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German Pages 520 [516] Year 2022
Jakobinische Flugschriften aus dem deutschen Süden Ende des 18. Jahrhunderts
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN DER DDR Schriften des Zentralinstituts für Geschichte Band 14
Jakobinische Flugschriften aus dem deutschen Süden Ende des 18. Jahrhunderts eingeleitet und herausgegeben
von Heinrich Scheel 2., durchgesehene Auflage
Akademie-Verlag • Berlin 1980
Erschienen im Akademie-Verlag, DDR-1080 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag 1979 Lizenznummer: 202 • 100/256/80 Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer", 5820 Bad Langensalza Bestellnummer: 753 5790 (2083/.I/14) • LSV 0265 Printed in G D R D D R 48,— M
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
•
Einleitung
IX 1
Flugschriften Reichsstädte 1
Ein Psalm, vorzusingen Adel, Schreibern und Genannten. Nach der geistreichen Melodie: Ein Vogelfänger bin ich j a etc
51
1 a Nachschriften auf einzelnen Exemplaren des Psalms
55
l b Französische Übersetzungen dieser Nachschriften
55
2
Bekanntmachung an alle Brüder
56
3
Aufforderung an alle brave Bürger .
61
4 5
Zur nürnbergischen Chronik .. Freimütige Gedanken über die höchst notwendige Staatsverbesserung der freien Republik Ulm von wahrheitsliebenden ulmischen Bürgern, im J a h r des ulmischen Kanonen-Arrest 1794 •
63
6 7
Abbildung des Kaspar Feßlen An Ulms Bürger
68 70
8
Aufforderung und Belehrung an alle reichsstädtische Bürger in Schwaben, die Gefühl für bürgerliche Ruhe haben und denen das Wohl ihrer Zeitgenossen und Nachkommen am Herzen liegt, von einem reichsstädtischen Bürger . . . Mainz bei Stollfus . . .
73
64
Franken 9 10 11 12
Republikanisches Gebet
80
Wiederholter Aufruf an die deutsche Nation, 1794 Antwort auf das Schreiben eines Wirtembergers an seine Mitbürger wegen des Landaufgebotes» 1795
81
An die teutschen Jünglinge!
86 104
Oberrhein 13
Erklär- und Erläuterung der Rechte und Pflichten des Menschen, zur Gründung des bürgerlichen Glücksstandes abgefaßt und angenommen in der Volksversammlung zu ' 107
VI
Inhaltsverzeichnis 14
Bevollmächtigungsurkunde des französischen Direktoriums vom' 4. Mai 1796 für den Bürger Poterat
123
15
Instruktion Poterats
125
16
Freiheit, Gleichheit, Bruderliebe!
127
17
Rundschreiben Jägerschmidts
128
18 19
Freiheit — Gleichheit Entwurf einer republikanischen Verfassungsurkunde, wie sie in Deutschland taugen möchte. Im 7. Jahr der Mutterrepublik . . Republikanisches badisches Siegel
20
129 130 183
Württemberg 21
Pasquill auf den württembergischen Regierungsrat von Normann An Ihro Durchlauch[t], dem Herzig zu Ludwigsburg
184 185
Über das Petitionsrecht der wirtembergischen Landstände; für alle und zu allen Zeiten lesbar, 1797
188
24
Das Neuste über Wirtemberg, den Schwaben gewidmet. . . .
205
25
Über Wirtemberg an die Wirtemberger im Monat Oktober 1800
210
Gebet, welches alle guten Bayern in dieser Zeit der Not und Bedrängnis fleißig beten sollen .
220
22 23
Bayern 26 27 28
29
Die bayerischen Bauern an die Landschaftsverordnete und Adjunkten Über Süddeutschland. Von einem süddeutschen Bürger im Monat Oktober 1798 dem französischen Gouvernement zur Beherzigung vorgelegt, 1799
222
224
Materialien zu einem künftigen Landtage in Bayern, herausgegeben von v. W., einem bayerschen Landstande, Regensburg 1800
231
30
Umschlag oder Appendix zu allen gegenwärtigen und künftigen Präliminarien, bittlichen Vorstellungen, Bundbriefen und bayerischen Landtagsschriften nebst ihren Erläuterungen, Beilagen, Prüfungen, Briefen und Gesprächen darüber etc. etc., 1800 . . . . . . '
251
31
Die Privilegien des Adels in Bayern vor dem Richterstuhl der gesunden Vernunft, 1800 Die Stimme der öffentlichen Meinung über Max Joseph, Kurfürsten von Bayern. Eine Skizze, 1800 Danksagungsadresse von der bayerischen Nation an Max Joseph IV., 1800
288
Wahrer Überblick der Geschichte der bayerischen Nation oder das Erwachen der Nationen nach einem Jahrtausend, Straßburg 1800
292
32 33 34
273 283
Inhaltsverzeichnis 35
36 37 38 39 40 41 42 43 44 45
VII
Sur l'Allemagne méridionale. Adressé au gouvernement français par les citoyens du midi de l'Allemagne aus mois d'octobre 1798. 1800 ; Konstitution der Republik Frankreich vom Jahre 8, mit aufklärenden Noten, Basel 1800 Gesang der Franzosen • Republikanischer Bruderkuß im ersten Jahre deutscher Freiheit
322 325 328 330
Bayerische Nationallieder am Ende des achtzehnten Jahrhunderts und im letzten Jahre der Sklaverei Wohlverdientes Todesurteil des Joseph N., vulgo Patriot, . . . . . Die Zeichen der Zeit oder die letzten Zuckungen des Adels und der Pfaffen in Bayern, Köln bei Peter Hammer J a h r I X . . . .
399
Die süddeutschen Untertanen über Krieg und Frieden mit Frankreich . . . , 1800
445
Politisches Glaubensbekenntnis eines aufrichtigen Bayers über die Schicksale seines Vaterlandes, München, den 1. Jänner 1801 .
451
Bekanntmachung an die Bewohner Bayerns, Schwabens, Frankens, Tirols und Salzburgs, gedruckt im Monat Februar 1801 . .
458
332 391
Über die Folgen des Friedens in Bayern, Straßburg im 9. Jahre der Republik 461
Personen- und Ortsregister
.
490
VORWORT
Der Gedanke an eine Flugschriften Sammlung entstand mit der Arbeit an der Monographie „Süddeutsche Jakobiner", die erstmals 1962 im Akademie-Verlag erschien und inzwischen zwei weitere Auflagen erfahren hat. 1 Die in dieser Sammlung vorgelegten Flugschriften stammen aus dem gleichen lokalen und zeitlichen Bereich, den die Monographie umfaßt, nämlich aus dem deutschen Süden während des Reichskrieges gegen das republikanische Frankreich von 1793 bis 1801 ; deshalb macht auch die folgende Einleitung von der Möglichkeit Gebrauch, auf die in der Darstellung gegebene Einordnung jeder einzelnen Flugschrift in ihren historischen Zusammenhang zu verweisen. Inzwischen ist auch die 1. Auflage der Flugschriftensammlung vergriffen, so daß eine 2. Auflage nötig wurde, die hiermit vorgelegt wird. Die Aufmerksamkeit, die beides — Monographie und Quellenedition — erregte und in zahlreichen Rezensionen bis in die jüngste Zeit ihren Ausdruck fand 2 , bestätigen die Notwendigkeit, unser Geschichtsbild vom deutschen Volk in der Zeit der Französischen Revolution dadurch zu ergänzen und zu vertiefen, daß die Stellung der Volksmassen und insbesondere die sie mobilisierenden, aber von der Forschung sträflich vernachlässigten revolutionär-demokratischen Repräsentanten gründlich untersucht und in die Betrachtung einbezogen werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Erschließung der entsprechenden Zeugnisse. Die bürgerliche Historiographie hat ungezählte Quelleneditionen zur deutschen Ge1
Scheel,
Heinrich,
Süddeutsche Jakobiner. Klassenkämpfe und republikanische Be-
strebungen im deutschen Süden Ende des 18. Jahrhunderts, Berlin 1962, X V I I I und 772 S.; 2., durchgesehene Aufl. 1971; 3., durchgesehene Aufl. 1980 2
Neues Deutschland, Beilage Nr. 15 v. 13. 4. 1963; Blätter für Fränkische Familienkunde, Jg. 1963, H. 5; Das Historisch-politische Buch, XI/8/1963; Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, X I . Jg. 1963, H. 7; Studi storici, a. IV, n. 3, 1963; Voprosy istorii, 38. Jg.
1963, H. 1 1 ; Archivmitteilungen,
XIV.
Jg.
1964, H. 1;
Deutsche
Literaturzeitung, 85 Jg. 1964, H. 6; Blätter für deutsche Landesgeschichte, 99. Jg., 1963; Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 51. Bd., 1964, H. 1; Zeitschrift für Agrargeschichte und Agrarsoziologie, 12. Jg. 1964, H. 1; österreichische Zeitschrift für Volkskunde, Bd. X V I I I / 6 7 , 1964; Historisches Jahrbuch, 84. Jg. 1964; Esslinger Studien, Bd. 10, 1964; Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bd. 28, 1965, H. 3; Der Staat, Bd. 4, 1965, H. 3; Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 13. Jg., 1965, H. 12; Viertel]ahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 53. Bd., 1966, H. 1; Historische Zeitschrift, Bd. 204, 1967; Annales historiques de la Révolution Française, 43. Jg., 1971, Nr. 204; Ebenda, 44. Jg., 1972, Nr. 209; Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte, Bd. 41, 1978, H. 1.
X
Jakobinische F l u g s c h r i f t e n
schichte besorgt, die auch der marxistische Forscher nicht missen möchte; doch nur in verschwindend geringem Maße kommen darin die werktätigen Massen und ihre revolutionär-demokratischen Sprecher zu Wort. Gewiß, auch der Bestand der staatlichen Archive und Bibliotheken bestätigt die Marxsche Erkenntnis, daß die herrschende Ideologie die Ideologie der herrschenden Klasse ist, und der Nachweis läßt sich leicht erbringen, daß die Zahl revolutionär-demokratischer Zeugnisse, gemessen an dem überlieferten Schriftgut der herrschenden Klassen, nicht groß ist. Aber niemals kann dieser Tatbestand der Maßstab für die Editionsarbeit und damit letztlich auch für die Bewertung der widerstreitenden gesellschaftlichen Kräfte sein. Engels schrieb 1874: „Für den zukünftigen Geschichtsschreiber wird in der Geschichte Deutschlands von 1869 bis 1874 der Schlachtendonner von Spichern, Mars-la-Tour und Sedan, und was daran hängt, weit weniger Bedeutung haben als die anspruchslose, ruhig, aber stetig fortschreitende Entwicklung des deutschen Proletariats." 2 Dieses Wort gilt sinngemäß auch für andere Epochen, in denen sich schon im Hintergrund die Kräfte des Neuen formieren, während noch im Vordergrund das Alte stolz daherschreitet und die Blicke auf sich zieht. Eine vordergründige Betrachtungsweise — und folgte sie den Ereignissen unmittelbar vor ihren Augen noch so minutiös — kann günstigenfalls Teilprozesse erhellen, aber nie die ganze historische Wirklichkeit. Der marxistische Historiker, dem die Erforschung der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung aufgegeben ist, wird von der Erkenntnis geleitet, daß das Wesentliche des historischen Prozesses in der Herausbildung und Durchsetzung des Neuen besteht. Darum widmet er seine besondere Aufmerksamkeit den Regungen des Neuen im Schöße des Alten, ohne des letzteren Bedeutung für den Gesamtverlauf zu verkennen. Editionen von Materialien, die Zeugnis von den revolutionären Traditionen des deutschen Volkes ablegen, sind unter diesem prinzipiellen Gesichtspunkt eine wissenschaftliche Notwendigkeit; sie sind doppelt nötig angesichts der Fülle publizierter Dokumente staatlicher Provenienz, deren erdrückende Zahl schon allein geeignet ist, ein schiefes Bild von der historischen Wirklichkeit zu erzeugen; schließlich verbindet sich mit dem wissenschaftlichen auch das aktuell-politische Interesse, die revolutionäre Umgestaltung unserer Gegenwart als historischen Auftrag und als Erfüllung der besten Traditionen unseres Volkes zu begreifen. Wenn diese allgemeinen Bemerkungen die vorliegende Edition ausreichend motivieren, so bleibt doch noch einiges zum angewandten Auswahlprinzip zu sagen. Eine Quellenpublikation, die in aller Ausführlichkeit die revolutionär-demokratischen Bestrebungen in dem gegebenen lokalen und zeitlichen Rahmen belegen wollte, würde Bände füllen. Allein aus Raumgründen war eine Auswahl unumgänglich. Nach dem Erscheinen einer Monographie, in der gewiß nicht alles, aber doch das wesentliche einschlägige Material verarbeitet, z. T. auch zitiert ist und die in ihrem wissenschaftlichen Apparat den Weg zu jeder einzelnen Quelle 1
Engels,
Friedrich,
[Ergänzung der V o r b e m e r k u n g v o n
Bauernkrieg"], i n : Marx/Engels,
1870 zu „ D e r
Werke, B d 18, Berlin 1962, S. 5 1 5 .
deutsche
Vorwort
XI
weist, ist ein so breit angelegtes Unternehmen schon nicht mehr vordringlich. Dieser Tatbestand erleichterte die Auswahl. Es konnte von der Aufnahme solcher Zeugnisse abgesehen werden, die das organische Zusammenspiel der revolutionärdemokratischen Kräfte und die Auswirkungen ihrer Bestrebungen zum Inhalt haben. Die Quellengrundlage für diese Bereiche bilden vorwiegend in der staatlichen Sphäre entstandene Akten, die von einer der Demokratie feindlichen Gesinnung durchtränkt sind und das uns bewegende Geschehen notwendig verzerrt widerspiegeln. Außerdem existieren wenige Stücke, die größere Zusammenhänge klären; die meisten geben nur kleine und kleinste Mosaiksteinchen ab, die mühsam geordnet und aneinandergefügt werden müssen, um aussagekräftig zu werden. Jene inneren und diese äußeren Gründe empfehlen die Veröffentlichung dieser Materialien im Rahmen einer Darstellung, wie sie bereits vorliegt. Was bleibt und eine selbständige Publikation geradezu fordert, sind die Äußerungen der demokratischen Kräfte selbst, die unverbogen und unmittelbar Auskunft über ihr Wesen und Wollen geben. Zu diesem Komplex gehören Briefe, Berichte, Artikel, Pasquille, Flugblätter und -Schriften aus jakobinischer Feder. Selbst unter diesem eingeschränkten Aspekt ist jedoch die Materialfülle immer noch zu groß, um in einer einbändigen Edition Platz zu finden. Eine engere Auswahl wurde nötig. So entstand der Gedanke zu einer Sammlung von jakobinischen Pasquillen, Flugblättern und -Schriften, wie sie hier vorgelegt wird. Eine solche Publikation hat einmal den Vorteil der Einheitlichkeit, so daß sie gut für sich bestehen kann. Zum andern bildet sie eine echte Ergänzung der Darstellung, die häufig die teilweise sehr umfangreichen Dokumente nur in ihren Grundgedanken auswerten konnte. Zum dritten schließlich liefert die Ausbreitung eines zeitlich und räumlich ausgedehnten revolutionären Agitationsmaterials den bündigsten Nachweis für die Existenz revolutionärer Kräfte, die nicht in esoterischen Kreisen lebten, sondern ihre Ideen in die Massen trugen und auf demokratische Weise eine neue Gesellschaft errichten wollten. Von ganz wenigen Fällen abgesehen, sind nur solche Dokumente in die Sammlung aufgenommen, die in Süddeutschland selbst entstanden oder von Süddeutschen verfaßt wurden. Die Ausnahmen bilden solche Stücke, die aus der Zusammenarbeit mit süddeutschen Revolutionären erwuchsen und bei der revolutionären Propaganda in Süddeutschland eine Rolle spielten. Die Dokumente sind zunächst entsprechend ihrer Herkunft und vorwiegenden Verbreitung nach dem territorialen Gesichtspunkt geordnet. Das geographische Prinzip hat seine Mängel, weil es einer Reihe von Flugschriften nicht gerecht wird, deren Wirkungsbereich über das enge Ursprungsgebiet hinausreichen sollte und tatsächlich auch hinausreichte. Dennoch kann dieses Ordnungsprinzip nicht entbehrt werden. War die staatliche und ökonomische Zersplitterung ein Wesensmerkmal des alten deutschen Reiches, so gilt das für seinen südlichen Teil in besonderem Maße. „Wo sollte politische Konzentration in einem Lande herkommen, dem alle ökonomischen Bedingungen derselben fehlten?" fragten Marx und Engels. 8 Dieses ungelöste und damals noch nicht lösbare Problem stand auch den revolu' Marx ¡Engels, Die deutsche Ideologie, in: Werke, Bd 3, Berlin 1958, S / 1 7 8 .
XII
Jakobinische Flugschriften
tionären Demokraten überall im Wege, zwang ihnen vielfach ein eng begrenztes Wirken in landschaftlichem oder gar lokalem Rahmen auf, hemmte die Fühlungnahme der revolutionären Zentren miteinander, nötigte darum auch den Herausgeber, das territoriale Ordnungsprinzip der Edition zugrunde zu legen. Da innerhalb dieser Ordnung gleichzeitig wiederum das chronologische Prinzip nach Möglichkeit berücksichtigt wurde, ergibt sich folgende Gruppierung: An den Anfang sind Dokumente aus den Reichsstädten Nürnberg und Ulm gestellt; ihnen folgen Dokumente aus Franken, vom Oberrhein, aus Württemberg; die Dokumente aus Bayern, die der Zahl und dem Umfang nach den größten Raum einnehmen, bilden den Schluß. Die Dokumente sind unabhängig von ihrer örtlichen Herkunft durchgehend numeriert. Grundsätzlich werden sie ungekürzt dargeboten, jedoch bilden die Nummern 8, 23, 35 und 36 Ausnahmen von dieser Regel; die Gründe dafür sind in der ersten Anmerkung zum jeweiligen Dokument genannt, die im übrigen über Art, Ort, Zeit und Überlieferung des Zeugnisses Auskunft gibt. Die Anmerkungen des Herausgebers, die sich auf notwendige sachliche Angaben und Erläuterungen beschränken können, sind mit arabischen Ziffern versehen und für jedes einzelne Dokument durchgezählt; Anmerkungen, die von den Verfassern der Dokumente stammen, sind durch Sternchen gekennzeichnet. Alle in eckigen Klammern gebrachten Ergänzungen und Hinweise sind vom Herausgeber eingefügt. Liegt dem Dokument eine gedruckte Vorlage zugrunde, so werden deren Seitenangaben in eckigen Klammern [12] mitgeteilt; sind deren Seiten nicht numeriert, so enthalten die eckigen Klammern keine Ziffernangabe [ ]; Titelblätter und leere Zwischenseiten, auch wenn sie in der Vorlage mitgezählt sind, bleiben dabei unberücksichtigt. Bei Kürzungen geben knappe Hinweise, ebenfalls in eckige Klammern gesetzt, über den Inhalt der Auslassungen Auskunft. Da die mitgeteilten Dokumente der Publizistik, also der Literatur im weiteren Sinne, zuzuzählen sind, hat sich der Herausgeber nicht entschließen können, die bei Akteneditionen aus dieser Zeit übliche Modernisierung der Texte durchzuführen, die den sprachgeschichtlichen Gesichtspunkt völlig außer acht läßt. Es wurde vielmehr eine lautgetreue Wiedergabe angestrebt, die dem Leser keine erheblichen Schwierigkeiten bereiten wird, zumal es sich mit diesem Prinzip vertrug, Orthographie und Zeichensetzung den heute geltenden Grundsätzen anzugleichen. Die Angleichung unterblieb dort, wo mundartliche oder sonstige charakteristische Ausdrücke bzw. Zeichen zu konservieren waren. Wenn im Text verwandte Zitate mit dem Wortlaut der angezogenen Quellen nicht völlig übereinstimmten, so unterblieb um der Originaltreue willen dennoch jede Korrektur. Ebenso wurden grammatische Fehler als Ausdruck sprachlicher Unbeholfenheit beibehalten. Offensichtliche Schreib- oder Druckfehler dagegen wurden ohne weiteren Hinweis verbessert; dasselbe gilt für heute nicht mehr übliche und nicht ohne weiteres verständliche Abkürzungen. Sinnstörende Ausdrücke bzw. Formulierungen sind bei unveränderter Übernahme durch ein Ausrufezeichen in eckigen Klammern [!], unsichere Lesarten auf die gleiche Weise durch ein Fragezeichen [?] gekennzeichnet; Korrekturen, die den Lautstand verändern, sind entweder im Text in eckige
Vorwort
XIII
Klammern gesetzt oder durch eine Anmerkung markiert, die den ursprünglichen Wortlaut wiedergibt. Den damals beliebten häufigen Hervorhebungen durch Kursivschrift, Sperrung, größere Schriftgrade ist im allgemeinen nicht gefolgt. Der Herausgeber dankt allen, die mit Rat und Tat dazu beigetragen haben, daß die vorliegende Flugschriftensammlung erscheinen konnte; im besonderen dankt er dem Zentralinstitut für Geschichte bei der Akademie der Wissenschaften der DDR, der Akademiebibliothek und ihrer Fernleihabteilung, dem Institut für Dokumentation bei der Akademie und seinem Literaturdienst, den Archiv- und Bibliotheksdirektionen, aus deren Beständen die einzelnen Dokumente zusammengetragen werden konnten, Herrn Friedrich Speiser (Berndorf in Niederösterreich), der Ergebnisse seiner verdienstvollen Spezialforschüng über Joseph Rendler zur Verfügung stellte, Fräulein Doris Schmidt (Halle), die in editorischen Fragen Hilfe leistete, und Frau Edith Scheel-Korth, die wichtige redaktionelle Arbeiten übernahm und das Register anfertigte.
EINLEITUNG
„Das ganze Land war eine lebende Masse von Fäulnis und abstoßendem Verfall." 1 Diese Charakterisierung des deutschen Reiches vor der Französischen Revolution traf uneingeschränkt auch auf seinen südlichen Teil zu, wo die Krähwinkelei die schlimmsten Formen angenommen hatte. In allen Lebensbereichen — ökonomisch, sozial, politisch, kulturell — war der Feudalismus zu einer unerträglichen Fessel geworden, die gesprengt werden mußte, wenn die zukunftsträchtigen Elemente nicht ersticken sollten und die ganze Gesellschaft nicht verrotten, sondern eine geschichtlich höhere Stufe erreichen wollte. In Stadt und Land nahmen die Klassenkampfaktionen der werktätigen Massen, die unter den bestehenden Zuständen am meisten zu leiden hatten, an Zahl und Härte zu. Ihren spontanen Charakter überwanden diese Kämpfe allerdings noch nicht, denn es fehlte ein zur Klasse gereiftes Bürgertum, das die Einzelaktionen zusammenfaßte und in eine organisierte antifeudale Bewegung verwandelte. Wenn auch zäh, so doch mühsam und mit allen Untugenden behaftet, die die krähwinklige Umgebung ihm aufprägte, baute das Bürgertum erst an seinen ökonomischen Grundlagen und entwickelte Keimformen kapitalistischer Produktionsverhältnisse. Das Gewitter der Französischen Revolution, das in Frankreich das feudale Gerümpel einfach hinwegfegte, erhellte wie ein zündender Blitz auch die Situation in Deutschland. Der bis dahin sich zwar stetig steigernden, aber im Grunde genommen immer noch ausweglosen Unzufriedenheit der werktätigen Massen war plötzlich durch das französische Beispiel eine Richtung gewiesen. Die feudale Reaktion — in selbstmörderischem Ubermut — potenzierte noch die Wirkung des Beispiels, indem sie sich stark genug wähnte, das revolutionäre Feuer jenseits des Rheins durch militärische Intervention ersticken und die alten Zustände wiederherstellen zu können. Nachdem der erste Versuch Preußens und Österreichs bei Valmy schmählich gescheitert war, drangen umgekehrt die Soldaten der Revolution im Gegenstoß auf Reichsgebiet vor und halfen die erste bürgerliche Republik auf deutschem Boden zwischen Landau und Bingen errichten. Der dann in Regensburg beschlossene Reichskrieg zog Süddeutschland unmittelbar in die den Weg Europas bestimmende Auseinandersetzung zwischen bürgerlichem Fortschritt und feudaler Reaktion mit hinein. Während Preußen und mit ihm der deutsche Norden sich nach dem Frieden von Basel 1795 aus dem hoffnungslosen 1
Engels, Friedrich, Deutsche Zustände, in: Marx/Engels, S. 556.
Werke, Bd 2, Berlin 1957,
2
Jakobinische Flugschriften
Kampfe in die Neutralität flüchtete, wurde Süddeutschland sogar zum Kriegsschauplatz. Unter diesen Bedingungen, die eine Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Französischen Revolution nicht nur anregten, sondern geradezu erzwangen, verschärfte sich der Klassenkampf in Süddeutschland und erhielt einen profilierteren antifeudalen Charakter. Eine solche verallgemeinernde Feststellung schließt nicht beträchtliche Unterschiede des Reifegrads im einzelnen aus; viele Aktionen beschränkten sich immer noch in ihren konkreten Zielen auf Korrekturen, die keineswegs den Feudalismus als Ganzes in Frage stellten. Dennoch darf insgesamt von der Herausbildung einer antifeudalen Bewegung gesprochen werden. Denn einmal gingen andere Aktionen in Inhalt und Methode entschieden weiter; zum zweiten entstanden in den verschiedenartigsten Gebieten Süddeutschlands revolutionärdemokratische Verbindungen mit weitreichenden Plänen. Selbstverständlich unterschieden sie sich in ihrer Zusammensetzung, Reife und Einflußmöglichkeit, aber ihr Bestreben lief in gleicher Weise darauf hinaus, die allgemeine Unzufriedenheit mit den bestehenden Zuständen in eine aktive Kraft mit dem Ziel der Beseitigung dieser Zustände zu verwandeln. Die Existenz solcher organisierenden Zentren, die ja nicht vom Himmel fielen, sondern unter dem Einfluß des französischen Beispiels aus den deutschen Verhältnissen erwuchsen, beweist am bündigsten die Verschärfung des Klassenkampfes und die Entstehung einer antifeudalen Bewegung. So große revolutionäre Potenzen dieser Bewegung auch innewohnten, so haftete ihr doch ein fundamentaler Mangel an. Auf sich allein gestellt, konnte sie wohl das feudale Gebäude erschüttern und seinen Einsturz vorbereiten, aber keine unmittelbare gründliche Umwälzung bewirken. Wenn das Bürgertum an Selbstbewußtsein auch gewonnen hatte, so war es doch noch weit davon entfernt, die Führung der Volksmassen übernehmen zu können. Was das Bürgertum als Klasse nicht zu leisten vermochte, konnte niemals durch die in den revolutionären Zentren vorhandenen Führungskräfte wettgemacht werden. Diese kleinen Gruppen — avantgardistische Elemente aus der bürgerlichen Intelligenz, die häufig im Staatsdienst tätig waren, des Kleinbürgertums und nur in geringem Maße des bourgeoisen Unternehmertums — repräsentierten ungleich weniger das Bürgertum als vielmehr das Aufbegehren der werktätigen Massen. Sie waren weitblickend genug, diese entscheidende Schwäche zu erkennen. Was sie dennoch nicht verzagen ließ, sondern sie immer wieder ermutigte, war die Tatsache, daß im internationalen Maßstab die Kräftekonstellation für den Sieg des bürgerlichen Fortschritts sehr viel günstiger aussah. Das republikanische Frankreich war von der feudalen Reaktion nicht nur nicht zu schlagen, sondern schickte sich an, ihr auf ihrem eigenen Territorium vernichtende Niederlagen beizubringen. Die französische Waffenhilfe und politisch-organisatorische Unterstützung sollten ersetzen, was dem eigenen Vermögen an Kraft zur revolutionären Führung abging. Die Mainzer Republik, die insgesamt keine besseren inneren Voraussetzungen besessen hatte, war auf diese Weise entstanden. Der Unterschied bestand nur darin, daß die Mainzer Jakobiner in einem Zeitabschnitt zum Zuge
Einleitung
3
kamen, da die Revolution in Frankreich sich noch eindeutig in ihrer aufsteigenden Phase befand. Als die süddeutschen Revolutionäre ihre systematische Propagandaarbeit begannen, hatte jedoch die Französische Revolution ihren Höhepunkt überschritten und die Bourgeoisie als neue herrschende Ausbeuterklasse die Macht übernommen. Entsprechend ihrer antidemokratischen Linie im Innern verfolgte die französische Großbourgeoisie eine Außenpolitik, die auf Eroberung, nicht aber auf Völkerbefreiung abzielte. Der Wandel setzte sich nicht schlagartig in allen Bereichen des staatlichen Machtapparates durch, so daß die süddeutschen Revolutionäre noch einige Zeit in Paris und bei verschiedenen höheren Offizieren ein Ohr für ihre Pläne fanden. Im Endeffekt jedoch waren sie bloßes Mittel zum Zweck: Sie dienten der französischen Politik, um die künftigen Rheinbundfürsten mit der Revolution zu schrecken und dadurch gefügig zumachen; war der Zweck erreicht, so wurden die Revolutionäre bedenken los fallengelassen. Die Bestrebungen der süddeutschen Revolutionäre scheiterten und mußten scheitern. Das Ergebnis kennzeichnet ihre Grenzen: Auf sich allein gestellt, waren sie zu schwach, und um den Zusammenprall zwischen bürgerlicher Revolution und feudaler Konterrevolution wie die Mainzer zu nutzen, kamen sie zu spät. Ihre historische Bedeutung jedoch reichte weiter als ihre tatsächlichen unmittelbaren Erfolge. Ihre profranzösische Haltung, die sie trotz aller Enttäuschungen nicht aufgaben, orientierte historisch richtig darauf, daß der bürgerliche Fortschritt im internationalen Maßstabe immer noch an die französischen Fahnen geheftet war. Ihr radikaler Antifeudalismus wirkte als Ferment weiter und verstärkte den Druck von unten, der zusammen mit der französischen Einwirkung von außen die süddeutschen Fürsten zu bescheidenen bürgerlichen Reformen zwang. Ihre Überwindung des kleinstaatlich-provinziellen Denkens, die sich verschiedentlich bis zur Konzipierung eines einheitlichen bürgerlichen Nationalstaates erhob, wies weit über die fürstlichen Lösungen hinaus, mit denen Rheinbund und Wiener Kongreß die deutsche Geschichte belasteten. Wenn den vorliegenden Dokumenten zusammenfassend das ehrende Attribut „jakobinisch" zuerkannt wird, so bedeutet das selbstverständlich weder eine Gleichsetzung mit dem französischen Jakobinismus, der unter einem viel ausgereifteren und kompromißloseren Antagonismus zwischen Bourgeoisie und Feudalität entstand, noch die Übernahme des von der zeitgenössischen deutschen Reaktion gebrauchten Sammelbegriffes, mit dem sie jede, auch die gemäßigste Kritik an den bestehenden Zuständen verlästerte. Das entscheidende Kriterium des Jakobinismus ist sein Demokratismus; soweit sich diese demokratische Grundhaltung in der bürgerlich-antifeudalen Bewegung manifestiert, trägt sie jakobinische Züge. Diese Definition schließt sowohl den Willen zur Demokratie als auch seine Verwandlung in die Tat ein, die in klassischer Vollendung nur die französischen Jakobiner 1793 an der Spitze der Volksmassen erreichten. In diesem allgemeinen Sinne darf die Kennzeichnung „jakobinisch" auch auf die vorgelegten Dokumente angewendet werden, denn der demokratische Grundzug ist bei aller Unterschiedlichkeit im einzelnen allen Stücken gemein. Unter den sozialen und politischen Bedingungen Süddeutschlands im gegebenen Zeitraum 2
Jakobinische Flugschriften
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Jakobinische Flugschriften
lief jede demokratische Regung, auch wenn sie sich dessen nicht bewußt war, auf eine revolutionär-demokratische Lösung hinaus. Die meisten der hier zusammengetragenen Zeugnisse sind bis zur dieser Erkenntnis vorgedrungen und vertreten sie mit jakobinischer Kühnheit. Die vorgelegten Dokumente spiegeln in ihrer Gesamtheit die oben skizzierte Entwicklung und historische Bedeutung des süddeutschen Jakobinismus wider. An den Anfang sind acht Stücke gestellt, die aus den Klassenkämpfen in. den Reichsstädten Nürnberg und Ulm erwuchsen. Die Reichsstädte waren, alles in allem, nur noch triste und sehr heruntergekommene Zeugen einer größeren Vergangenheit; das oligarchische Regiment und der Innungszwang, die räumliche Enge und zunehmende wirtschaftliche Abschnürung durch, die „kräftigeren Territorialstaaten verbauten ihnen jede Perspektive. 2 Dennoch sollte man sich hüten, die zumindest von den größeren Reichsstädten ausgehenden progressiven geistigen Impulse zu unterschätzen. Nicht nur lebten hier Drucker und Verleger, die mit Herstellung und Vertrieb verbotener Presseerzeugnisse in benachbarten Territorien gute Geschäfte machten. Die Häufung der Widersprüche zwischen Klassen und Klassenschichten auf kleinem Raum — reichsstädtische Bauern gegen die Stadtbevölkerung, Plebejer gegen die Inhaber des Bürgerrechts, Handwerksgesellen gegen ihre Meister, Meister und Gesellen gegen die Kaufleute und Unternehmer, die gesamte reichsstädtische Bevölkerung gegen die Oligarchie — machte die Reichsstädte selbst zu Unruhezentren, die Unruhe ausstrahlten, zumal wenn sie als Knotenpunkte des Handels noch eine gewisse Rolle spielten. Schließlich hatte sich in den Reichsstädten bei aller effektiven Unwirksamkeit eines bürgerlichen Mitbestimmungsrechts doch ein republikanischer Widerstandsgeist erhalten, der die Entwicklung und Verbreitung neuer Ideen begünstigte. Es war darum kein Zufall, daß Reichsstädte vielfach Ausgangsort einer aufklärerischen Publizistik waren; 3 ebensowenig verwundert es auch, daß französische Politiker, die nach bürgerlichen Stützpunkten für die Sicherung des französischen Einflusses auf Süddeutschland suchten, immer wieder Hoffnungen auf die Reichsstädte setzten.4 Die vier Dokumente Nürnberger Herkunft spiegeln ausschließlich die komplizierte Klassenkampf Situation in der Stadt selbst wider. Der „Psalm" (Nr. 1) wurde Ende Juli 1794 in mehreren Exemplaren an verschiedenen Stellen, darunter am Schönen Brunnen angebracht, gefunden. E r entstammt einem Kreis, der wohl das Bürgerrecht besaß, aber dennoch von jeder Mitbestimmung ausgeschlossen blieb. Der oligarchische Magistrat, ungeachtet aller gegen ihn angestrengten Prozesse, herrschte unumschränkt und sorgte dafür, daß der gesamte Verwaltungsapparat, einschließlich des Untersuchungskollegiums und der Genannten — dieser 2 3
4
Vgl. Scheel, Heinrich, a. a. O., S. 58 ff. Krauss, Werner, Über die Konstellation der deutschen Aufklärung, in: zur deutschen und französischen Aufklärung, Berlin 1963, S. 362 ff. Vgl. Scheel, Heinrich, a. a. O., S. 80, 24of., 468.
Studien
Einleitung
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angeblichen Bürgerschaftsvertretung —, mit seinen Kreaturen besetzt wurde. Der „ P s a l m " gipfelt in der Forderung an den Magistrat, den R a t der Genannten durch die Bürgerschaft selbst wählen zu lassen, damit durch eine echte Bürgervertretung der oligarchisehen Mißwirtschaft ein Ende bereitet würde. Diese Forderung ist jedoch mit einer Drohung verbunden, die sehr viel radikalere Ziele setzt, nämlich den gewaltsamen Sturz der bisherigen und die Errichtung einer neuen Ordnung nach französischem und polnischem Vorbild; sogar die mögliche Ausdehnung auf den ganzen fränkischen Kreis ist angedeutet. Allerdings sind solche Worte plebejischen Elementen in den Mund gelegt und vom übrigen T e x t klar abgegrenzt. W a s davon dennoch auf die gesamte Flugschrift übergeht, ist die spürbare Drohung der Bürger, sich notfalls mit den Plebejern gegen die Oligarchie zu verbünden. Die Nachschriften (Nr. l a und ib), die einzelnen Exemplaren des „ P s a l m s " beigefügt waren, bestätigen, daß die plebejischen Kreise sich durch die Schrift unmittelbar angesprochen fühlten; sie bekräftigen ihre Bereitschaft zu radikalem Vorgehen. Die „ B e k a n n t m a c h u n g " (Nr. 2), die im September 1794 in Nürnberg zirkulierte und auch am Rathaus angeheftet war, bringt einen noch sehr ziellosen plebejischen Radikalismus zum Ausdruck und gibt vor, für Stadt und Land zu sprechen. Sie ruft auf, bei gegebenem Zeichen sich zu erheben und allen Peinigern den Garaus zu machen. Dazu werden jedoch nicht etwa nur die Großen gezählt, sondern auch sämtliche Beamten bis zu den Schreibern hinab; ja sogar die Bäcker, Brauer, Fleischer unter den Handwerksmeistern ebenso wie die Fragner und Kornjuden sind einbegriffen. Dieser Radikalismus war elementar, ungestaltet und führungslos; das findet selbst im A u f b a u der Flugschrift seinen Ausdruck. Die „ A u f f o r d e r u n g " (Nr. 3) vom Dezember 1794 richtet sich eindeutig gegen den Magistrat und seine leitenden Beamten, die des Diebstahls an öffentlichen Geldern bezichtigt werden. Der Titel, die bis auf den Kreuzer präzisen Angäben über die oligarchische Mißwirtschaft und auch die Warnung vor unkontrollierbarer Schwärmerei deuten darauf hin, daß hier ein gut unterrichteter Bürger zü Bürgern sprach. In auffallendem Gegensatz zur Akribie der Anklage steht die ganz allgemein gehaltene Aufforderung, den Despotismus mit Waffengewalt zu stürzen. Der Radikalismus in der Wahl des Mittels kennzeichnet die Schrift noch nicht als plebejisch, drückt aber gewiß eine Verschärfung der bürgerlichen Opposition aus. Der in der ersten Aprilhälfte 1795 als Flugblatt verbreitete Stich (Nr. 4) ist eindeutig plebejischen Ursprungs. E r hält ein Ereignis fest, das erst wenige Tage alt war, und propagiert eine radikale Selbsthilfe. Die Bäckermeister hatten beschlossen, diesmal entgegen dem Brauch die Ostereierkuchen nicht unentgeltlich zu backen, da größeres, auswärts hergestelltes Brot zum Kauf angeboten und somit ihr Zunftprivileg verletzt worden war. Diese Weigerung wurde Anlaß zu heftigen Tumulten. A m 1. April stürmte die Menge die Bäckerherberge und jagte die Meister auseinander; am 2. April zog sie vor die Häuser der 29 Bäcker, die von der Verweigerung der Osterkuchen noch nicht abgelassen hatten, und richtete mit Steinwürfen und Beilen Zerstörungen an. Diese Aktion ist im Stich 2*
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festgehalten. Das Ergebnis ging über das unmittelbare Ziel hinaus, die Bäcker zur Lieferung der Kuchen zu zwingen: Die Brauer, die während der Unruhen wie die Fleischer ebenfalls mit Drohungen bedacht worden waren, beeilten sich, den Bierpreis zu senken, und die Plebejer durften es sich erlauben, Lebensmittel wagenweise ohne die üblichen Einfuhrgebühren in die Stadt zu bringen und entsprechend billiger zu verkaufen. 5 Hier wurde zum Teil das realisiert, was die „Bekanntmachung" (Nr. 2) angekündigt hatte: die direkte Aktion gegen die zwar unmittelbaren, aber auch schwächsten und unwesentlichsten Gegner, die Zunftmeister. Eine solche Stoßrichtung war ganz und gar nicht geeignet, alle Kräfte gegen das Grundübel, das feudal-oligarchische Regiment, zusammenzufassen. Im Gegenteil, der Magistrat brauchte nicht sofort mit aller Energie einzuschreiten; er konnte sich gleichsam über die Parteien stellen und zuschauen, wie sich seine potentiellen Gegner untereinander bekämpften. Denn keine der beiden Seiten bewegte sich im Prinzip außerhalb der gegebenen Ordnung; die eine berief sich auf Privilegien, die andere auf herkömmliche Gepflogenheiten. In diesem Sinne ist auch der Text mit dem Hinweis auf das Buch der Richter, Kap. 10, V. 13—15, unter der bildlichen Darstellung abgefaßt, und nur unter diesen Bedingungen durfte es I. W. Hessel wagen, sich als Entwerfer und Stecher des Bildes zu nennen. Selbstverständlich stellten die Unruhen letztlich auch für den Magistrat eine ernste Gefahr dar, der begegnet werden mußte. Dazu bot sich das besitzende Bürgertum an, das im Auftrage der Obrigkeit und zum Schutze des Eigentums seine Bürgerkompanie bis in die zweite Junihälfte hinein Tag und Nacht durch die Straßen der Stadt patrouillieren ließ. Im Vergleich zu den Nürnberger Zeugnissen erscheinen die folgenden vier Dokumente aus Ulm einheitlicher. In der Tat war es der Ulmer Oligarchie nicht möglich, die Gegensätze unter den von ihr beherrschten Schichten in dem Maße wie in Nürnberg gegeneinander auszuspielen. Die Ursache lag jedoch nicht darin, daß die gesellschaftlichen Verhältnisse im Ulmer Gebiet etwa entwickelter gewesen wären. Das Gegenteil ist richtig; Ulm war ökonomisch rückständiger, und dementsprechend war auch die Klassendifferenzierung weniger weit vorangetrieben. Während in Nürnberg die größere Differenzierung den Gegensatz zwischen Bürgertum und plebejischen Schichten schon sehr deutlich werden ließ, aber auf der anderen Seite nicht ausreichte, um eine selbstbewußte Bourgeoisie hervorzubringen, die alle antifeudalen Kräfte unter ihr Kommando stellte, hatte die bürgerliche Opposition in Ulm zwar auf Grund der mangelhaften Differenzierung den Vorteil der größeren Einheitlichkeit, aber verbunden war damit eine Mäßigung in ihren Zielen. Es ging der Opposition um eine wirkungsvolle, auch progressive Mitregierung; und dieser spezifisch reichsstädtisch-ulmische Aspekt ließ weitergehenden Vorstellungen zunächst nur wenig Raum. 0 Die „Freimütigen Gedanken" (Nr. 5) des Säcklermeisters Kaspar Feßlen vom August 1794 deuten auf Stärke und Grenzen der bürgerlichen Opposition schon 5 6
Vgl. ebenda, S. 6 8 f . Vgl. ebenda, S. 7 1 ff.
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im Titel hin. Die Formulierung des Erscheinungsdatums der Schrift — „im J a h r des ulmischen Kanonen-Arrest" — verwies nachdrücklich auf ein Ereignis der jüngsten Vergangenheit, bei dem Kraft, und Entschlossenheit der Ulmer Bevölkerung über den Willen des Magistrats triumphiert hatten. Am 9. August hatten Ulmer Bürger den Abtransport von fünf Kanonen, der vom Magistrat auf Anforderung des schwäbischen Kreises für den Reichskrieg angeordnet worden war, ohne allen Lärm, aber mit um so größerer Entschiedenheit verhindert und die Stücke eigenhändig ins Zeughaus zurückgeführt. Sämtliche 21 Zunftvorgesetzte erklärten sich solidarisch, und alle Versuche des Magistrats, die Front zu spalten, scheiterten daran, daß jeder Vorgeladene, von großen Volkshaufen schützend begleitet, die Kollektivität der Verantwortung vertrat. Unter dem Eindruck dieses Erfolges verfaßte Feßlen seine Schrift, die dann mit maßgeblicher Hilfe des Webermeisters Seitzer schnell verbreitet wurde. Feßlen rief nicht zum Umsturz der bestehenden Verfassung auf, sondern sprach schon im Titel von einer bloßen Staatsverbesserung. Sie sollte zunächst in der Wahl einer Bürgerschaftsvertretung mit einem Syndikus an der Spitze bestehen. Die Forderung begründete er sowohl mit dem Hinweis auf die Menschenrechte, die jedem gleiches Recht zusprechen, als auch mit der Berufung, auf bestehendes ulmisches und reichsstädtisches Recht überhaupt. Die darin liegende Inkonsequenz wirkte sich notwendig auf die konkreten Schritte aus, die Feßlen zu unternehmen anriet: Einerseits sollte der „hochlöbliche Magistrat" um Gewährung der Deputation gebeten und sollten die Honoratioren zur Mitarbeit gewonnen werden; andererseits wurden unterschiedslos und ohne besondere Berücksichtigung der herkömmlichen Formen alle „redlichen Mitbürger" für den 28. August auf die Bürgerstube bestellt, um „die nützlichste Entschließung zum Wohl des Vaterlandes" zu fassen. Das folgende Flugblatt (Nr. 6), ein Kupferstich, der Anfang 1795 in Hunderten von Exemplaren verbreitet wurde und noch drei Menschenalter später in manchen Bürgerhäusern als Wandschmuck anzutreffen war, 7 zeigt Kaspar Feßlen als Gefangenen. Aus den von ihm an die Wand geschriebenen Worten geht hervor, daß er die Zeit vom 19. Dezember 1794 bis zum 30. Januar 1795 im Kerker verbracht hat. Dem Magistrat war es also doch noch gelungen, die Front seiner Gegner aufzüweichen. Die Kaufmannsgilde hatte aus Furcht für ihr Eigentum verhindert, daß die von Feßlen vorgeschlagene allgemeine Versammlung am 28. August 1794 zustande kam. Zwei Tage zuvor schon war sie zusammengetreten, hatte einen Ausschuß gewählt und tags darauf die Masse der übrigen Zünfte gewonnen, ebenso zu verfahren, so daß im Rahmen der Zunftordnung am Ende durch Vereinigung der gewählten Ausschüsse eine 52 köpfige Bürgerschaftsvertretung gebildet werden konnte. Dieser Repräsentation gehörte auch Feßlen an. Sie bewegte sich jedoch noch mehr, als er gewollt, in herkömmlichen Bahnen und konnte darum auch vom Magistrat in herkömmlicher Weise belogen und 7
Schultes, D. A., Chronik von U l m von den Zeiten Karls des Großen bis auf die Gegenwart (1880), Ulm 1 8 8 1 , S. 3 5 8 .
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betrogen werden. Zwar stimmte er zunächst, um den Druck abzufangen, der Wahl zu, bemühte sich aber gleichzeitig um ein kaiserliches Urteil, das ihm die Aufhebung der Repräsentation gestattete. Dieses Patent, am 20. November in Wien ausgefertigt und vom Magistrat am 12. Dezember mitgeteilt, verfügte die strenge Untersuchung der Kanonenangelegenheit, die Kassierung der Bürgervertretung und Feßlens Bestrafung mit sechs Wochen Gefängnis. Feßlen wurde in den Kerker geworfen, aber die unterschiedslose Verfolgung führte die oppositionellen Kräfte wieder eng zusammen: Massendemonstrationen vor dem Rathaus und den Wohnungen der Magistratspersonen verhinderten die Untersuchung der Kanonenangelegenheit; die Bürgerschaft strengte einen Prozeß gegen den Magistrat an; Feßlen gab nach verbüßter Strafe den genannten Kupferstich als Flugschrift heraus. Die triptychonartig aufgebaute Darstellung zeigt im Mittelstück Feßlen rauchend in der Zelle; auf der Bank vor dem Fenster liegt aufgeschlagen die Schrift von A. F. I. Knüppel, Bildung — Erziehung — Volkswohlsein — Patriotismus, Berlin 1783. Aus ihr sind auf den beiden Außentafeln Auszüge mitgeteilt, die einmal den Patriotismus preisen und zum anderen die Freiheit, Unabhängigkeit und Gleichheit der Menschen behaupten. Die darüber gesetzten graphischen Darstellungen zeigen dagegen eine Ordnung der Dinge, die diesen Wahrheiten gründlich widerspricht: Auf der rechten Seite eine Waage, die zwar den Handwerker und Patrizier im Gleichgewicht hält, aber nur im Angesicht des Todes; auf der linken Tafel eine zweite Waage, deren eine Schale, mit einem Geldsack und einem sich spreizenden Pfau belastet, die andere mit dem Licht der Vernunft und der friedlichen Taube nach oben schnellt. Das fünfzehnstrophige Gedicht „An Ulms Bürger" (Nr. 7) vom Frühjahr 1798 ist Ausdruck einer entschiedenen Zuspitzung der Situation. Inzwischen war einiges geschehen.8 Nachdem 1796 die Franzosen in Ulm erschienen waren, hatte der Magistrat schleunigst der 1794 gewählten Repräsentation zugestimmt, um allerdings nach dem französischen Rückzug seine Zugeständnisse sofort zu widerrufen. Der massive Widerstand auf allen Ebenen gegen diese und andere Praktiken der Obrigkeit führte dann schließlich doch Mitte 1797 zur kaiserlichen Anerkennung des Bürgerausschusses, was natürlich an der Politik des Magistrats nichts Wesentliches änderte. Eine neue Situation entstand mit dem Rastatter Friedenskongreß, der endlich im Jahre 1798 seine Verhandlungen begonnen hatte; wenn er Ergebnisse brachte, so mußten sie einschneidende Veränderungen in den innerdeutschen Verhältnissen zur Folge haben. Der Verfasser des Gedichts sprach in der letzten Strophe den Kongreß unmittelbar an, und zweifellos hatte er dabei in erster Linie nicht die deutschen Vertreter im Auge, sondern vielmehr die französischen Bevollmächtigten. Denn um sie drängten sich Geladene und Ungeladene, und auch reichsstädtische Obrigkeiten versäumten nicht, sich als angeblich republikanische Institutionen bei ihnen einzuschmeicheln. Es ging dem Verfasser nicht mehr um eine Bürgerschaftsvertretung; sie existierte und hatte sich nirgends durchsetzen können. Wenn die Reichsstadt eine Republik sein
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V g l . Scheel,
Heinrich,
a. a. O., S. 2 o 6 f . , 365.
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sollte, dann mußte an die Stelle der überkommenen Konstitution eine neue treten, die den Bürgern echte demokratische Rechte sicherte, vor allem die Wahl statt Selbstersetzung der Obrigkeit. Obwohl, er dieses Wahlrecht durch die Zünfte wahrgenommen wissen wollte, trat der Verfasser als Ankläger auch im Namen der Bauern auf. Nicht sehr ernst ist seine obligate Anrufung des Kaisers als Oberherrn zu nehmen, denn erstens hatte das noch nie viel geholfen, und zweitens fielen die Würfel nicht in Wien, sondern in Rastatt. Die „Aufforderung und Belehrung" (Nr. 8) ist gewiß ulmischen Ursprungs, wenn auch auf dem Titelblatt Mainz als Druckort genannt ist. Diese Angabe sollte den Drucker verbergen und mochte darüber hinaus eine gewisse programmatische Bedeutung haben, denn Mainz befand sich seit Jahresende in französischen Händen. Ein Bericht vom Sommer 1798 bezeugt, daß die Schrift in den schwäbischen Reichsstädten, in Ulm aber besonders, verbreitet war. Die helvetische Revolution vom Frühjahr 1798, die die Schweizer Städte von ihren Oligarchien befreit hatte, und die in den Rastatter Verhandlungen sich abzeichnenden möglichen Veränderungen in Deutschland ermutigten die demokratischen Kräfte der Reichsstädte zu entschlossenerem Vorgehen. Ulm nahm dabei innerhalb des schwäbischen Kreises eine zentrale Stellung ein.9 Ohne Wissen des Magistrats hatte ein engerer Ausschuß der Bürgervertretung einen Abgesandten nach Rastatt und Paris geschickt, der auch mit der Schweiz Verbindungen anknüpfte und sich selbst als Repräsentant Ulms und anderer Reichsstädte bezeichnete. In Rastatt sondierte er die Möglichkeit eines Anschlusses an Württemberg, dessen bürgerliche Ständevertretung eine solche Lösung einigermaßen annehmbar zu machen schien; bei der französischen Gesandtschaft erbat er Hilfe gegen die einheimische Oligarchie, und in Paris entwickelte er den Plan einer schwäbischen Republik, bestehend aus den Reichsstädten mit Ulm als Mittelpunkt und erweitert um die Gebiete des reichsunmittelbaren Adels. Der Bürgerausschuß selbst ging inzwischen daran, den Entwurf einer neuen Verfassung auszuarbeiten, die modifiziert Montesquieus Teilung der Gewalten mit Rousseaus volonté générale verband: Dem inneren Rat sollte die Exekutive, dem äußeren Rat — allerdings in Verbindung mit dem inneren Rat — die Legislative übertragen sein; beide Räte waren von der gesamten Bürgerschaft zu wählen, zu der auch die Landbevölkerung zählte, die von der Leibeigenschaft zu befreien war. Die Wahlfähigkeit hing nicht mehr von der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand oder einer Zunft ab, sondern sollte an einen Zensus gebunden sein. Die ausgeprägte demokratische Tendenz äußerte sich am handgreiflichsten in der Bestimmung, daß alle Gesetze erst nach ihrer Sanktionierung durch die Bürgerschaft Gesetzeskraft erhalten sollten. In diese knapp skizzierten Ereignisse und Entwicklungen fügt sich die Flugschrift genau ein: Unter Berufung auf eine bessere Vergangenheit und auch auf die Französische Revolution verlangt sie die Ausarbeitung einer demokratischen Verfassung, die von der Gesamtheit der Bürger aller schwäbischen Reichsstädte getragen und verfochten »Vgl. ebenda, S. 415ff.
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werden soll. Es verdient Beachtung, daß die Flugschrift sich als ein Nachtrag zu derselben Abhandlung über die Grundsätze der Finanzadministration und des Rechnungswesens in Reichsstädten betrachtet wissen will, auf die sich vier Jahre zuvor als Vertreter des linken Flügels Feßlen in seinen „Freimütigen Gedanken" (Nr. 5) gestützt hatte. Der fränkische Kreis, gehörte zu den zersplittertsten im Reiche. In diesem Wirrwarr weltlicher Fürstentümer, Grafschaften, Herrschaften, geistlicher Territorien und ritterschaftlicher Besitzungen waren dem ökonomischen Fortschritt tausend Fußangeln gelegt, und die Bedingungen für einen wirkungsvollen Klassenkampf waren dementsprechend ungünstig. Es fehlte gewiß nicht an Unzufriedenheit und auch nicht an aktivem Aufbegehren in Stadt und Land, aber bei dem völligen Mangel an Zusammenhalt der oppositionellen Kräfte war es den Herrschenden Reicht, sie immer wieder in die Schranken der bestehenden Ordnung zu verweisen. Die fränkischen Verhältnisse charakterisiert die Tatsache, daß hier in den Köpfen einiger gebildeter und einflußreicher Politiker bürgerlicher und adliger Provenienz, beeinflußt durch die Ideen der Aufklärung und beeindruckt durch die französischen Siege, der Gedanke einer Adelsrepublik entstehen konnte, in der zwar die Untertanen humaner behandelt, die feudalen Strukturprinzipien aber beibehalten werden sollten.10 Ein solches Projekt kennzeichnet mittelbar die Unreife der gesellschaftlichen Kräfte, die zur Errichtung einer neuen Ordnung der Dinge berufen waren. Der Hauptstützpunkt des bürgerlichen Fortschritts im Fränkischen war Nürnberg; die besonderen reichsstädtischen Interessen absorbierten zwar einen guten Teil der Energie, aber die Stadt als Sitz des Kreistages war mit den fränkischen Angelegenheiten zu sehr verflochten, um in diesem größeren Bereich gänzlich untätig sein zu können. Die bereits im Nürnberger „Psalm" (Nr. 1) ausgesprochene Drohung, notfalls dem reaktionären Druck von außen mit einer revolutionären Offensive zu begegnen, war nicht ins Blaue geredet, sondern wurde in Ansätzen effektiv praktiziert. Nürnberg war ein Hauptort für Druck und Verbreitung von Flugschriften, die den antifeudalen Regungen in Franken und sogar darüber hinaus Ausdruck und Richtung gaben. Neben Nürnberg waren es im wesentlichen nur noch die kleinen- fränkischen Universitätsstädte, die durch die Häufung von bürgerlicher Intelligenz einige Voraussetzungen besaßen, um Führungsgruppen für den Kampf gegen die bestehende Ordnung herauszubilden. Die vier Flugschriften, die als Zeugnisse für eine jakobinische Tätigkeit auch im Fränkischen vorgelegt werden können, bestätigen die getroffenen Feststellungen: Sie weisen keinen Zusammenhang untereinander auf; die ersten drei wurden von Nürnberg aus verbreitet, die vierte kursierte unter Würzburger Studenten. Das „Republikanische Gebet" (Nr. 9) geriet dem Nürnberger Polizeiamtmann am 4. Juni 1794 in die Hände. Durch Spitzelberichte und Vernehmungen wurde lediglich ermittelt, daß der Nürnberger Buchbinder Heinrich Daucher 32 Exem10
Vgl. ebenda, S. 22gff.
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plare zu zwei Kreuzern das Stück von einem angeblich Unbekannten erhalten, 20 davon unter seinen Freunden verteilt und die anderen 12 an zwei bei der Obrigkeit nicht gut beleumdete Kolporteure zum Vertrieb gegeben hatte. Als Druckort wurde Nürnberg angenommen, aber der Polizeiamtmann hielt es für möglich, daß die Schrift ihren intellektuellen Ursprung außerhalb der Stadt hätte. 1 1 Sie war so allgemein und ohne jeden Bezug auf Nürnberger Verhältnisse gehalten, daß ihrer Verbreitung vom Inhalt her keine Grenzen gesetzt waren, ja daß sie sogar über Franken hinaus die Revolutionsfreunde im ganzen Reich ansprechen konnte. Das „Gebet" identifiziert sich bis in Sprachwendungen hinein mit dem jakobinischen Frankreich und fleht das höchste Wesen um Unterstützung des Brudervolkes an; was sonst im Hinblick auf andere Völker über den Anbruch des neuen Zeitalters gesagt ist, beschränkt sich auf Prophetien und Wünsche. In dieser Verschwommenheit spiegelt sich eine Unreife, die den gesellschaftlichen Verhältnissen insbesondere Frankens entsprach. Sehr viel konkreter ist dagegen der „Wiederholte Aufruf" (Nr. 10), allerdings auch enger in der Zielsetzung. 12 Seine Verbreitung ist für die erste Hälfte des August 1794 bezeugt. Wie schon Zeitgenossen vermuteten, war er sicher in Nürnberg gedruckt, aber wahrscheinlich im Ansbachischen entstanden, da die angeführten Beispiele fürstlicher Grausamkeit genau auf den Markgrafen Karl Wilhelm von Ansbach zielten, der wirklich Untertanen wegen nichtiger Versäumnisse eigenhändig niedergeschossen und andere Unmenschlichkeiten begangen hatte. Unmittelbarer Anlaß für die Entstehung des „Aufrufs" waren die mehr oder minder krampfhaften Anstrengungen in verschiedenen fränkischen Territorien, dem kaiserlichen Kommissionsdekret vom 20. Januar und dem daraufhin beschlossenen Reichsgutachten vom 5. Mai 1794 entsprechend mit anderen Reichskreisen ein allgemeines Aufgebot gegen Frankreich zustande zu bringen. Die Flugschrift ruft die Volksmassen auf, den fürstlichen Befehlen den Gehorsam zu verweigern, sich nicht aufbieten zu lassen, vielmehr die Fürsten zum Frieden mit Frankreich zu zwingen. Aus der theoretischen Begründung, die der „ A u f r u f " für dieses unmittelbare Ziel gibt, ließen sich allerdings noch viel weitergehende Schlußfolgerungen ziehen: Der Krieg wird eindeutig als ein ungerechter Krieg fürstlicher Despoten gekennzeichnet, die die unbesiegbare französische Freiheit zertreten möchten, weil sie die deutschen Völker ermutigen könnte, die eigenen Sklavenketten ebenfalls zu sprengen. Aus dieser klaren Einsicht in den Charakter des Krieges, in die allgemeine Bedeutung der Französischen Revolution und in die Überlebtheit der eigenen gesellschaftlichen Zustände ergäbe sich folgerichtig die Aufforderung, sich im Bündnis mit den Franzosen gegen die Fürstenherrschaft zu erheben. Diese Konsequenz ist tatsächlich in der Flugschrift gezogen, aber nur in Gestalt einer Frage, die keine Aufforderung, sondern eine bloße Drohung ist. Die Drohung mit dem Aufstand wird als Mittel gebraucht, die Fürsten zum Frieden mit Frankreich zu zwingen.
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V g l . ebenda, S. 114.
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V g l . e b e n d a , S. 1 1 4 f f .
Jakobinische F l u g s c h r i f t e n
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Dieser bemerkenswerte Widerspruch zwischen der Höhe der theoretischen Erkenntnis —dazu gehörten auch die Uberwindung territorialstaatlicjier Enge und die Einbeziehung der Gesamtheit der Deutschen — und der Orientierung auf ein zwar bedeutsames, aber doch beschränktes Nahziel, das die Grundfragen nicht löste, verrät zweierlei: das Fehlen wesentlicher Voraussetzungen für eine revolutionäre Erhebung einerseits und die Existenz eines hervorragenden politischen Realismus bei bürgerlichen Revolutionären in Franken andererseits, die auf der gegebenen Basis erreichbare Ziele zu formulieren verstanden. Nicht auf der gleichen theoretischen- Höhe steht die anonyme „Antwort auf das Schreiben eines Wirtembergers" (Nr. 11) aus dem Jahre 1795, die wie der „Aufruf" das allgemeine Aufgebot gegen die Franzosen als verderblich und verbrecherisch bekämpfte. 13 Verfasser war Georg Wilhelm Maier, Vikar in den nürnbergischen Dörfern Tennenlohe und Eltersdorf, seit Mitte 1795 Pfarrer im gleichfalls .nürnbergischen Igensdorf. Durch den frühen Tod seines Vaters, eines Webermeisters, völlig verarmt, hatte er erst spät und unter größten Entbehrungen 1782 ein. Universitätsstudium in Altdorf möglich machen können. Nach einer Reise durch Schwaben, Franken und Bayern 1786, die seinen Blick weitete, übernahm er im Nürnbergischen verschiedene geistliche Ämter und betätigte sich nebenher als Publizist und Verfasser vieler Gelegenheitsgedichte. Den Anlaß zu der vorliegenden Schrift gab das anonym erschienene „Schreiben eines Wirtembergers an seine Mitbürger aus Veranlassung des Landaufgebots", das der Stuttgarter Gymnasialprofessor Ludwig Alexander LaMotte verfaßt hatte. Wenn Maier als Nürnberger sich württembergischen Angelegenheiten zuwandte, so zeugt dieser Tatbestand einmal für Nürnbergs Bedeutung als eines Zentrums der antifeudalen Opposition sogar über den fränkischen Kreis hinaus; zum anderen hing von dem Ergebnis der württembergischen Volksbewaffnung, der zahlenmäßig die größten Ziele gesteckt waren, das Schicksal des gesamten Experimentes ab: Ein Mißeffolg hier lähmte die Bemühungen im übrigen Schwaben und wirkte sich auch negativ auf die rückwärtigen Reichskreise wie Bayern und Franken aus. In Württemberg hatte ein herzogliches Reskript vom 10. Februar 1794 mit einigen Ausnahmen die Erfassung aller wehrfähigen Männer zwischen 17 und 50 Jahren angeordnet; aus der Gesamtzahl der Aufgebotenen, die mit 67000 Mann veranschlagt war, sollten 14000 Mann herausgezogen und zu einer straffer organisierten Miliz zusammengefaßt werden.14 Die württembergische Ständevertretung widersprach nicht, aber verfolgte dabei ein dem Sinn des Aufgebotes durchaus entgegengesetztes Ziel; sie drängte auf Beendigung des Krieges, wollte die Miliz keineswegs gegen die Franzosen führen lassen und dachte 13
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Die konterrevolutionäre „ E u d ä m o n i a " , die gleich in ihrer ersten Nummer den „ A u f r u f " abgedruckt und feindselig kommentiert hatte, bezeichnete in ihrem fünften Stück die „ A n t w o r t " als „ganz im T o n " des ersten gehalten und widmete der Auseinandersetzung mit ihr zwanzig Seiten; Eudämonia, ein Journal für Freunde von Wahrheit und Recht, B d 1, Leipzig 1 7 9 5 , S. 1—42, 3 9 5 Anm., S. 3 9 1 - 4 1 0 . Vgl. Scheel, Heinrich,
a. a. O., S. 1 2 7 ff.
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vielmehr daran, diese bewaffnete Macht zur Stärkung ihrer Position gegenüber dem Herzog zu benutzen. Solche Absichten trugen ein übriges dazu bei, den Widerstand der Bevölkerung gegen den Krieg zu erhöhen und das herzogliche Reskript unwirksam zu machen. Von der Aushebung der 67000 Mann war schon bald keinfe Rede mehr, und auch die Formierung der zahlenmäßig beträchtlich geringeren Miliz stieß allerorts auf solche Gegenwehr und Schwierigkeiten, daß der erstrebte Zweck nicht erreicht werden konnte. Um diesen Erscheinungen zu begegnen, veröffentlichte LaMotte sein „Schreiben", dem Maier mit der vorliegenden Flugschrift entgegentrat. Maier zerpflückte alle Argumente, die jener für das Aufgebot zusammengetragen hatte. Dabei verführte ihn die oppositionelle Haltung der Ständevertretung in dieser Frage zu einer, ungerechtfertigten Hochschätzung der ständischen Verfassung Württembergs überhaupt. Sie schien sich wohltuend von denen anderer Staaten zu unterscheiden und in mancher Hinsicht schon den großen Idealen des Vernunftzeitalters zu entsprechen. Eine solche Vorstellung verband sich beim Verfasser ohne jede Friktion mit der bedingungslosen Anerkennung der Französischen Revolution und all ihren Erscheinungen, auch der Absetzung des Königs und sogar des Terrors, der als eine Folge der konterrevolutionären Bedrohung begriffen wurde. Er betrachtete die französischen Krieger trotz mancher Exzesse nach wie vor als Verfechter der Freiheit und der Menschenrechte; sie bekämpften — so meinte er — ausschließlich Fürsten und Adel, die einen ungerechten Krieg vom Zaune gebrochen hatten und nur zu gern das Volk darein verwickelten. Die Veränderungen, die der Verfasser auch in Württemberg für möglich und nützlich hielt, waren nicht grundstürzend und bezogen sich auf das herzogliche Regiment allein. Die Beseitigung des fürstlichen Despotismus, eine wahrscheinliche Folge des Eintreffens der Franzosen, würde die wesentliche Ursache aller Verfälschungen und Verzerrungen der württembergischen Grundgesetze aufheben. Die republikanische Gesinnung des Verfassers blieb also merkwürdig passiv. Sie gipfelte nicht in der Aufforderung, eine Republik zu errichten oder auch nur die republikanischen Franzosen aktiv zu unterstützen, sondern beschränkte sich darauf, das von der monarchischen Spitze betriebene Massenaufgebot gegen Frankreich zu vereiteln. Das war lediglich eine indirekte Hilfe. Der Verfasser hatte vor revolutionären Aktionen eine eindeutige Scheu, die zweifellos und nicht zuletzt durch die illusionäre Vorstellung genährt wurde, daß die ständische Vertretung bereits das Fundament einer republikanischen Ordnung darstellte, so daß auf radikale Maßnahmen verzichtet werden konnte. Die Flugschrift „An die teutschen Jünglinge" (Nr. 12) kursierte handschriftlich in studentischen Kreisen der Universität Würzburg; die Absicht des Medizinstudenten Alois Popp, sie zum Druck zu geben, scheiterte mit seiner Verhaftung am 9. April 1795. Popp hatte Mitte 1794 nach dem Vorbild des Illuminatenordens und ähnlicher geheimer Verbindungen einen Menschheitsbund mit aufklärerischen Zielen gestiftet, der sich aus der studentischen Intelligenz rekrutierte. 15 15
Vgl. ebenda, S. 94 f., 1 5 3 ff.
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Anfang 1795 erhielt Popp über den in Wetzlar tätigen Hofmeister Damm Kontakt mit einer anderen geheimen Vereinigung, die ihr Zentrum wahrscheinlich in Gießen hatte und entschieden revolutionäre Ziele verfolgte; Damm hatte schon 1793 im Speyerischen an den Munizipalisierungen der Mainzer Jakobiner aktiven Anteil genommen .Unter diesem Einfluß veränderte sich der Charakter des Pöppschen Bundes in der gleichen Richtung. Anfang März 1795 erhielt Popp von Damm den Aufruf „An die teutschen Jünglinge" übersandt und übernahm es, ihn in geeigneter Weise zu verbreiten. Die Schrift ist kompromißlos radikal und setzt als Ziel die einheitliche bürgerliche deutsche Republik. Erkämpft soll sie werden von der deutschen Jugend, die von den Universitäten, aus Städten und Dörfern ins Linksrheinische eilt, um sich dort zu bewaffnen und im Bunde mit den französischen Armeen die Tyrannei der Fürsten in Deutschland zu beenden. Wenn man die jugendlich revolutionäre Schwärmerei abzieht, die kein Organ für die nüchterne Analyse der gegebenen Bedingungen und Kräfte besaß, blieb von dem Unternehmen als re«; lisierbarer Kern der Plan übrig, begeisterte Revolutionsfreunde unter den Studenten für eine deutsche Legion ähnlich der polnischen zu gewinnen. Die Wahl von Mainz als Sammelplatz spricht dafür, daß die Verbindungen nach Frankreich zu Mainzer Jakobinern gingen, die mit baldiger Rückeroberung der Stadt und der Wiederaufnahme ihrer revolutionären Tätigkeit auf deutschem Boden rechneten. Die territorialen Verhältnisse am Oberrhein waren kaum weniger unübersichtlich als im Fränkischen. Allerdings hatte das Eindringen vor allem Schweizer Kapitals die ökonomische Entwicklung mancherorts vorangebracht, und der Differenzierungsprozeß der Bauernschaft machte allgemein beträchtliche Fortschritte. Der wesentliche Vorteil jedoch, den die revolutionären Kräfte am Oberrhein gegenüber denen in den anderen Teilen Deutschlands hatten, bestand in der unmittelbaren räumlichen Nähe des großen weltgeschichtlichen Beispiels, das hier schon' 1789 zu Sturmpetitionen und regelrechten Aufständen angereizt hatte. Der Rhein trennte weniger, als daß er verband. Seit alters her bestanden zwischen den Bewohnern beider Ufer innige wirtschaftliche und verwandtschaftliche Beziehungen. Straßburg wurde in der jakobinischen Zeit ein Zentrum deutschsprachiger revolutionärer Journalistik. Von Basel aus steuerte der französische Gesandtschaftssekretär Theobald Bacher einen sehr ausgedehnten und wirkungsvollen Propaganda- und Nachrichtendienst. Unter solchen Umständen nahmen notwendig alle Versuche deutscher Revolutionäre, in dem verwinkelten deutschen Südwesten einen sozialen Umsturz einzuleiten, ihren Ausgang vom linken Rheinufer. Hier waren die Revolutionäre sicher oder doch geschützter vor jedem Zugriff rechtsrheinischer Behörden ; hier boten sich die günstigsten Möglichkeiten für eine Abstimmung und Verbindung ihrer Pläne mit den Interessen der Republik. Das erste der aus diesem Bereich vorgelegten Dokumente ist eine Flugschrift mit dem Titel „Erklär- und Erläuterungen der Rechte und Pflichten des Menschen" (Nr. 13), die ohne Druckort und Jahresangabe möglicherweise schon 1792 verfaßt und veröffentlicht, nachweislich aber im September/Oktober 1794 vorzüglich im
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St. Blasischen verbreitet wurde. Verfasser war der Weltpriester Joseph Rendler, in den 80er Jahren ein militanter Verfechter josefinischer Grundsätze, der nach des Kaisers Tod vor dem Zugriff der klerikalen Reaktion ins Oberelsaß entwich und hier zum begeisterten Republikaner wurde.16 In den Jahren 1792 bis 1795 trat er, Die wichtigsten Angaben über das Leben Rendlers verdankt der Herausgeber Herrn Friedrich Speiser aus Berndorf in Niederösterreich, der seit Jahren mit außerordentlicher Gewissenhaftigkeit alle Spuren dieses interessanten Mannes verfolgt hat. Weitere und nicht immer ganz zuverlässige Angaben bietet Allgeier, Arthur, Joseph Rendler, ein schwankender Priester aus der letzten Zeit von St. Blasien, in: Freiburger Diözesan-Archiv, 3. Folge, Bd 2, 1950, S. 5—20, 259. Vgl. auch Scheel, Heinrich, a. a. O., S. 90f. Joseph Rendler, am 5. März 1737 im St. , Blasischen Blumegg als Sohn eines Mühlenbesitzers geboren, zeichriete sich schon sehr früh durch rege geistige Interessen aus. Ihn beschäftigten neben Theologie und Rechtswissenschaft in starkem Maße auch naturwissenschaftliche Fragen. Sein Landesherr, der A b t von St. Blasien, durch eine in Konstanz geführte philosophische Disputation auf Rendler aufmerksam gemacht, erlaubte ihm, seine Studien an der Wiener Universität fortzusetzen, wo er sich 1764 immatrikulieren ließ. 1767 erhielt er die Priesterweihe. E r wurde Benefiziat, später Pfarrvikar an der Kirche St. Helena bei Baden und übernahm das A m t eines Schulvisitators für den Badener Bezirk. Es blieb ihm genügend Zeit, seinen vielseitigen Neigungen nachzugehen, Bienenzucht zu treiben, Altertümer zu erforschen, über Schindeldächer zu schreiben und anderes mehr. Ende der 70er Jahre erwarb er im nahen Sooß einen Weingarten und machte den Versuch, die übrigen vierzig. Weinbauern im Ort zu einer Dorfgemeinschaft zusammenzufassen, worüber er 1782 in Wien eine eigene Schrift „Gemeinwirtschaftsordnung zu N . " erscheinen ließ. Als Anwalt der Bauern trat er erfolgreich gegen ihren Grundherrn, den A b t des Klosters- KleinMariazell, a u f , während er in den langwierigen Prozeßstreitigkeiten mit dem reichen St. Blasien, das seinem Schwager den Hof wegnehmen wollte, den kürzeren zog. Rendler brachte seines Schwagers Sache bis vor den Reichshofrat, mobilisierte 1785 durch eine Flugschrift sogar die Öffentlichkeit und verschaffte sich im St. Blasischen seit ;t eine Anhängerschaft, die Versammlungen abhielt und ein Rendlerlied sang. Oer A b t , der sich in Wien mit klingender Münze eine günstige Entscheidung besorgt hatte, ergriff energische Gegenmaßregeln; er verbot jeden brieflichen Verkehr mit Rendler und steckte über ein halbes Dutzend Leute, die dagegen verstießen, bis zu einem Jahr ins Zuchthaus. Ende 1785 gab Rendler seine Pfarre und Schulvisitatorstelle auf, um nach Galizien zu gehen und dort in kaiserlichem A u f t r a g das Kloster Kalvarie nach verborgenen Schätzen zu durchsuchen. Die Reise verlief erfolglos und brachte ihm lediglich ein Belobigungsdekret mit dem Versprechen einer guten Pfarre ein, das dank der Abneigung des erzbischöflichen Konsistoriums gegen diesen unruhigen Kopf nie realisiert werden konnte. Mit der 1786 im josefinischen Sinne verfaßten Schrift über das Eigentumsrecht an Klostergütern machte er sich bei der kirchlichen Reaktion auch keine Freunde. Rendler verlegte sich nun auf die Gipsproduktiori; er beutete als Teilhaber ein Gipsbergwerk bei Heiligenkreuz im Wiener Wald aus, kaufte in Vöslau eine Mühle, um Gips zu mahlen, und verfaßte auch eine Reklameschrift über die Verwendungsmöglichkeiten des Gipses. Daneben versuchte er sich auf anderen Gebieten und erwarb zum Beispiel 1788 vom Kaiser für zwölf Jahre das Privileg,
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wahrscheinlich von der französischen Gesandtschaft in Basel unterstützt, als revolutionärer Agitator auf. Die ausführlichsten Nachrichten über seine Propagandaarbeit stammen vom September/Oktober 1794 und Juni/Juli 1795. Von kurzen Abstechern ins Vorarlbergische abgesehen, bewegte er sich auf Schweizer Boden und hier besonders in Orten der Schaffhausener Gegend, die an seine engere Heimat, die zu St. Blasien gehörende Grafschaft Bonndorf, grenzte. Rendler knüpfte nachweislich Verbindungen zu Einwohnern von Ewattingen, Blumegg, Fützen und Grimmeishofen; dabei nutzte er verwandtschaftliche Beziehungen und alte Freundschaften aus, die er schon vor Jahren bei seinem heftigen Rechtsstreit mit dem Kloster geschlossen hatte. Er dehnte seinen Einfluß aber auch auf andere Gebiete aus und korrespondierte mit Anhängern in der vorderösterreichischen Landgrafschaft Nellenburg wie im badischen Waldshut. Außer durch persönlichen und brieflichen Verkehr wirkte er durch Verbreitung revolutionärer Lieder und vor allem seiner Flugschrift, von der er 1794 in SchaffKausen eine Neuauflage herausbringen wollte. Rendlers „Erklär- und Erläuterung der Rechte und Pflichten des Menschen" beruht auf radikal-demokratischen Grundsätzen. Vorstellungen aus dem Geiste Montesquieus, wie sie der Deklaration der Menschenrèchte vom 26. August 1789 anhafteten, ließ Rendler in seinem Kommentar keinen .Raum mehr. Er handhabte die volonté générale Rousseaus kompromißlos und war sorgsam bemüht, jede Einschränkung des allgemeinen Willens auszuschließen, wie sie sich aus der Gewaltenteilung ergab oder als ständige Gefahr dem notwendigen Amt der Bewahrer und Vollstrecker der Gesetze innewohnte : Je höher das Amt, desto größer die Gefahr, desto kürzer darum die Amtszeit. Dieser Grundsatz hatte auch dann Geltung, wenn der höchste Beamte den Titel König tragen sollte, so daß das monarchische Prinzip vollständig ausgehöhlt wurde. Die von Frankreich übernommene allgemein verbindliche Anrede als Bürger erhielt durch Rendler eine etymologisch zwar nicht haltbare, aber für seinen jakobinischen Demokratismus sehr charakteristische Begründung : Der Bürger sollte durch diese Anrede täglich und stündlich daran erinnert werden, daß er als Teil des Ganzen mit der Annahme eines Gesetzes auch die Bürgschaft geleistet habe, selbst das Gesetz zu erfüllen und andere zu seiner Erfüllung anzuhalten. Bemerkenswert ist auch die aus Maispflanzen Zucker zu gewinnen. Der Tod Josephs II. (geb. 1 7 4 1 , deutscher Kaiser 1 7 6 5 , gest. 1790) gab dem reaktionären Konsistorium die erwünschte Möglichkeit, Rendlers Ausweisung aus der Wiener in die Konstanzer Diözese durchzusetzen, in die er als St. Blasischer leibeigener Untertan gehörte. Rendler mußte, da alle seine Einsprüche abgewiesen wurden, seinen Besitz verkaufen und Österreich gegen E n d e 1 7 9 0 verlassen. E r ging nicht in die Konstanzer Diözese, wo er nur Verfolgungen zu erwarten hatte, sondern begab sich ins Oberelsaß. Hier wirkte er nach Ablegung des Priestereides in verschiedenen Orten als Geistlicher und Standesbeamter. Von 1 7 9 2 bis 1 7 9 5 war er als republikanischer Agitator für den deutschen Südwesten tätig. Danach ließ er sich endgültig im Oberelsaß nieder und übte im Dekanat Altkirch Priesterfunktionen aus. Seine letzte bekannte A m t s handlung w a r eine Trauung am 18. J a n u a r 1 8 1 6 ; sein Sterbedatum ist unbekannt.
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Tatsache, daß Rendler in der Armut eine Quelle der Unsicherheit für den Bestand der gesetzlichen Ordnung sah und daraus die Verpflichtung der Gesellschaft ableitete, alle wahrhaft Bedürftigen zu unterstützen. Dem radikal-demokratischen Inhalt der Flugschrift entsprach ihre äußere Form; sie gab sich als Entwurf einer Entschließung, die in einzelnen kleinen oder großen Volksversammlungen zu erörtern und durch gültige Unterschriften als Richtlinie für die Ausarbeitung einer Verfassung anzunehmen war. Die folgenden vier Dokumente aus dem oberrheinischen Bereich sind Zeugnisse eines revolutionären Unternehmens, das in Verbindung mit dem Rheinübergang der französischen Rhein-Mosel-Armee unter Moreau Mitte 1796 die Umwälzung in Deutschland am Oberrhein beginnen lassen wollte.17 Die „Bevollmächtigungsurkunde" (Nr. 14) vom 4. Mai 1796 ist ein offizielles Dokument des Pariser Direktoriums, das für einen einzelnen Empfänger bestimmt war, nämlich den französischen Bürger Pierre Claude Poterat, ehemals Marquis de Poterat. Der Empfänger hat jedoch davon ins Deutsche übertragene Abschriften anfertigen lassen, deren Richtigkeit er durch seine Unterschrift am 24. Mai bestätigte und die für die revolutionäre Propaganda im Rechtsrheinischen benutzt wurden. Poterat, eine reichlich abenteuerliche Existenz, war nach einer zweiten gescheiterten diplomatischen Mission in Wien nach Basel zurückgekehrt, von wo aus er wiederum im direktorialen Auftrage erstens aus Gründen der Militärspionage Verbindungen zum Emigrantenkorps aufnehmen und zweitens den Abfall süddeutscher Fürsten von der Koalition betreiben sollte. Dabei bekam er Kontakt zu deutschen Revolutionären, insbesondere zu dem in Durlach gebürtigen Georg Friedrich List, der in einem Basler Handelshaus als Kassierer angestellt war, und zu Ernst Jägerschmidt aus Kandern, der im linksrheinischen Niederschönthal als Faktor in einem Eisenwerk arbeitete. Beide besaßen ausgedehnte, bis in die Pfalz und nach Württemberg reichende Beziehungen zu deutschen Revolutionsfreunden. Darauf gründete sich ihr Plan, in Verbindung mit dem Vormarsch der Franzosen am Oberrhein eine revolutionäre Erhebung auszulösen, die wie ein Feuer auf weitere deutsche Gebiete übergreifen sollte. Nachdem diese Bestrebungen Poterat bekannt geworden waren, machte er sie sich zu eigen und vertrat sie als seine Idee in zahlreichen Briefen, mit denen er das Direktorium im April 1796 förmlich überschüttete. Das Ergebnis seiner Bemühungen war jene Vollmacht vom 3. Mai, die ihm den Weg freigab. Auf der Basis dieser Vollmacht konnte Poterat eine „Instruktion" (Nr. 15) ausarbeiten lassen, die für Lists und Jägerschmidts Freunde bestimmt war und sie anwies, unter Einhaltung strenger konspirativer Regeln im Rechtsrheinischen alle Vorbereitungen für den Aufstand zu treffen, der mit dem Rheinübergang Moreaus ausbrechen sollte. Weiter wurde eine wahrscheinlich von Georg List verfaßte Proklamation „Freiheit, Gleichheit, Bruderliebe!" (Nr. 16) den Emissären übergeben, die aber erst im Augenblick der Erhebung unter die Bevölkerung gebracht werden sollte. Obwohl alle drei Dokumente französische Unterschriften tragen, 17
Vgl. Scheel, Heinrich,
a. a. O., S. 177ff.
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sprechen daraus unverkennbar die deutschen Revolutionäre. Sie betrachteten sich als gleichberechtigte Partner in einem Vertrage mit der französischen Republik über gegenseitige Hilfeleistung. Sie waren bereit, die militärischen Vorbereitungen auf französischer Seite durch Erkundung der Positionen und Stärke des Feindes zu erleichtern, den Rheinübergang der Armee durch, die Entfesselung eines Aufstandes zu begünstigen, den weiteren Vormarsch durch Versorgung der Armee und Stellung eigener bewaffneter Einheiten zu unterstützen. Die Gegenleistung der französischen Republik sollte in dem militärischen Schutz der neuen demokratischen Ordnung bestehen, die die Revolutionäre in wachsender räumlicher Ausdehnung entsprechend den militärischen Fortschritten zu errichten gedachten. Das Endziel war die deutsche Republik, die mit der französischen brüderlich verbünden, aber durchaus selbständig und unabhängig sein sollte. Die in allen drei Dokumenten mit größtem Nachdruck gegebene Versicherung, daß unter allen Umständen die Unabhängigkeit des Landes respektiert werde, war eine unabdingbare Forderung der deutschen Revolutionäre. Dieses Ziel kennzeichnet sie als nationalbewußte Patrioten, die sich bereits von den unklaren weltbürgerlichen Vorstellungen befreit hatten, in denen die Mainzer Jakobiner — allerdings zu einem Zeitpunkt, da die Französische Revolution ihren Höhepunkt noch nicht überschritten hatte — befangen gewesen waren. Die oberrheinischen Revolutionäre hatten die zunehmenden Eroberungstendenzen der französischen Politik und Kriegführung zumindest genügend stark empfunden, wenn nicht gar erkannt, so daß sie sich gegen die Gefahr der Fremdherrschaft und kolonialähnlicher Abhängigkeit zu sichern versuchten. Die deutschen Revolutionäre gedachten nicht, sich mißbrauchen zu lassen. Sie sahen auch dem windigen Poterat auf die Finger, dessen undurchsichtige Beziehungen zu Emigranten den Verdacht der Doppelspionage erregten und schließlich zu seiner Verhaftung am 4. Juli führten, zu der Georg List seinen Teil beigetragen hatte. Für die Kräfte jedoch, die einer Revolutionierung der rechtsrheinischen Bevölkerung abgeneigt waren, bot die Unzuverlässigkeit Poterats die erwünschte Gelegenheit, den Plan der deutschen Revolutionäre gründlich zu durchkreuzen. Allen voran stand der Oberkommandierende Moreau.18 Da ursprünglich vorgesehen war, bei Hüningen den Rhein zu überschreiten, hatten die deutschen Revolutionäre, besonders Jägerschmidt, die Aufstandsvorbereitungen vor allem auf die badischen Oberlande konzentriert. Unter dem Vorwand, daß die Massierung der französischen Truppen bei Basel nur den österreichischen Absichten diene, bei Landau mit überlegenen Kräften angreifen zu können, wurde umdisponiert und der Rhein am 25. Juni bei Kehl überschritten. Die gleichzeitig mit dem Übergang vorgesehene Erhebung in den badischen Oberlanden, in denen immer noch österreichische Truppen standen, mußte ausbleiben. Damit sie auch in der Folgezeit nicht möglich wurde, wenn die Österreicher, um nicht abgeschnitten zu werden, sich zurückzögen, ließ Bacher von Basel aus in Tausenden von Exemplaren eine offizielle Anzeige verbreiten, die die Unverletzlichkeit der bestehenden Ordnung 18
V g l . ebenda, S. 2 1 5 : 8 .
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garantierte und alle badischen Beamten im Interesse dieser Ordnung zum Bleiben aufforderte. Das Rundschreiben Jägerschmidts (Nr. 17), gegeben zu Müllheim am 21. Juli, war ein verzweifelter Versuch, entgegen den andersartigen Absichten der Franzosen die Bewegung dennoch ins Rollen zu bringen. In dem Zwischenstadium, da die Österreicher das Gebiet bereits verlassen hatten und eine französische Besetzung noch nicht erfolgt war, reiste Jägerschmidt in die Oberlande, in denen es so bedrohlich gärte, daß die markgräflichen Behörden es nicht wagten, Hand an ihn zu legep oder auch nur vom Besuch der für den 22. Juli auf der Kalten Herberge angesetzten Versammlung abzuraten.19 Diese von Jägerschmidt einberufene Zusammenkunft der gewählten Dorfvorgesetzten aus den Oberämtern Badenweiler und Rötteln war ein revolutionärer Akt. Ganz im Sinne der Vereinbarungen mit Poterat sollten hier Vertreter der Bevölkerung selbständig Beschlüsse fassen, die eine neue Ordnung der gesellschaftlichen Verhältnisse bedeuteten oder zumindest einleiteten. Die Versammlung fand statt, aber sie nahm nicht diesen Verlauf. Moreau hatte inzwischen am 20. Juli mit dem Markgrafen einen Waffenstillstand geschlossen, in dem der Oberkommandierende die bestehende Ordnung zu schützen versprach; und Bacher hatte ein französisches Militärkommando ausgeschickt, um Jägerschmidt gefangenzusetzen.20 Jägerschmidt konnte sich dem Zugriff durch schleunige Flucht auf Schweizer Boden entziehen; doch der Insurrektionsplan war damit endgültig gescheitert. Die französische Republik hatte eindeutig Kurs auf ein Bündnis mit den süddeutschen Feudalfürsten genommen und ließ darum die revolutionären Demokraten skrupellos fallen. Die bitteren Erfahrungen des Jahres 1796 hinterließen bei den oberrheinischen Revolutionären merkliche Spuren. Das zeigte sich besonders deutlich in ihren Bestrebungen anläßlich und hinsichtlich des Rastatter Kongresses. Der Kongreß, der Ende 1797 zusammentrat und den Frieden mit dem Reiche aushandeln sollte, war ein schamloser Menschen- und Länderschacher zwischen zwei Ausbeuterklassen, den französischen Bourgeois und den deutschen Feudalen. Objekt des Schachers waren das deutsche Volk und sein Land. Eine große Unruhe bemächtigte sich der Menschen in weiten Teilen Süddeutschlands, weil sie nicht wie Vieh verhandelt werden wollten; die fortschrittlichen Kräfte empfanden tief die nationale Schande. Die Jakobiner erwiesen sich als die besten Patrioten: Sie schritten zur Tat und bereiteten von ihren linksrheinischen Stützpunkten aus die Sprengung des Kongresses vor. Das Unternehmen richtete sich gegen die eroberungssüchtige französische Bourgeoisie und die verrotteten deutschen Feudalfürsten in gleicher Weise. Wieder begegnen uns unter den führenden Köpfen Jägerschmidt in Basel und List, der inzwischen nach Straßburg übergesiedelt war. In klarer Erkenntnis, daß die revolutionären Kräfte im Rechtsrheinischen, auf sich allein gestellt, wie 1796 zu schwach waren, hatten sie sich nach Bundesgenossen umgeschaut. Sie fanden siein dreierlei Gestalt 21 : Im Süden waren es die Schweizer ' " V g l . ebenda, S. 1 9 5 ff. V g l . ebenda, S. 2 2 2 f. 21 V g l . ebenda, S. 3 6 6 0 . 20
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Revolutionäre, zu denen Jägerschmidt die innigsten Verbindungen hatte; sie standen am Vorabend ihrer bürgerlichen Revolution und begünstigten die demokratischen Kräfte jenseits des Rheins. Im Norden war es die cisrhenanische Bewegung, mit der vor allem Georg List alte Freundschaftsbande verknüpften; sie erstrebte nach der Wiedereroberung durch die Franzosen eine relative Selbständigkeit des Linksrheinischen innerhalb der französischen Republik und wirkte durch Beispiel und Propapanda auf das Rechtsrheinische. In Frankreich selbst war es die jakobinische Partei, die nach dem Staatsstreich vom 18. Fruktidor einen beträchtlichen Aufschwung, nahm und sehr bald in einen Gegensatz zum Direktorium geriet. Einer ihrer Sprecher war der General Augereau, der.den Staatsstreich durchgeführt hatte, aber von dessen Ergebnissen enttäuscht wurde. Um den unbequemen und gefährlichen Mann aus Paris zu entfernen, übertrug ihm das Direktorium den Oberbefehl über die Deutschland-Armee am Rhein. Augereau träumte hier davon, den Propagandakrieg gegen die deutschen Fürsten wiederaufzunehmen und ähnlich wie Bonaparte durch seine italienischen Siege dem Direktorium diktieren zu können. Eine solche Politik stand der in Rastatt betriebenen diametral entgegen, aber traf sich mit den Wünschen der deutschen Revolutionäre. Unter der Führung von Georg List entwickelten sie in der ersten Januarhälfte 1798 in Offenburg, dem Hauptquartier Augereäus, den Plan, durch Bauern des badischen Oberlandes und unterstützt durch ein Eliteregiment Augereäus den Rastatter Kongreß zu sprengen. Diese Aktion sollte zugleich das Signal zur Erhebung am Oberrhein bis nach Schwaben hinein werden. 22 Mitte Januar 1798 begann von Basel und Straßburg aus eine intensive revolutionäre Agitation unter der rechtsrheinischen Bevölkerung. Neben Kokarden, die bezeichnenderweise das cisrhenanische Grün-weiß-rot trugen, wurde auch das gedruckte Flugblatt „Freiheit — Gleichheit" (Nr. 18) verbreitet, das trotz seiner Kürze alle wesentlichen Ziele der Revolutionäre umreißt. Es sprach zu allen Deutschen, propagierte eine unabhängige deutsche Republik und verurteilte mit dem Rastatter Kongreß die volksfeindliche politische Linie, auf der sich die französische Bourgeoisie mit deutschen Fürsten arrangieren wollte. Das geplante Unternehmen scheiterte jedoch. Das Direktorium entwand Augereau die militärische Macht und verbündete sich mit den Fürsten in der Bekämpfung der deutschen Revolutionäre. Georg List, der sich bis in die Nähe Rastatts gewagt hatte, mußte fliehen und rettete sich, da er auch in Frankreich verfolgt wurde, in die Schweiz. Auf der Basis einer allgemeinen Verschärfung des Klassenkampfes und unter starkem Einfluß der erfolgreichen helvetischen Revolution, aber auch der voraussichtlichen Wiederaufnahme der Kriegshandlungen nach dem Scheitern des Rastatter Kongresses erhielten die revolutionär-demokratischen Kräfte im deutschen Südwesten in den ersten Monaten des Jahres 1799 einen erneuten Aufschwung. Führten bisher nur einzelne dünne Linien vom Linksrheinischen und der Schweiz über das Oberrheinische hinaus und nach Schwaben hinein, so war jetzt Stuttgart zu einem Zentrum der Bewegung geworden, dessen Verbindungen " Vgl. ebenda, S. 385ff.
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sogar bis nach München reichten.23 Auch sozial hatten die Jakobiner an Gewicht gewonnen: Zu den Vertretern der Intelligenz und des Kleinbürgertums hatten sich Kaufleute, Unternehmer und jüngere Militärs gesellt; zu den entschiedensten Repräsentanten der starken bürgerlichen Reformbewegung in Württemberg bestanden enge Kontakte. Ein Kurierdienst hielt die Verbindungen zu den deutschen Jakobinern auf linksrheinischem, Schweizer und französischem Boden. Bestimmte Tendenzen in der großen Politik begünstigten ihre Arbeit. 24 Die helvetische Republik, ein.Werk der Schweizer selbst, wurde von ihrer Schutzmacht Frankreich sehr schnell in kolonialähnliche Abhängigkeit gebracht und skrupellos ausgepreßt. So entstand selbst unter manchen führenden Politikern der Schweiz die Meinung, daß eine Republikanisierung Süddeutschlands vorteilhaft wäre, da im Bunde mit. ihm die Schweiz dem französischen Druck begegnen könnte. Die französische Politik handhabte den Revolutionierungsgedanken im wesentlichen als eine bloße Drohung für den Fall, daß die süddeutschen Fürsten dem Drängen der österreichisch-russischen Koalition nachgeben und sich ihr anschließen sollten. Eine gänzlich leere Drohung konnte natürlich keinerlei Wirkungen haben; also mußten Schritte unternommen werden, die zumindest den Anschein erweckten, als ob es der französischen Regierung ernst sei. Das war um so leichter, als es in Frankreich immer noch eine ganze Reihe von Bourgeoispolitikern gab, die in der Tat die Verwandlung eines Teiles von Deutschland in eine' Tochterrepublik weiterhin als bestes Mittel betrachteten, die deutschen Großmächte nach Osten abzudrängen. Unter diesen Bedingungen, die ein Entgegenkommen der Schweiz wahrscheinlich und Frankreichs immerhin möglich machten, konnten die deutschen Jakobiner Anfang März 1799 mit einem weit ausgreifenden Programm auftreten, dem „Entwurf einer republikanischen Verfassungsurkunde, wie sie in Deutschland taugen möchte" (Nr. 19). Die umfangreiche Flugschrift, vom Buchhändler Samuel Flick in Basel gedruckt, wurde schon in der ersten Märzhälfte wagenweise über den Rhein gebracht und den Gegenmaßnahmen der fürstlichen Behörden zum Trotz am Öberrhein und in Schwaben überall verbreitet. Der Verfasser blieb unbekannt; er wurde jedoch in drei bezeichnenden Richtungen vermutet: Die eine wies auf Jägerschmidt, der enge Beziehungen zu den Schweizer Republikanern besaß; die andere ging auf den ehemaligen kurmainzischen Kanzlisten Maier, der mit der cisrhenanischen Bewegung besonders verbunden war; die dritte zeigte nach Stuttgart und hatte die größte Wahrscheinlichkeit für sich, denn der Drucker selbst machte eine solche Angabe. Der Verfasser hatte gründlich die bestehenden republikanischen Konstitutionen, insbesondere die. französische von 1795 und die helvetische von 1798, als Muster studiert. Bei aller Abhängigkeit von seinen Vorbildern wies der Entwurf dennoch bemerkenswert selbständige Züge auf. 25 Wenn im Vergleich zur französischen Direktorialverfassung alle Konstitutionen der 23
Vgl. ebenda, S. 4 5 2 ff.
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Vgl. ebenda, S. 4 7 2 ff. Eine ausführliche Kommentierung des Verfassungsentwurfs findet sich ebenda, S. 487 ff.
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Tochterrepubliken an demokratischem Gehalt eingebüßt hatten, so übertraf der Demokratismus des Entwurfs verschiedentlich sogar die erstere. Wo der Exekutive größere Gewalt eingeräumt oder das Wahlrecht stärker eingeschränkt war, geschah es nicht aus großbourgeoiser Gesinnung, sondern um die nötigen Umwälzungen schneller durchzuführen und der Konterrevolution kein Einzugsgebiet zu überlassen. Ebenso entschieden sollte allen Gefahren von außen begegnet werden; dabei war zweifellos auch an die usurpatorischen Praktiken gedacht, die Frankreich in den Tochterrepubliken zu üben pflegte. Der besondere Vorzug des Entwurfs bestand vor allem darin, daß er sich nicht auf die Ausarbeitung der konstitutionellen Struktur eines einigen republikanischen Deutschlands beschränkte, das noch in weiter Ferne lag, sondern im letzten Abschnitt Anweisungen zum unmittelbaren Handeln gab. Sie gingen von der klaren Erkenntnis aus, daß der Verfassung zunächst nur in einzelnen Teilen Deutschlands Geltung erkämpft werden könnte. Um so radikaler sollte dort der Feudalismus ausgerottet und dem werktätigen Volk die neue Ordnung durch handfeste materielle Vorteile auf Kosten des beschlagnahmten Feudalbesitzes empfohlen werden. Mit dem Blick auf das große Ziel eines einheitlichen republikanischen Deutschlands bereiteten sich die deutschen Revolutionäre intensiv auf die Verwirklichung des Nahziels vor, die Eroberung der nächstliegenden Gebiete am Oberrhein und in Schwaben für die neue Verfassung. 26 Das bezeugt unter anderem die Kopie des Stempelabdruckes (Nr. 20), die ein markgräflicher Spitzel bei dem Basler Graveur Huber mit ungeübter Hand nach einem Originaldruck angefertigt hatte. Im Auftrage des Jakobiners Maier, der schon im Zusammenhang mit dem Verfassungsentwurf genannt wurde, hatte Huber einen Prägstempel mit dieser Zeichnung geschnitten und am 4. März 1799 dem Auftraggeber geliefert. Die Angabe des Spitzels, daß nach diesem Muster Münzen geprägt werden sollten, ist zu bezweifeln ; schon die leicht ovale Form spricht dagegen. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Siegel, mit dem die Jakobiner ihren revolutionären Aufrufen und Verfügungen einen offiziellen Charakter verleihen wollten. Die Umschrift des Siegels läßt erkennen, daß Baden das erste deutsche Territorium war, in dem die republikanische Verfassung Geltung erhalten sollte; aber wie der kaiserliche Vertreter in Rastatt den anderen Gesandtschaften mitteilte, waren sogar schon für Württemberg und weitere Gebiete ähnliche Siegel entworfen worden. Wie 1796 und 1798 blieb jedoch auch diesmal die geplante Umwälzung des deutschen Südwestens in der Vorbereitung stecken. Das französische Direktorium in seinem Bestreben, die süddeutschen Fürsten zu bewegen, entgegen dem kaiserlichen Willen die Rastatter Verhandlungen fortzusetzen, distanzierte sich Mitte März von den Revolutionierungsabsichten in solchen Territorien, deren Herrscher die französische Freundschaft suchten.27 Das helvetische Direktorium durfte keine selbständige Politik wagen und schwenkte auf dieselbe Linie ein. Der Boden, auf dem sich die deutschen Jakobiner danach noch bewegen konnten,- war außerordentlich 20 Vgl. ebenda, S. 495 ff. » Vgl. ebenda, S. 5 1 3 « .
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eingeschränkt. E r ging restlos verloren durch den Sieg des Erzherzogs Karl über Jourdan bei Stockach am 25. März 1799. Die Franzosen gingen über den Rhein zurück, und ganz Süddeutschland geriet in die Gewalt der österreichischen Truppen. Eine revolutionäre Erhebung unter diesen Bedingungen war unmöglich. Württemberg gehörte zu den wenigen Territorien, die, von einigen Einsprengseln abgesehen, verhältnismäßig geschlossen und großräumig genug waren, um einen bescheidenen ökonomischen Fortschritt zuzulassen.28 Spwohl auf industriellem wie agrarischem Gebiete hatten sich einzelne Produktionszweige entwickeln können, die über die Landesgrenzen hinaus Bedeutung besaßen. Eine ganz eigene württembergische Besonderheit war das Fortbestehen einer einflußreichen ständischen Vertretung, die alle absolutistischen Bestrebungen verschiedener Herzöge überdauert hatte und noch dazu rein bürgerlicher Provenienz war. 29 Der Adel hatte die Reichsunmittelbarkeit vorgezogen, und die protestantische Geistlichkeit war in der Ländr schaft nur durch einige wenige Prälaten vertreten, die ebenfalls bürgerlicher Herkunft waren. Selbstverständlich bedeutete das nicht, daß der württembergische Landtag oder die zwischen den Landtagen fungierenden landschaftlichen Ausschüsse die Repräsentanz eines modernen bürgerlichen Unternehmertums darstellten. Das Gesicht der Landschaft wurde vielmehr eindeutig durch die privilegierte bürgerliche Ehrbarkeit bestimmt, die mit der Feudalordnung stand und fiel. Dennoch begünstigte die landschaftliche Vertretung bis zu einem gewissen Grade die Emanzipation des Bürgertums: Ihr Gegensatz zum Landesherrn zwang ihr häufig die Rolle auf, sich zum Anwalt allgemeiner Beschwerden zu machen, so daß in breiten Kreisen die Vorstellung entstand, eine brauchbare Verfassung zu besitzen. Ähnlich wie in den Reichsstädten war darum die Anteilnahme am öffentT liehen Leben viel lebendiger als in anderen Territorien. Diese Tendenz wurde noch dadurch verstärkt, daß die gesamte untere und die Masse der hohen Beamtenschaft ebenfalls aus dem Bürgertum kamen. Während anderswo die Beamten eine Hauptstütze des absolutistischen Regiments darstellten, waren sie in Württemberg durch Eid und Anstellungsvertrag zum Schutz der Verfassung verpflichtet und mit der Landschaft auf vielfältige Weise innig verbunden. Wenn Württemberg damals das Geburtsland so vieler hervorragender fortschrittlicher Intellektueller wurde, dann bildeten diese besonderen Bedingungen einen wesentlichen Grund. Über solchen positiven Auswirkungen darf allerdings keineswegs vergessen werden, daß die Ständeverfassung auch eine sehr negative Kehrseite hatte: Die Illusion, in dieser Einrichtung bereits die wesentliche Voraussetzung für eine moderne konstitutionelle Staatsordnung zu besitzen, erschwerte zugleich den Kampf gegen den Feudalismus und nahm ihm die notwendige Entschiedenheit. Die württembergische Intelligenz, die das neue Zeitalter in tyrannos begeistert begrüßte, propagierte nicht den Sturz des eigenen Tyrannen, sondern glaubte, durch reformatorische Veränderungen des Althergebrachten die gesellschaftlichen Verhältnisse 28
Vgl. ebenda, S. 40 ff. J Vgl. ebenda, S. 3 5 « . , 43fr.
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Wolfskehl von Reichenberg, Christian Freiherr von (1761—1809). Mohl, Benjamin Ferdinand (1766—1845), Regierungsrat und Mitglied der herzoglichen Untersuchungskommission, Sohn der Tochter von Johann Jakob Moser.
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Bürger werden dem gesetzlichen Gang der Gerichte entrissen und einer Kabinettsjustiz preisgegeben, von der das Gesetzbuch Wirtembergs schweigt und die der Geist seiner Verfassung als Mördergrube der öffentlichen und bürgerlichen Sicherheit erklärt. Der Landschaftsassessor Baz- wird in Landschaftsangelegenheiten nach Wien geschickt, u m die verletzte Rechte des Landes gegen den alle Gesetze und Verfassung höhnenden Herzog vor dem obersten Reichsgericht zu verteidigen. Der Herzog verlangt seine Verhaftnehmung; das fürstliche Ansuchen gründete sich durchaus auf keinen andern Vorwand als den der willkürlichen Gewalt; denn die dem Doktor Cotta 1 1 erteilte Instruktionen wurden nach der Verhaftnehmung in der landschaftlichen Wohnung des Assessor B a z hinweggenommen und erst späterhin sowohl in den herzoglichen als reichshofrätlichen Dekreten als die einzige Ursache dieses gesetzwidrigen Verhafts angeführt; wobei noch das Schändlichste in der von seiten des Reichshofrats erfolgten Auslieferung der Person des Assessors B a z und seiner Papieren an [5] den Herzog, das heißt an die Gegenpartei besteht. Die einfachste Begriffe, Grundsätze und Formen von Recht wurden hierdurch zernichtet, und das oberste Reichsgericht selbst heiligt den Umsturz der Gesetze und gibt die ständische Verfassung den Rasereien der fürstlichen Willkür preis. Unter Bazens Papieren fand sich ein Passeport von dem preußischen Minister von Madeweiß 1 2 ; als der Herzog über dieses ganz natürliche, einfache und gewöhnliche F a k t u m sein Mißvergnügen bezeugte, weinte Madeweiß bittere Tränen der Reue. Dieser Herr bezieht jährlich vierhundert Louisdor aus der Landschaftskasse, und Sein Hof, einer der Garanten der wirtembergischen Verfassung, schweigt zu allen Verletzungen derselben und vermehrt dadurch mit jedem T a g in einem beträchtlichen Teil des südlichen Deutschlands die revolutionäre Stimmung, während er durch Handhabung von Recht und Gerechtigkeit dieselbe zuverlässiger beschwören würde als durch Klingen, die dem Eisen nachstehen, das die Verzweiflung schmiedet. Friedrich der Zweite, nicht zufrieden mit dieser Reihe von Gewalthandlungen, hebt gegen alle Gesetze und Rechte wirtembergische Bürger aus, und Wirtemberger würfeln für die Ehre, gleich anderem Abschaum an England gegen britisches Gold verkauft zu werden. A u c h hiezu schweigt das L a n d ; österreichische Bajonette klirren, und Wirtemberg zahlt mit Schmach die glorreichen Tage, wo es ge[6]gen österreichischen Ubermut das Eisen führte und am Ende des dreißigjährigen Kriegs den der neuen Lehre errungenen Siegeskranz teilte. Wenige Regierungsjahre Friedrich des Zweiten reichen demnach hin, um Wirtemberg von der Höhe eines seltenen Wohlstands und einer beneideten Verfassung in die Tiefen des unabsehbarsten Elends zu stürzen. 11
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Cotta, Johann Friedrich (1764—1832), Buchhändler und Verleger, war im November 1799 in geheimem landschaftlichen Auftrage nach Paris geschickt worden. Madeweiß, Johann Georg von, preußischer Gesandter in Stuttgart und beim schwäbischen Kreis; die Landschaft besoldete ihn als Vertreter einer Macht, die zu den Garanten der ständischen Verfassung Württembergs gehörte.
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Seit 1796, sagen die gegenwärtigen Landschaftsausschüsse in ihrem lesungswürdigen Schreiben vom 19. September 13 , hat das Land ein Unglück nach dem andern betroffen; in besagtem J a h r kostet der kurze Aufenthalt der Franken eine und der von ihnen erkaufte Waffenstillstand sechs Millionen. Die bald darauf erfolgende Rückkehr der Österreicher, dieser Freunde und Bundsgenossen des Herzog Friedrich des Zweiten, kostet dem Land über 16 Millionen Gulden. Innerhalb weniger Jahre erleidet Wirtemberg demnach einen Schaden von 23 Millionen. An demselben trug das Land die ungeheure Summe von beinahe 22 Millionen, das Kirchengut die minderbeträchtliche Summe von 800000 Gulden; die herrschaftliche Kammer aber bezahlt bloß den elenden Rest von 198367 Gulden 3 Kreuzer i / i Heller!! Dies unerhörte Mißverhältnis wächst noch mit jedem Monat, sobald man sich die Mühe nimmt, die im Frühling 1799 von Jourdans 14 Truppen im Ober- und Unterland gemachte Re[7]quisitionen zu berechnen, und endlich die auf viele Millionen steigende Kosten in Anschlag bringt, die die letztere Durchmärsche der Franken für Wirtemberg erzeugt haben. Vergebens wird in diesen letzten Zeiten die Landschaft das Organ des notleidenden Vaterlands, vergebens verlangte sie von der Rentkammer und dem geistlichen Gut, doch wenigstens einen Teil der Getreide- und Haberrequisitionen zu übernehmen, die ausdrücklich an Land und Herzog zu gleichen Portionen gefordert wurden; alle Bitten, alle Vorstellungen bleiben ohne Erfolg; und während die herrschaftliche Kästen von Getreide strotzen, müssen die Bürger ihren leidenden Familien die letzte Nahrung entreißen und die Gemeinden sich in die verschlingende Arme der Entrepreneurs werfen. Dies aus dem oberwähnten Schreiben der Ausschüsse entlehnte Gemälde wird noch beunruhigender, wenn man bedenkt, daß die dazu genommenen Farben eher zu schwach als zu stark sind; empörender noch, wenn man durch dasselbe erfährt, daß eben jene Kammer zur Zeit der teuren Fruchtpreise zu hohem Geldanschlag einen Teil ihrer Vorräte an die Gemeinden verkaufte, womit letztere die zahllosen Requisitionen bestreiten müssen, an denen der Herzog noch in diesem Augenblick sich weigert den geringsten Anteil zu übernehmen. Der Feldzug von 1800 ward nicht so bald eröffnet, als allen glänzenden Hoffnungen Frie[8]drich des Zweiten zum Trotz österreichische Heere vor der Allgewalt republikanischer Waffen fliehen. Mit ihnen flieht der Herzog von Wirtemberg, beraubt, bevor er flieht, die Landeskasse, schleppt in gesetzwidriger Gefangenschaft gehaltene Wirtemberger in Ketten mit sich ins Ausland 15 und entreißt gewaltsamerweise dem Vaterland mehrere Tausende von jungen Bürgern, die der Österreicher, des Herzogs Freund, vorzugsweis jeder Gefahr, jeder Not, 13
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Die landschaftliche Vorstellung ist abgedr. in: Staatsarchiv, angelegt und geordnet von Häberlin, B d 6, Helmstedt u. Leipzig 1 8 0 1 , S. 4 1 1 — 4 3 1 . Jourdan, J e a n Baptiste (1762—1833), Oberkommandierender der französischen Donauarmee. E s handelt sieb um die im Frühjahr 1800 verhafteten Revolutionäre .Friedrich Konra''. Haller, Unternehmer in Ludwigsburg, L u d w i g Friedrich Ofterdinger,
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jedem Elend preisgibt, so daß sie in wenigen Monaten beinahe auf die Hälfte zusammenschmelzen. Die Mißhandlungen jeder Art, die Wirtemberg in diesem Krieg so wie Bayern von Österreich erfahren mußte, übersteigen bei weitem die Sühnopfer, die Frankreich verlangt hat; auch ist dadurch der alte Widerwille gegen österreichische Herrschaft auf eine Art vergrößert worden, die ein bedenkliches Hindernis für diejenige wird, die, weil sie kaiserliche Herrschaft für vorteilhafter als das Regiment eines kleinen Reichssatrapen halten, auf Vereinigung mit Österreich hinarbeiten. Österreich schont übrigens längst schon seine Besitzungen in Schwaben als Lockspeise, durch, die es den übrigen schwäbischen Ländern Lust nach österreichischer Herrschaft einzuflößen sucht. Wirtemberg, weit härter angelegt als jene österreichische Lande, fand bisher dennoch sein Los beneidenswerter wegen der Rechte und Freiheiten, die ihm seine Verfassung bewilligte. Da[9]durch, daß Friedrich der Zweite dieselbe zerstört hat, begünstigt er die geheime Absichten Österreichs, und das tiefe Stillschweigen Preußens mag das Resultat der stillschweigenden Übereinkunft sein, zufolge deren Österreich die militärische Diktatur im deutschen Süden und Preußen ebendieselbe im deutschen Norden, mit Vorbehalt der Ausdehnung in politischer Hinsicht, seit mehreren Jahren ausübt. Die Franken besetzen Schwaben, Moreäu schreibt eine Kreiskontribution aus, beruft zu dem Ende, um eine gleichmäßige Austeilung desto eher zu bewirken, die Deputierten der schwäbischen Stände nach Memmingen; der landesflüchtige Herzog verbietet von Erlangen aus, daß Wirtemberg einen solchen Deputierten sende; Moreau, über dies Ausbleiben unwillig, unwilliger noch über Friedrich den Zweiten, der nicht bloß durch ein Kreiskontingent an dem Reichskrieg, sondern durch ein Subsidien- und Auxiliarkorps an der Koalition selbst teilnahm, legt auf Wirtemberg einen Kontributionsanteil, der mit der Größe Wirtembergs zu dem übrigen Schwaben in dem offenbarsten Mißverhältnis steht. Der Konsulent Abel reist endlich nach Augsburg, um Milderung für das Land zu bewirken; der Herzog erklärt deshalb diesen Konsulenten für einen ungehorsamen Üntertanen. Moreau, in seinem Schreiben vom 14. Fruktidor 16 , legt von denen an das Herzogtum geforderten 6 Millionen Livres dem Herzog buchstäblich 3 Millionen zur Bezahlung auf. [10] Friedrich der Zweite erklärt, daß er nichts zu bezahlen und daß alles, was er zur Erleichterung seiner Untertanen beizutragen habe, bloß von seiner Gnade abhange...!!
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Kaufmann in Stuttgart, Karl Streim, Leutnant in wiirtt. Diensten, Friedrich Essich, einst Tübinger Stipendiat, A d a m Karl August E s c h e n m a y e r ( 1 7 6 8 - 1 8 5 2 ) , Posthalter in Plochingen, Karl Friedrich von Penasse ( 1 7 7 3 — 1 8 4 6 ) , Oberleutnant in württ. Diensten, Christian Friedrich Ludwig Bauer, L e u t n a n t in württ. Diensten, und Christian Friedrich Baz. Abgedr. in: Staatsarchiv, angelegt und geordnet von Häberlin, B d 6, Helmstedt u. Leipzig 1 8 0 1 , S. 292—294.
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Die Landschaft verlangt von dem Kirchenrat nach gesetzlichen Vorschriften die Übernahme eines bestimmten Anteils an der Kriegskontribution. Friedrich der Zweite untersagt dem Kirchenrat jeden fernem Beitrag. Die herzogliche Kammer, durch den Drang der Umstände gezwungen, zahlt anderhalb Millionen Pfund an der Kriegskontribution. Friedrich der Zweite erklärt diese Zahlung für ungültig und behält sich den Regreß an das Land vor. Die Landschaft zahlt den ihr auferlegten Anteil an der Kriegskontribution von 6 Millionen Livres. Mandelslohe, der herzogliche Günstling, intrigiert gegen das Land und übertreibt bei den fränkischen Behörden die Vorstellung von den Einkünften der Landschaft. Diese, minder geschreckt durch die fränkische Exekution als die fürstliche Drohungen, zahlt auch die Hälfte des herzoglichen Kontributionsanteils in dem nämlichen Augenblick, wo Friedrich der Zweite eine Million an Rekruten- und Subsidiengelder von England für die an die britische Krone verkaufte Wirtemberger bezieht. Die Landschaftsausschüsse erinnern den Herzog untertänigst an diese letztere Hülfsquellen. [11] Friedrich der Zweite erklärt, daß er von der Existenz eines solchen Subsidientraktats keine Rechenschaft schuldig sei, das heißt, nach Belieben und Willkür mit dem Blut der Wirtemberger schalten und walten und es eimerweis wie seinen Weinzehenten verkaufen könne. Die österreichische Vorlande hatten die Abwendung des Kriegsrechts abgekauft und sich die Aufhebung des Eroberungszustands ausgewirkt; eine ähnliche Unterhandlung war für Wirtemberg das erste dringende Bedürfnis. Der Herzog untersagt sie, und ihm dankt Wirtemberg, daß es noch jeden Augenblick zufolge des fortdaurenden Kriegszustands neuer Geldkontributionen und neuer Requisitionen jeder Art sich gewärtigen muß. Menschlicher denn gegen sein Land ist dieser Friedrich der Zweite gegen sein Gewild; denn in eben dem Augenblick, wo er jede Unterhandlung mit den Franken zugunsten der Wirtemberger untersagt, nfcgoziert er für jenes mit so glücklichem Erfolg, daß fränkische Husaren auf Kosten von Stadt und Amt Ludwigsburg die herzogliche Hasen und das herzogliche Geflügel bewachen, das dem Landmann eben die Felder verheert, deren Früchte er mit den fränkischen Magazinen und den herzoglichen Kästen teilen muß. Das wirtembergische Kreiskontingent wird zufolge der erlittenen Verluste an Mannschaft dem Subsidienkorps einverleibt, für das der Herzog sich reichlich von England bezahlen läßt. [12] Nichtsdestoweniger verlangt Friedrich der Zweite von der Landschaft mehrere hunderttausend Pfund als Beitrag zu den Kreiskontingentskosten. Die herzoglichen Paläste, die herzoglichen Landhäuser erhalten keine Einquartierung, während der schuldlose Bürger seine kleine Behausung täglich in eine Kaserne verwandelt sieht. Kein herzoglicher Keller hat noch die dürstende Krieger gelabt, mit denen der ärmere Bürger und Landmann täglich den wenigen Wein und das Brot teilt, das er seiner sauren Arbeit dankt.
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Ein furchtbarer Waldbrand hat im Schwarzwald für mehr denn eine Million Holzung zerstört; die schreckliche Holzverluste unserer Tage fordern schnelle Nachpflanzung; die elende Summe von 24000 Gulden, die man zum Aufkauf des nötigen Samens verlangt, wird von der Kammer noch in diesem Augenblick verweigert, nicht weil diese Summe zu groß ist, sondern weil die Kammer dem entflohenen Herzog jeden zu erübrigenden Kreuzer nachsendet und noch wöchentlich dem ohnehin geldarmen Land neue Geldsummen entwendet, hiemit den Franken Gelegenheit gibt zu behaupten, Wirtemberg nähre fortdaurend die Flamme des Kriegs und stehe in der tätigsten Verbindung mit den Feinden der Republik. Die fränkische Kriegskasse findet demnach in der anhaltenden Raserei Friedrich des Zweiten ihren bewährten Vorteil und Friedrich der Zweite in dem Kriegselend, das so hart auf Wirtemberg drückt und dessen einziger Urheber [er] [13] ist, das bewährteste Mittel, Schätze zusammenzuschleppen, um einst als geldreicher Despot über ausgehungerte Sklaven zu herrschen. Dies ist die einzig denkbare Auflösung des schauerlichen Rätsels, das die Aufführung des Herzogs, seiner Minister, seiner Räte und seiner Kreaturen darbietet, und hieraus erklärt es sich auch, warum dieser Friedrich sich so sehr gegen eine vernünftige Milizorganisation ereiferte, die dem Land Kraft und Ansehen gegeben hätte, während er nachher mit einer anscheinenden Tollheit den Landsturm zu betreiben suchte, der weiter nichts bezwecken konnte, als einige Tausend rechtlicher Bürger auf die Schlachtbank zu liefern und das Land für jeden künftigen Widerstand gegen fürstliche Allgewalt desto untüchtiger zu machen. In diesen Linien stehen die Grundzüge des ganzen Normännischen Plans gezeichnet, den Mandelslohe mit den übrigen Geheimden Räten in allen Landeskollegien, Stockmayer 17 aber in der Landschaft unablässig und dennoch nicht mit jener Schamlosigkeit verfolgen, wovon der letzte allein das herzogliche Ideal erreicht. Von ihm ist es bekannt, daß er mit einer gänzlichen Verleugnung alles Ehr- und Vaterlandgefühls die Landschaftsausschüsse für jede bessere Geschäftsführung lähmt. Ihm hat das Geheimnis landschaftlicher Verhandlungen längst aufgehört heilig zu sein. Ihm dankt man die Erfindungen der in [14] ihren Folgen so schädlichen und in ihren Resultaten so wenig ergiebigen Vermögenssteuer. Ihm vorzüglich ist es beizumessen, wenn das Ansehen der Landschaftsausschüsse und der Kredit landschaftlicher Papiere mit jedem Tag sinkt und letztere mit einer nahen Erschütterung bedroht sind. Er, dieser Stockmayer, trug während der landschaftlichen Verhandlung in betreff der Übernahme der letzten halben Million von der herzoglichen Quote einen von Zwanziger, 18 des herzoglichen Bankiers zu 17
S t o c k m a y e r , Friedrich A m a d e u s ( 1 7 3 1 — 1 8 1 3 ) , 1 7 9 7 als L a n d s c h a f t s k o n s u l e n t v o m R e f o r m l a n d t a g z u m R ü c k t r i t t g e z w u n g e n , 1800 auf herzoglichen D r u c k wieder in dieselbe F u n k t i o n eingesetzt.
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Z w a n z i g e r , Friedrich A d o l p h v o n (1745—1800), f r ä n k i s c h e r P o l i t i k e r und I n h a b e r eines B a n k g e s c h ä f t s .
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Erlangen, ausgestellten Wechsel von einer dem Herzog zugehörenden halben Million in der Tasche, um den Ausschüssen, die anfangs auf der NichtÜbernahme wegen gänzlichem Geldmangel bestunden, auch diese letzte Verschanzung zü entreißen. Der Herzog spielt hier den Geldverleiher, Zwanziger gibt den Namen dazu, und Stockmayer spielt die Rolle eines doppelten Mäklers. Die Ausschüsse beschleunigen diese Erschütterung durch ihre unverzeihliche Nachgiebigkeit in Übernahme der herzoglichen Quote und durch leichtsinnige Ausstellung von Schuldscheinen, wovon man die Bezahlung doch zuletzt mit Exekution eintreibt, deren sie sich zu entledigen suchten, während sie durch ein festeres Betragen die Standhaftigkeit der Landesrepräsentanten bewährt, den Kredit der landschaftlichen Papiere gehoben und den Herzog in die Notwendigkeit gesetzt hätten, dem Schreiben des General Moreau vom 14. Fruktidor Genüge [15] zu leisten. Haben die Ausschüsse niemals bedacht, daß Friedrich der Zweite bei seiner Zurückkunft ihnen nicht etwa bloß ihren Ungehorsam, sondern sogar ihren oftmals sklavischen Gehorsam als Kriminalverbrechen auszulegen imstand ist? Ihm, diesem Stockmayer, dankt man es, wenn der Herzog der Landschaft jede Publizität untersagt hat, so daß sie selbst jetzo noch, wo dieser Friedrich der Zweite landesflüchtig ist, ihre Bestellungen bei auswärtigen Pressen macht! Zu dieser Verfügung kommt noch die zweite, daß die Ausschüsse ihre Schreiben nicht mehr an den Geheimdenrat, sondern direkte an den Herzog adressieren müssen, zum hinlänglichen Beweis, daß der Herzog den Geheimdenrat nicht mehr als verfassungsmäßigen Mittler zwischen Fürst' und Landschaft anerkennt und so die verfassungsmäßige Abstufungen zernichtet, um auf ihren Trümmern den Thron der willkürlichen Gewalt zu befestigen. Von ihm, diesem Stockmayer, führe ich, um einen sprechenden Beweis seiner Entartung zu geben, folgende nicht sehr gekannte Anekdote an: Bevor der Herzog Karl die bekannte Gräfin von Hohenheim19 zur Ehefrau nahm, ließ er aussprengen, daß er sich um eine österreichische Prinzessin bewerbe. Stockmayer, der im Geheimnis der ganzen geldschneiderischen Komödie war, stellte der [16] damaligen Landschaft das Nachteilige vor, das eine solche Verbindung für die landschaftliche Verhältnisse haben könnte, indem Österreich dadurch völlig in das Interesse des Herzogs gezogen würde. Die Ausschüsse teilten Stockmayers vorgebliche Besorgnisse und boten auf seinen Vorschlag dem Herzog ein jährliches Geschenk von 50000 Gulden an, wofern er seinem österreichischen Eheprojekt entsage. Karl, dem es niemals Ernst damit gewesen war, ließ sich bereitwillig dazu finden und bezog für den Rest seines Lebens bare 800000 Gulden an diesem einzigen Artikel, den der verstorbene Minister von Kniestädt 20 Keuschheitsgelder tayfte. Stockmayer erhielt für diesen Liebesdienst im Jahre 1782 nebst einem gnädigen Handbillet ein noch gnädigeres Trinkgeld von tausend Louisdor. In den nachgelassenen Papieren Karls findet man die Belege hierzu. 19
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Hohenheim, Franziska Gräfin von, geb. von Bernardin (1748—1811), Mätresse und seit 1786 zweite Gattin Karl Eugens. Kniestädt, Eberhard Freiherr von (gest. 1794).
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Und dieser Mann, der vor kurzer Zeit selbst als Verbrecher sich bekannte und einer gerichtlichen Untersuchung das stillschweigende Bekenntnis seiner Schuld nebst einer Pension vorzog; dieser Mann ohne Ehre, ohne Verdienst, dessen Leben eine ununterbrochene Reihe schmutziger Tage ist, lenkt oder befiehlt vielmehr zum zweiten Mal wieder den landschaftlichen Ausschüssen, an denen die letzte Hoffnung des Vaterlands zu scheitern , drohte, wenn nicht das Übermaß der herzoglichen Wut endlich den Augenblick her[i7]beizuführen verspräche, wo die Feigheit selbst zu einem Moment von Hochgefühl* und das Verbrechen zu einer Anwandlung von Pflicht gelangt. ** Dieser Moment ist der gegenwärtige; die letzte Schreiben des Herzogs vom 12. Oktober an den Geheimdenrat und die Ausschüsse tragen den Stempel des vollendeten Unsinns; seine treue Geheimden Räte nennt Friedrich der Zweite feige Memmen, weil sie zugegeben haben, daß die von der Vermögenssteuer eingehende Gelder in der landschaftlichen Kasse niedergelegt werden, und weil sie nicht Anstalt getroffen haben, ihm auch diese sauren Schweißtropfen des Landes rauben zu helfen. Die Landschaftsausschüsse nennt er Aufrührer, weil sie im Vorgefühl künftiger Verantwortlichkeit dem Land die wahre Beschaffenheit der Dinge durch den Druck, wenngleich nicht vollständig, doch annäherungsweise bekanntgemacht haben. Noch schärfer bezeichnet er die Konsulenten der alten Ausschüsse wegen dem wenigen Guten, das sie allein noch hie und da bewirken können, indem sie in den Trümmern der Verfassung selbst die Verteidigungsmittel gegen die fürstliche Willkür aufsuchen. [18] Feinde, Freunde und Kreaturen vermengt Friedrich der Zweite in seiner beispiellosen Verwirrung, und sein Land behandelt er mit der Großmut eines Wüterichs, der dem elenden Unglücklichen, den er in des Elends tiefste Tiefen gestürzt hat, mit Hohnlächeln das Almosen zuwirft, das ihm mit seinen Tagen das ganze zernichtende Gefühl seines Jammers fristet. Wirtemberger — vernehmt's! In dem Augenblick, wo ihr unter der Last von regelmäßigen und unregelmäßigen, gesetzlichen und gesetzwidrigen Requisitionen, Kontributionen, Abgaben und Steuern erliegt, wo dieser Friedrich derZweiteeure Kinder wie Neger auf britischem Markt feilbietet, wo seine Minister unverschämt genug sind, die Gegenwart der Franken selbst zur Zernichtung der letzten Reste von Recht und Freiheit benutzen zu wollen, wo das Verhalten eurer Repräsentanten euch beinahe keinen Trost, das Benehmen der meisten eurer schlecht organisierten Magistrate keine Linderung gewährt, wo den wenigen rechtlichen Beamten ihre Rechtlichkeit selbst als Verbrechen angerechnet wird, wo eure geistliche Vorsteher laut für eben den Menschen beten, den sie in der Stille verfluchen, wo ein wahres neapolitanisches Schreckensystem besonders unter'den gebildeten Klassen täglich mehr den Keim bürgerlicher Tugenden erstickt und den Samen aller Niederträchtigkeiten schienigst * Die Ausschüsse dringen auf Zusammenberufung der Landesversammlung. ** Mehrere Geheimderäte sprechen von Entlassungsforderung.
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entwickelt, in diesem Augenblick erbarmt sich eurer der sanfte Fürst, und der großmütige Tyrann bewilligt euch im Übermaß seiner Gnade fünfzigtausend Gul[i9]den als huldreiche Beisteuer zu den 40 Millionen, die euch seine Regierung, seine Herrschsucht und seine Bundbrüchigkeit kosten. Dafür aber, merkt's euch, will er und wünscht er auch, daß ihr in Ruhe und mit Geduld die Widerwärtigkeiten der Zeit und die von ihm bereitete Qualen des Tags ertragen sollt! An diesen fürstlichen Wunsch oder Befehl erlaubt mir einen beinahe gleichlautenden bürgerlichen Rat anzuschließen. Ich habe in diesen wenigen. Linien des gerechtesten Unwillens heiliges Feuer in eurer Brust zu entzünden gesucht, nicht damit ihr euch wie ungeduldige Kinder gegen einen tyrannischen Schulmeister erhebt, sondern um als Mänjier, standhaft im Unglück, fest in ihren Entschlüssen, weniger um Rache denn um Rettung des Vaterlands, weniger um den Genuß des Augenblicks als die bleibende Vorteile der Zukunft bekümmert, den nicht mehr entfernten Augenblick abwarten mögt, wo die Teutschen werktätiger denn bisher mit der unseligen Trennung der teutschen Völkerschaften, die Hauptursache alles innern und äußern Unglücks, ihres vergangenen und gleichzeitigen Elends, enden werden und wo mit dem ersten- kraftvollen Wunsch einer Nationalvereinigung die Zeit beginnen wird, wo endlich ein teutsches Volk über teutschen Boden und teutsche Kräfte gebieten und somit die unselige Jahrhunderte schließen wird, während denen Teutschland der periodische Raub [20] fremder Heere, die tägliche Beute innerer Tyrannen und das beständige Opfer äußerer Politik war. Bis dahin lebt dem stillen, furchtbaren Gefühl eurer gegenwärtigen Schmach; drückt dies Bild in die letzte Falten eures Herzens, damit es in mannhaften Handlungen einst wieder hervortrete. Glaubt mir, eine solche Ruhe jagt größeres Entsetzen in das Herz der vielköpfigten Hyder Politik, als leere Schimpfreden Furcht in dem Gemüt derjenigen erzeugen, die schon jetzo in dem Vorgefühl der nahen Zukunft den Richter finden, dessen Anblick sie von einer Raserei in die andere stürzt. Hütet euch, durch unzeitige Insurrektionen das vollständige Heilmittel unmöglich zu machen, durch einen übelberechneten Unmut den Tag der Rettung zu entfernen und mit eigener Hand den Siegeskranz zu flechten, den Unvernunft und Willkür um ihr Schlangenhaupt zu winden wähnen. Ruhe und noch einmal männliche, nicht sklavische Ruhe, damit die Verzweiflung der Vernunft nicht vorgreife und der ausharrende Mut nicht gezwungen werde, an die trostlose Konvulsionen des Ungefährs sich anzuschließen. Gedruckt zu Hohenasperg.
26. Gebet, welches alle guten Bayern in dieser Zeit der Not und Bedrängnis fleißig beten sollen1
Allmächtiger ewiger Gott, der Du schon einmal uns arme und sündige Menschen durch den Tod Deines eingeborenen Sohnes Jesu Christi von der Gewalt des Teufels erlöst hast, wende Deine Augen, Deine grundlose Barmherzigkeit auf unser Elend und sieh, wie wir unter der Gewalt noch weit ärgerer Teufel stehen, denn statt eines Satans sind viele tausend über uns gekommen, nämlich die Tyrannen, so sich Könige und Fürsten nennen, ihre schurkischen Minister, Mätressen, Priester, Beichtväter und ungerechte Beamte, die uns mit Füßen treten, unser Blut aussaugen und uns alle ihre erschrecklichen Sünden aufbürden und entgelten lassen. Die Blutigel heißen Leiningen2, Vieregg 3 , Hertling4, Lippert 5 , Dietrich 6 , Schneider7 und Tattenbach 8 . Ja, o Herr, sogar ein spitzbübischer Fremdling, ein Rumford 9 , erfrecht sich, unsere Ketten noch enger zu schmieden. Sie mißbrauchen Dein heiliges Wort zu unserm Verderben, sie wollen Dein göttliches Ebenbild in uns fertigen, indem sie uns den Gebrauch der Vernunft versagen ; sie lästern Dich unaufhörlich, indem sie sich Deines allerchristlichen Namens züm Vorwand ihrer hölfr chen Schandtaten bedienen und sich Deine Stellvertreter nennen, wenn sie uns unterdrücken, schinden und auf die Schlachtbank führen. Die Welt, das Werk Deiner Allmacht, ist so schön und ordnungsmäßig, Deine Herrschaft so leicht und gerecht für alles, was ist und lebt, und wir sind noch die nämlichen Menschen, die Du erschaffen, erlöst und erhalten hast, aber die aus 1 Flugblatt, wie
aus
zwischen der
1793 und
Angabe
1796 entstanden
hervorgeht,
die
zwischen
geschoben ist und folgenden Wortlaut
hat: „ E s
und in München Uberschrift
verbreitet,
und
wurde bei der
Text
ein-
sogenannten
schmerzhaften und wundertätigen Mutter Gottes im Herzogspital zu München gefunden. Wir liefern dasselbe ohne die geringste Geographie- oder Religionsabänderung." Abschrift in der Bayerischen Staatsbibliothek zu München, Handschriftenabteilung, Rheinwaldiana Nr. 8, Stück 19, S. 42 f. 2 Leiningen-Guntersblum, Wilhelm Karl Graf von (1737—1809), Minister. 3 Vieregg, Matthäus Carolus Graf von (geb. etwa 1725), Minister. 4
Hertling, Johann Friedrich Freiherr von (gest. 1806), Minister und Hofkanzler.
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Lippert, Johann Kaspar von (1724—1800), Regierungsrat und Kabinettssekretär.
" Dietrich = Ditterich, Franz Georg von, Oberlandesregierungsrat. Schneider, Franz X a v e r Freiherr von (1757—1827), Geheimrat. Tattenbach,
Joseph Ferdinand Graf von (gest. 1802), Minister und Obersthof-
meister. R u m f o r d , B e n j a m i n Thompson Graf von (1753—1814), General.
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gearteten Kinder der Finsternis, das Natterngezücht der Fürsten, der Adeligen und der arglistigen Priester, haben Deine ganze Schöpfung verstellt und verunstaltet. Du weißt ja, o Gott, daß es ein König war, der Deinen Sohn und unsern Heiland Jesum Christum mit dem Grimm eines Wüterichs zu Bethlehem verfolgte; Du weißt, daß es nur Vornehme und Priester waren, die ihn zum schmählichsten Kreuztod verdammten, und daß er nur unter den gemeinen Menschen würdige Jünger, Freunde und Nachfolger gefunden hat. Dennoch sind jene nichlosen Christusfeinde auch jetzt noch im Besitz unserer Rechte und unseres Eigentums. Sie schwelgen von unserm Schweiß und stolzieren mit unserer Stärke. Sie haben sich gleich einer gewaltigen Mauer zwischen Dir und uns aufgetürmt, damit kein Strahl von Deiner väterlichen Milde zu uns gelangen möge. Darum vernichte sie und erlöse uns von dem Joch der Fürsten, des Adels und arger Priester, die Dich und uns verhöhnen! Segne, o Herr der Heerscharen, segne die Waffen des Frankenvolks, das der Hauch Deiner Barmherzigkeit erweckt hat, um die zweite Erlösung des Menschengeschlechts an Bayern und der ganzen Menschheit zu vollbringen! Sende Deinen Würgengel vor ihren Fahnen her, damit er den ruchlosen Stamm der Tyrannen von der Welt vertilge und auch ihre Bundesgenossen für ihre Verwegenheit strafe! Stärke die edlen Kämpfer für unsere Rechte und Würden, die Franken, so Du zu unserer Befreiung auserwählt hast! Kröne sie mit Sieg und züchtige ihre und unsere Feinde, die auch Deine Feinde sind, mit dreifachen ägyptischen Strafen, damit das Werk der Erlösung noch einmal vollbracht werde, gleichwie es schon einmal vollbracht wurde durch Jesum Christum, unsern Herrn. Amen.
27. Die bayerischen Bauern an die Landschafts verordnete und Adjunkten 1
Jüngst kamen Boten auf das Land und hatten große Schreiben; Sie sollten, sagt man, d'Hofmarksherrn in d'Stadt zusammentreiben. Dann d'Landschaft und der gnädigst' Herr, die hätten sich zertragen, Weil man uns Bayern gar zu sehr mit Steuern wollte plagen. Wenn dies ist, kommen wir auch her zu sehen, wer von beiden Aus ihnen doch wohl unrecht hat, um dann Recht zu verb'scheiden. Der Kurfürst 2 , sagt man, sei sehr reich und Herr von Millionen, Und dannoch fodert er stets mehr, um seinen Schatz zu schonen. Davon leiht er dann Gelder aus dem Land, dem er's genommen, Und vermaskiert dann seinen Nam', um Zinse zu bekommen. Die Landschaft wisse dann nicht mehr, woher was aufzutreiben, Und protestierte übers Land, was neues auszuschreiben. Dann hat die Landschaft völlig recht; dann, Herr, wir müssen zahlen So viel, daß uns die Nägel oft von Fingern mochten fallen. Bedenkt nur Selbst, wie viele Herrn am armen Bauern zupfen, Wie sie uns nebst den Federn oft das Fleisch von Knochen rupfen Mit Stift und Steuer, Maut, Akzis' und hundert Mufflereien, Getreiddienst, Wildfraß, Zehentgab für Pfaffen und für Laien. Zum Herrndienst und Frankenkrieg will man uns auch noch zwingen, Leibgeding legt man uns auf, daß man's nicht kann erschwingen.3 Bald kömmt der Richter, bald der Scherg mit ausstudierten Strafen, Um durch Verhör und Polizei dem Adel .Geld zu schaffen Und Schwarwerkdienst oft ohne Maß mit Äckern, Schneiden, Spinner Und Lasten ohne End', worauf wir uns jetzt nicht besinnen. Auch schleichen Bettelmönche in das Haus mit allgefarbten Kutten Und geben uns geschnittnes Heu für vollgestopfte Butten. 1 F l u g s c h r i f t , im S o m m e r 1794 in M ü n c h e n v e r b r e i t e t . A b s c h r i f t im
Hauptstaats-
a r c h i v M ü n c h e n , A b t . I, A l t b a y e r i s c h e L a n d s c h a f t , L i t . 2 5 5 ; e b e n s o in der B a y e rischen
Staatsbibliothek
zu
München,
Handschriftenabteilung,
Rheinwaldiana
Nr. 8, S t ü c k 59, S. 1 1 1 f. 2
K a r l T h e o d o r , geb. 1724, K u r f ü r s t v o n P f a l z - B a y e r n 1 7 7 7 , gest. 1799.
3
Diese Zeile — sie h a t im G e g e n s a t z zu allen anderen keinen A u f t a k t — f e h l t in der V o r l a g e , ist aber des R e i m e s w e g e n n ö t i g ; sie w u r d e d a r u m a u s der A b s c h r i f t des K a b i n e t t s e k r e t ä r s J o h a n n L u d w i g Christian R h e i n w a l d (gest. 1 8 1 1 ) ü b e r n o m m e n .
Flugschriften aus Bayern
Kurz, glaubt uns, Herr, der Bauernsack muß unaufhörlich geben, Und wenn's noch mehr wollt, können wir wahrhaftig nicht mehr leben. Drum, wenn ihr g'scheit seid, denket nach mit Ständen und Adjunkten Und bessert, wo zu helfen ist, in vielen andern Punkten. Ein jeder tu sein' Schuldigkeit und sei gerecht und bieder, Dann läßt die Welt zugrunde gehen, wir Bayern bleiben Brüder. Nehmt euch ein Beispiel aus der Zeit und schreibt euch's an die Wände: In Frankreich köpft man Könige, in Polen hängt man Stände!
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28. Über Süddeutschland. Von einem süddeutschen Bürger im Monat Oktober 1798 dem französischen Gouvernement zur Beherzigung vorgelegt, 17991
[ ] Reicht als Brüder uns die Hände, Rächt mit uns der Menschheit Ehr', Sprecht: Es komme der Tyrannen Ende, Und das schönste Bild der Gottheit schände Keine Sklavenkette mehr! [ ] Unter die vorzüglichsten Gebürge Deutschlands zählt man den Fichtelberg, ein wahres Zentralgebürg oder Plateau, nach dem Schneekopf im Riesengebürg das höchste in Deutschland und zwar von 3621 Pariser Fuß über die Meeresfläche. Dieses Gebürg ist um so merkwürdiger, als es das Becken von vier Flüssen, die beinah nach den Richtungen der vier Weltgegenden ablaufen, als der Eger, Naab, Main und Saale, bildet und den Hauptscheidepunkt zwischen Nord- und Süddeutschland festsetzt. So wie die Eger und Saale ihr Gefäll nach der Nordsee haben, so haben die Naab [4] und der Main das ihrige an die zwei Hauptflüsse von Deutschland, nämlich die Donau und den Rhein. Der Main und die Eger laufen beinahe in entgegengesetzter Richtung ab, und da zog die Natur mittelst dieses Mains bis an den Vereinigungspunkt mit dem Rhein eine solche natürliche Grenze, daß wegen auffallender Verschiedenheit des Bodens und Klima auch die nämliche Nation, die deutsche, einen ebenso verschiedenen Charakter und von jeher verschiedene politische Verhältnisse trägt. Man teilte daher auch Deutschland immer in Süd- und Norddeutschland; und da bei der gegenwärtigen. Epoche in den Reformen es hauptsächlich um Süddeutschland und um die Frage zu tun ist, ob dieses nicht am meisten empfänglich und reif für das republikanische System, ja ob nicht selbst diese'süddeutsche Republik nicht ebenso nützlich als notwendig für den Bestand der gegenwärtigen Republiken sein dürfte, so muß diese süddeutsche Republik nach ihrem Inbegriff, Kräften und Verhältnissen in Übersicht und Beurte'lung gebracht werden. G renzen [5] Es bleibt bei dieser Begrenzung der Zentralpunkt Fichtelberg fixiert, und da hat die Natur mit dem Main bis an den Eintrittspunkt zu Mainz in den Rhein die Flugschrift, Anfang 1799 in Nürnberg erschienen. Mit Titelblatt 29 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München.
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anschauliche Grenze bestimmt. Ebenso zog die Natur am Ablauf der Eger durch die fortgesetzte böhmische Gebürgskette, den Böhmerwald, bis an den Vereinigungspunkt der drei Flüsse Inn, Ilz und Donau zu Passau eine natürliche und politische Grenze. Gebürge entscheiden am besten und richtigsten die verschiedenen Abdachungen und also Grenzen. So ist es hier gegen Böhmen der Fall; es ist die Grenze nach dem Floßgefäll gezogen und daher eine richtige Grenze vorhanden. Böhmen ist auch so nach allen Seiten gebildet; in der Runde mit Gebürgen umgeben, macht es einen selbständigen Staat aus, so wie die Nation eine eigene darstellt und sich auch zu seiner Zeit als eine solche immer behaupten wird. So ist also die Grenze von zwei wichtigen Seiten bis Passau in Ordnung. Wegen genauem [6] Überblick wollen wir uns wieder zurück an den Vereinigungspunkt des Mains mit dem Rhein, nämlich nach Mainz verfügen. Hier bleibt die alte Grenze der Gallier, der Rhein, bis zurück an den Bodensee; er könnte zwar bis zu seinem Ursprung in Graubünden die natürliche Grenze bleiben und diese gegenüber mit dem Ursprung des Inns wieder angebunden werden; sie kann aber auch abgekürzt werden und dem Rhein nur bis zum Orte Guttenberg gefolgt werden, wo dann die Scheidung an der vorarlbergischen Grenze, den Gebürgen, nach den verschiedenen Gefällen bis an den Inn hinliefe. Jetzt gilt immer dieser zur natürlichen Grenze, bis wo aus dem Salzburger Land her der Gerlosfluß in den Inn fällt. Jetzt geht es diesen Fluß hinan bis an den Krimmiersee, und nun erreicht man einen weitern Fluß, die Salza, welche bis Burghausen die Scheidung bildet. Hier vereinigt sich wieder die Salza mit dem Inn, und dieser Fluß bildet nun wieder vollends die Grenze, und so ist man wieder zu Passau und am Ende der Begrenzung. Diese Grenze ist meist natürlich, wie es sich zeigt, und bekränkt das dermalige politische Verhältnis nicht zu sehr. Preußen verliert an den fränkischen Herzogtümern Bayreuth und Ansbach allenfalls 80 Quadratmeilen, welche aber durch die jenseitigen Teile des Würzburger und Bamberger Landes hinlänglich ersetzt sind. Österreich verliert durch die Besitzungen von Schwaben, durch die vorarlbergischen Herrschaften, durch den diesseitigen Anteil von Tirol, dann den jenseitigen alten bayerischen drei Ämtern Kufstein, Kitzbühel und Rattenburg allenfalls 250 Quadratmeilen, welche aber auch durch den großen Anteil des Salzburger, dann Passauer Landes auch ersetzt sind, und man kann auch allenfalls in dem Graubündischen eine Draufgabe machen, weil Graubünden ohnehin dermal aufgeopfert werden dürfte. Freilich möchte Österreich dagegen behaupten, daß die [8] ganze Fortsetzung des Inns noch die natürlichste Grenze wäre; allein Österreich, das ohnehin zu fürchten ist, bekäme einen zu ungeheuern Anwachs an Land und an Reichtum mittelst des Salzmonopols und könnte dadurch Süddeutschland immer in gefesselter Abhängigkeit erhalten. Das politische Interesse muß vielmehr dahin zielen, diesen kolossalischen Körper zu schwächen, und dies werden obige Grenzen und die künftige süddeutsche Republik tun, weil diese allein ihre Erweiterung gegen Österreich suchen würde, und es möchte nicht lange dauern, so dürften die süddeutschen Republikaner auch die einzigen deutschen Nachbarn von den Cisalpinern werden und sich an den Grenzen umarmen.
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Wir kommen nun auf die innern Bestandteile von dieser süddeutschen Republik. [9] 1. Der bayerische Kreis ist ganz, bis auf den größern Teil von Salzburg und Passau, mitbegriffen. Flächeninhalt: 837 Quadratmeilen. Einwohner bleiben noch 1630000. Überfluß-Produkte: Bayern ist bekannt die wichtigste Getreidund Salzkammer; nebenbei hat man Mineralien, als etwas Gold, Silber, Kupfer, Vitriol, Schwefel, Galmei, Eisen; ferner Vieh, darunter vorzüglich Schweine, Häute, Holz, Steinkohlen, Torf, Leinwand. Mangel: Wein und beinahe alle Industrie- und Luxusprodukte. [10] 2. Vom österreichischen Kreis. a. Vom Tirol: 100 Quadratmeilen, 130000 Einwohner. Überfluß: Kupfer, Silber, Eisen, Blei, Galmei, Steinkohlen, Salpeter, Salz, Hornvieh. Mangel: Wein, Getreide und die übrigen wie oben. b. Von den vorarlbergischen Herrschaften: 38 Quadratmeilen, 90000 Einwohner. [11] Überfluß: Vieh, Holz, Eisen. Mangel: Beinahe alles übrige. 3. Aus dem schwäbischen Kreis. a.,Die vorderösterreichischen Besitzungen, und zwar Breisgau. Überfluß: Holz, Vieh, Blei, Eisen. [12] Mangel: Getreide, Salz und die übrigen beinahe wie oben. b. Das sogenannte Fürstentum Schwaben, bestehend aus allen österreichischen dasigen Besitzungen. Überfluß: Beinahe wie oben. Mangel: Ebenso; doch hat es einige Fabriken in beeden Teilen. Diese enthalten zusammen: 157 Quadratmeilen, 260000 Einwohner. [13] c. Übriger schwäbischer Kreis: 620 Quadratmeilen, 1800000 Einwohner. Überfluß : Holz, Eisen, Leinwand, Wollenwaren, Gartengewächse, Vieh, Wein. Mangel: Getreide, Salz und sonst wie vor; doch existieren Wollenmanufakturen und andre. 4. Fränkischer Kreis mit Abzug der jenseitigen Teile von Würzburg, Bamberg, Bayreuth: Noch 365 Quadratmeilen, 1180000 Einwohner. [14] Überfluß: Flachs, Leinwand, Hanf, Leinöl Tabak, Obst, Hornvieh, Pferde, Häute, Butter, Schmalz, vorzüglich Holz, Hülsenfrüchte, Eisen, Papier, Pottasche, Wolle, kurze Waren, Wein, Getreide etc. Mangel: Salz und die meisten Luxus- und Industrieprodukte. 5. Von den Rheinkreisen sind auch noch Teile von der Pfalz, Darmstadt, Mainz mit eingeschlossen: 115 Quadratmeilen, 276000 Einwohner. [15] Überfluß: Wein, Tabak, Holz. Mangel: Wie oben. Voller Flächeninhalt: 2232 Quadratmeilen. Einwohner: 5366000. Dermalige Staatseinkünfte im ganzen Durchschnitte nach den bisherigen Verhältnissen: 51000000 Gulden. Weil aber dermal nirgends hierin Administration herrscht, die Hauptabgaben die Geistlichkeit [16] und der Adel bezieht, so kann man gar leicht ohne viele Anstrengung 80-100000000 fl. anrechnen. Der Militäretat bei diesen Ländern ist ganz vernachlässigt und möchte sich im ganzen auf 50—60000 Mann belaufen. Hunderttausend Mann und drüber sind aber nach dem bisherigen Bestand und Berechnungen selbst in Friedenszeiten leicht zu unterhalten.* * Wann und solang es die Umstände erfordern.
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Nach solcher Zergliederung dieses Körpers müssen nun obige Sätze auch ins klare gestellt werden; und zwar zuerst, ob die in diesen Grenzen wohnenden Süddeutschen auch wirklich für das republi[iy]kanische System empfänglich und reif sind. So sehr Norddeutschland durch seine viele Literaturgewerbe das Ansehen einer höheren Aufklärung hat, so herrscht doch diese in Süddeutschland mehr. Der Norddeutsche ist unter seinem kargern Himmel auch an weniger Bedürfnisse geheftet ; die sparsamere Lebensart bildet ihn moralischer und zufriedener. Auch die Regierungen tragen dieses Gepräg; sie haben nicht jenen asiatischen Prunk und also auch nicht jenen despotischen Druck; in allem sind sie gemäßigter, mehr den Menschheitsrechten genähert. Der einzige Militärstand ist etwas lästig; aber auch der besteht beinahe überall aus einem Dritteil Süddeutschen. Stelle man den Süddeutschen gegen den Norddeutschen in Kontrast — der erste ist durch die schönere, reichere Natur zu mehr Wohlstand eingeladen; der Luxus hat schon weit bei ihm um sich gegriffen; er hat für alles lebhaftere Gefühle, die ihn ohne [18] vielen Tiefblick schon lang seine zu schweren Fesseln mit Schaudern wahrnehmen ließen. Dieses Süddeutschland, unter Landesherrschaften den Hunderten nach geteilt, zu einem allgemeinen Werbplatz umgeschaffen, von allen größern Staaten wie eine Melkkuh behandelt und nebenbei im Innern unter einer ungeheuern Aristokratie von Adel- und Pfaffen-, auch Patrizierjoch gebeugt, die sich auf seine Kosten in aller Art von Schwelgerei herumtummeln und dadurch das Land noch mehr aussaugen; dieses Süddeutschland lebt immer im Ingrimme, brütet allerlei Pläne, wollte schon längst seine Fesseln sprengen, daher immer die vielen Gärungen; allein in seiner Zerstückelung fand es sich immer zu schwach, rettete den Verzweiflungsstand durch große Auswanderungen und schmachtet daher bei gegenwärtigem Kriegsunglück nur unter noch härterem Schicksal [19] Unterdessen hat Wirtemberg doch zur Erlösung durch die letzten Landtagsakten große Schritte getan; und der noch größere Staat von Süddeutschland, Bayern, ist durch die bisher vernachlässigte Administration, durch eine völlige Auflösung der Staatsmaschine, durch den allseitigen Druck und Aussaugung, durch die allgemeine Verachtung des Hofes, seine Geldverschwendung und willkürlichen Handlungen, durch den gegenwärtigen Übeln Finanzzustand und jetzt erst durch das härteste Joch der Österreicher, seiner Nationalfeinde, beinahe ganz zur Verzweiflung gebracht und ganz mit Gärungsstoff geschwängert; es bedarf nur eines kleinen elektrischen Schlags, und die ganze Reihe dieser verrosteten Staatsmaschinen, dieses gotische Gebäude stürzt mit einem schrecklich zu Boden. Schon glaubte Süddeutschland 1796, in den französischen Republikanern seine Erlöser zu sehen. Wie erwartete und empfing es sie nicht überall mit offenen Armen! Wie räumte man ihnen an[2o]fangs nicht mit sichtlicher Parteilichkeit alle Vorteile ein und hoffte von einem Tag auf den andern die Entscheidung des Schicksals! Aber da betrog man sich auch ganz außerordentlich, und allgemeine Traurigkeit überfiel das ganze Land, noch eher wieder das alte eiserne Joch wählen zu müssen. 16
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Aber seitdem ist auch dieser Druck wieder vergrößert worden. Neue Hoffnung und Zutrauen zur Befreiung lebt wieder allenthalben auf, und es bedarf also nur des elektrischen Schlags. Aus diesen Verhältnissen, aus der Stimmung von 1796 liegt von selbst am Tag, daß Süddeutschland nicht allein empfänglich, sondern ganz reif zur Umwälzung sei. E s drängen sich alle jene Umstände und Ursachen zusammen, die in Frankreich die Republik herbeigeführt haben, und daß es an Köpfen nicht fehlt, die dann diese Republik [21] leiten und festhalten, dafür bürgt die Geschichte, die ältere, neuere und neueste. Die vielen lateinischen Schulen und Universitäten haben den gelehrten Stand beinahe angehäuft und auf allen Seiten die besten Köpfe ans Licht gebracht, was sich erst im republikanischen System recht zeigen würde; auch hat in Bayern die große Illuminatengeschichte die auffallendsten Beweise hievon abgelegt. Dies führt uns von selbst auf Untersuchung der Nützlichkeit dieser neuen süddeutschen Republik. Die drei gegenwärtigen Republiken Frankreich, Batavien und Helvetien waren bisher im unmittelbarsten, engsten Verband mit Süddeutschland. Wie Frankreich sein Vieh, Mineraiwaren etc. daraus holte, so führte es mit demselben den vorteilhaftesten Handel mit allen Seiden-[22] und weißen Waren, Wein und überhaupt allen Artikeln der Industrie und des Luxus. Das ehemalige Holland und itzt Batavien baute alle seine Schiffe von dem Holz, das ihm auf dem Neckar, Main und Rhein zugeführt wurde; selbst alle andern Materialien zur Ausrüstung der Schiffe, Segeltücher etc. zog es aus Süddeutschland, für welches Holland hingegen der Marktplatz der ost- und westindischen Waren, mehrerer Industrie- und aller Seeartikel war. Die Schweiz muß ebenso die unentbehrlichsten Produkte aus Süddeutschland ziehen: Salz, Getreide, Schweine, und gibt ihm dafür Industrieartikel zurück. Erleichterte Handlungsverhältnisse würden daher auf allen Seiten den gegenwärtigen Republiken Vorteile verschaffen, die sich von selbst ergäben, wenn Süddeutschland ihre Schwester würde; ja so könnte es als Mittlerin den Handel dieser Republiken noch mehr erweitern, und es würde sich jene große Unternehmung Karls des Großen der Vereinigung des Rheins mit der Donau von selbst wieder [23] zur Tagesordnung und glücklichen Vollendung bringen. Eine Unternehmung, so groß als die Vereinigung des Mittelländischen Meeres mit dem Roten und ebenso wichtig. Karl der Große dachte wegen dem Handel mit Norddeutschland und den Gegenden am Main und Rhein schon 793 an diesen Plan, ja er legte auch wirklich Hand ans Werk. Die Vereinigung geschah mittelst der Altmühl bei der bayrischen Stadt Kelheim. Von der Altmühl aus wäre die Verbindung mit der schwäbischen Rezat, weiters der Regnitz und Rednitz und so mit dem Main geschehen. Es kam schon eine große Strecke, die man heutzutag noch sieht, zustande. Karl befuhr schon einen ziemlichen Teil zu Wasser davon; allein der Aufstand in Sachsen, anhaltende Regengüsse und Aberglauben brachten es wieder ins Stecken, und die vielen Landzerstücklungen machten die Ausführung bisher politisch unmöglich, obschon die Natur so auffallend alles erleichterte und von selbst den Weg so einladend dazu bahnte. Dadurch wäre ganz [24] Süd-
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deutschland, alle Staaten gegen Osten, die Meere neuerdings verbunden, und welcher Schritt wäre dadurch für die allgemeine Kultur der Menschheit voVwärtsgetan! Nicht aber bloß so auffallend vorteilhaft wäre Süddeutschland für die Republiken als ihre Schwester, sondern sie ist ihnen selbst notwendig. Wie dermalen die Sachen stehen, so sind die deutschen Monarchien noch zu fürchterlich, zu wenig gedemütigt. Selbst Frankreich kann den Namen große Republik noch nicht so ganz behaupten. Sie, die deutschen Monarchien, sind auch die Hauptstützen von England, und England wird nur durch ihre Schwäche gestürzt. Die Hauptstärke der preußischen und vorzüglich der österreichischen Monarchie liegt aber eben in dem unglücklichen Süddeutschland. Hier ist der allgemeine Werbplatz von Leuten, Geld und Kriegshülfsmitteln. Deswegen wird auch Süddeutschland das Reich genannt und stellt, wie schon gesagt, die allge[25]meine Melkkuh vor; wenn auch Österreich sonst keinen Berührungspunkt mit Frankreich ins künftige erhält, so bleibt doch immer Süddeutschland der Waffen- und Tummelplatz, der unerschöpfliche Brunnen und das immer ausgezogene Schwert gegen die Republiken. So wie die Natur durch den Rhein die größere Verbindung in einiger Hinsicht mit Frankreich und den andern Republiken abschnitt, so wird durch das einleuchtend anzunehmende System den deutschen Fürsten hinkünftig der politische Verkehr ganz abgeschnitten. Die deutschen Fürsten müssen und werden, ihrer Sicherheit gemäß, die Verbindungen mit den Republiken soviel als möglich erschweren. Wenn auch schon die Zölle am Rhein aufgehoben, so können ja doch die übrigen Mautanordnungen jede Ein- oder Ausfuhr äußerst erschweren oder gar unmöglich machen. Wenn also diese Ein- und Ausfuhrsregulierungen gegen die Republiken erschwert werden, welche Nachteile gehen nicht den Republiken zu. Die Schweiz und Holland können dadurch in den [26] übelsten Zustand oder gar in Auflösung gebracht oder wenigstens immer abhängig erhalten werden. England wird alle diese Intrigen hinlänglich ablauern und sie auch so leicht zu Zweck und Ausführung bringen. Schon hat der Krieg dem ganzen Handel diese entgegengesetzte Richtung gegeben. Süddeutschland bleibt mit seiner Ausfuhr gegen die Republiken zurück; es läßt sich alle Produkte, die es ehemals aus den drei Republiken zog, aus Nord deutschland oder von England zuführen. Selbst die Rhein- und französischen Weine hat es gegen die schlechtem Österreicher und ungarischen Weine zu vertauschen gelernt, und jetzt ist dies Land von den ehemals verhaßten österreichischen und ungarischen Weinen überschwemmt. Und so wie Österreich alle fremde Weine in seinen Staaten bisher verbot, so wird es das nämliche in dem abhängigen Süddeutschland durchsetzen. Schon haben die Engländer diesem Lande seit dem Krieg alle weißen Waren, seidenen Strümpfe etc. ganz allein geliefert, was sonst der ausschließliche Aus[27]fuhrsartikel von Frankreich war. So ist es auch mit den ost- und westindischen Waren und allen Industrieartikeln. Wie können so hinkünftig die französisch-, batavisch-und schweizerischen Fabriken und Handlung wieder in Aufnahme kommen? Wenn ihnen schon die Wasserfahrt Erleichterung bringt, so werden die Maut- und andre Verhältnisse ihnen alles erschweren und für England das Ubergewicht erhalten. Hat man nun einmal eine schon gebahnte Straße, wie ge genwärtig der Fall ist, so geht man 16*
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wieder sehr hart davon ab. England ist auch schlau genug, durch Allianzen und Subsidien die deutschen Staaten festzuhalten, es gewinnt seine diesfallsigen Zahlungen hinlänglich durch den Handel und kann dadurch allein die so vielen Flotten und die Herrschaft auf den Meeren behaupten. Was haben also die Republiken für Perspektive vor sich! Werfen sie aber einen ernsten Blick auf den Körper von Süddeutschland als neue Republik, [28] wie warm würde sie diese neue Schwester umarmen, aus ihrem Füllhorn reichlich mitteilen und im ewigen Bund ihnen alle Vorteile, Sicherheit und Stärke verschaffen; sie würde wie eine Feuerkugel im Herzen von Deutschland alles in Furcht erhalten und den wahren Damm gegen die Barbaren von Norden und Osten vorstellen, das System der Republik allein im Respekt erhalten, ja der Mutterrepublik wahrhaft den Namen der großen Republik befestigen. Dadurch würde England, gleich der majestätischen Eiche, der die Wurzeln abgeschnitten sind, niederstürzen und Glück und Wohl für die Menschheit blühen. Die Mittel zu dieser Gründung der süddeutschen Republik sind ganz leicht; es bedarf nur der französischen Bajonette, und in Zeit von vier Wochen sind sie ins Herz von Bayern vorgedrungen und in München als dem Hauptplatz und wo alles am meisten reif und bereitsteht. Dann entwickelt sich alles von selbst. [29] Sollte aber die Republik Frankreich noch länger durch ihre Abspannung eine Pause erhalten oder gar durch einen zu frühzeitigenFrieden ihre Schwäche bloßgeben und länger Süddeutschland so in Fesseln lassen, so werden diese von selbst zerspringen; wahrscheinlich geschieht dies bei dem Vollziehen der Säkularisationen. Frankreich muß daher in diesem Fall doch das Augenmerk dahin richten, daß Süddeutschland seine im Eingang bestimmte Grenzen erlangt und im Hintergrund immer Bajonette bereitstehen. Doch wird wahrscheinlich die Kriegsflamme, so auf allen Seiten angeblasen, endlich doch selbst ausbrechen, und es möchte dann die zu große Nachgiebigkeit Frankreichs ganz übel angewandt und es in jeder Hinsicht also jetzt zweckmäßiger sein, mit dem Hauptschlag selbst zuvorzukommen, welche Methode Friedrich von Preußen im Siebenjährigen Krieg allein gegen die damalige ungeheure Koalition rettete.
29- Materialien zu einem künftigen Landtage in Bayern, herausgegeben von v. W., einem bayrischen Landstande, Regensburg 18001
[ ] D e r L a n d t a g in B a y e r n scheint n u n b a l d ein u n v e r m e i d l i c h e s D i n g z u w e r d e n ; j e d e P a r t e i w ü n s c h t i h n ; w e n n er n u r s c h o n v o r ü b e r w ä r e , d e n k t sich j e d e r , d e r v a t e r l ä n d i s c h g e s i n n t ist. S e i t ein p a a r J a h r e n s i n d ü b e r die b a y e r s c h e L a n d e s v e r f a s s u n g sehr v i e l e S c h r i f t e n erschienen, w e l c h e j e d e r b a y e r s c h e L a n d s t a n d
fleißig
und mit Aufmerksamkeit
lesen soll, ehe er in die L a n d t a g s v e r s a m m l u n g e i n t r i t t . [ ] Diese Schriften sind: a)
Versuch
ü b e r d e n U r s p r u n g u n d U m f a n g der l a n d s t ä n d i s c h e n
Rechte
in
Bayern.2 b) Ü b e r d e n W e r t u n d die F o l g e n der s t ä n d i s c h e n F r e i h e i t e n in B a y e r n . 3 c) U b e r die Q u e l l e n des w a c h s e n d e n M i ß v e r g n ü g e n s in B a y e r n . 4 F l u g s c h r i f t , M i t t e 1800 in M ü n c h e n erschienen und möglicherweise v o n d e m R e f e r e n d ä r i n , L a n d s c h a f t s s a c h e n Joseph U t z s c h n e i d e r (1763—1840) selbst herausgegeben. Mit T i t e l b l a t t , u n b e d r u c k t e r R ü c k s e i t e und ebenfalls u n b e d r u c k t e n Z w i s c h e n s e i t e n v o r den einzelnen D e n k s c h r i f t e n 128 S., 8°. B a y e r i s c h e S t a a t s b i b l i o t h e k zu München. — Die h a n d s c h r i f t l i c h e n V o r l a g e n befinden sich im H a u p t s t a a t s a r c h i v München, A b t . I, A l t b a y e r i s c h e L a n d s c h a f t , L i t . 796, Nr. 63 ( D e n k s c h r i f t A v o m 30. 7. 1799), X r . 93 ( D e n k s c h r i f t B v o m 4. 11. 1799), L i t . 797, Nr. 12 ( D e n k s c h r i f t C v o m 1 . 2 . 1800), Nr. 13 ( D e n k s c h r i f t D ' v o m 3. 2. 1800) und Nr. 21 ( D e n k s c h r i f t E v o n E n d e F e b r u a r 1800). — E i n z e l n e D e n k s c h r i f t e n sind m e h r f a c h a b g e d r u c k t ; so die D e n k s c h r i f t e n C und D in: Präliminarien eines neuen L a n d t a g e s in B a y e r n , 2. L f g , o. O. 1800, S. 3—16 und S. 1 9 - 3 2 , ebenso in: T e u t s c h e S t a a t s k a n z l e i v o n J o h a n n A u g u s t R e u ß , J g . 1800, B d 3, U l m 1802, S. 114—124 und S. 124—133; so die D e n k s c h r i f t e n C und E in : S t a a t s a r c h i v , angelegt und geo r d n e t v o n H ä b e r l i n , B d 6, H e l m s t e d t u. L e i p z i g 1801, S. 4—10 und S. 144—169, ebenso i n : Utzschneider, Joseph von, Mit welchen Schwierigkeiten b e g a n n im J a h r e 1799 und 1800 die R e g i e r u n g Sr. M a j e s t ä t des K ö n i g s M a x i m i l i a n Joseph in B a y e r n ? M ü n c h e n 1837, S. 3—11 und S. 4 0 - 6 6 . — A u s R a u m g r ü n d e n w e r d e n v o n der F l u g s c h r i f t lediglich das V o r w o r t des Herausgebers und die besonders bedeutsamen D e n k s c h r i f t e n C und E wiedergegeben. - Verfasser w a r der L a n d s c h a f t s a r c h i v a r O t t o P a n z e r ; die 1. A b t . der S c h r i f t erschien o. O. 1800 und t r u g den U n t e r t i t e l : E i n B e i t r a g zu dem bayerischen S t a a t s r e c h t e . D i e 1. Aufl. erschien o. O. 1797, eine 2. A u f l . mit neuem A n h a n g o. O. 1798. '' V e r f a s s e r w a r der S t r a u b i n g e r R e g i e r u n g s r a t Johann N e p o m u k Freiherr v o n P e l k h o v e n (1763—1830); die S c h r i f t erschien o. O. 1799 und t r u g den U n t e r t i t e l : E i n N a c h t r a g zu der A b h a n d l u n g über den W e r t und die Folgen der ständischen Freiheiten1
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Jakobinische Flugschrifte n
Unterricht eines alten Beamtens an junge Beamte. 5 Beitrag zur Geschichte der Frone oder Scharwerk in Bayern. 2 Teile.6 Bemerkungen über Laudemial- und andere grundherrliche Rechte in Bayern. 7 Pfalzneuburgischer Deputationsabschied über die Landes- und Regierungsverhältnisse im Herzogtume Neuburg im Jahre 1799. 8 h) Die Landstände in Bayern. Was waren sie? Was sind sie? Was sollen sie sein? 9 i) Leben und Taten des landverderblichen Doktor Herkommens, auch Observantius genannt. 10 k) Uber die Unrechtmäßigkeit des kleinen Zehents in Bayern. 1 1 1) Landesbeschwerden in Bayern oder drei wichtige Aktenstücke [zwischen den Landesfürsten und der Landschaft daselbst, München 1800]. m) [.] Zur Geschichte der bayerischen Landschaft und Steuern bearbeitete Urkunden. 12 n) Präliminarien eines neuen Landtages in Bayern, 1., 2., 3. und 4. Lieferung. o) Uber-die Präliminarien. p) Über das hohe Alter der Landschaft. Gleich merkwürdig sind auch die Arbeiten einiger kurfürstl. Staatsdiener im Jahre 1799 und 1800; ich liefere hier einstweilen: A) Den Vortrag bei der kurfürstl. gnädigst angeordneten Spezialkommission in Militärsachen, d. d. 30. Juli 1799. B) Die Privatmeinung des kurfürstl. geheimen Referendars Hrn. v. Utzschneider über den gegenwärtigen Zustand der bayerschen Staatswirtschaft, d. d. 4. Nov. 1799. (Dieser Mann, nachdem er wahrscheinlich alle Drangsale Bayerns voraussah, wagte, mit aller Freimütigkeit einen Landtag zu begehren; er soll schon im Monate August des Jahres 1799 die Einberufung eines Landtages—aber fruchtlos — gefordert haben; seine damalige Vorstellung konnte ich aber nicht zu Händen bekommen.) d) e) f) g)
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Verfasser war der bayerische Reformpublizist Simon Rottmanner ( 1 7 4 0 — 1 8 1 3 ) ; der vollständige Titel der Schrift lautet: Unterricht eines alten Beamten an junge Beamte, Kandidaten und Praktikanten, B d 1, Linz 1 7 8 3 , B d 2 u. 3, Linz 1 7 8 7 . Verfasser war Simon Rottmanner; der 1. Teil erschien 1798, der„2. Teil 1800, beide mit Druckort Frankfurt a. M. Verfasser war Simon Rottmanner; die Schrift erschien 1 7 9 9 mit Druckort F r a n k furt u. Leipzig. Der Deputationsabschied vom 5. 10. 1 7 9 9 ist abgedr. in: Teutsche Staatskanzlei von Johann August Reuß, J g . 1799, B d 6, Ulm 1 8 0 1 , S. 86—110; ebenso in: Staatsarchiv, angelegt und geordnet von Häberlin, B d 5, Braunschweig 1800, S. 22—42. Verfasser war Joseph Socher (1755—1834),.Pfarrer und Professor in L a n d s h u t ; die Schrift erschien o. O. 1800. Verfasser war Joseph Socher; die Schrift erschien o. O. 1799. Verfasser war Simon Rottmanner; die Schrift erschien o. O. 1 7 8 4 . Verfasser war Joseph Elias von Seyfried (gest. 1803), bayerischer Landrichteramtskommissar; der Titel der Schrift lautet vollständig: Zur Geschichte bayerischer Landschaft und Steuern bearbeitete Urkunden und Beilagen, München 1800.
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C) [ ] Des Hrn. v. Utzschneider untertänigst gehorsamster A n t r a g über einen Landtag in Bayern, d. d. 1. Febr. 1800. D) Desselben Nachtrag über eine Landesdefensions-Armee in Bayern, d. d. 3. Febr. 1800. E) Einen Entwurf zu einer neuen Erklärung der Landesfreiheit in Bayern. (Ob Hr. v. Utzschneider oder ein anderer der Verfasser dieses Entwurfes sei, kann ich nicht sagen, doch wurde derselbe Ende Hornungs 1800 dem kurfürstl. Ministerio vom Hrn. v. Utzschneider übergeben, aber, soviel ich erfahren konnte, nicht mit Beifall aufgenommen; man beschuldigte Hrn. v. Utzschneider des Democratisme — man hätte ihn vielmehr der Kühnheit, dem herrschenden Faktionsgeiste zu widerstreben, beschuldigen sollen.) E s wäre vielleicht schade, wenn diese wichtigen Aktenstücke von einem künftigen Landtage nicht gekannt und nach Umständen benützt würden. München, den 26. Juni 1800. v. W . bayerscher Landstand
[ ] C. Untertänigst
gehorsamster
über einen Landtag
in
Antrag
Bayern.
[ ] Die landschaftlich bayersche Verordnung stellet in ihrem Berichte vom 27. Jänner 1. J. an Se. Kurfürstl. Duchlaucht 1 3 etc. das förmliche Ansuchen um die Einberufung eines allgemeinen Landtages in B a y e r n . w Seit dem Jahre 1669 wußte die landschaftliche Verordnung diesem Schritte immer auszuweichen, forderte zwar manchmals — gleichsam im Vor[50]übergehen — einen Landtag, arbeitete aber am Ende der wirklichen Einberufung desselben wieder entgegen. Die landschaftlichen Verordneten benügten sich, die einmal errungenen Vorrechte in Ruhe zu genießen, wenn schon bei dieser Schlaffheit der bayersche Staat zu derjenigen Stufe von Schwäche herabsank, in welcher Se. Kurfürstliche Durchlaucht etc. vor eilf Monaten dié Regierung in Bayern übernommen haben. Nun auf einmal sucht aber die bayersche landschaftliche Verordnung selbst in einem allgemeinen Landtage Hülfe, weil, wie bekannt ist, ihre Kommittenten mit ihr höchst unzufrieden sind und weil einige derselben sogar die Vollmacht und die Instruktion des Landtages vom Jahr 1669 als null und nichtig mündlich und schriftlich gegen sie erklärt haben; 1 5 der landschaftlichen Verordnung bleibt demnach kein anderer Ausweg übrig, als einen allgemeinen Landtag zu begehren.
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Maximilian IV. Joseph, geb. 1756, Kurfürst von Pfalz-Bayern 1799, als Maximilian I. Joseph König von Bayern 1806, gest. 1825. Abgedr. in: Teutsche Staatskanzlei von Johann August Reuß, Jg. 1800, Bd 2, Ulm 1802, S. 304—311. Die Aufkündigung der Vollmacht erfolgte u. a. durch die von Johann Nepomuk Freiherrn von Pelkhoven verfaßte Bittliche Vorstellung mehrerer Individuen des Ritter- und Adelsstandes in Bayern an die hochlöbliche Landschaft, mit einem
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[51] Ich habe bereits im vorigen Jahre am 10. August 1 6 und 4. November die Notwendigkeit eines Landtages in Bayern anerkannt; ich glaubte damals und glaube es noch, daß dieses der einzige Weg sei, die häufigen und tiefliegenden Staatsgebrechen, welche die Regierung immer lähmen werden, radikal und definitiv zu heilen; nachdem die landschaftliche Verordnung bisher unter der Hand noch immer der Einberufung des Landtages entgegengearbeitet hat, so wagte ich es auch nicht, meine Meinung über die Art und Weise, wie der Landtag in Bayern gehalten werden solle, zu sagen; nun fordert mich aber Pflicht auf, dieselbe freimütig und nach langer Überlegung hierüber zu äußern. Die landschaftliche Verordnung fordert einen Landtag; Se. Kurfürstl. Durchlaucht etc. können dieser Forderung nicht ausweichen, ohne die Regierungsgrundsätze bei allen gutgesinnten Bayern in ein übles Licht zu setzen, ohne die Regierungskraft noch mehr zu schwächen und dem Parteigeiste, welcher in der landschaftlichen Ver[52]ordnung gleichfalls seinen Sitz hat, gegen die Regierung noch mehr Spielraum zu geben und dadurch zu veranlassen, daß die Regierung zu jeder notwendigen Kraftäußerung ganz unfähig werde. Alles beruhet nun wirklich darauf, wie der Landtag in Bayern gehalten werden solle. Einen allgemeinen Landtag in Bayern halten heißt im Grunde nichts anders als die Stimme der Nation über die Verbesserung der Landesverfassung, über die Mittel zur Landesdefension und zu einer kraftvollen Regierung vernehmen; es hängt von Sr. Kurfürstl. Durchlaucht etc. als Landesfürsten, Höchstweiche die Pflicht und Obliegenheit haben, für Ruhe und Ordnung im Staate zu sorgen, ganz allein ab zu bestimmen, wie Höchstdieselben die Stimme der Nation vernehmen wollen. Sämtliche Landstände und vielleicht auch die zum Landtage sich meldenden freien Güterbesitzer [53] auf einen Platz zusammenrufen zu lassen, werde ich niemals anraten; diese Maßregel würde großen Lärmen im In- und Auslande, viel Geschrei, vielen Widerspruch und am Ende wahrscheinlich doch keine konsequenten vernünftigen Resultate hervorbringen. Man erwäge die gegenwärtige Lage Bayerns wohl. Wir haben im Innern einige selbstsüchtige, beleidigte, exzentrische Köpfe; die Regierung, welche egoistischen, unmoralischen Menschen nicht immer mit vollen Händen entgegenkommt, findet zu allen Zeiten Gegner; solche Menschen machen und ergreifen gleich Partei, und die Wirkungen des Parteigeistes kennt jedermann, der die alte und neuere Geschichte des Menschengeschlechtes mit Aufmerksamkeit studiert hat; solchen Menschen muß eine kluge Regierung niemals Spielraum geben; sie muß die Staatsgebrechen, welche solche Menschen immer zum Vorwande ihres Geschreies nehmen, schnell und mit Entschlossenheit vorzüglich in gegenwärtigen Zeiten heilen, wenn anders Anarchie vermie[54]den werden solle; überdies stehen fremde
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Vorberichte, o. O. 1799, und durch den Neuesten landständischen Bundbrief mit Erläuterungen, o. O. 1800. Der Antrag Utzschneiders vom 10. 8. 1799 findet sich im Hauptstaatsarchiv München, Abt. I, Altbayerische Landschaft, Lit. 795, Nr. 38.
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Armeen immerhin in der Nachbarschaft, welche die in Bayern entstehenden oder vielleicht auch nur besorglichen Unordnungen unter allerlei Vorwand für sich benutzen können; in keinem Lande kann man die Politik dem großen Haufen überlassen; man nehme die unmenschlichen Erschütterungen in Frankreich, die Schwäche des polnischen Reichstages zum Beispiele, und man wird sich von dieser Wahrheit leicht überzeugen; die Regierung ist nur dann stark, wenn sie nach reinen, allgemein bekannten Grundsätzen handelt, aber sich Einheit in der Ausübung dieser Grundsätze zu verschaffen weiß; fehlt eines oder das andere, so ist die Regierung schwach. Zu große Popularität, Furcht für dem Schreien der Faktionärs, Unachtsamkeit der Regierung, sich ihre Rechte schmälern zu lassen, muß niemals eintreten; Se. Kurfürstliche Durchlaucht verlieren j a nie die Wahrheit aus den Augen, daß es ein großer, ein bei der Nation selbst unverantwortlicher Fehler wäre, wenn die Regierung jetzt Schwäche zeigen, wenn [55] sie jetzt die Zügel einem vielköpfigen unvorbereiteten Körper, welchen Egoismus, Rechthaberei, beleidigter Ehrgeiz, in- und ausländische Bestechungen, Unfähigkeit in Behandlung der öffentlichen Angelegenheiten gar leicht irreleiten können,'überlassen wollte; die Regierung muß ihre Pflichten, aber auch ihre Rechte kennen. Mit Rücksicht auf alle diese Bemerkungen dürften Se. Kurfürstl. Durchlaucht etc. fest und entschlossen einherschreiten und mit Weisheit und Liebe zur bayerschen Nation den allgemeinen Landtag folgendermaßen beginnen: Einige wenige sachkundige Männer (viele nützen beim ersten Entwürfe nichts, mehrere sollen die gemachte Arbeit nur prüfen) sollen die alte erklärte bayersche Landesfreiheit zur Hand nehmen, alle Punkten derselben mit Aufmerksamkeit durchgehen, das Unbrauchbare ausstreichen, das Mangelnde ersetzen und am Ende ein solches Ganzes verfertigen, welches den [56] dermaligen Kenntnissen und Zeitumständen anpaßt und alle Verhältnisse des regierenden ryumauses zur bayerschen Nation im Grundsatze genau bestimmt, also einen förmlichen Staatsgrundvertrag für Bayern unter dem in Bayern schon bekannten und beliebten Titel Bayersche erklärte Landesfreiheit bildet. Die Verhältnisse zum teutschen Reich sollen mit Vorsicht unverletzt bleiben. Ist diese Arbeit vollendet, von mehreren geprüft und erhält dieselbe die höchste Begnehmigung Sr. Kurfürstl. Durchlaucht etc., auch den hohen agnatischen Konsens, so sollen unverzüglich die erforderlichen Exemplarien an sämtliche Landstände und auch an alle Gemeinden in Bayern abgesendet werden, damit sowohl die Landstände als sämtliche Gemeinden hierüber unter einem vorgeschriebenen Termine ihre Erklärung zur Annahme oder Nichtannahme dieses bayerschen Staatsgrundvertrages abgeben können. [57] Erfolgt diese Annahme (wie nicht zu zweifeln ist, wenn man in der Auswahl der Kommissairs und der Beamten und in der Behandlung der Pfarrer vorsichtig ist), so tritt alsdann die gegenwärtige landschaftliche Verordnung ab und die neue, wenn die alte nicht wiedergewählt wird, dafür ein. Die neue landschaftliche Verordnung wählen zum erstenmal Se. Kurfürstl. Durchlaucht etc. selbst und schlagen die gewählten Mitglieder auf obige Weise
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sowohl den Landständen als den Gemeinden zur Annahme vor. Der einmal gewählte Verordnete kann von Sr. Kurfürstl. Durchlaucht etc. seines Platzes nicht mehr willkürlich entsetzt werden; geht einer der Verordneten in der Folge ab, so wird der Platz durch freie Wahl der Verordneten ohne Einfluß der Regierung nach einer in der erklärten Landesfreiheit vorgeschriebenen Form wieder ersetzt. Unfähige parteisüchtige Menschen sollen sich in die Verordnung niemals eindringen können; Selbständigkeit des ganzen Staats[58]körpers und nicht mehr die Befreiungen einzelner Klassen, Schutz des Eigentumes und des Vermögens der Nation und nicht mehr bloße Erhaltung einzelner, oft dem ganzen Staatskörper schädlicher Freiheiten sollen der Gegenstand der landschaftlichen Beratschlagungen in Zukunft sein; bisher lähmte die landschaftliche Verordnung sehr oft die Regierung, machte sie schwach, um desto leichter die ständischen Befreiungen gegen sie behaupten zu können, und brachte es am Ende dahin, daß Bayern nun wirklich am Rande des Abgrundes stehet, keine Selbständigkeit mehr hat und von keinem benachbarten Staate einer festen Allianz mehr gewürdiget wird. Traurig ist es für jeden edeldenkenden Bayer, die Regierung seines Vaterlandes so geschwächt und nirgends eine Hülfe, am allerwenigsten vom dermaligen landschaftlichen Körper zu sehen. [59] Wird der Landtag auf solche Weise gehalten, so gewinnt der Faktionsgeist keinen Spielraum, Unruhen sind ganz und gar nicht möglich, die Regierung behält ihr Ansehen, und alle vernünftigen Menschen werden diesem Schritte, dem Vaterlande eine zweckmäßige, das Eigentum der Nation sichernde und alle Verhältnisse des regierenden Fürstens zur Nation bestimmende Verfassung zu geben, ihren ungeteilten Beifall geben; die benachbarten Staaten werden Seiner Kurfürstlichen Durchlaucht etc. danken, auf eine vorsichtige und wohltätige Weise Ordnung und Ruhe im Innern erhalten zu haben; vielleicht werden dieselben selbst dieses Beispiel nachahmen, um künftigen Unordnungen vorzubeugen. Werden diese Grundsätze, diese Vorschritte gnädigst begnehmiget, so könnte vielleicht das beiliegende Reskript an die landschaftliche bayersche Verordnung zur Beantwortung ihrer [60] Vorstellung vom 27. Jänner 1. J., in welcher dieselbe um die unverzügliche Einberufung eines Landtages ansucht, erlassen werden. München, den 1. Februar 1800. J. Utzschneider, kurfürstl. geheimer Referendär
[ ] E. Entwurf zu einer neuen der Landesfreiheit in Bayern.
Erklärung
[ ] Unsere glorreiche Regierungsvorfahrer, nachdem sie in der Person Ottos wieder auf den herzoglichen Stuhl Bayerns eingesetzt worden, haben ihren großen und vielfachen Verdiensten um das Bayerland — in welchem sie nach dem Umstürze der ältesten sowohl öffentlichen als Privatrechte erst auf ein neues Einheit
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und Konsistenz herstellten, einen Gewährstand schufen, dem verderblichen Sy[78]steme der bewaffneten Selbsthülfe und der Leibeigenschaft ein Ende machten und dem Ganzen neue K r a f t von innen und außen mitteilten — dadurch die Krone aufgesetzt, daß sie nicht nur ein dem dermaligen Zustande der Dinge angemessenes bürgerliches und Polizeigesetzbuch-verfassen, sondern diesem auch unter dem Namen der Landesfreiheit alle jene Privilegien und Freiheiten, welche sie von Zeit zu Zeit teils der ganzen Nation, teils einzelnen Individuen und Korporationen zur Sicherung ihrer Rechte erteilt hatten, einverleiben ließen, dem Lande auf solche Weise eine feste, dauerhafte Verfassung gaben und ihrer eigenen, bis dahin unbestimmten Regentenmacht freiwillig Schranken setzten. Diese Landesfreiheiten, zwar auf einer allgemeinen, unverrückbaren Basis beruhend, wurden doch öfter mit gemeinsamer Verabredung teils erweitert, teils verenget; vorzüglich aber, wenn der Gang der Zeiten Mißbräuche, Verletzungen und Gebrechen herbeiführte, zu deren Abhelfung sie «nicht einwirkend schienen, genauer bestimmt, verstärkt oder [79] gemäßigt und erklärt; daher sie auch den Namen der erklärten Landesfreiheit erhielten. Wäre es Uns nur um Ausdehnung Unserer Landesfürstlichen Macht und um willkürliche Ausübung derselben zu tun, so würden Wir die erklärte Landesfreiheit, welche schon bei der letzten Gesetzrevision ihre Stelle in dem allgemeinen Gesetzbuche verloren hatte, als eine veraltete Waffe der Vorzeiten in ihrem schlummernden Zustande belassen; allein da Wir Uns durchaus vorgenommen haben, offen und redlich mit Unserem Volke zu Werke zu gehen und Unser Regentenamt nach Grundsätzen, die die allgemeine Bekanntmachung nicht zu scheuen haben, zu führen, so haben Wir Uns entschlossen, diese Grundsätze, wie sie in der ältesten Landesverfassung liegen, durch eine neue Erklärung der Landesfreiheit in das allgemeine Andenken zurückzurufen. [80] Wenn durch den Umlauf der Zeiten neue Bedürfnisse und Ereignisse den Zustand der Länder verändern, so dürfen weder die Politik noch die Gesetzgebung es sich herausnehmen, durch trotzige Beharrung auf dem unbrauchbar gewordenen A l t e n dem Besten der gegenwärtigen und zukünftigen Generationen aus blinder A c h t u n g für die vergangenen, die doch auch für ihre, nicht für die verflossenen Zeiten handelten, entgegenzuwirken; so wie sie auch andererseits nicht kleinmütig genug werden dürfen, sich von dem Strome der Zeit widerstandslos und blindlings hinreißen zu lassen und alles Alte dem scheinbar bessern Neuen ungeprüft aufzuopfern. A u s diesem Grunde sehen Wir Uns ebensowohl von Gerechtigkeitsliebe als Regentenklugheit bewogen, die Basis der ältesten Grundverfassung Bayerns — welche in der notwendigen Mitwirkung der Landstände zu gewissen bestimmten Regierungsgeschäften, dann verschiedenen einzelnen Personen und Korporationen erteilten und in das Privateigentum übergangenen Rechten und Befreiungen beste[8i]hen — unverrückt beizubehalten; zugleich aber auch in diese neue Erklärung der Landesfreiheit einige, selbst mit bedeutenden Aufopferungen von Unserer Seite verbundene Zusätze und Abänderungen aufzunehmen, welche, ohne jene Basis zu erschüttern, sie vielmehr für die Zukunft befestigen, den Absichten
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der Stifter derselben entsprechen und den gegenwärtigenBedürfnissen des Landes und dem fortschreitenden Geiste der Zeiten angemessen sein sollen. Auch diese mit aller möglichen Mäßigung gemachten wenigen Veränderungen wollen Wir nichts weniger als durch Unsere eigene landesfürstliche Machtvollkommenheit allein durchsetzen, sondern legen sie der öffentlichen Prüfung und feierlichen Genehmigung derjenigen vor, zu deren Glück und Wohl sie die künftige Grundlage ausmachen sollen. [82] Regent von
Bayern
Unserm Durchleuchtigsten Hause gebühret die mit Einwilligung der Nation unter der Garantie des deutschen Staatenbundes erhaltene herzogliche Würde in Bayern erblich. Die Regierung über Bayern kann niemals unter mehreren Gliedern der Regierenden Familie geteilt oder gemeinschaftlich von ihnen geführt werden; Bayern erkennet nur einen alleinregierenden Fürsten nach dem strengen Rechte der Erstgeburt im männlichen Geschlechte. Die Teile des bayerischen Staatskörpers machen ein einziges unzertrennbares Ganze aus; nichts davon darf verkauft, versetzt oder wie immer veräußert werden ohne Einwilligung der Nation und der garantierenden Mächte; vielmehr müssen die gemachten Veräußerungen an Gütern, Renten und Rechten bei sich ergebender Gelegenheit wieder mit dem Ganzen vereiniget werden. [83] Verhältnisse
gegen das deutsche
Reich
Bayern ist an die nach der deutschen Konstitution mit Beiwirkung seiner Regenten gegebene allgemeine Reichsgesetze gebunden, wenn nicht die ihm wie anderen Reichsländern zukommenden besondern Rechte die Anwendung derselben aufheben. Die Garantie des Reiches gilt sowohl für die ganze bayerische Nation und jeden einzelnen gegen Uns als ihrem Fürsten, wenn Wir oder Unsre Nachfolger Unsern von dem Reiche anerkannten Pflichten entgegenhandeln sollten, als für Uns und Unsre Nachfolger gegen die Nation und jeden einzelnen, wenn sie Uns den schuldigen Gehorsam verweigern sollten. Wir sind verbunden, die Rechte der bayerischen Nation bei dem Oberhaupte der allgemeinen Versammlung und den Gerichten des deutschen Reiches zu vertreten und zu bewahren und jede Unse[84]rem anvertrauten Lande nachteilige Veränderung nach Unsern Kräften zu verhindern. Landesfürstliche
Macht
Wir erklären hiermit öffentlich, daß Wir die Uns von der Vorsehung anvertraute fürstliche Macht als ein Uns aufgetragenes Amt ansehen, das Wir nicht zu Unserem oder einiger weniger, sondern zum allgemeinen Besten zu führen durch heilige Pflichten verbunden sind.
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Der Hauptzweck dieses Unseres Amtes ist, äußere und innere Sicherheit herzustellen, öffentliche Ruhe und Ordnung zu erhalten, die Personen und das Eigentum aller Staatsmitglieder zu beschützen und dadurch einem jeden die Bahn zu ebnen, durch ungehinderte Anwendung seiner Kräfte auf jede andere[n] unschädliche Art seine Glückseligkeit zu befördern. [85] Unsere Regierungsgeschäfte teilen sich dadurch in zwei Hauptzweige, in die äußeren, welche die Verhältnisse mit dem deutschen Reiche, mit auswärtigen Fürsten und Regenten, Staatsbündnisse, Krieg und Friede betreffend; und dann in die der innern Landesverwaltung, welche die Erhaltung innerer und äußerer Sicherheit, die Verfassung allgemeiner Gesetze, die Gerechtigkeitspflege, die Erhebung und Verwendung der Staatseinkünfte, dann die Aufsicht und Leitung der öffentlichen Wohltätigkeit, Erziehung und Sittenbildung als besondere subordinierte Zweige unter sich begreift. Z u diesen Geschäften ordnen Wir einen unter den Augen Unserer Höchsteigenen Person und unter der Leitung zweier Minister deliberierenden Staatsrat, dann mehrere teils instruierende, teils vorbereitende, teils ausführende Kollegien und Beamte in stufenweiser Absteigung an. [86] Zu allen diesen Stellen haben Wir allein das Recht zu ernennen; Wir versprechen aber hiemit feierlich, keine andere als ihrem Amte durch Talente und Kenntnisse vollkommen gewachsene und ihrer Rechtschaffenheit nach geprüfte Subjekte zum öffentlichen Dienste und zu gewissen höhern Stellen keine andere als inländische Güterbesitzer zu ernennen. Da es Uns sowohl als dem ganzen Lande höchstens daran gelegen ist, untreue oder unfähige Menschen zu dem öffentlichen Dienste nicht anzustellen oder sie sobald als möglich wieder davon zu entfernen, so werden Wir ein Regulativ, wodurch ihre Anstellung gleich im Anfange verhindert oder ihre Entdeckung und Wiederausschließung bewirkt werden kann, mit größter Vorsicht festsetzen und es keineswegs als eine Beschränkung Unserer Gnadenverteilung betrachten, wenn Wir sie an Unwürdige zu verschwenden (was allezeit Unserem Willen entgegen ist) Uns selbst hindern. Dagegen sollen getreue Staatsdiener, gegen deren Amtsführung keine gegründete Klage Platz gegriffen, nicht nur eine anständi[87]ge, und verhältnismäßige bestimmte Besoldung genießen, sondern auch derselben nie ohne Urteilsspruch beraubt werden können.
Landschaft Die herzogliche Macht dehnt sich zwar auf alle Zweige der Staatsverwaltung aus, alle andere Macht im Staate geht von ihr als ihrer Quelle aus und bleibt ihr wesentlich untergeordnet. Doch ist diese Machtausübung in einigen Punkten gemäß der Landesverfassung an die mitwirkende Vernehmung oder Einwilligung gewisser Individuen und Korporationen gebunden.
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Diese Individuen und Korporationen heißen- Landstände, ihre Versammlung ein Landtag, der von dem letzten Landtage verordnete Ausschuß die landschaftliche Verordnung. [88] Die Teilnehmung oder Nichtteilnehmung der Bewohner Bayerns an den gemeinsamen landschäftlichea Rechten teilte sich bisher den politischen Rechten nach in ständische und nichtständische; weder Geburt noch Lebensart begründen in Bayern nach der Landesverfassung diesen Unterschied, indem kein Adliger, wenn er nicht ein ständisches Gut besitzt, das Recht hat, auf dem Landtage zu erscheinen, dagegen aber sowohl die Bürgerschaft als Körper und mehrere Bauern persönlich dasselbe genießen; auch werden die ersten und ältesten Landesfreiheiten, welche die Grundlage aller landschäftlichen Rechte ausmachen, allen Landeseinwohnern ohne Unterschied, Armen und Reichen, Edeln und Unedeln erteilt und berechtigen also auch alle, verhältnismäßig an ihrer Ausübung teilzunehmen. Eine anfänglich unbestimmte, dann vor Jahrhunderten in eine Matrikul gebrachte Observanz hat jenes Recht auf gewisse, teils einzelne Güter, teils bürgerliche Korporationen, teils Vorsteher geistlicher Korporationen fixiert; indessen macht diese Matrikul weder einen wesentlichen Teil der Landesverfassung aus, noch ist sie jemals auf gleiche Art wie andere landständische Privilegi[8g]en von dazu berechtigten höchsten Stellen sanktioniert worden; auch kann sie die dadurch ausgeschlossenen Güterbesitzer, Korporationen und Landleute, welche ihrem Rechte zur Landtagsfähigkeit niemals entsagt haben und deren stillschweigende Einwilligung, sich durch andere repräsentieren zu lassen, nicht länger als das Vertrauen, worauf sie gegründet war, dauern kann, ebensowenig durch den bloßen Nichtgebrauch desselben berauben, als eine stillschweigend geduldete Selbstprorogation einer vor mehr als hundert Jahren eingesetzten Verordnung die Landstände ihres Rechtes, auf einem Landtag zu erscheinen, beraubet hat. Seit den Zeiten der verfaßten Landtagsmartrikul hat sich der ganze Zustand der Kultur und der Verhältnisse der Stände untereinander auf eine solche Art verändert, daß dem ackerbauenden Landmanne auch itzt noch ferner alle eigene Repräsentation zu versagen mit der Gerechtigkeit selbst im Widerspruche steht; so wie das Interesse des Landmannes seit der Verfassung dieser Landtagsmatrikul durch das unentbehrlich gewordene Steuer- und Verteidigungssystem viel [90] näher an das Wohl des Staates geknüpft worden ist, so hat es sich andererseits von dem seiner Grundherren und der bürgerlichen Korporationen weiter abgetrennt. Seine Leistungen gegen die ersteren sind fast durchgängig durch genaue Grenzen bestimmt, anstatt daß ehehin die Vermischung seines Nutzens mit dem Nutzen seines Grundherrn diesen zu seinem natürlichen Beschützer und Repräsentanten machte. Die Rechte des Ober'eigentumes und der Nutznießung sind itzt so voneinander geschieden, daß sie nicht nur sehr wenig miteinander gemein haben, sondern auch häufig im geraden Widerstreite miteinander liegen. Wenn in keinem bürgerlichen Streithandel — er betreffe auch nur das einzelne Recht auf ein unbedeutendes Eigentum — der einen Partei, wenn man ihr auch alle mögliche Einsicht, Gerechtigkeit und selbst Wohlwollen gegen ihren Gegner zutrauen darf,
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vor den Augen der Gerechtigkeit zugestanden wird, sich als Sachwalter und Stellvertreter dieses seines Gegners zu verhalten; um wieviel weniger können die ständischen Grundherren noch ferner bei der allgemeinen Gesetzgebung und Steuerbewilligung (diesen großen Prozessen, wodurch auf ein[91]mal und für lange Zeiten über das Eigentum aller einzelnen zu entscheiden ist) als die Geschäftführer des Landmannes, dessen Interesse von. dem ihrigen so verschieden ist, auftreten. Da nun also der Stand des Landmannes als des Nutznießungsherrn fast alles bayerschen Grund und Bodens sowohl seiner Zahlmenge als seiner produzierenden Arbeit halber für den Staat von der größten Wichtigkeit, seine Abgaben von dem größten Betrage, sein Interesse mit dem des Staates innigst verbunden und doch bei den höchsten Landesangelegenheiten überall nicht repräsentiert und von seinen Grundherren nicht mehr repräsentierbar ist; so haben Wir als geborner Repräsentant und Beschützer aller Ünsrer getreuen Untertanen nach dem in seinen Staaten gegebenen Beispiele des glorreichen Kaisers Leopold II. mit Genehmigung Unserer bisherigen Landesstände dem Grundeigentum besitzenden Landvolke einen Anteil an der landschäftlichen Verordnung und zwar dergestalt zu verleihen Uns bewogen gefunden, daß seine Repräsentanten den dritten Teil der ganzen Verordnung ausmachen und für [92] das erste Mal um die Sache in schnelleren und ordentlichen Gang zu bringen, von Uns unmittelbar ernennt, in Zukunft aber auf die noch gemeinschäftlich von Uns und der Landschaftsverordnung festzusetzende Art gewählt sowie auch der Anteil des Landvolkes an einer allgemeinen Landesversammlung ferners bestimmt werden solle. Die landschäftliche Verordnung soll also in Zukunft zum Teil aus Repräsentanten des ein Obereigentum besitzenden Adels, wozu auch die Vorsteher der geistlichen Kommunitäten, da ihre Qualität als Geistlicher hier in keinen Betracht gezogen werden kann, und zwar nach dem bisherigen Verhältnis der Hälfte zu rechnen sind, so daß sechs Adelige und drei geistliche Güterbesitzer diese Klasse ausmachen sollen; ferner aus acht Repräsentanten der bürgerlichen Korporationen oder Städte und Märkte, endlich aus acht Repräsentanten des gesamten Grundeigentum besitzenden Landvolkes bestehen. [93] Diese 25 Verordneten haben alle der Landschaft ordentlich zukommende Geschäfte nicht nach Kurien, sondern nach Zivilstimmen definitiv zu entscheiden; in außerordentlichen oder die Landesverfassung ändernden Fällen aber ihre Vorschläge an ihre Kömmittenten, die Güterbesitzer, Städte, Märkte und Dorfgemeinden, mit Unserem Vorwissen zur Bekräftigung oder Verwerfung abzusenden. Ein allgemeiner Landtag kann aber nur von Uns allein ausgeschrieben und einberufen werden. Über die Organisation ihrer Geschäftsführung und die Anstellung des subordinierten Personals hat die Verordnung allein, doch in Rücksicht der darauf zu verwendenden Kosten mit Unserem Vorwissen zu disponieren.
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Staatssicherheit
Nur eine Kriegsmacht schützt neben natürlichen Allianzen die Nation gegen Gewalttätigkeit und Einbrüche fremder Völker. Inländischer Reichtum reizt die Nachbarn zum Kriege aller Art; dieser Reichtum muß geschützt werden. Bei den gegenwärtigen Verbesserungen in der Kriegskunst, bei den Fortschritten der Landwirtschaft, bei der Aufnahme der Manufakturen, welche den größten Teil des Volkes zum Kriege untauglich machen, kann dieses nur durch ein wohlorganisiertes stehendes Heer, das an Ordnung, Regelmäßigkeit und pünktlichen Gehorsam gewöhnt ist, geschehen. Die Geschichte aller Zeiten beweiset, daß Milizen einem disziplinierten und geübten stehenden Heere immer unterliegen und nur dann dem Feinde einigen Widerstand leisten, wenn sie schon in Friedens[95]Zeiten pünktlich zu gehorchen gelernt haben. Eine zivilisierte Nation kann sich demnach auf die Verteidigung einer Miliz nicht verlassen, sie muß zum stehenden Heere gebildet und organisiert sein. Selbst die Fortdauer und Ausbreitung der Zivilisation sowie die bürgerliche Freiheit gewinnt in mancherlei Hinsicht dabei. Die landesfürstliche Macht hat aus diesen Gründen die Obliegenheit, ein wohlgeordnetes stehendes Heer, das den Kräften der Bevölkerung und der Beschäftigung der bayerischen Nation angemessen ist, aufzustellen und wegen seiner Verpflegung mit der landschaftlichen Verordnung zu unterhandeln.
[96] Gesetzgebung Wir halten es für die erste Unserer Regentenpflichten, durch allgemein geltende Gesetze das Beste Unseres Landes zu befördern. Wir werden in dieser Absicht eine eigene bleibende Gesetzkommission zur Revision der bisherigen Gesetze, zur Verfertigung eines neuen, den Bedürfnissen Unserer Zeiten angemessenen Gesetzbuches, dann zur Prüfung aller zukünftigen neuen Gesetze niedersetzen. Neue Gesetze, welche eine Änderung der hiemit festgesetzten Landesverfassung mit sich bringen, können nicht anders als mit Einwilligung der Landschaft; solche, welche die bisherige Art der Erwerbung und Transferierung der Eigentumsrechte verändern, ferner Regierungsakte, welche in das Eigentum der Nation eingreifen, können nicht ohne Beratung der Landschaft gemacht werden; zu welchem Behufe die landschaftliche Verordnung von einer jeden ih[g7]rer drei Klassen einen Deputierten, welche der Gesetzkommission beizuwohnen und das Interesse ihrer Kommittenten zu besorgen haben, ernennen soll. Kein neues Gesetz, welches, ohne die Gesetzkommission gehört zu haben, an Uns oder Unsern Nachfolgern promulgiert werden dürfte, soll giltig oder die darauf sich gründende Akte von Bestand sein; so wie es Uns auch niemals erlaubt sein soll, ein einmal rechtmäßig gemachtes Gesetz zu übertreten oder von Unsern Staatsdienern übertreten zu lassen.
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Kein Gesetz kann eine zurückwirkende Kraft haben, sondern sie gelten alle nur von der Zeit ihrer Promulgation an. Von einem bestehenden Gesetze in einzelnen Fällen zu dispensieren soll Uns nicht zustehen, wenn dadurch das Interesse eines Dritten verletzt wird, und auch außerdem nicht ohne Vernehmung der Gesetzkommission. [98] Gesetze müssen auf eine Art promulgiert werden, daß sie zuverlässig zur Kenntnis derjenigen kommen, denen, sie zu wissen, daran liegt. Zu diesem Behufe sollen zweckmäßige Auszüge aus den allgemeinen und besondern Gesetzbüchern für das Volk und die besonderen Stände gemacht und beim öffentlichen Unterricht gebraucht werden. Die Gesetzgebung muß der Regel nach allgemein sein; doch soll dadurch einzelnen Gemeinden, Korporationen und Ortschaften das Recht, über die aus ihrem Gewerbe und Lokalnachbarschaft fließenden Verhältnissen Lokalverordnungen zu entwerfen, nicht benommen sein, so wie auch bestehende Lokalobservanzen und Gewohnheiten, wenn sie nur nicht offenbar der Gerechtigkeit und Billigkeit entgegen sind, ihre fortdauernde Giltigkeit haben sollen. Da es aber Uns als Fürsten zukommt, über alles zu richten und die Rechtssprüche zu exequieren; da ferner blinde, vage und unbestimmte Observanzen nur zum Deckmantel der Gewaltfatsamkeit und Überlistung dienen; so sollen alle Lokalobservanzen und Ge[99]wohnheiten jeden Orts unter Leitung der Polizeiobrigkeit gesammelt, aufgezeichnet, von den betreffenden Gemeinheiten nach der Stimmenmehrheit genehmiget, von Unserer Gesetzkommission geprüft und von Uns sanktioniert werden, alle übrige aber als nicht bestehend betrachtet und in den betreffenden Fällen nach dem allgemeinen Rechte verfahren werden. Gerechtigkeitspflege Nach der einmal festgesetzten Gesetzgebung allen Landeseinwohnern, Armen wie Reichen, gleiche, schleunige und unparteiische Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, erkennen Wir als Unsere strengste und ünnachläßliche Pflicht. Die Gerechtigkeitspflege ist teils strafend, teils bürgerlich; erstere verfährt entweder auf Klage der einzelnen bei Privatvergehungen oder von Amts wegen bei Verletzungen der Sicherheit des Ganzen. [100] Niemand darf willkürlich und ohne offenbare Gründe verhaftet werden; die Verhaftung des noch nicht Verurteilten darf außer der Versicherung seiner Person keine andere beschwerende Behandlung mit sich führen. Niemand darf außer seinem Gerichtsbezirk vor keinen andern als seinen ordentlichen Richter gezogen werden. Bei Vergehungen gegen Private darf nicht anders als auf ausdrückliche Klage des Beleidigten, mit Vorbehalt, sich während des Verlaufes des Prozesses jederzeit vergleichen zu dürfen, verfahren werden. Die Untersuchung soll auf das schleunigste vorgenommen und der, welcher von seinem eigenen Gute oder durch fremdes Borgschaft seiner Stellung vor Gericht leistet, außer peinlichen Verbrechen, nicht länger im Verhafte behalten werden. 17
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[101] Diese Achtung der persönlichen Freiheit seiner Mitbürger zu leisten, ist jeder Richter und jede Gerichtsperson auf sein eigenes Gut und Person verantwortlich; alle dagegen woher immer ausgestellte Befehle dürfen als nicht geltend betrachtet, vielmehr soll der sie vollziehende mitverantwortlich dafür gemacht werden. Aller direkte oder indirekte Anteil des Gerichtspersonals an den Strafgeldern ist als für sich zur Ungerechtigkeit reizend aufgehoben. Jede Bestrafung in den niederen Gerichten muß in Gegenwart zweier dem Angeklagten bekannten und als unparteiisch anerkannten Männer und mit ihrer Vernehmung ausgesprochen werden. Den Beschuldigten vor höheren Gerichten muß ein Verteidiger gestattet, den Armen von Amts wegen selbst zugeteilt werden. [102] Es sollen Uns Strafanstalten und eine Untersuchungsart in Vorschlag gebracht werden, wodurch die Tortur entbehrlich und Todesstrafen, wo nicht ganz Unnötig, doch wenigstens seltener gemacht werden. Keine Begnadigung soll ohne Vernehmung der Gesetzkommission und nur nach Grundsätzen, welche für alle andere ähnliche Fällen gelten können, erteilet werden. Kein Richter kann in eigener Sache, also auch kein Grundherr über Prästationen seiner Grundholden Recht sprechen; er soll für diesen Fall seine Amtsübung delegieren; insofern Wir als regierender Fürst auch Privatgüter besitzen, stehen Wir mit Unsern Untertanen vor ihren gewöhnlichen Gerichten. [103] Unsere Geschäftsführer müssen sich allen andern Rechtsregeln unterwerfen. Kein den Justizgang aufhaltender Befehl darf von den Richtern unter eigner Verantwortlichkeit geachtet werden. Da es zur richtigen Führung ihres Amtes notwendig ist, daß die Richter ebensowenig von der bloßen Gnade des Fürsten als von der Menge und Gunst der Kläger abhängen, so müssen sie eine hinreichende stehende Besoldung haben und selbe so lange genießen, als sie ihrem Amte getreu vorstehen, eben darum aber unter der für alle Staatsdiener verordneten strengen Aufsicht und Zensur stehen. Die Taxen sollen nicht als ein Finanzgegenstand, sondern als ein den Gerichtsgang leitender und die Prozeßlust aufhaltender Zaum betrachtet und demnach eine neue gemäßigte Taxordnung hergestellt werden. [104] Die niedern Gerichte sollen alle — die Lokalitäten ausgenommen — nach einerlei Gesetzen, unter der Oberaufsicht der höheren Stellen, mit dem Berufungsrechte dahin in bestimmten Fällen an einem so gelegenen Orte, daß jeder in einem Gerichtsbezirke Eingesessene seine Geschäfte in einem Tage abmachen kann, an belangten Gerichtstagen in Gegenwart einiger aus dem Gerichtsbezirk ausgewählter erfahrner Beisitzer, um sie auf der Stelle um Tatsachen befragen zu können, gehalten werden. Ein in jeder Gemeinde zu wählender Grundbesitzer hat als Obmann die Gerichtsgeschäfte in seiner Gemeinde und mit Beiziehung einiger Mitgemeinen die kleine Polizei zu besorgen. Die Gerichtspersonen können keine von den Untertanen durch sie selbst zu erholende Einkünfte haben.
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[105] Alle was immer für einen Namen habende Abgaben werden von einem besondern Kameralbeamten erhoben und verrechnet. Alle Gerichts- und Kameralbeamte haben ein Tagbuch über ihre Amtsverrichtungen zu halten, wornach ihnen als Supplement ihrer stehenden Besoldung eine Deservitenbezahlung zur Anspornung ihres Fleißes jährlich begutachtet wird. Mit jedem Gerichte ist ein öffentliches Notariat verbunden, welches nach einem zu verfassenden und auf Vorbeugung künftiger Prozesse abzielenden Regulative alle Verhandlungen unter Privaten aufzunehmen und zu legalisieren hat. Das Notariat über Geburten, Ehen, Todesfälle haben als Beamte des Staates die Ortspfarrer nach einer mitzuteilenden Norma zu führen und Auszüge daraus jährlich an die Regierung einzusenden. [106] Den Pfarrern übertragen Wir gleicherweise in Familienstreitigkeiten zwischen Eltern und Kindern, Geschwisterten und Eheleuten eine erste friedliche Verhandlung mit Beiziehung der Verwandten oder Ortsvorsteher; so wie Wir ihnen auch die Aufsicht über die Schulen, das Armenwesen und die Verwaltung der Kirchengüter übertragen, in welchen letzten drei Rücksichten sie in kleine Bezirke einzuteilen sind, um mit Beiziehung der Gerichtsobrigkeit auf bestimmten Kongreßtägen die gemeinschäftliche Geschäfte abzumachen und die Rechnungen abzulegen.
Wohltätigkeitsanstalten Die Versorgung der Armen, die Anleitung zu einer auf Sittlichkeit abzielenden Religion und der Unterricht in den zum bürgerlichen Leben notwendigen Kenntnissen machen einen untergeordneten Staatszweck aus, ohne den sein Hauptzweck, die öffentliche Sicherheit, nicht unterhalten werden kann. Die [107] durch die Freigebigkeit der Vorzeiten und besonders Unserer Durchl. Vorfahrer zu diesem Zwecke bestimmten Fonds unter dem Namen der Kirchengüter und milden Stiftungen machen ein Gemeingut der ganzen Nation aus. Der Staat hat, außerordentliche Notfälle ausgenommen, kein Recht, sie außer dem obbenannten Kreise ihrer Zwecke zu verwenden; wohl aber kömmt Uns als gebornen obersten Vögten aller Kirchen, Schulen und Armen das Recht zu, sie innerhalb ihres Kreises mit Beiziehung der berechtigten Kumulative und billiger Schonung der einmal angestellten Individuen nach den Bedürfnissen der Zeiten, mit Vernehmung Unserer Gesetzkommission, von einem Zweige auf andere zu transferieren und zu verwenden.
[108]
Staatseinkünfte
Die Basis der zur Bestreitung aller Staatsausgaben erforderlichen Einkünfte machen die Unserem Regentenhause zuständigen Privatgüter und lukrative Rechte, dann die Uns der Regel nach allein gebührenden Regalien unter dem gemeinsamen Namen des Kammergutes aus. 17«
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Insoferne obbenannte Basis nicht hinreichend ist, die erforderlichen Staatsausgaben zu bestreiten, wie sie auch wegen den dermaligen Verbesserungen in der Kriegskunst nicht mehr hinreichend sein kann, ist die Regierung berechtiget, die Untertanen zu einer für das allgemeine Beste notwendigen Beisteuer aufzurufen. Wir und Unsre Nachfolger sollen in keinem Falle berechtiget sein, eigenmächtig und ohne die Einwilligung der .landschaftlichen Verordnung Hand an das Vermögen Unsrer Untertanen anzulegen. [109] Die Verwaltung Unsrer Kammergüter gebührt Uns ausschließend; vor jeder weitern Steuerforderung wird der landschaftlichen Verordnung die Rechnung über die Verwendung der vorher bewilligten Steuern mitgeteilt zur Einsicht, daß die Steuern und wieviel davon zum bestimmten Zwecke verwendet worden. Der landschaftlichen Verordnung steht zu, auf den von Uns zu machenden Vorschlag über die Größe und Art der Steuern zu entscheiden, wobei Uns die strengste Pflicht obliegt zu wachen, daß nicht ein Teil Unsrer Untertanen auf Kosten der übrigen verschonet oder wohl gar begünstiget werde. Im Falle Wir und die Verordnung Uns nicht vereinigen könnten, soll eine größere Zahl von Verordneten zur Hälfte von Uns, zur Hälfte von der gewöhnlichen Verordnung einberufen, werden; in weiterem Falle die beederseitigen Vorschläge an alle Kommittenten zur einfachen Annahme oder Verwerfung mitgeteilt oder endlich der allgemeine Landtag zusammenberufen werden. [110] Die Erhebung, Verwahrung und Verwaltung der bewilligten Steuer muß von Uns und der Verordnung gemeinschäftlich geführt werden, um die Hebung derselben auf die leichteste, schnellste und wenigst kostspielige Art zu regulieren und allen unnötigen Kosten, möglichen Unterschleifen und Betrügereien vorzubeugen. Von beiden Seiten würde es Verletzung einer der heiligsten Pflichten und wahrer Eingriff in fremdes Eigentum sein, das, was der Untertan im Schweiß seines Angesichts erwirbt oder sich an seinen eigenen Bedürfnissen abbrechen muß, unnützerweise zu verschleudern oder gar in seinen eignen Privatnutzen zu verwenden. Da über eines andern Vermögen ohne seine Einwilligung zu schalten niemand, also auch nicht eine Generation über das der nachfolgenden zu schalten das Recht haben kann, Wir auch die Versäumung dieser Rücksicht bei Unsern Vorfahrern nur zu empfindlich fühlen, so müssen bei jeder zu machenden [ 1 1 1 ] Landesschuld sogleich die Mittel angegeben werden, um sie im Laufe einer Generation zu tilgen. Die Staatsausgaben sind nichts anders als die Bezahlung für die zu genießende Sicherheit der Person und des Eigentums; jeder also, welcher diese Sicherheit genießen will, ist auch schuldig, die Bezahlung dafür zu leisten; seine Abgaben müssen um so größer sein, je größer das Eigentum ist, dessen Erwerbung oder Erhaltung ihm der Staat beschützt. Jeder im Staate ohne Ausnahme ist verbunden, nach dem Verhältnis seines Vermögens Steuer zu bezahlen; besonders müßte es dem Gerechtigkeitsgefühle der Repräsentanten der Nation widersprechen, sich selbst von Abgaben befreien
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zu müssen, deren Last sie auf anderer Schultern legen. Auch Wir selbst entsagen hiemit für Unsre Privatbesitzungen aller Steuerbefreiung und unterwerfen Uns auch allen andern Staatsauflagen. Niemand soll in Zukunft mehr weder persönliche noch reelle, am wenigsten erbliche Steuerbefreiung erhalten können, auch nicht einmal für außerordentliche Verdienste, für deren Be[i 12]lohnung der Staat auf eine andere Art zu sorgen hat, weil jede Befreiung des einen nur die Hinüberwälzung der Staatslasten auf anderer Schultern ist. Diesem Grundsatze gemäß soll alsobald zu einer Katastrierung alles Grundbesitzes und lukrativer Rechte geschritten, zu ihrer fortwährenden Rektifikation ein Normale entworfen und hernach die Steuerperäquation entworfen werden. Es hängt von Unserer und der landschaftlichen Verordnung Übereinkunft ab, ob Wir die gegenwärtigen verschiedenen Zweige der Staatsausgaben beibehalten oder einfachere Arten der Besteurung einzuführen für gut befinden. Als Grundsatz soll aber festgesetzt bleiben, daß jedermann ohne Ausnahme nach seinem wahren Vermögen beizutragen schuldig sei und daß niemand zur Strafe seiner besondern Industrie besteuert werden dürfe. [113] Alle Steuern müssen also entweder auf den Grund und Boden als das Kapital der produzierenden Industrie oder auf die Konsumtion als den selbstbeliebigen Anzeiger des reinen Ertrages fallen. Würden Wir und die landschaftliche Verordnung auch Gewerbesteuern für rätlich finden, so soll dabei vorzüglich Sorge getragen werden, daß die Industrie im allgemeinen dabei nicht leide. Es soll nur Grund- und Konsumtions- und nur nach Umständen Gewerbsteuern geben. Personalsteuern ohne Rücksicht auf das Vermögen und eine demselben angemessene Klassifizierung sollen nie eingeführt und die eingeführten aufgehoben, Konsumtionssteuern aber auf eine Art reguliert werden, daß sie nicht zur Last der ärmsten Volksteile werden. Besoldungssteuern sollen als bloße bemäntelte Besoldungsverminderungen aufhören. [114] Bei allen Steuern muß der Bedacht dahin genommen werden, daß dabei der persönlichen Freiheit der Untertanen und der beliebigen Betreibung ihrer Arbeiten so wenig als möglich Eintrag und die Art der Erhebung mit den geringsten Unkosten geschehe. Fürstliche Kasten- und
Kirchenuntertanen
Wir wollen als oberster Grundherr aller zu Unsern Kastenämtern und Kirchen gehörigen Grundholden an ihrer Behandlung ein Beispiel aufstellen, wie Wir von andern Gründherren ihre Grundholden behandelt zu sehen wünschen. Wir wollen daher diesen Unsern Grundholden durch sukzessiv zu treffende Vergleiche mit ihnen volles Erbrecht mit terminmäßigen Laudemien erteilen, alle Scharwerke, wo es noch nicht geschehen, wie die Zehenten und Naturalprästationen in Geld [115] verwandeln, wie Wir auch diese Prästationen unter gewissen Bedingnissen für ablösbar erklären, alles Nachrecht und Abzugrecht innerhalb
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Unsers Gebietes nachlassen, in der Laudemialbehandlung allen eingeschlichenen, das Allodiale und fahrende Vermögen angreifende Mißbräuche kassieren, bei allen nach der Regel der Billigkeit geschehenden Teilungen der Kommungüter Unserem Anteile entsagen, Unsere Grundholden vor aller Jagdbeschädigung sicherstellen, sie der Jurisdiktion halber an die betreffende Landgerichte anweisen, ihre einmal katastrierte Gründe von dem Bande der Unauflösbarkeit des Hoffußes befreien, überhaupt alle die Wirksamkeit ihrer Privatindustrie hemmende Hindernisse aufheben und dabei Unsern Wohlstand gerade durch ihren Wohlstand am besten gesichert zu haben mit voller Uberzeugung glauben. [116] Grundherren
und
Grundholden
Grundherren und Grundholden sind, nach abgerechneter Jurisdiktion, Private, welche über gewisse Geld- und Naturalprästationen in einem von der Regierung sanktionierten und daher mit gewissen Vorzugsrechten begabten Kontrakte stehen. Wir sind als Beschützer aller Rechte verbunden, beide bei ihrem Rechte zu erhalten ; Wir werden also den Grundherren ihr Pfandungsrecht auf alle unleugbare Reichnisse, die privilegierte Schuld über Grundreichnisse bei Vergantungen, den Schutz gegen unbefugte Eingriffe Unserer Landgerichte über ihre Grundholden, den Rückfall der Güter nach verflossener Kontraktzeit und die gesetzmäßige Erneuerung dieses Kontraktes, das Weidwerk mit Vermeidung alles der Kultur schädlichen Mißbrauches, die Fischereien, Waldungen und Mineralien nach erweislichem Rechte auf jede legale Art beschützen und handhaben. [117] Denen damit begabten Individuen soll ihre Exekution von den gewöhnlichen Gerichtern sowie die persönliche Rechte und Ehrenvorzüge ungeschmälert, insbesondere aber die Hofmarksgerichte denen unangetastet bleiben, die sie mit erweislichem Rechte besitzen. Uber ihren Besitz und Ausdehnung soll eine geographische und historische juridische Tabelle von den Inhabern verfaßt und mit Bemerkungen der betreffenden Landgerichte an Unsere Höchste Stelle eingesendet werden; neue Hofmarksgerechtigkeiten sollen als Anomalien in der allgemeinen Rechtsverfassung nicht mehr erteilt, vielmehr bei dem Rückfalle der Güter auch die ehemaligen eingezogen, überhaupt auf ihre Reluition der Bedacht genommen, alle unbefugteAusdehnung derselben von den Landgerichten geahndet werden und insbesondere die Erwerbung der Gerichtsbarkeit auf neu an sich gebrachte einzelne Untertanen, um ihrer Ausbreitung ins Unabsehbare, einmal Schranken zu setzen, in Zukunft aufgehoben sein. [118] Die Hofmarksgerichte müssen sich nach den allgemeinen Gesetzen in den Taxen, der Polizei, der Gerichtsform richten; die Hofmarksrichter derselben Prüfung und Zensur wie die landesherrlichen unterworfen sein. Als Landesherren und allgemeinen Vogt der Armen liegt es Uns aber auch besonders ob, die Grundholden in Unsern Schutz zu nehmen und sie nicht der Willkür ihrer Grund- und Hofmarksherren zu überlassen oder im Falle einer Bedrückung bloß auf die
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traurige und mißliche Wohltat eines gegen den Mächtigern zu führenden Rechtsstreites anzuweisen. Darum soll ein jeder Grundherr gehalten sein, in bestimmter Zeitfrist ein legales Kataster seiner Grundholden und ihrer Pflichten an Uns einzuschicken, welches durch die letzten Verstiftungsbriefe kontrolliert sein muß. Es steht'Uns als Landsfürsten das Recht zu, diese Kontrakte, wenn sie ungerechte Eingriffe in das Allodialvermögen oder Nutznießungsrecht enthalten, gänzlich zu kassieren oder, wenn sie dem Gange der Industrie oder der Möglichkeit von Seite der Grundholden, dem Staate ihre Verpflichtungen zu leisten, [119] widersprechen-, mit oder ohne Klage zu moderieren. Um künftigen Übervorteilungen vorzubeugen, soll jeder erneuerte Grundkontrakt dem öffentlichen Notariate mitgeteilt und von demselben nach einem zu verfassenden Regulativ kontrolliert werden. Da es keine unbestimmte Schuld geben kann, so sind alle ungemessenen Scharwerke als naturrechtswiderig aufgehoben; Grundherren und Grundholden haben sich darüber unter landesherrlicher Ratifikation zu vergleichen (wobei auch eine Moderation eintreten kann); der getroffene Vergleich soll in das Saalbuch beim öffentlichen Notariate eingetragen, überhaupt aber auf eine sukzessive Verwandlung in Geld Rücksicht genommen werden. Nach hergestelltem Landkataster soll aller Hoffußverband bei allen Grundholden zessieren. Die Verhandlungen über Verhältnisse der Grundholden sollen jederzeit mit andern Mitgemeinen und besonders Abmeierungen nicht anders als nach den im Stiftbriefe angeführten Gründen nach ordentlicher Untersuchung mit Vorbehalt der Appellation und fernerer [120] Verpflegung des Abgemeirten, damit er nicht dem Staate zur Last falle, vorgenommen werden. Unseren Landgerichten wird aufgetragen, mit Sorgfalt darüber zu wachen, daß in den ihnen inklavierten Hofmarken nach den allgemeinen Landesgesetzen verfahren werde, und darüber zu bestimmten Fällen einen ordentlichen, bei besondern Vorfallenheiten aber sogleich Bericht zu erstatten. Rechte der einzelnen auf Person und Eigentum Da einzelne sich nur darum den Lasten und Ausgaben des Staatsverbandes unterziehen, um sich Sicherheit der Person und des Eigentumes zu verschaffen, so muß jeder, der sich keiner Gesetzverletzung schuldig macht, für seine Person gänzlich frei sein und bleiben. Er darf von niemanden, wer er sei, geschlagen, aufgehalten, verletzt werden, und ist [121] ihm jeder Beleidiger seiner Person Genugtuung schuldig. Niemand kann Leibesstrafen unterworfen werden, als welche ausdrücklich durch das Gesetz als ordentliche oder die Geldstrafen ersetzende Strafen bestimmt sind, und nicht anders als nach Untersuchung der Sache durch richterlichen Ausspruch. Heuraten sind als frei und bloß der Polizei und den Familien zu überlassender Gegenstand anzusehen, wie auch die Bevormundschaftung der Kinder unter obrigkeitlicher Aufsicht. Den öffentlichen Gesundheitsanstalten für Menschen und Vieh muß sich jedermann unterwerfen.
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Nach bezahlten Staats- und Grundabgaben kann jeder mit seinem Vermögen nach Belieben schalten und walten, solange er keinen anderer Sicherheit und Ruhe störenden Gebrauch davon macht; jeder Eingriff darein ohne richterlichem Spruch ist widerrechtlich; es darf von keinem Staatsdiener irgendein Privatvermögen in Beschlag genommen werden, selbst im Falle einer Staatsnot nicht anders als nach vorläufig bestimmter Schadloshaltung. [122 Die Freiheit, irgendein Gewerb zu treiben oder von einem zu dem andern überzugehen, darf keinem andern Zwange unterworfen sein, als daß jeder Gewerbtreibende nach dem Urteil der Gemeinde, zu welcher er gehört, und der Ortspolizei sich mit gewöhnlichem Fleiße ehrlich davon nähren könne, daß er die gewöhnliche Geschicklichkeit darin besitze und sich darüber durch das Zeugnis von Unparteiischen legitimiere, wobei darauf Rücksicht genommen werden muß, daß durch die notwendige Konkurrenz das Publikum mit den erforderlichen Bedürfnissen versehen und nicht der Sklaverei einiger weniger unterworfen werde; wornach also die Zahl der Gewerbszweige für jeden Ort zu vermehren und zu vermindern ist, alle anderen zwecklosen Zunftgesetze aber aufgehoben und alle Zwangsgewerbe nach und nach reduziert und keine neue mehr errichtet werden sollen. Die freien Künste sind von den mechanischen Arbeiten gänzlich zu trennen. Es soll kein Monopol mehr gestattet werden als für Erfinder und große Unternehmer auf eine bestimmte Zeit. [123] Die Freiheit des Getreidhandels soll als pragmatisches Gesetz für Bayern gelten. Promulgation
der erklärten
Landesfreiheit
Diese neue Erklärung der Landesfreiheit würde gänzlich unwirksam werden, wenn sie nicht allen Staatseinwohnern genugsam bekannt und die Staatsdiener auf ihre Besoldung strengstens verpflichtet würden. Sie muß daher nicht nur durch den Druck zur allgemeinen Kenntnis gebracht, sondern auch in allen Gemeinden alle Jahre öffentlich verlesen werden. Jeder Beamte, vom höchsten bis zum niedersten, muß zu ihrer Beobachtung ausdrücklich verpflichtet werden. Bei seinen Amtshandlungen muß ein Exemplar davon auf dem Tische vor seinen Augen liegen; sie muß an der Spitze des Gesetzbu[i24]ches stehen und einen notwendigen Teil des Unterrichtes und der Prüfung der zukünftigen Staatsdiener ausmachen. Gegeben in Unsrer Haupt- und Residenzstadt München. Dieser Entwurf fand bei vielen sachkundigen Männern, denen er mitgeteilt wurde, Beifall und erhielt von mehreren das Zeugnis, daß alles darin Enthaltene in der altbayerischen Verfassung ganz seinen Grund habe; erst in den jüngern Zeiten wurde die bayerische Verfassung durch den berüchtigten Doktor Herkommen so sehr verdorben, daß jeder Vernünftige eine vorsichtige Reform nun wünschen muß. v. W.
30. Umschlag oder Appendix zu allen gegenwärtigen und künftigen Präliminarien, bittlichen Vorstellungen, Bundbriefen und bayerischen Landtagsschriften, nebst ihren Erläuterungen, Beilagen, Prüfungen, Briefen und Gesprächen darüber etc. etc., 18001 [ ] Man kann aus der Lage eines jeden mit Zuverlässigkeit auf seine politischen Grundsätze schließen. Münchhausen über Lehnherrn und Dienstmann, S. 6.2 Gespräch Der Herr Pfarrer und der Dorfbader [ ] H. Pf.: Was gibt's Neues, Bader? B.: Der gnädige Herr von A. ist heut durchgereiset und hat gesagt, daß er nach München auf die Landschaft muß, weil die Verordnung zusammenberufen worden. Ich verstehe aber das Ding nicht. Was ist denn das: Landschaft — Verordnung — Landstände? H. Pf.: So seid's, ihr Land- und Dorfteufel! Wollt's alleweilg'scheitundnasenweis sein und wißt's nit einmal, was Landschaft ist. So merk auf, Esel! I will dir's [4] sagen: Die Landschaft ist ein Haus zu München (man heißt's deswegen: da auf der Landschaft), wo mehrere vornehme Herren, worunter auch der Herr Prälat von A. ist, meistens drei Viert'1 vom Jahr lang zusamm'sitzenundmit'm Kurfürsten über die Steuer und Abgaben des Landes handeln. Landstände aber sind alle diejenigen geistlich- und weltlichen Herren, welche nur allein das Recht haben, auf einer allgemeinen Versammlung, die man Landtag nennet, zu erscheinen, und als Mitglieder von denen gewählt werden können, die zu München alle Jahr auf der Landschaft sitzen därfen. B.: Trägt dies Sitzen und dies Handeln auch was ein? H. Pf.: Freilich tragt's was, das kannst dir denken. Zu München ist für große Herren teuer zu leben, und wer wird wohl umsonst Narr sein können! Soviel ich weiß, hat jeder von diesen vornehmen Herren des Tags eine Karolin und mancher auch gar zwei. B.: Potztausend,.so viel? Ei, wenn ich nur ein einziges Jahr zu München auf der Landschaft sitzen dürfte, ich wäre für mein [5] Leben zufrieden. Wer zahlt hernach alle die Karolin, der Kurfürst? 1
F l u g s c h r i f t , v o m 23. Mai 1800 d a t i e r t und in M ü n c h e n erschienen. M i t T i t e l b l a t t 62 S., 8°. B a y e r i s c h e S t a a t s b i b l i o t h e k zu M ü n c h e n .
2
Münchhausen,
Gerlach Adolf Freiherr v o n (1688—1770), h a n n ö v e r s c h e r Minister;
die S c h r i f t erschien 1793 in L e i p z i g .
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H. Pf.: Mein Bader, du bist, wie i halt schon oft g'sagt hab', ein rechter Stockfisch. Wer zahlt denn dich, wenn du mich barbierst und manchmal blutig schneidst? B . : Sie — und die Jungfer Köchin gibt mir dann und wann eine halbe Bier, wenn's guts Hamors ist. H. P f . : Nun schau, Ochs (was Köchin gibt, hat nichts zu sagen, 's geht aus ein Sack); derjenige, dem man arbeitet, der muß zahlen. Die Landschaft handelt fürs Land, ergo muß sie auch vom Land bezahlt werden. B . : Sie haben mir soeben gesagt, daß die Landschaft ein Haus sei. H. P f . : Mit dir ist doch wahrlich kein g'scheits Wort zu reden. Man heißt ja auch die Verordnung Landschaft, und die Verordnung machen die vornehmen Herren aus, wenn sie zu München auf der Landschaft sitzen. B . : Ha! jetzt versteh' ich's. Wenn nun die Herren da alle auf der Landschaft sitzen, handeln sie hernach alle J a h r so viel herab, als ihnen das Land Karolin bezahlen muß? [6] H. Pf.: Das glaub' i! Narr, der Kurfürst könnt', ja 's ganz Land auf einmal begehren. B . : Hm, ist doch sonderbar, daß diese vornehme Herren, die. auf der Landschaft sitzen, dem Land soviel, nützen können, und wir wissen da heraus nicht das mindeste davon und meinen alleweil noch obendarein, daß gar niemand mehr auf der Welt wäre, der noch mehr und öfters zahlen könnte als wir; gerade als wenn ein großer, großer Mühlstein auf uns säße, der immerfort so lang drückt und preßt, bis uns der Atem mit dem letzten Kreuzer ausbleiben möchte. H. P f . : Weil halt ihr Dorf teufein undankbare Lümmeln seid und Stockfisch in alle Ewigkeit bleibt, nichts wißt und nichts lernen wollt. Kommen heutzutage allerhand Schriften heraus, worunter freilich manche recht gottlos und sittenverderblich sind; aber zum Glück gibt es noch gottesfürchtige, fromme und grundgelehrte Männer genug, die diese Scharteken wieder sogleich in Boden hinein schreiben; hab' soeben wieder ein paar frische 'kriegt. Diese da prüft und kampelt das saubere Utzschneiderische Votum brav ab [7] und schickt den naseweisen Verfasser heim ; 3 und die da ist grad recht für dich gemacht; kannst sehen, was ihr Bader für g'scheite Eseln seid. Da! Kannst sie mitnehmen, hab's schon gelesen, und den Bauernkönigen ('s gibt g'nug da'rum) was daraus erzählen; sitzt's so alleweil beim Wirt beisamm' und richt's Leut' aus. 'S ist g'scheiter, ös redt's so was. Bring's mir aber bald wieder und verschmutz mir's nit; denn ich laß' alle die Schriften zusammenbinden. B . : Bedank' mich gar schön, Euer Hochwürden, Herr Pfarrer; will's gleich lesen, sobald ich nach Haus komm', und fleißig wieder zurückstellen. Der Bader erzählte mir beim Barbieren diese seine gehabte Unterredung von Wort zu Wort, wie sie da stehet; er ließ mir auch die zwei braven Schriften lesen, und weil ich dachte, daß wohl niemand es der Mühe wert halten wird, etwas darauf zu sagen, und weil ich zugleich aus dem Gespräche abnahm, daß der Herr 3
E s handelt sich um die anonyme Schrift: Unparteiische Prüfung des untertänigst gehorsamsten Antrages über einen Landtag in Bayern, o. O. 1800,
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Pfarrer selbst eben nicht die deutlichsten Begriffe von den Vätern des Vaterlandes, die jährlich so lang auf der Landschaft sitzen, habe, [8] so setzte ich mich auch nieder und schrieb, was hier folgt.* [9] Der Herr Prüfer ist im ganzen mit dem Geheimen Referendär Utzschneider verstanden, daß ein auf einen allgemein anerkannten, wahren und echten Grundsatz gestütztes Staatsgrundgesetz entworfen und konstituiert werde. Auch er ist von der Wahrheit durchdrungen, daß ein solches Gesetz nur mit Zuziehung [10] aller dabei interessierten Teile verfaßt werden solle.** In Rücksicht der Art aber, wie solches geschehen solle, hält Herr Verfasser die Meinung des Geheimen Referendärs nicht nur für irrig, sondern die Realisierung derselben sogar noch eher gemeinschädlich und der bayerischen Staatsverfassung ganz zuwiderlaufend. Meines Erachtens kann ein Vorschlag nur dann irrig sein, wenn er seiner Natur nach nie zum gehörigen Zweck dienen kann. Der Zweck des Utzschneiderischen Votums ist nun mit dem des Herrn Prüfers der nämliche: „eine für das Ganze verbesserte neue bayerische Staatsgrundverfassung."*** * Ich hätte noch gerne auf das Titelblatt ein lustiges Vignet stechen lassen. Der Herr Verleger fand es aber nicht der Mühe wert; es kommt zu teuer, sagte er, und dann gehen solche Sachen nicht geschwind genug ab. E s scheint, der Mann habe meine schwache Seite gekannt, allein seinen Zweck soll er mir doch nicht so ganz erreichen. Findet sich etwa unter meinen Lesern irgendein Kupferstecher, der es gratis stechen will, da hat er's vorgezeichnet: „ E i n finsteres, unreines Gewölbe, wo im Hintergrunde auf einem alten Tische ein großer Schmerlaib liegt, auf welchem drei rüstige Katzen sitzen, die ihn zu bewachen scheinen. Von den zwei erstem ist die, welche rechts sitzt, ganz schwarz wie der Teufel in Europa, die andere aber links ganz weiß wie der in Amerika. Die dritte endlich etwas mehr auf der Rückseite des Schmerlaibs ist von den beiden Farben ihrer Schwestern mehr oder weniger gefleckt. Ein Bauer stehet in einfältiger Stellung in etwas vom alten Tische entfernt und langt so von weitem nach seinem Schmerlaib; die zwei erstem Katzen aber hauen grimmig schmeichelnd mit großen und lang hervorgestreckten Krallen seine schon wunde Hand weg, die dritte hebt nur die eine Pfote auf, um die zwei erstem im Falle der Not zu unterstützen. Das düstere Tageslicht dringt durch eine von Zeit und Umständen geschaffene Öffnung in dies schmutzige Gewölb und beleuchtet nur zuweilen den Kopf des Bauern und einen Teil des Schmerlaibs vorzüglicher als die übrigen Gegenstände." ** S. 5 * * * Wenn Hr. Verfasser von einem neuen zu verfassenden.allgemeinen Fundamentalvertrag spricht, so würde ich ihn gemäß seiner eigenen eben angeführten Erklärung beleidigen, wenn ich ihm nicht zutraute, daß er einen solchen verstehet, der mehr auf allgemeine Gerechtigkeit, Billigkeit und überhaupt ganz allein auf das allgemeine Wohl des Staats gegründet sein muß; denn sonst gibt es wieder Flickwerk, und da würde es immer besser sein, das alte, weil wir schon einmal daran gewöhnt sind, so lange noch zu behalten, bis es gleichwohl von selbst zerfällt.
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[ 1 1 ] „Utzschneider schlägt nun vor, daß einige wenige sachkundige Männer die alte erklärte Landesfreiheit punktenweise aufmerksam durchgehen, das Unbrauchbare ausstreichen, das Mangelnde ersetzen und am Ende ein solches Ganzes verfertigen sollen, welches den dermaligen Kenntnissen, allgemeinen Bedürfnissen und Zeitumständen anpaßt und alle Verhältnisse des regierenden Kurhauses zur bayerischen Nation im Grundsatze genau bestimmet, also einen förmlichen Staatsgrundvertrag für Bayern unter dem hier schon bekannten und beliebten Titel Erklärte Landesfreiheit bildet. Nach deren Vollendung, Prüfung, kurfürstlicher Begnehmigung und erhaltenen agnatischen Konsens sollen unverzüglich die erfoderlichen Exemplarien an sämtliche Landstände und auch an alle Gemeinden in Bayern unter Präfigierung ei[i2]nes Termins zur Abgebung ihrer Erklärung, ob selbe den auf obige Art entworfenen Staatsgrundvertrag annehmen wollen oder nicht, abgesendet werden." Der Herr Prüfer meint hingegen, daß ein solches Fundamentalgesetz nur auf einem allgemeinen Landtag verfaßt werden müßte. Wenn nun in Bayern das Interesse der gegenwärtigen Stände auch jenes der Nation wäre, wenn die Stände sich nur dann wohl befinden und zufrieden leben könnten, wenn sich die gesamte Nation wohl befindet und zufrieden ist, dann würde auch meine Stimme so laut als jede für den Landtag tönen; allein nachdem das Ding ganz anders ist, als es manchem scheinen mag, so könnte es sich auch zeigen, daß, obgleich der Utzschneiderische Vorschlag noch lange nicht die gehörige Vollkommenheit besitzt, der verfassungsmäßige Landtag des Herrn Prüfers doch immer nicht einmal den hundertsten Teil von dem allgemeinen Guten erzielen möchte, als von der Realisierung des Utzschneiderischen Planes doch sicher zu hoffen wäre. Die Hauptfrage scheint hier also diese zu sein: Nach welchem von diesen beiden Planen kann das allgemeine Beste am meisten gewinnen? [13] Wenn die Nation sich schon ihrer unveräußerlichen Rechte wegen mit Usurpatoren, Monopolisten und Privilegierten in Unterhandlungen einlassen solle, so streitet es sich von Seite der Nation schon gleich anfangs nicht um das mehr oder weniger Gewinnen, sondern bloß um das mehr oder weniger Verlieren. Es ist im besten Falle von so einem Streite nichts anders mehr zu wünschen, als daß er unentschieden bleibe.* [14] Diesem ungeachtet glaubt der Herr Ver* Kurfürst Karl Theodor wurde gleich bei Anfang seiner Regierung durch die der Geistlichkeit eigenen Kunstgriffe dahin gebracht, daß er seinem geistl. R a t den A u f t r a g machte, mit einigen benachbarten Ordinariaten Konkordaten zu schließen. Zum Glück war damals dieses Kollegium von Loris 4 , Baumgarten[s] 5 und Osterwalds 6 Zeiten her mit geschickten und würdigen Männern besetzt, die, als alle Gegenvorstellungen vergebens waren, sich am E n d e damit noch hinauszuwinden wußten, daß sie Konkordaten schlössen, die in der Folge weder von Seite der Regierung Bayerns noch von den Ordinariaten selbst angenommen werden konnten. '' Lori, Johann Georg von ( 1 7 2 3 — 1 7 8 7 ) , Prof. der Rechte in Ingolstadt. 5 Baumgarten, Johann Joseph Graf von, Präsident des Zensurkollegiums. 8 Osterwald, Peter von ( 1 7 1 8 — 1 7 7 6 ) , Direktor des geistlichen Rates.
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fasser festiglich, daß man noch darüber streiten solle und daß dieser Streit lediglich nur allein auf einem verfassungsmäßigen Landtage ausgemacht werden müsse, d. i. auf einer Versammlung des Adels, der Geistlichkeit und der Bürgermeister. E r will daher, daß man die Katzen fragen solle, ob man das Schmer in Sicherheit bringen müsse oder nicht. Weiters glaubt er, daß man dem schädlichen und landesverderblichen Mißbrauche der Fürstenmacht auf die nämliche Art Einhalt tun müsse. S. 23 sagt er nämlich: „Man vergesse nie, daß es sich gegenwärtig um eine Sache handelt, bei welcher der Fürst unmittelbar interessiert ist, daß daher der Macht desselben eine bescheidene Gegenmacht entgegengesetzt werden müsse, um denen allenfallsigen Äußerungen des Eigennutzes, wozu auch Fürstenherzen verleitet werden können, zu begegnen." Ich kann hier dem Prüfer volle Gerechtigkeit widerfahren lassen; denn die bayerische Geschichte liefert uns hinlängliche Beweise, daß sowohl der Übermut als die Schwäche der Fürsten von Seite der Nation Sicherheitsmaßregeln erfodern; allein wenn der Herr [15] Verfasser glaubt, daß diese Sicherheitsmaßregeln durch die jetzige bayerische Verfassung erzielt werden oder daß der Landtag diese bescheidene und zulängliche Gegenmacht gewähren könne, so muß ich bekennen, daß ich mich hievon auf keine Weise überzeugen kann. Der Fürst kann meines Erachtens dem Staate schädlich werden, wenn ihm zuviel Macht eingeräumt ist, das heißt, wenn ihm mehr Macht und Rechte eingeräumt sind, als er zur Aufrechthaltung der allgemeinen innern und äußern Sicherheit nötig hat, und man mit Grunde besorgen kann, daß der Fürst einige von seinen Kräften mißbrauchen möchte, um seine persönliche Leidenschaften zu befriedigen oder, wenn er schwach genug wäre, diese Macht von seinen Ministern gegen das Wohl des Vaterlandes mißbrauchen zu lassen. Wenn in Bayern dem Fürsten zuviel Macht und Recht eingeräumt wäre, so kann offenbar, im Falle er sie noch länger behaupten wollte, weder der Adel noch die Geistlichkeit imstande sein, ihm dieselben ohne fremde Hilfe aus den Händen zu winden; denn es hält sehr schwer, die Reichsgerichte, deren Räte nicht von den Provinzen, sondern von den Fürsten derselben [16] zusammengesetzt sind, dahin zu bringen, daß sie über eine Sache, die mit der von allen übrigen Fürsten so nahe verwandt ist, nach einem andern Kodex als nach dem, welchen ihnen der gemeinsame Vorteil aller Fürsten vorschreibt, sprechen sollen. Doch, wenn dies auch wäre, wie steht es dann mit der Exekution, wer soll, kann und mag diese in Ausübung setzen? * * Der preußische Gesandte von Regensburg befahl seinen Bedienten, den Doktor Aprill 7 , der ihm die Reichsacht seines Königs bringen sollte, samt selber zum Fenster hinauszuschmeißen, und der Doktor war zu seinem Glücke noch klug genug, die Exekution nicht abzuwarten und auf der Stelle wieder umzukehren. 7 Aprill, Georg Mathias Joseph, kaiserlicher Notar und bayerischer Regierungsadvokat, wurde am 14. Oktober 1 7 5 7 von Erich Christoph Freiherrn von Plotho ( 1 7 0 7 - 1 7 8 8 ) auf die geschilderte A r t und Weise behandelt.
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Auf solche Art bleibt daher dem Fürsten schon gleich anfangs immer jenes fast untrügliche Mittel in den Händen, welches dem König von England, der doch vermöge der Konstitution nichts als lauter Gutes tun kann, gegen das Parlement übrigbleibt und womit er und Pitt 8 alle Absichten erreichen.* [17] Man lasse dem Verstand immer seinen Wert, das divide impera wird doch immer der am be[i8]sten verstehen, dem die stärkste Macht und die meisten Kassen zu Gebote stehen; gegen diese Schilde vermag keine bescheidene moralische Gewalt, wie Herr Prüfer glaubt, in die Länge auszuhalten, und mir scheint, daß in diesem Falle kein anderes Mittel übrig seie, als gleichwohl zu warten, bis das Schicksal einmal einen Fürsten schickt, der Verstand genug hat, um mit Friedrich II. 9 einzusehen, daß er mehr nicht sein könne und dürfe als der erste Beamte im Staat und daß er seine größte Macht in dem bestmöglichsten Wohlstande seiner Nation allein suchen und finden müsse. Wenn der Hauptzweck eines Landtages oder einer allgemeinen Versammlung aller interessierten Teile (wo aber die Nation den Adel, die Geistlichkeit und die Bürgermeister, nach Herrn Autor S. 28, noch fragen muß, ob sie dabei erscheinen darf oder nicht) in Bayern eine Konstitution fodert, welche dieses Land in den Stand versetzt, selbständig zu werden, sich gegen alle Anfälle äußerer und innerer Feinde in jedem Falle aufrechtzuerhalten und seine fernere' Subsistenz behaupten zu können, so kann da unmöglich mehr ein Privilegium, d. i., wie auch Herr Autor S. 28 sagt, [19] eine vorteilhafte Ausnahme von dem allgemeinen Staatsgesetze, wie sie Adel und Geistlichkeit in Bayern besitzen, statthaben, weil die innere und äußere Sicherheit eines jeden Staates immer nur von gemeinsamen und vereinigten, nie aber von getrennten, vereinzelten und entgegengesetzten Kräften abhängen kann. Der Fürst und alle Klassen des Staates müssen gerade die nämlicheii Beweggründe, die Bauern zu beschützen, als die Bauern, ihren Fürsten und übrige Mitbürger zu verteidigen, haben. Nur dann wird jeder durch sein eigenes Interesse bewogen werden können, so viel zur Aufrechthaltung des ge* In Augsburg ist es gewöhnlich, daß jeder Reichsgerichts- oder Kanzleiverwandte, wenn er nach Augsburg kommt oder auch da nur durchreiset, nach Proportion allezeit reichlich und meistens mit Silber beschenkt wird. Dieser Kunstgriff hat dem Magistrat dieser Reichsstadt seine Existenz gegen alle Anfälle von Seite der Bürgerschaft bisher noch immer gesichert und werde selbe ihnen, wenn sie zur rechter Zeit die gehörige Anwendung davon nicht vergessen, will's Gott, noch ferner sichern. Pütter sagt von den Reichsgerichten, daß hier eine Hand die andere w ä s c h t ; wenn nun jemand nebst obigen noch einen gewichtigen Beleg zu dieser B e hauptung nötig zu haben glaubt, der lese [Johann J a k o b ] Mosers [Deutsches] Staatsarchiv, [Ebersdorf] 1 7 5 1 , T . 1, S. 1 5 7 ; Strubes 1 0 Nebenstunden, [Hannover 1 7 6 1 ] , 3. T., l . A b h . ; Katechismus der deutschen Staats[grund]verfassung, [Gotha 1 7 9 3 ] . 8 Pitt, William, der jüngere Pitt genannt (1759—1806), englischer Premierminister. 9 Friedrich II., geb. 1 7 x 2 , König von Preußen 1740, gest. 1786. 10 Strube, David Georg (1694—1776), hannöverscher Justizrat.
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meinsamen Bestens beizutragen, als er imstande ist. Der Fürst kann sein wahres Ansehen und seine Stärke nur durch die Kraft und Anhänglichkeit seines Volks erhalten.* [20] Nun fragt es sich, wie es doch möglich seie, daß der Adel, die Geistlichkeit und die hochadeligen Bürgermeister imstande sein sollen, auf einem Landtage der Nation eine Konstitution geben zu können, die in diesem Staat nur ein einziges, für alle gleich wertes Interesse herzustellen vermag. Das Interesse und die fernere Subsistenz des Adels und der Geistlichkeit in Bayern beruhen heutzutage auf Gründen, die dem Wohl der Nation gerade entgegengesetzt sind und die mit demselben in beständigem Widerspruche stehen. Seitdem der Adel die persönliche Verteidigung des Vaterlandes ganz aufgegeben, auch nebenbei kein bürgerliches Gewerbe treiben kann; seitdem die Geistlichen aufgehört, den Pflug selbst zu führen und Ökonomie, Physik, Mathematik und andere brauchbare Wissenschaften unter dem Volke zu verbreiten; seitdem sie angefangen haben, statt allen diesen mit Hexenrauch, Tolentinbrot und Lukaszettelchen zu handeln, das Volk mit Aberglauben zu betören und ihre übrige Zeit mit Meditieren und Beten zu verträumen und mit Spielen und Schmausen dahinzubringen; seit[2i]dem mästet sich Adel und Geistlichkeit mit dem Schweiße der wahren Staatsbürger in behaglichem Müßiggange und sind die bekannte Schmarotzerpflanzen der menschlichen Gesellschaft wahre fruges consumere nati. Sie können als Adelige und Geistliche nicht den mindesten Erwerb für den Staat aufzeigen; ihr Dasein ist wahrer Nachteil ohne mindesten Vorteil. Man kann daher solchen Ständen nicht einmal zutrauen, daß sie die wahren Grundsätze und Quellen kennen wollen, aus welchen die Wohlfahrt der Nation einzig und allein fließen kann; und wenn das wäre, so erfodert ihr ganzes Interesse, daß sie alle ihre Kräften anspannen, üm selbe soviel möglich zu verstopfen. Das Wohl des Adels gründet sich vorzüglich auf den Glanz des Hofes, auf viele und einträgliche Ämter, die aber wenig Talente und noch weniger Arbeit erfodern; auf den ausschlüssigen Zutritt zum Fürsten, damit sie in Stand gesetzt sind, ihre überzähligen Kinder schon von der Geburt an standesmäßig zu versorgen; auf die Schwäche des Regenten, auf die gutmütige Dummheit des Volkes und überhaupt auf die bis aufs äußerste gespannte Erträgnisse ihrer von frem[22]den Händen und Kräften bearbeiteten Güter, auf die Erweiterung derselben und auf deren möglichst geringen Beitrag zur Staatskasse hinzuarbeiten. Nun ist aber gerade dieses alles das erste und wichtigste Hindernis, welches vor allem aus dem Wege geschafft werden muß, wenn das Wohl des Staats in Bayern einmal festen Grund erhalten soll. Von einem schwachen Fürsten und einem dummen Volke, das ohne Kraft sich von einem jeden Halunken plündern läßt, kann man schlechterdings nichts * Friedrich II. schuf aus seinem sandigten Brandenburg das itzige Preußen und hat mit einer Handvoll biederer, wahrhaft anhängender Patrioten den Kampf gegen alle vereinigte Mächte Europens glücklich vollendet.
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erwarten. Wer nichts oder wenig besitzt und noch obendrein für das Wenige hart arbeiten und sich schleppen muß, der wird diesen seinen mehr lästigen als vorteilhaften Besitzstand eben nicht sehr hitzig verteidigen; es ist ihm eins, ob ihn der Peter oder der Paul hudelt und seine Abgaben abnimmt; im Gegenteil freuet er sich vielmehr über eine künftige Änderung schon zum voraus, weil er aus Erfahrung weiß, daß jeder neue Besen so lange gut kehrt, bis er stumpf wird. Kraft, Energie, Vaterlandsliebe, Gemeingeist und Nationalstolz können in einem Lande unmöglich fortkommen, wo die Einwohner durch tausenderlei Plackereien da[23]hin gebracht und gewöhnt worden sind, sich von allen Seiten rupfen zu lassen, solange man ihnen noch Hände zum Arbeiten und soviel übrigläßt, daß sie ihren Hunger stillen können. Wir wissen aus der Geschichte und Erfahrung, daß immer nur jene Völker unbezwingbar waren, welche ein gemeinsames Interesse haben, und daß dieser Grad von Volkskraft immer nur auf zweierlei Wege erreicht werden könne; dies geschieht entweder durch den gemeinsamen Wohlstand der ganzen Nation oder durch den höchsten Grad von allgemeiner Bedrückung. Wenn die bayerische Nation ihre Kraft jemals wieder erreichen soll, so hat dieselbe ihren sogenannten Ständen in Rücksicht des ersten Punktes gewiß nichts, in Rücksicht des zweiten aber sehr viel, wo nicht alles zu verdanken.* [24] Dies ist auch das einzige wahre Verdienst, worauf der Adel noch stolz sein und mit Recht [25] wenigst persönliche Achtung fodern kann, um so mehr, weil sein Ursprung, seine Beschäftigung und seine ganze Natur eigentlich von Gott oder von wem immer ganz und gar zu keinem andern Endzweck bestimmt sein kann als zu diesem. Die Völker mußten einmal vernünftig werden; um dieses Ziel sicher zu erreichen, gibt es wahrlich kein sicherers Mittel als körperlichen und geistigen Druck. Man schmähe immer auf die Jakobiner, soviel man will; am Ende müssen wir doch gestehen, daß es niemand anders gewesen ist als die bayerischen weltlich* Ich glaube wirklich, daß dieser Grund die Neufranken, da sie durch so mannigfaltige Erfahrung klüger geworden, nun endlich bewogen hat, so viele Emigranten wieder in ihr Vaterland zurückkommen zu lassen; denn sie waren es doch ganz allein, welche durch ihre bis zum Mutwillen und Ausgelassenheit getriebene Bedrückungen das Volk endlich vom Glauben zum Denken und vom Denken zum Handeln gebracht haben. Überhaupt bleibt es immer ein großer Fehler, da an den Personen Rache zu nehmen, wo nur die Sache allein schädlich ist, und ich erkläre hier feierlichst, daß alle Leser den Zweck dieser meiner Schrift mißkennen, welche personellen Haß gegen die Adeligen oder Geistlichen daraus ziehen wollen. Um diesem vorzubeugen, rate ich ihnen, sich nur in die Lage eines Adeligen oder Geistlichen zu setzen, wenn sie alle ihre Erziehung erhalten und dabei nicht gelernet hätten, ihr Beinkleid ohne Hilfe von drei oder vier Bedienten über den H . . . zu bringen, so würden sie geradeso denken und handeln wie alle Adelige und Geistliche, die man statt denken nur träumen lehrte und folglich mit gutem Herzen verlangen können, daß die ganze Welt mit ihnen träumen soll. Ich bitte noch einmal, dies Mittel nicht zu vergessen, weil ich versichert bin, daß es hilft.
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und geistlich-, physisch- und moralischen Jakobiner, die uns nach mehr als tausend Jahren endlich einmal einsehen gelernt haben, daß alles dasjenige, was vor 1 3 1 Jahren auf unsern Landtägen gemacht worden, nichts tauge, ja [26] ich zweifle gar nicht mehr, daß es die Herren Robespierres11 schon bis auf den Grad gebracht haben, wo man auch überzeugt ist, daß alles das, was man auf einem allenfallsigen neuen Landtage nach dem Zuschnitte und der nämlichen Art von 1669 machen würde, für die Zukunft noch weniger taugen könne. Wenn daher meine geneigten Leser hier so manches wiederholt sehen, was sie schon längst wissen, so mögen sie sich erinnern, daß sie es nicht wegen ihnen, sondern wegen dem Herrn Prüfer und allenfalls auch noch zum Behufe eines gewissen Dorfbaders, welche bei dem Ursprung den Charakter und die Natur der bayerischen Stände noch nicht hinlänglich zu kennen scheinen, hier nochmal aufgetischt sehen. Die Entstehung des Adels ist die nämliche wie jene der Innungen. Das Kriegshandwerk foderte zur Zeit des Faustrechts seine eigene Gewandtheit und Kenntnisse wie jedes Handwerk. Auch konnte einer allein da nicht viel ausrichten; es taten sich daher einige zusammen und richteten sich in der schädüchsten aller Künste einander ab; das gab nun bald nach dem Beispiele anderer Zünfte eine eigene, und man stieg da vom Buben zum Knappen, vom Knap[27]pen zum Meistersoldaten, d. i. zum Ritter, empor; keiner von den widersinnigsten Possen und Sprüchen wurde vergessen, der nicht auch hier zum Handwerksbrauch nach seiner Art aufgenommen wurde. Dies Handwerk war damals sehr einträglich, und da eben deswegen ihre Zunft sich zu sehr erweiterte, so erlaubten sie am Ende den Eintritt in dieselbe nur noch den Meistersöhnen allein.* Man liest zwar in der Geschichte von dieser Zeit an das Wort Graf, allein dieses hatte eine ganz andere Bedeutung, und selbst die Bestimmung der Grafen war damals noch von der, welche die Meistersoldaten hatten, ganz verschieden. Sie waren Reichsbeamte und hatten in kleinen Distrikten desselben die Justiz, Polizei [28] und die landesherrlichen Einkünfte zu verwalten. Die Markgrafen, von welchen es nur sehr wenige gab, hatten für die Sicherheit einiger Grenzorte zu wachen, welche, von auswärtigen Feinden angegriffen zu werden, in Gefahr stunden. Diese Justiz- und Kameralbeamten hingen ganz von den Herzogen, Sendgrafen** * Gut, werden manche denken, wir wollen mit den Zünften und Innungen einen Ursprung haben, nur muß man uns wie denselben unsere Privilegien lassen. Freilich sollen alle geheimen Gesellschaften aus dem Staate verbannt sein, und wenn die Zünfte den Nationen jemals so sehr geschadet hätten als der Adel, so würden sie auch lange schon nicht mehr dasein. * * Schmidt, Geschichte der Deutschen, B d 1/2, pag. 7. 1 2 11 Robespierre, Maximilian Marie Isidore (1758—1794), Mitglied des Wohlfahrtsausschusses. 12 Schmidt, Michael Ignatz (1736—1794), Prof. der Reichsgeschichte in Würzburg, ab 1 7 8 0 Archivar in W i e n ; seine Geschichte der Deutschen erschien in 5 Teilen in Ulm 1 7 7 8 — 1 7 8 3 , eine neue verbesserte Aufl. in 6 Bdn in Wien 1 7 8 3 — 1 7 8 6 . 18
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so wie die Markgrafen vom Kaiser ab und konnten beide ihres Grafenamtes wie jeder Beamte heutzutage entsetzt werden.* Erst nach Karl dem Großen, 13 wo die Regenten entweder ihren Pflichten nicht mehr gewachsen oder, dieselben zu erfüllen, zu nachlässig waren, fingen diese Beamten an, nach und nach das Amt für sich zum Teil und endlich ganz zu benützen. Das Ding ging nun so weiter (es versteht sich, daß alles mit bestem Rechte und auf dem verfassungsmäßigsten Wege ge[29]schah), bis sie so viel Land und Leute zusammengeraubt hatten, daß sie unter dem Schutze der Soldaten und Räuberzunft am Ende nach ihren Vorgesetzten nichts mehr zu fragen hatten. ** Von nun an ließen sich diese Beamten nicht mehr Grafen von dem Dorfe, Gau oder Distrikte, wo sie Verwalter waren, nennen, sondern von den Ortschaften, die sie sich auf obige gesetz- und verfassungsmäßige Weise zugeeignet oder vorher schon im Besitze hatten, und foderten, die mit dem vorigen Amte verbundenen Abgaben und Dienstleistungen nicht mehr im Namen des Landesherrn, sondern, wie es sich ohnehin verstehet, in ihrem eigenen. *** Von dieser Zeit an, wo sich die Grafen verfassungsmäßig einmal zu selbstregierenden Herren gemacht hatten, konnten sie kein anderes Geschäft mehr haben, als darauf zu sehen, wie [30] sie ihren Raub erhalten, vermehren und ihre Einkünfte erweitern konnten. Der Unfug der Futtersammlungen, die Entstehung und drückende Eintreibung des Umgeldes schreiben sich von diesen Zeiten her.f Da sich diese Beamten schon gänzlich auf das Waffenhandwerk allein verlegt hatten und dasselbe ihnen mehr als alles übrige einbrachte, so hatten sie auch * Adelzreit, Annales boicae, P. I, L . 8 ; 14 und Posse, Über die Sonderung reichsständischer Staats- und Privatverlassenschaft. 1 5 * * Geschichte der Landeshoheitstreitigkeiten und Grundsätze, nach welchen sie beurteilt werden sollen, Ulm 1 7 9 5 . 1 6 [werken. 17 * * * v. Hellersperg, Über die Verhältnisse der Gerichtsbarkeit zu den Schart L ä n g s historische Entwicklung der teutschen Steuerverfassung. 1 8 Karl der Große, geb. 742, König der Franken 768, röm. Kaiser 800, gest. 8 1 4 . 14 Adlzreiter, Johann (1596—1662), geheimer Ratskanzler; seine dreibändigen Boicae gentis annales a prima Bojorum origine usque Maximiliani I. obitum erschienen 1662 in München. 15 Posse, Adolf Felix Heinrich (1760—1825), Prof. für Staatsrecht in Rostock; die Schrift erschien 1 7 9 0 in Göttingen. 16 Verfasser war Joseph Franz X a v e r Epplen von Härtenstein (geb. 1 7 5 5 ) , Thurnund Taxischer Regierungsdirektor in Regensburg; der Titel seiner Schrift lautet exakt: Geschichte der Landeshoheitsstreitigkeiten und Grundsätze, nach welchen dieselbe zu beurteilen sind. 13
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Hellersperg, Karl Sebastian Heller von ( 1 7 7 2 — 1 8 1 8 ) , Prof. für Staatsrecht in Ingolstadt; seine Schrift Über die Verhältnisse zwischen Gerichtsbarkeit und Scharwerken in Bayern erschien 1 7 9 8 in Nürnberg.
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L a n g , K a r l Heinrich (1764—1835), Archivar und Publizist; seine Historische Entwicklung der teutschen Steuerverfassungen seit der Karolinger bis auf unsere Zeiten erschien 1 7 9 3 in Berlin u. Stettin.
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nicht mehr nötig, ihren Kindern etwas anders noch lernen zu lassen. War der Bursche einmal mit dem Schwerte umgürtet und Meistersoldat, so war er äuch fertig. Gesetzgebung, Justiz- und Gerechtigkeitspflege sind nun Dinge geworden, die niemand zu wissen brauchte, weil der Meistersoldat von diesem Plunder nichts mehr nötig hatte. Wer nur immer Klagen hatte, durfte für seine schweren Abgaben sein Recht ungescheut bei Gott oder dem Teufel suchen ,und nach Belieben auf was immer für eine Art sich selbst Recht verschaffen.* [31] Von diesen Zeiten schreibt sich auch in Bayern das Recht her, vermöge welchem derjenige, so einmal hunderttausend Gulden zusammengestohlen oder geerbt hat, nirgends mehr gehenkt werden kann.** Wer sich nun in der Geschichte ein wenig genauer umsehen will, der wird erstaunen, wenn er findet, was Bayern von diesen Zeiten her durch diese verfassungsmäßige weltlich- und geistliche Räuber alles auszustehen hatte. Man sieht hieraus, daß sich alle ihre wohlhergebrachten Rechte selbst bis auf Kleinigkeiten ganz allein auf Raub, Plünderung, Diebstahl und Mordbrennerei gegründet haben. Ganze Städte und Dörfer wurden mehrmalen in Asche verwandelt. Selbst der Erzbischof von Salzburg Albert 19 ließ die ganze Stadt Reichenhall bis auf das Kloster St. Zeno wegbrennen.*** Und dies war noch lange nicht der stärkste Beweis von geistlicher Nächstenliebe; denn da die weltliche Wut sich einmal mit [32] der geistlichen vereinigt hatte, so war kein Laster mehr zu gedenken, worin es letztere der erstem nicht zuvorgetan hatte, j Das allgemeine Elend, welches die Meistersoldaten mit den gepfafften Pfaffen über Bayern auszugießen nicht aufhörten, würde auch schon bald seine höchste Stufe erreicht haben, wenn nicht eben zu der Zeit, wo in Bayern schon bald nichts mehr zu plündern und zu rauben übrig war, das heilige Land ihre Raubsucht an sich gezogen hätte. Die Kreuzzüge haben nun das Heer dieser Räuber und ihre Macht zwar nicht ganz zerstört, aber doch wenigst ziemlich zusammenschmelzend gemacht. Viele Familien derselben starben aus, und ihre Güter fielen dem Landesherrn zu. Manche glaubten, der Menschheit ihren Schaden abzutun, wenn sie ihre Güter den Pfaffen schenkten; sie vermachten sie daher den Kirchen; andere verwendeten dieselben noch zu einem bessern Zweck und schenkten sie an Spitäler und andere wohltätige Stiftungen. Man möchte nun glauben, daß der grausame Unfug der Meistersoldaten mit ihrer [33] Macht ein gänzliches Ende erreicht haben sollte; besonders wenn man weiß, * ** *** f 19
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Seyfried, De comitiis in Bavaria. D a t veniam corvis, v e x a t censura columbas. Juvenal, Sat. II. 2 0 Stadt Salzburg und dessen Grundverfassung. W a s Böses ist geschehen, das nicht ein Priester tat! Haller. 2 1 Adalbert I I I . , Herzog von Böhmen, Erzbischof von Salzburg 1 1 6 8 — 1 1 7 7 und 1 1 8 3 — 1 2 0 0 . Juvenalis, Decimus Junius (etwa 58—138), römischer Satirendichter. Haller, Albrecht von (1708—1777), Naturwissenschaftler und Dichter.
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daß die bayerischen Herzoge von 1180 bis 1506 die Grafschaften Dachau, Riedenburg, die Markgrafschaft Cham und Vohburg, Reichenhall, Kirchberg und Eggmühl, die wichtigen Besitzungen der Grafen von Bogen, Wasserburg, Andechs, Wolfrathshausen etc. auf die obenerwähnte Art an sich gebracht haben.* Als Zeit und Umstände stehende Heere einführten, hatte freilich das Handwerk ein Ende; aber die Zunft selbst fand bald Mittel, sich trotz allem dem nicht nur allein zu erhalten, sondern auch ihre unersättliche Hab- und Despotensucht auf eine ungleich bequemere Art zu befriedigen. Die Regenten vergaßen oder waren nicht vorsichtig genug zu überlegen, wie gefährlich Adel und Pfaffen, sie mögen so schwach sein, als sie wollen, zu allen Zeiten dem Lande so[34]wohl als ihnen selbst sind und schon ihrer Natur nach ewig bleiben müssen. Sie pflegten in Rücksicht auf ihre scheinbare Ohnmacht mit ihnen Umgang und schenkten ihnen ihr meistes Vertrauen. Das war genug, um ihnen hinlängliche Mittel in die Hände zu geben, ihrem alten Faustrecht eine andere Form und eine ungleich bessere Dauer zu verschaffen. Diese Herren ergriffen nun statt der Partei des Löwens jene des Fuchses, d. h. sie suchten die Schwäche der Fürsten, vereinigt mit der Dummheit der Völker, von jeher so sehr zu benützen, als es möglich war. Bei schwachen, meistens von ihnen selbst erzogenen Fürsten und in einem Lande, wo alle Mittel, das Volk in der größtmöglichsten Unwissenheit zu erhalten, ihnen wieder ganz allein anvertraut waren, ist es wahrlich kein Wunder, daß der Löwe im Fuchspelze und der Wolf in Schafskleidern den ersten Versuch schon aufs beste gelingen machen konnte. Dieser Hauptversuch geschah zu Anfange des 14. Jahrhunderts, 1 3 1 1 , bei Gelegenheit, als Herzog Otto, Enkel vom Otto dem Erlauchten, eitel genug war, die verlorne ungarische Königskrone sich wieder mit Gewalt verschaf[35]fen zu wollen.22 Sie benützten den Umstand, daß er hiezu weder Soldaten noch Geld hatte, dergestalt daß sie 1) die niedere Gerichtsbarkeit oder die sogenannte Hofmarksgerechtigkeit und 2) die ewige Freiheit von allen Böden und Steuern ** * Falkenstein, Bayer. Geschichte, 3. T . 2 3 ; Hundt, Bayerisch Stammbuch, 1. T. 2 4 ; Monumenta boica, 6. Bd 2 5 ; Hundt, Metropolis Salisburgensis, [Ingolstadt 1582]. ** Krenner, Über Land-, Hofmark- und Dorfgerichte [in Bayern, München 1795], pag. 15.2« 22 Otto III., geb. 1261, Herzog von Niederbayern 1290, als Bela V. König von Ungarn 1305, gest. 1 3 1 2 ; die von ihm gegebene Ottonische Handfeste vom 15. Juni 1 3 1 liegte den Grund zur niederbayerischen landständischen Verfassung. 23 Falkenstein, Johann Heinrich von (1682—1760), Hofrat zu Ansbach ; seine dreiteilige Vollständige Geschichte der alten, mittelalterlichen und neuen Epoche des großen Herzogtums und ehemaligen Königreichs Bayern erschien in verschiedenen Auflagen, so 1762 in München, 1764 in Ingolstadt, 1 7 7 5 ebendort. 24 Hundt zu Sulzenmoos, Wiguleus (1514—1588), Staatsmann und Geschichtsschreiber; sein Stammbuch erschien 1585 in Ingolstadt, 1589 in München. 25 Die Monumenta boica erschienen als Akademieausgabe seit 1763 in München. 26 Krenner, Johann Nepomuk Gottfried von (1759—1812), Oberlandesregierungsrat in Bayern.
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für einen Kaufschilling erhielten, wovon noch überdies das Volk bei weitem den größten Teil bezahlen mußte; ja einige wollen sogar behaupten, * daß unsere bayerischen Stände für diese beiden Kleinigkeiten selbst ganz und gar nichts bezahlt haben. Die Nation* hat hier also für ihr teures Geld die hohe Gnade erkauft, sich von ihren konstitutionellen Grundherren immer mehr als ihre Jagdhunde hudeln lassen zu dürfen und noch dazu (welcher Vorteil für die von den drei Ständen repräsentierte Nation!) auf ewige Zeiten die Steuern für diese Stände zu bezahlen. O du [36] liebe, der drei Stände wegen dreimal glückliche bayerische Verfassung! Dies geschah alles verfassungsmäßig. Wenngleich Kaiser und Reich diesen Kauf für ungültig erklären, so bestehet die Gültigkeit dieses Kaufes doch bis auf den heutigen Tag noch, und ich wollte es keinem raten, etwas dagegen einzuwenden; denn der Prüfer des Utzschneiderischen Votums sagt ja deutlich, und zwar gleich anfangs: Löwe, bewahre deine Jungen! Es muß bei dieser Gelegenheit jedem sonderbar vorkommen, wenn er in der Geschichte liest, daß sich Bischöfe und Geistliche diesem Kaufe, von welchem seit Christus Zeiten keine Judensynagoge etwas Ähnliches aufzuweisen hat, widersetzt hatten. Allein die Verlegenheit verschwindet, sobald man die Mittel sieht, durch welche diese Herren doch zur Einwilligung, sobald sie nur in Vorschlag gekommen ist, gebracht wurden. Das erste war, daß man dieser unzufriedenen Geistlichkeit freistellte, ob sie die Hofmarksgerechtigkeit annehmen wolle oder nicht. Das zweite, daß sie im Falle der Annahme mit ihren Untertanen die ewige Steuerfreiheit genießen sollen.** [37] Wer nur immer die Zunft der katholischen römisch-apostolischen Pharisäer und Schriftgelehrten kennt, der wird bald einsehen, daß ein Anerbieten von der Art unmöglich fehlschlagen konnte. J a , man kann sich gar nicht einmal mehr wundern, daß nach ihrer sogleich geschehenen Einwilligung und verfassungsmäßigen Annahme in Bayern bis nach P. Franks Tode27, dann Wölfingers28 und Lipperts Ableben kein Kläger mehr öffentlich dagegen aufzutreten wagen durfte und daß dies selbst jetzt noch nicht so ganz sicher angehet. Man mag sich nun auch einen Begriff von der bayerischen Justiz machen, wenn man bedenkt, daß im Jahre 1480 Papst Sixtus IV. 29 denen, welche einen Teil des gestohlnen oder durch Wucher erpreßten Raubes zum Türkenkrieg opferten, nicht nur Vergebung zugesichert, sondern sie auch noch von der Zurückgabe des
* E s versteht sich ohnehin, daß nur die gesamten Einwohner Bayerns die Nation ausmachen und nicht die Stände. * * Siehe das mehrmalen zwar gelästerte, aber nie widerlegte Werkchen: Über den W e r t und die Folgen der ständischen Freiheiten in Bayern, von einem gelehrten und verdienten Patrioten. [Die 1. Auflage erschien o. O. 1 7 9 7 , eine 2. Auflage mit neuem Anhang o. O. 1798.] 27 28 29
Frank, Ignatius (1725—1795), Beichtvater Karl Theodors. Wölfinger, A l o y s (1740—1799), E x j e s u i t und Dr. theol. in München. Sixtus XV., geb. 1 4 1 4 , Papst 1 4 7 1 , gest. 1484.
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[38] Raubes freigesprochen hatte.* Wenn Pius VI. 30 dem Kurfürsten von Bayern anno 1798 die nachgesuchte Erlaubnis, alle Klöster, milde Stiftungen, Kirchenund Pupillenkassen zu plündern, erteilte, wenn ein Prozeß, wie dieser Kauf war, im ganzen so leicht durchgehen konnte; so kann man sich auch leicht vorstellen, wie es mit allen Prozessen der lieben Bauern in Bayern aussehen müsse, ohne daß man noch die verdienstvollen Schriften darüber zu lesen braucht als: Über das Mißvergnügen in Bayern; Unterricht eines alten Beamten an junge Beamte und Praktikanten; Der Doktor Herkommen, auch Observantius genannt; Beitrag zur Geschichte der Frone und Scharwerk in Bayern, 2 Teile; Über den Bierzwang.; nebst noch vielen andern.31 Man darf ja nur die Augen offen haben und sehen, daß der Adel in Bayern nebst der eigenen niedern Gerichtsbarkeit auch alle übrige Justizstellen so viel als möglich und wenigstens die obersten Stellen derselben allenthalben be[39]setzt hält. Es wird notwendig viele Kraft und Anstrengung erfodert, wenn ein gemeiner oder simpler Rat es so weit bringen soll, daß er auf die Gunst, Gnade und das hohe Zutrauen der gewalthabenden Minister und Präsidenten gänzlich Verzicht tut und gegen deren mittel- und unmittelbare grenzenlose Verhältnisse doch demjenigen das Recht zuspricht, welchem es zugehört; und wenn das auch ein junger, ehrlicher Mann imstande ist, wie lange wird er wohl noch den Kopf gegen die Mauer stoßen wollen, wenn er einmal empfindet, daß derselbe doch immer eher als die Mauer brechen muß.** [40] Ich weiß nicht, ob man noch Mensch sein kann, wenn man in einem Lande eine Verfassung zu haben glaubt, wo durch die eingeführte grausamste Ungerechtigkeit sicherlich drei Millionen Menschen auf die Zahl einer einzigen zurückgesetzt, wo diese Million in dem gesegnetsten Lande Bayern auch noch von weltlichen und geistlichen zu politischen und moralischen Lasttieren herabgewürdigt ist,*** und dieses geschieht da noch alles verfassungsmäßig.! * Freimütige Gedanken über die allerwichtigsten Angelegenheiten Deutschlands, 3. ganz umgearbeitete u. verm. Aufl., [Zürich 1796], 1. T., S. 144. * * Daß bei der neuen Regierung Se. Kurfürstl. Durchlaucht auf bessere Justizpflege das vorzüglichste Augenmerk richteten, ist allgemein bekannt. Allein da wenige Fürsten ihre Leute früh genug kennen, so hat auch hier Nepotismus und andere bekannte und unbekannte Verhältnisse die Plätze mit Invaliden, Schwachköpfen und Hindernismachern so sehr versetzt, daß den wenigen rechtschaffenen Männern der Mut zum Arbeiten vergehen muß. * * * Bayern ist das Paradies in Teutschland, aber von Tieren bewohnt, sagt selbst Friedrich I I . t Ich kenne einen der feinsten hochadeligen Bauernschinder im Unterlande Bayerns, der, als er sah, daß es bei itziger Zeit mit dem Zehent der Neubrüche einige Anstände gib, der erste war, welcher von seinem eigenen Neubruche den 30 Pius V I . , geb. 1 7 1 7 , Papst 1 7 7 5 , gest. 1 7 9 9 ; am 7. September 1 7 9 8 erteilte er K a r l Theodor die Vollmacht, der Geistlichkeit eine Abgabe von 1 5 Millionen Gulden aufzuerlegen. 31
Vgl. zu den erstgenannten vier Flugschriften S. 231^. A n m . 4, 5, 10, 6; die Flugschrift Das Bierzwangsrecht in Bayern erschien 1800 in München.
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[41] Ehemals versah der Zehrstand für den Nährstand die Hof-, Staats- und Kriegsdienste unentgeltlich, und dies war die diesem Stande ganz eigene und vorzügliche Beschäftigung, die er noch dazu unentgeltlich auf sich nehmen mußte.* Der Landmann war daher durch Schwert und Feder so viel möglich selbst gegen den Krieg gesichert und durch kaiserliche Dekrete geschützt.** Heutzutage ist die Sache aber umgekehrt. Der Bauer begnügt sich mit roher Kost, und in manchen Gegenden teilt er das Bessere noch den Schweinen und dem Viehe mit, um sich in den Stand zu setzen, seine Hühner auf die herrschaftliche Tafel und sein Geld in ihren Beutel zu liefern; er arbeitet von frühem Morgen bis späten Abend im Schweiße seines Angesichtes, um seine Stift zum Amt und seine Gült in die herrschaftlichen Speicher zu bringen. Noch nicht genug! E r hat von 280 [42] Werktagen ein Dritteil (und zwar gerade zu der Zeit, wo er mit eigener Arbeit überhäuft ist) an dem herrschaftlichen Schloß- oder Klosterbau zu tun, wobei jene Zeit nicht mitgerechnet ist, die sein Weib zu Hause verwenden muß, um den Flachs, den sie eben eingedient hat, für die hohe Herrschaft auch noch zu spinnen. Indessen erziehen beide ihre Söhne gesund, groß und stark, damit, wenn ihr Hofmarksherr Lust hätte, dem Fürsten für auswärtige Präsente anzuraten, dieselbe auf die Schlachtbank zu führen, er sie auf diese Art zum Ausheben bereit hat und seine hohe Herrschaft, mögen auch die Umstände sejn, wie sie wollen, nie gehindert ist, alle obige Abgaben in Sicherheit und Ruhe behaglich verschmausen zu können.*** Zehent entrichtete und nichts Billigers fand als dieses, weit soeben seine Untertanen einen Grund urbar machten, von dem ihm der künftige Zehent wenigst um 100 pro Cento mehr einbringen mußte, als er dem Pfarrer von dem seinigen gibt. * Schmidts Geschichte der Deutschen, 6. B d , 1 1 und 14. K a p . [Vgl. S. 259 Anm. 12]; v. Lori, Chronologischer Auszug der Geschichte Bayerns, [München 1782], S. 220 und 684. ** Goldast, [Collectio] constitutionum imperialium, P. 1, fol. 80. 32 * * * Die privilegierten Stände sind ihrer Natur nach immer für den Krieg gestimmt, denn sie erhalten in jedem Falle Vorteile. Fällt der Krieg gut aus, so gibt es neue Länder, neue Ämter, folglich neue Aussichten für reiche Versorgungen. Schlägt er aber fehl, so bleiben sie, was sie sind, und haben sich entweder der Last ihrer Söhne entlediget oder durch höhere Stellen dieselben und ihre Familie bereichert; indessen die Herren Minister (mag der Friede ausfallen, wie er will) doch immer den sichern Antrag auf kostbare Präsente und Familienschmuck machen können. Daher sehen wir, daß gerade die kleinsten und unbedeutendsten Reichsfürsten ihre Stimme bei dem jetzigen Krieg am lautesten immer für denselben erhoben; und die bayerische Verordnung gab nicht den mindesten L a u t von sich, als sie 12000 Mann Subsidientruppen abmarschieren sah. Ganz natürlich! Der Bauer zahlt ja mit seinem Geld und Blute immer allein die Zeche, sie mag auch kosten, was sie wolle. 32
Goldast, Melchior (1576—1635), gebürtiger Schweizer, in verschiedenen Diensten, meist in Frankfurt lebend, tätig; seine Sammlung erschien 1 6 1 3 in Frankfurt.
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[43] Dies leistet nun bis jetzt immer noch der Nährstand dem Zehrstande. Was leistet nun heutzutage dieser jenem entgegen? Antwort: Er verschafft ihm zu Hause alles, was die niedere Gerichtsbarkeit nebst Stock und Geigen ihm Ge[44]fälliges zu leisten vermag.* In der Stadt aber verrät er ihm, versteht sich, alles verfassungsmäßig, seine äußere und innere Sicherheit, entscheidet seine Prozesse, versteht sich, zum Vorteil für sich selbst, oder im Falle, daß dies gar durch ein Wunderwerk verhindert würde, läßt er sie liegen;** leiht seine ihm lästigen Söhne, wenn sie beim Zivilstand wegen Unkenntnis des Lesens und Schreibens nicht zu gebrauchen sind, her, damit der Bauer dieselben als Offiziere gut besoldet und damit sie die ungleich nützlichem Bauernsöhne, wenn sie das Gewehr zu präsentieren nicht gleich lernen wollen, tüchtig über die Köpfe schlagen. [45] Das ist nun die leibhafte Figur der heutigen bayerischen Staatsverfassung und das Verhältnis des Zehrstandes mit dem Nährstande, woran beileibe nichts öffentliches geändert werden darf ; denn der Löwe ist einmal öffentlich aufgefodert, seine Jungen zu bewachen. Er bewacht sie auch wirklich. Fuchsschmalz, in Löwengalle aufgelöset, oder besser ein gewisser Dunst, welcher die Eigenschaft hat, die Augen der Nationen trübe zu erhalten, vermischt mit einer gehörigen Dosis von mehr oder weniger Gerassel der Ketten, um die Ohren und den Kopf desselben zu betäuben, hält jede Gefahr entfernt.*** Dieses Arkanum scheinen auch unsere Landstände zu besitzen, nur können sie ihm die erfoderliehe Kraft nicht geben, weil heutzutage die Löwengalle schon zu sehr verraucht und fast ganz unbrauchbar geworden ist. Daher- glauben noch immer sehr viele, weil doch einmal gegen die Habsucht, Verschwendung [46] und andere gefährliche Leidenschaften der Fürsten und ihrer manchmal noch schlimmem Minister ein Kappzaum höchst nötig ist, daß die bayerischen Landstände mit ihrer Verordnung dieser wohltätige Kappzaum wirklich seien, und bemerken nicht, daß ihre Augen, durch das angezündete Fuchsschmalz, mit dem alle die vielen heutigen landschaftlichen und ständischen Schriften so dick eingesalbt sind, benebelt, nicht sehen können, daß dieser Kappzaum weiter nichts seie, auch seiner ganzen Natur nach zu keiner Zeit jemals was anders werden könne als der zweite Abgrund, den ich weiter oben schon kennen gelehrt habe.f Man darf nur den Schriftenwechsel, die Landschaftsakten * Man lese
hier doch den Unterricht eines alten Beamten an junge Beamte etc.
[Vgl. S. 232 Anm. 5]. * * Man durchgehe einmal die Registraturen der Regierungen Burghausen, Straubing, Landshut, die Landes- und Justizkollegien in München, und ich stehe mit meinem Kopfe gut, daß man zu all dem Gesagten mehr Belege finden muß, als man nur immer wünschen kann, oder man nehme zur Bequemlichkeit den Doktor Herkommen zu Händen. [Vgl. S. 232 Anm. 10]. * * * Un grand bruit de chaines nous étourdit, une vapeur nous offusque. Marquis d'Angerson. t Versuch über den Ursprung und U m f a n g der landständ. Rechte in Bayern, 2. A b t . , 4. Abschnitt. [Vgl. S. 231 Anm. 2]. — Die Verordneten schreiben und
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vom An[47]fang ihrer Entstehung bis auf die heutigen Tage durchsehen, das Resultat und die Folgen davon daneben hinstellen, so wird der Nebel sogleich verschwinden, und man wird gestehen müssen, daß trotz alles Aufhebens, welches die Stände und ihre Verordnung von ihrem wichtigen Einflüsse auf das Wohl des Landes haben, der Druck und die Abgaben der Nation von Jahr zu Jahr sich gehäuft und vermehrt hatten; daß in den besten Jahren, wo weder Krieg noch Unglücksfälle Bayern geschwächt hatten, sie die Ausgaben mit den Einnahmen nie ins Gleichgewicht bringen konnten, sondern selbst da noch Schulden machen mußten, so zwar, daß gegenwärtig aller Kredit nicht sowohl wegen der Unvermögenheit des Landes als vielmehr wegen der gänzlich untauglichen sogenannten Verfassung völlig verloren ist. Es ist doch einmal nicht zu vermuten, daß die bayerischen Fürsten aus ihren all jährigen Postulaten nicht einsehen gelernet haben, was die Landschaft bewilligen und geben kann oder nicht. Was braucht es nun weiters? Er begehrt jährlich um einige hunderttausend Gulden mehr, als er erwarten kann; dies gibt [48] den Verordneten Gelegenheit, sieben bis acht Monate lang schwere Diäten zu ziehen, indessen der Fürst das erhält, auf was er anfangs gleich seinen Antrag gemacht hat. Es ist ein trauriges Lächeln, das sich an dem Gesichte eines jeden ehrlichen Mannes äußern muß, wenn er in dem Schriftenwechsel des Hofes und der Landschaft von Jahrhunderten her keinen andern Inhalt liest als wechselseitige Erinnerungen an wechselseitige Pflichten, von denen noch nie eine erfüllt worden, wechselseitige Beschwerden, an deren Abstellung man beiderseits gar nicht dachte und vermög dem oben angeführten Verhältnisse wenigst von Seite der Landschaft gar nicht zu denken wünschte. Heute fodert z. B. die Landschaft von ihrem Fürsten die Einsicht der Rechnungen, morgen fodert sie der Fürst von ihr. Heute gibt es die Landschaft der Hofpartei schriftlich und läßt es sogar noch drucken, daß sie alles eigenmächtig verfüge, daß dieselbe den Schweiß der Untertanen, welche getreulich zu vertreten unsere Pflicht, die uns immer die-heiligste sein muß, erfodert, an Unwürdige verschleudere und die Einkünfte zu einem niedrigen und ganz andern Zweck verwendet, als der Fürst sich durch sein [49] Fürstenwort selbst mündlich und schriftlich anheischig gemacht hat; sie stellt daher ihren Fürsten als einen Despoten und überwiesenen Lügner dar. Morgen antwortet der Fürst ebenfalls schriftlich und sagt da den Verordneten: Ihr seid diejenigen, welche, anstatt dieselbe zu repräsentieren, sie zugrunde richtet, da ihr alle Abgaben und Staatslasten von euch ablehnet und dieselben ganz allein auf das Volk hinwälzet, während ihr demselben den Rest davon als Grundund Hofmarksherren noch vollends auspresset; ihr seid diejenigen, welche im Staate alle Vorteile vor der Nation genießen und nichts dagegen leisten oder das wenige geleistete, das gar nie in Betrachtung kommen kann, mit Nichtstun durch posaunen ihre Rechte, die ihnen in Kriegsbündnissen und Kriegszeiten zustehen, in die weite Welt, und in Bayern erinnert sich seit Jahrhunderten kein Mensch, daß nur ein einziges zum Wohl der Nation jemals in A u s ü b u n g gebracht worden wäre.
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Besoldungen und andere Gelegenheiten, die euch vor allen andern offenstehen, mehr als hundertfältig wieder hereinzubringen wissen etc. etc.* Wie könnet ihr es euch in euern Verhältnissen und Umständen auch nur von weitem anmaßen, daß ihr die Repräsentan[5o]ten des Volks seid! Nein, das Volk kann in eurer Mitte nie eine Repräsentation haben; ich bin daher als Regent verpflichtet, dasselbe gegen euch zu repräsentieren und zu vertreten. Hier gibt also der Fürst den Ständen gleichfalls schriftlich zu erkennen, daß sie die eigentlichen Rlutigel der Nation sind. Was muß nun ein ehrlicher Mann denken und ein wahrer Patriot fühlen, wenn er sieht, daß dieses alles, so oft geschrieben, weiter zu nichts dienen darf, als der Nation damit Sand in die Augen zu werfen, während dieselbe von Jahr zu Jahr mit neuen oder erschwerten Abgaben und Lasten gedrückt wird, und dies alles trotz der beiderseits eingestandenen pflichtmäßigsten Repräsentation, um die sich jeder Teil in Worten, aber leider im Werke noch keiner mit Eifer angenommen hat. Eben deswegen, werden mir manche einwenden, nehmen sich jetzt die Stände tätiger und mehr als je der Sache der Nation an, weil sie selbst einsehen, daß die alte Verfassung nichts tauge. Sie fodern eben deswegen mit allem Ernste einen Landtag, um da eine neue und bessere Verfassung festzusetzen. [51] Es ist wahr, die Stände haben seit 131 Jahren ihre Unzufriedenheit mit ihren Verordneten nie so auffallend geäußert als gegenwärtig, nie so nachdrücklich auf einen Landtag angetragen als eben jetzt. Dieses Benehmen von Seite des Adels müßte auch wirklich jedem Menschenkenner unbegreiflich vorkommen, wenn nicht die Quelle dieser Unzufriedenheit sogleich bei ihrer ersten Äußerung nur zu sehr in die Augen fiele. Nicht Aufklärung, nicht Gefühl für Menschheit, welchen beiden Lastern man von einer gewissen Klasse alle heutige Übel so gerne aufbürdet, waren es, die jene gottlose Schriften als: Bittliche Vorstellung etc., der Bundbrief und jene noch gottlosere: Nur ein Landtag kann Bayerns Selbständigkeit und Glück gründen etc.33 verursacht haben, sondern der Druck und die Insolenz eines Teils der Stände zwang endlich den andern zu schreiben. Man lese die bittliche Vorstellung mancher Individuen vom Adelstande nochmals und dann die Antwort daraüf in der erwähnten Schrift: Nur ein Landtag, S. 43, und der Beweis meiner Behauptung wird keinem Zweifel mehr unterworfen sein. [52] Ich muß es gestehen, daß es von dem ärmern Adel** nicht artig war, auf das erste Mal sogleich gegen ihre reichern Mitbrüder so zu verfahren und sie vor dem ganzen Publikum als Schurken und Dummköpfe zu brandmarken, da doch *
Siehe, w a s oben über den U r s p r u n g , F o r t g a n g und V e r h ä l t n i s s e der s o g e n a n n t e n S t ä n d e zu d e m N ä h r s t a n d g e s a g t w o r d e n ist.
**
Es
sind
nur
Bittestellern), mutlich
arme
Schlucker
(sagte ein L a n d s c h a f t s v e r w a n d t e r
von
diesen
die k a n n m a n schon auf eine g u t e A r t schweigen m a c h e n . V e r -
g l a u b t e er, m a n m ü s s e ihnen Ä m t e r und B e s o l d u n g e n wie den H u n d e n
Brocken vorwerfen. 33
Zu den e r s t g e n a n n t e n zwei F l u g s c h r i f t e n v g l . S. 233 A n m . 1 5 ;
der v o l l s t ä n d i g e
T i t e l der d r i t t e n S c h r i f t l a u t e t : N u r ein L a n d t a g k a n n B a y e r n s S e l b s t ä n d i g k e i t und G l ü c k f ü r die Z u k u n f t g r ü n d e n ;
ein ernstliches W o r t an die l a n d s c h a f t l i c h e
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die groben Bauern sich von diesen ihren nämlichen Repräsentanten schon seit undenklichen Zeiten, ohne zu mucksen, die Haut über den Kopf abziehen und manchmal sich auch gar totschlagen lassen. Wäre ich die Verordnung, ich würde diese Grobians zu den Bauern so lange in die Schule schicken, bis sie von denselben Artigkeit und Urbanität gelernt hätten. Manche werden hier denken, mag auch die Quelle dieses wichtigen Schrittes sein, welche sie wolle, genug, er ist einmal geschehen, er kann nicht mehr zurückgenommen werden und hat wirklich schon wenigstens die gute Fol[53]ge, daß derselbe die Verordnung zu einer legalen und publiken Erklärung gebracht hat, wodurch sie in einem gewissen Falle, der in jeder Lage der Dinge ganz sicher und ungezweifelt kommen muß, ihre Hut schon vorläufig aufkünden mußte. Sie können da unmöglich wortbrüchig werden, wenn sie nicht vor der ganzen Welt als schlechte Kerls dastehen und mit der Gegenpartei sich mit Schwert oder Pistolen schlagen wollen; denn im Falle sie den ersten Teil der Folge dieser ihrer Wortbrüchigkeit, wie zu vermuten steht, nicht sehr achten würden, so scheuen sie doch die letzte um so mehr, weil ihre Gegenpartei, wenigstens bisher noch, mehr Mut zeigt, als von undenklichen Zeiten her bei der bayerischen Verordnung je zu vermuten war. Obwohl nun gegen dieses alles in beiderseitiger Rücksicht viel zu sagen wäre, so lasse ich doch gerne jedem seine Meinung gegen die Erlaubnis, auch die meinige sagen zu dürfen. Die Hauptabsicht der Bittesteller ist ohne Zweifel keine andere, als der Verordnung einmal ihr Gewicht fühlen zu lassen und sich vor dem willkürlichen Druck und ihrer angemaßten Insolenz für die Zukunft sicherzustellen. Sie sehen es vor[54]aus, daß dieser Zweck nur auf einem Landtage erreicht werden könne, weswegen sie auch auf solchen dringen. Ich gestehe nun, daß sie ihn dadurch sicher erreichen werden; nur begreife ich nicht, wie zugleich auch der Nation geholfen werden könne, welches doch einmal geschehen muß, wenn Bayern glücklich oder nur selbständig werden soll. Ich habe oben gezeigt, daß der Erwerb der Stände dem Erwerb der Nation ganz entgegen seie, daß der erste nur allein auf dem Nachteile des andern beruhe und durch ihn allein bestehen könne. Der Luxus, Aufwand und Reichtum des ersten gründet sich auf den Lohnsverlust des zweiten. Der Erwerb der Stände geschieht ohne Mühe, ohne die geringste Leibes- und Geistesbewegung. Der zu allem unfähige zieht seine Einkünfte so gut als der brauchbare Mann. Nichts geht nach Verdienst; und wollte Gott, daß dies der einzige Nachteil wäre! * Der Bauer hingegen muß jeden, [55] selbst den geringsten Vorteil durch schwere Arbeit sauer verdienen. Verordnung, ein wohlmeinender Rat an die Stände und eine dringende Bitte an den Fürsten, o. O. 1800. * L a distinction humiliante de nobles et de retouriers ne signifie que des tyrans et des esclaves, des insolens et des malheureux. Joseph II., testament politique, T. 2, pag. 196.
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Aus diesem allem folgt nun, wie ich glaube, augenscheinlich, daß sogar der Endzweck von der durch Druck oder Insolenz erpreßten, sehr mäßig scheinenden bittlichen Vorstellung auf einem künftigen, sogenannten verfassungsmäßigen Landtage nur allein auf zwei Wegen erreicht werden könne. Der erste ist, daß sie ihre Privilegien sichern; denn außerdem würde ihr Schicksal noch schlimmer werden, weil ihr Erwerb nur von Verdiensten abhängen müßte. Der zweite ist, daß der Nation Gelegenheit verschafft und Mittel an die Hand gegeben werden, wodurch selbige in den Stand gesetzt wird, fernerhin anstatt ihnen bezahlen und alle Staatsausgaben bestreiten zu können. Nun kann aber bei diesen kostspieligen Zeiten der erste Weg ohne den zweiten unmöglich mehr in die Länge, der zweite aber mit dem ersten gar nicht mehr bestehen. [56] Ein müßiger und ganz verdienstloser Erwerb ist eine Sache, die in einem zivilisierten Staate schon seiner Natur nach weder bestehen kann noch soll. Man weiß ohnehin, daß der Müßiggang das schädlichste Raubtier in einem jeden Staate ist, besonders wenn er noch gut genährt wird und unter der Maske des Verdienstes mittelst seiner Standesprivilegien die ersten Staatsämter mißbraucht, um die ergiebigsten Besoldungen an sich zu ziehen. Nur derjenige, welcher ganz vom Verdienste leben muß, und nicht der privilegierte Müßiggänger kann allein wissen, was den Erwerb befördert oder hindert, und dieser ist im Getreidlande Bayern niemand anders als der Bauer. Der Herr Prüfer scheint die Wahrheit dieses Satzes wohl einzusehen; er getraut sich daher nicht, dem Bauernstande das Recht, sich durch seinesgleichen auf dem Landtage und bei der Verordnung vertreten zu lassen, so geradehin abzusprechen, sucht aber doch seinen Zweck auf eine feine Art zu erreichen, indem er sagt, daß dies konstitutionsmäßig gehen und die Stände zuvor befragt werden müßten. [57] Ich will der bayerischen Konstitution noch ihren vollen Wert lassen. Wenn man aber das noch immer eine Konstitution nennen darf, was sich bloß auf physisches und moralisches Faustrecht, auf Raub und Betrug und auf das Verderben der Nationen und Völker gründet,* so ist die Frage: ob der Bauernstand in Bayern ein Recht habe, sich auf einem Landtage und in der Verordnung verhältnismäßig repräsentieren zu lassen oder nicht. Hat er das Recht — warum fodert Herr Prüfer, daß er die Stände vorher noch befragen müsse, ob er solches habe und sich desselben bedienen müsse oder nicht? Denn ich denke, daß, im Fall er das Recht hätte, solches ganz sicher von der Art sein müßte, daß die Stände vielmehr bei ihm anfragen müßten, ob er zugeben wolle, daß er von ihnen repräsentiert werde. [58] Hat er aber kein Recht, wozu soll dann seine Anfrage bei den Ständen auf dem Landtage wohl dienen? ** Man lese hierüber: Vorurteilsfreie Gedanken über Adelsgeist und Aristokratism, [Braunschweig 1792], von A. Hennings 34 ; Freimütige Gedanken über die allerwichtigsten Angelegenheiten Deutschlands, 3. T.; Friedrich Karl Frhr. v. Mosers Politische Wahrheiten, [Zürich 1796]. M Hennings, August von (1746—1826), Publizist in Hamburg-Altona.
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Ich frage nun jeden Unbefangenen, ob ein Landtag in Bayern bei solchen Umständen und Verhältnissen wohl etwas anders sein könne, als was alle bisherigen Landtäge, selbst der letzte württembergische und sächsische nicht ausgenommen, von jeher waren, nämlich ein vergoldeter Baum, über welchen die Kinder anfangs eine herzliche Freude haben, der sich aber, sobald als Blätter und Goldschaum dahin sind, in eine Rute verwandelt? * Dies ist es nun, was der Fürst und die Nation für einen schweren Kostenaufwand in Bayern zu erwarten haben, und der Erfolg wird zeigen, daß ich mich nicht geirret habe. Utzschneider und mehrere aufgeklärte Männer sahen vermutlich das Nämliche vorher, und die jetzige Lage Bayerns legt die Schwäche dieses gesegneten Landes zu sehr an [59] den Tag, als daß der Fürst und die Nation nicht schon auf einen einzigen Blick sehen sollten, daß der Grund und die Quelle aller unsrer Übel nur die Repräsentation der Stände — die bayerische Landschaft — sein könne. Sollte man nun wohl, ohne auf alle Vernunft Verzicht zu tun, erwarten können, daß sich der fressende Krebsschaden durch sich selbst heilen könne oder heilen werde? Ich will, welches doch gewiß viel ist, zugeben, daß der größte Teil von den Ständen einsieht, daß die ständischen Privilegien sich endlich selbst aufzehren und sie mit ihnen früher oder später sicher zugrunde gehen müssen; allein sie sind einhellig einverstanden, sobald es darauf ankömmt, lieber den künftigen gänzlichen Untergang abzuwarten als gegenwärtig ihre Monopolien fahrenzulassen.** [60] Dem Geheimen Referendär Utzschneider blieb daher als einem Manne, der es mit seinem Vaterlande wahrhaft gut meint, kein untrüglichers Mittel, der bayerischen Nation aufzuhelfen, übrig, als sich an den Landesfürsten, für den es kein gewisseres Interesse als das Wohl der-Nation geben kann, zu wenden und das in jeder Hinsicht damals noch gegründete bekannte Votum abzugeben. Hätten die Stände dieses Votum unterstützt oder demselben nur nicht auf allen möglichen Wegen entgegengearbeitet, so müßte die Lage Bayerns jetzt schon eine bessere Wendung haben; allein es sind, wie ich schon oben bemerkt habe, * Die weitere Erklärung dieser schulgerechten Definition beliebe man im satirischen Almanach, S. 286—290, nachzulesen. 35 * * Man höre einmal das allgemeine und einstimmige Urteil der bayerischen Stände über den Deputationsabschied von Neuburg, obgleich derselbe noch immer keine vollständige Arbeit ist und die Usurpationen und Privilegien noch immer für einen sündhaften W e r t angesetzt sind und deren Ablösen erschwert wird; man höre das Lärmen über die Aufhebung des bayerischen Bierzwangs und lese die Noten der hochadeligen Herren Präsidenten, welche sie auf die Akten schreiben, sobald in einer Deputation ihre Privilegien nur im mindesten berührt werden, so wird man meiner Behauptung gewiß Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen. 35 Der exakte Titel lautet: Satirische Blätter, hg. v. J a n u s Eremita, T . 3, Hohnstadt 1800; hinter J a n u s Eremita verbirgt sich Johann Christoph Gretschel (1766-1830).
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dem Wohl des Vaterlandes nicht die Personen entgegen, sondern die Sache ist es, welche die Nation an den [61] R a n d des Abgrundes gebracht hat; und dies.; Sache ist es auch, von der ich behaupte, daß ihr durch einen verfassungsmäßigen Landtag, so nämlich wie ihn die bayerischen sogenannten Stände wollen, unmöglich abgeholfen werden könne. Mögen nun die Stände alle mögliche Wege einschlagen, alle sonst so untrüglichen Mittel und unwiderstehlichen Kräfte anwenden, so werden sie doch weder reich noch ihre Agenten schlau genug sein, um den Fürsten noch ferner gegen seinen wahren Vorteil blind erhalten zu können. Sie haben ihn endlich gezwungen, daß er, aufs Äußerste gebracht, endlich auch in die Kassen der Stände greifen mußte, und da diese alle Zusammengenommen nicht einmal imstande sind, die Staatsbedürfnisse auch nur für einen Monat zu befriedigen, so hat es sich endlich aufgedeckt, daß weder die adeligen noch geistlichen Güter für die Not ein Sparkrug sind, und gezeigt, wie halsbrechend die von jeher so sehr gepriesene und gerühmte Stütze des Throns — der Adel und die Geistlichkeit — seie. Beide erwarten nun vergebens Trostgründe und halten den für einen schlechten Mann, der ihnen das Gegenteil sagt; Lü[Ö2]gen dienen nur mehr, um tiefer einzuschläfern, und reine Wahrheit verargt ihr schwacher Magen schon nicht mehr. Die Zeit ist endlich da, wo der Fürst, durch langwierigen Schaden klug gemacht, für gut finden muß, sich künftig an den Nährstand allein anzuschließen, da seine wahre und einzige Goldgrube mit aller möglicher Vorsorge gegen jeden feindlichen Eingriff sicherzustellen und der Nation ihre unveräußerlich-natürlichen Rechte wiederzuverschaff en. Den 23. Mai 1800.
3 1 . Die Privilegien des Adels in Bayern vor dem Richterstuhl der gesunden Vernunft, 1 8 0 0 1
[ ] An die Nichtadligen in Bayern: Ecquid sentitis, in quanto contemtu vivatis ? Lucis vobis hujus partem, si liceat, adimant. Quod spiratis. quod vocem mittitis, quod formas hominum habetis, indignantur. Livius, 1. I V , c. 56.2
[ ] Ein großer Schriftsteller sagt, daß die Privilegien, indem sie einige wenige begünstigen, alle übrigen mutlos machen und der Unterdrückung preisgeben. Wenn es damit seine Richtigkeit hat, so sind sie eine erbärmliche Erfindung. Man denke sich einen Staat, dessen Verfassung noch so vortrefflich, dessen Zustand noch so glücklich wäre — zu seinem Umsturz bedarf es weiter nichts, als daß man einige seiner Bürger ihrer Pflichten entbinde und die übrigen dadurch der Unterdrückung und Mutlosigkeit überliefere. [4] Wir wollen sehen, ob dieses Übel wirklich mit den Privilegien unzertrennbar verknüpft oder nur eine Chimäre müßiger Köpfe sei. Wir wollen sie daher nach ihrer Wesenheit und ihren Wirkungen unbefangen betrachten. Die Wesenheit der Privilegien liegt darin, daß sie jemanden entweder vom Gesetz ausnehmen oder ihm ein ausschließendes Recht auf etwas geben, was das Gesetz nicht verbietet. Gleich aus dieser Wortserklärung, gegen welche schwerlich der Jurist oder Philosoph eine gegründete Einwendung wird machen können, erhellet, daß-die Privilegien schon ihrer Natur nach ungerecht sind. Die Absicht der Gesetze ist zuverlässig keine andere als zu verhindern, daß niemand an seiner Freiheit und seinem Eigentum verletzt werde. Das Urgesetz, von welchem alle andre notwendig abstammen müssen, heißt: Tue niemand unrecht. Dies ist das große natürliche Gesetz, welches der Gesetzgeber durch die man[5]cherlei Anwendungen, die er davon zum Besten der gesellschaftlichen Ordnung macht, gleichsam vereinzelt. So entstehen alle bürgerlichen Gesetze. Diejenigen, welche verhindern, daß andern kein Unrecht geschieht, sind gut; diejenigen aber, die weder mittelbar noch unmittelbar zu diesem Zweck dienen, sind schlecht; nicht nur weil sie die bürgerliche Freiheit beschränken, sondern 1
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Flugschrift, in der ersten Jahreshälfte 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt 3 1 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. Livius, Titus (59 v. u. Z. —17 u. Z.), römischer Geschichtsschreiber; Zitat aus seiner Geschichte R o m s : A b urbe condita libri.
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auch weil sie die Stelle wirklich guter Gesetze einnehmen oder diesen wenigstens, so sehr sie können, im Wege stehen. Außer dem Gebiet des Gesetzes ist alles frei. Was nicht jemanden durch das Gesetz zugesichert ist, gehört allen. Auf alles, was das Gesetz nicht verbietet, hat jeder Bürger ohne Unterschied ein unangreifliches Recht. Die Privilegien sind daher in beiden Fällen, nämlich erstens, wenn sie einen vom Gesetz ausnehmen, und zweitens, wenn sie ihm ein ausschließendes Recht auf etwas geben, was die Gesetze nicht verbieten, gleich ungerecht. Denn im ersten Fall, wenn jemand von der Beobachtung des Gesetzes ausgenom[6]men wird, so erhält er dadurch die Erlaubnis, andern unrecht zu tun. Keine Macht der Welt aber kann eine solche Begünstigung erteilen. Ist das Gesetz gut, so muß es jedermann verpflichten; ist es schlecht, so muß es abgeschafft werden. Im zweiten Fall, wenn man einem ein ausschließendes Recht auf etwas gäbe, was die Gesetze nicht verbieten, würde man die unangreiflichen Rechte der Bürger verletzen und um eines willen allen unrecht tun. Alle Privilegien sind also vermöge ihrer Natur ungerecht, hassenswürdig und dem höchsten Zweck jedes bürgerlichen Vereins zuwider. Unter allen Privilegien sind die Adelsprivilegien diejenigen, welche die meisten Verteidiger und Fürbitter finden. Es verlohnt sich also wohl der Mühe, sie insbesondere zu betrachten und eine Untersuchung anzustellen, ob sie wirklich mehr zu entschuldigen sind als die übrigen. [7] Sie haben mit den andern Privilegien die Ungerechtigkeit gemein, daß sie ein ausschließendes Recht auf etwas geben, was das Gesetz nicht verbietet. Überdas gibt es fast keinen Geldvorteil, den man nicht unter dem Titel eines Ehrenvorrechts an sich zu reißen strebt. Aber das Hauptgebrechen, das ihnen anhängt, ist dieses, daß sie darauf ausgehen, die ganze Gesamtheit der Bürger herabzuwürdigen, und wahrlich, man tut den Menschen kein geringes Übel, wenn man sie herabwürdigt! Wird man es jemals begreifen, wie zugegeben werden konnte, daß Millionen Individuen erniedriget wurden, um Hunderte auf eine lächerliche Weise zu ehren? Könnte uns wohl der geschickteste Sophist zeigen, was er in einer so gesellschaftswidrigen Einrichtung dem allgemeinen Interesse gemäß findet? Den gegründetsten Anspruch auf ein EhrenVorrecht würde derjenige haben, der dem Vaterland, das heißt der Gesamtheit der Bürger, einen wichtigen Dienst geleistet hätte. Wohl! so belohne man den Bürger, der sich um die Nation verdient gemacht hat, aber man [8] sei nicht so unsinnig, die Nation gegen diese einzelnen Bürger herabzusetzen! Die Gesamtheit ist immer die Hauptsache, sie ist der Gegenstand, welchem gedient wird. Wie kann sie also dem Diener aufgeopfert werden, dem die Belohnung nur darum gebührt, weil er ihr gedient hat? Man höre also endlich auf, Belohnungen und Privilegien miteinander zu verwechseln ! Ist von gewöhnlichen Dienstleistungen die Rede, so gibt es, um sie zu bezahlen, gewöhnliche Besoldungen und ähnliche Vergütungen. Hat aber jemand dem
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Staate einen wichtigen Dienst geleistet, eine ganz ungewöhnliche Handlung ausgeübt, so beschleunige man seine stufenweise Beförderung oder erteile.1hm irgendeine ausgezeichnete Stelle, alles nach dem Verhältnis des geleisteten Dienstes und dem Talente dessen, der ihn geleistet hat. Endlich kann man sich ja als eines Hülfsmittels der Jahrgelder bedienen, aber nur in sehr seltnen Fällen, nämlich nur dann, wenn wegen Alter, Wunden oder andern Umständen kein sonstiges Mittel eine hinreichende Belohnung gewährt. [9] Solche Belohnungen, die eine ganze Nation einem aus ihrer Mitte zum Zeichen ihrer Achtung erteilt, sind ehrenvoller als die glänzendsten Unterscheidungszeichen, die ein Fürst ausspendet. Nichts ist erhabner als der schöne Tausch von Verdienst und Achtung, der zum Trost der Erde noch zwischen den Bedürfnissen einer dankbaren Nation und den großen Menschen stattfindet, die sich für alle Dienste durch einfachen Tribut der Erkenntlichkeit überflüssig belohnt fühlen. Alles ist in diesem Tausche rein, und solang er in seinem natürlichen Gang nicht gestört wird, ist er reich an Tugend und Glückseligkeit. Aber bemächtigt sich der Hof seiner, dann sehe ich in der öffentlichen Achtung nichts als eine durch die Spekulationen eines unwürdigen Alleinhandels verfälschte Münze. Aus ihrem Mißbrauch entsteht unvermeidlich die frechste Unsittlichkeit und überströmt alle Klassen der Bürger. Die äußern Kennzeichen, die zur Leitung der öffentlichen Achtung bestimmt sind, werden unrecht verteilt und leiten das Gefühl irre oder verderben es ganz. Nur bei wenigen aufgeklärten Menschen zieht sich dies Gefühl, unwil[io]lig über die niedrige Rolle, zu welcher man es herabwürdigen will, in das Innere ihres Herzens zurück. Wahre Achtung gibt es daher fast nicht mehr, und dennoch dauert die Sprache und das äußere Benehmen davon in der Gesellschaft fort, um die falschen öffentlichen Ehrenbezeugungen an Ränkemacher, an Günstlinge und oft an die strafbarsten Menschen recht schändlich zu verschwenden. In einer solchen Unordnung der Sitten ist die Tugend verspottet, das Genie verfolgt; statt ihrer sieht man eine Menge äußerer Zeichen und buntscheckigter Regierungen; gebieterisch fordern diese jetzt Achtung und Ehrfurcht für die Mittelmäßigkeit, für die Niederträchtigkeit und für das Verbrechen. Wie kann es anders kommen, als daß die Ehrenbezeugungen das Ehrgefühl selbst ersticken, die öffentliche Meinung durchaus verderben und alle Herzen tief erniedrigen? Doch Trägheit und Stolz befinden sich besser bei den Vorrechten. Den Privilegierten liegt mehr daran, von ihren Mitbürgern als durch dieselben unterschieden zu werden. Durch Gleich[11]heit glauben sie sich entehrt und machen der Natur Vorwürfe, daß sie die Unprivilegierten nicht zu niedern, bloß zur Sklaverei bestimmten Geschöpfen verurteilt hat. Diese Bemerkungen über die Wesenheit der Privilegien im allgemeinen mögen hinreichen. Wir wollen nun zu den Wirkungen übergehen, die sie sowohl in Beziehung auf das allgemeine Interesse als auf das Interesse der Privilegierten selbst hervorbringen. In dem Augenblicke, da die Staatsverwalter einem Bürger das Unterscheidungszeichen eines Privilegierten aufdrücken, öffnen sie seine Seele einem besondern 19
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Interesse und verschließen sie mehr oder minder der Stimme des allgemeinen Wohls. Das Vaterland verengt sich in seiner Vorstellung; es beschränkt sich bloß auf die Kaste, die ihn aufgenommen hat. Er betrachtet sich und seine Genossen, als machten sie einen eigenen Stand, ein auser[i2]wähltes Volk im Volke aus. E r denkt, er müsse sich vor allem seiner Kaste widmen, und wenn er sich auch noch mit den andern beschäftigt, so sind sie ihm im Grund doch nur die andern. Sie sind ihm nicht mehr die Seinigen, nicht mehr der Körper, von welchem er ehemals ein Glied war. Sie sind nur das Volk, und das Volk ist bald in seiner Sprache wie in seinem Herzen nur ein Haufe gemeiner Leute, eine eigens zum Dienen geschaffene Menschenklasse. Er selbst ist nur da zum Befehlen und zum Genuß. Diese Denkungsart ist die natürliche Folge der Privilegien und setzt sich in allen Gemütern der Privilegierten fest. Ich frage jeden offenherzigen und biedern Mann aus dieser Klasse, ob, wenn er einen Menschen aus dem Volke bei sich sieht, der nicht gerade gekommen ist, um sich seiner Gnade zu empfehlen, er nicht gewöhnlich eine unwillkürliche innere Bewegung der Zurückstoßung fühlt, die sich bei dem mindesten Anlasse durch irgendein hartes Wort oder eine beleidigende Gebärde augenblicklich äußert? [13] Das falsche Gefühl persönlicher Hoheit ist den Privilegierten so teuer, daß sie es auf jedes Verhältnis der übrigen Bürger ausdehnen wollen. Wir sind nicht gemacht, heißt es, mit ihnen vermengt zu werden, uns mit ihnen zusammen zu befinden, noch weniger mit ihnen auf was immer für eine Art in Kollision zu kommen usw. Sie glauben, sich etwas Wesentliches zu vergeben, wenn sie sich mit den Bürgerlichen in irgendeinen Wortwechsel einlassen oder wenn sie gegen dieselben unrecht behalten müssen. J a sogar wenn sie recht behielten, hätten sie sich ihrer Meinung nach doch schon weggeworfen. Nichts ist lustiger als das Schauspiel, das man in dieser Rücksicht auf dem Lande hat. Gesichert gegen die Aufklärung und die Leidenschaften der Städte, nährt und bläht sich hier in der Brust des Privilegierten das große Gefühl seiner Hoheit. In seinen Schlössern hat er einen ordentlichen Respekt vor sich selber. Vor den Bildnissen seiner Ahnen kann er sich da länger seinem Entzücken überlassen, er kann sich da mit mehr Muße in der Ehre berauschen, daß er von Menschen abstamme, die im dreizehnten und [14] vierzehnten Jahrhundert gelebt haben. Denn es fällt ihm gar nicht ein, daß ein solcher Vorteil allen Familien gemein sei. Oft zeigt er mit großer Bescheidenheit dem ehrfurchtsvollen Blick des Fremden diese Reihe von Ahnen, deren Betrachtung ihn so oft in die süßesten Träume wiegt. Aber bei dem Vater oder Großvater hält er sich nur wenig auf; diese Wörter haben ein gewisses beleidigendes Etwas für die Würde der vornehmen Sprache. Die entferntesten Vorfahrer sind ihm die würdigsten, sie sind die nächsten seiner Liebe wie seiner Eitelkeit. Hier in den Schlössern nur fühlt man mit der Begeisterung, mit welcher man sonst Kunstwerke betrachtet, die volle Wirkung eines Stammbaums mit dichten Ästen und von hohem Wuchs. Hier nur kennt man bis auf die kleinste Schat-
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tierung und bis auf die geringsten Fälle herab alles, was ein Mann von Geburt gilt.» [15] Wie klein und verächtlich erscheinen neben diesen erhabenen Geistesunterhaltungen die Beschäftigungen der Stadtleute! Wäre es erlaubt, die Sache bei ihrem wahren Namen zu nennen, so könnte man fragen: W a s ist ein Bürgerlicher neben einem echten Privilegierten? Dieser richtet beständig sein Auge auf die edle vergangene Zeit; in ihr sieht er alle seine Vorzüge, seine Vielvermögenheit; er lebt in und von seinen Vor[i6]eltern. Der Bürgerliche hingegen blickt unverwandt auf die unedle gegenwärtige Zeit und auf die gleichgültige Zukunft. Die eine bereitet er vor, und die andere belebt er durch die reichen Quellen seiner Industrie. E r ist, statt gewesen zu sein, aber ihn trifft die Strafe und, was weit ärger ist, die Schande, allen seinen Verstand, alle seine K r ä f t e zu unserm jetzigen Dienst zu verwenden und von der Arbeit, die aller Bedürfnis ist, zu leben. O ! warum gehen doch die Privilegierten nicht in die Vergangenheit, um da ihrer Titel und Vorzüge zu genießen und dem dummen Volk die Gegenwart in ihrer ganzen Verächtlichkeit zu überlassen! Hätten die Vorurteile und Schwachsinnigkeit der Privilegierten keine weitere Folge, als lächerlich zu machen, so könnte der bessere Bürger sich damit begnügen, der Torheit zu spotten. Aber leider ist die Eitelkeit ganzer Kasten bedeutender als die der Individuen. Uber diese lacht man mit Recht, jene aber verwandelt sich in Zunftgeist und wird dadurch äußerst gefährlich. Die Klasse, die der Privilegierte verachtet, lege ihm das geringste Hindernis in den Weg, so [17] ist er gleich aufgebracht, er fühlt sich beleidigt in seinen Privilegien, in seinen Rechten, in seinem Eigentum. B a l d spornt und feuert er alle seine Mitprivilegierten an, und es gelingt ihm endlich, eine schreckliche Verbindung zustande zu bringen, die bereit ist, für die Erhaltung und sodann für die Vermehrung ihrer verhaßten Vorrechte alles zu tun. So wird alle Ordnung des Staats zerstört, Und es bleibt nichts übrig als ein abscheulicher Aristokratismus. Aber, sagen die Privilegierten, wir sind doch in Gesellschaft mit den Nichtprivilegierten so höflich wie m i t unsersgleichen. Mag sein, aber sie üben diese Höflichkeit nicht, weil sie meinen, dieselbe andern schuldig zu sein, sondern weil sie sonst die Achtung gegen sich selbst zu verletzen glauben. Sie ehren nicht die Ansprüche der andern, sie ehren nur sich und ihren Stand. Sie wollen nur nicht durch gemeine Manieren mit d e m * Ich tue Verzicht darauf, alle Abstufungen, alle Feinheiten der vornehmen Sprache ganz zu fassen. Es wäre hierzu ein eignes Wörterbuch nötig; denn man müßte von jedem Wort den wahren Sinn trennen, um ihm nichts zu lassen als eine Leere für den Verstand, aber bewundernswürdige Tiefen für das Vorurteil. Von Geburt sein zum Beispiel heißt, seinen Ursprung des großen Altertums wegen gar nicht angeben zu können. Hat man bisher gemeint, daß jeder Mensch notwendig einen Vater, Großvater usw. haben müsse, so hat man sich sehr geirrt. In dieser Hinsicht reicht die physische Gewißheit nicht zu; es gilt keine außer der Bescheinigung des Wappenkönigs. Die neuern Privilegierten sind Menschen von gestern her. Von den Nichtprivilegierten ist ohnehin die Rede nicht, diese sind gar nicht geboren. .9*
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vermengt werden, was sie gemeine Gesellschaft heißen. Was also die unerfahrne Menge für Höflichkeit hält, ist nur eine besondere Eigenheit der Hoffart. Um sich diesen unbändigen Stolz auf die Privilegien zu erklären, denkt man vielleicht, [18] daß die Privilegierten durch den entzückenden Rausch ihrer Hoheit eine besondere Art von Glückseligkeit genießen, welche die andern nur aus Neid für ungerecht und dem Staatszweck zuwider ausschreien wollen. Befragen wir darüber unsere eigene Erfahrung, befragen wir darüber die Erfahrung aller Großen, die z. B. vermöge ihres Amtes in den Provinzen leben und dort die größte Herrlichkeit genießen. Diese Herrlichkeit gewährt ihnen alles, und doch fühlen sie sich allein. Langeweile drückt ihr ganzes Wesen und rächt an ihnen die Rechte der Natur. Ihre brennende Ungeduld, mit welcher sie in die Hauptstadt zurückeilen, um nur wieder ihresgleichen aufzusuchen, zeigt, wie unsinnig es ist, beständig das Land der Eitelkeit zu besäen und nichts zu ernten als die Dornen des Stolzes oder die Schlummerkörner der Langeweile. Die Eitelkeit gewährt also nur einen trügerischen Tausch für die Gefühle der Natur, worin allein die Glückseligkeit besteht. Die Gesellschaft ist für alle Menschen eine reine, an [19] angenehmen Genüssen fruchtbare Quelle. Das sagt uns unser Gefühl, wenn es unverdorben ist, und das Volk, das sich für das zivilisierteste hält, rühmt sich auch der besten Gesellschaft. Wo aber muß sich die beste Gesellschaft finden lassen? Zuverlässig da, wo die Menschen, die am meisten zueinander passen, sich einander frei nähern und die, welche nicht füreinander gemacht sind, sich ebenso frei trfennen können; da, wo es unter einer gegebenen Anzahl von Menschen eine überwiegende Menge gibt, welche die Talente und den Geist der Gesellschaft besitzen und deren Auswahl von keiner Rücksicht erschwert wird, die nicht zu dem Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung gehört. Widersetzen sich nun nicht die Staatsvorurteile auf alle ersinnliche Weise dieser so einfachen Einrichtung? Was ich bisher gesagt, traf alle Privilegien, sowohl die erblichen als die selbsterworbenen. Jene verdienen aber noch eine besondere Betrachtung; denn wenn es im Reich der U[20]bel und der Widersinnigkeiten eine Rangordnung gibt, so stehen ohne Widerrede die erblichen Vorrechte obenan. Aus einem Vorrecht ein erbliches Eigentum machen heißt sich sogar jeden Vorwand rauben, womit man die Erteilung der Privilegien verteidigen könnte; es streitet gegen alle Grundsätze, gegen alle Vernunft. Wenn dieses Übel hart und übertrieben scheint, so liegt die Ursache nur in folgendem : Eine falsche Idee braucht nur von dem persönlichen Interesse und von dem Beispiel einiger Jahrhunderte unterstützt zu sein, so verfinstert sie am Ende den ganzen Verstand. Von Vorurteil zu Vorurteil gerät man ericllich unvermerkt zu einem System, das vom höchsten Grad der Unvernunft zeugt und dennoch, was das empörendste ist, die lange abgöttische Leichtgläubigkeit der Völker darum doch nicht wanken macht. So ist es eben mit den erblichen Privilegien gegangen. Wir sehen täglich vor unsern [21] Augen und ohne daß wir daran denken zu widersprechen, wie unzählige Schwärme von Privilegierten emporsteigen, die in der festen und fast gewissen
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Überzeugung stehn, daß sie vermöge ihrer Geburt auf Ehrenbezeugungen und schon dadurch, daß sie zu leben fortfahren, auf einen Teil der Abgaben des Volks ein Recht erlangt haben. Nicht genug, daß sie sich als eine besondere Menschengattung betrachten, sie sehen sich und ihre Abkömmlinge als ein Bedürfnis der Völker an. Sprechen èie mit den Ministern oder mit dem Fürsten selbst, so nennen sie sich immer Stützen des Throns und seine natürlichen Verteidiger gegen das Volk. Sprechen sie im Gegenteil zu der Nation, so sind sie die wahren Verteidiger eines Volkes, das ohne sie durch die Gewalt des Fürsten bald zerdrückt sein würde. Das eine ist ebenso falsch als das andere. Jede aufgeklärte Regierung sieht ein, daß die bürgerliche Gesellschaft nichts weiter bedarf als unter dem Schutze des Gesetzes lebende und [22] wirkende Menschen und eine über alles wachende, alles beschützende väterliche Macht. Nur unter den Vollstreckern der Regierungsbeschlüsse findet eine notwendige Rangordnung statt ; hier nur ist eine Stufenfolge unter den öffentlichen Gewalten erforderlich, hier nur sind die wahren Verhältnisse des Untern zum Obern; denn nur vermittelst dieser gegenseitigen Einwirkung kann sich die Maschine des Staats bewegen. Außer diesem aber sind alle Bürger vor dem Gesetze gleich; alle sind abhängig, nicht einer von dem andern (denn dies wäre eine unnütze Sklaverei), sondern von der Macht, die sie beschützt, sie richtet, sie verteidigt usw. Der, welcher im Genuß des größten Vermögens lebt, ist nicht mehr als der, den nur sein Taglohn ernährt. Bezahlt der Reiche mehr Abgaben, so erfordern auch seine größern Besitzungen mehr Schutz. Aber ist das Scherflein des Armen weniger schätzbar, sein Recht weniger ehrwürdig? Soll nicht seine Person unter einem wenigstens gleichen Schutze stehen? Die Abstufungen zwischen den Regierenden und den Regierten bildet also die wahre, allen bürgerlischen Gesellschaften notwendige Rang[23]ordnung. Hingegen die Rangordnung der Regierten untereinander ist unwahr, unnütz und ein mit Recht verhaßter Überrest aus den Zeiten des Lehenwesens. Wenn man eine Klasse von Regierten auszeichnet, um sie zwischen die Regierung und das Volk zu stellen, so wird diese Klasse entweder an den Regierungsgeschäften teilnehmen — und dann ist es nicht die privilegierte Klasse, von der wir sprechen —, oder sie wird mit den wesentlichen Verrichtungen der Staatsgewalt nichts zu tun haben, und dann kann ein solcher Zwischenkörper nichts anders sein als eine fremdartige Masse, die dadurch schädlich wird, daß sie entweder die direkten Verhältnisse zwischen den Regierenden und Regierten unterbricht oder daß sie das freie Spiel der Federn in der Staatsmaschine lähmt oder endlich daß sie durch alles, was sie von der Bürgergesamtheit unterscheidet, für die Gemeinheit eine Bürde mehr ist. Es ist daher leicht begreiflich, daß eine solche Klasse nicht allein unnütz ist, sondern daß sie auch notwendig der andern zur Last fallen muß. [24] Aus folgender Betrachtung wird noch deutlicher erhellen, was die Privilegien für Wirkungen in Rücksicht auf das allgemeine Interesse hervorbringen. Geld und Ehre sind die zwei großen Triebräder der bürgerlichen Gesellschaft. Weil der Mensch beides bedarf, so erhält sich durch beides die Gesellschaft, und bei einer Nation, welche den Wert der guten Sitten kennt, darf keines dieser
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Bedürfnisse ohne das andere gefühlt werden. Das Streben nach öffentlicher Achtung ist ein notwendiger Zügel für die Sucht nach Reichtümern. In welchen Verhältnissen trifft man beide Gefühle bei den Privilegierten an? Die Ehre ist ihnen schon zugesichert, sie ist ihr gewisses Erbteil. Für die übrigen Bürger mag die Ehre der Lohn ihres Betragens sein; die Privilegierten brauchen gottlob nur geboren zu werden, um sie zu erhalten. Das Bedürfnis, Ehre zu erwerben, ist ihnen also entbehrlich; im [25] voraus können sie allem entsagen, wodurch sie sich verdienen läßt. Das Bedürfnis des Geldes hingegen fühlen sie sehr lebhaft. Sie haben sogar eine Veranlassung mehr, sich dieser brennenden Leidenschaft zu überlassen; denn der Stolz reizt sie unaufhörlich zu großen Ausgaben. Aber das Vorurteil des Standes, das sie beständig antreibt, ihr Vermögen zugrund zu richten, untersagt ihnen durch einen seltsamen Widerspruch fast jeden rechtlichen Weg, dasselbe wieder in Aufnahme zu bringen. Welches Mittel bleibt ihnen also zur Befriedigung einer Geldgier, die sie mehr als andere beherrscht? Die Ränkesucht und die Bettelei. Diese beiden Gewerbsarten sind die einzigen, auf welche die Privilegierten sich verlegen. Kein Wunder, daß sie darin eine besondere Fertigkeit erlangen und überall, wo sich dieses doppelte Talent mit Erfolg anwenden läßt, dergestalt auf alles J a g d machen, daß die nichtprivilegierten Mitbewerber zurückstehen müssen. [26] Sie halten den Hof unaufhörlich besetzt, sie belagern unaufhörlich die Minister und reißen alle Begünstigungen, Pensionen und Pfründen an sich. Ihre Ränkesucht beschatzt mit gleicher Unersättlichkeit die Kirche, die Armee und die Landeskollegien. Kaum hat sie ein ansehnliches Einkommen oder eine dazu führende Stelle ausgespäht, so bringt sie es bald dahin, daß der Hof diese Amter bloß als Pfründen ansieht, die nicht da sind, um mit Talent und Tätigkeit verwaltet zu werden, sondern nur um den privilegierten Familien ein anständiges Auskommen zu versichern. Aber damit beruhigen sich noch nicht diese geschickten Menschen. Sie fürchten, die Liebe für das allgemeine Wohl könnte zuweilen die Minister in einem Augenblicke der Zerstreuung irreführen. Sie benützen also zu rechter Zeit den Unverstand oder die Verräterei derselben und lassen am Ende ihr Monopol durch förmliche Verordnungen oder durch eine förmliche Verwaltungsmethode, die einem ausschließenden Gesetze gleichkömmt, bekräftigen. Und so gibt man den Staat solchen Regierungsgrundsätzen preis, die alle Staatsökonomie durchaus zerstören. Diese [27] mag immer vorschreiben, daß man in allen Stücken die geschicktesten und wohlfeilsten Diener vorziehen müsse. Umsonst! Das Monopol dringt auf die kostspieligsten und notwendigerweise auch die ungeschicktesten; denn das Monopol hat, wie bekannt, immer die Folge, den Schwung derer zu lähmen, die bei einer freien Konkurrenz ihr ganzes Talent gezeigt hätten. Die Bettelei der Privilegierten hat für das Gemeinwesen weniger üble Folgen. Sie ist ein geiler Zweig, der so viel Saft an sich zieht, als er kann, der aber doch nicht vermag, die übrigen ganz zu verdrängen. Sie besteht wie jede andere Bettelei darin, daß sie die Hand ausstreckt und um Mitleid und ein Gnadengeschenk
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bittet. Ihre Stellung nur ist weniger demütig, und sie scheint sogar manchmal das Almosen eher wie eine Schuldigkeit zu fordern als wie eine Gnade zu erbitten. Am meisten wird diese Bettelei am Hofe ausgeübt, wo die Mächtigsten und Reichsten den ersten und größten Vorteil daraus ziehen. Von da aus reizt dies fruchtbare Beispeil die [28] Privilegierten bis in den entferntesten Winkel des Landes hin, den ehrenvollen Anspruch auf ein müßiges und vom Publikum bezahltes Leben geltend zu machen. Übrigens bedurfte es, um die Ränkesucht und Bettelei, wovon hier die Rede ist, in der öffentlichen Meinung für ehrenvoll gelten zu lassen, weiter nichts, als sie zu einem ganz besondern Eigentum der privilegierten Klasse zu machen. K a u m hört man das Wort arm und privilegiert, so erhebt sich überall der Schrei des Unwillens. Wenn ein Privilegierter sich außerstand sieht, seinen Namen und seinen Rang zu behaupten, so wird dieses für ein solches Unglück angesehen, daß man demselben schleunigst abhelfen zu müssen und die Staatsgelder nicht billiger verwenden zu können glaubt. Der Ausspruch der Natur: Arbeite, um leben zu können, ist nur für die gemeine Klasse der Bürger anwendbar. Für die Privilegierten gibt es hundert Anstalten, die sie über die Erfüllung dieser Vorschrift hinaussetzen. Knabenhäuser, Fräuleinstifter, Domkapitel, Ordens [2 9] Stiftungen, Kammerherrnpensionen, Pflegen, Oberämter und dergleichen nützliche Einrichtungen dienen dazu, den Privilegierten die Rosen des Lebens ohne die Dornen desselben darzureichen. Die jungen Privilegierten, kaum den Kinderjahren entgangen, haben schon Einkünfte und Rang, und man bedauert es wohl gar, daß diese gering sind. Man betrachte dagegen die Nichtprivilegierten desselben Alters, welche sich solchen Berufsarbeiten widmen, wozu Talente und Studium erfordert werden; wird man wohl einen unter ihnen finden, der, wenn er sich gleich den mühsamsten Beschäftigungen unterzieht, nicht seinen Eltern lange Zeit große Kosten verursacht, bevor er das ungewisse Glück haben kann, sich mit äußerster Anstrengung den nötigen Lebensunterhalt selbst zu verdienen? Die Privilegierten dürfen sich nur zeigen, und man macht sich eine Ehre daraus, sich für ihre Beförderung zu verwenden. Mit Wärme beschäftigt man sich mit ihren Angelegenheiten, mit ihrem Glück. Selbst der Staat, ja das allgemeine Wohl muß sich nach ihren Familienrücksichten bequemen lassen. [30] Am häufigsten geschieht dies bei ihren Heirats Verhandlungen. Der Staat oder vielmehr der Fürst bietet seine Hände zur Erschaffung neuer Stellen, zu höchst nachteiligen Vertauschungen oder selbst zu solchen Ankaufungen, wozu der öffentliche Schatz das Geld hergeben muß. Um auf eine solche Unterstützung Anspruch zu machen, kömmt es nicht auf die Bedürfnisse des Lebens, sondern der Eitelkeit an. Geht man nur ein wenig in die Geschichte zurück, so sieht man, wie die Privilegierten von jeher alles, was ihnen behagte, raubten und sich zueigneten. Gewalttätigkeit und Raub, der Ungestraftheit gewiß, konnten allerdings der Bettelei überhoben sein. Bettelei der Privilegierten, dies würdige Surrogat ihres Faust-
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rechts, hat 'also erst nach eingeführtem Landfrieden mit dem ersten Anfang gesellschaftlicher Ordnung entstehen müssen, und daraus ergibt sich ihre große Verschiedenheit von der Bettelei des Volks. Diese zeigt sich in dem Maße, wie die Regierung schlechter wird; die andre in dem Maße, wie sie sich verbessert. Allerdings rottet sie nach einigen noch weitern Fortschritten diese beiden gesellschaftlichen Krankheiten auf einmal aus, aber [31] sicherlich nicht dadurch, daß sie ihnen Nahrung gibt, und noch weniger, daß sie die unverzeihlichste zur ehrenvollen macht. Man muß gestehn, es erfordert keine gemeine Geschicklichkeit, durch Erregung des Mitleids zu erlangen, was man der Schwachheit nicht entreißen kann, und auf diese Weise bald die Kühnheit des Unterdrückers, bald die Rührung des Unterdrückten wechselsweise anzunehmen. Wenn die Ehre das Prinzip der Monarchie ist, so ist sie sicher nicht das Prinzip der Privilegierten. Die Materie der Privilegien ist so unerschöpflich wie die sie unterstützenden Vorurteile. Doch wir wollen uns alle fernere Bemerkungen ersparen und der Nachkommenschaft (wenn die jetzige Generation dessen nicht fähig ist) überlassen, der allerunbegreiflichsten Torheit den gebührenden Namen zu geben.
32. Die Stimme der öffentlichen Meinung über Max Joseph, Kurfürsten von Bayern. Eine Skizze, 18001
[ ] Nicht leicht kann ein Fürst bei dem Antritt seiner Regierung eine so günstige Volksstimmung, einen so allgemeinen Enthusiasmus für sich antreffen als der jetzige Kurfürst in Bayern, Maximilian Joseph. Das Übermaß der Freude und der Hoffnungen, welchen sich das Volk dahingab, bezeichnete das Übermaß der Mißbräuche, welche es bisher gedrückt hatten. Jede Klasse der Bürger, jeder einzelne Bayer bildete sich die glänzendsten Erwartungen. Ein Wunsch war aber fast allen gemein — der Wunsch, die schimpflichen Fesseln gebrochen zu sehen, die Bayern an Österreich geket[ ]tet hielten. Ohne Zweifel wäre auch dies der günstigste Augenblick gewesen, Bayern seine Unabhängigkeit wiederzugeben, wenn man die Stimmung des Volkes benützt hätte, welches, von dem doppelten Feuereifer der Liebe und des Hasses hingerissen, vor Begierde brannte, sich für Fürst und Vaterland in Masse zu bewaffnen und zu erheben. Zwischen zwei großen kriegführenden Mächten in der Mitte hätte Bayern diese gefährliche Lage in den Triumph seiner Politik umschaffen können, wenn es sich in eine für beide furchtbare Verfassung gesetzt hätte. Der Anfang der neuen Regierung entsprach mehr als in einer Rücksicht den Erwartungen der Vaterlandsfreunde. Einige Schurken und Taugenichtse [ ] wurden entfernt, redliche und geschickte Männer dafür angestellt, die unter der vorigen Regierung teils verbannt, teils unterdrückt, teils verkannt waren. Verjährte Mißbräuche wurden angegriffen und einige Institute aufgehoben, die mit den angenommenen Grundsätzen im Widerspruche standen. Unter andern sah das Volk mit grenzenlosem Vergnügen dem Malteserorden den Krieg erklären, weil dies den festen Entschluß der Regierung verriet, allem auswärtigen Einfluß zu trotzen. Unglücklicherweise blieb diesei erste energische Schritt auch der letzte, oder vielmehr mußte er selbst mit einem Male die Schwäche und Inkonsequenz der Regierung zeigen und die ganze Täuschung auflösen. Paul I. drohte, und das Münchner Kabinett verlor die Fassung. [ ] Es stellte auf die demütigste Art den Malteserorden wieder her und gründete seine Existenz fester als jemals.2 1
Flugschrift,
etwa
im März/April
verfaßt, Ende
September
zusammen
mit
dem damals erst entstandenen Anhang gedruckt und nachweislich im Oktober 1800 verbreitet. Mit Titelblatt und Anhang 15 S., nicht paginiert, 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. 2
Das bayerische Malteserpriorat, 1781/82 von Karl Theodor als Dotation für seinen illegitimen
Sohn Karl August Friedrich Joseph Fürst von Bretzenheim (1769—
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Mit dieser Handlung schien der Geist des Systems und der Energie auf immer von der Regierung entflohen zu sein. Hatte sie sich gegen den äußern Einfluß furchtsam gezeigt, so handelte sie im Innern noch weit schwächer und.schwankender. Sie entfernte zwar die Schurken, die unter Karl Theodor den Haß und den Fluch des Volkes auf sich geladen hatten, aber dabei blieb sie auch stehen und hatte nicht den Mut, dieselben zu strafen. Zu gleicher Zeit offenbarte sich der Mangel an Grundsätzen immer deutlicher. Der Nepotismus, der Personalhaß, die Intrigensucht lebten in voller Stärke wieder auf und schoben ihre untauglichen Kreaturen [ ] in die Reihe der schätzbaren Räte, deren Anstellung den Kollegien ihr ursprüngliches Ansehen wiedergegeben hatte. Für andere Schützlinge erschuf man neue Stellen, ja sogar neue Kollegien, die dem System nach gar nicht einzeln existieren dürften.* Unaufhörliche Veränderungen, bald mit den angestellten Personen, bald mit den neuen Einrichtungen selbst, machten [ ] alles ungewiß und prekär und erweckten allgemeine Unzufriedenheit.** Die Regierung schien die Voraussetzung angenommen zu haben, daß, wer einen Dienst antritt, nur Pflichten und keine Rechte erwerben könne, und ließ dessen ohngeachtet einen Haufen für untauglich erklärter und daher in Ruhe gesetzter Räte ihre ganze Besoldungen fortgenießen; ja sie trieb die Inkonsequenz so weit, daß sie bei allen Diensteröffnungen die vormals für untaug[ Jlich erklärten Räte nach und nach wieder hervorzog. Dadurch mußte natürlicherweise die Unzufriedenheit noch lauter und allgemeiner werden. Man entschuldigte sich mit dem üblen Zustand der Finanzen, welche nicht immer zuließen, neue Besoldungen zu erteilen, sondern der Regierung zum Gesetz machten, die schon besoldeten Individuen aus dem Ruhestand (worein man sie weislich versetzt hatte) wieder zur Tätigkeit hervorzurufen. Wenn diese Ent* Dies geschah z. B . mit dem geistlichen R a t und dem Wechselgericht. Jener bewahrte seine systemswidrige Existenz dadurch, daß der Kurfürst einen untauglichen Edelmann, der doch auch etwas zu sein verlangte, als Präsidenten' 1 und der Herzog 4 ein paar jesuitische Schurken, die nächstens vor dem Publikum entlarvt werden sollen, als Direktoren angestellt wissen wollte. * * Gleich in dem zweiten Monate der Regierung geschahen personelle Änderungen mit geheimen Referendären und Direktoren der Landesdirektion, und bald darauf bekam die mit so vieler Überlegung entworfene Instruktion derselben einen Riß, da zwei ganze Deputationen wieder aufgehoben wurden. 1 8 2 3 ) aus Mitteln des für Schulzwecke bestimmten Jesuitenfonds gegründet, wurde mit dem Regierungsantritt Maximilian Josephs aufgehoben. Paul I. (geb. 1 7 5 4 , Zar von Rußland 1796, ermordet 1801), in seiner Würde als Großmeister des Malteserordens beleidigt, drohte Bayern mit feindseliger Behandlung, so daß Maximilian Joseph bereits im Juli 1 7 9 9 die bayerische Zunge des Ordens wiederherstellte. 3
4
Gemeint ist Johann Theodor Heinrich Graf Topor von Morawitzky ( 1 7 3 5 — 1 8 1 0 ) , Minister des geistlichen Departements. Wilhelm, Pfalzgraf von Birkenfeld ( 1 7 5 2 — 1 8 3 7 ) , Schwager Maximilian Josephs und seit 1 7 9 9 Herzog in Bayern.
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schuldigung gleich absurd war, so ist es doch richtig, daß die Finanzen angefangen hatten, in die größte Verwirrung zu geraten. Die Vorliebe des Kurfürsten für das Militär und die daraus entspringenden Veränderungen der Uniformen usw. [ ] erschöpften die Kassen. Alles einlaufende Geld wurde zuerst in die Kriegskasse ausgeschüttet und nur der Überrest dem besoldeten Personal ausgeteilt, welches mehrere Wochen, oft monatelang auf seine Besoldung warten mußte, indessen es mit verbissenem Grimme die abgeschmackten neuen Monturen sich häufen sah. Wenn- schon gleich anfangs die übermäßige Besoldung der Minister, deren jeder 16000 fl. * erhielt, und die Anstellung einer unverhältnismäßigen Menge von Referendären und geheimen Sekretären keinen Geist der Sparsamkeit [ ] verrieten,** so überzeugte man sich in der Folge noch mehr von der Prachtliebe und Verschwendung des Kurfürsten. In dem Oberststallmeister-, Oberstküchenmeister- und Hofmarschall-Departement Wurde bunt gewirtschaftet. Am auffallendsten war die Menge der verschiedenen Hoftafeln, da der Kurfürst, der Kurprinz.,5 der Herzog, die Prinzessinnen und sogar der fünfjährige Prinz Karl Theodor6 jedes [ ] seine eigene Tafel hielt, wozu täglich Gäste vom Zivil- und Militärstande gebeten wurden. Noch nicht zufrieden mit diesen ungeheuern Ausgaben ließ der Kurfürst die zwei schönsten Säle der Residenz, die ehemals mit großem Aufwand erbaut worden waren, niederreißen und mit unbeschreiblichen Kosten eine neue Wohnung für die Kurfürstin 7 errichten, an welcher schon über ein Jahr lang ohne großen Erfolg gebaut wird. Kein Wunder, daß bei einer solchen Wirtschaft die Verlegenheit des Hofes und die Unzufriedenheit des Publikums mit gleicher Schnelligkeit wachsen mußte. Um sich von dem Übermaß der Verwirrung einen Begriff zu machen, darf man nur das fürchterliche Mittel nennen, zu welchem man am Ende Zu[ ]flucht nahm — den englischen Subsidientraktat.8 * Montgelas 9 , der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, und der Finanzminister Hompesch 1 0 haben jeder 20000 fl. Besoldung * * Der geheime Kanzleistatus indignierte jeden ehrlichen Mann und veranlaßte mehrere Satiren über die zum Schaden älterer und brauchbarer geheimen Sekretarien begünstigte kobellische Familie, die durch ihre mit der krassesten Unwissenheit verbundene Insolenz allgemeinen Haß und Unwillen gegen sich erweckte. 5 Ludwig, geb. 1786, als Ludwig I. König von Bayern 1 8 2 5 , abgedankt 1848, gest. 1868. 6 Karl Theodor ( 1 7 9 5 - 1 8 7 5 ) . 7 Karoline ( 1 7 7 6 — 1 8 4 1 ) , Tochter des Erbprinzen Karl Ludwig von Baden und zweite Gemahlin Maximilian Josephs. 8 Der mit England am 16. März 1800 abgeschlossene Vertrag verpflichtete Bayern auf ein J a h r , i 2 o o o M a n n zur Verfügung des englischen Königs gegen Zahlung von 30 Talern für jeden Infanteristen und 80 Talern für jeden Kavalleristen zu stellen. 9 Montgelas, Maximilian Karl Joseph Freiherr von ( 1 7 5 9 - 1 8 3 8 ) , leitender Minister Maximilian Josephs. 10 Hompesch, Franz Karl Freiherr von (gest. 1800).
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Durch diese Maßregel verlor die Regierung noch den kleinen Rest des Zutrauens, den ihr das Volk geschenkt hatte, und brachte die Gesinnungen zur Reife, die man nun als die öffentliche Stimmung ansehen kann, nämlich: Geringschätzung gegen den Kurfürsten, Haß gegen die herrschenden Minister.
ANHANG Die österreichische Armee an den Kaiser Franz
II.
Allerdurchlauchtigster! [ ] Mit schmerzlichem Erstaunen haben wir erfahren, daß Du selbst jetzt noch nicht den lang entbehrten Frieden uns und dem Vaterlande schenken willst. Erlaube uns demnach, Dir in gebührender Ehrfurcht, doch aus freier Brust,, unsere Gesinnungen hierüber an den Tag zu legen. Schon neun Jahre fochten wir gegen ein Volk, das uns nie etwas zuleide getan, das vielmehr schon oft unsere Achtung und Bewunderung gefesselt hat. Bis jetzt ist es noch keinem von uns eingefallen, nach der Ursache zu fragen, die uns zwang, dieses Volk zu verfolgen und zu Hunderttausenden unser Leben auf dem Schlachtfelde zu verbluten. Wir gehorchten, weil wir gewöhnt sind zu gehorchen, und dachten nicht weiter darüber nach. Aber allmählich fällt die Binde von unsern Augen. Wir sehen, daß wir unser Blut bloß für das englische Gold verspritzen sollen, das in den Beutel Deiner Minister fällt. Wir sehen, daß Du mit unsern Leben spielst wie mit Deinen Siegelstangen und daß Du mit unbegreiflicher Blindheit Dich, uns und Deine Länder ins Verderben stürzen willst. [ ] Magst Du das immerhin für Dich tun, wir wollen Dich nicht daran verhindern. Aber uns und unsre Landsleute mit in Dein Verderben ziehen, das sollst Du nicht. Jetzt den Krieg fortsetzen heißt aber nichts anders als Österreich zugrunde richten. Betrachte die Sachen aus ihrem wahren Gesichtspunkte, so wirst Du mit uns diese Wahrheit einsehen. In Italien ist der ganze Feldzug verloren. Ein zersplittertes Heer (das sechste, das Dir in Italien vernichtet ward) macht dort Deine ganze Hoffnung aus. Und mit diesem'denkst Du, dreizehn wohlverteidigte Festungen zu erobern und eine siegreiche, überlegene Armee zu schlagen? Unmöglich kannst Du diesen Gedanken hegen. In Deutschland also soll Dein Segen blühen? Sieh um Dich! Ein paar Tagreisen von Dir entfernt steht Deine unzufriedene, besiegte, übel angeführte Armee. Ihr gegenüber lagern 100000 Franzosen voll Mut und Kampflust. Vom Main her kommen 50000 Mann frische Truppen, die in wenigen Tagen durch Franken nach Böhmen dringen können. Tirol wird das erste Opfer des wiedereröffneten Feldzugs
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sein. Masséna11 und Moreau werden sich vereinigen und mit unaufhaltbarer Macht Deine Erbstaaten überschwemmen. Führt der Held Buonaparte 12 die Armee selbst an, so ist in wenigen Wochen Österreichs Schicksal in seinen Händen, und dann mußt Du einen schimpflichen Frieden erbetteln. [ ] Wir wollen aber annehmen, es gelänge uns, die Franzosen bis an den Rhein zurückzudrängen. Was hast Du dann gewonnen? Der ganze Feldzug ist umsonst, und hunderttausend Untertanen, Millionen Staatsgelder hast Du verloren, um im nächsten Frühjahr einen neuen Rheinübergang auszuhalten. Eine neue Koalition hast Du nicht zu erwarten; und wenn auch, so wird sie Dir ebensowenig nützen als die bisherigen. Wir haben neben Preußen, Russen und Bayern ohne Vorteil gekämpft und die bittere Erfahrung gemacht, daß kombinierte Armeen nichts taugen. Bedenke also wohl, was Du unternimmst. Du laufest Gefahr, daß wir, des ewigen Kriegs müde, uns an die Tore der Kaiserburg zurückziehen. Das Volk wird Dir dann den Frieden gebieten. Denke an Ludwig Capet 13 und nimm Dich in acht, nicht auch aus Kaiser Franz II. zum Franz Habsburg zu werden. Für Dein Leben darfst Du unbesorgt sein; man kennt Dich zu gut, um Dich des Todes schuldig zu halten. Aber Dein Thugut 14 , Lèhrbach und Saurau 15 , Dein Kriegsrat, ja selbst Deine Kaiserin 16 könnten bei längerer Kriegssucht Opfer ihrer Wut werden. Noch einmal: Das englische Gold, das in Wien und München regiert, das unsern geliebten Erzherzog 17 von uns entfernet hat, soll uns nicht auch unglücklich machen. Dafür bürgt der Geist, der uns beseelt. 11
Masséna, André (1758—1817), frz. Oberkommandierender in der Schweiz.
12
Bonaparte, Napoléon (1769—1821), erster Konsul.
13
Ludwig X V I . , geb. 1754, König von Frankreich 1774, abgesetzt 1792, als Ludwig Capet verurteilt und hingerichtet 1793.
14
Thugut, Johann Amadeus Franz de Paula Freiherr von (1736—1818), leitender österr. Minister.
15
Saurau, Franz Joseph von (1760—1832), österr. Minister.
16
Maria Theresia (1772—1807), Tochter des Königs Ferdinand I. beider Sizilien und zweite Gemahlin Franz II.
17
Karl, Erzherzog von Österreich (1771—1847), hatte am 18. März 1800 den Oberbefehl an den Feldzeugmeister K r a y abgegeben und die Arirçee verlassen.
33- Danksagungsadresse von der bayerischen Nation an Max Joseph IV., 1800 1
[ ] Die so biedere als gutmütige bayerische Nation hat dir bereits im zweiten Jahre Ihre Liebe werktätig bewähret. Sie erfreute sich deines Regierungsantritts mit der nämlichen Innigkeit, mit der sie deinen Vorfahrer, dessen Name dieses Blatt nicht beflecken soll, gehaßt hat. Sie frohlockte bei deinem Einzüge, gab dir zu Ehren Freudenfeste und war wonnetrunken, weil sie von dir Gutes hoffte. Mit aller Bereitwilligkeit trug sie bisher die schweren Staatslasten jeder Art, um dir und deinen Kindern den nötigen Lebensunterhalt zu- [4] verschaffen. Sie gab diejenige Barschaft her, von der du noch obendrein deine nicht unbeträchtliche Dienerschaft, die Staatsbeamten, die Soldaten und die diesen nötige Rüstung bezahlt hast. Für all das Liebe und Gute brachtest du, teuerster Regent, bei deinem glorreichen Einzüge eine Schuldenlast von mehrern Millionen mit, die die bayerische Nation sobald als möglich abzuzahlen die Ehre haben sollte. Mit oder bald nach dir kam eine zahlreiche Dienerschaft in die Residenzstadt, der nun auch die mitgekommenen Mohren nebst einer Legion von Hunde zu ernähren das Vergnügen zuteil wurde. Die Mohren und-Hunde sind ja, wie wir wohl wissen, sowie ein tüchtiger Korporalstock,, mit dem du von jeher den Soldaten das Exerzieren begreiflich zu machen und erst jüngst bei dem Brand vor dem Neuhauser Tor die Anwesenden damit zum Löschen dich in [5] eigner hoher Person würdigtest, eine deiner fürstlichen Lieblingsneigungen, denen ein gutmütiger Untertan nicht nur allein nachgeben, sondern selbst auch zuvorkommen muß. Die erstgedachte Dienerschaft, an die du bereits schon mehr gewöhnt warst, zogst du dem ungeheuchelten alten bayerischen Diener, der freilich in seinem Vaterlande vor dem Ausländer gerechten Anspruch auf Brot machen zu dürfen glaubte, gnädigst vor; du zählest ihm daher auch monatlich 22 fl.; der bayerische, in der gleichen Livree stehende Diener aber mußte sich mit monatlich 17 fl. begnügen. Häuslichkeit ist jedem Privatmanne, warum nicht auch dem Fürsten gut, besonders wenn sie gehörig angebracht ist. Die französischen Ausgewanderten, die du ehemal in Frankreich kennenzulernen und mit ihnen auf gleichem Fuß zu leben gewöhnt wärest, unterstützest du wohl1
Flugschrift, in der ersten Augusthälfte 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt und unbedruckter Rückseite 1 5 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München.
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tätig aus deiner Privatkassa, die freilich der [6] bayerische Untertan, sooft sie leer ist, wieder zu füllen die Wonne hat. Auch schenktest du manchem dein Vertrauen, dessen er sich nicht unwürdig gemacht haben wird; denn wer edel ist, handelt auch edel. Jedem deiner Minister bestimmtest du 20000 fl., damit die Herren gut zu leben und ja nicht Ursache haben, sich vom In- oder Auslande bestechen zu lassen, wenn's um Recht und Gerechtigkeit oder wohl gar um das Wohl des Landes oder das Blut der Untertanen zu tun ist. Deinen innigst geliebten, überaus höflichen Schwager, Herrn Wilhelm von Landshut, ließest du, weil er dir für die Gnaden, die du ihm freilich nur auf Kosten des Landes zukommen lassen zu wollen versichertest, öfters die Hand küßte, zur Vermehrung deiner Herrlichkeit mit seinem kleinen Hofstaate nach München kommen, ihm daselbst Wohnungen und Ställe bauen, die wir gerne zahlen, weil der Herr gar so f r e u n d l i c h und höflich, am mindesten aber, wie Bösgesinnte behaupten wollen, gegen dich sowohl als gegen jeden Menschen falsch wie's Galgenholz ist. In der Residenz ließest du den herrlichen Schimmelsaal, der nun freilich schon einmal gezahlet war, zusammenreißen und daraus Zimmer machen, von denen du doch eine hübsche Aussicht in den vorbeilaufenden stinkenden Graben hast, der leider allerlei Exkremente mit sich führt. Dies beweiset für deine Genügsamkeit und für deinen guten Willen, von dem Gelde deiner Untertanen auch dem gemeinen Mann, den Bauleuten etwas zukommen lassen zu wollen. Dem von dem Untertan bezahlt werdenden Militär gabst du manchen noblen würdigen Vorstand, der gut bezahlt wird, weil sich der gemeine Mann, wiewohl nun alles des Krieges wegen teurer ist, mit 5 Kreuzer wohl durchschlagen kann. Dagegen ließest du ihm wieder einen bayerischen blauen [8] Rock machen, daß er etwas kriegerischer und martialischer aussieht und damit doch das in den Amtskassen wenig vorrätig gewesene Geld gleich wieder unter die Leute gekommen ist. Der geistvolle General Gaza 2 , dem, als er noch Korporal in Preußen war, die Uniform des großen Friederich gar so wohl gefallen hat, wußte aus Rabeners 3 Schriften: Kleider machen Leute, und ein bunter Federhut steht oft manchem Dummkopf gut. Was Wunder also, wenn er sich nach seiner dermaligen ganz preußischen Uniform sehnte (indessen dem Herrn General Nogarola4 freilich sowie manchem höhern und niedern Dikasterianten und Offizier ein Österreicher Kittel lieber wäre). Er konnte sie zahlen; und diejenigen Offiziers, die sich durch die kostspielige und neue Uniformierung in Schulden stecken mußten, mögen den Gläubiger sorgen lassen, ob, wann und wie er befriediget werden könne. Das Schuldenmachen gehört doch auch zu den noblen Passionen. 2
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Gaza, Franz Joseph von (1739—1805), Generalmajor, im 7jährigen Krieg Offizier eines preuß. Freibataillons. Rabener, Gottlieb Wilhelm (1714—1771), satirischer Schriftsteller. Nogarola, Dinadanus Joseph Graf von (gest. 1827), Generalmajor und Stadtkommandant von München, ein Überbleibsel aus der Karl-Theodor-Zeit.
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[9] Allen Zivilstaatsdienern gabst du Uniforms, nachdem es schon lange manchem Herrchen, der vielleicht wegen seiner körperlichen oder geistigen Kleinigkeit doch auch gerne etwas gleichgesehen und martialischer geschienen haben möchte, darnach gelüstet hat. Sie haben aber die Ehre, sich die Uniform, vor denen der Soldat freilich auch das Gewehr anziehen sollte, daß er während seines zweistündigen Wachestehens doch .ein wenig beschäftiget wäre, selbst zahlen [zu] därfen. Ein Fürst muß gebrödte Diener haben, die Uniform gewöhnt an militärische Subordination, die man bei den dermaligen Zeiten den Leuten ohnehin schon bald wieder einbleuen dürfte. Auch der Bauersmann hat gegen seinen gnädigen oder gestrengen Herrn Beamten in der Uniform mehr Respekt; denn wenn er wirklich Lust und Recht hätte, diesen zu fragen, ob ihm denn für die schon seit einigen Jahren zu den österreichischen Armeen gemachten Getreidund Fouragelieferungen noch gar nichts vergütet werde u. dgl., so denkt er an den [10] Soldaten, der so wie sein gestrenger oder gnädige Herr Beamte samt dessen Schreiber und den Schergen, den Untertan zu quälen, am mindesten aber dessen Rechte zu unterstützen, gemacht ist, und bei diesem Gedanken vergeht dem Bauer freilich die Lust zum Leben, warum nicht auch zum Reden. Weil es nun denn schon Krieg war, als du durchläuchtigster Regent das niemal gehoffte Land Bayern bekamst, so geruhtest du, den alten Landkapitulanten, dessen Dienstzeit freilich schon verflossen, der somit aus dem Soldatenstande zu treten berechtiget war, allergnä.cligst ferner beizubehalten und eine Armee herzustellen, mit der du den freiheitliebenden, dagegen Fürsten, Adel, Pfaffe[n], und alle Volksquäler hassenden Franzosen den Garaus machen wolltest. Du nähmst daher dem Bauersmanne, der, um von der Aushebung seiner Söhne befreit zu bleiben, seit unzähligen Jahren schon die Rekrutensteuern gezahlt hat, seine arbeitsamen Söhne und Knechte, die als Freiwillige gleich Übel[njtätern in Ketten geschlossen herbeigeführet werden mußten; verhießest ihnen, daß sie nur an den Grenzen ihr Vaterland werden zu verteidigen haben, konntest aber dein Fürsten wort nicht halten, weil England einige Millionen Geld, das weise Fürsten nicht ausschlagen und höher als das Blut der Untertanen schätzen müssen, welches keinen Wert hat, wohl aber den Grund und Boden düngt, auf dem selbe erschlagen werden, gezahlt und deinen treuen Ministern mit Brillanten besetzte Tobaksdosen geschenket hat.5 Die rüstigen, in Soldaten verwandelte Bauernpursche mußten daher wie Lastesel, des Tragens schon gewöhnet, gepackt, an England verkauft hinziehen, die friedfertige Hütte ihrer Eltern verlassen, deren sich nun Gott erbarmen und ihre blutigen Tränen trocknen mag, die sie bei ruhe- und rastlosen Nächten wegen dem Verlurst ihrer Söhne, diesen Kern der Nation, die Hoffnung und Stütze manches alten Greises, mancher trost- und hilflosen Witwe, verweinen. [12] Den Rest der Truppen, den dir Pitt abzukaufen weder Geld noch Lust hatte, ließest du zu einer Zeit, wo dem Landmanne die arbeitenden Hände 5
Montgelas ist nach Unterzeichnung des Subsidienvertrages mit England am 16. März 1800 so beschenkt worden.
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fehlten, zur Last der Einwohner Münchens daselbst verbleiben, einquartieren und die von dem Feind erschlagenen bayerischen Krieger von Zeit zu Zeit durch frische Mannschaft ergänzen. Aus fürstlicher Großmut besorgtest du jedoch, daß sie, um desto geschwinder aufgerieben zu werden, auf Wägen dahin geführet wurden. Du mußtest es wissen, wie infam Bayerns Soldaten von den Österreichern, an deren Spitze sie immer stehen mußten, behandelt wurden. Du mußtest jedoch mit einer philosophischen Gleichgültigkeit darüber hinwegsehen, um dir den Appetit zu den Pasteten nicht selbst zu benehmen. So groß auch dein Mut ist, andere für dich fechten zu lassen, so hat dich doch ein Nogarola und Konsorten, die dich den Feind schon bei Dachau zu sehen glauben machten, zum besten gehabt und dich zu [13] deiner früher schon weggeschickten Familie flüchten geheißen. In Landshut sahst du dich nochmal um und wurdest den Aprilspuk, den man dir aus guten Absichten zu spielen wußte, doch endlich gewahr; und [um] nun von den Einwohnern Münchens für keine feige Memme angesehen zu werden, fandest du es für gut, von Zeit zu Zeit von Landshut eine Reise nach München zu machen und dir dadurch das Prädikat eines fahrenden Landshuter Boten zu erwerben.6 Zu gleicher Zeit ließest du die dem Lande, dem Untertan gehörigen Schätze von München weg nach Ansbach und Bayreuth bringen. Du gabst dadurch einen Beweis von deiner Vorsicht, die dir die Schätze nicht etwa der Sicherheit, sondern der Gewißheit wegen wegbringen hieß, damit du auf jeden schlimmen Falle doch bei dir hättest, wovon du mit deinen Lieblingen leben könntest. Als sich die Neufranken endlich doch den Toren Münchens näherten, bist du [14] mit den Deinigen entwichen, hast den Rest der Armee nächtlicherweile dir nachfolgen lassen, somit die Stadt und das ganze Land der französischen Großmut preisgegeben und den Untertan vollends überzeuget, daß sie sich auch ohne Fürsten und Militär selbst zu verteidigen, zu regieren und die Gefahren, in die sie ihr vielgeliebter Regent versetzet hat, mit männlicher Klugheit abzuwenden wissen. Wir danken dir nun herzinniglich für alle die Wohltaten, die du uns so reichlich zubereitet. Wir sind erfreuet, daß dir unsere Drangsale ganz gleichgiltig sind und du mit den Deinigen munter, fröhlich und sorgenlos gut essen und trinken kannst. Hast du nun Lust, die dem Lande von den Franzosen aufgelegte Kontribution zu zahlen und die von den Einwohnern Münchens an die französischen Heere abgegebene, mehrere Millionen abwerfende Requisitionen, die du uns nebst noch unzähligen Plagen [15] und Qualen verursachet hast und ebendaher zu vergüten schuldig bist, zu zahlen; so schicke hiezu die für Bayerns Blut erhaltene Sterlinge und befreie uns durch deine Abwesenheit itzt und in Ewigkeit vor allem Übel. Amen! 0
Die Rückkehr des Kurfürsten am 1. J u n i nach München konnte den negativen Eindruck seiner vorzeitigen Flucht am 29. Mai 1800 nicht wettmachen.
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34- Wahrer Überblick der Geschichte der bayerischen Nation oder das Erwachen der Nationen nach einem Jahrtausend, Straßburg 1800 1
[ ] Tochter des Olymps im Lichtgewande! Holde Freiheit! Unsrer Väter Ruhm, Göttin einst im frühen Griechenlande, Nun entehrt, entweiht im Latium. Wo man vormals dir Altäre baute, Kennt man itzt kaum deinen Namen mehr. Das Medusenhaupt des Wütrichs schaute Fürchterlich dich an — du bist nicht mehr. In der stolzen Vorwelt schönen Trümmern Sucht der Forscher mühsam noch dein Bild; Sieht noch unter Urnen traurig schimmern, Göttliche, dein unverwerflich Schild. Aber ach! wo einst auf sieben Hügeln Deiner Fahne jeder Römer schwur, Schwört man unter deinen blut'gen Flügeln Fanatismus dem Despoten nur. Dort, am Isthmus, wo dem stolzen Griechen Deine Hand einst Mut und Stärke gab, Seh ich feile, feige Sklaven kriechen Um der Väter ehrenvolles Grab. [4] In Germaniens entnervten Söhnen Fließt nicht mehr der Väter edles Blut; Hermann, ach! von deinem Geist entlehnen Deine Enkel nicht mehr Heldenmut! 1
Flugschrift, in der ersten Augusthälfte 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt und unbedruckter Rückseite 75 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München.
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J a sogar dein eifrigster Verehrer, Selbst der Bayer, der dich liebgewann, Lebt in Fesseln toller Landsverheerer, Staunt der Toren Stern' und Bänder an. J a du bist nicht mehr, bist längst verschwunden Mit der Vorwelt Bild ins Fabelland, Wo, was unsre Väter einst empfunden. Keiner ihrer Enkel mehr empfand. Griechen, Römer, Bayern, Alemannen, Ihr wart groß, da noch ihr Tempel stand, Groß, eh noch das Bildnis der Tyrannen Schauervoll in eurer Mitt' sich fand. Holde, edle Freiheit! Kehre wieder Vom Olymp zur Unterwelt herab! Stürze, Göttin, die Despoten nieder, Gib dem Fanatismus Tod und Grab! [ ] Sechshundert Jahre vor Christi Geburt wurde es jener Volksschar des alten Galliens, nun Frankreichs, die im heutigen Bourdeaux, im pays de Buch wohnte und von den ungeheuern Wäldern den Namen B o a m , Boier (Waldbewohner) führte, bei der stets zunehmenden Bevölkerung in diesen Wäldern zu enge und ängstig; sie brach daher auf Fortwanderung aus und wählte sich hiezu zween junge, mutige Anführer, Bellowes und Sigowes. 2 Der Volkshaufe unter Bellowes bahnte sich in Italien seine Niederlassung und focht gegen die Römer mit ebenso vieler Tapferkeit als Glücke während eines Zeitraums von 400 Jahren, bis die Begierde nach einem neuen Lande und einer neuen Niederlassung wieder aufstieg, er sich bis an die Donau hinabsenkte und das heutige türkische Servien zum steten Aufenthalt annahm. [6] Der Volkshaufe unter Sigowes aber zog nach dem Fluge der Vögel in den hercynischen Wald, in das heutige Böhmen und gab diesem Lande auch den Namen, unter dem es heutzutage bekannt ist — Bojenheim. In der Folge überstieg er den Böhmerwald und setzte sich so zwischen der Donau und dem Lech wieder fest. Inner diesen sichern Grenzen und wider jeden Anfall durch Tapferkeit geschützt, reifte bald mehr gesellschaftlicher Verein; die immer anwachsende Bevölkerung rottete die Wälder aus, machte bald aus Kriegern und 2
Die Hypothese vom keltischen Ursprünge der Bayern entstand bereits im 7. Jahrhundert, wurde durch Johannes Turmair-Aventinus (1477—1534) in der bayerischen Geschichtsschreibung heimisch und behielt hier unter dem Einfluß der französisch-bayerischen Beziehungen bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts unangefochtene Gültigkeit.
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Jägern Hirten; auch die Herden wurden mit den Menschen so zahlreich, daß die wandernden Weiden einander hinderten und engten. Die mitunter geführten Kriege gegen die in Deutschland vordringenden Römer hatten bald die wohltätige Wirkung, daß man mit dem Ackerbau — Abscheidung des Eigentums — bekannt wurde; und so gründete dieser Volkshaufe die bayerische Nation und das Land Bayern. Im sechsten Jahrhunderte hatte Bayern schon als eine eigene, nunmehr deutsche Nation eine politische Verfassung; doch war sie, wie bei allen ersten Völkern, repu[7]blikanisch, und zwar nach der einfachen Idee, daß die Nation nur aus nach und nach zu ihrer Sicherheit und Bequemlichkeit mehr vereinigten Familien bestehe und also das, was ehehin zwei oder drei Hausväter und Familien zu ihrem Besten unternahmen, itzt mehrere hundert und tausende taten. Nur zur Kriegszeit wählten sie sich den Tapfersten zum Anführer, Herrn des Zuges, also Herrzug, Herzog; zum Gottesdienste waren ihre Priester bestellt, zu Schlichtung ihrer Streitigkeiten ihre Schiedsrichter, wozu bald im Jahre 630 ein ordentliches Gesetzbuch zustande kam. 3 Die geographische Lage und Grenzen des Landes waren damals die Flüsse Enns und Murr, gegen Süden der Fluß Nosius, dann der Lech und an der Donau bis an die Teufelsmauer. Die vielen Wanderungen und Einfälle von fremden Völkern hatten einen beinahe immerwährenden Krieg zur Folge; dies machte dann auch einen steten Heerführer, Herzog, nötig; und da sich die Agilolfinger durch ihre Tapferkeit besonders auszeichneten, wurde auch meistens aus ihnen der Herzog gewählt. Lange schon waren die fränkischen Könige auf Bayern eifersüchtig, denn Bayern war damals [8] die mächtigste deutsche Nation. Diese Eifersucht wurde sichtbarer, als der Haushofmeister Pippin 4 den letzten Merowinger Childerich5 vom Throne stieß, ihn selbst bestieg und seine Nachfolger, besonders Karl — nachhin Karl der Große genannt —, ungeheure Unterjochungspläne der deutschen Freiheit nach damals französischer Form entwarfen, auch größtenteils ausführten. Tassilo II. 6 und letzte aus den Agilolfingern wurde schon als Knabe mit den Volksführern oder Mächtigern des Landes im Jahre 757 auf eine Reichsversammlung zu Compiegne berufen; da mußten sie sämtlich auf die Reliquien von vier französischen Heiligen den Eid der Treue ablegen und die künftige Abhängigkeit der bayerischen Nation vom fränkischen Hofe beschwören; und so führte schon Pippin die erste Idee eines lehenbaren Herzogtums ein, wie er es vorhin 757 mit Alemannien oder Schwaben gemacht hatte. Bayern, zu aufgebracht über so eine Beschimpfung der deutschen Freiheit, rief seinen Tassilo aus dem fränkischen Lager zurück, besonders da sich diese Lehenbarkeit bald auch in den Folgen äußerte, indem der fränkische König bayerische Mannschaft zu seinem Feldzuge 3
Zur
L e x B a i u v a r i o r u m und ihrer E n t s t e h u n g s z e i t v g l . M. Doeberl,
g e s c h i c h t e B a y e r n s , B d 1, 2. A u f l . , M ü n c h e n 1908, S. 46Ü. /*
P i p p i n der
5
Childerich I I I . , K ö n i g der F r a n k e n 7 4 3 — 7 5 1 , gest. 754.
K l e i n e , geb. 7 1 4 , K ö n i g der F r a n k e n 7 5 1 , gest. 768.
6
Tassilo I I I . (II.), H e r z o g v o n B a y e r n 748—788.
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gegen die Sachsen aushob, und der ganze Eid mit aller [9] Lehenbarkek wurde für ungiltig erklärt. Bei der Zurückkunft Tassilos feierte das Volk einen Freudentag, auch wurde nach Aschheim ein Landtag ausgeschrieben, Tassilo zum Herzog ausgerufen und ihm feierlich gehuldiget. Tassilo zeigte sich auch dieses Vorzuges würdig; auf den verschiedenen Nationalversammlungstagen wurden nützliche Landesverordnungen gemacht, Bayern von ihm mit dem eroberten Kärnten erweitert; er stiftete viele Klöster, überhäufte die Priester mit Wohltaten, leistete der in Bayern erst aufkeimenden katholischen Religion überall tätige Hilfe und suchte sie nach Kräften zu unterstützen; allein demungeachtet waren doch die Bischöfe und Priester, selbst der päpstliche Hof, seine heimlichen Feinde, immer beschäftigt, ihn zu untergraben. Ihre Rachsucht regte sich schon bei der ersten Huldigung am Landtage zu Aschheim, wo die Priesterschaft darüber einige Empfindlichkeiten äußerte, daß sie ihren Unterhalt bloß immer betteln und nur von Opfern leben müßte, und trug darauf an, man sollte ihr nach jüdischem Gebrauche auch in Bayern den Zehent einräumen; sie suchte sogar förmlich darum nach, doch ihre Bitte wurde mit Stillschweigen und Verachtung umgangep. [10] Karl der Große wußte dieses Mißvergnügen der Geistlichkeit sehr wohl zu benützen; er führte durch ein ordentliches Capitulare im Jahre 779 förmlich den Zehent ein und gewann sich so die Hauptpartien zu seinem Unterjochungsplane in Deutschland. Tassilo leistete Karl dem Großen in dem Kriege gegen den longobardischen König Desider7- redlich- und mächtigen Beistand und wurde das schimpfliche Opfer des Ehrgeizes und der Eroberungssucht Karls — das Opfer des Priesterhasses. Am Reichstage zu Ingelheim wurde dieses schöne Fest vorbereitet. Schon bei Eröffnung der Reichsversammlung geschah von Karl die Umfrage, welche Strafe ein rückfälliger und meineidiger Lehenmann verwirkt hätte, und ganz warm wurde der Wunsch Karls aus aller Mienen gelauert und von der Mehrheit die Todesstrafe geantwortet. Tassilo, unbekannt mit dem, was über ihn verhängt wurde, trat majestätisch und würdevoll mit seinen edeln bayerischen Begleitern hervor; aber wie erstaunte er, als er sich auf einmal in einem Verhör erblickte — in einem Verhör über den Verdacht, als hätte er sich mit den Avarn für den gestürzten unglücklichen [ 1 1 ] König Desider in ein Bündnis eingelassen; doch verließ ihn nicht das Bewußtsein seiner Würde und sein ernster Mut; kurz und erschütternd verwies er die Versammlung auf die Unabhängigkeit der bayerischen Nation, die allein ihn zu ihrem Führer wählte, der allein er Rechenschaft zu geben hätte, auf die Nichtigkeit erzwungener Eide, die von sich selbst schon ohne Wirkung und verächtlich sind. Schon wollte er sich entfernen, als nun Zeugen gerufen wurden; und wer trat auf? Selbst bayerische Bischöfe und Prälaten und andere von ihnen gedungene Menschen erschienen und leisteten die geforderte schändliche Zeugschaft. Nun schwieg Tassilo mit einer Miene, sprechender als Worte vermögen. Um diese Szene bübisch geschworner Rache noch gräßlicher zu machen, wurde auch Tassilos 7
Desiderius, König der Langobarden 757—774; am K r i e g e K a r l s gegen Desiderius w a r Tassilo I I I . (II.) unbeteiligt.
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Gemahlin mit ihren Kindern vorgeführt und das Urteil nach aller Form ausgerufen, daß der bayerische Herzog des Hochverrats schuldig, seines Landes und seiner Freiheit verlustig erklärt, zum Mönchsleben verurteilt und ihm befohlen wurde, sich selbst die Haare abzuschneiden; zugleich wurden seine Begleiter ins Elend verwiesen. In diesem tiefen Schmerz[i2]gefühle konnten Tassilo und seine edeln Bayern nur zur Gottheit aufschreien: Möchte doch Bayern gegen die niederträchtigen Kunstgriffe eines übermütigen fränkischen Königtums einst noch seine Freiheit retten, sich vor der so undankbaren und hinterlistigen Pfaffenbrut sichern! In Klöstern verschmachtete diese letzte bayerische Herzogsfamilie unbekannt, und die übrigen edeln Bayern irrten in fremden Ländern herum, ohne mehr die Wonne zu genießen, ihre Wünsche erhört zu sehen. Die Folgen waren nun, daß zwar die bayerische Nation ihre Freiheit dadurch noch nicht verlor, sich wieder einen andern Herzog hätte wählen und ihre Unabhängigkeit behaupten können — aber Karl war schon zu mächtig; er regierte Bayern wie ein König eine ihm zugefallene Provinz durch Statthalter und geistliche missos, bediente sich der tapfern Bayern vorzüglich zu seinen Feldzügen und Bezwingung fremder Völker, machte so die abgesondert deutschen Nationen in einem Verbände von dem fränkischen Königtume und (seit 800) von dem römischen Kaisertume abhängig und die [13] Herzogswürde lehenbar, wodurch also den Nationen endlich die Freiheit, sich ihre Anführer selbst zu wählen, ihre Selbständigkeit entrissen wurde; so erging es zuerst den Schwaben, dann den Sachsen und nachmals den Bayern. Unter seiner Deszendenz wurde Bayern während des ganzen I X . Jahrhunderts so regiert, und die Bayern mußten hauptsächlich in dem Kriege gegen Böhmen, Mähren, Italien und andere und mit Anfang des X . Jahrhunderts gegen die Hungarn fechten. Der schwache Geist der karolingischen Kinder, die fortdauernden Kriege, endlich die Verheerungen der Hungarn in Bayern lösten beinahe jeden gesellschaftlichen Verband wieder auf, führten wieder mehr zur Barbarei zurück; und weil das Ganze dem einzelnen Bewohner keine Sicherheit mehr gewährte, mußte jeder das Seinige mit dem Schwerte in der Faust behaupten; und so entstund das Faustrecht, und dadurch kam Bayern vom zehnten Jahrhunderte an in die Sklaverei einzelner Besitzer und Beamten. Die größern Güterbesitzer konnten sich mehrere Mietlinge zu ihrem Gefolge und mächtigere Verteidigung verschaffen, konnten sich auch zu [14] Pferd setzen, welches, um kräftigern Widerstand zu leisten, gegen die berittenen Hungarn notwendig war. Die Beamten, die Gaugrafen, ehemals von den Gauenbewohnern eines gewissen Bezirks gewählt, in der Folge von den Königen aufgestellt, wie auch die Unterbeamten konnten sich zu ihrer Verteidigung einen größern Anhang werben; sie betrachteten nun schon ihre Stellen als ihr Eigentum, da in dieser allgemeinen Verwirrung jeder nach Willkür handelte; man baute nun bloß Festen und Burgen, machte aber daraus nicht allein auf die streifenden Hungarn Ausfälle, sondern auf alle Vorüberziehende. Bei dieser Unsicherheit der Personen und des Eigentums mußte sich jeder friedliebende Bewohner um Schutz umsehen; er bot daher seine Güter einem
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mächtigen Burgbesitzer, einem Kloster oder einer Kirche an und ließ sich auch von ihnen die Güter unter solchen Lehenkontrakten geben; da mußte er gewisse Zahlungen leisten und einzelne Kriegsdienste tun, dafür ward er aber nicht nur nicht feindlich angegriffen, sondern seine Person und sein Vermögen vielmehr assekuriert. Die Bischöfe und Äbte hatten unter den Karolingern schon die beträchtlichsten Güter und [15] Vorzüge erlangt und wußten sich bei diesen finstern Zeiten um so mehr darin zu erhalten und ihre Macht zu erweitern, als sie die einzigen brauchbaren Männer und Ratgeber waren — beinahe die einzigen waren, welche lesen und schreiben konnten, und durch Aberglauben und Intrige das schwache Volk betörten und betrogen. Die Priesterschaft schwang sich dadurch zum ersten mächtigen Stande, die größeren Güterbesitzer und Beamten — nun förmliche Räuber — machten den zweiten mächtigen Stand aus, nannten sich ihrer Pferde wegen Ritter und setzten ihren Geschlechtsnamen die Namen ihrer Festen bei. So blieb dem übrigen und größern Teile, dem Volke, nichts anders übrig als das traurige Los, die Knechte der andern zwei Stände zu sein. Nicht mehr das Volk, sondern obige zwei Stände wählten itzt aus ihrem Mittel im Jahre 9 1 1 einen Grenzbeamten — Markgrafen —, Arnulf mit Namen, zum Könige 8 ; da aber auch die übrigen deutschen Nationen — vielmehr ihre Stände — sich einen gemeinschaftlichen deutschen König wählten 9 , so kam es immerfort zu Kriegen, bis endlich Arnulf im Jahre 921 mit dem deutschen Könige Heinrich 10 aus Sachsen einen Vertrag abschloß, auf [16] die Königswürde Verzicht tat und sich für einen von dem gemeinschaftlichen deutschen Könige abhängigen Herzog erklärte, wo also ebenderselbe deutsche Reichsverband wie unter den Karolingern blieb. Unter den nachfolgenden Herzogen ernannten zwar die Stände immer die Person, welche von dem deutschen Könige allzeit förmlich mit dem Herzogtume belehnt wurde, welches Belehnen nachhin auch so weit ausartete, daß die verschiedenen deutschen Könige (denn seit dem Vertrage von Verdun im Jahre 843 hat sich das deutsche Königtum von dem französischen getrennt) die Herzoge selbst — meistens Fremde — ernannten. Diese deutsche Könige, größtenteils Sachsen, die sich auch in ihren Feldzügen nach Italien zu Rom als deutsche römische Kaiser krönen ließen und hiedurch den Gruqd zu dem deutschen römischen Kaisertume legten, vergrößerten die Macht der Bischöfe und Klöster noch mehr, indem sie ihnen ganze Städte und Grafschaften einräumten, um dadurch ihren Anhang und Einfluß zu begründen. Im X I . und X I I . Jahrhunderte wuchs das Ansehen der bayerischen Herzoge, da sie zugleich auch Herzoge von Sachsen waren und unge[i7]heure Länder besaßen ; dieses regte nicht wenig die Eifersucht der deutschen Kaiser — sie zeigte 8
Arnulf, Sohn des Markgrafen Luitpold vom Nordgau, nannte sich bereits 909, Herzog von Bayern, gest. 9 3 7 ; er bezeichnete zwar sein Herzogtum als regnum, war aber kein König, konnte darum 9 2 1 auch nicht auf diese Würde verzichten sondern leistete vielmehr den Vasalleneid. 9 Konrad I., deutscher König 9 1 1 , gest. 9 1 8 . 10 Heinrich I., geb. 876, deutscher König 9 1 9 , gest. 936.
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sich vorzüglich unter den Kaisern aus dem hohenstaufischen Hause. Von Burn 1 1 , Herr der Feste Hohenstaufen, wurde im Jahre 1080 von Kaiser Heinrich zum Herzoge von Schwaben ernannt und 1152 zum Kaiser erwählt, welchem nachher mehrere aus dieser Familie folgten. Einer von ihnen, Friedrich I., genannt der Rotbart 12 , handelte ebenso niedrig und undankbar gegen Bayern wie Karl der Große. Ob ihm schon Heinrich der Löwe 13 , Herzog von Bayern und Sachsen, in dem Feldzuge nach Italien durch seinen Beistand die glänzendsten Dienste geleistet hatte und Friedrich immer die wärmste Freundschaft heuchelte und beteuerte, das Urteil des Reichstags zu Goslar vom Jahre 1154, nach welchem dem Herzoge Heinrich das Herzogtum Bayern vollends zuerkannt wurde, gegen den noch immer sich dagegen sträubenden Heinrich Jasomirgott* 14 , den Bruder eines Grenzbeamten [18] gegen die Hungarn oder des Markgrafen Leopold15, in Vollzug zu setzen, so wurde doch immer mit diesem Vollzüge des Reichstagsschlusses absichtlich gezaudert, und es blieb bei der so heiligen Versicherung. Unverhofft schrieb Kaiser Friedrich am 8. September 1156 zwei Meilen von Regensburg eine Versammlung aus, die unter freiem Himmel eröffnet wurde und mit aller Feierlichkeit begann. Herzog Heinrich der Löwe, mit mehrern Ständen von Bayern gerufen, erschien, ohne zu wissen, was vorgehen sollte, und mit festem Vertrauen auf den Kaiser, der nach den vielen wichtigen Diensten, welche ihm Heinrich geleistet, und nach den so schmeichelhaften und heiligsten Versicherungen so sehr sein Freund zu sein schien, ihm auch anverwandt war; aber mehr als dies befestigte seinen Mut die gerechte Sache, die Heinrich ganz auf seiner Seite hatte. Wie sich nun alle Mächtige des Reichs versammelten und der Kaiser unter einem offenen Gezelte mit Krone und Szepter den Thron [19] einnahm, ließ nur die herrschende feierliche Stille ein großes Geheimnis ahnen. Ein Wink des Kanzlers unterbrach sie, der den Herzog Heinrich den Löwen und Heinrich Jasomirgott heraus vor den kaiserlichen Thron treten hieß; zu gleicher Zeit erhielt Herzog Ladislaus II. von Böhmen 16 ein Zeichen, worauf er eine kaiserliche Urkunde verlas, kraft welcher das Herzogtum Bayern in sieben Fahnen als Belehnungszeichen * Heinrich, von diesem ihm eigenen Sprichworte J a so mir Gott beigenannt, wurde von Kaiser Konrad III. Igeb. 1093, deutscher König 1 1 3 8 , gest. 1 1 5 2 ] zum Trotze Heinrichs des Löwen vorhin mit dem Herzogtume Bayern belehnt. 11 Friedrich I., Sohn des Grafen Friedrich von Büren, Schwiegersohn des Kaisers Heinrich IV., Herzog von Schwaben 1079, gest. 1 1 0 5 ; nicht er, sondern sein Enkel wurde 1 1 5 2 Kaiser. 12 Friedrich Barbarossa, geb. um 1 1 2 2 , als Friedrich III. Herzog von Schwaben 1 1 4 7 , als Friedrich I. deutscher Kaiser 1 1 5 2 , gest. 1190. 13 Heinrich der Löwe, geb. 1129, Herzog von Sachsen 1 1 3 9 und Herzog von Bayern 1 1 5 4 , gest. 1 1 9 5 . 14 Heinrich Jasomirgott, Markgraf von Österreich 1 1 4 1 und Herzog von Bayern 1142—1156, Herzog von Österreich 1 1 5 6 , gest. 1 1 7 7 . 15 Leopold IV., Markgraf von Österreich 1136, gest. 1 1 4 1 . 16 Ladislaus II., Herzog von Böhmen 1140, König 1 1 5 8 — 1 1 7 3 , gest. 1 1 7 5 .
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geteilt und fünf dem Herzoge Heinrich dem Löwen, zwei als die Grafschaften unter der Enns bis Ungarn als ein eigenes, selbständiges Herzogtum ctem Heinrich Jasomirgott eingeräumt wurden. Heinrich der Löwe, hierüber nicht wenig entrüstet, wollte reden; aber durch den lauten Beifall der Versammlung, welche itzt ihre lang verborgene Eifersucht ungescheut offenbarte, gehindert, sah er sich um seine Bayern um, die zu gleicher Zeit gezwungen wurden zu schwören, auf ein Jahr Friede zu halten. So brach auf einmal diese schändliche Versammlung ab, und aus diesen Trümmern Bayerns entsproß ein neues Geschöpf in der geographischund politischen Welt — das Herzogtum Ober- und Unteröstreich. [20] Schon einige Zeit vorher wurde auch Kärnten als ein neues Herzogtum von Bayern losgerissen und im Jahre 1127 auch Ober- und Niedersteiermark zu dem Herzogtume Kärnten geschlagen. Heinrich der Löwe hatte aber doch in Deutschland noch die größte Macht, die meisten Ländereien und wußte sich durch sein gerades Benehmen alle Achtung zu verschaffen. Erhaben über die erlittenen Kränkungen, wandte er nun die Zeit bloß zur Sicherstellung und Veredlung seiner Länder an. Weil nun die Bischöfe und Ritter sich selbst schon dem Herzoge gleich achteten, jeder mit seinen Leuten eigenmächtig handeln und sich vergrößern wollte, so gab dieses Übergewicht des Herzogs zu neuer Eifersucht, zu neuer Rachlust unter den bayerischen Ständen Anlaß. Hieher gehört z. B. gleich der Fall, daß Heinrich die Brücke zu Föhring, wo sich der Bischof von Freising einen Zoll und eine Salzniederlage anmaßte, zerstörte, sie an den Platz, wo heutzutage München steht, versetzte, die Salzniederlage und Münzstätte hieher verlegte und der Gründer der Stadt München wurde etc. Kaiser Friedrich eröffnete im Jahre 1174 den fünften Feldzug nach Italien; es fehlten [21] ihm aber die Mittel hiezu, und deswegen wandte er sich an Herzog Heinrich. Dieser äußerte ihm aber ganz kurz, daß sich Friedrich selbst erinnern sollte, wie er, Heinrich, für so viele Freundschaftsdienste wäre behandelt worden und doch noch darauf im Jahre 1159 eiñen Feldzug nach Italien für ihn mitgemacht hätte, wodurch er an Geld und Leuten erschöpft ward; und auch nachhin hätte Friedrich wieder heimlich einen großen Teil seiner Familiengüter an sich gezogen. Der heuchlerische Friedrich stimmte entgegen den Ton seiner Bitte so demütig herab, daß er sogar Heinrichen in einer Zusammenkunft zu Chiavenna zu Füßen fiel; allein schon so oft mit Undank belohnt und schändlich hintergangen, blieb itzt Heinrich standhaft und schlug ihm alle Hülfe rund ab. Friedrich eröffnete doch seinen Feldzug nach Italien und wußte sich von einigen bayerischen Ständen, vorzüglich Geistlichen, auch mit Unterstützung zu verschaffen; unter diesen zog der Graf von Wittelspach, Otto der Größere17, mit dem Kaiser. Dieser Graf von Wittelspach machte besonders den Höfling des Kaisers, wie überhaupt die Grafen von Scheyern, nachhin [22] Grafen von Wittelspach, sich mehr dem königlichen oder kaiserlichen Hof anschmiegten, wodurch sie über die Krongüter die 17
Otto von Wittelsbach, geb. um 1 1 1 7 , Pfalzgraf von Bayern 1 1 5 6 , als O t t o I . ' der Große, Herzog von Bayern 1180, gest. 1 1 8 3 .
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Verwalters- oder Hofrichterswürde, genannt Pfalzgrafenamt, an sich brachten und so in der Folge Pfalzgrafen genannt wurden. Otto, Pfalzgraf von Wittelspach, und sein Bruder Friedrich 18 gehörten auch zu den wenigen bayerischen Ständen, die nicht erröteten, die Urkunde von 1 1 5 6 wegen Abtretung des Herzogtums Ostreich als Zeugen zu unterschreiben und den abgefoderten Friedenseid zu schwören. Dieser Feldzug nach Italien mißlang dem Kaiser gänzlich; er erlitt den 29. Mai 1 1 7 6 bei Legnano eine volle Niederlage, verlor alle seine Besitzungen in Italien und selbst die" Hoffnung, sie jemals wieder zu erobern. Dies veranlaßte unter Leitung des päpstlichen Hofes eine Verschwörung der Rache gegen den Herzog Heinrich; sowohl die bayerischen Stände, und hierunter vorzüglich die Bischöfe, als auch die übrigen deutschen Reichsstände wurden aufgewiegelt, gegen Heinrich Beschwerden zu führen und ihn womöglich von allen Seiten anzufallen. Es lag im Plane, daß dann Kaiser Friedrich und die nämlichen Reichsstände in [23] der Sache Richter sein sollten. Daher beschied Kaiser Friedrich im Jahre 1 1 7 9 einen Reichstag nach Worms, und Heinrich wurde förmlich gerufen, auf die vielen Klagen und Beschwerden der Bischöfe und anderer Herren sich zu verantworten. Heinrich, der die Falle kannte und sich zu keiner Verantwortung verbunden hielt, ihm auch das Verfahren mit Tassilo und die ihm selbst noch vor kurzem widerfahrne Behandlung tief im Gedächtnis lag — Heinrich erschien nicht. Bald darauf wurde ein zweiter Reichstag zu Magdeburg gehalten. Nun schickte Heinrich dem Kaiser ein Schreiben und ersuchte ihn um eine persönliche Zusammenkunft; diese erfolgte auch wirklich zu Haldensleben; der Kaiser wurde von den gerechten Gründen des Herzogs nun ganz besiegt, wenigstens schien er es zu sein, nahm es auf sich, die Sache beizulegen, und so gingen beide freundschaftlich auseinander; allein gleich darauf wurde wieder ein Reichstag nach Goslar ausgeschrieben, wo Heinrich seine Gegenwart um so mehr überflüssig hielt, da Friedrich alles zu berichtigen versprochen hatte. Dieser Reichstag begann mit der feierlichen Umfrage, was gegen einen Reichsvasall Rechtens sei, der auf dreimalige Vorladung nicht erschie[24]ne; die allgemeine Stimme war: Verlust aller Reichslehen, und der Reichstag wurde mit der Bitte der Reichsstände geschlossen, daß dieses Urteil sogleich auf einem Reichstage förmlich sollte vollzogen werden. Am 23. Dezember 1 1 7 9 war dann schon wieder zu Würzburg der vierte Reichstag, wo in Abwesenheit Herzogs Heinrich hinsichtlich der gegen ihn vorgebrachten Beschwerden und der gemeinen Reichslehengesetze wegen Nichterscheinung die Reichsacht gegen Herzog Heinrich den Löwen ausgerufen, er aller seiner Länder verlustig und diese als dem Kaiser heimfällig erklärt wurden. Die päpstlichen Legaten und die bayerischen Bischöfe konnten kaum das Ende ihrer so schön gelungenen Intrige, erwarten, um nun auch ihren Mitverschwornen und Mietling an ihrer Spitze zu sehen; sie drangen daher auf einen weitern Reichstag, der auch im Jahre 1 1 8 0 zu Gelnhausen und Regensburg eröffnet und [wo] das vorige Urteil in Hinsicht Bayerns so vollzogen wurde, daß Friedrich den ihm und den Legaten 8
Friedrich von Wittelsbach (gest. 1192).
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wie auch den Bischöfen gefällig- und mitverschwornen Otto den Großen von Wittelspach mit dem bayerischen Herzogtum belehnte. [25] Dieses hatte für das Land nebenbei die fatale Folge, daß sich die Bischöfe mit den ihnen ehemals verliehenen Pfarreien losrissen und sich selbst als unmittelbar ansahen; so machten es die Bischöfe von Salzburg, Passau, Freising, Brixen, Regensburg, Bamberg, Eichstätt, zum Teil auch der von Augsburg; ihrem Beispiele folgte das durch Handel reich gewordene Regensburg und die Grafen; und wie sich nach und nach mit Einschleichung des römischen Rechts in Deutschland die Idee der Territorialherrschaft mehr festsetzte, suchten sie auch selbe für sich ganz geltend zu machen. Das Land, obwohl noch das Faustrecht auf allen Seiten wütete, war übrigens doch sehr bevölkert; es blühten die Gewerbe, darunter vorzüglich die Weber-, Tuchmacher- und Färbereien; der bayerische Scharlach, Barchent und die Leinwand waren sehr berühmt; so war auch der Handel wichtig, wozu Regensburg die Niederlage bildete; ja selbst an Künstlern mangelte es nicht, vorzüglich erwähnt die Geschichte der Maler; die Landwirtschaft, die Vieh- und Bienenzucht war nach den klösterlichen Urkunden in vollem Schwünge, und obschon es noch keine Städte gab, waren doch die Plätze, wo die Grafen wohnten, sehr groß angebaut [26] und bevölkert; das bayerische Bier hatte schon einen lärmenden Ruf, und es wurde selbst etwas Wein gezogen. Wir haben nun gesehen, wie die Grafen von Wittelspach zur bayerischen Herzogswürde gelangten, welche die Könige oder Kaiser als eine Hofcharge vergaben, da die Stimme des Volkes seit Tassilo II. unterdrückt war. Hier bei Otto dem Größern von Wittelspach kam nun noch der Umstand hinzu, daß diese Herzogswürde für die wittelspachische Familie erblich wurde, die noch zur Zeit auf dem bayerischen Fürstenthrone sitzt. E s liegt also daran, bei der ganzen Reihe dieser wittelspachischen Herzoge, in der Folge Kurfürsten, zu wissen, was sie Gutes für Bayern taten. Der erste, Otto der Größere, lebte nur drei Jahre und brachte diese Zeit mit Reisen zu. Ludwig I. 19 , sein Sohn und Nachfolger, mußte bald aus dem Lande fliehen während dem Kriege mit den Grafen von Bogen und König Ottokar von Böhmen. 20 Das Land wurde nicht nur großenteils verwüstet, sondern auch mehrere Bayern als Sklaven nach Böhmen geschleppt; die Bischöfe von Regensburg und [27] Salzburg verursachten ebenfalls verschiedene kriegerische Auftritte und Verwirrungen. Diese mancherlei Kriege und Einfälle von Fremden hatten zur Folge, daß man die größeren Flecke und Wohnplätze der Herzoge und Grafen zu mehrerer Sicherheit mit Mauern umgab, und so entstunden in Bayern die Städte. Während dieser Regierung kam durch Heurat auch die Pfalzgrafschaft am Rheine an Bayern, die bis itzt noch damit verbunden ist. Im Jahre 1 2 3 1 wurde sein Sohn Otto, genannt der Erlauchte, Herzog 21 ; es war auch schon der Titel Kurfürst ( von der Wahl des deutschen Kaisers Wahl- oder altdeutsch Kurfürst hergeleitet ,!
> Ludwig I., der Kelheimer, geb. 1 1 7 4 , Herzog von Bayern 1 1 8 3 , ermordet 1 2 3 1 . Ottokar I., Herzog von Böhmen 1 1 9 1 , König 1197, gest. 1230. 21 Otto II., der Erlauchte, geb. 1206, Herzog von Bayern 1 2 3 1 , gest. 1253. 20
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beigefügt. Von 1 2 3 1 an bis zu seinem Tode 1253 stellte Bayern eine allgemeine Mord-, Brand- und Verheerungsszene vor. Die Gelegenheit hiezu ergab sich durch die Zwiste m.'t den Kaiserwahlen und den Päpsten, und die Hauptveranlassung dazu waren' die bayerischen Bischöfe, die sich bald auf diese, bald auf jene Seite schlugen, das Volk aufhetzten, besonders in den sieben Jahren, während welchen das Land im Bann lag. Die verschiedenen Parteien wurden gegeneinander so ergrimmt, daß alles einander zu vertilgen suchte. [28] Die zwreen Söhne Ludwig II. 2 2 und Heinrich 23 teilten das Land unter sich, woher noch der heutige Name Ober- und Niederbayern stammt. Während dieser Regierung ereignete sich eine wichtige Katastrophe. Im Jahre 1246 ward das Herzogtum Ostreich, mit dem damals auch Steiermark und Krain schon vereint war, erledigt, und der Herzog und Bayern trugen darauf an, ihre Rechte auf diese Länder wieder geltend zu machen. Die Umstände reihten sich auch so günstig zusammen, daß hieran nicht zu zweifeln war. Da die Kurfürsten mit den Kaiserwahlen immer so unglücklich waren und zuletzt gar nicht mehr einig werden konnten, so überließen sie die weitere Wahl und den Ausspruch hierüber dem Herzoge Ludwig, der den Grafen von Habsburg, Rudolf 2 4 , zum deutschen Könige ernannte, welcher auch einmütig von den übrigen Kurfürsten als König anerkannt wurde. Nun hielt man sich in Bayern um so mehr überzeugt, daß obige Forderungen wegen Ostreich, Steiermark und Krain nicht mehr würden mißlingen können, da Rudolf auch aus Dankbarkeit sein Wort hiezugab, und man drang daher auf den baldigen Ausspruch desselben. [29] Wirklich berief auch Rudolf hiezu einen Reichstag nach Augsburg. In diesem festen Vertrauen erschienen hiebei die beiden Brüder Ludwig und Heinrich mit ihren Kindern und mehrern bayerischen Ständen im vollen Hofstaate. Sie eröffneten die Versammlung mit ihren feierlichen Reklamationen der Herzogtümer Ostreich, Steiermark und. Krain, stellten vor, daß sie ursprüngliche Teile von Bayern seien, daß die Verteidigung dieser Länder seit Jahrhunderten gegen die Römer, Hünnen, Wenden oder Sklaven und gegen die Ungarn Ströme bayerischen Bluts gekostet, ewige Kriege veranlaßt und immer die Schätze von Bayern aufgezehrt hätten, daß vielleicht eine Million Bayern schon hierüber das Leben verloren, ja daß öfters nach den schrecklichsten feindlichen Verheerungen diese Länder wieder mit Bayern besetzt und bevölkert, neu bebaut und verschönert, endlich auf eine ebenso ungerechte als unedle Art im Jahre 1 1 5 6 von Bayern losgerissen worden seien. Rudolf blieb zum großen Befremden der Bayern hierüber unbewegt, schwieg und gab dadurch deutlich genug zu verstehen, daß schon wieder ein verräterischer Plan unter der Decke liege. Wirklich war es auch so. Rudolf hatte die Reichsstände [30] für seine Familie gewonnen, und den 27. Dezember 1282 erging das Endurteil, daß Ostreich, Steiermark, Kärnten, Krain und 22
Ludwig II., der Strenge, geb. 1229, gemeinsam mit Bruder Heinrich Herzog von Bayern 1253—1255, Herzog von Oberbayern 1255, gest. 1294. ' L>:! Heinrich I., geb. 1235, gemeinsam mit Bruder Ludwig Herzog von Bayern 1253— 1255, Herzog von Niederbayern 1255, gest. 1290. Rudolf I., geb. 1218, deutscher König 1273, gest. 1291.
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die windische Mark mit aller Zugehör den zwei Söhnen des König Rudolfs, Albert25 und Rudolf 26 , verliehen sein sollten, und so bildete sich das östreichischhabsburgische Haus bis auf heutige Zeiten zu einer Riesengröße aus den Trümmern Bayerns, aus Bayerns Blut und Schätzen, immer mit dem schändlichsten Undanke und abscheulicher Ungerechtigkeit gegen Bayern verbunden. So wie übrigens die erste Teilung des Herzogtums zwischen Ludwig und Heinrich eine Menge Mißhelligkeiten und wechselseitige Bürgerkriege im Lande veranlaßte, so verursachten dies die weitern Landesteilungen unter den herzoglichen Söhnen noch mehr und trugen viel zu den immerwährenden Verheerungen des Landes und den in der Zukunft noch mißlichem Folgen bei. Nach dem Tode dieser zwei Brüder regierten zwar die beiden Söhne Otto27 und Stephan28 [31] bis 1312, vielmehr 1310, gemeinschaftlich, allein hier fängt eine neue unglückliche Periode für das Land und den dritten Stand an. Im Jahre 1301 starb der Kxinig Andreas III. 29 von Ungarn ohne Erben, und die Stände wählten aus freiem Antriebe obigen Otto zu ihrem Könige. Otto sollte nun mit einem Kriegsheere zur Krönung nach Ungarn ziehen; dazu waren Leute und Geld nötig; am letzten fehlte es vorzüglich. Otto wandte sich deshalben an die Reichen des Landes, welche die Unterbeamte der ehemaligen Gaugrafen, die größern Güterbesitzer waren, die auch schon unter verschiedenen Verhältnissen Gutsanteile an Pächter überlassen haben oder auch durch ihre Burgen und Festen, wie die ehemaligen Grafen, abhängige Leute sich erwarben und ihre Lehen- und Grundherren wurden. Diese wollten für ihre Leute nun auch rechtliche Zwangsmittel erlangen; sie ergriffen daher begierig diese Gelegenheit und leisteten dem Herzoge wirklich die verlangte Geldhilfe von mehrern Zahlungen ihrer Leute, wogegen ihnen dieser eine Handfeste über die eingeräumte niedere Gerichtsbarkeit ausstellte. Damals waren hiezu nur 70 adelige Familien und 19 Städte vorhanden; nach und nach wurde diese [32] Handfeste in sich sowie auch auf mehrere Familien und Klöster erweitert. Es entstund hieraus die Hofmarksgerechtigkeit, die Scharwerke und alle die Übel, die noch heutzutage so drückend auf dem dritten Stande liegen, obschon weder der Herzog eine solche Handfeste erteilen konnte und nebenbei der dritte Stand diese Summe in der Hauptsache selbst zahlen und sich so seine eigene Fesseln schmieden mußte. Dies war der Zeitpunkt, wo an die Stelle der vorigen bayerischen Landstände, die sich itzt gar unmittelbar gemacht hatten als Freising, Salzburg, Passau, Ortenburg etc., andere und die gegenwärtigen, welche vorhin nur Unterbeamte oder Gutsbesitzer waren, kamen; daraus bildete sich wegen mehrerer derlei Geldhilfsbewilligungen die heutige Landschaft. Neben diesem unglücklichen Einflüsse der 25
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Albrecht I., geb. um 1250, Herzog von Österreich 1 2 8 2 , deutscher König 1298, ermordet 1308. Rudolf II., geb. 1 2 7 1 , Herzog von Österreich 1282, gest. 1290. Vgl. S. 262 Anm. 22. Stephan I., geb. 1 2 7 1 , gemeinsam mit Bruder Otto Herzog von Niederbayern 1290, gest. 1 3 1 0 . Andreas I I I . , König von Ungarn 1290, gest. 1 3 0 1 .
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Königswürde für Bayern hatte diese fatale Krone auch in Ungarn keine glückliche Wirkungen hervorgebracht. König Albert von Ostreich war bedacht, diese Krone an sich zu bringen; er wußte sich durch Geld und lockende Versprechungen unter den ungarischen Ständen einen mächtigen Anhang zu verschaf[33]fen, und sein Plan glückte ihm so weit, daß sich Otto flüchten mußte. Hieraus entwickelte sich ein schwerer Krieg mit Ostreich, und die Fackel des Krieges loderte noch unter den Kindern Heinrich XIV. 3 0 und XV. 3 1 , dann Otto32 und Johann 33 fort, welche Kinder unter der Vormundschaft ihres Vetters Ludwig des Bayers 34 , Sohns Ludwigs des Strengen, in Oberbayern stunden. Dieser Ludwig war im Kriege gegen Herzog Friedrich den Schönen35 ganz glücklich; er schlug die östreicher gänzlich, und seine Tapferkeit gewann ihm die Achtung der deutschen Reichsstände in einem so hohen Grade, daß sie ihn zum deutschen Kaiser wählten. Dies gab dann zu einem neuen Kriege zwischen Ostreich und Bayern Anlaß, der sieben Jahre mit aller verderblichen Anstrengung und Verwüstung fortdauerte. Endlich wollte man die Sache durch eine Hauptschlacht entscheiden; diese begann den 28. September 1322 bei Mühldorf unter Rüstungen, die dem bayerischen' Namen gänzliche Vertilgung drohten; aber die Bayern taten Wunder der Tapferkeit, die an diesem merkwürdigen Tage alles niederschlug und selbst den Gegenkaiser Friedrich samt den Prinzen und dem größten Teile der Truppen zu Gefangenen machte. Da war also der [34] Tag der Nationalrache, und nun.hätte Ostreich — ein Meteor, das erst am politischen Horizon[t] zu glänzen anfing — wieder ausgelöscht und zum Mutterlande gebracht werden können; dafür trat aber — itzt sehr zur Unzeit — die bayerische Großmut ins Mittel. Kaiser Ludwig begab sich selbst mit seinem Gefolge in die Trausnitz zu dem gefangenen Friedrich und eröffnete ihm, daß er ganz frei sei, selbst ohne Lösegeld und ohne mindeste Gegenforderung, ja er tat ihm sogar den Vorschlag, die Kaiserwürde aus Liebe zum Frieden mit ihm zu teilen, und mit diesen nicht errungenen, sondern unverdient zugeworfenen Vorteilen kehrte Friedrich in seine Länder zurück. Die hierauf erfolgten italienischen Kriege, die Mißhelligkeiten mit den Päpsten und der daraus erfolgte Kirchenbann brachten über das Land Bayern viel Unheil. Wichtig für Bayern unter dieser Regierung ist noch der Vertrag zu Pavia vom Jahre 1329 36 , kraft welchem sich Ludwig mit den Söhnen seines Bruders Rudolf 37 30 31 32 33 34
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Heinrich II. (XIV.), geb. 1305, Herzog von Niederbayern 1310, gest. 1339. Heinrich III. (XV), geb. 1 3 1 2 , Herzog von Niederbayern 1 3 1 2 , gest. 1 3 3 3 . Otto IV., geb. 1307, Herzog von Niederbayern 1310, gest. 1334. Johann I., geb. 1329, Herzog von Niederbayern 1339, gest. 1340. Ludwig IV., der Bayer, geb. 1282, Herzog von Oberbayern 1294, deutscher König 1 3 1 2 , Kaiser 1328, erbt Niederbayern 1340, gest. 1347. Friedrich der Schöne, geb. um 1286, Herzog von Österreich 1308, deutscher Gegenkönig 1 3 1 4 , gest. 1330. Hausvertrag von Pavia vom 4. August 1329, der die Pfalz von Bayern trennte (3. bayerische Landesteilung). Rudolf I., geb. 1274, gemeinsam mit Bruder Ludwig dem Bayer Herzog von Oberbayern 1294—1317, gest. 1319.
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in eine Länderteilung einließ, der zufolge die Söhne Rudolfs die Rheinpfalz nebst dem größten Teile des bayerischen Nordgaus [35] unter dem neuen Namen Oberpfalz erhielten und bis auf unsere Zeiten die rheinpfälzische Linie bildeten. Für die bayerische Linie Ludwigs blieb Ober- und Niederbayern, dann der übrige Teil des Nordgaus. Nebendem kam in dieser Epoche die Mark Brandenburg, Hennegau, Holland, Seeland und Friesland zu Bayern. Tirol, ehemals eine bayerische Grafschaft und durch den Aufschwung der Grafen zur Unmittelbarkeit ebenfalls vom Mutterlande abgerissen, wurde doch itzt wieder mit Bayern verbunden. Kaiser Ludwig hatte sich auch um das deutsche Reich manche Verdienste erworben, worunter das wichtigste ist, daß er Deutschland unabhängig vom päpstlichen Hofe und von Italien machte und daß dem bisherigen Spielräume der Päpste, über Deutschland ihren Bannstrahl zu schleudern und mit Interdikten zu drohen, Schranken gesetzt wurden. Seit Friedrich I. aus dem Hause Hohenstaufen schlich sich aber ein anderes Ungeheuer in die deutschen Staaten und Grafschaften ein, nämlich das römische Recht oder vielmehr die monströsen römischen Gesetzbücher, die bald allen gesunden Menschenverstand betäubten und heutzutage noch der Vernunft den wahren Gesichtspunkt [36] in Rechtsfällen verrücken. Die Kinder Ludwigs machten auch in ihren Ländern verschiedene Unterabteilungen, und obige Nebenländer erregten neue Kriege. So ging es unter Ludwig dem Brandenburger38 und unter Meinhard39. Unter diesem ereignete sich wieder eine neue Betrugsszene von seiten des Hauses Ostreich. Es beredete die Gemahlin Ludwigs des Brandenburgers, eine Schenkungsurkunde der Herrschaft Tirol für Ostreich auszufertigen, welches auch geschah; allein über dieses unstatthafte und ungerechte Verfahren mußte notwendig ein neuer Krieg entstehen; da aber dieser für Ostreich nicht viel Vorteilhaftes hoffen ließ, nahm man zu einer andern List seine Zuflucht. Kaiser Karl IV. 40 als Hauptinteressent befahl, der Streit sollte durch Schiedsrichter geschlichtet werden; er selbst wählte sie, und .zwar in der Person des Kurfürsten Ruperts I. von der Pfalz 41 und des Erzbischofs Piligrin von Salzburg42, deren der erste ein Tochtermann des Kaisers und der zweite ein eifersüchtiger und erklärter Feind von Bayern war. Die Entscheidung ließ sich also leicht erraten und ging dahin, daß Tirol dem Hause Ostreich zugesprochen wurde, Bayern sollte aber davon die Ämter Kufstein, Kitzbü[37]hel und Rattenberg behalten, nebst einer Geldentschädigung von 116000 Gulden. 38
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Ludwig V., der Brandenburger, geb. um 1 3 1 2 , mit der Mark Brandenburg belehnt 1 3 2 3 ; er erwirbt durch Heirat mit Magarete Maultasch Tirol 1 3 4 2 , regiert gemeinsam mit seinen fünf Brüdern Bayern und die angefallenen Länder 1 3 4 7 bis zur 5. bayerischen Landesteilung vom 13. September 1349, regiert dann gemeinsam mit zwei Brüdern in Oberbayern, Tirol und Brandenburg, überläßt diesen Brüdern Brandenburg 1 3 5 1 und regiert allein in Oberbayern und Tirol; gest. 1 3 6 1 . Meinhard, geb. 1 3 4 4 , Herzog von Oberbayern mit Tirol 1 3 6 1 , gest. 1 3 6 3 . Karl I V . , geb. 1 3 1 6 , deutscher Gegenkönig 1346, deutscher König 1349, Kaiser 1 3 5 5 . gest. 1 3 7 8 . Ruprecht I., geb. 1309, Kurfürst von der Pfalz 1 3 5 3 , gest. 1390. Piligrim I I . von Puchheim, Erzbischof von Salzburg 1365—1396.
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So verlor Bayern auf eine gleich schändliche Art auch diese Grafschaft — das Tirol. Eben dieser Kaiser Karl IV. wußte auch die Mark Brandenburg wieder von Bayern loszureißen. Bei den Söhnen der straubingischen Linie — Wilhelm I. 43 und Albert I. 44 — ging es ebenso unruhig und unglücklich zu. Der erstere wurde bald wahnsinnig, und letzterer teilte wieder unter seine drei Söhne die Länder, und unter diesen stürmischen Regierungen wurden viele Grausamkeiten, besonders in Holland, begangen, das nach der Hand auch wieder von Bayern abgerissen wurde. In den übrigen Distrikten von Bayern gingen die Abteilungen unter den herzoglichen Kindern und die dadurch erfolgten Unruhen immer fort. So war es auch bei der ingolstädtischen Linie mit Stephan III. 4 5 , Friedrich46, Johann 47 , und die innerlichen Bürgerkriege wüteten ärger im Eingeweide des Landes als die Kriege mit Auswärtigen. Ludwig der Höckerigte48 bekriegte seinen eignen Vater, Ludwig den Gebarteten49, nahm ihn gefangen, sperrte ihn ein und ließ ihn sein Leben im Kerker verschmachten. In der Linie von [38] Landshut unter Friedrich, Heinrich50, Ludwig 51 bis auf Georg den Reichen 52 war die Aussicht für das Land um nichts besser. Was vorhin verderbliche Kriege aufzehrten, das verschlang itzt die Geldverschwendung und üble Aufführung der Regenten, wodurch endlich in Landshut eine wirkliche Bürgeraufruhr erregt wurde; und unter Ludwig dem Reichen entzündete sich wegen der Stadt Donauwörth ein Land- und Reichskrieg, der durch die bayerische Tapferkeit zwar glücklich geendet, durch ihn aber doch der Keim zu andern Kriegen gelegt wurde. Georg der Reiche glich einem wahren Geizhalse, und die Vorliebe für seine ältere Tochter Elisabeth 53 verleitete ihn zu einem wunderlichem Schritte; er errichtete nämlich im Jahre 1496 zu Heidelberg ingeheim ein Testament und setzte seinen Tochtermann Rupert von der Rheinpfalz54 zum Erben und Nach43
Wilhelm I., geb. 1330, gemeinsam mit Bruder Albrecht Herzog von NiederbayernStraubing mit Holland seit der 6. bayerischen Landesteilung vom 3. Juni 1353, geisteskrank 1356, gest. 1388. 44 Albrecht I., geb. 1336, nach der Entmündigung des Bruders Wilhelm alleiniger Herzog von Niederbayern-Straubing mit Holland 1358, gest. 1404. 45 Stephan III., geb. um 1337, Herzog von Oberbayern-Ingolstadt seit der 8. bayerischen Landesteilung vom 19. November 1392, gest. 1 4 1 3 . 46 Friedrich, geb. um 1339, Herzog von Oberbayern-Landshut 1392, gest. 1393. 47 Johann II., geb. um 1 3 4 1 , Herzog von Oberbayern-München 1392, gest. 1397. 48 Ludwig V I I I . , der Höckerige, geb. 1403, Herzog von Bayern-Ingolstadt nach der Gefangensetzung seines Vaters 1443, gest. 1445. 49 Ludwig VII., der Gebartete, geb. 1365, Herzog von Bayern-Ingolstadt 1413—1443, gest. 1447. 50 Heinrich IV., geb. 1386, Herzog von Bayern-Landshut 1393, gest. 1450. 51 Ludwig I X . , der Reiche, geb. 1 4 1 7 , Herzog von Bayern-Landshut 1450, gest. 1479. 52 Georg der Reiche, geb. 1455, Herzog von Bayern-Landshut 1479, gest. 1503. 53 Elisabeth (1478—1504), Gemahlin des Pfalzgrafen Ruprecht. 54 Ruprecht (1481—1504), dritter Sohn des Kurfürsten Philipp von der Pfalz.
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folger seines Landesanteils ein; er bat hierüber den Kaiser Maximilian I. 55 um die Bestätigung, welche er ihm aber aus dem richtigen Grunde versagte, daß dieses Testament ungiltig sei und gegen die Hausverträge läute. Ebenso traurig wie unter den vorgenannten Herzogen war das Schicksal des Lan[39]des bei der münchnerischen Linie. Stephan mit der Hafte 56 hing mehr am Wohlleben als an Regierungssorgen; Johann war in lauter Streitigkeiten verwickelt; Ernest I. 57 und Wilhelm58 mischten sich voreilig in die damaligen Religionshändel; Albert III. 59 vermählte sich mit einer schönen Bürgerstochter, Agnes Bernauerin, die aber die Raché des Hofes und des Adels für den Frevel, daß sich Bürgerblut mit Fürstenblut mischen wollte, in der Donau ertränken ließ; diesem Fürsten winkte auch das Glück auf eine andere Art zu. Im Jahre 1439 starb Albert II.G0, König von Ungarn und Böhmen, ohne Erben, indem seine Witwe erst nach der gesetzlichen Zeit einen gewissen Ladislaus61 gebar, der also nicht für rechtmäßig anerkannt wurde. Die Böhmen wählten nun einhellig unsern Albert III. zu ihrem Könige; er wies aber diese Würde ohne weiters von sich. Unter den Söhnen Johann62, Sigmund63, Christoph64, Wolfgang65 und Albert IV.66 dauerten die Streitigkeiten und Mißhelligkeiten unter sich fort; die neuern Händel erregte aber das obige Testament Georg des Reichen und die Heimfälligkeit der Grafschaft Görz. Ungeachtet Rupert und Philipp von der Pfalz 67 wohl die Ungiltigkeit dieses Testamentes [40] wußten, bewarben sie sich doch um Anhänger unter den bayerischen Bürgern und bei Auswärtigen. Dieses fachte einen gräßlichen Bürgerund auch auswärtigen Krieg an; zuletzt berief man sich auf einen SchiedsMaximilian I., geb. 1459, deutscher König 1493, Kaiser 1508, gest. 1519. •r>« Stephan II., geb. 1313, Herzog von Bayern-Landshut 1353, nach Meinhards Tode auch in Oberbayern mit Tirol 1363, gest. 1375. 57 Ernst, geb. 1373, gemeinsam mit Bruder Wilhelm Herzog von Bayern-München 1397. gest. 1438. Wilhelm III., geb. 1375, gemeinsam mit Bruder Ernst Herzog von BayernMünchen 1397, gest. 1435. B!) Albrecht II. (III.), geb. 1401, Herzog von Bayern-München 1438, gest. 1460. fi0 Albrecht II., geb. 1397, König von Ungarn und Böhmen 1437, deutscher König 1438, gest. 1439. l;l Ladislaus V. Posthumus, geb. 1440, König von Ungarn 1440, gest. 1457. 02 Johann IV., geb. 1437, gemeinsam mit Bruder Sigmund Herzog von BayernMünchen 1460, gest. 1463. ® Sigmund, geb. 1439, gemeinsam mit Bruder Johann Herzog von Bayern-München 1460, nach dessen Tode 1463 gemeinsam mit Bruder Albrecht, abgedankt 1467, gest. 1501. Christoph (1449-1493), Bruder Albrechts III. (IV). bt. Wolfgang (1451 — 1514), Bruder Albrechts III. (IV.). (i,i Albrecht III. (IV.),. geb. 1447, gemeinsam mit Bruder Sigmund Herzog von Bayern-München 1463, nach dessen Verzicht 1467 allein und gegen die Brüder Christoph und Wolfgang, gest. 1508. (i7 Philipp, geb. 1448, Kurfürst von der Pfalz 1476, gest. 1508. 21
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richterspruch, der dann im Jahre 1505 zu Köln am Rhein erfolgte. Nach diesem Spruche wurden zwar die Länder Georgs des Reichen oder Niederbayern den Herzogen von Oberbayern zuerkannt, zugleich aber auch einige Ämter zwischen der Donau und Naab abgerissen und unter dem Namen eines neuen Herzogtums der jungen Pfalz oder des Herzogtums Neuburg und Sulzbach obiger pfälzischer Linie eingeräumt. Ein weiterer Nachteil für Bayern entstund überdies noch daraus, daß nun diejenigen, die den Herzogen von Bayern in diesem Kriege beigestanden sind, obschon diesen Beistand die gewöhnliche Pflicht forderte und Bayern schon so oft gleiche Hilfe geleistet hatte, auf große Entschädigungen Anspruch machten. Im ganzen war es aber nichts als ein mehrmals listig angelegter Plan von dem Hause Ostreich und Max I.; denn Maximilian zog nicht nur die den Herzogen von Bayern rechtlich zugefallene Grafschaft Görz eigenmächtig an sich, sondern tat auch zu Kostnitz als Rich[4i]ter und Partei in einer Sache den schönen Ausspruch, daß auch die von der Grafschaft Tirol noch mit Bayern verbundenen drei Ämter Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg an Ostreich, welches sich schon nach damaligem Sprachgebrauche das erste und wichtigste Erzhaus — Erzherzogtum — nannte, sollten abgegeben werden. Auch Nürnberg riß einige-Ämter an sich, die es noch itzt besitzt, und so machten es noch mehr andere; und diese Hilfe kam also dem Lande teuer genug zu stehen, obschon Bayern für seine so viele und wichtige Hilfsleistungen nie etwas anders als den schändlichsten Undank davontrug. Durch solche Ungerechtigkeiten und Mißhandlungen wurden endlich den bayerischen Herzogen doch insoweit die Augen geöffnet, daß Albert IV. im Jahre 1506 mit Wolfgang einen Hausvertrag schloß, daß das Land unter den Kindern auf keine Art mehr geteilt, sondern das Ganze von dem Erstgebornen regiert werden sollte.68 Die seit so lange geführten Kriege, besonders die innerlichen Unruhen und Bürgerfehden gründeten die angemaßten Vorzüge der neu entsprossenen Landstände immer [42] mehr; die Herzoge brauchten immer Geld und mehr, als ihre Finanzen ertrugen; daher endlich die Steuern, ehemals bittweis und gutwillig eingegangene Beiträge, nun drückende Bürden, sich gründeten. Die Gutsbesitzer bewilligten sie den Herzogen aus den Gefällen ihrer Grunduntertanen, wobei eben diese Gutsbesitzer, Grundherren oder Stände eine doppelte Ungerechtigkeit begingen und den dritten Stand mit zweifachen Lasten belegten; denn sie ließen nicht nur deswegen .dem Grunduntertane an seinen Gefällen nichts nach, er mußte also doppelt zahlen, und da bald darauf die Steuern jährlich eingehoben und nach Willkür vervielfacht wurden, wie es noch bisher geschieht, so häufte sich auf den Schultern des Landmannes eine Last auf die andere; sie aber, die Stände, ließen sich sogar die Steuerfreiheit erteilen wie noch mehr andere Privilegien, wodurch sie gegen ihre nunmehrige Untertanen alle nutznießliche Gewalt erlangten und sie bis itzt wie Schafe scheren und benützen konnten. Diese erklärte Freiheitsbriefe 68
Primogeniturgesetz vom'8. Juli 1506, von Albrecht I I I . (IV.) rri't Zustimmung des Bruders Wolfgang und der Landschaft erlassen.
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sind noch itzt das Palladium, mit dem sie prangen, für dessen Erhaltung sie alles aufbieten. Der Tempel dieses Heiligtums ist das Landhaus in München^ in dem sie sich 1 5 1 3 statt der [43] ehemaligen willkürlichen Versammlungen, genannt Landtägen, ordentlich auf Kosten des Landes versammeln', sich eine Kollegialverfassung gaben, einen eigenen Staatskörper bildeten und — sehr unverdient — sich den Namen „Väter des Volkes" beilegten. Da sich die Staatsverfassung im Gerichtlich- und Politischen immer mehr formte, allerlei Ämter und Bedienstungen erschaffen wurden, waren alle diese Chargen eine bloße Beute für die Landstände; daher sie ihre ehemaligen Wohnplätze auf dem Lande, ihre Festen und Burgen verließen, um mit mehrerm Prunke in den Hauptstädten das Mark der Untertanen verschwelgen zu können, wodurch sie das übrige Land gewerb- und nahrungslos machten. So begann von 1508 bis 1550 die Regierung Herzog Wilhelms IV. 69 und unter ihm die in der deutschen Geschichte so wichtige Epoche der Kirchenreformation durch die Lehre Luthers im Jahre 1 5 1 7 ; und da sie in Bayern viele Anhänger fand, wütete ein wahres Schreckensystem. Die Anhänger Luthers wurden auf allen Seiten verfolgt und starben'den Henker[44]tod unter den grausamsten Qualen der Folter, unter Strang und Schwert. . Um dieser einreißenden Pest, wie man es nannte, — der Lehre Luthers — einen mächtigen Damm entgegenzustellen, berief der Herzog im Jahre 1549 die Jesuiten nach Bayern, die dann vollends den der Nation noch übrigen Funken Verstandes erstickten und den Geist in Fesseln legten. Hatte Bayern in Hinsicht auf seine politische Verhältnisse kein eigenes Hausund Staatssystem, so verrät sich doch deutlich, daß man in Unterjochung des Verstandes, in Obskuration der Vernunft nicht ohne System zu Werk ging. So blieb Albert V. 70 dem angenommenen Systeme seines Vaters stets getreu, welches er zur Verfolgung der Lehre Luthers und ihrer Anhänger angenommen hatte. Eine von den Ständen zugesagte Steuer von 800000 fl. zum Türkenkriege hatte die traurige Folge, daß ihnen der Herzog die sogenannte bayerische Edelmannsfreiheit — eine Ausdehnung der niedern Gerichtsbarkeit und ein Hauptbeitrag zu den erweiterten Vorzügen und Nutznießungen des Landes auf Kosten des ar[45]men Volkes — ausfertigte. Sein Sohn Wilhelm V. 7 1 , ein wahrer Bigott, fuhr in dem nämlichen System fort und opferte auch einige Tausend Bayern auf, um seinem Bruder 7 2 die Kurfürsten- und Bischofswürde zu Köln zu verschaffen. Nun tritt von 1597 bis 1651 sein Sohn Maximilian I. 73 als bayerischer Regent auf, wo sich noch die größten und schrecklichsten Gewitter über Bayern zu69 70 71 72
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Wilhelm I V . , geb. 1493, Herzog von Bayern 1508, gest. 1 5 5 0 . Albrecht I V . (V.), geb. 1 5 2 8 , Herzog von B a y e r n 1 5 5 0 , gest. 1 5 7 9 . Wilhelm V., geb. 1548, Herzog von Bayern 1 5 7 9 , abgedankt 1 5 9 7 , gest. 1626. Ernst, Herzog von Bayern, geb. 1 5 5 4 , Erzbischof und Kurfürst von Köln 1 5 8 3 , gest. 1 6 1 2 . Maximilian I., geb. 1 5 7 3 , Herzog von Bayern 1 5 9 7 , Kurfürst 1 6 2 3 , gest. 1 6 5 1 .
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samm'zogen und so lang über dem Horizon[t] dieses unglücklichen Landes verweilten, daß ihm die tiefen Wunden davon bis heutzutage noch fühlbar sind. E r war bigott und einfältig genug, sich gleich anfangs zum Instrument der östreichischen Eroberungssucht und der Absichten des rohen Pfafftums brauchen zu lassen. E r vollzog die Reichsacht über die Stadt Donauwörth, wo es bei einer Prozession zwischen den Katholiken und Protestanten Mißhelligkeiten gab. Dies veranlaßte dann Bündnisse zwischen den beiden Religionsparteien in Deutschland; das eine der Protestanten hieß die Union, das andere die Liga. Besonders hiebei auffallend ist, daß sich zween bayerische [46] Herzoge — beide Wittelspacher und also die zween nächsten Anverwandten — an die Spitze dieser entgegengesetzten Parteien stellten, und zwar Kurfürst Friedrich von der Pfalz 7 4 an die der Union und Maximilian an die der Liga. Die Folge dieses Schritts war einer der schrecklichsten Kriege, den je die Welt erlebt hatte, nämlich der Dreißigjährige Krieg, der im Jahre 1 6 1 8 anfing und bis 1648 dauerte. Die böhmischen Stände, von dem östreichischen Hause zu frevelhaft hintangesetzt und hintergangen, wählten sich in der Person des Kurfürsten von der Pfalz einen eigenen König. Diesen zu bekriegen, zu schlagen, zu entthronen war eben seines Anverwandten, Maximilians von Bayern, Sache, der dem Hause Ostreich in dieser ängstlichen Klemme mit seiner ganzen Macht beistund und es mit einer Armee von 30000 Mann von dem bedrohten Untergange durch die berühmte Schlacht am Weißen Berge rettete, die im J a h r e 1620 am 8. November vor Prag vorfiel und wo die vereinten Böhmen und Ungarn teils in der Moldau, teils auf dem Schlachtfelde den Tod fanden, teils ganz zerstreut wurden. Nun aber traten die Schweden und Franzosen auf dem Kriegsschauplatze von Deutschland auf und unterstützten die Re[47]formierten. Bayern blieb noch immer das Haupt der kaiserlich- und katholischen Partie und führte dreißig Jahre durch mit abwechselndem Glücke diesen gräßlichen Krieg, wodurch das L a n d großenteils verheert wurde; Städte und Dörfer wurden durch die vielen Brandschatzungen und Plünderungen zugrunde gerichtet, viele abgebrennt, die Felder verwüstet und so das Land von Geld und Gut entblößt, durch Schwert und Pest entvölkert und beinahe ganz zur Wüste umgeschaffen, so daß es sich bis auf den heutigen Tag von diesem verderblichen Kriege nicht mehr, besonders in Hinsicht der Städte und Flecken, der Industrie und des Kommerzes, auch Agrikultur erholen konnte. Wirklich ist itzt noch das Land verwilderter, als es vor diesem Kriege war; und doch — ungeachtet dieses unermeßlichen Unglücks, welches das ganze Land betraf, ungeachtet der vollen Erarmung seiner Einwohner baute doch Maximilian die prächtige Residenz zu München, die noch in unsern Tagen zu den schönsten von Europa gehört. F ü r so viele beträchtliche Aufopferungen, nach so vielen schmeichelhaften Verheißungen des kaiserlichen Hofes erhielt Bayern bei dem [48] Westfälischen 7
'' Friedrich V., geb. 1596, Kurfürst von der Pfalz 1610, König von Böhmen 1619, gest 1632.
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Frieden nichts zum Lohne, zur gerechten Vergütung als den leeren Kurfürstentitel und die Oberpfalz, da Bayern doch beides schon vorhin besaß. So wenig verstund dieser Hof von jeher sein und des Landes Interesse zu beabsichten. Ferdinand Maria75, Maxens Sohn, hätte Gelegenheit gehabt, sich dafür zu entschädigen; es ward ihm von Frankreich und allen deutschen Reichsständen die Kaiserkrone und mächtiger Schutz gegen Ostreich angetragen; aber er schlug alles aus, verschaffte vielmehr selbst Leopold von Ostreich76 die Kurwürde und wandte seine Regierungsjahre dazu an, das Lustschloß Nymphenburg und das Theatinerkloster zu München prächtig zu bauen, und starb frühe, nämlich im Jahre 1679. Sein Sohn Maximilian Emanuel 77 , kaum erst Jüngling, eilte mit einem auserlesenen bayerischen Heere dem von den Türken belagerten und schon äußerst in die Enge getriebenen Wien zu Hilfe und half es im Jahre 1683 entsetzen. Damit nicht zufrieden, verfolgte er die Türken noch weiter nach Ungarn, um dem Kaiserhofe auch dieses Land zu retten, schlug den Feind bei Gran, eroberte Neuhäusel und Ofen, gewann die Schlacht bei Mohäcs, nahm Belgrad ein, setzte sein Leben mehr als [49] einmal in die augenscheinlichste Gefahr, opferte mehr als 30000 Bayern und viele Millionen zum Besten des Hauses Ostreich auf; wie er aber dafür belohnt wurde, wird bald die Felge zeigen. Die spanische Erbfolge, die dem Sohne Maxens78 unstreitig gebührte, der aber deswegen aus der Welt geschafft wurde, verwickelte beinahe ganz Europa zu Anfang dieses Jahrhunderts in Krieg. Der schwäbisch- und fränkische Kreis und die Engländer, verbunden mit Ostreich, das sich diese Erbschaft zueignen wollte, bekriegten das mit Frankreich alliierte Bayern; und so günstig anfangs die Lage der Dinge für Bayern und die Franzosen war, so gab doch die unglückliche Schlacht bei Höchstädt im Jahre 1704 den so günstigen Aussichten die traurigste Wendung. Ein Fehler Tallards79, des französischen Feldmarschalls, verdarb alles, während die Bayern auf ihrem Flügel schon Sieger waren. Die ganze bayerische und französische Armee wurde zum Teil in die Donau gesprengt, zum Teil getötet oder gefangengenommen, und nun hatte die Barbarei der Östreicher im [50] Lande freies Spiel, sie wüteten in Bayern wie Attilas Hunnen; alles wurde von Truppen überschwemmt und geplündert, über 300 Ortschaften verbrannt, Grausamkeiten aller Art verübt, und am ärgsten trieben ihre Zügellosigkeit die Tiroler, die aus den Gebürgen wie wütende Räuber hervorbrachen, alles plünderten und alles Vieh im Lande wegschleppten. Das ganze Land kam nun unter östreichische Administration, und Max mußte mit dem Reste seiner Bayern bis nach Niederlanden fliehen. Müde des schrecklichen Druckes, empört durch Grausamkeiten aller Art, stunden im November 1705 die Bauern im Vilstale auf. Ihre Zahl wuchs bald 75 76 77 78 79
Ferdinand Maria, geb. 1636, Kurfürst von Bayern 1651, gest. 1679. Leopold I., geb. 1640,.deutscher Kaiser 1658, gest. 1705. Maximilian II. Maria Emanuel, geb. 1662, Kurfürst von Bayern 1679, gest. 1726. Joseph Ferdinand Leopold (1692—1699). Tallard, Camille Graf von (1652—1728), Marschall von Frankreich.
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auf 24000 Mann; sie griffen die Feinde auf allen Seiten an und trieben sie bis München zurück, wo es den 25. Dezember zu Sendling zu einer Schlacht kam;80 da es ihnen aber an einem Anführer und militärischer Organisation fehlte, verloren sie die Bataille und wurden bis auf 500 zusamm'gehauen; unweit Vilshofen traf 7000 Mann das nämliche Schicksal, und so war das Elend in Bayern ohne Grenzen und überstieg allen Begriff. Bis auf den Frieden, welcher zu Ra{5i]statt und Baden den 7. September 1713 geschlossen wurde, dauerte dieses Unwesen in Bayern fort. Max wurde wieder in seine Länder eingesetzt und starb im Jahre 1726. Bayern, dem noch die so tiefen Wunden der vorigen und vorzüglich des Dreißigjährigen Krieges bluteten — wie mußte es nicht itzt leiden, besonders unter dem harten Gefühle, daß es die so oft geretteten Östreicher waren, die Bayern für seine Aufopferungen mit so schändlichem Undanke lohnten. Aber demungeachtet, was tat Maxens Sohn'hierauf, Karl Albert? 81 Schon in seiner Jugend eilte er mit einem bayerischen Heere den nämlichen Östreichern in dem soeben ausgebrochenen Türkenkriege wieder zu Hilfe und beförderte durch die Eroberung Belgrads den Passarowitzer Frieden. Im Jahre 1737 begann .der TürkenV.rieg von neuem wieder, und Karl Albert schickte das erstemal dem Hause Ostreich 10000 und 1739 wieder mehrere Tausend Hilfstruppen. Nun starb das habsburgische und östreichische Haus im Jahre 1740 mit Karl VI. 82 ganz [52] aus. Nach den Erbschafts- und allen natürlichen Rechten fiel Ostreich, Tirol etc., selbst Ungarn und Böhmen dem Hause Bayern zu; wenigstens hätten sich die ehemals bayerischen Länder Ostreich, Tirol und Steiermark für Bayern von selbst wieder erledigt. Karl Albert machte auf alle diese Länder seine Ansprüche geltend, und Frankreich nahm seine Partie. Er wurde 1742 selbst zum Kaiser gewählt, und der fürchterlichste Krieg brach wieder auf allen Seiten aus. Karl VI. und letzte von Ostreich suchte noch in seinem Leben durch eine Urkunde die bisher von Ostreich behaupteten Länder seiner Tochter Maria Theresia83 zuzueignen und brachte zu diesem Zwecke mehrere Höfe auf seine Seite. Nach seinem Tode blieb diese Maria Theresia auch wirklich im Besitze der Länder und bewaffnete sich, von vielen Alliierten unterstützt, geg^n Bayern und Frankreich. Der Krieg begann so ziemlich glücklich für Bayern, obschon die bayerischen Heere schlecht angeführt wurden; zum Überflusse herrschte auch damals unter den französischen Truppen nicht viel Eintracht; die Anführer waren eitle Hofkreaturen und Günstlinge der königlichen Mätressen; daher kam es, daß dem Ganzen Plan und Verband fehlte. Das Land [53] unterlag den Greueln des Krieges, der Geist der Verwüstung breitete sich gräßlich darüber aus; die östreicher hausten wieder nach ihrer gewöhnlichen Art, ganze Ort80 S o g e n a n n t e Sendlinger M o r d w e i h n a c h t . 81
K a r l ( V I I . ) A l b r e c h t , geb. 1697, K u r f ü r s t v o n B a y e r n 1726, deutscher G e g e n k a i s e r 1742, gest. 1745.
82
K a r l V I . , geb. 1685, deutscher K a i s e r 1 7 1 1 , gest. 1740.
83
Maria Theresia, geb. 1 7 1 7 , d e u t s c h e Kaiserin 1740, gest. 1780.
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Schäften wurden ausgeplündert und verheert; Bayern geriet 1743 wieder unter östreichische Administration; es zeigten sich zwar für Bayern neuerdings günstigere Verhältnisse, aber Karl Albert starb 1745. Überhäupts lag an ihm selbst ein großer Teil der Schuld seiner und des Landes mißlichen Lage, denn nicht im Frieden, auch während dem Kriege widmete er sein Leben mehr denMätressen als den Kriegs- und Landessorgen. Sein Sohn Maximilian Joseph84 war noch ein Kind, als im Jahre 1745, den 22. April, der Füßner Friede zustande kam. Aus drei Planen, welche der östreichische Friedensgesandte in der Tasche hatte, wurde durch Verrat und Treulosigkeit gerade der schlechteste für Bayern gewählt; es entsagte hiedurch auf immer seinen Ansprüchen und auf das Bündnis mit Frankreich und gab dem Gemahl Theresens, Franz I., Herzoge von Toskana85, die Stimme zur Kaiserwürde. Für so rechtliche Heimfälle, für so viele schmerzliche Aufopferungen hatte also Bayern wieder nichts erlangt als die traurigsten Nachwehen im Lande. [54] In diesem jungen Max Joseph ging jedoch für Bayern so ein Stern auf, der alles wieder gutzumachen schien, was die wittelspachische Linie von jeher verdorben hatte. Seine Menschenfreundlichkeit gewann ihm alle Gemüter; seine Liebe zum Frieden gewährte dem Lande einige Erholung; nur während des Siebenjährigen Krieges in den fünfziger Jahren gab Max einige tausend Mann Hilfstruppen an Ostreich gegen Preußen. Sein größtes Verdienst bestund darin, daß er das Krebsgeschwür im Innern des Landes wohl kannte; er wußte nämlich, daß Pfaffen und Adel sich nach und nach das Mark des Landes eigen machten, das Volk in Dummheit und Aberglauben versenkt erhielten, um so mit den Menschen als Sklaven nach Willkür zu handeln. Max sah sich daher allenthalben um gelehrte Männer, um helldenkende Köpfe um, brachte es durch sie zu einem nicht unbedeutenden Grade von Aufklärung und setzte dadurch der Pfafferei und dem Adel einen mächtigen Damm entgegen. Die Vorschritte der Aufklärung waren bald sichtbar, es schien, Bayern sollte wieder ein goldenes Zeitalter erleben; aber während der schönsten Hoffnungen starb Max Joseph, und nie hat ein Volk am Grabe [55] seines Fürsten mehr geweint, nie heißere Tränen vergossen als die Bayern über der Asche ihres allgeliebten Maxens. Lange hernach herrschte noch in ganz Bayern eine allgemeine Traurigkeit, man las die Beklemmung des Herzens in ihren trüben Blicken, und noch erhebt sich warm und seufzend der Busen jedes Bayers beim Andenken an seinen Maximilian. Er war der letzte Wittelspacher der bayerischen Linie und auch der einzige, der es herzlich gut mit Bayern meinte, dem es weder am Kopfe noch an einem biedern Herzen fehlte, der zugleich auch das Beispiel eines tugendhaften und nicht bigotten Mannes war; Bayern hatte also in jeder Hinsicht Ursache, über seinen Tod zu trauern, und es schien, als ahnte man schon die trübere Zukunft. Kaum starb Maximilian, so rückten schon östreichische Truppen ins Land ein, und Maria Theresia machte von einer Heurat her Ansprüche auf 84 85
Maximilian III. Joseph, geb. 1727, Kurfürst von Bayern 1745, gest. 1777. Franz I., geb. 1708, Großherzog von Toscana, deutscher Kaiser 1745, gest. 1765.
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Bayern, die von selbst keinen Grund haben konnten und schon auch allen Erbund Lehengesetzen entgegen waren, da die unter Ludwig dem Bayer nach dem Rheine gezogene rudolfinische Linie in dem damaligen Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz, den beiden Herzogen aus Zweibrücken86 und dem Herzoge von Birkenfeld [56] sich noch fortgepflanzt erhielt, folglich die wittelspachische Linie noch nicht als ausgestorben angesehen werden konnte. Dieser Karl Theodor erbte nun die Regierung Bayerns, und die Rheinpfalz, Neuburg und Sulzbach wurden wieder mit Bayern und den andern Nebenländern vereinigt. Es hatte das Ansehen gehabt, es sollte Licht werden in Bayern; aber die unter Max Joseph erschienene allgemeine Morgenröte umzogen bald düstere Wolken, und das Land ward in kurzer Zeit wieder in schwarze Nacht gehüllt. Ehe Karl Theodor nach Bayern gekommen war, schloß er schon mit dem östreichischen Gesandten zu München Frieden und Vergleich und trat den größten Teil Bayerns bis an die Isar an Ostreich ab. Dies weckte die Eifersucht und den Biedersinn Preußens. Es wurde durch diesen Schritt veranlaßt, in Böhmen einzufallen, und in dem bald darauf erfolgten Frieden zu Teschen im Jahre 1779 erhielt Ostreich zwar nicht den Teil Bayerns bis an die Isar, es gingen aber doch die sieben Gerichte!" jenseits des Inns, das sogenannte Innviertel, verloren, womit sich Ostreich ebenso ungerecht als von je mit den losgerissenen Trümmern Bayerns bereicherte. [57] Karl Theodor trieb sein Regierungswesen von 1777 bis 1799 — für Bayern eine Ewigkeit von 22 Jahren — wie ein asiatischer Despot, der seine Länder als einen von Gottes Gnaden ihm überlassenen Tummelplatz ansah. Ein Schwärm von hungrigen Ausländern, Pfaffen und Mätressen umrangen seinen Hof und hatten die Zügel der Regierung in Händen. Die größte Unmoralität kam nun zur Tagesordnung; die Staatsdienste wurden teils öffentlich feilgeboten und verkauft oder Günstlingen der Mätressen und Pfaffen, Hofspionen und im Finstern schleichenden Schurken zugeteilt. Weiber und Töchter des bayerischen Adels wetteiferten um das Glück, die Hure des fürstlichen Wollüstlings oder eines seiner ersten Minister zu sein, um ihre Familien zu erheben, sich Geld zu machen und Macht zu gewinnen. Die adelige Dame intrigierte gegen die Ratsfrau, diese über das Bürgerweib, und die Bürgerin bewarb sich, das Freudenmädchen aus dem Sattel zu heben. Vom Fürsten bis zum Stallknecht herab setzte alles seinen Stolz in die Verführungskunst des weiblichen Geschlechts; zu Karl Theodors schändlicher Ausschweifung in der Wollust gesellte sich noch ein unersättlicher Geldgeiz; sein [58] vorzüglichstes Augenmerk war es, seine Schatulle zu füllen, und Minister und Präsidenten arbeiteten (aber auch hierin allein zeigte sich ihre Tätigkeit) rastlos zu diesem Zwecke, um die Hofgunst zu erhalten und nebenbei auch ihren Beütel zu spicken. Seine Eitelkeit versammelte nichts als Fürsten und Bischöfe an seinem Hofe; alle seine Bastarde mußten mit Aufopferung ungeheurer Summen in Fürstenstand erhoben werden, es mochte dann dem Lande auch noch so viel kosten. 86
Karl III. August Christian, geb. 1746, Herzog von Zweibrücken 1775, gest. 1795, und sein Bruder, der spätere pfalz-bayerische Kurfürst Maximilian IV. Joseph.
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Die tiefeste Wunde aber, deren Schmerzen das Land noch bitter empfindet, wurde Bayern durch den Malteserorden versetzt. Um seinen Sohn Bretzenheim in den Fürstenstand zu erheben, geriet man auf den unseügen Gedanken, den Malteserorden nach Bayern zu verpflanzen; und die beträchtlichen Jesuitengüter, welche bereits zur Erhaltung und Verbesserung der öffentlichen Schulen bestimmt waren, wurden als Fonds für diese adelige Taugenichtse verschwendet.87 Die Landschulen wurden vernachlässigt, und die übrigen warf man den Mönchen zu. Die Folge davon wurde bald sichtbar; die ersten Strahlen keimender Aufklärung verschwanden; die Literatur sank [59] zu Tändeleien und Pfaffengeschmier herab; der Verstand wurde in Fesseln geschlagen, Schmeichelei, Dummheit und Wollust waren die allgemeinen, allein geltenden Eigenschaften. Aber diese Nacht mußte sein, damit das Malteser-Kreuz und die Ordenssterne glänzen konnten. Hie und da sträubte sich zwar der alte edle, biedre Charakter der Bayern diesem Unwesen entgegen; aber fürchterliche Inquisitionen, die schärfesten und bis zum Unsinn getriebenen Zensuredikte, Landesverweisung und ein wahrer Terrorism, der besonders in den letzten Regierungsjahren wütete, lähmten jedes patriotische Bestreben. Karl Theodors Eitelkeit sehnte sich immer nur nach einer Königskrone, und öfter schon war der Tauschkontrakt mit Ostreich im reinen, kraft dessen Bayern ganz aufgelöst und den östreichischen Staaten hätte einverleibt werden sollen; nur Preußen machte immer dem werdenden Könige von Belgien einen Strich durch die Rechnung. Unter diesem Drucke seufzte Bayern während der ganzen Regierung dieses fürstlichen Fremdlings und wähnte sich im Jahre 1796 bei dem Einzüge der französischen Republikaner [60] auf einmal gerettet zu sehen. Mit welcher Freude, mit welcher zuvorkommenden Freundlichkeit gingen ihnen die lange harrenden Bayern nicht entgegen; aber wie sehr sahen sie sich auch in ihrer Erwartung betrogen! Dagegen wurden aber auch die Republikaner für ihre Schiefe Politik von Karl Theodor und dem bayerischen Adel schändlich geprellt; der Waffenstillstand88 wurde gebrochen, verachtet und wider Frankreich neue Kabalen angesponnen; nur die Ohnmacht verweigerte, mehr zu tun. Tief gebeugt mußte nun Bayern sein Schicksal ausharren, und der Monat Februar des Jahrs 1799 machte endlich diesen Leiden das so lang gewünschte Ende. Kein Fürst wurde mit mehr Volksfreude und unter so allgemeinen Verwünschungen zu Grabe getragen wie Karl Theodor und kein Nachfolger mit sichtbarerer — ich möchte sagen: ausschweifender — Freude empfangen als Max Joseph IV. Er hatte sich schon lange vorher während seiner öftern Anwesenheit in Bayern durch sein populäres Betragen und durch Versprechungen Freunde und Anhänger erworben, die nun allgemein auszuposaunen wußten, daß itzt mit dieser Regierung den [61] Bayern ein wahrer Glücksstern aufgehe. Ein großer Teil des Volkes jubelte bei dem Einzüge dieses Fürsten, ein anderer aber war müde 87 88
Vgl. S. 2 8 3 Anm. 2. Waffenstillstand zu Pfaffenhofen vom 7. September 1796.
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und abgestumpft für alle diese Hoffnungen und prophezeite sich wieder nicht viel Gutes, betrachtete Maxen als einen französischen Emigranten, der nie eine gute Erziehung erhalten hatte, auch nie mehr als einen gemeinen Soldatenkopf verriet. Unterdessen ging anfangs alles ganz gut; Max zeigte sich als ein wahrer Vater des Volkes, wollte seinen Vorgänger Max Joseph III. nachahmen, und selbst die Namensgleichheit trug nicht wenig dazu bei, ihm die Liebe und das Zutrauen des Volkes zu gewinnen. Alles strömte mit seinen Klagen und Beschwerden über die bisherigen Bedrückungen zu ihm. alles machte Vorschläge zum Besten des Landes. Max hörte jeden seiner Untertanen an, empfing ihn wie ein Vater und versprach schnelle Hilfe. Das Hauptdenkmal seiner Landesliebe wollte sich Max dadurch setzen, daß er gleich bei dem Regierungsantritte den Malteserorden aufhob und die Güter desselben wieder der Volkserziehung zurückgab. Diese Handlung erregte allgemeine Freude, alles [62] jauchzte itzt über die Aufhebung eines Ordens, der schon bei seinem Entstehen im Lande verhaßt und immer demselben eine drückende Last war; alles träumte die glücklichsten Tage, die nun kommen sollten. Alle Unglückliche, alle Landesverwiesene durften zurückkehren; nur die geschicktesten Köpfe, verdiente Männer sollten in Zukunft die wichtigsten Staatsämter erhalten, wie auch wirklich einige sogleich dazu gelangten. Die lang verbannte Preßfreiheit kehrte zurück und ließ schon die wohltätigsten Folgen fühlen; das bayerische Genie, das sich immer in Deutschland ausgezeichnet hatte, wachte allenthalben auf; alles gewann ein neues Leben und ließ uns glauben, daß wir uns einer hohen Aufklärungsstufe nähern; aber wie hatte schon seit einem Jahre alles eine andere Gestalt wieder angenommen, sich die Szene geändert! Die so häufigen und dem Lande so schmeichelhaften Versprechungen blieben alle unerfüllt; schon wurde niemand mehr angehört, sondern (wie Max zu sagen pflegte) an seine Leute gewiesen, oder eine Audienz bei dem Fürsten war so viel als nichts, weil sie nicht fruchtete. Bei den neuen Dienst[63]bestellungen, die man durch mehrere hundert Vertriebene erledigte, entschieden bloß einige begünstigte Familien, die dann alle ihre Anverwandte auf die ansehnlichsten und einträglichsten Plätze stellten. Man sprach Besoldungen aus von vielen Tausenden, wo oft ein ganzes Rentamt nicht einmal zur Bezahlung eines einzigen Departements hinreicht. Nur einzelne Gutdenkende konnten anfangs so manchen Mißbrauch zum Vorteile des Volkes abstellen und durch Schriften hie und da zur Aufklärung mitwirken; aber bald gewannen Adel und Pfaffen wieder die Oberhand; das Gute wurde gehemmt oder ganz unterdrückt; die alten Zensuredikte kamen wieder wie die geheimen Spione, Verfolgungen und Kabinettsjustiz zur Tagesordnung; der Malteserorden wurde feierlicher als je wieder eingesetzt, und obschon Max bei seinem Regierungsantritte mit dem preußischen Hofe und mit dem hier anwesenden französischen Gesandten in den freundschaftlichen Verhältnissen stund, ließ er sich doch zum Erstaunen von ganz Europa mit Rußland in Krieg gegen Frankreich ein, verbündete sich mit der Koalition und stellte nebst seinem Kontigent ein
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Korps von 3000 Mann auf, das sich an die Russen anschloß. Ruß[64]land, durch traurige Erfahrung eines Bessern belehrt, trat plötzlich vom Kriegs^ theater ab; bei Maximilian aber ging der Unsinn so weit, daß er nicht nur den östreichischen Armeen, die schon mehrere Jahre ganz allein auf Kosten von Bayern und Schwaben lebten und diese Länder aussaugten, wieder größere" Vorteile einräumte und den Landmann durch Quartiere, Vorspann und Vexationen aller Art bis zur Verzweiflung martern ließ, sondern, was das Ärgste ist, Englands Geld konnte bei ihm Eingang finden, und in dem ausgesaugten, entvölkerten Bayern wurden 12000 Mann ausgehoben, wie eine Herde Ochsen an England verkauft — eine Handlung, die, solang Bayern steht, sich noch kein Fürst erlaubt hatte. Dabei schmückte sich der sonst so republikanisch gesinnte Minister Montgelas mit Orden und Brillanten und entwickelte seine Geldgier; nur die Offiziere vom höchsten Range gewannen mit dabei, die übrigen mußten ihr eigenes Vermögen aufopfern. Durch Einführung neuer Uniformen, woran plötzlich bald dies, bald jenes wieder abgeändert wurde, waren die Kassen sowie die Beutel der Offiziere erschöpft, und den Müttern und dem Pfluge wurden die Söhne den Tausenden nach [65] entrissen, wozu man, um dem Volke die Augen zu blenden, den Gerichtswürfel brauchte. Man kam auch auf die Idee eines Landsturmes und wollte aus dem ganzen Lande nur einen Soldaten- und Waffenplatz zum Vorteile des verräterischen und übermütigen Englands machen — das Land ganz in eine Wüste verwandeln. So stehen die Sachen nun, als bei dem riesenartigen Vorrücken der siegenden französischen republikanischen Heere Max und seinen verblendeten Hof der Schrecken des Sünders ergriff und sie in die Flucht jagte; sie fürchteten die Rache der Republikaner und die Rache der beleidigten Menschheit, und das "bis aufs Blut gepeinigte Volk sieht wie ehemals 1796. auf Karl Theodor und seine schändliche Kreaturen itzt wieder mit Verachtung auf Max und seinen verräterischen Hof hin, blickt mit gespannter Erwartung auf die Republikaner und sein kommendes Schicksal, wie es immer ausfallen mag. Nach dieser kurzen Erzählung der Geschichte Bayerns erwacht nun der Genius des Landes, ruft den Bayern zu, diese grelle Geschichte ihnen wie im Spiegel vorhaltend, zu überschauen die gräß[66]liehen Mißhandlungen, welche die einst so mächtige bayerische Nation seit einem Jahrtausend erlitt, und zu holen aus dieser Geschichte und der bisherigen Erfahrung die Schlußfolgen für die Zukunft — dann entstunden folgende drei Fragen: 1. Wie muß sich Bayern itzt betrachten, was muß es tun? 2. Wie muß es Ostreich betrachten? 3Was wird die Republik Frankreich itzt tun?
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1) Bayern hat die ehemalig deutsche Freiheit, die eigene Verfassung und seine Unabhängigkeit noch nicht vergessen; diese verlornen Schätze liegen ihm noch tief am Herzen; es fühlt es, daß ihm dieses Recht am Ende des achten Jahrhunderts durch Gewalt des [67] französischen Königs Karl auf die schändlichste Art entrissen wurde; daß dieses Recht der Nation immer angeboren blieb, es nie rechtlich verlieren konnte; daß sich die Nation heut wieder bei dem Verschwinden der ehemaligen Gewalt ihrer Nationalgerechtsame bedienen und ihre Selbständigkeit zurückrufen kann. Immer blieben die karolingischen Könige bloß Räuber der bayerischen Nationalfreiheit und Usurpatoren; auch in der Folge stimmte die Nation nie ein, daß die Herzoge aus den verschiedenen Häusern das Land als von den deutschen Königen und dem Reiche abhängig regieren dürften und so die Könige Bayerns Herzoge wie ihre Beamte einsetzen konnten; nie willigte die bayerische Nation ein, daß bei der ungerechten Reichsacht Heinrichs des Löwen im Jahre 1 1 8 0 das Land der wittelspachischen Familie als ein Herzogtum erblich zufallen sollte ; wenn man aber auch alles dieses gelten lassen wollte, so ist doch richtig, daß itzt bei der neuen Eroberung Bayerns durch die republikanischen Armeen Frankreich die erste Unterjochung dieser Nation durch seinen damaligen König wiedergutmachen, dem Lande und der Nation die Freiheit wieder wie vor der Handlung im achten Jahrhunderte zurückstellen [68] kann und wird, wozu es sich auch schon als das erste Mutterland der bayerischen Nation aufgerufen findet. Bayern wird sich dann weder in die Arme eines Herzogs noch in die Arme der dermaligen wittelspachischen Familie werfen, sondern sich eine zweckmäßigere Verfassung geben. Es hat nicht mehr Ursache, verschiedene Herzoge zu wählen; die Geschichte beweist es der Nation klar genug, daß nach der Unterjochungsgeschichte im achten Jahrhunderte sich ein Unglück an das andere reihte und daß es itzt nach einem Jahrtausende am Ende des achtzehnten Jahrhunderts zertrümmert, geplündert, ausgezogen, auf allen Seiten in Sklavenketten gebunden dasteht. Unter der schwachen Regierung der karolingischen Könige war es, wo die Geistlichkeit ihr heutiges Übergewicht und so viele Besitzungen erlangte, die Zehenten sich zueignete; wo während dès Faustrechts sich Straßenräuber zu heutigen Rittern, Adeligen und Grundherren schwangen, die zwei Stände bildeten und dem Volke bloß Knechtschaft, das eiserne Joch der Sklaverei überließen. Nach den verschiedenen Launen der schwäbisch- und sächsischen Herzoge mußten die Bayern immer nur bald dahin, bald dorthin in Krieg ziehen; und dann, als [69] die wittelspachische Familie den Herzogsthron auf eine schändliche und ungerechte Art errang — machte sich wohl diese Familie vom ersten bis zum letzten Regenten würdig eines Anspruches auf Bayerns Dankbarkeit? Haben sie sich nicht vom ersten bis zum letzten, Max Joseph III. ausgenommen, wie Unsinnige betragen, bloße Mietlinge des Hauses Ostreich vorgestellt, sich davon hundertmal betrügen und ausziehen lassen? Und doch sind sie bis auf diese Stunde noch nicht klüger geworden. Mußte sich nicht wenigstens eine Million Bayern in den Kriegen für dieses Haus Ostreich schlachten lassen? Mußten nicht Millionen Geldes für dieses Haus aufgeopfert werden? Und immer blieb der Lohn Länderabreißung, Ver-
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wüstung des Besitzstandes und Mißhandlungen aller Art. Waren es nicht die Wittelspacher, die dem Adel und dem Pfafftum noch mehr Vorrechte, die niedere Gerichtsbarkeit, die Scharwerke, den Bierzwang und alle aridere Beutelschrieidereien gegen das Volk einräumten? Und hat nicht der dermalige Kurfürst durch seinen Menschenverkauf, durch seine Verschwendung, durch die immerwährende Aushebung und gänzliche Entvölkerung des Landes, durch die volle Verwir[7o]rung, die er stiftete, alle Achtung, alles Zutrauen verloren? Läßt sich von seinen kaum weltläufigen Kindern was anders hoffen? Stellt der Herzog, von Birkenfeld nicht einen bloßen Heuchler vor? War er nicht selbst in Rußland, um sich Orden zu holen und Bayern zu verkaufen? Zudem hat Bayern dem Max Joseph die verfassungsmäßige gewöhnliche Huldigung noch nicht abgelegt, hat also noch volle Freiheit. Und was dürfte in dieser fatalen Lage, wenn es beim alten bliebe, Bayerns Los auf immer sein? Was anders, als daß Ostreich Bayern wie Schwaben immer noch, wie es bisher geschah, für seine Melkkuh ansehen, auf Unkosten dieser unglücklichen Länder ewige Kriege führen, auf allen Seiten den Landmann mit Einquartierung, Vorspann, Festungsbau ganz ausziehen, jedes Eigentum unsicher machen und endlich alles zur Verzweiflung bringen würde! Was läßt sich erwarten, wenn nun nach soviel Leiden, nach so vielen Aufopferungen der schwelgerische Hof wiederkehrt und dem Vaterlande, den Bettelstab an der Hand, nur Hohn spricht, seine Zahlungen nur schärfer vondem ausgesaugten Landmann eintreibt und alles wieder ans alte eisgraue Joch ge[7i]spannt, die alte Verwirrung gelassen wird — muß sich nicht zuletzt selbst alles einander aufreiben, in Abgrund stürzen? Nur die alte Freiheit von dem achten Jahrhunderte her kann also noch die bayerische Nation retten; Bayern, vereint mit Schwaben, wird das östreichische Joch abschütteln und eine Vormauer bilden; und da sich Schwaben, vereinigt mit einem Teile Frankens, in der nämlichen Lage befindet, auch vor der Unterjochung durch Karl den Großen im achten Jahrhunderte eine freie Nation war, unter den darauffolgenden Herzogen ein ebenso mißliches Schicksal hatte, endlich durch die Hinrichtung Konradins 89 gar ein Raub der Mächtigern des Landes wurde und sich unter Hunderte von Despoten zerstückelt und von ihnen mißhandelt sieht, so werden diese ehemals zwei deutsche Hauptnationen sich brüderlich nach dem Winke der Natur die Hände reichen und sich eine auf Unabhängigkeit, Freiheit und Gleichheit gegründete Verfassung geben und den beiden Ständen, dem Priester- und Adelstande, einen gleich brüderlichen Verein anbieten; die Priester sollen alle in ihrem Amte zu leben haben und der Adel nach der Billigkeit seiner Forderungen entschädigt werden, wenn sie anders [72] den neuen Nationalbund gleich standhaft mitbeschwören und sich als Landesleute mit Vergessung aller Vorgänge wieder frei wie biedere Bayern und Deutsche umarmen, worauf selbst die bisher von der Landschaft gewechselten Schriften hinzielten. Ziehen sie aber hier verräterisch die Hand zurück, so mag sie gleiches Schicksal mit den Auswürflingen Frankreichs treffen, und sie stehen' als wahre Betrüger und Verräter der Nation da. 8!
> Konradin ( 1 2 5 2 - 1 2 6 8 ) , letzter Staufer.
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2) Bloß die habsburgische Familie ist es, die das Haus Ostreich durch Heuraten, und Betrug zu jener kolossalischen Größe erhob, daß es in seinem stolzen Wahne alles zu verschlingen drohte. Die an sich gerissenen Länder sind des despotischen Joches schon lange müde. Ober- und Unteröstreich, Steiermark, Kärnten und Tirol sind ursprüngliche Teile Bayerns, haben die natürlichsten Verhältnisse damit und werden sich seinerzeit mit Freude mit dem Urlande wieder verbinden. Böhmen, das alte Bojerland, ist von der Natur selbst zu einem eigenen Staate, zu einer eigenen Nation geschaffen, ist zu seinem größten Nachteil an Ostreich gekettet, wird von diesem nur für seine Melkkuh angesehen und fühlt sein trauriges [73] Los, sein schreckliches Sklavenjoch nur zu sehr, ergriff schon öfter die Gelegenheit, sich von dieser östreichischen Erzhyder loszuwinden. Ebender Wittelsbacher Max I. hinderte es daran; aber nun wird es nicht länger säumen, in sich zu gehen, und auch Unabhängigkeit und Freiheit für sich proklamieren. So wird auch das an Ostreich gefesselte Ungarn seine Ketten zerreißen, seine eigene Nationalkraft fühlen, über sich selbst erröten, daß es so lange für das in Übermaß und Wollust schwimmende Wien ein reichlicher Speiseschrank sein mußte; und so mag denn dieses Erzhaus, das noch im letzten Frieden zu Campo Formio 9 0 wieder neue Beweise des Betrugs und seiner niedrigen Denkart gegen alle Nationen ablegte, einmal den gerechten Lohn für die Völle der Ungerechtigkeiten, Aufopferungen an Menschen und Ländern und für seine verächtliche 1 Sittenlosigkeit empfangen. 3) Die Republik Frankreich, die nun zum letzten Mal durch die schändliche Treulosigkeit Ostreichs und die Habsucht Englands das Schwert zu ziehen gezwungen war, wird ihrem neuen Losungsworte: Friede oder Tod! getreu bleiben, nicht bloß zum Ausplün[74]dern und Verwüstung der unschuldig- und ohnehin unglücklichen deutschen Länder, zur Erpressung der von zehnjährigen Plagen der Östreicher noch übriggebliebenen wenigen Pfenninge oder gar zur Vertilgung oder Verkleinerung der bayerischen Nation seine tapfern Heere nach Deutschland geschickt haben; sondern die Nationen ehren und der Gottheit für ihre erfochtene Freiheit auch dadurch Ehrfurcht und Dankgefühl bezeigen, daß sie dieses angeborne Recht der Menschheit auch den nun eroberten deutschen Nationen gibt; das wiedergutmacht, was ihre Könige nahmen; den Keim ewiger Kriege, das Erzhaus Ostreich ganz stürzet, welches die Schlacht bei Höchstädt und Blendheim im Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts bezielte, aber zum größten Nachteile Bayerns unglücklich ausfiel — itzt aber mit dem Ausgange dieses Jahrhunderts diese nämliche Schlacht durch den glänzendsten Sieg die volle Bahne dazu eröffnete und zur eigenen Sicherheit Frankreichs und des republikanischen Systems Süddeutschland in Freiheit verbindet*. So ist in Westen einmal ewiger Friede er[75]zielt, und die Menschen können sich ganz der Aufklärung und Ausbildung weihen und zu jener Größe hinanschwingen, welche dem Menschen seine ursprüngliche Freiheit gewährt. Gegen die Barbarn * Sieh hierüber ein eigenes Werk über Süddeutschland, 1799. [Siehe Nr. 28]. Friedensvertrag zwischen Frankreich und Österreich vom 17. Oktober 1797.
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von Norden und Osten wird durch das freie Süddeutschland nicht nur eine mächtige Vormauer hingest.ellt, sondern auch dadurch die Freiheit eben dieser Völker vorbereitet sein; ja, das einzige Raubtier, das Erzhaus Ostreich mit seinen symbolisch- und wirklichen Adlerklauen, findet in dem Schutte der bisher bestandenen gotischen Staatsgebäude sein Grab, auf welchen Ruinen nun die hoch jauchzenden Nationen mit der alten Freiheit ihre Verfassungen, ihren Wohlstand, Glück und Bruderliebe und ewigen Frieden gründen werden. — Und so setzen sich zugleich der große Held der Republik Buonaparte und der glänzende Sieger von Deutschland Moreau die schönsten Denkmäler.
35- Sur L'Allemagne méridionale. Adressé au gouvernement français par les citoyens du midi de L'Allemagne au mois d'octobre 1798, 18001
[8 Anm.] Il paroit que les frontières suivantes seraient encore plus convenables à cette république, savoir : On tireroit une ligne de Mayence, montant le Mein jusqu'au mont Fichtel et les frontières d'à présént de la Bohême jusque là, où l'Enns s'unit avec le Danube; de là il faudroit remonter l'Enns jusqu'à la sommité des monts de Salzbourg, du Tyrol et du pays des Grisons, s'appuyant au mont St. Gotthard et à la Fourca; de là cette ligne de frontière descendrait de l'Aare dans le Rhin et se réunirait à Mayence. 2 [14 Anm.] Depuis ce temps là, le Duc de Württemberg par la conduite despotique qu'il a tenue env.ers les états, a aigri encore plus l'esprit des habitants et les a réduits au désespoir.3 1
Flugschrift, nach dem 15. Juli 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt 24 S., 8". Bayerische Staatsbibliothek zu München. Da es sich um eine wörtliche Übersetzung der unter Nr. 28 gebrachten Flugschrift handelt, sind hier lçdiglich die in fünf Anmerkungen gebrachten Zusätze mitgeteilt, die der deutschen Vorlage fehlen. Um den Ort exakt zu bestimmen, an dem die einzelnen Zusätze erfolgten, gibt jede Anmerkung zu jedem Zusatz die entsprechende Stelle aus der deutschen Vorlage an. — Eine freie Rückübersetzung der französischen Fassung ins Deutsche erschien als selbständige Flugschrift unter dem Titel „Über das mittägige Deutschland" und wurde im Januar 1801 verbreitet; ein Exemplar dieser Fassung findet sich als Beilage zu einem Schreiben des Regensburger Gesandten von Goertz vom 22. Januar 1801 an den Markgrafen Karl Friedrich von Baden im Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 74 Baden Generalia, Nr. 6289.
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Der Zusatz erfolgte dort, wo es in der deutschen Vorlage auf S. 8 heißt : ,,. . . und es möchte nicht lange dauern, so dürften die süddeutschen Republikaner auch die einzigen deutschen Nachbarn von den Cisalpinern werden und sich an den Grenzen umarmen." Die deutsche Übersetzung des Zusatzes lautet: Es scheint, daß die folgenden Grenzen für diese Republik noch geigneter wären, nämlich : Man würde eine Linie ziehen von Mainz den Main hinauf bis zum Fichtelberg und die jetzigen Grenzen Böhmens entlang bis dorthin, wo die Enns sich mit der Donau vereint ; von dort müßte man die Enns hinaufsteigen bis zum Gipfel der Salzburger, Tiroler und Graubündener Alpen, sich an den St. Gotthard und die Furka lehnend; von dort würde diese Grenzlinie die Aare hinabsteigen in den Rhein und sich bei Mainz wieder verbinden.
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Der Zusatz erfolgte dort, wo es in der deutschen Vorlage auf S. 19 heißt: „Unterdessen hat Wirtemberg doch zur Erlösung durch die letzten Landtagsakten große Schritte getan." Die deutsche Übersetzung des Zusatzes lautet: Seit dieser Zeit
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[14/15 Anm.] L a scène a changé bien plus subitement en Bavière. L'alliance avec la Russie, les troupes auxiliaires qu'on lui a fournis, le rétablissement de l'ordre de Malte, le traité impie de subsides conclu avec l'Angleterre qui arrache du sein maternel 20 mille fils à la charrue dans un pays assez dépeuplé, ont excité un mécontentement extrême en Bavière. Ajoutez à cela la prodigalité de la cour qui entraînera nécessairement la banqueroute, la faiblesse du prince que chacun fait aller comme il veut, les préparatifs ridiculs qu'il a faits jusqu'ici et qui ont produit tant de confusion, la fuite honteuse ainsi que celle du Duc malgré leur déclaration solémnelle de se mettre à la tête de 15 mille hommes qui étoient à Munich pour défendre la ville et le pays. Le premier fauxbruit qui courut suffit pour les faire partir. Ils n'ont pas craint de livrer le pays à l'arbitraire et à la misère. 4 [23 Anm.] E h bien, les armées françaises sont maintenant dans le cœur de la Bavière, et c'est le devoir d'un conquérant, surtout d'une république, non seulement d'adoucir les maux inévitables que la guerre cause à une si digne nation depuis si longtemps l'alliée de la France, mais même d'en faire ressortir des effets bienfaisants en rendant la Bavière et la Souabe à la liberté dont ils ont été privés par le roi Charles, parce que ce n'est que par là que les nations peuvent être heureuses et obtenir une paix solide ; pat là la France jouira d'une sûreté non-équivoque et consolidera à jamais le nom de la grande république. 5 [24 Anm.] L'armistice nous remet au même état où nous étions après la paix
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h a t der H e r z o g v o n W ü r t t e m b e r g d u r c h sein despotisches B e t r a g e n gegenüber den S t ä n d e n die S t i m m u n g der E i n w o h n e r n o c h mehr gereizt und sie zur V e r z w e i f l u n g gebracht. D e r Z u s a t z erfolgte dort, w o es in der d e u t s c h e n V o r l a g e auf S. ig h e i ß t : ,,. . . und der n o c h größere S t a a t v o n S ü d d e u t s c h l a n d , B a y e r n , i s t . . . g a n z m i t Gärungsstoff g e s c h w ä n g e r t . " D i e d e u t s c h e Ü b e r s e t z u n g des Z u s a t z e s l a u t e t : D a s B i l d in B a y e r n h a t sich sehr viel plötzlicher v e r ä n d e r t . D a s B ü n d n i s m i t R u ß l a n d , die H i l f s t r u p p e n , die m a n i h m geliefert h a t , die W i e d e r h e r s t e l l u n g des Malteserordens, der mit E n g l a n d geschlossene ruchlose S y b s i d i e n v e r t r a g , der aus d e m m ü t t e r l i c h e n S c h o ß 20000 Söhne d e m P f l u g e in einem schon z u r G e n ü g e e n t v ö l k e r t e n L a n d e entreißt, h a b e n in B a y e r n eine e x t r e m e U n z u f r i e d e n h e i t h e r v o r g e b r a c h t . Z u diesem k o m m t n o c h die V e r s c h w e n d u n g s s u c h t des Hofes, die n o t w e n d i g den B a n k r o t t n a c h sich ziehen wird, die S c h w ä c h e des F ü r s t e n , den j e d e r d a h i n b r i n g t , w o h i n er will, die lächerlichen V o r b e r e i t u n g e n , die er bis j e t z t g e m a c h t h a t und die soviel V e r w i r r u n g g e s t i f t e t h a b e n , die schändliche F l u c h t sowie die des H e r z o g s t r o t z ihrer feierlichen E r k l ä r u n g , sich a n die S p i t z e v o n 15000 M a n n zu stellen, die in M ü n c h e n w a r e n , u m die S t a d t u n d d a s L a n d zu verteidigen. D a s erste falsche G e r ü c h t , d a s umlief, gen ü g t e , u m sie a b m a r s c h i e r e n zu lassen. Sie h a t t e n keine F u r c h t , d a s L a n d der W i l l k ü r u n d d e m E l e n d zu überlassen. D e r Z u s a t z e r f o l g t e dort, w o es in der d e u t s c h e n V o r l a g e auf S. 28 h e i ß t : „ D a n n e n t w i c k e l t sich alles v o n s e l b s t . " D i e deutsche Ü b e r s e t z u n g des Z u s a t z e s l a u t e t : W o h l a n , die französischen A r m e e n sind j e t z t i m H e r z e n v o n B a y e r n , u n d es ist die P f l i c h t eines Eroberers, n a m e n t l i c h einer R e p u b l i k , nicht n u r die d u r c h d e n K r i e g
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de Campoformio. L a trompeuse maison d ' A u t r i c h e n ' a cherché cette pause que pour renforcer sur l ' I n n son armée défaite peut-être avec des troupes fraîches de la B a v i è r e et pour donner le change à la F r a n c e en f o r m a n t de nouvelles cabales ; supposons un instant qu'elle fasse la p a i x , ce ne sera sûrement q u ' a u x dépens de la malheureuse B a v i è r e pour y puiser de nouvelles forces et tomber sur la F r a n c e au premier signal de l'Angleterre. L'histoire nous en fournit des preuves irréfragables ; car depuis que la maison d ' H a b s b o u r g occupe le trône impérial, la guerre n ' a cessé d'étendre ses ravages. Ce n'est donc q u ' e n l'anéantissant, q u ' e n rendant à la liberté les nations qui gémissent sous son j o u g et q u ' e n dissolvant l'empire q u ' o n parviendra à faire une p a i x solide et durable. F r a n ç a i s ! É c o u t e z donc la v o i x de la vérité ; soyez sourds à celle de la ruse qui v o u s empêche de voler à de nouvelles victoires! Ce n'est que dans le cœur de l'Autriche, c'est à Vienne que v o u s p o u v e z couronner v o s triomphes; la branche d'olivier ne verdira que de cette manière. 6 verursachten unvermeidlichen Übel gegenüber einer so würdigen und seit so langer Zeit mit Frankreich verbündeten Nation zu mildern, sondern selbst daraus wohltätige Wirkungen hervortreten zu lassen, indem Bayern und Schwaben der Freiheit wiedergegeben werden, deren sie durch König Karl beraubt worden sind, weil nur dadurch die Nationen glücklich sein und einen dauerhaften Frieden erhalten können; dadurch wird Frankreich sich einer unzweideutigen Sicherheit erfreuen und den Namen der großen Republik auf immer befestigen. Der Zusatz erfolgte dort, wo der T e x t der deutschen Vorlage auf auf S. 29 endet. Die deutsche Übersetzung des Zusatzes lautet: Der Waffenstillstand setzt uns in denselben Zustand zurück, in dem wir nach dem Frieden von Campoformio waren. Das betrügerische Haus Österreich hat diese Pause nur gesucht, um am Inn seine geschlagene Armee vielleicht mit frischen Truppen aus Bayern zu verstärken und um Frankreich mit neuen Kabalen zu begegnen ; nehmen wir einen Augenblick an, daß es Frieden macht, so würde das gewiß nur auf Kosten des unglücklichen Bayern geschehen, um dort neue K r ä f t e zu schöpfen und auf das erste Zeichen Englands über Frankreich herzufallen. Die Geschichte versieht uns dabei mit unwiderlegbaren Beweisen; denn seitdem das Haus Habsburg den kaiserlichen Thron innehat, hat der Krieg nicht aufgehört, seine Verheerungen zu verbreiten. Demnach wird man es nur durch seine Vernichtung, durch die Befreiung der Nationen, die unter seinem Joche seufzen, und durch Auflösung des Reichs dahin bringen, einen soliden und dauerhaften Frieden zu machen. Franzosen ! Hört doch die Stimme der Wahrheit; seid taub gegen die der Arglist, die euch hindert, zu neuen Siegen dahinzufliegen ! Nur im Herzen Österreichs, das heißt in Wien, könnt ihr eure Triumphe krönen. Der Olivenzweig wird nur auf diese Weise grünen.
36. Konstitution der Republik Frankreich vom Jahre 8, mit aufklärenden Noten, Basel 18001
Vorrede [ ] Die Konstitution der Republik Frankreich v o m Jahre 8 ist in Teutschland nur v o n wenigen gekannt; so heißhungrig man die ersten Konstitutionsentwürfe verschlang, so wenig wird die v o m Jahre 8 in Teutschland gelesen, da sie doch ein weit vollkommneres W e r k ist. Mehrere einsichtsvolle Politiker sagten den ersten französischen Konstitutionen den Untergang v o r ; die v o m Jahre 8 wird sich aber erhalten; die Teut[ ]schen haben demnach gegründete Ursache, sich mit derselben näher bekanntzumachen. Nichts ist gefährlicher und auch schimpflicher, als seine und die Landesverfassung seiner Nachbarn nicht zu kennen.
[5 A n m . 1] Ein und unteilbar ist die Republik Frankreich; würde sie je geteilt oder würde ein Förderativsystem aus ihr gebildet worden sein, so würde dieselbe gewiß niemals mächtige Alliierte haben bestreiten können; sie würde schon lange teilweise durch allerlei Wege zugrunde gegangen sein. Ein großes Volk hat mehr K r a f t und kann mit minderem A u f w ä n d e regiert und verteidigt werden; welche Mühe hat nicht die Schweiz, sich eine nicht kostspielige Verfassung zu geben! Wenn ein freies Volk, u m regiert zu werden, viel bezahlen soll, so ist dasselbe immer schlimm daran; eine kostspielige Regierung wird niemals belie"bt sein. Die Schweiz würde vielleicht besser daran sein, wenn sie ihre italienischen Grafschaften an die cisalpinische Republik, dann Wallis und das Gebiet am linken Aar-Ufer an Frankreich abtreten, dafür aber folgende Vergrößerung und Grenzen, vielleicht unter dem Namen von Südteutschland, erhalten würde: „ V o n Mainz nach dem Main hinauf auf den Fichtelberg, nach der dermaligen böhmischen Flugschrift, nach dem Juli 1800 wahrscheinlich nicht in Basel, sondern in München erschienen. Mit Titelblatt und unbedruckter Rückseite 38 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. Da der Text der Konsularverfassung mehrfach ediert und also leicht zugänglich ist, sind hier außer der Vorrede nur die im Titel bereits angekündigten aufklärenden Noten wiedergegeben, die in Gestalt von acht Anmerkungen zum Verfassungstext gebracht werden, und zwar Anm. 1 nach dem ersten Satz von Artikel 1, Anm. 2 nach Artikel 3, Anm. 3 nach Artikel 14, Anm. 4 nach Artikel 24, Anm. 5 nach Artikel 34, Anm. 6 nach Artikel 41, Anm. 7 nach Artikel 43 und Anm. 8 nach Artikel 86. 22* 1
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Jakobinische Flugschriften
Grenze hin, bis wo die Enns in die Donau fällt, nach der Enns hinauf auf den höchsten Rücken der salzburgischen, tirolischen und Graubündner Eisberge an den Gotthards- und Furkaberg, von da nach der Aar hinab in den Rhein bis nach Mainz." Eine solche Nation — mit einer guten Konstitution — würde gewiß beitragen, der Welt die Ruhe zu verschaffen, welche Bonaparte der Menschheit so feierlich versprochen hat. [7 Anm. 2] Dieses beweiset, welchen hohen Wert die Franzosen auf ihr Bürgerrecht legen; und wir Teutsche? Was sind wir im Angesicht der Franken? Der größte Teil Sklave, immer fähig, an eine auswärtige Macht verkauft zu werden. Bewohner von Südteutschland, ist euch daran gelegen, frei zu sein, so dürft ihr es nur wollen! Ihr Schweizer, seid klug und sucht euch jetzt glückliche Landesgrenzen, die euch zu einer unabhängigen Nation erheben ! [10 Anm. 3] Die Kommunal-, Départemental- und Nationalliste ist wirklich das Meisterstück in der französischen Konstitution vom Jahre 8. Bürger Sieyès 2 machte sich durch diese glückliche Idee unsterblich und leistete damit seinem Vaterlande mehr, als wenn er zwanzig Schlachten gewonnen hätte. Das französische Volk ist nun frei, ohne seine Freiheit zu seinem eigenen Nachteile mißbrauchen zu können; es bezeichnet in diesen drei Listen die Männer, von denen es regiert sein will, und streichet diejenigen wieder aus, welche ihm nicht redlich und mit Einsicht dienen; jeder Menschenkenner wird erstaunen, wenn er den großen Wirkungen dieser drei Listen mit Aufmerksamkeit nachdenkt. [14 Anm. 4] Das Volk bezeichnet in dreien Listen die Männer, von denen es regiert sein will, und der erhaltende Senat wählt aus diesen Listen die fähigsten Köpfe; kann wohl hier ein Mißbrauch, eine Übereilung statthaben? Und das erstemal wählen Sieyès, Roger Ducos3, Cambacérès4 und Lebrun 5 ganz allein; mußte das nicht auf einmal allen schädlichen Faktionsgeist niederschlagen? Dieser klugen Maßregel hat man größtenteils die gegenwärtige schnelle Ruhe in Frankreich zuzuschreiben. [17 Anm. 5] Bisher wurden in Frankreich zu viele Gesetze gemacht, weil die Gesetzgeber immer beschäftigt sein wollten und die Regierung, welche die Bedürfnisse des Volkes am besten und zuerst kennen muß, auf die Gesetzgebung keinen Einfluß hatte; jetzt schlägt aber die Regierung die Gesetze vor, und das Tribunat, das eigentlich die Rechte des Volkes bewachet, sorgt nur, daß die Regierung sich keiner willkürlichen Macht anmaße. Nachdem die Redner des Tribunats und der Regierung über das Nützliche und Schädliche eines Gesetz2
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Sieyès, Emanuel Joseph (1748—1836), provisorischer Konsul, dann Mitglied des Senats. Ducos, Roger (1747—1816), provisorischer Konsul, dann Mitglied des Senats. Cambacérès, Jean Jacques Régis (1753—1824), zweiter Konsul. Lebrun, Charles François (1739—1824), dritter Konsul.
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entwurfes debattieren, können die Gesetzgeber ganz füglich ohne Diskussion den Gesetzentwurf annehmen oder verwerfen; es ist sehr gut, wenn Gesetzgeber nicht diskutieren dürfen; man gerät weniger in Leidenschaft, und Parteigeist findet keinen Einfluß. [20 Anm. 6] Der erste Konsul hat große Vorrechte, allein er muß alle Personen, welche er zum öffentlichen Dienste anstellt, aus obigen dreien Listen nehmen; er kann demnach keine dem Volke unangenehme Person anstellen; würde aber ein Unwürdiger vom ersten Konsul wirklich angestellt werden, so darf das Volk ihn nur aus der Nationalliste ausstreichen, und der Konsul darf diese dem Volke unangenehme Person nicht mehr beibehalten; es ist auch sehr weise, daß der erste Konsul die Plätze nur allein besetzt; es entstehen keine Parteien, die öffentlichen Kassen werden mehr geschont. Denn als noch fünf Direktoren am Ruder saßen, suchte jeder auf Kosten des Staates seine Anhänger zu befriedigen; ein erster Konsul, der zehn Jahre regiert, hat aber nach keiner Faktion etwas zu fragen; das Volk allein ist sein Gesichtspunkt; im Grunde kann er also nichts eigenmächtig, nichts Böses, nur Gutes, aber dieses mit aller K r a f t tun. [21 Anm. 7] Wie wohlfeil ist nicht die gegenwärtige französische Regierung! 80 Mitglieder des erhaltenden Senats, 100 Tribunen, 300 Mitglieder des gesetzgebenden Körpers und drei Konsuln verursachen der französischen Republik, welche dermalen gegen 36 Millionen Menschen zählt, nur eine jährliche Ausgabe von 7300000 Livres oder von 3 3 4 5 8 3 3 fl. 20 kr. Gewiß eine unbedeutende Summe für ein so großes Volk! Ehemals verzehrte der König und seine Familie allein mehr als 40 Millionen und hat dabei nichts Ersprießliches getan. Würde Schweiz, Franken, Bayern und Schwaben eine Landesmasse mit einer ähnlichen Konstitution bilden, so würde diese Provinz, die gegen 7 Millionen Menschen zählen dürfte, für die ersten Regierungsglieder mit der verhältnismäßigen Summe von 650000 fl. gewiß auslangen. Was kosten aber nicht jetzt in Franken, Schwaben, Bayern und der Schweiz alle Fürsten, alle ersten Magistratspersonen, alle Landschaftsglieder? Reicht die Summe von 6 bis 7 Millionen wohl hin? Und doch ist die Regierung größtenteils schlecht und das Volk unglücklich und jeder Willkür preisgegeben. Hieraus lernen die Völker, wie unnütz und unzweckmäßig ihre K r ä f t e verwendet werden; eitler Hofprunk verzehrt alles. [34 Anm. 8] Diesen Lohn verdienen die französischen Krieger ganz gewiß; acht J a h r e fechten und so viele Länder durchziehen müssen, um die Erlaubnis zu haben, sich und seinen Nachkommen eine weise Konstitution geben zu dürfen, ist alles Dankes wert. Freuet euch, Europäer! Die Freiheit hat nun einmal festen Fuß gefaßt; und dieses verdanket die Menschheit niemandem als den siegreichen französischen Heeren, dem Bürger Bonaparte und dem Bürger Sieyes; das nächste Jahrhundert wird dadurch an Moralität, an wahrer Religion und an Glückseligkeit wachsen. Wir haben viel gelitten, aber unsere Kinder werden die Früchte genießen.
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Hört, Tuiskons2 Heldensöhne, Was das Volk der Franken spricht: Sei es, daß die Kriegstrompete ertöne Und die Erd' von unserm Tritte brenne, Euch bekriegt der Franke nicht! Nur dem Frevler, dem Verräter Dräuet unser Kriegspanier; Eine Herde schwarzer Missetäter, Feige Söhne hochgerühmter Väter Suchen und zerstäuben wir. Lange sprachen fremde Mächte Unserm Vaterlande Hohn. Drum erwacht der Franke zum Gefechte, Denn das gilt die Freiheit und die Rechte Einer großen Nation. Ja, es gilt auch eure Rechte, Ja, es gilt der Menschen Glück. Unterliegt der Franke im Gefechte, O! so beugt die Knie, werdet Knechte! Völker, kehrt ins Joch zurück! Nein! Wir werden nicht erliegen, • Nein, wir sind und bleiben frei; Keiner wird ins alte Joch sich schmiegen. Hört es, Völker! Sterben oder siegen Ist der Franken Kriegsgeschrei. 1
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Flugblatt, wahrscheinlich im Sommer 1800 entstanden und verbreitet. Abschrift in der bayerischen Staatsbibliothek zu München, Handschriftenabteilung, Rheinwaldiana Nr. 8, Stück 42, S. 8 1 f. Tuisco, auch Tuisto, germanischer Gott; nach Tacitus bei den Germanen als Ahnherr des Menschengeschlechtes verehrt.
Flugschriften aus Bayern Fluch und Tod dem Erdensohne, Der sich uns entgegenstemmt! Stürzen soll der Fürst von seinem Throne Und zertreten werden seine Krone, Der das Glück der Menschheit hemmt! Hör' es, Kaiser der Germanen! Uns erschrecket kein Despot. Deine Schmeichler, Priester und Ulanen Mogen's lesen, was auf unsern Fahnen Stehet: Freiheit oder Tod! Aber Heil dem niedern Dache, Wo der stille Landmann wohnt; Unser Heer dient ihm zur Wache. Nur den Feind zermalme unsere Rache, Der auf Gold und Marmor thront! Reicht als Brüder uns die Hände! Rächt mit uns der Menschheit Ehr'! Sprecht, es komme der Tyrannen Ende, Und das schönste Bild der Gottheit schände Keine Sklaverikette mehr!
38. Republikanischer Bruderkuß im ersten Jahre deutscher Freiheit 1
[ ] Allen wahren Demokraten Naher und entfernter Staaten Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft! Friede freien Nationen! Krieg den Szeptern und den Kronen, Die die Völker frevelhaft Um ihr Recht und Freiheit bringen Und des Landes Mark verschlingen! Krieg der stolzen Adelschaft, Die den Landmann und den Bürger Für gekrönte Menschenwürger Und für sich als Lastvieh braucht! Krieg und ewige Bataille Jeder heuchelnden Kanaille, Die ihr Gift in Honig taucht. Wenn sie, ohne zu erröten, Gar zum göttlichen Propheten [ ] Sich mit stolzer Keckheit lügt Und, um die Vernunft zu töten, Uns mit heil'gen Fabelreden Schon von Jugend auf betrügt ; Die, um uns ins Netz zu locken. Uns im Himmel fette Brocken Unter Sing und Sang verheißt Und dabei uns dummen Tröpfen Aus den wohlgefüllten Töpfen (Eh wir noch das Fett abschöpfen) Suppe, Fleisch und Kohl entreißt! Hochgeschätzt sei jeder echte Tugendfreund, der Menschenrechte Heilig hält und für sie ficht!
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Flugschrift, frühestens im A u g u s t 1800 erschienen. Mit Titelblatt 4 S., unpaginiert, 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München.
Flugschriften aus Bayern
Sei's mit Degen oder Federn, Sei's im Feld, sei's auf Kathedern: G'nug, wenn er nur Menschenpflicht Lehrt und übt und sie verteidigt Und dem frechen Bösewicht, Der der Menschheit Recht beleidigt, Eine derbe Peitsche flicht! Heil und Frieden endlich allen Unsern braven Brüdern, die Schon für uns im Streit gefallen! Ew'ger Lorbeer kröne sie [ ] Dort, wo vor dem Herrn der Welten Stern und Ordensband nichts gelten, Sondern Wahrheit nur und Recht! Auf dann, Franken! Bayern! Schwaben! Füllt die Gläser Mit dem besten Traubensaft! Trinkt aufs Weh der Ohrenbläser Einer jeden Völkerschaft! Tod und Feindschaft den Neronen! Allen braven Nationen Freiheit, Gleichheit, Brüderschaft!!
39- Bayerische Nationallieder am Ende des achtzehnten Jahrhunderts und im letzten Jahre der Sklaverei 1
[ ] Die gutgesinnten Bayern bei dem Ausmarsche der 12000 Mann bayerischer Subsidicntruppen, welche an England gegen die Republik Frankreich verkauft wurden.
Geht, meine Kinder, wehret euch Für Engelands Dukaten, Und macht den armen Fürsten reich Durch eure Heldentaten. Erkennet dankbar seine Huld; Er schafft euch Brot und Kleider. Dafür zahlt England seine Schuld — Doch nicht für euch den Schneider. 2 Er ist so liebvoll, meint's so gut Mit euch und euern Kindern; Verlangt von euch nichts als das Blut, Den Schafen gleich und Rindern. [ ] Wohin euch nun sein Machtwort treibt. Geht folgsam, gute Kinder! Und denket nicht und lebt und leibt Wie Hunde für den Schinder.
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Flugschrift, etwa im September/Oktober 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Ohne selbständiges Titelblatt, 80 S., unpaginiert, + 16 S. Anhang, paginiert, 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. 2 In einer Abschrift des Liedes, die die preußische Gesandtschaft in München bereits am 11. Mai 1800, jedoch ohne die 4. und 6. Strophe mitteilte, lautet diese Zeile: Und obendrein den Schneider. In dieser Abschrift trägt das Lied den Titel: Über den Subsidientraktat mit England,' bei Gelegenheit, als die bayerischen Truppen nach Donauwörth abmarschierten. Deutsches Zentralarchiv, Abteilung Merseburg, Rep. 11, 33 Bayern, Fase. 169, Bl. 160. Eine weitere Abschrift mit dem gleichen abweichenden Titel, aber mit allen sechs Strophen befindet sich in der bayerischen Staatsbibliothek zu München, Handschriftenabteilung, Rheinwaldiana Nr! 8, Stück 29, S. 56f.
Flugschriften aus Bayern
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Lauft Kirchen aus und Kirchen ein; Daran ist viel gelegen ; Und glaubt, ihr habet ganz allein Zum Morden Glück und Segen. Haut wacker zu! Doch will's Gott so, Daß eure Schädel fallen: Denkt nur, ihr seid so dumm wie Stroh, Gemacht, die Zech' zu zahlen. Für Vaterland und Ostreichs Gut — Doch immer nur betrogen — Floß nur zu sehr der Bayern Blut; Itzt wird's nach Gold gewogen; Und nebenher für Tyrannei, Für Ordensstern und Bänder, Für Montgelas' Geiz, Verräterei — Dafür verheert man Länder. Was liegt an eurer Existenz! Ihr seid bezahlt; was weiter? Ja, wärt ihr eine Exzellenz, Des heil'gen Reiches Reuter — Da ließe sich wohl noch ein Wort Von euerm Leben sprechen; [ ] So aber — Marsch! Zum Kampfe fort! Laßt euch die Hälse brechen! Tragt ihr noch bayerisch Gepräg', Zerreißet diese Ketten! Nur Deutschlands alter Freiheitsweg Kann's Vaterland noch retten. Daher zurück ins Väterhaus; Verlasset Ostreichs Scharen! Schon lang war unser Land ihr Sehmaus; Denkt, was wir vormals waren!
Aria aus dem Heldenstück: Die Flucht. Zum erstenmal in Bayern aufgeführt, den 27. Juni 1800, nachts. Aria: Bum, bum, bum, etc. Aus der Zauberzither. Abmarsch der Landesdefensionstruppen von München, den 27. Juni 1800.
Jakobinische Flugschriften
334 1. Majestoso. Seit wir so viele Helden sehn, Die steif einher wie Preußen gehn, Mit großen Hüten auf dem Kopf Und dreizehn Zoll den Zopf — Ist uns in unserm Leben lang Vor keinem Franken bang; [ ] Und kommen sie zu uns herein, So schlagen wir darein. Bum — bum — bum — bum etc. 2. Finale tumultuoso. Allegro. Wir rüsten unser ganzes Land Zum Streit. Kapitulant Und allem, was nur streiten kann, Zieht man den Kittel an; Nogarola und Kellermann Stehn unserm Herzog3 bei; Sie ziehen ihre Schärpen an Und machen viel Geschrei. Bum — bum — bum — bum etc. 3. Lamentoso. Aus Dachau schreibt nun Merveldt4 her: Der Franken Menge wär' So groß als wie ein Bienenschwarm; Sie machten ihm sehr warm. Sie sprengten in die Kreuz und Quer Von allen Seiten her; Wohl fünfzehntausend an der Zahl, Und schießen ihm zur Qual. Bum — bum — bum — bum etc. [ ] 4. Cum expressione. Auweh! heißt es nun überall: Ich bleibe nicht mehr hier!!! Zum Ernst wurd ich — nicht — General! Kommt! Geht — ja, lauft mit mir! (doloroso) 3
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Gemeint "ist Wilhelm, Herzog in Bayern, Kommandeur der Landesdefensionstruppen. Merveldt, Maximilian Graf von ( 1 7 6 4 — 1 8 1 5 ) , österreichischer General.
Plugschriften aus Bayern
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Bei Erding überm Isarfluß Ist man hübsch weit vom Schuß. Wir laufen, daß dem Teufel graust. Und lachen in die Faust. Bum — bum — bum — bum etc. 5. Crescendo. Und nun lauft halt die ganze Macht Bei trüber, finstrer Nacht, Zu dreizehntausend wohlgezählt, Durch Wald und weites Feld. B J hüt Gott euch Herrn, auf Wohlergehn! Laßt euch nicht wieder sehn5, Bis wir von den Franzosen los. Sonst macht ihr in die Hos'. Bum — bum — bum — bum etc.
[ ]Die Stimme des Vaterlandes Erwache, biedre Nation! Es ist die höchste Zeit, Eh auf des alten Löwen Thron Der Adler stolz gebeut.6 O hör, es ruft das Vaterland, O höre, hör es doch! Befreie es mit starker Hand Von seinem schweren Joch. Der Österreicher schwärmt umher, Frißt, was der Bauer hat ; Und brüllt und flucht noch stets um mehr, Als würd' er gar nicht satt. Er fällt als wie ein geiler Bock Bald Weib, bald Tochter an; Droht wie dem Sklaven mit dem Stock Dem so entehrten Mann. 3
Diese Zeile fehlt in der Vorlage, ist aber des Reimes wegen notwendig und wurde einer Abschrift des Liedes entnommen, die sich in der Handschriftenabteilung der bayerischen Staatsbibliothek zu München befindet, Rheinwaldiana Nr. 8, Stück 30, S.
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f.
Bayern trug einen Löwen, Österreich einen Adler im Wappen.
Jakobinische Flugschriften
336 Kömmt er und sucht nun Hilf und Recht Beim strengen Landgericht, So fürchtet es den fremden- Knecht, Den Landmann schätzt es nicht. Des Vaterlandes End' — wie nah, Und, leider! welch ein Tod! [ ] Denn Österreichs Tyrann gönnt ja Nie einem Bayer Brot. O hör, es ruft das Vaterland — Hör seinen Jammerschrei Und mach es mit vereinter Hand Von Ostreichs Ketten frei! Schließ dich dem edeln Franken an; Er kömmt zu retten dich. Nur er ist's, der dich retten kann, Und tut es sicherlich. Vergiß itzt, was vor ein'ger Zeit Die Avantgarde tat; Du hörst ja nun von weit und breit, Wie sich's geändert hat. Er drücket, einem Bruder gleich, Des bangen Bauers Hand; Sie fluchen beide Österreich. Gott segne dieses Band! Will aber schwätzen dich zurück Der Pfaff' von diesem Bund, So glaub ihm nicht; er haßt dein Glück. Es lüget nur sein Mund, [ ] Damit du herzlich dumm und gut Ihm frönest, wie's gebührt, Und er von deinem Schweiß und Blut Hübsch dick und fette wird. Warum trägt er von deinem Schweiß Nicht auch den zehnten Teil? Natürlich weil der Schlaue weiß, So was macht niemand feil.
Flugschriften aus Bayern
Warum nicht lieber Kinderlast? Weil Kinder niemand kauft. Ob du wohl schon ein Beispiel hast, Daß er umsonst getauft? Veracht doch einmal Pfaffenschwank; Denk, wie er dich entehrt Und sich noch obendrein zum Dank Von deinem Herzblut nährt! Hör der verkauften Söhne Blut, O hör das Vaterland! Es ruft: Zerstöre Ostreichs Brut, Beut deine starke Hand! [ ]Die Bayern an die Neufranken 1. Wir freuten uns recht sehr auf euch, Das konntet ihr wohl sehen; Denn alt und jung und arm und reich Blieb staunend vor euch stehen. Wir sahn euch froh ins Angesicht, Ihr unerschrocknen Sieger! Wir sahen wohl schon Krieger; Doch solche Leute sahn wir nicht. 2. Solch Feuer in den Augen nicht Und nicht die Heldenmiene, Die schon von ferne Sieg verspricht, So mutig und so kühne. Ja wohl versprach sich jedermann, Der gut und edel dachte, Das Glücke, das uns lachte Und auch gegeben werden kann. 3Seht auf den armen Bauer hin, Der euer Mitleid fordert; Er flucht dem Fürsten, höret ihn; Sein Rachefeuer lodert. [ ] Ach! er verkaufte seinen Sohn, Er nahm ihm seine Knechte, Verletzte seine Rechte Und lachet dem Gekränkten Hohn.
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Wenn dies nun euer Mitleid regt (Das muß es doch wohl regen, Denn euer Herz wird leicht bewegt), Sollt ihr zur Ruh' euch legen, Eh ihr die Ketten losgemacht, Die unsem Nacken drücken, Uns hindern aufzubücken, Eh uns der Freiheit Glücke lacht? 5Ihr geht itzt Waffenstillstand ein —7 Ihr hemmet eure Siege? Zum Henker, sagt, was soll das sein! Das Ende aller Kriege? Genügen euch die Lorbeer schon? Wünscht ihr, des Sieges müde, Euch endlich Ruh' und Friede Zu eurer Heldentaten Lohn?
6. Das wäre nun schon alles gut, Ihr sollet Ruh' genießen Und euer .edles, teures Blut Nicht alles doch vergießen; [ ] Allein des Friedens Ölzweig wird Euch wenig Früchte tragen, Sie werden abgeschlagen. Sobald man wieder Kräfte spürt. 7Ihr Helden, auf! Zum Kampfe fort! Ihr habt gerechte Sache. Geht! Rächet den Gesandtenmord! 8 Er fordert eure Rache. Demütigt Wien, zerstört das Reich, Das alles Übel schickte, Solang es ihm nur glückte, Auf uns, wie allbekannt, und euch. 7 8
Waffenstillstand zu Parsdorf vom 15. Juli 1800. A m 28. April 1799 waren die französischen Gesandten, die nach dem Abbruch des Friedenskongresses Rastatt verlassen und nach Paris zurückkehren wollten, von kaiserlichen Husaren überfallen und ermordet worden.
Flugschriften aus B a y e r n
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8. Entreißt den ungerechten Raub Gesalbten Räuberhänden; Verbrennt die Adler all zu Staub, Und reißt sie v@n den Wänden! Verteilet Habsburgs Hurenlohn — Tirol und Böhmen, Kärnten! Und Bayern soll nun ernten Für sich, nicht für des Kaisers Thron. 9Und dann versprach uns Decaens9 Ruhm An seiner Truppen Spitze, Daß er Person und Eigentum Und Freiheit uns beschütze. [ ] Und soll er sein Versprechen nicht Auch halten und erfüllen Und unsre Sehnsucht stillen, Die laut zu seinem Herzen spricht? 10.
Ja wahrlich — ja bei Gott! das hieß' Sich wirklich schlecht beschützen, Wenn man uns andern überließ, Sobald wir nimmer nützen. Da kömmt das Ungeheuer dann, Wenn ihr von hinnen gehet Und euer Geist verwehet, Wo keiner frei sich nennen kann. Ii. Es kömmt die Inquisition, Zieht seinen stolzen Wagen; Der euch itzt liebet, muß davon; Wir sind dann ganz geschlagen. Und da sein Thron einmal gewankt, So schmied't es neue Ketten, Die Despotie zu retten, Der es sein glänzend Dasein dankt.
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Decaen, Charles Mathieu Isidore (1769—1832), französischer General, der am 28. Juni 1800 München besetzt hatte; eine zweisprachige Ordre vom 30. Juni warnte seine Truppen vor Exzessen.
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Der Bayer, von der Pfaffenbrut Von jeher auf erzogen, Ist abergläubisch, aber gut Und wird euch erst gewogen, [ ] Wenn er das alles wirklich fühlt In seinen Wiesen, Feldern, Zu Haus und in den Wäldern, Was aus der Freiheit Füllhorn quillt. 13-
Gebt uns die Konstitution, Die euch so sehr beglücket: Wir jubeln bald, wenngleich nicht schon Im Anfang hoch entzücket. Der Bayer ist ein Biedermann, Der euer Glück verdienet Und, wenn es einmal grünet, Auch grünend es erhalten kann. 14-
Er ist nun satt der Sklaverei, Des Adels und der Pfaffen Und hasset jede Schurkerei Der goldgestickten Laffen. Er flucht Ministers Montgelas Macht Und Englands Blutguineen, Die seines Hauses Wehen Bis auf den höchsten Grad gebracht. 15-
Er haßt die niedre Schmeichlerzunft, Die um den Thron sich dränget; In die sich Törrings Unvernunft Auch kürzlich eingezwänget. [ ] Er schrieb ein Wort an Herz und Ohr Und riet es seinem Fürsten, Nach Menschenblut zu dürsten Sei mehr itzt nötig als zuvor. 10 10
Törring-Gutenzell, Johann August Graf von (1753—1826), bayerischer Minister, hatte im Frühjahr 1800 eine reaktionäre Hetzschrift verfaßt unter dem Titel: Maximilian
Joseph II.,
Kurfürsten von
Pfalz-Bayein, ans Ohr und Herz
ge-
sprochen. Abgedr. in: Staatsarchiv, angelegt und geordnet von Häberlin, B d 5, Braunschweig 1800, S. 323—328. Vgl. auch Nr. 41 der vorliegenden Sammlung.
Flugschriften aus Bayern 16.
Entfernet uns die Schurkenschar, Die unsern Schweiß verzehret Und nach Belieben immerdar, Was sie nur will, begehret. Der Doktor Observantius Soll itzt gestürzet werden; Er war genug auf Erden, Daß er doch einmal sterben muß! 17Und konnte Mailand Buonapart' Republikanisieren, Kann Moreau ja auf gleiche Art Den Wunsch realisieren: Zu stiften eine Republik Aus Bayern, Schwaben, Franken. Was wären dies für Schranken Für Frankreich - und für uns welch Glück! 18.
Ich weiß, daß Freiheit hier gedeiht; Der Deutsche hat nicht minder Aufklärung, Mut und Tapferkeit Als Cisalpinerkinder. [ ] Der Deutsche ist in allem Mann; Hat vieles selbst erfunden Und seinen Geist entbunden, Daß jener lang noch lernen kann. 19.
Ja Moreau soll nicht eher ruhn, Soll uns dies Glück vergönnen. Das soll er — ja, das wird er tun, Um seinen Ruhm zu krönen. Dann sind wir glücklich, sind wir reich; Man nennt uns Transrhenaner, Nennt uns Republikaner; Wir jubeln hoch und segnen euch!
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[ ]Der Nachtwächter aus dem Lande der Freiheit an die Bayern, Schwaben und Franken um Mitternacht Ihr Herrn und Frauen, laßt euch sagen, Die Stunde hat nun euch geschlagen. Ihr schläft so lang und schläft so tief Und hört nicht, daß der Hahn schon rief: Seid frei und gleich Und werft von euch Das Joch der Tyrannei! Ihr Herrn und Frauen, laßt euch sagen, Verliert euch nicht in leere Klagen; Zieht lieber Kopf und Herz zu Rat, Ermuntert euch zur großen Tat Und wagt den Schritt, Eh er entflieht, Der schöne Augenblick! Ihr Herrn und Frauen, laßt euch sagen, Die Stunde hat nun bald geschlagen. Drum nehmet eure Zeit in acht. Eh man euch ganz zu Sklaven macht! Die Kette klirrt, Die Geißel schwirrt Um euern Nacken 'rum. Ihr Herrn und Frauen, laßt euch sagen, Dann dürft ihr euch nicht mehr beklagen. Wir machen Friede und ziehn ab; Euch aber harret bis ins Grab Von Tyrannei Und Pfafferei Ein schmählich drückend Joch.
Flugschriften aus Bayern
[ )Nachklang beim Abzüge Max IV. aus Bayern Zieh hin mit deiner Rotte, Verhaßter Emigrant! Wie weiland Don Quixote Auf seinem Rosinant'. Viel Glück hinaus zum Lande, Doch keines mehr zurück! Dich g'leiten Spott und Schande, Des Volkes Racheblick. Laut hallen unsre Flüche Dir, Landsverderber! nach. Fühl sie wie Dolchenstiche Und werd' mit ihnen wach! Als du ins Land gezogen, War nur ein Jubelchor; Der Bayer Herzen flogen Als Herolde dir vor. Des Landes Glück und Wonne War ganz auf dich gebaut, Und nie hat man dem Throne So vieles zugetraut. [ ] Mit Zuversicht und Liebe Bot dir die biedre Hand Aus reinstem Herzenstriebe Der Bojer Vaterland. Es trocknete die Tränen Und sah mit frohem Blick Nach langem heißen Sehnen Auf dich nur und sein Glück. Man sah nicht mehr die Wunden, Die unter Theodor Das arme Land empfunden, Was es durch ihn verlor.
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Vergessen war das Leiden, Vergessen jeder Schmerz; Es träumte nur von Freuden Der Bayern gutes Herz. „Max'milian, der Weise, Der es so gut uns meint, Bringt alles ins Geleise Als Fürst und Menschenfreund." So war des Volkes Sprache Aus aller Herz und Mund; Und voll der guten Sache Tat sie die Muse kund. [ ] Als plötzlich — welch Erwachen! Vom Träume aufgeschreckt, Das Volk gan;z andre Sachen Als Landesglück entdeckt. Bald sah es sich betrogen, Mit Schurken überfüllt, Mit Hoffnungen belogen, Auf die man nie gezielt; Den Fürsten an der Spitze Der Obskuration Und fürchterlich die Blitze Dem regen Geiste dröhn. Der Presse Freiheit bannte, Eh sie noch kaum erwacht, Ein Hofbefehl und nannte Sie Feindin seiner Macht. 11 Ein Haufe Landsverräter Zog unsre Stadt vorbei; Da fand sich mancher Vetter Und Busenfreund dabei. 12 11
Eine
kurfürstliche Verfügung an die Generallandesdirektion
vom
30. 1. 1800
forderte Maßnahmen gegen die Urheber und Verbreiter des Neuesten landständischen Bundbriefs mit Erläuterungen, o. O. 1800. 12
Maximilian Joseph hatte bis zum Ausbruch der Revolution das frz. Regiment d'Alsace in Straßburg kommandiert.
Flugschriften aus Bayern Und mit dem Pöbel eilte Max zu der Stadt hinaus. Gafft sie auch an und teilte Mit ihnen seinen Schmaus. [ ] Der Bayer sah betroffen Zum erstenmal in ihm Den Emigré ganz offen Und wich beschämt von ihm. Noch hatt' er sich die Herzen Des Volks nicht ganz geraubt; Lang darf man mit ihm scherzen. Bis es der Bayer glaubt. Allein von Tag zu Tage Entlarvte er sich mehr, Vermehrt' des Volkes Klage Und gab ihr kein Gehör. Mit tollem Unverstände Riß'er ein Denkmal ein, Gemacht, dem Bayerlande Die schönste Zier zu sein. Ein Meisterstück der Ahnen, Der schöne Kaisersaal, War von der Torheit Planen Der erste seiner Wahl. Was Kunst und Millionen — Des Untertanes Raub — In langer Zeit gewonnen, Macht sein Befehl zu Staub. [ ] Baut auf der Kunst Ruinen Der Torheit Monument, Damit von auß' und innen Man den Verwüster kennt. Was, Bayern zu verderben, Dem Feinde nicht gelang, Kam von dem Landeserben Zu unserm Untergang.
Jakobinische Flugschriften
346 Wir brauchten Ruh' und Frieden Und Weisheit auf dem Thron; Sie sind den Kummermüden Der Leiden süßer Lohn. Allein statt Ruh' und Frieden, Der Leiden süßer Lohn, Ward uns der Krieg beschieden Und Torheit auf dem Thron. Der Stachel alter Rache Stak noch in Maxens Brust: Krieg ward die Lieblingssprache, Krieg seine Herzenslust. Die Franken zu besiegen, Gab er dreitausend Mann; Und zu des Hpfs Vergnügen Nahm Suworow sie an. [ ] Mit diesem Frühstücksbraten Eilt man nach Zürich zu Und find't — statt Heldentaten — Dort Not und ew'ge Ruh. Dadurch sich korrigieren Ließ der Verderber nicht; Sein Volk zur Schlachtbank führen Ward ihm Regentenpflicht. Die klügern Russen zogen Ins Vaterland zurück. Sie sahen sich betrogen Durch vielversprochnes Glück. Doch Max ließ sich nicht irren Und schreibt nach Engelland: Ich geb' euch, Krieg zu führen, Den letzten Mann im Land; Was stehn kann und sich regen, Gerade Glieder hat, Das wird von Rechtes wegen Für mich und euch Soldat.
Flugschriften aus Bayern Schickt mir und dem Minister Sechs Millionen bar; Zwölftausend so Philister Geb ich euch Jahr für Jahr. [ ] Das Unglück zu vollenden, Stürzt er die Kassen um Und greift mit beiden Händen Nach Waiseneigentum, Verschleudert Millionen Für sein Soldatenspiel Und kennt, das Land zu schonen, Kein Maß mehr und kein Ziel. Die Uniform zu ändern, Tat er sein Meisterstück; Auf gelb und weißen Bändern Hing all sein Kennerblick. Mit viel verlornem Gelde Sah man ein Krippenspiel, Das taugte nun im Felde Wie in Käsern' gleich viel. Trotz allem Aufwand — leider! Kam's, daß er stecken blieb Und Kaufmann ihm und Schneider Nichts mehr auf Konto schrieb. Die bayrischen Soldaten Sah'n nun buntscheckigt aus, Den Bauernkittel hatten Die meisten noch von Haus. [ ] Mit Federbusch und Zopfe Schmückt sie der Landesherr, Sonst war am armen Tropfe Kein guter Fetzen mehr. So trefflich ausstaffieret Wurd' der Kapitulant Zur Schlachtbank hingeführet, Die er nicht ferne fand.
Jakobinische Flugschriften
348 Schon rückt vor Münchens Tore Der Franke siegend an. Da schickt zu Merveldts Chore Noch Max 2000 Mann. Im letzten Augenblicke, Da schon sein Stündlein schlägt, hat er zum Waffenglücke Den Plan noch angelegt. Die Franken zu empfangen Mit Feuer und mit Schwert, War nach des Hofs Verlangen Schon alles vorgekehrt. Man dachte sich zu wehren, Ging auch ganz Bayern drauf. Die Welt soll noch was hören Von seiner Taten Lauf. [ ] Doch wider all Verhoffen Mißlang das Faschingstück; Man ließ die Tore offen Zu Münchens größtem Glück. Im letzten Augenblicke, Der unser Los entschied, Rief Münchens Geist: „Zurücke, Halt mit den Franken Fried'!" Kannst du zurücke denken, 0 Fürst! mit Herzensruh? Sieh, ohne dich zu kränken, Dem Landesjammer zu! Sieh mitten im Gedränge Es nun des Krieges stehn Und in des Unglücks Menge Das Land um Rache flehn. Das Geld von deiner Kinder Verkauftem Heldenblut Bringt dir, verkehrtem Sünder, Der Rache Höllenglut.
Flugschriften aus Bayern
Von Bayerns Fürsten allen Hat keiner sich erlaubt, Daß er nach Wohlgefallen Des Landes Söhne raubt, [ ] Für einige Guineen Sie preis dem Fremden gibt, Der nicht dein Wohlergehen Noch deines Landes liebt. Für fremdes Interesse Und Montgelas' Gewinn Gabst du des Fürsten Größe, Des Volkes Wohlfahrt hin. Hör Vater, Mutter, Brüder, Die Braut, Gewerb' und Pflug! Sie fordern jene wieder, Die Englands Geld erschlug. Den lebensmüden Greisen, Nur Krüppel, Weib und Kind Traf nicht das Los zu reisen, Weil sie nicht kaufbar sind. Sonst riefst du ohn' Erbarmen Des Landes Kern ins Feld. Nur traf es mehr den Armen, Den Reichen schützt sein Geld. Das Volk sahst du dein eigen, Als Erbgut an für dich; Doch sieh — die Folgen zeigen Den Irrtum fürchterlich. [ ] Du wußtest es zu schätzen, Es zu beglücken nicht ; Und Fürstenpflicht verletzen Bringt schreckliches Gericht. Das Glück hat dich erkiesen, Der Bayern Fürst zu sein; Du aber hast bewiesen, Daß du dafür zu klein,
Jakobinische Flugschriften
35» Zum Throne zwar geboren, Doch nicht erzogen bist, Das Land durch dich verloren, Des Feindes Spielball ist. Verlangst du mit Gewissen, Mit Herzensruhe noch, Daß wir dein Szepter küssen Und dein verderblich' Joch? Zu Boden uns zu drücken, Demütig als Vasall Vor Österreich dich bücken, Ist dein und unser Fall. Du hast dein Volk verlassen Und zogst zu Fremden hin, Zu Feinden, die uns hassen Und stets nach uns sich mühn; [ ] Bleib nun in Ostreichs Händen, Beim Emigrantenchor; Die Glorie da zu enden Stund dir schon lang bevor.
[ ] Adieu eines bayerischen Deserteurs im Gehab dich wohl, Max'milian, Tyrann von Gottes Gnaden! Dies Leben .steht mir nicht mehr an, Trug's lang genug mit Schaden. Ich bin des Elends herzlich satt; Wer kann mir's nun verdenken, Wenn ich von des Verderbens Pfad Mich will zum bessern lenken? Dein Machtwort und des Schergen Hund Entrissen ohn' Erbarmen Mich nachts, zur einz'gen Ruhestund', Aus meiner Eltern Armen.
Bauernkittel
Flugschriften aus Bayern Ich war ihr Trost, ihr einzig Kind Und ihres Alters Stütze, Ertrug für sie gern Frost und Wind, Des Tages Last und Hitze. Wir hatten nur ein einzig Feld Und Armut in der Hütte, Doch waren wir noch wohl bestellt Durch Gottes Sorg' und Güte. [ ] Durch Arbeit und Genügsamkeit War glücklich unser Leben, Und h ä t t e n es in Ewigkeit Für deines nicht gegeben. So wenig! — u n d — ach, dieses nicht Ließ uns dein Sinn genießen; Und sahst in aller Angesicht Des Schmerzes Tränen fließen! Mein Vater nahm den Greisenstab Zur H a n d und ging zwölf Meilen; Und meine Mutter ließ nicht ab, Den Weg mit ihm zu teilen. Sie kamen in der H a u p t s t a d t an; Ohn' etwas zu genießen, Trieb sie, o Maximilian, Der Schmerz zu deinen Füßen. Doch meines Vaters Silberhaar, Sein' und der Mutter Tränen, Sie haben, grausamer Barbar! Dich nicht bewegen können. Zwar wendet dein Minister ein: Der Kauf wär' schon geschlossen; Wir möchten nur Soldaten sein, All' würden nicht erschossen. [ ] Es half nun nichts — wir mußten fort; Und herdenweis getrieben, Ward wie vom Metzger uns der Ort Zum Schlachten vorgeschrieben.
Jakobinische Flugschriften
352 Wenn man den Meisterochsen schlägt, Wird er mit goldnen Bändern Verziert und ehvor wohlgepflegt; Das ist in allen Ländern. Doch uns, dein fürstlich Meisterstück, Ließ man in Lumpen gehen; Man sah mit einem Mitleids blick Uns in Parade stehen. Und noch, wie ich itzt steh' und geh'. Trag ich den alten Kittel; Voll Ungeziefer — Ach und Weh — Ist Fliehn das letzte Mittel. Den großen Taler Handgeld gab Mir meine Dorfgemeinde; Und so stehl'- ich dir gar nichts ab Und geh' getrost zum Feinde. Ich gehe nun um einen Rock, Um Schuhe, Strümpf und Hosen ; Der Korporal führt keinen Stock Für uns bei den Franzosen. [ ] An Schlägen fehlt es bei dir nicht; Hat man auch nichts zu essen, So weiß der Korporal, nach Pflicht Doch Prügel aufzumessen. Und deine jungen Herrchen all Von feinen Offizieren — . ( Vom Lieutenant bis zum General — Sind stark — im Exerzieren. Da kann man so nach Herzenslust Am Mann sein Mütlein kühlen; Da muß er, was er nie gewußt, Bravour am Hintern fühlen. Nein, nein, mein Max! behüt' dich Gott Und dein Soldatenleben! Magst fernerhin dein elend Brot, Wer dazu Lust hat, geben.
Flugschriften aus Bayern
Doch nur Geduld! In kurzer Zeit Wirst du es ganz ersparen. Wir nehmen ohne dein Geleit Die'Flucht in ganzen Scharen. J a mit Erfahrung wird man klug, Und wie das Sprüchwort saget: Man trägt so lang zum Brunn' den Krug, Bis ihn das Kind zerschlaget.
[ ] Sehnsucht Freiheit in der Hütte — Sei sie noch so klein — Läßt mit jedem Tritte Uns des Lebens freun. Ach! ich wünsche wenig, Und doch wär' ich dann Mehr als Fürst und König, Wär' ein freier Mann. Dürfte nicht mehr fronen, Und der Arbeit Preis Würde mich nur lohnen: Mein war' aller Fleiß. Für den Hof und Pfaffen, Die sich müde ruhn, Essen, trinken, schlafen Und nur Böses tun — Adel und Mätressen Und das Hofgeschmeiß, Die das Mark uns fressen, Flösse nicht mein Schweiß. Schicket Gott mir Kinder, Hab ich Freude dran, Die mir itzt wie Rinder Max verkaufen kann.
Jakobinische Flugschriften [ ] Mein ist, was ich habe, Und in Freiheit mein; Kann mich jeder Gabe Sorg- und truglos freun. Ach! ihr guten Franken! Macht uns Bayern frei! Bayern wird euch danken, Los der Sklaverei. Schützt durch eure Waffen (Gerne stehn wir bei) Uns für Hof und Pfaffen, Ostreichs Tyrannei. Wir sind keine Tiere, Sklaven wert zu sein; Trotz rem braunen Biere Geht uns auch was ein. Bald sollt ihr ihn sehen, Wenn wir uns bemühn, Auch in Bayern stehen Euern Baum und blühn.
[ ] Auch ein: Freut euch des Lebens Chor. Freut euch des Lebens, Weil unsre Hoffnung blüht, Die lang vergebens In uns geglüht: Der schöne Tag bricht endlich an, Wo auf dem Throne kein Tyrann, Kein Höfling mehr den Schweiß verpraßt Des armen Untertan. Freut euch etc. Wir sind nun satt der Sklaverei; Des Joches und der Ketten frei, Klingt feierlich in jedes Ohr Der Freiheit süßer Ton. Freut euch etc.
Flugschriften aus Bayern Einst war es Max, der uns entzückt, Man wähnte sich durch ihn beglückt; Doch seit er uns verhandelt hat, Verschwand der schnöde Traum. Freut euch etc. Er schalt' mit uns als Erbegut, Mit unserm Geld, mit unserm Blut, Und er und sein Minister sah'n Kalt auf des Landmanns Schmerz. Freut euch etc. [ ] Er ist entflohn — o laßt ihn gehn; Ein Glück, wenn wir ihn nicht mehr sehn! Er bahnte sich ja selbst den Weg Hinaus zum Vaterland. Freut euch etc. Verlangt ihr seine Wiederkehr, Dann singet ihr kein Liedchen mehr Aus freier Brust mit frohem Sinn, Des Lebens sich zu freun. Freut euch etc. Er kömmt und schleppet feierlich Des Hofes Glanz, den Schweif mit sich Von Pfaffen und von Höflingen Mit Ordensband und Stern. Freut euch etc. Nun jubelt alles, groß und klein, Und spottend lacht der Hof darein Und scherzt mit eurer Dummheit mehr, Als er zuvor getan. Freut euch etc. Ihr trugt bisher des Krieges Last; Nun zahlt ihr auch noch den Palast, Den sich von hart erpreßtem Geld Der Stolz erbauen läßt. Freut euch etc. [ ] Und macht er es auch noch so toll, Ist alles für des Landes Wohl; Und seine Schulden, die er macht, Zahlst, armer Bauer, du. Freut euch etc. 24
Jakobinische Flugschriften
Jakobinische Flugschriften
356 Wollt ihr noch länger Sklaven sein Und euch des Hofes Launen weih'n, Der euch nur für ein Lasttier hält, Verachtet und gedrückt? Freut euch etc. Der Franke beut euch seine Hand Und ruft: Komm, liebes Nachbarland! Willst eine Schwester von uns sein, . So schließ dich mutig an. Freut euch etc. Schwört, Bayern! nun auf Wort und Hand Für Freiheit und das Vaterland Den Bund mit uns, den Schwesterbund: Schwört Freiheit oder Tod! Freut euch etc. [ ] Der arme, bedrängte Bauer l. Tief gebücket stehn die vollen Ähren, Drückend Halm an Halm hinangereiht; Tal und Hügel links und rechts gewähren Eine segenreiche Erntezeit. Aber keine Schnitterlieder schallen, Keine Sense blinket vor der Tür, Keine frohe Schnittermädchen wallen Mit den Knechten her zu mir.
2. Traurig träge steht die Dirne, schauet, Welche stets die Zeit der Trauung maß, Bis die kühle Abenddämm'rung grauet, Furchtsam um sich her, das Auge naß; Trauert um den ihr bestimmten Gatten, Der vielleicht schon in dem Treffen sank, Und besucht — wo oft er saß — den Schatten Und die grüne Rasenbank. 3Totenstille herrscht in unsrer Mitte; Keinen Knecht, kein Vieh, kein Brot, kein Geld; Gehn wir langsam aus der öden Hütte
Flugschriften aus Bayern Auf das segenvolle Ährenfeld; [ ] Und anstatt gedoppelt fleißig, mähen Wir in düsterer Gelassenheit, Halten inne, drehn uns um und schmähen Auf den trägen Flug der Zeit. 4Denn wofür soll ich mich viel bemühen? Daß man desto mehr mir rauben kann? Soll ich nicht die Arbeit gerne fliehen, Da ich dadurch ins Verderben rann? Und je mehr ich mir erwerben würde, Desto mehr begehret man von mir, Desto mehr häuft man uns Bürd' auf Bürde Und Beschwerden für und für. 5Hab's ja doch in Kriegs- und Friedenszeiten Zur Genüge, leider! selbst gesehn; Steuern ohne Zahl zu Lustbarkeiten, Derer Wirbel um den Hof sich drehn; Fronen, Scharwerk, Zehent für den Adel Und die schwelgerische Geistlichkeit, Welche dies zu ihrem späten Tadel Gotteslästernd uns gebeut. 6. Sollt' ich wieder säen, wieder pflügen Für der Großen Luxus, Glanz und Pracht, Daß sie wieder meinen Nacken schlügen Durch entmenschter Schergenknechte Macht? [ ] Dessen bin ich satt, und doch — was zeiget Uns der Zukunft Tubus im Prospekt? Daß sich alles wieder dahin neiget, Wo das Übel eben steckt. 7Durch die Heere bin ich ganz verarmet, Die in unserm Vaterlande stehn; Und wo ist wohl, welcher sich erbarmet, Wenn wir Schonung und Vergütung flehn? Scharenweise kamen Österreicher Auf der schnellen Flucht zu mir ins Haus, Nahmen meine Früchte aus dem Speicher, Und nun lachen sie mich aus; 24*
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Jakobinische Flugschriften
8. Schelten mich wohl gar den dummen Bayer, Der kein ander, besser Los verdient; Doch es brennt, es brennt das Rachefeuer, Das kein Opferrauch jemals versühnt. Immer haben sie uns hintergangen, Schuldlos, wie bei Sendling, umgebracht, Da wir den Franzosen angehangen. Und uns arm und schwach gemacht. 9Überall verlassen und verstoßen, Fleh' ich armer Bauer nun zu Dir, BQnapart', Du Größter aller Großen, Höre Du mein Flehn und komm zu mir! [ ] Hilf, da noch zu helfen ist, und leite Die Gewitter ab, die uns noch dräun; Heitre den Gesichtskreis und verbreite Glück umher, uns zu erfreun! 10. Wenn uns Du verläßt — sieh meine Träne! Wenn uns Du verläßt, dann ist's geschehn, Ewig dann geschehn für uns; des Löwen Mähne Fällt zerrauft hinweg, und wir vergehn. An Dich glaub' ich, auf Dich hoff ich feste! Ich vertrau' auf Dich, ich liebe Dich. Bönapart', Du Schrecken der Paläste, Dir nur leb' und sterbe ich.
Zwei Bauern vor dem Portrait ihres gnädigen Herrn Grafen Katt: Ach! wie er leibt und lebt, als wollt' er mit uns schwatzen! Doch.warum macht ihm nicht der Pinsler aus der Stadt Auch Handschuh' an die Tatzen? Hans: Kann sie nicht brauchen, Nachbar Katt, Weil er die Pfoten stets in unsern Beuteln hat.
Flugschriften aus Bayern
[ ] Der neue Landtag in Bayern Die Freiheit kam ganz schnell vom Frankenlande, Den alten Staat der Bayern zu bereisen. Hier fand sie einen Mann in Lumpen und in Eisen, Der auf den Knien lag; zu seiner Rechten stand Ein fetter Herr Prälat im reichen Kirchgewand. Ein Ritter zeigte sich mit trotzigem Gesichte, Mit Stern und Ordensband Zu seiner linken Hand. Sie lehnten beide sich mit lästigem Gewichte Auf ihren Sklaven hin. — Stumm sah die Göttin zu, Sah seinen Schweiß und seine Tränen fließen Und ruft zuletzt: Wie lange liegest du Als Knecht zu deiner Brüder Füßen? Auf! strecke das gekrümmte Knie! Zerbrich die Fesseln deiner Glieder! Der Bauer tat's, trat neben seine Brüder Und ward so groß — und größer noch als sie.
[ ] Die Hoftafel in der Residenz des gnädigsten Ein Graf von ganz gemeinem Schlage Verpraßte jüngst viel Geld an einem Gallatage, Und jung und alt stand ohne Zähl Im ungeheuem Speisesaal, Um sich am Schlemmen und am Prassen Der Leute, die zur Tafel saßen, Einmal recht satt zu sehn. Der Hoffourier, Der wie ein Spürhund dort und hier Und hier und dort herumtrottierte Und manchen Gaffer kujonierte, Nahm mitten unter dieser Schar Auch einen schlechten Bauer wahr. Was wollt denn ihr, ihr Grobian! Fuhr er wie Cerberus ihn an. Herr, sprach der Bauer, seid so gut Und laßt mich noch ein Weilchen stehen; Will mich nicht mücken, will nur sehen, Wie man hier unser Geld vertut.
Landesherrn
Jakobinische Flugschriften
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[ ] Ein Trinklied der Bayern, Schwaben und Franken oder in Süddeutschland 1.
Auf, Brüder, trinkt der Freiheit Wohl, Im deutschen Vaterland, Und jedem, der als freier Mann Tyranrienfesseln brechen kann, Reicht brüderlich die Hand! 2.
Und euer Schwert dem Schändlichen, Der eure Freiheit raubt; Reißt dem gekrönten Bösewicht — Reißt ihm die Larve vom Gesicht, Die Krone von dem Haupt! 3Auch jede Exzellenz und Gnad', Den Fürsten, Graf, Baron, Der euch in Sklavenfesseln hält Und unter euch nicht gleich sich stellt, Jagt ihn vom Schloß davon! 4Doch, Brüder, sehet, ob ihr auch Die wahre Freiheit kennt ; Nicht Frevelgeist, nicht Raubeswut Entstell' den echten deutschen Mut, Der nur für Wahrheit brennt. 5[ ] Im Bund, der brüderlich umschlingt Uns alle, groß und klein, Wo keiner mehr den andern drückt, Wo jeden gleiches Wohl beglückt, Sei unser all Verein. 6.
Nun, Fürst und Sternherr und Prälat, Seht dort der Bauern Reih'n, Der Bauern und der Bürger Schar'n, Die alle jubelnd euer harrn, Auch euch nun ganz verzeihn.
Flugschriften aus Bayern
7Folgt nun der Weisheit schnellem Rat Schlagt ein mit deutscher Hand; Nicht Eigentum, nicht Dienstgehalt Soll Kränkung leid'n, ja alles zahlt, Für alle sorgt das Land. 8.
Drum, Brüder, trinkt der Freiheit Wohl Im süddeutsch' Vaterland; Und jedem, der im Freiheitsgeist Nur Bürger, nicht Tyrann mehr heißt, Reicht brüderlich die Hand.
[ ] Bayrischer Kirchengesang an Gott den Allmächtigen 1.
Wesen ohne Maß und Ende! Hoffnungsvoll erheben wir Unser Herz und unsre Hände; Hör dein Volk! Es huldigt dir! Stimm in aller Nationen Mannigfachen Lobgesang, In der Welten Jubelklang! Er, er wird gerecht belohnen. Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei! 2.
Deiner Weisheit heil'gen Willen Scheue, was auf Erden lebt! Deine Güte wird denn stillen Unser Herz, wenn's schüchtern bebt Vor der -Würde der Gesetze, Deiner Rechte Heiligkeit, Deines Arms Gerechtigkeit! O daß keiner sie verletze! Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei!
3[ ] Als du, Gott, nach deiner Milde Schufst den Menschen, schufst du ihn Frei wie du, nach deinem Bilde!
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Jakobinische Flugschriften
3Ö2 Ihn am Sklavenjoche ziehn Heißet dein Gesetz verspotten! Schütze, schütze, Gott der Macht, Deines Werkes höh're Pracht Gegen der Tyrannen Rotten. Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei! 4Kinder jeden Alters, nahet, Naht zu euerm Vater her! Vater ist er allen! Nahet, Söhne, Töchter, naht euch her! Fleht mit unschuldsvollem Munde: Vater! deine reiche Hand Segne unser Erntenland, Doch nicht für den Herrschaftsschlunde. Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei! 5Gottes Kinder aller Zonen, Wie ihr ihn auch nennt und ehrt : Szepter nicht, nicht stolze Kronen, Gott nur ist anbetungswert! [ ] Erde, rede, du bist Zeuge Seiner Güte! Eure Pracht, Himmel, zeug von seiner Macht! Alle Welt sich vor ihm beuge! Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei! 6.
Höchste Urkraft! Erd' und Himmel Ist voll deiner Majestät! Wie das große Sterngewimmel Doch so herrlich vor dir steht! Du gebeutst, und Sonnen winden Unter dir sich ohne Zahl! Deiner hundert Augen Strahl Blitzt bis zu den tiefsten Schlünden! Brecht die Fesseln! Gott verleih Ruh' dem Erdkreis! Mach ihn frei!
Flugschriften aus Bayern
[ ]' Bayern an seinen Kurfürsten 1. Gute Nacht! Max, du hast's zu toll gemacht! Unsre Söhne zu verkaufen Und damit davonzulaufen; Max, das war zu toll gemacht. Gute Nacht! 2. Gute Nacht! Wenn itzt unser Mut erwacht, Frankreich unsre Stimme höret, Welche seinen Schutz begehret; Max, wenn unser Mut erwacht. Gute Nacht! 3Gute Nacht! Max, das Land ist aufgewacht, Das du unverdient geerbet Und mit unserm Blut gefärbet. Max, wir sind nun aufgewacht. Gute Nacht! 4Gute Nacht! Max, das Maß ist vollgemacht, Und die Bürger und die Bauern Können nichts als dich bedauern, [ ] Denn das Maß ist vollgemacht. Gute Nacht! 5Gute Nacht! Ach, dein Tagslauf ist vollbracht. Bayerns Stärke kehret wieder Von des Himmels Zinne nieder, Und der Freiheit Glücke lacht. Gute Nacht!
Jakobinische Flugschriften 6. Gute Nacht! Torenschmuck wird itzt verlacht. Kammerschlüssel, Staatsgewänder, Sternenglanz und Ordensbänder, All der Plunder wird verlacht. Gute Nacht!
7Gute Nacht! Max, du hast es bös gemacht. Wenn wir uns der Freiheit freuen, Wird es dich zu spät gereuen, Daß du es so bös gemacht. Gute Nacht! 8. Gute Nacht! Max, ein guter Vater wacht Für das wahre Wohl der Kinder; Er behandelt sie gelinder [ ] Und mißbraucht nicht seine Macht. Gute Nacht!
9Gute Nacht! Max, du hast uns wach gemacht! Wir erkennen es und danken, Danken dir es und den Franken, Die man uns so bös gemacht. Gute Nacht! 10.
Gute Nacht! Max, der Bayer ist erwacht. Sieh, er wird nun selbst regieren, Wird sich selbst realisieren Durch der Franken Schutz und Macht. Gute Nacht!
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F l u g s c h r i f t e n aus B a y e r n
Die Freiheit Freiheit! Der Höfling kennt den Gedanken nicht; Der Sklave: Ketten rasseln ihm Silberton; Gebeugt das Knie, gebeugt die Seele, Reicht er dem Joch den erschlafften Nacken. Uns — uns ein seelenverklärender Gedanke; Freiheit! Freiheit! wir fühlen dich! Du Wart', du Kraft, du Lohn von Gott uns! [ ] O, wo noch voller ins Herz der Helden Dein Nektar strömte — jener, an deren Grab Nachwelten schauen —, ström, o entflamm uns ganz! Denn sieh, in deutscher Sklaven Händen Rostet der Stahl, ist entnervt die Harfe. Nur Freiheitsharf ist Harfe des Vaterlands; Wer Freiheitsharfe schlägt, stürmt wie Nachtorkan Vor Donnerwettern, donnert Schlacht auf Schwerter, fliegt auf den Gesandten Gottes. Nur Freiheitsschwert ist Schwert für das Vaterland. Wer Freiheitsschwert hebt, flammt durch das Schlachtgewühl Wie Blitz des Nachtsturms, stürzet Paläste, Stürzet den Tyrann, den Verderber Gottes. O Namen! Namen! festlich wie Siegesgesang! Teil, Hermann, Cato, Brutus, Timoleon! 13 O ihr! Wem freie Seelen Gott gab, Flammend ins eherne Herz gegraben!
[ ] Der Temfiel der Freiheit 1. In diesen heil'gen Hallen Kennt man die Knechtschaft nicht, Hier fesselt den Vasallen Nicht blut'ge Sklavenpflicht. Man reicht einander froh die Hand, Ohn' Ansehn auf Geburt und Stand. 13
N a m e n , die f ü r F r e i h e i t , G e r e c h t i g k e i t und T y r a n n e n h a ß s t e h e n : D e r s a g e n h a f t e Schweizer Freiheitsheld W i l h e l m T e i l ; der Befreier G e r m a n i e n s
Hermann-Armi-
nius (17 v . u. Z.—21 u. Z . ) ; der unbestechliche altrömische Zensor Marcus Porcius C a t o (234—149 v . u. Z.); der T y r a n n e n m ö r d e r Marcus J u n i u s B r u t u s (85—42 v . u. Z . ) ; der k o r i n t h i s c h e Feldherr und S t a a t s m a n n T i m o l e o n , der 337 v . u. Z. auf der H ö h e seiner M a c h t ihr freiwillig e n t s a g t e .
Jakobinische Flugschriften
366 2.
In diesen heil'gen Mauern Ist alles frei und gleich, Sind Bürger hier und Bauern Geachtet — arm und reich. Wen solche Lehren nicht erfreun, Verdient kein freier Mann zu sein. 3In diesem heil'gen Kreise, Wo man nach Freiheit ringt Und nach der Väter Weise Das Band der Eintracht schlingt, Da reifet unter Gottes Blick Der Freiheit und der Gleichheit Glück.
[ ] An die Freiheit l. Edle Freiheit! groß und mächtig, Wie die Gottheit, wirkest du; Und doch sah man lang verächtlich Dir im Sklavenkittel zu. Doch nun sind wir müd' der Plagen, Wollen nicht mehr Sklaven sein Und des Hofes Ketten tragen, Wollen deiner auch uns freun. 2.
Edle Freiheit! wer dich kennet, Wird sich auch nach dir bemühn; Edle Gleichheit! wer dich nennet, Hat schon mehr als Sklavensinn. Zwar gibt's Herren und gibt Knechte Unter uns, gibt arm und reich, Aber nach dem Menschenrechte Sind wir wahrlich alle gleich. 3Laßt uns unsre Obern ehren; Vorgesetzte müssen sein, Ihren Schutz uns zu gewähren,
Flugschriften aus Bayern
Recht im Streite zu verleihn. Laßt uns nicht den Reichen neiden, Weil das Glück ihm günstig ist, Wenn nur bei der Armut Leiden Grausam nicht sein Herz sich schließt. [ ]4Doch Bedrückung sich erlauben, Schwelgen von der Arbeit Lohn Und des Landes Söhne rauben, Schimpft den Adel und den Thron. Ihre Sterne, die sie tragen, Triefen von des Landmanns Sehweiß, Und wenn dann Bedrückte klagen, Strafet sie ein Hofverweis. 5Sich vor Höflingen zu bücken, Ist erzwungne Sklavenpflicht; Pfaffen, die euch nur berücken, Glaubet ihre Schwänke nicht! Flucht den schwelgerischen Fürsten, Die nach eurer Söhne Blut Und nach euern Schätzen dürsten, Nach des Armen Hab und Gut! 6. Gerne wird der Bürger zahlen, Was, dem Staate nötig ist; Aber wenn bei Fürstenmahlen Unser Blut im Becher fließt, Wenn uns Max nach Montgelas' Planen Schändlich zu verkaufen sucht, Dann wird von den Untertanen Der Tyrann mit Recht verflucht.
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Fürst und Günstling sind entflohen, Aber noch nicht hoffnungslos. Sehet, in der Ferne drohen Sie euch noch den letzten Stoß. Neue Fessel euch zu schmieden Und mit härtrer Bürdenlast Euch zu drücken nach dem Frieden, Ist die Arbeit im Palast.
8.
Denkt zurück an eure Väter! Bojer waren auch einst frei. Nur durch Schmeichler und Verräter Sanken wir in Sklaverei. Wollt ihr freie Bürger werden, Schließt euch an der Franken Reih'n, Werdet ihre Siegsgefährten, Um auch frei und gleich zu sein! 9Nützet klug die Augenblicke; Ach, wie bald sind sie dahin! Wendet sie zu euerm Glücke An mit freiem Mannessinn. Sind sie euch einmal verschwunden, 0 dann kömmt die Reu' zu spät. Ihr beklagt umsonst die Stunden, Wenn der Tag zu Ende geht. 10.
[ ] Edle Freiheit! Deutschlands Süden Seufzt wie einst dein Frankenland. Wünschen können wir den Frieden; Kömmt er uns an deiner Hand. Segnend kehr mit ihm hernieder, Dann ist aller Wunsch erfüllt: Schwabe, Bayer, Frank' sind Brüder; Recht steht auf der Freiheit Schild.
Der freie Mann l. Wer ist ein freier Mann? Der, dem nur eigner Wille Und keines Zwingherrn Grille Gesetze geben kann, Der ist ein freier Mann. 2.
Wer ist ein freier Mann? Der das Gesetz verehret, Nichts tut, was es verwehret, Nichts will, als was er kann, Der ist ein freier Mann.
Flugschriften aus Bayern 3Wer ist ein freier Mann? Wem seinen hellen Glauben Kein frecher Spötter rauben, [ ] Kein Priester meistern kann, Der ist ein freier Mann. 4Wer ist ein freier Mann? Der selbst in einem Heiden Den Menschen unterscheiden, Die Tugend schätzen kann, Der ist ein freier Mann. 5Wer ist ein freier Mann? Dem nicht Geburt noch Titel, Kein Sammetkleid, kein Kittel Den Bruder bergen kann, Der ist ein freier Mann. 6.
Wer ist ein freier Mann? Wem kein gekrönter Würger Mehr, als der Name Bürger Ihm wert ist, geben kann, Der ist ein freier Mann. 7Wer ist ein freier Mann? Der, in sich selbst verschlossen, Der feilen Gunst der Großen Und Kleinen trotzen kann, Der ist ein freier Mann. [ ]8. Wer ist ein freier Mann? Der, fest in seinem Stande, Auch selbst vom Vaterlande Den Undank dulden kann, Der ist ein freier Mann.
Jakobinische Flugschriften
37« 9-
Wer ist ein freier Mann? Der, muß er Gut und Leben Gleich für die Freiheit geben. Es willig opfern kann, Der ist ein freier Mann. 10. Wer ist ein freier Mann? Der bei des Todes Rufe Und an des Grabes Stufe Kühn rückwärts blicken kann, Der ist ein freier Mann.
Abendlied eines Froners l. O Freiheit, goldne Stunde, schlag! Wie sehn' ich mich nach dir! Und dann nach dem Erlösungstag Wie schmeckt die Ruhe mir! [ ]2. Es ward mir heut auch gar so heiß; Ich macht' im Schlosse Heu, Und immer floß mir bittrer Schweiß; Ach wär' ich doch schon frei! 3Was doch der Bauer leiden muß Für Leute, die nichts tun Und noch vor lauter Überfluß Wohl gar sich müde ruhn. 4Da denk ich — ich gesteh' es euch — So manchmal her und hin, Warum ich dem Baron nicht gleich Und nur sein Söldner bin. 5Geh' ich einmal zur Scharwerk nicht, So schreibt der Schergenknecht Mich gleich aufs teure Amtsgericht; Das Ding ist doch nicht recht.
Flugschriften aus Bayern 6.
Doch währet es nur kurze Zeit Mit dieser Tyrannei, Und bald bin ich davon befreit, Bald ist mein Gütchen frei. 7[ ] Dann bin ich ganz ein andrer Mann; Ich lach' die Herrschaft aus, Bestell' mein Feld, so gut ich kann, Und leb' im eignen Haus.
Wunsch der Gutgesinnten Freu dich, Max! In deinem Lande Gibt es treue Diener noch, Tragen gerne deine Bande Und dein süßes Vaterjoch. Setzt es auch zuweilen Schläge Oder Rippenstöße ab, Das macht unsern Eifer rege; War's ja Max, der sie uns gab. Wie der Pudel zu den Füßen Seines Herrn sich wieder freut, So ist auch die R u f zu küssen Untertanes Schuldigkeit. Wir, die wir vom Hofe leben, Seufzen nach dem Gnadenquell, Darum sind wir dir ergeben, Alle dein mit Leib und Seel'. Vater ! ,Ohne dich - wie würde Es mit der Besoldung stehn? Darum ist auch die Begierde Groß, bald wieder dich zu sehn. [ ] Dich erwartet mit Verlangen Adel und die Geistlichkeit. Feierlichst dich zu empfangen. Sind die Guten all' bereit. 25
Jakobinische Flugschriften
Ach ! das soll ein Einzug werden! 0 wie freu' ich mich auf ihn! Bürger müssen statt den Pferden Deinen Siegeswagen ziehn. Einen Freiball muß man geben. Und Illumination Soll des Tages Fest erheben Und verherrlichen den Thron. Doch den Bösen zum Exempel Sei Hans Knipfauf auch bereit Und zeig ihnen deinen Stempel Rächender Gerechtigkeit! Heißen uns Despotenknechte, Sklaven deiner Tyrannei; Und von Freiheit, Menschenrechte Hört man auch so allerlei. Sagen von den Bauernknechten, Die in Englands Solde stehn, Es sei nach den Menschenrechten Ein abscheuliches Vergehn. [ ] Das sind Jakobinerflausen; Du bist Fürst und hast das Recht, So wie dir's gefällt zu hausen. Es mag gut gehn oder schlecht. Also Rache! Mit den Köpfen 'Runter ohn' Barmherzigkeit! Freier läßt sich's Atem schöpfen, Wenn man keinen Kopf mehr scheut. Schon' der Freiheit Götzendiener Und die Gleichheitsschwärmer nicht! Denk nur, es sind Jakobiner; Ihren Tod will Fürstenpflicht. Köpfen, Rädern und Zerreißen, Hängen und an Pfahl gesteckt Und mit glühenden Zangen beißen. Ja wenn alles das nur kleckt!
Flugschriften aus Bayern
Doch der Hofrat wird schon sorgen, Und die Hofkommission; Denken ja schon jeden Morgen Auf die Exekution. Und die Polizei nicht minder; Sie wird auch ihr Bestes tun Zur Vertilgung dieser Sünder; Ihr Direktor wird nicht ruhn, 14 [ ] Halten Rausch und Wollustsünden Ihn nicht auf im Hurenhaus; J a dann ist er nicht zu finden; Er schläft Rausch und Sünde aus. Ach! wenn es kein Traum nur wäre! Wenn es nur gewiß so geht! Sonst weiß ich, bei meiner Ehre! Nicht, wie es um uns noch steht. Gott schützt die gerechten Waffen. Auch die deinen segne er, Um die Bosheit zu bestrafen Bei des Fürsten Wiederkehr. Schon schielt mit Verachtungsblicken Das gemeine Volk uns an; Will nicht mehr vor uns sich bücken, Stolz auf seinen Freiheitswahn. Ein Friseur und Kammerdiener Seines Fürsten war einst was, Itzt treibt so ein Jakobiner Frevel nur mit uns und Spaß. Nein, das brächte mich zur Erden. Max, o unser Retter, komm, Daß wir nicht zuschanden werden! Dich und uns verschlingt der Strom. K
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Baumgartner, Anton ( 1 7 6 1 — 1 8 3 1 ) , Polizeidirektorin München.
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Jakobinische Flugschriften
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[ ] Abschied eines bayerischen Grenadiers von seinen Lebt wohl, ihr meine Kameraden, Wenn ihr es unter Max noch könnt! Ich aber dank' für seine Gnaden, Die ich genoß beim Regiment. Ich schwur ihm und dem Vaterlande Treu' auf Kapitulation, Doch nicht zu sein' und unsrer Schande Für fremden Sold und Sklavenlohn. Er hat sich schimpflich hingegeben Und uns bis auf den letzten Mann, Verkaufte unser Blut und Leben ; Das hat uns noch kein Fürst getan. So macht es Pitt mit Negersklaven; Und diesen, Max! hältst du uns gleich! Für den Tyrann sind unsre Waffen Nicht, Fürst! — nicht für des Krämers Reich. Und könnte ich mich auch entschließen, Dein und des Kaufmanns Sklav' zu sein, Was tust, mein Los mir zu versüßen, Du Fürst, und wie gedenkst du mein? [ ] Du schwelgest, Fürst, von unserm Blute, Und dein Minister macht sich reich. Ihr seid bei guter Laun' und Mute, Was kümmert unser Schicksal euch! Uns aber reicht man Brot, den Hunden Zu schlecht, und Invalidenlohn; Von allem wird uns abgeschunden, Und mancher sauft sich voll davon. Man spielt wie mit Marionetten Mit uns ; doch sind wir schlimmer dran. Vor Schimpf und Schlägen sich zu retten, Geht bei uns Bayern selten an.
Kameraden
Flugschriften aus Bayern Fehlt es bei uns in allen Stücken, So fehlt es doch an Prügeln nicht; Und auf des armen Mannes Rücken Tut jeder seine Heldenpflicht. Und Österreich, an dessen Seite Wir für gemeine Sache stehn, Für dessen Wohl wir stets im Streite Voran dem Tod entgegengehn — Dies Österreich quält und verachtet Und haßt uns mehr als selbst der Feind. Schon wurden Tausende geschlachtet Durch den verräterischen Freund. [ ] Bei jeder Not und wo Gefahren Uns Bayern von dem Feinde dröhn, Da stehen wir, und Ostreichs Scharen Fliehn treu- und ehrelos davon. Mit Wasser unsern Durst zu stillen, Selbst dieses ward uns nicht vergönnt, Da sie den Wanst sich wacker füllen, Wobei ihr Stolz uns noch verhöhnt. Allein wozu die eiteln Klagen? Ade! Mich quälet man nicht mehr. Doch eines wollt' ich euch noch sagen ; Es tobt im Herzen gar zu sehr. Ihr streitet gegen Frankreichs Heere Um Englands Sold, für Englands Macht, Und eignes Wohl und eigne Ehre Wird von des Briten Stolz verlacht. Ja, Max hat ein Belobungsschreiben Von seinem König; das ist wahr. Das muß euch wohl ins Feuer treiben, Denn so ein Ding ist äußerst rar. Doch blickt auch noch einmal zurücke In euer liebes Vaterland. Im Drang des Kriegs und Ostreichs Tücke Verlangt es seiner Söhne Hand.
[ ] Wie wär's, wenn ihr zurücke kehrtet Als Vaterlandes Legion, Für euch und euer Land euch wehrtet ; Wär' das mehr Ehre nicht und Lohn? Kapitulant im Bauernkittel, Kehr um zurück ins Vaterland! Es hat genug zum Solde Mittel Für dich und reichliches Gewand. Dich rufen Vater, Mutter, Brüder, Dein Mädel freut sich, dich zu sehn, Und finden, kömmst du ihnen wieder, Im Hause neues Wohlergehn. Nun gut! Ich gehe, euch zu melden. Ihr schämt euch, Mietlinge zu sein, Und streiten wollet ihr als Helden Für euer Vaterland allein. Und Welt und Nachwelt wird euch preisen; Die Stimm' der Ehre, der Natur Sagt euch, des wahren Kriegers Eisen Sei für des Landes Freiheit nur.
[ ] An die bayerische Inquisition Die du noch mächtig, alte Hyder, Dein vielfach Haupt erhebst, Riechst du schon einen Braten wieder, Nach dem du immer strebst? Vergebens wetzest du die Zähne Und öffnest deinen Schlund Und schüttelst deine Schlangenmähne, Stolz auf den Höllenbund. Die alte Lust nach Blut und Tränen Verfolgter Unschuld wirst Du diesmal nicht begnügen können, Ohnmächtig wie dein Fürst.
Flugschriften aus Bayern
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Nicht schwache Opfer, bald verschlungen, Die einstens dich genährt, Unglückliche, die, leicht bezwungen, Die Rache aufgezehrt — Ein Heer erwartet dich zum Streite Und trotzet furchtlos dir, Und nicht ein Mann wird dir zur Beute; Es ist gesorgt dafür. Im Kampfe schützt uns die Ägide Der Freiheit und verspricht Uns Sieg; und nur dein Tod macht Friede; Mit dir traktiert man nicht. [ ] Sieht du sie nicht im Lichtgewande An unsrer Spitze stehn Und ihre Fahn' im ganzen Lande Dir zum Verderben wehn? Nimm es, den letzten Kampf zu wagen, Auf mit der Nation, Und schmeichle nur, den Feind zu schlagen, Der Hofkommission. Die neuen Köpfe, die dich zieren, Dir erst entsprossen sind Und dein Geschäft so tätig führen, Sprühn Feuer — in den Wind. Ein Aretin 15 und Westenrieder,16 Und Delling17 — selbst ein Mann, Der einst der Lippertischen Hyder Nur durch die Flucht entrann; Du alter Krenner, der vor Jahren Ganz anders sich gezeigt; Ist Lipperts Geist in dich gefahren. Der dich zum Sklaven beugt? 15 16
17
Aretin, Johann Christoph Freiherr von (1773—1824), Generallandesdirektionsrat. Westenrieder, Lorenz (1748—1829), Vorsitzender der Bücherzensurspezialkommission. , Delling, Johann von; als Münchener Stadtrat war er unter Karl Theodor des Landes verwiesen worden, weil er den als Illuminaten abgesetzten Ingolstädter Bürgermeister bedauert hatte.
Jakobinische Flugschriften
37« Die sind's, die sich zur mächt'gen Wehre Mit Tigerklau'n versahn; Doch jeder Mann von Kopf und Ehre Sieht sie verächtlich an. [ ] Sie gehen auch mit dir zugrunde, Verschwinden in ihr Nichts; Mit dir schlägt ihnen auch die Stunde Des Jüngsten-Tag-Gerichts. Ein Abscheu ihrer Zeitgenossen, Gebraucht nur vom Komplo'tt Der Pfaffen und der Macht der Großen, Sind sie der Nachwelt Spott. Nein! glaub mir, altes Ungeheuer, Dein Anhang sieget nicht. Zu lange schon verwünscht der Bayer Der Dummheit" Blutgericht. Zu viele Opfer sind gefallen, Um die die Menschheit weint, Die du zerfleischt mit Satanskrallen, Gewürgt als Menschenfeind. Die Tyrannei, die dich geboren, Erliegt der Freiheit Macht; Mit dieser gehst auch du verloren In deines Ursprungs Nacht!
[ ] Die
Feierstunde
Der Freiheit Feierstunde schlägt; Wie sehnt' ich mich nach ihr! Das alte Joch wird abgelegt ; Da, Max, nimm es zu dir! Du nahmst uns alles — Geld und Gut; Nimm auch die Sklaverei Für das verkaufte Menschenblut, So sind wir quitt und frei.
Flugschriften aus Bayern Du aber bleib in Englands Sold Von Gottes Gnaden Sklav' Und wehre für des Briten Gold Dich tapfer und sei brav. Du weißt, wenn man um Lohn sich dingt, Des Söldners Schuldigkeit. Wozu Herr Pitt dich führt und zwingt, Tu's mit Ergebenheit. Er macht dich wohl noch gar zum Lord Für unsrer Söhne Blut Und schenkt dir (jagt dich Bayern fort) In Engeland ein Gut. Das mag der Kaufmann immerhin; Ich wünsche dir viel Glück, Denn in des Bayers Herz und Sinn Kehrst du nicht mehr zurück. [ ] Wir trugen lange Zentnerlast Und litten Sklaverei Und sahen unsern Schweiß verpraßt, Erpreßt durch Tyrannei. Doch einmal rückt das End' heran; Der Freiheit Stunde schlägt. Dein eisern Joch, Max'milian, Wird endlich abgelegt. Bald sind wir alle frei und gleich; Die Sklavenzeit ist aus, Und alles lebet, arm und reich, Als freier Mann im Haus.
Menschenwert
Die Klage ist schon alt in Bayern: Der Mensch hat keinen Wert! Doch Pitt und Max und Montgelas beteuern Der Mensch hat mehr als jemals Wert; Nur sei er nicht stroppiert und nicht zu alt, So wird er ja mit Gold bezahlt.
Jakobinische Flugschriften
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[ ] An
Bonaparte
Du Mann! Der erste, den mit diesem Namen Mein Herz in vollem Jubel grüßt; Der du, entsprossen nicht von Königs Samen, Doch größer als Gekrönte bist Und keine Krone trägst, weil Königskronen Auch erben kann ein Bösewicht; Doch würdigen den Mann, sein Herz belohnen — Das können alle Kronen nicht. Wer innre Größe fühlt, die höchste Stufe Des großen Manns erstiegen hat, Folgt, unerreichbar, nur dem hohen Rufe Der Gottheit zur Vollendungstat. Zu seinen Füßen sieht er Kronen liegen, Auf die sein Aug' verächtlich blickt; Sein Herz kann nur ein Wunsch allein begnügen Ein Wunsch, der allgemein beglückt. [ ] Mit diesem Sinne stehst du an der Spitze Der Menschheit — und sie jubelt dir; Denn nicht Tyrann auf königlichem Sitze, Nein, Freund bist du und Retter ihr. So sah mein Herz nach deinen großen Taten Von je dich, Bonaparte, an; Bewunderte den Sieger im Soldaten, Und liebend segnet es den Mann. Dir weihet sich vor all den vielen Großen Des Altertums und unsrer Zeit Mein Herz und spricht, den Königen verschlossen, Zu dir allein mit Traulichkeit. Mich hält kein Zwang zurück, nicht Hofessitte; Ich stehe nicht vor einem Großsultan Und schwimme nicht durch der Gefahren Mitte Des Hofes Gnadenstrom hinan. Ein Mensch, der seine Hand, einfach und bieder, Gern jeglichem der Guten reicht, Dem alle Menschen gleich sind, alle Brüder, Der nur zurück vor Bösen weicht;
Flugschriften aus Bayern Der ist's, und doch fühl' ich ein heimlich Beben; Ein Etwas beugt den scheuen Blick, Und eine fremde Macht drückt im Erheben Ihn jedesmal von dir zurück. [ ] Das ist des Geistes Macht und Seelengröße, Die mir im Riesenbild erscheint, Des Zwergen Nichtigkeit und seiner Blöße Verwegne Näherung verneint; Doch wie uns auch ein überirdisch' Wesen Durch Himmelsgüte an sich zieht, So glaubt mein Aug' in deinem es zu lesen, Daß es mit Güte auf mich sieht. Mein Vaterland ist zwar mit dir im Kriege, Sein Fürst ist dein und Frankreichs Feind; Allein mein Herz frohlockt bei jedem Siege, Bei dem der Despotismus weint. Mit bangem Blick verfolgte ich seit Jahren Den Gang der Revolution Und bebte, wenn Verrat und Kriegsgefahren Gedroht der großen Nation. Gespannter ward mein Hoffen und mein Harren, Als dich der Vorsicht treue Hand Hin an die Spitz' gestellt von Frankreichs Scharen Für Freiheit und für Vaterland. Und jeder Schritt und jeder deiner Siege War Zeuge von der Vorsicht Wahl! Sie schützte dich zu Haus und in dem Kriege, Besorgt für deiner Tage Zahl. [ ] Der Tod, geführt von Christ- und Türkenhänden, Versteckt im Meuchelmörder-Stahl, Kühn und bemüht, die Rache zu vollenden, Die ihm der Hölle Wut befahl — Bestürzt wich er, der Mietling der Despoten, Zurück; der Todespfeil entfällt Der starren Hand, um seiner Macht zu spotten, Und siegend trotzt ihm Frankreichs Held. Ein Wunder ist dein tatenreiches Leben, Und dem, der keine Vorsicht kennt, Dein Dasein, Wirken, all dein Streben,
Jakobinische Flugschriften
Ein Etwas, das er Rätsel nennt. Wer den gebahnten Weg des Laufs der Dinge Mit stumpfen, trägen Blick durchgeht Und glaubt, daß alles sich gleich einem Ringe Der Ewigkeit im Kreisel dreht — Wird wohl in Bonapart* den Helden finden, Den Staatsmann, den Eroberer; Macht ihn vielleicht, um ganz sich zu versünden, Zum Herren über Erd' und Meer, Zum Schach der Welt. — 0 schweigt, elende Toren! Seht ihr denn immer nur den Tand Von Krön' und Szepter, Midas' Gold und Ohren, Das Tier im purpurnen Gewand? [ ] Zu diesem Zwecke soll die Vorsicht wirken, Für ihren Liebling Wunder tun? Auf einen König ihren Plan bezirken, Um im Despoten auszuruhn? 0 Göttliche! dein Geist neigt sich hernieder; Es wird vor meinen Augen Licht. Ein heil'ger Schauer fährt durch meine Glieder Bei diesem himmlischen Gesicht. Ich sehe Bonapart' — nicht im Gewände Der Erde Sterblichkeit vor mir; Sein freier Geist, entfesselt all der Bande Des Lebens, steht verklärt vor mir. Erhaben über alle Erden würde, Seh' ich in ihm des Schöpfers Bild, Wie er mit Dra.ng, stets wachsender Begierde Den göttlichen Beruf erfüllt. Zur Seite stehn als treue Dienerinnen Der Sieg, die Eintracht, Redlichkeit; Und Heldensinn und Tatkraft folgen ihnen, Hineilend übern Flug der Zeit. Sein Aug' umfaßt das All der Nationen, Der Reiche Chaos ist sein Spiel; Die Freiheit und das Wohl von Millionen Ist seines Wirkens großes Ziel. [ ] Der letzte Schlag, um Ostreich zu bezwingen, Ist seiner Siege letzter nicht; Der ganzen Welt den Frieden zu erringen
Flugschriften aus Bayern
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Ist seines Daseins heil'ge Pflicht. Allein nicht Waffenruh', nicht einen Frieden, Der nur auf kurze Segenzeit Der Tyrannei in Norden oder Süden Zum Kriege neue Kräfte leiht. Ist Freiheit nur dem Gallier beschieden? Soll Bonaparte nichts mehr tun, Als nur in Malmaison, nach Frankreichs Frieden, Von seinen Siegen müde, ruhn? Weint nicht Parthenope? Sind andre Länder, Der Freiheit wert, nicht alle noch Der Großen Raub, des Despotismus Pfänder, Gefesselt an das Sklavenjoch? Doch allgemein die Menschheit zu beglücken, Erfordert eines Schöpfers Geist, Der, groß und kühn, mit raschen Sonnenblicken Des Ghaos düstre Nacht zerreißt. Und'so das Glück der Menschheit zu vollenden, Wozu sie Gott hienieden schuf, Vertraut die Vorsicht Bonapartes Händen, Ist seines Daseins hoher Ruf. [ ] Du siehst, spricht sie, im ganzen Schöpfungswerke, Was je der Schöpfer werden hieß, Dein Vorbild: Einheit, Liebe, Zweck; und merke, Daß er nichts unvollendet ließ. Und Freiheit gab er den Geschöpfen allen. Nach sieben Tagen ruhte er; Sprach: Es ist gut! und sah mit Wohlgefallen Die Schöpfung an und schuf nicht mehr.
Szenen unserer' Tage I. [ ] Ein einzelner Bauernhöf in der Gegend von N. N., zwei Tage nach dem Waffenstillstandsanfange Der Bauer, ein wahres Ebenbild der Verzweiflung, sitzt am Tische und wiederkaut sein Leiden. In der Stube an allen Enden deutliche Spuren der österreichischen Wut: Eingeschlagene Fenster, zerhauene Fensterstöcke und Stühle; die Trümmer des Ofens liegen in der Stuben herum.
3«4
Jakobinische Flugschriften
Bauer (tief seufzend): 0 Gott! (Schlägt sich vor die Stirn.) Und warum? (Mit einem Blicke zum Himmel.) Kurfürst! Kurfürst!! Ein Metzger (von München tritt ein): Grüß dich Gott, Hans! Der Bauer (narrt vor sich hin, ohne zu antworten.) Metzger: Ist heiß heut; mich durstet! Hast du nichts zu trinken? Will's gern zahlen. -Der Bauer (geht ohne zu reden hinaus, bringt in einem halbzerbrochenen irdenen Kruge Wasser und stellt's hin.) Metzger: Ist's das alles? (Trinkt.) [2] Bauer: Alles! (Nimmt den Krug und wirft ihn grimmig hinter die Türe.) So! Durstet dich noch, so geh mit mir hinaus und lern von mir saufen wie ein Hund. Metzger: Armer Hans! Wie geht's denn? Bauer: Bist übers Feld hergeritten und fragst noch? Metzger: J a wirklich! Da sieht's übel aus. Also die Österreicher — Bauer (mit einem fürchterlichen Schlage auf die Brust): J a , unsere Freunde! Vor vier Tagen hört ich so eben was vom Abmähen; da bat ich den Rittmeister auf den Knien: Schont mein Feld! Ihr seid ja unsere Freunde! — Freunde, sagte er und lachte mir so recht österreicherisch ins Gesicht. Mäht ab! rief er seinen Leuten. Um Gottes willen, Ihro Gnaden Herr Rittmeister, schrie ich, habt Barmherzigkeit! Hier sind 100 Gulden — es ist mein letzter Heller dabei, das weiß Gott. (Der Bauer weint heftig.) Metzger: Und? Bauer (schluchzend): Sie mähten ab. Metzger: Die Hunde! Bauer: Und nahmen mir am Abend die 100 Gulden. Drauf kam der Waffen[3]stillstand — Da! (Zeigt auf die Trümmer.) Da ist ihr Abschied. Metzger: Das ist zu arg, über die Freundschaft! (Weint und flucht:) Wo ist denn dein Weib? Bauer (aufstehend, schlägt heftig in den Tisch): Sakrament! Metzger: Und deine Tochter? Bauer (mit steigender Wut): Kreuz Sakrament! Metzger: Nu, nu! Hörst auch von deinem Buben nichts von der Armee? Bauer (wütend, packt den Metzger und wirft ihn hinter die Türe.) Metzger (sich aufraffend): Du! Das ist grob! Bauer: Grob? — Warum reißt du mir's Herz Stück für Stück aus? Der Teufel bleib da geduldig! (Führt ihn zur Kammertüre, öffnet sie.) Da! (In der Kammer wälzen sich weinend zwei Weibsleute auf dem Boden. Sie liegen auf Stroh). Metzger: Um Gottes willen! Was ist denn das? Bauer: Mein Weib und meine Tochter. Metzger: Krank? Bauer (ihm ins Ohr): Der Pfarrer sagte, sie sind angesteckt. [4] Metzger: Teufel von Menschen!
Flugschriften aus Bayern
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Bauer: Weit und breit versteht's niemand, wie man da hilft; auch könnte ich ja keinen Schritt bezahlen. Metzger (reißt seine Gurte vom Leibe): Da, Hans, sind 100 Gulden! Zahl mich, wenn du kannst und magst. Bauer: Dank dir's Gott! (Streicht das Geld ein.) Ich zahle dich ehrlich. Verzeih mir meine Grobheit! Metzger: Laß gut sein! Ich stäch' einem 's Messer in Leib, der mich so fragte wie ich dich; aber schau, ich wußt's nicht. (Zur Stubentüre herein kriecht ein junger Mensch auf allen vieren und pfeift ein Liedchen). Metzger: Was ist denn das? Bauer: Mein Seppl. Metzger: Jesus Maria und Joseph! Der schmucke, schöne Kerl! Bauer: J a ! Lahm geschossen bei und (mit bitteren Tränen dem Metzger ins Ohr) närrisch darüber! Der Lahme: Guter Freund! Es ist so schrecklich heiß heut, und die Österreicher haben wieder eine Schildwache vor den Brunnen hingestellt und lassen uns Bayern kein Wasser und haben doch erst vor zwei Stunden noch [5] ihre ganze Armee errettet. Seht ihr das Hirn da an meinem Backen? Ist unsers Nachbars Niklas seines; er stund neben mir, und mir flog der zerschmetterte Kopf ins Gesicht. Seht ihr, ich bin ein armer Teufel, den sein Kurfürst an die Engländer verkauft hat. Hätt' ich nur all die Tränen, die mein Vater, Mutter und Schwester tagtäglich um mich weinen, in einem Geschirre beisammen, ich hätte genug und wollte euch nicht plagen; aber so bitte ich euch, gebt mir für Geld und gute Worte ein Glas Bier, ich möchte gern meines guten Kurfürsten Gesundheit trinken: So! So! Vivat Maxi! (Fällt um und wütet in seinen Haaren.) Sonst der schönste Kerl im Dorfe, itzt ein Krüppel! Mein Roge dick von einem Rotmäntler, huhu! Vivat! Vivat!! (Wälzt sich auf dem Boden.) Bauer (kniet vor ihm hin): Seppl! Komm doch zu dir selbst! Kennst du denn deinen Vater nicht? Der Lahme: Landsvater! Huhu!! Bauer: Nein, dein wahrer Vater. Der Lahme: So! Nun das ist gut, lieber Vater! Bringt einen Krug Bier; ihr müßt auch mittrinken. Wir haben gar viele Gesundheiten zu trinken — des Kurfürsten seine — der Kurfürstin — der Prinzen — der [6] Österreicher auch — Roge ihre und hernach die unsere. (Still.) Vater! was macht der Schörg mit dem Hunde da? Treibt er wieder eine Herde Bauernbursche nach München? Er soll wohl achtgeben und keinen in die Stube hereinlassen, sonst schlagen sie ihm den Kopf ein. Metzger (der immer sich die Tränen trocknend zusah): 1000 Gulden gäb' ich gleich, hörte und sähe er selbst alles, was ich sehe und höre. Bauer (schmerzhaft): Wo ist er denn itzt, der Hofmetzger, und was macht er? Metzger: Wie kommst du denn itzt auf den Hofmetzger?
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Bauer: So heißen wir Bauern den Kurfürsten, seit er unsere Kinder verkauft wie's Vieh. Metzger: Ja so! Er ist mit den Seinen in Amberg, und das — kreuzwohlauf. Seine Sp pfeifen ihm den Tanz, und er tanzt, was das Zeug hält. Bauer: Hörst du, gerechter Gott, die bayerischen Bürger und Bauern weinen, und er — ist kreuzwohlauf!!
II. [7] Eine Bauemstube, die von ehemals mittelmäßigem Wohlstande ihrer Bewohner zeugt Margaret, das Weib des Bauers (sitzt vorne am großen Tische und sucht altes Leinenzeug aus): Ach lieber Gott! Es ist alles so schlecht, daß einem kein Armer darum danken möchte. Hab' ich so schöne Leinwand gehabt und so gespart — und nun ist sie alle, alle hin. Was wir uns doch geplagt, früh und spät gearbeitet, Tag und Nacht gekümmert haben — und das ist nun alles, alles hin, als wär's nie gewesen. (Wirft den ganzen Pack Lumpen vor sich auf den Tisch mit Unmut hin und weint.) Der Bauer (kommt wild und verstört in die Stube, schlägt die Türe grimmig hinter sich zu, wirft Hut und Stecken weg und wischt sich den Schweiß von der Stirne.) Margaret (blickt erschrocken auf): Nun, Mathies, was ist's? Bauer: Nichts ist's. Margaret: Nichts? Bauer: Nein, nichts — gar nichts — nirgend nichts! (Zieht ein Papier aus der Tasche und wirft's wild auf den Tisch.) Da hast du's. Margaret: Aber der G'vatter hat's uns doch gestern noch versprochen — bei Mund und Hand versprochen. [8] Bauer: Das ist wahr! Aber heut redt er ganz anders. Margaret: Ja warum denn? Bauer: Weil ihm's der Verwalter aus dem Sinn geschwatzt hat. Margaret: Hat er das gesagt? Bauer: Er nicht. Er hat sich gar nicht sehen lassen vor mir. Aber die G'vatterin ist endlich mit der Farbe 'rausgegangen. Es seien itzt gar gefährliche Zeiten, man wisse nicht, wie's gehe, und der gestrenge Herr hätt's ihnen halt gar sehr mißraten; auch seien sie itzt selbst nicht bei Gelde. Verstehst du, Margaret? Margaret: Das ist mir unbegreiflich. Wir haben ja nicht mehr als 1000 Gulden Schulden auf dem Hof, und um 4500 Gulden haben wir gekauft, und die Sache ist ja durch uns nicht schlechter, sondern besser geworden. Der Gevatter wußte ja, wie wir stehn. Bauer: Das hilft alles nichts. Kennst du denn die G'vatterin nicht, die alte Zange, die alles zusammenscharren, jeden Blutstropfen aussaugen und jedem
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das Mark auspressen will, wenn er sonst nichts mehr hat? Sie steckt immer beim Verwalter, und da handeln und wuchern die zwei. Gott sei dem gnädig, der in ihre Klauen fällt! Weißt du, wie sie's dem Lenzenbauern gemacht haben? Margaret: J a , das ist ganz was anders. Er hat schlecht gewir tschaftet und war überschuldet. [9] Bauer: Das will man aber. Itzt sitzt ihre Base auf des Lenzens Gütl, der man es um ein Spottgeld eingespielt hat; und weil ich ihr den Krautacker, der an Lenzens Garten stößt, nicht so gegeben habe, wie s' ihn hat haben wollen, um das Sündgeld, seitdem ist sie mir spinnenfeind. Nun, heißt's, wollen wir ihn mürbe werden lassen; wenn ihm niemand mit Geld hilft, so muß er wohl eins nach dem andern verkaufen und zuletzt — vom Gütl abziehen. Verstehst du; man läßt den Vogel zappeln, zappeln — bis er tot ist; denn nimmt man ihn leicht aus der Schlinge. Margaret: Was du dir einbildest, Mathies! Unser Herrgott wird uns dafür bewahren. Er wird uns wohl noch gute Leute schicken, die uns helfen. Bauer: Gute Leute? Gute Leute! Lauf das Land auf und ab, und bring mir nur einen Menschen, der es noch ehrlich mit seinem Nächsten meint und ihm aus der Not hilft. J a , wenn es ihnen was einträgt; aber sonst nicht. Sie lassen dem Geier die Taube nicht; aber nur — um sie für ihren Gaumen braten zu lassen. Margaret: Geh doch! Du meinst es nur so, weil dir itzt der G'vatter umgesattelt hat. Bauer: Ich bin nicht bei dem allein gewesen. Margaret: Bist zum gestrengen Herrn auch gegangen? Bauer: Zum gestrengen Herrn — ja, und hab' ihm die Freud gemacht, mit der Not [10] eines ehrlichen Mannes sein Bubenspiel treiben zu können; der höhnische Schurke, der! Itzt sei keine Zeit, sagte er, ich sollte mich nur gedulden; es würde ja so lang nicht mehr dauern. Aber ans Geldborgen sei itzt nicht zu gedenken; jedermann, wer noch etwas habe, halte sorgfältig zurück, und die gnädige Herrschaft sei itzt selbst durch den Krieg gar übel hergenommen worden, und sei noch bei weitem keine Aussicht auf bessere Zeiten da. Nun machte er gleich einen Sprung auf die Abgaben, daß sie so saumselig von den Untertanen entrichtet werden, und erinnerte mich an die Kriegssteuer und — ich bitt' dich, Weib, laß mich an den Kerl nicht mehr denken! Margaret: Wenn nur der gnädige Herr selbst bald wieder käme! Bauer: O du dummes Ding! Hast du einmal was anders von ihm gesehen oder gehört, als daß er gekommen ist, Geld abzuholen, auf die Jagd zu gehen oder eine Mamsell zu besuchen, die im Schlosse ihrem Wochenbette abwartete? Margaret: Aber du bist heut doch recht feindselig. Unser Graf ist ja der beste Herr von der Welt, mit jedermann so freundlich und so gnädig. Bauer: Schweig still! Du redst, wie du's verstehst. Das ist nicht gnädig, nicht menschenfreundlich, nicht edel von dem gnädigen Herrn, wenn er hie und da einem hübschen Bauernmädel in Weg steht, es in die Backen kneipt und schäkert 26
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oder einem Kinde, das [ 1 1 ] ihm gerade wohlgefällt, einen neuen Groschen schenkt oder dem Bauer am Pfluge auf die Achsel klopft und ihm die Gnade antut zu fragen: Nun, wie geht's, lieber Alter? und, sobald ihm dieser auf das Wie gehts? die rechte Antwort gibt, ihn mit dem kahlen Tröste abspeist: Na, seid nur ruhig, guter Freund! Wird alles recht werden. Will schon mit dem Verwalter sprechen. — Und damit ist's ärger als zuvor. Du weißt ja noch, Margaret, wie's der Schurke von Verwalter dem Goribauern gemacht hat. Der Graf hatte dem Dorfe kaum den Rücken gekehrt, so ist der arme Teufel schon im Stock gesessen; und seitdem ist er gehudelt und gequält wie eine verdammte Seele. Das ist nicht gnädig, Weib! So gnädig ist jeder lustige Bruder; aber das wär' menschenfreundlich, das wär' edel, da wär' er wahrhaft ein gnädiger Herr, wenn er selbst für das Wohl seiner Untertanen sorgte, wenn er sich Mühe gäbe, den Schurkenstreichen seines Verwalters auf dieS pur zu kommen, und ihn sogleich davonjagte; wenn er die wahren Bedrängten fleißig aufsuchte, um sie durch schnelle Hilfe bei Ehren und häuslichem Wohlstande zu erhalten; wenn er mit dem Pfarrer statt den großen Gastereien, Spazierfahrten und Spazierritten gemeinschaftlich sich über die beste Art und Mittel, das Wohl seiner Untertanen zu befördern, beratschlagte; wenn er in Zucht und Ordnung, Frömmigkeit und einem erbaulichen tugendhaften Lebenswandel selbst mit seinem Beispiel der Gemeinde vorginge; aber von allem dem hast du gewiß dein Lebetag nichts gesehen und gehört; ich [12] auch nicht. Das weiß ich, wenn der Graf wiederkommt, so braucht er Geld und braucht's geschwind und braucht viel, und da bekömmt sein Schliffel von Verwalter, unser Blutigel, den Auftrag, es herzuschaffen, das heißt, uns auszusaugen; wir mögen dann unter seinen Klauen ächzen und wimmern, wie wir wollen, der Graf ist in der Residenz bei den andern und läßt sich mit andern wohl sein. Da, Weib, hast du den gnädigen Herr[n]! Margaret: Ach! du machst mir völlig bang. Weißt du was? Der Herr Pfarrer hat auch immer Geld vorrätig. Bauer: Aber nicht für uns. Bin bei ihm gewesen, hab' ihn gebeten um Gotts willen mit aufgehobenen Händen; ich könnte, meiner Seele! zu keinem Heiligen inbrünstiger um Hilfe rufen. Aber da presse ich leichter aus altem dürren Holze, und sollte es dreißig Jahre in der Luft gelegen sein, noch einen Tropfen Saft als aus dem alten Kornjuden — Gott verzeih mir's! — nur einen Gedanken von Menschlichkeit. Da sind sie dir vor mich hingestanden, er und seine Köchin, gewinselt und gejammert über die traurigen Zeiten, die Hände gerungen — es kann dir's kein Gassenbettler ärger machen. Drauf kam er mir gleich, daß von Sonntag zu Sonntag das Opfer geringer würde, daß fast gar keine Meßgelder mehr eingehen, daß niemand der Kirche und Gott zulieb was tun wolle, und sei halt kein Glauben mehr unter dem Bauernvolke. [13] Ich hätt' ihn auf der Stelle niederschlagen mögen. Margaret: So geh ins Kloster. Sieh, deine Schwester kann dir bei der würdigen Frau Mutter ein Vorwort einlegen. Bauer: Weib, du bist heut voll guten Rats.
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Margaret: Je, warum dann nicht! Du hast ja noch von deinen Eltern 400 Gulden im Kloster liegen. Bauer: Und bleiben liegen. Margaret: Warum denn? Bauer: Wenn du mich nur nicht fragtest! Ich muß dir's verzeihen; du bist mein Weib und meinst es gut; — aber ein anders, wenn's wäre als du — ich hätt's schon längst in ein Eck hineingeworfen. Margaret: Ach, lieber Mathies! Sei nur nicht bös; ich will gern nichts mehr sagen. Aber . . . Bauer: Nu, merk auf, Alte! Ich will dir das Stückl mit den Klosterfrauen auch noch erzählen. Die sind ärmer als wir alle. Sie sind ganz ausgesaugt- durch Kontribution, Requisition, Kriegssteuer, Salvaquardi 18 — und weiß der Himmel, was sie mir noch alles vorgewinselt haben. Es bleibt ihnen kaum mehr die tägliche Nahrung. 0 die Höllenbrände! Ich glaube, sie sind an'n Teufel verpfändet, die Menscher! Margaret: Jesus Marie! Sei still! [14] Bauer: Es ist nicht anders. Reut mich kein Wort. Bring ihnen einmal ums andere Butter, Schmalz, Eier oder so was — doch daß es der Mühe wert ist — für die Porte; wie freundlich, wie zuckersüß sie da sind! Oder willst du's noch besser haben, führ ihnen ein hübsches Kalb, ein Faßl guten Wein ins Kloster; da bist du das braveste, gottsfürchtigste Weib von der Welt, und der Himmel kann dir gar nicht ausbleiben. Da heißt's: Nu Gott vergelt's euch tausendmal; ihr seid doch noch eine gute Seele und habt Religion. Ist gar selten itzt bei diesen schlimmen Zeiten. Unser Herrgott im Himmel wird's euch vergelten; wollen euch einschließen in unser unwürdiges Gebet. Traut nur fest auf Gott, und weicht von dem rechten Wege nicht ab, auf dem ihr itzt seid. (Das heißt: Kommt bald wieder so!) Dann trippelt eine fort und bringt dir ein Rosenkränzl oder ein Skapulier, und damit bist du auf einmal reich. Kommst du aber in der Not und brauchst einmal selbst ihre Hilfe, da weist man dich mit Schimpf und Grobheit ab, und die Klosterporte bleibt dir so fest verschlossen wie eingefroren. Kannst höchstens noch mit dem Bettelgesindel um die Suppe anstehen. Margaret: Aber deine Schwester! Bauer: Ist wie die andern. Hätt's auch nicht geglaubt von ihr. Ich bin nur ihr guter, iieber Bruder gewesen, solang ich ihr was gegeben habe und was geben konnte; itzt — aber das Rackermensch soll mich in ihrem Leben nicht mehr zu Gesicht bekommen. [15] Sie hat keinen Funken schwesterlicher Liebe in ihrem zusamm'geschrumpften Herzen. In die ist der wahre Klostergeist gefahren. Nicht einmal eine Mittagsuppe haben sie mir gegeben — mir, der ich ihnen so viel Gutes getan habe. Margaret: Und deiner Schwester so viel hineingebracht! Bauer: Leider Gott! Ich und mein jüngster Bruder mußten die Einfalt unserer Eltern — Gott hab' sie selig! — teuer genug büßen. Was das Pfaffengeschmeiß 18
Salvaquardi =
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Sauvegardes.
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an sich gebracht und an sich gerissen hat, wurde uns abgestohlen. Meinen Bruder ließ man ein paar tausend Gulden verstudieren, um einen eingekutteten Tagdieb aus ihm zu machen. Und meine Schwester, ein lustig's, braves, sauberes Mädel (itzt sieht's aus wie alle sieben Todsünden in eine zusamm'geschmolzen), das einen wackern Purschen mit ihrem Gelde hätte glücklich machen können, mußte den Schweiß meiner Eltern ins Kloster tragen; und solang sie lebten, war des Gebens und Zusteckens kein Ende. Dafür siehst du aber auch das Haus voll Bilderln und Taferln. Margaret: O lieber Gott im Himmel! Was ist nun anzufangen? Wir sind rein ausgeplündert, haben keinen Kreuzer Geld im Haus; nicht einmal ein Stückl Brot könnt' ich den Kindern geben; hab' sie unterdessen zur alten Base gehen lassen. Um Gottes willen, wenn's doch einmal Friede wäre! [16] Bauer (mit einem wehmütigen Blicke zum Himmel): J a , lieber Gott! Friede! Ruhe vor den Soldaten und den Verwaltern! Aber Weib, das erleb' ich nicht. Wenn es so bleibt, wie es von jeher war, so nützt uns der Friede nur da2u, daß wir['s] mit strengerer Arbeit, mit genauerer Häuslichkeit, mit Anstrengung all unserer Kräfte dahinbringen, daß wir die Schulden der Großen zahlen, ihre leeren Kassen wieder füllen; für Befriedigung neuer Begierden und Einfälle zu arbeiten; für die im Krieg gebliebenen oder zu Krüppeln gemachten Buben neue zu erzeugen, um sie vielleicht einmal an den Großmogl zu verhandeln, wenn es sonst nirgends Krieg gibt. Schau, diesen Trost gibt mir der Friede. — Aber was nützt uns all der Jammer und das Geschwätz, Weib! Es muß Geld hergeschafft werden. Weißt du was? Ich will in die Stadt gehen zum Menzelbräu; haben viel miteinander gehandelt; ist ehrlich und redlich mit mir umgegangen — noch ein alter Teutscher. Aber wenn diese Hoffnung auch fehlschlagt . . . Margaret: Was wollten wir tun? Müßten halt endlich doch der G'vatterin den Krautacker geben. Bauer: Weib! Eher zünd' ich Haus und Stadel an und stürz' mich ins Feuer. Gott verzeih mir meine Sünde! Nein, unser liebe Herrgott wird uns nicht ganz dem Wucher und der Ungerechtigkeit preisgeben. Sei getrost! Morgen mittags bin ich wieder da.
40. Wohlverdientes Todesurteil des Joseph N., vulgo Patriot, welcher auf höchste Anbefehlung eines Kurfürstl. hochlöbl. Hofrats allhier in München wegen teils einbekannt, teils überwiesenen, höchst vermessenen und tollkühnen Verbrechen der Verfassung der aufrührerischen Schrift Wahrer Überblick der Geschichte der bayerischen Nation, sohin puncto criminis perduellionis nach dem klaren Inhalt des wohlbestellten Kriminalkodex P. I, c.8, § i und anderen Aggravantien (beschwerenden Umständen) heut, Samstags, den i i . Oktober 1800, in einer Kühhaut eingenäht zur Richtstatt geschleipft, auf dem Wege öfter mit glühenden Zangen gezwickt und allda lebendig mit vier Pferden zerrissen und so vom Leben zum Tode hingerichtet worden; die vier Viertel werden nebenbei zu einem abschreckendem Beispiele auf den Landstraßen der Landesgrenze auf Viertelgalgen, der Kopf aber hier auf einem besondern Hauptviertelgalgen mit der Überschrift aufgehangen: Strafe in diesem Lande für Gelehrsamkeit, Vaterlandsliebe und Aufklärung. Endlich wurde all sein Hab und Gut dem Fiskus heimgeschlagen 1
Urgicht [ ] Gegenwärtig vor dem Krimmalgericht öffentlich vorgestellter Übeltäter h a t in den mit ihm gütlich vorgenommenen Verhören quoad Generalia ausgesagt: Erstens: D a ß er Joseph N. heiße, 40 Jahre alt, in einem Dorfe Bayerns, w o seine Eltern Bauersleute waren, geboren, katholischer Religion, verheurateten Standes, mit 3 Kindern versehen und seiner Profession ein Gelehrter sei. Die hierüber eingeholt eidliche Erfahrung bestätigt zwar des Malefikanten Aussage, gibt aber noch weiter, daß Malefikant schon in der Wiege von seiner Mutter zum geistlichen Stand des benachbarten Klosters verlobt und deswegen zum Studieren gegeben wurde, wo sich zwar Malefikant sowohl in seinen T a lenten als besonders guter A u f f ü h r u n g vor all anderen auszeichnete; allein schon da zeigte sich öfter an ihm ein subordinationswidriges Betragen und ungewöhnliche Kühnheit, da er sich immer um seine Kameraden annahm, wenn diese Kleinigkeiten halber Schillinge und Spaniole oder sonst Schläge 1
Flugschrift, in der ersten Oktoberhälfte 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Ohne selbständiges Titelblatt, 10 S., unpaginiert, 8". Bayerische Staatsbibliothek zu München.
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bekamen, und sehr frevelhaft äußerte, daß die aufgestellten Lehrer eher zu Hausknechten als zu Erziehern tauglich wären, korrigierte sie öfters selbst und sagte, ohne sich hierüber strafen zu lassen, ihnen immer die bittersten Wahrheiten ins Gesicht; und wie er, den Willen seiner Eltern zu erfüllen, schon mit dem 16. Jahre in dem benachbarten Benediktinerkloster sich einkleiden ließ, hatte er immer mit seinen Obern und dem Novizenmeister Händel, vernachlässigte öfter den heiligen Chor, um diese Zeit höchst sträflich auf das Lesen seiner verderblichen Bücher zu verwenden; nannte auch die asketischen Übungen sowie andere Novizengebräuche Dummheiten und niedrige Handlungen und begehrte endlich seine weltliche [ ] Kleider wieder, unter der Erklärung, daß er es unter seiner Menschenwürde finde, sein Leben auf Kosten des Landes bloß dem Müßiggange, Dummheit und dem Wohlleben zu widmen; daß er sich betrogen fand bei seinem Eintritt ins Kloster, indem er sich daselbst den Wissenschaften widmen und so seinen Mitmenschen nützlich werden zu können glaubte. Gern gab man ihm daher seine Kleider zurück und schickte ihm alle Flüche nach. Bei seinem Austritt aus dem heiligen Orden begab er sich auf Universitäten und Reisen und kam so mit dem vollen Aufklärungsgifte in sein Vaterland zurück und trieb dann, ungeachtet er gut zu leben hatte und als rechtschaffner Mann alle Achtung genoß, seine Profession mit allem Eifer fort. Quoad Specialia konnte aber Malefikant zu keinem Geständnis gebracht werden; es wurde also die Tortur mit ihm vorgenommen, und erst bei der dritten unter Anwendung des .Bocks konnte er zu einem gütlichen Geständnis vermocht werden, wobei er immer die frevelhaften Ausflüchte nahm, als könnte oben berührtes Gesetz während der Besitznahme des Landes von den französischen Truppen nicht auf ihn angewendet werden; die Menschen treten in solchem Zustande rücksichtlich ihrer Meinungen in die natürlichen Rechte zurück, wenigstens stünde die Polizei unter der französischen Militärregierung, und so müßte die Preßfreiheit vielmehr gehandhabt werden; ein. solches Kriminalverfahren sei wider alle Politik, gesunden Menschenverstand, ja selbst offenbar gegen den 8. Artikel des Waffenstillstandes, nach welchem kein Untertan weder der den Armeen geleisteten Dienste noch seiner politischen Meinungen oder andern tätigen Anteils an dem Kriege halber in Anspruch oder Verantwortlichkeit gezogen werden könnte; allein der Kurfürstl. hochlöbl. Hofrat konnte hierauf gar keine Rücksicht nehmen, da ihm von der höchst preislichen Hofkommission das strengste Verfahren anbefohlen wurde 2 und er sich bloß als die Maschine der Hof befehle und veralteten Gesetze betrachten könne, weswegen hochselber schon am 22. August obiges Verbrechen und genannte Todesstrafe dekretierte, ohne noch den Täter zu haben, um nur seinen Diensteifer eilfertig genug zu erkennen zu geben; wie dann auch große Geldsummen auf diesen Kopf gesetzt wurden, und endlich [ ] die in solchen Fällen gar tätige Polizei den Übeltäter ausspähte, der dann sogleich in den Falkenturm übersetzt wurde; somit gestund Malefikant: 2
Verfügung vom 2 1 . 8. 1800.
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jmo. j ) a ß e r v o n jeher e j n Verfechter der Menschenrechte, der Rechte der unglücklichen Bauern und Bürger und anderer armer Leute gegen die Anmaßungen des Adels und der Geistlichkeit war; daher in mehrern Schriften und all seinen Handlungen bloß den Bauern und Bürgern das Wort führte und gegen die Mißbräuche und Mißhandlungen, die der gemeine Mann in seinem Vaterlande leiden muß, loszog, wie er auch deswegen öfter schon der Inquisition unterlag. Die eidlichen Erfahrungen bewähren alles dieses und geben die besonderen Umstände an, daß Malefikant dem hochwürdigen Stande der Geistlichkeit vorwarf, als täten die Mönche in den Klöstern bloß fressen und saufen, Weiber und Mädchen ihrer Nachbarschaft verführen, sich auf die faule Haut legen und ihre Untertanen mit Scharwerken und immerwährendem Zahlen zu Bettlern machen; daß der Weltpriesterstand, besonders in der Regensburger und Augsburger Diözes', um kein Haar besser wäre, sich weder um die Erziehung noch um das Wohl ihrer Pfarrkinder, sondern blöß um die Opfer, Stollgebühren und genaue Einbringung des großen, kleinen und Blutzehents bekümmere und durch auffallende Rohheit sich vor andern auszeichne etc. etc. Dem hohen Adel warf er vor, daß die Adeligen durch ihre Verwalter und Schergen die Bauern ganz ausziehen lassen und dann alles am Hofe verschwelgen; daß sie zur Schande der Nation meistens ohne Erziehung und gesunden Menschenverstand wären und doch die ansehnlichsten Stellen im Staate bekleideten, nebenher durch ihre schlechte Hauswirtschaft und Eitelkeit bis über die Ohren in Schulden steckten; daß bei jedem solchen Todfalle eine schreckliche Gand ausbreche und dabei wieder nur die guten Bauern und Bürger um ihren Verdienst und um ihr Geld geprellt wären, weil sich die Nachfolger immer auf die Fideikommisse, den wahren Deckmantel aller Betrügereien, bewerfen. Sogar die hohe Landschaft ließ er nicht in Ruhe und lästerte sie, als sei sie grundschlecht bestellt, verzehre bloß ihre Besoldungen und Deputaten um nichts; sie müßte also anders gebildet und mittels eines Landtages auch von Bürgern und Bau[ ]ern besetzt werden, damit so das wahre Interesse des Landes besorgt und gegen die Anmaßungen des Hofes die Nation immer vertreten würde. Er tadelte überhaupt die Privilegien und althergebrachten Vorzüge der Stände als ungerecht, besonders die Steuerfreiheit, die Laudemien, Taxschneidereien, überhaupt die niedere Gerichtsbarkeit, die Scharwerke und den Zehent, und dergleichen Lästerungen mehr. 2d0" Daß er wirklich der Verfasser der Schrift Wahrer Uberblick der Geschichte der bayerischen Nation etc. sei, wobei sich Malefikant zwar immer darauf bewarf, ob denn nicht alles, was diese Schrift enthielte, lautere Wahrheit sei, welches jedoch nicht zu widersprechen ist; man hat ihm aber vorgehalten, daß die Verbrechen dabei hauptsächlich die wären, weil er es Unsinn nannte, daß Se. Kurfl. Durchl. etc. zwölftausend Mann an England wie eine Herde Ochsen verkauft habe, welches sich noch kein bayerischer Landesfürst erlaubt hätte; ferner, weil er gegen das Erzhaus Österreich loszog, als hätte dieses nicht von jeher es mit Bayern zum Besten gemeint, und endlich, daß er sogar der bayerischen Nation anriet, sich vereint mit den ebenso unglücklichen Schwaben
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und Franken eine neue Konstitution oder vielmehr die alte Verfassung wiederzugeben, die dem wahren Sinne der katholischen Religion und den Menschenrechten angemessen wäre, sohin wahren Wohlstand und Glück nicht bloß für den Adel und die Geistlichkeit, sondern auch für Bürger und Bauern bewirkte. Konstitut beharrte in allen mit ihm vorgenommenen Verhören darauf, konnte zu keiner Reue gebracht werden, ja sagte noch vielmehr erst in seinem letzten Verhör, er müsse diesen abscheulichen Menschenverkauf allzeit Unsinn nennen, und dieser Unsinn hätte sich vergrößert, daß man nachhin wieder mehrere tausend Bauerssöhne aus dem Schöße ihrer Familien riß, beim Anrücken von 6000 Franzosen hier diese Landesverteidigungsarmee von 15 000 Mann die Flucht ergriff, mit Stecken anstatt militärischer Waffen in der Nacht ausmarschierte und sogar die Gewehre in dem hiesigen Zeughause im Werte von 2 bis 3 Millionen vergaß; daß man dann diese Truppen ohne Montur und andern Erfordernissen in den Wald und in die obere Pfalz führte und [ ] da von Elend und Ungeziefer beinahe aufzehren ließ; endlich erst jüngst am ersten September gegen die heiligsten Versicherungen in den Mandaten auch alle diese Leute wieder an Engeland verkaufte — und alles dieses zu einer Zeit, wo der Obergeneral Moreau öfter dem Kurfürsten den Frieden anbieten ließ und ihn bewegen wollte, seine Truppen zurückzuziehen und so das Land zu retten; zu einer Zeit, wo sich's durch die Präliminarien aufgedeckt hat, daß die bayerischen Truppen streiten müssen, um den Innstrom — ihr Land — zu verlieren. Und wie gut es Österreich mit Bayern meine, fuhr er weiter fort, davon zeuge die Geschichte hinlänglich. Noch in jedem bayerischen Dorfe," Markte oder Städtchen könne man erzählen, wie oft es durch die Österreicher in den vorigen Kriegen geplündert und abgebrannt worden; daß Österreich ein Stück nach dem andern von Bayern nahm und die Bayern den Österreichern doch wieder zu Hilf eilten, wenn sie die Türken schreckten, wenn ihnen Preußen zu Leibe ging; wie gut Österreich in dem gegenwärtigen Kriege für das Reich, d. i. für Bayern, Schwaben, Franken und die Rheinländer denke, davon lägen die klaresten Proben vor Augen: denn nicht allein, daß es diesen schrecklichen Krieg ganz allein auf Kosten dieser Länder führte, so hat es in dem Frieden von Campo Formio sich allein alle Vorteile eingeräumt und, ohngeachtet es durch geheime Artikel schon alles für sich und Frankreich berichtigte, doch hierüber ein Jahr lang im Kongreß zu Rastatt eine Menge Gesandte auf it osten der Länder einander abschreien lassen. Und wie nun unter dem Trotze der russischen Waffen der Krieg aufs neue anfing, hatte das Reich wieder das vorige Schicksal, wurde aufs neue betört, und wie Bayern dabei seine äußersten Kräfte aufbot, itzt schon lange den schrecklichen Kriegsschauplatz von beiden Armeen vorstellt und alle seine Söhne, ja den letzten Pfenning dazu hergeben muß, so weigerte sich Österreich doch, die Präliminarien zu unterzeichnen,3 weil darin nicht die Inngegend, der wichtigste ' Präliminarien vom 28. Juli 1800, worin die Österreich in den geheimen Artikeln von Campoformio versprochenen Entschädigungen nicht in Bayern, sondern in Italien gesucht werden sollten.
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Teil Bayerns, den Österreichern eingeräumt und so Bayern ganz aufgerieben ist, daher itzt der bekannte Minister Lehrbach nach Paris eilt, um dieses noch zu bewirken. Unterdessen hat Österreich die 3 Reichsfestungen ausgeliefert4 und zwar nur für die Erhaltung seines Geschützes gesorgt, das der alliierten Reichsstände [ ] aber den Franzosen überlassen. Malefikant glaubte daher im dritten Punkte, daß es wohl Zeit wäre, daß Deutschland, besonders Bayern, Schwaben und Franken einmal aufwachten, ehe alles zugrund geht, alles der Verzweiflung unterliegt; wie ohnehin schon in Schwaben mehrere Landleute und Bürger Haus und Hof verlassen mußten, auch itzt in Bayern schon dieses traurige Los eine Menge Familien trifft. — Man ließ den Malefikanten nun nicht mehr weiterreden, und da man sah, daß er nicht nachließ, den unempfindlichen Kommissarien die derbsten Wahrheiten ins Gesicht zu sagen und dadurch seine Verbrechen zu vermehren. In diesen nun mit eidlichen Erfahrungen belegten Verbrechen bestehen des gegenwärtigen, der menschlichen Gesellschaft zwar sehr nützlichen, dem Hofe, Adel und der Geistlichkeit aber sehr gefährlichen Übeltäters begangene Verbrechen; weswegen derselbe von einem Kurfl. hochlöbl. Hofrat zu seiner wohlverdienten Bestrafung, andern derlei liederlichen Gesindels von Gelehrten, Volksfreunden und Patrioten, überhaupt solcher Bürger und Bauern, dann aller armen Leute Freunde und Unterstützer aber zum abschreckenden Beispiele zu der eingangs gedachten Todesstrafe gerechtest und gnädigst verurteilt worden.
Anhang Karl N., pensionierter Rat in München, hatte als Verfasser einer ebenso mit dem crimine laesae majestatis behafteten Schrift Dankadresse an Se. Kurfl. Durchl. etc., in welcher Höchstselben für alle die Wohltaten, die der Kurfürst dem Lande in so kurzer Zeit erwiesen, daß er viele tausend Landeskinder verkaufte, damit und mit den besten Sachen davonlief und so das Land in das größte Elend und Verzweiflung stürzte, daher schon mehrere Familien von den Häusern laufen mußten und zuletzt noch alle Stände wie die Bauern und Bürger Bettelleute werden müßten, gedankt, aber zugleich eröffnet wurde, daß er doch nicht mehr zurück[ ]kommen möchte, indem die Nation nach dem Beispiele anderer und aus sich selbst gelernet hätte, man könne sich regieren, ohne einen glänzenden Hof mit Millionen bezahlen zu müssen und ohne sich durch allerlei Minister mißhandeln oder gar verkaufen dürfen zu lassen. Weil aber der Verfasser sogleich ein reumütiges Bekenntnis ablegte und zugleich versicherte, er werde künftig es sogar als eine höchste Gnade noch ansehen, wenn man ihm 4
Als Preis für die Verlängerung des Waffenstillstandes lieferte Österreich am 20. September 1800 in Hohenlinden die Festungen Philippsburg, Ulm und Ingolstadt den Franzosen aus.
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alles bis aufs Hemd nimmt, den Bauern und Bürgern die Haut über den Kopf abzieht, ja sogar beteuerte, er würde allzeit seinen Landesleuten sagen, sie müßten einen Fürsten haben, der sie nach Laune regierte und dem Lande Millionen verschwendete, und daß er sich schon freue, wenn der glänzende Hof wieder in München einzieht, wo er dann gleich beim Eintritt Vivat gnädigster Landesvater und gnädigste Landesmutter, darin die junge Herrschaft! schreien und sich zum untertänigsten Handkuß hindrängen wird; ja er wolle sogar die ohnehin gute Bürgerschaft von München aufmuntern, daß sie sogleich eine Danksagungsprozession und ein Te Deum nebst Freudenschießen, Illumination halte, auch Deputationen an den gar würdigen Minister Montgelas schicke, daß er seine Staatspolitik gar so gut ausgedacht und handgreiflich zum Besten des Landes verwendet habe. Obschon nun der Verfasser der Dankadresse nach den Gesetzen pcto. criminis laesae majestatis den Kopf verwirkt hat, so ist doch von Amberg aus wegen dieser Reue Gnade eingetreten und die Todesstrafe in ewiges Gefängnis umgewandelt worden, jedoch mit dem Vorbehalt, daß er zu dem freudigen Einzug gelassen und ihm vielleicht gar dann die Gefängnisstrafe geschenkt wird.
Moralrede
[ ] Da hast du deinen Lohn, verwegner Patriot! Lang triebst du mit dem Hof und Adel deinen Spott Und mit der Geistlichkeit — entsetzliches Verbrechen, Das keine Todesart imstande ist zu rächen. Was ging der Armen Los, was ging es dich wohl an, Ob das gemeine Volk, der rohe Bauersmann Mehr oder minder zahlt — zum Lasttier nur geboren —, Ob er geschunden wird, ob glimpflich nur geschoren? So was zu fragen ist die Lust schon ein Vergehn; Noch mehr — so naseweis uns in die Kart' zu spähn. Was je die Fürsten tun, ist alles recht und weise; Ihr Wille ist Gesetz; und wer aus dem Geleise Der alten Ordnung tritt, verdienet gleichen Lohn Mit unserm Joseph da; wird diese Straf ihm dröhn. Des Fürsten Vorrecht ist zu schinden oder scheren, Des Untertanes Pflicht, ihn dankbar zu verehren. Sein ist das ganze Land, sein aller Hab und Gut, Des Landes Jugend und ihr letzter Tropfen Blut. Und darum nennen sie sich auch von Gottes Gnaden Und sind von Gott gesetzt, das Joch euch aufzuladen; Die Salbung heiligt sie, und dieser alte Wahn Macht sie zum Götzenbild, zum Sklav' den Untertan.
Flugschriften aus Bayern
Die Gnade ist für sie, die Last auf euch geladen. Dies, dummes Bauernvolk, heißt Fürst von Gottes Gnaden. Und dem gehört dein Gut, dein Leben, Weib und Kind. Des Schweißes Früchte und — was jeder Pflug gewinnt. Zunächst an Fürsten schließt mit seinen alten Rechten (Bis auf den letzten Mann bereit, sie zu verfechten) [ ] Der hohe Adel sich und wir, die Geistlichkeit, Dem heil'gen Müßiggang und dem Betrug geweiht. Und unser ist das Land, und unser sind die Früchte; Der Erde Seligkeit und köstliche Gerichte Sind für die Großen nur; der rohe Bauersmann Ist bei dem Gerstenbrot noch immer gut daran. Er kennt kein besser Los und darf es auch nicht kennen, Sonst würde er sich gleich nach unsern Tafeln sehnen. Genug, von Alters her ist das schon ausgemacht, Und ist uns der Besitz der Erde zugedacht. Doch haben wir dabei das Volk nicht ganz vergessen Und, was es hier verliert, ihm jenseits zugemessen. Sind wir Hier in Besitz, so, Bauern, freuet euch — Zwar noch nicht ganz gewiß — dereinst aufs Himmelreich! Doch Freuden dieser Welt, die sich vor euch nicht schicken Und nur erfunden sind, die Großen zu beglücken, Verlanget tollkühn nicht; kömmt so was euch in Sinn, So schlagt es aus und denkt: das Himmelreich ist hin. Bleibt dumm, so bleibt ihr gut und lebt nach unserm Willen Und werdet den Befehl der Herrschaft gern erfüllen; Hängt ihr den Grillen nach und wollt gescheiter sein, So speit der Teufel euch bald dies, bald jenes ein. Doch das Kapitel euch ganz kurz und gut zu lesen, So wißt, die Großen sind ein weit erhabners Wesen Als das gemeine Volk; sie wohnen im Palast Und zehrn von euerm Schweiß und spotten eurer Last. Die hohe Geistlichkeit ist ihre erste Stütze Und schleudert auf Befehl des Hofes ihre Blitze Auf des Verwegnen Haupt, der auch ein Mensch will sein Und sich des Menschenrechts als freier Bürger freun. Die Fron' und Leibgeding, den Zehent und die Pfründen Samt dem Gerichteszwang mit Rechtes Schein zu gründen, [ ] War lange unser Tun, durch Macht und durch Betrug Euch alles rein zu raub'n, zu lassen nur den Pflug. Dies tausendjährig' Werk wird jedes Unternehmen, Das seinen Sturz bezweckt, durch Rad und Galgen lähmen. Es ist ein heilig' Recht, besiegelt durch das Blut Der Nation — das Recht auf euer Hab und-Gut.
Jakobinische Flugschriften Du, Joseph, hast es heut durch deinen Tod bewähret, Daß man nicht ungestraft in unsrer Ruh' uns störet. Schaut her und zittert, ihr, die noch mit starren Sinn Nach Landes Wohl und Glück des Volkes sich bemühn. Laßt ab von euerm Wunsch und tollem Unternehmen! Ins Joch den regen Geist! Dazu euch zu bequemen, Sind Kerker und Schafott bereit dem Biedermann, Der noch auf Rettung denkt für Volk und Untertan. Du aber, Bauersmann! Du arbeitsamer Bürger! Verehr in Staub gedrückt uns, deines Wohlstands Würger, Und hoffe ja nicht mehr auf eine beßre Zeit; Ein Sklav' wie du, verdammt zur ew'gen Dienstbarkeit, Hat wie dein Ochs am Pflug nach harten Arbeitstagen Auch keinen andern Trost, als daß er wird geschlagen. Bis dahin zahlt und front, arbeitet ohne Ruh'; Wir sehen euch bequem mit vollen Wanste zu. Doch eurer Arbeit Last, nicht Kummer und nicht Leiden, Wird euch ein besser Los, wird Mitleid euch bescheiden. Wir sehen ohn' Gefühl bei ein-em Glase Wein Dem Dinge lustig zu; denn alles muß so sein. Genuß ist nur für uns, für uns des Lebens Freuden; Euch bleibt der Arbeit Last, Verachtung, Druck und Leiden. Nur dafür ist das Volk; es darf nicht anders sein, Sonst fiel der Staaten Bau, der Thron und Altar ein. Dixi! Gesprochen von dem Galgenpater.
41. Die Zeichen der Zeit oder die letzten Zuckungen des Adels und der Pfaffen in Bayern, Köln bei Peter Hammer Jahr IX 1
[ ] D a liegen sie, die stolzen K a s t e n t r ü m m e r , E h m a l s die G ö t z e n dieser W e l t ! D a liegen sie. v o m fürchterlichen S c h i m m e r D e s b l a s s e n T a g s erhellt. 2
[ ] Vorerinnerung [ ] Als Kurfürst Maximilian Joseph II. angefangen hatte, den weisen Regierungsgrundsatz aufzustellen und praktisch zu machen, daß die Quintessenz der Nationalbestandteile in dem Bauernstande bestehe, daß diesem von den Landständen auf dem Steuerbewilligungswege die Menschen- und Bürgerrechte gestohlen worden und daß diese ihre Usurpationen unter dem Deckmantel des Rechts, welcher von den ungerechten Rechtslehrern gehalten wird, gegen jede vernünftige Abänderung mit Gewalt zu unterstützen suchen und daß so [IV] lange in Bayern kein System gefaßt werden kann, bis nicht der Bauer zur Gleichheit der Rechte emporgehoben werde, und der Kurfürst seine Regierungsmacht darnach einrichten wollte, so hat der Adel und die Priesterschaft ein Zetergeschrei dagegen angefangen und den Fanatismus dagegen angefacht. Sie wußten es gleich dahin zu bringen, daß ein feiler Minister die Vorliebe zum Soldatenstand ausbildete, um den Kurfürsten gewiß in auswärtige Verlegenheiten zu versetzen, über welche er die innern Einrichtungen vergessen sollte, um so hernach die allgemeinen Blutszenen vorzubereiten. Ein angesehener Ritter sammelte die Gemeinstimme der Aristokraten und schrieb auf einen halben Bogen unter dem Titel: Maximilian Joseph II. ans Herz und Ohr gesprochen, mit dem Motto: Vitam impendere vero.3 Dieser Ritter muß als 1
F l u g s c h r i f t , im S e p t e m b e r 1800 wahrscheinlich in M ü n c h e n erschienen; die O r t s a n g a b e ist ebenso fingiert wie der g e n a n n t e V e r l e g e r P e t e r H a m m e r , ein N a m e , der h ä u f i g zur I r r e f ü h r u n g der Z e n s u r b e h ö r d e n b e n u t z t w u r d e und schon 1662 im Französischen
als Pierre M a r t e a u
leeren Zwischenseiten X 2
E r s t e Strophe
+
in E r s c h e i n u n g t r a t . M i t T i t e l b l a t t und
des G e d i c h t e s „ D i e F ü r s t e n g r u f t " v o n Christian D a n i e l Friedrich
Schubart (1739—1791),
aber d a d u r c h a b g e w a n d e l t , d a ß an die Stelle v o n „ F ü r s t e n -
t r ü m m e r " das W o r t „ K a s t e n t r ü m m e r " g e t r e t e n ist. 3
zwei
132 S., 8°. B a y e r i s c h e S t a a t s b i b l i o t h e k zu M ü n c h e n .
Graf v o n T ö r r i n g - G u t e n z e l l ; v g l . S. 340 A n m . 10.
Jakobinische Flugschriften
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Repräsentant der Aristokraten angesehen werden, deswegen ist das aus seiner schwarzen Seele Niedergeschriebene für den Gemein willen der Adeligen zu halten. Es sind die Krümmungen eines Wurmes unter dem Tritte des Menschen ; [V] die Wendungen des Unrechtes unter dem schweren Hammer dès Rechts. Der Aufsatz wurde nicht gedruckt, sondern er rollte unter den Adeligen und Priestern nur geschrieben herum, welche den Aufsatz mit innigster Wonne lasen und feurig küßten. Man scheute den freien Weg der Publizität und schlich so im Finstern herum, bis dieser Aufsatz auf den schon bestimmten Wegen zur Person des Kurfürsten kam. Mit Mühe und vielleicht — zur Zeit, wo man sich des Sieges schon gewiß hielt — mit scheinbarer Mühe kam der Aufsatz in unsere Entfernung, bei dessen Durchlesen wir mit Unwillen angefüllet wurden, ja manchmal das Herz an der Kehle fühlten. Bald erinnerten wir uns an die Bürgerpflicht, die Nation vor Meuchelmord und ähnlichen Handlungen der Gewaltsherren zu warnen und die angelegten Plane bekanntzuijiachen. Dabei war es uns auch daran gelegen, die Empfindungen bei verschiedenen Sätzen niederzuschreiben und ihnen die Form von Erläuterungen oder Anmerkungen zu geben; und da im Finstern zu schleichen nur das Laster ge[VI]wohnt ist, so ergriffen wir den Weg der Publizität. Dabei können wir unsere Leser versichern, daß hier keine goldene Dosen zu erwerben gewesen sind und wir im Bewußtsein unsers Rechtes über alle Handlungen des Obskuranten gleichgültig wegsehen werden. Da wir unwillkürlich zu den Anmerkungen veranlaßt wurden, so schrieben wir sie auch gerade nach der gehabten Empfindung; daher haben die Anmerkungen kein ganzes Zusammenhängendes, daher mußte manches wiederholt werden. Auch haben wir keine Inauguraldissertation mit Hauptstücken, Abschnitten und Paragraphen schreiben wollen, denn das Gute ist noch nicht da, um es in Ordnung zu bringen, und die Verwirrung systematisch fortzupflanzen überlassen wir den Doktoren als eine für sie geeignete Sache. — Noch erinnern wir, daß unter dem Worte Verf. immer der Verfasser der ersten Nummer gemeint sei. — Freundschaftliche Erinnerungen, welche an die genannte Verlagshandlung portofrei zu schicken sind, nehmen [VII] wir bereitwillig an, um die zwote Auflage darnach ändern zu können; denn wir hoffen, daß uns der baldige Verbot [!] und Untersuchung dieser Schrift durch eine zahlreiche Abnahme zur selben nötigen werden. [VIII] Gegen die falschen
Staatskünstler
Ich hasse die Zweizüngelnden, die um Gold Wie Glas zerbrechen ihre gegebene Treu, Verabscheu' ihn, der Gott nicht scheuet,. Den ein gegebenes Wort nicht bindet ! Dein Rat im Rat des Königes sei gerecht, nicht mit Schattierung täuschender List geschmückt Und nicht vom Eigennutz gesäuget, Der an den Brüsten der Armut selbst saugt.
Flugschriften aus B a y e r n
Des Charons Angel, goldne Geschenke, wirf Hinweg; verschmäh die Stücke von rotem Blech, Und wenn ein Prachtgefäß sich anbeut, Sage: „Mich dürstet es nicht nach Golde." Wer Schmeichelgold verachtet, wer über Gold Erhaben ist, sieht alles zu Füßen sich Und glänzt im eignen Glanz, wie Morus 4 Dort an Britanniens Hofe glänzte. [IX] Gestellet auf den Gipfel der Ehre war Er größer durch die Würde, die er sich gab, Regierend sich wie den Tyrannen; List und Gewalt, weder Furcht noch Liebe Entfernten von der Regel des Rechts ihn nie Ein Haarbreit! Eher wäre die Sonne selbst Aus ihrer Bahn gewichen, mit zerBrochener Achse des hellen Wagens. O blüht'.in unsern Zeiten ein solcher Baum! Des Reiches Apfel flöge, dem Spielball gleich, Nicht hie- und dorthin durch die Lüfte, Wie ihn die Hände der Spieler schlagen. Kein Knabenzwist des Ranges verewigte Des Reichs Verwirrung, Händel und Raubbegier; Der lang verbannte Friede kehrte Jauchzend zurück in der Deutschen Grenze, Und jeder lebt' im Schatten des eignen Baums Ein sichres Leben. Aber das stolze Heer Der Kämmerlinge raubt dies Glück uns, Machiavelle5 des Orkus graben, Kaninchen graben unter dem Boden sie. Gefärbte Weisheit handelt und täuscht und trügt Um schnöden Vorteil. Füchse schleichen Unter des Löwen Gewand; und mancher < Morus, Thomas ( 1 4 7 8 — 1 5 3 5 ) , engl. Staatsmann und Humanist. 5 Machiavelli, Nicolo (1469—1527), ital. Staatsmann und Historiker
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[X] Ahitophel veradeligt sein Geschlecht Durch niedre Listen. Aber die Larve sinkt; Die Sonne bricht hervor durch alle Täuschende Nebel. Da fällt der Gips ab Von buntgemalten Wänden. Das nackte Haus Steht scheußlich da. Sie zitteren am Tagesstrahl, Die Eulen; denn die Mittagssonne Leuchtet am Himmel, und sie verblinden.
/. [] Maximilian Joseph II., Kurfürsten von Pfalzbayern, ans Ohr und Herz gesprochen V i t a m impendere vero.
[ ] Als Du den Thron Karl Theodors bestiegst, da jauchzte Bayern! Über den Hoffnungen, welche Du erwecktest, ward es sogar ungerecht gegen einen Fürsten, der gewiß das Gute wollte; denn an seinem Herzen zweifelten selbst jene nie, die jetzt Dornen und Nesseln auf sein Grab werfen. [4] Aber in Dir ging für Bayern ein neues Gestirn auf, ein Gestirn, das der Nationalkraft, der Nationalgröße, dem Nationalglücke Bayerns neuen Glanz zu geben schien. (1) Wer versprach sich nicht von Deinem Geiste Großes! (2) Wer versprach sich nicht von Deinem Herzen Gutes! (3) Wer jenes hoffte, und wer dieses hoffte — (4) jeder war zu seiner Hoffnung berechtiget, (5) solange er nur das neue, herrliche, leuchtende und erwärmende Gestirn sah und die Trabanten nicht bemerkte, die an dieses wohltätige Gestirn sich hindrängten. Ach nein! die Trabanten — die Trabanten — und abermals die Trabanten. (6) [5] Du wolltest Deinem Volke die höchste politische Freiheit geben, die ein monarchisch regiertes Volk fähig ist. (7) Edel und groß und deutsch war Dein Entschluß! Ein Volk, das glücklich ist, ein solches Volk ist wahrhaft frei. (8) Du wolltest das Glück Deines Volkes, folglich durch eben dieses Mittel seine wahre Freiheit. Aber Du bedurftest Menschen zur Ausführung Deiner Plane; und welche Menschen naheten sich Dir? Welche Menschen erhaschten Dein Vertrauen? Menschen voll Ehrgeizes, voll Oberflächlichkeit, voll falscher oder schiefer Begriffe, voll Egoismus und Sucht zu reformieren, zu herrschen, zu glänzen, zu verwirren und in der Verwirrung zu ernten, wo sie, nicht gesäet hatten. (9) Menschen, einst eingeweiht in die Mysterien und noch jetzt [6] trunken von den Grundsätzen eines Bundes,6 der in Bayern seine erste Rolle spielte und von dort aus die Fürstenstühle und die 6
Gemeint ist der von A d a m Weishaupt (1748—1830), Prof. in Ingolstadt, 1776 gegründete Illuminatenorden, der 1784/85 durch Karl Theodor aufgelöst wurde und dessen Mitglieder schärfsten Verfolgungen ausgesetzt waren.
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Tempel untergrub ! (10) Eines Bundes, der zwar dort unterdrückt schien, dessen Grundsätze sich aber nur desto sicherer fortpflanzten durch die ganze Generation, wenn schon das Schwert des Gesetzes die äußerliche Vereinigung auf einige Zeit hinderte ! Eines Bundes, der durch Ähnlichkeit der Grundsätze und wohl selbst durch eine andere Kette enge verschwistert war mit j ehern Bunde, durch den — kraft eben dieser Grundsätze — Frankreichs Thron, Frankreichs Verfassung, Frankreichs Glück umgestürzt wurde. (11) [7] Edler, erhabener Fürst ! Solche Menschen — Häupter und Schüler des Illuminaten-Bundes — sind die Werkzeuge, die Du — nicht wähltest, sondern — wählen mußtest, weil jene, die Dich umstricken, solcher Menschen bedürfen. O und wer bürgt dafür, daß nicht ein Orléans7 unter ihnen ist ? Mirabeaus 8 und Sieyès, Marats 9 und Barères10 kannst Du mit Händen greifen. (12) Deine Landstände, sie, deren unbestreitbare Rechte durch die heiligsten Verträge gesichert sein sollten — was sind sie, (13) seit Weishaupts Grundsätze mehr gelten als Fürstenwort und Weishaupts Schüler mehr als die Nation, Projektanten mehr als Vaterlandsfreunde, (14) Heuchler mehr als Biedermänner, Kartenhäuser mehr als feuerfeste Gebäude? [8] Nullen sollen die Landstände werden, (15) die man allenfalls zur Not noch hinstellt, um ein Plätzchen auszufüllen ! Und warum? Weil die Plane der Eingeweihten zur allmählichen Staatsumwälzung Bayerns nicht gedeihen können, solange diese Vormauern der alten trefflichen Verfassung Bayerns nicht umgestürzt sind; (16) weil die Landstände es sind, die laut sagen dürfen und sollen, daß Neuerungen jener verfassungs- und erfahrungswidrigen Art, wie man sie jetzt einführen will, mit jedem Augenblicke zum Unglück und Verderben hinleiten. [9] Eine neue Konstitution soll entworfen werden? (17) Schon hat Bayern eine treffliche Konstitution; (18) sie aufrechtzuerhalten, sie zu schützen, dieses allein ist es, was das Glück und die Ruhe des Landes befördern und demselben Gewicht geben kann in der Waagschale Deutschlands. Edler erhabner Fürst! Du willst Dein Volk aufklären? Aber welche Menschen reichen Dir die Fackel des Lichts? Mordbrenner, die dem seine Wohnung anzünden, dem sie nach Hause leuchten! Du willst Preßfreiheit? Gegen Dich selbst werden sie diese gebrauchen, sobald Du Dich ihrer Vormundschaft entziehest. (19) Sie machen Dich mißtrauisch gegen den alten Adel (20) und ungerecht gegen die Diener [10] der Religion, (21) damit sie jede Stütze des Thrones von Dir entfernen. (22) Nun wollen sie Dich noch dahin bringen, allgemeine Toleranz einzuführen. (23) Herrlich haben sie es kalkuliert! Sie kennen Dein Volk, kennen die Anhänglichkeit desselben an die Religion seiner Väter, eine Anhänglichkeit, die 7
Orléans, Louis Philippe Joseph Herzog von, gen. Philippe Égalité (1747—1793), stimmte im Nationalkonvent für den Tod Ludwigs X V I . 8 Mirabeau, Honoré Gabriel de Riqueti Graf von ( 1 7 4 9 — 1 7 9 1 ) , Präsident der Nationalversammlung. " Marat, Jean Paul (1744—1793), Präsident des Jakobinerklubs. 10 Barère de Vienzac, Bertrand ( 1 7 5 5 — 1 8 4 1 ) , Präsident des Konvents beim Prozeß gegen Ludwig X V I .
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unerschütterlich ist und mit Feuer und Schwert nicht vertilgt werden kann. Was wird der Erfolg sein? Sieh auf Frankreich hin! Dort ging män nicht bloß in dieser, sondern in jeder andern Rücksicht den gleichen Gang, den man jetzt in Bayern geht — den gleichen Gang bis in die kleinste Nebenumstände; gleiche Ursachen bringen gleiche Wirkungen hervor. (24) [11] O Fürst, den ich liebe, weil er gut ist, den ich verehre, weil er redlichen Herzens ist! Die Stimme der Wahrheit spricht zu Dir: Du bist verraten! Dein Land ist verraten ! Deine besten Absichten werden zu einem schändlichen Zwecke mißbraucht. (25) Ich breche die Bahn, es Dir zu sagen; aus meinem Dunkel wirst Du mich nicht herausreißen; und entdecken mich auch Deine Erleuchteten, o so werde ich hinstehen für sie und ihnen ins Antlitz sagen, was ich Dir hier ins Ohr und ins Herz sage. Die Zeit wird mich rechtfertigen, und einst drückst Du mir vielleicht selbst noch die Hand für diese Warnung. Ein brennender Zunder liegt neben einer Pulvertonne. (26) Groß und nahe ist die Gefahr, und diese Gefahr ist das Werk derer, die Du als Freunde Deines Herzens und Deines Volks betrachtest. [12] Edler Fürst! Gebrauche Deine Kraft, Deinen Geist, Dein Herz! Sei Mann, sei deutscher Fürst, sei Vater und Retter Deines Volkes! Handle, solang es noch Zeit ist! Die Feinde der Ruhe Deines Volkes handeln schnell. Siege über sie, ehe sie es aihnden! Dann ist der Sieg Dein; der Sieg und der Dank und die Liebe Deines guten Volkes!
II. [ ] Erläuternde
Anmerkungen
Civis erat, qui libera posaet V e r b a animi proferre, et v i t a m impendere vero.
(') [ ] Der Verfasser spricht hier gleich anfangs von Nationalkraft, Nationalgröße, Nationalglück, und man sollte aus diesen Worten schon auf seinen Patriotismus schließen. Allein der Verf. hat hier einen besondern Begriff von dem Worte Nation; denselben unsern Lesern zuvor zu entwickeln, halten wir für nötig. Freilich muß man sich hiebei von aller menschlichen Vernunft entfernen und unter Leitung eines dermal sein Unwesen treibenden Altertumsgräbers sich in die grauenvollen Zeiten des Mittelalters zurückesetzen. Es wird zwar in dem Jahrhunderte der Philosophie und Gerechtigkeit dem Leser ungemeine Mühe [16] kosten, sich noch an dem Zustande der Barbarei weiden zu müssen, besonders da die geschichtlichen Kenntnisse unserer Leser sich über diese Faustrechtsperiode ausdehnen. Wir wollen in kurzen erinnern, daß nach den Zeiten, wo die Heerbannsfolge zertrümmert, die gemeine Ehre verwischet wurde und der wucherische Feudalismus alles
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verschlang, sich auch der Begriff des Eigentumes verlor und der Gemeingeist in lauter Privatinteresse vereinzelt wurde. Aller Schatten des Rechtes verschwand, Gesetzlosigkeit entsteht, und Gewalt wird herrschend. Es war ein mehr als tausendjähriger Zustand der Eigentumsplündetung und der Sklaverei, und dabei ist das Auffallendste, daß die Gerichtsbarkeit das vorzüglichste Vehikel geworden ist, den gemeinen Ma:nn um Freiheit und Eigentum zu bringen.* Der Besitz, natürlicherweise mit Gewalt ertrotzet, [17] war der allgemeine Rechtstitel, welcher den Namen des Herkommen erhalten hat. Dieses Herkommen hat nun die gerichtliche Gleichständigkeit aufgehoben, welches das eigentliche Palladium der Sicherheit des Eigentumes und der Personen war; alle öffentlichen Rechtsverhandlungen hörten auf, und die Justiz wurde der Willkür eines einzigen überlassen, welches die Quelle des Despotismus geworden. Sämentliches Grundeigentum wurde in die Hände einiger wenigen gespielt. Durch List und Gewalt wurden die freien Dienstbauern unter die Leibeigenschaft gedrückt, die ludeigenen Zinsgüter und Vogteien in bloße Emphiteus, ja wohl gar die menschliche Vernunft empörende Freistiftsgüter verwandelt. Man verstand die höllische Kunst, alte Kolonarverträge mit den Emphiteuslasten zu erschweren und so [18] die heutige Bastardgestalt unserer Bauerngüter zu schaffen.** In diesem Kampfe der List, Gewalt und Schwäche gelang es nun den Priestern und Adeligen- und den der Leibeigenschaft entronnenen Bürgern, die übrige Nation zurückzudrücken und derselben Rechte für sich ausschließlich anzumaßen. Sie errichteten daher mit dem sich entwickelnden Landesherrn die Unterwerfungsund Vereinigungsverträge, wobei sie sich die unbeschränkte Willkür, welche sie außer der Staatsgesellschaft hatten, vorbehielten, von den Beiträgen an Sacheigentum oder Kräften befreiten und noch überdieses über den Willen und Kräfte [19] der übrigen Nation auf verschiedenen Wegen zugleich disponieren zu können sich bedungen haben. Während diese Menschenklassen sich den höchsten * Als die Waffen bei eingeführtem Landfrieden nicht mehr hinreichen konnten, fingen die Gerichtsbarkeiterteilungen häufiger an, welche man als ein Surrogat trefflich zu benutzen wußte, denn man suchte alle mögliche Zwangsrechte und Bauernschindereien unter die effectus jurisdictionis bassae zu bringen. Das F o rum ersetzte deswegen die Gewalt der Waffen, und so waren die Zeiten des Faustrechtes nicht viel schlechter gewesen, als die der Gerichtsbarkeit geworden sind. * * Näheres Detail hierüber lese man in folgenden trefflichen Werken: Über die Geschichte des Despotismus in Teutschland von J . Fischer. 1 1 Beitrag zur Geschichte der Frone oder Scharwerk in Bayern, 2 Tie, F r a n k f u r t 1798, 1800.
11
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Bemerkungen über die Laudemial- und grundherrlichen Rechte in Bayern, F r a n k f u r t u. Leipzig 1799. Die Landstände in Bayern. W a s waren sie? W a s sind sie? W a s sollen sie sein? 1800. Fischer, Friedrich Christoph Jonathan (1750—1797), Prof. des Staatsrechtes in Halle; seine Schrift erschien 1 7 8 0 in Halle. Zu den anderen in der Anm. genannten Schriften vgl. S. 2 3 2 Anm. 6, 7, 9.
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Grad von Willkür und politischer Freiheit anmaßten, wurde der übrige weit beträchtlichere Teil der Nation in die größte Sklaverei versetzet; die persönliche Leibeigenschaft wird auf das Hofsgut noch obendarein geheftet, Laudemien, Totenfälle, Anfahrten, Abfahrten, Scharwerken, Bierzwang, Waiseljahre, Nahrungsabbrüche saugen an den Blutgefäßen des Landmannes. Eigene Harpyien, man nennt sie Beamte, werden bestellet; eigene Fanghunde — Schergen — wurden denselben beigeordnet und ihnen ein bestimmtes Preßsystem, man heißt es Taxordnung, vorgezeichnet. Zurückgedrückt aus der Nation, müssen sie alle Lasten des Staates tragen, Abgaben unter hundert Titeln entrichten, ungeachtet ihnen der Staat weder Freiheit noch Sicherheit gewähret; die Geistlichen, Adeligen und Magistrate genießen umsonst die Staatsvorteile und nannten sich deswegen alleine die Nation. Nation hieß daher nichts als der Inbegriff aller Geistlichen, Adeligen und Magistratsglieder, wel[2o]che auf einem Staatsgebiete beisammen wohnen. Aus diesen Ursachen nannten diese ihre Angelegenheiten Landesangelegenheiten, ihre Versammlungen Landtäge, ihr Bestes das Landesbeste. Derselben unumschränkte Macht, die Landleute so zusammenzudrücken, daß sie zuletzt keiner Zurückwirkung mehr fähig sein sollten, hieß Nationalkraft; die Usurpation der gemeinen Ehre und Freiheit hieß Nationalgröße; des Landmanns ganzes Leben soll nichts als ein schwüler Erntetag sein, dessen Gewinn in den Beutel seines Herrn fällt, dann glaubten sie das Maß des Nationalglückes voll. Der Landmann soll nichts, der Fürst etwas, die Kasten alles sein. Der Verf., welcher noch unten an der Stufe der Barberei als Oberpriester des dem Götzen Observantius geweihten Tempels steht und es noch nicht der Mühe wert gefunden hat, mit der Menschheit in nähere Verbindung zu treten, und dem es Arger genug ist, daß der bayerische Landmann die Münzen schon kennet, hat es noch für gut gehalten, diesen Begriff der Nation [21] aus den Zeiten der Barbarei* zu entlehnen und darunter vorzüglich Priester und Ritter zu verstehen; denn der Bürger ist ihm selbst schon zu unrein. Wenn man nun in Erwägung ziehet, daß die Summe der Individuen, welche auf einem sogenannten Landtage erscheinet, gewiß nicht an die 500 hinreichet (man darf hier die von Zech verfaßte Anzeige der in dem Kurfürstentume Bayern etc. befindlichen Klöstern, Graf- und Herrschaften, Hofmärken etc., 2. Aufl., München 1778 bei Fritz, 4 0 , lesen), 12 und entgegen betrachtet, daß in Bayern bloß die Bauernfamilien eine Summe von 1 1 5 777 * Der Leser wird sich wundern, daß wir die Zeiten der B a r b a r e i so ziemlich nahe an unsere Zeiten herabrücken; allein solange Gerichtsbarkeit statt den Waffen, Willkür statt Freiheit und statt dieser Leibeigenschaft herrschen, sind die Zeiten immer barbarisch. Die Barbarei hat nur eine andere Außenseite. 12 Zech von Lobming auf Neuhofen, Nepomuk F e l i x Graf (geb. 1746), bayerischer Archivar und Regierungsrat; der exakte Titel der angezogenen Schrift lautet: Anzeige der im Kurfürstentume B a y e r n , Herzogtume der obern Pfalz, Landgrafschaft Leuchtenberg, dann anderen kurfürstlichen, Reichsgraf- und Herrschaften befindlichen Klöstern, Graf- und Herrschaften, Hofmärkten, Edelmannssitzen und Landsässengiiter, dann deren Inhaber, wie auch Städten und Märkten.
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ausmachen,* welche bis auf 7361 unter lauter [22] Grundherrschaften geteilet sind und unter verschiedenen Arten von Drucke seufzen, keine Freiheit und Sicherheit, also keine Menschenrechte genießen, so zeiget sich zwischen der angeblichen Nation, welche = 500 ist, und den Bauernfamilien = 1 1 5 7 7 7 ein z u auffallendes Mißverhältnis, als daß man mit gesunden Menschenverstände die Nationalingredienzien auf das Sümmchen von 500 reduzieren sollte! Selbst mit ihren eigenen meist usurpierten Grundholden, welche 64975 Familien sind, stehen sie in keinem rechtlichen Verhältnisse mehr. Bayern ist ein Ackerland, Feldbau und Viehzucht bestimmen den Nationalreichtum, also ist der Landmann wohl die unentbehrlichste Menschenklasse, die Grundbedingung des bayerischen Staates. Der Bauer in Bayern baut kein fremdes Feld als Mietling für den Eigentümer; er bauet und erntet für sich selbst und nähret damit sowohl den übrigen fleißigen als größtenteils müßigen Teil der Nation. Nur unter seiner Existenz ist die Subsistenz der Sauger, Fresser und Verschlinger möglich, und doch sollen nur diese Müßiggeher und nicht der Bauer zur Nation gehören! Der Produ[23]zent ist die Quintessenz der Nation; dieser zählt hunderttausend Familien, da die Verzehrer des menschlichen Fleißes und zugleich Usurpateurs der Nationalrechte nicht an die fünfhundert Familien reichen! Ein Fürst, der über fünfhundert kleine Bassen und über mehrere Hunderttausende Sklaven gebietet, beherrscht auch nur Sklaven und keine freie Menschen ; und eine solcheVerbindung verdient nicht den Namen der Staatsgesellschaft. Der Verf. versteht also unter der Nation eigentlich nichts als Priester und Adelige; wenn er daher von Nationalkraft, Nationalgröße, Nationalglück und Nationalglanz spricht, so werden unsere Leser jetzt von selbst kennen, daß darunter nichts zu denken seie als Befriedigung aller Bedürfnisse der geschornen [!] und gesternten Herren, welche nur auf den Untergang des Landmannes gegründet sein kann. So wohlklingend die vom Verf. gewählten Ausdrücke sind, so stehen sie doch am ganz unrechten Orte; der gute Mann gibt sich die Mühe, Schafskleider anzuziehen und die Volkssprache zu heucheln. Glaub[24]ten daher dem Verf. gleich anfangs die Larve herunterreißen zu müssen, und es wäre vorzüglich der gemeine Landmann zu warnen, dergleichen Ausdrücken nicht gleich beim ersten Blicke zu trauen; denn Merkel 13 sagt hierüber sehr treffend, wenn er von dem Adel in Livland spricht, daß er jetzt angefangen hat, seinen Bedrückungen eine ästhetische Außenseite zu geben: „Rasselte er vorhin mit Geißeln und Ketten, zeigte er ohne Scheu seine schreckliche Räuberphysiognomie und bemächtigte sich des Eigentums der Unglücklichen in der rauhen Weise der machtberauschten Tyrannen; so klingelt er jetzt fast überall mit Modesentenzen von Großmut und Menschenpflicht, versteckt sich hinter die Larve des Wohltäters und weiß ihnen so arg und ärger als vorher das Mark auszuschlürfen durch — menschenfreundliche und weise Einrichtungen."** * Man vergleiche hiemit die von dem Hrn. Finanzreferendär von Krenner in dem Regierungs- und Intelligenzblatte 1 8 0 0 uns mitgeteilte treffliche Notizen. * * Die Letten, [vorzüglich] in Livland, zu E n d e des philosophischen Jahrhundertes, [ein Beitrag zur Völker- und Menschenkunde], 2. Aufl., [Leipzig] 1800. 1:1 Merkel, Garlieb (1769—1850), baltischer Publizist.
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[25] Bayern wäre ein ganz sonderbarer Staat, wenn fünfhundert größtenteils unwissende und krüppelhafte Müßiggänger ausschlüßlich die Nation bilden sollen und Hunderttausende, auf welche die Wesenheit des Staats gegründet ist, des Nationalrechtes beraubt wären. Die Bauern sind selbständig, sie sind sich Selbstzweck; sie bauen, wie gesagt, das Feld nicht im Dienste, sondern für sich selbst, gleichviel, ob das Eigentum ihnen ganz oder zum Teil gehöre.* Eine Majorität, wenn sie mit der Minorität weder in einem mathematischen, noch weniger aber in einem zweckmäßigen Verhältnisse stehet, wird zur Allgemeinheit und muß als solche betrachtet werden. Der Bauernstand als die Allgemeinheit gehört also zuerst zu dem Staate Bayern, auf ihn muß der Staatszweck zuerst angewendet werden, wenn er sich gleich auf alle Staatsbürger ausdehnet, und wobei keine Klasse der Staatsbürger ihre bürgerliche Freiheit auf Kosten der andern er[26]höhern darf. Voß 14 sagt sehr richtig: „ E s läßt sich auf keine Weise als rechtlich möglich denken, daß die Anmaßungen eines Standes oder einzelner Personen, welche dahin abzielen, die sogenannte politische Freiheit anderer zu beschränken, in rechtlicher Hinsicht jemals etwas anders als Anmaßungen werden könnten. Denn gesetzt, es deduzierte auch ein Stand, eine Korporation, einzelne Individuen aus dem Unterwerfungsvertrage ein Recht, mehrere politische Freiheit zu genießen als die übrigen, ihren Willen nach dem Unterwerfungsvertrage noch ebenso wie nach demVereinigungsvertrage nur durch sich selbst bestimmen zu lassen, sich von Beiträgen an Sacheigentum oder Kräften befreien oder gar noch über den Willen und die Kräfte anderer, sei es in welcher Modifikation es wolle, disponieren zu können: so würde ein solcher Unterwerfungsvertrag als rechtlich unmöglich anzusehen sein, folglich für die Begünstigten keine berechtigende und für die Bevorteilten keine verpflichtende Kraft haben."**
(2) [27] Den bayerischen Landmann gänzlich der Willkür der Kasten preisgeben, das wäre die Großtat, welche sich der Verf. von Max Josephs Geiste versprach? Allein Nationalbedrückung herbeiführen und sie vollenden bedarf keiner sonderbaren Geisteskräfte; es würde in unsern Tagen sogar Mangel derselben verraten, wenn der Fürst statt Vater der Nation nur Vater seines Adels ist. Bayern erwartet nicht, an Max Joseph einen Servius Tullius 15 zu finden, den sich leider die meisten Herzoge zum Vorbilde genommen haben; die finstern und trübseligen Zeiten der Ottone, Ludwigen und Alberten sind längst vorüber. Weise Regenten (sagt Merkel) e rkennen ihre Bestimmung, Glück und Freude und Licht um sich her zu verbreiten. Sie ziehen die Schätze höherer Kenntnis aus dem Dunkel des Studierzimmers; sie * Dadurch soll nur angezeigt sein, daß Eigentum zum Staatsbürgerrechte nicht unmittelbar erforderlich sei. * * Handbuch der allgemeinen Staatswissenschaft. 1. T . , [Leipzig 1796], S. 452. 14 Voß, Christian Daniel ( 1 7 6 1 — 1 8 2 1 ) , Lehrer am Pädagogium in Halle. 15 Servius Tullius, der Sage nach der 6. röm. König (578—534 v. u. Z.).
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benutzen sie sorgsam zur Verbesserung des Staates und üben so ihre Herrscherrechte nur dazu, das Wohl ihrer Völker sicher zu gründen. Sie wissen und denken es mit Vergnügen, daß sie Menschen und jeden [28] ihrer Tage dem Wohle der Menschheit schuldig sind.* Heilsame Einrichtungen treten an die Stelle des barbarischen Herkommens finsterer Jahrhunderte. Einsichtsvolle Gesetze und die wachsame Verwaltung derselben verdrängen die taumelnde Willkür. Fessel werden gelöst, Kerker der Unschuld gesprengt, und selbst das Schicksal des unglücklichen Verbrechers bestimmt Menschenliebe.** Die grauesten Fürstenrechte werden bereitwillig von den Fürsten selbst vernichtet,*** wo sie mit den Rechten der Menschheit im [29] Widerspruch stehen. Kant, dieser Zermalmer des Herkommens, fodert mit dem unverfehlbar richtigsten Forscherblicke sogar als Fürstenpflicht, f daß die Fürsten, ob sie gleich autokratisch herrschen, dennoch republikanisch regieren, das ist, das Volk (die ganze Nation) nach Prinzipien behandeln sollen, die dem Geiste der Freiheitsgesetze (wie ein Volk mit reifer Vernunft sie selbst vorschreiben würde) gemäß sind, wenngleich dem Buchstaben nach es um seine Einwilligung nicht gefragt würde. Eine solche Regierung muß die falsche Politik der Priester und Adeligen verlassen, sie sorgfältig fliehen und sich vorzüglich mit Herstellung der Nationalrechte beschäftigen. Dazu reichen nun freilich gewöhnliche Naturanlagen nicht hin, eine Masse von Geisteskräften wird erfodert; mit Riesenstärke muß sie sich den überall sich entgegentürmenden Hindernissen entgegensetzen, nach einem und eben demselben Grundsatz „Erhaltung der Frei[3o]heit und Sicherheit der Nation" muß sie beständig gleich forthandeln, keine Schwäche zeigen und immer konsequent bleiben. Eine solche Regierung darf keine Beurteilung scheuen. Der Fürst muß nicht nur mit dem Zeitalter fortschreiten, sondern, wenn es sein kann, demselben vorauseilen. Darin bestehen die Großtaten eines Fürsten, wie er wenigst im neunzehnten Jahrhunderte sein sollte; solche muß man sich versprechen. Der Verfasser will diese freilich nicht, weil er sie fürchtet.
(3) Wo man keine Großtaten erwartet, soll man sich freilich wenigstens etwas Gutes versprechen; deswegen schleicht der Verfasser, dessen Herz schon lange mit einem * Wie wäre es aber, wenn sich die Geistlichen und Adelige ausschlüßlich für Menschen hielten — gezeichnet sind sie von den andern —, und dann müßte ja ihr Wohl auch das Wohl der Menschheit selbst sein ? * * Hier müssen wir unsere Leser auf dieses Phänomen besonders aufmerksam machen: Die Strafgesetze gegen Mörder und Verräter werden menschlicher gemacht, während man den gerechten Landmann in der Sklaverei läßt. * * * Z . B . Nachsteuer- in Bayern. W a r u m soll dieses bei den Ständen so viele Schwierigkeiten finden ? Sind sie etwa noch nicht genug kultivieret ? t Streit der Fakultäten, [Königsberg 1768], S. 156. Dieser Mann sah bisher immer weiter als die Diplomatiker, durch goldne Brillen verblendet.
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eisernen Panzer umschlossen und mit Sternen schwer behangen ist,* zu dem Herzen des Fürsten. Allein bei einer wohlgeordneten Regierungskunst hat nicht das [31] Herz, sondern die Vernunft zu entscheiden; weil hier nicht von Willkür, sondern nur von Recht und Pflicht die Rede ist. Nur von diesen nicht abzuweichen, kann ein gutes Herz die Vernunft unterstützen. Aber wie läßt sich vernünftigerweise Untertanendruck gar noch vom menschlichen Herzen erwarten? Mit Modesentenzen von Nationalglücke sucht er das Herz des Fürsten zu betäuben und selbes zu Grausamkeiten zu mißbrauchen. Wenn der Bauerndruck nicht vermehret werden könnte, so wäre es doch gut, denselben nicht zu vermindern; und dieses wollte sich der Verfasser von dem Herzen Maximilians versprechen!
(4) Muß natürlich getäuscht werden.
(5) Zu gerechten Hoffnungen ist freilich jedermann berechtiget, und der Landmann macht sich die gerechtesten; allein unter diesem jeder sind ebenfalls nur die Priester und Adeligen zu ver[32]stehen, weil der Verf. immer noch von seiner Nation spricht. Wenn wir die verschiedenen Hoffnungen aufzählen, welche sich diese Herrn machten und deren Befriedigung das Große und Gute, das Max verrichten sollte, bezielte, so werden unsere Leser die Uhgerechtigkeit derselben von selbst einsehen. Der eine versprach sich von dem neuen Kurfürsten ein Bräuhaus mit dem Bierzwangsrechte, der andere eine Gerichtsbarkeitsverleihung, um dadurch das Mark der Bauern ganz auszusaugen. Jener versprach sich ein unbedingtes Scharwerksrecht; dieser hoffte, einen Jagdgezirk zu erhalten, weil er zu seinem Leidwesen die Felder der Bauern noch zu sehr gedeihen sah. Mancher erwartete Bestätigung seiner Anmaßungen; einige schmeichelten sich, Abgabenfreiheiten zu erhalten, andere hofften einträgliche Bedienstungen, und der Verf. versprach sich wohl gar eine Ministerstelle. Alle (nur wenige ausgenommen) hofften — eine livländische Bauernkonstitution. [33] So mein lieber Landmann, spielt man mit deinem Lieblingsworte Nationalglück; man mißbraucht es, u m dich zum Lastvieh zu erniedrigen. Deine Hoffnungen wollen diese Herrn nicht kennen, ja sie halten es für ihre Pflicht, diese zu unterdrücken. E s gibt gewisse Leute, welche die Kunst verstehen, an Tigerrumpfe Schafsköpfe zu setzen und alle Ungereimtheiten in eines zusammenzusetzen, und welche die Schwäche des Landmannes zur Indolenz umzuschaffen wissen; diese Leute wissen denselben noch damit einzuschläfern, daß sie die Geistlichen und * Deswegen konnte er schon einmal Bürger vor einem gemalten Bilde mit einem Herodesstolze knien lassen!
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Ritter als Repräsentanten schildern; wobei es dann für den Landmann überflüssig sein müsse, sich um die Landesangelegenheiten zu bekümmern. Aber diese Herren paaren dadurch die ungleichartigsten Dinge zusammen, indem eine Repräsentation oder Vertretung von demjenigen rechtlich unmöglich ist, der die Freiheit des Repräsentierten verschlungen hat. Wahr ist es, daß die Stände die allgemeinen Nationalrechte an sich gerissen haben, und richtig ist es, daß diese Handlung unter keiner einzigen Bedingung als rechtlich möglich [34] ist* als unter der Repräsentation. Diese Rechtsidee wird also den Landständen untergeschoben, damit sie rechtlich existieren können. Daß man die heterogensten Teile zusammenflicke, mit solchem Flickwerk den Landmann von der wahren Kenntnis seiner Lage abzuhalten sucht und unter den modernsten Formen nichts als Nationalsklaverei aufrechtzuerhalten sich bestrebt, beweiset die Tagsgeschichte hinlänglich.
(6) Darunter darf der Leser nicht die Garde der Trabanten verstehen, sondern es ist von den Ratgebern, welche den Fürsten umzingeln, die Rede. Da möchte rtian denn freilich seufzen und dieses Babylon bedauern. Ohne alle fixen Grundsätze wird über die Kreuz und die Quere gehandelt, hier spricht man von Nationalfreiheit, dort ist die Nation im Fideikommißeigen[35]tume, hier trägt man auf beeden Schultern, will der Zeit dienen, die man gar nicht kennet und wobei man sich jämmerlich verrechnet, dort will man die Gerichtsordnung verbessern, ehe man in einer Konstitution und Landrechte die Rechte bestimmet hat, welche man nach der Gerichtsordnung verteidigen soll. Hier will man Aufklärung, dort ruft man schleichende Pietisten zum Schulunterricht; hier strebt man, sich einem wohlgeordneten Staat pflichtmäßig zu nähern, damit Revolutionen verhindert werden, dort wühlt man mit Ungestüm in vermodertem Papier, setzt darin die Quintessenz der menschlichen Kenntnis, ärgert sich über das Tageslicht und will mit Gewalt die Greuelzeiten des Mittelalters zurückrufen, der Menschheit ein ewiges sta sol entgegendonnern, um in ungestörter Ruhe genießen zu können; hier will man Gesetze, dort frönt man dem verächtlichen Herkommen. Ohne einen gemeinsamen Grundsatz folgt jeder seinem Eigendünkel, verfolgt einer den andern; Nepotismus herrscht fürchterlicher als jemals. Ein Fürst, von solchen Ratgebern umgeben, ist [36] zu bemitleiden, ist öfter in Gefahr, sich widersprechen zu müssen; alles pfuscht an dem großen Patienten, an der Nation, die an dem Krebsen leidet, ohne den Krebsschaden herauszuschneiden; und da möchte man denn freilich ob den Trabanten bersten, die an der Nation wie an einer Puppe nach Belieben aufschürzen und mit selber tändeln. * Der Anmerker spricht hier nur vom Rechte und nicht vom F a k t u m ; denn es kann mehr geschehen, als Recht ist.
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(7) Hier entlarvt sich der Verf. selbst, da er das Volk von der Nation trennet. Was er unter Nation begreift, weiß man jetzt; unter Volk verstehet er vorzüglich den Bauernstand, welchen er in ewiger Kindheit erhalten will; er gehört deswegen nicht zur Nation und ist also jener politischen Freiheit nicht fähig, die man nur den Rittern und Priestern gewähren soll. Diese sollen in taumelnder Willkür leben, das Volk aber nie frei sein. Sicherer Genuß der Freiheit ist ja der Staatszweck, der sich auf alle Individuen gleich ausdehnet, und denselben soll eine monarchische Regierungsform nicht gewähren kön[37]nen? Allein, es kömmt hier gar nicht auf die Herrscherform, sondern auf die Art der Regierung an. Die Art bestimmt die Recht- oder Unrechtmäßigkeit der erstem, beede müssen dem Staatszwecke entsprechen. Da die Monarchie nur eine Form ist, so kann-sie den Staatszweck nicht aufheben, demselben also auch nicht widersprechen. Herrscht nun ein Monarch rechtmäßig und nicht nach seinem Privatwillen, so hat er nichts als die allgemeine Freiheit zum Ziele, und er darf höhere Freiheit der einzelnen nicht gedulden. Es ist daher kein Rechtsgrund vorhanden, aus welchem die Monarchie ein Hindernis der Freiheit sein solle und weswegen das Volk nicht ebenso frei als die angebliche Nation sein könne, weil dasselbe es sogar sein muß. Der Verf. wälzt in seinem Kastenstolze Gebrechen auf die Monarchie hinüber, die in selber gar nicht liegen; er will sie zur Despotie erniedrigen und dem Fürsten heucheln, daß er Despot sein müsse. [38] Nein, Despot muß er nicht sein, die Monarchie ist kein Hindernis der allgemeinen Freiheit, sie ist vielmehr ein gewähltes Mittel dazu; aber die Aristokratie der Priester und Adeligen, die gewöhnlich in monarchischen Staaten hauset, ist die Pestbeule am Körper de's Staates. Diese haben mit List und Gewalt die gemeine Ehre und Freiheit an sich gerissen und wollen die dem Landmanne entwendete Freiheit nicht zurückgeben. Diese sind also das Hindernis an der Erreichung des Staatszweckes, teilen den Staat in tausend kleine Despotien und bringen ihn zur Ohnmacht. Sie sind die Scheidewand zwischen Fürsten und Volk und verhindern den erstem an allen zweckmäßigen Einrichtungen.* Die Erhaltung ihrer Vorrechte hat Unfreiheit der Nation zur unmittelbaren Folge; und da die Geistlichen und Ritter ihre Anmaßungen für notwendig mit der Monarchie verbunden halten, so glauben sie auch, daß die gemeine Ehre und [39] Freiheit in einem monarchisch regierten Staate nicht möglich sei. Darin besteht das Vorzüglichste ihrer Verstellungskunst, daß sie ihre widerrechtliche Aristokratie mit der Monarchie oder Regierungsform zu verbinden wissen, damit sie nie alleine zugrunde gehen. Allein Priester und Adelige sind dem Volke ebenso gefährlich als der Regierung, weil sie beiden nach dem Leben streben. * Diese anmaßliche Repräsentanten schreien jetzt gewaltig gegen die Aufhebung des himmelschreienden Bierzwanges,
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(8) Worin besteht der Völker Glück, wenn sie nicht frei sind? Im Essen, Trinken und Begatten ? Der schändliche Eudämonismus wünschet freilich dieses; der Bauer soll auch nur diese Bedürfnisse kennen, damit er ewiger Sklave bleibe. Darin bestehet auch das Volksglück nach des Verf. Meinung. Heruntergedrückt zum Lasttier soll der Mensch ewig bleiben. Der Bauer ist Mensch und Bürger, er hat zur Erhaltung seiner Freiheit sich in den Staat begeben; und er ist nur dann glücklich, wenn er sicher'im Genüsse der Freiheit, d. i. der Willkür anderer [40] nicht überlassen ist. Wer frei ist, ist glücklich, hätte der Verf. sagen sollen, dann hätte er mit Vernunft gesprochen; so aber sind seine Worte ein leerer Schall ohne Sinn und verraten den schimpflichsten Eudämonism.
(9) Wenn man die Note 6 betrachtet, so muß man auch auf die Minister kommen. Hier schildert uns der Verf. den ersten Minister Bayerns mit den lebhaftesten Farben, der sich in das Herz des Fürsten einzunisten gewußt und den er nun in das traurigste Labyrinth versetzt hatte. Dieser Fremdling heuchelt Aufklärung und ward der erste Seelenmäkler Bayerns. Er riet zu Subsidientraktaten für fremdes Interesse, sucht alles zu verwirren, um im Trüben.zu fischen. Um sich in seiner ephemerischen Schmetterlingsexistenz zu erhalten und seine Schulden zu bezahlen, rief er zu zweimaligen Untertanenverkauf in elend gemachten Verträgen.16 Vierundzwanzigtausend Untertanen in der. Erntezeit vom Pfluge wegreißen und um schnödes Gold für ei[4i]ne fremde Macht bluten lassen, Konstitution und Verfassung über den Haufen werfen brandmarkt diesen Minister zum Rebellen, Hochverräter und Meuchelmörder der Nation. Teufel haben ausgelernt und geizen jetzt nach solchen Handlungen. Der Zweck dieses Menschenhandels ist in dem erhaltenen Lohn gegründet; eine gefüllte goldne Dose mußte von dieser Schandtat jedermann augenscheinlich überzeugen, und ein glänzender Stern füllt die Leere des redlichen Herzens aus. Dieser Minister errötete nicht, den erhaltenen Stern bei einer feierlichen Prozession öffentlich zu tragen. Das Blut von mehrern tausend Bayern flimmerte an selbem und gab ihm so den eigentlichen Glanz! Für die oberste Allgewalt der Natur ist der Mensch nur eine Kleinigkeit. Daß ihn aber auch die Herrscher von seiner eigenen Gattung dafür nehmen und als solche behandeln, indem sie ihn teils tierisch als bloßes Werkzeug ihrer Absichten belasten, teils in ihren Privatstreitigkeiten gegeneinander aufstellen, um sie schlachten zu lassen — das ist keine Kleinigkeit, sondern Umkehrung des End[42]zweckes der Schöpfung selbst.* Doch herunter mit jeder Scham, was kümmern sie ihn mit ihrem Gewinsel * K a n t , a. a. O., S. 1 5 1 . Die unter dem maßgeblichen Einfluß Montgelas' abgeschlossenen Subsidienverträge mit England vom 16. März und 1 5 . Juli 1800.
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und ihren Gerechtigkeitsregeln; völlig larvenlos dastehen, das ist eine ganz neue Freude.*
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Der Verf. erwähnt beständig des Illuminaten-Ordens und desselben Stifters, er weiß auch, daß der erste Minister ein Jünger desselben gewesen ist. Wenn die Illuminaten angefangen haben, den Menschen auf seine Würde und Rechte aufmerksam zu machen, so haben sie wohl ihre Pflicht erfüllet. Dabei muß man natürlich Kenntnis der Sklaverei (desjenigen, was zuerst in die Augen fällt) erlangen und wesentliche Gebrechen in der Staatsverfassung, sobald man einmal den Staatsvertrag zur Grundlage angenommen hat, mit den Händen greifen. Widersetzlichkeit gegen neueren Druck und Linderung oder Abhelfung [43] des bestehenden müssen unmittelbare Folgen dieser Kenntnis sein. Da aber der Verf. nicht nur Eudämonist, sondern auch ein eingefleischter Rosenkreuzer ist, so kann er natürlich die Volksaufklärungen nicht verdauen und sucht lieber, diese zu verfolgen, damit die Pfaffen und Ritter nicht in ihren Schlupfwinkeln beleuchtet werden. Die Rechtssätze der Philosophie müssen es sein, welche die Staatenveränderungen hervorbringen sollen, statt daß diese als bloße Gegenwirkungen nur Folgen des Druckes sind. Unterdessen bedarf es heutzutage, wo die kritische Philosophie am Horizont wie die Sonne leuchtet und mit ihren wohltätigen Strahlen alles erwärmet, keines geheimen Bundes der Aufklärung mehr;** und selbst Weishaupt erblindet jetzt an der Sonne. Die Wahrheit ist nicht Monopol der Illuminaten; diese vermögen nichts mehr, denn die Philosophen predigen und lehren jetzt öffentlich. Die [44] Kindheit des Menschengeschlechts ist vorüber, an der sie die Priester und Ritter festgehalten haben; die Fesseln sind gesprengt, und die Handlungen der Fürsten und Stände werden da auf den Probierstein der Vernunft gelegt. Es gibt keine doppelte Vernunft, kein zwiefaches Recht ;*** die Schale des Vorurteils muß weggeworfen werden. Das Recht muß herrschen, dieses stürzt die Staaten nicht, wie der Verf. lügt und den Fürsten betöret, sondern macht sie erst vollkommen, erst sicher. Aber die Privilegiendauer untergräbt einen Staat nach dem andern.
* Chamäleon [oder das Tier mit allen Farben, eine Zeitschrift für Fürstentugend und Volksglück], 2. Heft, [Köln bei Peter Hammer 1799], S. 56. * * Wohl muß man den Leser vor dem großen geheimen Orden der Obskuranten warnen, der beim hellen Tage Ursache hat, das Licht zu scheuen und im Finstern zu arbeiten. * * * E s gibt kein besonderes Natur- und ein besonderes positives Recht, sondern nur ein einziges; und wenn ein positives Gesetz dem allgemeinen Rechtssatze widerspricht, so bleibt es immer ungerecht. Die Finsterlinge bemühen sich vergebens, dem Bestehenden beliebige schwankende Rechtssätze unterzulegen, da uns die Geschichte gezeigt hat, wie so alles nur mit List und Gewalt errungen ist.
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[45] Frankreich unterlag nicht den Rechtsgrundsätzen, sondern einer despotischen Hofaristokratie, sehr drückenden Auflagen und ganz verkehrtem Finanzsysteme, wie man aus der Geschichte der Französischen Revolution sattsam weiß. Frankreichs Verfassung war nicht gut, sondern unrechtmäßig und schlecht, weil nur Willkür des Hofes und der Großen herrschen konnte; unter dem Drucke der tiefsten Sklaverei seufzte die übrige Nation. Die Regierung war durch das Widerstreben der Großen gänzlich geschwächt, und gerade diese Schwäche war das Verderblichste. Frankreichs Unglück ist gestürzet, und in einer neuen Konstitution blühet das Glück desselben.* (12) Welche Unverschämheit, den weisen Sieyes mit Marat zu vergleichen; daraus sieht man, daß der Verf. wie alle Priester und Ritter die Wahrheitsforscher mit Wut hasset. (13) [46] Die Landstände — was sind sie? Treffend wird diese Frage in dem über alle Kritik erhabenen, ganz aus der Geschichte mit philosophischer Richtung abgezogenen Werke: Die Landstände in Bayern, was waren sie, was sind sie, und was sollen sie sein? 1800, 8°,** beantwortet. Die Landstände sind jetzt die Verwalter des größten Teils der Finanzen, die Inhaber der wichtigsten hohen und niedern Staatsämter, die Teilnehmer der Gesetzgebung, die Grundeigentümer des beinahe halben Landes, die Mitregenten des Herzogs; und ich setze hinzu: Zwischendespoten der halben Nation. [47] Nationalrepräsentanten, für welche sie sich ausgeben, können sie nicht sein; dieses ist nur ein heuchlerischer Deckmantel, den sie über die wahre Beschaffenheit der Verfassung werfen,*** um durch falsche Formen der Nation die Mühe zu nehmen, die wahre Verfassung, weil man sie in der nahgelegenen angeblichen schon erkennen solle, zu suchen. Die Handlungen bestätigen diesen Satz hinlänglich. Ob man * Konstitution der Republik Frankreich vom Jahre 8, mit aufklärenden Noten, Basel 1800. [Vgl. Nr. 36 der vorliegenden Sammlung]. * * Ich allegiere hier ein Werk, das die Verfassung am richtigsten und unbefangensten schildert, welches zu betasten Finsterlinge sich umsonst bestreben. Hier ist nicht der Arzt', sondern der Patient betrachtet, und der Landmann sieht mit lebhaften Farben seine Geschichte aufgetragen. Dieses Buch sollte jeder L a n d mann wie seine Bibel lesen. [Vgl. S. 2 3 2 Anm. 9]. * * * Die bayerische Konstitution soll ein Geheimnis bleiben, welche der Zankapfel zwischen Hof und Stände ist, worüber auf Kosten der Nation gespielet und gestritten wird.
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gleich die Rechte dieser Aristokraten in Kollegial- und in die Partikularrechte abteilen , erstere als Zweck, letztere aber als gar nicht zur Landschafts Verfassung gehörig behaupten will, so wird dieses immer nur ein Ideal bleiben, das von den dermaligen Subjekten unerreichbar ist. Die beeden Klassen sind so miteinander venvebt, daß eine gänzliche Ausscheidung unmöglich ist, so wohltätig sie auch zu sein scheinet. Zu den Kollegialrechten der Landstände, als den Landschaftskörper über[48]haupt genommen, rechnet man vorzüglich das Recht, alle Jahr die allgemeinen Landesabgaben oder Steuern zu bewilligen, das Recht, bei Landkriegen oder -frieden mitzuwirken, das Recht, daß sie bei der Gesetzgebung zugezogen werden müssen. Zu den Partikularrechten werden die Steuerfreiheit, Gerichtsbarkeit, Scharwerken oder Fronen, Laudemialverhandlungen, Zehenten, Waiseljahre, Leibzinse und alle die Wunden, unter deren Schmerzen die von den Priestern und Adeligen gepeinigte Nation zucket und todesähnlich krümmet, gezählet. Nun1 sollte man freilich glauben, daß die Landschaft bei Ausübung der erstem Gerechtsamen nach der allgemeinen Pflichtformel, zum Staatszwecke zu wirken, handeln solle; allein die Geschichte überzeugt uns vom Gegenteil, denn die Kollegialrechte wurden ursprünglich und gegenwärtig nur als Mittel zur Erreichung der Partikularrechte betrachtet; letztere waren und sind noch der Zweck, und wir wollen den Landständen ihr Sündenregister kurz vorhalten. [49] Im Jahre 1302 waren es die im Oberbayern dem Straßenraube noch ergebenen Ritter, die sich von dem Herzoge ausdrücklich auf einer Versammlung ein Widersetzungsrecht für bewilligte Steuern erteilen ließen und gaben den übrigen Teil der Nation der Willkür preis.17 Durch das ganze X I I I . Jahrhundert ließen sich einzelne Gerichtsbarkeiten und Zollfreiheiten erteilen; wenn sie durch einen Krieg oder eine Fehde Schaden gelitten haben, der Baumann mußte geplündert nachsehen. Auf einem Landtage im Jahre 1 3 1 1 erkauften die niederbayerischen Stände sich gegen eine Steuerbewilligung die Gerichtsbarkeit über ihre eignen Güter* und erhielten ein gleiches Widersetzungsrecht. [50] Auf Landesversammlungen, wo sie Steuern bewilligten, ließen sich die Ritter das ausschließliche Recht zu den ersten und einträglichsten Staatsstellen erteilen. Im Jahre 1508 verfaßten sie eine sogenannte erklärte Landesfreiheit, welche die Stelle einer Konstitutionsurkunde vertreten solle und die nichts als Partikularrechte enthält, die sie sich immer erweitern und bestätigen ließen.18 Im Jahre 1543 erfanden sie die bis dahin unbekannt gewesene Auflage des Aufschlages, welche gerade die ärmste Menschenklasse drücket. * Das waren solche Güter, von welchen die Stände das volle Eigentum besaßen und welche daher nicht wie heutzutage auf Gerechtigkeiten verlassen wurden. [Ottonische Handfeste vom 15. Juni 1 3 1 1 ] . 17 Schnaitbacher Urkunde vom Jahre 1 3 0 2 , die für Oberbayern wie die ottonische Handfeste für Niederbayern den Grund zur landständischen Verfassung legte. 18 Die erste Landesfreiheitserklärung war eine generelle Auslegung der einzelnen Freibriefe.
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Als inzwischen die römische Emphiteus bei den Bauerngütern der Laudemien wegen eingeführet wurde, verloren die Stände ihr volles Eigentum an ihren Gütern und erschlichen andererseits von den Zins- auch Vogtgütern das sogenannte Öbereigentum; aber alle diese Güter waren den Ständen nicht mehr eigen, und die erteilte Gerichtsbarkeit konnte sich eigentlich auf die neu entstandenen Grundholden nicht mehr ausdehnen. Im Jahr 1557 wußten daher die Ade[5i]ligen, auf Kosten der Nation und selbst ihrer Mitstände die Gerichtsbarkeit über alle ihre Grundholden zu erkaufen. 19 Damit nicht zufrieden, erschlichen sie bald darauf die Gerichtsbarkeit und Scharwerk auch noch über die Lehengüter, welche ihnen von dem Herzoge nicht zu Lehen rühren. Im Jahre 1641 erhielten sie die Realgerichtsbarkeit über ihre Sitze. 20 Im Jahre 1687 erkauften sie die Gerichtsbarkeit über die kurfürstlichen Lehengüter und ließen sich zuletzt noch Nachlässe am Kaufschillinge wieder erteilen. Im Jahre 1726 erschlichen sie auf schimpflichste Art das Bierzwangsrecht. So mißbrauchten sie die öffentlichen Versammlungen, welche sie nur als Mittel zu ihren Privatzwecken behandeln. Um diese Privilegien größtenteils zu erwerben, bewilligten sie vom Jahre 1519—1605 47 Untertanen- und bei 30 Ehehaltensteuern, da die Stände kaum zwölfmal steuerten. Bloß um diese [52] Privilegien zu erhalten und den Bierzwang zu erwerben, bewilligten sie von 1700—1797 347 Steuern, wo die Ständesteuern den kleinern Teil bilden. Ungeheure Summen werden von dem Untertanen gefodert und eingehoben; welche nicht einmal ganz in die Staatskasse fließen, sondern durch die landständische Administration versplittert und verprasset [werden]. Die Bewilligung der Untertanensteuern findet selten viel Hindernisse; aber die der Ständesteuern ist die Quelle aller Verzögerungen, wobei erst die unermeßlichen Diäten sich auftürmen, welche wieder der Untertan bezahlen muß. Jede Session oder Sitzung, in welcher die Verordneten nichts tun, als den Fürsten an weisen Einrichtungen schikanieren und alle Volksfreiheit unter' drücken, kostet dem Lande 300 fl.. Bücher und Zeitungen, die sich jeder Verordnete zu seinem Unterrichte selbst anschaffen sollte, lassen sie sich von dem ganzen Lande bezahlen.* Ihr Rechnungswesen ist dem Fürsten und der Nation ein Geheimnis. So tritt von dem Blutgelde nur mehr ein Teil in die Landes[53jkasse; hier kommen zweizüngelnde Kreaturen und stecken den größern Teil in die landesfürstliche Schatulle, daß also die Bestimmung der Staatsgefälle eigentlich für die Unterhaltung der fürstlichen Familie und einiger Aristokraten gerichtet ist; nur etwas gehöret zum Soldaten- und Staatspiele, wozu man auch allenfalls noch Schulden kontrahieret. Dieses sind die Folgen der landständischen Versammlungs- und Steuerbewilligungsrechte, aus welchen die Absicht und der Nutzen derselben sich von selbst er* Neuester landständischer Bundbrief, S. 3f. [Vgl. S. 2 3 3 Anm. 1 5 ] . i!' Der 60. Freiheitsbrief, der die Edelmannsfreiheit begründete. Die Edelmannsfreiheit wurde auch auf die vom Landesherrn verlehnten Güter ausge'dehnt.
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gibt. Stimmen sie manchmal die fürstlichen Forderungen in etwas herab, so ist das allgemeine Wohl nur der Vorwand, indem ihnen eigentlich daran liegt, daß ihre Grundholden durch zu viele Steuern nicht gehindert werden, ihre grundherrliche Abgaben und Scharwerken gehörig zu leisten. Nicht besser übten die Landstände ihre Mitwirkung bei der Gesetzgebung aus, welche sie sich nur deswegen zu verschaffen bemühten, damit dabei nichts gegen ihre usurpierten Privilegien unternommen werde. Von ihnen rühren die nie [54] in ein Gesetzbuch gehörigen Kapiteln der Leibeigenschaft und Scharwerken und Gerichtsbarkeit her. Hier alleine und bei den grundherrlichen Verhältnissen, wo sie den widersprechendsten Verträgen, nämlich dem Leibrechte, Frei- und Neustiften und allen Anmaßungen die gesetzliche K r a f t zu erschleichen wußten, finden sie ihr Interesse. Bei der Verfassung der Gerichtsordnung vom Jahre 1474 ließen sich die Adeligen ihr usurpiertes Scharwerksrecht bestätigen ;* wie sich ihre Mitwirkung ausbildete, werden die Gesetze gegen den Landmann drückender, und in dem jüngsten Gesetzbuche freuten sie sich, daß der Blutigel Kreittmayr 2 1 die Scharwerk für eine Wirkung der Gerichtsbarkeit unbedingt erklärte und den Freistifter ohne Ursache wegzujagen erlaubte; daß der Landmann gänzlich der Willkür preisgegeben worden. Auch ihr Einfluß auf die Kriminalgesetzgebung ist merkwürdig; sie sahen nie gerne zu viele Kriminalfälle; aus Menschlichkeit? Nein, damit mehr Verbrechen in [55] die einträgliche Zivilgerichtsbarkeit fallen. Als sie glaubten, daß das Maß der Ungerechtigkeiten voll sei, nahmen sie die Maske der Menschlichkeit, die ihnen aber bald wieder abfiel. Da der Kurfürst beim Anfange der Regierung einige zweckmäßige Einrichtungen machte, konnte er sich natürlich von der landständischen Mitwirkung nichts Gutes versprechen; er traf sie also ohne derselben Einfluß. Nun entstand Zetergeschrei, nicht deswegen, daß sie es etwa noch besser gemacht hätten; sondern sie sollten Aufopferungen machen, Usurpationen aufgeben. Bei der noch freilich auf dem alten Barbarismus geflickten Studieneinrichtung erinnerte sich der Kurfürst gleich an die Braunschweiger Landstände, welche durch ihren Einfluß eine weit bessere Einrichtung hinderten; und da die bayerischen Landstände, nur wenige ausgenommen, selbst im Lesen und Schreiben nicht gar zu große Fortschritte machten, auch alle Volksaufklärung ernstlich hassen, so ließ sich von einer solchen Mitwirkung nichts Besseres träumen. Eigentlich suchen jetzt die Landstände, alles Gute zu verhindern. Als der Kurfürst die drückende und ungerechte Nachsteuer [56] aufhob, folgten seit J a h r und Tag die Stände noch nicht nach; und als der Bierzwang aufgehoben wurde, so schrien sie jetzt aus vollem Halse dagegen und arbeiten im stillen, denselben wieder zurückzuführen. Ihren anmaßlichen Einfluß auf Krieg und Frieden haben sie in der Seelenmäklerstunde versäumt; keinen öffentlichen Schritt haben sie dagegen getan; vielmehr * v. Krenner, Über Land-, Hofmarks- und Dorfgerichte in Bayern [Vgl. S. 262 Anm. 26]. 21 Kreittmayr, Wiguleus Xaver Alois Freiherr von (1705—1790), Geheimer Ratskanzler, der das bayerische Recht neu kodifizierte.
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freuten sie sich insgeheim darüber, weil sie wähnten, daß jeder Sieg ein Triumph für ihre Privilegien sei. Bei dem Drange zu einer Landesverbesserung, bei der stündlichen Notwendigkeit einer Landesversammlung lassen sich die Landstände von ihrer Verordnung an der Nase herumführen, vergessen Pflicht und Treue und leben in sorgenloser Trägheit auf ihren Schlössern. Als die gottlosen Plane der Jesuiten entdeckt und sie wohlverdient auseinandergestäupt wurden, fiel in Bayern eine unermeßliche Menge von Gütern dem Lande heim; viele hundert Bauernfamilien wurden von ihrem Drucke befreiet. [57] Diese Güter waren zum so notwendigen Nationalunterricht bestimmt.22 Allein der Natio mußte dieser Unterricht gestohlen werden, damit der unehelich erzeugte Bretzenheim schwelgen und prassen kann. Der überall vertriebene und ausgeartete vielzüngige Malteserorden, dies Skandal der Menschheit, sollte auch nach Bayern ver pflanzet, Bretzenheim desselben Zunftmeister werden. An die neue bayerische Zunge in dem Rachen der Malteser-Hydra, die nur huren und verzehren kann, werden die Jesuitengüter verschleudert, denselben Gerichtsbarkeit und Scharwerken, selbst Landtagsfähigkeit erteilet und die eben erleichterten Bauern der Tyrannei ganz überlassen. Gegen diese Handlung hätten die Landstände nach ihrer Pflicht protestieren sollen; allein, was kümmert sie die Nation, wenn sie ihren Damm gegen den Fürsten vermehren können! Sie willigten ein, und die Witwe des Landschaftskanzlers genießt deswegen von dem Fürsten noch eine eigene große Pension. Max Joseph II. hob diesen Orden auf, um ihn als Selbsterrichter feierlicher einführen zu können; er stürzte nur den Bretzenheim, um seinen zweiten Sohn auf den Zunft[58]meisterstuhl zu setzen. Inzwischen hat dieser Taugenichtsorden eine Art politischen Verhältnisses — freilich nur auf eine kleine Zeit — mit Rußland, damit ein imponierendes Ansehen erhalten. Dadurch entstand ein Staat im Staate, der sich jetzt allen Verbesserangen, weil er alle land ständischen Privilegien genießet, mit Macht entgegenstemmet und mithilft, den Untertanen das Mark auszupressen. Dieser Orden wird als die Wehre des Despotismus errichtet, und Bayern muß dazu ihre [!] Bauern aufopfern! Eine ungeheure Schuld, welche bald die rächende Nemesis tilgen wird! Aus diesem kurzen Sündenregister, wo wir mehrere tausend einzelne Fälle nachzutragen hätten, sieht also der Landmann, was die Landstände sind: Plünderer seines Eigentums; was sie ihm nutzen, da sie ihn in beständiger Knechtschaft erhalten wollen; daß es ein eitel Blendwerk sei, diese Harpyien seines Wohlstandes als desselben Repräsentanten zu behaupten. [59] Das sind also die Landstände, und ihre Unrechte nennt der Verf. heilige Verträge. Sieh, Landmann! So weit ist es mit deiner Trägheit gekommen, daß der Edelmann gar nicht mehr errötet, dich öffentlich für sein Haustier zu behandeln und von deiner bloß tierischen Bestimmung den Fürsten zu überreden. Der Adelige hält es schon für ein heiliges Recht, dich als ewigen Sklaven zu betrachten, welches der Fürst nicht sollte abändern können. Solange solche Männer wie der 22
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Die durch die Bulle vom 2 1 . Juli 1 7 7 3 verfügte Aufhebung des Jesuitenordens brachte Bayern über 7 Mill. Gulden ein. Jakobinische Flugschriften
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Verfasser afti Ruder sitzen, solange bleibt alles Volksglück ein Phantom; solange bleibt des Landmanns Knechtschaft unverletzlich. Solange es also solche Landstände gibt, solange herrscht die Pest im Staate, die alle Freiheit aufzehret.
(H) Jeder Mann, der sich überzeugt, daß die bestehende Verfassung auf die gegenwärtige Kultusstufe nicht mehr passe, daß Unordnung entstanden und alles nur wie mit Stecknadeln zusammengeheftet sei, der weinet über durch die [60] Aristokraten herbeigeschaffene ängstliche, traurige Lage seines Vaterlandes; der bersten möchte über die Zwischendespotie der Adeligen und Priester und daher den heißen Wunsch trägt, der Anarchie abzuhelfen, den Bauernstand in seine vorige Würde einsetzen und den Krebsschaden im Staate ausschneiden will, wird von dem Verfasser ein Vaterlandsfeind, ein Projektant geschimpfet. Ein Biedermann heißt der, welcher die Privilegien der Adeligen verehret, vor ihnen umherkriecht, mitsaugt an der Nation. Kartenhäuser heißen zweckmäßige Anordnungen, weil sie neu sind und noch frühzeitig von der Gewalt der Kasten übern Haufen geworfen werden können; feuerfeste Gebäude nennt der Verfasser die Summe der ständischen Privilegien, wenn die Stände nach Gewalt und Willkür hausen können. • Wie schlecht stellt sich derselbe in seinem Lichte dar! Und wehe dem Vaterlande, wenn der Verf. jemals Minister werden sollte! An der Hand des Doctoris obscuri würde er das Mittelalter zurückrufen, damit auch der letztere seine Kenntnisse mehr geltend machen könne. Dann gute Nacht, [61] Vaterlandsfreunde! Oder Gott bewahre uns beständig vor diesem Übel!
(15) Der Verfasser versteht, wie schon gesagt, unter den Landständen, von denen er keine unbeträchtliche Quelle ist oder wird, die im monarchischen Staate durch heilige Verträge notwendig existierende Volkstyrannen. Hört diese Tyrannei auf, so seien auch die Landstände Nullen, weil ihre Macht, die Nation zu zerstampfen, vernichtet ist. E r als Landstand hat dieses selbst eingestanden, und so kann der Landmann gleich wieder einsehen, was er von den Landständen zu erwarten habe. Was der Verfasser in die Wesenheit der Landstände setzt, muß aufhören, weil es den Menschenrechten und einem wohlgeordneten Staate gerade widerspricht, und in dieser Rücksicht müssen die Landstände aufhören, damit sie ihre vorige Würde wiedererhalten. Die Landstände sollen das nicht sein, was sie jetzt sind; denn gerade jetzt sind sie Nullen, die erst zu Landständen erhoben werden sollen. Es soll [62] kein Kastengeist mehr existieren, sondern die ganze Nation soll aus den verschiedenen Klassen sich freie Stellvertreter wählen, welche die Volksrechte gegen die fürstlichen Anmaßungen mit Kraft und Redlichkeit verteidigen. Dann können erst Landstände vernünftigerweise existieren, und Fürst und Nation sind aneinander genähert; alle einzelne Privatinteressen müssen zertrümmert und Gemein-
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geist hergestellet werden. Eine wahre Repräsentation der Untertanen muß errichtet werden, und die Untertanen müssen sich deswegen ihre Repräsentanten selbst wählen; die bisherigen Landstände können keine Vollmachtsurkunde aufweisen, und die Untertanen hatten denselben auch vernünftigerweise keine solche Urkunde geben können, weil es widersinnig ist, den Wolf z u m Aufseher des Schafstalles zu machen. Eine stillschweigende Übertragung läßt sich gar nicht angeben, weil sich die Handlung nur auf Gewalt und Trägheit gründet und diese das Erwachen der Nationen nicht hindern können. [63] Diese Herstellung der Landstände ist keine Staatenumwälzung, sondern Errichtung eines Staates, welches für die Menschheit Pflicht ist.
(16) Der Verf. geht immer mehr in die Falle, welche er andern gelegt hat, zeigt sich würdig, Geißel der Menschen zu sein. Selbst nennt er die Pfaffen und Edelleute die Vormauer der bayerischen Verfassung, d. h. mit andern Worten, wenn die Verfassung Bayerns schlecht ist, so sind lediglich die Landstände daran schuld. Daraus, weil dieses die Sprache eines Landstandes selbst ist und wir also das eigene Geständnis haben, sieht der Landmann, wie sich die bisherigen Landstände sogar angelegen sein lassen, jede Verbesserung des Staates zu hindern. Sie begehen wieder die Bosheit, ihr Grausamkeitensystem mit dem Staate zu verweben, dem es widerspricht, und halten es für eine Staatsumwälzung, wenn man ihrer T y r a n nei ein gerechtes Ende macht. Wir werden in der folgenden 18. Note beweisen, d a ß Bayern bisher eine schlechte und widerrecht [64] liehe Konstitution habe, welche aufrechtzuerhalten der Verf. die Landstände für verpflichtet hält, damit sie j a keine Neuerung dagegen zulassen. Daraus läßt sich also auch leicht verstehen, daß alles Gute und Zweckmäßige von diesen Aristokraten und ihren hungrigen, selbst meist im fürstlichen Sold stehenden Kreaturen * als verfassungswidrig verschrien wird. Wenn der Fürst die usurpierte Gewalt und Willkür der Adeligen und Geistlichen beschränken, ihre Despotie aufheben, dagegen dem Landmann die ihm gestohlnen Menschen- und Bürgerrechte zurückegeben will, so hält der Verf. und mit ihm die Landstände dieses für verfassungswidrig, für ein Unglück und Verderben, und so ist schon ein[65]gestanden, daß Bayerns Verfassung in der landständischen Zwischendespotie bestehe. Damit überzeugt sich der Bauersmann, welch eine treffliche Vormauer die Landstände sind; wahrlich, man könnte sie die Teufelsmauer nennen. Denn auch sie war das Bollwerk zwischen Volksfreiheit und Despotie. * Für einen Kosttag in der Woche bei einem Adeligen lassen sich die fürstlichen Diener blenden und werden Verräter des Fürsten. So weit ist es schon gekommen, daß die ersten Staatsdiener Verteidigungsschriften den Landständen verfaßten und daß sich mancher R a t eine Ehre daraus macht, wenn er den Schwankmacher bei der adeligen überschuldeten Tafel vorstellen darf. 28»
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(17) Daß eine neüe Konstitution errichtet werden solle, das wurmet den Verfasser sehr, ihn, der das Tageslicht scheuet und wie ein Dämon nur im Finstern hausen kann. Vorläufig wollen wir ihm aber nur so viel erwidern: „Auch im Staate, der eine Verfassung hat, ist es Pflicht derer, die am Ruder sitzen, in Zeiten darauf zu denken, durch weise, zweckmäßige Abänderungen diese Verfassung dem vernünftigen Geist unsers Zeitalters und den gegenwärtigen Bedürfnissen des Volkes anzupassen." * Aber das ist es eben, was [66] die Aristokraten fürchten; sie wissen, daß die Zeit des Privilegienerwerbes vorüber, daß die Menschheit wider ihren Willen und ungeachtet ihres Gegenbemühen der Kindheit entrückt ist, ihre geraubte Persönlichkeit zurückfodert, weil der Landmann zur Erkenntnis derselben gekommen, welche ihm durch keine List und Gewalt mehr abgenommen werden kann, welche er sich mit seiner Freiheit und Eigentum erkauft hat. Sie wissen, daß ihre Vorzüge längst aufgehört und der gänzlichen Ausartung Platz gemacht haben; sie wissen, daß sich ihre angeblichen Rechte nur aus jenen finstern Zeiten herschreiben, wo gänzlicher Mangel an Rechtsverhältnissen war und ihnen keine Schranken gesetzt werden konnten; sie wissen, daß das ganze innere Staatsverhältnis verrücket, der Staatszweck zerstöret, die Staatsverbindung aufgelöset ist. Nun aber ist der Tag her angebrochen, wo der gedrückte Teil der Gesellschaft veranlasset wird, über die Natur und Beschaffenheit der Vorrechte des bevorrechteten Teils nachzudenken; sich nicht mehr begnügt, die Verjährung und den Besitz als die ein [67] zigen und hinlänglich gültigen Rechtsgründe anzuerkennen, sondern nun sich angelegen sein läßt, ein festes und sicheres allgemeines Staatsrecht zu begründen und dieses allein als entscheidend und beweisend für Rechte und Pflichten, Foderungen und Leistungen in Staatsverhältnissen anzuerkennen. Die Priester und Ritter wissen, daß das Ende der Privilegien herangerückt ist. Sie wissen nun nichts Bessers zu tun, als sich so lange bei ihren Mißbräuchen zu retten, als sie können. Die Kurzsichtigen, sie graben sich selbst die Grube, sie suchen sich in einem verfallenen Hause ob des Regens zu schützen, das gerade durch ihre Gegenwart erschüttert zusammenfällt und sie zerschmettert. Allein diese Herren glauben solchen Vorhersagungen nicht, weil sie sich in ihren schmutzigen Wohnungen angewöhnt bequemer befunden und die reine Luft eines wohlgebauten Hauses nicht mehr ertragen können. Eine neue Konstitution fürchten sie also, weil sie vermuten, daß sie ihre Höhlen zu verlassen gezwungen würden. Weil sie eine Konstitution fürchten, [68] halten sie eine solche für unnötig und hängen dem bestehenden Wirrwar den schon abstrapezierten zerrissenen Rechtsmantel um. * Freimütige Gedanken [über die allerwichtigsten Angelegenheiten Deutschlands, 3. ganz umgearbeitete u. verm. Aufl.], 1. T., S. 1 2 2 .
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(18) Damit also Bayern keine neue Konstitution erhalte, so m u ß die bestehende trefflich genannt werden. Ohne Konstitution ist ein Staat unmöglich, aber eine wohlgeordnete Konstitution, wenn sie. nicht das Werk einzelner Anmaßungen ist, soll nicht aus bloß zerstreuten, von verschiedenen Parteien ausgestellten Urkunden nach willkürlicher Auslegung abgezogen worden, sondern es m u ß eine eigene Urkunde hierüber ausgestellt sein. Eine Konstitutionsurkunde ist aber nicht durch diese bloße Benennung schon eine wahre Konstitution, sondern da sie das Mittel zu dem Staatszwecke für die ganze Nation ist, so muß sie auch demselben entsprechen, d. i. Freiheit und Eigentum der ganzen Nation garantieren und alle Willkür entfernen. Erst dann, wann sie dieses gewähret, verdient sie den Namen ei[6g]ner Konstitution; sie muß die allgemeinen Regierungsrechte enthalten und darf keine Vorrechte gewähren. B a y e r n hat aber keine eigene Konstitutionsurkunde, sondern sie wird aus verschiedenen zerstreuten Urkunden nach Willkür zusammengeflickt, von dem einem so, von dem andern anders ausgelegt. Der eine will nur so viel zusammenstellen, als er unter sein Ideal mit Anstand bringen kann; der andere nimmt ein W u s t von Urkunden aus den verschiedensten Zeitaltern, am liebsten aus dem Mittelalter, zusammen, sieht bloß die Privilegierten vor seinen Augen, findet darin das Erhabene, stellt die Observanz als seinen obersten Gründsatz voran und bringt eine außerordentliche Menge unsinnigen Gezeugs zusammen, welches er Konstitution nennet. Dieser Körper, mit Lappen von* allen Farben umhangen, aus Schlangen, Vögeln, Lämmern und Tigern zusammengekuppelt, ohne Hände und Füße, wird das echte bayerische Staatsrecht genannt und die Jugend auf der Universi[yo]tät damit irregeleitet. Dieses auf die verschiedenartigste Weise bloß willkürlich gemachte Gehacke ist zugleich der Talisman, den der Hof und die Landstände in ihren jährlichen kostspieligen Fehden gegeneinander gebrauchen. Die Konstitution wird aus den landständischen Freiheitsbriefen, der sogenannten erklärten Landesfreiheit, dem Landrechte und dem rühmlichen Herkommen zusammengesetzt und in verkehrter Ordnung, u m das Bestehende zu retten, aufgezählet. Man bemerkt überall die Tendenz, alles bei dem alten zu lassen und die falschen Seiten mit Idealen zu verdecken. Wir wollen aber bloß bei dem,wie die Urkunden klar sagen, die Geschichte* lehret und die tägliche Erfahrung zeiget, stehenbleiben und die Konstitution Bayerns als ein Resultat daraus mit ein paar Zügen zeichnen. Der bayerische Staat wird in die fürstliche Familie und die Untertanen abgeteilet. [71] Die fürstliche Familie besitzt die Regentschaft erblich nach dem Rechte der Erstgeburt im männlichen Geschlechte. Diese Familie besitzt Güter und Reve* Man sehe die vorigen Noten.
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nuen, die größtenteils durch oder wegen der Landeshoheit erworben sind, als ein Fideikommiß, aus welchen jedoch die Staatsausgaben, insoweit Hofstaat s. a. es zulassen, bestritten werden. Diese Güter und Revenuen heißen Kammergut. In dieser Familie sind alle' Staatsgewalten vereiniget, und sie ist nur in der Ausübung von den sogenannten Landständen beschränkt. Die Untertanen stehen aber nicht alle in gleichem Verhältnisse mit der Regierung und unter sich. Sie teilen sich in Freie und Unfreie ab. Die Freien bestehen aus den wenigen der Geistlichkeit, Adeligen und Magistratsglieder.* Diese haben das Befugnis, alle Vorteile des Staats [72] umsonst zu genießen und die übrigen Untertanen nach ihrer Willkür zu benutzen, über derselben Willen und Kräfte zu disponieren. Sie bewilligen die Abgaben für die ganze Nation und sind — steuerfrei. Sie stehen nicht unter dem Gesetze, sondern die Gesetze unter ihren Handlungen; die Gesetze binden nur, wenn keine Handlungen geschehen. Sie leben im Zustande außer dem Staate,** und damit ihnen derselbe zugesichert bleibe, haben sie das Recht, bei der landesherrlichen Ausübung jener Hoheitsrechte, wodurch ihre Willkür leicht in die Grenzen des-Staates zurückgewiesen werden könnte, zu wachen, damit dagegen nichts unternommen werde. Diese Individuen nennen sich Landstände, ihre Vereinigung Landschaft und die Versammlung Landtag. [73] Die Unfreien bestehen aus der arbeitenden Klasse; sie sind die Allgemeinheit der Nation, genießen keine Freiheit, weil ihr Wirkungskreis gegen die Willkür der Landstände nicht gesichert ist, und können sich nirgends gegen Beeinträchtigung verteidigen.*** Sie erhalten und verteidigen mit ihrem Eigentum und Blute den Staat und genießen keine Vorteile, f Sie werden verkaufet, verschenket und verpfändet und wider ihren Willen von einer Sklaverei in die andere geschleudert, f | [74] Das Prinzip der bayerischen Gesetzgebung ist: Die Gesetze sollen nur dann bindende Kraft haben, wenn kein Herkommen vorhanden ist; und der Besitzstand soll die unverletzliche Rechtsquelle sein. Die bloßen Handlungen der Landstände * Seitdem sich die Magistraten zu Herrn der Bürgerschaft aufgeworfen haben, können sie nicht mehr als Vertreter der Bürgergemeinde angesehen werden; ihre Vorrechte sind auf Lug und Trug gegen die Bürger gerichtet, sie sind Verzehrer des bürgerlichen Fleißes und daher auch Ursache des Verfalls der Bürger. ** Die Summe der Partikularrechte, weil sie nur Willkür zum Grunde haben, bestimmt diesen Zustand. *** Sage man nicht, daß der Fürst die Untertanen vertrete; diese Sophisterei zielet nur dahin, um den Ständen ihre anmaßliche Repräsentation zu entreißen, t Wir verweisen unsere Leser auf die vorigen Noten, wo wir die ständischen Privilegien schon aufgezählet haben, f f Man erwäge die sogenannte Edelmannsfreiheit; ein Bauer, der bis jetzt unter dem Landgerichte stand, ward leidentlich behandelt; er kannte keine Scharwerken, denn er zahlte jährlich 8 fl. dafür. Nun kömmt er mit der Grundbarkeit in die Klauen eines Edelmanns; jetzt wird er der ordentlichen Justizadministration entrissen, der dreimal größern Habgier eines ständischen Beamten überlassen, und er muß von nun an wieder scharwerken. So wird der Landmann aus dem Stande der Freiheit wider seinen Willen in jenen der Willkür gesetzt , und dieses war das Resultat einer Landesversammlung!! Hinc illae lacrimae!
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bestimmen für sich schon das Recht bloß deswegen, weil sie geschehen sind; diese Handlungen sind Gesetze für die übrigen Untertanen.* [75] Dieses ist die Quintessenz der bayerischen Konstitution, wobei wir sorgfältig jedes Philosophem vermieden haben, weil selbst die Wirkungen nicht darunter passen und wir unsere Leser nicht betrügen v/ollen. Das Resultat ist nun: In Bayern herrscht Willkür der Landstände, Unfreiheit der Nation, Gesetzlosigkeit in dem Gesetzbuche und Privatwille im ganzen. Alles dieses widerspricht gerade dem Staatszwecke, denn im Staate darf keine Willkür, sondern nur Freiheit herrschen; da aber die Eigenschaften der bayerischen Konstitution derselben entgegen, diese zugleich die Kennzeichen der Widerrechtlichkeit sind, so ist es weder vermessen noch ungerecht, die bayerische Konstitution als un[7Ö]rechtmäßig zu erklären. Die Unrechtmäßigkeit besteht in der Willkür der Landstände und der Unfreiheit der Nation. Diese Unrechtmäßigkeit nennt der Verf. die Trefflichkeit der bayerischen Konstitution und sucht den Fürsten, Druck auf Druck zu häufen, zu betören. Eine unrechtmäßige Konstitution aber zu verändern und in eine rechtmäßige umzuwandeln, ist Pflicht für jeden Menschen, und hat niemand das Recht zu'behaupten, daß er das Alte nicht verlassen will. Denn der Bestand des bisherigen Chaos läßt sich nur durch Unwissenheit und Mangel hinlänglicher Kenntnis des Rechtmäßigen entschuldigen. Nur das Recht soll herrschen, aber es gibt nur ein Recht, und wenn das bestehende nicht unter dem allgemeinen Rechtssatz passet, so ist es ungerecht; daher gibt es auch ungerechte Gesetze. Nicht allein, daß die bayerische Konstitution unrechtmäßig ist, so ist die Administration derselben eine wahre Karikatur auf den kleinen Staat. Vier Minister und vier Departements mit einer ungemeinenZahl sogenannter Referendärs,** [77] eine Generallandesdirektion mit 3 Präsidenten und 5 Direktoren, ein Revisorium, einen Hofrat mit 2, drei Regierungen — jede mit 1, einen geistlichen Rat mit 1 * * * * Wir müssen unsere Leser wieder vor einem Kunstgriff der gelehrten Aristokraten warnen, welchen sie jeden bestehenden Rechtsideen unterzulegen sich bemühen. Sie bringen alle grundherrlichen Rechte auf Verträge zurück, um sie unverletzlich zu machen. Allein dieses ist gar nicht wahr; die heutige Verbindlichkeit der Bauern gründet sich bloß auf die alte List und Gewalt, welche nie Rechte gewähren können. Eine bloße Rechtsunterlegung aber kann hier deswegen nicht geschehen, weil ein solcher Vertrag, wodurch ich mich der Willkür eines andern unbedingt überlasse, unvernünftig und so sohin rechtlich unmöglich ist. Da ein solcher Vertrag rechtswidrig ist, so kann ihm der Staat auch keine Garantie gewähren, also auch keine Rechtsverbindlichkeit verschaffen. ** Vergleiche hiemit die Note von den Trabanten. *** Nichts ist wohl unnützer als ein eigener geistlicher Rat, der vielleicht bloß deswegen beibehalten wurde, um eine Präsidentenstelle zu besetzen. Die meisten Individuen desselben sind eifrige Obskuranten; und noch sind sie der Nation die Berichtigung jener Sagen schuldig geblieben, was es mit dem Mord, der im Kloster Polling an einen jungen Mönch begangen worden, für eine wahre Beschaffenheit habe und welches Ende die Untersuchungsgeschichte bei den Kapuzinern in München, wo diese den Koch wegen einer versalzenen Suppe
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ein Wechselgericht mit 1 Präsidenten und Direktoren, eine Menge Gerichts[78] u n d Regiebeamten, die auf Sportein angewiesen sind, und ganze Scharen v o n A d v o k a t e n und Schreibern, d a ß man letztere zur Austrockenung [79] aller b a y e rischen Moser gebrauchen kann. B a y e r n zählt so viel Vorsitzer und Direktoren, daß vor lauter Dirigieren bald niemand mehr zum Gehorchen dasein wird. Diese Herren tragen frei[8o]lich gestickte und bordierte Krägen, tragen Quasten auf den H ü t e n u n d sehen gar possierlich martialisch aus. Die meisten dieser Herren sind Adelige oder Stockaristokraten, die entweder in der Ausbildung ihres Geistes mit ihrem Zeitalter nicht gleichen Schritt gehalten (weil sie auch in den Schulen nichts Bessers lernten) oder sich keine Empfänglichkeit für reine uneigennützige Wahrheit erworben oder keine Selbständigkeit und Freiheit errungen haben. Die meisten sind Leibtrabanten der Gewalt, Papiermotten, die in A k t e n umherwühlen und darin die Bestimmung des Menschen zu suchen wähnen. Sie verfolgen (oft selbst Verfolgte) die Lehre v o n Menschenrechten, weil sie zu ihrer Zeit noch mißhandelt haben, genommen habe. Genugtuung und Berichtigung hierüber ist der geistliche R a t der Nation zu verschaffen verbunden, wenn er nicht in den Verdacht der Unterschlagung kommen soll. Dem geistlichen R a t ist die Sorge und Verwendung der Kirchengelder und des Schulfonds übertragen. Beede sind Zweige des Nationaleigentums, also muß auch der Nation Rechenschaft hierüber abgelegt werden. Noch nie ist dieses geschehen. Die Kirchenkapitalien, wo sind sie hingekommen? In den Händen der Adeligen, welche nichts bezahlen und sie vielleicht zu schimpflichen Zwecken nützen, sind sie größtenteils; der Landmann erhält zur Not kleine Kapitälchen. Was noch übrigbleibt von den Kirchenrevenuen, fließt nicht in den Kirchenschatz, sondern wird von diesen sogenannten geistlichen Räten verzehret, damit sie Finsternis im Lande erhalten und verbreiten und immer sagen können, die Nation sei nicht reif. Vergeudet und verschleudert ist der Schulfonds, einer der größten und besten in Europa, dessen sich eine Nation rühmen konnte; heruntergeschmolzen auf ein Sümmchen, mit dem man die elendesten, mehr zur Abstumpfung und Unsittlichkeit als Unterricht bestimmte Schriften diebischerweise nachdruckt und Pensionen für Fanatiker und Finsterlinge bezahlet. Wahrlich! Bayern hätte sich der besten Schulen zu erfreuen, müßte in der Aufklärung den Ton angeben; aber dafür ist der Fonds durch die Administration versplittert, und der Moder der Unwissenheit hat die Nation überzogen, den jetzt der scharfe Zahn des Rechts wegzubeißen Mühe hat. Der geistliche Rat, ein Bastard, von einem Pfaffen mit einer Adeligen erzeugt, hat List und Gewalt in sich vereinigt, wodurch er bei dem besten Fonds dahin zu bringen wußte, daß die Absichten seiner Eltern am sichersten erreicht wurden: Finsternis herrscht überall. Die Stadtschulen haben schon die zweckwidrigste Einrichtung, und die Landschulen sind ein Greuel der Geistesverwüstung. Der Schullehrer ist der erste Bettler im Staat, Sklave von jedermann, besteht sein vorzüglichster Erwerb darin, daß er den Bockpfeifer bei der Tanzmusik mit der Geige unterstützt. Lieber zahlt der Landmann bei dieser Gelegenheit den Schullehrer als für den Unterricht. So stockfinster hat der geistliche R a t Bayern gemacht, alles verschleudert, dem Herkommen aufgeopfert und seine Pflicht vergessen, der Nation Rechnung der ihr anvertrauten Gelder abzulegen, entgegen diese mit den Fesseln der Dummheit beschlagen.
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nicht Mode waren oder sie auf ihren Trägheitspolstern gestöret würden. Sie erklären die dreuste Vernunft in die A c h t , weil sie keine andern Autoritäten als Rechtsgründe anerkennt, und verdammen jede Meinung in der Politik, die nicht in Kreittmayrs K o d e x steht. Sie können gar nicht begreifen, wie es zugeht, daß das Volk anders regiert sein will als in den Zeiten des Faustrechtes und daß es weder scharwerken noch die Edelleute [81] und Priester für halbe oder ganze Götter ansehen will wie in den Zeiten der Mutter Gans. Ihre gewöhnlichen Maximen in der Politik sind: Trenne und zaudere, und du wirst herrschen; intrigiere und überliste, und man wird dir alles gewähren; laß alles beim alten, und du wirst dich wohl befinden. Ein Mensch ohne Ahnen ist in ihren Augen eine Null, und feie können gar nicht den Frevel begreifen, wie er es wagen kann, von Regierung und von Staatsreformen zu sprechen und zu schreiben. D a sie gänzlich Fremdlinge in staatsrechtlichen Untersuchungen sind, so erröten sie nicht, den Staat an Adelige und Priester zu verraten. Vor Mächtigern fallen sie auf die Knie, den Ohnmächtigen hingegen treten sie in den Staub. Der Weise, der über die menschliche Natur nachdenkt und der die Gründe für die Rechte und Pflichten für die Menschen zu erforschen sucht, ist ihnen ein gefährlicher Mann, den man zur Bekehrung in das Gefängnis schicken müsse. Die kritische Philosophie ist ihnen eine Ausgeburt der Hölle, womit der Teufel die Menschen in Versuchung zu führen und in den [82] Abgrund des Verderbens zu stürzen trachte. Eine für alle Menschen gesetzgebende Vernunft kommt ihnen als ein Ungeheuer vor, das man nicht mit Gründen, sondern mit Feuer und Schwert bekämpfen müsse. Sie sind die Organe des Despotismus und glauben, daß ein besserer Zustand für die Menschen nicht passe, weil er ewig unter der eisernen Zuchtrute der Tyrannei gehalten werden müsse. Wenn also der Mensch verdorben ist, so ist er dieses durch sie. Sie sehen auf ihre bessern Kollegen, die nicht Aufklärung heucheln, sondern dem Rechtsideale nachstreben, mit Verachtung herab. A m gefährlichsten unter ihnen ist wohl jener Teil, welcher sich bemüht, mit Modesentenzen herumzuwerfen und allem Unrechte Rechtsideen unterzulegen, damit man die Untersuchung der wahren Beschaffenheit der Sache unterlasse. Sie allein betrachten den Landmann wie einen Schwamm, den sie von Zeit zu Zeit ausdrücken; die meisten Arbeiten und Prozesse,* die sie haben, betreffen die [83] Privilegierten; und der Bauer kann sich in Streitigkeiten gegen seine Herrschaft nicht des besten Rechtes erfreuen.** Er, der zur Unter* Die Fideikommiß- und Testamentsprozesse und Schulden der Großen machen den größten Teil der Justizgeschäfte aus. ** Man erwäge nur: Wenn der Bauer einen Streit gegen die Anmaßungen seines . Grund- oder Jurisdiktionsherrn führet, so ist letzterer schon zuerst Richter in eigener Sache; in den höhern Gerichtsstellen sind entweder der Grundherr selbst oder andere Adelige und getreue Spießgesellen, welche sich wohl hüten, durch einen vernünftigen Rechtssentenz das Messer gegen ihre eigene Kehle zu wenden. Der Richter und die Partei befinden sich immer in einem Interesse. Was die Laudemialschindereien betrifft, so geht der geistliche Rat mit den Kirchengütern voran ; er will unter keinem Gesetze stehen, bei ihm ist alles Herkommens, und er weigert sich standhaft gegen jede Verbesserung. In den Kirchenrechnungen
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haltung [84] dieser Herrn seinen Schweiß aufopfert, muß sie noch besonders bezahlen, da sie doch für ihn das wenigste arbeiten, ja gewöhnlich seine stärksten Gegner sind und, statt daß sie den Krebsschaden heilen, denselben verbreiten. Diese Herren sind meistens Opferpriester im Tempel der Observanz; ihr gelehrter Apparat ist sehr klein, er besteht in einem Axiom und einer kleinen Rechentafel. Das Axiom heißt: So ist es; auf die Rechentafel zeichnen sie einige Striche hin, welche Jahre bedeuten, und sprechen: So war es schon seit so viel Jahren, und von Herkommen kann und darf nicht abgewichen werden. Die Hauptmaxime ist, aus den Streitigkeiten der Untertanen wie der Kaufmann aus seinen Geschäf[85]ten einen Nahrungszweig für die Justizbedienten, vom obersten bis zum untersten, zu machen. Bayern hat eine Menge von Gesetzen, aber deren Befolgung ist Verbrechen, weil erstere gegen das Herkommen wären. Die Gesetze sind eigentlich nur Lockspeisen, um durch deren Befolgung die Bauern zu angeln, damit sie auch wider ihren Willen fehlen, weil man einmal von ihren Fehlern leben muß. Bei Kriminalverbrechen richtet man nur arme Sünder, weil von den Reichen nichts im Gesetzbuche stehet. Die meisten dieser Herren wissen die Staatsgebrechen am besten für sich zu benutzen, suchen Verwirrung auf Verwirrung zu häufen, damit nichts Gutes gedeihen könne. Ein Schreiberkorps von 1000 Menschen herrscht in einem Lande, dessen Anzahl mit der ganzen Nation, die etwas mehr als eine Million zählet, in keinem vernünftigen Verhältnisse stehet und sich größtenteils von Gebrechen nähret. Ihr Nichtstun besteht in Lumpenpapier auftürmen, wozu die Nation ungeheure Kosten bestreiten muß, damit dieses in Pracht verwahret werden könne. Bloß um der Menschen Unsinn und elende Hin- und Herschreibereien auf[86]zubewahren, macht man die kostspieligsten Anstalten, welches eine der ersten Staatssünden ist und gar keine Eigenschaft eines guten Finanzministers bezeuget. Nur in wenigen Papieren sind wahre Fürsten- und Untertanenrechte enthalten, die ein Kämmerchen hinlänglich umschließen könnte. Diese Papiere, Myriaden an der Zahl, sind drei Vierteile Lief er- und Empfangsscheine, Berichtund Verantwortungsschriften, Aktenabforderungsbefehle; ein großer Teil des Verfahrens besteht in einem wichtigen „Hinwieder" und „hat zur Nachricht gedient", ..ponatur ad acta". Kaum ein Viertel enthält die Hauptschriften eines Aktes, und dieses Vierteil beweiset oft von keinem Rechte. Diese Papiere stehen schlecht im findet Khan einen Überblick aller Laudemialbedrückungen, wie sie in dem trefflichen Werke „Bemerkungen über die Laudemial- und grundherrlichen Recht " angegeben sind, und noch größere, die einem gesunden Menschenverstand gar nicht einfallen. E i n paar geweste Schreiber dirigieren alles. Der eine ist so genau, daß er, um einige Kreuzer in der Rechnung zu berichtigen, K o m missionen sich erteilen läßt, deren Diäten mehrere hundert Gulden betragen. Den andern kennen unsere Leser schon aus dem „Unterrichte eines alten B e a m t e n " ; er ist der ehemalige saubere Oberschreiber L . Z. D., der sich ärgert, daß einige die frevelhaften Grundsätze aufstellen, daß nicht alles Rechtens sei, was die Grundherrn sich anmaßten; und der sich nicht scheuet, öffentlich zu behaupten, daß man den Bauor nicht aufkommen lassen darf. [Zu den angezogenen Schriften vgl. die folgende Anm. 24].
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Tempel der Gerechtigkeit und sind gleich den Votivtafeln aufgestellt im Tempel des Herkommens. Statt diesen W u s t zu reinigen, nur das Wesentliche aufzubewahren, hält man es für die größte Registraturskunst, diesen W u s t aufeinanderzutürmen und das Geld zu verschleudern. Mehr als eine halbe Million verschleudert man zur Verfertigung von Landkarten [87] und Planen, die jetzt bei näherer Untersuchung zu gar nichts taugen. Dieses Schreiberheer kostet mehr als Millionen, und dem Lande gehet gar nichts zuguten; alles ist nur ein Staatenspiel auf Kosten der Nation, die nie erwachen soll. Die Staatswirtschaftsgrundsätze kann man nicht prüfen, weil man keine h a t ; der beste Finanzier ist der, welcher alles verwirret und für die fürstliche Schatulle fleißig eintreibt; ein solcher schlägt sich durch alle Parteien durch. So steht es in B a y e r n : Eine unrechtmäßige Konstitution und eine noch schlechtere Administration, wo alles dem Eigennutz und der Habsucht preisgegeben ist. Eine schlechte Administration von einer übergroßen Anzahl von Staatsbedienten, Ämtern und Beamten, die nicht kostspieliger sein kann, als sie jetzt ist. Sie scheint nur dazu bestimmt zu sein, den verschiedenen Müßiggehern unter gewissen Titeln Pfründen zu erteilen, welche aus dem Schweiße des Bauerns abgezogen werden. Ein Minister [88] hat 20000 Gulden, ein Präsident 6000 fl., ein Referendär 3000 fl., ein Direktorialrat 1500 fl., ein Justizrat 1200 oder 1000 fl. usf. Das sind ja enorme Ausgaben für Herren, welche wenig Recht, aber viel Unrecht tun; deren mancher dabei kein anders Verdienst hat, als daß er noch mit seiner Besoldung auskommt. Sie sind noch obendarein zu bedauern, da sie Mangel an reeller Arbeit haben und dem Herkommen und L u x u s gleich frönen müssen. Wie kann nun der Verfasser mit menschlicher Vernunft behaupten, daß Bayern eine so treffliche Verfassung habe, daß Glück und Ruhe dabei befördert werden? E r sucht ja geflissentlich, das Wahre zu verhehlen und den Fürsten selbst, wenn er dieser Sirenenstimme Gehör gibt, in den A b g r u n d zu stürzen.
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Die Preßfreiheit fürchtet der Verfasser gar sehr, vermutlich weil e r e s ahndet, daß auch er in seinen Schlupfwinkeln beleuchtet werden [89] möchte. Leider haben mit dem Verfasser auch andere Männer in Bayern gleiche Grundsätze, die Preßfreiheit nur so lange unterstützten, als sie schreiben. Sie gestatten nur Preßfreiheit, solange mit ihnen aus und nach gleichen Grundsätzen geschrieben wird. Das Muster aller guten Schriftsteller ist ihnen derjenige, welcher die Gegenwart und Zukunft vernachlässigt und bei der Vergangenheit verweilt. Daher sind ihnen Urkundensammler aus dem Mittelalter die wichtigsten Schriftsteller, sollten dieselben noch so einseitig, ja selbst falsch sein; wenn sie nur dazu dienen, die Puppe des Mittelalters aufzuschürzen. Verdienste kann man sich sammeln, wenn man vermoderte Romanen aufwärmet und dem Publikum für eine wahre Geschichte auftischt.* * Man sehe nur die Liebsgeschichte der Agnes Bernauerin, welche kürzlich von
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[90] Philosophie oder das Nachdenken über die Rechte und Pflichten des Menschen fürchten und verfolgen sie, denn sie werden beleuchtet, die Fratze des Herkommens wird von ihren Gesichtern heruntergerissen, und sie stehen beschämt und unnütz da. Unsere Leser können es kaum begreifen, wie solchen Menschen jetzt zumute ist, die bisher bloß von der Vergangenheit lebten, sich die Mühe gaben, allen Bestehenden allgemeine Rechtsideen unterzulegen, damit das Geschehene heilig bleibe; die nur dann etwas Recht zu nennen wußten, wenn sie gefunden haben, daß dieses auch geschehen sei; und die solange sich über nichts zu entscheiden getrauen, wenn sie keine Handlung der Großen für sich anführen können; die von Volks- oder Menschenrechten nur solange sprechen, als die Großen dieselben nicht unterdrückten; ist aber eine solche unterdrückende Handlung geschehen, so ist diese bei ihnen eben deswegen auch Rechtens. Daher gibt es bei diesen Herren vielerlei Rechte; in Rußland, sagen sie, ist es Recht, daß man um Bauern spiele; in der Türkei, daß man Halsschnüre ad aedes schicke; in Preußen, daß Leibeigenschaft [91] herrsche; in England, daß man falsch schwöre; in Spanien, daß man bessere Menschen verbrenne usw. Was ihnen Teutschlands alles Rechtens ist, zeigen die aus der Geschichte abgezogenen Schulbücher der verschiedenen Staatsrechte. Ihr Recht gründet sich lediglich auf Erfahrung, ist daher so veränderlich als diese.* Sie wissen [92] nicht, daß die Erfahrung stumm und leblos ist, man mag sie fragen, soviel und sooft man will, was recht und unrecht sei; und wenn man sich auf den Dreifuß setzte, so wird man eher Tote aufwecken können, als die Erfahrung dahin zu bringen, diese Fragen zu beantworten. Die Moral und das Recht hat noch niemand aus der Erfahrung herausgezaubert; und es ist das lächerlichste Bemühen dieser Herren, wenn sie aus der Erfahrung Recht schaffen wollen. Die Philosophie die keine Mietlinge, sondern Selbstdenker erzeugt, setzt diese Erfahrung erst auf die Grundsätze des Rechts und der Erfahrung, nimmt diesen Herren ihren Gö.tzen hinweg, und beschämt stehen sie da, daß sie eine bloße Dunstgestalt anstatt einer Juno umarmt haben. Diese Scham sich zu ersparen, unterdrücken sie die Preßeinem sogenannten bayerischen Historiker gar historisch geschildert wurde.2:1 * Diese Herrn nennen sich besonders noch Publizisten oder Staatsrechtslehrer ; wahrlich sind sie bedauernswürdige Geschöpfe, denen der Tempel des Göttlichen ewig versperrt bleibt, da sie, auf Irrwegen versetzt, nur von lauter zufälligen Erfahrungen geleitet werden. Der Unbeständigkeit, welche das Beständigste unter den Menschen ist, preisgegeben, sind sie die unbeständigste Menschenklasse, auf die sich niemand verlassen kann, denn was ihnen heut recht ist, ist ihnen morgen unrecht. Diese sind es, welche die Fürsten umgeben und in allen ihren politischen Regungen sich bisher, wie es nicht anders zu erwarten ist, erbärmlich betragen haben. Ein ewiges „hoc non putarem" rufen sie bei der Tagesgeschichte aus, und sie können Revolutionen am sichersten vorhersagen, weil sie dieselben vorbereiten. Sie leben von der Erfahrung und rasen wie Unsinnige bei jeder neuen. 23 Gemeint ist wahrscheinlich das Trauerspiel „Agnes Bernauerin", das den gleichen Törring-Gutenzell zum Verfasser hat wie die Hetzschrift, mit der sich die Flugschrift auseinandersetzt.
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freiheit und halten sich Zöglinge, die bei ihrer Leiche weinen müssen. Dieses ist das eigene Interesse, welches diese Herren bei der Preßfreiheit haben, damit sie sich willig und wohl gar hochtrabend als Organ der Adeligen und Priester gebrauchen lassen, die sich in ihren Schlupfwinkeln beleuchtet nicht sehen wollen und die. nur in ihren Anmaßungen [93] den Begriff des Rechtes bestimmen. Diese kitzeln die Gelehrten mit dem falschen Ehrgeize und benützen sie als Mittel zu ihren Zwecken. Also lediglich deswegen soll keine Preßfreiheit herrschen, damit die Anmaßungen der Priester und Adeligen nicht nach den vernünftigen Rechtssätzen geprüft werden. Welche Bücher wollen sie denn verboten haben? Solche Bücher, welche die Staatsgebrechen freimütig aufzählen, sie unter die Kapelle des Rechts bringen und Vorschläge zur Verbesserung machen; welche den Landmann, der bisher Sklave in der Nation ist, erwecken, auf seine Rechte aufmerksamer zu werden.* Wir wollen sie dem Gedächtnis zurückrufen; sie sind folgende: [94] 1. Über die Unrechtmäßigkeit des kleinen Zehents in Bayern, 8°, 1784. 2. Unterricht eines alten Beamten an junge Beamte, Kanditaten und Praktikanten, Linz, 3 Teile, 1783, 1787, 8°. 3. Sammlung von Beurteilungen einiger bayerischen politischen Druckschriften. Von einem Zuschauer auf dem Lande, 8°, [München] 1797. 4. Bemerkungen über die Laudemial- und grundherrlichen Rechte in Bayern, Frankfurt u. Leipzig, 8°, 1798. 5. Beitrag zur Geschichte der Frone oder Scharwerk in Bayern, Frankfurt am Main, 2 Teile, 8°, 1798, 1800. Diese Schriften waren der Stein des Anstoßes, deren ungenannten Verf. man erdrosseln möchte. 2i Dieser Mann warf die ersten Leuchtkugeln in die bayerische Verfassung; er ordnet frei[95]lich den bestehenden Wust in kein Schulsystem, um ihm längere ungerechte Dauer zu verschaffen und eine Generation mehr wieder in der Unwissenheit versenkt zu erhalten, sondern er zählt die Anmaßungen der Landstände auf, bringt sie unter dem Staatszwecke oder, welches eins ist, unter den allgemeinen Rechtssatz und zeiget den Kampf zwischen List, Gewalt und Schwäche. E r ist nicht geblendet von den Vorzügen der Großen, sondern faßt das Ganze, den Staat, auf. E r nimmt den Landmann zum Ziele und sucht ihn aus der Sklaverei zu ziehen. Schon früh war er mit jenen Grundsätzen vertraut, welche die kritische Philosophie erst nachher in Bayern verbreitete. Dieser Mann zeigte zuerst die Lücken des Rechts, deren Ausfüllung damit erleichtert wurde. Er ist der erste Volkstribun, und das Volk kennt ihn nicht, weiß nicht einmal seine Schriften zu * Das Preßverbot hat der eigentlichen Verbreitung dieser Bücher weniger geschadet als die von den Adeligen, Priestern und Beamten bisher ausgeübten Kunstgriffe; sie haben bisher den Landmann nicht zur Kenntnis jener nur für ihn geschriebener Bücher gelangen lassen; sie hielten ihn bisher mit Macht zurück, daß er lesen und schreiben nicht lernte, und so blieben diese auch für den Landmann gänzlich unbrauchbar; und selbst die Männer, welche an der Unterdrückung dieser Schriften arbeiten, lasen sie nicht immer. 2/ ' Verfasser sämtlicher genannter Schriften war Simon Rottmanner; vgl. S. 2 3 2 Anm. 5, 6, 7, 1 1 .
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lesen. Dankbar wird der Bauersmann dieSem edeln Mann noch sein, der es gewesen, welcher alle die Köpfe erweckte, die jetzt für Volksfreiheit ihre Kräfte verwenden. Sollen die bessern Zeiten kommen, so laßt uns vor allen die Büste dieses Mannes in das bayerische [96] Pantheon stellen und laut es der Nation verkünden, daß in diesem Mann ihre Rettung keimte. Früchte seiner Bemühungen sind: 25 6. Über den Wert und die Folgen der ständischen Freiheiten in Bayern, 8°, 1797. Die erste Schrift, welche wichtige Verbesserungsvorschläge machte. 7. Über die Quellen des wachsenden Mißvergnügens in Bayern, 8°, 1799. — Eine Apologie der Landstände auf Kosten des Hofes. 8. Leben und Taten des berüchtigten und landverderblichen D. Herkommens, auch Observantius genannt, 8°, 1799. — Ein in seiner Art einziger politischer Roman, erhaben über die Gemeinplätze, das sublimste Geistesprodukt. 9. Die Landstände von Bayern; was waren sie, was sind sie, was sollen sie sein? 8°, 1800. — Stark und wahrhaft geschrieben, die Fratze der Rechtsunterlegung mit Kraft heruntergerissen. [97] Ein allgemeiner Hang entsteht zur Reformation, das einzige Bewahrungsmittel vor Revolutionen; die Landschaftsverordneten werden über ihre ungeheuern Geldbewilligur gen, ihre Trägheit und auffallende Zweideutigkeit verantwortlich gemacht. Ein Landtag, der gewöhnliche Weg, soll einberufen werden, damit auf selben die neue, zweckmäßige Reform organisiert werde. Es entsteht ein Kampf über diese Fr¿ge, in welchem sich wütende Verfolgungssucht eines fanatischen Schulmeisters mischte, der das Ganze mit Unsinn vertilgen möchte. Der Hof will keinen Landtag; nicht deswegen, weil er vielleicht glauben könnte, daß eine Versammlung von Aristokraten nicht viel Gutes beschließen werde, sondern weil er oder die Minister ihn fürchten, weil auch diese die Pflicht, Rechenschaft abzulegen, vergessen haben und bei einer Abforderung schwerlich werden bestehen können. Die Zeit der Füreinanderbringung des goldbordierten Hutes ist vorüber und war bisher das schlechteste Handwerk der bayerischen Finanziers. Also deswegen werden auch die Landtagsschriften unterdrückt; und sucht jetzt Hof und Verordnung [98] eins das andere zu retten. Doch wurmt unsern Verfasser die Landtagseinberufungsliteratur nicht so sehr als die erstem und ähnliche Schriften; deswegen haben wir auch nur diese und nicht letztere anzeigen wollen. Der Landesfürst und seine Trabanten werden also eigentlich nur als Mittel von den Aristokraten mißbraucht, nur diese fürchten die Beleuchtung. Also alle jene Schriften sollten verboten bleiben, welche die Mißbräuche schildern und das Volk auf ihre Rechte aufmerksam machen, und nur einseitige elende Altertumsgräberei geduldet werden. Man soll nie zur Kenntnis der Landesverfassung kommen, diese soll' immer ein Geheimnis bleiben; zur Erkenntnis der Wahrheit darf man nicht gelangen, wozu doch freie und uneingeschränkte Verbreitung der Wahrheit das einzige Mittel ist. Ewig soll der Mensch unvollkommen bleiben, da doch Vervollkommung seine 25
Vgl. S. 231 f. Anm. 3, 4, 9, 10.
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einzige Pflicht ist. Dieses ist ein Eingriff in die unveräußerlichen Menschheitsrechte, die größte Tyrannei; wozu den Fürsten umgebende Obskuranten ihre ganze Macht mißbrauchen, damit [99] ihre Dummheit oder Blödsinnigkeit herrschen könne. Schön und wahr hat hierüber selbst ein Obskurant geschrieben:* „Vor allem aber, was Fesseln scheut, kann nichts so wenig sie ertragen als der Gedanke des Menschen. Der Druck, der diesen trifft, ist nicht bloß schädlich, weil er das Gute verhindert, sondern auch, weil er unmittelbar das Böse befördert. Was ohne alle Rücksicht auf andere Gründe jedes Gesetz, welches Preßzwang gebietet, ausschließend und peremtorisch verdammt, ist der wesentliche Umstand, daß es seiner Natur nach nicht aufrechterhalten werden kann. Die Leichtigkeit, Ideen ins Publikum zu bringen, ist so groß, daß jene Maßregel, die sie beschränken will,** zum Gespötte wird. [100] Wenn aber auch Gesetze dieser Art nicht wirken, so können sie doch erbittern-; und das ist eben das Verderbliche, daß sie erbittern, ohne zu schrecken. Sie reizen gerade diejenigen, gegen welche sie gerichtet sind, zu einem Widerstande, der nicht immer nur glücklich bleibt, sondern sogar rühmlich wird. Die armseligsten Produkte, denen ihr innerer Gehalt nicht ein Leben von zwei Stunden sichern würde, drängen sich in den Umlauf, weil eine Art von Mut mit ihrer Hervorbringung verknüpft zu sein scheint. Das einzige Gegengift — die Produkte der bessern Schriftsteller — verliert seine Kraft, weil der Ununterrichtete nur allzuleicht den, welchervon Schranken spricht, mit dem verwechselt, welcher die Ungerechtigkeit gutheißt. Darum sei [101] Preßfreiheit das unwandelbare Prinzip ihrer Regierung. Nie kann dieses System einem wohlgeordneten Staate Gefahr bereiten; nie hat es einem solchen geschadet. Wo es verderblich wurde, da war die Zerstörung schon vorangegangen, und der gefräßige Schwärm wuchs nur aus der Verwesung hervor." Falsche Aufklärung ist es, nur höhere Wissenschaften alleine zu unterstützen; alle akademische Preisfragen haben die Nation um nichts gebessert, weil sie sich nur mit Formeln und Tand beschäftigen, die Nation in ewiger Unwissenheit der Landesverfassung erhalten oder ihr wohl gar eine falsche Vorgespiegelt haben. Die Gelehrten (die ewig Getäuschten und Täuschenden) sind es, welche aus falscher Eitelkeit oder eigennütziger Absicht die allgemeinen Rechtssätze nur zu Talismanen gebrauchen, um jeder ungerechten Gewaltshandlung den Schein des Rechts zu verschaffen. Und nun, da man dieses lüftige Machwerk untersuchen * Seiner Königl. Majestät Friedrich Wilhelm I I I . bei der Thronbesteigung alleruntertänigst überreicht von Fr. Gentz, 1798, 8°, Berlin. 26 * * In Bayern ist dabei merkwürdig, daß jetzt größtenteils die ehemals vertriebenen Illuminaten Verfolger der Preßfreiheit geworden sind und die Schleichwege der Verfolgten zu entdecken nicht erröten. Diesen ist es nicht gegeben, in den Tempel der Wahrheit, um welchen sie schwirrten, einzutreten; deswegen wollen sie die glücklichern Pilgrime auf ihren Wegen und Straßen niederwerfen. Sie sind die Quieszenten in der Aufklärung und finden es grausam, daß man sie in ihrer Ruhe stören wollte. 26 Gentz, Friedrich (1704—1832), Publizist und damals noch preußischer Kriegsrat.
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will, ob es die Stürme der gedrückten, jetzt losbrechenden Vernunft aushält, schreien sie gegen die Preßfreiheit, welche nur allein Wahrheit gewähret. (20) [102] Was ist der alte Adel? Die Schilderung desselben ist ein Gemälde, bei dessen Anblick eine Bühne voll Greuel unsern Augen sich öffnet! Die betörteste, aufgeblasenste, feigste und kriechendste Menschenklasse, ohne Kopf und Herz, Menschen, die kein fröhliches Gesicht sehen, ohne nicht gleich die böse Lust zu fühlen, eine Kralle ihres bösen Gewissens daraufzukratzen, dife alles, was sie tun, nach einem andern tun. Die Waffen, mit denen sie fechten, sind Verleumdung, Schmeichelei, Betrug aller Art; Prunk und Flitterstaat — ihr Abgott; abgeschmackte Tändeleien, knechtischer Dienst — ihr Steckenpferd; die Reihe ihrer Vorfahren — ihre Stütze; der Stand, hinter dem sie sich verpalisadieren — ihr Schirm; und ihr ganzes Ergötzen — von ihrem Stockwerk herab über die bürgerlichen Häupter wegzusehen.* Und was waren ihre Ahnen, auf welche sie ihre Schmarotzerexistenz stützen? Räuber [103] und nichts anders. Es ist für die Adeligen Schande genug, daß die Zeit, wo sie entstanden sind, von ihrer Entstehungsart den Namen trägt; sie wird Faustrecht genannt, welches der Inbegriff aller ungerechten Mittel zu einem ungerechten Zwecke ist und wodurch sie für ewige Zeiten in der Geschichte gebrandmarkt sind. Diese Altadeligen sind nur mehr die Pilze, welche am Ende einer tausendjährigen Verwesung hervorgehen; sie glänzen auf ihrem faulen Grunde schön, sind aber innerher schmutzig und — giftig. Der wahre Vaterlandsfreund muß den Fürsten gegen diesen Adel mißtrauisch machen, denn auf den schändlichen Wegen, auf welchen er sich emporgeschwungen hat, muß er sich zu erhalten suchen. Dieser Adel liebt nicht den Thron, sondern sich selbst; er hält zur Regierung, weil er von dieser Glanz, Ehre und Reichtum erhält; er verläßt und verrät sie in dem Augenblicke, wo dies aufhört; er hängt an der Verfassung, solange er sich in derselben wohl befindet, und hilft dieselbe umstoßen, sobald er unter ihren Trümmern seinen Vorteil findet. Die Geschichte Deutschlands, Italiens, Kataloniens, Rußlands [104] unter Peter I. 27 und Schwedens etc. geben Beispiele genug, daß der Adel kein eigentlicher Freund der Regierung ist, sondern in dieser nur sich selbst, sein Ansehen und seine Vorteile verteidiget. Im Gegenteile, der Adel haßt überall die Regierung und den Hof und ist dessen tödlichster Feind. Sein grenzenloser Ehrgeiz und Stolz (man betrachte hier die Worte an das Herz etc. selbst und vergleiche sie noch damit mit dem übermütigen Charakter des Verf.), der ihn von dem Volke sondert, das er als unrein betrachtet, macht ihn zugleich neidisch auf den Hof und dessen Vorzügen; er haßt den Fürsten, * Wahre Charakteristik des Adels in altern und neuern Zeiten, Jüngern, London [Hamburg] 1768, 8°. 27 Peter I., geb. 1672, Zar von Rußland 1682/89, gest. 1 7 2 5 .
von Hallo dem
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weil er der einzige ist, vor dem er sich bücken muß, noch mehr, als er das Volk haßt. Seine Empfindung gegen letzteres ist nur eine mit Furcht vermischte Verachtung; jene gegen den Hof: Neid gepaart mit Haß. Darum hat der Adel sich nur höchst selten Revolutionen widersetzt, die weiter nichts als einen Wechsel des Gouvernements, einen Wechsel der Person des Regenten bezweckten; darum hat er noch fast immer dergleichen Revolutionen bewirkt, begünstigt, unterstützt und ausführen hel[io5]fen; und die Revolutionen, die durch den Adel und die Priester angezettelt und durchgeführt worden, sind hundertmal häufiger, und des Blutes, das in Bürgerkriegen floß, ist unendlich mehr durch den Adel und die Pfaffheit geflossen, als durch das Volk je Revolutionen ausgeführt, je durch dieses Blut vergossen worden; und wenn das Volk irgendwo losbrach und seiner Wut Opfer fielen, dann brach es fast immer mit Beiwirkung und auf Aufreizung des Adels und der Pfaffheit los und schlachtete seine Opfer durch dessen Blutdurst; der Adel vermischte sich mit ihm, lenkte es und bezeichnete ihm die Opfer. Wehe daher dem Fürsten, der sich durch den Adel und ihre Söldlinge aufschwatzen läßt, daß der Adel überall Freund des Thrones sei, und sich ihm in die Arme wirft! Er wird mißbraucht und verraten, wie Ludwig XVI. durch gleichen Irrtum es ward.* [106] Ein Fürst ist daher schon auf halbem Wege zur Besserung, wenn er gegen den Adel mißtrauisch wird; denn alles Unglück der Fürsten kommt daher, daß sie sich von den Aristokraten verleiten ließen, mit denselben gemeinsame Sache zu machen. Diese zogen den Fürsten immer zurück, wenn er mit dem Zeitgeist fortschreiten und seine Nation glücklich machen wollte.
(21) Keine Geschichte ist reichhaltiger, ereignisvoller, schrecklicher als die Geschichte der Attentate, welche die Priesterschaft sich überall und zu allen Zeiten hat zuschulden kommen lassen. Man wird uns die Belege davon leicht erlassen. Der hat nie Geschichte studiert, der hier weitere Auseinandersetzung fodern würde; auch ändern gute einzelne Individuen sowohl des Adel- als Priesterstandes die Charakteristik des ganzen nichts gar nicht. Bloß als Resultat der Geschichte mag folgendes genug sein: Die Priester waren zu allen Zeiten Feinde der Regierungen, weil es nie eine Regierung gab, die alle ihre Ansprüche be[i07]friedigen konnte, ohne nicht selbst zum Priester zu werden. Losgerissen von dem natürlichen Familienband, bilden sie einen eigenen Kastratenstaat im Staate; beschränkt auf die Waffen des Aberglaubens und außer diesen ohne eigene Macht, bestechen sie das Volk mit dem Gift der Heuchelei, indem sie es zugleich durch Dummheit lähmen; sie liegen in steter offener Fehde mit Wahrheit und Vernunft und sind Kämpfer * Der Fürst des X I X . Jahrhundertes, [System der Staatskunst unsrer Zeit, St. Petersburg 1798/99,] 2. T., S. 307^28 28 Verfasser war entweder der Stadt- und Landvogt zu Lohr, Karl Joseph Hofheim (geb. 1772) oder der Architekt Gruthofer, auch Krutthofer aus Heilbronn bzw. Worms; siehe über ihn Scheel, Heinrich, a. a. O., S. 454 u. passim. 29
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der Finsternis. Sie kennen nicht Befriedigung, nicht Versöhnung, nur Zernichtung endet ihre Kämpfe. An diesem Felsen zerstäubt die Fürstenmacht, wenn sie ihn umschlingt. Wann der Priester eine Erklärung täte, sagt Rainald, würde es diese sein: „Wenn der Fürst nicht mein Sklave ist, so ist er mein Feind; ich habe ihm zwar das Beil in die Hand gegeben, aber nur unter der Bedingung, daß ich ihm die Köpfe anzeige, die er abhauen solle." Ein Pfaffe kann kein ruhiger, kein guter Bürger sein. Sie stehen mit dem Adel in der engsten Verbindung, indem sie ihm für reiche Pfründen die Nation zur Beute lieferten. Für die Zehentbewilligung reizten und befriedigten sie die Unersättlichkeit des großen Länderräubers Karl, [108] damit sie, während dieser, mit Menschenblüte besudelt, die teutsche Freiheit vernichtete, im trüben Innern nach Willkür hausen konnten. Plan des Despotismus und der tyrannischen Aristokratie mußte es sein, die Menschheit mit Dummheit gänzlich zu überziehen, damit Gewalt und Macht über den ganzen Erdball ungehindert ihr Schreckensystem vollführen können. Zu diesem schon vor mehr als tausend Jahren angelegten Verfinsterungsplan trugen die Priester alles nach ihren Kräften bei, indem dadurch selbst ihre Bestimmung erst die Existenz erhalten hat. Kaum hatte Christus das gottesschänderische Machwerk der Priesterreligion, welche nichts als unsittlicher Götzendienst gewesen, zerstöret, so wuchs diese Hydra aus ihren Trümmern fürchterlicher als jemals wieder hervor. Den Bauch zur Gottheit erhoben, führten sie allen Aberglauben herbei und pfropften so ganz nach ihren Absichten die christlichen Lehren auf das teutsche Heidentum. Dieses, der Nation mehr angewöhnt und nur auf Zeremonien bestimmt, wurde bald zur Hauptsache. Jetzt werden der Nation statt ihren Götzen Bilder und Heilige gegeben, an denen sie nun [109] unter Leitung der Priester nach Belieben aufschürzen sollten. Dieses Aufschürzen benahm nun der Nation alle Denkkraft, weil sie über diese Bilder zur Gottheit sich zu schwingen für Sünde halten mußte, verbreitete unter dem Namen Demut das Laster der Indolenz und unterschob der Religion den Götzendienst. Eine wesentliche Folge von dieser Priesterreligion war daher der Nationalunterricht, der dahin gerichtet sein mußte, das Erwachen des Verstandes zu verhindern und es zuletzt unmöglich zu machen. Aus dieser Rücksicht übernahmen sie den Schulunterricht; die Nation zu verfinstern und der Gewalt freien Spielraum zu lassen, mußten sie diesen Unterricht über sich nehmen. Er bestand in der Verbreitung des krassesten Aberglaubens und in Ausarbeitung von Gegenständen, über welche die schon darniedergedrückte Nation das Bewußtsein ihrer Lage verloren hatte. Die Großen waren deswegen ganz natürliche Verteidiger des Priesterunterrichts, weil dieser den ersten in die Hände arbeitete. [110] Unter dem Deckmantel der Religion wurde der Landmann von listigen Mönchen und Priestern zu jener Sklaverei gebracht, unter welcher zu seufzen ihm schon zur Hauptsünde gemacht wird. Dieses sind die Folgen des gelobten Priesterunterrichts, welcher, solange er besteht, den Landmann nie zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen läßt. Immer die Priesterreligion zum Ziele gesteckt, erteilen sie dem Menschen nur soviel Unterricht, als' er zum Aberglauben bedarf und denselben nicht hinderlich ist.
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Als sich aber ungeachtet ihres Gegenbemühens das Licht mehr verbreitete und man anfing, den Unterricht auch eigenen weltlichen Schullehrern anzuvertrauen, so zeigen sie sich gegenwärtig mit den schwärzesten Farben. Sie suchen (versteht sich, daß von der Mehrheit gesprochen wird), selbst unwissend, die aufgestellten Schullehrer zu verfolgen und den Landmann gegen den Schulunterricht mißtrauisch zu machen. Die Bettelmönche, diese Hummeln im Bienenkorbe, verstehen dieses Handwerk trefflich, und die Beamten wünschen es selbst, damit der Land[liijmann nicht gar auf den Gedanken gerate, dem vielen Unrecht, das ihm angetan wird, nachzudenken. So greift in dem Verfinsterungsplan ein Rad in das andere. In unsem Zeiten, wo die Aufklärung unaufhaltsam sich aller Köpfe bemächtiget hat, wo sie zur Ausübung schon reif geworden, steckt der Landmann noch tief im Pfuhle der Finsternis. Er weiß noch nicht, wie sehr man an seiner Emporhebung zum Menschen und Bürger arbeitet, denn er kann nicht lesen und nicht schreiben; und die einzelnen, die es können, werden zur Kenntnis der zweckmäßigen Schriften nicht gebracht. Priester und Beamten verhehlen dieselben sorgfältig. Dieses sind die Folgen des Priesterunterrichtes, daraus man nichts Deutlichers sieht, als daß derselbe das Verderblichste seit Jahrhunderten ist, was unter so vielen Unfällen die Menschheit zugrunde gerichtet hat. Durch den Priesterunterricht ward der Mensch das, was er ist — Lästtier; die von ihren Pfaffen getriebenen sogenannten höhern Kenntnisse haben als Monopol einer Zunft für ein Land, dessen Nation mit [112] Aberglauben und Unwissenheit geschlagen ist, keinen Wert; sie sind gelehrte Tändeleien, damit selbst wahre Gelehrte hinweggehalten werden, auf den eigentlichen Zustand des Landes zurückzudenken. Priesterreligion soll den Landmann in Ruhestunden beschäftigen, um sein Bewußtsein zu betäuben, der Unterricht soll ihm diese Betäubung zur Pflicht auflegen und Unwissenheit sein Glück in dieser Pflichterfüllung bestimmen. Es ist daher nichts unbegreiflicher, als daß man noch den Nationalglück zerstörenden Grundsatz aufstellen will, den Nationalunterricht den Priestern anzuvertrauen. Die Pfaffen sind Vampyren der menschlichen Seele, welche ihr die Verstandskräfte aussaugen; und nur ein Mensch von den niedrigen Gesinnungen des Verf. kann der Gottheit jene Beleidigung antun, solche Menschen, deren Endzweck Umkehrung des Schöpfungszwecks ist, zu ihren Dienern zu erheben. Wahre Religion, zu der nur der Freie gelangen kann, die in dem Herzen jedes Menschen tief gegraben liegt, die nur auf Sittlichkeit gegründet ist und dem Menschen die Vervollkommung zur unnachlässigen Pflicht macht, bedarf [113] keiner Priester, wenn sie dem Vervollkommungstriebe sich entgegentürmen und durch äußere Zeremonien, die, nur für die Sinne bestimmt, von äußerster Zufälligkeit sind, die Vernunft abstumpfen. Betrachte man die Geschichte im allgemeinen und blicke man nicht auf einzelne Individuen, so ist es gar nicht ungerecht, wenn man den Satz wiederholt: daß kein Übel in der Welt, von dem Totschlag im Paradiese an bis jetzt, gewesen ist, an dem nicht ein Pfaffe Ursache war, da sie beständig ihre Privatrache zur Rache .Gottes machten und diesem Laster andichten, die nur den gottleugnenden Priestern eigen sind. Ihre Unterstützung liegt nur in dem allgemeinen 29*
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Verfinsterungsplan; diese Priesterreligion ist nur das Organ der Erbaristokratie. Daher bleibt der Priester unter allen erdenklichen Umständen, Zeiten, Gestalten und Verhältnissen immer der nämliche: Des Himmels stolzer Vertrauter, der Vernunft geschworner Feind und der Menschheit gefühlloser Tyrann!
(22) 1 1 4 ] Wenn die Wesenheit der Monarchie darin besteht, daß der Herrscher nur als Ritter und Grundherr betrachtet werden soll, dem die Adeligen und Pfaffen nach Willkür, vielleicht aus einem bloßen Herkommen, die sogenannte Landeshoheit gönnen, damit er denselben alle Vorrechte und Anmaßungen über die Nation gestatte; so möchte wohl ein solcher prekärer Thron derselben Stützen bedürfen. Als bloßen Ritter betrachten auch die Priester und Adelige den Landesfürsten und suchen mit diesem mehr in Privat- als öffentlichen Verhältnissen zu stehen. Sie frönen also nur dem Hof und hassen die Regierung. Würde sich der ganze Staatsvertrag nur auf den Fürsten und Stände beschränken, so kann daraus für die übrige übergroße Mehrheit der Nation keine Verbindlichkeit entstehen, in dem Staat zu bleiben. S'e haben dadurch keine Pflicht, die Regierung anzuerkennen, und die wechselweise, auf vertragsmäßige Pflicht gegründete Sicherheit muß bei dem Mangel eines Vertrages aufhören, und kann der Grundhold mit seinem [115] landesherrlichen Grundherrn nur in einem bürgerlichen Verbände stehen. E r bleibt nur als Sklave unter der Gewalt, nicht aber Regierung (welche nur die Außenseite der Gewalt ist) seines Grundherrn stehen; und stehet einem solchen Untertan kein Rechtsgrund entgegen, sich aus der Sklaverei zu reißen, seine verlorne Freiheit zu vindizieren und sich erst, um künftig frei und sicher zu sein, in einen förmlichen Staat zu begeben. Von dem angenommenen Grundsatze ausgegangen, daß die oberste Gewalt der Grundherrn* schon eine rechtmäßige Regierung sei, mußte und wird noch eine traurige Volksrevolution entstehen. Der Fürst, von der Nation nun aufgekündet und verlassen, weil er [116] sich durch sein bloß ritterliches Privatbetragen, dem er nur die Staatsmacht untergelegt hat, bloßgegeben, muß der so hochgerühmten Stütze der Thronen sich in die Arme werfen. Dadurch ist dem Fürsten schon alle Gelegenheit genommen, sich mit der Natiofi in Friede zu sein, denn er hat sich gerade mit dem ärgsten Volksfeinde verbunden; es muß also Bürgerblut verspritzt werden. Der Fürst wird dabei der * Der Staatendauer in Teutschland konnte daher kein größerer Stoß gegeben \veden, als welchen ihr D. Majer in seiner Theorie der Staatskonstitutionen 2 1 ' gegeben hat, da er das Grundeigentum zum Prinzip der Landeshoheit als ein verbindliches Prinzip a u f g e s t e l l t hat. E r hat aus der Geschichte statt aus der Philosophie nach A r t aller Staatsrabulisten das Recht abgezogen. 211 Majer, Johann Christian ( 1 7 4 1 — 1 8 2 1 ) , Prof. des Staatsrechts in Tübingen; seine Theorie der Staatskonstitution erschien 1 7 9 9 in Hamburg.
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betrogenste Mensch, da er den Streit als einen gewöhnlichen Prozeß betrachtet, der nur durch die Form, daß er von hinten oder mit der Exekution an dem Unschuldigen begonnen wird, verschieden ist. Dann wird ihm die Gefahr natürlich verhüllet und ein kleiner Aufstand aus der Volksrevolution nur gemacht, gegen den sich der Fürst Grausamkeiten erlaubt, wodurch erst alle Pfeiler des Gebäudes von dem Bewohner selbst darniedergestürzt werden. Auch der Volksgeist wird ihm auf einer falschenSeite gezeigt, nämlich so, wie ihn die Stände oder Priester und Adelige wollen oder wozu sie ihn gemacht haben; es wird ihm nämlich die ganze Nation [117] dumm und indolent vorgetragen und im Taumel eigner Blödheit der Kasten vergessen, daß der geplackte Löwe nur schläft, um fürchterlicher zu erwachen. Leset, ihr Fürsten, die Geschichte der Völker, und ihr werdet die beste Moral für euch darin finden! Der Fürst wird in einem solchen Falle nur das Organ zu Grausamkeiten und, weil er sich auf den Ritter und Priester stützet, von diesen natürlicherweise emporgehoben, d. h. mit andern Worten, vorgeschoben, damit er zuerst in einem höchst ungleichen Streite unterliege. Der Streit ist höchst ungleich, denn der Adel und das Priestertum unterstützen den Fürsten nur, daß er sie in ihrer Nationaltyrannei unterstütze und, falls dies zu Trümmern gehen sollte, der Fürst mitfalle. Es gilt also nicht den Personen, sondern der Sache, welche bei der übrigen Nation in Zurücknahme der Freiheit und Organisierung eines Staates besteht. Hier herrscht Pflicht, seine Menschenwürde aus der Reihe der Sache zurückzuerobern und einem wohlgeordneten Staat (da nicht jede Gewaltgesellschaft dazu geeignet ist) [118] anzuschließen. Das Bewußtsein dieser Pflicht bestimmt die Rechtmäßigkeit der Handlung, und es entsteht ein rein moralischer Enthusiasmus, bei dem keine Taktik mehr in Rücksicht genommen werden kann. Es treten nun Recht auf Seite der Nation und Unrecht auf Seite der Adeligen und Pfaffen in den Kampf, wobei zuletzt doch dem erstem der Sieg zuerkannt werden muß, an dessenTriumphwagen zu ziehen, es noch Wohltat für die Mietlinge des Unrechtes sein wird. Aber nicht nur der Gegenstand, um den sich gestritten wird, entscheidet schon den Sieg; sondern ein Blick auf die streitenden Personen bestimmt das Ende des Krieges schon. Die Nation kämpft selbst für eigene Sache, die privilegierten Despoten aber nur durch Mietlinge, die bei jedem Schritt ihres Handwerkes müde werden. Betrachte man nur für Bayern die Zahl der Streitenden, so verhält sie sich wie 500 zu 1000000; denn die dermaligen Soldaten können nicht in Anschlag gebracht werden, weil sie durch das gemeinsame Interesse ihrer Eltern und Verwand[ii9]ten die Sache der Freiheit mit verteidigen werden. Einzelne Mietlinge, die nicht immer ersetzt werden können, werden für fremdes Interesse gleichgiltig fechten und zuletzt bei gleich darauf folgenden Finanzmangel den Meistbietenden feilgeboten werden. Der Geistliche, von jeher nur hinter den Gardinen lauernd, wird nicht fechten, nur Fanatismus kann er erregen, um das Blutbad zu vermehren; und der Ritter ist so klein, daß er es unmöglich dahin bringen kann, wenigst durch eine gleiche Gegenkraft die Kraft der Nation aufzuwiegen. Selbst Verbindungen mit fremden Mächten von entgegengesetzten Interessen haben nichts im großen Kampfe vermocht, und diese sind so müde geworden, daß sie mit ihrer
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eigenen Erholung genug zu tun haben. Und wann wird endlich der Teutsche auch aufhören, Söldling des Himmels und der Hölle zu werden? Dieses liegt alles in der Natur der Sache gegründet, sobald sich der Fürst in bloße bürgerliche Verhältnisse setzt; daher ihn alles nur zu seinen Privatzwecken mißbrauchet. In diesem Falle hat er freilich nicht über freie Menschen-, Bürger-, sondern nur über [120] SklavenUntertanen zu gebieten. Weil aber die Adeligen und Pfaffen zu wohl einsehen, daß ihre Vorrechte dem vernünftigen Staatszweck geradezu widersprechen, so geht ihr ganzes Bemühen dahin, die öffentlichen Verhältnisse möglichst zu fliehen, um nur im bürgerlichen Vertragsbande mit dem ersten ihresgleichen* zu bleiben, unbekümmert um die Nation, die sie gerne dann dem Fürsten preisgeben, wenn er ihnen nur die Zwischengewalt garantieret. So ist die Nation nur der Schwamm, den man wechselseitig auspreßt; und nur in diesem Auspressungssystem, das man zum Scheine Regierung nennt, ist wechselseitige Unterstützung gesichert. Und nur in dieser Hinsicht kann man sagen, der Adel und die Pfaffen seien die Stützen der Thronen, und letztere fallen zusammen, sobald der Fürst mit dem gan[i2i]zen Gebiete in öffentliche Verhältnisse treten will. Dieses hat die Geschichte bisher beständig gezeiget; jetzt aber, wo selbst die Fürsten dazu wenig Lust haben, fodert die gedrückte'Nation nach Pflicht und Rechten förmliche Staatsverhältnisse; und dieser Zeitpunkt ist es, den die Fürsten gewöhnlich versehen. Sie weigern sich selbst der öffentlichen Verhältnisse, von welchen sie der Adel und Pfaffheit ohnehin nach Kräften hinweggehalten. Diese halten die Staatenerrichtung für Revolution und betrügen den Fürsten damit, daß der Staat schon in dem Verband des Fürsten mit den Adeligen und Priestern rechtmäßig gegründet sei; und Fürst und Stände fallen früher oder später, wenn auch hundert Opfer des Volks bluten — sie fallen aber gewiß. Unsere Leser sehen also ein, wie revolutionär die Bemühungen der Adeligen und Priester sind, da sie den Fürsten von der Annäherung zum Staate unter allen möglichen Lügen und Betrügen zurückhalten, dadurch die Revolution wider den Willen der Nation reifen; und wie gar schlecht also die Stützen der Thronen sind. Wir [122] können uns nichts Empörenders denken, als den Fürsten nur als einen gewaltigen Ritter zu betrachten, der, wenn er wollte, befehlen könnte, daß man dem fleißigsten Landmann den Bauch aufschneide, damit er sich in diesem Blutbade die Hühneraugen vertreibe. Wir haben zu hohe Begriffe von einem Regenten, als daß wir ihn als solchen nur nach bürgerlichen Verhältnissen behandeln wollen, er hat nicht bloß Rechte, sondern auch Pflichten. Die erste besteht darin, daß er sich an die Nation schließe und ihr die Freiheit verschaffe, sie nicht als Mittel, sondern als Zweck betrachte. Freilich verlassen ihn dabei die alten schon vermoderten Stützen, aber aus deren Trümmern entstehen weit stärkere und dauerhaftere Stützen. Die Nation hebt dann mit tausend Kräften den Thron hoch empor, und * Noch gibt es adelige Familien in Bayern, welche noch den dummlächerlichen Gedanken hegen, die Regentenwürde wäre nur zufällig auf die Wittelsbacher gekommen; sie hätte ebensogut andern adeligen Familien als ein Erbgut übertragen werden können.
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Adelige und Pfaffen müssen mithalten oder weichen, gegen die ganze Nation werden sie nichts vermögen. Also noch einmal, die Ritter und Priester sind nur so lange die Stützen des Thrones, als dieser ihre abscheulichen Vorrechte schützet; der Thron soll erst die Stütze derselben sein.
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[123] Religion ist die Sache des Herzens und daher kein Gegenstand der Regierung. Wahre Religion ist aber in Aberglauben verwandelt, zum Priestertand in verschiedenen Formen geworden. Sie ist nun das Mittel, die Nation im Sumpfe der Dummheit zu erhalten, und deswegen schändlich mißbraucht worden. Wahre Religion kennt keine Herrschsucht, Priesterreligion keine Demut, Religionentoleranz ist Satire, weil eine herrschende doch vorausgesetzt wird, welches gar nicht sein soll. Wenn daher der Verfasser gegen Toleranz eifert, so liegt ihm an Auirechterhaltung der herrschenden Priesterreligion als Mittel zum Verfinsterungszwecke daran. Bei Einführung mehrerer Religionsarten würde die allein seligmachende Kraft der herrschenden leiden, es würde ein "Nachdenken über die Verschiedenheiten entstehen und zuletzt etwa gar der Betrug entdecket werden. Wir wollen nicht weitergehen, um keinen in seiner Meinung zu.stören; doch wollen wir uns auch nicht stören lassen, sondern noch eine Hauptintrige des Verfassers entdecken. [124] Er sucht dem Fürsten vorzusagen, daß das Volk eine unaustilgbare Anhänglichkeit an die jetzt herrschende Priesterreligion habe; woher weiß dieses der Verf. ? Doch nicht aus der Geschichte Bayerns zur Zeit der Reformation, wo man mit Feuer und Schwert die römisch-katholische Religion in Bayern wiedereinführen mußte? Oder weiß er es daher, daß man dem Volke allen freien Willen genommen habe, nach Vernunftgründen selbst eine Religionsart zu wählen? Nein, daraus weiß er nichts, sondern er weiß es anderswoher noch besser. Die Nation hat deswegen die unaustilgbare Anhänglichkeit, weil die Pfaffen und Ritter diese haben wollen, weil sie die Nation durch Fanatismus und Gewalt im Aberglauben festhalten. Läßt einmal dieser Druck nach und erhält die Nation nur einige Zeit Freiheit — wird diese Anhänglichkeit unaustilgbar bleiben? Fürsten, laßt keine Religion herrschen, gebietet und verbietet keine; die Priester sind wegen der guten Sache nicht dagegen, sondern weil ihr Handwerk darniedergelegt wird, nämlich Aberglauben zu verbreiten und so das Lasttier dem Adel auszuliefern.
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[125] Der Verfasser als ein ritterbürtiger Adeliger haßt alle Rechtskenntnis, alle Volksaufklärung und schreibt dieser den Ursprung der Französischen Revolution zu. Diese elenden Menschen glauben, um ihre Teufeleien zu erhalten, die. Revolution komme von den philosophischen Rechtsgrundsätzen her. Nein, Aufklärung
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hat nur die Gebrechen und Mängel entdeckt und den Verstand aufmerksam gemacht. Dieses wollen die Herren nicht, weil denn bei der allgemeinen Erkenntnis des bestehenden Unrechts die Abschaffung desselben Bedürfnis wird, und wobei also die Usurpationen der Gewaltigen aufhören sollten. Nun ist der Vorhang zerrissen, die Räuber der Menschenrechte stehen entblößet da, beleuchtet in allen Winkeln. Sie stampfen mit schäumender Wut über diese Beleuchtung, suchen alles aus den Fugen zu reißen, damit der Untertanendruck, ihre Bauernhudeleien unangetastet bleiben. [126] Die Bemühungen nun, diese Tyranneien zu erhalten, haben den Staat untergraben und die Revolution Frankreichs herbeigeführt, nicht die Aufklärung; diese kömmt ünschuldigerweise erst dazu, wenn die Verwesung schon überhand genommen hat; und da erscheint sie auf die wohltätigste Art, um der Anarchie Einhalt zu tun und alles wieder, aber freilich besser als zuvor, zu ordnen. Betrachtet man die Ursachen der Französischen Revolution, nämlich Aberglaube, schwelgerische Hofaristokratie, gänzlich zerrütteter Finanzenzustand, Verschwendung der Staatsausgaben, mutwillige Kriege, grausame Erbaristokratie der Adeligen, schändliches Leben derselben, Steuerfreiheit der Großen, grundherrlicher und Fronendruck, Zehentbarbarei; kurz allgemeine Nationalsklaverei und Verachtung der Menschheit; vergleiche man diese Ursachen mit dem Zustande Bayerns*, so wird man unwillkürlich mit dem Verfasser aufrufen: „Sieh auf Frankreich hin! Dort ging man in jeder Rücksicht gleichen Gang, den man jetzt in Bayern [127] geht — den gleichen Gang bis in die kleinste Nebenumstände; gleiche Ursachen bringen gleiche Wirkungen hervor."
(*5) Hier hat der Verfasser wahr geredet, wenn er die neuesten Ereignisse in Erwägung ziehet. Wenn er bedenkt, wie sich der feile Minister erfrechte, für fremdes Geld den Fürsten zu verführen, sich in Österreichs Interesse zu verflechten und die bayerische Jugendkraft selbst gegen das Vaterland vernichten zu lassen; wie man die Vorliebe zu den Soldaten so schimpflich zu benutzen wußte; der eine Puppe zum Aufschürzen dem Fürsten gab, um nach Ministerlaunen ungehindert forthandeln zu können. Betrachte man die neuesten Friedenspräliminarien, und man wird sehen, daß der Minister das Land verraten habe, das nur mehr ein glücklicher Zufall retten kann. Aber der Verfasser will diese Seite nicht berühren, weil er den schimpflichen Subsidientraktat zur Aufrechterhaltung der Privilegien [128] für vorteilhaft gehalten hat. Er wußte, daß der Fürst anfangs eine große Zuneigung für den Landmann zeigte, daß die Ungerechtigkeiten der bisherigen Landstände gegen den Staatszweck seien und daß der Staaten Glück nur von dem nicht bloß physischen, sondern vorzüglich politischen Wohlstande des Bauern alleine abhange. Er wußte, daß Männer in Bayern aufgetreten sind, die dem Fürsten die * Vgl. die Note 18.
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Wahrheit vorhielten und seine guten Grundsätze ausbilden wollten; diese sucht er nun zu verschwärzen und zu unterdrücken. Deswegen sagt er, das Land und"der Fürst seien verraten, weil er unter dem ersten die ständischen Privilegien, unter letzten nur den ersten seinesgleichen, im ganzen die Erhaltung der Barbarei verstehet; und möchte
(26) es doch wahr bleiben, daß ein brennender Zunder neben einer brennenden Pulvertonne liege; wenn man die Aufklärung und das Bewußtsein einer höhern Würde der Nation betrachtet, wel[i29]che von dem brennenden Zunder der äußerst gespannten Druckkraft der Stände leicht in Flammen geraten kann. Der Verf. ist daher von keiner reinen Vaterlandsliebe begeistert, sondern er bestrebt sich, in moderne Formen versteckt, den Fürsten und die ganze Regierung von der Erreichung des wahren Volksglücks, der pflichtschuldigen Erhebung des Landmahnes, zurückzuhalten und auf der Bahn des Mittelalters nach Rittersitte zu gleiten, um so die noch übrigen Menschenrechte zu vernichten. Er gehört zur neuen verächtlichen Allianz zwischen Höflingen, Pfaffen. Diese Knechte der Finsternis, diese heillosen, über alle Gesetze der Wahrheit und Gerechtigkeit wegtretenden Politiker sind die eigentlichen Revolutionärs, die wahren Feinde der Fürsten und Völker; sie unterhalten und vermehren die innere Übel, die Mängel und Fehler und untergraben nach allen Kräften jeden Grundpfeiler des Staates. Sie glauben, daß die Stunde der Aufklärung noch nicht geschlagen habe, indem sie den Hammer vom Schlage zurückhalten. [130] So wirkte der Adel und die Pfaffen in Bayern im stillen; sie suchen jede Annäherung des Fürsten zur Nation zu verhindern, diesen unter allen Masken vom Guten zurückzuhalten und den Bauernstand in ewige Sklaverei zu versinken. Wir hätten noch mehrere Spuren dieser ungeheuren Bemühungen, deren Entdeckung wir uns aber noch auf eine andere Zeit versparen werden, und begnügen uns nur damit, einmal die äußere Rinde dieses Wucherbaumes aufgerissen zu haben.
[131] Könige Wähl ein fröhliches Bild dir von den Königen! Gärtner sind sie; sie sind Wächter der Bienen, die Über Blumen des Hybla Honig suchen mit Dädals Kunst. Dörfer, Städte sind Körben der Bienen gleich. Kaum ergrauet der Tag, siehe, so fleucht ein Schwärm Aus zur fröhlichen Arbeit, Munter wie der gewordne Tag.
Jakobinische Flugschriften Alle suchen Gewinn, süßen Gewinn, er lockt Holden Duftes sie an; jeder erwählet sich Seine Blume. Sie saugen Lebensbalsam und tragen ihn Emsig, Mutter und Kind; Männer und Jünglinge, In die Zelle der Kunst, bauen sie sinnreich fort, Bis das wächserne Füllhaus Ganz von goldenem Reichtum fließt; [132] Zoll dem Gütigen, der ihnen ein Hüter war, Der haushälterisch auch, wenn er die Speicher leert, Seinem emsigen Volke Nicht den Boden der Kunst zerstört, Nicht ihm Wohnung und Mut, Leben und Nahrung raubt, Gern zum neuen Gewinn ihm des Gewinnes Teil Lässet, daß es zu neuem Fleiße fröhliche Brut erzieh'; Ihm genüget ein Teil göttlicher Gabe, die Als Ambrosia jetzt labet, als Nektar jetzt Freuden schaffet und Kranken Süße Pflege des Lebens wird. Alles wendet er an; alles gebraucht er klug, Selbst den wächsernen Bau; aber die Emsigen Sind ihm heilig. Ein blöder Dörfling ist es, der sie vertilgt.
42. Die süddeutschen Untertanen über Krieg und Frieden mit Frankreich. Semper ego auditor tantum, nunquamne reponam? Juvent. Sat. I, v.l., 18001
[ ] Bonaparte, Bürger Konsul! Empfange hier die Bitten von Millionen Menschen, die in dem blutigen Freiheitskriege unermeßlichen Schaden ohne Ursache für ganze Generationen erlitten haben; Du, der Du die Großen für ihren Verlust zu entschädigen des edeln Vorhabens bist, höre auch unsere Bitten, unsere Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen. Sie sind die gerechtesten, weil wir wider unsere Überzeugung gelitten haben. Wir lieben unsere Fürsten, aber erleichtere unser Leben, be[ ]freie uns von der Zwischentyrannei unserer Zwingherren und setze uns mit selben m ein besseres und rechtmäßiges Verhältnis. Halte diese Bitten nicht für geringfügig, sondern mache davon Gebrauch. Der freudigste Dank von Millionen wird Dein Lohn sein; in unsem Generationen sei Dein Name verewigt. [ ] Frankreich, dem Privatwillen des Königs, der Willkür der Adeligen und Geistlichen preisgegeben, erschöpfte sich endlich und schuf sich im Zustande der Verzweiflung eine neue Verfassung. Es entstand ein Gemeingeist, es bildete sich ein Gemeinwille, und die neuen Gesetzgeber müssen solche Gesetze geben, Wobei sich der vernünftige Wille der ganzen Nation vermuten läßt. [6] Diese gute Verfassung hatte zugleich die Aussichten zum Kriegsende gegeben, weil dabei die Kriege immer seltener werden müssen. Dagegen schrien nun die Herrn von der gemeinen Gewalt, welche sie Herkommen heißen, sie wollen kein Opfer bringen, da sie sich doch nur des Unrechtmäßigen begeben hätten. Sie spielten nur Staat, weit entfernt, einen zu schließen; auf die himmelschreiendste Gewalt und Willkür bauten sie ihr Dasein und fangen ein Zetergeschrei über das Ende ihrer Existenz an. Diese Zwingherrn betrachteten die Fürstenrechte gleichfalls für bloße Patrimonialrechten und setzten diese ihrer Willkür gleich; um nun nicht alleine, wie sie wähnten, zugrunde zu gehen, zogen sie die Fürsten in ihr ganz ungleichartiges Interesse; diese, von falschen Ratgebern und Mietlingen nun umgeben, ergriffen aus falscher Politik das Interesse der Gewaltsherrn und machten mit ihnen gemeine Sache. 1 Flugschrift, gegen Ende September 1800 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt und unbedruckter Rückseite 20 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München.
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Es begann ein blutiges Menschenspiel, und der große Minister Pitt auf der hungerigen Krämerinsel hält die Bank. Gruben, mit Leichen zu Tausenden angefüllt; eine Menge verwüsteter Städte, Dörfer und Schlösser; zer[7]tretne Ernten; gefällte Obstbäume, die nach langen Jahren erst den Schweiß des Pflanzers belohnen; vertriebene, von Haus und Hof wandernde Familien, deren ganzes Eigentum geplündert wurde; zu Tode genotzüchtigte Weiber und Jungfrauen; zerstörte Fabriken; Entvölkerung und Verzweiflung waren die Folgen dieses schrecklichen Krieges. Fürsten! Ihr habt einen Richterstuhl in der Vernunft; und um uns ganz zu fühlen, müßtet Ihr wie auf einem mit Erschlagenen und Verwundeten bedeckten Schlachtfelde gewesen sein; gehört haben das Röcheln und Winseln der Sterbenden; gesehen haben das Wälzen und Zucken des Schmerzes der Verwundeten; zerstreute Menschenglieder; zerhauene Gesichter; zerfetzte und zerschossene Leichname; das von Blut gefärbte Schlachtfeld und das Lechzen und Stöhnen der Lazarette, und ihr würdet die Schlachtopfer, die die Willkür und den Despotismus festsetzen sollten, beklagen! Große der Erde! Was erhieltet, was erkauftet ihr durch diesen hohen Preis? Entvölkerte Staaten, verarmte Untertanen, Verlust der Staatskassen, Landesschulden, die ihr mit [8] tausend Kronen nicht zu bezahlen vermöget, waren eure ersten Vorteile von diesem Kriege. Aber auch nicht einmal euern Zweck erreichtet ihr; eure gemietete Armeen wurden überall geschlagen; die fränkischen Armeen, die ihr anfangs für unordentliche Horden, für Hasenfüße hieltet, lieferten Schlachten wie die bei Jemappes, Hondschoote, Lodi, Arcole, Rivoli etc.; eroberten Festungen wie Maastricht, Luxemburg und Mantua; führten Rückzüge unter anhaltenden Gefechten und Siegen wie den im Jahre 1796 von den Toren von München bis an den Rhein, auf allen Seiten umzingelt, aus; setzten im Angesicht eurer Armeen über den Rhein fünfmal, über die Donau, den Lech und den Po; überstiegen die Pyrenäen und alle Zweige der ungeheuern Alpenkette von Montblanc bis nach Istrien; eroberten ganz Holland im Laufe eines Monats auf dem Eis; drangen im Norden bis nach der Mündung der Ems, im Süden bis nach Rom, im Osten bis an die Nähe von Eger und Wien; sie, ohne Zelten, ohne Magazin und ohne Sold, im gleichzeitigen Kriege gegen neun Mächte, im Drange der Not und in der Kraft ihres Enthusiasmus wurden Schöpfer einer ganz neuen Taktik, welche keine Operationslinien, keine Ent[c)]fernungen, keine Künste des Exerzierplatzes mehr in Anschlag bringt. Ihr wolltet den König in seine vorige Gewalt, die Großen in ihre vorige Willkür wieder setzen; dafür hat Frankreich keinen König mehr, die Großen drücken als Ausgewanderte Deutschlands friedliche Einwohner, fachen überall den Fanatismus an und verachten zuletzt ihre Wohltäter. Mit den fränkischen Armeen drang auch die Revolution nach Amsterdam, nach Mailand und nach Rom; beide erstiegen sie die höchsten Spitzen der Alpen und rückten die Marksteine der großen Republik bis an den Rhein, vernichteten alte Staaten und ^erschufen neue; sie vernichteten das hochberühmte alte Gleichgewicht von Europa und setzten an dessen Stelle ein anderes, das nicht auf zufällige Allianzund Machtverhältnisse, sondern auf wesentliche Gleichheit politischer Formen und Interessen sich gründet. Die fränkischen Armeen hatten auch unsichtbare
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Waffen; so wie die Elemente hat sich auch die öffentliche Meinung, durch Despotismus hervorgebracht, mit ihnen vereiniget. Eine weit fürchterliche Koalition! [10] Auf einmal erzittern die Pfosten der Wiener Burg; schnell wird zwischen' Frankreich, dann dem König von Ungarn und Böhmen, Erzherzogen von Österreich ein Friede zu Campo Formio geschlossen und Süddeutschland im Stiche gelassen. Heimliche Artikel werden noch gemacht; die fränkischen Armeen rücken auf der linken Rheinseite vor; Mainz fällt ohne Schwertstreich, uud jeder Schatten von Verteidigung des Reiches wird verwischet, ehe dasselbe noch Frieden hat. 2 Eine politische Finsternis entsteht in den Köpfen der Reichsstände. Eilends muß jetzt in Rastatt eine sogenannte Reichsfriedensdeputation mit bloß zum Unterzeichnen bestimmter Vollmacht sich versammeln. Die Farce endigt sich fruchtlos noch gar mit einem Gesandtenmorde. Aus den Steppen werden nomadische Barbaren zur Hülfe gerufen, und der Krieg beginnt schrecklicher als je. Suworow3, genannt Tamerlan II., schont nichts, läßt die Gefangenen erschießen; wo er hindringt, wird das Feudalsystem wieder eingeführt; rechtschaffene Männer werden zu Hunderten hingerichtet und aus dem Lande vertrieben. Aller Kontrast vereiniget sich jetzt, die Russen verschaffen den Engländern das Mittelländische Meer, die Türken wollen den Papst in Rom wiederherstellen, die Seeräuber von Algier ver[n]langen die Herstellung der Johanniter in Malta, — alles das für englisches Gold. In der Schweiz zerstäubt der Nimbus der russischen Unüberwindlichkeit; diese Halbmenschen machen von Zürch keine geringere Retirade als bis nach Rußland; Suworow, kaum der Italiker, stirbt in der Ungnade seines Zars. Aus Finanzspekulation werden die russischen Horden von süddeutschen Truppen für englische Guineen ersetzet. Bonaparte kommt aus Ägypten, rüttelt die erschlafenen Franzosen mit einer neuen Konstitution in Bewegung, vereinigt alle Parteien, setzt den gesunkenen Gemeingeist in Flammen, und in weniger als 60 Tagen muß die deutsche Armee in Italien von Nizza und Turin hinter den Mincio; eine Kapitulation überliefert der fränkischen Armee 13 Festungen, die ligurische und cisalpinische Republiken werden wiederhergestellt. Zar Paul wähnte sich kaum, der Wiederhersteller der alten Ordnung Europens zu sein, als Bonaparte die neue Ordnung schon wieder organisierte. Während in Italien alles über diese Befreiung frohlockte, rückte Moreau in München ein, und Kray 4 kann durch eine Konvention die Trümmer seiner Armee nur mehr hin[i2]ter dem Innstrome retten. Ein allgemeiner Waffenstillstand erregt die Hoffnung, zum Friede. Also auch der letzte Versuch der Koalition mißlang, ob er gleich vielleicht blutiger war als die vorhergegangenen Feldzüge; denn die Fürsten und Großen setzten sich 2
Die am 1. Dezember 1 7 9 7 in R a s t a t t vereinbarte geheime Militärkonvention verpflichtete Österreich zur Räumung der Festung Mainz, die daraufhin am 30. Dezember von Frankreich besetzt wurde. : > Suworow, Alexander Wassiljewitsch Fürst, nach seinen Siegen in Italien mit dem Beinamen Italijskij geehrt (1730—1800), russischer Feldmarschall und Oberbefehlshaber im 2. Koalitionskrieg; Tamerlan = T i m u r - L e n g (1336—1405), asiatischer Herrscher und Eroberer mit Sitz in Samarkand. K r a y von Krajowa, Paul Freiherr von (1735—1804), kaiserlicher Feldzeugmeister.
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in Sicherheit, und die Untertanen wurden geplündert, ihre Söhne ihnen fortgeführt, die Eltern hülflos gelassen und Greuel über Greuel auf dem Lande gehäuft. Beim Kriegsschluß wurden die Untertanen nicht gefragt. Sie ertrugen die Kriegsjammer, ohne den Krieg herbeigerufen zu haben; sie büßen gegenwärtig die Sünden der Großen, welche wieder in ihre Länder zurückkehren werden. Soll man der Untertanen, worunter vorzüglich wir Bauersleute zu verstehen sind, soll man unser bei einem Friedensschlüsse gar nicht gedenken? Wir bilden eigentlich die Nation und sollen unter beständigem Drucke seufzen? Sollen wir Landleute immer nur leiden? Sollen wir ewig zum Schicksale Tantalus' verdammet sein? Sollen wir beständig aller Persönlichkeit beraubt, [13] jeder Willkür unterjocht sein? Sollen wir ewig des Staatsbürgerrechtes unfähig bleiben? Ist es nicht einmal Zeit, uns das Staatsbürgerrecht zu verschaffen, der Willkür und dem Drucke zu entreißen? Als die Franken über die Grenzen ihres Gebietes vordrangen, hörte man nichts als Heiligkeit der Menschenrechte proklamieren; sie wollten nichts weniger sein als Wiederhersteller der unterdrückten Menschheit; Rache ward allen Zwingherren geschworen; der Krieg sollte den Kabinetten eine teure Lektion sein. Geduldig ertrugen die Landleute durch 10 Jahre alles das unabsehbare, unausdrückliche Elend, durch fränkische Proklamationen in den süßen Wahn versetzet, beim künftigen Frieden einen gemäßigtem, bessern Zustand zu erhalten. Sie träumten sich schon, wie sie ihre Felder frei von Fronen, frei von Handlohn, sicher in dem Schöße ihrer Familie pflügen können, um den übrigen Teil der Nation zu nähren. Sie litten Wildschäden, in der Hoffnung, der Friede werde dem Nimrodismus ein Ende machen. Sie versetzten sich schon in die landesherrlichen Gerichtsstuben, wo sie besseres Recht zu erhalten glauben, als [14] der herrschaftliche Dorfrichter, nur zum Saugen der Untertanen bestimmt, je vermögen wird. Auf den Schlachtfeldern, wo ihre Söhne und Brüder und Gatten blutend ausröcheln, trösteten sie sich noch mit einem Friede, der ihnen die geraubten Staatsbürgerrechte wiederbringen werde, damit sie nicht alleine Abgaben zahlen, ihr Eigentum hergeben, damit sie nicht alleine für den Staat, der ihnen bisher nur Pflichten, nicht aber Rechte gewährte, bluten müssen. — Aber wie wurden wir getäuscht; bei jedem der geschlossenen Frieden hatte man unser vergessen. Wir Landleute, unsern Fürsten treu ergeben, wünschten bei dem Friede dasjenige, was uns die Landesherren nicht zu geben vermögen, nämlich Befreiung von dem Drucke unserer Zwingherren; von einer Nation, die jeden Frieden nur zu diktieren hatte, konnten wir dieses mit Recht erwarten. Allein die verschiedenen Frieden enthielten nichts als Grenzberichtigungen und Sicherstellung der Regierungen, Schuldenwesen und Titel. Die Untertanen wurden selbst von der großen Nation wie eine Ware vertauscht, abgetreten u. dgl., ohne sich im geringsten um [15] diese bekümmert zu haben. Die Landleute wünschen das auf dem Friedenswege zu erhalten, was sie einst werden leider mit Gewalt durchsetzen müssen. Wir wurden nach dem geschlossenen Friede und Abzüge der Franken unter das vorige eiserne Joch gezwungen, worunter wir jetzt kaum seufzen" dürfen. Der Friede hat den
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Untertanendruck mit Macht herbeigeführt; man hat zuvor nur der Notwendigkeit auszuweichen gesucht, um desto schneller wieder die alten Positionen einzunehmen. Jetzt bildeten sich überall geheime Polizeien, Brieferbrechungsinstitute, Zensuren, Jakobinerriecherei u. dgl. Wer nur das geringste Vorrecht der Pfaffen, Adeligen und Monopolisten hart findet, hat schon vermessen gehandelt; wer es gar antasten will, macht sich des Verbrechens des Hochverrats schuldig. Um ganz so nach Herzenslust unter den rechtschaffenen Männern eines Landes herummetzgern zu können, wartet man nur der Sicherheit des Friedens ab. J n dem Drucke der Landleute setzet man das Wesentliche der Verfassung. Die Pflicht , diesen aufrechtzuerhalten, erhebt man zur Fürstenpflicht und betört damit die besten Fürsten. So weiß man immer die Sache der Ungerechtigkeit zur Sache der Fürsten umzu[i6]schaffen; was Wunder nun, wenn alles so verkehrt gehen mußte! So ging es nach dem ersten Friede; wie wird es mit uns nichtprivilegierten Untertanen, der weit größern Majorität ergehen, wenn der zweite geschlossen wird und in diesem auch nur von Grenzberichtigungen und Säkularisationen die Rede sein wird? Wenn nur von Entschädigungen der Großen, nie von Indemnisationen und Satisfaktionen der Landleute gesprochen wird? Daß die Fürsten uns von allem Zwingherrendrucke befreien werden, ist, ungeachtet ihres guten Willens, nicht allgemein denkbar. Diese haben zuerst für sich genug zu sorgen; dann werden sie von den Geistlichen und Adeligen gleich wieder gewonnen werden, indem diese ihnen zeigen werden, daß sie die rechtmäßigen Gefälle ihrer Willkür- und Zwangsrechte (welche nie zu Rechten erwachsen können, weil sie dem Staatszwecke widersprechen) zur eigenen Erholung wegen des erlittenen Schadens notwendig gebrauchen. Als wenn der Bauer seines eigenen Nachteils wegen nicht auch der Erholung bedürfe! Als wenn eine Wunde, dem Feld- und Wiesenbau geschlagen, der Staat nicht wesentlicher, nicht be[i7]trächtlicher fühlen würde! J a , diese Zwingherren werden noch obendrein die Fürsten zu schrecken wissen, daß mit der Beschränkung oder gar dem Umstürze der staatsschädlichen Privilegien auch der Fürst aufhören müßte; daß die Männer, welche dahin arbeiten, Revolutionsmänner seien, die nichts weniger als Anarchie verbreiten wollen. Diese Gewaltsherren bestreben sich beständig dahin, die Fürsten in ihr Interesse unter verschiedenen Vorwänden zu verflechten. Trauen diese, so gehen sie allemal verloren; trauen diese nicht und fühlen sie sich stark genug, der Zwischentyrannei ein Ende zu machen, so setzen jene Himmel und Erde in Bewegung, sollte auch der Fürstenthron darüber zu Trümmern gehen. Geht es noch gut, so entsteht aus den Verhandlungen zwischen Fürsten und den Kasten gewöhnlich ein so elendes Flickwerk, daß man sich oft lieber in den vorigen Zustand zurückfluchen möchte. (Von allen diesen Fällen könnten Beispiele angeführt werden.) Der Bauernstand ist der wichtigste Teil des Staates; ohne ihn sind Fürsten ein Phantom; er hat durch den gegenwärtigen Krieg am meisten und am stärksten gelitten; er blutete [18] umsonst für die Privilegierten und seufzte nebenbei unter dem stärksten Drucke der Leibeigenschaft und Hörigkeit; er kann also auch auf Entschädigung und Genugtuung die gegründetsten Ansprüche machen; er verlangt Selbständigkeit, Zurückgabe des ihm entwendeten Bürgerrechtes, damit er
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nicht mehr der Willkür der Zwangsherren preisgegeben ist. Wir Bauern verlangen daher zur Entschädigung: Aufhebung aller Leibeigenschaft, aller Hörigkeit, Fronenpflicht, unter welch immer für einen Namen und Titel, der Handlohnleistungen, der drückenden Zehentpflichtigkeit und Aufhebung des ausschließlichen Jagdrechtes der Zwangsherren. Was wir hier fordern, liegt schon in der Natur eines wohlgeordneten Staates, wäre schon lange Fürstenpflicht gewesen; aber weil die Regierungen uns dieses bei dem besten Willen nicht gewähren können, so stellen wir hiermit öffentlich diese Gewährung als Entschädigung und Genugtuung bei den Friedensverhandlungen dar. Die große Republik, welche sich die erste Nation nennet, welche ganze Armeen besiegte und Königreiche eroberte, Europa aus seinen [19] Angeln riß und über das Schicksal desselben gebieten kann, ist über ihr Gebiet gedrungen, um das große Werk eines Rächers der gedrückten Menschheit auszuführen; sie wird also von Millionen Bauern feierlich um Unterstützung ihrer gegenwärtigen Foderung gebeten. Frankreich hat im Westfälischen Frieden aus den verschiedenen landeshoheitsähnlichen Patrimonialgerechtsamen der deutschen Fürsten die Landeshoheit endlich selbst geschaffen und so den ersten Teil der deutschen Staaten errichtet. Noch aber sind die Staaten nicht vollkommen, der nichtprivilegierte Teil derselben, der bei weitem größte Teil der Nationen genießt nicht die Rechte des Staatsbürgers, sondern nur die Nachteile derselben. Der neue Friede ist nichts als eine notwendige Folge des Westfälischen Friedens, eine Fortsetzung desselben. Hat Frankreich damals die fürstlichen Gerechtsamen in ihrem Zusammenhange hervorbringen können, so wird es Pflicht der Republik, das begonnene Gebäude zu vollenden und für die von Frankreich geschaffenen Staaten Untertanenrechte zu konstituieren. Die große Republik wird die Bitte von Millionen nicht unerhört lassen, Beförderung des Menschenwohls nicht heucheln und auch den Gegenstand, Menschen, worüber gehandelt wer[2o]den soll, in Rücksprache ziehen. Bonaparte, der einzige, der so vielen Völkern die Freiheit gegeben, wird auch unsere gerechten Bitten erhören, die Gewährung derselben zu Friedensbedingnissen machen und sich dann den Beinamen des Weltbeglückers verdienen. Er wird nicht bloß die Kabinetten, die Großen zum Augenmerk genommen und Millionen übersehen haben. Herstellung der unveräußerlichen Menschenrechte wird er nicht zum bloßen Talismane seiner glänzenden Unternehmungen gebraucht haben! Nein, er hat nicht Völker gehudelt, sondern ihm war es Ernst. Er, der soeben Europa den Frieden gebietet, wird dabei auch den Bitten von Millionen Bauern gewähren, denn er gründet dabei Völkerglück, die Sicherheit der Regierungen, mit denen er Friede schließen will, und räumt den besten Fürsten die größten Hindernisse zu glücklichern und bessern Regierungen hinweg. Bonaparte, wirke, solange es Tag ist, es wird Nacht werden, und du wirst nicht mehr wirken können, die Völker Süddeutschlands hoffen — vertrauen in dich!
43- Politisches Glaubensbekenntnis eines aufrichtigen Bayers über die Schicksale seines Vaterlandes, München, den i. Jänner 1 8 0 1 1
[ ] Per varios casus per tot discrimina rerum. Virgil. 2
[ ] Ich glaube, daß Bonaparte der größte Mann des X V I I I . Jahrhunderts ist, daß aber die deutschen formellen Republikaner keinen Messias an ihm erleben. II. Ich glaube, daß die itzige deutsche Reichsverfassung mit dem künftigen Friedensschlüsse sich selbst auflöse. III. Ich glaube, daß der Rhein die Grenze Deutschlands gegen Frankreich für ewige Zeiten bleibe. IV. Ich glaube, daß die Schweiz einen Distrikt vom deutschen Lande erhalte. V. [4] Ich glaube, daß die Franzosen im Deutschlande zwar große Staatenveränderungen hervorbringen, aber keine formelle Republikanisierungen unternehmen werden. ' Flugschrift, nachweislich im Januar 1801 verbreitet. Mit Titelblatt 15 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. 2 Vergilius Maro, Publius (70—19 v. u. Z.), römischer Dichter. 30
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VI. Ich glaube, daß im Deutschende größere Staaten mit voller, aber immer noch erblicher Souveränität errichtet werden.
VII. Ich glaube, daß die geistlichen Fürsten, Reichsstädte und Reichsritterschaft ihr Ende erreicht haben.
VIII. Ich glaube, xiaß eine Republik nicht auf gewissen regierenden Personen, sondern nur auf der materiellen Verfassung und Regierungsart der herrschenden Personen beruhe.
IX. Ich glaube, daß der Staatszweck in der Sicherheit der Freiheit aller Untertanen gegen [5] einander, gegen die Regierung und gegen außen bestehe.
X. Ich glaube, daß keiner der verschiedenen deutschen Staaten diesen Zweck erreiche und daß alles noch auf dem persönlichen Charakter der Fürsten hafte, welches für die Zeitdauer die größte Unsicherheit gewähret.
XI. Ich glaube, daß die Volksaufklärung Pflicht der Gelehrten sei und daß diese hauptsächlich in der Darstellung der bestehenden Verfassung bestehe. Eine Verfälschung derselben aber ist nicht nur Verbrechen, sondern auch höchst gefährlich, weil auch dieses noch aufgedeckt werden wird.
XII. Ich glaube, daß eine Volksrevolution die Tochter des Despotismus sei, die nie glücklich mache, und daß die Veränderung der Herrscher nicht allemal die Herrschaft verändert habe.
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XIII. [6] Ich glaube, daß neben der zu geschehenden geographischen Revolution der neuen deutschen Staaten auch andere Reformen nach dem Zeitgeiste notwendig sind.
XIV. Ich glaube, daß der allgemeine Zeitgeist darin bestehe, daß er die Regierungen in einer eigenen, die Regierungsmaximen enthaltenen Urkunde durch Volkesrepräsentanten vom Bösen abgehalten wissen wolle und daß er gegen die drückenden Vorrechte der Adeligen 3 , Geistlichen und Magistrate im höchsten Grade aufgebracht sei, um den Bauernstand als den eigentlichen Staatsaktionär zur Gleichheit der Rechte emporzuheben.
XV. Ich glaube, daß diese Befriedigung des Zeitgeistes Pflicht der neuen Regierungen sei und daß darin die erste Regierungskunst bestehe.
XVI. Ich glaube, daß in den deutschen Staaten eine Regeneration vor sich gehe, wobei es nurmehr um die Zukunft und nicht um die Vergangenheit zu [7] tun ist, und daß Rache die Grundlage des neuen Staats nicht werden dürfe.
XVII. Ich glaube, daß in Bayern noch viele Männer des Rufes, vom Glänze und Eitelkeit geblendet, dem Herkommen frönen oder wenigst für ihre auf Genuß gebaute Lebensdauer keine Reformen haben wollen und sich als Werkzeuge der Verfolgung und des Druckes, wo sie sich wohlbefanden, gerne brauchen lassen, weil sie fürchten, daß sie sonst, in ihren Kenntnissen nur auf das Bestehende beschränkt, als unnütz auf die Seite gestellt werden möchten und so ihren Ruhm überlebt hätten.
XVIII. Ich glaube, daß Maximilian Joseph II. nach geschlossenem Friede nach Bayern, das eine geographische Veränderung erlitten hat, zurückkehren werde. ;l
In der V o r l a g e : ü b l i c h e n ; o f f e n s i c h t l i c h ein sinnentstellender D r u c k f e h l e r , der sich aus der d a m a l i g e n Schreibweise: A d e l i c h e n = Adeligen erklärt.
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XIX. Ich glaube, daß die geographische Ausdehnung sich mehr gegen Süden erstrecke im ganzen nicht zu groß ausfalle und daß sich Bayern von der Schwester am Rhein gänzlich trennen werde.4
XX. [8] Ich glaube, daß Max Joseph nach Bayern frei von dem widersinnigen Lehensverbande zurückkehre und daß er also in ganz neue und glänzendere Verhältnisse trete.
• XXI. Ich glaube, daß der von ihm mit England geschlossene Subsidi entraktat durch keine Rechtsgründe zu verteidigen sei; ich glaube aber auch, daß man denselben der allgemeinen Reichsverwirrung zumuten solle.
XXII. Ich glaube, daß dieser Subsidientraktat viele Unzufriedenheit erregt habe, die sich bei der Regeneration legen wird; ich glaube daher, daß auch Max die Äußerungen der Unzufriedenheit, da sie nicht einmal in Tat übergegangen sind, vergessen müsse. Neue Verhältnisse können die vorherigen nicht mehr richten.
XXIII. Ich glaube, daß sich die Adeligen, Geistlichen und ihre Helfershelfer in Bayern zwar auf [9] die Rückkehr des Kurfürsten freuen; die Freude ist aber nicht auf die Person Max Josephs oder die neue Ordnung gerichtet, sondern um ihre Rache gegen die Vaterlandsfreunde ausüben zu können. Sie haben sich eigene Listen von rechtlichen Männern, die ihnen verhaßt sind, verfertiget, um sodann den Kurfürsten zur Verfolgung derselben als Jakobiner zu mißbrauchen, um ihre Privatsache, ihre Selbstsucht zur Sache des Fürsten zu erheben.
XXIV. Ich glaube, daß sich diese Menschen verrechnet haben; denn in Max Joseph erwartet die bayerische Nation die Befriedigung des Zeitgeistes, weil sie ihm alle erfoderiiche Eigenschaften zutrauet. 4
Gemeint ist die Kurpfalz.
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XXV. Ich glaube, daß der Kurfürst den Anfang der Regeneration Bayerns nicht mit Auf' Opferung der Vaterlandsfreunde für die Aristokraten machen, noch weniger Selbstrache nehmen werde.
XXVI. Ich glaube, daß Max Joseph der den Adeligen und Geistlichen verhaßten Vaterlandsfreunde [10] bei der Ausführung seiner Regierungsplane vorzüglich bedürfe.
XXVII. Ich glaube, daß der zurückgekehrte Kurfürst eine Regierungspragmatik entwerfen werde, welche vorzüglich das Verleihungsverbot der Privilegien und die Ausscheidung der Staatsgefälle von den Familienrevenuen enthalten soll.
XXVIII. Ich glaube, daß Max Joseph die Regierungskräfte nicht gleich mit Steuern und Abgaben nach gewöhnlicher Ordnung wird erhalten und vermehren können; er wird ihnen also zuerst innere Stärke verschaffen. So wie Otto der Große angefangen hatte, die geographischen Staatsavulsen Bayerns wieder zusammenzulesen, wie dieses die nachfolgenden Herzoge fortsetzten und dar itzige Friede durch die Säkularisation vollendet, so hat es der Zeitgeist für Max Joseph aufbehalten, auch die verlornen innern Staatskräfte zu revindi[zi]eren.
XXIX. Ich glaube, daß Max Joseph, taub gegen die Sirenenstimme der Aristokratie, die Patrimonial[ii]gerichtsbarkeit der Stände und ihre gerichtische Scharwerke samt dem Zehent einziehen, die Steuerfreiheil; und die Klöster aufheben und derer Fonds zu den Staatsbestimmungen verwenden werde.
XXX. Ich glaube, daß Max Joseph daran vollkommen recht tue, denn die Revindi[zi]erung ungerecht verlorner Staatsgefälle ist die Basis einer geordneten Staatswirtschaft.
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XXXI. Ich glaube, daß es höchst ungerecht gewesen ist, die wahren Staatsrevenuen an andere zu veräußern und das Surrogat dafür von einem Dritten sich bezahlen zu lassen.
XXXII. Ich glaube, daß die Landstände in Bayern sich selbst weder modifizieren noch weniger Aufopferungen gefallen lassen wollen und werden.
XXXIII. [12] Ich glaube, daß die Landstände nach Aufhebung oder Modifizierung ihrer Privilegien kein Interesse an einem Landtage, an einer Landesversammlung mehr haben und daß sie sich ihrer Auflösung dann selbst nicht widersetzen werden.
XXXIV. Ich glaube, daß eine monarchische unbeschränkte Herrscherform, wenn in ihrer Konstitution die geeigneten Regierungsmaxime enthalten sind, rätlicher ist als eine durch Erbaristokratie beschränkte Regierung.
XXXV. Ich glaube, daß Max Joseph der aufgestellten Zensurkommission die ewige Ruhe angedeihen lassen werde, da alle Zensuranstalten nur Werkzeuge der Obskuranten sind. Alle literarische Häscher suchen nur Böses, das man überall unterlegen, also auch finden kann, besonders wenn der Gelehrtenstolz die Staatsgewalt mißbraucht.
XXXVI. Ich glaube, daß sich die Erbaristokraten und [13] ihre besoldete Schriftsteller umsonst auf die Rückkehr des Kurfürsten freuen.
XXXVII. Ich glaube, daß in Bayern ein Landtag des gewöhnlichen Sinnes nicht mehr gehalten werde.
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XXXVIII. Ich glaube, daß keineVolksrepräsentanten errichtet werden, aber eine landesherrliche Konstitution. XXXIX. Ich glaube, daß Max Joseph dem Lande zweckmäßige Gesetze geben werde, zu derer Abfassung und allenfallsigen weitern Modifikation ich eine besondere und beständige Gesetzkommission wünsche. XL. Ich glaube, daß nach aufgehobener Erbaristokratie in Bayern auf lange Zeit Ruhe und Zufriedenheit herrsche, denn erst dann kann Max Joseph die begonnene Ausübung seiner guten Regierungsgrundsätze vollenden. XLI. [14] Ich glaube, daß die Landstände auch lieber ihre Konkurrenz- oder Kollegialrechte aufopfern, um wenigstens ihre Privatprivilegien zu retten. XLII. Ich glaube aber, daß die Aufhebung der Landschaft mit Gestattung der Privatrechte ein verkehrter Kunstgriff der Regierung wäre, weil denn auch hier zwar die Regierungsgewalt erweitert, das Volk aber gegen die Foderungen der Vernunft in der Sklaverei fortgelassen würde. XLIII. Ich glaube, daß dieses verkehrte Manöver eine wahre Volksrevolution sicher herbeiführen würde. XLIV. Aus Liebe zu meinem Vaterlande und aus Hochachtung für meinen Fürsten glaube ich an dieses verzweifelte Despotenmanöver gar nicht. XLV. [15] Endlich glaube ich, daß sich jedermann überhaupt überzeugt halten wird, daß ich diese meine Glaubensartikel niemanden aufdringen wolle.
44- Bekanntmachung an die Bewohner Bayerns, Schwabens, Frankens, Tirols und Salzburgs, gedruckt im Monat Februar 1801 1
[ ] Nachbarn, Freunde und Landsleute! Da unser liebes Vaterland — Süddeutschland — in dem gegenwärtigen Kriege mit der Republik Frankreich durch alle schreckliche Übel des Krieges von Verheerung, Ausplünderung, Vorspann, Quartieren, Aushebung und Zahlungen beinahe bis zur Verzweiflung gebracht ist, allein immer das Theater dieses unsinnigen Krieges vorstellen mußte, ja gleichsam dieser ungeheure Krieg von dem übermütigen Österreich allein auf Kosten dieses unsers unglücklichsten Süddeutschlandes immer geführt wurde und zum Ende und Frieden noch kein Anschein ist, vielmehr in der itzigen Lage, wenn auch der Friede zustande käme, eine noch traurigere Zukunft vor unsren Augen läge, indem, wenn die Hunderte unserer sauberen Lands[ Jherren von Kurfürsten, Herzogen, Fürsten, Grafen, Prälaten, Baronen und Rittern wieder zurückkämen, sie nur die alten Erpressungen verdoppeln, sich so entschädigen und mit Sporn und Geißeln noch mehr gegen ihre sogenannten Untertanen wüten, sich dadurch Aufreibungen untereinander ergeben und Grausamkeiten auf Grausamkeiten gehäuft würden; auch die Reichsstädte durch die schlechte Administration ihrer aufgeblasenen Aristokraten — der im vollen Despotism über sie herrschenden Patrizier —, dann durch die Intrigen des österreichischen Hofes und der Reichsgerichte ohnehin erschöpft sind und unter diesem drückenden Joche ihre alte Freiheit, ihr Industriegeist künftighin ganz erliegen muß — so ist es wahrhaft höchste Zeit, daß die seit Jahrhunderten im Sklavenjoche seufzenden Völker aus der erzwungenen Schlafsucht erwachen, die Würde der Menschheit verteidigen und so ihr wahres Interesse im natürlichen Verein besorgen. [ ]Die noch bestehenden Landschaften in Württemberg, Bayern und Tirol etc., dann die freien Reichsstädte sind noch die einzigen Überbleibsel der ehemals 1
Flugschrift, in der 1. Februarhälfte 1801 wahrscheinlich in München erschienen. Mit Titelblatt 8 S., unpaginiert, 80. Bayerische Staatsbibliothek zu München. Die Flugschrift ist der Nachdruck eines Flugblattes, das im Folioformat wahrscheinlich schon im August 1800 in München gedruckt worden war, aber erst im J a n u a r / Februar 1 8 0 1 zur Verteilung gelangte und nachweislich auch im außerbayerischen Gebiet verbreitet wurde. Das Flugblatt findet sich als Beilage zu einem Schreiben von Hardenberg vom 1 1 . Februar 1800 an Haugwitz im Deutschen Zentralarchiv, A b t . Merseburg, Rep. 1 1 , 94 a Fränkischer Kreis, 25 B, Bl. 1 5 6 ; ebenso als Beilage zu einem Schreiben des Regensburger Gesandten von Goertz vom 22. J a n u a r 1 8 0 1 an den Markgrafen Karl Friedrich von Baden im Generallandesarchiv Karlsruhe, A b t . 74 Baden Generalia, Nr. 6289.
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deutschen Freiheit, seitdem sich die Räuber des Mittelalters zu Kriegern, Königen, Fürsten, Grafen, Rittern und Patriziern erschwungen und das Volk bis a,uf diesen Augenblick in Fesseln geschlagen haben, ein Recht nach dem anderen entrissen, Vorzüge und Freiheiten sich herausnahmen und so dem Volke nichts als Sklaverei ewige Kriege und zuletzt den Bettelstab überließen. Württemberg, Bayern und Tirol wollten zwar zu Abwendung dieser Mißbräuche und Übel durch Erneuerung der alten Landtäge noch Rettung suchen; allein die Fürsten, so guten Willen sie anfangs zeigen, so schnell ändern sie ihren Sinn, werfen sich in die Arme des wartenden Österreichs oder schlechter Minister; neue schmählichere Ketten, schändliche Kerker für die wärmsten Verteidiger des Vaterlandes sind dann das Ende, wie Württemberg davon das neueste [ ] Beispiel aufstellt.2 Zudem, wer ist denn dieses Haus Österreich? Ist es was anders als die Deszendenz Rudolphs, Bewohners des alten Raubschlosses Habsburg, welche Deszendenz sich durch Heuraten, List und Betrug seit dem 13. Jahrhunderte mehrere Nationen zu unterjochen wußte, ganz Europa bisher mit immerwährenden Kriegen überzog, alle Länder verheerte und Millionen Menschen auf die Schlachtbank führte, welches harte Los nur immer das unglückliche Süddeutschland, unter dem Namen Reich, am meisten zu fühlen hatte und noch fühlet? Eben darum fodert uns das Blut unserer Ahnen, Väter, Brüder und Kinder, fodert uns die Pflicht der Menschheit und die Liebe des Vaterlandes auf, uns edel bloß dadurch zu rächen, daß wir diesem Unwesen einmal ein Ende machen und von dem alten verderblichen Reichsverbande uns loszählen, uns nach dem Drange aller politisch- und natürlichen Verhältnisse in einen freien, mächtigen Staatskörper wie ehedem im 8. [ ] Jahrhunderte vor der Unterjochung durch Karl den Großen zusammenschließen, alle unsere Produkte der Natur und Industrie ohne den bisherigen Neckereien der Sperren und Mauten frei einander mitteilen und uns so eine eigene, auf die natürlichen Rechte der Menschheit, auf die reine Religion und den allgemeinen Wohlstand gegründete Konstitution geben. Und ihr, ihr tapfere und edle Gebürgsbewohner Tirols und Salzburgs, denket zurück und erinnert euch, zu was euch von jeher der unnatürliche Verband mit Österreich half. Betrügerische Worte vermehrten eure Abgaben, warfen euch immer mehr in Fesseln und hemmten so eure angeborene Freiheit, und in den vielen Kriegen entriß man euch immer eure Kinder, um sie schändlich als Schnapphähne zur Schlachtbank zu führen. Und wie ist Österreich jetzt imstande, euch gegen den Strom der vordringenden Frankenmacht zu retten? Nur in unserer Vereinigung, in der Zurückkehr zum alten Mutterlande Bayern, das [ ] euch die reichen Getreidkammern und alles im Überfluß anbietet, findet ihr, finden wir unser Glück und unsern Wohlstand. Um im ganzen zu diesem erhabenen Zwecke zu gelangen, ist es notwendig, daß die Bewohner dieser Länder für ihr wahres Interesse und für die wahren Grundsätze der Rechte der Menschheit, der Religion und des allgemeinen Glückes hinlänglich aufmerksam gemacht und die Wahlen der Stellvertreter und amtsfähigen Bürger 2
Vgl. hierzu S. 2 1 3 Anm. 1 5
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vorbereitet werden. Das süddeutsche Vaterland legt nun diese Vorbereitung den Beamten, Pfarrern und jedem aufgeklärten Volksfreunde, jeder Gemeinde sowie jedem Vater die Zurückrufung seiner an England wie Schlachtochsen verkauften oder sonst im Felde stehenden Söhne zur vorläufigen Pflicht und jetzigem Geschäfte auf. Noch im künftigen Monat (Ort und Tag bekommen noch eine nähere Bestimmung) werden dann die [ ] Stellvertreter der Gemeinden, vielmehr Distriktsausschüsser, zu einer allgemeinen süddeutschen Nationalversammlung oder süddeutschem Landtage zusammengerufen, um unter dem Schutze der durch die Macht der Freiheit sieggewohnt französischen Waffen diesen neuen Nationalbund zu schließen und zur Konstitution, ewigen Frieden, Sicherheit und Wohlstand das Weitere einzuleiten, und Gott wird unser edles Bestreben als seiner höchsten Lehre und dem Zwecke der Menschenschöpfung ganz allein angemessen segnen. Beschlossen im Gemeinderat zu München, den 1. August des letzten Jahrs der deutschen Sklaverei. (L. S.)
45- Über die Folgen des Friedens in Bayern, Straßburg im 9. Jahre der Republik1
[ ] P a c e m cum Hominibus Bellum c u m Vitiis. Friede — mit Menschen, Krieg — m i t Lastern.
[ ] Ei! ei! Das ist nun ein Jubel, das ist ein Frohlocken, daß itzt zwischen Frankreich und Deutschland der längst gewünschte Friede zustand gekommen ist! 2 Alles triumphiert, alles jauchzet im vollsten Taumel über diesen Frieden, und es scheint itzt vielen der Himmel voll Geigen zu hangen. Die lautesten Ausbrüche der Freude tönen itzt sowohl auf dem Lande als in den Städten, in den Kirchen und in den Schenken. Friede! keucht das alte andächtige Mütterchen und segnet sich mit dem Zeichen des Kreuzes vor einem ferneren [2] Kriege. Friede! brüllt der geängstigte Mönch auf der Kanzel, um das Volk •wieder auf die herkömmlichen Gaben zu erinnern, welche [im] währenden Kriege ein wenig in das Stecken gerieten. Friede! jubelt jenes scheue Emigrantenheer, welches mit seine besten Habseligkeiten vor den Franken floh und dabei sein Vaterland, seine Mitbürger in Stich ließ oder der Suite flüchtiger Regenten folgte, die voll glühender Sehnsucht nach der Rückkehr in ihre unglückliche Länder schmachteten, welche sie nun mit schimmernden Feierlichkeiten, mit glänzenden Festins zu amüsieren nicht ermangeln werden, um etwas Balsam auf die noch offenen Wunden derselben zu gießen, die ihnen leider der verheerende Krieg geschlagen hat. Sogar begeisterte Poeten, Reim- und Versemacher singen sich hieüber in die Wette, um uns die süßen Früchte des Friedens recht anschaulich zu machen, gleichsam als hätten wir für selben kein Gefühl oder als wüßten wir ihn nicht genug zu schätzen, wenn es gleich richtig ist, daß das Da[3]sein des Friedens erst dann seinen Wert erhält, wenn keine Unordnungen und Exzessen mehr stattfinden, wenn man keine Plackereien mehr zu dulden, keine großen und beinahe unerschwinglichen Abgaben mehr zu zahlen und Überhaupts nichts Böses mehr zu befürchten hat, sondern statt allen diesen das Leben und Eigentum der Bürger wieder allenthalben 1
Flugschrift, nach dem März 1801 in Straßburg bei Levrault erschienen. OhneTitelblatt und dessen Rückseite 94 S., 8°. Bayerische Staatsbibliothek zu München. - Friede zwischen Frankreich und Österreich zu Luniville v o m 9. Februar 1801, v o m österreichischen Unterhändler zugleich im N a m e n des Reiches unterzeichnet, das d e m durch ein Reichsgutachten v o m 7. März 1801 zustimmte.
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gesichert zu werden und Ruhe und Ordnung im Staate sowohl als bei den einzelnen Familien häusliche Glückseligkeit, Nahrung und Gewerbe zu blühen anfangen. Das wirkliche Empfinden alles dessen sagt uns weit mehr, als alle Friedensgedichte und Lieder parodieren können. Jedoch bin ich eben kein solcher Menschenfeind, der nicht jedem seine Freude über den errungenen Frieden gönnen wollte, im Gegenteile nehme ich gleich vielen andern meinesgleichen selbst den wärmsten Anteil daran, wenn die Menschheit nun in die ihr gebührende Rechte, Wohltaten und Genüsse, welche ihr die Natur vorzeichnet, eingesetzt wird, woraus allein die menschliche [4] Glückseligkeit hervorgeht und womit die Bande des gesellschaftlichen Lebens desto fester geknüpft werden. Allein so großen Anteil wir nun an dem Frieden zu nehmen berechtiget sind, so will sich doch immerhin der Zweifel hieunter einmengen, ob wohl auch am Ende die Folgen dieses Friedens, worüber wir uns so sehr freuen, für uns so gut und erwünscht sein werden, daß es der Mühe lohne oder daß wir Ursache haben, so sehr darüber zu frohlocken. Niemand wird in Abrede stellen können, daß bei diesem wahrhaft beispiellosen Kriege große und wichtige Dinge vorgegangen sind, welche nicht nur die Menschen überhaupts, sondern auch und insbesondere die Regenten weiser, gerechter und klüger machen sollten. So haben uns sowohl Frankreich durch ihre [!] große Revolution als auch andere mehr oder minder mächtige Staaten die herrlichsten Lektionen gegeben, welche, wenn man sie benützen wollte, die unfehlbarsten* die besten Erfolge hervorbringen würden. [5] Desgleichen haben uns die weisesten Männer, die größten Philosophen dieses Jahrhunderts die Bahn geöffnet, welche man betreten sollte, um hieniden die größtmöglichste menschliche Glückseligkeit erringen zu können. Aber glaubt man wohl, daß diese großen Lehren, diese mannigfaltigen Beispiele uns so, wie dermalen die Sachen stehen, auf einen besseren Pfad führen werden, als den wir bisher gewandelt sind? Daran hat man allerdings Ursache, groß zu zweifeln. Mich deucht, die Wege seien noch zu sehr mit Hecken, Dornen, Disteln und Stauden verwachsen, als daß man so leicht hiezu gelangen könnte, und so sind auch die Schwielen, die Wunden, die Euterbeulen, womit unser Staatskörper behaftet ist, zu groß, zu sehr eingewurzelt, als daß bei dermaliger Lage sobald eine Genesung von selben erfolgen könnte, besonders wenn es noch dazu an dem Kopfe eines Landes gebricht, wovon sich leider nicht viel Gutes hoffen läßt, denn unter solchen Umständen kann es nicht fehlen, daß nicht wieder [6] alles trotz unsrer heutigen Aufklärung in das alte Chaos, in das vorige Geleis zurücktreten müsse, welches uns vielleicht bald dem unfehlbaren Untergänge entgegenführen dürfte. Wieviele Staaten, welche dem Geiste der Zeit nicht huldigen und sich an dessen leibhafte Erscheinungen nicht kehren und die teils fremden, teils selbstgemachten Erfahrungen nicht benützen wollten, sind der Geschichte zufolge nicht schon zugrunde gegangen! Und wie leicht dürfte es wohl möglich sein, daß auch Bayrn diese Reihe treffen, und zwar bald treffen könnte!
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Ohne mich bei diesen wenig tröstlichen Aussichten für itzt aufzuhalten, will ich die Folgen des nunmehrigen Friedens ein wenig untersuchen und den künftigen Gang der Dinge aufspüren, welcher nach dem itzt eingetretenen Flieden wahrscheinlich eingeschlagen werden dürfte. Einen prophetischen Geist, der mir so etwas vorhersagen läßt, wird mir wohl der hämische Spötter nicht zueignen wollen, wenn ihm änderst die [7] Wahrheit bekannt ist, daß man von den Ursachen auf ihre Wirkungen sowie von den Wirkungen auf ihre Ursachen schließen darf. Die Erfahrung zeigt es zu Genügen, daß in einem schlechtregierten Lande, wo jeder tun darf, was er will, die Menschen, wenn ihre ausgearteten Sitten und Gewohnheiten einige Zeitlang unterbrochen worden und zwischen ihren Begierlichkeiten und Egoism eine jeweilge Pause eingetreten ist, mit einem desto größeren Heißhunger wieder zu ihrer vorigen Lebensart zurückkehren. Sie suchen dann das Versäumte doppelt wieder hereinzubringen und den so lange vermißten Becher der Sinnlichkeit bis auf die letzten Hefen auszuschlierfen. Die Eräugnisse des Krieges haben bei vielen, ja bei den meisten Familien in Hinsicht ihrer Vermögens- und anderer Umständen eine große Veränderung nach sich gezohen. Jedermann wird itzt darauf Anspruch machen, dieselben zu benutzen, [8] um aus diesem Vorwande übertriebene Vorteile ziehen und das Übermaß derselben hinter diesem Schilde verstecken zu können. In einem solchen Staate, wo das Herz und der Verstand besonders der gemeinen Klasse von Untertanen nicht gebildet, die Sitten nicht gebessert oder veredelt, sondern vielmehr alle edlere Triebe erstickt und die Rechten und Pflichten der Menschheit hintangesetzt werden, pflegen gemeiniglich alle Arten von Lastern und Ungebühren und unter diesen nicht selten auch Habsucht und Eigennutz überhandzunehmen, welche die Menschen einander anstecken. Es kann einem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen, daß diese letzteren Untugenden in einem großen Teile Bayrns seit einigen Jahren her allgemach einzuwurzeln begannen. Man sieht fast überall Getreidwucherer oder sogenannte Kornjuden, Viehekauderer, Leinwandhändler, Geldkipper, Monopolisten und dergleichen mehr andere Mäkler, welche von ihrer Maklerei die unerlaubtesten [9] Gewinste ziehen und deswegen sich mehr auf dergleichen Gewerbe als auf den Ackerbau, auf reelle Industrie, auf Fabriken und Manufakturen oder andere dem Staat nützliche Zweige verlegen, weil sie sich in kurzer Zeit dabei bereichern können. Solche Beispiele müssen denn ganz natürlich auch auf die übrigen Bürger wirken, und so wurden nach und nach die Menschen unvermerkt zu Habsucht und Eigennutz hingeleitet, denen der Staat bisher noch keine hinreichende Schranken gesetzt hat. Schon sinnt und denkt demnach jetzt fast jedermann darauf, wie er dasjenige, was er seit dem Kriege etwa entbehren mußte oder gar eingebüßt hatte, doppelt wieder hereinbringen könne. Schon trachtet man allenthalben dahin, seinen vorigen Leidenschaften und Begierden, welche [bei] währenden kriegerischen Unruhen in etwas unterbrochen wurden, wieder genug Muße und Nahrung verschaffen zu können. Sowohl der arme und mittelmäßige als auch der wohlhabende Landmann, welche das meiste bei diesem Kriege gelitten haben, [10] beschäftigen sich täglich mit dem Gedanken
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wie sie ihre seither erlittenen Kriegsschäden wieder ersetzen und zugleich ihrem Interesse, ihrem Eigennutz genug frönen können; wie sie diese Kosten und Schäden auf ihre Erzeugnisse und Produkten, auf ihr Getreid, Holz, Vieh, Leinwand, so mehr andere unentbehrliche Bedürfnisse auf Kosten ihrer Nebenmenschen schlagen werden, um nicht nur allein ihre Kriegsvorschüsse Und Ausgaben wieder zu erobern, sondern auch sich sogar zum Schaden ihrer Mitbürger zu bereichern, gleich jenen gesetzlosen Wilden in Otaheiti, wo jeder nur für sich selbst hascht, stiehlt und zugreift, so gut er kann. Der zünftige Handwerksmann spekuliert tagtäglich, wie teuer er in Zukunft seine schlechten Fabrikate von Zeit zu Zeit verkaufen und die Preise derselben eigenmächtig erhöhen; der schwelgerische Brauer, wie er durch schlecht gekochtes Bier das Publikum betrügen; der wucherische Bäcker, wie er seine Brotgäste gefährden; der kauderische Metzger, wie er den obrigkeitlichen T a [ n ] x e n listig entgehen und seine Fleischabnehmer durch die unerlaubtesten Zuwaagen, unbankmäßiges Fleisch und schlechtes Gewicht, so andern bekannten Handwerkskniffen genug bevorteilen; der jüdische Kauf- und Handelsmann, wie er mit seinen verteuerten Waren das Volk prellen, kurz, wie auf was Art ein jeder auf Kosten anderer sich reich machen wolle. Die Bedürfnisse werden dann in der Folge immer mannigfaltiger werden und die Preise der Lebensmittel, anstatt zu fallen, vielmehr steigen. Jedermann wird mehr brauchen und konsumieren, und die Begierde, reich zu sein, wird täglich wichtiger und angelegener werden; denn Großmut, Aufopferung, Genügsamkeit, mit Einfachheit, Mäßigkeit und Weisheit vergesellschaftet, sind in einem übel administrierten Lande, welches Friedrich der Große ein von Tieren bewohntes Paradies nennt, unbekannte Dinge, und arm zu sein oder kein Geld zu haben, eine Art von Schande. Man wird den Wohlhabenden wieder erheben, schmeicheln und ehren, um von ihm ziehen zu können, den [12] Dürftigen aber zurücksetzen und verachten. Persönliches Verdienst wird nicht mehr emporkommen, sondern bloß Eigennutz und Habsucht die großen Triebfedern werden, und um Reichtümer zu erwerben, wird man wieder alle, auch die niedrigsten, die schiefsten Mittel und Wege einschlagen. In einem solchen Staate wird demnach zuletzt alles um das Geld feil. Für Geld erhält man sodenn Zivil- und Militärbedienstungen; für Geld bekömmt man da geistliche Pfründen und Pfarreien; für Geld kauft und vermäkelt man Land und Leute; mit Geld braucht man weder Wissenschaft noch Tugend mehr. Treue und Glauben werden überall verbannt sein, jedermann wird nach Geld geizen, um die Bedürfnisse der Üppigkeit befriedigen zu können, welche die Eitelkeit vermehrt und die Einbildung vergrößert. Auf solche Art muß endlich der Luxus wieder überhandnehmen, und der Reiche wird das Übergewicht mißbrauchen, welches er über den Armen hat, den er nur geschaffen zu sein glaubt, um seinen Lüsten zu frönen, und [13] dieser, der auch Bedürfnisse hat, die ihn von jenem abhängig machen, wird wieder sklavisch sein Joch tragen und sich nur mit listigen Planen beschäftigen,, welche auf das Geld des dümmeren Reichen gerichtet sind, und so werden dann die Menschen wieder wie Fische untereinander leben, wo die größeren die kleineren verschlingen.
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Ebenso wird auch der von Sportein und Taxen lebende Richter mit seiner Spekulation nicht müßig bleiben und Tag und Nacht darauf denken, wie er auf Kosten seiner Untergebenen seinen durch die Verhängnisse des Krieges geleerten Säckl füllen und die während demselben versäumte Plackereien, die Geld eintragen, wieder hereinbringen werde. Der alte juristische Schlendrian, der verlegene Aktenwust wird wieder durch einen neuen gehäuft werden. Die vorigen Ungerechtigkeiten und Bestechungen aller Art werden wieder zur Tagesordnung kommen; und das Recht wird gleich einer feilen Metze nur den Meistbietenden zuteil werden. [14] Alle Springfedern, Intrigen und Kabalen gewisser Menschenklassen, die mit der Madame Gerechtigkeit am meisten in Verkehr stehen, werden mit einer desto größeren Schnellkraft angewendet, sohin die Rechte des gemeinen Mannes ein Spielzeug, ja wohl gar ein Raub der Mächtigem werden. Das heißhungrige Advokatenkorps, eine besondere Klasse von Honigsaugern, deren Praxis [im] währenden Kriege nicht viel gäng und gäbe gewesen war und die folglich in ihren ökonomischen Umständen eine ziemliche Lücke nach sich ließ, wird sich nun auch wieder regen, um die vorigen Handgriffe, der Gerechtigkeit Nasen zu drehen, die Streitigkeiten der Parteien zu vervielfachen und zu verewigen, wieder geltend zu machen, um von diesen Quellen der Ungerechtigkeit und des Raubes sich desto mehr Geld schneiden zu können. Die hochadeligen Güterbesitzer, die Grund- und Hofmarksherrn, die das Ungemach des Krieges, das sie diesmal etwas unsanft getroffen hat, am [15] meisten schmerzt, werden nun keineswegs außer acht lassen, die alten Quellen ihrer hochfreiherrlichen Intraden, welche während dem jetzigen Kriege beinahe ganz versiegten, wieder zu eröffnen. Eifersüchtig auf ihre verjährten Usurpationen, auf ihre räuberische Patrimonialgerichtsbarkeiten, auf die gemeinschädlichen Fesseln und Mißbräuche ihrer Grundherrlichkeit, auf ihre lukrativen Vorzüge, Freiheiten und Privilegien, welche vor dem Geiste der Zeit so ziemlich die Musterung passierten, werden sie jetzt zu den ernsthaftesten Maßregeln ihre Zuflucht nehmen. Sie werden alle Kräfte aufbieten, ihre alten Ungerechtigkeiten, worauf ihre Existenz, ihre Größe beruht, aufrechtzuerhalten. Sie werden Himmel und Erde in Bewegung setzen, daß ihre angeblichen Vorrechte nicht etwa geschmälert oder zum Teile gar abgeschafft werden. Sie werden dem Landesherrn unaufhörlich an den Ohren liegen, um ihn dahin zu bringen, daß es ihn nicht etwa ferners mehr gelüsten möge, ihre Privilegien anzutasten, zu mustern [16] und zu stutzen, und zweifelsohne dürfte ihnen solches um so mehr gelingen, als sie von dem Wankelmut des Regenten, den jeder leiten kanp, wie er will, nur zu sehr überzeugt sind. Armer Landmann, der du das Unglück hast, Untertan eines Grund- und Hofmarksherrn zu sein, ach, du dauerst mich wahrhaft! Denn es scheint jetzt schlechterdings keine Hoffnung vorhanden zu sein, daß deine gerechten Beschwerden abgestellt und der abscheuliche Druck deiner adeligen Tyrannen und Wütrichen aufhören werde, wozu du vielleicht bisher einige Aussichten zu haben glaubtest. Mache dich daher nur gleich gefaßt auf alle Gattungen herrschaftlicher Plackereien und Beutlschneidereien, auf alle diejenigen
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Sklavenfesseln, die dir deine sogenannten Herrschaften nun bereiten und anlegen werden, um sich von deinem Schweiß und Blute, von deinem Mark und Fett wieder entschädigen und bereichern zu können. Gleich hungrigen Wölfen werden sie über dich und deinesgleichen herfallen, um dich zu all denjenigen ungerechten Ab[i7]gaben zu zwingen, die sie ehemals von dir erschlichen und erpreßt haben, denn die Not und der Geldmangel sind nun einmal vorhanden, und die hochadeligen Herren, welche sich als eine besondere Art von Menschen, ja wohl gar ein auserwähltes Volk zu sein wähnen, werden wieder auf dem alten Fuße schwelgen und prassen wollen, ohne sich das Geringste zu versagen oder abgehen zu lassen. Ihr Hochmut reizt sie unaufhörlich zu einem allzu großen Aufwände, und ihrer Meinung nach sind sie nur da zum Herrschen, zum Befehlen, zum Gnadenausteilen und zum Genießen; du aber bist in ihren Augen nur der niedrigste Auswurf eines gemeinen oder so betitelten Kanaillenvolkes, eine Nulle, ein Nichts, ein eigens dem.Adel zu dienen berufenes verächtliches Menschengeschöpf! Aber die geistlichen Herren, was werden denn diese aushecken, was werden denn diese tun? Gewiß nichts anders, als was sie je und allzeit [18] getan haben und was den meisten dieser feinen Herren, besonders aber den Mönchen so ganz allein eigen ist. So wie selbe vor und währenden Kriege, besonders aber vor dem herannahenden Einzüge der Franken fast immerwährende Andachten, Ämter, Prozessionen, Betstunden, Predigten und dergleichen veranstalteten und das Volk hiemit blendeten, dabei aber sich ihre Beuteln spickten, ebenso werden sie nun das Publikum mit lauter Lobämtern, Dankämtern, Bittgängen und Ablaßkrämereien täuschen, weil Gott nach ihrem Vorgeben ihr heiliges Gebet nunmehr erhört und uns den süßen Frieden geschenkt hat. Auf solche Art werden sie sich wieder viele Opfer, Meßgelder und Schenkungen erwerben, wodurch sie ihre [bei] währender Anwesenheit der Franzosen in etwas geläuterten Geldbeutel nach und nach wieder anzufüllen trachten werden. Damit aber die Leute desto geneigter gemacht werden, ihre geleerten Kassen wieder zu füllen, [19] so werden die alten Kunstgriffe und Manövers wieder herhalten müssen, die sie ehmals mit so guten Glücke anzuwenden und hiemit das Volk zu hintergehen wußten. Hie und da werden nun bald wieder Mirakeln zum Vorschein kommen. Es werden wieder einige vom Satan angeblich besessene Menschen hervortreten, die die Herrn Geistlichen nach Art des Phantasten und Betrügers Gaßner3 exorzisieren und die Teufeln austreiben werden. Es werden auch wieder auf öffentlichen Kanzeln heftige und wütende Stimmen wider die sogenannten Aufklärer erschallen. Man wird wieder zu den Mitteln des Aberglaubens und der Dummheit seine Zuflucht nehmen, weil man von den sicheren Wirkungen derselben nur allzusehr überzeugt ist. Mit einem Worte, der geistliche Despotism wird nun ärger wüten und toben als zuvor, damit die Menschen fleißig in ihrer Dummheit erhalten und jedes vernünftige Fünkchen Lichts von selben entfernt 3
Gaßner, Johann Joseph (1727—1799), Exorzist und Teufelsbanner, vor allem in der Regensburger Diözese tätig.
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oder vertilgt werde, und [20]. dies alles von darum, damit einerseits die Menschen durch den Gebrauch ihres aufgehellten Verstandes nicht so leicht hinter die verborgenen Ränke, hinter Lug und Trug des verschmitzten Pfaffenvolkes kommen mögen, andererseits aber damit die geistlichen Herren ihren vorigen Einfluß auf das Volk und ihr voriges Ansehen, welches seit dem verwünschten Kriege so ziemlich in Abnahme und Verfall geraten ist, wiedererlangen und sich ihres erlittenen Kriegsungemaches halber völlig entschädigen, ja wohl gar ihre verlornen Reichtümer hiedurch wiedererhalten mögen. Auch der militärische Despotismus wird wieder in seine gefährlichen Rechte eintreten, und es wird an Verunglimpfungen, Mißhandlungen und Gewalttätigkeiten gegen die Zivilisten und Bürger, an Zänkereien und Schlägereien, an Spionerien, häufigen Patrouillen, Arretierungen und mehr anderen gewaltsamen Exzessen sicher [21] nicht fehlen. Die Herren von Militärstande, weil sie nun etwas Pulver geschmeckt haben, werden sich nun als lauter Helden wähnen. Sie werden mit ihren vermeintlichen Heldentaten durch Prahlereien und Windbeuteleien unsre Ohren ermüden, denn schon jetzt hörte man einige bayrsche Offiziere mächtig gegen die Franzosen eifern, die sie schlechtweg als Lumpenkerls beschimpften, welche ihrem Vorgeben nach nur größtenteils aus schlechten Leuten, nämlich aus Handwerkern und Professionisten, aus Schustern und Schneidern'beständen; und diese armseligen Wichte bedachten nicht, daß sie sich von solchen Lumpenkerln besiegen und gefangennehmen lassen haben! Auch wird man nun, obwohl, wie man zu sagen pflegt, die Kuhe schon aus dem Stalle ist, das Militär ansehnlich vermehren und verstärken wollen, teils weil man jetzt aus dem fatalen Kriege manches gelernt und abstrahiert [22] haben will, teils aber auch deswegen, weil unser Kurfürst ein passionierter Liebhaber des Militärstandes ist, wie wir aus den verschiedenen bisher getroffenen Veränderungen und Reformen, worunter die militärische Uniformierung des Zivilpersonals obenan stehet, ohnehin schon überzeugt sind. Da nun eben von dem Militär die Rede ist, so will es sich der Mühe verlohnen zu untersuchen, was denn der Krieg, was der Soldatenstand sei? „Es ist ein seltsames Recht, sagt ein gewisser Philosoph, um jenes, welches ein Mensch einem anderen gibt, hinzugehen und Menschen zu erwürgen, die er nicht kennet, die er nie gesehen hat und die ihm nie etwas zuleide taten; oft ohne von allém dem die Ursache zu wissen und, was noch schlimmer ist, manchmal zu wissen, daß es um die ungerechteste Sache geschieht! Männer, welche sich von ihren Regenten zu [23] solchen Geschäften müssen gebrauchen lassen oder welche von irgend jemand gedungen werden, machen das aus, was wir überhaupts unter Militär verstehen." Einer klügeren Nachwelt wird es unbegreiflich scheinen, daß deutsche Fürsten ihr Land und Volk der Willkür preisgaben und sich von einem anderen Fürsten oder Könige das Recht erteilen ließen, Menschen zu würgen, die sie nicht kannten, nie gesehen hatten und die ihnen nie ein Leid zugefügt hatten, wenn es auch gleich um die ungerechteste Sache geschah. Man wird es nicht begreifen, daß Heldenschwindel regierende Fürsten so weit verleiten konnte, nicht nur selbst mit Gefahr ihres 31
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Lebens und zum Nachteile ihres eigenen Landes sich zu der Armee eines fremden Kriegers als Mietlinge zu begeben, sondern auch seine Untertanen um fremden Sold zu verkaufen! Ebensowenig wird man den heutzutage epidemisch sich verbreiteten Eroberungskitzel und [24] den mörderischen Wahn, daß man sich durch Menschenwürgen Größe erwerben könne, begreifen. Meines Erachtens ist zwar die militärische Macht ursprünglich in bezug auf die äußeren politischen Verhältnisse eingeführt worden. Aber gegen den Bürger sollte der bloß zum Schutze desselben bestimmte Soldat nicht gebraucht werden, wie dies heutzutage leider zum Ruine der Staatsbürger allenthalben geschieht. Im Gegenteil sollte man das Militär weit eher vermindern als vermehren, denn man weiß, daß zu Unterhaltung des Militärs ungeheure Summen erfodert werden, und bei den geringsten derlei Anstalten fängt jeder Staat seine Geschäfte gemeiniglich schon mit Schulden oder Kriegssteuer an. In Bayrn sind die Abgaben ohnedies schon ungemein vervielfältiget und erhöhet worden; wenn nun erst daselbst das Militär vermehrt wird, so muß notwendig alles, was zur Aufnahme der Künste, der Wissenschaften, des Han[25]dels, der Verbesserung des Landes etc. etc. verwendet werden könnte, jetzo bloß durch die allzu großen Auslagen für das Militär verschlungen werden. Und welch ein unverantwortendlicher Nachteil geht wohl nicht durch das Rekrutenpressen dem Menschengeschlechte, dem Ackerbau und den Manufakturen zu! Möchte man doch einmal anfangen, die Stimme der Natur und der gekränkten Menschheit zu hören! Möchte man doch aufhören, das militärische Puppenspiel für wichtig anzusehen! Möchte man doch eitlen Stolz, törichte Habsucht und unnützen Heldeneifer verabscheuen, die der Menschheit so schädlich, so nachteilig sind! Wer würde wohl endlich Soldaten auf die Schlachtbank führen können, wenn das Volk sich seiner Kräfte bewußt wäre und sich nicht von unredlichen Menschen täuschen und von falschen Grundsätzen blenden ließ; wenn es seinem Regenten einmütig erklärte, daß es keinen Krieg wolle, welcher nicht zur Verteidigung des Vaterlandes [26] erfoderlich ist! O! wenn einstens die ganze Nation in einen wahrhaften Verein zusammentreten wollte, so würden die Regenten diesfalls ganz andere, und zwar gelindere Saiten aufziehen müssen; denn das Volk würde sich dann nicht mehr nach Willkür seines Regenten zur Sklaverei erniedrigen lassen und sein Hab, Gut und Blut auf dessen despotische Befehle so schlechterdings in die Schanz schlagen. So werden denn nun die Sachen beiläufig ihren Gang und vielleicht noch schlechter gehen als zuvor; und nachdem wir nun von den äußern Feinden befreiet sind, so werden jetzt die inneren Unordnungen und Reibungen beginnen, sohin ein Krieg aller gegen alle hieraus hervorgehen; und dieses wird dann in der Folge wieder eine erbärmliche Harmonie im Staate, einen elenden Zustand des gemeinen Wesens, eine desperate Regierung in unserm Lande geben! [27] Zwar hätte der bedrängte Untertan allerdings ein Recht zu hoffen, daß er seines [im] währenden Kriege erlittenen Ungemaches, seiner Schäden und Kosten wegen entschädigt und demselben, wo nicht gänzliche Abstellung seiner drückend-
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sten Lasten und Beschwerden, doch wenigst die möglichste Erleichterung derselben gewährt werden möchte, damit er nicht gezwungen wäre, auf Abwege~zu geraten und endlich ein Sklave der Habsucht und des niedrigen Eigennutzes so andern Lastern und Leidenschaften zu werden, welche auf das Wohl der bürgerlichen Gesellschaft einen so schädlichen Einfluß haben. Allein so gut dürfte es ihm jetzt allem Ansehen nach kaum werden, sondern es scheinet vielmehr, daß diese Hoffnung schwerlich in Erfüllung übergehen werde. Von einem dürftigen und bis über die Ohren verschulde[te]n Fürsten, dem es noch dazu am Kopf und Herzen fehlt, läßt sich schlechterdings keine Abstellung der Ungebühren und Beschwerden, [28] keine gute Einrichtung im Lande hoffen, denn ein solcher Fürst ist zu abhängig von seinen Schulden, von seiner Eingeschränktheit und von seinen übrigen Umständen und Verhältnissen. Mehr als je wird er jetzt bei seiner Zurückkunft selbst Geld brauchen. Alle öffentliche Kassen sind bereits erschöpft, die Kirchen geplündert, die Despositengelder der Witwen und Waisen verschlungen, die Finanzen in dem allerschlechtesten Zustande und endlich der Untertan beinahe ausgesaugt. Da aber letzterer dennoch nicht völlig zugrund gerichtet ist, sondern noch etwas nachzusetzen hat, so wird auf diesen das erste Augenmerk gerichtet werden, den unersättlichen Bedürfnissen des Kurfürsten zu steuern. Bekanntlich hat dieser Herr, ehe er in das Land und zur Regierung gekommen ist, schon sehr viele Schulden, die sich auf Millionen belaufen, mit sich gebracht. Seine Kreditoren werden nun bezahlt sein wollen, teils weil der Kredit, welchen sonst dergleichen große Herren [29] hatten, schon ziemlich geschwächt worden ist, teils weil jetzt das Geld sehr selten zu werden anfängt, indem jetzo der Umlauf desselben im ganzen deutschen Reiche eine andere Richtung bekommen hat und viele Millionen aus dem Reiche geflossen sind, welche so bald und so leicht nicht mehr zurückkommen, als sie fortgewandert sind. Alles wird jetzt auf Geld und Bezahlung dringen, und zwar die Rentierer und Agioteurs aus Geiz, die übrigen aber entweder aus Not oder Bedürfnis, die der Krieg verursachte, oder einer anderen Ursache wegen, und sollte es auch bloß zu ihrer Sicherheit sein, weswegen ein Gläubiger heutzutage, besonders bei Regenten, welche Schulden haben, in die das Land keineswegs gewilliget hat, nicht genug auf seiner Hut sein kann. So groß nun der Schuldenstand des Kurfürstens ist, so groß sind auch übrigens seine Bedürfnisse, welche an keine Einschränkung, an keine Sparsamkeit und folglich an keine Abzah[3o]lung seiner Schulden so leicht denken lassen. E r hält bekanntermaßen einen glänzenden Hofstaat, und die prachtliebende Kurfürstin sowohl als auch die Prinzen und Prinzessinnen haben jede ihren eigenen und besonderen derlei Hofstaat, wozu nicht wenig Aufwand erfodert wird. Überdies wird auch sonst den gewohnten Prassereien und Schwelgereien des Hofes keineswegs Einhalt getan, sondern es werden vielmehr zu allerlei unnützen Ausgaben wie zum Beispiel zur Vergoldung der Residenz so mehr andern große Summen verschwendet. Als Max Joseph vor den Franzosen die Flucht ergriff, nahm er ungeheure Schätze und gefüllte Geldkisten, die seine vielen Hofpferde nicht einmal ziehen konnten, 31*
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mit sich nach Amberg und in der Folge auch nach Bayreuth. Allein alle diese Schätze und Gelder sind nun bereits lange vergeudet worden, und es wurden dem Vernehmen nach wieder-neuere Schulden gemacht, währenddeme sich der Kurfürst in Ansbach und Bay[3i]reuth aufhielt. Aber wer wird wohl am Ende "alle diese v o m Landsherrn gemachte Schulden bezahlen müssen? Niemand anderer als der Untertan; ein anders Mittel, eine andere Quelle ist schlechterdings nicht vorhanden, denn der Kurfürst hat, ungeachtet der von den Engländern empfangenen beträchtlichen Subsidiengeldern und anderer mit sich fortgeschleppten Schätzen, kein Geld mehr; und seine Kabinettsgüter reichen bei weitem nicht hin, seinen enormen Schuldenlast zu tilgen. Die Millionen Abgaben an Steuern, Hofanlagen und andern Kontributionen, welche das Land bisher bezahlte, sind bei Max Joseph nur wie einige Tropfen Wasser in das Meer geworfen, so ungeheuer, so tief ist der Schlund und der A b grund seiner Schulden und seiner Bedürfnisse. Überhin haben nun die französischen Kontributionen auch aufgehört, und es gibt also auch in dieser Hinsicht keinen Vorwand mehr, bei deren Ausschreibung auf einen großen Überschuß von etwelchen 1000 fl. für die kurfürstliche Schatulle [32] anzutragen, wie solches dem Vernehmen nach bei der unlängst von dem Landmanne eingesammelten Pferdsteuer geschehen ist, allwo man einen Uberschuß von 12 000 fl. erhielt, welcher dem Kurfürsten nach Amberg überliefert wurde. A u c h errötete man nicht, bei der letzten Vermögenssteuer-Ausschreibung dem Volke falsche Vorspieglungen zu machen, indem man von Seite des Hofes vorgab, als hätte man nämlich so viel Geld aus eigenen Mitteln zu den französischen Kontributionen vorgeschossen, welches doch die offenbarste Unwahrheit ist. Zwar steht uns jene große Umlegung der [bei] währender Anwesenheit der Franken geleisteten Kontributionen und Requisitionen auf das ganze L a n d noch bevor, allwo wieder eine ähnliche Methode stattfinden könnte. Allein ungeachtet es hier wieder nicht an falschen Vorwänden fehlen wird, das Volk zu berücken, um hiedurch desto bequemer in das Eigentum der Untertanen Eingriffe machen zu können, so werden aber alle diese [33] kleinlichten Kunstgriffe keineswegs hinreichend sein, das große Defizit der Ärarialklassen zu decken. Ebensowenig wird jene große Kirchenplünderung, wodurch so viel Gold, Silber, Geschmuck und Kleinodien erobert wurden, erklecklich sein, den schrecklichen Passivstand und die häufigen Landespostulaten zu tilgen. Also freuet euch, ihr Untertanen! Richtet nur bald eure Beuteln, eure letzten Pfenninge her, wenngleich das B l u t daran kleben sollte. E s ist schlechterdings kein anderer W e g mehr übrig, denn euer Regent braucht itzt Geld, und zwar nicht wenig Geld, und ihr, ihr müßt es eurer Fürstentreue wegen ohne weiters herschaffen, ihr möget machen, was ihr wollt, oder ihr mögt es hernehmen, wo ihr wollt, und damit Punktum. Wahrscheinlich wird es itzt auch viele Projekten geben, denn der Kurfürst ist von einer gewissen Neuerungsliebe und Ehrgeize beseelt, wodurch er gerne glänzen und seine Regierungsvorfahrer über[34]treffen möchte. Schon werden neue Zivilgesetzbücher, ein neuer Kriminal- u n d j u d i z i a r k o d e x verfaßt, ohne darauf zu
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denken, daß der Nation vor allen vielmehr eine bessere, eine rechtmäßige Grundverfassung und Überhaupts eine zweckmäßige Organisation gegeben werden sollte, wornach erst von neuen Gesetzbüchern und Verordnungen die Rede sein kann, weil eine gute Grundverfassung immerhin die Hauptbasis oder die Grundlage sein muß, nach welchen sich erst die übrigen Gesetze richten müssen.* [35] Der unglückliche Plan, worauf sich Max Joseph [36] gleich beim Antritt seiner Regierung so viel zuguten tat und womit er sich sogar öffentlich brüstete, ist freilich seither schon sehr durchlöchert worden, den es wollte gleich anfänglich mit selben schon nicht recht fort, indem man sagt, daß selber ein bloß willkürliches und ein sehr übel berechnetes, unzeitiges Machwerk sein soll, worüber die Stände, welche am besten die Wünsche des Volkes kennen müssen, schon öfters die Köpfe nicht wenig geschüttelt haben. Dies wird aber den Kurfürsten keineswegs hindern, seine anderweitig vorhabende Neuerungen und Projekten durchzusetzen und nach nun veränderten Umständen eine Menge neuer Verordnungen' zu abortieren, die während seiner Abwesenheit ausgebrütet wurden. Hiezu geben die anhoffenden neuen Akquisitionen, die Eroberungs- und Entschädigungsplane die allerersten und nächsten Veranlassungen. Man wird daher eine neue Rekrutierung veranstalten, um, wie oben schon erwähnt wurde, einen größeren Militäretat formieren zu können, allenfalls [37] auch Klöster aufheben und überhaupts in den Eingeweiden des Landes über Kreuz und Quer herumwühlen, um nur genug Geld zu bekommen. * Bei A b f a s s u n g g u t e r Gesetze k a n n es n i c h t gleichgiltig sein, vorläufig zu wissen, von welchen Prinzipien des N a t u r - u n d S t a a t s r e c h t e s m a n ausgehen soll, welche n a t ü r l i c h e u n d bürgerliche R e c h t e den S t a a t s b ü r g e r n e i n g e r ä u m t werden sollen, wieweit die bürgerliche F r e i h e i t der gesellschaftlichen Staatsglieder b e s t e h e n oder b e s c h r ä n k t werden darf u n d welcher M a ß s t a b ü b e r h a u p t s diesfalls hier a n z u n e h m e n sei; ob u n d inwieweit auf den U n t e r s c h i e d der S t ä n d e , auf E x e m p tionen u n d Vorzüge d e r privilegierten Klassen, K o r p o r a t i o n e n u n d Z ü n f t e n hiebei R ü c k s i c h t zu n e h m e n sei; o b u n d inwieweit m a n von den bisherigen alten, d e m h e r r s c h e n d e n Geiste der Zeit n i c h t m e h r a n p a s s e n d e n G r u n d g e s e t z e n abweichen darf. Alle diese u n d m e h r a n d e r e V o r a u s s e t z u n g e n , welche v o r h e r b e r i c h t i g t u n d in einer G r u n d v e r f a s s u n g vorläufig b e s t i m m t u n d festgesetzt sein sollten, sind in ihren Folgen, in Absicht auf die H e r s t e l l u n g einer g u t e n J u s t i z , von einem wichtigen Belange. So h a b e n z. B. die niederen G e r i c h t s b a r k e i t e n der privilegierten S t ä n d e n , H o f m ä r k e n , Klöster, S t ä d t e u n d M ä r k t e teils wegen d e n großen Verschiedenheiten ihrer J u r i s d i k t i o n s b e f u g n i s s e n , teils wegen a n d e r e n unzähligen Gebrechen einen großen nachteiligen E i n f l u ß auf die Justizpflege, die m a n i t z t verbessern will. N u n f r a g t sich, wieweit darf bei V e r f a s s u n g neuer G e s e t z b ü c h e r diesem Unwesen g e s t e u e r t w e r d e n ? W i e w e i t d ü r f e n diese bevorr e c h t e t e n S t ä n d e u n d K o r p o r a t i o n e n diesfalls angegriffen oder auf ihre besitzende Privilegien R ü c k s i c h t g e n o m m e n w e r d e n ? Aber diese u n d dergleichen a n d e r e wichtige F r a g e n u n d G e g e n s t ä n d e k ö n n e n n u r auf einem allgemeinen L a n d t a g e entschieden u n d alsdenn erst in die herzustellende G r u n d v e r f a s s u n g , d a n n endlich in die n e u e n G e s e t z b ü c h e r a u f g e n o m m e n w e r d e n .
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Bei solchen Gelegenheiten fehlt es gemeiniglich nicht an Projektmachern, welche sich aufzudringen pflegen, und dann könnte sich's fügen, daß der Kurfürst bei seinem übertriebenen Hange zu neuen Einrichtungen das Spiel verschlagener Projektanten werden dürfte, weil er das Wahre von dem Falschen nicht unterscheiden kann und bisher leider schon genug an Tag gelegt hat, daß er nur la Düpe seiner Minister war, die ihn so säuberlich in den Kot führten. Ferpers will es auch scheinen, daß man den ehemaligen Preßzwang wieder einführen werde, denn ein so andere Broschüren, welche zu München in kurzer Zeit hintereinander an das Licht traten, die Mängel der Regierung aufzudecken, und endlich die verschiedenen Vorschläge, welche daselbst den fränkischen Heersführern gemacht wurden, sollen [38] dem Kurfürsten einen nagenden Wurm verursacht und ihn zu dem Entschluß gebracht haben, die Zügel der Regierung in Zukunft schärfer anzuziehen und einen eisernen Szepter (die Zuflucht aller Despoten) zur Hand zu nehmen, wozu gewisse Leute getreuliche Hilfe und Beistand zu leisten nicht entstehen werden. Besonders aber soll ihn vorzüglich eine gewisse von einer boshaften Hand geschmiedete Jeremiade, die dem Kurfürsten ans Ohr und Herz geschrieben wurde, hiezu verleitet haben, weil er aus Irrwahn alles glaubt, was in dieser Schandschrift rücksichtlich der ihm daselbst verdächtig gemachten öffentlichen Staatsbeamten, welche in solcher Trabanten genennt werden, enthalten steht und weswegen er sich auch nach seiner Zurückkunft dem Vernehmen nach zu rächen gedenken soll/* Allem Ansehen nach ist dieses Geschmier von einigen ekliptischen Janitscharen ausgeheckt worden, die die so betitelten Trabanten nicht leiden können, weil letztere erklärte Gegner ihrer Bosheiten und Ungerechtigkeiten sind, und bei dem Kolorit der[39]selben die Farben ein wenig zu hell aufgetragen haben. Alle diese Vorschritte, Plane und Projekten zu neuen Einrichtungen und Abänderungen werden wieder unendlich viel Geld kosten, und auf solche Art muß der Staat wahrhaftig schon itzt mit Riesenschritten seinem gänzlichen Untergange zueilen, und es ist unerläßliche Pflicht eines jeden Staatsbürgers, darauf zu denken, daß man die Sache nicht so weit kommen lasse. Es hat zwar allerdings seine gute Richtigkeit, daß die itzigen Zeiten viele Umstände herbeigeführt haben, welche hie und da manche Abänderungen erheischen; allein hiezu wird Einsicht, System, Ordnung und Harmonie in den zu ergreifenden Maximen oder Grundsätzen erfodert, nach welchen die Sache beurteilt und die Handlungen des Regenten eingerichtet werden müssen. Aber wie wenig dieses bei gegenwärtiger Regierung der Fall ist, davon wird sich jedermann von selbst überzeugt halten, indem die zeitherige Erfahrung allzu[4o]laut davon spricht, und wir sind bereits den Zeiten nahe, da wir nicht mehr zwischen gut und schlimm, sondern nur zwischen schlimm und noch schlimmer zu wählen haben. Die Aussichten sind daher dermalen für das Wohl unsres Landes nichts weniger als tröstlich, denn der Geist der Unordnung und der Schwäche, welcher auf der dermaligen Regierung ruht, läßt einmal nichts Gutes zu erwarten übrig. 4
Vgl. S. 340 Anm. 10, 402 ff.
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Wenn man nun unser mit den herrlichsten Naturgaben gesegnetes Land ansieht und seinen itzigen Zustand mit der Möglichkeit des Flores, worin es stehen könnte, zusammenhält, so muß sich unser ein jammerndes Erbarmen bemächtigen, ein so gutes, ein so schönes Land unter einer solchen Verwaltung seinem Untergange entgegenstürzen und sein beträchtliches Vermögen unter den Händen unwürdiger Vormünder zerrinnen zu sehen! [41] Dieses werden nun die ungefähren Erwartungen und Folgen des itzigen Friedens sein. Allein ein Friede von dieser Art ist der elendeste Zustand, der sich denken läßt. Ein solcher Friede ist eine elende Sklaverei und verwandelt das Land in wüste Gegenden, wo wilde Tiere miteinander kämpfen und elende Menschen ihr Leben hinschleppen, die weder Stärke noch Mut haben, sich ihren Anfällen zu widersetzen. E s ist dies ein Friede, der hinter verfallenen Mauern und in wüsten Städten zu wohnen pflegt, und diesen Frieden wollt ihr noch dazu so teuer erkauft, so teuer bezahlt haben? Nur ein solcher Friede kann wahren Wert haben, der mit der Gerechtigkeit verknüpft ist. Nur ein solcher Friede kann gerecht sein, wo die Rechte der Menschheit respektiert werden und die Sklaverei verbannt ist, wo eine natürliche und vernünftige Freiheit, wo Sicherheit des Eigentums und des Lebens herrscht und, mit einem Worte, wo die allgemeinen Quellen zur Beförderung der größt[42] möglichsten Nationalglückseligkeit eröffnet sind. Wem möchte aber bei diesen traurigen Aspekten wohl nicht das Herz bluten, wenn er, anstatt zu sehen oder zu hoffen, daß es nun für das Vaterland besser und ordentlicher werde, leider voraussehen muß, daß vielmehr alles den Krebsgang zu gehen beginne! Wer möchte bei dem Anblicke solcher Verwirr- und Unordnung sich nicht empören, wenn er denkt und überlegt, wie leicht es sein könnte, die alten Gebrechen aus dem Wege zu räumen und eine glücklichere Ordnung der Dinge an deren Stelle zu setzen! E s ist Schimpf und Schande für die edle, für die erhabene Menschheit, wenn deren Geschöpfe wieder in ihre vorige Tierheit, in die alten Schwindgruben 5 , Mist- und Schweinhöhlen zurückkehren, da sie ebensoleicht von dem Paradies der menschlichen Glückseligkeit, der alles beseligenden Ordnung, der humanen Sittlichkeit und Vered[43]lung, die eigentlich erst die Menschen von den Wilden und Barbaren oder von den unvernünftigen Tieren unterscheiden, Besitz nehmen könnten! Sollte man wohl hier nicht in gerechten Eifer geraten und ausrufen, daß solche Menschen, welche die Rechte der Menschheit nicht zu schätzen wissen, wahrhaftig kein besseres Los, kein erträglicheres Schicksal verdienen, sondern daß man sie schlechterdings ihrer Sklaverei und in der Folge ihrem Verderben überlasse, ohne sich ihres elenden Zustandes weiter mehr anzunehmen? Aber meine lieben Landsleute, was ist es denn, das euch so sehr an eure alte Verfassung, an eure adeligen Blutegeln, an eure alte abergläubische Dummheiten und Pfaffereien, kurz, an eure sklavische und tierische Lebensart fesselt? r
> Senkgruben, deren Inhalt im Boden verschwindet.
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Was ist denn die Ursache, daß ihr euch lieber schinden, quälen und schlecht und niedrig behandeln lasset, daß ihr lieber elende Sklaven als edle, freie und aufgeklärte Menschen sein wollet, daß [44] ihr lieber bei euren alten verheerenden Unordnungen verharren als euch eine bessere, eine glücklichere Verfassung geben wollet, daß ihr lieber einem solchen Regenten blindlings gehorchet, welcher euch nicht zu regieren versteht, als daß ihr euch eine gute vernünftige Konstitution verschaffen wollt? Ihr habt es leider genug und mit eurem größten Schaden erfahren, daß unsre alte gotische Verfassung nichts mehr tauge; denn diese Verfassung ist durchaus so eingerichtet, daß der Adel, die Geistlichkeit oder die privilegierte Klassen alles sind, der Landmann und der Bürger aber gleichsam für nichts geachtet werden. Die alte bayrische Konstitution, welche unter dem Titel Erklärte Laiidsfreiheit allenthalben bekannt ist, ist im Grunde genommen nur lediglich ein Schirm, eine Schutzwehre für die adeligen und geistlichen Despoten. Jedermann kann sich hieraus überzeugen, daß hierinwegs der ehrwürdige Bürgers- oder Bauersmann zu bloßen Lasttieren erniedriget und zu dem schimpflichsten Joche der Knechtschaft ver[45]dämmt sei, da er sich derjenigen Rechte und Freiheiten keinjeswegs erfreuen darf, deren sich gemäß dieser Landsfreiheit die bevorrechteten Stände prävalieren. Diese alte Konstitution ist daher keineswegs für den größeren Teil der Nation oder zum Besten derselben, sondern bloß für die privilegierten Stände geschrieben und gedruckt worden. Das ärgste Übel, welches einem Lande widerfahren kann, ist gewiß der Krieg. Allein wenn man Krieg führen will, so fragt man das Land gar nicht oder höchstens nur den Adel und die Geistlichkeit, mitunter auch die städtischen Bürger. Bei dem Bauernstand aber heißt es: Weil nun der Regent, der Adel und die Geistlichkeit übereingekommen sind, daß Bayern Krieg haben solle, so mußt du, Bürger und Bauer auf dem Lande, ohne weiters deine Söhne ins Feld stellen, dein Leben, dein Geld, deine Pferde, Wagen und Geschirr, deine Ochsen und Kühe, dein Getreid, Heu und Strohe, kurz, alles, was man braucht, hergeben und obendrein noch dazu auch Quartier [46] tragen, Vorspann leisten, schanzen und zum Krieg scharwerken. Ist dieses nicht die empörendste Sklaverei, die himmelschreiendste Ungerechtigkeit, dergleichen je unter der Sonne erfunden worden ist? Dieser ganze gegenwärtige Krieg, der euch so tiefe, so viele blutige Wunden schlug, ist im Grund nichts anderes als eine Ausgeburt der Adeligen und der Pfaffen, und ihr gemeine Teufeln habt euren Balg dazu herleihen müssen, euch hat man dafür die Federn ausgerupft, ihr habt eure Söhne ins Feld stellen und euer Gut und Blut dafür hergeben und aufopfern müssen! Eine schöne, eine saubere Verfassung, gemäß der man heutzutage, wenn es um die allerwichtigste Angelegenheit der Nation zu tun ist, nur den Adel, die Pfaffen und die Städter darum fragt, keineswegs aber der Mühe werthalte, den Landmann oder den Bauernstand, welcher eigentlich die bayrsche Nation bildet und just den allerwichtigsten Teil des Landes ausmachet, darum zu begrüßen! [47] Aber nicht etwa nur diese, sondern noch Viel mehr andere Hauptgebrechen führt unsre alte Verfassung mit sich, die seit einiger Zeit her von einigen gelehrten
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Patrioten und Schriftstellern häufig gerüget und als ungerecht scharf geahndet wurden. So sind die Zehenten, die übertriebenen Laudemien und.andere grundheiTliche Usurpationen, die hofmärkischen Jurisdiktionen, die zu großen und allzu ungleichen Steuern und Abgaben so andere unzählige Mißbräuche die größten Ungerechtigkeiten, die man erfunden hat, um den Bauernstand in beständiger Sklaverei zu erhalten etc. etc. Dieses ist also das beiläufige Bild unsrer bisherigen alten Verfassung, von der ich nur den kleinsten Abriß machte; und von einer solch widersinnigen, solch ungerechten, solch elenden Verfassung wollt ihr euch, meine lieben Landsleute, noch länger fesseln lassen; anstatt daß die Einrichtung getroffen sein sollte, daß auch der Bauernstand, der wichtigste aus allen drei Ständen, hierum gefragt [48] werden und seine Einwilligung geben müsse, ehe man einen so wichtigen Schritt, wie das Kriegführen ist, unternimmt; anstatt daß auch der sogenannte dritte Stand seine Abgeordneten oder Repräsentanten bei der Landschaft haben sollte, welche ihre Stimme nicht nur bei dieser, sondern auch bei mehr andern nicht minder wichtigen Landesangelegenheiten abzugeben haben, da bevorab die Unterlassung dessen die Hauptquelle aller Unordnung, alles Unglückes ist, welches sich über dem Haupte des gemeinen Untertanes zuSammenhäufte; anstatt daß alle die ungerechte Forderungen und Abgaben, welche zu eurer Unterdrückung erfunden und erschlichen worden sind, abgeschafft, diejenigen Giebigkeiten aber, welche gleichwohl zum Teile noch bestehen müssen, in etwas erleichtert würden; anstatt daß ihr von der eisernen Gewalt eurer größeren und kleineren Despoten, eurer adeligen Wütrichen undTyrannen befreit werden solltet; anstatt daß ihr den schändlichen und sklavischen Aberglauben, die trügerischen Pfaffereien, welche den [49] Verstand der Menschen verblenden und bis zur Tierheit erniedrigen, abschwöret und dafür eine vernünftigere Religion bekennet; anstatt daß ihr eure dummen Vorurteile, euren garstigen Eigennutz ableget, der euch immer an die alte Unordnung fesselt, sohin eine bessere Organisation wählet, welche euch und eure Kinder zu bessern, zu wahrhaften Menschen umbildete; anstatt daß ihr euch nicht mehr so niedrig gleich den verächtlichsten Geschöpfen, Tieren und Hunden mit Stockprügeln und Karbatschstreichen, den martervollsten Todes- so andern Strafen, als nämlich mit Vierteilen, Rädern, Henken, Köpfen, Torquieren und allerlei andern qualvollen Martern behandeln lasset; hat jemand aus wahrer Bosheit ein Verbrechen begangen, so gibt es ja andere zweckmäßigere Strafen, welche die Menschheit nicht so sehr empören und herabwürdigen. Es könnten Arbeitshäuser, Polizeihäuser, Spinnhäuser, Festungsarbeiten, [50] Straßenbau so mehr andere öffentliche Anstalten errichtet werden, denn kein Regent hat das Recht, seine Untergebenen mit dem Tode zu bestrafen oder selben das Leben, so er ihnen nicht gegeben hat, minder wiedergeben kann, gewalttätig zu rauben und sie mit den qualvollsten Martern behandeln zu lassen. Und es ist wohl endlich nicht höchst ungereimt, daß man lieber die törichte Launen, die oft unwissenden und höchst unverständigen Befehle eines einzigen, noch dazu äußerst schwachsinnigen Regenten und seiner Minister anbete, als sich selbst vernünftige Gesetze zu geben, welchen man allein schuldig ist zu gehorchen
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und wodurch euer Leben, euer Eigentum und eure Menschheitsrechte besser geschützt und gesichert würden, als es unter einem solch willkürlichen Regimente nimmer geschehen kann. Nein, werden einige sagen, mit unsern Regenten sieht es doch noch nicht so schlimm aus, [51] als man glaubt, denn er hat doch seit seiner kurzen Regierung schon viel Gutes gestiftet, einige Mißbräuche aufgehoben, mehrere gute Verordnungen und Anstalten getroffen, und soviel seinen geistigen Charakter betrifft, so mag er zwar kein großes Genie von einem Regenten sein, aber es ist doch gewiß, daß er ein Herr von einer gar guten Gemütsart sei, woraus man also schließen darf, daß, wenn der Kurfürst von guten Köpfen geleitet würde, das Land oder die Nation immerhin bei ihm gut fahren dürfte. Gut, wir wollen ein wenig untersuchen, was denn hinter diesem äußerlichen Schimmer der so gepriesenen guten Verordnungen für ein innerer Gehalt, für ein großer Wert stecke. Nicht auf die äußere Schale, sondern auf den Kern muß man sehen, wenn man ein wahres Urteil fällen will. Es ist zwar richtig, daß der Kurfürst gleich [52] bei dem Antritt seiner Regierung in Hinsicht der Bestellung des Ministerii in} Hauptwerke eine ziemlich gute Wahl getroffen habe. Gleichwie aber dieser Fürst nicht leicht eine glänzende Handlung begann, die nicht auf der anderen Seite wieder verdunkelt wurde, so war es auch in diesem Falle; denn er sprach bekanntermaßen für einen jeden Minister eine ungeheure und für die Erträgnisse Bayrns gewiß höchst unangemessene und übertriebene Summe von 20000 fl. Besoldung aus. Wären nicht die Minister selbst so bescheiden gewesen, den gegenwärtigen Zeiten ein Opfer zu machen und sich mit wenigerer Besoldung zu begnügen, so wär' dem 'Lande diesfalls eine unerschwingliche Besoldungslast zu bestreiten übriggeblieben. Die Errichtung der Generallandesdirektion, wodurch der Gang der Staatsgeschäfte mehr vereinfacht wurde, und so auch die Besetzung der Justiz- und anderen Kollegien mit besseren Sub[53]jekten ist allerdings lobenswürdig/' Allein auch hier kamen wieder hinkende Boten hintennach, denn die geistlichen Geschäfte, welche nach dem angenommenen System zur Generallandesdirektion gehört hätten, sind ohne einer vernünftigen Ursache davon getrennt worden, und dieses, wie man sagt, aus Vorliebe zu einem gewissen Kavalier, den man gerne vorzüglich plazieren und auszeichnen wollte.7 Fast ähnliche Beschaffenheit hat es mit dem Kriegsrate, den man zu einem Oberkriegskollegium erhoben hat, wovon aber die Ökonomie, ein Hauptzweig hievon, der Generallandesdirektion zugeteilt wurde. Es sind dieses höchst inkonsequente und unsystematische Handlungen und Widersprüche, die sich vor dem Auge des Kenners keineswegs entschuldigen lassen. Was hingegen die Besetzung der Justiz und anderen Kollegien mit besseren Subjekten anlangt, [54] so hat sich auch hier wieder Nepotismus und Begünstigung eingeschlichen, denn nicht überall ward auf persönliche Verdienste strenge 0
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Mit der Errichtung der Generallandesdirektion am 23. April 1 7 9 9 verschwand eine Unzahl anderer Oberbehörden. Gemeint ist Johann Heinrich Graf Topor von Morawitzky.
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Rücksicht genommen. Was aber das auffallendste hiebei ist, so hat man zwar die höheren Justizkollegien von den Spinngeweben gesäubert, aber bei den unteren Gerichtsstellen hat man den alten Wust, den tiefen Unrat, den dicken Kothaufen hübsch unberührt liegengelassen. Just da wollte man nicht angreifen, und man scheute sich, die Sache bis zur Quelle zu verfolgen. Jedermann'weiß, daß es eigentlich die niederen Gerichtsstellen sind, die den Untertan am meisten quälen upd drücken, ja selben das beste Fett, das feinste Mark aussaugen; daß hier die wahre Brut giftiger Skorpionen und Blutegeln anzutreffen; daß nur eigentlich hier die Werkstätten aller bübischen, aller satanischen Anschläge zu Justizmorden; daß nur hier die schändlichsten Lastertaten der Justizräuber größtenteils ihren Sitz haben. Man fürchtete sich, [55] eine Last anzugreifen, von der man erdrückt werden könnte, und wollte nur einzelne Mißbräuche mäßigen, nur einzelne Verbesserungen begünstigen; den Keim und die eigentliche Quelle des Verderbens ließ man unangetastet. Man dachte nur, die Maschine bei seinen Lebszeiten vor dem Zusammenstürzen in Sicherheit zu setzen, weil man die Einberufung des Landtages scheute, den zwar die öffentliche Stimme allgemein wünschet, welchen aber der Hof bisher aus allen Kräften zu verhindern trachtete. Aber was nützen wohl solche Palliativkuren, deren Folgen bei moralischen Körpern die nämlichen wie bei den physischen sind? Was nützen nur oberflächliche und vorübergehende Erleichterungen, die das Übel keineswegs von Grunde aus heben? Sie gleichen jenem Kranken, sagt ein Politiker, der gerne seinen verdorbenen Magen heilen wollte, aber, anstatt daß er die bösen Feichtigkeiten aus selben zu vertreiben angefangen hätte, nur magenstärkende Mittel an[5ö]gewendet, folglich den Wolf in den Schafstall eingesperrt hat. Unter den von Max Joseph getroffenen weiteren Verordnungen ist auch die Abschaffung des alten Mautsystemes eine der wichtigsten. 8 Aber ich weiß nicht, ob man diesen vom Kurfürsten getanen Schritt mehr bemitleiden als beloben soll. Bekanntlich hat das Mautregal alljährlich eine hübsche Revenue abgeworfen und war also in allem Betracht eine ergiebige Finanzquelle, die noch dazu vielen Beamten und Dienern Nahrung und Unterhalt verschaffte. Diese Quelle ist nun versiegt, denn man hat sie größtenteils eingehen lassen, ohne daß vorher, wie es die Klugheit allerdings erfodert hätte, ein solches Surrogat hergestellt wurde, welches für die gegenwärtige Zeitbedürfnisse die Lücke wieder ausgefüllt hätte, die in der diesfallsigen Staatseinnahmsrubrik hiedurch verursacht wurde. Man hat also die Einnahme um ein be[57]trächtliches vermindert, hingegen die Ausgaben z. B. auf Besoldungen, vielmehr Pensionen der reduzierten Mautbeamten und Subalternen etc. etc. in gewisser Rücksicht sogar noch vermehrt, sohin die Rechnung hierinwegs ohne dem Wirt gemacht. Unstreitig muß die Verkrüpplung dieses Finanzzweiges ein großes Defizit in der Staatskasse verursachen, welches in der Folge immer steigen und das itzige Finanzsystem immer, mehr zerrütten wird. Ä
Die freihändlerische Mautordnung von 1799, die den Handel lähmende Einfuhrzölle kassierte, litt unter der Wirkung der Prohibitivzölle der Großmächte.
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Solange es noch kurfürstl. Gebäude, Felder, Holz und Wiesgründe zu verkaufen gibt (wozu freilich das Land nicht gewilliget hat und die j ederzeit wieder vindiziert werden können), mag zwar obige Lücke auf eine kurze Zeit in etwas ersetzt werden; wenn aber diese auch aufhören und nicht weiter auf Herstellung eines Surrogates gedacht wird, dann werden die nachfolgenden Übel ärger werden als die ersteren. E s ist aber die dermalen noch sehr zur Unzeit geschehene Aufhebung des vorigen Mautsystems nicht bloß in dieser, sondern auch in mehr andern Rück[58]sichten schädlich. Bayrn ist ringsherum mit auswärtigen Staaten umgeben; diese und die ausländischen Kauf- und Handelsleute trachten von dieser Aufhebung die größtmöglichsten Vorteile zu ziehen, weil ihnen kein hinlänglicher Damm mehr entgegensteht, ihre Produkten in das offene Bayrn hereinzuspielen und unser Geld dafür ins Ausland zu locken. Was vorhin auswärtige Staaten nur durch Kommerztraktaten erlangen konnten, haben sie itzt gleichsam frank und frei erhalten. Manche Artikeln, z. B. das Holz, gehen häufig aus dem Lande, ohne hiebei auf einen verhältnismäßigen Impost oder Abwendung des hiedurch dem Lande zugehenden Nachteiles Rücksicht zu nehmen. Manche Fabrikanten, Manufakturiers und Gewerbsleute, wie z. B. die Tuchmacher, verspüren schon itzt die nachteiligsten Wirkungen hievon, und die zu unüberlegte, für den gegenwärtigen Zeitpunkt sehr übelberechnete, ja höchst voreilige Mautreform ist bereits ein Gegenstand der lautesten Verwünschungen geworden. [59] Die Modifizierung des vorhin von dem abscheulichsten Drucke begleitet gewesenen Zensurwesens würde allenthalben Lob verdienen, wenn nicht auch hier nachderhand wieder so manche Bannstrahlen geschleudert worden wären, denn vermög Befehl von 6. September 1799 durfte schon wieder keine neue Zeitung oder periodisches Blatt politischen Inhaltes ohne gnädigster Spezialerlaubnis gedruckt werden, und diese Erlaubnis mußte man bei dem Departement der auswärtigen Geschäfte nachsuchen, welches nach Vernehmung der Polizeibehörde den Vortrag an die höchste Stelle zu erstatten und einen Zensor zu ernennen hatte, ohne dessen Genehmigung nichts gedruckt werden durfte. Desgleichen ist unterm 30. Jänner 1800 ein landesherrliches Reskript erfolgt, in welchen „Der neueste landständische Bundbrief mit Erläuterungen 1800" dergestalt verboten wurde, daß bei allen Buchdruckern, Buchhändlern, Verlegern und Buchbindern eine genaue Visitation vorgenommen werden mußte mit dem Auftrage, daß die wah[6o]ren Urheber und Verbreiter dieser Druckschrift auf den Grund ausgeforscht, alle vorfindigen Exemplarien konfisziert, die dabei beteiligten Buchhändler bis auf weitere kurfürstl. Verordnung inkarzeriert, woher sie diese Exemplarien haben ad Protocollum konstituiert und die sich allenfalls fügende Entdeckungen des wahren Autors, Überhaupts aber, wie ein so anderes geschehen sei, so schleunig als möglich angezeigt werden mußte. 9 Fast auf gleiche Art wurden die bekannten Piecen „Wahrer Überblick der Geschichte der bayrschen Nation" und so auch die „Danksagungsadresse" auf das strengste verboten. 10 a Gemeint ist Nikolaus Thaddäus Gönner (1764—1827), der 1799 aus Bamberg als Prof. für Staatsrecht nach Ingolstadt berufen wurde. 14 Durch kurfürstl. Generalmandat vom 17. 9. 1799 wurde eine staatliche B r a n d versicherung eingeführt, wie sie seit Mitte des 18. Jahrhunderts auch in anderen süddeutschen Staaten Eingang gefunden hatte.
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Solche Unternehmungen scheinen mir eben von keinem großen Wert, sondern vielmehr» ein bloßes Spiel der Affen zu sein, die gerne alles nachzumachen pflegen, was sie von anderen gesehen haben. Wenn wir übrigens das Wesen der itzigen Regierung im ganzen durchschauen und selbes einer gründlichen Prüfung unterwerfen, so sehen wir nirgends, daß sie sich ernstlich mit dem gemeinen Wesen beschäftiget habe, sondern ihre größte Aufmerksamkeit war immer auf den Hof und den Krieg, auf die Auflagen und Steuern, auf Plünderung der Kirchen und milden Stiftungen, dann der öffentlichen Depositenkassen und der Untertanen Überhaupts gerichtet. Allenthalben bezeichnete Willkür und Mißbrauch der höchsten Gewalt ihre Unternehmungen, und die öffentliche Stimme, die Wünsche des Volkes, die dringendsten Vorstel[7i]lungen der Landschaft wurden verachtet, ja der von der Nation so sehnlich gewünschte und ausdrücklich verlangte allgemeine öffentliche Landtag etc. etc. keineswegs gewährt, sondern durch bekannte Hofintrigen und Kabalen beständig hintertrieben. Um nun auch zu der angerühmten guten Gemütsart des Kurfürsten zu kommen, so gedenke ich keineswegs zu bestreiten, daß Max Joseph allerdings ein guter, ja wohl ein gar guter Herr sei. Aber ist wohl der Nation mit dieser seiner gar so großen Gutheit etwas gedient? Ein guter Mann sein bedeutet nach der allgemeinen Sinnesart soviel als ein schwacher Mann sein, und wir wollen nun hören, wie sich ein erfahrner Politiker über dergleichen schwache Regenten überhaupts zu äußern beliebte: „Es ist eine ewige und unwiderlegliche Wahrheit, daß ein schwacher Fürst nie weise Staatsräte wählen und von den vorhandenen nie einen nützlichen Gebrauch machen wird, wenn sie [72] nicht die Macht haben, auch ohne ihn zu handeln. Gute und weise Räte wachsen nicht wie Pilze. Sie zu wählen und zu bilden, fodert viel Geschicklichkeit und großen Verstand. Und sollte auch ein schwacher Fürst wirklich durch Zufall dergleichen finden, so werden sie ihm doch nichts helfen. Da es nie an Uneinigkeiten unter seinen Räten fehlen wird, so wird er sich als ein Mensch ohne Herz und Verstand immer für die schlechtesten Vorschläge erklären und die schlechtesten Personen begünstigen, weil sie ihm am ähnlichsten sind." Nach den bisherigen Vorgängen zu schließen, ist dieses das leibhafte Bild unsers Regenten. Aus seiner ganzen Regierung blickt überall Schwäche hervor, und wir haben redende Beweise in Händen, daß sich der Kurfürst sehr leicht am Gängelbande führen und leiten lasse, wie man will. Aus all diesen angeführten Umständen wird sich nun jeder von selbst überführen können, was für [73] ein Gewicht den so sehr gerühmten Verordnungen, welche Max Joseph während seiner Regierung bisher ergehen ließ, beizumessen komme und was für große Dinge von einem zwar gutherzigen, aber schwachen Regenten in Hinsicht seines Regiments zu erwarten stehen. Oder ist etwa all dieses noch nicht hinreichend, und glaubt man vielleicht, daß diesem allen ungeachtet der Kurfürst dennoch die zu einem Regenten erfoderlichen Eigenschaften besitzen könne?
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Das sind mir schöne Eigenschaften, wenn man die hoffnungsvollsten Jünglinge, die Kräfte und Stützen des Landes und ihrer Eltern, das edelste Blut seiner eigenen Untertanen gleich einer Herde Vieh nach Art der Mäkler um fremdes Geld verhandelt und verkauft, wie dieses bei dem mit England geschlossenen abscheulichen Subsidientraktat geschehen ist und wodurch sich der Kurfürst eines Verbrechens schuldig machte, welches nicht viel besser oder geringer zu beachten ist als ein Plagiat oder Menschenraub, worauf sonst nach unsern und andern im teutschen Reiche eingeführten Gesetzen die schwersten [74] Kriminal-, ja sogar Todesstrafen geschlagen sind. Wenn man anfänglich in einer gedruckten öffentlichen Verordnung verspricht, man werde sich selbst an die Spitze der Armee stellen und alle Gefahren vom Lande abwenden; man werde das Vaterland mit entschlossenen Mut schützen und verteidigen, hernach aber statt der Erfüllung dieses teuersten Versprechens gerade umgekehrt vor den von weitem herannahenden Franzosen an der Spitze der Armee davonläuft, sohin eine für einen bayrschen Herzog oder Heersführer nicht zu entschuldigende schimpfliche Flucht ergreift, Land und Leute durch seine schändliche Auswanderung in Stich läßt, selbe einem höchst traurigen und elenden Schicksale schlechterdings aussetzt; Wenn man das mit einer beträchtlichen Armatur ausgerüstete Zeughaus zu München oder aus einer unverzeihlichen Nachlässigkeit oder aus feiger Furchtsamkeit den mit einer weit geringeren Macht, als die bayrschen Truppen zählten, anrückenden Feinden gleichsam verräterischerweise preisgibt, [75] die rekrutierte bayrische Mannschaft aber, statt sie aus dem Zeughause mit den daselbst vorhanden gewesenen 24000 brauchbaren Feuergewehren zu fournieren, mit bloßen Stecken bewaffnet den schnellsten Rückzug nehmen läßt; 1 5 Wenn man die schönste Gelegenheit, das einfachste Mittel, an den Grenzen Bayrns oder an den Ufern des Lechs und an der Spitze einer respektabeln bayrschen Armee von 18 bis 20000 Mann mit den andringenden Franken in Unterhandlung zu treten und auf solche Art mittels gütlicher Übereinkunft (welche von Seite der Franken ihrem selbstigen Interesse gemäß unfehlbar erfolgt sein würde) das Land vor allen Plagen und bösen Folgen, vor allen Plünderungen, Erhebungen und Brandschatzungen zu sichern, mutwilligerweise vernachlässiget, da es doch, die allgemeine Stimme und der laut geäußerte Wunsch der Nation und der Landschaft gewesen ist, vielmehr diesen so einfachen, so natürlichen Weg einzuschlagen, anstatt die besten Kräfte Bayrns so übel zu verschwenden und solche um fremdes Geld [76] zu vermäkeln; Wenn man alles Geld, alle Pretiosen, alle Schätze mit sich fortschleppt, selbige nicht nur größtenteils im Auslande verprasset und verschweigt, sondern auch überdies noch viele neuerliche Schulden kontrahiert;
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Bei der kopflosen Flucht war nur das grobe Geschütz abtransportiert worden, so daß den Franzosen noch Waffenvorräte im Werte von über 260000 Gulden in die Hände fielen. Jakobinische Flugschriften
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Wenn man bei aller Not und Elend dennoch einen großen Staat machet, die übelste Hauswirtschaft pfleget, indem man &ne Menge Pferde und Hunde bei sich führte, übrigens aber zu allerlei unnützen Ausgaben, dergleichen die Vergoldung der Residenz war, große Summen verschwendet; Wenn man so viele, so schnell aufeinanderfolgende, auch noch dazu in manchen Rücksichten lächerliche und widersprechende Verordnungen schmiedet, auf einer Seite einreißt und zerstört, auf der anderen Seite aber nicht wieder gehörig aufbaut, wodurch folglich so viele Verwirrung verursacht wurde; Wenn man die Wünsche, die laut gewordene Stimme des Volkes und der es repräsentierenden Landschaft in den wichtigsten Landesangelegenheiten [77] nur schlechterdings verachtet und vielmehr nach seiner eigenen Kaprice, nach bloßer Willkür und Laune handelt und deswegen oft aus Mangel an genügsamen Kenntnissen den Fleck neben das Loch setzte; Wenn man keinen festen, keinen selbständigen Charakter besitzt, sondern vielmehr bei wichtigen Unternehmungen gleich dem ermordeten Kaiser Paul eine höchst veränderliche und wankelmütige Sinnesart zeugt, auch sich von seinen Dienern und Ministern gleich einem Schilfrohr nach Belieben bald hin- bald herbewegen läßt; Wenn man bei aller Schwäche des Verstandes dennoch schlau genug ist, das Volk zu hintergehen, wie solches unter andern bei Aushebung der Rekruten geschah, denen man im Anfange ausdrücklich versprochen hatte, daß sie nur zu Beschützung des Landes dienen sollen; kaum waren aber selbe an ihren Bestimmungsplätzen, so wurde ihnen keineswegs mehr Wort gehalten, sondern man hat sie vielmehr schändlich an die Engländer verkauft: Wenn man endlich in öffentlichen Manifesten trotz [78] dem gegenwärtigen Geiste der Zeiten wähnt, man habe die Regentenmacht, anstatt von der Nation, von Gott erhalten — 0 du lieber Himmel! Man schämt sich sogar zu gestehen, daß man sein Dasein, seine Macht und Ansehn eigentlich der Nation zu danken habe! Man will nicht dafür angesehen sein, daß man von der Nation abhange, sondern man will sich vielmehr einen göttlichen Ursprung beimessen, welcher nur in dem Gehirne blödsinniger Menschen mehr stattfinden kann. Doch diesen Gegenstand von dem Ursprünge der höchsten Gewalt mit wenigen zu berühren, seien mir nun folgende Fragen erlaubt. Wer hat denn die Regenten gemacht? Haben die Regenten die Untertanen oder haben die Untertanen die Regenten gemacht? Sind die Regenten um der Völker willen oder die Völker um der Regenten willen da? Jeder mit gesunder Vernunft begabte Mensch wird sich hieüber die A n t w o i t selbst geben können [79] und einsehen müssen, daß alle Staaten und alle Gewalten vernünftigerweise durch freie Einwilligung entstanden sein müssen. Hat nun dieses seine Richtigkeit, so sind auch die Regenten ursprünglich von den Bürgern ernannt und haben also erstere den letzteren ihr Dasein zu verdanken. Aber können wohl diese und mehr andere dergleichen die Würde der Nation verachtende und beleidigende Handlungen eines Regenten mit A c h t u n g oder mit
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Lobe gekrönt werden? Und sind wohl dieses Eigenschaften eines guten, eines vernünftigen Regenten? Sind dies die Beweise seiner Regierungskunst? Ach, wo müßte Max Joseph die Regierungskunst wohl gelernt haben! Etwa bei seinen ehemaligen Mätressen? Oder vielleicht unter seinen Soldaten, welche er nicht einmal gehörig zu kommandieren weiß? Denn man raunt sich in das Ohr, daß er zwar den Soldatenschwindel habe, aber ohne die nötigen Talenten eines Kriegsmannes zu besitzen, indem Kenner behaupten, daß er in der militärischen Wissenschaft [80] höchstens einem österreichischen Korporaln die Waage halte, und dies zu glauben muß man so geneigter werden, als wir unter andern das obenerwähnte Beispiel vor Augen haben, daß Max Joseph vor der Ankunft der Franken, ohne auf das Zeughaus und die in selben vorrätig gewesenen Waffen und Gewehre zu denken, mit seinen Leuten die Flucht ergriff, da er doch wußte, daß die meisten Rekruten statt der Gewehren nur lediglich mit Stecken versehen waren, wodurch [er] folglich den Feinden alle in dem Zeughause befindlich gewesene Kriegsrequisiten, woran die bayrsche Mannschaft Mangel litt, höchst unverantwortlich preisgegeben hat. Einen so groben Fehler würde sich kaum ein österreichischer Korporal zuschulden kommen lassen! Was ist uns aber endlich mit einem solchen Regenten geholfen, der das Land nicht einmal zu regieren und zu schützen, minder zu beglücken versteht und von dessen unweltläufigen Prinzen noch weniger zu hoffen ist! [81] Jedoch was sage ich hier von Schützen und Beglücken! Ist es nicht wahre Torheit, von einem einzelnen Menschen zu erwarten, daß er uns schütze und beglücke? Kann denn ein einziger Mensch eine große Nation von einer Million und etwelchen hunderttausend Menschen beschützen und beglücken? Gewiß nicht. Aber wer soll uns denn hernach schützen? werdet ihr fragen. Niemand anderer als ihr euch selbst, denn die beschützende Kraft und das Vermögen, euch zu beglücken, liegt vielmehr in eurer Mitte oder bei euch selbst. Ein Regent hat keine anderen Mittel, keine andere Werkzeuge als eure Kräfte. Ihr seid es, die ihr alles zum Schutz und Beglückung hergeben mußtet. Ihr selbst habt bisher euer Geld, eure Ärme, euer Gut und euer Blut dazu liefern müssen. Ihr selbst könnt euch also schützen und beglücken, wenn ihr wollt, und zwar besser und wirksamer, als es irgendein einzelner Regent zu tun imstande sein kann. [82] Wär' es demnach für das Land nicht weit nützlicher und besser, wenn die Nation sich selbst eine Verfassung, selbst eine Staatsregierung gäbe und dasjenige befolgte, wozu wir in einer jüngst im Druck erschienenen Bekanntmachung aufgefodert wurden, 16 als daß wir mehr einen sowohl an physischen als moralischen Kräften blutarmen Regenten, dei uns weder raten noch helfen, sondern nur Verwirrungen auf Verwirrungen häufen kann, der uns nicht den geringsten Nutzen, wohl aber den größten Schaden bringt, noch länger umsonst auf der Schissel haben und mit so viel Millionen für nichts und wieder nichts unterhalten sollten ? Wir haben während dem französischen Kriege schon zweimal die Erfahrung gemacht, daß wir auch ohne solchen Regenten leben und dergleichen unnützen 16 Vgl. Nr. 44.
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Landfresser sehr leicht entbehren könnten, indem sowohl im Jahre 1796 als anno 1800 fast alle deutsche Regenten bei, Annäherung der Franken zu ihren ewigen Schimpf und Schande davongelaufen sind oder, wie sich der gemeine Mann aus[83]zudrücken pflegt, das Hasenpanier ergriffen haben, anstatt daß sie, wie es einem rechtschaffenen Oberhaupte ziemt, gleich dem. großen Friedrich, K ö n i g von Preußen, mitten unter den größten Gefahren und Stürmen durch ihre sowohl leibliche als geistige Gegenwart dem Lande beigestanden wären und Glück und Unglück, W a g und Gefahr mit ihren ihnen zur Obsorge anvertrauten Völkern geteilt hätten, "wozu ihnen doch der kleine Fürst von Berchtholdsgaden das wahrlich nicht kleine Beispiel gegeben und sie auf solche A r t vor aller Welt Augen nicht wenig beschämt h a t ! 1 7 Aber Gott sei es gedankt, daß ungeachtet dessen während deren Abwesenheit dennoch alles seinen gehörigen Gang ruhig fortgegangen ist, ohne daß man sie wirklich vermißt, viel weniger ihnen nachgeseufzet hätte. Ja doch! Man hat dieses in gewisser Rücksicht wohl getan, zur Zeit nämlich, wo die Folgen, die Wirkungen ihrer vorher getroffenen verkehrten Anstalten recht fühlbar wurden, wo so manche[r] über die eigentliche Ursachen [84] ihres traurigen Schicksales, das ihnen der Krieg zuzoh, etwas reifer nachdachte und endlich die wahre Quelle des Unglückes in den willkürlichen und schwachsinnigen Handlungen der Regenten entdecken mußte. Viele tausend Flüche und Verwünschungen waren da die Ausbrüche des Unmuts und der Verzweiflung, denn wieviel hundert Familien wurden bei diesem Kriege nicht unglücklich gemacht, welche ihre Häuser und Anwesen zu verlassen gezwungen waren! Wie viele Tausende mußten itzt den Bettelstab ergreifen, welche vorhin froh und zufrieden von dem Ihrigen gelebt haben! Und wer trägt wohl endlich an all diesem Unglücke die allermeiste Schuld? Niemand als unsre braven teutschen Fürsten, worunter unser Kurfürst den ersten R a n g behauptet. Diese und andere dergleichen Tathandlungen, besonders aber der abscheuliche Subsidientraktat mit England, dieser garstige Blut- und Menschenver[85]kauf, deren sich der Kurfürst schuldig machte und hiedurch das Land in ein so großen Unglück, in ein so unsägliches Elend stürzte, sind offenbare Verbrechen der beleidigten Nation und ein solch sträflicher Verrat, wodurch er sich der Regierung des Landes allenthalben verlustig gemacht hat. Wenn man zwischen Ludwig X V I . , welcher wegen seiner an der fränkischen Nation begangener Untreue in Paris hingerichtet wurde, und zwischen unserm Kurfürsten eine Vergleichung anstellen wollte, so wäre ersterer gegen den letzteren in gewisser Hinsicht wahrhaftig noch ein Engel zu nennen. Und in Wahrheit wird man in der Geschichte neuerer Zeiten nicht bald ein so auffallendes Beispiel von einem solchen Betragen eines Regenten finden, als die vorliegende Handlungen zeugen. Wir wissen aus der Geschichte, daß manche Regenten in älteren Zeiten wegen ähnlichen Vergehungen gegen ihre anvertrauten Völker gestraft worden sind; einige wurden entweders hingerichtet [86] oder verbannt, andere von der Nation 17
Schroffenberg, Joseph Konrad Freiherr 1780—1803.
von, Fürstprobst von
Berchtesgaden
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abgesetzt und die Regierung würdigeren Nachfolgern übertragen; und sollte wohl eine ähnliche Bestrafung nicht auch bei Max Joseph stattfinden können? Hat er etwa solche nicht in jeder Rücksicht vollkommen verdient? Kann es wohl ein größeres Verbrechen geben, als wenn man über eine ganze Nation so viel Unheil, so großes Unglück und Verderben gebracht hat? Und liegt etwa dieses Verbrechen nicht sonnenklar, nicht evident vor aller Welt Augen? Nichts kann unwidersprechlicher, nichts ausgemachter sein, als daß Max Joseph durch sein höchst strafbares Betragen die Regierung des Landes völlig verwirkt hat. Unmöglich kann er den ungeheuren Schaden, der Millionen beträgt, mehr gutmachen oder ersetzen, den er der Nation zufügte. Es ist dieses platterdings sowohl physische als moralische Unmöglichkeit. Und wenn auch noch Hilfsquellen vorhanden wären, welche das Land noch aufrichten könnten, so kann ihm aber die Na[87]tion die Zügel der Regierung, die er so schändlich mißbrauchte, unmöglich mehr länger anvertrauen, weil sie unter einer so schlechten Administration dem gänzlichen Untergange offenbar entgegengehen würde. Man mag demnach diese wichtige Angelegenheit der Sache betrachten, wie man will, so wird man kein nützlicheres und zugleich notwendigeres Mittel ausfindig machen, wodurch dem Lande wieder aufgeholfen und die demselben geschlagene blutige Wunden wieder geheilt werden können, als durch den zu fassenden Entschluß, sich nunmehr selbst eine andere, eine bessere Verfassung zu geben. Ich behaupte, daß dieses bei gegenwärtigen Zeitumständen, wo unsre politische Existenz so mächtig betroht wird, unbedingt, ja höchst notwendig sei, weil sich die Nation von ihrem bevorstehenden Untergange und nahen Verderben, von ihrem so tiefen Labyrinth und Abgrunde nicht wohl änderst retten kann ; denn zu den sichtbaren Symptomen, welche den Fall des Landes laut verkünden, gesellt [88] sich noch der schändliche und für eine Nation höchst schimpfliche Bankerott, welcher bereits schon nahe vor der Tür ist, und jedermann wird sich überzeugen, daß die dermalige Regierung keineswegs dazu gemacht sei, uns davon zu befreien. Es ist schon soweit gekommen, daß man itzt die Löhnungen für das Militär nicht mehr zu bezahlen und die Besoldungen der Staatsdiener nicht mehr zu bestreiten weiß. Sowohl die Hauptkassa als das Hof- und Kriegszahlamt zu München haben außerordentliche Rückstände und Schulden auf sich, die sich auf Millionen belaufen. Bereits werden die Einnahmen von den Ausgaben um ein beträchtliches überstiegen, und es ist noch keine Anstalt getroffen, das höchst beträchtliche Defizit der Staatskassen zu decken oder einem bevorstehenden Staatsbankerotte vorzubeugen. Es ist zwar, nicht ohne daß der Kurfürst erst vor kurzem durch Abtretung des Marquisats Bergenopzoom und so auch durch die fortgesetzte Hinwegnahme des Kirchensilbers wieder einen be[89] trächtlichen Geldzufluß erhalten habe. Aber alle diese Zuflüsse werden gewiß nicht zu Abzahlung der Staatsschulden oder zur Deckung des großen Defizits verwendet, sondern vielmehr auf andere Art verschleudert werden. Und wenn dieses Geld einmal vergeudet ist, so gibt es kein neues Bergenopzoom mehr zu verschachern, und ebensowenig kann eine neue Kirchenplünderung mehr stattfinden, die den Abgang wieder ersetzen könnten.
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Schon lauert der schlaue Wiener Hof, wie er Bayrn nur recht bald in seine Klauen bekommen und dessen Einkünfte an sich ziehen könne. Es ist itzt der günstigste Zeitpunkt für ihn; denn die Verschwendung des Hofes, der enorme Schuldenlast des Kurfürstens, der bevorstehende Staatsbankerott etc. etc. etc. müssen unmittelbar eine kaiserl. Hofkommission und eine so kostspielige als schimpfliche Sequestration, die am Ende das Land zahlen müßte, in der Folge nach sich ziehen. Also noch einmal sei es gesagt, unser ehemals so blühend gewesenes Vaterland ist bereits in einem [90] höchst kritischen Zustande. Dem Rande seines völligen Verderbens und seiner gänzlichen Auflösung nahe, muß das morsche Staatsgebäude unmittelbar zusammenstürzen, und diese fürchterliche Katastrophe ist vielleicht näher, als man sich's träumen läßt. Hilfe, schleunigste Hilfe ist nun das notwendigste Bedürfnis. Unsre Existenz ist bedroht, schrecklich bedroht, denn der Schlund des Despotismus hat alles verschlungen, und das Übermaß des Übels ist bereits zu voll. Denkt euch eine Regierung, eine Administration, die nichts als verderben und zerstören kann und die nach gänzlicher Zertrümmerung der politischen Maschine sich darein so verwickelt hat, daß sie sich nicht mehr zu helfen weiß, der es durchaus nicht nur an den nötigen Einsichten und Kenntnissen, sondern auch an allen Mitteln fehlt, den sinkenden Staat aufrechtzuerhalten und den Umsturz desselben zu verhüten. Denkt euch einen äußerst schwachen, einen mit so vielen Schulden überhäuften und verschwenderischen Regenten, der uns in ein so großes [91] Unglück und Verderben stürzte und der also unmöglich unser Vormund, unser Führer, unser Lehrer mehr sein kann! E s ist demnach höchste Zeit, auf eure Rechte, auf eure Freiheit, auf euer Eigentum zu denken und solches in genügsame Sicherheit zu setzen! Übt daher eure angeborene Rechte aus und glaubet, daß selbst die sämtlichen Kollegien nichts Sehnlichers wünschen werden, als sich einer gesetzmäßigen Einrichtung zu nähern und aus den Händen der Nation selbst das wahre Recht zu ihrem wichtigen Amte zu erhalten, denn es ist dies so gut ihr als unser allseitiges Interesse! öffnet doch einmal die Augen, um sich von dem schrecklichen Wahn zu überzeugen, mit welchem ihr die Rechte freier Bürger so lange mißkanntet und in eurer Sklaverei verharrtet! E s ist Pflicht, heiligste Pflicht, nicht bloß auf uns, sondern auch auf unsre Kinder und Kindskinder zu denken! Diesen liegt am meisten daran, und deren Interesse ist noch stärker als das unsrige, da das itzige Dasein der Dinge auf sie so viel Bezug, so viel Einfluß hat. Diese tragen [92] und empfinden eigentlich itzt schon die schwere Last des Tages und der heutigen Zeit. Wisset, daß keine Gewohnheit, kein Gesetz, keine oberherrlichen Rechte so heilig oder so verbindlich seien, daß sie nicht verändert werden müßten, wenn es der Vorteil des gemeinen Wesens erheischt! Dringet daher vor allen auf einen öffentlichen Landtag, oder, wenn ihr lieber wollt, so tretet selbst in einen freien Verein zusammen, denn freie Nationen haben ein Recht, sich überall und zu allen Zeiten zu versammeln! Dieses Recht haben sie nie vergeben können, weil es ein angeborenes, ein unverlierbares Recht ist. E s ist hier der Ort nicht, weitere in das Detail gehende Vorschläge zu machen, in-
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dem sich solche, wenn ihr euch änderst vereinigen wollt, in der Folge gleichsam von selbst darbieten werden. 0 ihr Freunde der Menschheit, die ihr ein warmes Interesse an der bürgerlichen Freiheit, an dem Zustande unsers Vaterlandes und an einer besseren und zweckmäßigeren Verfassung desselben nehmt, wendet alle eure Kräfte an, der guten Sache allen gedeihlichen [93] Vorschub zu geben, denn es ist der Zeitpunkt gekommen, daß Bayrn endlich einmal anfange, eine Nation zu werden. Ihr Diener des Altars, wenn ihr wahrhaft etwas Gutes stiften wollt, habt itzt die schönste Gelegenheit in Händen, nicht nur auf eure bisherige Albernheiten und Mißbräuche zu verzichten, sondern auch zu dem vorhabenden großen Geschäfte, vielmehr zur Herstellung der Nationalglückseligkeit eifrig und tätig mitzuwirken! Die Nation wird sodenn gewiß gegen euch dankbar und erkenntlich sein, ja euch sogar mit Belohnungen überhäufen! Auch ihr, ihr Großen und Kleinen vom Adel, werdet hoffentlich nicht entstehen, dieser Sache all möglichen Nachdruck zu geben, damit ihr euch dadurch rücksichtlich eurer Forderungen einer billigen Entschädigung würdig machet! Blicket zurück auf die adeligen Emigranten Frankreichs, welche nun als Auswürflinge und als Verräter der Nation allenthalben verachtet und verabscheuet werden! [94] Lasset uns daher unsre vorige Sklaverei, unsre rohesten Gewohnheiten, unsern niedrigen Eigennutz, wodurch wir bisher immer in einer knechtischen Unterwürfigkeit erhalten wurden, und endlich unsre alte Unordnung und gotische Verfassung abschwören und an deren Stelle eine neue, eine bessere, eine zweckmäßigere Ordnung der Dinge setzen, die uns unsre geraubten Güter wieder zurückbringen und uns zum Genuß der größtmöglichsten menschlichen Glückseligkeit zurückführen wird.
R E G I S T E R DER PERSONEN, ORTE.UND BEZEICHNUNGEN
(Die
fettgedruckten Seitenangaben
GEOGRAPHISCHEN
verweisen auf weitere Daten zur
A a r e (Fl.) 322, 325, 326 A b e l , Konrad Christoph 208, 214 A d a l b e r t I I I . , Erzbischof von Salzburg
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A d l z r e i t e r , Johann 260 A g r i p p a . M e n e n i u s 93 Ä g y p t e n (türk.) 447 A l b r e c h t I., dt. König 303, 304 A l b r e c h t I I . , dt. König 307 A l b r e c h t I., Herzog von Bayern Straubing 306 A l b r e c h t I I . ( I I I . ) , Herzog von BayernMünchen 307 A l b r e c h t I I I . (IV.), Herzog -von Bayern-München 307, 308 A l b r e c h t I V . (V.), Herzog von Bayern 309 A l e m a n n i e n (Herzogtum) 294 A l g i e r 447 A l l g e i e r , Arthur 15 A l p e n (Geb.) 446 A l t b a y e r n siehe: Bayern A l t d o r f (nürnberg.) 12 A l t k i r c h (elsäss.) 16 A l t o n a (dän.) 29, 42, 190, 210, 270 A l t ö t t i n g (bayer.) 38 A l t w ü r t t e m b e r g siehe: Württemberg A m b e r g (bayer.) 386, 396, 470 A m e r i k a 253 A m s t e r d a m (holländ.) 446 A n d e c h s (bayer.) 262 A n d r e a s I I I . , König von Ungarn 303 A n g e r s o n , Marquis de 266 A n s b a c h (Fürstentum) 11, 84,225,262, 291, 470 A p r i l l , Georg Matthias Joseph 255 A r c o l e (venetian.) 446 [377 A r e t i n , Johann Christoph Freiherr von A r m b r u s t e r , Johann Michael 46
Person)
A r n u l f , Herzog von Bayern 297 A s c h h e i m (bayer.) 295 A t t i l a 311 A u g e r e a u , Pierre François Charles 20 A u g s b u r g (Bistum) 301, 393 A u g s b u r g (Reichsstadt) 74, 93, 214, 256, 302 A u 1 a r d, François Alphonse 5 5 B a c h e r , Theobald J a c o b Justinus 14, 18,19 B a d e n (Markgrafschaft) 22, 123, 285, 322,458 — O b e r l a n d 18—20 B a d e n (österr.) 15 B a d e n (schweiz.) 3 1 2 B a d e n w e i l e r (bad.) 19, 123, 125, 127, 128 B a m b e r g (Bistum) 225, 226, 301, 481 B a r è r e d e V i e n z a c , Bertrand 403 B a s e l (schweiz.) 1, 14, 16—21, 41, 123, 130, 183, 208, 325, 4 1 5 B a t a v i e n siehe: Holland B a u e r , Christian Friedrich Ludwig 2 1 4 B a u m g a r t e n , Johann Joseph Graf von 254 B a u m g a r t n e r , Anton 373 B a y e r n (Herzogtum bzw. Kurfürstentum) X I I , 12, 3 0 - 3 7 , 3 9 - 4 1 . 43. 4 5 50, 214, 221, 222, 226—228, 230—236, 238, 240, 250, 252, 254—257, 260—271, 2 7 3 . 283—285, 287, 290, 291, 294—306, 3 0 8 - 3 1 5 , 3 1 7 - 3 2 0 , 323, 324, 327, 3 3 1 , 333, 335. 336, 3 3 9 - 3 4 3 . 345. 348. 349. 3 5 4 - 3 5 7 . 359, 363. 371. 374. 375. 379, 3 9 1 - 3 9 5 . 399, 402—409, 4 1 3 , 4 1 5 , 4 1 8 - 4 2 1 , 423, 425, 428, 429, 4 3 1 - 4 3 3 , 439-443, 453-459, 461-463, 468-474, 476, 478, 480, 483, 4 8 5 - 4 8 9
491
Personen- und Ortsregister — Bayern-Ingolstadt
(Herzogtum)
— Bayern-Landshut
(Herzogtum)
— B a y e r n - M ü n c h e n (Herzogtum)
306,
3°7 — Bayern-Straubing
(Herzogtum)
306 — Niederbayern
(Herzogtum)
262,
3 0 2 - 3 0 5 , 308, 4 1 6 — Oberbayern
(Herzogtum.)
302, 304,
3 ° 5 . 3°7> 308, 4 1 6
B a y r e u t h (Fürstentum)
225, 226, 2 9 1 ,
470 C h r i s t i a n F r i e d r i c h 26—28, 188,
B r e i s g a u (vorderösterr.) Bretzenheim,
123, 128, 226
Karl August
Friedrich
Joseph Fürst von 283, 315, 419 B r i x e n (Bistum)
301
B r u t u s , Marcus Junius 365 B ü r e n , F r i e d r i c h G r a f v o n 298 B u r g h a u s e n (bayer.) Cambacérès,
225, 266
Jean Jacques Régis 326
C a m p o f o r m i o (Venetian.)
49, 320, 324,
394. 447
C h a m (bayer.)
B e l g i e n siehe: Niederlande (Grafschaft) IX-XI,
Childerich
487
X I I I , 1, 4, 81
8, 5 1 , 56, 69, 188, 260,
433 B e r n a u e r , A g n e s 307, 429 B e r n d o r f (österr.) X I I I , 15 B e l g r a d (türk.) 3 1 1 , 3 1 2 B e r c h t e s g a d e n (Probstei) 486 B i e s t e r , J o h a n n E r i c h 201 B i n g e n (linksrhein.) 1 B l e n d h e i m (bayer.) 320 B l u m e g g (sankt-blas.) 15, 16 B ö b l i n g e n (württ.) 186 B o d e n s é e 225 B o g e n (bayer.) 262, 301 B ö h m e n (Herzogtum bzw. Königreich) 40, 73, 225, 261, 286, 293, 296, 298, 301, 307, 310, 3 1 2 , 320, 322, 339, 447 B ö h m e r w a l d (Geb.) 225, 293 B o j e n h e i m siehe: B ö h m e n B o n a p a r t e , N a p o l é o n 20, 42, 46, 47, 287, 321, 326, 327, 341, 358, 380, 382, 383, 445, 447, 450, 451 B o n n d o r f (sankt-blas.) B o u r b o t t e , P i e r r e 55
262,
C h i a v e n n a (Herzogtum
B e l l o w e s 293
B e r l i n (preuß.)
braunschw.-wolfen-
C a t o , Marcus Porcius 365
B e l a V . siehe: O t t o III.
B e r l i n (DDR)
(
232, 270, 340
C a r n o t , Lazare Nicolas Marguerite 123
212, 214
Bergenopzoom
201
Braunschweig büttel.)
306, 307
Baz,
Braunschweig-Wolfenbüttel (Herzogtum)
306
16
B o u r d e a u x (franz.) 293 Brandenburg (Markgrafschaft) 3°5» 3 ° 6
257,
III.,
König
Schwaben) der
299
Franken
294 C o m p i è g n e (franz.) Christoph,
294
Herzog von
Württemberg
194, 197, 199, 200 C h r i s t o p h von Bayern-München
307
C o t t a , C h r i s t o p h F r i e d r i c h 28 C o t t a , Johann Friedrich 212 D a c h a u (bayer.)
262, 291, 334
D a m m 14 D a u c h e r , H e i n r i c h 10 D e c a e n , C h a r l e s M a t h i e u I s i d o r e 38, 44, 45, 48, »39 D e l a c r o i x d e C o n t a u t , Charles 123, 124 D e l l i n g , Johann von 377 D e s i d e r i u s , K ö n i g der L a n g o b a r d e n
295 D e s s a u (sächs.-anhalt.) 201 D e u t s c h l a n d I X , X , 1, 9, 14, 17, 21, 22, 29, 30, 42, 47, 78, 81, 82, 85, 88, 93, 100, 105, 123, 127, 129, 130, 133, 134, 144, 205, 206, 210, 219, 224, 230, 264, 270, 286, 294, 295, 299, 301, 305, 310, 3 1 6 , 320, 3 2 1 , 325, 333, 360, 395, 403, 4 ° 5 . 4 2 2 > 4 3 ° . 434, 438, 446, 4 5 1 , 452, 461
492 — N o r d d e u t s c h l a n d l, 214,224,227— 229 — S ü d d e u t s c h l a n d I X , XI, 1, 2, 4, 19, 21, 23, 32, 33, 38, 40, 41, 43, 45, 46, 47, 50, 212, 214, 224, 225, 227—230, 320— 323. 325. 326. 360. 361, 368, 447, 450, 458. 459 — S ü d w e s t d e u t s c h l ' a n d 14, 16, 20, 22, 130 D i t f u r t h , Franz Wilhelm Freiherr von 51. 56 D i t t e r i c h ( D i e t r i c h ) , Franz Georg von 220 D o e b e r l , Michael 294 D o n a u (Fl.) 224, 225, 228, 293, 294, 307, 308, 3 1 1 , 322, 326, 446 D o n a u w ö r t h bayer.) 306, 310, 332 D r e c h s l e r , Johann Lorenz 80 D r e s d e n (DDR) 130 D u c o s , Roger 326 D u r l a c h (bad.) 17 E b e r h a r d I., Herzog von Württemberg 192, 199, 200 • E b e r h a r d II., Herzog von W ü r t t e m berg 202 E g e r (Fl.) 224, 225 E g e r (böhm.) 446 E g g m ü h l (bayer.) 262 E g o l s h e i m (württ.) 186 E i c h s t ä t t (Bistum) 301 E l i s a b e t h , Gemahlin des Pfalzgrafen Ruprecht 306 E l t e r s d o r f (nürnberg.) 12, 86 E m s (Fl.) 446 E n g e l s , Friedrich X, XI, 1 E n g l a n d 38, 95, 200, 201, 212, 215, 229, 230, 256, 285, 290, 317, 320, 323, 324, 332, 34°. 346. 349, 372, 375. 379, 393. 394, 401, 413, 430, 446, 454, 460, 483, 486 E n n s (Fl.) 46, 294, 299, 322, 326 E n s l i n , Matthäus 203 E r d i n g (bayer.) 335 E r l a n g e n (ansb.-bayreuth.) 28, 75, 214, 217 E r d m a n n s d o r f f e r , Bernhard 123, 127
Personen- und Ortsregister E r e m i t a , Janus siehe: Gretschel E r n s t , Herzog von Bayern-München 307 E r n s t , Erzbischof von Köln 309 E r n s t b e r g e r , Anton 55 E s c h e n m a y e r , Adam Karl August 214 E s s i c h , Friedrich 214 E ß l i n g e n (Reichsstadt) 74 E s t o r , JohannGeorg76 E u r o p a 1, 103, 253, 257, 310, 311, 316, 426, 446, 447, 450, 459 E w a t t i n g e n (sankt-blas.) 16 F a l k e n s t e i n , Johann Heinrich von 262 F e r d i n a n d I., König beider Sizilien 287 . F e r d i n a n d M a r i a , Kurfürst von Bayern 311 F e ß l e n , Kaspar 6-8, 10, 64, 68 F i c h t e l b e r g (Geb.) 224, 322, 325 F i s c h e r , Friedrich Christoph J o n a t h a n 405 F l i c k , Samuel 21, 130 F ö h r i n g (bayer.) 299 F r a n k , Ignatius 263 F r a n k e n (Reichskreis) X I I , 5, 10, 12, 14, 40, 43, 48, 54, 56, 62, 226, 286, 3 1 1 , 319, 327. 33i. 34i. 342, 394. 395. 458 F r a n k f u r t a. M. (Reichsstadt) 74, 76, 232, 265, 405, 431 F r a n k f u r t a. O. (preuß.) 76 F r a n k r e i c h I X , 1—3, 11, 13, 14, 16, 18 - 2 2 , 24, 28, 29, 32, 33, 39-41. 43. 4 5 47. 49, 55, 73, 82, 83, 88, 94. 95. 135. 187, 214, 223, 228—230, 235, 287, 288, 293, 3 1 1 - 3 1 3 , 315-320, 324, 328, 332, 34i, 359,J 363, 368, 375, 381, 383, 394, 403, 404, 415, 442, 445, 447, 450, 451, 461, 462, 489 F r a n z I., röm.-dt. Kaiser 313 F r a n z II., röm.-dt. Kaiser 38, 49, 71, 72, 76, 79, 105, 286, 287, 329, 339, 447 F r a u n h o f e r , Joseph 34 F r e i s i n g (Bistum) 299, 301, 303 F r i e d b e r g (bayer.) 73 F r i e d r i c h I., Herzog von Schwaben 298
Personen- und Ortsregister F r i e d r i c h , Graf v o n W i t t e l s b a c h 300 F r i e d r i c h , Herzog von Bayern-Landsh u t 306 F r i e d r i c h I., H e r z o g von W ü r t t e m b e r g 202, 203 F r i e d r i c h I I . , H e r z o g von W ü r t t e m berg 27—29, 186, 207, 210—219, 323 F r i e d r i c h I I . , König von P r e u ß e n 230, 266, 257, 264, 289, 464, 486 F r i e d r i c h V., K ü r f ü r s t von der P f a l z 310 F r i e d r i c h I. B a r b a r o s s a , r ö m . - d t . Kaiser 298—300, 305 F r i e d r i c h E u g e n , H e r z o g von W ü r t t e m b e r g 25, 185, 200, 201 F r i e d r i c h d e r S c h ö n e , Herzog von Österreich 304 F r i e d r i c h W i l h e l m I I I . , König v o n P r e u ß e n 42, 433 F r i e s l a n d 305 F r i t z 406 F ü r e r v o n H a i m e n d o r f , Karl C h r i s t o p h Wilhelm 6 1 F u r k a (Geb.) 322, 326 F ü t z e n (sankt-blas.) 16 G a l i z i e n (österr.) 15 G a l l i e n 293 G a ß n e r , J o h a n n J o s e p h 466 G a t s c h i n a (russ.) 34 G a z a , F r a n z J o s e p h v o n 289 G e l n h a u s e n (Herzogtum Franken) 300 G e n t z , Friedrich 433 G e o r g d e r R e i c h e , H e r z o g von B a y e r n - L a n d s h u t 306—308 G e r l o s (Fl.) 225 G e r m a n i e n 292 G i e ß e n (hess.-darmst.) 14 G o e r t z , J o h a n n E u s t a c h Graf von Schlitz, gen. v o n 210, 322, 458 G o l d a s t , Melchior 265 G ö n n e r , N i k o l a u s T h a d d ä u s 481 G ö r z (österr.) 307, 308 G o s l a r (Herzogtum Sachsen) 298, 300 G o s l a r (Reichsstadt) 74 G o s t e n h o f (nürnberg.) 62 G o t h a (sächs.-gotha.) 256 G ö t t i n g e n (hannov.) 75, 200, 260.
493 G r a n (ungar.) 3 1 1 G r a u b ü n d e n (schweiz.) 22-5, 322 G r e t s c h e l , J o h a n n C h r i s t o p h 271 G r i e c h e n l a n d 99, 292 G r i m m e i s h o f e n (sankt-blas.) 16 G u g e l v o n D i e p o l t s d o r f , Paul Christoph 59 G ü n z b u r g (vorderösterr.) 73 G u t t e n b e r g 225 H ä b e r l i n , K a r l Friedrich 206, 213, 214, 231, 232, 340 H a b s b u r g (burgund.) 459 H a l d e n s l e b e n (Herzogtum Sachsen) 300 H a l l e (DDR) XIII H a l l e (preuß.) 188, 405, 408 H a 11 e r , Albrecht von 261 H a 11 e r , Friedrich K o n r a d 213 H a l l o d e r J ü n g e r e 434 H a m b u r g (Reichsstadt) 74, 270, 434, 438 H a m m e r , P e t e r 29, 45, 210, 399, 414 H a n n o v e r (hannov.) 256 H a r d e n b e r g , Karl August Freiherr von 458 H ä r t e n s t e i n , Joseph Franz Xaver E p p l e n v o n 260 H ä ß l e i n ( H ä ß l e r ) , J o h a n n H e i n r i c h 67 H a u g w i t z , Christian A u g u s t Graf von 458 H e i d e l b e r g (bad.) 123, 127 H e i d e l b e r g (pfälz.) 306 H e i l b r o n n (Reichsstadt) 435 H e i l i g e n k r e u z (österr.) 15 H e i n r i c h I., d t . König 297 H e i n r i c h IV., r ö m . - d t . Kaiser 298 H e i n r i c h I., H e r z o g von N i e d e r b a y e r n 302, 303 Heinrich I I . (XIV.), H e r z o g v o n N i e d e r b a y e r n 304 H e i n r i c h I I I . (XV.), H e r z o g von N i e d e r b a y e r n 304 H e i n r i c h IV., H e r z o g von B a y e r n L a n d s h u t 306 H e i n r i c h J a s o m i r g o t t , Herzog von Österreich 298, 299
Personen- und Ortsregister
494 H e i n r i c h d e r L ö w e , Herzog von Sachsen und Bayern 298—300, 318 H e l d , Hans Heinrich Ludwig von 4 2 , 4 3 H e l l e r s b e r g , Karl Sebastian Heller von 260 Helmstedt (braunschw.-wolfenbüttel.) 206, 213, 214,
305,
394,
434. 447 — O b e r i t a l i e n 38
231
H e l v e t i e n siehe: Schweiz H e n n e g a u (Grafschaft) 305 H e n n i n g s , August von 42, 270 H e r m a n n - A r m i n i u s 106, 292, 365 H e r r , Joseph 73 H e r r e n b e r g (württ.) 186 H e r t l i n g , Johann Friedrich Freiherr von 220 H e s s e l , I. W. 6, 62 Hessen-Darmstadt (Landgrafschaft) 226
H e s s e n - K a s s e l (Landgrafschaft) 105 H ö c h s t ä d t (bayer.) 311, 320 H o f f m a n n , Johann Daniel 210, 211 H o f h e i m , Karl Joseph 435 H o f m a n n , Johann Andreas 76 H o h e n a s p e r g (württ.) 28, 29, 210, 219 H o h e n h e i m , Franziska Gräfin von 217 H o h e n l i n d e n (bayer.) 46, 48, 395 H o h e n s t a u f e n (schwäb.) 298 H o h e n t w i e l (württ.) 184 H o h n s t a d t (erfundener Ortsname) 271 H o l l a n d (Republik) 92, 187, 228, 229 H o l l a n d (Grafschaft) 305, 306, 311 H o m p e s c h , Franz Karl Freiherr von 285 H o n d s c h o o t e (franz.) 446 H u b e r , Johann Friedrich 22, 183 H u m e , David 96 H u n d t zu S u l z e n m o o s , Wiguleus 262 H ü n i n g e n (franz.) 18 I g e n s d o r f (nürnberg.) 12 I l z (Fl.) 2 2 5 I m h o f v o n u n d zu M a r k t H e l m s t a t t , Christoph Andreas 60 I n g e l h e i m (fränk.) 295 I n g o l s t a d t (bayer.) 254, 260, 262, 395, 402,
I s a b e a u d e r J ü n g e r e 124 I s a r (Fl.) 314, 335 I S t r i e n (venetian.) 446 Italien 46, 286, 293, 296—300,
481
I n n (Fl.) 2 2 5 , 3 1 4 , 3 2 4 , 3 9 4 , I n n v i e r t e l (österr.) 314
447
Jägerschmidt, 21,
Ernst Alexander 17—
128
J e m a p p e s (niederländ.) 446 Jena (sächs.-weimar.) 14 J o h a n n I., Herzog von Niederbayern 304 J - o h a n n II., Herzog von BayernMünchen 306, 307 J o h a n n IV., Herzog von BayernMünchen 307 J o h a n n F r i e d r i c h , Herzog von W ü r t temberg 194 J o s e p h I I . , röm.-dt. Kaiser 15, 16, 269. J o s e p h F e r d i n a n d L e o p o l d , Sohn des Kurfürsten Maximilian I I . 311 J o u r d a n - , J e a n Baptiste 23, 33, 213 J u v e n a l i s , Decimus Junius 261 K a l t e h e r b e r g e (bad.) 19, 128 K a n d e r n (bad.) 17 K a n t , Immanuel 191, 409 K a r l d e r G r o ß e , König der Franken 7, 228,
260, 294-296,
318,
319,
324,
436,
459 K a r l IV., röm.-dt. Kaiser 305, 306 K a r l V., röm.-dt. Kaiser 78 K a r l VI., röm.-dt. Kaiser 312 K a r l (VII.) A l b e r t , Kurfürst von Bayern 312, 313 K a r l I I I . A u g u s t C h r i s t i a n , Herzog von Zweibrücken 314 K a r l I I . E u g e n , Herzog von Württemberg 92, 184, 186, 211, 217 K a r l F r i e d r i c h , Markgraf von Baden 19,
123,
127, 210, 322,
458
K a r l F r i e d r i c h W i l h e l m , Markgraf von Ansbach 84 K a r l L u d w i g , Erbprinz von Baden 285 K a r l L u d w i g J o h a n n , Erzherzog 23, 25,28
Personen- und Ortsregister K a r l T h e o d o r , Kurfürst von Bayern 3 1 - 3 3 , 2 2 2 , 254, 263, 264, 283 , 284, 289, 315. 317. 343. 377. 4 ° 2 K a r l T h e o d o r , S o h n des K u r f ü r s t e n M a x i m i l i a n IV. J o s e p h 285 K a r l W i l h e l m F e r d i n a n d , Herzog v o n B r a u n s c h w e i g - W o l f e n b ü t t e l 201 Karlsruhe (DBR) 70, 73, 1 2 3 , 1 2 5 , 1 2 7 , 1 2 8 , 1 8 3 , 2 1 0 , 3 2 2 , 458 K ä r n t e n (österr.) 295, 299, 302, 320, 339 K a r o l i n e , G e m a h l i n des K u r f ü r s t e n M a x i m i l i a n IV. J o s e p h 285, 385, 396, 469 K a t a l o . n i e n (span.) 434 K e h l (bai.) 18, 73 K e l h e i m (bayer.) 228 K e l l e r m a n n 334 K i r c h b e r g (bayer.) 262 K i t z b ü h e l (österr.) 225, 305, 308 K l ü p f e l , Karl 207 K n i e s t ä d t , E b e r h a r d Freiherr v o n 217 K n i t t l i n g e n (württ.) 29 K n ü p p e l , A u g u s t Friedrich Julius 8, 69 K ö l n (Erzbistum) 309 K ö l n (Reichsstadt) 45, 308, 399, 4 1 4 K ö n i g s b e r g (preuß.) 1 9 1 , 409 K o n r a d I., dt. K ö n i g 297 K o n r a d I I I . , dt. K ö n i g 298 K o n r a d i n , letzter Stauf er 3 1 9 K o n s t a n z (vorderösterr.) 1 5 , 308 K o s t n i t z siehe: K o n s t a n z K r a i n (österr.) 302 K r a u s s , Werner 4 K r a y v o n K r a j o w a , P a u l Freiherr v o n 287, 447 K r e i t t m a y r , W i g u l e u s X a v e r Alois Freiherr v o n 418, 427 K r e n n e r , J o h a n n N e p o m u k Gottfried v o n 262, 3 7 7 , 407, 4 1 8 K r i m m i e r s e e 225 K r u t t h o f e r ( G r u t h o f e r ) 435 K u f s t e i n (österr.) 225, 305, 308 K ü h n l e i n , Cornelius 57 L a b o r d e , Henri François de 123 L a d i s l a u s II., K ö n i g v o n B ö h m e n 298
495 L a d i s l a u s V. P o s t h u m u s , K ö n i g v o n U n g a r n 307 L a g a r d e , Joseph Jean 123 L a M o t t e , Ludwig Alexander 12, 13, 86 L a n d a u (linksrhein.) 1 , 18 L a n d s h u t (bayer.) 2 3 2 , 266, 289, 2 9 1 L a n g , Karl H e i n r i c h 2 6 0 L e b r u n , Charles François 326 L e c h (Fl.) 73, 293, 294, 446, 483 L e g n a n o (lombard.) 300 L e h r b a c h , L u d w i g K o n r a d Graf v o n 2 1 1 , 287, 395 Leiningen-Guntersblum, Wilhelm Karl Graf v o n 2 2 0 L e i p z i g (sächs.) 12, 65, 74, 81, 206, 213, 214, 231, 232, 251, 405, 407, 408, 431 L e o p o l d I., röm.-dt. Kaiser 311 L e o p o l d II., röm.-dt. Kaiser 76, 241 L e o p o l d IV., Markgraf v o n Österreich 298 L e u c h t e n b e r g (bayer.) 406 L e v r a u l t 461 L i n k s r h e i n i s c h e s 1 4 , 20 L i n z (österr.) 2 3 2 , 4 3 1 L i p p e r t , J o h a n n K a s p a r v o n 33, 220, 377 L i s t , Georg Friedrich 17—20, 127 L i v i u s , T i t u s 37, 2 7 3 L i v l a n d (russ.) 407 L o d i (österr.) 446 L ö f f e l h o l z v o n C o l b e r g , Siegmund Friedrich W i l h e l m 59 L o h r (mainz.) 435 L o n d o n (engl.) 434 L o r i , J o h a n n Georg v o n 254, 265 L u d w i g I. d e r K e l h e i m e r , H e r z o g v o n B a y e r n 301 L u d w i g II. d e r S t r e n g e , H e r z o g v o n Oberbayern 302—304 L u d w i g IV. d e r B a y e r , H e r z o g v o n Oberbayern, d t . K ö n i g und röm.-dt. Kaiser 304, 305, 3 1 4 L u d w i g V. d e r Brandenburger, H e r z o g v o n B a y e r n 305 L u d w i g VII. d e r G e b a r t e t e , Herzog von Bayern-Ingolstadt 306 L u d w i g VIII. d e r H ö c k e r i g e , Herzog von Bayern-Ingolstadt 306
496 L u d w i g I X . d e r R e i c h e , Herzog von B a y e r n - L a n d s h u t 306 L u d w i g I., König v o n B a y e r n 285 L u d w i g X V I . , König v o n F r a n k r e i c h 38, 95, 287, 403, 435, 486 L u d w i g E u g e n , H e r z o g von W ü r t t e m berg 24, 86-90, 92, 95. 97, 185 L u d w i g s b u r g (württ.) 26, 185, 213, 2 1 5 L u i t p o l d , Markgraf v o m N o r d g a u 297 L u n é v i l l e (franz.) 46, 48, 49, 461 L u t h e r , M a r t i n 309 L u x e m b u r g (niederländ.) 446 M a a s t r i c h t (Holland.) 446 M a c h i a v e l l i , Niccolò 401 M a d e w e i ß , J o h a n n Georg v o n 2 1 2 M a g d e b u r g (Herzogtum Sachsen) 300 M ä h r e n 296 M a i e r 21, 22 M a i e r , Georg Wilhelm 12, 13, 86 M a i l a n d (österr.) 341, 446 M a i n (Fl.) 224, 225, 228, 286, 322, 325 M a i n z (Erzbistum) 226 M a i n z (linksrhein.) 2, 9, 14, 27, 29, 73, 104, 105, 205, 209, 210, 224—226, 322, 325, 326, 447 M a j e r , J o h a n n Christian 438 M a l b l a n c , J u l i u s Friedrich 75 M a l t a (engl.) 447 M a n d e l s l o h e , Ulrich L e b e r e c h t Freih e r r von 211, 215, 2 1 6 M a n n h e i m (pfälz.) 190 M a n t u a (österr.) 446 M a r a t , J e a n P a u l 403, 415 M a r b u r g (hess.-kassel.) 76 M a r g a r e t e M a u l t a s c h 305 M a r i a T h e r e s i a , r ö m . - d t . Kaiserin 312,313 [287 M a r i a T h e r e s i a , Gemahlin F r a n z I I . M a r s - l a - T o u r (franz.) X M a r t e a u , Pierre siehe: H a m m e r , P e t e r M a r x , Karl X, XI, 1 M a s s é n a , A n d r é 287 M a x i m i l i a n I., r ö m . - d t . Kaiser 307, 308 M a x i m i l i a n I., K u r f ü r s t v o n B a y e r n 260, 309, 3 1 1 , 320 M a x i m i l i a n II. M a r i a Emanuel, K u r f ü r s t v o n B a y e r n 311, 3 1 2
Personen- und Ortsregister M a x i m i l i a n III. J o s e p h , Kurfürst v o n B a y e r n 40, 313, 316, 3 1 8 M a x i m i l i a n IV. J o s e p h , K u r f ü r s t v o n B a y e r n 33, 3 6 - 3 9 , 43, 4 5 - 4 7 , 49, 50, 231, 233—235, 251, 269, 271, 283—285, 288, 291, 3 1 4 - 3 1 7 . 319. 323, 332, 337. 340, 3 4 3 - 3 4 8 , 3 5 0 - 3 5 3 , 355, 363, 364, 367, 371, 3 7 3 - 3 7 5 , 378, 379, 384, 385. 393-396, 399, 4 02 > 4°4, 4°8, 410, 413, 418, 419, 432, 442, 4 5 3 - 4 5 7 , 465, 467, 469-472, 4 7 4 - 4 7 7 , 480-488 M e i n e r s , Christoph 201 M e i n h a r d, Herzog von Oberbayern mit Tirol 305, 307 M e m m i n g e n (Reichsstadt) 214 M e r k e l , Garlieb 407, 408 M e r s e b u r g (DDR) 56, 57, 62, 81, 129, 332, 458 M e r v e l d t , Maximilian Graf v o n 334, 348 M i n c i o (Fl.) 447 M i r a b e a u , H o n o r é Gabriel de R i q u e t i M a r q u i s de 403 Mittelländisches Meer 228, 447 M o h à c s (ungar.) 3 1 1 M o h l , B e n j a m i n F e r d i n a n d 211 M o l d a u (Fl.) 310 M o n t b l a n c (Geb.) 446 M o n t e s q u i e u , Charles Louis de Sec o n d â t B a r o n de 9, 16 M o n t g e l a s , Maximilian K a r l J o s e p h F r e i h e r r v o n 33, 34, 36, 38, 285, 290, 317, 333. 340-, 349, 351." 355, 367, 374, 379, 396, 413, 4M, 442 M o r a w i t z k y , Johann Theodor Heinrich Graf T o p o r v o n 284, 476 M o r e a u , J e a n Victor 17—19, 25, 28, 32, 38, 4 4 - 4 6 , 48, 49, 73, 123, 214, 217, 287, 321, 341, 394, 447 M o r u s , T h o m a s 401 M o s e r , F r i e d r i c h K a r l F r e i h e r r von 189, 190, 202, 203, 270 M o s e r , J o h a n n J a k o b 76, 2 1 1 , 256 M o s k a u (russ.) 51, 56 M ü h l d o r f (Salzburg.) 304 M ü l l h e i m (bad.) 19, 128 M ü n c h e n (DBR) 104, 220, 222, 224 231, 234, 251, 273, 283, 288, 292, 322,
Personen- und Ortsregister 325, 328, 330, 332, 335, 391, 399, 445. 4 5 1 , 458, 461 M ü n c h e n (bayer.) 2 1 , 34, 38, 39, 44, 47, 48, 220, 222, 230—233, 236, 250—252, 260, 262—266, 273, 287—289, 291, 292, 294. 299, 3 0 9 - 3 1 2 , 314. 322, 323, 325, 332, 333. 339, 348, 3 5 1 . 373. 384. 3»5, 391, 395. 396, 399, 4°6. 4 2 5 . 431. 4 4 5 447, 458, 460, 461, 472, 483, 487 M ü n c h h a u s e n , Gerlach Adolf Freiherr von 251 M ü n s i n g e n (württ.) 186 M u r r (Fl.) 294 N a a b (Fl.) 224, 308 N e c k a r (Fl.) 228 N e l l e n b u r g (vorderösterr.) 16 N e u b u r g (bayer.) 232, 2 7 1 , 308, 314, 480 N e u h ä u s e l (ungar.) 3 1 1 N i e d e r l a n d e (öslerr.) 3 1 , 81, 92, 3 1 5 , 446 N i e d e r s c h ö n t h a l (schweiz.) 17 N i z z a (sardin.) 447 N o g a r o l a , Dinadanus Joseph Graf von 289, 291, 334 N o r d g a u (bayer.) 297, 305 N o r d s e e 224 N o r m a n n , Philipp Christian Friedrich von 24, 184, 210, 2 1 1 N o s i u s ( F 1 J 294 N ü r n b e r g (DBR) 51, 55, 56, 61, 80 N ü r n b e r g (Reichsstadt) X I I , 4—6, 10—12, 51, 54—56, 6 1 , 62, 74, 80, 81, 86, 93, 224, 260, 308 N y m p h e n b u r g (bayer.) 3 1 1 O b e r e l s a ß (franz.) 15, 16 O b e r p f a l z (bayer.) 46, 305, 3 1 1 , 394, 406 O b s e r , Karl 125, 128 O f e n (ungar.) 3 1 1 O f f e n b u r g (Reichsstadt) 20 O f t e r d i n g e r , Ludwig Friedrich 2 1 3 O r l é a n s , Ludwig Philipp Joseph Herzog von 403 O r t e n b u r g (Grafschaft) 303
497 Ö s t e r r e i c h 1, 16, 25, 28, 29, 31, 33, 38, 40, 41, 46, 76, 81, 214, 2 1 7 , 225, 229, 283, 286, 287, 298, 300, 302—305, 308, 3 1 0 - 3 1 5 , 3 1 7 - 3 2 1 , 324, 333, 3 3 5 - 3 3 7 . 3 5 ° . 354. 375. 382, 3 9 3 - 3 9 5 . 442, 458, 459, 461 — N i e d e r ö s t e r r e i c h X I I I , 15 — O b e r ö s t e r r e i c h 299, 320 — U n t e r ö s t e r r e i c h 299, 320 — V o r d e r ö s t e r r e i c h 2 1 5 , 226 O s t e r w a l d , Peter von 254 O t t o I., Herzog von Bayern 236, 299— 301, 455 O t t o II.,' Herzog von Bayern 262, 301 O t t o I I I . , Herzog von Niederbayern 262, 303, 304 O t t o IV., Herzog von Niederbayern 304 O t t o k a r I., Herzog von Böhmen 301 P a n z e r , Otto 2 3 1 P a r i s (franz.) 3, 9, 20, 28, 55, 208, 212, 338, 395, 486 P a r s d o r f (bayer.) 28, 41, 338 P a s s a u (Bistum) 226, 301, 303 P a s s a u (passau.) 225 P a u l I., Zar von Rußland 283, 284, 447, 4 8 ° . 484 P a v i a (lombard.) 304 P e l k h o v e n , Johann Nepomuk Freiherr von 231, 233 P e n a s s e , Karl Friedrich von 214 P e t e r I., Zar von Rußland 434 P e t e r s b u r g (russ.) 435 P f a f f e n h o f e n (bayer.) 3 1 5 P f a l z (Kurfürstentum) 306, 307, 3 1 0 P f a l z (bayer.) 17, 30, 226, 301, 304, 305, 314. 454 P f a l z - B a y e r n siehe: Bayern P h i l i p p , Kurfürst von der Pfalz 306, 307 P h i l i p p s b u r g (speyer.) 395 P i l i g r i m I I . , Erzbischof von Salzburg 305 P i p p i n d e r K l e i n e , König der Franken 294 P i t t , William 256, 290, 374, 379, 446 P i u s VI., Papst 264 P l i e n i n g e n (württ.) 186
498 P l o t h o , E r i c h Christoph F r e i h e r r von 255 P o (Fl.) 446 P o l e n 32, 54, 77, 223 P o l l i n g bayer.) 425 P o m m e r n (preuß.) 24 P o p p , Alois 13, 14 P o s s e , Adolf Felix Heinrich 260 P o t e r a t , Pierre Claude M a r q u i s de 17-19,123-128 P r e u ß e n 1, 73, 214, 225, 256, 257, 287, 289, 3 1 3 - 3 1 5 . 394. 4 3 ° P ü t t e r , J o h a n n S t e p h a n 75, 256 P y r e n ä e n (Geb.) 446 R a b e n e r , G o t t l i e b Wilhelm 289 R a s t a t t (bad.) 9, 20, 22, 72, 78, 79, 129, 130, 208, 3 1 2 , 338, 394, 447 R a t t e n b e r g (österr.) 225, 305, 308 R e c h t s r h e i n i s c h e s 17, 19, 20 R e d n i t z (Fl.) 228 R e g e n s b u r g (Bistum) 3 0 1 , 393, 466 R e g e n s b u r g (Herzogtum Bayern) 298, 300 R e g e n s b u r g (Reichsstadt) 1, 74, 105, 2 3 1 , 255, 260 R e g n i t z (Fl.) 228 R e i c h X I , 1, 10, 19, 49, 70, 78, 83, 229, 238, 3 ° 5 , 3 1 8 , 324, 338, 394, 401, 447, 459, 461, 469. 483 R e i c h e n b a c h , Georg 34 R e i c h e n h a l l (bayer.) 261, 262 R e n d l e r , J o s e p h X I I I , 15—17, 107 R e n z , Albert K o n r a d Friedrich 75 R e u ß , J o h a n n A u g u s t 231—233 R e z a t (Fl.) 228 R h e i n (Fl.) 1, 14, 18, 20, 2 1 , 23, 25, 28, 33, 73- 104. 123. l 8 5 . 224, 225, 228, 229, 287, 308, 322, 326, 446, 4 5 1 , 454 — O b e r r h e i n X I I , 14, 17, 20—22, 73, 125, 127—129 R h e i n p f a l z siehe: Pfalz R h e i n w a l d , J o h a n n L u d w i g Christian 222 R i e d e n b u r g (bayer.) 262 R i e g e r , P h i l i p p Friedrich von 184 R i e s e n g e b i r g e 224
Personen- u n d Ortsregister R i v o l i (venetian.) 446 R o b e s p i e r r e , Maximilian Marie Isidore 259 R o m (Imperium) 99, 273 R o m (kirchenstaatl. bzw. republikan.) 297, 446, 447 R o s t o c k (mecklenburg.) 260 R o t e s M e e r 228 R ö t t e l n (bad.) 19, 128, 183 R o t t m a n n e r , Simon 232, 431 R o u s s e a u , J e a n J a c q u e s 9, 16, 35 R u d o l f I., d t . König 302, 459 R u d o l f I I . , Herzog von Österreich 303 R u d o l f I., Herzog von O b e r b a y e r n 304 R u m f o r d , B e n j a m i n T h o m p s o n Graf v o n 220 R u p r e c h t I . , ' K u r f ü r s t von der P f a l z 305 R u p r e c h t , Pfalzgraf 306 R u ß l a n d 284, 316, 3 1 7 , 319, 323, 419, 430, 434, 447 S a a l e (Fl.) 224 S a c h s e n (Herzogtum) 29; /9c S a c h s e n (Kurfürstentum) 73 S a l z a (Fl.) 225 S a l z b u r g (Erzbistum) 48, 225, 226, 2 6 1 , 3 0 1 , 303, 305, 322, 458, 459 S a n k t B l a s i e n (Abtei) 15, 16, 107 S a n k t G o t t h a r d (Geb.) 322, 326 S a t t l e r , Christian Friedrich 198, 202 S a u r a u , F r a n z J o s e p h von 287 S c h a f f h a u s e n (Schweiz.) 16, 107 S c h e e l , Edith XIII S c h e e l , Heinrich I X , 4, 8, 12, 15, 17, 34, 35. 43. 44. 435 S c h e u r l v o n D e f e r s d o r f , Karl Jakob Wilhelm 59 S c h i l l e r , Friedrich 42 S c h l e s i e n (preuß.) 73 S c h m e t t a u , W o l d e m a r Friedrich G r a i von 190 S c h m i d t , Doris X I I I S c h m i d t , Michael I g n a t z 259, 265 S c h n e e k o p f (Geb.) 224 S c h n e i d e r , F r a n z X a v e r F r e i h e r r von 220
Personen- und Ortsregister S c h r o f f e n b e r g , Joseph Könrad Freiherr von 486 S c h u b a r t , Christian Friedrich Daniel 45. 399 S c h u l t e s , D. A. 7 S c h w a b e n (Reichskreis) 7, 12, 20—22, 24. 3 3 . 4 ° . 4 3 , 4 8 - 7 3 . 7 6 . 9 3 . 2 1 1 , 212, 214, 225, 226, 294, 298, 3 1 1 , 317, 319, 324, 327, 3 3 1 , 341, 342, 394, 395. 458 S c h w a r z , Johann Konrad 29 S c h w a r z w a l d (Geb.) 216 S c h w e d e n 434 S c h w e i z 20, 2 1 , 27, 33, 41, 45, 107, 228, 229, 287, 325, 327, 447, 451 S e d a n (franz.) X S e e l a n d (Grafschaft) 305 S e i t z e r , Johann Friedrich 7 S e n d l i n g (bayer.) 3 1 2 , 358 S e r v i e n (türk.) 293 S e r v i u s T u l l i u s 408 S e y f r i e d , Joseph Elias von 282, 261 S i e y e s , Emanuel Joseph 42, 826, 327, 415 S i g m u n d , Herzog von Bayern-München 307 S i g o w e s 293 S i n d e l f i n g e n (württ.) 186 S i x t u s IV., Papst 268 S i z i l i e n (Königreich) 287 S m i t h , Adam 34 So e h e r , Joseph 232 S o k r a t e s 69 Sooß (österr.) 15 S ö r g e l , Lorenz Paul 67 S p a n i e n 430 S p e i s e r , Friedrich X I I I , 15 S p i c h e r n (franz.) X S p i t t l e r , Ludwig Thimotheus 200, 201 S t e i e r m a r k (österr.) 302, 312, 320 — N i e d e r s t e i e r m a r k 299 — O b e r s t e i e r m a r k 299 S t e i n k ö p f , Johann Friedrich 86 S t e p h a n I., Herzog von Niederbayern 303 S t e p h a n IL, Herzog von BayernLandshut 307 S t e p h a n III., Herzog von BayernIngolstadt 306 33
Jakobinische
Flugschriften
499 S t e t t i n (preuß.) 260 S t o c k a c h (vorderösterr.) 23, 33 S t o c k m a y e r , Friedrich Amadeus 28, 216, 2 1 7 S t o l l f u s 73 S t r a ß b u r g (franz.) 14, 19, 20, 39, 49, 2 92, 344, 461 S t r a u b i n g (bayer.) 266 S t r e i m , Karl 214 S t r e s o w (preuß.) 24, 184 S t r o b e l , Johann Baptist 39 S t r u b e, David Georg 256 S t u t t g a r t (DBR) 64, 69, 184, 185, 188, 205, 2 1 0 S t u t t g a r t (württ.) 20, 2 1 , 26, 29, 76, 86, 184—186, 188, 195, 207, 210, 212, 214 S u l z b a c h (bayer.) 308, 314 S ü ß - O p p e n h e i m e r , Joseph 203 S u w o r o w , Alexander Wassiljewitsch Fürst 346, 447 T a c i t u s 328 T a m e r l a n - T i m u r L e n g 447 T a l l a r d , Camille Marquis de 311 T a l l e y r a n d - P 6 r i g o r d , Charles Maurice 33 T a s s i l o I I I . (II.), Herzog von Bayern 294—296, 300, 301 T a t t e n b a c h , Joseph Ferdinand Graf von 220 T e i l , Wilhelm 365 T e n n e n l o h e (nürnberg.) 12, 86 T e s c h e n (österr.) 314 T e u f e l s m a u e r (Geb.) 294 T h u g u t , Johann Amadeus Franz de Paula Freiherr von 33, 287 T i e f t r u n k , Johann Heinrich 1 8 8 , 1 9 1 T i m o l e o n 365 T i r o l (Grafschaft) 48, 225, 226, 286, 305-308, 312, 320, 322, 339, 458, 459 T ö r r i n g - G u t e n z e l l , Johann August Graf von 45, 340, 399, 430 T o s c a n a (Großherzogtum) 3 1 3 T r a u n (Fl.) 46 T r a u s n i t z (bayer.) 304 T r i e r (linksrhein.) 55 T u i s c o 328
5oo T ü b i n g e n (württ.) 76, 86, 186, 193, 207, 210, 438 T h u r i n (sardin.) 447 T ü r k e i (Sultanat) 430 T u r m a i r - A v e n t i n u s , Johannes 293 U l m (Reichsstadt) X I I , 4, 6—9, 64, 67, 6 9 - 7 1 - 73. 74. 7 8 . 93, 198, 2 3 1 - 2 3 3 , 259, 260, 395 U l r i c h , Herzog von Württemberg 193, 194 U n g a r n (Königreich) 40, 299, 303, 304, 307, 3 1 1 , 312, 320, 447 U t z s c h n e i d e r , Joseph 34—37, 39, 45, 49, 2 3 1 - 2 3 4 , 2 36, 2 5 2 - 2 5 4 , 271 U x k u l l , Friedrich Emich Freiherr von 210 V a l m y (franz.) 1 V e r d u n (fränk.) 297 V e r g i l i u s M a r o , Publius 451 V i e r e g g , Matthäus Carolus Graf von 220 V i l s h o f e n (bayer.) 3 1 2 V i l s t a l (bayer.) 3 1 1 V o e g t , Hedwig 81 V o h b u r g (bäyer.) 262 V o r a r l b e r g (österr.) 16, 226 V ö s l a u (österr.) 15 V o ß , Christian Daniel 408 W a i n (ulm.) 71 W a l d h u t (vor der österr;) 16 W a l l i s (schweiz.) 325 W a s s e r b u r g (bayer.) 262 W e i s h a u p t , Adam 30, 402, 403, 414 W e s t e n r i e d e r , Lorenz 33, 377 W e t z l a r (Reichsstadt) 14, 104 W i e n (österr.) 8, 9, 15, 17, 28, 46, 72, 212, 259, 287, 3 1 1 , 320, 324, 338, 446
Personen- und Ortsregister W i l h e l m I., Herzog von BayernStraubing 306 W i l h e l m I I I . , Herzog von BayernMünchen 307 W i l h e l m IV., Herzog von Bayern 309 W i l h e l m V., Herzog von Bayern 309 W i l h e l m I X . , Landgraf von HessenKassel 105 W i l h e l m , Pfalzgraf von Birkenfeld 2'84, 285, 289, 314, 319, 334 W i n d i s c h e M a r k (österr.) 303 W ö h r d (nürnberg.) 62 W o l f g a n g von Bayern-München 307, 308 W ö l f i n g e r , Aloys 263 W o l f r a t h s h a u s e n (bayer.) 262 W o l f s k e h l von R e i c h e n b e r g , Christian Freiherr von 211 W ö l l w a r t h , Karl Ludwig Freiherr von 210, 2 1 1 W o r m s (Herzogtum Franken) 300 W o r m s (Reichsstadt) 435 W ü r t t e m b e r g (Herzogtum) X I I , 9, 12, 13, 17, 21—23, 27, 28, 30, 41, 86—92, 97—100, 102, 185, 193, 194, 196, 198, 202, 205, 206, 210—216, 218, 227, 322, 458, 459 — O b e r l a n d 213 — U n t e r l a n d 213 W ü r z b u r g (Herzogtum Franken) 300 W ü r z b u r g (Bistum) 225, 226 W ü r z b u r g (würzburg.) 13, 104, 259 Zech von L o b m i n g auf N e u h o f e n , Nepomuk Felix Graf 406 Z e p p e l i n , Johann Karl Graf von 210, 211 Z w a n z i g e r , Friedrich Adolf von 216, 217 Z w e i b r ü c k e n (Herzogtum) 314 Z ü r i c h (schweiz.) 264, 270, 346, 447