und nidrige Ausdrücke öffentlich und ernstlich zu verweisen“.243 || 237 LASA, Z 18, C 17 Nr. 19, f. 11 238 Ebd., f. 12. 239 Ebd., f. 13. 240 Möller an Rust, vermutlich den 7. September 1766, ALB BB 10749, f. 45. 241 Rust an Möller, den 7. September 1766, ebd., f. 44. 242 LASA, Z 18, C 17 Nr. 19, f. 1–3. 243 Ebd., f. 14.
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Für die Deutsche Gesellschaft blieb der Vorfall ebenfalls nicht ohne Konsequenzen. Abgesehen davon, dass die Rede ungedruckt zu bleiben hatte, wurde die Sozietät von nun an für künftige politische und kirchliche Themen der obrigkeitlichen Zensur unterstellt. Möller, der von der Gesellschaft keinerlei Rückendeckung erfahren hatte, zog sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück und trat schließlich 1768 auch formell aus.244 Allen Bemühungen um Distanzierung von Möllers Rede zum Trotz hatten Angehörige des Hofes von einer Mitgliedschaft in der Gesellschaft kaum noch das Wohlwollen des Fürsten zu erwarten. Fortan verzichtete die Gesellschaft auf öffentliche Sitzungen. Erfolg und Scheitern ließen sich an den Hochschulen daran messen, ob die Festakte gemeinsam von Gesellschaft und Hochschule oder separat geplant und durchgeführt wurden. Ansätze zu einer Kooperation bestanden schon darin, dass viele Deutsche Gesellschaften ihre öffentlichen Sitzungen zu Universitätsjubiläen abhielten und so ihrer Hochschule Reverenz erwiesen. Diese konnte Einverständnis signalisieren, wenn sie dafür wie in Göttingen die Universitätskirche hergab.245 Auch nach dem Siebenjährigen Krieg konnte der Göttinger Senior Abraham Gotthelf Kästner eine starke Stellung in der Universität behaupten. So nahm die Deutsche Gesellschaft gleichberechtigt mit der Königlichen Societät der Wissenschaften und dem Historischen Institut an der Fünfzigjahrfeier der Universität teil, wo Kästner Über den Vortrag gelehrter Kenntnisse in der deutschen Sprache redete und drei neue Mitglieder feierlich aufnahm.246 In Greifswald konnte die Deutsche Gesellschaft über die Person ihres Vorstehers, des Juraprofessors Augustin von Balthasar, bei den Jubiläumsfeierlichkeiten Präsenz zeigen, der die Doppelfunktion übernahm, „die Schluß-Rede der JubelFeier im Namen des Concilii zu halten, und zugleich als Director der Königlichen Deutschen Gesellschaft ein Denkmal derselben zu stiften“.247 Weniger integrativ wirkte das Jenaer Universitätsjubiläum im Jahr 1758. Dort war die Teutsche Gesellschaft an der offiziösen Feier mit Vertretern der ernestinischen Fürstentümer und anderer Universitäten nicht beteiligt, sondern feierte gemeinsam mit der Lateinischen Gesellschaft durchaus aufwändig248 – aber separat.249
|| 244 Vgl. ebd., C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 40. 245 Protokolleintrag vom 17. September 1738, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 72. 246 Vgl. die entsprechenden Passagen in: Die Jubelfeyer der Georg Augustus Universität zu Göttingen, an ihrem funfzigsten Stiftungsfeste dem 17 September 1787. Göttingen 1787, S. VI, 45–49. 247 Johann Carl Dähnert: Beschreibung der Akademisch-Greifswaldischen JubelFeierlichkeiten am 17. Oktober 1756. In: Pommersche Bibliothek. Bd. 5 Stück 10 vom Oktober 1756, S. 379f. 248 So erklang in ähnlicher Besetzung wie zu den Geburtstagen des Erbprinzen eine Kantate „Auf schallet und lobet erhabene Triebe“ aus der Feder des mecklenburgischen und lübecki-
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Ihre Partizipation an der akademischen Festkultur erstreckte sich teilweise auf andere Hochschulen. Die Königliche Deutsche Gesellschaft Königsberg gratulierte zum Greifswalder Universitätsjubiläum, wobei das gemeinsame Mitglied Anna Christina Ehrenfried von Essen (geb. Balthasar) als Überbringerin der Glückwünsche fungierte.250 Die kurpfälzischen Einrichtungen Deutsche Gesellschaft Mannheim und Universität Heidelberg teilten zahlreiche Mitgliedschaften, so dass zum Universitätsjubiläum auch eine Abordnung von Sozietätsmitgliedern erschien.251 An den öffentlichen Sitzungen als vermeintlich sinnentleerten und starren Ritualen vorbeizugehen und sich nur der ‚inhaltlichen‘ Arbeit der Deutschen Gesellschaften zuzuwenden, erweist sich so als verfehlt. Auf diesem Weg ignoriert man die Konjunktur, die der universitäre actus publicus wegen wachsendem Traditionsbedürfnis in dieser Epoche genoss.252 Mit diesem Ritus bekräftigten sowohl die Universitäten als auch die Deutschen Gesellschaften ihre Legitimität, indem sie ihren Nutzen durch den Vortrag von Reden und Gedichten öffentlich herausstellten und in einem teils aufwändig gestalteten Festakt überhöhten. Als öffentliche Veranstaltung sind diese Akte selbst bei denjenigen Gesellschaften dokumentiert, deren sonstige Aktivitäten im Dunkeln blieben. Das Aufschreiben diente nicht nur reiner Chronistik, sondern auch der Verstetigung und Idealisierung der gezeigten Rituale und somit ihrer Inhalte.253 Im 18. Jahrhundert gerieten Rituale
|| schen Kapellmeisters Adolph Carl Kunzen auf Texte des Gesellschaftsmitglieds Balthasar Münter. – Vgl. ThULB Ms. Prov. f. 24(4). Vgl. die Beschreibung des Aufführungsmaterials unter URL: https://opac.rism.info/metaopac/singleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=6&identifier =251_SOLR_SERVER_1074178804 [12.07.2018]. 249 Vgl. zu dieser Feier Werner Fläschendräger: Die 200-Jahr-Feier der Universität Jena im Jahre 1758. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 9 (1959/60), S. 37–48. 250 Vgl. Dähnert: Beschreibung der Akademisch-Greifswaldischen Jubel-Feierlichkeiten, S. 386f., ders.: Geschichte der Jubel=Feier über ihr den 17. October 1756 erreichtes Dreyhundertjähriges Alter. Greifswald [1756], S. 44, sowie die Glückwunschschrift: An die Hochwohlgebohrne Fräulein Anna Christina Ehrenfried von Balthasar der Weltweisheit Baccalaurea der Königl. Gesellschaft der schönen Wissenschaften und der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg Ehrenmitglied bey der Akademischen Jubelfeyer zu Greifswalde gerichtet, den 18ten des Weinmonats 1756. Königsberg 1756, Exemplar in: UA Greifswald, Hbg 67. 251 Vgl. Winfried Müller: Das Heidelberger Universitätsjubiläum des Jahres 1786. Der Reisebericht der Ingolstädter Professoren Coelestin Steiglehner und Heinrich Palmatus Leveling für Kurfürst Karl Theodor. In: Wilhelm Doerr u.a. (Hg.): Semper apertus. Sechshundert Jahre Ruprecht-KarlsUniversität Heidelberg. Bd. 1: Mittelalter und Frühe Neuzeit. Berlin u. Heidelberg 1986, S. 542. 252 Vgl. Boehm: Die deutschen Universitäten im Sozialgefüge des absolutistischen Fürstenstaates, S. 267. 253 Vgl. Christoph Friedrich Weber u. Christoph Dartmann: Rituale und Schriftlichkeit. In: Stollberg-Rilinger u.a. (Hg.): Spektakel der Macht, S. 54.
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zwar erkennbar in unter Rechtfertigungsdruck.254 Vor dem Hintergrund der rituellen Praktiken der Deutschen Gesellschaften erscheint es aber ebenso berechtigt, die zahlreichen kritischen Stimmen nicht einseitig als Zeichen des Rückgangs von Ritualen zu begreifen. Ebenso sehr begleiteten sie eine Ritualtransformation.255 Ausgedient hatten die Rituale noch lange nicht.
6.6 Integrieren Waren die Privilegierungsvorgänge abgeschlossen und hochrangige Patrone gefunden, mochte eine Schlacht, nicht aber der Krieg gewonnen sein. Gerade die strittigen Vorgänge um Privilegierungen zwischen Hof und Hochschule waren alles andere als ein Garant für gedeihliches Miteinander. Fehden und Intrigen konnten sowohl in der Gesellschaft selbst entstehen als auch von außen an sie herangetragen werden, und nicht immer musste der mühsam erworbene Schutz der Obrigkeit ausreichend sein. Es war also unbedingt erforderlich, sich im eigenen institutionellen Umfeld möglichst gut zu integrieren. Wie wenig selbstverständlich dies war, zeigten bereits das Vorfeld und der Verlauf öffentlicher Sitzungen an, und was im Scheinwerferlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit gelingen mochte, konnte in den Mühen der Ebene immer noch für Reibereien sorgen. Naturgemäß galt es den landesherrlich privilegierten Gesellschaften als erstrebenswert, stets gute Beziehungen zum Hof zu unterhalten. Dem dienten nicht nur viele Gelegenheitswerke, Ehrenmitgliedschaften für zahlreiche Hofbediente oder öffentliche Sitzungen an den Geburtstagen des Landesherrn. Sich wiederholt eng und ostentativ an die Regierungskreise anzulehnen, konnte nicht nur Schutz und Schirm bei konkreten Problemen bedeuten, sondern auch den hohen Rang stets von neuem in Erinnerung rufen. Wie wichtig dies den Deutschen Gesellschaften war, zeigt das Beispiel der ohne Mitwirkung der Universität privilegierten Sozietät in Königsberg, deren Hauptabsicht statutengemäß neben der Ehre Gottes auf „die Verehrung ihres allerhuldreichsten Stifters gerichtet“256 war. Ihre königsnahe Stellung brachte ihre Aufführung in den Adressbüchern Ostpreußens zum Ausdruck, wo sie nicht bei der Universität, sondern zwischen den Kreis-Physici, dem Criminal|| 254 Vgl. Marian Füssel: Akademische Solennitäten. Universitäre Festkulturen im Vergleich. In: Michael Maurer (Hg.): Festkulturen im Vergleich. Inszenierungen des Religiösen und Politischen. Köln, Weimar u. Wien 2010, S. 43–60; ders.: Akademische Aufklärung, S. 57–60. 255 Vgl. ders.: Rituale in der Krise? Zum Wandel akademischer Ritualkultur im Zeitalter der Aufklärung. In: Paideuma. Mitteilungen zur Kulturgeschichte 55 (2009), S. 137–153. 256 Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg, f. 2, § II.
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Collegium und den Fabriquen-Inspectores rangierten.257 Als Königlicher Deutscher Gesellschaft stand der Deutschen Gesellschaft in Königsberg seit dem Frühjahr 1745 auf Anweisung König Friedrichs II. ein Verhandlungszimmer im westlichen Nordflügel des Königsberger Schlosses zur Verfügung.258
Abb. 13: Zimmer der Deutschen Gesellschaft Königsberg in der dritten Etage des Nordflügels des Königlichen Schlosses, 1794, GSTA PK, F 10584
|| 257 Vgl. bspw. Adres-Calender, der sämtlichen Königl. Preuß. Lande und Provinzien: ausser den Residenzien Berlin, dem Königreiche Preussen und dem souverainen Herzogthume Schlesien; der darinnen befindlichen hohen und niedern Collegien, Instanzien und Expeditionen, ingleichen der königl. Bediente, Magisträte, Universitäten, Prediger [...] auf das Jahr 1756, S. 13– 19. Aufgeführt sind die Namen der Mitglieder in ähnlicher Position auch in: Adres-Calender [...] auf das Jahr 1752, S. 13–17, und die Namen der Funktionsträger in: Adreß-Calender für das Königreich Preussen, und insbesondere die Hauptstadt Königsberg […] auf das Jahr 1775, S. 37f., sowie in: Adress-Calender vom Königreich Preussen […] auf das Jahr 1784, S. 377f. 258 Vgl. Wulf D. Wagner u. Heinrich Lange: Das Königsberger Schloss. Eine Bau- und Kulturgeschichte. Bd. 2: Von Friedrich dem Großen bis zur Sprengung (1740–1967/68). Das Schicksal seiner Sammlungen nach 1945. Hg. v. der Stadtgemeinschaft Königsberg (i.Pr.). Regensburg 2011, S. 39. Später wurde es nur noch für öffentliche Sitzungen genutzt. Mit der Abtragung eines Teils des Königsberger Schlosses vor 1809 verschwand das Zimmer. – Vgl. Anonym: Über die deutsche Gesellschaft in Königsberg. In: Morgenblatt für gebildete Stände. Bd. 3 (1809) Nro. 9, S. 34f.
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Die Zuweisung eines Zimmers im Königsberger Schloss war ein deutliches Zeichen königlicher Gunst. Gottsched riet Flottwell, diesen Prestigeerfolg „wacker auszuposaunen“. Das würde „überall viel Eindruck machen, da die parisische Gesellschaft dergleichen Vorzug sehr spät erhalten hat“.259 Die Gesellschaft folgte dem Rat ihres spiritus rector und weihte ihr Zimmer am 22. November 1745 mit Reden ihres Protektors Johann Ernst von Wallenrodt, Flottwells und einiger Mitglieder ein. Wallenrodt schenkte der Gesellschaft zum Einzug ein Bild des Königs, unter dessen Blicken fortan die Versammlungen stattfanden.260 Die Gesellschaft suchte weiterhin die Nähe261 auch zu dessen Nachfolgern; die Gunst, im Schloss zu tagen, wurde bei der Erneuerung der Deutschen Gesellschaft 1783 in vollem Umfang weiter gewährt.262 Im Gegenzug nutzte man die Erbhuldigung Friedrich Wilhelms III. in Königsberg 1798, um ihm als Gesellschaft zu huldigen und ihm und seiner Gemahlin Gedichte zu überreichen, auf dass der König „auf keinen Fall der Gesellschaft diejenigen Prärogative entziehen, welche bis dahin für dieselbe Ermunterung gewesen seyn“.263 Auch wenn der König die Gesellschaft nur zu einem Gespräch empfing und eine eigens geplante Huldigung absagte,264 durfte man die korporative Teilnahme an einer solchen Huldigung als Erfolg verbuchen. Präsenz zeigte die Sozietät auch 1801 bei der Hundertjahrfeier der Königskrönung.265 Ebenso wenig versäumte es die Deutsche Gesellschaft in Helmstedt, ihre Landesherren auf sich aufmerksam zu machen, und beschritt dafür ungewöhn|| 259 Johann Christoph Gottsched an Cölestin Christian Flottwell, den 13. März 1745. In: GBW 10, S. 393. 260 Vgl. Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 21. Dezember 1745. In: GBW 11, S. 129. 261 Philipp Zorn berichtet, dass im Archiv der Deutschen Gesellschaft sieben Kabinettsordern Friedrichs II. aus den Jahren 1743 bis 1754 verwahrt wurden. – Ders.: Die Königlich Deutsche Gesellschaft zu Königsberg i.Pr., S. 303f. Dabei handelt es sich neben den Gründungsdokumenten v.a. um Dankschreiben für übersandte Werke der Gesellschaft. 262 Vgl. Georg Ernst Sigismund Hennig an die Kriegs- und Domänenkammer Königsberg, den 22. November 1783, GSTA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 85. 263 Friedrich Wilhelm an die Deutsche Gesellschaft Königsberg, den 8. Juni 1798. In: Ausführliche Beschreibung der Feierlichkeiten bei Gelegenheit der Seiner Majestät dem Könige Friedrich Wilhelm III. […] 1798 geleisteten Erbhuldigung. Hg. v. der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg. Königsberg [1798], S. 72, wiederabgedruckt in: Chronik der Zeit. Kabinettsordres Sr. Majestät des Königs. In: Jahrbücher der preußischen Monarchie unter der Regierung Friedrich Wilhelms des Dritten 1798. Bd. 2, S. 319. 264 Vgl. Ausführliche Beschreibung der Feierlichkeiten, S. 71. 265 Vgl. die Huldigungsgedichte und -reden in: Verhandlungen der Königl. Deutschen Gesellschaft am hundertjährigen Jubelfeste der Preußischen Königs-Krone; den 19. Januar 1801. Königsberg [1801].
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liche Wege. Eine Rede auf die Vermählung einer Schwester des Herzogs Carl von Braunschweig übergaben zwei Abgeordnete der Gesellschaft anlässlich einer Truppenmusterung auf dem Brunsleberfeld.266 Loyalität bekundete die Gesellschaft noch am Ende des ersten Koalitionskrieges, als ihr Herzog Karl Wilhelm Ferdinand sieglos nach Braunschweig zurückkehrte und die Gesellschaft in einer öffentlichen Versammlung versicherte, dass „die neue [Revolution] an einem sehr guten Monarchen und vielen tausend Menschen die schändlichste Ungerechtigkeit und Grausamkeit verübte, mit Raserei und Tiegerwuth angefangen wurde, und, Gott weiß, wie lange, fortgesetzt wird“.267 Solche Ergebenheitsbekundungen waren, wie in den vorangegangenen Kontexten gesehen, von den Deutschen Gesellschaften nie als Einbahnstraße gedacht gewesen, sondern Teil eines Systems wechselseitiger Ehrung. Schon in den ersten Gesuchen erinnerte man den Landesherrn daran, welchen Ruhm Sachsen und nicht zuletzt die welfische Linie Braunschweig-Lüneburg mit der Stiftung einer solchen Sozietät eingeheimst hatten.268 Als die Gesellschaft in der Krise war, argumentierte sie selbstbewusst gegenüber dem Landesherrn, die Gesellschaft solle nicht bereits nach drei Jahren untergehen; ein so schneller Untergang nach den aufwändigen Feiern wäre für Braunschweig peinlich, und die prominenten auswärtigen Mitglieder würden schlecht von Braunschweig denken.269 Gezielt nahm die Sozietät für sich in Anspruch, Ehre – und im Falle des Scheiterns auch deren Gegenteil – nicht nur vom Landesherrn zu empfangen, sondern ihm ihrerseits im Gegenzug zu gewähren. Ihr Scheitern also würde eine Fehlinvestition der vorangegangenen Ehrbezeigungen nach sich ziehen und müsse, so die Forderung, daher abgewendet werden.270 In eine nahegelegene Kerbe schlug Joseph von Sonnenfels, als er die Frage erhob: „Wenn die Spra-
|| 266 Wiedeburg: Charakterzüge Herrn Christoph Matthias Seidels, S. 4, Anm. ***. 267 Ueber Sr. Durchlauchten des regierenden Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg glückliche Zurückkunft vom Rheine nach Braunschweig und über Höchstderoselben beglückende Gegenwart in Helmstädt wird die Herzogliche Deutsche Gesellschaft ihre Freude [...] ausdrücken suchen und in der selben [Versammlung] der Herr Professor Johann Nikolaus Bischoff als Ehrenmitglied der Gesellschaft eine Rede über des jetzigen Frankreichs Menschenrechte [...] halten, zu welcher [...] einladet Friedrich August Wiedeburg der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft Vorsteher. Helmstedt 1794, S. 4. 268 Zu den feyerlichen Handlungen womit die Herzogliche Deutsche Gesellschaft hieselbst auf den höchsten Befehl […] Herrn Carls Regierenden Herzoges zu Braunschweig und Lüneburg […] wird eingeweihet werden, o.O., o.D., o.S., Exemplar in: StAW, 37 Alt 976, f. 62. 269 Schreiben der Deutschen Gesellschaft an den Landesherrn, den 15. März 1752, ebd., f. 102f. 270 Vgl. zu Betrachtung von Ehrfragen unter Kosten-Nutzen-Aspekten am Beispiel der höfischen Gesellschaft Andreas Pečar: Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711–1740). Darmstadt 2003.
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che des Fürsten unedel, niedrig, ohne Nachdruck, ohne Wahl und Reinigkeit ist, wird solche eine Sprache von ihm einen hohen Begriff erwecken?“271 Der Ruhm eines Fürsten war, glaubt man diesen Versicherungen, eben nichts, was nur auf die Deutschen Gesellschaften abstrahlte, sondern auch ein Kapital, das diese durch ihre fleißige Spracharbeit zu mehren halfen. Dagegen zeigt das Beispiel Mannheim, wie ambivalent die landesherrliche Unterstützung sein konnte. Die Privilegierung und regelmäßige finanzielle Unterstützung der Gesellschaft eröffnete ihr zahlreiche Möglichkeiten, die anderen Sozietäten dieses Typs verschlossen waren. Wie in Königsberg, wurden ihre Mitgliederlisten im Hofkalender veröffentlicht,272 und Kurfürst Karl Theodor wies der Gesellschaft ein Zimmer im Schloss für ihre Sitzungen an.273 Diese Gunstbezeigungen schufen aber auch eine Abhängigkeit vom kurpfälzischen Hof, die von der Gestaltung der Satzungen bis hin zur Aufnahmepolitik tief in das gesellschaftliche Leben eingriff. Überzeugt von ihrem eigenen Weg, dem Gemeinwesen durch Pflege der deutschen Sprache und Literatur als Gelehrte nützlich zu sein, musste die Gesellschaft damit rechnen, dass der Hof ihr seinerseits für nützlich gehaltene, aber anders geartete Aufgaben als ein Angebot präsentierte, das sie nicht ablehnen konnte. So oblag ihr es seit 1783, den Privilegirten Kurpfälzischen Landwirtschafts- und Geschichts-Kalender herauszugeben, ein Organ, das durch die Vereinigung eines Landwirtschafts- mit einem historischen Kalender entstanden war und das der Arzt Franz Anton May und der Forstkommissar Johann Peter Kling über das Ende der Gesellschaft hinaus bis zum Beginn der badischen Zeit redigierten.274
|| 271 Sonnenfels: Ankündigung einer Deutschen Gesellschaft, S. 12. 272 Vgl. die Listen im Kurpfälzischen Hof- und Staatskalender, die von 1776 an weit über das um 1794 erfolgte Erlöschen der Gesellschaft hinaus bis in das Jahr 1802 die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft aufführen. Zum Hofkalender vgl. Jan Fickert: Kalender ‚von Gottes Gnaden‘. Der Churpfälzische Hoff- und Staatskalender/Almanach Electoral Palatin als repräsentatives Medium eines französisch geprägten Hofstaates. In: York-Gothard Mix u. HansJürgen Lüsebrink (Hg.): Französische Almanachkultur im deutschen Sprachraum (1700–1815). Göttingen 2013, S. 117–142. 273 Vgl. GLAK 77/6397 f. 3. Sie tagte dabei in den Räumlichkeiten und am Tisch der Akademie, von dem ein Nachbau im Mannheimer Schloss existiert. – Vgl. die Abbildung bei Kathrin Ellwardt: Die Sammlungen am kurpfälzischen Hof. In: Krone der Kurpfalz. Barockschloss Mannheim. Geschichte und Ausstattung. Hg. v. Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Petersberg 2007, S. 73. 274 Vgl. Heinz E. Veitenheimer: Druckort Mannheim. Mannheimer Verleger und ihre Drucke von 1608 bis 1803. Frankfurt a.M. u.a. 1996, Nr. 722, sowie die zahlreichen Protokolleinträge zur inhaltlichen Ausrichtung und Gestaltung des Kalenders, MARCHIVUM, Zugang 29/2020, passim.
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Mannheim blieb kein Einzelfall, sondern gehorchte nur da, wo andere Gesellschaften dergleichen Ansinnen erfolgreich versanden ließen. Dem Hof präsentierten sich die Deutschen Gesellschaften als eine Vereinigung dienstbereiter und gebildeter Untertanen, deren Eifer auch für andere Sozietätsprojekte eingespannt werden konnte. Im Tausch gegen höchste Protektion war es für die Gesellschaften schwierig, solchen Entfremdungen ihrer selbstdefinierten Aufgaben gegenzusteuern. Der Teutschen Gesellschaft Jena wurde vom Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach ein Projektentwurf zu einer ökonomischen Gesellschaft mit dem Bemerken überreicht, „daß Ihro Durchl. große Neigung dazu haben und vorschlugen ob solche nicht mit unsrer Gesellschaft vereinigt werden konnte“.275 Die befragten Mitglieder votierten dafür, es bei einer Herausgabe etwaiger Schriften dieser Gesellschaft durch die Deutsche Gesellschaft und der Doppelmitgliedschaft einiger Mitglieder zu belassen, aber keine wechselseitige Inkorporation anzustreben. Für Leipzig schlug der sächsische Hofprediger Bernhard Walther Marperger in reichlicher Verkennung der gesellschaftlichen Absichten vor, die Deutsche Gesellschaft durch ein Kalendermonopol zu finanzieren.276 Offensichtlich verfolgte man beide Angelegenheiten nicht weiter. Kontinuierliche Bemühungen um einen guten Ruf bei Hofe sind also durchaus festzustellen, führten aber auch zu Abhängigkeiten mit all ihren Konsequenzen. Bis auf die in Residenzstädten agierenden Gesellschaften waren dabei räumliche Entfernungen zu überwinden und die abweichenden Gepflogenheiten der höfischen Welt zu berücksichtigen. An den Hochschulen hingegen, so will es scheinen, waren die Deutschen Gesellschaften ganz in ihrem Element, nämlich der gelehrten Welt, die sie zu bessern und zu höherer Bedeutung zu führen trachteten. Dass diese Beziehungen sich wesentlich ambivalenter gestalteten, hängt mit einer ganzen Reihe von Faktoren zusammen. Aus Sicht der Deutschen Gesellschaften ähnelte ihr Verhältnis zur Universität dem zur landesherrlichen Obrigkeit insofern, als es auf eine Tauschbeziehung angelegt war. Sie erhofften sich von den Universitäten zunächst materielle und organisatorische Hilfe wie ein Rekrutierungsfeld für Mitglieder oder eine Mitnutzung der gelehrten Infrastruktur. Um die gesellschaftlichen Anliegen zu propagieren, boten die Hochschulen als Ort der Versammlung von renommierten und angehenden Gelehrten einen geeigneten Resonanzboden. Dieser konnte ebenso Ansehen generieren wie die Privilegierungen, die manche Gesellschaften von ihrer Alma Mater erwirken konnten. Damit betrachteten sich die Sozietäten aber keineswegs als lediglich Nehmende, wie die Jenaer Mitglieder
|| 275 Protokolleintrag vom 9. Oktober 1729, ThULB, Ms. Prov. q 78, f. 1v. 276 Vgl. Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 290.
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bereits im Gründungsgesuch betonten: „Was die Sache selbst anlangt, so ist ein solch institutum eben nicht undienlich, so wohl in Betrachtung derer zu excolirenden Sprache, als auch ratione der Academie, damit derselben an nichts gebrechen möchte, was etwa auf andern Academien noch ein gut Aufsehen macht.“277 In Göttingen wies ein Mitglied darauf hin, dass sich das Kapital der Ehre, das Deutsche Gesellschaften an einer und für eine Universität anhäuften, sich durchaus in handfesten Vorteilen ausmünzen konnte. Ein angehender Student würde schließlich „eine hohe Schule, auf welcher er zugleich eine große Geschicklichkeit in der deutschen Sprache erlangen kann, den andern vorziehen“.278 Nicht zuletzt konnten Universitäten darauf hoffen, an den Netzwerken der Gesellschaften zu partizipieren: „So viele derselben [Mitglieder] sind, so viele Freunde erhält auch die hohe Schule in ihnen; die, weil ihre Verbindung mit der Gesellschaft fortdauert, niemals aufhören, den ganzen Musensitz als einen Körper zu betrachten, davon sie selber keine unansehnlichen Glieder seyen.“279 Für die Hochschulen jedoch entrollte sich eine weit komplexere Gemengelage von möglichen Vor- und Nachteilen, und ein guter Ruf war keineswegs selbstverständlich. Ihre Verfechter beklagten sich wie Gottsched280 oder Johann Matthias Gesner281 zuweilen über mangelndes Ansehen, ohne dass Personen oder Hintergründe auf Anhieb sichtbar würden. Eine Suche danach indes liefert ein ganzes Bündel möglicher, tiefer liegender Ursachen. Gelehrte Gesellschaften waren ein in der Universitätsverfassung nicht vorgesehenes Element, das zwischen Aushängeschild und Störfaktor pendeln konnte. Von einzelnen Persönlichkeiten an der Hochschule errichtet, bildeten sie ein neues Gewicht im mühsam auszutarierenden inneruniversitären Kräftespiel – und das auf mehreren Ebenen.
|| 277 Johann Jacob Lehmann an die Universität Jena, den 25. November 1729, UAJ, M 74, f. 57v. Schon die Societas Conantium beschrieb sich in ähnlicher Weise als Ornament der Universität. – Vgl. Döring: Die mitteldeutschen gelehrten Kollegien, S. 17, Anm. 14. 278 Junker: Die Vortheile, S. 17f. 279 Ebd., S. 18. 280 Selbst über die auswärts in bestem Ruf stehende Leipziger Gesellschaft gestand Gottsched dem ihn besuchenden Hürner ein: „Die Einheimischen […] lachen sie nur aus.“ – Otto: Gesprächsprotokolle, S. 101. 281 Vgl. Rudolf Wedekind an den hannoverschen Großvogt, den 19. Februar 1748, UA Göttingen, Kur. 7536, f. 15: „Es ist lediglich der deutschen Gesellschaft zuzuschreiben, daß der gute Geschmack und die Liebe zu den schönen Wissenschaften je mehr und mehr in Göttingen zu werden scheinet. Ich weis dieses am besten, da ich am besten weis, was für Verspottung, Verlachung und Verfolgungen wir hindurch gegangen sind.“
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Zuerst sind persönliche Animositäten zu nennen, wie sie der streitbare Abraham Gotthelf Kästner als Vorsteher der Deutschen Gesellschaft in Göttingen häufig vom Zaun brach. Nur ein Beispiel sind die langandauernden Querelen zwischen ihm und dem neu berufenen August Ludwig Schlözer.282 In dem Konflikt amalgamierten sich offenbar persönliche Abneigungen mit Ressentiments wegen einer früheren Kontroverse Schlözers mit Gelehrten aus Kästners Studienort Leipzig und ein Tauziehen um die Höherwertigkeit mathematischer oder historischer Wissenschaften. Kästner setzte auf Eskalation und trug diesen Streit bis in die Petersburger Akademie der Wissenschaften.283 Die Deutsche Gesellschaft jedenfalls, der Schlözer schon in seiner Studienzeit als freies Mitglied angehört hatte und die ihn 1766 als ordentliches Mitglied aufnahm, machte Kästner zum Austragungsort. Schlözer zufolge hielt er „vor einem zahlreichen Auditorium eine Rede, die einige für mich überaus beleidigende Stellen enthielt, und worinnen er mir verschiedene Grobheiten, zwar in erweislichen Paralogismen, aber mit der ihm eigenen hämischen und ungesitteten Art, vorsagte“.284 Von dem Premierminister von Münchhausen forderte er, dass die Deutsche Gesellschaft „sich anstatt des H.R. Kästner einen andern Aeltesten wähle, der ihre Ehre bewache, und darob halte, daß in dieser Gesellschaft, die das Deutsche mit Wohlanständigkeit zu schreiben lehren soll, auch Wohlanständigkeit in den Sitten herrsche“.285 Auf diese Beschwerde, die das Selbstverständnis der Gesellschaft grundlegend in Frage stellte, bot Kästner an, eine Versicherung zu geben, wie wenig ich könne die Absicht gehabt haben, Hr. Prof. Schlözer zu beleidigen, wenn ich mir freywillig die Gelegenheit entziehe, wo ich dieses seinen Gedanken nach ferner thun könnte. Die Gesellschaft wird hieraus sehen, wie werth mir ihre Ruhe, und wie aufrichtig meine Hochachtung gegen jeden in ihr ist, daß ich aus ihr weiche, um niemanden in ihr durch meine Gegenwart misvergnügt zu machen.286
|| 282 Vgl. zu diesen Querelen Martin Peters: Altes Reich und Europa. Der Historiker, Statistiker und Publizist August Ludwig (v.) Schlözer (1735–1809). Münster 2005, S. 141f. Kurz erwähnt wird der Streit bei Ulrich Joost: Göttinger Gelehrtengezänk. Zur inneren Verfassung der Gelehrtenrepublik, dargestellt am Beispiel von Professorenstreitigkeiten im 18. Jahrhundert. In: Göttinger Jahrbuch 34 (1986), S. 45–59. 283 Vgl. die Briefwechsel Schlözers mit den Akademiemitgliedern in: Eduard Winter: August Ludwig von Schlözer und Russland. Berlin 1961, S. 265–296. 284 Schlözers Klageschrift gegen Kästner vom 21. April 1768, abgedruckt in: Christian von Schlözer: August Ludwig von Schlözers öffentliches und Privatleben aus Originalurkunden. Bd. 1. Leipzig 1828, S. 477. 285 Ebd. 286 Entwurf eines Circulars Kästners an die Deutsche Gesellschaft Göttingen, 28. April 1768, UA Göttingen, Kur. 3921, f. 40f.
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Schlözer, der diese Erklärung bei sich behielt und verwahrte, ließ sich zwar dazu bewegen, seine Forderung nach einem Rücktritt zurückzuziehen, wurde drei Jahre später jedoch erneut Ziel von Attacken Kästners. Dieser las in der Deutschen Gesellschaft ein Epigramm auf Basedow ab: „Vielleicht ist Basedow ein Irrender, ein Ketzer Doch redlich – Menschenfreund – und ganz gewiß kein Sch.“, wobei Kästner in der Aussprache angeblich gezielt zwischen ‚Schwätzer‘ und Schlözer pendelte.287 Der sich so beleidigt Fühlende mahnte, ohne geeignete Maßnahmen gegen Kästner „würde Göttingen eine literarische Mördergrube“.288 Seine Warnrufe bestätigte der Fall von Johann Georg Heinrich Feder, der in der gleichen Sitzung „eine öffentliche Züchtigung in der Teutschen Gesellschaft“289 durch Kästner erhielt, die Feder auf seine Gegnerschaft zu dem von Kästner hochgeschätzten Leibniz290 und auf seine Mitgliedschaft im Göttinger Historischen Institut zurückführte. Dass Kästner Feder „bat, um des gemeinen Besten willen aus der Gesellschaft auszutreten“,291 konnte zwar abgewendet werden; Kästners Neigung aber, seine persönlichen und fachlichen Fehden in ‚seine‘ Deutsche Gesellschaft zu tragen, dürfte die Sozietät bei seinen Gegnern und Kritikern in Misskredit gebracht haben. Häufig standen die Protagonisten nicht für sich selbst, sondern gehörten bestimmten Fraktionen an. Bereits erwähnt wurden die Greifswalder Streitigkeiten zwischen mitteldeutsch und schwedisch orientierten Dozenten, in denen Augustin Balthasar mit seiner Gesellschaftsgründung entschieden gegen den Gothizismus schwedisch orientierter Dozenten Stellung nahm. Auch am Gymnasium in Meißen sah sich die dortige Deutsche Gesellschaft dem Vorwurf ausgesetzt, zur Bildung von Parteien beizutragen.292
|| 287 Vgl. Species facti Schlözers, um 1771/72, ebd., f. 44. 288 Schlözer an die Regierung, den 30. Januar 1772, ebd., f. 29. 289 J[ohann] G[eorg] H[einrich] Feder’s Leben, Natur und Grundsätze, S. 73. 290 Vgl. Erb: Eine unabhängige Umsetzung unvorgreiflicher Gedanken?, S. 385f. 291 J[ohann] G[eorg] H[einrich] Feder’s Leben, Natur und Grundsätze, S. 74. 292 Vgl. das Schreiben von Johann Uhlisch, Rektor der Fürstenschule Meißen, vom 13. Juli 1752, SächsStA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900, f. 74: „Factiones sind am Tage, und habe ich solche leider mehr als zu sehr empfunden, empfinde sie auch noch, und ist die unter dem praesidio Hrn. M. Weißens aufgerichtete deutsche Gesellschaft, die aber nunmehro aufhöret, Beweises genug.“ Ähnliche Konflikte lassen sich auch bei den affinen Sozietäten in Stettin und der Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Kiel beobachten. – Vgl. die Auseinandersetzungen der Gesellschaft mit Prof. Philipp Friedrich Hane, Landesarchiv Schleswig-Holstein, Abt. 47 Nr. 149. Vgl. dazu Andreas Erb: „Dem Gymnasio mehr schädlich, als nützlich gewesen“? – Die „Redner- und Dichtergesellschaft zu Stettin“ (1751–1753). In: Baltische Studien. Pommersche Jahrbücher für Landesgeschichte 142 N.F. 96 (2010), S. 67–80.
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An allen Universitäten markierte die Stellung der einzelnen Fakultäten zueinander dauerhafte Streitpunkte, unter denen die Stellung der Philosophischen Fakultät einer der gravierendsten war. Die Programmatik der Deutschen Gesellschaften, die die Philosophie als grundlegende Wissenschaft zu etablieren suchte, drohte, die traditionelle Hierarchie der Disziplinen umzukehren und einen Streit der Fakultäten vom Zaun zu brechen. Auch innerhalb der Fakultät tummelten sich die neuen Gründungen auf bereits besetztem Terrain. Die Inhaber der für den Unterricht in Rhetorik und Poesie vorgesehenen Stellen gehörten zwar häufig zu den aktiven Mitgliedern, konnten andernfalls in den neuen Sozietäten aber auch unliebsame Konkurrenz erblicken. Bei der Bestätigung der Teutschen Gesellschaft in Jena waren deshalb sogleich mahnende Töne zu vernehmen, dass „die Unternehmung der Societät auch nicht der Verkleinerung des künftigen Herrn Prof. eloquentiae und poeseos gereiche“.293 Das Wirken Deutscher Gesellschaften konnte also durchaus die Balancen innerhalb einer Hochschule angreifen, nach oben gestaltete sich das Verhältnis durchaus problematisch. Insbesondere die landesherrlich privilegierten Gesellschaften boten einem Regenten ausreichend Gelegenheit, in die hoheitlichen Rechte der Universität ‚hineinzuregieren‘. An erster Stelle betroffen war das akademische Zensurrecht, das den Fakultäten und ihren Vertretern eine hohe Geltung im intellektuellen Leben des Territoriums ebenso wie Gebühreneinnahmen sicherte.294 In ihrem Bemühen um eine Bestätigung durch die Universität wies die Teutsche Gesellschaft Jena deshalb ausdrücklich darauf hin, dass sie keine Beeinträchtigung der akademischen Zensurrechte beabsichtige.295 In Greifswald hingegen hatte die Deutsche Gesellschaft zugleich mit der Privilegierung erreicht, ihre Schriften ohne Prüfung durch die Universität in Druck geben zu dürfen.296 Diese Schriften forderte die königliche Kanzlei fortan auch getrennt von jenen der Universität ab.297 Solche Privilegien hoben die Deutsche Gesellschaft spürbar aus dem akademischen Betrieb heraus und bargen reichlich Stoff für Auseinandersetzungen um deren engere oder weitere Auslegung. In Helmstedt wurde festgelegt, dass die Freiheit von der universitären Zensur nur für Schriften aus dem Bereich der
|| 293 Johann Jacob Lehmann an die Universität Jena, 25. November 1729, UAJ, M 74, f. 57v. 294 Vgl. zum Zensurrecht für Jena Wallentin: Fürstliche Normen und akademische „Observanzen“, S. 381f. 295 Vgl. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena, S. 37, § XXIII. 296 Vgl. den Begnadigungsbrief in: Gesetze der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, o.S. 297 Vgl. Schultz: Deutsche Gesellschaft Greifswald, S. 39.
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deutschen Sprache und der schönen Wissenschaften gelten sollte, andere Materien, insbesondere Theologica, aber weiterhin der universitären Zensur unterlägen.298 Bereits im Folgejahr kam es zu einem Streit über gedruckte Hochzeitscarmina zweier Mitglieder, die für die universitäre Zensur Gebühren entrichten sollten.299 Im Gegenzug nahm der ehemalige Gesellschaftsaufseher Johann Christoph Stockhausen eine Zensurbefreiung auch nach seinem Austritt in Anspruch und sorgte so für weitere Streitigkeiten. Die Universität ihrerseits rüttelte weiterhin am Zensurprivileg mit dem Einwand, daß die Gesellschaft aus fremden Sprachen theologische, politische, moralische oder andere Schriften übersetzen könnte, die anstößige Dinge enthielten, und ward beschlossen unterthänigste Ansuchung zu thun, daß alle Schriften der Gesellschaft, welche in die höhern Wissenschaften einschlügen, der gewöhnlichen Censur müßten unterworfen bleiben. Damit aber die Gesellschaft durch nichts gehindert würde ihren Endzweck zu betreiben, geschahe das unterthänigste Anerbiethen, die Censur solcher von der Gesellschaft zu edirenden Schriften ohnentgeltlich zu verrichten.300
Der Landesherr genehmigte das Ansinnen, entsprechende Streitigkeiten blieben aber an der Tagesordnung. Derartige auf Dauer gestellte Querelen blieben keine braunschweigische Eigenheit. In Königsberg durfte die Deutsche Gesellschaft die von den Mitgliedern gut geheißenen Schriften „ohne weitere Censur, drucken [...] laßen, in der gnädigsten Zuversicht, sie darunter alle gehörige Behutsahmkeit gebrauchen“.301 Die Regelung schuf keine Klarheit, sondern vor allem angespannte Beziehungen, wie Flottwell beklagte: „wir empfinden täglich den Nutzen hievon, da die Academie recht eyfersüchtig wird daß wir ohne Censur alles druken und schalten wie wir wollen, da wir immediate unter der Regierung stehen.“302 Selbst nach der zweiten Wiedergründung sorgte das Privileg noch für Auseinandersetzungen, als 1788 zum Tod des preußischen Tribunalrats Friedrich Ferdinand Tuckermann ein Trauergedicht erschien, dessen Legi und Imprimatur von Georg Ernst Sigismund Hennig, dem Direktor der Deutschen Gesell-
|| 298 Vgl. das Schreiben vom 20. Juli 1749, HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 18., sowie die Schilderung der Streitigkeiten bei Grußendorf: Helmstedt, S. 44f. 299 Vgl. HAB, Cod. Guelf. 356 Novi, f. 20f. 300 Schreiben des Senats der Universität Helmstedt, o.D., StAW, 37 Alt 976, f. 98. 301 Friedrich II. an die Deutsche Gesellschaft in Königsberg, den 18. August 1743, GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 84. 302 Cölestin Christian Flottwell an Johann Christoph Gottsched, den 12. Juni 1744. In: GBW 10, S. 137.
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schaft, stammte.303 Rektor und Senat wiesen daraufhin die universitären Buchdrucker an, Hennigs Legi und Imprimatur künftig nicht zu respektieren, wogegen sich dieser mit Verweis auf das Zensurprivileg an die Regierung in Königsberg wandte. Von dieser zu einer Stellungnahme aufgefordert, führte die Universität ins Feld, dass das Unternehmen nur von einzelnen Mitgliedern der Deutschen Gesellschaft getragen und genehmigt worden sei, und dass Legi und Imprimatur nicht unter die Zensurfreiheit fielen. Das von Immanuel Kant als Rektor unterzeichnete Schreiben, das mancher Spitzen gegen die Gesellschaft nicht entbehrte,304 wurde von der Regierung jedoch zurückgewiesen und die Gesellschaft in ihren Rechten belassen. Auch wenn persönliche Animositäten und andere Konstellationen in solchen Konflikten eine Rolle gespielt haben dürften, treten die strukturellen Gründe deutlich hervor. Unmut zogen sie im akademischen Kontext weniger durch ihre Sprach- und Literaturpflege auf sich, als durch die Unwuchten, die sie in das gelehrte Gefüge brachten. Joachim Georg Darjes, selbst Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Jena, wetterte gegen das Sozietätswesen: „Sie stiften, ohne Erlaubniß zu haben, Gesellschaften. Durchziehen die Professores und Ihre Lehre, laßen auch wohl solche Einfälle drukken, und maßen sich solche Rechte an, die [wir] nicht einmal den Professoribus verwilligen.“305 Nicht nur er sah in den neuen Zusammenschlüssen Störfaktoren des universitären Lebens, deren Ambitionen andere Hochschulangehörige zurücksetzte und das überkommene und mühsam austarierte System akademischer Rechte und Pflichten aushebelte. Es wäre jedoch nicht angemessen, nur die konfliktgeladenen Seiten des Verhältnisses von Universität und Sozietät einseitig in den Vordergrund zu stellen. Zahlreiche Deutsche Gesellschaften wurden von ihren Hochschulen, teils im Einklang mit dem Landesherrn, privilegiert. Wie andere gelehrte Gesellschaften konnte man sie eher als Ergänzung denn als Konkurrenz zu den Uni-
|| 303 Vgl. zu diesem Fall Walther Ziesemer: Kants Beziehungen zur Königlichen Deutschen Gesellschaft. In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte von Ost- und Westpreußen 17 (1942), S. 1–7. Vgl. auch GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9. 304 So bemerkten die Verfasser zur Frage, ob einzelne Mitglieder oder die gesamte Gesellschaft gemeint sei: „Entweder verstehen wir gar kein Deutsch mehr, oder die hiesige Deutsche Gesellschaft versteht ganz anders das Deutsche, als man es sonst gewöhnlich zu verstehen pflegt.“ – Immanuel Kant u.a. an die Regierung Königsberg, den 30. Juni 1788, zit. nach: Ziesemer: Kant, S. 4. 305 Rede von Joachim Georg Darjes während einer Dekanatssitzung in Jena im September 1759, zit. nach: Ulrike Lötzsch: Joachim Georg Darjes (1714–1791). Der Kameralist als Schul- und Gesellschaftsreformer. Köln, Weimar u. Wien 2016, S. 273.
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versitäten306 und als Beitrag zu einer weiteren Pluralisierung der gelehrten Landschaft begreifen. Integration und Kooperation lassen sich nicht nur aus dem häufigen Fehlen von Quellen zu Konflikten vermuten, sondern auch in vielen Fällen belegen. In Helmstedt gelang es, der Deutschen Gesellschaft einen festen Platz im gelehrten Leben, wenn auch nur am Rande der Universität, zu sichern. Dort unterrichtete das Gesellschaftsmitglied Friedrich August Wiedeburg nicht nur an der Universität, sondern engagierte sich auch für die Begründung des PhilologischPädagogischen Instituts. Dessen Mitglieder mussten der Deutschen Gesellschaft angehören;307 da Wiedeburg im Jahr der Institutsgründung 1779 zugleich Gesellschaftsaufseher wurde, erhielt die Deutsche Gesellschaft gemeinsam mit den Seminaristen Gelegenheit, sich sprachlich und rhetorisch zu schulen.308 An der Nachbaruniversität Göttingen waren Philologisches Seminar und Deutsche Gesellschaft durch die Person des Leiters Johann Matthias Gesner und zahlreiche Mitgliedsüberschneidungen vor allem der Gründergeneration eng verbunden.309 Derartige Institutionalisierungen und (Teil)inkorporationen blieben allerdings die Ausnahme. Rein zahlenmäßig stellten die Gesellschaftsmitglieder unter der Gesamtheit der Universitätsangehörigen eine Minderheit dar. Exemplarisch soll dies anhand der vermutlich vollständig dokumentierten Aufnahmejahrgänge der Deutschen Gesellschaften in Altdorf und Göttingen mit den Immatrikulationszahlen der beiden Universitäten veranschaulicht werden.310
|| 306 Vgl. Döring: Universitäten und gelehrte Sozietäten. 307 Vgl. Friedrich Koldewey: Geschichte der klassischen Philologie auf der Universität Helmstedt. Braunschweig 1895, S. 155. Vgl. zur Zielsetzung des Instituts Jens Bruning: Innovation in Forschung und Lehre. Die Philosophische Fakultät der Universität Helmstedt in der Frühaufklärung 1680–1740. Wiesbaden 2012, S. 162. 308 Vgl. Wilhelm Stalmann: Das Herzogliche philologisch-pädagogische Institut auf der Universität zu Helmstedt (1779–1810). Bd. 1. Blankenburg 1899: „In einer dritten Stunde, die eigentlich für die Herzogl. Deutsche Gesellschaft bestimmt ist, an der aber auch, da der Seminardirektor Vorsteher dieser Gesellschaft ist, das Seminar teilnimmt, wird zur Kultur der Muttersprache und des Geschmacks ein deutscher Aufsatz vorgelesen; auch giebt es Gelegenheiten zur Deklamation und zur Bekanntschaft mit der neuesten schönen Litteratur.“ 309 Vgl. Ossip Pothoff: Johann Friedrich Löwen (1727–1771) mit näherer Berücksichtigung seiner dramaturgischen Tätigkeit. Diss. Heidelberg 1904, S. 28. 310 Zu berücksichtigen ist dabei, dass nur die wenigsten Studenten sich unmittelbar nach der Immatrikulation um eine Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft bewarben, die Immatrikulierten sich also, wenn sie eintraten, erst in den Folgejahren abgebildet finden. Insofern ist ein Zeitversatz v.a. für die ersten Jahre der Gesellschaften in Rechnung zu stellen; ein Gesamteindruck der Relation zwischen Eingeschriebenen und Mitgliedern lässt sich dennoch gewinnen. Vgl. zu den Zeitspannen zwischen Immatrikulations- und Aufnahmedatum Kap. 3.3.2 Gelehrtheit.
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Unterschiede ergeben sich zum einen aus der unterschiedlichen Größe der Universität; gerade bei niedrigen Einschreibeziffern machte eine Deutsche Gesellschaft bei vergleichbarer Gesellschaftsgröße einen vergleichsweise hohen Anteil an der Gesamtheit der Studierenden aus. Schwankungen zwischen den Anteilen dürften sich auch aus der unterschiedlichen Position der Gesellschaftsleiter an der Universität und ihrem Einfluss auf die Studentenschaft ergeben haben. Gemeinsam ist beiden Sozietäten, dass die Deutschen Gesellschaften unter den Studenten rein zahlenmäßig nur eine Minderheit erreichten. Angesichts dessen, dass sich die Universität vielfach segmentierte und kleinere Fakultäten oder gar andere akademische Sozietäten auf vergleichbar geringe Anteile kommen dürften, sollte man die Deutschen Gesellschaften aber auch nicht als marginalisiert betrachten. Um ihren Rang an der Universität einschätzen zu können, müssen jenseits dieser Quantifizierungen andere Indikatoren gesucht werden.
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Als weiteren Indikator für die Stellung der Gesellschaften an den Hochschulen kann man das Ausmaß ansehen, in dem sie auf die universitäre Infrastruktur zugreifen konnten. Selbst wenig aufwändige Verrichtungen wie das Anschlagen gesellschaftlicher Veranstaltungen am Schwarzen Brett der Universität mussten von Letzterer genehmigt werden, entsprechend wurde eine Erlaubnis von den Sozietäten in Greifswald311 und Göttingen312 als Erfolg verbucht und kommuniziert. Ähnliches kann für die gedruckten Vorlesungsverzeichnisse313 gelten, wo die gesellschaftlichen Sitzungen häufig ungenannt blieben oder wie in Göttingen nur beiläufige Erwähnung fanden.314 Einen festen Platz fanden die gesellschaftseigenen Veranstaltungen beispielsweise in Helmstedt erst seit 1788, tauchten ab da jedoch bis zum Ende der Universität weitgehend durchgängig in den deutschen und lateinischen Vorlesungsverzeichnissen auf.315 In Wittenberg wurden die gesellschaftlichen und andere Hochschulveranstaltungen im Wittenbergschen Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes abgedruckt.316 Dass die Deutsche Gesellschaft in Königsberg in
|| 311 Vgl. die Bitte von Augustin Balthasar vom 16. Juli 1744 und die Vota, UA Greifswald, R 1483, f. 9. 312 Vgl. Gerhard von dem Busch an Abraham Friedrich Rückersfelder, den 14. Juni 1751, SUB Bremen, Bremensia b 440 nr. III, f. 171f.: „[...] und neulich hat die Gesellschaft die Freiheit in dem verschlossenen schwarzen Brette der Universität ihre Nachrichten und Anschläge anhaften zu lassen.“ Auch die Deutsche Gesellschaft Helmstedt ließ ihre Nachrichten am Schwarzen Brett anschlagen. So wurde die Ankündigung einer gesellschaftlichen Vorlesung nach einer Notiz am 14. Oktober 1751 vom Schwarzen Brett abgenommen. – HAB, Cod. Guelf 356 Novi, f. 115. 313 Vgl. zu dieser Quellengattung Ulrich Rasche: Seit wann und warum gibt es Vorlesungsverzeichnisse an den deutschen Universitäten? In: Zeitschrift für historische Forschung 36 (2009), S. 445–478. 314 Vgl. Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen. Zugabe zum 117. Stück vom 29. September 1755, S. 1096f.: „Herr. Pr. Murray lehrt um 8 die deutsche Beredsamkeit. Wer auch sonst eine Gelegenheit haben will, sich in der deutschen Sprache zu üben, der erhält solche durch die deutsche Gesellschaft, die alle Sonnabende um 2 auf einem Zimmer der UniversitätsApotheke zusammen kommt. Es können auch Fremde bey den Vorlesungen, nicht aber bey den Beurtheilungen gegenwärtig seyn: jedoch auch hiezu kann man sich den Weg eröffnen, und zum Ausarbeiten Recht und Verpflichtung erlangen, wenn man ein Mitglied der deutschen Gesellschaft wird.“ 315 Vgl. die Ergebnisse einer entsprechenden Datenbankabfrage auf der Website des Projekts Wissensproduktion an der Universität Helmstedt: URL: http://uni-helmstedt.hab.de/index.php? cPage=3&sPage=vorlesung [18.10.2017]. 316 Vgl. die entsprechenden Ankündigungen in: Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes, z.B. Bd. 6, Stück 19 vom 14. Mai 1773, S. 155, Stück 44 vom 5. November, S. 358, belegt für die Jahrgänge 1772–1782.
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einer Universitätsbeschreibung ausgiebig vorgestellt wurde, dürfte auf die Mitgliedschaft ihres Verfassers Johann Friedrich Goldbeck zurückzuführen sein.317 Aufwändiger und teilweise auch kostspieliger war die Frage, in welchen Räumlichkeiten die Sitzungen abgehalten wurden. Sozietäten, die als private Zirkel agierten, trafen im Wechsel in den Wohnungen ihrer Mitglieder zusammen,318 landesherrlich privilegierten Gesellschaften standen Räumlichkeiten in den Residenzen zur Verfügung.319 An den Hochschulen existierte eine ganze Bandbreite möglicher Versammlungsorte, die eine eindeutige Zuweisung zu privaten oder universitären Räumlichkeiten nicht zulassen. Stattdessen gab es von den Studentenwohnungen über die der Professoren bis hin zu den Hörsälen viele Schattierungen, die den Grad der Integration in das akademische Leben anzeigen. In rein studentischen Gesellschaften ohne Ambitionen auf obrigkeitliche Privilegierung dienten vermutlich die Wohnungen der Studenten als Versammlungsort.320 Die zweite Straßburger Sozietät tagte reihum in den Wohnungen der Mitglieder und Gönner.321 Für die weit überwiegende Zahl der Sozietäten war und blieben Wohnungen die ersten Versammlungsorte. Wurden sie von einem Dozenten geleitet, stellte dieser häufig seine Wohnung zur Verfügung, wie es in Leipzig zuerst der Präses Mencke322 und dann ihr Senior Gottsched, in Wittenberg Johann Daniel Titius323 oder in Frankfurt an der Oder Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr im ehemaligen Johanniterordenshaus324 praktizierten. || 317 Vgl. Goldbeck: Nachrichten von der Königlichen Universität zu Königsberg in Preußen, S. 146–152. 318 Vgl. für Basel Spiess: Basel anno 1760, S. 136; für Hamburg den Protokolleintrag vom 12. Januar 1715, SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 4b, f. 2. 319 Vgl. für Mannheim S. 491 in dieser Arbeit, für Königsberg Abb. 13. In Bernburg erhielt die Gesellschaft die fürstliche Bibliothek als Sitzungsraum. – Vgl. LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 1, f. 46. 320 Johann Wolfgang Helmes erwähnt, dass die erste Sitzung der Heidelberger Privatgesellschaft auf dem Zimmer des Mitglieds König abgehalten wurde. – Vgl. ders.: Pinselstriche zur Charakteristik der teutschen Privatgesellschaft, zit. nach: Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg, S. 82. 321 Sie tagte zuerst im Haus des Aktuars Salzmann, der in der Vorgängergesellschaft eine maßgebliche Rolle gespielt hatte. In der neuen Gründung war er zwar nicht in die Matrikel eingeschrieben, übernahm aber organisatorische Arbeiten. Nach dem Weggang von Lenz fanden die Sitzungen bei Johannes von Türckheim statt. Die letzte protokollierte Sitzung fand hingegen bei Johann Lorenz Blessig im Kloster St. Wilhelm statt. – Vgl. Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 26, 37, 52f. 322 Vgl. Nachricht von der erneuerten Deutschen Gesellschaft in Leipzig, S. 6f. 323 Vgl. die entsprechenden Ankündigungen in: Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes, z.B. Stück 19 vom 14. Mai 1773, S. 155,
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Einhergehend mit zu ihren Bemühungen um Rangerhöhung strebten aber viele Deutsche Gesellschaften danach, aus den privaten und halbprivaten Räumlichkeiten herauszukommen und mit der Nutzung universitärer Räumlichkeiten den erreichten oder erstrebten offiziellen Status zu untermauern. Die ersten Sitzungen der Göttinger Sozietät fanden in den Privatzimmern einzelner Mitglieder statt.325 1750 mietete sie bei dem Universitätsapotheker mehrere Räumlichkeiten als Versammlungssaal und Kammer für Bibliothek und Archiv,326 wofür ihr jährlich 30 Taler aus der Universitätskasse bewilligt wurden.327 An der Nachbaruniversität Helmstedt begann die Deutsche Gesellschaft ihre Versammlungen in der Wohnung des Mitglieds Georg Christian Wagner, für das Jahr 1761 sind Sitzungen im Collegium musicum belegt,328 für 1791 ein eigener Versammlungssaal im Juleum.329 In Jena folgten die Versammlungsorte zunächst dem Auditorium des leitenden Professors.330 Diese Tradition setzte sich fort, 1743 wurden die Versammlungen im Auditorium des Juradozenten Johann Rudolph Engau abgehalten.331 || Stück 44 vom 5. November, S. 358, belegt für die Jahrgänge 1772–1782. 324 Vgl. zu diesem Haus Ralf-Rüdiger Targiel: Relais Frankfurt an der Oder. Zu den Besuchen und Durchreisen Friedrichs des Grossen in und durch Frankfurt. In: Alexandra Kankeleit (Hg.): Friedrich/Fryderyk. Gedanken zum Preußenkönig in den Oderstädten Frankfurt und Słubice. Frankfurt a.O. 2012, S. 29–40, Abbildung des Hauses S. 34. 325 Vgl. die außerordentliche Sitzung vom 12. Juli 1738 „auf des Herrn Stocks Stube“, Protokolleintrag, SUB Göttingen, Hist. lit. 115, f. 70. 326 Vgl. Protokolleintrag vom 7. Februar 1750, ebd., f. 241. Dies wurde auch in der Universität am schwarzen Brett bekannt gegeben. – Vgl. Protokolleintrag vom 25. Februar 1750, ebd., f. 243. Vgl. zu den Einweihungsfeierlichkeiten: Art. Göttingen. In: Göttingische Zeitungen von Gelehrten Sachen. Stück 37 vom 13. April 1750, S. 290. 327 Vgl. Otto: Deutsche Gesellschaft in Göttingen, S. 33. Diese Zahlungen wurden bis 1792 entrichtet und stellen so das letzte „Lebenszeichen“ der Gesellschaft dar. – Vgl. UA Göttingen, Sek 433 (4), f. 37. 328 Vgl. StAW, 37 Alt 976, f. 118. 329 Vgl. Akademisches Taschenbuch zum Nutzen und Vergnügen für Studirende auf das Jahr 1791. Halle a.d.S. [o.J.], S. 176. 330 Vgl. Das in dem Jahr 1733 Blühende Jena, darinnen von dem Ursprunge der Stadt, Stifftung der Universität, und was sonsten zu dieser gehörig, besonders das Leben der Gelehrten erzehlet wird. Jena [o.J.], S. 56: „hält ihre öffentliche Versammlungen alle Sonnabende nach Mittag um zwey Uhr in dem Stollischen Lehrsaale“; Zusätze zu dem im Jahr 1743 und 1744 blühenden Jena, auf die Jahre 1745, 46, 47, 48 und 1749 durch M. J. C. M[ylius] & B. Jena [o.J.], S. 113: „Die Versammlungen dieser Gesellschaft pflegen noch bis Dato in dem so genannten Beckischen Hausse, und in dem Auditorio Herrn Prof. Müllers, als Ältesten dieser Gesellschaft, Sonnabends von 2 bis 3 Uhr nachmittags gehalten zu werden.“ 331 Vgl. Zusätze zu dem im Jahr 1743 blühenden Jena, auf das Jahr 1744, durch M. J. C. M[ylius] & B. Jena [o.J.], S. 33.
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Dagegen erreichte es die Gießener Gesellschaft, „nicht mehr in der Behausung des Aufsehers, sondern im medizinischen Hörsaal auf dem Universitäts Collegio“332 zu tagen. Die Nutzung universitärer Räumlichkeiten ist ferner in Erlangen mit dem kleinen Auditorium333 und für Greifswald mit dem Vorzimmer der Universitätsbibliothek334 bezeugt. Eine ähnliche Bandbreite findet sich an den Gymnasien. Die Wachsende Deutsche Gesellschaft am Zürcher Gymnasium nutzte ein „kleines Lusthäuschen, mitten in einem kleinen Ausgelände an der Sihl gelegen, genannt der Garten am Sellnau, dessen vorzüglicher Reiz eine romantische Lage und Aussicht ist“.335 In Bern versammelten sich die Mitglieder in der Wohnung des Inselpredigers Uriel Freudenberger,336 in Meißen in der des Lehrers und Leiters Weiße.337 An einem wesentlich repräsentativeren Ort, der Bremer Börse, fanden die Versammlungen der Bremischen Deutschen Gesellschaft statt.338 Dort konnte diese sogar einzelne Baumaßnahmen erreichen,339 musste aber im Gegenzug anderen Nutzungen weichen.340 Ein Wechsel des Versammlungsraums wurde nötig, da „der damalige H. Präsident H. Dr. Meier nicht mehr erlauben wollte, ihre Zusammenkunft fernerhin auf der Börse zu halten“341 – man wechselte in
|| 332 Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten 1764, Stück 4, S. 28. 333 Vgl. Beschluss des Senats vom 20. März 1755, UA Erlangen, A1/3 Nr. 24. 334 Vgl. Schreiben von Johann Carl Dähnert an den Rektor, den 20. Dezember 1751, UA Greifswald, R 1483, f. 10. 335 Hirzel: Die Gütleins- und Schnecken=Gesellschaft, S. 56. 336 „Unsere Versammlungen wurden auf jeden MittwochNachmittag von 2–6 Uhr angesetzt und in der Insel bey Herrn Freudenberger gehalten, wo auch unsere Bibliothek und eigene Schriften aufbehalten wurden.“ – Friedrich von Sinner: Erinnerungen, zit. nach: Wolfgang Friedrich von Mülinen: Daniel Fellenberg und die Patriotische Gesellschaft in Bern. Bern 1900 (= Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons Bern für 1901), S. 49. Der Sitzungstag wird von dem Inselprediger Uriel Freudenberger in einem Brief an Jakob Christoph Beck vom 23. Januar 1740 mit Freitag angegeben. – Vgl. Staehelin: Jakob Christoph Beck, S. 163. 337 Vgl. Christian Friedrich Weiße an den Rektor der Fürstenschule, den 5. April 1752, Sächs StA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900, o.S. 338 Vgl. Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen, S. 46. 339 Vgl. den undatierten Protokolleintrag [nach dem 4. Dezember 1748]. In: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 60: „Den 4ten konnte sich die Gesellschaft wiederum nicht versammeln. heute aber ließ ihr ein Hochedler und Hochweiser Rath einen Ofen setzen.“ 340 Vgl. den Protokolleintrag vom 9. Juli 1749. In: Ebd., S. 68: „Den 9ten konnte man sich nicht versammeln, indem das Zimmer zur Lotteriemischung gebraucht wurde.“ 341 Protokolleintrag vom 3. Dezember 1750. In: Ebd., S. 78.
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die Wohnung des Vorstehers Konrad Iken342 und später in das als „Hochzeit Hause“343 bezeichnete Kramer-Amtshaus. Das von verschiedenen Seiten als Veranstaltungsgebäude genutzte Haus forderte 1754 vergeblich eine Befreiung von der Pflicht, der Deutschen Gesellschaft das Zimmer gratis zur Verfügung zu stellen.344 Auch und gerade das als erfolgreich zu wertende Bremer Beispiel zeigt, wie wenig sich die Einbettung der Deutschen Gesellschaften in die lokalen und regionalen Konstellationen als einheitliche und bruchlose Entwicklung darstellen lässt. Die von den Sozietäten unterstellte Interessenkonvergenz bestand von vornherein nur in Teilen. Tatsächlich mischten sich auf beiden Seiten die Hoffnungen auf wechselseitige Stärkung der Reputation mit den unterschiedlichsten Bedenken; seitens der Hochschulen standen die Gesellschaften im Verdacht, als neues Element eingespielte Verhältnisse und Hierarchien zu stören und den Landesherrn zum Hineinregieren einzuladen, während die Sozietäten sich in eine problematische Abhängigkeit von teils mehreren und konkurrierenden Obrigkeiten begaben. Es oblag dem Rang und dem Geschick der gesellschaftlichen Protagonisten, in diesem Kräftespiel zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen. In vielen Fällen kann das Zusammenspiel der Obrigkeiten und gelehrten Einrichtungen mit den Deutschen Gesellschaften als gelungen bezeichnet werden. Dass Querelen nicht ausblieben, ist freilich nicht den Einzelpersonen oder den Sozietäten allein anzulasten; dass eine neue gelehrte Gründung sich harmonisch in eine ohnedies konfliktgeladene Hochschule oder höfihöfische Gesellschaft integriert hätte, war kaum zu erwarten. Doch wieviel galten die Propheten der erneuerten Gelehrsamkeit jenseits der lokalen und regionalen Verhältnisse in ihrem eigentlichen Vaterland, der Gelehrtenrepublik? Gleich, ob man diese ihrer personellen Ausdehnung nach als die Gesamtheit aller Gelehrten, unter Einbeziehung ihrer Praktiken als „Gefüge öffentlicher gelehrter Schriftlichkeit“345 oder als „imagined community“346 begreift – sie bildete das Publikum, vor dem die Deutschen Gesellschaften agierten.
|| 342 Vgl. Protokolleintrag vom 9. Dezember 1750. In: Ebd. 343 Protokolleintrag vom 5. Januar 1751. In: Ebd. 344 Vgl. Auszug des Protokolls der Wittheit vom 23. Januar 1754, Staatsarchiv Bremen, 2-T.5.g. Nr. 11. 345 Martin Gierl: Art. Gelehrtenrepublik. In: EdN 3 (2006), Sp. 389. 346 Den imaginierten Charakter des Begriffs betont die Definition als „Idee einer Vereinigung aller Gelehrten“ von Wolfgang Knispel: Art. Gelehrtenrepublik. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. v. Joachim Ritter. Bd. 3. Basel 1974, Sp. 226.
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Dieses Publikum hat auf verschiedenen Kanälen Rückmeldung darüber gegeben, wie es das Wirken der Deutschen Gesellschaften einschätzte. Welchen Stellenwert die direkte Kommunikation mit den Sozietäten dabei beanspruchte, ist schwer zu sagen, da sich einschlägige Quellen nur verstreut erhalten haben. Als Zeichen hoher Achtung können in jedem Fall die Gesuche um Aufnahme als Mitglied gelten,347 daneben war vor allem die Deutsche Gesellschaft in Leipzig und ihr Senior Gottsched als Richter in sprachlichen Dingen348 und Lieferant von Gelegenheitsdichtung349 gefragt. Auch deren Häupter aber ließen in vertraulichem Briefwechsel über ihre Sozietät verlauten: „Ich finde, daß sie außer Leipzig einen weit größern Beyfall genüßet als in Leipzig […].“350 Wie hoch die Reputation der Deutschen Gesellschaften tatsächlich war, ist kaum noch zu bestimmen. Wichtiges Medium gelehrter Selbstvergewisserung in der Frühaufklärung war die Historia literaria, in deren Kompendien die Sozietätsbewegung durchaus prominent351 und mit lobenden Worten352 vertreten war. Dass viele der Verfasser selbst Mitglieder der Sozietätsbewegung waren, ist dabei weder als Zufall noch als ‚Unterwanderung‘ zu werten, sondern zeigt an, dass die Ziele gelehrter Habitusänderung sowohl im Medium gelehrter Nachschlagewerke als auch über solche Sozietäten verfolgt wurden.353 Sich als Gegenstand der Historia literaria gewürdigt zu wissen, bedeutete für die Deutschen Gesellschaften, in einem System vertreten zu sein, das ihnen die Sichtbarkeit in der gelehrten Welt über tagesaktuelle Zeitschriften hinaus sicherte und sie in einem Kanon anerkannter Wissenschaftsakteure etablierte.354 Über
|| 347 Vgl. Kap. 3.1 Motive. 348 Vgl. Döring: Literaturstreit, S. 67. 349 So gab bspw. Friedrich August von Ponickau ein Gedicht bei der Deutschen Gesellschaft in Leipzig auf die Rückkehr des Kurfürsten in Auftrag. – Vgl. Heldt: Der vollkommene Regent, S. 36f. 350 Johann Friedrich May an Johann Christoph Gottsched, den 31. Mai 1730. In: GBW 1, S. 379. 351 Vgl. den ausführlichen Artikel über die Deutsche Gesellschaft in Göttingen in: Beyträge zur Historie der Gelahrtheit. Zweyter Theil, S. 254–258. 352 So hofft Gundling: Vollständige Historie der Gelahrheit. Bd. 4, S. 643: „Daß sich unsere Teutsche Sprache, ie länger, desto größeres Aufnehmen, von dieser Gesellschaft, zuversprechen habe […]“. 353 Vgl. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied. Johann Paul Reinhard, selbst Mitglied der Deutschen Gesellschaften in Jena, Göttingen und Erlangen, bilanzierte, diese hätten „zur Verbesserung der teutschen Sprache nicht wenig beygetragen“. – Ders.: Einleitung zu einer allgemeinen Geschichte der Gelehrsamkeit. Bd. 1. Erlangen 1779, S. 140. 354 Vgl. zur Gattung der Historia literaria Frank Grunert u. Anette Syndikus: Historia literaria. Erschließung, Speicherung und Vermittlung von Wissen. In: Dies.: Wissensspeicher der Frü-
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die den Historiae literariae folgenden Bibliographien355 hielten sich manche ihrer Werke bis in das beginnende 19. Jahrhundert.356 Einen gewissen Bekanntheitsgrad sicherten den Deutschen Gesellschaften ferner die Reisebeschreibungen, die aus den gelehrten Reisen heraus entstanden waren.357 Analog zu den Historiae literariae waren es auch hier häufig Gesellschaftsmitglieder wie Johann Stephan Pütter, die den Sozietäten in seiner Göttinger Universitätsbeschreibung einen Platz reservierten.358 Der Status als kurfürstliche Sozietät sicherte der Deutschen Gesellschaft in Mannheim einen festen Platz in den Residenzbeschreibungen des späten 18. Jahrhunderts.359 Als üblicher, häufiger und gut zugänglicher Indikator können weiterhin die Rezensionen der gesellschaftlichen Veröffentlichungen angesehen werden.360 Die ambitionierten Publikationen aus Leipzig stießen wohl auch aufgrund der hohen Reputation ihres Seniors Gottsched auf positive Resonanz,361 auch nach
|| hen Neuzeit. Formen und Funktionen. Berlin u. Boston 2015, S. 243–293; Tilo Werner: Art. Historia literaria. In: HWRh 10 (2012), Sp. 361–365. 355 Eine erste – allerdings die Schriften der Sprachgesellschaften einbeziehende – bibliographische Erfassung von Schriften der Deutschen Gesellschaften leistet Rüdiger: Neuester Zuwachs der teutschen, fremden und allgemeinen Sprachkunde in eigenen Aufsätzen, Bücheranzeigen und Nachrichten. Stück 4. Leipzig 1785, S. 159–169. 356 Vgl. die Einträge einzelner Schriften bei Reuss: Repertorium commentationum. Bd. VIII u. IX. 357 So führte Gottlob Friedrich Krebel in seiner Reisebeschreibung die Deutschen Gesellschaften zu Königsberg und Greifswald im Programm auf. – Vgl. ders.: Die vornehmsten Europäischen Reisen, wie solche durch Deutschland, die Schweiz, […]. Teil 2. Hamburg [o.J.], S. 167 u. 226. Anton Friedrich Büsching erwähnt die Deutsche Gesellschaft in Greifswald. – Vgl. ders.: Neuer Erdbeschreibung dritten Theils zweyter Band, welcher den schwäbischen, bayerischen, fränkischen und obersächsischen Kreis enthält. 4. Aufl. Hamburg 1765, S. 2279. 358 Vgl. Pütter: Versuch, S. 270–272. 359 Vgl. Pfälzischer kleiner Kalender auf das Jahr 1780. Enthält die Geschlechts-Verzeichnisse aller in Europa herrschenden Häuser; nebst einer vollständigen Anzeige der pfälzischen Merkwürdigkeiten. Mannheim 1779. Der Eintrag zur Deutschen Gesellschaft, hier S. 58, findet sich auch in den folgenden Jahrgängen. Vgl. auch: Description de ce qu’il y a d’interessant et de curieux dans la residence de Mannheim et les villes principales du Palatinat. Mannheim 1794, S. 10; Baron de Bock: Relation d’un voyage fait dans le Palatinat et dans quelques autres parties de l’Allemagne en 1782. [o.O.] 1784, S. 25: „Il y a à Manheim une Académie des Sciences & une Académie Allemande.“ 360 Derzeit in der Entwicklung ist das Portal: https://gelehrte-journale.de/startseite/ Rechercheinstrumente benennen. Herangezogen wurden ferner der IDZ (Index Deutschsprachiger Zeitschriften 1750–1815) sowie der IdRZ (Systematischer Index zu deutschsprachigen Rezensionszeitschriften des 18. Jahrhunderts). Aufgrund der Vielzahl von allein auf diesem Weg ermittelbaren Rezensionen können hier nur besonders aussagekräftige angeführt werden. 361 Vgl. bspw. Art. Hamburg. In: Hamburgische Berichte von neuen Gelehrten Sachen. No. XXI vom 13. März 1736, S. 177: „Wie die deutsche Gesellschaft in Leipzig sich um unsere Mutter-
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dem Niedergang der Gesellschaft erfuhren sie noch wohlwollende Würdigungen.362 Indem die Leipziger Publikationen aber selbst als kritische Instanz auftrat, riefen sie Gegenstimmen auf den Plan.363 Gegner solcher Reformbestrebungen sahen sie als ‚Sonderlinge‘ an, die vom bewährten Kanzleistil abwichen und „gantz besondere Grillenfängereyen zu Regeln gemacht“364 hätten. Mit dem Ende der Tätigkeit der Leipziger Gesellschaft freilich änderten sich die Rezeptionsbedingungen grundlegend. Die Inhalte der in der Folge erscheinenden Werke waren nur allzu häufig als gelehrte Gehversuche einzustufen, was den Herausgebern meistens nur zu gut bewusst war. Darauf, in den Rezensionsorganen als epochemachende Werke gefeiert zu werden, durften sie kaum hoffen. Ein positives Echo war höchstens aus den Reihen anderer Deutscher Gesellschaften zu erwarten. Dabei allerdings fühlten sich manche unter dem Verdacht, die Sozietäten „hätten es miteinander abgeleget, bey aller Gelegenheit ein ander heraus zu streichen“.365 Die publizistischen Erstlinge der Altdorfer Gesellschaft jedenfalls erfreuten sich im Kreise der der Teutschen Gesellschaft || sprache und den guten Geschmak in der gebundenen und ungebundenen Beredsamkeit sehr verdient gemacht hat, […].“ 362 Vgl. Michael Konrad Curtius: Die Geschichte der teutschen Beredsamkeit in einer Rede. In: Ders.: Kritische Abhandlungen und Gedichte. Hannover 1760, S. 149: „Erreichten Ihre [der Deutschen Gesellschaft in Leipzig] Reden gleich die Hoheit der Ausländer nicht, so waren sie doch von den Fehlern der vorigen Zeiten gereiniget“. Selbst der große Kritiker der Deutschen Gesellschaften, Friedrich Nicolai, räumte ein: „Ich finde wirklich, daß der Name der deutschen Geselschaften, den Geselschaften, die sich denselben zueignen, in sehr uneigentlichem Verstande zukomt. Alle diejenigen zusammen, die wir bis itzo gehabt haben, und noch haben, haben nicht so viel Verdienste um die deutsche Sprache, als die einzige nunmehr untergegangene deutsche Gesellschaft in Leipzig; Es ist gewiß, daß die Wissenschaften und Künste, durch Geselschaften empor gestiegen sind, aber dis ist nur insofern geschehen, als diese Geselschaften Werke zu stande gebracht haben, zu denen die Kräfte eines einzigen nicht zugereicht hätten.“ – Ders.: Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland mit einer Vorrede von Gottlob Samuel Nicolai (1755). In: Ders.: Sämtliche Werke. Briefe. Dokumente. Bd. 3, S. 126. 363 Vgl. Carl Ehrenfried Siebrand [Christoph Ernst Steinbach]: Johann Christian Günthers, des berühmten schlesischen Dichters, Leben und Schriften. Gedruckt in Schlesien 1738, Vorrede, o.S., Anmerkung a: „Man hat sich zu Anfange von der Deutschen Gesellschaft ungemeine Vorurtheile eingebildet, besonders, dass sie zur Aufnahme und Beförderung unserer MutterSprache ausschlagen sollte, jetzo aber erfolgt recht das Widerspiel, denn wer auch was zur Beförderung derselben schreibt, wird in ihren Schriften, wie unser Günther im 14. Stücke der Beyträge Blat 188 recht jungen-mäßig herunter gemacht“. 364 Johann Leonhard Rost: Neuer Vorrath Teutscher Briefe: nebst einer kurzen Erinnerung, was bey der Erlernung zu mercken ist. Nürnberg 1732, S. 68. 365 [Rez.] Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig eigene Schriften und Übersetzungen. In: Nova Jenensium litteraria Bd. 1 (1740), S. 26.
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in Jena nahestehenden Jenaischen Beyträge einer wohlwollenden Beurteilung, die das pro et contra solcher Publikationen abwog: Denn das ist freylich nicht zu verlangen, daß gleich nach Errichtung einer teutschen Gesellschaft von ihr Sammlungen geliefert werden müssen, die im Stande wären, solche Gesellschaften und ihre Stifter in dem Angesichte unserer ganzen Nation zu erheben. Indessen ist auch das wahr, daß man so unbillig nicht ist, das Schreiben als eine nothwendige Pflicht eben errichteter Gesellschaften anzusehen. Ein wenig mehr Zurückhaltung ist unsers Erachtens derselben allemahl rühmlicher und vortheilhafter, als eine gar zu zuversichtliche Begierde, sich der Welt zu zeigen. Die teutsche Gesellschaft zu Altdorf hat sich aber nicht gefürchtet, zum Vorscheine zu kommen, und gewissermaßen hat sie daran nicht Unrecht gethan.366
Kritische Töne gegenüber den gesellschaftlichen Publikationen freilich blieben angesichts ihrer dürftigen Qualität keineswegs aus.367 In der zweiten Jahrhunderthälfte wendete sich mit dem Vordringen des Geniegedankens und der Etablierung des freischaffenden Schriftstellers368 das Blatt; gelehrte Übungen hatten immer weniger auf verständnisvolle Aufmunterung zu hoffen, sondern scharfe Kritik bis hin zur satirischen Verspottung zu fürchten. Insbesondere die spät gegründeten und publikationsfreudigen Gesellschaften in Altdorf, Bernburg und Mannheim wurden zum bevorzugten Prügelknaben des meinungsmächtigen Berliner Publizisten Friedrich Nicolai.369 Eine Rezension der Altdorfer Schriften beendete dieser mit dem Aufruf: „O wenn man doch dergleichen Gesellschaften von ihrer eigenen Unbeträchtlichkeit recht lebhaft überzeugen könnte, damit sie nicht unsere Nation weiter bey den Ausländern lächerlich machen möchten.“370 Ähnlich qualifizierte er den Bernburger publizistischen Erstling als unfreiwillige Satire.371 Auch in anderen seiner Schriften wie dem
|| 366 Art. Altdorf. In: Jenaische Beyträge zur neuesten gelehrten Geschichte auf das Jahr 1757. Stück 20 vom 16. Mai 1757, S. 157. 367 Vgl. Altonaische Gelehrte Zeitungen 1745. Stück 78 vom 7. Oktober, S. 635f.: „Die mehresten Mitglieder […] haben sich, ohne Zweifel ihrem Herrn Directori zu gefallen, und in Nachahmung desselben, in eine sehr laconische Schreibart verliebt. Es scheint, als ob sie sich ein Gewissen daraus machten, mehr als 5 oder 6 Worte in einen Periodum zu bringen. Wir zweifeln, daß wir hieran einen Geschmack finden werden. Und so wird die deutsche Gesellschaft zu Königsberg in Preussen ihre Grenzen und ihre Herrschaft nicht weit ausbreiten.“ 368 Vgl. Kap. 7.1 Verlieren. 369 Vgl. zu Nicolai Rainer Falk u. Alexander Košenina (Hg.): Friedrich Nicolai und die Berliner Aufklärung. Hannover 2008, dort auch ältere Literatur. 370 Briefe, die neueste Literatur betreffend. Theil 19 (1764), S. 78. 371 Vgl. die Rezension zu: Schriften der fürstl. anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Erstes Stück. In: Allgemeine Deutsche Bibliothek. Bd. 1 Stück 1 (1765), S. 289: „Michael Panfords Abh.
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Sebaldus Nothanker372 oder dem Vademecum für lustige Leute goss Nicolai seinen Spott über die ungelenken Bemühungen dieser Sozietäten aus: „[...] und womit könnte die Deutsche Gesellschaft in Bernburg eines allgemeinen Beyfalls gewisser seyn, als durch Endigung Ihrer, obzwar unschätzbaren, dennoch von dem undankbaren Deutschland wenig geachteten Schriften.“373 Weit über das Rezensionswesen hinaus nahmen Autoren wie Johann Karl August Musäus,374 Johann Gottfried Herder375 oder Johann Jacob Ebert376 die Sozietätsbewegung aufs Korn. Dass viele dieser Satiren allzu wohlfeil waren, wurde durchaus angemerkt377
|| von der Rechtmäßigkeit der Satyren – und zwar selbst eine Satyre. Wir wagen nicht, unsere Meynung darüber zu sagen, wir möchten sonst in die gedrohete Fortsetzung mit eingerückt werden.“ 372 Vgl. Friedrich Nicolai: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 1. Berlin 1773, S. 16: „Er studierte also nicht Allein in den Collegien, sondern auch in den Caffeehäusern, bey den Jungemädgen, in den Dorffschenken und überhaupt cavaliermäßig in der großen Welt. Er machte auch Verse und Satiren, wodurch er denn bald ein Mitglied der deutschen Gesellschaft des Ortes ward.“ 373 Vademecum für lustige Leute enthaltend eine Sammlung angenehmer Scherze witziger Einfälle und spaßhafter kurzer Historien aus den besten Schriftstellern zusammengetragen, zweiter Theil, der Hochlöblichen Deutschen Gesellschaft in Bernburg zugeeignet. Berlin 1776, o.S. – Vgl. zu den Angriffen auf die Bernburger Gesellschaft Erb: Bernburg, S. 153–157. 374 Vgl. Johann Karl August Musäus: Physiognomische Reisen vor ein physiognomisch Tagebuch. Altenburg 1778, S. 15: „War mein Gevattersmann und guter Freund, Mag. Oelgötz aus meinem Kirchsprengel, ein rechtlicher Mann, für den sich kein Käfer darf blicken lassen, ohne gespießt zu werden, auch Mitglied der deutschen Gesellschaft zu Bernburg.“ Vgl. zu dem Werk Ulrich Klein: Die deutschsprachige Reisesatire des 18. Jahrhunderts. Heidelberg 1997, S. 195– 199. 375 Vgl. Johann Gottfried Herder: Über die neuere deutsche Literatur. Fragmente. Hg. v. Regine Otto. Berlin u. Weimar 1985, S. 24: „[...] und von so vielen ‚Deutschen Gesellschaften‘ haben nur zwei oder drei gezeiget, daß sie auch nur so etwas zu liefern imstande wären.“ 376 Vgl. Johann Jacob Ebert: Tapeten. Erstes bis zweytes Dutzend. Wittenberg 1771, S. 22: „17. Erklärung. Eine deutsche Gesellschaft ist nichts anders, als eine gewisse Anzahl von Leuten, die deutsch können sollten. Wer die Logik nicht so gut studirt hätte, als ich, der würde gewiß die Definition so eingerichtet haben: eine deutsche Gesellschaft ist eine Gesellschaft von Personen, die wirklich deutsch können. Das wäre nun eben so subtil und richtig, als wenn man einen Professor einen Mann nennen wollte, der collegia läse, anstatt zu sagen, der collegia lesen sollte.“ 377 Vgl. Anonym: [Rez.] Abhandlungen und Poesien. Königsberg 1771. In: Deutsche Bibliothek der schönen Wissenschaften. Bd. 6, Stück 24, S. 625f.: „Es sey ferne, über unsere deutsche Gesellschaften hier zu spotten, und die nachzuahmen, die ihren Witz am liebsten zeigen, wenn sie von ihnen reden. Ich halte sie für sehr nützliche Einrichtungen. Sie entzünden auf den Universitäten eine gewisse Liebe zu der Litteratur; sie beleben eine gewisse Nacheifrung, sie verursachen, daß manches gute Buch gelesen wird, daß mancher seine Musse, die er sonst unangewandt lassen würde, auf ihm nützliche Bemühungen wendet“.
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und den gesellschaftlichen Schriften aller angebrachten Kritik ungeachtet durchaus Verdienste zugestanden.378 Ein einhelliges Urteil der gelehrten Welt über die Deutschen Gesellschaften lässt sich den Quellen somit nicht entnehmen, dennoch lassen sich einige Charakteristika erkennen. Während zu Beginn der Sozietätsbewegung die Deutsche Gesellschaft in Leipzig zwar nicht unumstritten, aber in weiten Kreisen anerkannt war, hatte die weitere Rezeption dem gewandelten Charakter dieser Gesellschaften Rechnung zu tragen. Als Übungsgesellschaften konnten sie mit überschwänglichem Lob für ihre Produkte kaum rechnen, durchaus aber Anerkennung für ihre Bemühungen ernten. Dass viele der gesellschaftlichen Protagonisten in der Historia literaria und den gelehrten Journalen eine wichtige Rolle spielten, dürfte das Bild zusätzlich aufgehellt haben. Mit dem Wandel vom dichtenden Gelehrten hin zum Schriftsteller schlug die wohlwollende Beachtung der literarischen Fingerübungen zusehends in Missachtung und Spott um, ohne dass sich die Qualität der gesellschaftlichen Produkte grundlegend geändert hätte. Der Verlust an Reputation allerdings war nur Teil eines immer deutlicher werdenden Niedergangs, den die Deutschen Gesellschaften in der zweiten Jahrhunderthälfte durchliefen.
|| 378 Vgl. Fortsetzung der Geschichte der Deutschen Dichtkunst. In: Hannoverisches Magazin. Stück 7 vom 22. Januar 1768, Sp. 101: „Ihre Bemühungen überhaupt schafften der deutschen Litteratur Liebhaber […] Daß sie gute Dichter hervor gebracht, oder daß der gute Geschmack würcklich durch sie gebildet worden, das wird man itzt wohl nicht mehr einräumen, ungeachtet man gestehen muß, daß es ihre völlige Absicht war.“
7 Enden 7.1 Verlieren Als Samuel Gottlieb Wald die Geschichte und Verfassung der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen herausgab, bemerkte ein Rezensent: „Fast ein zu hohes Alter für eine deutsche Gesellschaft!“1 In der Tat waren in diesem Jahr viele gerade der größeren Deutschen Gesellschaften schon erloschen, andere kaum noch wahrnehmbar. Dieser Befund ist keineswegs auf die Krisen und Kriege infolge der Französischen Revolution zurückzuführen, sondern markiert lediglich den Endpunkt einer jahrzehntelang rückläufigen Mitgliederentwicklung, die das Ende der meisten Gesellschaften mit sich brachte:
Dabei sind die vorhandenen Daten über den Niedergang der Deutschen Gesellschaften verstreuter und ungenauer als jene über ihren Aufstieg. Quellen wie Mitgliederlisten und Protokolle, die bis in die 1750er Jahre die Mitgliederentwicklung teilweise minutiös wiedergeben, finden sich seltener, auch Nachrichten über Mitgliedsaufnahmen sind sporadischer, so dass von höheren ‚Dunkelziffern‘ unter ihnen ausgegangen werden kann. Viele dieser verstreuten Nachrichten allerdings thematisieren diese Neuaufnahmen ausdrücklich als
|| 1 Art. Königsberg. In: Göttingische Anzeigen von gelehrten Sachen. Stück 124 vom 4. August 1794, S. 1248. https://doi.org/10.1515/9783110776218-008
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Einzelfälle,2 und eben das spärlichere Fließen solcher Quellen signalisiert, dass die Maschinerien des gesellschaftlichen Betriebs mit seinen Nachweisführungen immer häufiger ins Stottern und schließlich ganz zum Erliegen kamen. Schwierig ist es auch, das Ende der Gesellschaften auch nur annähernd so präzise wie viele ihrer Gründungen zu datieren; selten sind Fälle wie die Teutsche Privatgesellschaft in Altdorf, deren Mitglied Christian Karl Link einen eigenen Aufhebungsakt forderte: Kann sie nicht gut erhalten werden, so laßt sie sterben, aber mit Ehren, eigener Wahl, und wenn’s sein kann, mit Pomp. Es wird jeder unter uns dankbar für die angenehmen darin genossenen Stunden seyn, als daß er hämisch wünschen sollte, den schwachen, entkräfteten Greiß mit Schande, oder einem Rippenstoß in die Grube hinunter zu stoßen.3
Die Satzungen der Gesellschaften sahen bis auf Bestimmungen zum Verbleib der Bibliothek keine eigenen Auflösungsverfahren vor. Die Büchersammlung gab denn auch in Bremen den Anlass zu einer formelleren Auflösung, als die verbliebenen Mitglieder im Januar 1793 den Verbleib der Bibliothek, „jetzt, da die Gesellschaft getrennt und so gut als erloschen ist“,4 klären wollten und eine Liste der „noch übrigen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft“ erstellten.5 Stimmen, die überzeugt waren, „daß es blos einer Anregung bedürfe, um die Gesellschaft in Flor zu bringen“,6 verhallten wirkungslos. Auch den Zeitgenossen war bereits nicht mehr klar, ob es um die Gesellschaften nur still geworden war oder ob sie schon eingegangen waren.7 In Jena räumte anlässlich einer der
|| 2 So Johann Philipp Cassels Antwort auf die Neuaufnahme zweier Bremer Mitglieder im Jahr 1769: „Unsere Gesellschaft hat bisher in Betracht neuer anzutretendter junger Mitglieder gleichsam im Schlummer gelegen. Die Ursachen davor zu untersuchen, würde hier zu weitläufig fallen“. – SUB Bremen, CS 83 Nr. 24, S. 2. – Vgl. auch Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften, S. 22. 3 Gottlieb Christian Karl Link, „Dritte Musterung der teutschen Gesellschaft und ihrer Glieder“ vom 16. Juli 1783, GNM PBO LXXX. 4 Zit. nach: Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 43. 5 SUB Bremen, Bremensia b 440, f. 140. 6 So das Mitglied Johann Friedrich Gildemeister, zit. nach: Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 44. 7 Vgl. bspw. zur Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft in Bernburg Johann Georg Meusel, einem der aufmerksamsten Beobachter des publizistischen Geschehens, der vermutete, „daß sie nunmehro abgestorben ist, oder doch wenigstens schläft (denn seit geraumer Zeit höret man von dieser ansehnlichen Gesellschaft nichts“. – Vr. [Johann Georg Meusel, Identifikation nach dem Index deutschsprachiger Zeitschriften des 18. Jahrhunderts]: [Rez.] Johann Ludewig Anton Rust: Historisch-litterarische Nachrichten von den jetzt-lebenden Anhaltischen Schriftstellern. Erster Theil. Wittenberg u. Zerbst 1776. In: Allgemeine Deutsche Bibliothek. Bd.
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letzten dokumentierten Mitgliedsaufnahmen der Vorsteher ein, „daß die meisten dieser Gesellschaften unbedauert, ja! oft unbemerkt eingeschlafen und verloschen sind“.8 Selbst ihr gelegentliches Auftauchen in der Publizistik oder in Vorlesungsverzeichnissen war vermutlich eher Appell als Indiz wirklicher Aktivität,9 so dass das Ende der meisten Gesellschaften lediglich anhand ihres letztmaligen Auftauchens in den Quellen datierbar ist. Allen Unschärfen zum Trotz zeichnet die obenstehende Graphik ein differenziertes Bild der Entwicklung. Unübersehbar ist der Niedergang, der sich sowohl im kontinuierlichen Mitgliederschwund als auch in der allmählichen Häufung von Gesellschaftsauflösungen niederschlug. Deutlich wird ebenso, dass der Niedergang dieser Sozietätsbewegung kein jäher Absturz war, sondern ein sich über mehrere Jahrzehnte hinziehender Prozess, der regional stark unterschiedlich verlief. Während die mitgliederstarken Deutschen Gesellschaften in Jena und Göttingen in der Versenkung verschwanden, gründeten sich im Süden des Reichs viele Gesellschaften neu;10 erst 1793, als gerade die Bremische Deutsche Gesellschaft in Auflösung begriffen war, kam es am Gymnasium in Preßburg zur letzten, vermutlich aber kurzlebigen Neugründung. Das Ende des Alten Reichs und den Wandel seiner Universitätslandschaft überlebten offensichtlich nur die Gesellschaften in Leipzig und Königsberg. Fragt man nach den Gründen dieses Niedergangs, lassen sich für viele Sozietäten konkrete, häufig personengebundene Ereignisse anführen. Der Tod der Schlüsselfigur(en) dürfte in Jena11 und Bernburg,12 ihr Weggang an einen anderen
|| 30 Stück 1 (1777), S. 595; zur Königsberger Deutschen Gesellschaft Anonym: [Rez.] Friedrich Samuel Bock: Versuch einer wirthschaftlichen Naturgeschichte von dem Königreich Ost- und Westpreußen. In: Allgemeine Deutsche Bibliothek. Bd. 55 Stück 2 (1783), S. 471f.: „Die deutsche Gesellschaft in Königsberg ist nicht seit einigen Jahren, wie der V. sagt, ausser aller Aktivität, und ihr Versammlungssaal auf dem Schlosse wird diesem Institut noch aufbewahrt; sie hat vielmehr gänzlich aufgehört, und der erwähnte Saal ist jetzt mit zu den Versammlungen der kgl. Regierung daselbst bestimmt.“ 8 Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften, S. 25. 9 So kündigte bspw. die Deutsche Gesellschaft Göttingen Versammlungen im öffentlichen Winterauditorium an und lud Interessierte ein. – Vgl. Wissenschaften überhaupt. In: Göttingische Anzeigen von Gelehrten Sachen. Stück 150 vom 2. September 1785, S. 1498. In den Vorlesungsverzeichnissen der Universität Jena ist bis zum Wintersemester 1787/88 eine„Zusammenkunft der herzoglichen deutschen Gesellschaft bei ihrem Aufseher, dem Hn CammerRath Wiedeburg“ aufgeführt. – Vgl. Das Vorlesungsangebot an der Universität Jena von 1749 bis 1854. Hg. v. Horst Neuper. Teil I. Weimar 2003, passim. 10 Vgl. die Karte in Kap. 1.2.4 Sich Ausbreiten. 11 Vgl. Marwinski: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena, S. 118f. 12 Vgl. Erb: Bernburg, S. 157.
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Wirkungsort etwa in Kronstadt, Marburg, Straßburg und Wittenberg das Ende eingeleitet oder besiegelt haben. In Leipzig folgte dem Austritt Gottscheds ein rapider Niedergang, eine gänzliche Auflösung fand jedoch nicht statt. Dass Querelen mit den Leitern nicht zwangsläufig das Ende der Gesellschaft bedeuteten, zeigen auch die langlebigen Sozietäten in Jena und Bremen. Gravierender wirkte es sich aus, wenn die Gründungsjahrgänge die Hochschulen verließen, ohne dass zuvor ausreichend neue Mitglieder rekrutiert worden waren. In Göttingen durchlief die Gesellschaft schon in den ersten Jahren eine schwere Krise, in deren Folge sie Mosheim als „Leib ohne Geist“13 einschätzte, von der die Sozietät sich aber wieder erholte und sogar erheblichen Zuwachs erfuhr. Ähnlich verlief die Entwicklung in Helmstedt. Diese Probleme ergaben sich aus der hohen Fluktuation der Mitgliederschaft und stellten von Beginn an eine Gefährdung des Fortbestehens dar.14 Wurde eine Deutsche Gesellschaft vor Ort indes für sinnvoll angesehen, waren ‚Neustarts‘ durchaus möglich, so dass die Frage offen bleibt, warum diese in der zweiten Jahrhunderthälfte zusehends ausblieben. Neben diesen internen Gründen sind als gravierende Beeinträchtigungen der Sozietäten der Siebenjährige Krieg und insbesondere die Revolutionskriege anzusehen, die zahlreiche Orte und Hochschulen mit Deutschen Gesellschaften in Mitleidenschaft zogen. Der Deutschen Gesellschaft in Königsberg wurde ausgerechnet der hart erkämpfte Titel einer königlichen Gesellschaft unter russischer Besatzung zum Verhängnis: Der Gouverneur ging im Schlosse umher, um einige ihm angezeigte Baumängel in den Sessionszimmern näher und selbst zu untersuchen. Er wird auf einmal über der Thür unsers Versammlungssaals die Tafel und auf dieser Tafel das Wörtchen: Königlich gewahr. Das war genug, um ihn ins Feuer zu setzen – gleich Wegräumung, Aufhebung, Vernichtung eines solchen Instituts mit der äußersten Heftigkeit anzudrohen. – man hätte also eher die Benennung bei Königsbergisch belassen sollen und russische Feiern mit Reden bedenken sollen.15
Die Gesellschaft verlor ihren Platz im Schloss, und die Mitglieder konstituierten sich erst wieder nach Kriegsende. Direkte Einwirkungen blieben ansonsten die Ausnahme. Im anhaltischen Bernburg verzögerten die Kriegswirren die Gründungsversammlung der Gesellschaft,16 die deshalb ohne die vorgesehene Auf-
|| 13 Johann Lorenz Mosheim an Johann Christoph Gottsched, den 25. September 1740. In: GBW 7, S. 117. 14 Vgl. Kap. 3.3.1 Größe und Frequenz. 15 Wald: Geschichte der königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen, S. 865f. 16 Vgl. Aufzeichnung Rusts vom 10. März 1761 (Abschrift), LASA, Z 18, C 9m Nr. 1 Bd. 2, f. 2.
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führung einer Festkantate über die Bühne gehen musste.17 Zumeist jedoch markierte der Siebenjährige Krieg eher eine Unterbrechung als ein Ende gesellschaftlicher Tätigkeit. Dies gilt für die Gesellschaften in Göttingen,18 Bremen,19 Wittenberg,20 Greifswald21 und Helmstedt;22 die Deutsche Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Halle hatte sich sogar mitten im Siebenjährigen Krieg konstituiert.23 Als gravierender sind die Folgen der Revolutions- und Napoleonischen Kriege und die daraus folgenden Gebietsveränderungen einzuschätzen, die für mindesten zwei größere Deutsche Gesellschaften das Ende bedeuteten. In der vom Krieg stark beeinträchtigten Kurpfalz geriet auch die Mannheimer Akademie unter erhebliche Sparzwänge, so dass ihr der Kurfürst die jährlichen Zahlungen an die Deutsche Gesellschaft erließ.24 Erst mit dem Anfall Mannheims an Baden projektierte ihr ehemaliger Geschäftsverweser eine Wiederbelebung in einer Eingabe an Karl Friedrich von Baden,25 die hinhaltend beantwortet wurde.26 Mit gleichem Ergebnis verlief ein erneuter Versuch bei dem Schriftsteller und badischen Ministerialdirektor Bentzel-Sternau.27 Braunschweig-Wolfenbüttel wurde mit seiner Universität Helmstedt Teil des Königsreichs Westphalen, in dem nun die Weiterexistenz der Hochschulen erörtert wurde. In dieser Debatte warf Friedrich August Wiedeburg auch die Helmstedter Deutsche Gesellschaft in die Waagschale. Er beschwor den Schweizer
|| 17 Vgl. den Bericht über die Sitzung, ALB BB 10710, f. 123–132. 18 Vgl. Otto: Göttingen, S. 38, der allerdings fälschlicherweise ein völliges Ende annimmt. 19 Für 1762 konstatierte man „durch die Unruhen des Krieges, gehemmte Versammlungen der Gesellschaft“, die nach Kriegsende aber fortgeführt wurden. – Johann Nonnen an Rochus Lynar, den 10. Juni 1762, SUB Bremen, Bremensia b 440 Nr. III, f. 231. 20 Vgl. Matthias Meinhardt: Ohnmacht – Trauer – Hoffnung. Wahrnehmung und Deutung der Zerstörung Wittenbergs im Siebenjährigen Krieg. In: Evangelischen Predigerseminar (Hg.): Von Krieg und Frieden (Wittenberger Sonntagsvorlesungen). Wittenberg 2019, S. 73f. 21 Vgl. Schulz: Greifswald, S. 66f., der den Abgang Augustin von Balthasars als wesentlicher für das Erlöschen der Gesellschaft ansieht. 22 Vgl. Alschner: Universitätsbesuch in Helmstedt, S. 119–121. 23 Vgl. Ellenberger: Natürliche Gottesgelahrtheit, S. 74. 24 Vgl. die Verfügung vom 24. Februar 1794, Landesarchiv Speyer A 17 Nr. 260 f. 195. 25 Anton von Klein an Herzog Karl Friedrich von Baden, den 6. Dezember 1802, UB Heidelberg, Hd. Hs. 294 Bd. 1, f. 151f. 26 Vgl. den Auszug aus dem Protokoll des Geheimen Rats vom 17. Dezember 1802, ebd., f. 153. 27 „Sollte die teutsche Gesellschaft nicht durch eigne Kräfte der Mitglieder und vor der Hand in beschränkterer Wirkung zum Wieder-Erwachen gelangen können? [...] – die bei uns leider immer gegen Wissenschaft und Kunst gerichtete Finanzbedenklichkeiten können dann aus einem bestimmten Gesichtspunkte und mit bestimmten Mitteln angegangen und gehoben werden.“ – Karl Graf von Benzel-Sternau an Anton von Klein, den 15. August 1809. In: Merkwürdige Autografen, S. 289.
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Historiker und Direktor des öffentlichen Unterrichts in Westphalen, Johannes von Müller, den gesellschaftlichen Patriotismus zu respektieren und zu fördern: Nachdem fast alle andern Bande des deutschen Vaterlandes aufgelöst sind, ist die Cultur der Sprache und das Festhalten der edlern Züge des National-Charakters, besonders des ausdauernden Fleisses, in gründlicher Erlernung der Wissenschaften ein um so wichtigerer Gegenstand der Jugendbildung geworden.28
Appelle wie diese verhallten ungehört; nur wenige Monate später endete mit der Universität Helmstedt auch deren Deutsche Gesellschaft. Die aufgezählten Faktoren können das Ende vieler einzelner Gesellschaften mit ganz konkreten Gründen erklären. Häufiger aber kam es vor, dass Gesellschaften nach solchen Ereignissen entweder die unterbrochene Tätigkeit wiederaufnahmen oder sich gänzlich neugründeten. Dass die Deutschen Gesellschaften sich seit den 1760er Jahren in einem langsamen, aber stetigen Niedergang befanden, verlangt also nach einer weitergehenden Erklärung. Letztlich waren die diskutierten Faktoren eher Anlass als Ursache für Niedergang und Ende der Sozietätsbewegung. Auch wenn Johann Ludwig Anton Rust behauptete, der „Mangel des Patriotismus ist ohne Zweifel eine der vornehmsten Ursachen hiervon“,29 so ist dies eher als Dokument der Verbitterung denn als Ansatz einer Erklärung zu werten. Interessanter ist dagegen die Deutung des bremischen Bürgermeisters Heineken: „Vielleicht lag die Ursache auch in der zu zahlreich gewordenen Anzahl ihrer Mitglieder, deren viele für die Sache keinen wahren Sinn hatten und sich mit dem akademischen Gepränge begnügten, […] bis sie nach 30 Jahren in der Stille gänzlich einschlief“.30 Dass für viele die Mitgliedschaft in einer honorigen Sozietät wichtiger als die dort zu erlernenden Kompetenzen, mithin das soziale wichtiger als das kulturelle Kapital war, dürfte gerade bei vor Ort angesehenen Gesellschaften wie der bremischen eine Rolle
|| 28 Friedrich August Wiedeburg an Johannes von Müller, den 13. Juni 1808. In: Paul Zimmermann: Briefe aus den letzten Jahren der Universität Helmstedt. In: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 9 (1910), S. 91. Vgl. auch den Brief des Mitglieds Gottfried Gabriel Bredow an Johannes von Müller, den 18. November 1808. In: Briefe an Johann von Müller. Bd. 3, S. 175: „Euer Excellenz erlauben, daß ich Ihnen unsere hiesige deutsche Gesellschaft insbesondre empfehle. Sie wird unsern Studirenden sehr nützlich durch die Uebungen in freien Vorträgen und schriftlichen Aufsätzen, wozu sie Gelegenheit bietet; die bessern Köpfe der Universität nehmen daran Theil, und mitunter suchen es auch Auswärtige, Ehrenmitglieder zu seyn.“ 29 Rust: Historisch-literarische Nachrichten. Bd. 1, S. 42. 30 Christian Abraham Heineken: Geschichte der freien Hansestadt Bremen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Franzosenzeit. Hg. v. Wilhelm Lührs. Bremen 1983, S. 47.
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gespielt haben.31 Selbst dort aber bleibt zu fragen, warum eine programmatische Erneuerung im Sinne einer Rückkehr zu den Wurzeln ausblieb. Mit Akzent auf den Zielen der Sozietätsbewegung, aber doch auch im Sinne eines ‚Abstiegs durch Erfolg‘ ist die Deutung von Felicitas Marwinski: „Ab Mitte der 50er Jahre setzt die Phase des Verfalls ein. Der Gesellschaftstyp ‚Deutsche Gesellschaft‘ hatte sich überlebt, die deutsche Sprache nahm inzwischen den ihr gebührenden Platz ein. Damit war die Hauptforderung erfüllt.“32 Tatsächlich hatte die deutsche Sprache seit der Jahrhundertmitte erheblich an Boden gutgemacht, die gezielte Beschäftigung mit ihr versandete oder stagnierte aber keineswegs. Ganz im Gegenteil sind in der zweiten Jahrhunderthälfte eine erhebliche Ausdifferenzierung der Sprach- und Literaturpflege sowie eine Ausweitung der Diskussionen um Patriotismus zu beobachten. Hier wäre also eher zu fragen, warum die Deutschen Gesellschaften an diese mächtigen Strömungen nicht anzuschließen vermochten, warum sie also an einem Ausbau der schließlich auch von ihnen gelegten Fundamente nicht teilhatten. Die geringe Dauer einer aktiven Mitgliedschaft wurde als Grund einer strukturellen Instabilität bereits benannt; sie erklärt jedoch lediglich den regelmäßigen Abgang vieler Mitglieder, nicht aber das zunehmende Ausbleiben von Neueintritten. Dafür kann nur begrenzt der Rückgang an Immatrikulationen33 als Grund angegeben werden, teilt sie diese Voraussetzung doch mit anderen, aufstrebenden Geselligkeitsformen. Schrumpfung des Rekrutierungsfeldes, Weggänge, Querelen und Kriege wären zu meistern gewesen, wenn nicht schlicht immer weniger Personen sich dazu entschlossen hätten, einer Deutschen Gesellschaft beizutreten. Eine tragfähige Deutung des Niedergangs dürfte also auf der Ebene der Beitrittsmotive zu vermuten sein. Boten die Deutschen Gesellschaften potenziellen Mitgliedern also kein ausreichend hohes Maß an kulturellem und sozialem Kapital mehr? Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Sozietätslandschaft in der zweiten Jahrhunderthälfte immer weiter ausdifferenzierte und Beitrittskandidaten an Hochschulen und andernorts aus einer Vielzahl konkurrierender Soziabilitätsformen wählen konnten, unter denen die Deutschen Gesellschaften nicht mehr zur Avantgarde zählten. Doch auch damit wird die Ursachendiskussion eher auf die Frage verschoben, warum sich die Deutschen Gesellschaften in diesem Konkurrenzfeld immer weniger behaupten konnten. Eine Antwort dürfte bei ihrem || 31 Inwieweit sich in den letzten Jahrzehnten die Mitgliederstruktur weg von den Studenten des Gymnasiums hin zu städtischen Honoratioren wandelte, lässt sich mit den vorliegenden Daten nicht bestimmen. 32 Marwinski: Fabricius, S. 98. 33 Vgl. die Statistik bei Franz Eulenburg: Die Frequenz der deutschen Universitäten von ihrer Gründung bis zur Gegenwart. Leipzig 1904, S. 132.
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Kernanliegen und dem gewählten Weg der Umsetzung zu suchen sein. Als eine Reformbewegung zur Aufwertung des gelehrten Habitus hatten sie auf das Format einer Übungsgesellschaft gesetzt, in der regelgerechtes Produzieren und Kritisieren als Weg erschien, nicht nur ebensolche Werke vorzulegen, sondern damit den Gelehrtenstand weltläufiger und nützlicher zu machen. Wenn allerdings einerseits gilt, dass „die Theorie von der Lehrbarkeit der Poesie nie zuvor so populär wie Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts“ gewesen ist,34 so muss andererseits konstatiert werden, dass im Verlauf des 18. Jahrhunderts die Kompetenz, regelgerechte Reden und Gedichte zu verfertigen, zunehmend in die Kritik geriet. Ihr Tauschwert als kulturelles Kapital sah sich durch den Boden gewinnenden Geniegedanken35 zusehends herabgesetzt. Natürliche Begabung und Originalität schätzte man dort höher als die erfolgreiche Erlernung und Einübung bestehender Regeln. Bereits Isaak Iselin schrieb über die Göttinger Deutsche Gesellschaft: „[S]o mag doch vielleicht diese Gesellschaft selbst überhaupt keinen besseren Geschmack haben als der Pöbel der Studierenden. […] Ein Gedicht ist in ihrem System nichts anderes als Worte, die ordentlich in Zeilen gesetzt sind, die hinten reimen, und wo sie keine finden, da finden sie keine Poesie.“36 Gegen Ende des 18. Jahrhunderts war der systematisch-lehrhafte Zug des Systems nicht mehr en vogue und stand quer zur neuen Wertschätzung des regelverachtenden Originalgenies.37 „Große Dichter bringt nur die Natur hervor, aber selten. Dichterlinge zu ziehen, verlohnt sich der Mühe nicht.“38 – Dies hatte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts endgültig durchgesetzt und war eine bildungspolitische Maxime geworden. Mit der Lehrbarkeit des Dichtens und Schreibens stand auch die Gelehrsamkeit als deren Nährboden immer mehr zur Disposition.39 Der für das und vom Schreiben lebende Schriftsteller ersetzte zunehmend den „Gelehrten, der nebenbei ‚Dichter‘ ist“.40 Eine solche Entwicklung traf die Deutschen Gesellschaften in zweierlei Hinsicht. Als Übungsgesellschaften agierten sie unter der Voraussetzung, dass Dichtung ein Regeln folgendes und somit durch Einübung erlernbares Hand|| 34 Heldt: Der vollkommene Regent, S. 34. 35 Vgl. dazu in Studien zu Einzelpersönlichkeiten Jochen Schmidt: Die Geschichte des GenieGedankens in der deutschen Literatur, Philosophie und Politik 1750–1945. 2 Bde. Darmstadt 1985. 36 Isaak Iselin an Jean Rodolphe Frey, den 19. Dezember 1747, zit. nach: Ferdinand Schwarz: Isaak Iselin als Student in Göttingen (1747/48). In: Basler Jahrbuch 1916, S. 142. 37 Vgl. Bosse: Die gelehrte Republik, S. 73. 38 Bericht von Franz von Fürstenberg an die Preußische Regierung über die Lehranstalten des Hochstifts Münster, nach 1802, zit. nach: Bosse: Dichter kann man nicht bilden, S. 193. 39 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 751: „Seit Lessing, Klopstock und Herder kommt die Legitimation des Dichtens nicht mehr den Gelehrten und der Gelehrtheit zu.“ 40 Dirk Niefanger: Art. Gelehrtenliteratur. In: HWRh 3 (1996), Sp. 673.
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werk sei. Diese Annahme sah sich durch den Geniegedanken ebenso in Frage gestellt wie die seit Jahrhunderten unhinterfragte Einordnung als „schöne Wissenschaften“, mit der die Pflege der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit den Gelehrten überantwortet worden war. Johann Christoph Wilhelm Steck kanzelte den Sozietätstypus Deutsche Gesellschaft ab, als Joachim Georg Darjes sein Projekt einer Gelehrten Gesellschaft in Frankfurt an der Oder einreichte: „Ich bin von den meisten ein Mitglied, und weiß daher das Lächerliche, Törichte und Ungereimte davon nur allzuwohl.“ Solche Gesellschaft seien „weiter nichts, als practische Übungs-Collegia“.41 Das bis dato wohlwollende Verständnis der literarischen Kritik für die gelehrt-dichterischen Gehversuche war keine Selbstverständlichkeit mehr. Noch zu Beginn der 1750er Jahre formulierte eine Rezension: Man muß aber billig seyn, und von angehenden Rednern und Dichtern nicht nach aller Schärfe urtheilen, sondern sie durch ein gemäßigtes Lob zu vortrefflichern Ausarbeitungen aufzumuntern suchen. Es kommen also in dieser Sammlung unterschiedene Stücke vor, welche schon einige Achtung verdienen, und von dem geschickten und fähigen Geiste ihrer Verfasser zeugen.42
Auf derlei Verständnis konnten die Gesellschaften nun immer weniger hoffen; mit Friedrich Nicolai fanden sie einen ebenso wortgewaltigen wie wirkungsmächtigen Kritiker, der ihre Schriften wiederholt abkanzelte: „Die Schriften, die sie heraus geben, sind zuweilen die deutlichsten Beweise, wie wenig ihre Mitglieder der Sprache und der schönen Wissenschaften, über die sie richten sollen, mächtig sind.“43 Ein weiterer Verriss Nicolais44 brachte die von ihm betroffene Deutsche Gesellschaft in Altdorf auf:
|| 41 Gutachten Johann Christoph Wilhelm Stecks vom 8. Januar 1765, GStA PK, I. HA Rep. 51 Nr. 1, f. 8. Laut Henkel: Die Gesellschaft der freyen Künste zu Leipzig, S. 356, war Steck lediglich Mitglied von Gottscheds Gesellschaft der freyen Künste, der Jenaer Societas Latina und der Berliner Akademie. Vgl. zum Gründungsprojekt Darjes’ Brigitte Meier: Die „Gelehrte Gesellschaft der Künste und Wissenschaften“ in Frankfurt an der Oder (1766–1811) – „Modeerscheinung“ oder wissenschaftliches Netzwerk? In: Reinhard Blänkner (Hg.): Europäische Bildungsströme. Die Viadrina im Kontext der europäischen Gelehrtenrepublik der Frühen Neuzeit (1506–1811). Schöneiche 2008, S. 225–253. 42 Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen. N. LIII, Juli 1752, S. 476. 43 Friedrich Nicolai: Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland mit einer Vorrede von Gottlob Samuel Nicolai (1755). In: Ders.: Sämtliche Werke. Briefe. Dokumente. Bd. 3, S. 126. 44 Vgl. Briefe, die neueste Literatur betreffend. Theil 19 (1764), 288. Brief, S. 61–80.
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Wir sind nicht stolz auf ihren Werth und kennen ihre Güte oder Mängel gar wohl: sie sollen nichts als ein Beweis seyn, daß die Glieder unserer Gesellschaft nicht unbeschäftiget gewesen, und sich in allerley Aufsätzen geübet haben. Wenn man in der gelehrten Welt alle Schriften verbannen wollte, die nicht Meisterstücke eines großen Genie sind, und wenn man den angehenden Dichter und Redner gar nicht wollte schreiben lassen, weil er nicht wie Mosheim und Haller schreibt, müßte man die Welt ganz umändern, und die Freiheit zu denken und zu schreiben aufheben.45
Kritik und Gegenkritik offenbarten, dass hier grundverschiedene Auffassungen über den Literaturbetrieb aufeinanderprallten. Nicolais Kritik an den Altdorfer Schriften war „im Hinblick auf die literarische Qualität mancher dieser Elaborate berechtigt […], verkannte aber damit doch etwas den Charakter der Einübung in eine an mitteldeutschen Vorbildern orientierte Sprach- und Publikationskultur“.46 Die Teutsche Gesellschaft in Jena hingegen kam den Verfechtern des Geniegedankens ein Stück weit entgegen: Alle dergleichen gesellschaftliche gesezliche Verbindungen, heist es, thun einen jeden Genie einen unleidlichen Zwang an – Wahrer Geist bildet und hebt sich schon selbst, gefahrlos; in solchen Verbindungen aber ist er unsicher und in Gefahr unnatürlich, nach einen Leisten geförmelt, gezwungen, ja gar verdorben zu werden.47
Wenn Johann Ernst Basilius Wiedeburg in der Folge argumentierte, dass auch Genies gesellschaftlicher Bindung bedürfen, mochte dies in der Sache zutreffen – dass die Sitzung, in der diese Rede gehalten wurde, zugleich die letzte bezeugte Veranstaltung der Jenaer Gesellschaft war, macht zugleich deutlich, wie wenig die raison d’être der Deutschen Gesellschaften noch galt. Mit ihren abschätzigen Urteilen legten Nicolai und andere den Grundstein für eine bis heute dauernde Sicht auf die Deutschen Gesellschaften. Dass diese aber letztlich Maßstäbe des ostentativ regelverachtenden Geniebegriffs rückprojiziert, weist sie ihrerseits als einer Historisierung bedürftig aus.
7.2 Beerben Wenn auch viele Deutsche Gesellschaften sich ohne direkte Vorgänger gründeten, so gab es doch zahlreiche Soziabilitätsformen, an die sich diese Neugründungen anlehnen konnten. Lässt sich umgekehrt feststellen, dass Deutsche Ge|| 45 Verzeichnis der sämtlichen Schriften der deutschen Gesellschaft zu Altdorf. In: Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1, S. 528f. 46 Seiderer: Repräsentant der Aufklärung in Altdorf, S. 235. 47 Wiedeburg: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften, S. 23.
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sellschaften ihrerseits den Weg für neue Soziabilitätsformen bereiteten oder dass aus ihnen sogar Gesellschaften anderen Zuschnitts mehr oder weniger direkt hervorgingen? Lässt sich gar von einem Weiterleben oder einem Erbe dieser Sozietätsbewegung sprechen? Für die weitaus meisten Deutschen Gesellschaften sind zwar Bemühungen zur Wiederbelebung,48 aber keine Nachfolger bekannt. In einigen Fällen jedoch lassen sich solche Übergänge beobachten, und diese setzten früh ein. Noch vor der Reform der Deutschen Gesellschaft in Leipzig hatte sich die Teutschübende Gesellschaft in Hamburg aufgelöst, deren Mitglieder bald eine Neugründung anstrebten.49 Ende 1723 traten sie als Herausgeberkreis der Moralischen Wochenschrift Der Patriot wieder zusammen, der sich in deren Vorrede als „Patriotische Gesellschaft“ titulierte. Dass die weitgehende Identität des Mitgliederstamms keine Reihung biographischer Zufälle war, bezeugt das Mitglied Michael Richey mit seiner rückblickenden Bemerkung, dass „nicht lange hernach, aus denselben Mitgliedern, in die Stelle der erloschenen Grammatischen Gesellschaft, eine Moralische, nehmlich die Patriotische, wieder eintrat“.50 Als Keimzelle sonstiger Patriotischer Gesellschaften51 haben die Deutschen Gesellschaften andernorts aber nicht fungiert; lediglich für die affine Sozietätsbewegung der Gesellschaften der schönen Wissenschaften und freien Künste lässt sich ein weiterer Übergang zu einer Patriotischen Gesellschaft beobachten.52 In Erlangen geriet eine Nachfolgegesellschaft in Konflikt mit der noch bestehenden, wenn auch nicht mehr aktiven Teutschen Gesellschaft, als sie sich 1768 mit einem öffentlichen Redeakt ankündigte. Dies brachte den Senior der älteren Gesellschaft, Philipp Ludwig Statius-Müller, gegen sie auf, der forderte,
|| 48 In Greifswald bspw. versuchte Johann Carl Dähnert 1763, die Gesellschaft wieder zu beleben, hatte damit aber keinen Erfolg. – Vgl. Theophil Coelestin Piper: Gedächtnißschrift auf Herrn Johann Carl Dähnert, gewesenen Königl. ordentlichen Professor der Philosophie und des Schwedischen Staatsrechts, und Bibliothecarius auf der Königl. Universität zu Greifswald. Greifswald 1786, S. 14. Vgl. zu Anton von Kleins Bemühungen in Bezug auf die Mannheimer Gesellschaft S. 516 in dieser Arbeit. 49 Vgl. Barthold Heinrich Brockes an Johann Jacob Bodmer, den 19. November 1723. In: Litterarische Pamphlete aus der Schweiz nebst Briefen an Bodmer. Zürich 1781, S. 28: „Was unsere deutschübende Gesellschaft betrift, ist selbige zwar eine Zeit her durch einige Zufälle unterbrochen worden; wir sind aber jedoch nicht außer Hoffnung, sie dereinst zu reassumiren.“ 50 Richey: Idioticon Hamburgense, S. XIII. Vgl. zur Kontinuität der Teutschübenden zur Patriotischen Gesellschaft Krieger: Patriotismus in Hamburg, S. 109–117. 51 Vgl. zu diesen Rudolf Schlögl: Die patriotisch-gemeinnützigen Gesellschaften. In: Helmut Reinalter (Hg.): Aufklärungsgesellschaften. Frankfurt a.M. u.a. 1993, S. 61–81. 52 Vgl. Sieglinde Graf: Aufklärung in der Provinz. Die sittlich-ökonomische Gesellschaft von Ötting-Burghausen 1765–1802. Göttingen 1993.
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die alte Teutsche Gesellschaft möge in ihre landesherrlich verbrieften Rechte als alleinige wiedereingesetzt werden. Letztlich konnte diese Trotzreaktion der verbliebenen Mitglieder keine Neuaktivierung auslösen. Statius-Müller legte mit seiner Berufung auf ein Archidiakonat 1771 sein Seniorenamt in der Gesellschaft auch formell nieder.53 Das neu gegründete Institut der Moral und der schönen Wissenschaften verstand sich ausdrücklich als eine Einrichtung, die „die ehedem allhier blühende teutsche Gesellschaft in einer etwas veränderten Gestalt wieder aufgerichtet“,54 und lehnte sich in der Ausrichtung als Übungsgesellschaft eng an ihre Vorgängerinstitution an. Da die Gesellschaften der schönen Wissenschaften und freien Künste in vielem an die Deutschen Gesellschaften anknüpften, waren Verwechselungen beider Sozietätsformen die Regel, zuweilen wurden die einen auch als Erben der anderen angesehen.55 Ein Übergang im engeren Sinne scheint allerdings nur in Danzig stattgefunden zu haben, wo die verbliebenen Mitglieder der Deutschen Gesellschaft der Wissenschaften 1758 in die Gesellschaft zur Übung der schönen Wissenschaften eintraten.56 Als affin schon ihrer Zielsetzungen wegen können auch die Literarischen Gesellschaften angesehen werden: Gründungen wie der Göttinger Hain haben sich in manchen Dingen an die dortige Deutsche Gesellschaft angelehnt, können aber kaum als Nachfolger angesehen werden.57 Weitaus häufiger auszumachen sind Übergänge zu einer Soziabilitätsform, die erst im 19. Jahrhundert ihren Aufschwung erlebte, nämlich den Altertumsvereinen. Einen solchen Weg schlug in Bremen Johann Philipp Cassel58 ab den 1760er Jahren mit zahlreichen Einladungsschriften zur bremischen Geschichte ein,59 ohne allerdings der Gesellschaft Bestand sichern zu können. Dies gelang weit über das 18. Jahrhundert hinaus in Königsberg, dort allerdings mit fließenden Übergängen. Als organisatorischer Anlass dieses Wandels sind die Neubegründung der zwischenzeitlich erloschenen Sozietät durch Georg Ernst Sigis-
|| 53 Vgl. zu diesem Vorgang Wedel-Schaper: Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen, S. 261–263. 54 Georg Friedrich Seiler: Kurze Nachricht von dem Hochfürstlichen Institut der Moral und der schönen Wissenschaften auf der Friedrich=Alexanders=Akademie. Erlangen 1773, S. 7. 55 Vgl. für Leipzig die Fehleinschätzung von Johann Gotthelf Lindner: Lehrbuch der schönen Wissenschaften. Zweiter Theil. Königsberg u. Leipzig 1768, S. 26: „Die Leipz. Gesellsch. bestehet jetzt als eine Gesellschaft der freien Künste überhaupt.“ 56 Vgl. Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig, S. 44. 57 Der Göttinger Hain tagte zur gleichen Zeit wie die Deutsche Gesellschaft und bezog damit erkennbar Opposition zu ihr. – Vgl. Paul Kahl: Das Bundesbuch des Göttinger Hains. Edition – Historische Untersuchung – Kommentar. Tübingen 2006, S. 282. 58 Vgl. zu seiner Tätigkeit Elsmann: Johann Philipp Cassel. 59 Vgl. Weber: Bremische Deutsche Gesellschaft, S. 78–80.
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mund Hennig 1783 und die Vereinigung mit der Freien Gesellschaft anzusehen. Diese „wurde vom Hofrath und Professor der Beredsamkeit Gütther im Jahre 1743 gestiftet, und erlosch unter dem Professor Werner im J. 1762“.60 Gegenüber seinem Korrespondenzpartner Gottsched betonte er in Abgrenzung zur Deutschen Gesellschaft, die Freie Gesellschaft sei von Beginn an mit verschiedensten Themen, so beispielsweise „den Geschichten der in Preußen blühenden adlichen Familien beschäfftiget“.61 Als „Nebenbuhlerin der Königlichen Deutschen Gesellschaft“62 galt sie ihren Chronisten noch aus der Rückschau. Vorschläge des mit beiden Vorsitzenden korrespondierenden Gottsched zu einer Vereinigung wurden offensichtlich nicht ernsthaft verfolgt.63 Nach ihrer Wiederbegründung 1787 vereinigte sie sich schon im Folgejahr mit der Deutschen Gesellschaft,64 deren gemeinsame Publikationen mit der Begründung des Preußischen Archivs auf die ‚vaterländische Geschichte‘ einschwenkten. Ähnlich in der Verbindung von thematischer Umorientierung und organisatorischer Vereinigung war die Konstellation in Leipzig. Niedergang und Zusammenschluss stellten sich im Nachhinein wie folgt dar: Nach und nach in ihrer Thätigkeit unterbrochen, geboten ihr endlich ungünstige Zeiten Stillstand. Die beiden einzigen annoch übrigen, wirklichen und in Leipzig anwesenden Mitglieder, Herr Probst D. Stieglitz und Hr. Oberhofgerichtsrath D. Blümner, wünschten der gänzlichen Auflösung dieser Gesellschaft vorzubeugen und hielten bei den Hindernissen, die der Wiederherstellung derselben nach ihrer ehemaligen Einrichtung entgegenstanden, für rathsam, sie mit unserem Vereine in Verbindung zu bringen, der gleichfalls die Literatur, obschon seither nur die der älteren Zeiten, in das Auge fasste, und sonach ähnliche Zwecke mit jener Gesellschaft verfolgte. Die Verbindung kam am 5. April des jetzigen Jahres zu stande.65
|| 60 Ludwig von Baczko: Versuch einer Geschichte und Beschreibung Königsbergs. 2. Aufl. Königsberg 1804, S. 342. 61 Christian Heinrich Gütther an Johann Christoph Gottsched, den 1. Oktober 1745. In: GBW 11, S. 7. 62 Konrad Philipp Dieffenbach: Geschichte der ehemaligen freien Gesellschaft zu Königsberg in Preussen von ihrem Ursprung an, bis zu ihrer Vereinigung mit der Königlichen Deutschen Gesellschaft. Vom Jahre 1743–1788. In: Preußisches Archiv V (1794), S. 131. 63 Vgl. dazu die Darstellung in: GBW 14 (im Druck). 64 Vgl. Baczko: Versuch, S. 342f.: „Sie wurde im Jahr 1787 vom Herrn Consistorialrath Wald wieder erneuert, und am 4. Februar und 14. April 1788 bestätigt, wobei der Etatsminister von Knoblauch Exc. die Protection übernahm. Am 25. September des nämlichen Jahres wurde die freie Gesellschaft mit der deutschen vereinigt; Herr Consistorialrath Wald übernahm die Directorstelle, und alle Mitglieder der freien Gesellschaft wurden auch zugleich Mitglieder der deutschen, doch wurde ihnen vom Königl. Etatsministerio das Recht ertheilt, sich auch nach der Vereinigung öffentlich Mitglieder der freien Gesellschaft zu nennen.“ 65 Dritter Bericht an die Mitglieder des bisher in Leipzig bestandenen Sächsischen Vereins für Erforschung und Bewahrung vaterländischer Alterthümer. Leipzig 1827, S. 5.
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Sowohl in Königsberg als auch in Leipzig konnten die Gesellschaften mit diesem Themenprofil ihre Arbeit bis in den Zweiten Weltkrieg hinein fortsetzen. Sucht man nach Verbindungslininen dieser Nachfolgeinstitutionen zu den Deutschen Gesellschaften, fallen zwei Bezugspunkte ins Auge. Die inhaltliche Orientierung der Sozietäten an der deutschen Sprache und Literatur war zwar in den Deutschen Gesellschaften selbst seit den 1750er Jahren in die Defensive geraten.66 Der Beschäftigung mit lokalen und regionalen Altertümern, die im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts an Boden gewann, bot dies aber einen Anknüpfungspunkt. Zwar hatten sich die Deutschen Gesellschaften in ihren ersten Jahrzehnten nur gelegentlich mit älteren Sprachstufen und Texten befasst. Bereits zu diesem Zeitpunkt aber nahmen die Gesellschaften bevorzugt Wörterbücher in Angriff, die sich nicht der Hochsprache, sondern den Dialekten der jeweiligen Region zuwandten. Von den deutschen Alterthümern und ihrem Einfluß auf die deutschen Gesellschaften handelte 1763 das Mitglied Bernhard Friedrich Hummel in Altdorf.67 Dieser Themenschwerpunkt wurde in den letzten Jahrzehnten der Sozietätsbewegung erheblich gestärkt; in Bremen behandelte der Vorsitzende Johann Philipp Cassel in seinen Einladungsschriften ausschließlich bremische Materien, und die neugegründete Zeitschrift Preußisches Archiv der Deutschen Gesellschaft in Königsberg befasste sich neben gelehrten Neuigkeiten fast ausschließlich mit der Vergangenheit Ostpreußens, zeitgleich betrieb die Sozietät eine Sammlung preußischer Altertümer.68 Solche Schwerpunktverlagerungen ließen sich bruchlos in Vereine zur Pflege der vaterländischen Altertümer überführen. Gerade in den Besonderheiten ihres Themenspektrums ist eine weitere, eng verwandte Schnittstelle der Deutschen Gesellschaften zu den Nachfolgesozietäten auszumachen. Fragen des ‚richtigen‘ Verhaltens und des Nutzens für das Gemeinwesen hatten in den Deutschen Gesellschaften von jeher einen hohen Stellenwert, und diese Fragen verloren nicht an Relevanz, sondern formten sich in anderen Sozietätstypen nur anders aus. Die ehemaligen Mitglieder der Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg bestätigten diese Kontinuitäten, wenn sie „durch Erinnerung Ihrer vormahligen sehr angenehmen Verbindung, bewogen wurden, sich von neuen zusammen zu thun, und einen abermahligen, gemein=nützlichen Zeit=Vertreib, iedoch auf einem noch bessern Fusse, zu unter-
|| 66 Vgl. Kap. 4.3.3 Themen. 67 Vgl. Pültz: Deutschen Handschriften, S. 71. 68 Vgl. S. 315f. in dieser Arbeit.
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nehmen“.69 Wie und mit welchem Erfolg dies geschah, ist nicht mehr Gegenstand dieser Arbeit. Als Gelehrte jedenfalls in Geselligkeit dem Gemeinwesen nützlich zu werden, blieb über das Ende der Sozietätsbewegung hinweg ein erstrebenswertes Ziel; dies aber wurde nun auf anderem Fuße verfolgt.
|| 69 Michael Richey: Zuschrift zu Der Patriot 3 (1726). In: Der Patriot nach der Originalausgabe Hamburg 1724–1726 in drei Textbänden und einem Kommentarband kritisch hg. v. Wolfgang Martens. Bd. 4. Berlin u. New York 1984, S. 333.
Schlussbetrachtung: Üben. Nutzen. Gelten Im zweiten Anlauf war es gelungen. Christoph Timotheus Seidel, Professor für Theologie an der Universität Helmstedt, hatte für die dortige Deutsche Gesellschaft die ersehnte landesherrliche Anerkennung erwirkt. Zu der erhofften Stabilität sollte ihre Publizität beitragen, und das bedeutete nicht nur, in gedruckten Statuten und Einladungsschriften präsent zu sein: Am 20. Juni 1749,1 halb zehn Uhr, läuteten alle Glocken der Stadt, und eine Prozession der Mitglieder setzte sich in Bewegung, an deren Spitze zwei Marschälle die Insignien der Gesellschaft trugen. Auf dem Markt angekommen, erwartete sie eine bewaffnete Dragonerwache, worauf die Mitglieder dem Konsistorium, dem Senat und dem Vertreter des Herzogs die Ehre erwiesen. Das Collegium musicum führte eine eigens komponierte Kantate auf, die Mitglieder hielten Reden und verkündeten Neuaufnahmen von Ehrenmitgliedern, und der Tag endete mit einer Bewirtung durch die Universität. Er sollte im Gedächtnis von Stadt und Universität mit einem eigenen Gemälde verankert werden.
Abb. 14: Zug der Deutschen Gesellschaft Helmstedt über den Markt, 1749, UB Helmstedt, Bibliothekssaal
|| 1 Vgl. die Schilderung der Feier in: Art. Helmstädt. In: Göttingische Zeitungen von Gelehrten Sachen. Stück 81, Erste Zugabe zum Augustum 1749, S. 646–648. https://doi.org/10.1515/9783110776218-009
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Das Bild,2 einziges Gesellschaftsporträt einer Deutschen Gesellschaft überhaupt, ist nicht sonderlich schön geraten. Unwillkürlich zieht man Parallelen zur Qualität ihrer Reden und Gedichte und ist versucht, Bild und Texte zu belächeln. Manchem Zuschauer der Zeremonie mag es ähnlich gegangen sein. Die zwanzig Mitglieder, die auf dem Bild zu sehen sind, begründeten jedoch eine Gesellschaft, die bis zum Ende der Universität Helmstedt sechzig Jahre Bestand und in deren Gefüge einen festen Platz hatte. Dies gilt nicht für alle Deutschen Gesellschaften, in deren Reihen langdauernde, mitgliederstarke und angesehene Gesellschaften ebenso standen wie kaum über die Gründungsphase hinausgelangte, allenfalls dem Namen nach bekannte oder heftig gescholtene Sozietäten. Die Gemeinsamkeiten indes reichen aus, die Umrisse eines Gruppenbilds zu zeichnen. Neben der kurzlebigen Teutschübenden Gesellschaft in Hamburg ist die von Johann Christoph Gottsched maßgeblich geprägte Reform der Deutschen Gesellschaft in Leipzig im Jahr 1727 als Ausgangspunkt der Sozietätsbewegung anzusehen. Als nucleus der Deutschen Gesellschaften ist die mitteldeutsche protestantische Universitätslandschaft anzusehen, von der ausgehend sich diese Geselligkeitsform in einer Jahrzehnte andauernden Ausbreitung über den größten Teil des deutschen Sprachraums erstreckte. Damit behauptete sich die akademische Instanz der Schule noch als normatives Zentrum der literarischen Diskussion und als eigenständiges Forum der Wissensvermittlung und Geschmacksbildung in Konkurrenz zu Hof und Kirche, aber auch zu den Kräften des literarischen Marktes und zu freien literarischen Gruppenbildungen.3
Neben den universitätsaffinen Gymnasia illustria bezog die Sozietätsbewegung in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch einige Residenzstädte mit ein. Ein erster Blick auf die nach unterschiedlichem Zugehörigkeitsstatus gestaffelte Mitgliederschaft ergibt ein sehr buntes Bild. Die Mitglieder kamen, wenn auch mit Schwerpunkt auf dem mittel- und norddeutschen Raum, aus dem gesamten deutschen Sprachraum und zählten auch Katholiken in ihren Reihen. Sie entstammten unterschiedlichen Berufsgruppen, und eine große Zahl von Adeligen war ebenso vertreten wie eine kleinere Anzahl von Frauen. Es liegt also nahe, in den Deutschen Gesellschaften „weniger Instrumente einer ständischen Differenzierung und Repräsentation als vielmehr tendenziell überständische Vereini-
|| 2 Eine zeitgenössische Wasserfarbenzeichnung des Bildes befindet sich in: HAB, Top. App. 2:69. 3 Wilhelm Kühlmann: Frühaufklärung und Barock. Traditionsbruch – Rückgriff – Kontinuität. In: Klaus Garber (Hg.): Europäische Barock-Rezeption. Wiesbaden 1991, S. 189.
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gungen“4 zu sehen. Richtet man jedoch den Blick auf die das Gesellschaftsleben vor Ort bestimmenden ordentlichen Mitglieder und blendet die auswärtigen und Ehrenmitglieder aus, ändert sich das Bild. Die ortsansässigen Kreise bestanden in der Regel aus den an der örtlichen Hochschule Studierenden sowie deren Dozenten, in den Residenzstädten bildeten Verwaltungsangehörige und Geistliche den Kern der Sozietät. Sie alle einte ihre gelehrte Tätigkeit oder zumindest ihr gelehrter Status, und vor diesem Hintergrund gewinnt auch die Mitgliederschaft schärfere Konturen. Nur wenige Mitglieder, und dies gilt selbst für den um auswärtige und Ehrenmitglieder erweiterten Kreis, hatten keine Hochschule besucht und mussten als illiterati gelten. Selbst unter diesen dominierten Personen, deren schriftstellerische Tätigkeit sie immerhin am Rande des gelehrten Kreises ansiedelte. Soziale Distinktion war somit keineswegs aus dem Programm und der Praxis dieser Gesellschaften verbannt, sondern nur entlang der Grenzen der Gelehrsamkeit auf eine andere, nicht weniger elitäre Art definiert.5 Als gelehrte Einrichtung bejahten die Deutschen Gesellschaften die Gelehrsamkeit voll und ganz, drängten aber nicht trotzdem, sondern gerade deswegen aus den als zu eng empfundenen Grenzen des Gelehrtenstandes heraus. Schon ihr Charakter als gesellige Einrichtung war als Gegenmodell zum vielgeschmähten gelehrten Eremiten zu verstehen, der die Gelehrtenkritik der Frühen Neuzeit bevölkerte.6 In Anlehnung und Weiterentwicklung der Lehren von Christian Thomasius und Christian Wolff intendierten sie einen grundlegenden Wandel des als ungelenk und ‚pedantisch‘ verrufenen Habitus, wie Gottsched es noch in Königsberg 1723 in einem Hochzeitsgedicht als Vision formulierte: „Die scheußliche Gestalt, das ungeschliffne Wesen / Ließ die Verwirrungen des innern Geistes lesen. / Die Zeiten ändern sich. Dem Himmel sey gedankt! […] / Die Weisheit sieht itzund nicht mehr so albern aus, / Die Weisen ändern selbst Art, Kleidung, || 4 Cherubim u. Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung, S. 66. Vgl. auch Langer: Gelehrte Sozietäten in Schwedisch-Pommern, S. 1562: „Deshalb vermochte es die Sozietät zumindest tendenziell, im Rahmen der von ihr verwirklichten Praxis partieller Ausgliederung aus den Bindungsmechanismen der zeitgenössischen Gesellschaft, das grundsätzlich ‚utopische Modell‘ einer ‚ständedurchbrechenden Kommunikationsform‘ im Zeichen der intendierten res publica litteraria mit Leben zu erfüllen.“ 5 Mit Bezug auf die gelehrten Gesellschaften generell hat Monika Neugebauer-Wölk formuliert: „[…] man wird darauf hinweisen dürfen, daß die Kreise dieser Gelehrtenzirkel hochelitär waren und schon dies den Bezug auf den Demokratiegedanken und dessen Partizipationsstruktur problematisch erscheinen läßt. […] Man sollte sich also in der Sozietätenforschung vor Sozialromantik hüten.“ – Dies.: Literaturbericht, S. 712. 6 Vgl. Der Gesellige. Eine moralische Wochenschrift. Bd. 2 Stück 232 (1764), S. 572: „Die allermeisten Lehrer auf hohen und niedrigern Schulen mögen zwar grosse Gelehrte seyn, allein sie sind wahrhaftig schlechte Helden in der Geselligkeit.“
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Pracht und Haus […].“7 Dass sie sich nicht einfach als Gesellschaften, sondern eben als Deutsche Gesellschaften bezeichneten und begriffen, wies in die gleiche Richtung. Mit der Propagierung des Deutschen war die Absage an das Lateinische als übernationale Gelehrtensprache hin zu einer anderen Sprachen ebenbürtigen nationalen Volkssprache verbunden, die ihre akademischen Sprecher aus den selbstgesetzten Schranken herausführen sollte.8 Lassen Sie also […] die Wissenschaften auf hohen Schulen aufs höchste getrieben werden; der größte Theil unserer Mitbürger wird, so lange dieselben nur immer in einem ausländischen Kleide erscheinen, oder die deutsche Tracht, die man ihnen anleget, häßlich und ungestaltet ist, mit ihnen keinen Umgang haben; wodurch der Fleiß der Gelehrten nothwendig unberühmt und unbewundert bleiben muß.9
Die so verkündete Popularisierung sah sich also nicht allein im Dienste der gelehrten Inhalte; mindestens ebenso sehr war es der ‚Fleiß der Gelehrten‘, der im rechten Licht erscheinen sollte. Indem man in den Sitzungen einen gefälligen Vortrag und wechselseitige Kritik erlernte, sollte in den Sozietäten ein nicht mehr linkischer und zänkischer, sondern freundschaftlich agierender und im gesellschaftlichen Umgang gewandter Gelehrter entstehen. Bezweckt war durch eine Popularisierung keineswegs, Nichtgelehrte auf eine Ebene mit dem eigenen Gelehrtenstand zu heben. Den illiterati war eher die Rolle eines Auditoriums und Resonanzbodens zugedacht, während der erneuerte und gebesserte Gelehrte sich nur umso besser distinguieren und als nützlicher Lehrer der Ungelehrten profilieren konnte.10 Beabsichtigt war ferner, auf diesem Weg die Gelehrten ‚nützlicher‘ für das Gemeinwesen zu machen; gerade eine muttersprachliche Gelehrsamkeit war
|| 7 Johann Christoph Gottsched: Auf das Rohde- und Roßische Hochzeitfest in Königsberg 1723 den 24. Februar. In: Ders.: Gedichte. Leipzig 1736, S. 324. 8 Vgl. Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern, S. 126: „Das Ziel dieser Verbindungen bestand, ganz vereinfachend formuliert, in der wissenschaftlichen, am Rationalismus der Wolffschen philosophischen Schule orientierten Beschäftigung mit der deutschen Sprache und Literatur unter der Zielstellung, deren Gleichrangigkeit mit den anderen großen Nationalsprachen zu beweisen.“ 9 Junker: Die Vortheile, S. 17. 10 Vgl. Schmahling: Ilfelds Leid und Freude, Vorrede, S. 3: „Außerdem hält sie es für einen weit edlern Dienst für das Vaterland, den Nutzen dieses Instituti durch die Aussendung geschickter Mitglieder unter die Bürger desselben zu verbreiten, als tausend Folianten für die Buchladen zu schreiben, die nur den Gelehrten, und unter selbigen nur dem tausendsten Theile, in die Hände kommen. Durch diesen Dienst gegen das Vaterland machet sie sich zu einer täthigen obgleich unvermerketen Lehrerin anderer, und nützet dem gemeinen Wesen ohne tote Buchstaben in Geschäften.“
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dazu als Transmissionsriemen unverzichtbar.11 Den sozialen Nutzen verankerten sie tief in ihrer dichterisch-gelehrten Praxis, die sich keineswegs auf Sprachund Literaturpflege allein kaprizierte, und selbst dort waren Fragen des Nutzens dieser Disziplinen häufiges Vortragsthema. Nicht weniger dominierten – neben Reflexionen auf den Sinn und Nutzen von Gelehrsamkeit und der eigenen Gesellschaft – ethische Fragestellungen. Selbst in der Wahl der Gattungen taucht neben der klassischen gelehrten Abhandlung oft eine Form auf, die bei ihren Zeitgenossen in zweifelhaftem Ruf stand, das Kasualgedicht. Geeignet war es für die gesellschaftlichen Ziele schon durch seinen sozialen Grundcharakter, der Beziehungen zwischen dem Verfasser und dem Adressaten zu knüpfen und zu pflegen erlaubte. Dass solche literarischen Ausdruckformen nicht im inneren Zirkel der jeweiligen Sozietät verblieben, lenkt den Blick auf eine zweite Kategorie, der sich die Deutschen Gesellschaften verpflichtet fühlten, dem Gelten. Als Kinder der ständischen Gesellschaft waren sie einerseits auf obrigkeitliche Privilegierung sowie auf Unterstützung und Patronage durch hochrangige Mitglieder und Gönner angewiesen, um materiell angemessen ausgestattet und in Auseinandersetzungen erfolgreich zu sein. Um öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren, veröffentlichten sie andererseits aktiv eigene gesellschaftliche Schriften und hielten öffentliche Sitzungen mit Vorträgen der Mitglieder ab, die an möglichst prominenten Orten mit möglichst prominenten Teilnehmern stattfinden sollten. Es greift zu kurz, diese Verhaltensweisen als den nötigen Kotau vor den Usancen der ständischen Gesellschaft abzutun, als lästiges Mittel, um wesentlich weiterreichende Ziele zu verfolgen. Privilegien, Patronagen und Aufmerksamkeit waren Mittel und Ziel zugleich. Um die Gelehrten zu größerer Beachtung und einer wichtigeren Rolle in der Ständegesellschaft zu führen, genügte es nicht, fortan seine Nützlichkeit zu erweisen. Sich als nützlich darzustellen sollte die eigene Geltung erhöhen, und viel zu gelten, konnte den eigenen Nutzen nur umso wahrnehmbarer machen und steigern. Gelten durch Nutzen und Nutzen durch Gelten waren eng aufeinander bezogen und bildeten die dem Handeln der Gesellschaft zugrundeliegende Triebfeder. Dieser Befund verortet die Deutschen Gesellschaften voll und ganz in der ständischen Gesellschaft und steht im Widerspruch zu vielen bisherigen Deu-
|| 11 Vgl. Grimm: Literatur und Gelehrtentum in Deutschland, S. 378: „Das Nutzenpostulat war ökonomisch-politischen Ursprungs; [...] Kern der thomasischen Reformversuche ist die Herstellung einer Verbindung zwischen Wissenschaft und ‚Leben’. Dazu konnte nur eine ‚lebende‘’, eine vielbenutzte Verkehrssprache als Mittel fungieren.“ Den Aufstieg des Nützlichkeitsgedankens konstatiert für die französische Aufklärung Edelstein: The Enlightenment, S. 33.
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tungen. Wie andere aufgeklärte Sozietäten stehen auch die Deutschen Gesellschaften im Ruf, Vorboten einer egalitären und partizipativen, ja protodemokratischen Moderne zu sein. Gerade die normativen Texte der Gesellschaft scheinen diese Sicht zu bestätigen. In der Regel verfügten sie mit ihren Statuten über eine Art Verfassung, deren Regeln Anspruch auf Verbindlichkeit erhoben; eine Pluralität von Amtsinhabern wurde gewählt, das gesellschaftliche Handeln dokumentiert und transparent gemacht. Die Mitglieder traten der Gesellschaft freiwillig bei, über ihre Eignung entschieden die Mitglieder anhand eines Probestücks, also quasi nach Leistungsprinzip. Ebenso durften, ja sollten alle vorlesen und kritisieren, und die Reihenfolge des Vorlesens richtete sich nach dem Eintritt in die Gesellschaft.12 Jakob Michael Reinhold Lenz verteidigte die Vorleseordnung, „die so republikanisch ist als sie sein kann, nach dem Alphabet, also ganz ohne Rang und Vorzug jeder unsere unmaßgebliche Meinung und Stimme zum gemeinen Besten der Gesellschaft zu geben“.13 Dennoch ist Skepsis geboten, und das nicht nur, weil sich solche Diagnosen eher auf die normativen und von den Gesellschaften selbst publizierten Quellen stützen und die teilweise reiche interne Überlieferung der Sozietäten ausklammern. Viele der angeführten Maximen wurden in der gesellschaftlichen Praxis teils erheblich relativiert – dies allerdings würde die Tendenz nicht infrage stellen. Die aufgeführten ‚modernen‘ Gesichtspunkte wurden vielmehr nicht in Vorwegnahme späterer Elemente von den Deutschen Gesellschaften gewählt und praktiziert. Wenn Lenz das Wort ‚republikanisch‘ gebraucht, benutzt er einen jahrhundertealten Begriff, der in seinem unmittelbaren Umfeld vor allen die Gelehrtenrepublik meinte. Eben hier befand sich auch das Reservoir an Ritualen, Gewohnheiten, Regeln und Praktiken, derer sich diese Sozietäten bedienten. Was an Heutiges erinnert, fußte auf älteren Prinzipien. Schriftliche Nachvollziehbarkeit war unter Gelehrten seit jeher selbstverständlich, und auch die Betonung der Zugehörigkeitsdauer wurzelte im Prinzip der Anciennität, wie es im Militär, aber auch im Handwerk und der gelehrten Welt nicht unüblich war. Insofern die Deutschen Gesellschaften als sich ständisch definierende Interessenvertretung ansprechbar sind, treten auch korporative Züge dieser Sozietätsbewegung hervor. Es greift sicher zu kurz, sie schlicht als eine besondere
|| 12 Vgl. Katharina Middell: Leipziger Sozietäten im 18. Jahrhundert. Die Bedeutung der Soziabilität für die kulturelle Integration von Minderheiten. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 69 (1998), S. 129. Sie spricht von „Zweigleisigkeit – Öffnung von Aufstiegskanälen innerhalb des Ancien Régime ebenso wie Einübung der Praxis egalitärer Öffentlichkeit“. 13 Lenz: Über den Zweck der neuen Straßburger Gesellschaft. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 782.
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Gelehrtenzunft anzusehen, viele Praktiken aber entstammten der zünftischen Verfasstheit der Hochschulen. Elemente wie die obrigkeitlichen Bestätigungsbriefe oder das für die Aufnahme erforderliche Probestück sind der Welt ständischer Korporationen entlehnt und von den Gesellschaften auch als solche begriffen worden. Vor allem aber bezogen sich diese ‚demokratischen‘ Spielregeln stets auf die Mitglieder und nicht auf die Gesamtgesellschaft. Es lässt sich in den Quellen keine Absichtserklärung finden, den Raum der Sozietät zum Übungsfeld eines neuen gesellschaftlichen Miteinanders zu machen. Das Gegenteil war eher der Fall; es ging darum, den Gelehrtenstand innerhalb der Ständegesellschaft aufzuwerten und zu den anderen Eliten aufzuschließen. Gegen Ungelehrte als dem eigenen Stand nicht zugehörig grenzte man sich durch die Praxis der Mitgliederaufnahme klar ab. In eine zeitliche oder personelle Kontinuität zur demokratischen Bewegung lassen sich die Deutschen Gesellschaften jedenfalls kaum einbinden. Der Zenit ihrer Bewegung liegt deutlich vor der zunehmenden Politisierung gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Entscheidungsträger in Staat und Kirche thematisierten und adressierten sie fast ausschließlich in Huldigungsschriften. Modernisierende Effekte wurden ihnen in der Forschung immer wieder zugeschrieben und können auch nicht geleugnet werden. Dass die Gelehrten in dieser Sozietätsbewegung in einer Statuskonkurrenz zu anderen Ständen agierten und die Kategorie des Nutzens herausstrichen, ging zu Lasten des Herkunftsarguments. In den Auswirkungen ihrer Tätigkeit zeigt sich so eine gewisse Doppelgesichtigkeit; einerseits bestätigten und perpetuierten sie ständegesellschaftliche Verfahrens- und Verhaltensmuster durch deren Übernahme und Weiterführung, andererseits setzten sie mit ihrem Wirken durchaus Akzente der gelehrten Welt gegenüber Hof und Kirche, die langfristig zur Stärkung dieser Sphäre beitrugen. Dass die Deutschen Gesellschaften somit nur sehr bedingt als Vorboten einer wie auch immer gearteten Moderne anzusprechen sind, wirft die Frage auf, ob und inwieweit sie noch bzw. bereits der ‚Gesellschaft der Aufklärer‘ angehörten. Die ältere Forschung hat sie dieser unter dem Vorzeichen des Modernisierungsparadigmas stets und unhinterfragt zugerechnet, in den Katalogen aufgeklärter Sozietäten sowohl zur deutschsprachigen Aufklärung insgesamt als auch auf regionaler Ebene tauchen sie als fester Bestandteil regelmäßig auf.14 Müssten sie nach den vorangegangenen Ausführungen nicht von diesen
|| 14 Vgl. etwa van Dülmen: Gesellschaft der Aufklärer, S. 48–54; Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 43–46. Dagegen behandelt Hardtwig: Genossenschaft, Sekte, Verein, S. 224–238, die Deutschen Gesellschaften gemeinsam mit den früheren Sprachgesell-
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Listen gestrichen werden, wenn nicht gar als Gegner der Aufklärung einer damnatio memoriae anheimfallen? So konsequent dies erscheinen mag; zu viel spricht dagegen, die Deutschen Gesellschaften und ihre Mitglieder aus dem Gruppenbild der deutschen Aufklärer zu tilgen. Welche Vereinigungen als Aufklärungsgesellschaften gelten können und welche nicht, bemisst sich nach einem ganzen Katalog von Merkmalen, die sie in summa als solche ausweisen.15 Diese Kriterien betreffen zunächst den Charakter als Gesellschaft; unter ihnen kann das Kriterium einer gesellschaftlichen Verfasstheit mit einem meist über Statuten geregelten Gesellschaftsbetrieb nach dem Dargelegten16 für eine Zuordnung der Deutschen Gesellschaften zu aufgeklärten Sozietäten als unstrittig gelten. Als weiteres Merkmal wird häufig die grundsätzliche Freiwilligkeit des Beitritts zu einer Sozietät der verpflichtenden Zugehörigkeit zu einer Korporation wie den Zünften gegenübergestellt. Auch diese kann in den Deutschen Gesellschaften als gegeben angesehen werden.17 Allein damit ist die Frage, ob die Deutschen Gesellschaften den aufgeklärten Sozietäten zuzurechnen sind, aber nicht zu entscheiden. Suggestiv erscheint es, den Weg über die Mitgliederschaft zu gehen, unter der sich zahlreiche in der Forschung unstrittig als Aufklärer geltende Persönlichkeiten befanden. Gleichermaßen ließe sich auf die zahlreichen Vernetzungen zu anderen als aufgeklärt firmierenden Sozietäten hinweisen, umso die Aufgeklärtheit der Deutschen Gesellschaften prompt als erwiesen anzusehen. Ohne diese Persönlichkeiten und Gesellschaften hier im Einzelnen anzuführen und zu diskutieren, ist einzuwenden, dass die Frage, was genau denn nun an den Deutschen Gesellschaften aufgeklärt war, damit freilich noch lange nicht beantwortet, sondern nur verschoben und ausgeweitet wird. Letztlich stellt sich diese Frage für die Aufklärer und das Wesen der Aufklärung selbst. Die Aufklärungsforschung liefert allerdings bis heute keine ‚gültigen‘ Antworten auf die Frage, was denn nun als spezifisch aufgeklärt zu gelten habe, vielmehr zeichnet sie ein stark ausdifferenziertes Bild, auf das in diesem Rahmen nur Schlaglichter geworfen werden können.
|| schaften. Eine Diskussion, ob und inwieweit Deutsche Gesellschaften zu den Aufklärungsgesellschaften zu rechnen sind, wird in den genannten Werken nicht geführt. 15 Die folgenden Ausführungen sind in dieser Frage den Erörterungen und der Zusammenfassung von Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 34–90, geschuldet. Dagegen fehlt eine handhabbare Definition bei van Dülmen: Gesellschaft der Aufklärer. Ulrich Im Hof: Das Europa der Aufklärung. München 1993, S. 96, nennt Einzelmerkmale, die nicht zu einer Definition gebündelt werden. 16 Vgl. dazu Kap. 2.1 Festsetzen. 17 Vgl. zu den geringen Einschränkungen S. 190f. in dieser Arbeit.
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Konsens besteht darüber, dass die Aktivitäten der fraglichen Vereinigungen vor allem in den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts einen ausgeprägt gelehrten Schwerpunkt besaßen.18 Für die Deutschen Gesellschaften trifft dies ebenso zu wie die Diagnose, dass Wissen nicht nur angehäuft, sondern auch nach seiner Nützlichkeit taxiert und verbreitet werden sollte. Dass mit diesem Nützlichkeitsanspruch das Ziel einherging, „in einer beliebigen Form innerhalb der Gesellschaft des Ancien Régime reformerisch wirksam zu sein“,19 ist richtig; es darf aber nicht pauschal als Wille zur Veränderung der Gesellschaft insgesamt missverstanden, sondern muss im Hinblick auf die Deutschen Gesellschaften präzisiert werden. Reformerischer Ehrgeiz zeichnete vor allem ihre Protagonisten aus, bezog sich aber stets auf den Gelehrtenstand, dessen Habitus als veränderungsbedürftig begriffen wurde.20 Damit freilich weisen sie zugleich ein weiteres Merkmal von Aufklärungsgesellschaften auf, nämlich die Tendenz zur Selbstthematisierung.21 Eine jedenfalls über den eigenen Stand hinausgehende gesamtgesellschaftlich egalitäre und partizipative Stoßrichtung, wie sie der Aufklärung gerne zugeschrieben wird, kann den Deutschen Gesellschaften nach dem Vorangegangenen nur mit erheblichen Einschränkungen attestiert werden. Dies jedoch als Ausschlusskriterium zu verwenden, griffe zu kurz. Zu fragen wäre eher, ob und inwieweit nicht auch andere, als ‚klassische‘ aufgeklärte Gesellschaften geltende Sozietätsformen wie etwa die Freimaurer am Ende auch nur einen Binnenegalitarismus ohne intendierte Ausweitung in die Gesamtgesellschaft propagierten.22 Was auf einzelne Sozietäten sowie Sozietätstypen der radikalen Spätaufklärung sicher zutrifft, sollte nicht zur Signatur aller aufgeklärten Gesellschaften und zum Prüfstein der Zugehörigkeit erklärt werden. Vermutlich ist weit eher von einem erheblichen Differenzierungsbedarf hinsichtlich der Zielsetzungen auszugehen; eine Ausweitung auf andere Sozietätstypen unter diesen Fragestellungen kann hier nur als Desiderat formuliert werden. Aufklärung nun nicht entlang gesellschaftlicher Zielsetzungen, sondern mediengeschichtlich als Kommunikationsprozess zu deuten,23 benennt zwar durchaus zeittypische Merkmale; darunter ließen sich auch die Deutschen Gesellschaften mit ihren Korrespondenzen, Mehrfachmitgliedschaften und persön-
|| 18 Vgl. Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 37. 19 Ebd. 20 Vgl. insb. Kap. 2.1.4 Der erneuerte Gelehrte als ideales Mitglied. 21 Vgl. zu diesem Kriterium Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 36. 22 Vgl. etwa die Hinweise bei Edelstein: The Enlightenment, S. 10. 23 Vgl. Bödeker: Aufklärung als Kommunikationsprozeß.
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lichen Vernetzungen in der Gelehrtenrepublik24 subsumieren. Als aufgeklärt geltende Gesellschaften jedoch teilen diese Eigenschaften mit zahlreichen anderen Vereinigungen, die – wie das Beispiel der Jesuiten besonders pointiert zeigt – weit gespannte Netzwerke mit ganz und gar nicht als aufklärerisch angesehenen Zielsetzungen verbanden.25 Als eine Folge der Freiwilligkeit des Beitritts wird aufgeklärten Gesellschaften zudem eine grundsätzliche soziale Offenheit sowie eine „Schichten- und Altersheterogenität“26 zugesprochen. Den Deutschen Gesellschaften gehörten in der Tat nicht nur Mitglieder verschiedener Berufe, sondern auch in hohem Maße Schüler und Studenten an. Was jedoch auf den ersten Blick als hohes Maß an Vielfalt erscheinen mag, erweist sich als stark exklusive Vereinigung von Mitgliedern des Gelehrtenstandes,27 deren Beziehungen zu Ungelehrten lediglich der Verfolgung ihrer Ziele und der Stärkung ihrer eigenen Reputation dienten.28 Auch dieser Befund indes sollte die Deutschen Gesellschaften nicht vorschnell aus der Galerie aufgeklärter Gesellschaften verbannen. Weit eher sollten auch hier jene Stimmen ernst genommen werden, die in diesen Vereinigungen selbst exklusive Züge erkennen und herausheben.29 Pragmatisch sinnvoll wäre es, die Deutschen Gesellschaften daraufhin zu befragen, ob sie sich selbst explizit als Aufklärer bezeichneten.30 Dem steht entgegen, dass der Begriff ‚Aufklärung‘ erst in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, also nach dem Höhepunkt der Sozietätsbewegung, sich so weit verbreitet hatte, dass seine Verwendung oder Nichtverwendung in den gesellschaftlichen Schriften oder anderen Quellen als Kriterium dienen könnte.31 Tatsächlich lässt sich eine Verwendung des Wortfeldes ‚Aufklärung‘ erst in
|| 24 Vgl. Kap. 5.3 Vernetzen. 25 Edelstein: The Enlightenment, S. 11. 26 Zaunstöck: Sozietätslandschaft und Mitgliederstrukturen, S. 35. 27 Vgl. Kap. 3.3.2 Gelehrtheit. 28 Vgl. insb. Kap. 6.3 Protegieren. 29 Marian Füssel hat dies jüngst am Bespiel der Wiener Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“ aufgezeigt und sie als „keineswegs für jedermann offen“ bezeichnet. – Ders.: Zwischen lokaler Vergesellschaftung und translokaler Vernetzung, S. 289. Nicht genug betont werden kann die Warnung von Monika Neugebauer-Wölk: „Man sollte sich also in der Sozietätenforschung vor Sozialromantik hüten.“ – Dies.: Literaturbericht, S. 712. 30 So die Arbeitsdefinition bei Pečar u. Tricoire: Falsche Freunde, S. 27. 31 Vgl. Daniel Fulda: Gab es ‚die Aufklärung‘? Einige geschichtstheoretische, begriffsgeschichtliche und schließlich programmatische Überlegungen anlässlich einer neuerlichen Kritik an unseren Epochenbegriffen. In: Das achtzehnte Jahrhundert 37 (2013), S. 15f.; Reinhart Koselleck: Begriffliche Innovationen der Aufklärungssprache. In: Ders.: Begriffsgeschichten.
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den Texten der 1775 gegründeten Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft Mannheim nachweisen. Nichtsdestotrotz scheint es lohnenswert, über die bloße Namensetikettierung hinaus nach dem den Deutschen Gesellschaften zugrundeliegenden Selbstverständnis zu fragen. Dan Edelstein hat die selbstreflexiven Züge der Aufklärung betont; ihm zufolge partizipierte man am Prozess der Aufklärung, wenn man seine eigenen Haltungen und Praktiken als Teil der als aufgeklärt geltenden begriff und wenn sie ihnen zugerechnet wurden.32 Auch wenn der Begriff ‚Aufklärung‘ bei den Deutschen Gesellschaften erst spät eine Rolle spielte, teilten sie wie bereits erwähnt mit anderen Aufklärungsgesellschaften das Selbstverständnis, an der Generierung und Verbreitung gesellschaftlich nützlichen Wissens und nützlicher Verhaltensweisen teilzuhaben und sie mitzugestalten. Davon zeugen nicht nur die einschlägigen Bemühungen, sondern auch und vor allem die häufige und intensive Thematisierung des eigenen Handelns. Sie behandelten ebenso ausgiebig Fragen des ‚richtigen‘ Sprechens und Verhaltens wie deren Anwendung auf den Stand, dem sie sich selbst zurechneten – den Gelehrtenstand. Die Frage also, ob die Deutschen Gesellschaften auch aufgeklärte Gesellschaften waren, lässt sich auch vor dem Hintergrund einer fehlenden allgemein anerkannten Definition bejahen. Für eine Zurechnung sprechen wesentliche Strukturmerkmale wie eine in der Regel schriftliche niedergelegte Verfassung, grundsätzliche Freiwilligkeit des Beitritts, eine dezidiert gelehrte Ausrichtung, das Wirken zahlreicher als Aufklärer geltender Akteure sowie das Selbstverständnis, an einem später als ‚Aufklärung‘ titulierten Prozess teilzuhaben und diesen zu reflektieren. Deutlich wird in der Diskussion der Frage aber auch, dass viele Kriterien für die Einstufung einer Gesellschaft oder einer Sozietätsbewegung als aufgeklärte Gesellschaft einer Revision bedürfen, die nur durch die weitergehende Erforschung und Einbeziehung weiterer Sozietätstypen unter diese Fragestellungen erfolgen kann. Eher formale Merkmale wie Statuten, Freiwilligkeit des Beitritts und Vernetzung grenzen die Aufklärungsgesellschaften nur punktuell von früheren Soziabilitätsformen wie Zünften und Orden ab. Mit dem Verweis auf genuin aufgeklärte Ziele werden die Grenzen klarer, führen jedoch direkt zur Kantischen Frage, was Aufklärung denn sei. Eine egalitäre und partizipative, wenn
|| Studien zur Semantik und Pragmatik der politischen und sozialen Sprache. Frankfurt a.M. 2006, S. 311. 32 Vgl. Edelstein: The Enlightenment, S. 13: „To partake in the Enlightenment, it was not enough simply to pen a materialist treatise or frequent a salon: it took the awareness, by oneself or others, that a particulas action belonged to a set of practices considered ‚enlightened‘.“
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nicht gar demokratische Stoßrichtung kann den Deutschen Gesellschaften nur mit erheblichen Einschränkungen unterstellt werden, ob sie damit freilich in Opposition zu anderen Sozietätsformen im 18. Jahrhundert stehen, ist frag- und forschungswürdig. Als tragfähiges Kriterium kann im vorliegenden Fall die von Edelstein verfochtene Selbstthematisierung und Zuschreibung zur Aufklärung gelten, auch hier aber fehlen Einzelstudien für die allermeisten Gesellschaften und Gesellschaftstypen, auf deren Grundlage eine allgemein anerkannte Definition aufgeklärter Geselligkeitsformen überhaupt erst ruhen kann. Die Geschichte der Deutschen Gesellschaften steht von Beginn an in einem Spannungsverhältnis zwischen der Programmatik einer Akademie der deutschen Sprache und den gelehrten Kollegien, die ihre Mitglieder lediglich durch Übung bessern wollten. Diese Spannung baut sich mit den Ambitionen Gottscheds auf, der die als Poetenkränzchen gestartete Deutschübende Poetische Gesellschaft zu einer Akademie von nationalem Rang hochzuwuchten versuchte, und sie entlädt sich, als dieser mit lautem Knall aus der Leipziger Deutschen Gesellschaft austritt. Aus der Rückschau urteilte er stolz: „Und kurz die heutige Reinigkeit und Richtigkeit der deutschen Schreibart, die fast durchgehends in denen überall herauskommenden Schriften herrschet, ist durch ihre Bemühungen und Schriften ausgebreitet, ja fast zu einem Gesetze gemachet worden.“33 Der Anspruch, sprachforschende und -verbessernde Einrichtungen zu sein, begleitet sie fortan in der Erwartungshaltung der Publizistik wie in den immer wiederkehrenden Versuchen ehrgeiziger Mitglieder, durch Ausweitung des Themenspektrums und prominente Förderung doch noch akademischen Rang zu erreichen. Diese Blütenträume aber reiften nicht. Die Sozietäten „giengen mit Bergen schwanger und gebahren Mäuse“.34 Die Deutschen Gesellschaften wurden weder zu Einrichtungen elitärer Sprachforschung, noch brachten sie in nennenswertem Umfang gelehrt-literarische Werke von Rang hervor. Friedrich August Wiedeburg brachte die Spannung zwischen Ansprüchen und den Realitäten einer Übungsgesellschaft aller Weitschweifigkeit zum Trotz auf den Punkt: Wird eine auf Akademien aus studirenden Jünglingen errichtete deutsche Gesellschaft für das ganze deutsche Publikum errichtet? Hat sie die Berichtigung und Verfeinerung des Geschmacks und der Muttersprache überhaupt zum Zweck? Soll sie eine Pariser Akademie und eine Kruska sein? Es ist nicht zu leugnen, daß bei der Stiftung verschiedener Gesellschaften auf diesen hohen Zweck oder ihm Aehnliches Rücksicht genommen ist. Man
|| 33 Gottsched: Sprachkunst, S. 388. 34 Will: Versuch über den Geschmack der Deutschen, hier zit. nach: Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 274.
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glaubte, daß dergleichen Verbindungen auf Akademien mehr, als an irgend einem andern Orte, fähig sein würden, den verfeinerten Geschmack über ganz Deutschland zu verbreitern, die Sprache zu berichtigen, sie von Provinzialismen zu reinigen und die Rechtschreibung übereinstimmend zu machen, weil man hier am leichtesten Beisitzer zu dem Gericht aus allen Provinzen wählen könne. […] Wie konnten junge Männer, indem sie sich als Lehrlinge übten, der Nation zumuthen, sie für ihre Lehrer und Richter zu erkennen? Gesetzt auch, sie hätten alle die glücklichsten Talente gehabt, so waren diese doch nicht zur Reife gelangt, und die ausgebreitete Belesenheit, welche eine gelehrte Kenntniß und Forschung der Sprache voraussetzt, konnten sie noch weniger besitzen. Diese zu hohe Idee bewirkte vielmehr in Verbindung mit vielen andern Schwachheiten, zu welchen sie verleitete, gerade das Gegentheil. […] Eine aus akademischen Jünglingen errichtete deutsche Gesellschaft kann nichts anders sein, als ein Uebungsinstitut; das machen die dermaligen Fähigkeiten ihrer Glieder, und die Bestimmung, zu welcher sie auf der Akademie sind, nothwendig. Sie soll den Geschmack oder das Gefühl des Schönen in ihren eigenen Mitgliedern schärfen und berichtigen, sie soll ihre Mitglieder lehren, sich in der Muttersprache bei jeder Gelegenheit rein, passend und angenehm auszudrücken.35
Wiedeburgs Rechtfertigungsversuch aber fiel bereits in eine Phase des Niedergangs. Je länger die Sozietätsbewegung andauerte, desto schärfer wurden die Ablehnung und desto lauter der Spott der Zeitgenossen. Misst man diese Gesellschaften also an den an sich selbst gestellten Ansprüchen, scheint man vor einem gescheiterten Projekt zu stehen. Schon ein oberflächlicher Blick allerdings auf eine mitgliederstarke, langdauernde und publizistisch produktive Sozietätsbewegung sollte stutzig machen. Tatsächlich bildeten sie keine elitären Zirkel herausragender Gelehrter, erreichten und behaupteten aber jahrzehntelang eine recht breite Basis im universitären und/oder höfischen Leben. Literarische Höhenflüge blieben aus, selbst aus Sicht der späteren Schriftstellergeneration aber war eine weitreichende Sensibilisierung der Mitglieder für rhetorisch-stilistische Fragen nicht zu leugnen.36 Eine Erhebung in den gelehrt-literarischen Olymp fand nicht statt, sie verkörperten aber eine an vielen Orten aktive und mitgliederstarke Größe im intellek-
|| 35 Friedrich August Wiedeburg: Die Herzogliche deutsche Gesellschaft zu Helmstädt feiert ihr Stiftungsfest am 20sten des Brachmonats 1782 durch den [...] Heinrich Christoph Liebau aus Braunschweig der Philologie und Erziehungskunst rühmlichst Beflissenen [...] welcher in einer öfentlichen Vorlesung die Schönen Künste als Hülfsmittel des Erziehers betrachten wird [...] Voran steht etwas zur Nachricht von der gegenwärtigen Einrichtung der Gesellschaft. Helmstedt 1782, Vorrede, S. 5f. 36 Vgl. exemplarisch für solche Wertungen der Nachwelt Krause: Gottsched und Flottwell, S. 99: „Sie bildeten feste Stützpunkte, von denen aus Empfänglichkeit und Verständnis für die schöne Litteratur in weitere Kreise getragen wurden, und so haben sie geholfen, den Boden vorzubereiten, auf welchem sich die wundervolle Blüte unserer zweiten klassischen Periode entfalten sollte.“
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tuellen Leben vor allem der Frühaufklärung. Ihr Niedergang und Ende lag nicht darin begründet, dass sie nicht mehr fähig gewesen wären, diese Ziele zu erreichen; er ist vielmehr darin zu suchen, dass diese Ziele mit dem Ende gelehrter und lehrbarer Dichtung im Zuge des aufkommenden Geniegedankens von immer weniger Zeitgenossen geteilt wurden. Die Deutschen Gesellschaften scheiterten damit, ein deutsches Pendant zur Académie française zu errichten, und dass sie es waren, die dem Deutschen zum Durchbruch verhalfen, wird man nur cum grano salis annehmen können. Was ihnen aber in der Höhe verwehrt blieb, gelang ihnen als gelehrte Übungsgesellschaften in der Breite. Letztlich waren auch Lichtenbergs „junge Affen“ lernfähig. Oder zumindest zahlreich.
Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln Die folgende Aufstellung verzeichnet alle Gesellschaften, die als Deutsche Gesellschaften im Sinne der in der Einführung gegebenen Definition und der räumlichzeitlichen Erstreckung nach gelten können und deren Daten, soweit ermittelbar, in die Datenbank eingeflossen sind. Dass Dichte und Qualität der Überlieferung von Sozietät zu Sozietät stark voneinander abweichen, bildet sich auch in der Ausführlichkeit und Detailtiefe der Artikel ab, die sich bei gut dokumentierten Gesellschaften auf die Basisinformationen und weiterführenden Hilfsmittel konzentrieren. In Kurztiteln angeführte Quellen- und Literaturangaben werden unter den jeweils den Eintrag abschließenden Rubriken Quellen bzw. Sekundärliteratur aufgelöst. Ihre Reihung geschieht alphabetisch nach Sozietätsort, innerhalb dessen chronologisch nach Gründungsdatum. Als Name firmiert die Selbstbezeichnung der Gesellschaft, bei dessen Fehlen wurden andere zeitgenössische Benennungen zugrunde gelegt. Erhebliche Abweichungen und Umbenennungen wurden vermerkt. Die jeweils knapp gehaltenen Ausführungen zur Geschichte der einzelnen Gesellschaften verstehen sich lediglich als Zusammenstellung wesentlicher Namen, Daten und Eckpunkte der Sozietätsgeschichte, eine erschöpfende Darstellung ist in diesem Rahmen nicht zu leisten. Weiterführende Informationen finden sich in der Gesamtdarstellung bzw. in der angeführten Literatur. Die Statuten werden, soweit vorhanden und nachweisbar, mit bibliographischen Angaben bzw. der Signatur der Handschrift angeführt. Zu den vorhandenen Siegeln wurden Beschreibungen mit Siegelumschrift gefertigt und nach Möglichkeit Abbildungen mit Nachweis wiedergegeben. Aufgenommen wurden auch Bildsymbole, deren Verwendung als Siegel nicht gesichert ist. Entsprechend der Überlieferungslage sind die Daten zu den Mitgliedern von höchst unterschiedlicher Qualität. Soweit möglich, werden die Anzahl der Mitglieder aufgeschlüsselt nach Mitgliedschaftsstatus genannt und die Hauptquellen hierfür nachgewiesen. Bei besser dokumentierten Gesellschaften wurden die datierbaren Eintritte in einem Diagramm chronologisch dargestellt. Unter den Werken sind zunächst die Anzahl der bekannten Titel sowie die gedruckten Schriften der jeweiligen Gesellschaft angeführt. Bei häufig publizierenden Gesellschaften geschieht dies summarisch bzw. wird auf einschlägige Bibliographien verwiesen. Ergänzend werden Manuskripte mit ihrem Fundort aufgeführt. Eine bibliographische Erfassung auch nur der gedruckten selbständigen Schriften der Deutschen Gesellschaften existiert lediglich in Ansätzen. Als erste
https://doi.org/10.1515/9783110776218-010
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Zusammenstellung einzelner Titel ist Johann Christian Christoph Rüdigers Neuester Zuwachs der teutschen, fremden und allgemeinen Sprachkunde in eigenen Aufsätzen, Bücheranzeigen und Nachrichten (Viertes Stück. Leipzig 1785, S. 159– 169), anzuführen. – Einzelne Titel nennen: Jeremias David Reuss: Repertorium commentationum a societatibus litterariis editarum secundum disciplinarum ordinem. Bd. VIII u. IX. Göttingen 1810; Wilhelm Erman u. Ewald Horn: Bibliographie der deutschen Universitäten. Systematisch geordnetes Verzeichnis der bis Ende 1899 gedruckten Bücher und Aufsätze über das deutsche Universitätswesen. Teil 2. Leipzig u. Berlin 1904; Johannes Müller: Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen. Berlin 1883–1917 (auf die im 19. Jahrhundert noch bestehenden Gesellschaften in Leipzig und Königsberg beschränkt). Die einschlägigen Quellen gliedern sich nach Gattungen und beschränken sich auf die Hauptquellen, sofern diese noch nicht in den Abschnitten Statuten, Mitglieder, Siegel und Werke benannt wurden. Bei Sozietäten, zu denen zahlreiche Quellen vorliegen, werden weitere Erwähnungen in Zeitschriftenartikeln, Briefen, Memoiren, Widmungen o.ä. nur bei Fehlen anderer Quellen genannt. Die Sekundärliteratur wird chronologisch in Reihenfolge ihres Erscheinens aufgeführt. Bei häufig behandelten Sozietäten beschränkt sie sich auf maßgebliche und jüngere Literatur.
Altdorf Deutsche Gesellschaft Geschichte: Vermutlich als Reaktion auf die Gesellschaftsgründung in Erlangen rief der Altdorfer Professor Georg Andreas Will an der Universität Altdorf eine Deutsche Gesellschaft ins Leben, deren erste Sitzung am 14. Juli 1756 stattfand. Trotz fortgesetzter Bemühungen konnte Will vom Vormundamt in Nürnberg lediglich eine Erlaubnis zum Abhalten der Versammlungen, aber keine reichsstädtische Protektion und Privilegierung erreichen. Mit der Person des jungen Heinrich XIII. von Reuß ä.L. konnte allerdings ein Protektor gewonnen werden. Zu Beginn der 1760er Jahre ist ein allmähliches Abflauen der gesellschaftlichen Aktivitäten festzustellen. Die letzte protokollierte Sitzung fand am 25. Januar 1769 statt, ein letzter, unspezifischer Rechnungsbucheintrag datiert vom Juli 1770. Statuten: Gesetze und besondere Einrichtung der Deutschen Gesellschaft in Altdorf. [o.O.] 1757; Georg Andreas Will: Gesetze und besondere Einrichtung der Deutschen Gesellschaft in Altdorf. Zum zweytenmal gedruckt im Jahr 1762. [o.O.] 1762; Manuskript in: UB Erlangen, B 178.
Altdorf | 543
Siegel: Die Altdorfer Gesellschaft führte ein großes und ein kleines Siegel, die Will wie folgt beschreibt: „Die Noris mit der Mauerkrone, welche an dem Wappenschild erkannt wird, den sie mit der rechten Hand fäßt, hält mit der linken einen Kranz, als das Zeichen der Belohnung für die, durch den hingelegten Mercurius=Stab angezeigten freyen Künste.“ – ([Georg Andreas Will]: Der Nürnbergischen Universität Altdorf Denkwürdigkeiten von Münzen, Steinen, Siegeln und Gefäßen. Nürnberg 1765, Tafel X, Erläuterung S. 16). Umschrift des großen Siegels: „DIE ALTDORFISCHE DEUTSCHE GESELLSCHAFFT“.
Abb. 15: Typar des großen Siegels, UA Erlangen, E 2/1, Nr. 7
Abb. 16: Druck des großen und kleinen Siegels in Wills Der Nürnbergischen Universität Altdorf Denkwürdigkeiten […], Tafel X
544 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Mitglieder: Es sind 256 Mitgliedschaften bekannt, davon 65 ordentliche Mitglieder. Neben einigen Mitgliedern des universitären Lehrkörpers rekrutierten sich die ordentlichen Mitglieder der Gesellschaft aus Altdorfer Studenten. – Im Druck erschien: Verzeichniss aller in der Matrikel der deutschen Gesellschaft zu Altdorf befindlichen Personen. [Altdorf] 1761/67; handschriftliches Verzeichnis in: UB Erlangen, B 178; kommentiertes Verzeichnis bei Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 285–294.
Werke: Verzeichnis der sämtlichen Schriften der deutschen Gesellschaft zu Altdorf. In: Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1. Altdorf 1762, S. 528–531; Publikationsverzeichnis bei Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 294–297; umfangreiche Manuskriptsammlung in: UB Erlangen, B 78/1–12; B 79; B 89; B 90; einzelne Manuskripte und Drucke in: Bibliotheca Norica Williana, Oder Kritisches Verzeichniß aller Schriften, welche die Stadt Nürnberg angehen. Bd. V. Altdorf u. Nürnberg 1775, Nr. 1336–1355; Versuch in Beyträgen zur deutschen Sprachlehre, Beredsamkeit und Geschichte. Hg. v. der Deutschen Gesellschaft in Altdorf. Altdorf 1757; Einige Schriften der Altdorfischen deutschen Gesellschaft. Altdorf u. Nürnberg 1760; Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. 2 Bde. Altdorf 1762; Des Freyherrn Joseph von Petrasch sämtliche Lustspiele. Hg. v. der deutschen Gesellschaft zu Altdorf. 2 Bde. Nürnberg 1765. Hauptquellen: Das Archiv der Gesellschaft kam vermutlich über die Altdorfer Universitätsbibliothek in die Handschriftenabteilung der UB Erlangen. Der Nachlass Georg Andreas Wills in der Handschriftenabteilung der Stadtbibliothek Nürnberg enthält außerdem Korrespondenzen Wills mit Gesellschaftsmitgliedern. – Protokolle der Jahre 1756 bis 1769 in: UB Erlangen, B 177, Bl. 2r–17v; Kassenbuch in: UB Erlangen, B 179, beschrieben in: Otto Pülz: Die deutschen Handschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. Neu beschrieben u. hg. v.
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Armin Dietzel u. Günther Bauer. Wiesbaden 1973; vgl. ferner die nicht in diesem Katalog aufgeführten Handschriften Ms 1879 und Ms 1880, fälschlich unter der Signatur Ms 1279 und 1280 verzeichnet bei Johann Conrad Irmischer: Handschriften-Katalog der Königlichen Universitäts-Bibliothek zu Erlangen. Frankfurt a.M. u. Erlangen 1852, S. 352. Sekundärliteratur: Carl Frommann: Die Altdorfer Deutsche Gesellschaft. In: Festgruß dem Rektor des Gymnasiums Herrn Oberstudienrat Dr. Heinrich Heerwagen zur 25. Feier seines Amtsantritts. Erlangen 1882, S. 31–58; Eugen Wolff: Die Deutschen Gesellschaften zu Erlangen und Altdorf im XVIII. Jahrhundert. In: Monatshefte der Comenius-Gesellschaft 8 (1899), S. 209–220; Felix Freude: Die Schaubühne des Freiherrn von Petrasch. Brünn 1916; Gunda Werner u. Eleonore Schmidt-Herrling: Die Bibliotheken der Universität Altdorf. Leipzig 1937, S. 84f.; Georg Seiderer: Formen der Aufklärung in den fränkischen Städten. München 1997; Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel: Literarische Gruppenbildungen an der Universität Altdorf. In: Hanns Christof Brennecke, Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel (Hg.): Akademie und Universität Altdorf. Studien zur Hochschulgeschichte Nürnbergs. Köln, Weimar u. Wien 2011, S. 245–322.
Altdorfische Deutsche (gelehrte) Privatgesellschaft Geschichte: Die Gesellschaft bildete sich im Frühling 1777 aus einem Kreis von fünf Altdorfer Studenten. Am 13. August 1777 wurde ein erster Entwurf der Gesetze beschlossen. Mit dem Ende der Studienzeit des Mitgliederstamms verkleinerte sich die Gesellschaft erheblich, so dass sie sich am 5. Mai 1784 selbst auflöste. Mitglieder der Altdorfer Privatgesellschaft waren wenig später an der Reform des Pegnesischen Blumenordens maßgeblich beteiligt. Statuten: Die Statuten von 1777 sind nicht überliefert. Stichpunkte zur Revision in den Jahren 1779/1780 finden sich in: GNM PBO LXXX, sub Helmes, Colmar, Link, Goez; Paraphrase bei Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 311f. Mitglieder: Es sind 26 ordentliche Mitglieder namentlich bekannt, bei denen es sich ausnahmslos um Studenten der Universität Altdorf handelt. Ein Mitgliederverzeichnis findet sich in: Bibliotheca Norica Williana, Will VIII, 950b; aktualisiert bei Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 316–318. Werke: Einzelne gedruckte Schriften und Manuskripte in: Bibliotheca Norica Williana VIII, S. 944–955; GNM PBO LXXX; Verzeichnis bei Niefanger u. Schnabel: Literarische Gruppenbildungen, S. 318–319.
546 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Hauptquellen: GNM PBO LXXX; Bibliotheca Norica Williana, Oder Kritisches Verzeichniß aller Schriften, welche die Stadt Nürnberg angehen. Bd. VIII. Altdorf u. Nürnberg 1793, S. 181f.; [Johann Carl Leuchs]: D. Gottlieb Christian Karl Link, Reichsstadt Nürnbergischer ordentlicher Advocat. Ein treues biographisch-karakteristisches Gemälde im Namen des Pegnesischen Blumenordens, dessen Mitglied er war, gefertigt von einem seiner Freunde und Collegen D. Leuchs. Nürnberg 1799. Sekundärliteratur: Werner Kügel: Geschichte und Gedichte des Pegnesischen Blumenordens. Erstes Buch: 1699 bis 1794. Nürnberg 1998; Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel: Literarische Gruppenbildungen an der Universität Altdorf. In: Hanns Christof Brennecke, Dirk Niefanger u. Werner Wilhelm Schnabel (Hg.): Akademie und Universität Altdorf. Studien zur Hochschulgeschichte Nürnbergs. Köln, Weimar u. Wien 2011, S. 245–322.
Annaberg Deutsche Gesellschaft an der Annaberg’schen Schule Geschichte: Johann Christoph Gottleber, der schon während seiner Studienjahre in Chemnitz und Altdorf Mitglied der dortigen Deutschen Gesellschaften gewesen war, gründete nach der Übernahme des Rektorats des Lyzeums in Annaberg 1764 eine Gesellschaft mit Schülern der ersten Klasse, die eigene Ausarbeitungen vortrugen und kritisierten. Vermutlich hörte sie spätestens mit Gottlebers Beförderung zum Leiter der Fürstenschule Meißen 1771 auf zu bestehen. Statuten: Bibliothek des Lyzeums Annaberg, Hss. quart, Gesetze der Gesellschaft; Paraphrase bei Spieß: Unterrichtsweise, S. 20. Mitglieder: Sechs ordentliche Mitglieder waren statutarisch festgelegt, daneben erwähnt wird eine nicht bekannte Zahl außerordentlicher Mitglieder. Werke: Handschriften gesammelt in einem 300-seitigen Folioband in: Bibliothek des Lyzeums Annaberg. Hauptquellen: Bibliothek des Lyzeums Annaberg (heute Ev. Kirchengemeinde St. Annen, Kirchenbibliothek), Gesetze und Geschichte der Gesellschaft, Hss. quart. Seit 1933 muss die Überlieferung als verschollen angesehen werden. Sekundärliteratur: Moritz Julius Spieß: Unterrichtsweise des Lyceums zu Annaberg. In: Dreizehnter Bericht über die Progymnasial= und Realschulanstalt zu Annaberg. Annaberg 1856, S. 20f.; Heinrich Kämmel: Art. Johann Christoph Gottleber. In: ADB 9
Basel | 547
(1879), S. 487; Andreas Erb: Deutsche Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 92 (2021) S. 479–498.
Basel Helvetische Deutsche Gesellschaft, Deutsche Baslergesellschaft Geschichte: Nucleus der Gesellschaft war der Freundeskreis um den 1742 verstorbenen Karl Friedrich Drollinger, dessen Gedichte der Baseler Professor für Poesie und Beredsamkeit, Johann Jakob Spreng, herausgab und sie der Deutschen Gesellschaft in Bern widmete. In einem Brief an Johann Jakob Bodmer vom 16. Juni 1743 erwähnt er „rechtschaffene Leute“, die sich als Gesellschaft zur Pflege der Muttersprache konstituieren und nach und nach eine „helvetische deutsche Gesellschaft errichten“ wollen. Die Mitglieder trugen eigene Ausarbeitungen und Übersetzungen über beliebige Themen vor. Da sich das ursprüngliche Projekt einer Vereinigung aller Schweizer Gesellschaften dieses Typus zu einer Helvetischen Deutschen Gesellschaft wegen deren unterschiedlichen Positionen in der Kontroverse zwischen Gottsched und Bodmer zerschlug, wandte sie sich offenkundig anderen Gegenständen aus der vaterländischen Geschichte zu, während Isaak Iselins Freie Gesellschaft Funktionen der ‚klassischen‘ Deutschen Gesellschaft übernahm. Um 1748 nennt sie sich Helvetische Gesellschaft. Unter ihrem Namen als Deutsche Gesellschaft firmiert sie 1757 als Widmungsträgerin einer deutschen Übersetzung der Basler Chronik von Christian Wurstisen. Als der ungarische Graf Samuel Tekeli 1760 Gast ihrer Sitzungen war, gehörte Spreng höchstwahrscheinlich bereits nicht mehr zu ihren Mitgliedern. Der Kanzleibeamte und Historiker Daniel Bruckner bezeichnete sich 1763 als Mitglied. Statuten: Spreng bat Bodmer um Anregungen zu Gesetzen, eine Bitte, der dieser offenbar nicht nachkam. Laut Daniel Bruckners „Anrede“ gab es einen Vorsteher, der allerdings nicht namentlich genannt wird. Mitglieder: Zwölf ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt, die hauptsächlich an der Universität Basel zu verorten sind, daneben Baseler Geistliche und Verwaltungsmitglieder. In einer Gedenkrede auf die Schlacht bei St. Jakob erwähnt Spreng auswärtige Mitglieder. Im Gegensatz zu den Gründungen an den Gymnasien in Bern und Zürich sind Studenten als Mitglieder nicht nachweisbar. Werke: [Daniel Bruckner]: Anrede an die Deutsche Gesellschaft in Basel. In: [Ders.]: Versuch einer Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Basel 1748, o.S.; ders.: Von dem so genannten Deutschen Hause zu Basel, Rede vor der Deutschen Gesellschaft (1752), UB Basel, H V 25.
548 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Hauptquellen: Briefe von Johann Jakob Spreng an Johann Jakob Bodmer, ZB Zürich, Ms Bodmer 5.7; Johann Jacob Spreng: Herrn Carl Friedrich Drollingers Gedichte, samt andern dazu gehörigen Stücken, wie auch einer Gedächtnißrede auf denselben. Basel 1743; ders.: Ehren- und Sigsmahl der zwelfhundert Eidsgenossen, welche den 26. Augstm. 1444 in der Schlacht bey St. Jakob, vor Basel, geblieben. Basel 1748; Christian Wursteisens Kurzer Begriff der Geschichte von Basel, aus dem Lateinischen übers. [...] v. Jakob Christoph Beck. Basel 1757; Gottlieb Emanuel von Haller: Bibliothek der Schweizer-Geschichte und aller Theile, so dahin Bezug haben. Bd. 1. Bern 1785, S. 212; Otto Spiess: Basel anno 1760. Nach den Tagebüchern der ungarischen Grafen Joseph und Samuel Teleki. Basel 1936, S. 135f. Sekundärliteratur: Jakob Baechtold: Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz. Frauenfeld 1892; Adolf Socin: Johann Jakob Spreng. Ein baslerischer Gelehrter und Dichter aus dem XVIII. Jahrhundert. In: Basler Jahrbuch 1893, S. 227– 250; Eugen Wolff: Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben. Bd. 2. Kiel u. Leipzig 1897, S. 99–109; Rudolf Ischer: Johann Georg Altmann (1695–1758). Die Deutsche Gesellschaft und die moralischen Wochenschriften in Bern. Bern 1902 (= Neujahrsblatt der Litterarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1903); Leo Weiß: Erwachende Schweizer Jugend im 18. Jahrhundert. In: Neue Zürcher Zeitung, 5. Juni 1938, Bl. 6; Emil Erne: Die schweizerischen Sozietäten. Lexikalische Darstellung der Reformgesellschaften des 18. Jahrhunderts in der Schweiz. Zürich 1988, S. 252–255.
Bern Deutsche Gesellschaft Geschichte: Initiatoren der ersten Deutschen Gesellschaft auf dem Gebiet der Eidgenossenschaft waren der Professor Johann Georg Altmann und der Geistliche Gabriel Hürner, die Ende Januar 1739 die erste Sitzung eröffneten. Versammlungsort waren Räumlichkeiten des Inselspitalpredigers Uriel Freudenberger, wo auch Archiv und Bibliothek der Gesellschaft aufbewahrt wurden. Wegen Kontroversen um die Position im Streit zwischen Gottsched und Bodmer kam es mit der Vergnügten Deutschen Gesellschaft zu einer weiteren Gründung unter Uriel Freudenberger, während Altmann und Hürner die bestehende Gesellschaft fortführten. Da Bern an der deutsch-französischen Sprachgrenze lag, war die Gesellschaft immer wieder Ziel profranzösischer Polemik vor allem von Samuel König und Samuel Henzi, die sich als Société des frondeurs bezeichneten und die Bestrebungen der Deutschen Gesellschaft mit ihrem Salmis verspotteten. Vermutlich kam die Gesellschaft zum Erliegen, als einige Mitglieder Mitte der 1740er Jahre andere Ämter annahmen und nicht mehr an der gesellschaftlichen Arbeit teilnahmen.
Bern | 549
Statuten: In einem Brief an Johann Jakob Bodmer erwähnt Hürner, dass er vor der Gründung den Entwurf einer Verfassung zirkulieren ließ. Mitglieder: 23 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 14 ordentliche Mitglieder. Sie entstammen vor allem der Berner Verwaltung und Geistlichkeit. Werke: Die Mitglieder trugen in den Versammlungen eigene Werke vor, die nicht publiziert wurden. Bekannt ist lediglich eine Abhandlung von Simon Uriel Freudenberger („Von der Unvollkommenheit der deutschen Sprache“) aus einer Erwähnung in dessen Briefwechsel mit Jakob Christoph Beck. Geplant, aber nicht realisiert wurde die Abfassung eines schweizerischen Idiotikons. Hauptquellen: Le Salmis ou Panegirique de la Ligue, autrement dite Societé Teutonique de E…. par Pyracmon, de la Societé des Frondeurs. Köln [o.J.] (Streitschrift gegen die Berner Deutsche Gesellschaft); kommentierte und erweiterte Edition: Mahlmann-Bauer: Berner Gallophilie und Germanophobie; Ernst Staehelin (Hg.): Die Korrespondenz des Basler Professors Jakob Christoph Beck 1711–1785. Basel 1968; Briefwechsel Bodmers mit Hürner und Freudenberger, ZB Zürich, Ms Bodmer 1a.26 u. 2b.21; Briefwechsel Albrecht von Hallers mit Franz Ludwig Steiger und Albrecht Herport, Burgerbibliothek Bern, N Albrecht von Haller 105.26 u. 105.59; Briefe von Gabriel Hürner an Johann Christoph Gottsched in: GBW 8. Sekundärliteratur: Johann Caspar Mörikofer: Die Schweizerische Literatur des achtzehnten Jahrhunderts. Leipzig 1861; Jakob Baechtold: Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz. Frauenfeld 1892, S. 566–574; Eugen Wolff: Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben. Bd. 2. Kiel u. Leipzig 1897, S. 84–96; Wolfgang Friedrich von Mülinen: Daniel Fellenberg und die Patriotische Gesellschaft in Bern. Bern 1900 (= Neujahrsblatt des Historischen Vereins des Kantons Bern für 1901); Rudolf Ischer: Johann Georg Altmann (1695–1758). Die Deutsche Gesellschaft und die moralischen Wochenschriften in Bern. Bern 1902 (= Neujahrsblatt der Litterarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1903); Maria Krebs: Henzi und Lessing. Eine historisch-litterarische Studie. Bern 1903 (= Neujahrsblatt der Litterarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1904); Wolfgang Friedrich von Mülinen: Die Deutsche Gesellschaft in Bern und ihre Nachfolgerinnen im 18. Jahrhundert. In: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde 2 (1906), S. 44–55; Emil Erne: Die schweizerischen Sozietäten. Lexikalische Darstellung der Reformgesellschaften des 18. Jahrhunderts in der Schweiz. Zürich 1988, S. 165–168; Rüdiger Otto: Gesprächsprotokolle. Die Tagebuchaufzeichnungen des Schweizer Theologen Gabriel Hürner während seines Aufenthaltes in Leipzig im Mai 1738. In: Leipziger Stadtgeschichte Jahrbuch 2010, S. 75–188;
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Barbara Mahlmann-Bauer: Literarisches Leben in Berns „goldener Zeit“. In: André Holenstein (Hg.): Berns goldene Zeit. Das 18. Jahrhundert neu entdeckt. Bern 2008, S. 383–389; dies.: Berner Gallophilie und Germanophobie – der Sprachenund Literaturstreit zwischen Gottsched und den Schweizern aus Berner Sicht. In: Dies. u. Michèle Crogiez Labarthe (Hg.): Gallotropismus aus helvetischer Sicht/Le gallotropisme dans une perspective helvétique. Heidelberg 2017, S. 103–219.
Vergnügte (auch: Junge) (Deutsche) Gesellschaft Geschichte: Bei der Vergnügten Deutschen Gesellschaft handelt es sich um eine im Dezember 1743 erfolgte Abspaltung aus der bisherigen Deutschen Gesellschaft, die von dem Prediger am Inselspital, Uriel Freudenberger, ausging. Als Grund sind Spannungen zwischen den Anhängern Gottscheds um Johann Georg Altmann und denen Bodmers anzunehmen. In den unter der Aufsicht Freudenbergers stattfindenden Sitzungen wurden wöchentlich beliebige Stücke beurteilt und monatlich eine Rede oder Abhandlung vorgetragen. Jährlich beurteilt wurde ferner die Antwort eines Mitglieds auf eine von der Deutschen Gesellschaft Altmanns gestellte Preisfrage. Mit der Wachsenden Gesellschaft in Zürich führte sie einen Briefwechsel, der schließlich zur wechselseitigen Aufnahme der Mitglieder führte. Nach 1747 ist die Gesellschaft in den Quellen nicht mehr fassbar. Es ist davon auszugehen, dass sie sich mit dem Abgang vieler Mitglieder von der Berner Hohen Schule auflöste. Statuten: Abschrift der Fassung von 1744/45, ZB Zürich, Ms T 413 b. Mitglieder: 37 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 21 ordentliche Mitglieder, die an der Berner Hohen Schule studierten; erheblicher Zuwachs entstand durch die wechselseitigen Aufnahmen der Züricher und Baseler Mitglieder zu Ehrenmitgliedern. – Verzeichnis in: ZB Zürich, Ms T 413.6. Hauptquellen: Briefwechsel mit der Wachsenden Deutschen Gesellschaft, ZB Zürich, Ms T 413 b; StA Basel-Stadt, Privatarchiv 98 (Isaak Iselin-Archiv), Bd. 22; Eduard Bähler: Briefe Johann Beckhs an Isaak Iselin aus den Jahren 1744–1748. In: Neues Berner Taschenbuch 22 (1917), S. 29–119. Sekundärliteratur: Jakob Baechtold: Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz. Frauenfeld 1892; Eugen Wolff: Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben. Bd. 2. Kiel u. Leipzig 1897, S. 96–99; Rudolf Ischer: Johann Georg Altmann (1695–1758). Die Deutsche Gesellschaft und die moralischen Wochenschriften in Bern. Bern 1902 (= Neujahrsblatt der Litterarischen Gesellschaft Bern auf das Jahr 1903); Wolfgang Friedrich von Mülinen: Die Deutsche Gesell-
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schaft in Bern und ihre Nachfolgerinnen im 18. Jahrhundert. In: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde 2 (1906), S. 44–55; Leo Weiß: Erwachende Schweizer Jugend im 18. Jahrhundert. In: Neue Zürcher Zeitung, 5. Juni 1938, Bl. 6; ders.: Zur Geschichte der „Vergnügten teutschen Gesellschaft“ in Bern. In: Neue Zürcher Zeitung, 29. Januar 1939, Bl. 3; Emil Erne: Die schweizerischen Sozietäten. Lexikalische Darstellung der Reformgesellschaften des 18. Jahrhunderts in der Schweiz. Zürich 1988, S. 214–216.
Bernburg Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg Geschichte: Der Bernburger Archivar Johann Ludwig Anton Rust gründete die Gesellschaft 1761 und erreichte die landesherrliche Bestätigung durch Fürst Viktor Friedrich von Anhalt-Bernburg, während eine Bestätigung durch die anderen anhaltischen Linien ausblieb. Die Verlegung der Residenz von Bernburg nach Ballenstedt beraubte sie der Einflussmöglichkeiten bei Hofe. Nachdem eine Rede über die beste Staatsform auf ihrer öffentlichen Sitzung 1766 für einen Eklat gesorgt hatte, verlor die Gesellschaft die Gunst des neuen Landesherrn und entfaltete kaum noch Aktivitäten. Der Tod Rusts 1785 kann als Schlusspunkt der Gesellschaftsgeschichte gelten.
Abb. 17: Federzeichnungen des Siegelentwurfs, LASA, Z 18 Abt. Bernburg, C 9m Nr. 1 Bd. 1
Statuten: Rust: Nachricht, S. 9–32; Manuskript in: LASA, Abt. Dessau, Z 18 Abt. Bernburg, C 9m Nr. 1 Bd. 1.
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Siegel: Bienenkörbe sowie ein gekrönter anhaltischer Bär mit Lorbeerkranz, verfertigt vom sachsen-weimarischen Hofmedailleur Johann Heinrich Wolfgang Stockmar in Ilmenau, Umschriften: „Durch Fleiß und Eintracht. 1761“ sowie „Siegel der Fürstl. Deutschen Gesellschaft zu Anhalt“. Mitglieder: 134 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 48 ordentliche Mitglieder. –Listen bei Hecht: Bernburg, S. 38–53; Rust: Nachricht, S. 35–40. Die Mitglieder entstammten vor allem der lokalen Verwaltung und Geistlichkeit und gingen der Gesellschaft nach dem Wegzug des Hofes nach Ballenstedt in großer Zahl verloren. Dagegen kam es seit den 1770er Jahren durch die Vermittlung einzelner Mitglieder zu zahlreichen Eintritten auswärtiger Mitglieder weit über den deutschen Sprachraum verteilt.
Werke: Schriften der fürstlich anhaltischen Deutschen Gesellschaft. 2 Bde. Quedlinburg u. Helmstedt 1764–1771; Aufführung einzelner Schriften in: Katalog der Herzoglich Anhaltischen Behörden-Bibliothek zu Dessau. Dessau 1896, S. 291– 292; weitere Werke in den Protokollen im Archiv der Gesellschaft erwähnt. Hauptquellen: Johann Ludwig Anton Rust: Nachricht von der Einrichtung, dem Vorhaben, und den Satzungen der Fürstl. Anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Bernburg 1762. Das Archiv der Gesellschaft gelangte mit Rusts Nachlass über die Bernburger Behördenbibliothek in die ALB, Behördenbibliothek Nr. 10710– 10765. – Beschreibung in: Katalog der Herzoglich Anhaltischen BehördenBibliothek zu Dessau. Dessau 1896, S. 290–292; Schriftwechsel mit den anhaltischen Behörden in: LASA, Z 18 Abt. Bernburg, C 9m Nr. 1; Z 44 Abt. Dessau, A 18a Nr. 39; Z 70 Abt. Köthen, C 9m Nr. 2. Sekundärliteratur: Walter Hecht: Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. Diss. Halle-Wittenberg 1907; Hans Peper: Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Serimunt. Beilage zum Cöthener
Bremen | 553
Tageblatt 2/22 (13. Juli 1927) sowie 2/23 (19. Juli 1927); Andreas Erb: „[...] zur Verbesserung und Wiederherstellung der deutschen Sprache und des guten Geschmacks in unserm Anhalt etwas beitragen [...]“ – Die Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Landeskunde 18 (2009), S. 132–158; ders.: Nahaufnahmen eines Netzwerks der Aufklärung. Die Fürstliche Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Claudia Brinker-von der Heyde u.a. (Hg.): Frühneuzeitliche Bibliotheken als Zentren des europäischen Kulturtransfers. Stuttgart 2014, S. 137–160.
Bremen Bremische Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Idee zur Gründung scheint von Schülern des reformierten Gymnasium illustre ausgegangen zu sein. Sie konnten Samuel Christian Lappenberg, der am lutherischen Athenäum unterrichtete, als ihren Vorsitzenden gewinnen, der am 1. Februar 1748 die Eröffnungsrede hielt. Um 1750 kam es mit dessen Amtsniederlegung und dem Verbot, die Versammlungen in der Börse abzuhalten, zu einer ersten Krise, in deren Folge die Gesellschaft erfolgreich um Unterstützung des Bremer Rats ansuchte, der eine Neufassung der Gesetze bestätigte. Am 21. Juni 1752 konnte die Gesellschaft unter dem neuen Vorsteher Konrad Iken ein neuerliches Einweihungsfest feiern, dessen jährliche Wiederkehr mit großer öffentlicher Resonanz begangen wurde. In den 1770er und 1780er Jahren ließ ihre Tätigkeit offenkundig erneut nach, 1793 einigten sich die verbliebenen Mitglieder darauf, die Gesellschaftsbibliothek in der bremischen öffentlichen Bibliothek aufzustellen. Statuten: Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen. Bremen 1752; Handschriften in: SUB Bremen, Brem. a. 224; Brem. 248, Nr. 1a; Brem. 248, Nr. 1b; vom Rat genehmigte Fassung ebd., W A 56 Nr. 1; Abdruck der erstgenannten und der vom Rat bestätigten Fassung in: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 19–21, 27–28, 35–36, 43– 47. Siegel: Gleichseitige, spitz aufragende Pyramide (vermutlich Cestiuspyramide), Umschrift: „[Siege]l der teutschen Gesellschaft in Bremen“.
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Abb. 18: Oblatensiegel auf dem Mitgliedsdiplom für Rochus Friedrich Graf zu Lynar, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 37 Lübbenau 4882
Mitglieder: 170 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 68 ordentliche Mitglieder, die am Gymnasium illustre in Bremen studierten. Eine Mitgliederliste ist abgedruckt in: Weber: Die bremische Deutsche Gesellschaft, S. 95–105. Da für die späte Zeit der Gesellschaft nur sehr wenige Quellen vorliegen, ist von mehr Mitgliedern auszugehen.
Werke: Johann Heinrich Oest: Bremische Gedichte. Hamburg 1751; [Eberhard Tiling]: Versuch eines bremisch-niedersächsischen Wörterbuchs, worin nicht nur die in und um Bremen, sondern auch fast in ganz Niedersachsen gebräuchliche eigenthümliche Mundart […] gesammelt, zugleich […] erkläret sind. Hg. v. der bremischen deutschen Gesellschaft. 5 Bde. Bremen 1767–1771 (ein Ergänzungsband erschien noch 1869). – Gedruckt wurden ferner neben einzelnen Gelegenheitsgedichten die Kantaten zum Stiftungstag sowie die Einladungsschreiben, in denen Johann Philipp Cassel lokalhistorische Themen behandelte. Insgesamt
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sind 400 gedruckte und ungedruckte Titel nachgewiesen. Manuskripte in: SUB Bremen, Sammlung Cassel, CS 81–83; Verzeichnis aller Werke bei Weber: Die bremische Deutsche Gesellschaft, S. 106–123; weitere Handschriften und Drucke in: Nachlass Rochus Friedrich Graf zu Lynar, Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam, Rep. 37 Lübbenau Nr. 4882, 6383 u. 6387–6390. Hauptquellen: Das Archiv der Gesellschaft ist 1793 mit den Sammlungen des bremischen Gymnasialprofessors Johann Philipp Cassel in die heutige SUB Bremen gekommen. Es umfasst einen Katalog der Bibliothek (Bremensia a 62), Korrespondenzen (Bremensia b 401 u. b 440), Protokolle der Jahre 1748–1751 (Bremensia a 224), Akten der Gesellschaft (Bremensia b 440) sowie ein Bibliotheksverzeichnis (Bremensia a 62). – Druck in: Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft, S. 47–48, 51–53, 59–62, 67–70, 74–79; Privilegierungen und Korrespondenzen mit der Gesellschaft in: StA Bremen, Ratsarchiv, 2-T.5.d.-p.: Buch- und Zeitungswesen, wissenschaftliche und kulturelle Vereinigungen, Museen, d Nr. 1.b., g. Nr. 6, 10, 11, 22. Sekundärliteratur: Dr. Hertzberg: Mittheilungen über die Bremische Deutsche Gesellschaft, Manuskript vom 28. November 1881, StA Bremen, 2-T.5.g. Nr. 22; Henry Seedorf: Die Gründung der deutschen Gesellschaft in Bremen. In: Jahrbuch der bremischen Sammlungen I/2 (1908), S. 41–50; Franz Weber: Die bremische Deutsche Gesellschaft 1748–1793. Diss. Königsberg 1910; Henry Seedorf: Zur Geschichte der bremischen deutschen Gesellschaft. In: Mitteilungen aus der Stadtbibliothek in Bremen 3 (1911), S. 5–8, 14–16, 19–21, 27–28, 35–36, 43–48, 51–53, 59–62, 67–70, 74–79; Rolf Engelsing: Der Bürger als Leser. Lesergeschichte in Deutschland 1500 bis 1800. Stuttgart 1974, S. 110–120; Herbert Schwarzwälder: Geschichte der Freien Hansestadt Bremen. Bd. 1: Von den Anfängen bis zur Franzosenzeit (1810). Bremen 1995; Andreas Schulz: Vormundschaft und Protektion. Eliten und Bürger in Bremen 1750–1880. München 2002; Thomas Elsmann: Die Bibliotheca Bremensis bis zum Ende des 18. Jahrhunderts: Sammlung, Nutzung und der Weg zum Gestaltwandel. In: Thomas Elsmann, Maria Elisabeth Müller u. Uwe Staroske (Hg.): Vom Katharinen-Kloster zum Hochschul-Campus. Bremens wissenschaftliche Literaturversorgung seit 1660. Bremen 2010, S. 54–81.
Chemnitz Deutsche Gesellschaft Geschichte: Bereits der Chemnitzer Schulrektor Daniel Müller ließ Schüler mit Gedichten und Ausarbeitungen in deutscher Sprache öffentlich auftreten. Der
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aus dem Bayreuthischen stammende Johann Georg Hager war seit 1741 Rektor des Chemnitzer Lyzeums und führte dort im Folgejahr zum Namenstag des Amtmanns Salomon Siegel erstmals einen deutschsprachigen Redeakt durch. 1743 gründete er mit zunächst sechs lernenden Schülern eine Deutsche Gesellschaft, die sich hauptsächlich der Übersetzung lateinischer Klassiker widmete. Anlässlich eines Redeakts 1755 stellte Hager diese Gesellschaft in einer Einladungsschrift vor, die zugleich die einzige Nachricht von dieser Sozietät darstellt. Mitglieder: Für die Jahre 1743 bis 1755 nennt Hager insgesamt 43 Gymnasiasten namentlich als Mitglieder, die „sich fleisig erwiesen“ haben. – Ders.: Zuverlässige Nachricht, o.S. Dort druckt er auch eine Mitgliederliste ab. Von weiteren, später eingetretenen Mitgliedern ist auszugehen. Statuten: Hager spricht von „vorgeschriebenen Gesetzen“, denen zufolge man sich mit einer deutschen Rede um die Mitgliedschaft bewerben musste. – Ebd., o.S. Hauptquellen: Johann Georg Hager: Zu einer Redeübung, welche zum Andencken Des Hochedlen, Hochachtbaren und Hochgelahrten Herrn Herrn Salomon Siegels […] allhier den 8. Hornung 1742, als an dessen Nahmenstag in gebundenen und ungebundenen Reden soll angestellet werden, wollte hiermit einladen. Chemnitz 1742; ders.: Zuverlässige Nachricht von der gegenwärtigen Verfassung der lateinischen Stadtschule zu Chemnitz, wodurch zugleich alle vornehme Gönner, güthige Wohlthäter und Liebhaber der freyen Künste und Wissenschaften zu Anhörung einiger teutschen Reden, welche den 17. April um 10 Uhr in der obersten Classe gehalten werden sollen, ehrerbietigst einladet. Chemnitz 1755. Sekundärliteratur: Robert Richter: Königliches Gymnasium zu Chemnitz. In: Veröffentlichungen zur Geschichte des gelehrten Schulwesens im albertinischen Sachsen. Teil 1: Übersicht über die geschichtliche Entwicklung der Gymnasien. Leipzig 1900, S. 68–76; Alwin Lauckner: Das Chemnitzer Lyceum vor 150 Jahren. In: Mitteilungen des Vereins für Chemnitzer Geschichte 13 (1904/05), S. 121–131; Paul Otto Happach: Überblick über die Geschichte des alten Chemnitzer Lyceums. Chemnitz 1908 (= Beigabe zum Jahresbericht des städtischen Realgymnasiums zu Chemnitz für Ostern 1908); Marianne Heidenreich: Christian Gottlob Heyne und die Alte Geschichte. München u. Leipzig 2006, S. 34f.; Rüdiger Otto: Der unbekannte Gottlieb Siegmund Crusius und andere Journalisten in der Gottschedkorrespondenz. In: Claire Gantet u. Flemming Schock (Hg.): Zeitschriften, Journalismus und gelehrte Kommunikation im 18. Jahrhundert. Festschrift für Thomas Habel. Bremen 2014, S. 33–76, zu Chemnitz ebd., S. 58f.; Andreas Erb: Deutsche
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Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 92 (2021) S. 479–498.
Danzig Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften Geschichte: Die Gesellschaft geht auf einen Bund dreier befreundeter Schüler des Danziger Gymnasiums zurück, die am 9. November 1752 auf einer ersten Versammlung Ausarbeitungen vortrugen. Die Eintragungen im Protokollbuch der Gesellschaft reichen bis zum Jahr 1758, als einige ihrer Mitglieder der Ästhetischen Gesellschaft beitreten. Mitglieder: Elf Mitglieder sind namentlich bekannt, die alle Schüler des Danziger Gymnasiums waren. Zu Beginn wurde eine Begrenzung auf sieben Mitglieder beschlossen. Eine Mitgliederliste ist abgedruckt in: Haller: Ausformung von Öffentlichkeit, S. 449–450. Statuten: Statuten wurden trotz Diskussionen nicht festgesetzt, 1754 einigte man sich auf einen Sekretär und einen halbjährlich wechselnden Direktor. Werke: 13 Werke aus den Sitzungsberichten bekannt. Ihre Titel verzeichnet Hirsch: Literarische Gesellschaften, S. 39–42. Hauptquellen: Sitzungsberichte von 1752–1758 in: Biblioteka Gdańska Polskiej Akademii Nauk (vor 1945: StB Danzig), MS. 524 (Kriegsverlust), beschrieben in: August Bertling: Katalog der Danziger Stadtbibliothek. Bd. 1: Die Danzig betreffenden Handschriften. Danzig 1892, S. 311. Sekundärliteratur: Paul Simson: Geschichte der Stadt Danzig. Danzig 1903; Theodor Hirsch: Literarische Gesellschaften in Danzig während des 18. Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins 4 (1905), S. 38–55; Łukasz Kurdybacha: Stosunki kulturalne polsko-gdańskie w XVIII wieku. Gdańsk 1937, S. 95–98; Anna Grześkowiak-Krwawicz: Gdańsk oświecony. Szkice o kulturze literackiej Gdańska w dobie Oświecenia / Die Aufklärung in Danzig. Skizzen über die Danziger Literaturpflege im Zeitalter der Aufklärung. Warschau 1998; Ansgar Haller: Die Ausformung von Öffentlichkeit in Danzig im 18. Jahrhundert bis zur zweiten Teilung Polens im Jahre 1793. Hamburg 2005, S. 178–179; Marc Banditt: Gelehrte – Republik – Gelehrtenrepublik. Der Strukturwandel der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig 1743 bis 1820 und die Danziger Aufklärung. Wiesbaden 2018.
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Erlangen Teutsche Gesellschaft Geschichte: Johann Ernst Basilius Wiedeburg bildete nach dem Vorbild der Teutschen Gesellschaft an seinem vorherigen Studienort Jena einen Kreis von Studenten. Anlässlich der Vermählung des Erbprinzen bat er den universitären Senat in Erlangen im November 1754, die unter dem Vorsitz von Hofrat Johann Justin Schierschmidt arbeitende Gesellschaft von Studenten zu einer öffentlichen Rede zuzulassen. Nachdem deren Statuten mit geringen Änderungen durch den akademischen Senat und die markgräfliche Regierung gebilligt worden waren, konnte die Gesellschaft am 18. April 1755 unter dem nunmehrigen Vorsitz des Theologieprofessors Caspar Jacob Huth feierlich eröffnet werden. Nach dessen Tod 1760 wurde Christian Ernst von Windheim neuer Vorsitzender. Eine Diskussion über die Fortführung der offenbar schon länger inaktiven Gesellschaft nach Windheims Tod 1766 verlief im Sande, erst 1773 gründete das ehemalige Mitglied Georg Friedrich Seiler mit dem Institut der Moral und der schönen Wissenschaften eine anders ausgerichtete Nachfolgevereinigung. Statuten: StA Bamberg, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 5243 (bis 1996: StA Nürnberg Rep. 172, Universität Erlangen, Nr. 149); UB Erlangen, B 122; UA Erlangen, A1/20 Nr. 1a (Entwürfe und bestätigte Fassung); Paraphrase bei Engelhardt: Die Universität Erlangen von 1743 bis 1843, S. 162–165. Siegel: Allegorische Gestalt mit Leier und Lorbeerkranz vor Bücherstapel und Stadtsilhouette, Umschrift: „Deutsche Gesellschaft in Erlang den 18. April 1755“.
Abb. 19: Lacksiegelabdruck der Teutschen Gesellschaft Erlangen, StA Bamberg, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Universität Erlangen Nr. 24
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Werke: Karl Adolf Braun: Auspicia societatis teutonicae in Academia Fridericiana Erlangensi D. XVIII. April MDCCLV solemni ac publico ritu celebranda prorector Carolus Adolphus Braunius Serenissimo a Consiliis aul. Professor iuris ordinarius una cum procancellario Senatu indicit. Erlangen [1755]; Christoph Ludwig Pfeiffer: Das unter den Kriegs Flammen nach Frieden seufzende Teutschland: Ode, bey seinem Eintritte in die Erlangische teutsche Gesellschaft abgelesen. Erlangen 1760; Bei der Bahre der Hochwohlgebohrnen Frauen Frauen Dorothee Auguste Margarethe von Windheim einer gebohrnen von Mosheim des Magnifici Hochwohlgeb. Herrn Herrn Christian Ernst von Windheim dermaligen Prorektors der hochlöblichen Friedrichs Akademie [...] Liebst gewesenen Frau Gemahlin [...] bezeuget in Ehrfurcht ihr Beileid die Deutsche Gesellschaft in Erlangen. Erlangen 1761; weitere Manuskripte und Beurteilungen in: UA Erlangen A1/20 Nr. 1c u. 1d; weitere Titel dem Namen nach meistens aus Erwähnungen in den Manuskripten der UB Erlangen bekannt. Mitglieder: 79 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 53 ordentliche Mitglieder, jedoch sind mehr Mitglieder aufgrund der unsystematischen Überlieferung anzunehmen. Neben einigen Mitgliedern des universitären Lehrkörpers rekrutierten sich die ordentlichen Mitglieder der Gesellschaft aus Erlanger Studenten. Mitgliederverzeichnisse in: UB Erlangen, B 122, beschrieben in: Otto Pülz: Die deutschen Handschriften der Universitätsbibliothek Erlangen. Neu beschrieben u. hg. v. Armin Dietzel u. Günther Bauer. Wiesbaden 1973, S. 93f.
Hauptquellen: Georg Friedrich Seiler: Kurze Nachricht von dem Hochfürstlichen Institut der Moral und der schönen Wissenschaften auf der Friedrich=Alexanders=Akademie. Erlangen 1773. Mit dem Ende der Gesellschaft zog die Universitätsdeputation Akten und Siegel ein (UA Erlangen A1/20 Nr. 1a–1d). Teile des Gesellschaftsarchivs gelangten mit dem Nachlass Georg Friedrich
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Seilers an die UB Erlangen. Schriftwechsel mit der Universität in: StA Bamberg, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 5243 (bis 1996: StA Nürnberg Rep. 172, Universität Erlangen, Nr. 149); das Genehmigungsverfahren durch den Senat in: UA Erlangen, A1/3 Nr. 24. Sekundärliteratur: Die Universität Erlangen von 1743 bis 1843. Zum Jubiläum der Universität 1843. Erlangen [1843]; Eugen Wolff: Die Deutschen Gesellschaften zu Erlangen und Altdorf im XVIII. Jahrhundert. In: Monatshefte der Comenius-Gesellschaft 8 (1899), S. 209–220; Hermann Bräuning-Oktavio: Johann Heinrich Merck, der Erlanger Student, und seine frühesten Kritiken aus dem Jahre 1760. In: Euphorion 46 (1952), S. 394–414; Ottfried Jordahn: Georg Friedrich Seilers Kindheit, Ausbildung und erste Amtsjahre 1733–1770. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 28 (1968), S. 93–214; Eva Wedel-Schaper: … das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden… – Die Teutsche Gesellschaft in Erlangen. In: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 53 (1992), S. 249–263; Ulrich Wyss: Erlanger Germanisten-Chronik. In: Henning Kössler (Hg.): 250 Jahre Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Festschrift. Erlangen 1993, S. 589–627.
Frankfurt a.d.O. Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Gesellschaft wurde am 20. November 1742 auf Initiative des Professors für Geschichte und des Natur- sowie Völkerrechts und langjährigen Mitglieds der Leipziger Deutschen Gesellschaft, Wolf Balthasar Adolf von Steinwehr, an der Universität Frankfurt an der Oder gegründet. Eine Privilegierung durch die Universität oder das Königshaus ist nicht nachweisbar. 1750 konnte sie den achten Jahrestag ihrer Gründung öffentlich begehen, 1754 wird sie in einem Brief von Johann Ludwig Uhl erwähnt. Möglicherweise bestand sie bis zum Jahr 1760. Statuten: Weder Statuten noch eine Ämterstruktur sind bekannt. Mitglieder: Acht Mitglieder sind namentlich bekannt, davon ein Ehrenmitglied. Mehr Mitglieder sind aufgrund der nur punktuellen Überlieferung anzunehmen. Uhl bezeichnet die Gesellschaft als „nicht gros, sind auch eben, wie ich höre, keine gross Deutsche darinnen […].“ Werke: Dem Hochwohlgebohrnen Herrn, Herrn Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr […] wünschte zu der erhaltenen Würde eines Rectoris Magnifici an ihrem Stifftungs-Tage Glück die unter Ihro Magnifizenz sich übende deutsche
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Gesellschaft. [o.O.] 1745; Dem Hochwohlgebohrnen und Hochgelahrten Herrn, Herrn Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr […] wollten an dem Gedächtnißtage der Stiftung der deutschen Gesellschaft, den 20ten des Wintermonats 1748, als Ihrem Hochverdienten Oberhaupte Ihre schuldige Hochachtung bezeugen die Glieder der Gesellschaft. Frankfurt a.d.O. 1748; Da der Hochwohlgebohrne und Hochgelahrte Herr, Herr Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr […] Die Rektorwürde der Frankfurthischen hohen Schule übernahm wollte Demselben als Ihrem Hochverdienten Vorsitzer den schuldigen Glückwunsch dazu abstatten Die Deutsche Gesellschaft Den 16ten des Weinmonaths 1749. Frankfurt a.d.O. 1749. Hauptquellen: StadtA Frankfurt a.d.O., Dienstbibliothek BA III, Bibl. IV 185 (Druckschriften); Brief von Johann Ludwig Uhl an Johann Christoph Gottsched, 15. November 1754, UB Leipzig, Ms 0342, Bd. XX, f. 525; Anonym: Art. Frankfurt an der Oder. In: Critische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit. Auf das Jahr 1751, S. 30f.; Wilhelm Crichton: Virorum de re publica bene meritorum Ioannis Friderici Polaci et Wolf Balthasar Adolphi Steinwehri memoriam regiae academiae viadrinae rectoris directoris et senatus auctoritate viris doctis commendat. Berlin 1771. Sekundärliteratur: Heinrich Grimm: Der Anteil einer Stadt am deutschen Theater. Die 425jährige Theatergeschichte der alten Universitäts- und Messestadt Frankfurt an der Oder. Frankfurt a.d.O. 1942, S. 56–61; Ralf-Rüdiger Targiel: Zum 300. Geburtstag von Wolf Balthasar Adolph von Steinwehr. In: Un-ion 44 (November 2004), S. 23; Brigitte Meier: Die „Gelehrte Gesellschaft der Künste und Wissenschaften“ in Frankfurt an der Oder (1766–1811) – „Modeerscheinung“ oder wissenschaftliches Netzwerk? In: Reinhard Blänkner (Hg.): Europäische Bildungsströme. Die Viadrina im Kontext der europäischen Gelehrtenrepublik der Frühen Neuzeit (1506–1811). Schöneiche 2008, S. 225–253.
Gießen Deutsche Gesellschaft zu Giessen Geschichte: Der Rhetorik- und Poetikprofessor Johann Georg Bechthold gründete gemeinsam mit einigen Studenten im Herbst 1763 eine Deutsche Gesellschaft. Mit Unterstützung der Universität erreichte er am 15. Januar 1765 eine Bestätigung der Gesetze durch Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt, die in einer Einweihungsfeier am 8. Juni 1765 begangen wurde. Bereits im Juli 1765 jedoch erscheint in den Giesischen wöchentlich-gemeinnützigen Anzeigen und Nachrichten die letzte Nachricht über die Gesellschaft.
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Statuten: Die für die landgräfliche Bestätigung eingereichten Statuten und bei Diehl (ders.: Die ‚Teutsche Gesellschaft‘) paraphrasierten vollständigen Statuten gehören zu den Kriegsverlusten des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt. Johann Georg Bechthold publizierte einen Teil der Gesetze unter dem Titel: Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft. In: Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten 12 (1764), S. 87–90. Mitglieder: Zehn ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt. Neben einigen Mitgliedern des universitären Lehrkörpers rekrutierten sich die ordentlichen Mitglieder der Gesellschaft aus Gießener Studenten. Werke: Johann Heinrich Weissmann: Ein Volk das den Namen seines Fürsten frohlocket. Giessen 1763; Johann Georg Bechthold: Die gerechten Ansprüche würdiger Regenten auf die tieffste Ehrfurcht und das demüthige Lob ihrer Untertanen [Einladungsschrift zum Namensfest Landgraf Ludwigs]. Giessen 1764; Die von dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn [...] Ludwig Regierenden Landgrafen zu Hessen [...] der hiesigen teutschen Gesellschafft durch die huldreiche Bestätigung ihrer Gesetze zugewendete unschätzbare Gnade preiset [...] in einer offentlichen Rede [...] der Gesellschafft Aeltester, Zu welcher Feierlichkeit vermittelst einer Abhandlung, worinnnen von einigen Haupthindernissen der geistlichen Beredsamkeit in unsern Tagen geredet wird, alle [...] Beförderer der schönen Wissenschafften [...] einladet Johann Georg Bechtold, als Aufseher der Gesellschafft. Giessen 1765; weitere Reden und Abhandlungen in: Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten. Hauptquellen: Einzelnachrichten in: Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten; UA Gießen, Allg. Nr. 784, Die auf hiesiger Academie aufgerichtete Teutsche Gesellschaft und Confirmation ihrer Gesetze betreffend, 1764. Die Korrespondenz mit den landesherrlichen Behörden im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt muss als Kriegsverlust gelten. Sekundärliteratur: Wilhelm Diehl: Die ‚Teutsche Gesellschaft‘ zu Gießen. In: Wochenbeilage der „Darmstädter Zeitung“ 5/7 (1910), S. 26–27; Volker Press: Die Hessische Gelehrte Gesellschaft. Das Gießener Akademieprojekt im 18. Jahrhundert. In: Peter Moraw u. Volker Press (Hg.): Academia Gissensis. Beiträge zur älteren Gießener Universitätsgeschichte. Marburg 1982, S. 313–359; Robert Seidel: Gelehrtensozietät oder Seminar? Die „Teutsche Gesellschaft“ in Gießen (1763–1765). In: Holger Zaunstöck u. Markus Meumann (Hg.): Sozietäten, Netzwerke, Kommunikation. Neue Forschungen zur Vergesellschaftung im Jahrhundert der Aufklärung. Tübingen 2003, S. 43–56; ders.: Literarische Kommunikation im Territorialstaat – Funktionszusammenhänge des Literaturbetriebs in Hessen-Darmstadt zur Zeit der Spätaufklärung. Tübingen 2003, S. 117–126.
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Göttingen Deutsche Gesellschaft Geschichte: Von Johann Lorenz von Mosheim, dem Präsidenten der Leipziger Gesellschaft, war schon im Kontext der Universitätsgründung 1735 die Einrichtung einer Deutschen Gesellschaft angeregt worden, was aber erst nach der Berufung Johann Matthias Gesners an die Universität Göttingen und der von ihm initiierten Einrichtung eines Philologischen Seminars umgesetzt werden konnte. Eine Gruppe von Seminaristen beschloss eine Gründung und trat mit einem Entwurf der Statuten und der Bitte um Übernahme der Präsidentschaft an Gesner heran. Am 18. August 1738 wurden die Gründungsstatuten unterzeichnet, und am 13. Februar 1740 konnte die Gesellschaft die offizielle Bestätigung durch den hannoverschen Landesherrn und Kurfürsten, in Personalunion auch König in Großbritannien, Georg II. von England, feierlich begehen. Die Aktivitäten ließen im Laufe des Jahres 1742 nach, was auch durch publizistische Präsenz und die Aufnahme neuer Mitglieder unter dem neuen Sekretär Rudolf Wedekind nicht gestoppt werden konnte. Die Jahre 1748 bis 1750 verzeichnen einen erheblichen Zuwachs vor allem an Ehrenmitgliedern und höhere Einnahmen. Mit der Übernahme einer außerordentlichen Professur durch Wedekind ist ein erneuter Rückgang spürbar, bis die Sitzungen im Zusammenhang mit der französischen Besetzung Göttingens 1757 aufhören. Nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges betrieb der neugewählte Senior Abraham Gotthelf Kästner eine Umwandlung der Gesellschaft in eine Sozietät zur Verbreitung und Popularisierung wissenschaftlicher Inhalte aller Disziplinen. Nach einer radikalen Umgestaltung der Mitgliederstruktur gehörten als ordentliche Mitglieder nur einige Professoren der Gesellschaft an, während andere als Beisitzer, außerordentliche Mitglieder oder freie Mitglieder fungierten. Ehrenmitgliedschaften wurden abgeschafft. Das anfangs rege Interesse ging den Quellen zufolge seit 1770 zurück. 1791 wurde auf Vorschlag des Seniors die Bibliothek der Gesellschaft an die Universitätsbibliothek überwiesen und die Kasse an Johann Christian Claproth übergeben. Letzte Erwähnung findet die Gesellschaft in einer Überweisung aus dem Jahr 1792. Statuten: Gründungsstatuten in: UA Göttingen, Sek 433 (4); SUB Göttingen, 40 Hist. lit. 115; Druck mit Synopse der vorläufigen Fassung und der Leipziger Statuten in: Otto: Die deutsche Gesellschaft, S. 9–23. Siegel: Johann Christian Bröstedt (Entwurf), Genius mit herabfallendem Senkblei, 1740, Umschrift: „UNGEZWUNGEN UND RICHTIG“.
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Abb. 20: Druck des Siegels auf dem Mitgliedsdiplom für Polyxena Christiane Auguste Dilthey, SUB Göttingen, Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft
Mitglieder: 604 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 253 ordentliche, die sich aus Studenten der Universität Göttingen und Mitgliedern des Lehrkörpers zusammensetzen. Liste der Gründungsmitglieder in: UA Göttingen, Sek 433 (4); Mitgliederliste nach dem Stand um 1748 in: Kurzgefaßte Historie, S. 258–264; Mitgliederliste nach dem Stand um 1749 in: Schreiben an Tit. Herrn Johann Christian Cuno zu Amsterdam, S. 23–27; Edition der in der SUB Göttingen, 40 Hist. lit. 115 vorhandenen Mitgliederliste in: Wolfram Suchier: Die Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Göttingen von 1738 bis Anfang 1755. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 81 (1916), S. 44–117. Da diese 1755 endet und die Folgeüberlieferung nicht mehr derart dicht ist, sollte von mehr Mitgliedern ausgegangen werden.
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Werke: Trotz mehrerer Anläufe ist es nicht zu einem Druck der gesellschaftlichen Arbeiten gekommen. Die publizistischen Aktivitäten beschränkten sich auf die Herausgabe von Schriften der Mitglieder und auf Gelegenheitsgedichte: Gottlieb Christoph Schmahling: Ilfelds Leid und Freude, nebst einer Vorrede Herrn M. Rudolf Wedekinds, worin von der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Göttingen eine vorläufige Nachricht ertheilet wird. Göttingen 1748; Kurzgefaßte Historie der Königl. deutschen Gesellschaft in Göttingen. In: Beyträge zur Historie der Gelahrtheit, worinnen die Geschichte der Gelehrten unserer Zeiten beschrieben werden. Zweyter Theil. Hamburg 1748, S. 254–264; Schreiben an Titl. Herrn Johann Christian Cuno zu Amsterdam: Worin von dem gegenwärtigen Zustande der Königlich Deutschen Gesellschaft zu Göttingen, fernere Nachricht erteilt wird. Göttingen 1749; Paul Gottlieb Werlhof: Gedichte hg. v. der Deutschen Gesellschaft in Göttingen mit einer Vorrede Herrn D. Albrecht Hallers. Hannover 1749; Abraham Gotthelf Kästner: Einige Vorlesungen in der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Göttingen gehalten. Altenburg 1773. – Manche Werke sind in Sammelbänden ihrer Mitglieder publiziert, z.B. in: Johann Matthias Gessner: Kleine deutsche Schriften. Göttingen 1756. Das Gros der gedruckten Schriften lagert separat katalogisiert in der SUB Göttingen, durch den Schriftentausch mit der Bremischen Deutschen Gesellschaft befinden sich weitere Schriften in der SUB Bremen unter der Signatur 99.Z.25. Hauptquellen: Archiv der Gesellschaft in: SUB Göttingen, beschrieben in: Wilhelm Meyer: Die Handschriften in Göttingen. Bd. 1: Universitätsbibliothek. Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz. Berlin 1893, S. 1–6; Protokolle in: SUB Göttingen, 40 Hist. lit. 115; UA Göttingen, Sek 433 (4) u. Kur. 7536; Johann Stephan Pütter: Versuch einer academischen Gelehrten-Geschichte von
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der Georg-August-Universität zu Göttingen. Bd. 1. Göttingen 1765, S. 270–272 sowie Bd. 2. Göttingen 1788, S. 309. Sekundärliteratur: August Kluckhohn: Bürgers und Höltys Aufnahme in die Deutsche Gesellschaft zu Göttingen. In: Archiv für Litteraturgeschichte 12 (1884), S. 61–83; Paul Otto: Die deutsche Gesellschaft in Göttingen (1738–1758). München 1898; Ferdinand Frensdorff: Gottsched in Göttingen. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 82 (1917), S. 174–226; Friedrich Hassenstein: Von der Deutschen Gesellschaft zur Poetischen Schusterinnung. Schriftstellervereinigungen im alten Göttingen. In: Göttinger Jahrbuch 36 (1988), S. 75–93; Holger Scheerer: Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Göttingen (1739–1791). In: Göttinger Jahrbuch 36 (1988), S. 95–129; Rainer Baasner: Abraham Gotthelf Kästner, Aufklärer (1719–1800). Tübingen 1991; Dieter Cherubim: „Deutsche Philologie“ im 18. Jahrhundert: Sprachtheorie, Sprachkritik, Sprachgeschichte. Am Beispiel der Universität Göttingen. In: Reinhard Lauer (Hg.): Philologie in Göttingen. Sprach- und Literaturwissenschaft an der Georgia Augusta im 18. und beginnenden 19. Jahrhundert. Göttingen 2001, S. 25–56; Dieter Cherubim u. Ariane Walsdorf: Sprachkritik als Aufklärung. Die Deutsche Gesellschaft in Göttingen im 18. Jahrhundert. Göttingen 2004; Andreas Erb: Die Deutschen Gesellschaften in Halle und Göttingen – Vorreiter oder Mitläufer einer Sozietätsbewegung? In: Marian Füssel u. Andreas Pečar (Hg.): Aufklärungsuniversitäten im Alten Reich? Institutionelle und epistemologische Neuanstöße im 18. Jahrhundert in der deutschen Hochschullandschaft (Manuskript eingereicht).
Greifswald Königlich Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Gründung der Greifswalder Deutschen Gesellschaft geht auf den Juradozenten Augustin Balthasar zurück. Am 2. September 1739 fand in dessen Wohnung die Eröffnungssitzung statt. König Friedrich von Schweden bestätigte die Gesellschaft und ihre Statuten am 18. August 1740. Um 1750 setzte eine Diskussion über eine Neuausrichtung der Gesellschaft ein, in deren Ergebnis das in den Sitzungen zu behandelnde Themenspektrum erheblich erweitert wurde. In diese Zeit fallen auch konfessionelle Querelen um die Aufnahme des Kardinals Angelo Maria Quirini. Ob die Überstellung der Gesellschaftsbibliothek 1752 durch ihren Sekretär, den Universitätsbibliothekar Johann Carl Dähnert, als Zeichen eines gesellschaftlichen Niedergangs oder der wachsenden Bedeutung ihrer Bibliothek gesehen werden sollte, ist nicht zu entscheiden. 1762 ging
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ihr Aufseher Augustin von Balthasar als Assessor an das Wismarer Tribunal. Thomas Heinrich Gadebusch nennt 1788 unter anderem den Abgang mehrerer Mitglieder als Grund ihres Niedergangs, erwähnt aber auch, dass sie noch „nicht ganz aufgehöret hat“. Statuten: Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald. Greifswald [1740]; wiederabgedruckt in: Johann Carl Dähnert u. Gustaf von Klinckowström: Sammlung gemeiner und besonderer Pommerscher und Rügischer Landes-Urkunden Gesetze, Privilegien, Verträge, Constitutionen und Ordnungen. Der Supplementen und Fortsetzung Zweyter Band. Theil 1. Stralsund 1786, S. 95–99; Paraphrase bei Schultz: Königlich Deutsche Gesellschaft in Greifswald, S. 29–34. Siegel: Das königlich genehmigte Siegel ist nicht bekannt, möglicherweise verwendete die Gesellschaft im Siegelbild Elemente aus dem Titelblatt der gesellschaftlichen Gesetze, das den schwedischen Löwen und pommerschen Greif mit Merkurstab zwischen zwei Ölzweigen zeigt.
Abb. 21: Stich des vermutlichen gesellschaftlichen Emblems auf dem Titelkupfer der Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald, 1740
Mitglieder: 112 Mitglieder sind namentlich bekannt, die in ordentliche und auswärtige oder Ehrenmitglieder unterschieden wurden, ohne dass eine Unterscheidung aus den Mitgliederlisten hervorgeht. Die Gründungsmitglieder sind
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im Druck der Statuten aufgeführt. Die in den Pommerschen Nachrichten von gelehrten Sachen vom 18. Januar und 31. Dezember 1743 und der Nachricht von der Königl. Teutschen Gesellschaft in Greifswald (in: Gabriel Wilhelm Goetten: Geschichte jeztlebender Gelehrten. Bd. 9. Celle 1745, S. 236–240) aus dem Jahr 1745 stammenden Listen sind nach dem Jahr des Eintritts geordnet. Kommentiertes Verzeichnis bei Schultz: Königlich Deutsche Gesellschaft in Greifswald, S. 103–128. Legt man die andernorts gängige Praxis der Aufnahme von ortsansässigen Studenten und Mitgliedern des Lehrkörpers als ordentliche Mitglieder zugrunde, so sind 24 ordentliche Mitglieder zu verzeichnen. Da die Aufnahme neuer Mitglieder nur sporadisch und vermutlich eher bei prominenten auswärtigen Persönlichkeiten bekannt gemacht wurde, ist vor allem bei den ordentlichen Mitgliedern von mehr Personen auszugehen.
Werke: Critischer Versuch zur Aufnahme der deutschen Sprache [Periodikum]. 3 Bde. in 15 Stücken. Greifswald 1741–1746; Augustin von Balthasar: Rituale academicum: continens orationes aliaque specimina academica, ex manuscriptis edita; subjunctis ritibus cuiusque actus academici solennibus. Greifswald 1742; Reden bey öffentlicher Versammlung der Königl. deutschen Gesellschaft in Greifswald gehalten. Den 10. Julius 1750. Greifswald [1750]; weitere Gelegenheitsschriften. – Insgesamt sind mehr als 130 Titel bekannt, von denen über 90 publiziert sind. Hauptquellen: Das Archiv der Gesellschaft ist verlorengegangen. Akten zu den Beziehungen der Gesellschaft zur Universität in: UA Greifswald, R 1449 u. R 1483; Druck des Stiftungsbriefs in: LA Greifswald, Rep. 40 VI Nr. 4; zur Gründungsgeschichte vgl. die Autobiographie: Im Hause des Herrn immerdar. Die Lebensgeschichte des Augustin von Balthasar (1701–1786) von ihm selbst erzählt. Hg. v. Dirk Alvermann. Greifswald 2003; zahlreiche Quellen abgedruckt
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in: Augustin von Balthasar: Rituale academicum; Johann Carl Dähnert, Pommersche Nachrichten von gelehrten Sachen; ders., Pommersche Bibliothek; den Streit um Quirini dokumentiert Gottlieb Mohnicke: Erklärung zweier Greifswaldischen Theologen gegen einen Römischen Cardinal. In: Zeitschrift für historische Theologie 7/3 (1837), S. 166–172; Thomas Heinrich Gadebusch: Schwedischpommersche Staatskunde. Zweyter Theil. Greifswald 1788, S. 177f. Sekundärliteratur: Robert Hasenjaeger: Aus dem litterarischen und wissenschaftlichen Leben Greifswalds im zweiten Drittel des achtzehnten Jahrhunderts. In: Pommersche Jahrbücher 8 (1907), S. 135–158; Richard Schultz: Die Königlich Deutsche Gesellschaft in Greifswald. Diss. Greifswald 1914; Helmut Beug: Heinrich Ehrenfried Warnekros und die pommersche Geistesgeschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Greifswald 1933; Manfred Herling: Johann Carl Dähnert (1719–1785). Seine Bedeutung als Bibliothekar, Historiker und insbesondere als Reorganisator des Universitätsarchivs Greifswald. In: Greifswald-Stralsunder Jahrbuch 13–14 (1982), S. 82–101; Horst Langer: Gelehrte Sozietäten in Schwedisch-Pommern. Programmatik und Realität. In: Klaus Garber u. Heinz Wismann (Hg.): Europäische Sozietätsbewegung und demokratische Tradition. Die europäischen Akademien der Frühen Neuzeit zwischen Frührenaissance und Spätaufklärung. Bd. 2. Tübingen 1996, S. 1550–1564; Andreas Önnerfors: Svenska Pommern – kulturmöten och identifikation 1720– 1815. Lund 2003; Nicole Haase: Die „Königliche Deutsche Gesellschaft in Greifswald“. Untersuchungen zu den „Critischen Versuchen“ als Dokument aufklärerischer Sprachreflexion. Staatsexamensarbeit Greifswald 2005; Detlef Döring: Gelehrte Gesellschaften in Pommern im Zeitalter der Aufklärung. In: Dirk Alvermann, Nils Jörn u. Jens E. Olesen (Hg.): Die Universität Greifswald in der Bildungslandschaft des Ostseeraums. Münster 2007, S. 123–154; Till Wichert: Die Königliche Deutsche Gesellschaft zu Greifswald. Zwischen gemeinsamem Handeln und kollektivem Akteur. Masterarbeit Rostock 2022.
Halle a.d.S. Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit Geschichte: Die Gesellschaft wurde im Oktober 1731 von fünf Personen gegründet, die sich zu Übungszwecken in der Wohnung Samuel Gotthold Langes versammelten. Eintritte in die Gesellschaft sind bis 1742 nachweisbar. Eine angeblich 1736 ins Auge gefasste Bestätigung durch die Universität scheint nicht realisiert worden zu sein. Im Jahr 1746 wird sie als erloschen bezeichnet.
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Statuten: Nicolaus Hieronymus Gundling berichtet, man sei sich über Gesetze „einig geworden“. – Ders.: Historie der Gelahrtheit, S. 5646. Diese sind nicht überliefert. Mitglieder: In den Publikationen Gundlings sind 30 Mitglieder der Universität und des Gymnasiums Halle namentlich genannt, davon zwei auswärtige Mitglieder. Die ordentlichen Mitglieder rekrutierten sich aus Dozenten der Universität und des Paedagogium regium in Halle sowie aus dortigen Studenten. Werke: Johann Viktor Krause: Dieses wenige und wahrhaftige, bittet, als ein öffentliches Zeugnis seiner Hochachtung und aufrichtigen Freundschaft beydrucken zu lassen Samuel Gothold Lange, aus Halle. In: Ders.: Deutscher Gedichte Zweyte Sammlung. Halle a.d.S. [1734], o.S.; Elias Kaspar Reichardt: An Herrn Samuel Gotthold Langen, als er zum Pastorat in Laublingen befördert wurde. Im Namen der deutschen Gesellschaft zu Halle im Heumonat 1737. In: Ders.: Proben deutscher Gedichte. Altona [1744], S. 151–155; ders.: Der Misvergnügte. An den Herrn Johann Peter Gericke, itzigen Past. Adj. bey der Armenkirche zu Altona, bey dessen Aufnahme in die deutsche Gesellschaft zu Halle im Hornung 1738. In: Ebd., S. 160–167; Als der weiland Hochwohlehrwürdige und Hochwohlgelahrte Herr Herr M. Johann Christian Gueinzius Treuer Prediger bey der Marienkirche hieselbst Den 10. Merz 1738 Der Sterblichkeit durch einen frühzeitigen Tod entrissen wurde, wollte hiedurch gegen Den Seligverstorbenen als ihr Hochgeschätztes Mitglied ihre Ergebenheit und gegen Das Hochbetrübte Haus ihr schuldiges Beyleid bezeugen Die Deutsche Gesellschaft in Halle. Halle a.d.S. [o.J.]. Hauptquellen: Archiv der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften, Matrikel-Nr. 545; Nicolaus Hieronymus Gundling: Vollständige Historie der Gelahrtheit, oder ausführliche Discourse, so er in verschiedenen Collegiis litterariis […] gehalten. Frankfurt u. Leipzig 1736; ders.: Collegium historico-literarium oder Ausführliche Discourse über die vornehmsten Wissenschaften und besonders die Rechtsgelahrtheit. Bremen 1738. Sekundärliteratur: Gustav Waniek: Immanuel Pyra und sein Einfluß auf die deutsche Litteratur des achtzehnten Jahrhunderts. Mit Benutzung ungedruckter Quellen. Leipzig 1882; Waldemar Kawerau: Aus Halles Litteraturleben. Halle a.d.S. 1888; Wolfram Suchier: Über die deutschen Gesellschaften zu Halle 1731– 67, Typoskript in: SB PK, Nachlass Wolfram Suchier B 15); Hildegard Geppert: Samuel Gotthold Lange, der Gründer der ersten halleschen Dichterschule, sein Leben und seine Werke 1711–1781. Diss. Heidelberg 1923; Ferdinand Josef Schneider: Das geistige Leben von Halle im Endkampf zwischen Pietismus und Rationalismus. In: Sachsen und Anhalt 14 (1938), S. 137–166; ders.: Die Anfänge
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germanistischer Studien in und um Halle. In: Altdeutsches Wort und Wortkunstwerk. Georg Baesecke zum 65. Geburtstag am 13. Januar 1941. Halle a.d.S. 1941, S. 1–19; Manfred Lemmer: Vorläufer und Wegbereiter der hallischen Universitätsgermanistik. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe VII/6 (1958), S. 1111–1123; Holger Zaunstöck: Die halleschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert. Eine Strukturanalyse. In: Erich Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Bd. 5. Köln, Weimar u. Wien 1999, S. 43–63; Hans-Joachim Kertscher: Literatur und Kultur in Halle im Zeitalter der Aufklärung. Aufsätze zum geselligen Leben in einer deutschen Universitätsstadt. Hamburg 2007; Andreas Erb: Die „Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit“ in Halle. In: Jahrbuch für hallische Stadtgeschichte 2012, S. 47–77; Ders.: Die Deutschen Gesellschaften in Halle und Göttingen – Vorreiter oder Mitläufer einer Sozietätsbewegung? In: Marian Füssel u. Andreas Pečar (Hg.): Aufklärungsuniversitäten im Alten Reich? Institutionelle und epistemologische Neuanstöße im 18. Jahrhundert in der deutschen Hochschullandschaft (Manuskript eingereicht).
Deutsche Gesellschaft der schönen Wissenschaften Geschichte: Gottlob Samuel Nicolai gründete nach dem Beginn seiner Vorlesungstätigkeit in Halle 1746 eine Gesellschaft der Freunde der schönen Wissenschaften, die sich wöchentlich bei ihm versammelte. Nach seinem 1753 erfolgten Weggang nach Frankfurt an der Oder gründete Friedrich Wilhelm Ellenberger von Zinnendorf die Gesellschaft als Deutsche Gesellschaft der schönen Wissenschaften am 21. Oktober 1758 neu und führte sie bis zu seinem Tod 1768 weiter. Nicolai gründete vermutlich sowohl in Frankfurt an der Oder als möglicherweise auch am Gymnasium illustre in Zerbst ähnliche Gesellschaften. Statuten: Paraphrase der Statuten von 1758 bei Ellenberger: Gottesgelahrtheit, S. 77–87. Mitglieder: Für beide Gründungen sind 23 Mitglieder namentlich bekannt, Nicolai sprach für seine Gründung im Vorwort des Bandes Sammlung einiger Schriften der Gesellschaft der Freunde der schönen Wissenschaften in Halle (Halle a.d.S. 1752) von 25 Mitgliedern. Für die Neugründung Ellenbergers sind insgesamt vier Mitglieder nachweisbar. Werke: Friedrich Wilhelm Ellenberger: Eine nach unsern Zeiten eingerichtete Natürliche Gottesgelahrtheit empfohlen nebst Nachrichten von einer auf hiesi-
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ger Friedrichs-Universität errichteten deutschen Geselschaft schöner Wissenschaften. Halle a.d.S. 1759; Den Geburtstag Friedrichs des Größten feiert die Deutsche Gesellschaft zu Halle, den 24sten Jenner 1761. Halle a.d.S. 1761; Den Frieden Preußens mit Rußland und Schweden feierte Die deutsche Gesellschaft schöner Wissenschaften zu Halle. Halle a.d.S. 1762; Das Funfzigste Jar Friedrichs des Grösten Königs von Preussen feierte den 24ten Jenner 1762 die deutsche Geselschaft schöner Wissenschaften in Halle. Halle a.d.S. 1762; Den Hubertusburgischen Frieden feiert den 28sten Mai 1763, morgens um 9 Uhr die deutsche Gesellschaft schöner Wissenschaften in Halle. Halle a.d.S. 1763. Hauptquellen: Johann Christoph von Dreyhaupt: Pagus Neletici Et Nudzici, oder diplomatisch-historische Beschreibung des Saal-Creyses, fortgesetzt v. Johann Friedrich Stiebritz. Teil 2. Halle a.d.S. 1773, S. 194. Sekundärliteratur: Manfred Lemmer: Vorläufer und Wegbereiter der hallischen Universitätsgermanistik. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe VII/6 (1958), S. 1111–1123; Hans-Joachim Kertscher: Gottlob Samuel Nicolai und die „Gesellschaft der schönen Wissenschaften“ in Halle. In: Dieter Bähtz, Manfred Beetz u. Roland Rittig (Hg.): Dem freien Geiste freien Flug. Beiträge zur deutschen Literatur für Thomas Höhle. Leipzig 2003, S. 15–25; Holger Zaunstöck: Sozietätslandschaften und Mitgliederstrukturen. Die mitteldeutschen Aufklärungsgesellschaften im 18. Jahrhundert. Tübingen 1999, S. 45f.
Hamburg Teutsch-übende Gesellschaft Geschichte: Nach Vorgesprächen zwischen den Initiatoren Barthold Heinrich Brockes, Michael Richey und Johann Ulrich König fand am 12. Januar 1715 die erste Sitzung statt, auf der die von Richey entworfenen Gesetze besprochen und verabschiedet wurden. Protokolle und eingereichte Arbeiten brechen 1717 ab, weitere Aktivitäten der Gesellschaft sind nicht anzunehmen. Statuten: SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 2 u. 4b: Beliebte Verfassung einer Teutsch-übenden Gesellschaft, abgedruckt in: Petersen: Teutsch-übende Gesellschaft, S. 535–539. Mitglieder: Sechs ordentliche Mitglieder waren statutarisch festgelegt, acht ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt.
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Werke: Originalhandschriften der Verfasser in: SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 20 4c; Teilpublikation in: Christian Friedrich Weichmann: Poesie der Niedersachsen, oder, Allerhand, Mehrentheils noch nie gedruckte Gedichte von den berühmtesten Nieder-Sachsen, sonderlich einigen ansehnlichen Mit-Gliedern der vormals in Hamburg blühenden Teutsch-übenden Gesellschaft. 3 Bde. Hamburg 1721–1726. Hauptquellen: Journal und Acta der Teutsch-übenden Gesellschaft in: SUB Hamburg, Cod. hist. litt. 20 2/3/4a/4b (Sitzungsprotokolle), beschrieben in: Elke Matthes: Die Codices historiae litterariae der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg. Hamburg 2009, S. 5–6; Parallelüberlieferung in: Kongelige Bibliotek Kopenhagen, Slg. Fabricius, Fabr. 61 20, beschrieben in: Petersen: Fabricius, S. 484–487. Literatur: Christian Petersen: Die Teutsch-übende Gesellschaft in Hamburg. In: Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte 2 (1847), S. 533–564; Martin Lamm: Samuel Triewald och Teutsch-übende Gesellschaft i Hamburg. In: Personhistorisk tidskrift 13 (1905), S. 7–12; Franklin Kopitzsch: Grundzüge einer Sozialgeschichte der Aufklärung in Hamburg und Altona. 2. Aufl. Hamburg 1990; Annemarie Clostermann: Die Opera der „Teutschübenden Gesellschaft“ zu Hamburg. Neue Libretti des frühen 18. Jahrhunderts und ihre Auswirkungen. In: Friedhelm Brusniak (Hg.): Musiktheatralische Formen in kleinen Residenzen. 7. Arolser Barock-Festspiele 1992. Köln 1993, S. 122–135; Erik Petersen: Johann Albert Fabricius. En Humanist i Europa. Kopenhagen 1998; Martin Krieger: Patriotismus in Hamburg. Identitätsbildung im Zeitalter der Frühaufklärung. Köln, Weimar u. Wien 2008; Ingrid Schröder: Michael Richey und die Teutsch-übende Gesellschaft. In: Johann Anselm Steiger u. Martin Mulsow (Hg.): Das Akademische Gymnasium zu Hamburg (gegr. 1613) im Kontext frühneuzeitlicher Wissenschaftsund Bildungsgeschichte. Berlin u. New York 2017, S. 195–216.
Gesellschaft zur Aufnahme der deutschen Sprache und der freien Künste (interner Name: Probirer) Geschichte: Die Gesellschaft wurde 1737 am Hamburger Gymnasium von dem Schüler Peter Amsinck gegründet und traf sich wöchentlich wechselnd in den Wohnungen der Mitglieder zu vom Gastgeber vorgegebenen Diskussionen. Seinerzeit „bekannte Zufälle“ bewirkten schon im Jahr darauf deren Auflösung. Unklar ist, ob eine Gesellschaft, die der Kandidat Johann Jacob Schilling nach seiner Ankunft in Hamburg 1739 gründete und die sich „mit der Poesie nach den Regeln der Alten und der Vernunft in ihrer Muttersprache“ befasste, mit ihr in Zusammenhang steht.
574 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Statuten: Die Statuten mussten von den Mitgliedern unterschrieben werden, sie sind allerdings nicht überliefert. Mitglieder: Fünf Gymnasiasten als ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt. Werke: Zwei Manuskripte des Mitglieds Justus Johannes Corthum sind überliefert in: SUB Hamburg, Sup. Ep. 113, f. 161r–164v u. 171r–173v. Hauptquelle: Art. Peter Amsinck. In: Hans Schröder: Lexikon der hamburgischen Schriftsteller bis zur Gegenwart. Bd, 1. Hamburg 1851, S. 57; Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen Unpartheyischen Correspondenten 20 (1743). Sekundärliteratur: Franklin Kopitzsch: Grundzüge einer Sozialgeschichte der Aufklärung in Hamburg und Altona. 2. Aufl. Hamburg 1990.
Heidelberg Teutsche Privatgesellschaft Geschichte: Die Gesellschaft gründete sich 1777 um den Oberpfälzer Studenten Johann Wolfgang Helmes, der bereits an seinem vorangegangenen Studienort Altdorf einer deutschen Privatgesellschaft angehört hatte. Da sie sich stark als Freundschaftsbund begriff und keine weiteren Mitglieder aufnahm, hörte sie vermutlich mit dem Wegzug der Gründungsmitglieder auf. Statuten: Statuten werden in Helmes’ Pinselstrichen erwähnt, sind aber nicht überliefert. Mitglieder: Sieben Studenten als ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt, genannt in: Erb: Teutsche Privatgesellschaft, S. 80–82. Werke: Erwähnt werden eine Probeschrift des 1778 aufgenommenen Jakob Wilhelm Siebein und dessen Abschiedsgedicht auf Helmes. Hauptquelle: Pinselstriche zur Charakteristik der deutschen Privatgesellschaft zu Heidelberg welche am 19ten des Christmonats 1777 ihre erste Sitzung hielt, GNM PBO LXXX, ediert in: Erb: Teutsche Privatgesellschaft, S. 80–82. Sekundärliteratur: Andreas Erb: Die Teutsche Privatgesellschaft in Heidelberg. In: Mannheimer Geschichtsblätter 15 (2008), S. 78–83.
Helmstedt | 575
Helmstedt Herzogliche Deutsche Gesellschaft Geschichte: 1745 gründete der Theologe Christian Ernst von Windheim an der Universität Helmstedt eine Deutsche Gesellschaft, deren Mitgliederstamm sich aus der Tischgesellschaft seines Mentors Johann Lorenz von Mosheim rekrutierte. Mit dem Weggang Mosheims und Windheims nach Göttingen 1747 erlitten die gesellschaftlichen Aktivitäten bald einen Rückschlag, die verbliebenen Mitglieder gewannen aber mit dem Theologieprofessor Christoph Timotheus Seidel einen einflussreichen neuen Vorsitzenden und konnten am 20. Juni 1749 die landesherrliche Bestätigung in einem öffentlichen Festakt begehen. Auch durch die Verbindung zum Philologisch-Pädagogischen Institut konnte sich die Gesellschaft konsolidieren. Mit Schließung der Universität Helmstedt 1810 dürften auch die Sitzungen der Deutschen Gesellschaft geendet haben. Statuten: Der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze. [Helmstedt] 1746, handschriftliches Exemplar in: StAW, 37 Alt 976; Verfassung und Gesetze der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt. In: Einladungsschrift Die Herzogliche deutsche Gesellschaft zu Helmstädt feiert ihr acht und dreißigstes Stiftungsfest am 20sten Tage des Brachmonats 1786 [...]. Helmstedt 1786. Mitglieder: 344 Mitglieder namentlich bekannt, davon 239 ordentliche. Eine Mitgliederliste ohne Quellenangabe ist gedruckt in: Grußendorf: Helmstedt, S. 59f. Weitere Mitgliedschaften sind nur verstreut aus Nennungen in den Braunschweigischen Anzeigen sowie den Kasualschriften, Ankündigungen, Rechnungen und Korrespondenzen in der gesellschaftlichen Überlieferung belegt, so dass von weiteren Mitgliedern auszugehen ist.
576 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Siegel: Merkur mit Stab und Apoll mit Leier um einen Altar mit Ouroboros- und Laubrelief, darauf zwei flammende Herzen, oben reichen zwei Hände einen Lorbeerkranz herunter, Umschrift: „DER DEUTSCHEN GESELLSCHAFT IN HELMSTAEDT SIEGEL MDCCXXXXIX“, Inschrift: „DEM VERDIENST“.
Abb. 22: Federzeichnung des Siegelentwurfs, StAW 37 Alt 976, f. 33
Abb. 23: Oblatensiegel auf dem Mitgliedsdiplom für August Christian Bartels, HAB H: 293 Helmst. Dr. (15)
Jena | 577
Werke: Überliefert sind 75 separat gedruckte Reden und Einladungsschriften sowie Beiträge zu Sammelbänden, außerdem ca. 100 Manuskripte in: HAB Cod. Guelf. 356 Novi u. Cod. Guelf. 357 Novi. Hauptquellen: Teile des Archivs in: HAB, Cod. Guelf. 356 Novi u. Cod. Guelf. 357 Novi, summarisch beschrieben in: Otto von Heinemann: Catalogus Librorum manuscriptorum qui sub titulo Novorum in Bibliotheca Augusta asservantur. 1870–1871 [handschriftl.], HAB Cod. Guelf. 158 Noviss. 2°. Aktenüberlieferung der Universität Helmstedt in: StAW, 37 Alt 976; Briefe aus den letzten Jahren der Universität Helmstedt. In: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 9 (1910), S. 149–204 u. 10 (1911), S. 89–153; Ehemalige Universitätsbibliothek Helmstedt, Bibliothekssaal des Juleum, Gemälde „Einzug der Helmstedter Deutschen Gesellschaft in die Universitätskirche am Markt am 20. Juni 1749“. Sekundärliteratur: Hermann Grußendorf: Die Helmstedter Deutsche Gesellschaft. In: Braunschweigisches Magazin 22 (1916), S. 42–60; Detlef Döring: Die Rolle der Universität bei der Herausbildung der modernen Wissenschaft im 17. und 18. Jahrhundert. Das Beispiel Helmstedt. In: Jens Bruning u. Ulrike Gleixner (Hg.): Das Athen der Welfen. Die Reformuniversität Helmstedt 1576– 1810. Wolfenbüttel 2010, S. 46–51.
Jena Teutsche Gesellschaft Geschichte: Johann Andreas Fabricius hatte in Leipzig der Deutschen Gesellschaft angehört und versuchte bereits 1725, nach diesem Modell eine Deutsche Gesellschaft zu gründen, die auf Initiative von Studenten schließlich am 31. Juli 1728 erstmals zusammentrat. In einer überarbeiteten Fassung wurden die Statuten am 31. Januar 1730 durch die Universität genehmigt. Bereits früh traten Spannungen zwischen der Gesellschaft und Fabricius auf, die schließlich zu dessen Ausschluss führten. 1730 wählten die Mitglieder den Prorektor und Professor Gottlieb Stolle zu ihrem Obervorsteher. Zu Beginn der 1750er Jahre gefasste Pläne des Seniors Carl Gotthelf Müller, sie in eine Art Akademie umzuprofilieren, gediehen nicht weit, die deshalb vorgenommene Aufteilung in eine Herzogliche Teutsche Gesellschaft und eine Herzogliche Gesellschaft der höhern Wissenschaften blieb allerdings bestehen. Mit dem Tod ihres Seniors Karl Gotthelf Müller 1760 kam die Tätigkeit vermutlich fast zum Erliegen. Für das Jahr 1777 sind letztmalig Eintrittsreden überliefert, in einem Vorlesungsverzeichnis des Jahres 1787 werden zuletzt von ihr Veranstaltungen angekündigt.
578 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Statuten: Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena: nebst einem Vorbericht und Anhange von ihren jetzigen Umständen. Jena 1730; Entwürfe und Ausfertigungen in: ThULB, Ms. Prov. f. 132 (1), o 9 (1728), o 10 (1730); Abdruck der ersten Statuten von 1728 mit Vermerk der Änderungen in: Marwinski: Fabricius, S. 22f.; Paraphrasierung der Statuten von 1753 bei Müller: Nachricht, S. 47–94. Siegel: Johann Georg Schubert (Entwurf), im rechten Feld den Stab Merkurs, im linken die Leier Apolls, über beides hält ein geharnischter Arm einen Lorbeerkranz, Umschrift: „DIE TEUTSCHE GESELLSCHAFT IN JENA“.
Abb. 24: Deckfarbenzeichnung des Gesellschaftssiegels auf der Matricul der Teutschen Gesellschafft zu Jena, um 1750, ThULB, Ms. Prov. f. 130, Titelblatt
Mitglieder: 483 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 250 ordentliche, 50 auswärtige und 181 Ehrenmitglieder. Weitere Mitglieder vor allem für die späteren Jahre sind zu vermuten. Die Matrikel in einer Neuschrift von 1750/51 reichen bis 1755. – ThULB, Ms. Prov. f. 130. Verzeichnis aller aus Schlesien stammenden Mitglieder in: Gelehrte Neuigkeiten Schlesiens. Liegnitz [nach 1739], S. 51–55; Verzeichnis aller in der Matrikel der Teutschen Gesellschaft zu Jena befindlichen Namen. In: Müller: Nachricht, S. 95–119. Eine ergänzte Mitgliederliste ist gedruckt in: Marwinski: Bücherschatz, S. 36–57.
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Werke: Sammlung der Schriften der Teutschen Gesellschaft in Jena. In gebundener und ungebundener Schreibart. Hg. v. Gottlieb Stolle. Jena 1732; Nacheifrungen in den zierlichen Wissenschaften, hg. v. einigen Mitgliedern der teutschen Gesellschaft in Jena [ohne Autorisierung durch die Gesellschaft hg. v. Christian Nikolaus Naumann]. Jena 1750; Carl Gotthelf Müller: Nachricht von der teutschen Gesellschaft zu Jena und der ietzigen Verfassung derselben. Jena 1753; Schriften der Teutschen Gesellschaft zu Jena aus den schönen Wissenschaften. Hg. v. Carl Gotthelf Müller. Jena 1754; Der jenaischen teutschen Gesellschaft der schönen Künste und Wissenschaften Jubelschriften. Jena 1758; umfangreiche Sammlung von gedruckten Gelegenheitsschriften in: ThULB u. SB PK, 4" Yf 6841 (dort Kriegsverlust); Werkmanuskripte in: ThULB, Ms. Prov. f. 132 (4), f. 132 (5), q 77, q 77a; eine Auswahl der behandelten Themen in: Marwinski: Fabricius, S. 24f. (für die Jahre 1728/29), 50–52 (für 1730–1737), 64–66 (für 1744– 1755); Partituren zu den für die öffentlichen Versammlungen und Feiern verfassten Kantaten in: ThULB, Ms. Prov. f. 24 (1a bis 5). Hauptquellen: Das umfangreiche Archiv der Gesellschaft ist nach deren Ende in die Handschriftenabteilung der ThULB Jena gekommen, wo 1823 vereinzelte Kassationen vorgenommen wurden. Die Unterlagen wurden unter den Signaturen Ms. Prov. f. 130 bis f. 132 (10), q 77 bis q 79 und o 9 bis o 10 verzeichnet. – Chroniken: o 9 (Leges membra acta et rationes societatis oratorie praeside M. Iohanne Andrea Fabricio); Protokollbuch bis 1756: q 78; Korrespondenzen: f. 132 (9), f. 132 (10), q 77, q 79; Rechnungen: f. 132 (3) (für 1729–1752 u. 1761), o 9 (für 1728/29); Bibliothekskatalog: f. 131 sowie AC II 13; Bibliotheksakten: f. 132 (2); Schriftwechsel mit der Universität und deren Beratungen über die Gesellschaft in: UA Jena, A 1328, A 1329 u. M 74. Sekundärliteratur: Joseph Becker: Schlesier in der Deutschen Gesellschaft zu Jena (Ein Beitrag zur schlesischen Geistesgeschichte). In: Zeitschrift des Vereins
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für Geschichte Schlesiens 64 (1930), S. 138–154; Felicitas Marwinski: Johann Andreas Fabricius und die Jenaer gelehrten Gesellschaften des 18. Jahrhunderts. Jena 1989; Jens Riederer: Entwurf zu einer akademisch-studentischen Reformbewegung – Das Beispiel Jena 1720–1820. In: Herbert Gottwald (Hg.): Universität im Aufbruch. Die Alma mater Jenensis als Mittler zwischen Ost und West. Völkerverbindende Vergangenheit und europäische Zukunft einer deutschen Universität. Jena u. Erlangen 1992, S. 185–198; ders.: Aufgeklärte Sozietäten und gesellige Vereine in Jena und Weimar zwischen Geheimnis und Öffentlichkeit 1730–1830. Sozialstrukturelle Untersuchungen und ein Beitrag zur politischen Kultur eines Kleinstaats. Diss. Jena 1995; Felicitas Marwinski: Der Deutschen Gesellschaft zu Jena ahnsehnlicher Bücherschatz. Bestandsverzeichnis mit Chronologie zur Gesellschaftsgeschichte und Mitgliederübersicht. Jena 1999; dies.: Die Teutsche Gesellschaft zu Jena – eine „Akademie der höhern Wissenschaften“? Über gelehrte Preisfragen im Rahmen des Akademie-Konzepts. In: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 58 (2004), S. 83–122; dies.: Die Deutsche Gesellschaft zu Jena und die gelehrten Frauenzimmer. In: Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen 8 (2000), S. 16–31; dies.: Gelehrte Frauen in der Deutschen Gesellschaft zu Jena. Die Gruppe um Anna Christina Ehrenfried von Balthasar, Trägerin des Titels „Baccalaurea artium et philosophiae“. In: Sabine Koloch (Hg.): Frauen, Philosophie und Bildung im Zeitalter der Aufklärung. Berlin 2010, S. 219–253.
Karlsruhe Deutsche Gesellschaft Geschichte: Johann Lorenz Böckmann hatte in den 1760er Jahren in Jena bei Joachim Georg Darjes, Lorenz Johann Daniel Suckow und Johann Ernst Basilius Wiedeburg studiert und war deren Deutscher Gesellschaft beigetreten. Sofort nach seiner Ernennung zum Professor am Karlsruher Gymnasium 1764 reichte er bei Markgraf Karl Friedrich von Baden-Durlach eine Denkschrift mit dem Titel „Unterthänigster Vorschlag zur Errichtung einer teutschen Gesellschaft“ ein. Dieser gab sie dem Hofrat von Schmidt zur Lektüre, der seinerseits schon eine Gesellschaft der schönen Wissenschaften ventiliert hatte. Da die „Zahl der Gelehrten eben nicht sehr groß seie“, plädierte von Schmidt dafür, die Deutsche Gesellschaft in sein eigenes Sozietätsprojekt zu integrieren. Offensichtlich wurde das Thema nicht mehr weiterverfolgt. Dass Böckmanns Sozietätsprojekt als landesherrlich protegierte Gründung damit auf Eis lag, scheint ihn nicht davon abgehalten zu haben, am Karlsruher Gymnasium eine deutsche Gesellschaft zu
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gründen, die allerdings nur über eine Erwähnung von Hektor Wilhelm von Günderode bekannt ist. Statuten: Einzelne Regelungen werden in dem ersten Sozietätsprojekt benannt, über deren Umsetzung in der Deutschen Gesellschaft am Karlsruher Gymnasium ist nichts bekannt. Mitglieder: Das Mitglied Karl Wilhelm Ludwig Friedrich von Drais spricht von einer kleinen Deutschen Gesellschaft, nur Böckmann als Leiter und Drais sind namentlich bekannt. Werke: Hektor Wilhelm von Günderode erwähnt einige in der Gesellschaft „mit Beyfall vorgelesene Aufsätze“, Näheres ist jedoch nicht bekannt. Hauptquellen: Skizze des Sozietätsprojekts in: GLAK, Hfk-HS Nr. 399, abgedruckt in: Goldschmit: Der älteste Plan; Karl Obser: Ein Tagebuch des Markgrafen Karl Friedrich vom Jahre 1764. In: Neues Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg und der rheinischen Pfalz 9 (1911), S. 224–246; Karl Wilhelm Ludwig Friedrich Freiherr von Drais: Denkmal, dem verstorbenen Freiherrn Hektor Wilhelm von Günderode gen. von Kellner geweiht. In: Wissenschaftliches Magazin für Aufklärung II/3 (1785), S. 307–319; Friedrich Wilhelm Wucherer: Dem Angedenken des verewigten Herrn Geheime Hofrath Böckmanns gewidmet. In: Magazin von und für Baden I (1803), S. 1–36. Sekundärliteratur: Robert Goldschmit, Der älteste Plan zur Gründung einer Akademie der deutschen Sprache in Karlsruhe. In: Gymnasium Karlsruhe. Jahresbericht für das Schuljahr 1901/02, Beilage, S. 21–25; Gustav Wendt: Überblick über die Geschichte des Gymnasiums. In: Festschrift zur 300jährigen Jubelfeier des Großh. Gymnasiums in Karlsruhe. 22. November 1886. Karlsruhe 1886, S. 3– 38; Leonhard Müller: Der Plan einer Karlsruher Akademie der deutschen Sprache 1764. In: Blick in die Geschichte 80 Karlsruher stadthistorische Beiträge (19. September 2008).
Königsberg Königliche Deutsche Gesellschaft Geschichte: Der Hofprediger Johann Jakob Quandt und der Rhetorikprofessor Cölestin Christian Flottwell gründeten an der Universität Königsberg am 15. November 1741 die Deutsche Gesellschaft. Am 18. August 1743 nahm Friedrich II. sie unter königlichen Schutz, so dass sie am 21. November desselben Jahres den Stiftungstag begehen konnte. Sie erhielt ein Versammlungszimmer
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im Nordflügel des Königsberger Schlosses. Als Ostpreußen im Siebenjährigen Krieg 1758 von russischen Truppen besetzt war, verlor sie dieses Zimmer und führte, wohl auch in Folge von Flottwells Tod im Jahr 1759, keine Versammlungen mehr durch. Georg Christoph Pisanski, der Prorektor des Altstädtischen Gymnasiums, nahm Bibliothek und Archiv bei sich auf. Nach dem Abzug der russischen Truppen konstituierte sich die Gesellschaft aufs Neue und bezog 1765 ihre alten Räumlichkeiten im Schloss. Der aus Riga zurückgekehrte frühere Senior Johann Gotthelf Lindner nahm die offizielle Wiedereröffnung am 25. Januar 1766 vor. Mit dessen Tod 1776 kam die gesellschaftliche Tätigkeit erneut zum Erliegen. 1783 belebte der Schul- und Kirchenrat Georg Ernst Sigismund Hennig die Gesellschaft wieder und erweiterte deren Themenspektrum um die Beschäftigung mit preußischer Geschichte. Er erreichte ihre förmliche Wiedereinsetzung in die alten Rechte. Am 22. September 1788 fand eine Vereinigung mit der 1743 in Konkurrenz gegründeten Freien Gesellschaft statt. Mit Schwerpunkt zunächst auf der Pflege der vaterländischen Geschichte, dann als eine interdisziplinäre wissenschaftliche Vortragsgesellschaft bestand die Gesellschaft bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Statuten: Die nicht überlieferten Gründungssatzungen wurden schon nach der königlichen Privilegierung am 19. Juni 1743 geändert: Kurze Nachricht von der Verfaßung der Königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg. [o.O.] [o.J.], Exemplar in: GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, f. 1–4; Neufassung von 1757 erwähnt bei Krause: Gottsched und Flottwell; Verordnungen von 1789 bei Wald: Geschichte und Verfassung, S. 35–40; Paraphrase mit auszugsweiser wörtlicher Wiedergabe der Fassung von 1743 bei Krause: Gottsched und Flottwell, S. 100f. Siegel: Gekrönter preußischer Adler über einem Postament, auf diesem Merkurstab und Lorbeerkranz, Umschrift: „Siegel der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg“.
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Abb. 25: Stich des Siegels auf dem Titelkupfer zu Esprit Fleschiers Lob- und Trauerreden
Mitglieder: 315 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 194 ordentliche. Mitgliederlisten sind gedruckt in: Adres-Calender, der sämtlichen Königl. Preuß. Lande und Provinzien: ausser den Residenzien Berlin, dem Königreiche Preussen und dem souverainen Herzogthume Schlesien; der darinnen befindlichen hohen und niedern Collegien, Instanzien und Expeditionen, ingleichen der königl. Bediente, Magisträte, Universitäten, Prediger ... auf das Jahr 1748, 1752 und 1756; Wald: Geschichte und Verfassung, S. 23–28. – Ein separater Druck des Mitgliederverzeichnisses wurde zwischen Gottsched und Flottwell in ihrem Briefwechsel 1752 ventiliert, kam aber nicht zustande. Zahlreiche verstreute Einzelnennungen finden sich bei Krause (ders: Gottsched und Flottwell), insgesamt kann von einer größeren Mitgliederanzahl ausgegangen werden.
584 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Werke: Esprit Fleschiers Lob- und Trauerreden. Nebst dem Leben desselben von einigen Mitgliedern der königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg übers. u. mit einer Vorrede Hrn. Prof. Gottscheds ans Licht gestellt v. Christian Cölestin Flottwellen. Leipzig u. Liegnitz 1749 (weitere Auflagen 1755 und 1764, Fortsetzung bis zu einem zweigeteilten Band 5 durch Friedrich Immanuel Bierling mit unklarem Bezug zur Gesellschaft); Der Königlichen deutschen Gesellschaft in Königsberg Eigene Schriften in ungebundener und gebundener Schreibart. Königsberg 1754; Abhandlungen und Poesien. Königsberg 1771; Preußisches Archiv. Königsberg 1790–1798. Weitere Werke nennt Johannes Müller: Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen. Berlin 1883–1917, S. 302–313, 718–719; weitere Gelegenheitsschriften in: GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9. Ein Katalog im Archiv der Gesellschaft verzeichnet für die Jahre von 1743 bis 1758 116 gedruckte Titel. Die Publikation von Johann Gotthelf Lindner (Nachricht an das Publicum über die hiesige Königl. deutsche Gesellschaft. Königsberg 1774) sowie eine Sammlung mit Gelegenheitsschriften der Jahre 1793 bis 1805 in der SB PK (Sign. 2" Y 910) müssen als Kriegsverlust gelten. Die Manuskripte der in der Gesellschaft vorgetragenen Gedichte und Reden gingen in das Archiv ein, wo 1757 Ludwig Ernst von Borowski 462 Titel katalogisierte. Hauptquellen: Das Archiv der Gesellschaft mit Protokollen, Korrespondenzen, Kassenbüchern und Bibliothekskatalogen (beschrieben in: Krause: Gottsched und Flottwell, S. Vf.), befand sich in der Königsberger Stadtbibliothek und ist seit der Zerstörung Königsbergs 1945 verschollen. – Schriftwechsel mit der preußischen Regierung in: GStA PK, XX EM 139c IV Nr. 9, dort auch f. 5–9 der „Büchervorrath der K.D.G. zu K.“ von 1750; Abdruck zentraler Privilegien in: Wald: Geschichte und Verfassung, S. 29–34; Anzeigen der gesellschaftlichen Tätigkeit gedruckt in: Königsbergische Gelehrte und Politische Zeitungen. Sekundärliteratur: Samuel Gottlieb Wald: Die Geschichte der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen. In: Preußisches Archiv 4 (1793), S. 852–892 (separat erschienen: Geschichte und Verfassung der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg; eine Vorlesung. Königsberg 1793); Friedrich Wilhelm Schubert: Nachrichten über die königliche deutsche Gesellschaft zu Königsberg. In: Historische und litterarische Abhandlungen der königlichen deutschen Gesellschaft zu Königsberg. Hg. v. dems. Königsberg 1830, S. 3–16; G. C. Pisanski’s Entwurf einer preußischen Literärgeschichte in vier Büchern. Hg. v. Rudolf Philippi. Königsberg 1886; Gottlieb Krause: Gottsched und Flottwell, die Begründer der Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Festschrift zur Erinnerung an das 150jährige Bestehen der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in
Kronstadt | 585
Preußen. Leipzig 1893; Philipp Zorn: Die Königlich Deutsche Gesellschaft zu Königsberg i.Pr. In: Ders.: Im neuen Reich. Reden und Aufsätze zur preußischdeutschen Staats- und Rechtsgeschichte. Bonn 1902, S. 296–318; Gerard Koziełek: Aufgeklärtes Gedankengut in der Tätigkeit der Deutschen Gesellschaft in Königsberg (1976). In: Ders.: Darstellung und Deutung. Aufsätze zur deutschen Literatur. Hg. v. Marian Szyrocki. Wrocław 1988, S. 142–165; Carl Diesch: Die Staats- und Universitätsbibliothek und das wissenschaftliche Leben in Königsberg 1927–1945. Leipzig 1947. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 18 (1994), S. 366–383, zur Deutschen Gesellschaft in dieser Zeit ebd., S. 380f.
Kronstadt Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Deutsche Gesellschaft in Kronstadt bestand am dortigen Gymnasium unter der Leitung des seit 1762 als Orator fungierenden Stephan von Closius um 1766. Da dieser ab 1770 im ostslowakischen Semplin lebte, ist ein Erlöschen dieser Gesellschaft spätestens ab diesem Zeitpunkt anzunehmen. Statuten: Weder Statuten noch eine Ämterstruktur sind bekannt. Mitglieder: Nur Closius als Leiter der Gesellschaft und ein weiterer Schüler sind namentlich bekannt. Werke: Die Schüler haben „gewisse Arbeiten verfertigt“, die nicht überliefert sind. Hauptquelle: Brief von Georg Michael Gottlieb von Hermann an M. Heydendorf, 2. Januar 1766 (mit Erwähnung der Gesellschaft), abgedruckt in: Groß: Herrmann. Sekundärliteratur: Julius Groß: Georg Michael Gottlieb von Herrmann und seine Familie. Kronstädter Kultur- und Lebensbilder. In: Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde N.F. 22 (1889), S. 93–328, 537–618; E.S.: Kleine Mitteilungen Nr. 4: Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Hermannstadt. In: Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische Landeskunde XXXIX/7 (1916), S. 39f.; Wolfram Kaiser u. Karl-Heinz Krosch: Zur Geschichte der Medizinischen Fakultät der Universität Halle im 18. Jahrhundert (Folgen XI, XII). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Mathematisch-Naturwissenschaftliche Reihe 14 (1965), S. 581–676; Andreas Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie. Wandlungen einer Sozietätsbewegung zwischen Österreich, Mähren und Siebenbürgen. In: Dieter Breuer u. Gábor Tüskés (Hg.): Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa. Berlin u. Boston 2019, S. 135f.
586 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Leipzig Vertrautes Görlitzisches Collegium Poeticum, seit 1717: Teutschübende Poetische Gesellschaft, seit 1727: Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Gesellschaft wurzelt in einer Vereinigung ehemaliger Schüler des Görlitzer Gymnasiums, die sich 1697 an der Universität Leipzig als landsmannschaftlich orientierter Freundschaftsbund und Poetengesellschaft konstituierten. Seit 1717 bestand sie unter dem Professor für Geschichte Johann Burckhardt Mencke und Christian Clodius als Teutschübende Poetische Gesellschaft. Diese lenkten die gesellschaftliche Tätigkeit auf eine Pflege der deutschen Sprache und Literatur, bauten eine dahingehend ausgerichtete Bibliothek auf und öffneten die Gesellschaft für nicht aus der Oberlausitz stammende Mitglieder. In der Jubiläumsschrift Schediasma kündigte sie ehrgeizige Projekte an, die sie allerdings nur zum Teil verwirklichte. Prägend wurde das Wirken des 1724 eingetretenen Johann Christoph Gottsched, unter dessen Ägide die Sozietät 1727 nach internen Kontroversen den neuen Namen Deutsche Gesellschaft und eine neue Satzung annahm. Vor allem durch Gottscheds Wirken gewann sie schnell überregionale Bedeutung und wurde zum Vorbild zahlreicher weiterer Sozietätsgründungen. Eine Privilegierung durch den Dresdner Hof kam trotz mehrerer Anläufe allerdings nicht zustande. Infolge interner Spannungen, die sich in einem Streit um eine Polemik des Mitglieds Christoph Ernst Steinbach gegen Gottsched entluden, trat dieser 1738 aus der Gesellschaft aus, deren Tätigkeit in der Folge unter Johann Friedrich May stark abflaute, aber auch nicht gänzlich erlosch. Die nur noch aus drei ordentlichen und zwei auswärtigen Mitgliedern bestehende Sozietät vereinigte sich 1827 mit dem noch jungen sächsischen Altertumsverein zur „Deutschen Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Sprache und Altertümer“. Statuten: Die Statuten des Collegii poetici von 1697 sind abgedruckt in: Stübel: Deutsche Gesellschaft, S. 9–12, Änderungen sind paraphrasiert; die Leges et conclusa societatis philo-teutonico-poeticae sind paraphrasiert ebd., S. 13–14; Statuten von 1727: Nachricht von der itzigen Verfassung der erneuerten Deutschen Gesellschafft in Leipzig. Leipzig 1727. Siegel: Merkurstab und Lorbeerkranz, Umschrift: „DIE DEUTSCHE GESELLSCHAFT IN LEIPZIG“.
Leipzig | 587
Abb. 26: Lacksiegelabdruck auf dem Mitgliedsdiplom für Christian Gottlieb Ludwig von 1738, UB Leipzig, Rep. VI 16bb
Mitglieder: 337 Mitglieder sind namentlich bekannt. Vor allem für die späteren Jahre ist von mehr Mitgliedern auszugehen. Mitgliederlisten sind publiziert in: Mit=Glieder der Deutschen Gesellschaft. In: Gabriel Wilhelm Goetten: Das jetztlebende gelehrte Europa. Bd. 2. Braunschweig u. Hildesheim 1736, S. 783–789; Ernst Kroker: Gottscheds Austritt aus der Deutschen Gesellschaft. In: Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Sprache und Alterthümer in Leipzig 9 (1902), S. 1–57, Mitgliederliste von 1697–1741 ebd., S. 42–57; weitere Mitgliederlisten in: Leipziger Adreß= Post= und Reise= Calender, auf das Jahr Christi …; Johann Gottlob Schulz: Beschreibung der Stadt Leipzig. Leipzig 1784, S. 252.
588 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
Werke: Schediasma De Instituto Societatis Philoteutonico-Poeticae/Quae Sub Praesidio [...] Dn. D. Johann. Burchardi Menckenii, Consiliarii Et Historiographi Regii [...] Hic Lipsiae congregator. Leipzig 1722; Nachricht von der itzigen Verfassung der erneuerten Deutschen Gesellschafft in Leipzig. Leipzig 1727; Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig Bis auf das Jahr 1731 fortgesetzt. Leipzig 1731; Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Eigene Schriften und Übersetzungen, in gebundener und ungebundener Schreibart. 3 Bde. Leipzig 1730, 1734 u. 1739; Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. 8 Bde. Leipzig 1732–1744; Oden Der Deutschen Gesellschafft in Leipzig, In vier Bücher abgetheilet. An statt einer Einleitung ist des Herrn de la Motte Abhandlung von der Poesie überhaupt, und der Ode ins besondre vorgesetzet. Leipzig 1728; Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesammlete Reden und Gedichte, Welche bey dem Eintritte und Abschiede ihrer Mitglieder pflegen abgelesen zu werden. Nebst einer vorhergesetzten ausführlichen Erläuterung ihrer Absichten, Anstalten und der davon zu erwartenden Vortheile. Leipzig 1732; Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Oden und Cantaten in vier Büchern. Nebst einer Vorrede über die Frage: Ob man auch in ungebundener Rede Oden machen könne? Leipzig 1738; Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Nachrichten und Anmerkungen welche die Sprache, Beredsamkeit und Dichtkunst der Deutschen betreffen. 4 Stücke. Leipzig 1739– 1744; Zwo Schriften, welche in der deutschen Gesellschaft zu Leipzig ersten außerordentlichen Versammlung nach wiederhergestellten Frieden, den 15ten April 1763, öffentlich vorgelesen worden. Leipzig 1763; Aufstellung weiterer Schriften in: Johannes Müller: Die wissenschaftlichen Vereine und Gesellschaften Deutschlands im neunzehnten Jahrhundert. Bibliographie ihrer Veröffentlichungen. Berlin 1883– 1917, S. 326–331; Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft, S. 356f. Hauptquellen: Das Archiv der Gesellschaft wird 1762 als verunordnet beschrieben und ist heute verschollen. Einige Manuskripte befanden sich in den Räumen der Gesellschaft im Mauricianum in Leipzig und sind seit 1943 Kriegsverlust. – Briefwechsel ihres Seniors Johann Christoph Gottsched in: UB Leipzig, Ms 0342, beschrieben in: Detlef Döring: Der Briefwechsel von Johann Christoph Gottsched. Die Geschichte seiner Erschließung und seine Stellung in der Entwicklung der Korrespondenz. In: Hans-Gert Roloff u. Renate Meincke (Hg.): Editionsdesiderate zur Frühen Neuzeit. Beiträge zur Tagung der Kommission für die Edition von Texten der Frühen Neuzeit. 1. Teil. Amsterdam u. Atlanta 1997, S. 297–318, Teilabschrift in: SLUB Dresden, M 166. Eine historisch-kritische Ausgabe wird derzeit in einem Projekt der Sächsischen Akademie der Wissenschaften erarbeitet (bisher sind 16 Bde. erschienen, aktueller Stand unter https://www.saw-leipzig.de/de/projekte/edition-des-briefwechsels-von-johannchristoph-gottsched [20.08.2022]; SächsStA-D, 10025 Geheimes Konsilium, Loc.
Mannheim | 589
4558/1. Die Bibliothek der Gesellschaft samt handschriftlicher Gedichtbände der Jahre 1697–1724 befindet sich seit 1961 in der UB Leipzig. Der Katalog ist gedruckt: Bibliotheca Societatis Teutonicae Saeculi XVI–XVIII. Katalog der Büchersammlung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Hg. v. Zentralantiquariat der DDR. 2 Bde. Leipzig 1971; die Handschriften sind beschrieben in: Thomas Fuchs: Katalog der Handschriften der Universitäts-Bibliothek Leipzig. Handschriften und Urkunden der Stadtbibliothek Leipzig in der Universitätsbibliothek Leipzig: Neuzugänge nach 1838. Wiesbaden 2009, S. 1–4; Briefwechsel zwischen Christian Garve und Georg Joachim Zollikofer. Breslau 1804; Brief Garves an seine Frau Anna Katherina, 11. Dezember 1770, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, A/8987/2006; Preismünze im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig, Inv.-Nr. MS/156/2003; weitere einzelne Quellen insbesondere zu den ersten Jahren in: Döring: Geschichte der Deutschen Gesellschaft, S. 355f. Sekundärliteratur: Bruno Stübel: Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig von ihrem Entstehen bis zur Gegenwart. In: Mittheilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Sprache und Alterthümer in Leipzig 6 (1877), S. 1–41; Gustav Waniek: Gottsched und die deutsche Litteratur seiner Zeit. Leipzig 1897; Georg Witkowski: Die Deutsche Gesellschaft in Leipzig 1727–1927. In: MinervaZeitschrift 3/8 (1927), S. 165–170; Ernst Kroker: Zweihundert Jahre Deutscher Gesellschaft. In: Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft zur Erforschung Vaterländischer Sprache und Altertümer in Leipzig 12 (1927), S. 7–27; Detlef Döring: Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft in Leipzig von der Gründung bis in die ersten Jahre des Seniorats Johann Christoph Gottscheds. Tübingen 2002; ders.: Johann Christoph Gottsched und die Deutsche Gesellschaft zu Leipzig. In: Kurt Nowak u. Ludwig Stockinger (Hg.): Gottsched-Tag. Wissenschaftliche Veranstaltung zum 300. Geburtstag von Johann Christoph Gottsched am 17. Februar 2000 in der Alten Handelsbörse in Leipzig. Stuttgart u. Leipzig 2002, S. 111–130; Friedrich Pollack: „So viele vergüldete Bande von Poetischen Werken“ – Die Bibliothek der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. In: Thomas Fuchs u. Christoph Mackert (Hg.): Leipziger, Eure Bücher! Zwölf Kapitel zur Bestandsgeschichte der Leipziger Stadtbibliothek. Leipzig 2009, S. 66–83, 152–159.
Mannheim Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Gründung der Deutschen Gesellschaft in Mannheim geht auf eine Idee des kurpfälzischen Hofbeamten Stephan von Stengel und des Hofkaplans Johann Jakob Hemmer zurück. Sie konnten 1775 einen kurfürstlichen Stiftungs-
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brief und regelmäßige Zuwendungen aus den Mitteln der Mannheimer Akademie erwirken und mit Sitzungen beginnen. Trotz des Fortzugs vieler Mitglieder infolge der Residenzverlegung nach München ab 1778 konnte die Gesellschaft ihre Arbeit konsolidieren. Seit Mitte der 1780er Jahre ließen die Aktivitäten, wohl auch infolge von Konflikten mit dem Geschäftsverweser Anton von Klein, nach. Mit den Revolutionskriegen und dem Wegbrechen der landesherrlichen Unterstützung 1794 kam die Tätigkeit trotz verschiedenen Anläufen Kleins zum Erliegen. Statuten: Erstfassung von 1775 und revidierte Fassung von 1781 in: GLAK 77/6397, Faks. des Einblattdrucks der Erstfassung in: Michio Kamitake: Über die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft in Mannheim [jap.]. In: Jinbun kenkyū (Studies in the humanities, Osaka City University) 48/13 (1996), S. 155–170, hier S. 164f. Siegel: Ein Genius reicht der rechts sitzenden Pallas Athene eine Schriftrolle, links davon das Motto „Dem Geiste des Vatterlandes“, Umschrift: „Kurpfälzische deutsche gelehrte Gesellschaft“, unten: „Gestiftet 1775“, beschrieben in: Liselotte Homering: Aufnahme Friedrich Schillers in die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft. In: Lebenslust und Frömmigkeit. Kurfürst Carl Theodor [1724– 1799] zwischen Barock und Aufklärung. Bd. 2: Katalog. Mannheim 1999, S. 401.
Abb. 27: Lacksiegelabdruck auf dem Mitgliedsdiplom für Johann Hyacinth Kistemaker von 1788, UA Münster, Bestand 185 Nachlass Kistemaker Nr. 9
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Mitglieder: 77 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 45 ordentliche, die sich vor allem aus Angehörigen des Hofes und der Verwaltung, in geringerem Umfang aus der Geistlichkeit und der Heidelberger Dozentenschaft rekrutieren. Mitgliederlisten wurden über den gesamten Zeitraum des Bestehens im Kurpfälzischen Hof- und Staatskalender publiziert und die Aufnahmen in den Protokollen vermerkt, so dass von einer vollständigen Erfassung auszugehen ist. Die entsprechenden Aufnahmegesuche sind überliefert in: GLAK 77/6397.
Werke: Schriften der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim. 11 Bde. Mannheim [ab Bd. 6: Frankfurt u. Leipzig] 1787–1809; Publikationen kleinerer Arbeiten in: Rheinische [seit 1782 Pfalzbaierische] Beiträge zur Gelehrsamkeit, sowie in: Pfälzisches [seit 1784 Pfalzbairisches] Museum; detaillierte Nachweise der einzelnen Publikationen in: Heinz E. Veitenheimer: Druckort Mannheim. Mannheimer Verleger und ihre Drucke von 1608 bis 1803. Frankfurt a.M. 1996. – Laut Litterärisches Leben des Königlich-Baierischen Geheimen Rathes und Ritters Anton von Klein (Wiesbaden 1818, S. 35), existierte im Nachlass Kleins ein bis 1787 geführtes Verzeichnis von über 300 Aufsätzen und anderen Arbeiten. Hauptquellen: Protokolle der Jahre 1782–1794, seit 2020 in: MARCHIVUM Mannheim, 29/2020 Nr. 1 bis 9 (vorher über die Sammlungen des Mainzer Altertumsvereins seit 1910 im StadtA Mainz, NL 161), eine Edition durch Wilhelm Kreutz und Andreas Erb ist in Vorbereitung; Korrespondenz mit den landesherrlichen Behörden in: GLAK 77/6397; Korrespondenz des Geschäftsverwesers Anton von Klein in: Bibliothèque Nationale et Universitaire de Strasbourg, MS 1672; Preismünze in: Reiss-Museum Mannheim, III g [o.Nr.] Sekundärliteratur: Bernhard Seuffert: Geschichte der deutschen Gesellschaft in Mannheim. In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Literatur 6 (1880), S. 276–96 u. 8 (1882), S. 167f.; Karl Krükl: Leben und Werke des elsässischen Schriftstellers Anton von Klein. Ein Beitrag zur Geschichte der Aufklärung in der Pfalz. Straßburg 1901; Elisabeth Liebler: Die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft in Mannheim.
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Diss. Freiburg i.Br. 1920; Friedrich Walter: Materialiensammlung zur Deutschen Gesellschaft Mannheim, MARCHIVUM Mannheim, Nachlass Friedrich Walter, Zugang 3/1956_00721; Gerhard H. Müller: Protokolle gefunden. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19. Juli 1989, S. N 3; Andreas Erb: Anton von Klein und die „Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft“. In: Mannheimer Geschichtsblätter 16 (2008), S. 82–91; ders.: Johann Jakob Hemmer und die Kurpfälzische Deutsche Gesellschaft Mannheim. In: Gerhard Bauer u.a. (Hg.): „Di Fernunft Siget.“ Der kurpfälzische Universalgelehrte Johann Jakob Hemmer und sein Werk. Bern 2010, S. 125–148; ders.: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft – Eine verkappte belletristische Klasse der Akademie? In: Jörg Kreutz, Wilhelm Kreutz u. Hermann Wiegand (Hg.): In omnibus veritas: 250 Jahre Kurpfälzische Akademie der Wissenschaften in Mannheim (1763– 1806). Mannheim 2014, S. 191–204; Wilhelm Kreutz: Die Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft und das Nationaltheater. In: Thomas Wortmann (Hg.): Mannheimer Anfänge. Beiträge zu den Gründungsjahren des Nationaltheaters Mannheim 1777–1820. Göttingen 2017, S. 43–73; Andreas Erb: Die Preisaufgaben der der Kurfürstlichen Deutschen Gesellschaft in Mannheim. In: Hermann Wiegand, Hiram Kümper u. Jörg Kreutz (Hg.): Reformation – Aufklärung – Revolution – Emanzipation. Beiträge zur Kultur-, politischen Ideen- und südwestdeutschen Landesgeschichte. Festschrift für Wilhelm Kreutz zum 70. Geburtstag. Ubstadt-Weiher 2020, S. 107–118.
Marburg Deutsche Gesellschaft Geschichte: Johann Nicolaus Seip gründete während seiner von 1749 bis 1753 dauernden Lehrtätigkeit an der Universität Marburg eine Deutsche Gesellschaft. Vermutlich ist sie nach seinem Amtsantritt als Pfarrer im hessischen Betziesdorf erloschen. Statuten: Weder Statuten noch eine Ämterstruktur sind bekannt. Mitglieder: Nur Seip als Leiter der Gesellschaft ist namentlich bekannt. Werke: Seip hielt in der Gesellschaft mehrere Vorträge über Moral. Hauptquelle: R.: Zum Gedächtnis Seips. In: Sechzehnte Beilage zu den Annalen der neuesten Theologischen Litteratur und Kirchengeschichte Erster Jahrgang (1789), S. 244–249. Sekundärliteratur: Bernhard Beß: Art. Johann Nicolaus Seip. In: ADB 33 (1898), S. 651–653; Wolfram Suchier: Die deutsche Gesellschaft in Marburg [Manuskript, verschollen].
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Meißen Deutsche Gesellschaft Geschichte: An der Meißener Fürstenschule St. Afra unterhielt Christian Friedrich Weiße, seit 1735 Lehrer für die Tertia, eine Gesellschaft, in der die in seinem Haus versammelten Schüler „miteinander etwas nützliches, angenehmes und erbauliches“ reden. Nachdem sie sich 1753 dem Vorwurf ausgesetzt sah, „Factionibus unter den Alumnis“ zu bilden, hörten die Sitzungen auf Druck des Rektors offensichtlich auf. Statuten: Weder Statuten noch eine Ämterstruktur sind bekannt. Mitglieder: Nur Weiße als Leiter der Gesellschaft ist namentlich bekannt. Zu den Sitzungen lud er seinem Vernehmen nach nie mehr als acht Schüler ein. Werke: Es sind keine Werke überliefert. Hauptquelle: SächsStA-D, 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900. Sekundärliteratur: Theodor Flathe: Sanct Afra. Geschichte der königlich sächsischen Fürstenschule zu Meißen seit ihrer Gründung im Jahr 1545 bis zu ihrem Neubau in den Jahren 1877–1879. Leipzig 1879, S. 268; Hermann Peter: Die Pflege der deutschen Poesie auf den sächsischen Fürstenschulen im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen I/3 (1884), S. 23–69; Detlef Döring: Die Fürstenschule in Meißen zur Zeit des jungen Lessing. In: Jonas Flöter u. Günther Wartenberg (Hg.): Die sächsischen Fürsten- und Landesschulen. Interaktion von lutherisch-humanistischem Erziehungsideal und Eliten-Bildung. Leipzig 2004, S. 83–110; ders.: Das höhere Schulwesen im Kursachsen des 18. Jahrhunderts und die dort vermittelten Unterrichtsinhalte. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 84 (2013), S. 133– 163; Andreas Erb: Deutsche Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 92 (2021) S. 479–498.
Preßburg Deutsche Gesellschaft Geschichte: Der aus Deutschendorf-Poprad stammende Jakob Glatz besuchte ab 1793 das Lyzeum in Preßburg, wo er zur Einübung des deutschen Stils eine Deutsche Gesellschaft gründete. Vermutlich ist sie nach dessen Schulabgang erloschen. Statuten: Jakob Glatz entwarf Statuten, die von den Professoren des Lyzeums genehmigt wurden.
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Mitglieder: Nur der Gründer Jakob Glatz ist namentlich bekannt. Hauptquelle: Johann Georg Wenrich: Jakob Glatz, eine biographische Skizze. Wien 1834, S. 19f. Sekundärliteratur: Jakob Glatz, k.k. Consistorialrath augsb. Conf. in Wien. In: Zeitgenossen. Ein biographisches Magazin für die Geschichte unserer Zeit. Dritte Reihe. Hg. v. Friedrich Christian August Hasse. Bd. 3. Leipzig 1831, S. 80–82; Josef Schroedl: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde A.B. zu Pozsony/Preßburg. Teil II: Einzeldarstellungen aus der inneren Geschichte der Gemeinde. Preßburg 1906, S. 306–310; Karl W. Schwarz: Von der Zips über Schnepfenthal nach Wien. Jakob Glatz – ein karpatendeutsches Schicksal. In: Gottfried Adam u. Robert Schelander (Hg.): Jakob Glatz. Theologe – Pädagoge – Schriftsteller. Göttingen 2010, S. 13–22; Andreas Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie. Wandlungen einer Sozietätsbewegung zwischen Österreich, Mähren und Siebenbürgen. In: Dieter Breuer u. Gábor Tüskés (Hg.): Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa. Berlin u. Boston 2019, S. 135f.
Rinteln Deutsche Gesellschaft(en) Geschichte: Johann Philipp Kahler, Rektor der Stadtschule in Rinteln, errichtete um 1750 eine Deutsche Gesellschaft, die mit dessen Abgang nach Hameln 1754 zu existieren aufhörte. Eine Neugründung unternahm Johann Jakob Plitt, der das Projekt um 1755/1756 im Vorlesungsverzeichnis annoncierte und danach in seiner Betrachtung über die Weisheit Gottes näher umriss. Die Gesellschaft bestand ebenfalls nur bis zu dessen Wegzug 1761. Statuten: Eine kurze Skizze der beabsichtigten Inhalte in: Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes, S. 16. Mitglieder: Nur die beiden Gründer Kahler und Plitt sind namentlich bekannt. Werke: Johann Philipp Kahler: Einladungsschrift der deutschen Gesellschaft zu Rinteln zu der Feyer des Geburtstags Landgrafs Friedrich zu Hessen. Rinteln 1752; ders.: Eine Betrachtung des Göttlichen in der Dichtkunst der Alten, womit er 1753 zur Feier des 72 Geburtstages Landgrafs Wilhelms VIII. im Namen der deutschen Gesellschaft zu Rinteln einlud. Rinteln 1753; Johann Jakob Plitt: Beurtheilung des Beweises, welcher vor die Wahrheit der christlichen Religion aus ihrer starken Ausbreitung und wunderbaren Erhaltung genommen wird, eine Einladungsschrift zu
Schulpforta | 595
der Feyer des Geburtstfestes Hrn. Landgrafen Wilhelm VIII. von der Rintel. Deutschen Gesellschaft. Rinteln 1757; ders.: Abhandlung von den falschen und wahren Vortheilen des Krieges in der besten Welt, Einladungsschrift zu einer Rede in der deutschen Gesellschaft am Geburtstage Hrn. Landgr. Wilhelm VIII. Rinteln 1759. Hauptquellen: Johann Jakob Plitt: Betrachtung über die Weisheit Gottes bei den Sprachen der Menschen und ihrer Verschiedenheit; nebst einer Anzeige, wie es mit der zu Rinteln aufzurichtenden deutschen Gesellschaft gehalten werden solle. Rinteln 1756 (Exemplar in der Bibliothek von: Die Eulenburg. Universitätsund Stadtmuseum Rinteln); Art. Johann Philipp Kahler. In: Friedrich Wilhelm Strieder: Grundlage zu einer Hessischen Gelehrten- und SchriftstellerGeschichte, seit der Reformation bis auf gegenwärtige Zeiten. Bd. 6. Göttingen 1786, S. 477–479; Art. Johann Jakob Plitt. In: Ebd. Bd. 11 (1797), S. 100–110. Sekundärliteratur: Franz Karl Theodor Piderit: Geschichte der HessischSchaumburgischen Universität Rinteln. Marburg 1842; Edward Schröter: Die Universität Rinteln. Rinteln 1927; Wolfram Suchier: Die deutsche Gesellschaft in Rinteln [Manuskript, verschollen]; Gerhard Schormann: Academia Ernestina. Die schaumburgische Universität zu Rinteln an der Weser (1610/21–1810). Marburg 1982.
Schulpforta Deutsche Gesellschaft Geschichte: In Schulpforta schlossen sich um 1739/1740 fünf Schüler in einem Freundschaftsbund zusammen, um einander Gedichte und Abhandlungen vorzutragen. Offensichtlich fanden die Zusammenkünfte nach dem Abgang der Gründungsmitglieder keine Fortsetzung. Statuten: Archiv der Landesschule Pforta, Portensia 132, abgedruckt in: Peter: Pflege der deutschen Poesie, S. 54–55. Mitglieder: Fünf Schüler als Mitglieder sind namentlich bekannt. Werke: 38 Werke überliefert in einem Sammelband in: Archiv der Landesschule Pforta, Portensia 132, teilweise abgedruckt in: Peter: Pflege der deutschen Poesie. Hauptquellen: Sammelband in: Archiv der Landesschule Pforta, Portensia 132, beschrieben in: Paul Böhme: Nachrichten über die Bibliothek der Königl. Landesschule Pforta. II. Handschriften einschl. Urkunden. Naumburg 1883.
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Sekundärliteratur: Hermann Peter: Die Pflege der deutschen Poesie auf den sächsischen Fürstenschulen im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen I/3 (1884), S. 23–69; Detlef Döring: Das höhere Schulwesen im Kursachsen des 18. Jahrhunderts und die dort vermittelten Unterrichtsinhalte. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 84 (2013), S. 133–163; Andreas Erb: Deutsche Gesellschaften an sächsischen Gymnasien des 18. Jahrhunderts. In: Neues Archiv für sächsische Geschichte 92 (2021) S. 479–498.
Straßburg Deutsche Gesellschaft Geschichte: In der Besprechung einer Neujahrsrede des Straßburger Rechtsgelehrten Elias Christoph Lautz erwähnt Johann Christoph Gottsched eine um 1741 in Straßburg gegründete Deutsche Gesellschaft. Der dortige Arzt und Korrespondent Gottscheds, Georg Heinrich Behr, wurde am 16. März 1743 zu ihrem Vorsteher gewählt. Letzte Nachricht ist die Selbstbezeichnung Behrs auf dem Titelblatt seiner Medica consultatoria von 1751. Statuten: Statuten sind nicht bekannt, die Selbstbezeichnung Behrs auf einem Porträt als Praeses weist allerdings auf die Existenz gesellschaftlicher Ämter hin. Mitglieder: Vier Mitglieder über die „Nachricht von neuen hieher gehörigen Sachen“ sind namentlich nachweisbar, Lefftz nimmt insgesamt sieben namentlich bekannte Mitglieder an. Hauptquellen: Nachricht von neuen hieher gehörigen Sachen. In: Beyträge zur critischen Historie der deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit 8 (1742), S. 188f.; Art. George Heinrich Behr. In: Johann Heinrich Zedler: Grosses vollständiges Universal-Lexicon. Supplement-Bd. II. Leipzig 1752, Sp. 477–486; Art. George Heinrich Behr. In: Friedrich Börner: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften Jeztlebender berühmter Aerzte und Naturforscher in und um Deutschland. Bd. 2. Wolfenbüttel 1752, S. 19–51. Sekundärliteratur: Joseph Lefftz: Die gelehrten und literarischen Gesellschaften im Elsass vor 1870. Heidelberg 1931, S. 53–64; Gonthier-Louis Fink: Strasbourg, carrefour des Lumières? La mosaïque culturelle de l’Alsace à l’époque de Schoepflin. In: Bernard Vogler u. Jürgen Voss (Hg.): Strasbourg, Schoepflin et l’Europe au XVIIIe siècle. Bonn 1996, S. 284–318.
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Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Gesellschaft geht auf einen Lesezirkel zurück, der sich 1767 als Société de Philosophie et de Belles-Lettres bzw. Gesellschaft der schönen Wissenschaften konstituierte. Jakob Michael Reinhard Lenz trieb nach seiner Ankunft in Straßburg deren Umgestaltung voran, deren Kern eine Neuausrichtung auf deutsche Sprache und Literatur unter dem neuen Namen Deutsche Gesellschaft war. Seit dem 2. November 1775 wurden die Sitzungen unter diesem Namen abgehalten und protokolliert. Trotz der von Lenz vertretenen Deutschsprachigkeit fanden vor allem mit dem Dichter Louis-François Ramond auch französischsprachige Beiträge Eingang in die Sitzungen. Nach dem Wegzug von Lenz nach Weimar im März 1776 leitete Friedrich Rudolf Salzmann die Gesellschaft, der sie einem Brief von Lenz an Gottlieb Konrad Pfeffel zufolge mit einer ökonomischen Gesellschaft verband. Die letzte protokollierte Sitzung fand am 9. Januar 1777 statt. Statuten: In seiner Rede „Über die Vorzüge der deutschen Sprache“ sprach Lenz von der Neugründung als „einer sich selbst durch gewisse Regeln bindenden Gesellschaft“ und stellte deren Grundzüge vor (Jakob Michael Reinhold Lenz: Über die Vorzüge der deutschen Sprache. In: Ders.: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 777, 781f.). Eine ausgearbeitete Fassung ist weder weiter erwähnt noch überliefert und möglicherweise auch nicht entstanden. Mitglieder: 32 ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt, vor allem Studenten an der Universität Straßburg. – Mitgliederverzeichnis der Deutschen Gesellschaft vom 8. Oktober 1775 in: Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 34f., wiederabgedruckt in: Müller (Hg.): Jakob Michael Reinhold Lenz im Urteil dreier Jahrhunderte. Teil I, S. 366–367. Werke: 46 Werke sind aus den Protokollen und dem Briefwechsel von Lenz bekannt, zehn davon wurden in der Zeitschrift Der Bürgerfreund veröffentlicht und sind im Abdruck des Protokolls nachgewiesen. Die von Lenz in der Gesellschaft vorgetragenen Abhandlungen sind ediert in: Lenz: Werke und Briefe. Bd. 2, S. 770–787; Heinrich Leopold Wagner: Die Kindermörderinn. Ein Trauerspiel. [o.O.] 1776. Die von Louis-François Ramond de Carbonnières vorgetragenen Stücke sind nachgewiesen in: Matthias Luserke: Louis Ramond de Carbonnières und sein Drama „Die letzten Tage des jungen Olban“ (1778). Ein Beitrag zur vergessenen Geschichte des Sturm und Drang. In: Lenz-Jahrbuch. Sturm und Drang-Studien 4 (1994), S. 81–100. Hauptquellen: Protokoll der Jahre 1775–1777, erstmals abgedruckt in: August Stöber: Alsatia. Beiträge zur elsässischen Geschichte, Sage, Sitte und Sprache,
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Mülhausen 1868, S. 173–181. Einen überarbeiteten Abdruck nach ergänzenden Mitteilungen des Besitzers des Originalmanuskripts, Jakob Matter, der wegen „Rand- und Zwischenbemerkungen vertraulichsten Inhalts“ das Originalmanuskript nicht herausgab, unternahm Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode, S. 47–53, wiederabgedruckt in: Peter Müller (Hg.): Jakob Michael Reinhold Lenz im Urteil dreier Jahrhunderte. Texte der Rezeption von Werk und Persönlichkeit 18.–20. Jahrhundert. Teil I. Bern u.a. 1995, S. 367–372. Die einschlägigen Briefe von Lenz sind ediert in: Jakob Michael Reinhold Lenz: Werke und Briefe in 3 Bänden. Hg. v. Sigrid Damm. Bd. 3. Frankfurt a.M. 1987. Sekundärliteratur: Johannes Froitzheim: Zu Straßburgs Sturm- und Drangperiode 1770–1776. Urkundliche Forschungen nebst einem ungedruckten Briefwechsel der Straßburgerin Luise König mit Karoline Herder. Straßburg 1888; Joseph Lefftz: Die gelehrten und literarischen Gesellschaften im Elsass vor 1870. Heidelberg 1931, S. 71–75; Cuthbert Girdlestone: Poésie, Politique, Pyrénéess. Louis-François Ramond (1755–1827). Sa vie, son œuvre littéraire et politique. Paris 1968, S. 25–27; Claudie Villard: Der Bürgerfreund. Eine Strassburgische Wochenschrift (1776–1777). In: Pierre Grappin (Hg.): L’Allemagne des Lumières. Périodiques, correspondances, témoignages. Paris 1982, S. 265–298; Timothy Fairfax Pope: J. M. R. Lenz’s ‚Literarischer Zirkel‘ in Strasbourg. In: Seminar 20 (1984), S. 235–245; Wieńczysław A. Niemirowski: Salzmannsche Tischgesellschaft und Gesellschaft der schönen Wissenschaften in Straßburg. Versuch einer Klärung eines Kapitels der deutschen Literaturgeschichte im 18. Jahrhundert. In: Lubelskie materiały neofilologiczne/Lublin Studies in Modern Languages and Literature 13 (1985), S. 137–146; Gonthier-Louis Fink: Strasbourg, carrefour des Lumières? La mosaïque culturelle de l’Alsace à l’époque de Schoepflin. In: Bernard Vogler u. Jürgen Voss (Hg.): Strasbourg, Schoepflin et l’Europe au XVIIIe siècle. Bonn 1996, S. 284–318.
Wien Deutsche Gesellschaft Geschichte: Im Vorfeld der Heirat des Kronprinzen Joseph mit Isabella von Bourbon-Parma 1760 bildete sich ein Zirkel, in dem die anstehenden Gelegenheitsdichtungen vorgetragen und diskutiert wurden. Die Versammlungen verstetigten sich und fanden im Haus des Hofrats Paul Joseph von Riegger statt. Als Deutsche Gesellschaft hielt sie am 2. Januar 1761 ihre erste öffentliche Versammlung ab, bei der Joseph von Sonnenfels mit einer programmatischen Rede auftrat. Möglicherweise aufgrund von Spannungen zwischen den Anhängern Gott-
Wien | 599
scheds und Friedrich Nicolais löste sich die Gesellschaft vermutlich schon nach anderthalb Jahren auf. Statuten: In den Quellen werden weder Statuten erwähnt, noch ist eine Strukturierung der Gesellschaft durch Ämter erkennbar. Werke: Joseph Edler von Sonnenfels: Ankündigung einer deutschen Gesellschaft in Wien. Wien 1761; ders.: Rede von der Nothwendigkeit, seine Muttersprache zu bearbeiten. Wien 1761; ders.: Rede auf Marien Theresien, Kaiserinn, Königinn von Hungarn und Böheim. Wien 1762; Joseph Anton Riegger: Theresia die Heldinn, ein Lobgedicht. Den 15ten des Weinmonats, 1761. In: Ders.: Festliche Gedichte. Wien 1764, o.S. Mitglieder: Neunzehn Mitglieder sind namentlich bekannt. Die Mitglieder gehörten vor allem der Verwaltung und der Wiener Universität an, Adelige stellten unter ihnen die Mehrheit. Karl Graf von Zinzendorf traf bei einem Besuch der Gesellschaft am 14. Mai 1762 noch weitere Personen an, deren Mitgliedschaft jedoch nicht als gesichert gelten kann. Hauptquellen: Ankündigung einer deutschen Gesellschaft in Wien. In: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit 4 (April 1761), S. 262–286; Article IV. Ankündigung einer deutschen Gesellschaft in Wien. In: Journal étranger (November 1761), S. 88–102; Ankündigung einer deutschen Gesellschaft in Wien. In: Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freien Künste 9/1 (1763), S. 75–91; Christian Gottlob Klemm: Briefe über die neuere österreichische Literatur. Wien 1768; Anonym [unter Einarbeitung eines autobiographischen Briefes von Joseph Edler von Sonnenfels]: Art. Joseph Edler von Sonnenfels. In: Ignaz de Luca: Das gelehrte Österreich: Ein Versuch. Band 1. Stück 2. Wien 1778, S. 143–181; [Joseph Edler von Sonnenfels]: Art. Joseph Edler von Sonnenfels. In: Christoph Weidllich: Biographische Nachrichten von den jetztlebenden RechtsGelehrten in Teutschland. Vierter Theil. Halle a.d.S. 1785, S. 202–227; Friedrich Nicolai: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz, im Jahre 1781, D. 3. Berlin u. Stettin 1784; Rieggeriana. Bd. 1. Wien, Freiburg i.Br. u. Prag 1792; Anonym: Nekrolog auf Joseph Anton Stephan Ritter von Riegger. In: Nekrolog auf das Jahr 1795 = Nekrolog auf das Jahr [...] enthaltend Nachrichten von d. Leben merkwürdiger in diesem Jahre verstorbener Deutscher 6/1 (1797), S. 75–123; Biographie der beyden Ritter von Riegger. Hg. v. Joseph Wander von Grunwald. Prag u. Wien 1798; Karl Graf von Zinzendorf: Aus den Jugendtagebüchern 1747, 1752 bis 1763. Hg. v. Maria Breunlich und Marieluise Mader. Köln, Weimar u. Wien 1997, S. 285.
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Sekundärliteratur: Art. Joseph Anton Stephan Ritter von Riegger. In: Constant von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Bd. 26. Wien 1874, S. 121–129; Willibald Müller: Josef von Sonnenfels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Aufklärung in Österreich. Wien 1882; Jaro Pawel: Die literarischen Reformen des XVIII. Jahrhunderts in Wien. Wien 1881; Hilde Haider-Pregler: Des sittlichen Bürgers Abendschule. Bildungsanspruch und Bildungsauftrag des Berufstheaters im 18. Jahrhundert. Wien u. München 1980, S. 328f.; Heinrich Bosse: Die Stunde der Autodidakten. Deutsche Sprache und Literatur an der Universität Freiburg im 18. Jahrhundert. In: Ders.: Bildungsrevolution 1770–1830. Hg. v. Nacim Ghanbari. Heidelberg 2012, S. 287–304, zur Deutschen Gesellschaft ebd., S. 289–292; Helmut Reinalter (Hg.): Joseph von Sonnenfels. Wien 1988; Simon Karstens: Lehrer – Schriftsteller – Staatsreformer. Die Karriere des Joseph von Sonnenfels (1733–1817). Köln, Weimar u. Wien 2011, S. 50–60; Andreas Erb: Die Deutschen Gesellschaften und die Länder der Habsburgermonarchie. Wandlungen einer Sozietätsbewegung zwischen Österreich, Mähren und Siebenbürgen. In: Dieter Breuer u. Gábor Tüskés (Hg.): Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa. Berlin u. Boston 2019, S. 118–141.
Wittenberg Deutsche Gesellschaft Geschichte: Die Wittenberger Magister und Dozenten Friedrich Wilhelm Sartorius und Samuel Ephraim From gründeten 1738 nach dem Vorbild der Leipziger Sozietät eine Deutsche Gesellschaft. Mit dem Abgang von Sartorius nach Lübben und From nach Danzig 1740 dürfte sich die Gesellschaft aufgelöst haben. Statuten: From und Sartorius übernahmen die Satzung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig und behielten sich vor, zu gegebener Zeit Änderungen daran vorzunehmen. Mitglieder: Neun ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt, die zur Studentenschaft und zum Lehrkörper der Universität Wittenberg zählten. Eine Aufzählung befindet sich in: Suchier: Deutschen Gesellschaften in Wittenberg, S. 830. Werke: Als S[amuel] E[phraim] From aus Marienburg in Preußen, und Friedrich Wilhelm Sartorius aus Danzig den 17. Weinmonats 1738 die Magisterwürde erhielten, stattete ihren Glückwunsch ab die Deutsche Gesellschaft; Merkmaale der Tugenden und Laster. Eine Sittenschrift in welcher verschiedene Pflichten
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der Menschen abgehandelt werden. Zerbst 1741 (Periodikum). – Der Versuch, eine erste Auswahl gesellschaftlicher Arbeiten in Druck zu geben, scheiterte an der Zensur des Wittenberger Professors der Poesie, Johann Heinrich Martius. From gab seine Gedichte zusammen mit weiteren Werken in seinem Band Proben einiger Gedichte (Wittenberg 1739) heraus. Hauptquelle: Auf Froms Mitteilungen basieren die Ausführungen über die Vorgängersozietät in: Adolph Günther von Haugwitz: Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Wittenberg. Wittenberg 1763. Sekundärliteratur: Wolfram Suchier: Die beiden Deutschen Gesellschaften in Wittenberg (1738/40 und 1756/84). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe VI/5 (1957), S. 829–844.
Deutsche Rednergesellschaft, seit 1758 Deutschübende Gesellschaft bzw. Deutsche Gesellschaft Geschichte: Johann Daniel Titius gründete zur Begleitung seiner seit 1756 abgehaltenen oratorischen Vorlesungen eine Gesellschaft, die 1758 zunächst als Deutsche Rednergesellschaft, seit dem gleichen Jahr aber als Deutsche Gesellschaft bezeichnet wurde. Die durch den Siebenjährigen Krieg teilweise unterbrochenen Sitzungen wurden 1763 wiederaufgenommen. In den Vorlesungen von Johann Daniel Titius erscheint sie zuletzt im Wintersemester 1783/1784. Statuten: Laut Haugwitz (Nachricht, S. 13) entwarf Christian Gottlieb Bergmann 1758 Gesetze, die er später geringfügig änderte. Ihr Inhalt ist nicht näher bekannt, die aufgeführten Ämter jedoch legen eine Ähnlichkeit zu denen anderer Deutscher Gesellschaften nahe. Mitglieder: 34 ordentliche Mitglieder sind namentlich bekannt, die zur Studentenschaft und zum Lehrkörper der Universität Wittenberg zählten. Da nach 1763 keine vollständigen Mitgliederlisten mehr vorliegen, ist von mehr Mitgliedern auszugehen. Eine Aufstellung der bekannten Mitglieder befindet sich in: Suchier: Deutschen Gesellschaften in Wittenberg, S. 837–839. Werke: Vier Aufsätze von der Deutschübenden Gesellschaft zu Wittenberg herausgegeben. Leipzig 1758; eine Aufstellung aller bekannten Werke liefert Suchier: Deutschen Gesellschaften in Wittenberg, S. 841–843.
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Hauptquellen: Adolph Günther von Haugwitz: Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Wittenberg. Wittenberg 1763; Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes (Jahrgänge 1768–1782). Sekundärliteratur: Wolfram Suchier: Die beiden Deutschen Gesellschaften in Wittenberg (1738/40 und 1756/84). In: Wissenschaftliche Zeitschrift der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg. Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe VI/5 (1957), S. 829–844; Heinz Kathe: Die Wittenberger Philosophische Fakultät 1501–1817. Köln 2002, S. 409f.; Matthias Meinhardt: Ohnmacht – Trauer – Hoffnung. Wahrnehmung und Deutung der Zerstörung Wittenbergs im Siebenjährigen Krieg. In: Evangelisches Predigerseminar (Hg.): Von Krieg und Frieden (Wittenberger Sonntagsvorlesungen). Wittenberg 2019, S. 55–82, zur Gesellschaft ebd., S. 73f.
Zürich Wachsende (Deutsche) Gesellschaft Geschichte: Die Wachsende Deutsche Gesellschaft wurde um 1740 von Schülern des Züricher Collegium Carolinum gegründet. Sie orientierte sich an Johann Jakob Bodmer, mit dem einzelne Mitglieder in Briefwechsel standen, der ihr aber nicht angehörte. Mit der Vergnügten Deutschen Gesellschaft in Bern und der Freien Gesellschaft in Basel führte sie einen Briefwechsel, der schließlich zur wechselseitigen Aufnahme der Mitglieder und weitreichender Zusammenarbeit führte. Mit dem Schulabgang maßgeblicher Mitglieder gingen die Aktivitäten zurück, nach 1748 versiegen die Quellen. Unklar ist, ob die 1750 von dem Gesellschaftsmitglied Hartmann Rahn veranstaltete Fahrt Klopstocks auf dem Zürichsee auch als Veranstaltung der Wachsenden Gesellschaft anzusehen ist. Statuten: ZB Zürich, Ms T 413.6 (Fassungen von 1744, 1745, Änderungen 1746)
Zürich | 603
Abb. 28: Johann Heinrich Landolt [?], Federzeichnung auf dem Titelblatt der handschriftlichen Fassung der Gesetze von 1744, ZB Zürich, Ms T 413.6
Siegel: Auf dem Titelblatt der Statuten befindet sich eine Federzeichnung mit einem Baum vor Stadtansicht am See (vermutlich Zürich), die möglicherweise auch für ein Siegel verwendet wurde. Umschrift „TANDEM FIT SURCULUS ARBOS“ – Aus dem Setzling wird zu guter Letzt ein Baum. Mitglieder: 45 Mitglieder sind namentlich bekannt, davon 14 ordentliche Mitglieder, die am Collegium Carolinum in Zürich lernten; erheblicher Zuwachs entstand durch die wechselseitigen Aufnahmen der Berner und Baseler Mitglieder zu Ehrenmitgliedern. Verzeichnis in: ZB Zürich, Ms T 413.6. Viele Mitglieder
604 | Anhang: Die Deutschen Gesellschaften in Einzelartikeln
der Wachsenden Deutschen Gesellschaft traten später in die DienstagsCompagnie und die Helvetische Gesellschaft ein. Werke: Ca. 60 Manuskripte sind überliefert in: ZB Zürich, Ms V 417–418; Ms T 413.7; Ms T 413.5 (Umläufe und Beurteilungen). Hauptquellen: Archiv der Gesellschaft in: ZB Zürich, Ms T 109 (Verzeichnisse zur Bibliothek); Ms T 413.5 (Protokollnotizen der Jahre 1743, 1744 und 1747); Ms T 413b (Briefwechsel), beschrieben in: Neuere Handschriften seit 1500 (ältere schweizergeschichtliche inbegriffen). Hg. v. Ernst Gagliardi u. Ludwig Forrer. Einleitung u. Register v. Jean-Pierre Bodmer. Zürich 1982, Sp. 1377, 1402f. u. 1462f.; Johann Kaspar Hirzel: Die Gütleins- und Schnecken=Gesellschaft an die Zürcherische Hülfs=Gesellschaft. In: Fünfte Vorlesung vor der Zürcherischen Hülfs=Gesellschaft, am fünften Jahresfeste derselben. Zürich 1805, S. 56f. Sekundärliteratur: Johann Caspar Mörikofer: Die Schweizerische Literatur des achtzehnten Jahrhunderts. Leipzig 1861, S. 142f.; Jakob Baechtold: Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz. Frauenfeld 1892, S. 567–577; Eugen Wolff: Gottscheds Stellung im deutschen Bildungsleben. Bd. 2. Kiel u. Leipzig 1897, S. 78–84; Leo Weiß: Erwachende Schweizer Jugend im 18. Jahrhundert. In: Neue Zürcher Zeitung, 5. Juni 1938, Bl. 6; Emil Erne: Die schweizerischen Sozietäten. Lexikalische Darstellung der Reformgesellschaften des 18. Jahrhunderts in der Schweiz. Zürich 1988, S. 155–157.
Quellen und Literatur Unpublizierte Quellen Annaberg Ev. Kirchengemeinde St. Annen Ratsbücherei Annaberg, Kirchenbibliothek der St. Annenkirchgemeinde zu Annaberg (maschinenschriftliches Verzeichnis 1933) Hs. 1232 Catalogus Bibliothecae Scholae Annabergensis opera philologica (nach 1817)
Bamberg Staatsarchiv Bamberg Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 5243 (bis 1996: Staatsarchiv Nürnberg Rep. 172, Universität Erlangen, Nr. 149) Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Universität Erlangen Nr. 24 (bis 1996: Staatsarchiv Nürnberg Rep. 172, Universität Erlangen, Nr. 66)
Basel Staatsarchiv des Kantons Basel-Stadt Privatarchive 98 Isaak Iselin-Archiv 16, 22 Universitätsbibliothek H V 25
Berlin Evangelisches Zentralarchiv in Berlin 980/2158 Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung Nachlass Wolfram Suchier B 15 Ms. Boruss. 20 1202 Sammlung Darmstaedter 2a 1759 Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz XX EM 139c IV Nr. 9 XX HA, F 10.584 VI Nachlass Borowski Nr. 18 F 10584
https://doi.org/10.1515/9783110776218-011
606 | Quellen und Literatur
Bern Burgerbibliothek Bern Mss. h.h. XXII 140 Mss. h.h. LII.9 Bernhard von Rodt, Genealogien bürgerlicher Geschlechter der Stadt Bern (1950) N Albrecht von Haller, Korrespondenzen 105.10, 105.11, 105.17, 105.26, 105.36, 105.46, 105.55, 105.59, 105.68
Brașov Archiv der Honterus-Gemeinde IV.F.1.Tf.53/II. 15
Bremen Staatsarchiv Bremen Ratsarchiv 2-T.5.d.-p.: Buch- und Zeitungswesen, wissenschaftliche und kulturelle Vereinigungen, Museen, d Nr. 1.b., g Nr. 6, 10, 11, 22 Staats- und Universitätsbibliothek Bremen Bremensia 248 Bremensia a 62, a 224 Bremensia b 401, b 439, b 440 Sammlung Cassel CS 81 bis CS 83 99.Z.25
Brescia Biblioteca Civica Queriniana ms. E.IV.1
Brno Moravský zemský archiv v Brně G12 Cerroniho sbirka I 35 G12 Cerroniho sbirka II 3
Dessau-Roßlau Archiv der Evangelischen Landeskirche Anhalts Kirchenbuch Hoym Nr. 2 Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Dessau Z 18 Abt. Bernburg, A 14 Nr. 7, A 14 Nr. 9a, C 2b I Nr. 1, C 9m Nr. 1 Z 44 Abt. Dessau, A 18a Nr. 39 Z 70 Abt. Köthen, C 9m Nr. 2
Unpublizierte Quellen | 607
Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Anhaltische Landesbücherei BB 10710 bis 10765
Dresden Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Handschriftenabteilung M 166 1-8 Sächsisches Staatsarchiv – Hauptstaatsarchiv Dresden 10025 Geheimes Konsilium, Loc. 4558/1 10112 Landesschule Meißen, Nr. 1900 12542 Fürstennachlass Maria Amalia Augusta, Königin von Sachsen, Nr. 24
Eichstätt Diözesanarchiv Eichstätt Auskunft aus Franz Xaver Buchner: Alphabetisches Generalregister der Eichstätter Bistumsgeistlichkeit 1760–1904
Eisenach Landeskirchenarchiv Eisenach Auskunft aus der Pfarrerkartei 31-003, Nachlass Pfarrer Johannes Löffler, Nr. 75
Erfurt Stadtarchiv Erfurt 5/110 Familie North N 6-47 (Findbucheintrag)
Erlangen Universitätsbibliothek Erlangen, Handschriftenabteilung B 78, B 122, B 177, B 178, B 179, Ms 1879, Ms 1880 Archiv der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg A1/3 Nr. 24, A1/20 Nr. 1a bis 1d, E 2/1, Nr. 7
Frankfurt a.M. Universitätsbibliothek „Johann Christian Senckenberg“ Nachlass Stephan Alexander Würdtwein A 27, Briefe 41–44
608 | Quellen und Literatur
Frankfurt a.d.O. Stadtarchiv Frankfurt a.d.O. BA III, Bibl. IV 185
Gdańsk Biblioteka Gdańska Polskiej Akademii Nauk Ms 525
Gießen Universitätsarchiv Gießen Allg. Nr. 784
Gotha Forschungsbibliothek Gotha Chart. A 431, Bl. 150r–151v
Göttingen Stadtarchiv Göttingen Stammbuchsammlung 40, 42, 82, 177 Autographen Christian Nikolaus Naumann, Christian Gottlieb Ludwig Universitätsarchiv Sek 433 (4) Kur. 3921 Kur. 7536 Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Handschriftenabteilung Cod. Ms. Deutsche Gesellschaft 1–12 Cod. Ms. Bibl.-Arch. A, 33 c 8 4 Cod. Ms. Hist. lit. 115 2 Cod. Ms. philos. 182 2º HLP VIII, 362/10: 1-2 Rara 8 Poet. Germ. III 7430
Greifswald Landesarchiv Greifswald Rep. 40 VI Nr. 4 Universitätsarchiv Greifswald R 1449
Unpublizierte Quellen | 609
R 1483 Hbg 67 Dom St. Nicolai, Bibliothek des Geistlichen Ministeriums Tauf- und Traubücher M Nicolai 1701–1746
Greiz Landesarchiv Thüringen – Staatsarchiv Greiz Hausarchiv Obergreiz und Untergreiz Nr. 93
Halle a.d.S. Archiv der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Rep. 21 Nr. 617, Rep. 46 Nr. 75 Archiv der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften Matrikel-Nr. 545 Stadtarchiv Halle Verlagsarchiv Gebauer-Schwetschke, A 6.2.6. Nr. 16011
Hamburg Staats- und Universitätsbibliothek „Carl von Ossietzky“, Handschriftenabteilung Cod. hist. litt. 2, 3, 4a–4c Sup. Ep. 113, f. 161r–164v u. 171r–173v P 21: E 27
Hannover Stadtarchiv Hannover zu Nr. 897a.
Heidelberg Universitätsbibliothek Heidelberg, Handschriftenabteilung Hd. Hs. 294 Bd. 1
Helmstedt Ehemalige Universitätsbibliothek, Bibliothekssaal des Juleum Gemälde „Einzug der Helmstedter Deutschen Gesellschaft in die Universitätskirche am Markt am 20. Juni 1749“
610 | Quellen und Literatur
Jena Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek, Handschriftenabteilung Ms. prov. f. 24 (1a bis 5) Ms. prov. f. 130 bis f. 132 (10) Ms. prov. o 9 bis o 10 Ms. prov. q 77 bis q 79 AC II 13 Universitätsarchiv Jena A 1328, A 1329, M 74
Karlsruhe Landeskirchliches Archiv Karlsruhe Nachlass Georg David Kaibel, Nr. 5 Landesarchiv Baden-Württemberg – Generallandesarchiv Karlsruhe 69 Familien- und Herrschaftsarchiv von Oberndorff, Nr. 366 77 Pfalz Generalia, Nr. 6397 213 Akten Mannheim Stadt, Nr. 93 Hausfideikommisses, Handschriften (Hfk-Hs) Nr. 399
København Statens Arkiver – Rigsarkivet København Hagen, Louise Sophie gift med Jens Michelsen Beck, Nr. 131 (Findbucheintrag) Det Kongelige Bibliotek Fabricius 61 20
Kraków Biblioteka Jagiellońska Uniwersytetu Jagiellońskiego Rkp. VS 48 (bis 1945: Varnhagen von Ensesche Sammlung der Königlichen Bibliothek zu Berlin)
Leipzig Universitätsbibliothek Leipzig, Handschriftenabteilung Ms 0342 Ms 01308/90 Rep. VI 16bb Slg. Kestner/II/A/IV/2147/Nr.1 Universitätsbibliothek Leipzig, Porträtstichsammlung Inv.-Nr. 24/15
Unpublizierte Quellen | 611
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig Inv.-Nr. MS/156/2003 Inv.-Nr. We 8 Sammlung Autographe A/8987/2006
Ludwigsburg Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg PL 12 II Bü 1440
Lübeck Archiv der Hansestadt Lübeck Auskunft aus der Familienkartei
Magdeburg Stadtarchiv Magdeburg Rep. A I, R 112
Mannheim Reiss-Engelhorn-Museen III g, o.Nr. MAV 1784 Stadtarchiv Mannheim – Institut für Stadtgeschichte Nachlass Friedrich Walter, Zugang 3/1956_00721 Zugang 29/2020 Nr. 1 bis 9
Marbach Deutsches Literaturarchiv A: Haug, Balthasar (Findbucheintrag)
München Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftenabteilung Cod. germ. 2203a Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Geheimes Hausarchiv Traitteur’sche Papiere, Hs 215 Abt. II. Stengel-Archiv VI.a.1., Anlagen, Teil 1 Archiv der Bayerischen Akademie der Wissenschaften II/1, II/2, II/3
612 | Quellen und Literatur
Münster Universitätsarchiv der Westfälischen Wilhelms-Universität Bestand 185 Nachlass Johann Hyacinth Kistemaker Nr. 9
Neuenstein Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein Ki 100 Bü 133, 400 GA 45 Nachlass Christian Ernst Hansselmann, Bü 46 GA 97 Nr. 836 Wa 80 Bü 458
Nürnberg Archiv des Germanischen Nationalmuseums Pegnesischer Blumenorden, Schuber LXXX Landeskirchliches Archiv der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern Auskunft aus den Vorarbeiten zum Pfarrerbuch der Herrschaft Wolfstein Stadtarchiv Nürnberg Auskunft aus dem reichsstädtischen Ämterbuch B 11 Nr. 125 Stadtbibliothek Nürnberg, Handschriftenabteilung Will III, 449, 41 Will III, 455 (Umschlag 67) Will III, 485 (Umschlag 68) Will V, 1336 Will V, 1339 Will VIII, 87 (Umschlag 18,3)
Olsztyn Archiwum Państwowe w Olsztynie Uniwersytet Albrechta w Królewcu, 42/1646/427
Paris Bibliothèque nationale de France Allemand 201
Potsdam Brandenburgisches Landeshauptarchiv Rep 37 Herrschaft Lübbenau Nr. 4882
Unpublizierte Quellen | 613
Regensburg Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg Auskunft aus FN 55 Theissing Bd. 6
Rinteln Die Eulenburg. Universitäts- und Stadtmuseum Rinteln Bibliothek
Schleswig Landesarchiv Schleswig-Holstein Abt. 8.1 Nr. 268 Abt. 47 Nr. 149
Schulpforte Archiv der Landesschule Pforta Portensia 132 Valediktionen 1740/41
Speyer Landesarchiv Speyer A 17/17, A 17/31, A 17/260
Stockholm Riksarkivet Gadebuschska samlingen vol. 205
Stralsund Stadtarchiv Stralsund HS0472, HS0327 (Findbucheintrag)
Strasbourg Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg MS 1672
614 | Quellen und Literatur
Stuttgart Landesarchiv Baden-Württemberg – Hauptstaatsarchiv Stuttgart J 53/30 Bü 2 Q 3/40 D 1
Tartu Tartu Ülikooli Raamatukogu Epistolae autographae CC Philosophorum cel. F3. Mrg CCCLIVb Epistolae autographae CC Philosophorum cel. III. F3. Mrg CCCLIVa R Est. B-245 II
Trier Stadtbibliothek Port 230, Port 4335
Ulm Ulrich Binder Auskunft aus dem Verzeichnis Ulmer Pfarrer
Warszawa Biblioteka Narodowa III/3215
Weimar Goethe- und Schiller-Archiv 6/2258 (Findbucheintrag) Landesarchiv Thüringen – Hauptstaatsarchiv Weimar Weimarer Archiv A 8341
Wernigerode Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abt. Magdeburg H 60 Gutsarchiv Dröschkau, Nr. 643 A 29a Konsistorium Leipzig, I Nr. 1471
Wien Archiv der Universität Wien Universitätskonsistorium/Akademischer Senat
Unpublizierte Quellen | 615
Auskunft aus den Matrikeln Cod. M 10 Universitätsbibliothek Wien D 13136
Wiesbaden Hessisches Hauptstaatsarchiv 3036 Nachweis 757 (Findbucheintrag)
Wolfenbüttel Niedersächsisches Landesarchiv – Standort Wolfenbüttel 2 Alt 16163, 37 Alt 976 39 H Slg 30 Slg, 15 Nr. 161 298 N 22 Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Cod. Guelf. 356 Novi, Cod. Guelf. 357 Novi Cod. Guelf. 158 Noviss. 2° H: P 1676bb80 Helmst. H: 293 Helmst. Dr. (15) Top. App. 2:69 Porträtsammlung A 13882
Zerbst Ev. Pfarramt St. Bartholomäi & St. Marien, Archive St. Bartholomäi & Parochien Auskunft aus den Kirchenbüchern
Zürich Zentralbibliothek Zürich Ms H 317 Ms T 109 Ms T 413b Ms T 413,5 bis 7 Ms V 417–418 Ms Bodmer 1a.26, 2.6, 2.14, 2b.21, 5.7, 22.58, 34a.30b Staatsarchiv des Kantons Zürich Auskunft aus E II 479 Register zum Album in Tigurina schola studentium 1599–1832
616 | Quellen und Literatur
Publizierte Quellen und Hilfsmittel Biographische Nachschlagewerke Albrecht, Helmuth: Catalogus Professorum der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig. Teil 1: Lehrkräfte am Collegium Carolinum 1745–1877. Braunschweig 1986. Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften. Leipzig 1875–1912. Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Auf der Grundlage der Sammlungen von Friedwald Moeller bearb. v. Walther MüllerDultz. Bd. 2: Biographischer Teil. Lfg. 1: Abegg–Brenner. Hamburg 1977. Amburger, Erik: Die Pastoren der evangelischen Kirchen Rußlands vom Ende des 16. Jahrhunderts bis 1937. Lüneburg 1998. Arends, Otto Frederik: Gejstligheden i Slesvig og Holsten fra Reformation til 1864. 3 Bde. Kopenhagen 1932. Arnoldt, Daniel Heinrich: Nachrichten von allen seit der Reformation an den lutherischen Kirchen in Ostpreußen gestandenen Predigern. Königsberg 1777. Basler Biographien. 3 Bde. Basel 1900–1905. Berner Geschlechter: URL: http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/. Beyschlag, Daniel Eberhard: Beyträge zur Nördlingischen Geschlechterhistorie die Nördlingischen Familien und Epitaphien enthaltend […]. Teil 2. Nördlingen 1803. Baerent, Paul: Die evangelischen Prediger Livlands bis 1918. Hg. v. Martin Ottow u. Wilhelm Lenz. Köln 1977. Bauer, Martin: Evangelische Theologen in und um Erfurt im 16. bis 18. Jahrhundert. Beiträge zur Personen- und Familiengeschichte Thüringens. Manuskript. Messel bei Darmstadt 1984. Bauks, Friedrich Wilhelm: Die evangelischen Pfarrer in Westfalen von der Reformationszeit bis 1945. Bielefeld 1980. Biedermann, Johann Gottfried: Geschlechtsregister des Patriciats der vormaligen Reichsstadt Nürnberg bis zum Jahre 1854 fortgesetzt v. Christoph Friedrich Wilhelm von Volckamer. Nürnberg 1854. Bio-bibliographisches Korrespondentenverzeichnis zum Briefwechsel Gottscheds. URL: https://www.saw-leipzig.de/de/projekte/edition-des-briefwechsels-von-johannchristoph-gottsched Bio-bibliographisches Register zum Hauptarchiv der Franckeschen Stiftungen. URL: http://192.124.243.55/cgi-bin/gkdb.pl. Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck. Hg. v. der SchleswigHolsteinischen Landesbibliothek unter Mitwirkung der Gesellschaft für SchleswigHolsteinische Geschichte u. des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. 13 Bde. Neumünster 1970–2011. Biundo, Georg: Die evangelischen Geistlichen der Pfalz seit der Reformation. Neustadt a.d. Aisch 1968. Bopp, Marie Joseph: Die evangelischen Geistlichen und Theologen in Elsaß und Lothringen von der Reformation bis zur Gegenwart. Neustadt a.d. Aisch 1965. Braunschweigisches Biographisches Lexikon. 8. bis 18. Jahrhundert. Hg. v. Horst-Rüdiger Jarck u.a. Braunschweig 2006. Breithaupt, Theodor: Chronik der Familie Breithaupt in Biographien. Hannover 1898.
Publizierte Quellen und Hilfsmittel | 617
Brekle, Herbert E.: Bio-bibliographisches Handbuch zur Sprachwissenschaft des 18. Jahrhunderts. 8 Bde. Tübingen 1992–2005. Bremer Pfarrerbuch. Bd. 2: Die Pastoren, biographische Angaben. Bearb. v. Hartwig Ammann. Bremen 1996. Burger, Helene, Hermann Erhard, Hans Wiedemann u. Christoph von Brandenstein: Pfarrerbuch Bayerisch-Schwaben (ehemalige Territorien Grafschaft Oettingen, Reichsstädte Augsburg, Donauwörth, Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Nördlingen und Pfarreien der Reichsritterschaft in Schwaben). Neustadt a.d. Aisch 2001. Catalogus Professorum Halensis. URL: https://www.catalogus-professorum-halensis.de/. Cramer, Max-Adolf: Pfarrerbuch Württembergisch Franken. 3 Bde. Stuttgart 1985–1993. — Pfarrerbuch innerwürttembergische Reichsstädte. Stuttgart 1991. Czubatynski, Uwe: Evangelisches Pfarrerbuch für die Altmark. Halle 2000. Dannheimer, Wilhelm: Verzeichnis der im Gebiet der freien Reichsstadt Rothenburg o.T. von 1544 bis 1803 wirkenden evangelisch-lutherischen Geistlichen. Nürnberg 1952. —, Wilhelm Zahn u. Georg Kuhr: Ritterschaftliches Pfarrerbuch Franken. Neustadt a.d. Aisch 1979. Dejung, Emanuel u. Willy Wuhrmann: Zürcher Pfarrerbuch 1519–1952. Zürich 1953. Deutsche Biographie. URL: https://www.deutsche-biographie.de/. Deutsches Biographisches Archiv (DBA). Eine Kumulation aus 264 der wichtigsten biographischen Nachschlagewerke für den deutschen Bereich bis zum Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts. Microfiche-Edition. Hg. v. Bernhard Fabian. Bearb. unter der Leitung v. Willi Gorzny. München 1982–1986. Diehl, Wilhelm: Hassia sacra. 4 Bde. Friedberg u. Darmstadt 1921–1930. Dietmann, Karl Gottlob: Die gesamte der ungeänderten Augsburger Confeßion zugethane Priesterschaft in dem Marggrafthum Oberlausitz. Lauban u. Leipzig 1777. Dölemeyer, Barbara: Frankfurter Juristen im 17. und 18. Jahrhundert. Frankfurt a.M. 1993. Drüll, Dagmar: Heidelberger Gelehrtenlexikon 1652–1802. Berlin 1991. Erhard, Hermann: Memminger Pfarrerbuch. Nürnberg 1970. Fischer, Otto: Evangelisches Pfarrerbuch für die Mark Brandenburg seit der Reformation. Hg. v. Brandenburgischen Provinzialsynodalverband. Bd. 2: Verzeichnis der Geistlichen in alphabetischer Reihenfolge. Berlin 1941. Friedrichs, Elisabeth: Die deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1981. GEDBAS: Datenbank des Vereins für Computergenealogie. URL: http://gedbas.genealogy.net/. Gelehrtes Fürstenthum Baireut oder Biographische und Literarische Nachrichten von allen Schriftstellern, welche in dem Fürstenthum Baireut geboren sind und in oder ausser demselben gelebet haben und noch leben. 12 Bde. Erlangen 1801-1805. Genealogisches Handbuch bürgerlicher Familien. 119 Bde. Berlin u. Görlitz 1889–1943. Genealogisches Handbuch des Adels. Hg. v. der Stiftung Deutsches Adelsarchiv. 158 Bde. Limburg a.d. Lahn 1951–2015. Genealogisches Taschenbuch der Ritter- und Adelsgeschlechter. Brünn 1870–1894. Gesamtkatalog deutschsprachiger Leichenpredigten. URL: http://www.personalschriften.de/datenbanken/gesa.html. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Adeligen Häuser. Der in Deutschland eingeborene Adel (Uradel). 41 Bde. Gotha 1900–1942. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser. 13 Bde. Gotha 1907– 1919.
618 | Quellen und Literatur
Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der deutschen gräflichen Häuser. 115 Bde. Gotha 1825–1942. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser. 91 Bde. Gotha 1848– 1941. Graf, Herrmann: Anhaltisches Pfarrerbuch. Die evangelischen Pfarrer seit der Reformation. Dessau 1996. Grünberg, Reinhold: Sächsisches Pfarrerbuch: Die Parochien und Pfarrer der Ev.-luth. Landeskirche Sachsens (1539–1939). 2 Teile. Freiberg 1939/40. Grundmann, Günther: Gruftkapellen des achtzehnten Jahrhunderts in Niederschlesien und der Oberlausitz. Straßburg 1916. Harraeus, Karl: Beiträge zur Geschichte der Familie Spener. München 1973. Heyden, Hellmuth: Die evangelischen Geistlichen Pommerns von der Reformation bis zur Gegenwart. 3 Bde. Greifswald 1973. Historisches Familienlexikon der Schweiz. URL: http://www.hfls.ch/humo-gen/index/1/. Hueck, Walter von: Adelslexikon. 18 Bde. Limburg 1972–2012. Igálffy von Igáli, Ludwig: Das Aussterben der Seuler von Seulen. In: Ostdeutsche Familienkunde 6 (1958), S. 67–68. Jacobi, Christian Friedrich: Europäisches Genealogisches Handbuch, in welchem die neuesten Nachrichten von allen Häusern jetztregierender europ. Kaiser u. Könige ... befindlich […]. Leipzig 1794. Jahrbuch des Deutschen Adels. 3 Bde. Berlin 1896–1899. Jensen, Wilhelm: Die hamburgische Kirche und ihre Geistlichen seit der Reformation. Hamburg 1958. Kneschke, Ernst Heinrich: Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon. 9 Bde. Leipzig 1859– 1870. Kohlenbusch, Lorenz: Kurhessisch-Waldeckisches Pfarrerbuch: Pfarrergeschichte des Sprengels Hanau („Hanauer Union“) bis 1968. 2 Bde. Darmstadt 1984. Krieg, Thilo: Das gelehrte und geehrte Coburg. 2 Bde. Coburg 1927–1929. Lampe, Joachim: Aristokratie, Hofadel und Staatspatriziat in Kurhannover. Die Lebenskreise der höheren Beamten an den kurhannoverschen Zentral- und Hofbehörden 1714–1760. 2 Bde. Göttingen 1963. Löber, Heinrich: Bibliographie der Pfarrerbücher (1890–2003). In: Pietismus und Neuzeit 29 (2003), S. 179–191. — Bibliographie der Pfarrerbücher deutscher Landeskirchen nebst evangelischer Kirchen im europäischen Ausland. In: Aus evangelischen Archiven 53 (2013), S. 21–42. Lohner, Carl Friedrich Ludwig: Die reformirten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern. Thun 1865. Lüpnitz, Herbert: Die evangelischen Pfarrer in der Uckermark. Klebe 2004. Meyer, Philipp: Die Pastoren der Landeskirchen Hannovers und Schaumburg-Lippes seit der Reformation. 3 Bde. Göttingen 1941–1953. Napiersky, Karl Eduard von: Beiträge zur Geschichte der Kirchen und Prediger in Livland. 4 Bde. Riga 1843 u. Mitau 1850–1852. Neß, Dietmar: Schlesisches Pfarrerbuch. 11 Bde. Leipzig 2014–2018. Neu, Heinrich: Pfarrerbuch der evangelischen Kirche Badens von der Reformation bis zur Gegenwart. Teil II: Das alphabetische Verzeichnis der Geistlichen mit biographischen Angaben. Lahr 1939.
Publizierte Quellen und Hilfsmittel | 619
Neues Genealogisches Reichs- und Staats=Handbuch auf das Jahr 1796. Teil 1. Frankfurt a.M. 1796. Die Pastoren der Evangelisch-lutherischen Kirche in Lübeck seit der Reformation. In: Amtsblatt der Evangelisch-lutherischen Kirche in Lübeck 1 (1950), Beilage. Paucker, Hugo Richard: Ehstlands Geistlichkeit in geordneter Zeit- und Reihefolge. Reval 1849. Pfarrerbuch der Kirchenprovinz Sachsen. 10 Bde. Leipzig 2003–2009. Pfarrerbuch Sachsen. URL: https://pfarrerbuch.de/sachsen/. Procházka, Roman Freiherr von: Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandsfamilien. Neustadt a.d. Aisch 1973. Raabe, Mechthild: Leser und Lektüre im 18. Jahrhundert. Die Ausleihbücher der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 1714–1799. Bd. 1: Die Leser und ihre Lektüre. München u. London 1989. Ramsauer, Johannes, Heinrich Janßen Iben u. Hans Warntjes: Die Prediger des Herzogtums Oldenburg seit der Reformation. 4 Bde. Oldenburg 1909–1980. Ranieri, Filippo: Biographisches Repertorium der Juristen im Alten Reich. 16.–18. Jahrhundert. A–E. Frankfurt a.M. 1987–1991. Repertorium alborum amicorum. URL: https://raa.gf-franken.de/de/startseite.html. Rhesa, Ludwig: Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit der Reformation an den evangelischen Kirchen in Westpreußen angestellten Predigern. Königsberg 1834. — Kurzgefaßte Nachrichten von allen seit 1775 an den evangelischen Kirchen in Ostpreußen angestellten Predigern, als Fortsetzung der Arnoldtschen Presbyterologie. Königsberg 1834. Rosenkranz, Albert: Das evangelische Rheinland. Ein rheinisches Gemeinde- und Pfarrerbuch. Bd. 2: Die Pfarrer. Düsseldorf 1958. Sächsische Biografie. URL: http://saebi.isgv.de/. Schaer, Friedrich-Wilhelm: Verwaltungs- und Beamtengeschichte der Herrschaften Jever, Varel und Kniphausen. Mit alphabetischem Beamtenverzeichnis, 16. Jahrhundert–1807. Oldenburg 2001. Scheunchen, Helmut: Lexikon deutschbaltischer Musik. Ostfildern 2002. Schoener, Edmund: Pfarrerbuch der Grafschaft Pappenheim. Nürnberg 1956. Schulze, Willy: Prediger- und Kirchengeschichte des Kirchenkreises Rothenburg. Rothenburg 1933. Schweizerisches Geschlechterbuch/Almanach généalogique suisse. Basel 1905ff. Seebaß, Georg u. Friedrich-Wilhelm Freist: Die Pastoren der Braunschweigischen EvangelischLutherischen Landeskirche seit Einführung der Reformation. Bd. 2. Wolfenbüttel 1974. Simon, Matthias: Bayreuthisches Pfarrerbuch. Die evangelisch-lutherische Geistlichkeit des Fürstentums Kulmbach-Bayreuth (1528/29–1810). München 1930. — Ansbachisches Pfarrerbuch. Die evangelisch-lutherische Geistlichkeit des Fürstentums Brandenburg-Ansbach 1528–1806. Nürnberg 1957. — Pfarrerbuch der Reichsstädte Dinkelsbühl, Schweinfurt, Weissenburg i. Bay. und Windsheim sowie der Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld. Die evangelischen Geistlichen im Alten Reich. Nürnberg 1962. — Nürnbergisches Pfarrerbuch. Die evangelisch-lutherische Geistlichkeit der Reichsstadt Nürnberg und ihres Gebietes 1524–1806. Nürnberg 1965. Straubel, Rolf: Biographisches Handbuch der preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten 1740–1806/15. München 2009.
620 | Quellen und Literatur
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Matrikel (alphabetisch nach Standort der Universitäten und Schulen) Die Matrikel der Universität Altdorf. Hg. v. Elias von Steinmeyer. 2 Bde. Würzburg 1912. Die Matrikel der Universität Basel. Hg. v. Hans Georg Wackernagel. 5 Bde. Basel 1951–1980. Die Matrikel des Collegium Carolinum und der Technischen Hochschule Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, 1745–1900. Bearb. v. Peter Düsterdieck. Hildesheim 1983. Die Matrikel des Gymnasium Illustre zu Bremen 1610–1810. Bearb. v. Thomas Otto Achelis u. Adolf Börtzler. Bremen 1968. Die Matrikel des Gymnasium Casimirianum Academicum zu Coburg 1606–1803. Bearb. v. Curt Hoefner. Würzburg 1958. Duisburger Universitätsmatrikel 1652–1818. URL: https://www.unidue.de/ub/archiv/universitaetsmatrikel.shtml. Die Matrikel der Universität Duisburg, 1652–1818. Bearb. v. Wilhelm Rotscheidt. Duisburg 1938. Namensverzeichnis zur allgemeinen Studentenmatrikel der ehemaligen Universität Erfurt für die Zeit von 1637 bis 1816. Bearb. v. Fritz Wiegand. Erfurt 1962/63. Register zur Matrikel der Universität Erlangen 1743–1843. Bearb. v. Karl Wagner. Würzburg 1918. Die deutschen Studenten und Professoren an der Akademie zu Franeker. Bearb. v. Georg Becker. Soest (Holland) [1942]. Ältere Universitätsmatrikeln. I. Universität Frankfurt a.O. 1506–1811. 3 Bde. Bearb. v. Ernst Friedländer. Leipzig 1887–1891.
Publizierte Quellen und Hilfsmittel | 621
Die Studentenmatrikel der Adolphsuniversität zu Fulda. Hg. v. Gregor Richter. Fulda 1936. Księga wpisów uczniów Gminazjum Gdańskiego 1580–1814. Hg. v. Zbigniew Nowak. Warschau 1974. Die Matrikel der Universität Giessen. Teil 2: 1708–1807. Bearb. v. Otfried Praetorius u. Friedrich Knöpp. Neustadt a.d.A. 1898. Die Matrikel der Georg-August-Universität zu Göttingen 1734–1837. 2 Bde. Hg. v. Götz von Selle. Hildesheim 1937. Ältere Universitätsmatrikeln. II. Universität Greifswald. 2 Bde. Bearb. v. Ernst Friedländer. Stuttgart 1894. Die Matrikel der Universität Greifswald und die Dekanatsbücher der Theologischen, der Juristischen und der Philosophischen Fakultät 1700–1821. 3 Bde. Bearb. v. Roderich Schmidt, Karl-Heinz Spieß u. Reinhard Pohl. Stuttgart 2004. Die Matrikel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Bd. 1 (1690–1730). Hg. v. Fritz Juntke. Halle a.d.S. 1960. Die Matrikel der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Bd. 2 (1730–1741). Bearb. v. Charlotte Lydia Preuß. Halle a.d.S. 1994. Die Matrikel des Akademischen Gymnasiums in Hamburg 1613–1883. Bearb. v. C. H. Wilhelm Sillem. Hamburg 1891. Die Matrikel der Universität Heidelberg 1386–1870. 7 Bde. Bearb. v. Gustav Toepke. Heidelberg 1884–1916. Das Matrikelbuch der Universitæt Ingolstadt-Landshut-München (1472–1872). Bearb. v. Franz Xaver Freninger. München 1872. Die Matrikel der Universität Jena. Bd. 2: 1652 bis 1723. Bearb. v. Reinhold Jauernig, weitergeführt v. Marga Steiger. München u.a. 1977. Die Matrikel der Universität Jena. Bd. 3: 1723 bis 1764. Bearb. v. Otto Köhler. München u.a. 1992. Album der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 1665–1865. Hg. v. Franz Gundlach. Kiel 1915. Die Matrikel der Albertus-Universität zu Königsberg i.Pr.: 1544–1829. 3 Bde. Hg. v. Georg Erler. Leipzig 1910–1917. Die jüngere Matrikel der Universität Leipzig: 1559–1809. Als Personen- und Ortsregister bearb. u. durch Nachträge aus den Promotionslisten ergänzt v. Georg Erler. 3 Bde. Leipzig 1909. Lunds Universitets Matrikel 1667–1732. Bearb. v. Per Wilner. Hg. v. Barbro Edlund. Stockholm 1984. Verzeichnis der Studierenden der alten Universität Mainz. Hg. v. Präsident und Senat der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Wiesbaden 1982. Suchbuch für die Marburger Universitätsmatrikel von 1653 bis 1830. Bearb. v. Max Eberhardt Habicht. Darmstadt 1927. Die Studenten der Universität zu Rinteln (Academia Ernestina). Bearb. v. August Woringer. Leipzig 1939. Rintelner Studenten des 17. und 18. Jahrhunderts. Bearb. v. Gerhard Schoormann. Rinteln 1981. Matrikelportal Rostock – Datenbankedition der Immatrikulationen an der Universität Rostock seit 1419. URL: http://matrikel.uni-rostock.de/. Die alten Matrikeln der Universität Straßburg 1621–1793. Bearb. v. Gustav C. Knod. Straßburg 1897–1903. Album des Kaiserl. Königl. Theresianums (1746–1880). Verzeichnis sämtlicher Angehöriger der K.K. Theresianischen Akademie von der Gründung durch die Kaiserin Maria Theresia im
622 | Quellen und Literatur
Jahre 1746 bis zum Schlusse des 1. Semesters 1880 mit kurzen biographischen Daten. Hg. v. Max von Gemmell-Flischbach. Wien 1880. Akten und Urkunden zur Geschichte der Trierer Universität. Hg. v. Leonhard Keil. Teil 2. Trier 1926. Die Matrikeln der Universität Tübingen 1477–1817. 4 Bde. Bearb. v. Heinrich Hermelink. Stuttgart 1953. Album Academiae Vitebergensis. Jüngere Reihe. Teil 3: 1710–1812. Bearb. v. Bernhard Weissenborn u. Fritz Juntke. Magdeburg 1966. Matrikel der Schleswigschen Studenten 1517–1864. Bearb. v. Thomas Otto Achelis. Kopenhagen 1966/67.
Periodika der Aufklärung Bibliographische Nachweise zu den herangezogenen Einzelartikeln finden sich im Anmerkungsapparat und werden nicht eigens angeführt.
Adres-Calender, der sämtlichen Königl. Preuß. Lande und Provinzien: ausser den Residenzien Berlin, dem König-reiche Preussen und dem souverainen Herzogthume Schlesien; der darinnen befindlichen hohen und niedern Collegien, Instanzien und Expeditionen, ingleichen der königl. Bediente, Magisträte, Universitäten, Prediger. [o.O.] 1748–1775. Akademische Nachrichten. Erlangen 1774–1776. Akademisches Taschenbuch zum Nutzen und Vergnügen für Studirende. Halle a.d.S. 1791– 1792. Allgemeine Deutsche Bibliothek. Kiel 1765–1794. Allgemeine Literatur-Zeitung. Jena u. Leipzig 1785–1849. Altonaische Gelehrte Zeitungen. Hamburg 1745–1748. Augsburgische Ordinari-Postzeitung, von Staats-, gelehrten, historisch u. ökonomischen Neuigkeiten. Augsburg 1767–1827. Baierische Sammlungen und Auszüge zum Unterricht und Vergnügen. München 1764–1768. Beyträge zur Critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit. Leipzig 1732–1744. Beyträge zur Historie der Gelahrtheit, worinnen die Geschichte der Gelehrten beschrieben werden. Hamburg 1748-1750. Braunschweigische Anzeigen. Braunschweig 1745–1831. Briefe, die neueste Litteratur betreffend. Berlin 1759–1766. Critische Bibliothek. Leipzig 1748–1758. Critische Nachrichten. Greifswald 1750–1754. Critische Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit. Berlin 1750–1751. Critische Versuche ausgefertiget durch einige Mitglieder der Deutschen Gesellschaft in Greifswald, ab 1744 Critischer Versuch zur Aufnahme der deutschen Sprache. Greifswald 1741– 1746. Churbaierisches Intelligenzblatt. München 1766–1776. Deutsche Bibliothek der schönen Wissenschaften. Halle a.d.S. 1767–1771. Deutsche Chronik. Augsburg u. Ulm 1774–1779.
Publizierte Quellen und Hilfsmittel | 623
Freye Urtheile und Nachrichten zum Aufnehmen der Wissenschaften und Historie überhaupt. Hamburg 1744–1759. Gelehrte Neuigkeiten Schlesiens. Liegnitz 1734–1740. Der Gesellige. Eine moralische Wochenschrift. Halle a.d.S. 1748–1750. Giesische wöchentlich-gemeinnützige Anzeigen und Nachrichten. Gießen 1764–1770. Göttingische Zeitungen von gelehrten Sachen. Göttingen 1739–1752. Hamburgische Berichte von neuen Gelehrten Sachen. Hamburg 1732–1737. Hannoverisches Magazin. Hannover 1763–1790. Hochfürstl. S. Weimar- und Eisenachischer Hof- und Adreß-Calender. Jena 1757–1806. Des Hochlöbl. Schwäbischen Crayses vollständiges Staats- und Addreß-Buch auf das Jahr 1777. Ulm 1777 Das in dem Jahr ... Blühende Jena, darinnen von dem Ursprunge der Stadt, Stifftung der Universität, und was sonsten zu dieser gehörig, besonders das Leben der Gelehrten erzehlet wird. Jena 1733–1749. Jenaische Beyträge zur neuesten gelehrten Geschichte. Jena 1757. Journal von und für Deutschland. Frankfurt 1784–1792. Leipziger Adreß-, Post- und Reise-Kalender. Leipzig 1750–1814. Magazin von und für Baden. Karlsruhe 1802–1803. De Maandelykse Nederlandsche Mercurius. Amsterdam 1756–1807. Minerva. Ein Journal historischen und politischen Inhalts. Jena 1792–1857. Morgenblatt für gebildete Stände. Stuttgart u. Tübingen 1807–1837. Neue Allgemeine Deutsche Bibliothek. Kiel 1793–1800. Die neue europäische Fama, welche den gegenwärtigen Zustand der vornehmsten Höfe entdecket. Leipzig 1735–1756. Das neue Gelehrte Europa. Braunschweig, Wolfenbüttel 1752–1781. Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen. Leipzig 1715-1784. Neuer Büchersaal der schönen Wissenschaften und freyen Künste. Leipzig 1745–1750. Neuer Nekrolog der Deutschen. Weimar 1824–1854. Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit. Leipzig 1751–1762. Nova Jenensium litteraria. Jena 1740–1741. Parnassus Boicus oder Neu=eröffneter Musen=Berg. München 1722–1727. Pfälzischer kleiner Kalender auf das Jahr... Enthält die Geschlechts-Verzeichnisse aller in Europa herrschenden Häuser; nebst einer vollständigen Anzeige der pfälzischen Merkwürdigkeiten. Mannheim 1770–1787. Pommersche Bibliothek. Greifswald 1750–1756. Pommersche Nachrichten von gelehrten Sachen. Greifswald 1743–1748. Preußisches Archiv. Hg. v. der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Königsberg. Königsberg 1790–1798. Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen Unpartheyischen Correspondenten. Hamburg 1731–1826. Thüringische Nachrichten von Gelehrten Sachen. Jena 1734–1736. Die Vernünfftigen Tadlerinnen. Frankfurt u. Leipzig 1725–1726. Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes. Wittenberg 1768–1792.
624 | Quellen und Literatur
Weitere Quellen, Hilfsmittel und Editionen Die alphabetische Ordnung richtet sich, wo nicht nach dem Namen des Verfassers bzw. Herausgebers oder Bearbeiters, nach dem ersten Wort im Titel unter Absehung des bestimmten wie unbestimmten Artikels. Schriften der Deutschen Gesellschaften werden nur angeführt, wenn sie im Text zitiert wurden. Für weitere Schriften sei auf den Anhang verwiesen.
Der Aeneis, eines Heldengedichtes des Publ. Virgilius Maro, Erstes Buch, in deutsche Verse übers., u. hg. v. einem Mitgliede der königlichen Deutschen Gesellschaft in Göttingen. Göttingen 1750. Altdorfische Bibliothek der gesammten schönen Wissenschaften. Bd. 1. Altdorf 1762. Andreas Streichers Schiller-Biographie. Hg. v. Herbert Kraft. Mannheim 1974. Ausführliche Beschreibung der Feierlichkeiten bei Gelegenheit der Seiner Majestät dem Könige Friedrich Wilhelm III. […] 1798 geleisteten Erbhuldigung. Hg. v. der Königlichen Deutschen Gesellschaft zu Königsberg. Königsberg [1798]. Auszug aus den Gesetzen der Giesischen teutschen Gesellschaft. In: Giesische wöchentlichgemeinnützige Anzeigen und Nachrichten 12 (1764), S. 87–90. Baczko, Ludwig von: Versuch einer Geschichte und Beschreibung Königsbergs. 2. Aufl. Königsberg 1804. — Geschichte meines Lebens. Bd. 1. Königsberg 1824. Bähler, Eduard: Briefe Johann Beckhs an Isaak Iselin aus den Jahren 1744–1748. In: Neues Berner Taschenbuch 22 (1917), S. 29–119. [Balthasar, August von]: Im Hause des Herrn immerdar. Die Lebensgeschichte des Augustin von Balthasar (1701–1786) von ihm selbst erzählt. Hg. v. Dirk Alvermann. Greifswald 2003. Bielfeld, Jakob Friedrich von: Progrès des Allemands, dans les sciences, les belles-lettres et les arts. Leyden 1768. Biographie der beiden Ritter von Riegger. Hg. v. Joseph Wander von Grunwald. Prag u. Wien 1798. Bock, Baron de: Relation d’un voyage fait dans le Palatinat et dans quelques autres parties de l’Allemagne en 1782. [o.O.] 1784. Bodemann, Eduard: Zwei Briefe von Leibniz betr. eine „Teutsche Gesellschaft“ zu Wolfenbüttel nebst zwei Briefen von J. G. Schottelius an Herzog August von BraunschweigWolfenbüttel. In: Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen 1899, S. 299– 307. Börner, Friedrich: Nachrichten von den vornehmsten Lebensumständen und Schriften Jeztlebender berühmter Aerzte und Naturforscher in und um Deutschland. Bd. 2. Wolfenbüttel 1752. Boor, Friedrich de: Die ersten Vorschläge von Christian Thomasius „wegen auffrichtung einer neuen Academie zu Halle“ aus dem Jahre 1690. In: Erich Donnert (Hg.): Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Bd. 4: Deutsche Aufklärung. Köln, Weimar u. Wien 1997, S. 57–84. Briefe an den Geh. Rat Joh. Caspar v. Lippert in den Jahren 1758–1800. Ein Beitrag zur Geistesund Kulturgeschichte Bayerns in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bearb. v. Richard Messerer. München 1972.
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Brödel, Hermann: Erlanger im Briefwechsel mit Joh. Christoph Gottsched. Beiträge zur Geschichte Frankens im 18. Jahrhundert. In: Erlanger Heimatblätter 19 (1936), S. 51–52; 20 (1937), S. 39–40, 43–44; 21 (1938), S. 1–2, 7–8, 12, 16. [Bruckner, Daniel]: Versuch einer Beschreibung historischer und natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Basel 1748. Bürger, Gottfried August: Briefwechsel. Hg. v. Ulrich Joost u. Udo Wargenau. Bd. 1: 1760–1776. Göttingen 2015. Büsching, Anton Friedrich: Neuer Erdbeschreibung dritten Theils zweyter Band, welcher den schwäbischen, bayerischen, fränkischen und obersächsischen Kreis enthält. 4. Aufl. Hamburg 1765. Christian Felix Weißens Selbstbiographie. Hg. v. Christian Ernst Weiße. Leipzig 1806. Chronik der Zeit. Kabinettsordres Sr. Majestät des Königs. In: Jahrbücher der preußischen Monarchie unter der Regierung Friedrich Wilhelms des Dritten [von Preußen] 2 (1798), S. 318–324. Claproth, Johann Christian: Der gegenwärtige Zustand der Göttingischen Universität, in zweenen Briefen an einen vornehmen Herrn im Reiche. Göttingen 1748. Clodius, Christian: Schediasma de instituto Societatis philoteutonico-poeticae, quae sub praesidio […] Johann, Burchardi Menckenii […] Lipsiae congregatur, anno 1722. Leipzig 1722. Consbruch, Florens Arnold: Auf die Abreise des Hrn. Magnus Adolph von Eberhard aus Schlesien, von Jena nach Erlangen, 1748. Im Nahmen der deutschen Gesellschaft. In: [Ders.]: Versuche in Westphälischen Gedichten, von E. C. Frankfurt a.M. 1751, S. 39–41. Crichton, Wilhelm: Virorum de re publica bene meritorum Ioannis Friderici Polaci et Wolf Balthasar Adolphi Steinwehri memoriam regiae academiae viadrinae rectoris directoris et senatus auctoritate viris doctis commendat. Berlin 1771. Curtius, Michael Konrad: Kritische Abhandlungen und Gedichte. Hannover 1760. D. Johann Georg Schelhorn’s Briefwechsel. Hg. v. Friedrich Braun. München 1930. Danzel, Theodor Wilhelm: Gottsched und seine Zeit. Auszüge aus seinem Briefwechsel. Leipzig 1848. Delius, Heinrich Friedrich: Leben und Charakter des seligen Herrn Geheimen Hofraths Schierschmid. Erlangen 1779. Description de ce qu’il y a d’interessant et de curieux dans la residence de Mannheim et les villes principales du Palatinat. Mannheim 1794. Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Gesammlete Reden und Gedichte, Welche bey dem Eintritte und Abschiede ihrer Mitglieder pflegen abgelesen zu werden. Nebst einer vorhergesetzten ausführlichen Erläuterung ihrer Absichten, Anstalten und der davon zu erwartenden Vortheile. Leipzig 1732. Der Deutschen Gesellschaft in Leipzig Oden und Cantaten in vier Büchern. Nebst einer Vorrede über die Frage: Ob man auch in ungebundener Rede Oden machen könne? Leipzig 1738. Deutsches Provinzialwörterbuch. Hg. v. Anton Klein. Frankfurt a.M. 1792. Dilthey, Polyxena Christiane: Proben poetischer Uebungen eines Frauenzimmers. Altona 1751. Döhn, Helga: Der Nachlaß Johann Karl Konrad Oelrichs. Berlin 1990. Dritter Bericht an die Mitglieder des bisher in Leipzig bestandenen Sächsischen Vereins für Erforschung und Bewahrung vaterländischer Alterthümer. Leipzig 1827. Eberhardt, Magnus Adolph von: Einige wohlgemeinte Betrachtungen über den Hauptsatz: Vernunft und Gelehrsamkeit bei dem andern Geschlechte. Erlangen [1757]. Ebert, Johann Jacob: Tapeten. Erstes bis zweytes Dutzend. Wittenberg 1771.
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Eck, Johann Georg: Ad Renunciationem Magistrorum L.L.A.A. Doctorumque Philosophiae D III. Martii MDCCCVIII […] Inest Symbolarum ad historiam Litt. Lipsiensem Pars V. De Societate Germanica. Leipzig 1808. Einige Schriften der Altdorfischen deutschen Gesellschaft. Altdorf u. Nürnberg 1760. Eisenhart, Johann Friedrich: Kleine Schriften. Hg. v. Rudolf Wedekind. Erfurt 1751. Ellenberger, Friedrich Wilhelm: Eine nach unsern Zeiten eingerichtete Natürliche Gottesgelahrtheit: empfohlen nebst Nachrichten von einer auf hiesiger Friedrichs-Universität errichteten deutschen Geselschaft schöner Wissenschaften. Halle a.d.S. 1759. Erklärung zweier Greifswaldischen Theologen gegen einen Römischen Cardinal. In: Zeitschrift für die historische Theologie 7 (1837), S. 166–172. Erman, Wilhelm, u. Ewald Horn (Hg.): Bibliographie der deutschen Universitäten. Bd. 2. Leipzig u. Berlin 1904. Esprit Fleschiers Lob- und Trauerreden. Nebst dem Leben desselben von einigen Mitgliedern der königl. deutschen Gesellschaft zu Königsberg übers. u. mit einer Vorrede Hrn. Prof. Gottscheds ans Licht gestellt v. Christian Cölestin Flottwellen. Leipzig u. Liegnitz 1749. Faber, Johann Gottlieb: Gedichte und Abhandlungen in ungebundener Schreibart. Tübingen 1753. Fabricius, Johann Andreas: Philosophische Oratorie, Das ist: Vernünftige Anleitung zur gelehrten und galanten Beredsamkeit, wie sich selbige so wohl in öffentlichen reden, als auch im täglichen umgang, bey allerhand materien, auf mancherley art [...] zeigen müsse. Leipzig 1724. — Vernünftige Grundregeln zum Parentiren. Jena 1728. — Rede, bei der einführung der Teutschen gesellschaft in Jena bei ihrem aufseher dem damaligen Herrn Prorector Stollen gehalten, den 11. Febr. 1730. In: Ders.: Philosophische Redekunst. Leipzig 1739, S. 317–320. — Vertrauter Brieff-Wechsel über einige unvernünftige Recensiones in den Altonaischen so genanten Gelehrten Zeitungen. Freiberg [Helmstedt] 1746. — Abriß einer allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit. 3 Bde. Leipzig 1752–1754. — Der Kaiserlichen Freyen Reichsstadt Nordhausen Hoch Edelg. und Hochweisen Rath […] will hiedurch zur Anhörung einiger Reden welche den 13ten des Weinmonats 1763 nach geendigter Prüfung in dem großen Hörsale öffentlich sollen gehalten werden […] einladen. Nordhausen [1763]. J[ohann] G[eorg] H[einrich] Feder’s Leben, Natur und Grundsätze. Zur Belehrung und Ermunterung seiner lieben Nachkommen, auch anderer die Nutzbares daraus anzunehmen geneigt sind. Leipzig, Hannover u. Darmstadt 1825. Feier des Königlichen Geburtstages und der erneuerten Stiftung von der Königl. Deutschen Gesellschaft zu Königsberg in Preußen. Dritte Sammlung. Königsberg 1769. Feyerliches Denkmaal der Ehrfurcht und Treue Dem glorreichsten Gedächtnisse. Friedrich August [...] von der deutschen Gesellschaft zu Wittenberg pflichtschuldigst gewidmet. Leipzig 1764. Förster, Gottfried: Analecta Freystadiensia, oder Freystädtische Chronica. Lissa [1751]. Freiheiten, Einrichtung und Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Bremen. Bremen 1752. Des Freyherrn Joseph von Petrasch sämtliche Lustspiele. Hg. v. der deutschen Gesellschaft zu Altdorf. 2 Bde. Nürnberg 1765. Der Fruchtbringenden Gesellschaft ältester Ertzschrein. Briefe, Devisen und anderweitige Schriftstücke von den Fürsten Ludwig, Christian et al. Leipzig 1855.
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Der Fruchtbringenden Gesellschaft geöffneter Erzschrein. Das Köthener Gesellschaftsbuch Fürst Ludwigs I. von Anhalt-Köthen 1617–1650. Hg. v. Klaus Conermann. 3 Bde. Weinheim 1985. Fuchs, Thomas: Katalog der Handschriften der Universitäts-Bibliothek Leipzig. Handschriften und Urkunden der Stadtbibliothek Leipzig in der Universitätsbibliothek Leipzig: Neuzugänge nach 1838. Wiesbaden 2009. Das funfzigjährige Amtsjubelfest des Wohlehrenvesten und Wohlgelahrten Herrn Christoph Stolzenbergs, wohlverdienten Cantors und Mitarbeiters an der evangelischen Poetenschule zu Regensburg. Regensburg [1764]. Gadebusch, Thomas Heinrich: Schwedischpommersche Staatskunde. Zweyter Theil. Greifswald 1788. Gaichiès, Johann: Grundsätze zur geistlichen Beredsamkeit, aus dem Französischen übers. [...] v. Johann Christian Messerschmied. Leipzig 1756. Gedanken über den Frieden, Bey dem Friedens=Fest, Welches in Widdern, den 8ten May im Jahr, 1763, gefeyert wurde, Von einem Freund der schönen Wissenschaften: Und Mitglied der neuen Teutschen Gesellschaft in Widdern. S. Oehringen [1763]. Gelehrte Journale und Zeitungen als Netzwerke des Wissens im Zeitalter der Aufklärung. URL: https://gelehrte-journale.de/startseite/. Gesammlete Früchte einer zu Oettingen im Ries vereinigten Gesellschaft der schönen Wissenschaften. Nürnberg 1751. Geschichte des Herrn Caspar Jacob Huth, der Gottesgelehrtheit Doctors […]. In: Johann Christoph Strodtmann (Hg.): Das neue gelehrte Europa. Bd. 4. Theil 16. Wolfenbüttel 1752, S. 1032–1040. Geschichte des Herrn Friedrich Johann Buck. In: Des neuen gelehrten Europa Zwanzigster Theil. Braunschweig u. Wolfenbüttel 1775, S. 989–1051. Gesetze der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Greifswald. Greifswald [1740]. Gesetze der Teutschen Gesellschaft in Jena. Nebst einem Vorbericht und Anhange von ihren jetzigen Umständen. Jena 1730. Gesner, Johann Matthias: Memoria Henrici Eilhardi Schroederi Lubecensis sacrarum humaniorumque literarum consulti societatis germanicae ac seminarii philologici sodalis […]. Göttingen 1753. — Kleine Schriften. Göttingen u. Leipzig 1756. Goldbeck, Johann Friedrich: Nachrichten von der Königlichen Universität zu Königsberg in Preußenund den daselbst befindlichen Lehr-, Schul- und Erziehungsanstalten. Königsberg 1782. Gottsched, Johann Christoph: Gedichte. Leipzig 1736. — Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, darinn alle philosophische Wissenschaften, in ihrer natürlichen Verknüpfung, in zweyen Theilen abgehandelt werden. 4. Aufl. Leipzig 1743. — Gesamlete Reden. Leipzig 1749. — Gesammlete Neueste Gedichte. Hg. v. der Königlichen deutschen Gesellschaft. Königsberg 1750. — Historische Lobschrift des weiland hoch= und wohlgebohrnen Herrn Christians, des H. R. R. Freyherrn von Wolf. Halle a.d.S. 1755. — Vollständigere und neuerläuterte deutsche Sprachkunst. 5. Aufl. Leipzig 1762. — Ausgewählte Werke. Bd. VII, 1: Ausführliche Redekunst. Erster Allgemeiner Theil. Hg. v. Philipp Marshall Mitchell. Berlin u. New York 1975.
628 | Quellen und Literatur
— Ausgewählte Werke. Bd. V, 2: Erste Gründe der gesammten Weltweisheit (Praktischer Theil). Hg. v. Philipp Marshall Mitchell. Berlin u. New York 1989. — Briefwechsel. Unter Einschluß des Briefwechsels von Luise Adelgunde Victorie Gottsched. Hg. v. Detlef Döring, Caroline Köhler, Franziska Menzel, Rüdiger Otto u. Michael Schlott. 16 Bde. Berlin u. Boston 2007–2022. Der Grossmüthige Friederich der dritte, König zu Dännemark, etc. in einem Heldengedichte entworfen von Ludwig Friedrich Hudemann, der deutschen Gesellschaft zu Leipzig, wie auch der königlichen deutschen Gesellschaft zu Greifswalde, Mitgliede. Altona u. Flensburg 1750. Grotius, Hugo: De jure belli ac pacis libri tres. Drei Bücher vom Recht des Krieges und des Friedens. Paris 1625. Nebst einer Vorrede von Christian Thomasius zur ersten deutschen Ausgabe des Grotius vom Jahre 1707. Neuer deutscher Text und Einleitung v. Walter Schätzel. Tübingen 1950. Die Gründung der Universität Göttingen. Entwürfe, Berichte und Briefe der Zeitgenossen. Zur Geschichte des Wissenschaftslebens im XVIII. Jahrhundert. Hg. v. Emil Franz Rössler. Göttingen 1855. Gundling, Nicolaus Hieronymus: Vollständige Historie der Gelahrtheit, oder ausführliche Discourse, so er in verschiedenen Collegiis litterariis […] gehalten. 5 Bde. Frankfurt u. Leipzig 1734–1746. — Collegium historico-literarium oder Ausführliche Discourse über die vornehmsten Wissenschaften und besonders die Rechtsgelahrtheit. Bremen 1738. Hagedorn, Friedrich von: Briefe. Hg. v. Horst Gronemeyer. Bd. 1. Berlin u. New York 1997. Hager, Johann Georg: Zu einer Redeübung, welche zum Andencken Des Hochedlen, Hochachtbaren und Hochgelahrten Herrn Herrn Salomon Siegels […] allhier den 8. Hornung 1742, als an dessen Nahmenstag in gebundenen und ungebundenen Reden soll angestellet werden, wollte hiermit einladen. Chemnitz 1742. — Zuverlässige Nachricht von der gegenwärtigen Verfassung der lateinischen Stadtschule zu Chemnitz, wodurch zugleich alle vornehme Gönner, güthige Wohlthäter und Liebhaber der freyen Künste und Wissenschaften zu Anhörung einiger teutschen Reden, welche den 17. April um 10 Uhr in der obersten Classe gehalten werden sollen, ehrerbietigst einladet. Chemnitz 1755. Hartleben, Theodor: Statistisches Gemälde der Residenzstadt Karlsruhe und ihrer Umgebungen. Karlsruhe 1815. Haugwitz, Adolph Günther von: Nachricht von der Deutschen Gesellschaft zu Wittenberg. Wittenberg 1763. Der Haushalt der Mannheimer Akademie vom Jahre 1782. In: Mannheimer Geschichtsblätter 8 (1907), Sp. 132f. [Hecker, Johann Wilhelm]: Die Religion der Vernunft, entworfen von einem Mitgliede der königl. deutschen Gesellschaften zu Königsberg und Göttingen. Berlin 1752. Heineken, Christian Abraham: Geschichte der freien Hansestadt Bremen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zur Franzosenzeit. Bearb. v. Wilhelm Lührs. Bremen 1983. Hemmer, Johann Jakob: Vertheidigung seiner Abhandlung über die deutsche Sprache, wider die Anmerkungen eines sogenannten Liebhabers der Wahrheit. Mannheim 1771. Henke, Heinrich Philipp Conrad: Denkwürdigkeiten aus seinem Leben und dankbare Erinnerungen an seine Verdienste von zweien seiner Schüler Georg Karl Bollmann und Heinrich Wilhelm Justus Wolff. Helmstedt u. Leipzig 1816.
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Hennig, Abraham Ernst: Topographisch-historische Beschreibung der Stadt Insterburg. Königsberg 1794. Hennings, Justus Christian: Kritisch-historisches Lehrbuch der theoretischen Philosophie. Leipzig 1774. Heräus, Carl Gustav: Unvorgreifliche Gedanken über die Auf- und Einrichtung einer Teutschen Sprach-Gesellschaft, wie solche einem vornehmen Minister sind überreichet worden. In: Ders.: Gedichte und lateinische Inschriften. Nürnberg 1721, S. 264–276. Herdegen, Johann: Gegründete Nachrichten von gelehrten Gesellschafften zur Aufnahme guter Wissenschafften fürnemlich der Dicht-Kunst samt beyfügten Lebensbeschreibungen verschiedener in Gesellschaft aufgenommener und darinnen noch lebender Gelehrten. Frankfurt u. Leipzig 1749. Herder, Johann Gottfried: Über die neuere deutsche Literatur. Fragmente. Hg. v. Regine Otto. Berlin u. Weimar 1985. Herrn Christoph Dietrichs von Böhlau Poetische Jugend-Früchte bei verschiedenen Gelegenheiten gesammlet. Coburg u. Leipzig [1740]. Der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zu Helmstädt bestätigten Hauptgesetze. [Helmstedt] 1746. Hirsch, Carl Christian u. Würfel, Andreas: Lebensbeschreibungen aller Herren Geistlichen, welche in der Reichs-Stadt Nürnberg seit der Reformation Lutheri gedienet […]. Nürnberg 1756. Hirzel, Johann Kaspar: Die Gütleins- und Schnecken=Gesellschaft an die Zürcherische Hülfs=Gesellschaft. In: Fünfte Vorlesung vor der Zürcherischen Hülfs=Gesellschaft, am fünften Jahresfeste derselben. Zürich 1805, S. 56–58. Historisch-Diplomatische Beyträge zur literarischen Geschichte, fürnehmlich des Herzogthums Pommern. Erster Theil. Berlin 1790. Hölty, Ludwig Christoph Heinrich: Werke und Briefe. Hg. v. Uwe Berger. Berlin u. Weimar 1966. H[uth], C[aspar] J [acob]: Nachricht von der Einweihung und dem gegenwärtigen Zustand der Friedrichs Universität Erlangen, in einem Schreiben an einen auswärtigen Freund. [o.O.] [1743]. Ich bin mehr Herz als Kopf. Sophie von La Roche. Ein Lebensbild in Briefen. Hg. v. Michael Maurer. München 1983. Iken, Konrad: Zu dem öffentlichen Einweihungsfeste der Bremischen Teutschen Gesellschaft welches Dieselbe am 21 des Brach-Monats 1752 feirete […]. Bremen [1752]. [Imhof, Andreas Lazarus von]: Des Neu=eröfneten Historischen Bilder=Saals Zehenden Theils Zweyter Periodus oder Zeit=Begriff […]. [o.O.] [o.D.]. [Jablonski, Johann Theodor]: Versuch Zu einer ordentlichen und beständigen Richtigkeit Der Hochteutschen Sprache / Im Reden und Schreiben zu gelangen / Den Liebhabern ihrer eigenen Vaterländischen Sprache Zu bedächtiger Prüfung und bescheidener Beurteilung mitgeteilet. Berlin 1719. Die Jubelfeyer der Georg Augustus Universität zu Göttingen, an ihrem funfzigsten Stiftungsfeste dem 17 September 1787. Göttingen 1787. Junker, Georg Adam: Die Vortheile welche deutsche Gesellschaften hohen Schulen bringen. Göttingen 1755. Just, Karl Gottlob: Daß ein wahrer Rechtsgelehrter nothwendig ein vollkommener Freund seyn müsse, in einer Abschiedsrede aus der Deutschübenden Gesellschaft gezeiget von Karl Gottlob Just. In: Vier Aufsätze von der Deutschübenden Gesellschaft zu Wittenberg herausgegeben. Leipzig 1758, S. 19–30.
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Kahl, Paul: Das Bundesbuch des Göttinger Hains. Edition – Historische Untersuchung – Kommentar. Tübingen 2006. Kästner, Abraham Gotthelf: Der Erinnerung Johann Philipp Murrays, ordentlichen Professors der Philosophie; Mitgliedes der Königlichen Societät der Wissenschaften, und der Königlichen Deutschen Gesellschaft, nach dessen den 12. Januar 1776 erfolgten Ableben, in einer Versammlung der Kön. Deutschen Gesellschaft gewidmet. Göttingen 1776. — Briefe aus sechs Jahrzehnten 1745–1800. Hg. v. C. H. Scherer. Berlin 1912. Katalog der Büchersammlung der Deutschen Gesellschaft in Leipzig. Nach dem von Ernst Kroker bearbeiteten handschriftlichen Bestandsverzeichnis der UB Leipzig. Hg. vom Zentralantiquariat der DDR. 2 Bde. Leipzig 1971. Kiefhaber, Johann Carl Siegmund: Leben und Verdienste Georg Andreas Will’s. Nürnberg 1799. Kirchbach, Hans Carl von: Lob- und Trauer-Rede der [...] Fürstin [...] Christianen Eberhardinen, Königin in Pohlen und Churfürstin zu Sachsen [...], als Ihro Königl. Maj. den 5. Sept. i. J. 1727 [...] aus dieser Zeitlichkeit entrissen worden: den 17. Oct. hierauff [...] in der Universitäts-Kirche zu Leipzig gehalten. Leipzig 1728. — Des Königl. und Churfl. Berggerichts zu Freyberg Assessors, Rede Vom Unterschiede Der Bewunderung und der Liebe, Und wie beydes gegen Sr. Königl. Majestät in Pohlen und Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen vereiniget sey: wodurch Derselbe als ein Mitglied der Deutschen Gesellschafft zu Leipzig im Jahr 1729 den 12. May, als an Sr. Majestät hohem Geburts-Tage den Preis der Beredsamkeit erhalten hat. Leipzig [1729]. Klopstock, Friedrich Gottlieb: Werke und Briefe. Historisch-kritische Ausg. Abt. Briefe. Bd. 2: 1751–1752. Hg. v. Rainer Schmidt. Berlin u. New York 1985. Knigge, Adolph Freiherr: Ausgewählte Werke. 10 Bde. Hg. v. Wolfgang Fenner. Hannover 1991– 1996. Kohlreif, Christoph Gotthilf: Die Immerwährende Tugend der Redlichkeit, eines mit der Jugend es ehrlich meynenden Lehrers, wurde an dem Beyspiele Des Hochedlen und Hochgelahrten Herrn, Herrn Carl Heinrich Langen, der Weltweisheit Magister, des Lübeckischen Gymnasii hochverdienten Conrectorn, der Deutschen Gesellschaft in Leipzig, der Lateinischen in Jena, und der Königl. Großbritannischen Deutschen Gesellschaft in Göttingen berühmten Ehrenmitgliedes, als Derselbe von der Deutschen Gesellschaft in Jena 1750 den 21. März zu Ihrem vornehmen Mitgliede war ernannt worden, zum Zeugniß seiner Ergebenheit und inniger Freude an dem Wohlergehen des Langischen Hauses glückwünschend entworfen. Lübeck 1750. Der Königlichen Georg=Augustus=Universität in Göttingen dermahliger Prorector Magnus Crusius D. zeiget hiedurch öffentlich an, daß auf erhaltenen Befehl und Vollmacht der Königlichen Regierung die allhiesige Deutsche Gesellschaft am 13. Febr. 1740 eingeführt und bestätigt werden soll; giebt von deren Beschaffenheit einige Nachricht […]. Göttingen [1740]. Der Königlichen Deutschen Gesellschaft in Königsberg eigene Schriften in ungebundener und gebundener Schreibart. Königsberg 1754. Köselitz, Johann Augustin: Zwote Sammlung ausgelesener Kanzelreden. Wittenberg u. Zerbst 1755. — Sendschreiben an die Fürstlich anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg. In: Schriften der Fürstlich Anhaltischen Deutschen Gesellschaft. Bd. 1. Quedlinburg u. Bernburg 1764, S. 49–63. Koppe, Johann Christian: Jetztlebendes gelehrtes Mecklenburg. Bd. 3. Rostock und Leipzig 1784
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Publizierte Quellen und Hilfsmittel | 637
— Die Herzogliche deutsche Gesellschaft zu Helmstädt feiert ihr Stiftungsfest am 20sten des Brachmonats 1782 durch den [...] Heinrich Christoph Liebau aus Braunschweig der Philologie und Erziehungskunst rühmlichst Beflissenen [...] welcher in einer öfentlichen Vorlesung die Schönen Künste als Hülfsmittel des Erziehers betrachten wird [...] Voran steht etwas zur Nachricht von der gegenwärtigen Einrichtung der Gesellschaft. Helmstedt 1782. — Andenken der Herzogl. deutschen Gesellschaft zu Helmstädt, an ihre im J. 1784 verlorne Mitglieder insonderheit an die Verdienste ihres Aufsehers Herrn Johann Christoph Stokkhausen. Eine am 8ten Jenner 1785 gehaltene Vorlesung. Helmstedt 1785. — Ueber Sr. Durchlauchten des regierenden Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg glückliche Zurückkunft vom Rheine nach Braunschweig und über Höchstderoselben beglückende Gegenwart in Helmstädt wird die Herzogliche Deutsche Gesellschaft ihre Freude [...] ausdrücken suchen […], zu welcher [...] einladet Friedrich August Wiedeburg der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft Vorsteher. Helmstedt 1794. — Charakterzüge Herrn Christoph Matthias Seidels Doktors b. R. Bürgermeisters und Syndikus der Stadt Helmstädt und ältesten Mitgliedes der Herzoglichen Deutschen Gesellschaft daselbst nach dessen am 27sten Februar 1797 erfolgtem Tode der Herzogl. Deutschen Gesellschaft zur steten Erinnerung vorgelegt. Helmstedt 1797. Wiedeburg, Johann Ernst Basilius: Von dem Betrag des Nutzens der teutschen Gesellschaften auf Akademien bey der Aufnahme des Herrn von Utterodt in die jenaische teutsche Gesellschaft den 20. Dezember 1777. Jena 1777. Wieland, Christoph Martin: C. M. Wielands Sämmtliche Werke. 39 Bde. u. 6 Supplemente. Leipzig 1795–1811. — Briefwechsel. 20 Bde. Hg. v. der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin [später v. der Akademie der Wissenschaften der DDR, v. der Akademie der Wissenschaften, Berlin, v. der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften]. Berlin 1963–2007. Wolff, Christian: Ausführliche Nachricht von seinen eigenen Schrifften die er in deutscher Sprache von den verschiedenen Theilen der Welt=Weißheit heraus gegeben. Frankfurt a.M. 1733. — Vernünfftige Gedancken von der Menschen Thun und Lassen, zu Beförderung ihrer Glückseeligkeit. Frankfurt u. Leipzig 1736. — Des Reichsfrey- und edlen Herrn von Wolf vernünftige Gedanken von der nützlichen Erlernung und Anwendung der mathematischen Wissenschaften [...] aus dem Lateinischen übers. Halle a.d.S. 1747. — Des Weyland Reichs-Freyherrn von Wolff übrige theils noch gefundene Kleine Schriften und Einzelne Betrachtungen zur Verbesserung der Wissenschaften. Halle a.d.S. 1755. — Briefwechsel zwischen Christian Wolff und Ernst Christoph von Manteuffel 1738 bis 1748. Hg. v. Jürgen Stolzenberg, Detlef Döring, Katharina Middell u. Hanns-Peter Neumann. Hildesheim 2019. Wunderliche Führungen Gottes, eines zu Wasser und zu Lande gereißten und nunmehro nach angenommener evangelisch-lutherischen allein seligmachenden Religion auf dem Görlitzischen Gymnasio unter der Anführung Samuel Grossers studirenden Johann Mittermayer aus Tyrolen. [o.O.], um 1717. Zedler, Johann Heinrich: Grosses vollständiges Universal Lexicon aller Wissenschaften und Künste, welche bißhero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden [...]. 64 Bde. Leipzig u. Halle a.d.S. 1732–1750. Zimmermann, Paul: Briefe aus den letzten Jahren der Universität Helmstedt. In: Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 9 (1910), S. 89–153.
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Sachregister Abhandlung 14, 52, 128, 136, 154, 330, 338, 342, 358, 369, 381, 388, 431, 468, 475 Abzug von der Universität 119, 175, 186f., 220f., 296f., 378 Altertümer 239, 316, 372f., 524f. Anrede siehe Titulatur Aufklärung 4, 27, 31, 45, 57, 86, 120, 123, 266, 417, 533–538 Bildende Künste 164, 173, 271, 374, 527 Bürgertum 262, 264, 440 Datenbank 15 Datengrundlage 16, 18f. Deutsche Gesellschaften (siehe auch Mitgliedschaft, Mitgliederzusammensetzung) – Ämter 106–112, 456 – Archiv bzw. Registratur 18, 106, 109, 316, 503 – Auflage der eigenen Publikationen 387 – Besucher 200, 328, 481 – Beurteilung der Arbeiten durch die Mitglieder 51, 105, 126–128, 143, 160, 164f., 240, 318, 321, 326, 346–350, 362, 375, 391 – Bibliothek 21, 62, 106, 109f., 152, 426, 428, 503, 513 – Definition 2–5 – Diener 110 – Eigenpublikation 19, 64f., 95, 117, 121, 140, 142, 195, 213, 233, 261, 293–296, 299, 309, 320f., 331, 351, 374–391, 398– 400, 402, 414, 417, 419, 437, 450, 467, 469, 476, 507f., 521, 524, 531 – Gründungsprojekt 65, 69, 101, 327, 392, 396, 398, 408, 416, 429, 441, 443, 450, 516 – Kritik an den D. G. 1, 348, 368, 372, 432, 434, 439, 464, 506–511 – Namensgebung 332 – Öffentliche Sitzungen 230, 328, 337, 353, 407, 473–487, 531 – Protokoll 18, 20, 109, 112, 125, 141–143, 194, 221, 227 – Rechnung 18, 109, 112, 296, 299, 317
https://doi.org/10.1515/9783110776218-012
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Statut 63f., 74–76, 79, 83f., 95, 103– 138, 163, 186, 191, 193–195, 198, 211, 229f., 239, 262, 274, 279, 299, 316, 350, 358, 360, 362, 365f., 375f., 414f., 426, 430, 440, 445f., 448–453, 456, 466, 480, 487, 532, 534 – Versammlungsort 74, 110, 340, 477, 488f., 515 Distinktion 11–13, 35, 39, 46, 249, 257–259, 265, 529f. Disziplinarische Maßnahmen siehe Strafen Drama siehe Theater Essen 327f. Frankreich (siehe auch Gallotropismus, Französisch) 87, 94, 337, 452 Freundschaft 55, 59, 103, 126–130, 147, 165, 278, 327 Galanterie 40, 47, 123 Gallotropismus (siehe auch Frankreich) 42f. Gebühren siehe Mitgliedschaften, Beitragsgelder Geburtstag siehe Jubiläum Gelegenheitsschriften 81, 129, 171, 183, 185, 206, 302, 355, 358–361, 387, 461, 468, 497, 506, 531 Gelehrte – Gelehrter Habitus 11f., 33, 38, 40, 49, 122–138, 143, 149, 242, 264f., 330, 352, 369, 506, 529, 535 – Gelehrtenkritik 33, 38, 50, 105, 122–138 – Gelehrtenrepublik 44, 206, 212, 274, 320, 340, 378, 382, 436, 467, 505, 532, 536 – Gelehrtenstand 11, 35–39, 122–138, 265, 374, 388, 533 Geniegedanke 23, 25, 303, 472, 509, 519– 521, 540 Gesellschaften (Reihung nach Sitz der Sozietät) – Deutsche Gesellschaft Altdorf 19, 54, 67, 78, 92, 95f., 108, 110, 116, 118, 125, 135, 140f., 156, 170, 173, 178, 199, 201, 204, 207, 217, 219, 221, 227, 235, 247, 251, 256, 273, 281, 289, 295f., 298–300,
674 | Sachregister
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306, 313, 317, 320, 323f., 328, 332, 376, 384, 386, 396, 399, 408, 423f., 428, 435, 448f., 451, 459, 462, 468, 472, 476, 478, 499, 508f., 520f., 525, 542–545 Altdorfische Deutsche (gelehrte) Privatgesellschaft 59, 92, 96, 130, 159, 187, 223, 235, 262, 349, 396, 475, 513, 545f. Deutsche Gesellschaft an der Annaberg’schen Schule 92, 96, 212, 213, 217, 236, 546f. Helvetische Deutsche Gesellschaft Basel, Deutsche Baslergesellschaft 55, 85, 328, 362, 365, 410, 429, 431, 471, 547f. Freie Gesellschaft Basel 431 Kurfürstlich Brandenburgische Societät der Wissenschaften Berlin 6, 38, 43, 64, 83, 270, 332, 334, 381 Allgemeiner Deutscher Sprachverein Braunschweig 23f. Deutsche Gesellschaft Bern 66, 85, 94, 194f., 243, 265, 326, 335f., 341, 343f., 364, 379, 411, 414, 429, 431, 504, 548– 550 Vergnügte (auch: Junge) (Deutsche) Gesellschaft Bern 223, 225, 265, 329, 336, 351, 374, 411, 424, 429–431, 550f. Fürstlich Anhaltische Deutsche Gesellschaft in Bernburg 24, 59, 68, 84f., 92, 118, 120, 125f., 141, 150, 174, 190, 193, 199, 201, 203–207, 217, 228–230, 245, 251, 265, 273, 282, 307, 317, 324, 328, 362, 366, 375f., 384, 389, 395, 408, 415, 421, 428, 441, 451, 453, 462, 465, 478, 480–485, 509, 514f., 551–553 Bremische Deutsche Gesellschaft 18, 72, 74f., 93, 96, 107–109, 125f., 129f., 141, 143, 160, 180, 187, 198, 235, 245, 262, 282, 302, 317, 320f., 328, 349f., 366, 371, 373, 375, 415, 417, 423–427, 432, 440f., 456, 459f., 474, 476–478, 482, 504, 513–517, 523, 525, 553–555 Rednergesellschaft Brieg 6 Churpfalzbaierische Gesellschaft Sittlich- und Landwirthschaftlicher Wissenschaften zu Burghausen 273 Deutsche Gesellschaft Chemnitz 96, 217, 236, 282, 555–557
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Deutsche Gesellschaft der Wissenschaften Danzig 77, 92, 103, 125, 141, 156f., 213, 236, 262, 282, 409, 523, 557 Gesellschaft zur Übung der schönen Wissenschaften Danzig 523 Leopold–Orden Dresden 394 Verein zur Erforschung und Erhaltung vaterländischer Altertümer Dresden 65 Duisburgische Gelehrte Gesellschaft 6 Select Society for Promoting the Reading and Speaking of the English Language in Scotland Edinburgh 7 Teutsche Gesellschaft Erlangen 31, 54, 58, 79, 92, 95, 97, 107f., 122, 149, 153f., 156, 181, 184, 207, 223, 254, 272, 281, 334, 349f., 366, 377, 408, 424, 428, 433, 449, 504, 522f., 558–560 Institut der Moral und der schönen Wissenschaften Erlangen 523 Accademia della Crusca Florenz 7 Deutsche Gesellschaft Frankfurt/Oder 53, 79, 115, 165, 217, 241, 333, 477f., 502, 560f. Deutsche Gesellschaft zu Giessen 31, 78, 81, 95, 106, 115, 133, 235, 350, 373, 415, 449, 477, 504, 561f. Deutsche Gesellschaft Göttingen 18, 25, 29, 69, 75f., 78, 96, 99, 108–110, 113f., 117, 119, 127f., 133, 137, 141f., 149–151, 156, 159, 167, 172–174, 177–180, 182– 184, 187, 192f., 196–198, 200f., 207, 210, 218f., 221–225, 234, 241f., 247, 251, 256f., 261, 272, 280, 288, 290f., 296, 304, 306, 309f., 313f., 317–320, 328, 331, 339, 343, 348, 355f., 365, 372–374, 379, 385–387, 389, 398, 403, 406f., 414–416, 423, 425–428, 446, 452, 457f., 462, 466, 471f., 477f., 480f., 485, 493– 495, 499–501, 503, 507, 514–516, 519, 562–566 Göttinger Hainbund 77, 523 Königlich Deutsche Gesellschaft Greifswald 30, 55f., 79, 82, 104f., 119, 127, 142, 152, 198, 205, 207, 251, 253, 270, 281–283, 288, 295, 306, 313f., 319f., 333, 340, 358, 363, 370–372, 381, 390, 394f., 404, 411, 415, 421, 427f., 447f.,
Sachregister | 675
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451f., 458, 475, 478, 485, 496, 501, 504, 516, 566–569 Mops-Orden Greifswald 288 Gesellschaft zur Beförderung der deutschen Sprache Poesie und Beredsamkeit Halle 25, 96, 115, 130f., 569–571 Deutsche Gesellschaft der schönen Wissenschaften Halle 72, 78, 92, 95, 141, 163, 284, 386, 516, 571f. Teutsch-übende Gesellschaft Hamburg 59f., 65, 85, 90f., 103, 113, 140f., 150, 217, 230, 243, 265, 278, 304, 322, 342f., 359, 365, 376, 379, 384, 471, 522, 525, 528, 572f. Patriotische Gesellschaft Hamburg 85, 522 Gesellschaft zur Aufnahme der deutschen Sprache und der freien Künste Hamburg 59, 77, 236, 342, 573f. Teutsche Privatgesellschaft Heidelberg 59, 77, 93, 96, 103, 141, 157, 187, 223, 235, 437, 574 Herzogliche Deutsche Gesellschaft Helmstedt 30, 54, 99, 110f., 117, 127, 133, 140, 144, 149–151, 162, 165, 169, 171, 173, 178, 180, 185, 192, 196f., 206, 208–210, 213, 221f., 224f., 227, 248, 251, 280, 291f., 294, 296f., 300, 305, 317, 319, 327, 342, 346, 350, 374, 394f., 415, 423, 425–428, 453, 457, 461f., 471, 476, 478, 481f., 489, 496, 499, 501, 503, 515–517, 527, 575–577 Gesellschaft der Liebhaber löblicher Wissenschaften Hermannstadt 370 Teutsche Gesellschaft Jena 2, 18, 31, 72, 79, 81, 83, 96f., 99, 107f., 117, 125, 131, 136, 138–142, 144, 146, 149, 151–153, 155, 158, 163, 166, 173, 178–180, 183, 186, 191–197, 201, 205f., 212f., 218f., 221–223, 226, 231, 233, 239, 241, 253, 255f., 260f., 263, 267f., 278f., 288, 291, 295, 297–301, 303f., 306, 313, 316f., 320, 327, 329f., 333, 350, 352, 359, 365, 372, 376, 381f., 384, 387–389, 395, 399, 408, 410, 414f., 421, 423–425, 427f., 432f., 436, 445f., 449, 455, 457f., 462–464, 468f., 476,
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478f., 481, 485, 492f., 496, 498, 503, 509, 513–515, 521, 577–580 Societas Latina Ienensis 433, 485 Vertraute Rednergesellschaft in Thüringen Jena 6, 147, 152 Deutsche Gesellschaft Karlsruhe 69, 93, 217, 236, 433, 442, 580f. Gesellschaft der freyen Künste in Kassel 370 Gesellschaft der schönen Wissenschaften und der freyen Künste Kiel 6, 70, 370 Freye Gesellschaft Königsberg 6, 524 Königliche Deutsche Gesellschaft Königsberg 4, 18, 53f., 57, 78, 82, 107f., 115, 125, 128f., 141, 148f., 181, 184, 193, 197, 208, 225, 230, 234f., 239, 283f., 288, 292, 295, 297, 305, 308, 312f., 315, 320, 326, 329, 332f., 339, 350f., 366, 373, 376, 383f., 386, 403–407, 415, 417, 421, 423, 427, 429, 432, 439, 448, 451, 459, 473, 477f., 481–483, 486–489, 497f., 502, 512, 514f., 523, 525, 581–585 Fruchtbringende Gesellschaft Köthen und Weimar 82, 136 Gesellschaft zur Verbesserung der dänischen Geschichte und Sprache Kopenhagen 7 Deutsche Gesellschaft Kronstadt 77, 93, 100, 217, 225, 236, 417, 422, 515, 585 Vertrautes Görlitzisches Collegium Poeticum, seit 1717: Teutschübende Poetische Gesellschaft, seit 1727: Deutsche Gesellschaft Leipzig 2, 4, 18, 20, 26, 30, 43, 47, 53–55, 59–65, 73, 75–77, 83, 95, 100, 104f., 108, 113f., 121, 127, 130, 149, 158, 177, 180, 184, 188f., 195, 197, 199, 206, 208, 212, 232f., 238f., 241, 250, 254, 257, 268, 273f., 279, 283, 285–287, 304–306, 309f., 312f., 320, 326, 329, 331f. 341, 348, 356–359, 363, 365, 368, 376, 380, 384, 387, 392, 397–417, 423, 429, 433, 436, 445, 457, 469, 471, 492, 502, 506f., 511, 514f., 524f., 528, 538, 586–589 Gesellschaft der schönen Wissenschaften und der freyen Künste Leipzig 6, 370
676 | Sachregister
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Montägliches Predigerkollegium Leipzig 60 Collegium Gellianum Leipzig 60 Collegium Anthologicum Leipzig 60 Collegium Conferentium Leipzig 60 Nachmittägliche Rednergesellschaft Leipzig 6, 203, 239 Vormittägliche Rednergesellschaft Leipzig 6, 239 Teutsche Rednergesellschaft Leipzig 61 Kurfürstliche Akademie der Wissenschaften Mannheim 83, 244, 255, 272, 294, 409, 434, 469, 569 Kurfürstliche Deutsche Gesellschaft Mannheim 19f., 67, 83–85, 93, 102, 106–108, 110, 118, 140f., 144f., 159, 173f., 176f., 200, 210f., 217, 228f., 244, 254f., 257, 265, 273, 282, 289, 294, 300, 306, 312, 343, 353, 367, 373, 376, 382, 384, 389, 409, 434, 462, 468, 482, 486, 491, 507, 509, 516, 537, 589–592 Deutsche Gesellschaft Marburg 79, 217, 225, 409, 515, 592 Literaturgesellschaft Marburg 6 Deutsche Gesellschaft Meißen 77, 131f., 217, 236, 345, 422, 495, 504, 593 Akademie der Wissenschaften München 100 Rednergesellschaft Nordhausen 6 Pegnesischer Blumenorden Nürnberg 396 Gesellschaft der schönen Wissenschaften zu Oettingen am Inn 20 Gesellschaft der schönen Wissenschaften und der freyen Künste Oettingen am Ries 370 Societas eruditorum incognitorum in terris Austriacis Olmütz 100f., 271 Academie Française Paris 42f., 62, 82, 331f., 343, 416, 457, 467, 540 Deutsche Gesellschaft in Pennsylvanien 4 Deutsche Gesellschaft Preßburg 93, 100, 217, 236, 304, 422, 450, 514, 593f. Verein und Gesellschaft zur Pflege der slowakischen Sprache in Preßburg 7
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Deutsche Gesellschaft Rinteln 25, 79, 168, 217, 225, 327, 386, 450, 471, 594f. – Kaiserliche Akademie der Wissenschaften zu Roveredo 178 – Tugendliche Gesellschaft Rudolstadt 285 – Deutsche Gesellschaft Schulpforta 77, 103f., 223, 236, 595f. – Akademie der Wissenschaften St. Petersburg 494 – Societas Alethophilorum Stettin 56 – Deutsche Gesellschaft Straßburg (ca. 1741–1751) 54, 66, 85, 178, 337, 422, 596 – Gesellschaft der schönen Wissenschaften 65, 597 – Deutsche Gesellschaft Straßburg (1775 –1777) 23, 65, 92, 103, 109, 115, 125, 141–143, 147, 164, 188, 227, 295, 310, 325, 337, 366, 382, 414, 433, 438, 502, 515, 597f. – Gesellschaft der schönen Wissenschaften Tübingen 70 – Deutsche Gesellschaft Wien 46, 59, 84, 93, 101, 251, 254f., 265, 272, 377, 412, 443, 598–600 – Deutsche Gesellschaft Wittenberg 25, 225, 414, 600f. – Deutsche Rednergesellschaft seit 1758 Deutschübende Gesellschaft bzw. Deutsche Gesellschaft Wittenberg 25, 78, 81, 92, 129, 408, 414, 477f., 481, 501f., 515f., 601f. – Lehrbegierige Gesellschaft Zittau 6 – Wachsende (Deutsche) Gesellschaft Zürich 77, 111, 133, 140f., 143, 149, 157, 223f., 236, 270, 282, 306, 316, 318, 351, 374, 410, 417, 429–431, 440, 504, 602– 604 Gesellschaftstypen und Geselligkeitsformen (siehe auch die einzelnen Gesellschaften) – Akademien bzw. Akademieprojekte 2, 19, 27f., 51, 64, 113, 136, 223, 232, 239, 241, 243, 269, 326, 357, 364f., 368f., 372, 398, 416, 434, 445, 468, 538 – Altertumsverein 316, 523, 525 – Englische Gesellschaften 7
Sachregister | 677
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Französische Gesellschaften 7, 334 Freimaurer 9, 19, 335, 434, 535 Gesellschaften der schönen Wissenschaften 7, 19, 370, 434, 523 – Gilde 104 – Illuminatenorden 9, 28, 434 – Jesuitenorden 244, 268, 273, 536 – Kloster 104, 128 – Korporation 3, 45, 439, 451, 454, 534 – Kränzchen 104, 153, 226 – Lateinische Gesellschaften 7, 434 – Lesegesellschaften 5 – Literarische Gesellschaften 19, 29, 523 – Ökonomische Gesellschaften 5, 492 – Patriotische Gesellschaften 522 – Predigergesellschaften 7, 60, 239 – Rednergesellschaften 2, 7, 61, 239 – Schützengesellschaft 104 – Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts 23, 42, 392f. – Tischgesellschaften 81 – Übungsgesellschaft 239, 242, 326, 328, 352, 356, 368f., 416, 435, 480, 511, 519, 523, 538f. – Verein 4 – Zunft 104, 352 Gymnasium Illustre 71, 77, 86, 262, 282 Habsburgermonarchie 87, 100 Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 43, 71, 100, 170, 249, 275f., 282, 332, 398, 436, 514 Historia literaria 22, 36, 62, 130f., 420, 506f., 511 Hodegetik 132f. Höflichkeit siehe Galanterie Hof 45, 64, 82, 92, 170, 388, 439–443, 471, 487 Hofmeister 198, 235 Höfische Umgangsform siehe Galanterie Humanismus 39, 44, 129, 470 Jubiläum 62, 135, 231, 317, 340, 368, 387, 404f., 407, 447, 468, 472, 474, 478, 481–489 Kalenderwesen 16, 180, 257, 266, 487, 491f. Kapitalbegriff nach Pierre Bourdieu 12, 162, 164, 166, 172, 176, 183, 185, 452, 518 Katholizismus 56, 99, 266–274
Kriege – Pfälzischer Erbfolgekrieg 336 – Siebenjähriger Krieg 234, 241, 284, 373, 412, 485, 515f. – Revolutions- bzw. Napoleonische Kriege 229, 490, 512, 515–517 – Zweiter Weltkrieg 4, 525 Landsmannschaft 120, 279 Literarische Gattungen (siehe auch Poesie, Prosa, Theater) – Akrostichon 356 – Bilderreim 356 – Chronostichon 356 – Elegien 356 – Kantaten 259, 356, 459, 479, 516, 527 – Lobschriften 282, 284, 356, 388, 399, 443, 462 – Ode 121, 182, 196, 310, 348, 356, 407, 467, 472 – Quodlibet 356 – Ringelreim 356 – Satire 62, 127, 172, 193, 336, 348, 356, 358, 410, 439, 509 – Schäfergedicht 356 – Serenaden 356 – Sestine 356 – Sinngedichte 356 – Sonette 356 – Überschriften 356 Mäzenatentum siehe Patronage Medaille 322, 467, 469f. Medizin 171f. Mitgliederzusammensetzung – Adel 37–39, 64, 82, 112, 117, 120f., 123f., 153, 192, 201, 209, 232, 244, 250– 265, 272, 286, 398, 400, 440, 445, 454– 466, 528 – Alter 119, 238, 536 – Fremdsprachige 332f. – Frau 206, 245, 284–293, 471, 528 – Handel 245, 247, 262 – Handwerk 262 – Konfession siehe Katholizismus, Protestantismus – Patriziat 251f., 262 – Schauspieler 211, 244 – Sprachmeister 333
678 | Sachregister
– Territoriale Herkunft 274–284 Mitgliedschaft – Aufnahme 188–212, 232f., 244f., 248, 250, 327, 352, 416, 466 – Auswärtige und Ehrenmitgliedschaft 112–122, 197–199, 201, 205–207, 214f., 217, 245, 250, 259, 268, 270, 283, 289, 295, 307, 386, 395, 407, 409, 421, 425– 428, 462f., 465f., 487, 527 – Beitragsgeld 106, 117, 163, 186, 188, 222, 263, 295–298, 301f. – Dauer 221, 223 – Diplom 172, 175, 437, 459, 464f. – Mitgliederliste 19, 121, 213, 217, 232, 257, 259, 419, 465, 491, 512f. – Ordentliche Mitgliedschaft 104, 111– 122, 126, 163f. 168, 172, 189f., 196, 209, 215, 217, 223, 225, 228, 231, 238f., 244, 250f., 253, 262, 264, 272f., 278, 284, 302, 314, 351, 425–427, 462, 529 – Verlust 151f., 154, 156f. Mobiliar 314, 322, 327 Moral siehe Ethik Moralische Wochenschrift 26, 47, 62, 335, 378, 380, 522 Mündlichkeit 321, 329 Musik 478, 480 Nationalbewegung 39, 42–44, 48, 136, 332, 338f., 517f. Netzwerk 12, 19, 31, 40, 64, 176, 183–185, 200, 205f., 212, 233, 245, 256f., 293, 403, 417–436 Österreich-Ungarn siehe Habsburgermonarchie Patronage 12, 64, 76, 101, 107, 112, 245, 250, 256, 258, 320, 361, 395, 398, 440, 445f., 454–466, 473, 478, 489, 492, 531 Pedanterie und Pennalismus siehe Gelehrtenkritik Philologie 362–364 Philosophische Fakultät 78f., 445, 496 Pietismus 54, 447 Poesie 78, 239, 310, 357–359, 388, 475, 519 Poeta laureatus 178, 268, 288, 291, 293, 470–473 Polen 87 Porträt 178, 230, 528
Praxeologie 11, 33, 242 Preisaufgabe 367, 430f., 467–470 Privilegierung 21, 86, 106, 439–454, 496, Probeschrift 191–193, 208, 210, 231, 285, 339, 426, 431, 532f. Prosa 62, 239, 310, 343, 356–359 Protektion siehe Patronage Protestantismus 44, 56f., 70, 90, 100, 102, 132, 265–274, 362, 435 Rang 119, 121, 126, 144, 259f., 322, 477 Ratgeberliteratur siehe Hodegetik Rechtschreibung 64, 67, 410, 432f., 539 Rechtswissenschaft 167, 169f. Rechtsstreitigkeit 154, 302 Reisebeschreibung 166, 507 Religion (siehe auch Katholizismus, Protestantismus, Theologie) 125, 190, 265– 274 Rhetorik 49–51, 61, 73, 78f., 136f., 166–170, 321, 328, 352, 405, 480, 496, 539 Ritual 104f., 140, 473, 480f., 486f. Russland 184, 193, 339, 515 Sammelband 384 Schriftlichkeit 321, 330 Schweden 251, 283, 447, 495 Schweiz 87, 94, 276 Siegel (siehe auch Einträge zu den einzelnen Gesellschaftssiegeln im Anhang) 135, 440, 448, 451, 480 Skandal 282, 283, 337, 390 Sozietät siehe Gesellschaft Sprachen, Dialekte und Soziolekte: – Altgriechisch 340f., 344, 351 – Burschensprache 340 – Dialekte 340, 364, 539 – Englisch 331, 343 – Estnisch 339 – Französisch 170, 172, 331, 334, 337f., 341f., 344 – Hebräisch 344 – Italienisch 331 – Latein 35, 39, 41, 46, 63, 71, 101, 245, 271, 288, 331, 340–344, 347, 351, 360, 409, 501 – Schwedisch 340 Sprachreinigung 367 Sprechakttheorie nach Austin 9, 354
Sachregister | 679
Stand siehe Gelehrtenstand, Mitgliederzusammensetzung Stammbücher 180, 247 Strafen 81, 106, 122, 125–127, 143, 147, 149, 151, 155, 158, 161, 186, 226, 231, 297f., 325, 329, 349, 389 Theater 46, 62, 211, 254f., 329, 386, 408 Theologie 60f., 79, 167–169, 266, 496 Titulatur 126, 180, 259 Trinken 129, 132f., 153, 304, 327, 477 Tugend siehe Ethik Übersetzen 342, 344, 355f. Ungelehrte 35, 46, 244f., 248, 289, 529f., 533, 536 Universität 10, 70, 86f., 112, 154–156, 340, 443, 492 Universitätsbeschreibung 502, 507 Verlage: – Georg Ludwig Förster, Bremen 302 – Nicolai Försters und Sohns Hofbuchhandlung, Hannover 387 – Gebauer–Schwetschke, Halle 180 Verwandtschaft 196, 290 Vorläufer 60, 392–400 Vorlesungsverzeichnis 450, 501, 514 Widmung 111, 271, 309, 335, 368, 388, 403, 407, 421, 457f., 461 Wörterbuch 364, 367, 432, 435 Zeitschriften: – Allgemein 378, 380, 419, 511 – Beyträge zur critischen Historie der Deutschen Sprache, Poesie und Beredsamkeit 64, 335, 363, 380f., 383, 388, 394, 397–399, 410 – Braunschweigische gelehrte Anzeigen 292 – Der Brachmann 335, 379 – Der Bürgerfreund 382 – Critische Nachrichten 309 – Critische Versuche zur Aufnahme der deutschen Sprache 361, 363, 381, 390, 411 – Discourse der Mahlern 379 – Göttinger Gelehrte Anzeigen 386 – Jenaische Gelehrte Anzeigen 381f. – Jenaische Beyträge zur neuesten gelehrten Geschichte 509
–
Neue Zeitungen von Gelehrten Sachen 286 – Der Patriot 379, 522 – Pfälzisches bzw. Pfalzbairisches Museum 382f., 389 – Pommersche Nachrichten von gelehrten Sachen 142 – Preußisches Archiv 383, 524f. – Rheinische Beyträge zur Gelehrsamkeit 382 – Die Vernünftigen Tadlerinnen 47, 67, 284, 379 – Wittenbergsches Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes 502 Zensur 21, 152, 268, 296, 337, 441, 448, 452, 485, 496, 498
Personenregister Achenbach, Eoban Christian 74 Achenwall, Gottfried 291 Äsop 248 Agthe, Karl Friedrich 479 Alopäus, Magnus 184 Altenthann, Karl Friedrich Wilhelm Grundherr von 262 Altmann, Johann Georg 243, 335f., 341, 379, 411, 548–550 Amsinck, Peter 77, 573 Angerer, Johann Gottfried 157 Antesperg, Johann Baltasar 269, 272 Apfel, Johann Matthäus 72 Sigmund Jacob Apin 175 Aristoteles 3, 129 Arndt, Ernst Moritz 23 Baczko, Ludwig von 193 Bagge, Nicolaus Ehregott 291 Balbach, Johann 157 Balthasar, Anna Christina Ehrenfried von 205, 207, 288–290, 292, 486 Balthasar, Augustin von 251, 256, 270f., 447f., 478, 485, 495, 566f. Basedow, Johann Bernhard 495 Baumgarten, Alexander Gottlieb 53 Bayern, Max III. Joseph von 85 Bechthold, Johann Georg 78, 81, 449, 561f. Beck, Heinrich Christian 244 Beck, Jakob Christoph 94, 341, 549 Beckh, Johann 431 Beckmann, Johann 482 Behr, Georg Heinrich 54, 85, 171, 178, 596 Bielfeld, Jacob Friedrich von 333 Bielke, Johann Achatius Felix 140 Biron, Peter von 245 Blaufuß, Charlotta Maria 291 Blaufuß, Jakob Wilhelm 291, 359 Blessig, Johann Lorenz 366, 382 Blümner, Heinrich 524 Bodmer, Johann Jakob 206, 308, 329, 336, 352, 379, 410f., 429, 440, 547–550, 602 Böckmann, Johann Lorenz 69, 442f., 580f. Böhlau, Christoph Dietrich von 260f. Börner, Friedrich 171, 373
https://doi.org/10.1515/9783110776218-013
Bolten, Matthias Hermann 152 Braun, Karl Adolf 99 Braxein, Fabian Abraham von 184 Bredow, Gabriel Gottfried 185 Breithaupt, Johann Paul Wilhelm 197 Breithaupt, Just Friedrich Veit 110, 197 Breithaupt, Karl Peter Theodor 197 Breitinger, Johann Jakob 309, 335, 379, 410f. Brinken, Anna Elisabeth von 210 Brockdorf, Lorenz Ernst Friedrich Graf von 198, 256, 260, 458 Brockes, Barthold Heinrich 243, 359, 572 Brösted, Johann Christian 76, 318 Brühl, Heinrich Graf von 309 Bücher, Christian Bernhard 213 Büchner, Georg V Büsching, Anton Friedrich 291 Busch, Gerhard von dem 415, 426f. Campe, Joachim Heinrich 236 Cappe, August Wilhelm Heinrich 144f. Cassel, Johann Philipp 74, 129, 373, 432, 523, 525 Christian II. von Anhalt-Bernburg 392 Christiane Eberhardine von Sachsen 259, 467 Christiani, Wilhelm Ernst 195 Cicero (Marcus Tullius Cicero) 129 Claproth, Johann Christian 167, 563 Claudius, Matthias 226, 236 Clodius, Christian 60, 62–64, 180, 232, 304, 310, 341, 393, 586 Closius, Stephan von 77, 225, 585 Colom Duclos, Isaak von 110, 318 Cramm, Franz Jacob von 208 Crusius, Magnus 480 Cyprian, Ernst Salomon 461 Dähnert, Johann Carl 205, 566 Dalberg, Wolfgang Heribert von 145, 229, 244, 257, 289 Dalwigk-Lichtenfels, Philipp Anton von 145 Daries, Joachim Georg 261 Detharding, Georg August 404 Dilthey, Johann Eberwein 197 Dilthey, Polyxena Christiane 197, 291, 564
682 | Personenregister
Dirksen, Benjamin 181 Drollinger, Karl Friedrich 85, 199, 547 Duroi, Johann Philipp 197 Duroi, Julius Georg Paul 197 Eberhardt, Magnus Adolph von 153, 155 Ebert, Johann Jacob 510 Eck, Johann Georg 197 Egenolff, Johann August 66 Eisenhart, Johann Friedrich 453 Ellenberger, Friedrich Wilhelm 44, 52, 72, 78, 95, 141f., 163, 256, 284, 347f., 375, 466, 571 Ellisen, Johann Georg David 144f. Emminghaus, Johann Ernst Bernhard 197 Emminghaus, Heinrich Theodor 197 Ernst, Christian Gottfried 222 Ernst, Johann Rudolf 430 Ernst August Constantin von SachsenWeimar-Eisenach 251, 455, 478, 492 Evers, Hinrich 245f. Fabarius, Johann David 261 Fabarius, Karl August 198 Fabricius, Johann Albert 59, 243 Fabricius, Johann Andreas 2f., 6, 72f., 77, 79, 131, 146, 152, 193, 393, 433, 458, 577 Feder, Johann Georg Heinrich 183, 247, 495 Fein, Georg V Ferber, August Wilhelm 132 Ferber, Johann Karl Christoph 209 Fléchier, Valentin Esprit 405 Flottwell, Cölestin Christian 53f., 57, 78, 82, 148, 208, 230, 297, 403–406, 448, 482f., 489, 497, 581f. Focke, Johann Emanuel 206 Förster, Gottfried 195 Formey, Jean Henri Samuel 207, 271, 285, 332, 397 Freudenberger, Uriel 329, 411, 504, 548, 550 Friedrich III. von Dänemark 283 Friedrich I. von Preußen 43 Friedrich II. von Preußen 284, 351, 448, 488, 581 Friedrich I. von Schweden 283, 448 Friedrich Albrecht von Anhalt-Bernburg 483f. Friedrich August I. von Sachsen 467 Friedrich August II. von Sachsen 312f., 482 Friedrich Wilhelm I. von Preußen 38
Friedrich Wilhelm III. von Preußen 489 From, Samuel Ephraim 225, 600 Fuhrken, Dorothea 290 Gans zu Putlitz (Gebrüder) 209 Gedicke, Friedrich 404 Gerstenberg, Heinrich Wilhelm von 236 Gesenius, August 318 Gesner, Johann Mathias 76–78, 261, 342, 406f., 477, 493, 499, 563 Geusau, Anton von 201 Gleim, Johann Wilhelm Ludwig 207 Göldlin, Bernhard Ludwig 270 Görz, Joachim Friedrich 144f. Goethe, Johann Wolfgang von 23 Goetten, Gabriel Wilhelm 259 Goldbeck, Johann Friedrich 502 Gottleber, Johann Christoph 96, 546 Gottsched, Louise Adelgunde 54, 287 Gracian, Baltasar 398 Gralath, Daniel 157, 213 Gralath, Theodor Ludwig 157 Gritsch, Johann Christoph 156 Günderode, Hektor Wilhelm von 581 Günther, Johann Christian 64 Gütther, Christian Heinrich 6, 524 Gundling, Jacob Paul 38 Gundling, Nicolaus Hieronymus 131, 570 Gustav Adolf von Schweden 468 Gyllen, von 448 Häffelin, Johann Jakob 145 Haffner, Isaac 147, 338, 433 Hagedorn, Friedrich von 206 Hagedorn, Christian Ludwig von 253 Hagen, Gottlieb Friedrich 96f. Hagen, Johann Christian Valentin 96 Hager, Johann Georg 96, 217, 236, 556 Haller, Albrecht von 205, 290, 309, 331, 386, 404, 407, 471, 521 Hanselmann, Christian Ernst 464 Happach, Lorenz Phillip Gottfried 203 Harding, Carl Ludwig 76, 318 Harold, Edmund von 343 Hase, Karl Benedikt 196 Hassel, Johann Bernhard 165 Haug, Balthasar 180 Hauptmann, Johann Dietrich 244f., 248 Haynisch, Johann Christoph 146, 193
Personenregister | 683
Hecht, Christian Heinrich 203 Heineken, Christian Abraham 517 Heinze, Johann Michael 407 Helmes, Johann Wolfgang 96, 157, 340, 574 Hemmer, Johann Jakob 52, 67, 83, 102, 244, 255, 589 Hempel, Christian Friedrich 233 Henke, Heinrich Philipp Konrad 144, 342 Hennig, Georg Ernst Sigismund 184, 366, 473, 497f., 524, 582 Hennings, Justus Christian 180 Henzi, Samuel 336, 548 Heräus, Carl Gustav 66, 83, 392, 398, 400 Herder, Johann Gottfried 510 Herport, Albrecht 195 Heß, Johann Kaspar 310 Heynitz, Georg Ernst von 260 Hirsch, Philipp Christian Johann 181 Hirzel, Johann Kaspar 307 Hölty, Ludwig 197 Hölty, Philipp Ernst 142, 196f. Hörner, Otto Friedrich 203f., 116 Hoester, Christoph Philipp 471 Hohenthal, Peter von 482 Holtz, Eberhard Gottfried Freiherr von 198 Horaz (Quintus Horatius Flaccus) 196, 351 Huch, Ernst Ludwig Daniel 203 Hudemann, Ludwig Friedrich 282, 390 Hübner, Johann 59, 230 Hürner, Gabriel 66, 94, 97, 312, 315, 326, 335, 344, 548f. Hugo, Konrad Gerhard von 192 Hummel, Bernhard Friedrich 525 Huth, Caspar Jacob 58, 79, 97–99, 151, 184, 223, 226, 408, 558 Iffland, August Wilhelm 244 Iken, Konrad 371, 441, 476, 505, 553 Isabella von Bourbon-Parma 598 Iselin, Isaak 431, 519, 547 Iselin, Johann Rudolf 66 Jablonski, Johann Theodor 83, 410 Jahn, Johann Christoph 142, 152 Joseph II. von Österreich 598 Jung, Joseph 110 Jung-Stilling, Johann Heinrich 118, 343 Junker, Georg Adam 69, 240
Kästner, Abraham Gotthelf 184, 196, 218, 225, 234, 241, 339, 372, 459, 485, 494f., 563 Kahler, Johann Philipp 225, 471, 594 Kaibel, Georg David 177 Karl von Braunschweig-Wolfenbüttel 294 Karl Friedrich von Baden-Durlach 442, 516, 580 Karl Theodor von Pfalzbayern 85, 107, 159, 228, 250, 255, 272, 306, 337, 441, 491 Karl Wilhelm Ferdinand von BraunschweigWolfenbüttel 490 Kaltenbeck, Matthias 240 Kant, Immanuel 498, 537 Katharina II. von Russland 184 Keck, Johann Michael 72, 186, 226, 260 Kendeffi, Elek 329 Kirchbach, Hans Carl von 259 Klein, Anton von 19, 145f., 200, 244, 255, 373, 382f., 389f., 469, 590 Kleist, Ewald von 253 Kling, Johann Peter 491 Klopstock, Friedrich Gottlieb 201, 319, 413, 418, 602 Knigge, Adolph Freiherr 118, 439 Knust, Julius Balthasar 248 Koch, Ehrenreich Christoph 447 König, Johann Ulrich 230, 457, 572 König, Samuel 336 König von Königsthal, Gustav Georg 201, 260, 449 Köselitz, Johann Augustin 191, 203, 324 Kohlreif, Christoph Gotthilf 464 Koken, Johann Carl 477, 480 Korff, Friedrich Alexander von 473 Korhammer, Georg Adam 204 Kotzebue, August von 183, 236 Kremer, Christoph Jakob 244 Kreutz, Friedrich Kasimir Karl von 428 Krüger, Johann Gottlob 291 Krünitz, Johann Georg 236 Künssel 110 Lamey, Andreas 244, 409 Landolt, Johann Heinrich 134, 144, 603 Lange, Anna Dorothea 288–290 Lange, Johann Joachim 55 Lange, Karl Heinrich 206, 464
684 | Personenregister
Lange, Samuel Gotthold 55, 130, 201, 236, 288, 290, 368 Langhans, Georg 430 Lappenberg, Samuel Christian 74f., 93, 96, 415, 553 La Roche, Georg Michael Frank von 289 La Roche, Sophie von 289 Lautz, Elias Christoph 596 Ledermüller, Martin Frobenius 199 LeFèvre, Hermann Adolph 53, 146 Leibniz, Gottfried Wilhelm 32f., 39f., 66, 82, 342f., 392, 397f., 400, 444, 495 Lenz, Jakob Michael Reinhold V, 23, 26, 65, 103, 115, 125, 147, 164, 188, 310, 325, 337f., 366, 433, 438, 532, 597 Leonhart, Sophie Elisabeth 182 Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau 441f., 452 Lesgewang, Johann Friedrich von 483 Lessing, Gotthold Ephraim 26, 260, 319, 329, 343, 407 L’Estocq, Karl Ludwig von 118, 324, 465 Lettow, Georg Ludwig von 255, 463f. Lichtenberg, Georg Christoph 1f., 23, 540 Lindner, Johann Gotthelf 193, 351, 582 Link, Gottlieb Christian Karl 187, 262, 513 Liscow, Christian Ludwig 411 Listn, Anna Juliane Elisabeth 290, 292 Litzel, Georg 68, 308 Löber, Traugott Christiane Dorothea 288, 292f. Löhe, Johann Conrad 472 Ludwig von Anhalt-Köthen 392, 395 Ludwig XIV. von Frankreich 42f., 336, 344 Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt 561 Ludwig Rudolph von Braunschweig-Lüneburg 361 Lukian von Samosata 410 Luther, Martin 37, 44, 46, 57, 100, 268–271 Lynar, Rochus Friedrich von 459f. Maaß, Nicolaus 207 Macpherson, James 343 Märtens, Heinrich Richard 177, 361 Maier, Matthias Ludwig 466 Manteuffel, Ernst Christoph von 56, 256, 457 Maria Amalia Augusta von Sachsen 180
Maria Theresia von Österreich 84, 101, 272, 284, 443 Marperger, Bernhard Walther 313, 445, 492 Martens, Johann Ludolf 151 Martini, Johann Christoph 203f. Mastalier, Karl 273 Maximilian I. von Österreich 470 May, Franz Anton 491 May, Johann Friedrich 53, 64, 232f., 258, 285f., 315, 380, 586 Mayer, Christian 273 Megalissus siehe Litzel Meier, Georg Friedrich 201 Meister, Christian Georg Ludwig 203, 324 Melle, Johann Jacob von 178f. Mencke, Johann Burckhardt 53, 62, 64, 75f., 131, 400, 457, 586 Merck, Johann Heinrich 236, 349 Messerschmidt, Johann Christian 421 Meyerfeldt, Johann August von 448 Mittermayr, Johann 268 Möller, Johann 136 Möller, Johann Andreas 48–485 Mortczini, Friedrich Joseph von 203 Moser, Friedrich Karl von 201 Mosheim, Johann Lorenz von 64, 76, 82, 107, 127, 208, 242, 406, 414, 429, 446, 457f., 461, 515, 521, 563, 575 Müffling, von 191 Müller, Daniel 555 Müller, Johannes von 185, 517 Müller, Johann Georg 181 Müller, Karl Gotthelf 53, 99, 138, 152f., 155, 241, 289, 303, 352, 372, 395, 432, 577 Münchhausen, Gerlach Adolph Freiherr von 127, 406, 446, 494 Murray, Johann Philipp 110, 180, 223, 225, 407 Musäus, Johann Karl August 510 Mutzenbecher, Esdras Heinrich 114, 196 Naumann, Christian Nicolaus 154f., 184, 389 Nettelbeck, Georg Christian Friedrich 483 Nordhof, Georg Leonhard 148 North, August Friedrich 187 Oberlin, Jeremias Jakob 126, 366 Oberndorff, Franz Albert Leopold von 229 Oelrichs, Johann Karl Konrad 200
Personenregister | 685
Oest, Johann Heinrich 74f. 130 Opitz, Martin 44, 46, 340, 394 Oporinus, Joachim 477 Patzke, Johann Samuel 165 Perard, Jacques de 205, 207, 271, 288, 333, 421 Petrasch, Joseph von 199, 207, 386 Petri, Gottfried 203 Pfeffel, Gottlieb Konrad 597 Pie(h)l, Johann Friedrich 203 Pisanski, Georg Christoph 582 Pisanski, Jakob Ludwig 315 Plitt, Johann Jakob 79, 168, 225, 327, 450, 594 Preu, Samuel 227 Provansal, Pierre 333 Pütter, Johann Stephan 372, 507 Putbus, Malte Friedrich von 82, 251, 458 Putbus, Anselm Karl von 82, 251 Puttlich, Christian Friedrich 473 Pyra, Jakob Immanuel 55, 130, 409 Quandt, Johann Jacob 403, 459, 581 Quirini, Angelo Maria 207, 270f., 566 Rahn, Hartmann 602 Ramond de Carbonnières, Louis François 332, 338, 597 Rautenberg, Albrecht Friedrich Gustav 38 Reichard, Elias Caspar 181, 421 Reinbeck, Johann Gustav 56 Reupsch, Johann Friedrich Leberecht 68, 84, 230, 324 Reusch, Johann Peter 196 Reuß ä.L., Heinrich XI. von 201, 255, 261, 458 Reuß ä.L., Heinrich XIII. von 107, 542 Reynier, Jacques-François 332 Rheden, Adam Gottlieb von 114 Richelieu, Armand-Jean du Plessis duc de 457 Richey, Michael 59, 184, 243, 278, 365, 522, 572 Rieger, Jakob 173 Rieger, Magdalene Sibylle 288 Riegger, Joseph Anton Stephan von 84, 101, 255 Riegger, Paul Joseph von 255, 598 Riesenbeck, Georg Heinrich 201 Römer, Georg Christian 110
Rohr, Julius Bernhard von 39 Rolief, Johann Wilhelm 200 Roloff, Friedrich Wilhelm 186 Romanus, Franz Conrad 286 Roux, François 333 Rudolf von Habsburg 170 Rückersfelder, Abraham Friedrich 426 Rump, George 405 Rust, Johann Ludwig Anton 68f., 84, 94, 120, 126, 131, 193, 202–204, 230, 245, 317, 324, 362, 385, 408, 415, 441–443, 465, 483f., 517, 551 Salzmann, Friedrich Rudolf 597 Salzmann, Johann Daniel V Sachse, Johann Georg 287 Sartorius, Friedrich Wilhelm 225, 600 Sastrow, Bartholomäus 292 Savoy, Pierre 111 Schäffer, Anton 469 Schelhorn, Johann Georg 406 Schenck zu Lemsell, Friederike Marie Charlotte 180 Scheuchzer, Johann Jacob 66 Scheyb, Franz Christoph von 101, 283 Schierschmidt, Johann Justin 99 Schiller, Friedrich von 14, 26, 174, 244, 300, 353 Schilling, Johann Jacob 573 Schinz, Johann Heinrich 307, 430 Schlettwein, Johann August 443 Schlitz gen. Goertz, Johann Eustach Graf von 107 Schlözer, August Ludwig 494f. Schmackpfeffer, Herrmann Adolf 193 Schmaling, Gottlieb Christoph 386 Schmeitzel, Martin 132 Schönaich, Christoph Otto von 199, 245, 413 Scholz, Johann Friedrich 213 Schröder, Heinrich Eilhard 342 Schrötel 110 Schubart, Christian Friedrich Daniel 228 Schubert, Johann Ernst 466, 578 Schütze, Gottfried 202f., 247, 409, 421, 461 Schultheß, Johann Georg 144 Schumacher, Johann Heinrich Friedrich 152 Schwan, Christian Friedrich 144, 389 Seidekampff, Johann Georg 110
686 | Personenregister
Seidel, Christoph Timotheus 197, 425, 461, 482, 527, 575 Seidel, Johann August 197 Seidenstücker, Johann Heinrich Philipp 223 Seiler, Georg Friedrich 184, 558 Seip, Johann Nicolaus 79, 225, 409, 592 Senckenberg, Heinrich Christian von 201 Sicul, Christoph Ernst 75f. Siebenkees, Lorenz 472 Siegel, Salomon 556 Silber, Amalia Magdalena Wilhelmine 290 Sonnenfels, Joseph von 46, 84, 101f., 170, 412, 438, 443, 490, 598 Spalding, Johann Joachim 207 Speiser, Christian Leberecht 177 Spener, Philipp Jakob 56 Spiegel, Johann Gottfried Friedrich 68 Spreng, Johann Jakob 55, 199, 410, 429, 471, 547 Statius-Müller, Philipp Ludwig 522f. Steck, Johann Christoph Wilhelm 520 Steiger, Franz Ludwig 195 Steiger, Isaak 335 Steinbach, Christoph Ernst 64, 586 Steinwehr, Wolf Balthasar Adolf von 53, 79, 165, 184, 200, 241, 333, 477, 502, 560 Stengel, Johann Georg von 255 Stengel, Stephan von 52, 83, 102, 255, 337, 441, 443, 589 Stenzler, Lorenz 270f. Stieglitz, Christian Ludwig 524 Stisser, Christian Friedrich 404 Stockhausen, Johann Christoph 426, 462, 497 Stöhr, Nicolaus Friedrich 96 Stolle, Gottlieb 131, 146, 288, 313, 395, 399, 436, 457f., 577 Strombeck, Friedrich Karl von 174 Sturz, Helfrich Peter 178 Stuß, Just Christian Friedrich 197 Suckow, Lorenz Johann Daniel 261, 588 Suhl, Ludwig 195 Sulzer, Johann Georg 307 Tafinger, Johann Andreas 180 Teleki, Samuel 328 Thiess, Johann Otto 209 Thilo, Albrecht Friedrich 181
Thomasius, Christian 32f., 40–42, 47–51, 56f., 285, 345, 398f., 529 Thomasius, Maria Regina 399 Titius, Johann Daniel 78, 81, 408, 502, 601 Traitteur, Karl Theodor von 145 Triewald, Samuel 359 Tuckermann, Friedrich Ferdinand 497 Turenne, Henri de La Tour d’Auvergne, vicomte de 405 Uhl, Johann Ludwig 560 Unzer, Johanne Charlotte 291 Venzky, Georg 200 Vergil (Publius Vergilius Maro) 343 Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg 84, 441f. Wagner, Johann Franz 248 Walch, Johann Georg 35 Wald, Samuel Gottlieb 403, 512 Wallenrodt, Johann Ernst von 107, 459, 489 Walther, Sophia Eleonore 292 Wedekind, Rudolf 79, 193, 223, 290, 385f., 407, 563 Weichmann, Christian Friedrich 384 Weinland, Ehrhard Friedrich 198 Weiße, Christian Friedrich 77, 236, 504, 593 Werder, Dietrich von dem 253 Werlhof, Paul Gottlieb 331, 348, 386f. Werner, Jakob Friedrich 524 Werner, Zacharias 225, 236 Westphal, Ferdinand Ernst 162 Wieber, Konrad 110 Wiedeburg, Basilius Christian Bernhard 53, 153, 166, 195, 201 Wiedeburg, Friedrich August 81, 150, 163, 170, 222, 227, 374, 499, 516, 538 Wiedeburg, Johann Bernhard 53, 99 Wiedeburg, Johann Ernst Basilius 99, 218, 278, 342, 348, 521, 558, 588 Wieland, Christoph Martin 1, 433 Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar 395 Will, Georg Andreas 19, 67, 78, 107, 116, 131, 135, 148, 170, 178, 201, 260, 313, 317, 324, 328, 332, 396, 408, 428, 435f., 448f., 459, 472, 476, 542f. Will, Heinrich Friedrich 459 Windheim, Christian Ernst von 54, 78, 82, 99, 156, 225, 415, 558, 575
Personenregister | 687
Windisch, Karl Gottlieb 245 Winkler, Johann Heinrich 195 Wöniger, August Wilhelm Albrecht 180 Wolfegg-Waldsee, Anton Wunibald von 272 Wolfegg-Waldsee, Gebhard Johann von 272 Wolff, Christian 8, 32, 48–56, 80, 102, 135, 138, 256, 278, 285, 340, 394, 529 Wolfter, Peter 183, 210 Wolshofer, Philipp Michael 227 Würdtwein, Stefan Alexander 84 Wurstisen, Christian 547 Zäunemann, Sidonie Hedwig 287f. Załuski, Joseph Andreas 205, 271 Zedler, Johann Heinrich 2, 6 Zenk, Johann Friedrich Gebhard 208 Ziegler, Christiana Mariana von 286–288, 471 Ziegra, Christian 193, 201–203 Zinzendorf, Karl von 261, 599